S IN N 3 N un . IT Ds Si y “ ey j « eh % er o = ee | hau ware « me Kr 4 e a e = Untersuchungen zur NATURLEHRE DES MENSCHEN UND DER THIERE. HERAUSGEGEBEN von Jac. Moleschott. ZWEITER BAND. L HEFT. FRANKFURT A. M. VERLAG VON MEIDINGER SOHN & COMP. 1857, PH Einzelne Hefte werden nur auf besondere Bestellung geliefert. In 8 Tagen erscheint Lehrbuch der HISTOLOGIE des Menschen und der Thiere von Dr. Franz Leydig, Professor an der Universität Würzburg. Mit 206 der feinsten Holzstiche, Lex..8. satinirt, eleg. Ausstattung. Preiss ca. Thir. 4. — bis Thlr. 5. — od. ca. fl. 7. 12 kr. bis fl. 9. Die Bedeutung der Gewebelehre für den Arzt und Naturforscher wird gegenwärtig immer allgemeiner anerkannt und das Interesse an dieser verhältnissmässig sehr jugendlichen Doktrin nimmt von Tag zu Tag zu. Bisher ist es jedoch strenger genommen nur die Histologie des Menschen gewesen, welche in vorzüglichen Hand- und Lehrbüchern systematisch behandelt wurde. Gleichwie aber bekanntermaassen in der vergleichenden Anatomie öfters der Schlüssel zum Verständniss der complicirteren menschlichen Formverhältnisse und für die psychologi- sche Erklärung mancher Organe gefunden wird, so wirft auch die Gewebelehre der Thiere ein Licht über manche dunkle und schwer zugängige Partie der menschlichen Histologie und eröffnet neue Gesichtspunkte. Obschon nun allerdings die Handbücher über die Ge- webelehre des Menschen einzelne vergleichende histologische Excurse machten, so hat doch bis jetzt ein Werk gefehlt, welches sich die Auf- gabe gestellt hatte, die menschliche und die thierische Gewebe- lehre zugleich als ein Ganzes aufzufassen. Der Herr Verfasser, welcher sich bisher seinen Fachgenossen durch eine Anzahl monographischer, meist in das Gebiet der vergleichenden Histologie einschlagender Arbeiten bekannt zu machen strebte, geht nunmehr an die Ausfüllung dieser Lücke in der Literatur, indem er obiges Lehrbuch der menschlichen und thierischen Histologie dem naturwissenschaftlichen Publikum vorlegt. Sein Plan in der Anlage des Werkes zielte weniger dahin ab, alle fremden und eignen, an den verschiedensten Orten zerstreut umherliegenden Forschungen zu sammeln und wiederzugeben, als vielmehr eine selbstständige Uebersicht über die einigermaassen gesicherten Daten der menschlischen und thierischen Histologie zu geben und in ge- drängter Darstellung zu überliefern. — Das Werk ist somit geeignet, allen Interessenten, welche sich mit dergleichen Studien befassen wol- len, einen wirklichen Vorschub zu leisten. : Die Anordnung des Stoffes ist eine folgende: Ein erster allge- meiner Theil geht voraus, in welchem die Lehre von der Zelle und den Geweben behandelt wird, und es folgt sodann ein zweiter oder specieller Theil, in welchem die verschiedenen Organsy- steme (Aeussere Haut, Muskel-, Knochen-, Nervensystem, Sinnesorgane, Verdauungswerkzeuge &c.) zur Sprache kommen und zwar immer in der Gliederung: von Menschen, von den Wirbelthieren, von den Wirbellosen, Untersuchungen zur NATURLEHRE DES MENSCHEN UND DER THIERE. HERAUSGEGEBEN von Jac. Moleschott ZWEITER BAND. II. HEFT. FRANKFURT A. M. VERLAG VON MEIDINGER SOHN & COMP. 1857. YE° Einzelne Hefte werden nur auf besondere Bostellung geliefert. Untersuchungen Naturlehre des Menschen u. der Thiere. Herausgegeben von Jac. Moleschott. I. Band. Preis: 2 'Ihlr. 12 Sgr. od. 4 fl. rhein. Inhalt des ersten Bandes: I. Vergleichende Untersuchungen über die Menge der ausgeschiedenen Koh- lensäure und die Lebergrösse bei nahe verwandten Thieren von Jac. Moleschott und Budolph Schelske. IL. Ueber den Einfluss des J,ivhts auf die Reizbarkeit der Nerven von W. Marme und Jac. Woleschott. II. Ueber die Lebensdauer der Blutkörperchen von Ferd. Marfels und Jac. Moleschott. IV. Ueber das Verhältniss der farblosen Blutkörperchen zu den farbigen in verschiedenen regelmässigen und unregelmässigen Zuständen des Menschen von Ferd. Marfels. V. Ueber die peristaltische Bewegung quergestreifter Muskeln von Moritz Schiff in Bern. VI. Ueber den Einfluss der Blutströmung in den grossen Gefässen des Hal- ses auf die Wärme des Ohres beim Kaninchen und ihr Verhältniss zu den Wärmeveränderungen, welche durch Lähmung und Reizung des Sympathi- eus bedingt werden, von A. Kussmaul und A. Tenner. VII. Ueber den Faserstoff und die Ursache seiner Gerinnung von Dr. W. Zim- mermann in Hamm. VII. Zur Lehre vom Raumsinn der Haut, vonProf. Dr. J. Czermak in Gratz. IX. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafs der Murmelthiere, von Prof. . Valentin in Bern. X. Ueber die Taenia ex Cysticereo tenuicolli, ihren Finnenzustand und die Wanderung ihrer Brut, von Dr. Fr. Küchenmeister in Zittau. II. Band. Preis: 3 Thlr. 15 Ser. Inhalt des zweiten Bandes d. Heft): . Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere, II. Abtheilung, Von @. Valentin. II. Ueber die angeblich ästhosodische Natur der Spinalganglien von Mor. Schiff. III. Ueber theilweise Reizung der Muskelfaser von A. Fick. IV. Ueber Flimmerepithelium und Flimmerbewegung im Geschlechtsaparat der Säugethiere und der Menschen, von ®. Becker. V. Ueber sogenannte Speichelkörperchen, von F. €. Donders. VI. Ueber die Aufsaugung von Fett in dem Darmkanal, von F. €. Donders. VIL Erneuter Beweis für das Eindringen von festen Körperchen in die kegel- förmigen Zellen der Darmschleimhaut, von 3. Moleschott. I. Heft. VII, Untersuchungen über thierische Elektrieität. Erste Abhandlung. Von Emil du Bois-Reymond. IX. Beitrag zur Kenntniss der Verdauung der eiweissartigen Körper des Pflanzen- reichs, von Dr. Rinse Unoop Koopmans. X, Gegen eine neue Theorie der Faserstoflgerinnung, von &. Zimmermann. XI. Zur Durchschneidung des Nerv, Trigeminus, von Ferdinand Marfels. XII. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. III. Abthei- lung. Von &. Valentin, _ Untersuchungen zur RR NATURLEHRE DES MENSCHEN UND DER THIERE. HERAUSGEGEBEN von Jac. Woleschott. ‘ ZWEITER BAND. II. HEFT, FRANKFURT a. M. VERLAG VON MEIDINGER SOHN & COMP. 1857. E7° Titel und Inhalts- Verzeichniss des zweiten Bundes ist diesem Hefte bei- gegeben. % Vo. VII. 1B.& x XI. XII. Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere. Herausgegeben von Jac. Moleschott. I. Band. Preis: 2 Thlr. 12. Sgr. oder 4 fl. rhein. Inhalt des ersten Bandes: . Vergleichende Untersuchungen über die Menge der ausgeschiedenen Kohlen- säure und die Lebergrösse bei nıhe verwandten Thieren, von Jac. Mole- schott und Rudolph Schelske. . Ueber den Einfluss des Lichts auf die Reizbarkeit der Nerven, von W. Marme und Jac. Moleschott. . Ueber die Lebensdauer der Blutkörperchen, von Ferd. Marfels und Jac. Moleschott. . Ueber das Verhältniss der farblosen Blutkörperchen zu den farbigen in ver- schiedenen regelmässigen und unregelmässigen Zuständen des Menschen, von Ferd. Marfels. . Ueber die peristaltische Bewegung queergestreifter Muskeln, von Moritz Schiff in Bern. . Ueber den Einfluss der Blutströmung in den grossen Gefässen des Halses auf die Wärme des Ohres beim Kaninchen und ihr Verhältniss zu den Wärme- veränderungen, welche durch Lähmung und Reizung des Sympathieus bedingt werden, von A. Kussmaul und A. Tenner. Ueber den Faserstoff und die Ursache seiner Gerinnung, von Dr. W. Zim- mermann in Hamm. Zur Lehre vom Raumsinn der Haut, von Prof. Dr. 3. Czermak in Gratz. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafs der Murmelthiere, von Prof. &. Valentin in Bern. Ueber die Taenia ex Cysticerco tenuicolli, ihren Finnenzustand und die Wanderung ihrer Brut, von Dr. Fr. Küichenmeister in Zittau. Il. Band. Preis: 3 Thlr. 15 Sgr. Inhalt des zweiten Bandes: Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. II. Abtheilung. Von &. Valentin. Ueber die angeblich ästhosodische Natur der Spinalganglien von Mor. Schiff. . Ueber theilweise Reizung der Muskelfaser, von A. Fick. . Ueber Flimmerepithelium und Flimmerbewegung im Geschlechtsapparat der Säugethiere und der Menschen, von ®. Becker. Ueber sogenannte Speichelkörperchen, von FE. ©. Donders. . Ueber die Aufsaugung von Fett in dem Darmkanal, von F. €. Donders. Erneuter Beweis für das Eindringen von festen Körperchen in die kegelför- migen Zellen der Darmschleimhaut, von 3. Moleschott. Untersuchungen über thierische Eleetrieität. Erste Abhandlung. Von Emil du Bois-Reymond. . Beitrag zur Kenntniss der Verdauung der eiweissartigen Körper des Pflanzen- reichs, von Dr. Kinse Cnoop Koopmans. - Gegen eine neue Theorie der Faserstoffgerinnung von &. Zimmermann. Zur Durchschneidung des Nerv. Trigeminus, von Ferdinand Marfels. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. III. Abtheilung, von &. Valentin. Untersuchungen zur NATURLEHRE DES MENSCHEN UND DER THIERE, HERAUSGEGEBEN von Jac. Moleschoeitt. Zweiter Band. FRANKFURT a. M. VERLAG VON MEIDINGER SOHN & COMP. 1857. u m Druck von Ava. OSTERRIFTH 4) in Frankfurta.M. ° 1. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. Von G. Valentin. Zweite Abtheilung. $.3. Wechsel der Organe während des Winterschlafes. Die Seetionsergebnisse, welche Daubenton, Mangili, Prunelle, Tiedemann und Berger veröffentlicht haben, wei- chen zum Theil beträchtlich ab, weil die Murmelthiere zu ver- schiedenen Zeiten getödtet worden waren. Die meisten Unter- schiede lassen sich mit ziemlicher Gewissheit erklären, wenn man die Periode, in der das Thier untersucht wurde, genauer berück- sichtigt. Betrachten wir zunächst den Zustand der Verdauungswerk- zeuge, s0 pflegen die Gebilde der Mundhöhle, der Schlund und die Speiseröhre keine besondern -Eigenthümlichkeiten zu irgend einer Zeit darzubieten. Ein Thier, welches durch Erstickung in der Mitte des Winterschlafes getödtet worden war, zeigte eine ‚auffallend blaue Färbung des Zahnfleisches. Moleschott, Untersuchungen. II, l Mangili*) fand schon in vergleichenden Beobachtungen, dass der Magen des wachenden Murmelthieres eine verhältniss- mässig beträchtlichere Capaeität darbietet und nicht unbedeutende Mengen von Speiseresten, z. B. von Kastanien enthalten kann. Diese Beobachtung wurde später von Prunelle **) bestätigt. Er fand dagegen nur eine weisse, schmierige Masse, die der Schleim- haut fest anlag, in dem Magen erstarrter Murmelthiere. Tiede- mann***) sah das Gleiche in einem Exemplare, das er während des Winterschlafes getödtet hatte. Murmelthiere, die ich unmittelbar nach dem Beginn des Win- terschlafes untersuchte, besassen einen länglichrunden, ziemlich ge- räumigen Magen. Er enthielt eine saure, wasserhelle Flüssigkeit, in der einzelne weisse Schleimflocken zu schwimmen schienen, wenn die Leichenöffnung 1'/, oder 3 Tage nach dem Tode vor- genommen wurde. Die mikroskopische Untersuchung lehrte, dass jene Beimengungen aus Aggregaten von Uylinderepithelien grössten- theils bestanden. Die Magenschleimhaut selbst, deren Ober- fläche schwach sauer reagirte, schloss dicht gedrängte, lange und meistentheils cylindrische Labdrüsen ein. Kratzte man den ober- flächlichen Schleim ab, so verminderte sich die saure Reaction beträchtlich oder schwand sogar gänzlich. Eine sehr ungleiche Vertheilung der Blutmasse wurde in einem Falle wahrgenommen. Die Cardiagegend und die Pförtnerhälfte des Magens waren auf- fallend blass, während der Blindsack beträchtlich geröthet erschien und eine Menge feinerer, von Blut strotzender Gefässe enthielt. Der Magen eines Murmelthieres, welches nach einem sechs- wöchentlichen Winterschlafe geöffnet‘ wurde, führte eine gelbliche, schleimige, neutrale bis spurweise saure Flüssigkeit, in welcher *) Mangili in den Annales du Museum d’Histoire naturelle. Tom. X. Paris 1807. 4. pag. 453—456. **) Prunelle in den Annales du Museum, Tom. XVII. Paris 1811, 4. pag. 313. *+*) Tiedemann bei Barkow: Der Winterschlaf. Berlin 1846. 8. S. 388, ‚ \ 0] 3 Bruchstücke von Epithelien schwammen. Die Oberfläche der Ma- genschleimhaut und die nach der Entfernung des Schleimes frei- gelegten Flächen verhielten sich neutral. Ein anderes, grösseres Murmelthier, welches zwei bis drei Monate geschlafen hatte, des- sen Schlaf aber häufig durch Erstarrung unterbrochen worden, be- sass einen rundlichen, zusammengezogenen Magen. Er enthielt eine reichliche Menge einer stark sauren, mit Flocken vermischten Flüssigkeit. Diese bestanden wiederum grösstentheils aus losgelö- sten Bruchstücken der Magenschleimhaut. Die Letztere röthete ebenfalls das Lackmuspapier in hohem Grade. Vergleicht man hiermit den Magen von Murmelthieren, die ihren ganzen Winterschlaf durchgemacht haben, so vermisst man zunächst den eben erwähnten flüssigen Inhalt, der nur in der er- sten Hälfte der Erstarrungszeit vorzukommen scheint. Waren selbst die Thiere im Laufe des April oder des Mai zeitweise wach und hatten sie dann Heu gefressen, so fand ich doch später mei- stentheils keine Nahrungsreste in dem Magen der von selbst zu Grunde gegangenen Geschöpfe. Er enthielt nur in der Regel eine schwach saure, schleimige Masse. Sie reagirte sogar in einem Falle weder sauer, noch deutlich alkalisch. Eine braune, schmie- rige Substanz, die Zellen mit gelbem körnigem Inhalte unter dem Mikroskope zeigte, kam dann noch neben ihr vor. Die Färbung der Körner erinnerte in hohem Grade an die der Galle. Die bloss- gelegte Magenschleimhaut liess keine deutliche, saure Reaction er- kennen. Diese Beobachtungen scheinen anzudeuten, dass sich eine wässerige Flüssigkeit am Anfange des Winterschlafes im Magen ausscheidet, in der ersten Zeit erhält und später schwindet. Die aus Epithelialelementen bestehenden Flocken, die man in ihr anzu- treffen pflegt, haben sich wahrscheinlich erst nach dem Tode los- gelöst. Enthält später der Magen eine nur geringe Menge einer schleimigten Masse, so ist auch die saure Reaction zu einem gros- sen Theile oder gänzlich zu Grunde gegangen. Saussure berichtet in seinen Alpenreisen, dass sein Führer Peter Balmat, der mehr als 100 Murmelthiere ausgegraben, die 1#* 4 Gedärme derselben im Herbste vollkommen” leer gefunden habe. Sie erschienen angeblich wie mit heissem Wasser ausgewaschen. Es gehe daher eine Ausleerung und ein Fasten dem Winterschlafe voran. Mangili*) und Prunelle**) fanden den Darin während des Winterschlafes leer. Nur der Blinddarm und der Mastdarm ent- hielten einzelne Kothmassen. ‘Tiedemann***) sah einen weiss- röthlichen mit Galle gemischten Schleim im Dünndarm. Der Blind- darm führte eine graugelbe schleimige Flüssigkeit, in der sich ein- zelne Haare des Thieres vorfanden, und der Mastdarm eine grau- braune zähe, dem Kindspech ähnliche Masse. Berger), dessen Murmelthiere sehr unruhig geschlafen und in der Zwischenzeit nicht_ bloss Pflanzenstoffe, sondern auch Affenfleisch gegessen hatten, traf nur einige Reste gelber Möhren im Magen an. Der übrige Darm’ schloss keine Speisereste in sich. Der Zwölffingerdarm eines Murmelthieres, das ich einige Tage nach dem Beginne des Winterschlafes untersuchte, enthielt eine geringe Menge von Schleim. Die Innenhaut reagirte deutlich al- kalisch. Etwas mit Galle gemischter Flüssigkeit fand sich im obern Theile des Leerdarmes. Die übrigen Abschnitte der dünnen Ge- därme hingegen zeigten keine weiteren Inhaltsmassen, als den ziem- lich fest anhaftenden Schleimüberzug. Die Innenhäute des Leer- darms und des Krummdarms reagirten alkalisch. Der Blinddarm führte eine zähe, gelbliche Masse. Das Mikroskop wies in ihr gelbe oder bräunliche Körnchenhaufen, die bisweilen gradlinig begrenzt zu sein schienen, zahlreiche braune und farblose Körner und Bruchstücke von Epithelien, die zum Theil von gelbem Farbstoffe durchdrungen waren, nach. Der Grimmdarm enthielt nur einen Kothballen in der Nähe der S-förmigen Biegung. Der Dinndarm des Murmelthieres, das nach sechswöchent- lichem Winterschlaf getödtet worden, führte eine sehr geringe *) Mangili a. a. O. Tom. X. pag. 453. **) Prunelle a. a. O. Tom. XVII. pag. 313. **#) Tiedemann bei Barkow. a. a, O. S. 388. 7) Berger in Froriep’s Notizen 1828. Bd. XXII. No. 477. S. 227. 5 Menge eines neutralen Schleimes. Nur der Zwölffingerdarm ent- hielt eine reichlichere Quantität eines theils grauweissen, theils gelblichen, neutralen Schleimes, dem Epithelialfragmente beige- mengt waren. Viele Darmzotten waren auffallend mit Blut ge- füllt. Der Blinddarm hatte eine reichliche Quantität eines brau- nen, schmierigen Inhaltes. Die Schleimhaut des Zwölffingerdarmes des grössern Mur- melthieres, welches nach zwei- bis dreimonatlichem Winterschlafe "zu Grunde gegangen war, reagirte schon zwei Centimeter unter- halb des Pförtners merklich alkalisch. Das Duodenum enthielt eine gallichte Schleimmasse, die Curcumapapier schwach bräunte. Jejunum und Ieum waren fast ganz leer. Nur der untere Theil des Krummdarmes führte eine etwas reichlichere Menge eines gal- lenhaltigen, schwach alkalischen Schleimes. Der Blinddarm schloss eine etwas grössere Quantität emer braunen neutralen bis schwach alkalischen Flüssigkeit ein. Der Grimmdarm hatte eine nur sehr geringe Menge farblosen Schleimes und der Mastdarm sechs ge- sonderte Kothballen, die weder auf Lackmus- noch auf Curcumapa- pier deutlich wirkten. Die Schleimhäute des Krummdarmes und des Mastdarmes besassen eine schwach alkalische Reaction. Die des Blinddarmes dagegen verhielt sich gegen Lackmus und Cur- cuma indifferent. Die Kothballen anderer Murmelthiere, die mitten im Winter- schlafe entleert wurden, zeigten ebenfalls keine sehr ausgesprochene Reaction. Die schleimigen, ungeformten Massen, die neben ihnen im Mastdarme vorkommen können, enthalten bisweilen körnige Gallenreste und Krystalle von Tripelphosphat. Die Murmelthiere, welche im Mai oder Juni nach vollende- tem Winterschlafe gestorben waren und in der letzten Zeit Pflan- zenspeisen genossen hatten, führten nur geringe Mengen eines - bräunlichen Schleimes in den dünnen Gedärmen. Die braunen Massen zeigten unter dem Mikroskope Anhäufungen von Gallen- körnern, wie sie oben aus dem Magen erwähnt wurden. Der Schleim selbst war schwach alkalisch. Es kam vor, dass ein- 6 zelne Strecken der dünnen Gedärme vollkommen leer waren, an dere dagegen grüne Massen von Nahrungsresten einschlossen. Der Blinddarm zeichnete sich immer durch seine beträchtliche Füllung nach der intercurrirenden Nahrungseinnahme aus. Er enthielt dann dunkelgrüne, sehr schmierige Excremente, in denen man ein- zelne Anhäufungen von Pflanzenzellen, Spiralgefässe und Gallen- körnchen unter dem Mikroskope erkannte. Die Masse selbst re- agirte sauer, während die Schleimhaut des Blinddarmes eine alka- lische Beschaffenheit darbot. Es hängt von den gerade vorhan- denen Verdauungszuständen ab, ob sich die gleiche grüne, schmie- rige Masse oder Kothballen im Grimmdarme und Mastdarme vor- finden. Man sieht aus den eben mitgetheilten Erfahrungen, dass die oben erwähnte Aeusserung von Balmat jedenfalls übertrieben ist. Der Darm des Murmelthieres erscheint zu keiner Zeit wie ausge- waschen. Die dünnen Gedärme enthalten reinen oder mit Galle ver- mischten Schleim. Er wird allmälig in die dicken Gedärme über- geführt, hier mit neu hinzukommenden Produeten wahrschein- licher Weise vermischt und endlich durch Wasserresorption verdich- tet zu’dunkelgrünen Kothballen zusammengeformt. Da die Mur- melthiere ihre Exeremente von Zeit zu Zeit entleeren, so dauert wahrscheinlich dieser jedenfalls langsam fortschreitende Prozess während des ganzen Winterschlafes fort. Es kömmt aber nie zu einer beträchtlichen Füllung der dünnen Gedärme und des Grimm- darmes. Der Blinddarm zeichnet sich hier, wie in den übrigen Pflan- zenfressern durch seine Grösse und seine verhältnissmässig be- trächtliche Füllung aus. Hat das Thier gegessen, so kann man versichert sein, die schmierige gelbe oder grüne Exerementmasse vor Allem im Blinddarme vorzufinden. Die Schleimhaut kann dann einen auffallend zelligen Bau darbieten. Jener Vorzug des Coecum scheint sich selbst noch während der Erstarrungszeit gel- tend zu machen. Es enthält dann ebenfalls häufiger weiche In- haltsmassen, als die übrigen Abschnitte der dünnen und der dicken 7 Gedärme. Der verhältnissmässig längere Aufenthalt des Excre- mentalbreies im Coecum erklärt diese Sectionsresultate. ° Vergleichende Längenmessungen belehrten mich bald, dass hier viele individuelle Verschiedenheiten und zufällige Nebenver- hältuisse, wie z. B. die Todtenstarre oder die Erschlaffung der Muskelhäute,. wesentlich eingreifen. Genauere Schlüsse können da- her nieht mit Sicherheit aus ihnen gezogen werden. Ein Beispiel dürfte am deutlichsten zeigen, wie leicht man hier zu Trugschlüs- sen gelangen könnte. Ich hatte zwei Murmelthiere, die, gleichzeitig ausgegraben, fast genau dasselbe Körpergewicht und ungefähr die gleiche Länge (0,31 und 0,33 Meter) darboten, wenn man sie möglichst streckte und eine gerade Linie von der Mundspitze bis zur Afteröffnung ausmass. Das erste Thier, das nach 6tägigem Winterschlafe getödtet wurde, zeigte: Länge des Zwölffingerdarms Kr 18 Centimeter. Länge des Leerdarms und Krummdarms 126 5 Folglich Länge der dünnen Gedärme . 144 5 Länge des Blinddarms, Grimmdarms und Mastdarms ., . 1 2 2 43 A Mithin Gesammtlänge der dünnen und dicken Gedärme . - h 1,57 Meter. Das zweite Thier, das nach Beggäshentlichem Winterschlafe erstickt wurde, lieferte in dieser Hinsicht: Länge des Zwöltfingerdarms, Leerdarms und Krummdarms : i ) 185 Centimeter. Länge des Blinddarms . . ! : 65 „ Länge desGrimmdarms und des Mastdarms 67 a Gesammtlänge der dünnen und dicken Gedärme ; k ; } ? 2,17 Meter. Man sieht hieraus, dass das Murmelthier, welches seit 11/5 Monaten erstarrt war, einen weit längeren Darmkanal als sein 8 Genosse, der im Anfange des Winterschlafes geopfert wurde, be- sessen hat. Wir werden dessen ungeachtet in der Folge bemerken, dass der Nahrungskanal im Laufe des Winterschlafes ab- und nicht zunimmt. Der Darm des ersten Murmelthiers war 6,0 Mal, und der des zweiten 6,7 Mal so lang als der Körper. Daubenton erhielt in dieser Hinsicht 7,9 mit Einschluss der Magenlänge, und Berger 6,5 bei blosser Berücksichtigung der dünnen und der dicken Ge- därme. Die schon Daubenton bekannten Aftertaschen, welche die wachen emporgehaltenen Murmelthiere nicht selten von selbst her- vorstülpen, sondern eine übelriechende fettige Masse ab. Sie blei- ben während des Winterschlafes zurückgezogen. Ihr eingetrock- netes Absonderungsprodukt umgiebt aber dann häufig den After als weissgelbliche, ziemlich fest an der Haut haftende Kruste. Tiedemann *) fand eine grosse braunrothe gelblich mar- morirte Leber in einem im Winterschlafe befindlichen Murmelthiere. Ihre Gefässe enthielten wenig Blut. Die Gallenblase war mit braunrother Galle gefüllt, Die Thiere, die ich während oder nach dem Winterschlafe öffnete, besassen durchgehends eine schöne braune Leber, deren Acini meistentheils sogleich in die Augen fielen. Sie wurden nicht selten von weissen Netzen regelmässig umgeben. Der Umfang der Leber hatte bisweilen im Laufe des Winterschlafes so sehr abgenommen, dass das geringe Volumen schon bei dem ersten Anblicke auffiel. Die Leberzellen liessen sich zu allen Zeiten nachweisen. Sie kamen mir hin und wieder am Ende des Winterschlafes auffallend klein vor, und enthielten häufig zahlreiche kleme und einzelne grössere runde fettähnliche Kugeln, vorzugsweise in der ersten Hälfte der Erstarrung. Die Gallenblase war immer mit dunkelgrüner Galle strotzend gefüllt. Die Flüssigkeit reagirte neutral bis spurweise alkalisch, während der ganzen Dauer des Winterschlafes. Das Mikroskop zeigte nicht *) Tiedemann bei Barkow a. a. O. S. 358. 9 selten in ihr viele kleine Körner, gelbe Körnchenaggregate, häutige Massen derselben Farbe, Schleimflocken. unregelmässige Klümpchen, Epithelialreste und in zwei Fällen säulenförmige Kryställchen, deren Natur ich bei ihrer geringen Menge nicht näher ermitteln konnte. Krystallblättchen von Cholesterin sind mir in der Gallenblase kei- nes Murmelthieres vorgekommen. Ein grosser Theil der oben er- wähnten Beimengungen hatte sich übrigens unzweifelhaft erst nach dem Tode niedergeschlagen. Die Milz bietet keine erwähnenswerthen Eigenthümlichkeiten dar. ‚Die Malpighischen Bläschen erhalten sich wahrscheinlich während der ganzen Erstarrungszeit. Die Milz eines Murmelthieres, das nach fünfmonatlichem Winterschlafe untersucht worden, führte farblose, säulenförmige Kryställchen, die ihrem Parenchym anzu- gehören schienen, an vielen Schnittflächen. Die Bauchspeichel- drüse liess keine bemerkenswerthe Abweichung nachweisen. Die Nebennieren zeigen im Wesentlichen denselben Bau, man mag sie am Beginn oder im Verlaufe des Winterschlafs unter- suchen. Es war mir nicht möglich, Nester von Ganglienkugeln in ihrer Masse nachzuweisen. Die Untersuchung frischer Präparate und die von Nebennieren, welche mit Essigsäure oder mit Kali behandelt worden, lieferten in dieser Hinsicht die gleichen nega- tiven Ergebnisse. Ein Mal sind Zellen, die scheinbar Blutkörper- chen enthielten, in der Mitte des Winterschlafes beobachtet worden. Die Nieren besitzen ihren gewöhnlichen Bau. Die Malpighi- schen Körperchen enthalten bisweilen beträchtliche Mengen von Blut. Ich habe sie zu keiner Periode der Erstarrungszeit einge- schrumpft oder mit gelben schmutzigen Fettmolekülen, Pigment- körnern und einzelnen Krystallen gefüllt gesehen, wie dieses Stannius *) bei Rana esculenta im März beobachtete. Zeichen einer Neubildung Malpighischer Körper sind mir ebenfalls nicht vorgekommen. Da die Harnbereitung der Murmelthiere, wenn *) H. Stannius. Beobachtungen über Verjlingungsvorgänge im thierischen Organismus. Rostock und Schwerin 1858, 8. S. 12, 10 auch in beschränktem Maasse, während des Winterschlafes fort- dauert, so stimmen die ebenerwähnten Ergebnisse mit den physio- logischen Erscheinungen. Die Harnkanälchen führen rundliche En- chymzellen, die mit einer körnigen Masse gefüllt sind. Es ereignet sich häufig, dass Murmelthiere, die im Verlaufe oder am Ende des Winterschlafes gestorben sind, eine nicht un- bedeutende Menge von Harn nach dem Tode ausfliessen lassen. Die Ursache dieser Erscheinung liegt vermuthlich in dem spätern Eintritt der Todtenstarre der Musculatur der Harnblase. Man findet dessen ungeachtet nicht selten noch, dass eine beträchtliche Masse von Urin in der Blase zurückblieb. Mangili*) sah schon die Harnblase eines Murmelthiers, das er im Verlaufe des Winter- schlafes getödtet hatte, mit durchsichtigem Harne gefüllt. Ich habe die gleiche Erfahrung häufig gemacht. Der Urin reagirte dann deutlich sauer und enthielt bisweilen Krystalle von Tripelphosphat. Der Harn wacher Murmelthiere ist nicht selten alkalisch. Der Hoden der erstarrten Geschöpfe zeigte mir nie Sperma- tozoiden.. Die Samenkanälchen führten viele rundliche Zellen, die feine Moleküle einschlossen. Die weiblichen Geschlechtswerk- zeuge boten nichts Bemerkenswerthes dar. Die Bauchhöhle der meisten Murmelthiere schliesst nur ge- ringe Mengen eines farblosen Bauchwassers zu allen Zeiten des Jahres ein. Nur ein Exemplar, das in der Mitte des Winter- schlafes erstickt worden, bot eine reichliche Menge einer gelblichen, spurweise alkalischen Flüssigkeit dar. Prunelle**) fand, dass das Herz und die grossen Gefässe am Ende des Winterschlafes von Blut ausgedehnt waren. Diese Erscheinung ist mir nicht in allen Leichenöffnungen aufgefallen. Ich fand bisweilen nur beträchtlichere Blutmassen in der linken Herzhälfte. Die Fettablagerungen, die das Herz am Anfange des *) Mangili a. a. O. Tom. X., pag. 453. **) Prunelle a. a. O. Tom. XVII. pag. 311. 11 Winterschlafes bedecken, sind schon am Schlusse der ersten Hälfte der Erstarrungszeit grösstentheils oder gänzlich geschwunden. Die Lungen soilen nach Prunelle *) am Schlusse des Winters beträchtlich abgenommen haben. Sie würden nach ihm nur ein Drittheil des frühern Volumens darbieten. Die Gewichts- bestimmungen, die in dem folgenden Paragraphen mitgetheilt sind, werden uns allerdings einen Fall vorführen, in welchem sich die Lungen im Laufe des Winterschlafes ausserordentlich verkleinert hatten. Diese Veränderung gehört aber nicht zur Regel. Oeffnet man ein Murmelthier in der Mitte des Winters, so zeigen häufig die Lungen eine ähnliche Beschaffenheit, wie im Herbst. Ein be- sonderer Collapsus lässt sich meist nicht mit Bestimmtheit nach- weisen. Die Lungenfarbe bietet ebenfalls keine sicheren Unter- schiedsmerkmale dar. Ich fand z. B. die linke Lunge grössten- theils hellroth und nur oben etwas braunrother. alle drei Lappen der rechten Lunge dagegen stärker braunroth im Anfange des Winterschlafes.. Ein anderes Thier, das ich in der Mitte der Er- starrungszeit untersuchte, hatte hellrothe Lungen, auf denen ein- zelne braune Flecke zerstreut waren. Eine ähnliche Beschaffen- heit fand sich am Schlusse der Erstarrungszeit. Ein Thier, das ich in der letzten Periode untersuchte, führte einen kleinen weissen Knoten in dem obern Theile des obern Lappens der linken Lunge. Er enthielt Zellen, die mit zahlreichen Aggregatkugeln gefüllt waren. Die Wände der Ersteren platzten wie Seifenblasen, sobald Wasser auf sie eingewirkt hatte. Obgleich die im Erwachen begriffenen Murmelthiere aus- nahmsweise schnarchen, so habe ich doch eine Verklebung des Kehldeckels mit dem weichen Gaumen, wie man sie nach Bar- kow**) hin und wieder im Igel bemerkt, in keinem Falle ange- troffen. *) Prunelle a. a. OÖ. Tom. XVIIL, pag. 311. “) Barkow a. a. 0. 8. 222, 23, 12 Prunelle*) glaubt annehmen zu können, dass alle winter- schlafenden Säugethiere eine geringe Capacität ihrer Brusthöhle darbieten. Sie nähme sogar während des Winterschlafes der ein- gerollten Lage wegen noch mehr ab. Da mir kein sicheres Mit- tel zu Gebote stand, um diesen Punkt vergleichungsweise genauer zu prüfen, so muss ich mich vorläufig jedes bestimmten Urtheils in dieser Beziehung enthalten. Die Winterschlafdrüse bildet das merkwürdigste Organ, das wir in dem Murmelthier und in vielen andern erstarrungsfähigen Säugethieren antreffen. Prunelle**) hat schon mit Recht ange- geben, dass dieses Gebilde vorzugsweise gegen die Herbstzeit be- trächtlich wächst und in dem Maximum seiner Ausdehnung bis zu den Arteriae iliacae neben der Aorta hinabgeht. Er wusste auch, dass die seitlichen Verlängerungen, in- welchen die Aorta wie in einer Rinne liegt, im Laufe des Winterschlafes schwinden. Meine Beobachtungen bestätigen diese Thatsachen auf das Vollständigste. Untersucht man ein Murmelthier am Anfange der Erstarrungszeit, so findet man, dass sich die Winterschlafdrüse mit mächtigen Lappen vom Halse nach den Schultern, der Achselhöhle und der Brusthöhle fortsetzt und mit langen lappigen Ausläufern, welche die entsprechenden Abschnitte der Grenzstränge des Sympathicus bedecken, die Aorta begleitet. Die letztern ziehen sich im Laufe des Winterschlafes nach oben zurück, doch so, dass ich z. B. noch die Stücke, welche die Brusttheile der Grenzstränge der sympa- thischen Nerven decken, im Laufe des Januar vorfand. Diese Portionen waren in den Thieren, die ich im Mai oder Juni öffnete, gänzlich geschwunden. Der Brusttheil der Winterschlaf- drüse bestand nur aus den Massen, die über der Basis des Her- zens und zum Theil des Herzbeutels und in der Nähe der grossen Gefässe lagen. Der Halstheil erschien zwar kleiner, er war aber noch mit Blut reichlich gefüllt. Starke Anhäufungen von Drüsen- *) Prunelle a. a. O. Tom. XVIIL, pag. 307. **) Prunelle a. a. O. Tom. XVIIL, pag. 308 bis 309. 13 substanz zogen sich jederseits zwischen dem Schulterblatte und der Brustwandung hin. Stannius*) führt nach seinen Beobach- tungen an, dass der sympathische Nerv des erstarrten Hamsters seine Neubildung innerhalb der Wimterschlafdrüse erhalte. Ich war nicht so glücklich, eine Anzeige dieses Vorganges in dem Murmelthiere wahrzunehmen. Untersuchte ich diejenigen Abschnitte der Winterschlafdrüse, welche dem Grenzstrange des Sympathicus anliegen, mikroskopisch, so fand ich in ihren Läppchen zahlreiche haufenweis aggregirte Körner, die zum grössten Theile in Essig- säure unverändert blieben. Der ganze Bau erinnerte in hohem Grade an die bekannte Structurı der verwandten Blutgefässdrüsen, wie z. B. der Thymus. Ich konnte keine Spur von Nestern von Ganglienkugeln oder vereinzelten Ganglienkörpern, von Bildungs- stätten von Nervenfasern u. dgl. wahrnehmen. Die Augen bieten keine wesentliche Abweichung während der Erstarrungszeit dar. Die eingetrockneten Krystalllinsen nehmen eine auffallend grüne Farbe an. Untersuchte ich die frischen Lin- sen von Murmelthieren, die am Ende des Winterschlafes zu Grunde gegangen, unter dem Polarisationsmikroskope, so konnte ich noch ein sehr schönes Polarisationskreuz wahrnehmen. Ich wollte nicht behaupten, dass mir eine besondere Verän- derung irgend einer Art an dem Gehirn und Rückenmark erstarrter Murmelthiere aufgefallen wäre. Die sichere Bestimmung des Blut- reichthums oder der Blutarmuthi der Gefässe, sowie der Menge der Cerebrospinalllüssigkeit stösst auf so beträchtliche Schwierig- keiten, dass ich mich lieber in dieser Hinsicht jedes Urthejls ent- halte. Der Plexus pulmonalis soll nach Prunelle **) in winterschla- fenden Murmelthieren klein, der Plexus cardiacus gross, und der Nervus phrenicus stark sein. Ich konnte diese Unterschiede nicht bemerken. Die mikroskopische Untersuchung "des Nervus ischia- *) Stannius 2.2.0. 8. 15. *) Prunelle a.a. OÖ. Tom. XVIIL, pag. 310 14 dieus, des Vagus, des Sympathieus von Thieren, die in der Mitte des Winterschlafes getödtet worden, zeigte mir die schönsten Mark- fasern, wie man sie an andern frischen Leichen von Säuge- thieren wahrnehmen kann. Nur einzelne Fasern des herumschwei- fenden Nerven zeichneten sich, wie es schien, durch ihre Blässe in einem Falle merklich aus. Die Ganglien enthielten prachtvolle Ganglienkörper, ohne dass man an ihnen irgend ein Merkmal der Verödung entdecken konnte. Die Untersuchung von Thieren, die am Ende des Winterschlafes gestorben waren, führte im Wesent- lichen zu denselben Ergebnissen. Mangili *) wusste schon, dass das Blut der erstarrten Mur- melthiere gerinnungsfähig bleibt. Berger **) fand es sehr flüssig in den von ihm untersuchten Exemplaren. Diese Eigenthümlich- keit ist mir ebenfalls ein Mal aufgefallen. Das aus der Pfortader entnommene Blut des schon oben erwähnten Murmeltbiers, welches nach sechswöchentlichem Winterschlafe erstickt worden war, blieb mehr als 24 Stunden flüssig, wenn es vollkommen rein in einem Reagenzglase aufbewahrt war. Die Blutkörperchen, die keine we- sentliche Formabweichung darboten, hatten einen Durchmesser von sr bis "/g0oo Mm. in dem in der ersten Abtheilung unter Nr. I. angeführten Murmelthiere, das im Januar untersucht wurde. Der Mittelwerth aus 6 Messungen glich '/;;o Min. Diese Grösse steht zwischen dem Durchschnittswerthe des Rindes, der "/70, und dem des Schafes, welcher !/;,a Mm. beträgt. Mangili***) glaubte sich überzeugt zu haben, dass die Mus- keln während des Winterschlafes blasser erschienen. Ich kann nicht sagen, dass mir die Differenz besonders aufgefallen wäre. Untersucht man dierothen Muskelfasern in der Mitte oder am Ende des Winterschlafes, so erkennt man deutliche Querstreifen und Längsfäden. Das Sarcolemma zeigt nach innen zahlreiche Kerne nach der Behandlung mit Essigsäure. Die Todtenstarre der quer- *) Mangili a. a. O. Tom. X., pag. 457. i **) Berger a. a. O. No. 477, S. 228. “**) Mangilia.a. O., Tom. X, pag. 456. 15 gestreiften und der einfachen Muskelfasern tritt zu allen Jahres- zeiten ein. Es ist den Jägern längst bekannt gewesen, dass die in der Freiheit lebenden Murmelthiere gegen den Herbst hin ausserordent- lich fett werden und diesen Vorrath fettiger Massen im Laufe des Winterschlafes aufzehren. Die Abnahme des Fettes ist so auffallend, dass selbst gründlichere Gelehrte, wie z. B. Berger, den ge- sammten Verlust des Körpergewichtes, der durch die Erstarrung bedingt wird, von ihr ausschliesslich herleiten wollten. Wir werden in dem folgenden Paragraphen sehen, dass eine genauere Prüfung der Verhältnisse diese Ansicht widerlegen kann. Das Murmelthier hat am Anfange “des Winterschlafes einen sehr starken Panniculus adiposus. Die reichlichsten Fettmassen füllen das Gekröse und die Netze, ziehen sich zwischen den Bauch- wandungen und dem Bauchfell hin, umgeben die Nieren und rei- chen bis zu den Hoden hinab. Man findet noch beträchtliche Fettablagerungen in der Brusthöhle, z. B. an den grossen Gefässen, dem Herzen und zwischen den Lappen der Winterschlafdrüse, in den Zellgewebsräumen der verschiedensten Körpertheile, in dem Perimysium, in der Augenhöhle u. dgl. mehr. Man sieht bis- weilen bei genauerer Untersuchung kleinere Fettablagerungen zwischen den Acinis der Leber, in den Leberzellen, zwisehen den Bündeln der Nervenfasern u. dgl. mehr. Der Durchmesser der einzelnen Fettzellen schwankte in einem Thiere von 1/,, bis !/;, Mm. Murmelthiere, die in der Mitte des Winterschlafes geöffnet werden, haben immer noch viel Fett im Gekröse und an den Un- terleibseingeweiden und einen ziemlich beträchtlichen Pannieulus adiposus. Die vergleichende Beobachtung deutet aber an, dass schon jetzt eine beträchtliche Fettmenge der oben genannten Theile geschwunden ist. Die Untersuchung der Fettmassen der Brust- höhle, vorzugsweise der Ablagerungen an dem Herzen und den grossen Gefässen bestätigt die Abnahme der Fettzellen mit noch grösserem Nachdruck. Ganz anders verhält sich die Sache, wenn man die Thiere unmittelbar am Ende dev Erstarrungszeit öffnet, 16 Exemplare der Art, die ich im Laufe des Mai oder am Anfange des Juni untersuchte, hatten fast gar kein Fett unter der Haut. Die Bauchwände enthielten keine Spur von Fettablagerungen mehr. Dasselbe wiederholte sich bisweilen für das Gekröse und die Netze. Die letzteren schienen in einem Falle ein paar unbedeutende Fett- streifen einzuschliessen. Die mikroskopische Untersuchung lehrte aber, dass die gelbe Masse nicht aus Fettzellen, sondern aus eigen- thümlichen, zackigen, eingekapselten Körpern bestand, die sich eher als Entozoengebilde deuten liessen. Selbst das Fett der Augen- höhle, das sich selbst in den abgezehrtesten Menschen erhält, wird hier bis auf unmerkliche, oft nur mikroskopische Spuren aufgezehrt. Sind auch die Thiere nach dem Ende des Winterschlafes gut ge- füttert worden, so kehren doch die Fettablagerungen, wie Pru- nelle *) schon wusste, nicht wieder. Die in der Gefangenschaft gehaltenen Geschöpfe pflegen auch gegen den Herbst hin mager zu bleiben und überwintern häufig ohne nachhaltigen Erstarrungs- zustand. Die Angabe von Coutet**), dass das Fett der winter- schlafenden Murmelthiere eine röthliche, und das der wachen Som- mergeschöpfe eine weissere Farbe besitze, erklärt sich aus der Abnahme der Fettzellen. Die einzelnen Körner des Panniculus adiposus sehr abgezehrter Menschen sind ebenfalls häufig röthlich gefärbt. Prunelle***) schreibt eime sehr dichte und dieke Haut den Winterschläfern zu. Das Zellgewebe hängt nach ihm fest am Corium an, wird bei dem Eintrocknen steif und weicht schwer im Wasser auf. Die Haut besitzt nach jenem Forscher sehr feine Gefässe an ihrer Innenfläche und zahlreiche Nerven. Das Fett scheint nach Prunelle’s Ansicht durch die Haut zu schwitzen und diese mit einer Oelschicht zu bekleiden. Die Transpiration nehme daher während des Winterschlafes wesentlich ab. Diese *) Prunelle a. a. O. Tom. XVIIL, pag. 312. **) Berger a. a. O. No. 477, pag. 228. *#*) Prunelle a. a. O. Tom. XVIIL, pag. 307. 17 Anschauungsweise bedarf natürlich gegenwärtig keiner besondern Widerlegung. Ich muss nur bemerken, dass mir die Betrachtung der Haut der lebenden oder der todten Murmelthiere keine sichere Bestätigung jener von Prunelle gemachten Angaben geliefert hat. 8.4. Gewichtsänderung der Theile im Laufe der Erstarrungszeit. Nur wenige Forscher suchten die Gewichte einzelner Organe der Murmelthiere zu bestimmen. Die sparsamen, hier vorliegenden Mittheilungen enthalten keine Beobachtungsreihe, die mit der nö- thigen Folgerichtigkeit durchgeführt worden wäre. Ein Murmelthier von 3400 Grm. Körpergewicht führte nach Prunelle*) im Herbste 489 Grm. oder 14,4°/, Fett. Dieser Werth steht um ungefähr 2°), tiefer als der, den ich selbst ge- funden habe. Der Unterschied erklärt sich aber wahrscheinlich aus der Grössendifferenz der zergliederten Thiere. Das Exemplar von Prunelle war ungefähr dreimal so schwer als das Meinige. Die relativ beträchtlicheren Massen der Bewegungswerkzeuge konn- ten daher schon den Verhältnisswerth des Fettes um jene Grösse herabdrücken. Berger**) wog eine Reihe von Organen eines im April zu Grunde gegangenen Murmelthieres, dessen Schwere 301), Unzen und 44 Gran betrug. Er reducirte die erhaltenen Werthe auf dieses Körpergewicht und auf das, welches das gleiche Thier im Februar dargeboten hatte, und fügte noch einige Zahlen, die Daubenton aus einem 6 Pfund schweren Murmelthier angegeben, hinzu. Setzen wir voraus, dass die Unzen und Gran dem franzö- sischen Maregewicht entsprechen, so bekommen wir — #) Prunelle a. a. OÖ. Tom. XVIIL, pag. 36. #) Berger a.a.0. No. 477, 8, 218. 1 ’ s Pr Moleschott, Untersuchungen. II. p) 18 Ein Kilogramm Murmelthier —T TEE nn N sg __ n TDihrerisl: von Berger „TI mn zz | von Daubenton, | für April, | für Februar. Körpergewicht . . 933,4 Grm. | 702,1 Grm. | 2930,7 Grm. Herz »iıra.f mr. * Dnlar, Sy — Pungenren er I3Du WM, 10719 — Gehirn und oberster Theil des Rücken- TDArKENDeTE er N. 10,0 12,003 — nebenan. or en Olhoree alsaern Nieren. 245 V,zeeen IE - Nieren” ., m. Ve O0 05 —_ Ich wählte zunächst zu dem gegenseitigen Vergleiche der Gewichte der einzelnen Organe zwei aus derselben Quelle stam- mende Murmelthiere von ungefähr der gleichen Grösse, und deren Körpergewichte nur um 0,7 Grm. differirten. Das Eine wurde 6 Tage nach dem Beginne der Erstarrung getödtet, um einen Ausgangspunkt für die Vergleichung der Gewichte zu erhalten. Ich erstickte das Zweite, nachdem es 44 Tage geschlafen hatte. Es lieferte die Basis für die Bestimmung der Verhältnisse, die in dem weiteren Verlaufe der Erstarrungszeit auftreten. Ich wog endlich noch die Organe von drei anderen Murmelthieren, von denen das Eine 150, das Andere 166, und das Dritte 173 Tage nach dem Anfange des Winterschlafes zu Grunde gegangen war. Obgleich diese an fünf verschiedenen Exemplaren gewonne- nen Bestimmungen reichliches Material lieferten, so muss ich doch auf diejenigen Momente, welche den Werth solcher Beobachtungen einschränken können, ausdrücklich aufmerksam machen. Da ich alle Organe unmittelbar vor dem Wägen sorgfältig herauspräparirte, so forderte ein jedes Tbier einen Zeitaufwand von zwei bis drei Tagen. Ich suchte zwar indess den Leichnam in einer mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre aufzubewahren, 19 der während der Präparationszeit unvermeidliche Feuchtigkeits- verlust bedingte es aber, dass die später gewogenen Theile, z. B. die Haut, die Körpermuskeln. das Skelett, ein verhältnissmässig etwas geringeres Gewicht, als die früher bestimmten Eingeweide darboten. Rechnet man nun noch den wechselnden Abgang von Blut, Lymphe und Ernährungsflüssigkeit bei der Trennung der einzelnen Organe hinzu, so ergiebt sich, dass nicht unbedeutende Fehlerquellen solchen Bestimmungsarten anhaften. Sie werden sich in umgekehrtem Verhältnisse der absoluten Gewichte der ein- zelnen Organe geltend machen. Wiewohl die beiden ersten Thiere fast die gleiche Länge und beinahe dasselbe Gewicht darboten, so zeigte doch die Prü- fung der einzelnen Theile, dass dasjenige Exemplar; welches um 0,7 Grm. leichter war, einen stärker entwickelten Nahrungskanal und eine ausgebildetere Musculatur besass. Die activen Bewe- gungswerkzeuge und der Darm gaben einen Ueberschuss, wenn man ihre Werthe mit denen des entsprechenden Thieres, das gleich im Anfange des Winterschlafes geopfert worden, zusammenstellte. Man sieht schon aus diesem einen Beispiele, dass solche indivi- duelle Verschiedenheiten einzelne Bestimmungen unbrauchbar ma- chen, manche Differenzen verdecken und den trügerischen Schein nicht vorhandener Eigenthümlichkeiten bedingen können. Die drei Murmelthiere, die ich unmittelbar nach der Been- digung der Erstarrungszeit untersuchte, waren hin und wieder für einen oder wenige Tage erwacht, und hatten sogar Pflanzenkost kurz vor ihrem Tode genossen. Kleine Fastenzeiten verbanden sich hier mit weit grösseren Perioden des vollkommen ruhigen Winterschlafes. Die Berechnung der mittleren täglichen Verlust- grössen scheint anzudeuten, dass dieser Umstand nicht ganz un- merkliche Einflüsse auf die Abnahme der Körpermasse ausübte, Die später mitgetheilte dritte Haupttabelle lehrt nämlich, dass ein Kilogramm Murmelthier, das 44 Tage ruhig geschlafen hatte, täg- lieh 1,90 Grm. im Durchschnitt einbüsste. Der gleiche Mittelwerth für die drei Exemplare von 150, 166 und 173 Tagen glich 2,18 Grm. 2% 20 Die beträchtlichere Grösse dieses Werthes lässt vermuthen, dass das hin und wieder eingreifende tagelange Wachen, das den Per- spirationsverlust, wie wir sehen werden, ausserordentlich erhöht, die mittlere tägliche Abnahme um etwa /, vergrösserte. Wir haben in der ersten Abtheilung gesehen, dass die dort unter No. VL und VIL angeführten Thiere verhältnissmässig am ruhig- sten schliefen. Der mittlere tägliche Verlust von No. VIL betrug 1,74 Grm. für ein Kilogramm Körpergewicht. No. VI. zeigte so- gar nur 1,37 Grm. Da die dort unter No. L, IIL, IV. und V. an- geführten Exemplare 2,35 bis 4,338 Grm. darboten, so können wir schliessen, dass zwar die drei Murmelthiere, deren Organgewichte unter No. IIL, IV. und V. in den folgenden Tabellen angeführt werden, den-störenden Einfluss des Wachens nicht ganz verleug- neten, im Ganzen aber noch den Zuständen eines ruhigern Win- terschlafes genügend entsprachen. Wir wollen zuerst die Zahlen, welche die einzelnen Wägun- gen der Organe der Murmelthiere geliefert haben, der Reihe nach anführen, und dann die Gewichtsbestimmung der verschiedenen Theile eines im Winterschlafe begriffenen Igels hinzufügen. Es ergab sich: L Männliches Murmelthier. (Dauer der Erstarrungszeit 6 Tage.) Ursprüngliches Gewicht desselben Indessen einige Tage wach und 6 Tage ira Winterschlaf. Körpergewicht . . Mittelst Durchschneidung der Vagi ge- tödtet, wiegt unmittelbar nach der Operation Der Leichnam no am Tolgemdeh Tag unmittelbar vor der Eröffnung . . . Nettogewicht, da der Darminhait 5,40 21 Annähernder Bruchtheil des Nettogewichts. Gewicht in Gramm, Fettablagerungen in den Falten des Bauch- fells, an und zwischen den Nieren und Boden: Wr. As 2 : } 1/41 Grosses Netz mit Se DR ee nale und dem zahlreichen in ihm abge- lagerten Fette a; Ba, Nahe we y 1/56 Fetimassen an dem Golan ee 41/371 Gekröse mit dem in ihm eingelagerten Hiette, . ü 1/7110 Fett an der Inder ee Er Benchwäche und in der Beckenhöhle . . . . . 1/36 Fett der beiden Augenhöbllen . . . . r 41/612 Pannieulus adiposus . . z ; 1/18 Fett zwischen den Muskeln and day an- Ban arenie ee re 1,108 Gesammtsumme des Fettes nebst dem dazu gehörigen Bindegewebe, Gefässe en 0 an 4 177,65 Hautmuskel . . . 6,15 Muskeln des Kopfes, Ir Kae‘ ar Rumpfes, der Extremitäten und des Schwanzes . . . ae 266,70 Zwerchfell mit seinen Sehehkein A ehe 6,25 Blutleeres Herz gerade an der Verbin- dung mit den grossen Gefässen abge- schnitten . . : 6,35 Zunge, dicht über . bein EX SE 6,45 Gesammtsumme der bis jetzt genannten Be. Ha 291,90 22 Haut und Haare . Die Sohlen der Füsse mit ; Fett ar Zeil- gewebe Gesammtsumme . Skelett mit den anhaftenden Bändern, Sehnen, Resten von Muskelfasern etc. und nach Abzug des noch enthaltenen Gehirns und Rückenmarks Gehirn Rückenmark - : Die beiden Augen mit Sehnen Hindi: haut etc. i Die beiden Harder’ schen Dritsen - Speicheldrüsen Kehlkopf mit den Meinten Muskel ne Luftröhre bis zu deren Theilung Rechte Lunge Linke Lunge . Winterschlafdrüse (Der Brusttheil allein 9,85 a Speiseröhre vom Zungenbein bis zum Durchgang durch das Zwerchfell . . Magen . . . Ruh. In ihm iisse Flüssigkeit a Zwölffingerdarm . Leerdarm und Krane 2 2 Blinddarm, Grimmdarm und Mäktdärn ß Braune Flüssigkeit im Blinddarm . Flüssiger Inhalt im Grimmdarm Fester Koth im Mastdarın Gewicht in Gramm. 163,70 7,05 170,75 1,35 19,85 3,25 2,65 12,95 17,55 0,45 1,00 0,70 Annähernder Bruchtheil des Nettogewichts. 16,3 1/1148 1/6 1/5,8 1/100 1/410 1294 1/2080 1/601 1/5854 1/1192 1/293 175 1770 1/52 /320 11392 1/80 159 ‘9311 1/1040 1/14855 Von Blut gereinigte Leber und Gallen- blase ohne Galle. . . Galle Milz . oh; Rechte Niere . Linke Niere Beide Nebennieren . Entleerte Harnblase Enthäutete Ruthe E Die nicht einzeln gewogenen Theile; aus- geflossenes Blut und Verlust im Ver- ‚gleich zu dem ihre dam des Leich- nams . Differenz, border Es is enger wicht (incl. den Verlust durch den Winterschlaf) U. Männliches Murmelthier. (Dauer der Erstarrungszeit 44 Tage.) Ursprüngliches Gewicht, nachdem das Thier seit 3 Tagen in Winterschlaf verfallen e Nachdem es länger ae 6 Wochen im Winterschlafe gelegen hatte . Gewicht der Leiche des erstickten Thie- res unmittelbar vor der Zergliederung Nettogewicht, da 9,67 Grm. Inhalt des Nahrungskanales vorhanden war Fettablagerungen zwischen den Falten des Bauchfells und an den Nieren Grosses Netz mit Ligamentum gastrolie- nale und dem zahlreichen eingelager- ten Fette 23 m 0 ‚ Annähernder Gewicht Bruchtheil ın des Gramm. Nettogewichts. 34,65 ./30 1,57 ‘/662 1,00 1/1040 2,55 "/408 2,80 1872 0,50 1/2080 0,95 1/1095 1,05 ./390 79,30 13 114,00 == 1083,1 = 993,6 == 393,1 = 983,43 FG 33,35 1/29 13,95 m Fett und Gekröse an dem Dünn- und an dem Dickdarm . - Fettmassen unter der Heat, im en, in der Augenhöhle und zwischen den Muskeln . Gesammtsumme des Fettes nebst dem dazu gehörenden Bindegewebe, den Ge- fässen etc. Muskeln des Kopfes, des Halses, des Rumpfes und der Extremitäten . Blutleeres und von vorn herein fettfreies Herz nebst den Anfängen der grossen Gefäse . . . - 5 Zwerchfell mit seinen Schenken \ Zunge Gesammtsumme der bis jetzt genannten Muskeln . Haut, Haare und Fusssohlen Skelett mit daran haftenden Bändern, Sehnen, Resten von Muskelfasern und nach Abzug des noch enthaltenen Ge- hirns und Rückenmarks Gehim . Rückenmark E Die beiden Augen nebst a En Die beiden Harder’schen Drüsen . Mundspeicheldrüsen N Kehlkopf und Luftröhre bis zur Dane in die Bronchien . ’ Annähernder Gewicht Bruchtheil an 5 - Nettogewichts, 8,45 1116 87,25 112 143,00 117,6 287,32 1/34 6,69 ı/1a7 6,55 1/1104 6,75 1,146 307,31 1/8, 165,70 70,9 161,30 1/61 10,40 1/94 2,60 1318 3,75 1/262 0,60 1/1639 1,50 1/1656 1,60 1/650 25 1 Annähernder u Bruchtheil Gramm. u ed Lungen. . . BET RR AR ER, 3: 8,70 1/1113 Winterschlafdrüse Ee RERGEEER .. 1: 9,85 1/100 nei nt ner) Nee) PA er 1,70 1/570 Magen . . . RT, 16,95 1/58 Die in ihm albehtene Plisigkeit Aue: 6,17 — Dünndarm . . . | 17,25 157 "Blinddarm, euer m nd Sen Ö 21,35 1/45 Inhalt des Blinddarms . . . RR 3,50 < Leber und Gallenblase ohne Galle L,: 32,00 1/31 a ee 1,90 1/517 ii. 5 en 0,90 1/1093 Bänchspeicheldrüse-. - . 2. ...12.. 0,60 1/1639 BEBeNTerBP TEN hen); 2,80 1/351 ra. nn 2,90 11338 Nebennieren . . Ve Ne: 0,30 113278 Entleerte Bene. Re 1,05 1/936 Die übrigen, nicht einzeln gewogenen Theile, Blut und Verlust, in Vergleich mit dem Nettogewicht des Leichnams Desgleichen bezogen auf das Anfangs- 67,32 117 gewicht (incl. den Verlust durch den 2 Brachlaf)le 42 2.10 nen 156,82 En II. Männliches Murmelthier, (Dauer der Erstarrungszeit 150 Tage.) Urspriingliches Gewicht desselben am fünften Tage des Winterschlafes . . 669,3 _ Gewicht nach 5monatlichem Winterschlaf 440,0 = Nettogewicht, da 13,2 Grm. Darminhalt und 10,7 Grm. Urin vorhanden waren 416,1 = Bettablagerungen . . . 2... 0,4 (2) | */1040 26 Annähernder Gewicht in Bruchtheil Bun e Muskeln der einen Seitenhälfte . . . 57,9 47 Muskeln der andern Seitenhälfte . . . 56,5 1/7 SUNHTNeR EIGENE a ee 114,4 1/8,D Blutleeres Herz mit den grossen Gefässen 2,9 1/143 Zwerchfell . . . . 1,9 1/219 Zunge dicht über dem Zungenbein abge Sehntiten I „man. m. r £ 2,8 41/149 Gesammtsumme aller Muskeln . . . . 122,0 1/3,4 Skelett mit Bändern, Sehnen etc. . . . 112,0 18,7 VEN se ee er 77,4 15,4 Wehe. EEE la ne 9,8 1/43 Birezenmarkıı al. lee a 2,1 1/198 nsele At) Ku BE Er 3,0 1/1139 Hlarder’sche Drüsen . . many ven u. 0,3 1/1390 Speicheldrüsen . = W.dmeme ı, 1,0 1/416 Kehlkopf und Lungen . . 2... 1,4 1,297 Winterschlafdrüse, 72 7 usa ol 3,1 11134 Speiseröhre: | 4 =... Ich len: Br 0,9 1/463 Magen N ee ir: UN 1/59 IViundarmager, Su Swen. 7,9 1,53 Blinddarm . . . ee; 2,0 1/208 In ihm enthaltene A a A ach 10,9 — Grimmdarm und Mastdarm . . . . . 8,7 1/48 Inhaltsmassen derselben . . . x... 2,3 — Leber und Gallenblasee . . 2.2... 10,1 1/181 Gallerm . : 202 Daaerk AS, WERRTENE, 1,1 1/3878 Milz s.. '., SF ABEE ı; 0,3 1/1387 Rechte- Niere- .. . ...:.1 „Malinameii un, 1,8 11231 Iinke»Niere) : Kalt, Fan ars, 1,7 1/245 Beide Nebemieren . . .». 2.2... 0,2 1/2081 Entleerte Harnblase Urin in der Harnblase Enthäutete Ruthe Br: Blut, nicht gewogene Theile, Verlusb, im Vergleich mit dem Bruttogewicht des Leichnams . . e Desgleichen im eich, mit a and fangsgewicht, den Verlust durch den Winterschlaf eingerechnet IV. Weibliches Murmelthier. (Dauer der Erstarrungszeit 166 Tage.) Ursprüngliches Gewicht nach dreitägigem Winterschlaf Ber Bruttogewicht nach einer ne von 5?/, Monaten. (Die letzte Zeit wurde hin und wieder Nahrung ver- zehrt, das Körpergewicht nahm dessen- ungeachtet stetig ab.) £ Nettogewicht des Körpers, da der A 68 Grm. Kothmassen und Blase 21,5 Grm. Urin enthielt dio Fettablagerungen im Gekröse (nebst es in ihnen enthaltenen Saugaderdrüsen) Muskeln der rechten Seitenhälfte des Körpers . z Muskeln der linken Seitenhälfte Summe beider . . . Blutleeres Herz mit den grossen Gefässen h Zwerchfe Un; 27 mm nn Annähernder Gewicht Bruchtheil in des Gramm. Nettogewichts. 0,9 "/463 10,7 rr 0,3 ‚11387 40,6 10 269,9 = 944,4 — 656,0 an 566,5 u 1,5 1/8378 88,0 >= 77,0 a 165,0 "874 42 11135 3,0 1/1859 28 nn . Annähernder Gewicht Bruchtheil = des Gramm. Nettogewichts. Zunge dicht über dem es ab- geschnitten „u... +. ER RE 7,5 1/76 Gesammtsumme aller Muskeln . . . . 179,7 1/32 Skelett mit Bändern, Sehnenresten etc. . 130,0 1/4,3 Haut mit Haaren, Zellgewebe etc. . . 95,0 1/6 Ge Be 10,0 1157 Bückenmarkel a. BA ana an. 2,8 1/228 Beides Aupere ee. 3,0 1/1189 Hlarderische, Drüsen. , U... .... 0,5 1/1133 Mundspeicheldrüsen . . 2.2... 1,5 1/41 Kehlkopf und Lungen . . 2... 1,5 1/76 Wünterschlatdruser Sin 2 eu 3,2 1177 SpeISeröhre,t an. ae ee 2. 12 1/472 Nam. re) Benöndee eO 9,5 1/60 Inhalt desselben . . . . R 8,5 — Zwölffingerdarm, Leerdarın ai en daema ot > 3 EEE re 12,0 1/472 Inhalt des De Eu ee A 5,0 — Blinddarm . . . Ne. us 10,0 1/56 In ihm enthaltene Ma BR. DR Te 22,0 — Grimmdarm und Mastdam . . . . . 9,0 1/63 In ihnen gefundene Massen . . . . . 32,5 >= Leber und Gallenblase ohne Galle . . 6,7 1/84 alle A es Me ee, 1,5 41/378 INT RZ a 0,5 1/1133 BerdenNierans kin. Se 4,9 1/116 Beide Nebemnieren. 0 0... 0,15 1BTTO Entleerte Harnblase. . . » 2.2». 1,0 1/567 Urin inder. Harnblase 2 me: 21,5 - Eierstöcke, Uterus und Tuben . . . 0,8 1/7108 Blut, nicht gewogene Theile und Verlark im Vergleich mit dem a des Leichnams Desgleichen im Wöreleich mit a An fangsgewicht (inel. den Verlust durch den Winterschlaf) V. Männliches Murmelthier. (Dauer der Erstarrungszeit 173 Tage.) Ursprüngliches Gewicht nach 3tägigem Winterschlaf 5 Körpergewicht nach einem Winterschlaf von 52, Monaten, zum Theil wachend und in den letzten Tagen hin und wie- der Nahrung zu sich nehmend, doch so, dass sich das Körpergewicht dessen ungeachtet verkleinerte : e Nettogewicht, da der Darm 24 in Nahrungsmasse und die Harnblase 14,0 Gramm Urin enthielt : Fettablagerungen im Gekröse, die einge- hüllten Saugaderdrüsen mitgerechnet . Muskeln der rechten Seitenhälfte des Körpers . Muskeln der ferien Seitenhälfte Summe beider Blutleeres Herz mit den grossen Gefässen Zwerchfell . Zunge dicht über ke hen en geschnitten . NE Gesammtmasse der Muskeln Gewicht 29 Annähernder D Bruchtheil J in des Gramm. Nettogewichts. 74,85 IU6 363,25 = 1006,45 Fer 597,0 u) 559,0 “7 12 1/466 90,0 Fr 92,0 Z, 182,0 '/3 4,0 1/140 3,5 /16 5,5 1/10 195,0 1/2,9 30 Skelett mit Bändern, Sehnen etc. . Haut mit Haaren, Zellgewebe etc. Gehirn Rückenmark Beide Augen . Harder’sche Drüsen Mundspeicheldrüsen Kehlkopf und Lungen Winterschlafdrüse Speiseröhre Magen - Inhalt dankeiben - Zwölffingerdarm, Leerdarm uhdı Kani- darm . Blinddarm . 3 In ihm enthaltene Kin h Grimmdarm und Mastdarm In ihnen enthaltene Massen . Leber und Gallenblase ohne Galle Galle Milz . Beide Nieren . Beide Nebennieren . Entleerte Harnblase : In der Harnblase enthaltener an Beide Hoden . Enthäuteter Penis Blut, andere nicht gewogene Theile und Verlust Gewicht in Gramm. 138,0 90,0 11,0 2,8 3,5 0,5 1,0 6,5 4,0 2,0 8,5 2,0 15,5 11,0 13,0 8,0 9,0 17,5 0,4 1,5 6,0 0,3 2,0 14,0 0,8 0,4 31,6 Annähernder Bruchtheil des Nettogewichts. 1/4 16 g 51 1/20 1116 1/1112 1559 786 1/1140 1/280 1/65 1/36 1/51 170 1/63 1/32 1/1398 1373 1/93 1/1863 11280 1/40 1/697 1/1398 1/18 Anhangsweise gebe ich noch eine Reihe von Wägungen der Organe eines Igels, der Ende Januar starb, nachdem er seit dem Spätherbste mit zahlreichen Unterbrechungen geschlafen hatte. Die 31 Schwankungen seines Körpergewichtes sind in der ersten Abthei- lung unter Nro. VIII verzeichnet worden. Körpergewicht Nettogewicht, da 13 Grm. Grm end Koth nach dem Tode abgegangen waren Muskeln des Kopfes, des Halses, des Rumpfes und der Extremitäten Zwerchfell . Herz Zunge Gesammte Muskelmasse Feuchtes Skelett . Haut von dem Hautmuskel grösstentheils befreit Subeutanes Fett ar ellsehrebe Gehirn und verlängertes Mark Beide Augen . : Keblkopf und Halstheil 2 Luftröhre Lungen . 7 RT Winterschlafdrüse Speiseröhre R > - Nahrungskanal von de Cardia bis zum After mit Schleim und Kothresten Leber, Gallenblase und in dieser enthal- tene Galle Rechte Niere . Linke Niere ’ Beide Nebennieren . Entleerte Harnblase Gewicht in Gramm. 773,3 760,0 133,0 Annähernder Bruchtheil des Körpergewichts. 1/8 187 1/190 1/1267 1172 1/60 1/7160 1,21 1/27 1/380 1/100 1/1267 1/760 32 s Annähernder Gewicht Bruchtheil in x des Gramm. Körpergewichts. In ihr noch gefundener Han . . . . 7,6 —_ Penis mit Samenblasen und beide Hoden 3,8 1/200 Vasa deferentia . . . 12,0 1/63 Blut, nicht gewogene Organe hd Werl 47,4 1/16 Wir können diese Gewichtswerthe auf mehrfache Weise be- rechnen. Bezeichnen wir das Gewicht des Leichnams, das er un- mittelbar darbot, mit dem Namen des Bruttogewichtes, und das, welches nach Abzug des Inhaltes des Nahrungskanales und der Harnblase übrig bleibt, mit dem des Nettogewichtes, so wollen wir zunächst das letztere zu Grunde legen und ein Kilogramm Körper- schwere als Basis aller übrigen Bestimmungen voraussetzen. Diese Berechnungsweise kann nicht unmittelbar zeigen, wieviel jeder Theil im Laufe des Winterschlafs eingebüsst hat. Sie giebt uns vielmehr nur die verhältnissmässige Zusammensetzung eines jeden der Thiere in dem gegebenen Augenblicke seines Todes. Man hat gleichsam ein anderes Geschöpf am Anfange, ein anderes im Verlaufe oder am Ende des Winterschlafes. Wir können höchstens auf die Ab- nahmsgrössen, die während der Erstarrungszeit eingriffen, mittelbar zurückschliessen, indem sich die beständig bleibenden Theile durch verhältnissmässig beträchtliche Erhöhungen ihrer entsprechenden Gewichtsmengen auszeichnen. Die erste Tabelle enthält die einem Kilogramm Nettogewicht entsprechenden Verhältnisswerthe.e Da die Lungen des Murmel- thiers Nro. II. die Leber von Nro. IV., die Milz von Nro. V und die Nebennieren von Nro. III Zahlen, die von denen der übrigen Exemplare wesentlich abwichen, dargeboten haben, und daher der Verdacht einer auffallenden rein individuellen Eigenthümlichkeit vorlag, so habe ich die Mittelwerthe, die sich nach Ausschluss jener Grössen ergaben, in Parenthese hinzugefügt. Die Verhältnisswerthe der nicht hierher gehörenden Inhaltsmassen des Nahrungskanals 33 und der Harnblase wurden, in Klammern eingeschlossen, der Voll- ständigkeit wegen eingetragen. Erste Tabelle. Berechnung der Gewichtsmengen der Organe für 1 Ki- logramm Nettogewicht des Leichnames des Murmelthieres. In Grammen ausgedrückte Menge für 1000 Grm. Nettogewicht des Murmelthieres, Bi Tr gig a Mittel Thier 'Thier Thier Thier Thier aus No. 1. No. No. III, No. IV. No. V. | No, IIL, IV. u.V. | Nettogewicht desLeich- || 1042,0 | 983,43 | 416,1 566,5 559,0 513,9 names. Fettmenge. 170,49 | 145,41 | 0,960) | 2,64 2,15 1,92 Körpermuskeln, 261,85 | 292,16 | 274,93 | 291,26 | 325,58 | 297,26 Zwerchtell. 5,98 6,66 4,57 5,30 6,26 5,38 Blutleeres Herz, an 6,09 6,80 6,97 7,41 7,16 7,18 der Verbindung mit den grossen Gefüs- sen abgeschniten. Zunge. 6,19 6,86 6,73 13,24 9,54 9,94 Gesammtmenge derge- || 280,14 | 312,49 | 293,20 | 317,21 | 348,84 | 319,75 nannten Muskeln. Haut und Haare, 163,87 | 168,49 | 186,01 | 167,70 | 160,10 | 171,27 SkelettmitSehnen, Bän- || 173,56 | 164,02 | 269,17 | 229,48 | 246,87 | 248,51 dern u. 5. w. Gehirn. 10,75 10,58 23,55 17,65 19,68 20,29 Rückenmark, 2,62 2,64 5,05 4,41 5,01 4,82 Augen. 3,36 3,81 7,21 5,30 6,26 6,26 Harder’sche Drüsen, 0,48 0,61 0,72 0,88 0,89 0,83 Mundspeicheldrüsen. 1,66 1,52 2,40 2,65 1,79 2,28 Kehlkopf und Lungen 10,32 10,47 3,36 13,24 11,63 9,41 (12,44) Winterschlafdrüse. 13,29 | 10,02 745 5,65 7,16 6,75 Speiseröhre. 1,30 1,13 2,16 2,12 3,58 2.62 Magen. 19,058 | 1724 | 17,06 | 16,77 | 15,21 | 16,5 (Mageninhalt.) (3,12) N (6,27) (—) | (15,01) | (8,58) (—) 5 A ern Bei, Ct) \ 1754 | 18,90 | auıs | 97,73 } 22,68 darm. (Inhalt der dünnen Ge- u — _ (8,83) En _ därme.) Blinddarm,Grimmdarm || 16,84 22,32 25,72 33,54 33,99 | 31,08 und Mastdarm, \ | (Inhalt des Blinddar- || (0,43) | (8,56) | (26,20) | (88,84) | (23,26) | _ mes.) | Molenchott, Untersuchungen. 1. 3 In Grammen ausgedrückte Menge für 1000 Grm. Nettogewicht des Murmelthieres. wumen FE | > Mittel 'Thier Thier Thier 'Thier Thier aus No.L. | No.M. | No. | No.IV. | No.v | No. I, IV: U ye (Inhalt des Grimmdar- || (1,63) - (5,53) | (57,37) | (16,10) _ mes und des Mast- darmes.) Leber und Gallenblase 33,25 32,54 24,27 11,83 31,31 22,47 ohne Galle. (27,79) Galle. 1,51 1,93 2,64 2,65 0,72 2,00 Milz. 0,96 0,91 0,72 0,58 2,68 1,43 (0,80) Bauchspeicheldrüse, _ 0,61 —_ _ = _ Beide Nieren. 5,13 5,80 8,41 8,65 | 10,73 9,26 Beide Nebennieren, 0,48 0,30 0,48 0,27 ‚D4 0,43 (0,51) Entleerte Harnblase. 0,91 1,07 2,16 1,7 3,58 2,50 (In ihr enthaltener _ _ (25,71) | (37,95) | (25,05) _ Harn.) Beide Hoden. - —_ _ — 1,45 — Penis. 0,98 _ ‚72 _ 0,73 0,73 Eierstöcke, Tuben und — _ _ 1,41 — = Gebärmutter. Blut, die nicht gewo- 74,15 67,95 97,59 | 132,12 57,37 96,31 genen Theile und Verlust. Wir wollen uns zunächst ein Bild der verhältnissmässigen Vertheilung der Körpermasse auf die einzelnen Organe für den Anfang und das Ende des Winterschlafes zu entwerfen suchen. Halten wir uns in dieser Beziehung an das Thier Nro. I. und die Mittelwerthe von Nro. IH., IV. und V., so finden wir: Anfang des Winterschlafs. | Ende des Winterschlafs. En ng | No — Procente | Procente Theil. Pa Theil. Kor. gewichts. | gewichts. Körpermuskeln . .| 26,19 || Körpermuskeln . . | 29,73 Skelett ar sein TSAASkeletti) wi: WE 24,85 Bett. Is 17,054, Eklat 1. 1713 Elan, Zus 159-1 Diekdarm 7.2 „2.208 Sen ieber: ae Immun. 5,95 "Dünndarm 7 ."eeeeEse 2,26 Magenwas nur KONZ MEEber vn. ser 2,25 Dickdarm in, 20€ I6OW | L.Gehirnur 2,03 35 Anfang des Winterschlafs. Ende des Winterschlafs. Tr N U || N Procente Procente Theil. | et ch iesin Kern gewichts, | gewichts. Dünndarm . . 2 1,49 Masern Eee 1,63 Winterschlafdrüse . 1,38 VE 0,99 Gehirn . 1,08 Kehlkopf und Lungen | 0,95 Kehlkopf —; d Langen 1,03 INTELAN En: nern Marl 09 Zunge . 0,62 Hlerzees 2. 070 ern BEUTE. 0,61 Winterse hlafdrüse! i 0,68 Zwerchfel . . . . | 0,60 AuBen ur 0 Ben lade al 05 Zwerehfell .... .... | 0,54 N Eee Rückenmark . . . | 0,48 Rückenmark . . . | 0,26 Speiseröhre . . . | 0,26 Mundspeicheldrüsen . | 0,17 Harnblase nme | 0,25 Speiseröhre . . . | 0,13 Mundspeicheldrüsen . | 0,23 TEN 0,098 |Milz . . . A 0,14 ee ;; 0,096 | Harder'sche Prtsen - | 0,08 Bee TOO Ruthe =... ro Nebennieren . . . | 0,048 Harder’sche Drüsen . | 0,048 F Eine genauere Betrachtung lehrt bald, dass das Gehirn, das Rückenmark, die Augen, die Mundspeicheldrüsen, die Speiseröhre, zum Theil die dünnen, vorzugsweise aber ie dieken Gedärme, die Nieren und die Harnblase beträchtlich höhere Werthe am Ende, als am Anfange des Winterschlafes in Anspruch nehmen. Wir werden sogleich sehen, dass die meisten dieser Theile nur unbe- deutende Schwankungen ihrer wahren Gewichtsgrössen im Laufe des Winterschlafes erleiden. Das Fett, welches in dem Thiere Nro. I. noch 17°, ausmachte, hatte zueltzt weniger als ‘/,%. Die "Winterschlafdrüse, die zuerst die Verhältnissgrösse 1,33 besass, sinkt am Ende auf 0,68 herab, weil sie relativ weit mehr als das Körpergewicht abnimmt. Das geringere Wachsthum der der Haut, dem Skelet, der Leber entsprechenden Werthe erklärt sich aus der nur theilweisen Compensation ihrer wahren Verlustgrösse durch die Verkleinerung der gesammten Körpermasse. Die verschiedene ‚Ordnung, in welcher die einzelnen Organe im Anfange und am 5% 36 Ende des Winterschlafes ihrem verhältnissmässigen Gewichte nach folgen, geht aus diesen Beziehungen hauptsächlich hervor. Vergleichen wir die Thiere Nro. I. und Nro. II., so müssen uns die höheren Werthe, welche die Körpermuskeln, das Zwerch- fell, das Herz, die Zunge, die Haut, der dünne und der dicke Darm besitzen, sogleich auffallen. Die meisten dieser Theile hatten ein so bedeutendes Uebergewicht von Anfang her, dass es der 44tägige Winterschlaf nicht ausglich. Wir finden dagegen, dass das Skelett, der Magen und die Leber verhältnissmässig kleinere Bruchtheile der Körpermasse ausmachen. Man sieht hieraus, dass Organe, die in naher Wechselbeziehung stehen, wie die Muskeln und die Kno- chen, der Dünndarm, der Magen und die Leber, sehr ungleiche Ausbildungsgrössen trotz ihrer physiologischen Verwandtschaft zei- gen können. Der grosse Verlust, den die Winterschlafdrüse er- leidet, verräth sich schon nachdrücklich nach 44tägiger Ruhe. Ihr Verhältnisswerth sinkt beträchtlicher, als die gesammte Kör- permasse, Hält man sich an das Mittel von Nro. III, IV. und V., so besitzt ein Murmelthier, das seinen Winterschlaf überstanden hat. relativ grössere Mengen von Muskeln, Skelettheilen und Hautge- bilden. Das Fett, die Winterschlafdrüse und die Leber nehmen dagegen auffallend kleinere Zahlen in Anspruch. Man kann von dem Anfangsgewichte des Thieres bei dem Beginne des Winterschlafes in einer zweiten Berechnungsweise ausgehen. Legt man dieser die Zurückführung auf die Einheit des Kilogramms zu Grunde, so kann man die durch den Winter- schlaf herbeigeführte Verlustgrösse einem besonderen Körpertheile seiner Bedeutung nach gleichsetzen. Man wird dann zu erfor- schen suchen, wie viel jedes Organ zur Erzeugung jenes Defieit- theiles beigetragen hat. Die unveränderlicheren Gewebemassen müssen hier beständigere Werthe liefern. Ihre Zahlen wachsen jetzt nicht mehr scheinbar, wie in der ersten Tabelle, durch die grös- sere Kleinheit des gesammten Körpergewichtes. Ich habe wiederum doppelte Durchschnittsgrössen bei dem 37 Skelett, dem Gehirn, dem Rückenmark, dem Kehlkopfe und den Lungen, der Leber und der Milz hinzugefügt, weil hier eine der drei, einem einzelnen Thiere entsprechenden Zahlen die Merkmale rein individueller Werthe durch ihre Abweichung von den übrigen zu verrathen schienen. Die verhältnissmässigen Verlustmengen, welche das ausfliessende Blut und die nicht gewogenen Theile be- dingten, sind nur der Controle wegen angegeben worden. Zweite Tabelle. Berechnung der Gewichtsmengen der Organe für 1 Ki- logramm Anfangsgewicht des Murmelthieres. In Grammen ausgedrückte Menge für 1000 Grm. Anfangsgewicht des Murmelthieres. i FE gg 7 —__ Theil. Mittel Thier Thier Thier Thier Thier aus No.1. No. I. No. Ill, No.IV. No. V. No. II., | IV. uV. Ursprüngliches Gewicht || 1083,58 | 1083,1 669,3 944,4 | 1006,45 | 873,38 amAnfange desWin- | terschlafes. Verlust während der 33,59 83,10| 342,15 | 305,38 | 406,82 | 351,45 Erstarrungszeit auf 1 Kilogramm Körper- gewicht zurückge- führt. Fettmenge, 163,92 | 132,03 | 0,60 (?) 1,59 1,19 1,13 Körpermuskeln. 251,76 | 265,28) 170,93 | 174,71 | 180,83 | 175,49 Zwerchfell. 5,77 6,05 2,84 3,18 3,48 3,17 Blutleeres Herz, an den 5,86 6,18 4,33 4,45 3,97 4,25 grossen Gefässen ab- geschnitten. Zunge. 5,95 6,23 4,18 7,94 5,47 5,86 Gesammtmenge der ge-|| 269,34 | 283,73 | 182,28 | 190,28 | 193,75 | 188,77 nannten Muskeln. 1 Haut und Haare. 157,56 | 152,99] 115,65 | 100,59 89,42 | 101,89 Skelett, Bänder, Sehnen || 166,87 | 148,93 | 167,34 | 137,66 | 137,12 | 147,37 u. 8. W. (137,39) Gehirn. 10,33 9,60 14,64 10,59 10,93 12,05 (10,76) Rückenmark. 2,52 2,40 3,14 2,65 2,78 286 (2,72) Augen. 3,22 3,46 4,48 3,18 3,48 3,71 Harder’sche Drüsen. 0,46 0,55 0,45 0,53 0,50 0,49 Mundspeicheldrlisen. 1,60 1,3 1,49 1,58 0,99 1,36 Kehlkopf und Lungen, 9,92 9,51 2,09 7,94 6,46 5,50 (7,20) 38 In Grammen ausgedrückte Menge für 1000 Grm. Anfangsgewicht des Murmelthieres. Theil : Mittel Thier Thier Thier Thier Thier aus No.I. No. II. No.I, | No.IV. | No. v. | No. HL, IV. u. Ve Winterschlafdrüse. 12,78 9,31 4,63 3,39 3,96 3,99 Speiseröhre. B 1,25 1,57 1,34 1,27 1,99 1,53 Magen. 18,32 15,65 10,61 10,06 8,44 9,70 Inhalt desselben. 3,00 5,70 — 9,00 1,99 — Zwölffingerdarm. 2,45 I } = Leerdarm und Krumm- 11,95 \ 15,92 11,80 12,70 15,40 13,30 darm, Inhalt der dünnen Ge- —_ n —_ 5,30 _ — därme. Blinddarm, _Grimm- 16,19 20,27 15,99 20,12 18,88 18,33 darm u. Mastdarm. Inhalt des Blinddarmes. 0,42 3,23 16,29 23,30 12,91 _ Inhalt des Grimmdar- 1,57 — 3,44 34,41 8,94 _ mes und des Mast- darmes. Leber und Gallenblase 31,97 29,55 15,09 7,09 17,39 13,19 ohne Galle, (16,24) Galle. 1,45 1,75 1,64 1,59 0,40 0,88 Milz. 0,92 0,83 0,45 0,53 1,49 0,82 (0,49) Bauchspeicheldrüse, — 0,55 — — = == Beide Nieren. 4,94 5,26 5,23 5,19 5,96 5,46 Beide Nebennieren. 0,46 0,28 0,30 0,16 0,30 0,25 Entieerte Harnblase. 0,88 0,97 1,35 1,06 1,99 1,47 In ihr enthaltener Harn. — _ 15,99 22,77 13,91 — Beide Hoden. —_ — _ _ 0,80 u Penis, 0,97 = 0,45 _ 0,40 0,43 Eierstöcke, Tuben und - _ _ 0,85 _ — Gebärmutter. Blut, die übrigen nicht || 71,15 62,07 61,17 79,26 31,40 57,29 gewogenen Theile u. Verlust. Ich habe die dritte Tabelle aus der zweiten berechnet, um die Uebersicht der Resultate zu erleichtern. Die erste Zahlen- kolumne giebt die Procentwerthe, welche das Gewicht jedes ein- zelnen Organes im Anfange des Winterschlafes von dem Gesammt- gewichte des Körpers in Anspruch nahm. Die folgende Doppel- reihe enthält den absoluten Procentverlust, der nach 44tägiger und nach durchschnittlich 163tägiger Erstarrungszeit eingetreten war. Die beiden folgenden Kolumnen liefern die Procentgrössen, die jedes einzelne Organ im Laufe des 44tägigen und des 163tägigen 39 Winterschlafes von seinem eigenen ursprünglichen Gewichte ver- loren hat. Die zwei letzten Abtheilungen endlich verzeichnen die mittleren täglichen Verlustwerthe, soweit sie sich aus den früheren Zahlenreihen berechnen liessen. Da manche Vergleichungsgrössen, vorzugsweise wegen des Thieres Nro. II. positiv und nicht negativ ausfielen, so habe ich diese uns nicht interessirenden Werthe, die durch die individuelle Beschaffenheit des Thieres wesentlich be- stimmt wurden, nur in der zweiten Kolumne angeführt, in den übrigen hingegen weggelassen. Dritte Tabelle. Auf 1 Kilogramm Murmelthier zurückgeführte Werthe (mit Zugrundelegung des Anfangsgewichtes wie in der zweiten Tabelle), nach absoluten und relativen Pro- ’ centbestimmungen dargestellt. Relativer Procent- nein. Absoluter verlust, die Anfange- ee cent- Procentunterschied werti6 Sp Drums Procentverlust werth gelegt, Wheile des zum | —n I | —— 1 Grunde nach nach | nach ge- nach durch- nach durch- nach durch- legten |44tägigem |schnittlich |A4 tägigem |schnittlich |44tägigem |schnittlich Thieres | Winter- 163tägi- | Winter- 163tägi- | Winter- | 163 tägi- No. I. schlaf. gem Win- schlaf. gem Win- schlaf. gem Win- terschlaf. terschlaf. terschlaf. Auf 1 Kilogrm. | 3,36 8,31 35,51 - - 0,190 0,218 Körperge- wicht zurlick- geführterVer- lust. Fettmenge. 16,39 3,19 16,28 19,45 99,31 0,072 | 0,0999 | Körpermuskeln. | 25,18 | + 1,35 7,63 _ 30,30 _ 0,047 Zwerchfell. 0,58 | + 0,03 0,26 _ 45,06 _ 0,002 Herz. 0,59 7 0,03 0,16 — 27,48 = 0,001 | Zunge. 0,60 0,03 0,009 E= 1,51 _ 0,00006 Gesammtverlust| 26,93 | + 1,44 8,06 _ 29,01 0,049 der genannten Muskeln. Haut u. Haare. | 15,76 ‚46 5,57 2,90 35,33 | 0,010 | 0,034 Skelett, Bänder | 16,69 1,79 1,95 10,75 11,69 0,041 0,012 u Sehnen &e. 2,95) (17,67) (0,018) Gehirn. 1,03 0,07 1+017| 7,07 — | 0,002 _ (+ 0,04) Rückenmark. 0,25 0,01 0,03 4,76 — 0,0002 _ Absolu- Absoluter Relativer Procent- N Durehschnittlicher verlust, die Anfangs- Bet, Procentunterschied SiahB eu Grunde Pr tunt e werth gelegt, : a Ten 12. Gene N ana, Den nach ge- nach durch- nach durch- nach durch- legten |44tägigem |schnittlich [44 tägigem |schnittlich |44 tägigem |schnittlich Thieres| Winter- | 163tägi- | Winter- | 163tägi- | Winter- | 163 tägi- No. I. schlaf. |gemWin- | schlaf. | gemWin-| schlaf. | gem Win- terschlaf. terschlaf. terschlaf. Augen. 0,32 |+ 0,02 +0,05 _ _ _ _' Harder’sche 0,05 |—+ 0,009 |-+ 0,003 Drüsen. Mundspeichel- 0,16 0,02 0,02 13,13 15,00 0,0005 | 0,0005 drüsen. Kehlkopf und 0,99 0,04 0,44 4,14 44,56 0,001 0,002 Lungen. (0,27) (27,22) (0,002) Winterschlaf- 1,28 0,35 0,88 27,15 68,75 0,008 0,005 drüse. Speiseröhre, 0,13 |+ 0,03 | 0,03 _ — _ _ Magen. 1,83 0,27 | 0,56 14,57 47,05 0,006 0,005 Dünndarm. 1,43 |+ 0,15 0,11 _ 7,64 I — Diekdarm. 1,62 |4+0,41 4021 _ En u 0,0007 Leber und Gal- | 3,20 0,24 1,85 7,57 98,74 0,005 — lenblase ohne (1,57) (49,20) 0,012 Galle, (0,0096) Galle. 0,15 |+ 0,03 0,06 Milz. 0,09 0,009 0,010 9,78 10,57 0,0002 | 0,00007 (0,043) (0,0003) Nieren. 0,49 - 0,032 + 0,052 _ En — — Nebennieren. 0,05 0,018 0,021 | 39,13 45,65 0,0004 | 0,0002 Harnblase, 0,09 + 0,009 + 0,059 — — — —_ Ruthe, 0,10 — 0,054 — 39,67 _ 0,003 Die beifolgende Tafel II. enthält eine graphische Uebersicht der absoluten und der relativen Verluste, welche sich bis zum Ende des Winterschlafes geltend machten. Ich habe hier wiederum Nro. I. und den Durchschnittswerth von Nro. III, IV. und V. zu Grunde gelegt. Je zehn Theile der Abseisse entsprechen einer bestimmten Gewebmasse oder einem Organe, das die Ueberschrift anzeigt, Die Abschnitte der Ordinate gleichen den auf die gleiche Einheit kommenden Verlustwerthen. Die von einem zu dem andern Ende des Abscissenabschnittes gezogene schiefe Ordinate fällt daher um so länger und um so steiler aus, je mehr ein Theil an Masse eingebüsst hat. Die grüne Linie a, b, c, d, e, f entspricht den absoluten Ver- 41 lustwerthen der einzelnen Körperorgane im Laufe des Winter- schlafes, wenn man ein Kilogramm Anfangsgewicht zu Grunde legt. Man sieht, wie sich vor Allem das Fett und nächst ihm die Körpermuskeln bei der Deckung des Ausfalles betheiligen. Die bedeutendsten Mengen kommen nächstdem auf die Haut, die Ske- lettheile, die Leber, die Winterschlafdrüse und den Magen. Die punktirte Linie b d bezieht sich auf den Verlust der gesammten rothen Muskulatur, während b e nur den der Körpermuskeln aus- drückt. Die punktirten Fortsetzungen q r und ef umfassen die be- ständigen Organe, die keine negativen, sondern kleine positive Werthe darboten. Die untere Kurve ghiklmnop zeigt die relativen Procentverluste eines jeden einzelnen Organes, wenn man seine ei- gene ursprüngliche Masse als Basis nimnıt. Das Fett hat zwar auch hier die erste Stelle. Man sieht aber, wie unmittelbar darauf die Winterschlafdrüse und die Leber und erst später die Muskeln, die Haut, das Skelett und dgl. nachfolgen. Die grosse Verlustzahl, welche die so kleinen Nebennieren darbieten, kann nur mit dem nöthigen Vorbehalt angenommen werden. Ich möchte auch kei- nen besondern Werth auf die relativen Differenzen, welche die Mundspeicheldrüsen liefern, aus dem gleichen Grunde gelegt wissen, Da die Organe nach den Verlustgrössen der oberen Kurve mit Ausnahme der Augen zusammengestellt sind, so hebt die untere Ziekzacklinie den Unterschied der absoluten und der relativen Ab- nahmswerthe um so schärfer hervor. Die Linien hi und hk haben die gleiche Bedeutung wie be und bd der ersten Kurve. Ebenso beziehen sich die punktirten Stücke mn und op auf die Organe, - die positive Unterscheidungsgrössen geliefert hatten. Ordnen wir die absoluten Verlustprocente in absteigender Linie, so erhalten wir: = A4tägiger Winterschlaf. | Durchschnittlich 163 tägiger Winterschlaf. Absoluter Absoluter Theil Procent- Theil, Procent- verlust, verlust. BE NL Better SENMLCHER Skeletteis uch. Sul Körpermuskeln An: 7,63 Haut oe ee Haie. 5 ln Winter schlafdrüse 2270,39 Skelett; - nd ae 199 Meran. ee Leber . . f 1,88 Tiebpriegnu te. . 9 Isa [40,24 Winterschlafdrüse . 0,88 Gehirn gen: 0,07 Magen . . 0,86 Kehlkopf und Lungen 0,04 Kehlkopf und Langen 0,44 Mundspeicheldrüsen . | 0,02 Zwerchfell . . 0,26 Nebemnieren . . . 10,018 | Herz . . . 2 u. 0,16 Rückenmark . . .- | 0,01 Dimndanm zen: 0,11 Hasnhlasenssa.ge 2 01009 Ruther Lo 0,05 Augen . h 0,05 Mundspeicheldrüsen 5 0,02 Nebemnieren . . . 0,02 Mila. 2 20. un. 25 0,01 Wir bekommen dagegen eine ganz andere Reihenfolge, wenn wir die Procente des eigenen Anfangsgewichtes der Gewebemassen in Betracht ziehen. Wir haben für diesen Fall: 44tägiger Winterschlaf. Durchschnittlich 163 tägiger Winterschlaf. Procente des Procente des Theil Ursprungs- Theil Ursprungs- gewichts dessel- gewichts dessel- ben Theiles. ben Theiles. Nebennieren 9,18 Winterschlafdrüse 27. 15 IHett.z.. ohren ME 15 Bette . 199,31 Winterschlafdrü üse 168,78 Beber. ... .-. land Magen . . . \14,57 a?E Rutbe . . 22 2009700 E Ei Mundspeicheldrü üsen |13,131°3 |Magen . . . .„ 47,08 = Ei Milz. 9,78 ” ||Nebennieren . . 145,65 = 2 Zwerchfell . . . [45,06 Kehlkopfu. Lungen |44,56 Plant 2 WWERENEDEN -JuUmsEN aaapyjıu aop SW ” 43 Pe 44tägiger Winterschlaf. Durchschnittlich 163tägiger Winterschlaf. Procente des | Procente des - E Ursprungs- m ge Ursprungs- nel. gewichts dessel- ARHEBaUD | gewichte dessel- ben Theiles. | ben Theiles. Leber . . . . |7,57\ = |Körpermuskeln . 30,30 =,||Gesammte _rothe Bekim- 2... u e Muskulatur . . |29,91 ? Herzua.3 real. 1. 120, A8\ Rückenmark . . [4,76 | Mundspeicheldrüsen |15,00[ (Skelett . . . . [11,691 Fe Kehlkopfu.Lungen | 4,14 Ve 0,3 s Dünndarm . . . | 7,65) 7 Da die absoluten Beiträge, die jeder Theil für den Gesammt- verlust liefert, von dem Produkte des Beschaffenheitscoefhieienten und der in dem Körper vorhandenen Summe der Elemente abhän- gen, so gewähren sie kein reines Bild der Eigenschaften, von denen die Aufsaugung ihrem Wesen nach abhängt. Betrachten wir die für das Ende des Winterschlafes gültigen Werthe,. so nehmen die Körpermuskeln die zweite Stelle ein, während die Leber und die Winterschlafdrüse erst den fünften und sechsten Rang erhalten. Wir haben hier den nachdrücklichsten Einfluss der Massenunter- schiede, nicht aber ein Bild der wahren, von der Natur der Theile abhängigen inneren Zerstörungsprocesse. Man sieht aus der procentigen Tabelle, dass die proportionelle Abnahme der Mus- keln nicht einmal die Grösse des gesammten mittleren Verlustes _ erreichen konnte. Nur der Umstand, dass die rothen Muskelmassen En als ‘/, des Körpergewichtes ausmachen, lässt sie den grössten absoluten Verlust nach dem Fette tragen. Etwas Aehnliches kehrt für das Skelett wieder. Ein grösserer Theil des Gewichtsverlustes, den es im Verlaufe der Erstarrungs- zeit erleidet, hängt wahrscheinlich von der Aufsaugung des in den Markräumen enthaltenen Fettes ab. Die Abnahme beträgt aber dessenungeachtet nur 11,7%, der ursprünglichen Skelettmasse. Die beträchtliche Menge der Knochensubstanz bedingt es nur, dass sie den vierten Rang unter den absoluten Beiträgen einnimmt, 44 Die Procentwerthe zeigen uns, dass das Fett, die Winter- schlafdrüse und die Leber den grössten Theil ihres Gewichtes im Laufe der Erstarrungszeit einbüssen. Obgleich der Werth, den wir für das Fett erhalten haben, schon 99,31°/, beträgt, so fällt er wahrscheinlich in der Wirklichkeit noch höher aus. Wir haben in dem vorigen Paragraphen gesehen, dass wir manches Fremd- artige, wie die räthselhaften entozoenähnlichen Gebilde und die Gekrösdrüsen zu dem Fette der am Ende des Winterschlafes unter- suchten Thiere rechnen mussten. Das Fett der Knochen konnte natürlich nicht als gesonderte Grösse aufgeführt werden. Die beträchtliche Abnabme des Gewichtes der Winterschlaf- drüse bestätigt zunächst, was der unmittelbare Augenschein lehrt. Eine genauere Betrachtung der Zahlen kann aber einen Schritt weiter führen. Wir haben in dem vorhergehenden Paragraphen gesehen, dass die zu beiden Seiten der Aorta hinabgehenden Ver- längerungen der Winterschlafdrüse im Laufe der Erstarrungszeit gänzlich schwinden. Beträchtliche Massen bleiben aber noch ober- halb des Herzens, am Halse und nach den Schultefn hin übrig. Man kann nur aus den relativen Volumens- oder Gewiehtsbestim- mungen mit Sicherheit feststellen, ob auch diese Abschnitte der Drüse während des Winterschlafes beträchtlich abnehmen. Das Murmelthier Nro. IL, das in den ersten Tagen der Er- starrungszeit getödtet worden, hatte eine Winterschlafdrüse, die 1,28%, seines Anfangsgewichtes ausmachte. Der Brusttheil der- selben nahm hiervon nur 0,26%, in Anspruch. Das Exemplar Nro. IL, welches 44 Tage geschlafen hatte, besass noch zum Theil die Stücke der Winterschlafdrüse, in denen zuerst die Aorta, wie in einer Rinne eingebettet liegt. Da der absolute Verlust des Organes 0,35%, betrug, so folgt schon von selbst, dass auch die übrigen Abschnitte der Winterschlafdrüse zur Gesammtabnahme wesentlich beigetragen. Die Thatsache, dass der Verlust auf 0,88 un am Schlusse der Erstarrungszeit gestiegen war, bestätigt die gleiche Schlussfolgerung, Die Leber kommt unmittelbar nach der Winterschlafdrüse in der 45 zuletzt mitgetheilten Uebersichtstabelle. Obgleich diese Thatsache an und für sich nicht befremden kann, so besitzt sie doch nicht den Grad von Sicherheit, den die Werthe des Fettes und der Winterschlafdrüse darbieten. Die Wägungen der Leber schwanken in hohem Grade, je nachdem mehr oder weniger Blut ausgeflossen ist. Das Thier Nro. IV. bot ein so kleines Lebergewicht dar, dass ich es für nöthig hielt, die Mittelzahlen von Nro. IN. und Nro. V. in Klammern hinzuzufügen. Hält man sich aber auch an diese, so behauptet doch die Leber noch den vierten Rang in der die eigenen Procente berücksichtigenden Uebersichtstabelle der Verlust- grössen. Das kleine absolute Gewicht der Nebennieren und der des- halb um so schärfer hervortretende Einfluss der Präparation machen die hohe relative Abnahme derselben zweifelhafter, als es sonst der Fall wäre. Die Stellung der Lungen ist deshalb unsicher, weil das Thier Nro. III. auffallend geringe Gewichtsgrössen in dieser Hinsicht dargeboten hatte. Hält man sich an das Mittel von Nro. IV. und V., so würden die Lungen nur 27,2%, ihrer eigenen Masse, mithin weniger, als der durchschnittliche Gesammtverlust und die rothen Körpermuskeln einbüssen. “ Fassen wir Alles zusammen, so sehen wir, dass sich zwei Gewebegruppen des Murmelthieres, das Fett und die Elemente der Winterschlafdrüse, in verhältnissmässig reichlichster Menge im Herbste ablagern. Diese beiden Gebilde verlieren relativ am mei- sten während der Erstarrungszeit. Das Fett ist in solchen Massen vorhanden, dass sein Verlust nicht bloss dem relativen, sondern auch dem absoluten Maximum entspricht. Das verhältnissmässig kleine Gewicht der Winterschlafdrüse dagegen bedingt es, dass sie in der Reihe der absoluten Verlustbeiträge hinter den Muskeln, der Haut, dem Skelett und der Leber zu stehen kömmt, obgleich sie sich um beinahe ?/,, ihres Ursprungsgewichtes verkleinert. Die ‘Leber selbst nimmt eine Mittelstellung ein. Sie folgt auf die Winterschlafdrüse ihrer eigenen Abnahme nach und gewinnt ihrer grösseren Masse wegen den Vorrang, wenn man die absoluten 46 Beiträge in Betracht zieht. Die hohen Stellen der Körpermuskeln, der Haut und des Skelettes rühren nur von den absolut grossen Mengen, nicht aber von einer besonderen, zu reichlicherer Auf- saugung bestimmenden Eigenthümlichkeit dieser Theile her. Die in der zweiten Haupttabelle verzeichneten Werthe liefern endlich noch Aufschlüsse über die Thätigkeiten der Verdauungs- werkzeuge während des Winterschlafes. Wir sahen, dass zuerst der Magen eine wässrige, wahrscheinlich nicht von früheren Nah- rungsmitteln herrührende, sondern selbständig ausgeschiedene Flüssigkeit enthält. Der Vergleich von Nro.I. und II. scheint an- zudeuten, dass die Absonderung dieser Mischung fast um ihren Anfangswerth im Laufe einer 44tägigen Erstarrungszeit zugenom- men hatte. Obgleich die schlafenden Murmelthiere, selbst wenn sie im Winter Tage lang wachen, keine Nahrung geniessen, so findet doch immer ein, wenn auch sehr beschränkter Verdauungs- process statt. Die Kothmassen. die sie von Zeit zu Zeit entleeren, bestehen aus Gallenresten und Ausscheidungserzeugnissen des Nah- rungskanals. Dass sich diese Massen im Blinddarme am längsten aufhalten, wird durch die Gewichtsverhältnisse des Coecalinhaltes in Nro. I. und I. deutlich angezeigt. Der Blinddarm des 44 Tage lang erstarrten Thieres führte nahebei 8 Mal so viel Inhalt, als der des ersten Exemplares, das nur sechs Tage geschlafen hatte. Wir haben bis jetzt die dem Ende des Winterschlafes ent- sprechenden Durchschnittsgrössen vorzugsweise betrachtet. Liessen sich alle Zahlen als der reine Ausdruck der Wahrheit ansehen, so müssten unsere Tabellen noch die Frage beantworten, ob die Stoff- aufsaugung den gleichen Gang während des ganzen Winterschlafes einhält oder nicht. Man kann eine ablehnende Antwort theoretisch voraussehen. ‚Jeder Tag, an dem das Thier ungleiche Mengen der verschiedenen Gewebe einbüsst, bedingt auch eine veränderte Combination der Zusammensetzung des gesammten Geschöpfes, mit- hin wahrscheinlich eine andere Beschaffenheit der Blutmasse und andere Verhältnisse der einzelnen aufgesogenen Gewebtheile. Ver- gleicht man die Werthe, die das Thier Nro. II. und der Durch- 47 schnitt von Nro. II., IV. und V. liefern, so gelangt man zu dem gleichen Ergebnisse. Halten wir uns z. B. an die wichtigeren und sichereren Grössen, so haben wir: Verhältnies der Abnahmsgrösse nach 44tügiger Erstarrung zu der nach durchschnittlich 163- tägigem Winterschlaf. Theil m To Absolute Procente der eigenen Verlustgrösse. Organmassen. Verhältniss der Winterschlafs- — 44 : 163 = HB ERTA E: Winterschlafdrüse 15276 1522) Fett sh ee eat eo BE ee ee Im 18 EHT8 Skelett E - 11 11 Haut 1: 12,1 1:122 Wir sehen hieraus, dass die Winterschlafdrüse in den ersten 44 Tagen der Erstarrungszeit verhältnissmässig mehr, als später abnahm, während das Fett und die Leber das Umgekehrte dar- boten. Bedenkt man, dass die Thiere in der letzten Abtheilung des Winterschlafes häufiger zu erwachen pflegen, dann längere Zeit wach bleiben und deshalb die Rolle von fastenden Geschöpfen für längere Perioden iibernehmen, so können wir den verhältniss- mässig stärkeren Verlust der Leber dieser die Reinheit des Winter- schlafes störenden Nebenerscheinung wenigstens theilweise zuschrei- ben. Die Winterschlafdrüse wird durch sie weniger in Anspruch genommen. Dieses, vielen Winterschläfern eigenthümliche Organ, welches kurz vor der Erstarrungszeit beträchtlich wächst, wird daher eher während des reinen Winterschlafes zu Hülfe gezogen. Die Muskeln verlieren ebenfalls weniger, wenn das Murmelthier er- starrt liegt, daher weit weniger Körpermasse durch seine Per- spiration verzehrt und zugleich auch meist geringere Mengen Harn und Koth bereitet. Stellen wir uns endlich noch zusammen, wie viel jedes Haupt- gewebe zu dem ‘durchschnittlichen täglichen Verlust der Winter- schlafszeit beiträgt, so haben wir: 48 Mittlerer täglicher Verlust für 1 Kilogramm Murmelthier in Grammen ausgedrückt. Mh. äuite To Nach 44tägizem |Nach 163tägigem Winterschlaf. | Winterschlaf. Berechneter täglicher Gesammtverlust . 1,90 2,18 LE Mer an 0,72 0,999 Rothe Körpermuskeln . . . 2... — 0,49 Haube rer ereeeieneerne 0,10 0,34 Depleilals 0 see trete. > Menu 0,41 0,12 (0,18) EEE dr ee. 0,05 0,12 Wanterschlafdrüse „= 0. ef. 0,08 0,05 Magen a ne Melia 0,06 0,05 Ilpiuyta < ea” ICERTER TDER En Rn 0,01 0,02 Darmien Arte he er Ara — 0,007 Summe 1,43Gr.| 2,196 Das scheinbere Defieit nach 4tägiger Erstarrung rührt davon her, dass die Abnahme der Körpermuskeln und des Darmes nach Nro. I. nicht ermittelt werden konnte. Diese Tabelle kann übri- gens die Bemerkungen, die wir oben über den anfänglichen und den späteren Verlust der Winterschlafdrüse, des Fettes und der Leber gemacht haben, nachdrücklich versinnlichen. Wir werden die tiefere Bedeutung jener Zahlen erst dann erläutern können, wenn wir die Perspiration der schlafenden und der wachen Murmelthiere behandelt haben werden. Wir müssen daher die Discussion derselben bis zur Betrachtung der Ernährungserscheinungen verschieben. Vergleichen wir endlich die Ergebnisse, zu denen die Mur- melthiere führten, mit denen, die Chossat *#) an verhunger- ten Tauben oder Falck und Scheffer **) an Hunden und Tau- ben nach anhaltender Wasserentziehung gefunden haben, so werden wir uns bald überzeugen, dass die Erstarrung den Körper des Winterschläfers in anderer Weise angreift, als das Verhungern *) Chossat, Recherches experimentales sur l'inanition. Paris 1843. 4. p. 98. **) Falck in Vierordt’s Archiv für physiologische Heilkunde. Bd. 13. Stutt- gart 1854. 8. S. 61-73. 49 oder das Verdursten der Taube oder des Hundes. Stellen wir 2. B. die durchschnittlichen absoluten Procentverluste, wie sie Chossat an verhungerten Tauben berechnet, denen, welche die Murmelthiere am Ende des Winterschlafes zeigten, gegenüber, so haben wir: Absteigende Reihenfolge der absoluten Procentantheile an dem Verluste der Körpermasse. Tr nn I ——__ Am Ende des Winterschlafs der Murmeltbiere, An verhungerten Tauben nach Chossat. A m — | m No Procente dos Procente des Theil Gesammt- Theil Gesammt- verlustes. verlustes. ee, m 46,3 | Rothe Körpermuskeln | 46,65 Rothe Körper uakain Flat Biete: Ha EEE 1120,06 ee iu. cn... 13,5 | Leber und andere Un- Beate ae; 5,6 terleibsdrüsen . . 5,25 ober 3 5,+ | Nahrungskanal . . 4,52 Magen und Dünndarm 2 lang 2 Aan.c. 2|0r3,0M Winterschlafdrüse . del Knochen tes 3,76 Kehlkopf und > 12 Re RAIDER: 1,52 Herz. 2.7. 0,5. Eungennee re 0,60 Das Fett und die rothen Körpermuskeln verhielten sich hier- nach in den Murmelthieren und den Tauben in entgegengesetzter Weise, wenn man ihre procentigen Beiträge zu dem Gesammt- verlust in Betracht zieht. Der grössere Verbrauch des Fettes in den Winterschläfern hängt wahrscheinlich mit dem ursprünglich beträchtlicheren Fettreichthum zusammen. Der charakteristische Zug, dass sich die Muskelmassen weit weniger, als bei den Fasten im wachen Zustande abnutzen, tritt auch hier mit Nachdruck her- vor. Die Haut und das Skelett gaben einen kleineren Beitrag zu dem Gesammtverluste der verhungerten Tauben. Die Leber und der Nahrungskanal gestatten keine bestimmten Folgerungen. Die Lungen lieferten grössere und das Herz kleinere Beiträge zu dem Gesammtverluste der Winterschläfer. Die Hunde, welche Falek und Scheffer verdursten liessen, deckten den grössten Theil der Abnahme ihrer Körpermasse durch die Gewichtsverminderung der Muskeln, der Haut und des Fettes. Moleschott, Untersuchungen, II 4 50 Wir haben auch hier eine nachdrücklichere verhältnissmässige Be- theiligung der activen Bewegungswerkzeuge, als in den erstarrten Murmelthieren. Wir hatten früher gesehen, dass das Gehirn, das Rückenmark, die Augen und die Nieren keine wesentliche Abnahme durch den Winterschlaf erleiden. Dieselbe Erscheinung kehrt auch bei dem Verhungern und Verdursten wieder. Die reichlichen Fettkörper des Gehirns werden in beiden Fällen nicht angegriffen. Die starke Füllung der Gallenblase, deren Inhalt durchschnittlich 2%, des Nettogewichts der nach Beendigung des Winterschlafes untersuch- ten Murmelthiere in Anspruch nahm, wiederholt sich auch in ver- hungerten Menschen und Säugethieren. Vergleichen wir die auf die Anfangsmengen bezogenen Pro- centantheile der einzelnen Gewebemassen, so haben wir: Absteigende Reihenfolge der Procentmengen des Verlustes im Vergleich mit den Anfangs- massen der Gewebtheile. nn rg Am Ende des Winterschlafs der Murmelthiere. An verhungerten Tauben nach Chossat *). Theil Procente. Theil | Procente. Wettikmkt, IR BOTEN ÄNRERRONE EN. ERRE ANMERONE 5 Winter: EA IARARIRE 3 . 168,78 | 5 2 (Blut . $ u. .. 79,0] = Leber P : . | 58,741 3 Fu Miz . E Sf aaneE Er “ Ruthe. 2... .]5567\ 38&| Baue hspeicheldrüse . 164,41 \® Fe Magen ... .7 %, .hAN,0DlE=e | Leber, , . .,,.. . [alten Zwerchfell EW., LEHE) Ve ET ie EN Kehlkopf und I. ungen“ 44,56 | X 2 Darmkanal . . 1 42,4 = Haut EA SONDER Rothe Körpermuskeln | 42,30) 5 Körpermuskeln = = 1 30,30.\ . 5, Magen . . 39,7 \.e Gesammte rothe Mus- Se Schlund und Sp eigeröhre 34,2 I5, kuatur , . z : 129,91 53 Hantı 4 say Herz . .127,48\| 38 Nieren ea en 388 Mundspeicheldrüsen - | 15,00 zE Lungen . a DB ITE Bi Skelett ER ERSEEN Pest: Knochen ; u 2. lan 283 Miz . En Een: - 1 10,87 | Augen 2 10,0 Z 2” Dünndarm Syn ar: 7,65/°° Centräles Nerv ensystem 1597 Si *) Chossat a. a. O. pag. 92. öl Diese zweite Betrachtungsweise lehrt, dass das Fett der er- starrten Murmelthiere trotz seiner ursprünglich beträchtlicheren Menge verhältnissmässig mehr von seimer Masse verliert, als das der verhungernden Taube. Die Körpermuskeln büssen in dieser mehr, in dem Murmelthiere dagegen weniger, als der mitt- lere verhältnissmässige Gesammtverlust ausmacht, en. Die Haut und die Lungen bieten gerade die umgekehrten Beziehungen dar, — eine Thatsache, die vielleicht mit der so durchgreifend ver- schiedenen Perspirationsthätigkeit zusammenhängt. Das so oft und so lange ruhende Herz des erstarrten Murmelthieres nimmt relativ merklich weniger ab, als die immer thätige Herzmasse der fasten- den Taube. Die auf ihre Ursprungsmasse bezogene Verkleine- rung der Leber oder des Skelettes scheint keine sehr bedeutenden Unterschiede in beiden Fällen darzubieten. Zwanzig verhungerte Tauben gaben Chossat *) einen durch- schnittlichen Gesammtverlust des Körpergewichtes von 0,416. Der mittlere tägliche Verlust der gleichen Thiere betrug **) 0,0417. Man hat daher eine mittlere Lebensdauer von 9,97 Tagen. Da die absolute Gesammtsumme des Defieit eines mittleren Thieres der Art 142,17 Grm. betrug, ***) so berechnet sich hieraus ein An- fangsgewicht von 341,7 Grm. Wir wollen dieses auf ein Kilogramm Körpergewicht zurückführen, die einzelnen von Chossat verzeich- neten absoluten täglichen Verluste der hauptsächlichsten Organe für diese Einheit bestimmen und die Werthe den entsprechenden Durchschnittszahlen des erstarrten Murmelthieres gegenüberstellen. *) Chossat a. a. O. pag. 20. ”*) Chossat.a. a. O. pag. 22. ##*) Chossat a. a. O. pag. 98. 4# - 52 Absoluter täglicher Mittelverlust für ein Kilogramm Körpergewicht. ut Te a En net In 9,97 Tagen verhungerte Taube. Tagesverlust Tagesverlust Theil. in Theil in Gramm. Gramm, Fett . . - | 0,999 Rothe Körpermuskeln 19,4 Rothe Körpermuskeln 0,49 Fett! ...:» 11,3 Haut... . 0,34 Leber (und andere ne Skelett ET. 0,12 (0,18) terleibsdrüsen) a2 Leber . . 0,12 Nahrungskanal 1,9 Magen und Dina 0,057 Haut n 1,7 Winterschlafdrüse . . 0,05 Knochen Ren 1,6 Eonpen mau. . . 0,02 ei re 0,5 Lungen 0,5 Blut, andere Theile und Verluste LS 2,9 em ee Gesammtsumme 2,196 Gesammtsumme 41,8 ‘ Man sieht hieraus, dass die verhungerte Taube durchschnitt- lich 40 Mal so viei Muskelmasse und nur 11,5 Mal so viel Fett; ferner 33 Mal so viel Gewebe des Nahrungskanales, 18,3 Mal so viel Leber, 15 Mal so viel Lunge, 9 bis 13 Mal so viel Skelett (nebst Markmassen) und 5 Mal so viel Hautgewebe als das erstarrte Murmelthier täglich verzehrt. Diese Zahlen heben wieder den Unterschied des Winter- schlafes und des Hungerns deutlich hervor. Die fastende Taube verbraucht von den edlen Theilen, wie die Muskeln sind, 40 und von dem leichter zu ersetzenden Fette nur 11 Mal so viel, als das erstarrte Murmelthier. Dieser eine Unterschied zeigt schon deut- lich, dass der Winterschlaf zu den regelrechten Thätigkeiten ge- hört. Führt er auch zur Abmagerung, so hinterlässt er doch nicht den Körper in hinfälligem Zustande durch eine überwiegende Aufzehrung der Muskelmasse. Ein beträchtlicher Theil des grossen Verlustes des Darmes des hungernden Geschöpfes kommt wahr- scheinlich auf die einfachen Muskelgebilde des Nahrungskanales. j j j j | 53 Die so auffallend gesteigerte Abnahme der Lungen der verhun- gerten Taube endlich liesse sich aus der nie unterbrochenen Thä- tigkeit der Athmungswerkzeuge erklären. Fünf verhungerte Kaninchen gaben Chossat einen verhält- nissmässigen Gesammtverlust von 0,374, und fünf Meerschweinchen einen solchen von 0,330. Man hat daher 0,350 als Mittelgrösse. Da der durchschnittliche tägliche Verlust derselben Thjere 0,040 betrug, so erhält man 8,75 Tage als mittlere Lebensdauer. Neh- men wir nun 2,18 Grm. als durchschnittlichen Tagesverlust für ein Kilogramm Körpergewicht, und 163 Tage als die mittlere Zeit des Winterschlafes der Murmelthiere an, so verhält sich: die Zeit des Hungerns zu der des Winterschlafes 1:18,9 und > der Verlust des Körpergewichtes während des Hun- gerns zu dem während des Winterschlafes . .. . 18,3:1 Man sieht hieraus, dass die Murmelthiere keinen wesentlichen Vorzug vor den Kaninchen und Meerschweinchen haben, wenn man die Fähigkeit, den Nahrungsmangel zu ertragen, unter Be- rücksichtigung des Vergleiches der Ausgaben und der Zeiten in Betracht zieht. Es lässt sich hierbei natürlich nicht entscheiden, ob nicht die geringe Zahl der den Mittelgrössen zum Grunde lie- genden Einzelbeobachtungen manche feinern Unterschiede vorläufig unmerklich macht. Der mittlere tägliche Verlust von 1,90 Grm., den die ersten 44 Tage des ruhigen Winterschlafes lieferten, entspricht eher der durch kein längeres Wachen gestörten Erstarrung, als die höhere, auf die ganze Winterschlafszeit bezogene Durchschnittszahl von 2,18 Grm. Tagesabnahme, bei der am Ende die Murmelthiere zu Grunde gingen. Vergleichen wir jene erstere Grösse mit der ana- logen der Kaninchen und der Meerschweinchen, so sehen wir, dass dann die mittlere tägliche Abnahme der letzteren 21,1 Mal grösser, als die des ruhig schlafenden Murmelthieres ausfällt. Da das als Nro. VI. der ersten Abtheilung verzeichnete Exemplar durchschnitt- lich nur 1,37 Grm. für ein Kilogramm Anfangsgewicht und einen 54 “ Tag verlor, so kommt sogar 29,2 für dieses Geschöpf heraus. Blieben sich alle Nebenbedingungen gleich, so dass sich die Zeiten umgekehrt, wie die Ausgaben verhielten, so hätte ein mit keiner Nahrungseinnahme verbundener, sondern höchstens durch kurze Wachezeiten unterbrochener Winterschlaf von 184,6 Tagen das erste, und ein solcher von 255,5 Tagen das zweite Murmelthier durch Erschöpfung tödten müssen. Die Länge der Erstarrungszeit wechselt natürlich in hohem Grade mit den äusseren Verhältnissen, und zwar vorzugsweise der Witterung. Es gehört zu den Seltenheiten, dass die wilden Mur- melthiere von Anfang October an der Südseite und von Anfang November an der Nordseite der Alpen bis Ende April oder Mai, mithin 212 bis 215 Tage ohne alle Nahrungseinnahme schlafen. Die Erstarrung beginnt vielmehr in der Regel merklich später. Sie pflegen im Laufe des April aufzuwachen, sich, wenn es nöthig ist, durch den Schnee zu bohren und Nahrung aufzusuchen. Man kann daher das Mittel von 163 Tagen, welches unsere Thiere Nro. OI., IV. und V. geliefert haben, als einen annähernden Aus- druck der durchschnittlichen Dauer der Erstarrungszeit anselıen. Die Thiere würden daher nur °/, bis "/,. der Hungerzeit, die zur Erschöpfung führte, in Erstarrung und ohne alle dazwischengrei- fende Nahrungseinnahme zubringen, wenn sich alle Nebenverhält- nisse in den winterschlafenden Murmelthieren und den verhungern- den Kaninchen und Meerschweinchen gleich verhielten. Die früher dargestellten Thatsachen lehren aber, dass die schlafenden Murmelthiere ihren Körper auf eine weniger angrei- fende Weise aufzehren, als die hungernden wachen Geschöpfe. Sie verbrauchen mehr Fett und weniger Muskeln. Sie haben die Winterschlafsdrüse als Nebenhilfsmittel und können daher auch andere stickstoffhaltige Gewebetheile unverletzter bewahren. Da diese Erscheinungen die Lebensdauer verlängern, so können wir sagen, dass der Winterschlaf der Murmelthiere merklich früher unterbrochen wird, als 3/, bis %/,, der Erschöpfungszeit abgelaufen ist. Die Werthe des Gesammtverlustes erhärten das Gleiche. » 55 Nro. VI. und Nro. VII. der ersten Abtheilung hatten in dieser Hinsicht nur 0,18 und 0,23 während ihres 134tägigen Winter- schlafes. Die verhungerten Kaninchen und Meerschweinchen da- gegen lieferten 0,35 als Mittelgrösse. Ich habe noch die Werthe, die den hungernden Tauben ent- sprechen, in die zweite Tafel zur Erleichterung des Vergleiches eingezeichnet. Ich führte zu diesem Zwecke die Mittelzahlen, . welche Chossat aus zwanzig Thieren gezogen hat, auf ein Kilo- gramm anfänglichen Körpergewichtes zurück und trug die Grössen in gleicher Weise, wie es für die Murmelthiere geschehen war, in die zweite Tafel. Die Zickzacklinie gbrstu entstand auf diese Art. Sie entspricht daher der Linie abedef der Murmel- thiere. Da der Gewichtsverlust der rothen freien Muskeln der Tauben, wenn man ihn auf ein Kilogramm Anfangsgewicht des Körpers bezieht, 192,4 Grm. beträgt, mithin mehr, als die Ordi- natenlänge der zweiten Tafel in Anspruch nimmt, so habe ich die sonstige Abseissenlänge von 10 Einheiten in zwei gleiche Hälften getheilt. Die eine nahm 180 Ordinatengrade der Muskellinie br auf. Der Rest von 12,4 Grade kam als rs auf die zweite Hälfte. Die Zickzacklinie gvwxy verzeichnet die Procentverluste der einzelnen Organe, wenn man von deren Ursprungsinengen aus- geht. Sie entspricht daher der Linie ghiklmnop der Murmel- thiere. Während die mit kleinen Strichen angegebenen Stücke der Curve der Winterschläfer die Theile bezeichnen, die positive Unter- schiede lieferten, die wir daher als die eonstanten Organe betrach- ten, sind die Gebilde. über welche keine Angaben aus den ver- hungerten Tauben vorliegen, mit Punkten dargestellt worden. Ich muss endlich noch bemerken, dass hier der die Leber betreffende Werth auch noch die anderen Unterleibsdrüsen umfasst und die unter der Rubrik Dünndarm stehende Linie den Veränderungen des ganzen Nahrungskanales entspricht. Dieselben Ueberschriften gelten aber für die Murmelthiere ohne weitere Nebenbedenutung. Man darf daher den erwähnten Unterschied bei dem Vergleiche der analogen Linienstücke jener beiden Columnen nicht vergessen. ‘ 1. Ueber die angeblich ästhesodische Natur der Spinalganglien. Von Moritz Schiff. Aesthesodische Theile nennen wir diejenigen (vgl. Comptes rend. T. XXXVII. pag. 930.), welche Empfindung fortzuleiten vermögen, ohne dass irgend eine lokale Reizung dieser Theile Empfindung zu erregen im Stande ist. Untersuchungen, welche ich bereits im Jahre 1848 begonnen und deren Resultate zuerst im Jahrg. 1853 der Schriften der Ber- ner naturf. Gesellschaft veröffentlicht wurden, hatten mir gezeigt, dass in der grauen Substanz des Rückenmarks, welche gänz- lich aller Sensibilität entbehrt, solche ästhesodische Ele- mente in Menge vorkommen. Im vorigen Jahre hat nun Brown Sequard an mehreren Stellen seiner Publicationen über das Rückenmark hervorgehoben, dass er bereits nach eigenen selbstständigen Untersuchungen jenes merkwürdige Verhalten der grauen Substanz des Rückenmarkes erkannt habe, dass aber die ästhesodische Eigenschaft der grauen Rückenmarkssubstanz nicht ausschliesslich zukomme, indem er in der letzten Zeit gefunden habe, dass auch die Spinalganglien der Empfindlichkeit entbehrten, während die hinteren Wurzeln vor und hinter diesen Ganglien sehr empfindlich seien, so dass die lebhafte 57 Sensibilität aller Rückenmarksnerven im Niveau der Ganglien durch eine unempfindliche Stelle hindurch geleitet würde. Es musste mir natürlich sehr angelegen sein, diese auffallende Behauptung jenes Forschers genau zu prüfen. Meinen früheren Versuchen, die mich an keiner Stelle der hinteren Wurzeln die Empfindlichkeit vermissen liessen, konnte ich in dieser Hinsicht - kein genügendes Vertrauen schenken, da mit den Ganglien - mög- licherweise der vordere oder hintere Theil des freien Nerven direct oder durch Zerrung gereizt worden sein konnte, oder die recur- rente Empfindlichkeit des den Ganglien anliegenden Theiles der vorderen Wurzel das Resultat getrübt haben konnte. Es wurden also neue Versuche an Fröschen, Kaninchen und einem Hunde angestellt. Die Versuche an 5 Fröschen wurden im November 1855 un- mittelbar nach der Veröffentlichung der Arbeit von Brown Se- ‚quard in Göttingen angestellt. *) Dem ersten Frosche wurde das Ganglion des Armnerven blossgelegt. Nach einer Viertelstunde wurde mit einer feinen sehr spitzen Pincette der hintere Theil dieses Ganglion etwas compri- mirt, das Thier machte, während es vorher ruhig war, augenblick- lich Bewegungen zur Flucht, und gab alle Zeichen der lel,haftesten Empfindung; dieser Versuch wurde an demselben Thiere in ver- schiedenen Zeitabständen mehrmals mit demselben Erfolg wie- derholt. #) Ich bemerke, dass ich dreien dieser Frösche mehrere Tage vorher durch eine Verletzung des verl. Markes Diabetes hervorgerufen hatte. Ich musste diese Thiere, deren Zustand auf den Ausgang unserer zu beschreibenden Versuche natlirlich ohne störenden Einfluss war, hierzu nehmen, da mir damals nur sehr wenige Frösche zu Gebote gtanden, indem der Director (les Göttinger sogen. „physiologischen Institutes“, Herr Hofrath R. Wagner, mir aus dem Froschvorrathe seines Institutes nur so sehr wenige überlassen konnte, da er der übrigen zu anderweitigen im Laufe des Winters in grossartigem Maass- stabe anzustellenden Versuchen bedurfte, und im Freien nach meiner Ankunft in Göttingen keine Frösche mehr zu haben waren. 58 x Um sicher zu sein, dass die Annäherung meiner Hand bei dem Versuche das Thier nicht zur Flucht trieb, wurde der Frosch enthirrt und der Armknoten der andern Seite blossgelegt. Nach einiger Zeit erregte Kneipen dieses Knotens mit der Pincette leb- hafte Reflexbewegung. Einem zweiten Frosche wurden die Ganglien der Nerven für die hinteren Extremitäten blossgelegt. Leises Kneipen dieser Gang- lien erregte Zeichen von Empfindung, während das Thier noch mit den 4 Füssen auf einem Tische befestigt war. Auch hier wurde nur der hintere Theil des Ganglions mit der Pincette berührt, um die vorderen Wurzeln nicht zu verletzen. Es wurden nun die hinteren Stränge des Rückenmarks und der grösste Theil der hin- teren grauen Substanz dicht unterhalb des Abgangs der Armnerven durchschnitten. Nach einer Viertelstunde zeigten sich die Ganglien wenigstens eben so empfindlich wie vorher, wenn nicht noch em- findlicher. Dem dritten Frosche wurden ebenfalls die Ganglien der Ner- ven für die hinteren. Extremitäten blossgelegt. In eines dieser Ganglien wurden, während das Thier befestigt blieb, 2 feine zu- gespitzte Silberdrähte auf beiden Seiten eingebohrt, so dass, ihre Spitzen in der Substanz des Knotens kaum '/, Linie von einander abstehen konnten. Die anderen Enden dieser 4'/, Zoll langen Drähte wurden, nachdem das Thier sich wieder ganz beruhigt, in zwei Näpfehen mit Quecksilber gesenkt, die durch ein galvanisches Plattenpaar von 5 Quadratzollen mit einander in Verbindung ge- setzt wurden. Bei jedesmaliger Berührung der Plattenenden zuckte der Frosch zusammen und gab Zeichen von Schmerz. Ein vierter Frosch wurde nach Blosslegung der Ganglien mit Opiumextract vergiftet. Als das Thier nach den ersten tetanischen Anfällen ruhig dalag, wurden mit einer langen feinen Nadel die verschiedenen Ganglien leise berührt. Jedesmal entstand Tetanus. Als die durchschnittenen Knochen ebenso berührt wurden, blieb der Tetanus aus, zum Beweise , dass hier nicht die Erschütterung wirksam war. Uebrigens las das Thier auf einem festen Tische, 59 auf dem, auch in den Zwischenzeiten, mein Arm und die Hand so ruhte, dass die Nadel stets in der Nähe des geöffneten Wirbel- kanales gehalten wurde, so dass die zum jedesmaligen Versuch nöthige Bewegung nur sehr klein ausfiel. Machte ich diese Be- wegung ohne das Thier zu berühren, so entstand kein Tetanus. Um den Verdacht aller Zerrung der in das Ganglion eintre- tenden und aus ihm hervorgehenden Theile der Nervenwurzel während der rasch eintretenden Bewegung des Thieres zu vermei- den, wurden einem fünften Frosche dieselben Ganglien blossgelegt und die austretenden Nerven unmittelbar am Ganglion auf einer Seite durchgeschnitten. Das Ganglion wurde nun gegen das Rücken- mark vorsichtig heraufgerückt, so dass die Nervenwurzel gekrümmt war und bei anfangender Bewegung des Thieres keine Zerrung erleiden konnte. Der Erfolg des bald darauf angestellten Versuches erlitt dadurch keine Veränderung. Auch als dem befestigten Thiere alle Bewegungswurzeln der hinteren Körpertheile durchschnitten waren, blieben die Ganglien noch empfindlich. Um zu zeigen, dass meine Methode der Reizung nicht schon an und für sich eine Zerrung der Nervenwurzeln oder des Rückenmarkes bewirke, wurden demselben Frosch auf der andern Seite die hinteren Wur- zeln der Fussnerven unmittelbar vor dem Eintritt ins Ganglion stark gequetscht. Die Reizung der Ganglien mit der Pincette blieb hierauf ohne allen Erfolg. Versuche an zwei Kaninchen stellte ich im December 1855 in Frankfurt an. Die Ganglien der Nerven für die hinteren Ex- tremitäten wurden blossgelegt und ihre Empfindlichkeit gab sich schon unzweifelhaft kund, noch ehe die Thiere ganz aus der Aether- betäubung erwacht waren. Dem einen war vor der Blosslegung der Ganglien die rechte Hälfte des Rückenmarks in der Nacken- gegend durchschnitten worden. Die Reizung der rechten Ganglien bewirkte stärkere Zeichen von Empfindung als die der linken. Den Versuch am Hunde machte ich hier in Bern im Juni 1856. Diesem Thiere, dem acht Tage vorher der linke Vagosym- pathicus exceidirt worden war, legte ich die Spinalganglien der 60 Lendennerven bloss, ohne die Rückenmarkshäute zu eröffnen, und trennte die dem Ganglion anliegende vordere Wurzel bis zu ihrer Vereinigungsstelle mit der hinteren ab, so dass sie bei der Reizung des Ganglion nicht betheiligt werden konnte, und der Einfluss der recurrenten Empfindlichkeit eliminirt wurde. Eine Fadenschlinge wurde um die hinteren Wurzeln gelegt, so dass sie bequem mit dem Ganglion emporgehoben werden konnten. Noch ehe das Thier vollständig aus dem Aetherrausche erwacht war, als es anfıng Zei- chen von Sensibilität zu geben, wurden die Fadenschlingen mehr- mals emporgehoben, wobei das Thier stets ruhig blieb; so oft ich aber die verschiedenen Ganglien comprimirte, gab es durch Aech- zen und Sehreien seinen Schmerz zu erkennen. Auch mein ge- schätzter College, Herr Valentin, überzeugte sich von der Rein- heit und der Beweiskraft dieses Versuches. Es ist schwer zu sagen, auf welche Weise Brown Sequard in den schon a priori sehr auffallenden Irrthum verfallen ist, dass die Ganglien der sensibeln Nerven unempfindlich seien. Wenn andere Autoren schon manchmal sensibeln Theilen innerhalb des Spinalkanales die Empfindlichkeit absprachen, so konnte man die Ursache in einer fehlerhaften Methode der Blosslegung des Rücken- markes suchen. Ich erinnere in dieser Beziehung an die angeb- liche. absolute Unempfindlichkeit der vorderen Nervenwurzeln, wel- che jetzt wohl von keinem wahren Physiologen vertheidigt wird. Brown Sequard ist aber sicher mit der Operation der Eröffnung des Spinalkanales so vertraut, dass man nicht vermuthen darf, dass er die Thiere durch zu grossen Blutverlust allzusehr geschwächt habe. Eher ist es wahrscheinlich, dass Brown Sequard’s Me- thode, die Anwesenheit von Empfindung zu prüfen, die Schuld dieses Missverständnisses trägt. Hat doch derselbe Physiologe noch bis vor Kurzem gegen mich behauptet, und er hält vielleicht noch daran fest. dass nach einem Querschnitt durch eine Hälfte des Rückenmarkes die entgegengesetzte Körperhälfte unterhalb des Schnittes ganz und gar unempfindlich geworden sei. Hat er sich doch noch so lange ziemlich unbestimmt über die Sensibilität der VON GR RE 61 grauen Substanz ausgesprochen, nachdem ich längst ihre vollkom- mene Unempfindlichkeit (auch in Betreff ihrer hinteren Hörner) bewiesen hatte. Wenn es noch eines weiteren Beweises für die Sensibilität der Spinalganglien bedürfte, so könnte man die Resultate der Ver- suche am Ganglion Gasseri als solehen anführen. Die Analogie zwischen den Spinalganglien und dem Gasserischen Knoten ist so in_die Augen fallend, und so allgemein anerkannt, dass ich sie hier nicht weiter hervorzuheben brauche. Enthirnt man ein junges Säugethier bis zum Abgang der Wurzel des Öten Nerven und sticht dann das Ganglion Gasseri, so zeigen sich ebenso lebhafte Zeichen von Schmerz, wie wenn man den freien Stamm des Quin- tus angegriffen hätte. Der hintere Theil des Knotens zeigt dieselbe Empfindlichkeit wie der vordere, an dem möglicherweise der Augen- ast sich schon gebildet hat. Dieser Versuch liefert auf’s Neue den Beweis, dass die Integrität des Pons für das Zustandekommen der Empfindung keine unerlässliche Bedingung ist. Ausserdem habe ich mich bei Meerschweinchen von der Sen- sibilität des zweiten Vagusknotens mehrfach überzeugt. Bern, 3. Juli 1856. m. Ueber theilweise Reizung der Muskelfaser. Von A. Fick, Kein Gebiet der Physiologie ist wohl von so vielen Forschern betreten und durchstreift, als die Lehre von der Muskelreizung, und doch liegt darin eine überaus wichtige Frage, die noch nie berührt wurde. Sie drängt sich bei der ersten Ueberlegung so unmittelbar auf, und auch der Weg zu ihrer experimentellen Ent- scheidung ist so leicht zugänglich, dass ich, — ich muss es geste- hen, — ernstlich fürchte, wenigstens einige der Versuche, die ich in diesen Blättern vorzuführen gedenke, sind längst nicht mehr ‚ neu, und sind mir nur wegen mangelnder literarischer Hülfsmittel entgangen. Sollte dem wirklich so sein ‚und ich daranf verzichten müssen, eine neue Thatsache zu bringen, so darf ich doch wohl hoffen, dass der kleine Raum dieser wenigen Blätter nicht ganz verschwendet ist, da die Thatsache jedenfalls im gegenwärtigen Lehrbegriff der Physiologie nicht aufgenommen ist; sie wird wenig- stens in den neuen Handbüchern dieser Wissenschaft verschwiegen. Die Frage, welche ich meine, ist diese: Wenn der Reiz einen Theil der Muskelfaser trifft, geräth alsdann die ganze Muskelfaser in den gereizten Zustand, der sich durch Verkürzung unmittelbar, durch Veränderung der elektromotorischen Wirksamkeit mittelbar zu erkennen giebt? oder geräth auch nur ein Theil der ganzen Länge in diesen Zustand? Berührt, aber nicht in der vorliegenden 63 Fassung scharf gestellt, finde ich diese Frage nur von M. Schiff (im ersten Hefte dieser Zeitschrift Seite 84), der von der peristal- tischen Bewegung der quergestreiften Muskelfasern handelt. Ich hatte leider noch nicht Gelegenheit, seine an warmblütigen Thieren angestellten Versuche zu wiederholen, ausserdem sind mir nur einige pathologische hierhergehörige Erfahrungen bekannt. Unsere Frage gewinnt wesentlich an Interesse Angesichts der du Bois’schen Entdeckungen, wenn man, was doch wohl ohne zu grosse Kühnheit geschehen darf, im der Veränderung der elektro- motorischen Wirksamkeit nicht eine blosse Begleiterin, sondern den Ausdruck der inneren Ursache für den Erregungs- und Verkür- zungszustand von Nerv und Muskel sieht. Diejenige innere Ver: änderung, welche die Aenderung der elektromotorischen Wirksam- keit oder, um es näher zu bezeichnen, die negative Stromschwan- kung bedingt, pflanzt sich bekanntlich in der Nervenfaser — an einer Stelle hervorgebracht — von einem Ende zum andern fort, wenn auch, wie Helmholtz gezeigt hat, mit endlicher Geschwin- digkeit. Wir wissen nun aus den Umtersuchungen du Bois’, dass die elektromotorischen Eigenschaften der Muskelfaser bis zu einem gewissen Punkte mit denen der Nervenfaser ganz übereinstimmen. Die bejahende Antwort auf die oben’ gestellte Frage würde eine neue Analogie zwischen diesen beiden wichtigen Geweben begründen, die verneinende eine Verschiedenheit. Sie würde zwischen Nerven- ımd Muskelsubstanz ein ähnliches Verhältniss in Bezug auf die Orientirbarkeit der kleinsten Theile feststellen, wie es zwischen weichem Eisen und Stahl besteht. Suchen wir jetzt diese Antwort. Am Frosche findet sich ein ganz ausgezeichneter Versuchsgegenstand. Am Bauche des Thieres beiderseits neben der Mittellinie liegen zwei äusserst lang- und parallelfaserige Muskeln. Der eine geht vom Becken zum Brust- bein, entsprechend dem reetus abdominis des Menschen, der andere geht vom Becken nach dem Oberarm und dürfte wohl der unter- sten Parthie des pectoralis major entsprechen. In beide Muskeln treten in verschiedenen Höhen verschiedene Nervenstämmchen ein, 64 die leicht sichtbar parallel über den queren Bauchmuskel verlaufen, in der Richtung wie die Intercostalnerven des Menschen. Behalten wir von diesen insbesondere den untersten im Auge. Er tritt ganz unten nahe am Beckenursprung in die Muskeln und ist wegen seiner Lage nahe über dem Beckenrande, etwa dem n. ileohypo- gastricus zu vergleichen. Diesen Nerven präparire ich nun in möglichster Länge möglichst frei. Da er indessen vom queren Bauchmuskel nicht leicht ganz zu trennen ist, so ziehe ich es vor, ein Streifehen dieses Muskels an ihm sitzen zu lassen, im welches er alsdann seiner ganzen Länge nach eingebettet ist. Für den be- absichtigten Versuch kann dies entschieden nichts schaden, wäh- rend umgekehrt die unvermeidlichen Verletzungen bei einer ange- strebten vollständigen Isolirung des Nerven den Erfolg zweifelhaft machen würde. Das centrale Ende des Nerven und des ihn um- gebenden Muskelstreifehens wird hierauf abgeschnitten und endlich die beiden langen Muskeln von ihren Ansätzen gelöst oder besser mit einem Stück Brustbein herausgeschnitten. Breitet man das ganze Präparat vor sich auf einer Ebene aus und reizt den seit- Fig. 1. lich daran hängenden Nerven mit- telst des Inductionsapparates stark oder schwach, so wird man auf die unzweideutigste Weise unmittel- bar wahrnehmen, dass nur die sy. unterste Parthie, wo der Nerv sich verzweigt, kaum der vierte Theil der ganzen Länge, in Contrac- tion geräth., Um ganz sicher zu sein, habe ich aber den Versuch noch etwas abgeändert. Ich er- theilte dem Muskel eine frei hän- gende Lage, indem ich das Stück- chen Brustbein an die obere Leiste \ eines vertical gestellten Holzrah- mens anspiesste. In der Mitte sei- 65 ner Länge zog ich hierauf einen sehr feinen Seidenfaden durch ihn, der durch kleine Gewichtchen an den Enden beschwert über zwei Stecknadeln gespannt wurde. Fig. 1 giebt eine Darstellung des Versu- ches. Der Muskel bn hängt gerade herab, bei f sieht man den hori- zontalen Seidenfaden, u ist das Ende des in dem Streifchen Muskel eingehüllten Nerven, der bei n‘ in den langen Muskel eintritt. Es sind in der Figur ausserdem den Nerven kreuzend noch die beiden Drahtenden der Inductionsspirale gezeichnet, wie sie zur Reizung angelegt wurden. Erfolgt die Reizung jetzt, so erhebt sich der wagrechte Faden nicht um die geringste Spur, zum Beweiss, dass die Theile der Muskelfasern von f bis b nicht in den Verkür- zungszustand gerathen; dagegen nähert sich der Punkt a dem Punkt f um eine namhafte Strecke, — das untere Ende des Mus- kels ist tetanisch verkürzt. In anderen Versuchen habe ich die Drahtenden des Induc- tionsapparates geradezu an den Muskel selbst angelegt in der Nähe des Punktes n’; auch hier dehnte sich der Tetanus, wie ohne die geringste Zweideutigkeit bemerkt wurde, nicht über die ganze Länge der getroffenen Muskelfasern aus, sondern blieb auf eine mehr oder weniger kleine Stelle beschränkt. Manchmal freilich, wenn die erregenden Ströme gar zu stark genommen werden, sieht man den Tetanus wohl den ganzen Muskel ergreifen, was aber einfach daraus zu erklären ist, dass Stromzweige den ganzen Muskel erfüllen. Man kann also aus solchen Versuchen nicht schliessen, dass der Reizzustand sich längs der Muskelfaser von der direet gereizten Stelle fortgepflanzt habe, man muss vielmehr annehmen, dass der Reiz die ganze Faser direct getroffen habe. Man muss nach diesen Versuchen die vorliegende Frage ver- neinend also dahin beantworten: Trifft ein Reiz, sei es unmittel- bar *), sei es vermittelst der Nervenfasern, ein Muskelbündel in einem beschränkten Theil seiner Länge, so contrahirt sich auch *) Ich möchte dies der Kürze wegen gewählte Wort nieht dahin missdeutet wis- sen, dass darin ein Bekenntniss der Haller’schen Irritabilitätslehre liege. Moleschott, Untersuchungen. 11 1 66 nur ein Theil seiner ganzen Länge, der Reizungszustand pflanzt sich nicht über die ganze Länge des Bündels fort. Ob er sich überhaupt eine Strecke weit fortpflanze und wie gross diese Strecke sei, kann aus den Versuchen noch nicht geschlossen werden. Jedoch dürfen wir mit grosser Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass eine beschränkte Fortpflanzung der Reizung stattfindet, denn nach dem gegenwärtigen Stande unserer mikroskopischanatomischen Kenntnisse kommt jeder Nervenfaserast nur in eine punktuelle, kreu- zende Berührung mit jeder Muskelfaser und könnte also ganz ohne Fortpflanzung der Reizung in der letzteren gar keine ausgiebige Verkürzung an ihr hervorbringen. Wenn nun in der That das rasch abwechselnde Verschwinden der peripolar elektromotorischen Wirksamkeit der einzelnen Muskel- moleküle eine Erscheinungsweise desselben inneren Vorganges ist, Fig. 2. welcher die Verkürzung der Faser zur Folge hat, so muss auch dieses an dem von der gereizten Stelle entfernten und in Ruhe verbleibenden Theile der Faser fehlen. Man wird sich sogleich fragen, ob diese Ver- muthung durch Versuche am Multiplicator bestätigt werden kann. Folgende einfache anschauliche Zergliederung, die sich theilweise an eine analoge von du Bois im ersten Bande seiner Untersuchungen gegebene an- schliesst, zeigt, dass es allerdings möglich sein muss, durch den Multiplicator zu entschei- den, ob die Veränderung der elektromotori- schen Wirksamkeit der Moleküle in der Mus- kelfaser sich bis ans Ende erstreckt oder nur soweit als die Contraction geht. Stelle AB Fig. 2 den Axendurchschnitt einer Muskel- faser vor, die kreisförmigen Schnitte einiger peripolarer Moleküle sind im rechteckigen Umriss gezeichnet und die negativen Polar- 67 zonen (p) einfach, die positiven Aequatorialzonen (a) doppelt ausgezo- gen. Wir versetzen die Faser von B bis C hin in den verkürzten Zustand und nehmen an, dass dann auch auf diese Strecke die Veränderung der elektromotorischen Eigenschaften der Moleküle beschränkt bleibt. Wir dürfen offenbar für die vorliegende Betrachtung, von der unter- brochenen oder periodischen Natur jener Veränderung absehend, un- terstellen, während der ganzen Dauer der Reizung sei die elektro- motorische Kraft der Moleküle anhaltend vermindert. oder, um die Vorstellungen zu vereinfachen, wollen wir sie geradezu vernich- tet denken. Dann wäre das ganze Stick BC der Faser wie ein unwirksames Leiterstück anzusehen. Man sieht, dass alsdann die die einzelnen noch wirksamen Moleküle umkreisenden Strom- systeme nach dem Ende B hin verzerrt werden müssen, so je- doch, dass die Verzerrung um so weniger stark ausfällt als man sich weiter von Ü gegen A hin entfernt. Man wird zugeben dass die Strömungskurven etwa die Gestalt annehmen werden wie die in der Figur ausgezogenen Kurven. Die isoelektrischen Kurven würden sich demnach etwa so ausnehmen wie die in der Figur punktirten Kurven. Verfolgt man letztere im Einzelnen, so zeigt sich, dass gegen das Ende A hin an den Punkten des Längsschnittes solche von gerade so hoher Spannung die Oberfläche treffen, als wenn der ganze Muskel in Ruhe wäre, dass ferner am Querschnitt bei A isoelektrische Kurven von gerade so geringer Spannung zu Tage treten als in der Ruhe. Gegen A hin wird also die Span- nungsdifferenz zwischen Längs- und Querschnitt noch genau eben so gross sein als am ruhenden Muskel. Ganz anders gestaltet sich die Sache an dem Ende B: die den beim Querschnitt A zu Tage tretenden Kurven entsprechenden erreichen hier die freie Oberfläche nicht mehr, biegen vielmehr in der Masse selbst um. Daher am ganzen Querschnitt B keine so niedrige Spannung statt hat wie am (Querschnitt A. Am Längsschnitt in der Nähe von B hat nun aber keine höhere Spannung statt als am Längsschnitte bei A, im Gegentheile kommen, wenigstens ganz in der Nähe von B, nicht einmal die Kurven der höchsten Spannungen an der Oberfläche zu 5# 68 Tage. Daher fällt bei B die Spannungsdifferenz zwischen Längs- und Querschnitt jedenfalls kleiner aus als bei A. Es wird dem- nach, wenn die zu Grunde liegende Annahme richtig ist, dem Prin- cipe der elektromotorischen Oberfläche zufolge in einem bei A an Längs- und Querschnitt angelegten Bogen ein gerade so starker Strom kreisen müssen, als wenn der Muskel in vollständiger Ruhe wäre. Mit anderen Worten: vorausgesetzt dass bei theilweiser Contraction einer Muskelfaser die Moleküle des nicht contrahirten Theiles auch ihre elektromotorischen Kräfte nicht ändern, so wird in einem hier angelegten Bogen auch keine merkliche negative Stromschwankung eintreten können, während eine solche an dem contrabirten Ende wohl zu erwarten ist. Diese theoretische Vorhersage habe ich am Multiplicator be- stätigt. Ich fühle mich jedoch verpflichtet, hier zu gestehen, dass ich den glücklichen Erfolg der Versuche wesentlich der Güte des Herrn Professor Moleschott verdanke, der mir mit freundlichster Bereitwilligkeit nicht nur seine ausgezeichneten Instrumente zur Verfügung stellte, sondern mich auch mit der ganzen durch jahre- lange Uebung erworbenen Geschicklichkeit in Anstellung thierisch- elektrischer Versuche unterstützte. Die Versuche selbst bedürfen, da sie sich eigentlich von selbst verstehen, keiner ausführlichen Beschreibung, wenige Bemerkungen genügen. Zu den Versuchen diente das oben schon beschriebene und abgebildete Präparat; an seinen beiden Enden waren scharfe künstliche Querschnitte ange- bracht. Zuerst wurde nun jedesmal das obere Ende des Muskels auf die Bäusche gelegt, die constante Ablenkung durch den Muskel- strom abgewartet und das untere Stück vom anhängenden Nerven aus elektrisch tetanisirt. Dann wurde (natürlich nach vollständiger Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Multiplicatorkreise) das untere Ende aufgelegt, wieder die constante Ablenkung abgewartet, und tetanisirt. Diese Reihenfolge der Versuche wurde eingehalten, damit nicht etwa ein Ausbleiben der negativen Schwankung am nichtgereizten Ende auf die Erschöpfung ‘der Reizbarkeit durch den vorhergegangenen Versuch geschoben werden könne. 69 Es genügten schon 6 Präparate, um an der Richtigkeit der "Voraussetzungen keinen Zweifel mehr zu lassen. In keinem Falle zeigte sich nämlich em Widerspruch gegen dieselben, wenn auch einzelne Versuche unentschieden blieben, indem bei aufliegendem gereizten Stücke negative Schwankung und sichtbare Contraction gleichzeitig ausblieben, also offenbar die Reizung selbst nicht recht zu Stande kam. Der ruhende Muskelstrom trieb in fast allen un- seren Versuchen zuerst die Nadel an die Hemmung und hielt sie hernach auf einer constanten Ablenkung von meist etwa 30°. Lag das nicht gereizte Ende auf den Bäuschen und wurde das andere Ende tetanisirt, so dass es sich sichtbar anhaltend zusammenballte, so wurde in keinem Falle eine namhafte negative Schwankung be- obachtet. Einige Male machte die Nadel eine unbedeutende rück- gängige Bewegung (nach dem Nullpunkt) von allerhöchstens 2°. Diese kann aber, selbst wenn sie nicht eine zufällige war, nicht als Beweis für ein Sinken der elektromotorischen Kräfte im nicht gereizten Stücke gelten, sie ist vielmehr nach der obigen Ausein- andersetznng zu erwarten, wegen der Verzerrung der Ströme durch das Ausfällen der elektromotorischen Wirksamkeit der Moleküle im gereizten Ende. Im Gegensatz zu diesem Fehlen der negativen Schwankung beim Auflegen des oberen Endes, zeigte sich eine solche immer sehr entschieden im Betrag von 10—15°, wenn das gereizte Ende selbst wirksam auflag. Nur einigemale blieb sie in solchen Fällen, wie oben bemerkt wurde, aus, aber nur dann, wenn auch keine sichtbare Contraction zu Stande kam. Solche Versuche konnten natürlich weder für noch wider sprechen. Aus den obigen theoretischen Betrachtungen folgt ferner un- mittelbar: der Querschnitt des gereizten Endes sollte sich gegen den Querschnitt des nichtgereizten positiv, der Längsschnitt am gereizten sollte sich umgekehrt gegen den Längsschnitt am nicht gereizten Theile negativ verhalten. Die Versuche, welche ich zur Bestätigung dieser Vorhersage anstellte, sind mir leider nicht geglückt, jedoch habe ich nicht etwa von Resultaten zu berichten, die den gemachten Annahmen widersprächen. Eine besondere 70 Schwierigkeit bei der Prüfung des Verhaltens der beiden Quer- schnitte gegeneinander liegt darin, den immer sehr schmalen oberen Querschnitt des fraglichen Muskels ganz rein an den Bausch zu bringen. Ein einziger Versuch mit beiderseits aufgelegtem Längs- schnitt ergab einen sehr unbedeutenden Ausschlag im Sinne der Vorhersage, worauf ich jedoch kein grosses Gewicht legen will. Obgleich die zuletzt angedeuteten Versuche eine recht will- kommene Bestätigung der aufgestellten Behauptungen abgeben könnten, so halte ich dieselben doch durch die erst beschriebenen über die negative Schwankung schon für so vollständig begründet, dass ich nicht glaubte, noch so viel Zeit daran wagen zu dürfen, wie wohl erforderlich gewesen wäre. um den anderen Versuchen ein positives Resultat abzuzwingen. Während des Druckes der vorliegenden Zeilen wurde ich erst mit einer mikroskopischen Beobachtung bekannt, die von Rollet in Brücke’s Laboratorium gemacht ist (Bericht der k. k. Akad. zu Wien, Juli 1856), und die auf den ersten Blick den hier mitgetheil- ten Versuchen das ihnen zugeschriebene Interesse zu rauben droht. Rollet findet nämlich, dass die Muskelfaser der Länge nach kein anatomisch Stetiges vielmehr aus einzelnen spitz endigenden Ab- theilungen zusammengesetzt sei. Dann könnte man freilich nicht erwarten, «lass sich die Contraction von der gereizten Stelle aus weiter fortpflanze als jederseits um die ganze Länge jener Abthei- lungen. Die doppelte Länge der Rollet’schen Abtheilungen ist aber sehr viel grösser als der in Contraction versetzte Theil unse- rer Versuche. Wenn also nicht die Abtheilungen der Froschmus- kelfaser sehr viel kleiner sind, als bei den von Rollet untersuch- ten Thieren, so würden die beschriebenen Versuche immer noch für eine „Coereitivkraft“ der Muskelfaser sprechen; so möchte ich das Hemmniss für die Fortpflanzung des Reizzustandes nennen. IV. Ueber Flimmerepithelium und Flimmerbewegung im Geschlechtsapparate der Säugethiere und des Menschen. Von O. Becker. Schon oft hat der einfachere Bau analoger Organe in thie- rischen Körpern dazu gedient, Licht über schwierige histologische Verhältnisse im menschlichen Körper zu verbreiten. So hat auch mich der unerwartete Fund von Flimmerepithelium in dem Neben- hoden des Schweines auf die Entdeckung geführt, dass auch das Epithel im Kopfe des menschlichen Nebenhoden Cilien trägt. *) Seitdem habe ich das Epithel in den Geschlechtsorganen sowohl der Vögel und Säugethiere, 'als auch des Menschen einer genauern Untersuchung unterzogen, als ihm bisher zu Theil geworden zu sein scheint. Die Resultate derselben theile ich im Folgenden mit. Doch ist es meine Absicht, weniger eine vergleichend-anatomische Arbeit, als vielmehr einen Beitrag zur genaueren Kenntniss des menschlichen Organismus zu liefern. Von meinen Beobachtungen an Thieren führe ich daher nur an, was mir zur Erläuterung und Ergänzung der Untersuchungen zu dienen scheint, die am Men- schen angestellt werden konnten. *) Wiener medicinische Wochenschrift. 1856 No. 12, 12 Weibliche Geschlechtsorgane im Extrauterinleben. Wie das Epithel im erwachsenen, nicht schwangeren mensch- lichen Uterus ausser der Zeit der Menses beschaffen ist, ist be- kannt. Doch scheint es nicht immer dieselben Verhältnisse dar- zubieten. Das Pflasterepithelium der Scheide setzt sich durch den Muttermund in den Uterus fort. Während aber Kölliker es schon im cervix uteri in einfaches, cylindrisches Flimmerepithelium übergehen lässt, sahen Henle und Gerlach dieses erst gegen den Grund der Gebärmutter hin auftreten. Die Leichen, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, bestätigen die letzteren An- gaben. Die mittlere Länge der eylindrischen Zellen beträgt 0,036 Mn. In-den Tuben und auf den Fimbrien werden sie um die Hälfte kleiner (0,018 Mm.). Noch auf der Rückseite der Fimbrien findet sich Flimmerepithelium, dann aber geht es durch Uebergangsformen in das Pflasterepithel des Bauchfells über. So unbestritten dies ist, so ungenau sind die Angaben über die Entwicklung und periodische Abstossung und Neubildung des Flimmerepithelium. Nicht allein Bischoff spricht sich dahin aus, dass „den inneren weiblichen Genitalien nach der Geburt bis zu den Pubertätsjahren* Flimmer- epithelium fehle *), sondern auch Valentin **) lehrt, zwei Merk- male zeichne das Flimmerepithel im weiblichen Geschlechtsorgane aus, es fehle in jungen Geschöpfen und schwinde in der Frau zur Zeit der Regeln und grösstentheils auch während der Zeit der Schwangerschaft. Dies ist nur richtig, wenn man es auf die Schleim- haut des Uterus allein bezieht. Auf den Fimbrien und in den Tuben dagegen trägt das Epithel schon in neugeborenen Säuge- thieren und Menschen Cilien. Sucht man aus einem neugeborenen Mädchen das Epithel aus den Tuben und von den Fimbrien im Zusammenhange zu Gesicht zu bekommen, so sieht man an den freien Rändern immer einige, wenn auch nur spärliche Cilien her- vorragen, Schwieriger ist es, die Cilien an einzelnen Zellen nach- *) Bischoff, Entwieklungsgeschichte der Säugethiere und des Menschen. p. 492. **) Valentin, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2, p. 23. 1847. 73 zuweisen. Doch gelang es mir, von der Schleimhaut der Tuba aus der Nähe des ostium uterinum unverletzte Zellen loszulösen, so dass ich ihre Länge zu 0,01 Mm. und die der Cilien zu 0,0025 Mm. bestimmen konnte. Leichter ist es an ganz jungen Kaninchen die Flimmern noch in Bewegung zu sehen. Ich sah sie sowohl an den Fimbrien, als auch in den Tuben, wenn ich diese aufgeschnitten bei gehöriger Vergrösserung und Beleuchtung von der Fläche her betrachtete. Trotz der ausdrücklichen Bemerkung Bischoff’s, dass die Flimmerbewegung in den Tuben von Kaninchen nach dem Durchgang der Eichen aufhöre, muss ich auch das in Abrede stellen. In allen schwangeren Kaninchen, die ich untersuchte, Aimmerte das Epithel auf den Fimbrien und in den Tuben mit gleicher Lebhaftigkeit, wie in nicht schwangeren. Im Uterus neugeborener Mädchen ist dagegen kein Flimmer- epithel vorhanden, obwohl die ceylindrischen Zellen im Fundus schon die Länge, wie bei Erwachsenen, haben (0,04 Mm.). Be- sonders schön ist dies wieder bei Kaninchen zu sehen. Schneidet man ein Horn des Uterus und die dazu gehörige Tuba mit einer feinen Scheere auf und betrachtet die innere Fläche bei gehöriger Vergrösserung und Beleuchtung, so überzeugt man sich mit grosser Bestimmtheit, dass die Flimmerbewegung, also auch das Flimmer- epithel an der Grenze zwischen Tuba und Uterushorn plötzlich aufhört. Zur Zeit der Pubertät jedoch findet sich bei Thieren mit einem uterus bicornis in den Hörnern, bei Thieren mit einfachem Uterus im fundus uteri Flimmerepithel, letzteres in vollständiger Analogie mit dem Menschen. Danunnach Kölliker während der Periode die Schleimhaut des Uterus, jedoch mit Ausnahme desjenigen des Üervix, ihr Epithel abstösst, und die Schleimhaut des Cervix auch an der Bildung der Deeiduae keinen Antheil nimmt, sondern ihr Epi- thel (ohne Flimmern) beibehält *), so kann man gradezu sagen, dass an der periodischen Abstossung und Neubildung während der Periode und der Schwangerschaft nur das Flimmerepithel des *) Kölliker, Mikroskopische Anatomie. Bd. 2, p. 450. 74 Uterus Theil nimmt. Doch muss ich erwähnen, dass in der Spitze der Uterushörner auch in trächtigen Kaninchen das Flimmerepithe- lium bleibt. Das Epithel der Deciduen soll pflasterförmig (Kölliker) sein und die Neubildung der nach der Geburt abgestossenen Schleim- haut des Uterus erst m neun Monaten vollständig vor sich gehen (Arnold). Daraus kann man folgern, dass, wenn vor dieser Zeit eine neue Schwangerschaft eintritt, sich gar kein Flimmerepithel zwischen beiden Schwangerschaften wieder bilden wird. Ausser in den functionirenden Geschlechtsorganen des Weibes findet sich Flimmerepithelium bisweilen auch im Parovarium, diesem weder mit dem Ovarium, noch mit der Tuba in Communication stehenden, nur als Rest einer embryonalen Bildung verständlichen Organ. Es wurde hier auch schon vermuthet. Wenn aber Köl- liker *) sagt: Die Kanäle des Nebeneierstocks „bestehen aus einer Faserhaut von 0,020 —0,024'' Dicke und einer einfachen Lage blasser eylindrischer vielleicht flimmernder Zellen“, so erfährt man zwar nicht, was diese Vermuthung veranlasst haben mag, klar beweisen aber die angeführten Worte, dass Kölliker weder Cilien noch Flimmerbewegung an dieser Stelle gesehen hat. Der Grad der Entwicklung des Nebeneierstocks ist in verschiede- nen Individuen ausserordentlich verschieden, daraus mag es zu er- klären sein, dass man in seinen Röhrchen nicht immer die gleiche Auskleidung findet. Bei zwei neugeborenen Mädchen und einmal in dem ausserordentlich entwickelten Parovarium einer 2Yjährigen Frau konnte jedoch kein Zweifel darüber sein, dass die Fortsätze an den Epithelialzellen als Cilien zu deuten wären. Gerechtfertigt wird diese Annahme dadurch, dass ich im Parovarium eines l4tä- gigen Kaninchens auch Flivimerbewegung beobachtete. Wir werden weiter unten die Gründe ausführen, durch welche die Vermuthung unterstützt wird, dass auch in den Gärtner’schen Gängen Flimmerepithelium anzutreffen sei. Leider war mir bisher die Gelegenheit nicht geboten, selber danach zu suchen. *) A. a. O. p. 429. 75 Männliche Geschlechtsorgane im’ Extrauterinleben. Es ist bekannt, wie wichtig die Rolle ist, welche das Epithel in den Samenkanälchen des Hoden selber spielt. Es liegt aber nicht im Plane dieser Darstellung, darauf näher einzugehen, dieselbe be- ginnt vielmehr erst mit dem die Ausführungsgänge des Hoden aus- kleidenden Epithel. Den bisherigen Angaben entgegen findet sich im Kopfe des Nebenhoden eine zweifache Art von Flimmerepithe- lium. Um aber über die Verhältnisse desselben beim Menschen ins Reine zu kommen, waren ausgedehntere Untersuchungen bei Thieren nöthig. Dieselben wurden angestellt unter den Vögeln am Sperling, der Schwalbe, dem Huhn, der Gans und der Taube, von Säugethieren am Schwein, dem Rind, dem Pferd,- Kaninchen, Katze und Hund. In ihnen allen führten zunächst die vasa efferentia ein einfaches Flimmerepithelium, so dass man wohl nicht anzustehen braucht, allgemein für die Klasse der Vögel und Säuge- thiere den vasa efferentia des Hoden Flimmerepithel zuzuschreiben. Hier aber soll von den Beobachtungen an Säugethieren nur das mitgetheilt werden, was in Bezug. auf den Menschen von Wichtigkeit erscheint. Der Bau der Nebenhoden stimmt in allen von mir unter- suchten Säugethieren mit dem des menschlichen überein, nur im Bau des Nebenhodenkopfes finden sich Verschiedenheiten beim Rind und Pferd, vielleicht auch beim Schwein. Der gleichförmigen Bezeich- nung wegen denke man sich alle Hoden senkrecht gestellt, und zwar so, dass der Nebenhoden nach hinten und im Nebenhoden die Austrittsstelle der vasa efferentia nach oben liegt. Bei allen Thieren wird dann der Kopf der Epididymis aus diesen vasa effe- rentia und dem Anfang des Nebenhodenkanals zusammengesetzt. Beim Rind, Pferd und Schwein (?) laufen die vasa efferentia, nach- dem sie den Hoden verlassen haben, erst gestreckt, dann in spi- ralige, weitere und wieder engere Windungen zusammengelegt, endlich wieder grade gestreckt, parallel neben einander nach auf- wärts und inseriren sich an der Spitze des Hoden dicht neben 76 einander in den Anfang des gemeinschaftliehen Neben- hodenkanals. Die vasa efferentia bilden also durch ihre Win- dungen hier nicht wie beim Menschen kegelförmige, sondern eher spindelförmige Körper und können daher nur uneigentlich coni vasculosi genannt werden. Der Nebenhodenkanal ist, wie beim Menschen, nur einer und verläuft von der Insertionsstelle der vasa efferentia angefangen, von den Windungen abgesehen, in umge- kehrter Richtung wie sie, unmittelbar neben den vasa efferentia und gleich ihnen durch kurzes, straffes Zellgewebe an den Hoden geheftet, nach abwärts. Soweit wie er neben den vasa efferentia liegt, muss er zum Kopf des Nebenhoden gerechnet werden. Von allen Windungen der Samengefässe abgesehen, steigt also der Same bei diesen Thieren m den Ausführungsgängen des Hoden bei der angegebenen Stellung desselben grade nach aufwärts, um an der Insertionsstelle in dem Kanal des Nebenhoden nach einer Wendung von 360° in diesem Kanal grade nach abwärts zu steigen. Beim Kaninchen, dem Hund und der Katze legen sich die vasa efferentia in Zwischenräumen aus den Hoden austretend und zu den bekannten ceoni vasculosi sich zusammenlegend, an den Hoden senkrecht zu seiner Längsrichtung an und treten gleichfalls rechtwinklig zur Längsrichtung des Nebenhoden in Zwischen- räumen in seinen Kanal ein. Zwischen den Insertionspunkten je zweier coni liegen mehrere Windungen des Kanals, die deshalb ebenfalls mit zum Kopf des Nebenhoden gerechnet werden müssen. Der Same macht also hier beim Uebergang in den Kanal des Nebenhoden nur einen Winkel von 90°. Schen durch diesen Verlauf ist es bei den erstgenannten Thieren eben so leicht, die vasa efferentia von dem Nebenhoden- kanal genau zu trennen, als es bei den letztgenannten und dem Menschen schwer ist. Bei jenen Thieren wird diese Unterschei- dung ausserdem noch durch eine selbst durch den serösen Ueber- zug der Tunica vaginalis propria hindurchschimmernde braunblaue Färbung erleichtert. Diese wird begünstigt dürch eine ausseror- dentliche Zartheit der Wandungen der Ausführungsgänge und hat 77 ihren Grund in eigenthümlichen, bei durehfallendem Lichte bräun- lich scheinenden, auf Zusatz von Aether nicht verschwindenden Tröpfehen, welche sich bei diesen Thieren sowohl in den Enchym- zellen des Hoden, als auch in den Epithelialzellen der vasa effe- rentia immer oberhalb des Kernes finden.. Durch diese Eigenthüm- lichkeiten ist man im Stande, mit grösster Schärfe anzugeben, wo der Nebenhodenkanal anfängt und die vasa efferentia enden. Indem man vom Rind und Pferd einen Schluss macht auf die anderen Thiere und den Menschen, kann man nun allgemem aussprechen, dass sich im Nebenhoden aller Säugethiere ein doppeltes Epithel findet, von denen das eine ein ein- faches Flimmerephitel mit conischen Zellen die vasa efferentia, das andere ein mehrfach geschichtetes Cylin- derepithel mit völlig cylindrischen Zellen, die nach Species und Alter in verschiedener Ausbreitung mit ungewöhn- lich langen Cilien besetzt sind, den ganzen Nebenhoden- kanal bis zum vas deferens auskleidet, in welchem dasselbe durch einfaches Cylinderepithel im obern Drittheil (?) in Pflaster- epithel übergeht. Das Epithel der vasa efferentia ist noch dadurch ausgezeichnet, dass es sich schon zur Zeit der Geburt und zwar, was noch auffallender ist, in derselben Grössenbildung, wie im Er- wachsenen findet. Das Epithel im Nebenhodenkanal erfordert eine eigene Be- schreibung. Zur Zeit der Geburt und vor der Pubertät besteht es aus Zellen. deren oberste Schichte kaum grösser, als die unter ihnen sitzenden kleinen, also jungen Zellen ist. Mit dem Wachs- thum der Nebenhoden verlängern sich diese und bieten dann im Allgemeinen folgende Merkmale dar. Das Epithel ist geschich- tet, wovon man sich leicht überzeugt, wenn es gelingt, Epithel im Zusammenhang aus einem Kanal durch Druck zu gewinnen, die obersten Zellen sind ungewöhnlich lang (beim Pferd in den vasa efferentia 0,030 Mm., aus dem Nebenhodenkanal bis 0,070 Mm.), sehr zartwandig, schwach contourirt, völlig eylindrisch, grad abgestutzt, mit grossen, constant unter der Mitte 718 sitzenden Kernen. Das Epithel trägt aber auch Cilien. Die- selben fehlen vor der Geschlechtsreife und haben in verschiedenen Thiergattungen verschiedene Ausbreitung, wenn sie sich aber finden, so sind sie von ungewöhnlicher Länge. In jenen Stierhoden, die mir zu Gebote standen. war der Kanal der Nebenhoden so saftreich, waren die Membranen der Epithelialzellen so überaus zart, dass es mir gar nicht gelungen ist, aus dem Kopfe des Nebenhoden unverletzte Epithelzellen zu Gesicht zu bekommen. Aus dem Körper und dem Schwanz waren sie zwar vom dritten Tage nach dem Tode an darstellbar, liessen jedoch keine Spur von Cilien wahrnehmen. Im völligen Gegensatze damit war das Epithel aus Pferdehoden nicht allein leicht sichtbar, sondern zeigte auch selbst an allen isolirten Zellen deutliche Flimmern, sie mochten nun aus welchem Theile des Nebenhoden immer genommen sem. Auch das einfache Epithel des vas deferens, das wieder die Grösse und die Form des Epithels in den vasa efferentia annimmt, ist mit Cilien besetzt. Leider bin ich nicht im Stande, die obere Grenze des Flimmerepitheliums anzugeben, da an den von mir untersuchten Hoden das vas deferens etwa in den Mitte abgeschnitten war. Bei einem Wallach, von dem ich die Samenblasen und die oberen Theile der vasa deferentia untersuchen konnte, waren da- gegen die durch E. H. Weber bekannten, Drüsen führenden Er- weiterungen der vasa deferentia sehr geschwunden und das Epithel in Samenblasen und vas deferens zwar eylindrisch, aber sehr klein, unregelmässig und offenbar verkümmert. Zwischen Stier und Hengst in der Mitte stehen Hund und Katze, bei denen sich im Kopf des Nebenhoden auch an der zweiten Epithelform die charakteristischen langen Cilien finden. An diese schliesst sich auch in dieser Be- ziehung der Mensch. Wir werden uns daher zu einer genaueren Beschreibung seines Epithels im Nebenhoden wenden. Die Faserhaut der Samenkanälchen des Hoden verbindet sich im Rete Halleri so fest mit dem Bindegewebe des eorpus Highmori, dass die Samenkanälchen hier fast einer eigenen Membran zu ent- behren scheinen. Das Epithel habe ich in ihnen plattenförmig ge- 79 funden. In den coni vasculosi tritt zwischen der Faserlage und der structurlosen Membran schon eine eireuläre Schichte eontrac- tiler Faserzellen auf, worin ich Gerlach beistimmen muss. Diese scheint jedoch an der Spitze der coni noch zu fehlen und gegen die Basis zu allmälig an Dicke zuzunehmen. Der Bau des Neben- hodenkanals unterscheidet sich nur dadurch, dass zwischen Faser- lage und eirculärer Muskelschichte noch eine longitudinale dazu tritt. neben welchen man im vas deferens noch eine dritte, wieder eireuläre unterscheiden kann. Die Structur und das äussere An- sehen der coni vasculosi und des Nebenhodenkanals bieten also keine wesentlichen Verschiedenheiten dar. Um so mehr ist dies mit dem auskleidenden Epithelium der Fall. In den coni vasculosi ist dasselbe auch im Menschen ein- faches Flimmerepithel. Seine Zellen sind scharf contou- rirt, conisch, schief abgestutzt, im Mittel 0,025 bis 0,0225 Mm. lang mit 10—20 Cilien von 0,008—0,010 Mm. Länge. Zu entscheiden, ob die Cilien auf der ganzen oberen Fläche der Zellen vertheilt sind oder nur auf dem obern Rande im Kreise herumsitzen, vermag ich nicht. Doch ist mir Letzteres mehr, als wahrscheinlich. Dieses Epithel zeichnet sich aus durch seine ausserordentliche Dauerhaftigkeit. Zunächst ist es sehr be- merkenswerth, dass es sich schon in neugeborenen Knaben findet und daselbst schon die Länge, wie in den Hoden Erwachsener hat. Die Zellen bestimmte ich zu 0,020—0,025 Mm., die Cilien zu 0,006 — 0,009 Mm. Länge. Nicht selten bleibt das Epithel, wenn man es aus dem Samenkanälchen herausdrückt, im Zusammenhang und bildet für sich noch einen Hohleylinder, an dem man erkennt, dass das Epithel nur aus einer einfachen Schichte besteht und in dessen Lumen man bei günstiger Lage des Objectes die Cilien hineinragen sieht. Messungen an einer jungen Katze beweisen, dass bei der auflallenden Grösse des Epithels. das Lumen äusserst klein ist. Die ganze Dieke eines vas efferens betrug 0,0668 Mm., ohne die Faserlage 0,0433 Mm.; der Kanal im Innern zwischen den gegentberstehenden freien Rändern des Epithels war 0,0157 Mm. 80 breit. Einzelne Epithelialzellen hatten aber im Mittel eine Länge von 0,014 ‘Mm. mit Cilien von 0,007 — 0,008 Mm. Länge. Daraus folgt, dass sich die Cilien in der Mitte des Kanals berühren. Mes- sungen an ausgewachsenen Thieren zeigen aber, dass der Kanal ein bedeutend weiteres Lumen hat. so wie auch, dass das ganze Gefäss breiter ist. Das Wachsthum muss daher allein durch Erweiterung der Wandung und dadurch bedingte Bil- dung neuer Epithelialzellen zu Stande kommen. — An frisch getödteten ganz jungen Kaninchen konnte auch die Bewe- gung der Cilien schon wahrgenommen werden. Dieselbe bleibt daher ununterbrochen bis zur Pubertät, und es findet in diesem Epithel, abgesehen von der Intussusception neuer Zellen, keine Entwieklung im Extrauterinleben statt. Zweitens aber findet es sich in den Nebenhoden Erwachsener nicht allein in jenen Partien des Kopfes, deren gelbröthliche Farbe und saftreiches Ansehen auf den ersten Blick ihre normale Be- schaffenheit erkennen lassen, sondern auch in jenen krankhaften Partien, welche schon dem unbewaffneten Auge an ihrer dunkeln, bräunlichen, oft schwärzlichen, von dunkeln, in jeder einzelnen Epithelialzelle abgelagerten Fetttröpfchen herrührenden Färbung erkennbar sind, und in welchen durch reichliche Wucherung des zwischen die coni eingelagerten Bindegewebes Verhärtung und, wie aus dem Fehlen der Samenfäden bei sonst reichlichem Vorhanden- sein derselben geschlossen werden kann, stellenweiser Verschluss der Ausführungsgänge eingetreten ist. Ja! ich fand dasselbe nicht allein noch wohlerhalten, sondern sogar noch in flimmernder Be- wegung an einem durch Faserkrebs grösstentheils zerstörten Hoden (siehe unten), dessen hinterer oberer Theil zwar noch erhalten, durch Bindegewebsneubildung zwischen den Samenkanälchen jedoch verhärtet war und keine Spur von Samenbildung zeigte. Von diesem Allen das Gegentheil ist das Epithel, welches sich im Nebenhodenkanal findet und welches, wie man Grund hat aus der Analogie mit den Verhältnissen bei Thieren zu schliessen, auch im Nebenhodenkopfe nur im gemeinschaftlichen Nebenhoden- ö 81 kanal auftritt. Dasselbe ist auch hier geschichtet, ‚seine Zel- len völlig eylindrisch, grade abgestutzt, äusserst zart- wandig, schwach eontourirt, sehr lang, mit grossen, immer unterhalb der Mitte sitzenden Kernen, und im Kopfe des Nebenhoden mit den längsten Gilien besetzt, die im Menschen beobachtet sind. Ausgezeichnet ist es aber insbe- sondere ebensowohl durch seine grosse Hinfälliskeit und Verän- derlichkeit, als auch, wie es scheint, durch seine Fähigkeit sich zu reprodueiren. Wie bei Thieren ist es auch bei Menschen zur Zeit der Geburt wenig ausgebildet. Auf mehreren Schichten von klei- nen Zellen, deren Kern ihre Höhle fast ganz ausfüllt, sitzt nach dem kleinen Lumen des Kanals zu eine Schichte von nur wenig weiter ausgebildeten Zellen. Cilien finden sich im ganzen Verlauf des Kanals in jungen Knaben nicht. Man kann annehmen, dass diese mit weiterer Ausbildung des Epithels zur Zeit der Pubertäts- Entwicklung auftreten. In den Jahren der Pubertät bietet zunächst die Grösse der Zellen Schwankungen dar, wie sie bei dem Epithel der coni vasculosi nicht vorkommen. Ich fand in verschiedenen Individuen Zellen von 0,042 -- 0,056 Mm. Länge. Ebenso wandelbar ist die Länge der Cilien. Von den kleinsten kaum be- merkbaren Fortsätzen an finden sich dieselben in jeder Längen- verschiedenheit bis zu der enormen Länge von 0,035 Mm. In demselben Maasse varüren die übrigen Eigenschaften. Die Con- touren sind bald schärfer, der Inhalt mitunter körnig und weniger durchsichtig, die Zellmembran eingebogen, verschrumpft, ja selbst zusammengefaltet und gedreht, so dass man nach solchen Bildern allein gar nicht im Stande wäre eine allgemeine Beschreibung die- ses Epithels zu geben. Dennoch glaube ich die zuerst gegebene, als die des normalen, vollständig ausgebildeten ansehen zu dürfen. Man bemerkt nämlich bald, wenn man eine Anzahl Hoden unter- sucht, dass das Aussehen des Epithels sich um so mehr jener Be- schreibung nähert, je frischer, saftreicher und insbesondere je samen- haltiger der Nebenhoden ist. Man braucht dann nur das Glück zu haben einmal einen Hoden zu bekommen, der von Samen strotzt, Moleschott, Untersuchungen. II 6 82 um überzeugt zu sein, dass die Beschaffenheit des Epithels im Nebenhoden gradezu abhängt von der Menge des reifen Samens, der sich im Nebenhoden angesammelt hat. Nur in solehen Fällen besteht aber auch eine Uebereinstimmung mit deın analogen Epithel brünstiger Thiere. Leider habe ich keine Gelegenheit gehabt, Hoden erwachsener, nicht brünstiger Thiere zu untersuchen, bin aber über- zeugt, dass auch in ihnen die Zellen geschrumpft, der Inhalt getrübt, die Cilien abgebrochen erscheinen werden, um somehr, daauch dieselben Erscheinungen anfangen aufzutreten, wenn man längere Zeit nach dem Tode untersucht. Was nun die Untersuchung beim Menschen erschwert, ist der Umstand, dass man in der Regel nur Hoden zur Untersuchung bekommt von Individuen, dienach mehr oder minder langem Siechthum gestorben sind. Es ist aber bekannt, dass jedes allgemeine Leiden, insbesondere wenn es mit schlechter Ernährung verbunden ist, die Secretion des Hoden vermindert oder gar auf- hebt. Also mag sich daraus der zur Untersuchung ungünstige Zu- stand erklären, den in der Regel die menschlichen Nebenhoden darbieten, sowie es hieraus verständlich wird, dass die Verhältnisse des Epithels an dieser Stelle so lange irrthümlich aufgefasst wurden. Untersucht man nun an gesunden, samenführenden Nebenhoden, so überzeugt man sich leicht davon, dass dieses Epithel im Kopfe immer mit Cilien besetzt ist, Ausser der schon erwähnten enormen Länge scheinen sie noch die Eigenschaft zu haben, leicht zusammen zu kleben, so dass es oft den Anschein hat, als wenn aus dem Innern der Zelle ein solider Kegel hervorrage, nicht aber der Rand der Zelle mit Cilien besetzt sei. Da die eigene Flüssigkeit des Nebenhoden immer milchig trüb ist, so ist man gezwungen, dieselbe stark zu verdünnen. Bedient man sich hierzu klaren Speichels und beobachtet man insbesondere bei Lampenlicht, so erkennt man deutlich, dass der Kegel aus einzelnen Cilien zusammengesetzt ist. Unzweifelhaft wird dies, wenn man den Hoden einige Tage liegen lässt, aber gegen Fäulniss durch Kälte schützt. Man sieht dann jede Cilie einzeln, obgleich ihre Feinheit sehr bedeutend ist. Die Ausbreitung der Cilien in den Körper des Nebenhoden scheint ver- 83 schieden zu sein. Niemals habe ich dieselben an Zellen beobachtet, die aus dem Schwanze genommen waren, nie dagegen im Kopfe vermisst. Es wurde schon erwähnt, dass auch an Zellen aus nicht samenführenden Nebenhoden entweder einzelne, ausgebildete, oder mehrere kurze, wie abgebrochen aussehende Cilien bemerkbar sind, die aber allerdings ohne die bestätigenden Beobachtungen an samen- führenden Hoden über ihre Natur Zweifel übrig lassen würden. Im Schwanze des Nebenhoden bemerkte ich wiederholt Epithelial- zellen von ungewöhnlich grossem Querdurchmesser, die auf einem plattenförmig angeordneten Zellboden zu sitzen schienen. Ich er- wähne dies hier vorläufig und hoffe darüber Genaueres später mit- theilen zu können. Im vas deferens wird das Epithel wieder ein- fach cylindrisch und geht im obern Drittheil in pflasterförmiges Epithel über, welches auch die Samenblasen auskleidet. Auch in den männlichen Geschlechtsorganen sind die Aus- führungsgänge der Generationsdrüse nicht die einzige Stelle, an welcher das Epithelium flimmert. Es kommen am Kopfe des Ne- benhoden ausser den für pathologisch zu haltenden Go sselin’schen Bläschen zwei Arten von Hydatiden vor, die den Namen ihres Entdeckers Morgagni führen. Luschka hat durch Injeetionen bewiesen, dass die sogenannten ungestielten Hydatiden häufig, jedoch nicht immer mit den Samenkanälen des Nebenhodenkopfes in offener Verbindung stehen. Wenn man sich einerseits daraus das Vorkommen von Samenfäden in denselben erklärt, so ist an- dererseits auch der Beobachtung von Flimmerepithelium, die wie- derholt von mir in ihnen gemacht wurde, dadurch alles Auffallende genommen, dass eben die Kanäle des Nebenhodenkopfes das gleiche Epithel enthalten. Auch scheint das Vorhandensein beider Gebilde in diesen Hydatiden in einer gewissen Beziehung zu einander zu stehen, indem ich niemals Samenfäden in einer ungestielten Mor- gagni’schen Hydatide fand, in der nicht auch Flimmerepithelium vorkam. “Dies widerspricht Luschka, der auch den mikrosko- pischen Inhalt dieser Gebilde, darunter aber keine Flimmerzellen, angegeben hat. Luschka behauptet auch von der gestielten Hy- 0% 84 datide des Morgagni, die als das persistirende Endbläschen des Müller’schen Ganges angesehen wird (2), dass sie immer einfach und nur schr selten eine zweite, dann immer kleinere, vorkomme. In Wien scheinen andere Verhältnisse obzuwalten. Ich wenigstens kann versichern, dass in allen jenen Fällen, in denen ich über- haupt die gestielte Hydatide fand, deren zwei vorhanden wa- ren, mit einer einzigen Ausnahme. Auch in diesen nach Luschka nie mit Samenkanälchen in Communication stehenden Hydatiden kommt bisweilen Flimmerepithel vor. Das Flimmerepithel in den Hydatiden ist immer klein, ihre Formi verschieden, bald regel- mässig eylindrisch und schwach conisch, bald in auffallender Weise unregelmässig und klein (s. unten über die Gosselin’schen Bläschen). Es ist hier der Ort, der Beobachtung meines Freundes G. Brettauer Erwähnung zu thun, der auch im Uterus masculinus eines Pferdes Flimmerepithelium fand. So vereinzelt diese Be- obachtung ist, da ich sie nicht durch gleiche Beobachtungen am Menschen bestätigen kann, so ist sie doch von Interesse, wenn man sich nun an alle die Stellen im Geschlechtsapparate von Säugethieren und Menschen erinnert, an denen bisher Flimmer- epithelium beobachtet wurde. Vorkommen des Flimmerepithelium im Embryo. Abgesehen von dem erst zur Zeit der Geschlechtsreife auf- tretenden und, wie es scheint, temporär verschwindenden Flim- merepithel in der Gebärmutter und dem Nebenhodenkanal, flimmert schon zur Zeit der Geburt in beiden Geschlechtern der Ausfüh- vungsgang der Geschlechtsdrüse, im Weibe die Fimbrien und die Tuba, im Manne die coni vasculosi. Ausserdem ist aber im Weibe in den Kanälen des Nebeneierstocks, im Manne in den ungestiel- ten und gestielten Hydatiden des Morgagni, sowie im Uterus masculinus Flimmerepithel beobachtet worden. Von .diesen Ge- bilden lehrt aber die Entwicklungsgeschichte, dass sie zu den functionirenden Geschlechtsorganen in dem Verhältnisse stehen, 85 dass sie im Extrauterinleben aufzufassen sind als Reliquien einer embryonalen Generationsanlage, aus welcher sich dadurch die ge- schiedenen Geschlechter herausbilden, dass das, was in dem einen functionirendes Organ wird, in dem andern auf der Stufe embryo- naler Ausbildung bestehen bleibt oder ganz verschwindet. Das Auffinden von Flimmerepithel m allen diesen Organen, deren ge- netischen Zusammenhang erst die neuere Zeit hat kennen lernen, musste mit Nothwendigkeit den Gedanken erzeugen, dass eben in diesem genetischen Zusammenhange die Erklärung einer so eigen- thümlichen Uebereinstimmung scheinbar so fremdartiger Gebilde liege. In der Hoffnung also, im Wolff’schen Körper, seinem Aus- führungsgange und dem Müller’schen Faden bei Säugethieren Flimmerbewegung zu finden, ermuthigt überdies durch die Beo- bachtung Kölliker’s, der schon im Jahre 1845 bei Eidechsen- embryonen Flimmerbewegung im Wolff’schen Körper entdeckte, zog ich auch Embryonen in den Kreis meiner Untersuchung. Ich konnte dazu nur Kaninchenembryonen verwenden, und habe an zwanzig Embryonen vom 11., 15. und etwa dem 28. Tage den Wolff’schen Körper, ehe er in feste Verbindung mit dem Ho- den oder dem Eierstock getreten war, genau untersucht. Obwohl ich aber unmittelbar nach dem Tode und mit den besten Instru- menten untersuchte, fand ich keine Spur, weder von Flimmer- bewegung, noch von Cilien. Ich glaube daher mit Bestimmtheit versichern zu können, dass im Wolff’schen Körper des Kanin- chens kein Flimmerepithelium existirt. Das Vorhandensein von Flimmerepithel und Flimmerbewegung zur Stunde der Geburt zwingt aber zu der Annahme, dass wenigstens die Tuba und der Kopf des Nebenhoden schon im Embryo Flimmerepithel führen müssen, Ich suchte deshalb Embryonen aus den letzten Tagen vor der Geburt zu bekommen und konnte auch von zwei Mutter- kaninchen Embryonen untersuchen, an denen der Kopf des Neben- hoden und die Fimbrien schon mit blossem Auge an ihrer Form erkannt werden konnten, ohne im Finden von Flimmerbewegung in den Kanälchen des Nebenhoden oder in der Tuba glücklicher 86 zu sein. Dennoch wäre es absurd zu glauben, dass das Flimmer- epithel im Augenblick der Geburt plötzlich hervorspriesst, den- noch wäre es absurd zu zweifeln, dass die Ausführungsgänge der Generationsdrüsen, seien sie aus dem Wolff’schen Körper, oder seien sie aus dem Müller’schen Faden hervorgegangen, schon im Embryo mit Flimmerepithel ausgekleidet sind. Nur weil mir die Gelegenheit fehlt, selber Kaninchen zu halten und die Zeit der Begattung zu beobachten, nur weil ich eingesehen habe, wie un- sicher man geht, wenn man sich auf fremde Angaben in solchen Dingen verlassen muss, begnüge ich mich damit, mit Bestimmt- heit vorauszusagen, dass man im Geschlechtsapparate von Säugethierembryonen Flimmerepithel finden wird, so- bald man dieselben aus den letzten Tagen vor der Geburt erhält. Wo die Beobachtung sprechen muss, ist es überflüssig eime Ver- muthung darüber zu äussern, bei welchem Grade der Ausbildung der Generationsdrüsen dasselbe zuerst auftritt. Damit wäre frei- lich das Flimmerepithel in den Nebenorganen (Parovarium, ge- stielte Hydatide, Uterus maseulinus) noch nicht erklärt, denn so viel geht wenigstens aus meinen Untersuchungen hervor, dass vor der Umbildung des Wolff’schen Körpers zum Nebenhodenkopf das Urogenitalsystem des Embryo keine Flimmerbewegung zeigt. Flimmerbewegung. Es ist bisher nur gelegentlich davon die Rede gewesen, dass nicht allein die Cilien, sondern auch die Bewegung derselben be- obachtet wurde. Dass die haarförmigen Fortsätze an den Epithe- lialzellen im Nebenhoden des Menschen als Flimmereilien zu deu- ten wären, konnte zwar von vornherein durch Analogie aus der Form geschlossen werden, doch war es von Interesse, das Phä- nomen selbst wenigstens an Thieren zu beobachten. Legt man ein Stück von einem conus vasculosus möglichst unverletzt ent- weder ohne allen Zusatz oder mit Zusatz von Eiweiss oder Spei- chel unter das Mikroskop, so ist es leicht, die Cilien theils durch die Wand des Gefässes im Innern, theils an isolirten Epithelial- 37 zellen in Bewegung zu sehen. Auf dieselbe Weise verfährt man mit dem Parovarium, während man an jungen Thieren die Tuba nur aufzuschneiden und von der Fläche zu betrachten braucht, von den Fimbrien aber ein abgeschnittenes Stück ohne Weiteres unter das Mikroskop gelegt werden kann. So gelang es, die Ci- lien in Bewegung zu sehen an den Fimbrien, in der Tuba und dem Uterus einer Stute, an den Fimbrien und in der Tuba so- wohl ganz junger, als auch schwangerer Kaninchen. Im Neben- hodenkopfe wurde die Flimmerbewegung gesehen ausser in den schon genannten Vögeln in den coni vasculosi bei Kaninchen und einem jungen Kater vor der Geschlechtsreife, sowie beim erwach- senen Hund und Stier. Die Bewegung hört schneller auf an einem abgelösten Stück, als an der Schleimhaut, welche mit dem ganzen Organe noch in Verbindung ist. Die Dauer dieser Bewegung nach dem Tode des Thieres ist verschieden nach der Gattung desselben. An Hunden überdauerte sie den Tod nicht über eine Stunde, bei Kaninchen und Katzen dagegen bis zum andern Tage. Ueberraschend war es aber, in dem Nebenhoden eines Stieres. der am Morgen des 11. April geschlachtet war, noch am 18. April, also am 8. Tage, Nachmittags (wohl die weitest gehende Beobachtung, die in dieser Beziehung an Säugethieren gemacht wurde), Flimmerbe- wegung anzutreffen. Die Hoden wurden im Eiskeller aufbe- wahrt, aber täglich auf einige Stunden, der Untersuchung wegen, in die Wärme gebracht und in der Wärme untersucht. Es ist dies um so merkwürdiger, als Gerlach z. B. behauptet, dass schon eine Temperatur von + 6° ©. die Flimmerbewegung bei Kaninchen aufhebe. “Doch liesse sich der scheinbare Widerspruch vielleicht so lösen, dass man annimmt, die Bewegung sei durch die Kälte wirklich gehemmt, durch den Uebergang in die Wärme aber wieder hervorgerufen worden. Die Kälte würde dann die Bewegungsfähigkeit nicht vernichten, sondern den Vorrath an Kraft nur für wieder eintretende, der Bewegung günstige Bedingungen aufsparen. 38 Die Bewegung der langen Cilien des Epithel im Nebenhoden- kanal konnte nur an Hunden beobachtet werden. Doch ist diese Beobachtung deshalb nur um so wichtiger. Nach dem Vorstehenden konnte nicht mehr daran gezweifelt werden, dass das gleiche Epithel aus menschlichen Leichen im Leben auch gleiche Function habe. Dennoch erfreute mich das Zusammentreffen von Umständen, welches mir Gelegenheit bot, das Phänomen der Flimmerbewegung auch in einem menschlichen Nebenhoden zu beobachten. Am 18. Juni wurde auf der Klinik des Professor von Dumreicher einem 42jährigen Manne der linke Hoden, dessen vordere untere Partie durch Faserkrebs zer- stört war, exstirpirt. Durch die Güte des Assistenten, des Herrn Dr. Dittel, erhielt ich ein Stück des Hoden und Nebenhoden zur Untersuchung. Was vom Hoden selber noch vorhanden war, war durch Bindegewebsneubildung zwischen den Samenkanälchen verdichtet, die Samenkanälchen enthielten keine Spur von Samen- zellen. Der Kopf des Nebenhoden zeigte grösstentheils jene an so vielen Hoden schon beobachtete schwärzliche Färbung, welche von Fettkügelchen in den Epithelialzellen herzurühren scheint. Die Cilien derselben, sowie die in den wenigen coni, die ihre normale gelbröthliche Färbung hatten, waren wohl erhalten und zeigten das Phänomen der Flimmerbewegung noch 2 Stunden nach der Exstirpation. Es ist wichtig für mich, dass ich für diese seltene Beobachtung das Zeugniss meines hochyerehrten Leh- rers, des Herrn Professor Brücke, anführen kann. Die Flimmerbewegung in den coni vasculosi ist eine höchst eigenthümliche. Was man unterscheiden kann, ist Folgendes. Man sieht die Cilien in ungleichen Zeiten sich beugen und aufrichten, gleichzeitig aber eine Welle an der Cilie entlang laufen, so dass jede Cilie für sich peitschenförmig gebogen zu sein scheint. . Ist die Bewegung noch lebhaft, so tritt die wellenförmige Beugung, ist sie langsamer geworden, das Umbeugen der ganzen Cilie we- niger in die Erscheinung. Man kann also die Bewegung betrach- ten, wie eine Combination des motus uneinatus und des motus 89 serpentinus, welche Valentin unterscheidet, und könnte sie mo- tus flagelliformis nennen. Auffallend ist die Länge der Cilien in Kanälen, die so eng sind, dass die Cilien sich in jungen Ge- schöpfen berühren würden, wenn sie in der Ruhe gestreckt ste- hen. Nirgends leichter, als hier kann man sich davon überzeugen, dass durch das Schlagen der Cilien in dem-Kanale ein Strom er- regt wird. Die Wände sind z. B. beim Stier so durchsichtig, dass man die Flimmerbewegung sieht, und an den Samenfäden hat man so ausgezeichnete Objecte, dass man nicht irren kann, wenn man behauptet, dieselben würden durch die Flimmerbewegung in bestimmter Richtung fortgeführt. Damit überhaupt ein Strom in einer Richtung erregt werden kann, müssen die Cilien nach einer Richtung stärker schlagen, als nach der andern, also schneller sich beugen, als aufrichten. Ist aber der Strom einmal erregt, so kann er die Beugung befördern, muss aber dem Aufrichten Widerstand entgegensetzen und kann so bei seiner gegen die Mitte des Kanals zunehmenden Geschwindigkeit Veranlassung werden zu dem Stosse, der die wellenförmige Biegung der einzelnen Ci- lien hervorruft. Obwohl man von vornherein vermuthen wird, dass dieser Strom vom Hoden gegen die Samenblasen hin gerichtet sei, kann man bei einiger Vorsicht und Aufmerksanıkeit im Präpariren sich merken, welches Ende eines Stückes von einem Ausführungsgang im Thiere gegen den Hoden und welches gegen das vas deferens gerichtet war, und sich ohne weitere Mühe von der Richtigkeit jener Vermuthung überzeugen. Eine Beobachtung, die ich an jungen Kaninchen gemacht habe, scheint darauf hinzudeuten, dass der Strom in den coni vasculosi und dem Anfang des Neben- hodenkanals nicht parallel der Längsachse der Gefässe, sondern seine Windungen mitmachend, spiralig verläuft. An ziemlich groben Schnitten durch den ganzen Nebenhoden trifft es sich im- mer, dass man in einige Kanälchen iu der Richtung ihrer Läng»- achse hineinsehen kann. Mehrere Male sah man in diesen den Inhalt kreisförmig rotiren, während man daneben in andern, in 90 welche man durch ihre Wandungen sah, einen Strom parallel ihrer Längsachse erblickte. Nimmt man nun an, die Bewegung im Innern eines Samenkanals sei spiralig, so lässt sich diese durch drei auf einander senkrechte Kräfte entstanden denken. Er- fährt aber die in der Richtung der Längsachse wirkende Compo- nente durch Druck von unten her, also etwa durch das Ange- drücktsein an den Objectträger, einen Widerstand, der ihr das Gleich- gewicht hält, so müssen die beiden andern senkrecht auf die Längsachse wirkenden Componenten den Inhalt des Kanals kreis- förmig an den Wänden desselben herumtreiben. Function des Flimmerepithelium in den Ausführungs- gängen der Geschlechtsdrüsen. Wenn, wie wir gesehen haben, durch Flimmerbewegung in den coni vasculosi ein Strom in der Richtung vom Hoden gegen den Nebenhoden erregt wird, der im Stande ist, nicht allein freie Samenfäden, sondern auch Samenzellen mit sich fortzureissen, so kann über die Function des Flimmerepithelium an dieser Stelle kein Zweifel sein. Ein jeder Strom, welcher durch eine fest- stehende Ursache in einem Röhrensysteme erregt wird, muss nach zwei Seiten hin eine Kraftäusserung über den Ort der bewegen- den Ursache hinaus ausüben. Er muss stossend in der Richtung des Stromes, saugend in der entgegengesetzten wirken. Der Strom, den die Flimmerbewesung in den Ausführungsgängen des Hoden erregt, ist also als die Ursache anzusehen, welche zur Zeit, da der Hoden ein Secret liefert, dasselbe aus dem Hoden schafft und in den Nebenhoden befördert. Die wichtigste Eigenschaft des Stromes ist, dass er constant wirkt. Dabei tritt uns aber ein Bedenken entgegen. Wir haben gesehen, dass die Flimmerbewegung besteht, nachgewiesener Maas- sen seit der Geburt, sicherlich aber auch schon vor der Geburt, jedenfalls lange bevor nach unsern bisherigen Kenntnissen der Hoden secernirt.*) Ich frage nun: Welche Wirkung übt diese *) Ludwig, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Bd. 2. pag. 280, 91 Flimmerbewegung vor dem Eintritt der Pubertät aus? Bis zu einem gewissen Grade befindet sich das Flimmerepithel in den Lungen in gleichen Verhältnissen, wie hier. Auch dort befindet es sich in Kanälen, die an dem einen Ende blind endigen und an dem andern in offener Verbindung mit der Aussenfläche des Körpers stehen, auch dort übt es eine bewegende Wirkung von ‘dem blinden gegen das offene Ende aus. Ohne Zweifel befindet sich zwischen den Cilien Flüssigkeit, diese aber wird nicht in die Trachea entleert, braucht also nicht ersetzt zu werden, sondern die bewegende Kraft der Cilien äussert sich nur in der Heraus- schaffung der fremden Körper, welche auf die Oberfläche des Epithels der Bronchien fallen. Auf die Flüssigkeit, welche das Lumen der Kanäle ausfüllt, hat aber die Flimmerbewegung in der Lunge keinen Einfluss, denn die atmosphärische Luft wird durch Muskelkräfte, welehe die Kraft der Flimmerzellen unend- lich übertreffen, bald ihrer Wirkung entgegen in die Lungenbläs- chen hineingerissen, bald in der Richtung, in welcher auch das Epithel wirkt, hinausgetrieben. Hierin eben unterscheidet sich das Flimmerepithel in den coni vasculosi. Denn, wenn wir auch hier annehmen, dass die Flüssigkeit zwischen den Cilien sich wohl mit den Cilien bewegt, von ihnen aber nicht fortbewegt wird, so muss doch die Flüssigkeit, welche das Lumen -der Gefässkegel erfüllt und hier nicht atmosphärische Luft, sondern ein tropfbar flüssiger Körper ist, der Wirkung der Flimmerbewegung unter- liegen. Dieselbe kann sich in doppelter Weise äussern. Entwe- der man hält es für ausgemacht, dass in der That gar nichts aus dem Hoden austritt, dann kann, weil nichts nachfliesst, auch nichts wegfliessen; es wird also durch die Flimmerbewegung in der das Lumen der Kanälchen ausfüllenden Flüssigkeit nur Span- nung eintreten. Oder man lässt sich durch diese nothwendig ein- tretende Spannung veranlassen, anzunehmen, dass, wie nach Ein- tritt der Pubertät Verhältnisse bekannt sind, unter denen der Ho- den ein anderes Secret, als reifen Samen liefert, auch vor Ein- tritt der Pubertät der Hoden ein Secret producire, über 92 dessen Schicksale weitere Forschungen erst Aufklärung geben müssten. In beiden Fällen ist aber die oben angeführte Beobach- tung von Interesse, dass im neugebornen Thiere das Lumen der Kanäle sich auf Null redueirt. Auch in der Tuba besteht, wie wir gesehen haben, seit der Geburt Flimmerbewegung, die einen Strom vom ostium abdomi- nale zum ostium uterinum in ihr erregt. Auch dieser Strom muss nach zwei Seiten über die bewegende Ursache hinaus eine Wir- kung äussern, auch er will gespeist werden, auch er muss, um bildlieh zu reden, sein Wasser nach einem bestimmten Orte hin ergiessen. Doch veranlasst er hier nicht zu ähnlichen Schlüssen, wie im Nebenhoden, da der Kanal hier frei in die Bauchhöhle mündet und die seröse Feuchtigkeit an ihren Wänden hinreicht, um den Strom zu unterhalten. Wohl aber lässt es sich denken, dass der constante Strom in der serösen Feuchtigkeit an der Oberfläche des Peritonäum, also auch an der Perito- nealfläche der Ovarien, dazu beitrage, dem austreten- den Eichen seine Richtung gegen die Abdominalpforte der Tuba anzuweisen, wo dann dasselbe durch Reiz auf die Schleimhaut auch die organischen Muskelfasern der Tuba zu Con- tractionen veranlassen möge, so dass diese es weiter gegen den Uterus führen. Was von der serösen Feuchtigkeit aus dem Sacke des Bauch- fells in die Tuba dringt, wird im nicht schwangeren Zustande in diesen ergossen, im schwangeren aber würde, selbst für den Fall, dass das ostium uterinum vollständig verschlossen würde, die An- nahme, dass die Bewegung der Cilien in einem gestauten Strome fortdauere, keine grösseren Schwierigkeiten darbieten, als die Flimmerbewegung in geschlossenen Röhren oder Höhlen, wie im Parovarium, in den Hydatiden, in den Malpighi’schen Kapseln der Froschniere, den ÜUysten. Mit dem durch das Flimmerepithel im Nebenhodenkopfe er- regten Strome scheint die erste Kraft aufgefunden zu sein, welche den reifen Samen, Samenzellen oder Samenfäden aus dem 93 Hoden in den Nebenhoden überführt. Zwar hielt Ludwig (a. a. O.) es für möglich, dass die Entleerung des Hoden veranlasst würde durch Muskelzellen, welehe von Kölliker in der tunica albuginea des Hoden entdeckt wären. Doch fällt diese Hypothese mit der mündlichen Bemerkung Ludwig’s, dass das anatomische Factum irrig und die Anführung desselben aus einem unrichtigen Citate hervorgegangen sei. Die Situation der bewegenden Ursache am Anfange der Ausführungsgänge in unmittelbarer Nähe des Ho- den kann schon an sich als sehr wirksam bezeichnet werden. Es sind aber noch einige besondere Verhältnisse des Ausführungs- apparates an dieser Stelle von Interesse. Nach Ludwig *) veren- gert sich das Gesammtlumen der Samenröhren vom Anfang zum Ende des Hoden. Diese Verengung scheint aber keineswegs eine stetig fortschreitende, sondern eher eine aufsteigende und abstei- gende zu sein. So hat es offenbar den Anschein, als ob das in den ductus efferentes so ungemein verschmälerte Bett der (ver- einigt gedachten) Samenröhrchen in den coni vasculosi sich wie- der erweitere und gegen das vas deferens wieder verengere. Aber nicht allein das Gesammtlumen oder das Strombett verengert sich gegen die Insertionsstelle der eoni vasculosi in den Nebenhoden- kanal, sondern nach Lauth auch das Lumen jedes einzelnen Sa- mengefässes vom conus vasculosus gegen den Nebenhoden. Nach ihm beträgt der mittlere Querschnitt eines Samenkanals im An- fang eines conus vasculosus !/;s” — 0,3980 Mm.. an der Inser- tionsstelle in den Kanal der Epididymis dagegen '/s5“ = 0,1735 Mm. Daraus ist ersichtlich, dass der Same, sowohl um vom Hoden in die eoni vasculosi, als auch um aus diesem in den Nebenhoden- kanal zu gelangen, einen bedeutenden Widerstand zu überwinden hat. Beides zu überwinden wird ebenfalls Aufgabe des Flimmer- epithelium, sowohl des in den coni, als des im Anfange des Ne- benhodenkanals befindlichen, sein. Von den Muskelzellen, die *) aa. O. pag. 278, 94 ; nach Gerlach sich schon in den Wandungen der coni vasculosi finden, wird später noch die Rede sein. Eine wichtige Bedeutung anderer Art hat das Epithel im Kanal der Epididymis. Schon Henle macht in seiner allgemei- nen Anatomie darauf aufmerksam, dass die eigenthümlichen Be- wegungen der Samenfäden erst im vas deferens beginnen, und Kölliker bemerkt in seiner neuesten Arbeit über die Bewegung der Samenfäden, er habe dieselben meist aus dem Schwanze des Nebenhoden eines Stieres genommen. Am Stier habe auch ich die interessante Beobachtung gemacht, dass da, wo in den vasa effe- rentia die Samenfäden durch den Wimperschlag fortgeführt wur- den, ihnen jede eigenthümliche Bewegung abging, während gleich- zeitig die Samenfäden, welche dem Schwanze desselben Nebenho- den entnommen waren, in ihrer genuinen Flüssigkeit dieselben in der ausgezeichnetsten Weise zeigten. Abgesehen von den Folge- rungen, die man hieraus über die verschiedene Natur der Samen- fäden und Cilien machen könnte, will ich nur noch erwähnen, dass der Versuch gelang, in Samenfäden aus den coni vasculosi durch Zusatz von Wasser ihre eigenen Bewegungen hervorzurufen. Trotz aller sonstigen Meinungsverschiedenheiten stimmen Kölliker und Ankermann darin überein, dass die Samenfäden für ihre selb- ständigen Bewegungen eine Flüssigkeit nöthig haben, deren Con- centration von einem bestimmten Grade und geringer sein muss, als ihn die im Hoden selbst gebildete Flüssigkeit besitzt. Es be- weist also der obige Versuch, dass die Flüssigkeit im Schwanze des Nebenhoden weniger concentrirt ist, als die im Kopfe dessel- ben. Da aber auf dieser Strecke keine Drüsen vorhanden sind, die ihr Seeret in den Kanal der Epididymis ergiessen könnten, so wird man zu der Annahme gezwungen, dass der Kanal selber die das Hodensecret verdünnende Flüssigkeit liefert. In der That erscheint das Epithel desselben mit seinen oben geschilderten Ei- genschaften völlig geeignet dazu. Und die reichliche, milchig trübe Flüssigkeit, die in Nebenhoden brünstiger Thiere, sowie reichlichen Samen absondernder Menschenhoden sich findet, spricht direct da- 95 für. Man hat sich dann die Sache so zu denken, dass gleichzei- tig mit einer stärkeren Anregung zur Samenbildung im Hoden das Epithel des Nebenhoden zu einer erhöhten Neubildung "befähigt wird. Der constante Strom im Kopfe der Epididymis führt den reifen Samen in den Xanal des Nebenhoden, wo derselbe sich mit dem flüssigen Inhalt der platzenden Epithelialzellen mischt und in demselben vom Schwanze des Nebenhoden an seine eigenen Be- wegungen beginnt. Schon von Weber ist nachgewiesen, dass von gleichen Mengen Flüssigkeit aus den Samenblasen und dem vas deferens in der letztern mehr Samenfäden enthalten sind, als in der ersten, somit die Samenblasen nicht eigentlich als receptacula seminis zu betrachten sind. Als Aufbewahrungsort des Samens, in welchen derselbe durch den constanten Strom im Nebenhoden- kopf geführt wird, ist vielmehr das vas deferens und der Neben- hoden selbst von der Stelle an, an welcher das Flimmerepithelium aufhört, zu betrachten. Bei der Ejaculation würde dann zur Aus- treibung des eigentlichen Samens aus dem Nebenhoden vorzugs- weise das so mächtige und ausgedehnte Lager contractiler Faser- zellen in den Wandungen des Nebenhodenkanals wirken. Doch würden auch die wie eine Tasche die untere Partie des Hoden umgebende innere Muskelhaut des Hoden (Kölliker) und die contractilen Zellen in den coni vasculosi zur vollen Entleerung und gewaltsamen Ueberführung des reifen Samens in das vas deferens beitragen können. Jedenfalls sind die Kräfte. welche zur Her- ausschaffung- des Samens dienen, zu unterscheiden in constant wirkende und temporär auf Nervenreiz reagi- rende. ‚Jene wird durch die Flimmerbewegung hervorgerufen und dient zur eigentlichen Entleerung des Hoden, zu diesen ist der ganze ohnehin bekannte Apparat aus glatten und quergestreiften Muskelfasern zu rechnen; Dass aber bei einer so gewaltsamen Contraction des gesamten vas deferens die so überaus zarten Epithelialzellen im Nebenhoden grossentheils platzen und sie s0- wohl, wie ihr Inhalt bei dem Herausstossen des Samens mit fort- gerissen werden müssen, liegt auf der Hand, zumal da ich nach- 96 weisen zu können glaube, dass die Reste der Epithelialzellen auch im ergossenen Samen sich auffinden lassen. Dann könnte der zer- störte Zustand, in dem man so oft das Epithel im Nebenhoden an- trifft, auch als Folge einer letzten Ejaculation bei mangelnder Re- production aufgefasst werden. Flimmerbewegung in geschlossenen Höhlen. Es bleibt noch übrig, einige Worte über die Flimmerbewe- gung im Parovarium, den Hydatiden und im Uterus masculinus zu sagen. Da bekanntlich sowohl der Uterus masculinus, als auch die ungestielte Hydatide zuweilen in offener Communication resp. mit der Harnröhre und den Samenkanälen des Nebenhodenkopfes steht. so kann man- annehmen, dass sich nur dann in ihnen Flim- merepithel findet, wenn das der Fall ist. Das Parovarium und die gestielte Hydatide stehen aber niemals in Communication mit andern Höhlen des Organismus. Man fragt sich mit Recht: Was ist hier die Function des Flimmerepitheliums? Dabei ist zu be- denken, dass beiden Gebilden im ausgebildeten Organismus über- haupt keine physiologischen Functionen zukommen, sondern dass sie nur als Ueberreste embryonaler und dort functionirender Bil- dungen aufzufassen sind, die deshalb auch gänzlich in vielen In- dividuen schwinden. Der Physiologe kann daher mit demselben Rechte jede Antwort auf die obige Frage schuldig bleiben, mit dem er es von der Hand weist, die Function eines Zahnes oder der Haare oder auch des Flimmerepithels in pathologischen Produk- ten erklären zu müssen. In pathologischen Produkten kommt aber Flimmerepithel häufig in geschlossenen Höhlen, in Cysten, vor. So hat Billroth vor Kurzem eine Beobachtung über Flimmer- epithelium in- Hodencysten bekannt gemacht*). Der Hode war vollständig in Degeneration übergegangen und zu einer diekwan- digen Cyste geworden. Der Nebenhode war in seiner ganzen Aus- dehnung gesund. An der hintern Seite des Hoden neben dem Ne- *) Deutsche Klinik 1856. No. 10. 97 benhoden befand sich eine Menge von Cysten, die im Innern mit Flimmerepithel ausgekleidet waren, dessen Bewegungen Billroth noch sah. Die Stelle, an welcher die Cysten vorkamen, ist offen- bar die, an welcher so überaus häufig die unter dem Namen Gos- selin’scher Bläschen bekannten Cysten sich finden, die mitunter eigross werden. In den zahlreichen Gosselin’schen Bläschen, die ich von übrigens gesunden Hoden untersucht habe, fand ich je- doch kein Flimmerepithel. Beim Pferd dagegen, das sich auch durch die weite Verbreitung des Flimmerepithels im Nebenhoden auszeichnet, fand ich sowohl in einer am Schwanze des Neben- hoden unter der tunica vaginalis propria, zwischen seinen Windun- gen sitzenden, haselnussgrossen Cyste, als auch in zahlreichen, verschieden grossen Cysten am Ovarium die innere Wand mit Flimmerepithel ausgekleidet. Die Form der Zellen war hier die- selbe, wie ich sie auch in gestielten Hydatiden bisweilen gefunden habe, und wie sie Billroth in Hodeneysten beschreibt: „Die Form die- ser Flimmerzellen war sehr verschieden, meist cylindrisch, conisch, doch auch rund und oval, im letzteren Falle nur an einer schma- len Stelle mit einigen Wimperhärchen besetzt:* Wenn Billroth Gewicht darauf legt, dass hier, wie bei Ohrpolypen und andern pathologischen Gebilden mit Flimmerepithel, dasselbe in keinem genetischen Zusammenhange mit dem Mutterboden stehe, so ist für diesen Fall das in sofern nicht richtig, als man jetzt das nor- male Flimmerepithel im Nebenhoden kennt. Schwerlich wird man aber jemals sich das Auftreten von Flimmerepithel im Parovarium, den Hydatiden, dem Uterus masculinus und den Cysten an den Generationsdrüsen auf andere Weise verständlich machen, als auf die Weise, auf welche Rokitansky das Vorkommen von Samen- fäden im Sack der tunica vaginalis propria verstanden wissen will, welches keineswegs durch die Annahme, dass sie durch Platzen eines Samenkanälchens hineingedrungen seien, für alle Fälle erklärt worden ist. Die Nähe eines Organs, das normal Flimmerepithelium enthält, das Vorhandensein von Blastem, aus dem € sich an jenen Orten bildet, giebt die Veranlassung zur Bildung Molesehott, Untersuchungen. 11 7 98 von Flimmerepithelium auch da, wo es theils keine functionelle Wichtigkeit, theils gar nur pathologische Bedeutung hat. Fassen wir die wesentlichen Ergebnisse unserer Untersuchung kurz zusammen, so ergiebt sich: 1) Beim Menschen (und in Säugethieren) sind nicht allein die Ausführungsgänge (fimbriae und tuba) der weiblichen, sondern auch die der männlichen Geschlechtsdrüse (vasa efferentia) mit einem einfachen Flimmerepithelium ausgekleider Flimmerepi- thelium und Flimmerbewegung sind von Geburt an vorhanden und bleiben unverändert, sowohl während der normalen Ent- wickelung des Organismus bis zur Pubertät, als auch während der zeitweisen Veränderungen in den weiblichen (Bildung und Loslö- sung vonEichen, Menstruation, Schwangerschaft) und in den männ- lichen (erregte oder stockende Samenbereitung, Ejaculation) Ge- schleehtsorganen nach Eintritt der Geschlechtsreife. 2) In beiden Geschlechtern wird durch dies Flimmerepithe- lium ein constanter Strom in der Richtung von der Geschlechts- drüse zum Aufbewahrungsort ihres Secrets hervorgebracht, der schon vorhanden ist, ehe die Geschlechtsdrüsen Eichen oder reifen Sa- men bilden, nach Eintritt der Pubertät aber die Bestimmung bat, diese Produkte an ihren Aufbewahrungsort zu führen. 3) Die zu mehr oder minder langer Aufbewahrung der Bil- dungsprodukte der weiblichen und männlichen Geschlechtsdrüse be- stimmten Theile der Geschlechtsorgane (Uterus, Nebenhoden und Vas deferens), sind bei der Geburt mit Cylinderepithel ausgeklei- det, welches zur Zeit der Pubertät in ihrem nach den Ausfüh- rungsgängen gerichteten obern Theile mit Cilien besetzt ist. (Fun- dus Uteri und Nebenhodenkopf). Dieses Flimmerepithel steht in einem bestimmten Zusammenhange mit den functionellen Vor- gängen in den Geschlechtsdrüsen; so zwar, dass das Flimmer- epitheium im Uterus des Weibes abgestossen wird zur Zeit der Regeln und seine Bewegung einbüsst zur Zeit der Schwangerschaft, nach jeder Menstruation und Geburt aber sich von Neuem bildet, 99 während das Flimmerepithel im Kanal des Nebenhoden sich in höchster Ausbildung befindet, so lange der Nebenhoden von Sa- men strotzt, offenbar aber in einem Zustande des Verfalls ge- funden wird, wenn der Nebenhoden keinen Samen enthält, also vielleicht bei jeder Ejaculation mit fortgerissen und zerstört wird. 7% Ueber sogenannte Speichelkörperchen. Vorläufige Mittheilung. Von F. C. Donders. Der Ursprung der in grosser Menge in der Mundflüssigkeit auftretenden Speichelkörperchen ist bisher ein Räthsel geblieben. Vergeblich suchte man dieselben in thierischem Speichel, der aus den Ausführungsgängen gewonnen war. Aus Verzweiflung wandte man sich an die Oberfläche der Mundschleimhaut, obgleich die Na- tur des hier vorhandenen Epitheliums gar keine Aussicht bot, die eigentliche Quelle der Speichelkörperchen zu entdecken. Es ist mir indess gelungen, diese Quelle ausfindig zu machen. Wenn ich den Mund mit Wasser ausspüle und dann durch die Vorstellung von Speisen die Absonderung der Ohrspeicheldrüse anrege, dann bekomme ich, ohne dass ich den Ausfluss durch Bewegung unterstütze, einen klaren Tropfen ohne Speichelkörper- chen. Sauge ich dagegen oder drücke ich auf den Boden der Mundhöhle unter der Zunge, am besten mit der Zungenspitze selbst, dann quillt ein Tropfen hervor, welcher Tausende von Speichelkörperchen enthält, die hundertweise zu Gruppen ver- einigt sind. 101 Sie stammen also von Drüsen her, deren Ausführungsgänge sich unter der Zunge auf dem Boden der Mundhöhle öffnen. So verhält es sich nämlich beim Menschen. Ich füge hinzu, dass ich eine lebhafte Molecularbewegung, der in den Speichelkörperchen und ähnlichen Zellen enthaltenen Körnchen beobachtet habe; endlich, dass ich die Spaltung der Kerne durch Einwirkung von Essigsäure nicht mehr bezweifle, Die Erscheinung beruht, nach dem was ich gesehen habe, auf einem örtlich verminderten Widerstand des Häutchens oder dem Austritt eines Theils des Kerninhalts, der nachher die Form eines Kügelchens annimmt. VI. Ueber die Aufsaugung von Fett in dem Darmkanal. Von F. C. Donders. (Aus dem „Nederlandsch Lancet“ vom Verfasser mitgetheilt.) Seitdem ich einige Untersuchungen über die Aufsaugung von Fett im Darmkanal veröffentlicht habe, liessen Anatomen und Phy- siologen es sich angelegen sein, über diesen Gegenstand mehr Licht zu verbreiten. Ich, meinerseits, habe mich bemüht, die Erfahrungen Anderer zu prüfen, und es schien mir nicht ganz nutzlos, die wichtige Frage noch einmal zu besprechen, um die zahlreichen Untersuchungen der letzteren Zeit übersichtlich zu sammenzustellen und meine Ansicht über die Ergebnisse derselben daran zu knüpfen. Hinsichtlich der Bedeutung der Verdauungssäfte für die Auf- nahme des Fetts herrscht unter den Physiologen eine gewünschte Uebereinstimmung. Bernard’s Behauptung, dass der Bauch- speichel als solcher die erste Stelle einnimmt, ist von allen Seiten bekämpft worden, und es liegt ein Ueberfluss an bestimmten Be- weisen vor, dass der Bauchspeichel in dieser Rücksicht der Galle weichen muss. Ohne Bauchspeichel kann die Aufsaugung von Fett kräftig erfolgen, wenn aber die Galle durch eine Fistel ab- fliesst, dann wird der grösste Theil des genossenen Fetts im 103 Kothe wiedergefunden. Daher rührt die Gefrässigkeit der Thiere, bei denen eine künstliche Gallenfistel angelegt wurde: bei dem Ausfall der Galle und des Fetts ihrer Nahrung, gehen sie, wenn nicht ein Ueberfluss von anderen Nahrungsstoffen gereicht wird, an Inanition zu Grunde. Eine andere Frage ist es, in welcher Weise Galle und Bauchspeichel den Uebergang des Fetts in die Gefässe vermitteln. Zunächst steht es fest, dass das Fett nur in sehr fein ver- theiltem Zustande aufgenommen werden kann. Auf geradem Wege lässt sich die Ueberzeugung gewinnen, dass es nur in der Gestalt ganz feiner Tröpfchen in die Epitheliumzellen eindringt, welche die Zotten bekleiden, dass es in der gleichen Form im Parenchym der Flocken und in den Chylusgefässen selbst angetroffen wird. Ohne jegliche chemische Untersuchungen sieht man das Fett in diesem Zustande feiner Molecüle und kann es auf dem Wege aus der Nahrung ins Blut mit alleiniger Hülfe des Mikroskops verfol- gen. Galle und Bauchspeichel, von der Bewegung und der Aus- breitung auf der Darmschleimhaut unterstützt, besitzen die Fähig- keit, das Fett fein zu vertheilen oder es in eine Emulsion zu verwandeln, und in dieser Gestalt wird es der Schleimhaut dar- geboten. Diese feine Vertheilung ist das erste Erforderniss. Wir haben Oel in eine an beiden Seiten unterbundene Darmschlinge eines Kaninchens eingespritzt, und diese für mehr als zwei Stun- den wieder in die Bauchhöhle zurückgeschoben. Beim Heraus- ziehen der unterbundenen Schlinge ergab sich, dass der Kreislauf und die Wärme in ihr nicht gestört waren, und dennoch hatte sich keine oder nur eine geringe Aufsaugung von Fett ereignet. Wird das Fett erst in eine Emulsion verwandelt und dann in eine solche Schlinge eingespritzt, dann erfolgt die Aufnahme, wie zahlreiche Versuche gelehrt haben, alsbald mit grosser Lebhaf- tigkeit. Galle und Bauchspeichel wirken aber beide noch auf an- dere Weise. Was jene betrifft, so haben die Untersuchungen Von Wistingshausen’s gelehrt, dass das Eindringen von Fett in thierische Häute (er benützte die Darmwände) durch Tränkung 104 der Haut mit Galle gefördert wird, was sich auf mechanische Weise erklären lässt. Dieses Ergebniss findet Anwendung auf den lebenden Darmkanal. Und rücksichtlich des Bauchspeichels weiss man aus den Untersuchungen von Bernard und Lassaigne, dass er, so lange seine alkalische Reaction fortbesteht, rasch die Verseifung des Fetts veranlasst. Diese Wirkung nun muss in den tieferen Theilen des Dünndarmes stattfinden, wo die saure Reac- tion in eine alkalische übergegangen ist, und mir will es schei- nen, als müsste dem Eintritt des hier verseiften Fetts in die Blutgefässe der Fettreichthum des Pfortaderblutes zugeschrieben werden. \ Ein Paar Jahre ist es her, dass man kaum an die Möglich- keit dachte, die Epitheliumzellen, welche den Darmkanal beklei- den, könnten möglicher Weise nicht geschlossen sein. Die Ana- logie mit andern Zellen schien eine solche Auffassung von vorn- “herein auszuschliessen. Indess auch bei dieser Vorstellung stand der Erklärung der Fettaufsaugung keine wesentliche Schwierigkeit entgegen. Poren, so klein sie immer sein mochten, mussten auf jeden Fall vorhanden sein, und wenn die Vertheilung des Fetts nur so weit ging, dass schliesslich die Grösse der Moleeüle derje- nigen der Poren entsprach, so war die Aufnahme möglich. Des- halb schrieb ich anderswo: „Um sich eine richtige Vorstellung „von der Verdauung und der Aufsaugung der Fette zu bilden, be- „halte man im Auge, dass man nicht weiss, wie weit die emul- „girende Fähigkeit jener Säfte sich erstreckt und dass bei der „Möglichkeit, der Vertheilung des Fetts in immer kleinere Kügel- „chen bis zu solchen von */;ooo Mm. im Durchmesser zu folgen, „kein Grund vorliegt, eine noch weiter gehende Vertheilung für „umöglich oder auch nur für unwahrscheinlich zu halten, — so „dass man schliesslich bei Tröpfchen anlangte, die nicht grösser „wären, als die niemals beobachteten, aber von Niemandem be- „strittenen Poren der thierischen Häutchen. Und sollten denn „solche Fetttheilchen nicht, wie durch ein Filter, mitgerissen wer- „den, wenn das Wasser mit allerlei gelösten Stoffen, jene Häut- 105 „chen durchsetzt? — Mich däucht, diese einfache und natürliche „Vorstellung muss uns vor der Hand befriedigen.“ *) An dem Rande einer abgeschnittenen Darmzotte sieht man unter dem Mikroskop einen Ueberzug von dem ziemlich langen Cylinder-Epithel, das an seiner freien Oberfläche von einem mäs- sig breiten, hellen Saum begrenzt ist. An der Grundfläche der abgelösten Epitheliumzellen ist dieser breite Saum gleichfalls sicht- bar. Kölliker und Andere hielten diesen Saum für eine Folge der Eindringung von Wasser, wodurch eine sehr dünne Haut sich von dem Inhalt abheben sollte. Ich fand, dass dieser Saum ursprünglich vorhanden ist und demzufolge als eine dicke Zell- wand angesehen werden muss, womit jetzt auch Kölliker ein- verstanden ist. Kurze Zeit nach meinen Mittheilungen in der Utrechter Ge- sellschaft**) theilte mir Brücke seine Ansicht mit, dass die Zel- len des Darmkanals an der freien Oberfläche nicht durch ein Häutchen, sondern durch einen Schleimpfropf verschlossen seien. Diese kühne Vorstellung hat mich für einen Augenblick irre ge- macht. Ich erwog, dass die einseitige Verdickung als eigenthüm- liche Abweichung, die ich an der Wand der Epitheliumzellen be- obachtet hatte, beinahe weniger auffallend sein würde, wenn sie durch einen festen Schleimpfropf gebildet wäre, und dass zugleich das leichte Auftreten von kugelförmig abgeschnürten Schleim- eylindern an der Oberfläche mit Wasser behandelter Epithelium- zellen, worauf ich gerade aufmerksam gemacht hatte, darin seine Erklärung finden würde. Andererseits verhehlte ich mir nicht, dass man in diesem Falle bei stattfindender Aufsaugung Fetttröpf- chen in dem breiten hellen Saume sehen müsste, und da ich diese nicht fand, so liess ich mein Urtheil noch einige Zeit in der Schwebe. Andere beobachteten nicht dieselbe Vorsicht. Man darf *), F. C. Donders, die Nahrungsstoffe. Aus dem Holländischen übersetzt von Bergrath, Crefeld 1853, 8. 28, #*) Vgl. Nederlandsch Lancet, 3, Serie, II. S. 548. 106 sagen, dass von allen Seiten der Brücke’schen Ansicht wider- sprochen wurde, und es konnte fast scheinen, als sei man im Be- griff, die Zeitrechnung so weit aus den Augen zu lassen, dass man die Frage aufwarf, ob man an die offenen Zellen glaubte oder nicht. Nur Moleschott*) schloss sich Brücke an, und zwar indem er sich auf Versuche stützte, denen jedenfalls ein sehr glücklicher Gedanke zu Grunde lag. Wenn die Zellen offen sind, so schloss Moleschott, dann werden auch kleine feste Molecüle, für welche sich eine fast unendliche Vertheilung an- nehmen lässt, eindringen können. Marfels und Moleschott versuchten dies mit Pigmentkörnchen und mit Blutkörperchen zu erreichen. Hammelsblut — bisweilen auch Ochsenblut — wurde bei einer grossen Anzahl von Fröschen in den Magen eingespritzt, und viermal gelang es, Hammelsblutkörperchen innerhalb der Blut- gefässe des Gekröses wahrzunehmen. Sechszehn Mal wurden Ham- melsblutkörperchen in dem Herzblut von Fröschen gefunden, in einzelnen Fällen zahlreicher als die farbigen Blutkörperchen des Frosches. In mehr als der Hälfte aller Fälle wurde indess ein ganz negatives Resultat erhalten, zumal mit den Blutkörperchen des Ochsen, die etwas grösser sind als die des Schaafs. Auf gleiche Weise wurden Pigmentkörnchen, theils vereinzelt, theils zu kleinen Gruppen verbunden, in dem kreisenden Blut des Ge- kröses und in dem Herzblut angetroffen. Ferner wollten Mar- fels und Moleschott die Pigmentkörperchen in den kegelförmi- gen Zellen des Magens und Darmkanals sechsmal mit vollkomme- ner Sicherheit gesehen haben. Dasselbe haben sie in dem todten Darm von Säugethieren gefunden. Ein etwa 15 Centimeter langes, ganz frisches Darmstück wurde an der einen Seite unterbunden, an der andern mittelst eines durchbohrten Korks, in welchem eine Glasröhre befestigt war, abgesperrt. Durch diese Röhre wurde eine Kochsalzlösung, der Augenpigment beigemischt war, einge- gessen und die gläserne Röhre so hoch damit angefüllt, dass ein *) Wiener medieinische Wochenschrift, 1854, Nr. 52. 107 Druck von 9 bis 10 ÜCentimetern Quecksilber auf dem Darm lastete. In den Zellen wurden die Pigmentkörnchen bald oberhalb, bald unterhalb des Kerns gefunden. Selbst ohne erhöhten Druck und ohne erhöhte Wärme wurde später der Uebergang von Pig- mentkörnchen bis in die Zotten beobachtet, ohne dass sie in den Epitheliumzellen angetroffen wurden. Endlich wollen Marfels und Moleschott Pigmentkörnchen in den Chylusgefässen des Hundes gefunden haben. Drei Hunde wurden mehre Tage nach einander mit Milch und Fleisch, denen sehr viel Augenpigment zugesetzt war, gefüttert, und drei bis vier Stunden nach dem Ge- nuss der letzten Nahrung getödtet. Bei zweien dieser Thhiere wur- den Pigmentkörnchen, zum Theil zu Gruppen verbunden, sowohl in den Milchsaftgefässen des Gekröses, als in dem Milchbrustgang angetroffen. Moleschott glaubte, dass. diese Versuche die Streitfrage zwischen Brücke und seinen Widersachern entschieden hätten. Funke *) ist jedoch kräftig dagegen aufgetreten. „Grade diese „Versuche von Marfels und Moleschott“, sagt er, „waren es, „welche, weit entfernt, mich von der Richtigkeit jener Lehre zu „überzeugen, mich auf einen experimentellen Weg hinwiesen, auf „welchem ich eine leichtere Entscheidung dey Frage, ob die Fett- „tröpfehen auf endosmotischem Wege durch geschlossene Zellen, „oder mechanisch durch mit Schleimpfröpfchen ausgestopfte offene „Zellen in das Zottenparenchym gelangen, zu erhalten "hoffen „durfte.* Dieser Weg nun besteht darin, dass er untersuchte, ob solche Fette, die sich bei dem Wärmegrad des Körpers nicht ver- flüssigen, nachdem sie in fein vertheilten Zustand übergeführt sind, aufgenommen werden oder nicht. Er verwendete bei seinen Versuchen Wachs und Stearin, welches bei 61° ©. schmolz und bei 57° bis 58° C. wieder erstarrte. Er bereitete daraus eine Emulsion, indem er das Wachs oder den Talgstoff mit einer Gummilösung kochte und dann bis zur Abkühlung schüttelte. Die *) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. VII, S. 315. 108 Mischung wurde in eine Darmschlinge eingespritzt und 1 bis 4 Stunden darauf die Schleimhaut untersucht. Von einer Anfüllung der Zellen oder des Zellenparenchyms mit aufgesogenen Wachsmolecülen war nirgends eine Spur zu se- hen. Ebenso verneinend waren die Ergebnisse, als eine ähnliche Emulsion, die einmal überdies mit Karminmolecülen vermischt war, in den Darm eingespritzt oder durch den Schlund einge- gossen wurde. Mit Stearin erhielt Funke denselben Bescheid wie mit Wachs. Als er jedoch das Fett von Stearinlichtern nahm, dessen Schmelzpunkt zwischen 39 und 40° C. lag, waren die Epi- theliumzellen ganz vollständig angefüllt. Funke hebt weiter her- vor, dass man, falls feste Molecüle regelmässig aufgenommen würden, stets eine Anzahl der in den Darmkanal eingeführten Formbestandtheile, bei Pflanzenfressern z. B. wachsartige Chloro- phylikörnchen, in den Epitheliumzellen und den Zotten finden müsste. Bei diesen Untersuchungen richtete Funke auf’s Neue seine Aufmerksamkeit auf die Epithelzellen des Dünndarms, und ent- deckte dabei eine Eigenthümlichkeit in der verdiekten freien Wand, welche sehr wichtig zu sein scheint. Bei drei Kaninchen sah die ganze Schleimhaut des Darms so aus, als wären die Zot- ten mit dem schönsten Flimmerepithel bekleidet. Der breite Saum der Epitheliumzellen zeigte nämlich einige scharf begrenzte, nahe beisammen stehende dunkle Querstreifen, durch helle Zwischen- räume von einander getrennt, die einander parallel von dem in- neren Umriss des Saumes nach dem äusseren verliefen. Auf gleiche Weise verhielten sich die abgelösten Epitheliumzellen, und an einigen wurde sogar ein Bündel auseinander weichender blasser - Stäbehen oder Härchen wahrgenommen, deren Spitzen deutlich von einander getrennt waren. Auf der Oberfläche gesehen, er- schienen sie als Pünktchen. Ueber ihre Bedeutung wagt er kei- nen Ausspruch. Er hat jedoch daran gedacht. dass es Poren- kanälchen sein könnten. nur hält er es für voreilig, sie dafür auszugeben. 109 Unabhängig von Funke machte Kölliker dieselbe Ent- deekung.*) Dieser vortreffliche Histologe weist zunächst auf den ursprünglich vorhandenen dicken Saum an der freien Oberfläche der Epithelzellen hin, von welchem er jetzt auch erkennt, dass er nieht durch eindringendes Wasser erzeugt wird, und er ver- folgt dann genauer, als es bisher geschehen war, die Verände- rungen, welche ziemlich frische, abgelöste Epitheliumzellen unter der Einwirkung von Wasser und verdünnten Salzlösungen erlei- den. Er zeigt, dass das Wasser sich zwischen dem umhüllenden Häutchen und dem Inhalt, der auf einen kleinen Raum zusammen- gedrängt wird, ansammeln kann, wodurch die Zellen sogar die Form von Kugeln annehmen können. Dabei sieht man dann noch die dicke Wand der freien Oberfläche, welche das eingedrungene Wasser einschliessen hilft. Wenn dies schon hinreicht, um die Anwesenheit eines Zellenhäutchens überzeugend darzuthun, so muss nach Kölliker jeder Zweifel fallen, wenn man den eigen- thümlichen Bau der verdickten Zellwand an der freien Oberfläche der Epitheliumzellen betrachtet. „Untersucht man nämlich die „Epithelzellen einzeln oder im Ganzen mit einer guten, starken „Vergrösserung“ — so fährt er fort — „so sieht man in vielen „Fällen die freie Wand der Zellen durch feine Linien be- „zeichnet, welche eine dicht neben der anderen und senkrecht „dieselbe in ihrer ganzen Dicke durchsetzen und eine feine Quer- „streifung des Epitheliumsaumes bedingen.* Kölliker dachte da- bei, gleich Funke, auf der Stelle an Poren, und ohne dass er eine bestimmte Ueberzeugung gewinnen konnte, ist doch so viel klar, dass er mehr als Funke zu ihrer Annahme hinneigt. Er schätzt den Durchmesser der Streifen auf nicht mehr als 0,0001 bis 0,0002. In verdünnten Salzlösungen quillt der Saum der Zellen bis zu der Dicke von 0,001 bis 0,0015 auf, ohne dass ein Theil des Inhalts austritt, und die Streifen treten dabei deut- *) Verhandlungen der Physikalisch-Medieinischen Gesellschaft zu Würzburg, Bd, VI. 8. 203. 110 licher zum Vorschein, wobei die Oberfläche ein fein gezähneltes Ansehen gewinnt, indem- einem jeden dunklen Strichelehen des Saumes eine leichte Kerbe entspricht, was auf Kanälchen hinzu- weisen scheint. Eberso wie Funke vergleicht Kölliker dieses Ansehen mit Flimmerepithelium, worüber bereits bei Gruby und Delafond ein Wink vorkommt. In reinem Wasser sah Kölli- ker bisweilen im Saum einige tiefere und weitere Spalten entste- hen, wobei die Wand bersten und der Inhalt sich entleeren kann. Endlich löst: sich der Saum an der Aussenseite mehr und mehr auf, und die zuletzt übrig bleibende Lage verschwindet zugleich mit der übrigen Zellwand. In derselben Weise wie Funke be- schreibt Kölliker die dunklen Punkte auf der Oberfläche der Zellwand; bisweilen hatten diese Pünktchen das Ansehen kleiner Löchelchen. Die Bedeutung des gestreiften Saumes scheint dadurch er- höht zu werden, dass Kölliker ihn beim Kaninchen nur an den Epitheliumzellen des Dünndarms vorfand. Kölliker vergewisserte sich bei vielen anderen Thieren eines ähnlichen Baues der Epi- theliumzellen, wie beim Kaninchen, ob er gleich nicht bei allen dieselbe Deutlichkeit beobachtete. Bei Hunden und Katzen wurde ein solcher Saum auch im Dickdarm gesehen. Um wo möglich die Sache besser zu beleuchten. untersuchte Kölliker von Neuem die Fettaufsaugung, indem er bei Kanin- chen in Darmschlingen Oel einspritzte. Er achtete namentlich da- rauf, ob in dem hellen Saum der Epitheliumzellen auch Fett- tröpfchen zu sehen sind, ein Punkt, auf den ich schon früher meine Untersuchungen gerichtet hatte.*) Das Ergebniss war ver- neinend, was, wie Kölliker bemerkt, bei der Feinheit der Ka- nälchen nicht auffallen kann. Inzwischen kommt er jetzt auch zu der Ueberzeugung, dass das Fett nur in unmessbar kleinen Tröpf- chen in die Epitheliumzellen eindringt, um erst in den Zellen, so- gar auch nach dem Tode, zu grösseren Kügelchen zusammen- *) Nederl, Lancet, 3. Serie, II. S. 548. 111 zufliessen. Solche Körnchen fand er in lebhafter Molecularbewe- gung an der äusseren Oberfläche, zumal an den Spitzen der Zotten; und ohne Ausnahme fand er sie gleichfalls in Epithelium- zellen dem hellen Saume angrenzend. Diese Kömchen sind auf jeden Fall klein genug, um durch den Saum hindurchzudringen, wenn die darin vorhandenen Strichelehen Porenkanäle sind. — Was bei dem Kaninchen misslungen war, schien bei der Taube zur Beobachtung zu kommen, dass nämlich in dem verdickten Saum Fettmolecüle vorhanden waren. Bei dem Frosche und bei Bufo variegatus wurde hinsichtlich der Fettaufsaugung dasselbe gesehen wie beim Kaninchen. Blicken wir auf die hier mitgetheilten Untersuchungen zu- rück, dann ergiebt sich: 1) dass hinsichtlich des Eintritts von Mo- leeülen in die Epitheliumzellen die Ergebnisse von Marfels und Moleschott denen von Funke schnurstracks entgegenstehen; 2) dass Kölliker und Funke, unabhängig von einander, eine Eigenthümlichkeit im Bau der Epitheliumzellen beobachtet haben, die, statt einer einzigen, viele kleine Oeffnungen in den Epithe- liumzellen voraussetzen lässt und deshalb vielleicht dazu geeignet ist, den Streit zwischen Brücke und seinen Gegnern friedlich auszugleichen. Der Gegenstand hatte schon früher meine Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch genommen, um ihn nicht jetzt wieder aufzugreifen. Was die Untersuchungen von Marfels und Moleschott betrifft, so bin ich der Meinung, dass der Eintritt von grossen Molecülen, wie die Blutkörperchen, zu viel, und dadurch für die Frage, die uns beschäftigt, nichts beweist. Nach dem Bei- spiel von Anderen habe ich früher mit Alderts Meusonides eine Reihe von Versuchen über die sogenannte Aufsaugung fester Moleeüle angestellt.*) Wir haben uns damals überzeugt, dass nicht bloss feine Kohlentheilchen, sondern auch harte Stärkmehl- körner (die letzteren bei Fröschen) bis in das Blut eindringen *) Nederlandsch Lancet, 2. Serie, IV. 8. 141. 112 können; allein wir waren weit entfernt, daran zu glauben, dass diese durch die Epitheliumzellen hindurchgehen könnten, oder vielmehr wir hielten die Unmöglichkeit dieses Vorgangs für aus- gemacht. Denn die eingetretenen Molecüle übertrafen den Durch- messer der Epitheliumzellen bedeutend. Darum darf man sich, wie mir scheint, auf frühere Ver- suche über das Eindringen fester Molecüle nicht zur Begründung von Brücke’s Lehre über den Bau der Epitheliumzellen und den Eintritt des Fettes berufen. Ein Gleiches glaube ich auf die Blutkörperchen anwenden zu dürfen, deren sich Marfels und Moleschott bedienten. Zwar wird der Durchmesser der Blutkörperchen durch den der freien Oberfläche der Epitheliumzellen übertroffen, allein es steht fest, dass die den Zotten aufsitzenden Spitzen keine so grossen Oeffnungen haben, und zweifellos würden solche Oeffnungen auch in der die Zotten begrenzenden Haut gesehen werden, wenn sie dort vorhanden wären. ; Das Ergebniss von Marfels und Moleschott ist indess an und für sich keineswegs unwichtig, und wir haben uns des- halb beeifert, ihre Versuche zu wiederholen. Moleschott warnt vor einem übereilten Schluss aus verneinenden Ergebnissen, und fordert mit Recht, dass die Versuche öfters angestellt wer- . den. Allein auch bei vielfacher Wiederholung haben wir keinen bejahenden Erfolg erzielen können. Bis zu 3 Malen wurde bei je 5 Fröschen Hammelsblut in den Magen geführt und bisweilen die Einspritzung wiederholt, zum Theil bei. Fröschen, die lange ge- fastet hatten, zum Theil bei frisch gefangenen. Herr Gunning hat Stunden und Tage lang nach der Einspritzung den Kreislauf in den Schwimmhäuten, den er bisweilen künstlich verzögerte, bei einigen auch den Kreislauf im Gekröse, bei allen schliesslich das Blut des Herzens und anderer Theile, jedesmal unter meiner Bestätigung, untersucht, ohne ein einziges Hammelsblutkörperchen darunter finden zu können. Marfels und Moleschott sprechen indess ihr Ergebniss mit so vieler Ueberzeugung aus, und der 113 Ausspruch wurde noch kürzlich von Moleschott*) so nachdrück- lich wiederholt, dass es fast vermessen sein würde, die Richtig- keit zu bezweifeln. Allein so viel dürfte doch aus unserer Un- tersuchung hervorgehen, dass eigenthümliche, noch unbekannte Bedingungen erforderlich sind, um Hammelsblutkörperchen in Froschblut überzuführen, mit Einem Worte, dass dieser Ueber- gang nicht als ein regelrechter Vorgang betrachtet werden kann. Ohne Zweifel steht die Angabe, dass Pigmentkörnchen in die Epitheliumzellen eindringen, in einem näheren Zusammenhang mit Brücke’s Lehre. Wir haben deshalb nicht verabsäumt, auch diese Versuche zu wiederholen; allein wir müssen wiederum be- kennen, mit negativem oder doch sehr zweifelhaftem Erfolg. Zu- nächst haben wir (mit den Herren Gunning und Cnoop Coop- mans) in Wasser sehr fein zerriebenes Pigment von Ochsen- augen bei einer Anzahl Frösche durch den Mund eingespritzt, das Verfahren bisweilen noch wiederholt, und die Untersuchung in gleicher Weise wie beim Hammelsblut geführt. Zwar glaubten die genannten Herren anfangs einzelne Pigmentkörnchen in den Epitheliumzellen des Darmkanals zu sehen, während im Darm- kanal selbst eine reichliche Menge Pigment vorhanden war; allein bei einer genaueren Prüfung mit dem ausgezeichneten Mikroskope Kellner’s konnte die eigenthümlich rothbraune Farbe in der Mitte der Pigmentmolecile und die mehr oder weniger eckige Form an den in den Zellen vorkommenden Körnchen von uns nicht beobachtet werden. Auch in den Darmzotten und im Blut wurden sie nicht gesehen. Wir hatten in einzelnen Fällen Frösche benützt, die länger als 9 Monate gefastet hatten, weil wir hoff- ten die Epitheliumzellen hier durchaus frei von stark lichtbre- chenden Körnchen zu finden. Als sich auch hier einzelne zeig- ten, denen jedoch der Charakter von Pigmentmoleeilen fehlte, untersuchten wir die Epitheliumzellen anderer, demselben Vorrath *) Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere, herausgege- ben von Jac. Moleschött, Frankfurt a. M. 1856, Bd. I. S. 56. Moleschott, Untersuchungen. II. 8 114 entnommener Frösche, und auch in diesen fehlten die Körnehen nicht ganz. — Keinen Stoff konnten wir so fein vertheilt bekom- men, wie Indigo; die Molecüle massen nicht mehr als /,,. bis etwa sooo Mm. Wir haben sie Fröschen eingespritzt; 5 Tage später war der ganze Darm noch damit angefüllt. In den Epi- theliumzellen konnten wir nicht ein einziges Indigokörnchen mit Bestimmtheit wahrnehmen. Ebenso verneinend war der Erfolg, nachdem wir Karmin eingespritzt hatten. Wir haben uns indess bei diesen Versuchen nicht auf die Frösche beschränkt. Bei Kaninchen, die einige Tage gefastet hatten, wurde fein zerriebenes Pigment durch den Mund einge- spritzt; Hunden wurde es eingegeben oder Tage lang des Fetts beraubte Augen gereicht. Während dieser Fütterungszeit wurde täglich der Lippe durch einen kleinen Einschnitt ein Tropfen lut entnommen, allein das Ergebniss der Untersuchung war je- des Mal verneinend. Ebenso wenig konnten wir nach dem Tode in den Epitheliumzellen oder in den Zotten dieser Thiere mit Be- stimmtheit ein Pigmentkörnchen entdecken, obwohl der Darm- kanal reichlich damit versehen war. Nach Funke’s Beispiel haben wir auch Stearin angewandt. Der Schmelzpunkt des nahezu reinen Stoffs lag zwischen 58 und 60° Eine Emulsion desselben, die mit Hülfe des arabischen Gummi’s bereitet war, wurde bei Fröschen durch den Mund in den Magen gespritzt, Kaninchen entweder durch ‘den Mund oder in eine Darmschlinge beigebracht, welche wieder in die Bauch- höhle zurückgeschoben wurde. Es hat sich gezeigt, dass die Be- urtheilung des Thatbestandes die grösste Vorsicht erheischt. Bis- weilen nämlich fanden sich in einzelnen Epitheliumzellen noch ein Paar Fettkörnchen, wenn die Thiere auch längere Zeit gefastet hatten, und es gab kein Mittel, dieselben von Stearinkörnchen zu unterscheiden. Es kam uns so vor, als wenn dieses Fett von Eingeweidewürmern, die im Darm zugegen waren, herrühren konnte. Dass wir keinenfalls berechtigt waren, sie von dem bei- - gebrachten Stearin abzuleiten, lehrte die Gegenwart von einzelnen 115 Fetttröpfehen in einigen Epitheliumzellen von Thieren, die eben so lange gefastet und kein Stearin bekommen hatten. Demnach sind alle unsere Versuche erfolglos geblieben. Wir haben uns niemals mit hinlänglicher Bestimmtheit überzeugen kön- nen, dass entweder feste Molecüle, oder bei dem Wärmegrad des Körpers nicht schmelzbare Fette bis in die Epitheliumzellen ein- gedrungen waren. Ohne die Möglichkeit eines solchen Ueber- gangs bestreiten zu wollen, halten wir denselben für zweifelhaft im höchsten Grade. Von der eigenthümlichen Erscheinung, welche der verdickte Saum der Epitheliümzellen, nach der Entdeckung von Funke und Kölliker bisweilen darbietet, haben wir uns beim Kaninchen und beim Hunde überzeugt. Beim Frosch haben wir trotz wie- derholter Versuche, selbst unter Anwendung verschiedener Rea- gentien, nicht mehr als ein zweifelhaftes Auftreten von Streifchen sehen können. Namentlich ist es uns aufgefallen, dass es sehr oft auch bei Kaninchen durchaus nicht gelingt, die Streifen deut- lich zu sehen oder sie in irgend einer Weise zur Anschauung zu bringen, ohne dass es möglich war, einen Grund dafür aufzufinden. Nur die unebene franzenartige Beschaffenheit der freien Oberfläche, welche ich früher schon oft gesehen und einer beginnenden Auflösung zugeschrieben hatte, entwickelte sich im- mer einige Stunden nach dem Tode. In einigen Fällen dagegen war die Streifung ausserordentlich deutlich und auch ziemlich leicht die Punktirung auf der Oberfläche der Zellen zu sehen, und zwar beim Hunde in gleichmässiger Ausdehnung über der ganzen Darmwand. Der Beschreibung Kölliker’s habe ich wenig hinzuzufügen. Ich will nur bemerken, dass die dunklen Linien mehrfach aus feinen Körnchen zu bestehen schienen, die nicht immer geradlinig an einander lagen, so dass man an die Querstreifen der Muskelprimitivbündel erinnert wurde, die in Folge einer Verschiebung der Primitivfibrillen von der geraden Linie abweichen; ferner, dass die körnigen Streifen bisweilen noch über den hellen Saum hinaus auf eine kurze Strecke in die Zelle selbst 8% 116 hineinzuragen schienen. Zu entscheiden, ob es Kanälchen sind, wollte auch mir nicht gelingen. Versuche, durch auf einander folgende Einwirkung eines Eisensalzes und des Eisen- oder Schwe- feleyankaliums einen Niederschlag in der Richtung der Streifen zu erzeugen, führten nicht“zum Ziele. Dennoch habe ich den Ein- druck gewonnen, als wenn es sich um Poren handelte. Ich glaube auch eine Thatsache dafür anführen zu können. Der Aus- tritt von Schleim, der sich schliesslich in Kugelform abschnürt, wenn Wasser auf das Cylinderepithel einwirkt, ist jetzt allgemein bekannt. Diese Schleimkugeln erscheinen natürlich an der freien Oberfläche, so lange die Zellen noch an den Zotten haften. Ich habe mich indess überzeugt, dass sie auch aus den abgelösten. Epithelzellen nur an der freien Oberfläche, das heisst am Saum der Basis der kegelförmigen Zelle zum Vorschein treten. Hier ist also die Wand, obgleich sie dicker ist, leichter zu durchdringen, und möge es immerhin wahr sein, dass solche Kugeln auch aus andern Zellen hervortreten, an denen keine Oeffnungen erkannt werden, man wird dennoch einräumen müssen, dass jener Um- stand die Anwesenheit von Porenkanälchen in dem freien Saum ausserordentlich wahrscheinlich macht. Gerade dieser schnelle und leichte Austritt, welcher als eine Aufquellung des Schleims be- trachtet werden kann, hatte mich anfangs einigermassen zu Brücke’s Ansicht hingeneigt. Hinsichtlich des Aufquellens der Epitheliumzellen in Wasser und verdünnten Salzlösungen kann ich Kölliker’s Beobachtungen bestätigen. Sie können sich zu fast vollkommenen, hellen Kugeln aufblähen, in welchen der ursprüngliche körnige Zelleninhalt noch deutlich zu unterscheiden ist. Ich habe jedoch nicht gefunden, was Kölliker in seiner Fig. 7 abbildet, wo dieser Inhalt nach der ursprünglichen Spitze der Zelle zurückgedrängt und nur als eine Gruppe von Körnchen in der Umgebung des Kerns zurück- geblieben ist. Ueberall, wo der verdickte Saum noch beobachtet wurde, war die körnige Masse, bei Kaninchen wenigstens, mit demselben in Verbindung geblieben und erstreckte sich von dort 117 mehr oder minder weit, in der Regel der Wand der aufgequolle- nen Kugel anliegend und nach hinten sich verjüngend. Deshalb ist auch dieses Aufquellen kein zwingender Beweis gegen die Anwe- senheit einer Oeffiung an der Basis der Zelle, welche dürch den körtigen Inhalt verschlossen sein tınd also die Anschwellung der ganzen Zelle zu einer Kugel ermöglichen kann. Wohl aber be- weist diese Anschwellung, bei welcher offenbar eine umgebende Hülle vorhanden ist, dass an der Spitze der kegelförmigen Zelle keine wirkliche Oeffnung sich vorfindet, und in sofern lässt sich, meines Erachtens, angesichts dieser einzigen Thatsache, Brück e’s Lehre nicht aufrecht erhalten. Bei meinen wiederholten Versuchen über die Aufsaugung ge- wöhnlichen Fetts habe ich jetzt, gerade so wie Kölliker, auch wieder nur unmessbar feine Kügelchen an der Innenfläche des Saums der Epitheliumzellen gesehen, was wohl beweist, dass das Fett nur in dieser höchst fein vertheilten Form eindringt. Ins- besondere habe ich nun wieder meine Aufmerksamkeit darauf ge- richtet, ob solche kleine Moleeüle im Saum selbst vorkommen. Lange suchte ich, wie früher, vergebens. Allein es ist mir doch gelungen, sowohl beim Hund, wie beim Kaninchen, einzelne Male Molecile in jenem Saum zu finden, welche ich mit Hülfe eines vortrefflichen Mikroskops nach ihrer ganzen Erscheinung und ihrer Form für nichts Anderes als Fettmolecüle halten konnte. Bemer- kenswerth war es, dass mir dies nur in zwei Fällen gelang, in welchen das gestreifte Ansehen des Zellensaums recht deutlich war. Wenn ich auf alle obigen Mittheilungen zurückblicke, dann kann ich nicht umhin, die Anwesenheit von Porenkanälen in der verdickten Wand der Epitheliumzellen für sehr wahrscheinlich zu halten. Um sich darüber eine feste Ueberzeugung zu verschaffen, scheinen mir bisher die Mittel zu fehlen. Dass nicht ein einfacher Schleimpfropf die Epitheliumzellen verschliesst, davon bin ich, mit Kölliker und Funke, überzeugt. In der letzten Zeit ist mir ein Licht aufgegangen über die Art, auf welche grössere Formbestandtheile in die Darmzotten 118 eindringen, und zwar namentlich für die Eier von Eingeweide- würmern, die bei Kaninchen so häufig sind, und die ich auch in einer Kapsel eingeschlossen, in einem Hühnerei, an den Grenzen von Eiweiss und Dotter, gefunden habe. Zumal in dem untersten Theile des Ileum dringen solche Eier nicht selten in die Zotten ein. Indess, da meine Untersuchungen hierüber noch nicht zu einem ganz sichern Ergebniss geführt haben, so beabsichtige ich später darauf zurückzukommen. ö Vu. Erneuter Beweis für das Eindringen von festen Körperchen in die kegelförmigen Zellen der Darmschleimhaut. Von Jac. Moleschott. Die Nichterfolge der unter Donders’ Leitung angestellten Untersuchungen *) zur Beantwortung der Frage, ob die kegel- förmigen Zellen der Darmschleimhaut kleine feste Körperchen von messbarer Grösse, ohne zerrissen zu werden, einlassen können, haben mich veranlasst, die früher in Gemeinschaft mit Marfels vorgenommenen Versuche wieder aufzunehmen und vielfach abzu- ändern. Ich würde mich jedoch nicht zur vorläufigen Mittheilung der gewonnenen Ergebnisse entschliessen, wenn ich den vernei- nenden Aussagen von Donders nur bejahende Versicherungen entgegenzusetzen hätte, weil ich für mich der Ansicht bin, dass in solchen Dingen Eine Beobachtung, die etwas Bestimmtes er- giebt, tausend andere, die das Gesuchte vermissen liessen, auf- wiegt. Dies war der Grund, warum ich nie erzählt habe, dass es mir in mehr als zwölf Versuchen nicht gelungen ist, Stärk- mehlkörnchen, die ich in den Magen von Fröschen eingespritzt hatte, im Blute dieser Thiere wiederzufinden; denn Donders *) Vgl. 8. 113 des vorliegenden Bandes. 120 und Alderts Mensonides haben Stärkmehlkörperchen im Blut von Fröschen wiedergefunden, sie haben dieselben mehr als ein- mal gesehen; ich stehe deshalb nicht an, meinen erfolglosen Ver- suchen, und wenn ich sie vertausendfacht hätte, alle Beweiskraft abzusprechen, wenn sie der Behauptung, dass unter gewissen, nicht näher erörterten Umständen Stärkmehlkörperchen aus der Darmhöhle in den Blutstrom gelangen, gegenüberstehen. Nur Ei- nes wird sich aus solchen erfolglosen Bemühungen immer schlies- sen lassen, dass das bejahende Ergebniss von gewissen Neben- bedingungen abhängt, und die Untersuchung wird im strengen Sinne erst dann als abgeschlossen betrachtet werden dürfen, wenn man diese Nebenbedingungen erkannt hat. Für die Frage, ob das Fett bei der Verdauung gelöst durch eine feste Wand hindurchgeht oder in der Form zusammenhän- gender, wenn auch noch so kleiner Körnchen oder Tröpfchen durch einen weichen Verschluss hindurchgedrückt wird, müssen selbst wenige bejahende Versuche mit grösseren, messbaren Körn- chen eine entscheidende Bedeutung haben. Ich habe zu diesen Versuchen mit Marfels Pigmentkörnchen — nicht Blutkörper- chen — gewählt, weil ich natürlich von diesen kleineren Gebil- den zuerst erwarten durfte, dass wir sie in den Schleimhautzellen antreffen würden. Es ging uns wie Donders und Mensonides mit der Kohle: „Mancher -Versuch blieb. fruchtlos, ohne dass wir „die Ursache davon errathen konnten,“ *) Aber wir suchten be- harrlich fort, und so konnten wir schliesslich einen ähnlichen Aus- spruch uns erlauben, wie Donders, wenn er sagt: „Schon frü- „her habe ich bemerkt, dass wir wiederholt und bei verschiedenen „Thieren eifrig gesucht hatten, ohne dass es uns gelang, mit ei- „niger Bestimmtheit Kohlentheilchen innerhalb der Blutgefässe „wahrzunehmen. Indess auch von dieser Seite durfte die Bestä- „tigung nicht fehlen. Die ganze Untersuchung würde Misstrauen *) „Menige poging bleef vruchteloos, zonder dat wij de oorzaak hiervan-konden bevroeden.€ Donders, Nederlandsch Lancet, 2, Serie, IV, p. 155, 156. 121 „hinterlassen haben, wenn sie in diesem Punkte nicht befriedigt „hätte. Allein nachdem wir wiederholt geglaubt hatten, einzelne „schwarze Molecüle im Blutstrom zu sehen, hat dies Herr Men- „sonides in einem Falle so deutlich beobachtet, dass ihm aller „Zweifel entschwunden war.“ *) Auch Stärkmehl haben Donders und Mensonides einige Male vergeblich gesucht, aber dennoch schliesslich auf bejahende Beobachtungen den Satz gegründet, dass es gelungen sei, „den bestimmten Beweis zu liefern, dass nicht „uur Flüssigkeiten und gelöste Stoffe, sondern auch feste Theil- „chen aus dem Darmkanal in die Säfte des Körpers übergehen „und mit ihnen kreisen.“ **) Die vielen fruchtlosen Versuche, die Andere mit uns in der obschwebenden Frage angestellt, hebe ich nur deshalb so nach- drücklich hervor, weil ich aus der Fassung mancher Einwürfe schliesse, dass dem Satze, den ich aus einigen bejahenden Ergeb- nissen, gegenüber sehr vielen Nichterfolgen, abgeleitet habe, hier und da eine andere Tragweite beigemessen wurde, als ich ihm selbst zu geben beabsichtigte. ***) Ich schliesse so: Mag man grös- sere Körperchen in den kegelförmigen Zellen der Darmschleim- haut noch so oft vermissen, — wenn man dieselben bisweilen in unversehrten Schleimhautzellen antrifft, so ist man berechtigt an- *) „Reeds deed ik opmerken, dat wij bij herhaling en bij verschillende dieren ijverig hadden gezocht, zonder met eenige zekerheid kool-deeltjes binnen de bloedvaten waar te nemen. Evenwel mogt; ook van deze zijde de bevesti- ging niet achterblijven. Het geheele onderzoek zou wantrouwen hebben na- gelaten, zoo het hierin ware te kort geschoten. Doch nadat wij bij her- haling gemeend hadden, enkele zwarte moleculen te zien voorbijstroomen, nam de heer Mensonides dit in een geval zoo: duidelijk waar, dat voor hem alle twijfel geweken was.“ Donders, a. a, O. 8. 156, 157. „200 gelukte het dan, het stellig bewijs te leveren, dat niet slechts vloei- stoffen en opgeloste zelfstandigheden, maar ook vaste moleeulen wit het ». DZ, darmkanaal in de vochtmassa van het ligechaam overgaan en worden rond- gevoerd,“ Ebendaselbst, 8. 160. =) Vel.z B. Funke, in der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, von von Biebold und Kölliker, Bd. VIL 8; 817. 122 zunehmen, dass unter gewissen Umständen verhältnissmässig grosse Körnchen durch den Verschluss der Zellen hindurchdringen kön- nen, und das wird also um so leichter erfolgen, wenn es sich um unmessbar feine, durch ihre Glätte ausgezeichnete Fetttröpfehen handelt. Also nicht das Eindringen von Pigmentkörnchen in die Zellen sollte als regelrechter Vorgang angesehen werden — wir hatten es ja in einer ungeheuren Mehrzahl von Fällen vermisst —, sondern es sollte durch die Möglichkeit jenes Uebergangs das re- gelmässige Eindringen von fein vertheiltem Fett, welches durch die Verdauungssäfte nicht aufgelöst zu werden vermag, begreiflich gemacht werden. Wenn die so viel grösseren, so viel weniger glatten Pigmentkörnchen eindringen können, dann wird es mit den so viel kleineren, so viel glatteren Fetttröpfchen um desto eher geschehen, — & plus forte raison, würde der Franzose sagen. Unermüdlichen Nachforschungen von Marfels verdankte ich schon früher die Gelegenheit, dass ich mehre Male mich von der Anwesenheit der Pigmentkörnchen in den Zellen, welche die Darmhöhle auskleiden, überzeugen konnte. Ich habe mich den- noch auf’s Neue an’s Werk gemacht, nicht um neue Erfolge den Nichterfolgen Anderer entgegenzustellen, sondern weil ich es für meine Aufgabe halte, für das Eindringen von festen Körnchen in die bewussten Zellen, was für mich eine Thatsache ist, so gün- stige Bedingungen aufzusuchen, dass es für jeden Dritten eine leichte Mühe wird, meine Wahrnehmung zu bestätigen. Das ist mir freilich noch nicht gelungen, ich muss vielmehr auch heute noch bekennen, dass ich in der ungeheuer überwiegenden Mehr- zahl der Fälle die beigebrachten festen Theilchen in den Zellen nicht fand. Allein ich habe doch durch Abänderung des ursprüng- lichen Versuchsverfahrens die Art und Anzahl bestimmter Ergeb- nisse so vermehrt, dass mir eine vorläufige Mittheilung meiner Un- tersuchungen über die Schleimhautzellen des Magens und Darms gerechtfertigt erscheint. Ich kann jedoch hierzu nicht schreiten, ohne die treue Beihülfe des Herrn Imthurn von Schaffhausen mit gebührendem Danke anzuerkennen. 123 Zunächst wandte ich mich wiederum an die Pigmentkörn- chen. Allein, überlegend, dass solche feste Körnchen unstreitig nur mit Hülfe eines Drucks von der Darmwand her in die Schleim- hautzellen eintreten, suchte ich diesen Druck zu steigern. Es wurden bei Kaninchen und Fröschen grössere oder kleinere Ab- theilungen des Verdauungsrohrs mit einer fünfprocentigen Auflösung von gewöhnlichem phosphorsaurem Natron, die sehr viel Pigment- -körnehen von Ochsenaugen aufgeschwemmt enthielt, mässig ange- füllt und an beiden Enden unterbunden. Es war, wie wiederholte fruchtlose Versuche mich lehrten, unerlässlich nothwendig, eine zu starke Anfüllung zu vermeiden, wenn ich, wie hier die Aufgabe war, kräftige wurmförmige Bewegung erzielen wollte. Diese aber wurde dadurch erreicht, dass ich mit Du Bois-Reymond’s Schlit- tenvorrichtung entweder den Darm selbst, oder bei Kaninchen das Hirn, bei Fröschen die beiden Hinterschenkel reizte.. Im letzteren Fall war also die Darmbewegung eine übertragene, und ich habe mich so oft überzeugt, dass sich auf diesem Wege viel er- giebigere Zusammenziehungen der Darmmuskeln hervorrufen lies- sen, als dirch unmittelbare Reizung des Darms, dass es mir sehr der Mühe werth scheint, diesen Gegenstand, der auch für heil- kundige Anwendung bedeutsam werden‘ könnte, genauer zu ver- folgen. Bei beiden Thierarten wurde das Ende der Thätigkeit-der Darmmuskeln abgewartet, bevor die Schleimhaut zur Untersuchung hergerichtet ward. Beim Kaninchen wurde die Darmschlinge wie- derholt in die geöffnete Bauchhöhle zurückgeführt, um ihren Wärmegrad nicht zu schnell abnehmen zu lassen. Durch passende Unterbrechung der Reizung gelang es öfters, die Bewegung län- ger als eine Stunde zu erhalten. Wenn es so weit gekommen war, dass sich die Zusammen- ziehung der Darmmuskeln auch durch die stärkste Reizung nicht mehr anregen liess, wurde das Darmstück ausgeschnitten, der Länge nach geöffnet und entweder in eine fünfprocentige Lösung des gewöhnlichen phosphorsauren Natrons, oder in eine gesättigte Lösung von reinem Kochsalz gelegt und in diesen Flüssigkeiten 124 mindestens vier bis sechs Stunden gelassen, bevor die Unter- suchung begonnen wurde, Die Auflösung des phosphorsauren Natrons empfiehlt sich be- sonders dadurch, dass sie die Zellen auf's Schönste von einander trennt, so dass man sie einzeln in allen Lagen vortrefflich unter- suchen kann. Bei mässiger Zimmerwärme erhalten sich die Zellen in dieser Lösung, ohne sich zu sehr zu verändern — sie quellen zum Theil darin auf — 24 Stunden und länger. Ueberbaupt kann ich diese Lösung für mikroskopische Untersuchungen nicht angele- gentlich genug empfehlen. Sie ist in sehr vielen Fällen das vor- züglichste Erweichungsmittel des Zwischenstofis, so dass die Form- bestandtheile, Zellen, Fasern dadurch vereinzelt werden. Ferner scheint sie das Lieht schwächer zu brechen als Wasser, so dass man manche feine Gebilde — Sehwänze der Samenfäden, Wim- perhaare der Flimmerzellen z. B. — viel weiter darin verfolgen kann. Drittens erhalten sich in ihr manche Gebilde viel besser als in Wasser und andern Flüssigkeiten, in Nervenfasern wird die Gerinnung des Marks verzögert, die Wimpern der Flimmer- zellen fallen später ab und bleiben viel länger in: Bewegung, der von mir vor vielen Jahren entdeckten Einwirkung auf die Samen- fäden nicht zu gedenken.*) Wenn auch Speichel, Blutwasser, *) Jac. Molesechott und J. ©. Ricchietti: Ueber ein Hülfsmittel, ruhene Samenfäden: zur Bewegung, zu bringen. Wiener med, Wochenschrift, Jahr- gang, 1855 S. 273. In einer einige Monate früher erfolgten Mittheilung an die Pariser Akademie hatte ich den Ausdruck „zur Bewegung, bringen“ mit „raviver le mouvement“ gegeben. Statt einer einfachen Erwähnung, dass die bewusste Thatsache bei mir und Ricehetti bereits zu finden war, hat Kölliker bei der späteren VeröffentliwKung' seiner Arbeit (Würzburger Verhandlungen ‘der physikalisch- medieinisehen: Gesellschaft, Bd: VD) gegen dieses „Beleben“ gekämpft. und. dabei übersehen, dass das Zeitwort auf. „Bewegung“, nicht auf Samenfäden zielt. An und für sich kann dies zwar gleichgültig scheinen. Weil mir aber durch dieses Missverständniss eine Anschauung zugeschrieben wird, die mir ganz fremd ist, so lehne ich es hier um so bestimmter ab, da es sich auch in die ‘Handbücher sol- cher Verfasser‘ einschleicht, die nur auf denjenigen Rücksicht zu nehmen 125 Eiweiss einen Theil dieser Vorzüge gleichfalls bieten, so können sie doch schon aus dem einen Grunde der phosphorsauren Natron- lösung von geeigneter Dichtigkeit den Rang nicht streitig machen, weil man diese mit leichter Mühe ein für allemal bereiten kann. Nur weil ich selbst in vielen Fällen mich ihres Nutzens so sehr erfreue, füge ich die Versicherung bei, dass mehr als ein For- scher, dem ich gerade die fünfprocentige Lösung mündlich empfahl, seitdem dieselbe in seiner Werkstatt nicht mehr entbehren mag. Mit Rücksicht auf den hier vorliegenden Zweck wurde die gesättigte Kochsalzlösung häufig von mir vorgezogen, einmal weil die Zellen später darin aufquellen, und sodann weil sie sich viel länger, oft vier bis sechs Tage, in einem für die Untersuchung geeigneten Zustande darin erhalten. In den durch die genannten Hülfsmittel vorbereiteten Zellen habe ich nun, sowohl wenn sie von Kaninchen, als wenn sie von Fröschen stammten, wiederholt auf’s Neue Pigmentkörnchen ge- funden, aber leider noch viel öfter trotz des ermüdendsten Su- chens sie in allen Zellen vermisst. Waren sie vorhanden, dann sah ich meist in einzelnen Zellen 1, 2, 3, in andern 5, 6 und mehr Körnchen, die in den verschiedensten Abschnitten der Zelle vorkamen, im Kopf, in der Spitze, in letzterer bisweilen reihen- förmig geordnet, also vor und hinter dem Kern. Ich habe bis- weilen die Pigmentkörnchen in Form eines unvollkommenen Kran- zes den Kern umgeben, in anderen Fällen bis an den äussersten oberen Rand des seit Henle bekannten hellen Saums reichen sehen. Schr oft sah ich neben den Pigmentkörnchen grössere Fetttröpfchen in denselben. Einmal bekam ich von einem auf die beschriebene Weise behandelten Frosche Hunderte von Zellen zu sehen, welche bis auf die Stelle, welche der Kern einnahm. über- all mit Pigmentkörnchen angefüllt waren. In der sehr dünn aus- gezogenen Spitze — welche viele dieser Zellen vermissen lassen, scheinen, der zuletzt gesprochen hat. Vergl. Schlossberger’s Thier- chemie, II, 8. 848, 126 so dass sie vielleicht durch die Einwirkung der Salzlösung ent- stand, — lagen die Körnchen in einer Reihe, einfach hinter ein- ander, dann kranzförmig um den Kern, und der Kopftheil war so dicht damit erfüllt, dass man hätte glauben können, Pigment- zellen vor sich zu haben. Um mich zu überzeugen, dass ich Pigmentkörnchen von andern Körnchen, die in den kegelförmigen Schleimhautzellen vorkommen, zu unterscheiden vermochte, untersuchte ich wiederholt die Zellen aus Darmstücken jenseits der unterbundenen Stelle, die von der Ein- spritzung frei geblieben waren, ohne hier ähnliche Körnchen zu finden. Bei Anwendung hinlänglich starker (600- bis S00facher) Vergrösserun- gen und guter Beleuchtung — meine letzten Untersuchungen sind mit einem grossen Werkzeug von Schiek angestellt — schützt die rothbraune Farbe und die öfters etwas rauhe Oberfläche der grösseren Pigmentkörnchen vor der Verwechslung mit Fetttröpf- chen. Kleine Pigmentkörnchen, welche die rothbraune Farbe nicht so gut erkennen lassen, und je nach der Einstellung der Linse bald schwarz, bald hell erscheinen, sind durch einfache Betrachtung nicht immer von kleinen Fetttröpfehen zu unterscheiden. Ebenso ver- hält es sich bei der Anwendung zu schwacher Vergrösserungen. Schwerer als die Natur der Körnchen, ist in manchen Fäl- len das wahre Lagerungsverhältniss derselben zu ermitteln. Na- mentlich wenn es sich darum handelt, von einzelnen Körnchen zu bestimmen, dass sie den Zellen angehören, kann die Frage, ob an, ob in den Zellen, nicht schwer genug genommen wer- den. Zu diesem Behuf liessen wir die Zellen rollen. Thaten sie dies nicht schon einfach in der Salzlösung, dann liessen wir mit- telst eines Pinsels langsam eine Mischung von etwa zwei Theilen ' Alkohol mit einem Theil Aether unter das Deckgläschen fliessen. Vorausgesetzt, dass man die Zellen nicht theilweise hat vertrock- nen lassen, kann es kein besseres Mittel geben, sie in rollende Bewegung zu versetzen. Zu diesem Zweck ist es geeigneter, die Schleimhaut vorher in Kochsalzlösung einzuweichen, als in phos- - phorsaurem Natron, weil letzteres durch Hinzufügen der alkoho- 127 lischen Mischung sehr rasch in den bekannten schiefen rhombi- schen Säulen, die sich hier meist als Tafeln ausnehmen, anschiesst. Ich habe die noch länglichen Zellen sowohl um eine Querachse, als um die Längsachse sich wälzen sehen, so dass sie oft einen wahren Purzelbaum schlugen, und dabei durch Heben und Sen- ken der vergrössernden Linse die feste Ueberzeugung gewonnen, dass in vielen Fällen die Körnchen in der That im Inneren der Zellen sich befanden. Durch den Zusatz der alkoholischen Mi- schung lassen diejenigen Pigmentkörnchen, welche bloss anhaften, besonders leicht von den Zellen los. Zu solchen Rollversuchen ist das ausserordentlich dünne Deckglas, welches man aus der Spiegel-Fabrik von Spinn & Comp. (Berlin, Leipziger Strasse Nr. 63) beziehen kann, wegen seines sehr geringen Gewichts vorzüglich zu empfehlen. Ich wiederhole indess nachdrücklich, dass in ungezählten Fällen der ganze Versuch misslang, ohne dass ich im Stande bin, vom Grunde des Misslingens Rechenschaft zu geben. Die Zahl der von Donders, Gunning und Cnoop Coopmans an- gestellten Versuche ist zwar im Vergleich zur Anzahl meiner eige- nen fruchtlosen Bemühungen nichts weniger als gross. Aber auf- fallend bleibt es immer, dass sie nicht einmal die Körnchen in den kegelförmigen Zellen gefunden haben. Donders sagt von dem Uebergang der Blutkörperchen des Hammels in die Blutbahn der Frösche, dass er für unsere Streit- frage zu viel und deshalb nichts beweise, weil die zugespitzten Enden der kegelförmigen Zellen jedenfalls zu eng seien, um die Blutkörperchen hindurchzulassen. Wer in den feinsten Haargefäs- sen der Netzhaut oder des Hirns, welche mit fünfprocentigem phosphorsaurem Natron behandelt waren, die in ihrer Farbe ge- hobenen, zu Stäbehen verlängerten Blutkörperchen von Menschen oder Säugethieren gesehen hat, wird die Gültigkeit dieses Ein- wurfs nicht anerkennen. Solche stabfürmig gewordene Blutbläs- chen könnten ganz füglich durch den dünnsten Theil der Zellen hindurch, und wenn das Zottengewebe in ähnlicher Weise durch- dringlich wäre, wie nach meiner Ueberzeugung die sogenannte 128 verdickte Wand der kegelförmigen Zellen es ist, dann brauchte man auch keine vorgebildeten Oeffnungen an der Oberfläche der Zotten zu sehen. Allein diese Frage gewinnt erst Bedeutung, wenn man über- haupt weiss, dass Blutkörperchen von Säugethieren in die kegel- förmigen Zellen der Darmschleimhaut eindringen. Das scheinen sie nun allerdings sehr selten zu thun, aber bisweilen thun sie es in der That. In Schleimhautzellen der Kaninchen habe ich zwar die eingespritzten Hammelsblutkörperchen niemals angetroffen, da- gegen fünf- oder sechsmal in einer Zelle von Fröschen. Obgleich das Versuchsverfahren in jeder Weise dem für die Pigmentkörn- chen ausgeübten glich, — nur dass das geschlagene Hammelsblut nicht erst mit phosphorsaurem Natron vermischt wurde — und ob- gleich ich mindestens 25 Frösche auf diese Weise behandelte, sind mir jene 5 bis 6 Zellen doch nur von 2 Fröschen geliefert worden. Ich fand bis zu drei Blutkörperchen in einer Zelle, in der grösseren Hälfte aber nur je eines. Einmal stack das Blut- scheibchen stabföormig in dem hellen Saum der kegelförmigen Zelle, welche so lag, dass man auf die schmale Kante des Blut- körperchens sah, welches theilweise über den äussern Rand des Saums hervorraste. Wenn man bedenkt, wie oft Marfels und ich im Herzblut ° der Frösche, besonders in dem, welches von der inneren Oberfläche der Herzwand abgestreift wurde, die ein- gespritzten Hammelsblutkörperchen gefunden haben, und damit das seltene Auftreten in den kegelförmigen Schleimhautzellen ver- gleicht, dann wird es schwer daran zu glauben, dass jene erste- ren durch die Thore der letztgenannten Zellen hindurchgegangen seien. Das kann nun freilich — so wenig, wie die fruchtlosen Bemühungen von Donders — jenen bejahenden Befund nicht umstossen. Ich habe auch, ehrlich gestanden, die Hammelsblutkör- perchen zu oft, in zu grosser Anzahl, zu verschiedener Jahres- zeit, unter mannigfaltigen Umständen in dem Froschblut gefun- den, als dass ich es für nöthig oder nur erlaubt halten könnte, 129 diese Versuche zu wiederholen. Ich kann hier zwischen den frucht- losen Versuchen von Donders und meinen bestimmten Ergeb- nissen kein anderes Verhältniss sehen, als zwischen meinem ver- neinenden Befund für das Stärkmehl und den bejahenden Beob- achtungen von Donders und Mensonides. Donders äus- sert, wo er von seinen erfolglosen Bemühungen, fremde Körperchen in Chylusgefässen zu finden, spricht, die Ansicht, dass „Niemand „denselben eine grosse Bedeutung zuschreiben wird, wenn man be- „denkt, wie lange die Untersuchung des Bluts inner- „halb der Blutgefässe fortgesetzt werden musste, „bevor er mit Mensonides auch nur ein einziges posi- „tives Resultat erhielt.“ *) Jene vorhergegangenen frucht- losen Versuche machen Donders mit Recht nicht irre an den später erzielten Erfolgen, und insofern ist es gewiss ge- recht, wenn er es für „vermessen“ hält, die Richtigkeit meines Ausspruchs, dass in den Darm eingespritzte Hammelsblutkörper- chen, ebenso wie nach seinen Beobachtungen Stärkmehl und Kohle, in die Blutbahn des Frosches eindringen können, zu bezweifeln **). Ich will daher statt erneuter Versicherungen eine Beobach- tung anreihen, die ich bisher nicht mitgetheilt habe. Noch in Heidelberg habe ich mit Herrn Theodor Wagener von Berlin, um die Entwickelungsgeschichte der farblosen Blutzellen zu ver- folgen, einer grossen Anzahl von Fröschen entfaserstofftes Ham- melsblut eingespritzt und nachher zu wiederholten Malen in Frosch- blut 3, 4 und mehr Hammelsblutkörperchen in Gerinnseln einge- schlossen gefunden, die auf den ersten Blick täuschend blutkör- perchenhaltigen Zellen ähnlich sahen, wie sie von Ecker, Ger- lach, Schaffner und Kölliker aus der Milz beschrieben wur- den. Mir war diesser Fund insofern wichtig, als ich bei der Un- %) „Aan de negatieve uitkomsten , zoo gering in aantal, zal men toch wel geene groote beteekenis willen toekennen, wanneer men zich herinnert, hoe lang wij het onderzoek van het bloed moesten voortzetten, vöör wij een en- kel positief resultaat verkregen.* Donders, a. a. O. 8. 162. “*) Vgl. 8. 118 dieses Bandes. Moleschott, Untersuchungen. 11 9 130 tersuchung von mehr als hundert Froschmilzen, ebenso wie Re- mak, Berlin, Hlasek, niemals einer Zelle, die Blutkörper- chen enthielt, begegnet war, während diese Beobachtung eines ge- ronnenen, eiweissartigen Körpers, der farbige Blutzellen einschloss, mit einer älteren von Remak *) genau übereinstimmt. Durch Zusatz von Wasser oder verdünnter Essigsäure gelang es durch- aus nicht, eine eigene Zellhülle an jenen Gebilden darzustellen, und dass dieses Misslingen einer Unmöglichkeit gleich kam, zeigte sich, als es uns gelang, durch Druck auf das Deckgläschen jene Gerinnsel zu zerreissen, wo nichts ausfloss, die Bruchstücke viel- mehr sich als feste Körper zu erkennen gaben. Vielleicht er- klärt sich durch das Entstehen solcher Gerinnsel um die fremden Blutkörperchen, dass Bischoff durch die Einspritzung von ge- schlagenem Säugethierblut seine Frösche regelmässig nach einigen Stunden zu Grunde gehen sah**). Auch wir verloren auffallend vielFrösche nach der Einspritzung von Hammelsblut in den Magen. Was die Verwechslung von verblassten Hammelsblutkörper- chen mit anderen Gebilden im Froschblut anbelangt, so habe ich darüber bei einer früheren Gelegenheit die nöthigen Andeutungen gegeben, und erlaube mir, darauf zu verweisen ***). Da es mir aber, wie gesagt, darauf ankommt, wo möglich ein Verfahren zu finden, durch welches es jedesmal oder wenig- stens verhältnissmässig oft gelingt, mit Sicherheit erkennbare fremde Körperchen in die kegelförmigen Darmzellen einzuführen, so konnte ich mich auch nach jenen mit wiederheltem Erfolg gekrönten Beobach- tungen der Mühe, die Versuche noch weiter abzuändern, nicht überheben. Ich habe deshalb auch Karminpulver vorgenom- men, welches theils mit Oel vermischt, theils mit einer fünfpro- centigen Auflösung von gewöhnlichem phosphorsaurem Natron, theils mit einer gesättigten Glaubersalzlösung in den Magen unversehr- *) Remak in Müller’s Archiv, Jahrgang 1852, S. 159, 160. “*) J. Müller, Lehrbuch der Physiologie, Bd. I, 4. Auflage, S. 124. ***) Vgl. Ferdinand Marfels und Jac. Moleschott, Ueber die Lebens- dauer der Blutkörperchen, im ersten Bande dieser Zeitschrift, S. 54. 131 ter Frösche eingespritzt wurde, ohne dass ich nachher die Bewe- gung des Darms durch galvanische Reize anzuregen suchte. Die starke Glaubersalzlösung war jedoch mit Rücksicht darauf ge- wählt, dass sie selbst eine hinlänglich starke Reizung der Schleim- haut bedingen würde, um ergiebige Zusammenziehungen der Darm- muskeln zu veranlassen. In den bisherigen Versuchen hat sich die Mischung des Karmins mit Oel nicht als günstig herausge- stellt, weil sich die Zellen dabei so mit Fett anfüllen, welches nach vielstündiger Behandlung mit Salzlösungen in der Form sehr grosser Tropfen in ihnen enthalten ist, dass es sehr schwer wird, den In- halt der Zellen mit dem Auge aufzulösen. Nach der Vermischung mit Salzlösungen habe ich dagegen dreimal grössere und kleinere Karminkörnchen im Innern der rollenden Zellen mit solcher Be- stimmtheit wahrgenommen, dass ich keinen dringenderen Wunsch hatte, als dass es mir vergönnt gewesen wäre, diese Beispiele Donders zu zeigen. Unter der Einwirkung des mit Aether ver- setzten Alkohols waren die Zellen mehr oder weniger vollständig zu Kugeln aufgequollen, und ich sah nun in verschiedenen Stel- lungen, welche sie beim Rollen annahmen, die Zellhülle schleier- artig über die Karminkörnchen weggehen. Am glücklichsten war ich bisher nach dem Einspritzen von frisch gefälltem Berliner Blau. Die Körnchen desselben sind noch feiner als die feinsten des Karmins, und die grünlich blaue Farbe, welche sie im ganz vereinzelten Zustande besitzen, macht nach geringer Ue- bung das Erkennen sehr sicher. Nicht bloss in einigen wenigen Zellen, sondern bei drei Fröschen in der Mehrzahl derselben wa- ren Theilchen des Berliner Blaus vorhanden, in Einer Zelle mei- stens 2 bis 4, oft genug aber auch mehre. Die Ueberzeugung, dass die grünlich blauen Körnchen im Inneren der Zellen waren, wurde nicht bloss während des Rollens, sondern namentlich auch an sol- chen zu Kugeln aufgequollenen Zellen gewonnen, bei denen die Zellwand theilweise von dem körnigen Inhalt sich abgelöst hatte. Die blauen Körnchen wurden wiederholt ganz deutlich als ein Theil dieses von der Zellwand entfernten Inhalts gesehen. g# 132 Nach allem diesen glaube ich mich zu der wiederholten Ver- sicherung berechtigt, dass feste Körnchen mechanisch in die ke- gelförmigen Darmzellen hineingedrückt werden können, beschäftige mich aber noch fort und fort mit dem Aufsuchen der günstigsten Bedingungen, unter welchen dies geschieht. Bei den letzten Erörterungen dieser Verhältnisse ist, wie mir scheint, zu viel Nachdruck darauf gelegt worden, ob man den ziem- lich breiten hellen Saum, welcher der Grundlage der kegelförmigen Zellen entspricht, als eine Wand bezeichnen müsse oder nicht. Dem äusseren Ansehen nach ist dieser Saum sowohl von den Sei- tenwänden, als vom Zelleninhalt zu unterscheiden, und es scheint nicht unpassend, wieder einmal in das Gedächtniss der Handeln- den, die bekanntlich nie Gewissen haben, zurückzurufen, dass schon Henle’s Beschreibung das, was man ohne Weiteres sehen kann, vollkommen getroffen hat. „Die Zellen des Cylinderepitheliums“ sagt Henle, *) „sind nur selten ganz hell, meistens finden sich „kleine dunkle Pünktchen über die ganze Oberfläche zerstreut, zu- „weilen auch ist auf eine auffallende Weise ein grosser Theil des „oberen breiteren Endes der Zelle hell und die Körnchen fangen erst „dicht über dem Kerne mit einer ziemlich scharfen Grenze an, „so dass es den Anschein hat, als beginne die Zellenhöhle erst „von dieser Grenze an und als sei der obere, helle Theil die ver- „dickte Zellenwand.“ Wenn man den oberen Verschluss der Zellen als Wand be- zeichnen will, so ist nichts dagegen zu sagen, da man ja auch von einer Wasserwand spricht. Es fragt sich dann nur, — da von einem Durchtritt allen verdauten Fetts in eigentlich gelöstem Zustande nun endlich wohl nicht mehr gesprochen werden kann — ob in jener hellen Wand oder sagen wir lieber in dem Saum vorgebildete Kanälchen enthalten sind, oder ob sein Stoff im Gan- *) Henle, Allgemeine Anatomie, S. 239, 133 zen bei geeignetem Druck für kleine feste Theilchen durchdring- lich ist. Ich entscheide mich für die letztere Auffassung nicht bloss weil die Körnchen von Berliner Blau, Karmin, Pigment und so- gar kleine Blutkörperchen in die Zellen eindringen können, son- dern noch aus folgenden Gründen. Erstlich trifft man nicht selten in dem hellen Saum Fetttröpf- chen, die so gross sind, dass man unmöglich annehmen kann, sie hätten Platz in Kanälchen von der Feinheit wie sie den von Funke und Kölliker beobachteten Streifen entsprechen würde. Ja, was noch mehr ist, wenn man Fröschen Oel allein oder in- nig mit Eiweiss gemengt einspritzt, dann findet man, nachdem das geöffnete Darmstück eine Zeit lang in der Salzlösung gele- gen hat, das Fett in grosse Tropfen verwandelt, mit denen die Mehrzahl der Zellen so prall angefüllt sind, dass sie eine maul- beerförmige Oberfläche haben. An den meisten Zellen dieser Art kann man allerdings oben den hellen Saum in schönster Deutlich- keit erkennen. an anderen dagegen setzt er der Verbreitung der Fetttropfen keine Schranke, sondern diese reichen, wie ich es auch für Pigmentkörnchen gesehen habe,*) bis an den obersten Rand des hellen Saunıs. Um ferner die von Funke und Kölliker beschriebene Streifung des hellen Saums als ein Zeichen vorgebildeter Fett- strassen anzusehen, müsste sie doch wohl beständiger sein, als sie es in der That ist. Gleich nach den ersten Mittheilungen der genannten Forscher hat sich Marfels in meiner Heidelberger Werkstatt an die Arbeit gemacht, und hat mir namentlich an Zel- len des Kaninchens, des Kalbs, der Maus, des Huhns, der Kröte, (Bufo viridis) und des Salamanders Bilder gezeigt, welche mit den Beschreibungen und Zeichnungen Funke’s und Kölliker’s sehr gut übereinstimmten. Seitdem habe ich das Gleiche noch besser beinı Kaninchen sehr oft und auch einige Male beim Frosch ———— *) Vgl. oben 8. 125 134 gesehen, allein, selbst beim Kaninchen, unter denselben Umstän- den, an Zellen, die mit phosphorsauren Natron 5 %, behandelt wa- ren, auch sehr häufig vermisst. Drittens kommen von der Streifung bis zur Spaltung, von der Rauhigkeit bis zur Zerreissung, von der sägeförmigen Einkerbung bis zur rosenkranzförmigen Abschnürung, von der vollkommensten lätte und Gleichartigkeit bis zur unregelmässigsten Wellenlinie am hellen Saum alle möglichen Uebergänge vor, so dass mir der Gedanke viel näher liegt, es handle sich hier um ein zufälliges Erzeugniss nach dem Tode, als um einen regelmässigen Bau, der den Fetttröpfehen bestimmte Wege vorzeichne. Kölliker hat seine Streifen beim Frosche weniger deutlich, ich viel weniger häufig, Donders gar nicht gefunden. Und dennoch, strotzender als sich die Zellen mit Fett füllen bei Fröschen, denen man Oel, allen oder mit Eiweiss gemischt, in den Magen gespritzt hat, kann sie der ausgemachteste Fleischfresser nicht darbieten. Mit Marfels habe ich wiederholt Fettstrahlen gesehen, welche vom obersten Rande des hellen Saums durch diesen hin- durch tief in das Innere der Zelle hineinragten, und auch diese Fettstreifen waren so breit, dass sie unmöglich mit den Funke- Kölliker’schen Streifen in Einklang gebracht werden könn- ten, wenn diese als Kanälehen zu deuten wären. Gegen die Auffassung des hellen Saums als eine feste Wand, die sich nur durch grössere Dicke von den Seitenwänden unter- scheiden sollte, spricht weiter ganz besonders das Verhalten in Salzlösungen. In der fünfprocentigen Lösung des phosphorsauren Natrons, und in der gesättigten Kochsalzlösung begegnet man nach 12- bis 24 stündigem Einweichen sehr häufig Bildern, m welchen der helle Saum, der an frischen Zellen gleichmässig in den Kör- per derselben übergeht, hut- oder kappenförmig über die Seiten- wände übergreift, so dass es allen Anschein hat, als sei eine weiche Masse über die Seitenwände hervorgequollen. Neben die- sen Bildern findet man andere — und zwar auch in beiden Salz- lösungen — die sich dadurch auszeichnen, dass die Zelle, da wo ee 135 der Saum von ihr abgeht, sich plötzlich verjüngt, gleichsam ein- geschnürt ist, so dass der Saum wurstförmig über die Zelle hervorragt. In der gesättigten Kochsalzlösung sieht man viele Zellen, an deren Kopf eine unregelmässig zerklüftete, ausge- tretene Masse die einzige Spur jenes Saums darstellt. Da- neben endlich Zellen, die oben becherförmig geöffnet sind, deren Sei- tenwände deutlich nach oben über den Inhalt hinausragen, so dass hier geradezu ein Theil des Inhalts ausgetreten sein muss. Es drängt sich so natürlich auf, dass alle diese Bilder sich vortreft- lich erklären, wenn man den hellen Saum mit Brücke als einen Schleimpfropf ansieht, dass eine weitere Ausführung überflüssig wäre. Nimmt man hinzu, dass, wie Donders*) nachdrücklich her- vorhebt, gerade von dem hellen Saum der Zellen durch Einwirkung von Wasser so leicht Schleimkugeln sich ablösen, dass hier förm- liche Schleimeylinder hervortreten, die sich als Kugeln abschnüren; dass sich beim Aufquellen der Zellen in verdünnten Salzlösungen eine verdickte Stelle, die sich von der übrigen Wand unterscheidet, nicht lange erhält; dass es immer erst die Seitenwände sind, die sich in starker Wölbung vom Inhalt entfernen; dass bei der Verwand- lung in Kugeln die Zellen nach und nach gewöhnlich kleiner werden, so dass nothwendiger Weise Inhalt austreten muss, wodurch die an einander stossenden Seitenwände ausreichen könnten, um den Zelleninhalt zu umschliessen; — so treten lauter neue Züge hinzu, wel- che in beredter Weise für die von Brücke und mir vertheidigte Anschauung sprechen. Wenn die Seitenwände sehr dehnbar sind, und zugleich ihre Verbindung mit dem aufquellenden Schleime fester ist als der Zusammenhang der Schleimtheilchen unter sich, dann wird offenbar beim Aufquellen in verdünnten Salzlösungen zunächst ein vergrössertes Bläschen entstehen, darauf aber immer mehr Schleim von den Zellen abtreten, was an beiden En- den der Zellen geschehen kann, und ich sche demnach nicht, wie man mit Donders genöthigt ist, zwischen der Umwandlung der ”) Vgl. oben -8. 116, 136 Zellen in kugelige Bläschen und der Brücke’schen Anschauung einen unlösbaren Widerspruch zu finden. Im Gegentheil, um zu erweisen, dass meine Deutung keine leere Vermuthung ist, berufe ich mich darauf, dass nach Zusatz der öfters genannten Mischung von Alkohol und Aether, durch welche das Entstehen der kuge- ligen Bläschenform sehr befördert wird, die Zellen nach und nach immer kleiner werden, während das Sehfeld mit grösseren und kleineren Schleimkugeln sich erfüllt. Ich kann mich, gestützt auf alle diese Beobachtungen, mit deren Erweiterung ich eifrig beschäftigt bin, durch den Vorwurf der „Kühnheit“, den Donders Brücke gemacht hat, nicht ab- halten lassen, die Vorstellung des letztgenannten Forschers für die allein mögliche zu erklären, und Hyrtl’s Ausfälle über die „Hal- „lueinationen der höhern Anatomie“ beweisen mir nichts Anderes, als dass die Sprache eines würdigen Ausdrucks entbehrt, um sol- ches Gebahren gerecht zu bezeichnen. Zürich, 16. November 1856. eat £ Tafel I. = 7 Want TTCIEE Zeber IOTREEF RR Magen BERURT i Zwerchjeit.\ Herz. Dünndarm) Reutte Tagen Wundsmerrhet Nebennteren. \ IMRTE- Zunge | Gehirn. Ziiekenz Wperserohre. | Nieren. 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Die Folge wird aber lehren, dass noch grosse Schwierigkeiten zu beseitigen und sehr versteckte Verhältnisse aufzudecken waren, ehe jener Satz mit Sicherheit ausgesprochen werden konnte. Der enthäutete, sonst nicht weiter verletzte Gesammtfrosch, seine enthäuteten Beme oder Unterschenkel wirken beim Ein- tauchen in die mit Kochsalzlösung gefüllten Zuleitungsgefässe des Multiplicators bekanntlich elektromotorisch in anfsteigender Rich- tung. Man sollte also meinen, dass dieselben Theile, nicht enthäu- tet, gleichfalls aufsteigend wirksam sein müssten, nur mit etwas geringerer Stärke, als wenn sie enthäutet sind, weil nämlich die Haut, in Bezug auf den Multiplicatorkreis, eine Nebenleitung für den Muskelstrom abgiebt. Diese Vermuthung findet sich, bis zu einem gewissen Grade, in der That bestätigt. Doch bedarf es, um dies nachzuweisen, schon eines besonderen Kunstgriffes. #) Mitgetheilt vom Hrn. Verfasser aus den Monatsberichten der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 30. Juni 1851. 8. 380, Moleschott, Untersuchungen, 11. 10 138 Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Froschhaut selbst in ganz eigenthümlicher Weise elektromotorisch wirkt. Breitet man ein Stück Froschhaut auf einer Glastafel aus, und berührt verschiedene Stellen ihrer äusseren Oberfläche mit Salzbäuschen als feuchten Multiplicatorenden, so bemerkt man Fol- gendes. Geschah die Berührung gleichzeitig, so bleibt die Nadel in Ruhe, oder wenigstens es erfolgt nur ein schwacher Strom in unbestimmter Richtung. Geschah aber die Berührung ungleichzei- tig, so erfolgt ein Strom, der, bis zu einer gewissen Grenze, um so stärker ausfällt, je länger die Zeit war, die man hat zwischen beiden Berührungen verfliessen lassen. Die Richtung dieses Stromes ist stets so, dass er in der Haut von der jüngeren zur älteren Be- rührungsstelle geht. Lässt man beide Bäusche auf der Haut liegen und untersucht nach einiger Zeit den Zustand des Multiplicatorkreises von Neuem, so findet man keine Spur von Strom mehr vor; die beiden Haut- stellen sind völlig gleichartig geworden. Dies ist nicht die Folge ihrer Schliessung zum Kreise, denn die Hautstellen werden auch gleichartig, ohne dass die Bäusche anders als durch die Haut mit einander in leitender Verbindung stehen, und wenn man zwei Hautstellen, vor ihrer Berührung mit den Salzbäuschen als feuch- ten Multiplicatorenden, mit gesättigter Kochsalzlösung bepinselt hat, fehlen die Ströme ganz und gar. Die Entstehung der Ströme beim ungleichzeitigen Berühren mit den Salzbäuschen erklärt sich daraus leicht. Beide Berührungsstellen sind der Sitz einer elektri- schen Triebkraft in der Richtung aus dem Bausch in die Haut. Aber unter dem verderblichen Einfluss der Berührung der Haut- stelle mit der gesättigten Kochsalzlösung des Bausches ist die Triebkraft an dieser Stelle in raschem Sinken begriffen: daher der Strom in der Haut von der jüngeren zur älteren Berührungsstelle. Ersetzt man die Salzbäusche durch Wasserbäusche, so feh- len die Ströme wegen ungleichzeitiger Berührung. Dafür treten andere Ströme hervor, welche an einem und demselben Thier nach Stärke und Richtung beständig, von einem Thier zum anderen 139 aber, mit Ausnahme einiger Hauptpunkte, veränderlich sind. Zwi- schen Nacken und Rücken z. B. ist der Strom stets aufsteigend, zwischen Nacken und Unterschenkel stets absteigend. Die grüne und weisse Hautgegend zeigen keinen bestimmten Gegensatz. Die innere Hautfläche giebt die Ströme wegen ungleichzeiti- ger Berührung mit den Salzbäuschen nicht. Berührt man aber mit dem einen Salz- oder Wasserbausch die äussere, mit dem an- deren die innere Hautfläche, so erfolgt ein Strom in der Haut von der äussern zur inneren Berührungsstelle. Der Strom ist beständig mit den Wasserbäuschen, mit den Salzbäuschen wird er bald un- merklich. Von zwei Stellen der äussern Hautfläche giebt, bei Ver- bindung jeder derselben durch Wasserbäusche mit der inneren Hautfläche, diejenige den stärkeren Strom, zu der der Strom, bei Verbindung mit der anderen durch Wasserbäusche, aus dem Bausch einkehrte. Daraus folgt, dass die Ströme, die man durch die Wasser- bäusche erhält, einerlei Ursprungs sind mit denen wegen ungleich- zeitiger Berührung mit den Salzbäuschen. Die ersteren Ströme sind bedingt durch einen vorgebildeten Unterschied der Triebkräfte von aussen nach innen an den beiden Berührungsstellen, während bei den Strömen wegen ungleichzeitiger Berührung mit den Salz- bäuschen dieser Unterschied stets schon untergegangen ist in den weit grösseren, der durch theilweise Vernichtung der einen Trieb- kraft durch das frühere Anlegen des Bausches entsteht. Bei gleichzeitiger Berührung mit den Salzbäuschen müsste sich gleich- falls der vorgebildete Unterschied der Triebkräfte zu erkennen ge- ben. Allein die Triebkräfte sinken alsdann beide so schnell unter dem Einfluss der Berührung der Haut mit den Salzbäuschen, dass die Wirkung unmerklich ausfällt. Die Ströme wegen ungleichzeitiger Berührung erscheinen in derselben Richtung, wenn man die Kochsalzlösung durch beliebige Salzlösungen, Säuren oder alkalische Flüssigkeiten ersetzt. Dies scheint zu zeigen, dass die Ursache der Ströme nicht zu suchen ist in der Berührung der Zuleitungsflüssigkeiten mit der Haut, son- 10* 140 dern dass die elektrische Triebkraft in der Haut selbst ihren Sitz hat. Auch übertrifft diese Triebkraft an Grösse bei weitem dieje- nige der stärksten Ketten aus mehreren Flüssigkeiten, z. B. Sal- petersäure. und Kalihydratlösung. Der Sitz der Triebkraft muss in der äusseren Hautlamelle Caermak’s*) sein, welche das Epi- thelium, die Pigmentschicht und die Schicht der flaschenförmigen Drüsenbälge umfasst. Denn wenn man diese Lamelle entfernt, so dass nur noch das Derma (Czermak) zurückbleibt, sind die Ströme ‚verschwunden. Auswalzen der Haut unter heftigem Druck, Kochen derselben, Fäulniss und Trockniss machen ihnen in gleicher Weise ein Ende. Es wäre möglich, dass die elektrische Triebkraft der Frosch- haut einen Bezug hätte auf die saure Absonderung in den Haut- drüsen der nackten Amphibien. Denn ich habe die in Rede ste- henden Ströme bei allen geschwänzten und ungeschwänzten Ba- trachiern gefunden, hingegen sie vollständig vermisst bei allen Fischen, die ich der Prüfung unterwarf. Neuerdings habe ich ähn- liche Ströme an der Hohlhand und Fusssohle des Menschen ent- deckt. Doch ist es mir nicht gelungen, tiefer. in die Theorie die- ser räthselhaften Wirkungen einzudringen. Wie dem auch sei, wir kennen dieselben jetzt genau genug, um die Störungen zu be- wältigen, die daraus für die Untersuchung des Muskelstroms an den nicht enthäuteten Gliedmassen des Frosches hervorgehen. Die Stärke der Ströme nämlich, die man von der Haut bei ungleichzeitiger Berührung mit den Salzbäuschen, oder bei Berüh- rung mit den Wasserbäuschen erhält, giebt der des Muskelstromes unter den günstigsten Bedingungen seiner Ableitung oft nur wenig nach. Es ist folglich unmöglich, brauchbare Beobachtungen über die Gegenwart des Muskelstromes an den nicht enthäuteten Glied- massen anzustellen, wenn nicht jene Hautungleichartigkeiten zuvor aus dem Spiele gebracht sind. Hiezu ist aber, wie man sieht, *) Müller’s Archiv u. s. w. 1849, S. 252. * 141 bereits im_Obigen ein leichtes Mittel gegeben. Um die Haut des Frosches in einen unwirksamen feuchten Leiter zu verwandeln, der scheinbar nur noch als Nebenschliessung die elektromotorische Wirkung der darunter gelegenen Muskeln beeinträchtigen kann, ist nichts weiter nöthig, als die Stellen der Oberfläche des Froschkör- pers, von denen der Muskelstrom abgeleitet werden soll, zuvor mit Kochsalzlösung zu bepinseln. Verfährt man auf diese Weise, so findet man an dem nicht enthäuteten, lebenden, ganz unverschrten Frosch sowohl, als an sei- nen nicht enthäuteten einzelnen Gliedmassen, stets einen schwachen aufsteigenden Strom vor, der nichts anderes sein kann, als der gesuchte Muskelstrom. Dieser Strom giebt aber in den günstigsten Fällen an meinem Multiplicator für den Muskelstrom höchstens 35° Ausschlag, während der Muskelstrom des enthäuteten Gesammt- frosches oder seiner Gliedmassen die Nadel mit Heftigkeit an die Hemmung zu werfen pflegt. Es bestätigt sich also, wie bereits gesagt wurde, einiger- massen die Voraussicht, dass der Muskelstrom sich an den nicht enthäuteten Gliedmassen, wie an den enthäuteten, kund geben werde. Unerklärlich aber muss die grosse Schwäche des Stromes erscheinen. Eine geringere Stärke im Vergleich zum Strome der enthäuteten Gliedmassen haben wir freilich erwartet wegen der durch die Haut dargebotenen Nebenschliessung. Doch ist nicht daran zu denken, dass die Haut, die nicht besser leitet, als m Ei- weiss aufgeweichte thierische Blase, im Stande sein sollte, eine solche Schwächung zu bewirken, wie sie sich uns in Wirklichkeit gezeigt hat. Auch ist leicht nachzuweissen, dass die Haut noch in anderer Art das Hervortreten des Muskelstromes hindert, als durch Nebenleitung. Denn zieht man dem Frosch die Haut ab, prüft ihn auf seinen Strom, und zieht ihm die Haut wieder über, so füllt zwar der Strom etwas schwächer aus, als an dem enthäu- teten Frosche, bleibt aber doch unvergleichlich stärker, als er vor 142 dem Abziehen der Haut war, wie ich dies schon vor acht Jahren in meiner ersten Arbeit bekannt gemacht habe *). Ich glaube nicht, dass es, beim ersten Anblick dieses Er- gebnisses, möglich ist, sich der Folgerung zu enthalten, die ich selber zuerst daraus gezogen habe, und, wie ich nicht verhehlen will, lange Zeit dadurch in die Irre geführt worden bin. Ich dachte mir nämlich, dass es der Zutritt der Luft sei, der den Mus- kelstrom auf irgend eine, freilich zunächst ganz unerklärliche Weise, hervorrufe. Zahlreiche Versuche belehrten mich aber, dass dem nicht so sei. Es gelang mir zuletzt auszumachen, dass der Mus- kelstrom sich nicht sogleich nach dem Abziehen der Haut ent- wickele, sondern erst durch und in Folge des Auflegens auf die Zuleitungsgefässe des Multiplicators. Es zeigte sich ferner, dass der Strom, so lange nicht dies Auflegen geschehe, sehr nahe auf der Stufe verharre, auf der er sich vor dem Enthäuten befand, gleichviel ob das Präparat stundenlang in Luft oder Sauerstoff, oder ob es in nicht athembaren Gasarten, oder der Guericke- schen Leere verweile. Es zeigte sich endlich, dass auch nicht ein- mal das Schliessen des Präparates zum Kreise durch den Multi- plicator den Grund der Entwickelung enthalte, da die Entwicke- lung nach dem Enthäuten ebensogut vor sich ging, wenn das Auflegen auf die nicht zum Kreise geschlossenen Zuleitungsgefässe geschah. Genug, ich wurde zu der überraschenden Einsicht ge- führt, dass die Entwickelung des Muskelstromes durch das Aufle- gen auf die Zuleitungsgefässe auf nichts anderem beruhe, als auf dem gewöhnlich damit verbundenen Benetzen der natürlichen Oberfläche der Muskeln mit Kochsalzlösung. Vermeidet man diese Benetzung, indem man die Gliedmassen nur mit ihren äussersten Enden in die Zuleitungsgefässe taucht und darauf achtet, dass sich die Lösung nachmals beim Hinlegen des Präparates auf den Arbeitstisch nicht durch Haarröhrchenanziehung an der Muskel- oberfläche ausbreite, so entwickelt sich der Muskelstrom nicht. *) Poggendorff’s Annalen u. s. w. Bd. LVIII. Januar 1843. S. 15. 143 Auf diese Art ist nun freilich sehr befriedigend erklärt, wes- halb die nicht enthäuteten Gliedmassen, im Vergleich zu den ent- häuteten, so schwach elektromotorisch wirken, und in welcher an- deren Art, als durch Nebenschliessung, die Haut das Hervortreten des Muskelstromes verhindere. Die Haut verhindert einfach die Benetzung der Muskeloberfliche mit der Kochsalzlösung, welche, wie wir jetzt gefunden haben, nothwendig ist, damit die Gliedmas- sen ihre elektromotorische Wirksamkeit entfalten. Die Richtigkeit dieser Erklärung wird noch dadurch bestätigt, dass, wenn man nicht enthäutete Gliedmassen hinreichend lange Zeit in Kochsalz- lösung liegen lässt, sie bei Gegenwart der Haut, und trotz der er- höhten Leitungsgüte der letzteren, in aufsteigender Richtung stark elektromotorisch wirksam werden. Die Kochsalzlösung hat alsdann die Haut durchdrungen, und ihre stromentwickelnde Wirkung auf die Muskeloberfläche ausgeübt. _ Indessen will der Vortheil, der durch die Lösung dieses Räthsels gewonnen ist, wenig sagen im Vergleich zu dem neuen Knoten, der sich jetzt hier geschürzt hat. Der Muskelstrom soll also an dem nicht enthäuteten Thiere, ja an dem enthäuteten, so lange es nicht in Kochsalzlösung gebadet worden ist, nur in ge- ringem Masse vorhanden sein? Allein man braucht ja nur mit dem Messer einen künstlichen Querschnitt anzulegen, und man fin- det ihn unter allen Umständen sogleich in grösster Stärke vor. Oder soll auch dies nur die Wirkung der Zurichtung sein? Aber wie soll das Querdurchschneiden der Muskeln, wie vollends das Bespülen der Muskeloberfläche mit Kochsalzlösung eine Steigerung des Gegensatzes zwischen Längs- und Querschnitt durch die ganze Masse der Muskeln bedingen? Nimmt man auf der anderen Seite an, dass der Gegensatz zwischen Längs- und Querschnitt in seiner ganzen Grösse bereits im lebenden unversehrten Thiere vorgebildet ist, so stösst man auf die nicht minder dunklen Fragen, was denn den Strom vor der Benetzung der Muskeloberfläche mit Kochsalz- lösung in seiner vollen Stärke hervorzutreten verhindere, und wie . 144 die Kochsalzlösung es anfange, um dies unbekannte Hinderniss aus dem Wege zu räumen. i Nichtsdestoweniger ist, wie Eingangs gesagt wurde, die letz- tere Vorstellungsweise die richtige, und ich schreite jetzt dazu, die Antwort auf diese beiden Fragen zu geben. Zu diesem Behufe wollen wir die vorliegende Aufgabe zunächst in eine einfachere und hestimmtere Form bringen. Der aufsteigende Strom der un- verletzten Gliedmassen des Frosches ist nichts anderes, als ein Zweig der Resultante der Ströme, welche zwischen dem natürlichen Längsschnitt und den beiden natürlichen Querschnitten sämmtlicher Muskeln der Gliedmassen kreisen. Das zu erklärende Verhalten ist also eigentlich folgendes. Der Strom zwischen natürlichem Längsschnitt und natürlichem Querschnitt ist schwächer, als der Strom zwischen natürlichem Längsschnitt und künstlichem Quer- schnitt, und erhebt sich rasch fast bis zu der Stärke des letzteren, wenn die Muskeloberfläche mit Kochsalzlösung benetzt wird. In der That, man nehme einen Gastrocnemius oder Trieeps Cuv. vom Frosch, schäle die Ausbreitung der Achillessehne oder der grossen Strecksehne des Unterschenkels ab, welche den natür- lichen Querschnitt des Muskels bekleidet, so dass der natürliche Querschnitt in den künstlichen verwandelt ist, und bringe den Muskel dergestalt zwischen die Zuleitungsbäusche des Multiplica- tors, dass er sie an seinen beiden Enden nur mit der Sehne be- rühre. Man erhält einen starken Strom in aufsteigender Richtung, der von dem elektromotorischen Gegensatze des natürlichen Längs- schnittes und des künstlichen Querschnittes herrührt. Wiederholt man denselben Versuch ohne die Ausbreitung der Sehnen abzu- schälen, so erhält man unter den gewöhnlichen Umständen (s. un- ten) einen Strom zwar auch in aufsteigender Richtung, aber meist ausserordentlich viel schwächer als bei Herstellung des künstlichen Querschnittes. Bei dieser Anordnung ist die Muskeloberfläche vor der Benetzung mit der Kochsalzlösung geschützt. Taucht man aber den Muskel auch nur einmal in Kochsalzlösung, so erscheint der Strom, trotz der Nebenschliessung durch die Kochsalzlösungs- 145 schicht an seiner Oberfläche, plötzlich ausserordentlich verstärkt, so dass er dem vom künstlichen Querschnitt abgeleiteten Strome nur noch wenig nachsteht. Dasselbe ist auch der Fall, wenn man den Gastrocnemius‘ oder Triceps, statt, wie im vorigen Versuch beiderseits mit sehnigen Enden, an seinem unteren Ende mit der sehnigen Ausbreitung, d. h. mit natürlichem Querschnitt, auf die mit Kochsalzlösung getränkten Zuleitungsbäusche auflegt. Daraus folgt, dass die Kochsalzlösung, um auf den Strom des unverletzten Muskels die verstärkende Wirkung auszuüben, von seiner Oberfläche nichts zu berühren braucht, als den natürlichen Querschnitt. Es genügt, um jene Wirkung hervorzurufen, einfach die Ausbreitung der Achillessehne am Gastrocnemius, der grossen Strecksehne des Unterschenkels am Triceps, mit der Lösung zu benetzen. Wird allein der natürliche Längsschnitt mit der Lösung benetzt, so bleibt die Stromentwickelung aus. Die Stromentwickelung findet nicht minder statt, wenn auch in geringerem Grade, wenn die Muskeln mit natürlichem Längs- und Querschnitt statt auf die nackten, auf die mit Eiweisshäutchen bekleideten Zuleitungsbäusche aufgelegt werden. Also das Hühner- eiweiss, womit die Eiweisshäutchen getränkt sind, wirkt gleichfalls stromentwickelnd, nur schwächer als die Kochsalzlösung. Da aber jene Anordnung diejenige ist, deren man sich in den Versuchen über den Muskelstrom bei natürlichem Querschnitt für gewöhnlich bedient, so erklärt sich daraus, wie die ursprüngliche Schwäche des Stromes und seine Entwickelung unter diesen Umständen so lange habe übersehen werden können. So wurde dasselbe Verhal- ten an den ganzen Gliedmassen des Frosches deshalb gleichfalls lange übersehen, weil die bei der Prüfung des Stromes gebräuch- liche Anordnung auch immer sogleich seine Entwickelung nach sich zog. Jetzt liegt wohl die Vermuthung sehr nahe, dass auch noch andere Flüssigkeiten, als die Kochsalzlösung und das Hühner- eiweiss, sich als zur Entwickelung des Stromes tauglich erweisen werden. Die Rolle, die insbesondere die Kochsalzlösung bisher 146 in dieser Untersuchung gespielt hat, wird sie wohl nur dem Um- stand zu verdanken haben, dass man sich ihrer, bei den thie- risch -elektrischen Versuchen, als Zuleitungsflüssigkeit zu bedienen pflegt. Jene Vermuthung nun hat sich in dem Masse bestätigt, dass ich vielmehr nur zwei Flüssigkeiten gefunden habe, welche gar keine entwickelnde Wirkung auf den Strom ausüben, wenn der natürliche Querschnitt der Muskeln damit benetzt wird. Diese Flüssigkeiten sind das Blut und die Lymphe, welche während des Lebens fortwährend die in die Lymphräume gekehrten natürlichen Oberflächen der Muskeln bespühlt. Alle übrigen Flüssigkeiten, die ich untersucht habe, gleichviel ob leitender oder nicht leiten- der Natur, und gleichviel von welcher chemischen Beschaffenheit, wirken der Kochsalzlösung ähnlich entwickelnd auf den Strom, wenn der natürliche Querschnitt damit benetzt wird: Säuren, Salz- lösungen, Alkalien; Alkohol, Holzgeist, Essiggeist, Schwefeläther, Essigäther, Kreosot, Terpenthinöl; ja sogar fette Oele, Wasser, Zuckerlösung u. a. m. Die Flüssigkeiten wirken augenscheinlich um so stärker und schneller entwickelnd, je differenter sie im Ver- hältniss zu den thierischen Geweben sind, und je schneller sie die- selben durchdringen. Ich eile, den ausdrücklichen Beweis zu führen, dass hier an keine elektromotorische Wirkung seitens der entwickelnden Flüs- sigkeiten zu denken ist. Erstens wirken auch nicht leitende Flüs- sigkeiten entwickelnd, die nicht als Glieder einer Kette aus meh- reren Flüssigkeiten aufzutreten vermögen. Zweitens werden die Flüssigkeiten, welche elektromotorisch zu wirken vermögen, gar nicht so in die Kette gebracht, dass sie dies wirklich zu thun im Stande wären. Denn es wird allein die Ausbreitung der Achilles- sehne damit benetzt, von wo aus sie ebensowenig elektromotorisch wirken können, als ein Tropfen Schwefelsäure, den man auf einen metallischen Leiter bringt, welcher den Multiplicator zum Kreise schliesst. Demgemäss zeigt es sich denn auch, dass, wenn man dieselben Versuche mit faulenden Muskeln wiederholt, die selbst 147 mit künstlichem Querschnitt nicht mehr elektromotorisch wirken, keine Spur einer Nadelbewegung entsteht. Endlich ist noch zu erwägen, dass, wenn es sich hier um eine elektromotorische Wir- kung durch die Flüssigkeiten, statt um Entwickelung des Muskel- stromes handelte, die Richtung des hervortretenden Stromes nicht könnte unabhängig sem von der chemischen Beschaffenheit der Flüssigkeiten. Sie würde bei Säuren die entgegengesetzte sein von der bei Alkalien; in Wirklichkeit aber ist sie in beiden Fällen dieselbe, nämlich aufsteigend, wie es dem Muskelstrom bei dieser Anordnung geziemt. Den obigen Flüssigkeiten lässt sich nur Eine gemeinsame Eigenschaft zuschreiben, die hier in Betracht kommen kann. Es ist die, je nach ihrer Natur, mit grösserer oder geringerer Stärke und Schnelligkeit die Muskelsubstanz chemisch oder durch Diffu- sion anzugreifen und sie dadurch elektromotorisch unwirksam zu machen. Da nun der Grad ihrer Wirksamkeit in dieser Beziehung zugleich den Grad ihrer Befähigung zum Entwickeln des Muskel- stromes bestimmt, so bleibt nichts übrig, als sich zu denken, dass die stromentwickelnde Wirkung ebendarauf beruht, dass durch die Flüssigkeiten eine dünne Schicht Muskelsubstanz am natürlichen Querschnitt ihrer elektromotorischen Wirksamkeit beraubt wird. Ist dies die richtige Ansicht von der Sache, so muss es auch gelingen, den Muskelstrom dadurch zu entwickeln, dass man eine dünne Schicht Muskelsubstanz am natürlichen Querschnitt ihrer elektromotorischen Kräfte auf andere Art beraubt, als durch An- ätzen mittelst chemisch wirksamer Flüssigkeiten. Wirklich ist dies der Fall. Taucht man den Muskel einen Augenblick lang in Wasser über 75—80° C., benetzt man seinen natürlichen Quer- schnitt mit Oel von 270° C., oder berührt ihn mit einer heissen Porcellanscherbe, so wird der Strom entwickelt. Die Bedeutung dieser Erscheinungen kann nun nicht weiter verborgen bleiben. Das Anätzen des natürlichen Querschnittes, das oberflächliche Verbrennen desselben haben offenbar nichts weiter zu sagen, als dass dabei ein künstlicher Querschnitt beziehlich auf 148 chemischem und kaustischem Wege hergestellt wird. Es ist gleich- gültig, ob man mit der Scheere den sehnigen Ueberzug und die Enden der Primitivmuskelbündel abschneidet und so mechanisch ihre elektromotorische Wirksamkeit zerstört, oder ob man diese Enden chemisch oder durch Hitze abtödte. Wenn aber das Zer- stören einer dünnen Schicht Muskelsubstanz am natürlichen Quer- schnitt dem Muskelstrom plötzlich gestattet, in seiner vollen Stärke hervorzutreten, so kann dies auf nichts anderem beruhen, als darauf, dass am natürlichen Querschnitt eine Schicht Muskelsubstanz vor- handen ist, welche eine der des übrigen Muskels entgegengesetzte elektromotorische Wirkung ausübt, so dass sie jene Wirkung zum Theil compensirt. Es wird nicht unnütz sein, darauf aufmerksam zu machen, dass zwei andere Hypothesen, zu denen man sich hier leicht ver- leitet findet, unhaltbar sind. Die eine ist die, dass vielleicht der sehnige Ueberzug durch Widerstand den Muskelstrom bis zu dem Grade schwäche, auf dem er vor Herstellung des künstlichen Quer- schnittes gefunden wird. Man könne ja nicht wissen, ob nicht die Sehne sehr viel schlechter leite als die Muskelsubstanz. Diese Hypothese ist aus dem Grunde falsch, weil der sehnige Ueberzug gar nicht als Widerstand, sondern als Nebenschliessung in den Kreis eingeht. Dies erkennt man daran, dass, wenn der Strom bereits in einer gewissen Stärke vorhanden ist, und man benetzt den sehnigen Ueberzug mit einer leitenden Flüssigkeit, welche zwar stark entwickelt, aber den Ueberzug nur langsam zu durchdringen vermag, wie dies der Fall ist bei den gesättigten Salzlösungen, so geht dem Ausschlag, in aufsteigender Richtung wegen Stroment- wiekelung ein kleinerer Ausschlag in absteigender Richtung wegen Nebenschliessung vorauf. Zudem kann die Stromentwickelung schon deshalb nicht von dem verminderten Widerstande des schnigen Ueberzuges herrühren, weil auch solche Flüssigkeiten stroment- wickelnd wirken, welche jenen Widerstand nicht vermindern, ja sogar solche, welche ihn nur erhöhen können. 149 Die andere Hypothese besteht darin, anzunehmen, dass die Berührung der Zuleitungsflüssigkeit des Multiplicatorkreises, gleich- viel ob Kochsalzlösung oder Hühnereiweiss, mit dem Sehnengewebe, und die des Sehnengewebes mit dem Muskelgewebe, am natür- lichen Querschnitt in der dem Muskelstrom entgegengesetzten Rich- tung elektromotorisch wirke. Diese Hypothese fällt deshalb, weil der Muskel ja beiderseits mit sehnigen Enden aufgelegt ist, so dass die möglicherweise elektromotorische Combination: Bausch, Sehne, Muskel, sich auf der anderen Seite in umgekehrter Reihefolge wiederholt; ferner deshalb, weil diese Combination in einem Theile des natürlichen Querschnittes, vermöge der anatomischen Verhält- nisse, nothwendig stets auch dann noch bestehen bleibt, wenn der sehnige Ueberzug in grösstmöglicher Ausdehnung zerstört wurde» so dass durch diese Zerstörung die hypothetische Gegenkraft nicht könnte vernichtet werden. Wir kommen demgemäss zurück auf die Voraussetzung, dass am natürlichen Querschnitt, unter dem sehnigen Ueberzuge, eine dünne Schicht von Muskelsubstanz vorhanden ist, welche die elektro- motorische Wirkung der übrigen Muskelmasse durch ihre eigene Wirkung zum Theil compensirt. Es handelt sich darum, die Art und Weise, wie dies von Statten gehen könne, etwas näher zu er- läutern. Dies wird uns erleichtert werden durch eine Beobachtung, welche auf den ersten Blick ganz im Gegentheil nur geeignet scheint, die Aufgabe noch mehr zu verwickeln. Während nämlich der Strom zwischen natürlichem Längs- und künstlichem Querschnitt seiner Stärke nach verhältnissmässig nur sehr geringe Schwankungen zeigt, seiner Richtung nach aber an den Muskeln im vollen Besitz ihrer Lebenseigenschaften sich als durchaus beständig erweist, ist der Strom zwischen natürlichem Längs- und Querschnitt nicht nur in ersterer Beziehung einem ausserordentlichen Wechsel unterworfen, sondern kehrt auch unter gewissen Verhältnissen seine Richtung um. Prüft man, zwischen sehnigen Enden, die Gastroenemien zahlreicher Frösche auf ihre elektromotorische Wirksamkeit, so 150 findet man bald Gastroenemien, die, ohne erst am natürlichen Querschnitt angeätzt worden zu sein, die Nadel fast an die Hem- mung führen, bald solche, die nur geringe Ausschläge geben. Ja in einem und demselben Frosche kommen diese Gegensätze zur selben Zeit vereinigt vor, wodurch verständlich wird, weshalb die elektromotorische Wirkung des Gesammtfrosches, vor der künst- lichen Entwickelung des Stromes seiner Muskeln durch die Kochsalz- lösung der Zuleitungsgefässe, eine gewisse mittlere Grösse zwischen jenen Gegensätzen nicht übersteigt. Worauf diese Schwankungen in der Wirksamkeit der einzelnen Muskeln mit natürlichem Quer- schnitt beruhen, weiss ich nicht zu sagen. Es giebt aber ein Mittel, ihnen ein Ende zu bereiten, und allen Muskeln dieselbe Stufe der Wirksamkeit mit natürlichem Querschnitt zu verleihen, nämlich sie mit natürlichem Querschnitt völlig unwirksam, oder diesen Quer- schnitt neutral, statt wie gewöhnlich, negativ gegen den Längs- schnitt zu machen. Dies Mittel besteht in der dauernden Erkältung der lebenden Frösche. Hr. Poggendorff erinnert sich vielleicht der Verlegenheit, in der ich mich im October 1843 befand, als ich ihm den soge- nannten Froschstrom zeigen wollte, und die Nadel, anstatt meiner Vorhersage gemäss an die Hemmung zu fliegen, beim Auflegen mehrerer Frösche nacheinander unbewegt auf dem Nullpunkt ver- harrte. Dies war, wie ich selber damals zum ersten Mal erfuhr, die Schuld der Kälte, der die Thiere während des Lebens ausge- setzt gewesen waren, im Verein mit dem zufälligen Umstande, dass beim Auflegen der Galvani’schen Präparate die Muskeloberfläche mehr, als es sonst der Fall ist, von der Benetzung mit Kochsalz- lösung verschont blieb. Seitdem bin ich völlig Herr geworden über diese Erscheinung. Um die Gastrocnemien der Frösche mit natürlichem Querschnitt an meinem Multiplicator für den Muskel- strom ganz oder nahezu stromlos zu machen, genügt ein Aufenthalt des lebenden Thieres von 24 Stunden in der Temperatur des E schmelzenden Eises. 151 Aber nicht allein stromlos kann man die unversehrten Muskeln durch den Aufenthalt der Frösche in der Kälte machen. Setzt man sie höheren Kältegraden aus, so werden die Gastrocnemien mit natürlichem Querschnitt sogar mit ziemlicher Kraft absteigend wirksam, d.h. der natürliche Querschnitt verhält sich, statt, wie gewöhnlich negativ, vielmehr positiv gegen den Längsschnitt. Es liegt darin beiläufig ein neuer Beweis dafür, dass der Unterschied zwischen der Wirkungsweise des Muskels mit künstlichem und der mit natürlichem Querschnitt nicht auf dem Widerstande des sehnigen Ueberzuges beruhe. Während der natürliche Querschnitt dergestalt positiv gegen den Längsschnitt geworden ist, hat der künstliche Querschnitt, wie gesagt, seine Negativität unverändert beibehalten, nur dass der Strom etwas schwächer ausfällt, als an nicht er- kälteten Muskeln. Liegt daher der Gastroenemius eines erkälteten Frosches mit sehnigen Enden stromlos oder absteigend wirksam auf, und man zerstört auf irgend eine Art, mechanisch, chemisch oder kaustisch, eine dünne Schicht Muskelsubstanz am natürlichen Querschnitt, so wird beziehlich der erst unwirksame Muskel auf- steigend wirksam, oder sein erst absteigender Strom schlägt in den aufsteigenden um. Es ist demnach klar, dass die Muskelschicht am natürlichen Querschnitt, deren elektromotorische Wirkung der der übrigen Muskelmasse entgegengesetzt ist, verschiedener Stufen der Aus- bildung fähig ist, so zwar, dass sie die Wirkung der übrigen Muskelmasse bald nır zum Theil eompensirt, bald sie völlig auf- hebt, bald endlich sie zu überwiegen vermag. Auf folgende Art nun kann man sich dieses Widerspiel elektromotorischer Wirkungen zwischen der ganzen übrigen Muskelmasse und einer am natürlichen Querschnitt gelegenen unmerklich dünnen Schicht leicht und ein- fach vorstellen. Man denke sich die Muskeln angefüllt mit Längsreihen positiv peripolarer Gruppen dipolar elektromotorischer Molekeln, deren Axen sämmtlich einander und der Axe der Primitivmuskelbündel 152 gleichgerichtet sind. *) Die dipolaren Molekeln haben einen posi- tiven und einen negativen Pol. Die Gerade, welche diese Pole verbindet, heisst die elektromotorische Axe. Eine positiv peripolare Gruppe besteht aus zwei solchen Molekeln, deren elektromotorische Axen in derselben Geraden liegen, und deren positive Pole einander zugewendet sind. Die Entfernungen zwischen den dipolaren Mole- keln einer und derselben peripolaren Gruppe sind kleine Grössen von höherer Ordnung als die Entfernungen zwischen den dipolaren Molekeln je zweier Gruppen, die einander negative Pole zukehren, so dass ein künstliches Trennungsmittel stets zwischen die peripo- laren Gruppen trifft, nie die dipolaren Molekeln einer und derselben Gruppe von einander zu scheiden vermag. Es wird folglich jeder Querschnitt des Systems, wie es in den Nerven und Muskeln der "Fall ist, bei Verbindung mit einem Längsschnitt durch einen un- wirksamen leitenden Bogen, sich negativ gegen den Längsschnitt verhalten, weil der Längsschnitt ein gleichförmiges Gemisch posi- tiver und negativer Begrenzungen, der Querschnitt nur negative Begrenzungen darbietet. Fassen wir jetzt einen der freien Endquerschnitte des Sy- stemes in's Auge. Denken wir uns, dass am Ende einer jeden Längsreihe positiv peripolarer Gruppen, welche in dem Querschnitt mit dem negativen Pol einer dipolaren Molekel endigt, noch eine halbe solche Gruppe aufgesetzt werde, oder eine einfache dipolare Molekel, welche der letzten der Längsreihe folglich ihren negativen Pol zukehren muss. Sie kehrt also ihren positiven Pol in’s Freie, und wenn wir jetzt einen leitenden Bogen mit seinen beiden Enden dem Längs- und Querschnitt anlegen, wird sich der Querschnitt positiv, statt, wie vorher, negativ, gegen den neutralen Längsschnitt verhalten. Man sieht also, dass es mır der Hinzufügung einer einfachen Schicht dipolarer Molekeln, d.h. einer Schicht von unmerklicher *) S. meine Untersuchungen über thierische Elektrieität. Berlin. Bd. I. 1848. S. 678, Bd II. Abth.. I. 1849. S. 323. 324. 153 Dicke, bedarf, um die Richtung des Muskelstromes, bei gleicher “Stärke, in die entgegengesetzte zu verwandeln. Von hier ab hat es natürlich keine Schwierigkeit, auch die Mittelstufen der schwach negativen Wirksamkeit, der Unwirksamkeit und der schwach po- sitiven Wirksamkeit zu erklären. Dazu ist nur nöthig sich zu denken, dass die Schicht überzähliger Molekeln am Querschnitt, welche positive Pole in's Freie kehren, den Querschnitt nicht stetig, sondern nur zum Theil überziehe. Nimmt die Schicht mehr als die Hälfte des Querschnittes ein, so wird der Querschnitt sich positiv gegen den Längsschnitt verhalten, in dem Grade, der dem Verhältniss der positiven und der negativen Begrenzung des Quer- schnittes entspricht. Dies ist der Fall der absteigend wirksamen Gastrocnemien aus den tief erkälteten Fröschen." Bedeckt die Schicht gerade die Hälfte des Querschnittes, so wird der Querschnitt neu- tral wie der Längsschnitt, und das System wird, beim Anlegen des Bogens an den Längsschnitt und an den so veränderten Quer- schnitt, unwirksam erscheinen, wie der Muskel eines 24 Stunden auf Null erkälteten Frosches. Nimmt endlich die Schicht weniger als die Hälfte des Querschnittes ein, so wird sich der Querschnitt negativ gegen den Längsschnitt verhalten, wiederum in dem Grade, der dem Verhältniss der positiven und der negativen Begrenzung des Querschnittes entspricht. Dies ist der Zustand, in welchem die Muskeln für gewöhnlich, und wenn die Frösche nicht der Kälte ausgesetzt waren, angetroffen werden. In allen drei Fällen bedarf es, wie man sieht, nur der Herstellung eines anderen Querschnittes, oder der Vernichtung der elektromotorischen Wirksamkeit einer äusserst dünnen Scheibe des Systems am freien Endquerschnitte, um das System mit seiner vollen Kraft in dem Sinne wirksam zu machen, dass der Querschnitt sich gegen den Längsschnitt negativ verhält. So braucht am Gastrocnemius, um ihn stets mit gleich- förmiger Kraft aufsteigend wirksam zu machen, gleichviel welchen Grad und welche Richtung der Wirksamkeit er mit natürlichem Querschnitt besass, eben nur aın natürlichen Querschnitt eine dünne Moleschott, Untersuchungen. 1 11 154 Schicht Muskelsubstanz mechanisch, chemisch oder kaustisch ihrer elektromotorischen Wirksamkeit beraubt zu werden. Die obigen Schlüsse sind nicht bloss der Theorie entnommen. . Ich habe, wie bei früheren ähnlichen Gelegenheiten, nicht versäumt, sic durch Versuche an einem Zinkkupferschema zu erhärten, und habe sie auch diesmal so genau bestätigt gefunden, als es nur immer zu erwarten war bei den ungeheueren Abweichungen, die zwischen dem Muskel und der schematischen Vorrichtung nicht zu vermeiden sind hinsichtlich der Grösseverhältnisse und der Leitungs-. fähigkeit der verschiedenen Theile, wie auch bei den Störungen, die an der künstlichen Vorrichtung aus der Polarisation der Zink- kupferelemente erwachsen. Es ist demnach mit der Sicherheit, die überhaupt in diesen Dingen zu erreichen ist, nachgewiesen, dass am natürlichen Quer- schnitt der Muskeln eine Schicht überzähliger dipolar elektromo- torischer Molekeln herrscht, welche positive Pole nach Aussen ‚kehren. Auf der wechselnden Ausbildung dieser Schicht beruht die wechselnde Erscheinungsweise des Stromes der unversehrten Muskeln. Ich nenne diese Schicht, welche bei vielen andern Er- scheinungen noch eine wichtige Rolle spielt, die parelektronomische Schicht, von rapdvwouos, gesetzwidrig, weil nämlich die Molekeln, aus denen sie zusammengesetzt ist, dem von mir sogenannten Ge- setze des Muskelstromes entzogen sind, und die übrige Masse des Muskels nach diesem Gesetze zu wirken verhindern. Es ist über- flüssig zu erwähnen, dass ich mich von dem Dasein der parelektro- nomischen Schicht auch bei den Fischen, Vögeln und Säugethieren überzeugt habe. Den Zustand, in welchem die unversehrten Muskeln, in Folge der Erkältung des Thieres während des Lebens, stromlos verharren oder im umgekehrten Sinne wirken, nenne ich den parelektronomischen Zustand der Muskeln. Dieser Zustand ist als ein neues Attribut des Winterschlafes kaltblütiger Thiere aufzu- zählen. Ob er auch den Winterschlaf einiger Säugethiere und die Erkältung neugeborner Säugethiere und Vögel begleite, weiss ich 155 noch nicht; ebensowenig, ob die Muskeln erfrorener Vögel und Säugethiere in diesem Zustande gefunden werden. Gastroenemien vom Frosch, die im parelektronomischen Zu- stande stromlos sind, geben bei der Zusammenziehung einen ab- steigenden Ausschlag; und die elektromotorische Wirkung solcher, die bereits absteigend thätig sind, nimmt bei der Zusammenziehung zu. Demgemäss wird auch an parelektronomischen Muskeln die secundäre Zuckung nicht vermisst. Die negative Schwankung des Muskelstroınes bei der Zusammenziehung ist folglich keine relativ negative, sondern eine absolut negative. Diese Thatsache erklärt, sich nur unter der merkwürdigen Voraussetzung, dass die parelek- tronomische Schicht keinen Antheil nimmt an dem Molecularmecha- nismus der Muskelzusammenziehung. Zur Vervollständigung des Beweises, den ich zu liefern ver- sprach, dass der elektromotorische Gegensatz zwischen Längs- und Querschnitt bereits im lebenden unversehrten Thier vorhanden sei, lässt sich jetzt noch hinzufügen, dass der schwache aufsteigende Strom, den man von den nicht enthäuteten Froschgliedmassen er- hält, nachdem man die Hautungleichartigkeiten getilgt hat, durch den Aufenthalt der Thiere in der Kälte ebenso herabgedrückt, Ja verkehrt wird, wie der Strom einzelner Muskeln. Sollte aber Einer oder der Andere über jenes, beim ersten Anblick freilich nicht wenig bedenkliche Ergebniss noch nicht ganz beruhigt sein, wonach das Abziehen der Haut einen Einfluss auf die elektromotorische Thätigkeit der Gliedmassen zu äussern schien, so hält es nicht schwer, jetzt auch hier noch den letzten Verdacht zu beseitigen. Man braucht nämlich nur die Lymphräume der Beine, die poche femorale und jambiere nach Dug&s, durch einen so kleinen Haut- schnitt zu öffnen, dass man die Canüle einer kleinen Spritze ein- führen kann, und eine nichtleitende entwickelnde Flüssigkeit einzu- spritzen, Alkohol oder Kreosot, so tritt am lebenden sonst unver- sehrten Thier der Strom sofort in gehöriger Stärke hervor. Schliesslich will ich darauf aufmerksam machen, dass durch die hier beschriebenen Thatsachen eine längst der Vergessenheit 11% 156 anheimgegebene Beobachtung Volta’s ihre Erklärung findet und wieder zu Ehren kommt. Bekanntlich stellte Volta, als er die Galvani’sche Zuckung ohne Metalle nicht mehr leugnen konnte, die Behauptung auf, dass, damit diese Zuckung erscheine, zwei Bedingungen erfüllt sein müssten. Erstlich müsse am Unterschenkel die Ausbreitung der Achillessehne berührt werden; zweitens müsse die Berührungsstelle mit irgend einer fremdartigen Flüssigkeit verun- reinigt sein, am besten mit sauren, salzigen, alkalischen Stoffen. So nämlich suchte Volta die Erscheinung eines Stromes unter den Umständen des Versuches in Einklang zu bringen mit seinem Gesetze, wonach, um das Gleichgewicht der Elektrieität dauernd zu stören, die Berührung mindestens dreier ungleichartiger Körper nothwendig war. Denn die damals beliebte Anordnung des Ver- suches war die, dass der Unterschenkel mit dem enthäuteten Rumpf des Frosches nur noch durch den Sitzbeinnerven zusammenhing, und gegen den Rumpf zurückgebeugt wurde, so dass Muskeln mit Muskeln in Berührung kamen. Nun sollte, nach Volta’s Meinung, die Sehne zu den Muskeln den zweiten, die fremde Flüssigkeit den dritten ungleichartigen Körper abgeben. Volta’s Beobachtung ist vollkommen richtig, was die Noth- wendigkeit betrifft, dass die Berührung an der Achillessehne. statt- finde. Seine Deutung davon ist freilich falsch. Die Berührung muss, wie ich anderwärts gezeigt habe*), an jener Stelle deshalb stattfinden, weil die Sehne einen unwirksamen leitenden Ueberzug über den natürlichen Querschnitt vorstellt, und der Muskelstrom, von dem die Zuckung ohne Metalle herrührt, erst dann seinen Weg z. B. durch den gegen den Unterschenkel zurückgebeugten Nerven nehmen kann, wenn der Nerv Längsschnitt und Querschnitt des Muskels verbindet. 4 Was die zweite von Volta aufgestellte Bedingung betrifft, so ist sie nur dann richtig, wenn entweder die thierischen Theile so wenig erregbar sind, dass der schwache Strom des natürlichen ®) Untersuchungen u.s. w. Bd. I. S. 72. 526. 157 Querschnittes nicht im Stande ist. Zuckung zu erzeugen, oder wenn die parelektronomische Schicht so hoch ausgebildet ist, dass die Muskeln fast stromlos sind. Alsdann hilft es-allerdings, die Aus- breitung der Achillessehne mit solchen Flüssigkeiten zu benetzen, wie Volta es angiebt, aber jedenfalls nicht allein, weil diese Flüssigkeiten elektromotorisch wirken, sondern unstreitig auch, und zwar zu einem viel grösseren Theile, weil sie die parelektrono- mische Schicht zerstören, und einen künstlichen Querschnitt chemisch herstellen. Der Beweis ist leicht geführt. Erstens verfehlt die Benetzung auch dann ihre Wirkung nicht, wenn man den Nerven gegen die Achillessehne selbst umbeugt, wo die Flüssigkeiten gar nicht hingekommen sind. Zweitens kann man sich, statt nach Volta’s Angabe saurer, salziger und alkalischer Flüssigkeiten, mit demselben Vortheil nichtleitender entwickelnder Flüssigkeiten be- dienen, z. B. des Kreosots, wo von elektromotorischer Wirkung nicht die Rede ist. Noch besser endlich gelingt der Versuch, wenn man die ätzenden Flüssigkeiten durch die Scheere ersetzt, und den künstlichen Querschnitt, statt nach Volta chemisch, lieber einfach mechanisch herstellt. IX. Beitrag zur Kenntniss der Verdauung der eiweiss- artigen Körper des Pflanzenreichs. Von Dr. Rinse Cnoop Koopmans. Aus dem „Nederlandsch Lancet* von Donders mitgetheilt. Durch die zahlreichen Untersuchungen vieler Beobachter ist die Lehre der Verdauung bereits auf einer ziemlich hohen Stufe der Vollkommenheit angelangt. In unseren Kenntnissen über die Veränderungen, welche die Nahrungsstoffe während ihres Aufenthalts im Magen erleiden, ist inzwischen eine Lücke vorhanden, die, ohne gerade empfindlich zu sein, früher oder später ausgefüllt werden muss. Sie hat ihren Grund in einer der schönsten Entdeckungen dieses Jahrhunderts, in der zuerst von Mulder deutlich aufge- stellten Behauptung, dass sowohl in den pflanzlichen wie in den thierischen Nahrungsmitteln dieselben Eiweisskörper nur in einer verschiedenen Form enthalten sind. Darum hat man bei den Unter- suchungen über die Verdauung hauptsächlich die Veränderungen beachtet, welche thierisches Eiweiss im Magen erleidet, und diese auch auf pflanzliche Nahrung übertragen, während man die im Pflanzenreich auftretenden eiweissartigen Stoffe selbst in dieser Rücksicht nur gelegentlich vornahm. Dafür nahmen die stickstoff- freien Bestandtheile der Pflanzen die Aufmerksamkeit mehr in An- 159 spruch. Obwohl es nun nicht wahrscheinlich war, dass sich bei einer genaueren Untersuchung grosse Unterschiede herausstellen würden, hielt doch Brücke in Wien, bei dem es mir vergönnt war, einige Monate zu arbeiten, eine planmässige Erforschung des Gegenstandes nicht für überflüssig. Er rieth mir, die Veränderungen der pflanzlichen Eiweisskörper im Magen mehr, als es bisher ge- schehen war, in’s Einzelne zu verfolgen. Hierdurch wurde ich veranlasst, bereits in Wien einige darauf bezügliche Versuche anzu- stellen. Als ich mich später nach einer Aufgabe für eine Probe- schrift umsehen musste, schienen diese Untersuchungen hierfür einen geeigneten Stoff bieten zu können. Ich habe daher die meisten schon früher vorgenommenen Versuche in der Werkstatt von Donders wiederholt und erweitert, um dieselben, so weit es anging, zu einem Ganzen zu verarbeiten. Das andauernde Wohlwollen und die freund- liche Hülfe, die ich in jeder Hinsicht von diesen beiden Gelehrten genossen, sind für mich unschätzbar. Bei einer Untersuchung über die Verdauung der pflanzlichen Eiweisskörper glaubte ich zugleich eine nähere Beantwortung der Frage, mit welchen Eigenschaften dieselben in den Pflanzen ent- halten sind, anstreben zu müssen, und zwar um so mehr, da die Handbücher der Pflanzeukunde in ihren Angaben darüber sehr karg sind, während doch in den Samen der Hülsenfrüchte und der Getreide besser als irgendwo Gelegenheit gegeben ist, ihre Merk- male in der Form eines Zelleninhalts zu erforschen und mit einander zu vergleichen, was für die Kenntniss ihres Naturzustandes offenbar von grosser Wichtigkeit sein muss. Im Uebrigen ergab sich der Gang der folgenden Mittheilungen von selbst aus den Beobachtungen Anderer, so weit sie mir be- kannt geworden sind. Zunächst untersuchte ich, ob zur Auflösung der eiweissartigen Körper, die in den Getreiden und Hülsenfrüchten vorkommen, Pepsin erforderlich ist; sodann ob sie bei ihrer Auf- lösung im Magensaft eine eigenthümliche Umwandlung (Pepton- Bildung) erfahren, und welche Eigenschaften sie hierdurch erhalten; endlich ob ein Unterschied in dem Säuregehalt der Verdauungs- 160 säfte Einfluss auf die Auflösung hat, und ob der letztere derselbe ist, wie der für die verwandten Stoffe *). Die Versuche an lebenden Thieren, die ich erst in der letzten Zeit in Utrecht unternahm, sind wegen der Schwierigkeit, die ge- eigneten Thiere zu erhalten, nur wenig zahlreich. Da sie indess nur zur Prüfung eines auf anderem Wege gewonnenen Ergebnisses dienen sollten, reichten wenige Versuche zur Erfüllung des Zweckes hin, und ich glaubte sie deshalb nicht zurückhalten zu müssen, bis ich mehre zur Verfügung hätte. Eine grössere Anzahl solcher Beobachtungen wäre freilich geeignet, über manche Fragen in der Lehre der Verdauung-mehr Licht zu verbreiten. Um die Untersuchung nicht zu weit auszudehnen, habe ich mich ausschliesslich auf die Magenverdauung beschränkt und zum Vergleich mit den untersuchten Stoffen nur geronnenes thierisches Eiweiss benutzt. 3 Ucber die Verdauung der eiweissartigen Stoffe der Getreide. Die meisten Getreidesamen enthalten eine grosse Menge eiweiss- artiger Stoffe, die jedoch je nach den Arten und sogar für eine und dieselbe Art je nach dem Standort wechselt**). Moleschott hat in seiner Physiologie der Nahrungsmittel viele Angaben über die Getreide zusammengestellt, welche dies darthun. Der Bau der Samen und die Art, in welcher die eiweissartigen Stoffe darin vor- kommen, wurde namentlich von Donders untersucht***). Hierbei *) Die Erwähnung von Einzelnheiten, welche unseren Gegenstand nicht un- mittelbar berühren, die ausführlichere Behandlung von Punkten, durch welche eine Meinungsverschiedenheit veranlasst wurde, und die kurze Andeutung von allgemein anerkannten Thatsachen haben indess hier und da Abweichungen von dem ursprünglichen Eintheilungsplan mit sich geführt. #*) Bei der Bereitung von Kleber aus Ungarischem und Holländischem Weizen war dieser Unterschied besonders auffallend. Hier (in Utrecht) war viel mehr Mehl erforderlich, um dieselbe Menge Kleber zu erhalten, als in Wien, ***) Nederlandsch Lancet, 2. Serie, IV. 161 _ wurde hauptsächlich gefunden. dass unter der Oberhaut, welche später von Fles*) noch genauer erforscht ward, je nach der Art des Getreides eine oder mehre Schichten dickwandiger Zellen vorkommen, deren Inhalt aus einem körnigen Eiweissstoff besteht, mit einer ziemlich bedeutenden Menge Fett, welches durch die Ein- wirkung von verdünnten Säuren und Alkalien zu grossen Tropfen zusammenfliesst; Stärkmehl enthalten diese Zellen nicht. Hierauf folgen dann grössere, ganz mit Stärkmehl erfüllte Zellen. Es wurde zugleich nachgewiesen, dass diese Randzellen beim Beuteln des Mehls mit der Kleie verbunden bleiben. Bei einer Untersuchung der Weizenkörner fanden wir diese Angaben durchaus bestätigt, wir beobachteten aber auch in den stärkmehlhaltigen Zellen noch einen Stoff, welcher zu grösseren Massen verbunden in Beccaria’s Kleber vorkommt. An dem Rande von Theilschnitten finden sich zahlreiche feine faserige Gebilde, welche den Faserstofffäden eines frischen Blutgerinnsels sehr ähnlich sind; an den meisten hängen zahlreiche kleine Stärkmehlkörner; einzelne sind zwischen dem In- halt einer Zelle und einem daneben liegenden Klümpchen von Stärkmehlkörnchen ausgespannt. Durch Bewegungen des Deck- gläschens werden sie abgerissen, und schnellen zurück, wodurch bewiesen wird, dass sie klebrig und federkräftig sind, während diese Beobachtung zugleich erklärt, warum sie in den Zellen selbst zwischen dem dicht angehäuften Stärkmehl nicht als Fasern be- obachtet werden. Durch Aetzkali werden sie auf der Stelle gelöst, durch verdünnte Säuren erst nach langer Zeit. In Aether und kaltem Alkohol sind sie unlöslich; Jod färbt sie stark gelb. Nach einiger Zeit erleiden diese Fäden in Alkohol und auch schon in blossem Wasser eine eigenthümliche Veränderung; sie zerfallen in zahlreiche, sehr kleine Kügelchen, welche an fein vertheiltes Fett oder Stärkmehl erinnern; die Unlöslichkeit in Aether und das Verhalten zum Jod beweisen indess die Verschiedenheit. Eine ähnliche, aber in umgekehrter Richtung erfolgende Umwandlung *) Nederlandsch Lancet, 2, Serie, VI. 162 der Form beobachtet man in einer durch kochenden Alkohol aus Beccaria’s Kleber erhaltenen Lösung des Pflanzenleims. Beim Erkalten trübt sich die Flüssigkeit und zwar durch die Ausschei- dung von lauter gleich grossen Kügelchen, die mit den beschrie- benen durchaus übereinstimmen; nach einiger Zeit vereinigen sie sich mit einander und bilden dann erst einen sehr federkräftigen, klebrigen, fadenziehenden Stoff, den Pflanzenleim. Auch in ge- reinigtem Weizenmehl begegneten wir diesem Körper; die kleinsten Stärkmehlkörnchen bilden hier zum Theil, ohne dass sie in einer Zelle eingeschlossen wären, kleine Gruppen, indem sie durch diesen Stoff zusammenkleben. Die übrigen Getreidesamen enthalten viel weniger Kleber; die Fasern sind hier auch nur in sehr geringer Menge zu sehen, und die stärkmehlhaltigen Zellen sind viel durch- sichtiger. In dem Mehl ist die Stärke denn auch viel weniger zu Klümpchen verbunden, während in dem aus Hülsenfrüchten ge- wonnenen diese Formen gar nicht auftreten. Ausser in der Form der Stärkmehlkörner ist also das Mehl, welches aus verschiedenen Pflanzen gewonnen wurde, auch in dieser Rücksicht verschieden. Neben den genannten haben wir in den Getreidesamen keinen eiweissartigen Körper finden können; ob Beccaria’s Kleber allein aus den bezeichneten besteht, oder ob noch ausserdem unlösliches Pflanzeneiweis in den Zellen vorkommt, lässt sich auf mikroche- mischem Wege nicht ermitteln. In Beccaria’s Kleber ist auf jeden Fall der eiweissartige Stoff der Getreide in möglichst wenig verändertem Zustande ge- geben, was bei dem gereinigten Pflanzenleim und dem unlöslichen Pflanzeneiweiss nicht der Fall ist*); er eignet sich also am besten *) Diese Stoffe wurden daher nur flüchtig untersucht und dabei Folgendes ge- funden: Unlösliches Pflanzeneiweiss (Mulder), welches als fester Rückstand bleibt, wenn Beecaria’s Kleber mit Alkohol gekocht wird, ist nach dem Trocknen dunkelgrau, hart, spröde, ohne Federkraft; in Wasser bekommt es wieder die Eigenschaften von gekochtem Kleber: es wird durch verdünnte Säuren nicht, wohl aber durch verdünnte Säure und Pepsin wieder aufgelöst, 168 zu Versuchen über die Verdauung der eiweissartigen Körper im Magen. Der Zellstoff, welcher selbst nach dem geduldigsten Aus- waschen und Auskneten im Weizenmehl zurückbleibt, kann deshalb keinen schädlichen Einfluss ausüben, weil er nicht als geschlossene Zellwand, wie dies bei der Kleie der Fall ist (siehe S. 161), den Zutritt der Verdauungssäfte verhindert; dasselbe gilt auch für das Stärkmehl, indem der geringe Betrag dieser Beimengungen für die Mengenbestimmungen unerheblich ist. Aus diesem Grunde wurde meistens der Stoff, welcher nach sorgfältigem Auskneten des Weizenmehls zurückbleibt, sowohl roh als gekocht, untersucht, da er in diesen beiden Zuständen in der Nahrung vorkommt. Der rohe, äusserst federkräftige, klebrige, gelblich graue Kleber lässt sich ohne wesentliche Veränderung seiner Eigenschaften nicht lange im frischen Zustand aufbewahren. Der Luft ausgesetzt, troeknet er sehr rasch, bekommt eine viel dunklere Farbe und wird von verdünnten Säuren nicht mehr angegriffen. Kleber da- gegen, welcher eine Zeit lang in einem Eiskeller gestanden hatte, war viel feuchter geworden als früher, hatte nicht seine klebrige, wohl aber seine federkräftige Beschaffenheit verloren, und wurde jetzt schon von destillirtem Wasser allein gelöst. Der Geruch war noch durchaus rein. An einem warmen Ort, mit destillirtem Wasser befeuchtet, riecht er nach einigen Tagen schr stark nach faulendem Käse; in dem Filtrat entsteht nun durch Siedhitze ein bedeutendes Gerinnsel, während die Flüssigkeit klar bleibt, wenn zuvor Aetzkali zugesetzt wurde *). Aus dieser Neigung des Klebers zur Zersetzung erwächst für die Untersuchung keine geringe Schwierigkeit; mit ganz frischem Pflanzenleim (Mulder), welcher beim Erkalten des Alkohols, in welchem Kleber gekocht ist, zumal nach Wasserzusatz, sich ausscheidet, ist nach der Behandlung mit Aether eine klebrige, zühe Masse, welche in Essigsäure und Kali gelöst wird; er verschwindet nach einiger Zeit nicht bloss in ange- säuertern, künstlichem Magensaft, sondern auch in verdünnter Salzsäure, *) Liebig macht dieselbe Angabe in seinen cheniischen Briefen, S, ‘417, 164 Kleber zu arbeiten, ist durchaus unerlässlich; darum haben wir ihn nie anders als im frischen Zustande angewandt. Das Aus- pressen von Mehl unter Wasser in einem Leinentuch verdient aber wohl den Namen eines der langwierigsten Kunstgriffe, welche die Chemie aufzuweisen hat. Folgende Frage wollten wir zunächst beantworten: kann Kleber durch eine verdünnte Säure allein gelöst werden, oder ist hierzu die Mitwirkung von Pepsin erforderlich? Ueber diesen Punkt sind die Schriftsteller, die wir zu Rath ziehen konnten, verschiedener Ansicht. Eberle*) giebt an, dass von allen Stoffen, die er untersuchte, Kleber durch Essigsäure und auch durch Salzsäure am meisten verändert wird; er sah jedoch niemals vollständige Auflösung. Ob sein Kleber durch viel Stärk- mehl verunreinigt war, erwähnt er nicht; der nicht gelöste Theil wurde auch keiner genauen Untersuchung unterworfen; die An- nahme ist also zulässig, dass der Rückstand vorzugsweise durch Stärkmehl gebildet ward. Schwann**) fand, dass Kleber in verdünnter Salzsäure, besser noch in einem Gemenge von Salzsäure und Essigsäure, leicht gelöst wird, „mit Hinterlassung eines geringen Rückstandes“. Er schliesst denn auch: „So scheint es zur Erklärung hinreichend, anzu- nehmen, dass Kleber u. s. w. durch die blosse freie Säure des Magensaftes aufgelöst und umgewandelt wird.“ Bei der Besprechung des unlöslichen. Pflanzeneiweisses und des Pflanzenleims sagt Mulder ***): „Um zu versuchen, wie ver- dünnte Säuren mit einem Stückchen des Magens auf diese beiden Körper einwirken, wurde Beccaria’s Kleber, also ein Gemenge . von beiden mit Zellstoff, frisch bereitet mit verdünnter Salzsäure (1/), Tausendtel) und Magen bei 37°, 5 C. behandelt. Nach eini- gen Tagen war der sogenannte Kleber von Beccaria gelöst, mit Ausnahme des Zellstoffs, der den unlöslichen Rückstand bildete. *) Eberle, Physiologie der Verdauung, S. 67. *%*) Müller’s Archiv, 1836, S. 132. ***) Mulder, Physiologische Scheikunde, S. 1365. 165 Demnach werden sogenanntes geronnenes Pflanzeneiweiss und Pflanzenleim in der Wärme durch Salzsäure und Magensaft gelöst, folglich auch im Magen eine Auflösung derselben bewirkt. Durch blosse Salzsäure kam es nicht zur Auflösung.“ Nach Bouchardat und Sandras*) wird Kleber, ebenso wie Faserstoff u. s. w., in verdünnter Säure allein gelöst; hat man ihn vorher gekocht, dann verändert er sich nicht mehr. Lehmann **) berichtet, dass verdünnte Säure allein den Kleber nicht so gut bewältigt wie verdünnte Säure und Pepsin. Liebig***) sagt Folgendes: „Der Weizenkleber löst sich in Wasser, dem man auf die Unze einen Tropfen Salzsäure zugesetzt hat, beinahe ganz zu einer trüben Flüssigkeit auf, in welcher, wie in der Lösung, die man in gleicher Weise aus Muskelfleisch er- hält, durch Kochsalzlösung ein Gerinnsel entsteht.“ Frerichs‘) schreibt auch den verdünnten Säuren allein lö- sende Kraft zu. Er sagt: „Kleber wird ziemlich schnell durch künstlichen Magensaft gelöst; in 4 bis 6 Stunden war die Masse in eine trübe Flüssigkeit verwandelt. Dieselbe Wirkung äussern auf rohen Kleber reine verdünnte Säuren. Langsamer erfolgte die Auflösung, wenn die Substanz vorher eine Zeit lang der Siedhitze ausgesetzt war; hier schien die Gegenwart der Magenfermente un- erlässlich.“ Mialhe+YF) und Longet Fr) geben beide an, dass Kleber sich sowohl in Säure allein, wie in künstlichem Magensaft auflöst, dass aber die Eigenschaften der Lösungen von einander ver- schieden sind. *) Mialhe, Chimie appliqu6e A la Physiologie, 1856, p. 94. ##) Lehrbuch der physiologischen Chemie. ###) Chemische Briefe, S. 417. +) Wagner’s Handwörterbuch der Physiologie, Artikel Verdauung, S. 811. ++) Mialhe, a. a. O. 8, 120. +77) Longet, Nouvelles recherches relatives A l’action du sue gastrique etc. Gazette medicale de Paris. Fevrier 1865. (Extrait d’une note presentde A l’ Aend6mie.) 166 Bei unseren Versuchen ‚sahen wir niemals eine Auflösung von gekochtem Kleber durch blosse Säure, ein Punkt, über den auch alle Schriftsteller einstimmig sind. Nach mehrtägiger Ein- wirkung einer Wärme von 38° war die Form noch durchaus die- selbe geblieben, während die überstehende Flüssigkeit durchaus klar war. Hatten wir den Kleber vorher getrocknet, so nahm er zwar Wasser auf und wurde wieder etwas weniger grau, allein von ei- ner Auflösung konnte nicht die Rede sein. Durch verschiedene Prüfungsmittel konnte auch kein in der Säure gelöster organischer Stoff nachgewiesen werden. Wurde nun aber Magensaft zur Flüs- sigkeit hinzugesetzt, dann erfolgte eime vollständige Auflösung, natürlich mit Ausnahme einer geringen Menge, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung zum grössten Theil als Zellstoff und Stärkmehl ergab. Gekochter Kleber erfordert also jedenfalls im- mer die Anwesenheit von Pepsin, um gelöst zu werden. Dass die scheinbar so leicht zu beantwortende Frage, ob ro- her Kleber in einer verdünnten Säure allein schon gelöst werden kann, dennoch nicht so einfach ist, lehren die sehr abweichenden Angaben, die oben angeführt wurden; die meisten Schriftsteller nehmen freilich eine Auflösung an. Wiederholt haben wir Kleber mit verdünnter Säure behan- delt und in den meisten Fällen mit übereinstimmenden Erfolgen. Im fiischen Zustande löst sich der Kleber zu einer mehr oder weniger trüben Flüssigkeit auf; wenn er aber nur ein Paar Tage nach der Darstellung gestanden hat, ist diese Eigenschaft zum grössten Theile bereits eingebüsst. Nachdem die verdünnte Säure einige Stunden auf ihn eingewirkt hat, ist seine Federkraft bei- nahe vollständig verschwunden; beim Umschütteln lösen sich vie- le feine Theilchen von dem Kleberstückchen ab; welche die ganze Flüssigkeit milchicht machen. In einer hinreichenden Menge sehr verdünnter Säure (siehe unten) verschwindet er ganz (bis auf ein wenig Zellstoff), in der Brutwärme gewöhnlich nach Verlauf eines Tages, in etwas längerer Zeit ohne Beihülfe erhöhter Wärme. 167 Eine geringe Trübung bleibt dennoch zurück, und man kann selbst durch ein mehrfaches Filter keine ganz klare Flüssigkeit gewinnen. Giebt es nun einen ausreichenden Grund, um den Kleber ge- löst zu nennen, oder beweist das anders zurückgeworfene Licht, dass er in einer stark verdünnten Säure den festen Zustand bei- behält? Im letzteren Falle kann der Kleber als fester Körper niemals durch die Wände der Blutgefässe eindringen, da dies nur dureh Diffusionsströme erzielt wird; in dem ersteren Falle wäre diese Schwierigkeit gehoben, und, wenn nicht andere Hindernisse im Wege ständen, würde Kleber, auf welchen nur verdünnte Säure eingewirkt hat, in die Säfte des thierischen Körpers über- gehen können. Bei mikroskopischer Untersuchung finden sich in einer salz- sauren Kleberlösung einzelne Theilchen, die, so klein sie immer sein mögen, durch ihre scharfen Umrisse sich entschieden als un- gelöst erweisen. — Die umgebende Flüssigkeit ist indess nicht vollkommen klar; ohne dass es gelingt, Formen zu erkennen, ist etwas Nebelhaftes im Schfeld vorhanden, was auch ein ausgezeich- netes Mikroskop von Kellner nicht aufzulösen vermag, bisweilen ist diese Trübung so gering, dass die Unreinheit des Feldes sich erst beim Vergleich mit destillirtem Wasser zu erkennen giebt. Ein Zusatz von Ammoniak verändert das Bild. Die früher unbe- stimmten, wir möchten sagen: nebelhaften Formen, klären sich auf; es entstehen ziemlich regelmässige, scharf begrenzte, äusserst kleine Kügelchen; an dem Rande des hinzugeflossenen Tropfens ist der Uebergang von den nebelhaften zu den begrenzten Theilchen deut- lich; darauf folgt die Reihe scharf umschriebener Kügelehen, und endlich die alkalische Flüssigkeit, in welcher sich der Kleber nun vollkommen gelöst hatte, ohne eine Spur von Trübung zu hinterlassen. Hierauf gründen wir die Ansicht, dass Kleber in verdünnter Säure allein nicht vollständig gelöst wird, dass er sich aber auch nicht ganz unverändert, bloss aufgeschwemmt, darin findet, da man in diesem Falle schärfer begrenzte Formen durch das Mikroskop entdecken müsste. Am nächsten liegt die Annahme, dass eine Auf- 168 quellung der feinsten Theilchen sich ereignet. Eine sichtbare Auf- quellung der ganzen Masse, wie beim Faserstoff, kommt indess beim Kleber nicht vor. Wir können uns jedoch in diese Fragen nicht‘ weiter vertiefen, wenn wir aber in Zukunft, um Weitläufig- keiten zu vermeiden, von einer sauren Kleberlösung reden, so ist damit immer dieser nicht näher zu beschreibende Zustand gemeint. Obgleich also dieser Zustand keine Auflösung genannt werden kann, so löst sich doch der Kleber in angesäuertem, künstlichem Magensaft vollständig auf; unter dem Mikroskop ist sogar in den meisten Fällen keine Trübung sichtbar; zerrissene Zellenwände, Stärkmehl oder andere vom Magensaft herrührende Beimengungen bleiben allein ungelöst zurück. Ueber eine andere Frage, deren Beantwortung uns jetzt ob- liegt, herrscht dagegen grosse Meinungsverschiedenheit. Es ist die- selbe, welche auch bei den übrigen eiweissartigen Körpern so viele abweichende Ansichten veranlasst hat, und bezieht sich auf die Eigenschaften der im Magensaft gelösten Stoffe, wenn man sie mit ihrer ursprünglichen Beschaffenheit vergleicht. In dem Mengenverhältniss ihrer Grundstoffe stimmen die durch die Auflösung im Magensaft gewonnenen Erzeugnisse, nach den Untersuchungen von Mulder, Vogel und Lehmann, mit den ursprünglichen Körpern überein; ihr Verhalten zu Prüfungsmitteln ist indess durch die Gegenwart des Pepsins verändert. Schwann wies nach, dass gekochtes Eiweiss nicht bloss 'ge- löst wird, sondern auch andere Eigenschaften durch künstlichen Magensaft erhält. Für Kleber und einige andere Stoffe war das Ergebniss inzwischen nicht gleich; er verglich die Merkmale, welche Tiedemann und Gmelin an natürlich verdautem Kleber be- obachtet hatten, mit denen der salzsauren Lösung und fand zwischen beiden keinen Unterschied. Bouchardat und Sandras hatten denselben Erfolg. Eberle’s Untersuchungen geben nicht viel Aufschluss; er fand nämlich, dass der Kleber durch die Magenverdauung nicht in einen der bekannten thierischen Stoffe übergeht. 169 Lehmann berichtet, dass er aus Kleber, gleichwie aus anderen eiweissartigen Stoffen, ein „Pepton“ bereitet habe. Mialhe und Longet fanden gleichfalls die Lösung des Klebers verschieden, je nachdem sie mit oder olne Pepsin bereitet war. Einer scharfen Beantwortung dieser Frage stellen sich beim rohen Kleber Schwierigkeiten entgegen, die bei den gekochten eiweissartigen Körpern beinahe ganz wegfallen. Durch die Einwirkung der Säure allein zerfällt nämlich der Kleber in feine Theilchen, die durch ein Filter nicht zurückgehalten werden; diese Umwandlung wird auch bei der Anwesenheit von Pepsin stattfinden, so dass in dem Filtrat also meistens nicht bloss durch Pepsin angegriffener, sondern auch durch blosse Säure verän- derter Kleber vorkommen wird. Verschiedene Umstände, die grössere oder geringere Wirksamkeit der in Umsetzung begriffenen Hefe, die Dauer der Einwirkung der Flüssigkeiten u. s. w., werden es be- dingen, welcher der beiden Zustände des veränderten Klebers vor- herrscht, ob also die Prüfungsmittel Verschiedenheit ergeben werden oder nicht. Wir neigen zur Ansicht, dass hierin einer der Gründe liegen dürfte, warum so: verschiedene Angaben möglich sind; wir fanden selbst sehr häufig abweichende Verhältnisse, die sich von keiner anderen Ursache herleiten liessen, da wiederholt dieselbe Flüssigkeit zu verschiedenen Zeiten einen Unterschied der Merkmale erkennen liess. der allein durch eine stets fortschreitende Umwandlung der gelösten Stoffe bedingt sein konnte. In einem ganz klaren Filtrat des mit künstlichem Magensaft behandelten Klebers entstand jedoch durch Sättigung der freien Säure kein Niederschlag, und ebenso wenig durch den Zusatz von Salzen mit alkalischer Basis. Eisenkaliumeyanid und Salpetersäure lieferten ungleiche Er- gebnisse; für Eiweiss wurde dies schon von Anderen bemerkt; die Stärke der Säure und die Menge der aufgelösten Peptone üben hierauf grossen Einfluss aus. In einer reichen Auflösung von Bi- _ weiss-Pepton sahen wir häufig durch Zusatz von Salpetersäure einen Moleschott, Untersuchungen. U 12 170 Niederschlag entstehen; nach Verdünnung mit Wasser entstand nicht einmal eine Trübung. Nach Lehmann’s Vorschrift, durch Fällung mit starkem Alkohol, erhielten wir einen weissen Stoff, der zu seiner Beschreibung sehr gut stimmte; Salpetersäure brachte indess eine geringe Trübung in der Lösung hervor, während diese ausserordentlich schwach sauer war. Ein Hauptunterschied, den Mialhe*) zwischen eiweissartigen Körpern macht, je nachdem sie durch blosse Säure, oder unter dem Einfluss von Pepsin gelöst wurden, fanden wir beim Kleber nicht. Er sagt nämlich, dass sie aus jenen sauren Lösungen beim Zusatz von Lab nach Art der Milch gerinnen, um dann erst später sich wieder aufzulösen. Dies sollte für alle eiweissartigen Körper gelten, sowohl für gelöstes Eiweiss, wie für Faserstoff und Kleber. So oft wir dies auch versuchten, der Erfolg war immer derselbe; ein deutlicher Niederschlag entstand niemals, wenn ein ganz neutraler Auszug der Magenschleimhaut verwandt wurde. Durch die zahlreichen Theilehen, welche immer in der Flüssigkeit aufgeschwemmt waren, wenn die Schleimhaut als solche m Anwendung kam, war es nicht wohl zu entscheiden, ob ein Niederschlag gebildet wurde, oder nicht. Allein obgleich hier bisweilen das Urtheil schwierig war, so kann doch von einem Gerinnsel, welches mit dem durch Lab in Milch entstehenden zu vergleichen wäre, nicht die Rede sein. Durch den Zusatz von saurem Magensaft entstand in den meisten Fällen ein Niederschlag in der salzsauren Auflösung, allein derselbe bildet sich auch durch blosse Säure; es besteht also kein Grund, dem Pepsin hierbei eine thätige Rolle zuzuschreiben. Longet**) giebt dagegen ein Unterscheidungsmerkmal an, das auch von uns beobachtet wurde. Er sagt nämlich, dass bei der Anwesenheit von Peptonen durch die Trommer’sche Probe kein Zucker nachgewiesen werden kann, da das Kupferoxyd dann nicht redueirt wird, während in blosser **) Longet, a& O. 171 Säure aufgelöste eiweissartige Stoffe diese Wirkung nicht verhindern ; er führt ferner an, dass diese Eigenschaft den aufgelösten Peptonen auch in der Pfortader verbleibt *). Wir fanden wiederholt bestätigt, dass, bei gleichen Mengen Zucker und Probeflüssigkeit, sowohl der nur in verdünnter Säure, wie der im Magensaft gelöste Kleber die blaue Farbe der Flüssig- keit auf der Stelle mehr violett machte. Nachdem aber die Lösung kurze Zeit bis auf 100° erhitzt worden, verwandelte sich die Farbe im ersteren Falle in eine braungelbe, was in dem zweiten Fall erst nach längerer Zeit, und bisweilen gar nicht erfolgte. Nach der Filtration durch thierische Kohle wurde in beiden Lösungen das Kupferoxyd beim Sieden vollkommen in Oxydul verwandelt, so dass die überstehende Flüssigkeit sich klärte. In reinem, künstlichem Magensaft kam es bald zu einer vollständigen Reduction, bald nicht, wiewohl er in beiden Fällen starke Lösungskraft besass. In dem einen Fall war die Schleimhaut nur eine kurze Zeit lang bei ge- wöhnlichem Wärmegrad mit Wasser behandelt worden, in dem anderen war der Magensaft bei 38° bereitet und schon etwas älter Es hatten sich also Peptone aus der Schleimhaut selbst gebildet, welche die deutliche Reaction verhinderten. Diese mehr oder weniger vollkommene Umwandlung des Kupferoxyds in Oxydul ist indess, wenn man sie auf diese Weise beurtheilt, kein sehr sicheres Prüfungsmittel für Peptone, da alle eiweissartigen Körper, wie wir durch Lehmann und Andere wissen, die Entstehung eines Niederschlags, der sich rasch ausscheidet, in #) Auf diese Weise würde Zucker, ohne dass man ihn nachweisen könnte, aus dem Darmkanal der Leber zugeführt Als Beweis gegen eine in der Leber stattfindende Zuckerbildung hat dieser Umstand indess gar keinen Werth, was Bernard (Lecons de Physiologie exp@rimentale, 1855) denn auch mit Klarheit dargethan hat. Bernard untersuchte das Blut immer erst, nachdem es wiederholt durch thierische Kohle filtrirt war; alle eiweissartigen Stoffe werden hierdurch zurlickgehalten, und als Gegenversuch wurde dann noch die Gährung eingeleitet. Longet selbet rühımt ein, dass Peptone die Gährung nicht verhindern. 12* 172 höherem oder geringerem Grade verhindern. In folgender Weise angewandt, könnte es aber wohl dazu dienen, eiweissartige Körper von einander zu unterscheiden. Gewöhnliches Eiweiss gerinnt näm- lich durch Siedbitze. In einer verdünnten Säure aufgelöste eiweiss- artige Körper bleiben bei 100° gelöst, werden aber durch schwefel- saures Natron gefällt. Peptone werden weder durch Siedhitze, noch durch schwefelsaures Natron ganz unlöslich, wohl aber durch thie- rische Kohle zurückgehalten. Wenn also in einer sauren Flüssig- keit der Zusatz einer geringen Menge Traubenzucker durch die Trommer’sche Probe nicht entdeckt werden kann, nach dem Sieden aber die Reduction sich ereignet, so istgewöhnliches Eiweiss zugegen; entsteht die letztere erst nach der Behandlung mit schwefel- saurem Natron, dann ist ein durch die Säure veränderter eiweiss- artiger Körper entfernt worden; bedarf es jedoch einer Filtration durch thierische Kohle, um das Kupferoxydul deutlich auszuscheiden, dann kann man die Anwesenheit eines Peptons annehmen, wenig- stens wenn ausserdem keine anderen Stoffe in der Flüssigkeit sich finden, welche die Reaction stören können *). *) Nur J. Dalton (Froriep’s Notizen Bd, IL, No. 5, 1856, entlehnt aus dem American Journal of the Medical Sciences. Philadelphia. Oct. 1854) macht auf die Schwierigkeit aufmerksam, welche dem Nachweis von geringen Mengen Traubenzucker in natürlichem Magensaft durch die Trom- mer’sche Probeflüssigkeit entgegensteht; er konnte denn auch nach dem Ge- nuss von gekochtem Stärkmehl in dem Magen seiner Hunde keinen Zucker auffinden. Die Angaben der übrigen Schriftsteller sind in dieser Beziehung sehr abweichend. Bidder und Schmidt beobachteten zwar die Umwand- lung in Zucker durch Speichel, der mit Magensaft vermischt war, ausserhalb des Körpers, aber niemals in dem’lebenden Thiere selbst; Lehmann da- gegen fand immer Zucker; auch Funke und Andere berichten dasselbe. Namentlich hat ©. v. Grünewaldt (Archiv für physiologische Heilkunde, 1854) bei seiner Esthnischen Bäuerin diesen Punkt untersucht und bewiesen, dass gekochtes Stärkmehl (ungekochtes verwandelt sich nicht) im Magen in Zucker umgesetzt wird, wenn die Menge des Speichels gross genug ist; auf welche Weise er die Magenflüssigkeiten behandelte, bevor er auf Zucker prüfte, sagt er nicht; wir haben uns jedoch öfters überzeugt, dass weder 173 Obiges rechtfertigt nach unserer Ansicht die Schlussfolgerung, dass der Kleber bei der Magenverdauung nicht bloss aufgelöst, sondern zugleich hinsichtlich seiner Eigenschaften auf ähnliche Weise verändert wird, wie die übrigen eiweissartigen Körper, so dass es also auch ein „Kleberpepton“ giebt. y Dass die eiweissartigen Körper aus ihrer Auflösung im Magen- saft durch die Neutralisation nicht mehr gefällt werden, ist physio- logisch wohl die wichtigste Veränderung, welche sie erleiden. Wenn sie durch eine verdünnte Säure nur moleculair verändert sind, dann können sie nicht in das Blut übergehen, da schon die alkalische Reaction dieser Flüssigkeit den Uebergang verhindert. Dass auch der Saft des Dünndarms denselben Einfluss ausübt, fanden wir durch folgenden Versuch. In eine möglichst gereinigte Darmschlinge eines Kaninchens wurde eine nur wenig getrübte, schwach salzsaure Kleberlösung eingespritzt, und die Darmschlinge wurde, nachdem sie sorgfältig unterbunden war, in die Bauchhöhle zurückgebracht. Nach einem Paar Stunden wurde das Thier getödtet und der Inhalt der Darm- schlinge untersucht. Die Flüssigkeit schien nur wenig abgenommen zu haben, während zahlreiche weisse Flocken in dem sehr trüben, schwach alkalischen Saft sich fanden. Da in den Epitheliumzellen und den Zellen des übrigen Darms gleichfalls viele Moleeüle vor- kamen, konnten wir nicht entscheiden, ob vielleicht Kleber in diesem ungelösten Zustand von den Chylusgefässen aufgenommen war, da man keine hinlänglich scharfen mikrochemischen Merkmale kennt, um eiweissartige Molecüle im Thierkörper von einander zu unter- scheiden. Auf jeden Fall muss Kleber, der, nur durch die Säure des Magensafts verändert, in den Dünndarm gelangt, erst wieder in künstlicher Magensaft allein, noch solcher, der eiweissartige Körper aufgelöst hat, im Stande ist, ohne Zusatz von Zucker, Kupferoxyd zu redueiren, Das Auftreten der Reaction spricht also viel mehr für die Anwesenheit von Zucker, als das Ausbleiben der Reduction des Kupfersalzes dagegen spricht 174 festen Zustand übergehen, bevor er nach einer genügenden Vor- bereitung in die Säfte des Körpers gelangen kann. Bisher war nur die Rede von der Auflösung des Klebers in künstlichem Magensaft, ohne nähere Angabe des Säuregrades, welcher hierbei die grösste Wirksamkeit entfaltet. Alle Schriftsteller, welche die Verdauung des Eiweisses behandelten, haben diesem Punkte grössere oder geringere Aufmerksamkeit gewidmet. Schwann berichtet, dass 3,3 bis 6.6 Gran Salzsäure auf t/, Loth Verdauungsflüssigkeit das beste Verhältniss ist, um eine dichte Eiweisslösung zu erhalten, und dass sowohl eine stärkere, als eine schwächere Säure die Auflösung verzögert und sogar aufhebt. Mulder*) fand, dass durch Magensaft mit */, Tausendtel Säure Faserstoff am besten sich löste, dass Eiweiss dagegen hierin nur sehr unvollkommen verändert wurde, vielmehr */;oo Säure dafür das geeignetste Verhältniss war. Lehmann **) giebt an, dass 0,820 Salzsäure auf 100 Theile am meisten Eiweiss auflöst. Das Verhältnis, wie es von Mialhe, Bouchardat und Anderen angegeben wird, stimmt hiermit nahezu überein. Bei unseren Versuchen über diesen Punkt stellte sich alsbald heraus, dass roher Kleber einen anderen Säuregehalt erfordert, um vollkommen aufgelöst zu werden, als Eiweiss. Wenn wir in einer Anzahl Proberöhrchen mit Magensaft von verschiedenem Säuregehalt, aber doch immer unter 1/,,, kleine Stück- chen rohen und gekochten Klebers und Eiweiss brachten, dann fanden wir, nachdem sie einige Zeit bei 38° erwärmt worden, einige durchaus nieht verändert, andere nur unvollkommen, noch andere vollkommen gelöst. Wir gelangten wiederholt zu demselben Ergebnisse. In den Röhrchen, in welchen sich Eiweiss vollkommen, Kleber beinahe gar nicht aufgelöst hatte, war der Säuregrad gleich *) Mulder, Proeve eener algemeene physiologische Scheikunde, p. 1067. **) Erdmann’s Journal, S. 110. 1849. 175 und ziemlich stark; in denjenigen, in welchen der Kleber ganz verschwunden war, die Eiweisswürfel dagegen ihre scharfen Ränder behalten hatten, war der Säuregehalt auch gleich, aber gerade sehr gering. Der gekochte Kleber schien weniger an einen bestimmten Säuregrad gebunden zu sein; in allen Röhrchen war er mehr oder weniger verändert; bei mittlerem Säuregehalt löste er sich voll- kommen auf, aber meistens wurde hierfür mehr Zeit erfordert, als für die Auflösung von Eiweiss oder rohem Kleber. In gleich starkem Magensaft war es nicht möglich, rohen Kleber und Eiweiss ganz zum Verschwinden zu bringen, wenn auch die Röhrchen mehre Tage stehen blieben. Bei Verdauungs- temperatur oder Zimmerwärme blieb dieses Verhältniss sich gleich ; auch Schwann hatte schon gefunden, dass eine Vermehrung des Säuregehalts den verzögernden Einfluss einer verminderten Wärme nicht auszugleichen vermochte. Zur genaueren Bestimmung des Säuregehalts wurde eine Probe- flüssigkeit von bekanntem und zwar geringem Gehalt an kohlen- saurem Natron angewandt, welche durch 'Auflösung reiner unver- witterter Krystalle, deren Zusammensetzung der Formel NaO . C02 + 10 HO entspricht, gewonnen wurde; die Farbenveränderung einer geringen Menge hinzugesetzter Lackmustinetur bestimmte ge- nau den Punkt, auf welchem die Säure gesättigt war; mit dem Einträufeln der Probeflüssigkeit wurde fortgefahren, bis die Flüssig- keit denselben Farbenton hatte, wie eine nur mit destillirtem Wasser verdünnte, empfindliche Lackmustinetur. Die Grenzen, zwischen welchen alle Stückchen, sowohl der Kleber wie das Eiweiss, noch sichtbar verändert wurden, waren 0,056 und 1,791 Gramm Salzsäure (aus der verbrauchten Auflösung des kohlensauren Natrons berechnet) auf 100 Kubik-Centimeter Verdauungsflüssigkeit; bis zu 0,293 Gramm war die Auflösung am deutlichsten für den rohen Kleber zu bemerken, von 0,366 an beim Eiweiss. In runden Zahlen ergiebt sich also, dass die Säuremenge, welche rolen Kleber am besten auflöst, zwischen sooo und !/yoo 176 liegt, und diejenige, welche am meisten gekochtes Eiweiss bewäl- tigt, zwischen !/y,, und !/so- Es erhellte zugleich, dass roher Kleber durch dieselbe Säure- menge, durch welche er in künstlichem Magensaft am besten gelöst wurde, auch in destillirtem Wasser am vollständigsten in Mole- cüle zerfiel. Bei diesen Versuchen hatten wir immer ungefähr gleiche, reichliche Mengen Verdauungssaft und Stückchen von derselben Grösse genommen; es schien indess nicht überflüssig, noch durch genauere Versuche zu erforschen, ob dieser scharfe Unterschied zwischen den genannten Stoffen wohl Stich hält. Zu dem Ende wurde der mittlere Theil der Schleimhaut eines Schweinemagens, welcher die Labdrüsen enthält, gut abgespült, in kleine Stücke zerschnitten und einige Stunden hindurch bei 38° mit destillirtem Wasser stehen gelassen. Diese neutrale Flüssigkeit wurde dann colirt, was nicht sehr rasch geht, und verschiedenen Theilen derselben so viel Salzsäure zugesetzt, dass auf 900, auf 500 und auf 100 Theile 1 Theil Salz- säure kam. Weithalsige Stöpseigläser (von gleicher Grösse und gut schliessend, um die Verdunstung bei allen so gleichmässig als möglich zu verhüten) wurden nun je drei mit 25 Kubik-Centimeter dieser Flüssigkeiten gefüllt. Darauf wurden vier Stückchen Kleber roh und frisch bereitet, vier andere, welche 15 Minuten lang ge- kocht waren, und vier Stückchen während 10 Minuten gekochtes Eiweiss gewogen; neun dieser Stückchen wurden in die Gläser ge- bracht; die drei anderen mussten dazu dienen, um durch Trocknen den ursprünglichen Gehalt an festen Stoffen kennen zu lernen *). Alle diese Gläschen wurden in einem Wasserbade 7 Stunden lang gleichmässig bei 38° erwärmt. Nach Ablauf dieser Zeit wurde der ungelöste Rückstand auf Filter gebracht, und nach 24 Stunden (früher war nicht alles hindurchgegangen) zugleich mit den anderen *) In drei anderen Gläschen wurde auf dieselbe Weise der Verlust bei Legumin hestimint. 177 abgewogenen Stückchen bei 120° getrocknet. Bei einem anderen Versuch, der genau auf dieselbe Weise angestellt wurde — nur dass hier bedeckte Schröpfgläser die Flüssigkeiten aufnahmen — verunglückten einige Gläschen, so dass nur für einige der Verlust bestimmt werden konnte. Es wurden die folgenden Zahlen erhalten. Aus dem getrockneten Rückstand berechnet, betrug die Ab- nahme des Gewichts nach 7stündiger Behandlung mit 25 Kubik- Centimeter Magensaft bei 38°: Roher Kleber: Gramm. auf 1 Gfamm. berechnet. Verlust auf1000 Th. IB II. mit '/,oo Säure von 2,04 :1,25 1: 0,613 0,387 mit 1/00 Säure von 2,06 :1,05 1:0,509 1:0,549 mit %/ygo Säure von 1,926: 0,94 1:0,491 1:0,424 Gekochter Kleber: mit t/;oo Säure von 2,27 :2,03 1:0,893 mit "/,oo Säure von 2,20 :1,88 1:0,854 mit ?/goo Säure von 2,14 :1,74 1:0,803 1:0,762 Gekochtes Eiweiss: mit 1/00 Säure von 0,285:0,004. 1:0,014 1:0,139 mit /;6 Säure von 0,409 :0,06 1:017152350,38% mit %g0u Säure von 0,3534:0,100 1:0,329 1:0,425 Diese Zahlen bestätigen die Ergebnisse der früher erwähnten Versuche, in welchen wir den wirksamsten Säuregehalt bestimmten. Bei jenen Versuchen wurde namentlich auf die vollkommene Auf- lösung einiger Stückchen geachtet und hieraus die grössere oder geringere Wirksamkeit des Magensaftes abgeleitet; bei diesen wurde die Einwirkung des Verdauungssaftes schon nach sieben Stunden aufgehoben. Sodann ist die hier angewendete Menge des Magen- saftes verhältnissmässig gering, und der Gehalt an festen Stoffen beim Eiweiss viel geringer, als beim Kleber (im feuchten Zustande wogen alle Stückchen ungefähr gleich viel); da nun von geringeren Mengen unverhältnissmässig mehr als von grösseren aufgenommen wird, sa hat dies gewiss viel dazu beigetragen, dass der Magen- 178 saft mit verschiedenem Säuregehalt in allen Fällen mehr Eiweiss als Kleber auflöste. Versuche mit künstlichem Magensaft können jedoch die Frage, wie viel von irgend einem Stoff in einer bestimmten Zeit verdaut wird, nicht beantworten. Die sehr abweichenden Zahlen, — weil die zu 'verdauenden Stoffe und der angewendete Magensaft doch niemals vollkommen gleich sind, wenn auch die übrigen Umstände sich gleich bleiben, — berechtigen nicht dazu, absolute Werthe für die verschiedene Löslichkeit aufzustellen, um so die Einwirkung von Pepsin und Säure»auf einen chemischen Ausdruck zurückzu- führen. Lehmann*) hat einen Versuch in dieser Richtung gewagt, allein trotz seiner zahlreichen Bestimmungen gelang es ihm nicht, zu einem bestimmten Schluss zu gelangen. Und selbst wenn bei künstlichen Verdauungsversuchen übereinstimmende Zahlen gewonnen würden, so wären sie dennoch nicht im Stande die Mengen zu be- zeichnen, welche im lebenden Thier von den zugeführten Stoffen aufgelöst werden. Wenn dagegen trotz absoluter Verschiedenheit der Zahlen dasselbe Verhältniss sich behauptet, so ist es wohl erlaubt über das Mehr oder Weniger eine Schlussfolgerung zu ziehen; bei allen Versuchen löste sich in einer verhältnissmässig starken Säure mehr Eiweiss auf als in einer verdünnten Säure; umgekehrt wurde in dieser mehr Kleber gelöst, als bei grösserem Säuregehalt. Es be- steht also bei künstlichen Verdauungsversuchen, je nach dem Ver- hältniss, in welchem die Säure angewandt wird, ein wirklicher Unterschied in der Fähigkeit, verschiedene Stoffe aufzulösen. Eine Flüssigkeit, welche Eiweiss am stärkten angreift, bewältigt vom Kleber die geringste Menge und umgekehrt. Alle Forscher haben der im Speisebrei vorkonimenden Säure einen grossen Werth beigelegt, sogar diejenigen, welehe sie nur als ein Erzeugniss der Magenverdauung oder der Gährung ansehen; Einzelne schrieben nur der Säure die Dauungskraft des Magensafts *) Lehmann, Erdmann’s Journal, a.a. O. 179 zu, wo nicht für alle eiweissartigen Körper, doch für die Mehrzahl, während man jetzt allgemein annimmt *), dass das Pepsin nur in Gegenwart einer freien Säure seine Wirkung entfalten kann **). *) Blondlot, der mit seinen Ansichten über die Verdauung ganz allein steht, läugnet auch die Anwesenheit einer freien Säure im Magen. **) Wir besitzen noch keine genügende Theorie über die eigenthümliche Uıa- setzung, welche die eiweissartigen Körper im Magen durch die vereinte Wir- kung von Pepsin und freier Säure erleiden. Da die Menge der Säure in gar keinem Verhältniss steht zu dem organischen Stoff, der im Magensaft vorkommt, so liegt kein genügender Grund vor, eine gepaarte Säure anzu- nehmen, welche sich mit den eiweissartigen Stoffen verbinden sollte. Dies veranlasste denn auch Schwann (Müller’s Archiv 1836), diesen von ihm zuerst ausgegangenen Erklärungsversuch selbst wieder zu verwerfen. Schmidt (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LVI.) nahm inzwischen diese An- schauung von Neuem auf, allein seine „Chlorpepsinwasserstoffsäure* konnte sich der Kritik von Frerichs gegenüber nieht behaupten, so dass denn auch die Meinung, nach welcher die eiweissartigen Körper durch eine eigenthüm- liche Gährung gelöst werden, bei welcher die freie Säure die Richtung der Umsetzung bestimmt, allgemeinen Beifall fand (Donders, Ludwig). Ob und wie die Säure sich mit eiweissartigen Stoffen verbindet, wurde nicht deutlich angegeben, Schwann hatte bereits gefunden, und Schmidt und Frerichs wieder- holen die Angabe, dass der Gehalt des Magensafts an freier Säure, der durch die Neutralisation einer alkalischen Probeflüssigkeit bestimmt wurde, nach der Auflösung von eiweissartigen Körpern nieht verändert ist; die beiden letztgenannten Schriftsteller machen jedoch darauf aufmerksam, dass dieses Verfahren zur Bestimmung des Säuregehalts unvollkommen ist, weil möglicher Weise eine neu entstandene Verbindung der Säure mit den organischen Stoffen doch noch eine saure Beschaffenheit haben könnte. Wir fanden gleich- falls den Süuregehalt des Magensafts, den wir auf dieselbe Weise bestimmten, unverändert, und beobachteten überdies, dass eine verdünnte Säure, welche auf Kleber eingewirkt und diesen moleculair verändert hat, ebenso nach wie vor dieselbe Menge der Probeflüssigkeit zu sättigen vermag, nur dass hierbei der eiweissartige Körper gefällt wird, was nach der Auflösung in Magen- saft nicht erfolgt. } Einige Male hatten wir friiher bereits gefunden, dass gekochter Kleber und gekochtes Eiweiss, in verdünnter Salzsäure liegend, an Gewicht zunehmen. 180 Bidder und Schmidt machten auf den Einfluss des ver- schiedenen Säuregehalts in natürlichem Magensaft aufmerksam und glaubten annehmen zu dürfen, dass innerhalb gewisser Grenzen die Alles dieses, im Zusammenhang mit einer von Mulder beobachteten Er- ‚scheinung, dass Salzsäure in Gegenwart von Eiweiss, durch die Verbindung, welche es mit diesem Körper eingeht, durch Destillation nicht nachgewiesen werden kann, machte es wahrscheinlich, dass in diesem Fall die Säure durch das Alkali der Probeflüssigkeit aus ihrer Verbindung mit eiweissartigen Körpern ausgeschieden wird, wodurch diese letzteren nicht länger gelöst bleiben können. . Da jedoch die Peptone durch diese Behandlung nicht gefällt werden, glaubten wir, dass die Säure mit diesen Körpern in der Flüssigkeit nicht verbunden sein dürfte, sondern wirklich als freie Säure durch die Probeflüssig- keit bestimmt wurde. Wir hofften durch folgenden Versuch hierüber in’s Klare zu kommen. Ein Gramm gekochtes Eiweiss wurde in Gläschen mit derselben Menge (25 Kubik-Centimeter) künstlichen Magensafts und verdünnter Säure von gleichem Säuregehalt ("/,go Säure auf 100 Theile) 4 Stunden lang bei 380 erwärmt, nach welcher Zeit es sich im Magensaft vollkommen aufgelöst hatte, während es in der Säure nicht sichtlich verändert war. Jetzt wurde der In- halt dieser Gläschen in Retorten eingefüllt und auf einem Sandbade vor- sichtig erwärmt. Behufs der Vergleichung wurden auch dieselben Mengen Magensaft und verdünnte Säure ohne Eiweiss der Destillation unterworfen. Das Eiweiss bildete in der Säure allein nach einiger Zeit eine dieke Gallerte; es bildeten sich grosse Blasen, während erst, nachdem alle Flüssigkeit über- gegangen war, der Rückstand sich bräunte; der Magensaft dagegen blieb vollkommen flüssig, veränderte aber sehr bald seine Farbe; bis zur Trockne verdampft, war der Rückstand ganz schwarz. Von den durch die Destillation erhaltenen Flüssigkeiten wurden gleiche Mengen mit der sehr verdünnten Lösung des kohlensauren Natrons gesättigt; es zeigte sich, dass von der Säure, welche mit dem Eiweiss eine Gallerte gebildet hatte, beinahe nichts übergegangen war, während die drei übrigen Destillate eine bedeutende Menge enthielten, Die von Mulder angenommene Verbindung der Säure mit den eiweiss- artigen Stoffen wird also nach diesem Versuch bei der Umwandlung in Pep- tone aufgehoben. Für eine Theorie dieser Auflösung ist dies nicht unwichtig; wir hoffen später auf diesen Punkt genauer einzugehen. 181 Menge der aufgelösten eiweissartigen Stoffe dem Procentge- halt an freier Säure in der Verdauungsflüssigkeit entspricht *). Zu ihren Versuchen gebrauchten sie jedoch geronnenes Eiweiss: ob es statthaft ist, Beobachtungen, die an diesem Körper gemacht sind, ohne Weiteres auf andere eiweissartige Stoffe zu übertragen, wird durch die oben mitgetheilten Versuche mindestens zweifelhaft. — Für die Verdauung von geronnenem Eiweiss ist ein Magensaft, der nur wenig Säure enthält, schlecht geeignet, während er die Auf- lösung anderer Stoffe- geradezu befördern kann. In dieser Rücksicht ist es ganz besonders wichtig, die Flüssigkeit, welche sich in dem Magen desselben Einzelwesens unter verschiedenen Umständen findet, und den Magensaft verschiedener Thiere auf den Säuregehalt zu untersuchen, und zwar im Zusammenhang mit der grösseren oder geringeren Verdaulichkeit der genossenen Nahrung. Bis in die feinsten Einzelheiten lässt sich der Unterschied zwischen Pflanzenfressern und Fleischfressern verfolgen, während nur unter besonderen Umständen die Fleischfresser Pflanzenkost zu sich nehmen und umgekehrt; es ist also sehr wahrscheinlich, dass sich dieser Unterschied nicht bloss im Bau der Verdauungswerk- zeuge, sondern auch in der Zusammensetzung des Magensafts kund- geben wird. Frühere Beobachter, zumal Pappenheim **) und Frerichs #***), sahen durch Verdauungssäfte, die aus der Schleim- haut verschiedener Thiere gewonnen waren, Eiweiss sich lösen, ohne dass ein grosser Unterschied in der Zeit zu Tage kam. Wir fanden dies durchaus bestätigt bei künstlichem Magensaft, der aus dem Magen des Kalbs, des Schaafs, des Schweins, des Hunds, des Ka- ninchens, der Gans, des Huhns, der Schildkröte, des Frosches und der Bleihe bereitet war. Bis jetzt liegt also kein Grund vor, bei den verschiedenen Thieren Abarten- des organischen Bestandtheils *) Verdauungssäfte und Stoffwechsel, S. 84. *) Pappenheim, zur Kenntniss der Verdauung im gesunden und kranken Zu- stande, Breslau 1839. “*) Frerichs, Artikel Verdauung, a. a. O, ‚ 182 des Magensafts anzunehmen, obgleich das Gegentheil natürlich durch die angestellten Versuche nicht für widerlegt erachtet werden kann. Ein Unterschied im Säuregehalt scheint jedoch schon viel zu erklären. Leider sind nur wenige Analysen des Magensafts verschiedener Thiere bekannt. Von niederen Thieren liegen gar keine brauch- baren vor. Nur die Magenflüssigkeiten des Menschen, des Hundes und des Schaafs sind genauer untersucht. Schmidt hat zahlreiche Analysen des Magensafts von Hunden angestellt mit Zulassung oder mit Ausschluss des Speichel. Vom Schaaf hat er nur den mit Speichel vermischten Magensaft unter- sucht, was bei diesem Thiere von keiner erheblichen Bedeutung sein dürfte, da in den Vormagen die grösste Menge des Speichels wieder aufgesogen wird (die Speisen sind im Blättermagen immer ziemlich trocken). Endlich analysirte er Magensaft vom Menschen, den er dadurch erhielt, dass er‘ die Absonderung bei einer mit einer Magenfistel versehenen Bäuerin durch Erbsen anregte, welche sie im nüchternen Zustande verschluckte. O. v. Grünewaldt*) stellt die Mittelwerthe für die ver- schiedenen Bestandtheile dieser Flüssigkeiten zusammen; wir ent- nehmen seinen Tabellen die Zahlen für die freie Säure: Speichelfrier Speichelhaltiger Speichelhaltiger Speichelhaltiger Magensaft Magensaft Magensaft - Magensaft des Hundes. des Hundes. des Schaafs.. des Menschen. HC. HCl. HCl. HCı, auf 1000 Theile. 3,050. 2,337. 1,234. 0,200. Hieraus geht deutlich hervor, dass der Magensaft verschie- dener Thierarten schon in ziemlich reinem Zustande (sogar der ganz speichelfreie ist doch noch durch die Absonderung der Schleim- drüsen des Magens verunreinigt) einen verschiedenen Säuregehalt führt. Bei dem fleischfressenden Hunde ist viel mehr Säure vor- handen, als beim pflanzenfressenden Schaaf. Gekochtes Eiweiss löst sich bei jenem viel leichter als bei diesem, was von-Bidder und Schmidt beständig beobachtet wurde. - Die Leichtigkeit, mit *) Vierordt’s Archiv, a.a.O. 185 welcher sich Kleber in künstlichem Magensaft mit einer sehr ver- dünnten Säure auflöst, veranlasst demnach die Vermuthung, dass Pflanzenkost gerade im Magen der Pflanzenfresser am besten ver- daut werden dürfte, weil sie hier einen sehr verdünnten Verdauungs- saft antrifit. Diese Vermuthung würde nun an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn Magensaft und Verdauungsflüssigkeit ein und das- selbe wären; dieses aber ist keineswegs der Fall. Magensaft ist die reine Absonderung der Labdrüsen; Ver- dauungssaft ist eine sehr zusammengesetzte Flüssigkeit, deren Be- standtheile sich nie vollkommen gleich bleiben, weil sie aus einem Gemenge der Flüssigkeiten der Mund- und Magenhöhle mit der zugeführten, zum Theil veränderten, zum Theil noch unveränderten Nahrung besteht. Der Einwirkung dieser letzteren Flüssigkeit unterliegen die Speisen; mag denn auch die Säuremenge in dem ursprünglichen Magensaft ziemlich beständig sein, so kann sie dessenungeachtet im Magen sehr grosse Verschiedenheit zeigen. Das Gleiche gilt von der Art der freien Säure. Im reinen Magen- saft scheint immer freie Salzsäure vorhanden zu sein; in der ge- wöhnlichen Verdauungsflüssigkeit kann diese sehr häufig nicht nach- gewiesen werden, es ist vielmehr Milchsäure zugegen, was namentlich die Analysen des menschlichen Magensafts gelehrt haben. In dem gewöhnlichen Verdauungssaft fand Schmidt keine Salzsäure, son- dern Milchsäure: dagegen jene, wenn die Absonderung der Lab- drüsen nicht durch Speisen, sondern durch gleichgültige, nur me- chanisch wirkende Stoffe angeregt ward. OÖ. v. Grünewaldt fand denn auch die zur Sättigung des Mageninhalts erforderliche Kalimenge beim Menschen ziemlich ver- schieden, worauf namentlich die in den Speisen selbst vorhandene Säure, grossen Einfluss zu äussern schien. Wenn seine Bäuerin das ihr besonders wohlschmeckende, viel Milchsäure enthaltende Roggenbrod gegessen hatte, war viel mehr Säure im Magen vor- handen, als bei dem Genuss von Weizenbrod, welches Lackmus- papier nicht veränderte. Er bemerkt hierbei, dass ein Ei, welches 184 zugleich mit dem letztgenannten Brod genossen wurde, dieser ge- ringen Säuremenge entsprechend, länger unverdaut im Magen blieb. Wie sehr der Säuregehalt des Magens durch die Nahrung verändert wird, so zwar, dass die oben ausgesprochene Vermuthung allen Grund verliert, ergiebt sich noch aus folgender Beobachtung Schmidt’s. Die Magenflüssigkeit eines Hundes, bei welchem die Speichelgänge nicht unterbunden waren, erforderte nämlich nach ausschliesslicher Pflanzenkost noch mehr Kali zur Sättigung, als die eines anderen Hundes, der Fleisch bekam, obgleich in jener die Menge der Salzsäure geringer war. Ueber die Beschaffenheit der Nahrung finden wir nichts ver- zeichnet. Der Hund frisst nur gekochte pflanzliche Stoffe, und da der Speichel auch in Gegenwart von Magensaft Stärkmehl umsetzt, kann die hierdurch erzeugte Milchsäure, wie Schmidt annimmt, die stark saure Beschaffenheit veranlasst haben. Bestand aber. die Pflanzenkost zu einem guten Theile wenigstens aus Roggenbrod, so konnte die Säure auch von diesem herstammen. Bei den ächten Pflanzenfressern jedoch, die nur Rohes zu sich nehmen, kommt ein so hoher Säuregrad nicht vor, selbst wenn der Magensaft mit Speichel und Nahrungsstoffen vermischt ist, wie die Analysen von Schmidt ergeben. Bei den Wiederkäuern er- streckt sich die Rinwirkung des Speichels nicht auf den Inhalt des Labmagens, weil die durch denselben umgewandelten Stoffe schon in-den Vormagen aufgesogen werden (Schmidt); bei den übrigen ist die Bildung von Milchsäure aus Stärkmehl im Magen sehr un- wahrscheinlich, da wenigstens der Speichel des Menschen oder des Hundes rohes Stärkmehl nicht einmal in Zucker umzusetzen ver- mag (Grünewaldt), während der Magensaft allein die stärkmehl- artigen Stoffe nicht erheblich verändert. Die Schlussfolgerung, dass Pflanzenkost am besten in einem Magensaft mit verdünnter Säure gelöst werden dürfte, beruht indess auf der Uebertragung der Eigenschaften des Klebers auf andere pflanz- liche Eiweissstoffe, unter der Voraussetzung, dass die natürliche Be- schaffenheit der letzteren jenes Verhältniss nicht wesentlich umgestaltet. “ : 185 Wie gross der Einfluss von Zellwänden, welche die eiweiss- artigen Körper umschliessen, auf deren Auflösung ist, wurde nament- lich für die Kleie nachgewiesen *), allein es liegt doch kein Grund vor zur Annahme. dass die verzögernde Wirkung der Hüllen die verschiedene Löslichkeit in Magensäften von verschiedenem Säure- gehalt aufheben sollte. Der eiweissartige Körper der Hülsenfrüchte kann freilich dem Kleber in dieser Beziehung nicht gleichgestellt werden; wir werden deshalb den Erbsenstoff besonders behandeln. Dasselbe gilt für das durch Siedhitze entstandene Gerinnsel, während im aufgelösten Zustande das Pflanzeneiweiss schwerlich untersucht werden kann. Auf jeden Fall wird also Pflanzenkost im Allgemeinen durch denselben Magensaft nicht in gleichem Verhältniss wie der Kleber gelöst werden; dies würde nur für diejenigen Nahrungsmittel an- nähernd der Fall sein, deren Hauptbestandtheil Kleber wäre. Indess, sogar in diesem eingeschränkten Sinne, ist doch diese Eigenschaft des Klebers sehr wichtig, und zwar nicht bloss für die Pflanzenfresser, sondern auch namentlich für den Menschen. Die Getreide stehen unter unseren Nahrungsmitteln in erster Reihe; wenn also auch andere eiweissartige Stoffe im Magen des Menschen weniger vollkommen verdaut werden, so kann doch gerade der *) Donders hatte, auf seine mikroskopischen Untersuchungen gestützt (Neder- landsch Lancet, 2. Serie, Bd. IV, S. 749), auf den Nachtheil aufmerksam ge- macht, der daraus erwächst, dass man die Kleie aus dem Mehl entfernt. Die Versuche von Fles und auch von Donders (Nederlandsch Lancet, 2. Serie, Bd. VI, 5. 225 und 244) lehrten jedoch, dass Kleie nur in den Verdauungs- werkzeugen einiger Thiere eine geeignete Nahrung wäre. Nur die Pflanzen- fresser ziehen den eiweissartigen Stoff und- das Fett, die in grosser Menge darin vorkommen, aus den diekwandigen Zellen aus, so dass sie mit Kleie das Leben fristen können; Hunde sterben dabei vor Hunger. Wir selbst liessen auch Kleie in Magensaft, der "/,g, Säure enthielt, und in einer schwach alkalischen Flüssigkeit bei Verdauungswärme Tage lang stehen, fanden aber den körnigen Inhalt der einigermassen aufgequollenen Zellen nur wenig vermindert, Nur das Fett war zu grossen ropfen in den Zellen zusammengeflossen, Moleschott, Untersuchungen, I 13 186 Kleber des Brodes in der unter gewöhnlichen Verhältnissen sehr schwach sauren ‚Verdauungsflüssigkeit, welche er hier antrifft, die günstigsten Bedingungen zur Auflösung vorfinden. Dass jene saure Beschaffenheit des menschlichen Magensafts nur durch die in den Speisen vorhandene oder durch die aus den Nahrungsstoffen ge- bildete Säure etwas stärker wird, während sie im nüchternen Zu- stande durch das Uebergewicht des Magenschleims und des Spei- chels sogar in eine alkalische sich verwandeln kann, haben die Beobachtungen Grünewaldt’s und auch die von Beaumont deutlich ergeben. Namentlich Frerichs hat in krankhaften Zuständen den Mageninhalt untersucht und auf eine veränderte Stärkmehlver- dauung, welche meistens in der Bildung von Milehsäure und sogar von Essigsäure bestand, hingewiesen; diese vermehrte Säurebildung ist allgemein als Pyrosis bekannt, wegen ihrer die Verdauung hem- menden Wirkung. Eine gänzliche Abwesenheit der Milchsäurebil- dung im Magen, während viel Zucker zugegen war, beobachtete Frerichs in zwei Fällen der Zuckerharnruhr *). Bemerkenswerth ist es, dass Bouchardat’s Kleberbrod gerade in dieser Krankheit längere Zeit mit gutem Erfolg vertragen wird. Die grosse Verschiedenheit in den absoluten Werthen für das innerhalb und ausserhalb des lebenden Thieres aufgelöste Eiweiss, wie sie alle Schriftsteller angeben, in Verbindung mit einigen Be- obachtungen von Schröder, der der gewöhnlichen Regel entgegen bei der schon mehrfach erwähnten Bäuerin Eiweiss bisweilen in alkalischem Magensaft sich ‚lösen sah, machte uns eigene Versuche wünschenswerth, um zu schen, ob wirklich im Magen verschiedener Thiere jener Gegensatz in der Löslichkeit zwischen Kleber und Eiweiss stattfindet. Wir hatten uns vorgesetzt, die Gewichtsveränderungen der - zu gleicher Zeit in den Magen verschiedener Thiere eingeführten Stoffe zu verfolgen und mit einander zu vergleichen, und zwar bei *) Artikel Verdauung, S. 805. 45 1 LIE 202.) 197 Pflanzenfressern, Fleischfressern und solchen Thieren, die von ge- mischter Kost leben. “Unsere Hoffnung, dass Pferde wegen ihrer Grösse und der ausschliesslichen Ernährung mit Pflanzenkost sich zu diesen Versuchen besonders eignen dürften, ging nicht in Er- füllung *); die Kürze der Zeit, welche uns zum Anstellen der Ver- suche verstattet war, erlaubte uns nicht, die günstige Gelegenheit abzuwarten; aus demselben Grunde konnten wir die Beobachtungen auch nur einige wenige Male beim Hund und beim Schwein wieder- holen. Obgleich es nicht sehr angenehm ist, an diesen letzteren Thieren Versuche vorzunehmen, so entsprach dies doch unserem Zweck vortrefflich, zumal da die an denselben gewonnene Auskunft mit grösserem Recht auf den Menschen übertragen werden kann, als die von manchen anderen Thieren herstammende. Da es zur Gewinnung einer riehtigen Antwort auf unsere Frage vor Allem nöthig war, die Stoffe allen den Umständen zu unterwerfen, welche bei der regelrechten Verdauung einen Einfluss auf die Auflösung äussern können, so zwar, dass für alle ein gleiches Maass der Einwirkung gegeben war, schien uns das folgende Ver- fahren so einfach als zweckmässig. Kleine Beutelchen von Nessel- tuch wurden mit abgewogenen Mengen frisch dargestellten, rohen und gekochten Klebers und Eiweiss gefüllt und diese, nachdem sie sorg- fältig geschlossen waren, gleich nach einander in den Magen ge- führt **). Nach einiger Zeit wurde nun das Thier getödtet, die *) Andere Pflanzenfresser waren, unserer Ansicht nach, zu diesen Versuchen weniger tauglich. Der zusammengesetzte Magen der Wiederkäuer und die geringe Grösse der Kaninchen, so wie der Umstand, dass bei den letztge- nannten Thieren sogar nach langem Fasten immer noch Futter im Magen sich findet, mussten der Genauigkeit der Ergebnisse nothwendiger Weise Abbruch thun. Es gelang jedoch, einen Schweinemetzger zu liberreden, uns seine ‘Thiere , für diese Versuche zur Verfügung zu stellen. #*) Die Beutelchen,, welche alle von gleicher Grösse waren, wurden so weit als möglich hinten auf die Zunge geschoben, so dass die T’hiere sie verschlucken mussten. Die ersten Male geriethen indess ein Paar Beutelehen zwischen die Mor, 188 Beutelehen aufgesucht, mit destillirtem Wasser abgespült, geöffnet, und der Inhalt vorsichtig gesammelt, getrocknet und gewogen. Von demselben Ei und demselben Kleber waren andere Stückchen so- gleich getrocknet worden; aus einem Vergleich der Gewichte wurde der Verlust gefunden, den sie durch ihren Aufenthalt im Magen erlitten hatten. In der folgenden Tabelle sind die erhaltenen Zahlen zusammen- gestellt: 5 Zähne der Schweine, wodurch sie zerrissen wurden; im Allgemeinen schien ihnen diese Fütterungsweise wenig zuzusagen. Zugleich mit diesen Stoffen in die Beutelchen gelegte kleine Glasperlen von verschiedener Farbe dienten dazu, sie später von einander zu unterscheiden. 189 "eaynom uorovay !oug uayosad zoıoA opwıod aaıyL SBp [aM uadu um aaseu Ay [era ‘40487J09 uapunyg 98 onus HOBAyOB uorowayy !ıoeL yoıpııorz uedupy ıop *40jsuJed uopunyg 98 uorpwoy Hanus NOBMOS ‘198] yorpmorz uodem ıaop *yejsnjod uepung 77 sIe uam onus YOBANOS uonowoy 'Fungiged Yaujs aos st fuarorognagt I9p ıEp yons *yuyuf dog "uoFem um uasınquozromyonsg Ofata you wop2}01} doqe purs so *405n709 uopungg FZ Su doduurg "Ist Joyorsun Iyuz orp ssup os *Aunupeg auto eye Joqopyy wayyooyeod yruu uonofognagg SUcL "IqABjoF Yavys uerojonagr ej[y "uonovey vanus youmyos !1007] zusä Jyoıu uodep aop ‘Yojsujof uopung Fz aonus NOuMyos uorouoyy !usdupt wm aoyyag yoouuop Ist ST uodunyad uopungg 0z aymjodun ou Jar] sucg "uapunoguopara uoss1119z zuud opınm Jogapy WeINDONETS Ju uogofonagg SUcL -uopyoagodun uoäny op uposqrarqaogen uoFIme ysgqou raydrssng Aoanvs Yuujs yoruarz aduap; odurıo? ayos ouro anuopınm uVäu wm "uossolrod uodnu -uastog F ao1dagpjru se oyyuy uopanaı uoqo3og uayopoynagg orp unyr 10A9q yorgquoäny uouro :70980703 Juuf odu],g ou JorgL suql -UOIONIOA AFLINIOPOT OUTos Fary JONOTyL dort -704p0903 wnunpnvr] uoA Sunzyudsurg Yoancı -Ionus NOUMUDS Morgunpaoaossnn uorDway "NONTESnT J9]97A Yoıpmorzyrur uogupy wm yoou uedorg] uodragn uop toq om osuoge “yoıs uopuny uoyofernagr 9 oıLy "odunyes uopungg 1% 709p903 yasnsmu S,pawuzog yoanı WARNOLAUM UONDTOINOEL LOP Jrufaocg "uopunjo? surwppurfet sop qyuıpogun [[07 % Waupyorcg u uopana uogojognogy op : 100] au uodum op !uodunyod uopung PG SI ayaus ou Jar], SUcL uodunysowog v0. 586 893 119 go BTL TEL [fit ı0L 681 0007 188 866 "OLTOTEL 000L HA ı Togo: L g98'0 ° T cog‘0: T Gero: L 1660: T 669°0 ° T ıor0 :1 e89°0 ° L sı’o:T erro:T 19,0 °T 189°0 :T er: T 695°0°T 1290: 1 geg’o:L 108°0 °T sag‘: 1 080°0 ° T DER sto'o:1 1820: 650 00T gIro:t soonto: ı Youporoq juu JenpoA wuwag 1 uw 200 180 ro v0 rar sro 150 sr ır‘o 000 sro 8000 "uopung -o3 vor 708° 819° 316% SCL“T sort G0B'T 110% EIP“T FELT 699°T 602° 8ao‘T 898% o8L'8 LSC'8 ind 108°7 sıro'g 680 Seo 80T [ara 298°T ergo gg 0885 Era} ISPT ıro‘t seo 581 ort sta 8e]qD0ya3 g on ssraaıg "703 3 'oN ssroaug "108 T'oN ssioaıg 108 SstaaTzt sa4yDoyad aogayy] A0y00y0F aoqapyy Joroa SssToaı] sajpoyod aaqoıyı 10}700y93 J9gayyt Jaloz SETaATT 891700703 aogepy} 107100703 Jogaryt Jorfos SSIOMIST SEJDOyOF aogqapy I04ooyaF JOqaLy Toyo SSTOALT HOJDoyaF Joqapy] 107400ya3 19qaıy Joyoa SETOAATT BOITDOyad dogapy} A004 SSTOALTZE FOITDONOF a0gqaıy J09y0oyoF Jagopy Joos ssToauz] or ooyaF augoıy JoJyaoyod aoqay Jooz seroag worgDoyad Joqaıy J0yyaoyad Jaoqoıy J0y04 song] WIqDoyod J9qapy A070oyos aoqapy Joyoa Jauoorog uoyooa wopunyg p @poL wep 10 "g ON ulanmag wapumg 5 opoL map 104 'g ’ON uraagag spung d/ız OpoL wep 108 uopung g epoy wep 104 yon uaagog opunyg ?/1z opoL urap 104 g ON WaAyOg epungg 7/;G opo,L mop 204 opungg 2/,# opoL map 104 'z ON uragos apupjg 2/1g poL wap 10a *T ' ON ulomyog opungg ?/;g OpoL op 10a ‚g 'ON punH z0geds opumg Uıı opungg Ü/;g apa wap Joa R 4 “N puunH opunig t/ıp OpoL wep 408 ‘L’ON panH voq uogado? uopına I 190 Alle Thiere hatten 24 Stunden lang gefastet, emige noch länger, und waren vollkommen gesund; sogar die freie Beweglichkeit der Magenwände, welche durch die Anwesenheit einer Fistel doch immer mehr oder weniger beeinträchtigt ist, konnte hier ihren ganzen Einfluss entfalten; alle — bekannte und unbekannte — Glieder des zusammengesetzten Vorgangs, als dessen Ziel im Magen die Auflösung der eingeführten Stoffe erreicht wird, mussten so- wohl auf den Kleber, wie auf das Eiweiss in gleichem Maasse ein- wirken. Nur durch die verschiedene Lage der Beutelchen konnte ein Unterschied in der Menge der gelösten Stoffe entstehen, der, indem er von der Art der Nahrungsstoffe "unabhängig und keiner Berechnung zugänglich ist, die Ergebnisse unsicher machen konnte. Dass hieraus in der That bisweilen ein Unterschied hervorgeht, beweisen die Zahlen, die beim Schwein No. 5 erhalten wurden: vom Eiweiss, welches in verschiedenen Beutelchen in den Magen eingeführt worden, hatten sich nicht ganz gleiche Mengen aufgelöst. Wiewohl der Unterschied, im Vergleich zu dem zwischen Eiweiss und Kleber, unbedeutend ist, darf er doch wohl bei der Beurthei- lung der Zahlen nicht ganz unberücksichtigt bleiben. Die bei demselben-Thier gewonnenen Zahlen können mit einander verglichen werden und erlauben einen sicheren Schluss über den Unterschied in der Verdaulichkeit der genossenen Stoffe ; da die Unterschiede viel zu gross sind, um sie einer durch die Lage verursachten ungleichen Einwirkung des Magensaftes zu- schreiben zu können, so beweisen sie deutlich, dass wirklich im lebenden Thier derselbe Verdauungssaft ungleiche Mengen des Ei- weisses und des Klebers auflöst, so dass, wenn viel Eiweiss ver- daut wird, die Gewichtsabnahme des Klebers nur gering ist, und umgekehrt. Insofern aus der geringen Zahl der Versuche etwas gefolgert werden darf, steht die Menge des aufgelösten gekochten Klebers, ebenso wie bei den künstlichen Verdauungsversuchen, weder zu der des rohen Klebers, noch zu der des Eiweisses in einem geraden Verhältniss. Wir haben also eigentlich den Zweck erreicht, mit welchem 191 diese Versuche angestellt wurden; viel mehr lässt sich auch nicht daraus folgern. Bei einem Vergleich der Ergebnisse für dieselben Stoffe bei allen benützten Thieren, fällt nämlich der Grund hin- weg, der uns erlaubte, jenen allgemeinen Schluss zu ziehen; es fehlt die Gleichheit der Umstände, unter welchen die Zahlen ge- wonnen wurden. Eine sehr grosse Anzahl von Versuchen würde vielleicht die hierdurch entstehenden Unterschiede grösstentheils ausgleichen, so dass es möglich wäre, eine allgemeine Regel zu er- kennen: unsere Zahlenreihe ist zu klein, um eine solche Schluss- folgerung zu wagen. Dass bei dem Hunde No.2 vom rohen Kleber so viel mehr verdaut ward, als vom Eiweiss, scheint den Satz, der früher aus anderen Gründen für die Fleischfresser aufgestellt wurde, nicht zu begünstigen; denn danach müsste dieses Verhältniss zwischen Kleber und Eiweiss gerade bei einem reinen Pflanzenfresser obwalten. Bei dem Hunde No. 3, der sehr lange gefastet hatte, löste sich da- gegen viel mehr Eiweiss auf als Kleber. Der Magensaft dieses Thiers hatte eine sehr stark lösende Wirkung, da von den ihm zu gleicher Zeit gereichten Augen nur einige wenige Stückchen der Sclerotica, zwar noch nicht vollkommen verdaut, aber doch sehr dünn und durchsichtig wiedergefunden wurden. Den Säuregrad der beim Oeffnen des Magens meist in schr geringer Menge vorhandenen Flüssigkeit haben wir verschiedener erschwerender Umstände halber nicht genau bestimmt; das ganze Verfahren scheint auch nicht dazu geeignet, um ausser der verschiedenen Löslichkeit der Stoffe auch noch die Ursachen derselben zu ermitteln, da nur bei künstlichen Verdauungsversuchen, oder bei der Anwesenheit einer Fistel der Säuregrad, den die Flüssigkeit während der Auflösung selbst be- sitzt, hinlänglich genau bestimmt werden kann, um Folgerungen zu gestatten. Die Schweine verläugnete ihren Natur mit Bezug auf die gemischte Kost nicht; bei einigen nämlich wurde das Eiweiss besser gelöst als der Kleber, bei anderen war dies gerade umgekehrt. Eine für beide Stoffe gleichmässig erfolgende Auflösung kommt, wie schon bemerkt wurde, nicht vor. 192 N Bei allen Schweinen wichen die Werthe für die Gewichtsab- nahme des Klebers und des Eiweisses bedeutend von einander ab. Wie wenig man berechtigt ist, die absolute Verdaulichkeit eines Nahrungsstoffs für eine bestimmte Thierart festzustellen, ergiebt sich aus einem Vergleich der Schweine No. 1 und No. 3. Die Thiere befanden sich unter denselben Verhältnissen; die Stoffe blieben gleich lange.im Magen; das Eiweiss und der Kleber waren für beide auf dieselbe Weise bereitet (in beiden Fällen wurde gleich lange gekocht und das Stärkmehl so weit als möglich entfernt), und dennoch löste sich im einen Falle beinahe nichts vom Eiweiss auf, während im anderen die Verminderung desselben gerade sehr bedeutend war. Der Unterschied wird noch sprechender durch die ungleiche Menge der zugeführten Stoffe, da sich gerade von dem ursprünglich in der grössten Menge vorhandenen Eiweiss am meisten aufgelöst hatte. Obwohl der Kleber im Allgemeinen bei den verschiedenen Thieren besser übereinstimmende Zahlen lieferte, wollen wir doch auch hier den Mittelwerth nicht als das Maass seiner Verdaulich- keit im Schweinemagen ansehen, und noch weniger uns ein Urtheil bilden über die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel, in welchen er reichlich vorkommt. Es verdient indess Beachtung, dass bei dem- selben Thiere ein kürzerer oder längerer Aufenthalt im Magen für den rohen Kleber viel weniger einflussreich ist, als für das Eiweiss; der Unterschied in der Auflösung des Klebers, der beim Hunde No. 2 und bei den Schweinen No. 2 und 4 einige Stunden nach einander in den Magen gebracht war, liegt innerhalb der Grenzen, welche von einer verschiedenen Lage herrühren könnten. Dass sich beim Schweine No. 6 so viel mehr Eiweiss auflöste, als bei allen übrigen, kann nur dadurch veranlasst sein, dass es in geringer Menge gereicht wurde, was zumal deutlich aus einem Ver- gleich mit No. 5 zu erhellen scheint. Ein Ergebniss dieser Versuche ist noch bemerkenswerth, näm- lich das vom Hunde No.1. Die Beutelchen waren hier schon nach 4'/, Stunde bis in den Anfang des Dickdarms vorgedrungen, wäh- B 193 rend die Menge der gelösten Stoffe ausser allem Verhältniss grösser war, als bei allen übrigen; nur hier war das Eiweiss ganz gelöst und die anderen Stoffe sehr bedeutend vermindert. Es fällt so- gleich in die Augen, dass dies die Verdauungskraft des Dünndarms auch für die eiweissartigen Körper in ein günstiges Licht stellt, wie dies namentlich von Bidder und Schmidt schon sehr nach- drücklich hervorgehoben wurde. Die Wichtigkeit dieser Darmverdauung für den Uebergang einer hinlänglichen Menge eiweissartiger Körper aus der genossenen Nahrung wird durch unsere Versuche noch mehr beleuchtet. Im Magen der Thiere wird je nach den Umständen bald mehr vom einen, bald mehr vom anderen Nahrungsstoff aufgenommen werden, was wir, auf die künstlichen Verdauungsversuche gestützt, einem Unterschied im Säuregehalt zuschreiben zu dürfen glauben. Im Dünndarm muss sich dies wieder ausgleichen, wenn nicht sehr viel unbenützt den Körper wieder verlassen soll. Ueber die Verdauung der eiweissartigen Stoffe der Hülsenfrüchte. Man hat zwar öfters den eiweissartigen Körper der Hülsen- früchte untersucht. jedoch mit ziemlich verschiedenen Ergebnissen. Diese Verschiedenheit der Angaben ist grösstentheils den ungleichen Bereitungsweisen zuzuschreiben, welche veranlasst haben, dass man verschiedene Stoffe mit abweichenden Eigenschaften unter dem Namen „Legumin“ beschrieben hat. Für die Frage, wie der ei- weissartige Stoff der Hülsenfrüchte im Magen verändert und zur Aufnahme in’s Blut tauglich wird, ist es indess nur wichtig zu wissen, welche Eigenschaften er im natürlichen Zustande besitzt, und wie er unter dem Einfluss der Siedhitze, der Säuren und des Pepsins sich verhält. Mikroskopisch untersucht, bieten die Erbse, Pisum sativum, und die Linse. Ervum lens, folgende Merkmale. Die Oberhaut be- steht aus einer Schichte von Zellen, deren Wände eigenthümlich verdickt sind. In den Zellen befinden sich nämlich lange viel- 194 eckige Prismen, welche die Höhle beinahe ganz ausfüllen und senk- recht auf der Oberfläche stehen. Schleiden *) leitet daher den Glanz, den diese Samen zeigen. Unter diesen kommt eine nicht scharf begrenzte, sich auch um den Embryo herum fortsetzende Lage kleinerer Zellen vor, mit einem stark zusammengeballten kör- nigen Inbalt, der sich durch Jod gelb färbt und nur wenige kleine Stärkmehlkörnchen enthält; Fett ist mikroskopisch nicht darin nach- zuweisen. Darauf folgt ein gleichmässiges parenchymatöses Gewebe, welches aus grossen abgerundeten Zellen besteht, die an den Ecken durch ziemlich grosse Zwischenräume getrennt smd. Lönglich runde Stärkmehlkörner, ohne deutliche Streifen und fast alle von gleicher Grösse, bilden den grössten Theil des Inhalts; zwischen dem Stärk- mehl kommt derselbe feinkörnige Stoff vor, welcher in den äusseren, kleineren Zellen vorherrscht. Prüfungsmitteln gegenüber zeigt dieser folgendes Verhalten. Durch destillirtes Wasser wird der Inhalt der unversehrten Zellen nur langsam aufgelöst, so dass nach 24 Stunden noch eine, wenn auch geringe Menge übrig bleibt; bei sehr dünnen Durchschnitten erfolgt dagegen die Auflösung so rasch, dass man fast meinen könnte, die Zellen enthielten gar keinen körnigen Stoff; Zusatz von Alkohol macht den Inhalt undurchsichtiger, wobei er zusammenschrumpft und sich von der Zellwand entfernt, jedoch ohne dass ein deutliches Häutchen (Mohl’s Primordialschlauch) sichtbar wird; die kömnige Beschaffenheit behauptet sich. Aether wirkt ungefähr auf gleiche Weise. Durch verdünnte Alkalien wird sogleich alles aufgelöst; Salze mit alkalischer Basis, Kochsalz, Chlorammoninm, bewirken ein starkes Verblassen des Inhalts, nur eine das Licht sehr schwach brechende. bröcklige Masse bleibt übrig, die bloss bei einer sehr kleinen Blendung sichtbar ist; Kalksalze vermehren die Menge des körnigen Stoffs, machen ihn undurchsichtiser und ertheilen den Körnehen eine schärfer ausgeprägte Form. Durch verdünnte Essig- säure werden die Körnchen deutlicher; ein Niederschlag entsteht *) Grundzüge der wissenschaftlichen Botanik, S. 387. 195 nicht bloss innerhalb, sondern auch ausserhalb der Zellen, wenn der Durchschnitt eine Zeit lang in Wasser gelegen hat. Starke Essigsäure wirkt ungefähr auf gleiche Weise; der Niederschlag wird hierdurch nicht verringert. Die Einwirkung von Mineralsäuren, Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure ist dagegen sehr ver- schieden je nach dem Stärkegrad. Durch sehr verdünnte Salzsäure (2000 bis VER, entsteht. sowohl innerhalb als ausserhalb der Zellen, ein stark körniger Niederschlag; in einer dichteren Säure (*/joo bis 1/40) dagegen wird der Inhalt ganz gelöst, höchstens bleibt eine schwach lichtbrechende, kaum sichtbare Flüssigkeit zurück; noch stärkere Säure ('/, bis 1/,) erzeugt wieder eine sehr dichte körnige Masse. Die blaue Färbung durch starke Salzsäure konnten wir nur un- vollständig beobachten, und nur ziemlich schwach die gelbe Farbe nach Einwirkung rauchender Salpetersäure und darauf folgendem Zusatz von Ammoniak. Die rothe Farbe durch Schwefelsäure und Zucker wird zumal nach einiger Zeit sehr deutlich; die Stärkmehl- körner erhalten sich hierbei in den meisten Fällen, was bei starker Salpetersäure nicht der Fall ist; die Zellstoffwände dagegen werden undeutlicher; der ganze Durchschnitt hat eine gleichmässig rothe Farbe, die auch ohne Zusatz von Zucker entsteht; der Inhalt der Zellen, so weit er Stickstoff führt, ist aufgelöst. Die Erwärmung bis auf 100° lieferte einigermassen verschiedene Ergebnisse, je nachdem langsam oder schnell erwärmt wurde. Bei sehr rascher, aber kurz dauernder Erwärmung waren die meisten Stärkmehikörner noch vorhanden, freilich in aufgequollenem Zustande; das körnige Protoplasma ging hierbei in eine hellgelbe, mehr zusammenhängende, das Stärkmehl umsehnürende Masse über; Zusatz verdünnter Säuren veränderte nun den Inhalt nicht mehr und erzeugte auch nur einen geringfügigen Niederschlag in der Umgebung des Durchschnitts; bei langsam eingeleitetem, aber lange fortgesetztem Kochen waren die Zellen aus einander gewichen; einige waren geborsten, in an- deren war das Stärkmehl verschwunden; der Inhalt, soweit er Stick- stoff führt. war vermindert, allein er zeigte noch dieselbe Anord- nung, indem er durch breite Streifen ein Netz bildete, dessen 196 Maschen den nicht mehr sichtbaren Stärkmehlkörperchen entsprachen. In der Flüssigkeit entstand durch Säurezusatz ein Niederschlag. Siedhitze bringt also eine Molecularveränderung an dem In- halt der Zellen hervor, indem dieser vollständig gerinnt, wenn er sich nicht durch vorhergegangene Auflösung in Wasser hinlänglich hat verdünnen können, unvollständig, wenn dies wohl der Fall ge- wesen ist. Dass die durch Wärme erzeugte Gerinnung vorzugs- weise hiervon abhängen dürfte, geht auch daraus hervor, dass das Filtrat von Erbsenmehl, welches in kaltes Wasser gebracht und dann gekocht wurde, durch Essigsäure viel stärker niedergeschlagen wird, als wenn das Mehl sogleich mit siedendem Wasser behandelt worden. Nach dem Zusatz einer geringen Menge Kochsalz, also bei grösserer Verdichtung der Lösung, wurde das Filtrat durch Säuren sogar durchaus nicht getrübt. Die Gerinnung ist also hier vollständig, da auch nach dem Abdampfen kaum ein organischer Rückstand erhalten wird. Ebenso wie zur Bereitung von Fleisch- brühe ist es also auch zur Gewinnung einer kräftigen Erbsensuppe vortheilhaft, wenn man die Erbsen kalt aufstellt und sie langsam erwärmt. Wenn man Erbsenmehl mit Wasser behandelt, erhält man, nach Abscheidung der Stärke, eine Auflösung des Legumins, wie es in den Erbsen enthalten ist. Nur selten ist sie ganz klar; die Trübung, welche, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, von ungelöst gebliebenen Theilchen herrührt, verschwindet auf den Zusatz von etwas Kochsalz oder verdünntem Alkali. Selbst wenn sie frisch bereitet wurde, ist sie immer schwach sauer. Ob diese Flüssigkeit durch Lab gerinnt, oder nicht, darüber sind die An- gaben der Schriftsteller verschieden. Wiederholt haben wir einen ganz neutralen Auszug eines Kalbsmagens einer frischen Legumin- lösung zugesetzt, und immer entstand ein starkes Gerinnsel, wenn die Flüssigkeit sehr kurze Zeit hindurch einer Wärme von 38° ausgesetzt gewesen war, während in derselben Flüssigkeit. unter gleichen Umständen, ohne dass Magensaft zugesetzt war, keine Trü- bung entstand. Bei schwach alkalischen Lösungen war der Ein- » fluss des Labs auf die Entstehung des Niederschlags so deutlich 197 nicht. Erst nach einigen Stunden gerannen beide Auflösungen, sowohl mit, wie ohne Magensaft, durch Säurebildung in der Flüs- sigkeit. Es scheint auch, dass Lab, wenigstens bei Verdauungs- wärme *), die Gerinnung des Käsestoffs durch beschleunigte Säure- bildung veranlasst. Nach Skrzecka**) gerinnt reiner Käsestoff so wenig wie das Natron-Albuminat; beide Stoffe dagegen, wenn Butter und Milchzucker zugesetzt sind, und zwar am besten, wenn das Verhältniss dieser Stoffe dasselbe ist, wie in der Milch; als ein Kennzeichen des Käsestoffs hat also dieses Merkmal viel von seinem Werth eingebüsst. Sei dem, wie ihm wolle: durch den sauren Magensaft gerinnt die Milch, sowohl innerhalb als ausserhalb des Körpers; dies ist auch der Fall mit dem frischen Auszug von Erbsen. In den Magen eines Kaninchens, das einige Tage lang ausschliesslich mit Brod gefüttert war, wurde eine gewisse Menge der letzteren Flüssigkeit durch einen Katheter eingeführt, und das Thier bald darauf ge- tödtet. Trotz der Nahrungsweise, der es unterworfen gewesen war, fanden sich noch Ueberbleibsel grünen Futters in dem Magen; allein es zeigten sich deutlich zahlreiche kleine weisse Flocken zwi- schen den vorhandenen Stoffen. Durch das Filtrat des Inhalts wurde auch eine neue Menge des Erbsenauszugs stark gefällt. Bei einer Wiederholung des Versuchs bekam ich dieselben Ergebnisse; auch jetzt waren viele kleine Flocken sichtbar, die sich jedoch nicht zu grösseren Klumpen zusammengeballt hatten, wie man sie nach dem Genuss von Milch im Magen saugender Kälber findet. Wie das körnige Protoplasma in den Zellen der Erbsen, so wird auch eine Lösung von Legumin in Wasser durch verdünnte Salzsäure niedergeschlagen und durch eine grössere Säuremenge wieder aufgelöst. Der zur Auflösung erforderliche Säuregrad be- *) Um alkalische Milch durch Lab zur Gerinnung zu bringen, so dass auch später die Reaction noch dieselbe bleibt, muss höhere Wärme angewendet werden, (Heintz, Selmi, in Ludwig’s Physiologie, Bd. IL, S. 407.) **) Dissertatio inauguralis Regimonti. Quaeritur, quomodo caseinum et natrum albuminatum pepsino afficiantur. 198 trägt 1/0; niemals aber ist die Säure im Magen so stark; unmittel- bare Auflösung ist also nicht zu erwarten; nach einer längeren Einwirkung kann jedoch eine verdünntere Säure dasselbe bewirken. Hierüber haben die folgenden Versuche, welche mit verdünnter Säure allein und mit Magensaft angestellt wurden, Aufschluss gegeben. Eine Wiederauflösung des durch verdünnte Salzsäure oder durch schwach sauren Magensaft in der Erbsenlösung entstandenen Niederschlags trat ein oder nicht, je nach dem Mengenverhältniss der beiden Flüssigkeiten. War der Säuregrad der Auflösung, nach Erzeugung des Niederschlags, sehr gering, das heisst unter %/;oo, und zugleich die Leguminlösung sehr stark, also auch die Menge der in ihr vorhandenen Salze gross, dann wurde nichts aufgelöst, nicht einmal durch die Einwirkung von Pepsin, nachdem das Ge- menge mehre Tage einer Wärme von 38° ausgesetzt gewesen war. Um dies noch sicherer zu entscheiden, wurde von einem Theil der Leguminlösung der in einer sehr geringen Säuremenge entstandene Niederschlag abfiltrirt, während in einem anderen Theil der Flüssig- keit der Niederschlag blieb. Nachdem beide fünf Tage lang bei Verdauungswärme in einem Brütofen gestanden hatten, wurde nun auch der noch vorhandene Niederschlag entfernt und die beiden Filtrate mit einander verglichen. Das Verhalten gegen alle Prü- fungsmittel, Siedhitze, Gerbsäure, Säuren, Metallsalze war dasselbe; wenn sich während jener Zeit etwas aufgelöst hätte, so wäre dies nicht möglich gewesen. - e ‚ Wenn indess der Säuregrad nur etwas stärker war, besser noch wenn der Niederschlag nach dem Filtriren mit emer neuen Menge verdünnter Säure vermischt ward, löste sich derselbe nach einiger Zeit vollkommen auf, während hierfür die Gegenwart von Pepsin nicht erforderlich schien. Es ist hierbei gleichgültig, ob der Niederschlag durch Essigsäure oder durch verdünnte Salzsäure entstanden ist; allein die Auflösung erfolgt nur durch letztere. Beachtenswerth ist noch, dass nicht bloss durch Siedhitze, sondern auch schon durch das Trocknen des in der frischen Lösung ent- 199 standenen Niederschlags dessen Auflösungsfähigkeit in verdünnter Säure verloren geht; nur unter dem Einfluss künstlichen Magen- safts kann darauf der Aggregationszustand verändert werden. Die Wärme von 38° hat auch hier nur eine beschleunigende Wirkung; sie ist nicht unerlässlich für die Auflösung. Bei einer Verglei- chung mit der Auflösung von gekochtem, Eiweiss in künstlichem Magensaft ergab sich, dass der Säuregrad, welcher dieses am besten bewältigte, auch von dem aus frischem Erbsenauszug gefällten Legumin am meisten löste, und dass sogar nach einer sehr langen Zeit, ebenso wie beim Eiweiss, keine vollkommene Lösung erfolgte, wenn die Säuremenge zu gering war. Nachstehende Zahlen mögen Ersteres beweisen: In 25 Kubik-Centimeter Magensaft vermindert sich das Ge- wicht, welches für die bei 100° getrockneten Stoffe berechnet - wurde, in 7 Stunden bei 38°: j Für Legumin: auf 1 Gramm berechnet zamit %ıo0 HC. von 0,915 zu 0,006 1:0,0065 mity.. H Cl. von 0,607 zu 0,02 1: 0,033 mit !/oo H Cl. von 1,14 zu 0,14 1: 0,123 Für Eiweiss: mit %/,00 Säure von 0,28 zu 0,004 1:0,014 mit 1/,00 Säure von 0,409 zu 0,06 1:0,171 mit %/,00 Säure von 0,334 zu 0,100 1:0,329. Das Legumin wurde aus einem frischen, klar durchgelaufenen Erbsenauszug durch Essigsäure niedergeschlagen, und nachdem es mit Wasser gewaschen war, feucht gewogen. Wie schon beim Kleber bemerkt wurde, es kann diesen Zahlen nur ein vergleichender Werth beigelegt werden; dass sich bei diesen Versuchen im Ganzen so viel mehr Legumin als Eiweiss und be- sonders so viel mehr als Kleber auflöste, ist nieht auffallend, weil dieser Stoff in sehr fein vertheiltem Zustande, nachdem er bereits it Säure in Berührung gewesen, in die Flüssigkeit gebracht wurde. ride diese Umstände sind der Auflösung günstig, während Eiweiss 200 und auch Kleber als feste, zusammenhängende Körper viel lang- samer von den Verdauungssäften angegriffen werden. Unter den Schriftstellern, die über die Veränderungen der Nahrungsstoffe im Magen gehandelt haben, fanden wir nur bei Mulder und Frerichs etwas über Legumin verzeichnet. Mulder berichtet Folgendes *): „Das Legumin erleidet eine ähnliche Veränderung wie einer der beiden Hauptbestandtheile des ehemaligen Käsestoffs, nämlich der lösliche. Eine wässerige Auflösung des Legumins zum Bei- spiel, die dadurch bereitet wurde, dass man Erbsen, Bohnen, Man- deln, Hafer mit kaltem Wasser auszog, giebt mit Salzsäure einen Niederschlag, in der Verdauungswärme wird dieser Niederschlag für Erbsen wieder gelöst, der von Mandeln herstammende dagegen viel langsamer.“ „Für unseren jetzigen Zweck ist es hinreichend, dass von Erbsen, Bohnen u.s. w. das Legumin im Magen erst gerinnt und darauf unter dem Einfluss derselben Säure sich wieder auflöst; dass jene Fällung, ebenso wie beim Käsestoff, durch Essigsäure bewirkt werden kann, dass aber Essigsäure die Auflösung für beide Stoffe in der Verdauungswärme nicht herbeiführt, so dass eine andere Säure oder diese und ein organischer Stoff zur Wiederauflösung beider- erfordert wird.“ Frerichs sagt**): „Legumin, aus Linsen dargestellt, verhielt sich gegen Magensaft wie Kleber, es löste sich in kurzer Zeit; die Flüssigkeit blieb aber trübe.“ Auf welche Weise er sein Legumin bereitet hat, giebt er nicht an; allein es ist wahrscheinlich, dass er den durch Säuren entstandenen Niederschlag untersucht hat. Kleber löst sich, nach Frerichs, sowohl in verdünnten Säuren, wie in Magensaft, auf. Die Angaben von Mulder und Frerichs stimmen also gut überein mit den oben erwähnten Ergebnissen. *) Physiologische Scheikunde, S. 1063, 1064. **) Wagner’s Handwörterbuch, Art Verdauung, S. 811. 201 Mulder spricht nur von der Art der Säure und nicht von deren Stärke; der Niederschlag in der Milch wurde aber, nachdem derselbe ausgewaschen war, also ausserhalb der Flüssigkeit, in welcher er entstand, zur Auflösung gebracht; das Gleiche kann auch für das Legumin angenommen werden. Obgleich sich das Legumin sowohl in verdünnter Säure allein, wie in Magensaft, auflöst, sind doch die Eigenschaften der gewon- nenen Lösungen von einander verschieden, gerade so wie bei an- de, in blosser Säure löslichen Eiweisskörpern. In dem einen Fall haben sich Peptone gebildet. im anderen nicht. Der grösste Unterschied zwischen beiden besteht auch beim Legumin darin, ob die Lösung durch Sättigung mit einem Alkali wohl oder nicht ge- fällt wird: Säuren erzeugen in beiden Lösungen je nach ihrer Stärke bald einen Niederschlag, bald nicht; Siedhitze verändert beide nicht; Metallsalze haben meist eine verschiedene Wirkung. Eisen- kaliumeyanid bringt in beiden einen schwachen Niederschlag hervor; schwefelsaures Kupfer in der Peptonlösung nicht, u.s.w. Für den Uebergang in das alkalische Blut ist diese auch beim Legumin stattfindende Umsetzung von der höchsten Bedeutung. Denn ohne die Umwandlung in Pepton, d.h. ohne so beschaffen zu sein, dass es bei der Sättigung mit Alkalien gelöst bleibt, kann es nicht auf gesogen werden. ‘ In den Erbsen gerinnt das Legumin, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, durch Siedhitze; dies ist auch meistens der ‚Fall mit einer Auflösung in Wasser. Weshalb diese Gerinnung bisweilen ausbleibt, kann hier nicht näher untersucht werden; Zu- satz verschiedener Salze, ein geringer Unterschied im Verhalten gegen Pflanzenpapiere *#) ändern auch bei den übrigen eiweissar- tigen Körpern den Einfluss der Siedhitze so bedeutend, dass kein hinlänglicher Grund mehr besteht, das bei 100° in einem frischen *) Wenn man die Flüssigkeit schwach alkalisch gemacht hat, dann gerinnt sie . durchaus nicht beim Sieden, es bilden sich vielmehr nur Häutehen beim Ab- dampfen. Moleschott, Untersuchungen. Il 14 202 Erbsenauszug entstehende Gerinnsel für pflanzliches Eiweiss zu halten. Lieberkühn zumal hat gezeigt, dass der Käsestoff unter gewissen Umständen auch bei 100° gerinnt, obwohl keine Spur von Eiweiss in der Milch gefunden wird. Jedenfalls konnten wir, so oft wir dieses Gerinnsel untersuchten, in dem Filtrat weder durch Säuren. noch durch Abdampfen, irgend einen anderen Körper nachweisen; hier war also wohl die ganze Menge des eiweissar- tigen Stoffs, wie er in den Erbsen sich findet, gefällt. Im Ver- halten zum Magensaft ist er jedoch von geronnenem thierischem Eiweiss gar nicht verschieden; durch Säuren allein wird er nicht aufgelöst, wohl durch Pepsin und eine ‚verdünnte Säure, und zwar am besten, wenn die Säure den Stärkegrad hat, welcher für Ei- weiss der geeignetste ist. Roh gereichen die Erbsen namentlich den meisten pflanzen- fressenden Vögeln zur Nahrung; im Kropf, der denn auch für die Verdauung nicht gerade erforderlich zu sein scheint *), erleiden sie keine oder kaum eine Veränderung, aber durch das dicke, harte Epithel des Fleischmagens werden sie fein vertheilt und für die Einwirkung des Magensafts vorbereitet. Genaue Säurebestimmungen sind für den Magensaft der Vögel nicht bekannt; Berlin **) und Frerichs ***) fanden die Röthung des Lackmuspapiers im Speisebrei sehr deutlich, und wir haben diese Angabe immer bestätigen können; dies widerspricht wenig- stens der Ansicht nicht, dass die Säuremenge hier ziemlich be- trächtlich ist. Sowohl roh, als gekocht löst sich Legumin reichlicher in einer stark sauren als in einer schwach sauren Verdauungs- flüssigkeit; dass die Bedingungen zur Auflösung einer grossen Menge des Legumins demnach im Magen der Vögel vorhanden sind, ist, ohne bewiesen zu sein, nach der starken Röthung des *) Neergard, vergleichende Anatomie und Physiologie der Verdauungswerkzeuge der Vögel. Berlin 1806, S. 168. Die Entfernung des Kropfs hatte keine nachtheilige Wirkung. **) Nederlandsch Lancet, 3. Serie, II. *#**) Artikel Verdauung, S. 780. van 203 Lackmuspapiers für wahrscheinlich zu halten; dass indess der ge- sammte Gehalt der Erbsen an eiweissartigem Stoff durch die Ver- dauungswerkzeuge der Vögel, insbesondere durch den Magensaft ausgezogen wird, ist nicht mit Sicherheit anzunehmen, da Berlin noch tief im Darmkanal ganz geschlossene mit Stärkmehl (auch mit Protoplasma?) gefüllte Zellen antraf, Dass Pepsin in den Zellen des Drüsenmagens vorkommt, beweisen die Versuche von E. Home *), der Milch durch den Inhalt der Drüsen aus dem Magen eines Truthahns gerinnen sah, und die von Berlin, der, indem er den Drüsenmagen einer Taube mit verdünnter Säure behandelte, eine Flüssigkeit erhielt, welche Eiweiss leicht auflöste. Künst- licher Magensaft, den wir aus dem Drüsenmagen einer Gans und einprocentiger Säure bereiteten, verwandelte Eiweiss in sein Pepton. Für die Verdaulichkeit der Erbsen in den Verdauungswerk- zeugen des Menschen ist es ein Haupterforderniss, dass die Ober- haut entfernt sei. Wenn diese zugegen ist, dann können die Ver- dauungssäfte durchaus nicht auf den Inhalt der Zellen einwirken; durch längeres Kochen jedoch bersten diese, gleichwie die meisten Zellen; das Stärkmehl quillt auf, und das zum Theil geronnene, zum Theil aufgelöste Legumin ist nun für die Umsetzung vorbereitet. Um Brod daraus zu backen scheinen sich die Erbsen nicht gut zu eignen; dem Roggenmehl wird hier und da zu diesem Be- hufe etwas Erbsenmehl zugesetzt; allein die daraus gebackenen Brode sind wenig geachtet. Ein Brod, das wir aus reinem Linsen- mehl backen liessen (Erbsenmehl war im Augenhlick nicht zu haben), war schwer und fest, beinahe gar nicht aufgegangen. Alle, die es versuchten, fanden es nicht schmackhaft. Es schien auch nicht rasch aus dem Magen zu verschwinden, da wir durch oft wiederholtes Aufstossen den ganzen Tag an den unangenehmen Ge- schmack desselben erinnert wurden. Weil der zähe Kleber, welcher das Aufgehen bedingt, in den Erbsen fehlt, so kann das Erbsen- *) On tlıe coagulating power of the seeretion of the gastrie glands. Philoso- phical transactions for the year 1813, 14* 204 mehl, abgesehen vom fremden Beigeschmack, auch nicht in die Form eines guten Brodes gebracht werden. In einigen Gegenden der Donau-Fürstenthümer lebt die Be- völkerung nach einer mündlichen Mittheilung von Prof. Schrötter in Wien auschliesslich von Erbsen und befindet sich wohl dabei; dies beweist deutlich, dass Erbsen auch für den Menschen ein gutes Nahrungsmittel darstellen, und dennoch scheinen Viele diese Hülsen- frucht nicht gut zu vertragen. Ihrer „aufblähenden Wirkung“ halber missbilligte Oppolzer in seinen klinischen Vorlesungen den Ge- nuss von Erbsen, Bohnen u. s. w. in den meisten Fällen von Ver- dauungsstörungen, gleichviel woher diese rührten; Bamberger giebt dasselbe an in Virchow’s specieller Pathologie. Hiermit stimmt eine Beobachtung von Helm überein *): er verschluckte gut gekochte, in ein Säckchen eingenähte Erbsen und fand dieselben zwar ziemlich gut verdaut, aber mit Luft gefüllt wieder; nur von den Erbsen berichtet er dies. In den Amsterdammer Krankenhäusern dagegen besteht ein oder zweimal wöchentlich die Kost der Kran- ken und Genesenden aus Erbsen; sie werden gut vertragen und es ist keine nachtheilige Wirkung davon bekannt. — In seiner Streit- schrift gegen die Revalenta arabica**) erwähnte auch Friekhinger, dass schon in den ältesten Zeiten die Urtheile über die Verdaulich- keit der Hülsenfrüchte sehr verschieden waren. — Das Legumin zeigt hierin wieder eine Aehnlichkeit mit dem Käsestoff. Sehr viele Erwachsene vertragen die Milch nicht; ziemlich bald müssen sie den regelmässigen Genuss derselben aufgeben; und hierauf grün- det sich das Trinken der Molken statt frischer Milch. Dass Form und Beschaffenheit des durch Lab erzeugten Gerinnsels für ver- schiedene Milcharten ungleich sind, wies Elsässer nach ***); der *) Zwei Krankengeschichten von Jacob Helm. Wien 1803. Dieser bekannte Wiener Arzt hat zuerst (lange vor Beaumont) Versuche über die Ver- dauung bei einer Frau mit einer Magenfistel angestellt. **) Revalenta arabica des Du Barry. Ein grossartiger Betrug. Nördlingen1854. *+*) Die Magenerweichung der Säuglinge. Siehe "’ehmann, Lehrbuch der phy- siologischen Chemie, Bd. II.. S. 29° 205 weichere Käsestoff der Muttermilch soll deshalb vom Kindermagen leichter verdaut werden, als das viel mehr zusammengeballte Ge- rinnsel aus Kuhmilch. Gleiche Beobachtungen hat Lammerts van Bueren angestellt *). Auf gleiche Weise wird auch die verschiedene Bereitung der Erbsen zur Löslichkeit des Legumins viel beitragen. So entsteht z.B. durch das Kochen in sogenanntem hartem Wasser eine in Säuren unlösliche Verbindung mit den darin vorhandenen Kalksalzen. Allein sogar bei denselben Speisen zeigen sich bei verschiedenen Ein- zelwesen, schon in gesunden und mehr noch in kranken Verhält- nissen, so viele Verschiedenheiten, dass man hierfür wohl nie eine erschöpfende Erklärung finden wird. Beachtungswerth ist indess die Angabe von Bidder und Schmidt **), nach welcher die Spei- chelabsonderung bei allen jungen saugenden Thieren fehlt, während auch die mit Wasser zerriebenen Speicheldrüsen junger Kinder und Kälber, die schon etwas älter waren, nur sehr unvollkommen ge- kochte Stärke in Zucker umwandeln. Zu der Zeit also, in welcher die Milch die einzige Nahrung der Jungen darstellt und der Lab- ”y Nederlandsch Lancet, 2. Serie, Bd. IV., S. 733. Lammerts van Bueren fand durch vergleichende Versuche nicht bloss, dass das Gerinnsel der Frauenmilch vom Kindermagen leichter gelöst wird als das von Kuhmilch, sondern auch, dass letzteres leichter von Kälberlab bewältigt wird. Einige merkwürdige Beobachtungen, welche auch einen Unterschied in der Gerinnung verschiedener Milcharten darthun, führt Helm S.11 mit folgenden Worten an: „Die Menschen-, Kuh-, Ziegen- und Eselsmilch gerann allezeit auf der Stelle, sie mochte durch den Mund, oder durch die ausserordentliche Oeffnung des Magens in denselben gebracht worden sein; nur dann ver- zögerte sich diese Erscheinung, wenn der Magen vorher mit Wasser oder einer anderen Flüssigkeit gut ausgespült war, vermuthlich, weil der Magen- saft in diesem Augenblicke mangelte; denn nach einigen Minuten, als sich dieser neuerdings absonderte, war die Milch wieder geronnen. Die Eselsmilch brauchte die längste Zeit zum Gerinnen. Der Topfen von Menschenmilch war züher und dicker; nichts desto weniger war er, so wie die anderen nach drei Stunden vollkommen verdaut.“ #*) Die Verdauungssiüfte, 8. 22 206 magen der Wiederkäuer die übrigen Magen an Grösse bedeutend übertrifft, fällt die Hauptbedingung eines geringen Gehalts an freier Säure im Magensaft, nämlich die Sättigung durch den Speichel, hinweg, so dass der unvermischte Magensaft auf den geronnenen Käsestoff einwirken kann, da die Molken nach den Angaben von Schröder und Frerichs bald aufgesogen werden. Gerade in den Fällen, in welchen Frerichs im Magen der Kinder harte unverdaute Käsestoffgerinnsel antraf, fand er den Inhalt sehr schwach sauer, wie er sagt; im Gegensatz zu der allgemein angenommenen Ansicht, dass diese krankhafte Milchverdauung in einer vermehrten Säurebildung begründet wäre. Im Allgemeinen steht es fest, dass für die meisten Menschen die Hülsenfrüchte, wenn sie nur gut zubereitet werden, eine ausge- zeichnete Nahrung bieten; bei dem Verhalten des Legumins zu dem gewöhnlich. geringen Säuregehalt des menschlichen Magens, wird also für diesen Körper mehr noch als für den Kleber die auflösende Wirkung der Flüssigkeiten des Dünndarms in Betracht kommen müssen, um eine hinlängliche Aufsaugung desselben zu erklären. Die Untersuchung dieses Gegenstandes lag ausserhalb der uns gesteckten Grenzen, indem wir durch die Form des auf die eine oder auf die andere Weise niedergeschlagenen Legumins. die es unmöglich macht, dasselbe in Beutelchen einzuschliessen, namentlich aber durch Mangel an Zeit genöthigt waren, weitere Untersuchungen am lebenden Thier zu unterlassen. X. Gegen eine neue Theorie der F'aserstoffgerinnung. Von G. Zimmermann. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. In Sachen Faserstoff muss ich noch einmal die Feder ergrei- fen, um mich gegen Vorwürfe, die Sie, geehrter Herr Professor, vielleicht im Stillen bereits gegen mich erhoben haben, zu ver- theidigen. Ich darf nämlich wohl annehmen, dass Sie im British Athenäum (1505) oder in Froriep’s Notizen (No. 1, IV. Bd. 1856) eine Hypothese über den nächsten Grund der Faserstoffge- rinnung gelesen haben, die von der meinigen, der Sie einen Platz in Ihren „Untersuchungen zur Physiologie“ einzuräumen die Güte hatten, total abweicht. Beide mögen zu gleicher Zeit publieirt worden sein, und ich könnte dem physiologischen Publicum die Wahl zwischen beiden in aller Ruhe überlassen, wenn ich nicht wer weiss wie oft die Erfahrung hätte machen müssen, dass die ausländischen Fabrikate bei uns noch immer für besser gehalten werden, als die eigenen, und dass Kritik gerade in Sachen „Blut“ so sehr mangelhaft geübt wird. Das englische Organ, aus dem die Miscelle in Froriep’s Notizen entlehnt ist, steht mir nicht zu Gebote, ich kann daher nur nach dieser referiren, dass Dr. B. W. Richardson die Ent- deckung gemacht hat, dass jedes Blut flüchtiges Ammoniak (am- mon. carbon.) enthält, dem dasselbe seinen flüssigen Zustand ver- 208 dankt. Sowie jene Verbindung aus dem gelassenen Blute ent- wichen ist, gerinnt es; indem Richardson alle früheren Hypothe- sen über die Fibringerinnung mustert und die seinige mit allen diese betreffenden Phänomenen zusammenhält, gelangt er zu dem Schlusse, dass er den einzigen und wahren Grund der Bluteoagu- lation gefunden habe. Zum Glücke trifft mich diese Hypothese nicht unvorbereitet: denn mag Richardson die flüchtige Ammoniakverbindung im Blute selbständig gefunden haben oder nicht, und mag es sich ebenso mit dem Gedanken verhalten, dass ihr Entweichen aus dem Blute die Gerinnung desselben bedingt, ich kann beweisen, dass ich bereits im Jahre 1851 den Gehalt des gesunden und kranken Blutes an flüchtigem Ammoniak gekannt und die Mög- lichkeit einer Beziehung desselben zur Gerinnung des Faserstoffs aufgestellt habe. Es war bei Gelegenheit einer mir von Vierordt aufgetra- genen Recension des Frerichs’schen Buchs über die Bright’sche Krankheit, in specie dessen Uraemie-Hypothese, dass ich gesundes und krankes Aderlass- und Schröpfblut auf seinen Gehalt an „koh- lensaurem Ammonium“ untersuchte: der halitus sanguinis ergab an einem mit Salzsäure befeuchteten Glasstabe stets so starke (Salmiak?) Nebel, dass an der Existenz einer flüchtigen Ammo- niakverbindung im circeulirenden venösen Blute kein Zweifel sein konnte. Am Schlusse meiner Mittheilung hierüber in No. 52 der medieinischen Zeitung des Vereins für Heilkunde in Preussen (1851) bemerkte ich ausdrücklich, dass ich untersuchen wolle, ob das Entweichen des Ammoniaks aus dem Blute die Ur- sache der Gerinnung sein könne, Im Verfolg dieser Untersuchungen überzeugte ich mich sehr bald, dass jener Gedanke, der jetzt von Richardson als neu und eigenthümlich aufgestellt worden ist, Nichts für sich habe, und da ich bald eine Reihe unzweifelhafter Thatsachen fand, die mir den wahren Grund der Blutgerinnung zu enthalten schienen, so habe ich desselben in meiner Abhandlung über den Faserstoff (s. diese 209 „Untersuchungen“, Band I. Heft 2) nicht einmal Erwähnung gethan. Es hätte dies sehr gut S. 102 geschehen können, wo ich der Scuda- more’schen Ansicht gedachte, dass die im Blute vorhandene Koh- lensäure die Ursache seines flüssigen Zustandes sei und deren Entweichen die Gerinnung des Fibrin bewirke, eine Ansicht, die ‘noch etwas mehr für sich hatte als die Richardson’sche, da be- wiesen ist, dass die Kohlensäure einen Einfluss auf die schnellere oder langsamere Coagulation des Faserstoffs hat. Sollte ein exacter Beweis für jene Hypothese angetreten wer- den, so müsste zunächst feststehen, welcher Natur jene flüchtige Ammoniakverbindung des Blutes ist, die im Halitus sanguinis ent- weicht. Dass sie kohlensaures Ammonium sei, ist durch die Nebel, die sich am Glasstabe, der mit Salzsäure befeuchtet ist, bilden, nicht bewiesen: rothes Reagenspapier wird dadurch nicht gebläut, und der Geruch des Halitus sanguinis, der so sehr verschieden ist, spricht ebenfalls nicht für ammon. carb., vielmehr für einen am- moniakhaltigen Riechstoff, ähnlich wie ihn die Pflanzenblüthen ent- senden. Ferner ist zu bedenken, dass diese flüchtige Ammoniak- verbindung nicht unbedingt als der Blutflüssigkeit zugehörig zu be- trachten ist, sie kann vielmehr in gewissen zelligen Elementen des Blutes enthalten sein und endlich, wäre sie im Plasma gelöst, so müsste doch erst durch exacte Versuche bewiesen sein, dass sie es ist, die den Faserstoff vor dem Gerinnen schützt und dass ein Mehr oder Weniger von ihr die Coagulation desselben verzö- gert oder beschleunigt. Richardson müsste diese flüchtige Am- moniakverbindung isolirt darstellen und in ihr Blut auffangen, um die Abänderung in den Gerinnungszeiten u. s. w. studiren zu kön- nen u. #.w. Diese Gewinnung von halitus sang. in grösserer Menge wird zwar ihre Schwierigkeiten haben, sie ist aber möglich; eine Destillation von Blut, wie sie schon von Türck u. A., die Salmiak darin gefunden zu haben glaubten, vorgenommen ist, dürfte jedoch kein reines Resultat liefern, weil die Bildung kohlensauren Am- moniaks während des Destillirens nicht von der Hand zu weisen ist. Denn vom theoretischen Standpunkt aus muss man zugeben, 210 dass das Blut, sobald es das Gefässsystem verlassen hat, der Fäul- nies verfällt, und dass deren erste Anfänge schon Ammoniak lie- fern, wodurch jedoch die Gerinnung des Blutes nicht verhindert wird. Um den flüssigen Zustand des Blutes, während es eireulirt, erklärlich zu finden, hat man wohl nicht nöthig, das flüchtige Am- moniak des Blutes anzusprechen: die fixen Salze der Blutflüssig- keit genügen, den Faserstoff flüssig zu erhalten, wenn derselbe nicht überhaupt wie das Casein in der Milch so lange gelöst bliebe, als ihn nicht ein Contactkörper trifft, der die Lagerung in seinen Atomen oder seine chemische Constitution so ändert, dass er in den festen Zustand übergehen muss. Vor der Bildung dieses „ge- eigneten“ Fermentkörpers ist das Blut aber natürlicherweise so lange geschützt als es eirculirtund seine Hämatin-Zellen „leben“, und sie scheint umso langsamer vor sich zu gehen, je mehr das Blut vor der direeten Einwirkung der atmosphärischen Luft geschützt ist. Sollte das Entweichen der flüchtigen Ammoniak - Verbindung der einzige Grund der Faserstoff-Gerinnung sein, so wäre nicht recht einzusehen, wie das Blut in unterbundenen Gefässen, im Her- zen, in Aneurysmen, in entzündeten Gefässen, wie in Exsudaten, die von der äusseren Luft vollständig abgeschlossen sind, u. s. w. der Faserstoff gerinnen kann. Wer möchte annehmen, dass das flüchtige Ammoniak aus dem Bluterguss bei Apoplex. sang. im Ge- hirn entweicht und dass dann erst Gerinnung eintritt, und wer vermöchte einzusehen, weshalb sich um Hollunderstückchen, die in ein grösseres Gefäss gebracht werden, eine Blutgerinnung bil- det, da dem Entweichen von Ammoniak gar keine Möglichkeit ge- geben ist? u. s. w. Der Riechardson’schen Hypothese stehen aber vorzüglich meine Beobachtungen entgegen, die darthun, dass die Fäulniss fibrinhaltiger Flüssigkeiten deren Gerinnung beschleunigt; durch Salze flüssig erhaltene Blutflüssigkeit gerinnt von selbst, wenn sie faul geworden ist: dabei entwickelt sich stets kohlensaures Ammo- niak und dieses, das zum "Theil entweicht, vermag die Coagu- 211 lation nicht zu verhindern. Faulende Flüssigkeiten, die ebenfalls Ammoniak enthalten, beschleunigen die Gerinnung auffallend, sie können in’s Blut gespritzt dies gerinnen machen; in’s Gefässsystem gespritzte Exsudate, die als in den ersten Anfängen beginnender Fäulniss begriffen zu betrachten sind, d. h. einer Zersetzung, wie sie im kranken Organismus möglich ist, wirken ähnlich wie pu- tride Materien, und in den Capillaren „entzündeter“ Theile scheint es unter dem Einfluss der abnormen und gesteigerten Oxydations- Processe ebenfalls zur Bildung von Fermentkörpern zu kommen, die die Gerinnung des Fibrin veranlassen können u. s. w. Sollte die Richardson’sche Hypothese anscheinend die langsamere Gerinnung des venösen Blutes im Gegensatz zum ar- teriellen dadurch genügend erklären, dass man annimmt, jenes ent- halte mehr flüchtiges Ammoniak, weil es beim Passiren der Lun- gencapillaren davon verliert, so wäre erstens zu beweisen, dass die Lungenexhalation kohlensaures Ammoniak enthält, was in ganz exacter Weise nicht recht geschehen kann, und dass das arterielle Blut ärmer daran ist, was die Versuche mit dem mit Salzsäure befeuchteten Glasstabe nicht stringent darthun, und zweitens spre- chen gegen jene Erklärung die Versuche über die Differenzen der Gerinnungszeiten des arteriellen und venösen Blutes, wenn man es in Salzlösungen aufgefangen hat. Ich habe in meiner Abhandlung (8. diese Untersuchungen, Band I. S. 146) sub 9 einen derartigen Versuch mitgetheilt, der beweist, dass selbst die serofibrinöse Flüs- sigkeit des arteriellen Blutes auf Zuguss gleicher Wassermengen schneller gerinnt als die des venösen: von einem Gehalt an flüch- tigem Ammoniak kann in beiden nicht füglich mehr die Rede sein, wenn sie offen an der Luft 12—24 Stunden gestanden haben, es kann also durch ein Plus oder Minus davon die langsamere oder schnellere Gerinnung des Fibrin nicht erklärt werden. Achnlich verhält es sich mit der Erklärung, weshalb der Faserstoff der serofibrinösen Flüssigkeit auf Zuguss von Wasser nicht plötzlich, sondern allmälig gerinnt, weshalb die Coagulation auf Zuguss destillirten Wassers langsamer erfolgt als auf Zuguss 212 von Brunnenwasser u. s. w. Entwichen ist die flüchtige Ammo- niak-Verbindung überall, bevor das Wasser zugegossen wird, was hindert also das Fibrin zu gerinnen, sobald die Salze so verdünnt sind, dass sie ihre schützende Kraft verloren haben ? Richardson kannte, als er seine Hypothese aufstellte, von den Thatsachen, die ich in Bezug auf die Gerinnung des Blutes gefunden, keine einzige; die alten mochten ihr keine grossen Hin- dernisse entgegenstellen, die nicht mit Hülfe einiger Sophistik und neuer Hypothesen zu beseitigen gewesen wären: ich habe mir die Mühe genommen, jene mit Hülfe der Richardson’schen Annahme zu erklären, aber es war nicht möglich, auch nur eins der er- wähnten Gerinnungsphänomene auf das Entweichen des hypothe- tischen kohlensauren Ammoniaks zurückzuführen. Eine systematische Verfolgung des Gedankens, dass die er- sten. Fäulnissanfänge die Ursache der Blutgerinnung seien, wird, wenn die chemischen Hülfsmittel ausreichen, gewiss ergeben, was für Stoffe sich dabei bilden, und welche die Ursachen der Fibrin- gerinnung. sind. Diese Arbeit hat ihre grossen Schwierigkeiten, aber sie wird zu dauerhaften Resultaten führen, denn Alles spricht dafür, dass der Gedanke, von dem sie ausgeht, richtig ist. Hamm, 6. November 1856. P. 8. Grosse Hoffnungen setze ich in dieser Beziehung, auf die’ ferneren Untersuchungen von Schönbein und His in Basel über das’ Verhalten des Hämatin zum Sauerstoff, den dasselbe in den erregten, ozonisirten Zustand zu versetzen im Stande ist. Ich habe in ‚meiner Abhandlung über den Faserstoff im ersten Bande dieser „Unter- 213 suchungen“ eine Reihe von Thatsachen beigebracht, die dafür sprechen, dass gerade durch Zersetzung des Hämatin die Gerin- nung des Faserstoffs beschleunigt wird, und S. 160 schon bemerkt, dass dem ozonisirten Sauerstoff ein ganz anderer Einfluss auf das abgestorbene Blut zukommen müsse, als auf das lebende. Es mag im Blute auch noch andere Materien geben, durch deren Zersetzung Stoffe entstehen, die das Fibrin gerinnen machen; aber, wie ich schon S. 168 erwähnt, das zersetzte Hämatin scheint dies am schnellsten bewirken zu können. Hamm, 14. Februar 1857. 2. XI. Zur Durchschneidung des Nerv. Trigeminus. Von Ferdinand Marfels, Mehrfach im vergangenen Sommer im Verein mit Herrn Pro- fessor Dr. Robert angestellte Versuche bei Thieren, wie Hunden, Kaninchen und Fröschen, den Nerv. trigeminus zu durchschneiden bestimmen uns zur Veröffentlichung der erhaltenen Resultate. Sind dieselben auch nicht so übereinstimmend mit den von andern For- schern gemachten Beobachtungen, so sind sie unserer Meinung nach dennoch werth veröffentlicht zu werden, um in ihrem Gegen- satze zur näheren Erkenntniss der Verhältnisse, dienach der Durch- schneidung dieses Nerven auftreten, das Ihrige beizutragen. Wir halten es vorerst für umnöthig, eine ausführliche Aus- einandersetzung unseres Verfahrens bei der Operation der Durch- schneidung wie auch des Verlaufes jedes einzelnen Versuches zu geben, und begnügen uns, summarisch die Resultate zusammenzu- stellen und zu erwähnen, dass wir bei Hunden und Kaninchen über dem Jochbogen gleich neben dem Ohre in die Stelle des Schläfen- beines eindrangen, die sich bei der- Beobachtung am Knochen als licht und durchscheinend zeigt. Wir bedienten uns hierzu ent- weder des Longet’schen Neurotoms oder eines feinen Messers, das nach Art eines Tenotoms, etwas wenig bogenförmig, gearbeitet? 215 „und mit einer ganz kurzen Spitze versehen war. Bei der Anwen- dung des letzteren waren wir der Anbohrung des Knochens, wie sie das Longet’sche Instrument verlangt, überhoben und konnten gleich durch Haut und Weichtheile, durch den Knochen in die Gehirnhöhle eindringen und nun, durch anatomische Vergleichs- messungen der Kopfgrössen befähigt, den Nerven zu durchschneiden suchen. Bei Fröschen wandten wir die Budge’sche Methode an- Mehrmals versuchten wir auch nach Anwendung des Trepans durch die so gemachte Oeffnung in die Gehirnhöhle einzudringen. Da indess hier stets bedeutender Druck auf irgend einen Theil des Gehirns ausgeübt werden muss, indem erst nach theilweiser Zur- eitelegung der grossen Gehirnlappen der Nerve gefunden wird, standen wir von dieser Methode ganz ab und wandten meist das von uns construirte Messer an. Von allen Forschern, die diesem Gegenstande ihre Zeit und Kräfte widmeten, werden die nach der Durchschneidung des Nerv. trigeminus auftretenden Erscheinungen in solche eingetheilt, die in und an dem Auge, und solche, die an der betreffenden Seite des Kopfes, an welcher der Nerve durchschnitten, auftreten. Die hierbei entstehenden Verhältnisse sind von Schiff*) nach den verschie- densten Autoren und seinen eigenen Arbeiten übersichtlich zu- sammengestellt und einer Kritik nach ihrem Auftreten unterworfen worden. Wenngleich Manches in unseren Beobachtungen den An- sichten Schiff’s zu widersprechen scheint, so können wir es doch nicht unterlassen. auf die Genauigkeit unserer Beobachtungen fus- send, dieselben hier niederzulegen, um durch die entgegenstehen- den Beobachtungen und Ansichten zur richtigen Erkenntniss zu ge- langen. j In unsere Beobachtungsreihe fallen vierzehn Hunde, fünfzehn Kaninchen und einige vierzig Frösche, bei denen wir den Nerven mit mehr oder weniger Glück durehschnitten haben. *) Moritz Schiff. Untersuchungen zur Physiologie des Nervensystems u.s, w. Frankfurt a. M. 1805, 216 Bei allen Hunden, bei denen die Operation glückte und wo wir aus den auftretenden Erscheinungen und der nachherigen Sec- tion die Durchschneidung bestätigen konnten, trat für’s erste gleich nach der Operation eine Erweiterung der Pupille ein, die stets gleich mit einem glanzlosen, matten, stieren Blicke verbunden war Die Hornhaut erschien nach zwei bis drei Minuten wie abgetrocknet manchmal wie ein Sieb punktirt, der Augapfel starr in die Augen- höhle eingekeilt, etwas hervorstehend. Bei den drei uns vollständig geglückten Durchschneidungen zugleich neben der Unbeweglichkeit der Augenlieder ein tieferes Herabsinken der segelförmigen Haut der Oberlippe der operirten Seite, nebst mehr oder weniger geringer Bewegung des Nasenloches derselben Seite. Die von den For- schern beobachtete schnelle Trübung der Hornhaut ist in diesen drei Fällen, in welchen die Thiere leider schon nach 36, 42 und 54 Stunden starben, von uns nie beobachtet worden. Die Symp- tome, wie wir sie beschrieben, blieben bis zum Tode, wozu sich dann noch eine vermehrte Schleimabsonderung in den Augenliedern und an der Nase zeigte, mit der verbunden wir in dem Auge selbst nur eine grauliche Trübung nebst geringer Röthung der Conjunctiva | ee el bulbi und der Augenlieder wahrnehmen konnten. Alle diese Durch- schneidungen waren meist von grossem Blutverluste begleitet, der auch darin sicher seine Erklärung findet, dass der trigeminus bei Hunden zwischen zwei grossen Blutleitern verläuft, deren einer F hinter dem Ohre bogenförmig nach unten, der andere wie eine Rinne die Sella turcica umgiebt. Sehr schwer ist es darum, hier den Nerven in seiner Totalität ohne grossen Blutverlust zu durch- schneiden und so das Thier für längere Zeit dem Leben zu er- halten. Die Augen zeigten bei der mikroskopischen Untersuchung in dem Augenwasser flockige mit Eiterkörperchen vermischte Ex- sudatmassen, jedoch in nicht zu grosser Menge, welche die grau- liche Färbung bedingt haben mögen. Glücklicher gestalteten sich die Verhältnisse bei den Kaninchen, bei denen die Operation erstens vermöge der geringeren Festigkeit und Dicke der Knochen leichter zu vollbringen und zweitens, weil ne h-., 217 = ‚der muthmasslichen Berechnung der Lage des Nerven und der Tiefe, in welehe eingedrungen werden muss, in der eher möglichen Beschaffung gleicher Individuen viel mehr Sicherheit gegeben ist. Hier fanden wir fast stets nach ‚totaler, durch die Section bestätigter Durchschneidung des Nerven, gleich nach geschehener - Operation, die Pupille bedeutend verengt, meist etwas in die Länge | gezogen; auf das Auge ausgeübter Reiz bleibt ohne Reaction, das ganze Auge starr in der Augenhöhle etwas hervortretend, die nes wie abgeschilfert, das ganze Auge und der Blick glanzlos, die Augenlieder unbeweglich. Diese Erscheinungen waren fast gleich im Momente nach der Operation vorhanden. Lichtscheu schien _ einigemal vorhanden, konnte indess nie vollkommen. constatirt wer- “den. Einmal-indess war sie stark vorhanden und hielt über 24 Stun- den an, wobei das Thier stets die operirte Seite gegen die dunkle "Wand hin hielt und in eine andere Stellung versetzt stets die früher innegehabte wieder einzunehmen sich bemühte. {N Sechsmal war gleich nach der Operation ein Erschlaffen des ‚Ohres der operirten Seite eingetreten, das sich jedoch meist bis dritten Tage wieder hob und eine Aufrichtung desselben, enn auch nicht grade ganz gleich der früheren wieder eintrat. In allen Fällen war aber mit den vorhin beschriebenen Symptomen eine Lähmung und Unbeweglichkeit der operirten Gesichtshälfte verbunden, was äusserst schön in den Bartborsten zu Tage trat, ‚die ganz entgegengesetzt denen der gesunden Seite schlaff herab- ‚hingen. Der weitere Verlauf der nun eintretenden Erscheinungen ist Beehwarzen Kaninchen mit dunklen Augen folgender. Meist s bis sieben Stunden nach der Operation sich eine Hornhaut zu zeigen, die vom vordern untern Ende der Cornea zur Mitte hin sichtbar wird, und sich nach vierundzwanzig ‚Stunden als eine weisslich gelbliche Masse erfassen lässt. Die Cornea selbst ist trocken, meistsiebartig punktirt, die Augenlieder geschlossen ‚und mit Schleim verklebt, so dass nach vierundzwanzig Stunden eine liche Schleimmenge zwischen den beiden Liedern angehäuft ist, dass es zu fürmlicher 1 Vertrockhung desselben und Verklebung Molerchott, Unters uchungen. 1. P} 15 218 den Bulbus angelagert. Das Auge selbst ist unempfindlich gegen gekommen ist. Das dritte Augenlied bedeutend geschwollen und an Reiz, die Conjunctiva des Bulbus und des Augenliedes ist geröthet und Gefässinjeetion am obern Rande der Cornmea, die schon bei einzelnen Thieren nach zwei Stunden bemerkbar war. In zwei Fällen erschien die Iris röthlich tingirt. Die Pupille ist im Ver- hältniss zur normalen Grösse noch bedeutend verengt und verzogen, obwohl nicht mehr die gleich nach der Operation eimgetre- tene ungeheure Verengung vorhanden ist. “ Die Erscheinungen an der Gesichtshälfte sind um diese Zeit dieselben, die Nasenlöcher mit festem Schleim belegt. Die Trübung nimmt nun bis zum fünften und sechsten Tage zu und erfüllt bis zu dieser Zeit fast die ganze Cornea. Uns ist es nie gelungen, Kaninchen länger als bis zum siebenten Tage am Leben zu erhalten, und soweit unsere Beobachtungen reichen, ist bis dahin keine weitere eingreifendere Veränderung in der Cornea entstanden. Einmal zwar bemerkten wir, nachdem das Thier am fünften Tage gestorben war, eine kleine Excoriation derselben von innen nach aussen, die von der Trü- bungsmasse überzogen und erfüllt war. Soweit bis zu dem siebente Tage die Beobachtung der Pupille ermöglicht ist, bemerkten wir stets vom dritten Tage an ein Verziehen und Erweitern derselben, so dass die gleich nach der Operation entstandene Verengung ver- ringert war. Die Exsudatmassen, die wir immer auf dem innern Rande/der Cornea aufliegen sahen und die leicht hin- und herge- schoben werden konnten, enthielten meist zusammengeballte Eiter- körperchen nebst kleinen mit Kernkörperehen versehenen Ker- nen. Einmal am siebenten Tage nach der Operation, am Todes- tage des Thieres, zeigten sich kleinere und grössere gelatinöse Körper, die ohne Kern einen fetttröpfcehenähnlichen Glanz besassen und nach Einwirkung von Kali caust. und Aether nicht zerstört wurden. Dieselben theilten sich plötzlich unter dem Mikroskope ohne allen Druck wieder in andere Körper, von denen sich dann wieder andere ablösten. Von einer verminderten Speichelseeretion 219 sowie Gefässinjeetion der Mundschleimhaut haben wir niemals An- deutungen gefunden. Unsere Resultate bei den Fröschen sind fast ganz dieselben, nur bemerkten wir hier nicht die Injection der Iris, die wir bei Kaninchen fanden. Ueberhaupt fanden wir von Gefässinjection weiter nichts als vermehrte Injection der Gefässchen in der Mund- itöne und der Conjunetiva, welch’ erstere öfter sehr stark ausge- prägt erschienen und bis zum Zungenansatze sich erstreckten. Die Aufwulstung und Trübung des Augenliedes der operirten Seite trat nach unsern Beobachtungen schon zwischen dem zweiten und dritten Tage nach der Durchschneidung des Nerven ein und ging meist vom innern Augenwinkel nach dem äussern. Die Trübung der - vordern Augenkammer begann meist zwischen dem siebenten und neunten Tage, zweimal am elften Tage, und auch hier wieder vom untern Rande der Cornea aus setzte sich dieselbe gegen die Mitte zu fort. Auffallend mag es erscheinen, dass wir hier zweimal auf Thiere stiessen, die bei Unbeweglichkeit des Auges, schwacher Rö- thung der Conjunctiva des Bulbus und Gefässinjeetion der Mund- chleimhaut, Verengerung der Pupille, Unempfindlichkeit gegen Reiz, Unbeweglichkeit der Augenlieder, längere Zeit (vier Wochen) anhaltender Lähmung der operirten Gesichtshälfte, wobei die operirte Seite des Unterkiefers nicht geschlossen werden konnte, während der ganzen Zeit ihres Lebens bis zu ihrem Tode, der zwischen sechs und sieben Wochen fällt. keine auch nur merkliche Trübuns des Augenliedes oder des Auges zeigten, während die andern Er- scheinungen am Auge bis zum Tode anhielten. Die Section ergab uns keinen Anhaltspunkt, beidemal fanden wir den Nerven durch- schnitten. Noch auflallender war bei einem dieser Thiere die Ab- magerung der untern Extremität der operirten Seite, die während seiner Gefangenschaft auftrat; das abgemagerte Bein war bei dem Tode - um fast die Hälfte atrophischer als das der andern Seite. Von einer Perforation der Hornhaut haben wir unter all unsern Beobachtungen an Fröschen wie an Kaninchen keinen einzigen Fall. Wir sind daher nach unserer Anschauung gewillt, die Exsudatbildung aus 15% 220 dem Humor aqueus der vordern Augenkammer abzuleiten, indem wir, wie dies bei Kaninchen schon erwähnt, auch hier stets eine vorhergegangene Trübung der vordern Augenkammerflüssigkeit beo- bachtet haben. So haben wir denn auch die Anlagerung des Ex- sudats vom untern Rande nach der.Mitte hin beobachtet, entgegen- gesetzt der anderer Forscher, die die Trübung zuerst im Centrum auftreten sahen, was jedenfalls seinen Grund in der Eigenschwere der Körperchen hat. Durch diese Anlagerung an die Hornhaut und an die Iris, die statt ihrer bei Fröschen-meist goldglänzenden Farbe ein milchigtrübes Ansehen erhält, werden die Ernährungs- vorgänge im Auge selbst jedenfalls behindert und so vielleicht der Grund der von Andern beobachteten Hornhautdurchbrechung und Ablösung gegeben. Dass überhaupt nach der Dunn des Nerven stets bei Fröschen eine Pupillenverengerung im Augenblicke der Durch- schneidung auftrete, müssen wir auf unsere Erfahrungen gestützt verneinen. Nach unsern Tagebuchnotizen ergiebt sich, dass bei fast einem Drittel der operirten Thiere gleich nach der Operation ent- weder nur eine ganz geringe Abweichung von dem normalen Durch- messer der Pupille statt fand, der zu Gunsten einer Verengerung gedeutet werden könnte, oder meist bei diesem Drittel die Pupille, austatt sich zu verengern, eine Erweiterung einging. Bei diesem Verhalten der Pupille waren alle andern gewöhnlich beobachteten Erscheinungen vorhanden und die Trübung ebenfalls schon nach vier- undfünfzig Stunden in der vordern Augenkammer bemerkbar. Einmal fanden wir bei einem Thiere die Pupille bis zum fünften Tage erweitert, worauf sie während zwei Tagen sich bedeutend verengte und am achten Tage bei zunehmender Trübung fast wieder ihr normales Aussehen annahm. ; Wir halten es nicht für nothwendig, hier auf die bei Thieren, denen nur ein Theil der Fasern des trigeminus durchschnitten war, erhaltenen Resultate zurückzukommen, indem jeder, der irgendwie diese Operation ausgeführt, das Misslingen der Operation gleich an den auftretenden Erscheinungen, der sofortigen Erweiterung der 221 Pupille u. s. w. wahrnimmt, und dieselben zum Weitern schon öfter beschrieben wurden. Uns will es nach allem Beobachteten erscheinen, dass, wie wir dies schon einmal angeführt, die Hauptmomente der Durch- schneidung des trigeminus in der Ermährungsstörung des Auges, daher Gefässinjection der Conjunctiva, der Unempfindlichkeit -des ganzen Auges gegen Reiz und in Trübung der vordern Augen- kammerflüssigkeit, deren Exsudate sich auf die Innenseite der Hornhaut legen, bestehen. Dass der trigeminus mit die Beweg- lichkeit des Auges vermittle mag in Bezug auf die Pupille gelten, auf das ganze Auge übt er indessen keine ‘direete Einwirkung. Bei einer Operation wie die Durchschneidung des trigeminus ‚treten stets Nebenverhältnisse ein, die man selten ganz beseitigen kann und deren Wichtigkeit und Bedeutung für das Ganze wir bis jetzt noch nicht genau kennen. In der, wenn auch kleinen anato- misch verschiedenen Lagerung der Nerven und Gefässe bei den einzelnen Thieren mag wohl noch manches mitwirkende Moment bei dem einen oder dem andern Versuche zu finden sein. So sahen wir bei Hunden den Oculomotorius gerade über dem trige- minus verlaufen, während der abducens schräg unter demselben verlief. Bei Hunden und Kaninchen fanden wir daher auch meist die Beweglichkeit des Augapfels aufgehoben, bei Fröschen die to- tale Beweglichkeit behindert, indessen stets eine Bewegung des Auges von innen nach aussen ermöglicht. Coblenz, 14. Januar 1857, Er 2 Xu. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere._ Von’ G. Valentin. Dritte Abtheilung. 8.5. Wärmeverhältnisse. Wir haben schon früher gesehen, dass die Murmelthiere in einer unter dem Gefrierpunkte erkalteten Luft nach und nach er- wachen. Diese Thatsache wurde zuerst von Mangili*) und Pru- nelle**) auf dem Versuchswege gefunden. Beide sahen, dass die im Winterschlaf befindlichen Geschöpfe aufwachten, nachdem sie einer künstlichen oder natürlichen Kälte von — 7° oder — 14° C. ausgesetzt worden waren. Saissy ***) bestätigte zwar das *) Mangili in den Annales du Muscum d’Histoire naturelle tome IX. Paris 1807. pag. 117. Y %**) Prunelle in den Annales du Museum d’Histoire naturelle tome XVII, pag. 43 bis 45. #*%) Saissy in Reil’s Archiv für Physiologie, Bd. XII. Halle1815 8. S. 302 bis 303 und 306. y 223 Gleiche in zwei Beobachtungen. Er theilt aber noch eine dritte wesentlich abweichende Erfahrung mit. Ein in einem kupfernen Behälter eingeschlossenes Murmelthier, das den Tag vorher in einem Eiskeller wach zugebracht hatte, soll bei einer Kälte von — 8° in tiefen Erstarrungsschlaf verfallen sein. Das Murmelthier schlafe nur bei einer sehr starken Kälte ein. Ich glaube nach meinen Er- fahrungen vermuthen zu müssen, dass ein weit höherer Wärmegrad in unmittelbarer Nähe jenes im Heu liegenden Thieres vorhanden gewesen. Meine Murmelthiere erwachten immer von selbst, sowie die Temperatur einen oder wenige Grade unter Null gesunken war. Ich habe auch in künstlichen Kälteversuchen nicht beobachten können, dass der Erstarrungszustand bei — 8° C. möglich bleibt. Beträchtliche Kältegrade wecken die Winterschläfer ziemlich rasch. Ich brachte abwechselnde Schichten von Schnee und Koch- salz in einen grossen Glaseylinder. Ein Murmelthier von 798 Gramm Körpergewicht befand sich auf einem Drahtgestell in einem zweiten kleinern Glase. Ich senkte dieses in die Kältemischung, als sie — 16° C. angab. Das fest eingeschlafene Thier regte sich schon nach weniger als einer Minute, streckte und krümmte sich, zuckte mit den Augenliedern und war auf bestem Wege in Kurzem voll- ständig zu erwachen. Die gleichzeitige Temperatur der Zimmerluft betrug + 8° C. Die Atmosphäre des innern Behälters zeigte noch + 5° Celsius einen Centimeter von der Haut des Murmel- thieres entfernt, als dieses sich zu bewegen begann. Ich entfernte sogleich den innern Cylinder aus der Kältemischung und stellte ihn frei im Zimmer hin. Das Murmelthier war wieder eine Viertel- stunde später fest eingeschlafen. Ich legte in der Folge dasselbe Thier im Freien in Schnee, + während die Luft — 7°,5 darbot. Es bewegte sich auch diesmal verhältnissmässig lebhaft nach kurzer Zeit, streckte und krümmte sich häufig, suchte auf vier Füssen zu stehen, fiel aber wie trunken um, und öffnete endlich die Augen. Ich brachte es hierauf in einen Raum, dessen Luftwärme + 7° ©. betrug. Es schlief dann wieder in Kurzem fest ein. E 224 en Ein anderes Murmelthier, das seit einigen Tagen wachte und bei der Annäherung eines Menschen durchdringend zu pfeifen pflegte, wurde in einen Glasbehälter gebracht, und dieser in Schnee eingegraben, während die Luft — 8° C. zeigte. Das Thier schlief nicht nur nicht em, sondern wurde noch unruhiger als esfrüher gewesen war und athmete endlich rasch und keuchend. Ich brachte es hierauf in einen Raum zurück, dessen Luftwärme '+ 7° bis 8°C. glich. Es war hier bis zum andern Tage vollständig erstarrt. Mangili, Prunelle, Saissy und Berger haben zahlreiche Beobachtungen über die Eigenwärme der Murmelthiere im wachen und schlafenden Zustande angestellt. Das Hauptergebniss dieser Bemühungen war die Ueberzeugung, dass sich die wachen Winter- schläfer wie die übrigen Säugethiere verhalten. Ihre Temperatur sinkt hingegen beträchtlich während der Erstarrungszeit. Es kann ' sogar nach Barkow *) vorkommen, dass die Winterschläfer nie- drigere Wärmegrade als die Atmosphäre ihres Aufenthaltsraumes darbieten. ‚ Die wachen Murmelthiere verrathen keine hervorstechenden Eigenthümlichkeiten ihrer Temperaturverhältnisse. Ich habe es daher nicht für nöthig gehalten, ausgedehntere Beobachtungsreihen in dieser Hinsicht anzustellen. Ich machte dagegen eine grössere Anzahl von Wärmemessungen während der Winterszeit, um vor- zugsweise die den verschiedenen Graden der Erstarrung entspre- chenden Wechselerscheinungen kennen zu lernen. Man giebt häufig als Regel an, dass man das Thermometer so lange in dem zu unter- suchenden Theile lassen müsse, bis der Stand der Quecksilbersäule unverändert bleibt. Arbeitet man mit Instrumenten, die !/,o bis !/go Grad erkennen lassen, so überzeugt man sich, dass man dieser Forderung weder im Menschen, noch in den Säugethieren scharf ge- nügen kann, weil oft die Wärme in kurzer Zeit innerhalb jener *) H., Barkow. Der Winterschlaf. Berlin 1846. 8 S: 177, NN uG. ED \ ER er en 225 . kleinen Grenzen schwankt. Dasselbe wiederholt-sich häufig in den erstarrten Murmelthieren. Man stösst aber hier noch auf einen an- dern Uebelstand. Die durch die Einführung des Thermometers be- dingte Reizung ruft häußg Athembewegungen hervor. Die Tem- peratur steigt daher nicht selten während der Beobachtungszeit. Ich habe deshalb mit a. die erste, mit b. die zweite, mit c. die dritte Wärmemessung u. s. f. in der nachfolgenden Uebersichtstabelle bezeichnet. 26 = 2 u 4 in - Yuyga | | h a08 IST pm Noopuo en j | k f an) IT % [ pul Oo] JotLIoA eg "oem Zuge) —- Sb 6nLE "q | FE g’oge 'p goLE ‘s suodlom "0% 8 aryoun a EN 1 un ° “ B Jap, — | er 6nze p | Yura a | Tiogz sl Dose ® | Ssuynm "LT L ’.| op alas un Jar ont audq[op In top ur . a L . “ e oanzuranay PL“ DuM = Tore a | Gloge ® | 6/oge o | suaduom') 9 ur gu UDDOBUp | uafosseng op “um Dualuf -Jne um Jumuy uoA uou tors oyruny „do a" yowu gT pun® 104 6oLT 3 Ä OT F| SogE U > Sog sogı 3 | gort zog ® | “un ıE ze le yos aoqu "pouaaoıng sua |'MO'oL| 09 = Focı 'q ‘ET 8 | org p | pumpen ‘9 GC "HORNUE & | | un Gl 2 b ur uosunuameurg 0707 , oem | 00.9) 80 | > 806 © | 706 a Horı 'p | Sem '9 F | un zı ZUR 20 an atı)) 96 9 | 606) 0 ® | Yogı o | Saum 'C € un Hz & f -uopyny nz Sufyoszıo way == Gy — LuTt 'q Gull % Sorl 7} KESBLUDEN! i17 j X "puoyujyos osıar] = 009 uf g/oIT © eo "* Hop 'q | suBsıom "7 | OA I re re. $ E03 So %ı Fa8| os ee = v les3|l = : | SEE 5) E onvyos e zung =2#| 305 |odnquanstorg -stuod] *waepjsept | Bfyoypunmt e "on zas| 78 ul “euon ].uo; "U9Fumyy.LDugogg Ve ie ar good jur opuogedun] in x | re | "wopradsnispp) ur opyundjpy wap aoqn anpeaadwoz, 5 Yyaımnodaodıoy wwwasorry G)’z Sıq gg uoA aoryypouamp SO4V I rm a -n®B 9219 BIOSSUR NOAND TOR aa, seqq Fpunz ‘o pusayemL ‘p puaaueam uasneT UasopnonFe yovu g sıq p 'ognummt dep ur oönzwauyyy jo FD puaugum yeg uvm °q pusamem ou -3q un1ojzjar aap uvandg uagsıo arg uodundoneqwarny waor -yaoıı auToy B PUsIUEM ITOBN “omurnt dop ur wurg p pun 9 puosgem “eur g sıq 2, q pwaggm ‘uw 2) sıq g 8 puaıgem Jouuge ‘puoFeryog -3 yosu awajoygrurum aynum Jop ur odnzwaoynvy 9% jyouın pun FIozsgunggougoagg 19p puoanaa Jyowaıo Pupyeyog ‘sajdoy sop updund -amog Fnezıo oyywacy wouo u Jnequıog Jop Dunaynaagr dr] JOyropFaq uazrazq uarwqıgt wourd u0A IST Anzwouyy dopof opnurpy gap ur [em ct sig DI U pusaygea pun [eur 5 9 puaı -yem eu p] Sıq GT J puaayum ‘wurd 9 pusagem ‘wur gp Bra zI p puaagen em , © puoa -qem ‘ung q puaıgear uuıp u pusagum oyougy 'puoguyag "uoy0017 yOnB[tosstuo.df num op ur oänzwoany SI sıq L7 Srnyonsssrog pun youAA NJOF Ooy gt waupjsupy docı oynıe -T J0p ur [em zT © puoiyem pun jez 5 p puoagum uunp jouıyye ‘107 uonury G sasorp 12998 © puoagtm opnum op ur oanzwogyy L you ‘q pun w puoaugeas Iyoru ypumyy *'0 g’0G JuIoJjuo woyony woA doyout ua) rt ur puopigog "I 900 aoypın -u09 6T STq GT uoa Aunusor -Jugg J0ugo ur pun ‘9 G/osT url op jur aodıoyy WA aoyou -quon) lOıcg "puogovmao ayor O’ot pın Eor 0'0% pun [anne Enz pum go own Zw pun govagum | 00 603 P G09E gose € 087 "4 E0T "e Ede a Tu6 IT S:6) Susl pP glosı od org 'Pp 8 'p S'nse 'Pp G 18 an IT suadıo "66 un Ne sdeprwydun "LE un or suadıom "95 “un oT suaFıoN "urp “el enmnan. 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Beob-| Monat Tag. as Bemerkungen. ach- Mundhöhle,| Mastdarm. |Umgebende tung. Luft. 29..| Nov. |25. Nach- | a, 90,4 | b. 90,2- 40.4 Ruhiger Schlaf. mittags 3 Uhr. 30. 5 27. Nach- | In der Tiefe der Halswunde De Kalt a Ne i 3 r Pros hn den erven unmittelbar 9%, Uhr neben er udn vorher durehschnitten. 4 “ ‚Yu. 31. = 27. Nach- | b. 110 1 a, 90,8 — Ungefähr 5 bis 10 Minuten mittags nach der Nervendurch- 3, ns) schneidung. 23,3 U. 32. „ 27. Nach- | b.120,6 | a.119,0 ! 99,7 Are 4 und 5 Uhr ge- mittags In der Tiefe'der Halswunde | 5 Uhr. 130,3. BER En 29. b. 706 | a 709 |, 792 Der Leichnam ‚hatte über Morgens Nacht in einer Temperatur 9 U ‚ von 100 bis 60 zugebracht. IT. gramm Körpergewicl 13. Nach- | b. mittags 3 Uhr. 31. B..700|:8% Morgens | 10!/, Uhr. Januar 2. Morgens 9 Uhr. | 34. | Dee, 70,3 a. An! 50,5 Eloyılberen | 36, —20,8 Y. gewicht. 37, | Dee. | 18. | 2.1001 |. 807 | 305 | Männliches Murmelthier von 1,06 Kilo- ıt. In einer mit Wasserdampf gesättigten Luftruhig schla- fend. Keine sichtlichen Athembewegungen. War in der Nacht vorher in einem hermetisch ge- schlossenen Behälter ge- storben. Die Todtenstarre hatte wie- der aufgehört. Murmelthier von 669,3 Gramm Körper- Pr eg Zn 251 - VI. Murmelthier von 1006,5 Gramm anfänglichem Körpergewicht. | | Fi Nr. | Temperatur über dem Nullpunkte 1 der | f 2 | in Celsiusgraden, Beob- | Monat. Tag. | Bemerkungen. an: | Mundhöhle.| Mastdarm. | Umgebende tung. | Luft. | - 8% Dec. 18. a.1505 b,120,8 110 25 Macht 4 Athemzüge in der . 4 ä ; Minute, Morgens Minute, 11 Uhr. - 39. |Januar| 19. Nach- | b.130,2 | a. 129,5 70,2 Das Thier halb erwacht und mittags schlaftrunken. gs 3 Uhr, 40 „ 20, b. 803 | a. 60.4 50,5_ Ruhiger Schlaf. 1. a 27. b. 903 | a. 80,4 1009 Desgleichen ohne Athem- N 2 bewegungen, 42. m 30. a. 70,8 b 60,9 708 Regt sich nur etwas bei dem j & inführen des Thermome- | ters in den Mastdarm. 43, 1. 30. a.100,1 | n. 80,2 100,3 Nachdem die Explorations- | nadel ungefähr 38 Minuten | im Herzen gesteckt hatte. 44. 2 30. a.100,7 | b. 90,8 110,0 Nachdem sich die Nadel 55 z Minuten im Herzen befun- ; I den hatte, 45 Mai | 12. b.190,0 | a.1809 | 180,3 Leise schlafend. VII Igel von 1,03 Kilogramm Körpergewicht. - Ar, Temperatur über dem Nullpunkte der in Celsiusgraden Beob-| Monat, Tag. — we Bemerkungen. ach- Tiefe der Oeffnung des|,, _ tun eingerollten Thieres ne- ae B: ben der Schnauze. Dei 46. |Januar 1. 360,2 401 Fast ganz wach, 11 bis 14 tiefe Athemzüge in der | Minute, 47, u 140,5 20,8 Halbwach,. 34 schnarchende Atlıemzüge In der Minute, 48. . 506 301 Leise schlafend, 13 Athem- > ; y @ in der Minute nach der Berührung 1 Das kleine mit einer sehr dünnen Quecksilbersäule versehene Tlıermometer wurde immer in die Mundhöhle drei bis sechs COenti- meter und ungefähr eben so weit in den Mastdarm eingeschoben. tief zwischen der Wange ’ und den linken Backenzähnen Ich 232 brachte es einen bis drei Centimeter in den Schlauch des männ- lichen Gliedes des grössten unter No. 1 bezeichneten Murmelthieres. Die Messungen der Wärme der Achselhöhle, der Leistenbuge und der Tiefe der Oeffnung des eingerollten Igels wurden so gemacht, dass die Thermometerkugel und ein Stück des freien Cylinders von den thierischen Theilen allseitig umgeben waren. Man kann die gleichzeitige Temperatur der Atmosphäre nur annäherungsweise mit der des Murmelthieres zusammenstellen. Hängt man eine Reihe von Thermometern in immer grössern Entfernungen von dem erstarrten Geschöpfe auf, so überzeugt man sich, dass es die unmittelbar umgebenden Luftschichten, selbst wenn es in tiefem Schlafe liegt, merklich zu erwärmen pflegt. Da man aber gewöhn- lich nur die Temperatur der Zimmerluft überhaupt bestimmt, so fällt der ei; zwischen ihr und der Eigenwärme des Mur- melthieres oder des Igels grösser aus. Wir sehen z. B. in der 17. Beobachtung unserer Haupttabelle, dass die Zimmerluft 2%,1 C. und die Mundhöhle des Thiers 34°,1 C., mithin 32%,0 C. mehr darbot. Da die Luft einen bis zwei Centimeter von dem Kör- per des Thieres entfernt 3°,4 C. zeigte, so wäre der Unterschied _ um 1°,3 C. kleiner ausgefallen, wenn man die Temperatur der das Thier zunächst umgebenden Luftschichten der Beobachtung zum Grunde gelegt hätte. No. 9 lehrt, dass die Luft drei Centimeter von dem Körper des Thieres 12%,5 C., in einer Entfernung von 12 bis 15 Centimeter 10°,5 C., endlich in einem Abstande von mehreren Fuss nur 5°,0 C. hatte. No. 10 gab 5%83 C. 1%, Centimeter von dem Rücken des Thieres und 4°,8 C. in einer Distanz von mehreren Fuss. . Wir haben schon früher gesehen, dass bisweilen die Winter- schläfer kälter als die Luft ihres Aufenthaltszimmers zu sein scheinen. Diese Thatsache kehrt auch für No. 24, 26, 41, 42, 43 und 44 unserer Tabelle wieder. Sie beruht nichts desto weniger unzweifel- haft auf Täuschung. Bedenkt man, dass der Boden meistentheils minder warm als die Zimmerluft ist, und die Thiere nicht selten der Grundfläche ihres Aufenthaltsorts unmittelbar anliegen, so kanı 4 | 238 auf sie eine kältere Temperatur, als das im Zimmer frei aufge- © hängte Thermometer zeigt, nachdrücklich einwirken. r Verzeichnen wir uns zunächst übersichtlich die Unterschiede, welehe die Wärme der Mundhöhle und des Mastdarms im Ver- r gleiche mit der der Zimmerluft dargeboten hat, so erhalten wir: Unterschied der Temperatur der Mundhöhle und des Mastdarms von der gleichzeitigen Wärme der Zimmerluft in Celsiusgraden. Beobach- Unterschied der Wärme Luft- Thier. tungs- wärme, | Zustand des Thieres. nummer,| der Mundhöhle. | des Mastdarmes. Thier I. 1 b. 80,6 a. 50,3 60,0 | Leise schlafend. 2. e. 80,0 b. 50,2 60,5} | Fester schlafend. 3. c. 60,4 a. 30,4 60,2. | Desgleichen. 4 d. 80,8 b. 30,6 50,8 | Athmet 7 Mal in der Minute. D, d. 250,0 a. 790 605 | Wach,aber schlaftrunken 4 f mit kalten Hinterfüssen. 6. e. 300,3 a,280,3 50,6 | Wach, aber träge. 7 e,310,4 a.210,1 403 | Halbtrunken und immer R % , mehr erwachend. 8. a.290,8 d.260,0 79,8 Ganz wach, g, a. 310,5 d.270,8 50,0 | Halbwach und Bi mehr erwachend. 10. b. 69,6 e. 40,4 40,8 |.Schlafend. 11. a.320,1 d, 290,6 50,0 | Ganz wach, 12. a. 80,4 c. 70,9 40,9 | Schlafend, aber nach und nach immer mehr ath- mend, 18. a, 220,6 d. 200,4 40,2 Schlefend, aber almmalle erwachend, 14. a. 90,3 b. 69,4 40,1 | Schlafend, aber hin und wieder athmend. 15. a. 60,9 f. 50,2 20,8 Ackintend; Aber Aal schwach athmend, 16. a. 69,5 e. 30,8 30,1 | Desgleichen. AT, a. 820,1 — 201 Halbwach. > 18, a, 80,5 b, 40,3 30,1 .. ganz ruhig schla- | 'end. I 19. b. 80,3 2. 40,4 40,7 Desgleichen. 14,20: a. 800 b. 20,7 50,3 Schlaftrunken. Thier II. 24. b. 19,07 —a. 10,0 109,8 | Schlafend / Beginnt 25 b. 10,1 a. 00,0 70,2 | Desgl. ee 26. —b. 0V,9 —a, 104 90,5 Schlafend. 27. b. 69,0 a. 50,3 70,2 Desgleichen, aber et- i was aufgeweckt, 28. b. 19,6 a. 101 70,0 | Schlafend Thier III. 29. a. 50,0 "a. 40,8 40,4 Desgleichen, 32. b. 209 a. 19,3 90,7 34 b, 209,1 a. 10,9 505 Ruhiger Schlaf. Moleschoft, Untersuchungen, I 16 254 en gm Beobach- Unterschied der Wärme Luft- Thier, tungs- wärme. | Zustand des Thieres. nummer.| der Mundhöhle. |des Mastdarmes. De I 0 En nn ee _ Thier V. 81. a. 60,6 b. 50,2 30,5 | Ruhiger Schlaf. 38. a. 40,25 b. 10,55 110,25 | Desgleichen. * 39 b. 69,0 a. 50,3 70,2 | Halb erwacht. 40. b. 20,8 a. 00,9 50,5 | Ruhiger Schlaf. 41. —b. 10,6 —a. 20,5 100,9 | Desgleichen. 42. a. 09,0 —b. 00,9 70,8 | Desgleichen. 43. —a. 00,2 —b. 201 100,3 | Desgleichen. 44, --a, 00,3 —b. 10,2 110,0 | Desgleichen. 45. b. 00,7 a. 00,6 180,3 Leise schlafend. Wir wollen uns die Gesammtsumme der hier dargestellten Beobachtungen in vier Hauptkategorien eintheilen. Die erste um- fasst den wachen bis halbwachen, die zweite den schlaftrunkenen Zustand, die dritte den leisen, und die vierte den festen Winter- schlaf. Wenn auch die Thiere der ersten Rubrik hin und wieder vollkommen wach waren, so befanden sie sich doch immer in ziem- lich niedern Temperaturen und hatten seit langer Zeit gefastet. Beides bedingte, dass sie etwas geringere Wärmegrade als die wachen und wohl genährten Murmelthiere mitten im Sommer lie- ferten. Ich habe den schlaftrunkenen Zustand, oder richtiger ge- sagt, den eigenthümlichen Uebergang von der durch die Erstarrung bedingten Abkühlung zur beträchtlichen Erwärmung als besondere Klasse aufgestellt, weil hier sehr grosse Unterschiede zwischen den Temperaturen der-Mundhöhle und des Mastdarms auftreten, eine Erscheinung, auf die wir noch ausführlicher zurückkommen werden. Ich sah den Fall, in welchem die Temperatur der Mundhöhle die der Luft des Aufenthaltsortes um 6°,6 C. übertroffen hat, als die niederste Grenze des leisen Schlafes an. Fiel der Unterschied geringer aus, so rechnete ich den Fall zu dem des festen Winter- schlafes. Wir haben demnach: “ er 4 a dl 180} = \ > | Unterschied von der Temperatur der Zimmer- S Wärme der Zimmer- luft in Gelsiusgraden. _ > Em TI | = 1 luft. 55 Zustand. Mundhöhle. Mastdarm. = S| Te | Ten m [=] Maximumu.| Mittel. | Maximum u. Mittel. | Maximum u. Mittel. = Minimum. Minimum Minimum, = + 7,8 | 40,97 320,1 | 310,20 290,6 260,56 6 "Wach bis halb- und wach. + 20,1 290,8 21",1 + 60,5 | 50,35 250,0 | 230,80 200,4 | 130,70 9 | Schlaftrunken. und + 42 220,6 70,0 + 6°%5 | 49,81 90,3 70,87 70,9 40,83 | 12 | Leiser Schlaf. und + 20,8 60,6 90,7 + 180%,3 | 80,63 + 69,5 20,17 + 50,3 19,3 17 Fester Schlaf. und + 301 — 10,6 — 20,5 Nehmen wir die Mittelwerthe der Wärmegrössen der Mund- höhle und des Mastdarms, so finden wir: Mittlere Temperatur in Mittlerer Unterschied der Zustand. Velsiusgraden. Bigenwärme in Celsiusgraden. | 40,97 280,88 Wach bis halbwach. 50,35 180,75 Schlaftrunken. 40,81 60,35 Leiser Schlaf. 80.63 10,60 Fester Schlaf. v Wir sehen zunächst, dass der Unterschied zwischen der Eigen- wärme des Thieres und der Lufttemperatur von dem Zustande des Wachens oder Schlafens wesentlich abhängt. Die erste Kategorie giebt verhältnissmässig beträchtliche Differenzen, deren Durch- schnittswertli beinahe 29° C. erreicht, weil die Zimmertemperaturen zwischen 2°,1 C. und 7,8 .C. lagen. Obgleich die Mundhöhle und der Mastdarm im Sommer etwas wärmer sind, so lässt doch dann die höhere Lufttemperatur geringere Unterschiede auftreten. Der schlaftrunkene Zustand, bei dem sich die hintere Körperhälfte langsamer als die vordere erwärmt, giebt schon nur eine mittlere Differenz von 18°,75 ©. Der leise Schlaf, der sich durch ver- 16% 236 hältnissmässig seltene Athembewegungen verräth, liefert Erhöhungen, deren Mittel 6°,35 C. ausmacht. Erst der feste Winterschlaf, bei. dem die Athembewegungen für lange Zeit gänzlich mangeln, oder. nur selten eingreifen, führt zu so kleinen Unterschieden, dass die Körperwärme die Temperatur der Zimmerluft nur um 1%,60C. im Durchschnitte übertrifft. Die Differenz wird im Allgemeinen in niederen Temperaturen, die zwischen 2° und 8° C. liegen, grösser als in solchen, die sich zwischen 12° und 18° C. befinden, ausfallen. Diese Erfahrungen können. uns die von Prunelle*) ge- lieferte Temperaturtabelle verständlich machen. Führt man das Thermometer in die Mundhöhle oder in den Mastdarm ein, so er- eignet es sich häufig, dass der mechanische Reiz das Thier in seiner Ruhe stört und eine Reihe von Athembewegungen in nächster Zeit eingreift. Man wird daher hier im Ganzen häufiger auf die Merkmale des leisen, als auf die des festen Winterschlafes stossen. Prunelle untersuchte die Wärme des Mastdarms in zehn frisch angelangten schlafenden Murmelthieren bei einer Luftwärme von + 4°C. Das Maximum betrug 18°,75 C. in einem Murmelthier, welches atlımete und die Kaumuskeln bewegte, das Minimum war 7°,0 C. T.ässt man die beiden athmenden Exemplare, deren Mast- därme 18°,75 C. und 17°,5 C. gaben, unberücksichtigt und zieht das Mittel aus den übrigen acht Beobachtungen, so erhält man 99,72 C. für die durchschnittliche Wärme des Mastdarms. Man hat daher 5°,72 C. als mittlern Unterschied von der athmosphä- rischen Luft, d. h. eine Grösse, die noch innerhalb der Grenze des festen Schlafes fällt, dem Maximalwerthe desselben aber näher steht, weil die durch die Einführung des Thermometers erzeugte Störung den festen Schlaf in einen leisern überzuführen pflegt. Ichhabe die unter No. 46 bis 48 gegebenen Wärmemessungen, die am Igel angestellt worden, hinzugefügt, um an einer zweiten *) Prunelle, a.a.0. T, XVII pag. 39. 9% 29 Thierart anschaulich zu machen, wie die verschiedenen Erstarrungs- grade entsprechende Wärmeunterschiede nach sich ziehen. hahen für die Tiefe der neben der Schnauze befindlichen Oeffnung des eingerollten Thieres: Wir Wärme des Igels in | Wärme der Lu/t in Unterschied von der Luftwärme in Celsius- Zustand. Celsiusgraden. Celsiusgraden. graden. 360,2 40,1 320,1 Fast ganz wach. 140,5 20,8 110,7 Schlaftrunken. 50,6 20,1 20,5 Leiser Schlaf. Die Zickzacklinie a be de der dritten Tafel verzeichnet die mittleren Abweichungen von der Lufttemperatur, welche die Eigenwärme der Murmelthiere im Winter darbietet. Die Abseissen entsprechen den durchschnittlichen Wärmegraden der Atmosphäre und die ÖOrdinatentheile denen des Thieres. Die Länge und die Steilheit der Wärmelinie wächst daher mit der Temperaturdifferenz- a b bezieht sich auf den wachen bis halbwachen, b e auf den schlaftrunkenen Zustand, e d auf den leisen und de auf den festen Schlaf. Die Linie f g h i entspricht den zuletzt erläuterten Ver- hältnissen des Igels in dem gleichen Sinne und zwar f g dem fast vollständig wachen, g h dem schlaftrunkenen Zustande und hi dem leisen Schlafe. Prunelle*) giebt mit Recht an, dass die erwachenden Mur melthiere ihre hohe dem gewöhnlichen Zustande entsprechende Eigenwärme in weniger als einer Stunde erreichen können, wenn sie aus dem tiefen Schlafe erweckt werden. Da sich die Richtig- keit dieser Ansicht in fast jedem Einzelfalle bewährt, so muss es um so mehr befremden, wenn Saissy **) die Zwischenzeit, die zur *) Prunelle, a.2.0. #*) Saissy, 0.0.0, 5. 307, T, XVII. pag. 40. 238 Erreichung jenes hohen Wärmegrades nöthig ist, auf acht. bis neun Stunden ausdehnt. Mangili *) fand, dass die Unterleibshöhle ‘eines während des Wachens enthaupteten Murmelthieres 36,3 C. darbot, während die umgebende Luft 22°,5 C. hatte. Besass diese dagegen 8,1 C., so zeigte die Unterleibshöhle eines unmittelbar vorher im Winter- schlafe getödteten Murmelthieres 9°,4 C. Saissy **) lieferte mehrere Tabellen von Temperaturbeobachtungen, die er an verschiedenen Körpertheilen bei ungleichen Wärmegraden der -Atmosphäre ange- stellt hat. Er untersuchte die Mundhöhle, das Ohr, die Achselhöhle, die Leistengrube, den After, die Brusthöhle in der Nähe des Her- zens und die Bauchhöhle in der Nachbarschaft der Leber. Stellen wir uns die Grenzwerthe, die er erhalten hat, übersichtlich zu- sammen, so bekommen wir: Wärme in Celsiusgraden Zustand. der umgebenden | der genannten Theile des Luft. Murmelthieres. + 2200 | 36%5 bis 38%,0 + 1800 | 31925 bis 37%5 wach. + 700 | 270,25 bis 34095) — .1°25|+ 5%0 Tiefer Winterschlaf. Die Richtigkeit dieser Angaben kann mit triftigen Gründen bezweifelt werden. Die vollkommen wachen Murmelthiere liefern nicht selten 40 bis 41° C. im Mastdarm, während der höchste von Saissy angeführte Werth 38° C. beträgt. Sind die Thiere nicht schlaftrunken, oder befinden sie sich nicht in sehr niedern Tem- peraturen, so sinkt auch die Wärme nicht so tief, als z. B. für + 7° C. angegeben ist. Es muss endlich in hohem Grade be- fremden, dass alle obengenannten Theile genau eine Temperatur *) Mangili, a.a. O. T.X. pag. 455. **) Saissy, a.a.0. 5.296 bis 299. 239 von 5° ©. während des Winterschlafes dargeboten haben. Eine solche Uebereinstimmung ist mir nie vorgekommen. Berger *) mass die Wärme der Speiseröhre oder wahr- scheinlich richtiger des Schlundes und des Mastdarms. Diese Theile zeigten keinen wesentlichen Unterschied während des Wachens. Die Wärme des Schlundes erstarrter Murmelthiere fiel aber etwas grösser aus als die des Mastdarms. Berechnen wir die Mittelwerthe dieses Forschers nach Celsiusgraden, so haben wir: Durchschnittliche Wärme, | | Zahl der nn Io sm 2. en | beonäch- Zustand, ah er ori Schlund. Beobach- Mastdarm, | Eulen: tungen. | | | ; 370,06 | 7 31723 8 Wach. 150,28 | 7 14°,15 8 Sehlafend. ‚ Der mittlere Unterschied beträgt hiernach 1%,13 C. Berger selbst berechnet ihn nur zu 1°%,09 C. Er lässt es dahingestellt, ‘ob er nur zufällig auftritt, oder „von der grössern oder geringern Entfernung von der Brusthöhle, in der sich das Lebensprinzip am längsten und stärksten erhalte, abhängt“. Betrachten wir die in den frühern Tabellen verzeichneten Temperaturwerthe, so sehen wir, dass der von Berger bemerkte Unterschied nur einen Einzelfall eines allgemeinen Gesetzes bildet. Wir finden nämlich, dass die Mundhöhle und die Achselhöhle fast durchgehends wärmer sind, als der Mastdarm, der Penisschlauch, und die Leistenbuge. Berücksichtigen wir die verschiedenen Zu- stände der Thiere, so können wir sechs Kategorien annehmen- Wir haben: 1) wach, 2) wach aber träge, 3) während der Unter- suchung: erwachend, 4) wach aber schlaftrunken, 5) leise oder un- ruhig schlafend und 6) festen Schlaf. Die vierte Abtheilung muss “*) Berger, a.u. 0. No. 477. 8. 225, 226 240 hierbei unsre Aufmerksamkeit vorzugsweise in Anspruch nehmen. Sie liefert Temperaturunterschiede der Mundhöhle, des Mastdarms und des Penisschlauches, wie sie sonst in keinem Thiere be- obachtet worden. Wir wollen uns die Mittelwerthe, welche die einzelnen früher verzeichneten Erfahrungen liefern, tabellarisch zusammenstellen und die Zahl der Beobachtungen, aus denen die Durchschnittsgrösse berechnet worden, in Parenthese hinzufügen. Die Nummern der- selben beziehen sich auf die der oben mitgetheilten Haupttabelle. 241 pn > ‘paopejyas Sıyny | Tr ‘Or 'oN | (E) 20/08 = == = (e) ez’or |(e) wrios | I "IIA ‘or nF er ‘puopergos ostarg | ‘Ge ‘se oN | (CE) 9H%o1ı + = = = (e) Friosılle) or/er| IA zen DL ‘puagepgos Iıyay | FE ‘62 N (20 + = = ei (e) vr/08 Ile) 806 | ? | ATIU ‘sg u ‚puopspgos Sımny | 95 7a oN|(E) 0r06 + == en = (E) 26/08 |Ce) E66 | U U "1% "puozelyas Sıynauf n 1% “N 26T | (0 + za = — (e) 06%6 |(E) egnor) 2 U nn 9T ‘oT ; ; Fergag aegsag | FI ‘OT ON (e) 0808 + | @) or’ | CE) eror | (#) ss'os IC) sr/o8 \Con)aoott| 3 I 'SInZI‘F ‚puogergos ostar] |‘ GT ‘ON | (9) ar/oa + |) c0%0r | CT) 0906 | (9) zr/ort |(9) STÜoLT/CE) voner) @ 1 “uoy 3 | -ungpergos zoge ou | 07 ng ON | (z) 0600 + — = (2) 09'CT |(e) zr/orı|lH) 0X0L2 P 7 "PUSYIBMIO Zungons -ı0}uf) Jop puaayeM "ET ON | CT) 08'0# + | CT) 06/088 | (T) 08‘o8z | CT) 00'068 |(g) OTlors|@) orio.e > | I ııTn 1 or 1oge oem |6% Won |(e) 29a + | le) ogioee | (@) Ogore | (E) 2r/ore |(E) 09'008) acnee| Aa 2 yaMm | TIng'oN | (a) oro9 + | (2) 00'098 | (2) er/oze | CT) 09/rE |) ORÜHELlE) SRoLE| * I “uosun) ‚odnquajstar] oyoyasydy "yonppnpsstue.g "UBpgseRL goypaanmı pue3snz EnEad nn7 — jaypy | "argL opuodan |uwopuogasun op ii opunıg nz jowaem arm "uoppadsnsppd UF au aypıppruypsyaang 242 Wir tragen nun zunächst die Temperaturunterschiede, welche die Mundhöhle und der Mastdarm lieferten, übersichtlich zusammen. Es ergiebt sich hierbei: — \ Mittlerer Unterschied der Tem- peratur der Mundhöhle und alu le der des Mastdarms in Celsius- nn graden, ib a 3%,15 Wach. ıE sb 4,95 Wach, aber träge. 1: c 39,60 Während der Untersuchung erwachend. I. d 13°,08 Wach, aber schlaftrunken. T: e 10,86 Leise schlafend. T. f 20,54 Fest schlafend, I. g 09,73 Unruhig schlafend. II. h 0°,96 Ruhig schlafend. II,IV.u.V. i 0,56 Ruhig schlafend. VI k 1,26 Leise schlafend. VI. l 1,24 Ruhig schlafend. Man sieht zunächst, dass die mittlern Unterschiede während des Winterschlafes absolut am kleinsten, relativ dagegen sehr gross > ausfallen. Die geringere Eigenwärme des Mastdarmes verräth sich aber auch schon meistentheils, wenn die Thiere im Laufe der Er- starrungszeit erwachen und eine Zeit lang wach bleiben. Verfolgt man den Uebergang aus einem Zustand in den anderen, so stösst man bisweilen auf jenes eigenthümliche Verhältniss, das ich unter d mit den Worten „wach, aber schlaftrunken” bezeichnet habe. Das Thier ist schon vollständig erwacht. Man braucht aber gar keine thermometrische Untersuchung anzustellen, um wahrzunehmen, dass der Kopf und die vordere Körperhälfte überhaupt beträchtlich wärmer als die hintere sind. Die blosse Berührung der Haut verräth schon die bedeutende Wärmedifferenz. Die Mundhöhle 245 und der Mastdarm zeigten dann in No.1 eine mittlere Abweichung von 13°,08 €. Das Thier bewegt häufig in diesem Zustande seine Hinterbeine schwerfälliger als die Vorderfüsse.. Die lähmungsar- tige Starre ist auch schon Mangili *) aufgefallen, als er ein Murmel- thier durch Kälte aufgeweckt hatte. Lassen wir das so grosse Mittel von d unbeachtet, so giebt I. einen durchschnittlichen Gesammtunterschied von 3%22 C., No.H. 0°,85 C., No. IH., IV. und V. 0°,56 C. und No. V]. 1,25. Das Gesammt- mittel für alle Zustände ist hiernach 2,08 C. Berücksichtigen wir nun den leisern und ruhigen Schlaf, so erhalten wir 1%,81 ©. Der feste Schlaf allein giebt 1°,33 C. Wir wollen endlich noch die an dem Thiere No. I. beobachteten Temperaturwerthe so ordnen, dass wir die mittlern Durchschnitts- grössen der Wärme der vordern und der hintern Körperhälfte einander gegenüberstellen können. Wir bringen zu diesem Zwecke die Wärme der Mundhöhle und der Achselhöhle in eine und die des Mastdarms, des Penisschlauches und der Leistenbuge in eine zweite Rubrik. Der Vergleich beider führt dann zu folgenden Unterschieden. Mittlere Wärme in Celsiusgraden h Thier. Reihe, | m Tustand. Unterschied beider. see? der hintern Körperhälfte. der vordern Körperhälfte. . a 37025 | 34,93 20,32 | Wach. T: b 350,08. | 320,06 30,02 | Wach, aber träge. C 28,00 | 25°,00 30,00 | Während der Unter- suchung erwachend. I. d 270,20 | 14,86 | 12,34 ‘| Wach, aber schlaftrun- ken. 1 e 1710327 100,90 0°,42 | Leise ‚schlafend. I. f 10°,58 80,69 1°,59 | Fest schlafend #) Mangili, aa. O. TIX. p. 116 244 Man sieht, dass der durchschnittliche Unterschied der Wärme der vordern und der hintern Körperhälfte etwas kleiner ausfällt als der der Mundhöhle und des Mastdarms. Ein Hauptgrund dieser Abweichung liegt in der eigenthümlichen Thatsache, dass der Mast- darm im Durchschnitt niederer temperirt war als der Penisschlauch, obgleich natürlich die kältere umgebende Luft zu diesem leichter als zu jenem gelangen konnte. Alle diese Erscheinungen lassen sich für jetzt noch nicht näher erklären. Die eingerollte Lage des Thieres während des Winterschlafes genügt nicht als Erläuterungs- grund. Es wäre gewiss von Interesse nachzusehen, ob auch an- dere Winterschläfer jenen merklichen Wärmeunterschied der beiden Körperhälften darbieten oder nicht. Ich habe diese Temperaturverhälinisse durch die graphischen, auf Tafel IN. eingetragenen Linien anschaulich zu machen gesucht. Die Abscissen entsprechen wiederum den mittlern gleichzeitisen Wärmegraden der umgebenden Atmosphäre und die Ordinatenab= theilungen den durchschnittlichen Temperaturwerthen. Ia, Ib, Ie Id, Ie, If, Ig, Ih, IN, IV, Vi, VIk. VIl beziehen sich auf die gleichen Bezeichnungen der obigen Tabellen, in der die Durch- schnittswerthe der Temperaturen der Mundhöhle und des Mast- darmes angegeben worden. Man sieht unmittelbar, wie der der Wärme des Mastdarms entsprechende Schenkel kürzer als der andere aus- fällt. Die Linien Im, In, Io, Ip, Iq und Ir drücken die Durch- schnittswerthe der Temperaturen der vordern und der hintern Körperhälfte, wie sie in dem Murmelthiere No. I. gefunden wurden, aus’ Die Linie k lm n o p p‘ bezeichnet die Temperaturunter- schiede, welche die Mundhöhle und der Mastdarm in den ver- schiedenen Zuständen darbieten Ich habe hier gleiche Abseissen- abschnitte von 5 Graden gewählt. Dasselbe gilt für die Zick- zacklinie q, r, Ss, t, u, v, w, die dem mittlern Unterschiede der Wärmegrade der vordern und der hintern Körperhälfte des Thieres No. I. entspricht. k Il und q r beziehen sich auf den wachen, l m und r s auf den wachen, aber trägen Zustand, m n und s t 4 auf den Fall, in welchem das Thier während der Untersuchung | 4 | N, 245 allnälig erwachte, no und t u auf die Schlaftrunkenheit. op und u v auf den niedern, p p’ und v w auf den höhern Grad der Erstarrung. Man sieht, wie sich hier die ausserordentlichen Unter- schiede, welche bei der Schlaftrunkenheit zum Vorschein kommen, durch die langen und steilen Linien n o und t u zu erkennen geben. x y bezeichnet den mittlern Wärmeunterschied der Mund- höhle und des Mastdarmes des Thieres No. I., y z den von No. II. IV. und V. und z z‘ den von No. VI. Da wir es hier nur mit leisern oder tiefern Schlafzuständen zu thun haben, so ist auch keine grosse Zahl von Ordinatenstücken in Anspruch ge- nommen worden. Vergleichen wir die Wärmemessungen, welche an den gestor- benen Murmelthieren angestellt worden, so sehen wir, dass sich die höhere Temperatur der Mundhöhle auch in den ersten Zeiten nach dem Tode erhält. No.21, No. 32 und No.35 können dieses näher darthun.. Hat dagegen der Leichnam längere Zeit gelegen, so schwindet jene Differenz wie z. B. No. 23 und No. 33 erhärten. Die spätere Betrachtung der Verhältnisse des Herzschlages, der Athmung, der Perspiration und der Ernährungserscheinungen wird uns zur thierischen Wärme zurückführen. Wir wollen daher hier nur noch einen Punkt, der sich unmittelbar aus unserer Haupt- tabelle ergiebt, vorläufig anführen. Nimmt man diejenigen Fälle, in welchen die Thiere während der Temperaturbestimmungen zu athmen anfingen, so zeigt sich, dass die Athembewegungen nicht immer die Eigenwärme merklich steigern. Man hatte z. B. keinen sichtlichen Einfluss auf die Temperatur der Mundhöhle in der Be- obachtung von No.14, alssich die auf die Minute kommende Anzahl der Athemzüge von 6 bis 7 auf 9 erhöhte. Die Mundhöhle zeigte in No. 10 die gleiche Wärme, als das Thier gar nicht athmete oder mit 6 Zügen in der Minute zu athmen anfing. Die Tem- peratur des Mastdarms nahm sogar in No. 13 ab, während die Athmung fortdauerte. Sie lieferte beträchtliche Schwankungen in No. 5. obgleich die auf die Zeiteinheit kommende Menge der Athem- züge weit weniger wechselte. Eine Reihe anderer Fälle dagegen 246 lieferte regelmässigere Erhöhungen der Eigenwärme, sowie sich die Zahl der Athemzüge vergrösserte. Wir haben z.B. in dieser Hin- sicht im Durchschnitt: | Mittlere auf einen Athemzug kommende Br- hier. | höhung der Eigenwärme. nn No zz Beobachtung. IN dor wtunahöhle, des Mastdarme. 1 0,25 Celsius. — NEE 1. 0007 ,„ 2 N". 18. I 0040, eb N. 16. ji ONDareen _ N. 19: II. 0013 „ 00,18 N". 3. | Ein das Erwachen einleitender Athemzug würde hiernach die Wärme der Mundhöhle durchschnittlich um 0°%,18 ©. erhöhen. Ich muss aber nochmals wiederholen, dass dieser Werth nur ein statistisch allgemeiner ist, und die zahlreichsten Ausnahmen in den Einzelfällen der Wirklichkeit vorkommen. Es kann sich, wie No. 13 zeigt, ereignen, dass die Wärme der Mundhöhle steigt und die des Mastdarmes dessenungeachtet sinkt. Der Gang der Wärmeerhöhung hängt von der Temperatur der Umgebung, den Verhältnissen des Blutlaufes, der Tiefe und der Häufigkeit der Athembewegungen, dem früheren Schlafe und dem Erwachungszustande des Thieres ab. Die blosse Zahl der Athemzüge kann daher nicht allein den Ver- grösserungscoefhieienten der Eigenwärme mit Genauigkeit angeben. Br: nee eh, baut ee - ee E va Br N Rn rt ee ae f de ae ;’ „ { Ki: wre lokale danstrag he errr i “ AA ereatedaa una I77I7 yER neu ale Fr zunh* h En A rar NER iM nun Ip de fu. W. Dar u "7 Me sch > dee Age I nr PART Ybsi, Haskiatrati wa mir ee Frl Fish anezet haeih une 1 wi jun % nn M et et et ia. E mäs ia hg rd uelemure aFie er ee ET en ’ - ER ar A Br I nr at: a u OR u A E P 2 : f ’ ah er RATEN TE er ee N s fe >E‘ > DNzE BL AR j = 5 ser n rn AR En Ka Be B I ae ) pl In “ 122.5 % er", Tafel 0 En a) Brünn PORT TeRERET I > & Tr k BETT Kat XI. Untersuchungen über thierische Elektricität. Von Emil du Bois-Reymond. Zweite Abhandlung *). In meiner vorigen Abhandlung **) habe ich den Beweis geführt, dass der elektromotorische Gegensatz zwischen Längs- und Quer- schnitt der Muskeln bereits am lebenden völlig unversehrten Frosch zugegen ist. Ich habe erklärt, woher es komme, dass man nichts- destoweniger vom Gesammtfrosch in diesem Zustande sowohl, als auch von einzelnen, nicht enthäuteten Gliedmassen desselben, stets nur verhältnissmässig schwache. elektromotorische Wirkungen erhält. Der Grund davon liegt, wie ich gezeigt habe, in der parelektronomi- schen Schicht, einer an den beiden natürlichen Querschnitten sämmt- licher Muskeln aller Thiere gelegenen Schicht von verschwindender Dicke, deren elektromotorische Kräfte denen der übrigen Muskel- masse entgegenwirken, sie schwächen, gänzlich aufheben, ja sie zu überwiegen im Stande sind. #) Mitgetheilt vom Herrn Verfasser aus den Monatsberichten der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 15. März 1852, 8. 1. ##) Vergl. den vorliegenden Band dieser Zeitschrift, 8. 137. Moleschott, Untersuchungen. I. 17 248 Vom physiologischen Gesichtspunkt aus kann kein Zweifel sein, dass dies Alles auch im lebenden unversehrten menschlichen Körper sich gerade ebenso verhalten werde. Es ist also die Möglichkeit vor- handen, dass sich von den Gliedmassen des lebenden unversehrten Menschen bei erschlafften Muskeln der Muskelstrom ableiten lasse, gerade wie von denen des lebenden unversehrten Frosches. Ich sage die Möglichkeit, denn die Nothwendigkeit ist nicht da. Ganz abgesehen von der parelektronomischen Schicht, ist durchaus nicht nothwendig, dass die Muskelmasse, welche mit anderen Gewe- ben ein Gliedmass zusammensetzt, beim Anlegen eines leitenden Bo- gens an die beiden Enden dieses Gliedmasses einen Strom von einer gewissen Grösse und in bestimmter Richtung durch den Bogen sende. Sondern der Strom kann, je nach der Anordnung der Muskeln, in jeder Richtung, und, unterhalb einer gewissen Grenze, in jeder Stärke, einschliesslich der Null, vorhanden sein. Es könnte also erstlich die Anordnung der Muskeln an den menschlichen Gliedmassen der Art sein, dass sie auch unter den günstigsten Umständen nur einen äus- serst schwachen Strom nach Aussen sendeten. Für’s zweite könnte sich die parelektronomische Schicht auf einer so hohen Stufe der Ausbildung befinden, dass, auch bei der günstigsten Anordnung der, Muskeln für eine nach Aussen gerichtete Wirkung, diese Wirkung, während der Ruhe der Muskeln, doch nur verschwindend ausfiele. Endlich drittens könnte, die Lederhaut dem Muskelstrom eine so gute Nebenschliessung, und die Öberhaut einen so grossen Widerstand darbieten, dass, auch bei der günstigsten Anordnung der Muskeln und einer geringen Ausbildung der parelektronomischen Schicht, keine merkliche Spur des Stromes nach Aussen zu gelangen vermöchte. Aus allen diesen Gründen ist es, wie gesagt, zwar möglich, aber nicht nothwendig, dass sich bei ruhenden Muskeln am lebenden un- versehrten menschlichen Körper der Muskelstrom nachweissen lasse. Man sieht, dass die Bedeutung der thierisch-elektrischen Thatsachen vollkommen unangetastet bleiben würde, auch wenn dieser Nachweis vollkommen fehlschlagen sollte. Dies verhindert nicht, dass dieser Nachweis, wenn er gelänge, nicht noch immer von erheblichem In- 249 teresse wäre. In dem Folgenden werde ich die Versuche beschrei- ben, die ich demgemäss angestellt habe in der Absicht, den Muskel- strom an den Gliedmassen des lebenden menschlichen Körpers im Zustande der Ruhe zu beobachten. | Ich habe mich dazu, fast ohne Ausnahme, des in meinem Werke beschriebenen Multiplicators von 24160 Windungen bedient, den ich den Multiplicator für den Nervenstrom zu nennen pflege*). Der Multiplicator für den Muskelstrom mit seinen 4650 Windungen **) reicht nicht aus, um die schwachen Ströme, um die es sich hier han- delt, bequem sichtbar zu machen. Diese Schwäche der Ströme rührt weniger her von der Geringfügigkeit der ihnen zu Grunde liegenden elektromotorischen Kräfte, als von der Grösse des Widerstandes, den der unversehrte menschliche Körper dem Strom entgegenstellt. Es wird nicht unnütz sein, ehe wir uns zu den Versuchen selber wen- den, einiges über diesen Widerstand vorauszuschicken, als über eine der allgemeinsten physikalischen Bedingungen, welche dabei in Be- tracht kommen. i | ; Ueber den Widerstand des menschlichen Körpers haben wir, neben vereinzelten Angaben aus älterer Zeit, aus neuerer Zeit zwei unabhängig von einander angestellte umfassende Untersuchungen, die eine von Eduard Weber***), die andere von Lenz-und Ptschel- nikoff}). Gegen die Zahlenwerthe, die in beiden für den Wider- stand des menschlichen Körpers unter bestimmten Umständen auf- gestellt werden, ist jetzt leider zu erinnern, dass sie ohne Berück- sichtigung der Polarisation der Elektroden gewonnen sind. Sie sind also als zu gross ausgefallen zu betrachten. Dieser Einwand lässt jedoch eine Menge anderer für uns sehr wichtiger Verhältnisse un- berührt, die durch jene Untersuchungen aufgedeckt worden sind. *) Untersuchungen über thierische Elektrieität. Berlin. Bd. II. Abth, I. 1849. 8.477 ff. #*) Ebendas. Bd. I. 1848. 8. 162 fi. ###) Quaestiones physiologicae de phaenomenis galvano-magneticis in corpore hu- mano observatis. Lipsiae (1836). 4. * 7) Poggendorff’s Annalen u. 8, w. 1842. Bd. LVI. 8, 429. * 17% 250 Der Widerstand des unversehrten Körpers ist, auch unter den günstigsten Umständen, stets dem von mehreren Meilen eines Kupfer- drahtes von im Durchmesser gleich zu schätzen. Dieser‘ grosse Widerstand ist nicht sowohl bedingt durch die ausgedehnte Strecke schlechter feuchter Leiter, die mit dem menschlichen Körper in den Kreis eingeführt wird, als durch die geringe Leitungsfähigkeit der Oberhaut. Der Widerstand des Körpers ist daher bei geringer Aus- dehnung. der Hautstellen, von denen die Ableitung geschieht, fast um- gekehrt proportional dieser Ausdehnung. Er ist, wie übrigens schon J. W. Ritter wusste*), um so kleiner, je zarter und feuchter die Haut von Natur beschaffen ist, je mehr sie künstlich durchfeuchtet wird, ferner je besser die Flüssigkeit leitet, mit der sie getränkt wird. Der Widerstand der Zuleitungsflüssigkeiten selber kann gegen den des Körpers wohl stets als verschwindend angesehen werden, wenn es sich nicht etwa um destillirtes Wasser handelt, oder die Länge der Flüssigkeitssäule über die Gebühr vergrössert worden ist, Am meisten sinkt der Widerstand des Körpers durch Entfernung der Oberhaut, also bei Gegenwart einer Wunde an der eingetauchten Hautstelle. Der Widerstand von Fuss zu Fuss ist beiläufig dem von Hand zu Hand oder von Fuss zu Hand beinahe gleich, oder, mit anderen Worten, zwischen den Widerständen der oberen und der unteren Gliedmassen ist kein namhafter Unterschied bemerkbar. Eduard Weber stellt noch den Satz auf, dass der Widerstand. der Oberhaut um so kleiner sei, je höher die Temperatur **). Von vorn herein erscheint dies in der Ordnung. Die Oberhaut leitet nur vermöge der darin enthaltenen Feuchtigkeit. An Stelle der Ober- haut in diesen Versuchen kann man sich also ein langes Haarröhr- chen in einem vergleichweise sonst gut leitenden Kreise denken, ge- füllt mit einer Flüssigkeit von grossem eigenthümlichen Widerstande, der mit steigender Temperatur sinkt. Es ist keine Frage, dass bei *) Beiträge zur näheren Kenntniss des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung. Jena. Bd. I. St. 3, 4. 1802. 8. 258, 259. 262. * **) Quaestiones physiologicae etc. p. 14. * ! 251 dieser Anordnung Erwärmen des Haarröhrchens eine beträchtliche Verminderung des Gesammtwiderstandes des Kreises nach sich ziehen würde. Allen Eduard Weber hat seine Behauptung auf Ver- suche gegründet, wo nicht allein die Haut erwärmt war, sondern auch die Elektroden, durch die der Strom der Haut zugeführt wurde. Nun ist es eine bekannte Thatsache, dass die Polarisation und, wenn es einen solchen giebt, der Uebergangswiderstand an der Grenze der metallischen und der feuchten Leiter mit Erhöhung der Temperatur abnehmen. Weber’s Versuch ist also für die Verminderung des - Widerstandes der Haut durch die Wärme so wenig beweisend, als es für die Verminderung des Widerstandes feuchter Leiter überhaupt durch denselben Einfluss die Versuche waren, die man vor Ohm *), ohne Berücksichtigung der Veränderung der Polarisation und des Uebergangswiderstandes, mit gleichzeitiger Erwärmung des Elektro- lyten und der Elektroden anstellte. Doch bin ich, im Lauf der fol- genden Untersuchungen, auf Erscheinungen gestossen, die nur da- durch erklärbar würden, dass in der That die Erwärmung die Lei- tungsfähigkeit der Haut erhöhte. Da es aber von Wichtigkeit sein kann, ein leicht anwendbares Mittel gleich der Wärme zu besitzen, um dergestalt den Widerstand der Haut zu vermindern, so habe ich gesucht, den Weber’schen Versuch in tadelfreier Gestalt zu wieder- holen. Die Platinenden eines Multiplicators von angemessener Empfind- lichkeit tauchten in zwei Gefässe mit gesättigter Kochsalzlösung, oder mit verdünnter Schwefelsäure von 1.061 Dichte bei 15%5 C. Mit jedem dieser Gefässe, die ich die Hauptgefässe nennen werde, stand ein anderes, mit derselben Flüssigkeit gefülltes, in leitender Verbin- dung. Diese letzteren Gefässe, welche die Hülfsgefässe heissen sol- len, waren bestimmt, um die beiden Zeigefinger darin einzutauchen, Die Flüssigkeiten in den Hauptgefässen hatten immer einerlei Tiem- peratur, entsprechend der zeitigen Lufttemperatur. Den Flüssigkeiten in den Hülfsgefissen wurden nacheinander ertheilt die Temperaturen *) Poggendorff’s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXIII. 8. 403. * 252 0°, 15%, 45° C. Die Hauptgefässe waren für gewöhnlich, behufs der Abgleichung der Platinplatten, durch ein Schliessungsrohr in sich zum Kreise geschlossen. Sollte zum Versuch geschritten werden, so wurden die Zeigefinger in die Hülfsgefässe getaucht, und so lange darin gehalten; bis man sicher sein konnte, dass die Oberhaut die Temperatur der Flüssigkeit angenommen hatte. Alsdann wurde das Schliessungsrohr entfernt, und eine Wippe umgelegt. Durch dies Umlegen wurde in den Kreis des Multiplicators und der Haupt- gefässe eine Kette von beständiger Kraft eingeschaltet. Der erste Ausschlag der Multiplicatornadel zeigte an, ob und in welchem Sinne sich der Widerstand der Haut mit der Temperatur verändert hatte. Die folgende Tabelle enthält die beobachteten Zahlen, Gesättigte Verdünnte Grade C. Kochsalzlösung. Schwefelsäure. 0° 320 Ausschlag 25°; 23.5 Ausschlag 15 33; 38; 44 35; 37; 36 45 74; 74 : 68; 65. Wie man sieht, lassen diese Zahlen keinen Zweifel daran übrig, dass der Widerstand der Haut mit steigender Temperatur ausser- ordentlich schnell abnimmt. Die Zahlen der zweiten und dritten Columne sind nicht miteinander vergleichbar. Noch eine andere physikalische Bedingung der bevorstehenden Versuche verdient unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. In den Versuchen am Frosch und an einzelnen Theilen desselben, wo- mit wir uns bisher allein beschäftigt haben, war die Bedingung einer gleichmässigen Temperatur der thierischen Theile stets von selbst er- füllt. Es lag also auch kein Grund vor, sich zu erkundigen, ob un- gleiche Temperatur der Berührungsflächen dieser Theile mit der zu- leitenden Vorrichtung elektromotorisch wirke. Bei den Versuchen am lebenden menschlichen Körper könnte jene Bedingung vielleicht nicht mehr überall erfüllt sein. Man könnte sich nun zwar beruhigen bei der Betrachtung, dass erstens thermoälektrische Triebkräfte in einem Kreise von so unge- 253 heurem Widerstande wie dem unsrigen, nicht leicht eine merkliche Wirkung hervorzubringen vermöchten, und dass für's zweite elektro- motorische Wirkungen durch ungleiche Temperatur feuchter Leiter noch nicht mit Sicherheit beobachtet seien. Beide Urtheile würden voreilig sein. Ich habe zu meinem Erstaunen gefunden, dass der Strom einer einfachen Thermokette aus Kupfer und Eisen beim Erwärmen der einen Löthstelle mit den Fingern an dem Multiplicator für den Ner- venstrom noch sichtbar bleibt, wenn in dessen Kreis die bekannte zuleitende Vorrichtung, durch das Schliessungsrohr geschlossen, ein- geschaltet wird. Ersetzt man das Schliessungsrohr durch den mensch- lichen Körper, indem man die Zeigefinger in die Zuleitungsgefässe taucht, so ist zwar jener Strom nicht mehr sichtbar, aber der beim Erwärmen der einen Löthstelle mit einer Weingeistflamme erzeugte tritt noch kräftig hervor. Unter diesen Umständen erscheinen die Thermoströme bei beständigem Temperaturunterschiede der Löthstel- len nicht mehr beständig, wegen der Ladungen, die sie auf den Platin- enden des Multiplieators entwickeln. Ich vermuthe beiläufig, dass dies das erste Mal ist, dass mit der einfachen Thermokette Elektro- lyse beobachtet worden ist. Was die Erzeugung von Strömen durch ungleiche Temperatur feuchter Leiter betrifft, so giebt es doch bereits einen Versuch von Nobili, der die Möglichkeit davon beweist. Nobili tauchte in die Zuleitungsgefässe seines Multiplicators zwei aus Thon geknetete Stäbe, erhitzte das freie Ende des einen, und brachte es in Berührung mit dem des anderen. Es entstand ein Strom im Thon von Warm zu Kalt, der mit dem Unterschied der Temperaturen spurlos ver- schwand *), Ich habe diesen Versuch mit Modellirtkon von der hie- sigen Königl. Porzellanmanufactur wiederholt, und genau den von Nobili angegebenen Erfolg gesehen. Die Wirkung lässt sich be- quem am Multiplicator für den Muskelstrom beobachten. Die elek- *) Memorie ed Osservazioni edite ed inedite ec, Firenze 1834. Vol. I. p. 80 81. 87, 101.* 254 tromotorische Kraft, die diesem Strom zu Grunde liegt, ist beiläufig weit beträchtlicher als die einer einfachen Thermokette aus Kupfer und Eisen beim Erglühen ihrer einen und mittlerer Temperatur ihrer anderen Löthstelle. Die Möglichkeit von Strömen durch ungleiche Temperatur feuch- ter Leiter ist also wohl vorhanden, und was wir jetzt vor allen Din- gen zu thun haben, ist. zu untersuchen, ob ungleiche "Temperatur zweier Hautstellen zur Erzeugung eines Stromes Anlass giebt. Wir wählen zu dieser Untersuchung natürlich zwei symmetrische Haut- stellen, z. B. entsprechende Finger der beiden Hände. Dies scheint uns den Vortheil gewähren zu müssen, dass sich keine andere elek- tromotorische Wirkung einmischen kann in diejenige, auf deren Be- obachtung, wir hier ausgehen. Zwischen symmetrischen Hautstellen könnte der Muskelstrom nur durch ungleiche Ausbildung der betref fenden Muskelgruppen der beiden Seiten, oder ihrer parelektronomi- schen Schichten vorhanden sein, oder endlich, was kaum denkbar ist, durch Ungleichheit der ihm auf beiden Seiten durch die Lederhaut dargebotenen Nebenschliessungen. ‘Wie sich asymmetrische Haut- stellen an und für sich, und abgesehen von den elektrischen Span- nungen, die ihnen von den darunter gelegenen Muskelmassen etwa mitgetheilt werden, elektromotorisch miteinander verhalten, wissen wir noch nicht. Auf alle Fälle aber beugen wir auch den möglicher-- weise daraus erwachsenden Störungen vor, indem wir unsere Ver- suche zunächst auf symmetrische Hautstellen beschränken. Vorher wird es gerathen sein, diese selbst auf ihr elektromotori- sches Verhalten zu prüfen. Der Erscheinungen, die sich beim ersten Eintauchen zweier ent- sprechenden, unverletzten und gleich warmen Finger der beiden Hände in die mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllten Zuleitungs- gefässe des Multiplicators zeigen, habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit gedacht*). Ich habe gesagt, dass dabei stets nach Rich- tung und Grösse völlig unregelmässige Wirkungen auftreten, die je- *) Comptes rendus ete. 21,Mai 1849. t. XXVIII. p. 641. 255 doch bald verschwinden, so dass die Nadel auf dem Nullpunkt oder in dessen Nähe zur Ruhe kommt. Ist ein Finger verletzt, so be- obachtet man einen andern Erfolg, von dem später die Rede sein wird. Nach zahlreichen Beobachtungen, die ich seitdem gemacht habe, kann ich jetzt noch Folgendes hinzufügen. Erstens müssen die Finger nicht nur unverletzt sein, sondern auch gleichzeitig eingetaucht werden, widrigenfalls sich gleichfalls Erscheinungen anderer Art zeigen, auf die wir sogleich zurückkom- men werden. Die beständige Wirkung für's zweite, welche nach dem Verschwinden der ersten flüchtigen Wirkungen hinterbleibt, ist, wenn auch ihrer Stärke nach Schwankungen unterworfen, doch ihrer Rich- tung nach nicht, gleich jenen, völlig unregelmässig. Sie hat zwar, bei verschiedenen Individuen, und bei demseiben Individuum in weit auseinander liegenden Zeiten, verschiedene Richtung. Allein ich habe sie an mir selber monatelang stets denselben Sinn einhalten sehen. Zu anderen Zeiten fand ich sie dann wieder ebenso hartnäckig in der anderen Richtung vor. Ich nenne diese Wirkung, von deren denk- barer Ursache später die Rede sein wird, den Eigenstrom der Finger. Verweilt man längere Zeit mit den Fingern in der Salz- lösung, wäscht sie dann mit Wasser, ‘trocknet sie ab und taucht sie wieder ein, oder taucht man sie mehreremal nach einander kürzere ‘Zeit ein, indem man sie zwischen je zwei Versuchen auf die ange- gebene Art reinigt, so tritt beim erneuten Eintauchen der Eigenstrom sogleich rein hervor, ohne ferner, wie es anfangs der Fall zu sein pflegt, durch unregelmässige Nebenwirkungen in seiner Erscheinungs- weise gestört zu werden. Ob der Eigenstrom zwischen sämmtlichen entsprechenden Fingern der beiden Hände stets dieselbe Richtung habe, weiss ich noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Doch glaube ich, dass es sich so verhält. Ueber das entsprechende Verhalten bei anderen Personen habe ich erst wenige Beobachtungen anstellen können. Bei Personen mit sehr zarter und feuchter Haut kommt die Nadel oft nur in sehr gros- ser Entfernung vom Nullpunkt zur Ruhe, und manchmal bleibt sie in dauernden Schwankungen begriffen, wodurch jede andere Beobach- 256 tung sehr erschwert wird. Nicht selten triti dies auch bei Personen mit derber Haut nach langem Verweilen der Finger in der Zulei- tungsflüssigkeit ein. Jetzt wollen wir das elektromotorische Verhalten zweier ent- sprechenden unverletzten, aber ungleich warmen Finger der beiden Hände, z.B. der Zeigefinger, gegeneinander prüfen. Ich wählte dazu die Temperaturen von 0°, 15%, 30%, 45° ©., zwischen denen alle mög- lichen sechs Combinationen versucht wurden. Zuerst wurden die Finger so abgeglichen, dass nur der Eigenstrom übrig blieb, und dieser der Richtung und Grösse nach bestimmt. Dann tauchte ich sie hinlänglich lange Zeit in zwei Gefässe mit gesättigter Kochsalz- lösung, Quecksilber oder Sand von den beiden verlangten Tempera- turen. Endlich übertrug ich sie möglichst schnell und gleichzeitig in ein Paar Gefässe mit‘ gesättigter Kochsalzlösung von der zeitigen Lufttemperatur, die durch Bäusche oder Heberröhren mit den eigent- lichen Zuleitungsgefässen in Verbindung standen, und die ich wieder die Hülfsgefässe nennen will (vergl. oben 8.251). In einer Versuchs- reihe erhielten die Finger ihre ungleiche Temperatur in Brunnen- wasser, und die Hülfsgefässe enthielten auch Brunnenwasser. In einer anderen Versuchsreihe wurde das Brunnenwasser durch die verdünnte Schwefelsäure von 1.061 Dichte ersetzt (s. oben 8.251). Endlich in noch anderen Versuchen wurden die Hülfsgefässe selber mit ungleich warmer Kochsalzlösung gefüllt, die gleich warmen Finger gleich- zeitig eingetäucht und längere Zeit darin gehalten. Um das Ergebniss dieser Versuche sowohl als der folgenden in dieser Abhandlung, beschriebenen darzulegen, ist es nothwendig, hin- sichtlich einer Redeweise übereinzukommen, um die Stromesrichtung in den Anordnungen, mit denen wir es hier zu thun haben, unzwei- deutig, zu bezeichnen. Ich nenne positiv gegen die andere die Haut- stelle, aus der der Strom in die Zuleitungsflüssigkeit tritt, um durch den Multiplicatordraht zur anderen Hautsielle einzukehren, welche die negative heisst. Ich denke mir also gleichsam, an Stelle des menschlichen Körpers, einen Zinkplatinbogen zwischen den Zuleitungs- gefässen gebrückt, das Zink auf der Seite, wo der Strom aus der 257 Haut in die Flüssigkeit tritt, das Platin auf der, wo der Strom aus der Flüssigkeit in die Haut einkehrt *). Dies vorausgeschickt, ist folgendes das elektromotorische Ver- halten ungleich warmer Finger gegeneinander. Ein Finger bei 0° verhält sich so stark positiv gegen einen Finger bei 15%, 30°, 45%, dass die Nadel an die Hemmung geführt wird. Die Wirkung ist aber bei 15° oder 30° Temperatur des zweiten Fingers weit heftiger als bei 45°. Ein Finger bei 15° verhält sich gegen einen Finger bei 30% schwach positiv. Gegen einen Finger bei 45° dagegen verhält sich ein Finger bei 150 oder bei 30° sehr stark negativ. Am nega- tivsten ist also der Finger bei etwa 30°, was deshalb merkwürdig ist, weil dies, wie die Folge zeigen wird, die natürliche Temperatur seiner Oberfläche bei mittlerer Luftwärme zu sein scheint. Bei jeder höheren sowohl als jeder tieferen Temperatur ist der Finger positiver. Seine Positivität wächst nach beiden Richtungen hin anfangs lang- sam, in der Nähe des Nullpunktes und zwischen 40° und 50° aber ausserordentlich schnell. u ' Diese Ergebnisse sind einer graphischen Versinnlichung fähig. In der beistehenden Zeichnung stellen die Abscissen die wachsenden Temperaturen des einen Fingers dar, während der andere Finger auf Q° verharrt. Die Ordinaten stellen, ihrem allgemeinen Gesetz nach, die relativen Grössen der Positivität des auf 09 gehaltenen Fingers gegen den anderen bei den entsprechenden Tempera- turen vor. Indem man sich aber die Abseissenaxe folgweise um die Stücke 0a, 05, Oc in der Richtung der positiven Ordina- ten verlegt denkt, findet man zugleich die relativen Grössen der Po- *) Vergl. Comptes rendus ete. 21. Mai 1849. t, XXVIIT. p. 642. 258 sitivität oder Negativität des Fingers von veränderlicher Temperatur gegen den anderen, wenn man diesem, statt wie früher die beständige Temperatur von 0°, beziehlich die von 15°, 30°, 450 zuschreibt. Die elektromotorische Kraft dieser Ströme ist, gleich der der Nobili’schen Thon-Thermokette, weit grösser, als die einer Thermo- kette aus Kupfer und Eisen beim Erglühen ihrer einen und mittlerer Temperatur ihrer anderen Löthstelle. Die Ströme halten so lange an, als der 'Temperaturunterschied selber. Sie summiren sich im Versuch natürlich stets algebraisch mit dem Eigenstrom der Finger, von dem oben die Rede war. Dabei geht aber der Eigenstrom in diese algebraische Summe nicht mit der Grösse ein, die er bei mitt- lerer Temperatur der Flüssigkeit in den beiden Zuleitungsgefässen zeigt, sondern mit der Grösse, die ihm zukommt vermöge der Ver- minderung des Widerstandes des Kreises, welche die Folge ist der Ver- änderung, der Temperatur der Zuleitungsflüssigkeit (vgl. oben S. 252). Dies ist beiläufig der Umstand, der mich darauf aufmerksam machte, dass die Wärme doch wohl einen Einfluss auf den Wider- stand der Haut ausüben müsse (s. oben 8.251). Dieser Umstand tritt selbst dann ein, wenn die Erwärmung oder Erkältumg auf trocknem Wege, in Quecksilber oder Sand, geschah. Dies scheint zu zeigen, dass jener Einfluss zu keinem merklichen Theil auf der grösseren Leichtigkeit beruht, womit warme Flüssigkeiten, im Vergleich zu kalten, wohl die Haut durchdringen. Der Gang der Curve des Unterschiedes der elektromotorischen Kräfte der ungleich warmen Hautstellen, wie er aus der obigen Figur erhellt, ist gewiss höchst merkwürdig, Noch merkwürdiger wird er aber dadurch, dass dieser Gang nur an den Fingern des Lebenden beobachtet wird. Ich habe die beschriebenen Versuche an dem Zeige- und Mittelfinger von Leichenhänden wiederholt, und gefunden, dass "hier der kältere Finger sich von 0% bis 75° stets positiv gegen den wärmeren verhielt. Bei gleichem Temperaturunterschied schien sich die Kraft mit wachsender Temperatur nicht sehr zu verändern. Die Stärke der Ströme war aber im Allgemeinen viel kleiner als an den Fingern des Lebenden. Die Curve Od in der Figur würde die Be- 259 obachtungen ihrem allgemeinen Gesetz nach ungefähr darstellen. Die Ordinaten derselben sind jedoch ihrer absoluten Grösse nach mit denen der ersten Curve nicht zu. vergleichen. Der abweichende Gang der Curve an den Fingern der Leichenhand und der lebenden Hand rührt nicht von der verschiedenen Temperatur im Inneren beider her. Denn auch an den Fingern einer auf 37° C. erwärmten Leichenhand "wurde dieselbe Abweichung ‚beobachtet. Die durch ungleiche Temperatur der Hautstellen erzeugten Ströme sollen in der Folge den Namen der Temperaturströme führen, da es begreiflich noch ganz ungewiss ist, bis zu welchem Grade sie mit den bekannten Thermoströmen der Metalle verwandt sind, ja ob überhaupt eine andere Beziehung zwischen beiden Erscheinungen be- steht, als die, dass beide durch Temperaturunterschiede hervorgeru- fen werden. Mit den Störungen, die uns möglicherweise seitens der Tempe- raturströme drohen, wären wir also jetzt vertraut. Wir sind aber noch immer nicht so weit, dass wir mit Sicherheit an die Erforschung des elektromotorischen Verhaltens asymmetrischer Körperstellen gehen könnten. Wir haben zuvor noch von zwei anderen Umständen Kennt- niss zu nehmen, durch welche das elektromotorische Verhalten sym- metrischer, unverletzter und gleich warmer, also gleichartiger Haut- stellen, eine Veränderung erleidet, und durch deren Unkenntniss wir also bei der Untersuchung asymmetrischer Hautstellen leicht möchten in die Irre geführt werden. Der eine dieser Umstände ist bereits oben 8.255 angedeutet wor- den. Es wurde gesagt, dass, damit das daselbst beschriebene Ver- halten beim ersten Eintauchen zweier entsprechenden Finger beobach- tet werde, die Finger gleichzeitig eingetaucht werden müssten. In der That, lässt man zwischen dem Eintauchen des einen und des anderen Fingers in die gesättigte Kochsalzlösung der Gefässe eine gewisse Zeit verstreichen, so verhält sich der jüngstbenetzte Finger stark negativ gegen den ersteingetauchten. Der Strom ist, bis zu einer gewissen Grenze, um so stärker, je grösser die Frist war, welche zwischen dem Eintauchen des ersten 260 und des zweiten Fingers verfloss. Ein paar Minuten Zeitunterschied geben nicht selten eine so starke Wirkung, dass die Nadel des Mul- tiplicators für den Nervenstrom dadurch an die Hemmung geführt wird. Diese Wirkung ist begreiflich nur vorübergehend. Nach kur- zer Zeit ist der Strom erloschen und man findet nur noch den Eigen- strom vor. Diese Abgleichung ungleichzeitig eingetauchter Finger geht auch vor sich, ohne dass die Flüssigkeitsmassen, in die man die Finger getaucht hält, zum Kreise geschlossen sind. Wird, nachdem die Finger bereits abgeglichen sind, der eine tiefer eingetaucht, so verhält er sich wieder auf einige Augenblicke schwach negativ gegen den anderen. Werden die Finger aus der Lösung gezogen, mit Was- ser gewaschen und getrocknet, oder läst man sie auch nur an der Luft trocknen, so gelingt der Versuch von Neuem, und dies kann man so oft wiederholen als man will. Nur dass zuletzt die Wir- kung doch merklich schwächer und in dem Mass unregelmässiger ausfällt. Natürlich müssen wir jetzt noch andere symmetrische Hautstel- len, als die Finger, auf die Fähigkeit untersuchen, beim folgweisen Eintauchen solche Ungleichzeitigkeitsströme, wie wir sie nennen wollen, zu erzeugen. Es tritt somit hier zunächst die Noth- wendigkeit ein, auch das elektromotorische Verhalten der ganzen Hände, der Füsse u. s. w. gegeneinander untersuchen zu können. Die gewöhnlichen Zuleitungsgefässe reichen dazu nicht mehr aus. Zum Eintauchen der Hände und der Elbogen dienten mir zwei eylindrische Gefässe aus Steingut von im Lichten etwa 16m Tiefe und 21°® Durchmesser, die ich die Handgefässe nennen werde; zum Eintauchen der Füsse zwei parallelepipedische Kasten aus irde- ner Waare, von im Lichten etwa 43°= Länge, 12:5 Breite und 13m Tiefe, wie man sie in Berlin käuflich findet um Epheu vor den Fenstern darin zu ziehen. Um diese Kasten für Flüssigkeiten un- durchgängig zu mathen, bestrich ich sie mit Kolophoniumkitt, nach- dem ich sie über einem Kohlenfeuer bis zum Schmelzpunkte des Kittes erhitzt hatte. Die Kasten sollen die Fussgefässe heissen, und die gewöhnlichen Zuleitungsgefässe in dieser Untersuchung fort- A ne 261 an, zum Unterschiede von den Hand- und Fussgefässen, den Namen der Fingergefässe führen. In die Hand- und Fussgefässe liess ich, ihrem Rande nahe, die gewöhnlichen mit Fliesspapier bekleideten Zuleitungsplatten hinein- hängen. Es wurde nämlich der wagerechte Messingstab, der die Plat- ten trägt, aus dem doppelt durchbohrten Klotz entfernt, mit dessen Hülfe er sonst an der senkrechten Säule der Zuleitungsvorrichtung verstellt wird *), und in die Korkklemme eines Magnus’schen Hal- ters eingespannt. Die Platten liess ich nur so tief in die Lösung hineinhängen, dass wenn die Hand oder der Fuss beziehlich bis zum Hand- und Fussgelenk eingetaucht wurden, die Lösung eben den Saum der Bekleidung erreichte. Häufig indess tauchten die Zulei- tungsplatten nicht unmittelbar in die Hand- und Fussgefässe, sondern in die gewöhnlichen Zuleitungsgefässe, die mit jenen durch Bäusche oder Heberröhren in Verbindung gesetzt waren. Um auch das elektromotorische Verhalten solcher Hautstellen gegeneinander zu prüfen, die nicht eingetaucht werden können, habe ich versucht, ihnen Bäusche anzulegen. Es hat sich aber gezeigt, dass dies Verfahren unbrauchbar ist. Nicht bloss dass dabei der ‘Widerstand des Kreises zu gross und zu veränderlich wird. Jeder Wechsel in der Innigkeit der Berührung zwischen den Bäuschen und der Haut giebt Anlass zu völlig unbeherrschbaren elektromotorischen Wirkungen. Auch wenn die Bäusche bereits der Haut dicht anlie- gen, genügt es, den einen oder beide Bäusche etwas fester anzu- drücken, um sogleich lebhafte Ströme in der einen oder der anderen Richtung auftreten zu sehen. Nur im äussersten Nothfall ist es da- her zulässig, sich dieses Verfahrens zur Ableitung zu bedienen. Man muss, wo man irgend kann, dafür sorgen, dass die Zuleitungsflüssig- keiten die Haut frei bespülen. Die Folge wird zeigen, dass diese Bedingung noch auf eine andere Art verwirklicht werden kann, als durch das Eintauchen der Körpertheile, und dass demgemäss die * *) Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 214. Taf. I. Fig. 6. 12. Taf. II. Fig. 8. 9. 10. Bd. IL, Taf. IV, Fig. 129, 262 Zahl der hier möglichen Anordnungen doch etwas grösser ausfällt, als man beim ersten Anblick glauben möchte. Wir nehmen den Faden unserer Untersuchung wieder auf. Zu- erst ist zu bemerken, dass die Erscheinungen beim gleichzeitigen Eintauchen der beiden unverletzten gleich warmen Hände, Ellbogen oder Füsse in die Lösung, dieselben sind als beim Eintauchen zweier entsprechenden Finger, nur dass, wenigstens bei den Händen und Füssen, und unstreitig des kleineren Widerstandes halber, alle Wir- kungen in grösserem Massstabe auftreten. Man beobachtet, im ersten Augenblick, dieselben flüchtigen Ausschläge, die weder ihrer Grösse noch ihrer Richtung nach einem deutlichen Gesetz folgen. Auch hinterbleibt zuletzt eine beständige Wirkung, entsprechend derjeni- gen, die wir an den Fingern den Eigenstrom genannt haben. Doch habe ich hier nicht in demselben Mass, wie an den Fingern, Gele- genheit gehabt, mich zu überzeugen, dass die Richtung des Eigen- stromes längere Zeit hindurch stets dieselbe bleibt. Auch weiss ich noch nicht zu sagen, ob die Richtung des Eigenstromes zwischen bei- den Händen stets zusammenfällt mit der, welche sämmtliche ent- sprechende Finger der beiden Hände zeigen. Um so weniger bin ich dazu im Stande, als ich erwähntermassen (s. oben $. 255) ja noch nicht einmal gewiss bin, dass sämmtliche entsprechende Finger bei- der Hände den Eigenstrom in derselben Richtung wahrnehmen lassen. N Was nun die Ungleichzeitigkeitsströme betrifft, so lassen die Hände und Füsse sie ganz in derselben Art wahrnehmen, wie die Finger. Hat man aber die Hände in den Handgefässen sich mit einander abgleichen lassen, und taucht dann den einen Unterarm tiefer ein, wobei, nach dem Erfolg des entsprechenden Versuches an den Fingern zu urtheilen, der tiefer eingetauchte Arm sich -wieder negativ verhalten müsste, so findet nur eine schwache und unregel- mässige Wirkung statt. Man wird also auf die Vermuthung geführt, dass vielleicht nur die eigenthümlich beschaffene Haut an der Hand- und Fusssohle fähig ist, die Ungleichzeitigkeitsströme zu zeigen. Diese Vermuthung bestätigt sich in sofern, als in der That von den beiden 263 Hand- und Fusssohlen die später eingetauchte sich negativ verhält gegen die erstbenetzte, während an den beiden Handrücken die Un- gleichzeitigkeitsströme vermisst werden. Ueberzieht man die Volar- fläche zweier Finger mit Collodium, so zeigen sie nicht mehr die Ungleichzeitigkeitsströme. Ueberzieht man hingegen die Rücken- fläche zweier Finger dergestalt mit einer nichtleitenden Schicht, so sind die Ungleichzeitigkeitsströme noch vorhanden. Jene Muthmas- sung scheint sich also bewährt zu haben *). Leider muss ich hinzu- fügen, dass die beiden Ellbogen in Kochsalzlösung die Ungleichzeitig- keitsströme regelmässig zeigen, wodurch die Richtigkeit der Muth- massung alsbald wieder in Frage gestellt ist. Ich habe das Verhalten der Ungleichzeitigkeitsströme in ver- schiedenen Zuleitungsflüssigkeiten erforscht. In Brunnenwasser er- scheinen sie genau wie in der Kochsalzlösung, mit der einzigen Aus- nahme, dass hier die Ellbogen sie gleichfalls vermissen lassen, und dass sie im Allgemeinen stärker sind als in der Lösung. In der ver- dünnten Schwefelsäure von 1.061 Dichte zeigten die Ungleichzeitig- keitsströme an den Fingern die umgekehrte Richtung wie in der Kochsalzlösung. An der Handsohle und an dem Handrücken war ‚das Verhalten unklar. Endlich in einer kaustischen Kalilauge von 1.026 Dichte bei 15%,5 C., entsprechend einem Gehalt an Kalihydrat von etwa drittehalb Gewichtsprocenten, waren wieder an den Fingern keine regelmässigen Ungleichzeitigkeitsströme vorhanden, dagegen er- schienen sie an der ganzen Hand sowohl als an der Handsohle und dem Handrücken in derselben Richtung wie in der Säure, umgekehrt wie in der Kochsalzlösung und dem Brunnenwasser, d.h. es verhielt sich die letzteingetauchte Hautstelle, statt negativ, vielmehr positiv. Doch ist es möglich, dass ich mich hier noch im Irrthum befinde, da ich die Versuche mit der Kalilauge, ihrer grossen Unannehmlichkeit wegen, vielleicht nicht hinreichend vervielfältigt habe. An den Fingern einer Leiche zeigten die Ungleichzeitigkeits- ströme in Kochsalzlösung dieselbe, an denen einer anderen die um- *) 8. diese Berichte, Juni 1851, 8. 383. Moleschott, Untersuchungen, II. 18 264 gekehrte Richtung wie am Lebenden, und die Stärke der Ströme war sehr gering. Beim ersten Anblick der Ungleichzeitigkeitsströme könnte man verleitet sein, sie für einerlei zu halten mit den oben beschriebenen Temperaturströmen. Die oberflächliche Temperatur eines Fingers ist bei 15°C. Temperatur der Luft auf etwa 23°—30° zu schätzen. Denn wenn ich einen Finger in Wasser von dieser Temperatur tauche und darin ruhig halte, habe ich gar keine Empfindung weder von Kälte noch von Wärme, noch überhaupt von der Gegenwart der Flüssig- keit. Die Zuleitungsflüssigkeiten in den vorigen Versuchen theilten die zeitige Lufttemperatur von etwa 15°. Somit scheint es ganz in der Ordnung, dass der schon seit einiger Zeit eingetauchte, ober- flächlich auf 15° abgekühlte Finger sich positiv verhält gegen den erst eben eingetauchten, oberflächlich noch 30° warmen Finger. So gut dies zu stimmen scheint, so verhält sich die Sache doch anders. Erstens sind die Ungleichzeitigkeitsströme viel zu stark, als dass man ihren Quell in jenem Temperaturunterschied suchen dürfte. Ein Finger bei 30° und einer bei 15° geben zusammen höchstens einen Ausschlag von 20°—30°, während die Ungleichzeitigkeitsströme erwähntermassen unter günstigen Umständen die Nadel an die Hem- mung führen. Zweitens verändern diese Ströme ihre Richtung in der verdünnten Schwefelsäure, die Temperaturströme nicht (s. oben S. 256). Drittens habe ich mich überzeugt, dass die Handrücken, welche die Ungleichzeitigkeitsströme vermissen lassen, die Temperatur- ströme ganz ebenso zeigen, wie die Finger. Viertens erscheinen die Ungleichzeitigkeitsströme auch in Kochsalzlösung und Brunnenwasser, wenn man diesen Flüssigkeiten die Temperatur von 28°—30% C. er- theilt, wo also keine Abkühlung des zuerst eingetauchten Fingers mehr stattfindet. Die Ungleichzeitigkeitsströme lassen sich folglich nicht in der angegebenen Art zurückführen auf die Temperaturströme. Dies ver- hindert jedoch nicht, dass nicht die Temperaturströme sich unter Umständen in die Erscheinung der Ungleichzeitigkeitsströme einmi- schen. Die letzteren Ströme nehmen z.B. ausserordentlich an Stärke 265 zu, wenn man der Kochsalzlösung die Temperatur entweder von 0° oder von 45° C. ertheilt. Da diese Zunahme nicht allein bei erhöh- ter, sondern auch bei erniedrigter Temperatur stattfindet, so kann sie in dem ersten Falle nicht allein von der Verminderung des Wider- standes herrühren. Sie beruht unzweifelhaft darauf, dass sich ein Finger sowohl bei 0° als auch bei 45° stark positiv verhält gegen einen 'solchen bei 30°, und der Beweis davon ist, dass die Ungleich- zeitigkeitsströme in der verdünnten Schwefelsäure sich umkehren und gleichsinnig werden mit denen in der Kochsalzlösung, wenn man der Säure die Temperatur von — 3° bis 0° oder von 45° ertheilt. Die Temperaturströme überwiegen also alsdann sogar die Ungleichzeitig- keitsströme. Ich komme jetzt zu der dritten Ursache, die, wie oben S. 259 angekündigt wurde, nächst der Ungleichheit der Temperatur und der Ungleichzeitigkeit der Benetzung die Gleichartigkeit symmetrischer Hautstellen zu stören vermag. Wenn die beiden letzteren Ursachen uns minder fremdartig erschienen, insofern sie uns schon von den Metallen her als elektromotorischer Wirkungen fähig bekannt sind, so ist dagegen die dritte, jetzt zu erwähnende Ursache, wenn nicht der Haut ganz eigenthümlich, wenigstens bisher ohne Analogie. Taucht man beide Hände im gewöhnlichen, halbgebeugten Zu- stande aller Gelenke in die Handgefässe ein, lässt sie sich darin mit- einander abgleichen, und ballt dann die eine in der Flüssigkeit zur Faust, so verhält sich die zur Faust geballte auf das stärkste positiv gegen die offen gebliebene, und zwar so lange, bis sie selbst wieder entballt wird. Bei dieser Form des Versuches denkt man sogleich an zwei mögliche Ursachen der Wirkung. Am nächsten liegt es, sich vorzu- stellen, die beobachtete Wirkung sei der Ausdruck der negativen Schwankung des Stromes sämmtlicher Beugemuskeln der Finger. Zweitens kann man sagen, die Faust erscheine deshalb positiv gegen die offengebliebene Hand, weil durch das Schliessen der Hand zur Faust die negative Handsohle von der elektromotorischen Wechsel- wirkung ausgeschlossen werde. Jede der beiden Hände ist einem 18 * 266 zusammengelötheten Zinkkupferplattenpaar zu vergleichen, dessen Zink durch den Handrücken, das Kupfer durch die Handsohle vor- gestellt wird. Es ist klar, dass, wenn das eine Plattenpaar so zu- sammengebogen würde, dass das Zink das Kupfer allseits umgäbe, das früher bestandene Gleichgewicht im Kreise gestört, und das der- gestalt behandelte Plattenpaar sich nunmehr positiv gegen das andere verhalten würde. Durch diese Muthmassungen ist jedoch das Rechte nicht getrof- fen. Ich werde bei einer späteren Gelegenheit zeigen, dass zwar die Anstrengung der Beugemuskeln des Armes eine elektromotorische Wirkung nach sich zieht, dass aber diese Wirkung auch bei der hef- tigsten Anstrengung, ausserordentlich viel schwächer bleibt als die in Rede stehende bei nur ganz mässigem Kraftaufwand, dass sie ferner die umgekehrte Richtung hat, und dass sie drittens sich noch durch ein anderes Merkmal davon unterscheidet, welches hier näher zu be- zeichnen nicht der Ort ist. Ein vierter Grund, der allein ausreichen würde, wird sich sogleich im Verfolg der Untersuchung ergeben. Die andere vorausgesetzte Ursache hat zwar aller Wahrschein- lichkeit nach wirklich die Hand mit im Spiel. Allein sie kann der alleinige Grund für das Positivwerden der zur Faust geballten Hand nicht sein. Denn berührt man den Spiegel der Lösung in dem einen Handgefässe mit dem Rücken der halbgebeugten Hand, den der Lö- sung in dem anderen Gefässe mit dem Rücken der Faust, so ver- hält sich der letztere positiv gegen den ersteren. Da hier die Hand- sohle auch auf Seiten der halbgebeugten Hand sich ausserhalb der Kette befindet, so kann von jener Hypothese nicht mehr die Rede sein, und es muss die Erscheinung also abgeleitet werden aus einer Veränderung der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut des Handrückens selber. Beobachtet man diese Haut während des Faustballens, so sieht man, dass sie stark ausgedehnt wird. Vielleicht beruht hierauf die Ver- änderung ihrer elektromotorischen Beschaffenheit. So ist es in der That. Lässt man durch einen Gehülfen, während man die beiden halb- gebeugten Hände in der Lösung der Handgefässe hält, mit isolirten 267 Fingern die eine Mittelhand so zusammendrücken, dass die Köpfchen des ersten und des letzten Mittelhandknochens einander möglichst genähert werden, und die Haut des Handrückens in die Quere stark ausgedehnt wird, so verhält sich diese Hand positiv gegen die andere. ‘Wird der Versuch wiederholt, ohne dass die Haut dabei ausgedehnt wird, so bleibt die Nadel in Ruhe. Dies beweist schlagend, dass die Wirkung beim Faustballen nichts zu schaffen hat mit der Muskelzusammenziehung, und dass sie viel- mehr herrührt von der dabei stattfindenden Ausdehnung der Rücken- haut der Hand. Demgemäss zeigt es sich denn auch, dass die Haut positiver gemacht werden kann noch durch eine andere Gestaltver- änderung als das Faustballen, wobei gleichfalls eine bedeutende Aus- dehnung der Haut stattfindet, nämlich durch das möglichst weit ge- triebene Ausspreizen der Finger in der Ebene der flach ausgestreck- ten Hand; ferner, dass ein stark gebeugter Ellbogen, an dem die Haut gleichfalls stark ausgespannt ist, sich gegen einen schwachge- beugten positiv verhält, wie die Faust gegen die offene Hand. Die Ströme durch ungleiche Ausdehnung der Haut, die ich Dehnungsströme nennen werde, behalten ihre Richtung un- verändert bei in allen Zuleitungsflüssigkeiten, in denen ich sie geprüft habe, nämlich in Kochsalzlösung, in Brunnenwasser, in der verdünnten Schwefelsäure von 1.061 und der Kalilauge von 1.026 Dichte. Jetzt endlich sind wir soweit gelangt, dass wir uns, ohne Furcht vor gröberen Täuschungen, begeben dürfen an die Untersuchung des elektromotorischen Verhaltens asymmetrischer Körperstellen gegen- einander. Mit Bedauern müssen wir dabei die Beschränktheit unse- rer bisherigen Versuchsmittel wahrnehmen, die uns, da auf den Ge- brauch von Büäuschen zu verzichten ist (s. oben S. 261), nur die Prüfung der Anordnungen gestatten, welche zwischen Händen, Füs- sen und Ellbogen, höchstens noch den Knieen, möglich sind. Es wird doch im höchsten Grade wünschenswerth sein, auch am Rumpf eine Ableitungsstelle zu besitzen, um eine Anordnung herzustellen, entsprechend derjenigen am Frosche, wo die Füsse in das eine Zu- 268 leitungsgefäss tauchen, und das Kreuz des Frosches durch einen Bausch mit dem anderen Zuleitungsgefäss verbunden ist. Nach manchen vergeblichen Bemühungen ist mir dies in folgen- der Art gelungen. Ich schnalle mir, mittelst eines starken Grurtes, ein länglich vierseitiges Gefäss aus Guttapercha vor die Brust, dem die eine breite Seitenwand fehlt. Diese eine Seitenwand wird durch die Brust selber ersetzt. Die beiden senkrechten Ränder, und der untere wagerechte Rand, welche an die Brust stossen, sind nicht scharf, sondern in 1ö"m Breite umgelegt, und im weichen Zustande der Stelle der Brust angepasst worden, an der das Gefäss zu liegen kommt. Diese Ränder werden mit Oel bestrichen, und stellen, bei einiger Vorsicht, einen hinlänglich wasserdichten Verschluss dar, so dass man das Gefäss voll Flüssigkeit giessen kann, die nunmehr die Brusthaut so frei bespült, als ob die betreffende Stelle eingetaucht wäre. Um das Gefäss zu entleeren, ist ein Kautschukrohr ange- bracht, welches bis auf den Boden des Gefässes geht, und ausserhalb tief unter den Boden reicht. Wird das Rohr voll Flüssigkeit geso- gen, so stellt es einen Heber dar, der das Gefäss schnell und sicher _ bis auf einige Tropfen entleert. Ich werde diese Vorrichtung das Brustgefäss nennen. Um mittelst desselben einen Strom von der Brust abzuleiten, wird ihm gegenüber eines der gewöhnlichen Zulei- tungsgefässe, in Verbindung mit dem einen Multiplicatorende, auf- gestellt, und ein Bausch oder ein Heberrohr über beide Gefässe gebrückt. Folgendes sind nunmehr die Ergebnisse der Untersuchung asym- metrischer Körperstellen, die wir zuerst in der gesättigten Kochsalz- lösung vornehmen wollen. Ich bemerke dabei, dass ich hier von meinen zahlreichen Versuchen nur die anführe, die beständig ein ganz schlagendes Ergebniss zu liefern pflegen. Doch muss ich hinzufügen, dass diese Versuche bisher nur an mir selber angestellt sind. Für den letzten Zweck, den ich dabei im Auge hatte, war dies genügend; und diese Versuche sind so ausserordentlich mühsam und zeitraubend, dass ich die Ermittelung der entsprechenden Verhältnisse an anderen Individuen denen üherlassen muss, die sich dafür interessiren sollten. 269 Die Vorsichtsmassregeln, die sich aus dem Vorigen ergeben, sind im Folgenden natürlich stets als befolgt vorauszusetzen. Die Handsohle verhält sich stark negativ gegen den Handrücken. Die Handsohle sowohl als der Handrücken, folglich auch die ganze Hand, verhalten sich stark negativ gegen den Ellbogen und gegen die Brust. Der Ellbogen ist schwach positiv gegen die Brust. Die Fusssohle verhält sich stark negativ gegen den Fussrücken, wie ich durch angelegte Bäusche ausgemittelt habe. Sie verhält sich ferner, wie auch der ganze Fuss, stark negativ gegen die Brust. Eigenthümlich ist das Verhalten von Hand und Fuss gegenein- ander. Häufig findet man die Hand stark negativ gegen den Fuss. Oft aber findet man auch am Anfang einer Versuchsreihe das Gegen- theil. Aber es dauert nicht lange, so wird der im Bein aufsteigende Strom immer schwächer, und schlägt dann plötzlich um in den ab- steigenden Strom. Diese Ströme sind von sehr beständiger Kraft. Man sieht sie im Lauf ausgedehnter Versuchsreihen wohl an Stärke abnehmen, aber sie halten doch stets so lange an, als man Lust hat sie zu beobach- ten. Ihre Anfangsstärke ist zuweilen sehr beträchtlich. Die stärke- “ ren darunter halten die Nadel des Multiplicators für den Nervenstrom auf 60°—80° beständiger Ablenkung, und sind also der Beobachtung am Multiplicator für den Muskelstrom sehr gut zugänglich. Die Ströme sind nicht, wie man vielleicht muthmassen könnte, Temperatur- ströme. Denn ich habe sie in derselben Richtung beobachtet, auch wenn ich der Lösung in dem einen Zuleitungsgefäss abwechselnd die Temperaturen von 15° und 30° ertheilte, während die Lösung in dem anderen Gefäss beziehlich die Temperaturen von 30° und 15° erhielt. Hier haben wir nun also Ströme, deren Erscheinungsweise beim ersten Blick zum Theil recht übereinkommt mit der des Muskel- stroms; Ströme ansteigend in den Gliedmassen, von der Hand zum Ellbogen, von der Hand und dem Fuss zur Brust, und von einer Stärke, wie man sie von den grossen Muskelmassen des mensch- lichen Körpers wohl erwarten kann. 270 Doch ist zu erwägen, dass nach dem Eingangs Gesagten dies gar keine Merkmale für den Muskelstrom sind. Vielmehr ist das Auftreten ebenso starker Ströme durch die Dicke der Hand und des Fusses, wo nicht wohl an den Muskelstrom zu denken ist, und das Umschlagen der Strömungsrichtung zwischen Hand und Fuss, wohl geeignet uns darauf aufmerksam zu machen, dass diese Ströme viel- leicht sämmtlich nichts weiter sind als Hautströme, ähnlich den am Frosch bei Anwendung von Wasserbäuschen beobachteten *). Um zu prüfen, ob diese Ströme von der Haut oder den Muskeln ausgehen, stehen uns zwei Merkmale zu Gebot. Gehen sie von den Muskeln aus, so müssen sie erstens in allen Zuleitungsflüssigkeiten ihre Richtung, unverändert beibehalten, und keine anderen Schwankun- gen ihrer Stärke zeigen als solche, welche durch den verschiedenen Widerstand der Kreise zu erklären sind. Zweitens müssen sie bei der Zusammenziehung der Muskeln eine negative Schwankung von angemessener Grösse zeigen. Jedoch sind beide Merkmale nicht so aufzufassen, als ob jeder Strom, der sie zeigt, nun auch der Muskel- strom sein müsse. £ Was_das erste Merkmal betrifft, so bieten die Ungleichzeitig- keitsströme beim Frosch, die Dehnungsströme beim Menschen uns bereits zwei Beispiele von Strömen dar, die in allen Zuleitungsflüs- sigkeiten einerlei Richtung behalten, und doch sicherlich nur Haut- ströme sind. Was das zweite Merkmal betrifft, so erinnere ich an das, was ich in meiner vorigen Abhandlung von dem Verhalten der parelektronomischen Schicht der Muskeln bei der Zusammenziehung sagte **). Die parelektronomische Schicht nimmt keinen Antheil an der negativen Schwankung. Ihre negativen Kräfte bleiben beständig, während die positiven Kräfte der übrigen Muskelmasse sich im ne- gativen Sinne verändern. Ein im ruhenden Zustande schwach positiv wirksamer, unwirksamer oder negativ wirksamer Muskel kann folg- lich im Augenblick der Zusammenziehung stark negativ wirksam *) 8. den vorliegenden Band dieser Zeitschrift, $. 139. **) S, ebendaselbst, $. 155. 271 werden. Es könnte also gleichzeitig mit einem aufsteigenden Haut- strom in einem Gliedmass ein aufsteigender Muskelstrom vorhanden sein, aber durch die parelektronomische Schicht so geschwächt, dass die Nebenschliessung durch die Lederhaut, der Widerstand der Ober- haut keine merkliehe Spur davon nach Aussen gelangen lassen. Da- gegen bei der Zusammenziehung könnte eine negative Wirkung ein- treten, deren nach Aussen gelangender Bruchtheil die angemessene Grösse besässe, um für die negative Schwankung des als Muskelstrom aufgefassten Hautstromes zu gelten. Das Fehlen eines jener beiden Merkmale ist also ausreichend, um einen Strom als Hautstrom zu bezeichnen. Um ihn als Muskel- strom zu bezeichnen, ist sogar das Zutreffen beider Merkmale noch nicht genug. Was in diesem Falle weiter zu thun wäre, um die Entscheidung herbeizuführen, wird zu untersuchen an der Zeit sein, wenn es sich herausgestellt haben wird, dass die Ströme, um die es sich handelt, die beiden ersten Proben wirklich bestehen, und also für den Muskelstrom genommen werden können. Jetzt wollen wir sie diesen Proben unterwerfen. Ich habe die Versuchsreihe an den asymmetrischen Körpertheilen, ausser mit der Kochsalzlösung, durchgemacht mit Brunnenwasser, mit der verdünnten Schwefelsäure von 1.061 und der Kalilauge von 1.026 Dichte. In Brunnenwasser waren die Erscheinungen die näm- lichen wie in der Kochsalzlösung, mit der Ausnahme, dass die im Bein aufsteigende Strömungsrichtung zwischen Hand und Fuss, die in der Kochsalzlösung nur hin und wieder zu Anfang beobachtet wird, in Brunnenwasser die Regel ist. In der verdünnten Säure hat der Strom zwischen Handsohle und Handrücken die verkehrte Rich- tung von der in der Salzlösung und dem Brunnenwasser. Auch zwischen Hand und Ellbogen wird im Anfang der Versuchsreihen die verkehrte Richtung beobachtet, sie schlägt aber später in die auf- steigende um. Der Strom von Hand und Fuss zur Brust erscheint unverändert. In der Kalilauge habe ich zwischen Handsohle und Handrücken kein bestimmtes Verhalten ermitteln können. Die Hand verhielt sich einen Augenblick lang, wie in der Kochsalzlösung, ne- 272 gativ gegen den Ellbogen. Alsbald aber verschwand in vielen Fäl- len dieser Strom, und die Ungleichartigkeit beider Hautstellen schien durch die Benetzung mit der Lauge vernichtet. Dagegen zwischen Hand und Fuss und Brust zeigte sich auch hier der aufsteigende Strom wie in der Kochsalzlösung, und hielt der längsten Benetzung mit der Lauge Stich, obschon ich die Versuche so lange fortsetzte, dass ich an der zarten Haut der Brust zahlreiche Brandschorfe davontrug. Das allgemeine Ergebniss ist also, dass unter den Strömen, die wir von asymmetrischen Hautstellen erhalten haben, einige sind, die die erste Probe nicht aushalten, welche ein Strom bestehen muss, um für den Muskelstrom gelten zu können. Dies sind die Ströme zwi- schen Handsohle und Handrücken, Hand und Fuss, Hand und El- bogen. Hingegen die starken aufsteigenden Ströme von Hand und Fuss zur Brust halten jene erste Probe aus, und müssen nunmehr auf die zweite Probe gesetzt werden, d. h. es muss untersucht wer- den, ob sie bei der Zusammenziehung eine negative Schwankung von angemessener Grösse erkennen lassen. Die Versuche, die ich darüber angestellt habe, werde ich in einer späteren Abhandlung mittheilen. Das Ergebniss derselben ist, dass jene Ströme keine negative Schwankung zeigen. Also auch sie sind blosse Hautströme. Es ist möglich, dass sie einen Bruchtheil in sich- bergen, der von den Muskeln ausgeht. Aber er ist im Versuch nicht auszuscheiden, wie uns dies beim Frosch gelungen war, Dank dem glücklichen Umstand, dass wir ein Mittel ausfindig machten, die Hautungleichartigkeiten zu vernichten, und die Froschhaut am leben- den unversehrten Thier in einen unwirksamen feuchten Leiter zu ver- wandeln. Mit einem Wort, das Unternehmen, den Muskelstrom am lebenden unversehrten menschlichen Körper bei ruhenden Muskeln nachzuweisen, ist als völlig gescheitert anzusehen. Obschon die Untersuchung der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut von dem eigentlichen Ziel dieser Forschungen abseits liegt, habe ich doch nicht unterlassen wollen, im Vorübergehen den Ver- such zu machen, dies Gebiet neuer und räthselhafter Erscheinungen etwas aufzuhellen. 273 Es hält nicht schwer, eine allgemeine Vorstellungsweise zu er- sinnen, wodurch die beständigen Hautströme, so wollen wir die zuletzt beschriebenen Ströme zwischen asymmetrischen Haut- stellen bezeichnen, zugleich mit den Ungleichzeitigkeitsströmen er- klärt werden. Man hat sich nur zu denken, dass die Haut, gleich- viel zunächst ob in Folge der Berührung mit den Zuleitungsflüssig- keiten, oder unabhängig davon, der Sitz einer elektromotorischen Kraft ist, deren Grösse an den verschiedenen Hautstellen verschieden ist, und sich ausserdem mit der Dauer der Benetzung in bestimmtem Sinne verändert. Um z. B. die beständigen und die Ungleichzeitig- keitsströme in der Kochsalzlösung abzuleiten, brauchte man nur an- zunehmen, 1) dass die Kraft aus der Lösung in die Haut gerichtet sei; 2) dass sie grösser sei an der Handsohle als am Handrücken, hier (bei absteigendem Strom im Bein) grösser als am Fuss, hier wiederum grösser als am Ellbogen und der Brust; 3) dass die Kraft bei zunehmender Dauer der Benetzung abnehme. Die drei entgegengesetzten Annahmen führen aber gleichfalls zur Erklärung der Erscheinungen. Das erste, was zu thun sein würde, würde demnach sein, zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu ent- scheiden. Leider stösst man dabei auf nicht zu bewältigende Hin- dernisse. Die Richtung der Kraft unmittelbar zu bestimmen, könnte nur mit Hülfe des condensirenden Elektroskops geschehen. Es versteht sich, dass wir hier allein auf Versuche mit geschlossener Kette an- gewiesen sind. Man kann aber leicht ganz allgemein zeigen, dass sich aus diesen die Entscheidung der obigen Frage nur entnehmen lässt unter der Voraussetzung, dass die Grösse der Veränderung, welche die Kraft an jeder Hautstelle nach einer bestimmten Dauer der Benetzung erlitten hat, der Grösse der Kraft an der betreffenden Hautstelle proportional ist. Ist dies nicht der Fall, so wird man auf drei Gleichungen zwischen vier Unbekannten geführt, die Gleichung des beständigen Stromes nämlich zwischen zwei Hautstellen, und die Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsströme an diesen beiden Stellen, ohne dass es möglich wäre, eine wahrhaft neue Beziehung zwischen 274 den vier Unbekannten festzustellen. Lässt man aber jene Propor- tionalität gelten, so erscheint die Aufgabe bestimmt. Alsdann würde aus der geringeren Stärke der Ungleichzeitigkeitsströome am Hand- rücken (als solche lässt sich ihre Unregelmässigkeit an dieser Haut- stelle deuten) folgen, dass daselbst die Kraft eine geringere sei als an der Handsohle. Dem entsprechend würde sich aus dem allmäli- gen Sinken der Stärke der beständigen Ströme zwischen asymmetri- schen Hautstellen bei öfterer Wiederholung der Versuche (s. oben S. 269) ergeben, dass die Veränderung der Kraft mit der Dauer der Benetzung in einer Abnahme bestehe. Danach müsste die Kraft die Richtung haben aus der Kochsalzlösung in die Haut. Es scheint jedoch nicht, als ob sich die Annahme der Propor- tionalität zwischen der Veränderung der Kraft und ihrer Grösse an den verschiedenen Hautstellen rechtfertigen liesse. Das Umschlagen der Strömungsrichtung zwischen Hand und Fuss lässt sich im Gegen- theil nur erklären durch die Annahme, dass die Kraft sich nicht pro- portional verändere; und wenn die Handrücken die Ungleichzeitig- keitsströme wegen allzugeringer Kraft vermissen liessen, so müssten sie sich positiv verhalten gegen alle Punkte, welche deutliche Un- gleichzeitigkeitsströme aufweisen, z. B. Ellbogen und Füsse, was nicht der Fall ist, das letztere wenigstens nicht bei im Bein absteigender Strömungsrichtung, zwischen Hand und Fuss. Es ist daher bei wei- tem wahrscheinlicher, dass die Handrücken die Ungleichzeitigkeits- ströme deshalb vermissen lassen, weil an ihnen die Kraft sich nicht so mit der Dauer der Benetzung ändert, wie an anderen Hautstellen. Es ist also hier nicht durchzudringen. Aber gesetzt auch, es gelänge, die Entscheidung über diesen ersten Punkt herbeizuführen, so würde doch damit für die Aufklärung des elektromotorischen Ver- haltens der Haut noch sehr wenig geschehen sein. Die wahre Ver- wickelung hebt erst an, wenn man auch die Ergebnisse der Versuche in den anderen Zuleitungsflüssigkeiten in den Kreis der Betrachtung zieht. Dadurch werden die beständigen Hautströme in zwei Klassen geschieden, in solche, deren Richtung, in allen Flüssigkeiten dieselbe 3 bleibt, und in solche, deren Richtung sich mit der Flüssigkeit ändert. 275 Von diesen letzteren Strömen kann man annehmen, dass sie aus der Berührung der Haut mit den Zuleitungsflüssigkeiten entspringen, wobei natürlich vorausgesetzt wird, dass vermöge einer ungleichen Beschaffenheit der. verschiedenen Hautstellen die Berührung daselbst elektromotorische Kräfte von ungleichem Betrag erzeugt. Zu dieser Klasse der beständigen Hautströme scheinen die Ungleichzeitigkeits- ströme in Beziehung zu stehen, da auch deren Erscheinungsweise durch die Natur der Zuleitungsflüssigkeit bedingt wird, so dass z. B. in der verdünnten Schwefelsäure der Strom zwischen Handsohle und Handrücken sowohl als die Ungleichzeitigkeitsströme die umgekehrte Richtung haben von der in der Kochsalzlösung und dem Brunnen- wasser. Damit stimmt denn auch folgende Beobachtung. Ich habe versucht, den Strom zwischen Handsohle und Hand- rücken an den Händen von Leichen wahrzunehmen. Es fand sich, dass eine Leichenhand, welche die Ungleichzeitigkeitsströme im rich- tigen Sinne zeigte, auch den Strom zwischen Handsohle und Hand- rücken wie am Lebenden besass. An einer anderen Hand, wo die Ungleichzeitigkeitsströme verkehrt waren, war auch der Strom zwi- schen Handsohle und Handrücken verkehrt. Was die ersteren Ströme anlangt, die zu den Ungleichzeitigkeits. strömen der Froschhaut und den Dehnungsströmen der menschlichen Haut ein neues Beispiel von Hautströmen liefern, die in sauren und alkalischen Flüssigkeiten einerlei Richtung behaupten, so bleibt, wie es scheint, nichts anderes übrig, als sich vorzustellen, dass ihnen eine in der Haut vorgebildete elektromotorische Kraft zu Grunde liegt. Ueber den Ursprung dieser Kraft bereits jetzt eine nur einigermassen begründete Vermuthung zu äussern, halte ich mich nicht für befähigt. Jedenfalls müssten dabei, ausser den Teemperatur- und den Deh- nungsströmen, die elektromotorischen Erscheinungen in Betracht ge- zogen werden, zu denen die Verletzung der Haut Anlass giebt, und die ich bereits vor mehreren Jahren (s. oben 8.254) in ihren Grund- zügen angedeutet habe. Eine irgendwie verletzte Hautstelle, eine frische Schnittwunde so gut als eine eiternde Blasenpflasterwunde, verhält sich in Kochsalzlösung stark positiv gegen eine unverletzte 276 Hautstelle. Der Strom verschwindet, wenn man die Wunde mit Collodium überzieht, oder wenn man an der anderen Hautstelle eine ähnliche Verletzung anbringt. Auch an den Fingern der Leiche habe ich den Wundenstrom, so soll dieser Strom heissen, in derselben Richtung beobachtet. Ich habe nicht versäumt, den Wundenstrom in den verschiedenen Zuleitungsflüssigkeiten, deren wir uns oben be- dient haben, zu prüfen. In allen blieb seine Richtung die nämliche. Nur in Brunnenwasser zeigte er sich auffallend schwach. Diese Ver- suche sind jedoch nur mit frisch blutenden Stichwunden angestellt, so dass der Zweifel entsteht, ob dabei die Zuleitungsflüssigkeiten auch wirklich die Wundfläche bespült haben, oder ob sie durch das Blut davon getrennt blieben. Indessen kommt darauf nicht viel an. Wie man auch, diesen beiden Möglichkeiten gemäss, den 'Thatbestand auffasse, bei dem Be- streben ihn zu zergliedern geräth man in gleiche Dunkelheit. Um eine in der Haut vorbestehende elektromotorische Kraft kann es sich hier nicht handeln, da die Verletzung alsdann nichts thun könnte, als den Widerstand des Kreises herabsetzen. Sie könnte nicht die be- treffende Hautstelle gegen die andere positiver erscheinen machen. Die elektromotorische Kraft der Wundfläche muss also entweder erst durch die Verwundung erzeugt sein, oder sie muss ihren Ursprung haben in der Berührung mit den Zuleitungsflüssigkeiten, oder end- lich mit dem Blut. Wie soll man sich das erste denken? Wie soll im zweiten Fall die leicht alkalische Wundfläche sich stark positiv verhalten gegen Zuleitungsflüssigkeiten aller Art? Wie im dritten so stark positiv gegen das Blut, dass die entgegenstehende elektro- motorische Kraft zwischen Blut und Kalilauge dadurch überwältigt wird? Diese Räthsel müssten, wenn eine erschöpfende Theorie der elektromotorischen Erscheinungen der menschlichen Haut gegeben werden sollte, gleichfalls gelöst werden. Von der Mundschleimhaut, welche an der Zungenspitze unter. sucht wurde, sei noch erwähnt, dass sie sich stark positiv gegen die Finger, die Handsohle und den Handrücken verhält. Ich glaubte zuerst darin ein ähnliches Verhalten mit dem einer Wundfläche zu 277 erkennen, wie denn die allgemeine Pathologie eine eiternde Fläche mit einer künstlichen Schleimhaut vergleicht. Allein gegen die Haut der Brust verhält sich die Mundschleimhaut schwach negativ, eine Wundfläche wie gegen andere Hautstellen, stark positiv. Demgemäss verhält sich denn auch eine Wundfläche so stark positiv gegen die Mundschleimhaut, dass der Strom die Nadel des Multiplicators für .den Muskelstrom an die Hemmung wirft. Die elektromotorische Gleichstellung von Wundfläche und Schleimhaut ist folglich un- statthaft. Die flüchtigen Wirkungen beim ersten Eintauchen symmetrischer Hautstellen (s. oben S. 254) lassen sich jetzt deuten auf mangelhafte Erfüllung zweier Bedingungen der Gleichartigkeit solcher Hautstel- len, der gleichen Temperatur nämlich und der Gleichzeitigkeit der Benetzung. Den Eigenstrom aber (s. oben 8.255) liegt es nahe auf- zufassen als den Ausdruck eines wenigstens dem Zeichen nach be- ständigen Unterschiedes zwischen den elektromotorischen Kräften der beiden Hautstellen. Doch ist er noch nicht genau genug untersucht, um etwas Bestimmteres darüber sagen zu können. Sollte es sich bei näherer Prüfung herausstellen, dass er seine Richtung in verschiede- nen Zuleitungsflüssigkeiten wechselt, so würde über seinen Ursprung kein Zweifel sein. Er würde alsdann der ersten Klasse der bestän- digen Hautströme zuzuschreiben sein, die ihre Richtung nicht unab- hängig von der Natur der Zuleitungsflüssigkeiten behaupten. Sollte der Eigenstrom hingegen, wie ich glaube, dass es der Fall ist, in allen Flüssigkeiten unverändert dieselbe Richtung zeigen, so könnte er der zweiten Klasse von Hautströmen zuertheilt werden, die die- selbe Unabhängigkeitzeigen. Allein alsdann ist auch noch eine dritte Möglichkeit da. Es könnte sein, dass der Eigenstrom der Ausdruck wäre eines Unterschiedes der Muskelströme auf beiden Seiten, der durch ungleiche Ausbildung der parelektronomischen Schicht bedingt wäre. Doch ist, damit diese Deutung überhaupt zulässig sei, noch eine andere Bedingung nothwendig, von der bei einer späteren Ge- legenheit die Rede sein wird. XIV. Ueber die Grösse des täglichen Gewichtsverlustes des mensch- lichen Körpers bei vollständigem Fasten und bei regelmässiger Ernährung. Von Oberst Laun, Kommandant in Saarlouis. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. Erst vor wenigen Wochen las ich Ihren Kreislauf des Lebens. Es sind darin die Erfahrungssätze ausgesprochen: dass der Mensch am 14. Tage den Hungertod stirbt und dann #10 seines Gewichts verloren hat; ferner, auf Barral]’s Untersuchungen gestützt, dass der Mensch bei regelmässiger Lebensweise in 24 Stunden 4/4, ja im Winter und nach Umständen 4/2 seines Gewichts verliert Nimmt man an, dass sich der beim Hungertod eingetretene Ge- wichtsverlust gleichmässig über alle 14 Tage vertheilt (was natürlich nicht der Fall sein kann, da der Verlust am ersten Tage am stärk- sten sein wird), so müsste ich durch vierundzwanzigstündiges Hungern um 2,22 Kilogramm leichter werden, wenn ich von 77,87 Kilogramm Anfangsgewicht ausgehe. Ich müsste dann beim wirklichen Versuch eher eine höhere als eine niedrigere Zahl erhalten. Da ich nun schon öfter 36 ja bis 48 Stunden gehungert und gedurstet habe (weil dies bei mir ein ganz zuverlässiges Mittel gegen Diarrhöe ist), so be- schloss ich den Versuch zu machen, jene Zahlen durch Erfahrungen an mir selber zu prüfen. 287 Diese Nebenverhältnisse lehren, dass die Periode des festesten Winter- schlafes vorüber war, als jene Beobachtungen angestellt wurden. Wir werden sehen, dass die gefundenen Resultate dieser Anschauungsweise entsprechen. Tragen wir die wichtigsten Endwerthe übersichtlich zusammen, so ergiebt sich: In Gramm ausgedrückte || Verhältniss Menge für 1 Kilogramm || der ausge- Thier und 1 Stunde, schiedenen Thier- und Nebenverhältnise. | _ Kohlensäure Ausgeschie- zum aufge- are Kohlen- Ve nommenen säure. auerstofl. | Sauerstoff, N. I. Murmelthier C. und D. || 0,039 0,048 1:1,23 In tiefem Winterschlaf. D. während des Versuchs erwacht und dann erstickt. | N°. II. Kleinere Murmelthiere | 1,316 1,198 1:0,91 A. und B. erwacht und sehr lebhaft. N. III. Murmelthier C. einge- | 0,023 0,040 1:1,73 schlafen. N N°. IV. Murmelthier C. athmet | 0,064 0,085 1:1,33 bisweilen und erwacht endlich. N°, V. Murmelthier ©. erwacht. | 0,641 0,774 1:1,21 N°. VI. Murmelthier C. schläft |. 0,532 0,589 1:11 anfangs ein u. erwacht zuletzt. Lasse ich die verunglückten Versuche unberücksichtigt, so habe ich im Ganzen 50 Analysen der Perspirationsluft der Murmelthiere und 16 der des Igels im Laufe zweier Winter angestellt. Die diesem Aufsatze beigefügten Tabellen geben die Versuchszeit, das Körper- gewicht am Anfange der Beobachtung, die Dauer des Aufenthaltes in dem Athmungsbehälter, das auf 760 Mm. Barometer, 0°C. und 288 den trockenen Zustand zurückgeführte Normalvolumen der Anfangs- luft, den auf 0°C. reducirten Barometerstand, die Wärme im Behäl- ter zu Anfang und am Ende des Versuches, den Kohlensäure- und Sauerstoffgehalt der Endluft in Volumenprocenten, die auf ein Kilo- gramm Thier und eine Stunde kommenden Gewichtsmengen der aus’ geschiedenen Kohlensäure, des verzehrten Sauerstoffes und wo mög- lich der entfernten Wasserdämpfe, das Volumen- und das Gewichts- verhältniss der frei gewordenen Kohlensäure zum aufgenommenen Sauerstoff, die Zahl der Athemzüge, die wichtigsten Nebenverhält- nisse und zum Theil die Menge der Pulsschläge und die Wärme der Mundhöhle und des Mastdarmes nach Beendigung des Ver- suches. Die erste und die zweite Tabelle, die sich auf die Murmelthiere A. und B. beziehen, enthalten acht Beobachtungen, die ich in dem ersten Halbjahre anstellte.e Aeussere Verhältnisse hinderten mich damals, die Untersuchungen vor dem April zu beginnen. Diese Er- fahrungen reihen sich daher an die oben erwähnten von Regnault und Reiset. Die Murmelthiere, sie mögen früher schon wiederum gegessen haben oder nicht, schlafen leicht an kühlen Regentagen des April, Mai und selbst des Juni ein. Es kommt hier unter günsti- gen Verhältnissen vor, dass sie den Grad von Erstarrung erreichen, den wir in der Folge mit dem Namen des ruhigen Schlafes bezeich- nen werden. Der tiefste Grad des Winterschlafes dagegen scheint die Ausnahme zu bilden. Ich hatte überdies den Athmungsbehälter mit keiner schützenden Hülle von Heu, wie in den späteren Beobach- tungen, umgeben, so dass hier der Einfluss von Temperaturirrungen möglicher Weise in untergeordnetem Maasse störte. Ich untersuchte den folgenden Winter consequenter die Per- spirationsverhältnisse der beiden Murmelthiere N®. 1 und N®. 3 von dem Anfange ihres Winterschlafes bis zum April, Die dritte Tabelle enthält das Verzeichniss von 23, meist von Woche zu Woche angestellten Beobachtungen, die an dem Murmelthiere N. 1 gemacht worden, und die vierte Tabelle 19 ähnliche Versuche an dem Murmel- thiere N®,3. Die fünfte Tabelle endlich umfasst 16 Untersuchungen, 289 zu denen der Igel N°. 4 von Anfang, November bis zu seinem Ende Februar erfolgten Tode benutzt worden. Die Haupteinrichtung des Athmungsapparates glich im Wesent- lichen derjenigen, deren ich mich zur Verfolgung der Einflüsse der Vaguslähmung bediente. Eine Gasprobe wurde am Ende in die Ab- zugsröhre und von da in das Eudiometer übergeführt. Die Thiere lagen auf einem hohen Gestelle und ein oberes Thermometer gab die Wärme der obern und ein unteres die der unteren Luft des Athmungs- behälters an. Dieser selbst befand sich in einer Blechhülle, die mit Heu ausgefüttert war und unten eine Oeffnung zur Erkenntniss des Standes des untern Thermometers hatte. Die Athmung des Thieres wurde durch eine obere frei gelassene Stelle des inneren Glas- gefässes beobachtet. Ich vollführte die eudiometrische Analyse mit den schon an an- dern Orten erläuterten Vorsichtsmassregeln und zwar in sehr langen Eudiometern, die 10—13 Mm. im Durchmesser hatten und in 400 oder 420 Grade von 0,76 Mm, gegenseitigen Abstandes getheilt waren. Ich controlirte mich häufig, indem ich die mit Kali behandelte Luft doppelt, nämlich trocken und feucht ablas, Knallgas in hinreichender Menge nach der Sauerstoffbestimmung hinzusetzte und nicht selten zwei Analysen desselben Gases machte, Ich untersuchte auch häufig eine Gasprobe der unteren Luft des Athmungsbehälters, indem ich das Sperrquecksilber von dem Manometer aus durch eine Zuleitungs- röhre am Ende des Versuches einführte. Sie enthielt immer etwas weniger Kohlensäure und etwas mehr Sauerstoff, als das obere Gas, das ich gleichzeitig in die Abzugsröhre einführte, Die Verkittung des Apparates, die Wägung des Thieres vor und nach dem Versuche und die Beobachtung der Anzahl der Athemzüge wurde von meinem Assistenten, Herrn Winkler, mit gewohnter Sorg- falt durchgeführt. Ich habe die Berechnungen in derselben Weise, wie bei den Ver- suchen über die Einflüsse der Vaguslähmung, angestellt. Die Ver- hältnissmengen der Volumina und der Gewichte der ausgehauchten Kohlensäure und des verzehrten Sauerstoffes sind nach den Loga- 290 rithmen der absoluten Werthe jener Gase bestimmt. Sie weichen daher bisweilen in der letzten Decimale von denjenigen Grössen, welche die in den Tabellen verzeichneten auf ein Kilogramm und eine Stunde kommenden Werthe liefern würden, ab. Athembewegungen. — Die wachen Murmelthiere pflegen ziemlich regelmässig in einem geschlossenen Behälter zu athmen. Man "macht hierbei häufig die gleiche Erfahrung, wie an anderen Säuge- thieren, dass die auf eine Zeiteinheit kommende Menge der Athem- züge steigt, so wie das T’hier mehr aufgeregt wird, oder keuchender athmet. Die Zahl der Pulsschläge, die gleichzeitig vorhanden waren, sind z. B. in den Versuchen N°. 4 und N®.7 angegeben. Die meisten früheren Forscher glaubten die Menge der Athem- züge, welche die Murmelthiere und die Igel in dem Erstarrungs- zustande darbieten, nach einigen beliebigen Zählungen bestimmen zu können. Jeder führte in dieser Hinsicht Werthe an, wie sie sich zu- fällig in sparsamen Versuchen ergeben hatten. Die meisten beziehen sich sogar nur auf Geschöpfe, die in ihrer Ruhe gestört worden. Die Zahlen, welche die Tabellen von N®. 9 bis N. 66 angeben, können am Besten zeigen, wie sehr die Menge der Athemzüge mit der In- tensität des Winterschlafes wechselt. Die dort verzeichneten Grössen dürften insofern der Wahrheit nahe stehen, als die Thiere unmittel- bar vor und während der Beobachtung nicht beunruhigt wurden. Die fest schlafenden Murmelthiere zeigen häufig sehr ungleiche Typen ihrer Athembewegungen. Es kommt nicht selten vor, dass man keinen Athemzug in 2 bis 10 Minuten sieht. Man wird zahl- reiche Beispiele der Art in den Tabellen verzeichnet finden. Die Gasanalyse des ausgezeichnetsten Falles, auf den ich in dieser Hin- sicht stiess, ist mir leider verunglückt. Das Murmelthier N. 1 war um 7 Uhr 40 Minuten den 17. März in den Apparat eingesetzt wor- den. Man bemerkte einen Athemzug in 1 Minute um 7 Uhr 46 Minuten und einen in 3 Minuten um 9 Uhr 8 Minuten. Man konnte dagegen von 10 Uhr 30 Minuten bis 3 Uhr 8 Minuten keinen Athemzug wahr- nehmen, obgleich man während dieser Zeit 6 Mal nachsah, und jedes Mal das Thier 3 bis 7 Minuten -lang unausgesetzt betrachtete. Es 291 versteht sich von selbst, dass die Athembewegungen während jener langen Zwischenzeit nicht gänzlich mangelten. Allein die eben er- wähnten vergeblichen Bemühungen dürften zu dem Schlusse führen, dass sie ausserordentlich selten und schwach waren. Man kann die lebhaften Athemzüge der wachen Murmelthiere an den Schwankungen des Quecksilbers, das in dem Manometer des Athmungsapparates enthalten ist, leicht abzählen, Dieses gelang hin- gegen nie, wenn sich die Murmelthiere in tiefem Winterschlafe be- fanden. Manche Athemzüge waren dann so schwach, dass man sie nur bei grosser Aufmerksamkeit und in günstigem Lichte wahr- nahm. Die blosse Zahl der Athemzüge gestattet keinen Rückschluss auf die gleichzeitige Stärke des Athmungsprocesses, weil die einzelnen Athemzüge von ungleicher Intensität sind und nach verschiedenen Zeiträumen auftreten. Ich habe daher auch keine Durchschnittszahlen in dieser Beziehung berechnet und werde in der Folge nur die Mittel- werthe von drei Füllen zu einem bestimmten Zwecke angeben. Die Athmungsversuche bestätigten mir von Neuem, dass sich die Murmelthiere zu genauen Winterschlafbeobachtungen sehr gut eignen. Der Igel führte dagegen meistentheils nur zu vergeblichen Be- mühungen *). So lange er vor dem Versuche gewogen wurde, ge- lang es nie, ihn vollkommen schlafend im Apparate zu halten, Die bei dem Abwägen unvermeidliche Erschütterung weckte das Thier regelmässig auf. Erst nachdem man die Wägung vor dem Versuche aufgegeben und nur die nach demselben beibehalten hatte, gelang es einige Mal, die Athmungsverhältnisse des Erstarrungszustandes zu verfolgen. Der Winterschlaf erreichte hierbei wahrscheinlich nie seine grösste Stärke. Die unregelmässige Vertheilung der Athemzüge fällt im Igel weit mehr, als im Murmelthiere auf. Wir sehen z. B. im Versuche N, 61, dass das Thier um 10 Uhr 10 Minuten 15, und um 10 Uhr 42 Minuten 16 Athemzüge in der Minute machte, von 10 Uhr *) Siehe schon diese Zeitschrift Bd. I. Heft II. 8. 207, 292 20 Minuten dagegen bis 10 Uhr 30 Minuten gar nicht athmete. Wir stossen auf ähnliche Unterbrechungen in N°. 62, N°, 63, N®, 64 und N?. 65. Absolute Menge der ausgeschiedenen Kohlensäure und des verzehrten Sauerstoffes. — Wir lassen vorläufig die Versuche N®. 30, N®. 31, N°. 48, NP. 49 und N°. 50, in welchen die Murmelthiere in trockener Luft athmeten, unbeachtet und wollen diese Erfahrungen erst am Schlusse berücksichtigen. Wir halten uns hier nur an diejenigen Fälle, in denen die Athmungsluft für ihren Wärmegrad mit Wasserdampf von vornherein gesättigt war. Wenn die Murmelthiere im Anfange des Versuches fest schlafen und im Verlaufe desselben allmälig erwachen, so geht in der Regel die Beobachtung nutzlos verloren, weil man die Zeiten, zu welchen die grossen Unterschiede der Athmungsintensität durchgriffen, nicht bestimmen kann. Die einzig möglichen Berechnungen der Mittel- werthe beziehen sich auf eine sehr variable Masse der verschieden- sten Zustände. NP. 6, N°. 13, NP. 38, NP. 39, N®. 42 und N. 46 gehören zu den Fällen, in welchen die Thiere im Athmungsbehälter allmälig erwachten. Ich übergehe daher diese Beobachtungen in der Folge gänzlich und bemerke nur, dass dann die Thiere durch- schnittlich 0,270 Gramm bis 0,658 Gramm Kohlensäure für 1 Kilo- gramm Körpergewicht und 1 Stunde ausgehaucht und 0,314 Gramm bis 0,705 Gramm Sauerstoff für jene Einheiten verzehrt hatten. Reg- nault und Reiset geben drei Versuche der Art unter ihren sechs Beobachtungen, nämlich N®. I, N®. IV und N°. VI der 8. 287 an- geführten Tabelle. Ich habe die übrigen Beobachtungen, die an den Murmelthieren angestellt worden, in fünf Kategorien gebracht. Die erste bezieht sich auf das vollkommene Wachen; die zweite auf jenen trunkenen Zustand, der uns so ausserordentliche Wärmeunterschiede in der drit- ten Abtheilung dieser Arbeit zeigte; die dritte auf den leisen, die_ vierte auf den ruhigen Schlaf und die fünfte auf den tiefsten Grad der Erstarrung. Um Raum zu ersparen, füge ich sogleich die den entfernten Wasserdämpfen entsprechenden Werthe hinzu. Wir haben: 293 ee een wumW vuß vummippp N®. SSMSYYYSNAM N” D Bu2- ze ze zen Versuchs- nummer. 36 dauer in Minuten. Versuchs- Für ein Kilogramm und eine Stunde in Gramm. Ausgeschie- dene Kohlen- säure. Verzehtter | Sauerstofl. | Wasserdämpfe. I. Vollkommen wach. 15 151/2 68 35 55 Mittel = DO. Schlaftrunken. | 31 Mittel = III. Leiser Schlaf. 194 Mittel = 1,273 1,065 0,974 0,762 1,304 1,076 0,376 0,678 0,652 0,369 0,056 0,131 0,122 0,092 0,091 0,105 0,216 0,185 0,125 0,974 0,791 0,947 0,888 1,266 0,973 0,343 0,703 0,679 735" 0,083 0,153 0,207 0,098 0,120 0,116 0,166 0,205 0,144 IV. Ruhiger Schlaf. 191 199 423 396 456 425 0,049 0,033 0,042 0,031 0,020 0,020 0,034 0,050 0,043 0,051 0,023 0,042 Ausgetretene 0,226 0,226 0,018 0,017 0,006 0,029 0,044 Für ein Kilogramm und eine Stunde a in Gramm. Ser | Vermeh- | Yeracht thier, || u0mer- Minuten. ee Verzehrter | Ausgetretene Bire Sauerstoff. | Wasserdämpfe. 1 N’, 24 466 0,047 0,063 0,034 1 » 3 465 0,041 0,044 0,023 1 » 26 443 0,046 0,086 0,026 1 >97 475 0,045 0,077 0,067 1 „3 503 0,030 0,033 0,030 1 29 508 0,021 0,034 0,039 3 3b 176 0,036 0,086 eu 3 gr AQ 211 0,024 0,027 0,027 3 Kane) 470 0,0205 0,024 0,023 3 RT; 471 0,023 0,028 0,015 Mittel = 0,053 0,047 | 0,028 V. Tiefster Winterschlaf. ur N’. 12 317 0,016 0,027 —_ 1 Beer 406 0,011 0,019 0,026 1 „ 20 431 0,003 0,023 0,040 1 21. 423 0,017 0,023 0,034 3 n„ 34 304 0,015 0,023 = @' „ 4 418 0,019 0,028 0,018 3 na 490 0,0196 0,0238 0,027 Mittel = 0,0144 | 0,0238 0,029 Die eben erwähnten fünf verschiedenen Zustände charakterisiren sich weit mehr durch die auf ein Kilogramm Körpergewicht und eine Stunde kommenden Mengen ausgehauchter Kohlensäure, als durch die auf die gleichen Einheiten bezogenen Quantitäten des aufgenom- menen Sauerstoffes. Der tiefste Winterschlaf erreicht nicht 0,020 Grammen Kohlensäure. Die Werthe des ruhigen Schlafes liegen zwischen 0,020 Grm. und 0,050 Grm., die des leisen zwischen 0,050 Grm. und 0,250 Grm. Der Schlaftaumel hat 0,250 bis 0,700 Grm. Die wachen Murmelthiere endlich gaben 0,762 bis 1,273 Grm. Ehe ich auf die einzelnen Schlussfolgerungen übergehe, muss ich einige Bemerkungen über den Versuch N. 20 vorausschicken, Wir 279 Insofern Alter, Körperbeschaffenheit, Lebensweise ete. das Re- sultat vielleicht wesentlich modificiren könnten, bemerke ich, dass ich 60 Jahre alt bin, 1,8 Meter gross, mich stets einer sehr guten Ge- sundheit erfreut habe, mir zwar in der Regel nicht viel Bewegung mache, aber genügend kräftig bin, un an Strapazen Vergnügen zu finden, z. B. ich setze mich im Herbst um 4 Uhr Morgens zu Pferde, reite 41/a deutsche Meilen zur Hirschjagd, bin bis gegen Sonnen- untergang auf Jagd, und reite dann wieder zu Haus. Meine Wägungen nun ergaben Folgendes. Das Gewicht ist netto, also nach Abzug des Gewichts der Kleider. Kilogramm Am 18. Februar 1856 Morgens nach dem Kaffee 77,37, 19, = = = vor dem Kaffee 77,64, ? 5 nach dem Kaffee 77,87, » 20. 3 a 74/2 Uhr . . . 77,64, Abends 9 Uhr . . .„ . 76,47, AL = » Morgens 5 Uhr . . . . 751, 2 n x N vor dem Kaffee 77,41, 2 = - nn 22.064. Der 20. Februar war der Hungertag. Vom 19. Februar Abends, wo ich, in Gesellschaft, erst um 10 Uhr vom Tisch aufstand, bis zum 21. Februar Morgens 5'/2 Uhr habe ich durchaus nichts Geniessbares über meine Lippen gebracht. — Der Grund, weshalb ich mich am 21. Februar so früh wog, lag darin, dass ich verreiste. — Ich be- dauere jetzt, dass ich mich nicht am 19. Februar Abends nach dem Essen, und dann genau 24 Stunden später wieder gewogen habe; ich hatte aber von vorn herein die Idee gefasst, die 24 Stunden von einem Morgen zum andern zu rechnen. Ich habe also in 21?/a Stunden 1,87 Kilogramm an Gewicht ver- loren. Hätte ich die 24 Stunden völlig abwarten können, so würde sich höchst wahrscheinlich ein Verlust von 2,09 Kilogramm ergeben haben. Hätte ich mich am 19. Febr. Abends 10 Uhr, und dann wieder am 20. Februar Abends 10 Uhr gewogen, so hätte sich vielleicht, aber auch wohl höchstens, eine Differenz von 2,34 Kilogramm herausgestellt. Moleschott, Untersuchungen. II. 19 280 Ich bemerke, dass ich am 20. Februar ganz wie gewöhnlich ge- lebt, und mir durch Reiten und kleine Beschäftigung in meinem Gar- ten eher mehr, als weniger Bewegungen gemacht habe, als ich wohl sonst zu thun pflege. Gesundheitsrücksichten haben mich von weiteren Hungerversu- chen abgehalten. Ich habe aber im September vorigen Jahres einige Versuche bei gewöhnlicher Ernährung angestellt, über welche die anliegende Tabelle das Nähere ergiebt. 281 ee Te Te mn yore mm > mwBıSoory An “wroryog goınpgsnplo A “ouyuos -sne 07sunp 9A UI nee) eEoÖ u ss m—mmSsmbm wumısopty | wwmeidoLy usıopur wınz| uaqussny Ze] woura pun uoA syyoimad| uomyeur -aodıoy sop | -wıg op pPIyasıo}uf) oro+ IST ırs | 00’ | 270 1r0+ 787 698 | z0'8 | 290 er 0 — o8'T 89T | 79T | 700 er 8c0 gc'e | ae | 950 9,.0— 96T 28T | ı8’T | 90/0 sro+ 080 995 | ges | TEO = = = —EEL8 —_ = — n 20 ‘aBogst | “aBopuy | “adopuyy || Forst | Sog , "a8orıy uoqneq OS mo 3uud peu pun vwung | I vwwng | UM | oddn aulun “SoyıL Ss ‘aoyey BEL UM | uosıodg usgqosogsne TOUNMOUOFUTD sode] sop oyne GBIT IF EqT se. | Fr'9 29T | 9E'T 09T | 9E'T og'e | EdT 28T | 6H7T 6FT | 90'8 - gorpae} Topp u] ade], F usjzp[ Top omung Y/g9 65 8 85 ı 13 } 95 17177 GE L 76 77 85 1772 56 s Te wewusıdolty ; ur ons -qnig wap 104 Zunpiopy op Inzqy yovu Jyoraod -ıodıgay 20q opumıg -waydag -uoBıom ggsL 19% Hiernach beträgt der Stuhlgang 4,89 % der Ausgaben, der Harn Did „ge, n der Dunst u.s.w. 37,64 „ „ PET Und Stuhlgang, Dunst u. s. w. und Harn verhalten sich sehr nahe zu einander wie 1 B 8 2 1% Kilogramm Vom 27. September 81 Uhr Abends bis zum 28. Mor- gens 8 Uhr verlor ich . - B : 5 „1,85 Harnabgang während der 7 BU Co 6. oe u Bas de Also unmerkliche Ausgaben in 11/a Stunden . E .. 0,68. Das gäbe in 24 Stunden . s ee; 21 Vom 28. September 81/; Uhr Akon bis zum 29. Mor- gens.B%/, Uhr,verlor. ich... s..0, 2u00 nen es Harnabgang während der Zeit , ° 5 L e Bl Demnach unmerkliche Ausgaben in 10'/a Stunden . Er 0,67 Das beträgt für 24 Stunden . . . 2 We: 1) Die Wage, deren ich mich bediente, markirte 45 Gramm noch sehr merklich; der Irrthum in den Zahlen kann also 45 Gramm nirgends übersteigen. 2) Frühstück und Nachmittags-Kaffee wurden vor dem Genuss gewogen und ein- für allemal festgestellt. 3) Die Quantität des Mittags und Abends Genossenen ermittelte ich durch Notirungen meines Gewichts unmittelbar vor und nach dem Essen. s 4) Alle Getränke genoss ich aus Gläsern, deren Inhalt abge- wogen war, und ward dann diese Quantität gehörig in Anrech- nung gebracht. 5) Der Urin ward gewogen. 6) Die Quantität des Stuhlgangs erhielt ich aus der Differenz meines Gewichts vor und nach demselben. Der gleichzeitig abgegangene Urin ist aber natürlich nicht bei den Stühlen, sondern bei dem Urin in Anrechnung gekommen. 283 Die sehr geringen Quantitäten des Stuhlgangs haben mich in Erstaunen gesetzt. Zwar setzte ich die Wägungen nicht weiter fort, aber nach den im September gemachten Erfahrungen und ferneren Schätzungen halte ich mich für berechtigt anzunehmen, dass die in der Tabelle angegebenen Zahlen nahezu die richtigen Durchschnitts- zahlen bei mir sind. — Gegen Ende October ward ich nochmals zu ein Paar Wägungen veranlasst. Am 24. früh hatte ich das Ge- fühl der Schwere; es erfolgten 2 Stühle, zuerst 0,33 Kilogramm, später 0,06 Kilogramm. Am 25. und 26. betrugen die Stühle resp. 0,12 und 0,09 Kilogramm, also in 3 Tagen 0,65 Kilogramm oder ‚durchschnittlich 0,22 Kilogramm, was der im September gefundenen Durchschnittszahl schon wieder sehr nahe liegt. Nach Ihrer brief- lichen Angabe wiegt ein erwachsener Mann von 30 Jahren durch- schnittlich 63,65 Kilogramm und nimmt an Speise und Trank bei kräftiger Arbeit täglich 2,67 Kilogramm zu sich. Hiernach würde ich nur 3,23 nöthig haben, denn 63,65 : 76,94 = 2,67 : 3,23. - Ich nehme aber, selbst ohne kräftige Arbeit, 0,15 Kilogramm mehr zu mir. Mein Sohn, 27 Jahre alt, 1,88 Meter gross (ich habe nur 1,8 Meter), nahm bei einem Gewicht von 75,77 Kilogramm an einem Tage 3,43 (nämlich 1,72 Kilogramm Speisen und 1,71 Kilogramm Getränk) zu sich. Die Zahlen wurden in gleicher Weise, wie bei mir, gefunden. — Die Wägungen wurden nur an einem Trage gemacht; Wiederholungen würden, dies lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, obige Zahl nicht wesentlich modifieirt haben. Die Sträflinge der hiesigen Strafsection erhalten jeder täglich 0,94 Kilogramm Brod, und nur einmal warmes Essen. Da von den Sträflingen nur sehr wenige Einiges zuzusetzen haben, so müssen sie mit dieser Speisung bei mittelmässig' schwerer Arbeit auskommen, und kommen auch aus. Die Section war im December 26 Köpfe stark ; sie erhielten am 15. 18,71 Kilogramm geschälte rohe Kartof- feln und 6,08 Kilogramm rohe Bohnen; am 16. 26,19 Kilogramm rohe Kartoffeln, am’ 17. 18,71 Kilogramm Kartoffeln und 6,08 Kilo- 284 gramm rohe Erbsen (Fleisch erhalten sie nur Sonntags & 0,23 Kilo- gramm). Jene Kartoffeln ete. kamen durch Zusatz von Wasser (und einigem Fett ete.) in einem Gewicht von resp. 43,96, 44,43, 43,5 Kilogramm auf den Tisch. Der Sträfling geniesst also täglich 1,68 Kilogramm dicke Kartoffel etc. -Suppe, 0,94 Kilogramm Brod = 2,62 Kilogramm, wozu noch eine nicht zu ermittelnde Quantität Wasser kommt. Aus meinen September-Versuchen ergiebt sich, dass ich täglich nahezu 1/23 meines Gewichts (76,94 Kilogramm) geniesse und auch wieder ausgebe. Wenn also die Ausgabe in constanter Weise, un- abhängig von der Einnahme und selbst ohne alle Einnahme, fort- gehen könnte, so würde ich mich in etwa 23 Tagen (Quetelet setzt: 24 Tage) vollständig ausgegeben haben. Wie sehr aber die Ausgabe von der jedesmaligen und regelmässigen Einnahme abhängt, geht aus dem Vergleich mit meinem Februar-Versuch hervor, wo ich, weil alle Einnahme fehlte, nur 2,09 Kilogramm oder ?/37 meines Körpergewichts in 24 Stunden ausgegeben habe. Ich glaube daraus mit Sicherheit folgern zu können, dass sich auch, beim Mangel aller Nahrung, die Ausgabe von Tage zu Tage bedeutend verringern muss, und dass ich also auch nach 14 Tagen viel weniger als 14 X sr, oder nahe 0,4 des Körpergewichts verloren haben würde. XV. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. Von G. Valentin. Vierte Abtheilung. $.6. Lungen- und Hautausdünstung. Spallanzani *) glaubte bemerkt zu haben, dass ein Murmel- thier, das sich in tiefem Winterschlafe, angeblich bei —12° befand, die umgebende Atmosphäre nach drei und einem halbstündigen Aufent- halte nicht im Mindesten veränderte. Mag nun auch das harte Ur- theil, welches Prunelle **) über die Untersuchungen jenes For- schers fällt, nicht ganz begründet sein, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die oben erwähnte Angabe auf einem Irrthume beruhte. ‚Mangili **) machte schon einige Beobachtungen über den Chemismus der Athmung der winterschlafenden Murmelthiere. Er *) L. Spallanzani Memoires sur la Respiration. Traduits par Sennebier. Geneve an XI. (1803) 8. p. 333—34. **) Prunelle in den Annales du Muscum d’Histoire naturelle. Tome XVIII. Paris 1811. 4. p. 56. ##*) Mangili in den Annales du Musdum d’Histoire naturelle, Tome IX. Paris 1807. 4, p. 110 u. 113, 114. 286 wies die Kohlensäureaushauchung durch Kalkwasser und die Ab- nahme des Sauerstoffes durch die Behandlung des Gases im Volta- eudiometer nach. ö Prunelle *) lieferte eine neue Reihe hierher gehörender Ana- lysen, die unbedingt zu den sorgfältigsten älteren Untersuchungen gehören. Die Sauerstoffbestimmungen scheinen der Wahrheit nahe zu kommen. Die Beobachtungen von Saissy **), die sich unter anderem auch mit dem Murmelthier und dem Igel beschäftigen, ent- sprachen im Ganzen weniger dem damaligen Zustande der Gasanalyse. Marshall Hall***) mass endlich die Luftabnahme, welche Igel im Winterschlafe erzeugten. Da nur ein Theil des Apparates mit Quecksilber, ein anderer dagegen mit Wasser abgesperrt war, so folgt, dass die beobachtete Verringerung des Luftvolumens nicht blos von dem verzehrten Sauerstoffe, sondern auch von der in das _ Wasser übergegangenen Kohlensäure herrührte. Jener Forscher machte hierbei darauf aufmerksam, dass die in tiefsten Winterschlaf verfallenen Igel in ruhiger Umgebung längere Zeit gar nicht athmen, durch Erschütterungen dagegen zu lebhafter Athmungsthätigkeit auf der Stelle angeregt werden. Regnault und Reiset?) haben auch eine Reihe von Beobach- tungen über Murmelthiere bei ihren ausgedehnten Athmungsunter- suchungen angestellt. Sacc in Neuchätel sandte ihnen die schlafen- den Thiere zu. Sie kamen während der Februarrevolution in Paris an, blieben deshalb 8 Tage auf der Post liegen und erwachten wäh- rend dieser Zwischenzeit. Die mit ihnen vorgenommenen sechs Ver- suche wurden zwischen dem 1. März und dem 17. Juni gemacht. *) Prunelle a. a. O. p. 41 u. 51—55. #*) Saissy in Reil’s Archiv für die Physiologie. Bd. XII. Halle 1815. 8. S. 308—322. und Meckel's deutsches Archiv für Physiologie. Bd. III. Halle und Berlin. 1817. 8. S. 134. *#*) Marshall Hall in den Philosophical Transactions. For the Year 1832. P. I. p. 338—346. 1) Regnault und Reiset Recherches chimiques sur la Respiration des Animaux des diverses classes, Paris 1849. 8. p. 139—145. L 295 haben hier nur 0,003 Grm. für ein Kilogramm und eine Stunde, während der aufgenommene Sauerstoff 0,023 Grm. beträgt. Da mich die so geringe Menge von Kohlensäure befremdete, so stellte ich eine zweite Analyse an. Man sieht aus den in der dritten Tabelle unter N?, 20 angeführten Procentwerthen, dass kein Analysenfehler statt- gefunden. Die Endberechnung ergab eine so kleine negative Stick- stoffdifferenz, dass hierdurch die Richtigkeit der Bestimmung der “ Anfangs- und Endvolumina der Gasmassen des Athmungsbehälters 4 II. Ruhiger Schlaf. || 0,049—0,020 erhärtet zu werden schien. Ich konnte mit einem Worte keinen ge- rechten Zweifel gegen diesen Versuch aufkommen lassen. Um jedoch nicht dem Verdachte der Uebertreibung zu verfallen, habe ich neben dem Versuche N°. 20 noch den N. 11, in welchem die Kohlensäure 0,011 Grm. betrug, im Betreff der Minimalzahlen in Betracht gezogen. Dieses vorausgesetzt, wollen wir uns nun die Grenzwerthe und die Mittelgrössen übersichtlich zusammenstellen. Für ein Kilogramm und eine Stunde in Grammen. Maximum und Minimum. Mittelwerthe. Zustand, — . Ausgehauchte Verzehrter asetres Verzehrter Kohlensäure, Sauerstofi. uns Sauerstofl, L Tiefster Schlaf. 10,0196— 0,003 0,027—0,019|| 0,0144 | 0,0238 0,086—0,023| 0,033 | 0,047 II. Leiser Schlaf. 0,216—0,056, 0,207—0,083 | 0,125 0,144 IV. Schlaftrunken. 0,673—0,394| 0,811— 0,343 | 0,569 0,575 V. Vollkommen wach. || 1,304—0,762| 1,266—0,888 | 1,076 0,973 N » Halten wir uns zunächst an die Mittelwerthe und legen die dem tiefsten Schlafe entsprechenden Grössen als Einheiten zum Grunde, - 80 bekommen wir: Moleschott, Untersuchungen. II, 20 Verhältnissmässiger Werth ZB der ausgehauchten | des aufgenommenen Kohlensäure. Sauerstofis. I. Tiefster Schlaf . . . . 1,0 1,0 H. Rubiger Schlaf . . . . 2,3 2,0 III. Leiser Schlaf . . .. . 8,7. 6,1 IV. Schlaftrunken . . ... 39,6 24,2 V.Wach vr.) 9 Vene 74,7 41,0 Wir entnehmen hieraus, dass das wache Murmelthier im Durch- schnitt 75 Mal so viel Kohlensäure ausscheidet und 41 Mal so viel Sauerstoff einnimmt, als wenn es der tiefsten Erstarrung verfallen ist. Der Grund, wesshalb der Sauerstoff einen beträchtlich kleineren Proportionalwerth, als die ausgeschiedene Kohlensäure hat, liegt, wie wir sehen werden, darin, dass das wache Murmelthier, wie andere wache Säugethiere, dem Gewichte nach, mehr Kohlensäure entfernt, als Sauerstoff einnimmt, während der Winterschlaf das Entgegen- gesetzte darbietet. Der Vergleich der Minima, welche der tiefste Grad der Erstar- rung, lieferte, mit dem höchsten Werthe, den der wache Zustand er- gab, hat ein grösseres Interesse, als die eben durchgeführte Zusam- menstellung der Mittelgrössen. Berücksichtigen wir zuerst den Ver- such N°. 20 und dann den N. 14 und andererseits N. 41, so ergiebt sich, dass das wache Murmelthier, während seiner lebhaftesten Athmungsthätigkeit 434,7 Mal (N. 20) oder 118,6 Mal (N. 14) so viel Kohlensäure entfernte und 66,6 (N°. 14) Mal so viel - Sauerstoff aufnahm, als das in dem tiefsten Winter- schlafe befindliche Geschöpf. Die eben dargestellten Thatsachen machen es möglich, die früher angeführten Werthe von Regnault und Reiset näher zu beurthei- 297 len. Man sieht, dass N®. III und N°®. I dieser Beobachtungen dem ruhigen, N°. IV dagegen dem leisen Winterschlafe angehört. Das wache Thier lieferte desshalb nur im Maximum 57,2 Mal so viel Kohlensäure, als das Minimum von N®. III betrug. Der Sauerstoff ergab bloss 30 Mal so viel aus dem gleichen Grunde. Wie sehr der tiefste Grad des Winterschlafes bei vollkommener Ruhe des Thieres vorherrscht, lehrt eine vergleichende Beobachtung, auf die ich bei der Statik der Ernährungserscheinungen zurückkom- men werde. Ich erhielt den 4. November zwei ungefähr gleich grosse wache Murmelthiere. Das eine, welches als N. 1 in der drit- ten Tabelle aufgeführt ist, wog dann 982,4 Grm. und schlief den 7. November ein. Ein anderes, N. 2, das den 4. November 915,7 Grm. schwer war, erstarrte zwischen dem 6. und 7. November. N®. 1 wurde wöchentlich mindestens ein Mal zu einem Athmungsversuche benutzt. Ich liess hingegen N°.2 in einem mit Heu gefüllten Kasten grösstentheils unberührt liegen. Das Thier wurde nur im Laufe der Erstarrungszeit 4 Mal, den 12. November, den 6. Januar, den 19. Februar und den 28. März herausgenommen, um gewogen zu werden. Wähle ich den 12. November als Ausgangspunkt und lege das mittlere Körpergewicht jeder Periode zum Grunde, so finde ich: Mittlerer auf ein Kilogramm und | Zahl der Zwischentage. einen Tag kommender Verlust des Körpergewichts in Gramm. ND. 1 zu Ath- | N0, 2 vollkom- Murmel- Murmel- A AB 3 mungsversuchen | men in Ruhe ge- thier NO. 1. | thier NO. 2. gebraucht. lassen. | | | 54 2,286 | = | — — 1,423 41 1,720 = _ _ 1,235 40 1,681 | 1,044 Gesammtsumme | 135 T. 136 T. 1,961 | 1,286 298 Man sieht, dass beide Murmelthiere einen gleichartigen Gang der Abnahme ihres Körpergewichtes einhielten. Der Verlust war in den ersten zwei Monaten am grössten und verkleinerte sich in der Folge immer mehr. Er blieb aber fortlaufend ungefähr um die Hälfte höher in N®, 1 als mn N®. 2. Die Gesammtmittel verhalten sich wie 1,53 : 1,00. : Vergleicht man diese Werthe mit den Zahlen, die wir in der ersten Abtheilung *) dieser Untersuchungen kennen gelernt haben, so findetman, dass zwei Murmelthiere, die fast täglich gewogen worden, nicht aber im Frühjahre viele Tage wach zubrachten, 1,57 Grm. und 1,74 Grm. als durchschnittlichen Tageverlust darboten. Dieser stieg dagegen auf 2,35 Grm., 2,40 Grm. und 3,20 Grm. in drei anderen Thieren, die in einem früheren Winter unruhiger geschlafen und im Frühjahre häufig und lange wach gewesen. Die in der fünften Tabelle verzeichneten Untersuchungen, die ich an dem Igel N°.4 anstellte, bestätigen in hohem Grade die Be- merkungen, die ich über die ungünstigen Erstarrungserscheinungen dieser Thiere gemacht habe. Die 16 Versuche enthalten 5, nämlich N®. 57, N°.58, N. 59, N°. 60 und N°. 64, in denen der Igel in dem Athmungsbehälter allmälig erwachte und die deshalb zum grössten Theile resultatlos ausfielen. Die auf 1 Kilogramm und 1 Stunde be- zogenen Mengen der ausgetretenen Kohlensäure lagen hierbei zwi- schen 0,351 Grm. und 0,737 Grm. und die des aufgenommenen Sauer- stoffes zwischen 0,330 Grm. und 0,760 Grm. Die Durchschnittsgrösse betrug 0,453 Grm. für die Kohlensäure und 0,464 Grm. für den Sauerstoff. Die übrigen Beobachtungen umfassen 5 Fälle, in denen das Thier vollkommen wach, und 6, in denen es mehr oder minder erstarrt war, wenn man den, in welchem es in dem Athmungsbehälter starb (N. 66), hinzurechnet. Die etwas günstigeren Erfahrungen wur- den zum grössten Theile erst im Januar und Februar gemacht. Die- ser Umstand bestätigt die Angabe einzelner früherer Forscher, dass *) 8. diese Zeitschrift Bd. I. Heft II. 8. 250. 299 der ruhigere Winterschlaf des Igels erst um diese Zeit zu begin- nen pflege. Stellen wir uns jene 11 Versuche übersichtlich zusammen, so haben wir: Auf die Einheiten des Kilogrammes und der Stunde bezogene Menge in Gramm. Versuchs- Versuchsdauer Ausgetretener Koh- Verzehrten Sauer- nummer, in Minuten lensäure. stoffes. Il. Wach. 51 64 1,150 1,365 by} 641/a 1,438 1,338 53 75 1,229 1,209 54 70 1,375 1,241 55 104 1,566 1,724 Mittel = 1,352 1,376 I. Schlafend. j 56 155 0,047 0,040 “ 61 154 0,047 0,057 | 62 330 0,073 0,091 63 321 0,105 0,118 65 491 0,097 0,086 6 77 0,026 0,055 Mittel = 0,066, 0,075 Berücksichtigen wir zunächst die Mittelwerthe, so lieferte der I“ wache Igel durchschnittlich 20,5 Mal so viel Kohlensäure und ver- - zehrte 18,4 Mal so viel Sauerstoff, als der erstarrte. Für das Maxi- mum und das Minimum findet sich, dass der Igel im wachen Zustande L 60,2 Mal so viel Kohlensäure (NP. 66) oder 300 33,3 Mal so viel Kohlensäure (NP. 56 u. 61) erzeugte und 43,1 Mal so viel Sauerstoff einnahm, als während der Erstarrungszeit. Betrachtet man die einzelnen dem Schlafe entsprechenden Werthe, so scheinen sie anzudeuten, dass sie meist nur dem leisen oder zum Theil höchstens dem ruhigen Schlafe angehören. Verhältnisse der ausgeschiedenen Kohlensäure zum verzehrten Sauerstoff. — Da häufig die Athmungsmechanik von einem Athemzuge zum anderen wechselt, so liefert am Ende jeder Versuch, der nothwendiger Weise eine Reihe von Athemzügen um- fasst, nur ein statistisches Hauptergebniss. Die Wahrheit dieser That- sache bewährt sich schon in Beobachtungen, die man an wachen Thieren anstellt, je nachdem die Tiefe oder die Menge der Athem- züge im Laufe der Versuchszeit zu- oder abnimmt. Die mehr oder minder langen Ruhepausen der Athmungsmechanik, welche die Winter- schläfer während der Erstarrungszeit darbieten und der gar nicht genau zu bemessende Wechsel der Tiefe der Athemzüge erhärten das Gesagte noch deutlicher, vorzüglich wenn man das Verhältniss der entwickelten Kohlensäure zum verzehrten Sauerstoff in’s Auge fasst. Wir wollen zunächst diese Proportionalzahlen, wie sie sich für die Murmelthiere gestalteten, betrachten. Ich gebe hierbei die Maxima und die Minima, welche in der ersten bis vierten Tabelle enthalten sind. Da aber hier die zweite Decimalstelle, je nachdem die dritte über oder unter 5 lag, erhöht worden, so habe ich die Durchschnitts- zahlen, aus den Kohlensäure- und Sauerstoffwerthen, wie sie aus der oben S. 293 verzeichneten Tabelle folgen, unmittelbar berechnet. Man findet: { 301 cg'T - 060 :7 youu UogpLoAsIuoLA -2H) uop [oyIm a1: 1 sıq sıq Op'5 - - 920: T SI OT :ıI - Sr (>) ri r2'0 sıq 97T sıq FOL: vi ST OUMOASITOTMAN IOp (sz’e = en) EIT : I sıq 6Por :T (96'T = TeHIN) co: Tg ge: (29T = enın) 90T: 7 sıq ag (LET = T[oHIN) SET: I sıq PrT:T (zT = Mm) -S0T : 784 TOT: I ri "uossogadupumjoA A0p umumpumy pun wnwıxep ‚YoRIoNTg USJIyaZIoA nz ommFSUoTNoN] uauapaıyosogsne 1ap SstuymguoA Ir TE | 'T8'03 7I'ZI | "SP ’ER O7°CE "68 '84 '18'98 | "08 7888 "38 | '6L’8T’IT OL LER CAT GEHT ‘98 “IT '8 "Ir sec. W "uroun -wnusgonsIoA oyejyasıopuıy WoISJorR my pusgergos Sryny ° puorepyos ostort * uOyunuypelgog ae 302 Die Betrachtung der Mittelwerthe kann uns das hier durch- greifende Hauptgesetz unmittelbar klar machen. Je tiefer der Winter- schlaf der Murmelthiere ausfällt, um so mehr wächst im Allgemeinen die Verhältnisszahl des aufgenommenen Sauerstoffes oder je intensi- ver die Erstarrung, um so mehr herrscht die Sauerstoffaufnahme über die Kohlensäureausscheidung vor. Diese Norm bewährt sich auch für die Maximalwerthe. Stellt man dagegen beliebige Einzelfälle zu- sammen, so kann es vorkommen, dass ein Murmelthier, als es ruhig schlief, ein Mal verhältnissmässig mehr Sauerstoff aufgenommen hät, als wenn es dem tiefsten Erstarrungsgrade verfallen war, oder der leise Schlaf einen höheren Verhältnisswerth, als der ruhige, darbot. ; " Die eben erläuterie Norm kehrt auch in den Versuchen von Regnault und Reiset wieder. Betrachten wir"die oben angeführ- ten Werthe, so glich der verschwundene Sauerstoff 1,33 und 1,23 in dem leiseren (N°. IV und N®. I).und 1,73 (N°. III) in dem stärkeren Schlafe, wenn man die Gewichtsmenge der entfernten Kohlensäure zur Einheit nimmt. Die Nebenverhältnisse bestimmen-es bekanntlich in wachen Thieren, ob diese, wie gewöhnlich, dem Gewichte nach, weniger Sauerstoff aufnehmen, als Kohlensäure ausscheiden, oder sich das Entgegengesetzte geltend macht. Der zweite Fall kommt häufig bei Athmungsnoth vor, wenn starke Athembewegungen eingreifen, nach der doppelten Vagustrennung oder anderen zu sehr tiefen Athem- zügen führenden Nervenverletzungen. Dasselbe wiederholt sich auch für die wachen Murmelthiere, wie der Vergleich von N®. 4, 7, 15 und 41 mit N°. 33 der Versuchstabellen lehren kann. Die verschiedensten Erstarrungszustände des Murmelthieres da- gegen führen zu der fast ausnahmslosen Erscheinung, dass die Menge des verzehrten Sauerstoffes nicht nur dem Volumen, sondern auch dem Gewichte nach grösser ausfällt, als die der erhaltenen Kohlen- säure. Wir haben nur einen Versuch (N°. 10), in welchem Volumen und Gewicht der Letzteren die beiden Werthe des Ersteren über- trafen. Er gehört dem neunten Tage des Winterschlafes an, d. h. einer 303 Zeit, in welcher die Thiere unruhig, schlafen und sogar noch mög- licher Weise für kurze Zeiten erwachen können. Alle übrigen 33 Versuche, die sich auf den Winterschlaf der Murmelthiere beziehen, geben nur zwei Fälle (N®. 8 und N. 32), in denen das Gewicht des fehlenden Sauerstoffes weniger betrug, als das der gefundenen Kohlen- säure. Eine nähere Betrachtung derselben lehrt aber, dass sie kaum als wahre Ausnahmen unseres Gesetzes angesehen werden können. N°, 8 bezieht sich auf den schlaftrunkenen Zustand eines Thie- res, das mit offenen Augen im Athmungsbehälter lag, früher schon in Folge des eingetretenen Frühlinges wach und nur an einem kal- ten Regentage wiederum torpid geworden war. N°. 32 gehört der ersten Zeit des Winterschlafes an, so dass dieselben Bemerkungen, die für N°. 10 gelten, auch hier ihre Anwendung finden. Vergleichen wir endlich noch die Verhältnisswerthe, welche der Igel geliefert hat, nach der oben erläuterten Berechnungsweise, so finden wir: Verhältnisse der ausgeschiedenen Kohlensäure zum Sauerstoff. Zustand Versuchs- Mittel d nummer. Maximum und Mimium ittel den Gewichts- werthen dem Volumen nach. |dem Gewichte nach.| „ach. Wach . . . 51.52.53. | 1: 1,64 bis 1:1,27 | 1 : 1,19 bis 0,90 | 1 : 1,018 54. 55. Schlafend . . | 56.61.62. || 1: 2,99 bis 1:1,23 | 1 : 2,12 bis 0,90 | 1 : 1,137 63. 65.66. Wie sich erwarten liess, liefert der Igel keine so reinen Aus- drücke der Norm, als die Murmeltbiere. Er macht häufig schon im Wachen auffallend tiefe Athemzüge im Freien und vorzüglich in der eingeschlossenen Luft des Athmungsbehälters, wenn er selbst kürzere Zeit in diesem verweilt. Eine relativ starke Aufnahme von Sauer- stoff bildet die Folge dieser Eigenthümlichkeit. Sein Schlaf be- dingt ebenfalls eine reichliche Sauerstoffabsorption. Die geringe 304 Intensität und die augenblickliche Unterbrechung desselben durch Athemzüge, die oft in grosser Menge auf einander folgen und deren Tiefe sich nicht genau messen lässt, führen hier viel leichter zu scheinbaren Ausnahmen, als in den Murmelthieren. Der Igel ist mit einem Worte, wie schon mehrfach bemerkt worden, ein Thier, das sich fast gar nicht zu genügenden Beobachtungen über den reinen Winterschlaf eignet. ! Die grössere verhältnissmässige Aufnahme des Sauerstoffes wäh- rend der Erstarrungszeit lässt sich, wie ich glaube, ziemlich einfach erklären. Das Thier athmet eine Zeit lang gar nicht. Mögen nun auch die Thätigkeiten seiner Gewebe auf ein Minimum zurückgeführt sein, so wird sich doch nach und nach ein dringendes Athmungs- bedürfniss einstellen. Die Stumpfheit, mit welcher die Nerven- gebilde arbeiten, lässt dieses später, als im wachen Geschöpfe auf- treten. Stellen wir uns vor, dass der Athemzug erst gemacht wird, wenn die Athemnoth einen höheren Grad erreicht hat, dass er dann jenen Charakter der Mechanik besitzt, den auch das wache Thier unter ähnlichen Verhältnissen befolgt, so haben die gleichen Ursachen die gleichen Folgen im erregten und thätigen, wie in dem starren Geschöpfe. ' Diese Untersuchungen bestätigen endlich einen Satz, den ich schon mehrfach, auf anderen Beobachtungen fussend, hervorhob. Die Athmungsmechanik und nicht die Diät bestimmt den Hauptausschlag für die Werthe des Kohlensäure- und des Sauerstoffes. Das wachende Murmelthier N. 3, das seit dem 12. November Nichts gegessen hatte, gab (Versuch N. 33) 0,762 Grm. Kohlensäure und 0,888 Grm. Sauer- stoffes für die Einheiten des Kilogrammes und der Stunde am 29. No- vember und (Versuch N. 41) 1,304 Grm. Kohlensäure und 1,266 Grm. Sauerstoff am 29. Januar. Der Vergleich von N®, 51 und N®. 55 kann dasselbe für den Igel darthun. Wechsel des Stickstoffes. — Das Verfahren, durch wel- ches Regnault und Reiset zu ihren kleinen Stickstoffunterschie- den gelangten, dürfte manche Einwendungen gestatten. Sie suchten die Temperatureorreetion zu umgehen, indem sie das Wasser, wel- En 305 ches den Athmungsbehälter umgiebt, am Ende des Versuches genau auf denselben Wärmegrad, der am Anfange vorhanden war, brach- ten. Begannen sie auch mit dieser Arbeit eine Stunde vor dem Schlusse der Beobachtung *), so bleibt es nach meinen Erfahrungen **) dennoch zweifelhaft, ob deshalb ein Luftraum von 45 Liter den glei- chen gewünschten Wärmegrad in allen Schichten besessen hat. Berück- sichtigt man überdies die unvermeidlichen Beobachtungsfehler, welche die Barometercorrection, die Anwesenheit von Ammonjakdämpfen und vielleicht auch die unter einander abweichenden Spannkräfte der Dünste der verschieden concentrirten Kalilösungen und die procen- tigen Gasanalysen erzeugten, so wird man unvermeidliche Fehler- werthe vermuthen können, die zwar für die Kohlensäure- und die Sauerstoffwerthe verschwindend klein, für jene geringen Stickstoff- grössen dagegen bedeutungsvoller sind. Die an den Murmelthieren angestellten Beobachtungen ergaben in dieser Hinsicht: *) Regnault und Reiset a. a. O. p. 22. Auf ein Kilo- une rammu.eine | wechsel, die Thier und Nebenverhältnisse. Stunde kom- | Grösse des mende Menge | Sauerstoffes Sauerstoff. ls N°. I. Murmelthier C und D. In tiefem Win- terschlaf. D im Behälter erwacht und a erstickt . . 0,048 —+- 0,0029 NO. II. Kleinere Murmelthiere A und B. Erwacht und sehr lebhaft E B 1,198 + 0,0141 N°. III. Murmelthier C. Eingeschlafen 2 0,040 — 0,0174 N. IV. Murmelthier C. Athmet bisweilen und erwacht endlich EHE 0,085 0,000 N°. V. Murmelthier C erwacht 0,774 —+ 0,0047 N°. VI. Murmelthier C. Wacht und frisst den ersten Tag, schläft später ein und erwacht wieder am Ende des Versuchs 0,598 — 0,0092 *#) Die Einflüsse der Vaguslähmung auf die Lungen- und Hautausdünstung. Frankt. a. M. 1857, 8, 8. 7. 306 Man sieht, dass sich nur N°. III auf die ungestörte Erstarrung bezieht. Diese Beobachtung giebt aber eine verhältnissmässig be- deutende Aufnahme von Stickstoff. Die Stickstoffbestimmungen des von mir befolgten Untersuchungs- verfahrens dienen natürlich vorzugsweise zur Controle des ganzen Experimentes. Sie können keinen Aufschluss über feinere Verände- rungen des Stickstoffes geben. Ich habe sie daher auch nicht mit ihren Einzelwerthen in den Haupttabellen angeführt und beschränke mich hier auf einige allgemeine Andeutungen aus dem gleichen Grunde. Es zeigte sich durchgehends, dass der Winterschlaf der Murmel- thiere keinesfalls einen bedeutenden Stickstoffwechsel bedingt. Die oben (8. 293) verzeichneten 7 Versuche des tiefsten Winterschlafes enthielten einen mit so gut als constantem Stickstoff, einen mit posi- tivem und 5 mit negativen Stickstoffwerthen. Die 16 Beobachtungen des ruhigen Schlafes umfassten 2 mit so gut als constantem, 6 mit positivem und 8 mit negativem Stickstoff. Die Fälle, in denen scheinbar eine Aufnahme dieses Körpers stattgefunden, bildeten, wie man sieht, eine ziemlich bedeutende Ueberzahl. Ziehe ich das Mit- tel aus 22 unter jenen 23 Beobachtungen, so erhalte ich 1: + 0,009 als das Verhältniss des Gewichtes des aufgenommenen Sauerstoffes zu dem des Stickstoffunterschiedes bei dem ruhigen und dem tiefsten Winterschlafe zusammengenommen. Ein mit Salzsäure bestrichener Glasstab entwickelt deutliche weisse Nebel, wenn man ihn in die Luft des Athmungsbehälters bringt, in dem ein schlafendes Murmelthier eine Reihe von Stunden verweilt hat. Ausgetretene Wasserdämpfe, — Da sich auch bei ihren Berechnungen die Beobachtungsfehler summiren, so lassen sich ge- nügende Schlüsse höchstens aus den Mittelzahlen entnehmen. Ich habe nur die Einzelwerthe in den Haupttabellen und auf S. 293 hin- zugefügt, um zu zeigen, wie durchgehends nur kleine Mengen wäh- rend des Winterschlafes entfernt werden. Man kann schon von vorn herein erwarten, dass die Zahl und die Tiefe der Athemzüge, die absoluten Werthe und die Aenderungen der Temperatur der um- » 307 gebenden Luft den vorzüglichsten Einfluss auf die Entfernung der Wasserdämpfe ausüben werden. Die Erfahrung bestätigte dieses auch in vielen Beobachtungen in sichtlicher Weise. Stellen wir uns die Mittelwerthe zusammen, so haben wir für die Einheiten des Kilogrammes und der Stunde: Ausgetretene * Zustand Wassermenge Verhält- nn nisswerth. Hiefster Winterschlaf" 7. er. en 0,029 1 BnineerwWinterschlaf@4 5 2 NE 0,025 0,9 Sehlaftrüinkenheite, 29. N in ne. 0,226 7,1 Wollte man annehmen, dass die dem vollkommen wachen Zu- stande entsprechende Durchschnittsgrösse 0,5 Grm. beträgt, so würde dann ungefähr 20 Mal so viel Wasser austreten, als im ruhigen oder dem tiefsten Winterschlafe. Auf einen Athemzug kommende Mittelmengen. — Da die erstarrten Murmelthiere und Igel keinen gleichförmigen Ty- pus ihrer Athembewegungen darbieten, so ist es auch nicht gerecht- fertigt, die auf einen Athemzug kommenden Durchschnittsgrössen zu berechnen. Um aber wenigstens einen ungefähren Begriff von den allgemeinsten Verhältnissen geben zu können, wollen wir die Ver- suche N°,. 14 und N°. 20, welche die Minima der Kohlensäure bei tiefstem Winterschlafe lieferten, so berechnen, als wenn die in der dritten Tabelle unter jenen Nummern verzeichneten Athmungs- beobachtungen ein vollständiges Bild der Athmungsthätigkeit dar- stellten. Das Maximum der Kohlensäurewerthe des wachen 'Thieres (N, 41) möge anderseits zum Vergleiche gegenüberstehen : 308 m m TOT EST EST DE SARRER SEE ER BEE EEE SE SE En an UM SCn an m era Auf ein Kilogramm } Mittlerer auf einen Athemzug und eine | Dureh- kommender Werth in Gramm. Ver- Stmde schnitts- Zustand. auchs- | der NUM- |Mence der Athem- Ausge- Yv Hr ler mer. u) züge in ei-| schiedene erzehr- ntfernte Kohlen- | >, ,: Bemeneno ters 27 * 3 . ‚nerMinute.)) Kohlen- |'*T Pauer asser BAULDgU 5 stoff. dämpfe. Gramm. säure. Vollkommen wach 41 1,304 40,6 0,000535 | 0,000520 | 0,000100 Tiefster Winter- 14 0,011 0,416 0,000441 | 0,000761 | 0,001042 schlaf 20 0,003 0,636 0,000076 | 0,000603 | 0,001048 Diese Betrachtung, die freilich aus den eben angeführten Grün- den nicht ganz sicher ist, würde zu dem Schlusse führen, dass die auf einen Athemzug kommende Menge von verzehrtem Sauerstoff im tiefsten Winterschlafe noch etwas grösser ausfallen kann, als in dem lebhaften wachen Thiere. Die Wasserwerthe, welche dieses in dem vorliegenden Falle geliefert hat, stimmen mit einzelnen, die ich am Kaninchen gefunden *), überein. Dagegen sind die Wasser- werthe, die ich für jeden einzelnen Athemzug des erstarrten Thieres berechnete, zu gross ausgefallen, weil das schlafende Murmelthier auch in den Ruhepausen, in denen es nicht athmet, Wasser durch seine Haut abdunsten lässt. Eigenwärme der untersuchten Thiere. — Sie wurde unmittelbar nach der zweiten Wägung des Thieres gemessen und bildete so den Schlussstein des Versuches. Stellen wir die Fälle, in denen auch die gleichzeitige Zimmer- wärme angegeben ist, zusammen und fügen die entsprechenden Kohlensäure- und Sauerstoffwerthe hinzu, so haben wir: *) Ueber Vaguslähmung Tabelle zu 8. 78. 309 Für die Einheiten Wärme in Celsiusgraden des Kilogrammes und der Stunde in Unterschied von Kanu. h der des der Zimmerluft. Ausgetre- | Verzehr- en Mund- | Mast- 8 “| höhle. | darmes. | Mund- Mast- tene Koh-|ter 8 - ene Koh-|ter Sauer höhle. lensäure. | stoff. darm. Leiser Schlaf. 3 || 37 || 0,1865 | 0,205 || 40,0 80,5 | 60,3 | -+ 40,5 | + 20,3 Ruhiger Schlaf. 1 18 0,042 0,043 40,6 50,7 50,6 | + 1%,1 | + 19,0 1 19 0,031 0,051 40,1 50,0 49,8 | -+ 00,9 | + 09,7 1 22 0,020 0,023 40,6 50,3 50,2 | + 00,7 | + 09,6 1 23 0,020 0,042 50,5 60,6 — |+ 191 _ 1 24 0,047 0,063 70,7 8,6 8,6 | — 09,9 | -+ 09,9 1 25 0,041 0,044 80,2 109,4 100,2 | + 29,2 | -+ 29,0 1 27 0,045 0,077 90,3 119,0 | 119,3 | + 10,7 | + 29,0 1 28 0,030 0,033 100,2 110,8 119,6 | + 19,6 | + 19,4 1 29 0,021 0,034 90,8 100,9 | 1008 | -H 19,1 | + 190 3 43 0,021 0,024 80,0 100,7 100,5 | + 20,7 | + 2,05 3 45 0,023 0,028 80,8 109,7 109,4 | -+ 19,9 | + 10,6 Mittel = || 0,031 0,042 ||70,35u.| 80,80 | 8%,90 | 10,45 | 10,37 70,53 Tiefster Winterschlaf. 1 14 0,011 0,019 - || 100,5 | 100,6 _ + 00,1 _ 1 20 0,003 0,023 60,2 60,4 60,4 | + 09,2 | + 00,2 1 21 0,017 0,023 50,5 50,9 50,8 | -+ 00,4 | + 00,3 3 34 0,015 0,023 80,5 —_ 70,8 _ — 00,7 3 47 0,020 0,024 100,8 120,5 | 1008 | + 1,71+ 0,0 Mittel = || 0,013 0,022 1180,25 u.| 80,85 | 7070 | + 0,6 | — 0,05 70,75 Gesammtmittel des Wärmeüberschusses der Mundhöhle und des Mastdarmes bei dem tiefsten und dem ruhigen Winterschlafe = 19,03 C. 310 ‚Während die einzelnen Beobachtungen nicht immer entsprechende Veränderungen der Athmungsintensität und der Eigenwärme zeigen, fallen in dieser Hinsicht die Mittelwerthe belehrender aus. Man sieht, dass hier die Ueberschüsse der durchschnittlichen Wärme der Mund- höhle und des Mastdarmes über der Temperatur der umgebenden Luft mit den Mengen der ausgeschiedenen Kohlensäure in ziemlich entsprechender Weise zunehmen. Man darf übrigens bei der Beur- theilung dieser Zahlen nicht vergessen, dass die Einführung des Ther- mometers, vorzüglich die in den Mastdarm, das Thier zum Schnar- chen und zum Athmen anzuregen pflegt. Die Winterschläfer dürften sich zu bypothetischen Berechnungen über die Wärmeerzeugung im Thierkörper am besten eignen. Der sonst nicht zu bemessende Einfluss der Nahrungsmittel, der selbst in den erstarrten Murmelthieren lange Zeit, wie wir sehen werden, fortdauert, schwindet hier endlich gänzlich. So lockend es auch war, die eben angeführten Mittelgrössen zu solchen Rechnungen zu ge- brauchen, so habe ich sie doch nicht durchgeführt, weil man bis jetzt, weder die verbrennenden Stoffe, noch die Verbrennungswärme der- selben zuverlässig angeben kann. Athmen in trockener Luft. — Ich habe fünf hierher gehö- rende Versuche angestellt; zwei (N°.30 und N°. 31) an Murmelthier N®.1 und drei (N°.48, N°.49 und N®.50) an Murmelthier N°, 3. Die Ursache, weshalb ich diese Beobachtungen von den übrigen trennte, liegt darin, dass sie einen unvermeidlichen Fehler enthalten, der sich in den Verhältnisswerthen des Sauerstoffes am Nachdrücklichsten geltend macht. Ich stellte ein flaches, mit concentrirter Schwefelsäure gefülltes Glassgefäss auf den Boden des Athmungsbehälters einen Tag, ehe der Versuch gemacht wurde, und liess den Deckel schliessen. Die Säure blieb auch während des Experimentes unter dem Gestelle, auf welchem das Thier ruhte. Man musste daher die Anfangs- und die Endluft als trocken betrachten, wenn man die Normalvolumina der- selben berechnete. Dieses ist aber nicht ganz richtig. Setzt man auch das Thier noch so rasch ein, so gelangt immer Etwas äussere 311 Luft, die nicht ganz trocken ist, in den Athmungsbehälter. Einfluss- reicher als der hierdurch entstehende Irrthum, ist ein die Endluft be- treffender Fehler. Das Thier athmet Gase aus, die mit Wasserdämpfen geschwängert sind. Bietet auch die Schwefelsäure eine noch so grosse Absorptionsfläche dar, so dauert es immer eine merkliche Zeit, ehe alle Spur von Feuchtigkeit dem ganzen Luftvolunem entzogen wor- den. Hat das Thier zufälliger Weise kurz vor dem Schlusse der Be- obachtung ein oder mehre Male geathmet, so erhält man eine Luft- masse, die man als trocken berechnen muss, obgleich sie immer noch eine gewisse Menge von Wasserdämpfen führt. Man findet daher ein zu grosses Normalvolumen der Endluft. Wir wollen den Einfluss, den dieser Uebelstand ausübt, an dem Versuche N, 50 näher erläutern. Das Murmelthier machte je zwei Athemzüge in der Minute kurz vor dem Schlusse der Beobachtung, so dass die Endluft unzweifelhaft noch nicht vollkommen trocken war. Das Anfangsgas betrug 9750,0 C. C. von 705,31 Mm. auf 0° C, zurückgeführten Barometers und 9,6 ©. Als trocken betrachtet er- hält man ein Normalvolumen von 8740,7 C. ©. Berücksichtigt man den veränderten Stand des Manometers, so hatte man zuletzt 704,15 Mm. als Druckgrösse. Die Temperatur war 10%9 C. Die Annahme der Trockenheit der Luft führt daher zu einem Normalvolumen von 8686,1 ©. ©. Die Zusammensetzung der Endluft glich dem Volumen nach 0,70 %/0 Kohlensäure, 20,20 %/ Sauerstoff und 79,10 %/0 Stickstoff. Die Endberechnung wird so durchgeführt, dass man bestimmt, wie viel die 8740,70. C. Anfangsluft enthalten, wenn sie 0,05% Kohlen- säure, 20,96 °/o Sauerstoff und 78,99 °/o Stickstoff führen. Man er- mittelt andererseits, wie viel die Endluft giebt, wenn sie 0,7 %/0 Kohlen- säure und 20,2 % Sauerstoff darbot und im Ganzen 8686,1 C. C. betrug. Ist nun das letztere Volumen zu gross, so wird dieser Feh- ler den Kohlensäuregehalt der Endluft wenig, die Sauerstoffmenge derselben aber weit bedeutender erhöhen. Wir erhalten daher einen _ etwas zu grossen Werth für die ausgeschiedene Kohlensäure und einen _ wiel zu kleinen Werth für den verzehrten Sauerstoff. Hieraus er- klärt sich, weshalb NP, 50 die Grösse 0,022 Grm. für die Kohlen- Moleschott, Untersuchungen, II, 21 312 säure und den Sauerstoff darbot, wenn man die Einheiten des Kilo- grammes und der Stunde als Basis voraussetzt. Der Versuch N°.49, bei welchem die auf jene Einheiten bezo- gene Kohlensäuremenge 0,017 Grm. betrug, führt zu dem Schlusse, dass der tiefste Grad des Winterschlafes in trockener Luft ebenso gut als in feuchter möglich ist. N. 30, N°,31 und NP. 48 scheinen jedoch anzudeuten, dass hier Störungen der Erstarrung leicht vor- kommen. Wir haben die gleiche Folgerung schon aus anderen Er- fahrungen früher *) gezogen. Da das Murmelthier N°. 3 in dem Versuche N. 48 nach und nach vollständig erwachte, so gehört diese Beobachtung an und für sich zu denjenigen Erfahrungen, die keine sichern Schlüsse gestatten. Betrachtet man aber die Athmungsverhältnisse, so ergiebt sich mit vieler Wahrscheinlichkeit, dass das Thier fünf Stunden ruhig schlief, die sechste dagegen wachte. Legt man nun die Werthe, welche der unmittelbar vorhergehende Versuch N°. 47 gegeben hatte, für die Er- starrungszeit zum Grunde, so erhält man 1,226 Grm. Kohlensäure und 1,032 Grm. Sauerstoff für den wachen Zustand, d. h. Grössen, wie sie unter diesen Verhältnissen immer vorkommen. Wir haben schon in der ersten Abtheilung **) kennen gelernt, dass die Schwefelsäure eine beträchtliche Abnahme des Körper- gewichts erzeugt, weil sie Wasser aus den Geweben des Thieres an- zieht. Dieser Umstand erklärt auch z. B. die scheinbar grossen Wasserwerthe, welche N. 49 und N°.50 darbieten. Erstickung. — Spallanzani **) glaubte gefunden zu ha- ben, dass ein schlafendes Murmelthier vier Stunden lang in Kohlen- säure ohne Nachtheil ausharren kann. Ein zweiter Versuch, bei wel- chem schwache Athembewegungen anfänglich vorhanden waren, führte zu dem Tode des Thieres. Prunelle 7) hat eine Beobachtung, in *) S. diese Zeitschrift Bd. I, Heft II, S. 240 u. 258. **) 8. diese Zeitschrift Bd. I, Heft II, S. 240— 242. ***) Spallanzani a. a. O. p. 75 u. 335. j) Prunelle a. a. O. Tome XVIII, p. 51. 313 welcher ein erstarrtes Murmelthier zu Grunde ging, als eine beträchtliche Menge Kohlensäure durch, Eingiessen von Schwefel- säure zu dem schon vorhandenen kohlensauren Kalk entwickelt wurde. Die Angabe von Saissy *), dass schlafende Murmelthiere, Igel, Haselmäuse und Fledermäuse noch eine Stunde ohne Nachtheil im Athmungsbehälter verweilen können, wenn sie allen Sauerstoff ver- zehrt haben, ist offenbar unrichtig. Die Procentwerthe der Endluft, welche die beigefügten Tabellen enthalten, lehren deutlich, dass die Murmelthiere und die Igel längere Zeitin einer sehr kohlensäurereichen und verhältnissmässig sauerstoff- armen Luft, ohne Schaden, verweilen können. Wir haben z. B.: Procente der Endluft. Tuien Yan Kohlensäure. Sauerstoff. Murmelthier . \ = Be ke 41 10,31 7,92 ee er 0... 55 10,99 3,99 Es kann natürlicher Weise vorkommen, dass ein Winterschläfer im Athmungsbehälter erwacht und in ihm erstickt, wenn er den zu Gebote stehenden Sauerstoff grösstentheils aufgezehrt hat. Die Luft, in welcher N°.2 zu Grunde ging, führte zuletzt 12,06 %/0 Kohlensäure und 5,54 0/0 Sauerstoff. Zwei Erfahrungen belehrten mich aber, dass noch eine andere Todesart, deren Ursache vorläufig dahin gestellt bleibt, möglich ist. Das männliche Murmelthier, welches unter der Bezeichnung N’. VI in der ersten Abtheilung dieser Arbeit aufgeführt ist, wog 1079,5 Grm. den 17. April. Nachdem es den Sommer durch gefüttert worden, hörte es den 23. October zu essen auf und schlief bald darauf ein. Sein Körpergewicht betrug 1643,8 Grm. am ”) Saissy in Reil’'s Archiv Bd. XII, 8. 811—318, 21” 314 28. October. Es wurde an diesem Tage in den Apparat gesetzt, den ich zu den Untersuchungen über die Einflüsse der Vaguslähmung benutzt habe. Der Versuch begann um 9 Uhr 3 Min., das Thier machte 13 Athemzüge in der Minute um 9 Uhr 38 Min. und 91/s um 10 Uhr 16 Min. Man konnte hingegen seit 1 Uhr 10 Min. keine Athembewegungen mehr bemerken. Als der Versuch um 3 Uhr 18 Min. beendigt wurde, zeigte sich, dass das Thier todt war. Es hatte dabei seine ursprüngliche Lage nicht geändert. Die eudiome- trische Analyse ergab, dass die Endluft 0,09 %/o Kohlensäure und 20,72 °%/o Sauerstoff enthielt. Die Wärme des umgebenden Wassers glich 8%,8 ©. und die der Luft des Athmungsbehälters 90,5 C. am Anfange und 7°%8 C. am Ende der Beobachtung. Konnte man hier auf die Vermuthung kommen, dass vielleicht die Wärmeentziehung des benachbarten Wassers den Tod herbei- führte, so liess sich dieses auf den Igel N°. 4 nicht anwenden. Der Athmungsbehälter, in dem er starb, war von Heu umgeben. Wie wir aus N°. 66 der fünften Tabelle ersehen, hatte die Luft eine Wärme von 8,5 C. im Anfange und von 10%,95 C. am Schlusse. Die Gasanalyse lieferte wieder nur 0,15 %/o Kohlensäure und 20,71 %o Sauerstoff. Das Thier war so fest eingerollt, dass nur die Vorder- beine zur Oeffnung herausragten und der Kopf tief im Inneren ver- steckt lag. xXVl. Ueber den Einfluss der Wärme auf die Kohlensäure-Ausscheidung der Frösche. Von Jac. Moleschott. Bisher habe ich mich, um bei der Beurtheilung des Einflusses, den das Licht auf das Athmen ausübt, die gleichzeitige Wirkung der Wärme unschädlich zu machen, nur auf die gediegenen Arbeiten Vierordt's bezogen, der bekanntlich an sich selber die Menge der ausgeathmeten Kohlensäure um so geringer fand, je höher der Wärme- grad war, bei dem er seine zahlreichen Beobachtungen anstellte *). Auf Marchand’s Erfahrungen, so weit sie diesen Gegenstand be- treffen, glaubte ich kein Gewicht legen zu dürfen, obwohl sie mir, wenn ich sie hätte verwerthen können, weit willkommener ge- wesen wären, weil sie an Fröschen gewonnen wurden. Marchand hat nämlich über die Wirkung der Wärme überhaupt nur fünf Ver- suche angestellt, bei welchen die Wärmegrade zwischen + 2 und 30°C. lagen. Er schliesst aus diesen fünf Versuchen, „dass die Thiere am meisten bei einer ziemlich niedrigen Temperatur bei 6—14° respiri- ren und dass hier eine Differenz von 6—7° wenig Einwirkung aus- übt. Sinkt die Temperatur bis nahe zu dem Eispunkte, so wird die Respiration viel schwächer. .... . . Dasselbe findet bei einer ziem- lich hohen Temperatur von 28—30° statt, wobei die Thiere schon *) Vgl. Vierordt, Physiologie des Athmens, Karlsruhe 1845, 8. 73 u. folg. 316 ziemlich matt waren“*). Regnault und Reiset haben in ihrer berühmten Abhandlung über das Athmen in verschiedenen Thier- klassen nur vier an unversehrten Fröschen angestellte Versuche mit einer Angabe des Wärmegrads begleitet, und die Wärme schwankte in diesen vier Versuchen nur zwischen 15° und 19°._ Es darf also gewiss nicht viel daraus gefolgert werden, dass sie bei 19° den höch- sten Kohlensäurewerth fanden **). Regnault und Reiset, deren Arbeit sich ebenso sehr durch vorsichtige Schlussfolgerung, wie durch die Genauigkeit des Versuchsverfahrens auszeichnet, haben denn auch aus ihren Zahlen über den Einfluss der Wärme auf die Ausscheidung der Kohlensäure nichts geschlossen. Kurzum, die Frage, wie ver- schiedene Wärmegrade auf die Menge der ausgeschiedenen Kohlen- säure einwirken, ist bisher erfahrungsmässig durchaus nicht genügend beantwortet. Da nun von verschiedenen Seiten Erfahrungen gemacht wurden, welche darauf hinzudeuten scheinen, dass für wirbellose Thiere, kalt- blütige Wirbelthiere und Winterschläfer das Verhältniss ein anderes sein könnte als für warmblütige Wirbelthiere und den Menschen, habe ich zwei meiner Schüler, die Herren G. Meier und Jacob Neukomm aufgefordert, eine grössere Anzahl von Versuchen an- zustellen, um die zahlreichen Beobachtungen, die ich selbst bei mei- ner Untersuchung über den Einfluss des Lichts auf das Athmen der Frösche gesammelt habe, zu ergänzen, und damit für den Frosch eine entscheidende Antwort herbeizuführen. Meine eigenen Versuche, die ich zu diesem Zweck bisher nicht ausgebeutet habe, sind alle an Rana esculenta angestellt. Zum Theil deshalb, mehr aber noch, weil ich mit Schelske gefunden habe, dass Rana temporaria viel mehr Kohlensäure erzeugt als der Wasser- frosch ***), haben Meier und Neukomm mit dem Grasfrosch ge- *) Marchand, Journal für praktische Chemie, Bd. XXXII, 8. 152. **) Regnault et Reiset Recherches chimiques sur la respiration des animaux des diverses classes, 3. serie, T. XXVI, p. 474—477. ***) Moleschott und Schelske, im ersten Bande dieser Zeitschrift, 8. 12. 317 arbeitet. Es ist klar, dass hierdurch Unterschiede, wie sie durch verschiedene Einflüsse bedingt werden, mit grösserer Sicherheit ge- funden werden müssen, und es dürfte daher in Zukunft bei allen ähnlichen Untersuchungen, sofern sie nicht auf beide Arten ausge- dehnt werden, der Grasfrosch dem Wasserfrosche vorzuziehen sein. Das Verfahren zur Bestimmung der Kohlensäure war dasselbe, welches ich früher angewandt und beschrieben habe*). Weil aber in der Stunde mehr Luft — statt 2,5 drei bis vier Liter — durch- gezogen wurde, so war zur grösseren Sicherheit vor dem Frosch- behälter ausser einer Woulf’schen Flasche mit verdünnter Kalilauge noch ein Liebig’scher Kugelapparat mit gleicher Flüssigkeit ange- bracht, und ebenso zwischen dem Froschbehälter und den zur Ver- dichtung der Kohlensäure bestimmten Vorrichtungen ausser der Woulf’schen Flasche auch noch ein Kugelapparat mit starker Schwefelsäure eingeschaltet. Ich hatte mich durch Vorversuche über- zeugt, dass die äussere Luft kohlensäurefrei in den Froschbehälter und die Luft aus dem Froschbehälter vollkommen trocken in die Kali-Apparate anlangte. Um willkürlich die Wärme in dem Froschbehälter, in den, wie immer, die Kugel eines Thermometers hineinragte, regeln zu können, stand derselbe in einem blechernen Gefäss, welches dreifache Wände hatte. Im inneren Raum befand sich der Froschbehälter, der durch einen blechernen Ring am Boden und durch einen blechernen Deckel, der seinen Hals umfasste, am Platz gehalten wurde. Dieser blecherne Deckel war nämlich der Länge nach getheilt, konnte als Schieber geöffnet und geschlossen werden, und in der Mitte des zweitheiligen Schiebers war jederseits ein Ausschnitt, so dass der Deckel, wenn er geschlossen war, genau dem Halse des Froschbehälters anlag. Da- durch wurde zunächst der Vortheil erreicht, dass alle Versuche im Dunkeln angestellt wurden, so dass die Wirkung der Wärme ohne Nebeneinfluss des Lichts beobachtet werden konnte. Zwischen der innersten Wand des Blechkastens und dem Froschglase war Wasser *) Wittelshöfer’s medieinische Wochenschrift, Jahrgang 1853, 8. 161, 318 von verschiedenen Wärmegraden, und wenn es sich um die Hervor- bringung sehr niederer Wärmegrade handelte, entweder schmelzendes Eis oder Kältemischungen von gleichen Theilen Salpeter und Sal- miak mit Schnee. Sollte der Wärmegrad der Luft im Froschbehäl- ter während der Versuchsdauer unter dem Gefrierpunkt bleiben, dann wurde etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Versuchs mit Hülfe eines zweiten Aspirators Luft durch das Froschglas hindurchgeleitet, während dasselbe in der Kältemischung stand. Der Durchmesser der inneren Lichtung des Blechkastens übertraf den Durchmesser des Froschbehälters um 6 Oentimeter. Der zweifache Hohlraum, der von der dreifachen Blechwand gebildet wurde, war mit Kohle ausgefüllt, um die Wärme, so weit es anging, gleichmässig zu erhalten. Jede der beiden Kohlenschichten war 2 Centimeter dick. Da es niemals darauf ankam, gerade einen ganz bestimmten Wärmegrad zu erzielen, so gelang es leicht, mit dieser Vorrichtung die Wärmeschwankungen in den erwünschten Grenzen zu halten. Um ausser dem Nebeneinfluss des Lichts auch die störenden Nebenwirkungen der Individualität zu beseitigen, wurden zunächst Versuchsreihen an denselben Thieren gewonnen. Hierbei macht sich freilich ein anderer Nachtheil geltend, indem die Frösche, wenn sie in Gefangenschaft fasten, nach Marchand’s Versuchen immer weni- ger Kohlensäure ausscheiden *). Allein auch diesem Uebelstande liess sich begegnen, indem die zur Vergleichung angestellten Versuche gleichmässig auf die Hungertage vertheilt wurden. Für die erste Reihe wurde dies dadurch erzielt, dass wenn an den ersten zwei Tagen der Versuch bei einem niederen Wärmegrad dem bei höherer Wärme voranging, an den beiden nächstkommenden Tagen diese Reihenfolge umgekehrt wurde, und so fort. Zu allen diesen Ver- suchen wurden Männchen verwendet. Jeder Versuch dauerte eine Stunde. Die Wärme wurde von zehn zu zehn Minuten abgelesen. In den Tabellen sind aber ausser den Mittel- werthen nur die höchsten und niedersten Wärmegrade verzeichnet. *) Marchand, Journal für praktische Chemie, Bd. XXXIH, 8. 168—172. 319 Tabelle 1. Frosch A. Männchen von Rana temporaria, seit mehren Wochen gefangen. 8 is Milligramm Bi 3 Wärme- Mittlerer Kohlensäure 52 Jahrestag. Wärme- | für 100 Beobachter. 2,5 Br en zen> grad. | Gramm in 2 24 Stunden. 1 |21. Januar 1857. || 39,6 bis 20° 70,7 604 Meier 22 n 250.28 26,6 462 Neukomm lm, 5 ll 5 26 |-+228 676 || Meier Me 20, m > 3) ne 38) 4,3 647 Neukomm 5 98. „ a BPIRRAEMIOA. EIS 307° || Meier BaN29.% > n 85 „ 16 11,9 404 Neukomm Reel", 5 sh 33,9 1376 Meier 8 3. Februar „ 185 „ 21 19,8 416 Neukomm 9 ade » if 2,9 411 Meier 10 Den 5; 30 „ 40 38,7 1330 Neukomm | Während des zehnten Versuchs war der Frosch gestorben. Der hohe Werth für die Kohlensäure, der hierbei gefunden wurde, ver- dient Beachtung, da sich ein Gleiches an Fröschen, die während der Versuche starben, wiederholt ereignete. So fand ich bei einem Gras- frosch, der in blauem Licht athmete und am Ende des Versuchs todt war, bei einem Wärmegrad von 31,50 für 100 Gramm Körper- gewicht in 24 Stunden 1203 Milligramm Kohlensäure, bei einem an- deren bei 350,50 für dieselben Einheiten der Zeit und des Gewichts 1269 Milligramm. Theilen wir die Zahlen dieser ersten Tabelle in zwei Hälften, von denen die eine den niederen, die andere den höheren Wärme- graden entspricht, dann erhalten wir; 320 Tabelle II. Niederer Wärmegrad. | Kohlensäure. | Höherer Wärmegrad. | Kohlensäure. 2,9 411 19,8 416 3,9 307 22,8 676 4,3 647 26,6 462 7,7 604 33,9 1376 11,9 404 38,7 1330 Mittel 6,05 475 28,16 852 Während sich also die Wärmemittel zu einander verhielten wie 1: 4,65, verhielten sich die Kohlensäurewerthe wie 1 : 1,79, oder, wenn man den Versuch, während dessen der Frosch starb, nicht mit verwerthet, dann wird das erstere Verhältniss gleich 6,05 : 25,52 = 1: 4,22, das letztere 475 : 732 = 1: 1,54. Bei den weiteren Versuchen wurde der Einfluss des Hungerns dadurch aufgehoben, dass in der einen Reihe die Wärmegrade täg- lich abnahmen, während sie in der anderen täglich wuchsen. Falls auch bei diesem Ausgleichungsverfahren der höheren Wärme die grössere Menge der Kohlensäure entsprach, so konnte unmöglich eine Wirkung der Wärme mit einer Folge des Fastens verwechselt werden. 321 Tabelle IN. Frosch B. Männchen von Rana temporaria, seit kurzem gefangen. Milligramm Mittlerer |Kohlensäure Pe 2 3 Jahrestag. Paz Wärme- | für 100 Beobachter. E53 BTENEEN. grad. | Gramm in iz 24 Stunden. 11 ||14.Februar1857| 2° — 9 3,80 646 Meier 12 |15. ” zw 25 — 6 3,50 407 Meier 13 16. ) * 6,5 — 16 9,20 389 Neukomm TA 117. > " 14 — 18 | 15,25 672 Neukomm 15 |18. > 5 18 — 25 | 21,00 681 Meier 16 |119. T » 124,25 - 26,50] 25,50 726 Neukomm 17 ||24. ., „129,50 — 33 | 31,14 1001 Neukomm 18 ||25. r 33 — 37 | 35,28 2004 Neukomm Während des achtzehnten Versuchs starb der Frosch, und wie- der zeigt sich ein auffallend hoher Kohlensäuregehalt. Vergleichen wir dieses Ergebniss mit dem obigen Bericht (S. 319), dann drängt sich der Schluss auf, dass Frösche, die, während sie allem Anschein nach gesund sind, durch äussere Einflüsse — hier den hohen Wärme- grad — in kurzer Zeit zu Grunde gehen, während des Todeskampfs bedeutend mehr Kohlensäure ausscheiden als unter sonst ähnlichen Verhältnissen. In der folgenden Tabelle sind die acht Versuche, die mit dem Frosche B angestellt wurden, nach den Wärmegraden in zwei Hälf- ten getheilt. 322 Tabelle IV. Niederer Wärmegrad. | Kohlensäure. | Höherer Wärmegrad. | Kohlensäure 3,9 407 i 21,00 681 3,8 646 25,90 726 9,2 389 31,14 1001 15,25 672 35,28 2004 Mittel 7,94 523 28,23 1103 Die Wärmemittel verhalten sich wie 7,94 : 23,23 = 1: 3,55, die Kohlensäurewerthe wie 523 : 1103 = 1: 2,11. Lässt man aber den achtzehnten Versuch ausser Rechnung, weil offenbar der T'odes- kampf mitbedingend auf die Kohlensäure einwirkt, dann wird das Verhältniss für die Wärmemittel 7,94 : 25,88 = 1: 3,26, das für die Kohlensäurewerthe 523 : 808 = 1: 1,54. In der fünften Tabelle sind die Versuche zusammengestellt, die bei täglich sinkenden Wärmegraden ausgeführt wurden. Tabelle V. Frosch C. Männchen von Rana temporaria, seit kurzem gefangen. 3 = Milligramm FR: uhrie® Mittlerer |Kohlensäure he Jahrestag. Wärme- | für 100 Beobachter. RB grenzen, i : E,o grad. Gramm in = > 24 Stunden. 19 ||26.Februar1857 | 29 — 34 | 31,80 | 1856 Neukomm 20 || 27. „ 5, 28 — 30 | 28,80 470 1 Neukomm 21 2. März S: 22 — 25 | 23,50 402 Meier 22 > Das) " 17 — 20 | 18,07 498 Neukomm 23 An, B 14,50 —16 | 14,30 124 Meier 24 BE, ” 12 — 14 | 12,86 | 578 Neukomm Während des vierundzwanzigsten Versuches starb der Frosch, und wenn man den Kohlensäurewerth in diesem und im nächstvor- 323 hergehenden Versuch mıt einander vergleicht, dann offenbart. sich deutlich, dass der Todeskampf wieder eine vermehrte Kohlensäure- ausscheidung zur Folge gehabt hat. Die sechste Tabelle vergleicht für den Frosch © die Kohlen- säurewerthe bei den höheren und niederen Wärmegraden. Tabelle VI. Niederer Wärmegrad, | Kohlensäure. | Höherer Wärmegrad. Kohlensäure. 12,86 578 23,9 402 14,80 124 28,8 470 18,07 948 31,8 1856 Mittel 15,24 400 28,03 | 909 Die Wärmegrade verhalten sich wie 15,24 : 28,03 — 1: 1,84, die Kohlensäurewerthe wie 400 : 909 = 1 : 2,27, oder wenn der vierundzwanzigste Versuch unberücksichtigt bleibt, dann wird das Verhältniss für die Wärmegrade 16,43 : 28,05 —=1:1,71, das für die Kohlensäurewerthe 311 : 909 = 1 : 2,92. Weil der dritte Frosch nur sechs Versuche bestanden hatte, wurde zur Ergänzung noch mit einem vierten eine Versuchsreihe bei abnehmender Wärme angestellt. Tabelle VI. Frosch D. Rana temporaria, seit kurzem eingefangen. nn 3 & Milligramm Pe! wi wi Kohlensäure E23 Jahrestag. Ex Erme- | für 100 Beobachter. - E grenzen. mittel. | G,2mm in = r 24 Stunden. 25 || 10. März 1857 || 18,5 bis 20 | 19,20 438 Neukomm Ralar,. "7 35 7,10 108,07 421 Neukomm 2771112 ,„ n- 2.8 3,10 314 Neukomm 283 BA le:: a —25, 6 0,70 328 Neukomm 324 Am Ende des achtundzwanzigsten Versuchs lag der Frosch todt im Behälter. Dass der Todeskampf hier keine erhöhte Kohlensäure- Ausscheidung mit sich geführt hat, dürfte nach der jetzt bereits ge- wonnenen Einsicht in den Einfluss der Wärme auf das Athmen, durch den niederen Wärmegrad (+ 0,7) zu erklären sein, welchem das Thier unterworfen war. Wenn die vier Beobachtungen am vierten Frosch nach den Wärmegraden in zwei Hälften getheilt werden, dann erhält man die Tabelle VIM. Niedere Wärmegrade. | Kohlensäure. | Höhere Wärmegrade. | Kohlensäure. 0,7 328 8,07 421 3,1 314 19,20 438 Mittel 2,4 321 13,63 429 Hier verhalten sich also die Wärmemittel wie 2,4 : 13,63 = 1: 5,68, die Kohlensäurewerthe wie 321 : 429 = 1: 1,34. Mit einem fünften Frosch wollte Neukomm eine Versuchsreihe bei wachsenden Wärmegraden beginnen, allein das Thier starb einige Stunden nach dem ersten Versuch, bei welchem die Wärmegrenzen zwischen —3° und —5° lagen, während das Wärmemittel — 4,32 betrug. Auf 100 Gramm Körpergewicht in 24 Stunden zurück- geführt, lieferte der Frosch 101 Milligramm Kohlensäure. Das Thier kam ganz starr aus dem Behälter. Es wurde in kühles Wasser ge- setzt und zeigte noch ein Paar Stunden lang schwache Bewegungen, starb aber noch am selben Tag. Es wurde daher ein sechster Frosch in Arbeit genommen und dessen Kohlensäure-Ausscheidung bei wechselnden Wärmegraden ge- messen. Die Ergebnisse sind in der neunten Tabelle verzeichnet, 325 Tabelle IX. Frosch F. Männchen von Rana temporaria, seit kurzem eingefangen. Sn Milligramm 3 n Kohlensäure S5 Jahrestag. Wärme; Wannen rin Beobachter. E 2 grenzen. mittel. | G-amm in = > 24 Stunden. 30 || 17. März 1857 | 28,5 bis 30 | 29,20 1097 Neukomm DIREIAr,, 5. 11649: 2,411,51.10,00 256 Neukomm BaıI719: »„ 123,25 „ 24 | 23,50 480 Neukomm 3811,21. + 35°, 4 3,40 166 Neukomm 34 || 21. „ 5 — 2 „—4|— 2,79 154 Neukomm Vergleichen wir die zwei bei den höchsten Wärmegraden von diesem Frosch gelieferten Kohlensäuremengen mit den beiden Wer- then, die den niedersten Wärmegraden entsprechen: Tabelle X. Niedere Wärmegrade, | Kohlensäure. | Höhere Wärmegrade. | Kohlensäure. — 2,79 154 23,50 480 + 3,40 166 29,20 1097 Mittel 0,30 160 26,35 788 dann finden wir das Verhältniss der Wärmegrade gleich 0,30 : 26,35 = 1: 87,85, während sich die entsprechenden Kohlensäurenwerthe verhalten wie 160 : 788 = 1: 4,92. Stellen wir nun die Verhältnisse zwischen den Wärmegraden und die dazu gehörigen für die Kohlensäure, wie sie an denselben Einzelwesen der Rana temporaria gefunden wurden, übersichtlich zusammen, dann haben wir: 326 Tabelle XI. Verhältnisse der Verhältnisse der Wärmegrade. Kohlensäure. > Erste Versuchsreihe 1: 4,22 1:11,54 Zweite „ 1: 3,26 1: 1,54 Dritte % ae 0 2 Vierte „ 1: 5,68 1: 1,34 Fünfte en 1 : 87,85 1: 4,92 Es leuchtet ein, dass alle Versuchsreihen übereinstimmend eine Vermehrung der für gleiche Gewichtseinheiten in gleicher Zeit aus- geschiedenen Kohlensäure durch den Einfluss höherer Wärmegrade ergeben. Da wir aber im Ganzen über 34 Versuche verfügen, welche bei Wärmegraden zwischen den Grenzen — 4,32 und + 38,7 ange- stellt sind, so dürfen wir wohl auch die an verschiedenen Einzel- wesen gewonnenen Zahlen vereinigen, um zu sehen, wie weit der Einfluss der Wärme sich geltend macht. Zu dem Ende theilen wir die Kohlensäurewerthe in drei Gruppen, deren erste diejenige ent- hält, welche bei Wärmegraden unter + 1 gefunden wurden, die zweite diejenigen, welche sich auf die Wärmegrade zwischen + 1 und +20 beziehen, die dritte endlich diejenigen, welche den Wärme- graden zwischen 20 und 40 entsprechen, wobei hervorzuheben ist, dass die Frösche jedesmal zu Grunde gingen, wenn die Wärme während des Versuchs über 40° stieg. Oft sogar sterben sie bei viel geringeren Wärmegraden, wie mich früher angestellte Versuche gelehrt haben. Tabelle X. Uebersicht der 34 Versuche an Rana temporaria. 327 Niederste Wärmegrade, Mittlere Wärmegrade. Höchste Wärmegrade. Wärmegrad. | Kohlensäure.)| Wärmegrad. |Kohlensäure. Wärmegrad. | Kohlensäure. — 414 101 2,90 — 2,79 154 3,10 + 0,70 328 3,40 3,50 3,50 3,80 4,30 7,70 8,07 | 9,20 . 10,00 | 11,90 12,86 14,80 15,25 18,07 19,20 19,80 .. Mitt] — 2,08. 194 9,52 411 314 166 307 407 646 647 604 421 389 256 404 578 124 672 498 438 416 428 21,00 681 22,80 676 23,50 402 23,50 480 25,50 726 28,60 462 28,80 470 29,20 1097 31,14 1001 31,80 1856 33,50 1376 35,28 2004 38,70 1330 28,72 966 Bezeichnen wir den Wärmegrad — 2,08 als + 1, dann müssen wir auch zu den beiden anderen Wärmemitteln + 2,08 hinzuzählen, , um die drei Werthe mit einander zu vergleichen. Wir finden dann, dass sich die Wärmemittel zu einander verhalten wie 1: 12,6 : 31,8, und die entsprechenden Kohlensäurewerthe wie 1 : 2,21: 4,98. Es ergiebt sich also, dass der Grasfrosch bei den höchsten Wärmegraden, die er ohne Gefährdung seines Lebens ertragen kann, beinahe fünf Mal so viel Kohlensäure liefert, als unter dem Eispunkt. } Moleschott, Untersuchungen, II, s 22 328 So deutlich diese Zahlen auch sprechen, wir würden uns bei den grossen Schwankungen, welche verschiedene Frösche unter ganz gleichen Bedingungen und dieselben Einzelwesen zu verschiedenen Zeiten wahrnehmen lassen, mit diesen 34 Versuchen nicht begnügt haben, wenn nicht in meinen älteren Erfahrungen über den Einfluss des Lichts auf die Menge der von Fröschen ausgeschiedenen Kohlen- säure eine grosse Anzahl von Beobachtungen vorläge, die sich für unseren Zweck verwerthen lässt. Jene älteren Ergebnisse sind um so besser geeignet, die bisherigen Mittheilungen zu ergänzen, da die betreffenden Versuche sämmtlich an Rana esculenta angestellt wur- den *). Dass sie aber überhaupt brauchbar sind, um die Frage über den Einfluss der Wärme auf die Kohlensäure-Ausscheidung der Frösche zu beantworten, ist dadurch bedingt, dass ich eine grosse Zahl von Versuchen zu meiner Verfügung habe, die bei gleichen Verhältnissen der Beleuchtung ausgeführt sind. Zunächst nämlich liegen 52 Versuche vor, bei denen ich die Frösche im Dunkeln athmen liess. Ich habe diese Versuche in zwei Hälften getheilt, von welchen die eine alle Kohlensäurewerthe für Wärmegrade von 150,50 bis 190,25 enthält, die andere Hälfte diejeni- gen, welche Wärmegraden von 19,50 bis 260,00 entsprechen. Die dreizehnte Tabelle giebt darüber Aufschluss. Die Zahlen für die Kohlen- säure bezeichnen, wie in allen meinen Arbeiten über das Athmen der Batrachier, wie viel Milligramm von 100 Gramm Körpergewicht in 24 Stunden ausgeschieden werden. *) Jac. Moleschott, über den Einfluss des Lichts auf die Menge der vom Thierkörper ausgeschiedenen Kohlensäure, in Wittelshöfer's Wiener me- dieinischer Wochenschrift, 1855, S. 681 und folg. 329 Tabelle XHT. Versuche im Dunkeln mit verschiedenen Einzelwesen von Rana esculenta. Niedere Wärmegrade. Höhere Wärmegrade, Wärmegrad. Kohlensäure. Wärmegrad, Kohlensäure. 15,50 | 436 19,50 499 16,50 | 347 19,50 463 16,50 450 19,50 201 16,50 | 501 20,00 345 17,00 345 20,00 655 17,00 | 466 20,50 611 17,00 420 20,50 588 17,00 495 20,75 409 17,00 420 f 21,00 594 17,25 677 21,00 566 17,50 511 21,25 664 17,50 369 21,25 413 17,50 408 21,25 413 17,50 358 21,50 723 18,00 650 21,50 570 18,00 398 22,00 622 ' 18,25 369 22,00 795 pi 18,50 484 22,00 451 - 13,50 525 22,50 478 19,00 698 22,50 469 19,00 464 22,50 763 h 19,00 499 23,25 769 L 19,00 470 23,50 745 19,00 583 23,50 456 € 19,00 652 25,50 326 . 19,25 715 26,00 566 Mittel 17,76 ° | 48 21,70 a 228 330 Während die Wärmemittel sich zu einander verhalten wie 17,76 : 21,70 = 1: 1,22, verhalten sich die Kohlensäurewerthe wie 489 :543 = 1 ::1,11. Bei den Versuchen, die im Licht angestellt wurden, habe ich die Lichtstärke durch den Grad der Schwärzung gemessen, den mit Chlor- silber geschwängerte Papierstreifen in fünf Minuten während der Ver- suche annehmen. Ich habe das Verfahren a. a.O. 8.683 genauer be- schrieben. Hier willich deshalb nur daran erinnern, dass der schwächste Lichtgrad auf meiner Skala, die der Maler Schall in Berlin ange- fertigt hatte, mit I, der höchste Lichtgrad mit XX. bezeichnet ist. Zur Beurtheilung der Wirkung der Wärme habe ich die Versuche nur dann benützt, wenn mindestens acht derselben bei gleicher Licht- stärke ausgeführt waren. ‘Mit dieser Einschränkung sind von den Versuchen, die an unversehrten Thieren von mir angestellt sind, 76 zur Vergleichung brauchbar, eine Zahl, die gewiss nicht zu klein ist, da sie nur zur Ergänzung mehrer anderer Versuchsreihen dient. Die Versuche beziehen sich auf die Lichtgrade I, II, III, V, VL VI und sollen in den nun folgenden Tabellen mitgetheilt werden. Tabelle XIV. Versuche an Rana eseulenta bei Lichtgrad I. Niedere Wärmegrade. Höhere Wärmegrade. Wärmegrad. | Kohlensäure, Wärmegrad. Kohlensäure. 16,25 368 19,25 560 17,50 285 20,00 540 18,00 395 20,50 368 18,00 303 20,50 382 Mittel 17,44 338 20,06 462 te Versuche an Rana esculenta bei Lichtgrad I. Tabelle XV. 331 eb Gen me Cr BE Be ee ES more m mon m m nn a Niedere Wärmegrade. Höhere Wärmegrade. Wärmegrad. Kohlensäure. Wärmegrad. Kohlensäure, 19,25 471 20,50 563 19,25 519 21,00 440 19,25 643 24,50 702 19,50 4753 24,50 653 Mittel 19,31 526 22,62 989 Tabelle XV. Versuche an Rana esculenta bei Lichtgrad II. 16,25 357 19,50 612 17,50 343 19,50 930 17,75 591 20,50 509 18,00 371 21,50 630 18,50 662 22,25 644 19,00 628 24,50 644 19,25 484 26,00 450 Mittel 18,08 491 21,96 574 Tabelle X\VH. Versuche an Rana esculenta bei Lichtgrad V. 15,00 538 23,25 637 19,75 501 23,75 455 20,00 557 24,00 559 20,25 520 24,50 641 20,50 682 24,75 561 21,25 370 24,75 696 21,50 739 25,00 559 22,75 724 27,75 907 20,12 579 24,72 627 332 Tabelle XVIN. Versuche an Rana esculenta bei Lichtgrad VI. Niedere Wärmegrade. Höhere Wärmegrade. Wärmegrad. | Kohlensäure. Wärmegrad, Kohlensäure. 16,50 465 23,00 665 16,50 346 23,00 654 17,00 370 23,25 713 17,50 425 23,90 591 20,00 310 24,50 769 20,25 725 24,75 835 21,00 858 25,90 652 22,25 640 26,00 622 22,50 KOER 26,50 617 Mittel 19,27 546 24,44 BT Te Tabelle XIX. Versuche an Rana esculenta bei Lichtgrad VII. 15,50 406 25,50 17,00 693 25,50 17,50 454 25,75 22,75 707 26,50 23,25 411 27,00 25,00 1023 30,00 Mittel 20,16 616 26,71 Alle diese Versuchsreihen bestätigen also, dass bei gleichen Be- leuchtungszuständen auch für den Wasserfrosch die Menge der aus- geschiedenen Kohlensäure mit dem Wärmegrad wächst. Die folgende Tabelle stellt zur Erleichterung der Uebersicht die Verhältnisse der Mittelwerthe zusammen. 333 Tabelle \X. Verhältnisse der Mittelwerthe, wie sie für Rana esculenta im Licht gefunden wurden. Lichtgrad. Verhältnisse der Wärmemittel. Mealpiee vers I 17,44 : 20,06 = 1; 1,15 | 338 : 462 = 1 : 1,36 I 10 316:222462 —a1 2 1,190 15526 589710 1,12 III 18,03 : 21,96 = 1 : 122 | 491 : 574 = 1: 1,16 V 20,12: 24,72 =1: 1,23 | 579 : 627 = 1: 1,08 VI 19,27 : 24,44 —= 1: 1,27 |. 546 :680 = 1: 1,24 VII 20,16 : 26,71 =1 ; 1,32 | 616 :687 = 1: 111 Mittel aus allen N BE 5 en E_ A Bu se. Lichte 18,69 : 23,14 = 1: 124 | 516: 62 = 1: 1,17 Für einen mittleren Wärmeunterschied von 4,5 Grad ergiebt sich also ein Unterschied in der Menge der ausgeschiedenen Kohlensäure _ von 0,17. Bei Rana temporaria schen wir bei einer um 31° höher liegenden Wärme die Menge der ausgeschiedenen Kohlensäure um das Fünffache zunehmen. Es geht hieraus hervor, dass die äusser- sten Wärmegrade nach unten und nach oben einen viel tiefer ein- greifenden Einfluss auf die Entwickelung der Kohlensäure ausüben, als man nach der Grösse des Unterschieds in den Kohlensäurewerthen für einen kleineren Zwischenraum bei mittleren Wärmegraden er- warten sollte. Als sicheres Ergebniss unserer 154 Versuche am Grasfrosch und am Wasserfrosch stellt sich heraus, dass — bei gleicher Stärke der Beleuchtung — vom Eispunkt bis zu einer mittleren Wärme von nahezu 30° die Kohlensäureausscheidung, auf gleiche Zeiteinheiten und gleiches Körpergewicht bezogen, beträchtlich zunimmt. Es fragt sich nun, ob dieses Ergebniss mit den Erfahrungen an- derer Forscher übereinstimmt. Dass ein Vergleich unserer 164 Ver- suche mit den 5 Versuchen Marchand’s unstatthaft wäre, ist be- 334 reits im Eingang dieses Aufsatzes hervorgehoben worden. Ebenso wenig, dürfen wir von den vier Versuchen Regnault's und Reiset's, für welche der Wärmegrad angegeben ist, eine Unterstützung unse- res Befunds entnehmen. Auch für andere Amphibien sind mir keine Untersuchungen bekannt, welche über unseren Gegenstand Aufschluss geben könnten. Zwar haben Regnault und Reiset drei Ver- suche an Eidechsen angestellt, in welchen grossen Wärmeunterschie- den grosse Unterschiede in den Kohlensäurewerthen in unserem Sinne entsprechen. Sie fanden für 100 Gramm Körpergewicht in 24 Stunden: im ersten Versuch bei 703 60 Milligramm Kohlensäure, im zweiten „ 0148 153 a a im dritten „ n.2284 475 e a). Allein abgesehen davon, dass der Einfluss des Lichts nieht be- seitigt war, schliefen die erstarrten Thiere während des ersten Ver- suchs, während des zweiten waren sie halb und während des dritten vollständig erwacht. Es fehlt also die so wesentliche Gleichheit der übrigen Bedingungen, sonst würden, bei der Grösse der Unterschiede, selbst diese drei Versuche zu Gunsten der durch die Wärme erzeug- ten Vermehrung der ausgeschiedenen Kohlensäure angeführt werden können. Die Versuche von Schelske und mir an verschiedenen Batrachiern, die im ersten Bande dieser Zeitschrift mitgetheilt sind, lassen sich hier nicht verwerthen, theils weil die Thiere dem Licht ausgesetzt waren, theils weil im Verhältniss zur Zahl der Versuche die Wärmegrade, bei welchen sie angestellt wurden, nicht weit genug aus einander lagen. Wir können daher unseren Befund bei den Fröschen nur mit den Ergebnissen, die an anderen Thieren gewonnen sind, vergleichen. Spallanzani fand, dass die Waldschnecken (Helix nemoralis) Sauerstoffgas in abgeschlossenem Raum desto schneller verzehrten und dem entsprechend desto schneller darin zu Grunde gingen, je höher der Wärmegrad war, bei dem das Athmen vor sich ging. *) Regnault und Reiset, a. a. O. 8. 481, 482, 335 Diese Beobachtungen wurden an Helix vivipara bestätigt *). Ein möglicher Einfluss des Lichts ist freilich bei diesen Versuchen ebenso wenig berücksichtigt, wie in denjenigen, welche später Treviranus angestellt hat. Treviranus fand, dass Gartenschnecken (Helix hortensis), wenn die Kohlensäure, welche sie bei 149,4 bis 18%,7 aus- scheiden, als Einheit gesetzt wird, bei 160,9 bis 20 Grad 1,5 Kohlensäure liefern. Honigbienen schieden nach demselben Forscher bei 270,5 fast dreimal so viel Kohlensäure aus als bei 14%4; im ersteren Falle waren jedoch die Thiere dem Sonnenlicht ausgesetzt und bewegten sich heftig. Steinhummeln (Bombus lapidarius) hauchten bei 180,7 sogar 5,5 Mal so viel Kohlensäure aus als bei 15%6, Erdhummeln (Bombus terrestris) bei 170,5 bis 2807 acht Mal so viel als bei 119,2 ‚bis 15°. Für die Hummeln fand demnach Treviranus bei Wärme- unterschieden von 3 bis 14% einen viel grösseren Unterschied in den > Mengen der ausgeschiedenen Kohlensäure als wir bei Fröschen im , Bereich der Wärmegrenzen gefunden haben, die überhaupt möglich sind. Kleiner war der Unterschied für Libellen. Bei 18°%,1 bis 209,6 und bei 20°,6 bis 210,2 verhielten sich die Koblensäuremengen für Li- bellula depressa wie 33 : 57 —= 1: 1,12**), Endlich hat Saissy bei ' winterschlafenden Säugethieren gleichfalls mit der Zunahme des Wärme- _ grads eine Vermehrung des verzehrten Sauerstoffs gefunden. „Saissy zeigte, dass die Oxygenabsorption bei 7°C. Luftwärme im Vergleiche zu höheren Temperaturen bei Winterschläfern sich folgendermassen verhält: Fledermaus 1 : 5,7 ? Igel aa Murmelthier und Haselmaus 1 : 1,5” ***), *) Spallanzani in dem neuen allgemeinen Journal der Chemie von Gehlen, Bd. III, $. 378, 390. h #*) G. R. Treviranus in der Zeitschrift für Physiologie von Tiedemann, 2 a G. R. Treviranus und L. C. Treviranus, Bd. IV, 8.28. Die Wärme- ». grade sind hier wie in dem ganzen Aufsatz auf die hundert- SM gradige Eintheilung zu beziehen. = ##%) Ich habe die Zahlen, welche sich auf die winterschlafenden Säugethiere be- en: ziehen, aus Vierordt's Artikel Respiration in RB. Wagner's Handwörter- a 336 Auf die Frösche wirken demnach, was die Ausscheidung der Kohlensäure betrifft, verschiedene Wärmegrade in demselben Sinne, wie bei Schnecken, Insekten und winterschlafenden Säugethieren. Ganz anders verhalten sich die warmblütigen Thiere mit Aus- nahme der Winterschläfer. Letellier, dessen Arbeit den Vorzug hat, dass sie bis zu den äussersten Wärmegrenzen vordrang, fand folgende Zahlen für die Kohlensäure, welche in einer Stunde von Vögeln und Säugethieren bei verschiedenen Wärmegraden geliefert wurden; in der Nähe des Eispunkts. bei 15 bis 200. bei 30 bis 400, Gramm. Gramm. Gramm. Für einen Zeiig . . . 0,325 0,250 0,129 „ eine Turteltaube . . 0,974 0,684 0,366 „zwei, Mäusei. 5 22.0581 0,498 0,268 „ ein Meerschweinchen 3,006 2,080 1,453. Die Säugethiere lieferten also in der Nähe des Eispunkts dop- pelt so viel Kohlensäure als zwischen 30 und 40°, die Vögel sogar beinahe dreimal so viel*). Wenn der Wärmegrad über 40 stieg, gingen die Thiere rasch zu Grunde. Regnault und Reiset fan- den einmal bei einem Huhn, dass es bei 16° in der Stunde 2,28 Gramm Sauerstoff verzehrte, dagegen 2,65 Gramm, als der Behälter, in dem das Thier sich befand, von schmelzendem Eis umgeben war **). Ein anderes Mal fanden sie bei einem Hund das Gegentheil; bei 15% ver- zehrte das Thier in der Stunde 9,16 Gramm Sauerstoff, und als schmelzendes Eis den Behälter umgab, nur 8,06 Gramm. Regnault und Reiset meinen, dieser Unterschied sei dadurch zu erklären, dass sich der Hund während des Versuchs bei höherer Wärme viel mehr buch der Physiologie, Bd. II, $. 877 entnommen, weil mir Saissy's Ab- handlung nicht zur Hand ist. *) Letellier, in den Comptes Rendus de l’Academie des sciences, T.XX, p. 798. **) Regnault und Reiset, Annales de chimie et de physique, 3. serie, T. XXVI, p. 395. , 337 bewegt habe, als im anderen Fall *). Daraus möchte wohl nur so viel zu entnehmen sein, dass einige wenige Versuche über derartige Fragen keinen Aufschluss ertheilen. Lehmann hat bei Vögeln einige Versuche zwischen 0° und 37 Grad angestellt, deren Ergebniss mit dem von Letellier übereinstimmt. 100 Gramm Körpergewicht lieferten in 24 Stunden für Feldtauben Zeisige bei 0% 25,051 Grm. Kohlensäure | bei 0° 17,424 Grm. Kohlensäure, „ 24 14532 „ a „170,5 13,630 , » BmamE 11,256 ı, 5 53 DRM 230, 5 Es wurde also bei 0° reichlich doppelt so viel Kohlensäure aus- geschieden als bei 37%. Diese Versuche waren aber in trockener Luft angestellt. In feuchter Luft wurde bei höherer Wärme mehr Kohlensäure geliefert als bei niederer, und zwar von 100 Gramm Körpergewicht in 24 Stunden für die Feldtauben für die Zeisige bei 23% 16,246 Grm Kohlensäure | bei 179,5 12,842 Grm. Kohlensäure „ 370 1864 , s „3751642, „m. In feuchtwarmer Luft fand Lehmann die Athemzüge im Ein- klang mit den höheren Kohlensäurewerthen viel häufiger als in trockener Luft. Lassen wir die wenigen Versuche, welche Lehmann in feuch- ter Luft anstellte, unberücksichtigt, dann finden wir nach den über- einstimmenden Ergebnissen von Letellier und Lehmann, dass höhere Wärmegrade die Kohlensäure-Ausscheidung bei Vögeln und Säugethieren, mit Ausnabme der Winterschläfer, bedeutend herab- *) Regnault und Reiset, ebendaselbst, p. 397. „On ne peut cependant rien en conclure”, sagen sie, »parce quo l’activitd de la respiration varie beau- coup pour le möme individu, surtout avec le mouvement qu’il se donne, et nous avous remarqud que l’animal s’est beaucoup plus agite dans la premiere experience que dans les suivantes.” #*) Vgl. Lehmann, Lehrbuch der physiologischen Chemie, 2. Auflage 1853, 8, 808, 304, 338 setzen, eine Thatsache, welche durch die gediegenen und umfassen- den Untersuchungen Vierordt’s für den Menschen über jeden Zwei- fel hinausgehoben ist. Vierordt fand, auf viele Hunderte von Be- obachtungen gestützt, dass erin höherer Wärme seltener athmete, dass die Menge der ausgeathmeten Luft und die der darin enthaltenen Kohlensäure geringer war, als bei niederen Wärmegraden, so zwar, dass sich die ausgeschiedenen Kohlensäuremengen bei Wärmemitteln von 80,47 und 190,40 zu einander verhielten wie 1,16 : 1*). So wie die Sachen also jetzt liegen, findet hinsichtlich des Ein- flusses der Wärme auf die Kohlensäure-Ausscheidung zwischen den wirbellosen Thieren, den kaltblütigen Wirbelthieren und den Winter- schläfern einerseits und den warmblütigen Wirbelthieren mit Inbe- griff des Menschen andererseits ein wesentlicher Unterschied statt. Bei jenen nimmt die Menge der ausgeschiedenen Kohlensäure mit dem Wärmegrad zu, während sie umgekehrt bei den letzteren sinkt, wenn die Wärme steigt. Es ist indess klar, dass hier nicht etwa dieselbe Sache durch den gleichen Einfluss in verschiedener Weise geändert wird. Der Mensch und die warmblütigen Thiere zeichnen sich vor allen kaltblütigen wesentlich dadurch aus, dass der Wärmegrad ihres Körpers, wenn man von sehr unbedeutenden Schwankungen absieht, beständig ist, während der Wärmegrad der kaltblütigen Thiere in hohem Grade abhängig ist von der Wärme der Umgebung. Bei den letzteren wird also, wenn der Wärmegrad der Umgebung zunimmt, der Körper bis in seine tieferen Theile allmälig erwärmt werden, und es ist von vornherein denkbar, dass in dem erwärmten Körper der Stoffwechsel rascher vollzogen wird, als es bei niederen Wärmegraden der Fall gewesen wäre. Die vermehrte Kohlensäure-Ausscheidung ist eine un- mittelbare Folge dieses beschleunigten Stoffwechsels. Bei den warm- blütigen Thieren, d.h. bei denjenigen, die einen beständigen Wärme- grad zeigen, werden bei höheren Wärmegraden zunächst die Athem- bewegungen geschwächt, die Athemzüge werden seltener, die Menge *) Vierordt, Physiologie des Athmens, 8. 79. 339 der ausgeathmeten Luft wird geringer. Es treten also geringere Mengen atmospbärischer Luft mit der kohlensäure-reicheren Luft der Lungen in Wechselwirkung, die Gasdiffusion in den Lungen wird beschränkt, es wird bei höheren Wärmegraden weniger Kohlensäure ausgeathmet. Umgekehrt ist in der Kälte das Athmen beschleunigt, die Menge der in der Zeiteinheit ausgeathmeten Luft wird grösser, und es wird mehr Kohlensäure ausgehaucht. Diese Steigerung der Athmungsvorgänge würde aber bald ihr Endziel erreichen, wenn nicht bei andauernder Kälte das vermehrte Nahrungsbedürfniss dem eingeathmeten Sauerstoff vermehrten Brennstoff zuführte. Der Einfluss des Spiels der Athembewegungen fällt weg für den- jenigen Theil des Gaswechsels, der nicht in den Lungen, sondern an der Oberfläche der Haut zu Stande kommt. Vielseitige Erfahrungen sprechen aber dafür, dass bei den Amphibien ein unverhältnissmässig grosser Theil der ausgeschiedenen Kohlensäure nicht von den Lungen, sondern von der Haut geliefert wird. Nach De la Cep£&de soll eine Schildkröte mit zerfetzter Lunge und unterbundener Lungenarterie noch vier Tage gelebt haben*). In Johannes Müller’s Versuchen lebten Frösche nit unterbundenen und ausgeschnittenen Lungen etwa dreissig Stunden, „wahrscheinlich durch Athmen mit der Haut” **). Aehnliche Erfahrungen haben Donders und Bauduin gemacht ***). In den Versuchen von Regnault und Reiset endlich athmeten Frösche, denen Bernard die Lungen ausgeschnitten hatte, immer noch reichlich die Hälfte von der Kohlensäuremenge aus, die von unversehrten Tliieren geliefert ward +). Wenn aber alle diese Be- obachtungen dafür sprechen, dass bei den Amphibien, zumal bei den Fröschen, die Ilaut als Athemwerkzeug noch wichtiger ist als die *) Georg Forster's sämmtliche Schriften, Bd. V, 8. 337. #*) Johannes Müllers Handbuch der Physiologie des Menschen, vierte Auf- lage, Bd. I, S. 228, ###) Donders en Bauduin, Handleiding tot de natuurkunde van den gezonden mensch, 1851, Deel I, p. 239, 7) Regnault und Reiset, a. a, O. p. 474—478, 480, 340 Lungen, dann fällt vollends aller Unterschied für den Einfluss der Wärme auf die Ausscheidung der Kohlensäure hinweg. Denn Ger- lach hat durch Versuche an Pferden ermittelt, dass durch die Haut auch bei Säugethieren mehr Kohlensäure ausgehaucht wird, wenn die Hautwärme eine höhere ist*). Hiernach wird es in hohem Grade wahrscheinlich, dass die Wärme auf die Menge der ausgeschiedenen Kohlensäure bei warmblütigen Thieren und bei Fröschen deshalb verschieden wirkt, weil erstens bei jenen das Lungenathmen minde- stens fünfzigmal **) soviel Kohlensäure liefert, wie das Athmen der Haut, während bei den Fröschen umgekehrt die Thätigkeit der Haut in dieser Richtung bedeutender ist als die Thätigkeit der Lungen, und zweitens weil bei dem beständigen Wärmegrad der warmblütigen Thiere verschiedene Wärmegrade der Umgebung zunächst nur das Spiel der Athembewegungen ändern, während sie durch Erhöhung oder Erniedrigung der Körperwärme bei den kaltblütigen 'Thieren einen tiefgreifenden Einfluss auf die wesentlichsten Vorgänge des Stoffwechsels ausüben müssen. Nachdem nun durch die obigen Mittheilungen als feststehend be- trachtet werden darf, dass Frösche für gleiches Körpergewicht in gleicher Zeit um so mehr Kohlensäure liefern, je höher der Wärme- grad ist, dem man sie aussetzt, musste mir’s wünsel enswerth erschei- nen, noch einmal meine früher gewonnenen Erfahrungen über den Einfluss des Lichts auf die Kohlensäureausscheidung zu prüfen, indem ich nur diejenigen bei verschiedener Lichtstärke gewonnenen Kohlen- säurewerthe mit einander verglich, die sich auf gleiche oder fast ganz gleiche Wärmegrade beziehen. Die vorliegenden Versuche und die daraus gezogenen Schlüsse haben diese Probe auf sehr befriedi- gende Weise bestanden, was allerdings kaum anders zu erwarten war, da der höchste Unterschied für die Mittelwerthe der Wärme- *) Gerlach von Berlin, in Müller's Archiv, 1851, 8. 452, 463, #*) Regnault und Reiset, a. a. O. 8. 508, 341 grade in den bei verschiedener Beleuchtung. angestellten Versuchen noch nicht 3° betrug, während bei mehren Versuchsreihen der Unter- schied der Wärmemittel weniger als 1° ausmachte, einmal sogar gleich 0 war *). In den folgenden Tabellen sind die Zahlen, welche bei gleichen Wärmegraden gewonnen wurden, nach der Stärke der Beleuchtung in je zwei Hälften getheilt. Die Mittelwerthe der Wärmegrade lie- gen nirgends um (0,4 aus einander. Der Unterschied, den hier die Kohlensäurewerthe zeigen, ist also nur dem Einfluss des Liehts zu- zuschreiben, und da 57 Versuche auf diese Weise verwerthet werden konnten, so liegt hierin jedenfalls eine beachtenswerthe Bestätigung des früher gefundenen Ergebnisses. Tabelle XM. Versuche an Rana esculenta beim Wärmegrad 17 bis 18. Niedere Lichtgrade. Höhere Lichtgrade. Lichtgrad. | Wärmegrad. | Kohlensäure.|| Lichtgrad. | Wärmegrad. | Kohlensäure. I 17,50 285 IV 18,00 293 I 18,00 395 VI 17,00 370 I 18,00 303 VI 17,50 425 III 17,50 343 VII 17,00 454 II 17,75 591 vu 17,50 693 III 18,00 371 [Mittel I | 17,79 | 381 | rag la AUT *) Vgl. Tabelle IX meiner oben angeführten Abhandlung in der Wiener medi- einischen Wochenschrift, 342 Tabelle XXH. Versuche an Rana esculenta beim Wärmegrad 18,50 bis 19,50. — Niedere Lichtgrade. Höhere Lichtgrade. Lichtgrad. | Wärmegrad. Kohlensäure.|| Lichtgrad. | Wärmegrad. Kohlensäure. ! I 19,25 0) III 18,50 662 II 19,25 519 III 19,00 628 II 19,25 643 1008 19,25 484 100 19,25 471 III 19,50 530 I 19,50 473 III 19,50 612 IV, 18,75 507 IX 18,75 680 Mittel II 19,30 533 IV 19,02 586 Tabelle XXI. Versuche an Rana esculenta beim Wärmegrad 20 bis 21. | | 20,00 540 var 20,00 557 20,25 382 a 520 20,50 368 v 20,50 682 I 20,50 563 vi | 20,00 310 I 21,00 440 vI | 2025 725 II 20,50 509 VII | 20,00- 384 Mittel II | 20,46 467 N, \es20h 530 a Tabelle XXIV. Versuche an Rana esculenta beim Wärmegrad 23 bis 25. 343 Niedere Lichtgrade. Lichtgrad. | Wärmegrad. |Kohlensäure.|| Lichtgrad. | Wärmegrad, Kohlensäure. | 23,90 753 ya 23,50 591 24,50 702 VI 24,50 769 24,50 653 VI 24,75 835 24,50 644 vI 23,25 713 24,50 635 VI 23,00 654 23,25 637 VI 23,00 665 23,75 455 INT 23,00 703 24,00 559 VII 23,25 411 24,50 641 vi 25,00 956 25,00 559 vıI 25,00 1023 23,00 834 XVII 24,00 896 24,09 643 VII 23,84 747 Höhere Lichtgrade, Tabelle XXV. E Vebersicht der Verhältnisse zwischen den Mittelwerthen der Kohlen- säure bei gleichem Wärmegrad und verschiedener Lichtstärke. Wärmegrad. säurewerthe. | Verhältnisse der Licht- |Verhältnisse derKohlen- 17,59 19,16 20,30 23,96 “ { Mittelwerthe aus allen ; Versuchen bei gleichen E' s ärmegraden . . . 20,96 Moleschott, Untersuchungen. II. IPaYIT—T: 11 Fa 1 a ir a 2,6: 5,96 =1 3 1881 :447 2 1533 :586 2 1,17 1,09 344 Wenn also die hier zu Grunde gelegten Lichtgrade sich zu ein- ander verhalten wie 1:2,3, dann findet für die auf gleiche Einheiten der Zeit und des Gewichts bezogenen Kohlensäuremengen ein Unter- schied von beinahe einem Sechstel statt. Es folgt demnach aus diesen Untersuchungen, dass die Frösche bei höheren Wärmegraden, unabhängig vom Licht, und bei stärkerer Beleuchtung, unabhängig von der Wärme, eine grössere Menge von Kohlensäure ausscheiden, als bei niederen Wärmegraden oder schwacher Beleuchtung der Fall ist. Eine genaue Vergleichung des Lichts und der Wärme hinsichtlich der Stärke der Einwirkung, lässt sich nicht anstellen, weil bei gleicher Wärme die Unterschiede der Beleuchtung nicht so gross waren, wie die Unterschiede des Wärmegrads, bei denen wir den Einfluss des Lichts ganz beseitigen konnten. Zürich, 23. April 1857. XV. Ueber die Rolle des pankreatischen Saftes und der Galle bei Aufnahme der Fette. Von Moritz Schiff. Bernard betrachtet bekanntlich den pankreatischen Saft als den ausschliesslichen und alleinigen Vermittler der Fettaufnahme aus dem Darmkanal, und stützt diese Ansicht sowohl auf verschiedene Ver- suchsreihen als auf pathologische Beobachtungen. Der Werth und die Beweiskraft der hierher gehörigen Versuche ist seit ihrer Ver- öffentlichung von vielen Forschern, und darunter fast alle deutschen Physiologen, bestritten und angegriffen worden, und wenn auch die Versuche, auf welche Bernard’s Gegner sich stützen, von sehr un- gleichem Werthe sind, so sind viele derselben, und besonders die an Kaninchen angestellten, von so bestimmten Erfolgen begleitet gewe- sen, dass sie die Lehre Bernard’s mächtig erschüttert haben und ihr Urheber selbst genöthigt gewesen ist, in neuerer Zeit einen Theil seiner Beweisgründe, die sich auf die genannte Thierspecies insbe- sondere beziehen, ganz fallen zu lassen, und manche andere seiner Behauptungen durch eigenthümliche Spitzfindigkeiten zu vertheidigen. Es ist hier meine Absicht nicht, eine Kritik dieser Versuche zu geben, deren Zahl, bei dem Interesse, welches man jetzt der Sache zuwendet, fast noch täglich durch neue vermehrt wird. Ich be- merke nur, dass ich die Versuche von Herbst an Kaninchen wie- derholt und vollständig bestätigt gefunden habe, dass bei diesen Thieren nach Unterbindung des pankreatischen Ganges noch reich- lich Fett in die Lymphgefässe aufgenommen wird. Diese Versuche scheinen mir beweisender, als die an vielen anderen Säugethieren, 23 * 346 weil hier gewiss kein supplementärer Ausführungsgang des Pankreas besteht, welcher dem Beobachter etwa entgehen könnte *). Je unsicherer die experimentelle Basis für die Bernard’sche Lehre wird, mit um so grösserem Nachdruck stützen sich die Ver- theidiger derselben auf die zu ihren Gunsten sprechenden pathologi- schen Beobachtungen, und es ist auffallend, dass bei dem übergros- sen, fast an’s Persönliche grenzenden Eifer, ‚mit dem man die neue Lehre verfolgte, Bernard’s Anhänger unangefochten stets dieselben Krankengeschichten in den verschiedensten Schriften wiederholen, so dass es in der That den Anschein hat, als seien in der medicinischen Literatur keine Beobachtungen von Krankheiten und völliger Desor- ganisation des Pankreas zu finden, in denen die von Bernard als „nothwendige Folgen“ angesehenen Erscheinungen, wie Fettentlee- rung mit den Excrementen, grosse Abmagerung und Schwinden alles Fettes bei längerer Dauer der Krankheit nicht eingetreten wären. Allerdings wäre es nicht auffallend und noch weniger als Beweis für eine bestimmte digestive Function anzusehen, wenn überhaupt Krankheiten in der Bauchhöhle, die fast nie ein Organ ganz isolirt angreifen, in allen Fällen die tiefsten Störungen in der Ernährung, nach sich gezogen hätten. Die Pathologie kann also auch hier kei- nen physiologischen Satz positiv begründen, hier aber, wie überall, darf und muss die Pathologie. von ihrem Veto Gebrauch machen, wenn sie bestimmte Thatsachen besitzt, die mit einem physiologischen Theorem in directem Widerspruch stehen; und ich will zeigen, dass es allerdings einige pathologische Beobachtungen giebt, die mit den Behauptungen von Bernard schwer zu vereinigen sind. Die Fra- gen, um die es sich handelt, sind: 1) Ist es wahr, dass bei Krank- heiten des Pankreas, welche so lange andauern, dass bei Mangel aller Fettzufuhr alles Fett aus dem Körper verschwinden muss, nie grössere Fettansammlungen im Körper beobachtet worden sind? *) Es ist mir gelungen Raben und Tauben einige Zeit nach Herausnahme des ganzen Pankreas lebend zu erhalten. Die Verdauung schien nicht wesentlich gestört und nach dem Tode fand ich mit Fettkügelchen erfüllte Epithelialzellen. Ich werde das Ausführliche später mittheilen. 347 2) Sind die Fettentleerungen mit den Exerementen vorzüglich bei Lei- den des Pankreas und bei diesen besonders häufig gesehen worden ? Claessen, dessen fleissige Monographie (Die Krankheiten der Bauchspeicheldrüse, Köln 1842) als ein Repertorium für die Patho- logie des Pankreas betrachtet werden kann, bestätigt Pemberton’s Bemerkung, dass die meisten der am Pankreas Erkrankten auf- fallend abmagern. Manche Patienten seien bis zum Skelett ge- schwunden gewesen; bei andern, sagt er, wird jedoch Magerkeit nicht erwähnt und manche Beobachtungen zeigen bei ganz geschwundenem Pankreas auffallende Fettleibigkeit. So der Fall von Casper, von Greiselius, von Abererombie.. Ich werde diese Fälle sogleich mit einigen andern in chronologischer Ordnung aufführen. Greiselius (Miscell. natur. curios. Decas I. Ann. III. Observ. 45 — mir nur nach Claessen bekannt) erzählt: ein sehr beleibter Mann von 42 Jahren, der häufig an Kolikanfallen gelitten, starb nach einem heftigen derartigen Anfall von 18stündiger Dauer. Die Sec- tion zeigte enorme Fettmassen im Unterleib und im ganzen Körper, so dass nur 3 bis 10 Pfund Muskeln vorhanden waren. Das Pankreas ' war völlig brandig (sphacelatum), es hatte alle umgebenden Theile angesteckt und das Zwerchfell durchbohrt. Die linke Lunge war wie von Phthisis zerstört. De Haen (ÖOpuse. I. pag. 217) sah einen Mann von 53 Jahren, der wegen seiner Gefrässigkeit auffiel und seit mehren Jahren hie und da über Schmerzen in der Magengegend klagte, die seit zwei Jahren sich häufiger einstellten, bis er in einem Anfalle krampthaften Hustens starb. Die Section zeigte unter der Haut eine fingerdicke Fettschwarte. Die Milz war um das Dreifache vergrössert. Leber etwas härter als gewöhnlich. Das Pankreas in seinem ganzen Um- fange zu mehren grösseren und kleineren Skirrhen entartet, die, wie eben so viele conglobirte Drüsen, durch eine nur membranöse Zwi- ‚schensubstanz unter sich zusammenhingen. Abererombie (Edinb. Journal 1824, April, p. 250) fand bei einer Frau, die ein Jahr lang an häufigem Erbrechen und Unbeha- gen in der Magengegend litt, keine Abmagerung. Die Bauchdecken 348 enthielten sogar eine zwei Zoll dicke Fettlage. Das Pankreas skirrhös verhärtet ohne starke Vergrösserung. Becourt (Recherches sur le pancreas, ses fonctions et ses alte-. rations organiques, Strassbourg 1830, p. 60) bemerkte an einem Manne, der seit mehren Monaten über Appetitlosigkeit und Schmer- zen in der Magengegend klagte, eine 8 Zoll lange und 3 Zoll breite Geschwulst, die nach aussen vortretend, sich von dem linken Hypo- chondrium zur Lebergegend erstreckte, und die sich bei der Sektion als eine Fettansammlung im Peritoneum auswies. Sie war mit dem linken Leberlappen verwachsen, der gänzlich in eine hornartige Masse umgewandelt war. Das Pankreas wog 7!/a Unzen und war nur am Kopfe gesund, in der Mitte skirrhös und am linken Ende in Fett umgewandelt. Dawidoff (De morbis pancreatis observ. quaedam, Dorpat 1833, p- 9). Ein robuster Mann litt ohne vorhergegangene Kränkheit im December 1829 an sogenannten rheumatischen Schmerzen in ver- schiedenen Theilen, die sich im April 1830 in der Magengegend fixirten. Im September wurden die Schmerzen stärker und er starb am 8. October. Auf den Bauchmuskeln lag eine bedeutende Fettscehichte, zwischen Colon und Milz alte Adhäsionen. Duode- num etwas geröthet. Das ganze Pankreas war in einer knolligen skirrhösen Entartung untergegangen und war mit Bauchfell und Ma- gen verwachsen. Es war sehr hart, war bis zu einer mehr kugligen Gestalt und zur Dieke von 4 Zoll im Durchmesser angeschwollen. Die Schnittfläche zeigte unter der Lupe eine homogene harte weisse speckige Fläche, aus der eitrige Flüssigkeit quoll. Bright (im 18. Bd. der medico-chirurg. Transact.) sah bei einer der Kranken, die mit dem Stuhle die sogleich zu besprechen- den fettartigen Massen entleerte, nur eine mässige Abmagerung und in den Bauchdecken noch beträchtliche Fettmassen. Der Kopf des Pankreas von der Grösse eines Hühnereies, fast knorpel- hart; auch der übrige Theil des Pankreas war, aber in geringerem Grade, verhärtet, gekochtem Kuheuter ähnlich. Die Gallenentleerung war hier sehr erschwert (Bright selbst betrachtet sie als völlig ver- 349 hindert), die Kranke litt seit 17 Jahren an häufigem Aufstossen und Erbrechen. Casper (Wochenschrift 1836, p. 439) erzählt, dass ein vorher ganz gesunder Mann am 11. Juli erkrankte und am 13. starb. Er war nicht sehr wohlbeleibt, jedoch fand Froriep an Netz und Me- senterium unerwartet viel Fett. Alle Organe waren normal, das Pankreas aber sehr vergrössert, so dass es an seinem Kopf eine gute halbe Mannsfaust breit war. Es war sehr mit Blut infiltrirt, ganz verhärtet und sein Gewebe war ganz 'unkenntlich geworden. Durch die Anschwellung hatte die Drüse statt einer länglichen eine kugelrunde Gestalt bekommen. Rokitansky endlich sagt im dritten Bande seiner pathologischen Anatomie, p.396, dass die iibermässige Fettbildung im Pankreas, die endlich in eine Umwandlung desselben in einen Fettlappen ende, vorzüglich bei grossen Fettanhäufungen im Unterleibe und seltener ohne diese vorkomme. Bei fettleibigen Personen erkranke die Drüse von aussen nach innen, indem ihre Acini endlich schwän- den und sich die ganze Drüse nach und nach in einen matschen Fett- streifen verwandle. Was nun die Ausleerung unverdauten Fettes mit den Exeremen- ten betrifft, welche nach der Lehre von Bernard für die Krank- heiten des Pankreas charakteristisch, und eine nothwendige Folge derselben sein soll, so ist zu bemerken, dass, zugegeben diese beobachtete Substanz sei wirkliches von den Nahrungsmitteln stam- mendes Fett, in so vielen Krankheiten und völligen Desorganisatio- nen des Pankreas, die Claessen aufführt, dieses Symptom durchaus nicht bemerkt wurde, obgleich die älteren Aerzte bekanntlich die Exerete einer sehr aufmerksamen Besichtigung unterwarfen und ihnen eine so auffallende Erscheinung sicher nicht entgehen konnte. Die Fälle, in welchen dieses Symptom mit einer Krankheit des Pankreas verbunden vorkam, zeigen sämmtlich die Erkrankung der genannten Drüse nicht isolirt, es sind immer noch andere organische ‚Veränderungen entweder im Gallenapparat oder im Darm vorhanden gewesen, so dass Elliotson, der nebst Bright und Lloyd der 350 erste war, der diese Fälle sammelte, sie von einem Leiden der Le- ber herzuleiten geneigt ist. Endlich sind in England zwei Fälle von Prout und Pearson durch Elliotson veröffentlicht worden, in denen bei Gegenwart solcher fettiger Ausleerungen von einer Krankheit des Pankreas durchaus nicht die Rede ist. Man sieht also, es giebt Pankreasleiden ohne jenes Symptom, und letzteres kann ohne Pankreasleiden vorkommen, so dass die Annahme einer nothwendigen Verbindung beider nicht gerechtfertigt ist. Aber selbst die Fälle, in denen das Pankreas wirklich und vor- stechend erkrankt war, entsprechen nicht alle den Forderungen Bernard’s. Die Krankheit betraf öfter, wie dies Bright ausdrück- lich sagt, nur den Kopf des Pankreas, und andere entferntere Theile der Drüse waren normal. So war es auch theilweise in einem in den Archives gener. de medeeine 1834 mitgetheilten Falle. Hier musste der duetus Wirsungianus noch eine Quantität Bauchspeichel in den Darm entleert haben und durfte nicht an der Erkrankung, des Kopfes theilgenommen haben. Denn die Erfahrung hat gelehrt, dass, wo der Ausführungsgang wirklich obliterirt ist, die ganze Drüse atrophirt, was in jenen Fällen nicht der Fall war. Bernard be- hauptet nun öfter bei der Kritik der Versuche seiner Gegner, dass, wo auch nur eine kleine Quantität Pankreassaft sich in den Darm ergiessen könne, alle die Erscheinungen fehlen müssen, welche der Mangel des Bauchspeichels nach seiner Ansicht bedingt. Verhält sich die Sache so wie Bernard sagt, so werden Erscheinungen, welche nach nur theilweiser Erkrankung der Drüse mit Wegsamkeit des ducetus Wirsungianus auftreten, nicht dem Mangel des Bauch- speichels zuzuschreiben sein. In neuester Zeit geht Bernard noch viel weiter als früher (in den lecons de Physiol. Tome II), und indem er dem Magen nur eine vorbereitende Thätigkeit zugesteht, betrachtet er die Vermischung, des Bauchspeichels mit der Galle als das Hauptagens der Verdauung, aller Nahrungsmittel (l. c. p. 446). Wäre dies richtig, so würden jene Krankheitsfälle schon deshalb nicht seiner theoretischen Forde- i ‚ E 351 rung entsprechen, weil nur das Fett unverdaut geblieben sein soll, nicht aber die anderen Nahrungsmittel. Bernard betrachtet jetzt die Thätigkeit des Magens als iden- tisch mit der einer längeren Kochung in heissem Wasser. Nur das leimgebende Gewebe würde gelöst, alles andere nur desagregirt, um später von dem so sehr mächtigen Verdauungssafte gelöst zu wer- den, der aus der Vermischung, von Bauchspeichel und Galle entstehe. Was die Ansicht betrifft, dass der Magen Albuminate nicht wirk- lich auflösen kann, so ist sie ähnlichen früheren Behauptungen Hoff- mann’s und Blondlot’s gegenüber längst widerlegt worden, ebenso ist die Meinung Bernard’s unhaltbar, dass die sämmtlichen soge- nannten Peptone nur mit in Wasser gekochtem Leim identisch seien. Um die angebliche universelle Verdauungskraft von Bauchspei- chel und Galle zu prüfen, habe ich in der kurzen Zeit, - seitdem ich die Schrift Bernard’s erhalten, nur wenige Versuche anstellen kön- nen. Wenn anders die von mir angewendete Pankreasflüssigkeit nor- mal war (und ich habe durchaus keinen Grund, das Gegentheil zu vermuthen), so konnte sie mit Galle vermischt und angesäuert oder in ihrer ursprünglichen Reaktion gelassen Käse sehr bald desagre- "giren, während Wasser, mit dem ich eine gleiche Menge Käse in der Brutwärme behandelte, ohne Wirkung blieb. Während ich aber beim Käse nur ein Zerfallen, keine Auflösung, sah, wurden Eiweiss und gekochtes Fleisch von demselben Safte ganz unverändert ge- lassen. Bidder und Schmidt haben überzeugend nachgewiesen, dass die Galle einen mächtigen befördernden Einfluss auf die Aufsaugung der Fette hat. Es wird zwar nach Ausschluss der Galle noch Fett aufgenommen, aber bei weitem weniger als im normalen Zustand. Die Thiere, deren Galle vom Darm abgeschlossen ist, magern ab, trotzdem sich ihre Gefrässigkeit und ihr Nahrungsbedürfniss bestän- dig steigert. Das Fettquantum, welches aus der Nahrung aufgenom- men wird, beträgt bei Hunden mit Gallenfisteln 2/a—-5 und selbst 7 Mal weniger, als im normalen Zustand, und endlich lehren ver- gleichende Analysen des Inhaltes des Milchbrustganges, dass der Fett- 352 gehalt desselben bei einem gesunden Hunde bei hinreichender ge- wöhnlicher, durchaus nicht besonders saftreicher Nahrung, 32 pro mille betrug, während er bei einem reichlich mit Fleisch genährten Hunde mit Gallenfistel auf 2 pro mille herabsank. Auf welche Weise aber die Galle die Aufsaugung der Fette in so hohem Grade begünstige, wussten Bidder und Schmidt nicht zu erklären. Alle früheren Annahmen einer etwaigen Veränderung des Fettes durch die Galle sind unhaltbar, das Fett wird, wie die Beobachtung lehrt, zum gröss- ten Theile unverändert emulsionirt aufgenommen und zur Herstel- lung einer Emulsion giebt es ausser der Galle wirksame Flüssig- keiten genug. Auch die Hypothese zur Erklärung der Wirksamkeit der Galle, welche später von Wistingshausen vorgeschlagen wurde, ist sehr gezwungen und es ist sehr fraglich, ob sie auf Emul- sionen, wie sie im Darm vorkommen, überhaupt angewendet wer- den darf, Meiner Ansicht nach ist es gar nicht erwiesen, dass die Galle den Eintritt des Fettes in die Darmzotten befördere, aber ihre Rolle beginnt erst dann, wenn das Fett bereits in die Lymphgefässe der Zotten eingetreten ist. Schon im Jahre 1848 habe ich erwiesen, dass Galle, wenn sie auf Muskelfasern einwirkt, diese sehr bald in kräftige Contraction versetzt, und besonders gilt dies’ von den sogenannten organischen Muskeln. Auf der andern Seite ist es beobachtete Thatsache, dass sich bei der Resorption des Fettes die Epithelien und das Innere der Darmzotten bald so sehr mit Fettkügelchen anfüllen, dass ohne eine vis a tergo, welche die Kügelchen weiter in die Lymphgefässe treibt, die Aufnahme neuer Fettkügelchen bald unmöglich würde, diese vis a tergo wird möglich gemacht durch die Contractilität der Darm- zotten, aber sie wird angeregt durch die reizende Wirkung der Galle. Man hat schon früher hie und da behauptet und irrthümlicher ‘Weise sogar mir die Meinung untergeschoben, die erregende Wir- kung der Galle könne sich durch Transsudation bis auf die Muskel- haut des Darmes erstrecken und diesen zur peristaltischen Bewegung anregen. Hiermit stehen meine Beobachtungen in Widerspruch. 353 Mehrfach habe ich beı betäubten Hunden und Katzen, in denen der obere Theil des Darmes sich ruhig verhielt, die Gallenblase durch Druck mit der Hand entleert und selbst nach mehren Minuten ent- standen keine Bowegungen des Darmstückes, das durch die durch- scheinende Galle schwach gelblich gefärbt wurde. Bringt man aber Galle mit einem entblössten Theil des Darmmuskels in Berührung, so zieht er sich sehr bald an der berührten Stelle zusammen. Man muss den Versuch natürlich so anstellen, dass keine mechanische Rei- zung wirksam ist. Die Galle wirkt also nicht durch die Darmschleimhaut hindurch und auch nicht refleetorisch durch Reizung der Schleimhaut selber, wie mir überhaupt in meinen Versuchen noch kein Beispiel einer solchen reflectorischen Erregung vorgekommen ist. Aber auf die in der Schleimhaut selbst und in den Zotten ent- haltenen Muskeln erstreckt sich die reizende Wirkung der Galle, wie aus mehren Versuchsreihen hervorgeht, von denen ich nur die allgemeinen Ergebnisse mittheile. 1) Streift man bei einem lebenden betäubten Thiere mit einem sehr scharfen Messer die Darmzotten ab, um sie sogleich unter’s Mikroskop zu bringen, so ziehen sie sich bekanntlich sehr bald zusammen. Diese Zusammenziehung lässt aber doch bei der Mehrzahl der im Gesichtsfelde begriffenen Zot- ten mehre Minuten auf sich warten. Hatte ich ein Objekt der Art mit frischer Galle und ein anderes mit Eiweiss be- feuchtet, so war die Mehrzahl der mit Galle befeuchteten im Mittel in fünf bis vier Mal kürzerer Zeit in Contraction, als die mit Eiweiss behandelten. Nur wenige zeigten die Contraction etwas verspätet und diese Spätlinge waren viel zahlreicher im Eiweisspräparat, als im Gallenpräparat. Zu genauerer Bestimmung schaltete ich hier öfter ein in Fel- der getheiltes Glas in’s Ocular ein. 2) Um dem Einwurf zu begegnen, die Galle habe hier vom Schnittende aus direet auf die Muskeln der Zotten gewirkt, brachte ich Falten der Schleimhaut unters Mikroskop und 354 3) liess die Galle nur von einer Seite wirken. Hier bediente ich mich eines dünnen Deckglases, was ich in der vorigen Versuchsreihe nieht that, um keinen unnöthigen Reiz auf die isolirten Zotten auszuüben. Wenn die Galle die Zot- ten erreichte, zogen sie sich zusammen, während diejenigen Zotten, welche auf der anderen Seite noch frei heraus- ragten, längere Zeit ausgedehnt blieben. Der Darm wurde geöffnet und auf eine Stelle, die frei von Schleim und Darminhalt war, und auf der die Lupe die Zotten gut zeigte, Galle aufgetröpfelt. Die Zotien zeigten sich bald verkürzt und die mit Galle berührte Stelle der sammtartigen Darmschleimhaut sah aus, wie wenn sie einen leichten Eindruck mit dem Finger erhalten hätte. Diesen Versuch habe ich nur wenige Male gemacht, da mir nur selten die Zotten auf der lebenden Schleimhaut ohne wei- tere Reinigung deutlich erschienen. 4) An den Stellen, wo die Schleimhaut im lebenden Thiere von 5) Galle gefärbt erschien, zeigte sie sich nicht glatt, sondern mehr runzelig und uneben als anderwärts, zum Beweise, dass die Galle auch die Muskeln der Schleimhaut selbst, die wir durch die Untersuchung von Brücke und Kölliker ken- nen, zur Oontraction antreibt. Ob die Galle mit Darminhalt gemischt, noch die Zotten zur Contraetion bringt, habe ich direct nicht erfahren können, da das Wegwischen des undurchsichtigen Breies eine störende Reizung erzeugt. Galle mit Darminhalt wirkt aber noch erregend auf die Skelettmuskeln und besonders das Herz des Frosches, und so darf man dasselbe in Betreff der Schleimhautmuskeln annehmen. Die Galle, die an den Darmzotten haftet, wird nach kurzer Zeit zersetzt und verliert dadurch wahrscheinlich ihre reizende Eigen- schaft, die Zotte kann sich wieder ausdehnen, um neues Fett aufzu- nehmen, bis die Bewegung des Darminhaltes ihr neue Galle zuführt, wodurch sie sich abermals contrahirt und entleert. S 355 Die Galle befördert also bedeutend die Fettaufnahme, indem sie die Bewegung des bereits eingedrungenen Fettes aus den Darmzotten in die Lymphgefässe beschleunigt, und so muss eine grössere Menge aufgenommen werden, ehe das Fett den zur Resorption geeigneten Theil des Darmkanals verlassen hat. Man sieht, es ist für meine Auffassung ganz gleichgültig, auf welche Weise die Fettkügelchen in die Epitelialzellen und in die Darmzotten eindringen, 'Thatsache ist, dass sie im Innern derselben beobachtet worden sind. Soll ich aber meine Ansicht über die Art des Eindringens aussprechen, so scheint sie mir am besten, mit der Ernährungsweise mancher Infusorien verglichen werden zu können, welche feste oder halbweiche Substanzen von aussen in sich hinein- pressen. Dies ist freilich bis jetzt eine Erklärung obseuri per obscu- rius, ich will aber auch damit nur andeuten, dass das eine Räthsel durch die Verfolgung des andern wohl aufgehellt werden könnte. Niemand wagt zu bezweifeln, dass Infusorien ohne sichtbare Mund- öffnung und ohne Darm feste Theile in sich aufnehmen, nur das wıe, nicht das ob ist hier die Frage. Warum sollten die Epitelialzellen der Zotten nicht dasselbe vermögen, angesichts der Thatsachen, die jede Fettresorption zeigt, und der vielen positiven Beobachtungen Moleschott's, die ich freilich aus eigener Erfahrung nur für Kohle und Schwefelpulver bestätigen kann. Man braucht also nicht & tout prix offene Porenkanäle zu suchen, da Meyen bereits gezeigt hat, dass eine weiche schleimförmige Masse zwischen einem festeren Ge- rüste zur Aufnahme festerer Partikelchen genügt. Freilich gehören noch dazu festere Aufnahmsorgane, diese vermuthe ich aber in dem oberen helleren „Rand“ der Zelle, den Donders für eine verdickte Membran, Brücke für einen Schleimpfropf hält und in dem Funke und Kölliker bereits die Streifen gesehen haben. An frischen Zel- len, die ich mit verdünntem Holzessig befeuchtet, bei Nachet’s eireu- lärer Beleuchtung betrachtete, schien es mir, als wenn dieser Rand aus 4 bis 6 Lappen bestände, von denen jeder einzelne in seinem Bau grosse Aehnlichkeit mit dem bekannten Kauorgan der Nassula hat. Ich habe freilich in diesen Lappen noch nie Bewegung gese- 356 hen, einer Mittheilung von Gruby aber, auf die ich durch Bernard aufmerksam geworden bin, glaube ich entnehmen zu können, dass sie vielleicht beweglich sind. Bei der Resorptionsthätigkeit erscheint der Rand wie verkürzt und da die Streifung nicht die Merkmale wah- rer Zusammenziehung trägt, so vermuthe ich, dass sich die Lappen nach der Mitte zu gegen einander neigen. Ich hoffe durch weitere Beobachtungen hierüber in’s Klare zu kommen. Bern, 18. April 1857. VIII. XIH. XIV. XV. XVI XVIT. Inhalt des zweiten Bandes. TIERE: . Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. II. Ab- theilung. Von G. Valentin . Ueber die angeblich ästhesodische Natur der Spinalganglin, Voß Mori itz Schiff . Ueber theilweise Heiehng der Bene von A, Fi BE . Ueber Flimmerepithelium und Flimmerbewegung im Geschlechtsäpparate der Säugethiere und des Menschen. Von O, Becker. /. Ueber sogenannte Speichelkörperchen, Von F. €. Donders . Ueber die Aufsaugung von Fett in dem Darmkanal. VonF.C. Dozders . Erneuter Beweis für das Eindringen von festen Körperchen in die kegelförmigen Zellen der Darmschleimhaut. Von J. Moleschott Il. Heft. Untersuchungen über thierische Elektrieität. Erste Abhandlung. Von Emil du Bois-Reymond . . Beiträg zur Kenntniss der Verdauung der Er narkieän Ba des Pflanzenreichs. Von Dr. Rinse Cnoop Koopmans . Gegen eine neueThheorie der Faserstoffgerinnung. Von G. ne er . Zur Durchschneidung des Nerv. Trigeminus. Von Ferdinand Marfels . Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. III. Ab- theilung. Von G. Valentin. III. Heft. Untersuchungen über thierische Elektrieität, Zweite Abhandlung. Von Emil du Bois-Reymond . Ueber die Grösse des täglichen Gemichteverlusfen ig Beh lichan Körpers bei vollständigem Fasten und bei regelmässiger Ernährung. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. Von Oberst Laun, Kom- mandant in Saarlouis a . Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes er Mormalitdere: IV. Ab- theilung. Von G. Valentin Ueber den Einfluss der Wärme auf die Eohleuskue use Een Frösche. Von J. Moleschott Ueber die Rolle des pankreatischen Saftes und der Galle bei Aufnähms der Fette, Von Moritz Schiff Seite 100 102 137 158 207 214 222 247 n = ZaRE v | Auf 1 Kilogramm | Verhiltoiss de) => e gs |»8 RED „otnd 1 Stunde | ausgeschiedenen ) E: S&s5|28 Behälter Endinft ommende Menge | Kohlensäure zum ans SE | Versuchs: IS 5 [5 88 R in Grm. aufgenommenen Albenziee 38 Monat. se dauer. IE] Sae| am = ausge- | ver- | enı- und Nebenbemerkungen. HE .|28 E EB 57| An- |,@m |Kohlen-| Saner- [schiedener| zehrt. | ferater I Pulsschläge, Sa + = 28 Ende. | säure. stoff, |[K auer-/Wasser-| Volumen Gewichte E t stoffes/äämpre | nach | nach lm ll DM tet esläämnfe | nach | mach | 7535 Erste Tabelle. Murmelthier 1 | April 15 | 948,7 agauzant. 205,67| 130,0) — | 0,59 19,97 | 0,056 | 0,053] — | 1:23,06] 1 : 1,49 Hatte die vorige Woche nur leise geschlafen, Macht Bewegungen bei dem Einsetsen in den | Behälter, schläft aber dann rubig fort. 2 | April 16 | 9482| von su; 2M. | 8906,11205,97| 1203| — | 1,45 1889 | 0,131 | 0,153) — 1 bis 10U.OM 3 | April 18 | 947,3|von7u.20M.|9014,6[710,27| 110,0) — | 1,80 1738 | 0122 | 0,207) — |1:2,32| 1: 1,70 bis9 U,58M. 4 | April 25 | 1102,6[v.1 U.551.M.| 8569,4| 710,04| 189,5] 209,75 2,12 18,80 1,273 74 — | 1: 1,06) 1: 0,77| 2U, IM “ Si Das Thier seit 5 Tagen | b.2U 117, M, | 2 TEA LIESTAL) | Sach kakpegenıertend u eh 10 Caroiiden- | It daher munter, hebt | schläge in 1 M, und dreht sich im Be- hälter und zeigt keine Spur von Athembe- | | 3 schwerden. Zweite Tabelle, Murmelthi 5 | April 17 |1079,5| von8U. 5M. |8874,1|709,07| 1102] — | 1,42 19,08 | 0,092. | 0,098] — | 1 1 Hat die früheren Tage bis 10U,49M, gewacht, ohne etwas zu essen, oder halbtrunken geschlafen, Beit gestern schlafend. 6. | April 20 | 1079,2\vont U.12M.|8791,1| 711,31] 149,0] — PL 17,98 | 0,658 | 0,533| — | 1: 1,12] 1: 081 Schlief anfangs ruhig. bis1 U.52M. atbmete aberimmerhAu- üger, erwachte endlich vollständig und stellte sich ungefähr 2 Minuten vor dem Ende des Ver- suches im Hebälter auf. 7 | April 23 | 999,5|v.2U. 101, M.|8735,9]706,4| 159,5] — 1,04 19,34 1,085 | 0,791| — | 1: 1,02] 1 : 0,74] Macht 26 bis 36 Athem- | Seit2 Tagen wach, ohne bis 2U.20M züge in I M. und hat | etwas gegessen zu während dieser Zeit 74 | haben. Im Behälter bis 88 Carotidenschläge. | wach und munter. 8 | Mai 2 |1115,9) von9U, AM. |8779,8| 706,29) 110,9] 130,5 | 1,30 19,46 | 0,376 | 0,383] — |1:1,25| 1 : 091] gu. 1oM. 28 Das Thier, das früber bis9U.35M. lebhafter war, liogt im Athmungsbehälter voll- kommen unbewoglich, | aber mit offenen Augen | torpid da. Kultes Regen- wetter Dritte Tabelle. thier 9 | November | 12 | 929,7|von9u. 14M.|8900,2] 703,40] 109,3] 1204| 1,25 18,99 | 0,091 | 0,120) 0,029| 1 : 1,81] 1 : 1,32 EVA bis11 U.39M | atıen züge in | \ UN 10 | November | 14 | 929,5|von8u.25M.|8979,3] 711,60] 90,7] 110,2] 0,86 20,29 | 0,049 | 0034] — |1:095| 1:060| SU 35M.3 ) une ID B3 Atbem. bis11 U.36M n Ka aligo in N Vai Fifa: iniM 11 | November | 17 | 927,4|von8U. 40M.| 9261,5] 721,59 | 14,85 0,678 | 0,203] 0,226) 1 = 1,43| 1 : 1,03] SU 50M. 13 ) Athcm. bis10U.16M 9n 18523 | züge 9,3, A| in 9,8, A) ıM 12 | November | 24 | 917,5|von8U. 24M.| 9191,6] 715,18] 60,7) 89,5] 0,49 20,17 0,016 | 0,07) — |1: 1 : 1,67| SU 28M.2Atliemz. in{M,) Die Atlemxüge sehr is | U.41M 9, 5,41 1 Athemzug | schwach 9n Tui ind M 10° U. 1"M. 2 schwache Athemzüge in 3 M 11 U.OM. 1 Atliemz. in IM 1nTnl mn ndn zul erst 13 | December 2 | 873,9|von2U. 11M.| 9104,2] 713,57| 90,4] 100,65] 2,03 15,42 0,394 | 0,811] — | 1: 2,85| 1 + 3,07| Die Athemzüge konnten | Das Thier hatte schon bis3 U, 13M jer | vor zwei 71 unpasso im Behälter nicht | ruhiggeacl geahllt werden, halb trunken und. entleurto _spter Katlı und Inn 14 | December | 12 | 865,3]vonBu. 29M | 9074,0] 710,47) 9,4] 1097] 0,42 20,21 0,011 | 0,019] 0,026] 1 : 2,30) 1 : 1,72|5U. 35M. fAthemz. in7M.| Zimmerlun — 100,5 €. bis 3 u. 15M. 9, 31 „ 1Aihemz. inf „| Mastdnrm — 100,6 C. \Q U. 52M. Kein Athemaug ins M 10U.40M.1 Athemz.iniM 11U.20M.2Athemz.in®, „ 1 U.4M.2 Athenmz ind „ 2U. 50M. 1 Athemz. ini » 15 | December | 15 | 861,0|von U.58M.|9082,5| 713,85| 10,3] 1308] 5,28 1813 | 0,978 | 097 — |1: 1,30] 1:20,07] 2U. 30.25) Aunomatge | Das Thier war, vor dem bis3 U.6M. 15 Ne | Versuche vollkommen 2” 37,30) "I | wach und bissig und pt bei der Annälc- rang, liess sich aber ohne Widerstand in den Behälter bringen. 16 | December | 22 | 857,4|von&U.45M.| 9386,3| 719,17) 40,5) 50,8] 0,50 20,02 0,033 | 0,050] 0,018] 1 : 2,12] 1 : 1,54] 8 U. AU. Mal sehr tiefer | Hat den 24. December Di bis 12 U. AM Allkrorug init M. Koth und Harn cı . i; VPkihemsund> N. Mastdarm 1,07 in ı M. 17 | December | 30 | 825,5|von8u. 40M.| 9550,5| 720,37) 10,51 202] 1,44 1880 | 0,105 | 0,116] 0,074] 1 + 1,531 1: 1,11 gU.4M 4 Mastdarn — 49,1 C Mr ae 9,26, 3 | Athem 9,56» 4) alge 10,35» 3( in 1075, 3\ ı Mm SS EISrSEB 11. 36.3 \ 5 | 821,6 ) 2 30 N, £ 19,18 | 0,042 | 0,043] 0,017] 1 : 1, : ZU. 45 M. 1 Athems. in IM.| Zimmerlun — 16 C. 18 | Januar 5| 521,6 ynSu.4oM. 9209,6|704,52] 0] 400] 1 12 | 0,043] 0,017] 1 21,41) 1 21,02 BASE ame {OL in elun = ht "T 10U.AOM-A m m 1a | Mundhöhle = 51) 10,42 7 1 alle mb. m. {m An 1 | Athom- 115 50% 10 züge 9 die 2 in 2, 5402| 13 35 36» 2 (cholt, Untersuchongen, U. Monat. Versuchs- dauer, elzung.) Temperatur in 00. im Volumenprocente der Endluft Auf I Kilogramm und 1 Stunde kommende Menge m. Behälter Sauer- stoff, Kohlen- säure, schledener Kobhlen- zchrt. Saucı eol- fernter Warser dämpfe, auf) em Volumen nach Verhältniss der ausgeschiedenen Kohlenskure zum ‚enommenen auerstoff dem (Gewichte) nach Athemzüge. Nebenbemerkungen. | Vierte Tabell Februar | itte Tabelle. (Forts = oe Fe Januar 12 | 820, Januar Januar 790, Februar Februar Februar 765,6 März März März 716,0 2 von8U. 20M bis 2U. 56M 4M 15M von SU bis 3U 4 |von8U. bis 3U. 23M 8U bis AU, 30M 6M vonBU, bis ZU, 30M 35M 6M IIM 56M von8U bis 3U, bis 31 [ 31M. 54M von7U, bis 3U 40M 8M |von7U bis AU. von TU, bis AU, 40M 14M ) |von7 U.33M bis 3U. 59M, 20M. b 10M 9423,5 9370,77 9364,7 9696,3 9253,3| 719,95) 9169,2] 71 9132,8 9195,8) 9245,0] 710,05 u. am Ende 715,85 700,47 709,00 719,57] 709,33] 706,45 90,6 100,5 100,34 110,35 19,04 20,18 20,14 19,56 0,031 0,003 3] (0,020) 0,017 0,020 0,047 0,041 0,046 0,045 0,030 0,021 0,051 0,023 0,023 0,083 0,042 0,063 0,044 0,086 0,033 0,034 0,034 0,040 0,006 0,040 0,029 0,034 0,03 0,026 0,067 0,039 0,010 0,037 10,49 0,90 zügo essen V amen- zug | in aM j Atben- zug 1 \ in Hr. "1 l Attiom- IN zug 1 in IM 1 | Athemz, 1 \in1!, M IBU.35M. 1Athemzugin2M, Mi » zug 0, 1)in2M 1Athemzugin4M. in2', » Athem: züge In 2U.38M 3,51 „ Kein m er I Ei In Kein Atheinzug M 3U.M. Kein Athemz. indM. TU, 54M. 2 9, 8» 9,40, 11,30, N 121.55M 1 Athemz.in 225951 m 95 9751 7U.37M.2Athemz.ini M Bu LI az 9» 30, 1} Athemzug I\ mniM M. 1 Athemzug M Athem- 9, 3m 52 ” 3, 40n TU.40M 1 ZU. 45M. 2 [gendestarkeA Kein „ Zimmerlun — 40,1 ©, Mastdarm 408.0, Mundhöhle = 50.0 € Hat den 15. Januar Koth und Urin entleert, Zimmerluft = 692 C Mastdarm 6,4 C. Mundhöhle Zimmerluft = Mastdarm Mundhöhle Zimmerluft Mundhöhle = 50,3 C. Mastdarm 59,2 °C. Hat Koth und Harn eut- Icert Zimmerluft Mundhöhle Mastdarm Zimmerluft Mundhöhle Mastdarım Zimmerlun = Mundhöhle Mastdarm Mundhöhle — Mastdarm 109,55 €. 109,40 €. Hat Kotlı und Harn ent. leort Zimmerluft — Mundhöhle = Mastdarm 90,3 C. 119,0 4 119,3 €. Das Thier streckt sich nach dem Ende des Versuches und wird immer wacher wAhrend. der Thermometerprüs fung Zimmerluft Mundhöhle Mastdarm 109,2 & 119,6. ©, 119,8 © 90,8 C. = 1009 C 109,8 C. Zimmerluft Mundhöhle Mastdarni Zimmerlaft Mundhöhle Mastdarm 2C. Die Luft des Behllters mit Schwefelsäure. ge- trocknet Zimmerluft Mundhöhle 129,2 C, Mastdarın 120,0 C. Ueber Schwefelsäure 120,2 C. ur melth ier 3: November 1756,: von&U.30M bis 11 U,11M. ) 8399,93 6,19 14,54 0,216 0,166 BU. 32M. 25 9n 5n 13 9n 25m 10 9n 33, 9-10 9n 53 8 unregel- za vortheilte 10U. 11.9 10» 12» 8,0f2unmit- Athemzüge in I I. telbar hinter einander 11 U, 5M, 9 Drei Tage vorler oin- ‚geschlafen, 29 34 | December Ian December 1620, December Januar Januar Januar Januar Januar | Februar Februar | Marz März Molescholt, Untersuchungen 0 1455,3|von8U 3 1205,5 12585 bis 91 Versuchs- dauer, von9U. 13M 48M von8U.45M bis 1U, 49M von8U.44M |bis 11 U.40M on8U.45M is 9U. 33M 1523,7|von8U. 34M. bis11 U.45M von9U. 16M b.10U.521/,M 1500,4|von8U. 30M bis 10U, 3M, 1450,1|von8U.33M bis 12U.4M bis 9U. 10M 1359,0\von8U. 18M. bis 9U. 35M 1335,5|von8U. 12M bis 4 U,2M von8U. 12M. bis 3U, 10M ‚1|von7 U. 53M. Ibis 3U. 44 M. 1318,2]von7U. 48M bis 9 U.7M von TU bis U, bist U.47M It. 15M Temperatur in (0. im Behälter Volumenprocente E der ndluft Auf | Kilogramm und 1 Stunde kommende Menge in Grm Kohlen: sünre Sauer | stolf, asge- schidener = [Sauer- zolırt. stoffes vor- | ent- fernter Wasser ‚dämpfe rhältniss der ausgeschiedenen Kohlensäure zum Dmnenen stoi Allemzüge, \ jenbemerkungen, 8720,6 8697,98] 8739,4 8313,9 8090,1 vonZU.45M. 819,3 8489,60] 7 Elkaraın 716,10 719,02 718,19 u. am Ende 717,02 714,30 119,0 19,57 19,90 19,00 13,00] [DEN \ 0,015 0,036 0,0205 0,019 0,090 0,023 0,086 0,079 0,705 0,028 0,0238 0,192 0,0240] 0,023 | 0,015 0,000 0,027 to U. 20 mÜ ou (9U.32M. 16 tiefe In Bnld—län) züge In Mn id—lAn\in ie M 3U, 5UM. 2Athemz. in IM 2 sehr schwache AN schwacher 2M schwacher 3 M schwacher 3, M schwacher 5bis6M Atem Athemaug 10 U M Athı Atlomaug ü 2 U, 4 M. Athemzug 12 U.49 M. 1 schwach; Athemzug in 6 M 3. 30M: 1 starkor Athom zug in 6 M. 131. 48 M. 12 schr starke Athemz in IM. AU OM. 3tiefeAthemz.iniM. | 9w. 58m 2 10n 21 48 20 a 11) 8 28 3 Athem- , zügo ini M Athem- züg Ganz wach, pfeift und sucht eu beissen, Hat Koth und Harn entlo Zimmerluft Mastdarm Mastdarm 109,5 C. Wendcte sich häufig im Behllter um Hat den 30. December Kotlı und Harn entleert. Zimmerluft — 40,0 Q, Mastdarm Muudliöhle = 8 Ather 0” zügo 10 , 30 10.5 38 105.49 142 in iM Athem- züge in iM | N) ! Atlıcm zug \in aM Coin Athemz. | a 5 M 59 M Atlıem- ini M Athem züge in SU.24M. t Athemz.in?2M | 9» 20, 16 ( Athemzüge 0, 19| ni M Im 3U.17M. fAthemeug in? 10 U. 10M. 1 Athem. züge in ıM 2 2 1 1 1 Kein Athemzug Athemziige „il mıM 2? M. Kein Athemz Athem- inıM TU.44M 2 Athıoinz.ini M SU. 3OM. 1 Athemaugin LM IU. 18 M. 1 schr starker Athomzug in iM. U. 43M, lAthemz Atlıom- zug in ıM. 1 4 Atlıcınz. n Nina M. 1 Athomz. ini M 1 U 21 M, 40 starke Athemallgo in { M L| Mundhöhle - minerluft — Mastdarm Mundhöhle Zimmerluft — Mastdarm Mundböble = 63,6 C. 6 Hat den 17 Harn gelassen. Mastdarın Januar — 0,7 6, | 'Thier mit offenen Augen, aber torpid Hat don 31. Januar Koth tat Zimmerluft Mundhöble | Mastdarın Hat den 20. Februar Kath tleort. Eye) 10,7 €. 10,5 6. und Urin e | Zimmerluft Mundhöbl Mastdarın War de u. 23. Fo- bruar wach und latts einen Kotlhballen lcort ent- 90,0 € Mastdarm — 99,4 C. | Zimmerluft | Mundhöhle | Mastdarm 803 0. 100,65 ©. = 1094 C Erwacht nach uud nach und ist zulotat etwas torpid, aber vollkommen munter, liegt mit olle nen Augen da u pfeit beim Anrühren Eintloort Kotl und Harn am folgenden Zimmorluft Mundhöhle Mastdarn Das Thior, welches n um HU, 45 M geschlafen hatte, war um 1 U. 21 Mi wach, unruhig und pfifbei dor Aunälierung eines Men schen, Die Luft don Behllltora mit Schwofel- sluro getrocknet, ch fen Versuclis- dauer. setzung.) Tem) eratur olumenprocenf der Endluft Auf 1 Kilogramn | Kohlen. säure. Saucen off urmeithier dem Volumen. nach 3. Vorhältniss der ausgeschiedenen Kohlensäure zum | aufgenommenen Athemzüge und Pulsschläge, Nebenbemerkungen. 49, Mürz ‚0 | e. \1240,0| I 7 “| | onT U. bis IL U von 7U,35M bis1L U.46M 110,2 S7A0,7| 705,81 100,9 0,017 0,023 0,028 I 2 1,36 ZU.2IM.1) Athemaug n in ı\ ıM. 2 | Athemzüge 2\ in 19, ML Athemzilge En 1,00| TU 40M. 1 Athem- zug in 1 on 2 Atlıemz. in IM, | Hat in der Zwischenzeit Harn gel wachlk dal über, Beten im Athımungsbehälter. Zimmerlutt = 120,0 C Mundhöhle 3 Mastdarm — 120,0 € Ueber Schwefelsäure, Zimmerlut = 00,2 0. Mundhöhle — 109,7 C, Mastdarm = 10,4 C. November November November November December Februar Februar | | | von 2U. 6M bis 3U, 10 von 2U, 4M bin3 U.9M 2| von2U.0M bis3U. 15M, von 2U. 9M bis ZU, ‚1 |von8U. 45M | | | 676,7 |von U. bis ZU. 135,4 | 003,1 | | | 7|von8L 553,0] vi von 9U, bis 10U. 29M 15M 5oM von8u. bis10L 36M 10M vondU. 45M bis 100.40 M vondUu. bis OL 35M 15M vonSL bis 10 U bis11U.40M I7M bis 10, A7M vonBl bis LU J5M 56M von8u-15M bist U.20M 5M 16M von8U bis4 U lebend, stirbt walrscheinl bald daraufü bleibt bisdU 6. M. im Be halter. 19ı.| | 15M sı.| 6a. 2361,47 9118,5| 7° 9314,0| 715,80) 90, 933,4 707,40| 9528,9) 702 — | 9509,1| 709,80 700,1) 721,51 0550,0| 710,70 9513,8| 720,04 10,99 0,492) 19,04 1066 0,0178) 0,047 0,105 | 0,351 0,097 0,040 0,091 0,330 0,050 0,055 : 0,90 0,90) 48M N AR » "u Athemzüge ing M. M. fAthemzugin2M » Kein n in1On 2n 32» 18 ” inin Später 3mal Minuton lang kein Atemzug bemerkt 70) SU. 40M. 9 9 1,00) [au dam 1Athemz, in11/M 4. 11 (Athemz 0. » 10, 1ö\ ini M. 10 U. 304. Kein Athem zug während 10 M 10U. 42M. 16 | Atlıcmz. [fi „ 12|inıM V.23M. 1 fAthemz, 9 97 M. 1,39, 16 7 Atheımz. 1 \iniM SU,40M, 10, 15, K Ad BOneT 1,175 Kein Athem 5 1 Atkemz. in3M 53M.20 JAthem 929 züge 22 » Il tiefelin LM, 10M. 2 Athemz.in IM 55" Kenn m? 49m 1 ” 10n Kein » 3HAn 50» 21 ” 30» Kein n n 13n Ruhig, ohne mehrere Minuten sicht- lich zu atlımen. 215U, 6M, 2 Athemz, in IM Kein u np "on bu.2anbisst.oR kein Athemzug bemerkt, gestern noch jeisch u. Kohl geges- sen, dass dusKörpergew von 829,4Grm. auf590,0 Grm.gestiogen ist. Wäh- rend desVersuches wach und lebhaft. Scheidet 0,436 Grm. Wasser für 1 K. u. 1 St. aus. Hat in der Zwischenzeit wieder geschlafen, ist aber bei dem Einsetzen vollkommen wach, Schlief drei Tage leise, wachte aber bei dem Wügen vor dem Ver- suche auf. Im Anfange eingerollt und ruhig, spiter sich strookend, Hat in der Zwischen- zeit ruhig gelegen Dreht sich nach dem Einsetzon in den Be- hälter, Hat in der Zwischenzeit geschlafen und bleibt im Behälter ruhig. Todt aua dem Ap genommen, fost einge- rollt und nur die beiden Vorderbeine vorstehend. heite gen allge Erkı lung phy Pathologische Physiologie. Grundzüge der gesammten Krankheitslehre. Im Zusammenhange dargestellt von Dr. G. A. Spiess. Inhalt und Anordnung ergeben sich aus Nachfolgendem. Das Werk zerfällt in drei Abtheilungen: I. Die Phänomenologie der Krankheit, I. Die Aetiologie und II. Die Nosologie. Die beiden ersten behandeln die einzelnen Elemente der Krank- heiten, die Krankheitserscheinungen, sowie die mannigfachen Bedingun- gen des Erkrankens, während in der dritten, der Nosologie, die allgemeinen Gesetze aufzustellen gesucht wird, die sich in Betreff des Erkrankens aus den empirischen Thatsachen der beiden ersten Abthei- lungen ergeben. Die Phänomenologie schildert mit steter Rücksicht auf das physiologische Verhalten die krankhaften Störungen, die 1) im Bereiche der Empfindung und der physischen Thätigkeiten, 2) im Bereiche der Bewegungsthätigkeiten, und 3) im Bereiche der Ernährungsthätigkeiten vorkommen. Die Aetiologie zerfällt ebenfalls in drei Unterabtheilungen, in- dem sie 1) die Form- und Mischungsveränderungen des Körpers als Ur- sachen krankhafter Lebensstörungen betrachtet und somit der all- gemeinen pathologischen Anatomie die ihr zumeist gebührende Stelle in dem System der Medicin anweist, 2) aber die Lebensthätigkeiten selbst als Ursachen krankhafter Le- bensstörungen schildert, und 3) die der Aussenwelt angehörigen Krankheitsursachen in ihrer Ein- wirkung auf den lebenden Organismus untersucht. Die Nosologie endlich handelt 1) von dem Begriff, Wesen und dem allgemeinen Verhalten der Krankheit überhaupt, 2) von den Krankheitsursachen im Allgemeinen, von den Krankheits- anlagen und den allgemeinen Gesetzen des Erkrankens, und schildert 3) die allgemeine Erscheinungsweise der Krankheiten, die zeitlichen und räumlichen Verhältnisse derselben, den Krankheitsverlauf überhaupt, den Typus und Rhythmus der Krankheiten, deren ende- misches und epidemisches Vorkommen u. 8. w. Den Schluss wird eine gedrängte Darstellung der Entwickelungs- geschichte der medicinischen Theorieen bis auf unsere Zeit bilden, um auch von hier aus die Berechtigung des Standpunktes darzuthun, auf _ dem der Verfasser mit vielen seiner Zeitgenossen steht. Was nun diesen Standpunkt selbst betrifft, von dem aus das vor- stehende Werk bearbeitet ist, 80 dürfte derselbe aus früheren Arbeiten des Verfassers woh] hinlänglich bekannt sein. Volle Anerkennung und Würdigung der empirischen Thatsachen, an deren Vervollständigung unsere Zeit so rastlos arbeitet, gilt auch ihm als die einzige und uner- lässliche Grundlage, wie alles naturwissenschaftlichen, so auch alles me- dieiniechen Wissens; allein er hält es für ebenso unerlässlich, nicht bei den vereinzelten empirischen Thatsachen stehen zu bleiben, sondern LS IE GE I EEE SEEN; dieselben, soweit es zu einer gegebenen Zeit gelingen mag, zu einem wissenschaftlichen Ganzen zu verarbeiten, nicht nur um eine fruchtbare Anwendung der Wissenschaft zu ermöglichen, sondern auch um den richtigen Weg kennen zu lernen, auf dem die Wissenschaft selbst allein ihre grösste Förderung findet. In einer Zeit aber, in der die Einzelforschungen und deren Re- sultate sich in fast unübersehbarem Maasse anhäufen, muss ein Versuch, dieselben zu sichten und zu einem wissenschaftlichen Ganzen zusam- menzuordnen, um so mehr willkommen sein, je mehr es derselben selbst an solchen Versucheu gebricht, und schon insofern dürfte das vorste- hende Werk berufen sein, eine wesentliche Lücke in der heutigen medieinischen Literatur auszufüllen. Die beiden ersten Abtheilungen, welche hier vorliegen, enthalten: 1) die Phänomenologie der Krankheit, und 2) die Aetiologie. Die III. Abtheilung ist soweit im Manuscript gediehen, dass sie spätestens im Anfang künftigen Jahres ausgegeben werden kann, und wir nehmen daher kaum so viel Frist dafür in Anspruch, als das Studium der I. und II. Abtheilung an Zeit erfordern dürfte. — Die Käufer des Werkes dürfen aber mit aller Sicherheit darauf rechnen, dass wir diese Frist einhalten, und dass wir die 3. Abtheilung kei- nenfalls höher denn 2 Tlilr. oder 3 fl. 36 kr. berechnen werden. Die Einflüsse der Vaguslähmung auf die Lungen und die Hautausdünstung. Von G. Valentin, Professor der Anatomie und Physiologie in Bern. Mit 3, die gebrauchten Vorrichtungen erläuternden Holzstichen und der Darstellung von 16 Athmungscurven. gr. 8. eleg. broch. satinirt. Preis 1 Thlr. 15 Sgr. oder 2 1. 42 kr. Das vorstehende neueste Werk des berühmten Schriftstellers dürfte nicht allein für den Physiologen von Interesse und Wichtigkeit sein, sondern ganz besonders auch für den praktischen Arzt, der mit der Zeit und den Resultaten seiner Wissenschaft gleichen Schritt zu halten bemüht ist. Denn jeder Mediziner wird in der Schrift eine lohnende Verwerthung und Nutzanwendung am Krankenbette finden. Das Werk beschäftigt sich mit der möglichst vollständigen Untersuchung der Ein- flüsse, welche die Trennung einer oder der zwei unteren Kehlkopf- nerven auf die Mechanik der Athmung und der Chemie der Perspi- ration ausübt. Die Beständigkeit der Ergebnisse in diesen Untersu- chungen dürfte eine Bürgschaft für die Richtigkeit derselben liefern. Eine Reihe hierhergehörender Athmungscurven sind den letzten Para- graphen eingefügt, um die früher erläuternden, die Athmungsmechanik betreffenden Hauptsätze anschaulicher zu machen. — Der Herr Verfasser spricht sich in seinem Vorwort über die Weg- lassung der Anwendung, seiner Untersuchungen und Resultate auf die Krankheitslehre, schliesslich folgendermaassen aus: „Da jeder wissen- schaftliche Arzt die Aehnlichkeiten mit dem, was er nicht selten am Krankenbette sieht (und seinen Untersuchungsresultaten), leicht heraus- finden und die Schlussfolgerungen nach seiner Ueberzeugung machen kann, so wollte ich nicht der fremden subjectiven Verwerthung der hier mitgetheilten Thatsachen durch die Meinige vorgreifen“. — Druck von Wilhelm Küchler in Frankfurt a, M. 111. Heft (unter der Presse). XII. Untersuchungen über thierische Rlektrieität von Emil du Bols-Reymond, 2. Abhandlung. XIV. Ueber die Grösse des täglichen Gewichtsverlusts des menschlichen Körpers bei vollständigem Fasten und bei regelmässiger Ernährung von Oberst Laun, Kommandant in Saarlouis. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. XV. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. Von @. Valentin. IV. Abtheilung. XVI. Ueber den Einfluss der Wärme auf die Kohlensäure-Ausscheidung der Frösche von Jac. Moleschott. XVII. Ueber die Rolle des pankreatischen Saftes und der Galle bei Aufnahme der Fette von Moritz Schiff. III. Band Preis Rthir. 3. 15 Ser. Inhalt des dritten Bandes I. Heft (unter der Presse.) I. Untersuchungen über Ursprung und Wesen der fallsuchtartigen Zuckungen bei der Verblutung sowie der Fallsucht überhaupt. Von Adolf Kussmaul und Adolf Tenner in Heidelberg. Pathologische Physiologie. Grundzüge der gesammten Krankheitslehre. Im Zusammenhange dargestellt von Dr. G. A. Spiess. gr. Lex. 8°. 3 Abtheilungen. Preis Rthlr. @. — pr. Crt. Inhalt und Anordnung ergeben sich aus Nachfolgendem. Das Werk zerfällt in drei Abtheilungen: I. Die Phänomenologie der Krankheit, I. Die Aetiologie und II. Die Nosologie. Die beiden ersten behandeln die einzeluen Elemente der Krank- heiten, die Krankheitserscheinungen, sowie die mannigfachen Bedingun- gen des Erkrankens, während in der dritten, der Nosologie, die allgemeinen Gesetze aufzustellen gesucht wird, die sich in Betreff des Erkrankens aus den empirischen Thatsachen der beiden ersten Abthei- lungen ergeben. Die Phänomenologie schildert mit steter Rücksicht auf das physiologische Verhalten die krankhaften Störungen, die 1) im Bereiche der Empfindung und der physischen Thätigkeiten, 2) im Bereiche der Bewegungsthätigkeiten, und 3) im Bereiche der Ernährungsthätigkeiten vorkommen. Die Aetiologie zerfällt ebenfalls in drei Unterabtheilungen, in- dem sie 1) die Form- und Mischungsveränderungen des Körpers als Ur- sachen krankhafter Lebensstörungen betrachtet und somit der all- gemeinen pathologischen Anatomie die ihr zumeist gebührende Stelle in dem System der Mediein anweist, 2) aber die Lebensthätigkeiten selbst als Ursachen krankhafter Le- bensstörungen schildert, und 3) die der Aussenwelt angehörigen Krankheitsursachen in ihrer Ein- wirkung auf den lebenden Organismus untersucht. Die Nosologie endlich handelt 1) von dem Begriff, Wesen und dem allgemeinen Verhalten der Krankheit überhaupt, 2) von den Krankheitsursachen im Allgemeinen, von den Krankheits- anlagen und den allgemeinen Gesetzen des Erkrankens, und schildert 3) die allgemeine Erscheinungsweise der Krankheiten, die zeitlichen und räumlichen Verhältnisse derselben, den Krankheitsverlauf überhaupt, den Typus und Rhythmus der Krankheiten, deren ende- misches und epidemisches Vorkommen u. Ss. w. Was nun den Standpunkt betrifft, von dem aus das vor- stehende Werk bearbeitet ist, so dürfte derselbe aus früheren Arbeiten des Verfassers wohl hinlänglich bekannt sein. Volle Anerkennung und Würdigung der empirischen Thatsachen, gilt auch ihm als die ein- zige und unerlässliche Grundlage, wie alles naturwissenschaftlichen , so auch alles medicinischen Wissens; allein er hält es für ebenso uner- lässlich, nicht bei den vereinzelten empirischen Thatsachen stehen zu bleiben, sondern dieselben, soweit es zu einer gegebenen Zeit gelingen mag, zu einem wissensehaftliehen Ganzen zu verarbeiten. Lehrbuch HISTOLOGIE des Menschen und der Thiere von Dr. Franz Leydig, Professor an der Universität Tübingen. Mit 206 der feinsten Holzstiche. Lex. 8. satinirt, eleg. Ausstattung. Preiss Thir. 4. 15 Sgr. Des Verfassers Plan in der Anlage des Werkes zielte weniger dahin ab, allefremden und eignen, an den verschiedensten Orten zerstreut umher- liegenden Forschungen zu sammeln und wiederzugeben, als viel- mehr eine selbstständige Uebersicht über die einigermaassen gesicherten Daten der menschlischen und thierischen Histologie zu geben und in gedrängter Darstellung zu überliefern. Die Anordnung des Stoffes ist eine folgende: Ein erster allge- meiner Theil geht voraus, in welchem die Lehre von der Zelle und den Geweben behandelt wird, und es folgt sodann ein zweiter oder specieller Theil, in welchem die verschiedenen Organsys- teme (Aeussere Haut, Muskel-, Knochen-, Nervensystem, Sinnesorgane, Verdauungswerkzeuge &e.) zur Sprache kommen und zwar immer in der Gliederung: vom Menschen, von den Wirbelthieren, von den Wirbellosen. Druck von Wilhelm Küchler in Frankfurt a. M, XII. Untersuchungen über thierische Elektrieität, von Emil du Bois-Reymond, 2. Abhandlung. XIV. Ueber die Grösse des täglichen Gewichtsverlusts des menschlichen Körpers bei vollständigem Fasten und bei regelmässiger Ernährung, von Oberst Laun, Kommandant in Saarlouis. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. XV. Beiträge zur Kenntniss des Winterschlafes der Murmelthiere. Von &. Valentin. IV. Abtheilung. XVI. Ueber den Einfluss der Wärme auf die Kohlensäure-Ausscheidung der Frösche, von Jac. Moleschott. XVII. Ueber die Rolle des pankreatischen Saftes und der Galle bei Aufnahme der Fette, von Moritz Schilf. II. Band. Preis Thlr. 3. 15 Sgr. Inhalt des dritten Bandes 1. Heft. I. Untersuchungen über Ursprung und Wesen der fallsuchtartigen Zuckungen bei der Verblutung sowie der Fallsucht überhaupt. Von Adolf Kussmaul und Adolf Tenner in Heidelberg. Pathologische Physiologie. Grundzüge def gesammten Krankheitslehre. Im Zusammenhange dargestellt von Dr. &@. A. Spiess. gr. Lex. 80. 3 Abtheilungen. Pr. Rthlr. @. — pr. Crt. Inhalt und Anordnung ergeben sich aus Nachfolgendem: Das Werk zerfällt in drei Abtheilungen: I. Die Phänomenologie der Krankheit, II. Die Aetiologie und II. Die Nosologie. Die beiden ersten behandeln die einzelnen Elemente der Krank- heiten, die Krankheitserscheinungen, sowie die mannigfachen Bedingungen des Erkrankens, während in der dritten, der Nosologie, die allge- meinen Gesetze aufzustellen gesucht wird, die sich in Betreff des Er- krankens aus den empirischen Thatsachen der beiden ersten Abtheilungen ergeben. Die Phänomenologie schildert mit steter Rücksicht auf das physiologische Verhalten die krankhaften Störungen, die 1) im Bereiche der Empfindung und der physischen Thätigkeiten, 2) im Bereiche der Bewegungsthätigkeiten, und 3) im Bereiche der Ernährungsthätigkeiten vorkommen. Die Aetiologie zerfällt ebenfalls in drei Unterabtheilungen, in- dem sie 1) die Form- und Mischungsveränderungen des Körpers als Ursachen krankhafter Lebensstörungen betrachtet und somit der allgemeinen pathologischen Anatomie die ihr zumeist gebührende Stelle in dem System der Mediein anweist, 2) aber die Lebensthätigkeiten selbst als Ursachen krankhafter Lebens- störungen schildert, und 3) die der Aussenwelt angehörigen Krankheitsursachen in ihrer Ein- wirkung auf den lebenden Organismus untersucht. — Die Nosologie endlich handelt 1) von dem Begriff, Wesen und dem allgemeinen Verhalten der Krankheit überhaupt, Ä 2) von den Krankheitsursachen im Allgemeinen, von den Krankheits- anlagen und den allgemeinen Gesetzen des Erkrankens, und schildert 3) die allgemeine Erscheinungsweise der Krankheiten, die zeitlichen und räumlichen Verhältnisse derselben, den Krankheitsverlauf überhaupt, den Typus und Rhythmus der Krankheiten, deren ende- misches und epidemisches Vorkommen u. 5. w. Was nun den Standpunkt betrifft, von dem aus das vorstehende Werk bearbeitet ist, so dürfte derselbe aus früheren Arbeiten des Ver- fassers wohl hinlänglich bekannt sein. Volle Anerkennung und Würdigung der empirischen Thatsachen, gilt auch ihm als die einzige und unver- lässliche Grundlage, wie alles naturwissenschaftlichen, so auch alles medicinischen Wissens; allein er hält es für ebenso unerlässlich, nicht bei den vereinzelten empirischen Thatsachen stehen zu bleiben, sondern dieselben, soweit es zu einer gegebenen Zeit gelingen mag, zu einem wissenschaftlichen Ganzen zu verarbeiten. . Gesammelte Abhandlungen zur Wissenschaftlichen Mediein von R. Virchow, Professor der pathologischen Anatomie und Physiulogie an der Universität zu Berlin. Mit zahlreichen Illustrationen und drei Kupfertafeln. gr. Royal 8°. satinirt brochirt, Rthlr. 5. 15. oder fl. 9. 54 kr. Diese vorstehende Sammlung medieinischer Abhandlungen umfasst eine Reihe von Special-Arbeiten des berühmten Forschers, deren Kennt- niss für die Auffassung seiner mehr allgemeinen Arbeiten durchaus nothwendig sind. Es findet sich darin die Grundlage der Anschauung, sowie die eigentliche Beweisführung für die allgemeinen Sätze, welche Virchow bestrebt ist in die Mediein einzuführen, und welche ihn längst auf den Ehrenplatz der „Autorität“ unter den Forschern naturwissen- . sehaftlicher Mediein gehoben haben. Das Publikum übersieht hier im Zusammenhange den Entwickelungsgang, den Virchow in seinen wissen- schaftlichen Bestrebungen genommen hat. — Einige früher veröffentlichte Arbeiten sind durch neue Zusätze ergänzt und zum Abschluss gebracht; Andere bringen die Resultate ganz neuer Untersuchungen und somit wird dem Buche die Berechtigung nicht abgesprochen werden können, - eine Ergänzung der medieinischen Literatur herbeizuführen, die dem ärzt- » lichen Publikum namentlich ein Gegenstand fühlbarer Lücke war, wenn 2 „ Virchow in seinen allgemeinen Veröffentlichungen oft zum Theil auf® diese Arbeiten hinweist, — die eben dem Arzt seither fehlten. Die grössere Hälfte des Werkes sind ganz neue Arbeiten. Die Verlagshandlung Meidinger Sohn $ Cie. Druck von Aug. Osterrieth in Frankfurt a. M. , er 2 FAN vu 5 Yu Era ui: ne Nee fe u EN Te Vi rule Aa he ua lat, hrs N TO FI HELLE? 47) Da ‚ una a! hen voms® Au bein. ee Aus Darg \ Airenr ernennen" RT Be 2 Na Mur p san a 2 A weh - u Aut Aha ent oe A . at - u . \ d 3 Waidi 1 he ag, ei a bp" Aal Jake air a de AA Be 5. re Ace 7 BT et ie uns I Ba er r RR Kay 16 LE Aw, 33 Een‘ ie ne a a te Br a ri a ar, er u &i pa rü Hr vo Geiz x u Bu‘ Zurers « PP? 79 RG Dr j a - x us s u a re dla e. ne 6 a ee ud TiR % e > AB „acR m Pa ach ae bs - - Gelee Wie ie PR 24 ri ETF wer a ; re vu ee" A ya EN IE 5 a u NR Nu CR R 7 .5» B ® Pie. BUVESD, Pr U 6 in Ägu de BT istife eur a tu on. as a za, ze re 5 Br vie Na Dia 7 # e.5 0 “ Imker VRR u ie % ee MR ara lenn Er gBi ca s Deohe, i ; et er r i I. Ei en Ba FRLER Rn ä %. 3