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URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE

ZUR GESCHICHTE

DES

KURFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM

VON BRANDENBURG.

AUF VERANLASSUNG SELNER HOCHSELIGEN MAJESTÄT DES KALSERS FRIEDRICH ALS KRONPRINZEN VON I'REUSSEN.

VIERZEHNTER BAND.

BERLIN. DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.

1890.

URKUNDEN UND ACTENSTUCKE

ZUR GESCHICHTE DES

KURFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM

VON BRANDENBURG.

AUSWÄRTIGE ACTEN.

DRITTER BAND. ERSTER THEIL.

(OESTERREICH.)

HERAUSGEGEBEN

DR- ALFRED FRANCIS PRIBRAM,

PRIVATDOCENTEN AN DER UNIVERSITÄT ZU WIEN.

BERLIN.

DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER. 1890.

11

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I?

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Vorwort.

1/er vorliegende Band der „Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Branden- burg", in welchem die diplomatischen Beziehungen Oesterreichs und Brandenburgs im Zeitalter Friedrich Wilhelms urkundlich dargestellt werden sollen, ist der dritte in der Reihe der aus auswärtigen Archiven geschöpften Beiträge zur Geschichte des „Grossen Kurfürsten". Ein viertel Jahrhundert ist seit dem Erscheinen der beiden ersten Bände verstrichen, deren Gegenstand die Beziehungen Brandenburgs zu Frankreich und zu den vereinigten Provinzen der Niederlande gebildet hatten. Der Umfang der vorliegenden Publication übertrifft den der beiden früher erschienenen um ein bedeutendes. Die Erklärung hiefür wird leicht gegeben werden können. Der Band „Frankreich" enthält nur Berichte aus wenigen Jahren; nur 5 von 30 Fascikeln, welche die im Pariser Archive auf- bewahrte Correspondenz der Herrscher Brandenburgs und Frankreich umfasst, konnten durchgesehen und excerpirt wer- den. Der Band „Niederlande" dagegen enthält nur den sehr geringen erhaltenen Theil der wirklich in jenem Zeitalter geführten Correspondenz. Für die Beziehungen des Kur- fürsten von Brandenburg zum Reichsoberhaupte Bezie- hungen, die mindestens so lebhafte und bedeutende waren, als

VI Vorwort.

jene mit irgend einer anderen Macht , liegen die Verhält- nisse ganz anders. Die Berichte der am kurfürstlichen Hofe weilenden kaiserlichen Gesandten sind insbesondere von der Mitte der 60^r Jahre des ITten Jahrhunderts an in seltener Vollkommenheit erhalten, und ihrer Verwerthung haben sich keine wie immer gearteten äusseren Hindernisse in den Weg gestellt. Es waren im Ganzen an 50 Fascikeln, von denen viele eine grössere Anzahl Seiten umfassen als die beiden Theile der vorliegenden Publication zusammen genommen, deren In- halt den Fachgenossen möglichst vollständig mitgetheilt werden sollte. Man wird unter Berücksichtigung dieser Thatsache, wie der Herausgeber hofft, die vorliegende Publication nicht zu umfangreich finden, zumal wenn man erwägt, dass es fast ausschliesslich jungfräuliches, zum grossen Theile sehr werthvolles Material war, das verarbeitet werden sollte. An- dererseits wird kein billig Denkender von dem Herausgeber eine vollständige Wiedergabe alles dessen fordern, was sich in der erwähnten Anzahl Fascikeln des Wiener Staatsarchives vorfindet. Es ist bei derartiger gekürzter Wiedergabe des In- haltes schwer, ja unmöglich, jedem recht zu thun und es kann hier nur wiederholt werden, was der Herausgeber einer stattlichen Reihe von Bänden dieses Urkundenwerkes gleich anfangs betont hat ein gewisses Vertrauen in den guten Willen und die Fähigkeit des Herausgebers thut unbedingt Noth. Gewiss liegt die Gefahr für denjenigen, der sich Jahre lang mit einer engumgrenzteu Periode europäischer Geschichte beschäftigt, nahe, den einzelnen Ereignissen dieser Zeit eine allzugrosse Bedeutung beizumessen; allein abgesehen davon, dass eine ununterbrochene Beschäftisung- mit weiteren Ge- bieten der allgemeinen Geschichte den Blick für das Wesent- liche einer bestimmten Zeit freier erhält, ist es eine unleug- bare Thatsache, dass nur ein sehr eingehendes Studium einer umfassenden Actenmasse eine richtige Abschätzung des

Vorwort. V'II

Werthes der einzelnen Documente unter- und zu einander er- mög'liclit. Die Gesichtspunkte, von denen sich der Heraus- geber bei der Auswahl der einzelnen Actenstücke leiten liess, waren im wesentlichen folgende: In erster Linie sollte alles, was auf directe Verhandlungen der beiden Staaten Bezug hat und zwar nicht blos auf jene Verhandlungen, die am Hofe zu Berlin, sondern auch auf jene, welche am Wiener Hofe gepflogen worden sind letztere natürlich nur insoweit, als dieselben noch nicht in der bis in die Mitte der 60^'' Jahre geführten Abtheilung „Politische Acten" entsprechende Berücksichtigung gefunden hatten möglichst vollständig mitgetheilt werden. Dann hat der Herausgeber geglaubt, alles was persönliche Verhältnisse des Kurfürsten und seiner Umgebung betrifft, was geeignet sein könnte, unsere Kenntnisse von den Be- ziehungen Brandenburgs zu den übrigen europäischen Mächten zu vermehren, oder die Fähigkeit der Berichterstatter zu be- leuchten , wiedergeben zu sollen. Schliesslich hat er es für seine Pflicht gehalten, den Umfang der Mittheilungen der einzelnen Berichterstatter durch kurze Andeutungen anzuzeigen, um weitere Nachforschungen bezüglich einzelner Fragen zu erleichtern. Wörtlich wiedergegeben sind selbstverständlich nur die wichtigsten Stellen der Berichte, die Auszüge je nach der Bedeutung der einzelnen Mittheilungen mehr oder minder kurz gefasst. In manchen Fällen wurde überhaupt von einer Wiedergabe des Inhaltes der einzelnen Berichte Abstand ge- nommen und in zusammenfassender Form das Resultat der in den einzelnen Acten zum Ausdruck kommenden Verhand- luno^en mitgetheilt. Sämmtliche in der Publication verwerthe- ten Documente mit Ausnahme einiger Acten, die auf die Schwiebuser Frage Bezug haben und dem Archive des Mi- nisteriums des Innern entnommen sind finden sich in den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchives zu Wien. Es sind vornehmlich drei Abtheilungen, die für die vorliegende

VIII Vorwort.

Publicatioii in Betracht kamen. Die Berichte der Gesandten, die Wcisung-en der Herrscher und eine Abtheilung, welche unter dem Titel „Brandenburgica" neben der officiellen Corre- spondenz der beiden Höfe auch die Protocolle über die in Wien mit den brandenburgischen Vertretern gepflogenen Verhand- lungen, Gutachten der Minister an den Monarchen und sonstige nicht in die beiden anderen Gruppen einzureihende Docu- mente enthält Von einer näheren Bezeichnung des Ortes, an dem das eine oder andere Actenstück zu suchen wäre, konnte Abstand genommen werden. Für weitere Nach- forschungen genügt die Angabe des Datums. So weit es irgendwie möglich war, wurden die Documente in chronolo- gischer Reihenfolge mitgetheilt ; die Datirung ist, wo nicht ausdrücklich das Gegentheil angegeben wird, die neue.

Bezüglich der äusseren Form, in der die Acten der Be- nutzung der Fachgenossen übergeben werden, hat sich der Herausgeber im Wesentlichen an die Vorschriften gehalten, welche Erdmannsdörffer vor mehr als einem viertel Jahr- hundert aufgestellt hat und die von ihm und seinen Mit- arbeitern bis auf den heutigen Tag befolgt worden sind. Doch muss derselbe aufrichtig gestehen, dass er bezüglich der Ab- weichung von der Orthographie des 17^^° Jahrh. gerne noch um einen Schritt weiter als Erdmannsdörffer gegangen wäre. Eine Einigung über die Principien, nach denen Actenstücke des ITten und Ißteu Jahrh. edirt werden sollten, thäte dringend Noth. Nur in einer Hinsicht hat der Herausgeber eine Aen- derung in der bisher bei dieser Urkundenpublication angewen- deten Methode eintreten lassen, indem er bei jedem Actenstücke angegeben hat, in welcher Ausfertigung es ihm vorgelegen hat. Es wurden dabei Autogramme, Originalien, Concepte und Co- pien von einander geschieden; mit Autogramm jenes Stück be- zeichnet, welches wirklich von der unterzeichneten Person geschrieben wurde, mit Original jenes, das blos eigenhändige

Y 0 r w 0 r t. IX

ünterzeiehimng aufweist, im übrigen aber von Cancellisten ge- schrieben worden ist. Eine weitere Unterscheidung der ver- schiedenen Formen der Concepte schien überflüssig. Auto- gramme sind in der Weise mitgetheilt worden, wie Urkunden des Mittelalters edirt zu werden pflegen, d. h. mit Beibehaltung fast sämmtlicher Merkmale des Schriftcharacters. Die verhältnis- mässig geringe Anzahl solcher Autogramme, die in der vor- liegenden Publication erscheinen, dürfte hinreichen, erkennen zu lassen, dass von einer Consequenz bei der damaligen Schreibweise keine Rede sein kann. Im übrigen galt, wie dies auch bei den übrigen Bänden der Fall war, als Editions- princip die Beibehaltung des Sprachlichen und die Aenderung des Orthographischen. Doch m'öchte der Herausgeber wie dies Erdmannsdörffer seinerseits gethan nicht unterlassen zuzuo-estehen, dass er sich in vielen Fällen ausser Stande sah mit Bestimmtheit zwischen Sprachgebrauch und Orthographie zu scheiden. Da die Collationirung des Druckes mit den Originalien durchgeführt werden konnte, glaubt der Heraus- geber wenigstens im allgemeinen dafür bürgen zu können^ dass die sprachlichen Inconsequenzen, die sich oft in ein und demselben Actenstücke finden wie z. B. nicht und nit, Vortl und Vorteil, weil und weilen u. a. m. den Schrift- stücken eigen sind. Auch die Namen von Personen und Orten wurden meist in der richtigen Schreibweise wieder- gegeben. Lateinische, französische, italienische Schriftstücke sind im allgemeinen in der Form wiedergegeben, die uns überliefert ist.

Bezüglich der einleitenden Bemerkungen, die den ein- zelnen Abschnitten vorangestellt sind, glaubt der Herausgeber nur erwähnen zu müssen, dass dieselben blos dazu dienen sollen, in grossen Zügen die diplomatischen Beziehungen der beiden Staaten im Zeitalter des Kurfürsten Friedrich Wilhelm darzustellen und den Werth der mitgetheilten Documente an- Mater, z. Gesch. (1. G. Kurfürsten. XIV. B

X Vorwort.

zudeutei). Die Noten sind vielleicht etwas reichlicher als in anderen Bänden; eine P^rscheinung, deren Erklärung einerseits in der Nothwendigkeit gefunden werden muss, auf die bereits erschienenen Bände der Urkunden und Actenstücke, auf Pufen- dorf und Droysen zu verweisen, andererseits in dem Bestreben des Herausgebers durch Heranziehung eines oder des anderen Werkes älteren oder jüngeren Datums eine Handhabe zur Beurtheilung des Mitgetheilten zu bieten, wobei jedoch keines- weges an eine Kritik der einzelnen Nachrichten gedacht worden ist.

Der erste Theil des Werkes, der hiemit der Oeffentlich- keit übergeben wird, enthält die Actenstücke bis zum Aus- bruche des schwedisch-brandenburgischen Krieges im Jahre 1675. Der zweite Theil der ein beide Bände berück- sichtigendes Register enthalten wird dürfte längstens inner- halb Jahresfrist in den Händen der Benutzer sein.

Schliesslich sei es dem Herausgeber gestattet, die ange- nehme Pflicht zu erfüllen, dem Director des Haus-Hof- und Staatsarchives zu Wien, S»". Excellenz H-^ Geheimrath Alfred R. V. Arneth, dem eifrigen Förderer aller wissenschaftlichen Bestrebungen, sowie H^ Staatsarchivar D'". G. Winter, der den Herausgeber mit unermüdlicher Ausdauer bei seinen Arbeiten unterstützt hat, seinen verbindlichsten Dank auszusprechen.

Wien. 24. Mai 1890.

A. F. Pribram.

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Inhalt.

Seite

Vorwort V

Inhalt XI

I. Mission Blumenthals. Der Jülich-clevische Streit. Die Jägerndorfer Streitfrage. 1640—165-1.

Einleitung o

Acten 14

IL Der nordische Krieg. 1655 1660. Missionen Fernemonts, Schütz's Strozzi's.

Einleitung 65

Acten 76

III. 1660 1664. Mission Lisola's.

Einleitung 127

Acten 134

IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Januar 1665 Mai 1668.

Einleitung 191

Acten 199

V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Einleitung 389

Acten 400

VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

Einleitung 501

Acten 511

/

1.

Mission Blumentlials. Der Jülich-

clevisclie Streit.

Die Jägerndorfer Streitfrage.

1640—1654.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV.

^

Einleitung.

Als Bundesgenosse Kaiser Ferdinand III. schied Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg aus dem Leben. Fünf Jahre vor seinem Tode hat er sich entschlossen, Parteigänger des Wiener Hofes zu werden. Nicht aus Neigung für das Reichsoberhaupt eine solche lag ihm fern , sondern lediglich in der Ueberzeugung, dass die Politik der freien Hand unter den gegebenen Verhält- nissen nicht aufrecht zu erhalten sei und in der Hoffnung, durch den Anschluss an den Kaiser die Durchführung seines vornehmsten territorialen Anspruches den auf Pommern zu ermöglichen. Diese grösste und älteste Anwart- schaft vom Kaiser und Reich garantirt zu wissen, schien dem Kurfürsten mit keinem Zugeständnisse zu theuer bezahlt. Er liess sich, um dieses Ziel zu er- reichen, die Schwächung seiner territorialen Selbständigkeit gefallen, er willigte darein, dass seine Truppen zugleich für Kaiser und Reich in Pflicht genommen wurden. Das Resultat des gemeinsam geführten Kampfes um den Besitz dei- 1637 heimgefallenen pommerschen Lande entsprach aber den Erwartungen, die man hegte, durchaus nicht. Wohl gelang es den brandenburgischen Truppen im Frühjahre 1638 sich des grössten Theiles Vorpommerns zu bemächtigen ; allein bald genug gieng das eroberte Gebiet wieder verloren. Die Entscheidung über das Schicksal Pommerns hieng aber und darin lag das wesentliche überhaupt weniger von dem Resultate des zwischen Brandenburg und Schweden geführten Kampfes, als von dem Ausgange der grossen Conflicte ab, in welche die Häuser Bourbon und Habsburg gerathen waren. Diese Entscheidung war noch nicht gefallen, als nach dem Tode Georg Wilhelms sein einziger Sohn, Friedrich Wilhelm, den Thron seiner Väter bestieg.

Es waren ungewöhnlich schwierige Verhältnisse, unter denen der junge Fürst im Jahre 1640 das Regiment antrat. Die Politik seines Vaters hatte sich nicht bewährt. Der innige Anschlass an das Haus Habsburg hatte nicht zur Erwerbung Pommerns, wohl aber zur Isolirung Brandenburgs, zur Schwächung der kurfürstlichen Macht in den Marken geführt. Auf diesem Wege durfte man. sollte die Existenz des brandenburgischen Staates nicht aufs Spiel gesetzt werden, nicht fortschreiten. Die Lösung der deutschen Frage im Sinne der

4 Kinleitung'.

llalishiiigei' koiuil»' nur ziiiii Siege des Katliolicisiuiis und des kaiserlichen Ab- sülutisnuis führen und Brandenburgs Zukunft lag in der Stärkung der pro- testantischen Territorialgewalt. Dazu kam, dass, wie die Verhältnisse lagen, selbst im Falle des Anschlusses an den Kaiser, eine Förderung der brandeii- burgischen Frbansprüche auf Pommern nicht zu erhoffen war. Denn Ferdi- nand III., damals bereits ausser Stande gegen die vereinigte Macht der Fran- zosen und Schweden anzukämpfen, suchte die Letzteren für einen günstigen Separatfrieden zu gewinnen und war bereit Pommern zu diesem Zwecke zu opfern. In diesem Sinne hatte er Avenige Wochen vor dem Tode Georg Wil- helms die Reichsstände aufgefordert, die Frage der scliwedischen SatiAfaction zum Gegenstande ihrer Berathungen zu machen, und die Bereitwilligkeit mit der die Vertreter der Kurfürsten von Baiern und Köln für die Vornahme dieser Frage stimmten. Hess mit Sicherheit eine den Interessen Oesterreichs ent- sprechende Friedigung dieser Angelegenheit erwarten '). Für Brandenburg aber bedeutete die Anerkennung der schwedischen Herrschaft in Pommern nicht nur den Verlust dieses weiten für die fernere Entwickelung des branden burgischen Staates unentbehrlichen Gebietes, sondern auch die unmittelbare Nachbarschaft der gewaltigen nach Vergrösserung des Besitzes und des Einflusses strebenden schwedischen Militärmacht. Wohin sich aber wenden, um dieser Katastrophe vor- zubeugen? Im Reiche hatte der Kurfürst von Brandenburg nur wenige Freunde, im Auslande gar keine. Der sofortige gänzliche Bruch mit der von seinem Vater in den letzten Jahren beobachteten Politik, der innige Anschluss an des Kaisers Feinde. ein Vorschlag, der ihm von verschiedenen Seiten gemacht wurde , war viel zu gewagt und die Aussicht von Schweden als Lohn für diesen Schritt Pommern zu erhalten viel zu gering, als dass der junge Fürst auf diese Rath- schläge hätte eingehen können; ganz abgesehen davon, dass ihn die oppositio- nelle Haltung der Stände und die grosse Schuldenlast, die er vorfand, nöthigten, für's erste jeden Schritt zu vermeiden, durch den er in Gonflicte gerathen konnte, die nur durch das Schwert zu entscheiden waren. Unter diesen Umständen, wo die Fortsetzung der bisherigen Politik, die insbesondere von dem für Oester- reich ganz gewonnenen Schwarzenberg empfohlen wurde, ebenso unzweckmässig schien, als der sofortige Anschluss an Habsburgs Gegner, wird es als Zeichen eines richtigen, staatsmännischen Blickes angesehen werden müssen, dass Frie- drich Wilhelm, obgleich jung, ehrgeizig und von verschiedenen Seiten zum Kriege gedrängt, sich für jene Politik der bewaffneten Neutralität entschied, durch die allein er sein innerlich schwaches, von allen Seiten bedrohtes Land vor gänzlichem Untergange zu schützen vermochte. Die Haltung dem Kaiser gegenüber und nur diese ist Gegenstand dieser Betrachtung war damit gegeben. Es galt, sich der kaiserlichen Autorität, welche bisher bestimmend auf die Entschliessungen der kurfürstlichen Politik eingewirkt hatte, nach und nach zu entziehen, die pommersche Successionsfrage falls mit Schweden selbst ein entsprechendes Abkommen nicht sollte getroffen werden können van dem Forum des Reichstages, wo eine die Interessen Brandenburgs berück-

') Vergl. Ulk. u. Act. I. CM.

Einleitung. 5

sichtigende Erledigung nicht zu erwarten war, weg, vor das der gesammten europäischen Diplomatie zu ziehen und durch Anknüpfung besserer Beziehungen zu den einflussreichsten Fürsten des Continentes, einen Ersatz für den bis- herigen Rückhalt an das Reichsoberhaupt zu finden. Der Gang der im Laufe der ersten Regierungsjahre Friedrich Wilhelms in diesem Sinne mit dem Wiener Hofe und dessen Vertretern geführten Verhandlungen ist aus den im ersten und Vierten Bande der „Urkunden und Acten'^ mitgetheilten Documenten deutlich zu ersehen ').

Gegen Schwarzenbergs Antrag, die pommerische Successionsangelegenheit auf dem Reichstage zu Regensburg entscheiden ?u lassen und sich den Ver- fügungen des Kaisers zu unterwerfen-), entschloss sich der junge Fürst dem sächsischen in Regensburg abgegebenen Gutachten seine Zustimmung zu geben, nach welchem die Frage der Entschädigung Schwedens als eine causa externa auf dem allgemeinen Congresse erledigt werden sollte^) und liess überdies von den Vertretern Ferdinand III. das Versprechen fordern, dass die zu Hamburg zwischen Oesterreich und Schweden begonnenen Verhandlungen ohne Mitwirkung des Kurfürsten von Brandenburg nicht fortgesetzt werden sollten ^). Der Wiener Hof erwies sich sehr entgegenkommend; er billigte die Forderungen des jungen Fürsten, stellte ihm die Absendung eines Bevollmächtigten nach Hamburg frei und verpflichtete sich, nur mit Gutheissung des kurfürstlichen CoUegiums in der pommerschen Frage bindende Abmachungen zu treffen. Kein Zweifel, dass diese freundliche Haltung der Wiener Regierung der Hoffnung entsprang, den Kurfürsten ganz zu gewinnen, eine Hoffnung, die um so berechtigter schien, als Friedrich Wilhelm, obgleich persönlich der heftigste Gegner Schwarzenbergs, im Hinblicke auf den Zustand seines Staates, von der Entsetzung des verhassten Mannes der die Österreichische Partei am Berliner Hofe vertrat abge- standen war. Allein bald genug trat der Gegensatz der österreichischen und brandenburgischen Politik scharf und klar hervor. Die Entscheidung des Kur- fürsten bezüglich des Ortes, an dem die pommersche Successionsangelegenheit erledigt werden sollte und seine Haltung gegenüber den von Sclnvarzenberg bezüglich der inneren Verhältnisse getroffenen Verordnungen, sowie die Heran- ziehung von Männern zu seinem Dienste, die als Gegner des leitenden Staats- mannes galten, Hessen erkennen, dass die ßelassung Schwarzenbergs in Amt und Würden nicht zugleich die Fortdauer des bis dahin herrschenden politischen Sistemes bedeute. In überaus bezeichnender Weise betonte Loben, der Principal- gesandte Friedrich Wilhelms in Regensburg wohl nicht ohne dessen aus- drückliche Ermächtigung , die Selbständigkeit seines Herren, indem er auf die Klagen des Reichsvicekanzlers über das verminderte Vertrauen, das der Kurfürst dem Grafen Schwarzenberg schenke, erwiderte, .,dass I. C. D. theils dero Diener, derer theils Ihr vor diesem zuwider gewesen, theils auch selbst

') L 696 if., 871 ff. IV. 8Uff.

■) Urk. u. Act. I. 697.

^) Ebendaselbst.

') Urk. u. Act. I. 70.') if.

g Killleitung.

ihren Abscheid be.ücliret. Ix'iirlaiibtcn. das ginge Ihrer Kay. May. nichts an und würde verhoffentlicli liicht wol jemand zu finden sein, die sich unterstehen wollte, I. C. D. vorzuschreiben, wie Sie Ihren Hofstaat formiren und was Sie vor Leute im Dienst nehmen, behalten oder abdanken sollten" '). Und kurz darauf zeigte es sich, dass man diese Selbständigkeit nicht auf die "Wahl der Räthe zu beschränken Willens war. Denn die Versuche des Kaisers und seiner Vertreter in Regensburg, sowie des eigens zu diesem Zwecke nach Königsberg gesendeten Grafen Martinitz, den Kurfürsten zur Wiederaufnahme des Kampfes gegen die Schweden zu vermögen -'), blieben ohne Erfolg. Friedrich Wilhelm weigerte sich auf das entschiedenste mit den Schweden weiter zu kämpfen und führte, aller Bemühungen der Wiener Regierung ungeachtet, die Idee der Her- stellung eines Waffenstillstandes im Laufe des Jahres 1641 durch. Zu gleicher Zeit machte sich beim Kurfürsten bezüglich der Reichsfragen eine entscheidende Meinungsänderung bemerkbar. Bereits im April 1641 hatte er seinen Vertretern in Regensburg seine Ansicht in diesen Dingen dahin eröffnet „Was den Prager Frie- densschluss, die Reichsgravamina und das Kaiserl. Hof und Cammergericht zu Speier betrifft, halten Wir es avoI nicht dafür, dass es beim Prager Friedensschluss gelassen werden könne, dieweil eben darum und nicht um Pommern, wie man Uns einbilden will, der Krieg eigentlich geführt wird; sondern es wird derselbe bei den künftigen Tractaten wol in vielen geändert werden müssen'*).'^ Damit war der Bruch mit der von seinem Vater vertretenen Richtung vollzogen. Der Prager Friede, der die Unterwerfung der Hohenzollern bedeutet hatte, wurde von Friedrich Wilhelm nicht anerkannt; er erklärte, durch das Vorgehen des Wiener Hofes aller Verpflichtungen gegen denselben ledig zu sein und betonte scharf und klar seine Stellung als evangelischer Fürst*). Aber noch in einem anderen Punkte traten die differirenden Interessen des Kaisers und des Kur- fürsten zu Tage. Für Ferdinand HI. war es von besonderem Vortheile gewesen, dass die in den märkischen Ländern lagernden Truppen nicht nur dem Kur- fürsten von Brandenburg, sondern auch dem Kaiser und dem Reiche den Eid der Treue geleistet hatten. Um so empfindlicher musste es ihn daher berühren, dass Friedrich Wilhelm auf das energischeste mit der Reduction und Auflösung dieser Truppen begann und diesem Doppelverhältnisse der Armee zum Landes- herrn und zum Kaiser ein Ende zu machen beflissen war^). Nach alle dem konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass der junge Fürst nicht in den Bahnen seines Vaters zu wandeln gewillt, vielmehr entschlossen war, durch geschickte Benützung der Verhältnisse der Idee einer selbständigen auf Erhaltung und Vergrösserung des ererbten Besitzes gerichteten Politik zum Siege zu verhelfen. In diesem Sinne sind denn auch alle Bestrebungen des

^) Ulk. u. Act. I. 720.

'^) Vgl. Droysen Gesch. der preussischen Politik III. 22Sf. Acten über diese Sendung des Grafen Martinitz haben sich im Wiener Archive nicht voigefundeu.

3) ürk. u. Act. I. 737 f.

*) Vgl. die bezeichnenden Stellen in des Kurfürsten Weisung vom 2. Juni 1641.

Urk. u. Act. I. 745 ff.

'") Die darüber geführten Verhandlungen ürk. ii. Act. I. 739 ff.

Eiuleitung. 7

Kiirfürsten in den ersten 8 Jahren seiner Regierung gemeint gewesen. Von der Fortsetzung des Krieges erhoffte er für seine Zwecke nichts; daher sein unablässiges Drängen auf Beendigung desselben. Niemand hat, als im Jahre KUl die Frage über Fortführung oder Beendigung des Krieges zur Verhand- lung kam. schärfer die Bedenken gegen die Fortdauer des Kampfes klargelegt, als die Vertreter Friedrich Wilhelms. Sie behaupteten und der Kurfürst l)illigte ihre Erklärungen , dass der Krieg kein gerechter sei und längst hätte l)ecndigt werden können ; sie wiesen nach, dass zur Fortsetzung des Krieges alle Mittel fehlten: dass daher unter allen Umständen der Friede erwirkt wer- den müsse, für dessen Durchführung sie in erster Linie allgemeine Amnestie, Aufhebung des Edictes von 1629, Erläuterung des Religionsfriedens in einer die evangelischen Interessen berücksichtigenden Weise, Abänderung einiger Punkte des Prager Friedens, Abstellung der Gravamina, Revision des Justiz- wesens und die Beilegung der Hauptstreitfragen bezüglich der Reichsverfassung forderten^). Und als dann der Krieg von neuem ausbrach, hielt der Kurfürst, aller Bemühungen des Kaisers und dessen Anhänger ungeachtet, die ihn zur Wiederaufnahme des Kampfes zu bewegen suchten, an dem vom Beginne der Regierung an gefassten Plane der strengen Einhaltung einer bewaffneten Neu- tralität fest. Dieser Politik der Rücksichtsnahme auf die eigenen Interessen 'Mitsprach auch die Haltung des Kurfürsten in der Frage der pommerischen Restitution. Rettung vor den Ansprüchen der Schweden gewährte, das wusste der Kurfürst, weder Kaiser noch Reich. Nur das Eintreten der Grossmächte Eu- ropa's, denen eine allzugrosse Machterweiterung Schwedens bedenklich erscheinen musste, konnte ihn retten. Daher sein unablässiges Drängen auf Ueberweisung der pommerischen Restitutionsfrage an den allgemeinen Congress, daher seine Freude als dieser Versuch von Erfolg begleitet, als die Möglichkeit einer Eini- gung zwischen Schweden und dem Kaiser über die Geschicke Pommerns durch das Eingreifen der französischen Diplomatie endgiltig beseitigt war. Begreif- licher Weise war unter solchen Verhältnissen, bei der entschiedenen Weigerung Friedrich Wilhelms die Sache des Kaisers zu fördern, ihm zu Liebe auf die Durchführung seiner verschiedenartigen Ansprüche zu verzichten, von einem innigen Verhältnisse der beiden Regierungen keine Rede.

Der Wiener Hof war über die selbständige, den Interessen des Kaisers wenig Rücksicht tragende Politik des jungen Kurfürsten sehr entrüstet und wenn dieser Missbilligung nicht deutlicher Ausdruck gegeben wurde, so hatte dies seinen Grund lediglich darin, dass man Friedrich Wilhelm durch ein offenes Bekenntnis der Unzufriedenheit und durch ein schroffes Ablehnen jedes diplomatischen Verkehres mit demselben zu beleidigen und ganz auf die Seite der Gegner zu drängen fürchtete, was im Hinblicke auf die schwierige Lage des Kaisers unter allen Umständen vermieden werden musste. Doch blieb der Verkehr der beiden Höfe bis zum Abschluss des westphälischen Friedens ein äusserst beschränkter. Von dauerndem Aufenthalte eines Gesandten ist keine Rede; nur zur Intervention bei besonderen Gelegenheiten erscheinen die

') Urk. u. Act. L 7.Ö3.

3 Einleitung.

Vertreter der einen oder der anderen Macht an den Nachbarhöfen. In diesem Sinne sind die Sendungen von Loben und Kleist nach Wien in den Jahren 1641, 1644 und 1647'), die Georgs von Plettenberg nach Berlin im Jahre 1646 aufzufassen -) ; in diesem Sinne auch die Sendung Blumenthals an den Hof Friedrich Wilhelms im Jahre 1647.

Anlass zu dieser Mission ßlumenthals, mit der die vorliegende Publication eröffnet werden soll, gab das vom Kaiser tief empfundene Bedürfnis, einen Er- satz für die durch Baierns Abfall erlittene Schwächung zu erlangen und der Wunsch noch einmal das Kriegsglück gegen Schweden zu versuchen. Maxi- milian von Baiern hatte sich durch den mit Habsburgs Gegnern am 14. März 1647 zu Ulm geschlossenen Neutralitätsvertrag verpflichtet von jeder Feind- seligkeit gegen Frankreich und Schweden abzustehen, jede Verbindung mit dem Kaiser aufzugeben, eine Reihe wichtiger Plätze an die Schweden abzutreten^). Die Folgen von Baierns Abfall zeigten sich sogleich. Wrangel sammelte seine Truppen und setzte sich gegen Böhmen hin in Bewegung. Man erwartete auf schwedischer Seite keinen erheblichen Widerstand des Kaisers ; man hoffte den- selben leicht zu besiegen und dann zur Unterzeichnung eines den schwedischen Interessen ensprechenden Friedensvertrages zu zwingen. Selbst den Franzosen war die den evangelischen Standpunkt überaus scharf hervorkehrenden For- derungen der Schweden nicht recht. Umso lebhafter machte sich am Wiener Hofe das Bestreben geltend, dieselben zurückzuweisen. Der Kaiser dachte ernst- lich daran, noch einmal eine grosse Action gegen Schweden in Scene zu setzen und entwickelte, gedrängt von der spanischen und jesuitischen Partei, eine un- gewöhnliche Energie. Er erliess Avocatorien an die im baierischen Dienste stehenden Truppen, denen Soldaten und Führer Folge leisteten, und suchte Spanien, Dänemark, Sachsen, Braunschweig und andere Mächte zu gemeinsamen Operationen zu vermögen'*). Auch Brandenburg sollte nun für diesen Plan einer letzten bewaffneten Abwehr der schwedischen Angriffe gewonnen werden. Man wusste, dass gegen Schluss des Jahres 1646 eine gänzliche Aenderung der kirrfürstlichen Politik stattgefunden, dass Friedrich Wilhelm den Gedanken fallen gelassen hatte, die pomraersche Frage durch eine enge Verbindung seines Hauses mit dem der Wasa zu lösen und jede Umkehr durch seine Heirath mit der Tochter des Oraniers unmöglich gemacht hatte. Man wusste auch, wie ungern sich der Brandenburger den Forderungen Schwedens gefügt, wie schwer Friedrich Wilhelm sich zur Verzichtleistung auf den grössten Theil von Vor- pommern entschlossen, wie ernstlich er sich mit dem Gedanken getragen hatte im Vereine mit Dänemark, Polen und den Staaten den Kampf gegen die Schwe-

') Urk. n. Act. I. 790, 871 fi'.; IV. 814 ff. Für die Mission Kleists ist auch zu vergl. Koch M. Gesch. des deutschen Reiches unter Ferd. 111. II. 391 ff.

-) Urk. u. Act. I. 475, u. a. 0.

^) Der ülmer Neutralitätsvertrag Baierns mit Frankreich und Schweden ist ge- druckt bei Condorp Act. publ. VI. 186 ff. (mit Schweden). Meiern Acta Pacis West. V. 6 ff. (mit Frankreich).

*) Vergl. Koch M. 1. c. II. 2G3ff.; Dioysen 1. c. Uli. 323ff

Eialeitung. 9

den aiifzanelimeii. Um so eher dachte man ihn jetzt gegen das Versprechen, ganz Pommern für ihn zu gewinnen, zur energischen Antheilnahme an dem Unternehmen gegen Schweden zu vermögen. Und keine geeignetere Persön- lichkeit hätte man zu diesem Zwecke auswählen können, als Joachim Friedrich von Blumenthal, der Jahre lang dem Kurfürsten Georg "Wilhelm gedient hatte, l>ei Friedrich Wilhelm in hohem Ansehen stand, demselben auch als kaiser- licher Coramissär gute Dienste geleistet hatte und als Vasall des Kurfürsten ^on vorneherein auf herzlichen Empfang und vertrauensvolles Entgegenkommen rechnen durfte '). Die im nachfolgenden mitgetheilten Actenstückc zeigen den Verlauf der von Blumenthal am kurfürstlichen Hofe gepflogenen Verhandlungen. Dieselben haben bekanntlich zu keinem Ergebnisse geführt; vornehmlich dess- halb, weil Friedrich Wilhelm, solange Baiern dem Kaiser feindlich gegenüber- stand, den Kampf gegen die Feinde des Hauses Habsburg aufzunehmen, für allzu gefährlich hielt, später aber in den sichtbaren Fortschritten der mit den bairischen Truppen. seit dem Herbste 1647 wiedervereinigten kaiserlichen Armee für sich keinen Vortheil erblickte und überdies an der Aufrichtigkeit der kai- serlicherseits gemachten Anerbietungen zweifelte. „Ahn Kayserlicher undt Span- nischer seiften, schrieb der Kurfürst wenige Monate vor der Ankunft Blumen- thals, Werden Sie alles thun, Was ich begeren werde , daferne ich mich nur mitt Ihnen coniungiren W^erde, aber es ist zu besorgen nur so lange, als Sie meiner Werden von notten haben-)." Und er täuschte sich nicht. Der Wiener Hof zeigte, sobald der Ausgleich mit Baiern erfolgt war, geringe Neigung, die von Friedrich Wilhelm geforderten Zugeständnisse zu machen , zu denen in erster Linie die Räumung Hamms, die Verschonung der Grafschaften Mark und Ravensberg mit Contributionen , die Lösung der jülischen wie der jägerndorfischen Fragen gehörten. Und dies, obgleich Blumenthal und der wenige Monate später mit Friedrich Wilhelm verhandelnde kaiserliche General Melander von Holzapfel in ganz bestimmter Weise für die Befriedigung der kurfürstlichen Forderungen eintraten, Avenigstens soweit diese die Räumung Hamms und die Verschonung der Grafschaften Mark und Ravensberg mit Con- tributionen betrafen. Begreiflich daher, dass Friedrich Wilhelm in seiner Mei- nung von der Eigennützigkeit der kaiserlichen Politik bestärkt und bewogen wurde, auch fernerhin strenge auf die Einhaltung der Neutralität zu sehen, und immer von neuem auf die Beendigung des Krieges drang. Der sehnsüchtig erwartete Friede kam endlich zu Stande. Freilich ein Universalfriede, wie ihn der Kurfürst gewünscht hätte, war es nicht. Frankreich und Spanien blieben nach wie vor offene Feinde und die Verhältnisse im Norden, die Bewegungen in Schweden und Polen Hessen den baldigen Wiederausbruch des Krieges erwarten. Aber auch sonst entsprach der Friede von 1648 nicht in jeder Hinsicht den Wünschen Friedrich Wilhelms. W^enn er sich schweren Herzens entschlossen hatte, Rügen, Vorpommern nebst Stettin an Schweden abzutreten, so hatte er dies in der Voraussetzung gethan, durch dieses Opfer in gute Beziehungen zu

*) Ueber Bhimentbal verffl. Deutsche Biographie II. 752 f. 0 Ulk. u. Act. IV. 5.34.

10 Einleitung.

der ihn bedrohen den schwedischen Militärmacht zn treten nnd ungehindert in den Besitz der ihm als Ersatz zugewiesenen Domainen zu gelangen. Nun war aber auf dem Friedenscongresse die Grenzregulirung zwischen Brandenburg und Schweden nicht erfolgt, vielmehr die Austragung dieser Angelegenheit den bei- den Mächten selbst überlassen worden, deren gänzlich differirende Interessen eine gütliche Beilegung des Streites nicht erhoffen Hessen. Und ebenso wenig gelang die sofortige Besitzergreifung der dem Kurfürsten durch den Friedens- vertrag zugewiesenen deutschen Gebiete. Auch hier traten die Schweden dem Kurfürsten hinderlich in den Weg. In Halberstadt und Minden weigerten sich die schwedischen Officiere das von ihnen in Besitz genommene Territorium zu verlassen. Und doch durfte Friedrich "Wilhelm es nicht wagen, den Schweden den Krieg zu erklären, da er bei der financiellen Ohnmacht seines Landes und bei der oppositionellen Gesinnung der Stände, die seine Schwäche in ihrem Interesse zu benützen und vor allem jeden Ansatz zur Kräftigung der landes- herrlichen Gewalt im Keime zu ersticken bestrebt waren, ausser Stande war, den Kampf gegen den überlegenen Gegner mit Erfolg zu führen. Allein alle seine Vorschläge, welche dahin giengen, auf gütlichem Wege eine Einigung zu erzielen, wurden von der schwedischen Regierung zurückgewiesen. Ewald von Kleist, der sich als Vertreter Friedrich Wilhelms nach Stockholm begeben hatte, kehrte nach IV2 jährigem Aufenthalte in der nordischen Hauptstadt ohne einen Erfolg erzielt zu haben ') im Februar 1651 nach Berlin zurück und die Ver- handlungen der Grenzregulirungscommission in Stettin Hessen deutlich erkennen, dass die SchAveden nicht gewillt waren, von ihrem vermeintlichen Rechte um Haares Breite zu -weichen. In dieser Lage gab es für Friedrich Wilhelm nur eine Rettung. Der Kaiser allein, er, der nur der Noth gehorchend den Frieden mit Schweden geschlossen und dessen Macht?uwachs im nördlichen Deutschland nur ungern gesehen hatte, konnte ihn aus seiner Lage befreien. Schweden war ja durch den Besitz von Vorpommern Mitstand des Reiches geworden , als solcher genöthigt Rücksicht auf die Wünsche des Reichsoberhauptes zu nehmen, und das umsomehr, als Christine mit Vorpommern noch nicht belehnt worden war und es in dem Belieben des Kaisers stand, der Königin die Belehnung zu versagen und ihren Vertretern jeden Antheil an den Berathungen des bevor- stehenden Reichstages zu verweigern, bis die Restitution von Hinterpommern erfolgt sei. Die Verhandlungen, die Friedrich Wilhelm in diesem Sinne durch Matthias von Crockow seit dem Frühjahre 1651 am Wiener Hofe pflegen Hess, sind im 4. Bande der Urkunden und Acten ausführhch erörtert worden-'). Die- selben haben bekanntlich zu keinem Ergebnisse geführt. Die Berechtigung der kurfürstlichen Forderungen wurde zwar von dem Reichshofrathe anerkannt und die entsprechenden Ermahnungsschreiben an die Königin von Schweden ab- gelassen, allein zu energischen Massregeln kam es nicht, vornehmlich desshalb, weil es nicht im Interesse des Wiener Hofes lag, in diesem Momente, wo der Reichstag vor der Thüre stand, der über die Stellung des Reichsoberhauptes

') Für diese Verbandlungen Urk. u. Act. lY. 82'Jif. ■') Urk. u. Act. IV. 837 f.: 89011.

Einleitung. 11

zu den Ständen die Entscheidung Illingen musste, mit dem schwedischen Hofe um dieser poramerschen Differenz willen in ernstliche Conflicte zu gerathen; dann aber auch weil man in Wien eine Schwächung der kurfürstlichen Macht nicht ungern sah. Anders freilich gestalteten sich die Dinge, als Ferdinand III. mit dem Plane hervortrat, seinen Erstgeborenen noch bei seinen Lebzeiten zum römischen König wählen zu lassen. Die Durchführung dieser Wahl war eine Sache von so Aveittragender Bedeutung und lag dem alternden Kaiser so am Herzen, dass es möglich wurde, Ferdinand III. zu energischen Massregeln gegen die Schweden zu vermögen, und dies um so mehr, als man am Wiener Hof sehr wohl wusste, dass von der Zustimmung Friedrich Wilhelms die günstige und schleunige Erledigung der Wahlsache abhieng. In der That haben denn auch zwischen Ferdinand 111. und Friedrich Wilhelm in Prag, wohin der Kaiser Herbst 1652 die Wähler zu einer Besprechung berief, Abmachungen stattgefunden, durch die der Kaiser sich dem Kurfürsten gegenüber verpflichtete, den Schweden weder die Belehnung noch einen Indult für dieselbe zu erthei- len, und ihnen solange Sitz und Stimme auf dem Reichstage zu verweigern, bis sie dem Kurfürsten den Besitz von Hinterpommern zugestanden haben wür- den '). wogegen Friedrich Wilhelm seine Zustimmung zur Vornahme der Wahl Ferdinand IV. gab-). ' Das Eingreifen des Kaisers hatte den gewünschten Erfolg. Die Schweden mussten sich bequemen, ihre Zustimmung zu einer die Interessen des Brandenburgers berücksichtigenden Beilegung der Grenzregulirnngsstreitig- keiten zu geben. Am 16. Juni 1653 erfolgte zu Stettin die feierliche Ueber- gabe von Hinterpommern an die brandenburgischen Commissäre; am 30. Juni die Eröffnung des Reichstages zu Regensburg; einen Monat vorher war Ferdi- nand IV. zum römischen König gewählt worden. Das gemeinsame, einträch- tige Vorgehen des Wiener und Berliner Hofes in der pommerschen Grenzregu- lirungs- und in der Wahlfrage erregte in der diplomatischen Welt ungeheueres Aufsehen. Sollten doch auf dem bereits einberufenen Reichstage die wichtigsten Fragen über die Stellung des Reichsoberhauptes zu dessen Gliedern erörtert werden. War nun das Verständnis der beiden Höfe ein vollkommenes, ent- schloss sich Friedrich Wilhelm, mit der bisher verfolgten Politik der freien Hand zu brechen, sich ganz dem Kaiserhofe anzuschliessen und dessen Interesse zu vertreten, dann war für die Opposition nicht viel zu hoffen, dann durfte der Wiener Hof mit grosser Beruhigung der Entscheidung entgegensehen. In der That gab es Männer in der Umgebung des Kurfürsten, w^elche den völligen Anschluss an den Kaiser riethen; vor Allen Blumenthal, der AAaeder in den Dienst des Kurfürsten getreten und im Sinne einer Einigung seiner beiden Herrn zu wirken bestrebt war. In Prag Avaren auch Ansätze zu einem Aus- gleiche der schwebenden Streitfragen gemacht worden; allein sobald die Wahl- und die pommersche Grenzregulirungsfrage erledigt' waren, zeigten sich die

') Meiern, Acta Corait. Ratisp. ]. 21.

-) Acten über die in Prag gepflogenen Berathungen haben sich im Wiener Archive nicht vorgefunden: was im 4. Bande der Urk. u. Act. 0J5fi'. mitgetheilt ist, reicht nicht bin, um den dort gopflogenen Berathungen bis in's Einzelnste zu folgen.

12 Einleitung.

Gegensätze der beiderseitigen Interessen in ihrer vollen Schärfe. Die Be- mühungen des Kurfürsten, für Jägerndorf und für die Breslauer Schuld eine entsprechende Entschädigung zu erhalten, blieben erfolglos, seine Intervention zu Gunsten der Protestanten in den österreichischen Erbländern, sowie seine Bestrebungen, das Reichsjustizwesen in einer den Interessen der Evangelischen entsprechenden Weise zu reformiren, fanden keine Berücksichtigung, seine Oppo- sition gegen die Geltung der Majoritätsbeschlüsse im Fürstencollegium in Steuer- sachen blieb unerhört. Immer deutlicher zeigte sich, dass zwischen den nach absoluter Herrschaft strebenden katholischen Habsburgern und den nach Selb- ständigkeit ringenden protestantischen HohenzoUern eine schier unübersetzbare Kluft gähnte. Insbesondere am kurfürstlichen Hof brach sich diese Erkennntnis immer mehr Bahn. Friedrich Wilhelm entschloss sich, von Georg Friedrich von Waldeck gedrängt, zu einem entscheidenden Schritte ; er gab die Rücksicht, die er auf dem Reichstage dem Kaiser gegenüber bis dahin beobachtet hatte, auf, stellte sich in vielen Dingen auch im Gegensatze zu seinen Mitkurfürsten an die Spitze der fürstlichen und protestantischen Opposition und bekannte sich offen zu dem in erster Linie von Waldeck betonten Grundsatze, dass die Zu- kunft des brandenburgischen Staates in einer der Verstärkung der kaiserlichen Macht entgegengesetzten Richtung zu suchen sei. Alle Bemühungen der Wiener Regierung wie des Kurfürstencollegiums, Friedrich Wilhelm umzustimmen, blie- ben erfolglos. Die Gründung einer protestantischen Partei unter Brandenburgs Führung wurde vollzogen. Die Folgen zeigten sich alsbald. Die wichtige Frage der Gleichheit der katholischen und protestantischen Stimmen im Kur- fürstencollegiura, sowie jene über die Reichssteuern wurden in einer die In- teressen der Protestanten berücksichtigenden Weise geordnet, bezüglich anderer Dinge eine Erledigung im Sinne des Kaisers verhindert. Brandenburgs Einfluss machte sich überall geltend und da derselbe zu bedeutend war, um überwunden zu werden, entschloss sich der Kaiser zur Auflösung des Reichstages, die dann auch trotz aller Gegenbemühungen der Protestanten, unter denen auch diesmal der Brandenburger in erster Linie thätig war, am 17. Mai 1654 erfolgte.

Die Beziehungen des Wiener und Berliner Hofes zu einander in den Jahren 1648 1654 sind urkundlich bereits im 4. und 6. Bande der „Urkunden und Acten'^ dargelegt worden '). Aus den Beständen des Wiener Archives sind für diese Zeit nur wenige Ergänzungen möglich gewesen. Dieselben betreffen die Haltung des Wiener Hofes während des brandenburg-pfälzischen Conflictes im Jahre 1651 und die in den Jahren 1652 und 1653 in der jägerndorfischen Frage gepflogenen Berathungen.

Bezüglich der ersteren Frage sei bemerkt, dass ich mich, mit Rücksicht auf die zahlreichen bereits publicirten Actenstücke^), auf die Wiedergabe der Con- ferenzprotocolle der Wiener Regierung und auf Auszüge aus den Berichten Hatzfeld's und Anethan's, die zur Schlichtung des Conflictes an die Höfe der beiden streitenden Fürsten gesendet wurden, beschränkt habe. Was sich an

') IV. 8!)()ff. : VI. Iff, 139fl".

-) ürk. w. .\cr. VL lOff.; V. -iOoff.: III. (ifS:

Einleitung. _ 13

angedruckter Correspondenz zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten aus dieser Zeit vorfand, ist von keiner Bedeutung und durfte, soweit es in den Noten keine Verwendung fand, wie ich denke, füglich bei Seite gelassen wer- den. Eine Aenderung der bisherigen Auffassung von der Haltung des "Wiener Hofes in diesem brandenburg- pfälzischen Conflicte werden die im Folgenden mitgetheilten Conferenzprotocolle nicht bewirken. Sie erhärten vielmehr die bereits, bekannte Thatsache, dass die Sympathien der Wiener Regierung auf Seite des Neuburgers standen, dass es derselben aber in erster Linie doch um die möglichst baldige Beilegung dieses den österreichischen Interessen durchaus abträglichen Conflictes zu thun war. Die Auszüge aus den Berichten der kai- serlichen Commissäre Hatzfeld und Anethan dürften eine erwünschte Ergän- zung der von Monier „Märkische Kriegsoberste" 333ff. gegebenen Auszüge aus dem Berliner Archive bieten.

L Mission Blumenthals.

Der Jülich-clevische Streit.

Die Jägerndorfer Streitfrage. 1640 1654.

Mission Joachim Friedrichs von Bkniienthal.

Instruction für Bkuufenthal. Hauptquartier zu Pilsen 19. August 1647. Conc.

[Nothwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens. Bitte um ünterstütziiug.]

19. Auo-. Es ist dem Blumentlial bekannt, dass Baiern mit des Kaisers und des

Reiches Feinden einen höchst präiudicirlichen Waffenstillstand geschlossen ^) und dadurch den Kaiser genöthigt hat, die den Baiern anvertraute Reichsarmee an sich zu ziehen. Blumenthal soll nun dem Kurfürsten, dem der Kaiser traut, den gefährlichen Zustand des Reiches vorhalten, „und dass von beeden Kronen Frankreich und Schweden ohne bessere Zusammenset/.ung der Stände des Reichs unter sich selbst und ihrer mit uns. als dem rechtmässigen Oberhaupt, kein rechter Frieden durch gütliche Tractaten nimmermehr zu hoffen oder zu erlangen, sondern das Reich endlicii zu Grund und Boden gehen und in fremder Völker Dominat und Dienstbarkeit zu un- auslöschlichem Spott der deutschen Nation, unsers lieben Vaterlands ge- rathen müsste, wohl repräsentiren; auch I. Ld. darauf ersuchen und er- mahnen, dass sie in Betrachtung dessen allen und was ihr und iinem Hause darüber für VcM-Just und Schaden kann erfolgen und bereits er-

') Geraeint ist der kurbaierisciie Neutralitätsvertrag mit Frankreich und Schwe- den d. d. 14. ilärz 1G47. Gedruckt u. a. Du Mont. Corps universel diplomatique du droit des gens VI. i. 377fF. Vergl. auch Urk. u. Act. IV. 322. Droysea Gesch. der preuss. Pol. III. 317. Koch il. Gesch. P^erd. III. Bd. II. 282 f.

liluuieiitlials Instruction. Des Kurfürsten Gesinnung. 15

folgt ist, sich mit uns und anderen treuen Chur- und Fürsten recht zu- sammensetzen, uns mit ihren noch bei Händen habenden Kräften wirk- lich unter die Arm greifen und sich daran keine widrige impressiones, als wann es ihrer Religion und Libertet zu Schaden reichen würde, nichts irren lassen."

Blumenthal soll trachten, eine baldige, günstige Erklärung des Kurfürsten zu erwirken').

Blumenthal an den Kaiser. Dat. Cleve 20. Sept. 1647 -). (Aut.)

[Wicqueforts Verbandlungen mit dein Kurfürsten wegen üeberlassung brandenburgi- scher Truppen an Frankreich. Bemühungen Blumenthals das zu verhindern. Des Kurfürsten Erklärungen über Baiern. Unterredung Blumeuthals mit der Princessin von Oranien. Des Kurfürsten Gesinnung.]

Vohr 3 tagen ist einer Ficfort") genandt per posta von paris alhier -20. Sept. eingelanget, der sollicitiret die Überlassung der Churbrandeburgischer Völcker gegen einer nahmhaften summa geldes^). Ich habe Ihrer Chur- fürstl. D. gehorsambst angezaigt, wie sogahr eigentlich hierauss zu sehen wehre, das franckreich keinen frieden begehrete, sondern vielmehr allen Churfürsten die noch wehnige defensiousmittel aus den Henden Spilen wolte; mit uuterthänigster bitte ihn abzuweisen; So auch ganz gewiss geschehen wirdt. Dieser Mensch gibt vohr, dass Chur-Bayern ganz nicht wider die Schweden derweniger franckreich gehen, Sondern die dritte partei in Reich stabiliren undt dadurch den frieden befördern würde. So viel alss ich vernehme, so wirdt man mihr hier keine resolufionen geben, ehe der abgesandter von Clest^) wider angelanget ist, oder ge- schrieben hatt, wes er vohr hoffnung habe zu seiner expedition. Dieser

') Das Creditif für Blumenthal ist datirt Pilsen 19. Aug. 1647, angeführt in Urk. u. Act. IV. fi05.

-) In einem Schreiben d. d. Cleve 14. Sept. 1647 meldet Blumenthal seine An- kunft in Cleve und den freundlichen Empfang, der ihm seitens des Kurfürsten zu Tbeil wurde.

■') Abraham de Wicquefort, diplomatischer Agent; vergl. über ihn Urk. n. Act. I. 612; II. Stf.; Droysen, Zur Quellenkritik der deutschen Geschichte des 17. Jahrb.; Forsch, zur deutsch. Gesch. IV. 24 ff.; über seine Thätigkeit in dieser Zeit Urk. u. Act. I. 657 ff.; Puf. De rebus gestis Fr. W. III. 20: Droysen 1. c. III. 323.

*) Ueber die wirklichen Absichten Frankreichs vergl. Urk. u. Act. I. 664 ff. ; IV. 772 ff.; Droysen 1. c. III. 323.

") Ewald von Kleist; vergl. über ihn Klaproth, Staatsrath 354; über seine Sendung nach Prag 1647—1648 Urk. u. Act. IV. 814 ff. Es handelte sich vornebm- licii um die Räumung der von den kaiserlichen Truppen besetzten Festung Hamm in der Grafschaft Mark,

16 I. Mission Hltimenthals etc.

von pariss ankomineiier Mensch gibt vohr, das fraückreich nicht davohr halte, das friede zu Münster werden könne, den die Schweden wehren zu mächtig in Reich. Es müsse eine (hütte partei in Reich gemacht werden, dieselbe aber müsse ganz nichts gemeines mit E. Mayst. undt dero hauss haben, sondern allein den frieden begehren. Ich habe Ihre Churf. D., welche doch auch ohne dem es gnugsamb mercken, dajegen vorgestellet, das hierauss gnugsamb zu sehen wehre, das franckreich undt Schweden sich mit einander wolverstanden undt hiedurch allein continuation des kriges undt Separation der Stende von E. Kays. Mayst. sucheten. Ihre Churf. D. geben Chur-Bayern zum hohesten unrechten undt halten, das dero Völcker niemandes als E. Kays. Mayst. undt des Reichs waft'en sein, wollen aber davohr halten, dass Chur-Bayern sich baldt eines bessern erkleren werde'). Die alte princessin von Uranien ist noch hier'"*). Mit derselben habe ich lezt lange discuriret undt meinet dieselbe das ohne vorhehrgehende Zusammensezung der Stende kein friede von

Schweden werde zu hoffen sein Das gemüht undt herz Ihrer

Churf. D. und derselben intention gegen E. Kays. Mayst. finde ich gewiss guht; aber es wirdt das werk an ihn selber derselben von teils der Berlinischen Rehten sehr Schwehr undt gefehrlich vohrgestellet undt gerahten sich passive zu halten. Ihre Churf. D. beklagen zum hohesten, das Sie so von mittein entblosset sein, w'ehren Sonsten gewillet sich zu bemühen, von den drei Statischen Regimentern, so abgedanckt sollen werden, etliche Compagnien undt wo müglich 2 Regimenter werben undt richten zu lassen^).

Conferenzprotocoll. Dat. Prag 23. Sept. 1647. Conc.

[Kleists Anerbietungen. Verhandlungen mit demselben.]

23. Sept. Blumenthals Bericht vom 20. Sept. wird verlesen. Zugleich wird gemeldet,

dass Kleist angekommen und wegen Hamm Erklärung verlangt ■*); „nachgehends

') In der That hatte Kurfürst Maximilian von Baiern bereits am 7. Sept. 1647 mit dem Kaiser den Pilsner Vertrag geschlossen, durch den er von dem ülmer Neu- tralitätsvertrage zurücktrat; gedruckt u. a. bei Du Mont. I.e. VI. i 399f. : vergl. Urk. u. Act. IV. 588; Koch 1. c. II. 310ff.

-) Amalie von Solms.

•') Dieser Bericht ist benutzt, und zum Theile widergegeben bei Koch 1. c. II. 377.

•*) Vergl. Urk. u. Act. IV. 814f. In einem Schreiben vom 17. Juli 1647 hatte Erzherzog Leopold Wilhelm dem Kaiser Mittheilung gemacht, dass Friedrich Wil- helm mit Rücksicht auf die ihm zugegangenen Nachrichten von den Plänen der

Verbandlungen mit Kleist. 17

soweit herausgegangen, dass seinen gnädigsten Churfürsten und Herren ganz beschwerlich fallen thäte, dass sich die Schweden des völligen do- minii des baltischen Meers zu unterfangen im Sinn hätten und zu dessen Behuf auch in terra continenti Mechelburg, Pommern, auch die preussische Länder, ohne welche sie dasselbe nicht behaupten könnten, vermittels der Waffen unter ihr Joch zu bringen gedächten; mit dem vertraulichen Andeuten, dass da E. K. M. derselben mit dero Hilf und Assistenz beispringen wollten, so wären auf solchen Fall I. Ch. I). auch erbietig sich in eine Verfassung zu stellen und auf etlich tausend Mann auszurüsten; das müsste aber in solcher Geheim gehalten werden, dass die Schweden das geringste nicht davon, eher Knall und Fall zugleich abgienge, vermerken könnten; dann die Schweden hätten gleichsam itzo das ius vitae et necis über sie und wann mau vor der Zeit damit aus- brechen thäte, würden sie nicht allein ein Bein darüber zerfallen, son- dern auch gar den Hals zerbrechen; sie müssten auch desswegen viel dissimuliren und sich anders gegen sie, als ihnen ums Herz wäre, er- zeigen, welches Gebhard ') ad referendum angenommen."' Die Räthe be- scliliessen dem Kaiser die Billigung von Blumenthals Vorgehen und die Auf- forderung an den Kurfürsten zu empfehlen, wie Baiem für die Erlangung des Friedens zu arbeiten. Mit Kleist aber soll mündlich verhandelt und getrachtet werden, genau zu erfahren, was der Kurfürst wilP).

Blumenthal an den Kaiser. Dat. Cleve 24. Sept. 1647. (Or.)

[Verhandlungen Blumenthals mit den kurfürstlichen Käthen. Erklärungen der Räthe: Stellung Baierns; Brandenburgs Haltung in der Friedensfrage; ünzweckmässigkeit einer Conjunction der kurfürstlichen mit den kaiserlichen Truppen; Nothwendigkeit der Unterstützung des Kurfürsten durch den Kaiser. Erwiderung Blumenthals be- züglich Baierns, der Friedensfrage, der Religionsangelegenheit, der Braunschweiger Fürsten und Pommerns. Nothwendigkeit gemeinsamen Vorgehens. P. S. Abdankung

staatischer Truppen.]

Vor dreien Tagen hat I. Ch. D. Oberkämmerer, der von Borgss- 24. Sept. dorff^), mich ersuchen lassen, zu ihme in sein Zimmer zu kommen,

Schweden -vom Kaiser die Abberufung seiner Truppen aus Hamm und Ersetzung derselben durch die des Kurfürsten und die Neutralitätserklärung für diese in der Mark gelegene Stadt wünsche. Der Erzherzog empfiehlt dieses Begehren dem Kaiser in diesem, wie in einem zweiten Schreiben vom 7. Sept. 1647.

') Justus von Gebhard; Reichshofrath.

-) üeber die Verhandlungen mit Kleist; Urk. u. Act. IV. 81 5f.

") Conrad v. Burgsdorf; Tcrgl. Deutsche Biographie III. 61.5 ff. (B. Erdmanns- dörffer.)

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 2

lg I. Mission Blutnenthals etc.

dann er und andere geheime Räte über meine gethane Proposition sich erstlich gern unter sich eines Gewissen unterreden, und dann ihre Gedanken P. Ch. D. unterthänigst zu erkennen geben wollten: Als ich nun erschien, funde ich vor mir ietztgemelten den von Borgssdorff, den neuen Präsidenten Hörn') und Doctor Seideln'), und fieng der von Borgssdorff an, einen langen Discours zu machen von P. Ch. D. guten Intention und Devotion gegen E. K. M., vornehmlich aber bestund die Proposition in diesen dreien folgenden Puncten: 1. Ob P. Ch. 1). in Bayern actiones auch so gemeinet sein möchten, wie I. K. M. es darfürhielten. 2. : Ob zu hoffen wäre durch neue Handlung aus den Sachen zu kommen, oder was man widerigen falls zu thun hätte. 3. Ob E"". K. M., dem Reich und Ch. D. zu Brandenburg dienete, dass sie jetzt, da sie noch in keiner gnugsamer Verfassung wären, das wenige Volk, so sie auf den Beinen hätten, E. K. M. untergeben und dar- durch ohne Nutz, zu Schaden des Reichs ihre Lande in Gefahr des Ver- lustes setzen sollte, :

AVas das Erste anlangete, da könnten I. Ch. D. nicht eigentlich wissen, ob es auch Chur Bayern Ernst sei, sich gegen E. K. M. zu setzen, vielleicht möchte ihr Wesen und Vorhaben E. K. M. und dem Reich nützlich sein: vermöchten nicht wohl zu glauben, dass Chur- Bayern, wie die Worte lauteten, gleichsam so gottlos sein sollte, und E. K. M. Haus, welches ihro so nahe anverwandt wäre, und von deme er vor vielen anderen so stattliche Begnadigungen und Beistand genossen hätte, auf diese Weise zu verlassen: und möchte der weitere Verfolg der Sachen noch wohl in eifectu weisen, dass E. K. M. ihre Treue würk- lich sehen und deroselben darfür zu danken hätten. W^idrigenfalls aber, und da P. Ch. D. intentiones also sein sollten, wie E. K. M. es be- sorgeten, so würden sowohl E. K. M. als anderer getreuer Churfürsten und Stände insgesammt und eines jeden absonderlicher fernerer Er- innerung von Nöten sein, und würden I. Ch. D. dem Werk weiter nach- sinnen. !: 2. Wären I. Ch. D. mit E. K. M. Meinung auch in so weit einig, dass schwerlich in der Güte aus diesem Werk würde zu kommen sein, I. D. hätten nun eine lange Zeit ihr einziges Absehen auf innerliche Verständnus und gute Einigkeit der Stände unter sich selbst und mit E. K. M. gehabt. : I. Ch. D. hätten jüngst die Schweden und Stände erinnert den Frieden anzunehmen, das würden sie auch

') Philipp Hörn: brandenburgisciier geheimer Rath; Klaproth I.e. 352. -) Erasmiis Seidel; Klaproth I. c. 344f.

Die Tereiniffun? der kurfürstlichen Truppen mit denen des Kaisers. 19

gerne weiter thun, wann nur E. K. M. wegen der Religion sich noch in etwas überwinden und darein den klagenden Ständen Satisfaction geben könnten. Sie vor ihre Person und Lande hätten ganz nicht 7a\ klagen, gestünden auch gerne, dass von E. K. M. viel geschehen und nachgegeben worden; rieten dieses alles zu dem Ende, damit sie mit so mehrern Fundament hinfüro weiters den Schweden und Ständen zureden könnten. Nach diesem hielten sie darfür, j: dass dasjenige, so E. K. j\I. Chur-Brandenburg hätte vortragen lassen, auch den Herzogen zu Braunschweig und Lünenburg und den evangelischen Ständen wäre zu er- kennen zu geben, entweder vermittels einer gleichmässigen Abschickung an dieselbe, oder dass E. K. M. solches Chur-Brandenburg leichtlich Gefahr causiren können (sie), dann dieser beeder Häuser Räthe wären theils ganz schwedisch gesinnet. :|

Sonsten hätten I. Ch. D. in diesen und andern das ihrige ge- than, und würden E. K. M. dasselbe, wann sie nur den Zustand des Anfangs ihrer angetretener Regierung gedächten, befinden. Bei den Tractaten hätten I. Ch. D. den Schweden zu ihrer Satisfaction nimmer E. K. M. Lande vorgeschlagen, sondern wären vielmehr dar- wider gewesen'), hergegen käme der Grues (wie die Worte lauteten) dass die Schweden Pommern haben sollten, von E. K. M. alleine her.

|: Dass Drittens Ch, D. zu Brandenburg w'ürkliche Coniunction mit E. K. M. mehr schädlich als nützlich, wäre leicht zu begreifen, dann erstlich wären L Ch. D. in keiner gnugsamer Verfassung, beides ihre Land zu conserviren und dem Reich zu dienen; die Schweden könnten allemahl, wann sie wollten den Strick zuziehen, L Ch. D. das Garaus machen, insonderheit jetzo, da L D. aus ihren Landen wären, : j E. K, M. hätten für diesem dreissig und mehr Tausend Mann darein gehabt, die hätten nichts ausgerichtet, als wüste Städte und Dörfer gemachet, und hätten doch endlich wider daraus gemusst; jetzund würden j: die Schweden, wie sie oftmahls zu thuen gedrohet hätten, eine liefländische Mauer um Pommern machen und die ganze Chur-Brandenburg bis an die^) ..., See abbrennen, dies Preussen wür- den sie L Ch. D. als warnach sie lang getrachtet hätten, in eine ge- fährliche masquerada bringen; wann aber die Güte bei den Fremden nit helfen wollte, so müssteu Ch. D. vor allem sich erst in aller

') Für Brandenburgs Haltung bei den westphälischen Friedensverhandlungen Urk. u. Act. IT. 34.3 ff. ■') Ein Wort fehlt.

20 I. Mission Blumenthals etc.

Still in Verfassung setzon. wären dasselbe auch zu tbueu Willens, hätten zu dem End von E. K. M. den Hamm und die contributiones bei den Grafschaften Mark und Ravensberg gebeten, dardurch würden sie etwas considerabel, wären aber nit erklecklich, sondern man würde wissen müssen, woher mehr Assistenz kommen sollte; E. K. M. müssten etwas durch die finger sehen, helfen deroselben auf die Beine, alsdann könnten sie mit besseren Respect reden :|; ausser deme möchten die Fremden, als deren Macht wegen der vielen besetzten Städte und vielen Anhangs gross wäre, E. K. M. Macht Überwegen. Von ]: denenselben wären I. Ch. D. :| zwar nicht directe, sondern durch die zehende Hand, diese und dergleichen j: Hilfsmittel weit mehr vorgeschlagen, um sich consi- derabel zu machen, warzu mau aber bis hierzu kein :; Gehör geben wollen. Und dieses wären also über die drei Puncten ihre Gedanken; hielten darfür, E. K. M. würden ihr dieselben nicht zuwider sein lassen, und begehreten also, ich möchte ihm doch hierunter, was ich meinete, dass E. K. M. Intention, und T. Ch. D. und dero Landen Bestes sein würde, Bericht geben, und zwar nicht allein |: als E. K. M. Rath und Diener, sondern auch wie I. Ch. D. Lehenmann und Vasallus :|, aller- massen sie denn das gänzliche Vertrauen zu mir hätten, dass deroselben ich in diesem schweren Werk also rathen würde, wie ichs gegen Gott und derselben würde zu verantworten haben. Ich habe mich erstlich dieser gnädigsten Confidenz untertänigst bedanket, mit dem Vermelden, dass ich mit Gott bezeugen wollte, dass mit derjenigen Proposition, so Namens E. K. M. von mir wäre abgeleget worden, mein ganzes Herz und Gemüth, und nicht allein als E. K. M. Diener, sondern auch wie P. Ch. D. Unterthan übereinstimmete, und weilen sie drei capita ge- machet hätten, so wollte ich auch ordine auf dieselben antworten.

So viel nun das Erste belangete, so wäre nöthig zu wissen, dass zu der Zeit, als E. K. M. diese Briefwechseluug mit I. Ch. D. in Bayern gepflogen, sie nicht anders hätten schliessen können, als dass P. Ch. D. actiones E. K. M. und dem Reich vor hochschädlich und sehr nachtheilig zu achten wären, in Betrachtung, dass dieselbe sich mit allen ihren Völkern, so doch E. K. M. und dem Reich allein zu- ständig wären, ganz und zumahl bis zu erfolgenden Frieden in der ganzen Christenheit (wie die Worte lauteten, welches vielleicht zu ewigen Zeiten nicht geschehen möchte) separirt hätten, verschiedene vornehme Reichs- Städte, so ihr allein zu besetzen wären anvertrauet worden, ohne alle Noth, und freisvillig dem Feind übergeben und reciproce neutral ge-

Bitte des Kurfürsten um Unterst iitzuiiof. Erwiderung Blumentlials. 21

machet: E. K. M. Völkern den Pass durch ihre Lande versaget, hergegen dem Feinde solchen vergönnet, und was dergleichen mehr vorgegangen wäre. Nachdem nun E. K. M. hiergegen dasjenige zu thun wären ge- uöthiget worden, w-as sie vermöge ihrer kaiserl. Authoritet und tragen- den Amts thun müssen; als hätten sie P. Ch. D. hiervon zu dem Ende ausführlichen Bericht zu geben nöthig befunden, damit sie dero friedliebendes Gemüth, und dass dennoch I. K. M. nichts, als worzu sie befugt wären, gethan hätten, erkennen könnten, und keinen widrigen oder ungleichen Bericht, so P. Ch. D. sowohl wiegen P. K. M. starker Verfassung, als den ausgegangenen Patenten geschehen möchte, Statt oder Glauben zu geben hätten. Im Fall aber L Ch. D. solche gute Gedanken bei Aufrichtung solches armistitii gehabt hätten, so wäre nicht zu zweifeien, sie würden dasselbe mit und neben P. K. M. ge- schlossen, oder wenigst derselben einige Nachricht von ihrer Intention, welches doch nicht geschehen, gegeben haben, und wären meines Ermessens dieses nur der fremden Kronen Griffe, die dieses also auslegeten, da- mit sie die andern Churfürsten und Stände so viel mehr von E. K. M. separiren und an sich behalten möchten.

Zwarten würden diese angezogene Ursachen, als die nahe Anver- wantnus^) und die empfangene stattliche Gnaden und Assistentien von mir vermüglich genug geachtet, dass L Ch. D. dardurch hätten können und sollen bewogen bleiben, bei E. K. M. zu halten, aber ihr wäre dagegen bekannt, wie unglücklich E. K. M. und dero Haus hierin- nen wäre, dass theils hohe Häuser, so fast nichts in der Welt hätten» als was dero Voreltern von denenselben erhalten, sogar auf ihr Parti- culier und sich Selbsten sehen, dass allein dahero und aus Furcht in ihrem Particulierstatu Schaden zu leiden, sich aller schuldiger Assistenz und Beihülfe entzögen.

Sonsten wäre ich auch nun schon bei zwo Wochen und zwar aus München selbst, vertraulich berichtet worden, als ob L Ch. D. sich wieder in ganz Kurzem zu E. K. M. wenden und gegen die fremden Kronen operiren würden^), und möchte dasselbe so viel ehender seine Richtigkeit erlangen, wann L Ch. D. darzu von andern ihren col- legis erinnert würden, und könnte solches L Ch. D. Andeuten nach collegialiter oder absonderlich am allerehesten oder alsdann geschehen.

') Kurfürst Maximilian war in zweiter Ehe mit Maria Anna, Tochter Kaiser Ferdinand IL; Ferdinand II. mit Maximilians Schwester Marie Anna vermählt. ^) War durch den Vertrag von Pilsen bereits geschehen.

22 I- Mission Blumenthals etc.

wann sie sehen würden, dass andere Chur- und Fürsten sich nach Müg- ligkeit in gleichmässiger Verfassung setzen thäten, ausser welchem ich nicht sehe ohne Vorwurf, dass man andere erinnerte, und selbst still sässe, fruchtbarlich geschehen könnte.

Was die |: zweite Frag belangete, ob durch gütliche Handlung aus der Sachen zu kommen, kurz, da wüsste ich wohl, E. M. sonders lieb würde zu vernehmen sein, dass I. Ch. D. sich so derselben hierunter :| conformireten; zweifelte auch nicht, es würde ein jeder unpassionireter Mensch gnugsam begreifen, dass E. K. M. fast mehr aus Liebe zum Frieden gethan, als man mit einigem Fug hätte vermeinen sollen, viel- weniger begehren können; und |: wie E. K. M. darzu zu gelangen die Zusammensetzung der Stände unter sich und mit derselben vor das einzige Mittel aus diesem Uebel zu eluctiren hielten, also würden sie mit sonderbaren Freuden vernehmen, dass I. Ch. D. darunter ferner coope- riren wollten; löblich wäre, auch ganz darvorzuhalten, dass wann die fremden Kronen dergleichen sehen sollten, sie sich endlich eines bessern erklären würden. :|

Betreffend die Religion, da wäre ich bei der Bekanntnus, so zu Augsburg übergeben worden, auferzogen worden, müsste aber dennoch in meinem Gewissen bekennen, dass E. K. M. sich darunter dergestalt allergnädigst erkläret hätten, dass alle Chur- und Fürsten, denen nur von Theils ihren Käthen die Sache, wie sie an sich selber wäre, recht vorgestellet und ein freies Urtheil gelassen würde, darmit billig zufrie- den sein sollten : Man möchte doch nur bedenken, mit was Fug E. K. M. das könnte in ihren Erbkönigreichen und Landen gestritten werden, was dieselbe allen Fürsten, Grafen, fast einem jeden Edelmann im Reich frei Hessen, und ob im Gewissen zu verantworten stünde, dass man durch fernere Opiniastritet in diesem puncto verursachete, dass hiernechst, wann die Sachen anders liefen, auch von dem resiliret würde, zu dessen Erlangung zu Münster einmal wäre beim erfolgenden Schluss Zusage gegeben worden; zumahlen hätten ja L Ch. D. im Geringsten nicht zu klagen, und würde deroselben Perseveration bei den anderen Ständen in diesen Punct E. K. M. dahero, dass sie nicht zu klagen hätten, so viel mehr beschwerlicher fallen. Jedoch wäre zu vernehmen, worinnen dann in specie von E. K. M. ein mehrers begehret werden könnte, so hätte ichs allerunterthänigst zu berichten.

l*. Was bei den Herzogen von Braunschweig und Lünenburg zu suchen wäre erinnert worden:!, da wüsste ich wohl, dass E. K. M.

Poramersche Fragen. Geringer Verkehr des Wiener mit dem Berliner Hofe. 23

Obrister Hofmeister^) alles gethan hätte, was miiglich war, es auch weiter thun lassen würden, ; : aber weil I. Ch. D. selbst gesagt hätten, class der v. Lampadius"^) und Langerbeckh^) ganz schwedisch gesinnet wären:], so w'iirde E. K. M. meiner Meinung nach nicht wenig gedient sein, wann dieselbe auf Mittel bedacht wären : dieselbe ausser Credit zu setzen :|.

Was den Grues wegen Pommern anlangete, da wüsste ich gewiss, dass E. K. M. den Schweden Pommern nimmer offeriret hätten, sondern jene hätten dieses und andere Lande mehr begehret; daferue nun I. Ch. D. mit E. K. M. zu heben und zu legen, oder wenigst zu dessen Recuperation ihre eigene Kräfte nebst andern Ständen beizutragen sich hätten erklären wollen, so würde gewiss nimmer dergleichen geschehen sein; zudeme so hätten I. Ch. D. Zusage, vor dasjenige Theil, so Schweden von Pommern erlangete, eine ansehnliche Recompenz wider zu bekommen. Ueber diesem wollten sie doch bedenken, wie E. K. M. so gar wenig oder nichts von I. Ch. D. oder dessen Intention hätten vernehmen können, also dass ich davorhielte, dass wehrender deroselben Churfürstlicher Regierung sie au E. K. M. ausser des Grafen von Schwarzenbergs Sache*), deren sie aber doch auch auf E. K. M. Be- gehren keine Abhülfe gegeben, nicht drei Schreiben gethan hätten; da- hero dann viel und die meiste von den Verständigsten in diese Mei- nung gerathen wären, als ob I. Ch. D. mit Schweden wegen Pommern schon verglichen wären und sie allein darum in ihrer Contradiction ver- harreten, damit sie nach getroffener Heirath mit Schweden so viel mehrere Lande bekommen möchten^); hergegen hätten sie viele Male und zwar ihre vornehmste und geheimste Räthe nacher Schweden'') und Frankreich ') geschicket, E. K. M. aber von ihrer Werbung und Ver-

') Graf Trauttmannsdorfi".

-) J. Lampadius; vergl. über ihn Köcher A. Geschichte von Hannover und Braunschweig 1648 1714. I. 15. Deutsche Biographie XVII. .^74 ff. (Köcher) und Sybel Historische Zeitschrift Band LIII.

■'') H. Langenbeck, cellischer, dann hannover'scher Kanzler; vergl. Köcher Gesch. Hann. I. 26 f.; Deutsch. Biog. XVII. 602 ff.

■•) Ueber die verschiedenen Differenzen des Kurfürsten mit dem Grafen .Joh. Adolf Schwarzenberg: Urk. v. Act. I. 439ff., 481 ff., 771 ff. u. a. 0. Bd. IV. 178f.

"■) Es handelte sich um den Plan der Heirath Friedrich Wilhelms mit Christine von Schweden.

'') Ueber die brandenburg- schwedischen Beziehungen Urk. u. Act. I. .509 ff.; IV. .3.51 ff.

') Ueber die brandenburg-französischen Beziehungen Urk. u. Act. 1.607 ff. ; II. 6 ff.

24 I- Mission Bluraenthals etc.

richtung ganz nichts wissen lassen; welches ich allein zu dem Ende an- zöge, dass man sehen sollte, dass E. K. M. nichts wegen Pommern zu imputiren stünde.

Was nun |: die würkliche Coniunction anlangete, da wäre zwar dieselbe nit ohne Gefahr, aber unser Vaterland und aller Chur- und Fürsten Zustand wäre jetzo leider also beschaffen, dass man sich ohne Gefahr und Verfassung darein zu contentiren nit vermöchte :\. Hier wäre Schweden und Frankreich, die wollten sich ins Reich theilen, und das müsste ohne Resistenz ohnfehlbarlich geschehen. Sollten aber dieselbe sehen, dass die Stände unter sich und mit E. K. M. sich vereinigten und in Defension setzeten, so würden sie von ihrer bisherigen Unbillig- keit abstehen und den Frieden schliessen müssen. ; : Die General- Staaten und König in Dänemark würden gegen die Schweden zu agiren animiret werden, wann sie nur Chur-Brandenburgs Resolution sehen; dass aber alle Chur-Brandenburgs Vorhaben und Verfassung in höchster Geheimnus gehalten werde, solches würden E. K. M. gleichergestalt nöthig achten und darzu L Ch. D. nach Möglichkeit assistiren, dahero dann jetzo das Nöthigste würde sein, von I. Ch. D. eigentlich zu wissen, wie bald sie den Anfang zu mehrer Verstärkung machen, wie stark sie ihr Corps richten, ob sie gegen alle E. K. M. Feinde offensive operiren, auch bis zu Ende des Kriegs bei E. K. M. an Hilfe und Mittlen begegnen wollten :|; so wäre ich erbötig, E. K. M. die Notdurft unterthänigst zu berichten, ausser Zweifel setzend, E. K. M. würden I. Ch. D. alles gnädigstes Contentement geben. Welches E. K. M. ich hiermit allerunterth. hinterbringen sollen.

P. S. (eigenhändig). Auch allergnädigster Herr habe E. K. M. ich allerunterthänigst berichten sollen, das die Statengeneralen Etliche achtzig Compagnies zu fues inner Monatsfrist abdancken werden. Etliche davon vermeinen I. Ch. D. zu bekommen, sorgen aber wie sie dieselbe werden unterhalten kennen, weiln diese Stende bei aufsagung ihrer pflicht begehren die Velcker abzudancken oder abzuführen.

Bliimenthal an den Kaiser. Dat. Cleve 27. Sept. 1647. (Or.)

[Erklärungen des Kurfürsten über seine Haltung in den verschiedenen Fragen.]

27. Sept. Vor 4 Tagen ist mir von dem von Borgssdorff wieder angesaget

worden, dass ich desselben Tages noch einmahl über meine gethane Proposition sich eines gewissen zu entschliessen zu ihnen den Räthen

Zweck der Coniimction der Truppen. Erklärungen des Kurfürsten. 25

mich erheben möchte; weilen aber denenselben andere Verhindernüssen etliche Tage nach einander eingefallen und also wir nicht ehender können zusammen kommen, so trug sichs gestern zu, wie niemand bei I. Ch.

D. war als der von Borgssdorff und Präsident Hörn und ich, dass der von Borgssdorff I. Ch. D. folgender Gestalt anredete: Gnädigster Herr,

E. Ch. D. wissen sich zu erinnern, dass Sie uns gnädigst anbefohlen haben mit dem von Blumenthal abermahl zusammen zu kommen ; nachdem wir aber ietzo alliier bei einander, so deucht mich, E, Ch. D. thäten am besten, dass Sie demselben Hire eigentliche Meinung selbst sagten ; wo- rauf dieselbe eine ziemliche klare Erleuterung ihrer Intention von sich gaben, j: welche und was ich darauf geantwortet E. K. M. bei nächster Post allerunterthänigst von mir soll bericht werden. Hauptsächlich gieng alles dahin: Dass Ch. D. zu Brandenburg E. K. M. Zeit ihres Lebens nimmer nit lassen werden: wären auch erbietig sich in Verfassung zu stellen, wann E. K. M. nur derselben zu etwas Mitteln helfen würden auch gegen die Schweden, im Fall sie den Frieden nit annehmen woll- ten, zu operireu. Ehe sie aber in solchen Werk etwas thuen könnten, wäre ihro nit zu rathen, dass sie etwas gegen dieselbe anfinge. Dero- halben möchte ich solches E. K. M. berichten und bitten, dass sie erst- lich Ch. D. zu Brandenburg an die Hand geben wollten, wie solches bald und in der Stille geschehen könnte, entzwischen wollten sie sehen, was bei den Herzogen zu Braunschweig und Lünenburg und theils andern gutes zu richten sein würde. Vor allen Dingen aber thäten sie hoffen, E. K. M. würden derselben zu Facilitirung des Anfanges dieser ihrer Intention die beiden Grafschaften Mark und Ravensberg lassen; sobald dasselbe geschehen, so wollten sie den Schweden und Hessen die Con- tributionen, so sie fordern, alsobald aufsagen lassen und keinen Heller geben, sondern alles zu Werbungen anwenden. An Volk wird es Chur- Brandenburg nit fehlen, dann die Generalstaaten werden etliche 80 Com- pagnien abdanken. Mir ist gestern gesagt worden, dass Chur-Branden- burg nacher Hamburg schicken und 200000 Rthlr. auf ihre Zölle in der Mark aufnehmen wollen, aber ich zweifle, ob er solches sobald haben werden. Schade ist's wohl, dass bei diesem tapfern Herrn nit gnugsame Leute sein, so ihme in seiner guten Intention ohne Forcht angelegen sein lassen .... :i

26 I- Mission Blumenthals etc.

Der Kaiser an Blumenthal. Dat. 1. Oct. 1647. (Concept.)

[Einigung des Kaisers mit Baiern und Köln. Nothwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens der Stände des Reiches mit dem Kaiser.]

1. Oct. Schreiben vom 20. September erhalten: „mögen dir in kais. fJnadeu nicht verhalten, dass seitdeni wir dir zu des Churfürsten zu Branden- burg L. die bewusste Commission in con.sequentiam dessen, was wir an S. L. vorhero den 14. Juli selbst schriftlich gelangen lassen, aufgetragen, sich die Sachen durch Verleihung des Allmächtigen so wohl geschicket, dass unsers freundgeliebten Vetters und Schwagers des Churfürsten in Bayern') sowohl als Chur-Cöllns L. L.^) sich mit uns wirklich wieder coniungirt und dem königlich schwedischen Feldmarschall Wrangel ') das armistitium aufgekündt, wir auch entgegen S. L. die unterhabende

Reichsvölker mit dem schuldigen Gehorsam wieder angewiesen

Dahero dann Churbrandenburgs L. von diesem Werk gar wohl geurtheilt, und weil die Sachen dergestalt in einen andern Stand gerathen, auch die Churbayerische Reichsvölker mehrerntheils schon in diesem unserm Erbkönigreich ßöhaimb uns zum Succurs ankommen, die Ueberigen vor Memmingeu liegen und der Feind nunmehr im Weichen ist*), als wollest du deine Verrichtung bei Churbrandenburgs L. auch nach diesem statu richten und S. L. wohl repräsentieren und zu (iemiith führen, wie schwer der Frieden durch die bisanhero gepflogene Tractateu in der Güte zu erlangen und was Ihrer L. und ihrem Haus daran gelegen, dass der Gegentheil in Entstehung eines billigen und erträglichen Friedens nit wieder über sich kommen, sondern mit ehistem gedämpft und völlig wieder zurück getrieben werde. Unsere ietzige Coniunctur mit Chur- bayerns L. und theils in ihrem Ausschreiben, worüber sie das armisti- tium aufgekündiget, wohlgesetzte Ursachen sollten billig Sr. des Chur- fürsten zu Brandenburg L. und allen andern treuen Chur-Fürsten und Ständen Anlass geben, sich mit uns als dem Oberhaupt, vermög des heil. Reichs Constitutionen und geleisten treuen Pflichten gleicher gestalt zu vereinigen und ihre Waff'en zu den unserigen zu stossen, massen auch einen jeden sein eigen Interesse, nachdem sonderlich die Schweden

') Maximilian hatte die Schwester Ferd. III., Marie Anna geheirathet.

2) Kurfürst Max. Heinrich von Köln hatte schon am 15. Aug. den Rücktritt vom Ulmer Neutralitätsvertrage ausgesprochen.

^) Karl Gustav Wrangel, schwedischer Feldmarschall.

*) Später dazu bemerkt am Rande „schon über das Gebirge in Meissen ge- wicben". üeber die Kriegsverhältnisse dieser Zeit: Koch, Gesch. Ferd. III. Bd. II. 303 ff.

Zweckmässigkeit eines gemeiusamen Vorgehens gegen Schweden. 27

im Werk selber gnugsam zu erkennen geben, class sie anders nicht als einen dominatum über das baltische Meer und die angräuzende Pro- vincien des römischen Reichs, ia über Teutschland- selbsten affectiren, dozu billig nöthigen und treiben und die Gelegenheit nicht allzeit so sut als anietz, dasselbe nützlich in das Werk zu richten, vorhanden sein möchte ') .... Der Kurfürst möge also nicht säumen, sich zu entschliessen.

Blnmentlial an den Kaiser. Dat. Cleve 2. Oct. 1647. (Or.)

[Des Kurfürsten Schreiben an den Kaiser bezüg-lich Hamms. Versicherungen der kurfürstlichen Räthe betreffs der Haltung des Kurfürsten.]

|: Der von Borgstorff hat mich heut wieder bitten lassen zu ihm zu 2. Oct. kommen: als ich erschien, fände ich für mir ihn, den von Hörn und zeigete der von Burgstorff an, dass von Brandenburg er Befehl hätte, mir ein Schreiben vorzulesen, so an E. K. M. sie eigenhändig wegen Einräumung des Hamms geschrieben hätten'); dasselbe wollten sie mir verlesen und weil sie noch zur Zeit ihre guten Intention nichts schrei- ben dörften, aus Furcht der Interception, bäten sie, dass an E. K. M. ich schreiben und bitten wollte, an I. Ch. D. treuer Devotion keinen Zweifel zu setzen und den Hamm nebst den Contribiitionen beide Graf- schaften Mark und Ravensberg einzuräumen, sie wollten mir eine solche Resolution geben, damit verhoffen tlich E. K. M. allergnädigst zufrieden sein würden. Auf weiteres Drängen Blumentbal's erklären sie „Ch. D. zu Brandenburg würden E. K. M. vermittels ihrer Resolution, die sie mir geben würden, also versichern, dass wann E. K. M. es bei dem instru- mento pacis, so der Graf von Trauttraannsdorff zu Münster am letzten übergeben hätte ^), würden verbleibenlassen und Cli. 1). zu Brandenburg zu Mitteln zu mehrer Verfassung helfen würden, sie alsdan mit E. l\. M. gegen diejenigen, so den Frieden nit annehmen wollten, sich coniungiren würden :|

0 Am 2. Oct. den Grafen Trauttmannsdorff und Holzapfel von Justus v. Geb- hard, am 3. dem Kaiser, am 4. dem Grafen Schlick verlesen.

'') Schreiben Friedrich Wilhelms d. d. Cleve 2. Oct. 1647 (Aut.). Der Kurfürst bittet den Kaiser seinem Ersuchen bezüglich Hamms zu willfahren.

^) Das Project der Kaiserlichen für das Friedeusinstrument mit Frankreich war Anfangs Juni übergeben worden, v. Meiern IV. 557 ff.; V. 130ff.

28 f- Mission Blumenthals etc.

Blumenthal an den Kaiser, Dat. Cleve 4. Oct. 1647. (Or.)

[Unterredungen Blumenthals über die Stellung Brandenburgs zum Kaiser und zu

dessen Feinden.]

4. Oct. ]: Ich verspüre wohl soviel, dass I. C. D. darvor halten, dass sie

sich vor Erlangung E. K. i\I. Resolution wegen des Hamms nit erklären werden :j. Ich bin zwomahl nach einander mit sonderbarem Eifer ge- fraget worden, ob E. K. M. auch beständig gemeinet wäre, dasjenige zu halten, was sie in einem und andern durch den Grafen von Trautt- mannsdorff zu Münster hätten versprechen lassen ^) und mit was Grund P. Ch. D. ich solches versichern könnte, worauf ich geantwortet, dass ich nicht anders wüsste, als dass E. K. M. darbei verblei l)en würden, wann sie nur sehen thäten, dass man ohne etwas neues zu begehren sofort schliessen wollte. Ich sehe aber nicht, was die Fremden vor Ursach haben könnten zu schliessen, so lange sie sehen, dass die Stände sich nicht unter einander und mit E. K. M. vereinigten und mit derselben sich coniungireten.

Die Stände Cleve's dringen sehr darauf, dass der Kurfürst Ende October ausser Landes gehe.

Conferenzprotocoll. Dat. Prag 7. und 8. Oct. 1647. (Conc.)

[Gutachten bezüglich der Uebergabe von Hamm und der Antwort an Kleist.]

7. Oct. Die Räthe sind einhellig der Meinung, dass noch zur Zeit Hamm nicht ab-

zutreten sei, denn es ist der einzige Hauptort neben Dorsten, durch welchen der Kaiser den westphälischen Kreis noch in Devotion erhalten und dem Feinde eine Diversion machen, auch die Contributionen einbringen könne und wollte er diesen Ort weggeben, würden Kurtrier wegen Ehrenbreitensein, Kurköln wegen Dorsten und andere mit ihren Plätzen alsogleich nachfolgen. Eine Be- lagerung Hamms ist lücht zu fürchten.

„Wann aber der Churfürst sich mit E. K. M. couiungiren thäte, da wären zwar etliche Räthe der Meinung, dass man ihm den Ort sammt beiden Grafschaften Ravensberg und Ravenstein wiegen des pra- gerischen Friedensschlusses^) nicht wohl würde fürhalten können, andere aber wolltens gleichwohl für gefährlich halten und sich nicht dazu ver- stehen."

') üeber Trauttmannsdorif's Verhandlungen mit den Vertretern Friedr. Wilh. zu Münster ürk. u. Act. IV. 421 ff. u. a. 0. Koch 1. c II. Abschn. XI. und XII.

2) Prager Friede vom 20./30. Mai 1635; Brandenburg trat am 29. Juli 1635 bei; vergl. Mörner, Kurbrandenburgs Staatsverträge 1600 1700, 113 ff.

Abtretung von Hamm. Antwort an Kloist. Des Kurfürsten Gesinnung. 29

Bezüglich der Kleist zu ertbeilenden Antwort sind die Ansichten getheilt. Ein Theil der Käthe hält dafür, ihm dilatorische Antwort zu geben, weil eine Abweisung üble Folgen haben könnte; ein anderer Theil ist aber dafür, Kleist erst mündlich, eventuell aber auch schriftlich auseinander zu setzen, warum der Kaiser unter den gegenwärtigen Verhältnissen in die üebergabe Hamms an den Kurfürsten nicht willigen könne. Schliesslich wurde beschlossen, den end- giltigen Entschluss bis zur Rückkehr des Reichsvicekanzlers ') und bis nach Einlangung fernerer Berichte über die Verrichtung bei Kurbaiern aufzuschieben.

Bluraenthal au den Kaiser. Dat. Cleve 8. Oct. 1647. (Or.)

[Des Kurfürsten gute Gesinnung.] Hofft noch diese Woche abgefertigt zu werden. \ : Ch. D. wollen nit 8. Oct. haben, dass ich viel schreiben, sondern meinen, es seie sicherer, dass ich bei meiner Ankunft bei E. K. M. alles mündlich referiren sollte. Dessen können E. K. j\I. sich festiglich versichern, dass das Herz und Gemiith Ch. D. zu Brandenburg gut und treu gegen E. K. M. ist und es ihro mehr an den Mitteln als Willen mangelt, solches zu beweisen. Die conditiones, vermittels deren sie sich künftig mit E. K. M. zu coniungiren gemeint sein, halte ich zwar sehr schwer, aber doch dabei also beschaffen, dass die meisten zu superiren sein werden :|.

Der Kaiser an Blumenthal. Dat. Prag* 8. Oct. 1647. (Conc.)

[Baierns Gesinnung. Des Kaisers Vorgehen beim Friedenscongresse bezüglich der Religionsfrage. Bitte um Förderung der kaiserlichen Pläne durch Brandenburg.]

Als Antwort auf Blumenthals Schreiben vom 24. und 27. Sept. erklärt der 8. Oct. Kaiser, 1^ Baiern meint es aufrichtig; 2". Der Kaiser bleibt bei seinem Be- schluss den Frieden möglichst zu befördern. Dass wir uns aber mit der Religion und anderen schweren Puncten in unserem Erbkönigreich und Landen sollten leges praescribieren lassen, das wollten und könnten wir ein für allemahl nit leiden und so der Frieden sich darob zerstossen sollte, wollten wir daran entschuldigt sein. Es gereicht uns aber zu sonderbarem gnädigen Gefallen, dass besagtes Churfürsten zu Branden- burg L. diesfalls in uns nit dringen, sondern es endlich auf unser gnädigstes Gefallen stellen thuet, auch zu Münster und Osnabrück neben des Churfürsten zu Sachsen L. sowohl die Schweden als Protestirende

-') Graf Ferdinand Khurtz.

30 I- Jiission Rlumenthals etc.

ermahnen lassen, sich destwegen länger nit vom Schluss des Friedens aufzuhalten, sondern mit unsern Erbieten allerdings zu contentiren ') und zweiflen wir nit dran, es werde besagtes Churfürsten zu Brandenbuig L. nicht für billig halten, das, was sie selbst in ihren Landen nicht gern leiden wollten, dass sie es einem andern in dem seinigen, zumahlen uns, als dem höchstgeehrten Oberhaupt im Reich in dem unserigen zumuthen sollten.

Der Kaiser hofft überdies auch, dass Brandenburg, falls die Gegenpartei nicht nachgeben wolle, mit Sachsen energisch für die Durchführung dieses Planes wirken wird. An die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg hat der Kaiser eine gleiche Mahnung ergehen lassen. Auch hält der Kaiser dafür, dass jetzt die beste Gelegenheit für Brandenburg sei, vorzugehen.

Bliimenthal an den Kaiser. Dat. Cleve 15. Oct. 1647. (Or.)

[Unterredung Blumenthals mit dem Kurfürsten über die Vorgänge zu Münster und

Osnabrück. Religionsfrage. Haltung der Evangelischen und Katholischeu. Brederode's

Mittheilungen über die spanisch-staatischeu Verhandlungen. Bluinenthals Urtheil über

des Kurfürsten voraussichtliche Politik.]

15. Oct. Als ich in gänzlicher Gewissheit gestanden, morgen oder übermorgen

mit solch einer Resolution, womit E. K. M. für erst verhoffentlich aller- gnädigst zufrieden sein möchten, von hinnen abgefertiget zu werden, so traget sich zu, dass ein Schreiben von einem gewissen Mann, dessen Namen ich bis nochzu nicht erfahren können, an S. Ch. D. vom 8. Octobris des Inhalts gebracht wird, dass die Catholische insgemein mit derjenigen letzten Resolution oder iustrumento pacis, so E. K. M. durch dero Obristen Hofmeistern, Grafen von Trauttmannsdorff, den Schwedischen oder Evangelischen einliefern und darbei beständig zu verbleiben sich allergnädigst erklären lassen^), nicht allein nicht zufrieden wären ^), sondern sich vieler andern weitaussehenden und dem Friedens-

') Die Frage über die Stellung der Evangelischen in den österreichischen Erb- ländern und über das Recht des Friedenscongresses auch bezüglich dieser Länder bin- dende Bestimmungen zu treffen, wurde vom Febr. 1647 an lebhaft erörtert. Während nun die Evangelischen freie Ausübung der Augsburger Confession in den österreichi- schen Erblanden forderten, wiesen die kaiserlichen jede solche Einmischung entschie- den zurück (Meiern 1. c. IV. 95, 144). Act. u. Urk. IV. 548 ff.

'0 Ueber Trauttmannsdorffs Verhandlungen mit den Schweden: Meiern 1. c. IV. üb. 29 und 30 p. 486 ff.; das österreichische Vertragsproject IV. 557 ff.

•') Ueber die von den Katholischen erhobenen Schwierigkeiten Meiern 1. c. IV. G08ff.

Religionsfrage in Münster und Osnabrück. 31

zweck ganz zngegenlaufenden Dingen, bcdräulicb vernehmen lie^^sen, in- sonderheit aber in die abgeredete schwedische Satisfaction und zuvör- derist dem Aeqiiivalent !■". Ch. D. zu Brandenburg nicht geheelen woll- ten; dahero miissten I. Ch. D. von mir ehe und zuvor sie dero schrift- liche Resolution über mein Anbringen ertheileten, erst von mir vernehmen, ob ich wüsste, dass dieses alles, was die catholische Stände in diesem passu thäten, mit E. K. M. Vorwissen und Einwilligung geschehe, denn im Fall dem also, und E. K. M. mit Chur-Bayern und andern catholi- schen Churfürsten und Ständen hierunter einig wären, so miissten 1. Ch. D. sehr anstehen, ob der Friede auf solche Weise, da man wieder zurück tractiren und bei dem, was von E. K. M. wäre versprochen wor- den, nicht verbleiben wollte, würde zu erheben sein. Ich habe daraui geantwortet, dass I. Ch. D. sich ob diesem allen von Ertheilung ihrer vorgehabten Resolution nicht dürften abhalten lassen, in Betrachtung, dass der catholischen Stände Contradictiou in etlichen Puncten, so sie entweder in ihrer Conscienz schwer, oder eben in diesem instrumento pacis nicht gehörend zu sein hielten, nicht neue, sondern eine alte Sache wäre, und hätten die Evangelischen daher E. K. M. so viel grössere Obligation allergehorsamst zuzutragen, dass dieselbe non attenta aliquo- rum contradictione sich vor Abzug dero gevollmächtigten Abgesandten, vorbesagten Hr. Grafen Trauttmannsdorff '), dahin hätten erklären lassen, dass sie bei allem beständig verbleiben, auch die übrige catholische Stände zu Ertheilung ihres consensus vorm Schluss nach Möglichkeit disponiren wollteoi, und könnten I. Ch. D. nunmehr so viel klärer sehen, wie übel die evangelischen Stände gethan, dass sie den Schweden nicht besser zugeredet, dieselben mit dem, was versprochen worden, zu acquiesciren bewogen, und dardurch des Herrn Grafen von Trauttmanns- dorffs Abreise verhütet hätten; nicht zweifelend, dass nunmehr der Friede (indem ich hörete, dass die Evangelische jetzo mit dem letzten instru- mento pacis zufrieden sein möchten) durch göttlichen Beistand ehest würde haben können geschlossen werden; ich meines Theils könnte auch den Catholischen keinesweges verdenken, dass sie nicht so stracks zu allem ja sageten, weilen sie sich neben Ertheilung ihrer Resolution noch zu Antretung einer Confereuz erkläreten, bei welcher alles abgehandelt und verglichen werden könnte. 2. So sehe ich nicht, was sie durch ihre Geheelung in alles vor Nutzen schaffen könnten, so lange die Schwe- den und Evangelische sich nicht erklären würden, ohne weiter etwas neues

') Trauttiuanusdorff hatte am IC. Juli 1G47 den Congress verlassen.

J52 I- Mission Blumenthals etc.

zu begehren, sofort zu schliessen; wann aber dieses geschehe, so stünde zu hoffen, die Catholische, als denen so wenig als andern mit dem Kriege gedienet wäre, würden sich durch E. K. M. Gesandten wohl zur Billig- keit bewegen lassen. Worauf weiters gefraget ward, was denn auf solchen Fall, da Chur-Bayern (E. K. M. unwissend) mit Frankreich und allen andern catholischen Ständen geschlossen hätten in diesen Frieden keines- weges zu consentiren, sondern in dem Krieg zu verbleiben, zu thun sein würde? Ich gäbe zur Antwort, dass weilen ich sowohl in voriger als dieser Frage von E. K. M. nicht instruiret wäre, und dannenhero so eigentlich darauf keine Antwort geben könnte, so bedünkte mich doch, dass ein solcher Fall nicht leichtlich zu besorgen wäre, in Betrachtung, dass E. K. M. nicht würden zugeben können, dass Frankreich, wie auf solche Weise zu besorgen stünde, dergestalt den Meister im Reich spie- len sollte, und würden dergleichen Dinge so viel weniger zu fürchten sein, wann nur I. Ch. D. und andere evangelische Churfürsten und Stände sich in besserer Verständnus und Verfassung sowohl unter sich Selbsten als zuvörderst mit E. K. M. setzen thäten. So lauge aber die- selbe dessen nicht gnugsam versichert wären, stünde leicht zu ermessen, wie gefährlich E. K. M. wäre, denen Catholischen in allem entgegen zu sein, oder aus Händen zu gehen. Worauf mir zum Bescheid ertheilet ward, I. Ch. D. hätten das gehorsamste Vertrauen, sie würden bei deme, was sie eiumahl denen Evangelischen zu Gute versprechen und zusagen lassen, auch was T. Ch. D. Aequivalents wegen wäre ver- glichen worden, wohl verbleiben lassen würden, und wollten I. Ch. D. mir dero Resolution, so bald als es nur geschehen könnte, ertheilen lassen, welche Anzeige mir in Beisein des von Borgsdorffs, Horns, Schwerins') und Seidels gegeben ward.

Gestern ist der Herr von Brederode aus Niederland, und der Herr V. Aspern, so auch einer von dem Rath der General- Staaten ist, nach- dem sie die Churfürstin, welche ihre Frau Mutter für 14 Tagen hinunter- begleitet, anhero gebracht haben, wieder hinunter gereiset. Derselbe versicherte mich, dass weilen die spanische plenipotentiarii sich nunmehr sehr wohl erkläret hätten, er gewiss dafür hielte, dass sie noch diesen Monat mit der Krön Spanien schliessen würden^), gestalt denn alle Provincen als heute deliberireten, ob man nunmehr schliessen sollte.

') Otto von Schwerin der ältere.

^ Der Friede zwischen Spanien und den Staaten wurde am 30. Jan. 1648 ge- schlossen, gedruckt u. a. bei Du Mont 1. c. VI. 429lf.

Verbindung der Reichsstände mit dem Kaiser. 33

|: Diese Herrn sagen öffentlich, dass im Fall die Schweden sich wegen der Commercien und Zölle in der Ost-See, auch theils andern impor- tierenden Sachen, nit viele änderst als wie bishero geschehen, anschicken thäten, es nit sechs Monat nach ihr geschlossenem Fried anlaufen würde, dass sie einander nit in die Haare kommen, dann sie könnten ihre Inso- lentien nit lange leiden. So viel als ich penetriren kann, werden I. Ch. D. wegen Pommern in ganz Kurzem mit den General-Staaten über einer Alliance tractieren lassen'), auch zu Chur-Sachsen, Herzogen zu Braunschweig-Lüneburg^), Hamburg, Lübeck und Bremen schicken, so- bald sie nur versichert seien, dass E. K. M., was sie einmahl den evan- gelischen Ständen versprechen lassen, fest und unverbrüch halten und manuteniren, zuvorderist aber I. Ch. D. in etwas mit den nöthigen Mitteln aushelfen. : I

Der Kaiser an den Kurfürsten. Prag 16. Oct. 1647. (Conc.)

[Erklärungen an Kleist. Wunsch einer Verbindung der Stände mit dem Kaiser.]

Es thut dem Kaiser leid, bisher dem Kleist keine andere Antwort haben 16. Oct. geben zu können, als dieser dem Kurfürten wird gemeldet haben ^) ; der Kaiser konnte nicht anders, sonderlich weil er nicht wisse, was der Kurfürst Blumen- i tbal für Erklärungen machen werde, „davon mir E. L. in ihrem Schreiben Hoffnung machen, dass ich mich content befinden würde. Der ganzen Sachen aber wird ihr abhelfliche Maass gegeben werden, wann E. L. und andere Chur- und Fürsten und Stand sich mit mir getreulich coniungiren und andere, denen der feindlichen Kronen überhandnehmende Macht nichts anders als den Untergang bringen kann, zugleich mit an sich ziehen, da ich und mein Haus begehren, das Reich und dessen treue Stände nicht unterzudrücken, sondern bei ihrer Herrlichkeit und Freiheit zu erhalten."

ConferenzprotocoU Prag 16. Oct. 1647.

Nachdem der Reichsvicekanzler ^) zurückgekehrt, wurde nochmals wegen 16. Oct. Hamm berathen und beschlossen, dasselbe nicht in Neutralität zu stellen und

1) üeber die Beziehungen der Staaten zum Kurfürsten in dieser Zeit Urk. und Act. III. 15 ff.

-) Nach Sachsen und Braunschweig gieng Conrad von Burgsdorf: vergl. ürk. u Act. IV. 762 ff.

3) Urk. u. Act. IV. 815 ff.

■*) Ferdinand Khurtz.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. O

34 I- Mission Rlumenthals etc.

dem Kurfürsten, solange er sich nicht gleich anderen Kurfürsten mit dem Kaiser wirklich conjungirt hat, nicht zu übergeben. In diesem Sinne erfolgte die Erklärung an Kleist d. d. 16. Oct. 1647 '). Unter dem 24. Nov. übergibt dann Kleist auf Befehl des Kurfürsten ein neues Memorial, In welchem dieser \vieder um Ueberlassung von Hamm bittet, indem er das Versprechen gibt, wenn die kurfürstlichen Truppen sich zur Vertheidigung des Platzes nicht als ge- nügend erweisen sollten, den Kaiser um Hilfe anzugehen.

Blumentlial an den Kaiser. Dat. Cleve 18. Oct. 1647. (Or.)

[Rath Blumenthals, Hamm zu räumen.]

18. Oct. Die wenig befriedigenden Meldungen Kleists veranlassen den Kurfürsten

Blumenthal durch seine Räthe auffordern zu lassen, an den Kaiser wegen der Hammangelegenheit zu schreiben.

Dessen versichere E. K. M. ich, dass, wann dieselbe mich bei den Pflichten damit ihro ich verwandt bin, frageten, was hierinnen zu thun wäre?, ich beständig rathen würde, |: dass, wann C. D. zu Branden- burg bei der guten Devotion und Intention, die ich täglich verspüre, bleiben und mich also abgefertiget hätten, als ich gehört, dass sie mich abfertigen wollten, ich nimmer anders rathen würde oder könnte, als P. Ch. D. zu Brandenburg hierinnen und in mehrerm contento zu geben; dann ich weiss, dass I. Ch. D. den Frieden mit höchsten Eifer befördern thuen, auch da derselbe durch Tractaten nit bald zu erlangen sein würde, sie sich gegen Schweden setzen und denselben mit allen, was in ihren. Kräften ist, in der That erlangen helfen werden, daferne man nur ihro mit Mitteln beim Anfang zu Hülfe kommen wollte :|*).

Am 18. Oct. 1647 erhält Blumenthal die Resolution des Kurfürsten auf seine Werbung (gedruckt in Urk. u. Act. IV. 605ff.)

') Vergl. ürk. u. Act. IV. 817.

-) Blumenthal war als er diesen Brief absendete noch nicht im Besitze der Weisung vom IG. Oct. 1647, durch die ihm Kunde von der dem Kleist in der Frage bezüglich Hamms ertheilten Antwort gegeben wird. Unter dem 30. Oct. fordert der Kaiser Blumenthal auf, den Kurfürsten nochmals zur Conjuuction mit dem Kaiser zu eimabnen.

riamm. Pommersche Grenzregulirungsfrage. 35

Blumenthal an den Kaiser. Dat. Bonn 3. Nov. 1647. (Or.)

[Des Kurfürsten Erklärungen über seine Rüstungen. Verbindung mit dem Kaiser.

Bitte um Verständigung des Kaisers mit den Staaten bezüglicii Pommerns. Branden-

burg-braunschweigische Verhandlungen. Rath Blumenthals bezüglich der YOm Kaiser

dem Kurfürsten betreffs Pommern zn ertheilenden Antwort.]

I : Was Chur Brandenburg vor und bei meinem abreisen mir unter 3. Nov. andern angezeigt, war dieses: Erstlich, dass E. K. M. ich festiglich ver- sichern sollte, dass I. Ch. D. den Anfang sich in mehrere Verfassung zu setzen, gemacht hätten, indeme sie in Preussen, in Chur Branden- burg und hiesigen Landen alle ihre Compagnien zu Ross und Fuss, ver- stärken und an 2 Orten ziemliche starke Summen Gelds vermittels Ver- pfändung grosser Stück von ihro Landen negotieren lassen. Sie wären auch eigentlich gemeinet mit E. K. M. sich würklich zu coniungiren, wo die Schweden nit bald den Frieden annehmen wollten, bäten allein, E. K. M. wollten nit so hart in C. D. dringen es ehender zu thuen, bis sie auf den Beinen sein würden, dann es sonsteu L Ch. D. ganz rui- niren und wann sie es so frühzeitig thuen sollten, E. K. M. und ihr eigenes Vorhaben hindern würden .... Weiters so würde höchst nöthig sein, dass E. K. M. mit den General Staaten alsbald suchten in engere Verständnus wegen Pommern zu kommen, dann ohne deren Assistenz würden E. K. M. es nebst L Ch. D. schwerlich recuperiren können .... L Ch. D. würden den Anfang an ihrem Ort auch ehest machen, in- gleichen auch mit den Städten Hamburg, Lübeck und Bremen. Ich habe auch wohl soviel penetriret und vor gewiss erfahren, dass Chur- Brandenburg den Herzogen zu Braunschweig die Insel Rügen und eine gewisse Stadt übergeben und die Herzogen von Braunschweig zu ewigen Tagen frei von allen Zöllen lassen wollen. Es ist auch gar von dem Fürstenthum Cleve geredt worden, wann die Herzogen sich obligiren wollten, ohne weitere Kosten die Schweden aus Pommern zu bringen ....

Das beste Mittel wird sein Chur-Braudenburg zu schleuniger Reso- lution zu befördern, wann ihm E. K. M. anzeigen Hessen, dass sie nie- manden lieber bei Pommern als ihn, Chur-Brandenburg, manutenirt sehen, wollten auch dazu behilflich sein, wann "er das seinige mit thäte und dabei einen terminum von 4 Monaten setzten, wo nit, so müssten E. K. M. benachbarte Assistenz an der See suchen, welche doch Pommern nit würden quittiren ohne Erstattung der Kosten. :|

Von Cleve reist Blumenthal über Köln und Bonn nach Frankfurt, woselbst er ein Schreiben des Kurfürsten erhält (Dat. Cleve 14. Nov. 1647), mit dem

3*

36 I- Mission Blumenthals etc.

Ersuchen, am Wiener Hofe, wohin Blumenthal sich begeben will, für eine energische Beendigung des Friedenswerkes in Münster zu wirken und die Hamm- angelegcnheit im Sinne des Kurfürsten zu fördern (Schreiben Blumenthals Dat. Frankf. a/M. 13. Dec. 1647). Da eine Einigung in der Hammangelegenheit in diesen Tagen aber nicht erfolgte '), setzten die brandenburgischen Minister, ins- besondere Schwerin, ihre Mahnungen an Blumenthal, der sich zu Beginn des Jahres 1648 in Hammelburg aufhielt, fort. Blumenthal berichtet darüber ge- wissenhaft nach Wien (Schreiben vom 24., 29. und 31. Januar 1648). Unter- dessen erhielt Blumenthal vom Kaiser Befehl (13. Dec. 1647) sich zum Kur- fürsten zu begeben, um mit demselben über das Instrumentum pacis zu ver- handeln (Instruction vom 13. Dec. 1647. Conc); gibt aber in einem Schreiben vom 21. Januar 1648 die Gründe an, warum er nicht geeignet sei, dieses Amt zu übernehmen, vornehmlich, weil die Hammangelegenheit noch nicht zu Gunsten des Kurfürsten erledigt sei (Schreiben vom 21. Jan. 1648). In der That erhält er denn auch die Weisung (29. Jan. 1648) die Reise zu unterlassen, wie es in dem Schreiben heisst „weil ■wir dann verhoffen, dass inmittels die Krone Schwe- den und Protestirende ihre Erklärung über unser instrumentum pacis heraus- gegeben haben werden und also die Sachen nit mehr in dem Stand begriffen sein möchten, als wir dir unsere Instruction zugefertigt haben^. In dieser Zeit hat der kaiserliche General Peter Melander, Graf v. Holtzappell mit dem Kur- fürsten Unterredungen, in denen er im Sinne Blumenthals den Kurfürsten zur Conjunction mit dem Kaiser auffordert. Melander berichtet darüber an den Kaiser in dem nachfolgenden Schreiben.

Graf Holtzappeir^) an den Kaiser. Hammelburg 22. Januar

1648. (Or.)

[Unterredung Holtzappeirs mit Friedrich Wilhelm. Nothwendigkeit gemeinsamen Vorgehens, betont von Holtzappell. Erwiderung des Kurfürsten. Hamm. Contri- butionen in den Grafschaften Mark und Ravensberg. Unterredung über die Urheber der ungünstigen Entscheidung bezüglich Pommerns. Letzte Erklärungen des Kur- fürsten. Rath Holtzappel's.]

22. Jan. Er berichtet über seine Unterredung mit dem Kurfürsten in Altenau. Er

hielt dem Kurfürsten vor, wie gut es der Kaiser mit dem Reiche und dessen Interessen meine und wie gefährlich die Lage sei. „\\'elcher vor Augen stehender Gefahr nun zu entfliehen kein sicherers Mittel wäre, als wann die evangelische Stände unter sich und mit E. K. M. sich förderlichst

') Urk. u. Act. IV. 818.

^) Peter Melander, Graf von Holtzappell (Holzapfel); vergl. über ihn Deutsche Biographie 13, 21 ff. Rommel. Neuere Gesch. von Hessen Bd. IV. Koch, Ferd. III. Band IL

Hamm. Contributionsfrage. 37

mit allen ihren Kräften vereinigten und mit zusammengesetzter Macht denen Fremden auf den Hals drüngen. Zuforderist aber, dass I. Ch. D., als welche vor allen andern Ständen hierbei am meisten interessirt wäre, die vornehme Mittel, so sie ... in Händen hätten, ohne weitere Zeitver- lierung anwenden und vermittels derselben sich bestmöglichst in aller Eil verstärketen, hingegen aber der Krön Schweden keinen weitern Vorschub, als wie bishero zu E. K. M., des Reichs und I. Ch. D. eignen höchsten Nachtheil geschehen wäre, aus ihren Landen erstatten Hessen und darbei sich würklich mit E. K. M. vereinigen und mit zusammen- gesetzten Rath und Macht dem Feind sich entgegen zu setzen ent- schliessen wollten. Worauf I. Ch. D. mir zur Antwort gaben, dass E. K. M. auch eben dergleichen durch den von Blumenthal bereits bei ihr hätte suchen lassen und dass sie darauf sich schriftlich, soweit als sie der Zeit noch thuen können, erklärt [: vornehmlich aber von ihrer end- lichen Entschuldigung zu E. K. M. und des Reichs Dienst dem von Blumenthal mündliche Versicherung gegeben :], dabei wollten sie es auch noch allerdings bewenden lassen." Sodann betont der Kurfürst die Xoth- wendigkeit, ihm Hamm zn übergeben und die Contributionen in den Graf- schaften Mark und Ravensberg zu sistiren. Holtzappell versichert, wenn der Kurfürst sich rüste und halte, was er versprochen, werde es an Seiten des Kaisers nicht fehlen. „Worauf mk wiederum die l'ernere Antwort ertheilet wurde, [: dass Brandenburg dem von Blumenthal diese Versicherung mündlich gegeben, dieselbe auch E. K. M. zu überschreiben anbefohlen hätten, dass auf den Fall E. K. M. es bei demienigen, was sie zu Münster und Osnabrück durch dero gevollmächtigten Gesandten Grafen von Trauttmannsdorff hätte versprochen und zugesagt, würden bewenden lassen und die fremden Kronen diesen Winter auf die ihnen angebotene Wege den Frieden daunoch nicht schliessen wollten, sich mit E. K. M. zu Erlangung desselben eigentlich vereinbaren wollte, welches auch, wann E. K. M. derselben mehr bemeltermassen behülf sein würde, sich recht in Verfassung zu setzen und auf die Bein zu kommen, um soviel ehen- der geschehen könnte :]. Als auch unter anderm angezogen worden, dass I. Ch. D. sich hierdurch in grosse Gefahr und alle ihre Lande und Leute gleichsam in die Schanze setzeten, so habe ich darauf geantwortet, dass dieselbe meinem Urtheil nach wenig wagten, indem sie ja ihre Lande nicht mehr hätten, sondern die Schweden allbereits Meister derselben wären .... Sie L Ch. D. wollten doch nur bedenken, was Pommern für ein köstliches Kleinod wäre und dass derienige, welcher es in seinen Mächten hätte, auch unfehlbarlich Meister von I"". Ch. D. Churfürstenthum

38 I. Mission Blumenthals etc.

und den preussischen Landen wäre. Als nun von I. Ch. D. mir zur Antwort gegeben ward, dass nicht von derselben, sondern E. K. M. her- käme, dass man den Schweden Pommern lassen sollte, so habe ich da- rauf diesen Gegenbericht ertheilet, dass E. K. M. sie hierunter zu viel und Unrecht thäten, und dass solches E. K. M. Wille nieraahlen gewesen wäre. I. Ch. D. aber wollten sich darmit nicht zufrieden geben, sondern sagten, es wäre ja weltkündig und offenbar, dass E. K. M. Gesandte den Schweden Pommern zu ihrer Vergnügung angetragen und dass P. Ch. D. beschehenes vielfältiges Gegensprechen darwider nichts hätte verfangen wollen. Ich bäte abermahlen, sie wollten solches E. K. M. nicht auf- biirden, ich wäre derselben Diener und könnte nicht gestatten, dass ihro einiges Unrecht geschehe. I. Ch. D. möchte dasselbe wohl von ihren zu Münster und Osnabrück habenden Gesandten, welche selbsten und nicht E. K. M. schuldig daran wären, sein berichtet worden." Es sei vielmehr von Seiten der Evangelischen und in erster Linie von den Vertretern des Kurfürsten vom Kaiser begehrt worden, dass zuerst die fremden Kronen entschädigt wer- den, während der Kaiser vorerst die Ordnung und Ruhe im Reiche habe her- stellen wollen. Zudem seien die kurfürstlichen Gesandten wiederholt gefragt worden, ob sich der Kurfürst ganz auf die Seite des Kaisers schlagen wolle, hätten sich aber niemals erklärt. Die Richtigkeit dieser Erklärungen mussten der Kurfürst und seine Räthe zugeben. „Was sonsten I. Ch. D. ertheilte Erklärung anlanget, gienge dieselbe hauptsächlich dahin, j: dass sie es allerdings dabei Hessen, was sie dem v. Blumenthal E''. K. M. vorzubringen anbefohlen hätten und mich damit auf gleiche Weise versicherten, dass, wann zwischen der Zeit und den künftigen Brachmonat die Feinde den Frieden auf die Bedingnus, welche der Graf von Trauttmannsdorff ihnen den Ständen versprochen hätte, nicht schliessen, E. K. M. aber dieselbe alle fest halten und zuvorderist Churbrandenburg auf die Beine zu kom- men behilflich sein werden, sie zu E. K. M. würklich treten wollte; in- mittels wollten sie sich nach aller Möglichkeit in gute Verfassung setzen, hätten sich auch schon nach gewissen Generalspersonen umgethan, auch zu Chursachsen und den Herzogen zu Braunschweig-Lüneburg geschickt'), dieselbe zu gleichmässiger Meinung zu bringen : ."

Der Kurfürst hofft dagegen, dass der Kaiser sein Begehren bezüglich Hamm und der beiden Grafschaften erfüllen wird.

„Ich an meinem wenigen Ort kann aus allen denen mir geführten vertreulichen Gesprächen und gethanen Versicherungen nichts anders

') Gemeint ist die Sendung des Burgsdorf; Urk u. Act. IV. 762 ff.

Hamm. Contributionsfrage. 39

rathen, als dass E. K. M. P. Ch. D. vermittels dieses Begehrens Ein- willigung allergnädigst zu willfahren hätten ')."

Gutachten der Käthe über Holzappells Relation 17. Febr. 1648 (Khurtz, Gebhard).

[ErkläruDsen bezüglicli Hamms und der Contiibntionea in Mark und Ravensberg an

Kleist.]

Die letzten Erklärungen Brandenburgs bieten zwar nicht genügende Sicher- 17. Febi heit, aber sie sind doch so, dass die Räthe glauben, man solle das ganze Werk in Bewegung halten und soviel Hamm betrifft, dem Kleist sagen, es sei nicht zu zweifeln, dass entweder bald der Friede erfolgen, oder die Erkenntnis sich Geltung verschaffen werde, dass die fremden Kronen den Frieden nicht wollen. Der Kaiser zweifelt nicht, dass der Kurfürst seinen Versprechungen gemäss in diesem letzteren Falle alles thun w^erde, um das Reich zu schützen. In beiden Fällen ward dem Kurfürsten wegen Hamm Genugthuung werden. Unterdessen möge sich der Kurfürst gedulden: inzwischen habe der Kaiser der Generalität im w^estphälischen Kreise befohlen, dass bei beiden Grafschaften Mark und Ravensberg alle Moderation bei Einbringung der Contribution gebraucht werde -'). Der Kaiser gestatte auch, dass aus den eingehenden Kreismitteln eine Anzahl kurfürstlicher Truppen erhalten werde, auch wolle der Kaiser dem Comman- danten in Hamm Weisung zukommen lassen, dass er dem Kurfürsten zur Ret- tung von dessen Ländern Unterstützung leiste und sich hiezu der in der Mark und Ravensberg liegenden Völker bedienen solle. Bevor man diesen Bescheid gibt, soll man dem kölnischen Gesandten Fürstenberg ^) davon Mittheilung machen.

Am 20. wird dieses Gutachten verlesen und der Kaiser bestimmt: Mit Kleist soll mündlich verhandelt werden, die im Gutachten ausgeführte Antwort soll ihm gegeben, jedoch der Punkt wegen der Weisung an den Commandanten zur Hilfeleistung an Brandenburg ausgelassen werden ^).

') Vergl. über diese Unterredung und den Eindruck, den sie bei Schweden und Frankreich machte; Urk. u. Act. H. 17f., Puf. 1. c. HI. 20. 22.

^) Vergl. weiter unten.

^) Franz Egon Graf von Fürstenberg. Vergl. für seinen Aufenthalt in Wien Urk. 11. Act. IV. 819, 821.

■') Vergl. Urk. u. Act. IV. 818 f. In der dem Kleist am 28. Febr. 1648 gegebenen Antwort auf ein von ihm am 12. Febr. übergebenes Memorial, erscheint dann doch der Passus, dass der Commandant von Hamm Befehl erhalten soll, so viel als möglich den Wünschen des Kurfürsten zu willfahren.

40 I- Mission Blumentbals etc.

Der Kurfürst an den Kaiser. Cleve 10. Febr. 1648. (Or.)

[Contribution in der Mark und Ravensberg. Räumung von Hamm.]

10. Febr. Bittet den Kaiser, darauf zu sehen, dass der Kurfürst von Köln und der

Feldmarschall Lamhoy') Befehl erhalten, mit den Contributionen in der Mark und Ravensberg einzuhalten und diese Länder die vom Kaiser zugestandene Neutralität geniessen zu lassen ^). Zu gleicher Zeit bittet der Kurfürst um Ein- räumung von Hamm.

Der Kurfürst an den Kaiser. Cleve 11. Febr. 1648. (Aut.)

[Bitte um Verbot für Kurköln und Lamboy die Mark und Ravensberg mit Contribu- tionen zu beschweren.]

11. Febr. Ich zweiffelle nicht. e.s werde E. K. M. al.-;chon underthenigst vor-

bracht Sein, welcher gestaldt zu erhaltung undt nicht zu gentzlicher verherung meiner So sehr hochbedrengten Grafschaften Marck undt Ravensperg, wie auch zu Unterhaltung eigenen volcker, welche ich dem Reich mitt zum be.sten auff die beine gebracht, ahn Chur Collens L"*^" wie auch ahn H" Veldt Mar.'^chalck Lamboy^) so woll schrift- als Mündt- lichen umb gentzliche nachlassung der contribution verschidene mahlle anhalten undt anregung thun lassen, wie dan die abschriften nehbenst meinen weittleuftigen underthenigsten Schreiben ahn E. K.M. mit mehrem aussweissen, damitt E. K. M. Ich nicht zu lange behelligen möge, ziehen thu, besagen werden. Demnach Ich auch befürchten muss, das mir solches durch missgunstige ubell gedeuttet werden möchte; als hab solches zu E. K. M. allergnedigsten Wissenschaft underthenigst uberschicken undt hinterbringen wollen, mitt unterthenigster bitte, E. K. M. genedigst ge- ruhen w^erden, die in obgemelter Schrift angezogene erhebliche motiven undt Ursachen, insonderheitt aber die von E. K. M. diesen landen vor- lengst allergenedigste bewilligtten, auch mitt den Staadten Generali ge- schlossene undt veracordirte Neutralitet in genedigster reiffen conside- ration zu ziehen, auch meinen gehorsambsten suchen in kayserlichen genaden, rahum undt stadt geben undt S. Ld. dem Churfürsten zu Collen, wie auch obgemelten von Lamboy allergenedigst undt ernstlich anzube-

^) Graf Wilhelm Lamboy, kaiserlicher Feldmarschall; vercfl. Deutsche Bieg. 17. 557 ff. (Hallwich).

2) Vergl. für diese Streitfrage, ürk. u. Act. I. G76; II. 21; IV. 654 f., 819, 821, 823.

*) Die Correspondenz des Kurfürsten mit Lamboy. liegt vor. Dieselbe enthält nichts wesentliches.

Contributionsangelegenheit. 41

fehllen, meine landen ferners mitt allen alten undt neuen auflagen gentz- lich zu verschonen ....

Contributionsangelegenheit.

Die Contributionsfrage zieht sich Monatelang hin; es erfolgen immer neue Schreiben seitens Brandenburgs ') und Kölns -) und Berathungen der Confereuz. Am 10. und 16. März bestimmt die Conferenz, es mögen die Acten vom Jahre 1635, auf die sich Brandenburg beruft, eingesehen, unterdess aber alle mili- tärischen Executionen in den Grafschaften Mark und Ravensberg eingestellt wer- den. Nach neuen Berathungen, welche nach Einkommen neuer Schreiben von Brandenburg gepflogen wurden (Conferenzprotocolle vom 25. u. 29. April), wird am 29. April dem kurfürstlichen Gesandten bezüglich der Contributionen eine günstige Erklärung gegeben, indem die beiden Grafschaften von Contributionen, bis auf Reichs- und Kreisverwilligungen, befreit sein und bleiben sollen. Wegen Hamm bleibt der Kaiser bei seinen früheren Erklärungen 2). Erst am 14. Juli erfolgt dann die kaiserliche Entscheidung, dass dem Kurfürsten Hamm über- lassen werden soll, unter den Bedingungen : l'*. Dass den kaiserlichen Völkern durch Hamm Pass und Repass offen stehen soll, wenn sie solchen begehren würden. 2°. "Wenn Hamm angegriffen wird, muss der Kurfürst nicht nur das- selbe so gut als möglich selbst vertheidigen, sondern sich hiezu keines anderen als des Kaisers Succurs bedienen und 3''. dass I. Ch. I).. das von den kai- serlichen Gesandten zu Händen der Schweden unter dato den 11. Mai d. J. hinausgegebene instrumentum pacis durchgehends genehm halten, dessen sich gegen die schwedischen Gesandten in lücis tractatuum er- klären und mit und neben andern Ständen solches manuteniren helfen wollen und werden. Neue Verhandlungen mit dem kurfürstlichen Gesandten, der von der Aufnahme der letzten Bedingung in den Vertrag nichts wissen

') Schreiben des Kurfürsten toid 10., 27. und 31. März 1648. Auch Kleist be- tont in seinen Eingaben vom 12. Febr. und 14. ilärz 1648 neben anderen Punkten, bezüglich derer der Kurfürst Satisfaction wünsche Räumung von Hamm, Ersatz für Jägerndorf, Entscheidung in der Streitfrage Schwarzenbergs gegen die clevischen Regierungsräthe auch die Frage des Verbotes der Contribution in der Mark und Ravensberg.

^) Der Kölner, der beim Kurfürsten zu Cleve sich entschuldigte und den Kaiser als Urheber alles geschehenen bezeichnete (vergl. Urk. u. Act. IV. 820), stellte iu Wien Friedrich Wilhelms Vorgehen als ein höchst gefährliches dar. (Kölns Meinung und Eröffnung über Brandenburgs Handlung wegen Hamm und der Contributionen. d. d. 30. März 1648.)

') Vergl. Urk. u. Act. IV. 821. In einem Schreiben vom 29. April 1648 Conc. d. d. Prag an den Kurfürsten erklärt der Kaiser, er könne dem Kurfürsten von Köln und Lamboy nicht alle Schuld beimessen; in erster Linie sei die schlechte Zusammen- setzung des deutschen Reiches Schuld an diesem, wie allem anderen Unheil.

42 ^- Mission Blmnenthais etc.

wollte, führten dahin, dass sich der Kaiser am 30. Juli in einem neuen Bescheid an Kleist dahin erklärte: „Allermassen I. K. M. nicht zweifeln, S. Ch. D. werde, soviel das inslrumentum pacis betrifft, deroselben Vorantwort vom 8. Juni zu Folge, sich selbst gegen I. K. M. dergestalt erklären, wie es die Rettung des allgeraelnen Vaterlandes und dero selbst eigenes churfiirstliches Amt erfordert", ist der Kaiser zur Uebergabe von Hamm bereit, gegen das Zugeständnis des freien Durchzuges und der Verthei- digung Hamms nur mit kaiserlicher Hilfe '). Ganz in diesem Sinne lautet die Urkunde, die am 31. Juli ausgestellt ist.

Die Jülich -clevische Streitfrage.

Gutachten der deputii-teii Käthe bezüglich der JUlich-clevi- schen Streitfrage. 21. Juli.

21. Juli. Das Gutachten der deputirten Räthe vom 21. Juli beschäftigt sich sehr ein-

gehend mit der brandenburg-pfälzischen Streitfrage-).

Es werden die Schreiben der Fürsten von Neuburg. Brandenburg. Baiern, Sachsen, Mainz u. a. m. verlesen und die von beiden Partheien vorgebrachten Rechtfertigungsgründe in Erwägung gezogen^). ,, Alles dieses haben die gehor- samsten Räthe mit besonderem Fleisse erwogen und Itefinden ie länger, ie mehr, dass des Hn. Churfürsten zu Brandenburg fiirgenommene That- handkmg ie länger, ie weniger zu verantworten, nicht allein quoad mo- dum procedendi, sondern auch quoad rem ipsam." Da nun aber klar ist, dass Brandenburg die Succession in diesen Ländern und zwar mit Waffengewalt anstrebt, so erhebt sich die Frage, ob man kaiserlicher Seits jemanden an den Hof des Brandenburgers schicken soll, um ihn zu gütlicher Niederlegung der Waffen und Acceptirung der zum Ausgleiche eingesetzten Gommission ■*) zu be- wegen, wie Köln und Baiern gerathen haben. Die Räthe halten dies für un-

0 Vergl. ürk. u. Act. IV. 822 ff.

-) Vergl. für die Geschichte dieses Streites ürk. u. Act. VI. Iff., V. 403 ff. . III. fi6ff ; Droysen I.e. III] 349 ff, III2 lOff.; Mörner, Märkische Kriegsoberste 182 ff., 2n9ff ; Erdmannsdörffer, Graf Waldeck 26 ff.

^) In seiner Resolution d d. Wien 9. Juli 1651 (Urk. u. Act. VI. 46) hatte der Kaiser bereits deutlich seine Misbilligung über des Kurfürsten unberechtigtes Vor- geben gegen den Herzog von Neuburg ausgesprochen.

*) Am 16. April 1649 waren auf specielleu Antrag des Pfalzgrafen, Kurfürst Ferdinand von Köln und Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel zu Com- missären „zur Ordnung des Kirchen- und Religionswesens in den Jülich-Clevischen Landen" vom Kaiser ernannt w^orden. Vergl. Urk. u Act. VI. 5 f.

Jülich-clevische Streitfrage. Urtheil über Brandenburg. 43

nöthig, vergeblich und unrathsam, weil, wenn das Dehortationsschreiben an den Kurfürsten') und die Blumenthal gegebene Resolution'-) nichts helfen, ein Ge- sandter auch nichts ausrichten wird, sondern es würde das die Sache nur ver- zögern und aussehen, wie wenn der Kaiser seinen Schreiben selbst nicht be- deutenden Werth beilegen würde; „ad partera aber und noch zur Zeit pri- vatim einen vornehmen hohen ministro und etwa den Grafen von Hatzfeld^) in Bereitschaft und dort in loco unvermerkt zu haben, wäre das aller- sicherste". Auch gegen die von Baiern und Köln vorgeschlagene Interposition der benachbarten Fürsten sprechen sich die Räthe mit Rücksicht auf die da- durch verletzte Autorität des Kaisers aus; abgesehen davon, dass auch dieser Weg wegen der vielen Interponenten die Sache hinausschieben würde. Die Räthe sind vielmehr der Ansicht, der Kaiser solle, wie Pfalz-Neuburg ersucht und Mainz in seinem letzten Schreiben gerathen habe, neue, strenge Dehortations- schreiben an Brandenburg ergehen lassen und den Kurfürsten zur Niederlegung der Waffen und Annahme der Commission bewegen; man könnte auch die Clausel hinzufügen, dass auf den widrigen Fall E. K. M. zu andern Mitteln greifen und nach Inhalt des Friedensschlusses mit Chur-Fürsten und Ständen des Reichs demienigen Theil wirklich assistiren und Hilfe leisten miissten, welcher sich zu Fried und Recht erbietig machen thäte und allein in terminis defensivis hielte. Es entspricht dies den Wünschen der anderen Fürsten und den Bestimmungen des Friedens. Dann sollen neue Schreiben an die Stände von Jülich und Berg erlassen und dieselben neuer- dings aufgefordert werden, Neuburg gegen Brandenburg zu unterstützen^). Avocatorische Schreiben an den Pfalzgrafen und seine Soldaten zu richten, wie dies bei Brandenburg geschieht, halten die Räthe nicht für recht, weil der Pfalzgraf in iustissiraa et licita et necessaria defensione steht. Ferner sollen Schreiben an die Obersten der benachbarten Kreise ergehen, i. e. westphälischen, oberrheinischen und kurrheinischen, sich zu rüsten, um nöthigenfalls Neuburg Hilfe zu leisten und ihnen aufgetragen werden, Werbungen für Brandenburg in ihren Ländern nicht zu gestatten, auch Brandenburgs Soldaten keinen Durchzug, noch Munition etc zu gewähren. Die Commissäre wegen des Religionspunktes, der Bischof von Münster s) und der Herzog August zu Braunschweig''), sollen ihre Untersuchungen fortsetzen und an Stelle Augusts, wenn er sich

') Vergl. das Schreiben des Kaisers au den Kurfürsten d. d. Wien 3. Juli 1651; Urk. u. Act. VI. 40 ff.

-) Resolution des Kaisers an Biumeuthal, Wien 9. Juli 1651; Urk. und Act. VI. 46.

^) Graf Melchior von Hatzfeld.

*) üeber die Haltung der clevischen Stände in dieser Zeit Urk. u. Act. V. 403 ff.

•) Christof Bernhard von Galen, vergl. Alpen, Job. ab, De vita et gestis Ch. B- Tücking, K. Gesch. des Stiftes Münster unter Christof Bernhard von Galen.

'") Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel, vergl. über ihn Köcher 1. c. I. 343ff.

44 ^- Mission Blumenthals etc.

widerwärtig zeigt, der Landgraf Georg zu Hessen-Darmstadt gewählt werden. Mainz, Cöln und Baiern sollen Dankschreiben für ihren Rath erhalten. Alle diese Fürsten sollen auch die Staaten von Eingriffen abrathen'). Auch an Sachsen soll ein Schreiben mit Rechtfertigung des kaiserlichen Vorgehens er- lassen werden -). Blumenthal kann man schriftlich die Unhaltbarkeit seiner Be- hauptungen klarlegen'*). (Beschlossen von Khurtz, Oettingen, Gebhard. In der Sitzung vom 24. Juli werden diese Beschlüsse gebilligt'').)

3. August 1651.

Aug. Der Neuburger 5) bedankt sich unter dem 15. Juli für die an Brandenburg

erlassenen Dehortationsschreiben; er fürchtet aber, dieselben werden keinen Er- folg haben, bittet daher den Kaiser avocatoria und poenalia mandata auch an alle Reichsvasallen und Unterthanen, in specie aber an die clevischen, märki- schen und ravensbergischen Landstände zu erlassen und ihn mit Waffen zu unterstützen; auch berichtet er unter dem 19. Juli von Einfällen und Plünde- rungen der Brandenburger G) und über der Generalstaaten angebotene Me- diation'). Ebenso berichtet der junge Pfalzgraf**) über des Brandenburgers Vorgehen. Die Räthe glauben, dass die Interposition der Staaten nicht unge- fährlich ist, auch sei zweifelhaft, ob sie für den Neuburger vortheilhaft sein wird, doch rathen die Räthe dem Kaiser nichts gegen diese Mediation einzu- Avenden, da sie bereits erfolgt und der Neuburger nach den Bestimmungen des Friedens von 1648 zu solchem Bündnisse das Recht habe. Ob der Kaiser aber, wie der Neuburger wünscht, gleichfalls sich zur Mediation erbieten solle, ist schwer zu sagen, es spricht manches dagegen, manches dafür; entscheidet sich der Kaiser für die Mediation, so soll Hatzfeld hingesendet werden, mit dem Befehl bei Mainz und Köln Mittheilung von seiner Mission zu machen, und der Reichshofrath Anethan ^) soll ihn begleiten. Dem Neuburger wäre zu schreiben, er solle sich den Aussprüchen der Commissäre '") fügen. Bezüglich der be-

') Ueber das Verhältnis der Staaten zu diesem Streite Urk. u. Act. III. 66 ff. und die dort citivte Literatur.

-) Alle diese Schreiben sind gemäss den Beschlüssen der Conferenz am 24. Juli ausgefertigt worden.

^) üeber die Verhandlungen mit Blumeathal in dieser Zeit Urk. u. Act. VI. 56 ff. Mörner, Märkische Kriegsoberste 274 ff.

■*) Vergl. das Schreiben Ferd. III. an den Kurfürsten d. d. Wien 24. Juli 1651, Urk. u. Act. VI. 57 ff.

^) Gemeint ist Wolfgang Wilhelm

^) Ueber die Kriegsereignisse im brandenburg-pfälzischen Kriege Droysen 1. c. III2 28ff. ; Puf. 1. c. IV. 25; Erdmannsdörffer Graf Georg Friedrich von Waldeck 26 ff.

') Vergl. Urk. u. Act. III 70ff; Aitzema 1. c. III. 672ff.

0 Philipp Wilhelm.

^) Dr. Johann Anethan.

'") Münster und Braunschweig-Wolfenbüttel.

Bliimenthals Memorial bezüglich der Jülich-clivischen Sache. 45

gehrten Hilfe sind die beiden Neuburger auf die vom Kaiser bereits angeordnete Hilfe der benachbarten Kreise zu verweisen; doch empfehlen die Räthe dem Kaiser, sich in Verfassung zu setzen, (ßeschluss von Khurtz, Oettingen, Gebhard.)

Dem Kaiser am 5. August vorgelesen und beschlossen wie gerathen, nur soll der staatischen Mediation in den kaiserlichen Schreiben nicht gedacht wer- den und dem Hatzfeld die poenalia mandata nicht mitgegeben werden ').

8. Auo^ust.

Das Memorial Blumenthals vom 5. Aug. ^) ist zwar ziemlich subtil 8. Aug. gestellt, dann es soll dem äusserlichen Ansehen nach eine Sinceration und Parition des Herrn Churfürsten auf E^ K. M. erste dehortatorias mit sich bringen, wann maus aber recht beim Licht besieht, so hält's nichts weniger als dies in sich und hat fast einen Schein, als wann man E. K. M. hierdurch a scopo suae dehortationis gänzlich divertiren wollte; dann es hält in substantia nichts mehr als diese 3 Punkte in sich. 1°. Erklärung, dass der Kurfürst in der Neuburger Frage sich nicht mit einer andern Macht geeinigt habe. 2". Der Kurfürst ist auf das kaiserliche Schreiben hin bereit sich zu gütlicher Beilegung der Sache zu bequemen. 3". Bitte, dass der Kaiser vor Blumenthals Abreise sich auf seine und Crockows Forderungen in der pommerschen Angelegenheit entschliesse und dem Kurfürsten zu wirk- licher Erlangung dieser Lande behilflich sei^). Was den ersten Punkt betrifft, soll dem Gesandten erwidert werden, wenn der Kurfürst für sich allein die Sache unternommen, könne er sie um so eher aufgeben. Der zweite Punkt ist ganz leer auf E. K. M. Abmahuungsschreiben, dann dieses geht nicht dahin, dass sich der Kurfürst zu gütlicher Beilegung dieses Streites be- queme, sondern von den Gewaltthätigkeiten abstehe, seine Völker aus den jülischen und bergischen Landen alsobald abführen solle; die güt- liche Beilegung ist für den ganzen Successionsstreit gemeint. Diese falsche Auslegung, glauben die Räthe, müsse betont und gerügt werden. Der Punkt wegen Pommern gehört nicht hieher. Man möge also Blumenthal dahin ant- worten: Die Erklärungen des Memoriales vom 5. August genfigen nicht; der Kaiser fordere Abberufung der Truppen, Wiederherstellung des vorigen Standes; auch soll der Kurfürst der Commission, die den Religionspunkt entscheidet, Folge leisten. Unterdess werde der Kaiser mit uninteressirten Reichsfürsten den Suc- cessionsstreit zu erledigen suchen.

^) Der Kredenzbrief für Hatzfeld ist datirt Wien 5. Aug. 1651. 2) Vergl. den Inhalt bei Urk. u. Act. VI. 80 f.

^) Es handelte sich um die langwierige Grenzregulirungsfrage ; vergl. Urk. und Act. IV. 829ff. ; über Crockows Mission nach Wien Urk. u. Act. IV. 890if.

46 I- Mission Blumentlials etc.

Am 10. August dem Kaiser vorgelesen und beschlossen wie eingerathen, iedoch soll der Bescheid etwas glimpflicher eingerichtet und P. K. M. abgelesen werden.

18. August 1651.

18. Aug. Von Pfalz-Neuburg') und Brandenburg-) sind Schreiben eingekommen.

Die Räthe halten dafür, obwohl des Brandenburgers Schreiben an Pfalz- Neuburg ^) die Intention zur gütlichen Handlung zeigt, dass dies nur geschehen sei, um Zeit zu gewinnen. Die Räthe können es daher dem Neuburger nicht verdenken, dass er nicht sogleich darauf eingegangen, sondern vorerst die Ab- führung der brandenburgischen Truppen und andere Gewährleistungen gefordert habe*). Weil aber das Streben des Kaisers darauf gerichtet ist, Friede zu machen, zu diesem Behufe Hatzfeld abgeordnet worden sei, sind die Räthe da- für, man möge dem Pfalzgrafen zur Annahme der Verhandlungen zureden und ihm durch Hatzfeld des Kaisers Ansichten genau auseinandersetzen lassen. Bezüglich Brandenburgs halten es die Räthe nicht für rathsam, dass der Kaiser des Kurfürsten Schreiben beantworte, damit sie nicht vermeinen, dass durch Acceptirung und Beantwortung dieses ihres Schreibens die vergangene Thathandlung und nicht erfolgende Parition bereits vergessen und ver- geben sei, sondern man möge noch einige Zeit mit der Antwort warten. (Khurtz, Oettingen, Gebhard.) Am 20. beschlossen wie eingerathen.

1. September 1651.

1. Sept. Inhalt des kurfürstlichen Schreibens vom 21. Aug. 1651^). Um zu ent-

scheiden, wer Recht hat, müsste man den Bericht von Neuburg haben. Die Räthe halten doch darvor, wann man den statum causae betrachten will, dass der Zeit nicht zu reden sei, quid de iure faciendum, sed quid facto opus sit und sind der einhelligen Meinung, dass E''. K. M. und des heil. Reichs Dienst erfordere, dass dieser Krieg je eher je besser

*) Das Schreiben Neuburgs ist vom 5. Aug. und enthält Klagen über Branden- burgs Vorgehen und die Bitte um energisches Vorgehen seitens des Kaiserhofes.

-) Das Schreiben des Kurfürsten au den Kaiser vom 5. Aug. in ürk. u. Act. VI. 79 f. über die Wirkung desselben, 89 f.

2) Schreiben Fried. Wilh. an Wolfgang Wilh. vom 25. Juli 16Ö1, in welchem der Kurfürst um eine persönliche Zusammenkunft ersucht; gedruckt unter anderem Urk. u. Act. VI. 64 f.

"•) Schreiben Wolfgang Wilhelms an Fried. Wilh. d. d. 27. Juli 1G51 : gedruckt unter anderen ürk. u. Act. VI. 65 f.

^) ürk. u. Act. VI. 93 f.

Veränderter Stand der Ding-e. Nothwendigkeit die Waffen niederznlegen. 47

gedämpfr, werde; es leide endlich, wer da wolle. Die Räthe halten dafür, der Kaiser möge Hatzfeld und Anethan, den Commissären, Mittheilung von des Kurfürsten Schreiben machen und die gütliche Beilegung so rasch als möglich fortsetzen. Der Neuburger ist vom Kaiser zu ermahnen, doch seinerseits alles zu thun, was die Herstellung des Friedens beschleunige. Brandenburg ist aber vom Kaiser dahin zu verständigen, dass die Erklärungen des Kurfürsten und die mit Neuburg gepflogenen Unterhandinngen ') dem Kaiser grosse Freude bereitet und dass der Kaiser alles aufbieten werde, um den Neuburger zur Fortsetzung der Verhandlungen zu vermögen -). (Beschlossen Khurtz, Oettingen, Gebhard.)

21. September 1651.

Nach Verlesung sämmtlicher eingelaufener Berichte erklären die Räthe, sie 21. Sept. fänden den statum rerum geändert und dass der Herr Pfalzgraf zu Neuburg durch die Verhandlungen zu Angerort ^) und Essen*) merklich verkürzt worden, indem er mit dem aufgerichteten armistitio aus seinem Vortheil gebracht sei. den Herzog von Lothringen und seinen Sohn beleidigt^) und der Vortheile, die ihm des Kaisers Mediation geboten, sich begeben habe. Denn früher hat Branden- burg als Verletzer des Friedens gegolten, jetzt aber behauptet der Kurfürst alles, was der Kaiser gefordert, gethan zu haben und dass auf Seite Neuburgs der Grund der Verzögerung zu suchen sei''). Auch ist durch Neuburgs Vor- gehen die Mediation der Staaten so bedeutend '), dass die Räthe nicht sehen, wie der Kaiser salva reputatione sich in die Sache mischen könnte; wundern sich auch sehr, dass Köln sich so habe gebrauchen lassen. Auch halten die Räthe es für gänzlich verfehlt, dass die Verhandlungen geführt werden sollen, während man beiderseits noch Waffen führt. Um die Autorität des Kaisers zu

') Gemeint ist die Verhandlung des Kurfürsten mit dem Pfälzer zu Angerort; Mörner 1. c. 315ff.; Wicquefort, Hist. des Prov. Un. II. 97; Urk. u. Act. VI. 91f , 129ff.; Aitzema 1. c. III. 677; Erdmannsdörffer Waldeck 1. c. 39f.

^) Der Kaiser an den Kurfürsten 2. Sept. 1651, Urk u. Act. VI. 95.

^) Vergl. Anm. 1.

*) Ueber die Verhandlungen zu Essen Mörner 1. c. 324ff. ; Aitzema 1. c. III. 681 ff.; Urk, u. Act. III. 75 ff., VI. 99 ff.

^) Ueber die Politik des Herzoges Karl von Lothringen und seine Stellung in diesem brandenburg-pfäJzischen Kriege, Urk. u. Act. III. 8f. u. passim; d'Haussonville, llist. de la reunion de la Lorraine ä la France IL; Erdmannsdörffer Waldeck 157 ff.

'') Vergl. das Schreiheu des Kurfürsten an den Kaiser vom 19. Sept. 1651 Urk u. Act. VI. 108 ff. Schon in 2 früheren Schreiben d. d. Duisburg 6. Sept. und Cleve 15. Sept. 1651 hatte der Kurfürst darauf hingewiesen, dass er den Befehlen des Kai- sers sich gefügt, der Neuburger dagegen sich veränderlich gezeigt und den Waffen- stillstand unter dem Vorwande gekündigt habe, Brandenburg hätte ihn durch sein Zögern dazu vermocht. In beiden Schreiben fordert der Kurfürst die Unterstützung des Kaisers.

') Vergl. Urk. u. Act. IIL 76 ff.

48 I- Mission Blumenthals etc.

wahren, halten die Räthe für nothwendig, dass die Commission auf Hatzfeld und Anethan dahin erklärt werde, dass E. K. M. Meinung nit gewesen, mit der- selben auf was mehrers, als auf gänzliche vollständige Abführung beiderseits Kriegsvölker und Einstellung aller weitern Hostilitäten, sodann auf Fort- setzung deren auf den Herrn Bischof zu Münster und Herrn Landgrafen zu Hessen-Darmstadt in religionis verordneten Reichscommission zu gehen und wider denienigen Theil, welcher sich hiezu nicht verstehen würde, die kaiserlichen mandata avocatoria zu publiciren, hierunter aber wider Churbrandenburg als primum aggressorem den Anfang zu machen. Dem Kurfürsten von Brandenburg soll geschrieben werden, er möge die Waffen niederlegen und sich bezüglich der Religionsfrage den Beschlüssen der kai- serlichen Commissäre fügen; dann werde der Kaiser dafür sorgen, dass Neu- burg sich auch füge '). Davon ist dem Hatzfeld Nachricht zu geben, mit dem Befehle, auf die Durchführung dieses kaiserlichen Befehles zu sehen. Den Kur- fürsten von Mainz, Köln, Baiern und Sachsen ist von diesen Entschlüssen des Kaisers Mittheilung zu machen. Neuburg ist zu rathen, die Waffen niederzu- legen, und die Gefahren zu schildern, die ihm bei Weigerung, dies zu thun, drohen.

29. September 1651.

29. Sept. Die Räthe finden, dass die kaiserlichen Abgesandten-) sehr wohl gethan,

dass sie sich bei Pfalz-Neuburg über dessen Stimmung in puncto depositionis armorum als dem Hauptwerk ihrer Commission erkundigt und ihn und den jungen Herrn zur gütlichen Ablegung der Waffen und Acceptirung der kaiser- lichen Commission in puncto religionis so beweglich ermahnt haben, da dies für die weiteren Verhandlungen unerlässliche Vorbedingung sei. Ob nun wohl der iunge Herr fast hitzig für der Stirn und sich sowohl gegen die kai- serlichen Abgesandten, als dem Herrn Vater selbst sehr eifrig zum Krieg und dessen Continuation, bis er seine Revanche und praetendirte Satis- faction erlangt, vernehmen lassen, so merken doch die Räthe aus des alten Herrn so müud- als schriftlicher Erklärung, dass derselbe mehr zu Fried und Ruhe, als zu weiterer Continuirung dieses unnothwendigen Kriegswesens Beliebung trägt, da er sich nicht blos zur Einstellung aller Feindschaften bereit erklärt hat, sobald Brandenburg als „primus aggressor*^ hiemit den Anfang machen und die kaiserliche Commission als Richter in dem Religionswesen anerkennen würde, sondern das bereits aufgekündigte armistitium um 4 Tage verlängert hat, um den kaiserlichen Commissären Zeit zu geben

') Vergl. das Schreiben des Kaisers an den Kurfürsten d. d. Ebersdorf 22. Sept. 1651, ürk. u. Act. VI. Ulf.

^) Hatzfeld und Anethan; vergl. weiter unten.

Gutachten über die vom Kaiser in der Jülich-ciev. Frage zu beobachtende Politik. 49

mit den Brandenburgern zu sprechen. Dieser Commissäre Bericht ist abzuwarten und wenn nichts besseres als bisher einlangt, so ist der jüngsten Resolution gegen Brandenburg zu inbaeriren, das sich nicht fügen und die Waffennieder- legung mit der Ausgleichung der Religionsfrage zugleich erledigt haben will. Ferner sei zu ersehen, dass der Kurfürst die Entschliessung in der Religions- frage ganz den Staaten überlassen will, was gegen die Bestimmungen des Frie- dens von 1648 und gegen die Ehre des Kaisers Verstösse, daher fest auf An- erkennung der kaiserlichen Commission in diesem Punkte bestanden werden müsse. An eine Realsatisfaction seitens Brandenburg, wie sie besonders der junge Neuburger wünscht, ist nicht zu denken, andererseits kann man es be- greifen, dass Neuburg für den erlittenen Schaden etwas will; der alte Neu- burger, der die Entscheidung in dieser Frage gleichfalls dem Kaiser überlassen will, begehrt nur, dass er dem Kurfürsten die 100 000 Thaler, Avelche er dem- selben nach dem Vertrage von 1647 zu zahlen verpflichtet ist '), nicht zu zahlen brauche und dass seinem Sohne 40000 Thaler gegeben werden. Die Räthe glauben, Brandenburg könne einen so billigen Vorschlag nicht ablehnen und rathen, die kaiserlichen Gesandten dahin zu instruiren, von diesem Vorschlage dem Kurfürsten Kenntnis zu geben. Ferner empfehlen die Räthe, es mögen beide Theile sich auf fürstliches Wort für sich und ihre Nachkommen ver- pflichten, sich nicht mehr via facti zu beleidigen; solche Versprechen sollen aber auch die beiderseitigen Stände geben und sich zur Opposition gegen den Angreifer verpflichten.

Zur Entscheidung der Streitfragen könnten Räthe beider Partheien zusam- mentreten, auch Vertreter der Stände könnten zugezogen werden; können diese sich nicht einigen, so wenden sie sich an den Kaiser als obersten Richter. Wenn die Verhandlungen zwischen Brandenburg und Neuburg im Gange sind, sollen die kaiserlichen Gesandten darauf sehen, dass der Kaiser das arbi- trium und directorium mit Absonderung der holländischen Mediation erhalte; ferner, dass, wenn Köln mitwirken will, Mainz auch herangezogen wird; dass die Frage der Waffenuiederlegung mit jener der Ausgleichung der Religionsfrage nicht confundirt werde; dass der Religionspunkt der kaiserlichen Commission zur Entscheidung zugewiesen werde. In diesem Sinne sind die Schreiben der verschiedenen Fürsten zu beantworten.

(Beschlossen von Khurtz, Oettingen, Gebhard.)

Lectum coram S. C. M'®. in consilio secreto 5. Octobris 1651 et ab eadem conculsum, weil die Sachen durch die nach diesem geschlossenen voto einkommene Schreiben von den kaiserlichen Gesandten sowohl als beiden interessirten Theilen de datis 19., 23. und 24. Sept. nächsthin, insoweit abermahlen geändert worden und sich täglich mehr ändert; dass den kaiserlichen Gesandten ein Recepisse zu ertheilen cum appro- batione actorum und dass I. K. M. das von dem Anethano Herrn Reichs-

^) Vergl. Mörner, Kurbrandenbuigs Staatsverträge 139.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XTV. 4:

50 I- Mission Bluraenthals etc.

vicekanzler eingeschlossene Project') Ihro allergnädigst gefallen lassen, weil aber Churpfalz dem Friedensschluss bis dato kein Genügen gethan, Hessen -Cassel auch Churbrandenburg nahe beschwägert, also sollten die kaiserlichen Gesandten bei Churbrandenburg daran sein, dass S. Ch. D. andere unpartheiische Chur- und Fürsten vorschlagen wollten, dessen sie dann Pfalz-Neuburg ebenmässig zu erinnern; 2°. dass sie die man- data wider Neuburg noch nicht publiciren sollen; 3°. promoveatur com- missio in puncto religionis und wann Braunschweig auf seinem Unfug in puncto praecedentiae contra den Bischof von Münster beharren wollte, dass alsdann solche durch den Herrn Landgrafen zu Hessen fortzusetzen.

Aus den Berichten des Melchior Grafen von Hatzfeld und des J. Anethan. 1651').

Unter dem 31. August berichtet Hatzfeld von der zu Langenschwalbach stattgehabten Unterredung mit dem Kurfürsten Johann Philipp von Mainz. Dieser lässt Isaac Volmar aus Frankfurt kommen und macht den kaiserlichen Vertretern Mittheilung von den zwischen Brandenburg und Neuburg getroffenen Verabredungen^). Ob der Streit wirklich beendet sei, was insbesondere von den Vertretern der Staaten gewünscht werde, um der Mediation des Kaisers vorzubeugen, msse der Mainzer nicht. Derselbe räth dem Hatzfeld zum Kurfürsten von Köln zu gehen, der ihm in allen Fällen mit gutem Rathe an die Hand gehen werde. Des Mainzers Ansicht ist, dass der Kaiser, falls eine Beilegung der Differenzen noch nicht erfolgt sei, die Mediation anbieten solle, um den Staaten die Erledigung dieser Sache nicht zu lassen, da in solchem Falle die catholische Religion unter allen Umständen Schaden leiden würde*).

Aus Engers meldet Hatzfeld dann am 7. Sept., dass er in Köln von Philipp Wilhelm von Neuburg vernommen habe, Kurbrandenburg bestehe bei der Versammlung zu Essen bezüglich der Hauptfragen und besonders der Re-

^) Vergl. weiter unten.

2) Vergl. dazu die Mittheihmgen bei Mörner, Märkische Kriegs-Obersten des 17. Jahrb. 333 ff., die sich aber blos auf die letzten Verhandhmgen beziehen; Puf. I.e. IV. 35; Aitzema I.e. III. 684 ff. Biographisches über Melchior Hatzfeld, Grafen von Gleichen, der im Kriege gegen die Schweden eine hervorragende Rolle gespielt hat, im Jahre 1G57 zum Führer der österreichischen Hilfstruppen gegen Karl Gustav er- nannt wurde und am 9. Januar 1658 starb, Allgera, deutsch. Biog. XI. 35 f.

^) Ueber den damaligen Stand der Begebenheiten, Urk. u. Act. VI. 91ff. ; Mörner 1. c. 31 5 ff.

*) Die Mainzer Resolution d. d. Langenschwalbach 31. Aug. 1651 auf Hatz- felds Erklärungen lautet wie der Bericht Hatzfelds. Der Mainzer ist ganz" für die gütliche Beilegung der noch bestehenden Differenzen.

Verbandlungeu Hatzfeld's mit dem Neubiirger. Dessen Gesinnung. 51

ligionssacbe auf seineu unbilligen Forderungen') und bezwecke mit dem Waffen- stillstände nichts anderes, als die Abscbaffung der lothringischen Völker aus seinem Lande und die Instandsetzung der Orte Hamm, Lippstadt, Soest, Biele- feld. Der junge Pfälzer ist für den Bruch des Waffenstillstandes ; Hatzfeld räth ab, fürchtet aber, dass es doch dazu kommen werde. Der Erzbischof von Köln äussert sich ähnlich wie der Mainzer-) und räth dem Hatzfeld zum Branden- burger zu eilen, wozu Hatzfeld auch entschlossen ist. Er wünscht nur die An- kunft des Anethan abzuwarten^).

Unter dem 13. Sept. berichten dann Hatzfeld und Anethan über ihre den kaiserlichen Befehlen entsprechenden Verfügungen bezüglich der Verhandlungen mit den Jülich-Clev-ßergischen Ständen, die dahin führen, dass die Absendung einer Deputation der Stände an die kaiserlichen Deputirten behufs Anhörung der kaiserlichen Proposition beschlossen wird^). Verschiedene Zeichen deuten darauf hin, dass es zum neuerlichen Kampfe zwischen Brandenburg und Neu- burg kommen dürfte. Die Gesandten lassen den Pfalzgrafen von Neuburg ersuchen, jeden Bruch zu vermeiden und ihre Ankunft abzuwarten. Aus Düssel- dorf d. d. 16. Sept. melden die Vertreter des Kaisers dann von ihrer Unter- redung mit Wolfgang Wilhelm, der darüber klagt, dass der Kaiser ihm die Action in den brandenburgischen Landen untersage. Seine Völker könnten aus Mangel an Fourage in den bergischen Landen nicht mehr bleiben^). Den Waffen- stillstand habe er aufgekündigt ^), weil Brandenburg in den Religionssachen nicht nachgebe, die Cognition und Judicatur weder dem Kaiser und dem Reiche, noch der Reichscommission zugestehe, sich derselben nicht unterordnen, noch für den zugefügten Schaden Ersatz leisten wolle. Auf diesen Forderungen bestehe aber der Neuburger und werde ohne Durchführung derselben die Waffen nicht nieder-

^) üeber die Zusammenkunft zu Essen Mörner 1. c. 324 ff. ; Urk. u. Act. VI. 99 ff.; m. 75 ff.; Aitzema IIL 681ff.

-) Resolution d. d. Bonn 4. Sept. 1651. Cop.

^) unterdessen hatte Friedrich Wilhelm in einem Schreiben d. d. Duisburg 31. August 1651 dem Hatzfeld von dem Staude der mit dem Neuburger gepflogenen Verbandlungen Mittheilung gemacht, seine Friedensliebe betont und Hatzfeld ersucht, dahin zu wirken, dass, falls der Neuburger den Waffenstillstand brechen sollte, das gerechte Vorgehen des Brandenburgers anerkannt werde. In seiner Antwort d. d. Köln 4. Sept. spricht Hatzfeld die Hoffnung auf die gänzliche Beilegung der herrschenden Differenzen aus und kündigt seine Reise an den Hof des Kurfürsten an, wozu er durch ein neues dringendes Schreiben Philipp Wilhelms von Neuburg d. d. Köln 5. Sept. aufgefordert wird.

*) Für diese Angelegenheit Urk. u. Act. V. 534 ff.

^) In diesem Sinne lautet das Schreiben des Wolfgaug Wilhelm d. d. Düsseldorf 8. Sept. 1651.

^j Schreiben des Neuburgers an den Brandenburger d. d. Düsseldorf 13. Sept. 1651. In dem Antwortschreiben d. d. Cleve 14. Sept. weist Friedrich Wilhelm die Behauptung, als habe er den Waffenstillstand gebrochen, zurück, macht den Neu- burger für alle Folgen verantwortlich und erklärt seinem Feldzeugmeister Sparr Be- fehl ertheiit zu haben, womöglich die Ruptur zu verhindern.

4*

52 I- Mission Blumenthals etc.

legen. Die Vertreter Ferdinand III. betonen in ihrer Erwiderung die Forderung der Waffenniederlegung und erklären, der Kaiser werde jenen, der zuerst von Feindseligkeiten absteht, unterstützen. Bisher habe der Kaiser den Neuburger unterstützen können, weil auf dessen Seite das Recht gewesen; sollte der Neu- burger aber jetzt, wo doch der Brandenburger die Truppen abgeführt und den "Waffenstillstand beobachtet habe, den Krieg beginnen, blos auf die Vermuthung hin, dass Brandenburg die kaiserliche und die Reichsiudicatur zurückweisen werde, so würde der Kaiser seine Hand nothwendig von Neuburg ab- und Brandenburg zuwenden. Nichtsdestoweniger blieb Wolfgang Wilhelm dabei, die Waffen erst dann niederlegen zu wollen, wenn der angerichtete Schaden wider gut gemacht und gegen künftige Schäden entsprechende Fürsorge getroffen sein würde '). Eine ähnliche Unterredung findet am folgenden Tage zwischen den kaiserlichen Commissären und dem jungen Pfalzgrafen Philipp Wilhelm statt, nur dass dieser noch viel heftiger als sein Vater gegen das Vorgehen Friedrich Wilhelms von Brandenburg spricht, die Nothwendigkeit eines Schadenersatzes noch stärker betont und auf die in diesem Momente seinem Vater zur Ver- fügung stehenden Hilfskräfte hinweist. Auch ihm gegenüber betonen die kaiser- lichen Commissäre die Nothwendigkeit der W^affenniederlegung und machen auf die grosse Gefahr aufmerksam, die dem Pfalz Neuburger von den Generalstaaten im Falle eines neuen Waffenganges drohe. Nach langen Bemühungen gelingt es den kaiserlichen Bevollmächtigten Philipp Wilhelm zu dem Versprechen zu vermögen, den Marsch der neuburgischen Truppen bis nach erfolgter Unter- redung der kaiserlichen Commissäre mit dem Kurfürsten von Brandenburg zu verschieben. Hatzfeld und Anethan denken am 17. Sept. nach Cleve zu reisen. Von dort berichten sie denn auch am 19. Sept. über ihre Verhandlungen mit Friedrich Wilhelm^). Die kurfürstlichen Käthe, die zu den Unterredungen be- stimmt werden, unter anderen Moritz von Nassau, behaupten, der Neuburger habe keine Veranlassung zur Aufkündigung des Waffenstillstandes gehabt und Seidel, einer der Deputirten des Kurfürsten in Essen, berichtet über die daselbst gepflogenen Berathungen in ganz anderer W'eise als die Vertreter Kölns und Neuburgs. Seidel erklärt, Brandenburg habe die kölnischen Forderungen, welche pro ultimo gradu die kaiserliche und Reichsdecision vorschlagen, keinesweges Zurückgewiesen, sondern nur Bemerkungen gemacht, die in substantia dem Vor- schlage nicht zuwider waren. Allein von Seite der Staaten sei gegen diese kölnische Proposition, die ganz dem Gebrauche bei Mediationen zuwiderlaufe, da man den Staaten von derselben keine Mittheilung gemacht habe Pro- test erhoben und der Kurfürst mit Rücksicht auf seine Stellung zu den Staaten, die seine festen Plätze innehätten, zur Nachgiebigkeit genöthigt gewesen. Die Deputirten des Kurfürsten berichten ferner, dass die staatischen Deputirten")

^) Auf die schriftliche Proposition der kaiserlichen Commissäre d. d. Düsseldorf 14. Sept. erwidert Wolfgang Wilh. in der oben mitgetheilten Weise am 16. Sept. 1651.

') Die schriftliche Proposition der Kaiserlichen ist datirt Cleve 19. Sept. 1651; vergl. Mörner 1. c. 333.

^) Die staatischen Deputirten waren Job. v. Gent, Jakob Wassenaer von Opdam, Anton Karl Parmentier und Job. van der Beek.

Verhandlungen der kaiserlichen Commissäre mit den Brandenburgern. 53

ein Project aufgesetzt, den kölnischen Deputirten communicirt und iu beider Namen den brandenburgischen ^) und neuburgischen "^) Vertretern extradirt hätten, von denen die ersteren es angenommen, die letzteren es zurückgewiesen hätten^); dasselbe sei mit einem zweiten Vorschlage geschehen ^), worauf dann von Seite des Neuburgers die Aufkündigung des Waffenstillstandes erfolgt sei. Die kai- serlichen Käthe machen den Kurfürsten darauf aufmerksam, dass er sich der Mediation der Staaten entledigen könnte, wenn er sich der Entscheidung des Kaisers und des Reiches, durch Annahme der dieserseits ausgegangenen Com- mission, unterwerfen wollte^).

Unter dem 28. Sept. berichten die Vertreter Ferdinand III. von ihren wei- teren Bemühungen. Anethan war nach Düsseldorf gereist und hatte dem Neu- burger am 23. Sept. in Gegenwart des Vicekanzlers Althoff über die mit den brandenburgischen Deputirten gepflogenen Berathungen Mittheilung gemacht. Auf die erste Proposition der kaiserlichen Commissäre, in welcher Niederlegung der V>'^affen, Annahme der Reichscommission, Satisfaction ratione danini und Ver- änderungen für die Zukunft gefordert wurde (d. d. 19. Sept. 1651), habe der Kur- fürst erwidert, er habe die Waffen niedergelegt und sei auch jetzt bereit Frieden zu halten, wenn auch Neuburg abrüste. Der Reichscommission wolle er sich nicht entziehen, nur eine ausserordentliche Commission wolle er nicht anerkennen^). Die Staaten und Köln hätten die Sache auch bereits sehr weit geführt. Satis- faction wird der Kurfürst dem Neuburger nicht geben, auch die Schuld von 100 000 Thaler, welche bereits dem Grafen von Schwarzenberg cedirt sei, nicht erlassen; dagegen muss der Neuburger für den in der Waffenstillstandszeit in der Grafschaft Mark zugefügten Schaden Ersatz leisten'). Bezüglich der Asse- curation lässt es der Kurfürst geschehen, dass der kaiserlichen Commissäre Vorschlag zu Folge, die Assecuration auf beider Kurürsten und Fürsten Parole und Zusage bestehe und dass darüber vom Kaiser eine Conservatiou ertheilt

^) Brandenburgs Vertreter in Essen waren Graf Joh. Moritz von Nassau, Eras- mus Seidel, Joh. Portmann imd Adam Isinck.

-) Freiherr Heinrich v. Walpot, Freiherr von Weschpfennig, Joh. H. v. Winckel- hausen, Dietrich v. Althoif, H. Snell und Dr. Voetz.

^) Dieser Vorschlag lautete: Es soll in den Religionsangelegenheiten alles pro- visionaliter so gelassen werden, wie es gegenwärtig ist; sowohl respectu der Kirchen mit den dazu gehörigen Renten und Einkommen, als des publici et privati exercitii, jedoch dass die Freiheit der Conscientien in allen Orten solle zugelassen werden und dass, wenn wegen dieser Angelegenheit eine Einigung nicht erzielt werden könnte, ein Krieg nicht begonnen werden sollte.

*) Dieser Vorschlag- lautete: Beide Tbeile sollen innerhalb einer festzusetzenden bestimmten Zeit die Waffen niederlegen und ihr Kriegsvolk abdanken; die übrigen Differenzen, tam in ecclesiasticis quam politicis, sollen in dem Stande bleiben, wie sie vor gegenwärtiger Armatur gewesen.

^) Vergl. auch das Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser d. d. Cleve 19. Sep- tember 1651. Urk. n. Act. VI. 108 ff.

^ Die ausführliche Begründung dieses Punktes bei Mörner 1. c. 334 f.

') Mörner 1. c. 334 f.

54 I- Mission Blumenthals etc.

werde'). In der Antwort auf diese Erklärung betonen die Gesandten des Kai- sers nochmals die Nothwendigkeit der Annahme der vom Kaiser vorgeschlagenen Reichscommission und legen dem Kurfürsten ein Ausgleichsproject vor, nach welchem die Streitigkeiten der beiden Fürsten sowohl wegen der Kirchen und der geistlichen Güter, als auch des publici et privati exercitü religionis von den vom Kaiser in dieser Religionssache bereits verordneten Commissären, dem Bischöfe zu Münster und dem Herzoge von Braunschweig-Lüneburg, dahin ent- schieden werden sollen, ob diese Streitfrage durch die Friedensbestimmungen von 1648 bereits erledigt sei oder nicht. Falls die Entscheidung negativ ausfällt, dami sollen nebst der kaiserlichen Commission die Delegirten der Kur- fürsten und Fürsten über den Inhalt des Vertrages von 1647 und der Rever- salen von 1609 entscheiden. Beiden Theilen ist überdies erlaubt, zu den vom Kaiser verordneten Commissären noch ein und anderen Reichsfürsten pari nu- mero religionis dem Kaiser zu denominiren, die dann der Commission zu ad- jungiren wären. Kommt es dann zu keiner Einigung, oder billigt einer der Theile die getroffene Entscheidung nicht, so soll der Kaiser mit Zuziehung an- derer uninteressirter Fürsten, oder auf dem Reichstage entscheiden und diese Entscheidung muss anerkannt werden. Alles bleibt bis dahin in dem Stand, wie es sich jetzt befindet und es darf unter keinem Vorwand zu den Waffen gegriffen werden. Auch über die Satisfactionsansprüche wird die erwähnte Commission entscheiden. Sobald dieser Vergleich unterzeichnet ist, soll die Kriegsverfassung abgestellt werden. Der Kurfürst erwiderte auf diese Anträge, er wolle aus Rücksicht für den Kaiser diese Vorschläge annehmen, und bestimmte seinerseits als Commissäre den Kurfürsten von Heidelberg, den Herzog August zu Braunschweig und den Landgrafen Wilhelm von Hessen- Cassel. Doch liess er in dem von ihm ausgestellten Projecte den Passus wegen der Erledigung der Satisfactionsansprüche aus und fügte der Stelle bezüglich Belassung der Dinge in dem gegenwärtigen Stande bis zur Austragung, die Worte hinzu ,,und dass die Verhältnisse durantibus hisce motibus den Catholischen oder Evangelischen zum Nachtheil nicht verändert, .... auch an den Orten, da weder publicum noch privatum exercitium reli- gionis de praesenti ist, soll es ratione libertatis couscientiae und was dem anklebet, dem iustrumento pacis gemäss gehalten und auch Nie- mand deswegen . . . beschwert werden, auch beiden Chur und Fürsten freistehen, mit solchen officiis, so von einem dependiren, zu Zeiten die- jenige, so nicht von ihrer Religion sein, zu versehen". Alle Bemühungen der kaiserlichen Commissäre, den Kurfürsten zur Annahme des kaiserlichen Projectes zu vermögen, scheitern. Der Herzog von Neuburg beklagt sich schrift- lich 2) und mündlich Anethan gegenüber über des Kurfürsten von Brandenburg Vorgehen, insbesondere über die von Brandenburg zur Ergänzung der Com- mission vorgeschlagenen Fürsten. Die Vertreter des Kaisers berühren diesen

1) Ebendaselbst.

2) Schreiben des Herzogs Wolfgang Wilhelm d. d. Düsseldorf 25. Sept. 1651. Cop.

Erklärungen des Kurfürsten von Brandenburg. 55

Punkt bei ihren weiteren Verhandlungen mit den Brandenburgern, doch vermei- den sie, deswegen einen Bruch herbeizuführen. Der Kurfürst entschliesst sich auf den Vortrag der Gesandten hin, die Commission anzunehmen, bleibt aber bei der Adjunction und schlägt die Fürsten von Heidelberg und Hessen-Cassel vor; für den Ersteren könne auch der Fürst von Anhalt gewählt werden. Die Räthe be- tonen in ihrer Antwort die Nothwendigkeit der Unterwerfung unter die Reichs- commissiou, doch bleibt der Kurfürst bei der Adjunction. Nach neuen Verhand- lungen am Nachmittage des 27. kommt es dann zu einer Einigung, die im wesentlichen den Intentionen des Kurfürsten entspricht '). Mit Rücksicht darauf, dass bei längerer Dauer des Streites die Staaten und andere Mächte sich zum Nachtheil des Reiches und des Kaisers in den Streit mischen könnten, haben die kaiserlichen Commissäre die von Brandenburg salva adjunctione acceptirte Commission „als eine gnugsame Parition dero kaiserlichen Befelchs ange- nommen und in übrigen strittigen Punkten den Recess mit den Chur- brandenburgischen abgehandelt. Acceptiren nun S. ¥. D. denselben, so hat es darbei sein Verbleiben, widrigenfalls und da insonderheit Pfalz-Neu- burg dero Waffen fort operiren lassen wollten, ist uns kein ander Mittel solches zu stillen übrig, als die Publication E. K. M. Avocatorien und

') In einem Gutachten vom 27. Sept. geben die kaiserlichen Commissäre dem Kurfürsten Kunde von den Entscbliessungen des Neuburgers, der bezüg^lich des Ver- gleichsobjectes vornebmüch Aufnahme des Passus über die Satisfaction, Auslassung der Adjunction und die Belassung der weltlichen und kirchlichen Dinge bis zur Entscheidung in dem gegenwärtigen Zustande ohne den von Brandenburg geforderten Anhang wünscht. An der Berathung, welche darauf am Nachmittage stattfindet, nehmen Hatzfeld, Anethan, Meel, und von Seite Brandenburgs Moritz von Nassau, Blumenthal, Seidel und Portmann [theil. Portmann, der im Namen des Kurfürsten spricht, erklärt, sein Herr müsse bei der Adjunction bleiben, wolle aber als Zeichen besonderen Entgegenkommens andere Fürsten statt Heidelberg und Hessen-Cassel wählen, wenn Neuburg mit der Denomination vorangehe. Bezüglich der Satis- faction ist der Kurfürst bereit, obgleich er von dem Neuburger für den in der Grafschaft Mark erlittenen Schaden Ersatz zu fordern berechtigt sei, gegenseitige Aufhebung zu proponiren. Anethan erwidert, er habe alles aufgeboten um den Neuburger für die Adjunction zu gewinnen, doch seien seine Versuche erfolglos gewesen. Nach längerer Berathung erklären dann die Brandenburger als letztes Zeichen des Entgegenkommens „die uf den Bischofen zu Münster und Braunschweig erkannte Commission dergestalt zu acceptiren, dass diesen verordneten beiden kaiserlichen commissariis noch zwei andere, dem instrumento pacis gemäss, adjungirt und zu Fortsetzung der Commission man sich beiderseits eines gewissen termini ver- gleiche'^. Brandenburg schlägt neben Braunschweig, so vorhin hierzu dependirt, den Fürsten von Anhalt und Grafen von Nassau-Dillenburg vor; der Kurfürst ist aber auch zufrieden, wenn einer allein nach Belieben adjungirt wird. In diesem Sinne wurde dann der Revers ausgefertigt; als Vertreter des Kurfürsten neben Münster und Braunschweig, Anhalt und Nassau-Dillenburg genannt; bezüglich der Religion der Anhang Brandenburgs gestrichen und nur der Passus beibehalten „auch niemand der Religion halber wider das instrumentum pacis beschwert werden".

56 I- Mission Blumenthals etc.

dass wir S. F. D. zu unserer Ankunft, die Gefahr, worin sie sich und ihr Haus durch Coutinuation des Kriegs stürzen, wohl remonstriren." In einem P. S. melden sie ihre Ankunft in Düsseldorf und dass der Herzog von Neuburg zwar mit der Praeterition des puncti satisfactionis nicht wohl zu- frieden gewesen, jedoch sich vor Verlesung des Vergleichsprojectes nicht habe erklären wollen. Die Verhandlungen mit dem Neuburger sind von Erfolg begleitet. Die Gesandten können dem Kaiser am 6. Oct. melden, dass sie das Vergleichs- project mit dem Neuburger „und zwar nicht ohne grosse Difficultät und Oppo- sition dergestalt abgehandelt, dass wir dasselbig bei I. Ch. D. zu Brandenburg zur Expedition zu bringen verhoffen". Ueber diese letzten Verhandlangen beim Brandenburger und Neuburger berichten die Gesandten dann in dem umfang- reichen Schreiben d. d. Köln 21. Oct. 1651.

Hatzfeld und Anethan an den Kaiser. Dat. Köln 21. October

165r).

[Verhandlungen mit den Brandenburgern. Ausfertigung der Recesse.]

21. Oct. E. K. M. Courier hat uns zwei dero Befehlschreiben vom 26. Sep-

tember das jülich'sche Kriegswesen und die deswegen uns allergnädigst aufgetragene Commission betreffend in Cleve am 9. dieses wohl über- liefert, daraus E. K. M. allerguädigsten Willen, so dieselbe in unverzüg- licher Niederlegung der von beiden Herrn Chur- und Fürsten ergrijffener Waffen und was wir zu Erreichung solchen Zwecken bei einem und an- dern neben Einhändigung der an dieselbe abgelassene Schreiben vor- und anbringen, auch endlich mit Insinuation der Mandaten verfahren sollen, mit allerunterthänigster Veneration ablesend wohl eingenommen und des Empfangs allerguädigsten Befehls uns trefflich bedienet, weilen am churbrandenburgischen Hof in zwei Tagen zu keiner Conferenz, we- niger zur cathegorischen Resolution in etlichen noch unverglichenen Punkten über das mitgebrachte Pfalz-Neuburgische Project gelangen können und wir dahero mutmassen müssen, ob hätte die zur Beilegung dieser Streitigkeiten vorhin dies Orts gerühmte und contestirte zum Frieden zielende gute Inclination durch die annoch zu Cleve sich be- findende Deputirte der H". Staaten sich in etwas geändert. Diebald aber E. K. M. Schreiben S. Ch. 1). zu Brandenburg zu Händen kommen, wir auch vorhero den zur Conferenz deputirten Räthen von empfangener Instruction und kaiserlichen Mandaten Apertur gethan und auf schrift- liche cathegorische Resolution soviel die Disarmirung verlangt , ge-

^) Aus dem Dresdner Archiv, nach einer mir von Prof. W. Arndt in Leipzig zur Verfügung gestellten Abschrift.

Yerhaudlungen der Commissäre mit dem Brandenburger. 57

drungen, sind die Käthe bei uns erschienen und endlich nach langem disputiren, auch auf- und abreferiren beigehenden Originah'evers '), unter 'geschöpfter gewissen Zuversicht I. F. D. des H"'. Pfalzgrafen daraus er- folgender Ratification abgehandelt und ausgefertigt, in Erwägung dieselbe vermög Extracts protocolli') bei der Abreis nach Cleve sich dahin be- ständig erklärt und zu Bezeugung ihrer endlichen Resolution sich co- piam protocolli geben lassen, falls nemlich mit Churbrandenburg auf das Pfalz-Neuburgische mitgegebene Project nicht schliessen könnten, dass wir alsdann im Tractat und im Schluss auf das erste so wir von Cleve mit- bracht; auch punctum satisfactionis, wann derselbig ja nicht in den Re- cess zu bringen wäre, auslassen möchten, auf welche Pfalz-Neuburgische Veranlassung wir dann desto sicherer bei Schliessung des Vergleichs gehen können.

Uns hätte zwar obgelegen, E. K. M. Befehl und Instruction zu Folge die H°. Chur- und Fürsten alsobald bei Anfang unserer Negotiation aus den Waffen zu bringen, dazu auch billig das grosse Verderben unschul- diger Land und Leute dieselbe von sich selbsten bewegen sollen, es hat aber bei beiden Theilen daran erwundeu, dass Churbrandenburg die Reichscommission auferlegter Massen ohne Adjunction einiger Stände von der reformirten Confession nicht acceptiren wollen, hingegen Pfalz- Neuburg bei Antretung der Commission und hernach bis auf unsere letztere Abreis nach Cleve ganz beständig vor Abführung und Licentirung ihrer Völker auf wirkliche Refusion der Kriegsschäden und Kosten, oder dass ihro dieselbe im Recess rechlich auszuführen vorbehalten werden sollte, bestanden, welche beide puncta die Tractaten und consequenter die Disarmirung bei beiden Theilen und insonderheit bei Pfalz-Neuburg darum retardirt, dass L D. behaupten wollen, E. K. M. und wir in dero Namen, hätten deroselben die Niederlegung der Waffen sub conditione anbefohlen, wann Churbrandenburg zuvor disarmiren, die Reichscom- mission annehmen und wenigstens die prätendirte Satisfactiou zu E. K. M.

') Abgedruckt bei Londorp VI. 632; Dumont VI2. 22; Lünig Reichsarchiv p. spec. IV. 138; Auszug bei Mörner, Kurb. Staatsvertr. 164.

-) Extract protocolli über die Pfalz-Neuburgiscbe Declaration vom 5. Oct. 1651. Arn 8. Oct. zu Cleve verlangen die kaiserlichen Gesandten von Friedrich Wilhelm Annahme des pfälzischen Projectes, die Abänderungen, die der Pfälzer vorgenommen, beschränken sich doch auf Worte: der Kurfürst meint, der Pfälzer sei ein gefährlicher Mann und erklärt, nachdem er den Vertrag durchgelesen, lieber niemals seine Ein- willigung zur Unterzeichnung geben zu wollen, „als von ihrem lugress, darin die Re- versaleu de anno 1609 und der Provisionalvertrag de anno 1647 pro causa suscepti belli gesetzt werden, abstehen und diesen passum aus dem Recess lassen würden".

58 I- Mission Blumenthals etc.

Decision stellen würde. lieber welche conclitiones man vor allem hinc inde handeln und darin Richtigkeit trefteu und die dazu erforderte Zeit anwenden müsse . . .

Was sonsten bei den Conferenzen gegen einander vor- und ange- bracht worden, das ist von dem zur Coramission angenommenen secretario protocoUirt worden'); daraus abzunehmen, dass das Proemium des Re- cesses zu verschiedenen Malen geändert werden müssen, endlich auch die Tractaten einzig und allein darum auf der Ruptur bestanden, weil Churbrandenburg causam belli auf die reversales und Provisionalverträge de anno 1647 sehen, hingegen Pfalz -Neuburg vieler Ursachen wegen nicht nachgeben wollen, dahero wir auf cathegorische Resolution über die von E. K. M. gnädigst anbefohlene Deposition der Waffen gedrungen''*), nach deren Erlangung ohne weitere Handlung in übrigen Punkten, unsern Abschied nehmen, und nachdem hierüber die Resolution gefallen, von Köln aus E. M. Befehl gemäss, die eingeschickte mandata poenalia durch einen kaiserlichen Herold publiciren lassen wollen; dessen auch die chur- brandenburgische ministri von uns avisirt worden. Es haben aber end- lich I. Ch. D. sich eines andern bedacht und mit uns geschlossen, wie oben angezogene Original-Recess mehreres ausweiset, S. Ch. D. gleichwohl vor der Subscription und Siegelung einen von uns in Vorschlag gebrachten

') Die Protocolle umfassen die Zeit vom 8. 12. Oct.

Am 8. Die kaiserlichen Gesandten lassen nach langen Verhandlungen den pfalz- neuburgischen Ingress fallen und es wird bestimmt, dass der Ingress in genere gesetzt werden soll; im übrigen setzen die kaiserlichen Gesandten auseinander, wie sie von dem Pfälzer das Project erhalten.

Am 10. berichtet Blumenthal, der Kurfürst habe im Interesse des Friedens so manches nachgesehen; der Ingress soll so eingerichtet werden, „dass occasioue der Re- versalen und vorigen Verträge, wie auch Religionswesens die jetzigen Missverständ- nisse, Irrungen und Gebrechen und darauf erfolgte Kriegsverfassung entstanden". Die kaiserlichen Gesandten erklären, das werde Pfalz-Neuburg niemals unterzeichnen, man könne es auch nicht fordern; man möge vielmehr die Sache so einrichten, man sei beiderseits in unvorhergesehenen Krieg und Thätlichkeit gerathen. Die brand. Käthe nehmen dies ad refi^rendum. Auch über andere Punkte wird verhandelt. Die Räthe begeben sich zum Kurfürsten, der sich in allem den kaiserlichen Rathschlägen fügt, nur den Ingress so will, wie seine Räthe angegeben haben. Die kaiserlichen Räthe erklären, das könne nicht sein.

Am 11. einigt man sich dann bezüglich des Ingresses dahin, dass die von Bran- denburg gewünschten Worte in den Vertrag nicht aufgenommen werden, dagegen ihm ein Revers von den kaiserlichen Gesandten ausgestellt werden soll, ..dass durch die Auslassung der in ingressu brandenburgico gesetzten Worte occasione der Reversalen und Verträge, ihro kein Präjudiz inskünftig zugezogen werden wolle".

-) Memorial der kaiserlichen Gesandten an Brandenburg s. d.

Ausfertigung der Recesse. 59

Schein de non praejndicando begehrt, warob wir kein Bedenken getragen, sondern denselben ausgefertigt') und damit bei S. Ch. D. Abschied ge- nommen, dabei sie Namens E. K. M. sincerirt, dass was bei dieser Hand- lung vorgegangen und kaiserlichen Amts wegen und auf Einrathen der uninteressirten Herrn Fürsten, E. K. zu thuen veranlasset worden, zu anders nicht angesehen noch gemeint gewesen, als zwischen beiden hohen Chur- und fürstlichen Häusern und deren von soviel Jahren her durch Kriegsgewalt gleichsam eviscerirten Landen, Fried und Einigkeit zu stif- ten .... Der Kurfürst dankt den Gesandten des Kaisers für ihre Bemühungen. In Düsseldorf wohin sich die beiden Räthe begaben wurden erst Sohwieriofkeiten erhoben, endlich aber der Vertrag am 16. unterzeichnet-), den die Gesandten dem Kurfürsten gesendet haben. Sie haben sich darauf nach Köhi begeben, um darauf zu achten, ob von beiden Seiten den Bestimmungen des Vertrages gemäss vorgegangen wird, und ersuchen den Kaiser die beiden Fürsten zur schleunigen Ratification des Vertrages aufzufordern.

') Reversus de non praeiudicando wegen des ausgelassenen churbrandenbiu-gi- schen Ingress im Vergleich. Cleve 11. Oct. 1651.

Die Worte „zu wissen demnach zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg, wegen der Reversalen de anno 1609 und Provisionalvergleiches de anno 1647 Gebrechen und Irrungen und dahero Krieg und Thätlichkeiten entstanden" sind auf Bitten der Ge- sandten von Fr. Wilh. endlich ausgelassen worden. Die Gesandten erklären, dass die Auslassung weder in agendo noch excipiendo noch in einige andere Wege an ob- gedachten ihren juribus, actionibus et praetensionibus vor der Reichscommission, noch sonsten vor Tribunalien im heiligen röm. Reich ibro schädlich noch präiudicirlich sein solle.

-) Doch wurden die Gesandten auch hier zur Ausstellung eines Reverses ge- nöthigt „super ommissa satisfactione et transpositione reversalium" d. d. Düsseldorf 16. Oct. 1651, durch welchen Pfalz-Neubm-g erklärt, seine Satisfactionsansprüche aufrecht zu erhalten, sich auch nicht gebunden zu erachten, die im Vertrage von 1647 Brandenburg schuldig gebliebenen 100 000 Thaler zu zahlen. „Auch habe sich Pfalz-Neuburg bei Ausfertigung des Recesses ob der gethanen Trans- position der Reservalen de anno 1609 und dem Provinzialvertrag de anno 1647 be- schwert gemacht und dabei bestanden, dass bei der Recommission über den Verstand gemeldeten Vertrages vorher cognoscirt und gesprochen werden müsse, ehe und zuvor die Reversalen und deren intellectus ad cognitionem et decisiouem kommen könnten. Die kaiserlichen Gesandten bezeugen dies und dass sie sowohl als die Churbranden- burgischen bei Abhandlung des Recesses und darin gesetzter Reversalen und Vertrags allein ad ordinem temporis (indem die Reversales älter sind als der Provisionalvertrag) geschehen, sonsten aber I. F. D. die kaiserlichen Gesandten zu benehmen gar nicht gemeint gewesen, quo ordine sie bei der Commissiou den Provisionalvertrag und die Reversalen und die daraus habende jura et actiones in ihren Schriften ein- und aus- zuführen, am rathsamsten erachten und halten werden.

60 I- Mission Blumenthals etc.

Jägerndorfisclie Prätensioii.

Von Brandenburg wird 10./20. Nov. 1652 eine species facti übergeben, die Restitution des Fürstenthums Jägerndorf betreffend. Die wesentlichen Gründe, welche die Brandenburger in ihrer species facti für ihre Sache anführen, sind: 1'^. dass Jägerndorf ein Allod ist; 2°. dass es daher Fideicommiss der Familie ist; 3". wegen des Verbrechens des Markgrafen Hans Georg confiscirt worden sei und 4'\ dass der Kaiser die Billigkeit der brandenburgischen Forderungen einsehend, im Jahre 1636 versprochen habe, den Kurfürsten anderweitig zu ent- schädigen.

Die kaiserlichen Räthe verfassen über diese species facti ein Gutachten. Sie bezweifeln die Richtigkeit der Behauptung, dass Jägerndorf als Allod verkauft sei; wenn aber, so binde das den Kaiser nicht, weil so etwas nur inter partes Bedeu- tung habe. König Ludwigs Consens von 1523 sei nicht absolut, dass die Mark- grafen mit diesen Gütern thun könnten, was sie wollten, weil der Consens express auf Markgraf Georg, seinen Bruder und ihre Erben restringirt sei, worunter die Kurlinie, Agnaten im 14. oder 15. Grade, nicht eingeschlossen sei. Auch ist die Clausel angehängt, dass sie von diesen Gütern verpflichtet sind zu leisten, was die übrigen Vasallen leisten, ferner ist dieser Besitz als Gut und nicht als Fürstenthum in diesem Jahre gekauft worden, noch im selben Jahre aber zum Fürstenthum gemacht worden, da in einem Schreiben vom selben Jahre der Markgraf, Herzog in Schlesien zu Jägerndorf genannt wird; daher, weil alle Herzogthümer in Schlesien, keines ausgenommen, feuda sind, auch Jägerndorf ein feudum gewesen sein muss; was um so sicherer ist, als Markgraf Georg Friedrich des erstgenannten Georgs Sohn 1557 und 1567 der Eid als Lebens- mann geleistet hat. Ja es ist aus den Schreiben von 1607 und 1624 zu er- sehen, dass der Markgraf wiederholt um die Vollmacht ersucht hat, über seinen Besitz frei verfügen zu können, was ihm aber nicht gestattet wurde; was er nicht gethan hätte, wenn Jägerndorf Allod gewesen wäre. Dann behaupten die Brandenburger, der letzte Besitzer hätte durch Testament Jägemdorf an die Kurlinie abgetreten; erstens ist eine solche Bestimmung nicht vorgewiesen wor- den, und zweitens wäre eine solche Verfügung eines Lehensmannes ohne Ge- nehmigung des Lehensherrn nicht statthaft. Damit ist der 3. Einwurf widerlegt, dass Jägerndorf wegen der Verbrechen Hans Georgs eingezogen worden sei. Was die Vertröstung von 1636 betrifft, so ist in derselben nur von einer Belohnung für alte und neue Verdienste die Rede, nicht von Restitution von Jägerndorf. 2o. Die Berichte der kaiserlichen Gesandten aus Regensbiirg zeigen, dass Bran- denburgs Vertreter ausdrücklich erklärt haben, sie hätten nicht Befehl von des Kaisers Erblanden Satisfaction zu fordern. Trauttmannsdorff habe die branden- hurgischen Gesandten zu Osnabrück fragen lassen, ob, wenn man Brandenburg das Stift Minden überlasse, es seine Prätension auf Jägerndorf fallen lassen wolle. Da nun die Sache sich so verhält, der Besitzer Jägerndorfs, Fürst Carl Eusebius von Lichtenstein, den Kaiser um "Wahrung seiner Rechte ersucht, halten die Räthe dafür, man möge die brandenburgischen Räthe davon verständigen und hinzufügen, dass der Kaiser im übrigen sich der treuen Dienste des Hauses wohl

Jägerndorfische Praetension. 61

erinnere, und es auch bei dem, was den 12. Nov. 1636 beschlossen, bewenden lasse und sich bei Gelegenheit so erklären wolle, dass der Kurfürst die kaiser- liche Affection zu versnüren haben werde.

Am 18./28. Nov. wurde den brandenburgischen Räthen dies mitgetheilt; diese antworteten durch ein neues Memorial, in welchem sie ihre früheren Be- hauptungen vertreten und schliesslich um Restitution von Jägerndorf oder ein Aequivalent. wie das Herzogthum Grossglogau für Jägerndorf und die Bres- lauer Schuld '), bitten.

Während des Reichstages zu Regensburg wurden von Seiten der Branden- burger immer wieder Versuche gemacht, in den Fragen bezüglich Jägerndorfs und der Breslauer Schuld eine Entscheidung herbeizuführen. Das wesentliche ist aus den Berichten der brandenburgischen Vertreter Urk. u. Act. VI. 148 ff. zu ersehen. Im nachfolgenden nur einige Ergänzungen zu dem dort mitgetheilten.

Am 13. Mai wird in der Conferenz beschlossen, auf das Memorial der Brandenburger vom 2./12. Mai 1653, (Urk. u. Act. VI. 209) den Brandenburgern bezüglich der Breslauer Schuld zu zeigen, dass der Kaiser die Sache beizulegen wünsche; man möge den Kaufbrief über Crossen begehren, mit ihnen in die Compensationshandlung eintreten; ihnen aber auch zeigen, dass die Sache un- möglich vor der Abreise des Kaisers geordnet werden könne, sondern dass es nothwendig sei, die gänzliche Ordnung bis zur Rückkehr des Kaisers zu ver- schieben. Ebenso soll wegen Jägerndorf geantwortet werden, dass der Kaiser, was er 1636 versprochen, halten wolle, üeber die Verhandlungen, die am 4./14. Mai mit den Brandenburgern gepflogen wurden, berichten diese d. d. 15. Mai 1653 (Urk. u. Act. VI. 211 ff.). Am 10./20. Juni ersuchen die Vertreter Friedrich Wilhelms von Neuem um Aufnahme der Verhandlungen. Nachdem dann neue Verhandlungen gepflogen worden sind (Urk. u. Act. VI. 262 ff.), die aber zu keinem Ergebnisse führen, da die kaiserlichen Räthe, nachdem sie end- lich die Berechtigung der Breslauer Schuldforderung anerkennen. Gegenforde- rungen stellen (Urk. u. Act. VI. 310), welche die Brandenburger nicht gelten lassen wollen, wenden sich die Vertreter Brandenburgs neuerdings unter dem 3./13. Nov. an den Kaiser mit einem Memorial, in welchem sie um Entscheidung des Kaisers bezüglich der Schuldfrage und Jägerndorfs bitten. Darauf erfolgt am 27. Nov. der Bescheid des Kaisers, der sich bereit erklärt, dem Kurfürsten -an den hundert Römermonaten, so I^ K. M. bei dem gemachten Friedensschluss bewilliget, ihr Contingent von dero Churlanden, ingleichen in Erwägung, dass I. Ch. D. eine so geraume Zeit ihre hinterpommerische Lande entrathen müssen, auch von denselbigen Landen ausser denjenigen Posten, so mit I. Ch. D. Ge- nehmhaltung allbereit etlichen Particularen der Orten assignirt und übergeben worden, völlig zu überlassen. Ingleichen sind I. K. M. zufrieden, dass S. Ch. D. auch von den Cleve-Mark-Ravensberg-Minden- und Halberstädtischen Lan-

') Die Breslauer Schuld hieng mit bvandenburgischen Darlehen an die Kaiser Maximilian II. und Matthias zusammen, die auf die schlesischen Einkünfte des Kaisers hypothecirt worden waren. Vergl. Urk. u. Act. IV. 609, VI. 221 ff., VII. 417. Koch, 1. c. I. 457.

62 I- Mission Blumenthals etc.

den ihr zustehend Contingent au gedachten 100 Römermonaten für obgemelte Schuld der 180 000 Thaler behalten solle." Und wenn diese Summen nicht die Höhe der Schuld erreichen sollten, will der Kaiser von anderen jetzt und künf- tigen Reichsbewilligungen die Sache ausgleichen; aber der Kaiser versteht dies so, dass der Kurfürst mit Rücksicht auf die schlechte Finanzlage des Kaisers diesem die Zinsen erlassen Avird. Was Jägemdorf betrifft, lässt es der Kaiser bei dem bewenden, was 1636 geäussert worden ist, und bestimmt die Gnade, die er dem Kurfürsten zu Theil werden lassen will, auf 100 000 Thaler. Be- greiflich, dass sich die Vertreter Brandenburgs mit solchen Erklärungen nicht zufrieden gaben; auch im Jahre 16.54 wurden Verhandlungen gepflogen und die Vertreter Brandenburgs erklärten in ihrer Antwort auf des Kaisers Bescheid d. d. Regensburg 15. März/4. April als äusserstes, ihre Forderungen auf 300 000 Thaler für Capital und Zinsen formuüren zu können; die 100 000 Thaler, die der Kaiser für Jägerndorf biete, würde der ICurfürst nur als Abschlagszahlung für diese 300 000 Thaler annehmen, nicht aber als Aequivalent für Jägerndorf. Darauf erfolgt nach Beschlüssen der Conferenz vom 25. April der Bescheid des Kaisers, durch den er sich bereit erklärt, die Summe von 300 000 Thaler für die Schuld zu acceptiren, davon aber das, was für die Anweisungen auf Cleve, Halberstadt, Minden, Mark und Ravensberg festgesetzt worden, abziehen und den Rest aus den demnächst eingebenden Reicüscontributionen und Bewilli- gungen richtig machen zu wollen. Wegen Jägerndorf aber bleibt der Kaiser bei dem, was er gesagt. In derselben Weise lautet der Bescheid, der am 1. Dec. 1655 dem in Wien weilenden Loben ') gegeben wird.

0 Joh. Friedrich von Loben; über seine Mission in Wien ürk. u. Act. VIL 416 ff.

I

IL

Der nordische Krieg 1655—1660.

(Missionen Fernemont's, Schütz's, Strozzi's.)

Einleitung.

Das Jahr 1654 bezeichnet den Höhepunkt der anti-österreichischen Politik am Berliner Hofe. Der furchtbarste Gegner Oesterreichs, der Urheber und rast- lose Förderer des Planes der Errichtung eines reichsständischen Bundes zur Abwehr der Uebergriffe des Reichsoberhauptes, Graf Waldeck, geniesst das un- bedingte Vertrauen seines Herrn, bestimmt fast unumschränkt die Geschicke des Staates. Nach allen Seiten sieht er nach Bundesgenossen aus; mit den deutschen evangelischen und katholischen Reichsständen sowohl, als mit den grossen Mächten des Continentes, in erster Linie mit Schweden und Frankreich, sucht er Verbindungen anzuknüpfen. Zum Theil wenigstens mit Erfolg. Dass Ferdinand IV., der jugendliche König, nach dessen Wahl der Wiener Hof seine auf Stärkung der kaiserlichen Autorität im Reiche gerichteten Pläne am Reichs- tage ungescheut hatte vernehmen lassen, plötzlich 9. Juli 1654 starb, bestärkt Waldeck in seiner Auffassung um ein bedeutendes. Er glaubt darin ein sichtbares Zeichen Gottes zu sehen, auf der betretenen Bahn vorwärts zu gehen und seinen Herrn für die Durchführung seiner Pläne zu gewinnen, was ihm auch gelang. Da traten die grossen Ereignisse im Norden Europa's ein. Königin Christine entsagte dem schwedischen Throne zu Gunsten ihres Vetters, des Pfalzgrafen Karl Gustav, der kaum zur Regierung gelangt, die Eroberungs- politik Gustav Adolfs aufnahm und das von allen Seiten bedrohte, im Inneren verfaulte Polenreich mit Krieg überzog. Die Interessen des Brandenburgers waren damit in erster Linie berührt, insbesondere mit Rücksicht auf seinen preussischen Besitz. Dieser allein schon nöthigte Friedrich Wilhelm Stellung zu den kriegführenden Mächten zu nehmen, sich für oder wider Karl Gustav zu erklären. Eine Entscheidung von unermesslicher Bedeutung, und um so schwerer zu treffen, als den Auseinandersetzungen der schwedischen, wie jenen der polnisch-österreichischen Partei an seinem Hofe eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen war und Neigung den Kurfürsten weder zur einen, noch zur anderen Partei zog. Denn die Stärkung der schwedischen Macht konnte

1) Vergl. Erdmannsdörffer. B. Graf Waldeck 152 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV.

66 n. Der uoidische Krieg 1655—1660.

ilim ebensowenig zuträglich erscheinen, als eine Vergrössernng der kaiserlichen Autorität im Reiche, gegen die er soeben noch so energisch aufgetreten war. Es galt also lediglich die Vortheile dieser und jener Allianz gegeneinander zu halten, eine richtige Entscheidung darüber zu treffen, von welcher Seite er mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf Unterstützung zur Erreichung des erwünschten Zieles als das von allem Anfange an die Souveränetät in Preussen feststand, rech- nen könne. Begreiflich, dass Friedrich Wilhelm eine solche Entscheidung zu treffen nicht wagte, ohne von Neuem nach beiden Seiten hin Unterhandlungen gepflogen zu haben. Jene mit dem Schwedenkönige, zu denen in erster Linie Waldeck drängte, führten zu keinem Resultate. Die Eroberungsgelüste Karl Gustavs, die mit seinen Erfolgen wuchsen, seine Absicht, Memel und Pillau zu gewinnen und die Geringschätzung, mit welcher er die Vertreter Friedrich Wil- helms behandelte, Hessen keinen Vergleich erhoffen. Die Partei der Polen- freunde am kurfürstlichen Hofe erlangte für einige Zeit das Uebergewicht. Mit den Ständen des königlichen Preussens, mit den Staaten wurden Verträge zu gemeinsamer Bekämpfung der von Schweden drohenden Gefahr geschlossen, mit Polen in diesem Sinne Verhandlungen geführt. Auch beim Kaiserhofe suchte Friedrich Wilhelm nach einer Verständigung bezüglich der schwedisch-polni- schen Differenzen. Er liess durch Loben dem Wiener Hofe seine Geneigtheit dazu kundthun, freilich nicht, ohne zugleich die Beilegung der schwebenden Streitfragen zu fordern und seiner Pläne bezüglich Preussens, vorerst aller- dings in etwas verhüllter Form Erwähnung zu thun. Löbens Sendung, über die im 7. Bande der „Urkunden und Acten" ausführlich berichtet ist '), führte zu keinem Resultate. Die Friedensliebe des Kaisers, das Bedürfnis des- selben nach Ruhe und sein Wunsch, seinem Sohne Leopold die Krone aufs Haupt zu setzen, die dessen Bruder nur so kurze Zeit geschmückt, trugen gleich- massig dazu bei, Ferdinand lU. von jedem Conflicte mit den Schweden, deren Kriegstüchtigkeit er so oft erprobt hatte, zurückzuhalten. Dazu kam, dass man eine Vergrössernng der kurfürstlichen Macht, die Friedrich Wilhelm durch die Austragung der alten Streitfragen über die Berechtigung seiner Ansprüche auf Jägerndorf und auf die Breslauer Schuld, sowie durch seine Forderungen be- züglich der Souveränetät in Preussen zu erzielen hoffte, durchaus nicht wünschte und zur Arlnexion Polens, welche der Kurfürst zu billigen und zu unterstützen sich bereit erklärte, keine rechte Lust empfand. Dieser Stimmung entsprach die Haltung des Wiener Hofes. Man hielt Loben hin und entschloss sich erst dann zur Annahme der von Brandenburg ursprünglich gewünschten Mediation zwischen Polen und Schweden, als nach den glänzenden Siegen Karl Gustavs an einen Erfolg dieser kaiserlichen Vermittelung nicht mehr zu denken war und die gütliche Beilegung des Conflictes auch nicht mehr im Interesse des Kurfürsten von Brandenburg lag, der unterdess sich immer mehr mit dem Ge- danken vertraut gemacht hatte, die herrschenden Conflicte zur Erwerbung der Souveränetät in Preussen zu benützen. Begreiflich daher, dass Friedrich Wil- helm, der zu Ende des Jahres 1655 dieses Ziel im Anschlüsse an Schwedens

') VII. 416 ff.

Einleitung. 67

Gegner zu erreichen hoffte, mit den ihm seitens des kaiserlichen Hofkriegs- rathes Johann Reichard Grafen von Starhemberg ') und seinem Gesandten Loben ■^) seitens der kaiserlichen Käthe gegebenen, allgemein gehaltenen Erklärungen nicht einverstanden war und auf das eindringlichste durch Loben und den zu dessen Unterstützung nach \\' ien gesendeten geheimen Rath Georg von Bonin ^) ein Bünd- nis zur Abwehr der von Schweden drohenden Gefahren forderte. Zu einem sol- chen wollte sich aber die Wiener Regierung unter keinerlei Umständen verstehen, auch dann nicht, als Friedrich Wilhelm sich nicht mehr verhüllt, sondern ganz offen für den Plan der Erwerbung Polens für den Kaiser aussprach und zu- gleich die besten Versicherungen bezüglich seiner Haltung bei der nächsten römischen Königswahl gab. Zweifel in die Aufrichtigkeit dieser Versprechen und in die Möglichkeit, sie durchzuführen, sowie das im Laufe der Jahre ge- steigerte Ruhebedürfnis des Kaisers, dürften neben der Abneigung desselben die Macht des Kurfürsten zu stärken, die Ursachen dieser ablehnenden Haltung des Wiener Hofes gewesen sein, der zu keinen anderen Zugeständnissen zu be- wegen war, als sich zu rüsten und die Vermittelung zwischen Polen und Schweden zu versuchen. Von dem Ausgange dieser Verhandlungen gedachte man die weiteren Schritte abhängen zu lassen.

Vergebens war es, dass Friedrich Wilhelm, durch die Bewegungen des siegreichen Schwedenkönigs auf das empfindlichste getroffen, immer dringender den Abschluss eines Vertheidigungsbündnisses gegen Schweden forderte und ■die bei Verweigerung eines solchen Begehrens drohenden Gefahren betonte. Loben musste bemerken „wie behutsam der Kaiser vorgeht"' und schliesslich seinem Herrn mittheilen, dass an eine wirkliche Unterstützung desselben durch den Kaiser unter den gegebenen Verhältnissen nicht zu denken sei. Für Frie- drich Wilhelm ein empfindlicher Schlag. Er war zu tief in die Wirren des nordischen Krieges verwickelt, zu nahe durch die Entscheidung desselben be- rührt, um die vom Kaiser empfohlene zuwartende Haltung noch weiter beob- achten zu können. Durch die mit dem Wiener Hofe und den Gegnern Schwe- dens gepflogenen Verhandlungen hatte er den günstigen Augenblick versäumt, auf dem Fusse der Gleichheit mit Karl Gustav einen Vertrag zu schliessen, und sah sich jetzt, von dem Kaiser im Stiche gelassen, von den Staaten nur lau unterstützt, bei der Schwäche des polnischen Königs und der Republik, ge- nöthigt, das lose Unterthänigkeitsverhältnis, in welchem er zum Könige von Polen gestanden, mit dem harten Joche der schwedischen Leheusoberherrlich- keit zu vertauschen, nur um sich vor gänzlicher Unterwerfung zu sichern. Es war unzweifelhaft ein gewagtes Unternehmen, in das sich Friedrich Wilhelm einliess. Er verlor seine früheren Freunde, ohne einen neuen zu gewinnen; er musste fürchten, im Falle der Besiegung Karl Gustavs, von dessen Gegnern

^) Ueber die Sendung Starhembergs nach Berlin haben sich im Wiener Archive keine Documente vorgefunden; vergl. für den Verlauf dieser Mission Urk. u. Act. VII. 423; Droysen 1. c. III j. 236.

2) Urk. u. Act. VII. 425.

3) Urk. u. Act. VII. 424, 442 ff.

5*

6g IL Der nordische Krieg 1655— 1C60.

empfindlich gestraft; im Falle der Schwedenkönig siegen sollte, von diesem er- drückt zu werden. Trotzdem wird nicht geläugnet werden können, dass nur auf diesem Wege das Ziel, das Friedrich Wilhelm sich gesteckt, erreicht wer- den konnte. Nur indem er die Verhältnisse geschickt benützend, sich bereits in dem Marienburger Bündnisse vom 25. Juni 1656 ') als Bundesgenosse neben Karl Gustav im Kampfe gegen Polen zu behaupten wusste, indem er dann die schwierige Lage, in die der Schwedenkönig bald nach dem entscheidenden Siege bei Warschau gerieth, für seine Zwecke auszubeuten, sich die Souveränetät Preussens seitens Karl Gustavs zu sichern verstand'^) und dann nach glücklich erreichtem Ziele den eigennützigen Bundesgenossen bei Seite schob, seinem ehemaligen Lehensherrn gegen die Anerkennung der bereits mrklich erfolgten Loslösung Preussens von Polen die Hand bot, vermochte er zwischen den strei- tenden Parteien hindurchsteuernd das von allem Anfange an in's Auge gefasste Ziel zu erreichen.

Die Beziehungen des Wiener und Berliner Hofes in der Zeit der schwedi- schen Waffengemeinschaft waren keine freundschaftlichen ; dazu giengen die In- teressen der beiden Herrscher viel zu sehr auseinander. Denn während Frie- drich Wilhelm, der bisher den Kaiser zu energischer Antheilnahme an dem Kampfe gegen Schweden zu vermögen gesucht hatte, jetzt im wohlverstandenen eigenen Interesse darauf bedacht war. den Krieg zu locaüsiren und den Kaiser von jedem Eingreifen in denselben abzuhalten^), überzeugte sich der Wiener Hof, der dem Kurfürsten den Anschlass an Schweden verargte und von der Waffengemeinschaft dieser beiden Fürsten Gefahr für die Erblande fürchtete, immer mehr von der Nothwendigkeit an dem Kriege theilzunehmen und begann den stets erneuerten Bitten der Polen Gehör zu schenken. Schon nach dem entscheidenden Siege bei Warschau, der das Uebergewicht Schwedens über Polen entgiltig entschied, war an den verschiedensten Orten das Gerücht von einem beabsichtigten Zuge des kaiserlichen Heeres nach Preussen verbreitet*). In der That gab es unter den Käthen des Kaisers Männer genug, welche bereits damals nur in einem energischen Vorgehen gegen Karl Gustav und dessen Ver- bündete die Möglichkeit erblickten, das kaiserliche Ansehen zu wahren und die von allen Seiten drohenden Gefahren abzuwehren, und dieser Ansicht auch Ausdruck verliehen. Keiner deutlicher, vernehmlicher und unablässiger als der kaiserliche Gesandte Franz von Lisola, der Zeuge der schimpflichen Behand- lung gewesen war, die Karl Gustav den Vertretern des Kaisers hatte zu Theil werden lassen, als sie die Vermittelung Ferdinand III. in dem schwedisch-pol- nischen Conflicte antrugen, der vom Beginne des Krieges an gegen das zögernde Benehmen des Wiener Cabinettes Einspruch erhoben, den Anschluss an Polen,

1) Mörner I.e. 201 ff.

^ Vertrag von Labiau vom 10./20. Nov. 1656; Mörner I.e. 211 ff.

-) Ueber die in diesem Sinne erfolgte llission Dobrczenski's nach Prag (Juli- Sept. 1656) vergl. Urk. u. Act. VII. 621 ff.

*) Vergl. Bericht Lisola's d. d. Sonnenberg 7. Sept. 1656; Berichte Lisola s 190 und das Schreiben Xeumauns Urk. u. Act. VII. 621 f.

Einleitung. 69

die Heranziehung Brandenburgs und der übrigen von Schweden bedrohten Mächte gefordert hatte und jetzt nach dem Siege Karl Gustavs bei "Warschau stärker denn je die Nothwendigkeit eines energischen Vorgehens gegen Schwe- den betonte. In der That verhalfen die Kraft und die Wucht seiner Argumente der Kriegspartei am Wiener Hofe zum Siege. Freilich war dies nicht das Werk eines Tages. Es bedurfte vielmehr Monate lauger, ununterbrochener Be- mühungen und Arbeit bis es gelang, die Wiener Regierung, welche mit Rück- sicht auf die Friedensliebe des Kaisers, auf die verschiedenartigen Interessen, die berücksichtigt werden mussten, uud in der Erkenntnis der Unzulänglichkeit der vorhandenen Mittel eine Entscheidung mit den Waffen zu verhindern be- müht war, zu einer rückhaltlosen Erklärung gegen Schweden, zur wirklichen Antheilnahme au dem von Polen gegen Schweden geführten Kriege zu vermögen. Je allgemeiner nun am Wiener Hofe die Erkenntnis von der Nothwendigkeit wurde, die mit Karl Gustav bestehenden Differenzen durch das Schwert zu ent- scheiden, desto stärker empfand man daselbst das Bedürfnis, sich mit jenem deutschen Fürsten zu einigen, der durch die Zahl und die Tüchtigkeit seiner Truppen, durch die Lage des Landes, dessen Herrscher er war, und durch seine Beziehungen im Osten und Westen Europa's eine entscheidende Rolle in dem nordischen Kriege zu spielen berufen war. Dass das Bundesverhältnis, in welchem Friedrich Wilhelm zu Karl Gustav stand, kein auf persönliche Zu- neigung oder auf der Erkenntnis gemeinsamer Interessen beruhendes war, wusste man am Wiener Hofe. Hatte doch Lisola in seinen Berichten immer wieder auf die Schwäche des zwischen Brandenburg und Schweden geschlossenen Bündnisses hingewiesen und zugleich die Behauptung gewagt, es werde dem Kaiser bei einigem Entgegenkommen gelingen, Friedrich Wilhelm für die Sache der Schwedenfeinde zu gewinnen. Die Gelegenheit dazu schien günstig. Der Kurfürst hatte alles erreicht, was er von Karl Gustav zu erreichen hoffen durfte. Durch die Bestimmungen des Labiauer Vertrages vom November 1656 \var ihm die Souveränetät in Preussen gesichert. Eine Fortsetzung des Krieges lag also nicht in seineminteresse. Wohl suchte ihn Karl Gustav, der durch die von allen Seiten anmarschirenden Feinde bedroht war, durch weitere, grössere Versprechun- gen zur Theilnahme an neuen, gewagten Unternehmungen zu vermögen, allein Friedrich Wilhelm wusste, dass der Schwede ihm niemals ein wahrer Freund sein werde und hielt die Aussichten eines günstigen Ausganges der von Kail Gustav geplanten Unternehmungen für viel zu gering, um sich ihretwegen der Gefahr der gänzlichen Vernichtung auszusetzen. Der Gedanke, den lästigen Neben- buhler im Kampfe um die Suprematie im nördlichen Deutschland bei Seite zu schieben und sich dessen Gegnern gegen die Anerkennung der durch den La- biauer Vertrag bezüglich Preussens getroffenen Bestimmungen anzuschliessen, nahm immer mehr Besitz von Friedrich Wilhelm. Um so geneigter zeigte er sich, dem kaiserlichen Gesandten, Franz von Lisola, entgegenzukommen, als dieser zu Beginn des Jahres 1657 an ihn im Namen des Polenkönigs und des Kaisers mit dem Plane einer Aussöhnung herantrat '). Freilich so lagen die

') Ueber diese erste Mission Lisola's vergl. dessen Berichte, 212 ff.

70 II. Der nordische Krieg 1655—1660.

Verhältnisse nicht, dass es gleich beim ersten Versuche hätte gelingen können, eine Einigung zu erzielen. Noch hatte der Kaiser sich nicht zur Theilnahme an dem schwedisch-polnischen Kriege entschlossen, noch war Friedrich Wilhelm Bundesgenosse Karl Gustavs und die Polen weit entfernt, dem Kurfürsten die geforderte Souveränetät in Preussen zuzugestehen. Erst nachdem der Früh- jahrsfeldzug Karl Gustavs gänzlich gescheitert war, erst nachdem der Dänen- könig den Schweden den Krieg erklärt, der Kaiser sich mit den Polen geeinigt, an dem Kriege theilgenommen und die Polen zur Anerkennung der Souveränetät Friedrich "Wilhelms in Preussens vermocht hatte, gelang es dem unermüdlich thätigen Lisola, den Kurfürsten von Brandenburg zum Abschlüsse eines Ver- trages mit den Polen zu vermögen '). Dabei konnte man aber, sollte nicht alles in Frage gestellt werden, nicht stehen bleiben. Zu einer gedeihlichen Entwicke- lung der deutschen und der europäischen Verhältnisse überhaupt gehörte die volle üebereiustimraung des Kurfürsten von Brandenburg, des mächtigsten pro- testantischen Reichsstandes, mit dem Reichsoberhaupte in allen strittigen Punkten. Denn erst nach der Vereinigung der kaiserlichen Truppen mit den branden- burgischen war eine erfolgreiche Action gegen den Schwedenkönig möglich, nur bei einem gemeinsamen Vorgehen des Kaisers und des Kurfürsten die Abwehr der von Frankreich und den übrigen Reichsfeinden drohenden Gefahren zu er- hoffen. Die letzten Monate des Jahres 1657 und die ersten des Jahres 1658 sind mit den in diesem Sinne geführten Verhandlungen ausgefüllt. Man sah am "Wiener wie am Berliner Hofe die Nothwendigkeit einer Vereinbarung ein, aber so gross w^aren die Hindernisse, so zahlreich die Differenzen, dass die er- wünschte Einigung erst nach vielfachen Mühen und auch dann nicht vollständig gelang. Denn der junge österreichische Herrscher, der gerade in jenen Monaten den heftigsten Kampf um die Kaiserkrone auszufechten hatte und in erster Linie durch die Nothwendigkeit der kurfürstlichen Stimme sicher zu sein, sich zum Abschlüsse mit dem Brandenburger bestimmen liess, wollte kein bindendes Versprechen geben, offensiv gegen Schweden vorzugehen, solange die Kaiser- krone sein Haupt nicht schmückte. Friedrich "Wilhelm aber wollte sich, in der richtigen Erkenntniss, dass er, einmal mit Oesterreich und Polen verbunden, die furchtbarste Rache der Schweden zu gewärtigen habe, zum Abschlüsse der von Dänemark und Polen sehnsüchtig erhofften Allianz mit dem Kaiser nur gegen das Versprechen des letzteren verstehen, an der gegen Schweden in Pommern geplanten Action theilzunehmen. Es ist fraglich, ob unter solchen Umständen der Abschluss des geplanten Bündnisses überhaupt erfolgt wäre, wenn nicht die unumgängliche Nothwendigkeit der brandenburgischen Stimme sicher zu sein, den jungen König von Ungarn und Böhmen bewogen hätte, sich den "Wünschen des Kurfürsten zu fügen und sich zur Theilnahme an der gemeinsamen Ope- ration gegen Karl Gustav zu verpflichten. Das Bündnis vom 9. Februar 1658, durch das die Einigung der beiden Höfe erfolgte-'), war von ausschlaggebender

') Verträge von "Wehlau und Bromberg, 19. Sept., 6. Nov. 1657; Mörner I.e. 220 ff., 226 ff.

') Mörner 1. c. 229 ff., 683 ff.

Einleitung. 71

Becleutung. Durch die Umkehr des Kurfürsten, durch die Vereinigung seiner Truppen mit denen des Kaisers und der übrigen Schweden feindlichen Mächte wurde dem Kriege die letzte, entscheidende Wendung gegeben.

Die Acten über die Beziehungen des brandenburgischen Hofes zum öster- reichischen während dieser ereignisreichen Monate sind bereits in ihrer Gänze mitgetheilt worden. Ueber die Sendungen Kittelmanns und Löbens nach Wien enthält der 8. Band der Urkunden und Acten ^) die entsprechenden Documente. Ebendaselbst sind in 2 gesonderten Abschnitten alle auf die Haltung Branden- burgs in den Fragen des Rheinbundes und der Kaiserwahl bezüglichen Urkunden veröffentlicht worden ^). Die sehr umfangreichen und wichtigen Berichte des kaiserlichen Gesandten, Franz von Lisola, sind durch eine besondere Publication den wissenschaftlichen Kreisen zugänglich gemacht worden ^). Neue Documente von Bedeutung aus dieser Zeit haben sich im Wiener Archive nicht vorgefun- den. Die Weisungen Leopolds an seine Vertreter liegen nur äusserst selten vor und zeichnen sich durch eine besondere Kürze aus. Soweit denselben eine Bedeutung beizamessen ist, sind sie in der Einleitung und in den Noten zur Ausgabe der Lisolapapiere verwerthet worden.

Dagegen hat sich eine Ergänzung der im 8. Bande der „Acten und Urk." mitgetheilten Documente*) über die Beziehungen der beiden Staaten nach dem Abschlüsse des AIKanzvertrages vom 9. Februar als nothwendig erwiesen. Ins- besondere dürften die im Nachfolgenden mitgetheilten Auszüge aus den Be- richten der kaiserlichen Gesandten Fernemont und Schütz eine erwünschte Er- gänzung der über ihre Missionen bereits bekannt gewordenen Documente bil- den. Johann Franz von Barwitz, Freiherr von Fernemont, dessen Sendung an den Berhner Hof erfolgte, als die beiden Vertreter Leopolds, welche die be- deutungsvollen Verhandlungen mit Brandenburg geführt hatten, noch vor Aus- tausch der Ratificationen Berlin verlassen mussten Montecuccoli, um das Commando über die kaiserlichen Truppen zu übernehmen, Lisola, um in Polen die Interessen Oesterreichs zu wahren , war ein erprobter Krieger, aber kein gewandter Diplomat. Er war kaiserlicher Kriegsrath, Generalfeldzeugmeister, hatte in der Schlacht bei Leipzig im Jahre 1642 die Infanterie commandirt, war bei dieser Gelegenheit von den Schweden gefangen genommen worden, und bekleidete nach erlangter Freiheit die Stelle eines Commandanten der Festung Grossglogau ""). Seine Aufgabe am Berliner Hofe war keine leichte. Wohl war durch die Bestimmungen des Vertrages vom 9. Februar die Grund-

1) Urk. u. Act. VIIL 339.

2) Vin. 433 ff., 519 ff.

^) Die Berichte des kaiserlichen Gesandten Franz von Lisola aus den Jahren 1655 1660. Mit Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von A. F. Pribram (Archiv für Kunde österreichischer Geschichte Bd. LXX. Die Verhandlungen Lisola's mit dem Brandenburger speciell 212ff., 286ff.).

*) 355 ff

'") Biographisches über Fernemont bei Kneschke 1. c. III. 232; er starb 1667 als Gouverneur und Commandant zu Grossglogau.

72 11- Der nordische Krieg 1G55— 16G0.

läge für eine Verständigung gegeben, allein es fehlte viel zu einer völligen Vereinbarung. Eine solcbe war auch mit Rücksicht auf das verschiedenartige Interesse beider Fürsten nicht gut möglich, Leopold hatte kein Interesse daran, dass der Krieg im Nordosten Europa's fortgesetzt werde; er plante keine Er- oberung in jenen Gegenden und fürchtete durch ein allzu energisches Vorgehen die Einmischung der Westmächte zu veranlassen. Wenn es gelang, die Ueber- griffe Schwedens zurück zu weisen, der Ausbreitung der schwedischen Macht in Deutschland ein Ziel zu setzen, die Integrität Polens zu behaupten, so war den Wünschen der Wiener Regierung vollauf Rechnung getragen und es gab Männer in der Umgebung des jungen Königs, welche behaupteten, dieses Ziel auch auf anderem Wege, als auf dem des Krieges erreichen zu können. Vor allen Dingen aber lag es im Interesse Leopolds, den Ausbruch des Krieges gegen Schweden unter allen Umständen bis nach Beendigung des Wahlkampfes hinauszuschieben. Wenn sich daher der junge Herrscher nach langem Zögern zum Abschlüsse eines Offensivbündnisses gegen Schweden entschlossen hatte, so hatte er dies doch nicht in der Absicht gethan, den Kampf gegen Karl Gustav wirklich zu beginnen, bevor die Wahlfrage entschieden war. Friedrich Wilhelm dagegen hoffte durch eine schleunige, unerwartete Action gegen den in Däne- mark beschäftigten Karl Gustav nicht nur dessen Macht zu brechen, sondern auch bedeutende Erwerbungen in Pommern zu machen, und rechnete auf die energische Mitwirkung Oesterreichs, ohne die ihm die Durchführung seines Planes unmöglich schien.

Um dieses Ziel zu erreichen, war es aber unerlässlich, die Antheilnahme Oesterreichs an dem Kampfe, der noch immer zwischen Frankreich und Spanien ausgefochten wurde, zu hindern. Wenn daher Friedrich Wilhelm sich bereit erklärt hatte, die Wahl Leopolds zu fördern, seine Stimme für ihn abzugeben, so hatte er deswegen durchaus nicht den Gedanken aufgegeben, durch eine in die Wahlcapitulation aufzunehmende Clausel die Actionsfreiheit Leopolds nach dem Westen hin zu beschränken, um ihn auf diese Weise zur Antheilnahme an dem im Nordosten Europa's tobenden Kriege zu vermögen. Aber auch sonst gab es der Differenzen genug. Die alte Streitfrage bezüglich der Berechtigung der Ansprüche Brandenburgs auf das vom Kaiser zu Beginn des 30jährigen Krieges eingezogene Fürstenthum Jägerndorf war durch den Vertrag vom 9. Februar 1658 nicht beigelegt, den Wünschen des Kurfürsten bezüglich der Stellung der Evangelischen im Reiche und in den Erblanden nicht Rechnung getragen worden. Das Misstrauen des Kurfürsten in die Aufrichtigkeit der kai- serlichen Politik, die Eifersucht des Wiener Hofes auf den immer grösser wer- denden Einfluss des protestantischen Nachbarn bestanden fort. Alles dieses er- schwerte die Verhandlungen Fernemonts, der in der That nicht viel auszurichten vermochte. Als er nach einem Aufenthalte von wenigen Monaten in Folge anderweitiger Beschäftigung Berlin verliess, konnte er als den einzigen Erfolg seiner Mission die Auswechselung der Ratification des Vertrages vom 9. Februar bezeichnen; in allen übrigen Dingen hatte er entweder den Wünschen des Kur- fürsten Rechnung tragen, oder die strittigen Fragen unentschieden lassen müssen.

Ebensowenig wie dem Freiherrn von Fernemont gelang es seinem Nach-

Einleitung. 73

folger Johann Helwig Sinolcl genannt Schütz ') den Kurfürsten in der Wahl- frage, um derentwillen er vornehmlich nach Berlin entsendet wurde, zu einer den Wünschen des Kaisers entsprechenden Entschliessung zu vermögen. Allen Erwägungen des kaiserlichen Gesandten gegenüber betonte der Kurfürst die Nothwendigkeit unter 2 Uebeln das kleinere zu wählen und forderte immer dringender die Annahme der Kaiserkrone unter den zur Wahrung des Eeichsfrie- dens unerlässlichen Beschränkungen der kaiserlichen Macht, sowie die energische Antheilnahme Oesterreichs an den Kriegsoperationen gegen Schweden. Wie bekannt blieb dem jungen Herrscher nichts übrig, als sich den Forderungen seines mächtigen Nachbarn zu fügen. Leopold unterzeichnete die nach dem Projecte des Brandenburgers in die AVahlcapitulation aufgenommenen Artikel, die ihm jede Antheilnahme an dem spanisch-französischen Kriege unmöglich machten, und erklärte sich bereit, als Bundesgenosse Friedrich Wilhelms dessen gegen Schweden gerichtete Unternehmungen zu unterstützen. Die auf die ge- meinsame Kriegsführung bezüglichen Documente haben aus principiellen Grün- den in diese Publication keine Aufnahme gefunden"^); die politischen Acten für diese Zeit der Waffengemeinschaft sind bereits zum Theile im 8. Bande der „Urkunden und Acten" ^), zum Theile in den Berichten Lisola's mitgetheilt wor- den ■•); wesentliches Neue hat sich in den Beständen des Wiener Archives nicht gefunden. Dagegen schien es zweckmässig, die bereits mitgetheilten Documente über die Beziehungen Oesterreichs und Brandenburgs gelegentlich der zu Oliva geführten Friedensverhandlungen^) durch die weiter unten folgenden Berichte des nach Berlin gesendeten kaiserlichen Generals Grafen Peter Strozzi zu er- gänzen. Während des ganzen Verlaufes des nordischen Krieges waren sowohl von den Kriegführenden, als auch von den durch den Krieg in ihren Interessen berührten westeuropäischen Mächten Versuche einer gütlichen Ausgleichung der bestehenden Differenzen gemacht worden. Dieselben hatten lange zu keinem Resultate geführt; vornehmlich deshalb, weil Karl Gustav, solange er siegreich war, unerfüllbare Forderungen stellte und in den Zeiten der äussersten Be- drängnis auf das Interesse der Westmächte rechnend, die ihm. von seinen Geg- nern vorgeschlagenen Bedingungen nicht annahm. Erst als nach dem unglück- lichen Verlaufe des zweiten dänischen Krieges die westeuropäischen Mächte, insbesondere Frankreich, das aus eigennützigen Gründen ein gänzliches Unter-

') Johann Helwig- Sinold genannt Schütz war Reichshofrath unter Ferdinand imd Leopold und trat nach 17jähriger Thätigkeit am Wiener Hofe als Kanzler in die Dienste Georg Wilhelms von Lüneburg-Celle.

^ Das Archiv des Reichskriegsministerium enthält eine Fülle neuer Documente über die Theilnahme Oesterreichs am schwedisch-polnischen Kriege, die demnächst in anderem Zusammenhange verwerthet werden dürften. Die vorliegenden Darstellungen über diesen Krieg, soweit er Oesterreich betrifft, sind ungenügend.

3) 355 ff.

*) 1. c. 384 ff

^) Neben dem älteren Sammelwerke von Joh. Gottl. Böhm „Acta pacis Oliviensis inedita Vratisl. 1763", insbesondere Urk. u. Act. VIII. 687ff.

74 n. Der nordische Krieg 1655 1660.

liegen Karl Gustavs verhindern zu müssen glaubte, immer von neuem der Frie- densidee das Wort sprachen und die Vermittelung ernstlich in die Hände nahmen, gab der Schwedenkönig seine Zustimmung zur gütlichen Ausgleichung der be- stehenden Differenzen. Principieller Widerspruch gegen die Vornahme der Friedensverhandlungen wurde nun von keiner Seite erhoben. Dänemark, Polen, Oesterreich und Brandenburg hiessen das Unternehmen gut. Doch waren die Forderungen, welche von den Vertretern der einzelnen Fürsten gestellt wurden und die Interessen derselben so differirende, dass erst nach langen Vorbe- rathungen und mühseligen Verhandlungen und auch dann nur unter dem Ein- drucke der von Frankreich und Spanien nach den Bestimmungen des pyrenäi- schen Friedensinstrumentes ausgesprochenen Drohung des gemeinsamen Kampfes gegen die Friedensstörer, die energische Inangriffnahme der Verhandlungen er- folgte. Die Interessen der Herrscher Oesterreichs und Brandenburgs waren in die- sem Momente nur zum Theile die gleichen. Beide wünschten die Schwächung der schwedischen Macht und die Herstellung eines Universalfriedens, der ihnen Sicher- heit gegen jeden Uebergriff Karl Gustavs bot. Während aber der Kaiser sich mit der Herstellung des status quo, mit seiner Aufnahme unter die Garanten des Friedens zufrieden erklärte und mehr darauf bedacht war, den Franzosenkönig in seine Schranken zurückzuweisen, hatte sich Friedrich Wilhelm nach dem glücklichen Verlaufe der Kriegsereignisse, insbesondere nach dem glänzenden Erfolge der Expedition nach Pommern, mit der Idee, einen Theil Vorpommerns für sich zu gewinnen, immer mehr befreundet und suchte jetzt seine Verbün- deten für den Plan der Fortsetzung des Kampfes zu gewinnen, falls Karl Gustav und die vermittelnden Mächte die Abtretung eines Theiles von Vorpommern an Brandenburg weigern sollten. Allein weder bei den Polen noch beim Kaiser fand dieser Vorschlag Anklang. Leopold erklärte sich in seinen an den Kur- fürsten gerichteten Schreiben, wie in den Verhandlungen mit Wreich, des Kur- fürsten in jenen Tagen in AVien weilenden Vertreters '), zur Unterstützung des Kurfürsten bereit, falls der Friede nicht zu Stande kommen sollte, er liess durch Montecuccoli und durch den Fürsten Gonzaga über die eventuellen Kriegs- operationen berathen^), allein er suchte zu gleicher Zeit den Kurfürsten von der Nothwendigkeit zu überzeugen, in der Frage der Restitution der pommer- schen Eroberungen um des allgemeinen Friedens willen nachzugeben. Die Verhandlungen, welche in diesem Sinne neben anderen Männern Graf Peter Strozzi'') am Hofe des Kurfürsten geführt hat, sind im Folgenden mitgetheilt. Dieselben waren bekanntlich von Erfolg begleitet; bereits Ende Februar theilte

1) Urk. u. Act. VIII. 415 ff.

2) Urk. u Act. VIII. 422 ff., 428 ff

^) Ueber die Sendung Strozzi's vergl. auch Urk. u. Act. VIII. 41of. Graf Peter Stro/zi 1626 geboren, von Ferdinand lY. zum Kämnaerer ernannt, trat nach dessen Tode in die Dienste Ferd. III., diente 1656 in Italien und machte dann den Feldzug gegen die Schweden unter Montecuccoli mit. _ Nach dem Frieden von Oliva wurde er in Ungarn verwendet, reiste 1663 nach Frankreich, um den Beistand Frankreichs für den Kampf gegen die Fürsten zu erbitten, was ihm auch gelang und fiel am 22. Mai 1664 bei Serinvar; vergl. Zedier XL. 1053 f.

I

Einleitung. 75

Friedrich Wilhelm dem Kaiser den Entschliiss mit, sich der Nothwendigkeit zu fügen und von der Forderung einer Gebietsabtretung in Pommern seitens der Schweden abzustehen.

Ueber die Schreibweise des Freiherrn von Fernemont, Schütz' lind des Grafen Strozzi ist nicht viel zu sagen. Der erste und der letzte lassen in ihren Berichten den Soldaten erkennen; sie beobachten gut und beschränken sich auf das nothwendige. Schütz ist etwas weitschweifig; der Inhalt seiner Berichte steht in keinem richtigen Verhältnisse zu dem Umfange derselben, daher er- schien es auch zweckmässig, die Auszüge aus seinen Schreiben so kurz als möglich zu gestalten.

IL Der nordische Krieg 1655—1660.

Mission des Franz von Barwitz, Freiherrn zu

Fernemont.

Instruction für Fernemont. Dat. Windslieim 27. Febr. 1658.

(Concept.)

[Ratification des geschlossenen Vertrages. Secretartikel wegen Verwendung der pom- merschen Eroberungen. Vorschläge und Forderungen des Kaisers.]

27. Febr. Da Montecuccoli mid Lisola anderweitig beschäftigt Averden müssen '), hat

der Kaiser sich entschlossen, Fernemont zum Kurfürsten zu senden, damit deroselben in ünserm Namen vermög beiliegenden Creditifs (Dat. 27. Fe- bruar 1658) anfügen wollest, wasmassen dir nit allein unsere Ratification über die gepflogene Tractaten') zugeschickt und du selbige auszuant- worten befelchet, auch P. Ld. Ratification hinwider zu empfangen be- vollmächtiget seiest, bei welcher Auswechslung und Empfang du dann fleissig in Acht zu nehmen haben wirst, damit die Churfürstliche Un- serer königl. Ratihabition in der Form ganz einig seie^).

Soviel aber die Approbation des articuli secreti belangen thuet*), da hast du P. L. mit guter Manier glimpflich zu repräsentireu, obzwar Wir

') Montecuccoli als Führer der kaiserlichen Hilfstruppen gegen Schweden; Li- sola als Gesandter in Polen.

-') Gemeint sind die am D.Februar 1658 abgeschlossenen Verträge; Mörner I.e. 229 ff., 683 ff.

^) Vergl. über die Differenzen bei diesen Verhandlungen und Verträgen Pri- bram A., Berichte Lisola's 1655-1660, Archiv für Kunde ö. G. LXX. 341 ff.

■*) Wegen kurfürstlicher Besatzung in eventuell zu erobernden pommerschen Plätzen; Mörner 1. c. 689 f.

Instruction für Fernemont. 77

L L. alles liebs und guts gönnen und wünschen, auch von denen pommeri- schen Landen, da Gott der Allmächtige Unsere Waffen, wie zu hoffen, gesegnen möchte, Uns etwas zu apropriiren nicht gesinnt, so wolle Uns iedoch nicht allein nachdenklich, sondern auch für frühezeitig vorkom- men, etwas von Erhaltung und Couservation einiger Länder und Plätze, oder auch von deren Theilung, was zu melden, oder zu handien, ehe selbige eingenommen und wolle Uns dahero rathsamer zu sein gedünken, wann man sich mit Vergleichung dieses Articuls noch etwas gedulden und es uf gelegenere Zeit verschieben thäte. Wofern du aber hiebe! wahrnehmen solltest, dass solches von des H°. Ch. L. schwer zu erhalten, hättest auch du dich hierinnen nit länger aufzuhalten, doch benebenst L Ld. zu Gemüth zu führen, wann Wir in diesen iirticul alsogleich einwilligten, was für ein grosses onus Wir für Uns und zu was für grossem Vorthel Wir solches für L Ld. auf Uns nehmen thäten. Wir wollten dahero ganz nit zweiflen, L L. würden dieses hinwiderum ge- bürend erkennen und nicht allein bei der jetzt bevorstehenden Kaiser- wahl ') Uns zum besten zur Superirung aller Difficulteten so noch gereget werden möcliten, müglichst cooperiren, auch anietzo von aller uf Jägeru- dorf führender Prätension ablassen und derselben uf ewig renunciiren, sondern auch inskünftig Unseres löbl. Erzhauses Dienste und Nutzen, dafern die Sachen durch göttliche Verleihung wohl ausschlagen sollten, hinwider bedenken. Wofern nun L L. darin, wie zu hoffen, willigen würde, hättest Du dero schriftliche Versicherung hierüber zu begehren. Sollten sich aber des H°. Ch. L. soviel die Renunciation uf die jägerndörfische Prätension betrifft, anitzo zu erklären Bedenken tragen, gleichwohl dessen Hoffnung geben und die Erkenntnus versprechen, so hättest du gleich- falls auch dieses instrumentum approbationis über diesen Articul neben Unserer andern Ratification gegen Empfahung der churfürstlichen Ratifi- cation auszuhändigen. Bei diesem allem hast du zuvorderst gebührend zu erinnern und daran zu sein, damit ietz bemelter Articul in höchster Geheim gehalten werden möge ^).

0 üeber Brandenburgs Verhalten in der Wahlfrage Urk. u. Act. II. 126 ff. ; VIII. Abschn. VI. und VII. (p. 436 Änm. die Literatur, dazu Heide, Die Wahl Leopolds. Forschungen zur deutschen Gesch. XXV. Iff. Pribram, Zur Wahl Leopolds. A. f. K. ö. G. LXXIIL 149 ff.; Pribram, Berichte Lisola"s 1. c. p. 286 ff.)

2) Vergl. für Fernemont's Mission; Urk. u. Act. VIII. 372, 382, 502 f.; II. 164, 168; Puf. 1. c. Vn. 52; Droysen 1. c. IIL 382.

78 n. Der nordische Krieg 1G55— 1660.

Fernemont an den Kaiser. Dat. Colin an der Spree 28. März

1658. (Gr.)

[Verhandlungen Fernemonts mit den Ruthen des Kurfürsten. Die Jägerndorfer Frage.

Ratificationsangelegenheit. Brandenburgs Kriegspläne. Zustand der brandenburgischen

Armee. Unterredung mit Hoverbeck über den Secretartikel.]

28. März. Ist am 20. März angekommen und hat am 24. Audienz beim Kurfürsten ge-

habt, der sich zur Auswechslung der Ratificationen geneigt zeigt. Am folgen- den Tage seind dero geheime Räthe, Schwerin, Hoverbeck ') und Som- nitz^), um mit mir in einige Cünferenz zu treten, in mein Logiament zu mir geschicket, von ihnen aber gleich anfänglichen begehret worden, ob nebst Auswechselung bemelter Instrumenten, ich etwas mehrers und son- derlichen wegen Jägerndorf anzubringen in commissis hätte. Worauf ich ihnen geantwortet, dass ausser gedachter Auswechselung ich zu einem mehrern nicht instruiret, wegen Jägerndorf aber es ohne das von denen neulichst beisammen gewesten Deputirten auf die Seiten gesetzet worden und hinterblieben wäre^), benebst aber glimpflichen und gleich- sam lachendes Mundes soviel zu verstehen gegeben, dass eine Stadt Stettin mehr dann viel Jägerndorf werth seie, darbei sie es auch be- wenden lassen und mir beigefallen, sich auch selbsten dahin beschieden, dass bei vorigen Congressen wegen Jägerndorf nichts zu melden be- schlossen worden seie.

Es folgen dann Berathungen über die Auswechslung der Ratificationen und die Brandenburger fordern, dass nothwendig der Tenor des zwischen beederseits hiebevorn beisammen gewesten ministris*) aufgerichteten auch also abgehandelten foederis defensivi et conventionis ad operationes bellicas sammt beederseits Deputirten Vollmacht und Namen der Rati- habition zu inseriren, wie auch ein absonderliches gleichförmiges Instru- mentum über die Convention de operatione armorum abgeredt und sonst auch gewöhnlicher Massen zu verfertigen seie. Die Versuche Fernemonts eine Aenderung in diesem Beschlüsse zu bewirken bleiben ohne Erfolg; er bittet daher um Weisung, wie er sich zu verhalten habe.

') Johann v. Hoverbeck, langjähriger Vertreter des Kurfürsten in Polen; vergl. Klaproth, Staatsrath 347; Isaacsohn, Geschichte des preussischen Beamtenthums II. 99, 212.

2) Lorenz Christof von Somnitz; vergl. Klaproth 1. c. 357 f.; Isaacsohn 1. c. II. 237.

•^ Ueber die Verhandlungen in der Jägerndorfer Angelegenheit in dieser Zeit vergl. Urk. u. Act. VIII. 339 ff., 500.

^) Unterhändler waren kaiserlicherseits Montecuccoli und Lisola; seitens der Brandenburger Schwerin, Somnitz und Hoverbeck.

Ratificationsaustauscb. Pläne des Kurfürsten. 79

In den ^kurzen Observationen", die Ferneraont dem Schreiben beilegt, finden wir neben einer abfälligen Beurtheilung der Dänen in ihrem Kampfe mit Schwe- den'), auch folgendes erwähnt: „Wie der Churfürst von E. K. M. Armee discurriret, hat er zwar die Völker sehr gelobet, doch dies dabei er- wähnet, dass die Regimenter fürnemlich bei der Cavagleria ziemlich stark und wenig Officirer nach der Proportion der Soldaten dabei wären, da hin- gegen die Schweden viel Officirer in dem ersten Glied, auf welchem

alles bestünde, voransetzen thäten Das fiirnehmste, so man sowohl aus

I"". D. als dero ministris Discursen abnehmen können, ziehlen sie nun- mehr nicht daliin, dass man anfänglich offensive gegen dem Feind agiren würde können, weil sie ihn gar zu mächtig hielten und er den Vortheil hätte, sie leichtlich zu Wasser von einem Ort zum andern zu praeoccu- piren. Es werde nur moles belli in Pommern auszustehen seien, allwo die schwedische Armee ungezweifelt aus- und ansetzen würde, beinebenst aber auch ein neues Corpo zwischen der Elbe und Weser aufrichten, gegen dem Reich eine grosse Diversion und ihnen einen mehrern Anhang dardurch zu machen ^) . . . . Soviel nun die churfürstl. Armee und Völker anlanget, kann man änderst nicht sagen, als dass es der Generalen Be- richt nach ein starkes Corpo von wohlgekleideten und sehr disciplinirten Völkern ist; dabei tapfere und gute Generalen und durchgehend ansehn- liche Officirer vorhanden. Was ich unterweges und hier gesehen, kann ich bezeugen, dass ich mich selbst verwundert habe und ist bei solcher Menge der Völker fast im Lande nicht zu spüren, dass fast eine Armee vorhanden seie, so scharf werden sie eingehalten, dagegen aber das Land sehr erschöpfet und in nicht geringen Unwillen gebracht .... Wie in der nächsten Conferenz des articuli secreti, dessen Ratihabition und Instrumentum sie in gnugsamer Richtigkeit gefunden, Meldung geschehen und ich dabei, wie E. K. M. bei Occupirung der pommerischen für- nehmsten Posten nichts vor sich behalten thäten und ihre grosse Aftec- tion und treuherzige Intention freiwillig ohne fernere Consideration ihro daraus zuwachsendes odii bei anderen Potentaten erweiseten, in etwas exageriren wollen, hat mir der von Hoverbeck zur Antwort gegeben, dass sothane Declaration E^ K. M. so viel als keinem anderen Confoederirten zustatten käme, weilen dadurch sowohl die Holländer als andere be- nachbarte Stände, welche wegen des dänischen Verlusts nothwendig in

') üeber diesen Kampf vergl. Carlson, Gesch. Schwedens IV. 229 ff. Pufendorf S., De rebus gestis Caroli Gustavi über V.

^ Ueber Brandenburgs Kriegspläne in dieser Zeit Urk. u. Act. YIII. 353 f. u. a. 0. Droysen 1. c. III2 376 f.

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80 n. Der nordische Krieg 1655—1660.

eine Jalousie gerathen müssten, sich desto leichter bewegen würden lassen, wann sie versichert, dass das hochlöblichste Erzhaus Oesterreich, dessen grosse Macht ihnen sonst allezeit suspect seie, an den Seekanten keinen festen Fuss zu setzen und etwan mittlerzeit den spanischen Schiffen einzuräumen, so sie zum meisten fürchten thäten, Vorhabens wäre.

Fernemont an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Spree 29. März

1658. (Or.)

[Ratificationsangelegenheit. Des Kurfürsten Bemühungen bei den Braunschweigern und Polen. Brandenburg-französische Beziehungen. Verhalten des polnischen Secre- tärs. P. S. Ratificationsangelegenheit. Hoverbecks Mittheilungen über die Erklärungen

Blondels.]

29. März. Befehl vom 12. März erhalten (d. d. Aschaffeuburg) „und daraus mit

Freuden gehorsambist verstanden, dass dadurch meine wenige in vorge- meltem Bericht enthaltene considerationes, wegen des articuli secreti mich in keine Weitleuftigkeit einzulassen, allergnädigst confirmiret worden".

Fernemont macht dem Kurfürsten entsprechende Mittheilungen, erhält aber bezüglich der Auswechslung der Ratihabitionsinstrumente keine andere Antwort als vorher.

Der Kurfürst reist nach Magdeburg, um den Versuch zu machen, die braun- schweigischen Fürsten auf seine und des Kaisers Seite zu bringen ') und sendet Sparr^) und Hoverbeck nach Polen, um durch Intervention Montecuccoli's mit den Polen bezüglich Conjunction der Waffen und über die Kriegsoperationen zu berathen ^).

Gestern waren Schwerin und Hoverbeck bei Blondel^); Fernemont weiss noch nicht, was sie mit demselben berathen haben '").

So habe ich auch verspüret, dass der polnische Lescynskische all- hier hinterlassene Secretarius bei gedachtem französischen Residenten sehr familiär ist und sich mit mir nicht mehr so vertreulich als die

0 Ueber die Conferenz zu Magdeburg und über das Verhältnis Brandenburgs zu den Braunschweiger Fürsten, vergl. Köcher, A., Geschichte von Hanuover und Braunschweig 1648—1714. I. 243fP. Joachim I.e. o08f.

''') Feldmarschall Otto Christof von Sparr; Mülverstedt, Georg Adalbert, Die brandenburgische Kriegsmacht unter dem Grossen Kurfürsten 439; Mörner, Märkische Kriegsoberste 151 ff.

^) Vergl. über diese Gesandtschaft Urk. u. Act. VIII. 496.

■*) üeber Blondel, Frankreichs Vertreter in Brandenburg, Urk. u. Act. II. 117 ff. und die 117 Anm. angeführte Literatur.

^) Ueber die Verhandlungen Blondels in dieser Zeit Urk. u. Act. II. 158 ff.

Auswechselung der Ratificationen. Unternelimungen gegen Scliweden. 81

erste Tage beschehen, in Discurs auslasset'): dannenliero ich dem Lisola in particulari auch 7Aisciireil)0 hei der dortigen Conferenz ein wachtsames Äuge darauf zai haben, üb nicht etwas widriges auch in gcheirab möchte negotiiret werden, und würde meines geringen Erachtens das beste sein, wann man nur sowohl die Polacken als den Churfiirsten durch Coniunc- tion der AVaffen, wie bälder ie besser impegniren könnte, wormit ihnen die Gelegenheit auf andere Resolution zu gedenken, benommen würde'').

P. S. Uebersendet das von den kurfürstlichen Räthen entworfene Project der Ratificationeu^).

Hoverbeck, der gestern bei mir gewesen, hat unter anderen Discursen erwähnet, dass der französische Resident bei ihrer gehabten letzten Con- ferenz, worvon ich oben Anregung getlian, cathegorice gesagt hätte, wann man bei diesem Hof und in Polen sich recht rathen wollte lassen und die Sache zu einem Vergleich bringen, W'olltc er versprochen, dass der König in Schw'eden weder an ein noch dem anderen Orte einzige Ungelegenheit zu machen suchen würde, sondern seie einen Weg als den anderen absolute resolviret ehister Zeit den nächsten Weg auf E. K. j\l. Erbländer loszugehen und sedem belli dahin zu führen; man wüsste wohl, was er vor einen grossen Anhang daselbst finden würde.

Die Schreiben Fernemonts vom April entlialten nichts von Bedeutung; die Auswechslung der Ratificationen, die der Kaiser (d. d. 11. April) an Ferneniont übersendet, wird von Seite Brandenburgs verzögert'') (Ferneniont d. d. 23. April 1658), dessen Kurfüi-st in einem Schreiben vom 29. März, an den Kaiser, zugleich mit der Versicherung auch jetzt, nach erfolgtem Frieden zwischen Schweden und Dänemark ■') , alles zur Erreichung des geraeinsamen Friedens tbun zu Avollen, die Frage stellt, ob er dem Schwedcnköuige, wenn dieser durch seine Länder ziehen wolle, freien Durchmarsch gewähren solle. Der Kaiser befiehlt darauf Feruemont (d. d. 19. April) um so eifriger auf die Aus- wechslung der Ratificationen und auf die Erfüllung der in den Verträgen

') Jobann Lesczynski, Woiwode von Posen, über seine Mission in Berlin er vertrat Polen bei den Verliandluugen Oesterreiclis mit Brandenburg in Berlin. Ürk. u. Act. II. 150; Puf. 1. c. VII. 15; Lettres des Desnoyers 369f.: Pribram, Be- richte Lisola's 1. c. 309 ff.

-) Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Zeit Pribram 1. c. 305 ff.

") Brandenburg wünschte, dass die Ratificationen separat für das Defensiv und für das Offensivbündniss erfolgen sollten.

■*) Vergl. über diese Frage Urk. u. Act. VIII. 50'2f.

'") Gemeint ist der Vertrag von Roeskilde vom 17./27. Februar 1658: Dumont 1. c. VI., 205 ff.; vergl. Carlson 1. c. IV. 271 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kuifiiisteu. XIV. D

82 H- Per nordische Krieg 1655— IGCO.

eingegangenen Verpfliclitnngen zu sehen. Ueber diese Unterredungen berichtet Fernemuiit in dem folsrenden Sclireibcn.

Fernemont an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Spree 1. Mai

1658. (Or.)

[Zweck der brandenburgischen Interpellation bezüglich des Passes für schwedische Truppen durch kurfürstliches Gebiet. Brandenburgs Pläne bezüglich der Operationen gegen Schweden. Wahlaugelegenheit. Capitulation. Politik des Mainzers. Rhei- nische Allianz.]

I. Hai. ... So viel nun die von den churbrandenburgischen Abgesandten

an E. K. M. sowohlen, andei'c Chur- und Fürsten gestellte Frage, wann der König in Schweden, welcher in Holstein wieder angelangt wäre und seinen Marsch geoen Pommern gerichtet haben solle, den Pass und Durclizug in Polen und l^eussen durch I. Ch. D. Landen begehren würde, ob sie ihme denselben gestatten sollten, anlanget, hat mir der Churfürst geantwortet, dass dieselbe nur dahin gerichtet gewesen, um zu vernehmen, was Einer oder der Andere im Schild führen und darauf antworten würde. Er wüsste gar wohl, dass solches die aufgerichtete Confoederation nicht zulassen thäte und er vielmehr derogleichen mög- lichst zu verhindern hätte. Der Kurfürst erklärt, er halte es nicht für ratb- sam, jetzt etwas offensives gegen Schweden zu unternehmen, mit Rücksicht auf des Kaisers Walil; auch wünschten die Polen selbst den Frieden und hätten ihn um seine Vermittlung bei Schweden ersucht '). Schwerin soll demnächst

zu den Schweden reisen Und ist gar leicht aus der ganzen Connexion

dieser Sachen abzunehmen, dass der Churfürst auch sehr zum Frieden mit Schweden und mehr als zum Krieg geneigt seie, w^eil er befindet, dass er itzt nach gemachten dänischen Frieden und bei zunehmender Macht der Schweden sein Interesse und Zwec'k in Pommern, worumben alles bei ihme zu thun gewesen, nicht erreichen werde können, auch der König in Dänemark also niedrig kommen, dass ihme nicht mehr zu helfen seie, fürnemlich, weil durch der Franzosen und Engelländer Per- suasion und des von Uhlfelds continuirende Verrätherei, der gute König dahin beredet werde, dass die Krön Schweden ihme selbiges Königreich, was noch übrig bleibet, erblich zu possidiren behülflich sein wolle, wor- mit er nun den Adel desto mehr ofFendire und endlichen von ihnen gar

^) Ueber Polens Verhalten in dieser Zeit und die Beziehungen zu Brandenburg Puf. De rebus gestis Fr. Wilh. \U. 46 ff.; Desnoyers I. c. 402, 418 ff.; Rudawski, Bist. Poloniae ab excessu Wlad. IV. 414; Urk. u. Act. VIII. 283 f.

Unternehiaungen gegen Karl Gustav. Wahlangelegenheit. Rheinischer Bund. 83

Verstössen uiul die Krön Schweden desto besser ihr Interesse alsdann observiren könne; welches I^ Ch. 1). von gar guter Hand eines dänischen ministri zukommen wäre; dass also' diese considerationes zusammen gnugsame Ursache, der sonst ohne das durch geschlossene Confoederation versicherten Conjunction, die operationes in etwas zu retardiren, bis man recht sehen könne, wie sich ein und anderes und fürnemlich die Wahl anlassen werde.

Bezüglich dieser giebt der Kurfürst die besten Versicherungen seinerseits und sagt, dass ihme von Frankfurt auch ein Project der Capitulation, wie es eingegangen \Yerden möchte, zugeschicket worden wäre, welches er aber nicht achten thäte, sondern der Meinung wäre, es sollten E. K. M. nur alles, was in der Capitulation proponiret, eingehen und darzu Ja sagen, bis sie römischer Kaiser wären, alsdann stünde es bei E. M. zu lassen oder zu halten, was sie dem Keich und ihr selbsten nützlicher zu sein befinden. Auf welches ich mit geziemender modestia zu repliciren meiner Schuldigkeit erachtet, dass E. M. sich auf eine solche Intention niclit wohl einlassen würden, weil sie, ihrer Vorfahren und de^ hoch- löblichsten Hauses in allem gewöhnlichem Brauche nach, lieber nichts, was sie nicht zu halten vermeinten, versprechen würden, damit sowenig dem Reich als anderen fremden Potentaten, wie es gleichwohl zu viel geschieht, sich auf einzige Weise und mit guten Fundament zu be- schweren und widerwärtige Gedanken zu machen, Ursache hätten; stünde derohalben in I. D. grosser Freundschaft und schon gnugsam verspürter guter Zuneigung in diesem hochwichtigen Werk den letzten Streich zu thun und vermittelst eines reiterirten Befehls an die Gesandten, dass sie die majora auf Weis uiid Weg, wie es im Project verfasset und Chur- Trier, Sachsen, als Bayerische Gesandtschaft schon approbando hätte gefallen lassen, schliossen möchten') .... Endlichen ist der ganze Dis- curs auf'n Churfürsten von Mainz") gefallen, dass er kein Ursach je- mals gehabt hätte, diese Wahl und in solchen terminis solang zu pro- trahiren; es werde nur den fremden Kronen ie länger je mehr dadurch das Reich zu turbiren Anlass gegeben, auch die Authorität des Chur- fürstl. collegii durch Vorbringung solcher schweren und fast unbillichen Capitulationen geschwächet und ie länger ie mehr neue factiones im

0 Ueber die Verhandlungen zu Frankfurt bezüglich der Capitulation Urk. und Act. VI II. 478 ff. u. a. 0.; 11. 166 ff.; Heide 1. c. 49 ff.

-) Johann Philipp von Schünborn; für seine Politik in der Wahifrage, Pribram, Zur Wahl Leopolds 1. c. lOoff.

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34 II. Der nordische Kriej^ 1G55— 1660.

Reiche suscitirct: massen eben der Churfiirst von Mainz eine neue Allianz aufzurichten sich bemühen thiite, zu welcher er nicht allein die geist- lichen Churfürsten und umliegende Fürsten des Rheinstroms, sondern auch das Haus Braunschweig, ihne Churfürsten zu Brandenburg, ia sogar die Krön Frankreich ziehen und drein einwickeln wollte'). Er hätte aber seines Orts solche schwere conditioncs und Bedenken drauf ein- geben, dass er verhofü'e, er wolle diese prätcndirtc Allianz wohl hinter- treiben und soviel möglichen verhindern'-)...

Feniemoiit an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Spree 7. Mai

1658. (Or.)

[Unterhandlungen Fernemonts mit den kurfürstlichen Ministern iil)or die gegen Schweden und in Frankfurt zu beobachtende Politik. Des Kurfürsten gute Erklärungen.]

7. M;ii. 2 Tage nach Absendung des letzten Berichtes sind die kurfürstlichen Käthe

zu Fernemout gekommen und besonders Schwerin hat neue Bedenken erhoben. Als erstlichen, ob auch bei so sehr verändertem statu in Dänemark von ihnen das instrumentum foederis offensivi sollte angenommen wer- den? Andertens, ob nicht vielmehr E. K. M. auf solchen Fall, wann ia etwas wider die Schweden in Pommern oder dem Reiche zu tentiren wäre, mit ihren Waffen als principalis den Namen führen, oder ia die Polen darzu disponiren wollten, damit das odium nicht auf sie fallen thäte. Und drittens, ob nicht bevor und ehe die Gesandten zu Frank- furt ihr Votum zu Vollziehung der Wahl geben und ablegen möchten, denen Franzosen wegen der von E. K. M. in Niederland und Italien, welche für fremde Potentaten, wie sie selbte nennen, gehalten würden, zugeschickten Hülfe einige »Satisfaction gegeben werden sollte^)? Als

') Gemeint ist die rheinische Liga, die am 14. und 15. August 1658 geschlossen wurde: vergl. für dieselbe Joachim E., Entwickelung des Rheinbundes von 1658. Pribram, Beitrag zur Gesch. des Rheinbundes; Sitzungsber. der W. A. CXY. 99 ff.; Köcher 1. c 195ff. ; Valfrey, Hugues de Lionne II. 155ff. ; Cheruel, Histoire de Ma- zarin III. 124 ff.

-) Ueber Brandenburgs Verhalten zum Rheinbunde neben den erwilhnten Schriften Urk. u. Act. VIII. Ö19tf.; Droysen 1. c. III2 409 ff.

■"') Um diese Frage der Unterstützung der Spanier in den Niederlanden und Italien durch den Kaiser drehten sich vornehmlich die Verhandlungen in Frankfurt, da Frankreich durch das Verbot für den Kaiser den König von Spanien zu unter- stützen die Macht des Hauses Habsburg zu brechen hoffte. Die Verhandlungen in dieser Sache finden sich in den bereits angeführten Werken über die Wahl Leopolds; die in dieser Frage erschieneneu Flugschriften sind u. a. gedruckt bei Londorp, Acta publica VIII. 182f., 24üff.: Oesterreichs Erwiderung 294 ff.

Haltung gegenüber Schweden und Frankreich. 85

ich nun solche auf ein neues gethane propositiones und vorgebrachte ])ifficultäten, welche mir nicht geringen Argwohn gegeben, gesehen, habe ichs mit einer mehrern Bewegnus als sonst empfunden ihnen Deputirtcn desto ernsthafter zugeredet und die proponirte puncta so gut ich gewusst, widerleget. Ad. I"'". Dass nämlich das foedus offensivura von E. K. M. niemahls augeboten, sondern durch den articulum secretum von I"". Ch. 1). Selbsten stark urgiret, indeme ich bald bei meiner Auherokunft in primo congressu, ob ich diesfalls auch einen richtigen Bescheid mit mir brächte, befragt worden, solches auch l"". Ch. I). mehr als E^ K. M. vor- träglich anzunehmen wäre und würden es E. K. M. auch nicht sogar hochachten, wann sie es nicht begehren würden; stünde also bei ihnen, ob sie das foedus offeusivum, w-elches von E. K. M. vielmehr aus Affec- tion und Freundschaft gegen I. Ch. 1). wegen Pommern als diesorths einziger verhoffter Ersprissligkeit geschehen wäre, halten wollten oder nicht.

Ad 2 '*""'. . . Dass man solches E. K. M., welche nur als ein con- foederirter König allhier ihre copias auxiliares darzu geschicket, vor der römischen Wahl und würklicher Antretung der kais. Dignität annoch keines Weges zumuthen könne, wiewohlcn es alsdann schon seinen ge- wissen Weg finden würde.

Ad 3''"'". Soviel die in Niederland und Italien als fremden von ihnen also gehaltenen Potentaten geschickten Succurs anlanget, wäre wegen des Einen bei Ferdinand IV. christmildister Gedächtuus vorgenommenen AVahl alles guugsam ausgeführet und applaniret worden^), sintemahlen es nichts Neues im Reich, dass auch anderen Potentaten darinnen zu werben zuge- lassen w'erde. Wegen des in Italien abgeschickten Corpo aber hätten I. K. M. allerglorwürdigsteu Andenkens, solches ohne Vorwissen der Churfürsten und vorhin, wie bräuchlichen, beschehene vielfältige Warnungen und Al)- mahnungen auch nicht gethan, sondern es wäre alles, was in derogleichen Fällen gegen einem widersetzlichen Stand des Reichs vorzunehmen jeder- zeit bräuchlich gewesen, gegen dem Herzog von Modena observiret worden. Die Minister nehmen dies ad referendum und der Kurfürst erklärt sich damit zufriedengestellt. ... Im Uebrigen wird sich verhoffentlich alles w'ohl schicken, weilen von dem Churfürsten selbsten ich bei heutiger Audienz dessen nochmahls versichert worden, auch sonsten viel neue demon- strationes seines guten Willens habe verspüren können. Dann wie ihme

') Ueber die bei der Wahl Ferd. IV. geführten Verhandlungen ürk. u. Act. VI. •JOGff.; Droysen 1. c. IIIo 109 ff.

II. Der nordische Krieg 1605 lfi60.

ich (los Haron de Ooess ') aus Kopenhagen vom 8. April abgelassenes aber erst gestern erhaltenes Schrcil^en (.'oiniminiciret, in welchem er be- richtet, dass der Dänemärker noch leicht auf guten Weg zu bringen seie, die Schweden auch weder in Fiihnen-, See- noch Jütland wegen t\c<, aufm Meer gehenden grossen Eises dato nicht absegeln könnton und annoch Zeit seie, eine nützliche und gute Diversion zu machen, hat er geantwortet, man sollte ihme nur desswegen die Sorge keck lieh lassen, wann nur die Wahl zu Frankfurt, worauf er sein Absehen gerichtet, bald geschehen sein möchte. Es wäre noch eine andere Gelegenheit vorhan- den, indeme er mit dem Commendanten in Bremervörde, so in die G oder 700 Mann hätte, in geheimer Correspondenz stünde, dass er den Schweden solchen Ort noch sobald nicht einräumen würde, wann er nur wüsste, dass sich jemand änderst dessen annehmen wollte. Sonsten würde er keine Zeit verlieren, 2000 ^lann den Polen, ihre Intention in Preussen werkstellig zu machen, herzugeben, sintemahlen es mit den Schweden ohne das lange nicht mehr anstehen könnte, sondern, was sie zu thun Vorhabens sein, sich bald, und ob der König aus Schweden, wie der Cardinal Mazarini dem Churfürsten von Mainz zugeschrieben haben solle, mit 18000 Reutern die Wahl zu Frankfurt, wann sie nur bis zu End des Mai aufgeschoben werden könnte, zu verhindern sich unterstehen möchte, würde ausweisen müssen, welches eben aus Holland anhero berichtet wird. Auf welchen letzteren Fall aber mehrhöchst- gedachte I. Ch. D. resolviret das Aeusseriste zu thun, sich mit E. K. M. Waffen zu coniungiren und den Schweden den Weg schwer gnug zu machen.

Fernemont an den Kaiser. Dat. Cöln a. d. Spree 14. Mai

1658. (Or.)

[Brandenburg-englische Beziehungen. Unterredung Fernemonts mit dem Kurfürsten über die Schweden gegenüber zu beobachtende Politik. Des Kurfürsten gute Er- klärungen.]

14. Mai. Uebersendet das Protocoll der Conferenz zwischen Schlippenbach und

Schwerin zu Prenzlau den 28. April st. v. -).

So ist auch dieser Tagen ein engeländischer Gesandter von dem Cromwell auf zuvorn beschehenes Anmelden allhier eingeholet wor-

') Graf Johann von Goess; vergl. über ihn weiter unten Abschnitt IV. 2) Vergl. für diese Conferenz ürk. u. Act. II. 163 ff.; VIII. 241 f.; Puf. de rebus gestis Car. Gust. V. 64; Droysen 1. c. IIL ?/J3: Th. Europ. VIII. 589.

Brandenbuig-englisehe Beziehungen. 87

den '). welcher liei I. Ch. D.. wie ich von wlauhwiirdigen Orten, ia sogar ministris berichtet, gar eine kurze Proposition getlian und in derselben dieses vorgebracht haben solle: dass nämlich S. Ch. D. anitzt ihr CUiick in Acht nehmen und das besorgliche grosse Unglück vermeiden, der österreichischen Alliance renunciren und sich hinwideram mit dem Schweden, welchem sein Protector nebst Frankreich möglichst beistehen würde, vereinigen sollte; massen I. Ch. D. sich zu versichern, dass der Schwede, welcher Preussen nur blos defendiren wollte, wider Deutsch- land nichts tentiren würde, sondern seine Intention einig und all ine wider die österreichische Länder, Böhmen oder Schlesien zu gehen, ge- richtet hätte. Dass er also den Churfürsten halb schmeichelnd halb dräuend zu einiger Resolution zwar bewegen wollen: es solle ihme aber der Churfürst darauf ziemlich abschlägliche Antwort gegeben haben und er damit ehisten Tages widerum unverrichter Sachen von hinnen verreisen. Weilen ich nun sowohlen aus der Schwerinischen mit dem Graf Schlippenbach gehaltenen Conferenz, als des englischen Gesandteus so- thanen Proposition, sonsten auch von anderen eiukommenden Avisen verstanden, dass der Schweden Vorhaben blos in des hochlöblichsten Hauses Oesterreich Erbländer, fürnemlich in Schlesien, wegen des allda verhoffenden Anhangs, auch guter Gelegenheit sich allda gegen Böhmen und Polen zu wenden, sedem belli einzuführen gerichtet seie, habe ich meiner allerunterthänigsten Schuldigkeit zu sein erachtet, mit P. Ch. D. hieraus zu reden, auch alsobalden um Audienz angehalten und dieselbe heunte früh um 7 Uhr erlanget, bei welcher ich U. Ch. Ü. solches alles, um dero Gemüthsmeinung hierüber zu vernehmen, gebührend vorgetragen. Welche mich dann auch gar gerne angehöret und gleich mit grossem Eifer darauf geantwortet, weilen dieses der Schweden Dissein gar gewiss und aber keinesweges rathsam wäre denenselben in Holstein, Pommern oder derer Orten entgegen zu gehen, indeme ihme nur gar zu wohl wissend, dass dadurch die Wahl merklich gehindert oder gar zurück- gesetzet möchte werden, dass ich solches E^ K. M. schleunig hinterbringen sollte, hiermit dieselbe das Churf. CoUegium zu einer guten Disposition sowohlen wegen der Wahl als sonsten bewegen, fürnemlich aber Chur Sachsen . . . wie auch Chur Bayern in gute Verfassung bringen und man also dem Feind . . . überlegen sein könne. Gestalten E. K. M. wegen sol-

') Lord William Jepson; vergl. Puf. Friedr. Willi. VII. 55; CG. V. 83; Urk. u. Act. II. 165: YII. 793fif.j Orlich, Geschichte des preussischen Staates im 17. Jahrh. I. 183.

88 n. Der nordische Krie.ir 165Ö— 1660.

clicii leindliclic'ii l)esorgen(len Einbruches doro Völker kocklicli zusammen ziehen und an die Frontiren legen, auch die Plätze stärker besetzen, mit Ammunition und Vivres wohl versehen, die alten Regimenter recroutiren und Proviant an die Hand schallen möchten. Er wolle seiner eigenen Länder auch nicht verschonen, sondern an den Grenzen seine Völker, die er auf 3000 Mann gleichfalls zu verstärken Willens und bereits im Werke ist, schon derogestalt beisammen halten, dass sobald der Feind entweder in Holstein oder Pommern avanciren würde, er sich mit E. K.M. Armee und denen Polen coniungiren und dem Feinde, wo er auch entweder durch Pommern, Polen oder die Mark durchbrechen wollte, nächst göttlicher Hülfe gnugsam begegnen könne; inmassen er bei itzt bestellter Saate Heu, Hafer und Korn in die Plätze sich auf eine Zeit lang zu halten einzuführen befohlen hätte. Sollte aber auch, wie neu- lichermassen ich allergehorsambist berichtet, er gegen Frankfurt den W^ahltag zu verhindern, einige Cavalcada vorzunehmen willens sein, würde er demeselben gleichfalls mit ganzer Macht zu folgen nicht unterlassen.

In den Weisungen vom Mai 1658 drängt der Kaiser einerseits auf die Aus- folgung der Ratificationen (d. d. 8., 30. Mai), andererseits auf ein energisches Vorgehen Friedrich Wilhelms in der Waldfrage (5., 9. Mai). Bezüglich dieser letzteren erklärt der Kurfürst (Schreiben Fern. d. d. 21. Mai), er bedauere, dass die widerwertige Churfürsten'), der Franzosen einstreuende excep- tiones und darauf folgende protestationes und fürnemlich Chur Heidel- bergs erst neulich eingegebenes so grosses absurdum, welches dem rö- mischen Kaiser und den Churfürsten selbsten sehr despectirlich wäre, so weit annehmen und die Fremden nicht aus der Stadt schaffen thäten'''). Und wiewohlen sie ihre Gesandten begehrtermassen allreits gnugsam instruirt und befehlichet, so wollten sie doch nicht unterlassen dero hie- bevorige Befehlich mit dieser abgehenden ordinari an dieselbe anderweit zu erfrischen, damit dieses wichtige Werk, woran der ganzen Christen- heit, fürnemlich aber dem heiligen Reiche ein so gross und vieles ge- legen, ohne ferneren Verzug zu seiner erwünschten Endschaft gebracht werde ^).

') Mainz, Köln, Pfalz.

-) Vergl. Cap. I. § 20 der Goldenen Bulle. Harnack, Geschichte des Kurfiirsten- collegiums 211 f.

^) Yergl. das Schreiben Friedrich Wilhelms vom 1. Juni IGöS; Urk. und Act. VIII. 508 f.

Ratificationsaustau.seh. Wahlfraofe. 89

Bezüglich der Ratificationen ergeben sich neue Schwierigkeiten, da die kur- fürstliclien Räthe an dem instrumentum de conventione armorum einiges auszu- setzen haben und Fernemont das instrumentum de defensione allein nicht an- nelimen will. Bevor aber noch der Kaiser ihn für diesen Fall ermächtigen konnte (30. Mai), war die Auswechslung der beiden Verträge durch den Kur- fürsten selbst bereits erfolgt (28. Mai) ^).

Fernemont an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Spree 22. Mai

1658. (Or.)

[Des Kurfürsten Bemerkuugcu über Schwedens Friedensaneibietuugen. Vorschläge des Kurfürsten über die Schweden gegenüber zu beobachtende Politik.]

Auf die Frage Fernemonts, Avas der Kurfürst von seinem Gesandten wegen 22. Mai. des bei Kurmainz im Namen des Königs von Schweden des Friedens halber gethanen Anerbietens für Nachricht hätte'-), antwortet Friedrich Wilhelm, gar zu viel und gnugsam .... Es haben aber I. Ch. D. «ich .selbsten dabei ver- lauten lassen, dass es den Schweden nicht so grosser Ernst zum Frieden seie und wann sie am meisten davon redeten, zum wenigsten solches im Sinn hätten und gemeiniglich bis sie ihre Intention erreichet, was anderes darunter im Schikle fiihreten; I. Ch. D. aber begehrten noch- mals wider die Schweden, wann dieselbe das Reich unangefochteu Hessen, wegen E. K. ]\I. selbsteigenen Interesses nichts zu tentiren .... Und wäre kein Wunder, dass Chur-Mainz ihme die schwedische offerta wegen des Friedens und Correspondenz mit dem General Wrangel so hoch an- gelegen sein liesse, weilen mau gleich von einer glaubwürdigen, gewissen und wohlintentionirten, in vielen Sachen sehr iuformirten Person, so durch die schwedische Armee und Hamburg und dieser Tagen allhier durchgereiset, berichtet worden, dass er Churfürst von Mainz des Wrangeis Satisfactiongelder und also obsides vivos et pignora annoch in Händen hätte und ihme nur jährlichen das Interesse davon bezahlen tliäte, wormit er auf allen Fall der Schweden sich desto besser zu ver- sichern hat. Nach diesem haben I. D. absonderlichen mir zu verstehen gegeben, dass anitzo eine gute Gelegenheit wäre den Schweden ohne einigen Streich und Gefahr zu ruiniren: wann nemlich E. K. M. sich an-

0 Fernemont übersendet die Original- Ratification des Kurfürsten als Beilage seines Schreibens vom 4. Juni 1658 aus Grossglogau. Vergl. die Erklärung Ferne- monts bezüglich der Auffassung der Oifensivallianz vom 23. Mai 1658 bei Mörner 1. c. 233: Puf. 1. c. VII. 52.

-) Gemeint ist das Schreiben des Schwedenkönigs d. d. Gothenburg 17. Mai 1G58.

90 II- r*er nordische Krieg 1655—1660.

griffen und iliine ('hurfürstcn 100 000 Rliilr. Mittel machen tliäten, so wollte er die meisten und fiirnemsten deutschen Ordcirer und Völker (massen er bereits welche Truppenweise angenommen) zu E. K. M. Diensten überkommen, zumahlen dieselbe sehr schwierig, weilen sie in Dänemark weder die Beute noch ihren Unterhalt über Winter bekommen hätten und wegen solcher ihrer Satisfactiongelder auf Schlesien und Böhmen, wann sie hineinkämen, vertröstet würden. Sonsten habe ich sowohlen von dem Churfiirsten, als aus deme mit dem Freiherrn von Schwerin, welcher morgen zu dem Könige in Schweden abreisen solle, geführten Discurs von solcher seiner Absendung kein anderes ver- nehmen können, als dass er demeselben ausdrücklich, wie man ihme einzigen Pass durch die churfürstlichen Länder nicht gestatten wolle, andeuten, dabei aber auch, weilen fürnomlich das churfiirstliche Col- legium stark auf I. D. sich dessen anzunehmen dringe, noch einen An- wurf wegen des Friedens thun solle ').

Fernemont ;iii den Kaiser. Dat. Colin a. d. Spree 29. Mai

1658. (Or.) 20. Mai. P. S. Es scheinet, dass hiesiger Churfürst sich wegen der franzö-

sischen Satisfaction, weilen die anderen so stark drauf dringen, alleinc auch nicht verhasst machen wolle: wann aber die anderen Churfürsten als Bayern, Sachsen und Trier auf den rechten Weg disponirt könnten werden, er seinestheils auch demselben gemäss würde votireu lassen'). Gestalt er mir allzeit nebst seiner Antwort dieses annectiret, man sollte nur auf ein geringes nicht sehen und nur. was immer möglich, ver- sprechen: es würde sich darnach schon finden, wie es gehalten könnte werden. Fürnemlich aber sei es mehr als Zeit dies Werk zum End zu bringen und würde er seinerseits änderst nicht thun können, als nun- mehr nach geschlossener Alliance E. K. M. intentiones so viel möglich zu secundiren. . . .

Am selben Tacre hat fernemont seine Abschiedsaudienz beim Kurfürsten.

') lieber den Zweck von Schwerins neuer Sendung zum Schwedenkönige Urk. u. Act. VIII. 242 ff.

-) Unterdessen hatte Brandenburg bereits die ausschlaggebende Erklärung in Frankfurt abgeben lassen.

Haltung ges^enüber Karl Gustav's Plänen. 91

Mission Jobaiin Helwig Sinolts, genannt Schütz.

Instruction für Johann Helwig- Sinolt, genannt Schütz. Frankfurt 13. Juni 1658. (Gr.)')

[Assistenzfrage. Artikel Vif. der Capitulation. Aenclerung desselben. Wünsche be- züglich der Art. XI. und XXXVl. der Capitulation und anderer Reichsangelegen-

heitea. Rheinbundfrage.]

Schütz soll dem Kurfürsten vorhalten, was in der "Wahlcapitulationssache ];;. Jun vorgegangen, was die brandenburgischen Gesandten am 3. Mai für ein Votum abgegeben-) und anf welche Weise man die Sache nachgehends bald in den 2., bald in den 7. und bald in den 11. Artikel versetzt und dieselbe haupt- .sächHch in articulum septimum und zwar dahin in fornialibus ausge- fallen, dass, wann auch inskünftig ein römischer Kaiser oder wir (wie dieser articulus dann auf uns gedeutet wird) unserer eigenen Lande halber einige Bünthuis machen würden, so sollte solches anderer Ge- stalt nicht als unbeschädigt des Reichs und nach Inhalt des instru- menti pacis und also zu mehrer Befestigung des Friedens geschehen. Und damit das geliebte Vaterland deutscher Nation oder wir selbsten in neue Ungelegenheit nicht eingetlochten werden möchten, dass wir uns in die Kriege, so in Italien und dem burgiuidischen Kreis anietzo ge- führt werden, in keinerlei Weis, weder vor uns als römischer Kaiser noch unsers Hauses wegen einmischen und wider die Krön Frankreich und dero Bundsgeuossen in gemeltem Italien und dem burgundischen Kreis nit kriegen, unter einigem Streit- oder Kriegs-ürsach keine Hülf senden, noch sonsten auf einige Weis Vorschub und Beistand leisten wollten. Damit auch das Reich seines beständigen Friedensstands ge- sichert bleibe, so sollten und wollten wir sobald nach unserer Erhebung zur kaiserlichen Regierung uns alles Ernstes angelegen sein lassen, auf dass zwischen beeden meist in des Reichs Eigenthum kriegenden Kronen die Friedenstractaten in Deutschland wiirklich ausgestellet und ihren Königreich und ünterthanen, auch der gemeinen Christenheit und ganzem Reich zum besten vermittelst göttlicher Gnad, ehist geschlossen, gleich- falls auch die polnische Friedenshandlung befördert und zum Schluss ge- bracht würde ^).

') Die Vollmacht für Schütz ist datirt 8. .Juni 1658.

-) Vergl. Heide 1. c. 54 Anm. f.

■^) Diese Bestimmungen welche den von Köln beantragten Zusatz zum Art. VII. später zum Art. XI. ausmachten wurden schliesslich in den Artikeln XIII. und XIV. der Wahlcapitulation Leopold I. untergebracht. Vergl. den Wortlaut des Kölner Zusatzes bei Heide 1. c. 57 Anm.

92 I'. Der nordische Kriet,^ 1655—1(500.

Leopold sielit die Berechtigung der Kurfürsten für die Rciclisruhe zu sorgen ein, aber diese Art sei nicht die richtige, da er durch dieselbe ganz gefesselt wäre und nicht gegen England oder selbst gegen die Türken, wenn die- selben als Verbündete Frankreichs angesehen würden, sich vertheidigen dürfte. Desswegen liahe Leopold den Schütz an den kurfürstlichen Hof gesendet, um Friedrich Wilhelm zu ersuchen, seinen Gesandten Befehl zu ertheilen, dass diese Formulirung des 7. Artikels ganz fallen gelassen werde und derselbe die Form erhalte, die er in der Wahlcapitulation Ferdinand IV. habe ').

Wann aber ja (welches unser Abgeordneter pro gradu zu obser- vlren) wegen mehrer Befestigung des Friedens einige weitere und mehrere Specialerwähnung in gedachter Wahlcapitulation zu thuen für nothwendig geachtet werden wollte, es diesfalls bei dem in obbemeltera ihrem den 3. Mai abgelegten Voto inserirtem Entwurf articuli undecimi allerdings verbleiben möchte, wie wir uns dann versichert hielten, dass Chur-Triers, Chur-Bayerns und Chur-Sachsens LLL''*^" uns dies Orts nit aus Händen gehen würden ").

Ist das nicht zu erreichen, so soll Scliütz pro tertio gradu dahin sehen, dass in mehrerwähntem diesem articulo wenigst obbesagtc Clausul, dass ein Kaiser „sich auch wegen seines Hauses" in selbige Kriege nit einmischen solle, „und deren (nemlich der Krön Frankreich) Confoede- rirten" ausgelassen werde .... Wäre aber dieses letztere wegen Auslas- sung der Krön Frankreich Confoederirten I. L'*'^" Vermeiuens auch be- denklich, so kann alsdann unser Abgeordneter pro ultimo gradu endlich nachgeben, dass der Krön Frankreich Confoederirten . . . jedoch gegen Auslassung obgedachter Wort „wegen seines Hauses", in diesem articulo Meldung geschähe.

Schütz soll den Kurfürsten bewegen, seinen Gesandten Befelil zu ertheilen, bezüglich des § 36 der Wahlcapitulation sich auf die Seite Leopolds zu stellen''), und alles zur Beschleunigung des Wahlwerkes zu thun.

') Artikel 7 der Capitulatiou Ferd. IV. lautet: „Wir sollen und wollen vor uns selbst als erwöLlter Römischer König in des Reichshändeln keine Verbündnuss oder Eynung mit frembden Nationen noch sonsten im Reich, wir haben dann zuvorhero der Churfürsten, Fürsten und Ständen Bewilligung hierzu erlangt, machen; es wäre dann, dass publica salus et utilitas eine mehrere Beschleunigung erforderte, da sollen und wollen wir dann der 7 Churfürsten samtlichen willen zu gelegener Zeit und Mahl- statt und zwar auf einer Collegial-Zusammenkuuft und nicht durch absonderliche Er- klärungen, bis man zu einer gemeinen Reichsversamblung kommen kan, erlangen."

-) Baiern, Sachsen und Trier erklärten sich am 6. und 7. Mai mit dem von Brandenburg am 3. Mai formulirten Assistenzartikel damals XL der Capitulation nachdem unwesentliche redactionelle Aenderungen durchgeführt worden waren, einver- standen. Heide 1. c. 54 f.

^) Es handelte sich bei diesem § der von der Beobachtung der Capitulation

Instruction für Schütz. 93

P. S. Coiic. Scliütz soll den Kurfürsten ersuchen, mit dem Kaiser reffen die Aufnahme der von den Stiftern Bamberg, Trient und Brixen prätendirten Exemption ihrer in den österreichischen P^rblauden gelegenen Gütern und Herr- schaften und eines auf Abolition des Landgerichtes in Schwaben abziehenden Artikels in die ArVahlcapitulation zu wirken ').

In einer "Weisung vom selben Datum wird Schütz auch aufgefordert, dem Kurfürsten die Mittheilung zu machen, Leopold hoffe, es werde I. L. von ihren allhie anwesenden Gesandten ungezweifelt referirt worden sein, was das cliurmainzische Reichsdirectoriura denen alliirten Chur- und Fürsten am Rheinstrom über die zwischen ihnen zu Defensiou und Erhaltung ihrer Land und Leute bei dem münsterischen Friedenschluss geschlossen- und verglichene Ründnus. auch wegen Aufrichtung einer correspondentiae de- fensivae mit dem König in Frankreich adversus quoscunque aggressores et invasores instrumento pacis et capitulationi contraventuros für ein Project zugestellt und welchergestalt dasselbe nit allein auf das instru- mentum pacis und die darauf fundirte AVahlcapitulation, sondern auch auf den künftigen Reichsabschied gegründet werden wolle"). Wie nun dies ein Werk von sehr weitem Aussehen und höchstgefährlicher Conse- quenz sein würde: da man denen auswendigen und benachbarten Kronen, die sonst vermög des klaren Buchstabens erst gedachten instrumenti pacis einem römischen Kaiser zustehende Execution und Cognition nit allein über den Friedenschluss, sondern auch die Manutenenz über die AVahlcapitulation selbst einräumen sollte, und es dergestalt nunmehr das Ansehen gewinnen wolle, als wann man zu höchstem Despect der toutschen Nation ihnen das arl)itrium über das römische Reich einräu- men und vermittelst ihrer Macht und Assistenz ein anders Oberregiment über das Kaisertum selbst, wider die güldene Bull und Fundameutal- gesetze des Reichs einführen wollte; gibt Leopold dem Kurfürsten zu be- denken, welch' üble Folgen ein solches Zugeständnis haben müsste, und hofft, er werde seinen Vertretern in Frankfurt Befehl ertheilen, dass sie sich dies-

luindelt um die von den Gegnern Leopolds gewünschte Ersetzuncc der in Paren- these des § 36 befindlichen Worte „wann derselbe auf angelegte Bitt der Churfürsten ohne erhebliche genügsame Ursachen verweigert werden sollte" durch die Worte ..wann zumahlen derselbe und wir selbsten wider die Capitulation thäten oder zu thuen verschaften und auf C'ollegialerinnerung der Churfürsten es nicht aijschaffeteu". Vergl. Heide 1. c. 63 Anm.

') Ueber den Zweck der Mission des Schütz vergl. Urk. n. Act. VIII. 509; Piif. I.e. YIL 41.

-') Es war damals der zweite Entwurf zum Rheinbundrecesse fertig gestellt wor- den : über die Berathungen der verschiedenen Fürsten bezüglich desselben, Joachim

i.e. 406 tr.

94 I n. Der nordische Krieg IfiSS— 16t50.

falls zu keinem widrigen verleiten hissen, diese sub specic securitatis publicae also entworfene und auf die Bahn gebrachte Allianz ihres Orts nit allein nicht belieben, sondern auch bei Revidirung der abgefassten Wahlcapitulation das Werk, zumal in puncto securitatis und was sonst meiner Intention zuwider hinein gerückt worden, durch ihre ('ooperation in die Wese richten helfen wolle.

Schütz an den Kaiser. Dat. Cöln a. d. Sp. 24. Juni 1658.

(Aut.)

[Unterreiiun.n' mit dein Kurfürsten und Iloverlieck bezi'itrlirli der Walilangelecrenlieit und Capituiation. Rheinische Liga.]

24. Juni. Schütz ist am 22. Juni in Berlin angekommen und am 23. vom Kurfürsten

in Audienz empfangen worden. Der Kurfürst versichert in der Wahlangelegenheit die entsprechenden Weisungen gegeben zu haben') und erklärt sich bereit, falls einige Kurfürsten noch längere Zeit zögern sollten, nnt den gutgesinnten allein zur Wahl zu schreiten. P. S. Hoverbeck ist zu Schütz gekommen, versichert die Geneigtheit seines Herrn in allem dem Kaiser zu willfahren, betont die Schwierigkeit, .in der Capitulationsangelegenheit jetzt noch etwas durchzusetzen, da man Mainz und Cöln nicht offendiren dürfe [: alss welche sich ausstrück- entlich vernemben lassen, im fall man der Cron Frankreich in puncto securitatis nicht satisfaction thuen würde, Sie zu der wähl nicht schreitten, sondern re infecta nacher liauss abraissen wolten^):]. E. K. iM. hochlöblichste vorfharen betten bey aufrichtung der capitulationen sich jedesmahl gar mildt undt willfhärig erwiesen. Solches erforderten die jezige conjuncturen umb so viel domehr. Facta electione würden sich mittel finden die besorgende inconvenientia zu superiren. Articulus 7'''"'"* seye einmal schwer undt von grosser consequentz. I. Ch. D. ... hette deswegen mit dem frantzösischen Abgesandten vielfältig conferiren undt versuchen lassen, ob derselbe gemildert werden möchte, aber ohne effect^). Die dispositio Instrumenti Pacis in § Et ut eo sincerior, gehe gar weit. Undt behaubte maim ex parte Galliae im Burgundischen Crayss seye kein neuer krieg, müsse also darbey sein Verbleibens haben. So viel dann den 2. undt 3. punct, die praetensiones einiger Stiffter, auch gesuchte abolition des laodtsgerichts in Schw'aben betreffend, anlangen thue, könten solche so considerabel nicht seyn, dass derentwegen die wähl aufzuhalten. Die aenderuug des 36. articuls könne verbleiben. Dass

1) Vergl. Urk. u. Act. YIII. 510 und Anm.

^) lieber des Mainzer und lü'ilner Verhalten in dieser Zeit; Heide 1. c. 50 ff.

3) Urk. u. Act. II. 171.

"Wahlfrage. Rheinbund. 95

aber auf E. K. ^I. beständige residentz im Reich getrnngen werde, hatten die protestantes zu dem endt movirt, ob hac via das Exer- citium Augustanae Confessionis für Ihre Gesande undt Agenten zu erhalten seyn möchte. Übrigens hetten I. Ch. D. die maturirung der walil Ihren Gesandton verschiedentlich anbefholen , . . . Demenechst ist gedachter von Hoverbeck auch auf die bevorstehende alliance zwischen denn beeden Croncn Franckreich, Schweden undt Chur Mayntz, Colin undt andre Ständte gefallen undt in vertrauen nachricht begehrt |:ob und wass zu hindertreibung derselben E. K. M. zu thuen oder negotieren zu lassen geraeint; Es seye ein weit ausssehendes werkh und nunmehr an deme nicht zu zweiHen; die Abschickung so Jüngst nacher Paris ge- schehen') seye under andern auch auf disses geraeint gewessen, I. Ch. 1). haben sich noch nicht eingelassen. :[")

Schütz sucht in seiner Antwort nochmals den Standpunkt des Wiener Hofes in der Capitulationsangelegenheit festzuhalten, sieht aber selbst ein, dass zumal I)ei dem articulo septimo eine wesentliche Aenderung sclnverlicli zu erhalten sein werde.

Schütz an den Kaiser. Dat. C^öUn a. d. Sp. 25. Juni 1658.

(Aut.)

[Des Tvuifürsten Entschciduna in der Assislenzfrage und bezüglicii der übrigen For- lierungen des Kaisers. Erwiderung des Schütz. Verhandlungen bezüglich der strit- tigen Punkte. Mediation zwischen Frankreich und Spanien. JSgerndorf. Hoverbecks Mittheibingen über die Lage.]

Der Kurfürst lässt Schütz als Antwort auf des Kaisers Begehren mit- 25. Ji(ni. tlieilen. er habe schon seinen Vertretern in Frankfurt Befehl zugesendet und zwar ad articulum septimum, dass bei der Revision desselben sie Erinnerung thäten, dass in ihrem den 3. Mai abgelegten Yoto clausula eingerückt würde: „Gleich den auch die Cron Franckreich in offtgedachtera Westphälischein Frieden zu allen iezgedachten gegen uns, dem heyl. Römischen Reich, sarabtlichen Churfürsten, Fürsten undt Ständten ebenerraassen verbunden." Solches würde ex parte Franckreich undt in dem gewis.slich manc|uiren, dass selbiges Schweden hülff' leisten undt also E. K. M. ursach gewinnen würde, auch andervvertig dero hohen hauses Interesse zu beobachten^).

') Gemeint ist die Sendung Fürstenbergs und Riunis nach Frankreich; vergl. Joachim 1. c. 415.

-) lieber Brandenburgs Verhalten bei den Verhandlungen über die rheinische Allianz Urk. u. Act. VIII. 519 ff.

") Urk. u. Act. VIII. 510 und Anm.

96 n. Der nordische Krieg 1C55— IGGO.

Bezüglich des 2. und 3. Punktes, die Prätensionen Bambergs und die Abolition des Landgerichts in Scliwaben betreffend, sei nichts zu ändern.

Ad articulum oG'"'" ratione depo.sitionis solle ein uüdt andre jetzo substituirte clausul ausgelassen nndt hingegen dieses eingerückt werden, dass bey den Churfiirstentagen auch dieses, wie die capitulation obser- virt, erwogen undt falss einiger raangel hierbey sich finden würde, de remediis zu deliberiren seyn. Bey dem puncto Residentiae ') müsten I. ('h. D. gewissens halben sich bedingen, dass Sie änderst nicht darvon absetzen könte, es willige dann E. K. M. das exercitium Augustaoae Confessionis bey dero hoff Statt für der Churfürsten, Ständte, Gesanden, Reichshoff Rhät undt Agenten ein ....

Schütz entgegnet hierauf, erklärt, die Clausul für den 7. Artikel sei unge- nügend-), worauf die kurfürstlichen Gesandten mit ihrem Herrn Aveiter darüber verhandeln zu wollen erklären. Auch bezüghch des 2. und 3. Punktes kömmt es zu Verhandlungen, die aber nicht zu einer Einigung führen.

Der Kurfürst verlangt durch seine Räthe überdies die Ansicht des Ge- sandten über die Frage des Eintrittes Brandenburgs in die Reihe der Mediatoren zur Beilegung des Kampfes zwischen Frankreich und Spanien-''), erkundigt sich in wie weit Schütz bezüglich Jägerndorfs instruirt sei und lässt demselben von Schwedens gefährlichen Reden Mittheilung machen^). Bey dem abschiedt ge- dachte der von Hoverbegk, es würde einmal nach jezigen conjuncturen das beste seyn, die capitulation, wie Sie unter den Churfürsten verglichen, zu acceptiren, bevorab da solche änderung in Flandren Vorgängen undt mann gar von einer conjunction des Königs in Schweden mit Frauck- reich redete. . . .

Schütz an den Kaiser. I)at. Colin a. d. Sp. 2. Juli 1658.

(Äut.)

[Neue Verhaudlungen bezüglich der Capitulation. Rath des Kurfürsten in dieser Frage und bezüglich der Österreich-schwedischen Beziehungen. Erwiderung des Schütz.] 2. Juli. Am 27. Juni in neuer Audienz spricht Schütz wiederum von den verschie-

denen vom Kaiser gewünschten Aenderungen in der Capitulation; der Kurfürst

') Brandenburg forderte, dass der Kaiser in einer Stadt residire, „da das Exer- citium für beide Religioneu wäre", falls er nicht die freie Religionsübung am kaiser- lichen Hofe zu Wien gestatte; vergl. Ürk. u. Act. VIII. 510.

2) Urk. u. Act. VIII. 510 Anm.

^) Ueber die von dem Mainzer Kurfürsten angei'egte Frage der Mediation deut- scher Fürsten zwischen Frankreich und S|ianien; Heide 1. c. 21ff. ; Pribram, Zur Wahl Leopolds, 165-i— 1G58; 1. c. 114 ff.

^) lieber Schwedens Haltung in dieser Zeit; Carlson I.e. IV. 303 ff. ; Droyseu 1. c. IIL 4Ü0ff.: Urk. u. Act, VIII. 243 f.

Capitulationsangelegenheil. 97

vorspriclit neue Berathnng und Entscheidung. Die Anwesenheit der Königin von Polen bewirkt hierauf einen melu-tägigen Aufsoliub dieser Berathungen '). Am 1. Juli überbringen Loben und Somnitz dem Scliütz die ErkUirung des Kur- fürsten, des Inhaltes, er halte es mit Rücksicht auf die ihm aus Frankfurt zu- gekommenen Mittheilungen-) für das zweckmässigste, wenn der Kaiser von 2 Uebeln das kleinere wähle und den Artikel VII. annehme, da im Falle der Zurückweisung die Aufschiebung der Wahl zu befürchten sei^). Ferner warnt der Kurfürst vor Eingehen in die von Schweden Oesterreich gestellten Friedens- anerbietuugen^) und begehrt in allen Punkten Schützens Ansicht.

Schütz versucht in seiner Antwort nochmals die Interessen des Kaisers beim Artikel VII. zu vertreten, beruhigt Friedrich Wilhelm bezüglich Oesterreichs Stellung zu Schwedens Friedensanerbietungen, erhält aber von den Vertretern des Kurfürsten auch dann wenig günstige Erklärungen in den strittigen Fragen der Wahlcapitulation.

Schütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 4. Juli 1658.

(Aut.)

[Beratluingen des Schütz mit den kurfürstlichen Käthen bezüglich der Walilcapilu- lation. Form des Assistenzartikels. Reichsangelegenheiteu.]

Loben, Hoverbeck und Somnitz kommen zu Schütz und erklären, der Kur- 4. Juli, fürst halte dafür, das ganze werck sey nach wie vor von grosser Wich- tigkeit undt miisten in der meinung verharren, dass E"'. K. M. undt dero hohem Ertzhauss vorträglicher seyn würde, bey dem, was qiioad punctum assistcntiae von Einem Churf. collegio allbereit concludirt, zu acquiesciren . . . zumal aber, wann die clausula reciprocae obligationis nicht zwar, wie in ihrer Gesanden voto de tertia Mai enthalten undt anfänglich in Vorschlag kommen, sondern in forma magis extensa undt also eingericht würde, wie E. K. M. in lezt projectirtem articulo septimo gegen Franckreich verbunden werden wolten. Darauf verliest Somnitz das Concept des kurfürstlichen Befehls an die Gesandten in Frankfurt'');

') Vergl. für die Anwesenheit der Königin von Polen in Berlin Puf. ]. c. VII. 50; Desnoyers 1. c. 418f.; Koohowski Anualium Poloniae Climacter II. 268£F.; Rudawski 1. c. 414; Urk. u. Act. 11. 172 ff.

-) üeber die Verhandlungen in Frankfurt in dieser Zeit Urk. n. Act. VIII. 511 ft'.; Heide 1. c. 63 ff.

2) Der kölnische Zusatz war ursprünglich als Appendix dem § 7 der Capitulation angefügt worden.

■•) Vergl. weiter imten die Weisung Leopolds vom 5. Aug. 1658: Droyseu 1. c. IIL 406 f.; Urk. u. Act. III. 126 ff.

■■) Eine Weisung dieses Inhalts erfioss am 25. Juui; Urk. u. Act. \'III. 510.

Mater, z. Gesch. d. G. Kiiifüibten. XIV. i

98 n. Der nordische Krieg 1655—1660.

bezüglich des Artikel VII. heisst es, (lass zwar J. Ch. D. die von seiteu E. K. M. angefhiirte motiven erheblich undt also gethan befanden, (lass dero begehren billich statt gethan werden solte; dieweil aber hiernebenst die jezigc conjuncturen wol zu beobachten, so solten Sie E'". K. M. die hierbey besorgende gefhar noch weiter undt übrigens so viel reprüsentiren, dass wann die clausula rcciprocae obligationis ') in forma magis ampla, als in deren voto befindtlich, inserirt würde, E^ K. M. hierbey fhürende besch werde vermittels deren erhoben, auch solche als aller billigkeit gemäss von niemandt würde difficultirt werden können; falss aber auch E. K. M. hierbey noch weiter anstehen solten, vernehmen, ob undt was für ein näheres expediens, so ohne gefhar practicirt werden könte, zu ergreifen. In ermauglung dessen undt da gleich wie hier mann bey dem project, So sie in ihrem voto de 3'^ Mai eingerahten, bestehen wolte, so solten Sie alsdann moderationem offtberührtem articuli 7"'"' nach inhalt erwehnten ihres voti suchen: Je- doch also undt dergestallt, dass Sie zuforderst alles ernstes ihnen ange- legen seyn Hessen, dass keine trennung undt zumal super hoc puncto 'n dem collegio causirt würde; dann bemelte moderation undt insonder- heit offterwehnte clausulam reciprocae obligationis bey den sämbtlichen herrn Churfürsten begeren; wolen aber solche von allen nicht applaci- dirt werden, alsdann mit Chur Trier, Bayern undt Sachsen, deren sich E. K, M. hierbey versichert halten weiten, sich hierinn verein- bharen undt in so weit E"". K. M. content© geben. Bezüglich der Exemptionen der Stifter Bamberg, Brixeii und Trieiit und der gesuchten Abo- lition des schwäbischen Landgerichtes sollen die Gesandten Friedrich Wilhelms gleichfalls den Wünschen des Kaisers zum Theile Rechnung tragen. Im allge- meinen findet der Gesandte die Erklärungen des Kurfürsten sehr günstig.

') Es handelte sich bei dem Vorschlage dei- Brandenburger um das Verbot für Frankreich und dessen Verbündete, den Feiaden des Kaisers, seines Hauses, des Reiches oder einzelner Stände irgendwie Hilfe, Beistand oder Vorschub zu leisteu ; wie auch alles, was in dem Art. XIV. vom Kaiser, dessen Hause und dem Reiche ge- sagt worden, gleichergestalt für deren Bundesgenossen gelten sollte. Vergl. den Wort- laut des brandenburgischen Vorschlages bei Heide 1. c. 64 Aum. Es kam nach langen Verhandlungen zur Annahme einer solchen Reciprocitätsformel, jedoch wurde die Bedeutung derselben durch die Ersetzung der Worte „unseres Hauses" durch „unseres deutschen Hauses" und durch die Auslassung des Passus „als es zur Zeit des instrumenti pacis gewesen", bedeutend abgeschwächt. Vergl. Heide 1. c. MS.; Vvk. u. Act. VIII. 512 ff.

Operationen gegen Karl Gustav. Rlieinlmnd. 99

Schütz an den Kaiser. Colin an der Sp. 13. Juli 1658.

(Aut.)

[Brandenburgs Urtheil über Schwedens Friedensanträge. Vorschläge der Polen bezüg- lich der Kriegsoperationen gegen Schweden. Des Kurfürsten Urtheil in dieser Frage. Hoverbecks Mittheilungen über die Ereignisse zu Flensburg. Hoverbecks Aeusserungen über die Nothwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens des Kurfürsten und des Kaisers und über die rheinische Allianz.]

Auf die von Schütz dem Kurfürsten nach Weisung Leopolds (d. d. 28. Juni) 13. Juli, gemachten Mittheilungen über das von Schweden durch Mainz dem österreichischen Herrsclier angetragene Freundschaftsbündnis erklärt Friedrich Wilhelm, er halte das Anerbieten Schwedens für unehrlich und rathe dringend ab. Ueber die Vorschläge der Polen zur Zeit der Anwesenheit der Königin von Polen in Berlin erzählt der Kurfürst, |: der Pollen Vorschlag seyen gewesen, Posen zu be- lägern, oder posto an der Elb zu fassen, beydes hetten Sie nicht vor rath- samb achten khöuneu, Sondern dass man in ieziger postur stehen bleibe, und der Schweden auch des Zarnezky ') actioues und wohin Sie sich wen- den, observire, absonderlich dass selbige Impressen darzue vorkhämen und etwo Königsperg attaquirten, welcher orth Ihnen ein grosses four- niren khönte und Seyen Sie der biirger nicht versichert; andrer gestalt zu weichen seye gefährlich und würde dem Schweden grossen Vortheil geben, hingegen dissseits bey dem Soldat furcht erweckhen. :| E. K. M. hetten Sie ersucht, mit noch zwey Regiment zu pferdt dero armada zu versterken; die höchste nothurfft erfordere solches; die Schwedische Cavallerie erstrecke sich auf 18000 manu; hetten gestern nachricht be- kommen, dass selbige etlich 1000 in die lusul Wollin ausgesezt, wor- von Sie dem Zarnesky so baldt avertiren lassen, E^ K. M. feldt- marschalck") aber nicht, weil deren armada von der ihrigen bedecket stünde. : Sie würden es ohne grossen Vortl zu kheiner Bataglie khom- men lassen; in confidentia wolten Sie entdeckhen, dass Sie iezo nacher Bremenverde einen expressen geschickt und den Gubernatorn tentiren lassen, in Ihre pflicht zu ti'etteu, müsteu den erfolg erwarten : | ').

Bald darauf besucht Hoverbeck den kaiserlichen Gesandten und theilt ilnu

') Stefan Czarnecki, polnischer Heerführer.

^) Montecuccoli, über die Beziehungen desselben zum Kurfürsten Urk. u. Act. VIII. 358f.

^) Vergl. für die militärischen Pläne des Kurfürsten in dieser Zeit Urk. u. Act. VIII. 359.

100 II. Der nordische Krieg 1055—1660.

ausfiilulioh den Gang der gescheiterten Verhandlungen Schwerin's und Wei- mann's zu Flensburg mit ').

Seines ohrts, fährt Hoverbeck fort, seye Er allezeit der meinung ge- wesen, Sein Gnädigster herr könte ohne E"". K. M. |: Sicher^) die seinige nicht weil haben; der Schwed würde E"". K. M. Erblande inva- diren; Solte Er obsiegen, würde Er Ihm Böhaimb oder Schlesien nicht l)egehren zu behalten, aber woll Brandenburg, Pommern und das Aequi- valens für seinen Churfürst auss Böhaimb und Schlesien, zöhe Er den kürzern, so litte seines Churfürsten Landt doch, und seye also dass sicher, mit E''. K. M. zu agiren. : |

Ferne]- räth Hoverbeck nochmals wegen der Wahlcapitulationen keine Schwierigkeiten zu machen. Nechstdem würde der mit den frembden be- vorstehenden alliance der Ständen halber wol zu vigiliren seyn. : Der Schluss seye bisshero von 1. Ch. D. mit dem aufgehalten worden, dass selbiger zugleich dem Churfürsten von Sachsen communicirt werden müste'''); Nun würdet solches nicht attendiret werden; dieweilen aber der Holländische Abgesandte^) ihnen erst vor wenig tagen entdecket, dass er das project berührter alliance den Staden nomine totius Collegii Ele- ctoralis communicirt und begehrt worden mit einzutretten; Alss würden Sie solchem inhäriren. Unterdessen urgirten solche fürnemblich Braun- schweig, Lüneburg^) und Pfalz-Neuburg; Diser gebe dem Mazzarini zu vill gehör. Jene suchten Ihren privatnuzon, weillen Sie iezo das Obrister Ambt under sich hetten. Wan Herzog Augustus todt, würde eine Ände- rung zu hoffen sein, dan I. Ch. D. und E. K. M. bey dem regierenden Prinz ein guetes vermöchten. :|

Am 23. Juli gratulirt Schütz zu der am 18. erfolgten Wahl und berichtet von den friedlichen Erklärungen des französischen Gesandten am kurfürstlichen Hofe'^), denen aber wenig Glauben geschenkt werde. Unterdessen hatte Leo-

') Die Acten über diese Zusammenkunft wurden bald gedruckt; so Th. Europ. VIII. 722 ff.; Londorp 1. c VIII. 336 ff.; vergl. Droysen 1. c. III., 402 Aniu.ff.; ürk. n. Act. VIII. 192; Aitzema Sachen von Orlogh IV. 277ff. : Pnf., De rebus gestis ('. G. V. 65; Fr. Wilh. VII. 57; Desnoyers 1. c. 423 f.

^) A., für Sicherheit.

=*) Vergl. Urk. u. Act. VIII. 550.

^) Johann Ysbrandts; für seine Thätigkeit in dieser Zeit; Urk. u. Act. III. 123f.

'•") Ueber das Verhältnis der braunschweig-lüneburgischen Fürsten zum Rhein- bünde in dieser Zeit; Köcher 1. c. I. 249 ff.; Joachim 1. c. 409 ff.

*') Ueber Blondeis Verhandlungen in dieser Zeit Urk. u. Act. II. 175 f.

Verhandlimgen zwischen Oesterreich und Schweden Jägerndorf. 101

pold dem Gesandten in 2 Schreiben vom 12. nnd 16. Jnli Mittheilnng gemacht v.on dem Versnclie Björnclaw's eine Unterredung mit Leopolds Ministern zu er- halten, zu der sich Leopold erst auf vieles Drängen von Mainz und Sachsen nnd mit vorheriger Gutheissung der brandenburgischen Gesandten entschlossen habe, welches Vorgehen der Kurfürst gutheisst, indem er zu gleicher Zeit noch- mals vor jedem Vertrauen Schweden gegenüber warnt und zu energischem Vor- gehen auffordern lässt (Schreiben von Schütz 30. Juli 1658).

Schütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 6. August 1658-

(Aut.)

[Oesterreich-schwedische Verhandlungen. .Jügemdorfer Angelegenheit.]

Somnitz meldet im Auftrage des Kurfürsten, es seien vom Schwedenkönige fi. k\v2 einige Personen in des Kaisers Erblande gesendet worden, um die Bevölkerung aufzuwiegeln. Loben klagt in einer Unterredung vom 5. über die Nichtein- haltung der von Leopold nnd Penneranda vor der Wahl gegebenen Versprechen in der jägerndorfischen Angelegenheit ') und lässt im Namen des Kurfürsten den Kaiser durch Scliütz bitten, keine weiteren Conferenzen mit den Schweden zu halten und von der ersten gehaltenen Conferenz dem Kurfürsten entsprechende Mittheilnngen zukommen zu lassen. Schütz erklärt bezüglich dieser Angelegen- heiten nicht weiter instruirt zu sein und von weiteren Conferenzen der kaiser- lichen Minister mit Björnclaw nichts zu wissen.

Auf die dem Kurfürsten nach Weisung vom 26. Juli gemachten Eröffnungen über die von Mainz und Cöln geplante Mediation zwischen Frankreich und Spanien erwidert der Kurfürst (Schreiben von Schütz 10. Aug. 16.58). dass,

') Portia, Khurtz, Nostiz und der Hofkammerpräsident verhandelten am :.'8. Juli mit den Vertretern Brandenburgs: diese fordern Jägerndorf oder als Aeqinvaleut ent- weder das dem Grafen Tattenbach gehörige Regenstein und 100 000 Thaler, oder 180 000 Thaler ohne Regenstein: in jedem Falle einen Theil des Geldes baar: die kaiserlichen Gesandten erklären sich zur Zahlung von 100 000 Thalern bereit und nach längerem Verhandeln versprechen sie beim Kaiser für die Zahlung von 150 000 Thalern einzutreten, allein jetzt sei kein Geld aufzubringen (Beilage der Weisung vom 30. Juli 1658). Durch die Weisungen vom oO. Juli imd 3. August wird Schütz von diesen Resultaten in Kenntnis« gesetzt und ihm zugleich die Jlittheilung gemacht, dass Leopold die 1.^0 000 Thaler von den ihm von den Polen angewiesenen Einkünften aus den Salzbergwerken von Wieliczka zahlen wolle. Diese Erklärungen des Schütz werden am kurfürstlichen Hofe nicht freundlich aufgenommen; der Kurfürst erklärt, er hoffe, Leopold werde ,Ihro in Ihrer gerechten Sach willfahren" (Bericht des Schütz vom 10. Aug. 1658). Bald darauf werden die Verhandlungen über diese Angelegen- heit von Friedrich von Jena, der Sept. 1658 nach Wien reist, daselbst aufgenommen. (Vergl. für Jena's Sendung Urk. u. Act. VHI. 383 ff.; Puf. 1. c. VII. 63 f.)

102 ff- ^^^ nordische Krieg 1655—1660.

obzvvar Sic den frieden zwischen bceden Cronen Spanien undt Fraiick- reichs gleichfals gern befördert sehen möchten ... so käme ihr doch nach- mahlig frembdt für, dass Chiir Mayntz undt Colin sich dieses hochwich- tigen wercks undt zwar im nahmen der särabtlichen herrn Churfiirsten unternehmen theten. . . . Die abschickung nach Paris seye auch in ge- dachter beeder Cluufiir.steu undt Churpfaltz nahmen allein geschehen.

Der Kaiser an Schütz. Dat. Frankfurt 5. Aug. 1658. (Gr.)

[Schwedens Pläne bei den Verhandlungen mit den verschiedenen Mächten. Des Kai- sers Verhalten und Ansicht in dieser Frage.]

5. Aug. Uebersendet ihm die dem Björnclaw gegebene Antwort sowie desselben

weitere Erklärungen^), aus welchem klar genug abzunehmen ist, als dass man an selten Schweden durch diese aller Orten suchende Particulartrac- taten nichts anders, als eine höchstschädliche Trennung zwischen uns und unseren Confoederirten suchen thut. Damit aber beeder Churfiirsten zu Mainz und Sachsen L'**", welche sich hierunter bemühet haben, nicht etwa bei unserer jetzt vorhabender Abreis in die Opinion gerathen, samb man unserseits alle Friedensgedanken beiseits setzen wollte, so haben wir beeden Ihren L.L. von obgemeltem Protocollo ebenergestalt parte gegeben und dieselbe darbei sinceriren lassen, dass wir neben unseren Confoede- rirten ein als dem anderen Weg mit Schweden einen billichen und sicheren Frieden einzugehen beständig entschlossen verbleiben.

Im P. S. vom 6. nur eine Wiederholung des hier gemeldeten.

Schütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 10. Aug. 1658.

(Aut.)

[Schwerins Erklärungen über die gegen Schweden zu beobachtende Politik. Branden- burgs Erwiderung auf die schwedische Anklageschrift. Urtheil des Schwerin über die

rheinische Allianz.]

10. Aug. P. S. 2'^"™. Als ich den 7. dieses bey dem von Schwerin gewesen,

^) In der auf Rath des Mainzers am 30. Juli abgehaltenen Conferenz der kaiser- liehen Räthe Khurtz, Oettingen und Volmar, hatte Khurtz den Standpunkt Oesterreichs nur mit den Confoederirten abzuschliessen betont, darauf aber Björnclaw seinen Auf- trag mit Oesterreich allein zu verhandeln nochmals hervorgehoben, so dass es zu einer Einigung nicht kam. „Per discursum hat er vermeldet, wann man der Krön Schwe- den das königliche Fürstenthum Preussen, Samogitiam und Churland überlasse, so werde es bald seine Richtiarkeit haben."

Verhalten gegenüber Karl Gustav. Rheinische Allianz. 103

gedachte selbiger, dass zwar E^ K. M. re.solution über de.-^ Obr. Pölnitzen') atibringen zu erwarten stünde, I"". Cli. D. wolle aber nicht wol möglich fallen, ihre armee also länger aus dem ihrigen zu halten. Schweden intentirte zwar bey seiner cunctation nichts anders, als den unglimpf der ruptur auf die allürte zu bringen; nachdem aber derselbe biss noch auf des Reichsboden mit einquartierungen undt durchzügen nach gefallen grassirte, wehre mann diesseits in dem Instrumento Pacis undt der Exe- cutionsordtnung gnugsam fundirt. Undt würde zumal aller schein an Schwedischer Seiten verschwinden, \Yann die gravirte Ständte zur iniplo- ratiun undt Chur Sachsen als Crayss-Obrister seine authorität mit zu interponiren bewogen werden könte; wann auch gleich die imploratiun nicht erfolgen solte, so würde mann doch propter interesse Iraperii ex officio verfharen können.

Müste nechstdem errinnern, ob E. K. M. des Königs in Schweden wieder dieselbe undt I. Ch. 1). aus Flensburg an das Churf. Collegium abgelassenes höchst anzügliches schreiben zu ihrem theil nicht würden beantW'Orten lassen. I. Ch. I). Hessen anjezo ein manifest dargegen in truek publiciren; undt seye deroselben übrigen sehr beschwerlich fürkommen, was ,: Mainz jüngsten loco der antwort im nahmen col- legii aufgesezt :j, dass Schweden darinn die begierde zum frieden positive zugelegt werde, Polen aber undt P. ('h. D. w-eiter nicht, ([uara quod ajant: auch diese undt andre von Ihren Gesandeu dargegen ge- thane errinnerunge nicht attendirt werden wollen. I. Ch. D. ^: würden noch könten dem herrn Churf. dergleichen eigenmechtiges procedere nachsehen :j. So erfördere auch die hohe noht, dass E. K. M. \: die vorwesende allianz zwischen Franckreich und des Reichs hindern Hesse; iezo wolle man I. Ch. D. und Schweden aussschliessen und ob- zw^ar darauf geantwortet werden möchte:, ob seye kein sonderbhare gefhar hierbey zu besorgen, so dörffte doch der eventus ein andres geben. Auf welches leztere ich geantwort, dass ehe undt bevor E. K. M. P. Ch. D. beyräthige gedancken auf was weiss undt durch was mittel solches am füglichsten geschehen könte, würde vernehmen wollen; undt stellte demnach zu seinem belieben, ob Er mir hierunter etwas weiter au handt geben wolte; dessen Er mich vertröstet undt ich annoch ge- wärtig bin.

') Gerhard Bernhard Pöllnitz: vergl. über seine Sendung er sollte officiell die Glückwünsche Friedrich Wilhelms zur erfolgten Wahl überbringen Puf. 1. c. VII. 41.

104 II !-*?'■ norrlische Krieg IGöö IT.GO.

P. S. Stii'm.

[Rüstungen Hranrlenburgs zur See gegen Schweden. Bitte um Unterstützung durch den Kaiser. Schwedens Einquartierungen im Mecklenburgischen.]

Hat der Churl". Canzler Zoraenitz ') im nahmen P. Ch. 1). den 8. dieses bey mir anbracht, es gebe die tägliche erfharung, dass bisshero die Schweden mit wenigen geringen schiffen die alliirte in Preussen vielfältig incommodirten undt an andrem nützlichen vornehmen verhin- derten ^). Solches 7A1 verhüten hetten höchstgedachte I. Ch. ü. auch etliche schiff ausrüsten lassen, so Sie im Pillauischen haffen hielten. Dass auch dergleichen von Polen geschehen möchte, hette Sie allbereit der ohrten errinnerung thun lassen undt würde umb so viel do mehr ein guter effect darob zu hoffen seyn, wann E. K. M. einige aufzubringen undt zu erhalten sich gleichfalls allergnädigst resolviren solten. Zu den schiffen wehre in ?«iiederlandt leicht zu kommen, auch an mittel nicht manglen solche sicher durchzubringen undt könten Sie ihre Station in ge- dachtem Pillauischen haffen haben.

Referirte deinnechst, dass der Expresser, so I. Ch. D. an H. herzogen Christian zu Mecklenburg abgeschickt gehabt mit schreiben des inhalts dass Er herzog die in seinem an hiesige marck stossendem territorio einquartirte Schwedische Reuter abschaffen möchte, wiedrigenfalss I. Ch. D. Ihrer landen Sicherheit halber nicht weniger der ohrten fuess zu fassen genöthigt würde ; solte Er der herzog in der gute oder sonst gedachte Schwedische Reuter nicht ausschaffen könen, wolten Sie sich zur assistentz erbotten haben undt würde nöthig undt nützlich seyn, dass Er herzog diese der Schweden thätligkeiten an E. K. M. brächten undt urab remedirung nachsuchte zurückkommen, undt antwortete ge- dachter herzog, dass gemelte Reuter auf sein bey dem König in Schwe- den in person gethanes anhalten bereit würcklich abgefhürt, hette auch den Burgemeister, so Sie zu Grabo eingelassen, zur straft' gezogen, wolten nichtsdoweniger bei E. K. M. einkommen, undt bedanckte sich wegen angebottener hülff.

0 Somnitz.

^ Für Schwedens Verhalten in dieser Zeit: Carlson 1. c. IV. 310 ff.

Operationen gegen Schweden. Schwedens Friedensvorschläge. 105

Schütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 12. Aug. 1658.

(Aut.)

[Jlittheilungen des holländischen Gesandten über Schwedens Friedensvorschläge. Des

Somnitz Mittheilungen über die Erklärungen des moskowitischen Gesandten und über

die schwedischen Friedenspropositionen.]

E. K. M. soll allergehorsamst nicht verhalten, dass der Holländischer 1-. Au^ Ambassadeur^) gestriges tages bey P. Ch. D. audiectz gehabt undt referirt, welcher gestallt der König in Schweden auf Sein undt des frantzösischen de l'ombres") beschehene remonstrationes des friedens- werclis halber sich erklärt^). 1°. Dass Er coniunctim mit allen confoede- ratis auch sogar dem [Moscoviter die tractaten antretten wolle; 2''° sol- ten Ihre Königl. Mt. in Polen alles deren auf Schweden praeteudirten Erbrechts, auch danneuhero fhiirenden titul undt Wapens sich begeben; wie auch 3"'' die Cron Polen sich ihres rechtens in lieflandt. 4"* Preussen wolte Er abtretten, jedoch dass anstatt desselben undt pro satisfactione ihm Churlandt eo jure et titulo, wie es von dem jetzigen hertzogen besessen wirdt, eingeräumbt, sodann fünff millionen Rthler, (deren er anfänglich zehen, nachgehendts acht gefordert) in gewissen terminen zhalt würden; hingegen undt zum 5**^" solte gedachtem hertzogen loco aequivalentis Samogitien von der Cron überlassen werden. Mit diesen conditionibus seye der frantzösische von Stetin nacher Warschau ver- reiset, deme Er innerhalb wenig tagen folgen werde; undt würde numehr an dem seyn, dass höchstgedachte Ihre Königl. Mt. undt die Cron Polen dis salvos conductus extradirte, welche Schweden jedoch zu acceptiren difficultirte, es seye dann seinen bey den Lübeckischen tractaten^) ratione der Wapen undt titul gethaneu postulatis willfhart undt seye insonderheit undt noch ferner von gedachten König in Schweden begehrt worden, dass von der Cron Polen ihm solcher titul gleich er ietzo fhiiren thäte? darinn gegeben werden möchte. Zu bezeugung seiner begierde zum frie- den wolle er auch ohnverlangt Seine commissarios auf Stetin schicken, deren principal der Graf von Schlippenbach ^). Allem Ansehen nach

1) Ysbrandts.

-') Antoine de Lumbres; vergl. Urk. u. Act. II. 35f : für seine Thätigkeit in dieser Zeit Urk. u. Act. II. 175 fF.; Desnoyers 1. c. 4oOf.

^) Ysbrandts war Ende Juli nach Wismar gereist und hatte mit Karl Gustav und Schlippenbach über die Bedingungen des Friedens mit Polen verhandelt. (Für diese Verhandlungen Aitzema 1. c. IV. 263.)

^) Ueber die Verhandlungen zu Lübeck Carlson 1. c. IV. "29 f.

'") Graf Christoph Karl von Schlippenbach.

lOf) II. Der nordische Krieg IR.'j.ö- irjf.O.

werde Kr im Reich nichts vornehmen, sondern im Preiissen ugireii, ge- stallt Kr l)cy seiner des Gesanden abreyss etlich 1000 mann embanjuiren lassen ')

P. S. 16. Aug. Vorschlag des Kurfürsten im Interesse der rascheren Communication an dem jeweiligen Centralpunkte der Operationen Vertreter aller Verbündeten sich aufhalten zu lassen.

P. S. 18. Aug. Ist den 15. dieses der Cauzler Zomenitz bey mir gewesen undt krafft habenden Churfürstl. befhelchs referirt. Krstlich des Moscovitischen sich jetzo allhier befindender Gesanden^) anbringen gienge dahin, dieweil die Polen die mit seinem herrn getroffene Wildische ^) tractaten zu vollziehen difficultirteu, I. Ch. D. deswegen undt umb offectuirung derselben bey dem König undt Seuatoribus nachtrücklich ein- kommen wolten*), deren wiederantwortlicher erklärung Er allhier zu er- warten befhelcht. Falss auch die Vollziehung nicht erfolgen solte, würde sein herr mit Schweden sich vergleichen undt den Krieg wieder Polen reassumiren, worbey Er jedoch des erbiethens, mit P. Ch. D. die bisshero gepflogene freundtschafft zu erhalten, doch dass Selbige auch ihres ohrts den Polen wieder Ihn kein assistentz leisteten. Undt betten Sie, die churf. Ministri so viel wahrgenommen, dass diesen leuten nicht allein durch der Schweden in Denuemarck gehabte progress ein grosse furcht eingejagt, sondern auch dieses beybracht worden, sambt wolte cler König in Schweden, falss Sie in ein foedus offensivum mit ihm eintretten wolten, die im Preussen von ihm detinirte platz einräumen undt ihren disegni ratione Polen beförderlich seyn; worgegen gedachtem Gesanden bey lezter audienz gnugsame remonstratioues geschehen; sonsten würde der- seits an Schweden die einräumung Lilf- undt Ingermanlandts pro con- ditione Pacis praetendirt. Zweytens: Was der Staaden Abgesander seiner bey Schweden gehabter Verrichtung halber zurück- undt bey höchstge- dachter P. Ch. D. vorbracht ^), das dann mit demjenigen so bey lezter post d. d. 12. huj. allergeh, bericht, überein kommen; ausser dass so viel die friedenstractateu belangt, der König in Schweden zwar geschehen lassen

') Vergl. Urk. u. Act. VIII. 286 ff.

-) Iwaaowitsch Nestoroff; über seine Mission am brandenburgischen Hofe ürk. u. Act. VIII. 60ff.; Hirsch, Ferdinand, Die ersten Anknüpfungen zwischen Brandenburg und Russland, Programm des Königstädtischen Realgymnasiums zu Berlin II. Theil 1886, 20 ff.

^) Gemeint ist der Waffenstillstand zu Wilna vom 24. Oct./3. Nov. 1656.

••) Vergl. das Schreiben des Kurfürsten an den König von Polen vom 3./13. Aug. 1658 ürk. u. Act. VIII. 67; die Antwort Johann Casimirs ebend. 68 f.

^) Vergl. Urk. u. Act. III. 126 f.

Schwedens Friedensvorschlä<Te. 107

wolle, class alle Intei-essirte sich an einem ohrt befinden thäten, undt mit denselben tractirt würde; jedoch weil jedes theil ein sonderbhare sach undt absonderliches Interesse hette, könte Er auch änderst nicht als cum singulis singulatim tractiren. Welcher modus tractandi dann nichts anders, als die Separation der alliirten nach sich fhiire. Bey Churlandt habe Er es auf diese alternatiou gestellt, dass die Cron Polen ihm das jus directi dominii cedire, oder aber, w'elches ihm lieber seyn solte, dasselbe, wie es von ietzigem hertzogen besessen wirdt, einräume undt hingegen gedachtem hertzogen ein theil von Samoitien abtrette. Diese condition seye aber auch unbillich undt w'erde der Hertzog von Churlandt utroque modo unschuldig gravirt; dann wie die Schw'eden ihre Vasallos hielten, die tägliche erfharung zu erkennen gebe. Ueber dieses wolle Er, biss ihm die fünft" million Rthlr. (welche jedoch wie der von Schwerin gedacht der Schwedischen Ministrorum anzeig nach, wofern mann an pollnischer selten nur quoad reliqua herbey trotte, wol in pol- nische gülden verwandtlet werden könten) zhalt, die in Preussen ein- habende ohrt innbehalten. Nun seye Polen solche summ geldts aufzu- bringen nicht allein unmöglich, sondern auch mehr als gewiss, dass w-ann hierinn undt in die retention gemelter Preussischer platz coudescendirt werden solte, deren recuperation nimmer erfolgen würde, sondern mann würde Schwedischen theils, gleich iezo in Denneraarck beschehe, mit ein undt andrer herbeygesuchten praetension, die abtrettung decliniren. Zudem begehre Er noch ferner, dass wann Preussen von ihm restituirt, es allerdings in dem Standt, w^orinn es für diesem krieg gewesen, gelassen undt dann inskünfftig kein König in Polen ohn sein geuemhaltung er- wehlet werden solte.

Alss ich auch erwehnt, es würde gedachter Gesander sonders zweifei auch etwas, so die übrige coufoederirte concerniren thäte, augebracht haben, antwortete Er Cautzler nichts, alss der König hette auf I. Ch. D. ein grossen wiederwillen gefast undt beruhe iezo das werck auf der ausfertigung und extradition der salvorum conductuum. Undt nachdem ich hierunter incidenter meldete, dass E. K. M. die frantzösische rae- diation nicht admittireu könte'), gäbe Er zur antwort, dass solche einmal gefhärlich seye undt dörffte besorglich zu einer Separation der Confoederirten ursach geben . . . Seinem gnädigsten herrn fiele etwas schwer auf das Moscovitische anbringen sich zu resolviren, bevorab, weil

') Yergl. für diese Frage der französischen Mediation Pribram Ber. Lisola's 424 u. a. 0.; Cheruel 1. c. III. 348 ff.

108 J^- I'CT nnrdische Kriejr lG5ö— IfiGO.

Sie nicht wüsten, wie weit E'. K. i\I. hohes Ertzhauss ratiune succes- sionis hev Polen berechtigt.

Scliütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. 8p. 2G. Auf>\ 1658.

(Aut.)

[Mittheiluiigen über Karl Gustav's Kriegspläne. Entschluss des Kurfürsten. Des- selben Billigimg der Haltung Leopolds bei den Verhandlungen mit Björnclaw.]

26. Aug. Der Kurfürst theilte dem Schütz mit, wie dass in selbiger stundt von ihren bisshero in des Königs zu Schweden suitte verdeckter weiss unter- liultenen undt numehr hier angelangten dienern Sie berichtet, dass ge- dachter König sanabt dem Wrangel mit der gantzen Infanterie, etlichen Regimentern zu pferdt undt 20 canouen von Kiel auss den 14. dieses sich zur See begeben undt nacher Preussen gehe'). Weil Sie dann Ihro hierbey kein andre gedancken machen könte, als dass gedachter König auf Königsberg sein absehen gericht; so habe Sie allbereit Ordre ertheilt, dass dero völcker auch dahin marchiren solten, denen Sie inner wenig tagen in person folgen wolten. Im Uebrigen bezeigt der Kurfürst sein Ein- verständnis bezüglich des Vorgehens Leopolds in den Verhandlungen mit Björn- claw und verspricht ein Gleiches zu thun.

Schütz an den Kaiser. Dat. Colin a. d. 8p. 29. Aug. 1658.

(Am.)

[Kriegspiäne des Kurfürsten. Zug nach Holstein. Verwendung der kaiserlichen

Truppen. Verhandlungen des Schütz mit dem Kurfürsten und mit dessen Räthen über

diesen Punkt. Reise des brandenburgiscben Hofes nach Crossen. Urtheil des Schütz

über des Kuifürsten Pläne.]

29. Aug. Abschiedaudienz beim Kurfürsten. Dieser betheuert, dass er in schul-

diger Devotion gegen E. K. M. beständig verharren würde, und vermel- det, wie dass Sie, nachdem der König in Schweden ohn einige begrün- dete ursach Dennemarck de novo feindtlich angefallen undt durch die im hertzogthumb Hollstein verübende hostilitäten den Reichsfrieden vio- lirt, an E^ K. M. feldtmarschalcken Grafen von Montecucoli durch einen Expressen gelangen lassen, den allbereit auf Thoren vorgenom- menen march einzustellen, ohne versäumuug einiger zeit sich zurück

') Urk. u. Act. V11L2S8. In der That wendete sich Schweden gegen Dänemark; Carlson 1. c. IV olOff.

Kriegsoperationen gegen Schweden. 109

nach der Neumarck zu ziehen, daselbst mit höchstgedachter I. Ch. D. zu couiuugiren undt nacher gedachtem Hollstein zu gehen undt der Schweden progress zu hindern'). Die Infanterie solte gleichfa,ls nach den Neumarckischeu gräntzen gefhürt undt daselbst so lang beysam- men gehalten werden, biss man sehe, wie es sich in Hollstein anlasse. Zarnetski hetten Sie ebenmässig zu eylender conjunction requirirt undt thäten sich versehen, manu würde von beeden ohrten sich willfhärig erweisen undt daran seyn, darmit diese so vortheilhafftige occasion nicht abermahlig verlohren gehe. Ob suramum morae periculum könte dieses zuvor an E. K. ^I. nicht gebracht werden. Es seye aber in er- wegung aller umbständten nicht zu vermutheu, dass E. K. M. ihro solches zuwieder seyn lassen, sondern vielmehr dero höchsterleuchtem verstaudt nach es vor gut ermessen undt genehm halten wäirden, Sinte- mal Schweden durch diese ietzige Invasion der Hollsteinischen platz erst auf des Reichs boden gebrochen undt obzwar vorgegeben werden wcille, Dennemarck hette mit I'". Ch. D. sich in alliance einlassen wollen, so seye doch solches ohne grundt^): die gefhar so aus negligiruug (lieser abermahlig sich an handt gebenden occasion zu besorgen undt der vortheil, so hingegen die Alliirte hierbey zu hoffen, seye am tag; auch an dem verlangtem success kein zweifei; die königlichen Vestuugen würden denselben zur retraitte nicht allein offen stehen, sondern [: Sie hofften es auch so weit zu bringen, dass Sie etwa von E. Iv. M. Volk zur Guarnison einnemmen:]. Ob nun schon, Allergnädigster Kayser und Herr, ich von dem foedere undt E"". K. M. lezteren resolution, so Sie l"". Ch. D. Abgeschickten Obristen Pelnitz gnädigst ertheilet, keine wissenschafft habe, dahero auch bey lezt gehaltener conferentz, wie nicht weniger wegen mangel befhelchs hierin mich nichts vernehmen lassen können noch sollen; nachdem jedoch E"". K. M. Rhat Lisola mich berichtet, dass der Churbr. Abgesander zu Warschau der von Hover- beg eine fast dergleiche proposition, dass Schweden als ein Reichs- feindt von E''. K. M. bekriegt werden möchte, daselbst gethan, dar- nebenst aber, dass solches den Berlinischen tractaten nicht gemäss; als habe mit gebührendem respect erwehnet, dass zwar von E^ K. M., wie mehrmahlig gedacht, auf dergleichen uegotia nicht instruirt; seye mir auch verborgen, was deroselben feldtmarschalck Graf Montecucoli

') Für die Verliandluugeii des Kurfürsten mit Jlonteciiocoli ürk. u. Act. VIII. oGOf. '-') üeber die biandenburg-dänischen Beziehungen dieser Zeit, Uik. und Act. VIII. 588 f.

1 IQ II. Der nordische Krieg 1G55— IGGO.

cucoli iu befhelch hette; höchstgedachter I''. Ch. D. seye aber vorhin gnädigst bewust, wie hoch sich die übrige Stände des Reichs bey diesem werck interessiit macheu möchten. Undt dieweil ab der dänischen Be- dienten bericht so viel zu vernehmen, dass die haubtvestungen in be- rührtem Hollsteiu sich uuch ein paar monat halten könten, auch die der olirten stehende Schwedische Völcker allein etwas haubtsächliches dar- gegeu vorzunehmen nicht wol vermögen würden, über das alles auch E"". K. M. feldtmarschalck allbereit vor Thoren angelangt seyn undt solche impresa ungern verlassen würde; so Hesse zu P. Ch. 1). nach- dencken gestellt seyn, ob dieselbe E"". K. M. resolution hierüber jez zugleicii einzuholen Ihro belieben lassen wolte; darmit wann etwann E''. K. M. feldtmarschalck vorberührter ursach undt insonderheit des wercks hohen Wichtigkeit halber anstehen solte, mann alsdann nichts doweniger umb so viel do eher zu einer den sambtlichen AUiirteu zum besten gereichenden resolution schreiten undt die noch übrige wenige zeit zur campagne mit nutzen anwenden könne. Worauf I. Ch. I).: Sie hetten all bereit beschlossen, den D. Jena an E"". K. M. hoff dieser Sachen halber abzuschicken 'j; biss dahin aber könte mann Schweden der ohrten nicht agiren lassen, undt würde die hülff zu spät fallen, i:der Successe in Ihren handeu und bedörffte es alssdan keiner verautwort- tung; wan Montecucoli Ihr iezo nicht wilifaiirte, muesteu Sy mit Schwe- den Frid machen. E. K. M. hetten Ihm befohlen zu agiren, wo es I. Ch. D. guet befanden:;. Ich wiederholte meine eutschuldigung undt dass gedachter Graf Montecucoli E'. K. M. befhelch nachkommen würde, nicht zu zweiflen; worauf also von P. Ch. I). dimittirt worden. Dieselbe haben kurtz hernach dero geheimbde Rhäte Somenitz undt Jena zu mir geschickt undt nechst gewöhnlichen curialien mir andeuten lassen, Sie hetten so viel wahrgenommen, als ob ich in zweiffei stünde, dass E. K. M. des dähnischen wercks sich annehmen, oder dero feldtmarschalck Montecucoli zu der verlaugten eyligen conjunction sich verstehen würden. Begehrten demnach gnädigst mich hierüber etwas klarer vernehmen zu lassen: Sintemal auf den fall Sie berührter con- junction sich nicht versichert Vt'issen solten, Sie andre resolution ergreiffen müsten. Ich bin aber bey meiner eutschuldigung verblieben, dass auf dergleichen negotia ich nicht instruirt. Was ich bey diesem novo emer- gente erwehnt, seye aus gehorsamster devotiou undt privatim geschehen. Wessen der feldtmarschalck sich erklären würde, seye mir gleichfals

*) Ueber Jena's Mission in Wien Urk. u. Act. VIII. 363 1

Des Kurfürsten Pläne. 111

unwissendt. üudt würden übrigens I. Ch. D., sodann dero Ministri. als denen alle umbständte zur gnüge bekannt, ohne mein errinnern undt besser dijudiciren können, ob E^ K. M. resolution zuforderst ein- zuholen, ob auf die querelen, so des Reichs Ständte hierüber moviren möchten, mehr als auf den vortheil oder gefhar, so ein oder andren falss zu gewarten, zu rellectircn; ob auch, wann maim sich des Königs in Dennemarck anzunehmen resolviren solte, dasselbe des Reichs halber undt nicht vielmehr ex alio capite zu behaubten? An selten E"". K. M. fhüre mann ein aufrichtige Intention undt werde des Grafen von Montecucoli erklärung zu erwarten stehen. Gleichwie dann der Zomenitz, als ich ihn für dieser conferentz besuchte, ultro das dubium movirte, weil von dieser revolution bey Schliessung der alliance nichts abgeredt, es möchte diesgedachter Graf Montecucoli E''. K. M. ordre nach er- wehnter alliance aussdeuten, undt die Cooperation in gemeltem Holl- stein difficultiren. Also gedachte D. Jhena, Ihm seye bekannt, was dieser materi halber bey jüngstem Wahltag passiret, undt mache Er ihm die gedancken, es möchte dieses werck an selten E'. K. M. in weiteres bedenckeu gezogen werden. Alss ich auch nachgehendts bey dem von Schwerin gewesen, hat derselbe dasjenige, was I. Ch. D. obver- meltermassen erwehnt, weitläufftig recapitulirt, auch wie dass I. Gh. I). an der spitzen undt der gefhar am nechsten sitzen thäten, dannenher auch ietzige conjuncturen umb so viel domehr zu beobachten hetten. In Preussen könten die Armeen nicht beysammen stehen, oder würden sich selbst ruiuiren. Es würde zwar Schweden nicht unterlassen durch offe- rirung annehmlicher conditionen E. K. M. von dero Alliirten zu tren- nen, I. Ch. D. aber trügen zu deroselbeu das gehorsamste vertrauen, Sie würden von deroselben nicht verlassen werden. Jetzhöchstgedachte I. Ch. D. seyndt übrigens anheut sambt dero Frau Gemahlin auf Crossen gereist, werden daselbst mehrgedachtes feldtmarschalck Grafen von Monte- cucoli erklärung erwarten undt nach derselben ferneren anstallt machen. Tndt gleichwie zeit meines anwesens allhier ab allem so viel wahrzu- nehmen gehabt, dass mann nicht so wol in Preussen es agirte, dann auch Schweden daselbsten, als andrer ohrten Schweden zu incommo- diren getrachtet; als ist bey höchstgedachter P. Ch. D. undt dero sambt- lichen Ministris nichts andres zu vermercken, als dass, falss nur E"". K. M. feldtmarschalck sich verlangtermassen erklären solte, I. Ch. D. künfftige woch mit dero Cavallerie gewiss aufbrechen undt nacher Hollstein gehen werde. Es wirdt auch des D. Jena reyss noch fünft"

112 If- 1^6'" nordische Krieg 16ö5— 16G0.

oder sechs tag sich verweilen, undt wie der von Schwerin mir andeutete, soll seine instruction so viel in specie diess wesen belangt, mehr dahin gericht werden, E''. K. M. in nuterthänigkeit vorzustellen, warumb dero Resolution nicht erwartet werden können ').

Votum deputatorum vom 13. Sept. auf des Schütz Relationen vom 16., 18., 21. und 2b. Aug-ust.

[Bessere Correspondenz unter den Alliirten. Französische Mediation bei Polen.

.Jägerndorf.]

28. Ang. Man möge Schütz schreiben, er soll dem Kurfürsten melden, dass der

Kaiser in Erwiderung des von Schwerin und Weimann^) gestellten Antrages, dass die Verbündeten bessere Correspondenz pflegen mögen, den Kurfürsten er- suche, einen Gesandten nach Wien abzufertigen, dann werde der Kaiser auch seinerseits jemanden nach Berlin senden. Schütz soll ferner trachten zn erfahren, was der nach London bestimmte brandenburgische Gesandte für Instructionen liabe'). und gleichwie er, Schütz, gar recht gethan, dass er in puncto der französischen Mediation bei den polnischen Tractaten auf dessen Exclusion bestanden, also sollte er, wann und so oft deren von den Churbrandeuburgischen ministris gedacht wird, dies Orts E. M. Befehlch und Intention stricte nachkommen; in der jägerndorfischen Sache aber für sich nichts melden, sondern erwarten, was mau au ihne weiter bringen wird; und solches sodann ad referendum nehmen. Sollte Schütz bereits von Berlin abgereist sein, so soll Fernemont dorthin abgesendet werden. (Portia, Khurtz, Schwarzenberg.)

Zu Linz am 15. Sept. wird beschlossen, Plettenberg nach Berlin zu sen- den; allein auch dieser gieng nicht dahin.

^) Vom 18. Aug. 1658 st. v. datirt auch ein Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser, in welchem der erstere dem letzteren mittheilt, er könne die Recrutirung und Erhaltung seiner Truppen nicht mehr allein auf sich nehmen, da aber eine starke Rüstung unbedingt nothweudig sei, „so habe E. K. M. hiermit fürstellen wollen, ob die- selbe nicht allergnädigst gut finden, an einige im westphälischen Kreise und an an- dern Orten mir angrenzende Reichsstände, Schreiben ergehen zu lassen, dass sie zu Richtung und Aufbringung der hochnöthigen Recruten einige Quartier und Muster- plätz in ihren Landen ohne ihren sonderlichen Schaden und Beschwer verstatten möchten." Vom selben Tage datirt ein zweites Schreiben, in welchem der Kurfürst bezüglich seiner A'^erhandlungen mit Schütz auf dessen Berichte verweist.

2) Ueber Dr. Daniel Weimann ürk. u. Act. V. 774ff., VIII. 4 f.

^) Man plante damals Daniel Weimann nach London zu schicken, doch unterblieb die Reise; ürk. u. Act. Vlll. 802 Anm. Vertreter Brandenbm'gs in London war da- mals Adolf Friedrich Schlezer: verijl. über ihn ürk. u. Act. VI. 647 Anm.: Vlll. 715 if.

Instruction für Strozzi. 113

Mission des Grafen Peter Strozzi. Instruction für Strozzi. Dat. Wien 14. Jan. 1660. (Conc.)^)

[Frage der Evacuation Pommerns.]

Da in den mit Brandenburg geschlossenen Tractaten bestimmt worden ist, 14. Jan. dass kein Theil ohne Wissen und Consens des Anderen die Evacuation der oc- cupirten Orte pactiren soll-), hat der Kaiser, als er vor etlichen Monaten ver- nommen, dass die schwedischen Friedensbevollmächtigten bereits in Preusseu angelangt seiend), Montecuccoli an den Hof des Kurfürsten gesendet, um mit demselben sich bezüglich dieses Punktes zu einigen*). Da nun der Kurfürst in seiner dem Montecuccoli gegebenen Erklärung der Evacuirung und Einräu- mung der pommerschen Orte keine Erwähnung thut, das pommersche Wesen aber bei den Friedensverhandlungen zuerst vorgenommen werden dürfte, soll Strozzi sich zum Kurfürsten begeben und demselben erklären: „Es hätte uns unser Feldmarschalk der Graf Montecuccoli Sr. Ld. Erklärung auf das- jenige, was wir ihm unter dato den 8. Nov. jüngsthin in Sachen das be- vorstehende Friedenswerk betreffend, mit derselben zu conferiren anbe- fohlen gehabt, gebührend hinterbracht ^) ; wären auch anderweit von jder- selben gnugsam versichert worden, dass sie einige Particularfriedens- tractaten mit der Krön Schweden einzugehen, noch von uns sich zu separirn, nicht gesinnet wären." Dasselbe verspricht der Kaiser dem Kur- fürsten'5). Da nun beider Wille die Herstellung des allgemeinen Friedens ist. Frankreich und Spanien sich in dem geschlossenen Frieden zur Herstel- lung eines allgemeinen Friedens verpflichtet haben ^) und sich dafür interponiren AvoUen'*), wie der spanische Botschafter-') dem Kaiser bereits mitgetheilt habe.

1) Ursprünglich war die Instruction für Fernemont ausgestellt worden, an dessen Stelle dann in letzter Stunde Strozzi trat.

-) Letzter Abschnitt des avticulus secretus des Vertrages vom 9. Feb. 1658; Mörner 1. c. 232.

^) Die Vertreter Schwedens in Oliva waren: Magnus Gabriel de la Gardie, Bene- dict Oxenstjerna, Graf Karl v. Schlippenbach, A. Güldenclaw. lieber die Friedens- verhandlungen zu Oliva; Böhm, Acta pacis Olivensis inedita, Wrat. 1763. Pribram, Lisola 536 ff., Urk. u. Act. VIII. 683 ff.

•') Ueber Montecuccoli's Verhandlungen mit dem Kurfürsten Urk. u. Act. VIII. 410 ff.

'") Die Berichte Montecuccoli's au den Kaiser aus dieser Zeit sind im St.-A. nicht vorhanden.

^ Vergl. auch die Correspondenz Leopolds mit dem Kurfürsten in dieser Zeit: Urk. u. Act. VIII. 413; Londorp 1. c. VIII. 680.

'') Durch den § 0 I. des Pyrenäischen Vertrages vom 7. Novbr. 1659; vergl. Dumont 1. c. VI.o 278.

^ Seitens Frankreich erschien in Wien der Präsident Colbert: vergl. Recueil des Instructions I. 33ff. ; seitens Spanien de Lutiani: vergl. Pribram, Lisola 537, 557.

^) La Fuente.

Mater, z. Gesch. d. G. Kuifiirstcn. XIV. O

;[1^4 ^^- ^^'" nordische Kriep 1655 IGßO.

liat der Kaiser nicht blos diese Tnterposition angenommen, sondern noch über- dies seine friedfertige Stimmung betont und ist überzeugt, dass der Kurfürst derselben Meinung ist '). Da nun schon die Verliandlungen in Oliva begonnen und zuerst die pommersclie Angelegenheit vorgenommen werden dürfte, habe der Kaiser Strozzi abgeordnet, um mit dem Kurfürsten über diese Angelegenheit zu sprechen und bitte Friedrich Willielm um seine Meinung. „Du wirst aber . . . dich nur in generalibus und also zu verhalten haben, dass S. Ld. kein Anlass daraus nehmen, zu erkennen, ob wir zu Enträumung gedachter Platz geneigt oder nicht geneigt seien." Im übrigen hat Strozzi dahin zu sehen, dass die guten Beziehungen zwischen beiden Höfen aufrecht erhalten werden.

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Febr. 1660. (Or.)^)

[Verhandlungen Strozzi"s mit dem Kurfürsten und dessen Rätheu bezüglich des in Oliva einzuschlagenden Verfahrens.]

Febr. Strozzi macht dem Kurfürsten von Spaniens und Frankreichs Mediation

Mittheilung und fordert im Namen des Kaisers gemeinsames Vorgehen Oester- reichs und Brandenburgs zu Oliva. Der Kurfürst verspricht das und beordert Schwerin und Jena zu Berathungen mit Strozzi^'). Strozzi hat sowohl bei P. Ch. D., als Fürsten von Anhalt (welcher durch die jüngste nähere Verwandtschaftsverbündnus *) noch in höherem Credit und Affection bei I. Ch. D. wachset) klar penetrirt, dass S. Ch. D. vor kein beständiges Werk und Versicherung einziger Ruhe im römischen Reich, absonderlich

') Nachdem der Kurfürst in einem Schreiben vom 29. Dec. 1659 st. v. dem Kaiser von dem ihm von Mazarin übersendeten Drohschreiben (gedr. Urk. u. Act. II. 330if. ; Londorp I.e. VIII. 664) llittheilung gemacht, meldet er in einem Schreiben d.d. 3. Jan. 1660 st. v. : Strozzi habe ihm einen Extract des Schreibens des spani- schen Gesandten an den Kaiser wegen Erzielung eines allgemeinen Friedens übergeben und von der Geneigtheit des Kaisers gesprochen, diese Mediation anzunehmen, wenn sie wirklich den Frieden bezwecke. Der Kurfürst erklärt sich zur Annahme der Medi- ation bereit, erwähnt aber, dass Frankreich gedroht habe den Schweden im Frühjahre mit 30 000 Mann zu Hilfe zu eilen und gibt zu bedenken, ob man nicht darauf sehen müsse, Frankreich in terminis der Mediation zu erbalten. In jedem Falle hofft Frie- drich Wilhelm, dass es Leopold gelingen werde, von Spanien das bindende Ver- sprechen zu erlangen, einem eventuellen Vordringen Frankreichs entgegentreten zu wollen.

-) Für Strozzi's Mission im allgemeinen Urk. u. Act. VIII. -tlSf. ; Puf. I.e. VIII. 63.

^) Vergl. das folgende Stück.

*) Er hatte im Juli 1659 Henriette Katharina, Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, Vater der Louise Henriette, des Kurfürsten Gemahlin, ge- heiratliet.

Verhandlungen zu Oliva. Pommer'sche Restitutionsangelegenheit. 115

aber E^ K. M. Erbkönigreiche und Landen, wie auch seiner Gränitzen durch einzige Friedensschliessung halten können, so lang Schweden einen festen Fuss im Reich, oder ium wenigsten den Oderstrom in seinem Ge- walt erhalten würde; derowegen Stettin und dergleichen ihnen nothwen- dig müssten entzogen werden und obwoln in dem Protocoll specifice Stettin nit gemeldet wird, so werden E. K. M. ex sensu tanquam acces- sorium des Oderstroms allergn. das couclusum finden.

Protocoll der Conferenz zwischen Strozzi, Jena und Schwerin. Dat. Colin a. d. Sp. 25. Jan. st. v. 1660. (Or.)

Am 23. begaben sieb Schwerin und Jena auf Befebl des Kurfürsten zu 25. Jan. Sti'ozzi und erklärten: Der lüirfürst finde, dass die von Strozzi vorgebrachte Proposition in 2 Dingen bestehe; 1". will der Kaiser nur einen allgemeinen Frieden; 2". will er wissen, wie der Kurfürst über die Rückgabe der pommer- scben Eroberungen denke. Bezüglich des ersten Punktes ist der Kurfürst ganz der Meinung des Kaisers. "Was den zweiten Punkt betreffe, habe auch Schwe- den jetzt denselben in die Proposition aufgenommen, daher der Kurfürst seine Gesandten dahin instrnirt habe, zu sagen, er Averde, wenn Schweden ernste Neigung zu einem allgemeinen Frieden zeige, sich so in diesem Punkte zeigen, dass deswegen der allgemeine Friede nicht gestört werde ; der Kurfürst wünsche des Kaisers Ansicht in diesem Punkte zu hören. Es würde sonsten I"", K. M. nicht unbekannt sein, was man wegen der pommerischen Oerter bei Abhandlung einer Allianz für considerationes gehabt und dass man dafür gehalten, es wüi'de bei so gestalten Sachen weder I. K. M. noch das röm. Reich, noch auch Polen rechtschaffene und nöthige Sicherheit haben können; und obgleich dazumahl auch die Stärke des Landes und der Schweden sowohl in- als ausserhalb des Reichs habende Freunde und Alliirte vorkommen und dabei in Acht genommen worden, so wäre je- dennoch die offenbare Gefahr und Unsicherheit vor vorbenannte Staaten geblieben und stünde daher zu versuchen, dass diese allezeit offene Ge- legenheit die Benachbarte nach Belieben zu iufestiren, beschränket und durch bessere und nöthige Einrichtung des Oderstromes zur Sicherheit ein Grund gelegt und dergestalt der höchstnöthige Friede im heil. röm. Reich und den benachbarten Königreichen und Fürstenthümern mit mehrer Beständigkeit beibehalten werde.

Der Graf erwiderte, er wolle das schriftlich haben.

116 If- r)P'' noi-disclie Krieg IGD.'j— IGGO.

Strozzi an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 11. Febr. 1660.

(Ol-.)

[Brandenburg-braunschweigische Beziehungen.] 11. Febr. ... Es ist mir sub manu beigebracht worden, dass P. Ch. D. Kammer-

präsident, der von Canstein, in deroselben Namen mit den braunschwei- gischen Gesandten zu Tangermiinde in einziger C'onferenz sich befinde'); cuius materiam aber, (welches letztere ich doch nit pro certo asseriren darf) sein sollte, dass Braunschweig und Lüneburg wegen ihrer Länder von allen Insulten und Belegungen von 1'. Ch. D., dero Völker halber, ver- langten versichert zu werden, mit Gegenerbietung, sich sammt dem niedersäxischen Kreis zu verobligiren I"". Ch. D. dero Länder, so jenseits der Elbe liegen, auch vor allen feindlichen Anfall frei und in ihrer Alliatice respective begriffen zu halten.

Strozzi hat darüber an Schwerin geschrieben, worauf dieser im Namen des Kurfürsten antwortet, „was anlanget die Zusammenkunft, wüssten S. Ch. D. selbst noch nicht, was dabei vorgehen mögte, weiln dieselbe von Seiten des Hauses Braunschweig wäre begehret worden; so bald aber der Herr Kammerpräsident wiederum zurück käme, sollte P. K. M. und dem Feldmarschall "), alles was vorgegangen, communiciret werden^).

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Febr. 1660. (Or.)

[Verschiedene Pläne am brandenburgischen Hofe über die gegen Schweden zu beob- achtende Haltung. Erklärungen des Kurfürsten an Strozzi in dieser Sache.]

Ich habe soviel penetriren können, dass sowohl I. Ch. D., als der dänischer allhiesiger Abgesandte^) seines Theils nicht glauben, dass die polnische Tractaten auf einzigen Universalfrieden sollten ablaufen, son- dern halten vor sicher, Polen wird sich in ein Particularwerk einlassen, welches des Königs in Schweden einzige Intention ist; und hatten sich die Consilien allhier in 2 Theil gespalten, der Erste hat vermeint, mau sollte Pommern den polnischen Tractaten mit lassen einschliessen, Däne-

0 Für die Beziehungen der Braunschweiger zu Fr. Wilh. in dieser Zeit, Köcher 1. c. 288 ff.

-) Montecuccoli.

^) Durch eine Weisung vom 11. Febr. wird dem Strozzi Jlittheilung von dem an Montecuccoli ertheilten Befehle gemacht, beim Kurfürsten die Ordnung der Frage der Restitution der pommerschen Eroberungen zu versuchen. In gleichem Sinne soll Strozzi thätig sein.

•») Detlef von Ahlefeld; vergl. Fuf. 1. c. Vlll. G4.

Pläne Fr. Wilh. siegen die Schweden. 117

mark aber zu secundiren gleichwohl sich vorbehalten, als wie es vor dem pommerischen Einfall gewesten. Die Andern aber, welche potiores sein und es erhalten, schliessen, man solle Pommern keineswegs fahren lassen, sondern auf künftige Campagna das Werk also einrichten, damit ein gebührliches Corpo in Pommern gelassen würde, um Wolgast, Au- clam, Greifswalde zu attaquiren, da dann nach Einnehmung solcher Platz, Stettin wohl vor sich selbsten fallen würde; derohalben aber um gnugsame Kriegsmunition, absonderlich aber Proviant und Lebensmittl (dessen allhier ein Mangel erscheinet) in Aufrichtung bequemlicher Ma- gazinen, nunmehro schon zu gedenken sein wird.

Das übrige Corpo (allwo der nervus von der Cavallerie sein sollte) müsste über die Elbe und in das Bremische gehen, als 1"° unsere pom- merische Attaquen zu bedecken und frei zu halten, 2*^°' die Plätze Stade, Buxtehude und Bremervörde suchen hinweg zu nehmen, da dann Werben etwas versichert gemacht werden solle, um einziges Magazin alldorten aufzurichten, auch Tangermünde (wiewohl es zwar unbewarth) von P. Ch. D. darzu müsste gelassen werden. Sollten die Franzosen sich in das W^erk mischen, müsste man das Corpo, so in Bremen agiret, tan- quam das stärkste und an grösserer Anzahl Cavallerie bestehend, darzu die dänischen Völker stossen sollten, gedachten Franzosen directe ent- gegen gehen lassen, um sie vorzukommen; derohalben man sich auch auf E^ K. M. höchsterleuchtende vorsichtige Gedanken verlasset, dass in dero Erbkönigreichen und Landen, wie auch anderwerts solche praepa- ratoria gemacht werden, dass ein Corpo allezeit in reserva, um überall, wo die Nothwendigkeit erfordert, hinzuschicken, verbliebe ').

Der Kurfürst wünscht die Anwesenheit Montecuccoli's, um mit diesem zu berathen. Montecuccoli befindet sich bereits auf dem Wege nach Berlin .... Es haben I. Ch. D. in calore gegen mir sich mündlich so weit ausge- lassen, sie seien intentionirt die Völker (welche am nächsten und be- quemlichsten an dem bremischen und niedersäxischen Kreis liegen) zu beordnen, sich in Bereitschaft zu halten, dass, im Fall die niedersäxi- sche Liguirten sich denen Schweden wieder die Dänen würklich zu helfen moviren möchten, gedachte kurf. Völker und Generalmajor Pfuel') nit allein denen dänischen diesseits secundiren, sondern alsobalden den Liguirten auf den Hals gehen sollten, um solche gleichsam in partu zu

>) Vergl. Ulk. ii. Act. VIII. 4-22.

'■') Georg Adam von Pfuel: vergl. Mülverstedt, Die brandenburgische Kriegsmacht unter dem Grossen Kurfürsten 355 f.

118 II- D^i" nordische Krieg 1655—1660.

suffociren; doch weiss ich noch nicht die endliche Resolution. Dieweilen ich deswegen meines Verhaltens keine Ordre hatte, hab ich mich nee affirmative nee negative meiner Opinion halber einlassen dörfen; hoffe durch stündliche Ankunft Feldm. Montecuccoli wird dieses reiflichst per- pendirt werden. . . .

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Febr. 1660. (Or.)

[Brandenburgs Haltung bei den Verliandlungen in Oliva.]

25. Febr. Der Kurfürst fordert bezüglich der pommerschen Angelegenheit und über-

haupt circa modum assecurationis pacis vorerst des Kaisers Meinung zu ver- nehmen.

Im Uebrigen, was I. Ch. D. dero Gesandten') in Polen durch über- morgige Post zukommen lassen werden, habe ich so viel von Herrn von Schwerin heraus gebracht, um E. K. M. allerunterthänigst zu berichten, dass man sich diesseits erklären solle, man würde durch das pommerische Werk ein general sichern Frieden nicht zerstossen lassen, aber cum special! clausula supranominata, dass es ein Generalfrieden sein sollte, dardurch dann nit allein Dänemark, sondern Holland mitbegriften wäre; vermeinte auch Herr v. Schwerin, E"". K. M. Gesandten in Polen ^) incli- nirten gar zu sehr ohne Dänemark sich einzulassen, welches dann kein Generalfrieden wäre; setzten mir auch hierbei, dass gedachte Antwort zwar noch nit in Deliberation genommen, sondern erst morgen darüber Rath würde gehalten werden, glaubte aber wohl, ich könnte solches E^ K. M. als Meinunssweis unterthänigst berichten. . . .

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Febr. 1660. (Or).

[Verhandlungen Strozzi's mit dem Kurfürsten über die gegen Schweden zu beobachtende Politik. Erklärung des Kurfürsten bezüglich der Evaciiation Pommerns. Schwerin's Aeusserungen in dieser Sache und über das Verhältnis des Kaisers zu Brandenburg. Erwiderungen Strozzi's. Unterredung Strozzi's mit Ahlefeld. P. S. Das Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser betreffend.]

28. Febr. Befehl vom 19. erhalten^). Der Kurfürst hat sich, als Strozzi von ihm eine

categorische Erklärung forderte, etwas und sehr perplext befunden, vor-

^) Brandenburgs Vertreter waren Hoverbeck, Somnitz und Albrecht von Ostau; über ihre Thätigkeit in dieser Zeit Urk. u. Act. VIII. 718 IT.

^) Kolowrat, Lisoia und Thiren. Brandenburgs Vorwurf bezüglich Oesterreichs in der Frage des Einschlusses Dänemarks in den Frieden war unbegründet; vergl. Pribram, Lisoia 537 ff.

^) Liegt nicht vor.

Verhandlungen zu Oliva. Evacuation Poinineins. 119

wendent, sie liiitten niehemalen zu der pommerischen Hostilitiit consen- tiren wollen; seie auch der Angriff leider ohne ihren Willen geschehen, da sie dann hernach nothwendig tanquam accessorie mit dero höchsten Unkosten und Schaden hätten secundiren müssen. Gaben beinebens zu verstehen, was wenig Sicherheit in einzigen schwedischen Frieden auf die Weise, (wie E. K. M. Gesandten in Polen verlangten,) zu hoffen seie; wollten aber die Sachen in Deliberation nehmen. Auf welches ich ge- antwortet, dass was den pommerischen Angriff belanget, befinde ich dar- bei keinen Schaden oder Impediment, dieweilen nichts verloren, sondern mehr gewunnen und conditio possideutis die beste wäre. Im übrigen be- tont Strozzi nochmals die Nothwendigkeit einer Entscheidung seitens des Kur- fürsten, worüber dieser mit seinen Ministern, unter denen sicli auch die von Strozzi in's Vertrauen Gezogenen, der Fürst von Anhalt und Schwerin befinden, sich zu berathen verspricht. Am 27. lässt Schwerin dem Strozzi mittheilen, dass in einer am selben Tage gehaltenen Berathung der Kur- fürst zu einem Entschlüsse gelangt sei, von dem er selbst dem Kaiser Mittheilung machen wolle ^). Strozzi begab sich darauf zu Schwerin, welcher sich ziemlich beängstigt erweisend zu mir also gesprochen: Er könnte einmahl mir nicht bergen und klar an Tag zu geben unterlassen, wie dass S. Ch. D. (nach üeberlesung und Ponderirung E"". K. M. allergnädigsten Brief^) im Rath) sammt dero ministris sowohl derowegen, als aus allen andren Umständen ganz völlig perplext wor- den und nicht mehr wussten, was sie daraus muthmassen und schliessen sollten, da ihre intentiones ziemlich klar das sub dato den ö**^" Februarii ' gehaltenen Conferenz ProtocoU E. K. M. ausweiset; sie gleichwohl denuo nicht allein so sehr auf so cathegorische U. Ch. D. Erklärung dringen, sondern auch sowohl dero höchstbemelter Brief, als in Polen Gesandten äusserist Bemühen gnugsam zu erkennen gibt, wie dass man einzig und allein den Frieden mit Schweden durch die Enträumung der eroberten pommerischen Plätzen zu beschleunigen gedenket und dass E^ K. M. Ge- sandten mehrers als Polen und Schweden selbsten, um Dänemark in polnischen Tractateu nicht einzuverleiben lassen, sucheten; da es auch ja also wäre, wüssten I. Ch. D. und dero consilium nicht, warum I. K. M. also klar P. Ch. D. ihre Intention und Verlangen zu eröffnen Bedenken trügen, absonderlich so es nicht anders sein könnte, (adiectis similibus formalibus); hätten E. K. M. gar wohl freignädigst erindern mögen, wie weit sie mit dero Waffen sich einlassen könnten, oder die Impossibilitet

') Vergl. da,s Schreiben des Kurfürsten vom 21. Febr. st. v. 1660, Urk. u. Act. VIII. 424 ff.

'-') Schreiben Leopolds vom 19. Februar, Inhalt in Urk. u. Act. VIII 413f.

120 n. Der nordische Krieg lß55--1660.

erweisen, nna die Kriegsoperationen ces.siron zu lassen und einem solchen Frieden sich zu untergeben, wordurch keine andere Realsicherheit (als vor diesem Krieg gewesen) zu hoffen wäre und I. Ch. D. unterdessen in nichts anders als Schad und Ruine gerathen, absonderlich aber in dem römischen Reich bei meisten Fürsten und Ständen durch das pommeri- sche Werk und durch solche Operationen verhasst sein worden, da doch gedachte Ch. D. allezeit vorhero dem pommerischen Einfall und Hostili- täten widersprochen, solche und dergleichen Inconvenienzen vorsehend und wäre gedachter pommerischer Kriegszug und Attaque E^ K. M. Seits ohne des Kurfürsten Wissen und Willen resolvirt und intentirt worden, da man dann ihn mit also hineingebracht. Derowegen auch billig E. K. M.. 1™" Ex hoc capite. 2" Dieweillen sie der Stärkeste Theil und also besser, wie weit sie das Kriegswerk bestreiten können, höchsterleuchtest erkennen. Dieweilen sie in der oftermelter gefassten Resolution und Execution der pommerischen Attaquen, diesen Erfolg höchst vernünftigst werden vorgesehen haben. Dass sie als das höchste Haupt forderist die allgemeine Assecuration Deutschlands bestens zu beobachten wüssten: also dero allergn. Intention zu offenbaren hätten; und zuletzt könnten E. K. M. aus eigener Authoritet sagen lassen, sie verlangten es auf eine solche oder andere Weis zu haben. Sagte auch hierbei ihme von Schwerin schmerzte hoch, dass durch dergleichen ümschweifungen P. Ch. D. einzige umbrae verursachet würden zu glauben, man verlangte von ihnen alles heraus zu forschen, um sie durch dero Erklärung so- wohl bei den Schweden als bei aller Welt weiters zu verharten, ja gar auch odiose zu machen, und alles Werk auf sie zu reduciren; Hesse mich Selbsten consideriren, dass soviel noch in P. Ch. D. Landen, ja auch in dero Consilien widerwärtige Gemüther verbleiben, welche mit ganz schielen Augen solche Verbündnus ansehen, sich an diese Procedur sehr stossen, ja wegen dero anderwerts gesetzten Affecten gegen L Ch. D. dessen sich wohl zu praevaliren wüssten; derowegen dann schliesslichen er w^eiter nit wüsste, ja auch I. Ch. D. selbsten haesitirten, was zu thun wäre, da dann l. Ch. D. Einer im Rath selbsten (welchen er mir nit nennen wollen) vorgebracht: er glaubte selbsten ich trüge gemessene Antwort in meinem Sack P. Ch. D. Erklärungen proportionabiliter nach und nach zu begegnen. Strozzi dankt in seiner Antwort vorerst für das Vertrauen, betont nochmals die guten Gesinnungen des Kaisers für den Bran- denburger lind gibt als Gründe, warum der Kaiser dem Kurfürsten in der Ent- räumungsangelegenheit nicht vorgreifen wolle an. 1". dieweilen L Ch. D. ver- mög der geheimen Articuln mit Pommern primario und directe interes-

Verhältnis des Brandeuburgers zu Leopold. 121

slrt: 2" weilen dero Länder also situirt, dass zu allerseits wider Schwe- den in allen Yorbegebenheiten solche den ersten Stoss empfangen und ad translationem belli gleichsam 7a\ einer Brücken nothwendig sein miissten; ... dieweilen (im Fall Polen sich von uns separirte) I. Ch. D. forderist und allein das Licht geben könnten, wie dero preussische Lan- den versichert bleiben, oder aber der pommerischen Unruhe coincidenter involvirt möchten werden, und in diesem P. Ch, D. pur einziges Interesse vergirte; hätten E. K. M. billiges Bedenken, L Ch. D. inhabende Oerter ohne Vernehmung dero Intention resolutive per se um einen Frieden zu veralieniren und auch e contra ohne L Ch. J). ... sich in einen L^ni versalkrieg und Generalw^erk, welches ein grosses Aussehen hätte, simpliciter gleich einzulassen; und letztlichen seie meines wenigen Urtheils die Begehrung einer Gemütseröffnung ein Zeichen eines Vertrauens. Der Kaiser werde übrigens die Erklärungen des Kurfürsten schleunigst beantworten. Dann sucht Strozzi von Neuem nachzuweisen, wie sehr das Vorgehen des Kaisers den Interessen des Kurfürsten entspreche und dass Leopold nur einen dauernden, die Interessen aller Alliirten berücksichtigenden Frieden anstrebe. Schwerin zeigt sich mit Strozzi's Auseinandersetzungen einverstanden und erklärt schliesslich: Er könnte zwar denen im Rath sitzenden etlichen das Mund nit stopfen: werde aber sich allezeit bemühen, deroselben etlicher üblen Beginnen vorzubauen und abzulehnen und wollte handien als ein ehrlicher Mann.

Der dänische Gesandte Ahlefekl ist zu Strozzi gekommen und da er dis- coursweis sich des allhiesigen ministerii beklaget, sagte er expresse, er finde viel schwedische Magen, die sich beraüheteu, zwischen seinen König und dem Churfürsten eine üble Correspondenz zu pflanzen, es seie ihm auch gesagt worden, E, K. M. werden sich in einen Particularfrieden und ohne Dänemark einlassen, welches er nicht glaube; er kennte dergleichen Ausbreiter wohl. Ich antwortet ihm, meine Handlung allhier wäre nit momenti und consequent; doch könnte ich ihn versichern, dass wie E. K. M. sich in so kostbare Kriegsoperationen ohne einziges ander Parti- cularinteresse hätten eingelassen, als amore pacis universalis (darunter auch Dänemark E"", K. M. Hilf noch geniessen thäte), also würden auch E. K. M. nimmermehr in einen Particularfrieden sich einlassen, sonderlich wo Dänemark nicht auch darunter expresse begriffen würde.

P. S. vom 1. März.

Da heute Nachmittag von Neuem über des Kaisers Brief Rath gehalten worden, begab sich Strozzi zu Schwerin, der ihm mittheilte, es werde an der Antw-ort bereits gearbeitet; als Strozzi sich beklagte, dass gegen die frühere Abmachung der Kurfürst von einer eigenhändigen Antwort abstehe, entschuldigt Schwerin dies mit der Unpässlichkeit des Kurfürsten und fügt hinzu, der Kur-

122 n. Der nordische Krieg 1655—1660.

fürst könnte sich nicht besser erklären, als dass er sich ganz an E. K. M. remittirte; darzu würde kaum der Courrier zu Wien ankommen, dass man den polnischen Friedensschluss mit Schweden schon vernehmen würde, welcher in wenigen Tagen geschehen sollte.

Unter dem 10. März bestätigt der Kaiser den Empfang der Berichte Strozzi's vom 25., 28. Februar und 1. März und erklärt, er habe niemals eine andere Idee gehabt, als die Restitution der pommerschen Eroberungen nur unter Zu- sicherung eines Universalfriedens zuzugestehen. Zugleich theilt er Strozzi die bevorstehende Ankunft Gonzaga's in Berlin mit ').

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 24. März 1660. (Or.)

[Gute Erklärungen des Kurfürsten. Mission Gonzaga's. Erklärungen des Kurfürsten.

Ahlefeld.]

24. März. Die Weisung Leopolds vom 10. März hat Eindruck gemacht, die weilen

ich aus diesem Grund sowohl I. Ch. I). als dero ministros von neuem also sincerirt. dass wohlgedachte I. Ch. D. nit allein mit ruhigen Gemüt wiederum zu leben mich versichert, sondern diese Forraaüen zu mir ge- sprochen hat: Ich sehe und glaube gewiss nunmehr I. K. M. allergnä- digste standhafte Gedanken; meines Theils aber versichere von neuem in meiner unterthänig.sten einraahl gelobter treuer Devotion zu verharren. Einmahl ist es klar, dass Ich bei der ganzen Welt gleichsam und ab- sonderlich bei meisten Fürsten und Ständen des Reichs ganz verhärtet und verfeindet bin worden, weiss also und habe meine einzige Zuflucht zu P. K. M., hoffe, Sie werden mich mit dero Gnad und Schutz bedenken und mich nicht verlassen. Habe E"". K. M. diese formalia mich erkühnet allerunterthänigst beizusetzen de verbo ad verbum, wie es gelautet, und kann E. K. M. ich allerunterthänigst versichern, dass nunmehr alle Um- brositäten aufgehoben, um welchen keinen Raum zu geben der Fürst Don Hannibal Gonzaga de modo contrahendae pacis und gerendi belli die erste Eröffnung unmassgeblich zu seiner Ankunft werdet machen

') Für die Mission des Fürsten Hannibal Gonzaga, Vicepräsidenten des Hof- kriegsrathes vergl. Urk. u. Act. VIH. 420f., 427 fr.; Puf. 1. c. VIII. 64; Droysen 1. c. III. 2 488. Im Wiener Staatsarchive finden sich nur vor ein Memorial für Gonzaga vom 10. März, durch welches Gonzaga aufgefordert wird dem Kurfürsten mitzutheilen, dass Leopold fest dabei verharre, Dänemarks Einschluss in den Vertrag von Oliva zu for- dern und des Kurfürsten Ansicht bezüglich Pommerns zu vernehmen wünsche und ein Verzeichnis der dem Gonzaga am 19/29. April mitgetheilten Forderungen des Kurfürsten, das in Urk. u Act. VIII. 429 zusammenfassend mitgetheilt ist.

Mission Gonzaga's. 123

müssen: dann sie allhier in hoc passu sehr kitzlich sein; dessen sich dann noch übel devote schwebende Gemüther um Mistrauen zu disse- miniren, sich bei P. Ch. D. (als wie ich es erfahren) dextrc gebrauchen können. Dem dänischen Gesandten') hat der Kurfürst neuerdings das Ver- sprechen gegeben, dass ohne Dänemark in Oliva nichts verhandelt werden solle.

Strozzi an den Kaiser. Dat. Berlin 31. März 1660. (Or.)

[Mission Gonzaga's. Ahlefelds Erklärungen. Uebernahme dänischer Truppen.]

Der Kurfürst verbleibt hei seinen Absichten bezüglich des Friedens und 31. März, der Rüstungen^); erwartet Gonzaga's Ankunft^). Schwerin hat nochmals be- tont, wie nothwendig es sei, dass Gonzaga mit den Erklärungen beginne. Der dänische Gesandte hat mitgetheilt, dass sein Herrscher, nach ihm zugegangenen Berichten, sich genöthigt sehen werde, dem Drängen der Franzosen, Engländer und Holländer nachgebend, mit Schweden einen Separatfrieden zu schliessen*); gestehe (der Gesandte Dänemarks), dass es kein beständiges Werk und solcher Fried nicht 2 Jahr subsistiren könne; er aber, Gesandter, ver- meine ein Project zu machen und sowohl mir als I. Ch. D.'ministris zu communiciren, damit E. K. M. und S. Ch. Ü. einzige Disposition machen lassen, um die dänische beste Trouppen (da einzige Abdankung ge- schehen möchte) an sich zu bringen und solche denen Schweden zu ent- ziehen.

Bei einer Besprechung mit Schwerin über diese Angelegenheit, spricht sich dieser gegen diese Uebernahme dänischer Truppen aus.

Unter dem 7. und 14. April berichtet Strozzi von der Sehnsucht, mit wel- cher man in Berlin der Ankunft Gonzaga's entgegensehe, und bittet um die Erlaubnis, sich nach Gonzaga's Ankunft zu seinem Regimente begeben zu dürfen. Am 18. April macht er von einem Gespräche Mittheilung, das er mit dem dänischen Gesandten Ahlefeld über Dänemarks Lage geführt, aus dem zu ersehen, dass Dänemark mit Schweden abscbliessen werde.

1) Ahlefeld; vergl. Puf. 1. c. VIII. 65.

-) Vergl. den „Eventuellen Kriegsplan für bevorstehendes Frühjahr" vom 23. Fe- bruar st. V. Act. u. Urk. VIII. 423 f., unterzeichnet vom Kurfürsten und von Monte- cuccoli.

^) Gonzaga hatte seine erste Audienz am 11. April st. v. ürk. u. Act. VIII. 428.

*) Der Friede zwischen Dänemark und Schweden kam erst am 27. Mai zu Stande: Dumont i. c. VI.o 319fif.; Carlson 1. c. IV. 371 f.

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^24 II- I^^r nordische Krieg 1655—1660.

Bald darauf verliess Strozzi Berlin, wurde jedoch nach Abschluss des Oliva'er Friedens durch kaiserlichen Befehl d. d. 7. Juni von neuem an den Berliner Hof gesendet, woselbst er am 21. Juni anlangte. Angelegenheiten von Bedeutung wurden während dieses zweiten Aufenthaltes, der bis Ende August währte, nicht verhandelt. Die wenigen Berichte Strozzi's aus diesen Monaten berühren vornehmlich die Frage, welche Stellung der Kaiser den Türken gegenüber einnehmen iind ob er die durch den Friedensschluss frei gewordenen brandenburgischen Truppen in Dienst nehmen wolle.

III. 1660-1664.

(Mission Lisola's.)

Einleitung.

Der Friede von Oliva bezeichnet einen wichtigen Abschnitt in der Ge- schichte der Regierung Friedrich "Wilhelms. Der brandenburgische Staat war mit demselben unzweifelhaft um einen Schritt weiter in seiner Entwickelung gelangt. Gewiss, nicht alles war erreicht worden, was der Kurfürst in jenen Tagen erhofft hatte, da seine Truppen, mit denen des Kaisers vereint, den Siegeszug durch Holstein und Pommern unternahmen. Schweden trat nicht einen Zoll breit Landes ab, willigte nicht in die Revision des Grenzvertrages von 1653, blieb nach wie vor Herr der Odermündung und iui Rücken Brandenburgs im Besitze der offensiven Stellungen gegen die Havel und die Elbe wie gegen die AVarthe hin. Dazu kam, dass Friedrich Wilhelm im Verlaufe des Krieges in Contlicte mit verschiedenen Mächten gerathen war, die auch durch den Oliva'er Frieden nicht gänzlich beigelegt wurden. Der Besitz Elbings wurde ihm trotz der Bestimmungen der Verträge von Wehlau und Oliva vorenthalten, die preussischen Stände wehrten sich verzweifelt gegen die stramme Organi- sation, durch die Friedrich Wilhelm jene Gegenden seinem Staate eigentlich erst gewinnen wollte, über Waldeck's Amnestie gerieth er mit Schweden, über die Danziger Post mit Polen, über die Gottorper Souveränetät mit Dänemark in Streit. Seine Finanzen waren erschöpft, seine Unterthanen erbittert, Frankreich beleidigt, die Staaten unzufrieden. Und neben der Anerkennung der bereits durch die Verträge von 1656 und 1657 erworbenen Souveränetät in Preussen durch die Garanten des Friedens, bestand der ganze Machtzuwachs Brandenburgs blos in dem Besitze Lauenburgs und Bütows als Lehen und des Amtes Dra- heim als Pfand der Krone Polen. Trotzdem wird man bei näherer Betrachtung den Erfolg, der aus diesem mehrjährigen Kriege für Brandenburg resultirte, unschwer erkennen. Es war vor allem für die weitere Entwickelung des bran- denburgischen Staates von der wesentlichsten Bedeutung, dass Friedrich Wil- helm in diese nordischen Wirren neben den mächtigsten Fürsten Europa's selb- ständig und ausschlaggebend eingegriffen hatte. Der brandenburgische Staat, der noch während des SOjährisen Krieges sich an Macht und Bedeutung in

128 ni. 1660—16(34. -Mission Lisola's.

keinem Falle mit Baiern hatte messen können, den Vergleich mit Sachsen nur schwer hätte aushalten können, hatte sich unter der geschickten Leitung seines Fürsten als der mächtigste neben dem Oesterreichischen erwiesen, und dieser Fürst hatte damit die Berechtigung erlangt, die Fiihrerrolle unter den protestan- tischen Reichsständen und Berücksichtigung seitens der europäischen Mächte bei allen künftigen Ereignissen zu fordern. Dann aber kam hinzu, dass der gesicherte Besitz des Herzogthums Preussen Friedrich Wilhelm dem Reiche, insbesondere aber dessen Oberhaupte gegenüber eine wesentlich freiere, unab- hängigere Stellung gab. Denn wenn der Kurfürst von Brandenburg, so gross auch sein Einfluss im Reiche war. immerhin als Reichsstand dem Oberhaupte gewisse Rücksichten schuldete und genöthigt war, sich den von der Reichsver- sammlung gefassten Beschlüssen auch dann zu fügen, wenn dieselben nicht in jeder Hinsicht seinem Interesse entsprachen, so war ihm jetzt als Herzog von Preussen, als Herrscher eines von dem Reiche gänzlich unabhängigen Staates, die Möglichkeit geboten, nach seinem freien Belieben, unbekümmert um die In- teressen des Reiches, vorzugehen. Freilich so lagen die Verhältnisse nicht, dass er gleich von allem Anfange an jede Rücksicht auf seinen Verbündeten im nordischen Kriege und obersten Lehensherrn für die Reichslande hätte ausser Acht lassen dürfen. Bei der drohenden Haltung Schwedens, das dem Branden- burger unter allen Gegnern am meisten zürnte und nur die günstige Gelegen- heit abzuwarten schien, um denselben für seine Treulosigkeit zu züchtigen ; bei der Abneigung der Polen, die den Verlust der Souveränetät in Preussen nicht verschmerzen konnten und nur darauf aus waren, dem Kurfürsten den Besitz des neu erworbenen Landes zu verbittern; bei der Verstimmung, von der die herrschende Partei in Holland gegen den Kurfürsten erfüllt war, dem man die lange Verzögerung der Friedensverhandlungen Schuld gab; bei der wenig günstigen Stimmung, die am Hofe Ludwig XIV. über Friedrich Wilhelm herrschte, der sich auf das entschiedenste gegen die von Frankreich gewünschte Unter- ordnung gewehrt hatte und bei den heftigen Conflicten, in die Friedrich Wil- helm mit den Ständen im Osten und Westen sdnes Landes gerathen war, musste es -sielmehr eine Hauptaufgabe des Kurfürsten von Brandenburg sein, die guten Beziehungen zum Kaiserhause aufrecht zu erhalten. Und um so eher vermochte Friedrich Wilhelm dieses Ziel zu erreichen, als der Kaiser, ohne eine lebhafte Neigung für den Brandenburger zu fühlen, oder eine beträchtliche Ver- grösserung seines Einflusses zu wünschen, es als eine Nothwendigkeit erkannte, unter den gegebenen Verhältnissen die guten Beziehungen zum Nachbarstaate aufrecht zu erhalten. Man hatte w^ährend der nordischen Verwickelungen und gelegentlich der Kaiserwahl beobachten können, dass Friedrich Wilhelm durch- aus nicht gewillt war, sich in eine ähnliche Stellung drängen zu lassen, wie die seines Vaters in dessen letzten Lebensjahren gewesen war. Die selbstän- dige, den eigenen Vortheil in erster Linie berücksichtigende Politik Friedrich Wilhelms liess keinen Zweifel darüber aufkommen, dass nur bei steter Berück- sichtigung des brandenburgischen Sonderinteresses ein dauerndes gemeinsames Vorgehen des Wiener und Berliner Hofes werde möglich sein und dass der Kur- fürst keinen Augenblick zögern werde, in einem Conflicte seiner Pflichten als

Einleitung. 129

Reichsfürst und Landesherr, die ersteren hintanzusetzen. Man hatte aber zu gleicher Zeit Gelegenheit gehabt den Einfluss kennen zu lernen, den der Kur- fürst im Reiche und in Europa besass und zweifelte nicht daran, dass eine neuerliche Abwendung des Kurfürsten vom Reichsoberhaupte für diesen von den verderblichsten Folgen begleitet sein würde. Da nun die Wiener Regierung einerseits ein weiteres Wachsthum des bereits allzugrossen Einflusses des Kur- fürsten nicht wünschte, anderseits im wohlverstandenen eigenen Interesse Frie- drich Wilhelm nicht verletzen wollte, war ihr Bestreben dahin gerichtet, alles zu vermeiden, was eine neuerliche Stärkung der kurfürstlichen Autorität und Macht mit sich bringen musste, zugleich aber die äusserlich guten Beziehungen zum Nachbarstaate dahin auszunützen, um Friedrich Wilhelm bezüglich der vielen Fragen, deren Erledigung in Aussicht stand, für die Pläne des Kaisers zu gewinnen. Am besten gelang dies bezüglich der Reichsangelegenheiten. Der Kurfürst unterstützte allerdings erfolglos den Kaiser in dessen Be- mühungen die Verlegung des wider Wunsch in Frankfurt tagenden Deputations- tages nach Regensburg durchzusetzen ') und hat jede energische Förderung der Berufung des von der Opposition immer dringender geforderten Reichstages, obgleich er das Zusammentreten desselben wünschte und anderen Fürsten das Versprechen gegeben hatte, in diesem Sinne beim Kaiser zu wirken, unterlassen, sobald ihm Leopold seine Abneigung kundgethan und darauf hingewiesen hatte, dass er nach dem Abschlüsse der rheinischen Liga auf eine Oesterreich günstige Erledigung der Streitfragen durch die Reichsversammlung nicht rechnen könne. Und auch dann, als der Reichstag zusammengetreten war. zu dessen Ein- berufung Leopold erst nach langem Zögern und nachdem alle von ihm in Vor- schlag gebrachten Auswege seitens der an dem gefassten Entschlüsse starr fest- haltenden Opposition abgelehnt worden waren, unwillig seine Zustimmung ge- geben, zeigte sich Friedrich Wilhelm zur Billigung der kaiserlichen Forderungen geneigt.

Dieses gemeinsame Vorgehen der beiden Höfe in den Fragen der Reichs- politik hinderte aber nicht, dass unterdes sich bereits eine merkliche Aenderung in den beiderseitigen Beziehungen vollzogen hatte. Friedrich Wilhelm war nicht Mitglied des Rheinbundes geworden, als dieser durch die Verträge vom 14. und 15. August 1658 seine endgiltige Form erhielt. Sein feindseliges Verhalten gegen- über dem gleichfalls zum Eintritte eingeladenen Schwedenkönige, die enge Ver- bindung, die er mit dem Kaiser eingegangen, gegen den doch in erster Linie der Rheinbund gerichtet war, hatten den Kurfürsten, der sich Anfangs nicht ab- geneigt gezeigt hatte, dem Bunde beizutreten, bewogen, den rheinischen Alliirten den Rücken zu kehren und mit dem Kaiser gegen das Zustandekommen des geplanten Bündnisses zu wirken.

Je weniger aber im Verlaufe der nächsten Jahre das Vorgehen Oesterreichs seinen Erwartungen entsprach, je grösser die Gefahr wurde, die ihm von den

') Ueber diese Frage der Translation der Frankfurter Reichsdeputation vergl. S. Grössler, Der Streit um die Translation der Frankfurter Ordinari-Reichsdeputation 1658 1661; über Brandenburgs Haltung speciell Urk. u. Act. XI. lOff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV.

130 ni. 1660-1664. Mission Lisola's.

mit Schweden verbündeten Rheinbundfürsten drohte, desto wunschenswerther schien es Friedrich Wilhelm sich durch den Eintritt in den Bund gegen die Uebergriffe einzelner Mitglieder desselben zu schützen. Noch während des nor- dischen Krieges war ihm ein dahin zielender Vorschlag seitens der braunschwei- gischen Fürsten gemacht worden'), und er hatte denselben nicht sogleich und unbedingt, oder aus principiellen Gründen, sondern erst dann zurück gewiesen, als der Kaiser sich entschieden gegen diesen Vorschlag ausgesprochen und die von dem Kurfürsten zu Gunsten desselben geltend gemachten Gründe widerlegt hatte. Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass Friedrich Wilhelm, als nach dem Abschlüsse des Friedens von Oliva die braunschweigischen Fürsten und später Frankreich ihn von neuem zum Eintritte in den Rheinbund zu bewegen suchten"^), sich schliesslich bereit erklärte, Verhandlungen über diesen Punkt zu führen und gegen Ende des Jahres 1662, als er der Hülfe Ludwig XIV. im Hinblicke auf die ihm in Polen, in Preussen und in seinen Avestlichen Besitzungen bereiteten Schwierigkeiten dringend bedurfte, sich dazu verstand, seinen Eintritt in die rheinische Liga zu versprechen, falls ihm die Auslassung der gegen ihn gerichteten Artikel des Allianzvertrages zugesagt und die Verhandlung mit den einzelnen Mitgliedern des Bundes vor seinem Eintritte gestattet werde. Am Wiener Hofe rief die Nachricht von diesem Schritte des Kurfürsten grosse Bestürzung her- vor. Man wusste daselbst, dass Franzosen, Schweden und die französische Partei in Polen alles aufbieten würden, den Kurfürsten zu gewinnen, um an demselben nicht nur in den Reichsangelegenheiten, sondern auch in der polnischen Suc- cessionsfrage eine bedeutende Stütze zu finden ; man wusste daselbst auch, dass die Furcht vor feindlichem Eingriffe der Franzosen und Schweden in die zwischen dem Kurfürsten und seinen Ständen im Westen und Osten seiner Be- sitzungen bestehenden Conflicte im Falle der Weigerung, die Hoffnung auf Unterstützung im Falle der Zusage in den Rheinbund eintreten zu wollen, den Kurfürsten in erster Linie für den Plan des Anschlusses an Oesterreichs Gegner gewinnen könnten. Diesen Wechsel der brandenburgischen Politik zu verhindern war aber ein um so dringenderes Bedürfnis für den Wiener Hof, als derselbe die Unterstützung des Kurfürsten nicht allein bei eventuellen Conflicten mit Frankreich und Schweden, wie in der polnischen Successionsfrage nicht ent- behren konnte, sondern in diesem Momente die energische Antheilnahme des Brandenburgers an dem Kampfe gegen den Erbfeind wünschte. Zu einer solchen hatte sich aber Friedrich Wilhelm noch nicht verstehen wollen, obgleich er schon zu Beginn des Jahres 1661 dem kaiserlichen Gesandten CoUalto gegen- über seine Bereitwilligkeit kundgethan hatte, des Kaisers Pläne in Ungarn zu fördern^) und obgleich er später, als das geplante Unternehmen nicht an seiner, sondern seiner Mitkurfürsten ablehnender Haltung scheiterte und Leopold sich zur Berufung des Reichstages entschliessen musste, die Forderungen des Kaisers

') Vergl. über diese Verhandlungen Köcher, A., Geschichte von Hannover und Braunschweig L 283 flf.

-) Versl. ürk. u. Act. IL 243 if.: IX. 599 ff. 3) Puf. 1. c. IX. 77: Urk. n. Act. XI 288.

Einleitung. 131

in lebhaftester Weise unterstützt hatte. Denn er selbst wollte zu dieser von dem Reiche zu gewährenden Hilfeleistung gegen den Erbfeind nichts beitragen und bedang sich ganz ausdrücklich als Lohn für die Förderung der kaiser- lichen Pläne aus, seinerseits von jeder Verpflichtung ledig erklärt zu wer- den'). Je näher nun die Entscheidung rückte, je aussichtsloser die zwischen dem Kaiser und den Türken geführten Verhandlungen wurden, desto drin- gender wurde bei der geringen Hilfeleistung die das Reich als solches ge- währte, das Bedürfnis des Wiener Hofes, sich eine bedeutende Unterstützung des Brandenburgers zu sichern, schon darum, damit nicht der Kurfürst statt an dem Kampfe gegen den Erbfeind des christlichen Glaubens theilzunehmen, die Abwesenheit der kaiserlichen Truppen zu feindlichem Eindringen in die Erblande benütze, eine Furcht, die, obgleich unbegründet, nicht wenig zur energischen Inangriffnahme der Verhandlungen beitrug. Denn während noch zu Regensburg über die Türkenhilfe berathen wurde, erschien am Hofe Frie- drich Wilhelms, der ihm durch seinen Aufenthalt in den Jahren 1657 und 1658 wohlbekannte Franz von Lisola, mit der Absicht, den Kurfürsten nicht allein zur Unterstützung des Kaisers in Ungarn zu bestimmen, sondern auch von dem Anschlüsse an die Rheinbundfürsten abzuhalten. Ueber den Aufenthalt dieses ausgezeichneten Diplomaten am Hofe des Kurfürsten, wie über die Österreich- brandenburgischen Beziehungen dieser Zeit überhaupt sind zahlreiche Acten bereits im 11. Bande der „Acten und Urkunden" mitgetheilt worden'^). Trotz- dem dürften die im Nachfolgenden publicirten Berichte Lisola's, die leider nur einen Theil seiner Avirklich geführten Correspondenz bilden, eine wünschens- werthe Ergänzung des über diese Zeit bereits Bekannten bieten. Dieselben reihen sich würdig den vielen Documenten an, die Lisola seiner Regierung in der Zeit des nordischen Krieges zugehen Hess. Auch bei dieser Gelegenheit hat sich Lisola als der weitblickende, die grossen Verhältnisse niemals aus den Augen verlierende Staatsmann , als scharfer Denker und Beobachter be- währt. Ein Muster einer Denkschrift wird man ohne Zweifel sein zur Infor- mation der Wiener Regierung im Frühjahre 1663 verfasstes Memorial nennen dürfen. Wie richtig ist, was er in dieser Schrift über die Stellung Friedrich Wilhelms und über die von den verschiedenen Mächten aufgewendeten Be- mühungen mittheilt, denselben zu gewinnen, wie weise versteht er es aus der ihm zur Verfügung stehenden Fülle von Daten, jene auszuwählen, welche die von ihm zu vertretende Ansicht zu begründen geeignet sind. Wie deutlich weiss er die Verhältnisse klar zu machen, unter denen der Kurfürst zum Anschlüsse an Habsburgs Gegner bewogen werden könnte, die Gefahren zu be- tonen, die aus dem Wechsel der brandenburgischen Politik für die AViener Re- gierung erwachsen müssten, die Mittel anzugeben, durch die es gelingen könnte, den Kurfürsten für die Sache des Kaisers zu gewinnen. Denn von der Noth- wendigkeit, den gänzlichen Abbruch der österreich-brandenburgischen Beziehungen zu vermeiden, war Lisola vollkommen durchdrungen. Auf das deutlichste tritt

1) Vergl. Urk. u. Act. XI. 291 ff. '-*) XI. 290 ff.

9*

132 HI. 1660—1664. Mission Lisola's.

auch bei dieser Gelegenheit der Gegensatz seiner auf das wesentliche gerichteten und der kleinlichen, engherzigen Politik der leitenden Minister am Kaiserhofe hervor. Obgleich durchaus kein Freund Friedrich Wilhelms, dem er schon als eifriger Katholik ferne stand und über dessen ehrgeizige Pläne er keinen Augen- blick im Unklaren war, trat Lisola in seinen Berichten auf das entschiedenste für die Befriedigung des Kurfürsten, insbesondere für die Beilegung der jägern- dorfischen Streitfrage ein. Er wusste eben, dass für eine erwünschte Austra- gung der vielen Conflicte, in welche die Wiener Regierung dieser Tage mit den verschiedenen Mächten des Ostens und Westens gerathen war, ein gemeinsames Vorgehen des Kurfürsten von Brandenburg und des Kaisers unerlässlich sei und er zweifelte keinen Augenblick daran, dass nur durch ein ziemlich weitgehen- des Entgegenkommen des Wiener Hofes, durch die Förderung des brandenbur- gischen Sonderinteresses, Friedrich Wilhelm bewogen werden könnte, die grossen Vortheile, die ihm beim Anschlüsse an Oesterreichs Gegner winkten, auszu- schlagen und sich in allen strittigen Dingen für den Kaiser zu erklären. Allein am Wiener Hofe war man durchaus nicht gewillt, die Freundschaft des Kur- fürsten von Brandenburg mit dem Verzichte auf Jägerndorf zu bezahlen. Man wünschte zwar den Kurfürsten von dem Eintritte in den Rheinbund abzuhalten, ihn zu energischer Unterstützung des Kaisers gegen die Türken, zur Förderung der Pläne Oesterreichs in Polen zu vermögen; aber man dachte dies auch ohne Berücksichtigung der kurfürstlichen Forderungen erreichen zu können und blieb so oft und dringend auch Lisola die Beilegung der jägerndorfischen Streitfrage forderte und so unermüdlich er in der Erfindung neuer Auswege war, stets dabei, unter den gegebenen Verhältnissen nicht einmal die bereits vor Jahren versprochenen 180 000 Thaler momentan erlegen zu können. Kein Wunder, dass unter solchen Umständen die Bemühungen Lisola's nicht in allen Stücken von Erfolg begleitet waren. Wohl gelang es ihm, Friedrich Wilhelm zur Sen- dung von 1000 Mann zu Fuss und einer ebensolchen Anzahl Reiter nach Un- garn zu vermögen, aber er musste sich dazu bequemen, die Erhaltung dieser Truppen durch den Kaiser zuzugestehen und es gutheissen, wenn Friedrich Wilhelm mit Rücksicht auf diese Hilfe jeden Beitrag zur Ausrüstung und Er- haltung des von Reichswegen bestimmten Contingentes ablehnte. Ja er konnte auch nicht hindern, dass Friedrich Wilhelm, durch die Zurückhaltung des Kai- sers in seiner längst gefassten Meinung von der Misgunst der Wiener Re- gierung und der Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen von dieser Seite her Unterstützung seiner auf Mehrung seines Einflusses gerichteten Pläne zu erlangen, bestärkt, sich Oesterreichs Gegnern näherte, sich zum Eintritt in den Rheinbund verpflichtete, mit dem Könige von Frankreich das zu Beginn des Jahres 1656 geschlossene Defensivbündnis auf 6 Jahre erneuerte ') und nach einer Einigung mit Schweden suchte-). Die im Nachfolgenden mitgetheilten Berichte verdeut- lichen die Haltung, die Lisola all diesen und den übrigen Fragen gegenüber

^) Vertrag von 6. März 1664; Mörner 1. c. 258.

-) Für die brandenburg-schwedischen Beziehungen dieser Zeit Urk. und Acten IX. 729 ff.

Einleitung. 133

beobachtete, die in jener Zeit am Berliner Hofe zur Sprache kamen. Sie zei- gen, dass er über den jeweiligen Stand der Angelegenheiten auf das genaueste unterrichtet war, sich über die Pläne der einzelnen Staaten und ihrer Vertreter am kurfürstlichen Hofe ein richtiges Urtheil gebildet und seiner Regierung mit nicht genug zu rühmenden Freimute die verderblichen Folgen ihrer zögernden Politik vorgehalten hat.

Von besonderem Interesse ist der unverkennbare Wechsel in dem Urtheile Lisola's über des Kurfürsten geistige Begabung. Während er im Jahre 1657 ein nicht allzu günstiges Urtheil über die Befähigung Friedrich Wilhelms gefällt hatte und ein gewisses Misverhältnis zwischen Wollen und Können als characteristisch hervorheben zu müssen glaubte^), wird er jetzt nicht müde, die aussergewöhnliche Umsicht und staunenswerthe Arbeitskraft dieses geistig hoch- stehenden Fürsten zn betonen-). Er hatte eben Gelegenheit gehabt den Kur- fürsten näher kennen zu lernen und einzusehen, dass er sich getäuscht, als er die kurfürstliche Politik im nordischen Kriege für eine haltlose erklärt hatte, während das fortwährende Schwanken des Kurfürsten und der Wechsel der Allianzen nur darauf berechnet gewesen war, dem vom Anfange an in's Auge gefassten Ziele näher zu kommen.

^) Bericht Lisola's vom 13. Jan. 1657 d. d. Braunsberg (Berichte Lisola's 225). Caeterum, ut electori non sublime Ingenium, ita nee infimi ordinis, vagum tarnen ac nutans, nee satis tenax propositi, facile aulicorum artibus patens, magna spirans, nihil modice appetens, sed nondiu famam generositatis aifectans ac näaitialis indülis_

-) Bericht Lisola's vom 30. Nov. 1663. iliror istum Electorem, qui in deliciis habet longas relationes cum minutissimis circumstantiis et hoc expresse ministris suis demandat, omnia legit, resolvit, expedit; ad omuia respondet, combinat unam cum alia et nil negligit.

III. 1660—1664.

Mission Lisola's.

Memorial Lisola's; vor April 1663, (Or.)

[Gesinnung des Kurfürsten von Brandenburg. Bemühungen der verschiedenen ilächte, insbesondere Frankreichs, Brandenburg zu gewinnen. Gründe für Brandenburg sich Frankreich anzuschliessen. Die aus einer Verbindung Brandenburgs mit Frankreich zu befürchtenden Gefahren. Aufgaben der nach Berlin bestimmten Gesandtschaft. In- struction für diese Gesandtschaft. Mittel, den Kurfürsten für die Sache des Kaisers zu gewinnen. Des Kaisers Mediation in der Streitfrage Brandenburgs mit Neuburg. Vermittelung der Polen. Vortheile dieser Vermittelung. Vorschläge Lisola's bezüglich derselben. Bedeutung der Intervention der Prinzessin von Oranien. Mittel diese zu erlangen. Anerbieten der Unterstützung des Kurfürsten durch den Kaiser gegen alle Feinde. Jägerndorf. Behandlung der Acatholiken in Oesterreich. Nothwendigkeit den Fürsten von Anhalt zu gewinnen. Bedeutung der Unterstützung der österreichi- schen Pläne bei Brandenburg durch Sachsen. Mittheilungen über den Stand des

Türkenkrieges.]

Summe timeadum est, ne consilia Ser"'. Braii'^'. Electoris conver- tendi se ad Galliam altiores egerint radices, /juara ut evelli possint, ac ulterius extendantur, quam extrinsecus apparent. Jam pridem enim subolfeci, quod omnes Gallorum, Suecorum et aulae Polonicae artes eo collimare viderentur, ut illum qua lautis oblationibus, qua aliis artificiis ad partes suas allicerent, ex quo maxima, non in imperio solum, sed praecipue in rebus polonicis, sperari possunt emolumenta.

Ideoque supponendum est, ipsos nihil ex parte sua omissuros, ut propositiones Electoris tarn Parisiis quam Koloniae suum sortiantur effe- ctum'). Coniicere etiam licet, quod non nudis Electoris oblationibus am-

') In Paris verhandelte Christof Caspar v. Blumenthal für den Kurfürsten; vergl. Puf. 1. c. IX. 56 ff.; Urk. u. Act. IL 278: IX. 616 ff.

GesiDüuug Friedrich Wilhelms. Fraulireichs Bemühungen denselben zu gewinnen. 135

plectandi Rhenani foederis acquiesceut'), sed quod omuem operam sint adhibituri, ut illum totaliter illaqueent et ante omnia avellant ab ami- citia Austriaca; ac licet mihi persuadeam, ipsiim non nitro nee tarn fa- cile passurum se eo deduci, nihilominus ubi semel in primum gradum impegerit, nee retrocedendi facilitas competet, nee quidquam libere dene- gandi, ideo metuendum est, ne eadem motiva, quae illum eo usque de- duxerunt, ut nitro subscriptioni foederis annueret, illum ex necessaria connexione impellant, ut se totum Gallis mancipet, ne post offensos Austriacos Gallis etiam fiat exosus.

Haec autem motiva (quantum ex perspecta eins politica ratione coniicere licet) ex duobus promanare videntur fontibus, quibus hominum mentes plerumque moveri solent, spe videlicet et metu.

Metus quidem aemulationis Neoburgicae ^), quem Gallis charuni videt, et in illorum amicitia spes suas fundantem, tentatio est cadens in con- stantem; veretur quippe, ne si se illis nimis refractarium exhibeat ac Austriacis pertinaciter adhaerentem, Galli hunc ipsius aemulum extollant, quem ipsi obiicere possint, eumque in causa Juliacensi armis et authori- tate sua protegant, dum ipse Interim auxiliis vel protectione Austriaca lente, parce aut praepostere inefficaciter fulcietur.

Idem metus illum urget circa res Prussicas, ne artibus Suecorum et Gallicae in Polonia factionis concitentur in ipsum subditi, et inter civiles motus provincia sua exuatur, haud ignarus, quanti Suecis referat illam sibi .addicere ^). Cum itaque se inermem videat ac Suecos in dies armari, iuste metuit vicinos uudequaque ditionibus suis imminentes^) nondum obliterata practeritarum ott'ensionum materia, armis vero Austria- cis aut bello Lusitanico implicitis aut Turcarum periculo nondum solutis.

Videt praeterea promissas ipsi et nitro oblatas ab aula Hispanica pensiones executioni non demandari, ex quibus militem colligere destina- verat, quo inter tot pericula constitutus securitati suae consuleret*).

0 lieber die Beziehungen Brandenburgs zur rheinischen Allianz, Urk. u. Act. XI. 437 ff.; IL 243 ff.; IX. 599 ff.; üroysen 1. c. III. 3 53.

2) üeber die Beziehungen Brandenburgs zu Neuburg Urk. u. Act. XI. 485 ff. und die dort verzeichnete Literatur.

^) Ueber die Beziehungen des Kurfürsten zum Herzogthume Preussen in dieser Zeit Urk. u. Act. IX. 310 ff.: Droysen 1. c. IIL2 517 ff.

■•) Ueber die brandenburg-schwedischen Beziehungen disser Zeit Urk. u. Act. IX. 729 ff.

'") Philipp IV. hatte dem Kurfürsten versprochen, ihm, solange er das Bündnis mit dem Kaiser aufrecht erhalte, eine jährliche Subsidie von 100 000 Thalern zu

136 III- 1660— 1G64. Mission Lisola's.

Ex adverso vero magni ipsi apparent ex parte Galliae spei montes; 1°. quod Galliae accedendo securus sit a Neoburgico, imo et forte su- perior, cum multa sint, quae Galliam movere debent, ut illum Neobur- gico praeferat; securum quoque se credet hoc pacto a Suecis et aula Polonica sicque Pruthenicos subditos absque ullo prorsus obstaculo ad nutum suum rediget; accedet forte etiam spes promovendi filii ad suc- cessionera Polonicam mediante matrimonio cum Reginae nepte '), quem in finem iam misisse dicitur in Angliam, ut regis mentem eliceret, an consultum censeret, ut ad adipiscendum hoc regnum filium suum initiari pateretur fidei catholicae, cui propositioni annuisse fertur rex Angliae '■*).

Supponendum est autera, quod arctissima inter regem Angliae, Do- mum Auraicam et Brandenburgicam intercedat unio^), Electorem vero ex innato genii sui instinctu ad magna ferri, et aliquid supra sortem spirare.

Oblata etiam ipsi forte fuit esca Elbingae, quae licet ipsi in trac- tatu Velaviensi promissa*), Gallicae tamen in Polonia factionis et Sue- corum artibus ipsi hactenus denegata fuit^).

Nee deerunt ex parte Gallorum promissa pecuniaria, tam Ser™". Electori quam primariis eius ministris, nee probabile est, ipsos in re tanta sumptibus parcituros.

Damna inde metuenda haud facile possunt exprimi; hoc enim magnum intentioni Gallicae in Polonia poudus adiiciet, hoc aditum pate- feciet Suecis et Gallis, ut qua terra qua mari copias immittere possint

zahlen, la Fuente aber, der die Zahlung leisten sollte, hatte dies nicht gethan. Vergl. für diese Angelegenheit und die im Jahre 1663 und 1664 darüber geführten Verhandlungen Urk. u. Act. XL 298 Anm.f., 322 ff.; IX. 569 ff.

^) Gemeint ist Anna Henriette, die Tochter des Pfalzgrafen Eduard, die am 11. Dec. 1663 den Prinzen Heinrich Julius von Conde geheirathet hat.

-) Brandenburgs Vertreter in England war damals Christof Brandt; vergl. seine Correspondenz ürk. u. Act. IX. 693 ff.

^) Mit Karl II. von England hatte Friedrich Wilhelm bereits am 20. Juli 1661 ein Defensivbündnis auf 10 Jahre geschlossen; vergl. Dumout 1 c. VI.« 364 ff.; Mörner 1. c. 254ff. ; über die Beziehungen Brandenburgs zu England und zu dem Hause Oranien vergl. Urk. u. Act. IX. 468 ff.

•*) Vergl. die Ratification des Wehlauer Vertrages durch den König von Polen, bei welcher Gelegenheit der König dem Kurfürsten wegen der Waffenvereinigung die Stadt Elbing sammt Territorium mit vollem Hoheitsrechte abtritt und bestimmt, dass dieselbe, sobald sie den Schweden entrissen, dem Kurfürsten übergeben werden solle; Mörner 1. c. 226.

=) Vergl. über die von Brandenburg in dieser Sache geführten Verhandlungen Urk. u. Act. IX. 7 7 ff.

Aufgabe der nach Berlin bestimmten kaiserlichen Gesandtschaft. 137

in Poloniam, quibus nunc vel tempore interregni res misceant, hoc Aug.™^® Domus Austriacae amicos summopere consternabit ac Gallicae factionis famam plurimum augebit in imperio. In primis verendura est, ne hoc exemplum Ser""™. Electorem Saxoniae') et Heidelbergensem^) in transversum agat, sicque totum electorale collegium transeat ad Gal- los, ideoque niilla cura ommittenda videtur, ut haec mala praeverti possint, aut saltem mitigari.

Commissio, quam S. C. M*"^ ad Ser"'"". Electorem Brand""", desti- nare decrevit, ad hos potissimum fmes institui posse videretur: 1°. Ut ggj.mus Elector penitus abstrahatur a consiliis Galileis et Suecicis.

2°. Si a foedere Rhenano diverti nequeat, saltem retineatur, ne in totum transeat ad Gallos et Suecos, aut foederibus Austriacis renuntiet et aliquid cum aemulis nostris in perniciem nostram moliatur. 3°. Ut saltem expiscemur, quo tendat, et quorsum, ac quousque feratur.

Primum quidem arduum erit, cum res non sit amplius integra, nee liberum videatur Electori post oblatam foederis admissionem retrocedere, cum praesertim negotium ipsi sit cum potentioribus, quibus in promptu vindicta est.

Quia tarnen multa Parisiis intercedere poterunt cum Blumendalio''), quae tractatus suspendant, aut irritent, aut difficiliores reddant, ideo non abs re erit invigilare occasionibus iisque iuxta rei exigentiam dex- tre uti.

Rationes, quibus demonstrari potest, non esse e re ipsius, ut Rhe- nanum foedus admittat, variae sunt et satis plausibiles, quas hie recen- sere longum foret, cum praesertim nun in illis positum sit negociationis fundamentum, sed totus difficultatis nodus in eo praecipue consistat, ut radicem mali recta petamus, et motiva, quae praefatum Electorem invitum forsan ad illud foedus impellunt, praescindamus, ad quod se- quentia adhiberi possent media.

Primo ut S. C. M'^^ omnem operam adhibeat conciliandae con- troversiae inter Brand""", et Neoburgicum seque illius mediatorem reddat, quo pacto pulcherrimam habebit occasionem utrumque sibi de-

') Johann Georg 11. lieber seine Beziehungen zu Frankreich Heibig, Die diplo- matischen Beziehungen Joh. Georg II. von Sachsen zu Frankreich. Arch. f. sächsische Gesch. I. Bd. Neuestens M. Auerbach's Diplomatie fran^aise et la cour de Saxe de 1648—1680. Paris 1887.

^) Karl Ludwig.

3) Ueber Blumentbals Verhandlungen in Paris ürk. u. Act. IX. 616 ff. ; Puf. 1. c. IX. 56 ff.

138 III. 1660-1664. Mission Lisolas.

vinciendi et sensim a Gallis avellendi; .sicut enim hodie metus Neobur- gici Brand""^. impellit in Gallicas partes, ne ipsius aemulus a Gallis contra ipsum adiuvetur, ita ante sex annos Neoburgicus cernens uuionem Brandenburgici nobiscum ad Gallos se convertit, ut ab illis protegeretur, unde facile apparet, hanc aemulationem in solam Aug""'^ Domus perni- ciem et Gallorum utilitatem redundare et utrumque reddere a Gallis dependentem; ideoqne maximae industriae foret tanti mali scaturiginem obstruere.

Circa quod coniicere licet Gallos eo collimaluros, ut illius arbitrium controversiae sibi vindicent, quodque illam tandiu suspensam tenebunt, prout rebus suis expedire videbitur, modo unum modo alterum spe lac- tantes et utrumque sibi eo nomine obnoxium reddentes.

Ut autem S. C. M'^^ huic negotio efficaciter intercedere possit, expedire videretur, ut minister Caesareus illuc mittendus , per vias indirectas pertentaret mentem Electoris, an ad compositionem rae- diante Caesare inclinaret, ad quod illum antehac valde propensum ani- madverti ; si vero constiterit illum in eadem intentione perseverare, tunc minister Caesareus oblata vel quaesita occasione dextre ipsi insinuare poterit, S^". C''^'". M'^™. non solum e bono et tranquillitate imperii, sed e privata etiam ipsius Electoris rationc arbitrari, ut dissidium illud amicabili aliqua compositione sopiatur, quo durante nunquam ipsi tuta quies aut securitas, sed pericula continua, metus, diffidentiae, importuni respectus, et necessitas alendi continuo militis ipsi continuo impende- bunt, nee defuturos unquam, qui aut specie consanguinitatis aut foederis aut protectiouis ex iis scintillis flammas eruant alantque incendium; sublato vero hoc impedimento Electorem fore omnino liberum in suis operationibus, nee ullis amplius respectibus impeditum iri, quin ea con- silia, quae propriam et imperii dignitatem concernent, tuto sectari possit ; nee deerunt aliae rationes efficacissimae, quibus ipsi demonstretur, hanc propositionem esse ipsi summe conducibilem.

Si eo adduci posset, ut interpositionem quoad hoc Caesareara ad- mittat, multa inde eliciemus commoda; 1°. hoc creabit inter ipsum et Gallos diffidentiae principium, 2°. hoc sistet aut suspendet tractatus Galileos cum ipso; 3'°. hoc praeripiet occasionem regi Galliarum deri- vandi in se arbitrium illius negotii: 4°. per hoc extolletur S'*^. C^'-"^. M*'*. fama et cura ipsius, et vigilantia in rebus imperii promovendis luculenter apparebit, quod summe interest, maxime hoc tempore, ne, si remissiores in rebus, quae ad Imperium spectant, videamur, Gallus inde occasionem

Notbwendi>,'keit Friedrich Wilhelm zu gewinnen. Daraus erwachsende Vortheile. 139

ariipiat iisdem se immiscendi; 5". haec sollicitudo binis titulis spectat ad S-'"". 0'^='™. M'<^°\; 1". ratione imperatorii muneris; 2". quod in no- vissimo tractatu, qui inter praefatum Electorem et ducein Neoburgicum anno 1652 intercessit ^), S. C. M^^ gloriosissimae memoriae, non media- toris solum, sed evictoris officium sustinuit; 6°. constat mihi ex authen- ticis informationibus, quod dux Neoburgicus hanc conventionem summe disideret et quod haec sit tutissima et fere unica via, qua ilkim a Gallis possimus avellere.

Si 8°""^ Elector hanc propositionem approbaret, illico eadera me- thodo pertentari poterit dux Neoburgicus; si propositionem amplectatur, tunc S. C. M''^ aditum habebit apertum, quo utrumque sibi devinciat, si vero illam repudiaverit, hoc Electorem magis reddet ab ipso et Gallis alienum, interea vero non deerunt modi, quibus dextre disponi possit Neoburgicus ad nostras intentiones.

Quia vero ex certis relationibus mihi constat, ducem Neoburgicum summam concepisse diffidentiam de negociatione Brand''' apud Gallos, non abs re fore videretur, clam per vias indirectas ipsi cumulare suspi- ciones et ob oculos ponere omnia pericula et damna, quae ex coniunc- tione Brand*"', cum Gallis possunt in domum Neoburgicam redundare, tarn ratione controversiae Juliaceusis quam successionis Polonicae alia- rumque praeeminentiarum, ad quas Neoburgica domus aspirare posset^); cum certum sit, Electorem Brandenburgicum, ubi Gallis accesserit, sem- per ab Ulis praelatum iri Neoburgico, utpote magis necessarium, tarn intuitu dignitatis electoralis, quum Prussiae Ducalis et portuum in mari balthico et quanto magis Elector erit Gallis commendabilis, tanto Neo- burgicus apud ipsos vilescet, quod si dextre apud Neoburgicum agitetur per non suspectas personas, varia inde elicieraus comraoda; 1°. quod a Gallis recedere cogetur et ad nos se convertere; 2°. eo avidius recon- ciliationem quaeret cum Electore, quo magis metuet se a Gallis postha- bitum iri; 3°. hoc impediet, ne Gallus utrumque vana spe lactando reddat se arbitrum negotii, quod unice videtur intendere; 4°. hoc mo- vebit Neoburgicum, ut ipsemet per suos in Gallia confidentes inturbi- det tractatus Brand'^°^ in aula Gallica.

') Gemeint sind die Verhandlungen der kaiserlichen Commissäre Hatzfeld und Anetban, die den Abschluss des Vertrags vom 11. October 1651 herbeiführten (vergl. weiter oben p. 50ff.): das im Texte angegebene 1652 ist wohl nur ein Schreibfehler.

^) Ueber des Neuburgers Pläne in Polen, vergl. Krebs Oskar, Vorgeschichte und Ausgang der polnischen Königswahl im Jahre 1669, Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen III. Bd. 151 ff.

140 in. 16G0— 1(jG4. Mission Lisola's.

Alius mudus haud ineficax Electoris a Gallia avertendi est raedi- antibus Polonis, praesertim procancellario Lezinsky '), qui maxima apud ipsum pollet authoritate; quem in finem summe conducibile ceiiserem procurare, iit praefatus procancellarius vel conferat se ad Electorem (prout non ita pridem meditabatur), vel per litteras ipsi fortiter in- culcet, quod solus rumor de Blumendalii missione in Galliam Polonorum aiiimos ab Electore pluriraum alicnaverit. adeo enim exosum esse apud nobilitatem polonicam Gallicum nomen, ut Elector ipsis aecedere non possit, quin pristina cum Polonis confidentia statim excidat, aliaque id genus, quae praememoratus procancellarius tanquam zelo electoralis com- modi impulsus dextre iniiciet, ex quibus agnoscat, hanc viam esse Ele- ctoris intentionibus laethalem; quin potius, si ad coronam pol^^"". aspiret, quaerendam ipsi esse Austriacorum amicitiam, qui quantum in exclu- dendis Gallis potuerint abunde patefecerunt^); Polonos enim ita esse constitutos, ut licet in Austriacum successorem non sint facile consen- suri, talem tamen cupiunt, qui Austriacis acceptus sit, et in eo situm arbitrantur fundamentum tranquillitatis reipublicae suae ; haec si vel voce vel scripto serio per Lezenskium Electori proponantur. certo mihi constat non parum profutura.

Ut autem Elector tanto evidentius agnoscat, quid in Polonia possi- mus, summe necessarium videtur, si unquam alias, nunc vel maxime sedulo excolere factionem nostram, ac praesertim praefatum procancella- rium quantum fieri poterit contentum reddere: cum autem ipse recenter mihi significavit operae pretium fore, ut arcanum mecum ineat collo- quium, S. C. M*'^ iudicio humillime submitto, an non expediret me in transitu cum ipso cougredi in confiniis Silesiae, ubi locum iam elegiraus tutissimum ac secretissimum, quo remotis indicibus et citra omue suspi- cionis periculum convenire licebit, quo pacto intima quaeque rerum Po- lonicalium perscrutari et ulteriora in futurum cousilia capessere poteri- mus, et supramemoratam apud Electorem mediante procau^°. adornare machinam.

Experientia etiam didisci, valde ad nostros fines profuturum, si principissam Auraicam^) mediante legato Hispanico*) et ablegato Caes°.

^) Jobann Lesczynski; vergl. über ihn Urk. u. Act. IX. 26 Anm.

2) Es war vornehmlich dem österreichischen Einflüsse zuzuschreiben, class im Jahre 1663 durch ein Reichsgesetz die Frankreichs Pläne durchkreuzende Bestimmung getroffen wurde, dass von der Wahl des Nachfolgers bei Lebzeiten Johann Casimirs nicht geredet werden solle; Krebs 1. c. 166.

3) Amalie von Oranien, Schwiegermutter Friedrich Wilhelms. *) Don Estevan de Gamarra.

Einwirkting der Prinzessin von Oranien und Lesczynski's. 141

in Hollandia') commorante posseraus inducere, ut Electorem aut abstra- hat a cousiliis Galileis aut saltem retineat in amicitia et foedere Caes°. ; ad quod validissimae ipsi suggeri poterunt rationes, ut illa principissa agnoscat totius domus Auraicae plurimum Interesse, ne Ser"'"'. Elector Gallis se mancipet et accessione sua illam potentiam augeat, quam maxime debent formidare, cum aliae Galloram intentiones et ratio Status omnino requirant, ut domus Auralca vel omnino deprlmatur in Hollandia, vel saltem non resurgat ad pristinum authoritatis fastigiuin: vereri enim debet, ne si iuvenis princeps Auraicus ^) avitam potestatem et dignitatem retineret apud Status, tunc domus Auraica Angliae regis viribus suffulta formidandam erigeret potentiam, quae Galliae oculos perstringeret et Status unitos taudem e republica in monarchiam traducere posset, quod Galliae non expedit, quae sub statu reipublicae facilius introducere pot- est factiones suas, quam si unius imperio provinciae illae regerentur. Ideo ratio domus Auraicae exigit, ut Galliam respiciat tanquam incre- mentis suis oppositam, expedit etiam eidem domui, ne Gallos sinat in imperio praevalere aut Rlieno dominari, per quod tarn ipsi quam Status Hollandiae undequaque obsiderentur a Gallis et precario vivere cogoren- tur; ideoque accessio Elect'^ Brand'^'. ad Gallos laethale infligeret vulims tarn domui Auraicae quam securitati statuum Belgii unitorum.

Ad causam vero Juliacensem quod attinet, periculosum fore, si Elector illam commiteret arbitrio regis Gallici, qui sub illo praetextu piscari posset in turbido et controversas ditiones tanquam in sequestrum occupare, cum nihil magis Gallorum intersit in praesenti rerum statu, quam ut in ripa belgica Rheni pedem figant, prout iam in Germanica per Brisakum et Philisburgum solide fixerunt.

Haec aliaque quam pkirima tarn ipsi Principissae quam suprame- moratis ministris notissima magnam vim habere poterunt, si dextre ipsi pro re uata representari curentur^).

') Friquet Johann.

"-) Wilhelm.

^) üeber die Verhandlungen Friquets mit Amalie von Oranien ürk. u. Act. XI. 490ff.: Puf. 1. c. IX. 71 ff.; in einem Schreiben d.d. Haag 29. März 1663 Aut. be- richtet Friquet ; „Ritorno adesso di casa della Sigi^a principessa d'üranges, la quäle m'haveva fatto dire, che desiderava di parlarmi inanzi ch'io mandassi le raie lettere alla posta. La sostanza de'suoi discorsi consiste in questo punto, che puo essere che Felettore di Brandenburg si contentera d'entrare nella lega, per opporsi alle negocia- tioni secrete del Duca di Neuburg, che non passera piü avanti et in particolare che non fara cosa nissuna, che Toblighi a separarsi da. S. M., o vero ä romper il trattato nell'osservauza del quäle egli fonda la sicurezza e conservatione de'suoi stati.

142 in. 1660— 16G4. Mission Lisola's.

4"". modus est, ut, qui a S. C. M'^ destinabitur ad Electorem, possit ipsum plene ccrtum reddere de protectioue Caes'*. contra quoscuuque neu solum per viam iuris sed etiam de realibus auxiliis, quoties necessitas postulaverit iuxta pacta publica et privata; quod eurn in finem S. C. M'ä*. deliberaverit omnibus modis expedire se a bello Turcico, ut eius arma libera sint, quibus foederatis, quoties opus fuerit, adsistat; esse in praesens S. C. M''. veteranum militem sub signis, et si ab amicis non deseratur, non esse, quod simul iuncti cuiusquam potentiam metuant, secus vero, si dividamur, omnes seorsim perituros.

Quod si duriorem in desideriis nostris experiemur Electorem, non abs re fore videretur, ipsi vel eius saltem ministris dextre subindicare, quod S. C. M'^^ Electoris amicitiam tanti faciat, ut pro ea acquirenda non tirauerit ducem Neoburgicum alienare, et omnibus constet, nuilam aliam rationem coniunxisse Neoburgicum Gallis, quam quod Imperatorem viderit Electori nimis coniunctum, ideoque si Elector ab hac unione re- cederet, Imperatorem quoque coactum iri, arctiori se vinculo copulare Neoburgico, tarn circa res imperii, quam circa polonicas, ex quo si quid postea damni in Electorem emergat, id gallicis consiliis imputet.

5"^ quoties mihi aliquod cum Ser'"". El""*, negotium transigendum accidit, semper in ipso limine duo mihi puncta obtrusit, in quibus sibi desiderat satisfieri: primum est ratione Carnoviae seu Jegerdorfiani do- minii: alterum est, ut in terris haereditariis paulo mitius agamus cum acatholicis, quarum profugi gravissimas ad ipsum querelas deferunt.

Ad ultimum quidem suppetunt abunde rationes, quibus me expe- diam, ad primum vero difficilius mihi accidit. Memini quidem quod anno 5'° dum tractarem cum ipso Berlinii'), habuerim in mandatis a gcra_ Qea_ ]^pe__ ^^ jpgj ratioue Jegerdorfianac praetentionis summam osten- dere offerremllOOOOO Imperialium ad contributiones imperii in proximis

risposto che daro conto a S M. di quello ch'ella m'haveva detto, che S. A. El. e assai informata ch'il Re di Francia propone come conditione sine qua non a tutti i principi che desiderano d'entrare nella lega, che devono rinonciar a'trattati che hanno con S. M. e l'Aug™» casa. Der Kaiser erwidert am 23. April mit der Mitthei- lung der Sendung des Lisola an den kurfürstlichen Hof und der Aufforderung an Friquet bei der Princessin dahin zu wirken, dass diese den Kurfürsten vom Eintritte in den Rheinbund abzuhalten suche.

') Ueber Lisola's Verhandlungen in Berlin in den Jahren 1657 und 1658 vergl. Pribram, Die Berichte des kaiserlichen Gesandten Franz von Lisola 1655 1660, Archiv für Kunde österreichischer Geschichte; Bd. LXX. ; für die Jägerndorfer Ver- handlung-en insbesondere ürk. u. Act. VIII. 339 ff. u. a. 0.

Dem Kurfürsten zu machende Versprechungen. 143

comitiis decernendas. assignandam: quia tarnen Electür non tunc acquievit illi propositioni et nihilorainus transivimus ad conclusionem tractatuura, hoc puncto ad ulteriorem Francofurti inter ministros Caes°^ et B^and''"^ trac- tationem reiecto, non mihi ab eo tempore constitit, quid ulterius in hac causa fuerit gestum, ideoque huraillime cuperem informari, quo loco nunc res sit, quidve Electori circa hoc (si ipse prior incipiat ac urgeat, ego enira solerter quaestionem declinabo) spei lacere possim ad tollen- dos ipsi conquerendi praetextus, quos quaerere solet, qui vult recedere ab amico^).

Queritur etiam saepiuscule, quod in causis quas plerumque contra proprios vasallos habet in concilio aulico decreta ferantur contra ipsum, ipso non praemonito, idque authoritati suae plurimum derogare et an- sam dare subditis ad excutiendam reverentiam; ideo optaret, ut saltem quoties aliqua causa occurret, in qua pars adversa debeat praevalere, ipse amice prius et confidenter praemoneatur, ut vel ultro desistat, vel conveniat, ne palam confundatur.

Quia vero princeps Anhaltinus eiusque factio multum praeponderare videretur apud Electorem, plurimum referret, hunc nobis principem de- mereri, circa quod etiam uecessarium erit specifice informari ministrum Caesaricum, qui ad Electorem mittendus est.

S. C. M*''^ recordari dignabitur, quod dum nomine ipsius sus- cepi ad fontem baptismatis filium Electoris secundo geuitum anno 1657 "). eadem mihi clementer iudicavit litteris suis, se iuxta solitum morem destinaturum aliquod munus a me nomine M''^ Suae filiolo offerendum, prout Rex Christianissimus, qui etiam ad hanc solemnitatem invitatus fuit, pro parte sua praestitit, quod cum ob itinera S._C. M"^- fuerit oblivioni traditum, altissimo eins iudicio submitto, an non expe- diret, id hac occasione adimplere.

Similiter altissimae eiusdem considerationi subiicio, an consultum iudicaret, agere etiam apud Electorem Saxonicum, ut agnoscat, quanti referat tarn pro propria ipsius quam totius circuli Saxonici securitate Electorem Brand""", suaviter abduci a commerciis Galileis et Suecicis eumque inducere, ut apud praefatum Brand''"'", fortiter se interponat, ne a Iritis deflectat s^estigiis, et novas suspectäsque amicitias antiquis prae-

^) Für die Verhandlungen in der .Jägerndorfer Frage von 1658—1663, vergl. ürk. u. Act. XL 291 f.

^) Friedrich, der nachmahlige erste König von Preussen; über diese Angelegen- heit Pribram, Lisola 310 f.

144 IH- 166U— 16G4. Mission Lisola's.

ferat; huc pacto saltem expi^caliimur Electoris Saxonici mentera, ostende- mus ipsi cüiifidentiam, et illum retinul/muis ne iisdem artibus capiatur, efficieudo, ut fortiter apprehendat sequelas iude metuenda.s.

Qiiia vero certus sum Brand''""'. Electorem auxie quaesiturum de statu pacis Tiircicae. ex cuius eventu omnes fere tarn public! imperii Status quam prlvatorum eius membrorum resolutiones pendent, ideo ne- cessarium foret ministrum Caes"™. informari, quid ipsi quoad hoc respon- dere et qualem informationem dare poterit et ipsi quantocius per Cur- soren! significari, si quid certi postmoduni in lioc negotio contigerit.

Instruction für Lisola. Dat. Wien 23. April 1663. (Conc.)

[Schädlichkeit des Rheinbundes. Haltung des Xeuburgers. Brandenburgs Verhand- lungen in Paris. Zweck der Mission des Lisola. Verhaltuugsmassregeln für diesen. Bündnis des Kurfürsten mit dem Wiener Hofe. Stellung Brandenburgs zur rheinischen Allianz. Die Frage der Differenzen mit Neuburg und der polnischen Königswahl.

Jägerndorf.]

23. April. Dem Lisola dürfte nicht unbekannt sein, wie schädliche Beschlüs.se von

dem scheinbar zur Wahrung des ^vestphälischen Friedens geschlossenen Rhein= bunde gefasst worden sind und wie Frankreicli es versucht hat. andere deutsche Fürsten unter den verschiedensten Yorwänden zum Eintritte in den Bund zu vermögen'). Eam nimirum S'"°. Duci Neoburgico (ut de aliis nunc tace- anius) foederis illius Rhenani suscipiendi causam fuisse, quo videlicet rationes suas in negotio coutroversae successionis Juliacensis contra in- teressatos et maxime contra S™"'". Electorem Brandenburgicum amicitia et foedere uobiscum inito") subnixum, colligatorum armorum robore mu- niret, vix est, qui dubitet; cum igitur ad uos perferatur etiam a modo dicto Electore Brandenburgico nuper unum ex consiliariis suis Parisios fuisse ablegatum ^), verisimiliter hac potissimum de causa, ut eodem ipse etiam fulcro causam suam contra Neoburgici et aliorum consilia firmet; tametsi quidem verendum sit, si Dil". Sua illam viam iam ingressa

') üeber den Rheinbund seit dem Abschlüsse der Verträge vom 14. und 15. Aug. 1658 gibt es noch keine genügende Darstellung. Die Tbätigkeit Frankreichs ist un- genügend bei Mignet im zweiten Bande der Negociations relatives ä la succession d'Espagne sous Louis XIV. und von Cheruel in seinem Aufsatze „La ligne du Rbin" im Januarhefte der Comptes-rendus de l'Academie des sciences morales et politiques 1885 behandelt; vergl. auch ürk. und Act. XL 442 ff.; IL 269 ff.; Köcher, Adolf, Ge- schichte von Hannover imd Braunschweig I. 305 ff. u. a. 0. Droysen 1. c. III. 3 9 ff. u. a. 0.

^ Gemeint ist das Bündnis vom 9. Feb. 1658.

') Blumentha'

Instruction für Lisola. 145

sit, ne ab ea tarn facile se diverti sit passura; non desperemus tameo, quin si eidem, quae in contrarium militant rationes, apposite ob oculos ponantur, ab eo consilio vel penitus revocari possit, vel si id non obti- neretur, sisti tarnen in proposito, vel saltera eius sui consilii rationes penitius explorari queant. Desshalb sendet der Kaiser Lisola an den Hof des Kurfürsten mit dem Befehle, demselben die alte Freundschaft der beiden Höfe üi's Gedächtnis zurückzurufen und zu betonen, wie sehr die Aufrecht- erhaltung derselben unter den bestehenden Verhältnissen Noth thue. Der Kaiser erinnere sich auch mit Dank der Bereitwilligkeit, mit welcher der Kurfürst zu Regenshurg Hilfe gegen die Türken zugesagt habe ') und sende Lisola, um über diese und andere Angelegenheiten mit dem Kurfürsten zu berathen. Aeussert der Kurfürst in seiner Antwort etwas über die Aufgabe des nach Paris gesen- deten Ministers, dann ist Lisola die Möglichkeit gegeben, über die Angelegen- heit, um derentwillen er eigentlich zum Kurfürsten gesendet wird, zu sprechen. Er soll dies so thun „ne ipse in particulari aliud aliquod medium saluti et securitati suae consulendi propouat ac defendat, quam quod sive in dicto instrumento pacis Westphalicae, sive in eo quod Olivae conclusum fuit continetur; in his abunde de nobis quae cum ad universalem om- nium, tum cuiusque in particulari conservatioDem pertinent, esse pro- visum . . . , alia, quae a nonnullis ante hac non necessario consilio arrepta fuerunt media particularium pro sua securitate initarum colligationum ad dissolutionem potius universi corporis et cousequenter ad singulorum in particulari mox inde consecuturam servitutem quam conservationem et libertatem pertinere, prout cuivis rem sine passione et prudenter con- sideranti non possit non esse_obvium, ... nee dubitare se, ablegatum nostrum, quin Dilectio Sua ab eiusmodi consiliis ex perspectis eorundem consuetis perniciosis eveutibus abhorreat. Wenn der Kurfürst aber nicht selbst von dieser Gesandtschaft spricht, dann wird es Lisola's Aufgabe sein auf irgend einem Wege die Sache zur Sprache zu bringen. In jedem Falle aber soll er den Kurfürsten zur Fortsetzung der guten Beziehungen mit dem Wiener Hofe aufmuntern. Ist der Kurfürst dem Rheinbunde bereits beigetreten, oder ist sein Beitritt nicht zu hintertreiben-), 'so soll Lisola dahin sehen, ne condi- tionem aliquam in praeiudicium foederis nobiscum icti tendentem admittat. Auch soll Lisola trachten die Gründe zu erfahren, die den Kurfürsten im ge- setzten Falle zum Abschlüsse mit Frankreich treiben. Quod si igitur inter illas rationes, quod credibile est, etiam metum, quem ex Ducis Xeoburgici

1) Yergl. Urk. u. Act. XL 170 ff.

2) Die Verhandlungen Frankreichs mit dem Kurfürsten über dessen Eintritt in die rheinische Allianz waren damals im Gange, aber noch nicht abgeschlossen; sie führten nach verschiedenen Uebergangsstadien am 1. April 1665 zum definitiven Ein- tritte Brandenburgs in den Rheinbund; vergl. Urk. u. Act. XI. 437 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 10

146 III- H;(;0-l(;(;4. Mission Lisola's.

cum rege Franciae colligatione conceperit, iie videlicet is in causa Julia- censi poteutia Gallica contra se praevaleat, poneret; ad eum metum discutiendum argumentis iam delibatis ex in.strumentis pacis tum West- phalicae tum Polonicae deductis veris ac solidis utetur; auscultabit etiam, ne forte Dilectio Sua propensionem aliquam ad amicabiliter de Juliacensi controversia transigendum cum aliis interessatis ostendat; quo casu et si Dilectio Sua id desideraret, ablegatus noster illud ad referen- dum recipiet et de eo per proprium cursorem sine mora nos edocebit; qui alit)(}uin, ut ipse tale medium ultro proponat, graves ob casus noli- mus. (^)uae spes S'"° Electori successionis in regno Poloniae pro secuudo genito suo ') obiici possit, non ignoramus; sed cum eo usque progredi multae prohibeant rationes, de ea re ablegatum nostrum omni negocia- tione supersedere satius ducimus. Lisola soll nur inündlich verhandeln. Si S™"^ Elector de consilio nostro imperiali aulico conqueratur, excuset oportune et ad referendum accipiat; si de praetensione Jägerndurfensi quid moveretur, excusatione deficientis inlormationis utetur et similiter ad referendum accipiet').

Lisola an Walderode'). Dat. König'sberg 26. Juni 1663. (Aiit.)

[Zustand am kurfürstlichen Hofe.]

26. Juni. Veni, vidi, sed nondum vici; extrinsecus quidera apparet optima

rerum facies, quid vero intus lateat, nondum satis licuit perscrutari. Certum est, quod Ser'""^ Elector eximii sit erga nos animi; ;: anglt tarnen illum Suecorum et Galliae metus ac diffidentia virium nostrarura, acce- dunt ingentia Galliae promissa ministris Brandenburgicis, praesertim An- haltino et Ratzivilio") :j.

') Friedrich.

-) Vom 23. April 1663 datirt auch das Creditif für Lisola. Einige auf die Sen- dung Lisola's bezügliche Schreiben Leopolds an den Kurfürsten in ürk. ii. Act. XL 294 f.

^) Johann Walderode von Eckhusen, Geheimrathssecretär, später Reichshofrath.

-') Fürst Boguslaw Radziwill, Statthalter von Preussen; über seine Thätigkeit,

Urk. u. Act. IX. passim.

Unterstützung des Kurfürsten. Jägerndorfer Frage. 147

Lisola an Walderode. Dat. Königsberg 6. Juli 1663. ' (Aut.)

[Lage der Dinge. Nothwendigkeit reeller Unterstützung des Kurfürsten und Beilegung

der Jägerndorfischen Streitfrage. Anhalt. Hoverbeck. Jena. Bitte um Abberufung.

Yermittelung zwischen Brandenburg und Neuburg. Lothringische Angelegenheit.]

Ex relationibus meis ad S. C. M*"™. ') intelliget 111*='^ V'\, quo loco 6. Juli, res versentur et quidem longe meliori quam speraveram et brevi Deo juvaute, si ex parte nostra correspondeamus, totaliter ad votum nostrum redigeudo; sed realitatibus opus est, uou verbis. Utiuam ex parte Hispa- niae vel nihil oblatum vel exacte adimplendum sit. Seusibilis est ac delicatus iste priaceps, nee vult se deridiculo haberi; caeterum indoles optima, generosa, et Austriacae domui teuere addicta. Rogo quam iu- stantissime quatenus cooperari velit, ut non remittatur secretarius raeus cum uudis verbis, cum semicocta et indigesta instructione aut cum dila- tionibus aut mediis terminis. lam habent aures istis omnibus occlusas et Gallis praesehtia ac realia offerentibus obsistere non potero cum futuris et incertis; uegotium istud Jegerdorfianum debet tandem aliqua ratione terminari, si solidum in istius principis amicitia velimus collo- care fundamentum ^). Anhelat ad pugnandum contra Turcas, si bellum (quod absit) protrahi debeat; cur non posset adhiberi et hoc pacto nobis totaliter alligari? Scio rationes esse pro et contra magni ponderis; sed ubi semel pro nobis forsan strinxerit, non contra Turcas solum, sed ad omnes alios usus habebimus illum obnoxium. Principem Anhaltinum nobis demereri tanti refert, quanti interest Electorem a nobis non alienari. Dom. Overbokius ipsius est manus dextera; instanter petit titulum baronis, jam olim ipsi a Ferdinando gloriosae memoriae imperatore promissum. Possemus illum levi pretio obligare, si diploma in bona forma expeditum ipsi absque sumptu suo mitteretur; posset S. C. W^. solvere cancellariae iura vel aliunde supplere; commendo III''. V***^. hoc negotium tanquam rebus nostris et etiam Polonicis, quarum ipse praeci- puam directionem habet, essentialissimum. S™"^ Elector non solum con- sentit, ut ipsi hie titulus conferatur, sed gratissimum id ipsi accidet. Scribo de istis omnibus ad excellentissimum dominum principem''); sed vereor ne inter immeusas occupationes id ipsi excidat. Rogo itaque jl]raam_ j)_ y.-im quatcuus supplere velit et rem ipsi facilitare; si tam cito

') Vergl. das folgende Stück.

'^) Vergl. auch das Schreiben des Kurfürsten an den Fürsten Portia d. d. 3. Juli 1663 Urk. u. Act. XL 295. ") Portia.

10*

148 III- KJfiO— KiG-i. Mission Lisola's.

non possit expcdiri diploma, saltem expediantur ip.si litterae Caes''*'. in quibus ipsi intimetur haec gratia et titulus baronis in superscriptione apponatur; diploma postmodum sequetur cum commoditate. Certo com- pertum hal)eo ex clarissimis documentis, quod ex familia antiquissima et illustri ex Belgio ortus sit. Si domino Jena ') aliquid assignetur ad menses Imperiales erit utilissimus suraptus; experior illum satis bene addictum et Gallis aversum; vir est efficax et audax, qui jam multum praevalet.

Da Lisola keine Beschäftigung für sich hier sieht, bittet er um seine Abberu- fung. Si negotium compositionis Neoburgicae suscipiatur, S™°. Electori gra- tissimum accideret, si haec mihi provincia imponeretur, prout Intimi eins ministi-i mihi aliquoties insinuaruut; qua de re tarnen nihil ad aulam Caes*'''™. perscribo, ne id videar affectare. Hoc autem apud V. 111="°. D'™. confidenter deponendum duxi; quia scio id profuturum ad ipsam negotii substautiam; per hoc enim Ser'^^ Sua majorem in nostra media- tione accipiet tiduciam. Summe refert hoc negotium non deserere nee protrahere, ne mora evanescat, aut praeoccupemur a Gallis. Pertentari poterit quoad hoc mens Ser™\ Ducis Neoburgici, an velit mediationem Caes*'. admittere; id commode fieri posset per D. Friquet, iam ipsi notum et charum et sie apud utrumque principem fidem nanciscetur nostra mediatio, quae si effectum sortiatur, magnum certe addet poudus rebus nostris in imperio. . . .

Hie valde apprehendunt negotium Lotharingicum et vellent habere fundamenta et occasionem aliquid hac de re movendi in comitiis. A me anxie quaesiverunt, an Lotharingia sit ex natura sua, vel in totum, v.el ex parte feudum imperii; certum teneo illam talem esse ex natura sua, licet ex speciali privilegio ab homagio exemptam, optarent habere aliqua huius rei documenta').

0 Gi#meint ist Friedrich Jena.

^) Es handelte sich damals um die Uebertragung Lothringens und Bar's an Frankreich; vergl. D'Haussonville. Ilistoire de la reunion de la Lorraine IIL 204ff., Huhn, Eugen, Geschichte Lothringens IL 288 ff.

Des Kurfürsten Pläne und Eikläruiigen. 149

Auszug- aus des Lisola Bericht vom 6. Juli 1663').

[Audienz beim Kurfürsten. Verbandlungen mit Anhalt und Hoverbeck. Anhalts Aeusserungen in Gegenwart des spanischen Botschafters. Des Lisola und des Ucedo Erwiderungen. Urtheil Lisola's über des Kurfürsten Pläne. Unterredung Lisola's mit Hoverbeck über die Mittel der Beilegung des brandenburg-neuburgischen Streites. Neue Verhandlungen und Erklärungen des Kurfürsten und seiner Räthe.]

Lisola kam am 22. Juni nacli Königsberg und wurde dort sehr freundlich 6. Juli, aufgenommen-). Am 23. hatte er Audienz beim Kurfürsten, in welcher er um offene Mittheilungen ersucht. Am 24. besucht ihn der Fürst von Anhalt und theilt ihm mit, dass er und Hoverbeck für die Unterhandlungen seitens des Kur- fürsten ausersehen seien. Am 25. erste Conferenz; die Brandenburger fordern Erklärungen von Lisola; dieser erwidert, er sei hierhergeschickt, um die Pläne der Brandenburger zu vernehmen. Es zeigte sich, dass es sich um 3 Dinge handele, 1. um die Fürstenfrage, 2. um die Reichsangelegenheiten, vornehmlich um den Reichstag, und 3. um die auswärtigen Angelegenheiten, Die Räthe des Kurfürsten bedauern den Eüifall der Türken gerade zu dieser Zeit 3). Hover- beck meint, die Königin von Polen*) habe absichtlich diesen Sturm gegen den Kaiser heraufbeschworen, um desto sicherer ihre Pläne betreffs der Nachfolge durchführen zu können. Am 26. spricht der Kurfürst den Wunsch aus, dass ia Gegenwart des spanischen Botschafters'') verhandelt werde. Am 27. erklärt der Fürst von Anhalt in Gegenwart des spanischen Botschafters. „Videri punctum auxiliorum contra Turcam ita cütmexum es^e cum puncto secu- ritatLs in comitiis tractandae ^), ut unum sine altere tractari neu possit. Gallos in dies fieri potentiores et ipsorum pecunia et amicitia Suecos^); quid consilii contra hos ad defensionem statuura electoralium? an non temporizandum cum dictis Gallis et Suecis. Lisola antwortet: totum re-

') Der Bericht Lisola's ist nicht erhalten: wohl aber der oben mitgetheilte Auszug.

-) Ueber Lisola's Verhandlungen Urk. n. Act. XL 294 fr. u. a. 0.; IX. 647, 755; Droysen 1. c. IILj 44 f.

^) Vergl. für den Türkenkrieg der eine genügende Darstellung noch nicht gefunden hat Rinteleu, die Feldzüge Montecuccoli's gegen die Türken 1661 1664 (Oesterreichische militärische Wochenschrift 1828): Campori, Raimondo Montecuccoli 360 ff. : Zinkeisen, Geschichte des osmanischen Reiches IV. 901fr. ; Rousset, Louvois I.

■*) Louise Marie.

^) Sebastian d'ücedo; vergl. über dessen Gesandtschaft ürk. und Act. XI. 306 Anm. f.

^) Für die Verhandlungen über die Reichssicherheit zu Regensburg, vergl. Urk. u. Act. XL 185 ff. ; Gemeiner, Geschichte der öffentlichen Verhandlungen des zu Regenshurg noch fortwährenden Reichstages I. 69ff. : Pachner von Eggenstorff, Voll- ständige Sammlung aller von Anfang des noch fürwährenden Teutschen Reichstages de anno 1663 biss anhero abgefassten Reichsschlüsse I. 13f., 25ff. u. a. 0.

') Ueber die französisch-schwedischen Beziehungen dieser Zeit Recueil des In- structions donnees aux Ambassadeurs de France Tom. IL Suede par Geoffroy; Ein- leitung p. LH. f.

150 "l- K'GO— 1064. Mission Lisola's.

medium repositum esse in reuniendo imperio et dissolvendo foedere Rhe- nano. Der spanische Gesandte spricht ebenso und fügt hinzu, der König von Spanien habe zu diesem Zwecke bereits 100000 Thaler bestimmt. Aus all den Reden hat Lisola ersehen, dass der Kurfürst durch grosse Versprechen Lesseins ') A'erführt, die Freundschaft mit Frankreich nur ungern aufgeben würde, ebenso ungern aber auch auf die mit Oesterreich verzichten -würde; vielmehr die Freund- schaft beider zu behaupten suche. Er berichtet darauf über die Versprechen Lesseins und über die Verhandlungen Blumenthals-).

Et cum ex Overbeckio (Lisola) cognovisset, quod praecipua causa respectus ad Gallos sit causa Juliacensis, se quasi ex se proposuisse, an non posset compositio aliqua eius controversiae tentari; id placuisse Overbekium admodum, qui etiara asseruit ad eam Electorem optime esse dispositum , qui Elector non ignoret, quid per Friquetium cum Princi- pissa Auraica fuerit actum ^). Gleiche Versicherungen habe bald darauf der Kanzler Jena gegeben. Am 28. bringt Jena die Antwort des Kurfürsten^). Am 29. erfolgt die Antwort des Kurfürsten auf die 3 Punkte. Am 30. Juni werden die Verhandlungen über den Rheinbund geführt^). Am selben Tage berichten des Kurfürsten Räthe über die Gesinnungen des Dänenkönigs'"'); „regem ilium propendere ad foedus cum Austriacis, tentandum foedus cum Brandenbur- gicae, Saxoniae et Bavariae Electoribus, ita cum Duce Wirtembergensi et Brunsviceusi, cavendum a Moguntino: Brunsvicenses non contemnendos; qui non sint male dispositi, sed a ministris corruptis seducautur, de- merendos etiam a nobis aliquos''). Principi Catholico ex illa domo propo- nendam opem successionis in Polonia. Suecis subduceudos officiales, Würtzium, Wrangelium^), oblato principatu imperii et officiis militari- bus. Ad foedus Rhenanum quod attinet, huic vel aliud opponendum, vel suscipiendum illud ab omnibus, videlicet ab imperatore etc. Cu- randum, ut in comitiis punctus securitatis ad satisfactionem statuura resolvatur et tunc instandum, ut foecius Rhenanum, tanquam non neces-

') De Lesseins, französischer Gesandter in Berlin ; über seine Thätigkeit daselbst ürii. u. Act. n. 233 ff.; IX. 599 ff.; XI. a. v. 0.

^ In diesem Auszuge ist nicht genauer darüber berichtet ; vergl. Urk u. Act. II. -278 ff.; IX. 620ff.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 491; Puf. 1. c. IX. 71 ff.

*) "Wird hier nicht mitgetheilt.

=) "Wird hier nicht mitgetheilt; über Brandenburgs Stellung zum Rheinbunde, Urk. u. Act. n. 269ff; IX. 599ff.; XL 442 ff.

^) Ueber die brandenburg-dänischen Beziehungen in dieser Zeit Urk. und Act. IX. 721 ff.

'') Für die Haltung der braunschweigischeu Fürsten Köcher 1. c. 321 ff.

*) Paul Würtz, Gustav Wraugel.

Des Kurfürsten Gesinnung. 151

sarium aboleatur, vel instare, ut omnes ad illud admittantur. Lisola habe diese Mittel sehr gebilligt und der spanische Gesandte aus seiner Instruction den Abschnitt verlesen, quod pensio hispanica pro Electore cum foedere Gallico subsistere oequeat. Electorales coütendisse, tempori- zandum esse, foedus BraDd-Gallicum iam vetus esse nee renovationem negari posse, quin palani renuncietur amicitiae Gallicae. Se (Lisola) con- testatum esse, quod mirura sibi id accidat, ut qui de illo nesciret, nee instructus sit. Petiisse, ut saltem differatur tractatus in Gallia, donec Caesar respondeat; electorales receperuut ad referendum. Se (Lisola) deinde cum principe Anhaltino privatim de eo egisse et ostendisse, quod Galli per illud foedus Intendant Electorera mancipium suum facere. An- baltinum quaesiisse, an gratum futurum esset Caesari, si dissoluta nego- ciatione Blumenthal revocetur? Cumque ipse affirmasset, illum addixisse operam; memorasse tamen, quanta sibi, Overbekio et Jena a Gallis essent ublata.

Am 2. Juli melden die Räthe die Entschlüsse des Kurfürsten i); betheuern ihre wahre Neigung für den Kaiser, beklagen aber kein Zeichen seiner Aner- kennung, erhalten zu haben. Ferner klagen sie darüber, dass der König von Spanien seine Versprechen nicht erfülle-), und dass in der Jägerndorfer Sache dem Kurfürsten nicht Satisfaction gegeben werde, was sie besonders stark be- tonen.

Lisohi an den Kaiser. Dat. Königsberg 13. Juli 1663. (Or.)

[Aeusserungen des Kurfürsten. Dessen Gesinnung.]

Eine Unterredung mit den kurfürstlichen Ministern über die polnischen 13. Juli. Verhältnisse blieb ohne Erfolg. Der Kurfürst besprach mit Lisola den Stand der allgemeinen Verhältnisse, j: plurima etiam de Galli ambitione et in- tollerabili gallicae dominationis jugo et plurimorum apud principes im- perii ministrorum corruptela cum tali affectu disseruit, ut satis appareat, ipsum ex mentis sententia loqui; nodus rei consistit in dissipando motu, quem de Suecis habet maximum et media communis securitatis ipsi demonstrandi, quibus etiam ipse non indiligenter incumbit:j.

') Werden hier nicht mitgetheih. -) Urk. u. Act. XI. 306 Anm.f.

152 ^^I- lß60— inßl. Mission Lisola's.

Lisola an den Kaiser. Dat. Königsberg 18. Juli 1663. (Gr.)

[Verhandluügen Lisola's mit dem Kurfürsten über die Türkeuiiilfe. Erklärungen des Kurfürsten in Bezug auf die Türkenhilfe und die dabei vorzusehenden Verhältnisse. Unterredung mit Anhalt über die Ausübung der Religion bei den protestantischen Truppen. Unterredung mit Anhalt und Hoverbeck über die Verwendung der kurfürst- lichen Truppen. Nachrichten aus Polen.]

18. Juli. Befehl vom 3. d. M. erhalten'). . . . Accepta M*'"*. V^". instructione illico

S™"'". Electorem addii et traditis eidem Caes'^- litterLs exposui snramam commissionis ip.sique intimiim rei statum ac periculi magnitudinem fuse deduxi, rogaus, ut quam promptissima ac copiosissima posset auxilia sub- mitteret. Visus est rem fortiter apprehendere etoranem exhibere promptitu- dinem; dolet praesentem rerum suarura statum, exhaustas provincias, exautoratum recenter militem et maximam quam unquam alias pecuniae penuriam. Institi, ut saltem numerura peditatus augeret, egi quoque eun- dem in finem apud primarios eius ministros et post aliquot conferentias haue tandem resolutiouem aceepi: Sua Ser*^*. electoralis praeter ea, quae in comitiis Ratisbonensibus per legatum suum offerre nuper demanda- vit, scilicet 150 menses romanos") ac ea quae mihi specialiter ante aliquot dies declaravit, nempe 1000 pedites, 200 equites et 400 dragones; addet praeterea alios 300 dragones et 300 equites, quem in finem statim ad instantiam meam curavit expedire mandatum ad principem ab Holstein ^), ut copias illas duceret ad confinia Silesiae prope Crossen ibidemque mandata S. M"'*. V'^'^. vel eius in Silesia armorum praefecti praestola- retur ac sine mora exequeretur, quod ut melius praestari possit, in- ^unctum est ipsi, ut expediret aliquem ad generalem tormentorum prae- fectum comitem de Souches, qui armis in Silesia praeesse dicitur, ut eum moneret de siio adventu, rogaretque ut commissarium ad dacendas per destinata loca copias ad ipsum destinaret, omniaque eum in finem necessaria more solito ordinaret*). Constitutum etiam est, ut copiae post acceptum ]\r'^. V'"^. mandatum congregari debeant Grimbergae in Silesia quatuor aut quinque Crossia milliaribus; interea vero prope Crosnam in

') Eine Weisung vom S.Juli liegt nicht vor; sie betraf, wie aus dem mitge- theilten Berichte Lisola's zu ersehen ist, die Türkenhilfe.

-') Vergl. Urk. u. Act. XL 187 f.

^) August von Holstein, seit 1659 im Dienste des Kurfürsten; vergl. Hirsch, Die Armee des Grossen Kurfürsten und ihre Unterhaltung während der Jahre 1660 bis 1666 (Hist. Zeitschrift N. F. XHI. 234ff.).

■*) Yergl. das Schreiben des Kurfürsten an August von Holstein d. d. Königs- berg 20. Juli 1(;g;J; Urk. u. Act. XL 296 f.

Türkenhilfe. 153

ditioDibus electoralibus subsistant; prumissae munitiones bellicae Franco- furti erunt ad liberam M*'^ Y^*. dispositionem apud urbis praefectum Goetz.

Pro securitate vero ditionum electoralium (quam curam nomine jjtis_ Yae_ eidem suasi) S""'^ Elector indixit urdinariam nobilitatis mo- tionem, ut parati sint sub armis in Markia quam Mindae et Alber- stadii; decimum quoque hominem ex plebe sub signis constitui iussit, quod considerabilem conflabit militiae numerum, praeter quem carabit et iam de facto curat novum militem conscribi ') et si aliquid ex pro- missa assistentia a S^°. Rego Catholico percipiat, totum illud ad commu- nem defensionem insumet et in omni necessitatis casu M'\ V'"^. copio- sius subveuiet, sese impense ac omnia sua M''. V="'. offerens, nihilque diligentiae praetermittere cupiens, qua M'". V-'®. constet, quautam com- munis causae et privatae M'*®. V"*®. rationis curam gerat. Indicavit mihi princeps Anhaltinus nomine Suae Ser"*., quod cum copiae illae meris pro- testantibus coustent, singulas legiones more solito Imbituras suum praedi- cantem, nee enim posse solatio animarum carere ac Ser*^™. Suam sperare nullam quo ad hoc motum iri difficultatem. Respondi, me quidem circa hoc minime instructum; scire tarnen apud nos non solitum tollerari, cum praesertim hae copiae corpus seorsivum constituere non possint, sed misceri debeant aliis, quibus id nulla ratione permittitur et licet hac in re S"^. C*"^. M^^ gratificari cuperet Ser™°. Electori, id tamen propter exemplum et sequelam videii summe difficile, curam autem illam videri omnino superfluam: sive enim illae copiae mansurae sint in Silesia, sive in Hungariam perrecturae, hoc qualecumque animarum solatium minime ipsis defuturum, abundare enim ditiones illas plus quam sufficienti prae- dicautium copia, ita ut frustra aliunde sint accersendi. Hisce non ob- stantibus expresse requisivit, ut hoc M"^'. V''«. significaretur. Quia vero in praecedenti declaratione S. Ser'=*^ intendebat, ut illae copiae auxiliares in Silesia retinerentur pro defensione provinciae et confinium, donec sal- tem S. S'''^ aliunde sibi de milite prospexisset, rogavi principem Anhal- tinum et Overbök, ut efficerent, quatenus S. S'^^ id pure arbitrio S. C. M"^. et rerum exigentiae permitteret, quod quidem in se susceperunt, suaserunt tamen, ne id nunc nimium urgerem, ubi enirrj copiae forent in potestate nostra, haud aegre postmodum fore impetrare, ut absolute ad nostram dispositionem relinquantur. . . .

P. S. Certo nobis ex Polonia nuutiatur, res ibi ad proborum omnium

') Vergl. Hirsch 1. c. 242.

154 in. IGßO— 16G4. Mission Lisola's.

Votum compositas regemque adactum, ut promitteret, Gallicae factiu- iiis conatus omnino supprimendos ; exautorabitur ibi miles Germanicus, qui ulterius Polonis servire detrectat et praestantissimo constat peditatu, quem M''^ V*. commodis conditionibus posset sibi conciliare. Ad hoc plurimum referret |: Mareschallus regni'), nee non generalis vigiliarum praefectus, comes Cellari, Cracoviae comendans. :|

Der Kaiser an Lisola. Dat. Wien 26. Juli 1663. (Couc.)

[Türkeuhilfe. Reichsangelegenheiteii. Mediation des Kaisers in der braudenburg-neu- burgischen Streitsache. Brandenburg -französische Beziehungen. Die lothringische und elsässische Angelegenheit. Jägerndorfer Frage. Belohnung Anhalts und Hover-

becks.]

26. Juli. Lisola soll dem Kurfürsten vorhalten, wie dringend der Kaiser die Hilfe

gegen die Türken benöthige, eine Erhöhung der Truppenzahl nochmals anstreben und die Erhaltung der zur Hilfe zu sendenden Truppen durch Friedrich Wil- helm fordern. Den Herzog von Holstein als Führer der Truppen lässt sich der Kaiser gefallen; doch möge Lisola trachten, dass demselben blos der Titel eiues .,Colonellus" und nicht der eines «generalis vigiliarum praefectus'' verliehen werde.

Ad alterum deinde caput negociationis tuae, statum videlicet rerum in imperio et comitiis Ratisbonensibus quod spectat, sicuti probe per- spicimus et sentimus pleraque omnia difficJlia et turbata ex foedere illo Rhenano difficiliora et turbatiora esse facta; ita ex senteutia etiam Di- lectionis Suae id inprimis ageudum censemus, ut illud quam primum dissolvatur et aboleatur. Inter media ad hunc finem assequendum nul- lum nos efficacius et promptius reperire, quam ut puuctus securitatis publicae iam in comitiis propositus"), quautocius quam appositissimo ad omnes modo constituatur, ac tum quicquid expectatioue huiusmodi constitutionis separatim introductum fuit cassetur.

Bezüglich der Verwickelungen des Brandenburgers mit dem Neuburger bietet der Kaiser seine Mediation an. Ad foedus illud anno 1656 a Di- lectione Sua cum rege Galliae initum quod attinet^), dextre innues, ex- perientia ipsam comperisse, quam parum sibi id hactenus profuerit, quantumque incommodorum toti Sac. Rom. Imperii statui ex eius-

') Georg Lubomirski.

2) ürk. u. Act. XL 189 ff.; Pachner 1. c. L 25 ff.

^) Gemeint ist die Defensivallianz vom 24. Februar 1656 auf 6 Jahre; Mörner 1, c. 200 f,

Türkenhilfe. Reichsangelegenheiten. 155

modi foederibus iam a primis nuperi belli Germanici initiis contractum fuerit. Dubium erp;o esse non posse, quin non modo recte et prudenter sed heroice etiam factura sit Dileetio Sua, si ulteriorem eius renovatio- nem a se araoliendo aliis exemplo ad idem faciendum praeeat').

Ad negotium Lotharingicum quod spectat, id ita comparatum reperi- mus, ut exemplo esse possit, quid sibi caeteri eidem coronae vicini et oportuui mox ab illa poUiceri debeant. Nee dubitare nos, quin si prin- cipes ipsi Lothariugi suam causam suo loco serio proponerent, non modo commiserationem sed patrociüium etiam ac opem essent inventuri; mis- sum quidem fuisse huc nuper Lignevillium cum litteris ab utroque duce; adesse etiam hie alterius filium nil serio agentes sed haesitantes, ac ut videtur in uullam partem satis firmos. Nos, si res in comitiis propona- tur, nee ipsi sibi desint, non defuturos iustis ipsorum rationibus. Ad negociationem Gallicam Alsatiae cum corpore Iraperii reuniendae quod attinet, recte respondisti, eam negociationem Gallos suscepturos non fuisse, nisi spe ingentis alicuius commodi inde consequendi, quod in turbandis et confundendis consiliis imperii hactenus constitit; sed cum ad nos de ea negociatione hactenus nihil aliunde relatum sit, causam praeoccu- pandi non habuimus. . . .

Betreffs der Jägerndorfer Angelegenheit ist es der Wunsch des Kaisers diesen alten Streit beizulegen, jetzt aber bei dem Türkenkriege ist nicht der geeignete Moment dazu.

Den Prinzen von Anhalt würde der Kaiser sehr gerne belohnen, doch fehlt ihm jetzt das Geld. Hoverbecks Wunsch bezüglich der Baronie wird erfüllt.

Lisola an den Kaiser. Dat. Königsberg 3. Aug. 1663. (Or.)

[Unterredungen des Lisola mit dem Kurfürsten und mit dessen Käthen über die Frage

der Reichssecurität.]

Ab ultimis meis humillimis relationibus tam 8""^ Elector quam 3. Aug. eius raandato nonnulli eius ministri mecum aliquoties collocuti fuerunt circa punctum, de quo nunc in comitiis Ratisbonsensibus agendum est; scilicet de modo constituendae securitatis et quietis imperii, de quo iam nonnulla in antecedentibus meis litteris insinuavi: cumque a suis depu- tatis Ratisbonae degentibus solicitetur, ut quam primum ipsis quoad hoc

') Die Erneuerung des Vertrages von 1G56 erfolgte erst am G.März 1G64; Jlörner l c. 258.

156 III. 1(560—1664. Mission Lisola's.

mentem et intcntionem suam transmittat '), ideo in omuibus fere ser- monibus, quos mecuni habuit, hanc semper materiam adduxit in me- dium, saepius piotestatus, se nunquam a rationibus et consiliis S""^". Qpae ]yitis_ yae (Ji.scessurum. Ego tarn cum ipso quam cum eius mi- nistris mansi in terminis geueralibus, primum et fere unicum fundamen- tum securitatis iraperii in eo situm esse, ut membra capiti perfecte reuniantur, absque lioc omnia cousiüa, quantumvis saluberriraa, omnes leges et conventiones incassum abituras; de caetero consultum mihi vi- deri, si Sei'-''*. Sua donec de mente Caesaris ipsi plene constaret, manere dignaretur in generalibus, intcriiam reunioiiom efficaciter suadere et de- mandare ablegatis suis, quatenus cum legatis Caesareis Ratisbona existenti- bus intime coramunicent et ex condicto cum ipsis agant. . . ,

Lisola an den Kaiser. Dat. Königsberg 24. Aug-. 16ö3. (Or.)

[Unterredung mit dem Kurfürsten in der Türkenfrage. Erklärungen desselben. Ver handlungen mit Anhalt bezüglich Jägerndorfs. Erklärungen des Kurfürsten in beiden Fragen. Erwiderung Lisola's. Neuerliche Erklärung des Kurfürsten bezüglich der Türkenhiife. Erwiderung Lisola's. Einigung Lisola's mit Anhalt in der Türkenfrage. Marsch der brandenburgischen Truppen. Des Kurfürsten Wünsche bezüglich der Streitigkeiten mit seinen ünterthanen und dem Neuburger. Brandenburg-mainzische Beziehimgen. Nothwendigkeit Anhalt zu gewinnen. Vorschlag in dieser Sache. Unterredungen Lisola's mit Anhalt und Jena in der Jägerndorfer Angelegenheit. Des Kurfürsten Erklärungen in dieser Angelegenheit. Lisola's Erwiderung. Vorschläge Anhalts. Preussische Souverenetät. Bitte um Abberufung in Folge Nutzlosigkeit seiner Anwesenheit aai kurfürstlichen Hofe.]

24. Aug. Befehle vom 26. Juli und I.August erhalten-). Hat den Kurfürsten in

der erbetenen Audienz ersucht, die für den Kampf gegen die Türken dem Kaiser zur Verfügung gestellten Hilfstruppen auf eigene Kosten zu erhalten und überdies deren Verwendung vollkommen dem Gutdünken des Kaisers zu über- lassen. Aequissimo anirao et hilari vultu S'^^ Sua hasce propositiones suscepit meque hoc responso dimisit; se deliberaturum desuper ac me- cum indicturum conferentiam. Posthac, cum aliqua ad aurem principis Anhaltini, qui illic aderat, insusurasset, idem princeps deduxit rae ad conclave suum et ante omnia coepit de praetentione Jegendorfiana (quam

') Brandenburgs Vertreter in Regensburg waren Gottfried von Jena imd Curt Asche von ilahrenholtz (vergl. über sie Urk. u. Act. XL 156f.); über des Kurfürsten Ansicht in dem Puncte der Reichssecurität vergl. sein Schreiben vom 20./30. Juli 1663 ; Urk. U.Act. XL 189 ff.

■^) Eine Weisung vom 1. Aug. liegt nicht mehr vor. Von diesem Tage stammt ein Schreiben Leopolds au den Kurfürsten; Urk. u. Act. XL 297L

Türkenliilfe. Jägerndorf. 157

studio apud Electorem suppresseram) sollicite inquirere, quid circa illam mandati accepissera. Respondi, S^™. M"'"'. V'^™. tot simul malis, periculis, occupationibus oppressam, morbo etiam tunc praepeditam mimine quoad hoc solidam potuisse rationem investigare, qua hoc negotium compla- nari posset, rem esse ex se arduara, litigiosam. cui Interesse tertii inter- cedebat; S''. Suae minime mirum esse debere, si S". C^''. l\t''^, quae paucis hinc aunis reguorum administratiouem difficillimis temporibus suscepit, tarn brevi tempore inter tot tricas negotium illud, quod toto aug°". parentis et avi sui aevo perfici non potuerat, non posset tarn re- pente absolvere; serio tamen et mature deliberari, qua ratione id com- modissime transigi posset, nee me dubitare, quin tandem modus inveuia- tur, quo Ser''. Suae plene satisfiat; Interim rationem temporura et arctae unionis vincula minime suadere, ut privata haec negotia cum publicis confundantur, aut necessaria ad communem salutem consilia inde tan- tisper retardentur. Ad haec penitus diriguit et talem vultu praetulit consternationem. ut prorsus caruerit responso; |: quod probe animadver- tens. nullum mihi snpererat consilium, quam illius animum spe privatae remuneratiünis, paulo expressius, quam mea ferret instructio, quantum licuit erigere, hoc unicum in tanta perplexitate nactus remedium, cum satis praeviderem vulnus, quod Electori Brandeuburgico per hoc respon- sum inflictum il)at. medicis opus habiturum, qui lenitivum applicarent, cumque optirae eum disposuissem, ab eo secessi praestolaturus conferen- tiam : . Sed post aliquot horas idem princeps mandato Ser''^ Suae me convenit mihique sequentia significavit eiusdem nomine: Ser'^'". Suam maximo sibi infortuuio ducere, quod post tot edita fidei ac devotioniw suae documenta, tarn parum apud ipsam valuerit, ut ne quidem in aequissimis praetentionibus, iusticiam, quam ne vel infimo civi denegare solet, impetrare potuerit, quodque auxilia, quae pro modulo potestatis suae obtulerat, tam parum accepta sint, ut in omnibus fere punctis ali- quid desiderandum supersit; rationes omnes et excusationes quas ad- duxeram et spem quam ingerebam apud ipsum valituras, si nunc pri- mum proferrentur, sed non excidisse ipsi e memoria, quod in electione gae_ Q&e^ ]^jtis^ pulchcrrimam habuerit occasionem evincendae praetentionis suae, dum caeteri electores non ex stricto iure, sed superabundantes Caes^®. munificentiae eifectus elicerent; ipsius quidem ministros tunc suasisse, ut occasionem praeterlabi non sineret, si non gratias, ius saltem suum evin- cendi; sed cum ministri Caes". ibidem illum rationibus adorti fuissent, quibus nunc etiam utebar, ut nempe generöse et pure obligaret M"^'",

158 ni. 1()G0— IÜ64. Mission Lisok's.

yrani jj^ ^.^\\ occasiuiie, uon defuturam postea M"'". V"'". quin pari gene- rositate in negotio Jegendorfiano alilsque omnibus eidein corre.'^pondcret, tuDC se ultro contra suorum consilium acquievisse'), ideoque 8er'^™. Suam sibi persuadere non posse, me alia non habere mandata, quod vero illa' dissimularem, me certe in hoc M''^ V''^®. servitio iniuime con- sulere.

Ad petitam vero militis siistentationem, dolere Ser'*". Suam se non esse in illo statu, ut satisfacere possit desideriu no.stro multo minus, ut militem in Hungariam pergere sinat, cum in eo unicum sit ipsius prae- sidium mediisque destitutus sit alium militem comparandi, cum prae- sertim probe cernat nihil in Hispanicis subsidiis fiduciae coliocandum. nee videre cur huc ministrum miserint cum nudis promissis, quarum iam aures toties habuit verberatas; hoc multum ipsi praeiudicare tam apud Hollandiae status quam apud alios, qui illum pecunia hispanica illaqueatum credunt, indeque ansam de ipso diffidendi arripiunt, cum tarnen nullum ex Hispania commodum percipiat; caeterum quandu quidem S''. C^^. M"'^ praefatis conditionibus oblatum militem suscipere consul- tum sibi non duceret, se loco militis pro omni subsidio contra Turcas resignaturum S"-'^^. M''. V''*'. promissam ab Hispanis summam, tam pro quadrienuio iam elapso quam in futurum.

Ad haec nihil consultius duxi, quam totum illum discursum quasi non serio, sed animi gratia et ut me tentaret, prolatum suscipere; sub- ridens itaque respondi, me haec omnia optime percepisse, horum autem ne verbulum quidem ad S. C. M"'". relaturum; optime enim nosse vel hanc non esse veram Ser*'^ Suae intentionem vel tranquilliori mente postmodum ipsimet displicituram ; praestolaturum itaque ut desuper paulo sedatius deliberet. Interim coepi singula exactius discutere, et protracto usque ad mediam noctem colloquio variisque mediis invicem agitatis illum optime dispositum dimisi, ut omnem operam rebus conci- liandis adhiberet. Fassus est mihi tamen et aliunde rescivi hoc totum ab Jegendorfiano negotio procedere, nee deesse ministros, qui illum exsti- mulent illique persuadeant, agi de ipsius existimatione ; omnibus visum iri, ipsum parvi fieri ab aula Caes'"'., cum rem (ut supponuut) adeo liquidam assequi nequeat, Gallos ipsos illum continuo circa hoc vellicare, ioco ideutidem a Blumendalio inquirentes, an de Lisola Jegendorfium ipsi attulerit; haec menti principis continuo obversari et novos idemtidem

') Für diese Verhaudluugeu in deu Jahren 1G57 und 1658; Urk. u. Act. VIII. 339 ff., 306 ir., .■)13f.

Jägenulorf. Bitte um Abherufung;. 159

motus concitare, quos non proclive foret compescere: aliunde etiam rescivi et quidem certo, |:quod iam Galli liberalius cum Blumendalio agant, et quibus conditionibus desiderent illam oppignorare, idque ut opinor Electore Moguntino ') suadente : ' .

Sequenti die deuuo rediit ad me princeps Anhaltinus retulitque se animo principis sedando uon ineficaciter adlaborasse variaque tempera- raenta, quae inter nos agitaveramus, eidem proposuisse, et haue denique ultimam a Ser'®. Sua elicuisse resolutionem, scilicet Ser'""™. Electorem coudescendere, ut 500 equites et 700 dragones pergant in Hungariam, dummodo aggregentur coi'pori, quod ad partes üanubii sub ductu mare- schalli Montecucoli destinatum est") ex adversa fluminis ripa: 1000 vero peditcs iiianebunt in Silesia, sive ad custodiam lortaiitiorum, sive in castris pro libitu S"■■*^ C«■'^ M''^

Optaret Sua Sei''"*., ut media ipsi suppeterent sustentandi miütis, sed quia id ipsi omnino impossibiie accidebat (et re vera ex certa scien- tia mihi constat illum in maximis angustiis versari) loco sustentationis concedet pure et absque obligatioue refusionis 100000 Imperiales a Ser'"". Rege Cath'^''. debitos, quos autea S. M''. V''*'. titulo mutui obtulerat^).

Praefatus miles stabit sub ductu principis ab Holstein cum titulo generalis Aägiliarum praefecti, ad quem iam antehac fuit evectus et de facto possidet*), in omnibus tamen suberit imperio et mandatis genera- lium Caesareorum, vel eorum qui copiis praeerunt; subsistentia submini- strabitur militi, tam in expeditione quam in stativis eadem prorsus ratione qua militi caesareo^).

Non distrahetur aut separabitur ille miles in varias partes, sed equitatus in duas turmas distribuetur, dragones vero in tres, si tamen ratio bellica postulet, ut iuterdum ex singulis cohortibus aliquot milites seligantur ad aliqiiam expeditionem, id stabit penes arbitrium generalis caesarei, operatione vero perfecta quisque sub suis signis redibit.

0 üeber Johann Philipp von Schönborns Politik ; Guhrauer 1. c. T. Bd.

^) Montecuccoli stand in der Nähe von Pressburg. Diar. Europ. X. 571.

^) Vom 4. Juli liegt eine schriftliche Erklärung Lisola's vor, dass er vom Kur- fürsten eine Quittung über 100 000 vom Vicekönige von Neapel (Graf Penueranda) an denselben zu zahlende Thaler empfangen, welche der Kurfürst dem Kaiser als Hilfsgelder zum Türkenkriege überlassen habe. Yergl. Urk. u. Act. XI. 299 Anm.

■*) August von Holstein war am 4. Juni 1663 zum Generalwachtmeister ernannt worden; vergl. Mülverstedt, Georg Adalbert, Die brandenburgische Kriegsmacht unter dorn grossen Kurfürsten, 256 Anm.

^) Vergl. die Instruction für August von Holstein Urk. u. Act. XI. oOOff.

160 in. 1660— 16t;4. Mission Lisola's.

Similiter peditatus uunquam ita dividetur, (|uin saltem duae cohor- tes seu compagniae ad minimum simul maneant, qui vero ex illis in prae.si- diis statuentur, iuramentum more solito praestabunt S. C. M^'. V'""; quo- ties in aliqua expeditione officiales Electorales cum Caesareis in pari gradu concurrent, Electorales in omnibus cedent Caesareis, etiamsi anti- quiores essent iu officio quam Caesarei, quod Ser"""*. Elector singulari erga S"'". M'*™. \'^"\ observantiae tribuero profitetur, cum id nunquam concedere voluerit regi Sueciae.

Cum peditatus ab equitatu debeat separari, nee unus solus praedicans possit utrique sufficere, desiderat S. Ser'^^, ut licitum sit unum in pedi- tatu, alterum in equitatu ducere, qui tamen extra legionem nulluni prorsus ministerium exercebunt.

In locum eorum, qui in acie cadent, vel peste absumentur, S. C. M''''^ noYOS sufficiet, ut integer numerus ipsi restituatur, exceptis tamen fugitivis.

Copiae illae S''^ M''. C'^^ inservient, quamdiu ille opus habebit contra Turcas, nisi forte Status Ser™'. Electoris Interim hostiliter invade- rentur, quo casu S. C. M'^^ illas ipsi restituet.

Hisce expositis requisivit, ut scriptura couficeretur, qua hasce condi- tiones acceptarem iisque subscriberem, et militem confestim perrecturum. Respondi me quo ad hoc idouea destitutum plenipotentia, uec missum ad ineundos tractatus de auxiliis, quae a pura Ser*'^ Suae gratuitate pendent, sed tan tum ad exponendam ipsi eorum pro communl salute necessitatem; durum praeterea mihi videri peditatum, quo maxime indi- gemus, retinere in Silesia otiosum; Silesiam enim non in ipsa Silesia, sed in Hungaria defendendam esse; cumque instaret, nos hoc pacto edu- cere posse copias alias, quae sine istis subsidiis deberent ibi remanere, subiunxi, rem secus se habere: provinciam enim suscepisse curam pro- priae defensionis et militem sustentaudi, qui inde extrahi non posset; sed princeps suasit, ne serius nunc quoad hoc instarem; hoc enim pro- cedere ex privato nescio quo principis genio et affectu, aegre in ipso fer- vore, sed facile ubi resederit inflectendo; quam primum miles in Silesia foret, facile ad minimam nostram instantiam permissurum Electorem, ut alio traducatur; si vero ex Hispania aliquid pecuniae adveniret Ser". Suae, qua copias iustaurare posset, tunc S'^'". Suam non solum illas, sed etiam alias copias plenae dispositioui nostrae relicturam.

Cumque acrius instaret, ut conventionem iuxta supradictas condi- tiones iniremus, ego v^ro id absolute negarem, tandem ne in re tarn

Türkenhilfe. Reicbshofiathsaugelegenheit. 161

urgent! per hunc obicem mora iniiceretur, in sequens temperamentum convenimus: quod scilicet daturus sim attestatlonem a me subscriptam, me a principe Anhaltino nomine Suae Ser''^ accepisse declarationem, quod eins intentio sit, ut copiae supraspecificatis conditionibus ad S'^". Caes^^. M'*^ V'■*^ subsidium pergant meque de omnibus S. C. M"^'". in- formaturum, quo pacto moram declinavi, nee tarnen M'^'". V'^'"". uUa in re oppiguoravi '). Interim miles perget, et ita computavi tempus, ut si S. M. V-'. consultum non iudicet hisce conditionibus niilitem admittere, tempestive poterit misso ad principem Holsatiae Cursore sistere eins pro- gressum antequam Grimbergiam (locum scilicet pro congregandis copiis destiuatum) pervenerit; si vero M". V""^*. consultius videatur militem admittere, nihil ad conditioues vel contra respondendo, poterit postea pro re nata illas limitare, dum interea sensim disponere conabimur Ele- ctorem, ut ab istis restrictionibus recedat, quibus etiam ipse princeps Holsatiae, si comiter habeatur, non adeo scrupulose inliaerebit. lam vero si acrius quoad hoc insisterem in primo illo impetu, perderem ope- ram illumque magis obfirmarem; si vero didicerit illis copiis carere, nitro haec omnia remittet. Haec mihi asserunt, qui genium eins noruut. In- terim mandata expediri curavi ad principem Holsatiae, ut illico cum copiis pergeret, pars vero equitatus, quae hie degit, cras deo iuvante itineri se tradet ita, ut iuxta nostrum calculum circa 15""". Septembris copiae illae omnes adventurae sint Grimbergiam sex milliaribus maiori Glogovia dissitam; si tamen paulo diutius aliquo casu morarentur, com- missarii M'^^ V'"®. poterunt per paucos dies eorum adveutum praestolari; munitiones bellicae iam pridem Francofurtum transmissae sunt ad omnem ]\pis_ Yae_ dispositionem paratae, prout in humillimis meis relationibus 19^. Julii significavi. Necessarium itaque erit, ut commissarii M''^ V'"'*®. illarum devectionem procurent easque a loci commendante recipiant.

Querelas quas de certis decisionibus concilii Imp''^ aulici aliquoties edidit, non eo teudunt, quod cursum iustitiae impedire praetendat, sed quod solummodo desideret, ne cum lis aliqua inter ipsum ipsiusque va- sallos agitatur, decreta statim contra ipsum ferantur ipso non antea monito; cuperet itaque se confidenter antea moueri, quando causa aliqua ipsius aequitati minime iunixa videbitur, ut ab ea tempestive resilire queat, antequam similia decreta emanent, quae ipsius authoritati apud SUDS derogant et subditis audaciam concitant litigandi. In negotio vero

^) Vergl. die Convention in betreff der von dem Kurfürsten für den Türkenkrieg zu stellenden Hülfstruppen. Königsberg 23. Aug. 1GG3; Urk. u. Act. XI. 298fiF.

Mater, z. Gesell, il. G. Kiirfiirsten. MV. 11

IQ2 III- 16<J0— 16C4. Mission Lisola's.

j:Neoburgico haeret in priori resolutione, et officia V". C^*^. M*'^ quoad hoc lubens expectat, modum autern tractandi Optimum censot, quem iam antea V*''. C^*. M''. indicavi, ut scilicet per secreta colloquia, mediante principissa Auraica, Friquetii cum barone de Lairat') res ventiletur, et si spes compositionis apparuerit, tum negocium Ratisbonae mediante V^. C^". M'^. cum debitis solennitatibus tractetur; quia vero dux Neobm'gensis per ministrum suum Ratisbonae degentem") proposuit, ut res mediante Gallia et Electore Moguntino transigeretur, respondit Elector Brauden- burgicus commodius absque mediatoribus posse tractari, ubi vero con- ventmii foret, tum fore liberum cuilibet parti. nominare eos, quos vellet ad maiorem solennitatem tractatus :1 . . .

j:Priucep.s Auhaltinus fidissimam hactenus navavit operam ac totum se V'""^. C*^^ M''^ servitiis devovet, tentatur assidue Galliae magnis et realibus oblationibus, pauper et in bivio, ut fortunam figat suam, nee diu praevalere poterit nuda spe contra solidas oblationes, licet vero an- gustia temporum minime patiatur, ut ipsi realiter subveniri possit, sal- tem expedire videretur assignare ipsi summam ad media extraordinaria, cuius solutio sensim differri posset in commodiora tempora, ut illum Interim nobis obnoxium teneret, ita ut si postmodum non corresponderet fiduciae nostrae, integrum V-''^ C*^^ M''. foret ab illo promisso resilire. Gallia offert in paratis centum millia Horenorum gallicorum. quae sum- mam quinquaginta millium Rhenensium efficiunt, nee nou etiam dinastiam in Alsatia vel Lotharingia ad ipsius electionem; vidi litteras hac de re originales mihi uotissimas. : | Priuceps Anhaltinus nee non cancellarius Jena cum magna anxietate (prout profitentur) ex sincero in M^®"". V^"", studio suadent, ut hoc negotium Jegendorffianum componere satagamus. Ser*'^'". Suam non quidem hoc tempore acrius institurum, ne molestiam facessat M". V'^«., sed mansurum semper lapidem offensionis et in omni occasione id semper recursurum; si vero ipsi ultro nunc satisfieret, Ser^*™. Suam longe hilarius et majori fiducia in omnibus cooperaturam ]\jtis_ yae_ desideriis, seque sperare, Electorem tantum ponderis adiecturum communi causae, ut M'^^ V"^. expertum sit ipsorum cousilium fuisse sa- nissimum. Quaesivi, an igitur Ser"". Electoris amicitia a tantilla re penderet; uum ipsius ratio politica illum suapte coniungeret M*'. V'"''^.;

') Baron Lerodt, pfalz-neuburgischor Gesandte; über Friquets Verhandlungen mit ihm, Urk. u. Act. XI. 496 ff.

'-') Vertreter Xeuburgs zu Regensburg waren der Obrist und Rofrathspräsident Wolf Jaiiüb Ungelter v. Diessenhauseu umi llofraih t>r. Carrer (Üia. Europ. IX. 508).

Anhalt. Jägerndorfer Frage. 163

num amicitia Caes*. ipsi decori foret ac utilitati. Responderunt, rem omnino ita se habere, sed l:ex re tantilla Electorem Brandenburg! cum coniicere, quam parvi aestimetur et quid in majoribus sperare liceat, ex illa coutemptus opinione reddi tepidiorem et interdum commoveri, ac inde faciliorem apperiri aditum pravis suggestionibus :|. Longum foret ac taediosum singula recensere, quibus postquam abunde satisfecissem ac varias obiecissem quoad Jegendorfium obtinendum difficultates; prin- ceps Anhaltinus post aliqua cum Ser**. Sua colloquia mihi retulit, se eo rem deduxisse, ut Ser™"'. Elector loco Jegendorfii congruam aliquam compensationem non tarnen in pecunia, sed in bonis stabilibus acceptare promittat, si vero in praesens non detur ad hoc opportunitas, petit con- signari interim Jegendorfium adiectis, quas libuerit, cautelis pro iu- demnitate et securitate religionis, seque daturum reversales, quod , quo- ties ipsi aequivalens dominium alibi procurabitur, illico Jegendorfium S. C. M*'. restituet. Respondi id non esse in potestate S"^^ C*^®. M"^ in praeiudicium tertii possessoris, qui inde non posset eiici absque forma iudicii. Ad haec princeps Anhaltinus subiunxit, se quidem proposuisse Ser". Suae comitatum Reinstein, sed Ser*^™. Suam minime id approbasse, cum iam illud quasi suum reputet, utpote sub directo dominio suo con- stitutum et facile ad ipsum devolvendum, quo pacto nullam novam faceret acquisitionem ').

Alia vero esse dominia non magni momenti ac iurisdictionis prope Crosnam iam protestanticae religioni addicta"), de quibus convenire posset Elector, ut ex illis aliqua seligantur dominio Crocensi annectenda iuxta taxam proportionatam valori dominii Jegendorfiani, quo pacto ggj.mus_ Elector actiones omnes suas adversus Jegendorfium M''. V^»«. transcriberet, ut iis pro libitu uti -possit, et qualecunque inde damnum sentiret, resarcire. |: Nolui curiosius ab ipso inquirere, quaenam forent illa dominia, ne viderer exordium dare negociationi, imo neque ad refe-

') Regenstein oder Reinstein war von dem letzten Administrator von Halber- stadt, Erzherzog Leopold Wilhelm von Oesterreich, als ein halberstädtisches Stifts- lehen angesehen und trotz des von Braunschweig erhobenen Widerspruchs dem Grafen Leopold von Tattenbach verliehen worden. Der Versuch des Kurfürsten nach der Enthauptung des Johann Erasmus von Tattenbach sich als Lehensherr in den Besitz dieser Herrschaft zu setzen, gab Anlass zu einem Rechtsstreite, der jedoch bei Auf- lösung des Reiches noch nicht beendet war.

2) Damit ist wohl auf Schwiebus gedeutet worden; wenigstens scheint dies die Ansicht Fridags gewesen zu sein; vergl. dessen Schreiben vom Dec. 1689 bei Pribrara Oesterreich und Brandenburg 1688 1700, p. 214.

11*

164 III- ir.60— 1G64. Mission Lisola's.

rendum suscepi, sed quasi rem per medium discursus acceptam silentio praetermisi, quam tarnen V^^ C"^^. M*'. miüime dissimulandum duxi, ut desuper statuat quod e re videbitur. :|

(Jommissarii Polonici, procancellarius ^) scilicet ac episcopus Var- miensis'*), pro absolvendis a juramento fidelitatis Pruthenis et Ser™*'. Ele- ctore in possessionem supremi dominii iotroducendo, huc iutra decem dies adventuri sunt; absoluta solemnitate Ser'*^ Sua illico redibit in Markiam, quem priuceps Anhaltinus praecedet intra sex dies hinc dis- cessurus. Quid mihi ulterius hie agendum supersit, non video; : cum omnia, quae hie agitavimus, praesertim ratione Imperii et Ducis Neo- burgensis alibi debeant esecutioni deduci, nee ulterius hie possint promo- veri; ratione vero Jagerudorfii, si V^. C-^. M'''^ realem Electori Branden- burgico velit dare satisfactionem , seu per temperamentum ab ipsis pro- positum, seu per quodvis aliud remedium, sufficiet in praesens:!, ut id ipsi per me declaretur. Conelusio vero hie fieri miuime poterit, nam qualiaeumque ipsi assignentur dominia sive prope Crosnam, sive alibi, opus erit eommissariis ex utraque parte, qui lücum inspiciant et taxent, quod non tarn eito absolvi poterit, nee in eo potero quidquam operari. j:Si vero V. C. M-''^ consultius iudicet hoe negocium suaviter protrahere et ad illum saltem retinendum aliquam aperire negoeiationem, nullus aptior mihi videretur modus, quam si negotium ad aulam V^^. C^*'=. M"*. transferretur, quia ibi posset faeilius detineri, quam hie, ubi eum ipso principe immediate agetur, qui statim in impatientiam prorumpit, quando ad ipsius petita non praeeise respondetur, aut defeetus instructionis obtenditur, ita ut si diutius manerem absque uUo effeetu, omni fide, quam haetenus apud ipsum illibatam eonservavi, penitus excederem, imo peni- tus rupturam et indignationem vix possem deelinare. Quo paeto inutile prorsus redderer in hac aula V"''. C*''®. M''^ instrumentum et praeseutia mea nihil aliud operaretur quam praetensionum suarum memoriam et repulsae indignationem :|.

') Johann Lesczynski.

^) Johann Stefan Wydzga; die Verhandlungen in dieser Frage in ürk. und Act. IX. 385 ff.

Bitte um Abberufung. Gesinnung des Kurfürsten. 165

Lisola an den Kaiser. Dat. Königsberg 4. Sept. 1663. (Or.)

[Marsch der brandenburgischen Truppen. Nachrichten von einer französisch-dänischen

Allianz. Entmuthigung des Kurfürsten in Folge der Nachrichten von Niederlagen in

Spanien und Ungarn. Bemühungen der Gegenpartei.]

Lisola erhält auf seine Beschwerde wegen der Verzögerung des Marsches 4. Sept. der Truppen') des Brandenburgers die bestimmte Versiclierung, dass die kur- fürstlichen Truppen Ende September in Grüneherg eingetroffen sein werden-').

Expectantur hie commissarii Polonici pro resignanda S™°. Electori in supremum dominium Prussia, post quorum adventum illico Ser'""^ in Marchiam redibit et iam omnia ad discessum adornantiir. | : Elector Brandenburgicus certam habet informationem, quod rex Daniae cum Gallia foedus iniverit, nescit tamen an foedus defensivum dumtaxat, an foedus offensivum ^) : quod mirum in modum ipsum percellit ac conster- nat; magnum enim in regem Daniae collocabat fundamentum. Similiter clades Lusitana*) et Forgatziana ^) anxium illum reddunt et sollicitum, nee satis possum in primo illo motu eius animum erigere, cum praeser- tim nullum experiatur effectum, tarn circa praetensiones suas, quam circa promissa hispanica. Interim regina Poloniae omnia movet, ut illum alliciat Galliae, blandius agit cum Blumendalio et non desunt hie in- centores, hactenus tamen stetit firmus:].

Lisola an Walderode. Dat. Königsberg 25. Sept. 1663. (Aiit.)

[Gute Stimmung des Kurfürsten. Marsch der brandenburgi scheu Truppen. Werbungen des Kurfürsten. Blumenthals Abberufung aus Paris. Bitte um Abberufung.]

Lange keine Nachricht ans Wien erhalten. Caeterum 8"""^ in optima 25. Sept. est dispositione et nunquam illum vidi tam bene animatum, traeto eius animum quantum possum suaviter et efficaciter et hactenus mihi suc- cessit ex voto''). Copiae auxiliares pergunt. Iam habemus certa nova,

0 Lisola an den Kurfürsten d. d. Königsberg 1. Sept. 1663, ürk. u. Act. XI. 304; vergl. auch das Schreiben Leopolds an den Kurfürsten vom 20. Aug. ähnlichen Inhalts ebendaselbst, Anm.

-) Der Kurfürst au Lisola d. d. Insterburg 4. Sept. 1663. ürk. u. Act. XI. 304.

^) In der That hatte Frankreich mit Dänemark am 3. Aug. 1663 eine Allianz geschlossen; vergl. Dumont 1. c. VI. 3 470 ff.

*) Vergl. Th. Europ. IX. 1047 ff.

^) Graf Forgatsch hatte ein unglückliches Gefecht den Türken geliefert; vergl. Dia. Europ. IX. 486 ff.; Th. Europ. IX. IM" ff.

^ Vergl. auch das Schreiben Lisola's an den Kurfürsten vom 11». Sept., dessen Antwort vom 20. Sept. und des Kaisers Schreiben an den Kurfürsten vom 23. Sept. 1663; Urk. u. Act. XI. 305 f.

166 III- 1G60-1G66. Mission Lisola's.

quod pervenerint Tauchelium in confiniis Majoris Poloniae versus Po- merellam, inde brevi tempore ad Oderam perventurae. Excedent nume- rum 2500 et qiiidem militis selectissimi. Jam S'""^ novos meditatur delectus et brevi instructum habebit exercitum decem millium, ad omnem gcrae Qeae^ ]y|tis exigentiam promptum, et si vel minimum quid ex parte nostra aut hispanica realitatis acceperit, experiemur uberrimos fructus eius amicitiae. Revocatus est ex Gallia Blumendalius, sed D. Overbog novissime scripsit S'""'". regem Poloniae in Galliam scripsisse, ut non tam cito dimitteretur '). Bittet um Abberufung von Königsberg, da er da- selbst nichts mehr zu thun habe.

Die Berichte Lisola's an Walderode aus den folgenden Wochen enthalten nichts von Bedeutung; Lisola dringt auf seine Abberufung. Unter dem 7.0c- tober meldet er: negotium Prussiae tandem compositum est, S™"^ Elector consensit, ut statim evacuetur Braunsberga et mille quingeutos pedites statim iuxta pactorum obligationem submittere promisit in subsidium Poloniae contra Moscos; vice versa episcopus Varmiensis scripto se obli- gavit ad procedendum ad effectum commissionis suae ideoque dies in- dicta fuit statibus, ut huc convenirent pro iuramento fidelitatis S™". Electori praestando, die 18^ huius^) et statim finita solemnitate S'""\ Elector itineri se tradet versus Berolinum, ut vicinius assistat rebus imperii et Hungariae.

Lisola an den Kaiser. Dat. König-sberg 9. Oct. 1663. (Or.)

[Unterredungen Lisola's mit dem Kurfürsten und Jena wegen der Tüikenhilfe. Ent- scheidung des Kurfürsten.]

9. Oct. Benignissima S. C. M"^ mandata 29 Septembris ^) , 4 huius accepi,

et absente S™°. Electore illico etiam uoctu secretarium meum ad ipsum cum litteris M'". V"^ ac verbali instructione destinavi, cum intentione etiam ipsum Electorem quam primum illuxisset adeundi, nisi mihi certo nunciatum fuisset illum eadem die rediturum.

b^. Ser""^ Elector acceptis litteris, veuationem, cui tunc intentus erat, subito deseruit rediitque in civitatem secretario meo cum hoc responso dimisso, se de hoc negotio mecum collocuturum . . . Audito eius adventu illum confestim adii et difficilio remquam speraveram nac-

0 Ein derartiger Befehl an Blumenthal erging erst am 9./ 19. Nov. 1663; ürk. U.Act. IX. 665 ff.

2) Vergl. Droysen ]. c. IIL. 618 ff.; Puf 1. c IX. 51 ff.; Urk. u. Act. IX. 457 ff. ^) Liegt nicht vor.

Türkenhilfe. 167

tus Silin; quoties enim extraordinarii cursores adveniunt, toties ipsi exci- tantur species Jegendorffii et statim spem concipit illud pro studio sup- priinere; postea vero spes in consternatiouem et excandescentiam desi- nit. jMolui illum in hoc primo impetu acrius urgere, sed re proposita adductisque rationibus ad alia sermonem deflexi et ab ipso digressus adii cancellarium Jena (qui re vera se hactenus M". V'"'. fidum exhi- buit) illiimque sedulo adhortatus sum, ut S""". Siiam permoveret ad condescendendum M"^ V^^ desiderio ').

6'^. huius idem cancellarius ad me rediit, asseruitque se in S'^ Siia magnam invenisse repugnantiam , idque ex duobus capitibus; 1". quod nullum a nobis neqiie ab Hispanis experiretiir nondum effectum; 2°. quod vereretur, ne generalis de Souches copias illas aiit nimis exponat aut fatiget ^), suasit denique, ut denuo S'''"\ Suam adirem iterumque effica- citer urgerem, se quoque pro virili adlaboraturum.

7^. huius rursus S**^"^. Suam conveni, et post varios nitro citroque circa hanc materiam sermones tandem ipse rationibus acquievit, quibus illum incitare conatus sum, ut M'*^'". V^"'. in hac occasione pure et generöse obligaret, omissis tot restrictionibus, quae magnam gloriae et beneficii partem coriiunperent ; postquam ex hac tempestate emerseri- mus, non defutura S'''^'^. C^^*^. M". media, quibus. S^'. Suae regratificare- tur; satis ipsi constare, quam haec tempora aliena sint ab huiusmodi praetentionibas decidendis. Colloquii tandem conclusio fuit, quod Ser™"^ Elector in haec verba resolutionem suam mihi dederit: Se non in hoc solum, sed in omnibus, quae communem causam et privata S"'^*. C'^*^ ]y[tis_ yae commoda concernerent, confirmaturum semper consilia et reso- lutiones suas M "*. V"*^. desiderio ac demandaturum principi ab Holstein, quatenus in Moraviam pergat et strenue inserviat ubi opus fuerit^). . . . Adjecit se omnia libenter facturum pro S"*. M"'. V'*. dummodo saltem ipsi constaret, grata esse ipsius servitia, ad quod actis debite gratüs, nihil mearum partium omisi, ut illum in bona intentione corroborarem ac demonstrarem , uullam spem superesse salutis, quam in arctissima unione. ... Da der Kurfürst nach empfangener Huldigung der preussischen

') Es handelte sich um die Verwendung der kurfürstlichen Hilfstruppen, vor- nehmlich um den Marsch der Infanterie bis Mähren; vergl. Lisola's Schreiben an den Kurfürsten vom 4. Oct. und des Kurfürsten Schreiben an den Kaiser vom 7. Oct. 1663; ürk. u. Act. IX. 308 ff.

"O A = exponant vel fatigant.

3) Urk. u. Act. XI. 310 Anm,

16g III. 1660—1664. Mission Lisola's.

Stände nach Berlin reist, verlässt auch Lisola Königsberg. Ueber Küstrin reist er nach Glogau, aus welcher Stadt er den folgenden Bericht absendet.

Lisola an Walderode. Dat. Glogau 12. Nov. 1663. (Aut.)

[Haltung des Kurfürsten. Desselben Reise nach Regensburg. Unheil Lisola's über die Reichsangelegenheiten und die ihm verweigerte Mission in Regensburg. Rückblick

auf seine Thätigkeit.]

12. Nov. Den Brief des Kaisers an den Kurfürsten vom 26. October ') hat Lisola dem

Kurfürsten übersendet. Non dubito, quin S™"^ annuat omnibus nostris petitis, licet praevideam illum ex responso proregis Neapolitani^) ad sua petita et toties promissa ultroque ipso non cogitante oblata, alte percul- sum iri, putabitque sibi illudi. Utinam nihil unquam oblatiun fuisset'). Nee minus illum percellet, quod de Jegersdorfio nihil perscribatis saltem spem aliquam faciendo alicuius compensationis. Interim fortiter ab aula Polonica sollicitatur et iam Galli magis blandiuntur Blumendalio ^).

Scripsi hac de re antehac nonnulla arcana ad Ex™"™, dominum prin- cipem a Portia ^), quae quia puto IIF. V^''. ab eodem communicata bre- vitatis causa praetereo.

Video quidem multas rationes, quae suadent iter S™'. Electoris Ra- tisbonam fore utile ^); |:vereor tarnen, ne cum antiqua illa vulpe collo- quatur. Fallor enim nisi illum brevi nobis subducat ac mancipet Gal- lis, ac vereor ne iam aliquid subsit :|. S''*^ Sua iam Electori Moguntino instanter urgenti promisit se Ratisbonam iturum. Hodie iter instituam versus Berolinum et pro 15" huius spero me illuc cum tota familia ad- futurum. Ad negotium commissionis meae comitialis quod spectat, per- lectis scripturis, quas mihi 111'-'^^ V^. communicare dignata est, depre- hendi, coniecturas quas antea hac de re feceram nulla in re aberasse. Doleo vices et conditionem clementissimi nostri domini, cui non modo

0 Liegt nicht vor.

^) Graf Peuneranda.

•■') Es haudelte sich um das Anerbieten von Subsidien; vergl. Urk. u. Act. XI. 306 ff.

*) Urk. u. Act. IX. 661 ff.

^) Liegt nicht vor.

^) Der Kaiser wünschte ein energisches Eingreifen Brandenburgs in der Frage der Defensionsverfassung (vergl. ürk. u. Act. XI. 308, für des Kurfürsten Haltung XI. 201, 311 f.) und hatte den Kurfürsten ersucht persönlich nach Regensburg zukommen (Gemeiner I.e. I. II 6 f.). Darüber wurde dann im geheimen Rathe berathen (Urk. u. Act. XI. 204 f.).

Reichsangelegenheiten. Lisola's Thätigkeit. 169

intrudunt ministros in intima aulae suae secreta, sed eos etiam exclu- dere satagunt. qui minime ipsis sunt accepti. Absit autem, ut velim esse petra scandali; cedo lubens rationl status seu verae, seu sophisti- cae; qui Gallis servire cupiunt optime faciunt, quod me a suis consiliis velint amotum. Facilitatem optimi nostri archiepiscopi SalLsburgensis ') non possum satis demirari, quod tanta pronitate incidat in casses. Si ita sit in caeteris rebus, Deus bone, quid non credet, quid non sibi et nobis imponet. Ligam Rhenensem hactenus credideram non se extendere ultra fines imperii, nee scopum alium habere, quam communem ipsorum in imperio securitatem ; exhorrui tarnen, quod iara dilatare illam velint ad res Polonicas et ita adhaerere GallicLs rebus in et extra imperium, ut Tel de nomine ipsis invisus sim, quod obstitisse me credant, ne Galli in Polonia regnarent. Sed absit, ut credam adeo coniuncta ipsis esse cum Gallis studia; multos enim et praecipuos ex ipsis ligistis esse novi, qui vel lioc ipso mihi sunt addicti, quod putent me huic Gallorum in- tentioni obstitisse. Sed quid tandem de me erit, si Gallos auditis aut eos, per quos vobis illudunt? Trahendus ero ad gemonias tanquam inu- tile cadaver. Si enim expectabitis ipsorum approbationem, nullibi certe me volunt. nolunt me in Polonia, nolunt in imperio, nolunt apud grauni_ Electorera (prout plurimae litterae testantur); faxit Deus, ut sal- tem me domi otiosum patiantur serere arbores in hortulo, quod certe pro summo dei beneficio ducerem. Novit Deus, quod haec non profero ex aegritudine animi aut taedio laboris, sed si nonnullis videatur, conni- vendo, cedendo et tempori serviendo instaurari posse res nostras, ex illo principio sequitur satius esse me penitus amoveri, donec saltem tempus (quod non procul abesse videtur) adveniat, quo possitis iis impune uti, qui Gallis aut eorum mercenariis minime probati sint. Totam hanc in- vidiam nitro in me derivavi, ut aulae Caes'^"*. servirem in tali occasione, ubi de summa rerum agebatur; (quid enim de nobis iam esset, si cona- tus gallici successissent); reginam mihi olim summe propitiam non dubi- tavi alienare, sprevi oblationes, quae fidem superant, passus sum perse- cutiones, quae vel stoicam vincerent pacientiam; sed hoc mihi aegerri- mum est, quod eo nomine apud eos ipsos vapulare debeam, pro quibus hisce malis me obieci. Hoc non me percelüt, novi enim humanam conditionem, sed videte ne multum detrahatur authoritati Caesaris, neve hoc exemplo caeteros omnes ministros doceatis, quam periculosum sit Gallis displicere. Regina Poloniae non inconcinne dicere solet, quod si

') Guidobald Graf von Thun.

170 ni. 1660—1604. MLssioü Lisola's.

voluissem ipsi tantisper connivere, auxissem notabiliter meam furtuuam et facile Caesarei actiones meas probassent. Videte, ne deinceps vobis praescribatur, quos ad ministem deligere, quos excludere debeatis, et ne magis ad promotionem conducat ipsis placere quam vobis. Sed haec nil ad me. Non satis possum mirari bonitatem optimi archiepiscopi, qni D. Stokman proponit tanquam in tali officio constitutum, qui possit rebus Caesareis in unam vel alteram partem prodesse vel obesse. jlpas ya_^ quae statum Belgicum novit, facile deprehendet, quam id procul petitum sit ac futile. Caeterum lubens ab hoc omnique alio munere abstinebo. Sola mihi honoris cura superest. Quis enim non credet me ab eo fuisse exclusum tanquam exosam principibus imperii et inutile in illis partibus instrumentum, quod me deinceps non solum apud S. C. M**"™., sed apud S"""™. regem Catholicum perderet; nee ipsemet vellem in ipsorum praeiuditium negotiis adhiberi, quae si male cederent non malae aliquorum inteutioni, sed odio personae meae tri- bueretur.

Quod autem illis principibus imperii invisus sim, hoc me prorsus latet; scio autem, quod Elector Palatinus instanter petierit me ad se mitti; scio quod Neoburgicus maximam mihi testetur propensionem, de Bran- denburgico id satis liquet, nee non de utraque domo Badensi ac AVirten- bergica. Interfui tribus comitiis, tam pro civitate quam pro archi- episcopo Bisuntino '); cum omnibus deputatis lidam amicitiam colui, nul- lum a me offensum dimisi, multos ex deputatis officiis meis demerui et cum iis assiduam colui et colo adhuc correspondentiam. Optassera, ut D. archiepiscopus hoc suum votum paulo melius et explicatius propo- suisset, nam re vera praeter Gravellium^) Gallum, quem non novi, nemi- nem puto, non me libenter et amice amplexurum. Hoc saltem unum rogo, ut consulant honori meo, ne post adeo solemnem regis catholici declarationem videar aliqua mea culpa reiectus et gratia tanti regis mihi cedat in opprobrium. Totum hoc committo IIP'*. D. V^^ prudentiae et affectui. Si res procedere non possit, alia foret occasio, in qua me Regi Catholico summe necessarium et commendabilem reddere possem ; scilicet in Anglia, cum Rex Catholicus ibidem legatum habere non possit et ipsi summe expediat, fidam ibi esse personam, quae rebus ipsius invigi- let. Si illuc mitterer specie petendi auxilii (audio enim ad omnes prin-

') Besan^on, Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Stadt vergl. den Aufsatz von Reynald im 27. Bande der Revue Historique 1885 p. 300 ff. '^) Gravel Robert, Vertreter Frankreichs in Regensburg.

Polnische Angelegenheit. Französisch-brandenburgische Beziehungen. 171

cipes Christianos destinari legatioues) hoc non mihi minus acceptum foret, quam si commissio Ratisbonensis procederet ').

Lisola an Walderode. Dat. Cöln a. d. Sp. 23. Nov. 1663.

(Aut.)

[Polnische Angelegenheit.] Empfiehlt nochmals seine Angelegenheit dem Walderode.

Res polonicae in lubrico versantur statu; factio reginae invalescit, 23. Nov. contraria senescit et assiduitate ac longanimitate adversae partis fati- gatur. Amicus ille urget cathegoricam resolutionem et mediante tan- tillo auxilio certam spem facit se ad extremum perstiturum et cum dei auxilio superaturum, sed yult assecurari, secus enim torrenti cedere cogetur et brevi quidem. Ser""^ Elector multum orat, ut rem uon de- seramus et nisi concurramus, vereor ne ipse prior cedat.

Lisola an Walderode. Dat. Berlin 30. Nov. 1663. (Aut.)

[Beruhigung des Berliner Hofes über die Vorgänge am Wiener Hofe. Französisch- brandenburgische Beziehungen. Polnische Angelegenheiten. Characteristik des Kur- fürsten.]

Seit langem ist Lisola ohne Weisung vom Hofe, was in Berlin heunruhi- 30. Xot. gend wirkt. | : Elector Brandenburgicus putat actum esse de gratia prin- cipis de Portia apud imperatorem, quod alte apprehendit; nam timet Auersperg et horret Schwarzenberg. : [ De tractatibus S''^ Suae cum Gallis certo credat nihil esse, redit Blumendalius a S*^. Sua revocatus ^), nee proximam video ad tractandum dispositionem, nisi istum principem nitro alienemus, quod facile eveniet, si se despici crediderit. |:S™"^ quotidie apud me instat pro resolutione circa res Poloniae, an illas deserere an prosequi velimus : | ; putat mediam viam esse exitiosam et corti sibi consulet, si videat nos tepidos. |:Scribit mihi Gerardinus^)

^) Zum Verständnisse dieses Schriftstückes sei darauf hingewiesen, dass von Seite Portia's und W^alderode's Lisola als Commissär für Burgund zur Regensburger Versammlung vorgeschlagen wurde, während andere wünschten, dass Peter Stockmann, der vom Beginne des Reichstages an dieses Amt versah, dasselbe auch ferner ver- sehen solle.

2) Urk. u. Act. IX. 665 f.

^) Resident des Kaisers in Polen.

172 ni. 1660—1664. Mission Lisola's.

ex Polonia, quod Mareschallus regni ') incipit degustari, quod ad omnia quae proponit, ne bonum quidem verbum reportaritis. Vicecancellarius ^) vehementer instet pro responso. :| Si istae duae bases deficiant, actum erit de aedificio; ego lavo manus, sed de bis plura proxime. L'tinam mala futura paulo plus apprehenderetis ac minus timeretis praesentia.

P. S. Miror istum Electorem, qui in deliciis habet lougas relationes cum minutissimis circumstantiis et hoc expresse ministris suis demandat; omnia legit, revolvit, expedit; ad omnia respondet. combinat unam cum alia et nil negligit.

Der Kurfürst an den Kaiser. Colin a. d. Sp. 22. Nov./2. De- cember 1663. (Or.)

[Verwendung der kurfürstlichen Hilt'struppen. Klagen über Souches.]

2. Dec. Des Kaisers Schreiben vom 7. Oct. hat der Kurfürst erhalten"'). _,0b ich

mm zwar gehofft, es würde desfalls bei der zu Königsberg genommenen Abrede allerdings gelassen werden*) und E. K. M. die Fussvölker weiter nicht dann in Schlesien oder zum höchsten in Mähren begehren, so hab icli dennoch, zu Be- zeugung meines zu Beförderung der allgemeinen Sicherheit und E^ K. M. Estats Wohlfahrt treu gemeinten Eifers und aufrichtigen Devotion nicht unterlassen wollen, E. K. M. gnädigstem Gesinnen in gehorsamster Willfährigkeit ein Gnügen zu leisten und an hochgemelten Herzogen von Holstein L^"\ geschrieben, die Reuter und Dragoner zu E"". K. M. Diensten der ersten Ordre gemäss nur fort- zuschicken, mit der Infanterie aber auf Begehren nicht allein bis in's Mark- grafenthum Mähren zu gehen, sondern auch die Hälfte derselben zur Execution der etwa fürhabenden Impresa herzugeben, nach deren Verrichtung aber solche wider in's Markgrafenthum zu ziehen ^).'^ Empfiehlt die Truppen dem Schutze des Kaisers. Der Herzog von Holstein habe ihm gemeldet, dass, als er dem kaiserlichen Befehle vom 11. Oct.**) entsprechend sich mit den Reutern und Dragonern bei Souches eingefunden, dieser nicht nur die Hilfe als unnöthig zurückgewiesen, sondern auch zu verstehen gegeben habe, des Kaisers Wille und Verordnung wäre keines weges diese Völker mit nöthiger Verpflegung ver- sehen zu lassen'). Der Kurfürst begreift nicht, wohin Souches mit solchen Reden zielt, zweifelt auch nicht, dass er dies ohne Wissen des Kaisers gethan

*) Georg Lubomirski.

-) Johann Lesczynski.

^) Liegt nicht vor.

*) Gemeint ist die Convention vom 23. Aug. 1663; Urk. u. Act. XI. 298ff.

^) Auszug aus diesem Schreiben in Urk. u. Act. XI. 316.

ß) Soll wohl heissen 11. Nov. (vergl. Urk. u. Act. XI. 314).

') Vergl. des Herzogs Schreiben vom 28 Nov.: Urk. u. Act. XI. 314 f.

Yerwendung- der kurfnistlichen Truppen. Des Mainzers Politik. 173

hat; der Kurfürst meldet dies dem Kaiser, in der Erwartung, der Kaiser werde darauf seilen, dass die Völker nicht ruinirt, sondern gehörig verpflegt werden.

Lisola an Walderode. Dat. Cöln a. d. Sp. 3. Dec. 1663.

(Aut.)

[Verwendung der kurfürstlichen Truppen. Reise des Kurfürsten nach Regensburg. Brandenburg-französische Beziehungen. Lisola's Bestallung in Regensburg betreffend.

Des Mainzers Politik.]

Scripsi fuse posta praeterita; quod addam noii habeo, nisi quod 3. Dec. gmus_ Elector taudem iion .siue magna reluctantia consenserit, ut S. C. M''^ libere de copiis suis et de ipso peditatu possit ubicumque locorum disponere. Reliqua quoad iter S"^ Suae Ratisbouense manent in eodem statu, |:sispes sit generalatus ') abit; si minus, manebit. Tractatus cum Gallia suspensi sunt, nun rupti. Certum est quod adit Galliam, sed timet ac ad omnes casus vult esse conparatus. : Bono ex loco admonitus fui, quod Auersperg toto nisu mihi obstet pro nota commissione ; quod iam satis antea collegeram; aliunde etiam intellexi, quod idem antiquam habeat correspondentiam cum Stockmanno, unde certa mihi fuit suspi- cio, quod : litterae, quas Salisburgensis ^) scripsit, fuerint ab Auerspergio dictatae :]. Si hoc ita est, quid tiet in aliis, quo loco erit princeps Por- tia; hoc enim magnam denotaret ac profundam intelligentiam, quam etiam suspicor extendi ad Electorem Moguntinum, qui iuxta ea princi- pia, quae sequi videtur et quae confidens eius minister aperuit Electori Brandenburgico, |: non potest esse addictus nostro principi, qui illam politicam prorsus oppositam sequitur. Nam Elector Moguntinus indigna- tur, quod Imperator sit uimis addictus Regi Catholico ac denuo per fu- turum matrimonium ^) arctius ligandus; Portia vero e diametro contrariam sectatur doctrinam. Ideo probabile est, quod Moguntinus iis magis affi- cietur, quos eius dogmatibus insistere credet. Cavete autem, ne archi- episcopus Salisburgensis cum Moguntino conveniat, aut ab eo decipia- tur, nam ut ex copia litterarum eius in negotio noto colligere possim, debet esse vir simplex. : |

^) Ä = genlatus. 2) Guidobald.

^) Gemeint ist die Werbung Leopolds um Margaretha Theresia, mit der sich Leopold später 16G6, vermählt hat.

174 in. 1660— 1GG4. Mission Lisola's.

Lisola an Walderode. Dat. Berlin 17. Dec. 1663. (Ant.)

[Zustand am berliner Hofe. Nachrichten aus Polen. Lisola's Mission nach Regensburg.] 17, Dec. |: Spcro 111'*™. Y^"\ iam Ratisbonam pervenisse, ubi omnia foelicia

opto magis, quam spero. Res hie pessumeunt, prout ex meis ad prin- cipem Portiam videbit'). Res Poloniae nisi attendamus brevi collaben- tur; tempestive semper moneo, sed nunquam nisi post cventum mihi creditis, et tarnen post tot veras praedicationes totiesque probatas meum calendarium deberet esse apud vos in aliquo pretio.

Scribit mihi ex Polonia Girardinus, quod ntiirabiliter omnes mur- murent contra principem Portiam et quod omnes depraedicent merita Auerspergii. Hoc provenire potest ex ignorantia populari, cavendum tamen, ne id ex ipsa factione Auerspergiana proveniat, regina Poloniae etiam forte clam fovente; iam pridem monui attendendum esse actioni- bus Schaffgozii, qui crebro (prout intellexi) ad aulam Polonicam mittit. Multa circa hanc materiam oretenus dicenda reservo; subvereor profun- diora et si mihi fides daretur facile funditus investiganda; si mihi sal- tem tanquam privato liceret ad pedes S, C. M*'^ accedere, dicerem multa, quae ipsi aperirent oculos et principi Portiae plurimum pro- dessent, quae ab ipso tam facile ac tam efficaciter dici nequeunt in sua propria causa; dicerem autem tali modo, ut sperarem id non sine fructu; denique audaciter dicerem, nihil enim metuo, utpote cui certo consti- tutum sit (si haec factio praevaleat) ad quietem domesticam recedere. . . . Iam eidem significavi mandatum domini Stockmani transmissum, ut Ratisbona discedat, etiam si illuc nondum pervenissem, quod eo uuice coUimat, ut tollatur omnis praetextus iis, qui me impedire conantur. Hoc pulcherrimam dabit ansam meis amicis res meas promovendi; sed languor nostri principis tam in hoc quam in reliquis ipsum et suos amicos perdet. : |

Lisola an Walderode. Dat. BerHn 19. Dec. 1663. (Aut.)

[Nachrichten von den Plänen Frankreichs und des Mainzer Kurfürsten, ürtheil Li- sola's über des letzteren und Auerspergs Politik.]

19. Dec. \' Scripsi posta praecedenti sat copiose; hoc unicum addendum

occurrit, quod a viro valde perito mox litteras acceperim, quibus mihi haec formalia significat his verbis: Credo quod intentio Galliae coliimet

') Liegt nicht vor.

Urtheil Lisola's über des Mainzer und Auserspergs Politik. 175

ad separandum Imperatorem ab Hi.spanis et quod Elector Moguntinus ad hoc insudabit; niiper enim a viro niagnae notitiae aiulivi, quod Elector Moguntinus ipsi fassus fuerit, hoc quidem fore iniquum sed necessarium et sine quo iraperium nunquam foret quietum. Haec ille; si autem hoc ita sit, consideret 111"'^ V*., an nunc ex consequentia praesumi possit illos, qui hoc intendunt, non facile laturos regimen principis Portiae, quem sciunt habere principia prorsus opposita et nunc magis ipsis placere debeat, ut machina devolvatur ad Auerspergium, quem sciunt Hispanis exosum. Meminerit etiam UV"^. V=*., quod iam pridem Auerspergius eo collimare videtur, ut se bonura imperalistam venditet. Quidquid autem credatis, aut vobis appareat de alienatione Electoris Moguntini ab ipso, ego mihi hanc suspicionem avellere non possum, quin secreto inter ipsos conveuiat. . . . :|

Lisola an den Kaiser. Dat. Cöln a. d. Spr. 21. Dec. 1663.

(Ol-.)

[Brandenburg-schwedische Beziehungen. Des Kaisers Stellung zu Schweden. Frage der Investitur Schwedens mit Pommern. Pvath Lisola's in dieser Frage. Geplante Berathung des Kurfürsten von Brandenburg mit dem Sachsen und den Braunschwei- geru. Unterredung Lisola's mit Anhalt und Schwerin über die in Regensburg zu beobachtende Politik, insbesondere mit Rücksicht auf den Krieg gegen die Türken. Vorschlag Wrangeis in dieser Frage.]

gae (^'ae ]i^fti yae^ humillime significandum duxi, quod cum mihi 2L Dec.

nuper cum S'*. electorali sermo incidisset de ipsius cum Suetia tractati-

bus '). de quiLus iam antehac ad M"''". V^'^. perscripsi; 8"""^ mihi in-

sirmavit, se apud Suecos institisse, ut S. C. M^^ V*. iisdem tractatibus

includeretur, qui minime se alienos exhibuerant; recentissimis vero litteris,

quas a suo in Svetia residente ^) acceperat, intellexisse, Suecos in eadem

quidem propositione perseverare et ad sinceram cum S. M'^ V''. unionem

ac correspondentiam esse dispositos; unicum tantum obstaculum obesse,

denegatam scilicet aut saltem suspensam Pomeraniae investituram, pro

qua denuo petenda post acceptam repulsam, novam legationem mittere,

nisi priores invitarentur, sibi omuino indecorum iudicabaut •'^). Si itaque

^) Ueber die brandenburg-schwedischen Beziehungen in diesen Jahren Urk. u. Act. IX. 7.59 ff.

-) Krockow, Lorenz Georg; vergl. über ihn Urk. u. Act. IX. 732.

^) Ueber diesen schwedischen Investiturstreit vergl. Heyne, S., Der schwedische luvestiturstreit 1648—1664: Urk. u. Act. XI. 95 ff., 213. Die Belehming erfolgte erst am 5. Mai 1664.

176 in. 1660—1604. Mission Lisola's.

S™"^ Elector lianc Suetiae cum S. C. M^". V''. correspondeutiam sancitam cuperet, cunsiiltum füre, si submoveudis obicibus incumberet et uecessaria quoad hoc apud S. M'^'". V^'". interponeret officia, qua de re se ad M'*™. V^™. scripturum asseruit meque ut scriberem requisivit.

I : Licet vero facile crediderim hanc e.sse escam nobis iniectam a Suecis, ut ip.sorum circa investituram postulatis facilius annuamus, tarnen, utut sit, humillime ceuserem negociationein illam ininime temnendam, vel ad hoc solum, ut Elector Brand"'**, nil nisi coniunctiin nobiscum agat, ut participes fiamus omnium quae tractabuntur; quo pacto facilius erit impedire, ne quidquam in V". C^^^ M^'^ praeiudicium concludatur, vel ut negociatio, si ita expediat, dissolvatur, aut saltem iniectis identidem difficultatibus protrahatur; cum autem negotium iuvestiturae a sola Y^ C«\ M'^ non pendeat, facile V''^ C^^\ M*'. erit ab hac instantia se expedire, offerendo ipsis omnem operam rei apud comitia promoven- dae, quod si postea successu caruerit, id statibus imperii non V"". C^^^ M''. imputandum erit. :| Interim cum Ser™"^ Elector brevi missuiu sit expressum ministrum Holmiam, humillime consultum ducerem, si aliquis etiam ex parte M''^ V**^. vel specie petendi auxilii, vel directe ad in- terveniendum hisce tractatibus, eodem tempore destinaretur.

giiius_ Elector intra paucos dies iturus est ad confinia Saxoniae, ut ibi cum S'"°. Saxoniae Electore congrediatur et quid in rem praeseutem consultum sit, statuat'); aderunt etiam, ut sperat, aliqui ex domo Bruns- vicensi'); promittit S'""^ Elector se omnem operam navatiirum, ut isti principes fortia et generosa cousilia amplectantur et oculos aperiant. üt autem melius indagari possit, quid hoc tempore potissimum expe- diat, 8"""^ Elector demandavit principi Anhaltino et Schweiino, ut mecum inirent colloquium^). Summa propositonis fuit: S™"". Electorem atten- tis rerum et temporum circumstantiis et imminentibus undequaque peri- culis, probe expendere, quantopere expediat promptas, efficaces ac solidas resolutiones capessere. Ipsum nihil in votis habere, quam ut in hisce comitiis omnia iuxta M*^^ V*^ intentiones et commoda dirigi queant; ipsi quidem ob invaletudinem aliasque rationes minima licitum illuc se conferre; expediturum tamen ministros, qui ipsius vices diligeuter obi-

0 Vergl. über diese Verhandlungen und die Zusammenkunft zu Torgau Urk. u. Act. XI. 262 ff.

-) üeber die Haltung der Braunschweiger Fürsten zur Frage der Türkeuhilfe Köcher 1. c. 321 ff.

^) Vergl. für die Verhandlungen in diesen Angelegenheiten üik. u. Act. XI. 317 ff.

Beziehungen zu Schweden. Reichsfiagen. Tüikenkriecr. 177

rent, quos ut melius instriieret, optaro S"'"\ Suam a me intelligere meu- tern S. C. M^-'-V"*"., quid scilicot potissimum in votis habeat M■■'^ V^. et qua in re S'^^ Sua gratum aliquod obsequium eidem praestare queat et eiusdem intentionibus suffragari. Respoiuli, actis primum gratiis, optandum quidem fuisse, ut S'""^ Ratisbonam excurrere potuisset, pu- riores ex ipso fönte aquas hausurus et praesentia sua plurlnuun negotiis pondeiis et probis animi additurus; si tarnen hoc sperari non posset supplendum saltem qualitercumque tales destinando ministros itaque instructos, ut efficacia ab ipsis officia sperari possint. Me quidem in specie de AP'^ V-''^ intentionibus instructum non fuisse, eo quod aula C*^". speraverit S"^ Suae illuc adventum omniaque coram communicanda reservarit; rem tarnen per se loqui: Turcam esse ad portas; maximum quod M". V'^^ praestari (meo quidem debili iuditio) servitium posset, hoc fore, si S™"\ eo incumberet, ut punctum auxiliorum remotis ambagi- gus et forraalitatum circuitibus, ea, quam res exigebat, celeritate con- cluderetur et tali modo, ut ipsi liaec auxilia defensioni forent non oneri temporique adessent '). Caeterum non parum rebus Caesaris et imperii additum iri, si S'""^ palam non verbo solum sed opere contestaretur, se a Caesareis partibus inseparabilem ac capiti suo in omnibus mordicus ad- haesurum nee passurum unquam se ullis aliis commerciis implicari; deuique consultissimum fore, si deputatis suis mandatum absolutum et generale daretm* consilia sua cum ministris Caesareis combinandi et omnia ex condicto cum ipsis statuendi.

Ad haec exceperunt: Se omnia ad S"^'". Suam relaturos nee dubi- tare, quin ab ipsa approbentur, eamque iam de faoto eundem in finem ad varios imperii principes serio rescripsisse, a quibus talia acceperat responsa, ut spem facereut res ad votum fluituras. Inter caeteros S"""". Electorem Moguutinum eidem per litteras asseruisse punctum auxiliorum nulla alia re impeditum iri'); se tarnen multas praevidere difficultates, non tam in substantia quam in modo, inter tot diversorum sensuum capita. Qualia enim praestabuntur auxilia, an pecuniaria dumtaxat? an militaria? Primum sperari vix posse, alterum innumeris scatere in- commodis; quis enim praeficietur huic corpori? quomodo fient deleclus? an ab ipso duce, an a quolibet membro per particulares cuiusque de- lectus in suo districtu? Quoad primum vix consensuros, secundum vero

^) üeber die Verhandlungen zu Regensburg in dieser Frage Urk. u. Act. XI. 209fr.; Gemeiner 1. c. I. 124 ff.; Pachner 1. c. I. .')! ff. -) Urk. u. Act. XI. ol7.

M:iter. z. Gesell, d. G. Kiiriüisteii. XIV. 1 "2

178 ni. lGG0-lGn4. Mission Li.-ola's.

forc |)i"0])cniocUiin inutile; Dam tot membra separata vix unquam iiivicem cohaesura, nunquam uno spiritu animanda, nunquam in veram cliscipli- nam coalitura; delectus sine delectu factum iri, unumquemque obtrusurum necessarios aut consanguiueos suos pro militaribus officiis, nee tarn fore exercitum quam plebem collecticiam. A quo demum instructionem acci- piet dux exercitus? an plenae et absolutae S. M. V'®. dispositioui (quod vix sperare licet inter tot animorum divisiones ac diffidentias) reliuque- retur? an ab ipso imperio? qui.sque a sui districtus directore expectare debebit praeliandi leges et operationum bellicarum praescripta? an ipsi- met duci plenum relinquetur arbitrium? quod periculosum foret, autliori- tati Caesareae exitiale. Circa hacc omnia S'^'". Suam innumeras prae- videre confusiones, quibus dcclinandis, quid S^^ ll^\ Y'"^. consilii sit et qualiter S'*^ Sua cooperari debeat, edoceri cupere. Ad haec aliud referre non potui. quam, me omnia ad referendum suscipere et interim per- quirere, quid circa haec S'""^ Elcctor sentiret, ut melius M"^'". V'"". in- formare possem; mihi enim dubium nulluni esse, quin eins consilia S*''""'^. M". V^*^. forent acceptissima. Ad haec princeps Anhaltiuus subiunxit, generalem Vrangelium in privato discursu cum residente electorali Hol- miae') de bello Turcico disserentem haec supradicta omnia incommoda recensuisse ac demum conclusisse, se nihil omnino, aut parum in iis auxiliis collocarc. Optimum quidem l'ore et necessarium, habere in Hun- garia bonum militem, qui hostibus opponatur, sed praeter hoc oppor- tunissimam belli gerendi rationem fore per diversiones, si scilicet corpus 25000 hominum conflaretur ex Succicis, Brandenburgicis, Saxonicis et Polonicis copiis ad invadendam Yalachiam; se illius exercitus imperium (si ita videretur) libenter suscepturum et magnam hostium partem in se avocaturum, quod faciliores nobis in Hungaria redderet progressus ^). S™°. Electori haue propositionem non parum placere ac ad contribuen- dum pro parte sua militem omnino propendere. Hoc unum ipsi videri metuendum, ne forte Vrangelius cum tali exercitu gallicos conatus in Pölonia promoveret, aut ipsemet Ilungariae posset imminere; sed non defutura huic periculo remedia; si nimirum ex illis copiis pauciores forent Sueci, ut praevalere non possent; Polonis vero, qui admiscerentur, praeficeretur vir aliquis bonarum partium. . . .

') Crockow.

-) Vergl. Urk. u. Act. IX. TGOf.

Verliandlmigeu zwischen Fiankreich uud Braudeuburg. 179

Lisola an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 2. Januar 1664.

(Or.)

[Brandenburg-französische Yerbantlliingen. JHssion Lesseins. Erkläiiingen des Kur- fürsten. Bemühungen deutscher Fürsten den Kurfürsten zum Anschlüsse an Frank- reich zu vermögen. Mission Blumenthals nach Frankreich. Dessen Verhandlungen in Paris. Lisola's Bemühungen den Abschluss derselben zu verhindern. Letzte Weisung an Blumenthal. Lisola's Bemühungen in dieser Angelegenheit. Urtheil Lisola's über die Lage. Nothwendigkeit der Beilegung der Streitfrasfe über Jägern- dorf. Des Kurfürsten Haltung und Gesinnung. Rath Lisola's über die bei den Ver- handlungen mit Brandenburg einzuschlagende Politik.]

Cum tractatus S'"'. Electoris Brandenburgici in Gallia in dies a 2. Jan. Blumendalio promoveatur') et valida factio hie continuo vaiiis artificiis gmura_ Electorem ad conclusionem instigare non desinat; mei imineris esse duxi intimum illius negociationis statiim mihi probe exploratum cum Omnibus circumstantiis M". V"*'. humillime referre.

Initio anni praeteriti destinatus fuit ex Gallia nobilis quidam nomine de Lessen^) ad S'""'". Electorem Brand"'"', cum magnis oblationibus tam Electori quam eins ministris, si Galileis partibus accedere vellet, Rhena- uum foedus amplocti et electioni ducis Anguiani in Pulonia cooperari ^). Post varias ultro citroque conferentias discessit ablegatus Galliens re in- fecta et de responso electoiali parum contentus*). Haud ita multo post ministri electorales, nonnuUi amore Galliae. alii metu circumstantium undequaque periculorum, suaserunt S'"°. Electori, ut cum Gallia si non intimam saltem apparentem amieitiam inire conaretur illamque et Sue- ciam foederis alicuius titulo sibi alligare, ne tam facile in ipsius ditiones aliquid moliri posset. Hoc consilium foverunt nonnulli protestantes Ger- maniae principes foederi Rhenauo adstricti, praecipue vero Bruusvicen- ses^) et varia adhibueruut officia, ut Electorem ad foedus Rhenanum amplectendum promoverent, quo pacto ipsi certo pollicebantur, se, si post- modum a Suecis aut Gallis violarotur, ipsi potenter adfuturos. Cessit S™"\ Elector (et sane contra geuium) tot instigationibus et Blumendalium in Galliam expedivit, ut renovationem foederis defensiv! anno 1651

') Ueber Blumenthals Verhandlungen in dieser Zeit Urk. u. Act. IX. 069 ff. ; Puf. 1. c. IX. 58; Droysen 1. c. IILg 59 f.

0 Lesseins; er war Anfang 1602 nach Berlin gekommen; über seine Verhand- lungen daselbst Urk. u. Act. II. 243 ff.; Puf. 1. c. IX. 34—36.

3) Urk. u. Act. II. 250; Puf. IX. 36.

*) Urk. u. Act. II. 277; Puf. 1. c. IX. 36.

'=') Ueber die Thätigkeit der Braunschweiger Fürsten in dieser Zeit; Kodier I.e. I. 312 ff.; Urk. u. Act. XL 1 ff .

12*

180 ni. IGGO— inr,4. llission Lisola's.

initi ') ad sexenniuin cum Gallia . . . postularet, cum aliqua tamen addi- tione respectu inclusionis foederatorum et evictionis Prussiae. Sed Blu- mendalius initio quidem frigidissime fuit exceptus, tum quod Gallia ipsius propositionibus non fideret, tum quod motueret suspicionem Neo- burgico Duci creare, si Brand'^"\ minister blandius haberetur: ubi vcro ad iiegociationem deventum fuit, Gallia Electori duo proposuit Electori pror- sus dura, primum, ut foederati omnes Galliae specifice includerentur illo tractatu sicut et foederati Electoris, excepta tamen S. C. M'^. \'''. '*); alterum, ut Neoburgicus admitteretur ad garanthiam Olivensem ^).

Ad piimum respondit S'""^ Elector, se nuUatenus unquam quoad hoc consensurum, sed tamen temperamentum proposuit, ut ab utraque parte nullus ex foederatis specifice nominetur, sed tantum generice com- prehendantur sub communi foederatorum vocabulo, ad quod Gallia hacte- nus consentire noluit, et illud punctum huc usque manet indecisum. . . .

Ad 2"'". declaravit S'""^ Elector, se quidem non obstiturum, quin in garanthia Olivensi comprehenderetur Dux Neoburgicus, si caeteri etiam iuteressati et praesertim Imperator in id consentirent, quod, cum Galliae non placeret, inventum fuit hoc temparamentum, ut Elector pro parte sua tantum et sine praeiuditio aliorum illum ad garanthiam Olivensem admitteret et hie articulus iam plene compositus est.

3^ difficultas est ratione garanthiae Prussiae, ad quam S'""\ Elector cupit hoc foedus extendi; circa quod post varias contestationes Rex Chri- stianissimus declaravit, quod se obligare velit ad garanthiam eorum om- nium, quae S'""-. Elector possidet in Prussia; sed per hoc minime satisfit S"^. Suae desiderio, qui articulum etiam secretum ratione Elbingae in tractatu Bidgoschiensi contentum*) et in Olivensi per separatum etiam articulum confirmatum eadem garanthia expresse includi desiderat et |:hactenus per Electorem ßrand'^"™. aliosque ministros rumpendi illius tractatus cupidos, effecimus, ut Elector Brand'^"^ huic praeteusioni mor- dicus iuhaeserit, cum nobis probe constet, difficile admodum fore Galliam garanthiam Elbingae in se suscipere, ue se odiosam reddat Po- lonis et reginae Poloniae noceat et hoc punctum adhuc indecisum manet :|.

') Gemeint ist die Allianz vom 24. Februar 1G56; die Zalil 1G51 im Texte dürfte auf einen Schreibfehler zurückzuführen sein. Vergi. Blumenthals Instruction bei Urk. u. Act. IX. 620 ff.

2) ürk. u. Act. IX. 630.

3) Vergl. ürk. u. Act. IX. G26ff.

*) Vergl. Mörner 1, c. 225; über die Verhandluntren iti dieser Frage in Paris Urk. u. Act. IX. GGy a. a. 0.

Verhandlungen zwischen Frankreich und Brandenburg. 181

Sed Galli. ut se ab illa molestia expedireiit aliud proposuere tcmpera- mentum, se scilicet loco illius garanthiae certam pecuniae summam Electori tradituros ad rationem summae 300000 imperialium, ipsi a Po- lonis pro redimenda Eibinga promissae, qua in re multos sibi simul fines proponere potest Rex Christianissimus, nempe liac pecunia Electorem sibi demerendi cuius domi res esse angustas novit; deinde titulum sibi ad Elbingam tanquam cessionario Electoris acquirere. quem postea in vegi- nam vel ducem Anguianum transmittere potent; denique apud Po- lonos meritum sibi arrogare, quasi illos ab onere praetentionis Elec- toris propria pecunia redemerit.

Galliae amici in hac aula lianc propositionem vehementer exaggera- runt. 1 : Ego vero ministris nobis addictis non intermisi suggerere, quae in rem erant, et ad oculum demonstrare. quantuln sibi hoc pacto Elector Braud'^"^ praeiudicaret apud Polonos, si talem praetensionem regi Galliae, cuius potentiam tantopere formidant, rcsignaret; per hoc summopere promotum iri electionem ducis Anguiani, ipsi porrigendo titulum uccu- pandae Elbingae, clavi scilicet Prussiae Ducalis et Poloniae freno; Elec- torem Brand*^"'". per hoc nil lucraturum: praetensionem seu ad Elbin- gam seu ad summam promissam differri quidem ipsi ad tempus ob praesentem inopiam vel ob aemulorum artes. non tamen excludi, quin suo tempore illam evincat et fortasse cum maiori compendio; quibus ratio- nibus tandem Elector Brandenburgicus acquievit. : Quarta diflicultas in eo versatur, qiiod Rex Christianissimus praetendat, ut (praeter) memoratum foedus defensivum 8°""^ Elector etiam Rhenano foederi pure et simpliciter accedat, quod S'""^ Elector tali modo acceptare detrectat; offert tamen, se speciale foedum cum aliis Rheni foederatis initurum cum debitis reserva- tionibus; sed hoc hactenus non satisfecit Regi Galliae. S'""^ Rex Chri- stianissimus proponi curavit Blumendalio per Yicecomitem Tureniura '), ut S™"^ Elector in illo foedere se obligaret ad cooperandum intentioni- bus gallicis in imperio. quae propositio S™". Electori plurimum displicuit.

Circa haec omnia advenit huc nuper a Blumendalio prolixa relatio, omnia haec capita cum variis retlexionibus continens et ultimam desuper cum plena jiotestate concludendi resolutionem postulans'). Circa quod habitum fuit hie pridie discessus S''^ Suae consilium et nova instructio

^) Ueber Turenne's Thätigkeit bei den Verhandlungen Blumenthals in Paris; ürk. u. Act. IX. 614 ff.

2) Gemeint sind wohl die Berichte Blumenthais vom 4./14. und vom IL, 21. Dec; Urk. u. Act. IX. 6fi9ff.

182 III- K560— 1664. Mission Lisola's.

I-Jliimeiululio ti-aiismissa, >oi|ueiitia (pruut fido ex lücu acccpi) capita coii- tincns, Mib quihiis dalur ipsi facultas cüticludondi et non aliter').

1". iit Aiig'"''. Domus Austriaca exprcssc nominetur et iucludatur tiactatu vol saltem implicite sub generali inclusione foederatorum, nemi- nem ex utraque parte specifice nominando; 2" ut obligatio garanthiae expresse cxtendatur ad articulum separatum tractatus Bidgoschiensis et Olivensis ratione Elbingeosis praetensionis; cui puncto iubetur ipsi raor- dicus insistere; 3°. quoad oblationera pecuniae pro praetentione Eibin - gensi S'""'". non posse illam accipere, nisi a solis Polonis; 4" consentit gmus_ Eiector pro sua parte salvo aliorum interessatorum iure, ut S'""^ Dux Neoburgicus admittatur ad garanthiam Olivensem eiusque benefitio f'ruatur; 5'' S""'"". non posse quidem pure et sirapliciter acceptare foedus Rhenanum, sed paratum esse particulare foedus cum aliis in Rhenano foedere interessatis ad normam praesentis cum Gallia ineundi sancire;

6". S'""™, non posse se adstringere ad favendum Gallis in rebus iraperii propter iuramentum et fidem, qua imperio adstringitur; nullum imperatorem uncpam ab ipso tale quid exegisse aut exigere potuisse et si quid siraile promitteret, se redditum iri suspectum toti imperio.

Haec est summa ultimae instructionis ßlumendalio transmissae, !:quam mediantibus ministris Y"®. C*''''. M'". addictis conatus sum eo dirigere. ut Elector Brand*^"*". firmiter in illis punctis haereret, quos a Gallia difficilius concedi posse persentiscebat et eodem ipso tempore adlaboro per vias indireetas, ut diffidentia de illis tractatibus iniiciatur Duci Neoburgensi, nee non etiam, ut Rex Galliae suspicionibus impleatur de modo procedeudi Electoris Brand"., quasi hoc foedus tractet tantum ad speciem et cum tacito aulae Caesareae conseusu ad ligandum manus Gallis et Suecis, ne possint in ipsum hoc tempore quidquam moliri. Si enim ex parte Galliae vel minima conclusioui difficultas aut remora in- iiciatur, facile erit Electorem Brand*^"'". iam sponte sua aversum ab illis tractatibus penitus alienare; dummodo praetextus ipsi a Gallia prae- beatur. Hie est geuuinus negociationis status, circa quod summe vereor, ne tandem Gallia ad illaqueandum quocuuque modo Electorem Braud"^"™. omnes illas diflicultates, quas studio iniecimus, ultro complanet, quo pacto non video, qua ratione Elector Brand'^"^ retrocedere possit absque aperta Galliae offensione, quae ipsi hoc tempore minime quadraret, et ipse Blumendalius pro certo credit, quod aula gallica non sinet illuna re

0 Vergl. die Weisungen des Kurfürsten vom 8.18., 14.24. und 20./30. Dec. 1663; Ulk. u. Act. IX. 670f.

Urtheil Lisola's i'lber die biauclenburt^isch-französischen ßpzieliungon. 183

infecta discctlerc :|. Iliscc non ob.stantiI)iis si modus invcniri posset componendi negotii Jegersdorffiaui, de quo mihi hie assidue aures velli- cant, omnino confiderem possc adhuc horum tractatuiun cursura inter- cidi; sed maturato opus foret; res enim ad ultimara periodura vergit vixque aperire os possum, quin statim mihi Jegersdorff obtrudatur et ii qui M". V''^. siucerius student, id acrius apud me urgent, alii vero, qui Galliae sunt addicti, hoc non apud me, sed apud Electorem exaggerant.

Circa haec omnia humillime cuperem informari, qua rationc mc gerere debeam et an : si tractatus gallici impediri nequeant, debeam hac de re propalare disgustum, an vero simuhire, quasi V". C*^". M''^ eins intentionem et motiva, quae ipsam ad hoc impellunt, approbaret; ne si id uobis renitentibus contigisse credat Elector Brand"'^, diffidentia inde oriatur et hoc ipsum ad arctiorem cum Gallis unionem impellat. Certum est, quod principis animus non propendeat in Gallos, imo genium habet ipsis ex opposito alienum, horret ipsorura dominationem, metuit progressus et si ratio aliqua iuveniri posset, qua illis potenter obsista- mus, ipse libenter accedet. Offert etiam, quod si V"*. C«-'*. M^^ aliquod foedus particulare inire voluerit cum quibusvis, tam imperii quam aliis principibus et Rege Hispaniae pro defensione augustissimae suae domus, so illud non detractaturum. Adverto etiam, quod in rebus polonicis constanter operetur contra inteutiones Galliae et in rebus imperii serio mihi pollicetur, :l se omnibus M''^ V'''°. desideriis sedulo suffragaturum, quod W^. Y'^. in ipso loco ex modo procedendi ministrorum ipsius cer- tius ' dignoscere poterit. |: Hoc unicum vereor, ne si semel quocunque modo Galliae pactis irretitus fuerit, sensim ad arctiorem cum ipsis confi- dentiam seu oblationibus, seu metu impellatur et iugum tandem cogatur induere; non enim facile est reluctari desideriis potentioris foederati. Ideo omnibus bcne perpeusis humillime censerem, nil ommittendum, ut haec pacta abruinpantur, quod si fieri nequeat, ut saltem novum ipsi proponatur foedus cum V^. C«'"'. M"'. , Rege Hispaniae, Rege Daniae aliisque accedere cupientibus pro communi defensione et securitate, quo pacto Galliae fiet suspectus et V-"*®. C^"^. W\ novo et arctiori vinculo colligabitur : L

184 in. IfiHü -1G64. .Mission Lisola's.

Liöoia au den Kaiser, Dat. Colin a. d. Sp. 6. Januar 1664.

(Or.)

[Unterredung Lisola's rait dem Kurfürsten über die Gegenstände der Berathung des

letzteren mit dem Kurfürsten von Sachsen. Erfurter Angelegenheit. Mittheilungen

Friedrich Wilhelms über seine Unterredung mit dem Kurfürsten von Sachsen.]

(i. Jan. Der Kurfürst fragte ihn, wie er am besten die Interessen des Kaisers bei

der bevorstehenden Zusammenkunft mit dem Kurfürsten von Sachsen Avahrneh- men könnte. Lisola erklärt darüber nicht instruirt zu sein; seine Ansicht gehe aber dahin, der Kurfürst möge mit dem sächsischen Kurfürsten dahin wirken, „quatenus punctum auxiliorum, suspensis Interim aliis quaestionibu.s, quam citissime absolvatur; deinde, ut subsidia periculo et exigentia pro- portionata conferantur, quae tanto hosti possimus opponere. S*^'. Suac etiam constare, quam necessariura sit S'■'■^^ C''''"^. M''. V'*". .subveuiri summa pecuniaria, sine qua bellum geri noquit, palam esse omnibus, quam exhausta sint regna et provinciae haereditariae, quodque in hac occasione extremos conatus exeruerint, raultum etiam attendendum esse in modo, quo subministrabuntur et ordinabuntur auxilia, ut simul et maturc adveniant, ut ad omnes necessarias operationes prompta sint, ut certae disciplinae et regimini subsint; denique me arbitrari, S. C. M'". V'"'. gratissimum futurum, si S""'™. Electorem Saxoniae disponeret ad iter Ratisbonense maturandum, quae omnia S™"^. Elector lubens excepit pro- misitque se iis operam daturum. Subticuit mihi tameu causam (ut opinor) principalcm itineris sui, nempe, ut cum Electore Saxonico de modo liberandi Erfurdii communicaret ').

Postquam vero S'''\ Sua rediisset^), reperi illam non nihil turba- tam et oft'ensam ratione Erfurdii et adeo totus erat in illo negotio, ut de aliis non nisi perfuuctorie loqui licuerit; ]: indignabatur summopere Elect. Moguntino, quod hoc tempore, quo gravissima etiam dissidia communi christianitatis periculo immolanda forent aut saltem suspen- denda, Elector Moguntinus nitro carbones irritaret et semina jaceret novi religionis belli in imperio'^):! ... Quid vero circa hoc negotium

') Es handelte sich bei dieser Frage um die Stellung der Stadt Erfurt zum Mainzer P>zbischofe; vergl. über diese Sache v. Tettau, Die Reduction von Erfurt und die ihr vorausgegangenen Wirren 1647 1665 (Jahrbuch der Erfurter Academie 1863). Kirchhoff, Die Besitzergreifung Erfurts durch Kurmainz 1664 (Zeitschrift für preussische Gesch. und Landeskunde VIII. 97ff.). Urk. u. Act. XL 351 ff.

-) Die Unterhandlungen fanden zu Torgau statt; vergl. Urk. u. Act. XL 262 ff.

^) Ueber des Mainzers Beziehungen zu Sachsen in dieser Zeit, welche gerade in dieser Zeit zum geheimen Vertrage zu Torgau 30. Nov. 1663 führten; Ilelbig, Johann

Uutcrredung Friedrirli Wilhelms mit dorn s;i(;•hsi^cllen Kurfürsten. 135

inter praefatos electores conclusum fiierit, nondiim satis exacte potui penetrare '), ... |:ex vultu tarnen et sermonibus Electoris Brancl'^'. nil pati coniicio, sed potius obfirmatum noD deserendae illius civitatis ani- mum : .

Ad alia vero S™"*. Elector milii obiter recensuit, sc omnino dispo- siiisse S'*^"\ electoralem Saxoniae ad iter Ratisbonense intra octo dies suscipiendum, si modo ab eius subditis conferatur ipsi pecunia, qua summe exhaustus est'). Ad subsidia quod attinet, se non potuisse illum ultra triplam contributionem pellicere, a contributione vero pecuniaria prorsus repugnare ').

Lisola an Waklerode. Dat. Colin a. d. Sp. 6. Januar 1664.

(Aut.)

[Des Kurfürsten Urtheil über die kaiserlichen Minister.] Dem was er an den Kaiser geschrieben fügt er hinzu, :quod S™"^Elec- (3. Jan. tor a reditu suo mihi apparuerit non solum frigidior erga nos, verum etiam male impressionatus de principe Portia, de quo mihi Elector Brand'■"^ dixit, Electorem Saxoniae male sentire et multa loquutum fuisse contra ipsum; circa quod ita cum ipso disserui, ut mihi visus ^ fuerit acquiescere. Odit enira Swartzenbergium, Auerspergium vero nee amat nee aestimat, ideoque plus afflcitur nostro Portiae. Hae autem impressiones in aula Electoris Saxoniae vereor, ne effectus sint factionum aulae nostrae, sicut jam de Polonia scripsi:,.

Lisola an Walderode. Dat. Berlin 16. Jan. 1664. (Aut.)

[Brandenburg-französische Verhandlunseu. Des Kurfürsten Stellung zu den Parteiungen

am Wiener Hofe.]

Tractatus Gallici hie a uonnullis assidue et miris artificiis promo- IG. Jan. ventur, j: remoram iuiicio quantuin possum, sed tandem dehcient vires:'.

P. S. Hodie post prandium cum S'"". Electore habui longam et intimam cum ipso conferentiam, vehementer apprehendit, j:ne priuceps

Philipp von Mainz und Joh. Georg II. von Sachsen während der Erfurter Wirren (Archiv für sächsische Gesch. III. 401 ff.).

1) Vergl. Urk. u. Act. XI. 2G5, 268.

■■^) Vergl. Urk: u. Act. XI. 263, 267.

=>) Vergl. Urk. ii. Act. XI. 263, 266.

186 IH- Iti^^O— l(iii(;. Mission l.isoia's.

Portia (leturbetur ab Auerspcrgio, quem credit a se aversum, ideoque scripsit ad suos plenipotentiarios Ratisbonac, iit modis oniiiil)iis foveant ac sustineant partes Portiae, quem habet in magna opinione probitatis : |.

Lisola au Walderode. Dat. Berlin 20. Jan. 1664. (Aut.)

[Xothwcudigkeit einer Entschäfligung BraiKlenburffs in der Jägerndorfer Frage.]

20. Jan. Er gönnt Stockmann das Amt in Kegensburg; nur glaubt er, dass er hier

nutzlos verweile, quamdiu isti principi in sua praetentione non erit satis- factura; quomodo autem satisfieri possit hoc tempore non video; nisi forte fieret aliquod projectum conventionis cuius executio in meliora tempora reiiceretur, ut salteni isti principi constaret, nos non in totum eins petita coutemnore. Credat 111''"*. V''., quod non gratis haec scribo, video enim urgens periculum, cui aliter non possum mederi. Rogo tarnen, ue ciiiquam significet, me haec scripsisse; sed pro sua tantum directione utatur; scio enim, quod apud vos veritas interdum odium parit. . . .

Lisola an Walderode. Dat. Berlin 3. Febr. 1664. (Aut.)

[Des Kurfürsten Wunsch bezüglich persüniicher Theilnahuie am Türkenkriege.]

Febr. Bezüglich der öffentlichen Angelegenheiten ;:credere mihi hactenus no-

luistis, credetis brevi ipsimet experientiae, quaudo videbitis principem istum cum Gallis et Suecis accommodatum et Galliam in Polonia trium- phantem : |.

I : Der Kurfürst beklagt sich sehr darüber, dass seiner gelegenthch der Aus- wahl der für den Zug gegen die Ungläubigen bestimmten Generäle gar nicht gedacht wurde'); et re vera neminem video magis capacem restituendi res nostras et hoc pacto avelleremus ipsum a Gallis, assecuraremus res polonicas et Polonorum aliorumque ingens numerus ad nos ultro con- llueret. Nota loquor et compressa, sed (si) aliqua subsit ratio, quae hoc impediat, saltem simulandum uobis erat, nos id cupere, nee defuissent modi hoc per alios divertendi etiam sine facto nostro. :

■) Vergl. über diese Angelegenheit Urk. u. Act. Xl. 21(:), "ilH.

Jägerudorf. Theilnahine Fr. Willi, am Tiiikeiiliiiec^e. Püinische Wahifiage. ISl

Der Kaiser an Lisola. Dat. llegensbuig 3. Februar 1664.

(Conc.)

[BilliguDg seines Vorgehens. Haltung beim Abschlüsse eines brandenburg-frany.o- sischen Vertrages. Jägerndorfer Frage. Polnische Wahlangelegenheit. J

Schreiben vom 3. und 6. Januar erhalten. Billigung seines Vorgehens. ?>. Fehr. „Ita placet nobis, quod nihil operae omiseri.s ad representandum S'"". Electori, quae ipsi iucommoda et pericula ex illo Ibedere ac nominatim .■^i se ad accipiendum ex manibus Gallorum pro redemptione Elbingae pecuniam patiatur induci, immineant; quam operam tuam, ut poiTü Omnibus ingenii viribu.s coutinuas, benigne iubemus . . . Quod si tamen nulla id monitione vel cohortatioue impediri pos.set et res conclusa esset, operam inprimis omni .studio dabis, ut intima tractatus penetres nobis- que statim perscribas; nolimus tarnen te super tractatis graviorem de- monstrare sensum, sed potius rationibus S'"'. Electoris iu meliorem sensum acceptis, aequanimitatem tuam ac spem, quod propterea pristina illa animorum inter nos coniuuctio et bona correspondentia subverti uun debeat, ostendas. Ad Jegerndortt" quod spectat omnem negociationem quoad fieri poterit, vitabis. et si qua fieret apud te ulterior instantia, eam ex presentium necessitatum et periculorum couiuucturis, quam dextre poteris, declinabis. Quoad res polonicas ita habeto; quod tamets^ iis hoc tempore tam accurate non possimus attendere, a pristinis tamen intentionibus nostris nullatenus discedamus; quae sunt, id agere quod in nobis e.st et procurare, ut successore eligendo sua fuudamen- talibus regni constet authoritas et statibus libertas.

Der Kaiser an Lisola. Dat. Regensburg 6. Februar 1664.

(Conc.)

[Brandenburgs Tiirkeuhilfe.]

Lisola erhält Auftrag im Sinne des am gleichen Tage vom Kaiser an den G. Febr. Kurfürsten abgelassenen Schreibens, bei Friedrich Wilhelm für die alsbaldige Ertheilung eines Befehles an seine dem Kaiser für den Türkenkrieg zur Ver- fügung gestellten Truppen, durch den sie in allen Stücken den Befehlen des Kaisers Folge leisten sollen, zu wirken.

1>^3 II^- in(;iO-'Ui(ir,. Mis.sioii Li.sola"s.

Lisola an Walderode. Dat. Berlin 13. Febr. 1664. (Ant.)

[Sparr's Theilnahme am Türkenkriege. Jägerndorf.] 13. Febr. Bestätigt den Empfang vieler Briefe')- S™*. Electovis Ratisbonae depu- tati huc scripserunt, mittendum huc cursorem ad postulandum, quatenus generalis Sparr') concedatur S. f>'^ M''. pro hoc praesenti bello^); !:quo audito praefatus generalis huc advolavit, iit mecum conferret ac amicos disponeret ad eliciendum ab Electore Brand*^". consensum, quod tarnen arduum erit, cum Elector sit valde alienatus propter benedictum illud Jegerndorfium, uti etiam ex eo, quod dominus Holler*) Austriae deputa- tus Ratisbonae discurrendo cum ministris Electoris Brand*^'. Ratisbonae de subiectis, quae ad generalatum imperii promoveri possent, noraina- verit Condaeum, Vrangelium aliosque, nulla mentione facta Electoris Brand*^'.:] ... [:Iam Elector est in retibus Gallorum. Quid circa haue materiam occurrat, videre dignabitur Jll. V*. ex adiuncta relatione ad Excell"'". D"'". principem a Portia ^). Faxit deus, ne cogamur restituere Jegerndorfium ad supercilium Gallorum, prout Hispani Juliacum Duci Neoburgico : |. Si rem adduxissemus in negociationem, potuissemus emer- gere bonis conditionibus et competens tempus ad eas praestandas impe- trare multaque per hoc incommoda decliuare '^).

1) Sind nicht vorhanden.

2) Otto Christoph von Sparr; brandenburgischer Feldmarschall. ■•') Vergl. Urk. u. Act. XI. 219 f., 221.

*) Paul Hocher; der spätere österreichische Uofkanzler.

^) Nicht vorhanden.

^) Lisola scheint noch längere Zeit in Berlin geweilt zu haben; wenigstens liegt ein inhaltlich belangloses Schreiben Lisola's an Walderode d. d. Berlin IH. Juni vor.

IV.

Erste Mission

des Freiliemi Johann von Goess.

Jannar 1665— Mai 1668.

Einleitung.

Ein Sturm der Entrüstung erhob sich fast aller Orten, -wo man die Kunde vernahm, dass Kaiser Leopold I. unmittelbar nach dem Siege, den die christ- lichen Truppen bei St. Gotthard über die Türken davongetragen, sich zum Abschlüsse eines Friedens entschlossen habe, der den Türken nicht nur das von ihnen bisher innegehabte Gebiet sicherte, sondern auch eine der wichtigsten Festungen des dem Kaiser noch zugehörigen Landes Neuhäusl -überwies. In Regensburg wurde in den härtesten Ausdrücken von der Schwäche der "Wiener Regierung, von der Schmach gesprochen, die durch den Abschluss des Vertrages dem Reiche, ja der ganzen Christenheit angethan werde; in Paris wurde man nicht müde, die Ohnmacht des Kaisers zu betonen und die Fürsten des Reiches zur Unterwerfung unter Frankreichs Oberhoheit aufzufordern, und selbst in "Wien gab es der Stimmen die Menge, w'elche das Vorgehen des Kaisers misbilligten. Um so auffallender niuss es erscheinen, dass Friedrich Wilhelm nicht blos in der üblichen Form dem Kaiser zu seinem Erfolge gratulirte '), sondern auch seine Gesandten in Regensburg anwies, ganz im Gegensatze zu der von der überwie- genden Mehrzahl der Reichsstände vertretenen Ansicht, die Handlungsweise des Kaisers in der Türkenfrage zu billigen-). Es waren gewiss nicht die von Leo- pold geltend gemachten Gründe die unzulängliche Unterstützung durch die Reichsfürsten, das störrige Benehmen der Ungarn und die finanzielle Schwäche der Erblande welche dem Kurfürsten den Abschluss des Friedens wünschens- werth und vortheilhaft erscheinen Hessen. Ihm war es vielmehr in erster Linie um die Sicherung seines Besitzes, um die "Wahrung seiner Interessen zu thun und wenn er des Kaisers Verhalten in der Türkenfrage billigte, so geschah dies nicht etwa, weil er in gleichem Falle ebenso gehandelt hätte, sondern lediglich, weil ihm, der in die vielfachen "Wirren, die im Osten und "^^esten Europas herrschten, mit verflochten war, die Entlastung des Kaisers durch den

') Urk. u Act. XI. 346 f. -) Ulk. u. Act. XI. 25.^ f.

192 IV. Kiste Mission des l*reilierru Joliann von Goess. Jan. 1605 Mai IGGS.

Abschluss des Friedens mit den Türken überaus erwünsclit sein musste. Denn wenngleich die Beziehungen des Wiener und Berliner Hofes in dieser Zeit durch- aus nicht sehr innige waren, wenngleich Friedrich "Wilhelm durch das Ver- sprechen dem Rheinbunde beizutreten und durch die mit dem Könige von Frankreich abgeschlossene Allianz den Kaiser empfindlich verletzt hatte und bezüglich der herrschenden Wirren in vielen Stücken andere Interessen ver- folgte als der Wiener Hof, so war doch die Möglichkeit, die zwischen beiden Fürsten bestehenden Differenzen auszugleichen, nicht ausgeschlossen. Unter allen Umständen aber gab es in diesem Momente eine Reihe von Fragen, be- züglich derer ein gemeinsames Vorgehen den Interessen des Kurfürsten ebenso entsprach, als denen des Wiener Hofes. In erster Linie die polnische Succes- sionsangelegenheit. In Berlin und in Wien empfand man gleich drückend die immer erneuerten Umtriebe der Franzosen, die von der Königin Marie Louise unterstützt, die Aechtung des Fürsten Lubomirski, des Hauptes der Opposition, durchgesetzt hatten und nun darauf aus waren, den schwankenden, arbeitsmüden König zur Abdankung zu bewegen. Man wusste am Hofe Leopolds Avie an dem Friedrich Wilhelms, dass der Sieg der französischen Partei, dass die Wahl des Duc d'Enghien oder des Herzogs von Anjou von den verderblichsten Folgen nicht nur für Polen, sondern auch für das Reich, insbesondere aber für Bran- denburg und Oesterreich begleitet seia würde und man zweifelte keinen Augenblick daran, dass nur durch ein energisches, gemeinsames Vorgehen der Vertreter Leopolds und Friedrich Wilhelms am polnischen Hofe der französischen Partei mit Erfolg werde Widerstand geleistet werden können. Dazu kam, dass der Kurfürst, obgleich mit Frankreich alliirt und Mitglied des Rheinbundes, keinesweges gewillt war, sich dem Franzosenkönige ganz in die Arme zu werfen, dass er mit wachsender Besorgnis dem Umsichgreifen Lud- wig XIV. zusah, der seine Stellung als Haupt des Rheinbundes misbrauchte, sich in den Erfurter Wirren die Rolle eines Schiedsrichters beimass, England gegen Holland, Schweden gegen Dänemark hetzte, um bei dem bevorstehenden Thronwechsel in Spanien die geplante Erwerbung der spanischen Niederlande um so ungehinderter durchzusetzen und dann sein Uebergewicht alle, auch den Brandenburger fühlen zu lassen. Dieser Erkenntnis der eigennützigen Politik des Franzosenkönigs, an der Friedrich Wilhelm trotz der lockenden Aner- bietungen Ludwig XIV. festhielt, entsprang der AVunsch des Kurfürsten, sich, wenn es die Umstände gestatten sollten und Leopold sich bereit finden würde die Son- derinteressen Brandenburgs genügend zu berücksichtigen, mit dem Reichsober- haupte zu gemeinsamem Vorgehen gegen Frankreich und dessen Verbündete zu einigen, in jedem Falle aber die Beziehungen zum Wiener Hofe, dessen Alliirter er noch kraft des zu Berlin am 9. Februar 1658 geschlossenen Vertrages war, nicht abzubrechen, um unter allen Umständen einen Rückhalt für den Fall eines allzu bedrohlichen Vorgehens des Franzosenkönigs zu haben. Gleiche AVünsche beseelten auch den Kaiser. Auch er glaubte bei den schwankenden Zuständen des Reiches, bei der drohenden Haltung Frankreichs und im Hinblicke auf die vielen Fragen, die der Lösung harrten, eine V^erständigung mit dem mächtigsten Reichsstande, wenn irgend möglich, herbeiführen, unter allen Umständen aber

Einleitung. 193

sich über die Pläne desselben genau inforniiren zu müssen and hielt es daher für angezeigt einen seiner erprobten Räthe als ständigen Vertreter an den Hof des Kurfürsten abgehen zu lassen. Johann Freiherr von Goess, der für diese Mission ausersehen wurde, entstammte einer portugiesischen nach den Nieder- landen ausgewanderten Adelsfamilie, war vom Cardinalinfanten Don Ferdinand, dem Statthalter der Niederlande, empfohlen in die Dienste Kaiser Ferdi- nand's getreten, hatte Jahrelang unter Trauttmannsdorf in Sachen des west- phälischen Friedens, wie auch in ungarischen und türkischen Geschäften gear- beitet, dann in den Zeiten des schwedisch-polnischen Krieges die Interessen des "Wiener Cabinettes am dänischen Hof Avahrzunehraen gehabt und später den ver- antwortungsvollen, schwierigen Posten eines kaiserlichen Vermittlers bei der Pforte bekleidet '). Jetzt wurde er zu Beginn des Jahres 1665 au den Hof Friedrich AVilhelms mit dem Auftrage gesendet, ein gemeinsames Vorgehen beider Regierungen in der polnischen Successionsfrage zu fordern, zugleich aber auch den Ausgleich bezüglich der zwischen beiden Fürsten bestehenden Differenzen, insbesondere bezüglich der Jägerndorfer Streitfrage zu erwirken und für die Herstellung eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen beiden Staaten Sorge zu tragen.

Die im Nachfolgenden mitgetheilten Actenstücke zeigen, in Avelcher Weise Goess sich seiner Aufgabe entledigt hat. Von der festen Ueberzeugung durch- drungen, dass Friedrich Wilhelm es mit seinen Anerbietungen ernst meine und dass es bei einigem Entgegenkommen gelingen müsse ihn zu rückhaltlosem Eintreten für die Pläne Leopolds zu vermögen, war er unablässig darauf bedacht, seiner Regierung die Billigung der kurfürstlichen Forderungen zu empfehlen und das umsomehr, als er immer von Neuem wahrnahm, welch gewaltige Anstren- gungen Oesterreichs Gegner machten den Kurfürsten auf ihre Seite zu ziehen. In der That schien es anfänglich, als werde das Bemühen des Goess von Er- folg gekrönt sein. Die beiden Mächte einigten sich dahin, Lubomirski, das Haupt der Franzosenfeindlichen Partei in Polen nicht fallen zu lassen und mit vereinten Kräften jedes weitere Vordringen des französischen Einflusses in Polen zu verhindern. Der Kaiser erklärte sich bereit, das von seinem Vertreter in Vorschlag gebrachte Project durch? uführen, nach welchem die jägerndorfische Streitfrage durch Ueberlassung Reinsteins an den Kurfürsten zu einem beide Theile befriedigenden Abschlüsse gebracht w^erden sollte, wogegen Friedrich Wilhelm geneigt schien, bezüglich der Reichsangelegenheiten, insbesondere bei Erledigung der Wahlcapitulationsfrage das Interesse des Kaisers zu vertreten und mit demselben nach Beilegung der bestehenden Differenzen durch die Er- neuerung der im Jahre 1658 geschlossenen Allianz in noch innigere Beziehungen zu treten. Allein bald genug sollte es sich zeigen, dass die Interessen der

0 Biographisches über Goess, der bis 1G75 Vertreter des Kaisers am Hofe Frie- drich Wilhelms blieb, dann als Bischof von Gurk eine bedeutende Rolle spielte und während seiner letzten Lebensjahre als Cardinal die Angelegenheiten des Wiener Hofes in Rom vertrat, in der Deutschen Biographie IX. o"23if.

Mater, z. Oeseh. d. G. Kiiifihsteii. XIV. \'^

194 IV. Kiste Mission des Freihenn Johanu von Goess. Jan. h'>C>^) Mai 16G8.

beiden Fürsten doch zu verschiedene waren, als dass ein gemeinsames Vorgehen in allen Fragen hätte stattfinden können. Die Aveite Kluft, welche den nach Vermehrung seiner Autorität strebenden katholischen Habsburger von dem um Selbständigkeit ringenden protestantischen Hohenzoller trennte, zeigte sich sogleich, als der Conflict, in Avelchen der kriegerische Bischof von Münster, Bernhard Christof von Galen, mit den Staaten gerathen war, die beiden Fürsten nöthigte, Stellung zu dieser Frage zu nehmen. Denn obgleich der Kaiser von vorneherein für die Widerherstellung des Friedens eintrat und durch Goess in diesem Sinne dem Kurfürsten bestimmte Zusicherungen geben Hess , obgleich Friedrich Wilhelm den Staaten durchaus nicht freundlich gesinnt war und eine Demüthigung derselben ihm um so willkommener hätte sein sollen, als der Leiter der niederländischen Politik, Jean de Witt, nicht müde wurde des Kur- fürsten auf die Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zu den Staaten ge- richtete Bemühungen zu durchkreuzen und seine Forderungen zurückzuweisen, Avar die Furcht Friedrich Wilhelms vor einer Coalition der katholischen Mächte und vor der in diesem Falle seinem Staate drohenden Gefahr eine so grosse, dass er die von Leopold vornehmlich im Hinblicke auf Frankreichs Haltung und die polnischen Verhältnisse gewünschte Erneuerung der Allianz vom Fe- bruar 1658 solange hinausschob, bis der Friede zwischen dem Bischöfe von Münster und den iS'iederlanden zu Stande gekommen und damit jede Gefahr für den Protestantismus beseitigt war. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Acten ver- deutlichen die Haltung, die der kaiserliche Gesandte gelegentlich der in diesem Sinne zu Cleve gepflogenen Berathungen beobachtet hat. Sie zeigen, dass der- selbe ciarauf bedacht war den Kurfürsten von jeder Antheilnahme an dem Kampfe abzuhalten, da er eine solche zu Gunsten des Bischofs von Münster nicht hoffen konnte, zu Gunsten der Niederländer aber nicht wünschte, dann aber, als aller seiner Bemühungen ungeachtet die Einigung des Kurfürsten mit den Staaten stattgefunden hatte, zum Frieden drängte und nach Abschluss des- selben die lang ersehnte Erneuerung des Allianzvertrages vom 9. Febraar 1658 zu Stande brachte ; ein Bündnis, durch das sich die beiden Fürsten zu gegen- seitiger Unterstützung bei jedem Augriffe, er erfolge von wem und unter welchem Vorwande auch immer, verpflichteten ').

Doch muss man sich hüten, den Werth dieser Einigung für den Kaiser zu überschätzen. Gewiss, derselbe wäre ein überaus hoher gewesen, wenn Friedrich Wilhelm sich mit Leopold allein zu gemeinsamer Abwehr der gemeinsamen Ge- fahren verbunden hätte; so aber, wo der Kurfürst zu gleicher Zeit mit Schwe- den^), mit Dänemark 2), mit den Niederländern*) Bündnisse einging, wo er be- reits seit langem Bundesgenosse des Königs von Frankreich und Mitglied des Rheinbundes waiv hatte die Erneueriuig und Modification des Vertrages von

') Vertrag vom 10. ilai 16G6; vergl. ilörner I.e. 279f.

-) Vertrag vom 27. ilärz 166G; vergl. Mörner I.e. 277 f.

^) Vertrag vom 23. Mai 1666; vergl. Mörner I.e. 281 fF.

*) Vertrag vom (;. IG. Febr. 1G66: vergl. Mörner I.e. 272 ff.

Eiüleitun<j. 195

1658 für den ^Viener Hof nur geringe Bedeutung. Für Friedrich ^Villlelm aber hatte diese Kette von Defensivallianzen nicht nur einen grossen moralischen, sondern auch practischen AVerth. Denn wenn das Bestreben der mächtigsten Fürsten Europas ihn zu gewinnen sein Ansehen in- und ausserhalb des Reiches steigerte, so gestatteten ihm die mit den verschiedenen Mächten geschlossenen Verträge vorerst die ihm vortheilhafte Neutralität nach allen Seiten hin auf- recht zu erhalten, um dann, je nach dem Gange der Ereignisse, den Anschluss an eine der streitenden Parteien bei möglichst bedeutenden Zugeständnissen zu vollziehen, unterdess aber, von keiner Seite bedroht und nach allen Richtungen hin gedeckt, die ihn berührenden Angelegenheiten zu einem erwünschten Ende zu führen. In der That ist denn auch das Jahr 1666 durch 2 der folge- reichsten Ereignisse der Regierung Friedrich Wilhelms ausgezeichnet. Denn Avie die Erbhuldigung Magdeburgs, so bedeutete auch die definitive Ordnung der jüdisch-clevischen Erbschaftsangelegenheit einen ausserordentlichen Erfolg der brandenburgischen Politik^). Der Kurfürst durfte frohlocken; er sah zum ersten Male seine Besitzungen als ein Ganzes vor sich, sich selbst als aner- kannten Herrn in seinen Landen und alle diese Erfolge hatte er jener Politik der freien Hand und der Fähigkeit zu danken, gute Beziehungen zu den sich gegenseitig befehdenden Mächten zu erhalten. Freundschaftlicher Verkehr mit Leopold und Ludwig XIV., aber keinesweges Hingebung an den einen, oder den anderen, genaues Abwägen der Vor- und Nachtheile einer noch engeren Ver- bindung mit einem der beiden Fürsten, zu gleicher Zeit aber Wahrung seiner Interessen, waren die leitenden Grundsätze Friedrich Wilhelms, denen er seine bisherigen Erfolge verdankte und denen er auch im Verlaufe der Jahre 1667 und 1668 treu blieb. Denn wenn Friedrich Wilhelm sich auch gegen Ende des Jahres 1667 mit dem Könige von Frankreich über die in der polnischen "Wahl- frage zu beobachtende Politik einigte 2), so geschah dies erst, als Ludwig XIV. sich im Hinblicke auf die Ereignisse in den Niederlanden zur Förderung des brandenburgischen Candidaten, des Herzogs von Neuburg, entschlossen hatte und nachdem alle Versuche den Kaiser zur Billigung dieser Candidatur zu bewegen, gescheitert waren. Und wenn der Kurfürst von Brandenburg sich zu gleicher Zeit verpflichtete, in den zwischen Spanien und Frankreich in den Niederlanden geführten Krieg in keinerlei Weise, es sei denn als Friedeusvermittler, einzu- greifen, so geschah dies erst, als die Haltung des Wiener Hofes jede Hoffnung auf eine energische Zurückweisung der französischen Uebergriffe durch den Kaiser vernichtet hatte und auch dann nur in der Erkenntnis, dass die Siche- rung seines Besitzes ein Abkommen mit dem siegreichen Franzosenkönige drin- gend erheische, sowie in der Voraussetzung, dass es den zur Abwehr Frankreichs geeinigten Mächten gelingen werde, Ludwig XIV. in die von ihm überschrittenen Schranken zurückzuweisen.

^) Vergl. die den Erbvergleich mit Neuburg betreffenden Acten in Urk. u. Act. XI. 731 ff.

-) Allianz vom 5./15. Dec. 16G7; Mürner I.e. 321 ff.

196 IV. Erste Mission des Freilienn Johann von Goess. Jan. lG(i,5 Mai 1G68.

Die im Naclifolgcnden mitgetlieilten Acten zeigen auf das deutlichste die Haltung, welche die Wiener Regierung, Goess und der Berliner Hof bezüglich der beiden in den Jahren 1667 und 1668 meist ventilirten Fragen der pol- nischen Successionsangelegenheit und des französisch-spanischen Conflictes beobachtet haben. Sie zeigen, wie fest der Kaiser und seine Eäthe bei ihrer Ansicht verharrten, dass jede Einmischung in die polnische Wahlangelegenheit vermieden werden müsse , wie entschieden sich dieselben gegen die Vornahme der Wahl bei Lebzeiten des Königs aussprachen und wie wenig sie geneigt waren, die Wahl des Neuburgers zu fördern, oligleich Friedrich Wilhelm durch seinen Gesandten, den jüngeren Blumenthal, in diesem Sinne den Wiener Hof zu beeinflussen suchte^) und später nach dem Tode der Königin Marie Louise und nach erfolgter Einigung mit Schweden und Frankreich die Förderung der Wahl des Pfälzers als eine unerlässliche Vorbedingung der vom Kaiser gewünschten Erweiterung des im Jahre 1666 abgeschlossenen Vertrages be- zeichnete und obgleich Goess während des ganzen Verlaufes seiner Mission auf das entschiedenste für die Billigung dieses Begehrens eintrat und die Befürchtung aussprach, Friedrich Wilhelm werde sich im Falle der Weige- rung den Gegnern Leopolds anschliessen. Und ebensowenig wie bezüglich der polnischen Successionsfrage erfolgte die erwünschte Einigung bezüglich der Hal- tung, die man den spanisch-französischen Conflicten in den Niederlanden gegen- über beobachten solle. Vornehmlich deshalb, weil der Kurfürst im wohlver- standenen eigenen Interesse jede definitive Abmachung mit den Gegnern des Franzosenkönigs solange zu vermeiden suchte, bis er über die Absichten des Wiener Hofes im klaren war, während die leitenden österreichischen Minister mit dem Vertreter des Franzosenkönigs Gremonville in Unterhandlungen be- griffen, sich zu der von dem Kurfürsten gewünschten bindenden Zusage der energischen Antheilnahme an dem Kampfe gegen Frankreich nicht verstehen wollten und jede Berücksichtigung der brandenburgischen Sonderinteressea zu- rückwiesen.

Der kaiserliche Gesandte aber, der von den letzten Zielen der Wiener Re- gierung keine Kenntnis besass, vielmehr stets in dem Glauben gelassen wurde, dass man fest entschlossen sei, sich die Uebergriffe Frankreichs nicht mehr gefallen zu lassen und mit dem Marsche nach den Niederlanden nur bis zur Beendigung der nothwendigen Vorbereitungen zu zögern wünsche, wurde nicht müde dem Kurfürsten die Gutheissung der vom Wiener Hofe geforderten Er- weiterung der Bündnisse von 1658 und 1666 auf die Niederlande zu empfehlen, den Ausgleich zwischen Brandenburg und Sachsen zu vermitteln, betonte immer von Neuem , wie fest der Wille seines Herrn sei , das gewaltthätige Vorgehen Ludwig XIV. zu hindern und stellte den baldigen Anmarsch der kaiserlichen Truppen in Aussicht. Ja auch dann als sich die Anzeichen mehrten, dass die am kurfürstlichen Hofe vertretene Ansicht, Oesterreich meine es mit der Vertheidigung der Niederlande nicht ernst, die richtige sei, als trotz all'

0 Für des jüngeren Blumenthal Aufenthalt am Wiener Hofe vergl. Puf. 1. c. X. 08: Droysen 1. e. III. p, ISOf.

Einleitung. 197

der dringenden Vorstellungen des vom Kurfürsten neuerdings nach Wien gesen- deten Bluraentlial '), wie des kaiserlichen Gesandten seihst, der Wiener Hof sich weder zur Billigung der kurfürstlichen Privatforderungen, noch zu dem von Friedrich Wilhelm geforderten bestimmten Versprechen des offenen Kampfes gegen Frankreich verstehen wollte, blieb Goess, dem der Gedanke ferne lag, als könnte seine Regierung ihn über ihre letzten Pläne im unklaren lassen^» dabei, dass nur äussere Umstände Ursache des zögernden Vorgehens des Wiener Hofes seien. Um so unbegreiflicher war es Goess, dass auch die Mittheilung von der beabsichtigten Sendung eines kurfürstlichen Gesandten nach Paris zur Feststellung eines Vertrages über die von Brandenburg während des niederlän- dischen Krieges zu beobachtende Politik den Kaiser zu einem entscheidenden Schritte nicht zu bewegen vermochte, dass selbst die Nachricht von dem er- folgten Abschlüsse des brandenburg-französischen Bündnisses keinen nieder- schmetternden Eindruck in Wien hervorrief. Ohne Kenntnis von dem, was unterdess am Wiener Hofe geschehen, vermochte er sich das Benehmen des Kaisers nicht zu erklären und gab, wenn auch in verhüllter Weise, seinem Be- dauern darüber Ausdruck, dass man die günstige Gelegenheit habe vorübergehen lassen, den Kurfürsten von Brandenburg gegen geringe Zugeständnisse zum völligen Anschlüsse an das Kaiserhaus zu vermögen. Die AViener Regierung aber blieb auch im weiteren Verlaufe der mit Friedrich Wilhelm gepflogenen Berathungen dabei, von demselben, falls Frankreich sich mit annehmbaren Frie- densbedingungen nicht zufrieden geben sollte, Antlieihiahme am Kampfe und eine in diesem Sinne gemeinte Erweiterung der Bündnisse von 1658 und 1666 zu fordern, ohne sich ihrerseits zu der von Friedrich Wilhelm gewünschten Förde- rung der Wahl des Pfälzers, oder zum Ausgleiche der jägerndorfischen Streit- frage entschliessen zu können. Unter solchen Umständen konnten die Be- mühungen des Goess von keinem Erfolge begleitet sein. Denn so oft derselbe auch den Plan der Erweiterung der Allianzverträge von 1658 und 1666 vor- brachte, so eifrig er auch bemüht war den Berliner Hof von der Unaufrichtig- keit der fi'anzösischen Erklärungen bezüglich der Förderung der pfälzischen Candidatar zu überzeugen, immer wieder begegnete er dem festen Entschlüsse Friedrich Wilhelms, in die Erweiterung der mit Leopold eingegangenen Bünd- nisse nur dann zu willigen, wenn der Kaiser seinerseits sich den Entschliessungen des Kurfürsten in der polnischen Successionsfrage füge. Das beste was unter diesen Verhältnissen geschehen konnte, hat Goess gethan, indem er Friedrich Wilhelm von jedem übereilten Schritte abzuhalten suchte, was um so eher gelang, als dieser selbst entschlossen war jedes bindende Versprechen nach irgend einer Seite hin zu vermeiden. So kam es, dass der Friede von Aachen am 22. Mai 1668 ge- schlossen wurde, ohne dass der Kaiser oder der Kurfürst Mitglied der Haager Allianz geworden wären. Wenige Tage nach dem Abschlüsse des Aachener Friedens verliess Goess Berlin. Seine Berichte zeichnen sich keinesweges durch

') Für Blumeuthals neuerlichen Aufenthalt in Wien Puf. I. c. X. 59; Droysen 1. c. IlL, 217 ff.

198 IV. Erste Mission des Freiherni Johann von Goess. Jan. 1665— Mai 1668.

die Weite des Blickes, durch die Schärfe der Auffassung oder durch die Klar- heit der Gedanken aus, die wir in den Schriftstücken seines Vorgängers, des geistvollen Lisola. finden. Doch werden sie als Quelle für die österreich-bran- denburgisclien Beziehungen dieser Zeit, wie für die Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm überhaupt, durch ihre zuverlässigen Mittheilungen über eine Unmasse von Begebenheiten gewiss von grossem Werthe sein. Die Weisungen der Wiener Regierung aus dieser Zeit sind bereits zahlreicher und ausführlicher wie für die früheren Perioden, lassen jedoch noch immer an Quantität und Qualität viel zu wünschen übrig.

IV. Erste Mission des Freiherrn Joliann von Goess. Januar 1665 Mai 1668.

Instruction für Johann von Goess. Dat. Wien 12. Jan. 1665.

(Conc.)

[Polnische Wahlangelegenheit.]

Goess weiss, wie sehr sich die Königin von Polen bemüht hat den 12. Jan. Duc d"Enghien zum Nachfolger ihres Gemahls zu machen nnd die Wahl des Nachfolgers noch bei Lebzeiten ihres Gemahls durchzusetzen, und dass sie sich in diesem Plane auch nicht durch die Opposition habe irre machen lassen , die sie gefunden, vielmehr bestrebt war, ihren vornehmsten Gegner, Lubomirski '), auf gütlichem Wege zu gewinnen. Da ihr dies nun nicht gelungen, sucht sie ihn zu verderben und hat ihm einen schweren Process auf den Hals geladen. Lubomirski hat sich nach Schlesien zurückgezogen und den Kaiser um Schutz angefleht. Der Kaiser hat Lubomirski auch, vornehmlich mit Rücksicht darauf, dass der Königin Vorhaben gegen die Freiheiten des Landes Verstösse, in seinen Schutz genommen. Der Kaiser will sich über diese Angelegenheit mit dem Brandenburger besprechen und sendet zu diesem Zwecke Goess nach Berlin. Goess soll den Kurfürsten um seine Ansicht in dieser Angelegenheit ersuchen und erklären, der Kaiser würde lieber sehen, wenn in Polen alles in dem alten Stande bleiben und vor dem Tode des Königs von Polen bezüglich der Nach- folge keine Entscheidung erfolgen würde.

Nebeninstruction für Goess. Dat. 25. Febr. 1665. Copie.

[Jägerndorf.]

Wegen Jägerndorf soll Goess selbst nichts vorbringen, sich vielmehr vorerst 25. Febr über den Verlauf der bisherigen Verhandlungen in dieser Angelegenheit orientiren.

') Der Reichskauzier Georg Lubomirski.

200 IV. Erste Mission des Freilierrn Johann von Goess. Jan. lGfi.ö Mai 1GC8.

Weiters wird er data occasione deneu cliurfürstlicUeu miiiistris bono modo zu verstehen geben und sie capace machen welcher gestalt unsers Herzogtjuims Schlesien jetzige Verfassung und der Status publicus unserer Erbkönigreich und Länder es nit zugebe, I. L*^. zu Einräum- und Posse- dirung selbigen Fürstenthums kommen zu lassen; verhoffeten dahero gnädigist, I. !/'''". die Unthunlichkeit solcher Prätension selbst erkennen und von derselben abzustehen geneigt sein werden; ... damit die Minister den Kurfürsten von der Verfolgung seiner vermeintlichen Ansprüche abbringen.

Nechst diesem wird er bei sich eröffneter Occasion das Verlangen, welches wir P. L''*^". zu gratificiren tragen, beweglich contestiren und die nicht erfolgte Abstattung deren I. L'^^". vor etlichen Jahren versprochenen 180000 Reichsthaler ex causa calamitatis et uecessitatis publicae entschul- digen, mit Versicherung, dass wir auf Mittel und Weg bedacht sein, unser gnädigistes dankbares Gemüth l"". L'^"". wirklich und in der That zu erkennen zu geben. Sollte auch unser Abgeordneter wahrnehmen, oder er selbst durch seine Dexteritet des H". Churfiirstens L'^'^". dahin disponiren können, dass I. L''''". das offerirte Quantum der 180000 Thaler annehmen und sich darmit befriedigen lassen und wegen Jägerndorf weiter keine Praeten- sion macheu wollten, . . . dann soll Goess gleich nach Wien berichten.

P. S. Sollte auch unser Abgeordneter verspüren, dass das Quantum der 180000 Rthler angenommen und allein wegen Ungewissheit der Be- zahlung angestanden werden wollte, so geben wir demselben noch weiter diese gnädigste Vollmacht und Gewalt, dass er super ipso modo solutio- nis sich in Handlung einzulassen befugt sein soll, jedoch per gradus und dergestalt, dass derselbe vor allen Dingen einige bei unser kaiserlichen Hofkammer rückständige Reichsmittel, auch secundo loco die Herrschaft Reinstein, um welcher willen bereit vor Jahren einige Anregung ge- schehen, vorschlage und dann endlich, wann es auf ein anders und lei- dentlichers nit zu bringen, auf jährliche richtige Abtragung von unser schlesischen Kammer von 30 bis höchstens 40000 Rthlr. sich auslassen und schliessen solle. Da Schwerin's Mitwirkung dazu förderhch sein würde, setzt der Kaiser für ihn eine Belohnung von 5—6000 Rthlr. aus.

Am 12. Januar erhielt Goess Befehl sicli auf den Weg zu machen. Vom selben Datum stammt das Credenzschreibeu für ilm an den Kurfürsten von Brandenburg, vom 12. Februar das an den Kurfürsten von Sachsen, den er auf der Durchreise in Dresden aufsuchen soll, vom 21. Februar das an den Fürsten von Anhalt. Unter dem 5.. 8. und 11. März gil)t der Kaiser dem Goess Kunde

1

Instruction für Goess. Polnische Walilfrage. Reichsangelegenbeiten. 201

von dem Anbringen des Secretärs Lnbomirski's '), sowie der vom Kaiser darauf erfolgten Antwort; zugleich mit dem Befehle in Berlin zu erfahren, ob es wahr sei, dass der Kurfürst dem Lubomirski die französische Interposition angetragen und wenn sich dies bestätigen sollte, diesem Beschlüsse entgegenzuarbeiten').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. März 1665. (Or.)

[Audienz. Polnische Angelegenheit. Streitigkeiten zu Regensburg; des Kurfürsten Er- klärungen in dieser Angelegenheit. Unterredung des Goess über diesen Punkt mit Schwerin und Piaten. Aeusserungen des Kurfürsten über die rheinische Allianz. Erwiderung des Goess. Mittheilungen Jena's in dieser Frage. Mittheilungen des Kur- fürsten über seine Unterredung mit Wrangel. Bremen. Lubomirski. Audienz bei der Kurfürstin. Die Prinzen, llittheilungen Anhalts und Schwerins über die pol- nische Angelegenheit. Debatte darüber. [Jrtheil des Goess Rath des Kurfürsten.]

Am 21. angekommen; am 23. erste Audienz. Goess erklärt, der Haupt- zweck seiner Jlission sei, sich mit dem Kurfürsten über die bezüglich der pol- nischen Angelegenheit vorzunehmenden Massregeln zu einigen. Friedrich Wil- helm erklärt, darüber berathen lassen zu wollen"). Bezüglich der Regensburger Streitigkeiten^) erklärt der Kurfürst auch ferner die Sache des Kaisers vertreten zu wollen und meldete, dass der Chinfiirst von Mainz etwas an sie gelangen lassen ^) wegen eines vorhabenden Collegialtags; mich fragend, ob destvvegen man etwas an E. K. M. gelangen lassen. Als ich geantwort, dass meines Wissens zu Zeit meiner Abreis an E. K. M. dieshalber nichts einkommen, haben sie gemeldt, sie wollten's E. K. M. communiciren. Im Uebrigen stecketen hinter dergleichen Zusammenkünften bisweilen andere Ding, die man nicht vorgäbe, darum man sich in Acht zu nehmen. Ich habe her- nacher sowohl mit dem Baron von Schwerin, als mit dem von Platen*^), als sie mich visitirt, hieraus geredt und von ihnen so viel vernommen, welches

') Der Reichskanzler Georg Lubomirski; vergl. Wagner, Historia Leopoldi 1. 199.

^) Für die Haltung Brandenburgs in der Sache Lubomirski's in dieser Zeit; Puf. I.e. IX 84 ff.

^) Es handelte sich einerseits um die Stellungnahme in dem Streite des Königs mit Lubomirski, andererseits um die Frage der Nachfolge in Polen.

*) Die vornehmsten Streitigkeiten betrafen die Reichskriegsverfassung und die Wahlcapitulation. Ueber die Verhältnisse des Regensburger Reichstages in den Jahren 1663 und 1664 vergl. ürk. u. Act. XI. 149 fF.; auch Köcher I.e. I. 321 ff. Geraeiner 1. c. 1. Bd.; Droysen I. c. III. 3 38 ff., 87 ff.

^) Für die Beziehungen Brandenburgs zu Mainz in dieser Zeit Urk. und Act. XI. 387 ff.

^) Claus Ernst Piaten, Kriegscouiuiissäi- und geheimer Rath, vergl. Klaproth 1. c. 355.

202 IV. Erste Mission des Freiherni Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

ich auch zu Dresden von dem geheimen Rath Heinrich von Friesen ver- standen, dass diese Anregung eines Collegialtags bis dato weiter nicht geschehen, als dass der churmainzische Director zu Regensburg gegen den churfürstlichen Gesandten, vielleicht die weltliche Fürsten hierdurch in etwas abzuschrecken, von Anstellung eines Collegialtags Meldung ge- than ').

Dann ist der Churfürst kommen auf die rheinische Allianz, dass viel der darbei iuteressirten, sonderlich die Häuser Braunschweig und Hessen, in grosse Umbrage und Jalousie gerathen, also dass diese Liga sich endlichen wohl gar dissolviren möchte. Ego subridens et excusans, dass ich alsogleich anfangs mich mit meine Gedanken so vertreulich gegen seine Ch. D. herauss Hesse, habe geantwort, dass die AUiirte, soviel ich vernehmen können, darfür hielten, dass diese Liga durch die Accession S^ Ch. D. nun fester stünde, als nie vorhin und dass dero Exempl auch andere würde hineinziehen. Sie haben geantwort, dass Sie hierin nichts gethan, als mit Vorwissen E. K. AL; hätten sich auch also vorgesehen, dass dero Diensten nichts praeiudicirlichs hieraus entstehen könnte. Je mehr hinein kämen, je schwächer würde die Allianz und wann E. K. M. Selbsten mit eintreteten, möchte dieses das kräftigste Mittel sein, die- selbe gar zu dissolviren ^). . . . Der Canzler Jena hat diese Miteintretung des Churfürsten per modum accessionis gegen mir sehr improbirt; es wäre geschlossen gewesen, dass der Churfürst als Principalis einen neuen Tractat vornehmen solle mit den Alliirten; der Reiffenberg in seinen Hiersein hätte diese gute Resolution umgestossen.

Aus den Unterredungen mit Wrangel '') habe der Kurfürst ersehen, dass die Schweden einen französischen König in Polen nicht wollen. Als Meldung von dem Churfürsten geschehen, dass die Franzosen trachteten Döraitz und Bützow in Mecklenburg an sich zu bringen *), hat Wrangel resolutamente geantwort, Schweden würde dieses in Ewigkeit nicht gestatten und wür- den es eher auf eine völlige Ruptur lassen ankommen: man merkte wohl, dass die Franzosen das Aug auf die Ostsee haben und dass sie

0 Veigl. Urk. u. Act. XL 418.

^) Für die Stellung Brandenburgs zur rheinischen Liga, vergl. Urk. u. Act. XL 437ff., IX. o65fF., IL 236ff.; Puf. 1. c. IX. 63; Droysen 1. c. IlL 353fF. Für die Ge- schichte des Rheinbundes im allgemeinen die p. 144 angeführten Schriften.

^) Gustav "Wrangel, schwedischer Reichsfeldherr; aus der Correspondenz des- selben mit Friedrich Wilhelm, Urk. u. Act. IX. 569 u. a. 0.

■•) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 73.

Rheinische Allianz Bremen. Polnische Angelegenheiten. 203

suchen sich darin einzudringen, dieses könne weder Schweden noch Dänemark keineswegs gedulden.

Bezüglich Bremens glaubt der Kurfürst wohl, dass Schweden die günstige Gelegenheit benützen werde und zweifelt, ob von Reichswegen, wie Goess meint, entsprechende Hilfe der bedrohten Stadt gesendet werden würde ^).

Lubomirski's Sache steht nach des Kurfürsten Ansicht gut.

Goess berichtet dann über seine Audienz bei der Kurfürstin, die viel, ins- besondere über die Türken, mit ihm gesprochen. Der Chur- und der jüngere Prinz ^) seind hübsche junge Pierren, zeigen Vivacitet und haben ihr Com- pliment gar schön wissen abzulegen. Darauf Conferenz mit Anhalt und Schwerin wegen der polnischen Angelegenheit; diese berichten über die Ver- handlungen des Kurfürsten und insbesondere Hoverbecks^) mit dem Polenkönige, der erst nach langen Unterredungen und nur widerstrebend sich zur Interven- tion Brandenburgs entschlossen, Lubomirski aber nur seine Privatgüter zurück- stellen, nicht aber in seine Aemter widereinsetzen will'*), zu gleicher Zeit sich aber über verschiedener Fürsten, insbesondere aber des Kaisers Benehmen be- klagt und ihm Unterstützung Lubomirski's vorgeworfen hat. Goess antwortet, in- dem er auf die friedlichen, auf Aussöhnung des Königs mit Lubomirski gerichteten Bemühungen des Kaisers und seiner Gesandten hinweist. Der Kaiser habe dem Polenkönige angetragen, die Unterwerfung Lubomirski's zu vermitteln. Von einer grösseren Unterstützung desselben durch den Kaiser könne nicht die Rede sein. Er wüsste überhaupt nicht, dass Lubomirski vom Wiener Hofe Geld er- halten habe, wenn aber, so sei es höchstens soviel gewesen, als er zur Erhal- tung seines Lebens bedurfte, gewiss nicht Summen, die zu Errichtung eines Heeres hinreichten. . . . Ich verraercke, dass sowohl S. F. Gn. von Anhalt als andere noinistri bei diesena churfürstl. Hof der Meinung seind, dass man in quemcumque casum den Lubomirski nit könne ganz hülflos lassen, massen der Hoverbeck aus P. Ch. D. Befelch dieses auch dem König angedeut; so ohne Zweifel denen interponirenden officiis um so viel mehr pondus geben wird. Man förchtet, dass im Fall eines gänzlichen Abandono, Lubomirski endlichen würde genöt werden, sich in der Königin ^) Will zu ergeben und die französische Interposition zu suchen. Reiffenberg ist hiehergekommen; er hat sich 3 Tage in Dresden auf-

') Für die Politik Schwedens in dieser Zeit und den bremischen Krieg; Carlson, Gesch. Schwedens IV. 477 ff.; Droysen 1. c. III.3 149 ff.

^ Karl Emil und Friedrich.

•'') Ueber Johann v. Hoverbeck, den langjährigen Vertreter Brandenburgs in Polen und seine Correspondeuz bis 1663, Urk. u. Act. I.6f., II. 97 u. a. ()., VI. bis IX. an vielen Orten.

*) Vergl. Puf. I. c. IX. 88.

•>) Marie Louise.

204 IV. Erste Mi.ssion des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 —Mai 1668.

gehalten. Goess glaubt Reiffenberg's Mission dürfte die Erfurter Angelegenheit betreffen.

P. S. Der Churfürst hat unter andern gegen mir gemeldt, dass ein starkes Mittel sein würde die französische Election in Polen zu hindern, wann die Türken sich darvvider erklärten '). Nun erinnern sich E. K. M. gnädigst, was Lubomirski in hoc passu eingerathen. Ich habe auch von andern, denen der Status rerum nit unbekannt, dergleichen sentiraenti gehört. Bei ietzigeu Conjuncturen und Disposition, da Frankreich ohne das dem Türken gelosia gibt und ihre Bedrohungen um so viel mehr zu attendiren, weiln sie mit E. K. M. in Frieden, hielte ich darfür, dass wohl gute elTectus daraus erfolgen möchten; es müsste aber dextramente und gar nit operose suggerirt werden ad evitandas alias suspiciones, darzu dem Türken leicht geholfen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 31. März 1665. (Cr.)

[Reiffenberg; dessen Urtheil über die Erfurter Angelegenheit. Mittheilungeii und Rathschläge des Kurfürsten betreffs des Anbringeus des Reiffenberg. Jägerndorf]

31. März. Reiffenberg ist zu mir gekommen, hat mir seine Unterstützung in meinen

Angelegenheiten im Namen seines Herren angetragen^). Auf die Frage, wie die Erfurter Angelegenheit stünde 3), antwortete er, dass wohl und so gar wohl, dass sie sich für niemand, es käme einer allein oder mehr, fürchten thäten. In Uebrigen meldete er gestern, dass sein gnädigster Churfürst sich wohl verstehen würde mit denen in den sächsischen Kreisen darzu be- nennten commissariis zusammen zukommen und aus der Sachen zu reden"*).

^) Ueber die polnische Wahl gibt es eine überaus umfangreiche Literatur; die bis 1870 erschienenen Schriften sind ziemlich vollständig verzeichnet bei S. Celichowski, De fontibus, qui ad abdicationem Johaunis Casimir! pertinent. Dresden 1871. Neuestens Oskar Krebs, Vorgeschichte und Ausgang der polnischen Konigswahl (Zeit- schrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. IIl. Jahrg. 151 ff.). Für die Verhältnisse in den Jahren bis 1663 insbesondere Urk. u. Act. IX. Iff.

^) Philipp Ludwig Baron von Reiffenberg, war geheimer Rath Johann Philipps von Mainz ; vergl. Heibig, Die diplomatischen Beziehungen Johann Georg II. zu Frank- reich. Arch. für sächsische Gesch. I. 292 Anm.; über seine Mission am Berliner Hofe in dieser Zeit Urk. u. Act. XL 417 ff.

^) Es handelte sich um die reichsrechtliche Stellung der Stadt Erfurt zu Mainz. Ueber den heftigen Kampf, der sich entspann und in ganz Europa Aufsehen hervor- rief, vergl. die p. 184 angeführten Schriften. Für die Stellung Brandenburgs speciell Urk. u. Act. XL 351 ff. ; allgemein Droysen 1. c. III. 3 73ff.

'*) Die sächsischen Fürsten waren Schutzherren der Stadt Erfurt; über die Be- ziehungen Johann Philipps von Mainz zu dem Kurfürsten Johann Georg II. in dieser

Erfurter Frasre. Wahl in Polen. Jägenidoif. 205

Am 29. März lässt der Kurfürst dem Goess mittheilen, er wolle mit ihm wegen des Reiffenberg's Vorbringen, von dem er ihm. mit der Bitte um Ge- heimhaltung insbesondere vor dem Mainzer, Kunde gab '), sich unterreden.

Bezüglich des ersten Punktes, der Beschwerde der 3 geistMchen Kurfürsten gegen den Pfälzer ratione der Wildfänge -), rieth der Kurfürst zum Betreten des Rechtsweges, gegen jede Gewalt.

„Die andere Proposition wäre, dass der König in Frankreich gänz- lich darauf bestünde, dass die |: Wahl eines Königs in Polen noch Advente rege miisste vorgenommen werden; zwar nit eben, dass dieselbe auf den Duc d'Anjou oder den von d'Enghien^), oder einem Franzosen zu fallen, sondern auf einem andern, der dem König darum obligirt sein würde und dass er, der König, die Glori darvon hätte:!. . . . Wie ich nacher von dem Baron Schwerin, zu dem ich gleich gangen, ferner ver- nommen, hat der von Reiffenberg bei der darüber gehaltenen Conferenz, darbei er, der von Platen und Kanzler Jena gewesen, seine Proposition also eingericht, dass es das Ansehen gehabt, als wolle der Churfürst von Mainz dieses Churfürsten Meinung und Sentimenten hierüber allein vernehmen. Der Kurfürst habe abgerathen und erklärt seine Mitvvirkung dazu nicht versprechen zu können^). In der Unterredung mit Friedrich Wilhelm gibt dieser, auf die Frage des Goess, welche Gründe Reiffenberg für semen Vorschlag vorgebracht, an, 1°. den Willen des Königs von Frankreich und 2., dass man vermeine, dass Oesterreich nach der polnischen Krone strebe. Goess verwahrt sich gegen diese letztere Behauptung. Bezüglich Jägerndorfs hat der Kurfürst und Schwerin den Goess interpellirt ; Schwerin hat gesagt, er wisse, dass Goess nicht nur Instruction zu Verhandlungen hätte, sondern die entsprechende Satisfaction zu geben ermächtigt sei.

Angelegenheit, vergl. S. Heibig, Johann Philipp von Mainz und Johann Georg II. während der Erfurter Wirren 1650—1667 (Archiv für sächsische Geschichte III. 401 ff.).

^) Vergl. die Propositionen ReifFenbergs in Urk. u Act. XI. 417 ff.

-) Für den bekannten Wildfangstreit der Pfälzer besass gewisse Rechte über die Unehelichen und Fremden (Wilden), zwischen Kurpfalz einer-, Mainz, Köln, Trier, Bischof von Strassburg, Herzog von Lothringen, Reichsritterschaft von Schwaben, Franken und am Rhein anderseits; vergl. die Darstellung in Urk. u. Act. XI. 589 ff". und die daselbst citirte Literatur.

^) A = Anguien = Heinrich Julius Herzog von Enghien, Sohn des Conde.

■*) Vergl. für den Verlauf der Conferenz zwischen den brandenburgischeu Depu- tirteu und Reiff'enberg: Urk. u. Act. XI. 418 ff.

206 IV. Erste Mission des Freiherrii Johann von Goess. Jan. I6ß5— Mai 1GG8.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. April 1665. (Or.)

[Weitere Verhandlungen mit Reiffenberg. Des Kurfürsten Haltung in der polnischen Frage. Reiffenbergs Verabschiedung.]

G. April. Mit Reiffenberg sind neue Conferenzen gehalten worden'); der Kurfürst hat

von Neuem gegen Frankreichs Pläne gesprochen. In einer Unterredung mit dem Kurfürsten über diesen Punkt erwähnt Goess, dass von männiglichen glaubt würde, dass wann S. Ch. D. nur ein einige Disposition herbei- bringen wollten, sie allen andern würden praeferirt werden; daraufhaben sie geantwort, dass sie hierdurch ihre provincias haereditarias in der grössten Ungelegenheit und Confusion setzen würden; sie geschwiegen das impedimentum religionis. Der Baron von Schwerin hat mir in einer Visita eben dieses gesagt und dass die Königin in Polen, als sie zu Braunsberg und dahie dem Churfürsten diesfalls grosse Offerten gethan, er nie keine Reflection darauf gemacht.

Bezüglich der von Frankreich für den polnischen Königsthron gewünschten Person, hat sich Reiffenberg nicht geäussert, auch nichts schriftliches eingegeben ; auch ist ihm kein schriftlicher Bescheid ertheilt worden. Am 31. März verliess er Berlin.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. April 1665. (Or.)

[Stimmungen am Dresdner Hofe. Heinrich von Friesen. Des Kurfürsten von Branden- burg Aeusserung bezüglich der Erfurter Angelegenheit.]

10. April. Berichtet über seine Erfahrungen in Dresden. Der Kurfürst Johann Georg

wiederholt seine aufrichtige Devotion dem Kaiser gegenüber, zeigt aber, dass er es bitter empfinde, dass der Kaiser nicht öfter Gesandtschaften zu ihm schicke. Eine ziemlich starke Hofpartei sucht den Kurfürsten dem Kaiserhofe feindlich zu stimmen. Mit Heinrich Friesen hatte Goess eine lange Unterredung wegen der Erfurter Angelegenheit. Friesen räth, der Kaiser möge die Sache energisch in die Hand nehmen. „Ich finde ihn, den Friesen, sonsten unter denen IVIinistren, die ich an dem chursächsischen Hof kenne, für einen capablen Mann..., zwar hab ich observirn können, |: dass der Churfürst keine grosse Zuneigung zu ihm hat, dannoch in consiliis vermag er am aller- meisten; kann nicht allein etwas guts thun, sondern auch das Ueble verhindern, dann er hat grossen Anhang beim Land:]. Auch der Kurfürst von Brandenburg hat seine Ansicht in der erfurtischen Angelegenheit dahin geäussert, er hoffe, der Kaiser werde eine seiner Stellung entsprechende Haltung beobachten.

') Urk. u. Act. XI. 4 19 f.

Erfurter Frage. Friesen. Luboniirski. Polnische Wahlfrao-e. 207

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. April 1665. (Or.)

[Des Kurfürsten und Schwerins Aeusseruugen über Lubomirski. Eine russische Ge- sandtschaft in Sicht. Concept eines brandenburg-schwedischen Bündnisses.]

Der Kurfürst wiederholt seine Erklärungen bezüglich Lubomirski's; ebenso 13. April, erklärt Schwerin, dass S. Ch. D. Erbieteo allein angesehen gewe.sen |: ad tentandam Luborairski constantiam, de qua nonnihil dubitatur und dass solche officia und Schreiben an den König aus Frankreich weder abgangen noch auch abgehen werden. Wohl ist man bei diesem churfürstlichen Hof der Meinung den Lubomirski nicht hilflos zu lassen, dann er in sol- chem Fall genötiget würde, sich der französischen Interpositionen zu praevaliren und wolle er sonsten nicht verderben, sich den Königen zu accomodiren. : | Eine russische Gesandtschaft an den Kurfürsten soll dem- nächst hier eintreffen'). Der Canzler Jena, als ich ihn gestern besucht, hat mir ein Concept gezeigt eines foederis defensivi, so dieser Churfürst mit denen Schweden tractirt, so gestellt gewesen in terminis ordinariis auf Liefland, Preussen und die beederseits besitzende Länder im römi- schen Reich; das tempus auf 10 Jahr, die Hiilf von schwedischer Seiten auf 2000 Knecht, 500 Reiter, Churbrandenburgische aber auf 1000 Knecht. . . . E. M. und beederseits Confoederirte waren nit eingeschlossen*).

Der Kaiser au Goess. Dat. Wien 16. April 1665. (Conc.)

[Freude über des Kurfürsten Ansicht in der polnischen Frage. Abberufung Kinsky's ;

Ersetzung desselben durch Mayern. Der Kurfürst soll die Mittel angeben, durch welche

die Verbindung Polens mit Russland hintaugehalten werden kann.]

Freut sich, dass der Kurfürst in der Hauptfrage bezüglich Polens mit dem ig. April. Kaiser einer Ansicht ist; der Kaiser hofft, dass in Zukunft immer ein gemein- sames Handeln in dieser Angelegenheit mögUch sein wird. Goess soll dem Kurfürsten von der erfolgten Abberufung des Grafen Kinsky und der Ersetzung desselben durch den Hofkammerrath Mayern Mittlieilung machen. „Endlich haben wir wohl in Acht genommen, was des Ch. L''*'". erinnert, dass nem- lich zu Hintertreibung anderer Inconvenientien nicht unrathsam sein möchte, die verlautende Composition und Confoederatiou zwischen Polen und Moscau zu verhindern. Weiln nun diese S'. Ch. D. Gedanken auch mit denen unsern fast einstimmen, hättest derselben solches dextre bei-

') Vergl. den Bericht vom 27. April.

^ Abgeschlossen wurde dieses Bündnis erst am 27. März 1G6G; vergl. Mörner I.e. 277ff.; Puf. 1.0. IX. 6Gff.; für die Verhandlungen Brandenburgs mit Schweden in dieser Zeit Urk. u. Act. IX. 798 ff.

20S IV. Erste Jlission des Freilienn Joliaiiu von Gocss. Jan. 1665 Mai 16G8.

zubringen und zu vernehmen, durch wa.s für Mittel und Wege sie solches zu Werk zu setzen, voruelimen wüllten."

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. April 1665. (Or.)

[Jägerndoif. Berichte Crockow's aus Stockholm. Des Kurfürsten Haltung in tlem braunschweig-liineburgischen Erbfolgestreite.]

17. Apiil. Schwerin hat neuerdings die jägerndorfische Angelegenheit vorgebracht').

Goess gab allgemeine Antwort; doch sind neue Berathungen vorauszusetzen. Crockow, des Kurfürsten Gesandter in Stockholm, meldet, dass Terlon, Frankreichs Vertreter daselbst, unzufrieden abgereist sei und Crockow gerathen habe, dem Kurfürsten zu schreiben, er möge in guter Freundschaft mit Dänemark bleiben -). Herzog Georg Wilhelm von Hannover hat den Doctor Müller^) zum Kurfür- sten geschickt. Seine Mission betraf die Possession, welche der Herzog Johann Friedrich zu Celle gleich nach seines Bruders Christian Ludwig Tode apprehen- dirt*). Der Kurfürst sendet Jena an den Herzog von Celle, um gütliche Bei- legung des Zwistes zu versuchen '"), er steht, wie Goess bemerken konnte, auf Seite Herzog Georg Wilhelms*^) „und apprehendire, dass es mall exempli, iu chur- und fürstlichen Häusern, wann der Primogenitura oder auch dem Seuio Eintrag geschehe"; auch fürchtet er Bevorzugung des Johann Fried- rich von Celle durch den Kaiser, wegen der Religion").

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. April 1665. (Or.)

[Ankunft des moskowitischen Gesandten. Stellung Russlands zu Polen. Klagen Jo- hann Kasimirs über den Kaiser.]

27. April. Schreiben vom 16. erhalten. . . . Betreffend die verlautende Coraposi- tion zwischen Polen und Moscau erinnere ich E. K. M., dass der mosco- vitischer Abgeordnete vorgestern hieher ankommen und als heut bei I. Ch. D. privatim (massen er begehrt) wird Audienz haben. Ich kenne

1) lieber die Verhandlungen in dieser Frage zu Regensburg, vergl. Urk. u. Act. XI. 239 ff.

-) Yergl. den Bericht Crockow's vom 8./18. März 1665, Urk. u. Act. IX. 799 f.

^) Lorenz Jlüller, vergl. Urk. u. Act. IX. 563 Anm.

■*) Ueber diesen braunschweig -Kineburgischen Erbfolgestreit, der durch den am 25. März 1665 erfolgten Tod Christian Ludwigs von Celle hervorgerufen wurde, vergl. Urk. u. Act. IX. 559ff. und Köcher, Gesch. Hannovers von 1618—1714 L 389 ff.; Droysen i. c. III., llOf.; Puf. 1. c. IX. 79.

^) Vergl. die Instruction für Jena Urk. u. Act. IX. 587 f.

6) Vergl. Urk. u. Act. IX. 561 f.

') Urk. u. Act. IX. 562.

Braunscliweig-Iiineljuigischer Erbfolgestreit. Russisch-polnische Verwickelungen. 209

ihn von Reputation; er i.st vor diesem auch in Dänemark gewesen, ist ein vornehmer Kaufmann mit Namen Marseiis, den der Czar viel ge- braucht; er hat einen Bruder in Dänemark gehabt, der seither meiner Abreis gestorben, hat noch einen anderen zu Amsterdam, der über die Massen reich ist und dessen sich der König in Dänemark bei vorge- westen Kriegen viel bedient. Nachdem man von ihme den Zustand in Moscau und was er in coramissis hat wird vernommen haben, wird man mit besserem Grund die consilia darnach richten können.

Der Churfürst vermeinte, dass das foedus offensivum und defensivum, so vor sein solle zwischen Polen und Schweden, den Moscoviter a tali compositione abhalten würde, mich aber hat fast das contrarium gedünkt und dass sothanes motivum wenigsten moscowitischer Seiten die Compo- sitionstractaten befürdern möchte.

Schwerin meldet dem Goess, der König von Polen habe sich Hoverbeck gegenüber über des Kaisers Benehmen, insbesondere über sein Verhalten zu Lubomirski, beklagt; vermuthlich werde er sich dem Vertreter des Kaisers gegen- über ebenso über des Kurfürsten Vorgehen aussprechen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Mai 1665. (Or.)

[Nachrichten über Johann Casimir. Unterredung des Goess mit Marseiis. Des Letz- teren Erklärungen. Schreiben Johann Friedrichs von Braunschweig an Goess.]

Der Polenkönig will, wie Goess vernommen, trotz vielfachem Abrathen zur 1. Mai. Convocation nach Litthauen gehen, aber ohne Begleitung der Vertreter der an- deren Mächte; der Kurfürst aber wird dem Hoverbeck befehlen, dem Könige zu folgen; auch wird davon gesprochen, dass Johann Casimir Elbing und Marien- burg um eine grosse Summe Geldes dem Könige von Frankreich versetzen wolle. Der Gesandte Russlands sucht Goess auf und theilt ihm mit, er habe Befehl sich von hier direct nach Wien zu begeben, um dem Kaiser die Media- tion zwischen Russland und Polen anzutragen '), die sein Herr dem Kaiser und den Königen von England und Dänemark übertragen wolle.

In einem Schreiben vom selben Tage berichtet Goess über ein von Johann Friedrich Herzog von Braunschweig an ihn gerichtetes Schreiben -), worin dieser ihm die Unterstützung seiner gerechten Ansprüche auf Celle an's Herz legt.

') üeber die russisch -polnischen Verwickehmgen in dieser Zeit; Herrraann. Gesch. des russischen Staates III. 647 ff.

■■') Das Schreiben ist datirt Celle 13./23. April IGGö Or.

Mater, z. Gesch. d. O. Kiirfiiisteii. XIV. 14

210 I^'- Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1G65 Mai 1668.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 28. April 1665. (Or.)

[Russisch-polnische Verwickelungen. Schwedisch-brandenburgische Allianz. Branden- burgs Eintritt in den Rheinbund.]

28. April. Es ist nach den eingelaufenen Mittheilungen wenig Aussicht, dass Polen

die Mediation des Kaisers annimmt, es sei denn, dass Russland erklärt unter keiner andern Bedingung mit Polen tractiren zu Avollen. Goess soll sehen, dass dem Vertreter des Czaren in diesem Sinne vom Kurfürsten zugesprochen werde. P. S, Goess soll eine Abschrift des schwedisch-brandenburgischen Vertrages zu erhalten und sich über die Verhältnisse näheren Aufschluss zu verschaffen suchen, unter denen der völlige Eintritt des Kurfürsten in die rheinische Allianz erfolgt sei.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. Mai 1665. (Or.)

[Unterredung mit Schwerin und dem Kurfürsten bezüglich der Jägerndorfer Angelegen- heit. Pläne der Kurfürstin. Unterredung des Goess mit Schwerin über dieselben. Regenstein. Mittheilungen Anhalts. Resolution des Kurfürsten in der .Jägerndorfer

Angelegenheit. Marseiis. ]

11. Mai. Nach wiederholten Unterredungen mit Schwerin, dem er eine dem Kaiser

angenehme Lösung der Jägerndorfer Frage besonders an"s Herz gelegt, hat er mit dem Kurfürsten, auf dessen au? drücklichen Befehl, am 19. April über diese Angelegenheit eine längere Unterredung gehabt. Der Kurfürst beklagte sich heftig über die ihm bezeigte Nichtachtung in dieser Sache und erklärte, als Goess ihm die Unrechtmässigkeit seiner Forderungen und das weitgehende Entgegenkommen des Kaisers, der eine so bedeutende Summe angeboten, auseinandersetzte, er wisse, dass es dem Kaiser und dessen Räthen nicht auf das Recht ankomme, son- dern E^ K. M. würden von dero Räth (darbei er in specie den Grafen von Nostiz ') non sine excaudescentia benennt) vorgetragen, dass sie propter rationes politicas ihn in Jägerndorf nit leiden könnten; dann hoch et cum indignatione exaggcrirt, dass man mehr Reflexion machete auf einen Fürsten von Liechtenstein, als auf ihme und dergleichen quaerelae mehr, weiche ich also abgeleinet, dass ich mich auf die ante acta be- rufen, daraus S. Ch. D. ja zu ersehen , dass E. K. M. habendes Recht, ehe der Graf v. Nostiz je geboren, schon vom Kaiser Rudolf dargethan und behauptet worden und dass im Uebrigen die praesupponirende Com- paration mit dem Fürsten von Liechtenstein weit von E^ K. M. Gedanken seie. . . .

Aehnlich äussert sich Schwerin. Als ich aber nun sehen können, dass auf diesem Weg nit fortzukommen, nachdem der Churfürst sich so

^) Böhmischer Kanzler. Vergl. Fiedler, Venetianische Relationen; Fontes rerum Austriacarum XXVII... 134 u. a. 0. ürk. u. Act. XI. 222.

Jägerndorfer Frage. 211

rotunde erklärt, dass er von keiner Satisfaction an Geld nichts wissen wollte und sonsten gute Nachricht erhalten, was gestalt die Churfürstin ') eine sonderliche Affection zu dero secundogenito, den Prinzen Friedrich'), tragen, massen sie denselben nach möglichen Dingen sucht zu beneficirn und den Churfürsten, dero Gemahl, dahin vermögt, dass er ihme das Fürstenthum Halberstadt zu seinem Erbtheil vermacht'),... habe ich um soviel mehr das Aug und die Gedanken auf die Grafschaft Regenstein, welche in gedachtem Fürstenthum Halberstadt liegt, wiederum gewendt, weilen ich sonsten von dem Fürsten von Anhalt verstanden, dass sie, die Churfürstin, Vorhabens sei, die Grafschaft Hohenstein eben zu diesern Ende von denen Grafen von Wittigstein ^) abzulösen; so hatte mir auch der Kittelmann, der im Halberstädtischen Regierungsrath und Hauptmann zu Egloff ist, etwas hiervon insinuirt. Goess bringt das vor, Schwerin ant- wortet darauf, es wäre Regenstein in Comparation von Jägerndorf gar schlecht und gering und wann darvon tractirt solle werden, müsste noch ein gut Stück Geld darzukommen. Die Grafschaft wäre ohne das ein Lehen vom Fürstenthum Halberstadt und könnte demselben heunt oder morgen zufallen. ... Ich habe in dieser ganzen Tractation wegen Jägerndorf genugsam gemerkt, dass der von Schwerin überaus caute und circum- specte hierin gangen und sich gehüet, seinen aemulis, welche zweifels- ohne darauf invigilirn, Occasion zu geben, ihme etwas Ungleichs hierbei zu imputirn.

Der Fürst von Anhalt berichtet, wie gerne die Kurfürstin für ihren Sohn sorgen würde, und wie heftig der Kurfürst, wie auch er selbst der Fürst von Anhalt von Lesseins angegangen würden ^), sich auf die Seite des Königs von Frankreich und der Königin von Polen zu stellen. Dabei erwähnt Anhalt auch^ dass E. K. M. ihm eine kays. Gnad, wann mir recht ist, von 30000 Thalern ausgeworfen, daran ihm an die quota der Türkensteur von dem Fürsten- thum Anhalt 7CD0 Rthlr. wären abgeführt worden. Am 2. Mai wird ihm dann die Resolution des Kurfürsten in dieser Angelegenheit zugestellt, in welcher der Erwerb der den Grafen von Tattenbach gehörigen Grafschaft Regenstein und eine höhere Geldentschädigung gefordert wird^). Goess findet diese Forderungen nicht übertrieben und hofft überdies bezüglich der Geldeutschädiguug noch eine Ermässigung der Summe zu erreichen. Er räth entschieden diese Angelegen-

0 Louise Henriette.

-) Der nachmalige erste König.

3) Durch das Testament von 1664; vergl. Droysen 1. c. IH-s 813, l\.\ 133.

*) Wittgenstein.

^) Vergl. ürk. u. Act. IL 233 ff. ; Puf. 1. c. IX. 34—36.

'') Nicht mehr erhalten.

14*

212 IV. Erste Mission des Freilienn Joliann von Goess. Jan. inO.j— Mai 1068.

heit im Intere.s.se der allgemeinen Lage zu ordnen, weist auf die grossen Aner- bietniigen hin, welche dem Kurfürsten von der gegnerisehen Seite gemacht wurden und fügt hinzu; der Churfürst macht .son.sten Profession von Ge- nerositet und ist eines fürstlich hohen Gemiiths; man hat zu glauben, dass, wann man generosamente mit ilim procedirn wird, er werd's wissen zu aestimirn, zu erkennen und mit gleicher Generositet widerum zu vergelten.

In einem separaten Schreiben vom selben Datum gibt Goess weiteren Auf- schluss über des russischen Gesandten Peter Marseiis ') Aufenthalt in Berlin, und über dessen Ansichten bezüglich der bei den russisch-polnischen Verhandlungen durchzuführenden Mediation, welche dem Kaiser und den Königen von England und Dänemark angetragen werden soll.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Mai 1665. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über den Zweck der Partioularallianz Hrauden- burgs mit Schweden. Christian Ernst von Baireuth. Religionsedict.]

18. Mai. Als ich Schwerin gefragt, was den Kurfürsten zum Abschlüsse einer

Particularallianz vermöge, und ob sie vermeinen nicht besser durch den münsterischen und olivischen Frieden, als durch sothane particulares tractatiis gesichert zu sein, hat er (Schwerin) geantwort, dass er diese Tractaten nie approbirt. Wann sie Hülf würden von ISöten haben, würde ihnen die Schwedische, mit welcher man wüsste was es vor eine Bewantnus hätte, uit anstehen; dasjenige motivum, so die suaden- tes hierzu gehabt, wäre gewesen, dass Schweden hierdurch insoweit mögte abgehalten werden wider I. Ch. D. etwas vorzunehmen, weilen sie auch ratione huius foederis vielmehr schuldig deroselben zu assistirn.

Der Markgraf von Baireuth ist hier ''^), er soll vom Kurfürsten Beförderung seiner Aufnahme in die rheinische Allianz. Ausgleichung seiner Streitigkeiten mit

') Er schreibt: Marseiis ist ein Brabanter und von dort wegen der Religion ausgewandert. Seinen Bruder, Coelium Marseiis, der vor kurzem gestorben, habe er Goess gut gekannt, derselbe habe dem Könige von Dänemark im letzten Kriege grosse Summen zur Verfügung gestellt; ein anderer Bruder, Gabriel Marseiis, sei einer der reichsten Kaufleute in Holland und habe sich bei Haarlera ein Schloss gebaut, das sehr berühmt sei. Peter Marseiis sei schon Jahre in Moscau, daselbst sehr begütert, besitze ein grosses Eisenbergwerk. Von König Christian wurde er für die Verdienste, die er sich als Vermittler der lleirath des dänischen Königsohnes Wal- demar mit des Czaren Tochter erworben, in denAdelstand erhoben.

"-) Christian Ernst. Vergl. Urk. u. Act. XI. 442 f., 44G, 453.

Religionsediut. pjueueninu- dei- Allianz von Ifi.')S. 213

Baiern und Begleichung einer von seinen Vorfahren ihm ülierkommcnen For- derung von 30 000 Thalern fordern.

Uebersendet das vom Kurfürsten erlassene Religionsedict, das in lutheri- schen Kreisen viel Unwillen erregt ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Mai 1665. (Or.)

[Religionsedict. Gesandtschaft Johann Friedrichs von Braunschweig.]

Uebersendet eine neue Declaration, durch welche der Kurfürst sein Vor- 25. Mai. gehen in der Religionsangelegenheit zu rechtfertigen sucht'). Freiherr von Eltz''), der Gesandte Herzogs Johann Friedrich zu Braunschweig, ist hier; wie Goess vernimmt, soll der Braunschweiger die Mediation des Kurfürsten anneh- men^).

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 29. Mai 1665. (Conc.)

[Bereitwilligkeit des Kaisers die Jügerndorfer Angelegenheit zu ordnen. Erneuerung und Erweiterung des Bündnisses von 1658. Ankunft des moskowitischen Gesandten.]

Die Berichte von verschiedenen Daten empfangen. Anerkennung seiner 'Id. Mai. Thätigkeit. Der Kaiser ist bereit die jägerndorfische Sache zu erledigen, wird sogleich mit dem Grafen Tattenbach wegen Regenstein verhandeln lassen; so bald dieser Punkt entschieden, würden die anderen vorgenommen werden. Wollen aber nicht gern, dass hievon vor der Zeit denen Grafen von Tattenbach etwas kund gemacht werden sollte. Und da was des Kaisers Vorfahren versprochen, mehr als Bezeigung guter Gesinnung als Anerkennung einer Verpflichtung aufznfasseu sei, so wollen wir verhoffen, S. L. (ob sie zwar dieser Zeit eines andern sich vernehmen lassen), solches wohl er- kennen und um so viel mehr Ursach haben werden, nicht allein in dem bishero mit uns und unserem Haus hergebrachten guten Vernehmen und Zusammensetzung beständig zu verharren, sondern solches um so viel mehr zu bestettigen und zu vermehren, je gefährlichere consilia und motus sich fast aller Orten vermerken lassen und herfiir thun wollen. Hättest derowegeu jetzt bei Zeiten dextre ein Anwurf zu thun, ob S. L. nicht etwan für gut befinden möchten, nicht allein die bereits im Jahr

^) Vergl. Diariutü Europaeum XII. 453ff.; Landwehr: Die kirchlichen Zustände der Mark unter dem grossen Kurfürsten; Forsch, zur brand.-preiiss. Gesch. I. 207 ff.

^) Declaration, aus was Ursachen im Churfürstlichen geistlichen Consistorio all- hier zween Prediger der Berlinischen Kirchen zu St. Nicolai am vergangenen 28. Aprilis dieses 1665 Jahres ihres Dienstes erlassen worden, 4. Mai 1665. Gedruckt u. a. im Diarium Europaeum XII. 523 If.

^) Friedrich Casimir von Eitz.

*) Vergl. Urk. u. Act. XI. 5T5f.; Kücher 1. c. I. 415f.

214 '^'- Erste Mission des Freiherrn Joiianu von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

1658 mit derselben geschlossene Bündnis zu erneuern, sondern auch noch weiter zu extendiren.

Der moskowitische Gesandte ') ist hier schon eingetroffen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Juni 1665. (Or.)

[Verhandlungen des Kurfürsten und seiner Räthe mit Eltz. Des Goess Vermittelung'.]

1. Juni. Verhandlungen des Kurfürsten und seiner Räthe mit Freiherrn von Eltz'-).

Goess sucht den kurfürstlichen Käthen klar zu machen, dass eine gütliche Bei- legung des Zwistes unter den Weifen im Interesse der deutschen Sache unbe- dingt nothwendig sei. Was des Palbitzki ^) Negociation in Warschau bezwecke, hat bisher nicht erforscht werden können.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Juni 1665. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die Lage des Reiches und über

den Rheinbund. Erklärungen des Kurfürsten. Geneigtheit desselben und Schwerins

mit dem Kaiser ein Bündnis zu schliessen. Pfälzische Angelegenheit.]

12. Juni. Befehl vom 29. Mai erhalten. Die jägerndorfische Sache wird er, wie be-

fohlen, vornehmen. Gelegenheit mit dem Kurfürsten über Erneuerung und Er- Aveiterang des Bündnisses von 1658 zu reden, ergab sich als der Kurfürst mit Empfindlichkeit dasienige, was Churmainz und Andere wider Chur- heidelberg vornehmen, geandet*), auch die Sach dahin ausdeuten wollen, als wann E. K. M. hierin etwas an dem, was dero kay. Amt erforderet, versäumeten und dass ein jeder nun im römischen Reich thäte, was ihm einfiele. Darauf ich replicirt, dass nit E. K. M., sondern diejenige dran schuldig, welche mit ihren Allianzen und Bündnussen denen Fremden alle Authorität im Reich zugespielt, E^ K. M. entzogen, das Reich in partes getrennt und in den statum gesetzt, darüber sie sich nun be- klagen wollten. Diese meine Replica, obzwar ich mich derselben auch in anderen Occasionen zuweilen bedient, ist diesmal sehr uuvermuth vorkommen und haben I. Ch. D. änderst nicht darauf zu antworten ge- habt, als dass eben darum dahin zu sehen, dass diese Allianz abgethan und zu nichten gemacht würde; und zwar, dass dasselbe füglicher nit

^) Marseiis.

■•0 ürk. u. Act XI. .576; Köcher 1. c. I. 415f.

"') Matthias Palbitzki, schwedischer Diplomat: vergl. über ihn Urk. u. Act. IX. 762 u. Anm.

■*) Mainz war in pfälzisches Gebiet eingerückt; vergl. Urk. u. Act. XI. 591 f.

Erneuerung der Allianz von 1658. Marseiis. 215

geschehen könnte, als wann K. M. selber mit darein träten. Nachdem sich nun der Discurs dahin gezogen, dass die ietzige gefährliche Coniunc- turn und was man darbei zu besorgen in Consideration kommen, habe ich dem Churfürsten insinuirt, dass sowohl E. K. M., als S. Ch. D. sich wohl in Acht zu nehmen und um so viel mehr auf ihre Conservation zu gedenken, ehe gefährlichere consilia und machinationes sich an mehr Orten vermerken Hessen und dass derowegen gut und erspriesslich sein möchte, dass die vorhin mit E. K. M. aufgerichte Bündnus erneueret wür- den. Ich hab änderst nit verspüren können, als dass der Churfiirst hierzu nit ungeneigt. Er hat gemeldt, E. K. M. wären sein höchstes Ober- haupt und könnte ihm niemand verdenken, dass er sich mit deroselben verbinde; es würde aber gut sein, wann man Chur Bayern auch in der Bündnus mit einzöge.

Dieselbe gute Intention fand Goess bei Schwerin. Die Hoffnung, dass die Weifen sich friedlich einigen, ist grösser als vorher'). Der Brandenburger hat an den Mainzer geschrieben, er hoffe Mainz werde die Differenzen mit Pfalz gütlich oder gerichtlich ausgleichen, wann sie gedenken sollten via armo- rum fortzufahren, er ratione der nahen Anverwandtschaft und habender Bündnus mit Churp falz, demselben assistirn würde").

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 17. Juni 1665. (Conc.)

[ilarselis. Nachrichten aus Polen.]

Aus des Kaisers Schreiben vom 10. dieses'') wird Goess vernommen haben, 17. Juni, was Marselis vorgebracht. . Am 17. hat er AVien sehr zufrieden verlassen, geht nach Dänemark. Mayern schreibt aus Warschau unter dem 2. dieses über die moskowitisch-polnischen Verhandlungen, über Palbitzki's Mission daselbst und dass Schweden dieser Zeit mit Frankreich einiges anders foedus nicht habe, als der guarantiae pacis*). Umsoviel mehr verlangen wir gründ- lich zu wässen, ob und was dann des Churfürsten zu Brandenburg L. für

^) Vergl. ürk. und Act. XL 577 ff.; Köcher 1. c. I. 417ff.

2) Gemeint ist das Schreiben vom l./ll. Juni 1665; Urk. u. Act. XI. 600; vergl. daselbst 599 Anm. 2 auch das Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser in dieser Angelegenheit.

^) Nicht erhalten.

*) Ueber die französisch -schwedischen Beziehungen dieser Zeit; vergl. die In- structionen für Terlon und Pomponne im Recueil des Instructions II. 55 ff. und Ein- leitung LV.ff., sowie die von Mavidal 1861 herausgegebenen Memoires de Pomponne II. 131 ff; Carlson I.e. IV. 479 ff i

216 IV. Eihte Mission des Fieiherrn Johann von (ioess. Jan. 16(j.') Jlai 16(i8.

ein neues foediis mit Frankreich oder auch mit Schweden habe, oder noch zu schliessen in Willens sei').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. Juni 1665. (Or.)

[Verhandlungen des Kurfürsten mit dem Syndicus der Stadt Bremen. Mittheilungen

der Prinzessin Elisabeth über Pläne am französischen Hofe. Verhandlungen der

Stände. Holländisch-englischer Seekampf. Anhalt.]

22. Juni. Der Syndicus der Stadt Bremen-) war hier. Schriftlich wurde nichts fest» gesetzt, doch hat der Kurfürst mündlich das Versprechen gegeben, die Stadt, wenn sie von den SchAveden bedroht werden sollte, nicht im Stiche zn lassen. Die Prinzessin Elisabeth^) ist den 16 dieses von hier nach Herford in Westphalen abgereist. Als ich von ihr Abschied genommen, hat sie mir in Confidenz ihrer Frau Schwester*) (die eine Nonn ist in Frankreich) Schreiben gelesen, darin enthalten, dass man zu Paris gedacht hätte, ihre Bas, der Herzogin von Anguien^) Schwester*^), im Stift Thorn zu thun. Man habe aber die Meinung verändert, weilen man vernommen, dass man daraus heirathen könne; dann weder diese, welche die Eltiste ist, noch die dritte^) wolle man heirathen lassen, damit sie gedachter Herzogin von Anguien kein Eintrag in der Praetension zu der Krön Polen thun**) Es ist ein Ausschuss der märkischen Landstände hie beisam- men: diese beide Stadt Cöln ander Spree und Berlin begehren an sie, dass sie concurrirn sollen zu den Servizen und Einquartirungen der Guarnison; warzu sie sich keineswegs verstehen wollen^).

In dem grossen Seekampfe zwischen England nnd Holland soll letzteres

') Mit Frankreich hatte Friedrich Wilhelm am 6. März 1664 das Defensivbündnis von 1G56 erneuert; am 25. Mai erklärte er seinen Beitritt zur rheinischen Allianz. Vergl. Urk. u. Act. II. 283 ff. Mit Schweden wurde das Bündnis erst am 27. März 1666 geschlossen. Vergl. Urk. u. Act. IX. 802f.

2) Eden.

"') Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, seit 1667 Aebtissin von Herford; über ihren Aufenthalt in Berlin vergl. den Brief der Herzogin Sophie bei Bodemann; Briefwechsel der Herzogin Sophie mit Karl Ludwig, 88.

■*) Louise Hollandine, Aebtissin von Maubisson in Frankreich.

'") Anna Henriette, seit 1663 vermählt mit Heinrich Julius von Conde.

'') Louise Marie, 1679 vermählt mit Karl Theodor, Fürst von Salm.

'') Benedicta Henriette, 1668 vermählt mit Johann Friedrich, Herzog von Lüne- burg zu Hannover.

**) Marie Louise suchte die Sucessiou ihrer Nichte Anna Henriette zu sichern.

») Vergl. Urk. u. Act. X. 477 ff.; Drovsen 1. c. III.;, 284 ff.

Frankreichs Pläne. Keielisangelegenlieiten. 217

den kürzeren gezogen haben. Opdam ist mit seinem Schiffe in die Luft ge- flogen'). — Der Fürst von Anhalt l)etheaert seine Devotion gegen den Kaiser'-).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. Juli 1665. (Gr.)

[Stand der brandenburg-schwedischen Verhandlungen. Vertrag Brandenburgs mit

Frankreich.]

Befehl vom 17. Juni empfangen. Das Bündnis Brandenburgs mit Schweden ■!• Jidi. ist seitdem Goess über den Stand berichtet, nicht weiter geführt worden ■'■); das Bündnis Frankreichs mit Brandenburg betreffend, habe ich supponirt, dass es E. K. M. schon vorhin haben, weilen mich der Baron von Schwerin versicheret, dass sie es dem del'Isola gegeben. Uebrigens wird Goess trachten den Vertrag zu erhalten^).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 9. Juli 1665. (Coric.)

[Reichsangelegenheiten. Protest des Kaisers gegen die von verschiedenen Fürsten ge- wünschten Aenderungen in der Wahlcapitulatiou.]

Auf des Kaisers an den Kurfürsten gerichtetes Schreiben vom 19. Nov. 1664, 9- Jidi. occasione der von denen fürstlichen weltlichen Stiinden zusammenge- tragener monitorum ad capitulationem perpetuam^), dass in berührten monitis solche Zusatz enthalten, die nicht allein der kais. Authorität im Reich verkleinerlich, sondern auch unsers Erzhauses hergebrachten Koch- ten und privilegils nachtheilig und dem articulo YIIP instrumenti pacis zuwider wären, mit Ersuchen, die ihrige dahin zu instruiren, dass sie die Interessen des Kaisers vertreten, hat der Kurfürst sub 21 geantwortet und dem Kaiser anheim gestellt, dasienige was er dem Erzhause an vorberürten seinen juribus praeiudicirlich zu sein erachte, etwas näher zu erläutern. Da nun bereits der 3. Punkt der Capitulation*^) in Regensburg berathen worden.

') Vergl. Lefevre-Pontalis: Vingt annees de republique parlamentaire au XVII siecle, Jean de Witt I. 345 f. Droysen 1. c. III. 3 111.

-) Goess übersendet zugleich ein in diesem devoten Tone gehaUenes Schreiljen des Fürsten von Anhalt d. d. Berlin l./ll. Juli dem Kaiser. (Aut.)

=*) Vergl. ürk. u. Act. IX. 803.

^) Vergl. Mörner 1. c. 258; Puf. 1. c. IX. 60.

■') Vergl. über die Verhandlungen in dieser Angelegenheit und über die zwischen den kurfürstlichen und fürstlichen Käthen, wie auch über die zwischen den weltlichen und geistlichen Fürsten herrschenden Differenzen; Urk. u. Act. XI. 155 f.; Gemeiner I.e. II. 36 ff.

^) Betrifft die Privilegien der Kurfürsten; vergl. für diese Verhandlungen Ge- meiner 1. c. II. 51 ff.

218 IV. Erste Mission des Freilierin Johann von Goess. Jan. 1G65 Mai 16G8.

der 16. ') und 18. -) das Interesse des Erzhauses merklich berühren, so will der Kaiser dem Kurfürsten in dieser Angelegenheit nähere Mittheilung machen. Es betritft dies vornehmlich zwei Puncte. I. Der Kaiser soll das Hofgericht zu Rothweil sammt anderen Landgerichten in Schwaben abrogiren^), (das moni- tum der weltlichen Fürsten zu Artikel 18). II. Die Fürsten fordern, dass die im kurfürstlichen Projecte nach den Worten: Der röm. Kaiser soll und will auch einigen Reichsstand, folgenden Worte, der die Exemption von der Reichsjurisdiction entweder durch Verträge mit dem Reich oder durch rechtmässige Titul von römischen Kaisern vorhin nit erlangt noch in deren Besitz erfunden wird, ausgelassen und dieser Passus nach ihrer der fürstlichen weltlichen Meinung also lauten solle: Der römische Kaiser soll und will auch einigen Reichsstand von des Reichs höchsten Gericht sich zu eximiren und auszuziehen inskünftig nit gestatten. Goess erhält Be- fehl dem Kurfürsten mitzutheilen, der Kaiser habe seinen Gesandten ■*) in Regens- burg Befehl ertheilt, dass wann man sich an Seiten der fürstlichen Stände eines widrigen conclusi unterfangen wollte, sie wider solchen sine causae cognitione et nulle competenti iudicio und dahero als null und nichtig ergangenen Schluss expresse protestiren. Der Kurfürst möge seine Gesandten^) in eben diesem Sinne instruiren.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 11. Juli

St. V. 1665. (Or.)

[Wahlcapitulation betreffend.]

11. Juli. Aus des Kaisers Schreiben vom 9. Juli*^) und aus des Goess mündlichen Er-

klärungen hat der Kurfürst des Kaisers Begehren in der Frage des Artikels III der Wahlcapitulation ersehen. Wie er sich erinnert, hat er dem Versprechen in seinem Schreiben vom 21. Nov. 1664 entsprechend, damals seine Gesandten dahin instruirt, dass E^ K. M. desideria sie nach ihrem besten Vermögen befördern helfen und ihres Orts abvvendeu sollten, damit nichts zu E. K.

■) Kriegsvölker sollen nicht aus dem Reich geführt werden; Art der Wer- bung.

-) Wie es mit den Processen und kaiserlichen Hofgerichten zu halten.

3) Vergl. § 18 der Capitulation; Theatrum Europ. VIII. 444.

•*) Kaiserlicher Principalcommissarius war Erzbischof Guidobald von Salzburg (Graf V. Thun), neben ihm wirkten der Reichshofrathsvicepräsident Graf von Wolken- stein und Reichshofrath Crane (der bald nach Eröffnung des Reichstages starb) als Commissäre. Die Oesterreichische Gesandtschaft bestand aus dem Grafen von Weissen- wolf, Volmar, Scherer, Hocher. Diar. Europ. VIII. 567.

'■•) Gottfried von Jena und Gurt Asche v. Mahreüholtz.

^) Ist nicht erhalten.

AVahlcapitulation. Odercanal. Charaeteristik Fr. Wilh. 219

oder dero hohen Hauses Praejudiz in die Capitulation hineingebracht werde. Auf das neue und detaillirtere Begehren des Kaisers habe er nun ent- sprechende Befehle den Gesandten in Regensburg zukommen lassen').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Juli 1665. (Or.)

[Odercanal. Festung Peitz. Fürsorge des Kurfürsten für das Militär. Dessen guter Zustand. Charaeteristik des Kurfürsten.]

War mit dem Kurfürsten am Lande. Den Canal, den der Churfürst 13. Juli, von der Spree in die Odera führen lässt, hab ich gesehen; wir seind fast auf 2 Meilen darauf gefahren und ist derselbe so weit gebracht, dass nun an völliger Verfertigung desselben und zwar inner wenig Monat nit gezweiflet wird. Es ist ein schönes Werk und seind sonderlich die Schleussen durch ein Holländer sehr wohl gemacht. . . .

Ich habe die Festung Peitz ") auch gesehen ; ist klein und eng, aber wohl von allem versehen und wird sehr fleissig unterhalten , auch immerzu gebessert; und finde ich überall, dass I. Ch. D. diesfalls der Türken Maxime führen und vor allem ihre Miliz und was die militaria concernirt, wohl bezahlter und bestellter haben wollen. Die Soldatesca hat ein grosses beneficium durch die Arbeit, welche der Churfürst an dem Graben und andere Fortificationen durch dieselbe verrichten lässt, dann über ihren richtigen Sold werden sie weniger nit als die fremde Arbeitsleut um ihre Arbeit belohnet. Sie seind frisch und gesund, dar- bei wohl bekleidt und sonsten mit ihren Notdurften versehen. I. Ch. 1). vor ihre Person seind sehr unmüssig und arbeitsam, schlafen wenig Stunden und seind in aller Früh auf; sie haben mehr Lust mit den Bürsten^), darbei sie sich trefflich bemühen, als mit dem gesperrten Jagen. Ich hab observirt, dass sie von allen ihren Aifairen gute und exacte Wissenschaft haben; dann fast nichts vorkommt, davon sie vor- hin nit Information haben.

') In dem beiliegenden Befehle vom 11. Juli gibt der Kurfürst seinen Gesandten Befehl, in der Rotbweii- und der anderen schwäbischen Gerichte-Frage sich ganz auf die Seite des Kaisers zu stellen.

-) A ^ Beizen.

3) = A.

220 '^- I'-rste Mission des Freihenn Johann von Goess. Jan. IGCiö Mai IfißS.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 20. Juli 166.5, (Conc.)

[Reichsangelegenlieiten.]

.'0. Juli. Die Meldungen aus Regensburg über die von den weltlichen Fürsten bei

Berathung über Artikel 3 der capitulatio perpetua geforderten Reservationen und über ihr Benehmen im allgemeinen lassen erkennen, dass mit dem weltlichen fürstlichen Stande diesmal kaum in dieser Frage der Capitulation eine Einigung wird herzustellen sein. Der Kaiser glaubt nun , dass es das zweckmässigste sein dürfte diese Angelegenheit fallen zu lassen und bezüglich der übrigen, wo keine Collision zu befürchten, zu einem Reichsschlusse zu ge- langen. Der Kurfürst möge seine Ansicht darüber äussern.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. Juli 1665. (Or.)

[Haltung des Kurfürsten und Schwerins in der Frae^e der Erneuerung der Allianz von 1658. Rüstungen des Bischofes von Münster. Schwerin warnt vor den geistlichen Fürsten. Nachricht vom Siege der Portugiesen über die Spanier. Reichsangelegen- heiten.]

22. Juli. Uebersendet das Project des schwedisch-brandenburgischeu und eine Abschrift

des französisch-brandenburgischen Bündnisses. Auf einige Andeutungen des Goess bezüglich der Erneuerung der Allianz von 1658 geben der Kurfürst und Schwerin nur allgemeine Antworten. Die Rüstungen des Bischofs von Münster erregen hier Befürchtungen '). Schwerin sagt dem Goess gelegentlich , er möchte doch den Kaiser erinnern, auf die geistlichen Fürsten gut zu achten, die min aller Orten das Reich in Unruhe setzen. Aus Paris und Lon- don wird gemeldet, dass die spanische Armee von der Portugiesischen besiegt worden sei-).

Vom selben Tage ist ein anderer Bericht des Goess datirt über die Regens- burger Angelegenheit, bezüglich derer der Kurfürst und seine Minister sich ganz im Sinne des Kaisers entscheiden. Der Kurfürst lässt den Befehl an seine Ver- treter ergehen, in den beiden Punkten der Artikel 16 und 18 den Wünschen des Kaisers zu entsprechen^).

') üeber den Krieg des Bischofes Christoph Bernhard von Galen gegen die Re- publik der Vereinigten Niederlande; Droysen 1. c. III. 3 75ff. ; Pufendorf 1. c. X. 9 ff. Tücking, Geschichte des Stifts Münster unter Christof Bernard von Galen 114if. Urk. u. Act. XI. 615fF.

-) Gemeint ist der Sieg der Portugiesen bei Villa Vitiosa. Theatr. Europaeum IX. 79 f.

3) Vergl. p. 219.

Reichsana:eleo-enlieiten. Münsteier Fra^e. 221

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Aug. 1665. (Or.)

[Stand des braunschweig-liinebuiffischen Erbfolfjestreites. Abneigung- Johann Frie-

diiclis gegen die Einmischung PVankreichs. Eindruck der Rüstungen des l^ischofes

von Münster auf den Berliner Hof. Reichsangelegenheiten.]

Die Tractaten zwischen den Weifen stehen in besseren terminis. Herzog ä. Aug. Johann Friedrich soll die Einmischung Frankreichs nicht gern gesehen und um dieselbe zu verhindern an Courtin'), Frankreichs Gesandten in Dänemark, ge- schrieben haben, er möge de Lumbres von der Reise abmahnen, da die Ver- träge bereits soweit gediehen, dass seine Einmischung überflüssig sei"-'). Die Rüstungen des Münsterer Bischofes geben hier immer neuen Anlass zu Klagen und Befürchtungen. Insbesondere der Franzosen Benehmen in diesem Punkte scheint dem Kurfürsten verdächtig und fürchtet er ein heimliches Abkommen zwischen Frankreich und Münster 3). Ja er kommt fast auf die Gedanken, dass die 300 000 Gulden, die der Bischof von Münster allbereit soll empfangen haben, nit von dem König aus Engelland, der selbst des Gelds bedürftig und daran Mangel hat, sonderen von dem von Frankreich herkommen. Goess fürchtet nur, der Kurfürst könnte in dem Glauben bestärkt werden, es handle sich um eine grosse Einigung der katholischen Mächte gegen die Protestantischen.

In einem eigenen Schreiben vom selben Datum berichtet Goess über seinen Vortrag bezüglich der Regensburger Angelegenheiten im Sinne der Weisung vom 20. Juli und dass der Kurfürst allsogleich zustimmte und seinen Vertretern entsprechende Befehle zusendete für den Uebergang zu anderen Angelegen- heiten zu stimmen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Aug. 1665. (Or.)

[Pfälzisch -brandenburgische Beziehungen. Vorgehen Münsters. Mittheilungeu des Landgrafen Christian von Hessen über die Schätzung Friedrich Wilhelms seitens des

Kaisers.] Der Generalwachtmeister Feibrock*), Gesandter des Fürsten von Pfalz Neu- n. Aug. bürg, hat den Kurfürsten zur Gevatterschaft eingeladen. Der Kurfürst war er- freut und hat seine baldige Anwesenheit in Cleve in Aussicht gestellt und den Wunsch ausgesprochen mit dem Pfälzer in guter Freundschaft zu leben, wozu beiderseits Neigung vorhanden zu sein scheint ■-). Des Münsterers Vor-

') Honoratus Courtin.

-) De Lumbres, Frankreichs Gesandter am polnischen Hofe, damals schon auf der Rückreise von Warschau begriffen, war bereits in Hildesheim angekommen. Vergl. Urk. u. Act. XL 583; Köcher 1. c. L 421.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 625 ff.

^) Vermuthlich identisch mit dem bei Puf. X. 56 genannten Veldburg.

■') Für die Verhandlungen Brandenburgs mit Neuburg in diesen Jahren Urk. u. Act. XL 485 ff.

222 IV. Erste Mission des Freiherrii Joliann von Goess. Jan. IG6,5 Mai 1668.

gehen in seinem Streite mit den Holländern gibt dem Kurfürsten immer wieder Anlass zur Klage. Goess gegenüber bekräftigt Feibrock die Neigung seines Herrn bezüglich der Jülich'schen Streitigkeiten zu einem Ende mit dem Bran- denburger zu kommen. Die Weifen haben sich, wie er berichtet, schon fast gänzlich geeinigt'). Der Landgraf Christian von Hessen war beim Kurfürsten und hat ihm mitgetheilt, wie hoch der Kaiser ihn (den Kurfürsten) schätze und wie gerne er bereit ist, ihm in der jägerndorfischen Angelegenheit zu Willen zu sein.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Aug. 1665. (Or.)

[Conflict zu Höxter. Friedrieb Wilhelms Urtheil über die Münsterer Frage. Reise nach Cleve. Urtheil des Goess über die Pläne des Kurfürsten. Stellung zu den

Staaten. Küstrin.]

24. Aug. Der Kurfürst hat am 18. Blumenthal ^) und Brandt^) zu Goess geschickt

und diese brachten vor, dass in Höxter die Katholiken den Protestanten eine Kirche mit Gewalt weggenommen hätten; der Kaiser möge solche Gewaltthaten untersagen. Goess verspricht die Uehermittelung an den Kaiser, sucht im Uebri- gen die Sache als eine unbedeutende darzustellen; umsomehr da er erfahren, der Kurfürst nehme die Sache sehr ernst, weil er beim Bischöfe von Münster auch im Uebrigen Pläne gegen die Protestanten voraussetze. In einer Unter- redung mit dem Kurfürsten zeigt dieser neuerdings Furcht vor dem Bischöfe von Münster und dass er an eine gütliche Beilegung des Zwistes nicht glaube**). Er hat auch die Reise nach Cleve für den 18. October festgesetzt und erklärt, als Goess ihn auf die im Osten drohende Gefahr aufmerksam macht, die Gefahr im Westen sei grösser und näher. Ich spüre auch, das.s des Churfürsten Absehen nit allein dahin gehe, dass er sich in Acht nehme, seiner eigenen Securitet vorsehe und de damno vitaudo gedenke, sonderen vielleicht auch wohl de lucro captando und dass er sich dieser Con- iuncturn zu seinem Vortheil bedienen wolle. Die Staaten -General forderen eine grosse Summa Gelds an ihm wegen der also genannten Hueifeissischen ^) Schuld, haben auch seine Festungen in dem Land zu Cleveu in Händen; es ist nit zu zweifeln, er werde sich der Gelegenheit bedienen.

Ich habe Cüstrin gesehen. Die Festung ist gut, wohl gehalten, wohl versehen und von treiflicher Situation.

') Vergl. Köcher 1. c. 429 f.

-) Carl Caspar v. Blumenlhal.

^) Christoph von Brandt.

■*) Vergl. seine Meinung in der Conferenz am 7./17. Aug. 1665; Urk. u. Act. IX. 630.

^) Gemeint ist die Hofyser'sche Schuld. Droysen 1. c. HI. 3 98 ff.; Urk. u. Act.

m. 141 ff.

Pläne des Kurfürsten. Polnische Frage. Rüstungen des Bischofes von Münster. 223

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 30. Aug. 1665. (Conc.)

[Lubomirski. Mittel denselben zu unterstützen.]

Lubomirski hat durch Schreiben und Gesandte den Kaiser um Hilfe ge- beten. Da nun der Kaiser die Wahl eines Nachfolgers zu Lebzeiten des jetzigen polnischen Königs nicht will, die Bemühungen der Gegenpartei aber nicht auf- hören und Lubomirski vornehmlich als Verfechter der Idee der Nichtwahl ver- folgt wird, glaubt der Kaiser, man dürfe wirklich Lubomirski nicht hilflos lassen. Da nun der Kaiser die Hilfe selbst dem Lubomirski nicht geben könne, soll Goess den Kurfürsten, der sich ja wiederholt für dieselbe ausgesprochen, zur Leistung derselben zu bewegen suchen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Sept. 1665. (Or.)

[Verhandlungen mit Schwerin wegen Jägerndorf, wegen der Rüstungen des Bischofes

von Münster, der Höxterer Angelegenheit und der Klagen der Bewohner von Tescheu

bezüglich Bedrückungen durch den Kaiser in Religionsangelegenheiten. Reise nach

Cleve. Erklärungen des Goess an Anhalt bezüglich der oberwähnten Punkte.]

Er wird sieb nach Carlsbad zur Cur begeben. Beim Abschied hat ihn 2. Sept. Schwerin über die jägerndorfische Sache iuterpellirt und die lange Verzögerung beklagt. Goess vertröstet ihn und stellt die baldige Erledigung in Aussicht. Ferner berichtet Schwerin wie ungerne der Kurfürst die grossen Rüstungen des Bischofes von Münster sehe, und dass derselbe nicht ruhig diesen Werbungen werde zusehen können. Der Kurfürst habe ihn (Schwerin) beauftragt, Goess zu fragen, wie sich der Kaiser zu dieser Sache stelle. Goess entschuldigt sich mit mangelnder Instruction, fügt aber hinzu, soviel wisse er und müsse jeder sehen, dass der Kaiser alles thue, um die Sache beizulegen, die übrigens nicht die Bedeutung habe, welche ihr vom Kurfürsten zugeschrieben werde. Auch die Höxterer Angelegenheit bringt Schwerin wieder vor und meldet, dass auch Schweden, die Braunschweiger Fürsten und Hessen-Cassel die Sache übel auf- nehmen. Endlich bringt Schwerin vor, dass die Evangelischen in Teschen den Kurfürsten um seine Intervention zu Gunsten der Religionsausübung beim Kaiser angegangen, worauf Goess kurz antwortet, der Kaiser gönne seinen Unterthanen, was das Instrumentum pacis mit sich bringe. . . . Der Kurfürst trifft alle Vor- bereitungen zur Reise nach Cleve.

P. S. Dem Fürsten von Anhalt, der gleichfalls mit Goess über den Bischof von Münster und über die Frage wegen Höxter gesprochen, antwortet er, wie dem Schwerin, und gibt ihm und dem Kurfürsten die Versicherung, dass E. K. M., was anbelangt die disegni der Katholischen wider die Protesti- rende, nicht einmahl dergleichen in Gedanken kommen und dass sie vor diesem höchlig empfunden, als sie vernommen, dass dergleichen Ca- lumnien von einigen übel Intentionirten spargiret worden.

224 JV. Erste Mission des Freilierrn Joiiann von Goess. Jan. IG65 Mai IfiGS.

Der Kaiser im Goess. Dat. Arastetten 13. September 1665.

(Copie.)

[Voiliiufige Entsclieidnug in der Wiidfangstreitfrage. Pläne des Schwedeniiünigs.]

13. Sept. Meldet, wie durch des kaiscrliclien Depntirten Leopnid Wilhelm Graf von

Künigsegg') und des Curt Asche v. Mahrenholtz -) Bemühung der Wildfangstreit zwischen Pfalz und den rheinischen Fürsten dahin geordnet worden sei, dass beschlossen wurde, die Verhandlungen zur gütlichen Beilegung der Angelegenheit in Speier am 8. September zu beginnen ^). Goess wird überdies aufgefordert vom Kurfürsten etwas über die Intentionen des Schwedenkönigs und den Grund von dessen Rüstungen zu erfahren^).

Goess an den Kaiser. Dat. Carlsbad 17. Sept. 1665. (Aut.)

[Unterredung mit Schwerin üljer die Erneuerung der Allianz von 1658. Geringe Neigung des Kurfürsten dazu. Aeusserungen Schwerins über die Macht der Jesuiten

in Wien.]

17. Sept. Goess versuchte vor seiner Abreise aus Berlin, bei einer Unterredung mit

Schwerin, als von den vom Osten her drohenden Gefahren gesprochen wurde, die ^Nützlichkeit der Erneuerung des österreichisch-brandenburgischen Bündnisses zu betonen, bemerkte aber, dass die Stimmung dazu wenig günstig war, vornehmlich, wie er glaubt, wegen der Münsterer Angelegenheit. Ich habe ihm represen- tirt, dass wan er nur unser Interesse considerirn wolte, so würde er dassselbe also gethan befinden, dass dassselbe gar nit leudte, dass E. K. M. bey gegenwertigen coniuncturn sich in einen weitausssehenden Krieg einlassen, oder einflechten solle. Er hat geantwort, er hätte freylich dieses considerirt und dem Churf. ess auch also vorgestelt. Ess mel- deten aber andere herentgegen, man wüste, wie vi! die P. Jesuiter bey deroselben vermögten, die unterliess nit dieselbe zu animirn und zu stimulirn, würffen deroselben auch vor, dass alles dass unglückh, so E. K. M. widerfahre, darumb geschähe, weiln sie sich ihren sinn nach nit eyfferig genug in causa Religionis erzeigeten. So ich zwar an mein orth gnugsam widerlegt, doch auch darbey verspüren müssen, dass die Suspicio, darvon ich E. K. M. vor diesen gescbriben, alls wehre da

^) Yergl. das Schreiben Leopolds an den Kurfürsten d. d. 23. Juni 1665. Urk. u. Act. XI. 601.

-) Ueber dessen Haltung Urk. u. Act. XI. GOl ff.: die vielen Streitschriften im Abdrucke im Diarium Europ. XII. Appendix.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 606 f.

*) Sie waren gegen Bremen gerichtet; vergl. Urk. u. Act. IX. S04f. ; Mem. de Pomp. II. 83 ff.

Erneuerung der Allianz von 1658. Münster-stn,atischer Conflict. Jägerndorf. 225

etxtass grosses vor wider die protestirende und dass mau unserseits ver- meint, dass nun die coniuncturn darzu sehr guett und tiefte vvurtzl muss geworff'en haben.

Ueber Prag, von wo er dem Kaiser unter dem 7. October berichtet, dass er von dem brand. Ratb Reinhardt vernommen, dass Tattenbach nach Berlin ge- schrieben und gebeten habe, von dem Ankaufe Regenstein's absehen zu wollen, und dass Reinhardt zugleich den Ankauf einiger Besitzungen in der Grafschaft Mannsfeld vorgeschlagen, reist Goess nach Leipzig, von wo er das folgende Schreiben an den Kaiser sendet.

Goess an den Kaiser. Dat. Leipzig- 24. October 1665. (Aut.)

[Erklärungen Reiffenbergs über die Erfurter imd Wildfangstreitfrage. Seine Meinung über die vom Kaiser in dem llünster-staatischen Conflicte zu beobachtende Haltung.]

Reiffenberg theilt bezüglich der Erfurter Angelegenheit mit, dass man 94. Oct. Mainzischerseits mehr daran denke, zu tractiren, als zu schliessen. Von den Handien am Rhein meldt der v. Reift'enberg, dass sie werden müssen mit dem degen aussgefiihrt werden; Churpfalz werde sonsten sich nie zur billigkheit bequemen. Er vermeint, E. K. M. solten sich vor Münster declariren, dass Reich, so von den Holländern underschidtlich ledirt und despectirt, auf sich ziehen und wider die Staaden General loss gehen. Alls ich ihme die weitleuff"tigkheit und motus die darauss entstehen möchten vorgehalten, hatt er dieselbe vil weniger alls ich gezeigt zu apprehen- diren, auch vil bessere opinion von den franzosen alls ich zu haben.

Der Kaiser an Goess. Dat. Innsbruck 21. October 1665.

(Conc.)

[Ausgleichung der Jägerndorfer Streitfrage. Erneuerung der Allianz von 1658. Ge- fährliches Benehmen Frankreichs. Vorgänge in Polen. Kleihe's Vorträge in Berlin.]

Der Kaiser bedauert, dass Tattenbach vom Verkaufe seiner Besitzung 21. Oct. Regenstein nichts wissen will; er ist bereit auch bezüglich solcher in Maunsfeld in Unterhandlungen zu treten, Goess möge sich darüber näher informiren. Zu- gleich erhält Goess Auftrag immer wieder die Erneuerung der Allianz von 1658 vorzuschlagen, dem Kurfürsten des breiteren auseinanderzusetzen, wie wenig der Kaiser oder Spanien zu einem Kampfe gegen die Protestirenden ge- neigt seien und wie gefährlich dagegen das Benehmen des Königs von Frank- reich sei. Schliesslich böten auch die aus Polen einlangenden Nachrichten hinreichenden Grund sich zu einigen, um allen drohenden Gefahren vorzu- beugen.

Mater, z. Gesch. cl. G. Kurfürsten. XIV. lO

226 IV. Erste Mission des Freilicrrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Unter dem 3. Nov. d. d. Salzburg theilt dann der Kaiser dem Goess mit, dass der Kurfürst ihm durch ein Sclireiben vom 7. Oct. st. v. über des schwedischen Gesandten Kleihe ') in Berlin gehaltenen Vortrag Mittheilung gemacht^), nicht aber angezeigt habe, was seine des Kurfürsten Ansicht in dieser Angelegen- heit sei. Goess möge den Kurfürsten nun bitten, seine Meinung darüber kund zu thun.

Der Kaiser an Goess. Dat. Strasswalchen im Stifte Salzburg 5. November 1665. (Conc.)

[Der Kaiser hat die Mediation im Conflicte Münsters mit den Staaten angenommen. Bitte um gleiches Vorgehen Brandenburgs. Eventuelle Reise des Goess zum Bischöfe

von Münster.]

2. Nov. Goess soll dem Kurfürsten Mittheilung machen, dass Georg Christian von

Hessen im Namen des Bischofes zu Münster den Kaiser um Unterstützung an- gegangen, und dieser, um die Sache gütlich beizulegen, seine Mediation ver- sprochen und Friquet den Auftrag ertheilt habe im Haag davon Mittheilung zu machen und für die Beförderung der Angelegenheit zu wirken'). Der Kaiser hofft nun Brandenburg werde gleichfalls bei den Staaten für die gütliche Bei- legung wirken und durch seinen Vertreter im Haag*) den kaiserlichen Gesandten Friquet unterstützen und andere Fürsten, insbesondere die Braunschweiger, zu ähnlichem Vorgehen bewegen; dagegen habe sich Goess, wenn der Kurfürst es wünsche, zum Bischöfe von Münster zu begeben „und dieselbe nicht allein zu Annehmung meiner Mediation, sondern benebens auch nachdrücklich anzu- mahnen, damit dieselbe nicht ins stecken gerathe, dass sie sich aller Thätlich- keit enthalten wolle''.

Der Kaiser an Goess. Dat. Eiins 9. Nov. 1665. (Conc.)

[Der Goess Mission beim Bischöfe von Münster.] 9. Nov. Da aus des Gesandten Schreiben zu ersehen, dass auch der Kurfürst von

Brandenburg sehr gerne eine gütliche Beilegung des Gonflictes zwischen Münster

0 Dietrich Schweder Kleihe.

^) Kleihe suchte in Berlin die bevorstehende Ankunft der schwedischen Truppen auf dem Reichsboden dahin zu rechtfertigen, dass dieselben nichts gegen Oesterreich oder Brandenburg vorhätten, sondern nur zur Sicherung der schwedischen Festungen und Länder bestimmt seien. Yergl. Urk. u. Act. XI. 620; IX. 806 ff.

3) Friquet übergab die Proposition am 25. Nov.; die Staaten erwiderten am 27. mit dem Begehren, der Bischof solle vorerst alle occupirten Plätze räumen, dann werde mau verhandeln; doch einigten sie sich in Conferenzen mit Friquet da- hin, 5 Forderungen an Christoph von Galen als Grundlage der Friedensverhandlungen zu stellen. Aitzema I.e. V. 662. Mem. d'Estrades III. 561 ff. Urk. u. Act. III. 169.

*) Matthias Romswinckel; Johann Copes ist Resident des Kurfürsten zu gleicher Zeit. Vergl. für diese Verhandlungen im Haag Urk. u. Act. III. 156 ff.; XI. 655ff.

Mediatioa des Kaisers in dem staatisch-inünsterischeu Coullicte. 227

und den Staaten sehen würde, soll Goess sich zum Bischöfe begeben und ihn bewegen die Waffen, wenn die Gegner ein gleiches thun, niederzulegen; der Winter sei vor der ThÜT, dem Bischöfe würde beschwerlich fallen die Last der Winterquartiere im eigenen Lande allein zu tragen und sie den benachbarten Fürsten aufzuladen nicht gut durchführbar. Goess möge dem Bischöfe ferner vorhalten, in welche Lage er gerathen werde, wenn Frankreich und die Staaten, wie nicht anders zu erwarten, die Sache ernstlich in die Hand nehmen sollten; ganz abgesehen davon, dass der Kaiser, wenn ihm von Münster die Mediation über- tragen werde, ganz anders für dasselbe eintreten könne, als sonst. Nach vollen- deter Mission am Hofe des Bischofes zu Münster soll Goess sich wieder zum Kurfürsten von Brandenburg begeben.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 18. November 1665. (Or.)

[Besprechungen mit den Braunschweiger Fürsten. Nachricht von einem Siege der ilünsterer Truppen über die der Staaten. Haltung Brandenburgs in dieser Frage. Verhandlungen Taaffe's mit dem Kurfürsten. Rüstungen des Letzteren. P. S. Mlt- theiluugen des Moritz von Nassau über Verhältnisse in der Armee des Münsterers. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die zur Wahrung des Reichsfriedens

nothwendigen Massregeln.]

Auf der Reise nimmt er die Gelegenheit wahr, die braunschweigischen 18. Nov. Fürsten zur Ruhe zu ermahnen. Nachrichten sind eingelangt, nach denen des Bischofs von Münster Truppen die Soldaten der Staaten zurückgeworfen haben ^).

Der Kurfürst von Brandenburg beharrt noch immer dabei, dass er gerne ein Accommodement vermitteln möchte. Der Herr Bischof von Münster hat den zu ihm geschickten von Schöneckh^) mit dieser Resolution zurück- geschickt, dass er des Churfürsten Interposition gern leiden werd, doch sich darbei erklärt, sich in den Tractaten von Engelland nit zu separirn, welches das Werk schwer scheint zu machen ^). Ich habe diese Zeit hero auf der Reis meine Discurs dahin gericht, dass I. Ch. D. nihil gloriosius nee utilius vornehmen könnten, als wann sie die partes eines mediatoris hierin vertreten thäten und dass ich festiglich glaubete, dass E. K. M. ihres Orts hierzu treulig cooperirn würden.

Graf Taaffe*) hat Auftrag von seinem Herrn dem Kurfürsten eine Allianz anzutragen und wenn diese nicht zu erreichen, w'enigstens dessen Neutralität

1) Vergl. Droysen I. c. III. 3 116 f.

^) Gemeint ist Hans Adam von Schöuing; vergl. für dessen Mission Urk. und Act. XL 652 ff.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 659.

*) Ueber die Mission dieses Grafen Taaffe von Carlingford, sowie die. des Sir Walter Vane in dieser Zeit; vergl. Urk. u. Act. XI. 654ff. , 675 ff. ; Köcher 1. c. I. 444; Puf. 1. c. X. 15.

15*

228 IV. Erste Slission des Freiherin Johann von Goess. Jan. 166.5 Mai 16G8.

zu erwirken; mit Erklärung, dass des Churfiirsten Mediation dem König in Engelland würde lieb und angenehm sein. Der Churfiirst hat .sich gegen ihm erklärt, dass er dem König noch seinen Confoederirten nicht begehrte zuwider zu thueu, im Uebrigen sich gern bearbeiten werde ein gutes Accommodament der schwebenden Differenzien zu vermittelen. . . . Man vermut dahier, dass die Engelländer ebensowohl als die Holländer des Friedens hoch von nöten haben und denselben verlangen. . . . Dieser Churfiirst fährt auch fort mit seinen Werbungen und gedenkt gar nicht sich inermem finden zu lassen bei diesen so grossen motibus, so sich aller Orten herfür thuen.

P. S. Aut, Fürst Moriz von Nassau schreibt an den Churfürsten, dass er vernehme, dass Hertzog Wilhelm zu ßraunschweig solle general über die gantze holländische Armada werden, welches er sicherlich ver- lange zu wissen, damit er seine mesures darnach nehmen khönne; so dahin scheint zu gehen, dass er in illum casum resignirn wolle. Er schreibt auch, dass dess bischoffs v. Münster völckher sehr an Hunger und pest leiden, dass auch Fendrich und Leutenants zu den Hollandern hinüberlauffen '). Ich bin unterschidtliche mahl mit dem Churfürsten in discours gerathen, wie der Sachen zu thun sein möchte, damit fridt und ruhe im Rom. Reich erhalten und bey disen motibus dem Reich nichts entzogen werde. Darzu gehörete eine Zusamensetzung der guten Pa- trioten die ihr Vatterlandt denen frembden nit wollen sehen zum raub werden. Ich finde diesen Churfürsten wohl darzu inclinirt und möchte wohl und guet sein, dass mit nachdruckh darvon gehandelt würd.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 24. November 1665. (Or.)

[Lubomirski. Nachrichten über seine Erfolge und Haltung. Fruchtlose Versuche einer Erneuerung der 'Allianz von 1658. Furcht der Protestanten vor katholischen Be- wegungen. Verschiebung der Reise nach Cleve. Unterredung mit dem Kurfürsten bezüglich seiner Stellung in der Münsterer Frage. Bemühungen des Goess ihn vom Ab- schlüsse mit den Staaten abzuhalten.]

24. Nov. Den Befehl des Kaisers bezüglich Unterstützung Lubomirski's durch den

Kurfürsten hat er noch nicht ausgeführt, da im Laufe der Zeit von Polen die Nachricht von Kämpfen des Königs mit Lubomirski und von des letzteren vollstän- digen Sieg eingetroffen. Von Niemeritz sind auch Mittheilungen vorhanden, welche der Meinung Ausdruck geben, j: Lubomirski habe sich seiner Fortun und der Occasionen nicht gnugsam zu gebrauchen gewusst und habe ihm

0 Vergl. Köcher 1. c. L 450 ff.

Münsterer Frage Erneuerung der Allianz von 1658. 229

an guter Resolution gefehlt ;!. Die Erneuerung der Allianz von 1658 anzu- tragen unterlässt Goess nicht; bisher aber ohne Erfolg. Die Besorgnisse des Kurfürsten betreffs einer allgemeinen Einigung der Katholiken gegen die Pro- testanten lassen nach. Diese Angst hat die Generalstaaten vermocht die Jesuiten aus Emmerich zu vertreiben^); Goess hat sich derselben angenommen und auch des Kurfürsten Intervention zu Gunsten derselben erwirkt.

Die Reise zum Bischöfe von Münster glaubt Goess noch etwas verschieben zu müssen, da man sich sehr bemühe, den Kurfürsten zu einem Bündnisse mit den Staaten gegen Münster zu gewinnen ■), was Goess durch verschiedene Unter- liandlungen zu hintertreiben sucht. Auch hat der Kurfürst anfangs auf die Er- klärung des Goess, der Kaiser wolle die Mediation in die Hand nehmen und bitte den Kurfürsten seinem Vertreter im Haag zur Unterstützung Friquets die nöthigen Weisungen zukommen zu lassen, seine Bereitwilligkeit dazu erklärt, später aber diese Resolution nicht zur Ausführung gebracht mit dem Vor- wand, dass I. Ch. D. besorgeten, es möchte E''. K. M. Mediation nit an- genommen werden, welches dann sehi- disreputirlich sein würde; darwider ich replicirt, dass res nit mehr integra, ich hätte E"". K. M. des Chur- fürsten willfährige Erklärung allbereit überschrieben, so wäre man auch nit mehr in questione au, dann E. K. M. hätten dero Interposition schon wirklich angetragen; 3°. hätte ich gewissen Nachricht, dass die Staaten General geneigt sein, unter E"". K. M. Mediation zu tractiren; 4°. was E. K. M. daran verlieren würden, wann dero friedliebende Intention der ganzen Welt kund gemacht und dieselbe nit angenommen würde?, und was dergleichen rationes mehr seiu, in specie, dass Frankreich durch die Parteilichkeit nunmehr der Mediation unfähig ist. Diese Difficultet, meines Erachtens, ist von denen gemacht worden, die vorgesehen haben, dass bei angenommener Mediation der Churfürst ebensowohl als E. K. M. dieselbe vorschützen möchte, warum er sich zu keiner Partei declariren könnte. Die Sach steht noch in diesen terminis, mich hat doch gestern gedünkt, dass mein angewendter Fleiss etwas profitirt, und habe ich den Fürsten von Anhalt und den Baron von Schwerin wohl disponirt ge- funden, dahin zu cooperiren, damit E"". K. M. gnädigste Intention secun- dirt werde, massen sie sich sonsten in allem also bezeigen, dass sie sich gewiss E^ K. M. kais. Gnaden wohl würdig machen.

Ich vermerke, dass die Widerwärtige sich unter andern dieses Arguments gebrauchen, dass der Churfürst nothwendig armiren müsse, wie er dann wirklich in Werbungen begriffen, dass aber die darzu erfor- derte Geldmitteln aufzubringen schwer falle, warum dann der Churfürst

^) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 121.

2) Ueber diese Verhandlungen vergl. ürk. u. Act. XI. 625 ff., III. 151 ff.

230 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jau. 1G65 Mai 1668.

diejenige, die ihm angetragen werden, nit annehmen und sich alienis expensi.s in guter Postur setzen solle? Dieses und dass ich vernommen, dass man die Verzögerung wegen der Satisfaction für Jägerndorf anziehe des Churfürsten Gemüth zu exasperiren, hat mich bewegt, dass ich aufs neue kräftig versprochen, nit allein daran zu sein, dass die jägerndorfische Satisfaction, an derer Verzögerung sie selbsten wissen dass wir keine Schuld haben, ehisten wirklich erfolge, sondern dass ich auch Fleiss anwenden werde, damit an den 100 000 Thaler jährlich, welche der König aus Hispanien versprochen, etwas abgeführt werde, und würde gewiss beiderseits sogar wohl und recht daran geschehen, dass, wann man auch nichts schuldig, weder ichtwas versprochen, dannoch ein gut Stück Geld nit ansehen solle, damit bei gegenwärtigen hoch importiren- den Coniuncturen, ubi de retinenda pace in imperio aut diuturno et difficillimo bello agitur, was erspriesslich befürdert und was schädlich abgeweut werde. Dann es ist da nit allein darum zu thun, : dass man den Churfürsten abhalte, dass er sich mit Annehmung der Holländer Partei in diesem Krieg nicht einmische; sondern bei mir ist klar und lasst sich auch aus des französischen Abgesandten Strade ') Thun und Schreiben an diesem Churfürsten vermerken, ist auch ohne das verisimile, dass sie diese des Churfürsten Allianz mit den Staaten :| soviel emsiger verlangen und urgiren, damit sie denselben tauquam per gradus con- sequenter an sich ziehen können, zu geschweigen, dass Schweden^), das Haus Braunschweig ^) und die ganze nieder- und obersächsische Kreis, grosse Reflexion auf den Churfürsten zu Brandenburg machen und in vielen ihre resolutiones nach die seinigen richten werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 27. November 1665. (Or.)

[Nachrichten über die Wildfangstreitigkeit. Kleihe's Vorschlag die Ueberführung

schwedischer Truppen auf den Reichsboden betreffend. Haltung Friedrich Wilhelms in

dem Conflicte der Staaten mit Münster. Des Goess Urtheil und Rath in dieser Sache.

Goess reist nach Utrecht. Zusammenkunft mit dem Bischöfe von Münster.]

27. Nov. Mainz und Consorten einer- und Pfalz andererseits sollen hier eingelangten Nachrichten zu Folge sich verglichen haben, 6 Monate nichts gegen einander vorzunehmen und die Verhandlungen ungesäumt zu beginnen.

') D'Estrades. üeber sein Verhalten in dieser Zeit Memoires d'Estrades III. 565ff.; Urk. u. Act. II. 315ff., XI. 682ff.; Droysen 1. c. III.3 119ff.

^) Ueber Schwedens Haltung in dieser Zeit Pomponne 1. c. IL 65 ff. 3) Vergl. Köcher 1. c. -l^ef.

Allianz Brandeubiiigs mit den Staaten. Staatisoh-münsterischer Conflict. 231

Bezüglich des von Kleilie dem Kurfürsten betreffs der Ueberfülirung schwedischer Truppen auf den Reichsboden gemachten Vorschlages hat der Kurfürst den Goess an Schwerin gewiesen, der aber nur gesagt, dass die kur- fürstlichen Minister in terminis generalibus verblieben seien.

Der Churfiirst hat nach dem Haag geschrieben, dass die seinige dero Mediation den Staaten Generain antragen und des Friquet Negocia- tion secundiren sollen '). j : Bei allem dem besorge ich gleichwohl, wann gedachte Staaten die conditiones darnach machen thäten, er die Trac- taten mit denselben nit ausschlagen würde. Und kommt mir fast für, dass er trachte sie in die Sorg und Forcht zu setzen, dass er nit eine contraire Partei annehme, obwohl sie ihn mit den inhabenden Festungen in denen clevischen Landen so subject halten, dass er gross Bedenken muss haben, sich wider sie einzulassen.: In alle Weg finde ich sehr nothwendig zu sein, dass E. K. M. auf alle Weise I: suchen, ihn an sich zu halten, damit er sich nicht parteiisch mache, sondern bei deroselben fest halte :| und dero friedsame intentiones secundiren helfe. Goess reist nach Utrecht um sich mit Friquet zu unterreden, hat auch den Bischof von Münster um Angabe des Ortes und der Zeit der Zusammenkunft gebeten.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 4. December 1665. (Or.)

[Des Goess Urtheil über der Staaten Vorgehen. Du Moulin's Mission. Klagen der Bevölkerung über die Plünderungen der Franzosen. Brandenburg-staatische Verhand- lungen. Verabredungen mit Friquet. Rücksichtnahme der Braunschweiger auf den

Brandenburger.]

Goess ist aus Utrecht, wo er mit Friquet gesprochen hat, zurückgekehrt. 4. Dec. Friquet wird über die dortigen Zustände berichtet haben. Dass der Pensio- narius de Witt widerraten E"". K. M. Mediation denen Staaten Generalen zu offeriren, ist die Ursach die er allegirt, dass man dieselbe tanquam Caesaris in causa principis imperii et quidem ecclesiastici für suspect halten möchte, nur ein Praetext, dann in effectu haben sie kein Bedenken sich der officiorum dero mediatiouis zu bedienen, sondern ich halte, dass sie besorgen, sie möchten Frankreich hierdurch disgustiren und insuspettiren. E"". K. M. bleibt nun anheim gestellt zu disjudiciren ob sie, wie es dem decoro caesareae dignitatis gemäss, die formale Mediation acceptirter haben wollen, oder wohl das Werk wie es an- gefangen, eine Zeit, bis man sehe, wie sichs anlassen werd, fort- gehen lassen wollen. Ein artigs Begehren ists von diesen Leuten, dass, da sie Bedenken zeigen E"". K. M. Mediation anzunehmen, danuoch die

>) Yergl. ürk. u. Act. XI. 667 f.

232 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Guaraiitie von deroselben fordern derfen; nit weniger scheint fremd, dass nachdem sie tanta mole allenthalben Secours wider den Herrn Bischof suchen, ihn nit würdigen, mit ihme zu tractiren. Die Staaten wünschen im Uebrigen ernstlich den Frieden. Ein französischer Gesandte, du Moulin, ist an- gekommen '). Ich vernimm, dass seine Negociation dahin gehe diesen Chur- fürsten zu der holländischen Partei wider Münster zu disponiren, |: besorge wohl, dass die persuasiones nit in blossen Worten bestehen, sondern stärkere arietes und machinae hierbei werden gebraucht werden :|. Es steht nun dahin, ob Frankreich mit England, oder England mit Frank- reich, sonderlich bei dem Affront und Schaden so zweien englischen Schiffen durch ein französisch neulich geschehen, brechen werden. So viel ist's, dass hierdurch die Tractaten auf der Staaten General Seiten schwerer gemacht würden, weiln sie in tali casu ohne Frankreich nit wohl tractiren könnten. Sie würden auch lieber sehen, dass der Bruch von englischer Seite geschehe, damit Frankreich ihnen nicht für einer Obligation imputire, dass selbiger König ihrentwegen mit England ge- brochen. Grosse Klag habe ich überall auf dem Weg gehört über der Franzosen ihrer Disordre; die arme Leut meldeten, die bischöfliche als Feind hättens nit ärger machen können; doch rühmete man, dass die Generales und Leut von Condition ein Misfallen hierüber gezeigt und mit aller Bescheidenheit procedirte. Ich bin durch die Quartier der französischen Infanterie durchgereist; es ist fast nirgends kein Baur zu Haus blieben, sondern seind alle entwichen, allein zu Dorwerth habe ich ein paar Weiber gesehen, die aber die salva guardia in ihrem Ge- sicht und Jahren führten. Die Völker lagen guten Theils unter den

freien Himmel und klagten eben so stark als die Inwohner

Ihre Handlung mit diesem Churfürsten betreffend, ist man so viel ich vermerke bei den Staaten General nit eins Sinns, viel und sonder- lich diejenige so dem Haus Oranien zugethan, verlangen, ob zwar meines Erachtens auf irrigen principio, dass dem Churfürsten die begehrte Satis- faction gegeben, derselbe hierdurch auf der Staaten Party gebracht und man ihme um deren Wohlstand Obligation habe, quod olim in favorem domus Auriacae et amicorum compeusaturus sit; die andere der con- traire Party seind dieser Meinung nit; sondern dass sie nach nun er- haltenen französischen Secours und geschlossenen Tractaten mit denen lüneburgischen Fürsten des Churfürsten nit so hoch von IS^öten haben.

1) lieber die Sendung du Moulin's vergl. Uik. u. Act. II. 309 ff.; XI. 671 f.; Mem. d'Estrades III. 589 ff., IT. 17 f.

Du Moulin's Mission. Biandeuburg-stafitische Verhandluugen. 233

dass sie sich grosse Ungelegenheiten hierum zu machen; ja sie imputiren der andern Party, dass sie den Frieden fast suchen zu remoriren '), damit obgedachte ihre Intention vorhero möge erhalten werden. Es könnte auch sein, dass |:dem Churfiirsten der französische Secours und die Tractaten mit denen Herzogen von Lüneburg ex hoc capite zuwider, weilen bei denen Staaten General die Necessität, welche sie etwa bewegt hätte, ihme die verlangte satisfactiones zu geben, würde geringer werden. Wie ich dann festiglich glaube, dass allemahlen, wann er dieselbe wird erhalten können, er diese Occasion ein oder andern posto von der Hol- länder Guarnison zu evacuiren und in seine Macht zu bringen, sich auch auf andere ihre Unkosten in armis zu setzen, nit verabsäumen werde. Mit dem Friquet habe ich abgeredt und E^ K. M. Dienst zu sein be- funden, dass er wie vorhin also noch ferner P. Ch. D. Interesse und Angelegenheiten nach Vermögen befürdern helfe und mit dero Ministren in guten Vertrauen und Verständnus leben, dextre uns dahin bearbeiten, dass der Churfürst viel mehr den Frieden befürdern helfe, als durch Anneh- mung einer Partei den Krieg schwerer und weitleufiger mache. :| Ich höre, dass die Lünenburgische gross Absehen auf dem Churfürsten machen^), und in ihrem Werk fast haesitiren solang der Churfürst nit mit ein- stimme, dessen ihr Deputirter in dem Haag^) sich Ziemlichermassen hätte vermerken lassen. Diesem Churfürst haben sie geantwort, negando was der Graf Taaffe referirt, als sollen sie gegen ihm gemelt haben, dass 8. Ch. D. mit ihnen eins wäre betreffend ihre Tractaten mit den Staaten General*). Ich hielte meines Orts für gut, dass man von |: E"". K. M. und andern Churfürsten und Fürsten Seiten sich gegen alle also bezeige, dass man keineswegs zusehen will, dass dem Reich sub quocunque praetextu etwas entzogen werde und dass wann etwas dergleichen intentirt vvollte werden, das Reich sich zusammenthuen und der Sachen Rat schaffen würde :|. Plettenberg hat dem Goess geschrieben, dass er von Sachsen zu den braimschweigischen Fürsten zu reisen denkt. Goess wird ihn instruiren.

') A = rencoriren.

-) Ueber die brandeuburg-braunsciiweigischen Beziehungen in dieser Zeit; Köcher 1. c. I. 445 f.

'0 Lor. Müller; vergl. Köcher 1. c. 447. *) Köcher 1. c. 444.

234 IV. Erste Mission des Fieihcrni Joliann von Goess. Jan. 166ö Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 8. December 1665. (Or.)

[Brandenburg-münsterische Differenzen. Zustand der Armeen des Bischofes von Münster und der Staaten. Du Moulin's Aufenthalt am Berliner Hofe.]

8. Dec. Auf die Beschwerde des Kurfürsten von Brandenburg wegen Baues einer

Sclianze bei Hamm seitens des Biscliofes von Münster hat dieser erwidern lassen, er wolle mit der Errichtung der Schanze innehalten, wenn er nnr versichert werde , dass er vom Kurfürsten nichts feindliches zu erwarten habe '). Dem Goess hat der Bischof für den 10. ein Rendezvous in Coesfeld gegeben. Des Bischofes Infanterie soll in sehr schlechtem Zustande sich befinden, die Caval- lerie in gutem; im allgemeinen grosser Geldmangel herrschen. Auch bei der holländischen Armee soll es Confusion und schlechte Bestellung geben ^); „die Prinzen von Oranien gehen ihnen ab".

Der französische Envoye de Moulin ist abgereist und kehrt per posta zurück nach Paris; ich habe nit änderst vernehmen können, als dass er neben Versicherung des Königs Freundschaft und Adhortirung dessen consiliis in dem münsterischen Werk, sich erkundigen wollen, in was Stand alles bei diesem Hof stünde und was man für intentiones dahie führe. Hoch hat er asseverirt, dass sein König nie eine so öffentliche Tniustiz werde begehen, dass er dem König in Hispanien, als einen Pu- pillen, der ihme so nahe verwandt, mit Krieg in den niederländisc]ien Provincien anfallen wolle; wann aber der König käme zu sterben, würde freilich der König sein Herr sein habendes Recht nicht versäumen. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Ludgersburg bei Coesfeld 17. De- cember 1665. (Or.)

[Conferenz mit dem Bischöfe von Münster. Brief des Kurfürsten. Des Bischofes Er- klärungen. Seine Neigung für den Kaiser. Festhalten an der Verbindung mit Eng- land. Schwedisch-englische Allianz. Haltung Schwedens. Das Heer des Bischofes.

Dessen Gesinnungen.]

17. Dec. Am 10. kommt Goess nach Coesfeld, stellt dem Bischöfe die grosse Gefahr,

die ihm drohe, vor und räth zum Frieden ; der Bischof erwidert nur mit Klagen gegen die Staaten und erklärt dann, weiter mit Goess verhandeln zu wollen.

Am 12. erhält Goess ein Schreiben vom Kurfürsten von Brandenburg, dass er vom Haag aus unterrichtet werde, dass die Staaten nach langen Verhand- lungen, bei denen sie zuerst die Absetzung des Bischofes gefordert , sich endlich bereit erklärt hätten, den Frieden mit dem Bischöfe unter folgenden Bedingungen zu schliessen. 1. Der Bischof gibt alle occupirten Orte zurück. 2. Er dankt

') Vergl. Urk. u. Act. XI. 619 ff. ^) Vergl. Köcher 1. c. I. 450.

Brandenburg-münsterischc Conflicte. Gesinming des Bischofes von Münster. 235

alle Völker, ausgenommen jene, welche er als Guarnison benöthigt, ab. 3. Er entsagt allen Praetensionen an die Staaten; verzichtet 4. auf die Allianz mit England '). enthält sich 5. jeder ferneren Offension und anerkennt 6. den Kaiser und den Brandenburger als Garanten des Friedens. Der Kurfürst erkennt die Härte dieser Bedingungen an, räth aber zur Annahme und verspricht seine Mediation zur Herabsetzung der staatischen Forderungen -). Der Bischof erklärt sich darauf bereit Friedensverhandlungen durch Vermittelung des Kaisers zu beginnen, hält aber zugleich die Bedingungen für zu hart und fordert insbe- sondere die Erlaubnis Borkelo für sich behalten zu dürfen^).

Im weiteren Verlaufe der Unterhandlungen, an denen neben dem Bischöfe der Domdechant Brabeck ^) und der geheime Rat Wiedenbrück =) theilnehmen, ergibt sich, dass der Bischof hofft, \venn er den Winter über aushalten kann, im nächsten Frühjahre der Sache eine andere Wendung geben zu können. Des Frauzosenkönigs Hass resultire aus seiner des Bischofs Inclination für das Haus Oesterreich«). Er hoffe daher, dass der Kaiser, wie der Landgraf von Hessen-Homburg berichtet, j : wann die Generalstaaten sich zu keinem billichem Frieden bequemen würden, ihme alsdann nit allein mit den be- gehrten 6000 Mann, sondern auch mit einem mehrern assistiren werde.

Der Bischof zeigt Begierde, wenn möglich, nicht ohne England den Krieg zu beenden und spricht seine Vermuthung dahin aus, England sowohl als Hol- land würden sich die Intervention des Kaisers gerne gefallen lassen, welcher Ansicht auch Goess beipflichtet. Auch gibt der Bischof dem kaiserlichen Ge- sandten Nachricht von einer Allianz Schwedens mit England '') und dass der unlängst am Hofe des Bischofes anwesende schwedische Gesandte Christian Habbaeus Lichtenstern mitgetheilt habe, seinem Herrn stehe es nach diesem Vertrage frei sich wider die Holländer zu erklären oder nicht, mit fernerem Vermelden, dass das gute Verhältnis Schw-edens zu Frankreich aufgehört und Schweden auf Frankreich keine Rücksicht mehr nehme, vielmehr geneigt sei in das beste Verhältnis zum Kaiser zu treten. Die Cavallerie des Bischofs be- trägt nicht über 5000 Pferde, das Fussvolk ist in schlechtem Zustande, |:also dass der Herr Bischof sein Facit und Fundament mehr aufs künftige und erwartenden Secours als auf seine gegenwärtige Macht zu machen.

^) Gemeint ist die Allianz d. d. London 3./13. Juni 1665. Alpen. loa. ab. L)ecadis de vita etc. Christophori Bernardi 670ff. Tücking, Gesch. des Stiftes Münster unter Christoph Bernard von Galen 118f.

'^) Das Schreiben ist vom 9. Dec. 1665; Auszug in Urk. u. Act. XI. 674f.

^) Die Antwort des Bischofes an Brandenburg auf das Anerbieten des Goess vom 17. Dec. in Urk. u. Act. XI. 675 Anm. 2.

*) Jodocus Edmund Brabeck: vergl. Alpen. I.e. 93f.

^) Bernhard WiedenbrücJj.

•>) üeber Frankreichs Haltung in dieser Frage; Urk. u. Act. II. 297 ff.; Lefevre_ Pontalis 1. c. I. 367 ff.

'■) Allianz vom 1. März 1665; vergl. Carlson 1. c. IV. 479f.

236 IV. Ei'.ste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. in(>5 Mai l(i68.

Es sei nun sein Status wie er wolle, so muss er gleichwohl guten Muth und Resolution haben, wie er's dann auch thut und ist also disponirt, dass wann es auch mit ihm ad extrema kommen sollte, er sich nit leicht ad iniquas conditiones gedenket bringen zu lassen. Würde auch alle seine Ungelegenheit und Ruin endlich verschmerzen, wann er's nur da- hin bringen könnte, dass E. K. M. und die andere Potentaten sich dieser Occasion und Coniuncturen bedieneten der Franzosen disegni und machi- nationes wider das römische Reich und dero Haus zu brechen und das Reich in pristinam libertatem zu vindiciren :|.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 26. December 1665. (Or.)

[Verhandlungen der Vertreter der Staaten mit dem Kurfürsten. Zweck der Verhand- lungen Henry Walter Vane's. Dessen Klage. Blaspeils Sendung nach dem Haag. Schwierigkeit für Goess den Kurfürsten vom Abschlüsse der Allianz mit den Staaten abzuhalten. Verhandlungen mit Schwerin und Blaspeil bezüglich der Massregeln

gegen Münster.]

26. Dec. meiner Abwesenheit seind dahie 3 Deputirte von den Herrn

Staaten General gewest, zwar principaliter den Churfürsten über seine Ankunft anhero zu complimentirn; doch ist darbei auch vom gegen- wertigen statu und sonderlich wegen der obhabenden Tractaten zwischen diesem Churfürsten und den Staaten General gehandelt worden, wie ich vernimm mit ziemlicher Gelosia, indem der de ^Vitt des Pensionarii in Holland Vetter'), denen beiden andern^), so gut oranisch, fleissig in- vigilirt.

Es ist derweil auch ein ander Envoye aus England ankommen mit Namen Henrich Vaen^), den ich in Dänemark gekennt. Seine Xegocia- tion geht dahin, dass er diesen Churfürsten zu seines Königs Party bringe, oder doch von der holländischen abhalte. Er klagt mir, dass man bis dato churfürstlicher Seiten in terminis generalibus verbliebe und besorgt, dass es mit den Tractaten mit Holland nit etwo all zu w'eit kommen. Ich habe ihm meine Meinung gesagt, wie ad specialia zu ge- langen, nemlich dass er sich in specie erkläre, was sein König hierbei thun wolle; dann ich habe vermerkt, dass es bei diesem Hof auf Sub-

') Johann de Witt.

2) Ripperda tot Buirse und van Haren. Ueber ihren Aufenthalt in Cleve; Aitzema V. 517, 670f. Puf. 1. c. X. 12; Urk. u. Act. XI. 680f.

3) H. Walter Vane: über dessen Sendung Urk. u. Act. XI. fiTSflF., II. 321 u. a. 0.; Memoires d'Estrades III. 608, 620; IV. 14 u. a. 0.

Verhandlungen des Kurfürsten mit den Vertretern Englands und der Staaten. 237

sidigelder angesehen. Meine Intention ist auf dem gericht, dass ich den Churfürsten ausser Pertei halte; feindlich wider Holland wird er sich diesmahlen schwerlich erklären. Der Vaen haltet darfür, dass E. K. M. Mediation mit England angenehm sein würde und sagt, dass man bei ihnen zum Frieden inclinire.

Es ist wehrender meiner Abwesenheit der Blaspeil auch im Haag gev\'esen '). Dieser Churfürst ist gewichen von seiner Praetention der Restitution Festung Orsoy aus lauter Generositet, wie da vorgegeben wird; ich muthmasse aber aus Einrathen derjenigen, so der oranischen Parthei zugethan und weiln man vermerket, dass man in Holland fest darauf verharre ihme diese Festung solchergestalt nit einzuräumen^). Quidquid sit, diese Resolution solle in dem Haag sehr applaudirt sein worden und macht mir mein Werk den Churfürsten ausser Partei zu halten viel schwerer; dann es seind Offerten da von considerablen summa Gelds zu Unterhaltung der churf. Völker. Ich unterlasse doch nit mich zu bearbeiten und alle dienliche rationes einzuwenden, damit I. Ch. D. E''. K. M. gnädigste Intention den Frieden zu vermitteln vielmehr secuu- dire; aber ich fechte mit ungeleichen Waffen. Der Churfürst, als ich iudicire, lasst seine Mediation nit formaliter antragen, damit er um so viel mehr frei bleibe in seinen consiliis in Annehmung einer oder an- dern Partei, ut res feret.

Den 22. kommen Schwerin und Blaspeil zu Goess, besprechen die Lage und fordern, E. K. M. sollten schärfer, nit allein mit mandatis poenalibus, sondern auch wohl mit Suspension der Regalien wider den Herrn Bischof verfahren und denselben dardurch zum Frieden nöthen; ... als ich nun vorgeschlagen, ob nit rathsam sein möchte, dass man den Domdechant Brabeck mit guter Manier herbrächte, damit breviori et eficatiori via zur Sachen geschritten würde, habe ich damahln und nacher vermerkt, dass, obzwar sie es ad referendum angenommen, doch nit darauf applicirt; so mich in meiner Meinung stärkt, dass man dahie in den consiliis noch fluctuire.

Die Truppen der Staaten haben die Winterquartiere bezogen.

^) Werner Wilhelm Blaspeil; über diese Sendung ürk. u. Act. III. 156 ff., XI. 680f.; über Blaspeils Person III. 143.

2) Für diese Verhältnisse Urk. u. Act. III. 159 f., XI. 678.

238 ^^- E''«tü Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 16G5 Mai 1G68.

Goess an den Kaiser. Dat. Gleve 30. December 1665. (Or.)

[Staatisch-brandenburgische Verhandlungen. Urtheil des Goess über dieselben. Du Moulin. Anerbietungen des englischen Gesandten.]

30. Dec. .... Der Blaspeil, welcher fast stets bei den Handlungen dieses Chur-

fürsten mit den Staaten General gebraucht wird, ist vor 2 Tagen bei mir gewest und hat mir referirt, dass obwohl der Churfürst, sein Herr, dies- mahlen gewichen von der praetendirten Restitution der Festung Orsoy, dieienige so dem Churfürsten nit wohl zugethan, dannoch Bedenken haben bei der angehängten Conditiou, die wäre, dass nach geendigten diesem Krieg mit Münster von Restitution der churfürstlichen Festungen solle gehandelt werden. Es ist auch wohl zu glauben, dass wie die Staaten General diese Restitution nie zu thun gedenken, also ihnen alle darzu angesetzte termini werden unangenehm sein. Sie wollen diese Festungen behalten, dardurch sie nit allein ihre Lande bedecken, son- dern auch dem Churfürsten in steter Subjection und Dependenz halten. Ihme, als einem Herrn von grossen und genereusen Gemüt fallt dieses überaus schwer und fast unleidentlich, ist auch nit zu zweifeln, wann er die Mittel und die Gelegenheit darzu sähe, er würde trachten dieses Joch vom Hals zu schütten ; in gegenwertigen Zustand aber, muss er die täglich empfangende disgusti verschmerzen. Ich judicire, dass je mehr der Churfürst sich in Postur setzet und seine Armee verstärkt, ie näher kommt er zum Schluss der Tractaten mit den Staaten General; |: es wäre dann, dass anderwerts Subsidigelder erschienen, dann diese findet man absolutemente nötig, von welchem Ort man sie auch nehme :{. Sonsten gedünkt mich, dass sie Selbsten dahie wohl befinden, dass ihr Interesse und Bestes wäre, wann sie frei und ohne Annehmung einiger Party der Sachen noch etwas zusehen thäten. Wann man von Subsidien meldt, merke ich wohl, dass man auf E. K. M. tacite deute. Nach Brüssel und Madrid habe ich geschrieben und den hiesigen statum bericht, da- mit man sehe | : ob man etwas thun könne und mit Abführung etwa eines einigen termini der versprochenen jährlichen Subsidien den Churfürsten von Brandenburg von gefährlichen Resolutionen abhalte:].

Du Moulhi ist wieder hier; bringt gewiss grosse Offerten mit. Er ist mit dem englischen Gesandten^) in PÖlaitz Haus zusammen getroffen. |:Der englische Envoye thut Offerten, wann der Churfürst seines Königs Partei wider Holland nehmen wollte; diesmal sehe ich noch keine Disposition darzu;

^) Henry Vane.

Verhandlungen Brandenburgs mit England und den Staaten. 239

wann er aber einige Subsidien offerirte eleu Churfürsten bei der Neutra- lität zu erhalten, möchte er's tentiren. : |

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 6. Januar 1666. (Copie.)

[Verhandlungen des Kurfürsten mit Vane. ürtheil des Goess.]

. . . Dem englischen Abgeordneten hat man auf seine gethane Proposi- 6. Jan. tion : und Offerten von etlichen Millionen, wann der Churfürst für Engel- land wider die Generalstaaten agiren wollte :|'), verbescheidet, dass S^ Ch. D. Status nicht zuliesse, sich wider Holland hostiliter zu erklären^). Es ist ihme aber einigermassen insinuirt worden, dass gegen Reichung einiger Subsidien man die Tractaten mit Holland ausschlagen und neutral blei- ben würde, welches dann nit für ein geringes Avantage des Königs aus Engelland zu halten^). Diese ist die Verbescheidung; |:ich vermerke aber, dass wann das Geld sowohl vorhanden wäre, als die Offerten gethan worden, dass die Tentation gross sein würde. Die disgusti, so der Chur- fürst täglich von den Holländern empfängt, die wenige Estime, die sie zeigen von ihme zu machen, die immer zunehmende Verfolgungen der von Oranien") und die Begierde sich mit Eroberung eines oder andern Posto in diesem Land in besserer Freiheit zu setzen:], würden viel hier- bei thun. Ich habe diese Tag Anregung gethan, ob dem Churfürsten nit vorträglich sein würde, dass er sich bei diesen Coniuncturen mit dem Herzogen von Neuburg völlig vergliche^). Man zeigt sich darzu geneigt und solle der Blaspeil zu diesem Ende bald eine Reis nach Düsseldorf thun ''). Die im Clevischen einquartirten staatischen und französischen Truppen schaden dem Kurfürsten sehr.

') Proposition Vane's vom 12. Decbr. in Urk. u. Act. XI. 675 f.; vom 17. Dec. 678 f.

2) Resolution des Kurfürsten vom 14. Dec. ürk. u. Act. XI. 677 f.

^) Vergl. den Bericht Colbert's an Lionne vom 28. Jan. 1666; Urk. und Act. II. 329.

•») Vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. I. 387.

^) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 125.

«) Vergl. ürk. u. Act. XI. 732 f.

240 ^^- Erste Mission des Freihenn Joliann von Goess. Jan. 1GG5 Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 9. Januar 1666. (Or.)

[Staatisch-brandenburgische Beziehungen. Misbilligung' von .Jeua's Erklärungen in

Regensburg. Plan der Staaten jemanden nach Regensburg zu senden. Unterredung

des Goess mit Schwerin. Blaspeil geht nach Düsseldorf.]

9. Jan. . . . Ich vermerke fast immerzu den Churfürsten mehr animirter

wider die Holländer. Die Protocolla von Regensburg, als ich vernimm, bringen so viel mit, dass man allda in Deliberation des miinsterischen Werks auf das Interesse imperii etwas mehr als vorhin anfangte zu ge- denken. Was der churfürstliche Gesandte Jena^) wider den Herrn Bischof zu Münster all zu eiferig votirt, ist dahie disapprobirt und ihme be- fohlen worden, sich dessen künftig zu enthalten. Ich vernimm, dass die Staaten General iemand dahin schicken; es werd dienlich und gut sein, wann die Stände des Reichs sich also gegen ihm erweisen werden, dass sie nit zu hoffen, dass das Interesse imperii dergestalt, wie sie supponiren,

negligirt und aus der Acht gesetzt werde

Der Baron von Schwerin fragte mich vorgestern, ob ich darvor hielte, |:dass auf des engeländischen Abgeordneten Offerten Fundament zu machen; gab genug zu verstehen, dass wann die Gelder vorhanden wären, seine Negociation dardurch einen starken Nachdruck bekommen würden; .... fragte mich, ob E. K. M. im Fall sich der Churfürst wider Holland einliesse, denselben im Fall der Not mit Volk assistiren würden :|; zeigte bessere Hoffnung, dass das Reich endlichen das Werk besser apprehendiren und andere resolutiones fassen würde. Ich gäbe ihme zur Antwort, dass wie ihme bewusst E. K. M. dero kais. Sorgen dahin anwendeten, dass durch einen guten Frieden der Sach geholfen würde; wann derselbe nit zu erhalten, würden zweifelsohne E. K. M. mit dem Churfürsten und anderen Chur- und Fürsten darauf bedacht sein, damit alles besorgendes Unheil vom Reich und dessen treuen Ständen abgewendt würde. Er ist denselben Tag bei dem englischen Ab- geordneten gewesen; derselbe schickt heute einen eigenen Courier nach England. |: Diese Negociation, wann sie mit Nachdruck geschieht, kann die mit Frankreich etwas zurückhalten. Herentgegen ist zu besorgen, dass je mehr der Churfürst in die Waffen kommt und sich in anderwertige Tractaten einlasst, ie weniger wird er geneigt zum Frieden selben zu befürdern helfen. :|

Blaspeil ist nach Düsseldorf; der Kurfürst soll sehr gute Bedingungen für den Neuburger gegeben haben ^).

1) Gottfried Jena.

2) Vergl. Urk. und Act. XI. 739 ff.

Brandeuburg-englische Beziehungeu. Erneuerung der Allianz von 1658. 241

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 16. Januar 1666. (Conc.)

Billigt des Goess Benehmen, insbesondere die Bemühungen desselben, IG. Jan. Friedrich Wilhelm zur Wahrung der Neutralität zu vermögen, deren Werth der Kurfürst selbst leicht einsehen dürfte. Carlingford ist hier angekommen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 16. Januar 1666. (Or.)

[Brandenburgischer Bescheid für den englischen Gesandten.] .... Dem englischen Abgesandten hat man eine in 3 Puucten be- IG. Jan. stehende Resolution gegeben; ist ein Klag gewesen, wegen 2 churfiirst- licher in England angehaltener Schilf, welches der Churfürst hoch empfindt; ... 2°. |: hat man von ihme begehrt zu wissen, was er für Versicherung geben könnte wegen der gethanen Geldofferten: 3°. wie Engelland mit Schwe- den stände und ob sie ihrer versichert wären. Daraus E. K. M. zu er- sehen, wie ich's auch noch seither aus des Baron von Schwerin Dis- cursen abnehmen können, dass man den engelländischen Propositionen ziemlich Gehör gebe und bleibe ich meiner Meinung, wann das Geld vorhanden wäre und von Schweden nichts widerwertiges zu besorgen, dass der Churfürst endlichen wohl die engelländische Partei annehmen möchte. . . . :|

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 26. Januar 1666. (Conc.)

[Wunsch, dass Brandenburg neutral bleibt und die Alliance von 1658 mit dem Kaiser erneuert. Unterstützung der brandenburgischen Forderungen au Spanien durch den

Kaiser. Carlingford.]

Berichte vom 6. und 9. Jan. erhalten. Hast recht und zu unserer gnä- 2G. Jan. digsten Intention daran gehandlet, dass du dich fortan S. L''. von An- nehmung aller Parteilichkeit abzuhalten und zu Befürderung eines guten Friedens zwischen denen kriegenden Theilen anzutreiben dich bemühest; wie nicht weniger, dass du auf die an dich gestellte Frag, wann S. L. sich wider Holland einliesse, ob wir derselben im Fall der Not mit Volk assistiren möchten, dich in terminis generalibus, dass nemlich der Sach an guten Frieden bestens würde geholfen sein, gehalten. Zumahln S. L. auf deine so oft wiederholete Einwurf wegen Erneuerung und Exteudirung der mit uns bereits habenden Büuduus sich im wenigsten nichts heraus lassen wollen; welches du derselben auf begebendem Fall gleichmässiger Occasion kräftig zu repraesentiren und so viel zu verstehen zu geben

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 16

242 ^^^- Ki'ste llission des Freihenn Johann von Goess. Jan. IGfi')— Mai 1668.

hättost. dass alsdann die hoste Gelegenheit von denen miituis assisten- tiis zu handien sein würde. Der Kaiser hat noclnnals nach Spanien geschrie- hen wegen Bezahlung der versprochenen Pensionen an Brandenburg. Carling- ford hat im Namen des englischen Königs ein Defensivbündnis angetragen; der Kaiser hat sich im Principe einverstanden erklärt. Zu specielleren Berathuiigen ist es aber noch nicht gekommen, da über die Verhandlungen Englands in Spanien noch keine Nachricht eingelangt ist').

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 27. Januar 1666. (Or.)

[Verbandhingen Beverningk's mit den Brandenburgern. Des Pöllnitz Verhandlungen im Haag. Notwendige Rücksichtnahme des Kurfürsten von Brandenburg auf Schwe- den. Colbert. Gerüchte vom englisch-spanischen Frieden und spanisch-portugiesischen

Waffenstillstände.]

27. Jan. Goess wird der kaiserlichen Weisung vom 4. Jan. entsprechend darauf

sehen, dass der Kaiser in die staatisch-münsterischen Verhandlungen nicht zu tief verwickelt werde. Beverningk '-') ist angekommen und hat mit den kur- fürstlichen Ministern berathen. Sein Negotium ist, wie ich vernimm und verisimile ist, dass er die mit dem Churfiirsten angefangene Tractaten völlig zum Schluss bringe. Ich glaube gänzlich, |:dass des engelländi- schen Envoye Negotium dahie denen Holländern Jalousie gegeben. Sie haben viel Freund und die von ihnen dependiren bei diesem Hof; unter andern ist der Obriste Stallmeister Pöllnitz vergangener Tagen im Haag gewesen und wie ich von dem Friquet bericht werde, unterschiedlich mit dem französischen Gesandten und dem Pensionario de Witt nego- tiirt, also dass die Staaten General haben können innen werden, wie weit es mit den engelländischen Tractaten kommen und etwa nothwendig befunden, die ihrige um so viel mehr zu befördern, dann ob sie viel- leicht vermeinen möchten, wie es bis dato das Ansehen gehabt, dass sie des Churfürsten Hilf nicht so hoch von Nöten, so sehen sie doch gnug, dass ihnen sehr schädlich sein würde, wann der Churfürst ihrer Feinde Party nähme : I . Beverningk betont die Neigung der Staaten Frieden zu schliessen. Der Churfürst muss in seinen consiliis grosse Reflexion machen auf die Schweden und jetzunder um so viel mehr, weiln sie im Reich armirt sein, er hat einen von Podewils^) zu dem Feldherrn Wrangel abgefertigt, zwar in speciem sich für die Stadt Bremen, welche S. Ch. D. darum gebeten.

') Ueber Carlingford's Mission Klopp 1. c. I. 126f.

-) Hieronymus Beverningk: vergl über ihn Urk. u. Act. III. 14Gf.; für seine Verhandlungen II. 329 ff.. III. lOGff.; Mem. d'Est. IV. 58ff.

^) Georg Wilhelm Podewils; über seine Sendung Puf. I.e. IX. 83.

Braudeuburg-staatische Verlianclluugeü. Das Haus Oiaiiieu. 243

ZU interponiren, aber ich glaube, dass viel mehr zu penetriren was die Schweden bei gegenwärtigen Coniuncturen vor consilia führen. Colbert') soll hieher kommen, der Kurfürst dagegen Blumenthal nach Paris senden-). Es wird berichtet, dass zwischen Spanien und England der Friede, zwischen Spanien und Portugall ein 30 jähriger Waffenstillstand geschlossen worden sei^). Der Churfürst hat gegen mich gemelt, dass er von dem Beverningk so viel vernommen, dass man holländischer Seite sich befriedigen würde, dass alles im vorigen Stand, wie es vor dem Krieg mit Münster ge- wesen, restituirt würde; die Differenz wegen Borkelo aber auf weitere Handlung oder Compromissen auszusetzen, darzu hätte er sich nit wollen verstehen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 3. Februar 1666. (Or.)

[Rücksichtnahme des Kurfürsten auf das Haus Oranien. Beverningk's Urtheil über

die Wiedereinsetzung- des Prinzen Wilhelm. Einflussnahme der Prinzessin Amalie

von Oranien. Der Engländer Erklärungen. Urtheil des Goess über Friedrich Wil-

helm's Pläne. Eller. Colbert.]

Befehl vom 16. Jan. hat Goess erhalten und wird sich weiter bemühen 3. Febr. den Kurfürsten für die Neutralität zu gewinnen. Es ist ausser allen Zweifel, dass man bei diesem churfürstlichen Hof sehr auf das Haus Oranien reflectirt und nit allein ratione sanguinis, sondern auch der eignen Convenieuz, die Restitution des Prinzen von Oranien zu seines Vätern und seiner Vorfahren Chargen hoch verlangt. Es fallen aber die judicia nit geleich, wie man darzu zu gelangen. Meines Erachtens werden die- jenige, so das Guberno ietzuuder führen, mit guten es nie darzu kommen lassen. Eine grosse Not aber möchte die orangische Partei und das gemeine Volk, bei welchem nomen principum plausibl ist, praevaliren machen. Der von Beverningk, der nun diese Allianz dahie tractirt, ob er wohl derjenige gewesen, welcher zu Zeiten des Cromwell die Exclusion domus Auriacae von dem Guberno auch iniussu statuum in England ge- schlossen, excusirt dieses Factum, wie er am besten kann und zeigt so kräftig seine gute Inclination zur Restitution des Prinzen in seines Vä- tern Chargen, dass ich vermerke, dass er nit wenig dardurch profitire. Nun seie nit darvon zu reden; der Prinz habe die Jahren nicht und könne diesen Chargen nicht vorstehen, wann ihm das Alter darzu taug-

') Colbert-Croissy kam anstatt des d'Estrades. Droysen 1. c. III. 3 125; für seine Verhandlungen Urk. u. Act. II. 329 ff.

^) üeber Blumenthal's Sendung uach Frankreich Urk. u. Act. XI. 703 ff. ^) Die Nachrichten bestätigten sieb nicht.

16*

244 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. Ifiß.j Mai 1668.

lieh mache, könne es ihm nicht fehlen'). Sie wollen aber nicht darzu gezwungen, sondern wie sie's allein thun werden aus Dankbarkeit und Estime gegen diesen Haus, also solle der Prinz und sein Haus ihnen und nit anderm darum obligirt sein. Concludirt also, dass I. Ch. D. dieses Werk besser nicht befürderen können, als wann sie die Staaten ihres Orts, sonderlich in diesen Nöten suchen zu obligiren; qua ratione ille quidem multum profecit: |:sed Elector, ni fallor, parum proficiet. Ich vermerke auch, dass auch die alte Prinzessin muss eingenommen sein und dem Friquet nicht recht beichte. Ich habe gute Nachricht, dass sie des Beverningk Reis hieher befördert hat und dass er nicht hinweg gewollt, er wäre dann des guten Success seiner Negociation von ihr ver- sichert worden. Zwar weiss ich auch gar sicher, dass sie an dem Chur- fürsten geschrieben und ihn sehr stimulirt sich an E. K. M. und das Reich zu halten; aber dies ist geschehen dehortando a Gallorum factione :|. Dem Beverningk kommt auch wohl zu statt, dass eben dieser Tagen des englischen Abgeordtnen Diener aus England per posta zurückkommen; der König sein Herr zeigt darfür zu halten, dass dieser Churfürst all tief mit den Staaten General impegnirt und lässt gleichsam die Negociation der Allianz fahren, begehrt, dass der Churfürst wolle neutral bleiben, doch gratis und ohne Subsidien. England, vermeinen sie, seie noch in dem Stand nicht, dass sie die Neutralität mit Geld zu erhandeln. Besser wäre gewesen, wann man nicht so kurz abgebrochen, sondern die Nego- ciation derweil trainirt und fortgesetzt .... Der Churfürst, wann von der Allianz mit Holland geredt und ihme die Inconvenienzen, so aus der Parteilichkeit zu besorgen, vorgestellt werden, contestirt, dass auch hier- bei seine Intention auf den Frieden gericht und will ich glauben, dass dem also seie und dass er bei dieser Allianz mehr auf die Geldhülfen und etwa andere seine emolumenta, als auf andere diseigni gedenke. Er hat aber darbei zu consideriren, dass dieselbe ihm theur ankommen werden; die Gefahr sich in einem Krieg einzuwickeln, grosse Potentaten zu desobligiren, seine eigene Freund zu inombragiren und dergleichen, seind alle Ding von grosser Consideration. Die Ungewissheit von schwe- discher Seiten, wie dieselbe nemlich mit England und Münster stehen, macht ihm mehr perplex als alles andere. Eller hat vom Bischöfe von Mün- ster ziemlich gute Nachrichten gebracht"-). Colbert ist hier und fordert den Kur- fürsten zum Anschlüsse an die Staaten auf.

1) Yergl. ürk. u. Act. XI. 680.

2) Vergl. Urk. u. Act XI. 690.

Der Engländer P^rklärungeu. Englisch-französischer Contlict. 245

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 10. Februar 1666. (Or.)

[Trtheil des Goess über die Einwirkung der Kriegserklärung Frankreichs an England auf den Fortgang der staatisch-inünsterischen Verhandlungen. Stand der branden- burg-staatischen Allianztractaten. Unterhandlungen der Brandenburger mit dem eng- lischen Gesandten. Des Goess Intervention in den neuburg-brandenburgischen Ver- handlungen.]

Die Verhandlungen mit dem Bischöfe von Münster werden fortgesetzt. Wich- 10. Febr. tig ist, wie weit die Kriegserklärung Frankreichs an England ') auf die Haltung der Staaten einwirken wird. Ich bilde mir fast ein, dass die pacifici sich über diese Declaration wenig erfreuen werden, weiln sie das Frieden- werk remoriren und sie fester an Frankreich binden werd. Wann ich einige Nachrichten, die ich von unterschiedlichen Orten bekommen, com- binire, so muss ich fast daraus schliessen, dass der König in Frankreich gern sähe propter proprios fines, dass der Bischof Fried machete und also von England abgezogen würde. Ich vermerke aus des Domdechant Brabeck Schreiben, dass etwas dergleichen bei ihnen unter Hand von Frankreich proponirt worden. Bevemingk ist abgereist, dürfte bald zurück- kehren. Obwohl man es dahie nicht gestehe, so scheint doch, dass die Tractaten in satis proxima dispositione zum Schluss stehen, die Geld- subsidien seind so viel als richtig; quoad quantum soll etwa 160000 Reichs- thaler sein zur Werbung und die Verpflegung auf eine gewisse Anzahl; ratione terminorum solutionis ist man noch nicht einig. Der Churfürst wollte je ehender, je lieber die Gelder unter Händen kriegen, den Zoll zu Gennep will der Churfürst auch wieder haben. Wegen Restitution der clevischen Festungen bilde ich mir ein, dass man etwas ambigui wird hineinbringen, was ein jeder Theil künftig zu seinem Vortel inter- pretiren möge. Mich sucht man zu persuadiren, dass wann diese Trac- taten auch sollen beschlossen werden, S. Ch. D. dennoch keinen anderen finem darbei haben, als den Frieden zu befürderen und will ich so weit glauben, dass der Churfürst, nachdem er das Geld und seine bei diesen Tractaten führende Intention erhalten, wohl leiden möchte, dass der Fried zwischen Münster und Holland geschlossen würden. Ich unterlasse doch darum nicht bei allen Gelegenheiten zu repraesentiren, wie viel besser und sicherer es wäre, wann der Churfürst sich ausser Party hielte und die Mediation zum Frieden, derer er sich sonsten unfähig machete, continuiren thäte. ',: Das Stärkeste Motivum zu dieser Intention ist metus a Suecis, wann dieselbe die engelländische und münsterische Party wür- den annehmen: massen dessen alle Tag einige indicia vorkommen:'.

') Vergl. Klopp 1. c. I. 124; Lefevre-Pontalis 1. c, I. 371 f.

246 IV. Erste Mission des Freiherrn Joiiann von Goess. Jan. 1^65 Mai 1668.

Der englische Gesandte forderte wiederholt eine Erklärung des Kurfürsten in puncto neutralitatis. Es wurde ihm eine Antwort zu Theil dahin lautend, dass zwar I. Ch. D. noch keine Partei genommen; sie könnten doch bei gegenwärtigen Coniunctnren änderst nicht thun. als sich zu armiren und in Postur zu setzen. Diesen Last könnten sie und ihre ünterthanen allein nicht tragen, sondern müssten Assistenz und Subsidien darzu haben; in alle Weg aber wollten sie die Allianz und Freundschaft mit dem König aus England fest halten, mit welchen sie geschieden, obwohl der Abgeordnete die Incompatibilitet ihrer Contestation mit der Hostilitet wider seines Königs Alliirte und Freunde remonstrirt. Der Gesandte for- derte noch am selben Tage seine Abschiedaudienz, doch Hess er sich zu fernerem Bleiben bewegen und berieth von neuem mit den Ministern des Kurfürsten; bislang aber ohne Erfolg. Der Herzog von Neuburg hat Goess um seine Ver- mittelung beim Brandenburger ersucht; Goess bittet um Instruction darüber.

Der Kaiser au Goess. Dat. Wien 11. Februar 1666. (Or.)

11. Febr. Goess soll fortfahren den Kurfürsten zur Aufrechterhaltung der Neutralität

zu bewegen und dazu beizutragen, dass zwischen den Niederlanden und Münster der Friede geschlossen werde. Ist es aber nicht möglich den Kurfürsten vom Abschlüsse mit den Niederländern abzuhalten, dann hat Goess zu fordern, dass sie sich wider einigen Mitstand die Waffen zu führen nicht ein- lassen, sondern viel lieber in terminis guarantiae zu allen Seiten ver- bleiben. Der Kaiser hofft, dass der Bischof von Münster wie die General- staaten seinen Vorschlag bezüglich Borkelo's gutheissen werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 17. Februar 1666. (Or.)

[Staatisch -brandeuburgische Allianz. Klagen des Bischofes von Münster.]

17. Febr. Beverningk ist am 11. zurückgekehrt mit Vollmacht zu schliessen und hat

so gedrängt, dass der Vertrag bereits so gut als abgeschlossen ist ^). Auf meine Klag, dass das Friedenwerk hierdurch gesteckt und die Kriegsflammen nur mehr angezündet werden, antwortet man, dass I. Ch. D. hierbei nichts anders intendire, als sich und ihre Landen bei diesen gefährlichen Leuf- ten so viel möglich in Sicherheit zu setzen und im üebrigen ein Weg als den anderm, das Friedeuwerk nach allen Kräften zu befürdern, sich in keine feindliche Action einzulassen, man schlage dann aequas et

') Der Vertrag war am 6./16. Februar imterzeichnet worden. Abdruck u. a. bei Londorp 1. c. X. iGlff.; vergl. Möruer 1. c 2721?.; Urk. u. Act. II. 332ff., III. 164 ff.

Brandenburg-englische Beziehungen. Allianz Branden Ijurgs mit den Staaten. 247

honestas conditiones pacis aus. Zwar kann man mir nit leugnen, dass nach genommener solcher Resolution S. Cli. I). weniger qualificirt die partes eines niediatoris 7a\ vertreten; es scheint aber man habe das tempus in Acht nehmen wollen einige Vortl von den Holländern her- aus zu bringen , welche sie ausser diesen Coniunctureu ihnen nit zuge- standen hätten. Man gibt auch vor, dass man hierdurch intendire die Staaten General etwas mehr von Frankreich zu detaschiren. Die Gefahr respectu der Schweden macht des Beverningk Asseveration geringer, der meldt, dass sie von Schweden versichert, wo nit der Assistenz doch der Neutralitet. In facto et in rei veritate kann ich ghiiiben, dass der Chur- fürst nit so gar böse und weit aussehende Intention hierbei führe, als man sonsten suspiciren mögte und dass er nach geschehenen Schluss nit nachlassen werde, das Friedenwerk wie vorhin und vielleicht noch mehr zu befördern. Der Bischof von Münster gibt blos allgemein gehaltene Erklärungen , klagt über das Vorgehen Brandenburgs und spricht die Befürch- tung aus, es werde ihm nichts übrig bleiben, als unter grossen Opfern Schweden zu gewinnen. Der englische Gesandte dürfte demnächst mit möglichst freund- licher Antwort abgefertigt werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 20. Februar 1666. (Or.)

[Verhandlungen mit Schwerin und Blaspeil über die brandenburg-staatische Allianz, über die vom Kaiser und Kurfürsten in der Streitfrage zwischen Münster und den Staaten zu beobachtende Politik, sowie über die Beilegung der braudeuburg-neubur-

gischen Differenzen.]

Vom 17. dieses habe ich E. K. M. allerunterth. erinnert, dass die -20. Febr. Allianztractaten zwischen diesem Churfiirsten und den Staaten General auf dem Schluss stünden : nun seind eben denselbigen Tag nach dem Essen der Baron v, Schwerin und der Blaspeil aus Befelch des Chur- fürsten zu mir kommen und haben mir eben dies angedeut: was darbei hinc inde vorgebracht worden, ist dieses. Uli: Ich wüsste mich zu er- innern, was dieses Allianzwerk betreffend unterschiedlich wäre gehandelt worden; dass man nun so weit darmit kommen, dass I. Ch. D. resol- virt die Tractaten zu schliessen. Den Frieden hätten dieselbe sincere gesucht, weilu aber derselbe nit zu erhalten gewesen, insinuando als hätte es bei dem Herrn Bischof gemanglet, hätten sie auf ihre Securität gedacht sein müssen; sie wollten dannoch nit unterlassen das Friedens- werk ferner zu befürdern, auch zu den Waft'en nit greifen, es wäre dann, dass aequae et honestae conditiones pacis wollten ausgeschlagen werden,

248 I^'^- Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. IfiGö Mai 1668.

inassen dieses expresse im Tractat inscrirt; wann",s dem Herrn Bischof um die Räch und ressentimenti zu thun, wie es das Ansehen hätte, vindictae pkis quam satis; er hätte denen Staaten General solchen Schaden zugefügt, dass sie dergleichen fast zu keiner Zeit gelitten; weiln sie dessen keine andere (Kompensation haben könnten, wollten sie wenigsten in modo tractandi einige praerogativam haben und mit dem Herrn Bischof immediate nit tractiren, er hätte sich dann erklärt, dass er propositas conditiones acceptire; wann ich aber darfür gut sein wollte, dass die vorgeschlagene conditiones würden acceptirt werden, würden sie die Staaten General dahin vermögen, dass sie ad tractatus immediatos schreiten würden; dass I^ Ch. D. Intention bei diesem Werk ganz auf- richtig; praestare, dass sie darbei intervenirten, als dass die Staaten General in der so grossen Dependenz von Frankreich gelassen würden; dass der Churfürst nit zusehen wolle, dass ein einziger Fuss Erden weder dem Reich noch dem Herrn Bischof abgenommen, S. Ch. D. auch nit allein in seiner unterth. Devotion gegen E"". K. ^I. unverrückt verharren, sondern auch die Allianz mit deroselben religiöse beobachten würde; haben darbei an mich begehrt, dass ich E"". K. M. das Werk also vor- tragen wollte, dass diese P, Ch. D. gefasste Resolution nit ungleich möchte ausgedeutet werden. Ego ad haec: Sie wüssten sich gleichfalls zu erinneren, welcher gestalt ich jederzeit wohlmeinend eingerathen und gebeten, dass S. Ch. D. in unverfaugenem Stand bleiben, sich nit par- teiisch machen, sondern neben E"". K. M. dero Mediation einen guten Frieden zu stiften interponiren wollten, E''. K. M. consilia und Gedanken wären alle ad hunc scopum gericht, mit den Herrn Staaten General stünden dieselbe in gutem Vernehmen, vergönneten ihnen gern, was ihnen zu Guten gereichen möge; weiln aber für diesmahlen diese Allianz I. Ch. D. in solchem Stand setzete, dass sie die partes mediatoris nit sowohl wie vorhin hinfüro würden vertreten können, die so starke Partei als da gemacht würde auch grosse Jalousie erwecken, und andere die auf ihre Securität auch würden gedacht sein ad similia foedera bewegen möchten, als künnten sie leicht erachten, dass E. K. M. ungern vernehmen würden, dass loco restituendae pacis zu grössere Weitläufigkeit Anlass gegeben würde. Ich meines Theils künnte glauben, was sie wegen I. Ch. D. hierbei führenden guten Intention meldeten; quibus argumentis aber würde man anderen und sonderlich dem Herrn Bischofen dasselbige per- suadiren? Was insinuirt worden, als remorirete der Herr Bischof trac- tatus pacis, müsste ich bekennen, dass ich bei meiner mit ihme gehabten

Braudenh.-staatischc Allianz. Slüuster-staati.schcr u. Neuburg-brandeiih. Couflict. 249

Negociation das nicht befunden; er hätte sich also erkläret, dass meines Erachtens mit Fug ein mehreres von ihm nit hat können begehrt werden ; der modus tractandi, den die Staaten General vorschreiben, seie ja wider allen Brauch und gleichsam wider naturam contractuum. Die allzugrosse Verachtung eines Reichsfiirsten solle billich allen und sonderlich den andern Chur- und Fürsten des Reichs propter exemplum misfallen; an aequum oder verantwortlich, um solcher Punctillen Willen einen grossen Theil der Welt in Combustion zu setzen und solchen Krieg zu veran- lassen, dessen vielleicht unser keiner das End sehen werd; als Blaspeil hierbei interrumpirt, dass eben dieses bei den vorgewesten Krieg im Norden practicirt worden und der Fried denen nordischen Königen gleichsam vorgeschrieben, habe ich replicirt, dass dieses nit pro exemplo, sondern pro scandalo orbis et seculi nostri zuhalten; mir wäre bewusst, wie es darmit abgeloffen ; die Gesandte^ als sie mit ihrem Project auf- gezogen, wären fast schimpflich von dem König aus Schweden getractirt und abgewiesen worden, es hätte der Fried auch ehender nit können geschlossen werden, als bis die kriegende Parteien per plenipotentiarios suos, wie es sich gebührt und Herkommens, mit einander getractirt und geschlossen; habe zum Beschluss gemelt, dass E. K. M. nit aussetzen würden ein Weg als den andern den Frieden zu befürderen, exhortando, dass man ihrerseits dergleichen thun wolle. Ich habe observirt, dass, als ich gemelt, dass der Herr Bischof der schwächere Theil wäre und daher der Fried bei ihme nit stecken würde, dass ich auch nit wüsste zu combiniren, dass man ihn einerseits so hoch verachtete und ander- seits so grosse und dispendiosa foedera wider ihm machete, dass sie in- sinuirt, als glaubeten sie noch einigermassen, dass etwas Grosses, was bis dato noch nit herfürkommen, hinter diesen münsterischen Wesen steckete.

Ferner melden sie. es hätte der König in Frankreich nitro seine Mediation angetragen zu Componirung der zwischen S''. Ch. D. und H". Herzogen von Neuburg noch schwebender Differentien super his statibus Juliacensi- bus'), ob E"". K. M. nicht möchte beliebig sein bei den Fürsten zu hoher kaiserl. Gnad dero kaiserl. Authorität auch bei diesem Werk zu inter- poniren; respondi, dass ich hierüber keine andere Information hätte, als was etwa discursweis möge darvon sein gemelt worden, dass ichs E^ K. M. unterth. hinterbringen wollte; etwas habe ich blicken lassen, als käme mir fremd für, was sie von der französ. Mediation gemelt.

0 Vergl. Urk. u. Act. II. 314, XL 739.

250 I^'- Krste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 166.') ilai 1668.

Blaspeil ist vergangenen Tagen wiederum mit einigen Neuburgisclien unter- wegs zwischen Düsseldorf zusammen kommen und wird man zweifels- ohne sich zum Schluss näheren und etwa E^ K. M. Confirmation und garantiam darbei suchen. Ich werde E"". K. M. gnädigsten Befelch hierüber erwarten.

Vane ist abgereist; Goess hat sich bemüht ihm eine gute Meinung von des Kaisers Absichten beizubringen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 24. Febr. 1666. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die Allianz mit den Staaten und seine Haltung in der Münsterer Streitfrage. Rath des Goess. Jena's Sendung zum Bischöfe von Münster. Französische Mediation in der Neuburg-brandenburgischen

Streitfrage.]

24. Febr. Am 22. Unterredung mit dem Kurfürsten. Dieselbe haben fast sorg-

fältig gesucht mir alle ungleiche Opinion von dieser dero Allianz mit den Staaten General zu benehmen ^). Es seind darbei fast eadem repetirt worden, was mit dem Baron von Schwerin und dem Blaspeil vorkommen. Allein als der Churfürst zu einiger Impatienz ausgebrochen und gemeldt, wann wir von Anfang den Herrn Bischofen inhibirt hätten, wäre es nit so weit kommen; wann ein evangelischer Stand soviel wie er gethan wären schon fulmina vom kays. Hof dargewesen; es wäre kein Exempl. dass sich einer unterstanden, was der Herr Bischof da gethan etc., habe ich geantwort, E. K. M. hätten nichts unterlassen, was dero kay. Amts wäre; man hätte deroselben gleichsam die Häud gebunden. Exempla wären odiosa und könnten dergleichen wohl andere angezogen werden, innuendo ipsum Electorem. Mein Bedenken bei dieser Allianz wäre hauptsächlich dieses, dass grosse Jalousie hierdurch gegeben wird und S. Ch. D. von dem proposito den Frieden zu befürderen scheinen ab- zuweichen und die Kriegsflammen noch mehr anzuzünden. Darauf sie abermahlen hohe und theure contestationes gethan den Frieden zu desi- deriren und denselben zu wollen helfen befürderen. Der Herr Bischof solle nur Fried machen, so wolle er gleich disarmiren, es wäre sein Interesse und würde er solcher gestalt die Unkosten, in welchen er sich stecken müsste, ersparen. Allergnädigster Kaiser! quod factum, infectum fieri nequit; man hat nun dahin zu sehen, dass man das beste daraus nehme und

') Vergl. das Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser d. d. Cleve 22. Feb. 1666. Urk. u. Act. XI. 688: das Antwortschreiben des Kaisers vom 23. März ebendaselbst; Anm. 2.

Der Kurfürst uud die Staaten. Jeua's Verliaudlungeii mit dem Müiistercr. 251

grösser Unheil abwende; welcher der Zweck ist, wohin ich nun meine Negociatiou einrichte.

Friedrich Wilhelm hat .Jena zum Bischöfe von Münster geschickt, um ihn zu Friedensverhandlungen zu vermögen ^). Schwerin fordert den Goess auf die guten Beziehungen des Kurfürsten zum Wiener Hofe durch geschicktes Benehmen zu erhalten und Berathimgen zu pflegen, wie man sich verhalten solle, wenn es doch vivente rege zur Wahl in Polen kommen sollte. Betreffend des Königs aus Frankreich Mediation in causa Juliacensi, hat der König den Lerodt, als er zu Paris wäre, dieselbe angetragen, welche der Herzog, sein Herr, nit ausschlagen können; gäbe zu verstehen, dass man die Tractateu vor- hcro schliessen und dem König hernacher honoris causa darzunchmen künnte. . . . Der Kanzler Jena betheuert seine gute Gesinnung.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 3. März 1666. (Or.)

[Abschluss des staatisch-brandenhurgiscben Bündnisses. Erklärungen des Bischofes

von Münster an Jena.]

Schreiben vom 11. Februar erhalten, worin ihm befohlen wird, welcher S.März, gestalt ich mich dahin zu bemühen, dass dieser Churfürst ausser Partei und neutral bleiben möge. Aas des Gesandten Schreiben vom 20. und 24. Fe- bruar wird der Kaiser den erfolgten Abschluss des Bündnisses und des Gesandten fernere Unterhandlungen ersehen haben. Der Bischof von Münster hat sich Jena gegenüber bereit erklärt, die Verhandlungen zu beginnen, Aachen als Verhandlungsort vorgeschlagen und den Kaiser, Brandenburg, Cöln, Neuburg, Bischof von Paderborn-) und Herzog August von Wolfenbüttel als Mediatoren gewünscht ^). Der Kurfürst ist zufrieden, macht sich Hoffnung auf Erfolg ; Goess zweifelt an der Aufrichtigkeit des Münsterers.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 10. März 1666. (Or.)

[Frage der Zuziehung des Kaisers als Vermittler in der Diiferenz des Bischofes von Münster und der Staaten. Erklärungen Frankreichs in dieser Angelegenheit. Blas- ])eirs Mission nach dein Haag. Colbert's Erklärungen. Stellung des Herzogs von

Wolfenbütte].]

Der Bischof von Münster hat, wie aus des Jena Berichten, die dem Goess 10. Mär/,, auszugsweise vorgelegt wurden , zu ersehen , dem Kurfürsten freigestellt, Goess zu den Tractaten zu ziehen. Nun habe ich dem Herrn Bischof E''.

') Ueber diese Sendung Jena's Urk. u. Act. IX. 689ff.; Tücking 1. c. 142.

-) Ferdinand v. Fürstenberg.

") Vergl. Urk. n. Act. XI. 693; Tücking 1. c. 142.

252 IV. Erste Mission des Frciherrn Johann von Goess. Jan. 16G5— ^ilai 16G8.

K. M. Mediation zu Coesfeld angetragen, der dieselbe auch damahlen acceptirt. Ich habe doch aus E"". K. M. P. S. vom 5. Januarii') so viel vermerkt, |:dass dieselbe zwar gern diesen Frieden befürderter sehen thäten, doch dass man wegen der dabei angedeuten Ursachen behut- sam darin zu gehen und andern den Schein der Negociation lieber zu überlassen :|. Auch sei es zweifelhaft, ob die Staaten die Mediation des Kaisers zulassen würden. Friquet hat Goess wissen lassen, dass der d'Estrades gegen dem Pensionario de Witt gemelt, dass sein König zwar in den Frieden mit Münster consentiren wolle, doch unter diesen 2 ausdrücklichen con- ditionibus; 1°. dass die Tractaten unter E''. K. M. Mediation nit vorge- nommen würden; 2°. dass der Herr Bischof disarmiren müsste. Bittet daher um Instruction, ob er sich an den Friedensverhandlungen officiell bethei- ligen soll. Die Staaten haben bisher sich geweigert, sich in feierliche Ver- tragsunterhandlungen mit dem Bischöfe einzulassen. Blaspeil ist nach dem Haag gereist, um die Staaten dazu zu bewegen und die Auszahlung der Gelder zu urgiren-). Viel kommt auf Frankreichs Stellung an. Der Colbert sagt, dass sein König den Frieden desiderire und dass er Ordre habe, solang dahie zu verbleiben, bis derselbe geschlossen^); von dem Graf Wilhelm von Fürstenberg rapportirt er, dass Chur Colin und der Herzog von Neu- burg propositas conditiones pacis so aequitabl befinden, dass sie zu An- nehmung derselben den Herrn Bischof nicht allein adhortiren, sondern in casum renitentiae darzu necessitirn helfen wollen '). Der Kurfürst tlieilt Goess mit, dass der Herzog von Wolfenbüttel auf die Seite der mit den Holländern Verbündeten getreten ist.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 13. März 1666. (Conc.)

[Nothwendigkeit des Friedens zwischen Münster und den Staaten. Billigung der

Bemühungen des Goess in dieser und der Frage des Ausgleiches zwischen Neuburg

und Brandenburg. Erneuerung der Allianz von 1658.]

13. März. Da nach den Berichten des Gesandten die Sache bereits zum Abschlüsse

zwischen Brandenburg und den Staaten gelangt ist, hat Goess alles aufzubieten, damit der Vergleich zwischen Münster und den Staaten geschlossen wird; dem Münsterer insbesondere möge er vorhalten, wie nothwendig es für ihn sei, Frieden zu schliessen, da das verhoffte Bündnis zwischen Spanien und England

') Liegt vor. Inhalt aus dem obigen zu entnehmen. 2) Vergl. ürk. u. Act. XI. 694f.; Lefevre-Pontalis 1. c. I. 374f. ^) Für Frankreichs Haltung in dieser Zeit Urk. u. Act. II. 348 ff. *) üeber Colbert's Verhandlungen mit Wilhelm Fürstenberg vergl. Urk. und Act. II. 358 f.

Münster-staatischer Conflict. Brandenburg-staatische Allianz. 253

SO lange nicht erfolgt sei. Desgleiclieu billigt der Kaiser den Plan der Aus- söhnung zwischen Brandenburg und Neuburg und ertheilt Goess den Befehl, alles was in seiner Macht steht, zur Beförderung dieser Angelegenheit zu tlum, spricht jedoch zu gleicher Zeit sein Verwundern darüber aus, dass fremde Potentaten in diese Sache hineingezogen würden. Der Kaiser fordert Goess schliesslich auf nochmals die Erneuerung des alten Vertrages von 1658 bei Brandenburg vorzuschlagen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 17. März 1666. (Or.)

[Abschluss der brandenburg-staatischen Allianz. Erklärungen des Kurfürsten bezüg- lich derselben. Unterredung des Goess mit den Brandenburgern über die dem Bischöfe gestellten Bedingungen. Wicquefort. Buschmann. Geschenk der Franzosen an die Kurfürstin. Schwerin's Mittheilungeu über die Friedenspropositiouen der Staaten. Ermahnungen des Mainzers.]

Goess übersendet ein Exemplar des staatisch-brandenburgischen Vertrages; 17. jjärz. er vermuthet, dass Secretartikel gemacht worden sind. Zwar protestirt S. Ch. D., dass sie nicht zusehen wollen, dass dem Reich, weder dem Herrn Bischof ein einziger Fuss Erden entzogen werde, quod ego tamen cum grano salis intelligo und wollte mich nit gern darauf verlassen, wann es ad arma käme und sie grosse Progressen darbei thäten. Die neuen Be- dingungen der Staaten scheinen dem Goess sehr hart, er hält dies für eine Folge des Bündnisses der Staaten mit Brandenburg und sagt dies auch dem Kurfürsten, welcher aber wie seine Räthe gegen den Bischof in heftige Klagen ausbrechen. Ich kann änderst nicht sehen, als dass I. Ch. D. serio den Frieden verlangen, das sehen sie aber auch nunmehr, dass sie denselben anietzo nit also wie in statu neutralitatis mit Nachdruck befürderen können. Gut ist, dass Jena') sich noch aequanimem erga episcopum bezeige und ist zu verhoffen, dass er |:die articulos zu welcher Aufsatz er concurrirt, als raisonable wird helfen manuteniren; ich habe aber nicht lassen auf die Erd fallen, was der Churfürst gegen mich :| in discursu gemeldt, dass nemlich der Colbert, als er die von Jena eingeschickte articu- los provisiouales gesehen, dieselbe für billich und darfür gehalten, dass die Staaten General kein Bedenken darbei haben sollten. So habe ich I. Ch. D. auch erinnert, dass, als sie mir eben diese conditiones nach Coesfeld nachgeschickt, sie damahleu darbei gemeldt^ dass sie dieselbe zu hart befunden und daran sein würden, dass sie möchten gemildert werden. Goess drängt darauf, dass Schmising und Beveruingk hieher kommen, damit man mit Nachdruck in der Ausgleichfrage verhandeln könne. Es ist ein ge-

') üeber Fr. v. Jena's Sendung in dieser Sache Urk. u. Act. XI. 689 ff.

254 I^- K'^^ite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1660 Mai 1668.

wisser Wicquefort, von dem E. K. M. werden gehört habeu, der in Holland in den Intriguen gar viel gebraucht wird, vergangenen Tagen dahie gewest; der hat gegen einem in Vertrauen gemeldt, dass man in Holland den Frieden sehr von IS^öten habe. . . . Von Schweden hat man zwar gute Opinion und begehrts anderen auf alle Weis zu inpri- miren, dass dieselbe wenigsten werden neutral bleiben. Der kiiiköll- nische Kanzler Buschmann war hier'), einen Tag nur. Er hat sich Goess gegen- über über den Bischof von Münster und dessen Kampf beklagt; aber erklärt, auch seni Herr glaabe, man müsse die Rechte des Bischofes auf Borkelo aufrecht- erhalten und einen Ausgleich auf gütlichem Wege in diesem Punkte versuclien. Colbert hat ein schönes Geschenk für die Kurfürstin aus Paris erhalten, als Dank für die Erlaubnis das Taufpathenamt bei dem Prinzen Friedrich ausüben zu dürfe«. Es ist ein Ameublement, grosse Leuchter und vieles andere. Goess meint auch der Kaiser sei Schuldner ex eadem occasione.

Indem ich mit der Post occupirt , ist der Baron von Schwerin zu mir kommen und referirt, dass der Blaspeil aus dem Haag schreibe, dass mau in Holland nun die vor diesem projectirte conditiones fast nit halten wolle; der Herr Bischof hätte dieselbe nit augenommeD, sie wären nit daran gebunden; laesas provincias spirare vindictam. Niemand zeigete nun bessere Intention zum Frieden, als der de Witt. . . . Ich habe insinuirt, dass eben dieses alles fructus electoralis novi foederis wären; das foedus aber künnte I. Ch. D. nit verbinden, dass sie unbilligen Dingen beifallen müssten. Wann man in Holland solche Resolution bei dem Churfürsten verspüren würde, hätte man zu hoffen, dass sie sich bes.ser zur Raison legen würden. Non negabat, dass sie nun nicht so frei sprechen, noch operiren künnten, dass gleichwohl die conditiones also gethan, dass der Herr Bischof sich darmit befriedigen künnte. Au Borkelo esse tanti, dass man sich in einem gefährlichen Krieg darum einlassen sollte? Die Schweden würden Interim Bremen occupiren, mit des Reichs und sonderlich der Benachbarten höchsten Schaden; das Haus Lüuenburg würde es ungern sehen und doch geschehen lassen müssen. Facta pace würden die Schweden dieses Werk nit leicht ten- tiren und mehr Reflexion auf die Benachbarte machen müssen.

Der Mainzer ermahnt den Kurfürsten den Frieden zwischen den Staaten und dem Bischöfe von Münster zu befördern.

') lieber die kölnisch-braudenburgisehen Beziehungen dieser Zeit ürk. u. Act. XL 706 ff.

Verhandlungen d.Geueralstaaten mit Münster. Tlieilnahrae d. Kaisers an denselben. 255

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 23. März 1666. (Copie.)

[Tbeiluahme des Kaisers an den Friedensverhandlungen zwischen Münster und den

Staaten.]

Berichte vom 3. und 10. März erhalten. Anlangend ob du dich des -3. März, officii bei Fortgang der Tractaten sollst annehmen, stellen wir ausser allen Zweifel, nachdeme wir uns dessen vorhin nicht allein gegen beiden kriegenden Parteien, sondern auch seithero allhier gegen dem könig- lichen engelländischen Abgeschickten ') ausdrücklich erklärt und uns destwegen aller Hilfleistung für ein und andern Theil entschuldiget, . . . sowohl auch, weil die Cron Spanien nunmehr selbst den ihrigen zu solchen Tractaten zu concurriren befohlen und solches um so viel mehr, weilen uns als einen römischen Kaiser bei dieser das heil. röm. Reich so hoch concernireuden Sach die Hand zu haben vor allen andern ob- liegen will, dessen wir uns um so viel weniger zu begeben, je mehr und ungescheueter die Krön Frankreich sich darein zu schlagen und uns darvon auszuschliessen sich bemühen will.

Dem Kaiser wäre es lieber, wenn die Verhandlungen nicht in feierlicher Weise geführt würden, weil man so schneller zum Abschlüsse kommen würde. Er übersendet Goess Vollmacht für die Verhandlungen und für die Garantie des eventuell zustande kommenden Vertrages.

Bei denen Tractaten aber wirst du sonderlich dahin zu gehen haben, dass uns und dem heil. Reich nichts benommen, des Bischofs zu Münster Altesse da möglich und die Sach an sich selbsten als wie vorgegeben wird, beschaffen, Borkelo verbleiben, auch im übrigen die conditiones pro re et tempore auf das leidlichste eingerichtet und der Schluss ehist befürdert werde, sonderlich aber wohl in Acht zu nehmen, dass die Sicherheit des Friedens also bestellt werde, damit sich nicht weniger ein als der ander Theil darauf zu verlassen habe.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 23. März 1666. (Copie.)

[Nachrichten vom Abschlüsse einer spanisch-englischen Allianz und eines spanisch- portugiesischen Waifenstillstandes. Verhandlungen bezüglich der Münster-staatischen Differenz. Brandenburg-schwedische Allianz.]

Der Kaiser wird wohl schon des Goess Bericht vom 17. März und die mit 23. März, demselben übersandte Abschrift des Allianztractates zwischen Brandenburg und den Staaten erhalten haben. Seitdem ist die Nachricht vom Abschlüsse einer

') Lord Carlingford.

256 ^^- Eiste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 16G5 Mai 16G8.

Allianz zwischen Spanien und England und eines Waffenstillstandes zwischen Spanien und Portugal eingetroffen'). Schmising^) ist am 17. hieher gekommen, hat die Bereitwilligkeit seines Herrn sich den Bestimmungen der Mediatoren zu fügen ausgedrückt. Der Churfürst ist ziemlich auf dem haagischen Pro- ject bestanden, als dem Friquet dasselbe imputirend und excusirend, dass nun schwer fallen würde hiervon abzuweichen, als man aber ver- merkt, dass ich den Schmising informirt, wie es mit diesem Project bewandt und wie dasselbe von dem Pensionario de Witt entworfen, hat mau nacher gemelt, dass P. Ch. D. ministri in dem Haag parte darbei ge- habt und aequitatem conditionum propositarum behaupten wollen. Auf die Nachricht, dass Beverningk von Seiten der Staaten, die den Verhandlungen nicht mehr so entgegenstehen, nach Cleve gesendet werde, sucht man allerseits alles für die Verhandlungen vorzubereiten^).

P. S. Der Churfürst hat mir erzählt, dass nachdem die Nachricht seiner mit den Holländern geschlossener Allianz nach Stockholm kommen, die schon lang vorgehabte Allianz mit der Cron Schweden alsobald darauf zur Richtigkeit kommen^).

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 14. April. 1666. (Or.)

[Nenburg-brandenburgische Verhandlungen. Königswahl in Polen. Deputirte für die Verhandhmgen bezüglich des staatisch-münsterischeu Friedens. Antheilnahme des Goess an den Beralhungen über das staatische Friedensproject. Fiesultate derselben. Ankunft des dänischen Gesandten. Postwesen. Jägerndorf. Erneuerung des Bünd- nisses von 1658. P. S. Urtheil des Goess über die allgemeine Lage. Pläne Frank- reichs, der Staaten. Erklärungen Wilhelm Fürstenberg's. Urtheil des Goess über des Brandenburgers Pläne. Friedensneigung des Bischofes von Münster.]

14. April. Was den Punct der zwischen dem Churfürsten und dem Herzog

von Neuburg obhandener gütlichen Tractaten über das jülich'sche Suc- cessionswerk betrifft, hat der Churfürst mit unterthänigen Dank ange- nommen, dass E. K. M. gedachte Tractaten gnädigst begehren zu befür- deren. Des Königs aus Frankreich hierbei offerirter und acceptirter Mediation wegen, hat er die Schuld dessen auf dem Herzog von Neu-

') Die Nachrichten waren nicht richtig. Vergl. für diese Verhältnisse Klopp 1. c. I. 126ff., 131; Ranke, Engl. Gesch. V. 22f.

■^) Martthias Koiif, genannt Schmising, münsterischer Domherr; vergl. über seine Sendung ürk. und Act. XI. 702f, TlOff., IL 371: Alpen 1. c. 716; Tücking 1. c. 143.

^) Für die Verhandlungen Beverningk's vergl. Urk. u. Act. II. 329£f., III. 166ff.

*) Allianz vom 27. März 1666; vergl. Mörner I. c. 277fF.; vergl. Urk. und Act. IX. 818 f.; Puf. 1. c. IX. 70.

Neuburg-brandenburgisehe Verhandlungen. Siaatisch-müasterischer Friede. 257

bürg geworfen. Nachdem dieser die.se]be angenommen, wüsste er's seiner Seit nit auszuschlagen. Bezüglich der polnischen Wahl betont Goess, der Kaiser wünsche, dass den Polen ihre Wahlfreiheit gelassen und zu Lebzeiten des regierenden Herrschers überhaupt keine Wahl vorgenommen werde. Die Vertreter der verschiedenenMächte. Beverningk für die Staaten; Schmising und Wiedenbrück für Münster; Schönborn '), Patz-) und Gudenus^) für Mainz; Wilhelm Fürstenberg und Kanzler Buschmann für Köln; Giese'*) für Neuburg, sind eingetroffen, nach ihnen dann der Wolfenbüttler Heimburg; der cellische Vertreter Dr. Müller^); Dechant Kotier*^) für Paderborn; zuletzt Grote') und Dr. Hugo-) als Vertreter Hannovers. Von Brandenburg sind Schwerin und Blaspeil abgeordnet worden; diese erklären dem Goess gleich, die Staaten dürften bei dem Haager Projecte nicht bleiben wollen. Nachdem Beverningk den brandenburgisclien ein Project übergeben, wird bei Goess über dasselbe berathen. Goess betont, die Haupt- sache sei, dass alles im vorigen statum, wie es vor'm Krieg gewesen, hergestellt und die Strittigkeit wegen Borkelo durch ein Compromis, wann kein sequestrum zu erhalten, abgethan würde, ersucht die Vertreter Brandenburgs mit Beverningk zu sprechen und ein neues Project zu verfassen. Dies geschieht, doch weicht das neue Project von dem Beverningk's in keinem wesentlichen Punkte ab. Die Käthe Friedrich Wilhelms erklären, sie hätten von Beverningk nicht mehr erhalten können.

Am 2. April erhält Goess die Vollmachten zur Mediation und zur Er- neuerung des Bündnisses von 1658. Da der Münsterer ihn schon gebeten hatte zu interveniren , begibt sich Goess zum Kurfürsten und erklärt demselben, dass das Werk (Einigung zwischen Mün.ster und den Staaten) mit besseren Nachdruck müsste angegriffen werden, wollte man änderst daraus kommen. Wann I. Ch. D. daran sein wollten, dass die Staaten General das haagische Project mit sammt dem Temperament in puncto Borkelo hielten und in den übrigen Punkten einige billichmässige Moderation litten, wollte ich mich bemühen, die bischöflich-münsterische dahin zu disponiren. Habe viel rationes angezogen, warum der Churfiirst dieses zu thun. Seine Allianz mit den Staaten General thäte ihn zu mehreren nicht verbinden und könnte ich nit glauben, dass S. Ch. D., als so ein genereuser Herr, den Namen haben wollten, dass, was sie einraahl approbirt, nun um

') Melchior Friedrich von Schöuborn.

■'O Heinrich Patz.

^ Job. Christ. Gudeniis.

■•) Franz Giese.

■'') Ernst August Müller.

^) Caspar Philipp v. Ketler; neben diesem auch Joh. Adam v. Fürstenberg und

Conrad Meinders.

') Otto Grote.

*) Ludolf Hugo

Mater, z. Gesell, il. G. Kiirfüisteii. XIV. 1 (

258 I^- Kiste Mission des Freiiierrn Johann von Goess. Jan. 1GG5 Mai IHGS.

einige geringe Beneficien oder Nutzbarkeiten disapprobiren wollten. Der Kurfürst hat versprochen, was er kann, zu tliun. Von ihm ist Goess zu den Vertretern des Biscliofes von Münster geeilt, und habe sie nach vielen Difficulteten vermögt, dass sie sich zu obangedeuter Intention be- quemet; doch dergestalt, dass sie auf sich nahmen, I. F. G. von Münster dahin zu disponiren, dann sie wären hierzu nit instruirt. Darauf beruft Goess für den Nachmittag alle Räthe zu einer Versammlung in sein Haus. Nach Beilegung ceremonieller Streitigkeiten erklären die Vertreter des Branden- burgers, Beverningk wolle von dem haagischen Project wegen Borkelo nichts wissen; er erklärete sich in hoc puncto also: dominium directum in Bor- kelo maneat Domino Episcopo; renunciet iuri superioritatis, salvis iuribus imperii. Den änderten Tag hernach, als man den Artikl mit Vorbei- gehung der Renunciation hiernach eingericht, haben die churbranden- burgische, nachdem sie mit Beverningk daraus conferirt, zurückgebracht; Beverningk disputire zwar das ins directum dem Herrn Bischof nit, er wolle es aber in dem articulo nit haben'). Die Sach gienge den Staaten nit an, man möchte sehen, wie man den Grafen von Styrum mit dem Herrn Bischof vergliche^). . . .

E. K. M. kurz zu referiren, worin unsere consultatioues bestanden, seind dieselbe über diese 4 Puncten hauptsächlich gewesen. 1". wegen Borkelo; 2°. wegen Renunciation auf allen Praetensionen ; 3'^. wegen Ab- dankung der Völker und limitirter Anzahl derienigen, so der Herr Bischof zu behalten und 4°. wegen künftiger Werbung. Die Renunciation iuri superioritatis auf Borkelo retento dominio directo et salvis iuribus imperii, haben endlichen alle darfür gehalten, dass der Herr Bischof, wann man staatischer Seiten, nit darvon abstehen wollte, amore pacis dieselbe thun möchte, wie nit weniger die andere auf den übrigen Praetensionen, die man vagas nennt und darvon ohne das nit viel zu hoffen seie. Den 3. Punct der Restriction der Völker auf 2000 Mann, so der Herr Bischof nach der Abdankung allein zu behalten, haben alle tanquam summum praeiudicium iurium principum imperii sehr empfindlich auf- genommen, wie nit weniger, wann man in 4" puncto potestatem conscri- bendi militis ultra coustitutiones imperii restringiren wollte. Die Münsteri-

') üeber den Gang der zu Cleve geführteu Verlianuiuugeii vergl. Uik u. Act. XI. TlOff.: II. ;i82fF

-) Graf Jodocus von Liiuburg-Styrum; ül)er seine Bedeutung er hatte, wie seine Vorfahren, als Verwandter des letzten rechtuiässigen Inhabers der Herrschaft Borkelo auf dieselbe Ansprüche erhoben und als diese von dem Bischof von Münster nicht berücksichtigt wurden, sich an die Regierung von Geldern gewendet vergl. Urk. u. Act. XI. GI.'j.

Goess und die Miinster-staatisclien FriedensverhandUmiren. 259

sehen haben sich bereit erklärt ihrem Herrn von den Resultaten dieser Be- sprechungen Mittheilung zu machen. Goess spricht im Sinne der Beilegung mit Beverningk, der aber erklärt, wann der Herr Bischof propositas conditiones nicht annehmen wollte, er Befelch hätte, zu abrumpireo und nach Haus zu kehren, welche minas er gar dextre zu Hof und anderwerts hat wissen zu intentiren; daran doch ich meines Orts mich nit viel gekehrt, sondern mit Glimpf geantwortet, dass ich verhoffete, er würde es nicht thun, sondern vielmehr das Friedenwerk bis zum völligen Schluss helfen beförderen; wanns aber anders geschähe, so würden wir ein Wegs als den andern unsere officia mediationis continuireu und der ganzen Welt bekannt machen, dass es an uns nit gemangelt, dass der Fried nit erfolgt. Der dänische Gesandte, Detlef von Ahlefeld, ist ruch hier angekommen, er soll I)ezüglich Delmenhorst Verhandlungen pflegen. Goess hat dem Friquet von dem Staude der Verhältnisse genauen Bericht erstattet, damit derselbe im Haag operiren könne.

Ich befinde, dass der de Witt die Sach viel mehr sucht zu facili- tiren, als der Beverningk allhier. Zwar sagen die churbrandenburgische, der de Witt gebe gute Wort und wann's zum Werk komme, suche er Ausflucht, der Beverningk aber gehe viel runder und aufrechter um. Quidquid sit, ich halte pro indubitato und hätte mir getrauet, dass wir viel besser mit dem durch dem Friquet angefangenem modo tractandi fortgekommen wären, als auf die jetzt angefangene Weis.

Nach neuen Berathungen fordert man von Beverningk eine endgültige Ent- scheidung; er übergibt durch die Brandenburger ein Project, dass er als Ulti- matum bezeichnet. Die Churbrandenburgische hielten darfiir, dass wann man dies Project annähme, die Sach darmit abgethan sein würde. Die Vota der Chur- und Fürsten seind dahin gangen, dass man denen Münsterischen anzudeuten, dass die mediatores darfür hielten, dass der Herr Bischof amore pacis in der Renuuciation super iure superioritatis in Borkelo salvis iuribus imperii einwilligen möchte. Was in puncto exauctorationis gesetzt wurde, hierin thäte man 1. F. G. weder zurathen noch widerrathen; sie würden momenta rerum und ihren Zustand am besten kennen und dero resolutiones hiernach wissen zu nehmen. Wann aber die bischöflichen pressirt und gefragt, wann sie den mediatoribus deferiren und dannoch die Staaten den Frieden ausschlagen würden, was für Assistenz man zu gewarten, hat man die Achsel geschupft und sich defectu instructionis excusirt. Und wäre zu wünschen gewesen, dass solches intra consessus parietes verblieben; nachdem aber solche dispo- sitiones auf unserer Seiten nit allein gemerkt, sondern auch zuweilen

17*

260 I^'- E'"«te Mission des Freiheirn Johann von Goess. Jan. 1665- Mai 16G8.

gestanden worden, ist leicht zu erachten, dass man sich um so viel mehr auf der andern Seiten gestärkt und den postulatis inhaerirt. Giese und Grote sind mit Wiedenbrück zum Bischöfe von Münster geeilt, um ihn zur Annahme der staatischen Bedingungen zu bewegen.

Ich sehe, dass man dahie praesupponirt, dass der Herr Bischof propositas conditiones annehmen werde und wann gesagt wird, dass sie gleichwohl in etlichen Stücken allzuhart, so antwort man, dass die Maul- schellen, welche der Bischof den Holländern gegeben, noch viel härter; auch da.sjenige, was ihm bei ausschlagenden Frieden zu gewarten stehet, noch viel härter fallen werde.

Das Postwesen betreffend, wird Goess wiederholt angegangen, ob die Ent- scheidung des Kaisers auf das Begehren des Kurfürsten, der freie Verfügung bezüglich der Post in seinen Ländern fordert, noch nicht eingelaugt sei. Goess hat sich nicht getraut, das was der Kaiser ihm diesbezüglich geschrieben dem Kurfürsten mitzutheilen, aus Furcht vor üblen Consequenzen und hat daher ge- sagt, er erwarte Bescheid. Goess bittet um Nachricht, wie er in dieser Sache vorgehen soll ').

Jägerndorf betreffend wäre gut und gewiss fast nöthig, dass dieses Werk dermahlneinst zum End käme. E. K. M. können schwerlich glauben, wie zu aller Gelegenheit unsere Widerwertige sich dieser Sach (darbei sie des Churfiirsten Empfindlichkeit wissen und dass ihme das Geschwer immerzu wehe thut) zu ihrer bösen Intention und zu E"" . K. M. Schaden bedienen. In allen negotiis stehet mir dieses entgegen und ob ich zwar einiger gnädigste Zuneigung zu meiner Person und so weit eine gute Opinion von Aufrichtigkeit bei dem Churfiirsten erworben; auch data occasione nit unterlasse zu repraesentiren, dass dieser Ver- schub uns nit zu imputiren und dass man thut was möglich !■' . Ch. D. hierin Satisfaction zu geben, so will doch alles in die Länge nit helfen und ist gewiss E"". K. M. zu rathen, dass sie diesen nun all zu lang in Weg gestandenen lapidem offensionis, daran schon all viel gute negocia- tiones gescheitert cum simili in posterum periculo massen ich täglich von den W^ohlintentionirteu dessen gewarnet werde ie ehender, ie besser auf die Seite räumen lassen. In puncto renovationis et extensionis foe- deris, habe ich zwar sowohl bei dem Churfiirsten als dem Baron von Schwerin angesucht, damit wir darüber zusammen in Conferenz treten möchten, darzu S. Ch. D. sich auch geneigt erzeigen. Es haben uns aber diese Friedensnegociationen allerseits also anhebig occupirt gehalten,

') Yergl. über diese Frage; Orljch. Geschichte Preussens 1. c. II. 416 ff.

Jägerncloif. Eineuerimg- des Bündnisses von 1658. Pläne Frankreichs. 261

dass ich bis dato ait darzu kommen können; ich werde aber antreiben, damit es ehister Tagen geschehe.

P. S. Habe E. K. M. unterthänlgst zu erinnern und werdens die- selbe für sich selbst leicht erachten können, wie circumspect und behutsam ich in dieser Negociation gehen müssen. |:Ich bin gesessen mitten unter Leuten, die in der rheinischen Allianz und sich mit Frankreich verstehen und alle consilia und was vorgehet, dahin communiciren :|, Nun ist nit ohne, dass in Holland auch von den Unserigen praesupponirt wird, der König in Frankreich begehre den Frieden zwischen Münster und Holland. Colbert hat sich dahie fast passive gehalten und gemelt, er hätte keine Ordre circa haec. Er hat's thun können, nam habuit per quos ageret, eodem tempore, als er zu Hof sagte in puncto der Disarmirung des Bischofs zu i\Iünster, dass sein König nit so lang gefochten pro über- täte principum Germaniae, damit er ietzunder dieselbe helfe unter die Füss bringen, hat er gegen dem Beverningk gemelt, animando, er hätte des Königs Ordre bei sich und würde Pradel ad nutum operiren.

Ich setze pro fundamento, und also werd's von männiglichen glaubt, |: dass des Königs in Frankreich Intention ist, den Krieg wider Niderland vorzunehmen; das macht mir suspectum, dass er diesen Frieden sincere begehren solle, dann es scheint, dass die Continuation des Kriegs, darein wir alle allgemach werden eingewickelt werden und dardurch zu Haus occupirt, zn diesem seinem disegno diene. Die Ge- legenheit, die abdankende Völker an sich zu ziehen, non est tauti, dass sie gegen die andere Consideration könne gesetzt werden. Ich weiss mit gutem Grund, dass der König in Frankreich Churcölln, Neuburg und Münster stark sollicitirt zu der Eroberung der Niederland ihme zu assi- stiren, promittendo montes aureos et partem spoliorum ; was er vermeint, dass einem ieden ein Appetit machen könnte. Churcölln hat nit könuen über's Herz bringen, dass er E. K. M., die ihm mit Blutfreundschaft verwandt, unverschuldter Dingen soll ein solches Unrecht thun, non obstante, quod urgent ministri. Neoburgicus ist denen Spaniern nicht hold und hat privatas simultates mit Castel-Rodrigo, hat die fundamenta der französischen Praetension auf die niederländischen Provincien extol- lirt, renunciationem esse nullam propter non solutam dotem und w'as mehr wider des Stockmans publicirte rationes kann gesagt werden; quid ad se, aut alios Belgium? Der Jalousie halber propter vicinos Gallos würde sich die Sach schon künftig schicken. Münster hat die Widerpart gehalten und die gefährliche Consoquenzcn repraesentirt. Man solle nun

262 ^^ Erste Mission des Freihenn Johami von Goess. Jan. 16G5— Mai 1668.

zwar völlig von diesen Gedanken abgangen und gewichen sein, sed est timenda recidiva et sunt tiineudae ingentes sollicitationes. Wird also gut sein, dass man invigilire und dem Uebel so viel möglich vorkomme, und möchte rathsam sein, dass der Herzog von Neuburg spe coronae Polonicae so viel thunlich lactirt würde. Ich habe derowegen mich in dem, was dies Werk angehet, gegen diesen Churfürsten also verhalten, wie E. K. M. in meinem andern Schreiben ersehen, contestando in reliquo affectum V"^. M'*^ erga ducem Neoburgicum :|.

Buschmann ist dem Kaiser w'ohl gesinnt; er glaubt nicht, dass die er- wähnten Mächte sich werden bewegen lassen, direct gegen die Niederlande zu operiren; aber er kann nicht versprechen, ob sie nicht den Durchzug kaiserlicher Truppen nach den Niederlanden hindern werden. Wilhelm Fürstenberg ist die rechte Hand Colbert's.

Ich halte den articulum de exauctoratione dahin entworfen, dass auch die Staaten General pro rata et pro eo, quod ferret bellum cum Anglis, wie nit weniger dieser Churfürst und die Herzogen von Braun- schweig disarmiren sollten. Fürstenberg hat sich darüber also erhitzt, dass er sich blos gegeben; er hätte keinen Befelch iemand einige Disar- mation zuzumuthen und möchte man leiden, dass man dieser Orten noch mehr armirter stünde. . . .

Sonsten hat mir der Graf von Fürstenberg in discursu gesagt, dass der König von Frankreich gegen ihm unterschiedlich gemelt, dass er wüsste, dass E. K. M. und dero hochlöbl. Haus in diesem mün- sterischen Krieg mit interessirt; er hätte dessen gründliche Nachricht und zwar von Wien aus. . . . Man wolle die rheinische Allianz übern Haufen werfen, der Bischof sei dem Haus Oesterreich ganz ergeben; Fürstenberg hätte opponirt, wie dem cohaerirete, dass der spanische Bot- schafter noch neulich in scripto denen Staaten General eine Allianz an- getragen. Der König hätte bekennt, dass ihm dieses Particular etwas anstehen machen; er erwartete aber stündlich hierüber Nachricht von Wien. Ich habe einiger Massen observirt, dass man dahie bei Hof, weder auch von münsterischer, noch auch holländischer Seiten, |: Vertrauen in dem Grafen von Fürstenberg gesetzt; habitus est pro Gallis et merito :|. Dieser Churfürst, so viel ich iudiciren kann, verlangt diesen Frieden; ich glaube, er möchte wünschen, dass die Holländer sich besser zur Raison legeten, obwohl er mit seinem foedere eine grosse Ursach ist, dass sie es nicht thun. Er lasst ihnen durch die Seinige zwar zu- sprechen, aber wann der Beverningk auf seiner Meinung besteht, so fallt man ihm zu, oder doch wenigsten nit ab und werden die rationes ab

Erklfiniugen Wilh. Fiirstenbergs. Des Kurfürsten Pläne. 263

aequitate, existimatione nominis et raalo exeinplo petitae durch dieienige elidirt, welche inculeiren, dass man den Staaten keine Umbrage zu geben: man laborire ohne das fama non exactae constantiae; man habe die Partei angenommen, man müsse darbei verbleiben, und hat mir der Churfiirst, als ich ihm zum letzten gesprochen, gesagt, dass, wann die nach Münster gangen nit den Frieden brächten, er alsobald agirn würde, darauf ich nit unterlassen glimpflich zu repliciren was zur Sachen gehört und dass besser sein würde,- wann man die conditiones suchete also zu moderirn, dass der gewünschte Fried erhalten würde. Haec dicuntur in terrorem, man werd meines Erachtens sich nicht also vergehen noch praecipitiren; man hat noch nicht Nachricht, dass des Churfürsten Allianz mit Schweden unterschrieben sei, wohl aber dass Schweden die Allianz zwischen Dänemark und Holland nit gedenke zu gedulden, son- dern ehender zu brechen ; dass ihre Allianz mit Engelland richtig, welches auch in Holland grosse Reflexion macht; dergestalt, dass ich darfür halte, : dass wann man sich dahier nicht so schwach erzeigte und gleichsam declarirte in quemcunque casum ehender wider dem Herrn Bischof, als für ihm zu sein, der Fried all leichter und besser würde erhalten werden. Ich muss mich also hierin in Acht nehmen und mich also guberniren, dass E. K. M. gnädigste Intention die gute Occasion de desiderio pacis und des guten Vertrauen bei männiglich erhalten werde, quod dictu facilius quam factu. Wann die Schweden also fortfahren, so wird sich Occasion ereignen die Partei also zu machen, dass wir die französische werden können coutrebalanciren und ihre gefährliche di- scigno zurückzutreiben. Facta hac pace kann dieser Churfürst, Holland herbeitreten : ;.

Bluraenthal ist von Paris kommen, ubi, ut audio, non bene sperant de Sueco. Der Churfürst gestellt sich zwar, dass er facta pace disar- miren wolle; ich zweifle aber doch daran; j: videtur quod coquat aliquid; was es auch endlich sein mag; ich höre etwas susurrireu, als wann er sich wohl an Magdeburg machen w^ollte : [. Er ist diesen Leuten sehr feind. Neuburg muss sich gleichwohl auch vorsehen, quidquid tractent. Mir haben S. Ch. D. in discursu gesagt, siemüssten etwas näher nach Polen kommen, ihre Interesse der Orten zu beobachten. Liessen sich verneh- men, dass sie das Amt Tran'), w^ann ich recht behalten, welches ihnen vi der brombergischen Tractaten zukommt, mit Gewalt wegnehmen wollten, wann man's ihnen nit mit guten gäbe; posset latere aliquid

^) = Draheim.

264 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. Ifi65 Mai 1668.

malus und möchte er wohl dahin sein berufen worden. ' E. K. M. er- innern sich gnädigst, wie der Churfürst sich gegen mich vernehmen lassen, als ich ihm zuweilen |: burlando von der Krön Polen gesagt; dicendo inter caetera haec verba, er seie kein Kind Gottes, wann er's verlange. Wann ich aber considerire, was nit allein seine, sondern auch der alten Princessin von Oranien und hieiger ministrorum Sentimenten, als von der Princessin Maria, des Churfürsten Schwägerin, Heirat mit dem Herzog Sigmund supposita mutatione religionis getractirt worden; so kann ich fast nit weniger als a simili diesfalls zu argumentiren. Die CJiurfiirstin zwar ist hierin heiklich und scrupuleus, hat dieienige angefeindet, die das obbesagte proponirt; sie wollte lieber ihre Söhn nach dem Kirchhof als auf dem königlichen Thron sehen tragen mit Veränderung ihrer Religion :| . . . .

Wiedenbrück hat an Schmising geschrieben, dass der Bischof sich endlich zum Frieden bequemen werde, doch müsse man auf Moderation der Bedingungen sehen.

Goess an den Kaiser, üat. Cleve 23. April 1666. (Or.)

[Abschluss des Münster -staatischen Vertrages. Bemühungen des Goess bessere Be- dingungen für Münster zu erlangen. Opposition des Goess gegen die Zulassung Frankreichs als Mediator. Neuburg -brandenburgische Verhandlungen. Ueberlassung münsterischer Truppen an den Kaiser. Erneuerung der Allianz von 1658.]

23. April. Der Vertrag zwischen den Staaten und Münster ist geschlossen'). Goess hat gesucht eine Besserung des Artikels wegen der Abdankung der münsteri- schen Truppen zu erwirken und Bcverningk hat erklärt, es werde nichts auf sich haben, wenn der Bischof über die 3000 noch 4 5000 Mann mehr behalte. In puncto Borkelo et reservationis iurium imperii habe ich abermahlen repraesentirt, dass uns dahie, nee quoad rem ipsam, uec quoad modum gebiihrete E^ K. M. das arbitrium asserendorum iurium imperii zu be- schränken, weiln aber alle darfiir gehalten, dass man's amore pacis also künnte stehen lassen, habe ich allein mich nit opiniatriren wollen. Der Herr Bischof hat die Renunciation auf Borkelo um so viel leichter ein- gangen, weiln er verhofl't, dass E. K. M. ihme das vorbehaltene ins im- perii überlassen werden, darzu ich dann ad facilitandam pacem meine officia promittirt; darauf die Abgesandte gezeigt, grosse Hoffnung zu stellen.

') Vertrag von Cleve vom 18. April; gedruckt bei Dumont I.e. VI.3 106if.; Londorp I.e. IX. 4olif. ; Alpen I.e. 724 ff. ; französisch in den Mem. d'Estrades IV. 227 ff.: vergl. ferner Puf. 1. c X. 17; Tücking 1. c. U.jff.

Goess und die Miiuster-staatischen Friedensverhandlungen. 265

Goess protestirt lebhaft gegen die Zulassung Frankreichs als Mediator und erklärt nach vielen Verhandlungen, er würde lieber sehen, dass überhaupt der Mediatoren keine Erwähnung geschehe, als dass Frankreich eingeschlossen werde. Schliesslich aber hat er, da des Kaisers Befehl nur dahin lautete die Mediation Frankreichs wenn möglich zu verhindern, nachgegeben, wodurch er Gelegenheit erhielt die Opferwilligkeit des Kaisers zu betonen'). Auch bei der Unterschrift ergeben sich Schwierigkeiten. Beverningk betont vor seiner Abreise, wie sehr die Staaten dem Kaiser verpflichtet seien und kündigt eine Gesandtschaft nach Wien-) an. Colbert hat den Goess besucht^).

Der Bischof von Münster schreibt an seine hiesigen Gesandten, ein Vertreter Englands sei zu ihm gekommen mit der Meldung, der König von England wolle seine Differenzen mit den Staaten gleichfalls zu Cleve beilegen. Goess glaubt nicht, dass dem so sein kann *). Dem Giese ist ein Project bezüglich der Ord- nung der Religionsaugelegenheiten von den Brandenburgern übergeben worden. Goess bietet des Kaisers Mediation an und spricht gegen die französische, welche, wie Giese betont, nothwendig für den Neuburger sei, da der Branden- burger viel mächtiger wäre. Auch betont Goess, dass der König von Frank- reich immer noch für Enghien in Polen agitire. Die münsterischen Officiere Gorgas und Ossery-") tragen dem Kaiser die abzudankenden münsterischen Truppen an. Die Staaten suchen dem Schwedenkönige die Furcht wegen der von ihnen beabsichtigten Allianz mit Dänemark zu benehmen. Wegen Erneuerung des Bündnisses zwischen Oesterreich und Brandenburg hat Goess noch nicht Gelegenheit gehabt zu verhandeln.

In der Weisung vom 9. April wird Goess angewiesen sich zu erkundigen, was an den dem Kaiser von Regensburg zugekommenen Mittheilungen sei, dass Brandenburg und Braunschw-eig sich erboten hätten, in dem Streite zwischen dem Könige von Schweden als Herzog von Bremen und der Stadt Bremen in p'o. immedietatis **) die Mediation zu übernehmen. Da nun die Angelegenheit sowohl beim Reichshofrathe anhängig ist und über dieselbe im Auftrage des Kaisers auch zu Regensburg berathen ') wird, so erhält Goess Auftrag, sich dahin zu bemühen, dass von Seite dieser Fürsten nichts dem Kaiser praejudicirliches vorgenommen werde. In der Weisung vom 21. April wird Goess davon verstän-

') Vergl. Urk. u. Act. XI. 718f.; Aitzema I.e. V. 1031.

'-') Für Beverningks Aufenthalt in Cleve in dieser Zeit vergl. Urk. und Act. 111. 184 ff.

■^) Urk. und Act. II. 376 u. a. 0., XI. 718 u.a. 0.

■•) William Temple's Sendung an den Bischof von Münster galt dem Zwecke, denselben vom Abschlüsse des Friedens abzuhalten; vergl. Urk. u. Act. XI. 72üf. ; Alpen 1. c. 721 ff.

'-) Alpen 1. c. 687, 695.

•>) Vergl. Carlson 1. c. IV. 477ff.

0 Vergl. die in dieser Angelegenheit zu' Regensburg gewechselten Schriften bei Pachuer von Eggenstorff, Vollständige Sammlung der Reichsschlüsse I. 187 f., lOOff,

266 IV. Erste Mission des Frcibenn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 16G8.

digt, dass dem Kaiser sub dato 1-4. April aus Regensbiirg mitgetheilt worden sei, dass in allen 3 Reichscollegien beschlossen worden, dass wir durch In- terposition unserer höchsten kay. Auctoritet mit Zuziehung einiger Stände des Reichs die Güte versuchen, inmittelst aber durch kay. nachdrückliche Remonstration und fernere Dehortation aller besorglicher Thätlichkeit vor- kommen wollten '). Der Kaiser hat zustimmend geantwortet, anfangs die Wahl der Mitmediatoren den CoUegien freigestellt, später aber erklärt, er halte es für das zweckmässigste, wenn neben Kurbayern, Brandenburg, der Bischof von Paderborn und ein Fürst aus dem Hause der Weifen zur seiner Unterstützung in der Bremer Angelegenheit gewählt würden'-).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 30. April 1666. (Conc.)

[Verhandlungen zu Cleve ^). Wunsch nach Einigung mit Brandenburg. Jägerndorf.]

30. April. Der Kaiser hat die Berichte vom 14. und 23. April erhalten und erklärt

sich mit des Goess Verhalten zufriedengestellt. Er hat recht gehandelt Erinnerung zu thun wegen Erneuerung und Erweiterung des Bündnisses mit Brandenburg. Und sintemahlen wir uns leicht bescheiden können, dass der erste Angriff fortan wegen der urgirenden jägerndorfischen Satisfaction ein Anstoss wird leiden müssen, so haben wir an unsern geheimen Rath und Hofkammerpraesidenten*) die mehrmalige Verordnung gethan, auf alle thun- und mögliche Mittel zu gedenken, wie dieser Ch. L'^. wegen selbiger Praetension ohne einzigen Verzug entweder in Geld oder Gütern Satisfaction gegeben werden möge. Goess möge zu erforschen suchen, wohin des Brandenburgers und der Staaten Absichten jetzt gerichtet sind. Wirst auch in guter Wachtsarakeit zu stehen haben, damit deiner unwissend zwischen Engelland und denen Staaten nichts gehandlet und sonderlich, dass selbioe Tractaten nicht uacher Paris «rezocen werden.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 3. Mai 1666. (Conc.)

[Postangelegenheit.]

3. Mai. Auf Wunsch des Kurfürsten hat der Kaiser nach Unterhandlungen mit

dem Erbpostmeister Taxis sich entschlossen Ihrer L'^"". die Anordnung und

^) Das Schreiben vom 14. April bei Pachner 1. c. I. '203. ^) V'ergl. Pachner 1. c. I. 214.

^) Für die Verhandlungen in Cleve vergl. Urk. u. Act. XI. TlOfl. . wo auch die Antheilnahme des Goess hervortritt; 11. 382if. ^) Georg Ludwig Graf Sinzendorf.

*

Erneuerung der Allianz von 165S. Postangelegenheit. Jägerndorf. 267

Bestellung der Pü&teu in allen dero Landen völlig zu überlassen, jedoch mit dem Geding und Verstand, dass sie dargegen sich anderer, welche ab hoc exemplo dergleichen Concession zu praetendiren sich unterstehen möchten, nit allein nit annehmen, sondern auch wider alle diejenige, so oberwähntes unser kay. Postregal bei gegenwärtigem Reichstag oder sonst in andere Wege zu irapugniren gesonnen sein möchten, .... von sich abweisen, hingegen auf unsere Seiten treten, unsere Gerechtsame bestän- dig secundiren und sich nit weniger verbindlich erklären, .... dass unsere Schreiben, Couriere und Staffetten in des Churfürsten Landen . . . wie vorhero gegen billichem und leidentlichem Post- und Rittgeld so Tags so Nachts unweigerlich befiirdert werden.

Goesä an den Kaiser. Dat. Cleve 15. Mai 1666. (Or.)

[Schwedens Verhalten bezüglich der von Braunschweig und Brandenburg ange- botenen Mediation in der Bremer Angelegenheit. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten bezüglich dieser Mediation. Postangelegenheit.]

Wrangel') hat des Hauses Braunschweig Mediation in der Bremerangelegen- 15. Mai. heit nicht angenommen und die des Brandenburgers nur ad referendum ge- nommen, ohne bisher zu antworten -). Der Kurfürst hat daher, als Goess ihm laut Befehl vom 21. die Mediation antrug, sich anfangs suchen zu decli- niren, ohne Zweifel aus Beisorge in einiger Offension der Krone Schweden zu incurriren. Erst auf Zureden des Goess erklärt er sich bereit „mit Hinzu- setzung dieser Worte, der Churfürst von Bayern werde müssen dero Vorfechter sein". Der Kurfürst hat auf des Goess öfteres Drängen seine Gesandten in Regeusburg dahin instruirt, die Interessen des Kaisers in der Postangelegenheit zu unterstützen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 15. Mai 1666. (Or.)

[Verhandlungen wegen Erneuerung und Ausdehnung des Bündnisses von 165S. Jä- gerndorf. Reise des Kurfürsten nach den Niederlanden. Brandenburg-neuburgische Verhandlungen. Brandenburg-schwedische Allianz. Action des Kurfürsten gegen

Magdeburg.]

Befehl vom 30. April erhalten. Anlangend nun renovationem et exten- 15. Mai.

tionem foederis, habe ich nit unterlassen, alsobald nach erfolgten

Schluss des Friedens, dieses Werk emsig zu treiben. Auf P. Ch. D.

Seiten hat maus Anfangs gesucht zu verschieben, bis wir widerum nach

*) Gustav Wränge), schwedischer Reichsfeldherr.

-) Vergl. Köcher 1. c. 458 f.; Droysen 1. c. III. 3 151 ff.

268 IV. Erste Mission des Freihenu Joiiaiin von Goess. Jan. 16G5 Mai 1G68.

Beilin zurück kehren möchten. Als ich dann darbei observirt, da.ss das Absehen dahin gionge, dass man zuvor die Satisfaction für Jägerndorf wollte haben, habe ich contra morem meum so starke Versicherung gethan, dass dieselbe ehisten zu I""; Ch. 1). Gniigen erfolgen würde, dass man's mir sicherlich glaubt. Dann ich habe, Gottlob, dahie den Credit, dass ich gar nit freigebig bin mit Zusagen, was ich nit gewiss wisse, dass es soll gehalten werden; welches, allermassen es zu E"". K. M. Dienst in viel Wege gereichen kann, also versehe ich mich unteithä- nigst, dass sie meine gegebene Parola diesfalls disimpegniren werden. Ferner gaben die Brandenburger als Grund der gewünschten Verzögerung die Anwesenheit Colberts an. Goess betont aber, man könnte das Geheimnis ganz gut wahren. So verhandelt er nur mit Schwerin, in Gegenwart des Secretärs Kessler, der alle Schreibgeschäfte persönlich besorgte.

Schwerin wollte im Proemium den langen Titel des Kurfürsten ; Goess glaubte dies ohne speciellen Befehl des Kaisers nicht biUigen zu können und so wurde beiderseits der abbrevirte Titel gesetzt.

Im Artikel 2 ist als Zeit für die Unterstützung statt eines Monates gesetzt worden, so schnell als möglich, jedesfalls aber 2 Monate nach erfolgter Ver- ständigung. Die Truppenzahl blieb wie 1658, obgleich Schw'erin eine Verrin- gerung der Kurfürstlichen begehrte. Weilu I. Ch. D. gleich Anfangs er- innern lassen, dass die Obligation, in welcher sie dieses foedus setzet, zum Türkenkrieg nit zu extendiren, ex ratione in articulo iuserta und ich selbst einigermassen judicirt, dass dieselbe (obwohl E. K. M. sich gleichfalls obligiren dem Churfürsten extra imperium zu assistirn) einige speciem aequitatis habe, der Baron von Schwerin mich auch ganz kräftig versichert, dass der de Lisola beim letzt gewesten Türkenkrieg zwar der Hülf wdder den Türken auch ex foedere praetendirt, aber hernacher gleich darvon gewichen, als habe ich den paragraphum destwegen also einrichten lassen, wie E. K. M. ad finem articuli IIL zu sehen'). Die

') Dieser Passus lautet: Si vero bellum cum Turcis iugruat, S. S. E. zelo suo pro (lefendenda Christianitate nihil quidera deesse patietur; sed cum in taii necessitate certa auxilia adversus eosdem Turcas communi imperii placito decerni soleant Suaque S. E. tanquam Elector et Princeps imperii pro rata conferat ac subveniat, ad ulteriora hoc casu auxilia, de quibus iu hoc foedere agitur, uon obligabitur. Tene- bitur autem S. S. E. non obstante eo quod hoc articulo dicitur, quod una pars alteri nou debeat nisi uno in loco et contra unum ex hostibus promissum auxilium sub- ministrare, Suae C«-''«. M'»., si ab aliquo alibi eodem tempore invaderetur, pactum hoc foedere militem auxiliumque praestare. Quod si etiam Üagranti bello cum Turcis, ad quod una cum caeteris imperii statibus S. S. E. auxilia sua miserit. eodem tempore S. S. E. ab aliquo alio hoste in territoriis suis invaderetur, ne tunc quidem inter- mittet C S. M., prout Turcici belli raoles patietur, Suae S''. E". pro viribus succurrere.

Erneuenin«:^ der Allianz von 1G58. Jägerudorf. 269

Reciprocation darbei auf E''. K. M. Seiten, auch wann sie im Türkeukrieg begrifl'en, habe ich für ganz unbillich, auch unmöglich zu practiciren, be- funden; nachdem aber der Baron von Schwerin vorgevvendt, dass sie mehr ad faraam auxiliorum in tali casu, quam ad auxilia ipsa, die er Selbsten bekennete, dass schwer fallen würden, respicirten und man ihrerseits E"". K. M. ein mehrers, als was bei solcher Beschaffenheit ge- schehen künnte, nit zumuten würde, habe ich auf E^ K. M. gnädigster Ratification, mit Vermelden, dass ich hierzu nit instruirt, den paragra- phum aufgesetzter Massen passiren lassen. Sonst sind nur unbedeutende Wortänderungen vorgenommen worden. Goess glaubt, man sollte Schwerin und den Secretär belohnen und auch sonst etwas Geld- aufwenden, um Leute am Hofe des Kurfürsten zu gewinnen.

Betreffend die Satisfaction für Jägerndorf befinde ich des Grafen von Tattenbach Begehren also gethan. dass ich nit sehe, wie auf diesem Weg fortzukommen, und weiln der" Churfürst doch auf ein Stück Lands dringt und sich mit lauter Geld nit will contentiren lassen, als ist mir bei- jL. gefallen, wann E. K. M. mit dem Grafen von Schwarzenberg handien Hessen, dass er deroselben seine in der Grafschaft Mark gelegene Herr- schaft Gimborn und das darbei gelegenes Amt Neustadt überlassen thäte und man das übrige, allermassen mit Regenstein geschehen sollen, in baarem Geld hinzugäbe, dass es ein Mittel sein möchte S. Ch. 1). zu contentiren. Ich habe zwar von weiten etwas sondirt, finde aber nit rathsam sich hierüber in Tractaten dahie einzulassen, es sei dann, dass man auf E'". K. M. Seiten versichert, dass man gedachte Herrschaft und Amt haben könne. Im übrigen ist man dahie allemahl darauf bestan- den, dass wann die Herrschaft Regenstein auf 100 000 Reichsthaler geschätzt würde, wie sie dieselbe nie höher geschätzt haben, noch 100000 Reichsthaler in Geld darzu zu geben, neben noch einigen andern beneficio, welclies sie anfänglich auf die Expectanz einiges Reichsleliens, so sie benennen wollten, gestellt; nun aber haben I. Ch. D. durch den Baron von Schwerin das Privilegium de non appellando in ihrem pom- merischen Theil darfür begehren lassen, mit diesem motivo, dass weilu's die Schweden in ihren Theil haben, man's verhoffe ntlich dem Chur- fürsten, der E. K. M. in allem so gewärtig, auch vergunnen würde. Ich habe dieses zwar angenommen bei E'". K. M. unterthänigst anzubringen, doch darbei zu verstehen gegeben, dass die Consequeuz, wie auch dieses zu besorgen, dass E"". K. M. ungleich möchte ausgedeut werden, wann dieselbe die kaiserliche iura von wegen dero Particularangelegenheiten vergeben thäten. Der Baron von Schwerin hat hierauf gemelt, dass es

270 IV. Erste Mission des Freihenn Joliann von Goess. Jan. 16G5 Mai IfifiS.

nit eben bei diesem Tractat über Jägerudoi'f ge«clielien nui.sste; I. Cli. D. würden zufrieden sein, wann sie nur versichert würden, dass deroselben inskünftig bei guter Gelegenheit dieses Privilegium würde ertheilt werden.

Goess sucht die Ueberlassung münsterischer Truppen an Spanien zu be- fördern. Der Kurfürst ist am 11. nach Holland abgereist, um dort wegen des Prinzen von Oranien zu verhandeln '). Goess ersucht den Kurfürsten sich dar- über Kenntnis zu verschaffen, wie es mit dem in Vorschlag gekommenen Bünd- nisse der Staaten mit dem Reiche und in specie mit dem benachbarten Kreise stehe. Das beste Mittel England vom Abschlüsse mit Frankreich abzuhalten, wäre den Engländern eine vortheilhaftere Allianz anzutragen. Die Verhand- lungen zwischen Neuburg und Brandenburg werden fortgesetzt. Ich sehe die Sach zum Vergleich disponirt und verspürt man auf des Churfürsten Seiten so starke Inclination darzu, dass es nit allein materiam discur- reudi, sondern auch fast suspicandi gibt. . . . Der Herzog von Neuinirg desistirt nun von seinem hiebevor gethaneu Begehren die französische Mediation hierbei zu haben.

Colbert hat freundschafthchen Abschied von Goess genommen. Der schwe- dische Präsident im Herzogthume Bremen, Kleihe, ist am 7. Mai hiehergekommen; wie Goess glaubt, um den Stand der Dinge zu erfahren. Der Kurfürst hat gewünscht, derselbe möge so bald als möglich abreisen. Das foedus defensivum zwischen dem König in Schweden und dem Churfürsten ist unterschrieben mit Auslassung der Hülfe, die man schwedischer Seiten wider Moskau be- gehrt hatte ^), Man hat gemutmasset, dass der Kleihe käme einen näheren Tractat auf dieses Fundament zu bauen; sed non videtur; |:der Churfürst möchte fast mehr zu Dänemark incliniren propter commune interesse Hollandorum :|. Goess hat wiederholt mit Kleihe gesprochen.

Ich habe E. K. M. in P. S. unterm 14. Aprilis erinnert, dass ich vermerkete, dass |: dieser Churfürst mit seinen Völkern noch einige Action vor hätte und etwas wiegen Magdeburg gemeldt :|. Gestern seind die hie gelegene Völker aufgebrochen. Das Rendez-vous werd bei Hamm sein, das corpus werd bestehen ungefähr in 11000 Mann, darunter 7000 Knecht; die schwere Artillerie werd man von der Lippstadt mit- nehmen. Der Feldmarschall Sparr, Fürst von Holstein, Goltz und die übrigen generales gehen mit; der Fürst von Anhalt aber nit. |:Ich habe guten Bericht, ob man mirs zwar pro incerto vorgegeben, dass es noch wider Magdeburg gemeint. Die Stadt wird beschuldigt als contumax, welche bis dato die Huldigung verweigert; man wolle sie zu Raison

') Yergl. Droysen 1. c. III.3 147 f.

2) Der Vertrag ist nach dem Wortlaute des Projectes vom 27. März 1GG6 unter- schrieben am 31. März 1GG6. Vergl. Mürner 1. c. 277; Puf. IX. 70.

Staatisclie Angelegenheiten. Brandenburgs Action gegen Magdeburg. 271

bringen; doch scheint es, wann sie sich werden bequemen, man wolle es nit ad extrema kommen lassen. Der von Platen und Jena werden mit, wie icli vermute, zu tractiren, si erit occasio. Der Herr Admini- strator') ist conscius huius cousilii und seind Schreiben darüber ge- wechslet, ihme auch für seine Person das Amt Rosenberg pro beneficio 7A1 Lehen versprochen. Von Chursachsen kann ich nicht befinden, dass er hierin zustimme, sed dicitur non habere militem und mit der Impresa wolle man bald fertig werden und hernacher die Armada, wann änderst nichts vorfallt, abdanken. . . . Der Churfürst hat mir von allem diesem nit das geringste, sondern omnia alia gesagt. Man vermeint, er werde mir zu seiner Widerkunft darvon sagen. Ich habe doch durch jemand, qui faceret tanquam ex suo, gerathen, man solle auf keine extrema ge- denken und dardurch neue Weitleufigkeit erwecken, sondern placidis vlis componiren, darzu mir einige Hoffnung gegeben w^orden, wann die Stadt sich nnr zeitlich bequemen werde :|.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 29. Mai 1666. (Or.)

[Gesinnuntj des Kurfürsten. Des Kurfürsten Aeusserungen über die Politili der Staaten und iliren Wunsch sich mit den Fürsten des westphälischeu Kreises zu ver- binden. Orauische Angelegenheit. l)iinisch- brandenburgische Ailianzverhandlungen. Urtheil des Goess über des Brandenburgers Pläne. Brandenburg -neuburgische Aus- gleichsverhandlungen. Magdeburg.]

Der Kurfürst ist am 22. aus Holland zurückgekehrt. Goess hat in seiner 29. Mai Abwesenheit die Kurfürstin besucht, die .sich friedlich und gut kaiserlich gesinnt zeigt. Aus des Churfürsten Discursen ist gnug zu vermerken, dass man in Holland den Frieden mit England sehr verlange. Die Abrumpiruug der Conferenzien zu Paris') deuten sie zwar zu ihrem Avantagio aus; wünschen aber darbei, dass ein ander modus tractandi möchte gefunden werden und haben sie gnugsam zu verstehen gegeben, dass E. K. M. viel guts hierbei thun künnteu. I. Ch. D. haben sich w-illig erzeigt hierzu zu cooperiren und hierdurch nit allein die Staaten General zu obligiren, sondern auch den König in England, der wegen seiner neulich mit Hol- land getroffener Allianz nit wohl zufrieden, in etwas zu besänftigen. Der Kurfürst denkt den Kanzler der Neumark, Brandt 3), nach London zu senden. Eine Verbündnus mit dem westphälischeu Kreis verlangt man in Holland

') Herzog August von Sachsen. ') Lefevre-Pontalis 1. c. I. 372. 3) Vergl. Puf. 1. c. X 20.

272 '^- l"'i'ste Mission des Freiherrn Johuiiu von Goess. Jan. Hifi.j— Mai KjßS.

gar hoch und I. Ch. J). zeigen grosse Begierde dieselbe zu liefurderen. Als sie mit mir daraus geredt, habe ich insinuirt, dass der burgundischer Kreis durin mit einzubegreifen. Sie haben geantwort, dass die Staaten von wegen Frankreich diesmahlen sich nit so weit herauslassen würden; man miisste per gradus gehen und mit diesem Kreis einen Anfang machen, welches zur Disposition zum iiljrigen dienen würde. Durchgehend hätten alle mit welchen er geredt sich gegen ihm vernehmen lassen, dass sie nie zusehen würden, dass der König in Frankreich sich der Niederlanden bemJichtige; um soviel mehr wäre der Fried mit England zu procuriren, dann dardurch würden sie in statu gesetzt ihre Interesse ohne so starke Reflexion auf Frankreich, als sie ietzuuder haben müssten, zu beobachten.

In des Prinzen von Oranlen Sachen, vermerke ich zwar, dass man dem Churfürsten alle gute Hoffnung gegeben; ich sehe doch, dass die coutrari Faction sich gedenke zu wehren, so lang sie werden können und unterdessen 'ein oder anders beneficiuni temporis zu erwarten. Bever- ningk hat sich nit im Haag befunden, welches vielleicht nit casu ge- schehen, dann er hatte sich dahie ad captandam benevolentiam allziem- lich herausgelassen. Der Churfürst insinuirt, dass die Education des jungen Prinzen fast zu viel auf die englische Art und Hoheit anschlage und dass er qua exemplo, qua consilio, die Popularität, durch welche seine Vorfahren sich beliebt gemacht, suadirt. . . .

Der dänische Abgeordneter Detlef von Ahlefeld ist auch wiederum hieher kommen und negociiret renovationem foederis mit diesem Chur- fürsten'). Ich vermerke wohl, dass man sowohl dänischer als holländi- scher Seiten trachte den Churfürsten in den Krieg mit zu impliciren, wann es mit Schweden zum Bruch kommen sollte. i:Ich habe meine Discurs dahin gericht, dass der Churfürst hierin gemach zu gehen, nichts zu praecipitiren, sich mit E"". K. M. zu vernehmen und dass sehr gefähr- lich fallen würde, wann I. Ch. D. sich alsogleich ohne Not in alle vor- fallende Krieg unter den Benachbarten impliciren lassen sollten.:]

Man müsste sehen, ob nit Mittel gefunden werden möchten dieses aufgehende Feur, ehe es weit um sich greife, zu löschen und ist mein |: Absehen hierbei, dass E, K. M. Zeit gewinnen mögen zu deliberiren, quid sibi et augustissimae domui expediat in diesem ganzen Werk, welches ich von überaus grosser Importanz zu sein erachte. Der Chur- fürst scheint nun auch etwas Zeit zu gewinnen wollen:!.

') Vergl. Droysen 1. c. IIT.. 145.

Staatit^che Verhältnisse. Dänisch-brandenbureische Allianzverhandlungen. 273

In Ibedere mit Dänemark hat AWef^tild begehrt, dass man in specie Contra Suecos setzen solle ; welches der Churfürst nit thun will. Es ist ein Project eines Defensivbündnisses aufgesetzt und nach Kopenhagen ge- sendet worden, wohin der Kurfürst jemanden abordnen will.

Ich habe bis dato unterschiedlich vermerken können, |: dass dieser Churfürst fast mehr nach Dänemark propendire. Von holläntlischer Seiten unterlasst man nicht, ihn darzu zu stimuliren; es mag ihm auch gedünken, dass diese Party die stärkeste sein werde, vielleicht auch wohl Gedanken einfallen von einiger Occasion Vorderpommern zu recu- periren und, wie zuweilen die Reden gehen, Schweden widerum von Deutschland zu bringen. Auf der andern Seiten will gleichwohl auch sehr bedenklich fallen, mit Schweden zu brechen:]. Eine einige See- schlacht, so die Engländer gewinnen, könnte Dänemark und die Confoe- derirte in grosser Gefahr setzen. Man gibt zwar vor, Schweden habe die Mittel nicht sich zur See auszurüsten; England seie nicht im Stand dieselbe zu subministriren, durante minorennitate regis werde die Krön sich in so einem beschwerlichen Krieg nit einlassen; des Wrangeis mili- taria consilia seien den übrigen Regierungsräthen suspect, als w'olle er alle x^uthorität an sich ziehen, auch wohl vielleicht ad majora aspiriren; die contrari Party seie sehr stark, herentgegen haben sie von Niemand als von England (es wäre dann, dass das Haus Oesterreich ihre consilia verändere) keine sonderliche Assistenz zu gewarten. Mit Moskau wären sie auch nicht richtig und dergleichen considerationes mehr, die ich doch alle nit von solchem peso erachte, dass ich nit wohl glauben könne, dass entweder ietzunder, da Dänemark noch nit in Postur, oder doch künftig, w^ann England über Holland Avantage haben solle, Schweden sich möchte zum Krieg resolviren, zumahlen sie nit aequis oculis die Anstalten, welche man seither erhaltener Souverennität in Dänemark macht, anschauen sollen.

Goess spricht mit Ahlefeld ausführlich über die dänischen Verhältnisse. Die neuburgischen Gesandten sind am 20. Mai wieder angekommen ; es ist Aus- sicht vorhanden, dass die Verhandlungen zwischen Neuburg und Brandenburg zu einem erwünschten Resultate führen. Der Zug der braudenburgischen Truppen gegen Magdeburg dauert fort. ] : Ahlefeld glaubt, dass der Chur- fürst von Sachsen diesen nit zusehen werde noch könne, dass E. K. M. von wegen des Königreichs Böhaim und der Elb auch höchlich darbei interessirt. : |

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsteu. XIV. 13

274 IV. Ei"ste Mission des Freihenii Johann von Goess. Jan. 16G.') Mai 1668.

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 31. Mai 1666.

(Copie.)

[Emeuerung des Vertrages von 16.58. Jägerndorfische Angelegenheit ]

31. Jlai. Der Kaiser übersendet das Document der Garantie für den Frieden der

Staaten mit dem Biscliofe von Münster und die Ratification des erneuerten österreichisch -brandenburgischen Vertrages. Die einzige Aenderung die der Kaiser vorgenommen, ist. dass er anstatt 4000 zu Ross und 2000 Mann zu Fuss, die der Kaiser und 2000 zu Ross und 1500 zu Fuss, die Branden- burg zu stellen hat, 2000 zu Ross und 4000 zu Fuss, respective l.'iOO zu Ross und 2000 zu Fuss gesetzt hat, welche Aenderung, wie der Kaiser hofft, der Kurfürst billigen wird '). Erhebt aber der Kurfürst grosse Bedenken, dann soll Goess von dieser Forderung abstehen und das unveränderte Exemplar übergeben. Bezüglich der jägerndorfischen Affaire hat der Kaiser der Hof kammer befohlen ihm genauen Bericht zu erstatten. Goess soll fortfahren die Aussöhnung zwischen Brandenburg und Neuburg zu fördern.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 5. Juni 1666. (Gr.)

[Unterredung mit dem Kurfürsten und seinen Käthen bezüglich der polnischen Königs- wahl. Brandenburg- neuburgische Verhandlungen. Unterredung des Goess mit Frie- drich Wilhelm über die Magdeburger Frage. Allianzpläne der Holländer. Dänisch- brandenburgische Allianz.]

5. Juni. Der Kurfürst lässt Goess fragen, ob der Kaiser die Wahl des Neuburgers

zum Könige von Polen fördern wolle; Goess betont in seiner Antwort den Willen des Kaisers, die Wahlfreiheit den Polen zu erhalten. Die Brandenburger meinen, da es den Anschein habe, als wolle die Gegenpartei mit Gewalt ihre Pläne durchführen, so würde es zweckmässig sein, sich gleichfalls in Postur zu stellen und sich, wenn auch in secreto, über die zu wählende Person zu einigen. Sie bitten Goess dem Kaiser von diesen Plänen Brandenburgs Mittheilung zu machen. |: Ich glaube man wolle und werde dem Herzog all stark© Hoffnung machen, ilime zu der polnischen Krön zu verhelfen. Vielleicht intendirt man auch, dass ich diese anwendende Diligenz dem von Neu- burg referiren solle. Es ist auch doch nit ohne, dass der Churfürst die französische Meneen in Polen apprehendirt. Bei der Mention so hierbei des Herzogen von Neuburg geschehen, : | habe ich wie vor diesem also ..auch diesmahlen insinuirt, dass E. K. M. demselben mit kais. Affection wohl zugethan und würde der Herzog wissen dero kais. Gnad bei allen Begebenheiten zu demeriren ").

') Diese Aenderung billigte der Kurfürst, vergl. Mörner 1. c. 279. 2) Yergl. Urk. u. Act. XI. 747 f.

Erueueruiig der Allianz von 1658. Neuburg-brandenb. Beziehungen. Magdeburg. 275

Den 3. dieses habe ich mit I-". Ch. Ü. wegen der neuburgischen Tractaten geredt und zwar solcher gestalt, dass ich darbei fast mehr das Desiderium die Tractaten zu befürderen, als unsere Religion zu avantagiren, welches durch die neuburgische Abgesandte füglicher ge- schehen kann, verspüren lassen. Dieses habe ich sonderlich suggerirt, dass, wann I. Ch. D. diese Tractaten beschlossener verlangen, sie den Eifer der reformirten ministrorum nit all zu viel nachzugeben, noch dem Herzog von Neuburg solche Ding zuzumuthen, welche er (Gewissen halber nit thun künnte, noch würde; derentwegen wir auch ad aliqua specialia kommen. Sonsten sehe ich, dass der Churfürst supponirt, dass die Tractaten zum Schluss kommen werden; ich weiss nicht, an ex prae- supposito, dass er, oder der Herzog, oder endlich beide von ihren prae- tensionibus nachgeben werden. In Holland, gegen Schweden und Däne- mark gibt er die Tractaten vor geschlossen, quod non caret suo mysterio bei gegenwärtigen Coujuncturen.

Bei dieser Gelegenheit und ehender nit, hat mir der Churfürst ent- deckt, dass der Marsch seiner Armee wider die Stadt jMagdeburg ange- sehen; hat sich beklagt über der Stadt Arroganz und Hochmuth, die weder ihme noch dem administratori bis dato huldigen wollen. Die formula homagii, derer er authentica instrumenta in archivo habe, seie, dass sie dem administratori treu und gehorsam sein sollen, welches sie nun perfracte detrectiren. ... Er hätte Nachricht, als wann Chursachsen vorhabe sich gemelter Stadt zu bemächtigen, welches zu sein Praejudiz und Schmäleruug seiner Rechten gereichen würde. Von dem Herrn ad- ministratore hat er zwar also geredt, als wann er diesfalls mit ihm einig wäre; doch weiln er darbei gemelt, dass der von Platen und der Jena nun zu ihme gereist und ich sonsten auch nit finde, dass dem Herrn administratori könne gelegen sein, dass der Churfürst sich dieser Stadt bemächtige, stehe ich hierin fast an. Soviel hat sich der Churfürst ver- nehmen lassen, dass wer ihn hieran hindern wollte, es wäre Chursachsen, Schweden oder das Haus Braunschweig, denen würde der Feldmarschall Sparr nach habender Ordre alsobald mit aller Macht, welche gleichwohl in 14000 Mann bestünde, auf'n Leib gehen. Ich habe hierauf geant- wort, dass mir sehr leid wäre, dass S. Ch. D. sich nit belieben lassen, mir diese dero Intention und führende Klagen wider die Stadt Magde- burg zu vertrauen, ich würde gewiss bei E^ K. M. daran gewesen sein, dass deroselben von gedachter Stadt alle billiche Satisfaction widerfahren wäre; ich lebete auch noch der Hoffnung, dass sie nit gedacht wären, mit dieser

18*

27G IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. IGGö Mai lß68.

impresa ad extrema und so weit zu verfahren, dass neue motus und Weiterungen im römischen Reich daraus möchten entstehen kommen; sondern dass sie sich befriedigen würden, wann die von der Stadt Magdeburg dasienige praestirten, worzu sie von rechtswegeu gehalten, darzu sie nicht zu zweifeln, dass E. K. M. dero kais. Autorität iuter- pouiren würden. Der Churfürst hat sich hierauf gegen mich nit recht ausgelas.sen, sondern geantwort, dass die Magdeburger obstinate Leut wären, von welchen mit guten keine Satisfaction zu erwarten; er hätte Nachricht, dass sie sich zur Gegenwehr anschicketen; viel der Bürger wären ihm wohl affectionirt, aber etliche unruhige Köpf praevalirten. Crockow berichtet aus Stockholm , dass Schweden nicht mehr so stark gegen Dänemark rüste und dass den Schweden der münsterische Friede unangenehm gewesen sei ').

Friquet dürfte dem Kaiser schon von dem Plane der Generalstaaten eine neue Allianz mit Dänemark, Brandenburg und Braunschweig zu schliessen Mit- theilung gemacht haben. Ablefeld sagt, dieser Bund soll gegen Schweden ge- richtet sein. Und ist nit ohne, dass man in Holland sucht diese Chur- und Fürsten in dem Krieg wider Schweden zu impliciren. iiMir i.st die Sach suspect, weiln die Franzosen die Hand darin halten. Ich habe von dem Ahlefeld so viel wahrgenommen, dass der d'Estrades zu Fort- setzung dieser Allianz antreibt. E. K. M. werden aus des Marques de la Fuente Schreiben au dero Obersten Kämmerern ersehen haben, dass der König in Frankreich diese Allianz garantiren solle, darvon doch Ahlefeld nichts wissen wollen. Was der Marques in diesem Schreiben meldt de secundo fine Electoris bei dieser Allianz, die Krön Polen etwa an sich zu bringen, scheint nit verisimile, noch zu quadriren mit dem, w-as mir in favorem Neuburg propouirt wird. Es ist auch zu consideriren, dass diese Allianz entweder in der rheinischen Allianz, oder doch sonsten mit Frankreich alliirt. Dem Churfürsten habe ich insinuirt , dass man sich hierin wohl vorzusehen; finis huius foederis möchten uns mit Fleiss ver- borgen werden; Frankreich suche omnes rimas in die Ostsee zu kommen und folgends auch in Polen : i ; wann nichts böses hierunter verborgen, könnten E. K. M. in diese Allianz mit eintreten; opponirte man sich darwider, wäre es ein gewiss Zeichen, dass gefährliche intentiones dar- unter verdeckt. Der Churfürst applaudirte dieser letzten Proposition und sagte, er wollte die Gemüter darüber sondiren. Ahlefeld mit dem Goess spricht, glaubt aber, man solle Anfangs des Beitrittes des Kaisers mit Rücksicht auf Dänemark und Holland, die nichts Frankreich feindliches werden

') Vergl. Ulk. u Act. IX. 815 ff.

BrandenburiT-clänische Allianz, ila^deburg. 277

tliun wollen, keine Erwähnung thun. Ahlefeld ist zu dem Herzoge von Braun- schweig abgereist. Das dahie getractirte foedus hat er nit geschlossen, sondern den Aufsatz an seinem . König remittirt. Die grösste Difficul- täten, daran es haften solle, seind, dass man dänischer Seiten praeten- dirt, dass antiquum foedus noch in vigore zu bleiben und die renovatio allein contra Suecos angesehen, brandenburgischer Seiten aber, dass novum foedus aufgericht, indem das alte per pacem cum Suecis erloschen und dieses nit contra Suecos, sondern contra quoscunque solle eingericht werden. Die Disparität wird von dem Ahlefeld in dem gesetzt, dass sie, die Dänen, sich fast allein gegen Schweden zu versicheren, der Chur- fürst aber weitsichtige Interesse allenthalben habe.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 12. Juni 1666. (Or.)

[Magdeburg. Cnterredung mit Anhalt über die geplante Allianz zwischen Dänemark Generalstaaten, Brandenburg und Braunschweig. Haltung der Franzosen. D'Estrades_ Ürtheil des Kurfürsten über der Franzosen Vorgehen bei dieser Allianz. Schwerin plant eine Reise nach Amsterdam. Mittheilungen des Kurfürsten von einer geplanten Allianz mit Braunschweig und Schweden. Abreise der neuburgiscben Gesandten.]

Mit dem Coadjutor von Magdeburg soll der Kurfürst, wie Goess vernimmt, 12. Juni, einig geworden sein ').

Ich habe dem Fürsten von Anhalt, als er mich diese Tagen besucht, diejenige Ding vorgestellt, [: welche ich bei der vorgebender Allianz zwischen Dänemark , die Staaten General , diesem Churfürsten und dem Haus Braunschweig considerire '). ... Der Fürst ist mir beigefallen und will nun täglich mehr an Tag kommen, dass die Franzosen dieienige sein, welche dieses Werk durch die Holländer treiben. . . . D'Estrades incul- piretden Beverningk sehr, dass er sich bis dato bei dem Schw^erin nit eingefunden dieses Allianzwerk zu perfectioniren : ; sobald der de Witt von der Flotte kommen würde '''), würden andere von denen Staaten

') lieber die Beziehungen des Kurfürsten zum Coadjutor von Magdeburg in dieser Zeit; Theat. Eur. X. 162f.; Puf. 1. c. IX. 83; Droysen 1. c. III.3 1.32ff.; Mem. de Pomp. II. 181 ff. Die Verträge vom 18. und 28. Mai bei Mörner 1. c. 280f.

2) Gemeint ist die Quadrupelallianz, die am 25. Oct. im Haag zwischen den Staaten, Dänemark, Brandenburg und den Herzogen Ernst August und Georg Wil- helm abgeschlossen wurde; vergl. den Abdruck bei Aitzema 1. c. V. 905; Dumont 1. c. VI. 3 122; Londorp I.e. X. 483£F. ; Mörner im Auszug I.e. 307 ff. ; vergl. auch Puf. 1. c. X. 27: Droysen 1. c. III.3 158 ff.; Urk. u. Act. II. 409: Köcher 1. c. 1. 4.54ff ; Mem. de Pomponne II. 272 ff. ; Lefevre 1. c. I. 375.

*) Für die Verhältnisse der Staaten in dieser Zeit; Lefevre-Pontalis 1. c. I. 376 ff.

278 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1(j65 Mai 1608.

General hierzu deputirt werden. Der Churfiirst sagte mir, ich hätte recht in dem was ich judicirete, dass die Franzosen diese Allianz pous- siren; der de Witt und seine Faction hätten das Absehen darbei, sich durch solche Hülfen wider diejenige zu wehren, welche das Haus Oranien favorisiren '). Er habe dem Schwerin geschrieben, dass er sich wohl in Acht nehmen und in dem Werk nit vertiefen solle. Der von Schwerin werd eine Reis nach Amsterdam thun, sich besser in allem zu infor- miren, quod ego dissuasi. Im übrigen meldete der Churfürst gegen mich, dass er gedachte j:auf eine Allianz mit dem Haus Braunschweig; Hesse auch etwas schiessen von einer nähern Allianz mit Schweden, im Fall die Franzosen :| mit sothane ihre diseigni fortsetzen sollten; er vernehme, dass man zu Paris sagete, der Churfürst von Brandenburg, wie er sich auch gesteilen möchte, wäre nit gut französisch. Ich glaube, dass solche propositiones, sonderlich wann sie bei Braunschweig und Schweden ge- schehen, bei diesen Coniuncturn angesehen sein mögen, das Magde- burgische Werk, ohne dass dieselbe sich darum annehmen, desto besser zu gutem End zu bringen. Die iieuburgischen Abgesandten 2) sind nach Düsseldorf gereist, die letzten Verhandhingen betrafen p"™. religionis ^).

Der Kaiser an Goess. Dat. W^ien 28. Juni 1666. (Conc.)

28. Juni. Goess soll sich bemühen näheres über die beabsichtigte Liga zu erfahren

und das Zustande kommen derselben zu hindern suchen. Bezüglich der Wahl in Polen soll Goess wiederholen, dass der Kaiser die Wahlfreiheit der Polen gewahrt sehen wolle und gegen eine Wahl zu Lebzeiten des regierenden Königes sei; doch soll Goess zu erfahren trachten, auf wen Brandenburg sein Absehen gerichtet hat.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 3. Juli 1666. (Gr.)

[Verhandlungen der Neuburger. Bremische Streitfrage.]

Juli. Goess ist krank. Die neuburgische Gesandte fahren fort mit ihre

Tractaten ; ich sehe aber, dass fast täglich neue propositiones herfür kommen. Sie seind vorgestern bei der Prinzessin von Oranien gewest,

^) Für diese Verhältnisse Lefevre-Pontalis I.e. 1.388 ff. ; Mem. d'Estrades IV. 263 ff.

-) Joh. lleiur. v. Winckeihausen und Franz Giese.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 744 ff.

Allianz zwischen Dänrmark, Btandenhurfr, Braunschweiü^ u. den Generalstaaten. 279

welche sie stark adhortirt das Werk zu befürderen und grosse Beojierde gezeigt zu dem Schluss zu cooperiren.

Die Magdeburger haben dem Administrator und dem Kurfürsten von Bran- denburg gehuldigt.

Der bremische Syndicus Eden spricht mit Goess über den Zustand der Stadt Bremen. Goess warnt vor einer Particularinterposition.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 17. Juli 1666. (Or.)

[Erneuerung der Allianz von 1658.]

Der Baron von Schwerin hatte Anfangs keine Difficultät gezeigt, i". Juli. dass die Anzahl und Qualität der Hülfen in der verneurten Allianz also solle gesetzt werden, wie es E. K. M. begehrt. Ich befinde aber, dass iemand nacher per caiculum aritmeticum ausgerechnet, dass solcher gestalt und nach Anschlag, was die Hülfen monatlich kosten, die Pro- portion nit gleich bleibe; ich habe geantwort, dass mich gedünkt, dass es fast zu sehr scrupulisirt seie; weiln er doch auf sich genommen, noch einmahl mit P. Ch. D. daraus zu reden, habe ichs darbei bewenden lassen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 24. Juli 1666, (Or.)

[Verhandluno:en des Goess bezüglich der polnischen Throufrage. Winckelhausens Er- klärungen über das Benehmen seines Herrn. Allianz zwischen Dänemark, Branden- burg, Braunschweig und den Staaten. Magdeburg. Bremische Streitfrag:e. Ueble Stimmung in England gegen den Kurfürsten. Schwedens Pläne auf Bremen.]

Bei den Verhandlungen zwischen Neuburg und Brandenburg spielt die 24. Juli. "Wahlfrage eine grosse Rolle, obgleich dies von beiden Theilen nicht zugegeben werden will. Man dringt in Goess, dahin zu sehen, damit das sul^jectum eligendum zwischen E"". K. M. und dem Churfürsten zeitlich möchte ver- glichen w^erden und fallt mir destwegen um so viel schwerer das gute Vertrauen allerseits zu behalten, die weiln ich mich hierüber nit so weit herauslassen will, noch kann, als man praetendirt, dass vor diesem in favorem des Herzogs von Neuburg von E^ K. IVI. ministris geschehen. Ich evitire so viel ich kann, damit man mir diese materiam in specie nicht berühre und dannoch ist man seither allwiederum an mich ge- wesen.

280 IV. Erste Mission des Freiherrn Jobaun von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Habbaeus Avar liier, hat mit dem Kurfürsten gesprochen und ist wieder abgereist. Gewiss ist, dass man von schwedisclier Seite viel Aufmerksamkeit der pohlischen Wahlfrage zuwendet'). Der Kanzler Winckelhausen, der ein Cavalier von redlichen, deutschen Gemüth und E^ K. M. und dero hoch- löblichem Haus allzeit wohl zugethan gewesen, hat mir weitläufig ge- klagt, welcher gestalt culpa nostra der Herzog, sein Herr, von uns ab alienirt und zu der französischen Partei komme, da er doch von Jugend auf so gut österreicherisch gewesen, als wann er aus dem Haus geboren wäre; er wäre auch zu voriger Devotion wiederum zu bringen. . . .

Das foedus, so da vorgewesen zwischen Dänemark, Churbranden- burg, dem Haus Braunschweig und den Staaten-General, scheint nun eine Zeithero nit so stark getrieben zu werden. Der Baron von Schwerin sagt mir, dass er's auch also zu Amsterdam, als er da gewesen, befunden; er hat's dem genio der holländischen Republique, w'elche für sich selbsten langsam, zugeschrieben; ich vermeine aber vielmehr, es geschehe erst- lichen, weiln sie sich vor Schw-eden nimmer so sehr, als wie vorhin, fürchten, weiln sie auch mit dem Haus Braunschweig in einige Misver- ständnus gerathen wegen der Völker, so diese in Ostfriesland geschickt und noch darin halten und dann drittens, dass sie vermerken, ;:dass der Churfürst theils sub hoc praetextu und theils, damit er sich denen uebrigen gravirten Reichsständen nit adjungire, ihnen abermahlen Ursach such abzupressen:]. Die Franzosen, wie der von Schwerin meldt, sollen auch dieses foedus nit allzu fest urgiren und der darbei führender Inten- tion nit allerdings trauen.

Die hier anwesenden magdeburgischen Abgeordneten beklagen ihren un- glückseligen Zustand. I. Ch. D. wollen neben dem Commendanten, den Herzog Augustum von Holstein als Gouverneurn in der Stadt haben, der Herr Administrator will keine Fürsten an der Seiten haben. Der Handel ist, dass gedachter Herzog dem Churfürsten allein solle verpflicht sein. Die churfürstliohe Guarnison ist in der Stadt und ist also nit zu fragen, wer in diesen Streit triumphiren werd.

Die bremischen Abgeordneten haben beim Kurfürsten durchgesetzt, dass er 2 Vertreter nach Stade senden wird; auf des Goess Bedenken hin, erklärender Kurfürst und Schwerin, dass dies salva der kaiserlichen und der Reichscommission geschehen solle. Aus Paris und Stockholm langen Nachrichten von einer Frank- reich günstigen Stimn;ung der Schweden ein. Der kurfürstliche Secretär Achen hat aus London berichtet, dass man daselbst mit dem Kurfürsten nicht zufrieden sei; man imputire ihm nicht allein den Frieden zwischen Münster und den

1) Mem. de Pomp. II. 113 ff.

Polnische Wahl. Bremische Streitfrage. Braunschweig und die Staaten. 281

Generalstaaten, sondern auch, dass er durch seine und des Prinzen von Oranien Anwesenheit bei der Flotte grösseren Zulauf des Volkes zu derselben verursacht habe. Das letztere soll, wie Goess erfährt, richtig sein. Ob die Mediation von England angenommen wird, ist noch ungewiss. Der neue Prinz ist Ludwig ge- tauft worden.

P. S. 25. Juli. Der Churfürst vernimmt, dass die Schweden die Stadt Bremen werden attaquiren; er w'ürde es ungern sehen, auch hin- deren, wann er kiinnte. Der Wrangel hat an ihm geschrieben und die vorhabende Allianz mit den Staaten General, dem Haus Braunschweig und Dänemark widerrathen, der Churfürst sagt mir aber, dass er's desto ehender thuen werde. Die Nachricht von Schwedens Absicht sich in die herrschenden Differenzen zwischen Holland und England nicht zu mischen. >vird confirmirt.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 4. August 1666. (Or.)

[Schwedisch-bremischer Conflict]

Die Schweden sandten dem Kurfürsten ihr Manifest gegen Bremen. Der 4. Aug. Kurfürst sendet Räte nach Stade um zu vermitteln '), aber S. Ch. D. fragen mich darbei, im Fall die Schweden dannoch fortfahren sollten, w-as man unserseits vermeint darbei zu thun.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 14. August 1666. (Or.)

[Urtheil des Schmising über die Haltung der braunschweigischen Fürsten gegenüber den Allianzanträgen der Staaten.]

Schmising, mit dem er zu Xanten zusammentrifft, theilt ihm mit, dass die 14. Aug. Staaten noch immer mit den braunschweigischen Herzogen wegen eines Bünd- nisses verhandeln. Herzog Johann Friedrich sei derjenige, der am meisten zurückhalte, er will sich ohne Not in keinen Krieg einlassen. Er habe auch grossen Einfluss auf die Käthe seiner Brüder. Schmising versichert, dass Johann Friedrich gut kaiserlich gesinnt sei; der Herzog von Celle wünsche auch sich mit dem Kaiser zu einigen. Der Osnabrücker verharre von dem Grafen von AValdeck geleitet noch am meisten bei den früheren Maximen-). Schmising glaubt, es wäre jetzt eine gute Gelegenheit für den Kaiser sich mit den Fürsten des Reiches zu einigen. Die Verhandlungen mit Neuburg stehen nicht so gut. wie zu Avünschen wäre.

0 üt'ber die Verhandlungen zu Stade vergl. Köcher 1. c. 471 f. '"0 Für die Haltung der braunschweigischen Fürsten in dieser Zeit vergl. Köcher 1. c. 454 ff.

282 IV. Erste Mission des Freiherni Joiiann von Goess. Jan. lGri5 Mai 1668.

In den nächsten Monaten wird die Correspondenz sehr schwach und unbe- deutend. Die Weisungen beschäftigen sich fast ausschliesslich mit den Reichs- tagsangelegenheiten, die sich durchaus nicht in einer den Wünschen der Wiener Regierung entsprechenden Weise entwickelten. Der Kaiser suchte an dem Kur- fürsten einen Bundesgenossen gegenüber den immer heftiger auftretenden For- derungen der fürstlich-weltlichen und eines Theiles der fürstlich -geistlichen Stände, zu gewinnen. Unter dem 5. September wird Goess dann aufgefordert, mit dem Kurfürsten über die vom Kaiser sehr befürwortete Prorogation des Reichstages auf unbestimmte Zeit, mindestens 6 Jahre, zu berathen und dieselbe auf alle Weise zu empfehlen. Goess, der im Laufe dieser Monate eine gefähr- liche Krankheit zu überstehen hatte, konnte nur wenig verhandeln. In der Prorogationsfrage fand er den Kurfürsten in einer den Wünschen des Kaisers günstigen Stimmung. Der Churfürst, schreibt er am 20. Oct., incliniret darzu, dass man sehen solle den Reichstag zu Regensburg so gut man kann zu schliessen und materiara capitulationis perpetuae auf eine be- queme Zeit zu remittiren.

Ende October kam der Graf Rudolf Sinzendorf) an den Hof des Kur- fürsten von Brandenburg, um mit ihm über die Massregeln zu berathen, die in den Streitigkeiten, welche zwischen dem Könige von Schweden und der Stadt Bremen ausgebrochen waren, zu ergreifen wären-). Die Berichte darüber sind nicht erhalten; Goess war durch Krankheit verhindert an denselben lebhaften Antheil zu nehmen.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 3. November 1666. (Or.)

[Mitthoilungen des Kurfürsten bezüglich der bremischen Frage und der Wahl in Polen.]

3. Nov. Der Kurfürst ist am 30. Oct- nach Berlin aufgebrochen, hat mir die hohe

Gnad thuen wollen und mich den Tag vorher in meinem Quartier besucht, darbei von dem gegenwärtigen statu ziemlich weitläufig geredt worden. Hat mir erzählt, dass dero Trompeter vom Wrangel zurückkommen, mit dieser Antwort, dass er sich in Tractaten gern einlassen und des Chur- fürsten Interposition darbei admittireu wolle. Die Stadt aber zu quit- tiren und die Völker abzuführen, das künnte er ohne seines Königs expressen ßefelch nit thuen. Auf das übrige der churfürstlichen Schreiben,

') Berichte des Sinzendorf liegen nicht vor, wohl aber die für ihn bestimmte Instruction, welche eine detaillirte Darstellung der bremischen Frage enthält und in die Forderung ausklingt, der Brandenburger möge seine Ansicht über die in dieser Sache zu ergreifenden Massregeln mittheilen (Instruction vom 3. Sept. 1666).

-) Für diese Verhältnisse vergl. Droysen 1. c. III.3 irjSif.: Carlson I.e. IV. 489fP.; Mem. de Pomp. II. Cap. VI. und VII.

Bremischer Conflict. Polnische Wahl. 283

wo der Churfürst angecleut hatte, dass im Fall er die Belagerung nit aufheben würde, I. Ch. D. sich nit entbrechen künnten E"". K. M. raan- datis und dero tragenden Pflichten Gnügen zu thuen, antwortet er nichts. . . . Ich habe nit unterlassen I^ Ch. D. abermalilen alles das- jenige zu repraesentiren, was sie zu Üeberuehmung der kaiserlichen Commission und Schick- und Conjungirung ihrer Völker bewegen möchte: habe doch keine cathegorische Erklärung darauf erhalten können. Sie antworteten, dass sie ihre Cavallerie Ordre ertheilt, sich zum ■Marsch fertig zu halten; dass sie besorgeten, wann die Herzogen von Braun- schweig wider den Wrangel anmarschiren sollen, dass er die Belagerung eine ^Veil sein lassen und auf ihnen losgehen würde, darbei ich dann nit ermanglet die beschwerliche Consequentien fürzuhalten, welche daraus entstehen würden, wann die Herzogen sollen geschlagen werden. Die Landgräfin von Hessen, seine Frau Schwester, wollte er dahin suchen zu disponiren, dass sie sich dieses Werks mit annähme. Man künnte aber schwerlich mit ihren ministris fort kommen, welche sich in allen solchen Dingen zu entschuldigen pflegten mit der Minorennität ihres Herrn. Den Jena wollten sie nach Hildesheim schicken; in summa, ich habe gnug merken können, dass er an diesem Securs nit gern kommt, dass er Zeit gewinnen und auch sehen will, was E. K. M. bei dem Werk thun werden und wann er endlichen sich ferner nit entziehen könne, dass es dann mit der Mass und Proportion sein wird, die ihn pro contingenti be- treffen möge, obwohln die ministri stark versichert, dass. wann es so weit kommen, man alsdann auf solcher Mass noch Proportion nit reflec- tiren werd. Der Churfürst hat in diesem Discurs mich auch ersucht, ich möchte bei E''. K. M. daran sein, dass solche commissiones ihme nit allein aufgetragen würden, welches dieienige Suspicion und ümbrage anzeigt, als würde man bei uns kein Bedenken haben, ihn in einem Krieg einzuwickelen, damit wir uns daraus hielten. Ich habe geantwort, dass S. Ch. D. bei diese Commission nit allein sein und dass in omnem casum das Reich und E. K. M. auch zutreten und securiren wür- den. ...

Dann ist der Churfürst kommen auf das polnische Werk; dass der Hoverbeck mit dem de Mayeru darüber conferirt und dass dieser E^ K. M. von allem zweifelsohne würde bericht haben: dass die Königin die Wahl stärker als nie triebe, dass der König zu diesem Ende bei künftigen Reichstag gewiss abdiciren würde, dass derowegen hochnötig, dass man sich zwischen E^ K. ^I. und S^ Ch. D. t: vereinigte ratione

284 IV. Erste Mission des Freiherrn Jobann von Goess. Jan. 1C65— Mai 1668.

subjecti, welchem man zu der Krön zu helfen. Darzu wäre niemand besser als der Pfalzgraf von Neuburg :j, der hätte allbereit viel Freunde und Adhaerenten im Reich, wäre auch allerdings qualificirt. wann dann E"". K. M. und seine officia darzukämen, könnte man der andern Fac- tiün, welche den Duc d'Enghien befürderen will, überlegen sein. Sonsten, wann man diesfalls nit einig wäre, würde es nur der contrari Faction diseigni befürderen. Der Churfürst hat micii wiederholter Dingen er- sucht, dass ich dieses alles E^ K. M. überschreiben und dero gnädigste Erklärung darüber einholen solle; bitte derowegen E. K. M. allerunter- thänigst, sie wollen mich gnädigst instruiren, wie ich mich hierin zu verhalten. Für diesraahlen habe ich geantwort, dass E. K. M. das Aug allzeit darhin gehabt, dass die constitutioues fundamentales regni erhalten und von keiner Wahl vivente rege sollte gehandelt werden. Wann es aber zu einer Wahl kommen sollte, so zweillete ich nicht. E. K. M. wären dem Herrn Herzogen von Neuburg mit aller guten kais. Aflfection wohl beigethan und würde derselbe wissen dieselbe noch ferner zu demeriren. Ich sehe den Churfürsten zu diesem Werk stark portirt. Die Herrschaft Ravenstein, welche vermöge der Tractaten dem Herzog von Neuburg verbleiben sollen, bis durch ein Compromis erörtert würde, wem dieselbe zukäme, solle durch einen neuen Tractat nun zu Ostern dem Churfürsten eingehändigt werden, inter caeteras cum hac conditione, dass wofern bei nächster Vacanz der Herzog oder sein Sohn nit sollen zu der polnischen Krön kommen, dass der Churfürst schuldig sein solle, diesen Herrschaft dem Herzog widerum zu retradiren ^).

Unter dem 10. Nov. 1666 berichtet Goess, Sinzendorf melde, dass der Kur- fürst und die Landgräfin von Hessen bessere Gesinnung zeigen Bremen zu unter- stützen. Mit des Goess Gesundheit geht es noch immer nicht gut. Unter dem 6. Dec. berichtet er aus Brüssel, dass er zur Erholung nach den Niederlanden gereist sei. Er findet dort den Friquet sehr krank und meint, es wäre gut dem Friquet jemanden beizugeben. Nach Mittheilungen des Sinzendorf und anderer ist die Sache zwischen Schweden und Bremen so gut wie beigelegt.

Goess an den Kaiser. Dat. Cleve 24. December 1666. (Or.)

[Unterredung mit Castel-Rodrigo. ürtheii über denselben.] 24. Dec. Er hat -wiederholt mit Castel-Rodrigo gesprochen und habe solche Devo-

tion und Eifer zu allem, was zu E"". K. M. Dienst gehören mag bei ihm

') Vergl. ürk. u. Act. XI. 762 ff.

Castel-Roclrigo. Urtheil des Goess über denselben. 285

gefunden, dass ich wohl wünschen möchte, dass alle andere spanische ministri dergleichen hätten. Er hat mir aber selbsten bekennt, dass nit alle also gesinnt und dass man auf E^ K. M. Seiten wohl zu invigiliren, damit der Widerwertigen üble Intention möge zurückgehalten und hinter- trieben werden. Ich habe ihm aufrichtig und in unserm von langer Zeit hero hergebrachten Vertrauen entdeckt, worüber ich vernommen, dass man sich in seinem führenden governo beklage, welches er als ein Zeichen einer rechten Freundschaft von mir aufgenommen und mir hin- widerum die Bewandtnus der Sachen und die rationes, so ihn zu einem oder zum andern bevvegeten, vertraut. Unter andern habe ich ihme gesagt, |:dass dieser Churfürst in seiner Affection gegen dem Haus Spanien sich etwas erkälte, dass er das nit zuhalten der versprochenen iährlichen 28000 Reichsthaler pro contemptu sui interpretire :j. Auch habe der Kurfürst sich beklagt, dass Castel-Rodrigo des Kurfürsten Notificationsschrei- ben bezüglich seiner Ankunft in Cleve nicht direct beantwortet habe. Castel- Rodrigo sagt, er habe den M'«. de Conflans zum Kurfürsten zu senden vorgehabt, habe ihn aber mit leeren Händen nicht schicken wollen, die Anweisungen aus Spanien seien aber bisher nicht gekommen. Goess rät dem Castel-Rodrigo durch ihn Goess ein Schreiben an den Kurfürsten gelangen zu lassen ; er werde dann schon trachten ein besseres Verhältnis widerherzustellen. Castel-Rodrigo verspricht den Brief zu schreiben. Mit dem Neuburger ist Castel-Rodrigo nicht auf gutem Fusse ; ceremonielle Schwierigkeiten erschweren den Verkehr. Castel- Rodrigo hält die Allianz Spaniens mit England für nützlich und wenn die Nie- derlande angegriffen werden sollten, für nothwendig. Er meint aber, man dürfe den Bruch mit Frankreich nicht herbeiführen. Er hat die Reputation bei allem in ganzen Land, dass er limpias manos habe und sich durch kein Interesse verleiten lasse; auch dass er die Chargen nach Meriten und nit, wie vor diesem soll geschehen sein, nach Gunst, Recommendation, viel weniger um's Geld conferire, welche dann Hauptstück seind in einem Governatorn. Die übrige Qualitäten, Verstand, Application, Activität und Eifer in seines Herrn Dienste, weiss man, dass sie ihm nit abgehen. Ich befinde, dass er bei den wenigen Mittelen, die er gehabt, viel gethan hat und wann er besser soll assistirt werden, glaube ich, dass er das Land in gutem Stand setzen, die Grenzen wider ausländischen Feind wohl befestigen und den Staat inwendig in gute Ordre bringen würde. Mit Erbauung der Festung Charleroy hat er einmahl in der kurzen Zeit viel praestirt und obzwar unterdessen die Mittel so darzu angewendt worden, den armen Soldaten und andern Nothwendigkeiten gleichsam entzogen, so ich doch niemand, der nit bekennen müsste, dass es ein hoch nothwendiges Werk und dass das Land, nachdem die Grenzen und

286 ^^ Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. lßG5 Mai IßOS.

feste Plätze der Orten den Franzosen durch den Frieden eingeräumt worden, bis nach Brüssel ganz offen stünde.

Anfang des Jahres 1667 hat Goess dann eine Reise zum Herzog von Neu- burg unternommen, um die zwischen diesem und dem Grafen Schwarzenberg be- stehenden Differenzen, vornehmlich betreffs des Schlosses Hückeswagen, beizu- legen. (Bericht Goess d. d. Hildesheim 17. Jan. 1667 Gr.) ') Bei seinen Unter- redungen mit dem Herzoge wird auch der polnischen Wahl gedacht, und von dem Herzoge seine Candidatur dem Kaiser besonders empfohlen. (Bericht d. d. Hannover 23. Jan. 1667. Or.) Anfang Februar ist Goess in Berlin.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 30. Januar 1667. (Coiic.)

[Verhandlungen mit Blumenthal, vornehmlich über die polnische Wahlfrage. Haltuns^ Schwedens. Goess soll bezüglich dieser Punkte sich Klarheit zu verschaffen suchen.]

30. Jan. Blumenthal, des Kurfürsten Vertreter, hat hier wegen der von den Kosaken

und Tartaren drohenden Gefahr gesprochen, die Nothwendigkeit betont, in der polnischen Wahlfrage zu bestimmten Entschlüssen zu kommen und des Kaisers Pläne in dieser Angelegenheit zu vernehmen gewünscht. Der Kaiser erklärt darauf, bei seinem Entschlüsse eine Wahl zu Lebzeiten des Königs nicht vornehmen zu lassen, zu beharren, und zumahien mehrerwähuter von Blu- menthal sich vernehmen lassen, dass des Churfürsten L'^^". bei der Krön Schweden aus gutem Vertrauen zu unserem Consens einigen Auwurf zu Stiftung einer guten Zusammensetzung unter uns und derselben und anderen gethan, so ist unser gnädigster Befehl hiemit an dich, dass du zuförderist bei des Churfürsten L'^''". in was für terminis selbiges Werk stehe und was dieselbe vermeinen, dass etwa weiter darinnen zu thun und zu schliessen sein möchte, so wohl auch ob nicht das zwischen uns und S. L. erst neulich extendirte und prorogirte foedus wider die Tar- taren und Türkon und dann weiter auf andere deutsche Häuser als Braunschweig und Hessen zu extendiren, dich eigentlich erkundigest und uns alsobald überschreibest^). Da Blumenthal sich hat verlauten lassen, Brandenburg sei dem Pfälzer in der Wahlfrage zu nichts verpflichtet, wolle sich bezüglich des vorzuschlagenden Candidaten mit dem Kaiser einigen, soll Goess auch in dieser Sache sich Klarheit zu verschaffen suchen.

') Auszüge aus diesem Berichte, Hannover betreffend, bei Schleichl Dr. Fr. Leo- pold I. und die österreichische Politik während des Devolutionskrieges 1667 1668, 52 f.

'^ Ganz in diesem Sinne lautet auch die kaiserliche Resolution an Blumenthal d. d. 30. Jan. 1667, mit dem am 28. Januar in dieser Angelegenheit eine Conferenz gehalten worden war (C'onferenzprotocoll vom 28. Jan. 1667, W. A. Abtheilung Frie- densacten Fas. 166). Für Blumenthal's es ist der jüngere Christoph Caspar Blumenthal Aufenthalt in Wien Puf. 1. c. X.58f.; Droysen 1. c. III.3 ISOf.

Polnische Wahlfrage. Haltung Schwedens bezüglich derselben. 287

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 7. Februar 1667. (Or.)

[Tod Lubomirski's. Aeusseningen des Kurfürsten über die nunmehr in der polnischen Wahlfrage zu befolgende Politik. Schwedens Haltung in der Wahlfrage. Schwerin über diese Angelegenheit. Des Kurfürsten ürtheil über die Haager Allianz. Wunsch des Kurfürsten ein Einverständnis zwischen Schweden und dem Kaiser herzustellen. Hildesheimer Allianz. Blumenthals Sendung nach Wien. Des Berlepsch Sendung nach Dresden. Besorgnisse des Kurfürsten wegen der Haltung des sächsischen Kurfürsten.]

Bei seiner Ankunft erhält er die Nachricht vom Tode Lubomirski's ^). 7. Febr. I. Ch. D. sagten mir, dass man darum den Muth nicht sinken zu lassen, discurrirten über die Qualitäten des nun verstorbeneu Lubomirski und vermeineten, dass sich einige Dinge nunmehr besser schicken würden, als in seinem Leben. [: Die gute Patrioten wären bei diesem Zufall kräftig zu animiren, damit sie bei der guten Sach beständig verbleiben, sie wären sorgfältig um ihre Schreiben, die bei dem Lubomirski möchten gefunden w'erden und wenden Fleiss an, damit man dieselbe zurück- bekomme.:! Di^ Nachrichten aus Schweden lassen erkennen, dass dieser Staat geneigt ist, sich in die polnische Angelegenheit zu mischen -). Hoverbeck hat die Wahl des Neuburgers dem Könige und der Königin von Polen sehr empfohlen ^).

Auch Schwerin zeigt durch seine Reden, dass man am kurfürstlichen Hofe gewillt ist, die polnische Angelegenheit energisch zu betreiben.

Die haagische Allianz betreffend, finde ich den Churfürsten eben der Meinung, dass die Staaten General, solang sie im Krieg mit Eng- land begriffen"), niemand darin wider des Königs in Frankreich Gut- bedünken einnehmen werden, dass der Fried zwischen diesen beiden Nationen, um so viel mehr zu procuriren. . . . Ich vermerke, dass der Churfürst sehr verlange, dass |:E. K. M. in bessere Verständnus und Vertrauen mit Schweden kommen thäten; beklagt, dass man von schwe- discher Seiten den Palbitzki (welcher zwar sein Unterthan, aber ein Mensch von seltsamen und difficilen Humeur seie) an den kaiserlichen Hof geschickt :j.

Betreffend die Allianz und Zusammensetzung, darüber man zu Hil-

0 Er starb am 31. Jan. 1667. Vergl. Krebs 1. c. 168.

-) Für die Beziehungen Schwedens zur polnischen Wahlfrage vergl. Memoires de Pomponne II. a. a. 0.; Carlson 1. c. IV. 487, 496 f.; Droysen 1. c. HL 3 182 f.

^) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 171 ff.

•*) Für diese Verhältnisse Lefevre-Pontalis I. 365 ff. ; Klopp, Onno Gesch. des Falles des Hauses Stuart I. 142 ff.

288 ^^- E'"'<<e Mission des Freihenn Johann von Goess. Jan. 1605 Mai 1668.

desheim tractirt'), hat man dahie rationes, welche ich als für mich Selbsten proponirt, warum E. K. M. darin mit einzubegreifen, ganz billich gefunden und halte ich darfiir, dass wann's E. K. M. an 1. Ch. 1). ge- sinnen würden, dieselbe es nit allein nit difficultiren, sondern vielmehr befürderen helfen werden; sie approbiren nit, dass diese Defension also eingericht werde, |: als wäre sie in specie wider die Schweden gemeint, dann dieses seie odieus:| und diene zur Sache nit; ich sehe dieses Defen- sionwerk nit eben für so hoch importirend an, dass E. K. M. sonderlich viel daran gelegen; weiln aber die Billichkeit und ratio aequitatis so augenscheinlich darbei, dass auch die passionirte dieselbe erkennen müssen, |:als möchte rathsam sein diesen Eingang zu machen, dardurch nach und nach der Weg gebahnt und die Disposition zu weiterer Ver- bindung mit diesen Chur- und Fürsten gemacht würde; massen dann dieser Churfürst darfür halt:|, dass E. K. M. in den Allianzen, welche im Reich gemacht werden, allzeit wo raüglich mit eintreten sollen. Der von Blumenthal, wie ich von dem Baron von Schwerin vernimm, hat in instructione ^), dass er E"". K. M. die gute Gelegenheit, welche sie anietzo haben das Haus Braunschweig an sich zu ziehen^), repraesen- tire; er hat darbei wiederum gemelt, dass E. K. M. in hoc passu un- glaublich viel gewinnen würden, wenn sie circa religionem in dero Ei'b- ländern etwas indulgentior sein würden. : |

Schlosshauptmann Berlepsch wird nach Dresden geschickt; die Rüstungen des sächsischen Kurfürsten erregen hier Bedenken, die Allianz mit Schweden ver- mehrt dasselbe ; der Brandenburger scheint besonders Magdeburgs wegen in Sorge zu sein^). Der Churfürst hat sich gegen mich vernehmen lassen, j: als gedenke der Churfürst zu Sachsen sich catholisch zu erklären:], und wolle sich durch die Waffen hierbei versicheren; dieses würde ihme und dem Churfürsten zu Sachsen, und E"". K. M. sehr schädlich sein; |: ein ander Minister hat bei mir schiessen lassen, als geschehe alles mit E''. K. M. Vor be wüst :1. ...

') Für diese Hildesheimer Couferenz vergl. Köcher I.e. 1.515 ff ; Droysen I.e. III.3 164.

-) Vergl. Droysen I.e. III.3 180 f.

^) Vergl. Köcher 1. c. I. 519 f.,

*) Vergl. Droysen 1. c. III.3 178 und Aum.

Hildesheimer Allianz. Sachsen. Polnische Frage. 289

Der Kaiser au Goess. Dat. Wien 8. Februar 1667. (Couc.)

[Lubomirski's Tod. Fortsetzung seiner Pläne. Unveränderlicbkeit der kaiserlichen Resolution in dieser Frage. Plan einer Einigung mit Schweden, Rraunschweig und

Sachsen in dieser Frage.]

Die Nachricht vom Tode Lubomirski's ist hier eingetroffen. Der Kaiser hat S. Febr, den Anhängern Lubomirski's, die seine Sache fortzusetzen beschlossen, die Zu- sicherung geben lassen, sie, wie den verstorbenen Lubomirski, unterstützen zu wollen. Einer dieser Männer, der Castellan von Posen, Grzymaltowski, will zum Kurfürsten von Brandenburg, um mit ihm über die zu ergreifenden Massregeln zu berathen. Goess soll dem Kurfürsten Avie dem Castellan mittheilen, dass des Kaisers Resolution unverändert geblieben ist. Sonderlich hast du dich auch zu bemühen zu sondiren, ob I. Ch. D. nicht für rathsam halten möchten, dass nicht allein die Krön Schweden, sondern auch das Haus Braunschweig, wie auch des Churfürston von Sachsen L'^'=". zu einer ge- meiner Verbüudnus und Zusammensetzung mit uns und des Churfürsten zu Brandenburg L'^'^". vermögt werden möchten. Auch soll Goess den Kur- fürsten ersuchen, seinerseits alles aufzubieten, um sich Klarheit über die Pläne des sächsischen Kurfürsten zu verschaffen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Februar 1667. (Or.)

[Neigung des Kurfürsten für die Candidatur des Neuburgers. Urtheil des Goess über die Haltung des Kurfürsten in dieser Frage. Auslegung des kaiserlichen Wunsches in der polnischen Wahlfrage. Umtriebe der Königin von Polen. Neue Unterredungen des Goess mit dem Kurfürsten und Schwerin über die polnische Wahlangelegenheit. Nachrichten aus Stockholm. Ausdehnung des Bündnisses gegen die Türken und Tar- taren. Unterredung mit Schwerin wegen des Privilegiums de non appellando und der

Religionsverhältnisse.]

Goess findet den Kurfürsten sehr für die Candidatur des Neuburgers ein- 18. Febr. genommen, mit dem er eifiügst verhandelt. Goess glaubt, dass der Kurfürst diese Verhandlungen ehrlich meine, vornehmlich mit Rücksicht auf sein preussi- sches Interesse '). Man weiss, wie er mit Polen stehe, auf welche Weis er die Souverännität in Preussen erhalten; hat billich zu besorgen, dass wann ein König in Polen kommen, welcher ihm nit wohl gewogen und die Gelegenheit und Coniuncturen sich darzu praesentiren möchten, ihnie künftig allerlei Difficultäten würden gemacht werden.

Von Schweden möchte ihm dasselbe nit allein vergönnt, sondern

1) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 183 ff.

Mater, z. Gesell, d. (1. Kiirfilrsten. XIV. 19

290 IV. Erste Mission des Freiiierrn Johann von Goess. Jan. 16r>5 Mai 1668.

auch wohl procui'irt werden; derowegen ist er sorgfältig, dass er eiuen benevolum, ja auch sibi devinctum regem in Polen kriege; |:und hat ein vornehmer Minister mir in Vertrauen einmal gesagt, dass der Kurfürst auf alle Weis dahin sehen werd und solle, dass wer König in Polen wird, ihme darum Obligation habe. : Darzu kommt auch, dass er in dem Clevischen in steten Sorgen leljcn müssen, sonderlich bei dem Atta- chement des Herzogs von Neuburg an Frankreich, darum die Stände selbiger Landen diesen Vergleich sehr verlangt und eingerathen. Ich habe den Churfürsten fast in keiner Occasion so pacient und geduldig gesehen, nun nachzugeben, nun die vorfallende Difficultäten zu superiren, daraus ich schliessen müssen, dass ihme starke rationes, warum er diesen Vergleich einzugehen, zu Gemüth gangen').

Unsere rationes, warum vivente rege zu keiner Wahl zu schreiten, 1: möchten wohl dahin ausgedeutet werden, als thäten E. K. M. ent- weder auf sich Selbsten, oder doch auf einen andern candidatum post fata regis gedenken. Und habe ich dieselbe hiebei zu erinnern, dass ich etwas susurriren hören, als hätten sie dem Lubomirski seel. die Fiirsten- thiimer Ratibor und Oppeln versprochen, non exprimendo ad quem finem, sed magnus aliquis procul dubio praesumitur; auf dem Prinz Carl von Lothringen^) merke ich auch, dass man suspicire, dass E. K. M. incli- niren; meines Erachtens hat man in diesem Werk sehr behutsam zu gehen ^):L Wann die neuburgische Abgeordnete Schweden dahin ver- mögen könnten, massen man bei selbiger Krön bis dato diesfalls gute Propension zu dem Herzog von Neuburg gezeigt, |: würde dieser Chur- fürst sich leicht zu ihnen schlagen und die Wahl in favorem des Her- zogs endlichen auch wohl armis durchdringen helfen. Dass er der fran- zösischen Wahl beifallen solle, wie der von Blumenthal insinuirt, darzu sehe ich keine Apparenz; es müsste dann . der Status rerum in totum sich verändern. Der Kremski ■*) ist fort nacher Polen, imbuirt mit dieser Maxime, dass Polen keine Ruhe zu hülfen, man benehme dann durch eine Wahl der Königin die Hoft'nuug zu ihrem Intent zu gelangen :|.

Die Hilfe, welche Hoverbeck der Königin von Polen gegen die Türken an-

') Für die brandenburg-neuburgischeu Beziehungen ürk. ii. Act. XI. 731 if.; Puf. 1. c. IX. 75f.; Droysen 1. c 173£f.

-) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 184 f.

^) Vergl. auch die Weisung Friedrich Wilhelms an Blaspeil bei Droysen 1. c. III.3 185 Anm.

•*) Pfalz-Neuburgischer Gesandte; vergl. Puf. I. c. X. 65.

Polnische Wahlfrage. 291

geboten'), war ihr nicht recht; Goess meint, man hätte es lieher unterlassen sollen.

Des Ragefski^) Reis nach der Porten glaubt man, dass dahin an- gesehen seie, dass man den Tiirkenkrieg auf alle Weis suche von sich |: und herentgegen auf E. K.M. zu wälzen; mit vorgeben, dass dieselbe nach der polnischen Krön trachten; man solle bei der Porten gedenken, was für eine formidabl Potenz sie hierdurch an der Seiten bekommen würden. Die Königin suche unterdessen dem König aus Frankreich diesen Dienst zu thuen und seine anderwertige diseigni hierdurch zu facilitiren, weilen sie bis dato in dem Wahlwerk ihrem Versprechen nach nit fortkommen können^). Es wären ja grausame consilia. Ich bericht's allein, damit E. K. M. dessen Nachricht haben und sich vor- sehen mögen, wann etwas daran wäre:|.

Unterdessen, weiln man dieses ad mundum abschreibt, bin ich bei P. Ch. D. und dem Baron von Schwerin gewesen; haben insinuirt, dass man in Couferenz mit mir treten würde .... und besteht man ihrer- seits darauf, dass zwar ausser der grössten Not |: vivente rege zu der Wahl nicht zu schreiten; wann aber dieselbe durch der Königin unauf- hörlichs Treiben wollte durchgetrieben werden und der König zu diesem Ende unversehens thäte abdiciren, da w"äre ja in alle Weg nöthig, dass wir uns unter einander verstünden und verglichen, wen man pro candi- dato solle praesentiren. Man hat sich darbei beklagt, dass der de Lisola und Friquet den Herzog von Neuburg : j von E^ K. M. wegen hierzu pro- ponirt und dass man sich diesseits auf diesem Fundament weiter in der Sach eingelassen; nun aber wolle mau bei E''. K. M. Hof nichts darvou wissen und |: exclamirt der Churfürst, wann er E^ K. M. publicis ministris :| nit trauen kann, wem er dann endlichen trauen könne. Er hat's anfangs dahin ausgedeut, als wann man bei E^ K. M. Hof nit gern sehe, dass er sich mit dem Herzog von Neuburg verglichen. Ich habe S"". Ch. D. aber remonstrirt, dass vielmehr E. K. M. meinen darbei angewendeten Fleiss, der niemanden besser als deroselben bekannt, nit allein approbirt, son- dern mir jederzeit befohlen, noch ferner darin zu continuiren. Der Baron von Schwerin setzete ferner hinzu, dass wann E. K. M. damalen, als von diesem W^erk anfangs gehandelt worden, dero Intention |:ratione candidati änderst entdecket, der Churfürst weniger nit als wegen des

1) Yergl. Droysen 1. c. III.s 183 f.

2) Radziejowski.

=*) Vergl. Droysen ]. c. III.3 191 ff.

19-

292 IV. Erste Mission des Freilierrn Johann von Goess. Jan. lfiG5— Mai 1G68.

vorgeschlagenen Herzogs von Neuburg geschehen:! sich mit deroselbcn conformirt hätte.

Crockow meldet aus Stockholm, dass das Ansehen der Franzosen daselbst immer grösser werde, dagegen könne er nicht glauben, dass die Schweden die von Frankreich intendirte Wahl in Polen unterstützen werden '). Ueber die Herstellung eines guten Vernehmens zwischen dem Wiener und Stockholmer Hofe durch Vermittelung des Berliner Hofes wird in Berlin zwar gesprochen, aber bisher noch nicht gehandelt.

|:Ratione exteosionis foederis etiam contra Turcas et Tartaros haben I. Ch. D. zwar, dass dasselbe und viel weniger, dass andere Häuser als Braunschweig und Cassel :| darin mit eintreten möchten, nit improbirt, sondern insinuirt, dass sie sich diesfalls mit E''. K. M. wohl vergleichen werden; sie haben sich doch nie positive erklärt, dass sie ihrestheils mit der Extension zufrieden, sondern man hat dilatorie gcantwort, man erwarte Bericht, wie sich die Tractaten zu Hiklesheim veranlassen''), darnach man sich besser werde richten können. Der Churfürst hat sich im übrigen anerboten bei den andern Häusern seine gute Officia zu inter- poniren. , . .

Der Baron von Schwerin hat mich abermalen ersucht, dass ich bei E"". K. M. meine officia interponiren wolle, damit I. Ch. D. das privilegium de appellando im Herzogthum Pommern, allermassen's die Schweden haben, erhalten mögen. Man hätte Nachricht, dass der H. Markgraf von Bai- reuth auch darum angehalten und gute Vertröstung bekommen. Ich habe gefragt, ob sie dann zufrieden, wann's keiner bekomme. Der von Schwerin sagte von nein und dass er hierin ein sonderliches Interesse habe, dann auf ihm, als der darin begütert, sonsten ungleicher Verdacht fallen möchte. Er hat darbei repetirt, was ich neulich erinnert, wie viel E. K. M. durch ein wenig mehr ludulgenz in dero Erblanden gegen den Protestirenden gewinnen würden. Als ich regerirt, wie sie das an E. K. M. begehren könnten, da sie in ihren Landen denen catholicis ganz keine exercitium zuliesseu, hat er geantwort, wir möchten nur propo- niren und Vorschlag thun, sie würden sich ihrerseits gern finden lassen.

1) Vergl. Droysen 1. c. IU.3 185 f.; Pomponne Mein, il Cap. VI. u. VII. -) Vergl. Köcher 1. c. I. 518 ff.

Eiweiteruug des brandeuburg-oesterreichischen Bündnisses. Polnische Wahlfiago. 293

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Februar 1667. (Or.)

[Rathschlag des Goess in der polnischen Wahlangelegenheit. Verhandlungen mit dem Kurfürsten und dem Herzoge von Neuburg. Sachsen. Reiffenberg. Des Kurfürsten Verhalten in der Frage bezüglich Extendirung der Allianz gegen die Türken und

Tartaren.]

Berichtet über die in dem anderen Schreiben bereits gemeldeten Gespräche 18. Febr. mit dem Kurfürsten und seinen Ministern.

Ich befinde, dass sehr nothwendig sein werd, dass E. K. M. sich in dem polnischen Wahlwerk also verhalten, |:dass dem Herzog von Neu- burg und consequenter dem Churfiirsten die Hoffnung zu ihrem Intent zu gelangen nicht benommen werde. Dann wann E^ K. M. consilia de non eligendo successore vivente rege aut conveniendo de candidato dahin sollen ausgedeut werden, dass sie entweder auf sich oder praeterito Neo- burgico auf einen andern candidatum gedachten, wäre zu besorgen, dass sie herentgegen andere consilia und resolutiones fassen und verur- sacht würden per quamcunque demum viam zu ihrem Intent zu ge- langen:]. ... Die rationes, welche ich kräftig deducirt, warum für dies- malen von keiner Wahl zu tractiren, können sie dahie nit verwerfen, sondern lasst man dieselbe gelten, [:sed hactenus, wann keine Gefahr da, dass der polnische Hof unterdessen die vorhabende Wahl gleichsam per forza möchte durchtreiben; in quem casum wir unserseits müssten gefasst und ratione candidati eins sein :|. Dieser Ursachen halben habe ich mich beflissen, sowohl dem Herzog von Neuburg, als auch dem Chur- fürsten, E"". K. M. gegen gedachten Herzog tragender gnädigsten guten Affection zu versicheren, auch dasjenig zu erinnern, wodurch der Herzog dero kay. Gnad und Benevolenz zu erwerben; : dann hier liegen sco- puli verborgen, daran man leicht zu scheiter gehen könnte und möchte ein König in Polen werden, der an niemand weniger als an E. K. M. darum vermeinte obligirt zu sein:|. ...

Was das Bündnis gegen die Tartaren und Türken betrifft, ist der Kur- fürst gewillt, alles was in seiner Macht steht bei Schweden, Braunschweig und auch bei Sachsen zu thun '). Wegen Sachsen gaben I. Ch. D. zu verstehen, dass wann sie wohl auf wären, auf Mittel und W^ege wollten gedacht sein mit demselben etwa zusammen zu kommen und sich zu unterreden. Man ist dahie der Meinung, |: dass der Administrator zu Hall tam pro suo affectu erga Suecos, als aus Suggestion des Diet- richs, der vor diesem E''. K. M. Reichshofrath gewesen, dem Churfürst

') Vergl. Puf. I. c. X. 61.

294 ^^'- Erste Mission des Freiiienn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1G68.

seinem Brüdern allerlei Dinge im Kopf bringe, so dann dessen Allianz mit Schweden von dem Herrn administratore unterschrieben:]. Was aber bei dem chursächsischen Hofe |: mit dem König aus Frankreich vor neue Verständnus oder Anschlag gemacht worden sein mögen'), das werd alles dem von Reiffenberg, welcher seine Tage an Frankreich ge- henkt, imputirt, der solle dem Churfürsten auch die Aemulation mit diesem Churfiirsten im Kopf gebracht und hierdurch zu armiren und ad ineunda foedera :| stimulirt haben, mit Vorwand, dass er sonsten bei der Welt in keiner Consideration sein würde. Nun will verlauten, |:als wann gedachter von Reiffenbergs Credit bei selbigen churfürstlichen Hof ziemlich fallen solle : i. . .. So viel ich vermerken kann, werd der Chur- fiirst gern und treulich darzu cooperiren, damit auch die andere E"". K. M. Begehren nach in der Bündnus mit eintreten. Extra hoc aber habe ich bis dato die Erklärung von demselben nit heraus bringen können, dass er für sich allein |: das foedus etiam contra Turcas et Tartaros wolle extendiren lassen; wann er's auch thuen möchte, so zweifle ich nicht, er werd diese Praecaution daibei haben, dass demienigen, was in nostro foedere wegen der Hülf wider den Türken excipirt worden, nicht prae- iudicirt werde :|. Die Tractaten zu Hildesheim ^), darauf mau sich be- rufen, stehen, wie ich von P. Ch. D. vernommen, in solchen terminis, dass ChurcöUn deroselben beigefallen, dass in demselben foedere oder Zusammensetzung das Werk nit also einzurichten, als wäre es wider Schweden und ratione der Stadt Bremen gemeint. Sie haben sich darbei beklagt, dass bei dem quanto der 15000 Mann, in welchen dieses Defen- sionwerk bestehen solle, dero quota, welche auf 6000 Mann belaufen würde, allzu hoch komme, sonderlich weiln sie mehr andere foedera haben; sie wollten sich lieber obligiren mit ganzer Macht den Atta- quirten zu Hülf zu kommen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. Februar 1667. (Or.)

[Nachrichten über den beabsichtigten Angriff der spanischen Niederlande durch Frankreich. Spanisch -portugiesischer Conflict. Lisola's Haltung in dem englisch- holländischen Kriege, ürtheil des Goess. Sehnsucht der Handelsvölker nach Frieden. Hildesheimer Congress. Schwedisch-französische Beziehungen.] ü.Febr. |: Wir haben dahie durch Mittel gewisser, allem Ansehen nach

ganz sicherer Correspondenz, dass der König in Frankreich resolvirt die

') Für die sächsisch-französischen Verbindungen in dieser Zeit; Heibig 1. c. 295 if.; Auerbach 1. c. 238 ff.

-) Yergl. Köcher 1. c. I. 519 f.

Sachsen. Frankreichs Pläne gegen die spanischen Niederlande. 295

.•^panische Niederlanden zu attaquiren '): dass auch der Generalstaaten Ge- sandter zu Madrid seine principalos berichtet, der Vergleich mit Portugal nun in der Spanier Hände stehen solle. Es ist mir auch eben auf's Fundament dieser Correspondenz dahie gesagt worden, dass der de Lisola den Frieden zwischen England und Holland, soviel er kann, bei dem König in England verhindere"). Nun habe ich auch anderwerts einige gute Nachricht, was für Maximen er bei diesem Werk führe und lass ich dahin gestellt sein, welcher gestalt er von E^ K. M. instruirt und was man bei diesem Krieg oder Fried zu dero und dero hochlöblichen Hauses Convenienz dienlich und rathsam zu sein befinde. Ich halte doch darfür, dass wann etwa für E. K. M. besser sein möchte, dass dieser Krieg noch eine Zeit continuirte, doch in alle Weg um so viel mehr schädlich sein würde, dass man diese dero Intention vermerkte, weilen sie, wie ich berichtet werde, dero Mediation zu Bofürderung dieses Frie- dens antragen. Ich will nun nit sagen, dass man nit allein die General- staaten, sondern auch alle dieienige disobligiren würde, welche diesen Frieden verlangen:;. Bei diesen Hof und bei allen denen, welche ent- weder an das Meere gelegen, oder durch Strom in's Meer auslaufen können, sehnt man sich nach dem Frieden zwischen England und Holland trefflich, um willen bei wehrenden Krieg alle commercia ge- sperrt, die Früchten nit können verhandelt werden und die Zölle fast nichts eintragen und also ein grosser Mangel am Geld nothwendig erfolgt. Goess sucht dem Fürsten von Anhalt, der das über Lisola mittheilt, solche An- sichten mit des Kaisers angetragener und bereits angefangener Mediation in London auszureden.

Die zu Hildesheim Versammelten sind auseinandergegangen und wollen im März wieder zusammen kommen.

Von einem mit schwedischen Verhältnissen Vertrauten erfährt Goess, dass Schweden wohl Frankreich beim Angriffe auf die Niederlande unterstützen werde. Verhandlungen wurden gepflogen; die Differenz sei nur noch bezüglich des Zahlunostermines der Subsidien.

') Für diese Verhältnisse Ranke, Franz. Gesch. lU. 230 ff. ; Droysen 1. c. IIb 3 187 ff; Lefevre-Pontalis L -il.')!!.: Klopp 1. c. L 157 ff.

-) Dass dies nicht der Fall war, dass Lisola vielmehr alles that um den Frieden zwischen den Staaten und England zu vermitteln, geht ans Lisola's Berichten hervor; vergl. Klopp 1. c. 1. l-ioff.

296 I^- Kiste Mission des Freiheirn Johanu von Goess. Jan. 1GG5 Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Februar 1667. (Or.)

[Des Berlepsch Rückkehr aus Dresden. Dessen Mittheilungen. Friquets Mittbeilungen über die Ansicht der Holländer über Lisola's Vorgehen. Mittheilungen Blaspeils über die Pläne des Herzogs von Neuburg und des Königs von Frankreich. Königin von

Polen]

25. Febr. Der Sclilosshauj3tmann Berlepsch ist aus Dresden zurück und meldet, dass

ein Bündniss zwischen Frankreich und Sachsen geschlossen sei; den Inhalt kennt er nicht, er habe doch so viel von den dänischen bei dem sächsischen Hof anwesenden conamissariis, welche das Werk nit approbiren sollen, und dann von andern guten Freunden vernommen, dass gedachte Allianz zwar in terminis ziemlich generalibus; es wäre aber ipsa generalitas, als welche von denen mächtigem pro libito et proprio commodo ausge- deut werde, bedenklich. Er hätte bei einem' sondirt, ob sie auch wohl zu Verstattung des Passes der französischen Völker nach Polen angesehen sein möchte, der hätte die Achsel eingezogen und geantwort, nihil negat, qui omnia dicit. Die alte Räth sollen das Werk ganz nit approbiren und dahin gedacht sein, wie dasselbe widerum zu redressiren. Der chur- sächsische geheime Rath Gersdorf solle zu diesem Ende ehisten hieher- kommen und wie ich von meinen Leuten vernimm schon ankommen sein mit Intention, einige Bi^indnus zu Defension dieser Kreis mit diesem Churfürsten zu veranlassen. Ich werde darbei nit unterlassen, dasienige zu beobachten, was mir E. K. M. wegen Miteinschliessung des Churfürsten zu Sachsen in nostro foedere gnädigst anbefohlen. Urheber und Förderer des säclisisch-franzüsischen Bündnisses ist Reiffenberg, den der Kurfürst von Mainz in Würzburg in Verhaft genommen hat und an dessen Stelle Schönborn zum Statthalter zu Erfurt eingesetzt worden ist.

Friquet meldet aus dem Haag, dass auch dort Lisola's Benehmen dahin gedeutet werde, als wolle der Kaiser den Frieden zwischen Holland und Eng- land hindern. Ist derowegen wohl a tempo kommen, dass der de Lisola so gute Disposition zum Frieden auch mit Entwerfung der Conditionen dem Friquet bericht'), dass es scheint, dass man im Haag nun bessere Meinung destwegen hat.

Blaspeil berichtet aus Cleve, dass der Herzog von Neuburg seinen Kanzler Giese-) nach Wien senden wolle, um in seiner Angelegenheit zu verhandeln und seine Devotion dem Kaiserhause zu bezeugen; wenn der Herzog ohne Hoff- nung gelassen werde, würde er sich, berichtet Blaspeil. nothwendig an Frankreich ferner halten müssen. Man wäre im Werk von französischer Seiten ein foedus mit den benachbarten Chur- und Fürsten dahin zu

1) Vergl. Klopp 1. c. I. 1 44. -) Franz Giese.

Sächsische Politik. Lisola's Vorgehen. Privilegium de uon appellando. 297

proponiren, dass den kals. Völkern, wann einige nach Niederland welches er praesupponirt, dass unfehlbarlich dies Jahr von Frankreich solle atta- quirt werden geschickt würden, der Pass nit gestatjtet werde. Hover- beck berichtet von der schweren Erkrankung der Königin von Polen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 27. Februar 1667. (Conc.)

[Vorschlag einer Zusammenkunft der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen. Schwedisch-oesterreichische Beziehungen. Privilegium de non appellando.]

Goess soll dem Kurfürsten den Vorschlag machen, er möge gelegentlich 27. Febr seiner vorhabenden Reise nach Carlsbad in Dresden mit dem Kurfürsten von Sachsen zusammenkommen und die Allianz mit diesem Kurfürsten zu fördern suchen. Der Kaiser wird durch seinen Residenten in Stockholm ^) mit dem Könige von Schweden sich zu einigen suchen, Goess soll mit Wrangel bei dessen Anwesenheit in Berlin verkehren. Bezüglich des Privilegiums de non appellando werden schon die nothwendigen Nachforschungen gepflogen.

Goess* an den Kaiser. Dat. Berlin 4. März 1667. (Or.)

[Gersdorf's Verhandlungen in Berlin. Vorsicht des Brandenburgers bei diesen Ver- handlungen. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten bezüglich der französischen Pläne. Unterredung mit Gersdorf. Geringe Geneigtheit Brandenburgs Sachsen An- lass zur Rüstung zu geben. Des Goess Urtheil über Frankreichs Pläne bezüglich Brandenburgs und Sachsens. Gersdorfs Erklärungen bezüglich Polens und Frank- reichs. Unterredung des Goess mit Schwerin. Gninski.]

Gersdorf, des Kurfürsten von Sachsen Minister-'), war in Berlin, vornehm- 4. März, lieh über das polnische Wesen und über den niederländischen Krieg zu berathen. Ich vermerke, dass man von beiden Seiten behutsam und mit einigen Mistrauen procedire und dass dieser Churfürst, sonderlich nach- dem der von Sachsen mit Frankreich Allianz gemacht, besorge, dass seine Intention und Gedanken den Franzosen möchten entdeckt v^erden. Als ich diesem Churfiirsten wegen Niederland repraesentirt, dass circulus Burgundicus ein membrum imperii, derowegen das Reich sich dessen anzunehmen, dass was in instrumento pacis und in der kaiserlichen Capi- tulation, denselben betreffend, enthalten, ad praeterita et iam compo- sita bella und nit ad futura zu ziehen, dass der Chur- und Fürsten des

') Basserode.

-) Nicolaus Gersdorf.

298 J^- 5*-i"ste Slission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 166S.

Reichs Interesse nit leide, dass der Krön Fiankreich Potenz, welche ohne das nun der ganzen Welt leges vorschreiben wollte, noch grösser werde, haben I. Ch. D. mir geantwort, : dass sie eben dieses und dann noch ferner den Gersdorf insinuirt, dass man ihrerseits vielmehr dahin zu sehen, dass des Hauses von Oesterroich Macht besser emporkomme und die Französische dardurch balancirt werde:.

Der von Gersdorf hat mir bekennt, dass der Churfürst, sein Herr, eine Allianz mit Frankreich aufgericht, dass dieselbe durch dem von Reiffenberg und dem von Burkersrode und dem Gravel negociirt und ihren geheimen Räthen erst neulich communicirt worden'); ... dass die- selbe nichts in sich hielte, als wozu der Churfürst ohne das ex instru- mento pacis obligirt; ob vielleicht secreti articuli ad partem aufgericht, sagete er, dass er's nicht wüsste;.. . hat sich ziemlich beklagt über die bei ihnen eingeführte Novitäten, doch alles mit gebührenden Respect gegen dem Churfürsten, seinem Herrn, dessen Sincerität und Facilität andere zu dero eigenen Schaden zuweiln misbraucheten. Als de reme- diö discurrirt wurde und ich sondirt, ob nit die Sach mit dem zu redressiren, j:dass zwischen E*". K. M., diese beide Churfürsten und auch Schweden, als welche mit ihren Landen der bei Polen androhenden Ge- fahr am nächsten, eine Bündnus gemacht würde, :j hat er geantwort, dass die Devotion seines Churfürsten gegen E. K. M. beständig und inte- gerrima verbliebe, dass man bei diesem churfürstlichen Hof sich dies- falls nit explicirete, dass zwar der Baron von Schwerin etwas, aber nur gar in genere innuirt: er von Gersdorf hätte auch nit Ordre weiter zu gehen.

|: Als ich nun bei diesem Hof suggerirt, dass es gut sein würde, dass man sich etwas nähender ratione der in Vorschlag kommender Zusam- mensetzung expliciren möchte, habe ich fast observirt. dass man diesseits nit verlange, dass Chursachsen Occasion habe zu armiren, als von dessen armis man nicht wisse, pro quo aut contra quem dieselbe angesehen : |. Ich mache mir die Gedanken, dass nachdem Frankreich gesehen, dass dieser Churfürst und der Herzog von Xeuburg sich mit einander ver- glichen und also der Herzog inskünftig nit Ursach haben w-erd den Franzosen so fest wie vorhin zu adhaeriren, dass E. K. M. auch Mittel haben, sich denselben durch dero Befürderung zu der polnischen Krön zu devinciren, massen es der Pomponne zu Stockholm, als er wegen Befürderung gedachten Herzogen requirirt worden, gnugsam zu verstehen

') Yergl. Heibig 1. c. 292 ff.: Auerbach 1 c. 200ff,

Gersdorfs Verhandlungen in Berlin. Polnische Walil frage. 299

gegeben, der König in Frankreich dem Churfürsten und das Haus Sachsen mit der Hoffnung lactire, dass er sie zu ihre praetendirende Gerechtsame und Possession der Jülich'schen Landen verhelfen wolle, oder auf's wenigst, dass man das Werk bei diesem Hof also apprehendire.

Gersdorf hat während seiner Anwesenheit bezüglich der Pläne seines Herren, des Kurfürsten von Sachsen, vornehmlich zw^eierlei betont; dass Sachsen in den zu gewärtigenden polnischen Wirren keinen Krieg in den sächsischen Län- dern wolle und zweitens, dass Sachsen es für zweckmässig erachte, Avenn Frank- reich die ^Niederlande überfallen sollte, sich neutral zu verhalten. Es wurde nichts bestimmtes mit Gersdorf verabredet.

Als ich mit dem Baron von Schwerin, wegen dessen was der Gers- dorf vom Krieg in Niederland gemelt, geredt, hat er gefragt, wie viel Chur- und Fürsten im Reich ich wohl vermeinete, dass ratione des Passes für dero Auxiliarvölker auf E^ K. M. Seiten sein würden; ich habe geantwort, die meiste und in primis der Churfürst, sein Herr, und dass ich auch eben dieses von dem Herzog von Neuburg verhoffen wollte. Hie, ja wohl, wann des Canzlers Giese Negociatiou darnach sein werd; und als mau hac occasione von dieser Materie wiederum zu Redt w'orden (sie), hat er gesagt, wann E. K. M. dero Resolution diesfalls nur soweit zurück halten, |: bis. der Herzog deroselbeu alle verlangende Satisfactiou und Assecuration seiner beständigen Freundschaft gegeben:], wäre es nit un- billich; wann man aber bei uns andere Gedanken und etwa Intention hätte I : iemand andern (abermalcn auf den Prinzen von Lothringen deu- tend) zu der polnischen Krön (zu) befürdern, so hätte ich leicht zu er- achten, was daraus zu gewarten :|.

Gniiiski, der Abgeordnete des Königs von Polen, hat Versprechungen des- Kurfürsten von Brandenburg, welche seine Erwartungen übertrafen, erhalten '). Der Kurfürst will mit einer Armee von nicht unter 8000 Mann nach Polen kommen. Goess sucht dem Gninski gegenüber die Beziehungen des Kaisers zu Lubomirski zu rechtfertigen.

Goess an den Kaiser. Dat. BerUn 11. März 1667. (Or.)

[Privilegium de non appellando. Erkrankung der Königin von Polen. Mittheilungen

Stratmans.]

Der Markgraf von Baireuth'-') ist hier; er erklärt Hoffnung zu haben vom H. ilärz. Kaiser das Privilegium de non appellando zu erhalten und bittet Friedrich Wil-

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 61.

^) Christian Ernst,

300 IV. Erste Mis.sion des Freiljcnn Johann von Goess. Jan. Ififirj Mai 1G68.

heim um Förderung in dieser Angelegenheit. Dieser will dies al)er nicht thun, bis er nicht gewiss ist, dass er selbst das Privilegium de non appellando für die l)ommer'schen Länder erlangt. Hoverberk meldet die schwere Erkrankung der Königin von Polen.

Stratman'), des Neuburgers Resident in Cleve, der nach Berlin gekommen, um hier zu verhandeln, empfiehlt die Sache des Neuburgers beziiglich Polens dem Kaiser. Er hat mir erzählt, welcher gestalt der Churfürst von Köln^) zu Düsseldorf gewesen |:und wie der Bischof von Strassburg ^) die vor- habende Bündnus treibe ad intercludendos succursns Caesareos in Bel- gium *); dass der Bischof von Münster^) auch stark tentirt werde:] und darum sehr gut gewesen, wann ich denselben en passant gesprochen; wie nit weniger, dass die Opinion nit ohne Fundament seie, dass Frank- reich mit England a parte tractire et quidem conscio de Witt^). Der Romswinckel, clevischer Vicecanzler, hätte in hoc passu all viel im Haag penetrirt. Ein vornehmer Mann und der arcanorum pariiceps wäre, hätte ihm hiervon etwas und dieses darbei gesagt, |:dass der de Witt de- sparata und halsbrecherische consilia führe :|. Ich lasse dahin gestellt sein , was daran ist; ich kann dieses aber nit wohl glauben; es werd darbei auch gesagt, dass der König in Engelland intentionirt sei, sich catholisch zu erklären und seine consilia dahin anstelle.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. März 1667. (Or.)

[Mistrauen des Berliner Hofes bezüglich des Vorgehens des Kaisers in der polnischen Wahlfrage. Rath des Goess. Wolfrad. Gniuski.]

14. Jlürz. j: Seither die brandeburgische Abgesandte^) von Wien zurück-

kommen, vermerke ich, dass die Diflidenz dahie merklich zugenommen; man vermeint in intima arcana penetrirt zu haben und dass E. K. M. wegen der Krön Polen nicht auf den Herzog von Neu bürg, sondern auf den von Lothringen gedenken, welches dahie allerlei Gedanken und fast nova consilia verursachen will.:]. Es wäre daher sehr gut, wie Goess meint, wenn man dem Giese in Wien eine gute Erklärung geben würde.

') Der nachmahlige österreichische Hofkauzler Graf Theodor .Stratmau.

-) Maximilian Heinrich.

•^) Franz Egon v. Fürstenberg.

*) Vergl. Ennen, Frankreich und der Niederrhein I. 184 f.

'") Christof Bernhard von Galen.

ß) Für diese Verhältnisse vergl. Klopp I.e. I. 146 ff. ; Ranke, Franz. Gesch. III. 231.

^) Blumenthal.

Stratraan's Erklärungen. Polnische Wahlfrage. Schutz der spanischen Niederlande. 301

Der schwedische Resident "Wolfrad'). soll hier längere Zeit verbleiben. Gninski ist abgereist, soll nach Kopenhagen und Stockholm.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. März 1667. (Or.)

[Gesundheitszustand des Königs und der Königin von Polen. Stratman's Pläne' be- züglich des Schutzes der spanischen Niederlande. Unterredung des Goess mit Schwerin über diese Angelegenheit. Pläne Brandenburgs.]

Schlechte Nachrichten über den Gesundheitszustand des Königs und der 18. März. Königin von Polen. Letztere dürfte sterben. Stratman sagt mir, |: dass wann dem Herzog von Js^euburg von E"". K. M. Seiten eine gute Satlsfac- tion gegeben würde, die Sach dahin kiiunte gericht werden, dass der westphälisclie Kreis sich in gutei" Verfassung stellete und der Defension der Niederländer, wann dieselbe von Frankreich angegriffen würden, an- nähme; nit zwar, dass man von Anfang sich erklärte, weder vermerken liesse, dass sothane Verfassung dahin gemeint; aber wann man schon in guter Postur stünde, würde man mit guter Manier den Kreis dahin bringen können. Der Herzog von Neuburg und dieser Churfürst, der sich dessen Promotion als seiniges Interesse lasst angelegen sein, als beide directores, werden hierzu können obligirt werden durch E"". K. M. favorable Resolution für gedachten Herzog von Neuburg. Der Herr Bischof von Münster könnte auch per aliquod praemium darzu disponirt werden:]. ... Ich habe den Baron, von Schwerin ein wenig darüber sondirt mit Vorstellung der allgemeinen Gefahr, ]: wann P'rankreich sich der Niederländer bemächtigen sollte. Er Hess sich vermerken, dass man freilich es ungern sehen würde, der Pass auch den kaiserlichen Succursen nicht zu verwehren; dass sie aber die Hand mit anlegen und den Krieg wider Frankreich mit antreten sollten, das wäre allzu be- denklich. Ich glaube, dass sie hierin sehr starke Reflexion auf Schweden machen und wann sie derer versichert, wider Frankreich desto bessere Resolution ergreifen möchten. Ich habe gute Nachricht, dass sie unter der Hand officia bei dem König in Frankreich thuen lassen, damit der- selbe des Herzogs von Neuburg Promotion favorisire, indeme die di- segni des Duc d'Englien einmal impracticabl. Als mir der Churfürst vorgestern in discursu proponirt, wie doch der Sachen zu thun wäre und man die allzuweit um sich greifende Macht der Franzosen besser zurück- halten künnte und ich darauf geantwortet, dass wir alle, die wir Interesse

') Herrmann Wolfrad.

302 IV. Erste Mission des Freihenn Jobann von Goess. Jan. 16G5 Mai 1668.

darbel hätten, uds 7>u.sanimen zu thun und deren gefährliclien Disegnen zeitlich zu begegnen, hat er mir gesagt, dass er vermerkete, dass die Schweden :| eben destwegen gro.sse gelosia hätten und etwa mit herbei- zutreten wohl künnten disponirt werden.

Die nächsten Berichte des Goess enthalten nichts von Bedeutung. Der neue schwedische Resident') versichert Goess, Schweden wolle die Freund- scliaft Oesterreichs (Ber. vom 25. März) und der Kurfürst fährt fort im Sinne des Neuburgers wegen der "Wahl in Polen zu verhandeln (Berichte vom 8. und 15. April). Goess betont immer wieder die Nothwendigkeit, nicht blos wegen des Neuburgers, sondern vornehmlich mit Rücksicht auf den Kur- fürsten von Brandenburg dem neuburgischen Kanzler in Wien eine so günstige Antwort zu geben, dass der Verdacht beseitigt werde, als begünstige der Wiener Hof unter der Hand die Wahl des Lothringers (22. April). Trotz all dieser Er- klärungen bleibt die Wiener Regierung bei dem Entschlüsse zu Lebzeiten Johann Casimirs keine Wahl vornehmen zu lassen (Weisung vom 16. u. 19 April 1667). Im Uebrigen billigt der Kaiser das Vorgehen seines Gesandten und lässt den Kurfürsten von Brandenburg ersuchen, die Mission des kaiserlichen Gesandten Basserode, der nach Stockliolm gesendet wird, zu unterstützen (Weisung vom 19. April 1667).

Goess an de« Kaiser. Dat. Berlin 6. Mai 1667. (Or.)

[Millet. Dessen officielle Mission. Erklärung des Kurfürsten, ürtheil des Goess über Friedrich Wilhelms Haltung in der polnischen Wahlfrage. Defensionswerk im west- phälischen Kreis betreffend. Bereitwilligkeit des Kurfürsten Basserode's Mission in Stockholm zu unterstützen. Erkrankung der Kurfürstin. Brandts Reise nach Breda

betreffend.]

6. Mai. Millet, der Vertreter Frankreichs ist am 1. an den Hof des Kurfürsten gekom-

men -j, um im Namen seines Herrn die Erlaubnis des Durchzuges für die auf die Bitte der Polen hin vom Könige der Franzosen für einen Krieg gegen die Türken gewährten Truppen nachzusuchen''). Der Kurfürst hat sich dilatorisch erklärt und ist nach der Audienz in mein Zimmer zu mir kommen und hat mir erzählt was vorgangen und also darvon iudicirt, dass diese Proposi- tion und Begehren der französischen Faction in Polen mehr Schaden als Nutzen schaffen würde. Auf die vom Kurfürsten nach dem Begehren des Goess gestellte Forderung einer schriftlichen Erklärung antwortet Millet ableh- nend. Der Kurfürst hat darauf in einer längeren ünterreduno; mit Millet auf

0 Wolfrad.

-) Ueber Jeure Millet und dessen Mission in Berlin Urk. u. Act. I. 427 ff. ;

Mignet 1. c. II. 279 ff., Mem. de'Pomponne IL 492; Puf. 1. c. X. 42 ff. u. a. 0.

3) Vergl. Urk. u. Act. II. 428; Puf. 1. c. X. 50.

Millet. Polnische Wahlfrage. Krankheit der Kurfürstin. 303

die Ueberfliissigkeit der UnterstiitzAuig Polens gegen die Türken, von denen nichts zu befürchten sei, hingewiesen und auf das Drängen Miilet's, der Kur- fürst möge die Pläne Frankreichs in Polen unterstützen, geantwortet, Frankreichs Pläne seien undurchführbar '). Goess spricht die Befürchtung aus, es könnte der Kurfürst, falls der Kaiser sich dem Neuburger nicht so günstig zeige, Avie man in Berlin wünsche, insbesondere aber wenn Frankreich, was nicht ausgeschlossen, sich entschliesse die Candidatur des d'Enghien aufzugeben und die Neuburgische zu unterstützen, sich auf die andere Seite schlagen.

Wegen des Defensionswerk im westphälischen Kreis, habe ich, dass darbe! der Biirgundische in Acht zu nehmen, mit niemand anderm, als mit dem Baron von Schwerin daraus geredt und würde sich freilich nit thun lassen, dass man gleich anfangs aperto diese unsere Intention solle entdecken. . . .

Der Kurfürst hat auf des Goess Mittheilung von der Sendung Basserode"s nach Stockholm, erklärt, er werde seinem Vertreter Crockow Befehl zugehen lassen, Basserode in jeder Hinsicht zu unterstützen. Die Kurfürstin ist schwer erkrankt. Der kurfürstliche Minister Brandt in London schreibt zu wiederholten Malen, der König von England wünsche, dass er nach Breda zu den daselbst stattfinden- den Verhandlungen reise. Der Kurfürst wünscht des Kaisers Ansicht darüber zu wissen.

Goess an den Kaiser, Dat. Berlin 16. Mai 1667. (Or.)

[Zustand der Kurfürstin. Mission Brandts nach Breda.] Der Kurfürst und die Kurfürstin sind vor einigen Tagen hier angekommen-). IG. Mai. Der Fürst Moritz von Nassau, welcher die Churfürstin aus dem Haag hieher begleitet, hat mich den anderen Tag darauf besucht und der Churfürstin Zustand also repraesentirt, als wäre fast keine Hoffnung ihres Aufkommens. Er hätte auch nit vermeint, dass ers lebendig hieher bringen würde und dannoch hat sie aus lauter Begierde den Churfürsten und die Prinzen zu sehen, also geeilt, dass er mit Beschleunigung der Reis ihr nie gnug thun können. Sie ist ganz von Fleisch und Kräften abkommen und solle hecticam und phtisin zugleich haben, darzu dann auch ein Durchbruch kommen, welcher sie am meisten abmattet. . . . Wie ich vernimm, zeigt sie sich über die Massen resolut und resignirt, bekümmert sich allein wegen des Churfürsten grosser Betrübnus und wegen der jungen Prinzen.

') Vergl. Urk. u. Act. II. 432f. 2) Vergl. Urk. u. Act. II. 433.

304 i^ Kf^^te Mission des P'reiherrii Johann von Goess. Jan. IGfiö— Mai 16G8.

Auf wiederholtes Bitten des Königs von England wird der Kurfürst seinen Gesandten in London, Brandt, nach Breda zum Congress senden').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Mai 1667. (Or.)

[Tod der Königin von Polen. Millets Erklärnngen über Frankreichs Pläne in Polen und über die Polen selbst. Durchzugsfrage. Urtheil am Berliner Hofe über des Kaisers Pläne in der polnischen Thronfoigefrage. Nothwendigkeit Giese in guter Stimmung zu erhalten. Millets Bemühungen für Conde. Frankreichs Vorgehen in der poloischeu Wahlfrage. Hoverbeck. Des Mainzers Urtheil in der l)ur(;hzugsfrage.]

20. Mai. Die Nachricht vom Tode der Königin von Polen ist eingelangt 2). Als ich

Millet eben den Tag besucht, hat er mir persuadiren wollen, dass man ihrerseits auf keine Election, vivente rege, gedacht. Es wäre ein Phan- tasma, durch welches man die Leut abgeschreckt, sie hättens ihnen auch nichts kosten lassen, also wären sie auch nit die dupirte, noch die be- trogene; prognosticirete in posterum schlechten Zustand in Polen. Der Hof und das Land wären ihme gnug bekannt; er hätte noch neulich 2 Jahren aneinander unter sie gelebt.

Der Kurfürst hat Millet eine schriftliche Resolution in der Durchzugsfrage zukommen lassen 3). . . . Die conditiones auf des römischen Reichs Consens und der polnischen Republique Begehren der französischen Assistenz, haltet man für Ding, die nie geschehen werden. . . . Ich vermerke, dass man dahie darfür haltet, dass durch diesem Tod der Königin des Giesen Nego- ciation nocli schlechteren Fortgang als vorhin gewinnen werde, dass man bei uns darauf gewartet, dass man gedenke dem König die ältere Erz- herzogin inTyrol*) zu geben; in summa, dass wir ganz andere Absehen bei dem polnischen Werk haben. Ich observire auch, dass Giesen sehr schleclite relationes an seinem Herrn thun muss, nam quotidie tarn ibi quam hie minus speratur, welches ich ungern sehe, dann unterdessen verlauft man sich mit den consiliis. E. K. M. habe ich unterthänigst erinnert, dass ich für rathsam erachtete, dass Giesen bei guten Mut und auch in seinem particulari bei guter Satisfaction erhalten würde. Der Millet hatte seine Negociation für Conde mit grossen Eifer angefangen^);

') üeber Christoph Brandts Mission in England; Puf. 1. c. X. 2 ff.

2) 10. Mai 1667; vergl. Krebs I.e. 170.

^) Die Resolution liegt in Copie bei. Der Kurfürst erklärt in der Durchzugs- frage nur gemeinsam mit den übrigen Fürsten vorgehen zu können und hat daher an diese geschrieben. Vergl. ürk. u. Act. II. 432 ff.

•*) Claudia Felicitas, die nachmalige Gemahlin Leopold I.

5) Urk. u. Act. II. 439 f.

Tod der Königin von Polen. Polnische Wahlfrage. Angriff auf die span. Niederlande. 305

ich glaube, dass er nuD darvoQ relaschircu, die Hoffnung ziemlich ver- lieren und die Batterie veränderen werde; er schiesst, wie ich höre und Ursach habe zu glauben, wo nit mit vergift, doch mit gefährliche Kugel und solche, qui per medios Ire satellites et perrumpere amant saxa potentius ictu fulmineo. Die Furcht, dass Frankreich sich jetzt für iS'euburg ausspricht, wächst. Es seind nur 2 Tagen, dass wir den Bericht wegen der Königin Tod haben und solle allbereit die Proposition geschehen sein, |: dass der König in Frankreich gegen gewissen Conditionen nicht allein dem Herzog, zu der Krön helfen , sondern ihme auch Geld hierzu vor- strecken wolle, welches er ehender nicht als adepta corona zu resti- tuiren:|, quod mihi fit credibile; Papa Leo, wie man per proverbium sagt, gäbe, w^as er nicht behalten kuunte, die Franzosen wordenes ver- kaufen und zw^ar theur gnug, wann ihnen hierdurch gerathen solle |:den Herzog, diesen Churfürsten und andere von £•■. K. M. und dero hochlöb- lichem Haus bei gegenwärtigen Coniuncturen zu abalieniren : |. Branden- burgs Vertreter in Polen, Hoverbeck, geht den Anhängern des Neuburgers nicht energisch genug für dessen Sache vor; der Kurfürst hat ihm darüber geschrieben, er sich gerechtfertigt'). Der Kurfürst von Mainz hat dem Berlepsch erklärt, er halte für nothwendig, dem Franzosenkönige rundweg den Durchzug der Truppen nach Polen durch Deutschland abzuschlagen-).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Mai 1667. (Or.)

[Mittheilung Castel Rodrigo's über die Pläne Frankreichs auf die Niederlande. Noth- wendigkeit seitens Spaniens etwas für den Kurfürsten zu thun.]

Castel-Rodrigo hat wie an alle Kurfürsten auch an den Brandenburger Mit- 23. Mai. theilung gelangen lassen von den Absichten Frankreichs auf die Niederlande 3). Ich habe wohl treulich die Vorsorg gehabt, damit man von spanischer Seiten doch etwas an der versprochenen Pension abführen und also diesen Churfürsten bei guter Satisfaction erhalten möchte. Unschwer ist vor- zusehen gewesen, dass man seiner künftig würde bedörfen; die negocia- tiones erforderen materiam praeparatam und gute vorangehende Disposition

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 63.

2) Für diese Sendung des Berlepsch Puf. I. c. X. 34.

3) Das Schreiben d. d. Brüssel 5. Mai 1G67 liegt in Copie bei ; vergl. Londorp 1. c. X. 525.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 20

306 IV. Erste Mission des Freihcrin Johann von Goess. Jan. IGGo Mai IGfiS.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Mai 1667. (Or.)

[Unterredung mit Schwerin in der polnischen Wahlfrage. Berichte der neuburgischen Gesandten in Stockholm über ihre Verhandlungen in der Wahlfrage. Grosse Zuge- ständnisse des Kurfürsten in dieser Sache. Rath des Goess in der niederländischen Angelegenheit. Schwedens Stellung zu Frankreichs Plänen, in Polen.]

Mai. Schwerin forciert im Namen des Kurfürsten bestimmte Erklärungen in der

polnischen Angelegenheit, indem er zugleich betont, wie nützlich die Candidatur des Neuburgers sein würde. Aus Stockholm berichten die Vertreter des Neu- burgers, dass sie Hoffnung hätten ihre Negociation baldigst mit guter Satis- faction zu beschliessen und dass das Werk nur daran hafte, dass man sich ent- weder einer gewissen summa für des Königs aus Schweden Praetension auf die Jülichschen Lande verglichen möge, oder dass dem König sein Recht wie vorhin vorbehalten bliebe. Damit E. K. M. nun sehen, wie weit dieser Churfiirst sich des Herzogs Promotion lasst angelegen sein, so hat er sich erklärt, dass er den halben Theil der summa, so man den Schweden zu geben, beitragen will; |: et insuper hat er seinem Abgeordneten, dem vom Crockow^) Befehl gegeben, wann einige ministri hierzu mit Geld zu ge- winnen und die Sach darmit zu heben, dass er sich bis auf die 200 000 Reichsthaler hierin einzulassen:]. Auf Giese's Drängen dürfte trotz aller Gegenbemühungen des Goess ein Vertreter des Kurfürsten, wahrscheinlich Meinders, nach Wien entsendet werden.

Bezüglich der niederländischen Angelegenheit räth Goess, der Mainzer Kur- fürst möge dem Franzosenkönige schreiben und seine Mediation antragen, um so den gänzlichen Bruch zu vermeiden. Berichte aus Schweden zeigen, dass Schweden nicht geneigt ist die Pläne Frankreichs bezüglich Polens zu unter- stützen. Was des Kurfürsten Haltung in der niederländischen Sache betrifft, glaubt Goess, dass er bis dato dieses consilium führe, dass man der Sachen ein wenig zusehen und was einer und ander darbei thun werde, beobachten wolle. |:Zu dem Krieg wird er nicht leichtlich die Hand mit anschlagen , er sähe dann die Party auf unsere Seiten stark genug und dass man ihm gute Avantage darbei mache. :|

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 30. Mai 1667. (Conc.)

[Erklärung des Kaisers bezüglich des polnischen Wahlwerkes und der Pläne Frank- reichs. Wunsch der Nichterneuerung der rheinischen Allianz. Wahrung des spa- nischen Interesses in Breda.]

30. Mai. Bezüglich des polnischen Wahlwerkes beharrt der Kaiser auf seinen früheren

Entschlüssen. Gegen die Niederlande, hofft der Kaiser, wird Ludwig nichts

') Für Crockow's Verhandlungen in dieser Zeit; Puf. 1. c. X. 56.

Polnisclie Wahlfrag^e. Niederländische Angelegenheit. Massregeln gegen Frankreich. 307

uiiternelimen, bis er von Spanien Antwort auf seine Erklärungen erhal- ten'). Da aber allgemein bekannt ist, wohin die Franzosen ihre Pläne ge- richtet, soll der Gesandte den Kurfürsten um seine Ansicht fragen, wie den drohenden Gefahren am besten zu begegnen sei, sonderlich aber ein An- warf thuest, sintemahlen aus allen Umständen klar herfürkoramt, dass die Krön Frankreich zu dergleichen widerrechtlichen, unfreundlichen und unnachbarlichen Irapresen fast durch nichts anders mehreres, als durch die Sicherheit und Vorschub, so sie von gedachter rheinischer Allianz hat, animirt werde und nun die in derselben bedingte Zeit in dem nächst bevorstehenden Monat Augusto zu Ende laufet, ob nicht zu er- halten sein möchte, dass solche weiter nicht prorogirt, sondern w'enigst mit Verschieb - oder Verweigerung der Renovation tacite gleichsam aufgebebt und cassirt werde. Den gleichen Befehl hat Basserode in Stock- holm erhalten. Es wäre gut, wenn Brandenburg dies Unternehmen gutheissen und bei Schweden, Braunsclnveig und Hessen Cassel unterstützen würde'-'). Auch möge der Kurfürst seinen Gesandten in Breda ^) Befehl ertheilen, darauf zu sehen, dass das Interesse Spaniens Frankreich gegenüber geAvahrt werde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Juni 1667. (Or.)

[Unterredung mit dem Kurfürsten und Schwerin bezüglich der gegen Frankreich zu

ergreifenden Massregeln. Mittheilungen aus dem Haag. De Witt. Ansicht des Goess

über dessen Pläne. Brandenburg-schwedisches Vertragsproject.]

Der Kurfürst ist bestrebt den Neuburger in seinen Plänen zu fördern. 3. Juni.

Bezüglich der niederländischen Angelegenheit hält Goess dem Kurfürsten und Schwerin vor, dass bei veranlasster Collegialoiferirung der churfürst- lichen luterposition, dieselbe sich darbei gegen dem König in Frankreich dergestalt vernehmen zu lassen, dass weder sie, noch das römische Reich den burgundischen Kreis als ein vornehmes Glied dessen nit abandon- niren noch hilflos lassen könnten und W'ollten. Der Churfürst insinuirte, dass die Bedrohung wenig considerirt würde, wann man nit die Macht darbei hätte. Weiln ich dann bei dieser Proposition und sonsten guug in Acht nehmen können, dass man Bedenken habe dieses gleichsam pro consilio et tanquam consilii autores an Churmainz zu schreiben, als habe ich vorgeschlagen, dass man diesen Schlosshauptmann, den Obersten

^) Vergl. diese Schriften im Theat. Europ. X. 67-4 ff; Diarium Europ. XV. p. II. App.; Londorp X. 526 ff.

-) Für des Kurfürsten Haltung in der Frage der Prorogation der rheinischen Allianz; Urk. u. Act. XI. 469 ff.

•') Blaspeil und Brandt.

20*

308 ^^- Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

von Berlepsch, zu I. Cli. Gn. von Mainz zu diesem Ende abschicken und alles mündlich ablegen lassen, | : dessen Meinung hierüber sondiren und das Werk ad propositum scopum dirigiren solle :|. Dies ist auch ge- schehen '). Oberstlieutenant von Isselstein, der im Auftrage des Herzogs Georg Wilhelm zu Celle nach Berlin gekommen'^), hat, wie Goess von Schwerin er- fährt, Befehl dem Kurfürsten zu melden; 1". der König in Frankreich hätte ihm, Herzogen, seine genommene Resolution wider die Niederlanden notificirt, quaerit, quid respondendum; 2". man wüsste nicht, was Schwe- den in Sinn hätte, die gäben mit ihre Armee in der Nachbarschaft grosse gelosia; 3°. dergleichen thäte der Herr Bischof von Münster, welchen man vernehme den clevischen Tractaten zuwider Werbungen anzustellen; 4'^. man würde einen Tag zu Hameln anstellen^), ob der Churfürst jemand der seinigen möchte dahin schicken. Ad primum, uti audio, werd geantvvort, dass hie noch keine Notification geschehen, wann aber einige geschehen würde, künnte man änderst nit antworten, als remissive an dem, was das Reich thun werde; ad secundum verhoffe man, weiln die Sach mit Bremen nun abgethan, habe man weniger Ursach zur Diffidenz, wann aber noch einige Strittigkeit übrig, oft'ertur electoralis interpositio; ad. 3"'" man wolle den Herrn Bischof abmahnen, massen ich vernimm, dass einer, Ledebur genannt*), dahin geschickt werden, um so viel mehr, weiln von vielen Orten Bericht einlaufen, als habe der Herr Bischof mit dem König in Frankreich neulich einige Tractaten gemacht^) und gehe diese Werbung in dessen favor; ad quar- tum, wann der angesetzte Tag zu Hameln den Churfürsten notificirt werde, wollen sie der ihrigen jemand dahin schicken; suadet, dass man den Feldherrn Wrangel auch darzu einladen solle. . . .

Die churfürstlichen ministri '^) aus dem Haag berichten, dass man allda dieses Vornehmen des Königs aus Frankreich sehr apprehendire. Der Pensionarius de Witt hätte solito confidentius mit ihnen darüber deli- berirt; sehr hinderlich ist darbei, dass dieser Churfürst überaus schlechtes Vertrauen zu demselben hat, welches am meisten herkommt von wegen

') Vergl. Puf. 1. c. X. 34.

-) Vergl. Köcher 1. c. I. 528 Anm. 5; er wird dort als Major bezeichnet.

=5) Vergl. Köcher 1. c. I. 528 ff.

■*) Gerhard Jan Ledebur; über seine Mission zum Bischöfe von Münster Puf.

1. c. X. 39.

^) In der That hatte Münster am 4. Mai mit Frankreich abgeschlossen; vergl.

Mignet 1. c. II. 35 f.

'■) Blaspeil, Romswiuckel.

De Witt's Pläne. Morstyn. Reiclisangelegeiilieiten. 309

des Haus Orauien Interesse, welchen der de Witt gehalten wird zuwider zu sein. Der Baron von Schwerin hat mich gefragt, was ich darvon iudicirte; ich habe ihme unterscliiedliche rationes vorgestellt, warum ich glauben müsste, dass des Pensionarii Intention hierbei gut wäre; dass ihre Status es nit änderst litte und dass es des Pensionarii Ruin sein würde, wann man vermerken sollte, dass er einige ConniVenz hierin gegen Frank- reich brauchete '). Der von Schwerin ist mir beigefallen. Goess theilt dann die we.-entlichen Punkte des schwediscli-brandenburgischeu Allianzpro- jectes bezüglich der polnischen Wahl mit-).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Juni 1667. (Or.)

[Notificationsschreiben Frankreichs. Nachrichten aus Polen über die Abdication des Königs. Morstyn. Reichsaugelegenbeiten.]

Dem Kurfürsten ist jetzt des Franzosenköniges Notification und Manifest 10. Juni. aus Regensburg zugekommen^).

Ich habe von dem Churfürsten selbsten verstanden, dass des Her- zogs zu Cell Meinung dahin gienge, dass man zufürderst eine gute Armee auf die Bein zu bringen und dann von Mediation oder Interposition zu reden. Der Churfürst wollte sich gern interponiren, damit alle Diffidenz zwischen Schweden und dem Haus Braunschweig möchte aus dem Weg geräumt werden *). Die Berichte aus Polen melden, dass man dort sehr stark an die Abdication des Königs denke. Der Kurfürst von Brandenburg ha den auf der Durchreise von Paris nach Warschau liier abgestiegenen Morstyn ■') ermahnt, dass er bald die gute Partei nehmen und nit der letzte herbei zu treten sein solle.

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum berichtet Goess die Bereit- willigkeit des Kurfürsten in der Bamberger Angelegenheit die Sache des Kaisers in Regensburg zu fördern.

1) Für de Witt's Verhalten in dieser Zeit vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. I. 4160.; Klopp I. c. I. 159 ff.

2) Vergl. Mörner 1. c. 314 ff.

^) Das Schreiben bei Londorp 1. c. X. 527 f. *) Vergl. Köcher I.e. I. 528 f.

=) Andreas Morstyn; über seine Verhandlungen in Berlin, Mem. de Pomponne II. 428 ff.; Puf. 1. c. X. 56, 61, 67; ürk. u. Act. II. 441 ff.

310 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. IGß.') Mai 16()8.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Juni 1667. (Or.)

[Morstyns Aeusserungen über die polnischen Angelegenheiten dem Goess und dem Kurfürsten gegenüber. Schweden.]

13. Juni. Morstyn spricht Goess gegenüber sehr ruhig über die polnischen Sachen,

dem Kurfürsten und seinen Ministern aber empfiehlt er ungescheut den Prinzen von Conde und erzählt wie alles zwischen dem Könige von Polen und dem von Frankreich bereits abgemacht sei"). Goess spricht die Vermuthung aus, dass Morstyn dies alles mit Gutheissen des Millet gethan^). Basserode berichtet aus Stockholm zwar gutes, aber Goess fürchtet doppeltes Spiel seitens der Schweden ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Juni 1667. (Or.)

[Verschiedene Ansichten über den Zweck der Morstyn'schen Sendung. Urtheil des Goess über Brandenburgs Haltung in diesem Kampfe gegen Frankreich.]

17. Juni. Ueber die Bedeutung und den Zweck der Morstyn'schen Aeusserungen gibt

es hier verschiedene Meinungen; einige halten sie für Wahrheit, viele für einen von Frankreich ausgehenden Schreckschuss. Ich vermerke, dass man dahie rem belgicam nit in gleicher Consideration habe, noch so sehr zu Herzen fasse als rem polonicam; nit dass man's nit apprehendire, sondern dass man nit gedenke, sich so leicht darin zu irapliciren. Der Churfürst hat mich gefragt, was E. K. M. hierbei thäten. Ich habe ge- antwort, dass sie es leicht zu erachten, dass ich Nachricht hätte, dass man bei uns die alte Regimenter recrutirte und neue würbe. Gegen andere aber, vernimm ich, dass der Churfürst gesagt, ich triebe an ihm, dass er sich dieses Werks annehmen solle und wir selbsten thäten nichts darzu. Man lasst gnug vermerken, dass man sich dieser Seit (man sehe dann zuvorn eine starke Partei gemacht) hierin nit leicht einlassen werde. Der Herzog von Neuburg hat sich dahie erkundiget, was man hierin zu thun vermeine. Mich gedünkt und ich hab's auch so ver- nommen, dass man schwache Antwort bis dato gebe. Mir konnut vor, man gehe französischer Seiten diesen Weg, dass man sich gestelle, als würden sie endlichen des Herzogs von Neuburg Promotion nit zuwider sein, damit sie die darbei interessirte um so viel besser aus den nieder- ländischen Krieg halten können. . . .

') Vergl. das Schreiben Morstyns in Urk. u. Act. II. -441 ff.

^ Ueber dieses Verhältnis Urk. u. Act. II. 440 ff.

^) Für die schwedische Politik in dieser Zeit; Carlson 1. c. IV. 494 ff. ; Puf. 1. c. X. 66.

Morstyn. Brandenburgs Haltung' Frankreich gegenüber. Tod der Kurfiirstin. 311

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Juni 1667. (Or.)

[Tod der Kurfürstin. Frankreichs Krieg gegen Spanien. Jodoci's Reise nach Frank- reich. Haltung Brandenburgs in der Frage der Prorogirung der rheinischen Allianz.]

Am 18. ist die Kurfürstin gestorben'). Frankreich hat trotz alles Ent- 20. Juni, gegenkommens Spaniens den Angriff auf die Niederlande begonnen und fort- gesetzt^). Die Reise des kurfürstlich mainzischen Rathes Jodoci nach Frank- reich dürfte erfolglos sein 3). Die Befehle bezüglich der rheinischen Allianz wird Goess befolgen. Man gestellt sich dahie, dass man wenig Reflexion auf gedachte Allianz mache, dass sie auch in der That von wenigen Effect; weiln die Franzosen auf die Prorogation dringen, hat der Herzog von Neuburg dieses Churfürsten Sentiment darüber begehrt zu vernehmen. Ich sehe, dass man diesseits bis daher fast inclinirt, dieselbe in vorigen terminis zu prorogiren; steht nun dahin, ob diese neue von Frankreich erweckende motus andere Gedanken verursachen werden. Sonsten hat man diesfalls die grösste Reflexion auf Schweden und weiss ich nit änderst, als dass die churfürstliche Gesandte zu Regensburg Befelch haben, sich in hoc passu mit den schwedischen zu vernehmen und bis dieselbe sich erklären zurück zu halten*). . . . Diese Couiunctur, da man sieht, wie Frankreich dieser Allianz zu Unterdrückung des Reichs misbraucht, solle sonsten sehr favorabl sein. Ich muss aber darbei E. K. M. er- innern, dass ich von guten Orten habe, dass einige im Reich eben diese Occasion scheinen nehmen zu wollen mit Frankreich in einer engern Verbündnus zu treten;, sub praetextu," dass man hierdurch mehr Confidenz gewinnen und bequemer werd sein per viam mediationis den Krieg in Niederland zu sistiren und zu vermittelen ^).

Schliesslich weist Goess die Zumuthung zurück, als suche er den Kur- fürsten zu einer Schweden feindlichen Stimmung zu vermögen.

0 Vergl. Orlicb, Gesch. Preussen im XVII. Jahrh. I. 549 ff.

-) Lefevre-Pontalis 1. c. I. 433 ff. ; Klopp 1. c. I. 171 ff. ; Ranke, Franz. Gesch. III. 23-2 ff.

3) Ueber dessen Sendung Puf. 1. c X. 34.

'') Vergl. das Schreiben des Kurfürsten an die Gesandten vom 10. Mai 1667;

Urk. u. Act. XI. 471.

^) Vergl. Köcher I. c. I. 533 ff.

312 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1GG5 Mai 16G8.

Goess an den Kaiser. Dat. 24. Juni 1667. (Or.)

[Geringe Aussiebt auf ein energisches Einschreiten der Reichsfürsten gegen Frank- reich. Brandenburg -schwedisches Allianzproject. Rheinische Allianz. Mitinclusion Burgunds in den Frieden von Breda.]

24. Juni. Es ist wenig Hoffnung, dass Brandenburg und auch die übrigen Mitglieder

des Reiches etwas energisches zur Yertheidigung des burgundischen Kreises thnn werden. Die Verzögerung der schwedisch -brandenburgischeu Verhand- lungen ist dem Kurfürsten sehr unangenehm.

Die rheinische Allianz betreifend, begreifen T. Ch. D. zwar, dass billich bedenklich fallen solle dieselbe bei gegenwärtigen Coninnctiiren zu prorogiren und glaube ich, dass sie gern sehen werden, dass Schwe- den sich zu der Prorogation nicht verstehe; solle aber schwedischer Seiten darin gewilligt werden, so werd schwerlich zu erhalten sein, dass sie sich diesfalls von gedachter Krön separiren. Durch Stratman hat Goess dem Kurfürsten über dieselbe Angelegenheit Mittheihmg zukommen lassen. Das Haus Braunschweig ist, wie der Kurfürst meint, sehr für die Prorogation der Allianz ').

Wegen Mitinclusion des burgundischen Kreis in dem Friedenschluss, so zu Breda möchte gemacht werden^), erbiet man sich zwar dahie, die churbrand. ministros dahin zu instruiren. Weiln aber I. Ch. D. weder Mediator noch pars sei, als vermeinen sie, dass sie wenig darbei werden thun können, und werd auch darfür gehalten, dass dergleichen Inclusion von wenigen Effect seie^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Juli 1667. (Or.)

[Verhandlungen des Kurfürsten mit Millet wegen Prorogation des Rheinbundes und Passes kaiserlicher Truppen durch kurfürstliches Territorium. Massnahmen des Kur- fürsten in diesen Fragen. Bessere Stimmung des Kurfürsten. Unterredung desselben mit Goess über den belgischen Krieg. Urtheil des Goess in dieser Frage. Klagen über Werbungen des Bischofs von Münster. Millets Frage wegen Beschickung des Kölner Congresses seitens des Kurfürsten.]

1. Juli. Der französische Envoye Millet hat vergangenen Tagen prorogationem

foederis Rhenani gesucht und dann dass der Churfürst sich cathegorice erklären wollte keinen Secursen nach Niederland den Pass durch seine

^) Vergl. Urk. u. Act. XI. 471 f.: Köcher 1. c. I. .53.3 ff.

2) Vergl. Klopp I.e. I. 185; Ranke, Engl. Gesch. V. 30ff. Der Friedensvertrag gedruckt bei Londorp 1. c. IX. 506 if.

^) Vergl. für diese Frage Mignet 1. c. II. 2581; Köcher 1. c. 538; die Acten, die zu Regensburg gewechselt wurden, Londorp I.e. IX. 551iF.

Rheinische Allianz. Der Krieg gegen die spanische Niederlande. 313

Landen zu verstatten. I. Ch. I). haben auf beide propositiones remissive auf dem, was die übrige consortes oder auch Stände des Reichs thun würden, geantwort; sie allein künnten hierin nichts statuiren *). Ich habe die Bedenken darwider weitläufig vorgestellt und haben dieselbe dem Generallieutenant Goltz'-) und dem geheimen Rath Reinhardt^), welchen sie zu den Herzogen von Braunschweig geschickt^), abermahlen Ordre nachgeschickt, denen Herreu Herzogen wohl zu repraesentiren, wie bedenklich bei sothanen Coniuncturen diese prorogatio falle, weniger nit dem Crockow zu Stockholm^), allda dergleichen zu thun, quod summo- pere refert, aufgetragen, der auch die unbegründte Opinion zu beneh- men, als thäte man von E''. K. M. Seiten die Krön Schweden bei Chur- sachsen und Churbrandeuburg odieux und suspect machen; imgleichen ist auch an den churbrandenburgischen ministris nach Breda **), wegen dessen was E. K. M. gnädigst begehrt circa inclusionem circuli burgundici in den dasigen Tractaten, geschrieben worden. Soviel ich alle diese Tagen observiren können, zeigen I. Ch. D. fast mehr Eifer als vorhin ihre und des Reichs Libertät zu beobachten und zu vertheidigen und begreifen sie gnug, wohin des Königs aus Frankreich vasti diseigni hinaus wollen. Auch die Namen der Servitut und der Sclaverei können sie ohne Entrüstung nit hören: beklagen sich darbei zum höchsten, dass Chur- und Fürsten des Reichs und zwar die geistliche zuforderist das edle Kleinod ihrer Freiheit nit besser in Acht nehmen. Mich fragen sie wiederholter Dingen, was E. K. M. circa bellum belgicum thun werden. Ich antworte generalia, dass S. Ch. D. leicht erachten können, was man zu thun, wann man einem sein und seines Haus Patrimonium mit Gewalt hin- weg nimmt, dass E. K. M. römischer Kaiser, die Niederlanden ein Kreis des Reichs sein, dass die gefährliche Consequentien von Seiten Frank- reich deroselben gnugsam vor Augen liegen etc. Ein mehrers gebührt mir ohne gnädigste Ordre nit zu sagen; darbei ich an meinem geringen Ort sehr zweiflen muss, ob's E'. K. M. Diensten vorträglich, dass bis dato im Reich gleichsam dubitirt werde, ob E. K. M. sich der niederlän- dischen Provinzen annehmen werden oder nicht.

1) Vergl. ürk. u. Act. II. 451 ff.

2) Joachim Rüdiger von der Goltz. ^) Johann Georg Reinhardt.

■*) Vergl. Köcher 1. c. 528; ürk. u. Act. II. 452.

'=) Vergl. Droysen 1. c. ni.3 194.

*^) Christoph Brandt und Werner W. Blaspeil; über ihren Aufenthalt in Breda Puf. I.e. X. 21 ff.

314 IV. Erste Mission des Frcihonii Joliami von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Der Kurfürst wünscht, dass der Kaiser der von den Generalstaaten er- hobenen Beschwerde wegen der Rüstungen des Bischofes von Münster, die den clevischen Tractaten zuwider seien, abhelfe ^). Wie Aveit die hier von den Wer- bungen des Bischofes cursirenden Gerüchte der Wahrheit entsprechen, will Goess nicht entscheiden, dass ist aber gewiss, dass Tractaten mit Frank- reich obhanden^) |: und der Herr Bischof von Münster nicht allein dar- bei interessirt, sondern auch französisch Geld dar bei mit unterlaufen möge, derowegen E. K. M. am Rhein wohl zu invigiliren :|.

Millet hat diesen Churfiirsten gefragt, ob er nicht zu dem Convent nach Köln schicken^) und sich demjenigen, was allda gut befunden, con- formiren würde; eines Theils möchte es gut sein, damit man die con- silia der Orten erfahren könnte, andererseits aber auch periculeux, | : dann es werden allda emissarii Gallici nicht ermanglen. Wie ich dann höre, dass de dividenda praeda, wann Niederland soll verloren gehen, agitirt werde :|.

Die Berichte vom 4. und 15. Juli enthalten nichts von Bedeutung als die Meldung von der verunglückten Sendung Jodoci's nach Frankreich'*). Ebenso- wenig bedeutend sind auch die Weisungen des Kaisers aus dieser Zeit. Es wird in denselben dem Goess immer wieder aufgetragen die Erneuerung der rheinischen Allianz zu verhindern und im allgemeinen sich über die Pläne des Kurfürsten von Brandenburg zu informiren (18. u. 25. Juni). Erst in der Wei- sung vom 11. Juli spricht sich der Kaiser über das von Goess in der nieder- ländischen Angelegenheit zu beobachtende Verfahren aus.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 11. Juli 1667. (Conc.)

[Niederländisches Wesen. Congress zu Köln. Sendung Mannsfelds nach Berlin.] 11. Juli Du hast auf die Frag, was wir in dem niederländischen Wesen

zu thun gesinnet, wann solche wieder fürkommt, neben dem, was du bereits wohl geantwortet, auch dieses zu vermelden, dass wann es Zeit und die Bereitschaft vorhanden sein werde ..., wir uns alsdann weiter hierüber vernehmen zu lassen nicht ermanglen werden. Verhalten dir benebenst nicht, dass Gottlob, zwischen der Krön Spanien und Engelland ein beständig Fried geschlossen^). Anlangend die von des Bischofs zu

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 39.

-) Der Vertrag war bereits am 4. Mai 1667 geschlossen worden; vergl. Ennen

1. c. I. 186.

2) lieber diesen Kölner Convent; Mignet 1. c. II. 178 ff.; Köcher 1. c. I. 530f. *) Vergl. Puf. 1. c. X. 34.

s) Der Vertrag vom 23. Mai 1667; abgedruckt bei Londorp I.e. IX. 529 ff.; Du- mont 1. c. VII. 27 ff

Niederlande. Congress zu Köln. Poluisciie Wahiaui^elegenheit. 315

Strassburg ') 1/ . vorgeschlagene Zusammenkunft nacher Köln"'), ob zwar nicht viel zuträglichs für uns darvon zu hoffen; jedoch da dieselbe ja ihren Fortgang gewinnen wollte, so hielten wir für nicht unrathsam, dass des Churfürsten zu Brandenburg I/. auch jemanden von denen ihrigen dorthin schicketen. wenigst die schädliche consilia wo nicht zu hindern, jedoch zur Nachricht zu vernehmen; so du dextre bei derselben zu in- sinuiren.

Zur Condolirmig Avegen der Kurfürstiu Tod wird der Kaiser den Reichs- hofrath Franz Max. Grafen von Mannsfeld nach Berlin senden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. Juli 1667. (Or.)

[Geplante Zusammenkunft der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen. Brandenburg- schwedischer Vertrag bezüglich Polens. Des Meinders und des Kurfürsten Erklärungen in der polnischen und schwedischen Angelegenheit. Des Goess Urtheil in der letz- teren Frage. Sendung Beyers nach Köln. Des Kurfürsten Haltung in der nieder- ländischen Frage.]

Auf des Goess Ersuchen spricht der Kurfürst von Brandenburg dem zur 22. Juli. Trauerfeier nach Berlin gekommenen sächsischen Abgeordneten Flug den AVunsch aus, sich mit dem Kurfürsten von Sachsen über die bei der gefährlichen Lage nothwendigen Vorkehrungen zu berathen. Der Vertrag zwischen Brandenburg und Schweden pro manutenenda libertate reipublicae Polonicae ist geschlossen^).

Meinders hat dem Goess Im Namen des Kurfürsten vorgeschlagen; 1*^. er möge dahin wirken, dass durch des Kaisers Vermittelung der Papst ^) dem Polen- könige und dem Clerus von der Abdication abratlie; 2°. es möge von Seite Oesterreichs alles aufgeboten werden, um mit Schweden eine Allianz zu schliessen. Meinders, wie auch der Kurfürst, halten zu diesem Zwecke eine jähr- liche Subsidie von 200 000 Rthlrn. für Schweden sehr wünschensw^erth. Der schwedische Resident in Berlin =) erklärt wiederholt, wie günstig sein Hof einer Einigung mit Oesterreich gesinnt sei. Ich vernimm ungern, dass auch gegen ihn I. Ch. D. etwas wegen obgedachter Pension schiessen lassen, dann obwohl ich darfür halte, dass wann's darauf ankommen sollte, E. K. M. ein Stück Gelds nit anzusehen, damit sie die Krön Schweden von Frank- reich abstrahireu und an sich ziehen mögen, welches dann bei diesen Coniuncturen ein hoch importireudes Werk wäre, auch nit zu hoffen,

') Franz Egon von Fürstenberg.

-) Vergl. Ennen 1. c. I. 188 f; Köcher 1. c. I. 531 ff.

2) Vergl. Mörner 1. c. 3Uff ; Puf. 1. c. X. 56; Mem. de Pomponne IL 407f.

*) Clemens IX. seit 20. Juni 1667.

^) Wolfrad.

31G I^ Kiste Mission des Freihena Johann von Goess. Jan. 1GG5— Mai 1668.

dass mau einen Flus.s ex suo tilveo, den er von lauger Hand genuunueu, bringen und in einen anderen werfen könue ohne starke und kräftige machiuas darbei zu adhibiren, .so wäre doch be.s.ser gewe.seu und erfor- derte es ordo tractandi, dass man darmit bis zu seiner Zeit zurück- gehalten hätte. ... Er scheint da.sjenige, was de praestandis subsidiis da in's Mittel kommt gleichsam für Praeliminar und tamquam conditio, ohne welcher von der Sach nit zu reden, zu halten: sonsteu vermeint der Churfürst , dass diesmahlen die Occasion und Coniuncturen mit Schweden zu haudien sehr gut sein. Der Feldherr Wrangel scheint die französische impresa wider Niederland zu apprehendiren und dass man derselben nit also zuzusehen und weiln man den Frieden zu Breda für geschlossen halt'), ... auch darfür gehalten ward, dass das Accommo- dament der Differenzien zwischen Schweden und den Staaten General darauf folgen werde ^), als möchten um so viel mehr die Schw'eden ihre etwa bishero geführte Gedanken verändern und die von vielen unter sie eingerathene Maxime ergreifen, sich mit E"^. K. M. und dem römischen Reich in guten Vertrauen und Verständnus zu setzen. . . . Der Kurfürst hat auf Drängen Stratman's den clevischea Rath Beyer'') nach Köln zum Con- gress abgeordnet, der sich aber bezüglich der Fragen der rheinischen Allianz und des Schutzes der Niederlande mit mangelnder Instruction zu entschuldigen hat. Ich kann änderst nit spüren, als dass der Churfürst gute intentiones habe und dass ihme die weit aussehende diseigni des Königs aus Frank- reich sehr zu Gemüth gehen. Der Millet und die französische ministri anderstwo zeigen sich mit dem Churfürsten nit wohl zufrieden zu sein*). Blaspeil meldet aus Brüssel von seinen Verbandlungen mit Castel-Rodrigo.

Die beiden nächsten Berichte vom 19. Juli und 1. August enthalten nichts neues. In neuen Unterredungen mit dem Kurfürsten und dem schwedischen Residenten in Berlin zeigt sich, wie unerlässlicli eine grössere Geld Unterstützung für die Durchführung der österreichisch-schwedischen Alhanzprojecte ist.

^) Der Vertrag wurde erst am 31. Juli 1G67 unterzeichnet; I'rucii u. a. iu den Mem. d'Estrades V. 458 ff.

-) Vergl. Carlson 1. c. lY. 498; die Verträge bei Dumout 1. c. VII. 1, 37 ff.; Diarium Europaeum XX. App. 39 ff.

^) Johann Beyer; vergl. Urk. u. Act. XI. 706 ff.

^) Vergl. ürk. u. Act II. 457 ff.; Miguet I. c. II. 279 f.

Schtt'eden. Niederlande. Erweiterung- der österreichisch-brand. Allianz. 317

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 26. Juli 1667. (Conc.)

[Das niederländische Wesen betreifend. Erweiterung der österreioh-brandenburgischen

Allianz.]

Castel-Rodrigo und der hiesige spanische Gesandte ') hahen ernstlich die 26. Juli. Hilfe des Kaisers für die Niederlande, letzterer überdies gefordert, der Kaiser möge dem Goess befehlen den Markgrafen Herrmann von Baden bei seinen Unter- handlungen mit dem Kurfürsten von Brandenburg zu unterstützen^). Gleich- wie uns uun billich zuforderst gedachter unversehener ganz unbefugter Ueberfall der Niederlanden zu Gemiith und Herzen gehet und uns be- wegt alle mügliche Mittel wie demselben zu steuern an die Hand zu nehmen, gestalt wir zu solchem Ende unsere Kriegsvölker bis auf eine gewisse competirende Anzahl eilends zu stärken im Werk sein, auch unserm Hofkammerratli, dem Freiherrn von Lisola, bereits Vollmacht er- theilt, nicht allein ein vor diesem obhanden gewesenes foedus mit des Königs in Engelland I/., sondern auch mit des Königs in Schweden L*^., wie auch mit denen Staaten der vereinigten niederländischen Provinzen pro defensione mutua und sonderlich der obberührten niederländischen Pro- vinzen zu schliessen ^); wie nicht weniger auch unserem Reichshofrath, dem von Basserode, befohlen seine Negociation in Schweden miiglichsten dahin zu befürdern, dass selbige Krön zu Annehmung eines solchen Fleisses foederis ehist vermögt werden möge; also wollen wir, dass du nicht allein obbemeltes Markgrafen von Baden L'^. zu Behauptung seines Intents bei des Churfürsten zu Brandenburg L''. alle mügliche Assistenz leistest, sondern auch mit beweglicher Vorstellung aller Umstände, so bei ge- dachtem Ueberfall concurriren, . . . dich dahin bemühest, dass des Chur- fürsten r/. sowohl wegen der gesuchten Extension unsers mit einander habenden foederis auf gedachte niederländische Provinzen, als auch wegen dero Cooperation bei dem Haus Braunschweig, damit dasselbe auch ehist darzu vermögt werden möge, unverlangt sich erklären wollen ^). Goess soll in allen Fragen die Intentionen des Kurfürsten zu erforschen suchen. Unter dem 1. August erhält dann Goess die Vollmacht zur Erweiterung des zwischen Oesterreich und Brandenburg bestehenden Bündnisses.

0 Mis de Malagon.

■^) Ueber die Sendung des Markgrafen Herrmann von Baden nach Berlin; Piif. 1. c. X.30f.; Mignet 1. c. IL 220fF.; Urk. u. Act. II. 463; Droysen 1. c. III.o 201fr.

'■') Ueber Oesterreichs Verhalten in dieser Zeit und über die Stellung Lisola's vergl. Klopp 1. c. I. 177 ff.; Schleicht I.e. 73 ff.; Mignet 1. c. II. 336 ff.

■*) Ueber Braunschweigs Haltung in dieser Zeit; Köcher 1. c. 538 f.

318 IV. Erste Slission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. IGG.') Mai 1GC8.

Goess an den Kaiser. Dat. Küstrin 8. August 1667. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten bezüglich der niederländischen Ange- legenheit. Des Knrfürsten Sendung zum Braunschweiger Convent. Seine Erklärungen bezüglich der Erweiterung der Österreich-brandenburgischen Allianz auf die Nieder- lande. Unterredung mit Schwerin. Des Goess Urtheil über die von Brandenburg gegen Frankreich vermutlich erfolgenden Massnahmen. Stratman's Sendung nach Düsseldorf. Des Goess Bemühungen bezüglich des Neuburgers. Mannsfeld.]

8. Aug. Goess trägt dem Kurfürsten den Inhalt der Weisung vom 26. Juli vor; Frie-

drich Wilhelm ist für die Beschleunigung der Verhandlungen ; nur bezüglich Braun- schweigs zweifelt er an der guten Intention. Den 22. huius soll ein Convent zu Braunschweig gehalten werden'); dahin schicken I. Ch. D. dero ge- heimen Rath Jena mit guter Instruction, wie ich vernimm und sonder- lich, dass weder er, noch die churfürstlichen Abgesandte zu Regens- burg ^), in der Prorogation der rheinischen Allianz consentiren sollen^), massen ich in hac materia alle mit unterlaufende considerationes wieder- holt, occasione desjenigen was zu Köln bei dem Convent vorgeht. . . . Der Herr Markgraf von Baden ist noch nit ankommen: auf der Proposition, so ich gethan wegen Extension unsers foederis auf die niederländische Provinzien, haben I. Ch. D. Anfangs generaliter mit Contestation, dass sie E^ K. M. und dero hochlöblichen Hauses Interesse, wie ihr eigenes, sich allzeit werden lassen angelegen sein, beantwort; nachdem ich aber ferner urgirt, sich dahin vernehmen lassen, es wäre ein Werk von grösserer Impor- tanz, als dass sie sich sogleich darauf resolviren künnten; sie würden die Sach in Deliberation ziehen. Unterwegs zu Landsberg habe ich mit dem Baron von Schwerin geredt und kann ich gnugsam merken, dass der Churfürst, es werde dann eine gute Partei gemacht, sich nit leicht- lich in einem Krieg wider Frankreich einlassen werde; wann aber die Party gemacht künnte werden, sehe ich wohl, dass er für seine Person darzu inclinirt; die Räthe aber werden sehr langsam darin gehen, massen ich verspüre, dass ihre consilia auf Dilatation und Gewinnung der Zeit gehen und wanns auch endlichen darzu kommen solle, so werden alsdann die propositiones, von welchen ich zum öfftern geschrieben, wegen der Conditionen, so man dem Churffirsten zu machen, herfür kommen. In- terim inculcirt man, dass der Churfürst liberas manus zu behalten.

Der neuburgische Resident Stratman ist mit uns hieher kommen,

1) Vergl. Köcher 1. c. I. 535 f.; Urk. u. Act. IL 464.

2) Gottfried Jena und Mahrenholtz.

^) Vergl. für die Politik Brandenburgs in der rheinischen Allianzfrage in dieser Zeit Urk. u. Act. XI. 473 ff.

Niederlande. Erweiterung der östcrreichisch-brand. Allianz. Herrraann von Baden. 319

er solle eine Reis nach Düsseldorf tluin; der Churfiir.st hat's propo- nirt und der Herzog angenommen. Hac occasione habe ich P. Ch. D. suggerirt, dass sie dem Herzog durch dem Stratman von dem, was am Rhein vorgenommen will werden, kräftig dehortiren wollen. Sie habeu's zwar gethan, aber der Stratman insistirt, dass der Herzog von der Party am Rhein nit abweichen kann, mau zeige ihme dann eine andere dar- be! er seine Sicherheit finden könne; und habe ich mich beflissen, dass der Churfürst seine Intention und Resolution dem Herzog w-issen lassen solle, damit er sich derselben conformireu und dardurch animirt werden könne. Aber hierzu ist es nit zu bringen gewesen, sondern man lässt's darbei bewenden, dass der Herzog sich uit zu engagiren und dass er nit zu zweiflen, dass eine gute Party werd gemacht werden.

Graf Mansfeld ist vom Kurfürsten freundlich empfangen worden; derselbe wird über seine Mission selbst berichten ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. August 1667. (Or.)

[Ankunft des Markgrafen Herrmann von Baden. Unterredung des Goess mit dem- selben bezüglich Jägerndorfs und einer neuen Heirath des Kurfürsten. Des Markgrafen Instruction. Dessen Erklärungen bezüglich der Mittel den Kurfürsten zu gewinnen. Castel-Rodrigos Aeusserung über denselben Punkt. Urtheil und Verhandlungen des Goess mit Schwerin über die Sache. Dessen Erklärungen und Urtheil über Schweden. Urtheil in Deutschland über des Kaisers Vorgehen. Urtheil des Goess über die Lage. Millet's Erklärungen. Mittheilungen Stratmans und des schwedischen Residenten.

Grave in Dresden.]

Markgraf Herrmann von Baden ist den 12. d. hieher gekommen. [: Von is. Auo-. wegen des Herzogthum Jägerndorf und ob man mit Offerirung desselben :| den Churfürsten nit zu gewinnen, hat er zwar mündlich mit mir dis- currirt ; er hat's aber in seiner Instruction, die ich gesehen, nit gehabt; ich habe ihme die rationes vorgehalten, warum daran nit zu gedenken. Wohl hat er in instructione zu sondiren, ob nit etwa |: dieser Churfürst inclinire ad secunda vota zu schreiten und ob er nicht auf einige unsere Herzogin gedenken möchte :|; doch ohne sich hierin im geringsten zu engagiren; worüber ich ihn auch informirt und hoß"entlich capace ge- macht, dass erstlich j: der Churfürst solche Intention nicht merken lassen :| und dann, dass wann's auch darzu käme, dergleichen negotia nit besser können ruinirt werden, als wann man unzeitlich einigen An-

') Vergl. weiter unten den Bericht Mansfeld's praes. 23. August; vergl. Urk. und Act. 11.463; Mignet 11.285.

320 ^^ Krste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665^Mai 1668.

wuif darvon thuet. Der Markgraf macht dem Goess Mittheilung von dem Inhalte seiner Instruction'). . . . Als ich den Markgrafen vorgehalten, was massen Spanien mit nit zu halten den Credit bei diesem Churfürsten merklich verloren, ihn exhortirt mit sothanen leeren promissis nit aufzuziehen, und inquirirt, was er für Mittel mitbrächte diese schwere Negociatiün durchzutreiben, hat er für sich selbsten gedeut auf Einräumung eines Theils des Gelderlands, ja auch der Festung Geldern selbsten^), darvon er doch in seiner Instruction nichts hat, ausser dass etwa zwischen sie mündlich möge darvon gered sein worden. Im übrigen sagte er mir, dass wann der Churfürst mit Geld zufrieden und ein mehrers nit be- gehrete, es daran nit ermanglen würde, dass sie auch von dem Chur- fürsten ehender nichts begehreten, bis das Geld nit vorhanden. Mir schreibt der Marques de Castel Rodrigo in seinem jüngsten Schreiben vom 30. Juli, dass er zu diesen Tractaten mit dem Churfürsten Voll- macht aus Spanien bekommen, dass man demselben sichere hypotecas würde einräumen, welche ohne Zweifel abermahlen auf das Gelderland zu verstehen. Mich hat man vor diesem schon unterschiedliche Malen destwegen sondiren lassen. Ich habe ad disponendam materiam allzeit geant- wort, dass man sich hispanischer Seiten zu dem was raisonabl gern ver- stehen würde. Wann der Feind ein Theil der Landen weg nehme und der Freund den andern begehrete, was dann demienigen, dem man helfen wollte, verbleiben würde. Ich bekennete unsere Noth und Interesse, aber erkennete darbei auch gar wohl, dass der Churfürst hierbei auch ein grosses Interesse proprium hätte: dann wüsste ich auch, dass die Staaten General pro suo interesse sich zu einige subsidia für dem Chur- fürsten verstehen würden, alles dahin, damit die Begehren an uns desto moderater fallen möchten. Meines Erachtens, wann's darzu kommen sollte, wird man dem Churfürsten wenigsten Pfand weis und zu Ver- sicherung der Gelder, so ihm versprochen werden, ein Stück von Gelder- land müssen einräumen; in quo casu, wann man auch die Praetension auf Einräumung der Festung und Stadt Geldern extendiren wollte, stell ich zu E"". K. M. gnädigsten Belieben, ob sie mir dero gnädigstes Senti-

ment und Meinung darüber eröffnen wollen Ich bin gestern Abends

spät bei dem Baron von Schwerin gewesen mit ihm aus der Sach zu reden und das Werk bestermassen zu recommandiren. Ich habe ihn in seiner vorigen Meinung beständig befunden, dass nemlich der Churfürst,

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 30.

2) Vergl. Mignet 1. c. IL 283; Droysen 1. c. III. 3 202.

Verhandlung'en mit Henmann von Baden. Niederlande. 321

sein Herr, zwar grosse Interesse darbei habe, dass die spanische Nieder- landen im vorigen statu verbleiben, dass, wann eine sufficiente Party darzu gemacht würde, der Churfürst mit einzutreten; dass er aber allein und wie die Sachen bis dato stehen, sich hierin einzulassen, könnte er nit finden. Und dieses ist, was auf meine Proposition von Extension unsers foederis auf die spanische Niederlanden gleichfalls magis tacite quam expresse geantwort wird. Er hatte einige Nachricht, dass die Franzosen vor Brüssel stünden') und wollte ihm fast gedünken, quod semper timui, dass das malum incurabile wäre. Derowegen ich mich bemühet das contrarium zu remonstriren und dass der Franzos bishero nit ein einige tenable Festung erobert, ja auch nit attaquiren dürfen; suchete famam victoriarum mit Eroberung fast offenstehender Stadt, zweifelsohne mit Hoffnung das Land ad aliquam defectionem zu bringen und die benach- barte von dem Secours zu decouragiren; zeigete ihm, dass es eine suffi- ciente Party sein würde, wann E. K. M., dieser Churfürst, das Haus Braunschweig und etwa die Staaten-General und vielleicht England mit zu der spanischen Party träten und wann einige hierunter abgiengen und sich nit aperte declariren wollten, würden sie es doch gern sehen, uns nichts im Weg legen, auch wohl heimliche Vorschub thun. Von Schweden hat der von Schwerin diese Opinion, dass sie zwar nit leicht wider Frankreich mit agiren, doch wohl neutral bleiben möchten; welches mir darum schwer zu glauben vorkommt, weiln Schweden heraus arrairt und solcher gestalt nit länger subsistiren kann und dann propter genium des Feldherrn AVrangel ^). . . .

Ich muss E^ K. M. andeuten, dass unangesehen dessen allen, was ich hier angebracht, mau nit allein hier, sondern fast allenthalben dar- für halt, dass dieselbe nit serio resolvirt sich der Niederlanden anzu- nehmen, quod perniciosissimum und böse effectus verursacht; was räau von Recruten und Verstärkung unserer Armee sage, seien nur leere An- stalten, man sehe bei allen dem keine effectus; beim Rhein wirft man vor, E. K. M. hätten weiters nichts als allein die Mediation begehrt; ja einige sollen praetendiren E"". K. M. Willen und Wunsch hierin erfüllt zu haben, dass sie dero Secursen den Pass verweigeren und also einen Praetext non mittendi subministriren. Mich piquiren solche Discursen in der Seel, dann mich gedünkt, man greife E. K. M. in dero Reputation an, wann man sich könne lassen einfallen, dass sie ein so stattliches

') Vergl. Lefevre-Pontalis 1. e. I. 423.

^ Für Schwedens Haltung in dieser Zeit Carlson 1. c. IV. 497 ff.

Mater. ■/.. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 21

322 IV. Erste Mission des Fieilienn Johann von Goess. Jan. IGG.')— Mai 1GG8.

patrinonium ihres hochlöblichen llanscs sollen lassen wegnehmen, ohne einmal den Degen darum zu zucken.

Der Mediation halber habe ich's allezeit darfiir gehalten, dass die P'ranzosen derselben primi, obzwar occulti autores; wenigsten ist klar und am Tag, dass für ihnen nichts fürträglicheres erdaclit werden könne; sonderlich da man zusieht, dass sie unterdessen mit den Waffen agiren, scilicet, nun seie von der Gegenverfassung nit zu reden, bis man den effectum gedachter Mediation sehe, unterdessen kommt die Sach in Niederland ad terminos desperatos und was ist von der Metliation zu erwarten, wann halb Niederland werd hin sein? Vielleicht werden die mediatores wider Frankreich, wann der König die Billichkeit werd aus- schlagen, die Waffen ergreifen und nit vielmehr Spanien adhortiren, sie sollen das verlorene und vielleicht noch ein Stück des noch behaltenen paci publicae sacrificiren? Der Millet intonirt nun dahie assidue, dass die mediatio das einzige Mittel seie aus der Sach zu kommen; ganz Europa würde in Combustion gerathen, wann andere sich armis in die- sem Krieg einmischen würden. Sein König werde sich so raisonabl darbei zeigen, dass man ein meiirers an ihm nit zu desideriren '). ...

Stratman, Neuburg's Gesandter, betont wiederholt, dass der Neuburger lieber durch Vermittlung Oesterreichs als Frankreichs sein Ziel in Polen erreichen würde, und wenn die Heirath zwischen dem Könige von Polen und der Prin- zessin von Neuburg ■■^) sich realisiren liesse ^), diese auch mediantibus officiis des Kaisers lieber als durch die Franzosen haben wollte.

Der schwedische Resident in Dresden, Grave^), ist hier und theilt Goess mit, dass man am sächsischen Hofe fürchte, Brandenburg suche Sachsen beim Kaiser verdäclitig zu machen und benütze dazu das sächsisch-französische Bündnis. Audi soll in Sachsen sehr stark von Seite der Franzosen für eine Rüstung ge- arbeitet werden.

1) Vergl. Urk. u. Act. II. 46Gf.

-) Eleonore Magdalena; später Gemahlin Leopold I.

^) Vergl. für diese Angelegenheit Urk. u. Act. II. 45Gf.

^) Vergl. Urk. u. Act. II. 469.

Des Goess ('rtheil iilier die Lage. Vei'haii(lliin<;'en mit dem Markgrafen von Baden. 323

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. August 1667. (Or.)

[Verhandlungen des Markgrafen von Baden mit dem Kurfürsten. Unterredungen des Goess mit dem Kurfürsten und Schwerin über diese Angelegenheit. Schwerin's Er- klärungen bezüglich einer Anweisung ö.sterreichischen Erblandes an den Kurfürsten für den Fall des Aussterbens des Hauses Habsburg. Des Goess Antwort. Schwe- rin's Aeusserungen bezüglich der Jägerndorfer Angelegenheit. Des Goess Antwort. Des Markgrafen Reise zu Castel-Rodrigo. Urtheil des Goess über die Pläne Branden- burgs. Brandt's Berichte aus London. Schwerin's Urtheil über Arlingtou und Cla- rendon. Zusammenkunft der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen.]

Auf Wunsch des Kurfürsten begab sich Goess am 19. d. nach Potsdam. 22. Aug. Der Markgraf von Baden gibt ilim Nachricht von dem Stande der Verhandhingen. Bald hat er (Markg.) vermerken können, wessen ich ihn zuvorn ge- warnet, dass die Hauptdifficultät 1°. circa Suecos und dann 2°. circa media, so man dem Chuifiirsten hierzu zu geben, bestehen w'iirde: sie gaben ziemlich cathegorice zu verstehen, dass man die Sach dahin zu bringen, dass Sueci entweder für uns oder doch wenigsten sich neutral erklärten, sonsten wäre in der Sach nichts zu thun. Der Markgraf ant- wortete, dass man allen Fleiss hierzu anwenden würde, wann's aber nit zu erhalten und man dem Churfürsten Mittel geben sollte, dass ausser was wider Frankreich gebraucht würde, sie noch ein Corpo von 8000 Mann, darzu von E. K. M. auch ein anders Corpo zu stossen, formiren künnten, ob man dann auch ohne, ja auch wider Schweden den Krieg nit könnte vornehmen, worauf sie, wie der Markgraf referirt und der Baron von Schwerin gegen mich darauf bezogen, affirmative geantwortet. Betreffend die subsidia antwortete der Markgraf, dass man ihrerseits zu- frieden wäre, dieselbe zu richten nach dem was die Staaten General dem Churfürsten bei dem vorgewesten münsterischen Krieg gegeben '), die Recompenz müsste man beim Feind suchen ; im übrigen wäre der König genereus und würde jederzeit die Freundschaft wissen zu er- kennen ....

. Der Herr Markgraf ist mit allem diesem ziemlich wohl zufrieden gewesen. Nachdem ich mit dem Churfürsten geredt, welcher sich auf die gehaltene Conferenzien bezogen uud im übrigen, wie vorhin, gute Intention bezeigt, bin ich zu dem Baron von Schwerin, mit welchem ich das Werk abermalen durchgangen. Unterwegs als ich nach Pots- dam hinausführe, bekäme ich ein Schreiben von dem Fürsten von An. halt, welcher vor 2 Tagen vorher von Dessau dahin kommen, in welchem er mich erinnerte, ich solle allein sehen, dass ich ihnen nur die Schwe-

1) Vergl. MGrner I.e. 274f.; § 6,8 10 des Vertrages vom 6./1G. Febr. 1666.

21*

324 I^'- Erste Mission dos Freiherrn Johann von Goess. Jan. IGCi Mai HJG8.

derrvomllals hielte, so würde alles wohl gehen, mit dein iil)rigen würde man schon Mittel finden. \n facto ist bei dem Churfürsten diese, wie ich von langer Hand observirt, die grüsste Difl'icultät. Goess tritt für die Notliweudigfceit eines Bündnisses mit Scliweden, oder wenigstens der Sicherung der Neutralität seitens dieser Macht ein.

Bezüglich der Subsidien sucht Goess den Kurfürsten zur Herabsetzung seiner Forderungen zu bewegen. Schwerin erklärt aber, dass der Churfiirst hierin (durch die Theilnahme am Kriege gegen Frankreich) dem' ganzen .hochlöbl. Haus so ansehnliche Dienste thun würde, dass er nit allein bei dem König in Hispanien, sondern auch bei E^ K. M. eine Recompenz dardurch ver- diene; massen der Churfiirst befohlen mir dasselbe zu insinuiren.

Mit dem de Lisola hätte er vor diesem in gewisser Occasion daraus geredt, dass E. K. M. diesen Churfürsten sich in perpetuum devincirn künnten, wann sie ihme eine Expectanz auf einigen Stück dero Landen, welcher sie viel und gleichsam übrig haben, im Fall das hochlöbl. Haus solle kommen abzugehen, ertheilen thäten. Er wünsche demselben die Per- petuität und dass der casus nie geschehen möge; es seie der ganzen Christen- heit so viel daran gelegen, dass er gleichsam cum juramento asseverirt, dass er zwar mit Pflichten dem churfürstlichen Haus Brandenburg zu- gethan, auch W'Ohl vorsehe, dass grosse Unheil daraus entstehen würde, wann dasselbe solle abgehen; doch propter bonam universale und aus treuer unterthänigster Devotion gegen E. K. M. würde er ehender des Churfürstlichen als E"". K. M. hochlöblichen Hauses Untergang ver- schmerzen. Der de Lisola als ziemlich religieus hätte das einzige Be- denken bei dieser Proposition wegen der Religion gehabt. Ich wüsste aber, wie L Ch. D. in diesem particulari beschaffen, und wie gnädig sie sich erga catholicos erzeigeten. So könnten auch Mittel gefunden wer- den die Religion allerdings zu versichern, der casus würde hoffentlich nie kommen; unterdessen verbünden sich E. K. M. den Churfürsten strictissimis vinculis und würden grosse beneficia und Vortheile daraus empfangen. Ich habe geantwort, dass mich verwunderte, dass der de Lisola, der von allem so gute Information hat, allein die Difficultät wegen der Religion berührt; er habe ja nit ignoriren können die pacta, welche der Succession halber bei dem hochlöblichen Haus seien; wie nun hierin regi minorenni könne praeiudicirt werden? Er hat replicirt, dass ich mir wohl einbilden künnte, dass infinitae und sehr schwere difficultates vorfallen würden, wann es einmal ad hunc casum des Ab- gangs des hochlöblichen Hauses käme und derowegen sehr vorträglich sein würde, einen mächtigen benachbarten Churfürsten zum Freund und

Anwaltschaft auf österr. Gebiet für dieUohenzollern. DesGoessUrtheil über die Lage. 32Ö

mit intcres.sirt zu haben. Ratione minoreimitatis des Königs in Hispanien hat er gemelt, dass einige unter ihre ministros destwegeu Scrupl gehabt sich in Tractaten mit Spanien einzulassen, als wann man nit gnug dar- bei könnte versichert sein; worauf ich ihrae die Notdurft geantwort. Weiln der Marques de Castel Rodrigo in seine Schreiben an mich von Hypotheken Meldung thut und ich billich besorge, dass man mit dem Geld nit aufkommen möchte, habe ich dem von Schwerin sondirt, ob sie nit sichere hypothecas annehmen und das Geld interim vorschlessen wollten. Er hat geantwort, quoad subsidia müsste baar Geld dar sein, wegen der Recompenz aber, wäre davon zu reden.

Er hat auch hierbei Meldung gethan, ob das Jägerudorfsche Werk occasione dieser Negociation nicht könnte abgethan werden, quasi de restitutione intelligeret. Ich habe mich darbei beklagt, dass, nachdem ich mich so viel in diesem negotio bemühet und alles zu Wegen gebracht, was sie selbsten verlangt, man hernacher auf ihrer Seiten resilirt und gleichsam mit Fleiss eine materiam disgustuum ernähren wollen; dieses wäre vielmehr eine Mittel, dass sie ein guts Stück GeUKs bekommen und ein Theil der Werbungen gegeu gute Assecuration bestreiten künnteu. nie, dem Churfürsten käme allzuschwer an und künnte darzu nit ge- l)racht werden , dass er ein Fürstenthum seines Hauses um ein Stück Geld solle fahren lassen. Der Markgraf wird auf AYunsch des Kurfürsten zu Castel-Rodrigo eilen; bei einer Zusammenkunft, zu der auch Vertreter an- derer Fürsten, welche in eine solche Allianz einzutreten willens seien, einge- laden werden sollen, soll dann die Sache erledigt werden. Ich merke, dass man sucht Zeit zu gewinnen, bis die Sach sich besser maturire und man sehe, was man am einen und andern Ort für Resolution wird nehmen.

Die Berichte Brandts aus London lassen erkennen, dass England energische Antheilname des Kaisers an den Ereignissen wünscht'). Der Baron von Schwerin warnete mich auch, dass nit dienlich, dass der de Lisola allzu fest sich an dem secretario Arlington hielte. Der Grosskanzler") nähme Jalousie darvon; der erste wäre zwar dem König lieb und bei ihm in Faveur, dem Canzler aber nit gleich in Talenten, noch Autorität in dem Guberno und wäre der Canzler auch den Franzosen nit so sehr zu- gethan, als etwa gesagt würde. Auf besonderen "Wunsch des Kurfürsten von Sachsen wird Goess sich zu der zwischen Brandenburg und Sachsen für

') Vergl. Puf. 1. c. X. 28; Klopp 1. c. I. 187 ff. 2) Clarendon.

326 I^'- Krste Mission des Fieihenn Juliann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

den 24. st. v. festgesetzten Zusammenkunft im Kloster Zinna') begeben. Das Bestreben des biesigen Kurfürsten gelit dabin, Sachsen und Frankreicb zu ent- zweien und Johann Georg von der Fortsetzung der mit französischem Gelde begonnenen Rüstungen abzuhalten.

Goess an den Grafen von Lamberg-. l>at. Berlin 22. August

1667. (Copie.)

[Heiratbspläne zwisclien Brandenburg und Oesterreich. Belohnun2' der kurfürstlichen

Minister.] 22. Aug. Bei deme vom Freihcrrn von Schwerin mir gehaltenen Discurs ist

mehrmalen eine Anregung geschehen von einem Heirath zwischen da- hiesigen Churprinzen mit einer aus denen kaiserlichen Prinzessin zu stif- ten, warzu dann, soviel ich vermerke, dies Orts die Inclination täglich sich vermehret. Und dieweiln bei gegenwärtigen Coniuncturen äusserist daran gelegen ist, sich mit dahieigem Churhaus aufs stärkist zu ver- einigen, also mögte ich wünschen, dass I. K. M. allergnädigst geruhen wollten, reiflich zu überlegen, was dies Orts dero Convenienz sein mögte; zumal, dafern dieselbe darfür halten thäten in diesem weiter zu gehen, befinde ich die Sachen dahier dergestalt disponirt, dass man dahier sich W'Citer herauslassen würde, bevorab, weiln der Churfürst ein grosses Ver- langen bezeiget seinen H". Sohn aufs ehist möglichst zu vermählen, sonsten aber, wie gesagt wird, ]. Ch. D. selbsten gedenken mögten, sich wiederum zu verheirathen. . . . Est ist zwar nicht ohne, dass I. Ch. D. 3 Prinzen haben, welches keine geringe circumstantia ist; dagegen aber ist auch der Zeit kein geringes Interesse und Vortheil mit diesem Herrn auf was Weise es sei, sich zu vereinigen, zumalen vorhero die Experieuz gegeben, wie viel derselb der abgeleibten Churfürstin deferirt gehabt. Auch einiges Geld zur Belohnung der kurfürstlichen Minister hält Goess für nothwendig und zweckmässig-.

Maximilian Graf Mansfeld an den Kaiser. Praes. 23. August

1667. (Aut.)

[Unterredung mit dem Kurfürsten bezüglich der niederländischen Angelegenheit und

der Nothwendigkeit Schweden zu gewinnen. Der Kurfürst klagt über die Kenntnis

der Franzosen von allen Verhandlungen zwischen Brandenburg und dem Kaiser. Des

Kurfürsten Aeusserungen zu den polnischen Gestindten. Wolfrad. Stratman.]

23. Aug. Mansfeld hatte Befelil blos zu condoliren; allein Goess machte ihn darauf aufmerksam, dass er so niclit durchkommen werde und instrnirte ilm. In der

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 35: Urk. u. Act. IL 470 f.

Heirathspläne zwischen Oesterreich und Brandenburg. Niederlande. 327

Tliat war des Kurfürsten erste Frage nach x\.ble,<ning der Curialien; ob sich I. K. M. wegen des Nideiländischen unwesen bekümmeren, solchen übel abzuhelffen band anlegen, oder aber sich darein zu mischen nicht ver- langten. Wiewol es dass leztere zu sein vill mit Verwunderung glauben, so könne ehr es doch an seinen ohrt nicht ersinnen, wie I. K. M. ihr Erbland wollen lassen verlohren gehen, darbey es auch vvol noch nit etwan beruhen würde: es sßie ein weit ausssehcnde sach. Mansfeld er- widert, der Kaiser habe in einer so wichtigen Sache nicht leicht sich ent- schliessen können, jetzt aber treffe derselbe alle Massregeln, um das Werk durchzuführen. Der Kaiser habe sich entschlossen 10 000 Mann frisch zu werben und rechne bei seinen Vertheidigungsplänen mit in erster Linie auf den Kurfürsten von Brandenburg. Darüber der Churfürst ein grosse frewd gezeugt, versicherte seine trew und vermainte, wan alle Chur- und t'ürsten des Reichs sich also ihrer pflicht und nutzen erihnereten, würde l'ranckhreich dergleichen Rumor nit machen; Ehr wolle mit P. ]\I. fest halten, so lang es ihme möglich sein wirt; man solle ihm nur solche partie machen, dass ehr etwass mit Ehren bestehen kan; es ist nöttig, dass die geringste zeitt nit versäumet werde, wie wol dass spill vor uns jezt guett seie, aber die franzosen feweren nit mit häufiig geld die Schweden zu gewinnen, die T. iM. vor dissmahl nit können muessig gehen, wiew^olen der Schweden interesse vor dissmahl also beschaffen, dass sie P. M. umb die helll'te und noch weniger als Franckhreich dienen werden. Er frevve sich, dass wir disen zweckh gefunden und wie seine zeittungen melden, denen Schweden zu hamburg hundert und sechzig tausendt Rther. aussgezelet; hete es allzeit wollen vorsagen, wie der Schweden ihr interesse auch möchte beschaffen sein, so würde doch ohne geld dise negotiation niehmals sein zu End kommen. Ich aber entschuldigte mich, dass ich von solcher ausszahlung der gelder zu ham- burg keine nachricht hete, glaube auch nit, dass es geschehen: jedoch der herr basseroda vor P. M. interesse mögligst zu beobachten gnueg- sarae Instruction habe; darauf der Churfürst widerumb vermanete kein zeitt zu versäumen und koste wass es wolle dissmahl die Schweden nit ausszulassen; diss werde alles dass übrige nachziehen: bezeugte grossen unlust wider an seinen hoff Residierenden franzesischen ministrum '), wie auch schlechten nutzen auss des graimonville'') an Wesenheit, weilen der erste alle seine propositiones läugnet, sogar dass der Churfürst ver-

1) Millet.

^) Jacques Brethel de Gremonville; vergl. Recueil des Inst. I. Göff.; Miguet I.e. II. 335 ff.

328 IV. Erste Mission des Fieüieirii Johann von Goess. Jan. 16G5— Mai 1G68.

schw obren iiit mehr ohne protocollanten mit ihm zu reden, und der andere von I"". M. und dero hoff liönisch schreibe, dafon nachricht absonderlich der Niderhindischen hilff wegen auf Perlin kommen, wie auch unglaublich die expeditiones erforsche, dessen ehr sich selbst rühmet in seinen schreiben uacher Perlin an dem M''. Millet, dass ich von P. ]\I. neben den Condoglienz schreiben ein anderes handbriefl'l mitbringe, gantz in geheym, betreffent die Niderländische hilff; Millet wolle sich nur gedulden, künftige post soll ehr unfelbahr de verbo ad verbum dises brieffs und negotiation copiam erhalten. Ich solle diss P. M. hinterbringen , es geschehe ihnen hirdurch unausssprechlicher scha- den. Bezeugte ferner wie hefftig ehr, der Churfürst, von franckhreich solliciert worden umbzutretten und hab Millet sich bey fürsten von An- halt beglagt, ehr möchte doch darob sein, dass wan der Churfürst gleich jezt dem konig aussschlage, so möchte ehr seiner doch etwan ein andere zeitt nötigh haben, wolle also auf's wenigste unterlassen P. M. den kayser aufzuhezen. Verspricht auch ferner mehrgedachter Churfürst zu Praunschweig besseren effectum der Zusammenkunft, als zu Collen geschehen; welches ich alles P. M. gehorsamist vorzutragen und P. D. guette intention zu Rühmen versprochen.

Es befanden sich auch aldort bolnische gesandte von der Republique, gegen denen der Churfürst ober der taffl öffentlich ser hizig geantet, wie dass sein minister noch nit seie zur Audienz gelassen worden'). Er lasse sich nit affrontieren; exagerierte sehr dises unrecht; es seie nur auss befelch des franzesischen ministri"), der schon jezt vermaint herr zu sein, da noch der andere könig die krön auf den köpf hat; wass als- dan sie tuen würden, wan sie den Zepter in banden beten; ermante sie zu Republique freyheit zu beschitzen; könig von Schweden und ehr wollen ihnen vermög der liga^) möglichist beystehen; disen übrigen dis- curs zwar hat ihnen der Churfürst nit mehr öffentlich, sondern nach dem essen in der retirata gehalten und mir ihm neben den baron de goes erzelet, wie auch dass sie zur antwort geben, dass soferne der baisier *) nit mit guetten den hoff" mayde, werde ihm die Republique mit gewalt eiicieren ^). Dise gsandten besuechten baron de goes untl mich; biten umb P. M. Assistenz, so wir ad reft'erendum angenommen.

1) Hoverbeck; vergl. Puf. I.e. X. 68.

2) Bischof Beziers.

^) Gemeint ist der Vertrag vom 22. Jnni 1667.

'') Beziers.

'■) Das geschah denn auch; vergl. Kveijs 1. c. 178.

Bi'aniieubiirg und Polen. Niedeiiande. Jägenidorf. 329

Der schwedische Gesandte Wolfrad versichert die Geneigtheit seines Herrn mit dem Kaiser sich zu einigen. Stratman. der Resident des Neuburgers, empfiehlt die Sache seines Herrn.

Beim Abschiede sagte der Kurfürst zu Mansfeld, man möchte nur bald darzue tuen, ein iede stund seie schad, so man verliehre, da wir sollen feweren und der widerteil operieren; ehr werde allzeit verbleiben trew gehorsamer Churfürst E'". K. M.

Der Kaiser nn Goess. Dat. Wien 25. August 1667. (Conc.)

[Niederländisches Wesen. Jägerndorf. Verhalten bei der Zusammenkunft der Kur- fürsten von Brandenburg und Sachsen.]

Auf sein Schreiben vom 18. Ang. erhält er Befehl in verschiedenen Punkten. 25. Aug. Was nun das niederländische Wesen belanget, wollen wir deiner fernem Relation, was vorgedachtes Markgrafen zu Baden L'^. über gemelter seiner Negociation für resolutiones erlangen wird, mit nächsten gewertig sein; lassen es sonsten annoch in hoc passu bei unserer vorigen dir ertheilteu Instruction gnädigst bewenden, mit dieser Specialerinnerung, dass du bei des Churfiirsten L'^ expresse dich erkundigest, auf den Fall wir einigen Suc- curs in gedachte niederländische Provinzien destinirteu, ob S. ]/. demselben durch ihre Länder den Pass verstatten würden. |: Was aber den sehr gefähr- lichen Vorschlag auf das Fürstenthura Jägerndorf belanget, verwundern wir lins, dass du dich mit dem Pfalz-Neuburgischen ministro') hierüber so ver- treulich eingelassen'), da das Werk selbst redet, mit was für gefährlichen consiliis des Pfalzgrafen L^. hierinfalls umgehe. Gleichwie du nun in der mit demselben pflegenden Correspondenz dich aller Behutsamkeit zu ge- brauchen; also wirst du insonderheit in dem was gedachtes Fürstenthum belangt, dich also zu comportiren haben, damit die Sach in kein gefähr- liches Compromiss gesetzt, sondern in vorigen terminis verbleiben möge :L

Der Zusammenkunft der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg soll Goess unbedingt beiwohnen; der am Dresdener Hofe befindliche Vertreter Oesterreichs, der böhmische Appellationsrath Freiherr von Blum, wird gleich- falls anwesend sein, beide sollen dahin trachten, wie nicht allein die desti- nirte Abschickung des von Burkersrode und Kanne an des Churfürsten zu Mainz sowohl als Königs in Frankreich L. L. ganz revocirt oder doch so lang müglich zurückgehalten werde, sondern auch damit sonsten mehr

') Stratman.

-) Zu diesem Passus bemerkte Leopold eigenhändig: Lieber Walderode! Wann dieser passus ein wenig glimpflicher eingericht werde, wär's wol besser, wann auch der Courier umb etlich Stundt spetter wegh sohlt; dann Ich sorge, der Goessen werde Sehr disconsolirt werden.

33Ö JV. Purste ilission des Freiherrn Joliaiiii von Goess. Jan. lG6ö Mai 1668.

ermeltes (Jhurfiirsten zu Sachsen L''. sich feruer nicht mit der Knni Frankreich intricire ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. September 1667. (Gr.)

[Verbalten des Kurfürsten gegenüber llünster. Klagen desselben über die Fürsten- bergs. Neuburgische Heirath betrefTend. Stimmung der Braunschweiger Fürsten. Mittiieilungen aus Regensburg über Schwedens Verhalten in der Frage der Prorogation der rheinischen Allianz. Unterredungen des Goess mit dem Kurfürsten und des Kur- fürsten mit dem schwedischen llesidenten. ilittheilungen des Scultetus über polnische Verhältnisse. Russischer Gesandte.]

1. Sept. Der Kurfürst spricht sich gegen die von Holland und Braunsclnveig-) ge- plante Unternehmung gegen den Bischof von Münster aus ^). Die scharfe Sprache des letzteren dem Bischöfe von Strassburg^) gegenüber, hat dem Kurfürsten sehr gefallen und liesse derselbe sich gegen mich vernehmen, dass wann der Herr Bischof zu Münster sich zu der guten Party wollte begeben, er demselben redlich mit aller Macht beistehen wolle. Er kann nit leiden, was die von Fürstenberg sich aller Orten unterfangen; hat sich sehr geärgert, als er unlängsten gehört, dass sie von E^ K. M. zum Fiirstenstand erhebt worden^) und mich vielmalen cum aliqua indigna- tione gefragt, ich solle ihme doch sagen, womit sie diese Gnad bei E^ K. M. verdient hätten, oder was dieselbe bewogen für so viel übles, als sie bei aller Gelegenheit deroselbeu thun, ihnen solche Gnad zu erweisen. Wegen des Herzogs von Neuburg und dessen Tochter Heirath haben I. Ch. D. vertreulich mit mir daraus geredt und bekennt, dass sie dest- wegen an dem König in Frankreich geschrieben"), nit dass sie"s gut finden, sondern dem Herzog, der es begehrt, hierin Satisfaction zu geben. Im übrigen misfallt ihnen sehr, dass sich der Herzog soweit an Frank- reich henke. Diese Heirath werde mit keiner guten Intention von den Franzosen vorgeschlagen, seie auch, wann sie geschehen solle, dem Herzog zu seiner Intention mehr hinderlich als vorträglich, beklagte sich, dass der Herzog seine gute cousilia nit folgete man bedaurt doch.

') Yergl. Urk. u. Act. II. 470: Heibig 1. c. 296 f.

-) Ueber die staatisch-braunschweigischen Beziehungen in dieser Zeit Köcher

I. c. II. 5i2l

3) Köcher 1. c. I. .^44; Tücking 1. c. IGl. ■*) Franz Egon von Fürstenberg.

'") 20. März 1667; vergl. Münch, Ernst, Gesch. des Hauses und Landes Fürsten- berg III. 117 ff.

«) Das Schreiben vom 10. Juli 1667 in Urk. und Act. II. 456f.; ilignet 1. c.

II. 280.

Münster. Für.stenberg'. Schweden u. die Prorogation der rheinischen Allianz. Hol

(lass E. K. M. die Gelegenheit verabsäumt, den Herzog durch einige dem Giesen gebende gute Vertröstung von der französischen Party ab- und auf die ihre zu bringen, welches gleichwohl bei diesen Coniuncturen ad dissolvenda lila consilia Rhenana sehr importirlich gewesen wäre.

Nach Berichten Jena's sollen die braunschweigischen Fürsten bei guter Stimmung sein; Blum dürfte dasselbe dem Kaiser gemeldet haben').

Nach Berichten des Mahrenholtz hat Snoilski, SchAvedens Vertreter zu Regensburg. erklärt, die Erfahrung habe gezeigt, dass die rheinische Allianz den Evangelischen mehr Schaden als Nutzen gebracht habe. Sollten aber die an- deren Alliirten die Continuation wollen, so werde er sich nicht ausschliessen; jedenfalls sei es zweckmässig die Entscheidung noch etwas hinaus zu schieben, und die Prorogation, zu der er instruirt sei, zu verzögern-). Ich habe hier- über bei diesem Hof repraesentirt; 1°. dass diese rheinische Allianz nun- mehr allbereit expirirt; 2°. dass die Renovation derselben bei dem von Frankreich angefangenen Krieg viel bedenklicher als vorhin fallen müsste, zumalen einige der Alliirten dieselbe soweit extendiren wollen, dass man auch vi huius foederis dem König in Frankreich wider die Nieder- landen zu assistiren; 3°. dass man in Schweden erkennt, dass dieses foedus dem evangelischen Wesen mehr Schaden als Nutzen gebracht hätte; 4". dass man darin anders nit consentirt, als weiln man prae- supponirt, dass die andere Alliirte alle hierin schon eins und Schweden sich nit allein separiren wolle; 5". dass der schwedische Gesandte Ordre hat di concerto mit der churbrandenburgischen Gesandtschaft zu gehen; weiln dann weder I. Ch. D. noch auch das Haus Braunschvveig gut noch rathsam finden diese Allianz zu prorogiren, als habe man nit zu zweiflen, dass Schweden nach eingenommeneu rechten Bericht sich mit ihnen conformiren werde. . . . Dem schwedischen Residenten Wolfrad erklärt der Kurfürst, es käme deroselben diese in Schweden genommene Resolution fremd vor, Schweden hätte sie bis dato animirt und angefrischt in keiner fernere Prorogation dieses foederis einzuwilligen und nun, da sie sich hier- auf verlassen und ihre consilia darnach angestellt, wollte man sie in Stich lassen; sie kannten und wollten sich zu dieser Prorogation nit verstehen.

Scultetus*), früher des Hoverbeck Secretär, berichtet dem Goess über seine im Auftrage des Kurfürsten unternommene Reise, um den Grosskanzler von Polen ^) mit dem Palatiu von Posen auszusöhnen.

') Für die Haltung Braunschweigs in dieser Zeit Köcher 1. c. 544 ff.

Vergl. das Schreiben des Mahrenholtz d.d. Regensburg 9./19. Aug. 1GG7;

Urk. u. Act. XI. 474f.

3) Scultetus V. ünfried vergl. Isaacsohn 1. c. II. 260.

•*) Johann Leszcynski.

332 IV. Erste Mission des Fieiliemi Johann von Goess. Jan. ITiGö Mai ITiGS.

Der anwesende russische Gesandte meldet die Beunrnliigung. welche Frank- reichs Vorgehen in Polen bei den Russen verursache und fordert den Kur- fürsten zur Herstellung eines dauernden Friedens zwischen Russland und Polen auf). In einem P. S. bestätigt Goess den P^mpfang der Weisungvom 25. August und bittet nm fernere speciellere Instruction, was er aufbieten könne, um Sachsen von Frankreich zu trennen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Sept. 1667. (Or.)

[Stratman.]

Sept. Empfiehlt Stratman dem Kaiser für den kaiserlichen Dienst, in welchen

einzutreten Stratman bereit ist, insbesondere mit Rücksicht auf das Alter und den schlechten Gesundheitszustand Friquets, den zu ersetzen Stratman besonders geeignet sei. Der. Strutmaü ist gebürtig von Cleve, sein Vater ist ein 84jähriger Mann, vir antiqui moris et probitatis, der in seiner Zeit dieses Churfürsten und des alten Herzog von Neuburg-') Rath gewesen, seind Leut pro ordine illo von guten Mitteln. Er hat wohl gestudirt und cum laude gradum licenciatus in der Universität zu Löwen genommen, hat auch gute praxin in iure, hat die deutsche, niederländische und fran- zösische Sprach, hat ziemlich gereist; ist ungefähr 30 Jahren alt; in publicis hat er gute Erfahrung, wie er's dann dahie bei seiner Negocia- tion erwiesen; guts juditium, gratiam et modum in tractaudo, Discretion und Bescheidenheit, dardurch er sich bei hohen und nieder Standsper- sonen beliebt gemacht; in genere morura: Conscienz, Pietät und Probität, keine Laster, kein Geldinteresse, noch sordes, welche auch die gute Qualitäten, sonderlich in solcher Profession, inutil und auch schädlich machen; hat Weib und Kinder und ist die ganze familia boni ordinis et existimationis. . . .

Der Kaiser an Goess.' Dat. Wien 3. Sept. 1667. (Conc.)

[Massregeln bezüglich Sachsens. Nothwendigiieit des Abschlusses der Verträge. Frage des Passes für kaiserliche Truppen durch kurfürstliches Gebiet.]

3. Sept. Goess soll trachten Sachsen und Frankreich zu entzweien, dem Kurfürsten

von Brandenburg die Gefahr bei Verzögerung der vorhabenden Tractate vor- stellen und ihn ersuchen den Schluss in Berhn, oder in London oder Stock-

1) Vergl. Urk. u. Act. II. 471, 476; Puf. 1. c. X. Gl.

2) Wolfgang Philipp.

Stratman. Sachsen Zusamraeukunft zu Zinna. ooo

holm, wo Vertreter der verschiedenen Mächte anwesend seien, vorzunehmen '). unterdessen aber alle Vorkehrungen zu treffen, um im nächsten Frühjahre zum Kampfe schreiten zu können. . . . Und gleich wie du benebenst des Chur- fürsten L''^". wohl versicheren kannst, dass wir auch unsers Theils uns in gute Postur zu setzen nicht unterlassen, also wirst du auch unseren vorigen Befelchen nach nicht ermanglen dich zu erkundigen und uns mit nechsten zu berichten, ob 1.1/'^°. auf den Fall, da wir einigen Succurs nacher den Niederlanden abgehen lassen wollten, sie denenselbeii durch ihre Länder den sichern Pass verstatten werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Kloster Zinna 7. Sept. 1667. (Or.)

[Zusammenkunft der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg. Millet's Benehmen

daselbst. Erklärungen des Kurfürsten von Sachsen. Verhandlungen über ein Bündnis.

Forderungen an Goess. Friesen.]

Da der französische Gesandte Millet erklärt, wenn Goess sich nach Zinna 7. Sept. begebe, dahin zu folgen, bleibt Goess, als der Kurfürst Berlin verlässt, zurück und fährt erst später ab. Millet, der ihn beaufsichtigen lässt, erfährt davon, und reist nach. Goess beklagt sich über dieses Vorgehen; am anderen Tage verlässt Millet das Kloster, nachdem er den Fiirwitz mit einem guten Rausch gebüsst "). ... Chur-Sachsen hat gegen den Canzler Stein ^) gemelt, er wäre ihm in"s Zimmer gefallen, wie eine wilde Sau. Seine Proposition bei demselben, wie ich höre, seie gewesen, dass er nit hoffen wollte, dass diese meine Negociation etwas praeiudicirliches wider seines Königs Dienste auswirken werde; bei dem Churfürsten zu Brandenburg hat er repetirt, dass er darum herauskommen wäre, weiln ich heraus kommen. Blum ist nicht hiehergekommen, sondern in Jüterbogk, V2 Meile von hier, ab- gestiegen. Goess wird vom Kurfürsten von Sachsen sehr freundlich aufgenom- men; der Kurfürst sagt ihm, dass sie bei deroselben (dem Kaiser) und bei dem Reich allzeit thun werden, was einem ehrlichen, aufrechten Chur- fürsten gebührt; seine Allianz mit Frankreich*) würde mit Unfug von

^) Es handelte sich um den Abschluss des Bündnisses gegen Frankreich: vergl. für die damaligen Verhältnisse Droysen 1. c. III.;; 206 ff.; Lefevre-Pontalis 1. c. I. 435ff.; Klopp 1. c. I. 193 ff.: Mignet 1. c. II. a. v. 0.

2) Vergl. Urk. u. Act. II. 471 f.

^) Carl Stein, Vertreter des Markgrafen von Balreuth.

*) Das Bündnis war am 2./12. April 1664 zunächst auf 4 .Jahre geschlossen worden; abgedruckt mit falschem Datum bei Dumont I.e. VI. 3 7ff. ; später wurden Zusätze gemacht und die Dauer des Vertrages für ewige Zeiten ausgesprochen ; vergl. Heibig 1. c. 293 ff.; Auerbach 1. c. 200ff.

334 1^- Hii^te Mission des Freiiieriii .loiiann vou Goess. Jan. Kißö Mai l(i68.

einigen bei E'. K. M. übel ausgedeut, dieselbe hielte nichts in sich, als was ohnedas das instrumentum pacis vermöge, . . . Goess sucht ilira die Notlnveiidigkeit energisch gegen Frankreich vorzugehen nachzuweisen, bemerkt aber, dass man starke Mittel werde anwenden müssen, um Sachsen zu ge- winnen ').

Der Churfürst vou Brandenburg hatte des Tags zuvor weitläufig und vertreulich mit Chursachsen gesprochen: unter andern auch dieses gemelt, dass er leicht gedenken kiiunte, dass, wann er sich ferner mit Frankreich vertiefen sollte, dahin deutend, wann Werbungen mit fran- zösischen Geld wollten angestellt werden, dass weder E. K. M. noch S. Ch. D. diesen in der Nähe nit zu sehen könnten, sondern auf ihre Sicherheit miissten gedacht sein. Als ich nun deroselben referirt, wie es mit meiner Audienz abgangen und der Baron von Schwerin darzu kommen, hat man befunden, dass man etwas näher zusammentreten und eine Conferenz zwischen den Ministren zu halten, darbei ich gemerkt, dass man beiderseits dahin gangen, dass man einer des andern Theils Gedanken vernehmen und also sehr behutsam gehen wollen, welches zwar bei so gestalten Dingen wohl von Nöten, Ich habe doch 1. Ch. D. zu Brandenburg darbei erinnert, dass es nöthig sein würde, wolle man änderst Nutzen von dieser Zusammenkunft haben, sich gegen einander in guten deutschen Vertrauen etwas besser zu expectoriren und die con- silia zusammenzutragen. Man hat unserseits zuförderist das Absehen dahin gehabt, dass Chursachsen seine Abgeschickte nach Frankreich'^) möchte revociren, oder doch unterwegs lassen eine Zeit subsistiren; von der französischen Allianz denselben also stracks abzubringen, oder sich sonsten mit uns einzulassen, vermeinete der Schwerin, dass es nit zu erhalten sein würde, man müsste sich coutentiren, wann der Churfürst nichts für Frankreich, weder auch nichts wider uns thäte. Ich bin der Meinung gewesen, dass, wie des Churfürsten Gedanken und cousilia giengen, dieses solchergestalt nit würde zu erhalten sein: ob nit etwa rathsamer sein möchte den Churfürsten durch eine Allianz mit uns, von derjenigen, so er mit Frankreich hat, indirecte zu abstrahiren; zumalen nit zu verhoffen, dass dieser Herr, welcher vermeint, dass es wider seine Reputation wäre, derselben directe und also platt renuuciiren solle. Bei der Conferenz, die darauf zwischen Schwerni einer-, Friesen und Rams- dorf anderseits gehalten wird, bringt Schwerin vor, wie nothwendig es sei, sich

') Vergl. für diese Zusammenkimft Heibig 1. c. 299; Puf. 1. c. X. 35; insbesondere aber Auerbach 1. c. 264 ff.

-) Burkersrode und Kanne,

Verhnndhmsjeii zu Zinna. 335

gesren Frankreich zu einigen und wie unangenehm es den Kurfürsten von Bran- denburg berühre, dass in dem sächsisch-französischen Bündnisse Artikel ent- halten seien, nach welchen der König von Frankreich den Kurfürsten von Sachsen in seine Protection nimmt was der Würde Sachsens nicht entspreche und dass der Kurfürst von Sachsen widerum versprochen habe, hei den Ver- handlungen über Allianzen nur Räthe zu gebrauchen, die Frankreich genehm sein W'erden. Auch klagt Schwerin über die Sendung sächsischer Räthe nach Frank- reich. Die sächsischen Räthe nehmen die Sache ad referendum. Da aber der Kurfürst fürchtet, wenn man nicht energiscii vorgehe und ad specialia schreite, nichts zu erreichen, hat er den sächsischen Ministern folgende Vorschläge ge- macht: P. Burkersrode und Kanne, die nach Frankreich gesendet worden, er- halten Befehl, dort, wo sie von dieser "Weisung Kenntnis erhalten, zu bleiben, bis die braudenburgischen Räthe sie treffen, die gleichfalls die Interposition anbieten werden. 2". Beide Kurfürsten bemühen sich den Waffenstillstand zu befördern und w^erden Ludwig XIV^. antragen, ihm zu dem, was ihm recht- mässig zukomme, zu verhelfen, zugleich aber andeuten, dass die Fürsten des Reiches nicht zusehen könnten, dass Frankreich in den Ausschreitungen fort- fahre. 3°. Beide Kurfürsten Avollen ein Bündnis zur Wahrung des Reichsfrie- dens errichten und darauf achten, dass dem Reiche nichts entzogen werde. Sachsen erwidert ad I: die Gesandten zurückzurufen werde zu spät sein; ad II wünscht Sachsen die Auslassung des Passus „dass Chur- und Fürsten nit zu- sehen könnten, dass mit diesem Werk also fortSefahren würde"; ad III meldete Friesen, dass die Clausel. dass man nicht gedulden wolle, dass dem Rniche etwas entzogen werde, womit tacite die Niederlande gemeint wären, erst dann einzufügen sei, wenn das Bündnis bereits völlig formirt worden. Es ist gniig zu vermerken, dass man chursächsischer Seiten abhorrire von allein, was sie im Krieg mit impliciren möchte. Der Churfürst meldete gegen mich in Beisein des Clmrfürsten zu Brandenburg, dass sich das Reich in keine fremde Händel zu impliciren; ich gäbe aber zu verstehen, dass unsere eigene Glieder weder dem corpori noch den Gliedern unter sich für fremd gehalten werden müssten.

Goess hat doch darauf geachtet, dass dem Burkersrode und dem Kanne der Befehl nachgesendet werde; er hofft auch, dass sie die Weisung noch recht- zeitig erhalten werden.

Ob nun zwar nit ein grosses mit diesen also eingerichten punctis gericht, so bin ich doch der Meinung gewesen, dass sie in alle Weg von beiden Churfürsten sollen verfertigt und unterschrieben werden, wie geschehen'); damit es nit das Ansehen habe, als scheidete man unver-

0 Zwischen beiderseits ehurfürstliehen Durchleuchtigkeiten zu Sachsen und Brandeburg ist bei jetziger Anwesenheit folgends beliebt und beschlossen worden:

I. Erstlicheu wollen S. Ch. D. zu Sachsen dero nach Frankreich destinirten Ge- sandten Befehl thun, dass, wo selbiger sich aunoch zu Köln am Rhein, oder der Oerter

B36 IV. Erste Mission des Freihemi Johann von Goess. Jan. 10(55 Mai 1668.

richter Sache von einander und dann damit fernere Tractaten veranlasst werden, sonderlicli aber, weiln ich weiss, dass der Churfiirst zu .Sachsen seine Handsclirift sehr religiöse sucht zu beobachten, massen er circa foedus gallicum immerzu pflegt zu melden, dass der König seine Hand- schrift, welche er nit in Stich lassen könne, in Händen habe. Derowegen ist nit ohne also zu handien, nit als muthete man S"". Ch. D. zu etwas den gepflogenen Tractaten zuwider zu thun, sondern dass deroselben unverwehrt bleibe auch mit andern, sonderlich mit dero Oberhaupt und mit Churfürsten und anderen Fürsten ferner nach dero Belieben und Gelegenheit zu tractiren. So ist auch nit zu zweiflen, dass von dieser Negociation all mehr werd praesumirt werden, als in sich Selbsten daran ist, so die wohl intentionirte animiren, die andere aber zurückhalten werd. Eine Inconvenienz möchte darbei zu besorgen sein, dass Frank- reich hieraus nit etwa bewogen werde, dem Churfürsten mehr Geld zu geben, als sie sonsten nit gethan hätten, obwohl auf die andere Seiten sie auch mehr möchten darmit an sich halten aus Beisorg, dass sie das Geld nit etwa umsonst ausgeben dörften, welches der König, wie der Millet hier selbsten sagt, nit pflegt zu thun.

Als man de foedere ineundo gedacht, ist mau alsobald von beiden Seiten an mich kommen und von mir zu wissen begehrt, wessen ich hierzu instruirt wäre und habe ich gnus;sam merken können, dass man praesupponirt, dass ich sine plenipotentia nit daherkommen seie und zwar

antreffen würde, daselbst solang zu gubsistiren, bis S. Ch. D. zu Brandeburg auch die ihrige mitschicken und die Interposition ofFeriren lassen könnten.

II. Zum änderten erbieten sich beiderseits Ch. D^n. anfänglich den Stillstand der Waffen zu befördern und darbei Frankreich zu ofFeriren, ihm, warzu es mit Recht befugt, zu verhelfen.

III. Und damit drittens beiderseits Ch. D^". die ietzige Gefahr desto besser ab- wenden und selbst destwegen keine Widerwertigkeiteu zu besorgen haben mögen, so wollen sie unter sich eine Biindnus aufrichten, dessen Zweck fürnehmlich sein solle, die Beobachtung des instrumeuti pacis, die Erhaltung der chur- und fürstlichen Frei- heit und Sicherheit, auch sonderlich, dass das heil. röra. Reich bei seiner löbl. Har- monie, Integrität und Verfassung, auch dessen Glieder bei Dignität und Würde con- servirt werden möchte, welche Bündnus ehistens in extensa forma aufgesetzt, mit Chursachsen Projectsweis vertreulich communicirt und dero wohlmeinenden Erinnerungen darbei zu thun und allerdings fi'eigelasseu werden sollen.

Wann nun von beiderseits Ch. D«". die Conditionen und Puncten allenthalben richtig gemacht, so soll der Rom. K. M., Krön Schweden und dem fürstl. Hause Braunschweig, wie auch andern mehr, so solche Intention haben und des heil. rö:n. Reiches Consistenz und Ruhestand erhalten helfen wollen , mit darzu zu treten frei und offen gelassen werden. Signatura zu Zinna 26. Aug. 1667 (Copie). Yergl. Auer- bach 1. c. 28G Anm.

Verhaudlungeii im Kloster Zinna. 337

dahin, dass ich dem Churfürsten von Sachsen eine summa Gelds zu offeriren, entweder sich in Postur zu setzen dem foederi gemäss, oder doch ihn von Frankreich ab- und auf unserer Seiten zu bringen; wie ich dann bericht worden, dass der Churfürst von Sachsen so sehr nach mich verlangt, dass, wann ich länger ausblieben, man mir einen Courier geschickt hätte. Der von Schwerin und der von Friesen seind beide auch destwegen an mich gewesen und inständig hierzu, als ohne dem nichts geschehen künnte, adhortirt. Der Baireuth'sche Canzler Stein, welcher bei diesem ganzen Werk gute Intention zeigt und sich auch bei der Zusammenkunft befunden, liat mir persuadiren w'ollen, ich möchte doch nur etwas versprechen, wann ich's auch nit in Befelch hätte, er wiisste gewiss, dass E. K. M. mich nit würde stecken lassen. . . .

Der Churfürst selbst, als man Montag Abends stark getrunken und ich ihn in sein Gemach begleitet, hat mich noch eine Zeit aufgehalten und im starken Rausch und unter vielen Contestationen seiner treuen Devotion gegen E. K. M. etlichemalen repetirt; ich solle machen, dass er 100 000 Ducaten von E''. K. M. bekäme; er würde deroselben solche Dienste leisten und sich in solchem Stand setzen, dass er dieselbe bei der kaiserliche Krön, welche er ihro hätte helfen auf'm Kopf setzen, auch treulich würde helfen manuteniren. Dieses aber hätte ich niemand zu sagen, auch seinem Oberkämmerling') nit. Ich habe aber nit be- funden, dass ich aus meiner Instruction zu schreiten und zwar um so viel weniger, weiln ich bei E^ K. M. hierüber unterthänigste Nachfrag gethan und dieselbe nit gut befunden, mir hierauf etwas ferners zu be- fehlen,

Goess bittet um Instruction in diesem Punkte. Der Kurfürst von Branden- burg und seine Minister haben sich die redlichste Mühe gegeben, Sachsen zu gewinnen und verdienen den Dank des Kaisers.

Friesen zeigt sich sehr kaiserfreundlich; es wäre zu wünschen, dass er beim Kurfürsten von Sachsen das alte Vertrauen gewänne. Friesen sagt, das Gemüth des Kurfürsten von Sachsen sei für den Kaiser, man möge nur seine W^ünsche erfüllen und ihm die gehörige Achtung erweisen. Insbesondere in der Jülich'- schen Angelegenheit möge man die Forderungen Sachsens berücksichtigen -).... AValdeck kommt nach BerUn; das gibt die Möglichkeit mit den Braunschweiger Fürsten zu verhandehi.

^) Wolframsdoif.

-) Vergl. Heibig 1. c. 299.

Mater, z, Gesch. d. G. Kurlüi-steu. XIV. 22

338 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Sept. 1667. (Or.)

[Bemühungen Jodoci's den Kurfiärsten für den Plan der Mediation zu gewinnen. Er- klärungen des Kurfürsten und des Goess in dieser Sache. Plan des Kurfürsten eine Kurfiirstencouveution zu berufen. Abreise Jodoci's. Unterredung desselben mit Goess. Schwedens Verhalten bezüglich der Prorogation der rheinischen Allianz.]

16. Sept. Des Mainzer Kurfürsten Vertreter Jodoci, der in Frankreich und Brüssel

gewesen, ist Melier gekommen und hat den Kurfürsten für den Plan der Media- tion zu geAvinnen gesucht. Der Kurfürst stimmt bei, sagt aber, dass zur Me- diation mehr Indifferenz und Impartialität erfordert würde, als die bis dato am Rhein geführte consilia und gegebene resolutiones, sonderlich wegen der Durchzüge, nit zeigeteu. Dasselbe nur in schärferer Art hält auch Goess dem Jodoci vor; insbesondere auch das Interesse, welches das Reich an der Erhaltung des burgundischen Kreises habe. Ich bin der Meinung, dass man am Rhein in den bishcro geführten consiliis etwas vacillire, weiln man leicht sehen kann, wo es darmit hinaus will; sonderlich aber, weiln man wahrnimmt, dass man dieser Orten andere consilia führe und etwa besorgt, dass eine solche Party da möchte gemacht werden, der die ihrige nit bastant sein würden. Habe derowegen I. Ch. D. gebeten, sie möchten gegen dem Jodoci um soviel mehr Resolution verspüren lassen, welches auch allziemlich geschehen. Den vom Kurfürsten von Brandenburg vorgebrachten Vorschlag, eine Versammlung aller Kurfürsten betreffs der gegen Frankreichs Vorgehen zu ergreifenden Massregeln zusammen- zurufen, billigt Goess mit Rücksicht auf die zu gewärtigende Jalousie der Fürsten und der übrigen Stände nicht. Auch von einer Zusammenkunft zwischen dem Brandenburger und Mainzer zu Erfurt ist gesprochen worden. Den 14. dieses

ist der Jodoci von hier widerum nach Mainz abgereist. Ich habe ihn noch selbigen Tag gesprochen und hat er sich gänzlich der Meinung zu sein gezeigt, dass zuförderist aller Fleiss anzuwenden, damit durch interpo- nirender Mediation der Fried erfolge, darbei aber man sich in solcher Verfassung zu setzen, dass man in quemcunque casum parat seie, nit läugnend, dass dieses auch ad tractatus ipsos viel coutribuireu künnte, wann man in guter Postur stünde und gute Resolution verspüren Messe, quod vanum esset sine armis, ut sunt vanae sine viribus irae '). Dem Basserode hat Goess Mittheilung gemacht, dass Brandenburg fest entschlossen sei gegen die Erneuerung der rheinischen Allianz aufzutreten, dass also des Snoilski") Behauptung, als folge Schweden bei dem Entschlüsse in die Er- neuerung zu willigen nur dem Beispiele Brandenburgs, unrichtig sei.

') Vergl. ürk. u. Act. II. 475.

-) Schwedischer Gesandter in Regensburg; vergl. ürk. u. Act. XI. 477.

Jodoci's Aufenthalt in Berlin. Sächsiscli-brandenburgische Beziehungen. 339

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 16. Sept. 1667. (Conc.)

[Billigung des Verhaltens Goess' gegenüber Sachsen. Gesandtschaft Sachsens nach Paris betreffend. Sächsisch -brandenburgische Allianz. Vorsicht im Verkehre mit

Castel-Rodrigo.]

Der Kaiser billigt, dass du in Beobachtimg der fast unerschwing- IG. Sept. liehen und bei diesen gefährlichen Coniuncturen noch immer zuwachsen- den Ausgaben unserer Hofkammer, dich über vorgedachte summa Gelds mit des Churfürsteu zu Sachsen L*^^". ferner nicht eingelassen hast. Der Kaiser hofft auch, dass die von dem Kurfürsten von Brandenburg mit Sachsen eingegangene Abrede, dass des letzteren Gesandtschaft nach Frankreich ') solange verzögert werden solle, bis der Brandenburger auch seine Gesandte dahin abordne, dahin gemeint sei, dass dieselbe dadurch überhaupt unterlassen werde; denn sonst wäre die Sache ja noch viel schlechter. Die Allianz zwischen Brandenburg und Sachsen möge Goess befördern, aber darauf sehen, dass wir als des heil. Reiches Oberhaupt nicht nur per accessum in die- selbe admittirt, sondern principaliter darinnen begriffen.... Ferner haben wir dich zu erinneren eine Notdurft erachtet, dass gleich wie du daran wohl gethan, dass du dem Marques de Castel Rodrigo des Churfiirsten zu Brandenburg L''*°. Eventualerklärung wegen Passirung der Succursen durch dero Landen nicht ihres ganzen Inhalts, sondern verdeckter und in terminis ambiguis wuderantwortlich wissen lassen, also auch forthin in dergleichen mit demselben um so viel behutsamer umgehest, je mehr zu besorgen, dass derselbe durch Vorzeigung dergleichen Schreiben uns sogar vor der Zeit und ehe wir anderer Fürsten und Stände des Reichs gnugsam versichert, in das niederländische Wesen mit einzuzwingen trachten möchte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Sept. 1667. (Or.)

[Unterredungen des Goess mit Waldeck. Dessen Erklärungen. Klagen über schlechtes

Bewahren der Geheimnisse am kaiserlichen Hofe. Sein Urtheil über Schweden.

Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die Lage. Urtheil des Goess über

die Haltung Brandenburgs. Rathschläge.]

Auf des Kurfürsten Wunsch hat Goess mit AValdeck öfters gesprochen -). 23. Sept. Waldeck versichert ^\^ederholt seine gute Gesinnung, für welche auch der Kur- fürst einzustehen sich bereit erklärt. Waldeck ist demnach kommen auf

^) Burkersrode und Oberst Kanne; vergl. Heibig 1. c. 298. ^) Vergl. für Waldeck's Aufenthalt in Berlin; Köcher 1. c. 545; Rauchbar-Curtze, Graf Waldeck I. •256f.; Urk. u. Act. IL 478f.

22*

340 I^'- Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

des Königs in Frankreich führende grosse diseigni, um welche er all ziemlich viel weiss, auf dem Krieg in Niederland, auf die consilia bei Rhein, auf dem gegenwärtigen Zustand im Reich und benachbarten Lan- den und hat geschlossen, dass wo je vorhin, diesmalen die Freiheit unsers Vaterlandes deutscher Nation periclitire; man möge von ihm judiciren, was man wolle, aber er wolle lieber todt sein, als diejenige Libertät, welche er von seinen Voreltern ererbt, verlieren und unterm französischen Joch, welches er wohl kennete, leben.

Im weiteren Verlaufe des Gespräches betont Waldeck die gute Gesinnung der braunschweigischen Fürsten, in deren Dienste er sich befinde '). Bezüglich der Holländer äusserte sich Waldeck: Die Plolländer wären vor andere jaloux über die französischen Progressen in Niederland; sie hätten aber so starke reflexioues auf Frankreich, dass sie schwerlich zu etwas zu bringen, dardurch sie selbigen König directe choquirten, dero\Vegen schlügen sie und sonderlich der Pensionarius de Witt andere Mittel vor, dardurch sie per indirectum zu ihrem Intent gelangen könnten und wäre dieses: Der Herr Bischof von Münster armirete in favorem Frankreich dem clevi- schen Tractat zuwider, dessen E. K. M. Garant wären. Denselben sollen dieselbe dehortiren; wann er nit parirete, dem Churfürsten von Brandenburg und dem Haus Braunschweig commissionem ad exequendum auftragen; die Holländer wären ihrer Seiten fertig darzu; nähme sich nun Frankreich um dem Bischof an, so würde man einen casum foederis daraus machen und wäre der Weg zur Action gefunden. Ich replicirte, die Sach gienge erstlich einen Geistlichen an und dann hörete man nit mehr so viel von des Bischofs Werbungen; so Hesse er sich auch noch also an, dass nit alle Hoffnung verloren ihn herbeizubringen, darzu die Coadiutoriestrittigkeiten vielleicht auch helfen würden; iusinuando die grosse beneficia, so uns dardurch zuwachsen würden; welches er gern zugestanden, und was die Geistlichkeit angieng, müsste er lassen dahin gestellt sein, wie weit E. K. M. dieselbe zu consideriren ; was aber seine Werbungen angienge, wäre er gewiss, dass er 8000 Mann auf die Bein hätte und mit allerlei Inventionen andere irr zu machen Anstalt machete zu raehrern. . . . Als ich ihn gefragt, indem dieser Vorschlag etwa Diffi- cultäten haben möchte, wie er vermeinete, dass sonsten das Werk an- zugreifen wäre, ob nit die Holländer für sich dem Herrn Bischof seine Werbungen einstellen möchten, hat er darfür gehalten, dass mau (es) keines-

') Ueber Waldeck's Einfluss am braunschweigischen Hofe; Köcher I.e. 1.411 ff. u.a. 0.; über die Haltung der Hraunschweiger in'dieser Zeit ebendaselbst 545 ff.

Erklärungen Waldeck's üb. die Lage u. üb. die vom Kaiser zu beobachtende Haltung. 341

wegs darzu kommen zu lassen. Es wäre nit jedermann bekannt, was an dem westphälischen Kreis und sonderlich an das Bisthum Münster gelegen; wann die Holländer einen festen Fuss darin kriegen sollten, würde sie kein Mensch mehr daraus bringen können und würde der ganze Kreis in grosser Subjection gesetzt; derowegen wäre es bei dem vorigen Krieg für alle Ding festgestellt, dass man den Holländern in dem Stift Münster nit einen Fuss Erde zu lassen. Da ich nacher von einer guten Party unter uns zu macheu einen Anwurf gethan, hat er geant- wort, dass alsobald die Herrn Herzogen subsidia hierzu begehreu würden, die ich aber vermeint, dass mau's bei Holland zu suchen; sowohl Spanien als wir würden sonsten mit uns selbsten gnug zu thun haben. Seiner Meinung nach, wann man den Degen solle ausziehen müssen, habe man's mit der Resolution zu thun, denselben nit wiederum einzu- stecken, man habe dann sich und das Reich in solchem Stand gesetzt, dass man nit alle Tag und bei allen sich erregenden Occasionen neue insultus und Ueberfallungen von Frankreich zu gewarten; darin mich gedünkt, dass er nit Unrecht hat. . . . Waldeck klagt, dass am kaiserlichen Hofe das Geheimnis nicht gewahrt werde. Ich kann E. K. M. nit aus- sprechen, was für grossen Schaden dero kaiserliche Dienste wegen dieser fast universal Opinion, dass kein secretum bei uns seie, leiden ..., wann unser einer für sich so viel Credit erworben, dass man ihme wohl etwas vertrauen möchte, so halt man doch zurück, weiln man praesupponirt, dass man's nach E''. K. M. Hof berichte und denen, welchen die Sachen angeht, nit verhalten bleibe. Waldeck betont dann die Nothwendigkeit ernster Verhandlungen seitens des Kaisers. Blum und Sinzendorf hätten ganz ungenügende Vollmachten gehabt'). Schweden, glaubt Waldeck, wird sich nicht in einen Krieg einlassen, solange der König minorenn ist; die geistlichen Kur- fürsten sind, wie er glaubt, der Ansicht, sie könnten allein Frankreich keinen Widerstand leisten und es sei daher besser in den Verlust eines Theiles der Niederlande zu willigen; für sich hoffen sie in diesem Falle Gebietsschonung. Waldeck ersucht den Goess, den Kaiser zu bitten, die Verhandlungen so führen zu lassen, dass er Waldeck keinen Schaden erleide.

In einem zweiten Schreiben vom selben Tage meldet Goess, dass er im Sinne der Weisung vom 3. Sept. mit dem Kurfürsten gesprochen habe. Ueber die Erfolge des Markgrafen von Baden sind noch keine JS'acbrichten eingelangt. London oder Stockholm vorzuschlagen hält Goess für unzweckmässig, weil in London gegenwärtig kein Vertreter Brandenburgs, in Stockholm kein Vertreter Spaniens anwesend ist. Als ich P. Ch. D. kurz vor dero Abreis gesagt,

') Ueber Sinzendorfs Verhandlungen mit den Braunschweigern Köcher 1. c. I, 539, 558 f.

342 I\'- E'"ste Mission des Freiherrii Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668,

dass man auf E''. K. M. Seiten ernstlich darziithäte, sich in guter Postur zu setzen, haben sie mir geantwort, dass wir nit einen Mann geworben und können E. K. M. gnädigst gedenken, dass Werbungen und Recruten solche Ding seind, welche nicht in occulto geschehen. Darzu ist man dahie so wohl informirt, dass nit allein dergleichen, sondern auch, was arca- niora und ich selbsten vielmalen nit weiss, ihnen unverborgen. Meine unterthänigste Schuldigkeit ist, demjenigen nachzukommen, was mir E. K. M. gnädigst befehlen. Ich hielte doch dafür, wann die fernere Verfassung um erhebliche rationes noch etwas zu verschieben, dass es dienlich sein möchte, die gute Confidenz in dem Churfürsten zu setzen und denselben, insoweit sich's thun lässt, dero hierbei führende Intention ÄU vertrauen; dieses würde obligiren, das andere thut einmal keinen guten Effect. Ich kann nicht änderst spüren, ... als dass dieser Chur- fiirst für sich gute Intention und Gedanken habe; auch sich bemühe andere zu dergleichen zu disponiren; meines Erachtens aber würde man sehr irren, wollte auch nit gern, dass E. K. M. dero consilia darnach richteten, wann man inteudirte oder hoftete den Churfürsten zu einiger Action, die Niederlanden zu securiren, zu bringen, es sei dann mit E^ K. M. zuförderist und dann mit anderen eine solche Party gemacht, dass er glauben könne gnugsam darbei gesichert zu sein, und wann auch von spanischer Seiten das Geld nach Verlangen erfolgen sollte, mit welchem es doch all schwerer hergehen möchte, als der Markgraf nit vermeint, so werd es danuoch allzeit auf diese Party ankommen; auf was man sich dahie heraus gelassen, auch in eum casum, da die Krön Schweden weder zu Mitbeitretung, noch zur Neutralität zu bewegen, hat man sich meines Ermessens nit zu verlassen; wann aber eine gute und starke Party gemacht wäre, hat man zu glauben, dass sich alsdann, das Werk zu Regensburg schon finden würde. Bei allem dem Eifer, den man hier zeigt, vermerke ich dannoch wohl, dass man sich nit also mit uns impegnire, dass man bis dato nit allzeit freie Hand behalte, die consilia, nachdem es die Coniuncturen erforderen möchten, zu ver- änderen; derowegen man dann unsere andamenti überaus fleissig obser- virt und alle Schritt in Acht nimmt. Millet ist attent, andere feiern auch nit und werd man sich um so viel mehr bewerben den Churfürsten zu gewinnen, je mehr man erkennt, dass er bei der Sachen thun kann und je grössere Adhaerenz er hat; derowegen man unsersseits desto fleissiger zu invigiliien und so viel möglich allen Scrupl und Anstand zu benehmen.

Des Kurfürsten ürtheil über des Kaisers Haltung. Das Reich u. der burgund. Kreis. 343

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 24. Sept. 1667. (Conc.)

[Frage der Haltung des Reiches bezüglich des burgundischen Kreises.]

In welcher Weise Gravel '), der französische Gesandte, in Regensburg das 24. Sept. Vorgehen Frankreichs gegen den burgundischen Kreis zu rechtfertigen gesucht und wie die Vertreter Burgunds dies zurückgewiesen haben, dürfte Goess be- kannt sein^). Beider auf Wunsch der burgundischen Vertreter vorgenommenen Berathung hat der Fürstenrath beschlossen, dass man sich des burgundischen Kreises als eines membri imperii von Reichswegen billich anzunehmen habe; theils Stände aber wider dasselbe einige Bedenken movirt und neben den Churfiirstlichen darvor halten wollen, abstrahendo von vorbe- rührter clausula, dass man sich dieses besagten Kreis als ein membrum imperii betreffenden Werks von Reichswegen billich anzunehmen, dass man eine gütliche Beilegung der Differenzen zwischen Spanien und Frankreich ver- suchen solle. Goess soll trachten den Kurfürsten von Brandenburg und durch diesen das Haus Sachsen dahin zu vermögen, dass sie ihren Gesandten in Regensburg Weisimg ertheilen, ganz im Interesse des Wiener Hofes vorzugehen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 27. Sept. 1667. (Conc.)

[Brandenburgs Verträge mit Sachsen und Braunschweig. Zusammenkunft des Main- zers und Brandenburgers. Schwedische Truppenüberlassungen. Stratman. Burgun- dische und Capitulationsangelegenheit]

Goess soll dahin wirken, dass der Kurfürst die vorhabenden Bündnisse mit 27. Sept. Sachsen und Braunschweig abschliesse ^).

Von der Zusammenkunft des Mainzers und Brandenburgers kann der Kaiser für sich nichts gutes, wohl aber schädliches erwarten, daher Goess dieselbe zu verhindern suchen, wenn sie aber zu Stande komme, derselben anwohnen solle. Ueber der Schweden Vorhaben, ihre Truppen an Frankreich und Brandenburg zu überlassen, wünscht der Kaiser nähere Mittheilungen. Stratman soll mit der Hoffnung, in den Dienst des Kaisers aufgenommen zu werden, noch einige Zeit hingehalten werden, da jetzt keine Stelle frei ist.

Unter dem 28. erhält dann Goess Befehl, wie in der burgundischen so auch in der Capitulationsangelegenheit Brandenburg und durch dieses Sachsen zur Unterstützung der kaiserlichen Pläne in Regensburg zu vermögen.

') Robert von Gravel, Vertreter Frankreichs in Regensburg; über seine Thätig- keit daselbst in dieser Zeit; Mignet 1. c. II. 165 ff.

^ Die betreffenden Schreiben bei Londorp 1. c. IX. 55Iff. ; vergl. auch Gemeiner 1. c. III. 20ff.; Meinecke, Fr., Der Regensburger Reichstag imd der erste Devolutions- krieg; Sybel's bist. Zeitschr. 1888 LX. 193 ff.

3) Für das mit Sachsen vergl. die folgende Note: das mit Braunschweig wurde schon am 22. August geschlossen; über Braunschweigs Beziehungen zu Brandenburg in dieser Zeit; Köcher 1. c. I. 548 ff.

344 IV. Ersto Mission des Freiherrii Johann von Goess. Jan. Ißßö Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. Sept. 1667. (Or.)

[Brandenburg -sächsische Allianz. Des Kaisers Interesse bei derselben. Klage Crockow's über Basserode. Besorgnisse der Schweden. Congress zu Köln.]

30. Sept. Die angedeutete Absendung eines Vertreters Friedrich Wilhelms nach

Frankreich in dem Zinna'schen Entwürfe war, wie hier behauptet wird, wirklich nur ein Vorwand die Sächsische desto sicherer zu verhüten. Somnitz, der sich beim Kurfürsten befindet, übersendet Goess auf dessen Bitte das Project der brandenburgisch- sächsischen Allianz'). Dieselbe bietet, wie sie jetzt vor- liegt, dem Kai.ser wenig für seine Zwecke und zur Unterstützung der Nieder- lande; sie zu erweitern, wird aber ohne Opfer schwer möglich sein. Doch glaubt Goess, es würden 100 000 Ducaten als Unterstützung seitens des Kaisers nicht nöthig sein, vielmehr der 4'*^ Theil genügen. Goess empfiehlt wieder dringend dem Kaiser Sachsen und Brandenburg zu gewinnen. Ja diese und dergleichen Bestellungen seind einzig und allein dasjenige, so den König aus Frank- reich zur Raison und zu Tractaten kann bringen. Der Baron von Schwerin hat mir ein des Telliers ') in Niederland intercipirtes Schreiben cominunicirt, darin er meldt, dass der König die obhandene Allianz zwischen E"". K. M., Schweden und Brandenburg sehr apprehendire. Es wäre mir sehr leid, wann E. K. M. sonsteu auf einige Mediation oder Interposition das geringste Fundament thäten machen. Derowegen wäre ich der unterthänigsten Meinung, dass, wann auch diesmalen ein mehrers nit als ein foedus defensivum, raassen wir mit Churbrandenburg all- bereit haben, könnte geschlossen werden, E. K. M. dasselbe nit allein

') Nach dem von Goess eingesendetem Projecte beschlossen die beiden Kur- ürsten von Sachsen und Brandenburg, mit Rücksicht auf den dermaligen Zustand des römischen Reichs und der Zerrüttung und Unruhe im burgundischen Kreise, sich über die zur Wahrung der Reichsfreiheit und Sicherheit zu ergreifenden Massregeln zu einigen und haben festgesetzt:

P. Vertrauliche Correspondenz über alles soll bestehen. 2°. Beide Kurfürsten weiden sich bemühen, dass der Friede zwischen den sich bekriegenden Parteien herge- stellt werde und zu diesem Zwecke gemeinsam handeln. 3°. Beide Theile werden sich bemühen die Einigkeit im Reiche herzustellen und ein gemeinsames Vorgehen des Reiches in der burgundischen Frage zu erwirken. 4". Sie wollen sich bemühen, dass allenthalben und also auch im burgundischen Kreis keine Aenderung vorgehe, sondern alles in den Stand, wie es vor dem Kriege gewesen, gesetzt, dem Reich kein fremdes Di- rectorium mit Gewalt aufgenöthigt werde. Diese Intention wollen sie in Regensburg

und bei der Mediation befördern. 5". Beide Theile wollen mit Mann gerüstet sein.

6°. Solche Truppen sollen zuförderst zur Defension beider Theile Länder gebraucht und damit ferner nach gemeinsamen RaJh zu oberwähntem Zweck agirt werden. 7°. Insbesondere zur Verhütung jeder Irruption in das Reich, Störung der Reichs- verfassung u. d. sollen die Truppen verwendet werden. 8°. Kommt es zur Action, so wird nach gemeinsamen Beschlüssen vorgegangen. Vergl. Auerbach 1. c. 279 ff.

-) Ueber Le Tellier's Haltung in dieser Zeit: Rousset, C, Louvois I. 145 f.

Brandenburg-sächsische Allianz. Besorgnisse der Schweden. 345

mit Chursachsen, sundera auch mit dem Haus Braunschweig und andern, entweder zugleich, oder doch nach einander, wie es sich am besten schicket, anzutreten. Erstlichen wiirde es dienen zur Reputation der Party et ad famam armorum et potentiae und dann zur Disposition ad ulteriores tractatus, zu Facilitirung der Tractaten mit den fremden Kronen und Republiquen, zu Abhält- und Reprimirung derjenigen, so andere consilia führen und letztlichen, wann es zur Handlung und Friedens- tractaten kommen solle, zu Verbesserung der Conditionen. . . .

Crockow beklagt sich in seinem Schreiben aus Stockholm, dass Basserode ihm von seinen Verhandlungen mit den Schweden keine Mittheilung mache. Goess empfiehlt dem Kaiser, Basserode die entsprechenden Weisungen zukom- men zu lassen. Der Feldherr Wrangel hat einige Ombrage vermer- ken lassen wegen des neulich zu Braunschweig gemachten foederis defeusivi'), als wäre es eine Continuation desjenigen, so vor diesem occasione der Stadt Bremen und gleichsam wider Schweden allda ge- macht worden^).... Somnitz meldt, dass alle consultationes zu Köln auf die Mediation gehen; de defensione imperii aut avertendis manu armata auxiliis in ßelgium destinatis, altum silentium^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 7. Oetober 1667. (Or.)

[Burgundischen Kreis lietreiTend. Sachsens Haltung in dieser Frage. Klagen des Bischofes von Strassburg über des Kaisers Haltung dem Kurfürsten von Köln gegenüber.]

Im Sinne der kaiserlichen Weisung vom 24. Sept. schreibt Goess an den 7. Oct. Kurfürsten'), der auf der Jagd ist, bezüglich der Streitsache betreffend den burgundischen Kreis; der Kurfürst antwortet zusagend^) und weist seine Ge- sandten in Regensburg in diesem Sinne an ^). Das Benehmen Sachsens in dieser Angelegenheit zu Regensburg ist, wie Goess meint, ein neuer Beweis, wie noth- wendig es ist , dieses Haus von Frankreich ab- und auf die Seite des Kaisers zu bringen.

^) Das Bündnis vom 22. Aug. 1667 zu Braunsehweig: vergl. Slörner 1. c. 318ff.

^ Das Bündnis vom 15. /25. März 1667; Mörner i.e. 3131F. . ') lieber die Kölner Berathungen; Kocher 1. c. I. 539 f.

•*) Schreiben vom 2. Oct. 1667.

=■) Schreiben vom 23. Sept./ 3. Oct. 1667.

^) Schreiben vom 23. Sept./ 3. Oct. 1667. Da der Kurfürst vernommen, dass der französische Envoye zu Regensburg sich bemühen soll, dass cfas im fürstlichen Colleg gefallene conclusura wegen des burgundischen Wesens möchte geändert und dahin eingerichtet werden, dass der burgundische Kreis nicht pro raembro imperii erkannt noch gehalten werden solle, gibt er seinen Gesandten Kund, dass er in dieser Angelegenheit bei seinen früheren Beschlüssen beharre.

346 IV. Erste Mission des Freiherrn Jobann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

Burkersrode einer der nach Frankreich bestimmten sächsischen Räthe schreibt aus Köln, dass die Reise nach Frankreich nicht vor sich gehe. Schwerin schreibt an Goess über die Klagen des Bischofs von Strassburg wegen Nicht- beachtung des Kölner Erzbischofes und seiner Person seitens des Kaisers ').

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 7. October 1667. (Conc.)

[Die zu Köln in der Mediationsfrage getroffenen Massregeln betreffend.]

7. Oct. Sinzendorf hat berichtet, dass bei dem zu Köln tagenden Kreistage in der

Mediationsconferenz beschlossen worden ist, den Kaiser durch ein besonderes Schreiben um seine Unterstützung bei dem Versuche Spanien zum Frieden zu vermögen anzugehen. Dieses Schreiben an Spanien ist auch bereits concipirt und dem Kaiser zur Unterschrift übersendet worden. Da nun bezüglich der Unter- schrift sich Schwierigkeiten ergeben haben, der Kaiser aber sich in dieses Media- tionswerk nicht einlassen will, hat der Kaiser Sinzendorf beauftragt, die Ver- treter der gut gesinnten Mächte, wie Trier, Brandenburg und Braunschweig, aber auch Sachsen mit Rücksicht auf die Jülich'sche Successionssache zu überreden, sich in nichts einzulassen. Goess soll beim Kurfürsten von Brandenburg dies unterstützen-').

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 12. October 1667. (Conc.)

[Erklärungen Schwedens.] 12. Oct. Basserode übersendet dem Kaiser ein Project einer Allianz mit Schweden-^)

') Die bezeichnende Stelle aus diesem Schreiben Otto's von Schwerin an Goess d.d. Landsberg 25. Sept. 1667 (Copie) lautet: „Sonsten verhalte ich E. Exe. nicht, dass der Bischof zu Strassburg sich neulicher Tagen zu Köln gegen den Herrn Blaspeil sehr beschweret, dass man den Churfürsten von Köln und ihn so gut fran- zösisch hielte; wobei derselbe auch hoch betheuert, dass er eben so gut spanisch als französisch wäre und sehr beklaget, dass an spanischer Seiten man keinen guten Rath folgen wollte. Sein Herr Bruder, Landgraf Wilhelm, wäre im Frühling zu Wien gewesen und hätten sich erboten mit einem geringen diesen damals bevorstehenden Krieg abzuhelfen; hätten auch bei den kaiserlichen ministris gute Inclination ver- spüret; insonderheit da er sich erboten in I"". K. M. Gewalt zu bleiben, bis dass er das versprochene praestiret; allein die Spanische hätten es verhindert. S. Ch. D. haben mir gnädigst befohlen, mich bei E^. Exe. zu erkundigen, ob sie vorhin Nach- richt haben, dass es sich also verhalte: Die conditiones wären eigentlich gewesen, dass, wann der König von Spanien stürbe, die Grafschaft Burgund, la Franche Comte genannt, an Frankreich verbleiben sollte. (Ueber Wilhelm Fürstenbergs Aufenthalt in Wien; Mignet 1. c. H. 325 ff.)

2) Ueber die Verhandlungen in Köln; Köcher 1. c. I. 539f. ; Alpen 1. c. II. 34ff.: Mignet 1. c. IL 270ff.; Droysen 1. c. III.3 211 ff.

3) Vergl. Carlson 1. c. IV. 500 ff.

Kölner Convent. Erklärungen Schwedens. Schweden u. die rheinische Allianz. 347

und berichtet , er habe vernommen, dass Schweden auch ohne England zu einer Allianz mit Oesterreich und Spanien bereit sei, wenn nur die Geldforderungen genehmigt und Schweden des Reiches sicher sein könnte. Man fordere von Seite Schwedens das Generalat über die geraeinsame Armee für Waldeck. Goess soll dem Kurfürsten all dies sagen und betonen, wie nothwendig also ein Ent- schluss des Kurfürsten sei.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. October 1667. (Or.)

[Brandenburg-staatische Beziehungen. Schwerins Aeusserungen über die Lage der Dinge. Sachsens Haltung. Schwedens Haltung in der rheinischen Allianzangelegen- heit. Klagen llillet's über den Kurfürsten. Abdankung schwedischer Truppen be- treffend. Blumenthals Sendung nach Wien. Hammerstein's Erklärungen.]

Im Haag verhandeln die Vertreter des Kurfürsten und der Holländer über 14. Oct. die Art einer Einigung '). Schwerin, mit dem Goess über diese Verhandlungen und über die allgemeine Lage spricht, betont wiederum die Nothwendigkeit einer reellen Unterstützung Brandenburgs durch Oesterreich und Spanien. . . . Von Sachsen sind keine Nachrichten eingelangt ; man fürchtet der Kurfürst von Sachsen schwanke. Schweden ist bezüglich der rheinischen Allianz, wie Goess von dem in Berlin befindlichen Residenten^) erfahren, entschlossen, dem Werk, son- derlich nach vernommener churbrandenburgischer Resolution, Anstand zu geben und sich nachdem, wie es die Zeit und Lauften erforderen werden, zu reguliren ^). Millet hat sich über des hiesigen Kurfürsten Benehmen in der rheinischen Allianzfrage, wie auch sonst, sehr beklagt. Dem Churfürsten selbst hat er gesagt, dass wer sich in dem niederländischen Krieg ein- mischen würde, sein König ihn für seinen Feind halten würde. Ich sehe aber nicht, dass man für solche Bravaden erschrecke. Dann hat er aber- maln heftig geklagt, dass S. Ch. D. diejenige sein, welche E. K. M. am meisten stimuliren, sich des niederländischen Werks anzunehmen^). Wegen Abdankung und Ueberlassung der schwedischen Völker ist nichts neues von Bedeutung dem Goess zu Ohren gekommen. Blumenthal wird nächstens nach Wien gesendet, einerseits um dem Kaiser zur Geburt des Prinzen') zu gratuliren, dann um Verhandlungen daselbst zu führen; Schwerin deutet auf das Privilegium de non appellando für Pommern*^).

') Vergl. Droysen I. c. III.3 212 f.; Urk. und Act. 111. 189f.; Köcher 1. c. I. 546 ff.

-) Wolfrad.

3) Vergl. Urk. u. Act. XI. 477 f.

*) Vergl. Urk. u. Act. II. 483ff.; Mignet 1. c. II. 287 f.

^) Ferdinand Wenzel geb. 28. Sept. 1G67. f 3. Jan. 1668.

^) Ueber Blumenthals Sendung nach W^ien; Puf. 1. c. X. 59; Droysen 1. c. III.3 2 17 ff.

348 I^"- Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan 1665 Mai 1668.

Hammerstein, der im Namen der Herzoge Georg Wilhelm und Ernst August von Braunschweig-Lüneburg hier verhandelt, betont die gute Intention seiner Herren, die aber unbedingt zur Erhaltung ihrer Truppen eine Geldunterstützung benöthigen ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. October 1667. (Or.)

[Mediationsangelegenheit. Vorschlag des Goess in dieser Angelegenheit. Erklärungen Schwerins und des Kurfürsten in dieser Sache.]

21. Oct. Goess hat bezüglich der ihm in der Weisung vom 7. Oct. vorgeschriebenen

Verhandlungsweise in der Mediatiousangelegenheit sehr vorsichtig zu Werke gehen müssen, da man hier schon behauptet, Spanien wolle den Frieden nicht, wie aus den von dieser Macht gestellten Friedensbedingungen hervorgehe^). Goess schlägt daher vor, es möge diese Mediationsangelegenheit nach Regens- burg remittirt werden. Der Baron von Schwerin hat mir hierzu gute Hoffnung gegeben, 1. Ch. D. aber meldeten, da.ss es nun zu spät fallen wollte. Es wäre eine verglichene Sach; sie allein, da all die andere es gut befunden, hättens nit hinderen können. Als ich darbei vermerkt, dass sie nit wohl zufrieden, umwillen bei der zu Mecheln zwischen dem Herrn Markgrafen von Baden und dem Blaspeil und Romswinckel ge- haltener Conferenz gedachter Markgraf mehr an sich gehalten als vor diesem und die Tractaten verschoben und nach dem Haag remittirt wor- den''), habe ich mich dessen bedient und repräsentirt, dass durch diese Abschickung nach Frankreich man spanischer Seiten in einiger ungleichen Suspicion gerathen und die Tractaten dardurch remorirt werden möchten; welches mich gedünkt, dass der Churfürst mehr apprehendirt und ist demnach mit mir auf unterschiedliche Anschlag kommen, wie mit diesen zu Köln veranlassten Schickungen zurückgehalten und herentgegen das Werk nach Regensburg remittirt werden könnte. A'ermeineten, wanns nur bei dem Reichstag in die Umfrag gebracht würde, sie wolltens also lassen secundiren, dass man den scopum erreichen thäte; unterdessen könnte die Expedition zu Köln mit den Difficultäten, so bei der Unter- schrift vorfallen, aufgehalten werden.

^) Georg Ch. Hamraerstein; über seine Sendung nach Berlin; Köcher 1. c. I. 548 ff.

2) Für die allgemeine Lage in dieser Zeit Ranke, Engl. Gesch. V. 50fif.; Fran- zösische Gesch. 111. 236f ; Klopp 1. c. I. 203 ff.; Lefevre-Pontalis 1. c 1. 443 ff.

3) Vergl. Puf. 1. c. X. 40.

Mediation ia der niederländischen Streitfrage. Millet's Klagen. 349

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 25. October 1667. (Conc.)

[Des Kaisers Pläne bezüglich der Niederlande.]

Goess soll den Kurfürsten in seinen guten Intentionen bestärken, massea 25. Oct. du dann dieselbe in unserm Namen beständigst zu versichern hast, nicht allein, dass uns niemals in Sinn kommen Ihre L"^*^". ohne uns und Vorbereitung einer guten Partei in gedachtes Wesen einzumischen; son- dern auch, dass eben zu solchem Ende wir sowohl mit wirklichen Re- crutir- und Werbungen uns in Verfassung stellen, als auch durch unter- schiedliche unsere in Schweden, Engelland, Holland und anderer Orts obhabende negociatioues unsere Partei zu verstärken und bestmöglichst zu versicheren suchen'). Der Kurfürst möge seinerseits alles thun, um mit Sachsen und Braunschweig zum Abschlüsse zu gelangen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 28. October 1667. (Or.)

[Millet's Klagen. Mittheilungen Wolfrad's, Schwerin's, Giese's und Stratman's üher die polnische Wablangelegenheit. ürtheil des Goess über die Lage und die einzu- schlagende Politik.]

Der Kurfürst hat auf des Goess Bitten eingewilligt, dass in Regensburg 28. Oct. die Umfrage erfolge, ob man nicht von Reichswegen die Mediation in den Irrungen zwischen Frankreich und Spanien in den Niederlanden antragen solle.

Millet beklagt sich beim Kurfürsten, dass dieser dem Kaiser den Durch- ,

marsch von Truppen nach den Niederlanden gestattet habe und den Goess immer antreibe, den Kaiser zu energischen Massregeln zu ermuntern. Auch bei den Ministern sucht Millet die friedliche Stimmung seines Königs und die Zweckmässigkeit der Neutralität Brandenburgs nachzuweisen-).

Somnitz ist von Leipzig zurück; der Kurfürst von Sachsen sucht alles zu vermeiden, was dem Könige von Frankreich verdächtig scheinen könnte; im übrigen aber soll er keine Schwierigkeiten betreffs des übersendeten Vertrags- projectes gemacht haben "'). . . . Die geplante Zusammenkunft des Brandenbur- gers und Mainzers dürfte nicht stattfinden. Der hiesige schwedische Resident^) macht Goess auf die Nothwendigkeit aufmerksam, dass der Wiener Hof sich bezüglich der in Polen zur Königswahl vorzuschlagenden Person entschliesse,

') Für des Kaisers Verhalten in dieser Zeit; Klopp I.e. L 177 f., 192, 208 f.; Mignet I.e. IL 228 ff.

-) Yergl. ürk. u. Act. IL 487 ff. ; insbesondere die Unterredung Millet's mit dem Kurfürsten wegen der Mittheilungen des Goess nach Wien über des Kurfürsten Hal- tung 489 f.

=) Vergl. Urk. und Act. IL 487.

^) Wolfrad.

350 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

er deutete dabei auf Neuburg, oder wenigstens in den Tractat zwischen Brandenburg und Schweden pro manutenenda übertäte Polonica mit eintrete. Ich halte darfiir, dass er diese officia ex impulsu aulae und auch Neo- burgicorum gethan. Bald darauf hat denn auch Schwerin ganz in diesem Sinne von des Kurfürsten Plänen bezüglich Polens gesprochen. Ebenso Giese und Stratman ').

P. S. |: Ich vermerke, dass man von allen Orten sehr daran arbeite, dass man diesen Churfürsten zur Neutralität in re belgica bringe: Alle die andere Churfürsten scheinen dieser Intention zu sein. Der König in Frankreich verspricht hier aureos montes. Etliche dieser ministrorum, welche ohne das darzu incliniren, möchten völlig gewonnen werden. Nun kommt das neuburgische Werk, welches dem Churfürsten angelegen, wie E. K. M. wissen, darzu. Wann der König in Frankreich verspricht des Herzogs Promotion zu secundiren gegen der Neutralität, so er von diesem Churfürsten begehrt, wird es eine grosse Tentation sein. Die Neuburgischen werden sich auch auf alle Weis bemühen den Chur- fürsten darzu zu disponiren. Der Herzog ist in dieser seiner Intention also verpicht, dass er alle Mittel uud Wege darzu versuchen wird. Ich habe wahrgenommen, dass der von Schwerin darfür halte, dass es sich thuen lasse, dass E. K. M. mit dem König in Frankreich zur Promotion des Herzogs concurriren; also seie es mit der Wahl des jetzigen Königs und öfter geschehen und endlichen besser einigen, als kein Theil darbei zu haben; dann sonsten da bei gegenwärtigen Zustand in Polen der König käme zu abdiciren, werden entweder die Franzosen mit ihren Dessein aufkommen, oder, wann sie es nicht erhalten könnten, den Herzog promoviren und den Dank allein darzu verdienen und in quem- cumque casum, wann einiger Krieg occasione electionis entstehen wollte, würden E. K. M. darin mit implicirt und von dem niederländischen Secours divertirt werden. Ob's dann nicht besser von da in Zeiten sich freie Hand zu machen.

Es würde meines Erachtens gut sein, wann man spanischer Seiten die Tractaten mit diesem Churfürsten beschleunigte, dann die Ver- zögerung gibt der anderen Partei Gelegenheit denselben darvon zu di- vertiren und auf andere Gedanken zu bringen. Ich kann mir wohl ein- bilden, dass man's lieber bis gegen den Frühling würde lassen anstehen, sonderlich quoad subsidia; es ist aber die Frage, ob der Churfürst bis dahin darauf warten wird :|.

1) Vergl. Urk. u. Act. IL 488; Puf. 1. c. X. 51.

Polnische Wahlfrage. Französisch-brandenburgische Beziehunfren. 351

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 7. November 1667. (Or.)

[Schwerin's Klagen über Spaniens und des Kaisers Vorgehen. Unterredung des Goess mit Giese über die französisch-brandenburgischen Beziehungen. Urtheil des Goess über die Lage. Verhandlungen mit dem Kurfürsten. Erklärungen Giese's und Strat- man's. Neue Verhandlungen mit dem Kurfürsten und Schwerin. Urtheil des Goess

über die Lage.]

Schwerin theilt dem Goess im Auftrage des Kurfürsten mit, wie bitter es dieser 7. Nov. empfinde, dass Spanien jetzt den Abschluss des Vertrages so sehr verzögere, während Frankreich grosse Versprechungen mache, wenn der Churfürst nur neutral bleiben wolle. Cnd ebenso lebhaft empfinde der Kurfürst das zögernde Benehmen des Kaisers in der polnischen Sache, welche so wichtig ist, dass der Kurfürst wissen müsse, Avohin die Absichten des Kaisers gerichtet sind. Goess spricht auch mit Giese über diese Verhältnisse, welcher betheuert, dass mit Frankreich von Seite dieses Kurfürsten noch nichts abgemacht sei; man wolle viel- mehr abwarten, wie sich der Kaiser entscheiden wird. Ich habe aus allem was ich aus unterschiedlichen Discursen vernehmen können, so viel gemerkt, dass der Vorschlag dieser ist: Frankreich habe eine so starke Faction in Polen, dass ohne der Zuthun nit wohl zur Krön für den Herzog von Neu bürg zu gelangen; herentgegen habe Frankreich auch das niedcrläu- disehe Werk so sehr a core, dass der König theils wegen dessen und theils wegen der bei des Conde Promotion erscheinender Difficultäten '), endlichen den Herzog von Xeuburg zu dieser Krön helfen möchte. Und wäre, wie man hier vermeint, es darum anzunehmen, auch supposita neutralitate, welche darfür von französischer Seiten begehrt wird, weiln dieselbe weiter nit geht, als durante mediatione und wann darbei die Billichkeit wollte ausgeschlagen werden, man ein Wegs als den andern freie Hand behielte und sich unterdessen in guter Postur stellen künnte. Und damit der Verzögerung, so Frankreich hierbei suchen möchte, vor- gekommen werde, solle zu der Election ein so kurzer Termin angesetzt werden, dass man bei künftiger Campagne, si Gallia falleret, nichts ver- säumete, sondern um so viel mehr Ursach hätte, sich des niederländi- schen Werks mit allem Ernst anzunehmen. . . . Ich habe nun hierwider viel considerationes repräseutirt, sonderlich dass, nachdem man neuburgi- scher Seiten bekenne, dass man ganz frischer Dingen in matrimonio principissae, quod ad eandem spectat materiam. eludirt worden^), mau keine Ursach habe sich abermalen zu prostituiren und zwar um so viel weniger, weiln es ganz notorium, dass Frankreich des von Conde Pro- motion gegenwärtig stärker treibe, als nie vor diesem, sie auch inter

') Vergl. Krebs 1. c. 172 f. -) Mem. de Pomponne II. 452.

352 IV. Erste Mission des Freilierrii Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

has turbas a Tartaris et calamitaten regüi und dann per accessionem multorum ad illorum partes, welches sie selbsten gestehen müssen, nähender darbei, als nie vor diesem. Ich vernimm, dass der Churfürst selb.sten zu dem Giesen gesagt, dass sie abermalen werden betrogen werden. Gegen mich, als ich gestern mit P. Ch. D. daraus geredt, seind sie nit so weit herausgangen; wohl aber man könne ihnen, den Fran- zosen, die volle Mass geben; man verliere nichts darbei; man werde nacher nur destomehr Ursach und Praetext haben, sich ihnen in Nieder- land zu widersetzen. Den Giesen habe ich pluribus vorgestellt, dass weilu er vermeint, dass allein der ein2;efalleue Tod der Königin und nova spes alicuius matrimonii mit dem König (welche nun abermalen ganz geschwunden) den guten Success seiner Negociation verhindert, es möchte das beste sein, dass er's reassumirte, wo er's gelassen und dass bis dahin diese ihre obhabende negociationes, welche nichts guts und viel übles verursachen könnten, plane bei Seit gesetzt würden. Er hat gegen mich und wie ich bericht werde, auch gegen andere gezeigt, dass er meiner Meinung wäre. Er ist den 3. dieses von hier nach Düssel- dorf abgereist, mit der Hoffnung, dass wann der Herzog, sein Herr, seine Relation werde angehört haben , er die Meinung verändern werde. Ebenso spricht Stratman. Ich habe nit unterlassen fleissig sowohl bei dem Churfürsten als bei dem Baron von Schwerin zu sondiren, was die eigent- liche Intention bei diesen nun obhandenen Negociationen wäre. I.Ch. D. zei- geten sich gestern ziemlich impatient über der Spanier Verzögerung und Verweisung von einem Ort zum andern. Als ich deroselbeu insinuirete, dass allein der Rumor der in Vorschlag kommender Neutralität alle andere Tractaten in Stecken bringen würde, haben sie mir geantwort, es geschehe ohne das nichts darin als Verweisungen von Herode zum Pilato. . . . Der Baron von Schwerin sagte mir, wann nur das Geld von spanischer Seiten und von E''. K. M. Seiten die Erklärung für dem Herzog von Neuburg herauskäme, würde man von des Churfürsten Seiten alle diese Tractaten fahren lassen. Ich mache mir auch die Gedanken, dass es wohl also sein und auch vielleicht meistens darauf angesehen sein möchte ; obwohl auch nit zu rathen, dass, ehe man gnugsam nit allein wegen der Assistenz so zu leisten, sondern auch super scopo et fine foe- deris versichert und verglichen, man zum Seckel greife. ... Der D'Aubry, wie der Millet hier vorgibt, ist wegen des Buchs, so er hat ausgehen lassen, „Des justes pretentions du Roy sur l'Empire" in der Bastille kom- men und periclitire er de capite, quod ego non credam nisi suspenso: halte

Klagen der Biamleiiburg;er ülter dos Kaisers Verhalten. Hammerstein iu AVien. 353

es für ein lauter Spieglfechteii iiml dass ihme praemia et pro libro et pro carcere versprocheu worden'); sonsteii miisste man viel andere fran- zösische autores ausgraben und wie mit dem Crom well geschehen, nach ihrem Tod aufhenken.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 9, November 1667. (Coiic.)

[Der Kaiser fordert von Ilammerstein Uebermittelung des Allianzprojectes zur Sicherung des burgundischen Kreises.]

Der vor 3 Tagen angekommene In-aunscliweigische Abgeordnete Hammer- 9- Nov. stein hat eine Liga zur Unterstützung des burgundischen Kreises und gegen Frankreich in Vorschlag gebracht. Seine Herren, die Herzoge von Celle und Osnabrück, wollen 10—12000 Mann stellen, wenn ihnen eine entsprechende Geldunterstützung, soviel als Brandenburg, zugestanden werde-). Da nun die Verhandlungen mit Brandenburg nicht so weit gediehen sind, hat der Kaiser von Hammerstein ein Project der beabsichtigten Allianz gefordert und durch den hiesigen spanischen Botschafter^) Castel-Rodrigo davon in Kenntnis setzen lassen, damit auch er nicht säume. Audi hat Leopold dem Johann Kram- prich befohlen seine Reise nach dem Haag zu beschleunigen^), um zu er- fahren, was man an Geldsubsidien von den Staaten zu erwarten habe.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. November 1667. (Or.)

[Bliimenthal geht nach Wien. Kinsky. Klagen Schwerins. Verhandlungen am kur- fürstlichen Hofe. Absendung einer Gesandtschaft nach Polen.]

Nachdem Goess unter dem 14. die Abreise Blumenthals nach Wien gemeldet 21. Xov. und mitgetheilt hat, dass Graf Kinsky^) auf der Reise nach Düsseldorf aus Polen in Berlin sich aufgehalten, ohne aber nennenswerthe Verhandlungen geführt zu haben, berichtet er am 21.: Der Baron von Schwerin ist vorgestern Nach- mittag zu mir kommen und hat mir proponirt; 1'^. dass I"". Ch. D. sehr fremd fürkommen, dass ein foedus zwischen E"". K. AL, dem König in Hispanien und dem König in Schweden, wie sie dessen gewisse Nach- richt hätten, getrott'en worden, darvon deroselben die geringste Commu- nication nit geschehen; ... 2". dass der von Basserode nach Wien solle

') Vergl. Puf. 1. c. X. 34; Urk. u. Act. 11. 468f.

') Ueber Hammersteins Verhandlungen in Wien Köcher 1. c. I. 5.58 f.

^) Malagoa.

■•) Friquot war bereits im August 16G7 gestoriien: Kramprich wurde sein Nach- folger.

^) Kinsky war Vertreter des I\aisers in Polen gewesen.

Mater, z. Cescti. (1. <i. Kiirfiirsteii. XIV. 23

354 IV. Erste Mission des Freiherrn Joliann von Goess. Jan. Ißß5 Mai 1668-

berichtet haben, als pro])onireten I. Ch. D. ein foedus unter den Pro- testanten, dardurch diesell)e hin und her odieux geraachet würden; . . . S'*. dass dieser Churfürst intcntionirt wäre nach Brüssel und Frankreich zu schicken, den Frieden nit allein in communi mit den andern, son- dern auch in particulari bestermassen 7ai beförderen. Goess denkt an diesem Tage noch mit dem Kurfürsten zu sprechen. Diesmalen hal^e ich allein erinneren sollen, dass eben vorgestern eine Conferenz gewesen zwischen dem Millet, dem von Schwerin, Somnitz und Jena und dem neuburgischen Residenten Stratraan; dass diese Abschickung nach Frank- reich diese Negociation betrifft, von der ich unterthänigst bericht; nem- lich, dass Frankreich dem Herzog von Neuburg zur polnischen Krön verhelfen, der Herzog und dieser Churfürst herentgegen sich neutral er- klären sollen, welche Neutralität diese weiter nit extendiren, als wann der König in Frankreich aequam pacem nit ausschlagen solle'). Ich habe gesucht und werde heut mich noch ferner bearbeiten, dass diese Abschickung differirt werde. Ich sehe aber, dass man dieselbe beschleu- nigen wollte. Der Oberster Stallmeister PöUnitz und der Secretarius Meinders, wie ich vernimm, darvon mir docli der von Schwerin nichts gemeldt seind diejenige, so zu dieser Abschickung gebrauciit sollen werden ').

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 23. November 1667.

(Conc.)

[Bemühungen des Kaisers bei Spanien. Poluisciie Wahlfrage. ' Sächsiscii-branden-

burgisches Bündnis.]

23. Nov. Der Kaiser sucht sowohl durch den spanischen Gesandten in Wien, als

auch durch seinen Vertreter am spanischen Hofe, Grafen Poetting, Spanien zum Abschlüsse des Vertrages mit Brandenburg zu vermögen. Bezüglich der polnischen Angelegenheit soll Goess nicht verhandeln ; der Kaiser wird sehen, was Blumen- thal in dieser Sache für Vorträge halten wird. Dagegen soll Goess sich Mülie geben, dass die Allianz Brandenburgs mit Sachsen zu Stande komme.

') Für Brandenburgs Haltung in dieser Zeit Puf. 1. c. X. 4If. -) Vergl. Mignet 1. e. II. 295.

Verhandliuigen am kuifürstliclien Hofe. Friedr. Wilh.'s Urtheil über Fraiikveich. 355

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. November 1667. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit dem Kurfürsten über die von letzterem vorgebrachten

Klagen. Aeusserungeu des Kurfürsten über Frankreich und seine des Kurfürsten

Rüstungen. Characteristik des Pölinitz und des Meinders. Blaspeils Vorgehen in

Brüssel. Unzufriedenheit mit ihm.]

Die Nachricht von einem Vertrage zwischen Oesterreich , Spanien und 25. Nov. Schweden rührt, wie Goess erfahren, von Blaspeil her. Goess betont dem Kur- fürsten gegenüber, da.s.s mir nit bewusst, dass es mit des Basserode Tractat anders beschaffen, als ich"s gesagt. Der Churfürst hat mir zwar gesagt, dass er sicherlich wüsste, dass ein ander Tractat vorhanden; wann ich aber solle die Wahrheit sagen, so gedünkt mich, dass sie's Anfangs wohl ein wenig mögen apprehendirt haben, aber re bene examinata nir recht glaubt.

Die zweite Klage, als hätte Basserode nach Wien geschrieben, dass von Seite Brandenburgs eine Liga der Protestanten geplant werde, hat keinen Grund, wie man auch hier eingesehen hat; was Basserode gemeldet, rührte von Crockow, Brandenburgs Vertreter her und bezog sich auf allgemeine Gespräche. Bezüg- lich des dritten Punktes , der Sendung nach Frankreich, sucht Goess Schwerin und den Kurfürsten zu dehortiren. Der Kurfürst antwortet, als wäre die- selbe nur allein zur Mediation angesehen, bis ich endlichen deroselben gesagt, dass gleichsam mit Fleiss von andern divulgirt würde, dass dieselbe auf das polnische Werk und bedingender Neutralität angesehen, dardurch der Welt zu persuadireu, dass S. Ch. D. völlig auf die franzö- sische Party getreten. Goess sucht mit vielen Gründen dem Kurfürsten die schlechten Pläne Frankreichs vor Augen zu führen. Der Churfürst hat dan- noch, nach vielen Remonstrationen, selbsten gestanden, dass er glaube, dass die Franzosen betrügen; so hat er's auch seithero zu dem Meinders gesagt und er mir referirt; sie w'ürden aber nichts darbei gewinnen: er schicke darum alsüfort hinein, schleunig auf dem rechten Grund zu kommen und vor der Campagne in claris zu versiren. Unterdessen würde man die Zeit dannoch nit verlieren; er sei all etw^as stärker armirt, als nit alle wissen; getraue sich auch mit dem übrigen in kurze Zeit aufzukommen. Seine Gedanken und Absehen seind allzeit auf Widerbringung des Frie- dens gericht gewesen und gehe die Neutralität von der getractirt werde, weiter nit, als wann Frankreich billiche conditiones nit ausschlage, man könne ihnen die volle Mass geben. . . .

Als darauf Goess die schädlichen Folgen, die daraus entstehen könnten, dem Kurfürsten vorhält, ist er mit Impatienz ausbrochen und gesagt: thun doch ohne das die Spanier nichts und bei Enron Hof geschieht

23*

356 '^'- V.ysta Mission des Freilienn Johann von Goess. Jan. Ififj') Mai IGGS.

ebenso wenig. Als ich aber darauf' re[)licirt, was zur Sach (lionlich gewesen, die Abgelegenheit der Niederlanden von Spanien hätte die \ erweilung verursacht; im übrigen hätte können ein Termin angesetzt werden, in welchem das Geld zu erlegen; wann nacher nit zugehalten wäre worden, wäre noch Zeit gewesen auf andere consilia zu gedenken etc.; haben I. Ch. D. und ebenso wohl hernacher der Baron von Schwerin zu verstehen gegeben, dass diese Negociation die andere mit Spa- nien nit hinderte. Ich insinuirete, ob sie dann wohl vermeineten, dass Spanien S^ Ch. D. ein gross Geld geben sollte, damit dieselbe dar- be! in Neutralität verblieben. Man gäbe zu verstehen, wann S. Ch. D. das Geld annehmen, würden sie aufrecht und redlich halten, was sie darbei versprochen. Wann ich im niederländischen AVerk mit einiger beständigen Replic dem Churfürsten begegnete, käme er auf das puluische und vice versa auf das niederländische, antwortete mir meistens mit Gegenklagen sowohl in einem als in anderen. ... I. Ch. D. wollten nit gestehen, dass sie von ihren vorigen consiliis, welche auf den Frieden gericht und auf dem Krieg nit änderst, als wann raisonable conditiones wollten ausgeschlagen werden, abgiengen, sondern versicherten wieder- holter Dingen, dass sie darbei verharren wollten; ich soll's auch E''. K. M. also referiren. Aehnlich spricht auch Schwerin.

Diese Abschickung nach Frankreich, was ich auch darwider sagen mögen, bleibt einen Weg, als den andern, festgestellt und sollen die Abgesandte, als der Pöllnitz und der Meiiiders, die künftige Wochen fort- gehen. Pöllnitz wird lür ganz französisch gehalten, ist in Frankieich in des Vicomte de Turenne Haus erzogen und des Millet grösster Confi- dent; möchte auch sein, dass er aus Hoffnung hierbei gebraucht zu wer- den und grosse Avantage darbei zu haben, bei dem Churfürsten, bei welchem er, obzwar er unter den ministris nit gerechnet wird, viel ver- mag, diese Resolution mit poussirt. Der Meinders ist ein grosser Confi- dent bei dem Churfürsten und haltet sich ausser den Factionen, werd sehr in den wichtigsten expeditionibus gebraucht und vermag viel. . . . Ich habe ihn sonsten von guter Intention für E. K. M. befunden. . . . Die beiden uelimen ihren Weg iil)er Diisseidorf, um dort mit dem Herzoge von Neuburg zu sprechen; es bleibt abzuwarten, was dieser sagen wird.

Ich hal)e nie änderst verspüren können, als dass bis dato der Churfürst von diesen Handlungen mit den Franzosen sehr alienus ge- wesen; hat in dem Herzog zum oftern getadelt, dass derselbe sich an Frankreich all zu viel hielte. Als ihm auch diesmalen das Werk für-

I

Klagen Fr. Wilh.'s über den Kaiser. Püllnitz u. Meind^rs. Mistraueu Fr. Wilh.'s. 357

gebracht worden, hat er anfang.s nichts darvon hören wollen, es für einen Betrug gehalten nnd noch: ist also zu verwundern, dass er sich nun so weit darin eingelassen; es scheint fast, . . . dass die Impatienz und Empfind- lichkeit, so er gehallt, dass er weder bei uns im polnischen, noch bei Spanien im niederländischen AVerk fortkommen können, viel darbei ge- than. j\Iau hat ihme fast nit benehmen können, dass E. K. M. nit sncheten mehr andere zum niederländischen Securs zu impegniren, als Selbsten ernstlich darzu zu thun, unangesehen ich ihme wiederholter Dingen contestirt, dass E. K. M. ihme nie zumuthen würde, einen Schritt dahin zu thun, es seie dann, dass sie mit, oder auch voran giengen. Als S''. Ch. D. referirt worden, dass ich mich dessen beklagete, sollen sie geantwortet haben: Ich wäre ein guter Mann, meinetc es gut, sagte daher, was mir befohlen würde. Im übrigen vertraute man mir nicht, was die Maximen und consilia zu Wien wären. Ich wäre ein halber Spanier mit und triebe das niederländische Werk mit grossen Eifer, zu AVien aber wären andere Gedanken und sähe man nicht, dass mau sich um den niederländischen Succurs recht annähme; daraus E. K. M. erst- lich zu ersehen, dass meine Simplicität deroselben schädlich und zu dero kaiserlichem Dienste fürträglicher sein würde, wann sie bei diesem Ht>f eines ministri von besseren Credit und Opinion gebraucheten und dann, wie tief der gefasste Wahn und Verdacht, von dem ich E^ K. M. zum öftern geschrieben, bei diesem Churfürsten eingewurzelt. Ich kann doch nit sagen, dass I. Ch. D. bis noch eine böse, oder E^ K. M. und dero Diensten widrige Intention bei diesem Werk führen sollen: ob- wohln sehr zu befahren, dass sie nit nach und nach tiefer hineinge- rathen. Die Sach ist ihr plausibiliter proponirt worden, allermassen Gomont ') zu Düsseldorf auf des Herzogs Instanzen Apertur darvon gethan und der Millet dahie des Königs Ordre und Instruction darüber vorgewiesen, doch darbei sich ferner nit eingelassen, sondern immer be- gehrt, man möchte nach Paris schicken. Das polnische AVerk ist dero- selben trefflich angelegen; sie mögen etwa verhoft'en, dass durch diesen Weg sie am nächsten sich von dieser Sorg befreiet und den Herzog zur polnischen Krön promovirt sehen möchten. Sie supponiren, dass des Königs Abdication und die vota der französischen Faction Zugethanen in des Königs in Frankreich Hand und Willen stehen, dass die übrige Polen, so des Elends müd, den Herzog gern annehmen werden, dass

') Franzö.sischer Gesandte am Kölner Hofe; vergl. für seine Thütigkeit Ennen 1. 0. I. 186 f.; Kücher 1. c. I. öaiff.

358 IV. Erste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1605 Mai 1668.

E. K. j\I. in .solchem Fall nit darwider sein werden wollen, oder auch, dass man in solchem Fall ohne deroselben fortkommen könne und wann dann von französischer Seiten ein Betrug darunter stecke, wie sie es besorgen, so vermeinen sie ihm vorzukommen mit dem, dass sie also- bald nach Frankreich schicken und sich ohne Zeitverlioren eclairciren; dass in allem Fall sie bei künftiger Campagne noch a tempo kommen werden, um sich den französischen Diseignen um so viel resoluter zu opponiren, je mehr sie\s nach verspürten Iktrug Ursach haben wer- den; sie mögen auch glauben, dass E. K. M. und Spanien allezeit parat sein werden die Tractaten mit deroselben wiederum zu reassumiren, auch unangesehen der Schickung nach Frankreich ein Weg als den andern nach gestalten Dingen fortzusetzen. Die Neutralität belangend, darzu sie sich zu obligireu, wann sie einmal mit der Wahl in Polen richtig, würden sie sich apparentlich nit viel darvou abhalten lassen, zumalen ihr eigenes Interesse gar nit zulasst, dass der König in Frank- reich grössere Progressen in Niederlaud thun solle und möchten eben diese auch wohl die Gedanken des Herzogs von Neuburg sein. Ich förchte aber, man flattire sich mit all zu guter Hoffnung; sie haben vielmehr zu besorgen, dass der König in Frankreich sie eludiren, prae- senta commoda, so ihme aus dieser Negociation entstehen, a bon conto annehmen und hernacher in Polen thuen werd, was die Zeiten und Coniunctureu, auch sein Interesse, an die Hand geben werden; und wann er auch dieses Scandal der Welt nit geben und seine parola wegen der polnischen Krön, wie sies hoffen, halten wollte, so werd er sich nit allein wegen der Neutralität gnugsam versicheren, sondern noch vielmehr andere Ding, die er verlangen möge, als die Renovation der rheinischen Allianz und dergleichen mehr darzu begehi'on und sich von seiner Seiten mit Praestirung des Versprochenen keineswegs übereilen; massen dann die Schwächere in sothanen Handelungen mit den Mächtigen gern pflegen eiuzubüssen, dessen leider man im Reich all zu frische exempla hat. Ich habe Nachricht, ob man"s zwar gegen mich verbergt, der Mar- ques de Castel-Rodrigo mir auch nichts geschrieben , dass der Plaspeil zu Brüssel ein Provisioueltractat mit ihme aufgericht; soviel ich vernehmen kann, ohne praecise Ordre, oder doch ultra limites mandati'). Ich höre, dass man dahic iibel darmit zuiVieden, nit so sehr wegen des Tractats, den man sonsten wohl passiren lasse, sondern wegen der obhandenen Negociation mit Frankreich, indeme man besorgt, wann man"s innen wer-

') Vergl. Puf. 1. c. X. 41.

Blaspeil in Brüssel. Semluug brandeuburgischer Räthe nach Frankreich. 359

doii solle, der Könii,^ in Frankreich von dem obhabenden Tractat nichts mehr wissen wollen würde. Gegen mich beklagt man sich in hoc passu, die Spanier geben magnifica verba, aber kein Geld und sagte der Chur- först, es wäre nit gnug, dass man den ersten Termin abführete, es miisste auch wegen der künftigen gnugsame Versicherung dar sein. Ich glaube man werde an dem Marques wiederum schicken, obwohl der Blaspeil darfür gebeten, im Fall I. Ch. D. dasjenige, was er tractirt, nit ratiliciren würden. Er hat trefflichen Eifer und guten Intention in diesem Werk bezeigt. Mich verdriesst, dass die seine Freund sein sollen, sich seiner nit besser annehmen. Sonsten haltet man dahie für gewiss, dass wann die Spanier dem Churfürsten 100000 Ducaten geben können, sie ihm in ihren Werk völlig impegniren würden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. December 1667. (Or.)

[Vergebliche Versuche des Goess die Absendung nach Frankreich zu verhindern. Des Kuifürsten Aeusserungen. Mittheilungen Stratmans. Pläne der Franzosen. Wran- geis Unheil über der Franzosen Vorgehen. Polnische Wahlsache.]

Goess sucht in neuen Unterredungen die Unterlassung, oder Avenigstens 2. Dec. den Aufschub der Sendung nach Frankreich zu erwirken; allein vergebens. Der Churfürst meldete im Discurs etlichemalen, es würde Fried werden, insinuirend, als wüssten sie destwegen etwas mehr, als sie nit sagen wollten; da ich aber replicirete, dass dieser Weg, den sie nahmen, nit der rechte wäre, antworteten sie; ich hätte eben dieses gesagt wegen der Resolution, die sie im münsterischen Werk nahmen, sich mit dem Holländer auf gewisse Weis und Maass zu verbinden und wäre dannoch Fried worden. Ich replicirete, dass die Experienz es gezeigt, dass da- malen die beste Disposition zum Frieden gewesen wäre, wann S. Ch. I). sich ausser Party und beide Kriegende in der Sorg gehalten, dass sie sich wider diejenige, welche die Billichkeit ausschlagen thäte, erklären würden; dann durch dem, dass sie die Holländische genommen, welche ohne das die stärkeste wäre, seind dieselbe so hart und intractalsl w'or- den, dass sie gleichsam die conditiones pacis vorgeschrieben und alles nach ihren Sinn und Willen emportiren wollen; welches nun in prae- senti casu ... in alle ^V'eg zu verhüten und vielmehr daran zu sein, dass eine solche Party gemacht würde, weiche der König in Frankreich zu consideriren, von seinen allzu grossen Diseignen abzulassen und einen billigen Frieden nit auszuschlagen. . . . Der Kurfürst klagt dann

360 IV. Erste llission des Freiherm Johann von Goess. Jan. 16()5 Mai 16G8.

Aviederinn über das langsame Vorgehen Spaniens und Oesterreiclis. Wegen der Abschickung nach Frankreich habe ich unter andern gemelt, das.s was S. Ch. D. hierin thäten , allein geschähe contemplatione ducis iSeo- burgici, dem sie zur polnischen Krön verhelfen wollten. Nun vernähme ich von dem Stratman, dass der Herzog selbsten diese Abschickung nit verlangete, noch gern sähe, derowegen dann dieselbe um soviel domehr zu unterlassen; welches ich also angezogen, zu vernehmen, ob dem also, wie der Stratman mir gesagt. Der Churfürst hat's expresse gestanden, dass der Herzog noch der Stratman diese Abschickung nit verlangt. . . . Ich habe vorgeschlagen, dass vor der Abschickung in geheim zwischen uns die Tractaten könnten geschlossen werden; solcher gestalt würden S. Ch. D. gesichert seien, im Fall Frankreich betröge, wie sie es selbsten fürchten. Sie antworteten, bei uns wäre das secretum woiil darnach, dass man etwas dergleichen thun könnte, gaben zu verstehen, dass es Frankreich, wie alles das übrige, gleich innen werden würde. Ich repli- cirete, die Franzosen rühmen sich oft yax wissen, wo nichts daran seie; also wäre es mit dem Zinnischen Froject geschehen. Der Churfürst ant- w'ortete, der Millet hätte ihme von Wort zu Wort gesagt, was darin enthalten; er hätte es von dem Castrato Bartholomeo, welcher bei dem Churfürsten zu Sachsen stets im Zimmer und alles erfahren kann, gehabt.

Goess räth. sicli mit den Iloliändern womöglich zu einigen, damit diese nicht allein, zum Nachtlieil der übrigen, sich mit Frankreich einigen.

Ich habe seither erfahren, dass die Franzosen bei dieser obhabender Negociation mit diesem Churfürsten nit allein auf die Neutralität, son- dern auch auf Renovation der rheinischen Allianz gehen und hat der Domdcchant Groben '), welcher zu den Herzogen von Braunschweig und den Feldherru Wrangel geschickt worden, in Befelch, derer Sentiraent hierüber zu vernehmen. Ich weiss von guter Hand, dass es dem Wrangel sehr übel gefalle, dass er die Volubilität dieses Hofs censurirt, welcher die Krön Schweden von der Prorogation dieser Allianz dehortirt und nijn wegen einer artificieusen Proposition in favorem des Herzogs von Neuburg sich zur Renovation derselben wolle verleiten lassen. Er halt das ganze Werk für ein lauters artificium, diesen Churfürsten und andere bei künftiger Campagne aus der Sache zu halten und ihren Des- sein desto besser fortzusetzen. Er considerirt den Vorsatz mit der Armee, so der Prinz de Condc auf die Bein bringt, dahin, dass er dar-

') Vergl. Puf. ]. c. X. 4-J.

Aeasseriingeu Fr. Wilb. über die Sendung nach Frankreich. Schwedens Haltung. 361

mit und mit Macht nach Polen durchbrcclion wolle und könne; welches von einem Capitalne von grosser Reputation und den dieser Churfürst hoch estimirt, dahie nit geringes Nachdenken macht. Der schwedische Resident sieht dieses Hofs gegenwärtige consilia ungern und rathet pro posse darvon ab. Millet setzet schlechts Vertrauen 7ai ihm. Nach den Mittheilungen Mayernbergs sucht Goess den kurfürstlichen Ministern klar zu machen , dass Frankreichs Vorgehen in der polnischen Wahlsache kein auf- richtiges sei. doch gelingt es ihm nicht.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 2. Decbr. 1667. (Cone.)

[Unrichtigkeit der Gerüchte vom Abschlüsse einer Österreich-schwedischen Allianz. Verhinderung der Sendimg kurfürstlicher Gesandter nach Frankreich. Allianzange- legenheit.] Dass der Kaiser mit Schweden einen Vertrag abgeschlossen, ist nicht wahr; 2. Dec. der Kaiser wird auch ohne Brandenburg dies nicht thun. Basserode hat nur von einem Gerüchte über ein beabsichtigtes Bündnis der Protestanten ge- schrieben. Die Sendung nach Frankreich soll Goess womöglich hintertreiben, was ihm um so leichter fallen werde, weil, wie der hiesige spanische Botschafter meldet, der Vertrag zwischen Blaspeil und dem spanische Gubernator in den Me- derlanden bereits geschlossen sein soll. Im übrigen soll Goess, da Blumenthal in der Allianzsache nichts mitbringt, in Berlin diese Angelegenheit betreiben und auch sehen, dass bei der bevorstehenden Zusammenkunft zwischen Sachsen und Brandenburg diese beiden Kurfürsten die begonnenen Tractate zum Abschlüsse brinfreu.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Deeember 1667. (Or.)

[Unzufriedenheit des Kurfürsten mit dem spanischen Vertrage. Vorgänge beim Leichen- begängnisse der Kurfürstin. Verhandlungen mit Sachsen. Haltung der Franzosen. Des Czarensohnes Candidatur. Schwerins Mittheilungen über die niederländische An- gelegenheit.] Man hat Goess nichts von dem x4bschlusse des Vertrages zwischen Blaspeil 12. Dec. und Castel-Rodrigo gesagt, bis man bemerkte, dass er von demselben Kenntnis hatte. Der Berliner Hof ist nicht zufrieden mit dem Vertrage, als nemlich, dass die capitulirende Geldhilf all zu gering gegen die grosse Unkosten, so man hierbei anzuwenden und auch gegen die Gefahr, so man darbei anzutreten und würde sonderlich geandet, j: dass Spanien mit 2 monat- licher Vorabkündigung jedesmal a foedere recediren kiinute:|; die Haupt- raisou aber ist ohne allem Zweihd, dass man sich seithero mit Frank- reich so weit eingelassen und vor geschehenen Versuch, wie es darmit aussehlagen möge, sich die Hand nit binden, auch Frankreich hierdurch keine Jalousie geben wolle. Am 6. Dec. fand das Leiciieubegängnis der ver-

362 I^ Erste Mission des Freilierni Joliann vou Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

storbencn Kurfürstiii statt; unter den zu dieser Feier erschienenen Personen, befindet sieli auch der Kurfürst von Sachsen mit Familie. Es wurde stark getrunken. Millets Vetter, der etwas deutsch verstellt, ist während der ersten Malzeit die ganze Zeit hinter dem Kurfürsten von Brandenburg gestanden, zweifelsohne anzuhören, quid vcritas in vino proferret, quod non latet ambos electores. Mit dem Kurfürsten von Sachsen verhandelt Goess und drängt denselben zur Fortsetzung der Verhandlungen mit Brandenburg, die auch that- sächlich energisch geführt werden. Es Avird ein Project eines Bündnisses auf- gesetzt, das beiden Kurfürsten genehm ist und dem schwedischen Residenten von dem Inhalte desselben Kenntnis gegeben, da man Schwedens Eintritt wünscht. Dem Goess wurde das Project bisher nicht communicirt, aus Furcht vor den Franzosen; doch verspricht Friesen, der Hauptvertreter Sachsens, dem kaiserlichen Gesandten die Communicirung des Vertrages an den Kaiser durch- zusetzen. Die französischen Gesandten. Millet und Chassan, der von Dresden hieher gekommen, sind mit dem Benehmen der beiden Kurfürsten nicht ein- verstanden. Die von den Franzosen ausgestreute Behauptung, dass der Kaiser die Candidatur des Czarensohnes für den polnischen Thron begünstige und den- selben mit einer Erzherzogin zu verheirathen denke, erklärt Goess für ein leeres Gerede.

Der Baroii von Schwerin in Discurs, den ich mit ihm von wegen der niederländischen üinü; gehalten, hat unter andern Raisons, warum dieser Churfiirst sich uit leicht in diesem Krieg zu impliciron, auch dieses gemelt. dass wie die Staaten General und sonderlich der Pensio- narius de ^Vitt sich vor diesem in diesem Werk ganz eil'erig erzeigt und den Churfürsten und andere angefrischt; also führen sie ietzunder ganz andere consilia, halten andere fast ab und gehen dahin, dass man Spa- nien zum Frieden gleichsam per forza zu obligiren '); zwar hätten sie in diesem partes mediatoris vertreten, dass wie sie dem Don Estevan de Gamarra zugemuth, dass Spanien über die allbereit conquerirte Plätze noch etwas mehrers dem König in Frankreich einzuräumen, also hätten sie gedachten König die Restitution alles dessen, was er bei diesem Krieg occupirt, hinwiderum zugemuthet.

Bescheid für Blumentlial. Dat. 17. December 1667. (Copie.)

[Was dem Blumentbal auf sein mündliches Anbringen vom 14. Dec. bezüglich des Bündnisses pro defensione libertatum regni Poloniae wider mündbch zu antworten.] 17. Dec. Der Kaiser dankt dem Kurfürsten für seine Eröffnungen-).

Soviel nun in specie die Miteintretung in das proponirte foedus be-

') Vergl. Ranke, Engl. Gesch. V. öoff. : Lefevie-Pontalis I.e. 1.437 ff. '^) üeber Christoph Caspar Blumenthals Sendung nach Wien Puf. I. c. X. 46: Drovscn 1. c. Hl.-.. 217 f.

Verhaiidl. des Goess mit dem Kurfürsten von Sachsen. Bescheid für Bhiinenthal. 363

treffe, hätten I. K. M. der zuversichtliclieu Holinung gelebt, der Herr Churfiirst ^viirde, wo nicht vorhin, doch wenigvSt bei und mit diesem Vortrag sich über den ihro von Baron von Goess bereits vor einem halben Jahr in urgentissimo motuum belgicorum negotio proponirten und seithero eiferigst getriebenen foedere schliesslich vernehmen lassen, damit solches ein Fundament solcher verlangten Miteintretung hätte sein können: Sie hätten auch um so viel mehr Ursach I''. Ch. D. cathegorische Erklärung darüber zu erwarten, je grösser die Noth sei bei jetzigem Zustand dem Niederland eilfertig zu succurriren, je bessere Hoffnung ihro aus Schwe- den gemacht werde, dass selbige Krön in ein solches foedus unverlangt sich mit einlassen wird; da hingegen man in Polen um der Wahl willen sich einiger Violenz oder Vergewaltung nicht zu besorgen, weilen die Krön Frankreich von selbsten von ihren für den Prinzen de Condc angewendeten officiis abstehe; und zumalen man um so viel weniger mit der Denomination eines promoveudi fürzueilen, weilen die Nachrichten aus Polen mitbringen, dass denen zu dem in nächstkünftigen Januario ausge- schriebeneu polnischen Reichstag verordneten Landboten mitgegeben, dass sie die Abschaffung vom selbigen Hof des französischen Gesandtens und hingegen die Admission des churbrandenburgischen Gesandtens, des Frei- herrn von Hoverbeck, zur königlichen Audienz absolute urgiren sollen. Wie dann auch nicht unzeitig zu befahren, da man mit der Extension und Einrichtung des für den Herzogen zu Neuburg gemeinten foederis für- eilen und solches kundbar werden sollte, die polnische Nobilität selbst, sogar auch diejenigen, so vorhin zu einer fürzeitigen Wahl eines succes- soris an selbiger Krön bereit und begierig gewesen, als welche alle das zwischen der Krön Schweden und Churbrandenburg pro libertate Poloniae entworfene foedus nicht zum besten aufgenommen noch schwieriger darüber werden und etwa sich an den Grossherzogen in der Moscau zu henken Anlass nehmen möchten, wann sie in Erfahrung bringen sollten, dass solches foedus noch weiter auf I. K. M. und den König in Frank- reich extendirt werden wollte; gestalt wissentlich, dass erwähnte Nobili- tät und sonderlich die Litthauische zu gedachtem Grossherzogen ohne das geneigt sei. So viel sonsteu des Herrn Herzogen zu Neuburg Person be- lange; derselbe sei zwar P. K. M. naher und lieber Vetter; sie hätten aber bisher aus dessen actionibus nicht allerdings zu schliessen gehabt, wessen man sich auf den verlangten Recommendationsfall in specie gegen denselben zu versehen hätte und hätten I. K. M. auch desthalben mehrere demonstrationes zu erwarten Ursach. Wann nun P. Ch. 1). des Herzogen

364 1^'- Ei'ste Mission des Freihcnti Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

dies Orts führende inteiitiones nicht vorhero in(li\i(Uialitei- bekaiuit waren, so würde nicht undienlich sein, wann sie demselben diese P. K. M. Ge- danken ehist beibringen, und er, Herr Abgesandter, derselben von diesen allen parte geben und inmittelst bis zu einlangender Antwort sich allhie aufhalten thäte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Deceniber 1667. (Or.)

[Brandenburg-sächsisches AUianzproject. Aufnahme des Kaisers in dasselbe. Pol- nische Wahlsache.]

li). Dec. Schwerin tlieilt dem Goess im Auftrage des Kurfürsten den Inhalt des De-

fensivbündnisprojectes zur Sicherung beiderseits Länder und Leute zwischen Brandenburg und Sachsen mit. Vom burgundischen Kreise habe man Sächsi- scherseits keine Meldung darin geschehen lassen wollen. Schwerin behauptet, dass das Project noch nicht endgiltig verfasst worden, weil man vorher die Entscheidung Schwedens zu kennen wünsche. Friesen aber hat behauptet, dass ein solches definitives Project bereits abgefasst worden; dasselbe behauptet der schwedische Resident vom Kurfürsten vernommen zu haben. Auch ist der schwe- dische Resident überhaupt mit dem zurückhaltenden Wesen der Brandenburger, die offenbar die Verhandlungen hinausschieben wollen, bis man Klarheit über die Verhandlungen mit Frankreich hat'), nicht zufrieden. Auf die Aufforderung, den Kaiser in das Defensivbündnis zwischen Brandenburg und Sachsen aufzu- nehmen, gibt Schwerin ausweichende Antworten.

Im polnischen Werk vermerke ich, dass der von Hoverbeck bessere Iloft'nung hat, dass es die Franzosen gut und recht meinen. Der von Mayernberg ist ganz anderer Opinion. Ich bleibe bei der meinen, dass die Franzosen promissa entweder gar nicht oder doch so langsam als möglich praestiren werden und dass ihr vornehmster Scopus auf das beneiicium temporis gericht. Der Stratraan hat heut einen Courier von dem Herzog, seinen Herrn, bekommen; er sagte mir, dass die Franzosen in ihren sincerationibus continuiren und dass si aliqua fides in mundo supere'st, man da gleichwohlen etwas trauen nüisste.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 21. December 1667. (Conc.)

[Polnische Wahlsaclie. Brandenburg-österreichisches Bündnis.]

21. Dec. Goess soll sich in der polnischen Sache, wie bisher, ganz passiv verhalten ;

die Ergebnisse der Verhandlungen mit Blumenthal bewegen den Kaiser nicht,

') Der Veitiag zwischen Frankreich und Brandenburg war am 5., 15. Dec. 1667

l^raiulenburg-sitchsisches und brandeiibiirg'-österreichisches Ailianzproject. 365

seine bisherige Auffassniig der polnischen Frage zu ändern. P> trachtet dem- iiacli dieselbe vielmehr zu einer besseren Occasion zu reserviren, als noch zur Zeit eine Negociation darin zu veranlassen. Blumenthal liabe von dem im Namen des Kaisers von Goess dem Kurfürsten vorgeschla- genen weiteren Bündnisse nichts wissen wollen; trotzdem erhält Goess Befehl in Berlin mitzutheilen. dass gleich bei deiner Ankunft alldort, du P. L. in unserm Namen, obzwar noch ohne Project, iedoch in genore eine fernere Zusammensetzung beeder Theilen denen periclitirenden Niederlan- den zu Hilf angetragen und bis noch inständiglich sollicitiret habest.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Januar 1668. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über ein brandenburg-österreichisches Bündnis

und über die aligemeiue Lage. Hoverbeck. Polnische Angelegenheit. Brandeubnrg-

sächsisch-schwedisches Aliianzprojecl,. Nachrichten aus Holland.]

Der Baron von Schwerin, als ich ihn gestern besucht, hat gleich "2. Jau. anfangs gemelt, der von Blumenthal hätte referirt, dass man beim kai- serlichen Huf gegen ihm Meldung gethan, wegen eines gewissen von mir proponirten foederis. I. Ch. I). wiissten nit eigentlich, ob dasselbe von dem Zinnischen oder einem anderen zu verstehen. Ich habe geantwort, dass von demjenigen, so ich unterschiedlich zu Rettung und zum Securs des burgundischen Kreis proponirt, dessen er sich zwar alsobald guugsam erinnert, aber gleich darrait abgebrochen. Als ich nun ferner ange- worfen, ob I. Ch. D. nit möchten geneigt sein, dieses foedus noch zu perfectioniren, hat er geantwort, dass sie zufürderist den Frieden zu ver- mittelen sucheten ; diese wären allzeit des Churfürsten consilia gewesen und befinde man, dass Spanien für diesmal nichts nützlichers procurirt werden könne, semper insinuando, dass E"". K. M. consilia eben dahin gericht. Ich habe ihme darauf erzählt, was ich für Discursen mit dem churcöllnischen Abgesandten, dem Baron v. Frenz, geführt, dass nem- lich wir weniger nit als sie den Frieden verlangeten und wohl gewünscht, dass wir denselben behalten mögen. Die quaestio seie allein, wie darzu zu gelangen; ob man nit vermeine, dass die mediatio von grösseren Nachdruck sein würde, wann durch ein Reichsconclusum circulus bur- gundicus pro membro imperii und dass man sich dessen vom Reichs- wegen anzunehmen erkennt und declarirt und die gehörige Anstalten

zu Stande gekommen; vergl. Jlörner I. c. 321 ff.; Puf. 1. c. X. 44; Mignet I. c. U. 29GfF. ; Droyseu 1. c. IILo 215 fr.

366 1^- Ei'f'te Mission des Freilieirn .loliann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

dem concluso gemäss gemacht würden, als wann man nit allein inermem und dahero contemptil)ilein. sondern auch wie diese consilia dahin gehen, imposterum non armandam raediationem vornehme; darauf er insinuirt, dass auch pendente mediatione an diesem Reichsconcluso könnte labo- rirt werden. Als ich gefragt, ob er dann hoffen kiinnte, dass es Frank- reich ernst seie, dass sie den Frieden begehren, unangesehen sie so stark armirt und die übrige aut inermes aut pro inermibus zu halten? hat er gesagt von ja; nit dass er den König von Frankreich pro tarn pacifico hielte, sondern dass er wohl sehen könnte, dass weder das Reich noch England, Holland, Schweden, noch andere Interessirte dieser Conqueste zusehen, noch ihm mit Niederland gewehreu lassen würden. . . .

Dem Hoverbeck ist zugeschrieben worden, er solle nit allzu incre- duliis sein und scrupulos erwecken, dardurch man Ombrage geben, der Churfürst in schwere Händel und er selbst in Ungelegenheit gerathen möchte; dahero der von Hoverbeck nun timidior sein solle, dasjenige, was er hie unangenehm zu sein weiss, zu berichten. . . . Gegen mich ist man dahie in re polonica sehr still und doch darbei sehr dubieux, ob sie von Frankreich nit betrogen werden. Ich halte darfür, dass ich besser daran thue, dass dem Churfnrsten durch andere dasienige, was ich destwegen anbringen könnte, gesagt werde, als durch mich, es seie dann, dass es geschehe ex occasione data et tanqiiam non ex professo. . . . Der schwedische Resident lässt Goess das ihm libergebene Project der brandeu- burgisch-säohsiscli-schwedischea Allianz lesen. Die contenta seind, dass das foedus zwischen den beiden Churfürsten und dem Ivönig in Schweden, als Herzogen zu Bremen, Pommern und Verden sein solle; finis foederis defensio mutua ihrer allerseits Chur- und Fürstenthümer und Landen; keinem Menschen zu schaden; die Anzahl des Securs wäre in blanco; das Commando und übrige Ding, wie die foedera pflegen eingericht zu wer- den; wann die Anzahl der Mannschaft nit klecke, solle man wegen der Verhöcherung sich unter einander vergleichen. Die Fürsten von beiden churfürstlichen Häusern sollen mit eintreten können. Von E^ K. M. ge- schieht nicht die geringste Meldung; mir hat man von diesem Project nichts communicirt, sondern vielmehr auf meine Anfrag dasselbe verleugnet. . . .

Die Nachrichten aus Holland bringen mit heutiger Post abermalen, als gedenke man sich gewisser conditionum pacis zu vergleichen und Spanien, wann man sich gutwillig darzu nit verstehen wollte, mit Ge- walt zu Annehmung derselben zu ubligiren'). Dieser Churfürst zeigt

') Vergl. Klopp 1. c. I. '2\ll\.: Lefevre-Pontalis 1. c. I. 451 ff.; Miy^net 1. c. I. 547 ff.

Polnische ^Yahlfl•ao;e. Schwerins Haltimg'. Giese. 367

eine treffliche grosse Diffidenz gegen den Pensionarium de Witt, welcher, nachdem er seine intentiones expiscirt, seines gehabten Vertrauens nun zu seinen Schaden misbrauche.

Goess an den Kaiser. Uat. Berlin 9. Januar 1668. (Or.)

[Schwerins Haltung. Gremonville theilt dem Millet den Verlauf der Verhandlungen mit Rluraenthal mit. Giese.]

Ich habe gute Nachricht, als wollte Schwerin von dem foedus, von 9- J^^n- dem ich sprach, nichts wissen und dass er einiger Maasen geandet, dass man die so hoch importirende Resolution im polnischen Werk dest- wegen aufschieben wollte. Es ist gleichwohl viel, dass man sich ratione dessen, was ich dahier wegen Assistenz für die Niederlanden continuo urgirt, so vergessen anstelle, da doch bekannt und sie selbsten es nit dissimulirt. . . . dass man fast darfür halten wollen, ich treibe dieses Werk so stark, mehr als ein halber Spanier, wie sie es aussprachen, als aus E"". K. j\I. Befelcb, welche man gnugsam'merkete, ganz andere consilia zu führen und am Securs der Niederlanden wenig zu gedenken. Gremon- ville hat au Millet aus Wien den ganzen Verlauf der Blumeiitharschen Ver- handlungen überschrieben; da er die Nachrichten nicht von Blumeuthal haben kann, vielmehr sich über dessen Unzugänglichkeit beklagt, wäre es nothwendig den Vermittler zu erforschen und unschädlich zu machen. Giese wird hier erwartet.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Januar 1668. (Or.)

[Bau der Brücke bei Philippsburg über den Rhein seitens der Franzosen. Des D'Estra- des Aeusserungen über Blaspeil. Des Goess Erklärungen an Siratman über der Fran- zosen Vorgehen.]

Die Nachricht, dass die Franzosen bei Philippsburg eine Brücke über den IG. Jan. Rhein verfertigen lassen, hat den Kurfürsten sehr beunruhigt; ebenso unange- nehm hat ihn der Ausfall des d'Estrades wider Blaspeil, wegen der BrüsseF- schen Tractaten, berührt. Des d'Estrades Entschuldigung ist ärger gewesen, als das erste Verbrechen: er hätte den Blaspeil nemlich hier nicht als einen Churbrandenburgischen. sondern als einen spanischen ministrum considerirt. Ich habe Gelegenheit genommen diese Imperiosität der Franzosen ein wenig mit ihren Farben vorzustellen und zugleich partes araici des Blaspeil zu vertreten '). ... Blaspeil hat denn auch ein Reclit-

') Ueber D'Rstrados' Thätigkeit in dieser Zeit Mem. d'Estrades VI. 159 ff.

368 IV- Eiste ilission des Freihenn Johann von Goess. Jan. IGGö— Hai 1GG8.

fertiguugssclireiben erhalten. Dem Stratman habe ich gesagt, welcher ma.s.sen der von Platen ') zu I'ari.s bravirt und gleichsam bedrohet wor- den, um willen die Herzogen von Braunschweig den von Hammerstein nach Wien geschickt^), darbei ich remonstrirt, was man zu gewarten, wann man sub jugo sein werde, wann schon jetzo, da man noch nit subjugirt, solche leges praescribirt werden wollen. Der Churfürst, wie ich vernimm, hat es trefflich ressentirt und lasse ich mit Fleiss solche Ding nun zuweilen lieber durch jemand andern an dem Churfiirsten kommen und mai; mehr Effect thun, als wann ichs selbsten sase.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Januar 1668. (Or.)

[Den französisch-spanischen Frieden betreffende Unterredungen des Goess mit Schwerin. Giese. Eindruck der französischen Betheuerungen in der polnischen Wahlsache.]

20. Jan. Schwerin hat dem Goess die Bedingungen, unter denen die Generalstaaten

den Frieden zwischen Spanien und Frankreich zu richten^) bereit seien, rait- getheilt. Goess übersendet dem Kaiser einige Schreiben, welche von Frank- reich bezüglich des Congressortes gewechselt worden sind^). Als ieh ver- gangenen Tagen hieraus mit dem Baron von Schwerin vor des Chur- fiirsten Bett welcher am Podagra liegt geredt, habe ich gefragt, ob sie wohl vermerkt, dass die Franzosen das portugiesische Werk in dem ^Niederländischen suchen zu mengen und also diese Tractaten, darzu sie in Apparenz so grosse Begierde gezeigt, zu eludiren^). Der Churfürst hat geantwort, dass das portugiesische Werk darhin gar nit gehöre. . . . Circa causam principalem fragte er (Schwerin) mich, ob ich nit vermeinete, dass considerato praesenti statu nach allen seinen Umständen, Spanien die von den Staaten General proponirende conditiones anzunehmen. Ich antwortete, dass er hierüber eben diese Antwort von mir erwarten müsste, welche er geben würde, wann dem Churfürsten ein so grosses Stück seines patrimonii solchergestalt weggenommen wäre und ihme von Schwerin dann eine solche Frag, wie er mir thäte, geschähe. ... Wegen Versicherung dieses Tractats hat der von Schwerin die Garantie der Mediatorn angezogen, darauf ich geantwort, dass man in instrumento pacis Garantie gnug habe, wann man dieselbe nur, wie es von Recht

') F. E. Platen, osnabrück'scher geheimer Ratli.

-) Yergl. Köcher 1. c. I. 5G5f.

=) Yergl. Lefevre-Pontalis 1. c. I. 458 f.; Mignet 1. c. II. 549 ff.

■*) Schreiben von Lionne 21. und 25. Dec. 16()7.

'•") Vergl. für die Stellung Portugals in diesen Fragen M'gnet 1. c. II. 5Ci5ff.

Frieden zwischen Frankreicti und Spanien betreffend. Polnische Wahlsache. 369

uiul Billigkeit, auch des Reichs Interesse wegen, geschehen sollte, praestiren wollte und dannoch würde dieselbe geleist, wie man nun sähe. Wegen des Stillstands der Waffen bekenne ich, dass ich etwas daran zweifle, ob auch Frankreich so gern darin consentire; sie mögen etwa ge- denken, dass zur Zeit die Campagne diese Tractaten entweder geschlossen oder gebrochen werden sein; in primo casu ist kein Armistitium von Nöten; in erklären sich die Holländer, wann Spanien praescriptas conditiones ausschlage, Frankreich zu assistiren und Spanien darzu zu astringireu. Giese ist angekommen; man glaubt jetzt in Berlin an der Aufrichtigkeit der französischen Erklärungen für Neuburos Candidatur nicht mehr zweifeln zu dürfen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Januar 1668. (Or.)

[Eindruck der Nachricht vom Tode des jungen kaiserlichen Prinzen. Unterredung des Goess mit Schwerin über die allgemeine Lage, über das niederländische und das polnische Werk. Erneuerung der rheinischen Allianz. Urtheil des Goess über den Erfolg dieser Unterredung. Schwedisch-österreichische Allianz. Unterredung des Goess

mit Spörcke.]

Die Nachricht vom Tode des jungen kaiserlichen Prinzen') hat hier 27. Jan. grosse Trauer hervorgerufen. Schwerin drückt Goess das Beileid des Berliner Hofes aus. Wir seind nächst dem in einem ziemlich langen Discurs super praesenti statu rerum gerathen , darin ich ihm vorgestellt, super quam lubrico fundamento, als fides Gallorum seie, man sich diesseits soweit eingelassen; Frankreich erhalte de praesenti alles, was sie verlangen, neutralitatem, renovationem foederis Rhenani, Unterbrechung aller ob- handenen Tractaten und Discouragirung derjenigen, so neben dem Chur- fürsten pro libertate et securitate publica stehen wollen etc. Herent- gegen was hätten sie von Frankreich als mera promissa und schöne protestationes, darbei man in utroque, sowohl circa pacem in Belgio, als promotionem Neoburgici in Polonia, alle Tag mehr Ursach bekäme an der Franzosen Sincerität und Zuhalten zu zweiflen. Quaenam hie esset comparatio und ob er wohl vermeinete, dass man Ursach gehabt von den vorigen und sicheren consiliis abzugehen und sothaue neue an- zutreten; dass mir pro aff"ectu meo erga ipsum sehr leid sein würde, wann ihme diese schädliche Veränderung solle imputirt werden. Er antwortete, dass alle Räth, nomine excepto, dieser Meinung gewesen, dass etliche darunter noch weiter gangen und darfür gehalten, dass, wann auch Frankreich nichts offerirete, der Churfürst dannoch keine

') Ferdinand Wenzel f 3. Jan. 1668.

Mater, z. Gesch. d. G. KuifilrsteD. XIV. 24

370 I^ Erste Mission des Freiheirn Johann von Goess. Jan. 16G5 Mai 16fi8.

andere consilia in re belgica ergreifen können: beklagete, dass wir hierzu Anlass gegeben, indeme man auf so viel wiederholte Instanzen sich nie erklären wollen. Mir wäre bekannt, was ihnen an dem polnischen Werk gelegen. Ob sie nun solche Offerten, die ihnen dar unverhofft gethan würden, auszuschlagen und nit viel mehr die Gelegenheit in Acht zu nehmen. E. K. M. und sich von der Seiten in Sicherheit zu stellen? ^Vanu man zweiflete, ob die Franzosen sincere von ihren Dessein und von dem Conde abstünden, wann andere Ungelegenheiten aus diesem Werk zu l^efahren, so stünde das remedium in E"". K. M. Hunde, wann dieselbe nur hierin sich favorabiliter für dem Herzog erklären woll- ten. . . . Die Gefahr von Moscau apprehendirete er sehr, bekennete auch, dass er nie demjenigen den geringsten Glauben gegeben, was wollen gesagt werden, als verlangeten E. K. M. des Moscowiter Promo- tion mit Absehen auf einige Heirath mit einer unser Princessin; dann es wäre zu augenscheinlich wider dero Interesse. Vermeinete aber noch- malen, dass die Gefahr, so wegen des Moscowiters als des Conde, wann man noch auf ihm bestehen wollte und alle andere, so von der Seiten entstehen könnten, nicht besser abzuwenden, als wann E. K. M. den Herzog von Neuburg, welcher derentwegen alle desiderirende Satisfaction geben würde, auch zur polnischen Krön verhelfen thäten.

Wegen Renovation der rheinischen Allianz weiss ich nit eigentlich, wie weit es darmit kommen. So viel vermerke ich, dass, wann in quaestionem an? nit absolute vom Churfürsten consentirt, doch den Fran- zosen destwegen soviel Versicherung gegeben worden, (hiss sie darmit zufrieden'). Der von Schwerin verneinete es nit, als ich mich darüber, als über eine geschehene Sach beklagt und die Inconvenienzien, auch dass des Churfürsten Reputation nit wenig darbei gelitten, vorgestellt; insinuirete allein, ich wüsste, wie es mit sothanen foederibus beschaffen: andere foedera hätten den Churfürsten nie dahin gebracht, dass er E^ K. M. in etwas geschadet hätte; dieses würde es ebensowenig thun. Ich habe diesen ganzen Discurs dahin gericht, dass ich remonstrirt, dass man iu Zeiten diese obhabende periculosa consilia fahren zu lassen und die vorige widerum zu reassumiren; das sich darfür hielte, was I. Ch. D. hierin thäten, wäre motus violentus, man solle sie widerum ad natura- lem, nempe zur Union mit E"". K. M. kommen lassen. Ich hätte E"". K. M. noch immerzu versichert, dass unangesehen alles, was vorgienge, des Churfürsten Affection und Devotion gegen E. K. M. unverändert verbliebe;

') Vergl. Urk. u. Act. XI. 481 f.

Erneuerung der rlieinisrhen Allianz. Schwedisch-oesterreicliische Allianz. ^71

welches er zeigete sehr gern zu hören, addito, ich hätte mich zu ge- trö.sten quoad violenta, nou durarent diu und wir würden noch endlich aus einem Hören blasen. . . . Mich hat gedünkt, dass einige Ding, so ich hierbei berührt, ihme all ziemlich zu Gemüth gangen. Ich weiss auch, dass er narrando, quae inter nos erant acta, eine ziemliche Veränderung und meliorem spem verspüren lassen; unde nata suspicio, ob etwa der von Blumenthal einige tröstliche Zeitung, sive quoad publicum, sive quoad privatum des Barons von Schwerin, hieher ge- schrieben. Vielleicht mag man auch die in diesem Werk vorfallende Difficultäten täglich mehr gewahr werden. Ich habe auch a quo con- silia hie mutata, Fleiss angewendt, damit die opiuio de concludendo foe- dere zwischen E, K. M. und die Krön Schweden so viel möglich möchte gestärkt werden; certus, dass dieses ein starkes frenum sein würde, den Churfürsten in zu halten. Die von verschiedenen Seiten einlaufenden Be- richte stellen das österreichisch-schwedische Bündnis in der That als dem Ab- schlüsse nahe, ja zum Theile als bereits abgeschlossen, hin; es wäre gut, wenn Blumenthal aus Wien dasselbe berichten würde. Der von Sporcke ist von Seiten des Herzogs von Celle hieher gesendet worden, um des Kurfürsten Pläne zu erforschen. Goess theilt ihm den Zustand mit und betont, wie wichtig das Vorgehen der Braunschweiger Fürsten für die Entscheidungen des Kurfürsten sein würde. Spörcke versichert, dass sein Herr einen sicheren, raisonablen Frieden haben wolle ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Februar 1668. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über die polnische und über die niederländische

Frage. Des Kurfürsten Aeusserungen über seine Stellung zur englisch-staatischen

Allianz. Blaspeil und Romswinckels Reise nach Mecheln.]

Mit Schwerin hat Goess am 1. Febr. eine längere Unterredung. Schwerin 3. Febr. betont die Nothwendigkeit für Neuburgs Candidatur einzutreten; erzählt wie gut jetzt Hoverbeck vom Könige von Polen behandelt werde-). Goess erklärt, diese Aenderung sei ebenfalls wie die frühere auf Frankreichs Einfluss hin er- folgt. Dann wird auch von der niederländischen Frage gesprochen; Goess sagt, was Frankreich fordere, ist zu viel ^). Schwerin gibt zu, dass Frankreich viel fordere, aber die Verhältnisse seien zu dessen Gunsten; sagete aber, es möchte der König in Frankreich sich endlich mit der Grafschaft Bur- gund, welche eine abgesonderte Provinz, ... contentiren, zumalen der König ex foedere, welches nun im Haag zwischen England und den Staaten

^) Ueber Spörcke's Aufenthalt in Berlin Köcher 1. c. 577 f.

^) Vergl. Puf. 1. c. X. 6St.; Droysen 1. (,•■ IH-a 24Üf.

=5) Vergl. Klopp I.e. 1.221 ff.; Lefevre-Pontalis I.e. I. 4r,Ifr.

24*

372 ^^- ^'"rste Mission des Freihenn Johann von Goess. Jan. IGGö— Mai 1668.

General geschlo.s.sen worden '), leicht zu ersehen, dass man seine fernere Progressen nit gedachte zuzusehen. . . . Der Kurfürst sagt dem Goess, die Staaten hätten ihm den Eintritt in diese Allianz freigestellt, er hätte aber erst die näheren Bedingungen derselben zu wissen begehrt-). Der von Schwerin hat mir unter andern geklagt, dass einer, der doch wissentlich den Franzosen zugethan, (ich vermuthe, er habe auf dem de Witt gedeut.) gegen Don Estevan de Gamarra gemelt, dass dieser Churfürst nun der- jenige seie, der nit allein von den vorigen consiliis abstehe, sondern auch andere zu der rheinischen Allianz und was dergleichen, urgire; daraus ich Occasion genommen, abermalen zu repraesentiren, wie glo- ricux P. Ch. D. die bisher geführte consilia gewesen und wie ich mir's für eine particulari glori gehalten, dass ich mich bei diesem churfürst- lichen Hof, da pro honore et securitate gentis germanicae so rühmliche und tapfere consilia geführt wurden, in E"". K. M. Dienste aufhalten thäte; herentgegen auch um so viel mehr und schmerzlicher empfinden müsste, wann man nun darvon abweichen sollte. Er antwortete erstlich, dass der Churfürst nit darvon abwiche und dann, wann sie hierin auch etwas mehr, als wir verlangeten, gethan, hätten wir's selbsten, in- dem man sich nie declariren wollen, verursacht; alles hätte facillime können vermeidet und vorgekommen werden; man wüsste, was dem Churfürsten an Preussen gelegen und consequenter an der Wahl eines Königs in Polen. Er redete mit mir im gewöhnlichen Vertrauen; der Churfürst wäre gewiss im Herzen, wie bis dato, also auch noch E"". K. M. mit treuester Devotion zugethan; wann dieselbe aber sich dem Herzog von Neuburg im polnischen Werk opponiren sollten, müsste er besorgen, dass es zu grosse Extremitäten kommen möchte. Ich insinuirete, dass noch weniger der Churfürst sich E^ K. M. guten intentionibus und con- siliis zu opponiren, massen ich sonsten zum öfteren repraesentirt, dass es wider die leges .der Freundschaft seie, wann ein Freund sich überall und allzeit, alle commoda und eigene Convenienz arrogiren und seinem Freund hinwider die seine nit vergönnen wolle; dass fast alle Welt sich verwundere über diese ihre consilia, auch nit glaube, dass dieselbe allein das polnische Werk pro motivo haben. Hierauf antwortete er pro more, dass der Churfürst sich nit eingelassen, als nachdem E. K. M. Selbsten dem Herzog dero Cooperation vertröstet, dero ministri auch bei

1) Die Tripleallianz vom 13./23. Jan. 1668: gedruckt bei Du Mont I.e. YII. 1, 66 if.; vergl. Mignet 1. c. II. 549 ff.; Rauke, Franz. Gesch. III. 238; Engl. Gesch. Y. 57 ff.

2) Vergi. Droysen 1. c. III.3 220; Puf. 1. c. X. 47.

Die poln. u. die iiiedeiliimi. Angelegenheit. Brandenb. u. die engl.-staat. Allianz. 373

diesem Hof das Werk in dero Namen proponirt; wann man frei wäre, wollte man .<ich gern conformiren: nun man sich und zwar auf E^ K. M. ministrorum Proposition so weit impegnirt und die Tractaten mit dem Herzog von iSeuburg vornehmlich zu diesem Ende angetreten, setzte er das unterthänigste Vertrauen zu E"". K. iM., ... sie werden dem Churfiirsten und dem Herzog diese kaiserliche Gnad erweisen. Wegen das übrige, dass sie andere motiva oder Absehen hierbei haben sollten, sancte iura- vit. dass ihnen Vnrecht geschehe. Ob ich vermeinete, wann die Ne- cessität sie nit absolute zu die.sen consiliis in re polonica obligirete, dass nit sowohl dem Churfiirsten als dessen ministris sonsten sehr grosse emolumenta und beneficla offerirt worden; sie hätten aber alles constanter ausgeschlagen. Giese ist am 30. Jan. nach Warschau gereist '). Dem Abte von Biesen gegenüber vertritt Goess das Vorgehen des Kaisers in der polnischen Wahlfrage. Blaspeil und Romswinckel sind nach Mecheln wegen der Compromisssache. Der Churfiirst hat mich vorgestern lang darmit unterhalten; ich rathe zur Composition und möchte das beste sein; sonsteu habe ich von Anfang nit gern gesehen, dass dieses Compromiss auf das Parlament zu Mecheln geschehen; der gewinnende Theil profitirt keine Obligation, der verlierende werd disobligirt. Der Churfiirst zeigt sich zum gütlichen Accommodement nit ungeneigt; die Holländer aber schei- nen's all zu hoch zu spannen ^).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 6. Februar 1668. (Conc.)

[Weisung bezüglich des österreicbisch-brandenburgischen Allianzprojectes. Polnische Wahlsache. Rheinische Allianz.]

Nachdem der Kaiser am 30. Januar dem Goess aufgetragen hatte, beim 6. Febr. Kurfürsten die Förderung der kaiserlichen Wünsche bezüglich der Wahlcapitu- lationsverhandlungen zu betreiben, erhält Goess am 6. Februar als Antwort auf seine Schreiben vom Januar Befehl, dass soviel die mit ihro verlangte engere Allianz betrifft, du derselben annoch insistirest und nach jetzigen der Sachen Umständen dahin anzutreiben nicht unterlassest, damit I. L'^. ohne Zeitverlierung, wo nicht absolute, jedoch eventualiter und auf den Fall, da die Krön Frankreich zu einem billigen Frieden nicht zu bringen

') Ueber seinen Aufenthalt daselbst Puf. 1. c. X. 69.

^) Es handelte sich vornehmlich um die Räumung von Orsoy und um die Er- ledigung der Hoefysei 'sehen Schuldsache. Yergl. für die Beziehungen des Kurfürsten zu den Holländern in dieser Zeit Heinrich Peter, Johann De Witt, Sybel'sche Zeit- schrift XIII. U2ff.

374 ^^- Ki'ste Mission des Freihenn Johann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

wäre, das vorhin mit uns habende foedus') auf den Succurs der Nie- derlanden erheischender Notdurft nach extendiren lasse. Allermassen dem uns einlaufenden Bericht nach zwischen des Königs in Eugelland L'\ und denen Generalstaaten bereits ein solche Eventualliga geschlossen sein solle^). Wann nun S, L''®". sich zu solcher Extension zwar einlassen, unsere Mitverhelfung aber für des Herzogen zu Neuburg I/*'". zur pol- nischen Krön pro conditione darin mit einziehen wollen; gleich wie du deroselben ein solches auf alle Weis auszureden und zu repraesentiren hättest, wie hoch es die Polaken und zwar zu mehrer des Herzogens L<i. Verbinder- als Beförderung, empfinden würden, dass exteri super successione in regno pro certo quodam procurando sich vincviliren und mit dergleichen Obtrusion sie in der freien Wahl gleichsam irr machen wollten, also könntest du gleichwohl dabei S"". L'*. zu verstehen geben, dass vorermelte engere Allianz per se zu einer guten Vorbereitung hierzu inskünftig bei uns dienen würde. Der Kaiser wird übrigens demnächst mit Blumenthal über die polnische Sache verhandeln. Goess soll sich auch sehr bemühen, dass der Kurfürst in der rheinischen Allianzangelegenheit bei der bis- herigen guten Intention verharre und derselben Ausdruck verleihe.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Februar 1668. (Or.)

[Abreise des Kurfürsten. Inhalt eines Wrangel'schen Schreibens. Französisch-bran- denburgische Beziehungen. Inhalt der brandenburg-französischen Allianz. Oester- reich-schwedische Allianz. Blumenthal's Berichte. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über Frankreichs Vorgehen.]

10. Febr. Der Kurfürst ist nach der Neumark verreist. Der schwedische Resident^)

zeigt dem Goess das Schreiben WrangeFs, worin dieser bedauert, durch Krank- heit bisher an der gewünschten Zusammenkunft verhindert worden zu sein. Er meldt auch, dass er von guter Hand aus Paris habe, dass dahie ein gewisser Tractat mit dem Millet geschlossen worden; welches der Resident nit glauben wollen. Es ist doch etwas daran, obzwar die Ausmachung des Werks auf die churfürstliche Abgesandte nach Paris remittirt worden; es lauft, soviel ich darin vernehmen können, einer Seiten auf die Neutralität und Renovation der rheinischen Allianz, an- derer aber auf des Herzogs zu Neuburg Promotion in Polen und den

') Gemeint ist das Bündnis vom 10. Mai 166G.

2) Yergl Klopp I.e. 1.219; Mignet I.e. II. .549ff.; Ranke, Engl. Gesch. V. 63.

3) Wolfrad.

Oestereich-brandenb. Allianz. Erandeub. -französische Beziehungen. 375

Frieden in Niederland na(di raisonablen Conditionea hinaus'). Die Allianz zwischen Oesterreich und Schweden hält der Resident in quaestione an? für sicher; Avird davon in Berlin Mittheilung machen. Ich vermerke, dass mau dahie von dem von Biumenthal einige Nachricht haben muss, als Hesse man sich zu Wien wegen Promotion des Herzogs von Lothringen zur polnischen Krön etwas mehr heraus und als wann er gewärtig wäre, dass ihme einige formelle Proposition destwegen geschehen möchte"). ...

Der Kramprich hat mir nun seither copiara des im Haag geschlos- senen foederis defensivi und der übrigen Resolutionen, so circa hanc materiam gefasst, zugeschickt. Als ich dem Churfürsteu hierüber re- praesentirt, dass Frankreich allbereit im Werk, dies alles über ein Haufen zu werfen, den gegenwärtigen statum rerum zu perturbiren und also zu- gleich seine gethane protestationes pacificas und diese haagische Trac- taten zu ekidiren, indem der König nun in Person wider die Grafschaft Burgund in Anzug wäre, hat er geantwort. dass man ihm dieses nit so hoch zu verüblen, dass, da kein Stillstand geschlossen, er seine Pro- gressen suchete fortzusetzen. Ich replicirte, dass herentgegen diejenige übel gerathen, welche bei so grossem Interesse, als sie bei diesem Werk hätten, otiosi zusehen und Hessen den König in Frankreich ge wehren.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Februar 1668. (Or.)

[Verhandlungen des schwedischen Residenten mit Schwerin wegen der französisch- brandenburgischen Beziehungen. Urtheil des Goess über Schwedens Haltung in der

polnischen Wahlfrage.] Der schwedische Resident hat sich Schwerin gegenüber über die zwischen 17. Febi Brandenburg und Frankreich ohne Wissen Schwedens, was doch gegen die Bestimmungen der Allianz sei geführten Verhandlungen beklagt. Schwerin gibt zu, dass Verhandlungen gepflogen worden, behauptet aber, dass nichts ab- geschlossen worden sei und verpflichtet sich mit dem Kurfürsten über die Com- munication des Prqjectes an Schweden zu sprechen ; die Verhandlungen sagt er enthielten nichts, was der schwedisch-brandenburgischen Allianz zuwiderlaufe. Wie aus den Erklärungen des schwedischen Residenten und den aus Schweden kommenden Nachrichten zu ersehen ist, dürfte Schweden die Candidatur Neu- burgs in Polen unterstützen, wenn Schwedens Praetensionen bezüglich der Jü- lich'schen Lande Berücksichtigung finden 3).

') Gemeint ist die Allianz vom 15. December 1667; vergl. Mörner I.e. 321 ff.; Droysen 1. c. III.3 219 f.; Puf. 1. c. X. 44; Mignet I. c. II. 296 fP.

-) Vergl. Puf. 1. c. X. 59.

^) Die Ansprüche Schwedens auf die Jülich -clevischen Länder wurden von Magdalena, der Tochter Wilhelois des Reichen, die mit Job. von Zweibrücken ver- mählt war. hergreleitet.

37ß IV. Erste Mission des Freiberrn Johann von Goess. Jan IRßö— Hai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Februar 1668. (Or.)

[Stimmung am kurfürstlichen Hofe. Polnische Wahlsache. Erneuerung der rheini- schen Allianz. Schwerins Mittheilungen an den schwedischen Residenten über die brandenburg-französische Allianz. Mittheilungen des schwedischen Residenten Grave über die Zinna'schen Verhandlungen. Ratification der von Blaspeil geschlossenen

Tractate betreffend.]

24. Febr. Die Stimmung am kurfürstlichen Hofe bleibt 3 dieselbe: man erklärt hier

nicht gebunden zu sein. Stratman fragt Goess, ob er es für vortheilhaft er- achten würde, wenn der Herzog von Neuburg selbst nach Wien reisen würde. Im übrigen merke ich gnug, dass man dahie gar sichere Hoffnung hat, dass der König in Polen und zwar gar bald abdiciren ward. Wegen Renovation der rheinischen Allianz werd man bei diesem churfürstlichen Hof darmit nit eilen, sondern vielleicht gern sehen, dass das Werk auf die lange Bahn gebracht werde; dass aber der Churfürst für diesmalen seine vorige consilia reassumiren und sich dieser Renovation widersetzen, oder von seiner Erklärung quaestiono an? abweichen solle, darzu sehe ich nit die geringste Apparenz und kann meines Erachtens nun nichts bessers darin geschehen, als dass man Fleiss anwende, damit die Hand- lungen darin aufgehalten, das W^erk trainirt und soweit es sein kann, res integra zu besseren Coniuncturen gehalten werde '). Das Haus Braunschweig werd hierzu gern concurriren und werd Schweden auch dergleichen thun, wann sie nit soli hierin wider Frankreich zu erklären, wenigsten werden sie die moras, so darin gemacht werden, gern leiden- Der Baron von Schwerin hat seithero ein Briefl an dem hiesigen schwe- dischen Residenten geschrieben, darin er meldt, dass zwar bei seiner, des Residenten, Abreis nach Pommern, mit dem Millet, wie ers ihm damaln gesagt, nichts geschlossen gewesen, weiln aber dem Millet her- nacher fernere Instruction zukommen und die Churfürstliche nach Paris destinirte Abgesandte^) stark darauf gedrungen, dass der Tractat dahie aufgesetzt und verfertigt werden möchte, habe man's endlichen gethau; ersucht ihn, Residenten, instanter, dass er's bei dem König, seinem Herrn, bestermassen entschuldigen wolle. Nun, dass der Resident die Zeit und das Werk ein wenig überlegt und combinirt, vermeint er, dass er leicht das contrarium und dass der Tractat noch vor seine Abreis geschlossen, beweisen könnte. Grave, der schwedische Resident in Dresden, hat dem Goess bei seiner Durchreise nach Bremen gesagt, ans den Zinna'schen Verhandlungen

') Vergl. Urk. u. Act. XI. 481 f. '^) Pöllnitz und Meinders.

Polnische Wahlsache Brandenb. -französische Allianz BUimenthal in Wien. BT 7

werde nicht? werden, dass er's ex mandato sui regis bei Chursachsen, welcher ohne das nit darzu inclinire, dissuadirt; dass sein König wenig darbei zu thun haben würde, wann er allein als Herzog zu Bremen und Pommern darbei solle considerirt werden. Hätte Churbrandenburg Lust darzu, könnte er in ihr foedus mit Chursachsen mit eintreten; er sagte mir auch, dass dieses foedus seither weiter extendirt worden '). Er hat die gute Meinung, dass Chursachsen sich an Schweden halten und alle Tag mehr von Frankreich abgehen werde.

Dem Don Estevan de Gamarra'-') meldet Goess auf dessen Anfrage wegen ßeschleunigung der Ratification der von dem Blaspeil zu Brüssel geschlossenen Tractate, dass dieselbe bisher nicht zu erhalten gewesen sei.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 29. Febr. 1668. (Conc.)

[Entschliessuug des Kaisers in der polnischen Wahlsache.]

Der Kaiser theilt dem Gesandten mit, dass er bezüglich der polnischen An- 29. Febv gelegenheit bei seinen bishero aufrecht geführten principiis, nemlich der polnischen Republic die Wahlfreiheit bis ad ipsum casum vacantiae vielmehr zu conserviren, als zu unterbauen und den König bei diesen so gefährlichen Coniuncturen vielmehr ad perseverantiam in regno als ad abdicationem zu persuadiren, noch ferners fest zu inhaeriren gedenken. Blumenthal habe man davon auch Mittheilung gemacht^).

Goess an den Kaiser. Dat. BerHn 9. März 1668. (Or.)

[Blumenthars Mittheilungen aus Wien. Verhandlung des cellischen Gesandten in

Berlin. Millet.]

Blumenthal berichtet ans "Wien von dem Fehlschlagen seiner Mission. Die 9. März, brandenburgischen Gesandten melden aus Paris, dass Frankreich es mit den Verhandlungen ernst meine''). Der cellische Abgesandte^) hat zu unter- schiedlichemalen dieses Churfürsten Intention, ob S. Ch. D. in der neu- lich im Haag gemachten Allianz mit eintreten wollen oder nicht [zu

') Gemeint ist der Vertrag vom G.Juli 1G66; vergl. Auerbach 210f. : über die Erneuerung dieses Vertrages Ende 1667 Auerbach 1. c. 295.

■^) Spaniens Vertreter im Haag.

^) Conferenz mit Blumenthal den 21. Februar 1668; Friedeusacten Fase. 106; Puf. 1. c. X. 59.

*) Eine ähnliche Mittheilung machte Goess bereits in einem Schreiben vom 2. März 1668.

^) W. H. Spörcke; vergl. Köcher 1. c. I. 577 f.

378 I^ Erste Mission des Frcihenu Johann von Gocss. Jan. 16(55 Mai 1668.

erforschen gesucht]'), masseii sowohl dieselbe, als die Herzogen, seine Herrn, darzu invitirt worden, hat aber keine cathegorische Antwort er- halten können. Der Churfiirst lasst sich vernehmen, dass der modus praescribendi conditioues pacis, allzuhart; bricht auch gegen mich und andere zum öfteren aus wider die Holländer. Der Cellische vermeint und möchte wohl recht darin haben, dass der Churfiirst, ehe er sich hierüber erkh'ire, des Königs in P'rankreich hierbei führende Intention etwas näher zu vernehmen verlange. Sonsten spricht er, der Abge- sandte, gar resolut und deutsch heraus, meldete neulich in der antica- mera, wann Brandenburg gemuth wäre, wie seine Herrn, wäre der Sachen bald Rath gefunden. Da der Generallieutenant Goltz gefragt, was sie dann thun würden, antwortete er, den Franzosen auf die Köpf schlagen; ad quae Goltz: Ihr habt den König in Schweden neulich offendirt, ietz- under wollt ihr den in Frankreich auch olfendiren; Spörcke antwortete, dass sie mit dem König in Schweden in guten Vernehmen stünden.... Millet soll in kurzem nach Paris zurückkehren; er hat nach und nach grosse Geldsummen erhalten. Hier wäre mir des Davids Kunst und Hülf von oben wohl von Nöten, wann ich wider solche Goliath inermis fechten solle.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. März 1668. (Or.)

[Abreise des cellischen Gesandten. Erfolg von dessen Mission. Braunschweiger Con- vent. Spanisch-portugiesischer Frieden.]

ß. März. Der Kurfürst weicht Gesprächen über die polnische Frage aus. Der cel-

lische Abgesandte Spörcke ist wieder abgereist; man hat ihm den Inhalt des brandenburg-frauzösischen Tractates mitgetheilt, den Vertrag selbst aber nicht übergeben. Bezüglich des Eintrittes Brandenburgs in die haagische Allianz hat er keine bestimmte Erklärung erhalten. Beim Convent in Braunschweig ist Schweden für Bremen und Pommern in das im vorigen Monat August allda aufgerichtete foedus defensivum mit eingetreten-). Spörcke ist sehr gegen die von den Generalstaaten geforderte Ueberlassung von 4000 Soldaten seitens der braunschweigischen Fürsten^). Kramprich berichtet aus dem Haag den Ab- schluss des Friedens zwischen Spanien und Portugal'').

') Die Worte ,zu erforschen gesucht" sind vom Herausgeber hinzugefügt. -) Vergl. Köcher 1. c I. 583 if. ^) Vergl. Köcher 1. c. I. 582.

*) Der Friede wurde am 13. Februar 1C6S geschlo.sseu ; Druck des Vertrages bei Du Mont 1. c. VII. 1 70 ff.

Der cellische Gesandte in Berlin. Waldeck. Frankreichs Pläne. o79

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. März 1668. (Or.)

[Klagen Schwerin's über Misachtung des Kurfürsten in Wien. Waldeck's Erhebung in den Fürstenstand. Polnische Wahlsache. Projectirte Reise des Kurfürsten nach Preussen. Unterredung des Goess mit Schwerin und mit dem Kurfürsten bezüglich

Frankreichs.]

Schwerin beklagt sich im Namen des Kurfürsten über die geringe Beach- 19 März, tung der kurfürstlichen Wünsche in Wien ; so sei die von Friedrich Wil- helm gewünschte Erhebung des Grafen von Waldeck in den Fürstenstand nicht erfolgt und statt den Neuburger in seinem Bestreben um die polnische Krone, wie Brandenburg es wünsche, zu unterstützen, dem Lothringer zu dieser Würde zu verhelfen versucht worden. Der Kurfürst theilt Goess mit. dass er im Juni nach Preussen reisen w^erde, weil die wirthschaftlichen Ver- hältnisse seine Anwesenheit daselbst erforderlich machen; Goess glaubt aber die Reise habe andere Gründe, und zwar hänge dieselbe mit der Abdication des Polenkönigs zusammen. . . .

Als ich mit dem Baron von Schwerin wegen des geschlossenen Friedens zwischen Spanien und Portugal und der von Marques de Castel- Rodrigo acceptirten alternativae ') und jetzigen Zustand der Sachen, da entweder der König in Frankreich auch die alternativam annehmen, oder die Mascara herunter nehmen miisste, geredt; fragte ich ihn, ob er nit vermeinete, dass es nun Zeit wäre, unsere consilia etwas näher zusammen zu tragen;... er antwortete fere in generalibus; sie wären frei und zu nichts verbunden, als zu Vermittelung eines raisonablen Friedens; man hoffe doch der König in Frankreich werde sich hierzu bequemen; der Churfürst sagte mir von den seinigen Nachricht zu haben, dass der Stillstand bis auf den 15. Mai eingewilligt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 26. März 1668. (Or.)

[Haltung Pirandenburgs bezüglich der spanisch -französischen Verwickelungen, der polnischen Wahl und der haagischen Allianz.]

Es laufen Nachrichten ein, dass grosse Hoffnung auf Durchführung des 26. Mäiz. Friedens zwischen Spanien und Frankreich sei. In Berlin will man sich trotz aller Reden des Goess, der an den Frieden nicht glaubt, in eine festere Eini- gung nicht einlassen. Nachrichten aus Polen zeigen, dass die Abdication des Königs beschlossene Sache ist. Schwerin spricht von neuem für den Neuburger,

') Die Alternative, welche Castel-Rodrigo wählte, war, die Freigrafschaft bleibt spanisch, dagegen sollen den Franzosen die von ihnen eroberten Plätze in den Nie- derlanden überlassen werden. Yergl. Ranke, Franz. Gesch. III. 239: Mignet I.e. II. 620 ff.; Lefevre-Pontalis 1. c. I. 468 ff.

380 I^- Ki'-~^te Mission des Freiherrn Joiiann von Goess. Jan. 1665 Mai 1668.

erklärt ancJi Schweden sei sehr für denselben. In die haagische Allianz ist der Kurfürst noch nicht eingetreten. Der kurfürstliche Resident im Haag. Copes, berichtet, dass er bisher keine Hoffnung auf Subsidien seitens der General- staaten machen könne.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. April 1668. (Or.)

[Geringe Hoffnung auf Herstellung des spanisch-französischen Friedens. Unterredung des Goess mit dem schwedischen Residenten und mit dem Kurfürsten über des Kaisers Haltung in der polnischen Wahlsache. Niederländische Sache. Haltung des Kur- fürsten bezüglich der Haager Allianz. Pöllnitz und Jleinders. Geplante Unterredung des Kurfürsten mit Wrangel.]

6. April. Die Hoffnung auf Frieden zwischen Spanien und Frankreich wird immer ge-

ringer, der hiesige Hof hofft zwar noch auf Frieden, aber bei weitem weniger zuver- sichtlich als vorher. Der Kurfürst erwähnt dem schwedischen Residenten gegen- über die Pläne des Czaren, den polnischen Thron für seinen Sohn zu gewinnen, und dass er fürchte, der Kaiser unterstütze ihn, indem er willens sei eine oesterreichische Princessin mit dem jungen Fürsten zu vermählen. Goess zeigt, wie ungerecht und unlogisch ein solcher Vorwurf sei. I. Ch. D., dero zwei- felsohne nit lieb gewesen, dass ich dieses alles eben in Beisein des schwedischen Residenten, dahin man zielt und uns bei Schweden ver- diichtig machen will, vorgebracht, schaueten bei diesem Discurs immer zum Fenster hinaus. . . . Als bei diesem Discurs mit dem Churfürsten auch wegen des niederländischen Werk Meldung geschehen und der Scrupul wegen des Marques de Castel-Rodrigo Pienipotenz, weiln dieselbe lang vor der Alternative emanirt, nit für unbillig gehalten werden wollen und ich herentgegen vorgestellt, dass die Alternative allein conditiones pacis respi- cire, auf welche der Marques amplissime instruirt und er endlichen seine actiones zu verantworten; hat nach meinem Abzug der Churfiirst zum Residenten gesagt, ich nähme mich heisser der Spanier an, als E. K. M. Selbsten nit thäten.

Wegen Miteintretung in das haagische foedus haben S. Ch. D. gegen gemelten Residenten diesmalen auch gemelt, dass es darmit gut Zeit hätte. Ich vermerke, dass sie die von den Herzogen von Lüneburg ge- schehene Ueberlassung theils ihrer Völker an den Staaten General nit approbiren^); sie haben nit gute Opinion de statu interno Angliae und ominiren fast sinistra von Holland, und sonderlich von dem Pensionario de Witt bleibt immerzu einige Aversion. Als Meldung geschehen wegen des Mechelischen compromissi, darvon sie sagten, dass Holland

•) Vergl. Küoher 1. c. I. 588ff

Spanisch-franz. Frieden betreffend. Polnische Wahlsache. Haagische Allianz. 381

wollte resiliiren, ich aber suggerirete, dass sie solcher gestalt viara facti und die oft angedrohete executiones per forza widerum zu besorgen, antworteten sie, wann's darzu käme, würden sie solche resolutiones nehmen, dass es Holland noch lang nach ihrem Tod gereuen würde. Pölliiitz und Meinders dürften auf der Rückreise nach Berlin begriffen sein. Der beabsichtigten Unterredung zwisclien dem Kurfürsten und Wränge! stellen sich Schwierigkeiten in den Weg.

Die Weisungen aus dieser Zeit enthalten nichts von Bedeutung; der Kaiser erklärt, bis die' Verhältnisse sich geklärt, keine neuen Befehle geben zu können und bei den bisher gefassten Beschlössen, insbesondere auch bezüglich des pol- nischen Wahlwesens, verbleiben zu müssen. (Weisungen vom 16. März, 18. April).

Goess an den Kaiser. Dat. Beilin 20. April 1668. (Or.)

[Mission Detlefs von Ahlefekl. Klagen desselben über des Kaisers Vorgehen. Unter- redung des Goess mit demselben. Heirath des Kurfürsten.]

Detlef von Ahlefeld ist angekommen, reist zum Kurfürsten nach Lehnin. 20. April. Seine Mission betrifft das oldenburgische Successionswerk , den Zoll auf der Weser und dergleichen. Er beklagt sich Goess gegenüber wegen des Kaisers Vorgehen in diesen Angelegenheiten. Goess widerlegt diese Klagen und rätli gütliche Beilegung des Successionsstreites. Der dänische Gesandte erwidert, sein Herr wolle eine Summe Geldes hergeben; Herzog Joachim Ernst wollte Land und Leut haben, und gleichsam statum in statu formiren; darzu würden sie's nie kommen las.sen. Ahlefeld berichtet auch, dass die Gene- ralstaaten seinen Herrn zum Eintritt in die haagische Allianz eingeladen hätten. Die Heirath des Kurfürsten mit der verwittweten Fürstin von Celle wird immer wahrscheinlicher

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. April 1665. (Or.)

[Millet's Erklärungen in der Friedensfrage. WrangeFs Neigung für eine Österreich- schwedische Allianz.]

Millet erklärt dem Schwerin und dem Goess, sein König habe in die Ver- 27. April längerung des Waffenstillstandes gewilligt; der Friede dürfte daher bald erfolgen. Der schwedische Resident ist aus Pommern zurück, hat Wrangel in günstiger Stimmung für eine Allianz mit dem Wiener Hofe gefunden. Wrangel wünscht die Beschleunigung der Verhandlungen ').

') Vergl. für die schwedisch-österreich Beziehungen dieser Zeit Carlsou I.e. [V.508f.

382 '^'- Ki'ste Mission des Freiherrn Johann von Goess. Jan. 1G65 Mai 1668.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. Mai 1668. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über die niederländische Angelegenheit und Brandenburgs Interessen bei derselben. Geplante Heirath des Kurfürsten.]

4. Mai. Der Kurfürst ist vom Lande in die Stadt zurückgekehrt, woselbst er die

Nachricht von dem Abschlüsse des Friedens zwischen Spanien und Frankreich erhält'). Der Baron von Schwerin hat darbet frei bekennt, dass dieser Fried nit also gethan, noch die Sachen in solchem Stand gesetzt wer- den, dass man grosse Ursach habe sich darüber 7a\ erfreuen; ausser dass der cursus armorum Gallicorum sistirt würde. Man vernehme, dass die Königin in Hispanien dem Marques de Castel-Rodrigo Ordre gegeben, alles zu unterschreiben, was ihm vorgelegt würde; welches ich insinuirte, dass intra terminos alternativae müsste verstanden werden, er aber dahin deutete, dass man spanischer Seiten etwa gedachte, alles dieses wider- um über Häuf zn werfen, oder wohl sich künftig mit Frankreich oder England wegen der Niederlanden zu vergleichen und Holland ihres jetzigen procedere gereuen zu machen; insinuando mithin, was er dem de Lisola zum öftern gesagt hätte, dass er wünschen möchte, dass der Churfürst, sein Herr, etwas in Sicilien oder anderswo hätte, was man mit dem Obergelderland vertauschen und also der Churfürst des Königs in Hispanien vasallus werden künnte. Ad quae ego, wann sie meinen guten Rath gefolgt, dem König in Hispanien assistirt und ein Theil des Gelderlands zur Hypothec der vorschiessenden Gelder angenommen, wie ich ihm\s proponirt bei des Herrn Markgrafen von Baden Negociation bei diesem Huf, möchte es eine gute Disposition hierzu gewesen sein. Er hat mir auch gesagt, dass auch diejenige unter ihren Leuten, welche am meisten gerathen, dass S. Ch. D. in das haagische foedus mit ein- treten sollten, nun bekennen, dass wohl geschehen, dass man's nit ge- than, als wann man nun befunde, dass Holland hierbei gefährliche diseigni führe und gleichsam mit Frankreich colludire. ... Er wollte nit zustehen, massen ich's iusinuirete, dass sie hierin Reflexion auf Frankreich genommen; gestünde doch, dass auf Polen, quod tamen hie idem est ... Des Churfürsten Heirath mit der vervvittibten Herzogin zu CelP), haltet man für gewiss und dass dieselbe noch im Junio, post

') Der Friede wurde am 2. Mai 16G8 geschlossen; vergl. Du Mont 1. c. YII.i 89ff. : Ranke, Franz. Gesch. III. -241; Lefevre-Pontalis I.e. I. 485f.; Klopp I.e. I. 222 ff.; Mignet 1. c. II. 632 ff.

-) Dorothea, Tochter Philipps, Herzogs von Holstein-Sonderburg-Gliicksburg; vergl. Orlich I.e. I. .jälff.

Niederlänilische Angelegenheit. Heiratli des Kurfürsten. Oest.-schwed. Allinnz. 383

elap.sam annuni vicluitatis, welches auf den 18. eiusdem sein ward, voll- zogen werden werd und zwar sine pompa.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. Mai 1668. (Or.)

[Drängen der Schweden auf Abschluss der oesterreich-schwedischen Allianz. Urtheil des Goess. Geplante Reise Giese's oder des Herzogs von Neuburg nach Wien.]

Im Namen Wrangeis dringt der schwedische Resident in Goess, dieser 11. Mai. möge dem Kaiser dringend zum Abschlüsse des Bündnisses mit Schweden rathen, weil sonst Gefahr sei, dass Schweden sich wieder an Frankreich hänge. Goess meint dem Residenten gegenüber, Schweden könnte jetzt, wo kein Krieg zu führen, seine Forderungen herabsetzen. Ich l)in allezeit der Meinuua; oe- wesen und noch, dass man allen Fleiss anzuwenden, auch ein gut Stück Geld nit anzusehen, damit man Schweden von Frankreich ab und an uns bringe. Ich kann anders nit sehen, als dass man schwedischer Seiten darzu wohl inclinirt, die Krön hat eine grosse Reflexion auf die beide potentias maritimas. als Eng- und Holland und sonderlich auf England; wann diese nun in dem foedere mit eintreten sollten, würde es bei Schweden ein starkes motivum sein. E. K. M. wissen gnädigst, was für eine grosse Reflexion dieser Churfürst auf Schweden zu machen und möchte vielleicht kein kräftigers Mittel gefanden werden können S. Ch. D. auf E^ K. M. Partei zu aff'irmiren, als wann sie Schweden mit deroselben wohl vereinet') und mit einer guten Allianz wohl verbunden sähen; welches nun abermalen all viel gute Consequenzieu nach sich ziehen würde, sowohl wegen der eigenen Macht S^ Ch. D., als wegen des Absehens, so die andere Stand im Reich auf dieselbe haben. Der Kur- fürst fragt oft, wie es mit den Verhandlungen steht-). Stratman berichtet dem Goess, dass Giese, vielleicht aber der Herzog von Neuburg selbst, nach Wien reisen werde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. Mai 1668. (Or.)

[Gerüchte von einer Einigung Russlands und Spaniens. Zweck derselben. Rückkehr des Pöllnitz und des Meiuders. Geschenke für den Kurfürsten. Heirath des Kurfürsten.]

Die Franzosen verbreiten das Gerücht, die Abgesandten Russlands in Ma- 21. Mai. drid ■') hätten der Königin beständige Freundschaft, Union Avider die Ungläu- bigen und Assistenz Avider alle Feinde des Hauses Habshurg angetragen, wenn

0 Im Original das unverständliche verinnest.

-) Vergl. Carlson 1. c. IV. 508 f.

") Ueber diese Gesandtschaft Theat. Europ. X. 901 f.

384 IV. Erste Mission des Freiherrii Johann von Goess. Jan. If)ß5 Mai 10(^8.

Spanien die Wahl des zweitgeboreuen Sohnes des Czaren znni Pulenkünige und die Verheirathung mit einer oesterreichischen Princessin fördern wolle. Nun ist der zweitgeborene 8 9 Jahre alt. Trotzdem wird die Sache hier ernst genommen. Die Franzosen wollen durch diese Gerüchte, wie Goess glaubt, die oesterreicliisch-schwedische Allianz hintertreitien. Meinders und Pöllnitz sind aus Paris zurückgekehrt; brachten dem Kurfürsten einen kostbaren Degen, dessen Werth von einigen auf 50 000, von anderen aber auf 20 000 Rthlr. ge- schätzt wird.

Die Heirath des Kurfürsten soll am 25. Juni stattfinden. Ich vernimm, dass die Princesse von Oratiien') schon 3 Wochen an dem Churfür.sten nit schreibt; man vermeint, es seie wegen dieser Heirath, die sie nit gern sehe.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Mai 1668. (Or.)

[Religionsangelegenheiten. Tod des Sparr.] 25. Mai. Goess denkt demnächst nach Karlsbad zur Kur zu reisen.

Vergangenen Tagen ist die Difficultät wegen der Religion und dar- über ergangenen churfürstlichen Edicten widerum geregelt worden. Der Churfürst hat schon längsten verboten, dass so Lutherische als Refor- mirte sich enthalten sollen, einander zu verketzeren und zu verdam- men. Weiln aber die churfürstliche edicta sehr ad specialia kommen und den Lutherischen gedünkt, dass sie Gewissen halber hierin nit pa- riren künnten, als haben die Predicanten sich geweigert, gewisse Revers, so den edictis gemäss verfasst worden, zu beschwören und auch zu unterschreiben. Weiln man nun vermuthet, dass sie von den lutheri- schen Räthen gestärkt worden, als haben L Ch. D. an dieselbe begehrt, sie sollten eine gewisse Schrift unterschreiben und sich obligiren, dass sie daran sein wollen, dass gedachte edicta, welche einigermassen mo- derirt worden, gehalten und wann etwas darwider geschieht, dem Chur- fürsten dessen advertirt werden; wann auch ihrer einer oder ander sich ad consensum fundamentalem beider Religion nit verstehen könnte, so solle er doch a coetu suo und Religionverwaudtschaft diejenige nit aus- schliessen, welche sich hierzu verstünden. Der Obermarschalk Canstein hat diese Schrift zwar unterschrieben; es scheint aber, dass er nun Scrupl darbei habe und sich beklage, dass er übereilt worden und hat er eine ausführliche Declaration zu Papier gesetzt, wie und welcher ge- stalt er diese Schrift verstehe und folgends unterschrieben, mit Begehren,

*) Amalie.

Keliiiionsangelegenheiten. Allianz zwischen dem Kaiser, Schweden. Sachsen etc. 385

dass dieselbe der von ihm unterschriebenen Schrift beigelegt werde. Die andere Räthe alle, wie ich vernimm, wollen sich hierzu keineswegs verstellen. Meines Erachtens ist es eine delicate Materie, darin man sehr behutsam zu verfahren. Des Churfürsten Unterthanen seind meistens Lutherisch und sehe ich, dass auch die devotiste gegen S. Ch. D. sich hierüber bekümmern. Es werd von einigen glaubt, weiln nun eine lu- therische Churfürstin kommen solle, dass man noch vorhero gern dieses Werk zu der Reformirten Sicherheit und Avantagio zu behaupten suche '). Sparr ist gestorben ■).

Goess au den Kaiser. Dat. Berlin 28. Mai 1668. (Or.)

[Rurkersrode's Rathschläge bezüglich einer Allianz zwischen dem Kaiser, Schweden, Sachsen und Braudenhurg.]

Burkersrode ist aus Dresden nach Berlin gekommen; wie Goess glaubt. 25. Mai. mehr um die Stimmung des Berliner Hofes zu erforschen, als eines bestimmten Zweckes halber. Er berichtet, dass zu Dresden von einer Allianz zwischen dem Kaiser, Schweden. Sachsen und Brandenburg gesprochen werde ; das,s Sachsen nicht abgeneigt sei, aber die Verhandlungen so geführt wünsche, dass Frankreich keine Jalousie fasse; Geld sei dazu in erster Linie notbwendig; als Mittel dasselbe aufzubringen, schlägt er die Besteuerung der Unterthanen vor. Goess denkt am 29. Mai nach Karlsbad zu reisen.

') Für die religiösen Verhältnisse im allgemeinen; Brandes, Geschichte der kirch- lichen Politik des Hauses Brandenburg I. 229ft'. ; Hugo Landwehr, Die kirchlichen Zustände der Mark unter dem Grossen Kurfürsten, Forschungen zur brandenb. und preuss. Geschichte, I. 181 ff.; Lehmann, M., Preussen und die katholische Kirche seit lfi4Ü, L 42 ff. Für die im Texte erwähnte Angelegenheit insbesondere, vergl. das Schj-eiben des Kurfürsten vom Ib. Juli 16G8: Orlich I. c. HI. 175.

-) Otto Christoph Freiherr \ on Sparr, Generalfeklmarschall: er starb am 9. Mai; Klaproth 1. c. 354 f.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfih-sten. XTV. 25

V.

Zweite Mission

des FreilieiTn Johauu von Goess.

Oct. 1668 -Sept. 1671.

25*

Einleitung.

Die erste Mission des Freiherrn von Goess war oline besondere Erfolge geblieben. Wohl hatte sich Friedrich Wilhelm zur Erneuerung der Allianz von 1658 entschlossen und bezüglich der Reichsangelegenheiten eine dem Kaiser günstige Haltung beobachtet; allein er hatte dies letztere nur insoweit gethan, als die Interessen des Kaisers denen seiner Mitkurfürsten und seinen eigenen nicht zuwiderliefen; und wenn er sich die Erneuerung der Allianz von 1658 hatte gefallen lassen, so hatte er doch zu gleicher Zeit mit anderen Mächten Abkommen getroffen, die den Werth des mit Leopold eingegangenen Bündnisses wesentlich beeinträchtigten. Zumal aber während des Verlaufes des ersten Devolutionskrieges trat eine bedenkliche Verschlechterung in den Beziehungen der beiden Staaten ein. Das zögernde Benehmen des Wiener Hofes, des Kaisers entschiedene Weigerung durch ein energisches Eingreifen dem in den Nieder- landen geführten Kampfe eine entscheidende W'endung zu geben, verletzten den Kurfürsten, der im Laufe des Jahres 1667 sehr lebhaft an dem Plane einer gemeinsamen Abwehr der französischen Uebergriffe gearbeitet hatte. Immer fester fasste der Gedanke bei Friedrich Wilhelm Wurzel, dass der AViener Hof es mit seinen Erklärungen gegen Frankreich nicht ehrlich meine, dass geheime Abmachungen zum isachtheile der Protestanten zwischen den beiden Höfen ge- plant würden, und dieser Gedanke bewog ihn, da er auch bei den Staaten Avenig Entgegenkommen fand . in rascher Wendung mit Frankreich ein Ab- kommen zu treffen , durch das er sich zur Neutralität im niederländischen Kriege gegen das Versprechen Ludwig XIV. verpflichtete, seine Wünsche in der polnischen Wahlfrage zu berücksichtigen. Um so empfindlicher musste es ihn daher berühren, als alle seine Bemühungen den Kaiser zu einem ähnlichen Versprechen zu vermögen, erfolglos blieben. Mehr als alles andere hat, wie aus den im vorigen Abschnitte mitgetheilten Acten zu ersehen ist, das wenig entgegenkommende Benehmen des AViener Hofes in dieser Sache zur Verstim- mung des Kurfürsten beigetragen. Da geschah es nun, dass wenige W^ochen, na'chdem Goess Berlin verlassen hatte, die AViener Regierung den Entschluss fasste, die bisher in der polnischen AV'ahlfrage befolgte Politik aufzugeben

390 V. Zweite Mission des Freihei-rn .Toliaiui von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

und wenigstens officiell für die Förderung der Wahl des Neuburgers einzutreten '). Kein Zweifel, dass in erster Linie die Ereignisse in Polen selbst die Veranlassung zu diesem Umschwünge in der Haltung des Wiener Hofes gegeben haben. Johann Casimir hatte sich, aller Abmahnungen des Kaisers ungeachtet, dessen Interessen die Fortdauer der Regierung des Herrschers aus dem Hause Wasa am besten entsprochen hätte, im Laufe des Jahres 1668 zur Ab- dankung entschlossen und schon Mitte des Jahres 1668 zweifelte man in unter- richteten Kreisen nicht mehr daran, dass dieselbe demnächst erfolgen werde. Die französische Partei in Polen war, obgleich sie durch den Tod der Königin Marie Louise ihre bedeutendste Stütze verloren hatte, noch immer eine überaus mächtige; es stand zu befürchten, dass Ludwig XIV. eine fernere Weigerung Leopolds die neuburgische Candidatur zu fördern, benützen werde, um trotz all der gegebenen Zusagen die Wahl des Prinzen von Conde oder eines an- deren Mitgliedes seines Hauses durchzusetzen, und es war bei der Zersplitterung der Stimmen, bei der Gewinnsucht einzelner Magnaten und mit Rücksicht auf die reichen Mittel, welche den Vertretern Ludwig XIV. zur Verfügung standen, mehr als zweifelhaft, ob es gelingen werde, die Wahl eines französischen Can- didaten zu hintertreiben''*). Unter allen Umständen schien es dem Kaiser, der durch den Abgesandten des Herzogs von Neuburg immer wieder um Förderung der neuburgischen Candidatur angegangen wurde und der von den Wünschen und Bemühungen des Brandenburgers in dieser Angelegenheit, wie von dessel- ben zur Förderung der pfälzischen Candidatur mit Schweden und Frankreich abgeschlossenen Verträgen^) Kenntniss hatte, zweckmässig, dem Abgesandten des Neuburgers, Giese, die Versicherung zu geben, dass er seinen ganzen Ein- fluss aufbieten werde, um die Wahl des Neuburgers zu fördern und dem Kur- fürsten von Brandenburg von diesem Entschlüsse Mittheilung zukommen zu lassen. Schon am 14. August 1668 war Goess, der, zu dieser Mission aus- ersehen, sich in Karlsbad aufhielt, in diesem Sinne verständigt und beauftragt worden, nach Berlin zu eilen. Seine Abreise verzögerte sich. Unterdess er- folgte aber nicht allein am 16. September 1668 die Abdankung des Polenkönigs, sondern es lief zu gleicher Zeit in Wien die Nachricht ein, dass ein grosser Theil des polnischen Adels auf das entschiedenste gegen die Wahl des Neu- burgers protestire, dass Friedrich Wilhelm die Candidatur nicht ernst nehme

0 Die Politik des Wiener Hofes bei der polnischen Königswahl von 1669 ver- diente eine besondere Darstellung; was bei Grauert „Ueber die Thronentsagung des Königs Kasimir von Polen und die Wahl seines Nachfolgers" Sitzber. der Wiener Acad. der Wiss. VI., sich findet, genügt nicht.

^) Die Literatur über die polnische Königswahl von 1669 bei Krebs, Oskar, „Vorge- schichte der polnischen Königswahl im Jahre 1669", Zeitschrift für die Provinz Posen 1887; p. 159 Anm. Für Frankreichs Pläne überdies die Instructionen für Beziers in dem Baude „Pologne" der Recueil des Instructions donnees aux ambassadeurs fran- ^aises. I. p. 53 ff. und die Schrift Waliszewski's; Conde et d'Enghien, candidats au trone de Pologne.

^) Verträge vom 5./15. Dec. 1667 mit Frankreich: vom 6. Mai 1668 mit Schwe- den; Mörner I.e. 321 ff., 328ff.

Einleitung. 391

und dass Ludwig XIV. daran sei, 4 5000 Mann nach Polen zu senden, um dort die Wahl in einer Frankreichs Interessen entsprechenden Weise durchzu- führen. Um so dringender schien es nun der AYiener Regierung eine Verein- barung in dieser Frage mit dem Kurfürsten von Brandenburg zu treffen. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Acten zeigen den Verlauf der von dem Vertreter Leopolds mit dem Kurfürsten und seinen Räthen geführten Ver- handlungen. Goess empfing bei seiner Ankunft in Königsberg, Avoselbst der Kurfürst damals weilte und wo Goess gegen Ende des Jahres 1668 eintraf, den Eindruck, dass alle Nachrichten von einem Meinungswechsel des Kurfürsten bezüglich der neuburgischen Candidatur unbegründet seien, dass Friedrich Wil- helm vielmehr fester als je entschlossen sei, alles was in seiner Macht stehe, zu Gunsten der Wahl des Neuburgers aufzubieten. Und da nun der Kurfürst seinerseits sich mit den von Goess im Namen seines Herrn gegebenen Ver- sicherungen überaus befriedigt erklärte, bestand die wesentlichste Differenz in dieser Zeit der ersten Verhandlungen darin, dass Goess an der Aufrichtigkeit der französischen Erklärungen zu Gunsten des Neuburgers nicht recht glauben, Friedrich Wilhelm aber von einer Täuschung nichts wissen wollte. Je näher aber die Zeit der Wahl heranrückte, desto grösser A\Tirden die Differenzen. Denn während es Goess mit der Zeit gelang den Kurfürsten davon zu über- zeugen, dass Ludwig XIV. es mit der Förderung der neuburgischen Candidatur nicht ehrlich meine; dass der Bischof v. Beziers, der Vertreter Frankreichs in Polen, vielmehr im geheimen noch immer für den Prinzen von Conde agitire, weigerte sich der Wiener Hof auf den Vorschlag des Kurfürsten zur Begegnung jeder derartigen Gefahr einzugehen, welcher dahin gieng, den Neuburger, wenn nöthig auch mit Waffengewalt, gegen jeden anderen von einem grösseren oder kleineren Theile der polnischen Nation gewählten Fürsten, in seiner Würde aufrechtzuerhalten, und bestärkte dadurch Friedrich Wilhelm in dem längst gefassten Argwohne, dass auch der Wiener Hof es mit der Wahl des Neuburgers nicht ehrlich meine, vielmehr die Wahl des Prinzen von Lothringen zu fördern willens sei. Und dieses wie wir wissen gerechtfertigte Mistrauen nahm immer zu, obgleich der Kaiser und seine Vertreter in Polen und am kurfürstlichen Hofe nicht müde wurden, das Gegentheil zu behaupten, und schwand auch dann nicht, als in Folge der Uneinigkeit und des eigennützigen Vorgehens der inter- essirten Mächte, die Polen sich zur Wahl eines Eingeborenen entschlossen. Denn neben Vorwürfen, mit denen der Kurfürst nicht sparte, so oft der Wahl Michael Wiesnowiecki's gedacht wurde, bekam Goess auch Aeusserungen des Mistrauens zu hören, das sich noch steigerte, als die Absicht des neuen Polenkönigs eine habsburgische Prinzessin heimzuführen, in Berlin bekannt wurde. Die Be- ruhigung des Kurfürsten bezüglich der Pläne Oesterreichs in Polen und die Vermittelung zwischen Friedrich Wilhelm und Michael Wiesnowiecki blieb eine der wesentlichsten Aufgaben des kaiserlichen Gesandten am Berliner Hofe, die derselbe, wie aus den im Nachfolgenden mitgetheilten Acten zu ersehen ist, mit vielem Geschick und nicht ohne Erfolg durchführte.

In denselben Tagen, da man dem kaiserlichen Gesandten die Instruction für sein A^'orgehen in der polnischen Wahlfrage gab. wurde ihm auch die ent-

302 ^'- Zweite Mission des Freiherru Johnnn von Goess. Oct. 16G8 Sept. IßTl.

sprechende Weisung üher die Haltung übersendet, die er hezüglicli der vielen Angelegenheiten zu beobachten habe, über die gerade damals zu Regensburg sehr lebhaft verhandelt wurde und für deren Erledigung die Entscheidung des Kur- fürsten von Brandenburg von ausschlaggebender Bedeutung werden konnte. Schon während seines ersten Aufenthaltes am Berliner Hofe hatte Goess wieder- holt die Gelegenheit wahrgenommen mit dem Kurfürsten über die Reichsange- legenheiten zu sprechen, und er hatte denselben, wenn auch nicht bezüglich aller, so doch bezüglich der Mehrzahl der Fragen in einer den Plänen Leopolds günstigen Stimmung angetroffen. Freilich hatte diese Neigung des Kaisers For- derungen zu unterstützen sich stets innerhalb der durch das eigene Interesse umgrenzten Bahnen bewegt und war in erster Linie dem Umstände zuzu- schreiben, dass Friedrich Wilhelm den auf dem Reichstage geplanten Reorgani- sationen nur sehr geringes Gewicht beimass. Auch konnte es einem aufmerk- samen Beobachter nicht entgehen, dass Friedrich Wilhelm jedes bindende Ver- sprechen in der Mehrzahl der Fälle zu vermeiden suchte und seine Entschei- dung in den verschiedenen Reichsfragen als ein geeignetes Mittel zu betrachten schien, um den Kaiser in anderen Dingen zur Nachgiebigkeit zu vermögen. Von all" den Fragen, welche die Reorganisation des Reiches betrafen und seit der im Jahre 1663 erfolgten Eröffnung des Reichstages zu Regensburg Gegenstand der Berathung gewesen waren, war nicht eine einzige erledigt worden. Noch immer verhandelte man über die Sicherheit des Reiches, über die Revision der Matrikel, über die Reichskriegsverfassung; noch immer war die Frage der Wahl- capitulation nicht erledigt, eine Einigung zwischen Kurfür.sten und Fürsten, zwischen Fürsten und Städten . zwischen den evangelischen und katholischen Reichsständen nicht erfolgt.

Von Tag zu Tag wuchsen vielmehr Uneinigkeit und Verwirrung. Die weltliclien Fürsten wünschten die Macht des Kaisers , zugleich aber aber auch die der Kurfürsten zu brechen; die Kurfürsten ihrerseits ihre Vorrechte zu wahren, ohne jedoch die auf Vergrösserung seiner Macht und seines Ansehens im Reiche gerichteten Bestrebungen des Kaisers billigen, oder die Fürsten in ihrer Opposition gegen das Reichsoberhaupt unterstützen zu wollen ; der Kaiser widerum gieng darauf aus seine Autorität auf Kosten aller Reichsstände zu ver- grössern. Dieses eigennützige Vorgehen aller Parteien kam aber keiner der- selben, sondern lediglich den auswärtigen Mächten, in erster Linie Frankreich zu Gute, das aus dem Wirrsal und der gegenseitigen Befehdung der verschiedenen Reichstände Vortheil zu ziehen, seinen Einfluss im Reiche zu vergrössern verstand.

Gerade in jenen Tagen nun, als Goess zum zweiten Male an den Hof des Kurfürsten von Brandenburg gesendet Avurde, befanden sich die Reichsangelegen- heiten in der grössten Verwirrung, drohten dem Kaiser durch das Verhalten einzelner Fürsten schwere Einbusse an Macht und Ansehen. Denn während die weltlichen Fürsten bis dahin bei ihren Versuchen die Macht des Kaisers durch den von ihnen projectirten Appendix und Epilog zur Wahlcapitulation zu schmälern, an den Kurfürsten mit Ausnahme des von Baiern ent- schiedene Widersacher gefunden hatten, wurde jetzt am Wiener Hofe immer vernehmlicher davon gesprochen, dass Friedrich Wilhelm, bislang einer der

Einleitung. 393

treuesten Verfechter der kaiserlichen Rechte, schwanke und die Forderungen der Fürsten zum grossen Theile zu billigen vorhabe. Auch wurde gemeldet, dass er be- züglich der den Kaiser auf das lebhafteste interessirenden Frage nach der Autorität desselben über die in Kärnthen gelegenen Güter des Bischofes von Bamberg, ganz entgegen seinen früheren Versprechen, die Sache des Bischofes zu vertreten sich geneigt zeige, überdies aber seinen Vertretern in Regensburg Befehl ertheilt habe, auf den baldigen Schluss des Reichstages zu dringen. Dieser Wechsel der Stimmung des Brandenburgers drohte dem Kaiser um so verhängnisvoller zu werden, als Frankreich unterdess an das Reich mit der Forderung herangetreten war, ihm seine durch den Frieden von Aachen neuerworbenen Besitzungen zu garantiren und ihm zugleich Sitz und Stimme auf dem Reichstage zu ertheilen und bei so manchem der Kurfürsten und Fürsten mit Bestimmtheit auf die Billigung und Förderung seiner Pläne rechnen durfte. Um so nothwendiger schien es der Wiener Regierung den Kurfürsten von Brandenburg, der, wie man wusste, von Frankreich immer wieder mit grossen Versprechungen ange- gangen wurde, von jedem Anschlüsse an Frankreich abzuhalten, und man hoffte dies um so eher zu erreichen, da man den Wünschen des Kurfürsten in der polnischen Wahlfrage Rechnung trug. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Documente zeigen den Verlauf der Unterhandlungen, die in den Jahren 1669 bis 1671 von Goess bezüglich der Reichsangelegenheiten gepflogen worden sind. Sie zeigen ganz deutlich, in wie hohem Grade der Kurfürst seine Erklärungen in diesen Dingen von dem Stande der allgemeinen Verhältnisse abhängen Hess, wie geschickt er bindenden Versprechen aus dem Wege zu gehen verstand und Avie sehr er darauf ausgieng, den Kaiser für ein Entgegenkommen in den Reichsangelegenheiten zu Gegenleistungen zu verpflichten. Als Goess gegen Ende des Jahres 1668 in Königsberg erschien, Mittheilung von dem Entschlüsse seiner Regierung in der polnischen Successionsfrage machte und zugleich dem Wunsche des Kaisers Ausdruck verlieh, mit dem Kurfürsten bezüglich der Reichs- angelegenheiten zu einer Vereinbarung zu gelangen, da erklärte Friedrich Wil- helm, in der Bambergerfrage müsse das Recht des Kaisers, das er vollkommen anerkenne, gewahrt werden, er zeigte sich ganz damit einverstanden, dass der Schluss des Reichstages solange verschoben Averde, bis wenigstens in den wich- tigsten Angelegenheiten, in der Frage der allgemeinen Sicherheit und der Be- steuerung der einzelnen Reichsstände eine Entscheidung erfolgt sei, er ver- pflichtete sich, dem Kaiser bei der Beschaffung von Römermonaten behilflich zu sein und sprach sich auf das entschiedenste dahin aus, dass man dem Fran- zosenkönige weder Sitz noch Stimme auf dem Reichstage gewähren dürfe und auch das Zugeständnis der Garantie für seinen neuerworbenen Besitz erst zum Gegenstande eingehender Berathungen machen müsse. Je grösser aber im Ver- laufe des Jahres 1669 das Mistrauen des Kurfürsten in die Politik des Wiener Hofes wurde, je weniger er des Kaisers Verhalten in der polnischen Walilfrage und gegenüber den durch die Tripleallianz geeinigten Mächten billigte, desto weniger vermochte Goess trotz allem Bitten und Drängen den Kurfürsten zu definitiven Erklärungen bezüglich all dieser Fragen zu vermögen. Friedrich Wilhelm zeigte vielmehr immer geringere Neigung des Kaisers Pläne zu für-

394 V. Zweite Mission des Fieiherin Johann von (ioess. Oct. Iß68 Sept. 1G71.

(lern. Hatte er zu Beginn des Jalires 1669 die Forderung des Kaisers an die Reichsstände bezüglich der Römermonate zu unterstützen versprochen, aller- dings nicht ohne für sich Befreiung von jedem Beitrage zu fordern so er- klärte er im Sommer desselben Jahres des Kaisers Begehren überhaupt nicht erfüllen zu können. Und wenn er zu Beginn des Jahres die Rechte des Kaisers in der Bambergerfrage für unanfechtbare erklärt und diese Auifassung bis aufs äusserste zu vertreten sich bereit gezeigt hatte, so glaubte Goess aus des Kur- fürsten Haltung am Schlüsse des Jahres, als dieser sich von allen Seiten be- droht und verletzt durch das Vorgehen des kaiserlichen Gesandten in Warschau ') und durch die Haltung Leopolds in der Tripleallianzfrage-), an Frankreich an- geschlossen hatte, zu erkennen, dass derselbe auch bezüglich dieser Angelegen- heit nicht mehr geneigt sei des Kaisers Interesse wahrzunehmen. Die erregten Debatten, die in jenen Tagen zwischen den kurfürstlichen Räthen Jena und Meinders einer- und Goess anderseits stattfanden, in denen die Vertreter Friedrich Wilhelms wiederholt darauf hinwiesen, dass ihr Herr von Leopold seit des Goess Anwesenheit in Berlin in keiner Sache gefördert worden sei. für keine Unbill Genugthuung erlangt habe und ihrer Unzufriedenheit mit des Kaisers Benehmen unverhüllten Ausdruck verliehen, zeigen auf das deutlichste die Verbitterung des Berliner Hofes. Diese fand denn auch ihren Ausdruck in der Entschiedenheit, mit welcher Friedrich Wilhelm sich gegen den von Mainz in Vorschlag ge- brachten Antrag aussprach, nach welchem in Berücksichtigung der resultatlosen Verhandlungen in Regensburg, ein Collegialtag zur Erneuerung des Kurvereines und zur Aufnahme der Krone Böhmen in denselben gehalten werden sollte, wie in der Heftigkeit, mit der er sich gegen die von dem Kaiser gewünschte Aufnahme einer Clausel in die Executionsordnung aussprach, nach der es den Kurfürsten, Fürsten und Ständen nicht erlaubt sein sollte, ohne Vorwissen und Belieben'des Kaisers und der Kreisobersten zu werben oder werben zu lassen ^). Alle Bemühungen des kaiserlichen Gesandten den Kurfürsten in diesem Punkte zur i^achgiebigkeit zu vermögen, blieben erfolglos. Ja zu einer Zeit, zu Beginn des Jahres 1670, schien es sogar, als werde sich derselbe rückhaltslos den Gegnern Oesterreichs anschliessen, mit Köln und Baiern für den Abbruch der Regensburger Verhandlungen eintreten. Allein Friedrich Wilhelm war ein viel zu erfahrener Staatsmann, als dass er sich zu einem solchen Schritte hätte hin- reissen lassen. Er wusste sehr wohl, dass die gänzliche Vernichtung der kaiser- lichen Autorität im Reiche seinem Interesse ebensowenig entspreche , als eine Stärkung derselben; dass ein geschicktes Laviren zwischen den von dem mächtigen Herrscher im AVesten beeinflussten Reichsständen und dem Reichs- oberhaupte seinem im Aufblühen begriffenen Staate am vortheilhaftesten sei; dass es daher auch seinem Interesse mehr entsprach, den Kaiser durch ein zögerndes, zurückhaltendes, aber nicht abweisendes Benehmen zu weiteren Zu-

') Für diese Angelegenheit vergl. Puf. 1. c. X. 85; Droysen 1. c. III. 3 264f. -) Für Oesterreichs Beziehungen zu den AUiirten nach dem Frieden von Aachen vergl. Wolf, A., Wenzel Lobkowitz 37()fF. ^) Vergl. Droysen 1. c.lir.3 354f.

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Einleitung. 395

geständnissen zu vermögen , als denselben durch die entschiedene Weigerung in irgend welcher Hinsicht für seine Pläne zu wirken, zu den äussersten Mass- regeln zu treiben. Daher das stete Schwanken zwischen gewähren und xer- sagen, das bald entgegenkommende, bald zurückhaltende Benehmen des Kur- fürsten, wenn Goess, was in den Jahren 1670 und 1671 wiederholt geschah, die Gelegenheit wahrnahm mit dem Kurfürsten über Reichsanlegenheiten zu sprechen. Freilich gewisse Fragen gab es, bezüglich derer der Kurfürst und dessen Käthe eine ganze entschiedene Ansicht sich gebildet hatten, von der sie nicht Hessen. Zu diesen Fragen gehörte die bereits erwähnte über die Clausel, welche Leopold in die Executionsordnung aufgenommen zu sehen wünschte, nach welcher es Kurfürsten, Fürsten und Ständen nicht gestattet sein sollte, ohne Vor- wissen und Billigung des Kaisers und der Kreisobersten zu werben oder werben zu lassen. Denn welche Mühe sich auch Goess geben mochte, das der landesherr- lichen Macht verderbliche dieser Clausel zu bemänteln; wie energisch er auch darauf hinweisen mochte, dass der Kaiser von den Fürsten eigentlich nicht mehr fordere , als was von ihm durch das Verbot bei den Reichsfürsten ohne Genehmigung des Reiches zu werben, gefordert worden sei , Friedrich Wilhelm liess sich von der Ueberzeugung nicht abbringen, dass durch die Aufnahme einer solchen Clausel das den Fürsten durch die Bestimmungen des westphäli- schen Friedens gewährleistete Recht der freien Action in bedenklicher Weise geschmälert werden würde und beharrte unerschütterlich bei seiner Ansicht, dass von der Einfügung einer solchen Clausel abgesehen und alles beim Alten gelassen werden müsse. Und ebenso bestimmt wie in diesem Punkte lautete der Protest, den Friedrich Wilhelm gegen den kaiserlichen Bescheid erhob, durch den der Kaiser in der wichtigen Frage, ob die Landstände oder ihre Herren über das Mass dessen zu entscheiden hätten, was die Landstände zum Unterhalte der einzelnen Garnisonen und Festungen beitragen sollten, sich mehr auf die Seite der Stände stellte, indem er die von den Fürsten geforderte Extension des § Und gleich wie') für die Territorien „wo ein mehr nicht gleichmässig hergebracht-' ablehnte und den Unterthanen und Landständen falls sie unbillig beschwert würden, den AVeg Rechtens offen hielt. Allein gerade bei dieser Gelegenheit zeigte sich der wesentliche Unterschied der Opposition des Kurfürsten von Brandenburg und jener Reichsstände, die im Bunde mit Frankreich die völlige Untergrabung der kaiserlichen Autorität erstrebten. Denn diese Baiern und Köln allen anderen voran suchten diese Gelegenheit zu benützen, um den Reichstag aufzulösen und entwarfen, als dieser Plan nicht zum letzten durch die Erklärung des Kurfürsten von Brandenburg gescheitert war, dass die Weigerung des Kaisers in diesem Punkte die Wünsche der Fürsten zu erfüllen nicht hinreichend sei jede Theilnahme an der Ordnung der übrigen Reichsangelegenheiten zu weigern, eine Allianz, die sich nicht allein gegen die Aviderspenstigen Unterthanen, sondern auch gegen jene richtete, die den Unter- thanen Beistand leisten würden womit in erster Linie der Kaiser semeint

') Der § Und gleich wie ist der 180 te des Reichsabschiedes von 1654, Abdruck bei Lünig, Reichsarchiv p. gen. L 620; Mörner 1. c. 697 Anni.

396 V. Zweite Mission des Freilierrn Johann von Goess. Oct. If)ß8 Sept. 1671.

war und beschlossen zu diesem Behufe die Unterstützung der „fremden compaciscirenden Kronen" anzurufen. Friedrich Wilhelm aber weigerte seinen Beitritt zu einer solchen Verbindung und wusste die übrigen Alliirten zur An- nahme eines Projectes ?u vermögen, das darcli die vorsichtige Form, in der dem Widerstände gegen die Unterstützer der Stände Ausdruck verliehen und von den im Falle eines Angriffes zu ergreifenden Massregeln ge,sprochen wurde, sehr vortheilhaft von dem ursprünglichen Projecte abstach und es Friedrich Wilhelm ermöglichte, dem Kaiser zugleich mit der Mittheilung von dem Ab- schlüsse des Bündnisses die Versicherung zu geben , dass er nach wie vor die Interessen des Kaisers in allen Stücken wahrzunehmen entschlossen sei. Und da der Kurfürst zur selben Zeit, da die Allianz der Extendisten') zu Stande kam, in der Bamberger Streitfrage eine dem Kaiser günstige Haltung beobachtete und sich auch bezüglich anderer Punkte zu einer Verständigung geneigt zeigte, so erreichte er, dass Leopold, obgleich erzürnt über des Kurfürsten Vorgehen, die Verhandlungen mit demselben nicht abbrach, vielmehr später, als er die Möglichkeit die Reorganisation in Regensburg durchzuführen, schwinden sah, immer ernster sich bemühte, den Brandenburger durch ein Particularbündnis für die Förderung seiner Reichspläne zu gewinnen, ein Versuch, dessen Ge- lingen von dem Verlaufe der seit langen über die Fragen der allgemeinen euro- päischen Politik gepflogenen Unterhandlungen abhängen musste.

Wir erinnern uns, dass Friedrich Wilhelm, als seine Bemühungen den Kaiser und die Staaten für ein energisches Eingreifen in den französisch-spa- nischen Krieg zu gewinnen, gescheitert waren, mit Frankreich einen Vertrag geschlossen hatte, der ihn gegen entsprechende Entschädigung zur Neutralität in diesem Kampfe verpflichtete. Dieser Politik der bewaffneten Neutralität blieb nun der Kurfürst auch nach dem Abschlüsse des Friedens von Aachen treu, obgleich die Mitglieder der Triplealliauz und nicht weniger der Kaiser und der König von Spanien ihn immer von neuem von der Nothwendigkeit und Vortheilhaftigkeit des Anschlusses an Frankreichs Gegner zu überzeugen suchten und obgleich Ludwig XIV. in seinen Bemühungen nicht nachliess, ihn durch seine Vertreter und die seiner Bundesgenossen in Deutschland unter Ge- währung bedeutender Concessionen für den gänzlichen Uebertritt zu gewinnen. Es entsprach eben dem Interesse des Kurfürsten von Brandenburg, sich nicht voreilig für eine der beiden grossen Parteien, in die das damalige Europa ge- spalten war. zu entscheiden. Er verkannte durchaus nicht die grosse Gefahr, die dem Reiche von Frankreich drohte; er wusste sehr wohl, dass sich aller Wahrscheinlichkeit nach in nicht allzuferner Zeit die Nothwendigkeit ergeben werde, den übermüthigen Nachbar in die von ihm überschrittenen Grenzen zurückzuweisen; allein er täuschte sich ebensowenig darüber, dass weder die Staaten, noch der Kaiser, noch Spanien sich dazu verstehen würden, die von ihm geforderten, zur Erhaltung seiner Armee unerlässlichen Subsidien zu zahlen, solange die von Frankreich einem oder mehreren dieser Mächte drohende Ge- fahr in weiter Ferne lag und er wusste auch, dass er im gegebenen Momente

') Defensivalliauz vom 27. Mai Ti. .Juni llw I ; Moiner I.e. 342ff.

Einleitung. 397

seinen Anschluss an Frankreiclis Gegner unter um so vortlieilhafteren Bedin- gungen werde vollziehen können, in je innigeren Beziehungen er zu Ludwig XIV. stehen würde. Dazu kam. dass Friedrich Wilhelm der Unterstützung des Fran- zosenkönigs dringend bedurfte, um seine Pläne in Polen zur Durchführung zu bringen und bis zur Entscheidung dieser Frage alles zu vermeiden wünschte, was Ludwig XIV. hätte verletzen können. Dazu kam ferner sein wie wir wissen nur allzu berechtigtes Mistrauen in die Aufrichtigkeit der Erklärungen der eng- lischen und schwedischen Minister, seine entschiedene Aversion gegen den in Holland herrschenden Staatsmann, Jean de Witt, mit dessen selbstsüchtiger Politik er sich niemals hatte einverstanden erklären können und dem er eine empfindliche Niederlage vom Herzen wünschte; dazu kam endlich der stete Argwohn Friedrich Wilhelms, dass der Kaiser, trotz all der Versicherungen von der Nothwendigkeit dem französischen Uebergewichte entgegen zu treten, mit dem Könige von Frankreich auf Kosten der Protestanten zu einer Einigung zu gelangen wünsche. Nichts hat das unablässige Bemühen des kaiserlichen Gesandten den Kurfürsten für die Pläne Leopolds zu gewinnen, mehr erschwert, als dieses Mistrauen des Kurfürsten in die Aufrichtigkeit der Erklärungen der Wiener Regierung, das seinen Höhepunkt erreichte, als man im Verlaufe des Jahres 1669 eine wenn auch nicht erschöpfende Kenntnis von dem Vertrage erhielt, der im Januar 1668 zwischen Frankreich und Oesterreich geschlossen worden war und die Theilung der spanischen Monarchie zum Inhalte hatte. Nur unter Zuhilfenahme all" dieser Momente, der Unmöglichkeit die Truppen aus eigenen Mitteln zu er- halten, des Mistrauens in die Ehrlichkeit der Betheuerungen der englischen, schwedischen und österreichischen Regierungen, des Hasses gegen den leitenden Staatsmann der Niederlande , der Furcht, bei längerem Festhalten an der seit Jahren befolgten Politik der freien Hand eine Beute der grossen Mächte zu werden, lässt sich der Schritt erklären, zu welchem sich der Kurfürst am letzten Tage des Jahres 1669 entschloss, als er den lange Zeit unbekannt ge- bliebenen Vertrag mit Frankreich eingieng, durch den er sich allerdings gegen entsprechende Entschädigung , nicht nur verpflichtete, der Tripleallanz fern zu bleiben, gegen die Aufnahme Böhmens in den Kurverein zu stimmen und für die Fortdauer der rheinischen Liga zu wirken, sondern sich auch bereit erklärte, falls Ludwig XIV. nach dem Tode des kranken Königs von Spanien seine Ansprüche auf die spanischen Niederlande geltend machen sollte, den- selben mit 10000 Mann zu unterstützen und im übrigen Frankreichs Interessen im Reiche zu fördern ^). Dass Friedrich Wilhelm aber den Vertrag mit Frank- reich nur als einen Nothbehelf ansah, um sich für's erste vor gänzlicher Ver- nichtung zu sichern und durchaus nicht gewillt war, sich ganz unter das Joch des Franzosenkönigs zu beugen, zeigte sich, als Ludwig XIV. vorerst durch die Vertreter seiner deutschen Bundesgenossen und später durch seine eigenen Gesandten den Kurfürsten zum Abschlüsse eines Offensivbündnisses gegen Hol- land, zum gänzlichen Anschlüsse an Frankreich zu bewegen suchte'-). Denn

') Vertrag vom 21./31. Dec. 1G69; vergl. Mürner 1. c. 335ff. ^) Vergl. Mignet, Negociations relatifs etc. III. 294 f.; Droysen 1. c. 370f. : Puf. 1. c. XI. 18f.

398 V. Zweite Mission des Freihenn Johann von Goess. Oct. 1G68 Sept. 1671.

Friedrich Wilhelm erklärte von derartigen Plänen nichts wissen zu wollen, weigerte sich immer entschiedener seine Hand zur gänzlichen Vernichtung der Niederlande zu reichen und blieb diesem Vorsatze treu . obgleich Frankreich im Verlaufe der Jahre 1670 und 1671 immer grössere Anerbietungen für den Fall des Uebertrittes machte, obgleich England, Schweden und eine Reihe deutscher Reichsfürsten auf Frankreichs Seite traten, obgleich die Staaten, von de Witt geleitet, die billigen Forderungen des Kurfürsten zu erfüllen sich Aveigerten und dessen wohlgemeinte Warnungen in verletzender Weise zurück- Aviesen, obwohl auch das Vorgehen des Kaisers und seiner Räthe in dieser Frage ihn keineswegs zu energischem Vorgehen gegen Frankreich ermuthigen konnte. Freilich so weit gieng die Rücksichtnahme des Kurfürsten auf die allgemeinen Verhältnisse nicht, dass er ihretwegen die Existenz seines Staates auf's Spiel gesetzt, seine Länder schutzlos der Rache des beleidigten Nachbars preisgegeben hätte. Ganz richtig bezeichnete Goess, der wie aus den im Nachfolgenden mit- getheilten Acten zu ersehen ist, über die Verhältnisse am Berliner Hofe sehr genau unterrichtet war, die Gewährung l)edeutender Subsidien als ein uner- lässliches Erfordernis für eine gedeihliche Entwickelung der seit langem ge- planten Allianzverhandlungen mit Brandenburg und wies treffend darauf hin, dass das zögernde Vorgehen der Staaten und der Höfe von AVien und Madrid in diesem Punkte allein die Ursache des schwankenden, zögernden Benehmens des Kurfürsten seien. Dieser Auffassung der Verhältnisse und der Erkenntni.s der Nothwendigkeit einer Einigung mit Brandenburg entsprach es auch, dass Goess immer von neuem den Kaiser drängte, den Kurfürsten zu befriedigen, indem er zugleich seiner Ueberzeugung dahin Ausdruck verlieh, dass Friedrich Wilhelm trotz aller Anerbietungen Ludwig XIV. und trotz der ablehnenden Haltung de Witts sich viel eher mit den Holländern als mit den Franzosen einigen werde. Und je näher die Gefahr heranrückte, je deutlicher sich die Pläne Ludwig XIV. gegen die Niederlande richteten, je grössere Mühe sich die Franzosen und ihre Bundesgenossen gaben, den Kurfürsten von Brandenburg zu gewinnen, desto lauter erhob der kaiserliche Gesandte seine Stimme, um Leopold von der un- umgänglichen Nothwendigkeit zu überzeugen sich die Mitwirkung Brandenburgs für alle Fälle zu sichern. Allein was auch immer Goess thun mochte um dieses Ziel zu erreichen, wie sehr er auch zumal seit dem Frühjahre 1671 darauf aus war, seiner Regierung den Beweis zu liefern, dass die Gelegenheit den Kur- fürsten zu gewinnen überaus günstig sei, da dieser mit Frankreich nicht ver- bunden, vielmehr durch Ludwig XIV. Vorgehen beunruhigt sei und daher bei gebührender Berücksichtigung seiner Bedürfnisse leicht zum Anschlüsse an Frankreichs Gegner werde bewogen werden können; wie stark er auch die Bedeutung der Entscheidung des Brandenburgers betonte, dem viele andere deutsche Fürsten folgen würden und wie unermüdlich er im Ersinnen von Mit- teln zur Beschaffung der nothwendigen Subsidien war, alle seine Bemühungen blieben ohne Erfolg. Denn die Wiener Regierung, deren einflussreichste Mit- glieder französisch gesinnt waren und seit langem mit dem Vertreter Ludwig XIV., dem schlauen Chevalier Brethel de Gremonville über die Ordnung der schwe-

Einleitung. 399

bendeii Fragen verhandelten ') , verharrte in ihrer zuwartenden Haltung und weigerte die UnterstützAing des Kurfürsten, während zugleich der von ihr mit nicht allzu grossem Eifer betriebene Versuch von Spanien und von den Staaten die zur Unterstützung des Kurfürsten nothwendigen Summen zu erhalten, zu keinem Resultate führte. Und diese jeder definitiven Abmachung mit Friedrich Wilhelm bezüglich der Niederlande abgeneigte Stimmung nahm in dem Masse zu, als die Aussichten auf ehie Einigung mit Frankreich grösser wurden. Goess aber, der von den Vorgängen am Wiener Hofe wie vor Jahren auch diesmal keine Kunde erhielt, vielmehr in dem Glauben belassen wurde, dass Leopold eine Einigung mit Brandenburg ernstlich wünsche, wurde nicht müde die guten Absichten des Kaisers zu betonen und wies die Behauptung der Käthe Friedrich Wilhelms, als sei Leopold im Begriffe sich mit Frankreich über die Niederlande zu einigen und die Eroberungspläne Ludwig XIV. zu billigen, mit Entrüstung zurück. Und doch war, was Goess als „wahnsinnige Idee" bezeichnete, der Entschluss des Wiener Hofes. Wenige Wochen nachdem er zum zweiten Male Berlin verlassen, wurde in Wien der Vertrag unterzeichnet, durch den der Kaiser dem Könige von Frankreich gegen die Niederlande freie Hand Hess.

1) Vergl. ilignet 1. c. III., Part. IV., Sect. III.

V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Memorial für Goess. Dat. Wien 14. August 1668. (Conc.)

[Polnische Successionsangelegenheit.]

14. Aug. Goess wird sich erinnern, dass der Kaiser stets die Ansicht vertreten hat,

dass man sich, bis die Vacanz des polnischen Thrones eintritt, für keine be- stimmte Person entscheiden dürfe. Nun dürfte Goess erfahren haben, dass Johann Casimir am 12. Juni 1668 im Senat öffentlich seinen Entschluss abzu- danken kundgethan hat. Der Kaiser sucht Johann Casimir zur Fortführung der Regierungsgeschäfte zu vermögen; erklärt aber, falls dies nicht gelingen sollte, die Wahl des Herzogs von Neuburg befördern zu wollen. Gleichwie aber wir vorberührte unsere dehortationes bei des ietzigen Königs L**. vor allem eiferigst werden continuirn lassen; also haben wir oftermeltem unserni Reichshofrath auch von solcher Eventualdetermination auf mehrbesagtes Herzogen f/. zuvorderst zu dessen Nachricht und dann auch zu dem Ende parte zu geben gnädigst für gut angesehen, damit er des Churfürsten zu Brandeburg I/., als welche uns gedachte Pfalz-Neuburgs f/'. zu dieser Promotion so oft und eifrig recommendirt und auf dero recommendationes wir hiebei ein sonderbarer Obacht gehabt, sousten aber niemanden, in geheim und hergebrachten Vertrauen zu verstehen geben . . . möge.

Unter dem 28. August wird Goess aufgefordert den Kurfürsten zur Unter- stützung der kaiserlichen Forderung bezüglich der Römermonate zu vermögen.

histniftionen für Goess. Polnische Frage. 401

Neues Memorial für Goess. Dat. Wien 20. October 1668.

(Conc.)

[Polnische Successionsangelegenheit.]

Die Verhältnisse haben sich geändert; der König von Polen hat wirklich 20. Oct. abdicirt; für die neue Wahl werden Vorbereitungen getroffen. Mayernberg be- richtet aber, als wollte sich der mehrere Theil in Polen nicht allerdings gegen mehrermeltes Pfalzgrafen L*^*^". und zwar um so weniger incliuirt erzeigen, ie mehr daselbst empfunden und apprehendirt wird, dass des Churfürsten zu Brandeburg L'''-'". hoc interregni tempore die Possession der Starostie Draheim apprehendirt habe. Sodann auch (haben sich die Verhältnisse geändert) ') indeme erraelte mayernbergische Relation vom 9- dies nicht unklar indigitirt, als wann Anzeigungen vorhanden sein müss- teu, dass churbraudenburgische Seiten man nicht so aufrecht procedirn, als Pfalzneuburgischerseits etwa praesupponirt werden möchte. Goess soll so rasch als möglich zum Kurfürsten eilen und dem Memorial vom 14. Aug. gemäss dem Kurfürsten von der Intention des Kaisers bezüglich der polnischen Wahl Mittheilung machen; dabei aber auch, dass sie sich nicht etwa mit der Krön Frankreich allermassen verlauten wolle, dass dieselbe 4 bis 5000 Mann nacher Üanzig übersetzen werde der polnischen Wahlfrei- heit zum jSachtheil in die Wallen einlassen, äusserster Kräften zu ver- hindern, mit den particularioribus aber gegen dieselbe nicht sogleich herauszugehen, sondern vorhin deroselben Sentimenten und derzeit führende priucipia eigentlich zu sondirn und vor allem uns darüber zu referirn, haben werde.

NebeniDstruction für Goess. Dat. Wien 26. October 1668.

(Conc.)

[Reichsaugelegeuheiten.]

Der Kaiser ist mit dem Kurfürsten eines Sinnes, dass die zu Regensburg 26. Oct. geführten Verhandlungen zum Abschlüsse gebracht und wenigstens über die wichtigsten Materien eine Entscheidung gefällt werden müsse-). Da aber der von den Reichsständen dem Kaiser vorgeschlagene Termin von 3 4 Monaten nicht hinreichend zur Erledigung dieser Fragen scheint^), soll der Kurfürst dem Kaiser sagen, wie er sich die Möglichkeit eines friedlichen und befriedigenden Reichsschlusses und Abschiedes denkt. Den von einigen weltlich- fürstlichen

') Die in Klammern befindlichen Worte sind vom Herausgeber hinzugefügt.

'■*) üeber den Stand der Reichsangelegenheiten in dieser Zeit Droysen 1. e. III.

351 fr.; Gemeiner 1. c. III. 98 ff.

•') Reichsgutach teu vom 9. '19. Oct. 16G8; Pachner 1. c. I. 348.

iiutev. z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIII. 26

402 V. Zweite Mission dos Fieiherni Joliaiui von Goess. Oct. IßfiS Sept. 1(17 1.

Ständen den knrt'ürstliclirii Oesanflteii zugestellten Apj)endix: und KpiloL,^ capi- tulationis per[)e1iiae ') kiinu der Kaiser nicht ainielinien, weil er dadureli niclit nur an 2 verschiedene Capitulationen gehunden wäre, sondern auch weil ihm durch diesen Appendix alles das genommen werde, was dem geringsten Stande des Reichs dnrch das instrumentum pacis articulo S^'" solidissime bestätigt Avorden. Da nun aber gemeldet werde, dass der Karfürst von Brandenburg, der wie alle übrigen Kurfürsten, Baiern ausgenommen, die Auslassung dieses appendicis versprochen, der gegebenen Zusage zuwider gesonnen sein soll Baiern beizutreten nnd den bambergischen Unfug-) zu unterstützen, soll Goess sich erkundigen, ob dem so, und wenn, den Kurfürsten davon abzubringen suchen. Ferner soll Goess dahin sehen, dass die nothwendigen Massregeln gegen die von Frankreich wie aus dem von Gravel zu Regensburg vorgebrachten Memoriale-) hervorgehe geplanten Unternehmungen ergriffen werden. Wie nun dies Me- morial also gethan ist, dass man auf alle Weis zu verhindern, damit des Königs in Frankreich L''^". in primo membro alternativae, scilicet junctionis cum imperio, durch die Stände nit willfahrt werde, indem sie die eroberte Plätze, eo, quo Burgundia possidet, modo inzuhaben i)egehren, worunter nun das votum et sesslo cum imperio implicite et sub involucro verboruin verstanden wird; zumulen Spanien wegen des völligen burgundisclien Kreises und also auch [)ro parte wegen dieser eroberten Landen als ein Erzherzog von Oesterreich votum et sessionem in comitiis, auch zugleich sein Stell bei der Reichsdeputation gehabt, so alles Frankreich in simili und benebens auch praetendiren würde, dass das Reich . . . ihne wegen gehörter Landen contra quoscunque zu protegiren und zu garantiren schuldig wäre. ... Es ist aber zum andern das secundum membrum alternativae Gallicae auch gefährlich, weiln dasselbe dahin gestellt wird, dass man wegen dieser Landen ein solche Cession der Krön Frankreich einhändigen solle, als wie wegen der beim westphälischen Friedensschluss ermelter Krön eingeräumt und beschehen. Dieweil man aber vcrmög erstgehörten Friedenschluss solcher vom Reich hingebener Landen halber ad garantiam verbunden, also thuet Frankreich solche implicite auch wegen der in besagtem letztern Krieg eroberten Plätze begehren und also quoad onus et obligationera garantiae zwischen dem primo et secundo

') Ueber diese Angelegenheit Droysen !. c. 111. :i ;')")] ff. : Acten bei Pachner I. c. I. 300 f., 323 f. u. a. ü.

^) Es handelte sich darum, ob (Jesteneich nach den Bestimmungen des Reichs- abschiedes von 1548 und nach der Capitulation Leopolds genöthigt sei, die Streitfrage mit Bamberg wegen dessen käintnerischer Güter coram caraera verhandeln zu lassen, oder ob Bamberg schuldig sei, seine Klagen bei Oesterreich anhängig zu machen und Bescheid zu erwarten.

=) Memorial vom S. Oct.: praes. -2.^12. Oct. IGCH. Vergl. Pacluicr I.e. I. T.o.'jff.

Reiclisaugelegenlifiteii. Polnische Wahlfrage. 403

niembro dictae alternatlvae kein unterschied ist. Im ersten Punkte kann Frankreich gar nicht, im zweiten nur soweit nachgegeben werden, dass end- lich das Reich so viel Recht es bei und auf den eroberten Phitzen ge- habt, sich dessen, doch sine obligatione garantiae, begebe. In solcher "Weise werde das österreichische Votum eingerichtet sein. Vom selben Datum ist das Credenzscln'eibea für Goess (26. October).

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg- 11. Dec. 1668. (Or.)

[Haltung des Kurfürsten in der polnischen Wahlsache. Nachrichten über Ludwig XIV. Vorgehen in dieser Angelegenheit. Urtheil des brandenburgischen Hofes über die Aussichten der verschiedenen Caudidalen für die polnische Krone. Verhandlungen wegen Draheim. Characteristik der Karfürstin und des Kurprinzen. Unterredung mit Schwerin wegen der Jägerndorfer Angelegenheit. Verhandlungen mir dem Kurfürsten und Schwerin bezüglich der Reichsangelegenheiten.]

Goess langt am 2. Dec. 1G6S in Königsberg an.

Der Kurfürst, den Goess krank antrifft, erklärt auf die Auseinandersetzungen 11. Der des Goess. welche darin gipfeln, dass der Kaiser jetzt sich für die Kecomman- dation des Herzogs von Xeubnrg zur polnischen Krone entschlossen habe, das was der Kaiser thue sei ihm lieb. Dasselbe sagen Schwerin und Hoverbeck. Ich habe anders nit vermerken können, liöre es auch nit anders, als dass man bei diesem Hof mit voriger Emsigkeit und Begierde des Her- zogs von Neuburg Promotion sucht zu beförderen, masseji, wie ich von dem neuburgischen Residenten Stratman vernehme, man willig und prompt zu allem dem, was man ihrer Seiten nur immer desideriren könne, also, dass der Churfürst auch seinen eigenen Säckel angriffen und Gelder vorgeschossen, ohne dass der neuburgische Resident, aus er- manglender Ordre, sich zu Widererstattung obligiren können '). Auch aus Frankreich laufen überaus günstige Nachrichten für Neuburg ein; die Leute hier finden das Benehmen Ludwig XIV. dem Prinzen von Conde gegenüber sogar ungerecht, insbesondere, dass er von ihm die Erklärung gefordert, dass wann er auch von den Poln erwählt würde, dannoch die Krön nit an- nehmen wollte. . . . Die scrupulos, so mau bei allem diesem haben und etwa gedenken möchte, dass die artes und Dissimulation die ärgiste seien, die am meisten bedeckt und coprirt werden, interpretirt man in meliorem partem. Dass Beziers, von welchem man wisse, dass er in Pohl sehr exos und des Prinzen von Conde Faction allzeit trefflich zu- gethan gewesen, wiederum dahin komme, geschehe, wie sie selbst sagen, weiln der Herzog und sie dahie es gut gefunden.

') Vergl. Droysen 1. c. IIL. 249 ff.: Puf. 1. c. X S2ff.

26*

404 V. Zweite Mis.siou des Freiherrn Johauii von Goess. Oet. 1G68 Sept. U!71.

Die Leute hier halten die Aussichten des Neuhurgers für glänzend, trotz- ck'ui die einlaufenden Berichte wenig Anlass zu einer solchen Hoffnung geben. Für den gefährlichsten Gegner wird allgemein der Herzog von Lothringen ge- halten, der, wie man hier andeutet, vom Wiener Hofe geheim unterstützt wird. Goess erklärt, dass diese Behauptung gar keine reale Unterlage habe und dass andererseits Mayernberg gewiss nicht hinter dem Rücken des Kaisers oder gegen dessen Willen die Sache des Lothringers vertreten werde. Furcht vor Wahl des Czarensohnes oder des Herzoges Johann Friedrich von Hannover herrscht hier nicht mehr. Wegen der von diesem Churfürsten occupirten Starostei Draheim'), werd von Warschau bericht, dass in consilio privato sena- torum veranlasst worden, dass pro restitutione eiusdem jemand von der Republik wegen an S. Ch. D. solle abgeschickt werden. Der Baron von Schwerin sagt mir, dass der Erzbischof ^), der Bischof von Krakau") und andere P. Ch. 1). Befugnis und rationes also vorgestellt, dass es der von Hoverbeck nit besser thun können; dass die anirai nun all ziemlich mitigirt und dem Wisnowiecki leid sein solle, dass er so acerbe dar- über geschrieben. Die Kurfürstin empfängt Goess sehr freundlich. Sie hat die reformirte Religion angenommen, mit so grossem Vergnügen des Churfürsten, als Disconsolation der Lutherischen, welche eine grosse Freud gehabt, eine Churfürstin ihrer Religion zu haben, massen diese Stadt Königsberg dieselbe durch den ungewöhnlich stattlichen Empfang bei P. Ch. D. Einzug bezeigt. Sie ist mit grosser Assiduität immer, soviel möglich, um den Churfürsten, gilt überaus viel und ist zu glauben, dass sie immerfort mehr gelten werde. In negotiis publicis, soviel ich vernehme, mischt sie sich nit ein; zeigt eine Freud mit allem, was dem Churfürsten freuet, und sonderlich bei den Jagen. Ich habe gestern observirt und hatte es vorhin gehört, dass sie lauter kräftige und auf braunschweigische Art zugerichte Speisen essen thut: auch in diesem werd sie dem Churfürsten gute Gesellschaft leisten, dann I. Ch. D. un- geachtet ihres Podraga greifen gern zu solchen Speisen zu. . . . Der Churprinz kommt mir für, dass er ziemlich gewachsen, seither ich ihn nit gesehen: er werd nun im 15"^" Jahr gehen; er hat ein Strauss aus- gestanden, weiln er nit fort studiren wollen, vermeinend, dass der Degen und der Krieg mehr für ihme wäre als die Pedanterie, wie er's heisst; sein Herr Vater aber verstehts nit also und hat ihn etliche Tag nit aus

') A = Traben; vergl. darüber Puf. 1. c. X. C4; Droysen 1. c. III.-, 238f. -) Erzbischof vou Gnesen war Nicolaus Prazmowski. ^) Andreas 111. Trzebieki.

Draheim. Cliaracteristik der Kiirfüistiu. Jägerudorf. 405

dem Zimmei- gelassen, bis die Deprecation gar solemniter geschehen. Das werd der Prinz mir wohl schwerlich erzählen.

Bis jetzt hat der Kurfürst sich über den Kaiser noch nicht beklagt, doch werden Klagen nicht ausbleiben. Schwerin fragt den Goess. ob er Befehl habe in der jägerndoi-fischen Angelegenheit zu verhandeln. Ich beklagete mich darüber, dass ich mich so weit impegnirt, E^ K. M. Hofkammer und anderen privatis Ungelegenheit gemacht, damit die ilittel zu völliger Abthiuing dieses Werks beigebracht würden und nacher hätte man mich nit ohne meiner Confusion und Mortification im Stich gelassen. Er re- plicirete, dass man zwar circa quantum so weit einig gewesen, nit aber circa modum solutionis. Goess räth wiederum dem Kaiser die Sache auszu- gleichen, weil sonst grosse Gefahren zu befürchten seien. Vom selben Datum ist ein zweites Schreiben des Goess erhalten, worin er über des Kurfürsten Stellung zum Regensburger Reichstage berichtet '). Friedrich Wilhelm beklagt die lange Dauer und wünscht einen baldigen Reichsabschied. Bezüglich der savoyischen Angelegenheit schweigt der Kurfürst, wie Goess glaubt, aus Rück- sicht für Baiern. In der Bamberger Sache erklärt sich Brandenburg für den Kaiser-), bezüglich des punctum securitatis publicae und des in Vorschlag kom- menden provisionalem modum ex aequo et bono contribuendi ■^). bis die Reichs- matrikel völlig eingerichtet sein werde ^), findet Schwerin, mit dem Goess darüber spricht, wie der Kaiser, dass dieses Werk auf allzu weitläufigen Weg wollte gericht werden, und glaubt, dass der Kurfürst sich mit dem Kaiser in diesem Punkte einigen werde. Betreffend das von französischem Plenipo- teutiariü Gravel dem churmainzischen Reichsdirectorio zugestellte Me- morial, haben I. Ch. D. gar wohl begriffen, warum von dem ersten membro desselben, als de sessione und voto, nit zu gedenken, fielen also gar leicht auf das andere membrum. nemlich, dass die occupirte Oerter, gleich wie Elsass beim müusterischen Frieden, an Frankreich zu über- lassen ; als aber darbei von der Garantie geredt worden und ich den Unterschied remonstrirt, der da zwischen der Sach mit Elsass und dieser in ^'iederland occupirten Oertern wäre, wie nit weniger die Inconvenien- zien, die daraus zu besorgen; gaben I. Ch. D. zu verstehen, dass bei den aachischen Tractaten sich einige (hur- und Fürsten nennete in specie Mainz und Cöln zu dieser Garantie verstanden; dass es eine Sach wäre von grosser Wichtigkeit; sie könnten allein nichts darin thun.

') Am 19. Dec. erhält Goess neuen Befehl den Kurfürsten zu bewegen, seinem gegebenen Versprechen gemäss in der Bamberg'schen Frage die Sache des Kaisers zu vertreten.

^ Vergl. für diese Angelegenheit Pachner 1. c. I. 329, 348 f. u. a. 0.

•^) Vergl. Pachner 1. c. 1. 329: Gemeiner 1. c. III. lISflF.

406 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. IRHS— Sept. 1671.

sondern iniissten os mit ihren Herrn Mitchuifür.stcn überleiten; man würde nacher noch ferner darvon reden können. Als nun hernacher der Baron von Schwerin zu mir kommen und ich diese Sach und die bei der Garantie unterlaufende considerationes abermaln deducirt, hat er denselben soweit Platz gegeben, dass er befunden, dass man sich zu sothaner Garantie nit einzulassen. . . . Von den Kömermonaten hat Goess noch nicht gesprochen.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 18. Dec. 1668. (Or.)

[Polnische Wahlsache.]

18. Dee. Die Wahl des neuen Königs in Polen ist für den 2. Mai angesetzt. Der Bischof

von Beziers, dem zu Danzig mitgetheilt worden ist, dass die RepubUk seine Reise nach Polen nicht wünsche, soll sich zu Marienwerder, etwa 9 Meilen von Thorn, aufhalten •). Die Conferenz, die kurfiirstlicherseits mit Goess verabredet worden ist, hat noch nicht stattgefunden. Meines Ermessens wäre das rathsamste, si vel in sola tractatione de talibus modis modici simus und habe ich all- bereit occasione data innuirt, dass das grösste beneficium, so man ex dilatione comitiorum electoralium nehmen könne, seie, dass Interim die in Poln gefasste suspiciones und Ombrage, sich ein wenig setzen, die exacerbirto Gemüther tranquilliren und bessers Vertrauen gewonnen wer- den könne. . . .

Goess an ä^n Kaiser. Dat. Königsberg 25. Dec. 1668. (Or.)

L Verhandlungen des Goess mit Schwerin und Jena in der polnischen Wahlsache. Unterredungen mit Stratman bezüglich derselben Angelegenheit.]

2."). Dec. Am 18. Dec. Conferenz mit Schwerin und Jena in der polnischen Frage.

Sie bedanken sich im Namen des Kurfürsten für die günstigen mündhchen und schriftlichen Erklärungen, die Giese in Wien erhalten; erklären, dass der Kur- fürst die Wahl des Neuburgers energisch bef(3rdern wolle imd fragen Goess, in welcher Art er sich die Unterstützung des Neuburgers seitens der Beförderer seiner Wahl denke. Goess erklärt nochmals die Geneigtheit des Kaisers für den Neuburger einzutreten; bezüglich der Art, wie dies zu geschehen, habe er (Goess) keine Instruction. Die Räthe Friedrich Wilhelms nehmen die Erklä- rungen des Goess an, fordern aber von ihm, sich möglichst bald die nöthigen Instructionen für die Vorkehrungen im Interesse der Wahl . des Neuburgers er- theilen zu lassen. Stratman, dem Goess den Nachtheil der Propalirung der

^) Vergl. üroysen 1. c. HI.:, l'49.

Reichsangelegenheitea. Polnische Wahlfrage. 407

kaiserlichen Unterstützung für Neiihurg vorhält, versucht die Schuld den kai- serlichen Ministern beizumessen.

In einem P. S. berichtet Goess von einer Unterredung mit Stratman, der eine Erklärung wünscht, ob der Kaiser auch mit Kriegsmacht die Wahl des Neuburgers aufrechterhalten wolle, wenn eine zwiespältige Wahl erfolgen sollte. Goess antwortet, dieses wären propositiones, die man zu Wien nit zu thuen und die sehr fremd fiirkommen würden, remonstrando was Paulus sagt: haec ne quidem norainentur in vobis. Aus den weiteren Erklärungen und Fragen Stratmans sei zu ersehen, dass der Neuburger am meisten den Loth- ringer fürchtet.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 31. Dee. 1668. (Conc.)

[Reichsaugelegenheiteu.]

Der Kaiser hofft, der Kurfürst von Brandenburg werde mitwirken, auf dass 31. Dec. die Reichsversammlung, die zum Schlüsse zu bringen auch des Kaisers Absicht sei, nicht aufgelöst werde, bis nicht wenigstens über die wichtigsten Fragen eine Entscheidung erfolgt ist. Goess soll den Kurfürsten ersuchen, in der An- gelegenheit der Römermonate des Kaisers Pläne zu fördern.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 1. Jan. 1669. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit Scultetus und Schwerin bezüglich der polnischen Wahl- sache. Reichsangelegenheiten.]

Scultetus, der vom Kurfürsten nach Warschau gesendet worden war und 1. Jan. zurückgekehrt ist, berichtet, dass Narwiz, der des Baron von Lisola Secretär gewesen, sich in Polen für den Secretär der kaiserlichen nach Polen bestimmten Gesandtschaft ausgebe und ganz offen im Interesse des Lothringers wirke, was bei seiner Begabung und Kenntnis der Leute höchst gefährlich werden könnte. Goess erwidert, wenn das wahr wäre, was da berichtet werde, dann werde sich zeigen, dass Narwiz nicht mehr Secretär der kaiserlichen Gesandtschaft ist. Ebenso erklärt Goess die Behauptung, dass die Jesuiten für den Lothringer wirken, für unwahr. Schwerin, mit dem Goess gleichfalls über diese polnischen Ange- legenheiten gesprochen hat. nimmt die Sache wegen Narwiz leichter und be- hauptet, die Sache des Neuburgers stehe gut; wenn der Kaiser für denselben wirke, dürfte er durclidringen.

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum berichtet Goess von seinen Verhandlungen bezüglich der Reichsangelegenheiten ^). Schwerin, dem Goess

') In den Weisungen vom Ib., 19. und 'dl. Dec. 1668 fordert der Kaiser Goess auf, den Kurfürsten zur Förderung der kaiserlichen Pläne in Regensburg, insbesondere in der bambergischen Frage zu enninitern und ihn zu bewegen, gegen die von Frank-

408 V. Zweite Mission (Jus Freiherru Johann von Goess. Out. IfiliS— Sept. 1671.

von den Rüniernionaten spriclit '). erklärt sich für den Kaiser ver\vend''n zu wollen, betont aber, wie wenig der Kaiser die Wiinsclie des Kurfürsten berück- sichtige; das gleiche that der Kurfürst. Betreffend die französische Prae- tensiün zu Regensburg wegen der in Niederland occupirten Plätze, ver- meineten I. Ch. D. abermalen, dass man ihnen dieselbe auf die Weis, wie Elsass, überlassen sollte, und nahmen, dass das Reich sich desjenigen Rechtens, so es auf die occupirte Plätze haben möchte, begeben könne, dahin ein, als wann das Reich ihnen das Recht, so es darauf hat, cedirete, daraus sie endlich sessionem et votum praetendiren würden. Ich infor- mirte sie aber besser und dass diese die Meinung nit wäre; dass man nit allein auf gegenwärtiger, sondern auch künftiger Securität und Ruhe des Reichs müsste gedacht sein und keinen Anlass geben, dieselbe unter Vorwand einer praetendirenden Garantie oder sonsten zu turbiren. Man sähe nun in Niederland wie es hergehe, da unter Praetext der Apper- tinenzien der obgemelten Plätze leicht abermalen ein neuer Krieg möchte vorgenommen werden. Der Baron von Schwerin sagte mir in hoc passu, dass ihre Intention nit wäre, sich zu dieser Garantie zu impegniren. Der Kurfürst glaubt nicht, dass der Reichstag bald zu einem guten Ende ge- bracht werden könne und bemerkt, wann der Reichstag sollte ein End nehmen, so würden die Fürsten auf eine Deputation dringen. Ich re- monstrirte, dass dieses idem per di versa wäre, man triebe auf den Schluss des Reichstags, damit die Stände der schweren Spesen überhebt würden, welche bei der Deputation eben so wohl anzuwenden. I. Ch. D. zeigeteu sich ganz allen von der Deputation und dass sie ihrenseits darin nit consentiren wollten: deuteten an, dass dieselbe nit zu des Reichs, sondern Particulariiiteresse angesehen^).

reich beabsichtigten Eingriffe und gegen die Auflösung des Reichstages ohne Reichs- abschied oder Einsetzung eines Deputationstages zu stimmen.

^) Vergl. für diese Frage Pachner I.e. I. 371 if.; die Antwort der Reichsstiinde ebendaselbst 398 f.; weitere Verhandlungen 402f. ; Gemeiner I.e. III. 175f.

-") In der Antwort auf dieses Schreiben d. d. 1. Februar 1669 (Conc.) bemerkt der Kaiser, dass Goess bezüglich des französischen Memorials und des punctum ga- rantiae richtig betont habe, „dass man an Seiten des Reichs zu derae, was diesfalls zwischen Spanien und Frankreich vorgangen, nicht verbunden und dahero um so viel weniger sich zu der praetendirter Garantia zu verstehen schuldig seie'^. Sachsen hat sich in dieser Sache gut geäussert. Goess soll trachten den Kurfürsten in der An- sicht zu bestärken, dass der Deputationstag „nicht zu des Reichs- sondern blos Parti- cularinteresse angesehen ist."

Reichsangelegenlieiteu. Poluische Wahl.sache. 409

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg- 8. Jan. 1669. (Gr.)

[Polnische Wahlsache. Unterredung mit Schwerin über Frankreichs Haltung in dieser

Angelegenheit und über die seitens der übrigen Mächte zu ergreifenden Massregeln.

Stratmans Aeusserungen in dieser Frage. Reichsaugelegenheiten.]

Bisher ha1ien die Brandenburger behauptet bezüglich Frankreichs nichts 8. Jan. fürcliten zu müssen; nun aber beginnen sie an der Aufrichtigkeit Frankreichs zu zweifeln; auch der Neuburger soll, wie Schwerin Goess mittheilt, anfangen an Frankreichs Anfrichtigkeit zu zweifeln und sich bei Lionne und Beziers beklagt haben, welch' letzterer beständig die Geneigtheit seines Herrn für den Neuburger einzutreten, betone.

Lerodt ') und Blumentlial schreiben aus Paris alles gute über des französi- >chen Königs Intentiimen. Goess gibt dem Schwerin zu bedenken, dass Lerodt als Anhänger der französischen Partei sich nicht leicht dazu entschliessen werde, einen Verdacht gegen Frankreich auszusprechen, addendo, dass ich wüuschen mögen, dass meine treue Warnung Platz gefunden. Da ich remonstrirt, wie periculeux ihre Tractaten mit Frankreich wären, bei welchen auf ihrer Seiten de praesenti an Frankreich alles gegeben würde, was man nur verlangen können, herentgegen von Frankreich nichts, als die schöne Vertröstung und wie sie es damaln hoch exaggerirten, la parole royale. Er bekennete, dass sie sich darauf verlassen, |: hielte es noch für die grösste perfidia und dem grössten scandalo, so je geschehen wäre, wann man französischer Seiten daran manquiren würde; bei allem dem sehen sie Selbsten genugsam vor, was für Praetexten der Impossibilität mit Neuburg aufzukommen könnten vorgeschützt werden und was das ärgiste ist, so möchten sie unter der Hand das Werk für Neuburg difficil und also ihren Praetext selbst suis manibus machen und :| zu Wegen bringen: unterdessen hat man die Freund, welche Neu bürg magna ex parte propter odium contra Gallos praeferirten, verloren, oder gar ex eodem odio zu Feinde gemacht und die von der französischen Faction, welche ein Weg als den andern auf Conde bestehen, hat man nicht gewonnen, j: Et quid, wann dieser Anschlag eben von Anfang von französischer Seiten dahin gericht? Quis credai, dass Franzosen, wanns ihnen Ernst gewesen, nit ein ein- zigen ihrer Faction von Prinz Conde ab und auf den Neuburger bringen können? : Diese Faction, wie man dahie bekennt, tantum abest, dass sie abnehme, dass sie vielmehr zunehme und stärker werde. Diesem allem vorzukommen, discurrirte der Baron von Schwerin, dass kein bessers Mittel, als dass diejenige, welche Neuburg portiren, sich wohl unter einander vernehmen, und gieng tanquam per gradus mit seinem

') Pfalz-neuburgischer Gesandter.

410 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 166S Sept. 1671.

JJisciirs endliclien dahin, \: dass man sich ferner per tractatus zu ver- gleichen, was von unserer Seiten in solchem Fall zu thuen oder zu lassen. Es möchte darzu kommen, dass theils vota für einen, die andere für einen andern ausfielen; da wäre gleichwohl zu statuiren, wie wir unserem caudidato zu assistiren vermeinten. Ich antwortete, dass die Erfahrenheit gegeben, wie viel die schon gepflogene Tractaten geschadt; ob er nit vermeinte, dass diese proponirende noch viel mehr schaden würden. Fatebatur, wann man's in Polen innen würde; man könnte es aber secret halten. Ich allegirte darwider die Experienz und wären ihme der Zustand und inclinationes hominum in Schweden bekannt; wir hätten gesehen, dass allda den Franzosen nichts verborgen geblieben. Er deutete dies auf den cancellarium regni '): quaerendo a me, was ich vor besser hielte, dass man auch cum periculo revelationis die gehörige Anstalt vornähme, oder aus dergleichen Apprehension dieselbe unterliesse und zusähe, dass unterdessen unsere contrari cum tanto damno nostro mit ihrer impresa aufkämen^). Er sagte darbei, dass von dem Churfürsten wollte judicirt und gehalten w^erden, dass S. Ch. D. in solchem Fall end- lichen dem von Conde auch beifallen und dieselbe ebensowohl als wir mit allerlei Verdacht beladen würden, welches er zwar weit wirft; ich wollte aber nit gern, dass der casus uns auf die Prob setzete. Der Stratman, welcher sousten überaus gute üpinion von der diesseitigen guten Intention hat, und zwar nit ohne Grund, dann die demonstra- tiones seind gross, scheint sich ebensowenig auf diese Prob zu verlassen; er förchtet, dass der Vaubrun^), welcher allbereit von Paris aufgebrochen, an diesen Hof komme, solchen occasionibus zu invigiliren und mit Mittel etwas grosses durchzudringen: dieser Hof habe sich sehr discouraglrt durch das Desarmement von Schv.eden; um soviel nöthiger seie, dass man ihn von E'. K. M. Seiten animire, damit der Churfürst von Brande- burg wisse, dass er sich diesfalls auf E. K. M. zu verlassen :|; dass derwegen hochuöthig, dass ich hierzu Befehl und Instruction bekomme. Auf der ander Seiten habe ich dahie einige Apprehension verspüret, dass der König in Frankreich durch anderwertige anerbietende grosse Satisfactiön |:den Herzogen von Neuburg dahin vermögen möchte, dass er von dieser Praetension desistirte :|, dessen man sich doch gegen den Stratman gar nit vernehmen lasst.

0 Magnus de la Gardie.

') Ueber Schwedens Verhalten in dieser Zeit Carlson I.e. IV. .')08f,

*') Nicolaus Bautru, Marquis de Vaubrun,

Polnische Wahlfrage. Keichsangeleg'enheiten. 411

In einem zweiten iSchrciben meldet Goess, dass Schwerin bezüglich der bambergischen Frage die besten Versicherungen gegeben habe; ebenso bezüg- lich der Römerraonate; doch will der Kurfürst selbst von der Zahlung be- freit sein.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg- 15. Jan. 1669. (Or.)

[Polnische Wahlsache.]

Schwerin theilt dem Goess mit, dass in Litthauen die Dinge für den Neu- 15. Jan. burger günstig stünden; die grösste Hoffnung ruhe aber in der Sincerität der französischen Erklärung, die von dort aus immer behauptet werde.

! : Der von Basserode wird E^ K. M. referirt haben, was massen man von hier aus durch den nun abgereisten schwedischen Resident Wolfrad zu Stockhohn die Impression machen wollen, als portiren E. K. M. zwar publice den Herzogen zu Neuburg, occulte aber den Herzogn von Loth- ringen; suggerendo, dass man Pfalz-Heidelberg wider Lothringen zu assi- stiren '), damit er zu Haus zu schaffen habe und dem Herzogen zu Neu- burg kein Eintrag in Polen thue; dass man diesseits darzu parat, wann Schweden auch der Intention seie : 1.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 16. Jan. 1669. (Conc.)

[Polnische Wahlsache. Jägerndorf.]

Der Kaiser bleibt bei seiner Absicht, Neuburg zu unterstützen, alle Ge- 16. Jan. rächte, die das Gegeutheil behaupten, sind unbegründet: dagegen ist der Kaiser gegen jede bewaffnete Manutenirung der künftigen neuburgischen Wahl. Des Goess Verfahren in der jägerndorfischen Angelegenheit wird gebilligt, er soll fortfahren so zu reden.

Die nächsten Berichte des Goess enthalten nichts Wesentliches. Von Seite Frankreichs beharrt man bei der Behauptung es mit der Förderung der Wahl des Neuburgers ernst zu meinen; aus Polen langen Nachrichten ein. die für den Neuburger ungünstiger lauten (Berichte vom 22., 29. Jan.. .5., 12. Febr. 1669). Fürst Bogislaw Radziwill, der als Gesandter der Republik Polen nach Königs- berg kommt, besucht den Goess und betont die Bedenken, die gegen den Neuburger vorgebracht würden (Bericht vom 19. Febr.). Auch in den Reichs- angelegenheiten treten keine besonderen Ereignisse ein. Der Kurfürst erklärt sich bereit, es mit dem zum Schlüsse des Reichstages festgesetzten Termine nicht

') Für diese Streitigkeiten Huhn I.e. II. 29(if,

412 V. Zweite Mission des Freilieirii Johann von Goess. Üct. 1668 Sept. IHTl.

genau nehmen zu wollen ; ist auch für den Plan einer Reiclisarraada einge- nommen (Bericht vom 29. Jan.) ; dagegen bleibt er dabei, dass an Frankreich die occupirten niederländischen Plätze wie ehedem Elsas.s überlassen werden sollen (Bericht vom 22. Jan. 1G69).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 25. ?'ebruar 1669.

(Conc.)

[Reichsangelegen lieiteu.]

25. l''ehr. -Goess soll fortfahren den Kurfürsten in der Ansicht zu bestärken, dass

man es mit dem Endtermine des Reichstages nicht so genau nehmen dürfe. Der Kaiser gibt seinen Gesandten Befehl, dahin zu sehen, dass die wichtigsten Angelegenheiten möglichst rasch zu Ende geführt werden. Bezüglich der Reichs- sicherheit hält der Kaiser es mit Rücksicht auf Frankreichs Vorgehen gegen Lothringen um so nothwendiger zu einer Entscheidung zu gelangen und wenigstens eine Provisionalmatrikel zu vergleichen, damit man wissen könne, was jeder Kreis in omnem casum necessitatis pro securitate pubüca beizutragen haben würde. Der Kaiser sieht nicht ein, warum diese Sache sich nicht durch Berathungen der einzelnen Kreise bewerkstelligen Messe. Dass der Kurfürst für seine Länder keine Römermonate leisten will, ist zu hart; der Kaiser glaubt, es werde sich der Kurfürst bequemen, von den .^iO 60 oder mehr Römer- monaten, die der Kurfürst für seine Länder ausschreiben würde, 30 40 dem Kaiser zu geben.

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum meldet der Kaiser, nachdem wir vernommeu. dass man an Seiten des churfärstlichen coi- legii in die Gedanken gerathen, als ob wir durch Auslassung des appen- dicis ad epilogum capitulatiouis perpetuae förderist dieses suchen thäten. samb wir dardurch die völlige Frankfurter Capitulation cassirt und aui- gehebter zu haben verlangten , hingegen uns nie dergleichen in Sinn kommen, sondern wir allein die Auslassung des appendicis (wünschen')) und darin von solcher frankfurtischen Capitulation beschehende Meldung für unnöthig erachten; hat Leopold dies dem Kurfürsten mitgetheilt -).

^) Vom Herausgeber hinzugefügt. -) Nicht erhalten.

Reichsangelegenheiten. Polnische VVahlfiage. Tiipleallianz. 413

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 26. Febr. 1669. (Or.)

[Des Kurfürsten Erklärungen in der polnischen Wahlsache. Nachrichten über die

Tripleallianz. Brandenburgs Stellung zu derselben. Urtheil des Goess. Pomponne's

Pieise nach dem Haag. Urtheil über de Witt in Berlin. Bemühungen des Goess das

Mistrauen des Berliner Hofes zu beseitigen.]

Goess meldet dem Kurfürsten die Geburt einer kaiserlichen Prinzessin'); 2G. Febr. der Kurfürst gratulirt und spricht dabei von der polnischen Angelegenheit; er betont, man rechne auf die Aufrichtigkeit Frankreichs ; denn es wäre die grösste Perfidie, wenn es nach diesen Erklärungen im geheimen für einen französischen Candidaten arbeiten liesse. Die Befürchtungen des Kurfürsten, es könnte der Czar die Krone in Polen erhalten, weiss Goess zu beseitigen. I. Cli. D. sag- ten mir auch, dass die Polen ihre Grenzen dieser Seiten mit Völker be- setzten und dass der Koritzki'), welcher sonsten für gut Condeisch ge- halten worden, in Braunsberg läge; sie wäreo resolvirt etliche 1000 von ihren Völkern aus der Mark nach Colberg und von danneu zu Wasser hieher kommen zu lassen. . . .

Sie haben hier Nachricht, dass in puncto subsidiorum für Schweden und der Universalgarantie, so die Tripleallianz zu leisten, die Sach nun ihre völlige Richtigkeit habe, die Terminen zu Abführung der Gelder und das übrige, w^as dem Werk anhäncrig. auch schon völlig verglichen. Goess glaubt nicht, dass die Sache so weit gediehen ist^).

I. Ch. D. meldeten gegen mich mit bezeigender Empfindlichkeit, als thäten die Staaten-General sie nun auch et quasi ultimo loco zur Triple- allianz invitiren *); es ist, wie E. K. M. mit mehreren werden sein bericht worden, auch vorhero mit derselben daraus tractirt worden. Ich kanu aber glauben, dass sie selbsten hierin temporisirt und Frankreich bei gegen- wärtigen Coniuncturen nit ingelosiren, noch disobligiren wollen; sie Hessen in diesem Discurs schiessen, dass i : wann man einmal mit dem polnischen Werk fertig, so künnte man im übrigen seine Mesuren besser nehmen: , welches mich neben anderen Reflexionen um so viel mehr in dieser meiner Opinion confirmirt; ich halte auch darfür, dass V. Ch. D. gelosia gebe, dass man von Wegen dieser Tripleallianz mit dem Haus Braunschweig und auch mit Chur Mainz und Chur Trier tractire^): ': sup-

') Marie Antonie, später vermählt mit ilax. Emanuel von Baieru.

-') Christoph Koritzki, polnischer Heerführer; vergl. über ihn Urk. u. Act. IX. '2o Anm.

3) Vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. JI. 8 f.

■*) Vergl. für die Lage in dieser Zeit LetVvre-Pontalis 1. r. II. I tf. : Ranke, Franz.

Gesch. III. •284ff. ; Droysen I.e. III., -iöOff.

'■') Vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. II. 10.

414 V. Zweite Mission des Freilienn Joiiann von Goess. Oct. KWIS Sept. 1671.

ponendo fore, dass die subsidia, welche man eben so gern als'Schweden und die andere haben möchte, pro modo necessitatis und dahero geringer, als wann man ihrer hoch von Nöten, werden fallen. Das Mistrauen gegen dem de Witt continuirt; vielleicht nit ohne Ursach :i. Der Pom- ponne, wie mir auch der Wicka ') schreibt, werd aus Holland stimulirt, seine Reis nach dem Haag zu beschleunigen und dass er sonsten zu spät kommen möchte''). Die Difficultäten wegen Admissiou des Königs in Spanien zu der Tripleallianz^) werden dahie dem Pensionario de Witt meistens imputirt, dessen Maxime seie; |: sich durch Frankreich zu stabi- liren und das Haus Oranien unterzuhalten; et forte non plane errant, ut puto, in hoc, welche glauben, dass 1. Ch. 1). eben sow^ohl grosse Reflexion (auf Frankreich nehmen)^) und eben diese verursacht, dass gegen uns nicht die Confidenz, wie es wohl sein solle, gezeigt werde. So zweifelt man auch immer daran, ob E. K. M. den Herzog von Neuburg so privative und auch mit solchem Nachdruck, wie sie wollten, zur polnischen Krön zu recommandiren gemeint sein:!. Ich thue nun zwar, was ich kann, das gute Vertrauen zu erhalten; dass ich aber die Diffidenz in vielen Stücken und zwar mit Nachtheil der übrigen Negotien, so mir obliegen, nit vermerken solle, das wäre mir und ihnen all zu viel geheuchelt; die Zeit werd solche Ombrage dissistiren (sie) und wie ich da zu sagen pflege, das Werk den Meister loben.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. März 1669. (Or.)

[Polnische Angelegenheit. Geldsendungen für Beziers. Unterredung des Goess mit

dem Kurfürsten über Frankreichs Vorgehen gegen den Lothringer, ürtheil des Goess

über den Zusammenhang dieser Angelegenheit mit der polnischen.]

12. März. In der polnischen Angelegenheit schwankt man hier zwischen Furcht und

Hoffnung. Dass ein Graf von Schlieben^), der im kurfürstlichen Preussen zu Hause ist, die Sache des Lothringers bei dem Convent zu Graudenz vertreten, bat den Kurfürsten sehr verdrossen.

Dass Beziers aus Frankreich grosse Summen Geldes erhalten, wird von allen Seiten berichtet*^).

') Kaiserlicher Gesandter in Paris.

-) Ueber Poraponne's Thätigkeit in dieser Zeit veigl. Mignet 1. c. III. 2l)9ff. : Petei-, Sybel'sche Zeitschrift XIII. 152f.; Lefevre-Pontalis II. 25fr.; Mem. de Pomponne II. Cap. IX. u. X.

^) Vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. II. 14f.

■*) Vom Herausgeber hinzugefügt.

^) Vergl. Droysen 1. c. III., 2ü\).

^) Vergl. Droysen 1. c. 111. , 254.

Uitheil üb. de Witt in Berlin. Polnische Wahlfrage. Frankreich u. der Lothrincrer. 415

Aus Reo-enslinrg- hat Goess Nachricht, was masscn der Diic de Crequi, nachdom der Herzog von Lothringen auf des Königs in Frankreich Ansuchen, oder vielmehr Bedrohungen und versprochene Garantie disarmirt, Pont-k- Moussou per stratagema eingenommen ') und dass gleichwohl zu Regeus- burg Leut gefunden würden, welche solches factum unter einem und anderen Praetext wollten excusiren. Als ich I. Ch. D. gefragt, ob deme also, haben sie mir gesagt von ja und dass man französischer Seiten darzu bewegt worden, weiln der Herzog seine Völker, wider geschehene Abrede, zusammenzöge; sonsten j : Hesse der Churfürst von Brandenburg in dem Discurs wegen der Händel zwischen Churheidelberg und Loth- ringen auch schiessen, dass der König in Frankreich Churheidelberg nit würde hilflos lassen^). E. K. M. werden sich auch gnädigst er- inneren, was ich unter'm 15. Januarii bericht, dass der von Basserode mir geschrieben, dass Churcöln durch den hier gewesten schwedischen Resident Wolfrad die schwedische Regierung adhortiren lassen, dass man ('hurheidelberg wider Lothringen zu assistiren und dass sie darzu bereit, wann Schweden mit concurrireu wollte: Alles dieses respicirt ohne allem Zweifel das polnische AVerk und hat man gesucht den Herzog von Lothringen zu Haus zu occupiren, damit er seineu Vettern in re Polonica nit könnte assistirn. Wie man nun nit gern gesehen, dass durch die resolvirte Abdankung der Herzog sich von dieser Verhin- derung frei gemacht, also werden diese neue imbarazzi nicht unan- genehm sein; steht aber dahin, ob alles in favorem des Herzogs von Neuburg vermeint. . . . Schwerin ist noch immer schwer krank.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 19. März 1669. (Or.)

[Reichsangelegenheiten.]

Des Kaisers Befehlschreiben vom 2.5. Februar hat Goess erhalten und mit 19. Milrz. dem Kurfürsten über die Angelegenheit des Appendix ad perpetuam capitula- tionem gesprochen. Sie haben kürzlich darauf geantwort, dass sie die anteacta und protocolla aufsuchen und die Bach würden vornehmen lassen; seind aber bald auf andere Ding und zwar cum gravibus querimo- niis gefallen, also dass ich bei solcher Beschaffenheit nit rathsam be- funden, die übrige in E^ K. M. gnädigstem Schreiben enthaltene puncta

1) Vergl. Huhu 1. c. II. -290.

"-) Vergl. Droysen 1. c. III. ^ "247 f.

416 V. Zweite Mission des Fieihenn Jobaim von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

ZU berühren, darauf in illa commotione aninii keine gute Erklärung zu vei'hoffen gewesen.

Der Kurfürst klagt insbesondere darüber, dass man dem Jena im Fürsten- ratbe Session und Votum für Candn verweigert habe und über die quernhei- mische Angelegenlieit

In einem zweiten Schreiben vom sell)en Datum berichtet Goess, dass er in Erfahrung gebracht, dass Beziers ül)er grosse Geldmittel verfüge ; den Gerüchten, dass auch Brandenburg sich auf die Seite Frankreichs schlage, aber keinen Glauben schenke, da er keinen Grund habe an den ehrlichen Absichten Fried- rich Wilhelms zu zweifeln. Unter dem 26. März berichtet Goess, dass der Mos- cowiter, wie aus Warschau gemeldet werde, eifrig für seinen ältesten Sohn die Königskrone von Polen zu erlangen strebe und selbst den Religionswechsel des Prinzen zugestehen wolle '). Unter dem 2. April meldet dann Goess, dass diese russische Werbung nicht vom Czaren direct, sondern von Pac "^) geleitet werde. Radziwill, mit dem Goess vor dessen Abreise spricht, meint, alles sei noch un- u'ewis.-s.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg- 9. April 1669. (Or.)

[Reichsangelegenheiten.]

y. April. Die Stimmung des Kurfürsten ist noch immer die gleiche; Schwerin ist

krank. Das Antwortschreiben des Kurfürsten auf das kaiserliche Schreiben vom 25. Febr. ist dem Goess nicht übergeben worden. Ich habe durch den secretariura Meinders remonstriren lassen, dass, was in obgedachter chur- fiirstlicher Antwort enthalten wegen eines Schreibens, so das churfiirst- liehe Collegium in puncto appendicis an E. K. M. zu thun Vorhabens, idem per diversa und eben so viel seie, als wann der Appendix (dessen Auslassung doch per majora verglichen) in der Capitulation inserirt würde und dahin zielete, dass das conclusura per raajora per indirectum umgestossen würde. I. Ch. D. hätten hierbei das geringste Interesse nicht, die Savoy'sche und Bamberg'sche Sachen würden allein hierdurch getrieben. : Wegen Savoyen meldete er, dass sie mit Churbaiern nit so sonderliche Communication hielten; sed quidquid ille dicat, bei mir ist richtig, dass Churcölln sich hierin mit Churbaiern impegnirt und wann dieser auf bessere Gedanken zu bringen, Churbrandenburg :i sicher- lich keine Difticultät darin machen würde. In der Bamberger Sache aber versichert der Kurfürst, was Goess auch für richtiu' hält, des Kaisers Sache ver-

0 Veigl. Theat. Eur. X.,. 34.

-) Christoph Pac, Kanzler von Litthauen: veigl. über ihn ürk. und Aft. IX. 38 Aum.

Reichsangelegenheiten. Schaffgotsch in Polen. 417

treten zu wollen. Bezüglich der Verlängerung des Aufenthaltes der kurfürst- lichen Gesandten zu Regensburg erklärt der Kurfürst sich den Beschlüssen der übrigen Stände conforniiren zu wollen. Punctum securitatis publicae be- treffend, befinde ich, dass man daliie uit grosse Hoffnung hat, dass der- selbe ausgemacht werde; I. Ch. D. melden und hat mir's der Meinders weitläufig ge.sagt, dass sie sich hierin fast vor allen anderen Ständen willfährig erklärt; modum contribuendi betreffend, will ich hoffen, dass S. Ch. D. sich demjenigen, welchen man für gut befinden möchte, nit würde zuwider sein lassen; wie der Meinders discurrirt, wann einmal a matricula imperii gewichen werde, könne schwerlich ein anders Mittel gefunden werden, sich eines Fuss oder simpli zu vergleichen; ein Stand werde sich nach dem anderen richten und es keinem Vorwand und Prae- texten sich des Lasts zu entschütteo mangelen ^). Man hat hier unter- schiedliche Nachricht, dass die Franzosen Pont-ä-Mousson wiederum quittirt, also möge diese Gefahr nun auch weniger apprehendirt werden, |:zumalen auch vorher einige gezeigt sich wenig darum zu kümmern. AVegen des Commando oder Generalat über die Reichsarmada hat sich hac occasione Churbrandenburg weiter nicht ausgelassen, wohl aber be- daurt, dass man zu Zeiten, als der Fried zu Oliva tractiret wurde, das Tempo und die Occasion nicht in Acht genommen :\; wann man dero Rath gefolgt, würden E''. K. M. Sachen anjetzo in einem besseren Stand stehen; deducendo, was man für eine considerable Macht hätte können beisammen bringen und was darmit können gericht werden.

Bezüglich der Römermonate spricht Goess mit Meinders; dieser aber, der Schwerin und den Karfürsten von dem Begehren des Kaisers in Kenntnis setzt, er- klärt, es sei geringe Aussicht auf Unterstützung des Kaisers durch Brandenburg, selbst wenn der Brandenburger gänzlich von Zahlung für seine Länder befreit würde, I : dann sie wären von unterschiedlichen Ständen angeloflfen und von Ver- willigung dieser Römermonat dehortiret worden : ]. Goess hat in Erwartung einer Abweisung bisher selbst mit dem Kurfürsten nicht über diese Angelegen- heit gesprochen. Der Kurfürst klagt von neuem über das Vorgehen des Kaisers in den Camin'schen und quernheimischen Angelegenheiten. Goess sucht diese Klagen zu widerlegen.

Unter dem 15. April verständigt der Kaiser den Gesandten, dass er Schaff- gotsch mit dem Befehle nach Polen geschickt habe, einzig und allein die Wahl des Neuburgers zu befördern'-).

1) Vergl. Gemeiner 1. c. III. 18.5 ff.

2) Uebei- des Christoph Leopold Schaffgotsch Aufenthalt in Polen Puf. 1. c. X. 82 ff. Droysen 1. c. III.3 257 ff.

MatiM-. /.. Gesch. d. G. Kuifiirsteii. XIV.

418 ^'- Zweite Mission des Freiberrn Johann von Goess. Oct. 1G68 Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 16. April 1669. (Or.)

[ürtheil des Goess über den Zweck der Mission des Crockow nach Schweden. Unter- redung des Kurfürsten mit Goess über die Tripleallianz.]

IG. April- Der Kurfürst theilt dem Goess mit, dass er die Absicht habe, Crockow,

der schon frülier in Schweden gewesen, wieder dahin abzusenden. Diese Ab- schickung, wann sie geschieht, werd meines Erachtens sonderlich dahin angesehen sein, damit man die Gedanken derselbigen Regierung expis- cire, was sie darbei zu thuen gemeint, j : wann etwa die vota in Poln sich zertheilen und auf unterschiedliche subjecta gehen sollen und dann auch, wie es mit den Tractaten wegen der Tripleallianz und so fort mit £"■. K. M. eigentlich stehe. So viel ich merken können, halten I. Ch. D. diese letzte weiter avancirt, als sie re vera nit sein, und sagten, dass wir mit dem Geldgeben nit so sehr zu eilen. Ego dissiraulabam und thäte, als verstünde ich's :| auf die spanischen Gelder wegen der Subsidien, dass England und Holland dieselbe pactuirt und Spanien ser- vandae tranquillitatis publicae causa endlichen darin condescendirt: sie sagten mir auch, ut videbatur cum aliquo plausu, dass die Schweizer in die Tripleallianz nit mit eintreten wollen und dass der Chevalier Terlon von dem König in Frankreich wiederum in Schweden geschickt würde, welches doch kein anders Fundament hat, als dass der Terlon dem Pufen- dorf) seine Geneigtheit nach Schweden zu gehen mitgetheilt hat, was schwe- discherseits aber abgelehnt wurde. Der Kurfürst betont, dass er eher als für Lothringen und Conde, sich für den Moscowiter entschliessen würde, was Goess nur als Redensart betrachtet.

In den nächsten Wochen ändert sich nicht viel in der polnischen Wahl- frage. Man zeigt sich am kurfürstlichen Hofe mit der Instruction, die Schaff- gotsch vom Kaiser erhalten hat, zufrieden, beklagt aber, dass Goess sich nicht deutlich genug über des Kaisers Haltung in der Wahlfrage äussere (Bericht 7. Mai 1669) und zeigt noch immer Mstrauen in des Kaisers Absichten zu setzen (Berichte vom 23., 26. und 30. April 1669).

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 21. Mai 1669. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Meinders bezüglich der polnischen Wahlsache, l'rtheil des Goess über Frankreichs Haltung in der polnischen Wahlfrage. Mittheilung Kramprichs aus dem Haag über des Kurfürsten Streben nach der polnischen Krone.]

21. Mai. Meinders meldet dem Goess, Schaffgotsch habe mit Beziers gesprochen und

erklärt, er habe blos Befehl für den Neubnrger zu wirken, jedoch auf die Frage,

1) Esaias Pufeudorf war N'ertreter Schwedens in Paris.

Ciockow"s Sendung nach Schweden. Tripleallianz. Polnische Wahlfrage. 419

wie man die A\'ahl des Lothringers zu hindern habe, geschwiegen. Goess er- klärt, er habe darüber hier in Königsberg nicht zu verhandeln, könne aber nicht umhin, zu betonen, was er auch Schwerin gegenüber gethan, dass man der polnischen Libertät nicht zu nahe treten und nichts thuen solle, was wider die Honnetität und die grossen Potentaten geziemende Generosität liefe. Meinders bemerkte, dem Lothringer sei es sehr förderlich, dass sein Regiment in der Nähe liege. Ich replicirete, dass dieses Regiment in Schlesien einquartirt wäre, ehe diese des Prinzen Praetension herfürkommen; dass ein jeder Privatoberster, sowohl bei ihnen, als bei uns, sich seiner untergebenen Officier in dergleichen Occasionen zu bedienen pflege.

Er bezeigte sehr zu besorgen, wie wohl : der von Beziers sich auch bezeige, dass inter duos litigantes, der Prinz von Conde aufkommen möchte. Wann die consilia von Frankreich dahin gericht, wie ich meines Theils allzeit besorgt, so werd der Herzog von Neuburg keinen gefähr- licheren, obzwar heimlichen Opponenten haben, als Frankreich; man w'ird palam recommeudiren und sich eiferig stellen, clam aber und per tertios (dann von der Faction genug seind) die Sach also veranlassen, damit Frankreich sagen könne, man habe ihrerseits alles gethan, was man gekönnt und was man an sie begehren mögen; weilen dannoch mit Herzogen von Neuburg uit aufzukommen gewesen, seien sie nicht zu verdenken, dass sie endlich den Herzog von Conde'), Lothringen, welcher von £•■. K. M. heimlich portirt werde, (nam ut video hoc agitur, dass dieser Praetext allgemach formirt werde) praeferiren und dann wird an Satisfactionen für den Herzogen von Neuburg, für diesem Chur-Branden- burg, für Schweden und für die in Polen, wie solche einer für dem andern Party zugethan, nicht ermanglen und wer weiss, was E"^. K. M. Selbsten möge gedacht werden. Meinders sagte mir, dass die Franzosen es ungescheuet jactiren, dass sie diejenige sein, welche E. K. M. auf den Herzogen von Neuburg gebracht, wann sie dieses juxta suam opinionera vermögt, ob sie nicht praesumiren können, E. K. M. wiederum auf eine andere Party zu bringen, zu vermögen :j. ... Als nun auch darvon ge- redt worden, wessen dieser Churfürst sich zum öfteren vernehmen lässt, dass nemlich er endlichen den Moscowiter tam Condeo quam Lotharingo praeferiren würde, zeigete der Meinders, de Mosco es nit so eben zu glauben, wohl aber, dass wann mit Neuburg nit aufzukommen, S. Ch. J). Condeum Lotharingo praeferiren w'ürden. . . .

Kramprich meldet aus dem Haag, es werde dort stark davon gesprochen.

') A ^^ Herzog von Neuburg.

27*

420 V. Zweite Mission des Freiherrn Jobann von Goess. Oet. 1668 Sept. 1671.

der Kurfürst wolle katlioliscli werden, um die polnische Krone zu erlangen. Goess glaubt nicht daran.

\

In den nächsten Wochen wiederholen sich die gleichen Dinge. Der Kur- fürst von Brandenburg und seine Räthe klagen, dass, nach den aus Polen ein- langenden Berichten, Schaffgotsch heimlich für den Lothringer wirke; Goes.s widerspricht dem und ebenso Schaffgotsch, an den Goess in dieser Angelegen- heit ('schreibt. (Berichte vom 28. Mai, 4. und 11. Juni). Allein die Klagen gegen Schaffgotsch dauern fort und werden durch Ceremonialstreitigkeiten, die zwischen Schaffgotsch und den kurfürstlichen Käthen bestehen, noch vermehrt'). Man glaubt übrigens in Königsberg, dass die Franzosen jetzt, wo die Exclusion des Prinzen von Conde öffentlich ausgesprochen ist, die Auflösung des Reichstages ver- suchen und die Vornahme der Wahl verhindern werden, um dann den Ausschluss Conde's, als durch Gewaltmassregeln in Scene gesetzt, widerrufen zu lassen-) (Bericht vom 18. Juni).

Auch in den Reichsangelegenheiten führen die Verhandlungen zu keinem Resultate. Der Kurfürst bleibt bei seiner Ansicht bezüglich der Römermonate und nimmt die von Goess im Namen des Kaisers vorgebrachten Vermittelungs- vorschläge. die darin gipfeln, dass ein Theil schliesslich blos der vierte Theil der von den kurfürstlichen Ländern zu erwartenden Summen dem Kaiser, das übrige aber dem Kurfürsten zufallen möge (Weisungen vom 28. Febr. , 9. Mai, 21. Juni 1660), nicht an (28. April, 24. Mai), sondern sucht vielmehr die Frage der im Verkehr der kaiserlichen und kurfürstlichen Gesandten zu beobachten- den Ceremonien mit dieser in Verbindung zu bringen (Bericht vom 20. Aug.) ; was der Wiener Hof aber entschieden zurückweist (Weisung vom 4. Sept.). In der Frage des Appendix zu der capitulatio perpetua oder des von Seiten eines Theiles der Kurfürsten an Stelle des Appendix vorgeschlagenen Schreibens an den Kaiser^), sucht Goess den Brandenburger, im Sinne der kaiserlichen Wünsche, für die Unterdrückung des Schreibens zu stimmen. Er bemerkt unter anderem, dass es erscheine, dass sonsten die Chur- fiirsten selbsten au der Validität ihrer frankfurtischen Capitulation dubi- tiren, wann nöthig sein solle, dass dieselbe in hac perpetua durch gesammte Stände expresse confirmirt und wann dieses nicht geschieht, ihr Recht durch sothane vorschlagende Schreiben verwahrt werde. Schwerin ist für des Kaisers Pläne in dieser Sache eingenommen und lässt sich den Vorschlag. Brandenburg möge sich der Majorität, falls der Kaiser, wie er hoffe, eine solche gewinne, anschliessen, Avohl gefallen (Ber. vom 28. Mai 1669).

1) Vergl. Puf. 1. c. X. 84f.; Droysen 1. c. III.3 264f.

2) Vergl. Puf. 1. c. X. 86: Krebs 1. c. 182; Droysen 1. c. III.3 258fT.

3) Vergl. Droysen 1. c. IH.3 :ib9.

Polnische Wahlfrage. Reichsangelegenheiten. Des Silvius Verhandl. in Berlin. 421

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 25. Juni 1669. (Or.)

[Wahl Wisnowiecki's. Urtheil des Kurfürsten über den Ausgang des Wahlkampfes. Verhandlungen des Silvius über den Eintritt Brandenburgs in die Tripleallianz. Ver- halten des Goess in dieser Angelegenheit. Nachrichten des Silvius über der Braun- schweiger Verhalten in dieser Angelegenheit.]

Während der Kurfürst neue Klagen gegen den kaiserlichen Gesandten er- 25. Juni, heben lässt . langt die Nachricht von der Wahl Michael Wisnowiecki's ') in Königsberg ein. Ich habe mir nun wohl einbilden können, dass I. Ch. D. nit ohne grossen disgiisto diese Nachricht würden vernomraen haben, habe derowegen einen Tag entzwischen hingehen lassen, ehe ich zu deroselben kommen, ex praescripto proverbii , da locum irae, und dannoch habe ich all ziemliche Alteration und Commotion verspürt. Sie asserirten pro indubitato, wann andere gehalten, was versprochen worden, neminem nominando und wann der Herzog von Lothringen nit darzu kommen, dass der von Neuburg gewiss wäre König worden, diese Concurrenz und daraus entstandene Division hätte ihn darum gebracht. Goess betont, dass es an Seiten des Kaisers nicht gefehlt habe, übrigens dürfte der erwählte König dem Kurfürsten genehm sein. Ich vermerke, dass man die Rech- nung macht, dass Polen des Churfürsten Freundschaft noch wohl von Nöten haben möchte. Weil der erwählte König nit verheirath, wurde sowohl von dem Churfürsten, als von dem Baron von Schwerin von einer Allianz mit Moscau discurrirt, zumalen der König seine Patrimonial- güter auf der Seiten hat. Von uns thäten sie keine Meldung; steht dahin, was sie mögen gedacht haben. Ich Hesse es alles so hingehen, bin aber der Meinung gar nit, dass der Moscowiter sich sehr angreifen, noch in- commodiren würde, eine Tochter oder Schwester dahin zu verheirathen. , . .

Der englische Abgesandte Silvius hat seither I. Ch. D. zur Triple- allianz invitirt"); hat aber keine Vollmacht zu tractiren, sondern ver- meint, dass im Haag mit gesammter gedachter Allianz zu tractiren seie. Der Churfürst begehrt vor allen Dingen zu wissen, was die Tripleallianz in sich halte: suppouirt, dass articuli secreti darbei sein, mit welchen man nit hervor wolle; hat nit das beste Vertrauen zu England; sus- picirt, dass sie anderwärts mit Frankreich tractiren^). Silvius praeten- dirt bei mir, dass sein negotium causa communis seie; ich kann mich

1) Die Wahl erfolgte am 10. Juni 1660. Krebs 1. c. 183. -) Vergl. für die Mission des Silvius Puf. 1. c. XI. 3.

^) Vergl. für diese Verhältnisse Ranke, Engl. Gesch. V. T6fF. : Klopp 1. c. I.

251 ff.; Lefevre-Pontalis 1. c. II. 56ff.

422 V. Zweite JJis^^ion des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

aber hierin nit weit einlassen: es würde mir gehen, wie vor diesem, als vom niederländischen Secours gehandelt wurde; man würde mich gleich fragen, was wir dann hierbei zu thun gemeint. Der Silvius ist auch bei den Herzogen von Braunschweig gewesen; alle sollen gute In- tention gezeigt haben, ausser des Herzogs Johann Friedrich, welcher gar generaliter geantwort und seiner, des Silvii, Meinung nach, sehr auf Frankreich reflectirt. Ich halte, dass allda ebensowohl als dahie, es endlich auf die Subsidien ankommen werde. Silvius vermeint, dass die Staaten-General dieselbe endlichen verwilligen möchten; sonderlich, wann es zur Action und zum Krieg kommen solle; tempore pacis möchte es mehr Difficultät geben.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg- 2. Juli 1669. (Or.)

[Stimmung am Hofe bezüglich der polnischen Wahl. Verhandlungen des Silvius mit Schwerin. Frankreichs Vorgehen. Urtheil des Goess darüber und über die allge- meine Haltung in der niederländischen Frage. Erklärungen der Franzosen bezüglich der Tripleallianz. Unterredung Schwerins mit Goess in dieser Angelegenheit.]

Juli. Man ist am kurfürstlichen Hofe mit der pohlischen Königswahl schon

zufriedener, da man von dem neuen Könige nichts befürchten zu müssen glaubt'). Der Kurfürst denkt im August nach Berlin zu ziehen.

Silvius hat mit Schwerin conferirt und leugnet, dass England mit Frank- reich, wie Schwerin behauptet, a parte tractire; aber der Baron von Schwerin sagt mir, dass sie von allen Orten diese Nachricht haben, Silvius sei schon lang von Haus weg. Don Heronimo de Quinones beklage sich zu Paris über England und auch über Holland sehr, sage rundaus, dass, wann der König in Frankreich seine Conquesten in Niederland mit den fortificationibus in den Stand gesetzt, wie er's vor hat, könne der König in Spanien, sein Herr, was er in Niederland übrig hat, nit behalten. Ich bin auch allzeit der Meinung gewesen, dass es schwer hergehen werd, und wann Frankreich fidem publicam besser observirete und ein raisonabl equivalens könnte gefunden werden, möchten endlichen solche resolutiones erfolgen, welche alle die benachbarte und wohl auch die weit abgelegene sehr zu bereuen. Wann ich vor diesem solche Discours dahie geführt, hat man's mehr für einem Streich da ministro, dardurch ich sie in dem niederländischem AVerk impegniren wollte, als dass es sehr zu befahren, aufgenommen; quasi vero mit Niederland nit ge-

>) Vergl. Droysen 1. c. 111. ^ 262 ff.

Verhandlungen des Silvius. Fiiinkreich und die Trijdeallianz. 423

schehen könne, was neulich mit Portugal geschehen, oder die Differenz so gross seie zwischen dem, was man schon verloren und was man in procinctu steht zu verlieren und nit manteniren kann, zumalen, wann von einem Equivalente soll gehandelt werden. Nun aber, ob zwar spät und noch nicht gnug, scheint man all mehr Reflexion darauf zu machen. Ich sehe, dass man spanischer Seiten auf eine Permutation der französischen Conquesten dringe und habe gelesen, was der hollän- dische Resident zu Paris an seinen Principalen referirt, dass Don Heronirao de Quifiones ihme destwegen vorgetragen. Meines Erachtens hinderen sie dieselbe vielmehr dardurch, als sie's befiirderen. Frankreich vermerkt, wo es ihnen wehe thut, werd an sich halten, auch kein Per- mutation annehmen, wordurch sie nit vermeinen den Ueberrest besser als durch die jetzt besitzende Conquesten zu eroberen; wann Spanien mit der andere Proposition der völligen Abtretung der Niederlanden serio herfürkäme, möchten alsdann die benachbarte und interessirte diese Per- mutation, oder auch andere Mittel und Rettung kräftiger, als nun nit ge- schieht, befiirderen und besser herbeitreten. Die Franzosen sagen, dass sie sich um die Tripleallianz nicht viel bekümmeren, und dass derent- wegen ihr König von seinem Dessein nit abstehen werde und dannoch beHeissen sie sich aller Orten so sehr, was gemacht ist, zu dissolviren, und was noch im Werk, zu unterbrechen. Der Baron von Schwerin sagte mir auch, dass auf sothane Allianzen sich nit viel zu verlassen. Ich replicirete, dass dannoch dieses das einzige Mittel wäre, sich wider die all zu hoch steigende französische Potenz zu versicheren und wann diese Dämme nit bastant den torrentem auf- und in seinem Bett zu halten, möchte ein jeder der nit überschwemmt wollte sein, nun die hohe Berg zur Retirada suchen.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 9. Juli 16B9. (Or.)

[Klagen des Kurfürsten und seiner Räthe über Frankreichs und des Kaisers Haltung

iu der polnischen Wahlsache. Bemühungen Vaubruns den Kurfürsten günstig zu

stimmen. Gelegenheit einer Einigung mit Brandenburg. Letzte Verhandlungen und

Verabschiednng des Silvius.]

Der Kurfürst und seine Räthe sind jetzt überzeugt, dass Frankreich nicht 9. juij. aufrichtig in der polnischen Wahlangelegenheit vorgegangen ist, vielmehr die Candidatur Conde's bis zum letzten Momente aufrecht erhalten hat. Desgleichen klagt man über des Kaisers Benehmen, der den Lothringer unterstützt habe, überdies in der jägerndorfischen Angelegenheit kein Entgegenkcmimen zeige.

424 V. Zweite Mission fies Freiiierrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Vaubnin ') gibt sich alle Mühe des Kurfürsten ungünstige Ansicht üher Frankreichs Verhalten zu beseitigen; er steht in reger Con-espondenz mit Beziers. Es sollen grosse Geldsuramen in Danzig liegen; vermutlich wird Frank- reich auf diese Weise die Klagen des Brandenburgers und Tseuburgers zu stillen suchen. Die Coniuncturen lassen sich gegenwärtig also an, dass sich nun wohl Gelegenheit ereigenen möchte, etwas gutes zu negociiren und in besserer Verständnus mit diesem Churfiirsten zu kommen. . . . Der eng- lische Gesandte Silvius werd morgen von hier aufbrechen und über'm Haag sich nach Haus begeben. I. Ch. D. haben sich gegen ihme erklärt, dass sie jemand der ihrigen nach London und dann auch ihre ministros nach dem Haag von wegen der proponirenden Trippleallianz ferner zu handien abfer- tio-en werden. Gegen dem Abgesandten hat man nit dissimulirt zu empfin- den, dass, da man vor diesem destwegen im Haag mit denen Herzogen von Braunschweig gehandelt, S. Ch. D. und dero ministri gleichsam negligirt oder postpouirt worden. Ich sehe bis noch keine grosse Begierde sich hierin einzulassen, das Anerbieten einiger ausgebigen Subsidien möchte dieselbe erwecken. Goess erwartet Weisung, Avie er sich in dieser Ange- legenheit benehmen soll.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 16. Juli 1669. (Or.)

[Brandenburg-französische Beziehungen. Nachrichten über Frankreichs Bemühungen für Conde in Wien. Rathschlag des Goess in dieser Angelegenheit.]

16. JuH. Obgleich man von der unehrlichen Handlungsweise Frankreichs in der Wahl-

angelegenheit überzeugt ist, ahndet man es nicht allein nicht, j: ex axiomate, odisse horaiues, praecipue principes, quos laeserint, sondern (ich sehe), dass man's mit Fleiss dissimulirt, und wann endlichen einige Ahndung geschehen solle, möchte es meisten Theils dahin angesehen sein, damit Frankreich Ursach habe ihnen mit anderwärtigen Satisfactionen an die Hand zu gehen; massen ich darfiir halte, dass selbiger König trachten werde, diesen Churfiirsten aus der Triplealliance und saltem in ueutrali- tate mit einem gutem Stück Geld zu halten^). Man hat bei diesem Hof erfahren, dass der König in Frankreich bei E^ K. M. Ansuchung gethan, damit sie den Prinzen von Conde secundo loco, wann neralich mit dem Herzog von Neuburg nicht aufzukommen, zur polnischen Krön helfen wollen. Man verwundert sich hoch über dieses Fürtragen, zumalcn der König in Frankreich, wie gern er's zu Wegen gebracht, sich nie unter-

1) Vergl. Puf. 1. c. Xr. 5.

") Für die französisch -brandenburgischen Beziehungen Droysen 1. e. III. 3 265 ff.

Polnische Wahlfrage. Französiseh-brandeuburgische Beziehungen. Meinders. 425

standen diesem Churfiirsten diese Proposition zu thuenT Ich kann nit sehen, dass es E"". K. M. Dienst seie, dass sothanes Vertrauen zwischen dieselben und dem König in Frankreich dahie praesupponirt werde; weilen man's aber schon erfahren, hielte ich darfür, dass gut wäre, dass sowohl dem Churfiirsten als dem Herzog von Neuburg, wegen dieses bei E"". K. M. geschehenen Ansuchens, authenticum aliquid könnte vorgezeigt werden, oder sie dessen certificirt werden; dann wie Frankreich dieses ganze Werk mit solchem artificio und so behutsam geführt, dass ihnen schwerlich auf die rechte Spur zu kommen, also importire es gar hoch, dass der Churfürst und Herzog von Neuburg beiderseits disingannirt und consequenter in der allbereit gefassten Opinion gestärket würden :|.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 23. Juli 1669. (Or.)

[Meinders. Sein Einfluss. Unterredung des Goess mit ihm.]

Baron Platen, der geheimer Rath und Generalcommissär war, ist zu Berlin 23. Juli, gestorben ^). Meinders hat sein Amt, nicht dem Titel, aber der Sache nach, er- erhalten. |:Er kommt täglich mehr in Credit, und hat er die Hand fast in allen vornehmen negotiis. Ich habe in einem Discurs, den ich mit ihme vor seiner Abreis gehabt und sonsten auch noch ferner befunden, dass sie darfürhalten, dass sie von Frankreich betrogen worden; item, dass die Erklärung, so E. K. M. für den Herzog von Neuburg gethan, allein von Franzosen zu Wegen gebracht, die auch totam gratiam dest- halben sich arrogirt; dass E"". K. M. Vernehmen mit Frankreich sich so weit erstrecke, dass auch in casum mortis regis Hispaniae etwas gewisses verglichen^), dahero der König in Frankreich des Don Juan Attentaten ') nunmehr zuwider sei. Er improbirte der Holländer Thuen, welche sub praetextu cautionis Suecis dandae die gelderische Plätze den Spanischen extorquiren w^ollten, dass dieselbe besser diesem Churfiirsten, welcher auch mehr darfür thuen würde, zu geben: .

1) Claus Ernst v. Platen.

■-') Bekanntlich war am 19. Jan. 1668 der Theilungsvertrag geschlossen worden: vergl. Mignet 1. c. II. 325 ff. : Klopp 1. c. I. 209 ff. Die Kunde davon war schon sehr bald verbreitet; vergl. Droysen 1. c. III.3 226 Aum.

•*) Vergl. Mignet 1. c. III. 384ff.

426 V. Zweite Mission des Freiherrn Johaun von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Königsberg 30. Juli 1669. (Cr.)

[Confoederation der polnischen Armee. Frankreich und die polnisch-österreichischen

Heirathspläne.]

30. Juli. Die Mittheilung von der Confoederation der polnischen Armee, die hier

verbreitet worden ist, bestätigt sich nicht. Dass Frankreich trachten werde die Heirath des polnischen Königs mit einer österreichischen Prinzessin zu hinter- treiben '), daran sei nicht zu zweifeln.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 13. August 1669. (Conc.)

13. Aug. Der Kaiser rechtfertigt sein Vorgehen in der polnischen Angelegenheit und

berichtet dem Goess, dass Lisola Befehl erhalten habe, sich nach dem Haag zu begeben, um daselbst im Namen des Kaisers sich an den Tractaten bezüglich der Tripleallianz und der Garantie des aachischen Friedens zu betheiligen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. September 1669. (Gr.)

[Gerüchte von französisch-brandenburgischen Allianzverhandlungen. Des Kurfürsten Erklärungen bezüglich Schwedens. Nachrichten aus dem Haag.]

23. Sept. Goess ist über Danzig und Stettin nach Berlin. Ich habe zwar auch

von anderwärts einige Nachricht, als solle S. Ch. D. mit der Krön F'rankreich auf's neue in heim- und nachdenklichen Tractaten begriffen sein^) und hat's der spanische ministro Iturieta aus Paris also bericht; ich habe aber bei diesen Hof hiervon noch nichts vernommen, ausser was ich wegen anwendenden Fleiss von französischer Seiten, diesen Chur- fiirsten ausser der Tripleallianz zu halten, allbereit unterthänigst bericht; w^erde mich aber befleissen, unvermerkter Dingen, was daran ist, innen zu werden, wie nicht weniger, was für Sentimenten oder Inclination der Churfürst nun weiter gegen oder zu der Tripleliga bezeige. Soviel habe ich aus dessen Discurs wohl vernehmen können, dass seines Darfür- haltens die Schweden nun nit in statu sein, diejenige Secoursen, derer man sich etwa getrösten und sie versprechen möchten, wirklich zu leisten. Nach dem Haag haben S. Ch. D., wie sie sich gegen dem Silvio erklärt, noch niemand der ihrigen geschickt, welches ein Zeichen ist, dass sie in diesem Werk nit eilen. Aus des de Lisola und Kram-

') Die Heirath Wisnowiecki's mit Eleonore von Oesterreich kam dann doch zu Stande.

-') Vergl. Puf. 1. c. XI. 5; Droysen 1. c. HI. 3 265 ff.

Französ.-brandeub. AUitinzpläne. Unterredung zwischen Goess und Schwerin. 427

pricli Schreibeu ersehe ich, dass nit allein zwischen Spanien und der Tripleallianz wegen der Garantie und Determinirung der Anzahl des Secours vor Erlegung des ersten Termines, sonderen auch zwischen den Confoederirten selbsten noch einige Difficultäten vorhanden, welche mau doch verhofft zu superiren ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. September 1669. (Or.)

[Schwerins Aeiisserungen über die Pläne de Witt's. Erwiderungen des Goess. Unter- redung des Goess mit Schwerin über Brandenburgs Verhandlungen mit Frankreich und über die niederländische Angelegenheit.]

Schwerin äussert sich in der Angelegenheit der Tripleallianz dahin , der 30. Sept. Kurfürst werde seine Vertreter nach dem Haag senden, um dort zu verhandeln. Er ist der Meinung, dass der Pensionarius de Witt nit verlange, dass der Churfürst mit darein trete, aus der Beisorg, dass I. Ch. D. hierdurch mehr Mittel bekommen würden, den Prinzen von Oranien zu seiner Vor- eltern Chargen zu verhelfen; die übrige Provinzien wären sonsten dem Churfürsten wohl aft'ectionirt, allein einige in Holland wären S"". Ch. D. zuwider*). Ich antwortete, dass eben hierum dieselbe in der Triple- allianz miteinzutreten, dieser malevolorum Intention zu hintertreiben. Er replicirete, dass in dieser ihrer Macht die Mittel, ohne welchen I. Ch. D. sich hierzu nit resolviren könnten, stünden, welches auf die subsidia gemeint und werden diese wohl das erste sein, was davon dieser Seiten werd proponirt werden. Als der Discurs dahin ausgefallen, dass man wegen der Ombrage, so einer von dem anderen hat, geredt, hat sich der von Schwerin gleichsam beklagt, dass einige aussprengeten , als wären I. Ch. D. in neue Tractaten mit Frankreich begriffen; nähme mich zum Zeugen, dass nichts daran wäre und wollte fast emphuden, da ich regerirte, dass all viel da tractirt würde, darum ich keine Wissenschaft hätte. Ich habe zwar nit erfahren können, dass diese Tractaten, dar- von ich auch anderwärtige Nachricht gehabt, obhanden; es ist mir doch etw'as verdächtig, dass der von Blumenthal über Winter zu Paris ver- bleibe, obzwar auch seine Unpässlichkeit es mit verursachen solle. Der Baron von Schwerin zeigt nit zu glauben, dass es in Niederland zu

') Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Zeit Klopp 1. c. I. 255 f.: Grossmann, Lisola, Archiv f. K. ö. G. LI. 7 f.

-) Vergl. für de Witt's Haltung in dieser Zeit Lefevre-Pontalis II. löff. ; Klopp 1. c. I. 260; Peter 1. c. 155 ff.

428 ^- Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 16fi8 Sept. IGTl.

neuer Ruptur von französischer Seiten kommen \Yerde, es wäre dann, dass dem König durch Contravention contra pacem Aquisgranensem ein rechtmässiger Praetext gegeben würde; so wären diese Conquesten dem König sehr dispendieux, imraensas sumraas impendi die Festung zu forti- ficiren, quasi hoc non magis hat, damit er von dannen aus den Ueber- rest conquestiren möge, als seine Conquesten zu manteniren. Haec ita dicuntur, damit die Noth des Secours nit so gross gemacht werde. Im Uebrigen, wie ich's auch erinnert, ist nit wohl abzusehen, warum man sich mehr auf den aachischen, als auf den pyräneischen Frieden zu verlassen; addebam, dass wann Spanien nit besser assistirt würde, die Sach endlichen dahin ausschlagen möchte, dass man auf eine Per- mutation der Niederlanden gedenken müsste; welches ich zu dem Ende iusinuirt, damit sie auf ihre eigene Convenienz und auf die Gefahr, so ihnen daraus entstehen würde,, gedacht wären. Er aber antwortete, dass man in solchem Fall auch auf I. Ch. ü. zu gedenken und das Gelder- land deroselben lieber als den Franzosen zu vergunnen.

Die nächsten Berichte enthalten nichts von Bedeutung. Der Kurfürst ist auf der Jagd, Schwerin verreist. Nach der Rückkehr erklärt Schwerin sich in puncto fori austriaci in einer Weise, aus der deutlich zu ersehen ist. dass man an Seiten Brandenburgs, vornehmlich wegen der Ceremonialstreitigkeiten in Warschau, von der zum öfteren mündlich oder schriftlich gegebenen Er- klärung, den Kaiser und sein Haus bei der Exemptionsgerechtigkeit manuteniren zu wollen, gleichsam zurücktrete. (Bericht vojn 21. Oct. 1669.)

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 28. October 1669. (Or.)

[Unterredung mit Schwerin über die Beziehungen Oesterreichs zu Brandenburg. Nothwendigkeit die kurfürstlichen Minister zu gewinnen. Vorschlag des Goess in

dieser Beziehung.]

28. Oct. In einer Debatte mit Schwerin, iu der dieser fragt, w^orin der Kaiser dem

Kurfürsten seit der Anwesenheit des Goess in Berlin Avillfahrt habe, antwortet Goess, in der polnischen Angelegenheit. Schwerin erwidert, nach allem was man vernehme, müsse man dafürhalten, dass man kaiserlicherseits mehr für den Lothringer gearbeitet habe. Goess bestreitet dies. Uebrigens weiss Goess aus bester Quelle, dass der Kurfürst und die Mehrzahl seiner Räthe jetzt davon überzeugt sind, dass Frankreich nicht bona fide in der polnischen Wahlange- legenheit gehandelt hat.

Als ich gegen dem von Schwerin mein Unglück und dass ich sogar

Oestcrreich-brandenburgische Beziehungen. Belohnung kurfürstlicher Minister. 429

bei diesem Hof nit fortkommen könnte, beklagete, iusinuando, dass ich das gute Vernehmen I^ Ch. D. mit E''. K. M. so hoch schätzete und verlangete, dass wann meine Person einigen Theil bei dieser Misver- ständnus hätte, ich auf alle Weis meine Avocation procuriren würde, antwortete er viel Ding zu meinem avvantaggio, im Gelächter hinzu- setzend, es sollen nur gute resolutiones vom kaiserlichen Hof, Jägern- dorf, oder ein Stück vom Fürstenthum Grossglogau kommen, so würde ich wiederum der liebste und angenehmeste sein; ad quae ego wiederum im Gelächter, das wäre eine schöne Freundschaft die mit Auszieh- und Spolirung des Freunds anfangen müsste. Ille, das wäre eben, was sie klageten, auf Jägerndorf deutend. E. K. M. erinneren sich gnädigst, dass ich zum öfteren vorgestellt, dass zu Befürderung der Negotien in alle Weg einige Gcldmittelen von Nöten wären, einen und anderen der Ministren dardurch zu obligiren. Dieses, ob zwar nit attendirt worden, ist dannoch sicherlich also und kann ich einmal für keine gute Oeconomie passiren lassen, dass man hierin stretto und gesparsam gehe. Weilen ich nun diese Mittel nit habe und des Humeurs gar nit bin, etwas zu versprechen, was etwa nacher nit gehalten und also auch der Credit und gutes Vertrauen, so ich in publicis et privatis allzeit gesucht zu erhalten, verloren würde, habe ich gegen dem von Schwerin wegen der Römermonat solcher gestalt Erwähnung gethan, dass propter exemplum und damit's nit schiene, dass T. Ch. D. gar nichts thun wollten, doch der vierte Theil in gedachten Römermonat von deroselben möchte beige- tragen werden. Es wäre eine Bagatelle und würde etwa dienen, denjenigen, so E^ K. M. willfährig erscheinen, eine Recompense zu verschaffen. Er hafs zwar angehört und wegen des vierten Theils über sich genommen zu referiren. aber der Effect hat gewiesen, dass die Mine zu schwach war. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. November 1669. (Or.)

[Verhandlungen mit Meinders in puncto fori austriaci und wegen der Verhandlungen

Brandenburgs mit Frankreich. Aeusserungen des ileinders über die allgemeine Lage.

Klagen über der Holländer Vorgehen. Heirathspläne bezüglich des Kurprinzen.]

Meinders, dem Goess über des Kurfürsten Vorgehen in puncto fori austriaci 4. Nov. klagt, erklärt keine genaue Kenntnis von dieser Angelegenheit zu haben, betont aber die Unzufriedenheit des Kurfürsten mit dem Wiener Hofe. Die neue Tractaten mit Frankreich betreifend, nee omnino fatebatur, nee omuino negabat und ist mir fast also vorkommen, als wann er mich gern in

430 ^- Zweite Mission des Fieiherru Joliann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

diesem dubio Hesse; versichert könnte ich sein, dass wider E. K. ^I. nichts würde tractirt werden. Die gegenwärtige Conjuncturen wären aller Orten wunder- und gefährlich, P. Ch. D. wären nit zu verdenken, dass sie auf sich und auf ihre Couservation gedachten; beriihrete selbsten, dass apprehendirt würde, dass Spanien den Ueberrest in Niederland an Frankreich gegen ein Equivalent ernstlich überlassen wollte. Er hätte von mir allzeit gehört, dass es E. K. M. ungern sehen würden; nun möchte man gedenken, dass auch in hunc casum ihnen einige grosse beneficia, als ein Stück an Gelderlaud, welches grosse Tentation macht, von Frankreich versprochen werde. Ich halte sie aber zu klug darfiir. dass sie ihre Interesse und ihre Gefahr, wann es darzu käme, nit besser erkennen sollten; halte vielmehr darfür, dass sie nit glauben, dass es ernst seie. Ich fragte ihn, wann er ein spanischer Rath wäre und darum gefragt würde, ob er nit für besser halten würde, ein Equivalent wegen dessen, was man sonsten nit manteuiren kann, zu nehmen, als es also wie das vorige zu verlieren. E. K. M. würden es freilich nit gern sehen, aber Spanien, so beim vorigen Krieg schon vermerkt, dass wann E. K. M. sie auch gern assistiren wollten, dieselbe von den benachbarten Chur- und Fürsten hierin nit allein nit secun- dirt, sonderen vielmehr, wie zu Köln beim vorigen Krieg geschehen, daran gehindert werden, quasi intersit imperii, dass die niederländische Pro- vinzien völlig unter Frankreich kommen möchte, ihre eigene Convenienz in Acht nehmen und aus Noth eine Tugend machen. Wie ich nun weiss, dass man dahie für alles einige Geldshülf und subsidia sucht, habe ich ihn auf die Staaten-General und wie sie mit denselben stün- den, was Romswinckel von dannen berichte und dergleichen gebracht, jnsinuando, dass ich an E^ K. M. ministros ^) der Orten geschrieben und sie exhortirt, P. Ch. D. Interesse bestmöglichst zu secundiren. Da ist er in unterschiedliche Klagten ausgebrochen; die Holländer thäten, als wann kein Churfürst von Brandenburg in der Welt wäre, caressirten die Herren Herzogen zu Braunschweig; sie hätten doch im münsterischen Krieg er- fahren, dass I. Ch. D. ihnen viel genützt und auch viel schaden hätten können; mit der Hofyser'schen Schuld, obwohl die Sacli per corapro- missum zu Mecheln decidirt, mache man dem Churfürsten allerlei un- nothwendige Fastidien: dergleichen thue man in den Grenzstrittigkeiten zwischen Cleve und Geldern; dergleichen in denen im clevischen Land von Holland inhabenden Städten; kein Vertrauen zeige man zu S^ Ch. D.:

') Lisola nud Krainprich.

Meinders Aeusseningen über d. bvand. -franz. Beziehungen u. über die allgeui.Lage. 431

die Party, so dem Haus Oranien zuwider, praevalire und halte den Churfiirsten ohne ürsach und Fundament suspect; kam nacher darauf, dass nach alle Bericht Frankreich wider Holland wolle losgehen; den Bischof von Münster apprehendire man darbei in Holland dergestalt, dass man ihme alles thue, w-as er begehrt') und vernimm ich, dass der Gene- ralwachtmeister Eller, welcher von Bielefeld hieher kommen, referire, wie grosse Anstalt gedachter Herr Bischof, nit soeben mit Werbungen, als mit anderen praeparatoriis zum Krieg mache. In summa mich ge- dünkt, dass man den Holländern den Teufel gern so schwarz machete, dass sie dardurch bewegt würden, P. Ch. D. bessere Satisfaction zu geben und etwa einige subsidia, welche die Braut, darum getanzt wird, ver- willigen möchten und wäre es meines Erachtens wohlgethan, w'ann sie sich hierzu resolviren möchten; Spanien hat dieselbe ad arbitrium illo- rum an Schweden und zwar allein bezahlen müssen, die von der Triple- allianz haben's mit diesem Vorwand von sich geschütt, dass ihnen ob- liegen würde, diesen Churfürsten und das Haus Braunschweig diesfalls zu contentiren. . . .

Es wird sehr stark von einer Heirath zwischen dem Kurprinzen und der Tochter der Fürstin von Nassau gesprochen. Der Kurfürst soll mit Rück- sicht auf die ovanische Erbschaft sehr für diese Ehe, der Kurprinz gegen die- selbe sein.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 16. November 1669. (Conc.)

Goess soll fortfahren alles zu thun, um ein gutes Verhältnis zwischen IG. Nov. Brandenburg und dem Kaiser herzustellen, über des Kurfürsten Haltung in den verschiedenen Fragen berichten und angeben, welche unter den brandeuburgi- schen Käthen er für würdig hält einer kaiserlichen Unterstützung theilhaftig zu werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. November 1669. (Or.)

[Franzö.Niscb-braudenburgische Beziehungen. Blumenthal. Schwerins Erklärungen be- züglich der österreich-brandenburgischen Beziehungen]

... Man bericht mich von guter Hand, dass der König in Frank- 18. Nov. reich diesem Churfürsten keine subsidia vervvilligen wolle, wann er dar- für mehr nit thun solle, als sich aus der Tripleallianz oder neutral

') Vergl. Peter 1. c. 154; Lefevre-Pontalis 1. c. II. 10.

432 V- Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept 1671.

zu halten; dass der Churfürst sich nun weiter in einige Offensivallianz einlassen solle, werd meines Erachtens all gross Bedenken haben.

Blumenthal dürfte aus Paris bald abberufen werden; er schreibt selbst, er glaube nicht, jetzt mehr im Interesse des Kurfürsten wirken zu können. Auf was ich proponirt wegen Redintegrirung der vorigen guten Ver- ständnus, hat Schwerin fast bessere Hoffnung und diese V'ersicherung darbei gegeben, dass des Churfürsten Gemüth gegen E. K. M. allzeit ungeäudert geblieben, das Mistrauen gegen einige unserer ministrorum seie herentgegen gross. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. November 1669. (Or.)

[Neue Unterredung des Goess mit Meinders. Frankreichs Bemühungen bei England.]

25. Nov. Aus einer neuerlichen Unterredung mit Meinders ersieht Goess, dass man

in Berlin der Ansicht ist, Holland lege keinen AVerth auf den Kurfürsten und seinen Eintritt in die Tripleallianz ; Goess sucht Meinders vom Gegentheil zu überzeugen. Schwerin theilt dem Goess mit, wie sehr sich der König von Frankreich bemühe den König von England der Tripleallianz zu entfremden ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. December 1669. (Or.)

[Belohnung der kurfürstlichen Minister. Jena. Schwerin. Meinders. Blumenthals Rückkehr aus Paris. Brandenburg-holländische Beziehungen. Mission des Ahlefeld in Berlin. P. S. Belohnung für den Fürsten von Anhalt. P. S. Brandenburg-fran- zösische Allianz.]

2. Dec. Bezüglich der Unterstützung der kurfürstlichen Räthe glaubt Goess, dass

man Schwerin 2000, Meinders 1000 Thaler geben und weitere 2000 Thaler unter die übrigen Räthe, vornehmlich Jena, Somnitz, Canstein, vertheilen solle. j : Von Jena habe ich zwar die Hoffnung nit , dass er uns viel guts thuen wird; es haben mir aber die wohlintentionirten gesagt und zum öfteren eingerathen, man solle dem Teufel die Kerzen anzünden, ne noceat und ihme etwas geben, damit er andere in ihrer führenden guten Intention mit seinen gewöhnlichen contradictionibus nit hindere; sonsten mit seinen bisherigen Comportament hat er\s nit verdient, und glaube ich auch nit, dass er's erwarten, viel weniger praeteudiren könne. . . . Vor dem Baron von Schwerin weiss ich wohl, dass dasjenige, was ich jetztunter ausgeworfen, zu wenig ist. Icii halte aber für besser, dass

') Vergl. für diese Verhältnisse Mignet 1. c. III. 99fif. : Klopp 1. c. I. 247 ff. ; Le- fevre-Pontalis II. 42 ff.

Belohnung der kurfürstlichen Minister. Franzosisch-brandenburgische Allianz. 433

man dasjenige, was man ihme geben wollte, abtheilen und dass es mehr ausgeben werde, wann man ihme oft etwas moderats, als auf einmal eine grössere summa geben thäte; wäre derowegen mein unterthänigstes Ein- rathen, E. K. M. möchten ihme so viel als jetztunter ausgeworfen, jährlich und gleichsam als eine Pension versprechen lassen. Er kann so vielfältiger dienen und sehe ich, dass es mit seiner Gesundheit also bestellt, dass ich besorgen muss, dass er diese E''. K. M. Munificenz, welches ich ge- wiss sehr bedaure, nicht lang geniessen möchte. Eben dieses wäre gut, dass man mit dem Meinders thäte: mit den übrigen könnte man sich künftig nach der Zeit und Gelegenheit reguliren :[.

Blumenthal hat Befehl erhalten aus Paris zurück zu kehren. Wie ich vermerke, ist man in Holland noch nit gesinnt diesem Churftirsten tempore pacis einige subsidia zu vorwilligen. Der Pensionarius de Witt zeigt einigen Verdacht zu haben, dass der Churfiirst durch seiu trac- tiren mit den Staaten-General nur Frankreich ingelosiren und seine con- ditiones desto besser machen wolle.

Detlef von Ahlefeld ist als dänischer Abgesandter hier angekommen ; Zweck seiner Mission' ist das Oldenb arger Successions werk und andere zwischen dem Her- zoge Joachim Ernst zu Plön und seinem Herrn bestehende Streitigkeiten beizu- legen ').

P. S.i j: In puncto der miuistrorum bei diesem Hof und derer Gratification, habe ich vom Fürsten von Anhalt oben keine Meldung ge- than, weilen es mit ihme eine andere Bewandtnus und ein mehrers darzu gehöre. Sonsten ist er keineswegs zu praeteriren. Ist ein Herr von schönen Qualitäten und zeigt eine sonderliche Devotion gegen E. K. ]M. und gegen mich lässt er sich in dem, was vorfällt, vertreulicher aus. So viel ich vernimm, haben E. K. M. ihn vor diesem mit einer kaiser- lichen Guad von 30 000 Reichsthalern angesehen, daran mit dem Con- tingent an Römermonat des Fürstenthums Anhalt schon einige 1000 ab- geführt worden: wann diesmalen dergleichen geschehen könnte, wäre es sehr gut :|.

P. Sj. |:Ich werde von guter Hand bericht, dass dieser Churfürst sich in neue Tractaten mit Frankreich eingelassen uud dass Blumenthal dieselbe mit sich bringe-). Die subsidia zu Unterhaltung der branden- burgischen Völker werden ein starkes motivum darzu gewesen sein. Worzu herentgegen sich Brandeburg mag obligirt haben, kann ich nicht

') Ueber diese Streitigkeiten vergl. Waitz, Schleswig-Holsteinische Gesch. 121 ff. '-') Für die Verhandlungen, die zum Abschlüsse der Allianz vom 31. Dec. 1G69 führten, vergl. Üroysen 1. c. III. 3 265 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurliirsteu. XIV. 28

434 V. Zweite Mission des Freihenn Jobann von Goess. Oct. IGGS Sept. 1671.

wissen; wolil aI)or voi'meinc icli, dass hier gute Leut die Sacli nit ap[)rol)iren und dass bei den anderen das Interesse all viel werd operirt haben. Frankreich wird's nicht achten, wann sie für diesmalen den Churfiirsten von andern Tractaten divertiren können und wird per gra- dus denselben weiter zu irapegniren suchen. Mir ist suggerirt worden und kann mir fast einbilden, von weme es herkomme, dass wann E. K. M. dem Churfiirsten einige Hülf thäten zur Unterhaltung seiner A^ölker, dass derselbe wiederum auf den guten Weg zu bringen wäre, dann man erkenne genugsam die Gefahr, in welche man sich setze. : |

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. December 1669. (Or.)

[ürtheil des Goess über die Beziehungen Brandenburgs zu Frankreich und über des Kurfürsten Haltung im allgemeinen. Rath des Goess über die vom Kaiser zu beobach- tende Politik. Haltung der deutschen Fürsten. Waldeck. Münster. Mittheilungen der Landgräfin von Hessen-Cassel. Mittheilungen aus dem Haag über die Allianzsache.]

9. Dec. Was ich E"". K. M. [ : wegen des von Blumenthal und dieses Chur-

fiirsten neue Tractaten mit Frankreich geschrieben:] kommt zwar von guter Hand , ich kann doch bis dato E''. K. M. keine verlässliche Ver- sicherung darvon geben. So waren bei dieser Relation Umstände, die bei mir dieselbe etwas verdächtig machen; nemlich, dass Fürst Wilhelm von Fürstenberg hieherkommen und grössere Ding tractiren würde. Non est illa persona grata et hoc scitur und müsstens all favorable Ding sein, die ihn angenehm macheten. Ich habe mich unter der Hand erkundigt; |: der Churfürst von Brandenburg hat gegen dem von Ahlefeld schiessen lassen, dass er sich neutral halten wolle; eben dieses referirt mir die Prinzessin Elisabeth. Wann's aber eine pactuirte Neutralität, so werden sicherlich andere conditiones mehr dabei sein; die jüngste Tractaten mit Frankreich hat man eben mit diesem Praetext bescheinen wollen; man bleibe scilicet neutral, wie man"s ohne das als Mediatorn (zu) verbleiben gehabt :|. Der nodus rei bestehet in dem, dass der Churfürst entweder ein Theil seiner Völker abdanken, oder zu Unterhaltung derselben sub- sidia haben müsse; |: primum non faciet, nisi valde invitus, secundum vix impetrabit pro sola neutralitate :|; daraus man soweit den Schluss machen kann ex alia parte, dass man sich weiter vertiefen und in ge- fährliche impegni einlassen solle; darbei werd man auch gross Bedenken haben; wann die Staaten General nur etwas thun wollten, würde meines Erachtens der Churfürst feil sein und sich mit leidentlicheu Conditii»nen

Des Goess Urtheil über des Kurfürsten Haltung. Waldeck. 435

befriedigen. Die drei Herzogen von Braunscliweig, Celle, Wolfenbiittel und Osnabrück, seind re.solvirt sich mit der Tripleallianz einzulassen; der Herzog Johann Friedrich zu Hannover scheint noch zu cunctiren, wcrd sich aber schwerlich von seinem Haus separiren. ... |: Der Graf von AValdeck treibt diese Negociation in Gallia, offert aureos montes denen Herzogen von Lüneburg, ihren Frauen, ministris; . . . dieses Haus muss der Tripleallianz zuhalten ; haec principissae Elisabethae, quae inde venit, uti et haec opinio, dass der Bischof von Münster sicherlich von Frank- reich Geld empfangen, de quo multa dicuntur, sed mihi nihil certi constat. Die Frau Landgräfin von Hessen-Cassel ') hat mir viel erzählt von deren Menage und grossen Spesen dieser Herren; attribuirt die Disordre denen französischen Bedienten, welche bei ihnen häufig"). Sie zeigt sich der Nation nit hold; improbirt die Heirathen der Deutschen in Frankreich, sie seie sehr darzu solicitirt worden, aber habe sich wohl darfür gehütet :|.

P. S. Es kommen gleich die Brief aus dem Haag, die Tractaten mit der Tripleallianz stecketen in vorigen terminis; dieser Churfürst gibt vor, dass sie gar zerschlagen; möchte gut sein, wann die morae abrum- pirt und ein Schluss gemacht werden könnte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. December 1669. (Or.)

[Mittheilungen über die geplante Reise Wilhelm Fürstenbergs nach Berlin. Aeusser- ungen der Landgräfin von Hessen-Cassel über des Kurfürsten Pläne und Ansichten. Unterredung des Goess mit der Landgräfin über die Tripleallianz und über die Haltung Englands. Unterredung der Landgräfin mit dem Kurfürsten. Geplante Zusammen- kunft der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen.]

Es wird nun öffentlich berichtet, dass Fürst Wilhelm von Fürstenherg hie- 16. Dec. herkommt; Goess zweifelt aber noch immer an der Glaubwürdigkeit der Nachricht.

Als ich vorgestern von der Frau Landgräfin von Hessen-Cassel Ab- schied genommen, hat dieselbe sich gegen mir in publicis ziemlich ver- treulich, doch mit wiederholtem Beding, dass ich's menagiren wolle, herausgelassen. Sie ghiubt nit, dass der Churfürst, ihr Herr Bruder, sich bis noch in einige neue Tractaten impegnirt und will ihr gedünken, dass derselbe nun weniger, als da sie erst herkäme, inclinire, sich mit

') Sophie Hedwig; vergl. Orlich 1. c. L 519 f.

^) Vergl. Havemann, Gesch. Braunscbweigs und Lüneburgs H. 150 f.

28*

436 V. Zweite Mission des Freiherni Joliann von Goess. Oct. IGCiS— Sept. 1G71.

Frankreich einzulassen, sonderen vielmehr, dass er neutral und in Ruhe bleiben wolle. Schwerin Iiahe ihr damals dasselbe gesagt. Ich bekenne, dass mir die Sach suspect ist und zwar desto mehr, weilen der von Schwerin auch der Frauen Landgräfin persuadiren wollen, dass Frank- reich wider Spanien, noch wider Holland etwas feindliches vornehmen werde, daher scilicet die Neutralität weniger Bedenken haljo und die commoda unterdessen sine scrupulo angenommen werden können. Sie hat auch gnug observiren können, dass der Churfürst sehr übel mit Holland zufrieden; die Triplealliauz geben S. Ch. D. für gänzlichen dissol- virt et quod uotavit Landgravia, sie erzählen's cum aliquo applausu. Ich habe der Frauen Landgräfhi erzählt in quo statu es darmit seie, dass sicherlich die Difficultäten superirt und der Schluss erfolgen werde; was von den Tractaten zwischen England und Frankreich über dem, was etwa die commercia angehe, darbei gespargirt werde, sei ein artificium der Franzosen, die hierdurch andere von gedachter Triplealliauz abhalten und zu Secundirung ihrer Intention induciren wollen ; man müsse aber das Interesse ansehen, daraus könne man am besten judiciren. Wie ich dann der Meinung bin, dass die morae, so von England bei diesem Werk verursacht werden, nit auf eine Abtretung von der Triplealliauz, zumalen das Parlament darbei festhalten wolle, sondern allein auf einige avvantaggi und Beneficien, so sie etwa bei Spanien suchen, angesehen und wann's mein thun gewesen, hätte ich das vom Pensionario de Witt vorgeschlagene Ten:iperament angenommen; dann diese morae und der Zweifel, in welchem unterdessen alle Welt gelassen wird, fällt Spanien sehr schädlich und Frankreich hcrentgegen vorträglich. Sonsten hat der Frauen Landgräfin selbsteu gedünkt, dass Spanien mit guter Raison wegen des Secours, so die Alliirte zu leisten, begehre versichert zu sein. Dem Churfürsten hat sie vorgestellt, dass die Allianz, welche ihnen allen am besten anstünde, die Vereinigung wäre der Glieder mit ihrem Oberhaupt und unter sich; man solle die Reichs Verfassung werkstellig machen, dardurch würden sie samentlich nit allein in Sicherheit ge- setzt, sonderen auch Ijei den benachbarten in besserer Consideration kommen und hat ihme besseren Lust zu machen, angeworfen, er könnte Generalissimus (larül)er werden. Der Churfürst aber machete wenig Datum auf diese Reichsverfassung, wie ich's dann auch allemalen bei S"". Ch. D. also verspürt und mag dieses deroselben eben von denen sug- gerirt werden, welche sie in anderwärtigen Allianzen suchen zu im- peguiren. Auf was die Frau Landgräfin erwähnt wegen des gegenwär-

Aeusseruiigcü d. Landgrafiu von IIes.seii-Cas.sel. Unteri'edg. d. Goess mit Schwerin. 437

tigeu Zustande E''. K. M. liochlöblichen Hauses, dass dieselbe noch ohue Succession; wann ein unglückseliger Fall geschähe, dass der König in Frankreich die römische Krön auf alle Weis würde suchen zu erapor- tiren und was daraus zu gevvarten, hat der Churfürst replicirt, darzu solle er nit kommen; er würde sich destwegen noch steif herum- schlagen.

Goess bedankt sich bei der Landgräfin sehr für diese Mittheikingen. Eine Zusammenkunft mit dem Kurfürsten von Brandenburg wird vom Kurfürsten von Sachsen sehr gewünsclit.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. December 1669. (Or.)

[Uutenedimg des Goess mit Schwerin über die allgemeine Lage und über die vorzu- kehrenden Massregeln.]

In einer längeren Unterredung mit Goess betont Schwerin die Nothwendig- 23. Dec. keit für den Kurfürsten Subsidien zur Erhaltung der Truppen zu fordern. Von Holland und von Spanien werden vS. Ch. Ü. uegligirt, Frankreich werde wider Niederlaud nichts feindliches vornehmen, . . . und wann Frankreich auch etwas attentiren wollte, würde die Tripleallianz, wann sie vorher nit geschlossen, alsogleich et propter hoc ipsum geschlossen werden; diese (wie sie bei sich raisoniren mögen), seie zur Resistenz hastant; ergo könne man neutral sein und subsidia nehmen. So seien die spa- nische Plätze nun besser versehen, die Monarchie auch nit so im- par Galliae, als man"s darfür halten wolle; leicht könne eine Mutation einfallen, welche alles in einem anderen Stand setze; dann werde noch immer stark geredt von Permutation und Ueberlassung der Niederlanden an Frankreich, cui casui ab electore providendum sit; de Suecorum con- siliis et intentione schiene er zu dubitiren und hat pro iudicio coutinu- andae amicitiae mit Frankreich angezogen, dass der schwedische Secre- tarius Pufendorf, welcher darfür bekannt, dass er gar nit gut fran- zösisch, von Paris abgefordert und ein ander dahin geschickt worden ').

Goess sucht in seiner Erwiderung nachzuweisen, dass man sich auf Frank- reich durchaus niclit zu verlassen habe und dass Frankreich niemals Gekl her- gebe, ohne entsprechende Dienste dafür zu fordern; übrigens habe er schon an des Kaisers Vertreter nach dem Haag geschrieben, ob dieselben nicbt dort Sub- sidien für den Kurfürsten erwirken könnten. Von der Zusammenkunft der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen hält Schwerin nichts.

') Ueber Schwedens Haltung in dieser Zeit vergl. Carlson 1. c. IV. 551 ff.

438 V. Zweite Mission des Freihenu Joiiunn von Goess. Oct. 1GG8 Sept. 1671.

Goess au den Kaiser. Dat. Berlin 30. Dec^ember löö9. (Or.)

[Brandenburg-siichsisclie Zusaimnenkiinft. Fiirstoiiberg.]

30. Dec. ScUwcrin tlicilt dem Goess mit, dass Berlepscli ein Schreiben des Kur-

fürsten von Sachsen an diesen Hof gebraclit habe, in welchem der Kurfürst von Sachsen den von Brandenburg nach Annaburg einläd; vor dem Frühjahre werde aber nichts daraus werden.

Vaubrun ') besucht den Goess und sagt ihm, Lionne liätte ibm nichts von der Hieherkunft Fürstenbergs gemeldet.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Januar 1670. (Or.)

[Des Kurfürsten Gesundheit. Uitheil desselben über Auersperg und Wilhelm Fürsten- bergs Mission. Nachrichten über die brandenburg-französischen Beziehungen.]

6. Jan. Der Kurfürst ist vom Lande hereingekommen. Befindet sich aussergewöhn-

lich wohl ; er schreibt dies vornehmlich den Medicamenten zu, die er von einem „Chimico Bonett genannt" erhält. I. Ch. D. haben bei mir curiose nach- gefragt, was die Ursach wäre der Resolution, so E. K. M. mit dem Fürsten von Auersperg genommen'); zeigeten nit zu praesumireu, dass er einiges grosses delictum begangen, wohl aber, dass wegen seiner Erfahrenheit in Reichssachen ein notabler Abgang an seiner Person bei E''. K. M. Hof sein würde. Von dem Fürst Wilhelm von Fürsteuberg und dass er her- kommen werde, wäre zwar unterschiedlich geschrieben worden; sie gaben aber zu verstehen, dass seine Commission nit von dem König in Frank- reich, sondern etwa von dem Churfürsten von Köln sein müsste, nach- dem der Vaubrun hier anwesend und demselben, was von Frankreich wegen zu negotiiren wäre, aufgetragen würde. . . . Ich habe einigen Be- richt, dass dasjenige, was zwischen Frankreich und diesem Churfürsten solle sein tractirt worden, in eum casum gericht, wann der König in Spanien (Gott bewahr I. M.) solle kommen mit Tod abzugehen. Ich zweifle sehr, ob Frankreich ante casum grosse subsidia geben und ob man's post casum von dieser Seiten bei den subsidiis bewenden lassen möchte.

^) Vertreter Frankreichs in Berlin.

-) Ueber den Sturz des Fürsten Auersperg vergl. Wolf, A., Wenzel Lobkowilz p. 185 ff.; Mignet 1. c. III. 453 ff.

Urtheil des Kuil'ürsteu über Auersperg. Fürsteubergs Unterredungen uiit Goess. 439

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Januar 1670. (Or.)

[Fürstenbergs Unterredungen mit Goess.]

Fürsteuberg ist den 6. dieses hier angekommen '). Goess besucht ilin und 10. Jan. Fürstenberg erklärt der Eeichsangelegenheiten wegen 2) au den kurfürstlichen Hof gesendet worden zu sein und nicht im Auftrage des Königs von Frank- reichs, was Goess jedoch nicht glaubt.

Circa statiira publicum Jiat er sicli fleissig bei mir erkuudiget, wie es mit der Triplealliauz stünde; wollte mordicus sustiniren, dass die- selbe auch auf den casum mortis regis Hispauiae gericht; . . . vermeinete destwegen, dass E. K. M. derselben nit beitreten könnten; die hätten ihr Recht ex testamento regis (ob zwar andere behaupten Avollen, dass hier- durch denen constitutionibus fundanientalibus nit könne derogirt werden) und könnten sie derowegen der Tri})leallianz Intention, dass sie nemlich dem assistiren wollten, welchen die Spanier für ihrem König und Herrn erkennen würden, nit gut heisscn. Ich habe ihm kürzlich gesagt, dass er in diesen seinen praesu})[)Ositis sehr irre und dass die Triplealliauz auf solche Fälle nit gericht. Dann käme er auf der Nothvvendigkeit sich bei gegenwärtigen gefährlichen Lauften wohl vorzusehen; es attaquire Frankreich die Holländer, oder die Holländer Frankreich, so wären sie am Rhein die nächste Nachbaren; sie müssten's nit machen, wie der abgestorbene Herzog von Neuburg, der für seine Person neutral und darbei sein Land praeda der streitenden Parteien wäre. Churbrandenburg wäre armirt und könnte sich besser helfen; der Churfürst, sein Herr, stünde blos und inermis. Diese Gefahr abzuwenden, trüge er die Sach nit allein auf die Reichsverfassung, sondern auch auf eine Particularunion der benachbarten Chur- und Fürsten und der Chur-Rhein-westphälisch- und niedersächsischen Kreis an"*); es wollte ihme gedünken, dass den Holländern der Handel schwer fallen würde; blieben sie im jetzigen Stand, wären sie zu schwach; armirten sie, müsste das Armament stark sein, dardurch sie sich selbsten consumiren würden; dann dass sie wider Frankreich losgehen sollen, das wäre nit wohl zu glauben; sie hätten endlich besser gethan, dass sie Spanien beim vorigen Krieg securirt und lieber mit ihnen, als nun allein, wider Frankreich den Krieg geführt.

') Für seineu Aufenthalt in Berlin Enneu 1. c. I. 235 fi'.; Droysen 1. c. III.3 335 ff. ; Puf. I. c. XI. 5.

-) Ueber diese Reichsangelegenheitcn vergl. Puf. 1. c. XI. 5. ^) Yergl. Droysen 1. c. III. 3 335.

440 V. Zweite Missioa des Freihenu Johann von Goess. Oct. 16G8 Sept. 1671.

Goess au den Kaiser. Dat. Berlin 20. Januar 1670. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin und Meinders üi>er die brandenburg-kölnisehen

Verhandlungen bezüglich der Reichsangelegenhciten. Fürstenbergs Aeusserungen über

die Tripleallianz und Frankreichs Pläne. lleichssicherheit und Vertheidigung.

Urtheil des Goess über des Fürstenberg Mission. Fürstenbergs Haltung.]

20. Jan. Am 17. kamen Schwerin und Meinders zu Goess und übergaben ihm die

Proposition Kölns und die Autwort Brandenburgs '). Aus diesen Schriften ist zu ersehen, dass beide Kurfürsten für den von Mainz vorgeschlagenen kurfürst- lichen Deputationstag nicht eingenommen sind. Bezüglich der Einrückung der Clausel in die neue Executionsordnung und allgemeine Reichsverfassung, dass nemlichen solche Executionsordnung und allgemeine Reichsverfassung nit änderst als nach dem instrumento pacis sollte verstanden werden, sind beide Kurfürsten für dieselbe eingenommen. Bezüglich der Römermonate sind sie einig in quaestione an? Köln will aber einen langen Termin und der Kur- fürst, wie Schwerin dem Goess mittheilt, noch immer, wie im Vorjahre, Verwen- dung des aus seinen Ländern eingehobenen Geldes für sich. Ich habe geant- wort, dass er wiisste, warum ich so sehr verlangt, dass sie nur etwas und etwa den 4**^" Tlieil beitragen möchten, damit nemlich E. K. M. sehen möchten, dass sie etwas für deroselben zu thun begehrten und dass man sich des guten Exempels bei andern bedienen könnte.

Ganz einig findet Goess die Kurfürsten von Köln nml Brandenburg in dem Entschlüsse, die Forderung zurückzuweisen, dass nemlichen Chur-Fürsten und Ständen nicht erlaubt sein sollte ohne Wissen und Belieben P. K. M., ja des Kreisobristen. auch zu ihrer eigener Nothwendigkeit und Sicher- heit in ihren selbst eigenen Landen sich in einige Verfassung zu setzen oder AVerbungen anzustellen, viel weniger andern zu gestatten, sondern allein bei 1°. K. M. und dem Kreisobristen stehen solle, solches zu er- lauben '). Die Erklärungen des Goess haben keinen Erfolg. Die Reichsver- fassnng erklären beide Kurfürsten fördern zu wollen, allein schreibt Goess ist doch sicher, dass man sehr wenig datum darauf mache und seind die Gedanken vielmehr auf andere Allianzen gericht. AV'egen der Tripleallianz lebt man noch immer in Ungewissheit, ob dieselbe noch zur Perfection kommen werd oder nicht, unangesehen ich mich bemühe, sie zu versicheren, dass mit negstem der völlige Schluss un-

') Die beiden Schreiben ..Der Summarische Inhalt dessen, was der churcölnische Abgesandter praemissis curialibus im Namen seines Principalen bei S. Cb. D. zu Brandenburg den 7. Januari 1670 angebracht" und die „churbrandenburgische sum- marische Erklärung auf diese pnncta" liegen bei.

-) Vergl. für diese Frage Droysen 1. c. III. 3 354 f.

Reichsangelegenheten. Fürsteubergs Mission und Haltung. 441

gezweifelt erfolgen werde. Der Fürst von Fiirstenberg vermeint wohl iuformirt zu sein, dass diese Tripleallianz allein zu Manutention des aachischen Friedens angesehen und, wann die Holländer sollen auge- fochten werden, die übrige Confoederirten vi huius foederis ihnen zu succurriren nit gehalten sein sollen. Er vermeint darbei auch und sprichts gar positive aus, dass Frankreich wider die spanische Nieder- landen uichts tentiren und dann, dass der Krieg wider Holland gar wohl könne geführt werden, ohne dass die spanische Niederlanden, w-ann sie nit selbst w'ollen, dessen müssten theilhaftig werden, welche Dinge sein, so ich mir nit so leicht persuadiren lasse.

Bezüglich des Schhisses des Reichstages sind beide Fürsten einig, dass derselbe möglichst bald erfolgen solle; nur ist Brandenburg gegen die Ueber- weisung der unerledigten Angelegenheiten an einen Deputationstag, Avelchem Köln nicht abgeneigt ist und tritt für die Ueberweisung an einen künftigen Reichstag ein').

Goess sucht dem Kurfürsten und seinen Räthen die Nothwendigkeit eines Reichsschlusses vor Augen zu führen. Es contestirt der Baron von Schwerin gar hoch, dass ihre Meinung in alle Weg seie, dass man ohne förmlichen Reichsabscheid nit von Regensburg zu scheiden.

Die proponirende Zusammensetzung nun betreffend, kann ich aus allen darüber geführten Discursen nit anders vermerken, als dass die- selbe auf Weis und Form, wie bei vorigem Krieg die kölnische am Rhein gewesen, gemeint und angetragen werde; man wolle seine Leut und Lande schützen, keinen Krieg wolle man nit, noch auch Theil dar- bei nehmen, welches, wann Niederland mit angefochten werd, wie es, quidquid dicant, schwerlich anders sein werd, abermalen auf ein Abandono des burgundischen Kreis ausschlaget, dahin nun die französische J)iligenzen und negotiationes zu Regensburg und anderwärts ungezweifelt angesehen; dergestalt, dass bei alle dem was hie vorgegeben wird, dass der Fürst von Fürstenberg nit die geringste Negociatiou für Frankreich mitbringe, mich gleichwohl gedünken will, dass dasjenige, was er negociirt, Frank- reich so util und avantageux falle, dass es gar wohl um die Mühe stehe, dass er von Pai'is hieher kommen. Fürstenberg sucht seine Haltung zu rechtfertigen und erklärt, niemals etwas gegen Oesterreich thun zu wollen.

') Puf. l. c. XI. 5.

442 V. Zweite Mifssion des Frcihenn Johaiiu von Goess. .Oct. 16G8 Sept. 1G71.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3, Februar 1670. (Or.)

[Blumeuthals Ansicht über Fiaiiiiieichs Plilue. Ciockow soll nach Paris. Fürstea- bergs Mission. Unterredung des Goess mit Schwerin über die allgemeine Lage.]

3. Febr. Blumeutbal ist den 28. Jan. aus Paris hiehergekommen ; er behauptet,

der König von Frankreich sei zwar übel auf die Holländer zu sprechen, doch ist er der Meinung, dass es Ludwig XIV. auf die spanische Nieder- lande abgesehen habe. Der zu Stockholm lang gewester Crockow solle nun nächster Tagen nach Pari.s verreisen'), wie mir der Baron von Schwerin sagt, bis noch ohne Credentialen an dem König und nur allein mit ein Schreiben an dem de Lionne und dieses darum, weilen man zuförderist sehen wolle, wie diese des Churfürsten ofiicia, welche der von Schwerin sancte asseverirt, dass sie allein angesehen den König von weiteren Krieg zu dehortiren, angenommen werden möchten. Ich habe in diesem Discurs observirt, dass, nach des von Schwerin eigene Geständnus, der Fürst von Fürsteuberg diesen modum snggerirt et qui- dem ex metu, dass diese ofiicia nit gar angenehm sein möchten ; daraus UKin nun schliessen kann, dass seine Proposition und Negociatiou, wenigsten in Regard von Frankreich, nit so gar pacifica gewesen, als man uns glauben machen wollen. Der von Ijlumenthal, wie mir der Baron von Schwerin es selbst gesagt, bats auch dartur gehalten, dass Fürsten- berg mit französischer Negociation hieher kommen; es möge auch an- fangs die Meinung gewesen, aber nacher verändert sein worden, weilen der Pfalzgraf von Sulzbach') dem König bericht, dass er von diesem Churfürsten keinen Beifall noch Assistenz zu gewarten und dass es viel sein würde, wann der Churfürst sich in terminis neutralitatis hielte. Bei der grossen Contestation, die mir der von Schwerin thäte, dass sie nichts als Fried und Ruhe verlaugeten und alle ihre consilia pacifica wären, habe ich nit unterlassen vorzustellen, dass S. Ch. D. um diese und viel- fältige andere considerationes, so ich zum öfteren deducirt, sich voll- kommentlich mit E'. K. M. als derer consilia unice ad pacem gericht, zu vereinigen. Er zeigete noch der Meinung zu sein und solle ihn der von Blumenthal noch mehr darin bestärkt haben, dass der König in Frank- reich vivente rege Hispaniae wider Niederland keinen neuen Krieg vor- nehmen werd. Von der Tripleallianz und dem Schluss mit Spanien zeigt er immerfort zu dubitiren. Er gieng etwas frei heraus, dass der Churfürst sich also, wie er's thäte, gegen Holland bezeigen miisste;

I) Vergl. Droyseu 1. c. 111. 3 o37f.; Puf. I. c. XI. -) Christian August.

Crockow's Sendung-. Allgemeiue Lage. Uraiuienburg-külaische Beziehimgen. 443

sonsten, wann die Notli nit da wäre, machte man wenig Reflexion auf S. Ch. I)., alle andere, ausser derselben, sucheten die Herren Staaten- General, Ich insinuirete, dass die Opiniun, als wären sie mit Frankreich auf's neu engagirt, die meiste Ursach hieran w'äre; dann besorgte man in Holland, dass sie alsogleich die Restitution der clevischen Plätze würden begehren. Ad quae ille, das wäre wahr, man würde es auch ohne das thun, und wer 1''. Ch. I). darum verdenken könnte? Ich liabe darbei auch observirt, dass seiner Meinung nach das römische Reich noch rechte und befugte praeteusiones habe auf Deventer, Zwolle und Kampen. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Februar 1670, (Or.)

[Nachrichten und Verhandlungen über die brandenburg-kölnischen Beziehungen.

Romswiuckel und Blaspeil sollen wieder nach dem Haag. Anhalt wird Feldmarschall.

Polnische Heirathsangelegenheit. Landtag.]

Als ich dem Baron von Schwerin gesagt, dass der von Fürstenberg 10. Febr. unterm Praetext der verlorenen ("redentialen nicht zu den Herzogen von Braunschweig gangen, hat er darzu gelacht, doch darauf bestanden, dass seine Negociation ein mehrers nit in sich gehabt, als was mir communi- cirt worden. Dass er in discursu etwas soudirt habe, wie man hier in- teiitionirt sein möchte, das hat er nit geleugnet, auch abermalen wieder- holt, dass Fürsteuberg vielraalen versichert, Chur-Cölln sehe Rheinberg und auch Mastricht lieber in der Holländer, als in der Franzosen Hände; sogar, dass er auch angeworfen, ob man in casum belli sich nit für Holland zu erklären. Es ist ein Project aufgesetzt worden derjenigen Allianz zwischen Chur-Cölln und diesem Churfürsten, welche der von Fürstenberg proponirt; darvon hat man mir nichts gesagt. Ich habe aber sonsten Nachricht darvon bekommen. Der Baron von Schwerin sagte mir hierauf, dass dieses Project nit einmal unterschrieben; con- testirte abermalen sehr hoch, dass der Churfürst pro posse den Krieg divertiren und wann ihme dieses nit gelingen wollte, sich doch darin nit impliciren würde. Ich halte, dass sie allgemach etwas mehr an der Tripleallianz glauben. Blaspeil uud Romswinckel werden wiederum nach dem Haag.

Der Fürst von Anhalt ist vom Kurfürsten zum Feldmarschall ernannt wor- den ') ; derselbe hat dem Goess , der ihm gratulirte, seine Devotion gegen den Kaiser ausgesprochen.

') Yergl. das Patent vom 24. Jan. 1G70 bei Orlich I.e. III. oCOf.; Mülverstedt I. c. 5t;6 f.

444 V. Zweite Mission des Freihcrm Joli;um von Gocss. Oct. 1G68 Sept. 1G71.

Der Küiiig von Polen hat dem Kurfürsten vun seiner Ileiratli Mittheilung zukommen lassen ').

Iki diesem Landtag ist man auch im Werk und dringt der Chur- l'ürst stark darauf, dass die Landschaft von den Schuklcnlast möge be- freiet werden. Die creditores werden wohl etwa den dritten Theil an den Capitalien fallen lassen müssen^).

Der Kaiser an Goes«. Dat. Wien 12. u. 15. Februar 1670.

(Conc.)

[l?atli des Kaisers für Brandenburg bezüglich der Antriige Fürstenbergs. Ileichsange- legenheiten. Römcrmonatc. Rüstungen im Reiche.]

1'). Febr. Die Lage der kurfürstlichen Lande und das allgemeine Interesse fordern,

dass der Kurfürst sich in keine Particularallianz , auf welche es Fürstenberg doch abgesehen haben werde, ehüasse, sondern sich rüste und frei bleibe. Goess soll alles thun, um den Kurfürsten von der Richtigkeit und Vortheilhaftigkeit dieser kaiserlichen Rathschläge zu überzeugen. Unter dem 15. erklärt der Ivaiser, die immer neuen Clausein, welche Gravel fordert, nicht zugestehen zu wollen, billigt das Vorgehen des Goess in dieser Frage und empfiehlt als Aus- gleich, dass in die Formel der Reichsverfassung und der Exeeutionsordnung als Artikel VI aufgenommen werden könnte: „Wie nun dieses alles nach den Reichssatzungen und des instrumenti pacis inhaltlichem Begriff und dessen eigentlichem und wahrem Verstand und zu keines Praejudiz und Schaden, noch zu Abbruch einigen Stands habenden Befugnus gemeint, als solle auch solches alles gebiirend beobachtet werden", nicht aber die von Fürstenberg vorgeschlagene Addition nach dem AVorte „Stands" „weder der Compaciscirenden". Darwider sich dann zuversichtlich einiger Compacis- cent nicht zu beschweren haben wird, wann in dem Project das in- strumentum pacis gleich anfangs salvirt, im übrigen die Exeeutionsord- nung sowohl als die Reichsverfassung nach denen Reichssatzungen und unserer oesterreichischen Gesandtschaft dabei gethanen Erinnerungen eingerichtet und benebens wohl praecavirt wird, damit diu'ch dergleichen Captiositäten und verdächtige clausulas anstatt der im Mund führender allgemeinen Sicherheit nit vielmehr zu neuem Krieg und Unternehmen Anlass gegeben werde. Du wirst also ... bei I''. Ch. D. sowohl selbst, als bei dem von Schwerin und anderen ministris zu unterbauen weissen, weiln diese Clausul „et non aliter" kein allgemeines Reichsconclusum

^) Wisnowieeki hatte Leopold's Schwester, Eleonore, geheiiathet. '-') Vergl. für diese Angelegenheiten ürk. u. Act. X. ."iöGf., 4IGJf.

r

Reichsangelegeülieiteu. Abreise des Kurfürsten. 445

ist und wir sammt der Krön SpanioD ebenso wenig nachgeben werden noch können, dass des Königs in Frankreich !/'■"". solche nach ihrem Willen und Vorthel sollten interpretiren mögen, als wenig uns sie wer- den geständig sein wollen selbige für uns auszudeuten; ob wir schon dessen weit mehrer befugt seind dass zu Vorkommung alles unnötigen Disputats a qualicunque clausula aequivaleuti allerdings abstrahirt und es bei obgesetzter formula gelassen werde. Die Römermonate-Angelegenheit gedenkt der Kaiser bald wieder vorzunehmen; Goess soll trachten den Kur- fürsten von Brandenburg für des Kaisers Pläne in dieser Sache zu gewinnen; derentwegen wir uns mit derselben, soviel ihrer Chur-, Fiirstenthum- und Landen Quota betreften thäte, zu derselben hoffentlicher Vergnügung ad partem billichen Dingen nach zu vergleichen erbietig wären.

In die den Fürsten nach den Bestimmungen der Reichsgesetze zustehenden Rechte einzugreifen, denkt der Kaiser nicht; er weiss was ihnen für eine Befugnis zur Schliessung von Bündnissen und zur Bewaffnung zustehe; wenn man aber dem Kaiser vor einigen Jahren Rüstungen im Reiche vorzuiiehmi'ii verboten habe, so dürfe man jetzt nocli weniger fremden Potentaten solcJie gestatten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Februar 1670. (Or.)

[Unterredung mit Vaubnin über des Kaisers Stelhing zur Triploallianz.] Vaubrun verreist heute; er hat sich bei mir erkundiget, wie es E. 24. Febr. K. M. respectu der Tripleallianz machen und ob sie derselben beitreten würden; ich habe ihm geantwort, dass ich wüsste, dass allerlei Dis- cursen hiervon geführt würden; er würde aber in facto erfahren, dass E'. K. i\l. consilia blos und allein auf Erhaltung des Friedens gericht sein.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. März 1670. (Or.)

[Abreise des Kurfürsten. Nacbrichten aus Polen. Reichsaugelegenbeiten.]

Der Kurfürst ist nach Frankfurt a. d. Oder gereist. Aus Polen wird ge- 10. März, meldet, dass die Franzosen alles tluin, um die Polen gegen den König Wisno- wiecki aufzureizen. Schwerin versichert dem Goess aus dem Haag Nachrichten zu haben, welche zeigen, dass die Verhandlungen bezüglich der Tripleallianz nocIi immer nicht beendet sind. Goess hat anders lautende Mittheilungen. Wie ich die consilia dahie observire, sehe ich nit, dass man intentionirt gedachter Allianz beizutreten, es wäre dann, dass die 8taaten-(ieneral mit Olferirung einiger Subsidien, quod pro modo non facile liet, 8. Ch. D. auf andere Resolution brächten. Man vermeint, man habe es nit Noth

446 ^- Zweite Mission des Freiiierin Joljann von Goess. Oot. 1GG8— Sept. ir.71.

weder etwas widriges von einem oder anderen Thcil zu besorgen und mag man lieber also in dieser Postur bleiben wollen, damit man Frank- reich ohne Noth nit disobligire und man freie Hand behalte, mit einem oder anderen Theil, welcher die grösste Avantage olferire, künftig zu tractiren.

P. S. Was ich heute in meiner anderwärtigcn Relation wegen dessen, was der ])aron von Schwerin wegen Beschliessung oder Ab- rumpirung des Reichstags zu Regensburg gegen mir geraelt, referirt, |: hat mir nicht wenig Nachdenken gemacht. Ich sehe, dass sie wenig Reflexion auf die comitia, sondern vielmehr diese Rechnung machen, dass wann sich etliche der Mächtigern zusammen thuen und sich unter einander vergleichen, sie sich der Uebrigen halber nit son- derlich zu bekümmern; ob etwa zwischen Chur-Cölln, Bayern, Brande- burg und einige andere sothane Union obhanden sein möchte : |. Gravel, wie E. K. M. gnädigst wissen, ist neulich zu München ge- wesen und obzwar von Regensburg bericht werd, dass er bei weiten dasjenige, was er gesucht, nit erhalten, so kommen doch billig alle diese Ding verdächtig vor '). Ich halte, man habe um so viel mehr alle Pa- tienz aufzubieten und dahin zu trachten, dass der Reichstag, so gut er immer sein kann, zu einem Schluss gebracht; oder wann je wider Ver- hoffen derselbe abgebrochen werde, alle Welt zu erkennen, wer daran Ursach und dass E. K. M. an sich nichts erwinden lassen.

Unter demselben Datum berichtet Goess in einem anderen Sclu'eiben über die Reichsangelegenheiten. In dem was die fremde Werbungen ad con- stitutiones imperii zu restriugiren anbelangt, finde ich gar schlechte Disposition darzu und werd mir fast pro omni ratione geantwort, dass I. Ch. D., wie ich wüsste, in dergleichen überaus hecklich; sonsten was die rationes anbelangt, gedünkt mich, dass sie dardurch fast selbst con- vincirt werden und habe ich Nachricht, dass die churbrandenburgische Ge- sandtschaft aus Regensburg Anfangs an dem Churfürsten geschrieben, dass sie in hoc puncto anders nit zu thun gewusst, als den Reichsconstitutioni- bus nachzuleben; dahero ich besorgen muss, dass das Exempl und Stimu- lation von Chur-Cölln und Chur-Bayern dahie all starken Antrieb hierzu gegeben. Ich insinuirte gegen dem von Schwerin, dass die churfürstliche ministri S. Ch. D. in dieser Meinung stärken müssten; die grosse Herren hätten eben nit Zeit über die Bücher zu liegen und die Reichsabschied so genau zu examinireu. Er antwortete, dass ich hierin irrete und nit

') lieber GraveFs Anfenthalt in Münrlien Meai. de Pomp. I. '230 f.

Reichsangelegenbeiten. 447

wohl 7-11 glauben, wie I. Ch. D. Selbsten ihre Meinung auch wider das- jenige, so etwa darwider inovirt werd, wissen zu defendiren. Als ich das scandaluni im römischen Reich, ja bei aller Welt abermal remon- strirt, so erfolgen würde, wann ein Stand des Reichs dem römischen Kaiser, seinem Oberhaupt, die Werbungen verweigeren und herentgegen fremden Potentaten zulassen würde, hat der von Schwerin, ohne Zweifel motus indignitate rei geantwort, dass es uit darzu kommen werde und man zwar potestatem et facultatem capitulire, sich aber derselben solcher gestalt zu gebrauchen nit begehre '). Bezüglich der Auflösung des Reichs- tages ohne Reichsahschied zeigt er zwar, dieselbe nicht zu wünschen, gibt aber zu gleicher Zeit zu erkennen, dass bei der geringen Rücksichtnahme auf die Reichsschlüsse auch der Autlösung keine besondere Bedeutung beizumessen wäre.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 14. März 1670. (Conc.)

[Erklärungen des Kaisers in der Frage der Werbungen im Reiche ohne kaiserliche

Bewilligimg.]

Gegen die von Köln, Baiern und Brandenburg auf dem Reichstage zu 14. März. Regensburg ausgesprochene Behauptung, dass ihnen mit und ohne kaiserliche Bewilligung die Verstattung fremder Werbungen freistünde, soll Goess vor- stellen, dass diese Behauptung nicht allein gegen die Ordnungen des Reiches Verstösse, sondern dass der Kurfür-st von Brandenburg viel weniger als die übrigen eine derartige Bestimmung benöthige, da es ihm ja freistehe in Preussen, das nicht zum Reiche gehöre, "Werbungen, in welcher Höhe auch immer, anzu- stellen.

Votum vom 26. März 1670 über des Goess Schreiben vom

12. März 1670.

[Reichsangelegenheiten.]

Der Kaiser hätte vernommen, was Goess mit Schwerin über die Clausel (et 12. März, non aliter), welche in die Reichsverfassung und in die Executionsordnung auf- genommen werden soll, gesprochen. Das arcanum aber, w^arum mehrbe- sagter Gravel auf Behauptung der clausulae („secundum instrumentum pacis et non aliter") so stark beharrt, seie dieses, weiln Frankreich alle Könige und Potentaten Europae zu Garantirung des aachischen Frie- dens eingeladen, dass Engelland, Schweden und Holland unter dieser allzuweit aussehender französischer Einladung zu so gestalter Garantia,

') Vergl. über diese Dinge auch Üroysen I.e. IILo 354ff.

448 ^- ^' weite Mission des Freiherru Joliann von Goess. Oct. IfiGS Sept. 1G71.

endlichen die Augen soweit geöffnet worden, weiln sie vermerkt, dass Frankreich E. K. M. und dero Erzhaus zu dieser Garantie nit mit invitirt, dass dessen Intention seie, oblata occasione noch weiter um sich zu "■reifen und dahero veranlasst worden, auf die nunmehr geschlossene Tripleallianz bedacht zu sein, mithin ihme insoweit das Ziel zu stecken, damit man für weitere infestationes gesichert sein möchte. Diesen nun ex parte Frankreich begangenen Fehler einigermassen zu repariren, hat man seinerseits vermeint, dass solches durch die neuerlich inventirte clausul (secundum instrumentum et non aliter) geschehen und mithin etwa auch die Tripleallianz zurückgetrieben und enervirt werden könnte. Ob nun zwarn besagte clausula „et non aliter" kein allgemeines Reichscon- clusum seie, E. K. M. und die Krön Spanien auch ihres Orts ebenso wenig nachgeben würden, dass Frankreich solche nach seinem Sinn und Vortheil interpretiren möchte, als wenig ei- E"". K. M. geständig sein würde, selbige für sich und dero Erzhaus auszudeuten, ob sie schon dessen weit mehrers be- fugt seien, so hätte er von Goess doch aus E"". K. M. Antw-ortschreibeu vom 15. Febr. vernommen, dass E^ K. M. zu Vorkommung alles unnötigen Dispu- tats ihro nicht zuwider sein Hessen, dass a qualicumque clausula aequiva- lenti allerdings abstrahirt und es bei der ihme überschriebener formula gelassen werden möchte.

Ganz entsprechend die Weisung vom 29. März.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 28. März 1670. (Or.)

[Unterredungen mit Sclimising über dessen Verhandlungen mit dem Kurfürsten von Brandenburg und dessen Ruthen. Schmisings Haltung.]

28. März. Domdechant Schmising, Rath des Biscliofs von Münster, ist hier. Er erzählt

dem Goess, er sei lediglich hiehergekommen, um die Ansichten des Kurfürsten zu vernehmen; dieser aber und seine Räthe hätten in den Unterredungen sehr an sich gehalten. Ich hatte ihme vorher gesagt, dass er I. Ch. D. all ziem- licli verändert finden würde; er hat mir's auch alsobald nach der ersten Audienz bestätiget; der Churfürst wäre ihm fast pensif, still und retirat, auch etwas melancolisch fürkommen, also, dass er observirt, dass S. Ch. D. im üiscurs etlichemalen geseufzet. Dass in den Conferenzen gar keine Vorschläge gemacht worden seien, wie Schmising behauptet, glaubt Gosss nicht. Nach neuerlichen Weisungen hat Schmising weitere Unterredungen mit dem Kurfürsten. Er forderte von demselben, wie er Goess mittheilt, zu wissen, ob Fürstenberg hier eine Allianz proponirt oder tractirt; worauf geantwortet wor- den, dass er nichts tractirt, als was seine schriftliche Proposition und dieses

Schmisings Verhandlungen in Berlin. Reichsangelegenheiten. 449

Kurfürsten darauf gethane Erklärung in sich hielten; ferner ob der Kurfürst in das neulich zu Hildesheim zwischen Münster und dem Hause Braunschweig ab- geschlossene Bündnis ') mit eintreten wolle, worauf geantwortet wurde, man wolle die Sache in Deliberation ziehen. Bezüglich der allgemeinen Verhältnisse zeigt Schmising, der am 26. März Berlin verlässt, schwankende Gesinnung. Als ich gegen dem von Schmising den Verdacht, dass dieser Chiirfiirst sich aber- malen in Tractaten mit Frankreich eingelassen, mit Fleiss stark ver- merken lassen, hat er mir sehr positive gesagt, dass es nit geschehen, und wann's geschehen wäre, so hätte es der König sicherlich seinem Brüdern^) nit verhalten, welche so grosse Confidenz, die Wahrheit zu sagen, mir fast bedenklich gefallen^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 7. April 1670. (Or.)

[Ceremonialstreitigkeiten. Verhandlungen mit Schwerin über Reichsangelegenheiten.]

Goess sucht in den Ceremonialstreitigkeiten zwischen kurfürstlichen und T.April kaiserlichen Gesandten das Recht der letzteren nachzuweisen und fordert von Schwerin, dass den kurfürstlichen Gesandten in Regensburg Befehl ertheilt werde den Vertretern des Kaisers die erste Visite abzustatten. Bezüglich der Frage der fremden Werbungen bleibt Schwerin, trotz aller Auseinandersetzungen des Goess, bei der früheren Erklärung, man wolle die Erlaubnis der Fremden zu werben im Principe zwar durchsetzen, sie nicht aber in Wirklichkeit werben lassen. Ich habe Nachricht, dass an der churbrandenburgi- schen Gesandtschaft nach Regensburg die Ordre ergangen, dass sie auf alle Weis sehen sollen den Reichstag zu End zu bringen, dass materia capitulationis perpetuae auf dem künftigen Reichstag remittirt und punctus executionis solchergestalt abgethan werde, dass die Officier und Generales zwar resolvirt, doch ohne Sold bis auf würkliclien Krieg gehalten werden. Gute woblintentionirte Leut bedauren diese Resolution bei gegenwärtigen Coniuncturen, da man abermalen einige neue motus in Ungarn und gar von den Türken zu besorgen.

') Vergl. Tücking I.e. 168 f. Der Vertrag ist geschlossen am 25. Febr. /7. März 1670.

-) Schmising's Bruder war in Paris Vertreter Münster's.

^) Goess übersendet in diesem Schreiben eine ..Copia dessen, was man in P. K. M. zu Dänemark glorwürdigsten xlndenkens Calender geschrieben gefunden, welches sie kurz vor ihrem Tod mit eigenen Händen hineingesetzt. „Ich wäre in meinem Leben einer Raquette zu vergleichen, welche, nachdem sie angezündt und in einem Augenblick in die Luft fähret, schön und helle leuchtet. Und als ich im höchsten war und mit einem Fünklein, als mit tausend Strahlen prangete, da Hess ich plötzHch einen Krach und Terschwand vor denen Augen derer, die mir zusahen und fiel auf dem Boden und bin zu Staub, Mehl und Asche worden. Mori volo : me moriturum esse neu eure."

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XiV. 29

450 ^ Zweite Mission des Freiherrn Joliann von Goess. Oct. 1GG8 Sept. 1G71.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. April 1670. (Or.)

[Reichsangelegenheiten. Oidcnburg\sche Successionsstreitigkeiten.j 14. April. Nachrichten aus Regensburg melden, dass der Kaiser seine Haltung in der

Angelegenheit der Werbungen fremder Potentaten aufgegeben habe. Der Kur- fürst hat, wie Goess erfährt, seinen Gesandten in Regensburg zugeschrieben, wann innerhalb 3 Monat die Executions- und Verfassungsmaterie nit zu völliger Richtigkeit kommen, sie sich alsdann von dannen weg und nach Haus begeben sollen. Goess setzt dem Kurfürsten die Gründe auseinander, die ein derartiges Vorgehen unpolitisch erscheinen lassen. Der neue König von Dänemark ') will die Ordnung des oldenburgischen Successionswerkes hinausschieben. Goess arbeitet für die baldige Wiederaufnahme der zu Ham- burg begonnenen Verhandlungen, Schwerin erklärt ebenfalls in diesem Sinne wirken zu wollen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 14. April 1670. (Conc.)

[Reichsangelegenheiten.]

14. April. Da der Mainzer eine besondere Gesandtschaft nach Sachsen und Branden-

burg sendet, um diese Mächte in den Reichsangelegenheiten für die Interessen des Kaisers zu gewinnen-), erhält Goess Befehl dieselbe dabei zu unterstützen und mit allem Fleiss daran zu sein, damit der punctus securitatis der- malens zum Stand gebracht und es der fremden Werbungen halber bei dem von Chursachsens L"^. vorgeschlagenem Temperament per relationem auf den letztern Reichsabschied de anno 1G54 gelassen, oder aber, wann auch darmit über allen angewendten Fleiss nicht zu spuntiren sein sollte, dass alsdann von solchen fremden Werbungen allerdings abstrahirt wer- den möchte. Desgleichen soll Goess die Interessen des Kaisers in der Corape- tenzstreitiekeit vertreten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. April 1670. (Or.)

[Verhandlungen des Kurfürsten mit den Deputirten des Mainzers bezüglich der Reiehs- angelegenheiten. Unterredung des Goess mit denselben.]

25. April. Die mainzischen Abgesandten Freiherr von Schönborn und Canzler Bertram

sind am 18. hier angelangt, haben am 19. Conferenz gehabt und sind am 20. wieder abgereist^). Die schleunige Abfertigung hat die Gesandten, wie sie

0 Christian V.

'•') Für des Mainzers Politik in den Reichsangelegenheiten, vornehmlich in der Werbungsfrage; Guhrauer 1. c. I. lOOff.

3) Vergl. Puf. 1. c. XI. 5; Guhrauer 1. c. I. lU4f.

Reichsangelegenheiten. 451

Goess mittbeilen, sehr in Erstaunen gesetzt, da sie dieselbe nicht begehrt. Goess glaubt, der Grund sei Furcht vor üblen Reden derer, die sich über des Mainzers Politik beklagen. Bezüglich des von Mainz in Anregung gebrachten Collegialtages, zu dem alle Kurfürsten, mit Ausnahme des von der Pfalz, ihre Zustimmung bereits gegeben haben'), erklärt Friedrich "Wilhelm, der, wie Goess glaubt, dem Collegialtage im Grunde abgeneigt ist, selbst nicht erscheinen zu können, wohl aber, wenn die übrigen Kurfürsten darfür seien, seine Bevoll- mächtigten dahin senden zu Avollen. Goess, der über des Kaisers Haltung diesem Collegialtage gegenüber nicht orientirt ist, macht die Vertreter des Mainzer Erzbischofes auf die von verschiedenen Seiten, insbesondere von dem gut gesinnten Schlosshauptmanne Berlepsch, gegen denselben vorgebrachten Bedenken aufmerksam , welche diese aber für gänzlich unbegründet erklären. Den Bei- tritt zur Tripleailianz , welchen die Vertreter des Mainzers vorschlagen , hat Brandenburg abgelehnt. Ueber die Competenzstreitigkeiten haben sie mit dem Kurfürsten nicht gesprochen, da sie die Ansicht ihres Herrn auf das vom Kaiser diesem zugeschickte Schreiben nicht kennen.

Goess an den Kaiser. Dat. l^erlin 28. April 1670. (Or.)

[Verhandlungen der mainzischen Gesandten. Werbungsfrage.] Schwerin theilt dem Goess den Inhalt der Unterhandlungen mit den main- 28. Ajiril. zischen Deputirten mit. Wegen des Collegialtags sehe ich, dass er darfiir halte, erstlichen, dass er nit geschehen werde und dann, dass wenig guts darbei gericlit würde. Neben dem, was Goess schon berichtet, haben die Vertreter des Mainzer Erzbischofes, wovon sie Goess keine Mittheilung ge- macht haben, eine Particularzusammensetzung etlicher Kur- und Fürsten vorge- schlagen, darauf man Churbrandenburgischerseiten referirt, was mit Chur- cölln bei des von Fürstenberg Abschickung diesfalls gehandelt worden und dass I. Ch. D. sich mit einem und anderen pro securitate communi gern verstehen und vereinigen werden. In der Werbungsfrage hat Goess den sächsischen Vorschlag der Relation auf den Reichsabschied von 1654 vorgebracht, der dem Schwerin nicht übel gefallen hat.

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 4. Mai 1670. (Conc.)^)

[Reiehsangelegenheiten.]

Goess soll dem Kurfürsten von der Abberufung seiner Vertreter in Regensburg 4. jjai. vor fertiggestelltem Reichsabscliiede abrathen und noch ferner für die Fortsetzung der Verhandlungen zum gütlichen Vergleiche der Oldenburger Snccessionsange-

') Vergl. Droysen 1. c. III. 3 354.

■-') Nach dem Votum der Conferenz vom 30. April 1670.

29^

452 V. Zweite Mission des Freiherrn Johanu von Goess. Oct. 1G68 Sept. 1671.

legenlieit eintreten. Es wäre dem Kaiser erwünscht gewesen, wenn Goess der Zusammenkunft zwischen Friedrich Wilhelm und Johann Georg II. zu Leipzig beigewohnt hätte.

Goess an den Kaiser. Dat. Leipzig 4. Mai 1670. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit Burkersrode bezüglich des Collegialtages. Cereinonial- frage. P. S. Mittheilungeu Burkersrode's über des Mainzers Ansicht von der Lage.]

4. Mai. Da Goess es im Interesse des Kaisers gehalten hat der Zusammenkunft

zwischen Brandenburg und Sachsen beizuwohnen'), ist er, obgleich er keinen Befehl dazu erhalten, nach Leipzig gereist.

Burkersrode theilt dem Goess mit, dass Mainz den Collegialtag selir be- gehre. Goess beklagt, die Meinung des Kaisers in dieser Angelegenheit nicht zu kennen. Ich meines Theils halte darfiir, dass der Herren Churfürsten ihre Gemüther vorhero etwas besser müssten disponirt und vereinigt werden, ehe man zu solchen Collegialtag käme und habe ich dem von Burkersrode vorgestellt, dass bei dieser der beiden Churfürsten Unter- redung ein guter Anfang hierzu geschehen künnte, habe ihme die obsta- cula angezeigt und wie dieselbe zu removiren und welchergestalt man dann zum vorgesetzten Zweck gelangen könnte. Gravel beklagte sich Bur- kersrode gegenüber lebhaft über des Mainzers Vorgehen. Bezüglich der Cere- monialfrage steht es so, dass Brandenburg den kaiserlichen Gesandten in Regens- burg die ihnen gebührenden Vorrechte erweisen lassen will, wenn den Branden- burgischen in Warschau Genugthuung gegeben wird.

P. S. I : Wie mir der von Burkersrode sagt, habe Chur-Mainz gegen ihme gemelt, es gehe wie es wolle, wann der König in Frankreich etwas wider Lothringen vornehme, wolle er dem Herzogen Karl von Lothringen mit allen Kräften beistehen. . . . Der Churfiirst von Mainz, sagt Burkersrode, lenke sich ganz auf E^ K. M. Party; klage allein über unserer irresolutionibus und dass in der Zeit der Noth kein Nachdruck dar seie; verhoffe doch, dass hinfüro vigoureusere consilia werden geführt werden. Wie mir gegebene Resolution in puncto des Succurs lautet und ich die Disposition ansehe, ist darauf kein gross Capital zu machen, bis nit ein bessers Vernehmen gestifft wird :|.

') Diese Zusammenkunft ist erwähnt bei Guhrauer 1. c. I. 109.

Reichsangelegenheiten. Rheinstein. Tripleallianz. 453

Goess an den Kaiser. Dat. Leipzig 8. Mai 1670. (Or.)

[Rheinstein. Werbuugsfrage.]

Der Kurfürst theilt dem Goess mit, dass er Rheinstein, das dem Tatten- S.Mai, bach gehörte, dessen Güter der Kaiser eingezogen, durch einige seiner Leute besetzt, Herzog Rudolf August zu Wolfenbüttel dieselben aber daraus vertrieben habe, wogegen er sich mit Waffengewalt wehren wolle'). Doch hofft Goess, dass der Kurfürst so lange zögern werde, bis der Kaiser sich in dieser Streit- frage geäussert haben wird. Wie Friesen ihm mittheilt, hat Brandenburg sich zur Gutheissung des sächsischen Vorschlages in der Werbungsfrage bereit erklärt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Mai 1670. (Or.)

[Reichsangelegenheiten. Brandenburgs, Sachsens und des Mainzers Stellung zur Triple- allianz. Rheinstein.]

Brandenburg hat erklärt, bezüglich der fremden Werbungen das sächsische 16. Mai. Expedienz annehmen zu wollen. Bezüglich der Römermonate findet Goess die Kurfürsten in einer dem Kaiser günstigen Stimmung. Friedrich Wilhelm hat auf die Erklärung, dass die von Baiern, Köln und Brandenburg gethane Aeusserung Ende Juni den Reichstag zu verlassen, sehr schädlich sei, gemeint, er habe dies nur zur Aufmunterung und Beschleunigung gethan, denke aber nicht daran wirklich Ende Juni seine Leute abzuberufen. Bezüglich der Reichsverfassung und Einbegreifung Böhmens und dessen Nebenländer hält Goess den Räthen der Kurfürsten vor, wie nützlich dieses Werk dem Reiche werden könnte 2). Den Collegialtag würde Sachsen gerne sehen; Brandenburg bleibt bei seinen den mainzischen Abgeordneten in Berlin gegebenen Erkläningen.

Wegen der Tripleallianz seind I. Ch. D. zu Brandenburg fest auf ihre vorige Sentimenten verblieben und hat der von Friesen, so bei dem Churfürsten selbsten, als bei dem Baron von Schwerin^, bald wahrnehmen können, was ich ihme vorhero gesagt, dass es sonderlich an den Subsidien und an der wenigen Satisfaction, so man von den Holländern habe, hafte. Wie nun E"". K. M. des Churfürsten zu Mainz Meinung und Ge- danken circa hoc triplex foedus bekannt sein werden, also sehe ich Chursachsen also disponirt, dass derselbe sich mit Churmainz hierin leicht conformiren werde. Der von Friesen hat sich fleissig bei mir er- kundiget, was E. K. M. hierbei für Intention haben. Ich habe nun bei jüngster Post die Nachricht aus"m Haag erhalten, dass die schwedische

') Vergl. für diese Differenz Puf. 1. c. XL 46; Theatr. Europaeum X., 187ff. -) Für diese Angelegenheit Droysen 1. c III. -j 354; Pachuer I. c. I. 4(51.

454 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1GG8 Sept. 1671.

Ratification in o[)tiina lorma ein,[^e8cliicl<i und aJil)ci'eit, ulnic ^loviiung einiger weitei'en Praetension, wie es der von Basserode besorgt, ausge- wechselt worden ').

Brandenburg besteht auf seinem Rechte Rheinstein, das ein Lehen von Halberstadt sei, einzuziehen und ist gewillt, 5000 Mann unter Führung der Generäle Dohna und Goltz gegen die Braunschweiger ziehen zu lassen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Lilienfeld 20. Mai 1670. (Conc.)-)

[Rlicinstein.]

20. Miii. Tattenbach ist noch nicht verurtheilt und wenn er auch verurtheilt werden

sollte, fällt sein Erbe seinem Bruder zu ; daher die ganze Streitfrage, ob Braun- schweig oder Brandenburg das Recht Rheinstein einzuziehen haben, wegfällt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Mai 1670. (Or.)

[Reichsaugeiegeuheiten. Oldenburger Successionsaugelegeuheit. Rheiustein.]

2G. Mai. Schwerin gibt neuerdings gute Versprechen bezüglich der Nichterfüllung

der Drohung, Ende Juni die Gesandten von Regensburg abzuberufen.

In puncto der fremden Werbungen sagt mir der Baron von Schwerin, dass P. Ch. D. zu Brandenburg Meinung nach diese Sach uit relative auf dem Reichsabschied de anno 1654, wie mir der von Friesen zum anderenmal referiret, zu erörteren, sonderen vielmehr, dass man allerdings darvon zu abstrahiren, wodurch, wie der von Schwerin raisonirte, die- selbe doch in eilectu bei den alten constitutionibus gelassen wiirde. Die hamburgische Commission für die oldenburgische Successionsangelegenheit ist resultatlos auseinander gegangen. Der Herzog von Wolfenbüttel hat ein freundlich gehaltenes Schreiben an den Kurfürsten in der rheinsteinischen An- gelegenheit gericlitct, worauf dieser seinen marschirenden Truppen Halt ge- boten hat.

Unter dem 30. Mai berichtet Goess, dass Schwerin gegen die Berufung des Collegialtages sich deutlich ausgesprochen und nicht nur hinzugefügt habe, dass die Fürsten noch grossere Jalousie darvon nehmen, auch etwa materia

') Für die Veriiältnisse der damaligen Zeit Klopp 1. c. I. 258, 263 u. a. 0.; Le- fevre-Pontalis i.e. II. 45if.; Raniie, Engl. Geseh. V. 7711.: Franz. Gescb. III. 283 ff.; Carlson 1. c. IV. 552.

-) Nach dem Votum Schwarzenbergs nnd Ilocliers vom 18. Mai 1670.

Reichsang-elegenheiten. Oldenbiirgische Successionsfrage. 455

electiüiii.s uuzeitig auf (.lie Bahn gebracht werden möchte, sonderen auch dieses darbei angezogen, dass von unterschiedlichen Orten bericht würde, als wollten E. K. M. den Prinzen Karin von Lothringen zur römischen Krön befürderen helfen; er zeigete doch darbei gnugsam zu begreifen, dass diese Nachricht nit allein nit wahr seie, sonderen auch ganz nit pro verisimili könnte gehalten 'werden.

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 31. Mai 1670. (Couc.)

[Werbungsfrag'e.]

Trotz der Nachrichten des Goess, dass Brandenburg sich in der Werbungs- 31. Mai. frage bereit erklärt, das sächsische Expedienz anzunehmen, hat der Kaiser ver- nommen, dass die Brandenburger den Werbungsartikel so erleutert wissen -wollen, dass davon abstrahirt und nur gemeldt werden möchte, dass es dies- falls nach dem instrumento pacis und denen Reichssatzungen zu halten wäre; nicht aber, dass man sich hierin blos auf den letztern Reichs- abschied de anno 1654 beziehen sollte, als welches Brandenburg nicht hätte approbiren wollen. Goess soll trachten den Kurfürsten für das säch- sische Expedienz zu gewinnen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. Juni 1670. (Or.)

[Frankreichs Bemühungen sein Fernbleiben von den kroatischen, ungarischen und polnischen Bewegungen nachzuweisen. Polnische Angelegenheit. Werbungsfrage.]

Der König von Frankreich thut alles, um zu beweisen, dass er mit den D.Juni, kroatischen, ungarischen und polnischen Bewegungen nichts zu thun habe ') und hat in diesem Sinne Crockow-) beauftragt an den Kurfürsten von Brandenburg zu schreiben. Goess hält dieses Benehmen Frankreichs gerade für einen Beweis der Schuld.

Die Nachrichten aus Polen rufen in Berlin lebhafte Bcunrnhigang hervor s). Sowohl der Churfiirst als der Baron von Schwerin zeigen wohl zu con- sideriren, was ich zum öfteren vorstelle, wie hoch sowohl E. K. M. als S. Ch. D. bei diesem polnischen AVerk interessirt und dass man dero- wegen consilia und vires zusammen zu tragen, allen von dannen be- sorgenden Unheil zu begegenen; wie die Gefahr fast eben diejenige seie.

') Für diese Angelegenheiten es handelte sich vornehmlich um die grosse Ungarnverschwörung vergl. Wolf 1. c. 236 ff. ■) Brandenburgs Vertreter in Paris. 3) Vergl. Theat. Europ. X... 283 f.; Puf. 1, c. XI. 13; Droysen I. c. III.3 297 ff.

456 V. Zweite Mission des Freiheirn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

um welcher willen wir uns vor diesem untereinander verglichen und ver- bunden; ja wegen unterschiedlicher Umstände und sonderlich wegen der Beisorg, dass sich die Türken dieser Occasion bedienen und samnit an- deren barbaris das Königreich Polen anfallen möchten, noch grösser worden ; also habe man die consilia eben nach dem Schlag einzurichten und möchte sein, dass dieses ein Mittel wäre mit P. Ch. D. in besserer Verständnus zu kommen und dieselbe von anderen consiliis hierdurch allgemach abzuziehen, darauf ich nit zweifle, dass E. K. M. die behörige gnädigste Reflexion nehmen werden. Sie (Friedrich Wilh.) scheinen zwar etwas perplex hierin zu sein, . . . indem sie die von der französischen Faction fast zu viel und also consideriren, als bestünde in derselben der meiste Theil der Republik. Sie haben doch in dem neulichen casu des Castellan zu Posen sehen können, dass wenigsten in Grosspolen sie nit darfür gehalten werden. Ich vernimm, dass S. Ch. D. an dem König, wie auch an den Sobieski und andren schreiben wollen, offerendo sua officia zu einer Reconciliation, welches ohne Zweifel aus eben diesem principio herkommt, dass man in der Mitten durchgehen und an keiner Seiten propter incertos eveutus rerum nit gern anstossen wolle und gehen doro Sentimenten dahin, dass der König vor diesmalen nach möglichen Dingen nachzugeben und sich die Malcontenten quocunque modo zu reconciliiren.

In einem Schreiben vom selben Datum meldet Goess von den Versuchen ßaierns den Brandenburger in der Werbungsfrage zu gewinnen, was, wie Goess hofft, nicht geschehen Avird.

Goess an deii Kaiser. Dat. Berlin 16. Juni 1670. (Or.)

[Werbungsfrage. Polnische Angelegenheit. Mission des Nicolarts.]

IG. .Juni. Befehl vom 31. Mai erhalten. Schwerin und Geheimrath Koppen '), welcher

die Reichssacben unter sich hat, halten in ihren Erklärungen bezüglich der Werhungsfrage zurück. Goess sieht Brandenburgs Haltung in dieser Frage niclit mehr für so günstig an, wie vorher. Schwerin klagt von neuem über die polnischen Verhältnisse. Der kurkölnische Vicekanzler Mcolarts-) theilt. Goess als Zweck seiner Mission an den Berliner Hof mit, er habe die Mediation seines Herrn in der rheinsteinischen Angelegenheit angeboten, welche beiderseits ange- nommen worden sei; man wolle nur das Resultat der demnächst stattfindenden ßerathungen der beiderseitigen Vertreter abwarten. Ferner habe ich von

^) Johann Koppen; vergl. Klaprotb !• ^^ oG-"'- 2) Johann Franz Nicolarts,

Polnische Frage. Reichsangelegenheiten. Mission des Nicolarts. 457

ihme vernommen, dass inhaerendo des Fürst Wilhelm von Fürsteuberg dahie gethanen Proposition, er eine Zusammensetzung und Bündnus zwischen beiden Churfürsten zu Colin und Brandenburg, dem Herzog von Neuburg, dem Herrn Bischofen zu Münster, das Haus Braunschweig und die Laudgräfin zu Cassel zu dem End proponirt, damit man aller- seits Länder und Leut bei diesen gefährlichen Conjuncturen desto besser schützen und defeudiren könne.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Juni 1670. (Or.)

[Mission des Nicolarts. Ansicht des Berliner Hofes über Baierns Politik. Geplantes

Bündnis zwischen Köln, Brandenburg, Neuburg, Münster, Braunschweig, Cassel. Wahrer

Grund der Mission des Nicolarts. Pläne Frankreichs. Unterredung des Goess mit dem

Kurfürsten und Schwerin über Frankreichs Pläne.]

Neben den erwähnten Punkten betraf die Mission des Nicolarts auch die 23. Juni. Collegialtag- und Reicbstagsprorogationsfragen. Die beiden Kurfürsten sind gegen den Collegialtag und für die Prorogation. Nicolarts ist eine Creatur des Bischofs von Strassburg ; er wird für tüchtig gehalten. Von dem Churbayrischen Hof judicirt man (in Berlin), dass auch derselbe noch wohl auf andere Wege und consiliis zu bringen wäre. Ich sehe zwar einigermassen die obsta- cula und Difficultäten, so man darbei zu besorgen; man haltet sie doch uit für insuperabl. Das vorschlagende foedus anbelangend, ist es dest- halben bei dem blossen Vorschlag, soviel ich bericht werde, verblieben, keine materia berührt, kein Ort noch Zeit benennt, auch des vorigen foederis, so mit dem Fürst Wilhelm von Fürstenberg projectirt gewesen, keine einzige Meldung weder vom Nicolarts, noch von dieser Seiten ge- than worden. . . . Die Intention scheint dahin gangen zu sein, dass beide Churfürsten die übrige F'ürsten hierzu invitiren sollten, welches doch pro modo von dieser Seiten nit placidirt, sonderen auf andere Zeit hinaus gesetzt worden, zumalen das foedus, so vor diesem zu Braunschweig gemacht worden'), darin auch Schweden mit comprehendirt"), erst im künftigen Monat Augusto expiriren solle.

Diese Ding hat mir auch der Nicolarts . . . communicirt, was er mir aber verhalten et quidem ex mandato, Cjuod scire me puto, ist dasjenige gewesen, warum er meines Erachtens herkommen und ist dieses. Der König in Frankreich hat dem Fürsten \Vilhelm von Fürstenberg, dem

') Gemeint ist das „Nähere Defensivbündnis zu Braunschweig" vom 22. August 1667 auf 3 Jahre; Mörner I. c. 318 ff.

-) Schwedens Beitritt erfolgte am I.März 1668; Mürner 1. c. 323.

458 ^- /Zweite Jlission des Freilierru Johann von Goess. Oct. 1(d68 Sept. 1671.

Schmisiiig, der von wegen ^Uin.ster zu l'aris wäre und dem cluirl)randenb. Crocliow einige Proposition thun lassen, ihre principales in dem Krieg, den er wider Holland vornehmen wollte, mit zu engagiren'); hierüber hat Chur-Cölln dieses Churfiirsten Intention und Meinung vernehmen wollen, und würde die Zusammenkunft von dem obgedachtem foedere unter mehr andere Fürsten zu handien zu diesem End meistens vorge- schlagen, darmit mau darbei von diesem Werk wider Holland unver- merkt und ohne Jalousie zu geben, deliberiren und sich unter einander vergleichen könnte. Was für Offerten von französischer Seiten einem und anderen hierzu geschehen, das kann man nit so eigentlich wissen; wohl zu vermuten ist, dass sie gross und eines jeden Verlangen und Couvenienz werden proportionirt sein. Churbrandenburg, wie übel man auch mit Holland zufrieden, will sich dannoch nit so weit einlassen, noch offensive wider die Staaten-General gehen. Man hat dem Nico- larts mündlich geantw^ort, dass mau durch dem ('rockow dem König eins und anders vorstellen lassen und bis man fernere Nachricht von demselben habe, sich in keine weitere Tractaten einlassen könne. Goess betont, wie in seinen früheren Berichten, die Gefahren, Avelche aus einem näheren Anschlüsse Brandenburgs an Frankreich für den Kaiser erwachsen würden. Aus allem ist zu ersehen, dass diese Negociation abermalen französisch ist und dann was Frankreich für diseigni führe, wie nit weniger, dass das Vertrauen zu dem Herzog von Neuburg und den Uebrigen, welche zum obgemelten foedere sollen eingeladen werden, nit so gross zu sein scheine. Vom Haus IJraunschweig und sonderlich von Celle und Osnabrück verhofft man nit, dass dasselbe sich in einige Tractaten wider Holland einlasse. Was nun Chur-Cölln und Münster hier- zu bewegen könne, steht dahin, ich erinnere mich, dass vor diesem zelus religionis unter den stärkesten motivis hat wollen gezählt werden; der ist nun gut, sed debet esse discretus, sonderlich da man vielfältig erfahren, wie sehr man sich darin Verstössen köiuie und dass unter der- gleichen specieuse Praetexten andere gefährliche Ding und disseigni zum öffteren verborgen stecken. Wie mir einer, dem der Nicolarts es ver- trauet, referirt, scie er mit dieser seiner Verbescheidung nit wohl zu- frieden gewesen. . . . I. Ch. J). haben wegen dieser Proposition Holland betreffend gegen mir nit das geringste merken lassen. Der Baron von Schwerin, als ich ihn mitFleiss darüber sondirt, ist ebenso wenig heraus- kommen; sagte, dass S. Ch. D. vielmehr von diesem Krieg dehortirten;

1) Yergl. Puf. 1. c. XI. 11.

Frankreichs Pläne, lirandenburg und die Tripleallianz. 459

daraus ich inferiron wullen, dass sie andere darzu inelinirt befunden haben müssten. Er hat vor diesem mit mir wetten wollen, dass der König in Frankreich bei seiner nun verrichten Reis nichts feindliches wider die Niederlanden vornehmen würde und fragte mich nun, wer s gewonnen hätte. Er wollte abermalen mit mir wetten, dass dergleichen auch im künftigen Jahr nit geschehen würde. Ich insinuirte, welches eben einer unter ihren ministris also judicirt, dass etwa der Compass etwas verrückt worden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. Juni 1670. (Or.)

[Französisch -brandenburgische Verhandlungen. Stellung Brandenburgs zur Triple- allianz. Morstyn.]

Brandenburg scheint durch Crockow direct mit Frankreich sehr eingehend 30. Juni. zu verbandehi '). Sonsten kommt mir auch vor, als lasse mau nun die Tripleallianz dahie besser passiren und finde man weniger daran zu tadelen, steht dahin, ob die Gedanken auf einige subsidia gehen pro sola neutralitate, darvon ich zum öfteren Erwähnung gethan. Morstyn. der hier verhandelt hat, aber durchaus nichts von Bedeutung, ist nach Polen zurück- gekehrt-).

Die nächsten Berichte aus Berlin vom Juli enthalten nichts von Bedeu- tung. Ende Juli geht Goess nach Eger und Carlsbad, von wo er Ende Sep- tember nach Berlin zurückkehrt. Der Kaiser hatte ihm unterdes aufgetragen, neuerdings den Kurfürsten zur Fortsetzung der Verhandlungen in Regensburg bis zum Reichsabscbiede zu bewegen (Weisungen vom 21. und 27. Aug. Conc.) In Berlin findet Goess weder den Kurfürsten noch Schwerin; aus Schreiben Schwerin's^') und Bemerkungen des Sonmitz ersieht Goess, dass der Kurfürst be- reit sein wird, seine Gesandten noch etwas länger in Regensburg zu lassen. Dagegen zeigen die Reden Jena's, dass der Kurfürst in der Rheinsteinfrage nicht nachgeben Avird. (Bericht vom 29. Sept. 1670. Or.) Ganz in diesem Sinne äussert sich auch Schwerin, den Goess zu Landsberg besucht. Der französische Einfall in Lothringen gibt in Berlin zu grosser Beunruhigung Anlass^j (Bericht vom 6. Oct. 1670. Or.).

') Yergl. Droyseu 1. c. III.;. 341 f.: Puf. 1. c. XI. lOf. -) Vergl. Puf. 1. e. XI. 100.

^) Schreiben Schwerin's d. d. Landsberg 8. Sept. 1670 Or.

^) Vergl. Puf. I.e. XI. 12; Droyson 1. c. III.;, 34-2; Klopp 1. c. 1.274: Mignet III. 487 f.; Huhn I.e. II. 297 ff.

460 V. Zweite Mission des Freihenn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. October 1670. (Or.)

[Unterredung- des Goess mit Schwerin über die polnischen An.^elegenheiten. Crockow's

Berichte über die lothringische Augelegenheit. Verhandlungen mit Schwerin und

Jena über die Reichsangelegenheiten, llheinsteinfrage. Habbaeus.]

13. Oct. Dem Kurfürsten sind, wie Scinverin dem Goess mittheilt, Berichte zuge-

kommen, dass Mayernberg ') die Verhandlungen der brandenburgischen Minister, welche die Beschwörung der Bromberger Tractate betreffen, zu durchkreuzen suche. Goess widerlegt das und weist nach, dass Mayernberg sehr viel gethan habe, ein gutes Einvernehmen zwischen dem Könige von Polen und dem Bran- denburger herzustellen. Auch die Anklage, als ob der Kaiser die Erb- einigung mit Lauenburg hindere, weist Goess zurück-'). Super re lotharin- gica solle der von Crockow aus Paris hieher bericht haben, dass der König selbiges Herzogthum dem Duc de Guise geben wolle; ob's nun die Meinung habe, oder es nur also divulgirt werde, den Prinzen Karin zu Lothringen besser zu die conditiones, so man ihme vorschreiben wolle, zu bringen, steht dahin. Ich sehe nit, dass man hier die Re- flexion auf dieses Werk mache, so dessen grosse Importauz wohl erfor- derte. . . . Hier sind Gerüchte von neuen Bewegungen in Ungarn. Im Dis- curs von den dasigen Dingen, judicirete der Baron von Schwerin, dass wann E. K. M. alle diese neue Besatzungen aus dero Erbländer zu er- halten, fast mehr Beschwernus als Vorthel daraus entstehen würde. Der von Jena aber, a proposito des so lang wehrenden Reichstags zu Regens- burg, vermeinete, dass E. K. M. selbst dessen Verlängerung nit zu ver- langen, es wäre dann vielleicht respectu der hungarischen Sachen, damit, wann der Türk sich darin mischen sollte, die Stände des Reichs alsdann bei einander und nit erst zusammenzubringen wären. Ich aber allegirte die Reputation des Reichs und dass es niemand als unsere Feind wünschen könnten, dass man nach so viel angewendte Zeit und Unkosten von einander gehen sollte, ohne einen förmlichen Abschied zu machen und wenissten die anffefanoene und fast erörterte materias zum völligen Schluss zu bringen. Die Zusammenkunft zu Wernigerode mit den Braunschweigeni soll ohne definitive Abmachung betreffs Rheinsteins, aber in freundlicher Weise verlaufen sein. Habbaeus ist in dänische Dienste getreten, er kann den Schweden, deren Verhältnisse er genau kennt, leicht schaden.

') Des Kaisers Vertreter in Polen.

-) Vergl. für diese Verhältnisse Puf. 1. c. XI. 100.

Polnische Frage. Reichsangelegenheiten. Der Landgräfin von Kassel Pläne. 461

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. October 1670. (Or.)

[Pläne der Landgräfin von Cassel, vornehmlich bezüglich einer Allianz zwischen Brandenburg, Mainz, Braunschweig, Münster, Neuburg, Cassel. Unterredung darüber zwischen Goess und Schwerin. Urtheil des Goess.] Die Landgräfin von Cassel kömmt nach Berlin. Sie soll mit den con- 20. Oct. siliis diese.s churbrandenburgischen Hofs nit allerdings zufrieden sein. Das lothringische Wesen nimmt sie zu Herzen und apprehendirt die Consequenzen und weil sie fast die Hoffnung verliert, dass man mit der Reichsverfassung zu Regensburg aufkomme, gedenkt sie an eine Particularzusammensetzung etlicher Chur- und Fürsten, als nemlich Chur- brandenburg, Churmainz, das Haus Braunschweig, Münster, Neuburg und das Haus Cassel. Als ich den von Jena hierüber sondirt, habe ich wahrgenommen, dass der Stratman, von dem er praesupponirt, dass ich's hätte (so doch nit ist, sondern von dem Berlepsch) '), ihme von diesem Vorschlag geschrieben. Er wäre der Meinung, dass wann dieses geschähe, der König in Frankreich sich nie unterstehen würde einen Krieg mit den Staaten-General anzufangen. Goess bittet um Instruction in dieser An- gelegenheit. Ich besorge, dass wann man hierzu appliciren solie, um so weniger zu Regensburg an Ansmachung der Universal-Reichsverfassung gethan werden möchte. So ist auch bei der grossen Reflexion, die man auf Frankreich hat und aus der Behutsamkeit, mit ^Yelcher man um- geht, damit man selbigen König nit ingelosire oder offendire, leicht zu erachten, dass man E. K. M. wenigsten im Anfang nit werd wollen dar- bei haben. Sonsten möchte zu praesumiren sein, wann man je seine eigene Convenienz und das gemeine Interesse nur einigermassen begreift und beobachtet, dass diese Zusammensetzung wohl pro scopo haben möchte die französische aller Orten ausbrechende gefährliche diseigni zu hintertreiben oder zu hinderen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Ebersdorf 22. Oct. 1670. (Conc.)

[Reichsangelegenheiten. Rheinstein.] Der Kaiser ist mit den Erklärungen Brandenburgs bezüglich Verlängerung 22. Oct. der Anwesenheit der brandenburgischen Gesandten in Regensburg zufrieden. Die Rheinsteinfrage sei von Brandenburg zu früh aufgegriffen worden; es sei ja noch nicht die Verurtheilung Tattenbach's erfolgt. Die Streitfrage selbst müsste, wenn der Fall eintrete, vor den ordentlichen Gerichten entschieden werden.

') Die Worte „sondern von dem Berlepsch" sind vom Herausgeber hinzugefügt.

462 V- Zweite Mission des Freilierm Jolianii von Goess. Oct. 1GG8 Sept. 1G71.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. November 1670. (Or.)

[Wilhelm Fürstenberg. Geplante Allianz deutseher Fürsten. Klaffen Brandenburgs

über Polen. Unterredung des Kurfürsten mit dem Ilt^rzoge von Holstein bezüglich

der ungarischen Verhältnisse und der Oldenhurg'srhen Successionsangelegenheit.]

Nov. Wilhelm Fiirstenberg ist zu seinem Bruder nacli Strassburg. Er soll mit

französischem Credenzbriefe nach Berlin kommen.

Wegen der in Vorschlag kommender Zusammensetzung etlicher Chur- und Fürsten, damit man, wann Frankreich weiter einbrechen möchte, gnugsam gefasst sein könne, habe ich gute Nachricht, dass der von Schwerin auf der Präposition geantwort, es würde das Werk sehr grosse Di fficul täten haben und in specie angezogen, die rheinsteinisclie Strittigkeit würde respectu des Hauses Braunschweig sehr hinderen: welches andere nit, sondern vielmehr dafür halten, dass auch die übrige Difficultäten, auf welche der von Schwerin deuten möge, sich noch wohl würden superiren lassen. Der Kurfürst klagt über des Polenkönigs Benehmen, das Goess zu rechtfertigen sucht. Den Herzog von Holstein Joliann Adolf ') fragt der Kurfürst sehr eingehend über den Stand der kaiserlichen Truppen und über die Gründe der Rebellion in Ungarn. Der Herzog erklärt, der Kaiser rüste nnd die Rebellen hätten Unrecht. In der oldenburgischen Successionssach und andern Strittigkeiten, so durch die kais. Commission beizulegen, hat sich die Ch. D. gegen den Herzog Johann Adolf alles gutes erboten; die Conduite des Königs in Dänemark haben sie gezeigt nit zu appro- biren und will gefähr- und bedenklich scheinen, dass bei der noch so neuen Souveränität und erhaltener Erbgerechtigkeit man die fremde Miliz abschaffe und anstatt derer eine in lautere Nationalen bestehende, auf die Weis, wie in Schweden geschieht, !)estellen wolle"). Der C-iiur- fürst hat sich auch vernehmen lassen, dass er das foedus, so er mit Dänemark hat und nun in kurzen expiriren solle''), nit zu renoviren gemeint.

') Johann Adolf von Holstein hatte als Generalmajor der kaiserlichen Cavallerie den Türkenkrieg von 1^64 mitgemacht.

2) Vergl. Gebhardi 1. c. .50G.

") Gemeint ist wohl die auf G Jahre am 25. Oct. 1G6G geschlossene Quadrupel- defensivallianz; die Erbdefensivallianz vom 23. Mai 1G66 war auf 8 Jahre geschlossen.

Geplante Allianz deutscher Füisteu. Ungaiiscbe Yerbültuisse. Preussen. 463

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. November 1670. (Or.)

[Schwierigkeiten bei dem Plane einer Einigung der deutschen Fürsten. Fürstenbergs Mission in Dänemark. Nachrichten über des Königs von England Haltung.]

Die Landgräfin von Cassel findet bei ihrem Versuche einer Zusammensetzung 10. Nov. etlicher Kurfürsten und Fürsten mehr Schwierigkeiten als sie erwartete, insbe- sondere hemmend wirkt die rheinsteinische Angelegenheit. Des Bischofs zu Strasshurg Negociation in Dänemark war dahin gerichtet, dass er den König- in Dänemark in einige andere Party wider die Tripleallianz engagireu wollen, so ihme doch nit angangen sein solle. . . . Ich bekomme gleich Nachricht mit der niederländischen Post, dass England fast Anlass gebe zu zweifeien an Fortsetzung der vigom*eusen Resolution, so der König zeigte wollen zu nehmen. Des Kramprich Schreiben zeigen so viel an, dass auch im Haag man destwegen etwas sorgfältig. Will doch hoffen, der König werde bei der guten Resolution verharren ').

Die nächsten Berichte enthalten nur Avenig des Interessanten. Da Nach- richten von neuen Conflicten zwischen den kurfürstlichen und fürstlichen Ver- tretern zu Regenshurg einlangen, sucht Goess die Minister Friedrich Wilhelms von der Nothwendigkeit einer Einigung im Sinne des Kaisers zu überzeugen und gegen die Auflösung des Reichstages ohne Reichsschluss zu stimmen (Ber. vom 1. Dec. 1670. Or.).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. December 1670, (Or.)

[Reise des Kurfürsten nach Preussen. Verhalten des Kurfürsten gegenüber den Preussen. Nachrichten über Frankreichs Pläne. Geplante Zusammenkunft der Ver- treter Frankreichs, Kölns, Münsters und Baierns. Des üabbaeus Bemühungen ein gutes Einvernehmen zwischen Brandenburg und Dänemark herzustellen.]

Die Reise des Kurfürsten nach Preussen wird jetzt ernsthafter besprochen; 5. Dec. er will noch im Winter, trotz aller Unannehmlichkeiten, mit ungefähr 1000 Rei- tern und 1000 Fusssoldaten dahin. Man hat darfür gehalten, dass was von dieser Reis gemelt worden zu dem Ende geschehen, damit es zum Antrieb bei den preussischen »Ständen, welche die begehrende Yerwilli- gung zu Unterhaltung der Miliz verweigeren, dienen solle. Goess glaubt aber, dass der Kurfürst nur im äussersten Falle sich zur Reise nach Preussen entschliessen werde. Dem Herzog von Croy, Statthaltern in Preussen, haben

') Ueber Englands Verhalten in dieser Zeit Ranke, Engl. Gesch. III. Soff.; Klopp 1.0. I. 262 ff.

•-') Vergl. Pachner 1. c. I. 4G9.

464 V. Zweite Mission des Freiberrn Johann von Goess. Oct. 16G8 Sept. 1671.

sie Ordre gegeben, dass, warm die Stände .sich länger in der Verweigerung der zu Unterhaltung der Soldatcsca begehrter Accisen opiniastriren wür- den, er alsofort 20 polnische Gulden auf jede Hufe Land schlagen und dieselbe mit allem Ernst einforderen solle ').

Hier einlangende Nachrichten melden, dass der König von Frankreich in seinen Plänen gegen Holland etwas nachlasse und der grossen Auslagen für die Pläne in Polen müde sei. Aus Polen treffen aber ivaclu-ichten ein, welche das Gegentheil der letzteren Behauptung beweisen-). Man hat hier auch Nach- richt, dass des Grafen von Windischgrätz Negociation in der lothringi- schen Sach wohl guten Success haben möchte^) und muss ich bekennen, dass wie die Franzosen das Herzogthum Lothringen zurichten und im Grund verderben, mir's nit anders fürkommt, als dass man gemeint, dasselbe endlichen, obzwar mit überaus schweren conditionibus, zu resti- tuiren, doch w'ie gesagt, also zugericht, wie der armen Menschen Leiber pflegen, w^elche von bösen Geistern besessen gewesen. Zu Lüttich soll eine Zusammenkunft der Vertreter Frankreichs, Kölns, Münsters und Baierns statt- finden. Habbaeus, der dänische Resident, ist seit einiger Zeit in Berlin, sucht ein gutes Verhältnis zwischen Brandenburg und Dänemark lierzustelien und Friedrich Wilhelm von seiner Abneis-ung ffeuen den Mainzer abzubringen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. December 1670. (Or.)

[Nachrichten von der Confoederation in Polen. Kalckstein.]

Die Nachrichten aus Polen , dass die Armee, mit Ausnahme von 20 Com- 12. Dec. pagnien, welche auch mit Gewalt dazu gezogen werden sollen, sich confoederirt, und den Feldherrn Sobieski, den Woiwoden von Kujavien Potocki und den von Reussen Jablonowski zu Protectoren erwählt, bestärken den Kurfürsten in dem Vorsatze nachPreussen zu ziehen. Der Kalckstein, welcher die scharfe Memorialen wider S. Ch. D., dem Könige in Polen und der Republik unlängsten übergeben"*), ist durch einen gewissen churbrandenburgischen Lieutenant Montgomery, ein Schott von Nation, w-elcher sonsten, wie man vorgibt, auch einige Privatinimicitias mit ihme gehabt haben solle, zu War- schau, als man ihn vorhero ganz voll angetrunken, enlevirt, auf ein Pferd geworfen, nach Preusseu gebracht und in die Memel, wie ich bericht

') Vergl. Droysen 1. c. III.3 300 ff.

^) Ueber Frankreichs Verhalten in Polen in dieser Zeit Droysen 1. c. IH-a 301 f. 3) Vergl. Klopp 1. c. I. 275; Mignet 1. c. III. 488, 494 ff.

*) Vergl. Droysen I.e. III.s 302f.; Puf. 1. c. XI. 103. Neuestens Josef Pacz- kowski. Der Grosse Kurfürst und Kalckstein, Forsch, z. brand. u. preuss. Gesch. II. 192 ff.

Braudeuburg-dänische Beziehungen. Kalckstein. Reichsangelegenheiten. 465

werde, gesetzt worden'). Die Polen dürften Klage darüber erheben. Strat- man soll nach Berlin kommen ; er wird vermutlich mittheilen können, was zwischen Köln und Baiern verhandelt worden ist.

Unter dem 15. Dec. berichtet Goess, dass der Bischof von Bamberg in einer Schrift sein Recht in puncto fori austriaci dem Kurfürsten von Brandenburg auseinandergesetzt. Goess dagegen opponirt hat'''). Kalckstein dürfte schnell ab- seurtheilt und hingerichtet werden.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 17. Dec. 1670. (Conc.)

[Reichsangelegenheiten.]

Goess soll den Kurfürsten bewegen seinen Theil der Römermonate zu 17. Dec. bezahlen und die Ansicht widerlegen, welche des Kurfürsten Vertreter zu Regensburg geäussert, sie wollten die Römermonate nicht zahlen, weiln Theils solcher Römermouat auch mit zu des Herzogs zu Lothringen T/. Satis- faction destinirt"). Was die Mittheilung Schwerins betrifft, als wann die Fürstliche denen Churfürstlichen alle ihre praerogativas di.sputirlich machten und was in der frankfurtischen Capitulation^) zu Beibehaltung dessen enthalten ^) in die jetzt tractirende perpetuam nit inseriren lassen wollen, wogegen die Kurfürsten dem prologo der perpetuirlicher Capi- tulation einige clausulam reservatoriam unserer Frankfurter ausdrück- lich einverleibt haben wollen*^); ist uns dieser Vorschlag darum etwas fremd vorkommen, als wir uns hiebei alsogleich erinnert, dass der ge- sammten Churfürsten LL'^^". in ihrem an uns gethanem von ihnen aller- seits eigenhändig unterzeichnetem Collegialschreibeu ausdrücklich her- kommen lassen (so wir gleichwohl gegen dich in zuverlässiger höchster Enge und Geheim gemeldet haben wollen, ohne dass es vor der Zeit publici iuris werde), dass sie uns zu gehorsamisten Respect und Ehren in die verlangte Auslassung des appendicis und Relation auf unsere Frankfurter Capitulation ihres Theils um so viel leichter einwilligen

J) Vergl. Droysen 1. c. III.3 307; Puf. 1. c. XI. 103.

'^) In einem Schreiben vom 4. Jan. (Conc.) billigt der Kaiser des Goess Vor- gehen in dieser Frage.

^) Vergl. Pachner 1. c. I. 509 f.

•*) Die Wahlcapitulation Leopolds von 1G58; gedruckt a. 0. bei Lünig, Reichs- Archiv Pars Gen. I. 791 flf.

-■) § 5 und 6 der Wahlcapitulation Lünig 1. c. I. 793 f.

^) üeber diese Angelegenheiten Droysen I.e. III. 3 3.59ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. oO

466 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1GG8 Sept. IfSTl.

möchten, weiln sich von selbsten verstehe, dass, was hicrinfalls nit auf- gehoben, in seinem ungeänderten Stand verbleiben thue; jedoch alles mit der Bescheidenheit, dass, wann darin ichtwas begriffen, so unserm Erzhaus an dessen von vorigen Kaisern erlangten und hergebrachten privilegiis zuwider, ihre der Churfürsten LL"^*^". uns darin keinen Nach- theil zuzufügen gemeint seien. Das soll Goess in Berlin vorhalten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. December 1670. (Or.)

[Reise des Kurfürsten nach Preussen. Geplante Zusammenkunft zwischen Küln, Brandenburg, Neuburg und Hannover. Stratman. Erklärungen des Habbaeus.]

19. Dec. Der Obermarschall Baron von Canitz theilt dem Goess mit, dass der Kur-

fürst sich demnächst nach Preussen begeben werde. Goess bittet um AVeisung, ob er dem Hofe folgen solle.

Der Bischof von Strassburg hat an dem Baron von Schwerin ge- schrieben und eine heimliche Zusammenkunft zwischen Chur-Cölln, Chur- Brandenburg, den Herzogen von Neuburg und Herzogen Johann Friedrich von Hannover vorgeschlagen. Man hat's dahie mit diesem Vorwand declinirt, dass der Herzog von Neuburg an S. Ch. D. geschrieben, dass sie ihro den Stratman mit nächstem zuschicken wollen. Stratman wird täglich hier erAvartet'). Habbaeus ist noch hier; er erklärt immer von Neuem, wie sehr man sich vor Frankreich vorsehen müsse.

Die letzten Berichte des Jahres 1670 enthalten nichts wesentliches. Goess sucht immer von neuem den Kurfürsten zu einer den Interessen des Kaisers günstigen Haltung in den Reichsangelegenheiten zu bewegen, jedoch ohne be- sonderen Erfolg. Unter dem 31. Dec. erhält Goess Befehl dem Kurfürsten, falls dieser seine Reise nach Preussen antreten sollte, dahin zu folgen.

Goess an den Kaiser. Dat. BerHn 5. Januar 1671. (Or.)

[Kalckstein. Fürstenbergs Erklärungen bezüglich Frankreichs. Urtheil des Goess über Frankreichs Pläne bezüglich Brandenburgs. Jena. Des Kurfürsten Stellung zur

Tripleallianz.] 5. Jan. Der Kurfürst und seine Räthe suchen das Vorgehen gegen Kalckstein zu

rechtfertigen -).

') Ueber die Beziehungen Neuburgs zu Brandenburg in dieser Zeit Puf. 1. c. XI. 19.

'-') Die Abführung in die Citadelle in Meinel; vergl. Droysen 1. c. III. 3 307.

Allianzpläne. Frankreich und Brandenburg. Tripleallianz. 467

Stratman ist hier. Willielm Fürstenberg und Schmising sollen demnächst hieher kommen. Sonsten hat der Fürst Wilhelm zu Neuburg, wo er gewesen, noch fast für gewisser, als er dahie gegen mich gethan, asserirt, dass der König in Frankreich den Krieg wider Holland werd vornehmen und auf diesem unfehlbaren supposilo die ganze Deliberatiou gericht, wie sich die benachbarte Chur- und Fürsten pro proprio interesse et conservatione darbei zu verhalten; weilen dann die Neutralität per un partito periculoso gehalten werd , als ist leicht zu erachten , wohin man die consilia lenken wollte. Wie nun der von Schwerin mit seinem contrario supposito, dass nemlich Frankreich wider Holland noch auch wider Spanien nichts anfangen werd, sich mit dem Fürst Wilhelm dies- falls vergleichen werd, steht dahin. Wohl begreife ich, dass des von Schwerin suppositum nit weniger gefährlich als des Fürsten, indeme der Churfürst dardurch zu Annehmung der von Frankreich ohne andere Obligation als sich neutral zu halten geschehender Offerten disponirt kann werden, zumalen, wie es die Erfahrenheit gegeben, man solcher- gestalt als per gradus endlichen zu grösserem impegno kommt; wohin zweifelsohne Frankreich das Absehen hat. Es ist nit zu zweifeien, dass man auf alle Weis suchen werd diesen Churfiirsten zu gewinnen. Mir ist leid, dass der von Jena schon von hier nach der bielefeldischen Zu- sammenkunft abgereist'); er ist gleichwohl derjenige gewesen, der bei der vorigen Negociation des Fürst Wilhelms vom Bett aus (dann er läge krank), durch sein votum verhindert, dass es nit schon damalen zu einem Schluss kommen und vertraue ich, dass er diesfalls noch bei seinen vorigen Sentimenten verharre. . . .

Man fragt fleissig nach, was E K. M. circa triplex foedus zu thun gesinnt; dieser Churfürst zeigt sich sehr alienum darvon und werd mir pro certo gesagt, dass er nie hierzu zu bringen sein werde. . . .

Unter dem 9. Januar berichtet Goess von neuen Unterredungen bezüglich der Bamberger Streitsache; er sucht den Brandenburgern klar zu machen, dass die in der Wahlcapitulation § 32 besprochenen Angelegenheiten sich nur auf die Reichsstände beziehen, was Bamberg für die kärtnerischen Güter nicht sei.

') Vergl. Droysen 1. c. IILs 369.

30*

468 V. Zweite Mission des Freilierrn Johann von Goess. Oct. I6G8— Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Januar 1671. (Or.)

[Reise des Kurfürsten nach Preussen. Urtheil Schwerin' s über Frankreich. Klagen der Brandenburger über des Kaisers Vorgehen in Polen. Rath des Goess, wie Bran- denburg zu gewinnen sei. Urtheil dessseiben über des Kurfürsten Pläne. Kalckstein. Unterredung des Goess mit Schwerin in dieser Sache.]

IG. Jan. Der Kurfürst bleibt bei seinem Entschlüsse nach Preussen zu reisen.

Goess hat aber noch immer Hoffnung, dass diese Reise unterbleiben wird. Man scheint auch an diesem Hofe den französischen Vorgängen mehr Gewicht als vorhin beizumessen.

Der Baron von Schwerin, welcher allzeit behaupten wollen, da.ss Frankreich wider Spanien, noch auch wider Holland, nichts feindliches vornehmen würde, hat vorgestern, als ich ihn visitirt, fast darin vacil- liren wollen, mit Vorvvenden, dass er zwar noch der Meinung wie vor- hin, dass Frankreich allein es nit attentiren würde, allein habe man sich zu besorgen, dass der König in Frankreich nit etwa den von Eng- land auf seine Seiten bringe. . . . Gegen des Kaisers und seiner Vertreter Vorgehen in den polnischen Angelegenheiten hören die Klagen hier nicht auf. Alle diese Ding Hessen sich, meines Ermessens, nit besser remediren, als wann Mittel könnten gefunden werden, das gute vorige Vernehmen zu restabliren, die disgasti und das Mistraueu hinweg zu nehmen und solche Vorschlag zu thun, darbei man allerseits seine eigene Conveuienz, Sicherheit und Avvantaggio finden möchte: darzu bei allen dem, was jetzt gemelt worden, die gegenwärtige Couiuucturen und rerum status nit allerdings unbequem zu sein scheinen. Mit Frankreich contestirt man dahie gar hoch, dass man kein impegno habe, bei Apprehendirung der gefährlichen französischen diseigni möge man auch Bedenken haben, sich mit ihnen einzulassen. Der Genius des Churfürsten, die Coniunc- turen et ratio propriae securitatis suadent, dass derselbe nit allein, w'ie bishero, armirt verbleiben, sondern seine Kriegsvölker verstärken solle; propriis mediis will sich dies nit wohl thun lassen; hinc non aequis oculis spectantur subsidia, welche au Schweden und anderen gegeben worden, zumalen man vermeint, dass man von dieser Seiten wohl bessere und promptere Dienst darfür thun könnte. Alle diese Ding erwecken bei mir zum öfteren die Reflexion, sonderlich anjetzo, da man von schwedischer Seiten mehrere subsidia an Spanien begehrt, damit sie ein corpo d'armato auf den Reichsboden, die Niederlanden im Fall der Noth zu securiren, halten können, j:ob es nit zu thun, dass man Distribution der zu diesen Subsidien gehörigen Mittelen am spanischen Hof machete, dass dem Churfiirsten eine erkleckliche summa darvon zum

Herstellung eines besseren Verhältnisses zwischen Oesterreich u. Brandenburg. 469

Tlieil uud derselbe hierdurch zum Secours der spanischen Niederlanden verbunden würde. E. K. M. können ohne fernere meine Anführung leicht erachten, wie importirlich es wäre, wann man den Churfürsten von Frankreich völlig detachiren und auf unsere Seiten bringen könnte, und dieses nit allein wegen seiner Macht, welche gleichwohl cousiderable, sondern auch wegen der Reflexion, so andere Potentaten-, Chur- und Fürsten des Reichs auf ihn nehmen. Wir haben gesehen, wie schädlich es gewesen, dass Chur-Cölln und Chur-Bayern Mittel gefunden den Chur- Brandeburg in ihren consiliis und Maximen zu interessiren und mit einzullechten '), ebenso nützlich würde sowohl respectu des Reichstags, als anderen Negocien fallen, wann man denselben widerum abstrahiren könnte und möchte vielleicht die Conjunctur diesmalen gut darzu sein; dann ich habe gute Nachricht, dass man Chur-Brandenburg Seiten auf die Spur kommen, dass eben Chur-Cölln und Chur-Bayern diejenige ge- wesen, welche die fürstliche in ihren nun führenden Maximen sotto mano gestärkt, oder gar dieselbe au die Hand gegeben uud doch hernacher sich also bezeugt, auch Chur-Brandenburg dahin inducirt, dass man derent- wegen in procinctu gewesen den Reichstag zu zerreissen : | , darvon ich, wann ich besser auf den Grund komme, E"". K. M. fernere unterthänigste Nachricht geben werde. Nun zu meiner vorigen Proposition zu kommen, gedünkt mich, dass Spanien, sonderlich bei jetzigen Zustand und Mino- rennität des Königs ihr Absehen und Gedanken auf diese 2 Stück zu richten: 1°. dass man den Krieg wo möglich divertire, welches nit besser geschehen kann, als wann man unsere Party also wohl formire, dass den Franzosen die Lust und die Hoffnung viel beim Krieg zu prosperiren vergehe und 2'\ wann dies nit zu erhalten, dass man sich in solcher Postur setze, dass man den Feind mit gnugsamer Macht begegnen könne. |: Zu beiden Stücken würde meines Erachtens viel zugeben, wann man den Churfürsten auf unsere Party bringen könnte; wann man nun diese Geldmittel, welche darzu gehören möchten, considerirt, wäre ich der Meinung, dass alles dieses mit einer geringeren summa auf viel Jahren zu erhalten, als eine halbe Campagne, wann's zum Krieg kommen solle, absorbiren würde; daraus zu ersehen, wie ein nützlich angelegtes wäre : |, wann man es darzu bringen könnte; es möchte auch mit den Staaten- General gehandlet werden, dass sie pro propria et pro communi securi- tate das Haus Braunschweig gleichfalls ad eundem scopum und zu Man-

^) Ueber Kölns und Baierns Verhalten vergl. Ennen 1. c. I. 226 ff. ; Droysen 1. c. m.3 365.

470 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

tenirung des Friedens erhandelten, |: wann nit etwa für bedenklich ge- halten werden wolle, dass man sich da mit Potentaten, zumalen von anderer Religion, de quo tarnen hie nun agitur : 5 , einlassen thäte.

Die hierbei kommende gedruckte Schrift wider den Kalckstein ') ist, wie ich vernimm, von dem von Somnitz aufgesetzt worden; darin werden E. K. M. nun gnädigst sehen, dass man sich dahie erklärt, dass, was mit gedachtem Kalckstein vorgenommen worden, ohne Wissen und Befehl S'. Ch. D. geschehen. Als ich mit dem Baron von Schwerin hieraus geredt und er mir zu verstehen geben wollen, dass man den Brandt gleichsam zur Demonstration und Bestrafung nit würde lassen nach Hof kommen^), habe ich subridendo gesagt, man solle ihn mit dem d'Aubry und Akakia in der Bastille thun; von jenem sagt der Graf von Dohna, dass er sein Lebtag nit besser Tage als in der Bastille gehabt; von diesem werden E. K. M. gesehen haben, was der de Lionne an dem Fantoni wegen seiner Incarcerirung schreibt. Worfür müssen uns doch die Fran- zosen halten? Ich weiss, was bei ihnen bedeut, wann sie fragen, ob man's für einen Deutschen oder für einen Polacken halte? Wir können uns revengiren, wann wir sie für die halten, die sie seind.

Unter dem 25. Januar berichtet Goess, dass er vom Kurfürsten in poncto der Römermonate zur Satisfaction des Herzogs von Lothringen, wie er erwartet, eine negative Antwort erhalten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Januar 1671. (Or.)

[Streitigkeit wegen Uöxter. Conflict des Erzbischofes von Köln mit der Stadt Köln. Frankreichs Pläne auf Köln.]

26. Jan. Schmising ist hier, Rath und Hilfe des Kurfürsten in des Bischofs von

Münster Streitigkeit mit dem Herzoge von Wolfenbüttel wegen Höxter zu suchen 3). Der hiesige Hof findet des Wolfenbüttlers Vorgehen nicht unbillig, erklärt sich aber zur Mediation bereit. Schwerin zeigt Besorgnis wegen der Conflicte zwischen der Stadt und dem Kurfürsten von Köln ^) und ersucht Goess

') Christian Ludovici Kalcksteinii Mores et Fatum. Anno M. DCLXX.

2) Yergl. Puf. I. c. XI. 10.3; Droysen 1. c. III.3 308f.

^) Yergl. für diese Höxter'sche Angelegenheit der Wolfenbüttler Herzog hatte bei den Streitigkeiten des Bischofes von Münster mit der Stadt Höxter, die letztere unterstützt Droysen 1. c. 111. 3 366 f.; Tücking 1. c 163 ff.

*) Für diesen Conflict der das Verhäitniss der Stadt zum Kurfürsten betraf Jlnnen 1. c. I. 196 ff.; Theat. Eujop. X. 2, 431 ff.; Londorp 1. c. IX. 728 ff

Kalckstein. Reicbsangelegenheiten. Schmising's Mission. 471

den Kaiser um seine Mediation zu bitten. Id dem Discurs zeigete er sonsten nit glauben zu köunen, dass der König in Frankreich sich der Stadt Colin bemächtigen wolle, oder auch, wann er's gleich wollte, dass er's in's Werk richten könne. Ich aber bin sowohl wegen des Willen, als wegen der Macht einer anderen Meinung und sehe ich, dass die benachbarte Fürsten, welchen der Zustand in einem und anderen am besten bekannt und also mit besserem Grund darvon judiciren können, die Gefahr sehr apprehendiren; ist auch leicht zu ermessen, wie impor- tirlich dieser Ort dem König in Frankreich zu seinen hin und wieder habenden Diseignen sein würde.

Unter dem 30. Jan. berichtet Goess die Ankunft des pohlischen Gesandten Opazki'), der in der Kalcksteinangelegenheit Erklärungen und Satisfaction for- dern soll.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Februar 1671. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schmistng. Dessen Mission. Brandenburg-polnische

Verhandlungen.]

Schmising ist abgereist; er hat dem Goess im Auftrage des Bischofes 6. Febr. von Münster von dem Zwecke seiner Mission Mittheilung gemacht und um Unterstützung gebeten, welche ihm Goess zusagt; die Antwort des Kurfürsten war : Annahme der luterposition durch Brandenburg und Neuburg und Ver- handlung der strittigen Angelegenheit wegen Höxter zu Bielefeld. Schmising hat diese Erklärung im Namen seines Herren angenommen, ob Wolfenbüttel es annehmen wird, steht noch aus. Goess sucht alles vorzubringen, um die Polen mit dem Brandenburger auszusöhnen ; bisher haben die Verhandlungen Opazki's wenig Erfolg gehabt; er ist mit den mündlichen und schriftlichen Erklä- rungen des Kurfürsten und seiner Käthe nicht zufrieden. Goess glaubt die Auslieferung Kalckstein's werde nicht erfolgen. Unter dem 13. Februar be- richtet Goess dann, dass Opazki abgereist sei mit dem Anerbieten des Kur- fürsten, falls der Polenkönig mit seinen Erklärungen bezüglich der Herausgabe des Kalckstein, zu welcher sich Friedrich "Wilhelm, mit Rücksicht auf die ihm von diesem Manne drohende Gefahr, nicht verstehen könne, nicht zufrieden sei, einen besonderen Gesandten nach Warschau senden zu wollen, auf dass dieser die Angelegenheit ordne.

Die freudige Nachricht, dass der Bischof von Münster und die Vertreter des Herzogs von Wolfenbüttel sich in der höxterschen Angelegenheit in einer Münster überaus günstigen Weise geeinigt (Höxter soll in Kürze von dem

') Ueber den Aufenthalt dieses Albert Opazki in Berlin Puf. I. c. XI. 104.

472 V. Zweite Mission des FreilieiTii Johann von Goess. Oct. lfi6S Sept. 1671.

Wolfenbiittler geräumt werden), von der Goess (16. Febr.) berichtet, wird durch die bald darauf erfolgende Erklärung des Wolfenbiittlers, die Abmachung seiner Vertreter nicht anerkennen zu wollen, in Frage gestellt (2ß. Feltruar).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. März 1671. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin wegen des Streites der Aebtissin von Essen

mit dem Kurfürsten, über die Mittel einer Einigung zwischen dem Kurfürsten und

dem Kaiser und über die Reichsangelegenheiten. Höxter'sche Streitfrage.]

6. März. Der Kurfürst klagt über des Kaisers Vorgehen in der Streitfrage zwischen

der Aebtissin von Essen und dem Kurfürsten^). Goess bespricht diese Sache sehr eingehend mit Schwerin und sucht das Vorgehen des Kaisers zu rechtfertigen, nicht nur in dieser Angelegenheit, sondern überhaupt. So kam die Rede wieder auf die Nützlichkeit einer vollkommenen Einigung. Schwerin sagte, die Intention und was ich verlangte, wäre sehr gut, die obstacula müssten removirt werden; worüber sie sich beklagten hätte ich zum öfteren angehört ; ich sollte nun sagen, worin wir uns hinwiderum über S. Ch. D. beklagten. Ego, meine Gedanken wären vielmehr dahin ge- richt, wie die gute Freundschaft zu restabiliren, als die Ursachen, wor- durch dieselbe etwa unterbrochen, zu examiniren und noch viel weniger zu reprochiren. . . . Der von Schwerin fiele vor sich selbst auf die comi- tialia; er erinnerte sich, dass ich mich vor diesem beklagt, dass I. Ch. D. einige Froideur für E. K. M. in puncto fori austriaci gezeigt, es wären nun seither andere und bessere Befelch an ihre Gesandtschaft destwegen abgangen; ob sie in der Controvers „super § Und gleichwie"^), wie andere aufgestanden und ex collegio abgetreten. Wann man vorgehabt ihre Gesandtschaft von Regensburg abzufordern, hätten I. Ch. D. allemalen auf E^ K. M. gnädigsten Befelch und meine Instantien dieselbe allda ferner subsistiren lassen; wann dann 1. Ch. D. zuweilen etwas ferventior

') Es handelte sich darum, dass die Aebtissin die Reformirten nicht, sondern blos die Lutheraner dulden wollte: Aebtissin war Anna Salome von Salm-Reififer- scbeidt-Dyck.

^) Ueber diese Angelegenheit vergl. Droysen 1. c. III. 3 356 f.; die Acten bei Pachner I. c. I. 512 ff. Der Paragraph „Und gleich wie" ist der 180'^ des Reichs- abschiedes von 1654 und bestimmte, dass die Landstände zum Unterhalt der nöthigen Garnisonen und Festungen ihren Landesherren mit hülfreicbem Beistand an die Hand gehen sollten (vergl. den Druck bei Lünig 1. c. I. 620). In dem Streite wer über die Höhe dieser Abgaben zu bestimmen haben sollte, hatten die Kurfürsten und die Mehr- zahl der Fürsten ein Reichsgutachten zu Stande gebracht (26. Januar 1667), das zu ihren Gunsten lautete; Leopold gab lange keine Antwort und als diese endlich erfolgte (12. Febr. 1671) lautete sie zu Gunsten der Stände.

Reichsangelegenheiten. Preussische Ständefrage. 473

gewesen und sich emportirt, keuiiele ich dcro genium und dass sie's darmit nit so übel meineten. Ich bliebe auf meinen vorigen proposito, beriihrete obeuhiu, dass ich allzeit beklagt, dass occasione des polnischen Wahlwerk und was dem anhängig gewesen, allerlei suspiciones und der guten Freundschaft nit wenig schädliche Verdacht eingeschlichen; wäre mir auch nit weniger leid gewesen zu vermerken, dass einige Chur- und Fürsten Mittel gefunden I. Ch. D. in ihren consiliis, darbei sie sonsten meines Erachtens kein sonderliches Interesse hätten, mit einzuflechten. In puncto fori austriaci wüsste ich die bessere Befelch, so I. Ch. D, an dero Gesandtschaft gegeben, nit eigentlich. Super § „Und gleichwie" erfreuete ich mich und gereichete F. Ch. D. zu grösstem Ruhm, dass dero Gesandte mehr Moderation hierbei, als von anderen nit geschehen, bezeigt, zweifelte auch nit, wann sie also darin fortfahren würden, dass es den Schluss des Reichstags und des allgemeinen Wesens Beste nit wenig befürderen würde. IJie Correspondenz mit Chur-Cölln und Chur-Bayern wäre nach des von Schwerin Aussagen weiter nit gangen, als dass man ratione pro- logi et epilogi bei dem Capitulationswerk das gemeine Interesse der Herrn Churfürsten beobachtet, darin nichts wider E. K. M., noch dero- selben zu Nachtheil, geschähe '). Die Verhandlungen zu Bielefeld haben in der Streitfrage über Höxter zu einem Resultate geführt, nach welchem Höxter von den Wolfenbüttler Truppen bald geräumt werden dürfte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. März 1671. (Or.)

[Verhandlungen am kurfürstlichen Hofe in der preussischen Ständeangelegenheit. Schwerins Ansicht in diesem Punkte. Nachrichten Schmisings. Meldungen von der beabsichtigten Sendung des Verjus an den kurfürstlichen Hof. Schwerins Meinung über Frankreichs Pläne. Nachrichten über die Verhandlungen zu Bielefeld. Gerüchte von Abmachungen zwischen dem Kaiser und Frankreich.]

Der Kurfürst ist mit den Erklärungen der preussischen Stände, nach iß. jiärz. welchen sie 42000 Rthlr. in 4 Monaten und später, wenn ihre gravamina be- rücksichtigt worden 2), ein mehreres erlegen wollen, nicht zufrieden, und werd noch immer von Hineinschickung einiger Kriegsvölker oder auch von S^ Ch. D. Reis dahin in Person geredt. Was die Hineinschickung der Völker anbelangt, vernimm ich, dass der Baron von Schwerin der Mei- nung gewesen, dass man dem König in Polen zu Benehmung aller Gelosie diese des Churfürsten Intention durch Schreiben notificiren solle,

1) Vergl. Droysen 1. c. HI. 3 360.

^) Ueber diese Angelegenheiten Droysen 1. c. III. 3 .311 f.

474 V. Zweite Mission des Freihemi Johann von Goess. Oct. 1608 Sept. 1671.

andero aber wären der Meinung nit gewesen und solle auch unterwegs ge- blieben sein. Mich hat der von Schwerin ersucht, dass ich hiervon etwas gegen den von Mayernberg melden möchte, wie es ohne das vorhin ge- schehen. Er hat eine andere Maxime in den preussischen Dingen, als nit einige andere churfürstliche ministri, welchen doch I. Ch. D. mehr beizu- l'allen scheinen und weilen er in Preussen begiitet, seine Frau auch von danneu ist, dahero leicht einiger Verdacht auf ihm fallen möchte, als geht er gar behutsam hierin und schiebt die Sach von sich, so viel er kann. Ich meines Theils muss seine principia für gut und statui rerum gemäss und convenable halten; die gehen dahin, dass man die Preussen leni freno regieren und zuweilen lieber etwas nachgeben, als zu stark in sie setzen solle; man könne doch, wie es die Erfahrenheit gegeben, zu dem, was man verlangt und die Conjuncturen erforderen, gelangen. Soranitz hat seine Reise nach Warschau noch nicht antreten können. Sclimising hat hieher berichtet. Er hat sich zu Hildesheim viel Tag aufgehalten, er gibt Hoffnung, dass der provisionel Tractat zwischen Münster und Braunschweig werd ratificirt werden'); im übrigen solle die Intention sein auch das übrige zwischen den Parteien allein und ohne Mediation abzuthun. Ich vernimm, dass nun auch Frankreich sich in diesem Werk einmengen wolle") und dass ein M^ Verjus, welcher vor diesem in Portugal gewesen und ein kluger Negociant sein solle, heraus komme"). Ich sähe nit gern, dass bei diesen Coniuncturen er oder ein ander französischer Minister an diesem Hof käme. Aus des Baron von Schwerin Discurseu vermerke ich, dass er allwiderum auf seine vorige Opinion komme, dass Frank- reich weder wider Spanien noch wider Holland einigen Krieg vornehmen werde, daraus nun zuj besorgen, dass consequenter die vorige consilia und Maximen, in welchen man sonsten allziemlich angefangen anzu- stehen, gleichfalls continuirt werden möchten. . . .

Aus Bielefeld schreibt man mir und ich höre es auch dahie, dass die Tractaten allda in puncto religionis schwer und langsam hergehen *). Ich vermerke darbei, dass einige allda in solchem Wahn begriffen, wie ich vor diesem dahie vielmalen verspürt, dass nämlich E. K. M. heim- lich sich mit Frankreich wohl verstehen, und solle ein vornehmer catho-

0 Der Vertrag wurde am 5./15. April zu Höxter geschlossen; Du Mont I.e. VII., 147.

-) Ueber Franlireichs Verhalten in dieser Angelegenheit Droysen 1. c. III. 3 366.

^) Louis de Verjus, Graf von Crecy, der bekannte französische Minister in Regeusburg.

^) Ueber diese Zusammenkunft zu Bielefeld Ennen; I.e. 1.240.

Veijus. Frankreichs Pläne. Oesterreich-französische Beziehungen. 475

lischer. Minister gesagt haben, es seie aus allen E^ K. M. consiliis und Actionen zu sehen, dass man sich denen französischen Beginnen nicht im geringsten entgegensetze, sogar dass man den Franzosen dero eigenes Patrimonium ohne einigem Widerstand wegnehmen und occupiren lassen, und wurde hinzugesetzt, dass auch die jetzige Negociation des Grafen von Windischgrätz ') zu Paris zwar dem Schein nach auf Restitution des Herzogthums Lothringen^ re ipsa aber wäre dieselbe auf ganz andere und zwar grössere und weitaussehende Ding angesehen; was ich nun anders darvon melde und die Vorschlag die ich thue, wie man sich zu- sammen zu thun und Frankreich, worvon einzig und allein turbatio pacis diesmalen zu besorgen, in Schranken zu halten, das möge von mir gar wohl gemeint sein, ich wisse aber arcana consiliorum aulae Cae- sareae nicht.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. März 1671. (Or.)

[Keichsangelegenheiten.] Der Befelch an die churbranden burgische Gesandtschaft zu Regens- 23. März, bürg, dass sie bei E^ K. M. gnädigster Resolution super § Und gleich wie zu acquiesciren, war dahie schon aufgesetzt und zur Unterschrei- bung nach Potsdam geschickt; allda (ist) aber ganz eine andere Reso- lution genommen und obgedachter Gesandtschaft befohlen worden, dass sie bei der von den also genennten Extendisten projectirten ^) und seit- her auf gewisse Weis und Maass moderirteu Protestation mit zu con- curriren, . . . Wieso diese Aenderung eingetreten, weiss Goess nicht.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 25. März 1671. (Conc.)

[Kölner und Essen'sche Streitfragen.]

In der Streitfrage zwischen dem Kurfürsten von Köln und der Stadt Köln 2.5. März, wünscht der Kaiser, dass auch Brandenburg jemanden in die Ausgleichscom- mission delegire^). In der höxterischen Angelegenheit lässt sich vorerst nichts thun. In der Essen'schen Sache sind die Klagen Schwerins grundlos; der Kaiser müsse die Sache den We<' Rechtens nehmen lassen.

') Ueber Windischgrätz" Mission in Paris Klopp 1. c. I. 274; Mignet 1. c. 111. 494 ff.

^ Ueber die Pläne der Extendisten und ihre Beziehungen zu Brandenburg Droysen 1. c. III. 3 357 f.; Acten bei Pachner 1. c. I. 512ff.

^) A'ergl. Ennen 1. c. I. 2 16 f.

476 ^- Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. März 1671. (Or.)

[Reichsangelegenheiteu. Geplantes Bündnis zwischen Küln, Baiern, Brandenburg, Neuburg, Mecklenburg. Stellung Brandenburgs zu diesem Plane. Unterredungen des Goess mit Schwerin bezüglich dieser Angelegenheit und der Essen'schen Streitfrage.]

30. März. Die brandenburgische Gesandtschaft in Regensburg hat hieher berichtet,

dass Kurköln, Baiern, Neuburg und Mecklenburg den Protest den kaiser- lichen Commissären überreicht; sie hätten mit ihrer Entscheidung zurück ge- halten, bis sie neue Befehle erhalten'). Nun hat Chur-Bayern vergangenen Tagen einen Courier hieher geschickt, welcher von hier aus nach Chur-Cölln gangen; das Negotium hat eben diesen § Und gleichwie anbetroffen und werd von Chur-Bayern ein foedus zwischen Colin, Bayern, Brandenburg, Neuburg und beide Herzogen zu Mecklenburg zu Behauptung dieser ihrer Intention vorgeschlagen. Ich habe das Project nit zu sehen bekommen, so viel aber habe ich von guter Hand vernommen, dass es dahie den guten Efiect gethau, dass man ziemlich vermerkt und sich nit wenig darüber formalisirt, dass man die Sach auf nachdenkliche Extremitäten anrichten wolle. Es ist auch aus F. Ch. D. zu Brandenburg darauf gethaner Erklärung abzunehmen, was das Pro- ject möge in sich halten, dann dieselbe solle ausdrücklich dahin gangen sein, dass sie sich zu solchen foedus weiter nit, als allein zu Com- pescirung der ungehorsamen Unterthanen einlassen, im üebrigen, dass etwas darin wider E. K. M., wider dero kais. Resolution, auch wider dem, was beim Reichstag möchte geschlossen werden, hineingerückt werde, nit consentiren wollen^). Mir ist dieses in grosser Geheim vertrauet und bin ich darbei sehr gebeten worden, es also zu machen, dass man nit innen werde, dass ich etwas hierum wisse. Der Baron von Schwerin hat 4as ganze Werk gegen mir dissimulirt. Auf einige Fragen des Goess in dieser Angelegenheit antAvortet Schwerin ganz leichthin. In der Essen'schen Angelegenheit klagt Schwerin von neuem und behauptet wieder, dass man die Sach wohl besser per commissionem caesaream ex officio (dann sie wür- den's nit begehren), als durch die harte erkennte processus, terminiren können, wogegen Goess die Nothwendigkeit den Rechtsweg einzuschlagen betont.

1) Vergl. für diese Angelegenheiten Droysen 1. c. III. 3 358 f.

2) Vergl. Droysen I.e. III. 3 358.

Reichsangelegenheiten. Bünilnis von ReicLsfürsteii. Preussif^che Stände. 477

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. April 1671. (Or.)

[Preussiscbe Ständeangelegenheit. Mission eines kurfürstlichen Ministers nach Polen. Kölner Streitfrage. Unterredung des Goess mit Schwerin darüber und über die Ver- einbarung in dieser Sache zwischen Brandenburg und Holland. Frankreichs Er- klärungen bezüglich Kölns. Höxter'sche Streitsache.]

Die preussischen Stände haben 50 000 Rtlilr. für 4 Monate bewilligt; er- 3. April, bieten sich zu mehr, bitten aber dabei um Erledigung ihrer Beschwerden, so dass des Kurfürsten Reise dahin nur verschoben, nicht aufgehoben ist ').

Opazki hat an Schwerin geschrieben und um baldige Sendung des Somnitz nach Warschau gebeten. Da dieser aber krank ist, auch wenig Lust hat nach Warschau zu reisen, dürfte Blumeuthal dahin gesendet werden.

In der Kölner Commissionssache zeigt sich der Kurfürst gut gesinnt. Der von Schwerin zeigete grosse Jalousie wegen der Nachricht, so sie haben, dass die Holländer ein Regiment in der Stadt Colin legen ^); dieses würde nit allein der benachbarten Chur- und Fürsten gross Bedenken machen, sondern auch Chur-Cöllu und etwa auch Frankreich zu andern Resolutionen Anlass geben. Nun hatte ich schon vorhin einige Nachricht wegen dieses Regiment und kann ich mir leicht einbilden, was für ein Ab- sehen darbei seie ; dem von Schwerin habe ich geantwort, dass zwar sowohl in der Stadt Cölhi als in andern Reichsstädten die Holländer möchten werben lassen, es hätte aber darum die Meinung nit, wie er da praesupponirte. Weilen ich nun vorhin Nachricht gehabt, dass man dem Baron de Lisola und dem Kramprich von wiegen der Staaten- General einige Proposition dahin gethan, dass, wann dieser Churfürst und die Herzogen von Braunschweig ihre Völker in der Stadt Colin legen und dieselbe voi' der androhenden Gefahr versicheren wollten, sie sich nit zuwider sein lassen würden mit einigen Subsidien hierzu zu concurriren, darvon ich nit gut befunden, ehe und bevor der Churfürst wegen Mitantretung der kais. Commission sich erklärt, Apertur zu thun; als habe ich nun diese Gelegenheit in Acht genommen und den Baron von Schwerin hierüber etwas sondirt. Er embrassirte die Proposition stracks, nam subsidia sunt valde persuasiva; mich hat doch gedünkt, dass nach etwas mehrere Reflexion, ihme einige scrupuli darbei mögen zu Gemüth gangen sein, ohne allem Zweifel, weilen Chur-Cölln, zufürderist aber der König in Frankreich dieses ungern sehen möchten; ist derowegen im Vorschlag kommen, dass die Sach in secreto zu halten; so habe ich auch remoustrirt, dass sie hierin nichts thäten, als was E. K. M. auf

1) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 31-2 f.

-) Ueber diese Verhältnisse Enuen 1. c. I 2 13 ff.

478 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1G68 Sept. 1671.

untertliänigstes Bitten der Stadt denen benachljarten ausschreibenden Fürsten allbereit befohlen; ich halte, man werde jemand aus Cleve etwa unter andern Praetext nach dem Haag schicken, hiervon etwas näher zu handien, oder doch die Meinung eigentlich einzunehmen. Ich habe rathsam geacht bei dieser Occasion diesen Anwurf zu thun und wie ich das Werk nach allen Umständen considerire, möchten gute effectus daraus zu hoffen sein. Im übrigen erklärt Schwerin, der König von Frankreich weise die Zumuthung, als beabsichtige er etwas feindliches gegen Köln, mit Ent- rüstung zurück. Unter dem 10. berichtet Goess, dass in Berlin der Vertrag zwischen Braunschweig und Münster wegen Höxter für perfect gehalten werde ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. April 1671. (Or.)

[Kölner Streitfrage. Frankreichs Pläne bezüglich Lothringens.]

17. April. Schwerin klagt über das Benehmen der holländischen Soldaten in Köln.

Auf den von Goess in Vorschlag gebrachten Modus der Besetzung Kölns durch brandenburgische und braunschweigische von Holland besoldete Truppen ist noch keine weitere Erklärung erfolgt. Dass Frankreich Lothringen für sich nehmen wolle, wie Goess dem Schwerin mittheilt, erklärt Schwerin nicht glau- ben zu können.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Mai 1671. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die Essen'sche Streitfrage und über die Kölner Angelegenheit. Aeusserungen desselben über Frankreich, Holland und

England.]

L Mai. Goess hat in Potsdam eine längere Unterredung mit dem Kurfürsten, der

vorerst in der Essen'schen Sache dieselben Klagen und Forderungen vorbringt, wie Schwerin, worauf Goess mit denselben Argumenten erwidert, mit denen er dem Schwerin entgegnet hat. Wegen der cöUnischen Sach meldeten S. Ch. D., dass sie der Stadt zugeschrieben und ermahnt, dass sie sich keiner fremden Völker bedienen wollte-); sie vermerkten, dass der von deroselben gethaner Vorschlag einige Kreisvölker in der Stadt zu legen, welchen von allen Seiten mehr Respect würde getragen werden, den meisten nun wohl gefiele. Von ihre und braunschweigische Völker darin zu legen auf die Weis, wie es von dem Pensionario de Witt E''. K. ^I. ministris im Haag vorgetragen worden, thäten sie keine Meldung und habe ich von dem Baron von Schwerin wohl verspüren können, dass,

') Der Vertrag wurde am 5./IÖ. April unterzeichnet; Dumont 1. c. VIT. i 147. ^) Vergl. Ennen 1. c. T. "217.

Essen- uuil Kölnische Anirelegeuheiten. Verjns nnd Nicolarts in Berlin. 479

obzwar die Proposition wegen der darbei gemelten Subsidien anfangs angenehm geschienen, doch nach etwas mehrerer Reflexion, diejenige, so man auf Frankreich und etwa auch auf Chur-Cölln hat, Bedenken darbei gemacht. P. Ch. D. habe ich gesagt, dass es nunmehr wegen des hol- ländischen Regiments keine Difücultät haben würde, sintemalen, wie mich der Marques de Grana bericht') und der Kramprich mir vorhin aus dem Haag geschrieben, die Staaten -General dieses Regiment nit einmal in ihren Pflichten nehmen, sondern der Stadt überlassen und der- selben schwören lassen wollen. ... Frankreich betreffend, zeigeten I. Ch. D. der Meinung zu sein, dass der König keinen Krieg vornehmen und etwa seine Armee sehr ruiniren würde, wann er seine Franzosen, welche der Arbeit nit gewohnt, zu dem Fortificationwerk anhalten wollte. AVider die Holländer habe ich die gewöhnliche Animosität und ünvergnüguug verspürt; sie würfen etwas an, als correspondire der Pen- sionarius de Witt noch heutigen Tags mit dem König in Frankreich ■); auf England machen sie wenig Fundament. Weilen nun die Herzogin von York gestorben^), hielten sie darfür, dass man in Frankreich auf einige Heirath, die ihnen avantageux sein möchte, gedenken würde; würfen auch etwas an, ob nit auf die Erzherzogin, E"". K.M. Frau Schwester^), möchte gedacht werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. Mai 1671. (Or.)

[Ankunft des Verjus und des Nicolarts. Unterredung des letzteren mit Goess über

die Kölner Streitfrage und über die Bielefelder Allianz. Schwerins Mittheilungen über

den Zweck der Verjus'schen Mission. Bielefelder Allianz.]

Am 1. Mai kamen der französische und der kurkölnische Gesandte, Verjus 4. Mai. nnd Nicolarts, nach Berlin '•"). Nicolarts sagt dem Goess, sein Herr sei bereit die kaiserliche Mediation in den Streitigkeiten, in die er mit der Stadt Köln gerathen, anzunehmen, doch nur, wenn ihm zugestanden wird: 1". dass die Stadt von Fortsetzung ihrer Fortification auf P. Ch. D. Grund und Boden abstehe; 2°. dass sie die fremde Völker abschaffe; 3". sich erkläre, denen

') Ueber Otto Heinrich Marquis de Grana's Verhalten in dieser Sache vergl. Ennen I. c. I. 2 16 f.

■•') Ueber de Witt's Verhalten in dieser Zeit; Lefevre-Pontalis 1. c. II. 72 AT.

^) Anna Hyde war am 31. März 1671 gestorben.

^) Marie Anna'Josepha; 1678 mit Johann Wilhelm von Neuburg vermählt.

") Ueber die Anwesenheit dieser beiden Männer in Berlin vergl. Puf. 1. c. XI. 17 f.; Droysen 1. c. III.j 369ff.; Mignet 1. c. III. 289 ff.

480 V. Zweite Mission des Fieiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

churfürstlichen undisputirlichen juribus in der Stadt kein Eintrag zu tbun; 4°. wann die Güte bei der kais. Coramission nit verfangen sollte, dass alsdann eben die kais. comnaissarii die Sach decidiren, oder ad compromissum ausgestellt werden möge. Auch dem Marques de Grana sei in diesem Sinne geschrieben worden. Goess erklärt aber, Grana habe an ihn und an den Kurfürsten von Brandenburg geschrieben, die Commission des Kaisers sei pure angenommen worden.

Der zweite Punkt der Mission des Nicolarts betraf den § Und gleich wie; Köln, wie die übrigen, gewähren die kurfürstlichen Forderungen.

Vom dritten Punkt seiner Negociation hat mir der Nicolarts an- fangs nichts gesagt; der ist dieser, dass Chur-Cölln wegen Lüttich be- gehrt in der zu Bielefeld zwischen Chur-Brandenburg, Münster und Neu- burg nur projectirten, wie mir der von Schwerin sagt, wie ich aber von andern habe, von den Gesandten schon unterschriebenen Defensivallianz') mit admittirt zu werden. Der von Schwerin meldete hierbei, dass das Stift Lüttich diesmal locus suspectus und da leicht einige L'nruhe ent- stehen könnte, wäre; dass sie lieber sähen, dass Chur-Cölln wegen des Unterstifts, so ohne das am nächsten gelegen, darunter begriffen würde; ist also leicht zu sehen, dass man nit gedenkt, S. Ch. D. daraus zu halten. Nicolarts hat mir von diesem foedere, als wir zum andertenmal zusammen kommen, etwas gesagt und gemelt, dass der Churfürst, sein Herr, bis noch nit darin begriffen ^). ... Der König in Frankreich ver- lange zu obgedachter westphälischer Allianz admittirt 7a\ werden; als ich iusinuirt, dass solchergestalt dieselbe auf dem Schlag, wie die rheinische gewiesen, angetragen und der fremden Interesse mit einge- flöchten würden, gienge die Antwort dahin, dass es etwa ein Mittel sein möchte die Sicherheit des Kreises um so besser zu erhalten, weilen auch der König sich darzu verobligirte; ich aber vermeine, dass scopus huius foederis hierdurch divertirt oder gar verloren würde; man raüsste von der Sachen, wie sie an sich Selbsten wäre, reden. Dieses foedus wäre in Vorschlag kommen wegen der Gefahr, so man von Frankreich hat, im Fall selbiger König den Krieg wider Holland oder auch wider Spanien vornehmen würde. Quid?, wann die Holländer gleichermassen begehren w'ürden hierzu admittirt zu werden? Ob's nit besser, sich mit dem Vorwand zu entschuldigen, dass diese eine Kreisverfassung, worzu

') Das Defensivbündnis war in der That schon am 7. April IIhI zu Bielefeld unterzeichnet worden; vergl. Miirner I.e. 3o9tf.; Dumout 1. c. VIT. , 145; über Köln's Haltung daselbst Eunen 1. c. I. 240.

■■') Köln wurde erst am S.Juli aufgenommen: vergl. Möiner 1. c. 844.

Des Nicolaits und des Verjus Mission. 481

die Fremde nit gehören, oder doch sich mit E^ K. M. als dem Ober- haupt und andern vornehmen Ständen des Reichs zu vereinigen? Er gäbe zu verstehn, dass es endlichen dem Churfürsten seinem Herrn würde indifferent sein, ob der König in Frankreich zu diesem foedere zugelassen würde, oder nit.

Des Verjus Mission besteht, wie Schwerin dem Goess mittheilt, darin, die friedlichen Gesinnungen des Franzosenkönigs gegenüber Deutschland zu betonen, die Mediation Frankreichs bei den Verhandlungen zwischen Braunschweig und Münster anzutragen und zu erklären, König Ludwig XIV. habe niemals daran gedacht, Köln oder Strassburg anzugreifen '). Verjus habe sich auch um die zu Bielefeld abgeschlossene Allianz erkundigt und angefragt, ob Ludwig XIV. in dieselbe aufgenommen werden könnte. Nicolarts sagt, die kaiserliche Me- diation sei desswegen gar nicht intimirt worden, weil das Schreiben gegen Brauuschweig in zu harten terminis abgefasst war. P. S. Stratman ist von Bielefeld hier augekommen und berichtet den Abschluss der Alhanz.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. Mai 1671. (Or.)

[Abreise des ^'icolarts. Brandenburgs Erklärungen auf dessen Anfragen. Reichs- angelegenheiten. Wolfrad.]

Kicolarts ist abgereist. Bezüglich der 3 ersten Punkte hat Brandenburg 11. Mai. versprochen an den Kaiser und an die Stadt Köln zu schreiben, bezüglich des Compromisses hat man dafür gehalten, dass über diese Frage in der Com- mission berathen werde"-). Den § Und gleichwie dürfte man, trotz aller Be- mühungen des Goess, in der von Brandenburg moderirten Form der Extendisten annehmen. Wegen Aufnahme des Kurfürsten von Köln in die zu Bielefeld ge- schlossene Allianz ist dieser nach Bielefeld verwiesen worden, ebenso Verjus. Der ehemalige schwedische Resident Wolfrad ist hier angekommen, ohne be- sonderen Auftrag; er sucht sich über die Gesinnung des Berliner Hofes zu orientireu ^).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 13. Mai 1671. (Or.)

[Reichsangelegeuheiten. Oesterreich-französische Beziehungen. Brandenburg-polnische Beziehungen. Kölner Streitfrage.]

Der Kaiser billigt, dass Brandenburg, wenn die Streitigkeiten zwisclfen 13. Mai. dem Kurfürsten und der Stadt Köln nicht in Güte beigelegt werden können, als Concommissarius einige, nicht zwar ihre, sondern Kreisvölker zu

') Vergl. Puf. 1. c. XI. 18; Droysen 1. c. III. 3 369 ff.; Mignet I. c. III. 289fr. -) Die Erklärungen des Kurfürsten bei Puf. 1. c. XI. 17. =) Ueber Wolfrads Aufenthalt in Berlin Puf. 1. c. XI. 32.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. jl

482 ^ 'Zweite Mission des Freihenn Joliami von Goess. Oct. lßfJ8 Sept. IGTl.

mehrerer Sicherheit, in die Stadt bringe. Goess soll trachten den Kur- fürsten zu bewegen in der Bamberger Sache und bezüglich des „§ Und gleich wie" die Interessen des Kaisers zu vertreten und ihm den Beweis liefern, dass der Kaiser keineswegs geheime Correspondenz mit Frankreich führe '), dies vielmehr nur Ausstreuungen Frankreichs seien, um die Einigkeit des deutschen Reiches zu stören. Goess soll fortfahren, dem Kurfürsten und seinen Räthen vorzuhalten, ■wie nothwendig die Erhaltung des jetzigen Königs von Polen sei und sich be- mühen die Differenzen, xvelche zwischen beiden Höfen bestehen'^), auszugleichen. Unter dem 16. wird ihm dann noch besonderer Befehl gegeben den Kur- fürsten zur Absendung eines Deputirten zur Beilegung des Kölner Streites zu vermögen und ihm die Ansicht des Kaisers, einen gütlichen Vergleich wenn möglich durchzuführen, vorzustellen^).

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Potsdam 13. Mai 1671.

(Or.)

[Jägerndoifer Angelegenheit.]

13. ilai. Der Kurfürst hat trotz aller Bemülmngen für seine Ansprüche auf Jägern-

dorf noch keine Satisfaction erhalten; er bittet den Kaiser daher nochmals, in Anerkennung der grossen Verdienste, die er der Kurfürst sich um das Haus Habsburg erworben, ihn nicht zurückzuweisen, sondern vielmehr Anla.ss (zu) geben, dass ich durch Wiedererlangung dieses meines Herzogthums und Erstattung deren so viele Jahr mir vorenthobenen Einkommen, E. K. M. bei allen Begebenheiten noch ferner treulichst zu assistiren und dero- selben Interesse zu befördern angefrischet werden möge.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Mai 1671. (Or.)

[Reichsangelegenheiten. Abreise des Verjus und des Woifrad. Erklärungen der Bran- denburger an letzteren. Dreyer.J

Mai. Aus Regensburg einlaugende Nachrichten zeigen, dass die kurfürstlichen

Räthe sich in der Bambergersache den Interessen des Kaisers geneigt zeigen. Verjus ist am 23. abgereist ^); am selben Tage auch Woifrad^), dem der Kur- fürst und seine Räthe wiederholt versichert haben, dass sie kein Bündnis

') Für die österreit-h-französischen Beziehungen dieser Zeit Mignet 1. c. JIl. .jUff.

■^) Für die brandenburg-polnischen Beziehungen dieser Zeit Droysea 1. c. III. 3 309 f.

=*) Vergl. Ennen I. c. I. •22(): Theat. Europ. X.^. 441.

^) Mignet I. c. 111. -JW.

'") Vergl. l'nf. I. c. XI. ?,•>.

Reichsangelegenheiten. Wolfrad. Dreyer. Kölner Frage. 483

mit Frankreich geschlossen und ein solches bei den gegenwärtigen Verhält- nissen auch nicht zu schliessen gedenken. Circa triplex foedus Hessen I. Ch. ü. alsogleich sich vermerken, dass sie ganz keinen Lust darzu haben, dann als sie vorgewendt, dass sie nit also wie sein sollen darzu invitirt worden und Wolfrad sich erboten, dass man's noch mit aller desiderirender Solemnität thun würde, hat's der Churfürst declinirt, mit Vermelden, man würde dardurch denen Catholischen Anlass geben auf andere Gegenliguen und Bündnussen zu gedenken. Im übrigen hat mau den Wolfrad versichert, dass I. Ch. D. bei der guten Freundschaft und Ver- ständnus mit Schweden in alle Weg wollen verharren und dass sie einen Abgesandten nach Stockholm schicken wollen, stellen dem König auch frei, ob er von wegen des Herzogthums Verden in das bielefeldische foedus mit eintreten wolle; sonsten hat man ihm auch ziemlich zu verstehen gegeben, dass nit alle in Schweden bei der Tripleallianz fest bestünden, sondern ihrer viel und sonderlich der Grosskanzler mit seiner Faction für Frankreich incliniren'). Ueber des Verjus Mission hat Goess niclits mehr, als er bereits berichtet, erfahren können. . . . Vorgestern ist dahie ein re- formirter Minister, Dreyer genannt, durch den Scharfrichter aus der Stadt mit Ruten gestrichen und des Landes verwiesen worden. Er hat des Churfürsten Hand nachgemacht und einige Gelder, vermög solcher falschen churfürstlichen Rescripten, erheben wollen und sonsten allerlei Bubenstück, sowohl hier als bei dem Fürst Moritz von Nassau, bei welchem er vor diesem Hofprediger gewesen, gethan.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 29. Mai 1671. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über die Kölner Streitfrage. Nachrichten über die Verabschiedung des Kurfürsten von Verjus. Mittheilungen aus Regensburg.]

Schwerin spricht ausführlich mit Goess über die Kölner Streitfrage, fordert 29. Mai. dringend die Abführung des holländischen Regimentes, früher werde der Kur- fürst seine Delegirten nicht absenden. Im Uebrigen zeigt er, dass der Kurfürst bereit ist für die Rechte der Stadt Köln einzutreten. Goess vernimmt, Bran- denburg werde an den Kaiser das Ansuchen stellen, dass neben Brandenburg, Mainz und Trier auch noch Neuburg dieser kaiserlichen Commission adjungirt werde. Mir werd referirt, dass L Ch. D. als er (Verjus) daraussen zu Pots- dam von derselben Abschied genommen, sich ziemlich resolut gegen ihm vernehmen lassen, sie begehreten des Königs Freund zu verbleiben, wann

') Vergl. für Schwedens Parteiverhältnisse in dieser Zeit Carlson I.e. IV. 553 ff. : Mignet 1. c. III. 295fr.: Recueil des Instructions II. Suede Einl. LIX. 102 ff.

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484 V. Zweite Mission des Freiheiin Johann von Goess. Oct. IfiGS Sept. 1G71.

aber derselbe etwas wider das Reich vornehmen würde, könnten und würden sie nit unterlassen, sich also, wie ihr churl'iirstliches Amt er- forderte, darbei zu bezeugen ')....

P. S. Soeben trifft die Nacliricht aus Regensburg ein, dass die Exteudisten sich öffentlich von den übrigen Ständen bei der re- und correlation super secu- ritate publica separirt").

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Juni 1671. (Or.)

[Somnitz' Reise nach Warschau betieifend. Weibuncrsfrage. Haltung des Kurfürsten in der Kölner Streitfrage. Braunschweigische Angelegenheit.]

Juni, Der Kurfürst ist von Polen aus unter anderen, wie man sagt, vom

Grosskanzler ^) gewarnt worden, Somnitz daliin zu senden; es könnte an demselben Rache genommen werden für die Behandlung Kalckstein's'*). Dem Goess hat der Kurfürst nichts davon erwähnt; |: quod indicium est non bonae confidentiae erga nos:l. Bis dato haben I. Ch. D. noch keine Werbung vorgenommen, zwar sagten sie mir jüngsten zu Potsdam, dass sie ihre Sachen dahin anstellen wollten, dass sie 16000 Mann könnten zu Feld bringen; : ich glaube, sie haben's gegen mich also erwähnt, damit die Polacken, wann sie etwas böses wider sie im Sinn, abgeschreckt würden :|. In der cöllnischen Sacli finde ich sie ziemlich wohl persuadirt, dass man von der Stadts Seiten sich zur Billigkeit offerire, aber die sonder- bare Reflexion und Deference, so sie für Chur-Cölln haben, macht, dass sie gemach darin gehen und nit gern etwas thun wollen, wordurch sel- biger Churfürst sich disobligirt befinden möchte; bis noch haben sie dahie von Chur-Cölln keine Nachricht, dass derselbe bei dem nun von dem Baraphield'schen '") Regiment der Stadt geleisteten Eid acquiescire. ]: In der braunschvveigischen Sach*^) haben mir zwar I. Ch. I). so viel gesagt, dass sie denen Herzogen assistiren wollten. Ich bekenne

') Vergl. für des Kurfürsten Auffassung der französischen Anerbietungen das Schreiben desselben an Otto von Schwerin bei Orlich, Friedrich Wilhelm 118.

-) Vergl. den Vertrag in dieser Angelegenheit vom 27. Mai/6. Juni zu Regens- burg zwischen Köln, Baiern. Brandenburg. Xeubnrff und Mecklenburg-Schwerin l)ei Mörner 1. c. o42f., G9Gff.

^) Johann Lesczynski.

■•) Vergl. Droysen 1. c. HJ.. 309.

'■") A = Pamphilischen.

'') Vergl. für diesen Streit der Herzöge mit der Stadt Braunschweig Havemanu 1. c. II. UOff.; Droysen 1. c. III.3 366 f; Acten im Theat. Europ. X.. 407 ff.; Londorp 1. c. IX. 769 ff

Reichsangelegenheiteu. Polnisch-brauclenburgische Beziehungen. 485

aber, dass ich nit glaube, dass es ihr Ernst wäre.. Ich kann aber ihr Interesse darbei nit sehen, der regensteinischer Strittigkeiten zu ge- schweigen. Ich habe aber seither vernommen, dass ihr rechter Ernst sein solle und mag dahin gesehen werden, dass man die Herzogen hier- durch dahin bringen wolle, dass sie von obgedachter regensteinischer Praetension abstehen. So mag man auch darfür halten, dass ohne das und ohne des Churfürsten zu Brandeburg Hilf die Herzogen sich der Stadt bemächtigen werden. Der Herzog Georg Wilhelm zu Celle hat in seinem Schreiben gemelt, dass sie mit nächstem einen eigenen an Chur- Brandenburg abschicken wollen, welche es nit allein für angenehm ge- nommen, sondern sie wollen hinwider auch unter den ihrigen jemand zu den Herzogen abschicken. Bei diesen also resolvirteu Dingen wäre niemand als allein der Meinders zu Potsdam : .

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum berichtet Goess. dass der Kurfürst sich auf die Ermahnungen des Goess, seine Delegirten für die kölnische Streitsache abzusenden, dazu bereit erklärt habe.

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxenburg 6. Juni 1671. (Conc.)

Die Thatsache , dass Köln für Lüttich und dass Frankreich in die Biele- 6. Juni, fehler Allianz einzutreten begehren, zeigt, wie wenig diese und ähnliche Eini- gungen das Bedürfnis der Einigung zwischen dem Oberhaupte und den Gliedern des Reiches befriedigen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 15. Juni 1671. (Or.)

[Poinisch-brandenburgische Beziehungen. Eindruck der ungarischen Angelegenheiten in Berlin. Rath des Goess bezüglich dieser und der Kölner Sache. Schwerin's Mit- theilungen in der Kölner Angelegenheit. Des Kurfürsten Erklärungen in derselben Sache. Urtheil des Goess über das Bielefelder Bündnis, über den Kurfürsten und dessen voraussichtliche Haltung bei den nächsten Conflicten. Werbungsfrage. Truppen des Kurfürsten. Bündnis der Extendisten. Braunschweiger Sache.]

Der Kurfürst dürfte dieses Jahr weder nach Preussen noch nach Cleve 15. Juni, reisen. Das Verhältnis zwischen Brandenburg und Polen ist ein sehr gespanntes. 1: I. Ch. D. vermeint gute Nachricht zu haben, dass man's in Polen nit gut mit ihr meine, sondern der König selbst einige Propositiou gethan, wie die praetendirende torti wider Chur-Brandeburg zu ressen- tiren und zu vindiciren*). Ist auch ein Zeichen, dass sie nit das beste

0 Vergl. Droysen 1. c. 111. ., 320!.

486 ^- Zweite Mission des FreiLerrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Vertrauen zu uns liaben, weilen sie unangesehcn sie nit ignoriren können, dass ich alle gute officia zu Restabilirung dieses guten Vernehmen thue, mir dannoch nichts von dem, was ihnen da hinterbracht wird, sagen:!.

' "Ol

Goess sucht diese Gedanken dem Kurfürsten auszureden.

Die Patenten, so E. K. M. in Ilungarn publiciren lassen, haben sie dahie schon längsten gesehen'). Ich habe observirt : dass, als ich von dieser Materi der hungarischen Rebellion etwas erwähnt, sowohl der Churfürst als der von Schwerin still darzu geschwiegen und sich nicht herausgelassen:]. Neulich aber, als ich zu Potsdam Gelegenheit ge- nommen darvon zu reden, die Atrocität der Rebellion vorgestellt und unter andern gemelt, dass man E^ K. M. nach dem Leben getracht, . . . seind sie sehr commovirt worden und ausgesprochen, es könnte keine Severität wider solche undankbare, meineidige Leut zu gross sein und dergleichen Sentimenten vernimm ich, dass sie auch gegen andere hören lassen. |:Eins hat man bei diesem hungarischen Werk wohl zu beob- achten, dass die Religionsinteresse, wie es die bös intentionirte suchen, Dicht darein gemengt werden, massen ich E. K. M. vorhin unterthänigst erinnert, dass man vorgeben wollte, als würden allbereit grosse und starke reformationes in Hungarn vorgenommen. Dahie bei diesem Hof hat man bis dato doch keine rechte Klag destwegen gegen mir geführt. In dem cöllnischen Werk wäre ich der unterthänigsteu Meinung, dass man die Consideratipn der Religion und das Praejudicium so derselben zuwachsen möchte, wann Churbrandeburg oder der westphälische Kreis ihre Völker in der Stadt legen sollten , zu dissimuliren und auf andere Mittel sich dieser offerta zu entschlagen, zu gedenken.:]

Das holländische Regiment hat unnöthig viel Fastidien und Schwierig- keit gemacht, meines Erachtens hätte man deren guten Theils entübriget sein können. Der von Schw^erin hat gegen mich gemelt, dass wann E^ K. M. Völker in die Stadt gelegt, sie nit die geringste Difficultät darbei gemacht hätten ; nun dass das Regiment der Stadt geschworen . . . ist man zw'ar etwas stiller mit dieser Klag: wann aber Chur-Cölln und die von Fürstenberg, wie man darvon hört, auf ihre vorige Gedanken ein Weg als den andern bestehen sollten, könnte man diesen Churfürsten widerum irr machen; sonsten haben mir I. Ch. D. vergangenen Montag gesagt, dass sie dero Subdelegirten allbereit befohlen sich ad locum commissionis zu begeben. Keineswegs ist zu vermuthen, dass I. Ch. D.

') Für die Beziehungen Leopolds zu den Ungarn in dieser Zeit Wolf. A., 1. c.

335 fr.

ungarische Verschwörung. Kölner Streitfrage. Des Goess Urtheil über Brandenburg. 487

gestatten wollen noch können, ilass die Franzosen .sich iu der Stadt Colin einnesten sollen, es lauft all zu stark wider ihr Interesse und bin ich der Meinung, dass wann man französischer Seiten dergleichen intentiren wollte, S. Ch. D. wohl den Degen wider sie darum zücken würden '). Goess erwartet des Grana Mittheihmgen in dieser köhier Frage und sucht den Kurfürsten für den raschen Fortgang der kaiserlichen Commission zu bewegen, j: Betreffend das neulich zu Bielefeld zwischen Brandeburg, Münster und Neuburg geschlossene foedus defensivum, . . . scheint, dass diese Allianz sonderlich daher veranlasst worden, weiln man eine Kuptnr zwischen Frankreich und Holland besorgt und für nöthig Jialten mögen sich in solcher Postur zu setzen, dass man von beiden streitenden Parteien in der Nähe nicht incommodirt würde: wann man Frankreich daraus halt, wie man zeigt gemeint zu sein, will ich nit hoffen, dass dieselbe so schädlich, wie die Rheinische vor diesem ge- wesen, fallen solle. I. Ch. D. werden nit leicht bei diesem Krieg, wann er auch erfolgen solle, Party nehmen; sie verlangen zwar mit Frank- reich in gutem Vernehmen zu verbleiben, seind auch übel mit Holland zufrieden und möchten gern wenigsten eine ihrer clevischen Festungen zurück haben ^); aber dieses alles gehet nit so weit, dass sie sich wider dieselbe so leicht erklären, noch die französische Macht wider ihr eigenes Interesse und zwar an ihren Grenzen noch mehr bestärken helfen sollten. Man vermeint vielmehr, dass wann Holland die conditiones darnach stellen thäte und die Party also gemacht würde, dass man sich bastant erachten könnte, der Churfürst sich endlichen viel ehender für Holland erklären würde ^). Der Baron von Schwerin und andere ministri werden pro posse den Churfürsten von dergleichen impegno, so zum Krieg an- gesehen, suchen abzuhalten. I. Ch. D. nähern sich allgemach zum Alter, die Gesundheit und sonderlich die Füss werden immer schlechter, also dass ihnen das gehen und stehen schwer ankommt. Sie seind sorgfältig für ihre Succession und werden nit gern dieselbe mit einem Krieg be- laden lassen; sie gewöhnen sich alle Tag mehr zu dem Landleben und den darbei fallenden Divertissementen, mögen auch gedenken, dass sie für ihre Person genug gethan und dero churfürtlich Haus all viel acquirirt, dessen Conservation sie sich nun zuforderist angelegen sein zu lassen;

') üeber Brandenburgs Verhalten in dieser Frage Puf. 1. c. XI. '20; Droysen 1. c. III. 3 375 f.

^ Orsoy, Rees, Emmerich u. a. m.

^) üeber die Beziehungen Brandenburgs zu den Staaten in dieser Zeit ürk. u- Act. III. 191 fif.: Puf. XI. 14.

488 V. Zweite Mission des Frcihenn Jnhaiiii von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

darzu ich data occasione immeivAi remonstrire, dass nichts dienlichers sein könne, als dass der Churfürst sich mit E^ K. M. und mit dero hochlöbl. Haus arctissirae und beständigst vereinige. :j Die vorgehabte Werbung der 60(X) Mann haben sie noch nit angefangen, sehe auch noch keine Apparenz darzu, dass sie dieselbe so bald vornehmen wollen; dero auf die Bein habende Miliz besteht in 10 Regimenter zu Fuss, neben noch einige einsichtigen Compagnien und in 7 Squadronen zu Pferd und 2 Squadronen J3ragoner. Die Regimenter zu Fuss seind des Churprinzen und des Grafen Dönhoff, welche beide in Preussen liegen, Schwerin liegt zu Colberg und der Orten, Goltz in Pommern, Dohna zu Ciistrin, die Leib- guardi unter dem Generalwachtmeister Pöllnitz dahie zu Berlin, Herzog Augustus zu Holstein zu Magdeburg, Fargel zu Halberstadt und aufm Rheinstein, Kannenberg zu Minden und der Orten, Spaen im Clevischen, diese Regimenter seind wenigsten auf 1000 Mann ein's in's ander zu schätzen. Die Squadronen zu Pferd und Dragoner werden ungefähr 200 Mann stark; Prinz Friedrich zu Pferd und Görtzke Dragoner liegen in Preussen; die Leibguardi ist dahie zu Berlin; Anhalt, Pfuel zu Pferd und Derfflinger Dragoner liegen in der Mark Brandenburg, Kannenberg im Mindischen, Eller in der Grafschaft Mark und Ravensberg, Spaen im Clevischen; alle diese Völker werden von den Ländern unterhalten und bekommen das ihrige gar richtig. Wann nun ein Krieg auskommt, so machen die Lehenpferd eine considerable Anzahl an Cavallorie, massen die Mark Brandenburg allein deren auf 1500 gibt. Die Artillerie steht zu Spandau und werd alles was hierzu gehört allda in Bereitschaft ge- halten, also dass nur die Zugpferd darzu zu verschaffen'). |: Das andere foedus zwischen den also genannten Extendisten betreffend, ist dasselbe zwar, so viel ich vernimm, noch nit unterschrieben, wäre aber an dem, nach- dem der Pfalz-Neuburgische Abgesandte^) wiederum nach Regensburg an- gelaugt, dass es unterschrieben werden sollte ^). Die churbrandenburgische Gesandtschaft^) hat damalen, als die öffentliche Separation dieser Exten- disten von den übrigen Ständen vorgangen, hieher geschrieben, dass sie auf alle Weis getracht, dieses grosse scandalum zu verhüten; nun aber in ihrer jüngsten Relation bitten sie den Churfürsten gar inständig, dass er doch super hoc § „Und gleichwie" weiter keine protestationes ab-

1) Vergl. die Angaben über die Truppenzahl bei Orlich I. c. II. 403fT.

2) Johann Ferdinand Yrsch.

2) Es war bereits am 6. Juni unterschrieben worden.

*) Jena und Jlahreuhoitz.

Brandenburgs Truppen. Extendisten. Reichsaugelegenheiten. 489

legen lassen wollte, indeme es bei den andern Ständen sehr ungleiche Gedanken und viel Ts'achdenken verursache. Zu wünschen wäre, dass Büttel möchten gefunden werden dieses Schisma aufzuheben.:!

Der Abgeordnete des Herzogs Georg Wilhelm zu Celle, Hacken, sucht Goess gegenüber das Vorgehen des fürstlichen Hauses gegen die Stadt ßraunschweig zu rechtfertigen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 16. Juni 1671. (Conc.)

[Kölner Streitfrage. Reichsangelegenheiten.]

Goess wird ersucht, nochmals die Absendung der kurfürstlichen Delegirten 16. Juni, in der kölnischen Streitfrage beim Kurfürsten zu urgiren und ihn zur Unter- stützung des Kaisers in den Reichsangelegenheiten zu ermahnen.

In einem P. S. vom seihen Tage wird der Gesandte dann aufgefordert, dem Kurfürsten die Ungesetzlichkeit des Vorgehens der Extendisten vorzuhalten und um dessen Unterstützung für den Kaiser bei seinen Massregeln zu bitten.

Die nächsten Berichte des Goess sind ohne Bedeutung; er berichtet von dem Stande der Belagerung und der üebergabe Brannschweigs (22. u. 24. Juni) und seinen wenig erfolgreichen Unterredungen über die Kölner Streitfrage. Am 29. Juni berichtet er dann über ein Gespräch mit Schwerin über den § Und gleich wie. Schwerin räth dem Kaiser den Ständen hierin etwas nachzugeben; betont dann wiederum , wie nützlich es wäre, wenn der Kaiser und Branden- burg sich völlig einigen würden. Das bielefeldische Bündnis erklärt er für ein blosses Defensionswerk des Kreises, der Kaiser habe durchaus nichts von dem- selben zu fürchten. Der Prinz von Uranien ist angekommen und überaus freundlich aufgenommen worden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Juli 1671. (Or.)

[Unterredung zwischen Schwerin und Goess über die brandenburg-polnischen Be. Ziehungen und über das Bielefelder Bündnis. Canstein's Reise nach Braunschweig.]

Goess sucht dem Schwerin die ^'othwendigkeit eines guten Einverständ- 3. Juli nisses zwischen Brandenburg und Polen klar zu machen. Schwerin erklärt, der Kurfürst wolle ein solches und bedauere, dass Somnitz krank sei.

Wegen des zu Bielefeld neulich gemachten foederis, meldete er, dass soweit darvon, dass man den König in Frankreich darzu zu admittiren gedenke, dass man dasselbe vielmehr in rei veritate wider Frankreich vermeint, man hätte es aber uit so klar und deutlich melden dörfen, weilen man darfür haltet, dass Münster in einiger sonderlicher Verständnus

490 ^- Zweite 51issioii des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

mit Kraukreicli stehe. . . . Cansteiii ist gestern nach Braunschweig abgereist, dem Vorgeben nach in Privatgeschäften, wie Goess aber erfahren, um ein besseres Vertrauen und engere Freundschaft zwischen beiden Staaten herzu- stellen.

I)t;r Kaiser an Goess. Dat. Wien 9. Juli 1671. (Conc.)

[Die Beziehungen des Kaisers zu den braunschweigi.«chen Fürsten betreffend.]

9. Juli. Durch die Uebergabe der Stadt Braunschweig an den Herzog ist die dem

Goess aufgetragene Mission an den braunschweigischen ') Hof überflüssig gewor- den. Da aber der Kaiser, wenn möglich, ein Bündnis mit den braunschweigi- schen Fürsten abschliessen möchte, soll Goess dem Schütz, den der Kaiser durch "Windischgrätz für den Plan eines Bundes sondiren lässt, gleichsam wie aus eigener Initiative einen Vorschlag machen und dem Kaiser berichten . was er Goess selbst von einem solchen Bündnisse denkt. Auch soll Goess trachten, dass ein gutes Einvernehmen zwischen dem Kaiser und dem branden- burgischen Hofe hergestellt werde.

Goess an den Kaiser.' Dat. Berlin 10. Juli 1671. (Or.)

[Die Verhandlungen mit den Herzogen von Kraunschweig betreiTend. Urtheii des Goess

über den Plan einer Allianz des Kaisers mit denselben. Mittheilungeu Sriimisings

über das Verhalten des Bischofs von Münster. Unterredung des Goess mit Schwerin

über die Reichsangelegenheiten, wie über die polnische und die kölnische Frage.]

10. Juli. Des Kaisers Nebeninstruction vom 27. Juni aus der Hofkanzlei hat Goess

erhalten^); ferner das Creditiv an den Herzog von Braunschweig-Lüneburg, sowie die Abschrift dessen, was der Kaiser dem M'^ de Grana und dem Baron de Lisola wegen ihrer Verrichtung beim Bischöfe von Münster aufgetragen. Er hat aus des Kaisers Weisung entnommen, dass derselbe vermuthe, Goess werde sich unterdess schon zum Herzoge von Braunschweig begeben haben. Nun wird der Courier, der Goess diese Nachricht hätte bringen sollen und der auf die Mittheilung von der Uebergabe der Stadt Braunschweig von Dresden nach Wien zurückgekehrt ist, daselbst angelangt sein.

Was nun anbelangt das inutuum vor E. K. M. vorsehlagernle f'oodus defensivum, darüber ich hochgedachten H°. Herzogen zu sondiren, ob sie etwa darzu incliniren möchten und wanu ich was fruchtbarliches auszurichten verhoffete, auf solchem Fall das beigeschlossene Creditiv zu überliefern, erinnere ich mich wohl, dass die Herren Herzogen, insonder-

') Vergl. das folgende Stück.

-) Schütz, braunschweig-cellischer Kanzler.

^) Liegt nicht vor.

Braudeuburg u. die Biaunschweiger. Oesterreich-braunschweigische Beziehungen. 491

heit der zu Celle und Osnabrück, E^ K. M. vor diesem durch den \on Hammerstein ein foedus mit Obligation zu einem ziemlichen starken Secours offeriren lassen'); es waren aber ihre praetensiones so hoch ge- stellt, dass E. K. M. dieselbe nit annehmen können. E^ K. M. werd zweifelsohne von dero österreichischen Gesandtschaft aus Regensburg sein hinterbracht worden, dass das Haus Braunschweig zu Miteintretung in das foedus super § Und gleich wie sonderlich durch den Neuburgi- schen sollicitirt werde; ich habe den Stratraan darüber sondirt; er mel- dete, wann dem also wäre, müsste es durch ihren Abgesandten zu Regensburg'-) geschehen sein; er hätte keine Wissenschaft darvon.

Des M''* de Grana und Lisola's Verhandlungen beim Münsterer sind abzu- warten. Der Domdecbant Schmising theilt dem Goess mit, sein Herr sei auf- richtig dem Kaiser ergeben; ich besorge aber, dass die bekannte Animosi- tät, so er wider die Staaten-General hat, den Franzosen nit Gelegen- heit gebe, ihn in einigen Tractat mit ihm zu impegniren; . . . die branden- burgischen ministri halten darfür, dass er ziemlich gut französisch seie, so ich doch nit wohl glauben kann.

Mit Schwerin spricht Goess wieder über die Wege eine bessere Einigung mit dem Kaiser zu stiften, klagt, dass der Kurfürst immer seine persönlichen Interessen betone, dass anstatt bessere Vereinigung, das foedus super § Und gleich wie, ein gefährlicheres Schisma, als lang nit gewesen, im Reich gemacht, käme sofort auf die polnische Sach, da unser commune Interesse so notorium und so oft vor Augen gestellt worden wäre. . . . Super § Und gleich wie bekennete er, dass I. Ch. D. noch immer stark bestünden und ist wohl zu vermuthen, dass sie sich nit leicht von den übrigen Confoederirten separiren und dass auch dieses foedus dem- jenigen, so E. K. M. da vorschlagen, so viel diesem Churfürsten anbe- langt, im Weg stehen werde. Wegen der polnischen Dingen gäbe er mir sowohl ratiüue communis Interesse, als der von der Seiten zu besorgen stehender Gefahr, Beifall, contestirte abermalen, dass I. Ch. D. mit denen Malcontenten nit die geringste Communication noch Verständnus hätten, sie wären noch intentionirt ... einen Abgesandten nach Polen zu schicken. ... Wegen des cöUnischen Werks kommt ihm zwar bedenklich vor, dass selbiger Churfürst so stark werbe; er haltet doch noch darfür, dass der König in Frankreich sich hierin nit einmengen werde und versichert, dass I. Ch. ü. die Stadt in alle Weg in statu quo erhalten helfen werden. .. .

^) Ueber Hammerstein's JJisssion nach Wien im Herbste 1667 Köcher 1. c. I. 551 ff. ■) Yrsch.

492 V. Zweite Mission des Freihenn Johann von Goess. Oct. 1668 Sept. 1671.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Juli 1671. (Or.)

[Urtheil des Goess über die vom Kaiser im Reiche einzuschlagende Politik, sowie

über das geplante Bündnis mit Braunschweig und Brandenburg. P. S. Anerbietungen

des Neuburgers. Urtheil des Goess über dieselben.]

17. Juli. Befehl vum 9. erhalten. Wird an Schütz schreiben, aber nur allgemein,

bis er erfahren hat, was Schütz auf des Windischgrätz Vorschläge geantwortet, da er einen Uebereifer für schädlich hält.

Ich kann mir leicht die Gedankeu machen, (ias.s. wie es wühl das beste wäre, also auch E. K. M. für alles verlangen, dass man mit der so lang getractirten Reichsverfassung aufkommen und dardurch das Reich in bessere Sicherheit setzen könnte und dass weilen hierzu bishero nit zu gelangen, sondern üccasione des § Und gleich wie fast grössere Trennung eingerissen, E. K. M. bewogen werden auf ein solches Particu- larfoedus zu gedenken, damit sowohl sie, als die Stände, mit welchen man tractirt, in guugsamer Verfassung stehen, geraelte Stände von an- dern Gedankeu abgehalten, die confoederirte Exteudisten auch die Rech- nung machen mögen, dass ihnen schwer fallen wcrd, mit ihrer Intention wider das ganze römische Reich durchzudringen; also ist nicht zu zwei- feien, dass diese dero gnädigste Intention und vorgesetzter Zweck von allen Wohlintentionirten zum höchsten werd geriihmet werden; wie aber im römischen Reich nichts schädlicher, als dass darin gleichsam altare contra altare aufgericht und sub praetextu foederum, neue und gefähr- liche Trennung und Mistrauen eingeführt werden, als wäre ich der unter- thänigsten Meinung, man hätte auf alle Mittel und Wege zu gedenken, damit man das foedus super § Und gleich wie dissolvire, die darin be- griffene Stände '), welche gleichwohl von grosser Macht und Vermögen, zu besserer Einigkeit bringe und also dieses aufgehende Feuer in die Asche dämpfe. Ich verhoffe, die darbet interessirte Stände werden sich um so tractabler erzeigen, weilen sie selbst guugsam absehen können, zu was für gefährliche Extremitäten dieses Werk mit der Zeit ausschla- gen kann. . . .

Was nun diesen Churfürsten und das foedus, so E. K. M. gleichfalls mit demselben gern antreten wollen, betrifft, habe ich P. F. G. von Lob- kowitz unterm 27. Martii nächsthin ziemlich ausführlich bericht, wie ich eins und anders bei diesem Hof disponirt befunde') und was zu Befür- derung E'. K. M. gnädigster Intention dienlich sein möchte; dahin ich

') Es waren dies Köln, Baiern, Brandenburg, Neuburg, Mecklenburg-Schwerin. ^) Liegt nicht vor.

Des Kaisers Reichspolitik. Neuburg. Oesterreich-braunschweicr Beziehungen. 493

mich auch diesmalen remittire, jedoch noch dieses hinzu zu setzen habe; dass wann E. K. M. ein beständiges foedus mit Schweden eingehen sollten, dieses um so mehr diesen Churfürsten zu guten Vernehmen mit deroselben antreiben würde, weilen niemand S^ Ch. D. rathen könnte, dass sie sich in übler Verständnus zwischen E. K. M. und die Könige in Polen und Schweden finden lassen sollten.

P. S. Aut. Stratman tlieilt dem Goess mit. sein Herr sei dem Kaiser sehr günstig gesinnt und wäre bereit im Interesse des Kaisers zu wirken, ja selbst nach Wien zu reisen, wenn das secretum gewahrt bliebe. Goess glaubt die Reise des Herzogs von Neuburg nach Wien würde auffallen; doch könnte Stratman. der beim Herzog sehr viel gilt, nach Wien reisen und dort, unter dem Yorwande eine Entscheidung über des Herzogs Streit mit den Ständen abzuwarten, über die im Interesse des Kaisers zu ergreifenden Massregeln be- rathen. Goess empfiehlt dem Kaiser die Annahme dieses Anerbietens sehr, da er sich von der Mitwirkung des Herzogs von Neuburg und Stratman"s viel ver- spricht.

Die nächsten Berichte des Goess enthalten nichts wesentliches. Der Kur- fürst und Schwerin zeigen viel mehr Zuversicht als der Kaiser die Kölner Streitfrage auf gütlichem Wege beizulegen. An eine Abberufung der branden- burgischeu Gesandten aus Regensburg denkt man in Berlin nicht; ebensowenig glaubt man an einen Gewaltstreich des Kurfürsten von Köln oder Frankreichs gegen die Stadt Köln (Berichte vom 24. Juli, 3. und 7. Aug. 1671).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 2. August 1671. (Conc.)

[Particularbündnis des Kaisers mit Braunschweig. Schwedisch-österreichische Be- ziehungen. Stratman's Reise nach Wien betreffend.]

Goess soll in seinem Schreiben an Schütz des Particularbündnisses, wenn 2. Au^ auch in allgemeiner Form, Erwähnung thun. da der Kaiser sich entschlossen hat, durch ihn und nicht durch Windischgrätz die Sache in Vorschlag bringen zu lassen.

Zu einem Bündnisse mit Schweden ist der Kaiser bereit und lässt schon darüber verhandeln.

Die Art der Verhandlungen über die Herstellung eines engeren -Verhält- nisses mit Brandenburg überlässt der Kaiser vollständig dem Ermessen des Ge- sandten. Den Plan der Reise Stratman's an den Wiener Hof billigt der Kaiser und verspricht alles zur Wahrung des secreti vorkehren zu wulleu.

494 V. Zweite Mission des Freiherrn Johann von Goess. Oct. 1668^Sept. 1671.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 5. Aug-. 1671. (Conc.)

[Kölner Streitfrage.]

5. Aug. Der Kaiser theilt dem Kurfürsten mit, dass die Staaten sich entschlossen

haben, der Stadt Köln zu Hilfe zu eilen. Der Kaiser habe dieses Anerbieten mit Dank angenommen und beschlossen, dass das Commando sowohl über die staatischen als kaiserlichen Truppen, die dahin gesendet werden sollen, der vom Kaiser verordneten Commission aufgetragen werden soll. Da nun der Kur- fürst zu dieser Commission gehört, zweifelt der Kaiser niclit, dass der Kurfürst des Kaisers Entschluss gerne vernehmen und fördern wird.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. August 1671. (Or.)

[Brannschweigische Beziehungen betreiFend. ürtheil des Goess über die Stimmung

am brandenburgischen Hofe. Landgräfin von Hessen-Cassel. Jena's Bericht über die

Abmachungen zu Bielefeld. Stratman's Reise nach Wien betreffend.]

14. Aug. Befehl vom 2. Aug. erhalten; wird sobald Schütz auf sein voriges Schreiben

geantwortet, demselben wegen des Bündnisses in allgemeiner Form scbreiben. Bei diesem churfürstlichen Hof werde ich nichts an mich erwinden lassen, was zu Befürderung E"". K. M. Dienste und gnädigster Intention gereichen möge. I:I)ie Sachen bleiben noch im vorigen statu; auf einer Seiten ist man mit uns übel zufrieden, auf der andern ist die starke Reflection auf Frankreich; dann ob man zwar contestirt, welches ich auch einiger- massen glauben kann, dass man mit Frankreich kein impegno habe, so hütet man sich doch etwas zu thuen, was Disgusto oder Mistrauen ver- ursachen möchte. Der Schwerin hat noch unlängst, als Meldung ge- schehen wäre wegen besserer Vereinigung mit E^ K. M., die Difficultät darin gesetzt, dass man hierdurch, gleichwie Holland, des Königs in Frankreich Aversion und mithin viel böse Händl auf sich ziehen möchte. Ich bin noch der vorhin berichteten unterthänigisten Meinung, wann Pfalz-Neuburg auf unsere Seiten gebracht würde, dass durch ihme und durch die andere nicht wenig bei diesem Hof könnte gerichtet werden :|. Berlepsch überbringt dem Goess die Grüsse der Landgräfin von Hessen- Cassel, welche behauptet bei ihren früheren Beschlüssen zu verharren. Goess wird ihre Ansichten bezüglich der vom Kaiser gewünschten Einigung zu er- fahren suchen. Jena ist aus Bielefeld zurück; seiner Ansicht nach ist wenig auf diese Kreisverfassung zu bauen; er misbilligt sehr die grosse Nachgiebigkeit des Kurfürsten von Brandenburg gegenüber Neuburg '). Stratman wird so bald als möglich zum Herzoge von Neuburg, um mit demselben über die Sendung nach Wien zu sprechen.

') lieber JeiKi's Aufenthalt in Bielefeld vergl. Puf. 1. c. XI. '20.

Kölner Frage. Stiininung am hrandenb. Hofe. Unterredung Anhalts mit Oranien. 495

Goess UM den Kaiser. Dat. Berlin 28. Aug-ust 1671. (Gr.)

[Unterredung iles Goess mit Schwerin über die Kölner Streitfrage und über die Reichs- verfassung. Mittheilungen des Fürsten von Anhalt über seine Unterredungen mit dem Prinzen von Oranien und dem Rheingrafen, vornehmlich Brandenburgs Stellung in den grossen Fragen der europäischen Politik betreffend, ürtheil des Goess über diese

Verhandlungen.]

Goess spricht mit Schwerin bezüglich der Beilegung der zwischen dem 28. Aug. Kurfürsten von Köln und der Stadt Köln herrschenden Streitigkeiten und be- tont, dass der Kaiser eine friedliche Entscheidung will, auf die strenge Einhal- tung des Weges Rechtens aber sehen müsse. Schwerin behauptet, das sei auch die Absicht des Kurfürsten, der alles thun wolle, um die Stadt bei ihrem vorigen Stand und Wesen zu erhalten.

Goess betont auch, dass der Kaiser entschlossen sei, die Angelegenheit der Reichsverfassung in Regensburg demnächst wieder zur Sprache zu bringen ') und ersucht Schwerin dahin zu wirken, dass des Kurfürsten Vertreter die Kaiserlichen zu unterstützen Auftrag erhalten. Wie Goess vernimmt, ist Schwerin zur Wiederherstellung eines guten Einvernehmens zwischen Brandenburg und Oesterreich sehr geneigt.

Wie der Fürst von Anhalt dem Goess mittheilt, hat er mit dem Prinzen von Oranien, der sich auf der Rückreise nach Holland in Dessau aufhielt, über verschiedene Dinge gesprochen. |: Er sagt mir, dass der Prinz gar nit gut französisch seie, sondern zu E"". K. M. hochlöbl. Erzhaus Inclination und Devotion habe. Er und der junge Rheingraf"), welcher catholisch und in spanischen Dienste ist, haben dem Fürsten erstlichen diese Fragen gethan, ob Churbrandenburg mit Frankreich engagirt und dann, ob derselbe nit viel besser ihr Interesse darbei haben würde, wann er sich mit Spanien und Evangelischen wohl verstünde. Der Rheingraf hat gezeigt wohl informirt zu sein von allem dem, was vor diesem von spanischer Seiten mit Churbrandenburg getractirt, aber nit zugehalten worden. Die Sachen, wie er gemeldet, giengen nun auf eine andere Weis zu, und wäre der Conde de Monterey^) überaus punctual in Zuhaltung dessen, was getractirt und verglichen worden; thäte demnach vorschla- gen, dass man Churbrandenburg jährlich vor 150 000 Reichsthaler Bol- Salz, welches er in seinen Landen verschleissen könnte, gegen einem ge- wissen Succurs, so Churbrandenburg an Spanien zu thuen. geben würde. Der Prinz von Oranien s;chlüge auf der andern Seiten vor, wann Chur- brandenburg von den Holläiideiii 12 000 .Mann begohrn und dieselbe

^) Vergl. die Acten bei Pachner 1. c. I. 540 ff.

^) Karl, der Sohn Friedrichs.

^) Gubernator der spanischen Niederlande.

496 ^'- i^weite Slissiou des Fieiherrn Johann von Goess. Oct. ITiGS Sept. 1(571.

halb, halb aber die andern unterhalten möchten, ihme oder denen Spa- niern in Kriegszeiten assistirn, wollte er durch seine gute Freunde die Sach wohl dahin richten helfen, dass man deroselben auch tempore pacis ein Subsidium zu Haltung von 3 4000 Mann reichen solle. Der Fürst von Anhalt hielte doch darfür, wann diese Offerten von der andern Seiten zu erhalten, dass Churbrandenburg völlig auf unsere parte zu bringen sein würde, und dann, wann dieses geschehen, dass Frankreich sich nie unterstehen w'ürde einen Krieg anzufangen. Nun weiss ich nit, mit was Fundament oder Ordre diese Proposition der Rheingraf gethan ; wegen Spanien bin ich allzeit der Meinung gewesen, was man sich ge- trauet zu praestiren, dass man es thuen solle, dann der contrarius agendi modus hat allzeit mehr geschadet als genutzet. Dieses begreife ich auch wohl, wann dieser Vorschlag werkstellig gemacht und der König in Frankreich dardurch wenigstens solang, bis aber der König in Spanien zu seinen Jahren komme, vom Krieg künnte abgehalten werden, dass utrinque Geld und Salz nit allein ex ratione politica, sondern auch oeconomica sehr wohl angelegt wäre. Der Fürst von Anhalt ist mit dem Rheingrafen verblieben, dass sie das Werk den ihrigen weiter incaminiren und ihme von beiderseits Resolution Nachricht geben sollen. Ich habe insinuirt, dass mit dem Pensionario de Witt nothwendig Con- fidenz zu macheu, dann ohne ihn werden sie schwerlich fortkommen.

Goess an den Kaiser, Dat. Berlin 7. September 1671. (Or.)

[Mittheilungen des Schütz über die Stellung der Braunschweiger Fürsten. Nach- richten über Brandenburgs Stellung zur Kölner Streitfrage.]

7. Sept. Schütz hat geschrieben , der braunschweigischen Angelegenheit nur kurz

gedacht, im übrigen aber betont, dass die Herzogen von den Fremden fleissig besucht und soUicitirt werden und zwar mit vorwendender so guter Intention zu Beförderung des publici boni, dass man Mühe habe zu decliniren, worzu man sonsten nit geneigt, welches zweifelsohne auf des Verjus und des Fürst Wilhelms Negociation vermeint') Goess hat geantwortet und der Verbindung der Herzoge mit dem Kaiser im Sinne der kaiserlichen Instruction gedacht. Man theilt dem Goess mit, dass der Kurfürst von Brandenburg au den von Köln geschrieben und erklärt habe, ein gewalt- sames Vorgehen gegen die Stadt Köln nicht dulden zu können; Goess hält dafür, dass Brandenburg es in dieser Frage, schon mit Rücksicht auf das eigene Interesse, ehrlich meine.

1) Vergl. Enneu 1. c. I. 244; Miguet i.e. III. 290f.

Köln. Streitfrage. Des Kurfürsten Haltung. Brandenbg. u. d. Tripleallianz. 497

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum bericMet Goess, dass Kur- küln in die Bielefelder Union aufgenommen worden, jedoch ausdrücklich be- stimmt worden sei. dass die Streitfrage des Erzbischofes mit der Stadt mit dieser Einigung nichts zu thun habe^).

Von Berlin begab sich Goess nach Carlsbad, wo er das kaiserliche Schreiben vom 28. Sept. (Conc.) erhielt, durch das ihm mitgetheilt wurde, dass man dem spanischen Botschafter von den Vorschlägen des Prinzen von Oranien wegen des Bolsalzes keine Mittheilung gemacht habe, weil, wie Goess selbst behauptet, nichts erspriessliches zu erwarten sei. Auf diese Weisung antwortet Goess am (5. Oct.

Goess an den Kaiser. Dat. Carlsbacl 6. October 1671. (Or.)

[Mittheilungen aus Berlin über des Kurfürsten Haltung. Stellung Brandenburgs zu

der Tripleallianz.]

Von dem Priuzeu von Oranien ist meines ^Vissens wegen des vor- G. Oct. hin unterthänigst berichten Vorschlags weiter nichts einkommen. Von Berlin aus werde ich bericht, dass, als der Fürst von Anhalt P. Ch. D. die motiva und rationes vorgetragen, warum dieselbe sich sonderlich bei gegenwärtigen Coniuncturen allerdings mit E. K. M. zu vereinigen, S. Ch. D. es gern angehört und gute Disposition darzu vermerken lassen Ich habe bis dato gegen dieselbe wegen ihrer Miteintretung in das mit Chur-Mainz und andern Chur- und Fürsten geschlossenen foederis nichts gemelt^), um willen ich die Disposition nit darnach gesehen; weilen ich aber aus höchstgedachten E^ K. M. gnädigsten Schreiben an Chur-Mainz und an den Marchese de Grana so viel ersehe, dass auch Chur-Cölln, der Herzog von Neuburg und der Bischof zu Strassburg zur Miteintretung in dieses foedus sich offeriren, als stelle ich zu E^ K. M. gnädigsten Gutbefinden, ob nit rathsam , dass ich an den Baron von Schwerin destwegen ein Anwurf durch Schreiben thue, damit S. Ch. D. sich nit, wie mit der Tripleallianz geschehen, beklagen, dass man sie negligirt und nach allen anderen erst darzu invitirt ....

') Köln war am 8. Juli der Bielefelder Allianz beigetreten. Mörner 1. c. 344. -) Vergl. über dieses Bündnis und die Identität desselben mit dem Marienburger vom 10. Jan. 167-2 Guhrauer 1. c. I38f.

Mater, z. Uesch. d. G. Kurfiiisleii. XIV. 32

VI.

Goess in Berlin, Anhalt in Wien.

1672-1675.

32*

Einleitung.

Es war eine eigenthümliche Lage, in der sich Leopold gegen Schluss des Jahres 1671 befand. Aufgewachsen in einer Umgebnng, die von dem tiefsten Grolle gegen die französische Nation erfüllt war. erzogen A^on Männern, die mit leidenschaftlichem Eifer den Hass gegen das gewaltig aufstrebende Haus der Bourbonen in das empfängliche Gemüth des jungen Fürsten zu pflanzen bestrebt waren . hatte Leopold von Jugend auf in dem jungen Könige von Frankreich nicht blos seinen politischen, sondern auch seinen persönlichen Gegner gesehen und diese Antipathie war um so stärker geworden, je häufiger er als Herrscher Gelegenheit gehabt hatte, das feindliche Vorgehen Ludwig XIV. zu beobachten; zu sehen, wie der junge Fürst alle Kräfte seines weiten, mächtigen Eeiches anspannte, um ihn, seinen Nebenbuhler im Kampfe um die Suprematie in Europa, zu vernichten. Und mit diesem Manne, den er im Grunde seiner Seele hasste und gegen den er eine unüberwindliche persönliche Abneigung hegte, hatte Leopold zu Beginn des Jahres 1668 einen Vertrag geschlossen, durch welchen Ludwig XIV. kostbare Theile der spanischen Erbschaft für den Fall ihrer Er- ledigung zugewiesen wurden und diesen Vertrag am 1. November 1671 nicht nur erneuert, sondern durch diese neue Vereinbarung dem Könige von Frank- reich gegen die Holländer freie Hand gelassen. Es fällt nicht leicht, diesen Schritt Leopolds zu erklären. Denn dass derselbe von der Bedeutung dieser Verträge keine rechte Vorstellung gehabt, sich ganz auf den Fürsten von Lob- kowitz verlassen habe und dessen Rathschlägen blindlings gefolgt sei, wird man wohl nicht ernstlich behaupten wollen. Viel zu genau war. wie wir wissen, der Kaiser von dem Gange der Unterhandlungen unterrichtet und viel zu eifersüchtig auf die Wahrung seiner Autorität, als dass er blos auf den Rath seines von ihm allerdings in jenen Tagen hochgeschätzten Ministers seine Zu- stimmung zur Unterzeichnung eines Vertrages gegeben hätte, welcher ihn mit alledem, was er seit seiner Jugend als Regierungsmaxime angesehen, in Wider- spruch brachte. Aber auch die anderen zur Erklärung dieses Schrittes gel- tend gemachten Gründe erscheinen nicht ganz hinreichend. Denn mag auch die Furcht von Frankreich in dem Augenblicke angegriffen zu werden, wo die Bewegungen in Ungarn und der Kampf gegen die Türken seine Kräfte vollauf

502 VI. Goess in Jkrlin, Aiihnlt in Wien. 1672— 1675.

in Anspruch naiunen, eine sehr grosse gewesen sein, mag auch das zum Theile feindliche, zum Theile zögernde Benehmen der Reiehsfürsten und die Zurück- haltung der Staaten den Kaiser sehr verdrossen haben, mag auch der Einfluss jener Kreise ein sehr bedeutender gewesen sein, welche auf den ungeheueren Vortheil hinwiesen, der aus der Einigung der beiden bedeutendsten katholischen Mächte erwachsen würde, die Durchführung einer Vereinbarung mit Frankreich für möglich erklärten und dieses Opfer persönlicher Neigung vom Kaiser als Beweis kaiserlicher Gesinnung forderten, all dies hätte Leopold wohl schwerlich vermocht seine Zustimmung zu einer Politik zu geben, durch welche die Nieder- lande ihrem Schicksale überlassen wurden, wenn er nicht der festen Ueber- zeugung gewesen wäre, dass die protestantischen Staaten, in erster Linie der Kurfürst von Brandenburg dem Untergange Hollands nicht ruhig zusehen, viel- mehr die "Waffen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes ergreifen Avürden. War dies aber der Fall, konnte der Kaiser mit Bestimmtheit darauf rechnen, dass der Krieg des übermächtigen Königes von Frankreich gegen die Nieder- länder nicht mit der gänzlichen Vernichtung der letzteren enden werde, dann konnte ihm, im Hinblicke auf das Sonderinteresse seines Hauses, ein französisch- holländischer Conflict nicht unerwünscht erscheinen. Denn nur ein solcher liess hoffen, dass Ludwig XIV. die seit Jahren mit den Ungarn, Polen und Türken gepflogenen Unterhandlungen abbrechen, von der Unterstützung aller unzufriedenen Elemente des österreichischen Staates ablassen und dadurch dem Kaiser die Unterwerfung der widerspenstigen Unterthanen und die Besiegung der feindlichen Nachbarn erleichtern werde. Dass diese Auffassung eine irrige war, ist gewiss. Leopold bedachte eben bei all seinen Erwägungen nicht den später wirklichen eingetretenen Fall, dass es Frankreich gelingen könne, wie ihn, so auch die übrigen Fürsten Europa's zur Preisgebung der Niederlande zu vermögen, diese ungestört über den Haufen zu werfen und sich dann gegen das Reich und den Kaiser zu wenden; ein Versehen, das um so weniger zu entschuldigen ist, als es an seinem Hofe und in seiner Umgebung an Männern nicht fehlte, welche mit nicht genug zu rühmendem Freimuthe die bedenklichen Folgen dieser Frankreich freundlichen Politik betonten und mit überzeugenden Gründen die Nothwendigkeit eines energischen Vorgehens gegen Ludwig und dessen Verbündete nachwiesen. Allen anderen voran der alte, unversöhnliche Gegner Frankreichs, der geistreiche Franz von Lisola, der seit Jahren an dem Plane eines grossen Bundes gegen Ludwig arbeitend, in einem zu Beginne des Jahres 1672 verfassten, durch Klarheit, Schärfe und Praecision gleich ausge- zeichneten Memoriale alle Gründe widerlegte, welche den Kaiser zum Anschlüsse an Frankreich vermögen könnten, den Krieg Ludwig XIV. gegen Holland als ein Vorspiel des Kampfes gegen das Reich und den Kaiser bezeichnete und auf das entschiedenste für den gänzlichen Bruch mit Frankreich, für den Abschluss mit den Staaten und mit allen anderen Mächten eintrat, die an dem Kampfe gegen Frankreich theilzunehmen willens wären '). Allein weder Lisola, noch die übrigen

^) Vergl. Grossmann, Der kaiserliche Gesandte Franz von Lisola im Haag 1672 bis 1673. Arch. für Kunde öst. Gesch. LI. p. 12 ff.

Einleitung-. 503

Männer, die seiner Ansiclit beipflichteten unter ihnen Graf Montecnccoli. des Kaisers bester Feldherr vermochten gegen den übermächtigen Einfluss des Fürsten Lobkowitz, dessen Ansichten Leopold theilte. etwas auszurichten. Der Kaiser blieb dabei, dass das Interesse seines Staates die Erhaltung guter Be- ziehungen zum französischen Hofe erheische und es bedurfte erst der vielen in den näclisten Jahren eingetretenen Ereignisse, um ihn von der Irrigkeit seiner Meinung zu überzeugen.

Die in diesem Capitel mitgetheilten Schriftstücke gestatten diesen Um- schwung in der Auffassung des Kaisers zu verfolgen. Sie zeigen, wie Leopold durch den Gang der Ereignisse sich allmählig von der Schädlichkeit seiner Frankreich freundlichen Haltung überzeugt, wie er zu der von ihm ursprünglich befolgten Politik zurückkehrt und im Vereine mit dem Kurfürsten von Branden- burg und mit den übrigen von Frankreich bedrohten Fürsten den Kampf gegen den einen alle bedrohenden Gegner aufnimmt.

Die Allianz vom 23. Juni 1672 und der Vertrag von Vossem vom 6. Juni 1673 markiren scharf die Phasen dieser Wandlung. Noch ganz initer dem Eindrucke der mit Frankreich getroffenen Abmachungen, unbekannt mit der Grösse der den Niederlanden drohenden Gefahr, von der Furcht erfüllt, durch ein energisches Eingreifen in die holländischen Verhältnisse den König von Frankreich zu verletzen, bleibt der Wiener Hof dem Drängen des Kurfürsten gegenüber, der seit dem Beginne des Jahres 1672 an den bald erfolgenden Ueber- fall der Niederlande durch Frankreich nicht mehr zweifelt, ruhig, zurückhaltend. Goess, der zum dritten Male mit der Aufgabe betraut wird, am Hofe des Kur- fürsten das Interesse des Kaisers wahrzunehmen, erhält zwar Befehl, dem Be- dauern des Kaisers über Frankreichs Vorgehen Ausdruck zu geben, er wird auch ermächtigt Friedrich Wilhelm die Hilfe des Kaisers für den Fall in Aus- sicht zu stellen, dass der Brandenburger sich mit Holland einigen und als Bundesgenosse der Holländer vom Könige von Frankreich in seinem Lande an- gegriffen werden sollte, allein es wird dem kaiserlichen Gesandten zugleich auf das strengste aufgetragen, jedes bindende Versprechen in der holländischen Angelegenheit und auch sonst alles zu vermeiden, was dem Könige von Frank- reich Anlass zur Klage geben könnte. Und entgegen dem Wunsche des Kur- fürsten, der den Abschluss eines die holländischen Verhältnisse betreffenden Bündnisses wünschte, wird Goess beauftragt den Eintritt Friedrich Wilhelms in den blos zur Wahrung des Reichsfriedens mit den Fürsten von Mainz und Trier bereits geschlossenen Vertrag zu empfehlen. Kein Wunder daher, dass Goess, wie er in seinem zu Beginn des Jahres 1672 auf Befehl des Fürsten Lobkowitz abgefassten überaus vorsichtig gehaltenen Memoriale vorher gesehen hatte, in Berlin in die schwierigste Lage gerieth. Denn während er seinen Instructionen entsprechend alles aufbot, um den Kaiser in keiner Hinsicht zu binden und den Kurfürsten für den Eintritt in das Provisionalbündnis zu bewegen '). das mit

') Dieses Bündnis war am 10. Jan. I(i72 zwischen dem Kaiser, Mainz, Trier, Sachsen, Münster und Brandenburg-Culmbach geschlossen worden; Dumont C. U. VILi 210.

504 VI- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

der holländischen Angelegenheit nichts zu thiiii Iiatte. forderte der Knrfürst. ins- besondere seitdem er ungeachtet der Drohungen Frankreichs und des zögernden Benehmens der meisten deutschen Fürsten mit den Staaten sich geeinigt'), immer dringender den Eintritt des Kaisers in das brandenburg-holländische Bündnis. Allein alle diese Bemühungen des Kurfürsten und seiner Räthe, so- wie des in Berlin weilenden Vertreters der Staaten, Amerongen^), wären, ob- gleich es ihnen nicht schwer wurde, Goess von der Richtigkeit ihrer Behaup- tungen zu überzeugen, ohne Erfolg geblieben, wenn nicht das unerwartet schnelle Vordringen und die glänzenden Erfolge des Königs von Frankreich dem Wiener Hofe die Ueberzeugung aufgenöthigt hätten, dass die Rücksicht auf das eigene Interesse in ebenso hohem Grade als das Wohl des Reiches wenigstens die Er- füllung eines Theiles der kurfürstlichen Wünsche fordere. Nur dem unmittel- baren Eindrucke der aus den Niederlanden einlaufenden Nachricliten war es zuzuschreiben, dass Leopold die mit dem Schwager Friedrich Wilhelms, mit dem Fürsten Johann Georg von Anhalt seit dem Ende des Monates Juni nur lässig geführten Verhandlungen rasch zum Abschlüsse brachte und eine Allianz unterzeichnete, welche, obgleich sie in die Form einer blossen Erneuerung der alten Verträge von 1658 und 1666 gekleidet war und obgleich in derselben Hollands nicht Erwähnung geschah, für die weitere Entwickelung des holländisch- französischen Krieges von ausschlaggebender Bedeutung werden musste. Denn Avenn auch in dem Vertrage vom 13. /23. Juni 1672 ") nicht direct von einer Diversion zu Gunsten Hollands die Rede war, wenn derselbe sich auch lediglich auf das Reich bezog und in demselben alles vermieden war. was dem Könige von Frankreich Anlass zum Bruche hätte geben können, so war doch durch die Hervorhebung der Unerlässlichkeit die Integrität des Reiches zu behaupten, die von dem Kölner Kurfürsten Maximilian Heinrich, Frankreichs Verbündeten, be- drohte Stadt Köln zu schützen ^), wie durch das Verbot von Werbungen, Durch- zügen und Einquartierung fremder Truppen zum Nachtheile des Reiches und des öffentlichen Friedens, insbesondere aber durch die Verpflichtung auf die Wahrung der Friedensschlüsse von 1659 1668 zu achten und zu diesem Behufe ein Heer von 24 000 Mann bereit zu halten, der Keim zu Differenzen mit Frankreich gegeben, die im Verlaufe der Zeit zum gänzlichen Bruche führen mussten.

Dass Friedrich Wilhelm dies bezweckte, ist gewiss. Er sah in dem Ab- schlüsse der Allianz vom Juni 1672 nur den Beginn einer Reihe von Abmachungen, durch die der Kaiser von dessen Mitwirkung ihm der Erfolg abzuhängen schien zur energischen Antheilnahme am Kampfe gegen Ludwig XIV. be- wogen werden sollte, und glaubte um so eher an einen glücklichen Ausfall seiner Bemühungen, als der Fürst von Anhalt nicht müde wurde, von der

') Bündnis vom 26. April /6. Mai 1672; vergl. Mörner 1. c. 359ff. ^) Ueber seine Thätigkeit in dieser Zeit Urk. u. Act. IIL 195 ff. ^) Vergl. Mörner 1. c. 364 ff.

*) Für diese Fraeeu verg-1. Ennen, Gesch. von Stadt und Kurstaat Köln seit dem 30jährigen Kriege I. 197 ff.

Einleitung. 505

Freude zu erzähleu. mit welcher der Wieuer Hof auf des Kurfürsten An- erbietungen eingegangen sei, während zugleich die nächsten Schritte der Fran- zosen, der Abzug Turenne's aus den Niederlanden und der Marsch desselben gegen die Reichsgrenzen hin, den Beweis lieferten, dass Friedrich Wilhelm sich in seiner Voraussetzung über die Wirkung des Österreich-brandenburgischen Bündnisses nicht getäuscht hatte.

Am Wiener Hofe gab es wirklich in jenen Tagen eine grosse Partei, welche dafür eintrat, der Kaiser möge die Sache des Krieges gegen Frankreich zu seiner eigenen machen, sich au die Spitze der Bewegung stellen und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Truppen den Marsch gegen den Feind antreten. Ueberaus characteristisch ist in dieser Hinsicht das weiter unten veröffentlichte Gutachten des kaiserlichen Feldherrn Montecuccoli, in welchem auf das ent- schiedenste die Theilnahme am Kriege empfohlen, zugleich aber die Schwäche des kaiserlichen Heeres auf das schonungsloseste anfgedeckt und Abhilfe ge- fordert wird. Und wie Montecuccoli sprachen andere Räthe, äusserte sich auch Goess. der immer wieder Gelegenheit hatte sich von der rastlosen Thätigkeit des Kurfürsten im Dienste der allgemeinen Sache zu überzeugen. In der That schien es einen Augenblick, als werde die Kriegspartei am Wiener Hofe das Uebergewicht behaupten. Die Versprechungen, die man dem Fürsten von An- halt gelegentlich seines zweiten Besuches in Wien zu Beginn des Monates Juli 1672 gab, Hessen das beste erwarten. Man willigte in eine Erhöhung der zum Kriege vertragsmässig versprochenen Truppenzahl von 12000 auf 16000 Mann und versprach, sobald die Furcht vor neuen Einfällen der Türken beseitigt und die Unruhen in Polen beigelegt sein würden, weitere 4000 Mann abzusenden; man erfüllte das Begehren des Kurfürsten, der den zu raschem Vorgehen ent- schlossenen Montecuccoli zum Comraandanten der kaiserlichen Armee ernannt zu sehen wünschte; man traf alle Vorbereitungen, um Dänemark, Braunschweig, Sachsen und Hessen zum Eintritt in den Bund zu vermögen und forderte aus- drücklich vom Brandenburger Unterstützung für den Fall, dass Frankreich den Kaiser in seinen vorder- oder oberösterreichischen Besitzungen angreifen sollte. Friedrich Wilhelm war mit Anhalt's zweiter Mission noch zufriedener als mit der ersten: er und seine Räthe hofften auf eine gänzliche Umkehr der Wiener Regierung. Keinen besseren Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung könnte es geben, als die im Folgenden mitgetheilten Gespräche des kaiserlichen Gesandten mit Schwerin, welche die Heirath des Kurprinzen mit einer Erz- herzogin zum Gegenstand hatten. Aber nur zu bald sollte der Kurfürst sich davon überzeugen, wie sehr er sich getäuscht, wenn er die Hoffnung gehegt hatte, der Wiener Hof werde sich mit dem ganzen Aufgebote seiner Kräfte dem Kampfe gegen Frankreich zuwenden. Nur allzubald gewann die dem Kriege abholde Partei das Uebergewicht am Hofe Leopolds. Bereits in der (Konferenz vom 11. August 1672 wurden Bedenken gegen die mit Brandenburg getroffenen Verabredungen laut. Man betonte die Gefahr, welcher sich der Kaiser aus- setzen würde, falls er, ohne die übrigen Fürsten für den Kampf gegen Frank- reich gewonnen zu haben. losbrechen wollte. Man sprach sich entschieden gegen de'n von Brandenburg gewünschten schleunigen Abmarsch der kaiserlichen

50ß VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1R7.3.

Truppen ans und forderte dringend, dass Goess beanftraL't werde, die Diffe- renzen, welche zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten seit langem bestan- den, vorzubringen und den Kurfürsten von Jedem energischen Vorgehen gegen den Biscliof von Münster. Frankreichs Verbündeten, abzuhalten. Und diese dem gänzlichen Bruche mit Frankreich al)geneigte Stimmung des Wiener Hofes zeigte sich immer deutlicher, je mehr der Kurfürst darauf ausgieng den Kaiser zur directen Unterstützung der Holländer zu vermögen. Auf alle Schilderungen des Goess von den grossen Anerbietungen des französischen Gesandten Vau- guyon und der ]S\)thwendigkeit sich des Kurfürsten anzunehmen, erfolgte stets die Weisung, Friedrich Wilhelm von jedem entschiedenen Schritte gegen Frank- reich und dessen Verbündete abzuhalten. Auch des Kurfürsten eigenhändige Schreiben vermochten den Kaiser nicht umzustimmen. Aus der Haltung Monte- cuccoli^s, an dessen persönlicher Bereitwilligkeit den Kampf mit Eifer zu führen Friedrich Wilhelm nicht zweifeln konnte, musste man ersehen, wie entschieden die Wiener Eegierung auf dem Standpunkte verharrte, alles zu vermeiden, was Frank- reich Anlass zum offenen Kampfe hätte geben können. Denn Montecuccoli blieb, obgleich er von verschiedenen Seiten zu entscheidenden Operationen gedrängt wurde, dabei, solche nicht wagen zu dürfen und nöthigte durch dieses Vorgehen den Kurfürsten zu einer Zeit ruhig sitzen zu bleiben, wo ein rascher Vormarsch der vereinigten Armeen seiner Ansicht nach zum Siege hätte führen müssen. Begreiflich, dass der Kurfürst es unter solchen Umständen an Klagen nicht fehlen Hess, die um so lauter wurden, je empfindlicher die Verluste waren, die der Kurfürst erlitt, je schwieriger sich seine Lage gestaltete, je weniger Leopold des Kurfürsten W'ünsche bezüglich der Winterquartiere zu erfüllen sich bereit fand und dass schliesslich der Gedanke sich der leidigen Bundesgenossen- schaft durch ein Abkommen mit dem überlegenen Gegner zu entziehen, bei Friedrich Wilhelm zur Reife gelangte. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Actenstücke zeigen, wie genau Goess von der durch den Abfall Brandenburgs dem Kaiser drohenden Gefahr unterrichtet war, wie eifrig er dem Gange der in diesem Sinne zwischen Brandenburg und Frankreich gepflogenen Berathungen folgte und wie unablässig er darauf bedacht war, den Kurfürsten vom Abschlüsse mit Ludwig XIV. Vertretern abzuhalten. Sie zeigen aber auch wie in dem Maasse. als Friedrich Wilhelm sich vom Kriegsschauplatze zurück zu ziehen suchte, das Bestreben des Wiener Hofes wuchs, ihm zur Fortsetzung des Kampfes zu bewegen. Denn ebensowenig als eine directe energische Intervention zu Gunsten Hollands wünschte der Kaiser die gänzliche Einstellung der Opera- tionen gegen Ludwig XIV. Aber weder die Bemühungen des kaiserlichen Ge- sandten, der unablässig an dem Ausbaue der gegen Frankreich geplanten Coa- lition arbeitete, dem Kurfürsten die Grösse der aus der Trennung der öster- reichischen und brandenburgischen Truppen erwachsenden Gefahr vorhielt, mit dem Prinzen von Oranien und dem spanischen Gouverneur in Brüssel über die Mittel berieth den Kurfürsten vom Abschlüsse des Vertrages mit Ludwig XIV. abzuhalten und nach seiner Rückkehr an den Hof Friedrich Wilhelms unaus- gesetzt in diesem Sinne thätig war, noch auch jene des Wiener Hofes, welcher dem in Wien weilenden Vertreter des Kurfürsten, Krockow, die Nachtheile

Eiuleituug. 507

eines "Waffenstillstandes klar zu machen und ihn von der Xothwendigkeit and Zweckmässigkeit der Fortsetzung des Krieges zu überzeugen suchte, waren von Erfolg begleitet. Denn wenn der Kaiser seine Geneigtheit aussprach, 30000 Mann ins Feld zu stellen, so bald er versichert sei, dass Brandenburg ein gleiches thun wolle ; wenn er den Eintritt S})aniens in das Österreich-branden- burgische Bündnis und die Berathung über die Art der Kriegsführung im Haag empfahl, so antwortete der Vertreter Friedricli Wilhelms es gebe kein anderes Mittel den Kurfürsten zur Fortsetzung des Kampfes zu vermögen, als die offene Kriegserklärung des Kaisers und Spaniens an Frankreich. Und wenn die Wiener Regierung, als jede Aussicht anf Fortführung des Kampfes seitens des Kur- fürsten geschwunden war, an denselben mit der Forderung herantrat, keinen einseitigen Waffenstillstand mit Frankreich zu schliessen, dasselbe vielmehr zur Annahme eines allgemeinen Waffenstillstandes zu nöthigen, so erwiderte der Kurfürst zwar, er werde einen einseitigen W^affenstillstand mit Frankreich nur dann schliessen, wenn alle seine Bemühungen, einen allgemeinen zu Stande zu bringen, sich als nndurchführbar erweisen Avürden, fuhr aber dem ungeachtet in seinen Unterhandlungen mit dem Könige von Frankreich fort, die nicht nur zum Waffenstillstände, sondern zu einem Friedensschlüsse führten, durch den Friedrich Wilhelm gänzlich aus der Reihe der kriegführenden Mächte trat, auf die Unterstützung der Holländer in ihrem Kampfe gegen Ludwig XIV. Verzicht leistete und die gnten Beziehungen zum Könige von Frankreich wieder auf- nahm, der ihm seinerseits neben bedeutenden Subsidien die in seinem Besitze befindlichen clevischen Festungen theils gleich, theils nach erfolgtem Friedens- schlüsse mit den Staaten zu überlassen versprach ^).

Der Eindruck, den die Xachricht von dem Abschlüsse des Friedens von Vossem in Wien hervorrief, war ein überaus nachhaltiger. Man hatte bis zum letzten Augenblicke gehofft, dass es der Vermittelung der kaiserlichen und staatischen Vertreter am Berliner Hofe gelingen werde, Friedrich Wilhelm zu bewegen, sich mit einem Waffenstillstände zufrieden zu geben, in welchem auch dem Kaiser ein Platz gesichert sein sollte. Man hatte auf diese Weise wenig- stens für's erste die dem Kaiser von Frankreich drohende Gefahr abzuwenden gehofft. Nun aber, wo dies nicht geschehen war, wo der Kurfürst von Bran- denburg sich vom Kriegsschauplatze zurückgezogen hatte, Avährend Turenne gegen den Rhein marschirte und die kaiserlichen Erblande bedrohte, musste man inne werden, welche Gefahr dem Kaiser und dem Reiche von dem übermäch- tigen Gegner drohte. Jetzt begann Leopold einzusehen, dass seine Hoffnung durch ein vorsichtiges, jeden Couflict vermeidendes Vorgehen dem Kriege mit Frankreich zu entgehen, eine irrige gewesen, dass Lobkowitz ihn Wege geführt, die nicht zur Vermehrung, sondern lediglich zur Verringerung seiner Macht und seines Ansehens im Reiche führen konnten. Der Sturm gegen den allmäch- tigen Minister wurde immer heftiger. Von allen Seiten wurde dem Kaiser der Verrath des Fürsten Lobkowitz vor Augen gestellt, wurde die Xothwendigkeit betont, sich dieses Rathgebers zu entledigen und zu der lange Zeit hindurch

') Vertrag von Vossem vom (?. Juoi 1673; Mörner i.e. 373.

508 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72-1675.

befoJLitoii franzoscnfeindiichen Politik ziii-iickzukelircn. Leopold konnte die Be- rechtigung dieser Behauptungen nicht leugnen. Er entzog Lobkowitz sein Ver- trauen und mit dem Sinken der Macht dieses Mannes stieg der Einfluss der Kriogspartei. Montecuccoli forderte schleunigen Aufbruch der Armee, Lisola Unterstützung der Holländer, Spaniens Vertreter den Abschluss mit ihrem Könige und die Kriegserklärung an Frankreich. Allgemein brach sich die Er- kenntnis Bahn, dass man den Uebermuth der Franzosen nicht dulden dürfe, dass man die Reichsfürsten, die allen anderen voran der Kurfürst von Trier, dessen Länder von dem Könige von Frankreich in rücksichtslosester Weise ver- heert wurden den Kaiser um Hilfe angegangen, nicht im Stiche lassen könne, vielmehr die Gelegenheit ergreifen müsse, die im Verlaufe der letzten Jahre tief gesunkene Autorität des Kaisers im Reiche und in Europa wieder zu heben. Und es gelang jenen, w^elche diese Ansicht vertraten, um so leichter die Zustimmung des Kaisers zu erlangen, als derselbe persönlich den tiefsten Groll gegen Ludwig XIV. hegte und bei genauer Erwägung der Umstände an- erkennen musste, dass der gegenwärtige Augenblick ein fiberaas geeigneter sei, den Kampf mit dem alten Gegner zum Austrage zu bringen. In Ungarn waren die Empörer gezüchtigt, die kaiserliche Autorität begründet, die Türkengefahr war durch die Beziehungen des Sultans zu Polen abgewendet. Holland und Spanien boten dem Kaiser für den Anschluss die denkbar günstigsten Bedin- gungen: auf die Unterstützung von Dänemark und Sachsen durfte man mit Bestimmtheit rechnen ; der Kurfürst von Mainz und viele andere Reichsfürsten erklärten sich bereit bis aufs äusserste mit dem Kaiser für die Aufrecliterhal- tung der Reichsintegrität zu kämpfen. In der That erfolgte im Verlaufe des Sommers 1673 der lang ersehnte Umschwung am Wiener Hofe. Bereits Ende August rückte Montecuccoli mit ausgiebigen Vollmachten versehen an der Spitze eines Heeres von 30 000 Mann über die Grenzen Oesterrcichs nach Franken und trug im Herbste und Winter 1673 entschiedene Vortheile über die Fran- zosen davon. Das Vertrauen zum Kaiser wuchs. Spanien erklärte am 1. Oct. an Frankreich den Krieg und begann in Gemeinschaft mit den Holländern den Kampf, während die Engländer sich vom Kriegsschauplatze zurückzogen. Und obgleich in Folge der unzähligen Differenzen zwischen den ein?elnen Reichs- ständen der Krieg an Frankreich erst im Frühjahre 1674 erklärt wurde, konnte doch im Herbste 1673 kein Zweifel darüber bestehen, wie endlich die Ent- schliessung der Majorität der Reichsfürsten ausfallen werde. Denn wenn auch einzelne unter ihnen mit Erfolg der mächtigen Bewegung trotzten, die sich in allen Theilen des Reiches gegen die unerhörten Uebergriffe des westlichen Nachbarn geltend machte, die Mehrzahl derselben, unter ihnen die treuesten Parteigänger Ludwig XIV., der Kurfürst von Köln und der Bischof von Münster trat unter dem Drucke der Stimmung des Volkes in das Lager des Kaisers und seiner Verbündeten über.

Auch an den Brandenburger trat mit der Zeit die Noth wendigkeit heran, sich zu entscheiden, welcher der Parteien, in die sich die damalige politische "Welt spaltete, er sich anschliessen wolle. Denn je schärfer sich der Conflict zwischen den Verbündeten und dem Könige von Frankreich zuspitzte, je klarer

Eiuleitung. 509

es für joden richtig Denkenden wurde, dass in kürzester Zeit der Kampf auf allen Linien werde aufgenommen werden müssen, desto unerlässlicher wurde es für den Kurfürsten schon im Hinblicke auf die Lage seiner Länder und auf die zur Krhaltung seiner Truppenzahl nothwendigen Gelder, diese Frage zu er- wägen. \Vie die Dinge beim Abschlüsse des Vertrages von Vossem lagen, stand ihm jeder Weg offen; er konnte die mit Frankreich wiederhergestellten freundschaftlichen Beziehungen benützend ganz auf die Seite Ludwig XIV. treten und durfte mit Bestimmtheit darauf rechnen, dass der Franzosenkönig alles aufbieten werde, sich seiner Mitwirkung in dem Kampfe gegen die Ver- bündeten zu versichern; es war ihm aber auch die Möglichkeit geboten, die in dem Vertrage von Vossem ausbedungene Reservation dem Reiche gegenüber zur Annäherung an die Alliirten zu benützen, auf deren freundliches Entgegen- kommen er hoffen konnte, und es stand ihm schliesslich auch frei die ihm von Schweden und anderen Mächten zur Gründung einer „dritten Partei" gereichte Hand zu ergreifen, als deren Zweck die Herstellung des Friedens bezeichnet wurde. Es scheint nicht, dass Friedrich Wilhelm jemals ernstlich daran gedacht hat, den ersteren Weg zu betreten, sich ganz auf die Seite der Franzosen zu schlagen. Er brach zwar die Verhandlungen mit denselben nicht ab, aber er hielt den Abgesandten Ludwig XIV., Verjus, lange Zeit hin ; er erklärte, sich in ein engeres Bündnis mit Frankreich nicht einlassen zu können und wurde um so kühler, je deutlicher die verheerenden Züge Ludwig XIV. in das Gebiet der Kurfürsten von Trier und von der Pfalz, die wahren Absichten desselben ent- hüllten'). Goess, der in dieser Zeit ununterbrochen in der Umgebung des Kurfürsten weilte und in seinen im Folgenden mitgetheilteu Schreiben sehr eingehend über die Haltung desselben berichtete, empfing von allem An- fange an den Eindruck, als ob die Einigung Brandenburgs und Frankreichs keine aufrichtige sei. Unmittelbar nach, dem Abschlüsse des Vertrages von Vossem meldete er seinem Hofe, dass der Kurfürst, der sonst die Sache der ergriffenen Partei mit Feuer zu vertreten gewohnt sei, nicht aufhöre, seine Treue gegen- über Kaiser und Reich zu betonen. Viel bedenklicher als die Einigung mit Frankreich schienen Goess, wie wir glauben mit Recht, die Verhandlungen Friedrich Wilhelms mit den Schweden-). Es lag etwas bestechendes in den Plänen dieser Macht, es lag etwas verführerisches in dem Gedanken die Rolle des Vermittlers des europäischen Friedens zu spielen, die ihm nach den Mit- theilungen des schwedischen Gesandten zufallen sollte. Die im Folgenden mit- getheilteu Documente zeigen, wie lebhaft Goess und auf seine Aufmunterung hin auch die Vertreter der übrigen alliirten Mächte •'-) die Bemühungen der „dritten Partei"' zu durchkreuzen, den Kurfürsten von der Unaufrichtigkeit der schwedischen Erklärungen zu überzeugen bestrebt waren, ein Bemühen, das um so eher von Erfolg gekrönt wurde, als Friedrich Wilhehu selbst durchaus keine

') Für die brandenburg-franzüsischen Beziehungen dieser Zeit Dioysen 1. c. III.3 461 f.

-') Vergl. Droysen 1. c. III. r, 464f.

^) Für die Verhandlungen der Niedoilando vergl. ürk. u. Act. III. 4"20ff.

510 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1G75.

Neigung fühlte, sich ganz an eine Macht zu halten, vor der auf der Hut zu sein er alle Ursache hatte und deren Interes.se dem seinen in vielen Stücken entgegenlief. Unter solchen Verhältnissen waren für die Aufgabe, der sich im Namen des Kaisers Goess unterzog, die besten Vorbedingungen gegeben. Denn je schwieriger nach dem Verlaufe des Winterfeldzuges von 1673 auf 1674 die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zu Frankreich wurde, je deutlicher die Neigung der Mehrzahl der schwedischen Staatsmänner zu Tage trat, von Frankreich Subsidien zu nehmen und dessen Sache zu vertreten, desto klarer stellte sich für Friedrich Wilhelm als einziger Ausweg aus diesem Labyrinthe der innige Anschluss an die Gegner Ludwig XIV. heraus. Dass trotz dieser Erkenntnis der Abschluss der Verhandlungen, die den Eintritt Brandenburgs in das österreichisch-holländisch-spanische Bündnis bezweckten, sich so lange ver- zögerte, wird nicht einem Verschulden des kaiserlichen Gesandten, sondern lediglich den Schwierigkeiten zuzuschreiben sein, welche der Lösung der Sub- sidienfrage im Wege standen. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Actenstücke zeigen vielmehr, wie unablässig Goess für die Ordnung der Subsidienfrage im Sinne des Kurfürsten wirkte, wie eifrig er diesmal, unterstützt von den kaiser- lichen Ministern, bemüht war, die Staaten und Spanien zur Uebernahme der von Brandenburg geforderten Geldsummen zu vermögen. Trotzdem bedurfte es vielfacher Verhandlungen in Berlin und in Wien, woselbst seit dem Frühjahre 1674 der bereits wiederholt zu Sendungen an den AViener Hof verwendete Krockow weilte, bis unter dem Eindrucke der iSachricht von der Niederlage der kaiserlichen Annee bei Sinzheim der Vertrag zum Abschlüsse kam, durch welchen Friedrich Wilhelm sich zur Stellung von 16 000 Mann gegen die Gewäh- rung einer entsprechenden Unterstützung 200 000 Gulden AVerbegeld und die Erhaltung von 8000 Mann für die Dauer des Krieges verpflichtete '). Von der Mittheilnng der eigentlichen Kriegsacten für die Feldzüge von 1672 auf 1673 und von 1674 auf 1675 musste aus principiellen Gründen abgesehen werden. Für den ersteren Feldzug ist die Schrift Grossmann's, Avelche nach den Acten des Kriegsarchives gearbeitet ist'''); für den Letzteren das Buch von Peter ■■*) heranzuziehen. Die im Nachfolgenden mitgetheilten Berichte des kai- serlichen Gesandten, der im Lager weilte und die wenigen Schreiben Friedrich Wilhelms an Leopold, welche seine Haltung rechtfertigen sollten, dürften immer- hin erwünscht sein und das über diese Feldzüge bereits Bekannte nach mancher Richtung hin ergänzen.

') Vertrag vom 21. Jimi/1. Juli 1674; Mörner 1. c. 383 ff.

-) J. Grossmann, R. Montecuccoli ; Archiv für Kunde österreichischer Geschichte

LVn. p. 401ff. : daselbst auch einige Schreiben imd Metnoriale Montecuccoli's p. 446 ff.

") Peter, H., Der Krieg des Grossen Kurfürsten gegen Frankreich, Halle 1870.

VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 16T2— 1675.

Memorial des Goess an den Kaiser. Dat. Wien 9. Jan. 1672.

(Ol-.')

[Differenzen zwischen Oesterreich und Brandenburg. Urtheil des Goess über des Kurfürsten und der brandeaburgischen Minister Politik. Aenderung in der Auf- fassung der franzüsisch-hoUiindiscben Bezieliungen. Urtheil des Goess über Branden- burgs voraussichtliche Haltung bei einem französisch-holländischen Kriege. Ame- rongens, Schmisings und St. Geraas Wirken in Berlin. Des Goess Reise nach Berlin betreffend. Sein Rath bezüglich der Stellung des Kaisers zu dem holländisch- franzüsischen Conflicte und zum Kurfürsten von Brandenburg. Mittel den Kurfürsten

zu gewinnen.]

Auf Befehl des Fürsten Lobkowitz ,verfasst Goess dieses Memorial. Die 9. Jan. Competenzstreitigkeiten beim polnischen Wahlwerke, die Conflicte zu Regensburg in comitialibus und zu Wien in judicialibus et cameralibus haben Anlass zu Klagen seitens des Kurfürsten und seiner Räthe gegeben. Goess sucht diese Klagen zu widerlegen, hält aber für sehr nützlich, wenn man kaiserlicher Seits, insbesondere in cameralibus, wobei vornehmlich die Jägerndorfer Angelegenheit in Betracht komme, dem Kurfürsten entgegen kommen würde.

Die coQsilia bey dem Cliurbrandeuburgischen Hoff anbelangent, .seiiidt dieselbe nun eine geraume zeit dabin gangen, dass man sich nit gern unndt ohne grosse noth oder grossem vortel in einiger weitleuftigkeit oder krieg iraplicireu wollen: I. Ch. D. Jahren, welche nun allgemach zum alter declinireu, dero Indisposition am Podagra, so immerforth mehr zu- nimbt, der zustandt ihrer Lander, die gefahr von ausswerts unndt das misstrauen gegen die benachbarte unndt etwa auch die convenienz der vornembsten Ministrorum, mögen sothane consilia suppeditirt oder fovirt haben.

') Bei der Widergabe dieses Memoriales wurde die Orthographie des vorliegenden Actenstückes beibehalten.

512 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Man hat stets sustiniien wollen, dass unangesehen der dispositionen, so man gleichwohl auf französischer seithen gesehen, selbiger künig keinen krieg wieder Spanien noch auch wieder Hollandt vornehmen unndt dan, wan auch der König die Holländer angreiffe, Spanien dannoch nit würde mit in dem krieg implicirt werden , worauf man vielleicht diese maxime fundirt, dass umb so weniger bedeucklich were, einige beyhiilff oder subsidia zur subsistenz unndt Unterhaltung der Churfürstlichen völckher anzunehmen; iedoch haben I. Ch. D., wie auch die Ministri immerforth asseverirt, dass sie liberas manus unndt ganz kein impegno mit franckreich haben. Ja sie haben grosse empfindtlichkeit gezeigt, wan man ein anders von deroselben glauben oder divulgiren wollen. Zwar haben sie wegen ihrer Länder Situation, die mit vielen Potentaten an- gräntzen, underschiedtliche foedera defensiva aufgericht. Ich habe aber alzeit wahr genohmen, dass man sich auf dergleichen Bündtnus nit gar viel verlasse, wie dan die tägliche experienz gibt, dass sich wenig dar- auf zu verlassen, w^o nit viel mehr das commune Interesse et propria utilitas die union im hertzen unndt gemiith als die tractaten aufm Pa- pier veranlassen unndt stifften.

Nun vermerckhe Ich aus des Baron von Schwerin schreiben, dass mau diese biss dato gehabte meinung fallen last unndt nunmehr nit allein den krieg zwischen Franckreich unndt Hollandt gleiclisamb für in- dubitabl, sondern auch darfür halte, dass Franckreich Engllandt auf seine seithen gebracht unndt diesen krieg wieder Hollandt mit gesambter macht vornehmen wollen, woran, das lezte anbelangent. Ich doch vermeine, dass bis noch all sehr zu zweiffeien; meines ermessen w^erdt der König in Engllandt all gross bedenckhen tragen, sich in solchen krieg, den aufgerichten tractaten zuwieder, unndt zwar iuvito aut non consentiente Parlamento einzulassen; wans weit kombt, möchten die gedanckhen allein auf eine neutralitet, welche den franzosen thewr ankomme unndt dan- noch nit gehalten werde, auch etwa mehr Franckreich in diesem krieg zu impegniren unndt ihr vortel ex hac collisione vicinorura statuum zu nehmen, als auf diese presumirende partialitet oder foedus offensivuni gericht sein ').

Wie man nun in hoc primo presupposito bey dem Churfürstlichen Hoff scheint geirret zu haben, also möchte auch in dem secundo, dass

') Bekanntlich hatte Ludwig XTV. Karl II. schon ganz für seine Pläne gewonnen; vergl. Klopp 1. c. I. 262if.; Mignet 1. c. III. Iff.; Ranke, Eogl. Gesch. V. 98ir.; Fran- zös. Gesch. III. 289 tf.

Memorial des Goess. 513

nemblich Spanien in diesem krieg nit solle mit implicirt werden, weniger nit geirret werden. Ich wolte nit gern, dass E. K. M. sich hierauf ver- lassen, oder ihre consilia darnach richten solten.

Ob nun die ruptur zwischen Franckreich unndt Hollandt, wie man zu Berlin unndt fast überall glaubt, erfolgen werde, oder nit, werdt die zeit unndt der eventus baldt geben.

Was nun die Haltung Brandenburgs bei einem solchen Conflicte zwischen Holland und Frankreich betrifft, werdt es fast durchgehent glaubt unndt ist es auss underschiedtlichen schreiben, so Ich von den Churbranden- burgischen Ministris habe, allzimblich abzunehmen, dass S. Ch. D. zu Brandenburg zu der Holländer Party sehr incliniren. Unterm 24. ^o- vembris st. v. schreibt mir der Baron von Schwerin, dass der krieg zwischen Franckreich unndt Hollandt g§wiss vor seye; diese weren nit so gut Catholisch, als die Statt Colin, es würden sich dannoch andere gute rationes finden, warumb man sie nit im stich noch verlohren gehen zu lassen; sie wüsten bey dem Churbrandenburg. Hoff noch nit, was E. K. M. bey diesem werckh für consilia führen, sie erwartteten meiner, damit sie's von mir vernehmen möchten. Aehnlicb schreibten auch der Fürst von Anhalt und Somnitz. Amerongen^), Schmising und St. Geran-) sollen in Berlin operiren. Des Amerongen Bemühungen gehen zweifelsohne dahin, den Kurfürsten ganz für die Holländer zu gewinnen. St. Geran dürfte verrauthlich blos Neutralität fordern und dafür hohe Subsidien antragen, Schmising hat wohl nur die Erforschung der kurfürstlichen Stimmung zur Aufgabe.

Die Reise des Goess nach Berlin dürfte nun gewünscht werden, weil der Kurfürst über die Pläne des Kaisers klar sehen will. Wan S. Ch. ]). zu Brandenburg allein auf des Reichs unndt ihre eigene Securitet undt consequenter das absehen dahin ge rieht, dass sie sich mit E"". K. M. unndt andern Chur- unndt fürsten zu dem ende vereinigen undt eine starckhe Party formiren wollen, damit das Reich unndt dessen Stände von dem in der nachbarschaflft erweckten krieg nit betroffen, weder in- commodirt werden, were freylich gut, dass Ich gegenwertig were unndt diese consilia, welche Ich supponire, dass sie E"". K. M. gnedigster In- tention gemess, befürderen hülffe; dan zu geschweigen, dass diese union

') Godert Adriaan Baron van Reede, Heer tot Amerongen: \ergl. über seine Person ürk. n. Act. HI. 192ff. Für seine Thätig^keit in Berlin in dieser Zeit Urk. u. Act. ni. 209ff.: Puf. 1. c. XI. 47 ff.; Droysen 1. c. UL^ 382ff.

-) üeber Bernhard's de la Guiche, Comte de St. Geran, Aufenthalt in Berlin in dieser Zeit Mignet 1. c. HI.. (591 ff.: Puf. 1. c. XI. 28f.; Droysen 1. c. III.; 382 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Knrfiii-sten, XIV. 33

514 VI. Goess in Berlin, Aiiijalt in Wien. 1672—1675.

der zweckli ist, wohin E. K. M. iederzeit coUimirt, darauss .so innerhalb de.s Reichs iinndt sonderlich heym Reichstag 7-u Regenspurg, als ausser- halb, grosse beneficia unndt avantagen resultiren würden, so würde sie auch eine treffliche disposition unndt preparation zu allem dem Jenigen sein, was die zeit unndt die coniuncturen kiinnfftig ferner erforderen möchten.

Wan aber S. Ch. I). gemeint weiter zu gehen unndt die Party der Staaten General anzunehmen, wie es auss obgedachten schreiben unndt anderen indiciis fast abzunehmen, herentgegen E"". K. M. convenienz unndt Status rerum nit zuliesse, dass sie dergleichen resolution für diessmahlen fassen unndt sich ad hunc finem mit P. Ch. D. vereinigen könten, darüber Ich mich doch, wan Ich zu Berlin were, zu erklären hette, möchten diese inconvenienzien darauss entstehen: Es würden dadurch die Verhand- hingen Amerongens gehmdert, die St. Geran's um Neutralität gefördert werden, was widerum zur Folge haben könnte, dass die Holländer sich von allen Seiten verlassen, den Franzosen in die Arme werfen und unter welchen Bedingungen auch immer Frieden schliessen Avürden. Ferner aber müsse man von kaiserlicher Seite auch auf die spanische Niederlande und darauf Rücksicht nehmen, dass die übrigen deutschen und viele andere Fürsten sicli nach dem Kaiser richten werden.

Ferner wissen E. K. M. gnedigst unndt habe Ich darvon zum öfftern bericht, was man sich für eine heimbliche intelligenz zwischen E. K. M. unndt den könig in Franckreich in der Welt unndt sonderlich bey dem Churbrandenburgischen Hoff zuweillen eingebildet, welche nun auf ge- wisser abtheilung der Spanischen Monarchie, . . . nun ad alios fines unndt zufürderist auf unterdrückhung der Protestirenden unndt propagirung des Catholicismi, ihrer aussdeutung nach, angesehen sein solle, welche opinion hierauss, wan man den könig in Franckreich mit Hollandt gewehren liesse, besterckt könte werden '). Dass gröste inconvenienz aber unter allen ist meines erachtens dieses, dass E. K. M., wie sie es auch machen unndt wie viel sie auch nachgeben mögen, allem ansehen nach, daunoch mit dem könig in Franckreich entlich werden in händel gerathen. . . .

Wie gross nun auch diese Schwierigkeiten sein mögen, die es unräthHch erscheinen lassen, dem Kurfürsten sogleich mitzutlieilen. dass der Kaiser sich Hollands nicht annehmen wolle, noch srefährlicher würde es sein, wan E. K. M.

') Bekanntlich hatte der Wiener Hof gerade in dieser Zeit 1. Nov. 1671 mit Frankreich die geheime Allianz afescli Jossen, durch die Oesterreich sich v.ur Neu- tralität im Falle eines Uebeifalles Hollands durch Frankreich verpflichtete; vergl. ilignet 1. c. III. 54öfl'.; Wolf J. c. 37yff.

Memorial des Goess. 515

all zu precipitanter unndt zu friihozeittig sich dieses kriegs theilhafftig machen wolten.

Denn erstens ist der Krieg nocli gar nicht erklärt, dann könnte durch die Erklärung des Kaisers für Holland eintreten zu wollen, Frankreich sich bewogen fühlen, mit den Holländern niclit zu brechen und sich gegen den Kaiser zu wenden. Dazu kommt, dass die Sache noch nicht reif ist, dass die Holländer selbst dem Kaiser keinen Antrag gestellt haben und endlich die Erwägung, dass ein Krieg mit Rücksicht auf die Lage des Kaisers möglichst zu vermei- den sei.

Weillen dan der jetz in utramque partem geraelter motivorum halber es darauf anzukommen scheinet, dass E. K. M. sich dieses kriegs weder gänzlich entschlagen, weder auch biss noch teilhafftig machen können, so möchte etwa ein expediens unndt pro nunc dass beste sein, dass man trachte die sach aller orthen in solchen terminis zu halten, dass man so viel diesen krieg betrifft, allerseits freye handt fernere re- solutiones, wan's die noth erfordert, zu nehmen, behalte. Im übrigen, weillen der raison unndt der vernunfft gemess, dass man sich im Rö- mischen Reich bey so grossen in der nachbarschafft, wo nit auf dem Reichs-Boden selbst, vorstehenden krieg wohl vorsehe, unndt, da es zu Regenspurg mit der Reichs Verfassung all zu langsam b pro presentissima hac rerum necessitate hergeht, auf eine solche union unndt foedus zwischen E. K. M. unndt etliche der vornembsten Chur- unndt forsten gedacht werde, dardurch nit allein das Reich unndt dessen Stände in Sicherheit, sondern auch in respect unndt consideration unndt alles in solcher postur gesezt würde, dass, wan die zelten unndt coniuncturen künftig ein mehrers erforderten, man sich allerdings darzu gefast befünde: als könte unmassgeblich hierauf angetragen unndt die diessfals von mir bey Churbrandenburg schon von geraumer zeit her geführte negociation umb so nachdrücklicher continuirt werden, ie mehr unndt unentbehr- licher die gegenwertige gefährliche leuffte unndt kriegsempörung eine solche union unndt zusahmensetzung pro Imperii et mutua securitate erforderen. Es werden vermuthlich die mehrere Chur- unndt fürsten hierzu inclinirn, weillen es der sicherste weeg ; auch die Jenige, welche sonsten die holländische Party zu nehmen gedenckhen, sich nit gern vor der zeit blossgeben, noch das werckh, ehe die Party wohl gemacht, an- greiffen wollen.

Wan nun die Staaten General S'. Ch. 1). zu Brandenburg oder an- deren Chur- unndt fürsten solche conditiones uniult uvantage machten, dass sie sich für dieselbe declariren theten, so köntens E. K. M. umb

33*

516 ^'^- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

SO mehr geschehen la.ssen, weillens cau.sae publicae nit schädtlich unndt sie die Chur- unndt fürsten es sine infractione Pacis zu thun befuegt; es were ihnen in solchem fahl ein grosser vortel, dass sie durch obge- dachtes foedus eines sicheren rückhen unndt securs, wan sie auf dem Reichs Boden angegriften würden, (sich) versichert wüsten; wan aber Chur Brandenburg darauf dränge, dass E. K. M. saltem eventualiter, wie der fürst von Anhalt schreibt, sich mit S^ Ch. D. unndt folgents mit den Staaten General einlassen solten, so könten die Jenige rationes, welche E^ K. M. statum betreffen unndt die reflexiones, so man wegen Hungarn, Fohlen unndt anderer dero angelegenheiten zu haben, auf solche weis unndt maass representirt werden, dass man der sachen nit zu viel unndt nit zu wenig ... thue, sondern den impegno de presenti evitire, im übrigen pro futuro sich also vernehmen lasse, dass I. Ch. 1). unndt andere dar- durch mehr animirt als disanimirt unndt mithin die occasion, auf einige andere tractaten mit Franckreich zu gedenckhen, benohmen werde. Goess bittet um genaue Instruction in dieser Angelegenheit.

Nachdem aber auch abstrahendo von diesem krieg wieder Hollandt, E. K. M. sonderlich verlangen S. Ch. D. zu gewinnen unndt dieselbe auf ihre seithen zu bringen, massen Ich meine negociation iederzeit zu diesem zweckh gericht unndt dan, dass Ich das Jenige, wordurch der- selbe zu erreichen sein möchte, sugeriren solle, alss werde Ich dahie nochmahlen wiederholen, wass Ich destwegen in underschiedtlichen meinen underthänigsten relationibus E"". K. M. vorgetragen.

1". Weren die gleich anfangs berührte difficulteten undt disgusti, soviel möglich aus dem weeg zu räumen unndt dan dahin zu sehen, dass eine solche Party gemacht werde, darbey S. Ch. D. darfür halten mögen, dass sie sonderlich wieder Franckreich gnug gesichert, unndt hierin werden sie sonderliche reflexion auf die anzahl kriegsvölckher, so E. K. M. auf die bein haben, machen, die derowegen besser für grösser als geringer anzugeben. Als Ich noch kurtz vor meiner abreiss von Berlin diese union mit E^ K. M. durch einem ihre unndt mir vertraueten urgiren lassen, haben sie meinen rationibus zwar statt gegeben, darbey aber gemelt, dass, wan sie sich also öffentlich erklären solten, in alle die inconvenienzien, in welche andere steckhen, einrinnen würden; sie consideriren, wie die Spanische Niederlanden beym jüngsten krieg aban- donnirt. der hertzog von Lottringen übern hauffen geworffen worden, unndt andere Chur- unndt fürsten, die etwa an Franckreich einige Ja- lousie gegeben, in gleichmessiger apprehension unndt gefahr stehen:

Instruction für Goess. 517

diesen hazard werden yie sich nit leicht untei'werffen, sondern den sicheren weeg gehen uundt vor allen dingen Eine sufficientc unndt sichere Party formirt sehen wollen. . . .

2°. müsste man den Herzog von Neuburg, mit dem der Brandenburger jetzt enge liirt ist, für diese Partei gewinnen.

3". Auf die Subsidien legt der Kurfürst grossen Werth und muss es auch, weil er seine Truppen mit den ihm aus seinem eigenen Lande zur Verfügung stehenden Mitteln nicht erhalten kann. Wenn der Kaiser ihm keine Subsidien gewähren könnte, müsste man dahin sehen, dass Spanien oder die Staaten dem Kurfürsten Geld zur Verfügung stellen.

4". müsste dem Kurfürsten nachgewiesen werden, dass der Kaiser sich die Erhaltung eines guten Vernehmens zwischen Polen und Brandenburg ange- legen sein lasse.

5^ wäre eine Allianz des Kaisers mit Schweden der Einigung mit Bran- denburg sehr förderlich.

6". Ob nicht eine persönliche Unterredung zwischen dem Kurfürsten und dem Kaiser, zu welcher der erstere seine Geneigtheit ausgesprochen, zu empfehlen wäre, überlässt Goess dem Urtheile des Kaisers.

Die Erzeigung von Gnadenbeweisen für den Kurfürsten und seine Räthe würde jedenfalls den Interessen des Kaisers förderlich sein.

Instruction für Goess. Dat. Wien 4, März 1672. (Conc.y)

[Reicbssicherheit. Provisionalvertrag. Eintritt Brandenburgs in denselben. Haltung

in dem französisch -holländischen Conflicte. Justiz- und Cameralangelegenheiten.

Köln. Reichsangelegenheiten. Accession Braunschweigs und Neuburgs zum Provi-

sionaltractat. Subsidienangelegenheit. Gnadenbezeigungen.]

Goess soll sich schleunigst an den Hof des Kurfürsten begeben und dort 4. März, vorstellen :

1". Der Kaiser hat die Nothwendigkeit für des Reiches Sicherheit Vor- sorge zu tragen eingesehen, und da es nun mit dem seit langem auf dem Reichstage zu Regensburg deliberirten puncto securitatis also beschaffen, dass in Bälde ein Schluss nicht zu erwarten, hat der Kaiser es für nothwendig und zweckmässig gehalten, bis dahin ein Bündnis mit den mächtigen Reichsmitglie- dern zu schliessen, hat ein Project zu einer Provisionalverfassung aufgesetzt, mit dem sich bereits die Kurfürsten von Mainz und Trier einverstanden erklärt haben-). Der Kaiser wünscht nun, dass der Kurfürst von Brandenburg in

') Nach dem Votum der Conferenz vom 27. Jan. 1672, an der Schwarzenberg, Hocher, Lamberg und Abele theilnahmen und in der beschlossen wurde, Goess so- gleich nach Berlin zu senden,

^) Gemeint ist das Bündnis vom 10. Jan. 1672: gedruckt bei Lünig. R. A. p. sp. cont. I. Abth. I. Absch. 1. 430ff. : Dumont I.e. VIl., 210fr. (mit falschem Datum

518 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

dieses Bündnis mit eintrete und wann .sie vorhero wirklich darein getreten sein werden, man hernach gesammter Hand weiters von jenigem rede, wa.s diesfalls zu Erhaltung gemeiner Sicherheit und Wohlfahrt bei Be- schaffenheit gegenwärtiger gefährlichen Umstände in einem und andern noch ferrers zu thuen sein möchte; wie uns dann gar nicht zuwider, da.ss man destwegen auf solchem Fall, wann sein des Churfürstens zu Bran- denburg L*^'". vorhero in diese Allianz wirklich getreten sein würdet, bei ohnedas nicht nur von uns, sondern fast von jedem Theil zu Colin habenden Gesandten, allda in Colin oder an einen anderen beliebigen Ort vertreulich zusammen komme und mit einander berathschlage, wann der von Frankreich wider Holland oder jenige, wo Holland defensive assistiren ■würden, vorhabende Krieg noch angehen und sich darein einige Chur- und Fürsten des Reichs zur Offension eins oder andern Theils mischen sollten, was in diesem Fall zu thuen, damit Fried und Ruhe im römi- schen Reich gleichwohlen erhalten und alle künftige Gefährlichkeit und Oppression zeitlich abgewendet werde; massen eo ipso, dass sein des Churfürstens von Brandenburg !/*". in obvermelte Provisionalallianz ein- treten, ihme viel folgen und also ein considerable Macht zusammen ge- bracht werden künnte.

Der Kaiser erwartet des Kurfürsten Jlrklärung darüber und ist bereit an welchem Orte auch immer die ferneren Verhandlungen fortsetzen zu lassen. Goess soll dem Kurfürsten die Vortheile zeigen, die demselben durch den Ein- tritt in die Allianz erwachsen würden, vornehmlich die Sicherheit gegen jeden Angriff und ihn auffordern, wenn er eingetreten sein wird, den Herzog von Pfalz-Neuburg, das Haus Braunschweig, den König von Dänemark, Hessen-Cassel und andere zum Eintritte zu bewegen. Wenn der Kurfürst sich beklagt, warum man ihm erst jetzt Mittheilung von dem Provisionalvertragsprojecte mache, hat Goess zu antworten, dass der Kaiser die Sache nur Mainz und Trier anvertraut habe und dem Brandenburger schon längst Kenntnis davon gegeben haben würde, wenn nicht des Goess Unpässlichkeit dessen Reise verzögert hätte.

Was Goess auf die vermnthlichen Klagen wegen der in Ungarn bevor- stehenden Religionsreformation erwidern soll, wird ihm noch vor seiner Abreise mitgetheilt werden.

Wegen des von des Königs in Frankreich I/*"". wider Holland vor- habenden Kriegs und unser darbei führenden Gedanken, da haben wir zwar ganz erhebliche Bedenken uns dermalen eines mehrern, als hie oben enthalten, zu erklären, sondern wir wollen, wie sich die Sachen noch weiters anlassen, den Erfolg noch ein Zeitlang erwarten, üahero er von

10. Oct. 1672). Guhrauer I.e. II. 132ff.; vergl. für die in dieser Angelegenheit ge- führten Unterhandlungen Gubrauer 1. c. 1. 129 fT.

Instruction für Goess. 519

Goessen, wana er darum ben gefragt imd er fiudeü würde, dass sein des Churfiirstens zu Brandenburg L"^. dato mit keinem Theil impegnirt, doch aber auf die Seiten der Holländer mehrers inclinirt, dahin antworten könnte, dass er zwar unser hierin führende Meinung und Vorhaben dato nicht eigentlich, wohl aber dieses wüsste, dass uns sehr schwer vorkomme, dass Frankreich Holland mit Krieg anfallen und die ange- tragene Satisfaction gar nicht anhören, weniger annehmen wolle, aus welchem dann die Kriegsflammen leicht in das römische Reich getrieben werden könnten: item, dass uns tief zu Herzen gehe, dass von Frank- reich der Krön Spanien bedrohet werde, wann sie denen Holländern assistiren sollte, dass sie solches für einen Bruch des Friedens halten und darauf selbige Krön in Italia und sonsten bekriegen wollte, da doch der Krön Spanien besagte Assistenzleistung in beeden pyrenäischen und aachischen Frieden erlaubt ist; nicht weniger, dass sich dergleichen Be- drohungen auch wider uns und jenige Churfürsten und Stände des Reichs von Frankreich hören Hessen, so hernach auf solchen Fall der Atta- quirung der Krön Spanien Hülf leisten möchten, welches doch vigore besagter beeden Frieden ausdrückentlich vorbehalten und also wohl die höchste Noth erfordert, dass man an Seiten des Reichs, oder wenigist etlicher der mitverwandten Ständen, sich mit uns in ein nähere und mächtigere Zusammensetzung stellen, damit dardurch mehr besagter lieber Fried noch ferrers erhalten werde; wie wir dann ganz geneigt wären, mit sein des Churfürstens zu Brandenburg L'^«". zu dem Ende bedeutes Provisionalfoedus einzugehen und auch alsdann die weitere Nothdurft zu überlegen und abzuhandlen. . . .

Was der Kurfürst auf diese Erklärung erwidern wird, hat Goess zu be- richten, unterdessen dem Kurfürsten zu verstehen zu geben, dass wir ihne an der Hültieistuug für die General-Staaten nit zu verhindern hätten, und wann er wegen der in iustrumento pacis und Reichsconstitutionibus zu- gelassener Assistenz angegriffen werden sollte, wir unserseits au deme, was unser höchstes kaiserliches Amt. auch die mit einander habende Allianz erfordert, nichts erwinden lassen würden, welches alles aber suaviter und cautissime, damit solches Frankreich nit allzu Frühe er- fahre, zu negotiiren; wann aber sein des Churfürstens zu Brandenburg L''*=". diesfalls schon mit Frankreich impegnirt sein sollte, so würdet er von Goess hierinnen cautissime zu gehen und sich keineswegs herauszulassen haben, welches wir aber fast nit glauben können; doch haben wir hierinnen nit zu- viel zu trauen, weniger uns vor der Zeit herauszulassen: furderist, weilen

520 VI. Goess in Eerliii, Anhalt in Wien. 1672—167.5.

wir von llüllaiul .selbsten dato hierzu nit ersucht wordeu, aus.ser was im Haag gegen den Lisola und von demselben nicht zwar in ordine contra Gallos, sondern in ordine ad foedus triplex pro Hispania beschehen ').... Sonsten aber und wann er Baron von Goess verspüren sollte, dass sein des Churfürsten von Brandenbuig L'''"". in oftgemelte Provisionalverfassung nit eintreten wollte, sondern gemeint wäre auf andere Weis und Weg mit uns zu verbinden, mag er gleichwohlen solches vernehmen, uns dessen berichten und sich aber hierinnen also behutsam halten, damit haupt- sächlich auf die Sicherheit des Reichs und damit jeder Stand, so der Allianz beitreten will, von Gefahr und Ueberfall befreiet sein künnte, an- getragen und die Quaestion, ob jetztmalen mit den General-Staaten ein Biindnus zu machen, declinirt, gleichwohlen aber auch sein Churfiirstens j den vertraulich eröffnet würde, dass wir zu Manutenirung des münsteri- schen und aachischen Friedens gänzlich resolvirt wären.

Bezüglich der .Justizangelegenheiten kann Goess dem Kurfürsten die Ver- sicherung geben, dass auf ihn, soviel es die Justiz zulasse, gebührende Reflexion genommen werden wird.

Quoad cameralia und zwar wegen Jägerndorf kann Goess dem Kurfürsten sagen, wenn das Allianzwerk verglichen und das vorige Vertrauen wieder her- gestellt sein werde, zweifle er Goess nicht, wir würden auf alle AVeis bedacht sein, S^ L. auch hierinnen dermalen wirklich und vollständige Satisfaction zu geben.

Betreffs der Ceremonialstreitigkeiten ist Goess zur Genüge instruirt^).

Wegen der Stadt Köln wird Goess besondere Instruction erhalten^).

Bezüglich der Reichsangelegenheiten soll Goess um Förderung der securitas publica, der Capitulation etc. ersuchen und unter anderem dem Kurfürsten vor- stellen, dass um so viel weniger auf die Extension des § Gleichwie etc. weiters zu dringen seie, weilen jenes, so zwischen der Krön Frankreich und Chur-Colln passirt ^), anjetzt klärlich erweise, wie sub praetextu der Landdefension und juris foederum das ganze Reich in grosse Gefahr und Unsicherheit gesetzt werde.

Der Eintritt des Hauses Braunschweig in diese Provisionalverfassung wäre gewiss gut, aber es ist w-enig Aussicht auf Erfolg, ebensowenig auch bezüglich Pfalz-Neuburgs. Wegen Procurirung der Subsidien von Spanien für Branden-

') Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Zeit Klopp I.e. I. 271) ff. ; Grossmann I.e. lOff. ^ Es handelte sich um die Stellung der kurfürstlichen zu den kaiserlichen Vertretern.

') Ueber den Stand dieser Sache in diesem Monate vergl. Ennen 1. c. I. 222 f. *) Vergl. Ennen 1. e. 253 ff.: Mignet 1. c. \U. 705.

Instruction des Goess. Erinnerungen des Goess zu dieser Instruction. 521

bürg hat Goess keine Huffnunir zu macheu, doch kann Goess dem Kurfürsten mittheilen, dass der Kaiser demselben die Subsidien von Herzen gönnen würde. Zur Vertheilung an die kurfürstlichen Minister werden Goess 10000 Gulden mitgegeben; die Vertheilung wird ihm überlassen; Schwerin und Meinders kann er überdies auch für die Zukunft Vertröstung geben; Somnitz das Baronat zu ertheilen, ist der Kaiser bereit.

Erinnerung des Goess über die ihm ertheilte Instruction vom 4. März 1672; an Hocher. s. d. (ür.)

[Stellung Brandenburgs zum Provisionalvertrag. Reformation in Ungarn Brauu- schweig- und Neuburgische Accession zum Provisionalvertrag. Subsidienfrage.]

Goess meint, es wäre zweckmässiger, falls sich Brandenburg weigern sollte März, gleich in die Provisionalallianz einzutreten, vielmehr erst Berathungen über die den drohenden Gefahren gegenüber zu ergreifenden Massregeln fordern sollte, diesem Begehren Folge zu leisten, als die Verhandlungen ganz abzubrechen.

Bezüglich der Reformation der Religion in Ungarn erwartet Goess die Specialinstruction. I. K. M. haben grösste Ursach sich hierin wühl vor- zusehen und nit allein die gegenwärtige Zeit, sondern auch die künf- tige und was hieraus resultiren kann, zu considerireu. Es ist sehr zu besorgen und geben's schon die Bericht von allen Orten, dass die pro- testirende, wann in Hungarn einiger Krieg einfallen sollte, nit allein die Hand abziehen, sondern auch diese Refornoation pro prognostico nehmen werden, was sie ihrer Meinung nach im Reich zu gewarten, wann man die Macht darzu haben würde.

Neue Nachrichten aus Berlin über die Verhandlungen mit dem französi- sischen') und holländischen-) Gesandten zeigen die Neigung des Kurfürsten mit den Holländern zu gehen ^). Goess hält es für zweckmässig in seinem Namen ein Schreiben an Schwerin zu richten, aus welchem dieser entnehmen könne, dass der Kaiserhof eine Verbindung Hollands mit Brandenburg gerne sehen würde. Die Accession des Hauses Braunschweig und des Pfalz-Neuburgers wäre sehr nützlich; Goess ist daher der Ansicht, dass man alles aufbieten müsse, um sie durchzusetzen. Bezüglich der Subsidien wird dahin zu sehen sein, dass die Generalstaaten sich mit Brandenburg vergleichen.

^) St. Geran. ^) Amerongen.

^) lieber die brandenburg-hoUändischen Verhandlungen in dieser Zeit: Urk. u. Act. Iir. 238 ff.

522 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—167.3.

Erinnerung des Goess d. d. Wien 1. April 1672 an den Kaiser.

(Or.)

[Besorgnis des Kurfürsten wegen der Stadt Köln. .Schwedische Angelegenheit. St. Geran's Vorschläge. Holländisch-brandenburgische Allianz. Tiirkengefahr.]

I.April. Schwerin hat dem Goess unter dem 10. März geschrieben, der Kurfürst sei

wegen der Stadt Köln besorgt und wünsche darüber mit Goess zu sprechen ; unter dem 14. schreibt Schwerin, dass die mit dem Pompoune zu Stock- holm gepflogene Tractaten mit dem wollen entschuldigt werden, dass Schweden vom kaiserlichen Hof negligirt worden. I. Ch. ü. wünscheten, dass von E^ K. M. Jemand dahin geschickt würde; dann aller Apparenz nach wäre noch nichts geschlossen, indeme der Graf Königsraark noch immer zu Paris tractirete, dieses werd ohne Zweifel Brandt aus Stock- holm bericht haben ..., ad Interim habe ich dem Baron von Schwerin geantwort, dass es bei E^ K. M. nit gestanden, dass dieses foedus schon längst geschlossen seie worden; man könne sich aber in der Schwe- den Conduitc nit recht finden ').

Unter dem 18. berichtet Schwerin, dass St. Geran's Vorschlag blos die Neutralität betreffe 2) und dass derselbe sehr misgestimmt darüber sei. dass der Kurfürst von einer solchen nichts Avissen wolle.

Da jetzt gemeldet wird, dass der Brandenburger mit Holland geschlossen ■% gewiss jedenfalls die Neigung des Kurfürsten zu einem Bündnisse mit Holland be- steht, glaubt Goess, dass man von ihm den Beitritt des Kaisers fordern wird und meint, dass daran gedacht werden müsse, damit durch die darauf thuende Erklärung I. Ch. D. nit disanimirt, noch von dero guten Vornehmen divertirt werden. Auch wegen des drohenden Türkenkriegs in Polen <) bittet er um Instruction.

Instruction für Goess. Dat. Wien 2. April 1672. (Copie.)

[Rüstungen gegen die Türken. Reicbsangelegenheiten. Köln.j

April. Der Kaiser hat mit Rücksicht auf die von den Türken drohende Gefahr in

seinen Erbländern mit Anspannung aller Kräfte rüsten lassen und die gleiche Rüstung vom Reiche gefordert^); der Kurfürst möge dieses Bestreben des

') Vergl. ilignet I.e. 111.362 fr.: Carlson I.e. IV. 555: der Vertrag zwischen Frankreich und Schweden wurde am 14. April geschlossen.

2) Vergl. Puf. 1. c. XI. 28: Droysen 1. c. III. 3 383 f.

3) Der Vertrag wurde erst am 26. April /6. Mai 1672 geschlossen; über den Stand der Verhandlungen in dieser Zeit Urk. u. Act. III. 250 ff.

4) Vergl. Theat. Europ. XI. 76 ff.

^) Vergl. das Schreiben bei Pachuer 1. c. I. 563.

Instruction für Goess. Hollänilisch-österreichische Beziehungen. 523

Kaisers unterstützen. Wa.s die Comitialien und zwar vornehmlich den § „Und gleich wie" betrifft, ist der Kaiser niemals willens gewesen, den Ständen des Reiches etwas von ihren Rechten zu nehmen ; seine Resolution geht nur dahin, dass soviel die Executionsordnung und dasjenige, was zur Sicherheit des Reichs auf gemeinen Reichstagen geschlossen, oder sonst einem römischen Kaiser verwilliget wird, betreffen thuet, sie Chur-Fürsten und Stände bei denen wis.sentlichen Reichsconstitutionen gelassen und von ihren Ständen und Unterthaneu hierinnen übertragen werden sollen (sie) und folglich ein jeder Reichsstand wegen dessen, so in puncto securitatis publicae in Kraft des etwa künftig erfolgenden Reichsschlusses auszulegen, überflüssig gesichert ist, dass die einem jeden gebührende quotam die Unterthanen zu entgelten haben, die renitirende sine omni litis et processus suffla- mine zur Schuldigkeit angehalten und sogar, wann sie klagen sollten, a limine iudicii abgewiesen werden könnten, also dass einiger Reichs- stand unter diesem Vorwand, als ob er des Beitrags von seinen Unter- thanen nit versichert wäre, angeregten punctum securitatis publicae in suspenso zu lassen, je nit beursachet ist. Auch habe der Kaiser durch diesen Paragraph nichts dem Rechte der Landesfnrsten praejudicirliches aus- gesprochen. Der Kaiser hofft daher, der Brandenburger werde seinen Gesandten Befehl ertheilen, dahin zu wirken, dass die schwebenden Reichsfragen, insbe- sondere der punctus securitatis, zu einem erwünschten Ende gebracht werden '). P. S. Goess soll vom Kurfürsten eine Meinungsäusserung bezüglich des zwischen dem Kurfürsten von Köln und der Stadt Köln herrschenden Streites fordern.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 28. April 1672. (Conc.)

[HoUändiscb-österreicbische Beziehungen. Kölner Angelegenheit.]

Bruijnincx. der staatische Bevollmächtigte am kaiserlichen Hofe -), hat daselbst 28. April ein Defensivbündnis vorgeschlagen, worauf ihm eine allgemein gehaltene Ant- wort gegeben worden ist. Dem Lisola und Kramprich aber hat der Kaiser Befehl ertheilt, dem de Witt und anderen Confidenten gute, doch keine bestimmten Ver- sprechen bezüglich dieses Bündnisses zu geben''). Sobald Goess über die Stel- lung des Kurfürsten zu Holland genauen Bericht erstattet haben wird, wird sich der Kaiser definitiv entscheiden. Goess soll zu erfahren trachten, ob etwas wahres an dem Gerüchte ist, dass die kurfürstlichen Minister, auch Schwerin, von Frankreich Geld empfangen haben. Mit der Stadt Köln sieht es schlecht

^) Vergl. die Acten bei Paehner 1. c. I. 573ff. u. a. 0. ') Hamel Bruijnincz; vergl. Urk. u. Act. III. 249 u. a. 0.

^) üeber die Haltung Oesterreicbs in dieser Zeit und die Thätigkeit des Lisola vergl. Klopp I.e. I. .303ff.; Grossmann 1. c. I. 20ff.

524 VI. Goess iu Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

aus; der Kaiser hat dieselbe auffurdeni lassen, sich zu vertheidigen und hat bei den Staaten diese Angelegenheit zur Sprache bringen lassen. Goess soll mit dem Kurfürsten darüber sprechen und dessen Ansicht dem Kaiser sogleich melden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Mai 1672. (Or.)

[Ankunft in Berlin. Stimmung des Hofes. Urtheii des Goess über die Lage. St.

Gerans Verabschiedung.]

2. Mai. Ueber Dresden ist er nach Berlin gereist. Den Kurfürsten hat er noch

nicht gesprochen. Aus Schwerins und anderer Räthe Reden ist zu entnehmen, dass der Kurfürst |: noch bei der starken vorigen Inclination die hollän- dische Partie zu nehmen verbleibt und sein die Tractaten mit dem von Amerongen so weit gebracht, dass sie gleichsam auf dem Schluss stehen '). Wie aber fast alle Räthe dissuadiren, dass I. Ch. D. diesmalen schliessen und sich für Holland declariren sollen, dass überall starke Empfindung und Coramotion vorgegangen, als welche dem Fürsten das Werk schwer ge- macht. Man zeigt, dass man auf mich mit Verlangen gewart und mögen die ministri sich die Hoffnung machen, dass durch meine Negociation I. Ch. D. von ihr gefassten Resolution abgehalten und das Werk nach ihrer Intention und Meinung dörfte auslaufen; es ist nun in crisi. Ich wünschte wegen der noch zu Wien erinderten Ursachen, dass meine Zurückreis hiehin noch etwas hätte mögen verschoben werden. Ich werde zu thuen haben, es also zu machen, dass uns nicht einigermassen imputirt werde, dass I. Ch. D. von der bishero gezeigten starken Reso- lution abgewichen und auf andere consilia gerathen. Moch habe ich nicht vermerken können, dass man die Gefahr von polnischer Seiten . . . so stark apprehendire; man ist mit allen Gedanken und Application in dem niederländischen Werk. Den St. Geran hat man in terminis gene- ralibus mit Contestation guter Freundschaft abgefertiget und entschul- diget, dass I. Ch. D. sich nicht weiter herauslassen können^). : |

J) Vergl. Urk. u. Act. III. 261 f.

2) Ueber dessen Abfertigung Puf. 1. c. XI. 28; Droysen I.e. III. 3 388.

Goess in Berlin, ürtlieil desselben über die Lage. Des Kurfürsten Gesinnung. 525

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Mai 1672. (Or.)

[Stelluns des Kurfürsten zum Provisionalvertrag und zur holländischen Allianz. Unter- redung des Kurfürsten mit Goess über die Nothwendigkeit eines gemeinsamen Vor- gehens. Aenderung in der Haltung des Kurfürsten. Gründe derselben. Anhalt's Sendung nach Wien. Gründe derselben. Des Goess Verhalten bei den Verhand- lungen. Unterredung desselben mit Anhalt. Dessen Erklärungen und Rath. Lockart. Schweden. Haltung des Neuburgers und des Baiernfürsten. Vorgehen des Kölner Kurfürsten. Inhalt der Schreiben des Bischofs von Strassburg. Conferenz des Goess mit den kurfürstlichen Ministern.]

. . . Von dem von mir proponirten foedere provisionali haben I. Ch. D. 6. Mai. schlechte Opinion, zeigen auch wenig darzu zu incliniren ; doch gedünict mich, dass ich hacteuus darin so viel profitirt, dass mans nit undien- lich finden möchte ; supposito, dass Churbrandenburg die holländische Partie nähmen. Das polnische Werk apprehendirt man in re ipsa nit so hoch, non displicet tamen, [: dass man sich dessen bediene, die an Polen angrenzende Potentaten pro causa communi unter sich zu vereinigen :|... Des von Amerongen Tractaten gehen hauptsächlich dahin, ;:dass Chur- brandenburg den Holländern mit 20 000 Mann assistiren solle, deren der halbe Theil auf gedachter Holländer Unkosten zu werben und zu unter- halten. Brandenburg für ihre Person incliniren trefflich zu diesem Werk und seind einige der ministrorum hierüber in bösen Verdacht kommen; man suspicirt, dass sie Geld angenommen und darumben dasselbe suchen zu divertiren, quod ipsum diese Sach noch schwerer macht und rauss auf ein Remedium gedacht werden.

Vorgestern als am Mittwoch zeigten sich I. Ch. D. bei einen langen Discurs, so ich mit deroselben gehabt, allerdings resolvirt, das Werk in Gottes Namen anzutreten. Der von Amerongen erwartete stündlich mit Verlangen die Subscription, mit Intention, sich alsogleich auf Hamburg zu begeben, die Gelder, welche allda parat liegen, auszuzahlen'); und dies conferirte Brandenburg mit mir weitläufig, wie sie vermeinten, dass die Sach anzugreifen; vorhero aber ehe sie sich so weit gegen mir aus- gelassen, seind sie zum änderten Mal stark an mich gewesen und auf alle Weis darauf gedrungen, dass E. K. M. das Werk mit antreten, ihro wenigsten vier tausend Pferd schicken sollten :|, darbei ich nun dasjenige gemelt, was meine Instruction in sich haltet und zufürderist die an- drohende grosse türkische Macht, derentwegen E. K. M. schon Assistenz vom Reich begehrt, vorgestellt.

1) Vergl. Urk.u. Act. IIL3 262.

526 VI. Goess in Berlin, Anlialt in Wien. 1G72 1(;75.

Gestern habe ich I. Ch. I). |:sehr verändert gefunden. Sie haben stärker als vorhin in mich gesetzt, dass E. K. M. das Werk mit ihro antreten und deroselben einige Cavalleria, wanns endlich auch nur ein paar 1000 Pferd wären, zuschicken wollten; sie wiirdens in andern wi- derumben ersetzen; die Sach müsste sub nomine, autoritate et auspiciis E'. K. M. angegriffen werden :|; dolirten sehr, dass, da sie das ihrige als ein treuer Churfürst pro libertate patriae gern thun wollten, von aller Welt abandonnirt würden. Sie miissten's endlichen Gott befehlen und ihre consilia änderst einrichten; insinuando, dass sie von anderen Orten stark gesucht und mit grossen Offerten sollicitirt würden. . . .

Die Ursachen dieser Meimingsäuderung sind. 1". die Krklärung des Herzogs von Celle nicht mit Brandenburg sich in das holländische Werk einlassen zu Avollen') und der Beschluss des geheimen Rathes, der dahin gegangen, dass es unter den bestehenden Verhältnissen nicht rathsam für Brandenburg sei, sich allein mit Holland einzulassen'-').

|:Gnug ist zu sehen, dass I. Ch. D. ungern von dieser ihrer vorigen Resolution abweichen; sie sagten mir gestern zum Beschluss, dass sie den Fürsten von Anhalt sub aliquo praetextu nach Wien schicken woll- ten E^ K. M. endliche Resolution zu vernehmen, nachdem sie ver- merken müssten, dass es mir an Instruction und A'^ollmacht fehlete.

Nun erkenne ich genug, wo dasselbe hinaus und dass man E. K. M. entweder zur Declaration bringen, oder deroselben invidiam facti, dass den Holländern und folgends Spanien nicht assistirt werde, zu- und aufwälzen will. Habe mich bemühet es con bell modo zu divertiren und remonstrirt, dass diese Abschickung all zu gross Aufsehen verur- sachen und was gehandlet werde, vor der Zeit an Tag geben würde. Ich habe doch auch hierin behutsam gehen müssen, iudeme man voller Verdacht und auch diese remonstrationes nicht wohl und fast pro in- dicio, dass man bei uns nichts bei der Sach thuen will, interpretiren wollen. W'ie ich E"". K. M. gnädigste Intention und dero Dienst ansehe, muss ich da sehr caute gehen und in suadendo aut dissuadendo die rechte Maass halten. Sonsten hat mir der Churfürst gesagt, dass der Graf von Monterey^) ihne versichert, da E. K. M. die Sach für Holland nicht antreten, sonsten eine völlige Division des Hauses erfolgen würde. . . . Ich habe folgends eben gestern mit dem Fürsten von Anhalt ausführlich

0 Vergl. Droysen 1. c. HI. 3 390; Urk. u. Act. IH. 2Cr2.

-) Für die Haltung der brandenburgischen Rätlie Peter, H., Der Krieg des Grossen Kurfürsten gegen Frankreich IßT'J 1G75 27 f. Urk. u. Act. HI. 219, 221 u. a.O. ^) Vergl. über ihn Lefevre-Pontalis I.e. H. 171.

Anhalts Sendung nach Wien. Verhandlungen des Goess mit Anhalt. Schweden. 527

von diesem ganzen Werk geredt'), welcher mich dann obligirt, indeme er in gewöhnlichen Vertrauen mit mir gesprochen. Er zeigt .sich sehr wohl inclinirt; er vermeint, dass, wann er nach Wien käme, wann änderst allda einige gute Disposition darzu, viel gutes zu richten wäre zu einer vollkommenen Vereinigung zwischen E. K. M. und diesen Churfürsten; sagt ganz positive, dass niemand Brandenburg rathen könne, dass .sie sich solchergestalt und allein in diesem Werk impegniren sollen. Anhalt drängt sehr wegen Ueberlassung von einigen tausend Mann an Branden- burg. Der modus ist dieser, dass wie ich mich winde und auf alle Seiten wende, damit E. K. M. sich diesmalen nicht zu declariren, also suchen sie auf ihrer Seiten auf alle Weis, dass E. K. M. sich declariren und wollen nomen et autoritatem realem darbei haben. Wie ich ver- merke, so setzen I. Ch. D. um so grössers Vertrauen in den Fürsten von Anhalt, je grösser die Differenz und Suspicion gegen andern ist. .,.:j

Der englische Milord Lockart hat, wie Goess vernimmt, bei seiner Audienz einen gleichen Vorschlag gethan-), wie St. Geran.

|: Schweden hat zwar die Tractaten wegen einer Neutralität mit Frankreich geschlossen^); es scheint aber, dass man den brandenburgi- schen Canzler Brandt zu Stockholm ein Wink geben; so sehe ich auch nicht, dass I. Ch. D. für diesmalen Schweden sonderlich apprehendiren^). Ich habe remonstrirt, dass gut und auch practicabl sein möchte, da man occasione der Gefahr eines Türkenkriegs in Polen, Schweden an uns und mithin von Frankreich etwas abziehen thäte. :|

Nach den Mittheilungen Stratman's ist der Herzog von Neuburg bereit in den Provisionalvertrag einzutreten, wenn ihm solche Bedingungen gemacht wer- den, wie Holland Brandenburg macht. Baiern hat dem Kurfürsten abgerathen, sich mit Holland einzulassen und die Sache des Köhier Kurfürsten auf alle Weise unterstützt.

Chur-Cölln solle auch all zimlich hantisch hieher geschrieben haben; bei der Conferenz hat man mir 2 Schreiben des Bischofs von Strass- burg ^) an den Baron von Schwerin vorgelesen; in einem streicht er die Avantage, so Frankreich habe, also aus, dass es kein Franzos besser

') Anhalt war ein Förderer der brandenburij-holländischen Allianz, vergl. Peter 1. c. 28.

-) üeber seinen Aufenthalt in Berlin l'uf. 1. c. XI. 30; Droysen 1. c. III. 3 384.

=>) Der Vertiag vom U.April 1672 ist gedruckt bei Dumont I.e. VII. , 1(16 ft".: vergl. Mignet 1. c. III. 365 ff.; Recueil I. c LXII.

*) Vergl. Puf. 1. c. XI. 34.

^) Ueber des Fürstenbergers Benehmen in dieser Zeit: Knuen I. c. I. 248ff. ; Münch I.e. III. 103 ff.

528 ^ '• üoess in ßerliii, Anhalt in Wien. 1672 1675.

thun könne; es habe England für sich nunmehr declarato hello, mit Schweden habe es gleichfalls geschlossen, Dänemark werde folgen; E. K. M. werden nichts bei der Sach thun; haben andere occupationes; Spanien werde auch nit Stand halten und was dergleichen. Im an- deren forrairt er eine churcöllnische Praetension auf den halben Theil der Lippstadt, welche Churbrandenburg allein hypothecario more be- sessen, quod in hisce coniuncturis valde suspectum, ob man Lippstatt wohl paris conditionis mit Rheinberg machen wolle. Dieser Churfürst hatte gegen Chur-Cölln geandet, dass man Dorsten auf seinen Grund und Boden fortificire, da sagt der Bischof, dass Chur-Cölln wohl mehr Ursach hätte die Fortification der Lippstatt zu widersprechen. . . .

Die puncta der obgemelten Conferenz waren 1". Das provisionale foedus, so man nit adequat noch zulänglich befinde. 2°. Die Gefahr der Stadt Colin, welche weder gnugsam besetzt noch fortificirt und die umliegende Macht zu fürchten habe; j: es wurde gefragt, ob man nicht eine Anzahl spanische Völker darein werfen könnte :{. 3°. Die Gefahr der Lippstatt, und ob E. K. M. S''. Ch. 1). nit assistiren würden, wann dieselbe wollte attaquirt werden. . . . Ich habe sie versichert, dass E. K. M. in alle Weg dem mit P. Ch. 1). habenden foederi nachleben werden und wäre dieses eben ein motivum, warum dieselbe um so mehr in die Provisionelallianz zu treten. Darbei ist die Frag auf dem Tep- pich kommen, quid, wann S. Ch. D. wegen des an Holland leistenden Securs in ihren Landen aufm Reichsboden attaquirt würden. |:Ego: Der § ut eo sincerior wäre klar; Brandenburg versirte in ratione licita:! iuxta instrumentum pacis und also würden sie wider Recht angegriffen.

Amerongen klagt dem Goess sehr über des Kurfürsten zurückhaltendes Be- nehmen, der sich vornehmlich darauf berufe, dass er allein sich in nichts ein- lassen könne und dass vom Kaiser nichts zu erhoffen sei ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9, Mai 1672. (Gr.)

[Brandenburg-holländische Allianz. Schwerin. Lockarts Mission. Haltung der kur- fürstlichen Minister bezüglich Schwedens. Köln. Urtheil des Goess über die hran- denburg-mainzischen Beziehungen.]

U. Mai. Die Weisung vom 28. April hat Goess erhalten und von dem Inhalte dem

Kurfürsten und Amerongen Mittheilung gemacht.

Die holländisch-brandenburgische Allianzangelegenheit ist unverändert'-'),

») ürk. u. Act. III. 262.

*) Die Allianz war bereits geschlossen.

Kurküln. Mission Lockarts. Brandenburg und Schweden. 529

Amerongen reist nach Hamburg '). Schwerin erklärt öffentlich, die Behauptung, dass er von Frankreich Geld erhalten habe, sei eine unwahre-'). Lord Lockarts Mission hat denselben Zweck, wie die St. Görans^); er räth dem Kurfürsten zur Neutralität ; klagt sehr über die heftigen Schreiben, die von Holland gegen England erlassen worden seien und nur den Erfolg haben würden, England zu schärferen Massregeln zu vermögen, als König Karl IL eigentlich vorhabe*).

Auf die Frage des Goess, ob es nicht zweckmässig wäre, Schweden zum Anschlüsse an den Kaiser und Brandenburg mit Rücksicht auf die in Polen drohende Türkengefahr zu bewegen, erklären die kurfürstlichen Räthe, |:man höre jetzt nichts von dieser Gefahr und überdies sei es wahrscheinlich, dass die Schweden einen derartigen Einfall der Türken in Polen nicht ungern sehen würden, damit sie in turbido fischen und das königliche Preussen unter sich bringen könnten. Sonsten scheint weder der Churfiirst, noch die andere dahie daran zu zvveiflen, dass diese zugleich vornehmende Krieg von Frankreich und dem Türken di concerto veranlasst werden, dessen ich mich utiliter zu bedienen.:]

Wegen der Stadt Colin apprehendiren J. Ch. D. die Gefahr der- massen, dass sie mir gestern sagten, [:sie hielten's fast vor verloren; sie wünschten, dass sie ihre Völker daraus hätten. :|

Mahrenholtz geht nach Regensburg; er wird zu Würzburg den Mainzer sprechen^); Goess glaubt, es herrsche bei Brandenburg die Absicht, sich auf guten Fuss mit Mainz zu stellen.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 3./13. Mai

1672. (Copie.)

[Marsch der Franzosen. Bitte um die vertragsmässige Unterstützung.]

Der Kurfürst hat soeben Bericht erhalten, dass die französische Armee 13. Mai. eiligst heranmarschire; ein Theil derselben gegen Köln, ein anderer gegen Lipp- stadt in der Mark, um diese Städte zu belagern^). ... Gleichwie nun ich nicht

1) Vergl. Urk. u. Act. IIL 263.

2) Schwerin galt wegen seiner Abneigung gegen die brandenburg-holländische Allianz als von Frankreich bestochen; vergl. Peter 1. c. 27 f.

3) Puf. 1. c. XL 30.

'') Ueber die Haltung Englands in dieser Zeit vergl. Ranke, Engl. Gesch. V. ySff. ; Klopp 1. c. L 300ff. Die zwischen England und Holland gewechselten Schriften bei Basnage, Annales H. 192 ff.; Theat. Europ. XL 109 ff.

5) Vergl. Puf. 1. c. XI. 45; Guhrauer 1. c. L 158ff.

**) Vergl. Ranke, Französische Gesch. III. 292 ff. ; Lefevre-Pontalis [I.250ff.; Rousset I.e. I. 354ff. : Droysen I.e. III. 3 .j99ff.; Theat. Europaeuin I.e. Xl.lSf.; Besnage 1. c. IL 204 f.

Mater, z. (iescli. d. (i. KiiilTirsteii. XIV. 34

530 VI. Goesb iu Berlin, Anhalt in Wien. 1(572 - 1075.

nöthig aclite, E''. K. M. weitläufig vorzustellen, was bei so gestalten Sachen für eine Gefahr dem römischen Reich dardurch zustehe und wie die allgemeine Ruhe, Fried und Sicherheit werde turbirt werden, ab- sonderlich wie meine Clev-märkische und ravensbergische Länder in Ge- fahr und äusseriste Ruin gerathen, auch was für grosses Praejudiz nicht allein mir, sondern auch dem ganzen westphälischen Kreis und allen den annachbarten daraus entstehen werde und ich mich kraft der mit E^ K. M. getroffenen Allianz einer mutuellen Assistenz versichere, also hoffe ich unterthänigst E. K. M. werden mich nicht lassen, sondern in dero kaiserlichen Schutz mich gnädigist halten, auch, wann dem Ruf nach die Lippstadt sollte attaquirt werden, die vermöge solcher Allianz verglichene Hilfe mit dem allerförderlichsten überschicken; gestalt ich E. K. M. diesfalls gar inständigist implorire. . . .

Goess an den Kaiser, Dat. Berlin 13. Mai 1672. (Or.)

[Brandeubuig-holUindische BeziehuBgen. Anhalt. Haltung Brandenburgs zum Pio-

yisionalvertrag. Stellung Nexiburgs zu demselben. Des Kurfürsten Aeusserungeu

über der Franzosen Vorgehen. Unterredung des Goess mit Lockart. Opazki.]

13. Mai. Des Amerongen Mission scheint so zu stehen, |: dass pro modo die Gelder P. Ch. D. Darlehensweis vorgestreckt werden :j, dass von Amerongen dest- wegen an seine principales geschrieben und die Resolution zu Hamburg erwarte ^). Zu glauben ist, | : dass die Holländer die Gelder nicht her- geben werden, es seie dann, dass sie einigermassen versichert, dass der Churfürst sich für sie declariren wird. . . . Mit mir redet man von der Sachen nicht klar; ich frage auch directe nicht nach; wohl merke ich, dass zu sonderlichen Trost gereiche, wann ich insinuire, dass verhoffend sich die Sach sicher also schicken werde, dass ein gute Partei gemacht und die französische Dessein unterbrochen werden:!. Ich habe hören susurriren, als wann der Fürst von Anhalt unter'm Praetext nach Dessau zu gehen, gar nach Wien gehen würde, quod vix credo ^). Zu das foedus provisionale zeigt man nun bessere Inclination. Ich habe gestern mit dem von Somnitz daraus geredt, damit I. Ch. ü. sich hierüber positive erklären und was darbei zu thun werkstellig machen wollen; wie ich höre, haben sie sich durch den von Mahrenholtz gegen Churmainz hier-

') Vergl. ürk. u. Act. III. 262.

2) Bereits am 5. Mai hatte Johann Georg von Anhalt ein Beglaubigungschreiben als Gesandter am kaiserlichen Hofe erhalten.

Der Kurfürst bittet den Kaiser um Kilfe. Brandenb.-hoUänd. Beziehungen. Lockart. 531

Über einigermassen erklärt'). Vorgestern ist der Stratman von hier ab- gereist, nachdem die Religionstractaten schon unterschrieben worden"); er vermeint, dass der Herzog sein Herr in das provisionale foedus gern mit eintreten werde. Der Kurfürst hat ihm die besten Versicherungen ge- geben. Dem Goess theilt der Kurfürst mit, dass er Nachricht von dem directen Marsche der Franzosen auf Köhi habe und dass dieselben zugleich die Lipp- stadt attaquiren wollen, welche er so gut er kann in Vertheidigungszustand setze.

Lockart hat den Goess besucht, ein Mann von gutem tratto und modo, zeigt auch gute Vernunft und eine feine Moderation in seinem Discurs. Er erklärt, wie unrecht das Vorgehen Hollands sei, das allein seinen König zum Bruche bewogen. I. Ch. D. haben ihm ein Floh in's Ohr gelegt, welche ihn sehr inquietirt; nemlich, dass vSpanien sich erklärt habe mit Frankreich zu brechen. In seines Königs Tractateu mit Frankreich, sagt er, dass ein expresser Articul seie, quo cavetur, dass Frankreich mit Spanien zu keiner Ruptur kommen solle. Nach Lockarts Reden dürfte übrigens die Allianz zwischen England und Frankreich nicht lange dauern Circa officia raediationis, so I. Ch. D. angeboten, hat er sich viel trac- tabler erzeigt, als der von St. Geran, welcher solche propositiones nit einmal anhören wollen.

Der polnische Gesandte Opazki ist hier um vom Kurfürsten die Ueber- lassung und Verpflegung der 1500 Mann, zu deren Sendung dieser nach dem Bromberger Vertrage ") verpflichtet ist, nicht für 2 Monate, sondern für 6 Mo- nate zu fordern^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Mai 1672. (Or.)

[Anhalts Sendung nach Wien. Aeusserungen Schwerins über die brandenburg-hollän- dischen Verhandlungen und über die brandenburg- österreichischen Beziehungen. Verhalten des Goess. Unterhandlungen desselben mit Schwerin. Pläne Brandenburgs. Rath des Goess bezüglich des Kaisers Verhalten zu Anhalts Anträgen. Sachsen- brandenburgische Verhandlungen. Massregeln gegen Frankreich. Ungarisches Reli- gionswesen. Erwiderungen des Goess in diesem Punkte. Abreise Lockarts. Dessen Ansicht. Abreise Opazki's.]

Es wird dem Goess am 13. mitgetheilt, dass der Fürst von Anhalt am 16. Mai. Morgen des 14. nach Wien reisen werde, unter dem Verwände, Angelegen-

') Ueber des Mahrenholtz Mission beim Mainzer Puf. I.e. XI. 44 f.; Droysen 1. c. m. 3 392 f.

-) Vergl. den Vergl. vom 26. April 1672 bei Dumont I.e. VIL i ITlff.: Mürner 1. c. 349 ff.

3) Vom 6. Xov. 1657; Mörner I.e. 120ff.

') Vergl. Puf. 1. c. XI. 106 f.: Droysen 1. c. IIl.;. 399.

34*

532 ^'I- Goess in Berlin, Anhalt iu Wien. 1672—1675.

lieiten seiner Schwester, der Herzogin von Brieg') und eigene Geschäfte daselbst zu ordnen. Mit Schwerin spricht Goess sehr eingehend über den Stand der Be- gebenheiten; er entnimmt den Reden Schwerin's. ':dass die Tractaten mit dem von Amerongeu so weit geschlossen; doch solchergestalt, dass er noch einige Resolution von Haus zu erwarten hierüber hat. Man hat in den Tractaten zum öftern variirt, darüber er sich sehr beklagt. Zu Darleihung der Gelder seind die Holländer ohne Schliessung des Trac- tats nicht zu bringen gewest. : ] Schwerin klagt über die Unmöglichkeit mit den Staaten etwas in secreto zu verhandeln.

Was nun des Fürsten von Anhalt Instruction seie, das hat man mir nit soeben gesagt; wohl aber, dass er wegen Beitretung S"". Ch. D. in das foedus provisionale die Resolution . . . mitbringe. Im Uebrigen meldete der Baron von Schwerin, dass bei allen seinen Sorgen und ße- kümmernus er diese Consolation hierbei hätte, dass verhoffentlich diese Ding und Conjuncturen ein Mittel sein würden I. Ch. D. mit E^ K. M. und dero hochlöblichem Haus arctissime und beständig zu vereinigen. . . . Ich habe mich sonsten gestreckt ad omnem longitudinem et latitudinem meiner Instruction und was ich positive nit sagen können, habe ich doch innuirt, alles zu diesem Ende, damit E. K. M. mit dieser Ab- schickung nicht übereilet werden möchten. Es haben dannoch I. Ch. D. darfür gehalten, es auch gegen Jemand vermerken lassen, dass ich noch w'ohl etwas mehrers in reserva haben würde; unangesehen der Baron von Schwerin gemelt, dass diese meine Art und modus negociandi nit wäre, w'ie man's dann auch gnug erfahren können ; destwegen haben sie vielleicht noch einige Tagen zugesehen. Die Ursachen, warum E. K. M. sich diesmalen nit weiter herauslassen können, als 1". die Gefahr vor den Türken und 2°. dass erst neulich die erste Proposition durch den holländischen Residenten geschehen"), hat der von Schwerin zwar gelten lassen; doch darbei vermeint, dass E. K. M. dannoch das ihrige bei der Sach thun würden können. Die Tractaten mit Holland betreffend, habe ich insinuirt und er für sich gnug begriffen, dass dieses Werk zwischen E. K. M. und die Staaten-General muss abgehandelt und adjustirt wer- den^).... i: Die Intention dahie werd vermutlich und so viel ich aus den Discursen abnehmen können, dahin gehen, dass wenigisten I. Ch. D.,

') Louise von Anhalt, Wittwe des Februar 1672 verstorbenen Herzogs Christian von Liegnitz. Brieg und Wohlau,

^) Bruijnincz.

•'') Für die Österreich-holländischen Beziehungen dieser Zeit Klopp I.e. 1.304 ff. ; ürossmaim I. >:. 22 fi".

Anhalts Sendimg nach Wien. Unterhandlungen des Goess mit Schwerin etc. 533

die sich pro communi bouo sacrificiren, E^ K. M. etwa durch ein engeres foedus in quemcumque casum mögen versichert sein. ... Ich zweifle nit, E. K. M, werden diesfalls dero gnädigste resolutiones also einrichten, dass I. Ch. D. dardurch animirt und zu Fortsetzung dero generösen Ge- danken augefrischt werden mögen. Sonst erkennen sie wohl, wie ein schw^ere Sach sie antreten; die ministri haben es auch zu Genügen re- monstrirt, ihr grosses und heroisch Gemüt superirt dannoch alles und sagten sie vergangenen Tagen zu dem von Schwerin, ihn zu encoura- giren, sie setzeten ihr Vertrauen auf Gott, der hätte sie aus viel schwere Sachen geholfen, er würde sie auch diesmalen nit verlassen. Es muss gleichwohl dahin gesehen werden, dass man I. Ch. D. in so grosser und schwerer impresa nicht allein und hilflos lasse. Ich mache die Rech- nung, dass vor 2 Monaten Brandenburg mit ihren Werbungen nicht fertig, noch zur Action werden gefasst sein. In der Zeit werd sich ausweisen, w^ohin der Türken disegno gericht, wie der Krieg in Niederland und dann auch die bei E^ K. M. von holländischer Seiten proponirte Trac taten sich veranlassen werden, darnach E. K. M. ihre Mesures werden nehmen können. Unterdessen werden sie sich also zu erklären wissen, damit das Werk aufrecht gehalten und I. Ch. D. zu Fortsetzung des- selben bestermassen animirt werden. :|

Kursachsen hat, wie Anhalt dem Goess mittheilt, gute Intentionen. Ich habe gesehen, was beide Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg zu Potsdam mit einander conferirt ^). Sie haben beide eigenhändig das protocollura darbei geführt und sagt man mir, dass Chursachsen sehr vernünftig von der Sach judicirt. Churbrandenburg vermeinete, dass die Religion bei dem niederländischen Krieg stark interessirt, derentwegen die evangelische sich darum anzunehmen. Chursachsen hat hierbei ge- melt, man könne die Holländer nit lassen, sie wären ein guter Stein im Brett ; Herzog Georg Wilhelm ") hat herentgegen, als auch ihme nacher dergleichen proponirt worden, diese Meinung weit geworfen, nihil minus hie agi, quam de religione. . .. Auf die Quaestion was zu thun, wann die Franzosen einige in den clevischen Landen mit holländischer Garnison besetzte Stadt attaquiren sollten, hat Chursachsen geantwort, sie wäre altioris indaginis, massen S. Ch. D. mir zu Dresden gesagt, dass sie es mit Fleiss gethaa, ihren Rechten auf selbigen Landen nit zu praeju- diciren. Im Uebrigen haben sie das Werk auf fernere Communication

') Für diese Verhandlungen Puf. 1. c. XI. 43; Droysen 1. c. III. ;, 390f. -) Herzog von Celle.

534 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 167,0.

und Consultation, so Chursachseu seither etwas declinirt haben solle, verschoben '). Ich habe nit alles gesehen, vermeine und habe auch etwas darvon gehört, dass wohl etwas wegen der in Hungarn vermeint- lich vorgehender Reformation darbei gemelt worden. Als man gegen mich dieses Werk berührt, habe ich geantwort, dass hierin sehr geirret werde; keine Reformation seie da vorgangen; die Evangelische bleiben in exercitio ihrer Religion an allen Orten, wo sie es vorhin gehabt. Nit ohne seie, dass wiegen einiger Kirchen zwischen den Catholischen, welche klagen, dass dieselbe ihnen wider Recht entzogen und vorent- halten worden und den Evangelischen Strittigkeiten vorhanden sein; hierin, wie in allen anderen Sachen, müsste ein und ander Theil Recht leiden^). Lockart ist abgereist und war mit den Erklärungen Brandenburgs, obgleich dieselben blos das Offert der Mediation enthielten, zufrieden 3); er hätte, wie man merkt, es lieber gesehen, wenn England sich nicht in den Krieg gemischt hätte. Schwerin ist der Meinung, dass diese französisch-englische Allianz nicht lange dauern werde.

Auch Opazki ist abgereist, bezüglich des Securses ist es dabei geblieben, dass der Kurfürst sich erbietet, die 1500 Mann mit 2 monatlichem Sold, den er vermöge des Vertrages zu zahlen nicht verpflichtet wäre, oder 500 Dragoner mit Verpflegung für 6 Monate hinzuschicken*).

Goess au den Kaiser. Dat. Berlin 20. Mai 1672. (Or.)

[Erklärungen der Braunschweiger Fürsten bezüglich der gegen Frankreich ein- zunehmenden Haltung. Verhandlungen des Canstein mit Herzog Georg Wilhelm. Beabsichtigte Sendung des Pöllnitz nach Celle, Anhalts nach Wien. Truppen- werbungen.]

20. Mai. Canstein ist von seiner Mission in Celle zurückgekehrt'). Die von ihm

angetragene Zusammensetzung pro communi securitate ist von den Herzogen von Braunschweig ambabus manibus amplectirt worden; als er mit Georg Wilhelm wegen Unterstützung der Holländer verhandelte, war dieser anfangs nicht abgeneigt; da aber die Holländer mit den Zugeständnissen karg waren und die Brüder des Herzogs diesen gegen den Abschluss eines solchen Vertrages einnahmen, hat er dann seine Ansicht geändert und erklärt, er und der Kur- fürst von Brandenburg seien zu schwach, Holland vor Frankreich zu schützen.

0 üeber Sachsens Politik in dieser Zeit Heibig 1. c. 301. Auerbach 1. c. 361 ff.

2) Vergl. Wolf 1. c. 3-40 ff.

3) Puf. 1. c. XI. 30. *) Puf. 1. c. XI. 106.

*) Vergl. Peter 1. c. 29.

Ungarisches Religionswesen. Opazki. Reichsangelegenheiten. 535

vom Kaiser sei Hilfe nicht zu erwarten etc., verraeineten demnach, dass auf eine dritte Party zu ihrer aller Sicherheit könnte gedacht werden.

Canstein begehrt Antwort auf die Frage, ob der Herzog mit dem Kur- fürsten sich zur Unterstützung der Holländer verbinden wolle, wobei man sich von brandenburgischer Seite bemühen würde, dass er alle Satisfaction bekäme; oder, wenn er dies nicht thun wollte, ob er bereit sei, sich zur Unterstützung von Brandenburg zu verpflichten, falls der Kurfürst von Frankreich angegriffen werden sollte. Ad 1"™ ist es darbei blieben, dass es einmal nun zu spät wäre; wann aber entweder E. K. M. oder einer der nordischen Kronen mit beitreten sollten, wäre er bereit darzu, und würde er alsdann mit denjenigen conditionibus, welche S"". Ch. D. gemacht würden, sich befrie- digen. Ad 2"'° quod non ; wann sie dies thun wollten, würden sie es ja lieber pro pretio und offerirenden subsidiis als gratis thun. Pöllnitz soll nun wieder nach Celle geschickt werden, um zu sehen, ob man des Her- zogs Bedenken beheben und von den Holländern bessere Bedingungen für Celle durchsetzen kann.

Ueber Anhalts Mission hat der Kurfürst Goess gegenüber noch kein AVort fallen lassen. Der Kurfürst wirbt eifrig Truppen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Mai 1672. (Or.)

[Reichsangelegenheiten. Köln.]

Meldet, dass die Entscheidung der ihm in Reichsangelegenheiten aufge- 20. Mai. tragenen Punkte zum grossen Theile von dem Verlaufe der Verhandlungen in Regensburg abhänge; jedoch hätte man ihm so viel zu verstehen gegeben, dass es sich in Zukunft hoffentlich mit diesen Dingen besser schicken werde. Köln betreffend sehe man gar wohl, dass dasselbe, wenn die Franzosen es angreifen, verloren gehen würde, bezüglich der Abwehr aber rechnet man auf den Kaiser oder auf den Gubernator der spanischen Niederlande '). Schwerin glaubt nicht, dass die Franzosen Köln angreifen werden.

Votum vom 23. Mai 1672 auf des Goess Schreiben vom 6. und 9. Mai. (Conc.)

[Verhalten Brandenburgs und der übrigen Mächte. Defensivbündnis mit Brandenburg.]

Die Räthe halten dafür, dass der Kaiser durch sein Schreiben vom 19. Mai-) 23. Mai. diese Berichte des Goess genügend beantwortet habe und Brandenburg genug- sam invitirt, dass ihm die Würfel auf die Tafel geworfen worden, wann

') Monterey.

'■') Liegt nicht vor.

536 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

er spiüleii und sich hierin eigentlicli erklären will; sonsten besorgt man wohl, man werde die Fuhr versäumt haben und daliero besser gewesen wäre, wann man Churbrandenburg gleich anfangs gcfasst hätte, dann auch dardurch Braunschweig mitgezogen wäre. Anietzo ist selbiges Haus fast völlig, Brandenburg aber etliche Schritt zurück, Würtemberg aestimirt, Mainz und Trier aber förchten Frankreich. Goess ist zu spät abgereist. . . . Das foedus defensivum solle er auf alle Weis poussiren, dann dieses ist der erste gradus, nach welchem man eines und das andere weiters reden und schliessen werde können, und dieses apprehendirt Frankreich mächtig.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 24. Mai

1672. (Or.)

[Religionsangelegenheiten in Ungarn.]

24. Mai. Der Kurfürst hat mit Betrüben vernommen, dass den Anhängern der Augs-

burger Confession in Ungarn ihr bisher gehabtes freies exercitium religionis mehr und melir genommen, auch die Kirchen weggenommen oder geschlossen werden. Bei E"". K. M. bedarf es keiner Anführung, was auf solche Ex- tremität zu erfolgen pflege und haben es die traurige exempla in vorigen Zeiten gnugsam erwiesen, da hergegen kundbarlich zu Tage stehet und die Erfahrung lehret, wie die unterthänigste Devotion und Liebe der Unterthanen, welche durch Beibehaltung derselben Freiheiten, sonderlich in Gewissenssachen, am meisten gewonnen, vermehrt und conservirt wird, der rechte Schild und die sicherste Wacht sei, dadurch Königreiche und Lande wider alle auswärtige Gewalt bei ihrem Flor und Aufnehmen er- halten werden. Jnmassen mir und meinen Mitständen zu sonderbarer Consolation gereichet, dass diese Persecution nicht von E''. K. M., sondern von hitzigen ihren der Evangelischen Feinden und widerwärtigen geist- liches Standes herrühre. Der Kurfürst bittet um die Erlaubnis für die Evan- gelischen intercediren und für sie Aufrechterhaltung ihrer Freiheiten fordern zu dürfen').

') Vergl. 0. Krauske, Der Grosse Kurfürst und die protestantischeu Ungarn; Sybel's Eist. Zeitschr. 1887 58. Bd. 465ff. für das Jahr 1672 speciell 1. c. 472 ff.

Religionsangelegenheiten in Ungarn. Oesterreich-brandenbiirgische Allianz. 537

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 25. Mai 1672. (Conc.)

[Allianz mit Brandenburg. Anerbietungen des Kaisers falls Neigung zur Verbindung

besteht. Köln. Sendung Mayernbergs nach Mainz. P. S. Anhalts Mission. Des

Kaisers eigenhändige Bemerkung in dieser Sache.]

Schon in der Weisung vom 19. ') hat der Kaiser dem Goess Befehl ertheilt, 25. Mai. dass du auf Treffung des foederLs defensivi provisionalis auf alle Weis dringen und darbei melden wollest, dass wir mit seiner L*^®". selbige zu Erhaltung des instrumenti pacis, des clevischen Friedens und pro de- fensione Rheni gar gern eingehen und sobald wir gewiss wissen, wohin dann S'. L. Gedanken und Intention sowohl circa extensionem desselben, als auch wegen der Holländer, eigentlich zielen und was sie diesfalls in einem und andern beständig resolvirt sein, dass auch wir uns gestraks positive darauf gnädigst resolvirn und dir das weitere zukommen lassen werden. Bei diesem Entschlüsse bleibt es.

Was nun das Hauptwerk und die mit Churbrandenburg vorhabende Tractaten anberührt, da hast du gar Recht gethan, dass du sein des Churfürstens zu Brandenburg L*'*". sowohl als dero ministros wegen der sich noch gut schickenden Sachen dergestalt getröstet. Und weilen wir sehen, dass diese Sach je länger, je besser zeitig wird, als wollen wir dir die Hände hiemit so weit eröffnet haben; wann du an Seiten Chur- brandenburg zu dem foedere defensive ein wahrhafte, rechtschaffene Nei- gung findest und man dich versichert, oder du hoffen kannst, dass auch Braunschweig und Dänemark darein treten werden, wir uns auch einer gleichmässigen Gegenassistenz von ihnen wirklich zu getrösten, wann wir von Frankreich oder andern angegriffen würden; dass du solches nach dem dir mitgegebenen Project^) vergreifen und uns zu unserer weitern gnädigsten Resolution einschicken, darbei auch die Ver- sicherung geben mögest, dass wir auf solchen Fall und nach solchen geschlossenen foedere resolvirt sein, nicht 2 oder 4000 Pferd, sondern ein ganzes Corpo, alldorten, all wo es die Noth oder die Coniuncturn er- fordern, selbiges sowohl in genere als in specie der Stadt Colin und Lippstadt und die miteintretende confoederatos darmit zu defendiren, mit conjungirender andern confoederirten W^affen und mit dem allge- meinen Gutbedünken zu schicken; wie wir dann an Ein- und Zusam- menrichtung dieses Corpo . . . bereit in wirklicher Deliberation begriffen.

Im änderten wollest du dir die Erhaltung der Stadt Colin und deren

0 Liegt nicht vor. '^) Liegt nicht vor.

538 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

mehrere Praesidiirung ex parte Churbrandenbiu-g bestes angelegen sein lassen und ehender nicht darvon aussetzen, oder dem Churfürsten und dessen ministris in Ohren zu liegen aufhören, als bis du diesfalls von ihro ein favorabl Resolution erhalten; doch aber dieses mit solcher Fiir- sichtigkeit und in höchster Geheim, dass es Frankreich nicht zu frühe erfahre, weiln uns der Marches de Grana ') eriudert, dass V'^erjus^) ge- sagt habe, sobald wir oder das römische Reich in dem geringsten seines Königs Progressen etwas in Weg legen wollten, dass sich derselbe noth- wcndig der Stadt Colin würde bemächtigen müssen. Mayernberg geht nach Mainz, hofft dort Mahrenholtz anzutreffen.

P. S. vom 26. Mai.

Schreiben vom 16. Mai erhalten; Goess kann Schwerin die Versicherung geben, dass der Kaiser alles was in seiner Macht liege, thun werde, um Anhalt eine befriedigende Antwort zu geben.

Der Kaiser fügte diesem P. S. eigenhändig hinzu: „Anheut hat gedachter Fürst von Anhalt bei mir die erste Audienz gehabt, hoffe, er werde mit der Vorantwort nicht übel zufrieden gewest sein und will ich bedacht sein, ihn bald und hoffentlich almeno con ragione contento zu depeschiren ^).''

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Mai 1672. (Or.)

[Des Pöllnitz Aeusserungen über die Erklärungen des Herzogs von Celle. Unter- redung darüber und über die allgemeine Lage zwischen dem Kurfürsten und Goess. Mission eines neuen französischen Gesandten. Karl von Lothringen.]

17. Mai. Pöllnitz ist aus Celle zurückgekehrt; er bringt dieselbe Resolution wie

Canstein, dass der Herzog von Celle nur dann sich zur Unterstützung Hollands entschliessen könnte, wenn der Kaiser und Dänemark zugleich gegen Frankreich vorgehen würden. I. Ch. D. haben mir trefflich stark zugesprochen, man möchte nun sehen, was man unsererseits thäte; es käme auf uns an; was sie anbelangete, sollte ich glauben, dass sie sich, auch mit aner- bietenden Avantagen aus der Sach zu ziehen wüssten; sie sähen aber, wo es hinaus wollte. |: Churbaiern^), Pfalz und Colin wären allbereit resolvirt den König in Frankreich zum römischen König zu machen :j; sie für ihre Person abhorrireten a Servitute und wollten lieber sterben.

^) Kaiserlicher Bevollmächtigter in Köln.

'-') Vertreter Frankreichs in Berlin, später in Regensburg.

3) Ueber Anhalt's Aufenthalt in Wien Puf. I.e. XL 49 ff.: Droyseu I.e. III. 3 395ff.; Wolf 1. c. 383 f.: Mignet 1. c IV. 77 ff.; Orlich 1. c. IL 52; Wagner 1. c. L 281f.

^) Baiern hatte in der That im Vertrage vom Jahre 1670 ein derartiges Ver- sprechen gegeben: vergl. den Vertrag vom 21. März 1670 bei Buchner, Gesch. Baierns VIII. 15f.; Recueil VII. Einl. XII. f.

Verhalten der Braunschweiger. Unterredung zwischen Friedrich Wilhelm u. Goess. 539

als sich das Joch über''u Hals ziehen lassen; allein aber könnten sie die deutsche Libertät nit verfechten. Hier entdecketen sie mir, dass sie den Fürsten von Anhalt nach Wien geschickt, damit sie E"". K. M. ca- thegoricam resolutionem und zwar bald haben können. In his terminis seind sie; auf einer Seiten |: sehen sie sich in imperio noch allein, auf der andern Seiten haben sie mit Holland schon geschlossen, wie sie mir selbst gestünden und solle das Geld nun täglich hieher kommen:!. Goess antwortet, indem er darüber klagt, dass der Kurfürst ihm weder von dem Resultate der Verhandlungen mit Amerongen, noch von der Mission Anhalts Mittheilung gemacht; gibt im übrigen allgemein gehaltene gute Versicherungen und sondirt, ob dieses nit gut befunden werden möchte, dass weilen E. K. ]\I. in dem statu, worin sie sich gegenwärtig befinden, sich nit so weit, als sie sonsten wohl thun würden, erklären könnten, S. Ch. D. und die übrige Confoederirte, wann sie in ihren Landen angegriffen würden, sich dero und anderer Mitconfoederirten Securs versichert wüss- ten. |:Sie trungen darauf, dass sie einige kaiserliche Völker darbei haben müssten ; sie wolltens, wann ja ein Türkenkrieg auskomme, doppelt ersetzen. M an zielet auf E^ K. M. Declaration um so viel mehr, weilen man siehet, dass die Cellische und andere darvon dependiren. E. K. M. können's unmassgeblich versuchen, ob auf diesen Schlag etwas zu thuen sein möchte, die werden's im Uebrigen gnädigst also zu verordnen wissen, damit Brandenburg nicht disanimirt, noch discouragirt werde:'. Was die Tractaten mit Holland anbelangt, ist ein Werk a part und muss zwischen E. K. M. und die Staaten General abgehandelt werden '). Der Kurfürst theilt dem Goess mit, dass ein neuer französischer Gesandter-) unter- wegs sei, der die Neutralität und die Lippstadt zur Versicherung begehren soll. Der Kaiser dürfte aus dem Haag bereits erfahren haben, dass der Herzog von Lothringen unter gewissen Bedingungen den Holländern seine Dienste an- getragen hat. Der Kurfürst glaubt, wie Goess, dass des Lothringers Dienste der gemeinsamen Sache sehr vortheilhaft werden könnten.

Anhalt an den Kaiser. Dat. Wien 19./29. Mai 1672. (Aut.)

[Zweck der Mission Anhalts au den Wiener Hof. Nothwendigkeit des Widerstandos gegen Frankreich. Rath des Kurfürsten in dieser Frage.]

Allerunterthänigstes memorial, darinnen auf allergnädigstes be- 29. Mai.

^) Vergl. für den Stand der Österreich-holländischen Verhandlungen in dieser Zeit, Grossmann 1. c. 21 ff.

2) Fromenteau Comte de la Vauguion.

540 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

geliren, Ihr Clmrf. Gnaden zu Brandenburg unterthänig.ster fiirschlag undt trewgemeintes erbiethen schrifftlich fürgestellet wirdt.

Demnach Ihr Churf. Gnaden genugsam wissen undt versichert seindt, das Ihr keyserl. Maiestät, alss des H, Rom. Reichs höchst ge- ehrtes Oberhaupt, die ietzige kriegsgefahr sehr zu hertzen nehmen undt nicht allein daran ein sonderbahres misslallen tragen, das nunmehr eine geraume zeit her frembde völcker auf des Reichsboden geführet, des- selben Frontierstädte, auch mitten im Reich gelegene feste platze, damit beleget undt die beste manschafft auss Deutschlandt für frembde weg- geworben undt überführet worden, sondern auch mit Ihr Churf. gnaden undt anderen getreuen undt wohlmeinenden Reichs Ständen befahren, dass das kriegsfeuer de mehr undt mehr umb sich greiffen undt durch gewaltsahmen eintrag, Überfall undt vielfältige bedrängnüss das Rö- mische Reich zerrüttet, auss den theuer erworbenen frieden in unumb- gängliche undt hochverderbliche unruhe gesetzet undt entlich dem ietzigen ansehen nach gar zergliedert werden möchte; dagegen aber keine zu- längliche mittel zur Sicherheit des Reichs undt verhüthung oder hinter- treibung solcher gefahr bey banden, sondern die Regenspurgischen con- sultationes wegen der Reichsverfassung') einen weg wie den andern langsahm von statten gehen undt die Stände bey den bekandten umb- ständen, da der eine dieses, der andere ein anderes absehen hatt, schwer- lich zum einmüthigen Schlüsse zu bringen seindt; alss erkennen Ihr Churf. gnaden sich schuldig, alss ein getrewer Churfürst des Reichs, Ihr K. M". unterthänigst anzurahten undt dieselbe gehorsambst zu ersuchen, das Ihr keyserl. M". solche consilia ergreiffen wolle, die dero hohen keyserlichen authorität fürträglich, dem Römischen Reiche erspriesslich undt dadurch dasselbe für obangeregter gefahr auff das schleunigste undt mit nachdruck bewahret undt gesichert werden möge; können auch hier- zu kein besser undt zureichenders mittel besinnen, alss das Ihr keyserl. M". ansehnliche trouppen nach dem Reinstrom ehestes marchiren lassen undt dadurch andere wohlmeinenden Churf., fürsten undt ständen einen gutten muht undt höchstlöbliches exempel dergleichen zu thun geben wolten. Ihr Churf. Gnaden seindt auch erbötig Ihr keyserl. M". mit raht undt that gebührlich an banden zu stehen undt gleichfals einige ansehnliche trouppen näher dem Reinstrom marschiren lassen, umb zu obigen zweck getreulich zu concuriren.

') Vergl. die Acten bei Pachuer 1. c. 1. öT^ff,

Memorial Anhalts. Der Kurfürst bittet um Hilfe gegen Frankreich. 541

Solte es auch Ihr key.sorl. M". allergnädigst belieben mit Ihr Churf. gnaden .^ich deshalben absonderlich zu vernehmen, wie sothanes defen- sion werg anzustellen undt die praestanda von einer undt andern Seiten festzusetzen, so wollen Ihr Churf. gnaden sich Ihr keyserl. M". gnädigsten gefallen hierinnen accomodiren undt in allen sich also erweisen, das Ihr. K. M'*. in der that verspühren werden, wie Ihr. Churf. gnaden nichts liebers seye, alss Ihr keyserl. M". wohlgemeinte Intention, dero ge- bührenden hohen respect undt des Römischen Reichs ruhe undt Wohl- fahrt nach eüsserster mügligkeit zu befördern ').

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 3. Juni st. v.

1672. (Or.)

[Einfall der Franzosen in die kurfürstlichen Länder. Yorgfehen des Bischofes von

Münster. Bitte des Kurfürsten beim Reiche um Abhilfe einzuschreiten. Dank für

die bezüglich Lippstadts versprochene Hilfe.]

Ueber der Franzosen Einfall hat der Kurfürst schon berichtet. Für ietzo 3. Juni, kann ich nicht umhin, E'". K. M. unterthänigst zu berichten, wie dass '^ ' ^" höchstbemelter König in meine clevische Lande gegangen und zweene feste Oerter darin, als Wesel und Orsoy, zur Uebergabe gezwungen^). Auf dem platten Lande besagten Herzogthums seind verschiedene Hausleute erschossen, Häuser ausgeplündert und abgebrannt, das Getreide auf dem Felde zertreten und das Viehe weggetrieben. Dabeneben w^erde ich auch berichtet, wie der Bischof von Münster die Grafschaft Lingen mit seineu Völkern beleget und die Einwohner zur Huldigung gezwungen ^). Als nun dergleichen Thätligkeiten dem so theuer erworbenen Frieden im Reich zuwiderlaufen und die allgemeine Ruhe dadurch gehoben und ge- störet, so trage ich keinen Zweifel, E. K. M. darunter, dero hohem kai- serlichem Amte nach, die höchstrühmliche Anstalt machen werden, dass denen zu Regensburg versammleten Reichsständen solcher Zustand nicht allein fürgestellet, besondern auch dem Uebel durch schleunigste Hilfs- mittel gesteuert werde. In einem zweiten Schreiben vom selben Tage dankt der Kurfürst dem Kaiser für sein Schreiben vom 30. Mai, in welchem dieser Hilfe für Lippstadt verheissen und bittet nochmals um ebensolche Unterstützung für die neuen Gefahren.

1) Die Instruction für Anhalt bei Puf. 1. c. XL 49; Droysen 1. c. III. 3 394f. ^ Vergl. Droysen 1. c. III. 3 oddi.: Ennen 1. c. I. 260 ff. ; Orsoy eapitulirte am 3., Wesel am 5. Juni.

■') Vergl. Depping, Gesch. des Krieges der Münsterer und Kölner 53.

542 ^ I- Goess in Berliu, Aulialt iu Wien. 1672 1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Juni 1672. (Or.)

[Schwedens Politik. Des Mahrenholtz Berichte. Karl von Lothringen. Werbungen.

Stratmans Erklärungen. Amerongen. Unterredung mit Schwerin über der Holländer

Benehmen und über die allgemeine Lage.]

3. Juni. Die Schweden suchen den Eindruck des mit Frankreich geschlossenen Ver-

trages') durch beruhigende Erklärungen abzuschwächen. Wolfrad, Schwedens Vertreter in Berlin, ersucht Goess für den Abschluss der Verträge zwischen Schweden und dem Kaiser bei dem letzteren zu wirken. Des Mahrenholtz letzter Bericht über seine Unterhandlungen mit dem Mainzer ist nicht so günstig, wie die früheren -'). Schwerin ist nicht so begierig wie der Kurfürst den Herzog von Lothringen an sich zu ziehen. Die "Werbungen gehen fort.

Stratman berichtet, dass sein Herr noch freie Hand habe. Amerongeu be- sucht Goess; der Vertrag zwischen Frankreich und Schweden beunruhigt ihn wenig. Dem Baron von Schwerin gäbe ich vor 2 Tagen zu verstehen, dass ich mich in der Holländer Conduite und negociationibus nit finden könnte, |:die fast an allen Höfen sucheten Assistenz, offerirten subsidia und foedera. Am kaiserlichen Hof wüsste ich nit, dass dergleichen noch geschehen, da sie doch in der That verspiireten, dass E. K. M. das pri- mum mobile zu sein, ohne welchen auch diejenige, mit welchen sie tractirt, nichts thuen wollten. Er gäbe mir recht, vermeinte darbei, dass wann man die Proposition beim kaiserlichen^) Hof anhören möchte, die Holländer sich aufs äusserste angreifen, Brandenburg sie'') auch aufs all erkräftigste hierzu adhortiren würde. : i Er verhoffete, dass es sich mit dem türkischen Krieg also schicken würde, dass E. K. M. in statu zu verbleiben, in dem niederländischen Werk die Hand mit anlegen zu können. Ich remonstrirete hierbei, dass hierzu nichts dienlichers sein könnte, als das vorgeschlagene foedus zwischen den Benachbarten für ihre gemeine Sicherheit wider die Türken, wann sie Polen augreifen sollten.

^) Gemeint ist der Vertrag vom 14. April 1672; vergl. Mignet I.e. III. 365 ff.: Dumout 1. c. VILi 166 ff.; Puf. 1. c. XL 39; Carlson 1. c. IV. 555.

-) Ueber des Mahrenholtz Aufenthalt beim Kurfürsten von Mainz Puf. 1. c. XI. 45; Guhrauer I.e. I. 184 ff.

^) A := holländischen.

■•) A = sich.

Schwedens Politik. Unterredung zwischen Schwerin und Goess. 543

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Juni 1672. (Or.)

[ürtheil des Goess über das bei Brandenburg einzuschlagende Verfahren, über die bezüglich Kölns vorzunehmenden Massregeln, sowie über die beim Mainzer zu beob- achtende Politik.]

Weisung vom 25. Mai erhalten, wird nach derselben vorgehen ; hält es aber G- Juni, für angezeigt, mit der Betonung der Schwierigkeiten solange zu warten, bis er vom Kaiser Bericht erhält, wie weit man mit Anhalt gekommen. |: Wecren der Stadt Colin ist freilich dieselbe solchergestalt in bessere Sicherheit zu setzen, dass die Sach geschehe, ehunder die Franzosen vorkommen, wie ich besorge, dass sie es zu Lüttich gethan oder auch thuen werden. Bezüglich der Holländer muss man sich in Zeiten wohl vorsehen; wann E. K. M. sich in einige Tractation mit ihnen einlassen sollten, würden sie sich in diesen und andern Dingen viel faciliore.s zeigen. . . . Sonsten kommt es mir also vor, dass für diesmalen E. K. M. der Orten fast leichter ein corpus, wenigisten so gross, als zu dieser Intention gehört, formiren und zusammenbringen, als eines von andern Ort dahin mar- schiren lassen könnten. Mich gedünkt, dass wann dieselbe bei diesen Coniunctureu ein kleines Corpo in Colin oder in Gegend thäten, dass es in vielerlei Weg sehr nützlich gewesen wäre; die 800 lothringische Pferd hätten gar wohl ganz gebraucht werden können; wann man sich mit denen 3 Churfürsten, welche Commissarien in der Sach gewesen '), ver- stünde, könnte von ihren Völkern eine Anzahl zu Formirung dieses Corpo ad interim gebraucht und nacher wiederum ben ersetzt werden. ... Im Uebrigen wäre meines Erachtens fast besser diese Stadt in statu quo noch zu lassen, als mit geringer Armirung des praesidii suspiciones zu erwecken und mithin Anlass zu geben, dass die Franzosen, welche ein wachendes Aug darauf haben, uns vorkommen^). :| Goess empfiehlt, den Kurfürsten von Mainz zu günstigen Erklärungen Mahrenholtz gegenüber zu animiren.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Juni 1672. (Or.)

[Erklärungen Wolfrads bezüglich des schwedisch -französischen Vertrages und der Haltung Schwedens in der allgemeinen Lage. Abreise desselben. Unterredung des Goess mit Jena über den schwedisch-französischen Vertrag und über Schwedens Vor- gehen überhaupt.]

Wolfrad, mit dem die kurfürstlichen Minister und Goess wegen des mit

■) Mainz, Trier, Brandenburg.

■^) üeber die Lage in dieser Zeit Ennen 1. c. I. 2GG ff. ; Depping, G. B., Gesch. des Krieges der Münsterer und Kölner, 49 ff.

544 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Frankreich geschlossenen Vertrages sprechen, sucht die Sache möglichst harm- los hinzustellen '). Er erklärt dem Goess bezüglich Kurkölns und des Bischofs von Münster. |: das? wann man Frankreich nur nicht directe angreifen thäte, die Krön Schweden im Uebrigen, wegen der Holländer leistenden Secursen, sich nicht moviren würde:!, bittet ihn den Kaiser zur Herstellung eines guten Einvernehmens mit Schweden zu ermuntern und beklagt sich über das Mistrauen, mit welchem man ihm in Berlin begegne. Wolfrad ist abgereist, denkt aber bald zurückzukehren. Der von Jena ist gegen mich trefflich wider diesen Tractat losgangen; man habe denselben weder bei E^ K. M. noch im Reich nit zu leiden; Wolfrad wäre per modum interrogatio- num so viel vorgestellt worden, dass er darauf nit zu antworten ge- wusst. Im Uebrigen j : considerato praesente statu rerum Sueciae ver- meinte er nit, dass sie viel bei der Sach thueu würden; mochte auch Wohlsein, dass sie mehr auf Geld als dahin angesehen :|. Er vermeinte, dass noch wohl daran geschehen würde, wann E. K. M. das projectirte foedus mit Schweden schliessen thäten.

Puncte von dem Kaiser selbst aufgesetzt für die Conferenz. Dat. 10. Juni 1672. (Copie.)

10. Juni. Lieber Fürst')! Bei der heut haltenden Conferenz, vermeine ich,

werden nachfolgende puncta zu deliberiren sein als:

1°. Was jüngst durch den Montecuccoli und Hofkanzler mit dem von Anhalt gehandelt worden: ob und was noch ferners zu thuen sei.

2°. Ob und was man davon dem spanischen Gesandten allhier") und dem von Pötting in Spanien zu communiciren und zu befehlen sei.

S*'. Weiln Gremonville^) stark mit dem Hof kanzler ') exclamiret, wie man sich mit ihme zu verhalten.

4°. Ob die durch den Kanzler mit dem dänischen eventualiter ab- gehandelte puncta zu approbiren und was ferners mit ihme, dänischen, zu handeln.

5°. Was man ferners mit den Holländern tractiren, aucli dem Lisola befehlen solle '').

') Vergl. Puf. 1. c. XI. 39.

-) Vermutblich Lobkowitz.

^) De los Balbesos (llarchese Balbo, Duee di Sesto).

•*) Französischer Botsciiafter in Wien.

^) Hocher: vergl. Mignet I.e. IV. 77 ff.

^) Vergl. Grossmann 1. n. 24 if.

Confereuzen zwischen Anhalt, Montecuccoli und Hocher. 545

6°. Wird man de foedere Sueco-Gallico reden müssen und ob nicht deswegen auch generaliter mit dem Pufendorf zu reden').

Weil der Hofkanzler irapossibilitirt ist zur Conferenz zu kommen, als habe ich ihm befehlen lassen seine Meinung schriftlich zu eröffnen ").

Conferenz zwischen Anhalt, Montecuccoli und Hocher. Dat. 12. Juni 1672. (Copie.)

[Bemerkungen Anhalts bezüglich des Allianzprojectes. Zeit des Aufbruches der Truppen. Marschroute. Proviantirunsf. Commando. Regimenter der Auxiliartruppen.]

Am 12. Juni sind Anhalt und Montecuccoli bei Hocher erschienen, alhvo 12. Juni. I. F. G. das projectum foederis defensivi inter Caesarem et Electorem Brandenburgicum vorgelesen und von derselben darwider nichts movirt, sondern alles approbirt worden: darauf auch in militaribus von dem Fürsten die Anfrag geschehen, 1. Ch. 1). begehrten die Zeit zu wissen. wann die Regimenter könnten beisammen stehen und folgends sich con- jungiren, worauf die Antwort erfolgt, sie stünden in Böhmen und dahier in der Nähend, könnten aber nit lang zu Eger subsistiren, also nit ehen- der aufbrechen, bis man wisse, dass sie gleich fortgehen sollen. Als der Fürst weiters gefragt, ob sie den 30. Juli beisammen sein könnten, hat inan geantwortet, es werde keine Difficultät sein. Man sagt dem Anhalt ferner, sobald der Vertrag ratificirt sein und der Kurfürst den Marsch for- dern werde, würden die Truppen marschiren und zwar halte man es für das zweckmässigste. dass sie durch das Cnlmbach'sche, Fuldische und Paderborn'- sche marschiren, oder wo sie am nächsten mit den kurfürstlichen zusammen- stossen können. Wegen des Proviantes bleibt es dabei, dass der Kurfürst aus seinen Magazinen an der Elbe und Weser die kaiserlichen Truppen versorgt, um den Preis, zu dem der Knrfürst das Getreide gekauft, zahlbar in Geld oder in Ersatz der Waare. Bezüglich des Commando's wird es gehalten werden, wie es bei dem vorigen Feldzuge und bei der Vereinigung mit kurfürstlichen Truppen gehalten Avorden ist. Auf Anhalts Begehren die Regimenter zu wissen, die der Kaiser senden wolle, Averden ihm folgende angeführt^):

') Esaias Pufendorf, Schwedens Vertreter in Wien: vergl. seine von Heibig 1862 herausgegebene Schilderung des Wiener Hofes.

^) Vom selben Tage stammt die Vollmacht für Goess mit Brandenburg abzu- schliessen; Wien 10. Juni 1672. Cone.

^) Für diese Kriegsereignisse und insbesondere für Montecuccoli's Stellung und Haltung vergl. Grossmann; Raimund Montecuccoli, A. f. K. ö. G. LVIl. 402ff., woselbst auch einige Schreiben Montecuccoli's aus den Jahren 1672 und 1G73 abgedruckt sind, 446 ff. ; auch ist die Biographie Montecuccoli's von Campori zu vergleichen.

.Mater, z. Oesch. li. G. Kurfürsten. XTV. 35

546 VI. Ooess in Berlin, Anhalt in Wien. 1GT2— 1675.

Cavallerie: Montecuccoli 890 Mann, Sporck 890, Schneidau 890, Caprara 890, Heister 890 = 4450. Infanterie: Portia 2500, Pio 1250, Kaiserstein 1250, Knigge 1250, Leslie 1250 = 7500; in summa 11950.

Bericht Hochers über seine Unterredung mit Anhalt und über den Gang der Verhandlungen mit demselben. Dat. 12. Juni

1672. (Aut.)

[Verhandlungen Hochers mit Anhalt über des Kaisers Beitritt zur brandenburg-

staatischen Allianz. Berathungen Anhalts mit Hocher und Montecuccoli. Abfassung

eines Projectes. Befehl für Goess.]

12. Juni. Da die Erklärungen Anlialts zu allgemein waren, liat Hocher mit demselben

im Auftrage des Kaisers verhandelt. Anhalt theilte mit, dass der Kurfürst ein Bündnis mit den Staaten geschlossen, nach welchem er denselben mit 20 000 Mann zu Hilfe kommen solle ') und bat im Namen des Kurfürsten um den Bei- tritt des Kaisers zu dieser Allianz. Hocher sagte, wie schwer es wäre die Staaten gegen Frankreich zu unterstützen, weilen der § ut autem eo sincerior des Instrumenti Pacis Caes. -Galilei, zumahlen darinnen et liostium prae- sentium et futurorum meidung gescliehe, angezogen werde, und das letzte französisch-schwedische Bündnis zeige, wie sehr Frankreich sich auf diese Worte stütze. Man sei zwar österreichischerseits nicht der Ansicht, dass diese Inter- pretation Frankreichs richtig sei, allein es gebe doch zu denken. Dazu komme, dass es sehr gefährlich wäre direct gegen Frankreich vorzugehen. Der Fürst von Anhalt sali dies ein und es wurde darauf ein Project abgefassf-), über das zwischen Anhalt einer-, Montecuccoli und Hocher andererseits berathen wurde ^). Anhalt fand dieses Project ganz entsprechend und war zur Unterzeichnung be- reit, die aber nicht acceptirt wurde, da Anhalt keine Vollmacht hatte. Viel- mehr soll Goess die Sache in Berlin zu Ende führen und wenn etwas von Brandenburg gegen das Project vorgebracht werden sollte, soll er darüber also- gleich berichten. Der Kaiser hat Anhalt mittheilen lassen, dass er ohne Sub- sidien die Staaten nicht werde unterstützen können. Goess soll dem Kurfürsten davon Mittheilung machen und ihn ersuchen, des Kaisers Begehren bei den Staaten zu befürworten; der Kaiser lasse durch Lisola und Kramprich im Haag und hier mit Bruijnincx verhandeln*).

') § 1 des Vertrages; vergl. Mörner 1. c. 3G0.

■•') Liegt nicht vor; es entspricht fast wörtlich dem am 13. /2o. Juni abge- schlossenen Vertrage; vergl. den Bericht des Goess d. d. 27. Juni 1G72. ^) V^ergl. das vorige Stück. '') Vergl. Grossinann 1. c. 24 f.

Vethancllungen mit Anhalt. Eindruck der NaLhiicliten über Frankreichs Vorgehen. 547

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Juni 1672. (Or.)

[Eindruck der Nachrichten von den Erfolgen der Franzosen. Unterredung darüber zwischen Goess und Amerongen. Guter Eindruck der Meldungen Anhalts aus Wien. A'erhalten des Herzogs von Celle und des Königs von Dänemark. Sendung Blumen- thals nach Kopenhagen. Urtheil des Goess über die von den Holländern zu treffen- den Massregeln. Vorgehen Kölns, Münsters und Paderborns gegen Holland. Die Stadt Köln betreffend. Ansicht der Holländer über das vom Kaiser einzuschlagende

Verfahren.]

Die Nachrichten von den Erfolgen der Franzosen, von der Einnahme von 13. Juni. Orsoy, Wesel etc. und von ihrem Vordringen haben hier grosse Bestürzung hervor- gerufen. Amerongen äussert sich zu Goess dahin, dass sie verderben, oder quocumque modo Fried machen miissten; keine so prompte Securs, als es die Noth erforderte, könnten sie von nirgend erwarten. Goess sucht ihn zu trösten, meint aber selbst, dringende Hilfe thue Noth, wenn man Holland noch retten wolle ^). I. Ch. D. seind über diese Nachricht zwar sehr sur- prennirt gewesen, aber es seind zu rechter Zeit eben denselben Tag, als wir's bekommen, zwo relationes von dem Fürsten von Anhalt eingeloffeu, I: welche dieselbe sehr animirt'); dann sie machen nunmehr keinen Zweifel, dass E. K. M. ein rechts Corpo einer Armee herabschicken wer- den und sagten mir gestern, dass allbereit von den Regimentern, welche darzu destinirt, gehandlt würde. Dass der Herzog zu Celle sich erklärt, wann E. K. M. :| sich hierzu resolviren thäten, die Party mit anzunehmen, habe ich schon vorhin bericht^). Mit Dänemark solle die Negociation in guten terminis stehen^). I. Ch. D. werden morgen oder übermorgen den von Blumenthal wiederum nach Kopenhagen abfertigen^); der chur- brandenburgische Resident allda gibt gute Vertröstung. Die Holländer werden vermuthlich durch diesen Streich besser aufwachen und ihre uegociationes, über derer Langsamkeit man fast allenthalben geklagt, resoluter und schleuniger fortsetzen, | : Ich werde daran treiben, da- mit sie auf alle Weis sehen, Chursachsen und selbiges Haus zu ge- winnen:!. Nach meinem Bedünken thäten sie nun besser, dass sie ihr Geld anwendeten gute fremde Völker zu erhandlen, als dasselbe in eigene neue Werbungen, mit welchen sie sehen, wie schlecht ihnen bedient, zu stecken. Alles ist an dem gelegen, dass man die Sach nit lasse in

«) Vergl. Urk. u. Act. HI. 2G5 ff. 2) Urk. u. Act. HI. 267; Droysen 1. c. III.3 401.

^) Vergl. für diese Verhandlungen Brandenburgs mit Celle, Orlicli 1. c. II. 51.55. *) Vergl. Orlich 1. c. H. 55; über die brandenburg-dänischen Beziehungen dieser Zeit im allgemeinen Puf. 1. c. Xl. 4If. ^) Puf 1. c. XI. 42.

35*

548 ^''- Ooess in liciliii, Anhalt in Wien. 1G7"2 1G75.

Confusion gerathen, sondern schleunig clarzu thue. Wann der Conte de Monterey etliche gute Regimenter entbehren könnte, wäre sehr gut, dass sie zu den Holländern stossen und etwa an einem oder andern Ort, welchen die Franzosen attaquiren möchten, solchen Widerstand thäten, dass man Zeit gewinnen und das ganze Werk recht fassen könne. |: Brandenburg gehen mit ihren Sachen also um, dass sie sich wider Frankreich nicht erklären, noch feindlich bezeugen. Ihre Leut im Clevischen kommen zu den Franzosen, halten salva Guardien und rühmen die Civilität so ihnen gethan werde. Man dissiraulirt beeder- seits; Brandenburg, weilen noch nichts in Postur ist und seine Länder, so lang er kann, gern conservirt; die Franzosen, weilen sie anderwärts genug zu thuen, das Reich vor der Zeit nicht allarmiren wollen, und etwa Hoffnung haben mögen, Brandenburg von der Holländer Partie noch zu abstrahiren. Dieses mag sein, wne es wolle, man hat sich dabei all- wohl in Acht zu nehmen. Fast alle ministri bei diesem Hof seind dieser des Brandenburgs Resolution zuwider gewesen; die Sach gerathet nun zu den Extremitäten :|.

Kühl hat Holland den Krieg erklärt'), der Bischof von Münster-) hat nicht viel weniger gethan ; der Bischof von Paderborn ^) soll den Münsterer secun- diren.

j: Wegen der Stadt Colin unterlasse ich nicht die Notdurft bei allen Gelegenheiten vorzustellen. Ich befinde aber, dass man diesfalls dahie mit Chur-Mainz eines seie und darfür halte, dass man wegen der Gelosie und Anlass zum Bösen, so die Franzosen darauf nehmen würden, die Stadt noch in statu quo lassen (solle) : |. . . .

1: Wegen der völligen Ruptur mit Frankreich, so die Holländer in allen ihren Tractaten haben wollen, vermerke ich aus des Kramprichs Schreiben, dass der Pensionarius de Witt eben diese Maxime führe und vermeint, dass ihnen darmit nit geholfen wäre, wann E. K. M. nur Assistenz und aber dieselbe und Spanien nicht völlig brechen; worin sie meines Erachtens eben so sehr irren, als wann sie vermeinen wollten, dass andere den Krieg ihnen von dem Hals wegnehmen und sich selbsten aufladen werden ') : !.

') 27. Mai 1G72. Vergl. Enncn I. c. I. 260: Theat. Europ. XI. 4 ff.; Depping 1. c. 40 f.

2) 18. Mai 1672; Theat. Europ. XI. 7f.; Depping I. c. 4üf.

^) Ferdinand von Fürsteuberg.

■') F'iir das Vorgehen der Holliindei-, speciell de Witts, in dieser Zeit: Lefevre- PontaJis 1. c. II. 4r)4 u. a. 0.

Haltung Brandenburgs. Köln. Siege der Franzosen. Anhalts Mission. 549

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 14. Juni 1672. (Conc.)

[Zufriedenheit des Kaisers mit Anhalts Benehmen. Köln. Herzog von Lothringen. Religionsar.gelegenheiten in Ungarn.]

Anhalt dürfte mit der ihm gewordenen Antwort zufrieden sein, der Kaiser 14. Juni, war mit Anhalts Benehmen sehr zufrieden^). Goess soll fortfahren für die Erhaltung der Stadt Köln zu wirken. Bezüglich des Lothringers soll Goess trachten, dass ihm von Seite der Generalstaaten das Gewünschte zu Theil werde, da er den Staaten sehr nützlich werden kann.

Die Art, wie Goess den Klagen der Brandenburger über des Kaisers Vor- gehen gegen die Reformirten in Ungarn entgegentritt, billigt der Kaiser und erinnert ihn daran, dass er die zu Tyrnau von Anhängern der katholischen und lutherischen Religion ausgesprochene Strafe gegen die evangelische Gemeinde in Pressburg aus Güte noch nicht vollzogen habe"-^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Juni 1672. (Or.)

[Siege der Franzosen. Ankunft Yauguions. Urtheil des Goess über des Kurfürsten Verhalten zu Frankreich. Bedeutung der Meldungen Anhalts.]

Neue Nachrichten von Siegen der Franzosen laufen ein 3). Ein neuer fran- 17. Juni, zösischer Gesandter, C'«. de Vauguion, ist hier eingetroffen^). |: Es ist zu ver- rautheo, dass der König alles, was ihme möglich, thuen werde Branden- burg von den Holländern zu abstrahireu. Ich bin der Meinung, dass PM-audenburg mit Fleiss verreist, damit sie, ehe sie diesen Envoye hören, mit der morgigen Post vernehmen mögen, wessen sich endlich E. K. M. gegen den Fürsten von Anhalt erklärt, oder wohl, dass sie verhoffen, dass unterdessen der Fürst selber zurückkommen werde. Wann dem also, können E. K. M. gnädigst erachten, wie hoch es importire, dass der Fürst etwas tröstliches schreibe oder bringe : |.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Juni 1672. (Or.)

[Audienz des französischen Gesandten. Zufriedenheit des Kurfürsten mit Anhalts Schreiben. Schwerins Aeusserungen über Holland.]

Der französische Gesandte hat heute besondere Audienz beim Kurfürsten; 20. Juni.

') Ein Schreiben gleichen Inhalts an den Kurfürsten ist datirt Wien 13. Juni 1672. Conc.

2) Vergl. Theat. Europaeum XI. 61.

^) Vergl. Eunen 1. c. I. 266 ff.: Lefevre-Pontalis 1. c. II. 4-lOff.; Droysen I. c. HI.., 401: H.Peter. Der Krieg des Grossen Kurfürsten gegen Frankreich 1672 1675 44 f.

*) Vergl. Puf. I. c. XI. 52f.: Droysen 1. c. III ^ 400 f.: Mignet 1. c. IV. 89 ff.

550 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

über den Zweck seiner Mission schweigt er bisher '). Aus des Kurfürsten Mienen ersieht Goess, dass derselbe mit des Fürsten von Anhalt eingelaufenen Schreiben zufrieden gewesen sein muss. Schwerin theilt dem Goess mit, in wie schlechtem Stande die Angelegenheiten Hollands seien; die Entscheidung über des Kurfürsten Vorgehen hänge von des Kaisers Erklärungen ab.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 22. Juni 1672. (Conc.)

[Erklärungen des Kaisers bezüglich des Vorgehens gegen Frankreich. Oesterreich-

schwedische Beziehungen.]

22. Juni. Da in Folge der Fortschritte Frankreichs der Brandenburger vielleicht

wankend werden könnte, soll Goess den Kurfürsten aneifem sich nicht ein- schüchtern zu lassen, und sich gnädigst versprochener Massen versichern solle, wann zu uns beeden, andere und sonderlich Dänemark, BrjMin- schweig und Hessen-Cassel treten und ein rechtschaffene Zusammen- setzung der Gemüther und Consilien erfolgen werde, dass wir nicht allein die veranlasste 12000, sondern noch wohl mehrere tausend Mann zu Ross und Fuss fürderlich zu schicken uns resolviren dörften^). Der Kaiser wird sehen, auf welche "Weise die durch den verstorbenen Basserode mit Schweden geführten Verhandlungen mit Pufendorf in Wien wieder aufge- nommen werden können^).

Votum vom 24. Juni über des Kurfürsten Schreiben vom

3. Juni 1672.

[Massregeln des Reichs gegen Frankreich.]

24. Juni. Obgleich die übrigen angegriffenen Stände sich bisher noch nicht an den

Kaiser gewendet haben, daher es principiell fraglich wäre, ob man sich auf Brandenburgs Erklärungen allein hin zu entscheidenden Massregeln herbeilassen solle, halten die Räthe mit Rücksicht auf die aus einer Weigerung drohenden Gefahren dafür, dass der Kaiser dem Mainzer Mittheilung machen; die Sache vor die Reichsversammlung bringen lassen und von derselben energische Mass- regeln zur Behauptung des Reichsfriedens und Einhaltung der westphälischen Friedensbestimmungen fordern solle. Specialmittel anzugeben, halten die Räthe nicht für thunlich; auch halten die Räthe dafür, das Beeret an die Stände des Reichs sei iuxta formalia des brandenburgischen Anbringens einzurichten.

0 Vergl. Puf. 1. c. XI. 52; Droysen 1. c. III. 3 400; Mignet 1. c. IV. 90 ff. ^) Das Bündnis kam dann am 12./22. Sept. 1672 zu Stande; vergl. Mörner J.c. 367ff.

2) Vergl. Heibig 1. c 15f,

Massregeln gegen Frankreich. Verhandlungen über die österr.-brandenb. Allianz. 551

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Juni 1672. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit Anhalt und mit dem Kurfürsten bezüglich der Allianz. Anhalt preist den Kaiser und den Wiener Hof. Beralhungen des Goess mit Schwerin, Anhalt und Somnitz über das Allianzproject und den § Und gleich wie. Verhand- lungen der Brandenburger mit Vauguion. P. S. Den Kurprinzen betreffend ]

Die kaiserlichen Weisungen vom 14. Juni hat Goess empfangen. Bezüglich 24. Juni, des mit Anhalt in Wien verhandelten Bündnisses hat Goess mit dem zurück- gekehrten Anhalt und mit dem Kurfürten selbst gesprochen. Ich kann nit gnug sagen, wie höch.st rülimlich und mit was vor Bezeugung unter- thäuigster Devotion der Fürst von Anhalt von E^ K. M. höchsten Person, von den hohen kaiserlichen Qualitäten, mit welchen der allerhöchste sie begabt, von den kaiserlichen empfangenen Gnaden und dann von der Magnificenz dero kaiserlichen Hofs, von der Civilität und Confidenz, so E^ K. M. ministri und der ganze Hof ihme bezeugt, hier spricht und das nit allein gegen mich, sondern gegen I. Ch. D. und gegen männiglich, also dass ich eine sonderbare Freud darüber habe und alles für sehr wohl angelegt halte, weilen's der Fürst so wohl erkennt und zu aesti- miren weiss.

I. Ch. D. seind mit seiner Verrichtung und mit dem, was er mit- gebracht, auch sehr wohl zufrieden gewesen, haben gegen mich grosse contestationes gethan, wie Danknehmig sie alles annehmen und wie sie auf alle AVeis bezeigen wollen, dass E. K. M. einen treuen_^und recht deutschen Churfürsten an sie haben.

Am Nachmittag beräth Goess mit Schwerin, Anhalt und Somnitz über den Vertrag und die von Brandenburg gewünschten Aenderungen. Dieselben be- treffen nur formelles, Goess widerlegt die Gründe der Brandenburger').

Bezüglich des § ,,Und gleich wie" ist viel verhandelt worden; Goess hofft, dass in Zukunft die Angelegenheit sich besser schicken wird; die Ratification dieses foederis extendistici haben die Churbrandenburgische noch nit aus Händen gegeben; werd hoffentlich auch nit geschehen"'). Mau ist in Berlin damit beschäftigt die 800 lothringischen Pferde in des Kurfürsten Dienste zu bringen.

Gestern ist der französische Envoye, Conte de Vauguion, von hier abgereist; wie mir I. Ch. D. gesagt, habe er begehrt zu wissen, wessen sich der König gegen dieselbe zu Versehen, hat unter andern ahnden wol- len, dass S. Ch. D. zu E. K. M. und dann zu unterschiedliche andere Po-

') Der Vertrag wurde am 23. Juni geschlossen; vergl Mörner I.e. 364ff. ; Du- mont 1. c. Vir., 201 ff.

-) Die Ratification war bereits am 20. Sejit. IfiTl erfolgt: Mörner I.e. 342,

552

VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 167.5.

tentaten geschickt, auch Gehl von den Holhändern empfangen. Was das Geld anbelangt, haben I. Ch. D. gesagt, dass sie es Lehenweis genom- men; im übrigen empfinden sie, dass man deroselben verwehren wolle, zu E"". K. M. und andern Potentaten zu schicken; haben viel Klagen wider der Franzosen Procedur vorgebracht, ... in summa, wie ich bis- noch bericht werde, habe man gesehen den Envoye bono modo abzu- fertigen ').

P. 8. Aut. Wass mir E. K. M. Churprinz betreffend gnedigst be- felchen^), deme werde ich schuldigster massen nachkhomraen. Vor diesem, wie ichs unterthänigst erinnert, hat der Bar. v. Schwerin zum öfftern mit m.ir von dieser materie geredt, nun aber eine geraume zeit nit. Möchte sein, dass nun bessere coniuncturn sich hierzu eröffnen thun. Dass E. K. M. mit Prinzen von Anhalt hierauss nit reden lassen, daran ist gar wohl geschehen; zwar vermeine ich, dass er die gehabte hoif- nung all zimblich verliehre; quo casu und wan er sonsten P)randenburg inclinacion verspiihrte, er auch in dieser Intention cooperiren möchte....

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 15./25. Juni

1672. (Aut.)

[Ansicht über das Allianzproject. Dank für des Kaisers Erklärungen an Anhalt.]

25. Juni . Ew. Kay. May". Allergnedigstes handtschreiben ist mir durch S. des Fürsten von Anhaldt L'^''". zu recht eingehendiget worden. Wie nun Ew. Kay. May", ahn des Fürsten von Anhaidts L*^*^". anbringen undt negotiation ein gnedigst gefallen getragen. Auch Jhn mitt schleuniger, gutten undt gewirigen resolution abferttigen undt zu dero unsterblichen Ruhm die wollfahrdt des Römischen Reichs behertzigen wollen; Solches hab Ich, sowoll auss der Alliance, als auss des Fürsten von Anhaldt erstatten raündtlicheu relalion gehorsambst ersehen. Was Ich aber bey den Baron de Gos in der Alliance unvergreiflich erinnert, so zu mehrern heranbringung anderer Reichs-Stande, die etwa dahero bedencken tragen möchten Ew. Kay. ]\Iay". wollgemeinte Intention zu secundiren, hievon wirdt der Baron de Gos Allerunderthenigsten bericht abstatten. Ich für meine person hab kein bedencken solche unterschreiben zu lassen, auch zu ratificiren, mitt diessen bedinge, das wegen des perineischen fridens

0 Vergl. Puf. 1. c. XI. 53.

-) Liegt nicht vor; es handelte sich um die ITeirath des Kurprinzen und einer österreichischen Priucessin,

4 A

Friedrich Wilhelm über die österr.-brandenb. Allianz. Verhandlungen des Goess. 553

mitt dem könige von Spanien, wau einer oder der ander dagegen han- delen würde, darüber weitters tractiren ; da auch die actiones mehre hiilffe erfoderen möchte, bin Ich der underthenigsten zuversich, das Ew. Kay. May", solche gleichfals schicken werden. Gegen Ew. Kay. May", hab Ich mich undertheuigst zu bedancken für alle gnadt, so dieselbe in regardt meiner S. L''''°. haben ahnthun lassen. Ich werde nicht unter- lassen zuforders Gott umb Ew. Kay. May", gesundtheitt, langen leben undt Überwindung aller dero feinde fleissig anzuruffen, Sonderen Ich werde mir auch höchstes angelegen sein lassen, solches bey aller be- gebenheitt gegen Ew. Kay. May", underthenigst zu verschulden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Juni 1672. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Somnitz und Blumenthal über die bezüglich der Aufnahme Dänemarks, Braunschweigs und Hessens zu treffenden Vorkehrungen. Brandenburg- österreichischer Vertrag. Neue Mission Anhalts nach Wien. Des Goess Bemühungen dieselbe zu hintertreiben. Unterhandlungen bezüglich Vermehrung der kaiserlichen Truppen. Aeusserungen des Goess über das Vorgehen der Holländer gegen den Kaiser. Mittheilungen Schwerins und des Pöllnitz über das Verhalten der Holländer. Plan des Goess, wie sich die Staaten verhalten sollen. Unterredungen darüber mit Amerongen und dem Kurfürsten.]

Am 25. Juni hat Goess eine Unterredung mit Somnitz und Blumeiithal über die Art, wie man den Mächten Dänemark, Braunschweig und Hessen, deren Eintritt in den Bund zu bewirken Brandenburg versprochen habe, von dem Vertrage zwisclien dem Kaiser und dem Kurfürsten Mittheilung maclien solle. Goess meint und das sehen auch die brandenburgischen Räthe ein, man solle erst blos allgemein über den Inhalt desselben bei diesen Mächten sprechen und sehen, wohin dieselben neigen. Bezüglich der Anzahl der von diesen Mächten, falls sie beitreten sollten, zu stellenden Truppen, meint Goess je mehr desto besser. Am selben Tag noch übergibt man Goess die Ausfertigung des österreichisch-brandenburgischen Vertrages, welche dem Projecte des Kaisers entspricht.

Am folgenden Tage, den 26.. theilt der Kurfürst dem Goess mit. dass Anhalt wieder nach Wien reisen werde '). Er soll die Ratification des Ver- trages überbringen, den Marsch der kaiserhchen Truppen dadurch beschleu- nigen und darauf sehen, dass Montecuccoli das Commando erhält, ferner den Kaiser bitten noch einige 1000 Mann zu diesem Corps stossen zu lassen 2). Ultra ea, so ich bei seiner vorigen Abschickung remonstrirt, habe ich

Juni.

^) Der Kurfürst theilt dem Kaiser dies in einem Schreiben vom 17./"27. Juni 1672 mit.

'-') Ueber diese zweite Sendung Anhalts Puf. I. c. XI. 50; Droysen I, c. III 3 407 f.

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552 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

tentaten geschickt, auch Geld von den Holländern empfangen. Was das Geld anbelangt, haben I. Ch. D. gesagt, dass sie es Lehenweis genom- men; im übrigen empfinden sie, dass man deroselben verwehren wolle, zu E"". K. M. und andern Putentaten zu schicken; haben viel Klagen Avider der Franzosen Procedur vorgebracht, ... in summa, wie ich bis- noch bericht werde, habe man gesehen den Envoye bono modo abzu- fertigen ').

P. S. Aut. Wass mir E. K. M. Churprinz betreffend gnedigst be- felchen^), deme werde ich schuldigster massen nachkhommen. Vor diesem, wie ichs unterthänigst erinnert, hat der Bar, v. Schwerin zum öfftern mit m.ir von dieser materie geredt, nun aber eine geraume zeit nit. Möchte sein, dass nun bessere coniuncturn sich hierzu eröffnen thun. Dass E. K. M. mit Prinzen von Anhalt hierauss nit reden lassen, daran ist gar wohl geschehen; zwar vermeine ich, dass er die gehabte hoflf- nung all zimblich verliehre; quo casu und wan er sonsten P>randenburg inclinacion verspiihrte, er auch in dieser intention cooperiren möchte....

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. 8p. 15./25. Juni

1672. (Aut.)

[Ansicht über das Allianzproject. Dank für des Kaisers Erklärungen an Anhalt.]

25. Juni . Ew. Kay. May". Allergnedigstes handtschreiben ist mir durch S. des Fürsten von Anhaldt L"^*^". zu recht eingehendiget w'orden. Wie nun Ew. Kay. May", ahn des Fürsten von Anhaidts L"^"^". anbringen undt negotiation ein gnedigst gefallen getragen. Auch Ihn mitt schleuniger, gutten undt gewirigen resolution abferttigen undt zu dero unsterblichen Ruhm die wollfahrdt des Römischen Reichs behertzigen wollen; Solches hab Ich, sow^oll auss der Alliance, als auss des Fürsten von Anhaldt erstatten mündtlicheu relatiou gehorsambst ersehen. Was Ich aber bey den Baron de Gos in der Alliance unvergreiflich erinnert, so zu mehrern heraubringung anderer Reichs-Stande, die etwa dahero bedencken tragen möchten Ew. Kay. May", wollgemeinte intention zu secundiren, hievou wirdt der Barun de Gos Allerunderthenigsten bericht abstatten. Ich für meine person hab kein bedencken solche unterschreiben zu lassen, auch zu ratificiren, mitt diessen bedinge, das wegen des perineischen fridens

') Vergl. Puf. 1. c. XI. .53.

-') Liegt nicht vor: es handelte sich um die Ilcirath des Kurprinzen und einer österreichischen Princessin,

Friedrich Wilhelm über die österr.-brandenb. Allianz. Verhandlungen des Goess. 553

mitt dem könige von Spanien, wan einer oder der ander dagegen han- delen würde, darüber weitters tractiren; da auch die actiones mehre hülffe erfuderen möchte, bin Ich der underthenigsten zuversich, das Ew. Kay. May", solche gleichfals schicken werden. Gegen Ew. Kay. May", hab Ich mich underthenigst zu bedancken für alle gnadt, so dieselbe in regardt meiner S. L*^*". haben ahnthun lassen. Ich werde nicht unter- lassen zuforders Gott umb Ew. Kay. May", gesundtheitt, langen leben undt Überwindung aller dero feinde fleissig anzuruffen, Sonderen Ich werde mir auch höchstes angelegen sein lassen, solches bey aller be- gebenheitt gegen Ew. Kay. May", underthenigst zu verschulden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Juni 1672. (Gr.)

[Unterredung des Goess mit Somnitz und Blumenthal über die bezüglich der Aufnahme Dänemarks, Braunschweigs und Hessens zu treffenden Vorkehrungen. Brandenburg- österreichischer A'ertrag. Neue Mission Anhalts nach Wien. Des Goess Bemühungen dieselbe zu hintertreiben. Unterhandlungen bezüglich Vermehrung der kaiserlichen Truppen. Aeusserungen des Goess über das Vorgehen der Holländer gegen den Kaiser. Älittheilungen Schwerins und des Pöllnitz über das Verhalten der Holländer. Plan des Goess, wie sieb die Staaten verhalten sollen. Unterredungen darüber mit Amerongen und dem Kurfürsten.]

Am 25. Juni hat Goess eine Unterredung mit Somnitz und Blumenthal 27. Juni, über die Art, wie man den Mächten Dänemark, Braunschweig und Hessen, deren Eintritt in den Bund zu bewirken Brandenburg versprochen habe, von dem Vertrage zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten Mittheilung machen solle. Goess meint und das sehen auch die braudenburgischen Räthe ein, man solle erst blos allgemein über den Inhalt desselben bei diesen Mächten sprechen und sehen, wohin dieselben neigen. Bezüglich der Anzahl der von diesen Mächten, falls sie beitreten sollten, zu stellenden Truppen, meint Goess je mehr desto besser. Am selben Tag noch übergibt man Goess die Ausfertigung des österreichisch-brandenburgischen Vertrages, welche dem Projecte des Kaisers entspricht.

Am folgenden Tage, den 26.. theilt der Kurfürst dem Goess mit, dass Anhalt wieder nach Wien reisen werde '). Er soll die Katification des Ver- trages überbringen, den Marsch der kaiserlichen Truppen dadurch beschleu- nigen und darauf sehen, dass Montecuccoli das Commando erhält, ferner den Kaiser bitten noch einige 1000 Mann zu diesem Corps stossen zu lassen-'). Ultra ea, so ich bei seiner vorigen Abschickuug remonstrirt, habe ich

^) Der Kurfürst theilt dem Kaiser dies in einem Schreiben vom 17./27. Juni Hi72 mit.

-') Ueber diese zweite Sendung Anhalts Puf. 1, c. XI. 50; Droysen 1, c. III 3 407 f.

554 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Ifi72 1675.

doch ohne mich sehr darin zu erhitzen, welches mehr geschadet als genützet hätte und es endlichen zu l^ Ch. I). Gutbefinden stellend in- sinuirt, dass die Ratification ohne diese Bemühung des Fürsten gar wohl könnte hingeschickt werden und was den Marsch unserer Völker anbe- lange, könnten sie diesfalls ohne Sorg sein; sie möchten dieselbe nur dahin anwenden, dass ihre Werbungen beschleuniget und sie zu rechter Zeit auf das Rendez-vous erscheinen könnten; das übrige, was uns an- belangt, würde ich schon über mich nehmen. Bezüglich Montecuccoli's werde der Kaiser auch ohne Anhalts Einfluss eine Entscheidung fällen. Goess hält die Sendung Montecuccoli's für sehr zweckmässig und glaubt, dass Monte- cuccoli desshalb vom Kurfürsten so sehr begehrt werde, weil man hoffe, wenn Montecuccoli den Befehl übernehmen sollte, würde die Vermehrung der Truppen leicht durchzusetzen sein i).

Dieses puncti der mehreren Völker halber, gienge meine Ant- wort dahin, man solle zufürderist, was verglichen und abgeredt, werk- stellig machen und die Execution mit neuen propositionibus nit remo- riren; es könnte hiervon nacher gesprochen werden und dann müssten sie gedenken, dass E. K. M. in dem statu, wie sie zu Haus stünden, sich nit sogar entblössen könnten; so viel Völker als sie herunter- schicketeu, müssten sie wiederum hinzuwerben, welches gleichwohl auch Zeit erfordere. Nun ist nit ohne, dass all sehr bedenklich, dass man mit diesen 24 000 Mann diese impresa vornehmen solle, zumalen F. Ch. D. Cavalleria (ausser etwa 1600 Pferd) neu geworbenes Volk ist und alsogleich an den Feind solle geführt werden. Weilen der Fürst mir sagt, wie emsig der spanische Botschafter sich diese Sachen angelegen sein lassen, als habe ich ihn gefragt, wie hoch mau dann sich an spa- nischer Seiten, so an Volk als sonsten, hierbei erklärt, damit wir unsere Rechnung darnach machen können; dann wann sie auch 12 000 Mann darzu geben könnten, sähe ich die Mittel, wie wir von beiden Seiten den Franzosen die Behauptung dieser ihre Conquesten all schwer machen könnten. Seine Antwort bestünde auf nichts positiv, sondern, dass man spanischer Seiten nach allen Vermögen darbei concurriren würde. Ich frage im übrigen, wann der König in Frankreich thun solle, was der in Schweden beim vorigen polnischen Krieg mit Dänemark") gethan und auf uns, wie es probable, mit seiner Macht gienge, was dann zu thun; dann rathsam wäre es nicht mit disproportionirter Macht sich in einer

0 Ueber Montecuccoli's Auffassung vom Kriege Grossmanu 1. c. 408 ff. 2) Gemeint ist der plötzliche Zug Carl Gustavs gegen Dänemark im Jahre 1657; vergl. Carlson 1. c. IV. 22!lff.

Neuerliche Sendung Anhalts nach Wien. Vermehrung der Truppen. Holland. 555

Actiou einzulassen. Hierbei habe ich remonstrirt, wie viel daran ge- legen, dass in Zeiten die Stadt Colin wohl verwahrt werde; darzu der Fürst zwar einige spanische Völker, darvon gehandelt worden, vorschlägt; aber auch in diesem ist nichts verlässliches gethan.

Ich käme demnach dahin, dass E. K. M. noch keine Gegenver- sicherung noch Tractat mit den Holländern hätten und dass fremd für- kommen miisste, dass die Staaten-General bei allen anderen Potentaten foedera suchen und subsidia zu Erhaltung einigen Secours oft'eriren, herentgegen gen E, K. M. nichts dergleichen thäten und dannoch dieselbe mit der grössten Macht ihnen beispringen, sich wegen ihrer in Ding von nit wenig Gefahr impegniren und diese grosse Maschine durch ihr Exempl und Autorität im Gang bringen sollten, welches nun dahie wohl für billig erkennt werden mag; aber wie die Staaten-General ad magnas angustias reducirt werden, also mag man die subsidia anietzo für eine schwerere Sach. als sie vor diesem nit wäre, consideriren. Der Baron von Schwerin schreibt mir jetzt gleich aus'm geheimen Ralh beikommendes Zettel '), ad quoad respondi affirmative in termiuis, wie zur Sach dienlich und dass der Staaten-General eigenes Interesse hierbei seie. Alsogleich kommt der von Pöllnitz zu mir; sagt mir, dass die heu- tige Schreiben bringen, dass man holländischer Seiten nit gedenke Utrecht zu mainteniren, sondern sich tiefer in's Land zurück zu ziehen; stellet mir vor, wie schwer es nun fallen werd mit den subsidiis fortzukommen. Ich habe meine Antwort dahin gerichtet, wie es die Holländer zu ani- miren dienlich; dann es zu besorgen, dass sie sich praecipitiren und in einigem beschwerlichen Tractat einlassen. . . .

Der von Amerongeu gedenket noch heut mit den von Pöllnitz nach dem Haag aufzubrechen . . ., als ich gestern Abschied von ihme genommen und occasione, was mit Chursachsen und mit Celle zu thun, diese materiam sub- sidiorum berührt, ist er gar frei herausgangen, ihr Estat wäre nun dahin kommen, dass von 7 Provinzien nit 3 überblieben; keine Gelder hätten sie nun nit zu geben, würde man sie pro communi Interesse nit secu- riren, müssten sie sehen, wie sie sich sonsten heraushelfen könnten....

Weilen man vernimmt, dass die Provinz Utrecht sich für sich und absonderlich in des Königs in Frankreich Protection begeben wollen und

') Schwerin an Goess Aut. : „Jay faict rapport ä S.A. El. de ce que V. Ex. ma commende touchant les subsides de Hollandois; Sa dite A. El. est preste d en charger Monsieur le Grand Escuyer, mais Elle voudroit bien auparavant scavoir, si Sa ilaj. Imperiale le desire et en a donne ordre ä V. Ex., afinque Ion y puisse insister tant plus.

556 'VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

sehr zu besorgen, dass die äusserste Noth die Staaten-General jiit praecipitiren mache, massen allerlei seltsame Vorschlag gehört werden, als habe ich bei I"". Ch. D. angeworfen, ob ihnen den Staaten nit vielmehr zu rathen, auch nützlicher und reputirlicher sein würde, dass sie sich auf gewisse Weis und ^Fass, ungefähr wie es zu Zeiten Caroli 5'', welcher alle 17 Provinzen gehabt, geschehen, mit dem römischen Reich incorpo- rirten. I. Ch. D., nachdem sie die darbei unterlaufende considerationes gehört, haben den Vorschlag so gut befunden, dass sie bald hernacher den von Araerongen zu sich kommen lassen und ihme die Sach proponirt. Als ich nun zu dem von Amerongen kommen, hat er eine ziemliche Inclination hierzu erzeigt und mich gebeten, ich möchte es doch ent- werfen, wie ich vermeinete, dass die Sach anzugreifen wäre. Heut schickt er wiederum zu mir und ersucht mich, ich wolle nit darauf vergessen. Ich vermeine aber, es werd besser sein, dass es 1. Ch. D. thun. Unterdessen habe ich schon an E^ K. M. ministris im Haag diesen meinen Gedanken überschrieben. . . .

Die 800 lothringischen Pferde sind schon gewonnen für Brandenburg.

Votum vom 27. Juni über des Goess Scbreiben vom 13. und

17. Juni 1672.

[Allgemeine Lage. Nolhwendigkeit des Abschlusses der österreich-brantlenburgischeu Allianz. Befehle für Goess.]

27. .Juni. Es sei dem Goess zu antworten: Frankreichs Fortschritte in Holland seien

sehr betrübend, doch dürfe man den Muth nicht sinken lassen, sondern müsse die Einigung des Kaisers mit Brandenburg sobald als möglich perfect machen. Goess Süll alles thun, auf dass die Allianz ratificirt werde. Auch soll er zu erfahren suchen, was man von Braunschweig zu gewärtigen habe, wie Hessen gesinnt, was unterdes mit Dänemark verhandelt worden und den Courier nicht eher abgehen lassen, bis er vom Kurfürsten eine cathegorische, gute Resolution erlangt haben wird. Goess soll dem Kurfürsten ferner mittheilen, dass der Kaiser auf des Kurfürsten Klagen die Stände des Reichs zur Wahrung des Friedens aufgefordert, die von Mainz dem Kaiser angetragene Mediation zwischen Frankreich und Holland zurückgewiesen habe ') und dass der Kaiser seinerseits hoffe, der Kurfürst Averde nicht ruhen, bis er von Braunsch>veig, Hessen und Dänemark die Zusicherung des Beitrittes zur Allianz erwirkt haben werde-)

Nach diesem Votum erfolgt die Weisung am 29. Juni 1{372.

') Für die Mediation des Mainzers vergl. Gubrauer 1. c. II. 16 f.

-) In einem Schreiben vom "27. .luni meldet der Kaiser dem Kurfürsten, dass er

Rrandenbiirg-ü.stcrreii'hische Allianz. Nachrichten aus Holland. 557

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Juli 1672.

(Or.)

[Nachrichten aus Holland. Urtheil des Goess darüber. Schlechter Zustand der kur- fürstlichen Länder. Des Goess Mittheilungen an Mayernberg über des Kurfürsten

Stimmung über Mainz.]

Anhalt ist nach Wien, Amerongen nach Hamburg, Bhimenthal nach Kopeu- 1. Juli hagen, Canstein nach Celle.

Man hat hier die Nachricht, dass Utrecht sich den Franzosen ergeben habe, wogegen die Provinzen Holland und Seeland fest entschlossen sein sollen, sich bis auf äusserste zu vertheidigen und zu dem Ende das Land durch Eröffnung der Schleussen unter Wasser zu setzen^). Wann sie es also thun, werd meines Erachtens die Sach noch wohl zu redressiren sein. Wann tapfere resolutiones gefasst werden, möchte dem König in Frankreich eben so schwer fallen widerum zurückzukorauieu, als ihme leicht gewesen soweit hinein zu penetriren, indeme man ihme überall Thür und Thor eröffnet und an vielen Orten die Schlüssel entgegen getragen.

Es hat hier nun von dem ganzen Frühling her zum ersten Mal ge- regnet; weit und breit herum seind die Früchte also ausgedörret, dass auf vielen Orten nit der Samen werd eingeerudt werden; man besorgt grosse Theuerung; sollen darbei diese Unterthanen mit mehrere Contri- bution beschwert werden, I: wie es zu besorgen, wann die subsidia aus Holland nicht folgen sollten, :! so werden sie es schwerlich ertragen können.

Goess hat dem Mayernberg mitgetheilt. dass der Kurfürst von Brandenburg gute Disposition zur Einigung mit Mainz zeige-').

Votum vom Juli über des Goess Bericht vom 24. Juni 1672.

[Sachsens Verhältnis zum Österreich-brandenburgischen Bündnisse. Reichsangelegen- heiten. Verhandlungen mit Vauguion. P. S. Polnische Angelegenheiten.]

Man möge dem Goess antworten : Der Kaiser freut sich darüber, dass der Juli. Kurfürst mit den Resultaten der Sendung Anhalts so zufrieden ist. Was die Accession Sachsens betrifft, wird dieselbe, da Amerongen keinen Befehl hat dem Kurfürsten Gelder zu geben, bei so schlimm veränderten holländischen Sachen

Goess bezüglich der vom Kurfürsten gewünschten Massregeln gegen Frankreich in- struirt habe.

^) Depping 1. c. 57; Mignet 1. c IV. 14 f.; Peier 1. c. 44 f.

-) Vergl. Puf. 1. c. XI. 45.

558 VI. Goess in Beilin, Anlialt in Wien. 1672 1(57,'».

nicht durchzuführen sein. In comitialibus hätte er gar reclit gethan, da.ss er den § Und gleich wie vorgetragen und dass die Ratification des foe- deris extendistici die Churbrandenburgische noch nit aus Händen ge- geben haben und sollte er noch weiters dahin antragen, dass besagtes foedus extendisticum sowohl, als das von Churbaiern herumgeschickte Collegialschreiben, auch inskünftig weder respective von Händen ge- geben noch unterschrieben werde. Goess soll zu erfahren trachten, was mit dem französischen Gesandten Comte de Vauguion verhandelt worden ist.

Dem Kaiser vorgelesen und beschlossen worden, wie gerathen.

Die Weisung gleichen Inhalts an Goess ist datirt vom 5. Juli. In einem P. S. vom 6. Juli bestätigt der Kaiser den Empfang des Berichtes vom 27. Juni, mit der Meldung dass Anhalt wiederum nach Wien kommen werde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. Juli 1670. (Or.)

[Stimmung des Kurfürsten. Nachrichten Romswinckels über die Pläne der Holländer und über die Stellung des de Witt. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die zu treffenden Vorkehrungen. Gute Nachrichten aus Dänemark und Celle. Ver- halten der Landgräfin von Hessen - Cassel. Schwedens Politik. Urtheil des Goess über die gegen Frankreich zu beobachtende Politik. Belagerung Nymwegens.]

4. Juli. Weisung vom 22. Juni erhalten. Den Kurfürsten hat Goess trotz der

Nachrichten aus Holland wohl animirt gefunden, auch der Kurfürst hofft, dass noch alles sich wird gut machen lassen, wenn energische Massregeln er- griffen werden. Romswinckel') schreibt aus dem Haag, dass einige von der Provinz Holland zum Könige von England geschickt worden seien, mit grossen Offerten für ihme und für dem Prinzen von Oranien^), auch grössere als niemand seiner Vorfahren noch gehabt; sie wollen sich endlich par In- terest der Religion und sonsten lieber an den König in England ergeben, als dem von Frankreich; einige hätten geraelt, dass wann I. Ch. D. in die Nähe wären, sie sich an dieselbe ergeben wollten. Ton dem Pen- sionario de Witt hat man immerfort nit gute Opinion, Friquet seel. hats allzeit besser gehabt. Man weiss nit, was bedeut, dass des Pen- sionarii Bruder ^), der auf die Flotte wäre, heimlich darvon ab- und nach Dorth kommen; es ist alles voller Verdacht und Suspicion unter ihnen,

^) Brandenburgs Vertreter im Haag.

2) Die nach P>ngland gesendeten Männer waren Dykveldt, d'Halewyn und Van Gemmeuick; der ständige Vertreter der Staaten in England Boreel; über diese Männer und ihre Mission in England vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. II. 375 f.

2) Cornelis de Witt.

Verhandlimoen des Goess mit dem Kurfürsten. Schwedens Politik. 559

welches die Bestellung und Regierung bei so beschwerlichen Coniuncturen noch schwerer macht ').

Ich zweifle uit, mit dem Fürsten von Anhalt werd alles w'as zu diesem nun vorhabenden Werk gehört, überlegt und festgestellt werden, massen mir I. Ch. D. sagen, dass er vollkommene Instruction darzu habe. Dieselbe besser zu animiren, stellete ich vor, |: wann E. K. M. und sie mit einer Armee von 30 000 Mann anmarschiren würden, dass der König alsbald den Kopf wenden müsste, wo dann die Holländer Luft bekämen und sich mit den Spaniern conjungirten und wir WitÜ finden uns etwa an den Rhein mit einander zu conjungirn, dass dem König in Frank- reich sowohl die Manutenirung seiner jetzt gemachten Conquesten, als die Zurückreis nach Haus sehr schwer fallen möchte. Seind demnach kommen auf die Magazinen, so am Rhein und Maiu zu machen, wie auch solchergestalt die Stadt Colin besser zu versehen und in bessere Sicherheit zu setzen. Es ist ihro nur leid, dass ihr 200 Mann daraus kommen; sie würden wohl dahin zu bringen sein, dass sie 1000 Mann der ihrigen hineinbrächten, wann Chur-Mainz und Chur-Trier auch der- gleichen thuen wollten. Es müsste aber wohl abgeredt und verglichen werden, damit alles a tempo exequirt würde : |. . . . Von Dänemark hat der Kurfürst"), von Celle Goess gute Nachrichten,

Wegen der Frau Landgräfin von Hessen-CasseP), hat dieselbe freilich S. Ch. 1). gar stark adhortirt; .. . es sagen aber diese ministri, dass wann es zum Hand anlegen kommt, sie sich hübsch zu retiriren und mit ihren Unvermögen zu entschuldigen weiss. . . .

Was Schweden anbelangt, hat's das Ansehen, dass selbige Krön in ihren Tractat mit Frankreich das Absehen auf das Geld und die sub- sidia gericht, im übrigen sich nit sonderlich in diesem Werk zu mengen, sondern durch ihre Mediation den Frieden zu vermittelen ge- denke *). Wann nun England, mit welcher Krön Schweden eine sonder- liche Verständnus und Union hat"), einstheils der Holländer Offerten annehmen, anderentheils aber pro interesse status et religionis, wie es vermuthlich, die consilia änderen, Holland von der völligen Oppression retten, oder sonsten sich mit ihnen wäder Frankreich coniungiren möchte.

') Ueber diese Dinge Lefevre-Pontalis I. c. II. 400 ff. 2) Puf. 1. c. XI. 42.

") Hedwig Sopliie, des Kurfürsten von Brandenburg Schwester. ^) älignet I. c. IV. 138 ff.; Klopp 1. c. I. 332.

'") Am 4./14. April 1672 wurden die Allianzen von IGU'j und 1GG8 erneuert; vergl. den Druck im Diarium Europ. XXVI. App.

560 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 167-2— 1G75.

SO sehe ich alles dahin incaminirt, dass es leicht zu Tractaten kommen und der König in Frankreich liei)er ein Theil seiner Conquesten fahren lassen, als dieselbe wider so grosse sich opponirende Macht zu prose- quiren geraeint sein werde; zumalen bei allen seinen gemachten Pro- gressen noch all viel zu thun fallen würde, wann England auch nichts änderst thäte, als sich aus der Sach zu halten und hierdurch den Hol- ländern die See frei zu lassen, andere Potentaten aber zu Land das ge- meine und ihr eigenes Interesse bei einem W^erk von so hoher Irapor- tanz und C'onsequenz beobachten thäten. |: Was wir nun hierbei zu thuen oder zu wünschen, lasse ich E"". K. M. höchst erleuchten judicio anheimgestellt. Zum Frieden und Ruhe der Christenheit hätte meines Erachtens vielmehr gedeuen mögen, wann des Königs in Frankreich Macht durch Waffen widerstand wäre geschwächt und gebrochen worden, als dass er mit so grossen avvantaggio, Reputation, und (ilori daraus scheide, sich und seine Krön hierdurch in höhern Respect, andere in mehrere Dependenz und Forcht setze, auch durch sothane gute successus animirt werde, sein Hauptdessein, welches auf Depression E^ K. M. hoch- löbliches Haus gericht, desto kecker zu prosequiren. Diese considerationes machen mich fast einigermassen apprehendiren, dass der König in Frank- reich uns allen vorkommen und nicht einmal gloriam raediationis lassen, sondern sich seines Vortls und der Zeit bedienen und sich mit den Holländern mit einer grossen avvantaggio vergleichen möchte; dass diese zu ihm geschickt werden, werden E. K. M. vernommen haben. :[ Es whd gemeldet, dass Nymwegeii belagert wird').

Memorial Montecuccoli's vom 7. Juli 1672. (Aut.)

[Lage der Dinge. Aenderung der Verhältnisse seit der ersten Mission Anhalts in dem Zustande Hollands, Brandenburo-s, in der Stellung des Kaisers zu dem Unter- nehmen gegen Frankreich. Gedanken über Zweck, Mittel und Führung des Krieges.]

7. Juli. Punti da deliberarsi e da risolversi prima che de venir" in congresso

col Prencipe di Anhalt, e poi da concertarsi con esso lui.

Poiche la faccia delle cose e totalmente mutata da quello in ch'ella

^) Vergl. Lefevre-Pontalis 1. c. II. 440 f. Grimoard, Collections des Lettres et Memoires du Mareclial de Tuvenne II. 7 iT.

-) Das Stück ist citirt bei Grossmann, Montecuecoli 1. c. 410, wo Auszüge daraus in deutscher Spraclie mitgetlieilt sind.

Memorial Montecuccoli's. 561

era, quando si proggetto da principio di porre in piede uo grosso esser- cito neir Imperio : vengono percio in deliberazione li punti seguenti.

La faccia delle cose e mutata; 1". perch'egli si suppose, che le provincie unite belgiche avriano tenute occupate Tarme di Fiancia per lungo spazio di tempo e che intanto Tlmperio ed altri Poteutati avriano avuto campo di trattar' insieme maturameute le loro convenienze di unirsi, armarsi e difendere la causa commune. II che tutto viene scon- volto dalle prodiglose perdite degFOlandesi, che d'ora in ora stanno per accettare le condizioni della pace, ch"al Re di Francia piacerä di dar loro.

2". L'Elettore di Brandenburg, il quaFe impegnato con l'Olanda in lega defensiva ed offensiva e le cui piazze al Reno e nel paese di Cleve venivano interessate, si facea capo dell' Impresa e potea gire con si- curezza su'l suo proprio di posto in posto alF Albis, al Weser ed al Reno e trovar da per tutto i suoi magazini, le sue piazze e gli avvan- taggi deir riviere, la quäl cosa e ora tutta mutata, mentre che le piazze sono perse. Onde

3". diviene ora capo dell' Impresa S. M. Ces'\, la quäle non ha ne magazini formati, ne piazze di sicurezza, ne fiumi, ne passaggi a sua disposizione, ma deve dipender tutto dalla discrezione altrui. (La Francia, benche si forte su' l'arme proprio, benche dipendente da se sola, benche chiamata da Colonia, ha volsuto aver piazze di sicurezza e fortificarle, aver magazini propri ed assicurarsi de' passaggi, prima, che porsi ad alcuna spedizione.)

Dunque cambiate in tal guisa le cose, vengono in considerazione di somma importanza li punti seguenti, intorno al Fine, a i Mezzi ed alla Amministrazione della Guerra.

Intorno al Fine.

1. Mantenendüsi tuttavia gli Olandesi e volendo FElettore soccor- rerli, se l'Arme Cesaree devono cooperarci?

2. Volendo FElettore attaccar le piazze di sue ragioni che gli ha occupato la Francia, come Wesel, Bürick ^), Orsoy etc., se vi si deve concorrere ?

3. Volendosi pigliar posto al Reno per acudire a' paesi bassi cat- tolici, 0 per dar calore a chi volesse congiungere le sue Arme con esso noi, in quäl luogo farlo? dove avere i viveri ed i foraggi? dove sussistere? Et se que' Principi reclamassero per lo danno delle marcie

^) Büdericb.

36

Mater, z. Gesch. cl. G. Kuifiirsteu. XIV.

562 VI. Goess in Ik-rlin, Aiilialt in Wien. 1G72 1G75.

e de sli allossiamenti, o chiamas.sero in aiuto il Re dTFiancia e legi- timassero Ja di lui venuta? 0 sc venisse egli di moto proprio a riscon- trarci, come dice Gramonville') clvegü fara, e come a ciö lo stimolorä il suo genio orgoglio.so, e come la ragion di guerra il per.suadera, la quäl' insegna d'ostar' a' principi, d'opporsi al mal iiascente e di corrcr su' quelli, che di mano in mano si vanno ingrossando, come resistere? massime in considerazione del punto qui appre.s.so. (Doppo la pre.sa di Magdenburg l'anno 1631 trascuro il Tilly, per ordine della Corte, di correre .su' TElettore di Sas.sonia e gli diede campo di far .sue levate e di unirsi al Re Sueco, ond'egli fii pol totalmente disfatto a Leipzig.)

Intorno a' Mezzi.

1. Dovriano es-sere adeguati al fine e proporzionati aH'opposizione, per non hazardare tutta la fortuna dello stato con una .sol parte delle forze.

2. Nella quantita la Fraucia ha insieme co'suoi collegati da 100 000 huomini ; ha stabilite le recrutte nel suo Regno di 8000 huo- mini per mese; ha 18 000 prigionieri in Gianda, che probabilmente piglieranno servigio nel suo essercito.

3. Nella qualita TArmata francese ha gente vecchia ed esserci- tata, vittoriosa, piena di nobilta, provista di moltissimi oflfiziali, col suo Re in testa, dal cui solo despotico commando tutto dipende^). A ris- contro la gente di Brandenburg e quasi tutta nuova e quella di Sua M'^ ne ha poca di veterana. (Fü fatta la riforma Fanno 1668, nella quäle ciasciina compagnia a piede fii riddotta a 100 fanti e ciascuno di caval- leria a 43 huomini, onde tutto il resto non sono che recrutte e gente nuova, si com'anche due compagnie di ciascun Regg*° di cavalleria e la maggior parte de gli offiziali raaggiori et minori.)

4. Neil' artiglieria la Francia ha cento pezzi di canone e 70. mortari,

5. Bagagli, viveri, munizioni, stromenti di ogni sorte, barche por- tatili, barche armate, ponti volanti, mantelletti etc. in abboudanza.

In quanto alF Amministrazione della Guerra. 1. Egli pare da un canto, che si abbia da temporeggiare, ne com- battere di subito, ma tenersi in posti avvantaggiosi e fortificati, per queste ragioni:

0 lieber Gremonville's Thätigkeit in diesem Momente, Mignet I.e. IV. 87 f. -') üeber Frankreichs Armee in dieser Zeit Rousset 1. c. I. 222, 340 ff. : Lefevre- Pontalis 1. c. II. 251, 5G2.

Memorial Monlecnccoli's. 563

1". Si de'e' lasciare svaporare il primo iinpeto de' Fraucesi. (Fran- ce^i piii cli'huomiui sul principio, meii che fernine su la fine.)

2. Li disagi e'l tempo comsumeranno Tessercito loro non avvezzo al clima ed a patimenti. distratto ne* pre.sidi e richiamato a casa dall' impatienza di star' in campo.

3. Cosi furono sempre combattuti i Francesi nelle guerre passate, mentre che se temporeggiava con essi sul principio della campagna, e poi verso TAutunno si caricavano vivamente. (Questo fii l'arcano del maresciallo di Campo Mercii contr'essi ').)

4. Noi siamo piii deboli di forze e per conseguenza non dobbiamo avventurarle al rischio di una battaglia, che sarä decretoria, ne lasciera piii modo di risorgere.

5. Potriasi in questo temporeggiare svegliare contr' alla Francia ringhilterra, la Danimarca, la Suezia.

II. Dair altro canto egli pare, che non si possa temporeggiar' in modo alcuno, nia bisogni per necessitä venir' a combatter quanto prima, per queste raggiohi :

1. L'Armata fraucese puo durar piii che noi, avendo il Re consti- tuito Recrutte continue nel suo Regno, pagando egli puntualmente le sol- datesche, avendo egli danaro })er isviare li nostri soldati e trarli al suo servigio, avend' egli provisto di lunga mano li suoi magazini, ch'a noi mancano.

2. Egli svegliera il Turco e gli animi inquieti della Polonia e dell' Ungheria e del Transilvauo e de' suoi parziali a Ratisbona per divertirci e per incolparci.

3. E volendo noi impedir li progressi air armi francesi, come farlo senza cimentarsi con esse?

4. La Francia ha la sua potenza fondata sii TArme proprio e noi le ollegate. Or chi non sa, che le leghe facilmente ad ogni alterazione ed accidente nuovo di lor natura si sciolgono? Onde il temporeggiare e nocivo a noi per le dissensioni, che posson nascere, e avvauteggioso alla Francia.

5. Puo la Francia concitare la Suezia a moversi contra Branden- burg, nel quäl caso certa coso e, che Brandenburg ritirera il suo corpo e che rimperiale restera solo.

6. Rimanendo noi soll, o diminuiti nella dilazione del tempo, o resi troppo piii deboli alla Francia, certa cosa e, ch'ella ci obblighera o

') Vergl. Grossmann 1. c. -411.

36*

564 ^I- f'OPSs in Berlin, Anhalt in Wien. 1072—107.').

a perderci (comc succcsse al Conto della Torrc in Silesia, al Ragozzi in T*olonia e quasi al Gallas.so a Berenburg), o a ritirarci ne' paesi ereditari e por consegnenza a trarci insieme con iioi la guerra; iTia.<^sime non avendo noi, ne riviere, ne piazze, ne magazini, ne cosa alcuna di proprio e di sicuro, dove fennar' il piede.

7. II campeggiare costera. assaissimo per le paghe de' soldati, per Testima de' danni da soddisfari^i. (Cosi il üuca di Feria pagö una certa somma all' Elettore di Baviera per un quartiere di verno, e cosi il Re di Francia ha soddisfatto a' danni, che'l suo essercito ha fatto sü'l paese di Liegi). Onde il temporeggiare ci sarii insopportabile et l'Impero esclamerii ad alta voce, che si e entrato collä, non per mantenerlo, ma per distruggerlo, non per combattere, ma per depredare.

Tutte queste materie si dovriano decidere prima tra di noi e poi col Principe di Anhalt, per rimovere grimpedimenti, indurre buone dis- posizioni e recar li rimedi possibili; accioche invece di ovviare al male non l'aifrettiamo, e cli'in luogo di gloria e di sicurezza non incontriamo iguominee e distruzione.

Memorial Anhalts an den Kaiser, Dat. Wien 8. Juli 1672.

(Aiit.)

[Vermehrung der kaiserlichen Auxiliarvölker. Montecuccoli.]

8. Juli. Der Kurfürst dankt für de.s Kaisers Entschliessung, wird seinerseits alles

thun, was in seinen Kräften stellt, erlaubt sich aber den Kaiser durch Anhalt zu bitten, der Kaiser möge mit Rücksicht auf die grosse Macht Frankreichs zu den bereits resolvirten 12 000 Mann noch einmal so viel hinzufügen, Monte- cuccoli zum Befeldshaber macheu und mit Anhalt über die Kriegsoperationen berathen lassen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Juli 1672. (Or.)

[Crockows neuerliche Sendung nach Paris. Günstige Nachrichten aus Kopenhagen. Des Goess Urtheil über das dem Herzoge von Celle gegenüber zu beobachtende Ver- fahren. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über die Vortheile des Eintrittes der Landgräfin von Hessen-Cassel in cbe Allianz und über die Reichsmediation. Sicherung Kölns betreffend. Brandts Sendimg nach England. Urtheil des Goess über Englands und Schwedens Politik und über die mit Rücksicht auf diese Mächte im niederländi- schen Wesen einzuschlagende Politik. Reise des Kürfürsten nach Blinden. Neue Unterredung desselben mit Goess.]

10. Juli. Weisung vom 29. Juni erhalten. Goess thut alles um den Kurfürsten zu

einem energischen Einschreiten gegen Frankreich zu vermögen ; Crockow, der aus

Vermehrung der kaiserlichen Truppen. Des Goess Verhandlungen in Berlin. 565

Paris zurückgekehrt ist'), soll wieder dabin gehen, um den König zum Frieden mit Holland . zur Restitution der brandenhurgischen Plätze im Cleviscben und zur Gutmacbung des daselbst verursachten Schadens aufzufordern.

Die Nachrichten aus Kopenhagen lauten günstig. Blumenthal dürfte zu rechter Zeit daselbst anlangen. Von Celle ist noch keine Nachricht da, in jedem Falle muss man Celle gegenüber vorsichtig sein und nicht zu grosse Neigung zur Einigung zeigen, weil sonst die Forderungen zu gross sein dürften. Goess spricht mit dem Kurfürsten über die Landgräfin von Hessen und betont wie nützlich ihr Eintritt in das Bündniss auch dann sein würde, falls sie nur sehr wenige Truppen stellen sollte, da durch ihren Eintritt der anderer Fürsten zu erhoffen sei. Der Kurfürst zeigt grossen Eifer bezüglich der Reichsangelegenheiten und deliberiren, welchergestalt man in puncto capitulationls caesareae den Ständen einige Satisfaction geben könne, damit hernacher punctus securi- tatis publicae besser zu erheben ').... Sonsten unterlasse ich nit bei allen Gelegenheiten die Notdurft wegen des § Und gleichwie und die schöne effectus, die wir leider schon hieraus erfahren müssen, vorzustellen. Ich verhoffe, dass es nit ohne Frucht sein und man sich künftig besser hierin bezeigen werde, allein muss dahin gesehen werden, dass I. Ch. D. con bei modo aus dem impegno und auf andere Weg gebracht werden.

Die Bedenken gegen die Reichsmediation, durch welche ja dem Könige von Frankreich die Möglichkeit gegeben werde die Mediatoren hinzuhalten und seine Eroberungen unterdessen fortzusetzen, hat Goess vorgebracht und glaubt, dass seine Vorstellungen Eindruck gemacht haben.

Dass Mainz wegen der Truppensendung nach Köln gute Erklärung gibt, ist sehr erfreulich ; auch der Kurfürst von Brandenburg ist zur Unterstützung bereit, auch Trier dürfte nicht zögern, so dass, w^enn jeder dieser Kurfürsten 1000 Mann gibt, der Stadt Köln geholfen werden könnte^).

Goess empfiehlt dem Kurfürsten die Absendung Brandts nach England.

Ich weiss nit, w'ie es mit England ist, oder was E. K. M. darvon judiciren ; wann nit etwas änderst darunter steckt," kann ich nit finden, dass selbigen Königs oder Krön Interesse leide, dass Frankreich die uniirte Provinzien unter sich bringe. Es werd zwar von des Königs Dessein die catholische Religion anzunehmen und ein absolutes dominium mit Hülf des Königs in Frankreich zu stabiliren und dass die Oppression der Holländer utrimcpae darzu nöthig discurrirt, aber w'ie combinirt sich dieses alles cum forma regiminis in England, mit des Parlament Auto- rität und mit den übrigen Umständen und Beschaffenheit im selbigen

') üeber diese erste Sendung Crockows nach Paris Pnf. 1. c. XI. 31. -) lieber die Verhandlungen zu Regensburg in diesen Angelegenheiten Pachner c. 1.574 ff.

■') lieber Mainz und Triers Verhalten, Wagner 1. c. I. 279.

566 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 167.5.

Königreich? Der König kann dergleichen nichts sine siimmo suo periculo unterfangen. Ich halte vielmehr darfür, dass weder England noch Schwe- den bei ihren mit Frankreich getroffenen Tractaten, ebensowenig als andere, die unvermuthe grosse Progressen selbigen Königs vorsehen noch glauben können und dass beide . . . nun ihre consilia und resolutiones än- deren möchten. . . . Wann nun diese principia richtig, so möchte die Frag sein, wie E. K. M. und andere, so sich hierbei zu interessiren, sich zu verhalten? Solle England und Schweden sehen, dass von unsere Seiten eine grosse Macht zusammengebracht werd und der Sach ohne ihrer ge- holfen werden kann, möchten sie, zumalen bei ganz neulich aufgerichteten Tractaten mit Frankreich und empfangenen grossen Summen Gelds, noch ein Weil zusehen und mit ihren resolutionibus nit eilen. Ausser diesem kann ich nit sehen, wie sie dieser der Franzosen Conquesten länger zu- sehen, Holland gar zu Grunde gehen und Frankreich so grosse Macht accresciren lassen sollten.

Um dieser und anderer Considerationen willen möchte gut sein, dass zwar in Holland sotto mano bestermassen animirt und versichert würden, dass man sie nit hülflos lassen werde, im Uebrigen es bei England und Schweden das Ansehen habe, als wann unsere Zusammen- setzung nur auf Defension des Reichs bei diesen in die Nähe ausge- brochenen Krieg angesehen; solchergestalt würden diese beide Kronen zu schleuniger Remedirung angetrieben, cursus der französischen Waffen und Progressen sistirt, Holland würde etwas Luft bekommen und wann es zu Tractaten käme, befunden sie sich in solchen Stand, dass sie zu Annehm ung eines spottlichen und höchstschädlichen Friedens, wie anietzo zu besorgen, nit mehr necessitirt und wäre demnach die ganze Sache dahin allerseits zu incaminiren, damit sie und andere vor dergleichen französische invasionibus inskünftig besser gesichert sein möchten.

Der Kurfürst wird sich Ende dieses Monates zur persönlichen Theilnahme am Kriege nach Minden begeben, der Kurprinz soll gleichfalls in's Feld; Goess bittet um Befehl, ob er dem Kurfürsten folgen solle, gibt aber zu bedenken, dass er schwer die Strapazen werde ertragen können.

Am 9'«° Abend begibt sich Goess zu dem nach Berlin gekommenen Kur- fürsten. Ich funde sie wohlgemüth, sie erwarten mit Verlangen Schrei- ben von dem Fürsten von Anhalt, zeigeten ein oder ein Paar Regi- menter Croaten zu verlangen, mit welchen sie die Franzosen wohl zu incommodiren verhoffeten.

. . . Man vertröstet I. Ch. D., dass die verglichene Subsidiegelder

Haltung bezüglich Ilollaruls. Coufeienz zwischen Moiitecuccoli, Hocher u. Anhalt. 567

(aus Holland) gewiss folgen werden: es mangle bei dieser Confusion allein an Gelesenheit die Wechsel zu machen.

Protocoll der Conferenz zwischen Moritecuccoli, Hocher und Anhalt. Dat. 11. Juli 1672. (Or.)

[Eutschliessuugen des Kaisers bezüglich der Truppenzahl; Abmarsch derselben: Auf- nahme anderer Fürsten in die Allianz; Munition; Montecuccoli; Proviautirung; Ope- rationen. Massregeln zur Rettung Kölns. Sendung Anhalts nach Sachsen. Ver- handlungen mit dem Herzoge von Celle. Gegenseitige Unterstützung Brandenburgs und Oesterreichs. Aenderungen in dem Ailianzvertrage. Polnische Verhältnisse^ Ratification des Vertrages. Mittheilung von demselben an die für die Allianz zu ge- winnenden Für.steu. Vorgehen auf dem Reichstage gegen Frankreich. Versuch die Schweizer zum Eintritt in die Allianz zu vermögen.]

Montecuccoli meldet, dass der Kaiser die Ratification des Vertrages mit ii.jnii. Kurbrandenburg beschlossen und ihm und Hocher aufgetragen habe, mit dem Fürsten von Anhalt über die noch übrigen Punkte zum Abschlüsse zu kommen. Es wurde dann beiderseits sub spe rati beschlossen: Primo. Geben I. K. M. über die vorigen 12 000 Mann noch her 3000 und also 15 000 Mann, neben einem Regiment Croaten von 1000 Manu, versprechen auch auf S^ F. ü. von Anhalt so continuirliches Anhalten wegen Schickung der völligen 20 000 Mann noch mehrere Völker zu Sup- plirung der noch abgängigen 4000 Mann an denen verlangten 20 000 Mann nachzuschicken, sobald die Sorg von dem Türken und die Unruhe in Polen für heur aufhören wird. Die neuen 3000 Mann werden bestehen; zu Pferd in des Herzogens von ].othringen Regiment und des Görsky Re- giment Dragoner; zu Fuss in des Grafens Leslie noch übrigen 5 (,'om- pagnien per 1250 Mann; hingegen zweitlen I. F. G. keineswegs, dass auch I. Ch. D. zu Brandenburg, weilen es I. K. M. also gnädigst ver- langen, über die vorigen 12 000 Mann noch andere 4000 Mann zu Pferd und zu Fuss hergeben wollen.

Zweitens sollen diese Völker am 25. Aug. st. n. in Eger sein und sicli am 1. Sept. mit den Truppen des Kurfürsten vereinigen. Inmittels solle man ex parte P. K. M. und auch P. Ch. D. zu Brandenburg unaussetzlich arbeiten, damit man in diese Bündnus I. K. M. in Dänemark, Chursachsen, das Haus Braunschweig, Hessen und andere darein, auch dahin bringe, auf dass auch sie inmittels dieser Zeit, oder so viel und bald es immer mos- lieh, ihre Völker anmarschiren und zu der kaiserlichen und brandenbur- gischen coniungirten Armee kommen lassen; dann sonsten beede allein

568 ^'I- Goess in Berlin, Anlialt in Wien. 1672— ir,75.

und ohne der anderen zu operiren möchte vielleicht an Seiten P. Ch. D. zu Brandenburg selbsten bei gegenwärtigen Umständen für zu gefährlich gefunden werden.

Drittens verspricht der Kaiser zu den versprochenen 12 Feld- und Regi- mentsstücken noch 6 zu geben und überdies 2 Mörser, sich versehend, dass es betreffs der schweren und grossen Stücke bei der letzten Abrede und der ex parte Brandenburgs versprochenen Hergebung derselben allerdings verbleiben wirk.

Viertens gestattet der Kaiser auf Anhalten des Kurfürsten und des Fürsten von Anhalt, dass Montecuccoli den Feldzug mitmache, der in Eger erscheinen und von nun an schon mit dem Kurfürsten correspoudiren werde.

Fünftens hat der Fürst versprochen, dass die Lebensmittel der kaiserlichen Armada gegen billige Bezahlung gereicht und zu diesem Behufe Magazine er- richtet werden sollen.

ßtens_ Wegen der Operationen soll der Kurfürst mit Montecuccoli verhandeln.

yieiis jgt veranlasst worden, dass zur Abwendung grösserer Gefahr für Köln durch den spanischen Gesandten in Wien'), der spanische Gubernator der ]Sieder- lande, Graf von Monterey, zur Erhaltung Kölns aufgefordert und zur Dargebung eines Geldbetrages für die Erhaltung der Truppen ersucht werde, welche sich in der Stadt Köln befinden.

gtens ^vird der Kaiser dem Fürsten von Anhalt ein Creditiv an Sachsen mitgeben und durch ihn dem Kurfürsten von Sachsen Mittheilung machen von dem abgeschlossenen Bündnisse , ihn ^zum Eintritte einladen und bald darauf einen Gesandten dahin senden.

9'^"s_ Da (jgj. Kaiser Goess schon befohlen hat mit dem Braunschweig- cellischen Kanzler Schütz wegen des Eintrittes des Herzogs in die Allianz zu verhandeln, so muss der Erfolg dieser Bemühungen abgewartet werden.

jQtens haben I. F. G, von Anhalt in Namen F. Ch. D. versprochen, wann I. K. M. eintweders von Frankreich in Vorder- und oberösterreichi- schen Landen, oder von den Türken in Hungarn, oder von den Malcon- tenten aus Polen in Schlesien, oder von Schweden, oder sonsten angegriffen würden, dass S. Ch. D. deroselben an einem und anderen Ort möglichist an die Hand und beistehen werden; ein solches auch von 1''. K. M. reciproce beschehen solle, wann S. Ch. D. von obbesagten und andern Feinden in dero Landen angegriffen und überzogen werden sollen.

j^j^tens ^Yj^g (jJQ yQjj j Q|^_ j) 211 Brandenburß- gethane Erinderunsj über den 5*^"^) und 6'*°^) Articul foederis publici anberührt, ist veran- lasst worden, dass der 5*"^ in etwas verändert und zugleich aus selbigem publico aus- und in das secretum foedus einverleibt, der 6'"^ hingegen

') Balbesos.

-) Betrifft die Erhaltung der verschiedenen Friedenschlüsse: vergl. Jlörner 1. c. 365 und die Bemerkungen in dem Secretvertrag § 7, 366. ^) Betriift das Verhältnis der beiden Mächte zu Köln.

Couferenz zwisclien ilontecuccoli, Ilocher und Anhalt. Ratification der Allianz. 569

zwar iii dem publice gelassen, doch eine Addition dcstwegen in dem secreto foedere gethan werden solle.

j2tens jg^ j^yg}^ wegen P. M. des Königs in Polen beliebet und von I. F. G. im Namen P. CIi. D. zu Brandenburg versprochen worden, dass auch sie mit und neben P. K. M., ratione Erhaltung S''. K. M. bei dem Thron und sonsten, ein gleichmässiges Sentiment führen und S^ K. M. zu dem Ende möglichist beistehen werden.

13tens_ Die Ratification dieses neuen Vertrages soll so schnell als mi3glich erfolgen, die des alten zurückgestellt werden.

14'e"s. Den zum Beitritte geneigten Fürsten soll von dem, was beschlossen Avorden, Mittheilung gemacht werden, um sie desto eher zum Eintritte und zur Waffengemeinschaft zu vermögen.

15'«"^ soll mit der Proponirung und Deliberirung des vom Kurfürsten dem Kaiser eingeschickten und vom Kaiser nach Regensburg gesendeten Beantwor- tungschreibens gegen Frankreich so lange innegehalten werden, bis die Coniunc- tion der "Waffen wirklich erfolgt sein wird.

Ißtens ist beschlossen worden, erst nach erfolgter Coniunction von den Ständen etwas zur Erhaltung der Armee zu fordern.

Ijtens ist beschlossen worden sich beiderseits zu bemühen die Schweizer direct oder indirect in dieses Bündnis zu bringen^).

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 12. Juli 1672.

(Conc.)

[Ratification des Vertrages]

Auf das Schreiben des Kurfürsten vom 23. Juni, in welchem dieser von der 12. Juli, erfolgten Ratification des Vertrages Mittheilung macht, erwidert der Kaiser, dass auch er den Vertrag ratificirt habe und fest entschlossen sei, was er in dem- selben versprochen, zu halten, in der Hoffnung, dass auch der Kurfürst dasselbe thun werde.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 13. Juli 1672. (Cone.)

[Ratification der Allianz und Einbeziehung des Hauses Braunschweig in dieselbe be- treffend.] Uebersendet dem Goess Copien der Protocolle über die mit Anhalt ge- 13. Juli pflogenen Berathungen und ertheilt ihm Befehl die Ratification des Kurfürsten so bald als möglich zu übersenden. Ferner soll Goess sich alle Mühe geben, dass das Haus Braunschweig zum Eintritt in die Allianz und zur Conjunction der Waffen bis 1. Sept. st. n. vermocht werde.

^) Ueber die Verhandlungen des Kurfürsten mit den Schweizern Puf. 1. c. XI. 73; Theat. Eur. XI. 22 f.

570 VI. Goess in Berlin. Anhalt in Wien. ICu'I ICÜö.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. Juli 1672. (Or.)

[Oesterretcli-brandenburgische Allianz. Johann Friedrichs von Hannover Stellung zur österreich-brandenburgischen Allianz.]

M- Juli. . . . Der Baron von Schwerin fragte mich, wann ein Tractat zwischen

Frankreich und Holland erfolgen sollte, was wir alsdann zu thun. Ich antwortete, dass unsere Zusammensetzung primario auf Conservation und Securität des Reichs angesehen, dahero wir nit allein beständig darin zu verharren, sondern wann dieselbe noch nit resolvirt oder verglichen, nun wegen sothanen Tractats auf das förderiste zu resolviren wäre. Schwerin theilt dem Goess mit, man habe Hoffnung auch den Herzog Johann Friedrich von Hannover für die Allianz zu L^ewinnen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Nicolsbiirg 16. Juli 1672. (Conc.)

[Kölns Rettung betreffend. Errichtung von Magazinen. Marsch der kaiserlichen

Truppen.]

16. Juli. Der Kaiser hat mit dem Fürsten von Anhalt in Wien tractiren lassen, dass

von den zur Beilegung der zwischen dem Kurfürsten und der Stadt Köln herr- schenden Differenzen bestimmten Commissären, den Kurfürsten von Trier, Mainz und Brandenburg eine erhebliche Anzahl Soldaten nach Köln zur Vertheidigung der Stadt und Verhinderung eines Uebcrfalles durch die Fran- zosen gesendet werden. Goess soll den Kurfürsten für diesen Plan zu gewinnen suchen und zur Unterstützung des Planes bei Mainz und Trier auffordern. Der Kaiser hat sich entschlossen eine Geldsubsidie zur Erhaltung dieser Truppen von Spanien zu fordern.

Wegen Errichtung von Magazinen soll Goess mit dem Kurfürsten verhan- dehi und demselben erklären, dass bei den grossen Entfernungen das Rendez- vous der kaiserlichen Truppen zu Eger nicht so rasch erfolgen könne , als der Kurfürst wünsche.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Juli 1672. (Or.)

[Nachrichten aus Holland. Versuch der feindlichen Partei Sachsen und Brandenburg

zu verfeinden. P. S. Anhalts Bericht an den Kurfürsten über Heirathspläne in Oester-

reich. Unterredung des Goess mit Schwerin über diese Sache.]

18. Juli. Der Kurfürst ist mit Anhalts Negociation in Wien sehr zufrieden. Aus Holland lauten die Nachrichten besser'). Die Gegenpartei sucht Sachsen und Brandenburg zu verfeinden und behauptet in Dresden, der Kurfürst von Bran-

J) Für den Zustand Hollands in dieser Zeit; Klopp 1. c. I. oiOf.; Peter 1. c. 52f.; Basnage 1. c. H. 237.

Oesterreich-brandenburgische Alliunz. Ileirathspläne. 571

denburg sei Schuld, dass Amerongeu nicht nach Dresden gereist sei, um dort Truppen gegen Subsidien zu fordern, was aber durchaus nicht richtig ist. Goess wird darauf sehen, dass eine Aufklärung erfolgt. Schwerin vermuthet, dass die Rüstungen Schwedens von denen gemeldet wird weniger zur Unterstützung der Franzosen, als zum Angriffe auf Bremen bestimmt seien. Crockow berichtet, dass in Paris und Rom von dem Uebertritte des englischen Königs zum Katholicismus wie von einem fait accompli gesprochen werde. P. S. Aut.

Der Fürst von Anhalt hat hieher an I. Ch. D. bericht, dass E. K. M. Obrister Hofl'meister, der Fürst v. Lobkowiz, zu ihm, alles im gelachter, gesagt. „Ihr lieben, wir müssen eine heyrat stifften." Der Churfürst hats auf dess Fürsten söhn ^) mit der Princesse von Brig, der Bar. v. Schwe- rin aber auf dess Churprinzen ^) mit der Erzherzogin ^) aussgedeut. Hac occasione sein wir in einem langen discurs, wie vor etliche jähren viel- mahln geschehen, super hac materia gerathen. Der v. Schwerin ist gnug persuadirt, dass khein matrimonium illustrius, honorificentius, auch utilius für den Churprinzen khönne gefunden werden. Dass einzige obstaculum khombt auf die Religion an, welches meines bedunckhens propter fragili- tatem sexus et exempla, quae etiam nuper in hac domo Electorali vidimus, uns auf unser seitheu fast mehr im weeg stehen solte. Er considerirte casus futuros et possibiles, dass der Chur Prinz möchte khommen zu sterben, dero gemahlin die Tutel und education der khinder committirt würde etc. Man funde doch darbey, dass wie an andern orthen auch bey uns hierin khönte rath und mittel gefunden werden. Er gestünde mir, dass sie kheine Princesse ihrer Religion wüsten ; an der Fürstin V. Nassau tochter w-ürde nunmehr nit gedacht; der Fürst v. Anhalt hette zwar einige deligenzien angewendt wegen seiner Mumb der Princesse V. Brig, I. Ch. D. wehren aber hierzu nit geneigt. Mir ist beyge- fallen, ob man wohl studio dess Prinzen Ihres Brüdern schwehre com- plexion dahin zeigen wollen, ad ostentandam majorem spem opulentae hereditatis. Der v, Schwerin bekheunete mir jez, wie alle Zeit, dass er' für besser hielte eine Catholische alls eine Lutrische Princesse zu dess Churprinzen Gemahlin zu bekhommen, umb willen diese in diesen Lan- den eine starkhe party machen, von einer Catholischen aber dergleichen nichts zu besorgen. Er zeigte sich wohl zu der sach inclinirt, sagte mir auch, dass der Churfürst nun nit so grose aversion alls vor diesem

') Ferdinand August.

2) Karl Emil.

") Vermutblich Marie Antonie, geb. 16GÜ; später mit dem Kurfürsten von

Baiern, Maximilian Emanuel vermählt.

572 ^'I- Ctoess in I>eilia, Anhalt in Wien. 1G72 1G75.

darvün zeige, betliont aber darbey, dass die sach sehr l)eluitsaini) und mit aller circumspection raiiste abgehandelt werden; darüber wir auch, id est circa modum raisonirt; dan die Predicanten und die zelosi würden gleich ausssprengeu und dass negotium in ip.sa propositione zu steckhen suchen. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Juli 1672. (Or.)

[Cansteins Mittheilungen über die Haltuncr des Herzogs von Celle und der Land- gräfin von Hessel-Cassel. Schweden betreffende Verhandlungen des Goess. Bremen. Brandenburg-sächsische Beziehungen. Derfilinger. Schreiben des Kurfürsten von Sachsen. Berichte des Pöllnitz über die englisch-holländischen Beziehungen. Urtheil des Goess über der Engländer Vorgehen. Sendung des Brandt nach England. Urtheil des Kurfürsten über die holländischen Verhältnisse.]

.^3. Juli. Nach Mitteiluugen des zurückgekehrten Canstein scheint der Herzog von

Celle principiell geneigt gegen Gew'ährung von Subsidien die Holländer zu unterstützen und falls dieselben mit Frankreich bereits geschlossen haben soll- ten in die zwischen dem Kaiser und Kurbrandenburg geschlossene Allianz einzutreten, gibt aber bisher aus verschiedenen Gründen noch keine bestimmte Erklärung ab. Canstein glaubt, der Herzog werde sich aber sofort entscheiden, wenn er sieht, dass der Kaiser Ernst mit dem Marsche macht. Die Landgräfin von Hessen-Cassel fordert zur Einigung auf; was aher ihre Person betrifft, zögert sie; Canstein hofft aber, dass sie doch beitreten wird, was Goess zu beschleu- nigen sucht, vornehmlich wegen des Beispieles für andere.

Auch bezüglich des Bischofes von Münster ist man nicht ohne Hoffnung denselben zu gewinnen.

Brandt ist aus Schweden zurückgekehrt, seit seiner Hierherkunft sieht Goess, dass der Kurfürst weniger von schwedischer Seite fürchtet. Goess hat an Wolfrad geschrieben zu sondiren, ob bei den gegenwärtigen gefährlichen Conjuucturn man in Schweden die Meinung nit ändere und ob bei bevorstehenden Tiirkeukrieg in Polen, Schweden nit etwa ad aliquod foedus mit den angrenzenden Potentaten incliniren möchte. Die Stadt Bremen sucht sich indessen gegen einen etwaigen Angriff Schwedens zu sichern. Auf des Goess Rath hat der Kurfürst ein neues Schreiben an Sachsen gerichtet, in w'elchem er der Behauptung entgegentritt, als ob er etwas gegen die Mission Amerongens gethan hätte. Derffhnger will nicht unter Anhalt dienen, der Kurfürst musste ihn entlassen und hat ihm Befehl ertheilt auf sei- nen Gütern zu bleiben. Goess bedauert den Zwischenfall, da von Derfflinger gute Dienste zu erwarten wären.

I. Ch. D. haben heute frühe in Beisein meiner des Churfürsten zu Sachsen Schreiben erbrochen und mir vorgelesen. Der Churfürst meldet darin, dass E. K. M. ihme bis dato die mit S'. Ch. 1). aufgerichte Tractaten, darvon sie in ihrem Schreiben Erw^ähnung gethan, nit communicirt,

Celle und Münster. Biandenburg-säclisische Beziehungen. England. 573

derovvegen dieselbe an mich begehrt, ich möchte E^ K. M. hiervon Nach- richt geben, damit sie nach dero gnädigsten Gutbefinden diese Tractaten veranlastermassen communiciren wollen. Die Connivenz des Churfürsten von Sachsen mit seinem Brüdern dem H". Administratore'), welcher immer mit seinen Werbungen fortfahrt, neben einigen andern iudiciis, bekräftigen dahier fast den geschöpften Verdacht, dass zwischen Frank- reich und Chursachsen etwas wegen der jülischen Landen gehandelt worden. ^)

Pölhiitz berichtet aus dem Haag^), dass die englischen Comraissäre *) er- klärt hätten, ihr König wolle nicht mit den Holländern tractiren, wenn sie nicht vorher den Prinzen von Oranien zu ihrem Souverän angenommen haben würden^). Ich kann mich in der Engländer consiliiis und Conduite nit finden, stehe fast an, ob ich allen diesen Dingen, so da bericht werden, Glauben zustellen solle. I. Ch. D. seind mit mir einig gewesen, dass diese Proposition dem Prinzen schädlich falle; wanns von französischer Seiten geschehen, könnte ich mich besser darin finden. Der Prinz wäre Vorhabens nach England zu schicken, den König zu besserer Resolution bei dem holländischen Werk zu disponiren ^). I. Ch. D. seind intentionirt auch den Canzlern Brandt nach England zu schicken. Hac occasione und weilen gemelt worden, dass der Pensionarius de Witt und seine Faction sich über diese Proposition der Engländer erfreuen würden, habe ich P. Ch. D. vorgestellt, dass dieses Mistrauen und factiones bei gegenwär- tigen Zustand der Sachen sehr schädlich fallen. Sie zeigen sich geneigt zu Stiftung guten Vernehmens und Yergessung alles des vergangenen zu cooperiren wollen, vermeinen auch, dass es an des Prinzen Seiten nit ermanglen würde, besorgt aber, dass de Witt und die seinige schwerlich zu einer sinceren Reconciliation zu bringen sein werden.

^) August V. Sachsen.

-) Vergl. für die sächsisch-französischen Beziehungen dieser Zeit Heibig 1. c. 301 ; Auerbach 1. c. 369 ff.

3) Ueber Pöllnitz' Aufenthalt im Haag; Puf. 1. c. XI. 58; Droysen 1. c. III.3 405 ff.; Urk. u. Act. HI. 275 f.; Peter, 1. c. 47, 53 ff.

*) Buckingham, Arlington, Halifax, Sylvius: vergl. Basnage 1. c. II. 254 f.; Le- fevre-Pontalis I.e. II. 433 ff.

^) Ueber die Politik der Holländer und Engländer in dieser Zeit; Lefevre-Pon- talis 1. c. H. 375ff., 428 ff.: Klopp 1. e. I. 308 ff.

'') Vergl. für die Beziehungen Wilhelms zu Karl II. in dieser Zeit; Lefevre-Pon- talis 1. c. II. 428 ff.

574 ^I- öoess in Berlin, Anlialt in Wien. 1672 ir;75.

Votum vom 25. Juli über des Goess Schreiben vom 10., 14. und 15. Juli 1672. (Conc.)

[Einschluss des Kaisers und des Reiches in einen eventuellen Frieden Frankreichs mit Holland und Brandenburg. Brandenburg-mainzische Beziehungen.]

1.'). Juli. Goess möge darauf achten, wenn Frankreich mit Holland und Branden-

burg Frieden schliessen sollte, dass der Kaiser und das Reich in denselben ein- geschlossen werden. In comitialibus soll er fortfahren den Kurfürsten für die Pläne des Kaisers zu gewinnen und sich bemühen, dass das gute Einvernehmen zwischen Mainz und Brandenburg fortdauere. Goess soll den Kurfürsten auf dessen Reisen begleiten.

In diesem Sinne lautet die Weisung vom 28. Juli 1672.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 18./28. Juli

1672. (Aut.)

[Dank für die kaiserliche Resolution. Versprechen alles zum Marsch bereit zu halten.]

28. Juli. Ew. Kay. May". Allergnedigstes handt Schreiben hab ich von des

Fürsten von Anhaidts L*^*^". mitt gebührenden respect woll empfangen undt gleichwie Ew. Kay. May", gnedigst gefallen solche tappere reso- lution 7A\ ergreiflfen undt behorige anstaldt machen lassen, damitt der Marsch dero volcker beschleuniget werde, So werde ich auch ahn meinen ohrdt keine zeitt noch stunde verabseummen mich mitt den meinigen zur coniunctur ferttig zu halten undt dasjenige zu beforderen, So Ew. Kay. May", zu unsterblichen rühm, dem Römischen Reich zu bestendiger sicherheitt gereichen wirdt. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. Juli 1672. (Or.)

[Berathung des Goess mit Anhalt, Schwerin 'und Somnitz. Bitte um Weisung be- züglich der Sendung des Goess an die Höfe der Herzoge von Braunschweig und der Landgräfin von Hessel-Cassel. Köln. Berichte Anhalts über den sächsischen Kur- fürsten. Stellung Dänemarks.]

?)0. Juli. Der Fürst von Anhalt ist am 26. hier angelangt. Goess hat mit ihm,

dem Baron v. Schwerin und mit Somnitz am 29. Juli conferirt und über- sendet das Protocoll dieser Berathung'). Goess bittet um Weisung des Kai- sers, wie er sich bezüglich des vom Kurfürsten geäusserten Wunsches, er möge zu den Herzogen von Braunschweig und zu der Landgräfin von Hessen-Cassel

^) Vergl. das folgende Stück.

Berathunoj des Goess mit Anhalt, Scliwerin und Somnitz. 575

reisen, verhalten solle. In jedem Falle empfiehlt Goess diese Herrscher durch einen kaiserlichen Handbrief in gute Stimmung zu bringen und ihnen die An- sicht zu benehmen, als wolle man ihnen nicht wohl.

Grana^) schreibt dem Goess, er sehe sehr wenig Hoffnung, dass die Stadt Köln sich zur Annahme von Besatzungen befreundeter Mächte entschliessen werde ; er glaube, dass es besser wäre unter diesen Verhältnissen sein Regiment herauszuziehen und so den Franzosen jeden Praetext zu nehmen. Goess ist ent- gegengesetzter Ansicht; doch fürchtet er, dass es schwer halten werde den Kurfürsten von Mainz eben mit Rücksicht auf Frankreich dahin zu bringen, eine grössere Truppenzahl nach Köln zu senden, was ein einlangendes Schreiben des Mahrenholtz bestätigt.

Nach den Berichten des Fürsten von Anhalt hat der Kurfürst von Sachsen sich bereit erklärt in das neue Bündnis einzutreten , auch seine Vettern da- zu zu disponiren; im übrigen aber Eifersucht gegen Brandenburg gezeigt. Goess räth rasch jemanden an den sächsischen Hof zu senden; Snbsidien- zahlungen hält er für unerlässlich. Die Aussichten auf eine Einigung mit Dänemark stehen gut und damit ist auch Hoffnung auf Abschluss mit dem Hause Braunschweig gegeben.

ProtocoU über die zwischen Goess, Anhalt, Schwerin und Soranitz am 29. Juli gehaltene Conferenz. (Or.)

[Clause] bei dem kaiserlichen Versprechen der vermehrten Truppensendung. Kur- fürstliche Truppensendung. Recuperirung der clevischen Städte. Beiderseitige Ver- mehrung der Truppen im Nothfalle. Des Kurfürsten Wunsch bezüglich des Goess Reise nach Celle. Berichte Blumenthals über des Dänenkönigs Verhalten. Munition. Köln. Allianz Oesterreichs und Brandenburgs bezüglich Polens.]

Zu den am 11. .Juli aufgesetzten Puncten bemerkt Schwerin: 1°. Dass 29. Jdli. die conditio bei den noch versprechenden 4000 Manu („wann nemlich die Sorg vor den Türken und von polnischer Seiten heuer aufhören solle") ausgelassen werde. Ego : Satis apparere enixam Caesaris volun- tatem, was möglich, werde man thun, Avas nit möglich, könnten sie nit begehren; bene sperari, dass die conditio für sich cessiren werde.

2". Dass diese von D. Ch. D. versprechende Völker, sowohl pro foedere cum Hollandis, als pro illo, so nun mit P. K. M. geschlossen, zu nehmen; dann doppelt könnten sie's nit praestiren; I. K.M. würden doch endlichen auch mit Holland schliessen et tunc fore parem utrimque conditionem. Ego: Me relaturum.

3". Ob nit besser were, dass wegen Recuperirung der clevischen Städte in specie etwas gemelt würde. Ego: Sufficere meo iudicio, was

') Bevollmächtigter des Kaisers in Köln.

■^) Mahrenholtz an den Kurfürsten, Würzburg 8./18. Juli 1672. Copie.

576 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1072—107.').

Art. 3°. public! foederis in generalibus gcmelt worden'), seie fast rath- samer die s])ecialia nit zu viel zu exprimiren.

4°. Im Fall diese zusammenbringende Macht nit erklecklich wäre, dass beide Theil alsdann ein mehrers darzu herzugeben. Ego: Sperare me non fore ea in re difficultatem.

Der Baron von Schwerin theilt dem Goess mit, der Kurfürst wünsche, dass Goess zum Herzoge von Celle reisen möge, um diesen und die übrigen Mitglieder des Hauses Braunschweig, sowie auch die Landgräfin von Hessen- Cassel, zum Eintritte in das brandenburgisch-österreichische Bündnis zu ver- mögen. Goess erklärt, darüber an den Kaiser berichten, indessen aber weiter mit Schütz-) verhandeln zu wollen. Schwerin theilt ferner mit, dass Blumen- thal aus Kopenhagen sehr günstig über des Königs von Dänemark Intentionen berichte^) und von der Absicht des Königs melde einen Vertreter nach Berlin zur Beendigung des Werkes zu senden. Man äussert den Wunsch, Goess möge zu Verbandlungen mit diesem Vertreter des Dänenkönigs Vollmacht erhalten.

Es wurde ferner von Seite der Brandenburger betont, sie wollten sich wegen der schweren Stücke diesmal dazu bequemen, weil sie ohne das ex foedere mit Holland dazu obhgirt; es müsste aber künftig in keine Consequenz gezogen werden; wegen der Kriegsmunition und dergleichen müssten die Un- kosten von beiden Theilen getragen werden. Ueber andere derartige Angelegen- heiten solle mit dem Generallieutenant'') weiter verhandelt werden.

Wegen der Stadt Colin befindet man freilich, dass zum höchsten importire, dass dieselbe zu rechter Zeit besser mit Volk versehen werde; zweifelten aber, 1". ob die Völker von denen von der Stadt möchten angenommen werden; 2°. vernehme man, dass es an Munition und an- deren zur Defension nothwendigen Dingen darin mangle; 3°. wnsse man nit, ob die Fortification perfectionirt oder nit; sie vermeineten, der Conte de Monterey solle Volk darin werfen, oder beide Churfürsteu zu Mainz und Trier sollens thun. Ego trüge vviderum an, dass es alle drei Chur- fürsten, die commissarii in der Sach gewesen, zu thun; meldete die Deligentien so bei dem Conte de Monterey wegen der Subsidien zur Subsistenz dieser Völker geschehen, dass das Werk zeitlich und voll- kommentlich zu concertiren , dann sonsten würden uns die Franzosen sicherlich vorkommen, welches ein irreparabile damnum wäre. . . .

Ich habe deducirt, wie gut und nöthig es seie, dass ein Particular- tractat zwischen I. K. M. und I. Ch. D. respectu der polnischen Dingen gemacht und auch andere benachbarte darzu gezogen werden, mit Re-

') § 3 betrifft den Zweck des Bündnisses; vergl. Möiuer 1. c. 365.

-) Braunschweig-cellischer Kanzler.

3) Vergl. Puf. 1. c. Xr. 42.

■') Montecuccoli.

Conferenz zwischen Goess, Anhalt, Schwerin und Somuitz. 577

monstrirung, dass weilen wir nun keine Armee auf dieselbe Grenzen halten können, fama huius foederis suppliren und sowohl die Malcon- tenten, als Türken und Tartaren reprimiren müsse; hierüber hat man sich zwar nit ausgelassen, doch keine Disinclination gezeigt. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Aito-ust 1672. (Or.)

[Geplante Zusammenkunft zu Braunschweig. Verhandlungen der Brandenburger und

des Goess mit dem spanischen Gesandten. Crockow. Vauguion. Truppensendung

des Brandenburgers nach Köln. Münster.]

Weisung vom 28. Juli erhalten.

Der Kurfürst lad den König von Dänemark, den Herzog von Celle und die 5. Aug. Landgräfin von Hessen-Cassel wegen Verhandlungen über den Eintritt dieser Fürsten in das Österreich-brandenburgische Bündnis nach Braunschweig und bittet Goess, beim Kaiser anzufragen, ob derselbe auch seinerseits jemanden nach Braunschweig senden wolle. Goess hofft, dass in Folge dieser Nachricht auch der Mainzer besseren Muth fassen wird.

Des Bergeyck^) Negociation ist ziemlich allgemein gewesen. Er hat das commune Interesse bei diesen gefährlichen Conjuncturen und was die allgemeine Sicherheit erfordert vorgestellt, der Königin officia bei E. K. M. und wo man's sonsten nöthig befinde offerirt, dass man ihrer Seiten treulich darbei concurrireu werde versichert; doch die Anzahl der Völker, so sich mit uns zu conjungiren nit specificirt. Als ich ihn gefragt, ob sie mit 10 000 Mann herbeitreten könnten, hat er geantwort von ja, wann sie ihre Völker, so sie den Holländern zu Hülf geschickt, zurück- bekommen ; sonsten nit. Wegen der Stadt Colin hat er kein Befelch ge- habt, doch gute Vertröstung gegeben; directe hat man bei der Conferenz keine Klag geführt wegen der zurückständigen Pensionen der 100 000 Thaler jährlich, wohl aber gefragt, ob er von wegen der Garantie des pyrenäischen und achischen Tractats, welche au I. Ch. D. gesucht werde, keinen Befelch habe. In puncto rupturae mit Frankreich hat er ver- meint, quod pro communi bono non expediret; Spanien würde dardurch genöthiget eine starke Armee auf die cathalonische Grenzen zu halten; allda koste ein Mann mehr, als 4 in Niederland ; hierdurch würden die Geld- mittel absorbirt und dem gubernatori in Niederland entzogen, allwo er mir den statum also describirt, als wann man in der Länge also nit verbleiben, weder diesen grossen Last tragen könne; derowegen dahin

') Baron Bergeyck, spanischer Gesandter; vergl. Puf. i.e. Xl. .59.

Mater, z. Gesch. d. G. Kiufiirsten. XIV. ,37

578 VI. Gocss in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 lß75.

ZU sehen, dass Frankreich ad antiquos teiminos gebracht und diese Länder nit Icnto igne verzehrt werden.

Crockows Reise zum Könige von Frankreich unterbleibt '). Vauguion ist liier wieder angelangt; spricht von den grossen Mitteln und der Friedensliebe seines Königs-).

Der Kurfürst von Brandenburg scheint wenig Neigung zu haben, seine Truppen nach Köhi zu senden; doch glaubt Goess, wenn sich Mainz dazu entschliessen würde, es bei Brandenburg richten zu können.

Der Bischof von Münster hat sich wieder mit Frankreich ausgesöhnt, wenn aber die vereinigte Armee in die Nähe kommen würde, glaubt Goess, dass eine Aenderung nicht ausgeschlossen sei'').

Votum vom 11. August auf des Goess Schreiben vom 18., 23. und 30. Juli 1672. (Conc.)

[Harsch der brandenburgischen Truppen. Drohungen Frankreichs. Stärke der fran- zösischen Truppen. Allianz mit Braunschweig, Sachsen, Dänemark, Hessen-Cassel. Des Mainzers Rathschläge. Massregeln zu Regensburg. Gefahr für Oesterreich und Brandenburg. Marsch der kaiserlichen Truppen. Mansfelds Sendung nach Dresden. Mansfeldische Angelegenheit. Des Goess Verhandlungen mit den Braunschweigern und Hessen-Cassel. Forderungen an Brandenburg. Bremen. Oesterreieh-holländische Beziehungen. Subsidienforderungen an das Reich. Derfflinger. Köln. Besetzung Dortmunds. Sendung Brandts nach P^ngland. Erwiderung auf die Forderungen der Brandenburger in der Conferenz vom 29. Juli.]

11. Aug. Man möge dem Goess antworten: Goess werde aus des Kaisers Antwort vom 7. August^) ersehen haben, dass der Kaiser ungern vernomm.en, dass der Kurfürst der in "Wien geschehenen Abrede zuwider bereits 10 000 Mann und mehr nach Münden und Lippstadt gesendet habe^), da doch zu Halberstadt die Conjunction der kaiserlichen und 'kurfürstlichen Truppen erfolgen sollte. Auch habe der Kaiser dem Goess in dem Schreiben vom 7. d. befohlen, zu erfahren, wie stark die Brandenburger seien, dem Kurfürsten und dessen Ministern Mit- theilung davon zu machen, dass Gremonville liier behauptet, sein König habe Vau- guion nochmals zum Kurfürsten von Brandenburg geschickt, mit der Erklärung, wenn der Kurfürst etwas gegen Frankreich oder dessen AUiirte, den Kurfürsten von Köln und den Bischof von Münster vornehme, -werde der König von Frank- reich sein Land sofort besetzen, Avogegen derselbe bereit sei, für den Fall der

') Vergl. Mignet 1. c. IV. 92; Grimoard I. c. II. 26 f. 2) Ebendaselbst: Peter I.e. 59; Droysen I.e. III. 3 407 f.

^) Vergl. für die Stellung des Bischofs in die.ser Zeit Depping 1. c. 74; für die Auffassung seiner Haltung am französischen Hofe Grimoard 1. c. II. 38. *) Der Inhalt dieser Weisung ist aus dem Votum zu ersehen. '") Für die Kriegsaugelegenheiten Peter 1. c. 58 f.

Frankreich. Des Jlainzers Rathschläge. Mansfeld. 579

Neutralität seitens Brandenburgs puncto assecurationis alles mögliclie zu thun'). Ferner habe der Kaiser mit Betrüben vernommen, dass weder vom Könige von Dänemark, noch von Sachsen, Braunschweig, Hessen-Cassel kathegorische Er- klärungen zu erlangen gewesen sind, da der Kaiser fürchtet, er und der Bran- denburger werden allein den Franzosen und deren Alliirten nicht gewachsen sein. In jedem Falle will der Kaiser wissen, mit wie viel Truppen Frankreich in den Krieg ziehen wird und ob die Generalstaaten unterdess still sitzen wür- den. So thue auch Mainz die Conjunction der Waffen beständig mis- rathen, lasse auch E. K. M. absonderlich dehortiren, dass weder E. K. M. noch der Churfürst von Brandenburg weder den Generalstaaten Hilf leisten noch des Königs Alliirten als Churcölln und Münster einige Feindseligkeit zuziehen sollen^). Von Regeusburg aber werde berichtet, dass gar viel Reichsstände angeregte Conjunction nicht gern sehen, noch gemeint seien E. K. M. und denen churfürstlichen Völkern einige ünter- haltshilf begegnen zu lassen und dass eben darumben das Gutachten in puncto securitatis publicae, so sich anvor so lang gesteckt, unversehens aggiustirt worden^), damit hierdurch dero mit Churbrandenburg getroffene Allianz per indirectum hintertrieben werde. Also dass alle jenige prae- supposita, darauf sich der Churfürst gelendet, anietzt so weit deficiren, dass darauf kein Fundament zu setzen und E. K. M. nebens vernehmen, dass am Frieden zwischen beeden Kronen Frankreich und Engelland an einem, sodann den Generalstaaten, sonderlich weilen so gute conditiones für dem Prinzen von Orange gesucht werden, fast nicht zu zweiflen, wel- cher, wann E. K. M. und Brandenburg zuvor die Krön offeudiren und in gedachten Frieden nicht eingeschlossen würden, dero zu grossen Praejudiz gereichen künnte, welches alles er von Goess wohl bedenken und mit guter Dexterität hierüber, so weit es ihme räthlich zu sein bedünket, mit dem Churfürsteu conferiren solle.

Die kaiserlichen Truppen sind schon auf dem Wege nach Eger.

Der Kaiser sendet den Grafen Mansfeld nach Dresden, um dem Kurfürsten von Sachsen Mittheilungen über Anhalts Negociation in Wien zu machen.

Nun hat der Kaiser weiter die Sachen überlegt und fügt dem bereits mit- getheilten noch hinzu: Was Mansfeld betrifft, ist der Kaiser bereit, dasselbe durch seine Truppen besetzen zu lassen und wird mit nächstem Kaiserstein die entsprechenden Weisungen zukommen lassen. Goess soll sehen, dass dies mit gutem AVillen des Brandenburgers geschehe und dass der Administrator von Magdeburg seine Truppen herausnehme. Goess thut ganz recht, die Zwistig- keiten zwischen Brandenburg und Sachsen beizulegen. Der Kaiser ist sehr dafür,

1) Yergl. Droysea i. c. III. 3 408; Peter 1. c. 59; Mignet 1. c. IV. 95. ^) Droysen 1. c. 111.3 408; Wagner I.e. I. 279; Guhrauer 1. c. II. 8f. "') Yergl. Pachner 1. c. I. 574 ff.

37*

580 Vr. Goess in Berlin. Anhalt In Wien. 1 ^72 - 1 07.'..

(lass Goess mit den Rrannschweiger Herzogen nnd Hessen-Cassel nm deren Eintritt in das Bündnis verhandele. Der Kaiser hält dafür, dass es vielleicht jetzt au der Zeit wäre, dass Goess die ihm in seiner Instruction anfänglich mitgegebenen drei Puncte, 1". dass des Kurfürsten Gesandte niemals heim Bischöfe von Eichstädt') gewesen, 2°. die Competenzstreitigkeit zwischen Schaffgotsch und Hoverbeck und 3". die Sachen wegen Jägerndorf, dextre hervorhebe; dann jetzo braucht der Churfürst E. K. M. und i.st dahero das Eisen, weilen es glüht, zu schmieden. Bremen l)etreffend, glaube der Kaiser wohl, dass Schweden ein Ab- sehen auf dasselbe habe und halte dafür, dass es das zweckmässigste wäre, wenn die Stadt von dem niedersächsischen und westphälischen Kreise aus besetzt Avürde; Goess soll darüber mit Schütz sprechen. Die Räthe halten auch dafür, dass es an der Zeit sei, den nieder- und obersächsischen Kreis zur Bereithal- tung der Truppen aufzufordern. Wegen der Subsidien aus Holland für Brandenburg seind dieselbe richtig und wirdet er von Goess schon zu Berlin aus der Relation des von Pöllnitz, Blaspeil und Romswinckel ver- nommen haben, wasgestalt der von Lisola und Kramprich inmittels mit den Holländern geschlossen und wasmasseu selbige E. K. M. monatlich 45 000 Reichsthaler pro subsidiis versprochen, auch darvon gleich anietzo 200000 Rthlr. abzuführen zugesagt haben ^). Sobald das Project einlangt, wird der Kaiser es Goess übersenden, der trachten soll, dass die Sache in- zwischen geheim bleibe. . . . Und nachdem in gemeltem mit Holland ge- schlossenem foedere die Staaten-General selbsten nicht verlangen, dass E. K. M. ihnen directe assistiren und also mit Frankreich öffentlich brechen sollen, als solle er von Goess dextre darob sein, dass Churbrandenburg sich nicht mit Attaquirung des Bischofens von Münster übereile, sondern die Ankunft des Generallieutenants Grafen Montecuccoli erwarten und so- dann mit ihme eins und anders abreden wollte, als welcher destwegen schon ordentlich und ausdrückentlich instruirter dahin kommen wirdet; der Lisola auch von Neuem gute Hoffnung geben thuet, dass er Bischof von Frankreich weg und hiehier treten möchte^).

Goess soll dem Kurfürsten energisch zureden von Subsidienforderungen an das Reich in diesem Momente abzusehen. Dass Derfflinger beurlaubt, dessen gehabte 2 Regimenter vergeben und ihm befohlen worden sei, auf seinen Gütern zu bleiben, wäre gar wohl geschehen und Goess soll nur dahin cooperiren, dass er nicht wiederum restituirt werde; dass er stets, auch in dem vorigen schwedisch -polnischen Krieg, fidei suspectae gehalten worden. Bezüglich

^) Marquard, Principakommissär des Kaisers zu Regensburg.

-) Für die Österreich-holländischen Beziehungen in dieser Zeit; Grossmann 1. c. o8ff. Der Vertrag vom 28. Juli bei Dumont I.e. VII., 208ff. unter dem falschen Datum vom 25. Juli.

^) Vergl. Grossmann „Lisola" 1. c. 52 f.

Bremen. Oesterr.-holliind. Beziehungen. Conferenz vom 20. Juli betreffend. 581

der Besetzung Kölns bleibt es bei dem Gesagten, die Besetzung Dortmunds hält der Kaiser der Zeit noch nicht für notli wendig. Goess hätte wohl daran ge- than, dem Kurfürsten von Absendung Brandts nach London für diesmal abzu- rathen.

Was die von Anhalt, Schwerin und Somnitz mit Goess am 29. Juli ge- haltene Conferenz betrifft und zwar erstens den "Wunsch Brandenburgs, dass die conditio bei den noch versprochenen 4000 Mann („wann nemlich die Sorg vor den Türken und von polnischer Seiten heuer aufhören solle") ausgeschlossen werde, hätte Goess richtig geantwortet und es bleibe bei dieser inserirten Con- dition. Quoad secundum monitum, dass diese von P. Ch. J). ver- sprechende Völker sowohl pro foedere cum Hollandis als pro illo, so nun mit P. K. M. geschlossen, zu nehmen, dann doppelt könnten sie es nit praestiren, I. K. M. würden doch endlich auch mit Holland schliessen; könnten E. K. M. seihigen deferirn, sonderlich auch bei dem von E. K. M. seithero mit Holland geschlossenen foedere; doch das Churbrandenburs: mit solchen nicht dirocte den Holländern Hilf leiste, sonderlich weilen sol- ches Holland selbsten nicht verlangt. Quoad tertium, ob nit besser wäre, dass wegen Recuperirung der clevischeu Städte in specie etwas gemelt würde, hätte er gar recht geantwortet und bleibe es diesfalls bei dem articulo publici foederis gar billig. Quoad Cjuartum, im Fall diese zusammenbringende Macht nit erklecklich wäre, dass beide Theil als- dann ein mehrers darzu herzugeben, hätte er abermalen gar recht ge- antwortet und werden E. K. M. das ihrige möglichist thuen. Wegen Däne- mark und Braunschweig müsse man abwarten.

Was im übrigen Sachsen betrifft, Averde der Kaiser den Kurfürsten Johann Georg II. durch Mansfeld über das Verhältnis Sachsens zu Brandenburg auf- klären lassen.

Beschlossen wie eingerathen am 11. Aug. in Gegenwart von Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Montecuccoli, Hocher, Dorsch und Abele.

Die dem Votum entsprechende Weisung ist datirt 14. Aug. 1672.

Votum sine dato über des Goess Schreiben vom 18. Juli 1672.

(Conc.)

[Heirath des Kurprinzen mit der Erzherzogin betreffend.! . .

■- ' r j Anfang

Auf des Goess Schreiben vom 18. Juli in puncto matrimonii des Kurprinzen August.

zu Brandenburg mit der Erzherzogin, ist ihm zu antworten, er soll mit Schwerin

weiter darüber verhandeln, jedoch so, dass niemand etwas davon erfährt, und

dann berichten, was er erfahren.

582 VI- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Aug. 1672. (Or.)

[Neuausfertigung der Österreich-brandenburgischen Allianz. Verhandlungen Vauguions mit den kurfürstlichen Ministern. Verhandlungen Brandenburgs mit den Schweizern. Brandts Mittheilungen aus Schweden. Beabsichtigte Sendung Brandts nach England, Holländisch-cellische Verhandlungen. Oesterreich- holländischer Vertrag. Köln. Fran- zösische Heeresmacht.]

i;>. Aug. Goess übersendet das neue Bündnis, das von ihm und Anhalt unterzeichnet

worden, sowie die kurfürstliche Ratification; an der kaiserlichen wünschen die Brandenburger einige unbedeutende formelle Aenderungen.

Vauguion hat, nachdem er sich lange geweigert mit den kurfürstlichen Käthen zu verhandeln, in der Conferenz des Kurfürsten Verhalten sehr improbirt und Aufklärung über den Zweck der Rüstungen, sowie das Versprechen der Neutralität gefordert. Die kurfürstlichen Räthc rechtfertigen das Benehmen ihres Herrn und erklären bezüglich der Neutralität nur in Uebereinstimmung mit dem Kaiser und den anderen Kurfürsten und Fürsten vorgehen zu können.

Bei einer zweiten Conferenz zeigt sich Vauguion nachgiebiger gestimmt; er hat die Absicht längere Zeit hier zu bleiben, um über die Vorgänge nach Paris berichten zu können ^).

Der Kurfürst sendet dem älteren Grafen Dohna"-'), der in der Schweiz ist, Befehl, mit den Schweizern um Truppenüberlassuug zu verhandeln ; Goess räth dem Kaiser ein gleiches zu thuu.

Nach Mittheilungen Brandts ist von Schw^eden nichts zu fürchten; eines der Hauptmotive gegen einen Krieg sei in Schweden die Rücksicht auf den militärischen Geist des jungen Königs; da man fürchte, dass derselbe, wenn er beim Regierungantritte einen Krieg vorfinde, denselben lange fortführen werde. Brandt soll in Monatsfrist nach England gesendet werden; man ist hier der Ansicht, dass es trotz aller Neigung des Königs von England für die Verbin- dung mit Frankreich^) gelingen werde, die Aussöhnung Englands und Hollands zu Stande zu bringen.

Die Verhandlungen über Subsidien für Celle haben die Holländer abge- brochen; sie glauben bei den heiTschenden Verhältnissen auch ohne Subsidien Unterstützung erhalten zu können. Hier wird für bestimmt behauptet, dass der Vertrag zwischen dem Kaiser und den Staaten schon unterschrieben sei und dass der Kaiser monatlich 45000 Thaler Subsidien erhalte; Goess hat ebenso solche Nachricht erhalten, dissimulirt aber dieselbe, bis er authentische Mittheilungen erhalten haben wird ^). Wie viel an der Erhaltung Kölns gelegen,

1) Vergl. Mignet 1. c. IV. 99 ff. ; Orlich 1. c. II. 59.

■) Friedrich Dohna; vergl. Puf. 1. c. XI. 73; Orlich 1. c. II. 59.

') England hatte bereits am 16. Juli einen neuen Vertrag mit Frankreich zu Heeswyk geschlossen; vergl. Ranke, engl. Gesch. V. 112; Lefevre-Pontalis J. c. II. 432 ff.; Mignet 1. c. IV. 48 ff

*) lieber die Verhandlungen bezüglich des Vertrages vom 28. .Juli zwischen Holland und dem Kaiser; vergl. Grossmann 1. c. 44 ff.

Oesterreicli-hnindenburgische Allianz. Vaiijruion in TJerliu. 583

begreift man hier, Jedoch entschliesst man sich nicht betreffs der Mittel und zielt am meisten auf den Monterev. Die französische Heeresmacht wird hier jetzt bedeutend niedriger angeschlagen, als sie in der That sein dürfte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. August 1672. (Or.)

[Brandenburgische Soldaten. Vauguions Friedensversicherungen. Urtheil des Goess über Frankreichs Pläne. Drohungen Gravels bei Mainz. Baierns Pläne bezüglich Verhinderung der Coujunction der brandenburg-österreichischen Truppen. Urtheil des Goess über die einzuschlagende Politik. Stellung des Herzogs von Celle. Unter- redung des Goess mit dem Kurfürsten über die Mainz gegenüber einzuschlagende Politik.]

Goess übersendet eine Liste der für den Kriegsdienst bestimmten branden- 19. Aug. burgischen Soldaten'). Die Regimenter zu Pferd, die jener Seiten der Weser stehen, seind der Orten geworben, oder durch die vorgestandeue Squadronen zu Regimenter gericht und die lothringische Völker darum allda logirt worden, weilen diese die nächste Oerter an den Quartieren, aliwo sie vor ihre Uebernehmung gestanden. Sie haben Ordre, sobald etwa die Franzosen dahin anmarschiren möchten, sich über die AVeser zur Hauptarmee zu retiriren. Anstatt des alten Fussvolk, so in den Festungen liegt, ist man iutentionirt andere neue Völker hineinzulegen^). Der Kurfürst dürfte sehr bald nach Halberstadt aufbrechen. Vauguion will unter jeder Bedingung den Kurfürsten begleiten, alle Versuche, ihn von diesem Vorhaben abzubringen, sind vergebens. Er (Vauguion) spricht nun viel von Frieden und sagt dem Fürsten von Anhalt gleichsam in grossen Ver- trauen, dass, wann an den König seinen Herrn geschickt und die Sach

^) Cavallerie: Das Leibregiment zu Pferd 800 Pferde: des Kurprinzens, Prinz Friedrichs, Fürsten von Anhalt, Landgrafen Friedrich zu Hessen-Homburg, Kannen- bergs, Spaens, Ellers, Ostens, Mörners, Herzogs von Mecklenburg, Grafen Promnitz Regimenter zu 600 Pferden, Lothringische Völker 700, Waldeck 300 Pferde, Marwitz Dragoner 500, Bomsdorf Dragoner 500, Prinz Friedrichs Compagnie 100, in summa 9500 Mann zu Pferd. Feldraarschall : Fürst von Anhalt, Generallieutenant Kannen- berg, Generalmajore Görtzke, Baron Spaen, Eller, Lütcke.

Infanterie: Leibgarde unter dem Generalwachtmeister Pölhiitz commandirt durch den Obristen SchlaberndorfF 10 Compagnitn. Kurprinzens, Dohna's, Goltz', Spaens, S}-- burgs, Götz' Regimenter zu 1140 Mann , Fargel 740 Mann, Holstein, Berlepsch, Neuffen je 5.50 Mann, in summa 10370.

Generaliieutenant der Infanterie: (ioltz, Holstein, Generalmajore Götz, Pöilnitz.

Der Graf von Dohna ist Generalfeldzeugmeister dieser Tage geworden.

50 Stück, 4 Haubitzen, 2 Mörser.

^ Für die Kriegsmacht des Kurfürsten ist das Werk von G. A. v. Mülverstedt, -Die brandenburgische Kriegsmacht imter dem Grossen Kurfürsten" zu vergleichen; Ergänzungen aus dem Berhner Archiv von Lehmann, Gust., Forsch, z. br. u. preuss. Gesch. 1.450 ff.

584 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72— 1675.

con bei modo und also, dass es iiit scheine, dass man darzii forciren wolle, proponirt würde, sicherlich der gewünschte Effect zu erfolgen. Das lasse ich nun dahin gestellt sein; mag sein, dass der König ver- merke, dass eine starke Party wider ihn formirt werde und dahero von seinen gefassten Desseignen etwas nachlasse; den Frieden aber halte ich darfür, dass man von ihme änderst nit erhalten werd, als wann man ihn gleichwohl darzu einigermassen forcire, auch die Hoffnung verlieren mache mit seine eingebilte Conquesten aufzukommen. Des Gremonville, Gravel, Feuquieres und anderer französischer ministrorum comminationes gehen lediglich dahin, dass sie einen und andern Chur- und Fürsten ab- zuschrecken und dardurch aus der Sach zu halten vermeinen. Solle die Party einmal recht formirt sein, werden sie andere Seiten aufziehen und besser Wort geben. Der von Mayernberg^) hat mir geschickt, was Abbe Gravel bei Churmainz proponiret und gedrohet und sagt mir der Baron von Schwerin, dass des Churbairischen Kleist Proposition bei E^ K. M. auch dahin gangen, dass man die Aumarschirung und Coniunction dero Völker mit den Churbrandenburgischen in alle Weg zu unterlassen ^). Was sie vor motiva und Absehen darbei haben lasse ich dahin gestellt sein, erinnere mich auch, was der Graf Montecuccoli bei der Confereuz diesfalls und wie das Werk des Marschs und Conjunction halber anzu- greifen suggerirt; wie aber E. K. M. sich änderst resolvirt und nun nimmer res integra, als bringe ich dahie dero bei diesem Werk habende Bedenken und Sorgen solchergestalt vor, dass alles allein auf die Reme- dirung gericht. Im Uebrigen ich keine Hesitation und noch viel weniger einige Veränderung bei uns vermerken lasse; dann dieses könnte bei gegenwärtigen Zustand der Sachen nichts gutes verursachen. Man hat bei Ueberlegung aller dieser Difficultäten die Medaille, wie das Sprich- wort laut, umzukehren und zu consideriren, ob diejenige, welche bei Unterlassung dieser E"". K. M. Resolution zu besorgen gewesen, nit viel grösser und schwerer. Der Erfolg bekräftiget fast, was bei den gehal- tenen Conferenzen unter andern vorgestellt worden; dass nemlich, wann E"". K. M. Völker nit würklich in's Reich anmarschirten, man darfür halten würde, dass es deroselben nit ernst und dahero die übrige Potentaten, Chur- und Fürsten sich auch zurückhalten würden. So viel discurrire ich als für mich mit diesen miuistris, dass ich zwar ultra crepidam nit gehen, sondern diese deliberationes denen, welchen es zukommt, über-

1) Vertreter des Kaisers bei Mainz ; vergl. ürlich 1. c. II. 59. -) Orlich I.e. II. 59; Heibig 1. c. 28.

Drohungen Gravels. Gegen den Mainzer zu beobachtende Politik. Mansfeld. 585

lassen wolle. Ich resumire aber, dass man sich nit übereileu, noch in einige Action werd einlassen wollen, bis man mit proportionirter Macht darzu gefasst. AVann man einmal über die Weser gehe, müsse es mit Resolution geschehen, sich^) auf keine Weis widerum herüberjagen zu lassen; dann hierdurch würde die Reputation der Waffen verloren und allen, so uns sonst beitreten möchten, der Muth benommen.

Nach Mittheilungen des aus Celle zurückgekehrten Oberstallmeisters der Kurfürstin, Lent, wünscht der Herzog die Hinkunft des Goess; Goess ist dazu bereit, erwartet aber den Befehl des Kaisers.

Ich bekomme jetzt gleich Schreiben von dem von Mayernberg vom 10. dieses und sehe daraus, dass Churmainz noch immerfort auf die Maxime Frankreich nichts im Weg zu legen, noch etwas wider Chur- cölln und Münster, noch in favorem der Holländer zu thun, verharre. Ich habe mit I. Ch. D. daraus geredt, dass gut sein würde, dass sie je- mand der ihrigen zu I. Ch. D. abschicken, eine Zeit allda zu verbleiben; sie seind darzu geneigt und haben eben gestern mit mir de subiecto mit- tende deliberirt. Ich bin fast der Meinung, dass ehe und bevor der Schluss in der Stadt Braunschweig nit erfolgt, wenig auszurichten sein werd. . . .

P. S. AVeisung vom 14. August erhalten, wird nach derselben verfahren.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. August 1672. (Or.)

[Mansfelder Angelegenheit. Geplante Verhandlungen mit Braunschweig. Brandenburg- holländische Verbindung. Crockows Sendung nach "Wien. Vauguions Friedensver- sicherungen.]

Was Mansfeld anbelangt, ist Goess der Ansicht, dass die Besetzung mit 22. Aug. des Kaisers Garnison nur mit Bewilligung der Interessirten, also Brandenburgs, des Administrators und Kursachsens geschehen solle und nur als ein Mittel, um weitere Ungelegenheiten zu vermeiden. Goess wird über die Sache mit dem Kurfürsten verhandeln, sich überdies alle Mühe geben, damit das gute Ver- nehmen zwischen Kursachsen und Brandenburg fortdauere. Goess wird am 24. nach Halberstadt reisen, um dort mit dem Kurfürsten zu berathen, wie mit dem Hause Braunschweig verhandelt werden solle. Wegen der Stadt Bremen wird Goess mit Schütz sprechen und diesen, wie der Kaiser wünscht, zur Con- tinuation in der guten Devotion gegen den Kaiser ermahnen.

Dass I. Ch. D. sich per articulum secretum obligiren müssen Hol- land also directe zu assistiren, dass sie auch mit Frankreich zu brechen, dessen habe ich E. K. M. schon unterthänigst erinnert; man thut gegen

') A = sie.

586 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Iß72— 1675.

mich nit dergleichen, aber ich weiss es von guter Hand und können E. K. M. gnugsam sehen, dass man von dieser Seiten alles dahin zu richten sucht; ist auch bei mir kein Zweifel, dass man in Holland eben das Absehen und die Hoffnung hat, dass auch E. K. M. und alle die andere allgemach et per gradus zum Bruch mit Frankreich kommen werden; wann sie dann nur auch darbei festhalten und nit etwa sich des Kriegs entschütten und anderen aufm Hals wälzen oder kaufen wollen. . . .

Crockow, den man nach Paris senden wollte, um Vauguion dadurch zum Verlassen des kurfürstlichen Hofes zu vermögen, wird, da keine Hoffnung vor- handen ist Vauguion zur Abreise zu bewegen, nach Wien gesendet werden. Vauguion betont am kurfürstlichen Hofe und Goess gegenüber die Neigung seines Herrn zum Frieden.

P. S. Vauguion ist nach Halberstadt gereist.

Votum vom 23. August 1672 über des Goess Relationen vom 8. und 13. August 1672. (Conc.)

[Verhalten Brauilenburgs zu Vauguion. Verhandlungen des Goess mit Braunschweig und Hessen-Cassel. Brandenburg-schweizerische Beziehungen, ürtheil über die Art der vom Kaiser mit den Schweizern zu pflegenden Verhandlungen. Besetzung des Schlosses Rietberg. Köln. Reise Brandts nach England, Cansteins nach Celle. Pro- ject der VerhandlungeQ vom 11. Juli: Coramando, Marsch. -Schwedens Accession zum österreicb-brandenburgischen Bündnisse. Brandenburg-französische Beziehungen.]

23. Aug. Die Käthe halten dafür, man möge Goess mittheilen, dass man die Rati-

fication des neuen Bündnisses erhalten habe.

Was Vauguions Unternehmen anbelangt, findet der Kaiser des Kurfürsten Verhalten sehr gut, Goess soll ihn zur Fortsetzung desselben ermuntern; doch soll Goess trachten, dass Vauguion bald abgefertigt werde, weil ein längerer Aufenthalt desselben in Berlin dem Kaiser nur schädlich werden könnte. Für den Einschluss der Braunschweiger Fürsten in das Bündnis soll Goess eifrig sich bemühen; er soll auch nach Braunschweig zu diesem Behufe reisen, wenn er es für zweckmässig findet, sich vorher aber mit Schütz unterreden; nacli Gassei zu reisen halte der Kaiser für unnöthig, weil, wenn der Kurfürst von Brandenburg bei der Landgräfin nichts richtet, Goess noch weniger etwas richten werde. Der Kaiser ist erfreut darüber, dass der Kurfürst den älteren Grafen von Dolnia beauftragt hat, mit den Schweizern zu tractiren und auch den Oberst Plessis') dahin abordnen will. Der Kaiser hält dafür, dass besser wäre, gleich anfangs cum singulis und hernach cum omnibus cantonibus zu verhandeln, als umgekehrt. Ein Bündnis, oder directe Hilfe gegen Frank- reich sei von den Schweizern nicht zu hoffen; das beste, was zu erwarten,

^) Isaac du Plessis-Gournet: vergl. Puf. 1. c. XI. 73; Orlicb 1. c. 59.

Crockow. Vauguion. Verhandlungen mit den Schweizern. Oest.-brand. Allianz. 587

■wäre die Erlaubnis zu "Werbungen in der Schweiz gegen billige Bedingungen. Der scopus mit ihnen Schweizern zu tractiren aber möchte sein, wann Ober- und Yorder-Oesterreich etwa von Frankreich feindlich angegriffen und Costnitz, Rheinfelden oder Freiburg belagert werden möchte, dass sie solche in ihre Protection nehmen und Hilfe gegen billige Bezahlung, doch aber auf solche Anzahl in selbige Platz schicken möchten, damit man derselben auch ex parte E"". K. M. gleichwohlen gewahrt sein könnte; item dass sie möglichist verhindern wollten, damit in der Nachbarschaft kein Krieg entstehe und dergleichen. Wie dann der von Goess gar wohl daran (gethan). dass kein respectus religionis diesfalls gemacht, sondern mit beeden Theilen promiscue gehandlet werden solle; obwohlen E. K. M. darbei besorgen thäten, es werde von ihnen wenig zu erhalten sein.

Wegen Besetzung des Schloss Rietberg mit einer spanischen Gar- nison wollen E. K. M. mit dem allhier anwesenden spanischen Ambascia- torn^) reden lassen, wie dann auch gar wohl geschehen, dass der Churfürst von Brandenburg die von der Stadt Emden adhortiren lassen des Bischofens zu Münster propositionibus kein Gehör zu geben. Der Kaiser ist damit einverstanden, dass Brandt nach England abgeordnet wird. Bezüglich Kölns hat Lisola mit Monterey verhandelt -) ; der Kaiser findet, die beste Lösung wäre, wenn der Kurfürst von Brandenburg mit nächstem 2 3000 Mann hineinlegen und sie aus den holländischen Snbsidien erhalten würde. Die Reise Cansteins zu den Herzogen von Celle und Braunschweig ist dem Kaiser gleichfalls sehr recht. Was das von Somnitz dem Goess übergebene Project über die mit Anhalt in "Wien am 11. Juli gepflogenen Verhandlungen betrifft, da wolle der Kaiser den endlichen Aufsatz abwarten und dann erst antworten; im voraus aber so Aiel andeuten, dass die Türkengefahr nicht aufhört, ■\ielmehr grösser wird.

"Wiegen des Commandos wäre es gut, dass der Kurfürst, wenn er anwesend ist, das Obercommando führe, die Ordre aber allein dem Grafen Montecuccoli gebe, der wider dann den anderen Officieren die Befehle ertheilen soll.

Bezüglich der Geschütze bleibt es bei dem, was mit Anhalt in "^aen ab- gemacht worden ist ; ebenso bezüglich des Marsches etc. Wegen Accession der Schweden wird der Kaiser durch Hocher mit Pufendorf reden lassen ^) , doch will er das brandenburgisch-österreichische Bündnis den Schweden nicht com- municiren, sondern allein die substantialia mittheilen. Goess hätte wohl Äch- tung zu geben und dextre zu verhindern, damit nicht etwa zwischen Frankreich und Brandenburg einige Particulartractaten in der Stille ge- schlossen, noch auch die Sachen wegen Ueberfall- oder Angreifung des Churfürstens von Colin und Bischofens von Münster übereilet werden.

^) Balbesos.

-) Vergl. Grossmann I.e. 46, 48 f.

3) Vergl. Heibig I. e. 20 f.

588 VI. Goess in Berlin, Anlialt in Wien. 1672—167.").

solang einige Hoffnung obhauden, dass selbige zu E"". K. M. Partei treten, oder bis die Armee an die Stadt kommen möchte.').

Relatum am 23. Abend in Anwesenheit von Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch und Abele; beschlossen wie eingerathen. Die Wei- sung ist datirt Wien 25. Aug. 1672,

Votum vom 30. August über des Goess Schreiben vom 13., 19. und 22. August. (Cone.)

[Project der Verhandlungen vom 11. Juli. Verhandlungen mit den Schweizern. Zahl der brandenburgischen, Hilfstruppen betreffend. Verhandlungen mit Schweden. Allianz wegen Polen. Brandenburgs Verhalten bezüglich der clevischen Plätze. Vauguion. Mansfeldische Angelegenheit. Oesterreich-holländische Beziehungen. Nothwendigkeit der Vorsicht in den Massregeln gegen Frankreich. Reichsangelegenheiten. Bairische Forderungen. Verhandlungen des Goess mit Braunschweig und Cassel. Mainz be- treffend. Vorgehen Brandenburgs gegen Münster.]

30. Auo-. Das von Somnitz dem Goess übergebene und von diesem eingesendete

Project über das ProtocoU der mit Anhalt gehaltenen Conferenz vom 11. Juli hat der Kaiser empfangen so möge man Goess antworten und findet es unnöthig und gegen das Herkommen aus Protocollen neue Tractate zu machen '■').

^) Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Hinsicht, besonders bei Münster, Gross- mann 1. c. 52 f.

■^) Dieses Project enthält folgende Bestimmungen: P. Zur Ausführung der geplanten Unternehmungen verpflichtet sich der Kaiser 20 000 Soldaten, der Kurfürst 16000 zu schicken. Da aber der Kurfürst auch den Staaten 20000 Mann zu Hilfe zu senden ver- pflichtet ist, jetzt aber nicht 36000 Mann auf einmal entbehren kann, conventum est, eara esse consiliorum actionumque ineundam rationem, ne utrumque subsidiura tarn a Caesarea Mt«., quam a Sua S'^. Ei', praestetur. Ferner verspricht jeder Theil, wenn diese Truppenzahl nicht genügt, so viel als nothwendig zu senden. 2*'. Diese kaiser- lichen Hilfstruppen werden am 15./25. Aug. in Eger zusammenkommen und sich bereit halten am 22. Aug./ 1. Sept. an einem nach Berathung des Kurfürsten mit Monte- cuccoli zu vereinbarenden Orte mit den kurfürstlichen Truppen zusammenzutreffen.

Beide Theile bemühen sich den Dänenkönig, den Kurfürsten von Sachsen, die Häuser Culmbach, Braunschweig und Hessen zum Beitritte zu bewegen. 3". Der Kaiser gibt 18 Feldstücke, 2 Mörser und alles zum Geschütz noth wendige et quam- quam Sua S'^s, Eps. aliquante plura et majora tormenta promiserit, S. C. M. tarnen, quod pulverem nitratum attinet et ejusmodi alia ad rem tormentariam spectantia, ad minimum dimidiam partem subministrabit.

4) Das Commando erhält auf Bitten des Kurfürsten Montecuccoli ; die Jurisdiction bleibt auch nach erfolgter Verbindung jedem der beiden Commandanten; der Ober- befehl bleibt aber solange der Kurfürst anwesei«! ist, diesem; der Krieg wird aber nach gemeinsam gefassten Beschlüssen geführt, ö) Der Kurfürst sorgt für Getreide, legt Magazine an, doch muss das von den kaiserlichen Truppen verbrauchte Quantum ihm ersetzt werden. 6) Ueber Kriegsführung beräth der Kurfürst sich mit Monte-

Oesterreich-brandenlmrgische Allianz. 589

Daher hält der Kaiser dafür, dass dieses Project iiiclit ausgefertigt werde, zumal die meisten Punkte bereits vollzogen, andere bereits anderweitig erledigt seien. Wegen der Schweizer habe der Kaiser seine Ansicht bereits mitgetlieilt, bei welcher es auch verbleibe. Zu geschweigen, dass sich E. K. M. über den § Primi articuli „Caeterum cum sua S'*^." sich nicht ehunder darüber resolviru können, bis sie nit vorhero das zwischen Churbrandenburg und Holland geschlossene foedus generale et secretum gesehen haben werden, welches er dann zu procuriren und ehist heraus zu schicken ihme noch- maln angelegen sein lassen solle. Und hätte er Goess laut seines P. S. vom 13. dies über diesen § Caeterum cum Sua S'^^ bereit trefflich wohl geantwortet, dass nemlich solcher völlig ausgelassen und für diesmal von dem holländischen Werk abstrahirt, hingegen dieser articulus besagtem allhie mit dem Fürst von Anhalt adiustirten Protocoll gemäss einge- richtet werden möchte. Es ist auch dieser § Caeterum cum Sua S*^^ um so viel weniger von nöthen, weilen dieser Punct dass nemlich Chur- brandenburg die denen Holländern versprochene 20000 und die E. K. M. absonderlich zugesagte 16000 nicht doppelt, sondern nur für diesmal für beede 20000 stellen dörfe in der mit dem Fürsten von Anhalt, dem von Schwerin und dem von Somnitz mit ihme von Goess den 29. Juli ') nächsthin gehaltenen Conferenz bereit einkommen und von E. K. M. laut dero allergnädigsten Resolution vom 14. d. ^) schon der- gestalt erledigt worden . dass E. K. M. in diese einfache Stellung defe-

cuccoli. 7) Der Kaiser lässt durch Grana mit den Kölnern verhandeln über die Auf- nahme einer grösseren Besatzung; unterdessen verhandelt der Kaiser mit Monterey über die zur Besatzung nothwendigen Truppen und Gelder; der Kurfürst wird suchen Braunschweig und Hessen für die Pläne der Verbündeten zu gewinnen. 8) Da durch des Kaisers Bemühung bestimmte Hoffnung auf den Beitritt Sachsens zur Allianz ist, wird der Kurfürst nicht ermangeln, die Sache zur Durchführung zu bringen; es wird auch über die Mittel Schweden zur Allianz zu bringen verhandelt werden. 9) Quod si S. C. M. vel a rege Galliae in superiore et inferiore Austria, aut a Turcis in Hungaria, aut a Polonis in Silesia, aut a Suecis in dictis locis hello peteretur, pro- mittet S. S. E. se opem S^e. C^ae. M**. laturam pro viribus. Quem admodum et S». C». Mas. reciproce Suae S". E^. promittet, quod similiter pro viribus ipsi adesse et hostibus eins sese opponere velit, a quibus in terris suis, quaecunque illae sint, vim patitur, ita ut invasa et utrique aut alterutri parti erepta restituantur et a reliquis tale periculum avertatur.

10) Beide Fürsten tragen alles mögliche bei den Polenkönig in seiner Würde zu erhalten und gehen in dieser Frage gemeinsam vor.

11 = 14 des Protocolls; 12 = des Protocolls; 13 =^ 16 des Protocolls: 14 = IT des Protocolls vom 11. Juli 1672.

^) Vergl. p, 575 ff'.

-) Vergl. p. 578 ff.

590 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

rireo, doch dass Churbraudeburg mit solchen Völkern nicht directe denen Holländern Hilf leisten solle, sonderlich weilen solches Holland selbst nicht verlauget; man auch gefunden, dass der von Somnitz in hoc puncto ziemlich variire. dann in dem Project, so er dem v. Goess hievor zuge- stellt und derselbige unterem 13. d. M. Augusti hieher geschickt, hat er diesen Punkt also eingerichtet: Caeterum cum Sua Serenitas Electoralis foederato Belgio ex alio foedere ad copias auxiliares viginti milliu mi- litum obstricta sit et vero fieri non possit, ut tautae copiae triginta scilicet sex millium hoc tempore a Sua Ser'®. Electorali in campum de- ducantur, conventum est, eam esse consiliorum actionumque ineundam rationem, ut simul et Belgio praedicto procuretur pax atque ita et ab hac parte imperio Romano securitas praestetur.

Anietzo aber hat er solchen dergestalt eingerichtet: Caeterum cum Sua Ser*^^ Electoralis foederato Belgio ex alio foedere ad copias auxiliares viginti millia militum obstricta sit et vero fieri non possit, ut tantae copiae triginta scilicet sex millium, computatis scilicet his sedecim millibus, quos S''*®. Caes'"''^ M*'. promisit, hoc tempore a Sua Ser*®. Elec*'. in campum deducantur, conventum est, eam esse con- siliorum actionumque ineandam rationem, ne utrumque subsidium tam a Caes®^. M*^, quam a Sua Ser*®. Elec*'. praestetur. Also dass dieses wohl einem calvinischen Stückl gleich sehe und man dahin ziele, dass mau E. K. M, directe für Holland und also directe wider Frankreich hineinbringen thäte; . . . welches aber von E^ K. M. keines Weges zu thuen, sondern dieselbe in terminis foederis conclusi zu verbleiben und klar zu sagen haben werden, dass sie der Zeit daraus weiters nit gehen werden. Bezüglich der Gescliütze, Conimando etc. bleibt es bei dem, was schon geordnet oder dem Goess befohlen worden ist. Ratione Schweden wirdet wohl gut und je ehender je besser sein, wann man sich selbiger Krön versichert; zumalen der von Pufendorf aus selbiger Krön Befelch von Leuem die Versicherung gethan, dass sie, Schweden, nicht die lösten sein werden so Holland zu helfen verlangen, doch zugleich ermahnt, dass sich E. K, M., Churbraudeburg und andere Mitalliirte nit gar zu frühe und gar zu eilfertig, sondern caute et lente wider Frankreich einlassen wollen, welchem hingegen E''. K. M. geheimer Rath und Hofkanzler, der Baron Hocher, versichert, dass das mit Brandeburg jüngst verneuerte foedus weder directe noch per indirectum im geringisten wider Schweden angesehen, oder das mindiste darinnen begriffen seie'), dahero wohl

1) Veigl. n eibig 1. c. 27 f.

Vauguioii. Mansfeld. Oesterreich-bolländische Beziehungen. 591

höchst von nöthen, dass sowohl E. K. M. vermittels des Pufendorf als auch Churbrandeburg und die Holländer ieder absonderlich nunmehr ohne Verlierung einiger Zeit besagte Negociation mit Schweden anheben und man sich derselbigen versicheren thut. Das projectum ratione foe- deris pro Polonia würden E. K. M. diese Tag aufsetzen und ihme von Goess communiciren lassen und erwarteten E. K. M. des Churfürsten von Brandeburg sein Meinung, ob, wie und wann derselbige seine wider Frankreich wegen der abgenommenen clevischen Platz einge- wendete Klagen nach beschehcner Conjunction der Waffen zu Regeus- burg proponirter verlangen thuet. Im Uebrigen ist wegen der reciprocir- üchen und Mutuelassistirung in gemelten Protocoll vom 11. Juli negst- hin nit allein der Vorder- und Oberösterreich und Schlesien, sondern auch dero anderen Erbkönigreich und Landen halber, Provision be- schehen ').

Goess soll trachten zu verhindern, dass Vauguion mit dem Kurfürsten reist; wenn das aber nicht möglich ist, muss man sich darein fügen. An die Land- gräfin zu Hessen-Cassel erhält er ein Creditiv, da sie nach Halberstadt zum Kurfürsten kommt. Ratione des Hauses Mansfeld verweise der Kaiser Goess auf seine früheren Befehle, zweifle auch nicht, dass die Sache inzwischen schon gerichtet, oder sich völlig zerschlagen wird.

Sonst ist des Kaisers Meinung hierin nochmals, dass die Besetzung dieses Ortes so\iel möglich sowohl mit beider Kurfürsten, Sachsen und Brandenburg, als auch des Administrators guten Willen geschehe. Weiters hat er gar wohl gethan, dass er sich wegen der von dem Lisola und Kramprich mit denen Holländern geschlossenen Tractaten also verhalten und hätten E. K. M. weniger nit thuen können als selbige in etlichen Puncten zu verändern, weilen E. K. M. aus denen terminis foederis conclusi wenigist für diesmal nicht weichen, sondern darinnen verbleiben, dardurch auch der Welt kein Ursach geben wollen w'ider sie zu sprechen, als ob E. K. M. daran schuldig, dass etwas wider den westphälischen Frieden beschehen seie, und solle auch er von Goess solches in seinen negotiationibus wohl in Obacht nehmen und den Churfürst dahin dirigirn, damit er sich hierinnen wider Frankreich oder sonsten nit übereile. In comitialibus erwarte der Kaiser Bericht, insbesondere wäe Brandenburg sich zur Frage securitatis publicae stelle^). Goess soll dem Kurfürsten mittheilen, dass der in Wien anwesende bairische Abgeordnete von Kleist den Kaiser ersucht habe die Verbindung mit den brandenburgischen Truppen zu sistiren, was der Kaiser aber zurückgewiesen habe. Die Art der Verhandlunsen mit Braunschweiw und Cassel überlässt der

') Yergl. p. 568 ; § 10.

-') Für die Verhandlungen in dieser Frage; vergl. Pachner 1. c. I. 574 ff., 583 ff.

592 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 IGT.').

Kaiser dem Goess. Mit Mainz sei nichts zn richten, docli soll Goess heim Kur- fürsten von Brandenburg dahin wirken, dass er einen Vertreter hinsende, um vielleicht etwas übles zu verhindern. Dass Goess trachte zwischen Branden- burg und Sachsen ein gutes Einvernehmen herzustellen, freut den Kaiser. Goess soll sich bemühen den ganzen Inhalt der zwischen Brandenburg und Holland geschlossenen Verträge zu erfahren und Brandenburg beständig zusprechen sich mit Attaquirung des Bischofs von Münster und sonst in anderen Opera- tionen in keiner "Weise zu praecipitiren.

Die Weisung gleichen Inhalts ist datirt Wien 31. Aug. 1672,

Goess an den Kaiser. Dat. Halberstaclt 30. August 1672.

(Or.)

[Ankunft in Halberstadt. Vauguions Erklärungen. Verhandlungen mit demselben.

Köln.]

30. Aug. Goess ist den 29. in Halberstadt angekommen. Canstein theilt ihm mit,

dass Aussicht vorhanden sei Dänemark und Celle für die Allianz zu gewinnen. Der Kurfürst von Brandenburg ist seit 23. hier. Der Conte de Vauguion hat zu Potsdam bei demselben diese 3 Ding angebracht: 1°. dass der König sein Herr zum Frieden mit Holland geneigt; 2°. sich beklagt, dass L Ch. D. ein Memorial wider seinen König zu Regensburg wegen der im Clevischen occupirten Stadt übergeben'); 3". hat er die Erklärung ge- than, dass, wann I. Ch. D. den Holländern nit assistiren sollten, der König ihro diese Stadt post factam pacem restituiren würde. Als man nun dahie mit ihme darüber in Conferenz getreten, hat er dasjenige, was I. Ch. D. wegen seiner Proposition gemelt, fast nit agnosciren wollen, darüber sie sich nit wenig formalisirt. Den Frieden im Reich verlangte sein König zu halten; wegen Holland hätte er nichts gemelt; seine Klag in 2". wäre dahin gangen, dass I. Ch. D. fast an allen Orten und also auch zu Regensburg wider seinem König negociirte und dass er nie keine cathegorische Resolution, ob dieselbe neutral bleiben wollten oder nit, erhalten können; ... quoad 3""" gedünkete ihm, dass er gar viel gethan, dass nachdem er vorher nur allein anerboten die clevische Stadt dem Reich zu restituiren, nun offerirte, dieselbe P. Ch. D. zu resti- tuiren, welche Proposition man dahie gar weit geworfen. Als ihme ausser der Conferenz vorgestellt worden, dass ein anders wäre, wann der König diese Platz alsogleich letzt restituirte, Hesse er sich vernehmen,

') Vergl. Londorp I. c. IX. 890 ff.

Vaugiiions Eikläiiinfjeii. Verhandlungen mit Lothiingen. 593

dass auch hiervon gehandelt worden könnte '). Der Herzog von Lothringen versichert es sei die Absicht der Franzosen Köln mit Gewalt anzugreifen.

Goess an den Kaiser. Dat. Halberstadt 3. Sept. 1672. (Or.)

[Erklärungen des Herzogs von Lothringen. Verhandlungen Brandenburgs mit dem- selben. Vorschläge Ainerongens in dieser Sache. Urtheil des Goess darüber. Ver- handlungen mit Vauguion. Verhandlungen mit Amerongen und mit dem Knrfürsteu über Sachsens Eintritt in die Allianz.]

Der Herzog von Lothringen hat einige propositiones gethan, welche o. Sept. dahin gehen, dass er das seinige bei diese unsere Party thun wollte, wann er könnte versichert sein, dass kein Fried solle gemacht werden, er werde dann darin mit eingeschlossen und ihme sein Herzogthum restituirt, I. Ch. D. zeigen kein Bedenken hierbei zu haben '). Der von Amerongen, welcher hierüber auch mit dem Herzog getractirt, thäte vor- gestern in Beisein meiner V. Ch. D. diesen Vorschlag: Er wollte an die Herren General-Staaten schreiben, dass sie sich befriedigen möchten, dass von den 12000 Mann, welche E. K. M. vermög des jüngsten Tractats mit gedachten Staaten-General, zu stellen, über die vorige 12000 Mann, so in dem Tractat mit Churbrandenburg versprochen, 6000 Mann dem Herzog überlassen würden, darzu er andere 6000 Mann verschaffen und mit dieser Macht an Ort und End, wo und wie man's rathsam befinde, agiren sollte. Nun lasse ich den Vorschlag an seinem Ort gestellt sein, möchte künftig, wann die Sachen in anderem Stand und es etwa zur Ruptur kommen sollte, darvon zu handien sein; bis noch bleibt all viel Wegs darin zu thun. Obgedachte E^ K. M. Tractaten seind von deroselben noch nit ratificirt^); der scopus ist eingericht, wie ich aus der Abschrift, so der von Amerongen gleich holen und S"". Ch. D. vorlesen lassen, er- sehen, steht auch noch dahin, was die Staaten-General zu des von Ame- rongen Proposition sagen und was die Notdurft und die occasiones bei dieser unser noch nit gar grosse zusammenziehender Macht erforderen werden. Ich habe erinnert, was ich schon von langer Hand dies Werk betreffend suggerirt, es wäre der von Risaucourt*) folgends im Haag ge- wesen, aber nit fortkommen können, zweifelsohne weilen man damalen mehr die Gedanken dahin gericht, wie man Fried machen, als wie man

1) Vergl. Mignet 1. c. IV. 99 if.; Peter 1. c. 59.

') Vergl. Grossmann 1. c. 54 f.; Orlich 1. c. H. 60.

^) Ueber den Stand der Verhandlungen in dieser Zeit; Grossmann I. c. 4Gff.

■•) A = Risancour, Minister des Herzogs von Lothringen.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 38

594 ^ '• ^Toess in Berlin, Anhalt in Wien. 1(572 1675.

den Krieg führen möchte. J)er von Amerongen hat's einigermassen bekennt, dem neulich massacrirten Pensionario de Witt') doch das Zeugnus ge- geben, dass er zu diesem Tractat mit dem Herzog gerathen, die con- fusiones, so bei ihnen eine Zeit hero gewesen und diese und viel andere gute resolutiones verhindert, wie auch dieses darbei eingeweudt, dass da- malen der Herzog allein und die Party, welche man anietzo formire, noch nit gemacht gewesen. Gegen S. Ch. D. habe ich nacher a parte gemelt, dass wie es gut wäre, dass man den Herzog zu unserer Party brächte, also gedünkete mich, dass dieser Vorschlag nit adequat; wann die Staaten-General dem Herzog ein gutes Stück Geld gäben und er von dem seinigen noch soviel darzu legete, würde man ehe zu Streich und zu der führenden Intention kommen, obwohl auch in hoc casu all viel Difficultäten vorfallen würden. . . . Morgen dürfte ^lontecuccoli hier ein- treffen.

Der Graf de Vauguion hat die schriftliche Antwort des Knrfürsten auf seine Erklärungen wieder uneröffnet mit der Bemerkung schriftlicli niclit ver- handeln zu wollen zurückgesendet; ist darauf zu dem Baron von Schwerin kommen und unter andern gemelt, er sehe, man halte seinen König schon vor debellirt, weilen man solche resolutiones von sich gebe"). Gegen mich hat er aufs neu sein Desiderium den Frieden befürderen zu helfen contestirt; der Marsch und Coniunction unserer Völker werden, nach seinem Sagen, wenig gutes hierbei thun; sein König seie überaus ialoux in dem, was seine Glorie betrifft und werd nit wollen darfür an- gesehen werden, als würde er zum Frieden gezwungen. . . . Amerongen theilt dem Goess und dem Kurfürsten mit, dass er Befehl habe in Dresden mit mit dem Kurfürsten von Sachsen über dessen Eintritt in die Allianz zu verhan- deln, zugleich aber zu sehen, dass die Subsidien, die Sachsen vermuthlich fordern werde, erst nach Abschluss des Friedens entrichtet werden sollen. Ich habe erinnert, dass auf alle Weis dahin zu sehen, dass dem Churfürsten de praesenti mit einem Stück Geld geholfen werde, damit er armiren und die auf die Bein habende Völker verstärken könne; so viel ich merken können, werd der von Amerongen wohl einige Ordre hierzu haben, dann ich habe ihn dessen vorhin schon vielfältig erinnert. 1. Ch. D. sagten mir, dass er sich wohl auf 100 000 Rthlr. einlassen möchte: er meldete darbei, dass in solchem Fall Chursachsen sich zur wirklichen Assistenz der Staaten-General zu obligiren hätte: ich habe mich hierüber nit ein-

') Vergl. die ausführliche Darstellung des Unterganges der beiden de Witts bei Lefevre-Pontalis I. c. II. 459 ff. •^) Mignet 1. c. IV. 101 ff.

Verhandlun£ren mit Vauguion. Klagen über die kaiserlichen Truppen. 595

lassen wollen: halte darfür, dass man chiirsächsischer Seiten sich dies- falls nach E. K. M. werd richten wollen. Da Amerongen aber noch keine Instruction hat, wurde beschlossen, Berlepsch vorauszusenden, um die Sache vorzubereiten.

Goess an den Kaiser. Dat. Halberstadt 10. Sept. 1672. (Or.)

[Neue Verhandlungen Vauguions mit dem Kurfürsten. Des Goess \'erhalten zu den- selben. Haltung des Lothringers. Klagen über die Langsamkeit der Kaiserlichen. Entgegnung des Goess. Stellung des Herzogs von Celle und des Königs von Däne- mark zur Allianz. L'nterredung des Goess mit Groote. Bischof von Paderborn. Ver- halten des Bischofs von Münster. Köln. Des Kaisers Erklärungen über Frankreich.]

Vauguion hat um eine neue Audienz beim Kurfürsten angesucht und mit- 10. Sept. getheilt, der König von Frankreich habe, da der Kurfürst mit anderen Trup- pen vormarschire, Turenne Befehl ertheilt die Niederlande zu verlassen; wolle der Kurfürst in dem Marsche einhalten, so werde Turenne wieder Befehl er- halten sich gegen Holland zu wenden, es sei ihm leid, dass der Kurfürst sich so benehme'). Wie I. Ch. D. mir sagen, solle er sich fast fiero bezeigt. auch etwas, als wann sie ihre limites überschritten, gemelt haben, dar- über sie sich sehr formalisirt. Der Kurfürst antwortet ganz kurz, verweist ihn auf eine Conferenz. Dem Baron von Schwerin habe ich su^gerirt, dass indeme dieses fast eine Ankündigung des Kriegs seie, man sich dessen bedienen könnte den Vauguion von hier weg zu bringen. Er antwortete, dass er auch darauf gedacht und zu deliberiren wäre, ob man's also thun. oder zu mehreren Glimpf noch etwas zusehen sollte. Der Herzog von Lothringen erwartet mit Spannung die Ankunft Montecuccoli's. Was die Tractaten mit dem Herzog anbelangt, werd gut sein, dass er des Generallieutenants erwarte; sonsten sehe ich, dass er mit seinen con- siliis fast geschwind gehe, der Franzosen Macht extenuire und die impresa auf unserer Seite facil mache, welches darum nit dienlich, weilen I. Ch. D. ohne das solcher Ding ziemlich persuadirt und den Marsch und die opera- tiones urgiren. . . . Als im Discurs, darbei der Herzog von Lothringen und Amerongen waren, über unsere Langsamkeit murmurirt werden wollen"), habe ich vorgestellt, was vor eines grossen beneficii auch nur aus dem Marsch unserer Völker Holland allbereit geniesse, indeme ad solam hanc famam die französische operationes cessirt und nun raoles belli von ihnen ab und auf uns transferirt werde. Wann nun der Graf Montecuccoli kommt, werd dahin zu sehen sein, dass man 1''. Ch. D. die allgemeine

') Vergl. Urk. u. Act. HL 288: Droysen 1. c. 409. ■) Vergl. Urk. u. Act. IIL 287 f.

38'

596 ^'^- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1(;72 - 1G75.

Convenionz und Notdurft der Sachen also vorstelle, dass sie darbei acquiesciren und keine Ungeduld oder sinistrae impressiones destwegen gefasst werden.

Der Herzog von Celle ist bereit unter den Bedingungen, über die er sich mit den Staaten geeinigt, in die Allianz einzutreten, will dies aber nicht ohne Dänemark tliun, dessen exorbitante Forderungen die Generalstaaten nicht er- füllen können. Goess drängt den Herzog zur Entscheidung auch ohne Däne- mark, was dieser aber weigert, indem er zu gleicher Zeit verspricht sein mög- lichstes zu thun, um Dänemark zur Herabminderung seiner Forderungen zu vermögen. Herzog Rudolf August zu AVolfenbüttel gibt dem Goess die besten Versicherungen, versucht zu gleicher Zeit sein Vorgehen gegen die Stadt Braun- schweig zu rechtfertigen ').

Mit Groote-), der mit dem Auftrage des Herzogs von Hannover 3) hieher ge- kommen ist Verschonung von dem Durchzuge der Truppen durch Hannover zu fordern, oder wenn dies nicht zu erreichen sei, dass wenigstens strenge Zucht gehalten werde, hat Goess längere Unterredungen^). Ich befinde, dass der Herzog sowohl als sein Bruder, der Bischof von Osnabrück^), einiges impegno mit Frankreich, auch destwegen einiges Geld empfangen haben mögen '^), massen auch der Herzog Georg Wilhelm zu Celle hiervon etwas gegen mich und darbei dieses meldete, dass sie im übrigen nichts hin- deren würden. Und gäbe mir der von Groote keine Hoffnung, dass der Herzog diesmalen hiervon abstehen oder wider seine parola handien solle; er wäre zu genereux darzu, würde aber auch nit allein uns nichts im Weg legen, sondern vielmehr alle Befürderung thun. Ich proponirte, dass, wann sie endlichen in einiger Neutralität und zwar auch respectu der französischen Alliirten, als Chur-Cölln und Münster, begriffen, sie dan- noch mit uns eintreten und solche operatioues gefunden werden könnten, welche dieser Obligation nit zuwiderliefen; es wäre gnug zu vermerken, dass er dieses pro valde delicata materia hielte. Dieselbe Forderung der Verschonung seines Landes stellt auch der Bischof von Paderborn') durch seinen Rath Meinders, Vetter des kurfürstlichen Rathes.

Ich werde wie bishero also noch ferner mir angelegen sein lassen, dass man sich wider Chur-Cölln und wider Münster nit übereile. E. K. M.

^) Vergl. Haveraann 1. c. II. 142 f.

-) Ueber 0. Groote; Havemann 1. c. II. 155 f.

^) Johann Friedrich.

*) Vergl. Havemann 1. c. II. 163.

'") Ernst August.

'^) Ueber diese Verhältnisse Grimoard I.e. II. 84: der Vertrag Hannovers mit

Ludwig XIV. kam erst am 10. Dec. 1672 zu Stande, Mignet 1. c. IV. 137.

0 Ferdinand II. v. Fürstenbergf.

Celle und Dänemark. Hannover. Mainz. 597

werden gnädigst vernommen haben, dass der Bischof zu Münster die Belagerung vor Groningen den 27. Augusti aufgehebt') und dass sowohl er als Chur-Cölln viel Volk darfiir sitzen lassen; dieses und die Placaten, so der König in Frankreich publiciren lassen wegen der Contributionen, welche nit dem Herrn Bischofen, sonderen den Franzosen abzuführen, möch- ten ihn etwa auf bessere Gedanken bringen^).... Wegen Reassumirung der Tractaten zwischen Chur-Cölln und die Stadt habe ich allbereit dahie E. K. M. gnädigste Intention und Gesinnen vorgetragen und darbei remon- strirt, dass dieses insoweit zu der Stadt besserer Sicherheit gereichen werde, da man zu sehen, dass man von unserer Seiten mehr auf civilia als militaria media gedenkt. ... I. Ch. D. wie auch der Baron von Schwerin haben mir heut frühe die Resolution, so E. K. M. dem Gre- monville geben lassen, trefflich gerühmet ^), sie wäre also eingericht, dass nit besser sein können. Ich insinuirete modeste, wie wir uns P. Ch. D. Interesse so treulich angelegen sein lassen; ist mir auch sehr lieb ge- wesen zu vernehmen, dass hinvviderum der von Jena zu Regensburg so tapfer für E. K. M. votirt und den Churcöllnischen die Wahrheit gesagt.

Goess an den Kaiser. Dat. Halberstadt 14. Sept. 1672. (Or.)

[Ankunft Montecuccoli's. Amerongens Reise nach Dresden, ürtheil des Goess über das Mainz gegenüber zu beobachtende Verfahren. Antwort für Vauguion. Erklä- rungen der Landgräfin von Hessen-Cassel und des Herzogs von Hannover.]

Montecuccoli ist angekommen''), dürfte über seine Verhandlungen mit dem 14. Sept. Kurfürsten selbst berichtet haben ^}.

Amerongen weigert sich die Reise nach Dresden anzutreten; Goess bietet alles auf, ihn dazu zu vermögen'^).

Wegen Chur-Mainz wäre ich der unmassgeblichen Meinung, dass weilen ein mehrers von ihme nit zu erhalten, seine Beitretung zu unser foedus anzunehmen, auch abstrahendo a garantia pacis Clivensis, zu welcher S. Ch. Gn. ohne das schon obligirt; man muss nehmen, was man haben kann ; wenigsten werd fama nostri foederis desto grösser und

') Vergl. Depping 1. c. KMIf. ; Ennen 1. c. I. 277.

'') Vergl. Depping 1. c. 11 1 ff.

3) Vergl. Mignet I.e. IV. 103 ff.; Theatr. Europ. XI. 64 ff.; Basnage I.e. II. .371 ff; Wagner 1. c. I. 287 ff. ; Gremonville's Rede in extenso auch im Diar. Europ. XXVI. p. I. 129 ff.

*) 9. Sept. vergl. Peter 1. c. 61.

'") Vergl. ürossmann, Montecuccoli I.e. 414ff.: Peter I.e. 61f.

") Vergl. ürk. u. Act. III. 289.

598 ^'I- ^'oess in Berlin. Anhalt in Wien. ir,7-.> IGT').

dem Churf'iir.stcn occasio benommen dieses foedus zu imprubiren, andere Stand darvon zu dehortiren und etwa auf einige andere Party zu seiner Versicherung zu gedenken. . . . Man ist im Werk die Antwort, so dem Conte de la A'^auguion zu geben, zu verfassen; gern wäre man seiner los, doch wollte man vor der Zeit auch nit gern einige Feindseligkeit bezeigen.

Der Landgräfin von Hessen-Cassel, welche sich jetzt hier befindet, hat Goess des Kaisers Schreiben übergeben; sie will sehr gerne die Verbindung mit dem Kaiser, aber von wirklicher Conjunction der Völker möchte sie noch einige Zeit dispensirt werden. Der Herzog Johann Friedrich von Hannover hat sich, wie der zurückgekehrte Crockow berichtet, zur Einhaltung der Neutralität und Gestattung des Durchzuges der kaiserlichen Truppen bereit erklärt. Goess denkt zu ihm zu reisen, um ihn in dieser Ansicht, mehr werde nicht zu erreichen sein zu bestärken.

Goess au den Kaiser. Dat. Braunschweig 23. Sept. 1672.

(Gr.)

[Verhandlungen des Goess zu Braunschweig; über die Allianz mit Braunschweig. Dänemark und Hessen. Differenzen bezüglich der Truppenzahl und der einzuschliessen- den Provinzen. Aeusserungen des Kurfürsten in dieser Frage. Entscheidung des Goess in dieser Angelegenheit. Verhandlungen Brassers nait Celle. Marsch der bran- denburgischen Armee.]

23. Sept. Goess ist am 16. nach Braunschweig gekommen '), allwo ich diese Trac-

taten nit so weit richtig, als man praesupponirt, gefunden, indeme man weder quoad quantum, noch circa provincias includendas sich vergleichen können und man in 3, wo nicht 4 Haufen geritten, da Dänemark eins, das Haus Braunschweig ein anders und Hessen widerum ein anders behaupten wollen. Das vom dänischen Vertreter Habbaeus vorgeschlagene Project wurde nicht angenommen, worauf die übrigen Deputirten ein Project verfasst haben.

Die Hauptquaestiones sein circa quantum und dann circa provincias includendas gewesen. Der dänische hatte seine Resolution aus Kopen- hagen erhalten, die wäre, dass der König die 9000 Mann, 3000 zu Ross und 6000 zu Fuss, verwilligte, herentgegen praetendirete er ein mehrers von den Braunschweig- und Casselischen, als sie nit verwilligen wollten, bestünde doch nit gar stark darauf; der Churbrandenburgische wäre darum facil, weilen I. Ch. D. sich gegen E. K. M. und gegen Holland schon auf ein mehrers obligirt.

^) Vergl. Peter 1. c. 62.

Allianz mit Braunschweig, Dänemark und Hessen. 599

Circa proviücias includendas aber hat Habbaeus praetendirt, dass Dänemark und Norwegen in dem foedere mit einzuschliessen; endlichen von Norwegen gewichen und allein auf Dänemark bestanden, herentgegen hat er das Königreich Hnngarn keineswegs mit einnehmen wollen, er hätte es expresse in instructione, könnte keineswegs darvou weichen. Canstein hat wegen Einnahm Dänemark propter aliud foedus, so sie mit einander haben, keine Diff'icultät gemacht. Celle hat sich Anfangs erklärt, Däne- mark und Norwegen mit einzunehmen, aber weilen Wolfenbüttel sich hierzu nit verstehen, sondern bei dem, was ihr jüngstes foedus in sich halt, verbleiben wollen, hat der Schütz ein mehrers auch nit thun wollen: dann diese 3 lünenburgische Linien sehr scrupulose dahin sehen, dass sie aus ihrer Proportion nit schritten, oder etwas, was in conse- quentiam gezogen w-erden könne, eingehen. Ich habe mich dahin er- klärt, dass ich diese Ungleichheit nit annehmen könnte; man müsste das foedus entweder allein auf die im Reich gelegene Länder, oder doch beiderseits auf die in et extra Imperium gelegene richten. Der von Can- stein hat sich hierum nit bekümmert, dann der König in Dänemark hat sich per aliud foedus ad defensionem Prussiae obligirt; die übrige De- putirte haben sich auch gnugsam vernehmen lassen, dass sie das König- reich Hungarn in dieses foedus nit mit einkommen lassen könnten; dass es also darauf ankommen, dass man entweder unverrichter Dingen von einander zu scheiden, oder die Sach ad principales zu referiren und nacher wiederum zusammen zu kommen, welches der Habbaeus vor- schlüge, ich aber nit rathsam finden können, sondern habe allen Fleiss angewendt, damit ich eigentlich penetriren könnte, ob er dann so prae- cise auf Inclusion des Königreich Dänemark und Exclusion des König- reich Ilungarn instruirt, wie er vorgäbe, dergestalt, dass ich auch eventua- liter von ihme Abschied genommen und mich angestellt, als wollte ich meine Reis nach Celle den anderen Tag fortsetzen; habe doch ein mehrers von ihme nit herausbringen können, als dass er begehrt, man möchte die Tractaten nit abrumpiren, sondern allerseits das Werk an unsere princi- pales referiren. L^nterdessen schrieben L Ch. D. an den von Canstein, dass sie mit dem Grafen Montecuccoli hieraus geredt und derselbe ver- meint, dass E. K. M. darmit zufrieden sein würden, wann man nur etwas dem Königreich Hungarn zum besten thäte, welches doch der Graf in seinem Schreiben an mich nit meldete, sondern dass man Dänemark gegen Hungarn zu halten pflegte und im Uebrigen verwiese er die ganze Sach an mich. Nacher schrieben L Ch. D. weiter, ich möchte diesmalen

600 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 167.5.

von Hungarn abstrahiren, es würden sich Mittel finden dieses anderwärtig widerum zu ersetzen und E. K. M. in dero Königreich Hungarn an die Hand zu gehen, welches ich utiliter annehme und dem Haron von Schwerin schreiben werde, dass ich dieses auf P. Ch. D, Wort und Zusage gewagt.

iSun haben zwar E. K. M. in dero gnädigstem Schreiben vom 25. Aug. dieses Werk und die ganze Negociation mir gänzlichen über- lassen. Ich bekenne aber, dass mich eben dieses fast mehr abgehalten als stimulirt diese Einwilligung über mich zu nehmen ; dann einmal wäre es mir unleidentlich, wann es das Ansehen gewinnen möchte, als thäte ich das gnädigst in mich setzende Vertrauen misbrauchon. Ich liabe alles bei mir überlegt, auch statura rerum, so viel er mir bekannt, fleissig considerirt, auch alles versucht ehe ich hierzu gekommen, massen E. K. M. aus der Beilag zu ersehen ') was ich pro temperamento vorge- schlagen, aber eben so wenig erhalten können, entllichen aber besser be- funden den Hauptrecess zu fertigen ') und was Dänemark anbelangt in einem Nebenrecess zu bringen^), als weder zu abrumpiron, noch das Werk weiter auszustellen; jedoch alles solchergestalt, dass ich contestirt, dass ich da ultra limites mandati gienge und dass E"". K. M. allerdings anheimgestellet werden müsste, ob sie dieses also ratificiren wollten oder nit. . . .

Der holländische Gesandte Brasser*) ist nach Celle verreist; die Verhand- hingen mit dem Herzoge von Celle sind abgeschlossen, die Durchführung aber wird solange verschoben, bis die Staaten mit Dänemark abgeschlossen haben werden''). Goess denkt nach Celle zu reisen und alles für die Beendigung der Verhandlungen zu thun. Von dem Herzoge von Hannover ist diesmal nicht zu hoffen, dass er in die Allianz eintreten wird. Die brandenburgische Armee marschirt langsam '').

') In dieser Eingabe forderte Goess von den Vertretern der Verbündeten die Zusage, dass sie, wie Goess sich zur Aufnahme des Königsreichs Dänemark in die Allianz entschlossen habe imd dem Kaiser die Ratification des Vertrages empfehlen werde, ihrerseits alles aufbieten, „damit im Fall einiger in dem Königreich Hungarn entstehender Kriegsempörung I"". K. M. zufürderist von I. K. M. zu Dänemark imd dann auch von den übrigen Herrn Mitalliirten über diejenige quota, so sie sonsteu von des Reichs wegen betreffen möge, mit einiger ausgebender Hülf als von . . . assistirt werden solle."

-) Hauptrecess d. d. Braunschweig \'2./'22. Sept. 1672, abgedruckt Londorp I. c. IX. 822 ff.: Theatr. Europ. 1. c. XI. 34 ff.; Mörner I. c. 377 ff.; vergl. Puf. 1. c. XI. 71.

■') Nebenrecess d. d. Braunschweig 12./22. Sept. 1672; abgedruckt bei Lünig, R. A. p. sp. I. Forts. II. 408.

*) Dietrich Brasser; vergl. ürk. u. Act. HI. 288.

^) Für die staatisch-däuischen Beziehungen Gebhardi I.e. 516 f.

^) Ueber die Verhältnisse der Armee; Peter 1. c. 64 ff.

Köln. Stellung des Herzogs von Celle zur Allianz. 601

Goess an den Kaiser. Dat. Celle 29. September 1672. (Or.)

[Besorgnisse des Goess bezüglich Kölns. Goess in Celle. Allianzvorschläge des

Verjus in Celle. Verhandlungen des Goess mit dem Herzoge von Celle und mit Brasser

in der Alliauzfrage. Verhandlungen des Goess mit Schütz und Hammerstein. Braun-

schweigs Stellung zur Frage der Reichsmediation. Ausspruch des Verjus.]

Goess steht in Sorge wegen der Stadt Köln; er fürchtet, dass Frankreich 29. Sept. sich derselben bemächtigen werde').

Goess ist am 25. nach Celle gekommen, unterwegs traf er Verjus, der in Celle pro conservatione pacis in imperio eine Allianz nach Art der rheinischen vorgeschlagen, grosse siucerationes seines Königs friedfertiger Gedanken gethan, endlichen begehrt, man möchte von dieser Seiten vorschlagen, was man von seinem König begeliren tliäte. Da er vermerkt, dass die Biindnus zu Braunschweig geschlossen, hat er die Ilotfnung etwas aus- zurichten fast verloren und werd er zweifelsohne bei IJannover und Osnabrück allen Floiss anwenden, damit er dieselbe daraus und mithin dieses fürstliche Haus dividirt und getrennt halte.

Vom Herzog von Celle Avird Goess sehr freundlich aufgenommen ; der Herzog betont, dass er sogleich marschiren lassen wolle, sobald die Staaten mit Dänemark sich geeinigt haben Avürden. Goess sucht den Herzog zu dem Ver- sprechen zu vermögen, im Falle die Verhandlungen der Staaten mit Dänemark nicht zu dem erwünschten Ziele führen sollten, doch zu marschiren, während er zu gleicher Zeit Brasser von der Ts^othwendigkeit mit Dänemark zum Ab- schlüsse zu gelangen, zu überzeugen sucht. Schütz betont, dass man bei dem brannschweigischen Bündnisse, das blos defensiv sei, nicht werde bleiben können; denn wenn sein Herr sich für Holland einsetzen solle, müsse er der Unter- stützung des Kaisers in jedem Falle sicher sein. Goess betont, dass das braun- schweigische Bündnis genüge, dass es übrigens dem Herzoge frei stehe in das brandenburgisch-österreichische Bündnis einzutreten und dass es im allgemeinen auf die That und nicht auf die Form ankomme. Schütz meint, der Kaiser habe nach dem Abschlüsse des Vertrages mit Holland keinen Grund, das Ein- treten für diese Macht zu verbergen. Schütz und der Grossvogt Ilammerstein sind zu Verhandlungen mit Goess bestimmt, die dieser dahin zu führen ver- suchen wird, dass man den Hauptzweck, die Anmarschirung und Conjungirung der Truppen, erreiche.

Der Versuch des Mainzers das Haus Braunschweig für den Plan der Reichs- mediation zu gewinnen-) ist vornehmlich durch das Eintreten des Schütz, der sich dabei ganz wie ein kaiserlicher Minister erwiesen, gescheitert.

Mir sagt dieser Grossvogt von Hammerstein, dass der Verjus, als er gesehen, wie die Sachen dahie stunden, gemelt, er sehe, dass es zu

^) Ueber die Lage der Stadt Köln in dieser Zeit; Ennen 1. c. I. 277 ff. ; Depping 1. c. 114f.

-) Ueber die Mediatiouspläne des Mainzers vergl. Guhrauer 1. c. II. 29 ff.

602 VI. Goess in Berlin, Auliait in Wioi. 1672—1670.

eiuern Krieg in Dcutscliiaiid kommeo werde. Colin seie die Braut, darum man tanze.

Goess an den Kaiser. Dat. Hildesheim 3, Oct. 1672. (Gr.)

[Erklärungen des Herzogs von Celle. Verhandlungen des Goess mit Schütz. Dessen Haltung. Rath des Goess Schütz und den Herzog von Nouburg zu belohnen.]

3. Oct. Nach neuen Verhandlungen mit dem Herzoge von Celle und dessen Mi-

nistern wird dem Goess vor seiner Ahreise die Erklärung gegeben, dass der Herzog zur Conjunction der Truppen im Principe fest entschlossen sei und nur die Verzögerung des Marsches fordere, bis die Staaten auch mit Dänemark ge- schlossen haben würden. Zu gleicher Zeit erklärt er sich bereit, alles was in seiner Maclit steht zur Beschleunigung des Abschlusses zwischen diesen beiden Mächten beitragen zu wollen.

Schütz betont nochmals die Nothwendigkeit eines Particulartractates über die Assistenz Celle's durch den Kaiser, über die Schadloshaltung für etwaigen Verlust und bezüglich der Zusicherung, dass ohne Celle kein Friede geschlossen werden solle. Goess betont, dass es dem Herzoge ja frei stehe in das brandenburgisch- österreichische Bündnis einzutreten und dass schon durch das braunschweigische Bündnis genügend Vorsorge getroffen sei; erklärt sich aber bereit über den Vorschlag des Schütz nach Wien zu berichten. Schütz hat sich ausgezeichnet benommen, Goess empfiehlt, demselben von den ausgesetzten 10000 Gulden die Hälfte zu geben und auch dem Herzoge von Neuburg auf irgend eine Weise durch Handbrief oder Geschenk ein sichtbares Zeichen der Zufriedenheit und Neigung zukommen zu lassen.

Votum vom 8. Gct. über des Goess Schreiben vom 23. Sep- tember 1672. (Conc.)

[Vor- und Nachtheile der mit Braunschweig, Dänemark, Hessen-Casssl, Celle und Wolfenbüttel geschlossenen Allianz. Frage des Quantums und der provinciarum in- cludendarum. Commandoangelegenheit. Entscheidung durch die Majorität. Bedenken dagegen. Rath der Ratification des Vertrages. Frage des Beitrittes von Mainz und Trier zu der Allianz. Weisung an Goess.]

8. Oct. Man hat diese Consultation für sehr hart und diese mit Dänemark,

Braunschweig, Celle und Wolfenbüttel, auch Hessen-Cassel getrotfene Allianz für so gethau befunden, dass selbige für E. K. M. wohl oder übel ausschlagen könne. Vortheile der Allianz sind; 1". dass man mehr Hilfe gegen Frankreich und andere christliche Feinde zu erwarten habe; 2°. dass Schweden sich schwerer zum Angriff entschliessen wird ; ebenso 3°. Frank- reich und 4". dass der Kaiser mit den meisten Reichsfürsten geeinigt sein wird. Die Nachtheile, die erwachsen können, sind : Verwickelungen zwischen Schweden

VerhaiKlhiiigeu mit Schütz. Allianz mit Braunschweig, Dänemark etc. 603

und Dänemark, oder zwischen den verschiedenen Braunschweiger Fürsten, in die der Kaiser als Mitglied der Allianz gezogen würde, ferner die Nöthigung für den Kaiser, wenn Braunschweig und Dänemark mit Holland, wie zu er- warten, direct gegen Frankreich schliessen würden, gleichfalls sich anzuschliessen; endlich die Thatsache, dass der Kaiser der einzige katholische Fürst dieses grossen Bündnisses sein würde.

Was die Allianz selbst betrifft, hat Goess recht betont, dass die grösste Schwierigkeit in den quantis et provinciis includendis bestanden habe. Dass man quoad quantum von den Brannschweigern mehr erhofft, sei gewiss, doch müsse man sicli mit dem zufrieden geben, was man liekomme '). Der holländische Minister Brasser dürfte inzwischen mit Braunschweig-Celle schon auf 10000 Mann geschlossen haben. Die Ausschliessung Ungarns aus dem Vertrage sei unangenehm, doch könne man nichts dagegen thun; dagegen wäre darauf zu achten, dass Böhmen auf irgend eine Weise, entweder durch die Form der Ratification des Vertrages seitens des Kaisers, oder durch Privaterklärungen der einzelnen Vertragschliessenden, ausdrücklich denselben Schutz geniesse, wie die übrigen aufgenommenen Länder. Dass der Kaiser bezüglich des Commando's so schlecht bedacht worden, so dass in Abwesenheit des Kurfürsten kleine Fürsten, die nur 2 300 Mann stellen, das Commando führen-') sollen, M'ährend der Kaiser so viele tausende Soldaten in den Kampf sende, sei hart. Goess und Montecuccoli sollen daher trachten, dass wenigstens indirect in diesem Punkte dem Kaiser Genugthuung werde.

Ferner sei sehr hart, dass bei diesem Bündnisse ausgemacht worden sei, dass die Majorität entscheide 3) ; denn da der Kaiser der einzige Katholik sei, so sei zu fürchten, dass da Dinge vorkommen werden, die für ihn höchst be_ dauerlich werden könnten. Allein es ist ein geschlossene und folgends ge- schehene Sachen, die sich nicht mehr redressiren lassen, es seie dann' dass das ganze AVerk völlig zu Trümmern gehe, durch welches E. K. M. allein stehen und weder sie noch andere mehr mit ihro tractiren, hingegen gleichwohl unter ihnen diese Allianz für ein geschlossene Sachen halten und observiren würden. Dahero auch diese Allianz wider Willen durch den von Goess versprochener Massen zu ratificiren, wann er gleich die limites mandati in etwas überschritten, oder sie ihne in etlichen über- rumpelt haben. Er hat vielleicht gedacht, quod facta teneant und dass das momentum in tempore gestanden, hingegen der Hof sonsten etwas lang-

') Georg AVilhelm stellte 600 Reiter, 1200 Mann zu Fuss; Rudolf August 500 zu Pferd, 1000 zu Fuss; vergl. § 3 des Bündnisses vom 12./22. Sept. Mörner I.e. 368.

-) § 11 des Vertrages vom r2./22. Sept. 1672 bestimmte, dass der Oberbefehl beim Requirenten sein solle, bei Action inner- wie ausserhalb seiner Lande. Sonst soll derselbe bei dem persönlich anwesenden Eundsverwandten oder bei dem Vornehmsten derselben sein. Mörner 1. c. 368.

**) § 13 des Bündnisses: Mörner 1. c. 369.

604 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72— 1C75.

sam seit". Das beste ist, dass solche Bündnus nur auf 3 Jahr gerichtet und endlich bosser mit anderen als ganz allein übel und gefährlich zu stehen; dann wann E. K. M. auch diese verlieren und allein stehen sollte, auf werae hätten sich dieselbe zu getrösten? Frankreich ist dis- gustirt, Schweden übel affectionirt, die anderen Reichsstände in viel Weg dividirt, also dass alle diese Materien von solcher Wichtigkeit seind, dass die humana prudentia deficiat und allein Gott solche völlig übergeben werden müssen.

Man besorgt, wenn Mainz jetzt mit eintreten wollte, dass er nicht Auf- nahme finden würde, Trier wohl. Goess soll Brandenburgs Gedanken darüber zu erfahren suchen. Die Ratification könnte der Kaiser alsbald vollziehen. lieber dieses ist gut, dass in solcher Allianz die Erhaltung der Stadt Colin begriffen und damit der von Goess hierin nicht kleiumüthig gemacht werde, als könnten E. K. M. dieses obige gar glimpflich au ihne gelangen und darbei melden lassen, dass er gar Recht gethan, dass er besagte Allianz mit den benennten also forderlich geschlossen hätte. E. K. M. thäten selbige allerdings placidiren und solle er im Uebrigen vorhin gnädigst anbefohlener Massen stets die gegebene Instruction vor Augen haben, dass die Operationen und Actionen also eingerichtet w^erden, da- mit man nicht dies- sondern anderseits pro agressore gehalten werde'). Den Herzogen von Brannschweig kann er zu verstehen geben, dass sie einen Bevollmächtigten nach Wien senden sollen. Vor allem andern wirdet dahin zu trachten sein, dass in diese Allianz noch mehrere Catholische, als Spanien, Mainz, Trier und andere treten.

Berathen am 6. Oct., beschlossen wie eingeraten am 8. Oct. vom Kaiser in Gegenwart des Lohkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch und Abele.

Die entsprechende Weisung ist datirt Ebersdorf 13. October 1672.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Ebersdorf 9. October

1672. (Copie.)

[Erklärung des Kaisers auf des Kurfürsten Begehren behufs Unterstützung der kur- fürstlichen Forderungen an das Reich und bezüglich der Bitte um Vermehrung der

Hilfstruppen.] 9. Oct. Der Kaiser hat das Schreiben vom 17. September erhalten-), in welchem

der Kurfürst ihm mittheilt, dass er auf des französisclien Gesandten C'^. de

1) Ueber Oesterreichs Haltung in den Kriegsangelegenheiten vergl. Grossmann, Montecuccoli 1. c. 418 ff. ; Peter 1. c. 67 f.

-) Liegt nicht vor; der Inhalt ist aus der oben mitgetheilten Antwort des Kai- sers ersichtlich.

Klagen des Nicolarts über die Brandenburger. 605

la Yauguion Vortrag vom 8. Sept.') hin sich genöthigt gesehen habe bei den nor- dischen Kronen und bei den Mitkurfürsten um Hilfe zu bitten und den Kaiser ersucht seiner Gesandten Vorträge in Regensburg zu secundiren und noch einige Regimenter zur conjungirten Armada zu schicken"). Der Kaiser ist mit des Kurfürsten Vorgehen ganz einverstanden und hat seinen Vertretern in Regens- burg Befehl zukommen lassen, der kurfürstlichen Räthe Vortrag in jeder Weise zu unterstützen^). Bezüglich der ferneren Absendung von Truppen hat der Kaiser Montecuccoli instruirt, von dem der Kurfürst bereits Mittheilung erhalten haben wird*).

Goess an den Kaiser. Dat. Varlosen 3 Meilen von Kassel 10. October 1672. (Or.)

[Klagen des Nicolarts über die brandenbiirgische Armee. Des Nicolarts Friedeusvor-

schläge. Schwerins Gegenvorschläge. Schmisings Urtheil über dieselben. Erklärungen

des Herzogs von Hannover.]

Der kölnische Vicekaiizler Nicolarts mit dem Goess zusammentrifft, be- 10. Oct. richtet von seinem Aufenthalte bei der brandenburgischen Armee, als dieselbe durch das Stift Hildesheim marschirte; er klagt über die Unordnung, die wirk- lich vorhanden, aber nicht so bedeutend war. wie er und andere vorgeben^). Nicolarts hat hac occasione dem Baron von Schwerin eine Proposition zum Frieden gethan, darin ich glaube, dass er eben so wenig als ich sieh finden können. Churbrandenburg solle man sein Land und Stadt restituiren, dem Reich, was zum Reich gehört, dasjenige was Churcölln und Münster behielten, solle soweit bei den uniirten Provinzen incorporirt verbleiben, dass dieselbe für Mitglieder des Staats derentwegen gehalten würden, Frankreich solle von diesen Conquesten nichts behalten. Der Baron von Schwerin hat für sich und protestando dass er die geringste Ordre hierzu nit hätte eine andere Proposition angeworfen; im römischen Reich solle allerseits der Fried gehalten werden, aussers Reich möchte ein jeder seinen Freunden und Confoederirten assistiren. Als der Nico- larts diese Proposition dem Schmising communicirt, hat er's so weit ge- w^orfen, dass er gleichsam geahndet, dass Nicolarts es nur ad referendum angenommen, daraus zu sehen, was annoch bei Münster vor Gedanken

1) Vergl. Mignet 1. c. IV. 101 f.; Droysen 1. c. in.3 409; Puf. 1. c. XI. .53.

-) Für die in Regensburg in dieser Sache gewechselten Schriften vergl. Londorp

IX. 898 ff.

^) Vergl. den Vortrag der Kaiserlichen vom IG. Sept. Diar. Europ. XXVI. App.

*) Vergl. Grossmann, Montecuccoli 1. c. 420 ff.

") Vergl. Urk. u. Act. III. -293: Peter 1. c. 65 f.

ß06 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672— 1675.

geführt werden ') und werd geglaubt, dass bei der neulichen Zusammen- kunft zu Wesel deren von Fiirstenberg und des Herrn Bischofs /u Münster mit dem d'Estrades eine neue und engere Verbündnus geschehen ^).

Nicolarts ist ein Oesterreich wohl gesinnter Mann.

Am 4. October ist Goess in Hannover angekommen.

Der Herzog spricht ziemlich offen . erklärt einen Neutralitätsvertrag mit Frankreich vor längerer Zeit geschlossen zu haben, der dem Kaiser und dem Reiche nicht scliädlich sei, ihm aber die Mittel gebe, sich zu rüsten, um wenn nothwendig für die Vertheidigung des Reiches einzutreten, wozu er fest ent- schlossen sei. Goess vermag auch nichts vom Herzoge zu erlangen, obgleich er alle Gründe anführt, die es im Interesse des Herzogs gelegen erscheinen lassen, sich bezüglich der dem Kaiser und dem Reiche mit Ausnahme der Unternehmung Frankreichs gegen Holland drohenden Gefahren, insbesondere wegen der Türkengefahr, zu einigen"). Der Herzog bleibt dabei, dass die motus nun allenthalben in crisi, es würde sich eins und anders mit der Zeit schon besser anschicken: sie würden in allen Occasionen ihre unter- thänigste Devotion gegen E. K. M. bezeigen.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Bergen bei Frankfurt a. M. 14. October st. v. 1672. (Or.)

[Schwedens Abwendung von Frankreich und Anschluss an den Kaiser und das Reich

betreffend.]

14. Oct. E^ K. M. kann ich hiemit unterthänigst zu erkennen zu geben niclit

umhin, was massen der staatische Abgesandter in Schweden, van der Haaren^), an seine Principalen berichtet, dass einige Hoffnung wäre Schweden von Frankreich ab und mit zu Beobachtung des gemeinen Interesse zu ziehen^), wann E. K. M. und ich I. K. Würde in Schweden zu Beitretung in der Alliance invitiren möchten. Dahero dann die H". Staaten durch ihren bei mir subsistirenden Envoye, Freiherrn von Ame- rongen. Ansuchung thun lassen, ich möchte solches an E. K. M. unter- thänigst bringen, auch für meine Person die Notdurft in Schweden beobachten. Weil mir nun wohl wissend, wie vorträglich es der ge- meinen Sache sein würde, wann man diese Krön gewinnen und mit

^) Ueber des Bischofs von Münster |Politik vergl. Depping- 1. c. 120; Peter 1. c. CA.

-) Vergl. Droysen 1. c. III.. 411; Puf. 1. c. XI. GG.

3) Vergl. den Bericht vom 10. Sept. Iß72 p. 595 ff,

■») Wilhelm van Haren, vergl. Theat. Europ. XI. 71 ff.

'■•) Ueber Schwedens Politik in dieser Zeit Carlson i. c. IV. 583.

Schweden. Teile. 607

zur Alliance ziehen könnte, so habe ich zu Erreichung solchen Zwecks ein Schreiben an höchstgedachte königliche Würde in Schweden ab- gehen lassen 'J. . . . Wie ich dann dieselbe hiemit unterthänigst ersuchet haben will, solch heilsames Werk durch ein kaiserliches hochgültiges Schreiben nacher Schweden gleichergestalt zu secondiren und es zum glücklichen Ausschlag gnädigst zu befördern; allermassen E. K. M. von dem staatischen bei deroselben residirenden Ministre Bruijnincx desfalls zweifelsfrei w^erden requiriret sein.

Votum vom 22. October 1672 über des Goess Schreiben vom 29. September und 3. October 1672. (Conc.)

[Persönliche Anwesenheit des Herzogs von Celle im Felde und dessen Forderungen

betreffend. Schütz.]

Goess soll trachten den Herzog von Celle von seinem Vorsatze persönlich 22. Oct. ins Feld zu gehen abzubringen, mit Rücksicht auf die wegen des Commando's zu befürchtenden Streitigkeiten-). Was des Schütz Ansuchen betrifft, dass nemlich sein Herr Zusicherung ratione assistentiae erhalten, ohne ihn weder Friede noch Verträge geschlossen werden sollen und wenn ihm etwas ab- genommen würde, ihm zur Restitution verhelfen werden solle, kann der Kaiser, da diese Bedingungen ohnehin in das holländische Bündnis hinein- kommen, solches aber bis dato mit Celle nicht verglichen ist, sich nicht darüber äussern.

Der Kaiser sei bereit Schütz für seine Dienste 3000 Gulden von den ihm ausgeworfenen 10000 Gulden zu geben.

Die entsprechende Weisung ist datirt Wien 24. October 1672.

Votum vom 22. October 1672 über des Kurfürsten Schreiben vom 23. September 1672. (Or.)

[Neuburgs Friedensauerbietungen für Frankreich an Brandenburg. Dessen Antwort. Bitte an den Kaiser um Meinungsäusserung. Beiathung über diese Sache. Gut- achten darüber.]

Es hat an E. K. M. der Churfürst zu Brandenburg d. d. Cassel 22. Oct. 23. Sept. 1672 nachfolgendes Schreiben gehorsamst abgehen lassen^): „E. K. M. habe hiemit unterthänigst zu berichten nicht unterlassen wollen,

') d.d. G./IG. Oct. 1G72.

"0 Vergl. das Votum vom 8. Oct. p. 602 ff.

^) Das Schreiben liest nicht vor. der Inhalt ist im Texte mitg'etheilt.

ß08 VI. Goess in Berlin, Aniiait in Wien. 1072 107.5.

wasgestalt des H". Pfalzgrafen zu Neuburg L'^'", jemand der ihrigen ^) anhero zu mir geschicket und unter andern viel und bewegliche propo- .sitiones zum Frieden thun lassen; auch darbei fürgestellt, dass vielleicht derselbe anietzo besser als jemalen von Frankreich zu erlangen und der König darzu nicht abgeneigt wäre, da hingegen, wann es einmal zum Bruch oder fernem CoUisionen zwischen ihrae und andern Alliirten ge- kommen, das Werk viel schwerer und weitläufiger fallen möchte. I. L''*". Hessen dabei viele Umstände und rationes anführen, mit deren Erzählung E"". K. M. ich nicht beschwerlich fallen will und verlangten endlich zu wissen, ob sie nicht etwas Gutes bei der Sache thun und ein so löbliches Werk befördern könnten; wollten es an fleissiger Bemühung nicht ermanglen lassen und gern wissen, wie und mit was Conditionen man endlich den Frieden zu machen geneigt. Ich habe hierauf den Abgeordneten anders nicht als dieses anzeigen lassen, dass man diesseits nicht weniger Inclination zu einen raisouablen aufrichtigen Frieden hätte, auch dass dieses der einzige Zweck dieses Marsches und der Alliirten so kostbaren Armatur wäre. Von denen Conditionen hätte ich in specie eben nichts zu melden, weil die Sache nicht mein Interesse allein concernirte ; nur könnte ich dieses in gmein und unverfänglich melden, dass der Friede auf solche Conditionen gemacht werden möchte, wardurch alle Interessenten be- ständige und völlige Sicherheit erlangeten; inmittls wollte ich nicht unter- lassen mit E. K. M. und andern daraus zu communicireu. Welche Com- munication ich dann hiemit in gehorsamsten Respect verrichten wollen, E. K. M. uuterthänigst ersuchend, mir von dieser wichtigen Sachen dero höchst erleuchtete Sentimente in Zeiten wissen zu lassen, weil auch von Schweden dergleichen propositiones geschehen möchten. Zu wünschen wäre es wohl, dass ein aufrichtiger Friede je ehe, je lieber erlanget und dardurch die christliche Potentaten mit einmüthiger Zusammensetzung und nachdrücklichen Ernst sich dem Erbfeind, welcher abermal die Vormauer der Christenheit angegriffen und sich einiger fürnehmen Festungen und Lande in Polen bemächtigt"), desto mehr widersetzen möchten."

Man hat darüber ani 19. October bei Lobkowitz beratlien und gefunden, dass hieriunen abermalen die menschliche Vernunft weichen und abgehen und also des heiligen Geistes Erleuchtung dieses schwere Werk allein erörtern und treffen könne, dann es kommt auf diese Frag, ob sich

1) Stratman; vergl. Peter 1. c. 70.

^) Kaminice war am 30. Aug. gefallen; vergl. Th. Eur. 1. c. XI. 77 f.

Frankreichs Fnedensaiitiäge. Haltung Brandenburgs zu denselben. 609

E. K. M. von ihren Colligirten absondern, oder bei selbigen beständig verbleiben wollen. Wollen sie sich von ihnen absündern, oder nur im geringsten vacilliren, so sein E. K. M. ganz allein und folgends nicht bastant wider den Türken und Frankreich den Krieg zu führen. Bleiben sie aber bei ihren Confoederirten, so können sie ohne dieselbigen keinen Fried machen und zugleich ohne Holland den Krieg wider Frankreich nicht continuiren, dann das ganze Fundament diesfalls ist auf die Sub- sidieu gerichtet, welche Holland an E. K. M., an Dänemark, an Bran- denburg und an Braunschweig-Celle und Wolfenbüttel zu geben haben; ... derowegen kein menschlicher Verstand diese in dem libro fatorum ge- schriebene Ziffer auflösen kann, sonderlich weilen die von Frankreich vor- gebende Begierd zum Frieden lauter falsche artificia seind und sich dahero E. K. M. von ihren so gut gefassten consiliis nicht so leicht divertiren lassen können. Allein weilen Churbrandenburg selbsten hierzu durch dieses sein Schreiben die Gelegenheit gibt und deroselben selbsten allem Ansehen nach bei der Sache nicht wohl sein möchte, wie solches aus des Grafen Montecuccoli Schreiben') und zugleich aus diesem zu sehen, dass er wegen übergangenen Caminiez^) und der neuen Rebellion in Hungarn die Gefahr wegen Polen, Schlesien und Ungarn sehr zu Gemüth nehme, benebens der von Schwerin diese Friedensgedanken auf alle Weis secun- diren wirdet, als welcher diesem brandenburgischen foederi sehr darwider gewest und dahero Churbrandenburg sagen möchte, wann E. K. M. alle Friedensgedanken verwerfen sollten, dass er es deroselbigen proponirt, sie solches gleichwohlen nit gethan oder angenommen, hingegen wissend, dass Frankreich nichts anders suche, als wie sie die gemachte foedera dis- solviren und hernach einem nach dem andern aufreiben möge, als ist man endlich dahin schlüssig geworden: Der Kaiser soll Brandenburg für die Mittheilung danken und für seine Erklärungen an Montecuccoli und Goess weisen. Diese beiden wären aber dahin zu instruiren, dem Kurfürsten vorzu- halten, der Kaiser sehe den Vortheil eines allgemeinen Friedens vollkommen ein, sei auch zur Unterstützung des Kurfürsten in seinem Bestreben einen solchen Frieden zu erlangen bereit, und bitte den Kurfürsten mit Montecuccoli, Goess und seinen Käthen darüber zu berathen, ob und w'ie dann ein allge- meiner, beständiger Fried gemacht w^erden möchte und ob nicht das Werk an dem stecken möchte, dass 1". Frankreich alle occupirte Oerter, son-

') Das Schreiben liegt nicht vor; lloutecuccoli's Stellung ist jedoch zu ersehen aus Grossmann, Montecuccoli 1. c 423 ff. -') Am 30. Aug.

Mater, z. Gesell, d. G. Kuifüisteu. XIV. Du

610 VI, Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672— 1G75.

derlich was Churbrandenburg gehörig und die im Lüttich alsobald ab- geben und abtreten; 2". alle durch dero Waffen denen Chur- und Fürsten zugefügte Schäden des Gremonville Erbieten') gemäss gut machen; 3". Lothringen völlig restituiren und 4^ dem von Frankreich selbsten zu Regensburg beliebten arbitrio zwischen den 10 Verein-Stä,dten in Elsass und denen Vasallen der 3 Stifter Metz, Toul und Verdun den Lauf lassen^): 5°. die Sach wegen Holland solchen mediatoribus, wider welche E. K. M. und Brandenburg kein Bedenken, übergeben, nicht weniger in solchen Frieden E. K. M., die Krön Spanien und Churbrandenburg neben Holland contra quoscunque infractores einschliessen sollten und thäten E. K. M. ihnen beiden diesfalls nichts vorschreiben, sondern allerdings anheimstellen, ob und was sie von diesen Churbrandenburg und seinen Käthen sagen oder melden und mit ihnen deliberiren wollten.

Durch diese Antwort verwerfen E. K. M. diese Churfürstens zu Brandenburg Friedensproposition nicht, nehmen auch selbige nicht an, sondern remittiren solche ihme wider zurück^).

Berathen am 19. October bei Lobkowitz , aufgesetzt am 22. Oct. von 4 bis 7 Uhr früh und vom Kaiser praesentibus Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg. Hocher, Dorsch nud Abele, geschlossen, wie gerathen.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 24. October 1672.

(Conc.)

24. Oct. Der Kaiser hat das Schreiben vom 23. Sept. d. d. Cassel über des Nen-

burgers Friedenspropositionen erhalten^) und hat Montecuccoli und Goess ent- sprechende Befehle ertheilt, an welche Männer er den Kurfürsten weise '=').

') Ueber Gremonvilles Thätigkeit in Wien in dieser Zeit; Mignet 1. c. IV. llGff.

-) Vergl. Pachner 1. c. I. 353 f, 364 f.

") Ueber Oesterreichs Verhalten in dieser Zeit: Mignet 1. c. IV. I19ff.; Wolf I.e. 390 f.; Grossman, Lisola 69 if.

*) Das Schreiben des Kurfürsten liegt nicht vor, der Inhalt aber in dem Votum vom 22. Oct. 1672.

'") Die Weisung an Montecuccoli und Goess vom 24. Oct. ganz conform dem Votum vom 22. Oct.

Urtheil des Kaisers über Frankreichs Friedensanträge. Braunschweiger Bündnis. 611

Goess an den Kaiser. Dat. Bergen bei Frankfurt 25. Oct.

1672. (Or.)

[Das Quantum der Truppen. Aufnahme Böhmens in den Vertrag. Religionsange- legenheiten. Aufnahme Spaniens und des Mainzers in den Vertrag. Commandofrage. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten von Mainz. Amerongens Klagen über der kaiserlichen Truppen langsamen Marsch.]

"Weisung vom 13. Oct. erhalten. 25. Oct.

Goess hätte gerne ein grösseres Quantum von den Herzogen von Braun- schweig erhalten'), der von Celle war auch dafür geAvonnen; da aher Wolfen- büttel nicht wollte, ist nichts daraus geworden. Bezüglich Böhmens Aufnahme in den Tractat hat Niemand Zweifel gehegt, vielmehr wurde immer Goess gegenüber betont, dass durch die Aufnahme Böhmens und dessen Nebenländer für den Kaiser genug geschehe. Die allgemeine Form des 2. Artikels bezüglich der eingeschlossenen Provinzen'-) ist aus Rücksicht für Brandenburg gewählt worden, weil die clevischen Länder als provincias affectas sonst expresse aus- geschlossen worden wären. Goess hält es daher nicht für angezeigt, wegen der Aufnahme Böhmens noch fernere Vorstellungen zu machen, Avird es auch unterlassen, wenn er nicht neuen Befehl aus Wien erhält es zu thun. Was die Religion betrifft, haben die Acatholischen etwas zu Gunsten ihres Glaubens einfügen wollen, was Goess durch die Behauptung hintangehalten, dass es sich in diesem Falle nicht um Religionssachen handle. Bezüglich der Aufnahme Spaniens müsste man vorerst wissen, was für eine Hülfe es leisten wolle.

Mainz dürfte kaum zum Eintritte geneigt sein. Was das Commando betrifft, habe ich keinen anderen Srupl darbei gehabt, als dass E^ K. M. höchster Respect und Autorität billig ein mehrers erforderte. Im übrigen quoad rem ipsam, wann's darzu kommen sollte, werden dieselbe in effectu das Commando führen und eben diese Beschaffenheit hat es auch in eo puncto, dass die majora zu gelten. . , .

Mit dem Kurfürsten von Mainz hat Goess in Frankfurt eine längere Aus- einandersetzung. Ihr Discurs gienge dahin, dass sie sich zur Neutralität respectu des holländischen Kriegs mit Gutheissen E"", K. M. erklärt. Nachdem die intentirte Reichsmediation nit reussiren wollte, wäre es nun an dem, dass sie ihre particuliere Mediation zu interponiren. Ich habe bald gemerkt, wo dieses hingienge, directe nit darauf geantwort, sondern die von Schweden schon interponirte Mediation berührt und dass

') Georg Wilhelm verpflichtete sich zu 600 Reitern und 1200 Mann zu Fuss; Rudolf August zu 500 Reitern und 1000 Mann zu Fuss.

^) Artikel 2 lautet: „Zum anderen sollen aller und jede Bundverwaudten Län- der, welche sie gegenwertig innehaben und besitzen und im heil. röm. Reich gelegen, sammt hergebrachten juribus, Praerogativen und Gerechtigkeiten in gegenwertigei- Bündnis begriffen etc.

39*

ßl2 VI. Goess in Berlin, Anlialt in Wion. 1072—1675.

sie hierdurch die von Frankreich mit grossem Geld erkaufte Allianz- tractaten eludiren, indeme die Mediation eine Neutralität nach sich zu ziehen scheine, wohin Chur-Mainz meines Erachtens mehr zielen möge, als dass sie zu verhoffen, dass durch ihre Mediation der Fried zu er- heben. Ich insinuirete, dass ohne eine rechtschaffene Zusammensetzung und einer guten Armee im Rücken alle sothane negociationes leer aus- gehen würden; sie replicireten, das unum facere et aliud non omittere; würde Frankreich sich nit zur Raison legen, würde man desto besser mit dem Armament im Reich fortkommen können')....

Amerongeii klagt sehr über der kaiserlichen Truppen Marsch und dass nichts gethan wird'^). Ich merke wohl, dass uns die ganze Schuld gegeben werd; wie er aber nit weiss, wie weit es mit den Tractaten zwischen £■■. K. M. und Holland kommen^), so muss er nothwendig seine Klagen mehr wider I. Ch. D. als wider uns anstellen. . , .

Goess an den Kaiser. Dat. Bergen bei Frankfurt 29. October 1672. (Or.)

[Des Schütz Mittheilungen über die diiuisch-staatischen Beziehungen. Krankheit des Kurfürsten von Köln. Unterredung des Goess mit Schwerin und Montecuccoli bezüg- lich eines eventuellen Waffenstillstandes. Urtheil des Goess in dieser Frage. Des Kurfürsten Ansicht. Crockows Sendung nach England. Klagen über des Kaisers Ver- halten. Punctum securitatis. Böhmens Einschliessung in den Braunschweiger Tractat. Brandts Sendung nach Wien. Verhandlungen mit der Schweiz. Unterredungen des Goess mit dem Herzoge von Hannover und mit der Landgräfin von Hessen-Cassel.]

29. Oct. Weisung vom 20. und 25. September erhalten^). Aus dem Schreiben des

Schütz vom 8. October ist zu ersehen, dass die Verhandlungen zwischen Däne- mark und den Staaten noch nicht zu dem erwünschten Ziele geführt haben, vornehmlich aus Geldrücksichten ^).

Der schlechte Gesundheitsznstand des Kurfürsten von Köhi beunruhigt sehr ; sein Tod könnte verhängnisvoll werden.

Occasione der von dem päpstlichen Nuncio zu Wien offerirender Mediation und was darbei vorgangen, habe ich den Baron von Schwerin sondirt, quid sentiret von einem armistitio über Winter. Ich vernähme.

') üeber des Mainzers Verhalten Droysen 1. c. HI...) 415: Peter 1. c. 70; Puf. 1. c. XI. 51, 63; Guhrauer 1. c. H. 9 ff. -) Vergl. ürk. u. Act. III. 299 ff. ^) Vergl. Grossman, Lisola 1. c. 68 ff. ^) Liegen nicht vor. '•') Schreiben von Schütz au Goess d. d. Lüneburg 8. Oct. 1G72. Aut.

Plau eines \VatTcn>tillstaiules. Klagen über des Kaisers Verhalten. Gl'>

ilass man in Holland sehr apprehendire. dass die Gefrier ihnen das avvantaggio, so sie von dem Wasser nun haben, benehmen werde: mit Occupation der Grafschaft Burgund zu Winterzeit hätte man erfahren, dass man in jSiederland in der Rechnung geirret, da man das anerbotenc armistitium ausgeschlagen und vermeint, man wollte dem König in Frankreich nit obligirt sein, um was die Saison und der Winter ohne das gaben; es wäre das Werk wohl zu überlegen und zu consideriren, was der gemeinen Sach am vorträglichsten. Er inclinirete fast pro ar- mistitio und sagte mir, dass der von Amerongen von dergleichen Mei- nung wäre'), hätte es aber nit nach Holland schreiben dörfen, ex praesupposito, dass der Prinz von Oranien von andern Sentiment^), und hätte ihn den Baron von Schwerin gebeten, er möchte es durch die ihrige im Haag anwerfen lassen. Res haec est magni momenti und würde nit undienlich sein, wann E. K. M. alles reiflich überlegen und wie man sich unserer Seiten darbei zu verhalten, berathschlagen Hessen. Ich habe auch schon mit dem Generallieutenant ^) daraus geredt und finde ich ihn fast mehr ad affirmativam quam ad negativam inclinirt, zumalen E"". K. M. gnädigste Befelch uns ohne das quasi in statu armistitii stellen und ja vorträglicher, dass auch die Franzosen darzu obligirt würden*). Circa modum aber hiervon zu tractiren, wäre ich der uuter- thänigsten Meinung, dass wir es an uns kommen zu lassen und wann man's acceptiren sollte, das meritum, credito und Reputation, dass wir friedfertige consilia führen, darvon zu tragen. Als man heut bei der Conferenz hiervon geredt, haben I. Ch. D. gut befunden, dass man die momenta rei et rationum pro et contra entwerfen solle. Freilich werd Chur-Mainz praetextu der intendirenden Mediation nun suchen die pro- ponirende Allianzen auszuschlagen. . . . Crockow ist nach England geschickt worden =).

Die Unzufriedenheit mit dem Benehmen des Wiener Hofes dauert fort. Als in der gestrigen Conferenz ich meine Meinung dahin eröffnet, dass vermuthlich die Franzosen die Stadt Colin diesmalen nit attaquiren möchten^ weilen es eine völlige Ruptur sein würde, haben 1. Ch. D. fast empfunden, dass man vermeinen wolle, dass Frankreich bei allem dem, was wider dieselbe schon vorgenommen worden, noch nit völlig ge-

') Ueber Ainerongens Verhandlungen Urk. u. Act. III. oU4ff. ; Peter 1. c. 74f.

■) Vergl. Urk. ii. Act. III. 305; Peter 1. c. 72 f.

•') Montecuccoli: für sein Verhalten Grossmann 1. c. 4"27iT.

*) Vergl. Grossmann 1. c. 419 fi'.

^) Puf. 1. c. XI. 74 f.

614 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—167.5.

brochcn. Es ist darbei ein abermaliges Memorial des von Amerongcn verlesen worden'), darin er seine vorige Klagen wegen der grossen Quantität des täglich den Franzosen zuführenden Getreids und dass dasselbe von uns nit verhindert, noch sonsten agirt werde, wiederholt, mit Bitt, dass I. Ch. D. sich schriftlich erklären wollten, welchergestalt sie den Tractaten gemäss nunmehr zu agiren gedächten, damit er's seinen Principalen berichten und dieselbe mithin angetrieben werden mögen die Subsidiegelder ferner zu subministriren. Man hat das Werk über- legt und allenthalben grosse Difficultäten darbei gefunden; . . . man er- wartet des angesetzten Generalquartiermeisters Goltz und anderer Ofücier, die ausgeschicket worden die Gelegenheiten abzusehen, wo am Main und am Rhein die Brücke am besten können geschlagen werden^)...

Als ich bei dem Baron von Schwerin sondirt über Ausmach- oder Niederlassung des puncti securitatis, hat er mir gesagt, dass I. Ch. D. zu Mainz ihme in der Hand zugesagt, sie wollten allen Fleiss dahin an- wenden, damit die Kreisvölker sich mit unserer Armee coujungiren, welches, wann es zu erhalten, ein grosses an sich selbst, wie dann auch wegen der Consequenzen sein würde.

Schwerin betont ausdrücklich, dass es unnöthig sei Böhmen expresse in dem Bündnisse zu nennen. Zum Gesandten nach Wien hat Schwerin den neu- märkischen Kanzler Brandt vorgeschlagen. Der Oberst Plessis hat dem Kur- fürsten aus der Schweiz geschrieben, dass es sehr zweckmässig sein würde, wenn der Kaiser jemanden nach der Schweiz senden würde ^).

In einem zweiten Schreiben vom selben Datum berichtet Goess noch weitere Details über seine Unterredungen mit dem Herzoge von Hannover, dem er die Nützlichkeit eines Bündnisses mit dem Kaiser demonstrirt, ohne jedoch mehr als dilatorische Antworten zu erhalten. Der Herzog behauptet, Frankreich werde die nächsten 4 Jahre nichts wider das Reich tentiren. Die Landgräfin von Hessen- Cassel, bei der sich Goess aufgehalten hat, zeigt Aviederum die besten Gesin- nungen für den Kaiser und dessen Hof.

^) lieber Amerongens Thätigkeit und seine Memorialien Urk. u, Act. III. 301 ff., 316 f.

2) Vergl. Urk. u. Act. III. 316; Peter 1. c. 77.

3) Puf. 1. c. XI. 73.

Friedensverhandluugeu des Kaisers mit Frankreich. 615

Goess an den Kaiser. Dat. Bergen bei Frankfurt a. M. 1. November 1672. (Or.)

[Gerüchte von geplanten Friedensverhandlungen des Kaisers. Verhandlungen des Goess mit dem Kurfürsten in dieser Sache. Wangelins Erklärungen.]

Weisung vom 24. October erhalten. 1. Nov.

Am 29. hat man mir von Hof die beikommende articulos faciendae pacis'), welche von dem chuibrandenburgischen Residenten zu Ham- burg^) hieher geschickt worden, communicirt. I. Ch. D. haben's mehr apprehendirt, als ich nit vermeint hätte, sagten mir, dass sie dest- wegen allbereit ein Schreiben an E. K. M. aufsetzen lassen, solchergestalten würden sie übel im Stich verlassen. Ich habe sie gebeten, sie möchten's nit thun und in alle Weg versichert, dass nichts hieran wäre und man das geringste ohne vertreulich und mit aller Sincerität mit S. Ch. D. zu communiciren hierin thun werde, worbei sie zwar acquiescirt: es werd aber da.sjenige, was E. K. M. dero Generallieutenant und mir super hac materia gnädigst anbefehlen, mit desto mehrerer Behutsamkeit an- zugreifen sein; was wegen eines Stillstands über Winter neulich vor- kommen kann uns die Bahn einzigermassen machen.

Die Erklärungen Wangelins, des schwedischen Abgeordneten, lauten sehr günstig; wenn sie nur aufrichtig gemeint wären! Er behauptet, man wolle denen, welche die Staaten retten wollen, nicht nur niclits in den Weg legen. sondern selbst dazu helfen ^).

0 Dieses Project, das in Wien von den Ministern des Kaisers und der Könige von Frankreich und Spanien zur Abwehr eines grossen Krieges aufgesetzt worden sein sollte, enthält folgende Bestimmungen: 1". Der König von Frankreich greift Spanien innerhalb 5 Jahre nicht an; während dieses Zeitraumes suchen der Kaiser und der Papst die zwischen beiden Kronen bestehenden Diiferenzen zu beseitigen. 2'^. Frank- reich setzt den Herzog von Lothringen in seinen Besitz wider ein, oder gibt ihm eine andere entsprechende Satisfaetion. '■>"'. Frankreich gibt alle in diesem Kriege genommenen Reichsstädte heraus; falls er sich bezüglich der dem Brandenburger ge- hörigen mit diesem nicht einigen kann, übergibt es dessen Städte einem anderen vom Kaiser zu bestimmenden Fürsten des Reiches. 4°. Frankreich verpflichtet sich 12000 ilann nach Polen gegen die Türken zu senden und 1 200 000 Livres jährlich für die Dauer des Krieges gegen die Türken zu zahlen. 5". Geht Frankreich auf diese Be- dingungen ein, so werden des Kaisers und die Truppen Brandenburgs und Spaniens zurückmarschiren und Holland nicht unterstützen, sich in den Streit zwischen Frank- reich und Holland gar nicht einmischen. Vergl. Dia. Europ. XXVI. p. I. 413f.

-) .Jerike ; Orlich, Friedr. Wilh. Anhang 4.

^) Ueber Wangelins Verhandlungen vergl. Urk. u. Act. HI. 317 ; Puf. 1. c. XI. 79 ; Peter 1. c. 78.

(][{] VI. Goess iu Ikrliii, Anhalt iu Wien. 167:.' 1(;75.

Goess an den Kaiser. Dat. Bergen bei Frankfurt a. M. 3. November 1672. (Or.)

[Krieffsnachrichten. ITrtheil des Goess über die Lage. Verhandlungen des Goess und Montecuccoii's über die Friedensfrage. Amerongens Erklärungen.]

Nov. Mit den Franzosen hat ein kleines Gefecht an der Lahn stattgefunden ').

Nach den Gerüchten, die einlaufen, soll Turenne heranrücken gegen die ver- einigten brandenburgisch-österreichischen Truppen, die Befehl erhalten haben, sich kampfbereit zu halten ■).

Wir haben uns dahie beflissen E'. K. M. gnädigsten intentionibus und Befelch schuldigster masseu nachzuleben, werden's auch noch ferner thuD, soviel es der Zustand der Sachen leiden werd. Meinem geringen Ermessen nach haben wir für diesmalen, wann es änderst mit guter Manier geschehen kann, die Hauptaction zu decliniren; sollen wir aber darzu genötiget werden, verhoffe ich, dass wir alle thun werden, wie ehrliche Leut. Ich considerire den gegenwärtigen Zustand der Sachen ; es ist freilich eine starke Crisis, so E. K. M. auf einmalen dieser Orten, in Hungaru und in Polen zustost; wie aber dieselbe eine gerechte Sach habeo und der allmächtige Gott sie in anderwärtigen schweren Unge- legenheiten und Anfechtungen nit verlassen, also haben wir auch dies- malen auf den göttlichen Beistand zu vertrauen, das unserigc zu thuu. et magnis animis magna discrimina zu superireu.

Des Kaisers Ansicht bezüglich des Friedens haben Goess und Montecuccoli am 2. Nov. bei der Conferenz vorgebracht^). Amerongen hat abermals ein Memorial übergeben*), in welchem er, nach Berichten seiner Herrn, alle Friedens- anerbietungen der Franzosen für Vorspiegelungen erklärte, für die Fortsetzung des Krieges eintrat und eine deeidirte Antwort von Brandenburg forderte.

Votum vom 7. November 1672 über des Goess Schreiben vom 25. October 1672. (Conc.)

[Ratification des Vertrages von Braunschweig. Beitritt Spaniens. Zustand iu Polen und Ungarn. Punctum securitatis.]

1. Nov. Goess soll die Katification des Braunschweiger Bündnisses durch den

Kaiser alsogleich übergeben und wegen Böhmen trachten Privaterklärungen zu

1) Vergl. Peter 1. c. 79 f.; Urk. u. Act. IIL 318; Orlich IL 7-4; Grimoard 1. c. IL 90 L; Beaurain 1. c. 42 L

-) Vergl. Grimoard 1. c. IL 120, 124.

3) Vergl. Peter 1. c. 84; Urk. u. Act. IIL 318 ff.

■*) Memoire vom 2. Nov. : vergl. Urk. u. AcL III. 317.

Urtheil des Goess über die Lage. Klagen des Kutfüi>teii über die Franzosen. (317

erlangen, da eine Umänderung der kaiserlichen Ratification, so erwünscht sie wäre, mit Rücksicht auf die Umstände nicht thunlich ist. "Wegen des Beitrittes Spaniens hat der spanische Botschafter •) hier nichts geantwortet, aber gemeldet, Monterey werde in dieser Angelegenheit Befehl haben'-); Goess soll trachten, die Herzoge von Braunschweig-Celle in ihrer Absicht zu bestärken Spaniens Beitritt zu beAvirken. In Polen ist Friede mit den Türken ^) und der Zustand in Ungarn ist bei weitem besser. Bezüglich des punctum securitatis, ob derselbe bei den herrschenden Verhältnissen auszumachen oder unausgemacht zu lassen sei*), wünscht der Kaiser Brandenburgs Ansichten zu vernehmen, dann E^ K. M. thäteu das obhandende von Gravel aufgesetzte höchstgefährliche foedus mit etlichen Chur- und Fürsten ... stark zu Herzen gehen ^) und dass dahero uothwendig, dass E. K. M. und Churbrandenburg auf alle AVeis verhüten, dass selbiges von einigen und sonderlich Churbaiern, Darmstadt, Wirtem- berg und anderen nicht angenommen werde; von Chur-Mainz und Trier seind E. K. M. fast sicher, dass sie beede darein nicht treten.

Berathen am 4. October, aufgesetzt am 7. und beschlossen wie gerathen. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch, Abele.

Der Kurfürst an deu Kaiser. Dat. Rlisselslieim a. M. l./ll. November 1672. (Or.)

[Klagen über der Franzosen Vorgehen; Bitte um Hilfe.]

Der Kurfürst erinnert den Kaiser an seine wiederholten Klagen wegen II. Nov. Plünderung der clevischen Lande durch die Franzosen; dieselben haben nicht aufgehört, sondern sind viel furchtbarer geworden, ja von Seite der Franzosen werde erklärt: „Ich wäre nicht mehr ein Herr dieser Lande, der König in Frankreich wäre daselbst allein Souverain und würde man diejenige, welche mich für einen Herrn des Landes hielten, hinfüro als Feinde und Rebellen strafen, welches auch bereits einem Bürgermeister von Emmerich ohnlängst wirklich widerfahren." Der Kurfürst ersucht daher den Kaiser bei der Reichsversammlung zu Regensburg sowohl als bei den benachbarten Stän- den für energische Unterstützung des Kurfürsten zu wirken und seinerseits Montecuccoli Befehl zu ertheilen, nebst mir nach aller Mögligkeit dahin zu operiren, damit die französische Völker meine Lande räumen und ich nicht unverdienter Weise bei meiner unausgesetzten und beständigen

') Balbesos.

-) üeber die Hallung Montereys in dieser Zeit; Puf. 1. c. XL 72.

^) Der Friede war am 18. Sept. zu Budzak geschlossen; Theat. Europ. XI. 80f.

*) Für die Verhandlungen in dieser Angelegenheit Pachner 1. c. L 57.3 ff.

'") üeber Frankreichs Vorgehen in dieser Zeit Mignet 1. c. IV. 109 ff.

613 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

Treue um das Meinige gebracht, noch diese dem römischen Reich so hoch importirende Grenzlande von demselben abgerissen, sondern dabei maintenirt, andere auch dadurch bei E"". K. M. und dem Reich fest zu halten encouragirt und ermuntert werden mögen.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Rlisselslieim l./ll. No- vember 1672. (Or.)

[Kriegsnachrichten.]

11. Nov. Der Kurfürst hat vor 3 Tagen den'Main bei Flörsheim passirt, ist jetzt im

Begriffe eine Brücke über den Rhein zu schlagen und mit beiden Armeen den- selben zu passiren, wobei man auf des Turenne Marsch und Haltung Acht haben wird'). Dass der Prinz von Oranien mit gegen 20000 Mann nach Mastricht gezogen, um von dort entweder dem Kurfürsten entgegenzukommen, oder im Kölnischen etwas wichtiges vorzunehmen, dürfte der Kaiser bereits erfahren haben'-). Der Prinz von Conde ist zu Metz angekommen, hat aber nur sehr wenig Truppen bei sich-^).

Goess au den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 11. November 1672.

(Or.)

[Schlechter Zustand der kaiserlichen Armee. Kriegsereignisse. Benehmen des Kur- fürsten von Mainz. Verhandlungen mit Kurtrier. Vorschläge der Holländer. Urtheil des Goess über dieselben. Wunsch des Kurfürsten bezüglich Beginnes der österreich- schweizerischen Verhandlungen. P. S. Verhandlungen mit Trier betreffend. Haltung des Goess und Montecuccoli's.]

II. Nov. Die Armee, bei der sich Goess befindet, ist hieber gezogen; Krankheiten

reissen ein. Ich muss E. K. M. aus treuen Eifer vorstellen, dass, wie ich täglich den Augenschein einnehme, die Soldatesca bei der jetzigen Be- stellung, da nemlich derselben die halbe Gage wegen der vivres, so auch nit allzeit gereichet werden, abgezogen werd, nit bestehen kann, und glaube ich, dass bei diesem beschwerlichen Marsch die arme Knecht allein an Schuh dasjenige, was ihnen gegeben worden, abgerissen; wo bleiben nun so viel andere Notdurften zu geschweigen, dass ein grosser Unterschied ist, wann die Soldaten in ihren Quartieren in den Erbländern

1) Vergl. für die Operationen dieser Zeit Peter 1. c. 84ff. : Droysen 1. c. 417 f.: Urk. u. Act. HI. 325; Grimoard 1. c. H. 101 f.; Baurain. 1. c. 43. ■-) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 417; Urk. u. Act. lU. 321. 3) Urk. u. Act. III. 325 ; Peter 1. c. 88.

Kriegsnachrichten. Schlechter ZustaucI der kaiserlichen Armee. Mainz. 619

liegen und wann sie zu Feld alles tlieur kaufen müssen. Diese E^ K. M. Armee ist ein Schatz, den sie wohl zu beobachten, gereicht dero- selben nit allein zu dero Sicherheit, sondern auch zur Reputation und Respect bei allen Potentaten, zu Animirung der Wohlintentionirten und zu Abschreckung der Widerwärtigen'); dahero ist auf derer Conservation auf alle Weis zu gedenken. . , .

Mehrere kleine Gefechte mit den Franzosen haben stattgefunden-); über die- selben, wie über die anderen Kriegsereignisse, wird Montecuccoli berichten. Der Mainzer war höchst bestürzt über den Marsch der brandenburgisch-öster- reichischen Truppen, hat die Schiffsbrücke zu Mainz in aller Eile abreissen lassen und sich zur Gegenwehr bereit gemacht, als wenn die Anmarschirenden die Absicht gehabt hätten, sich der Brücke zu bemächtigen^). Goess war über des Mainzers Vorgehen sehr ungehalten, hält es aber für gut davon nichts merken zu lassen. Schönbom ist nach Paris um die Mediation anzubieten*).

Seitens des Kurfürsten von Trier, mit dem der Markgraf von Baden im Auftrage des Kaisers über Aufnahme in das brandenburgisch-österreichische Bündnis verhandelt, ist D"". Sohler zu Montecuccoli und Goess gekommen und begehrt über die 5000 Tbaler monatlich zur Erhaltung der Garnison in Trier, noch andere 3000 Thaler zu Erhaltung einer stärkeren Besatzung in Coblenz und Ehrenbreitenstein. Die kaiserlichen Räthe, welche die Nothwendigkeit ein- sehen Trier zu gewinnen, bieten dem Sohler 5000 Gulden an^).

Im Gespräche mit Goess betont Sohler die Nothwendigkeit des Bruches Spaniens mit Frankreich für den Eintritt Triers in das österreiclüsch-branden- burgische Bündnis. Den von Goess gemachten Vorschlag der Geheimhaltung des Vertrages für's erste, verwirft Sohler, da seinem Herrn momentane Gefahr drohe.

Alle der Holländer Instanzien und Xegociation dahie geht dahin, dass wir ohne fernerer Dilation iiber'n Rhein und an die Mosel zu gehen, allwo, oder an welchem Ort man sonsten concertiren werd, sie sich mit uns conjungiren wollen; solle es der de Turenne hinderen und zwischen uns legen wollen, würde er von beiden Seiten also gezwackt werden, dass seine Armee müsste zu Grund gehen. Diese Intention zu erreichen, vermeinen sie, dass die Brücke über'n Rhein viel besser zu Bingen, welches nähender bei der Mosel, als zu Gustavsburg geschlagen werden

') Vergl. die lobenden Bemerkungen Amerongens; Urk. u. Act. III. 318.

-) Vergl. Peter 1. c. 87; Droysen 1. c. III.3 417; Grimoard 1. c. II. 1011'.: Beau- rain 1. c. 43.

■*) Ueber des Mainzers Politik in dieser Zeit Guhrauer 1. c. II. 16if.: Peter 1. c. 8.3 f.: Urk. u. Act. III. 325: Droysen 1. c. III.., 415.

*) Vergl. Mem. de Pomponne I. 198 ff. ; ürk. u. Act. III. 824; Guhrauer 1. c. II. 16 ff., 42 ff.

=■) Für Triers Stellung in dieser Zeit; Puf. I. c. XI. 62.

(J20 VI. Goess iu Berlin, Anhalt in Wien. Kw^ 1675.

könnte'). Wie sie aber allein auf ihre Convenienz sehen, uns Hl)er ein mehrers zu bedenken obliegt und eine gefährliche Resolution zu sein scheinet, dass wir fort über'n Rhein gehen und den Turenne dieser Seiten stehen lassen sollen, als kann man sich diesfalls mit ihnen nit so leicht vergleichen. Zwar möchte sein, dass, wann unsere Brücke ge- schlagen und wir wenigsten mit Theil unserer Völker hinüber gehen, der Turenne dergleichen thun und uns folgen möchte. Es werd gleichwohl gemach darin zu gehen sein, sintemalen er eben sowohl eine Brücke über'n Rhein haben und uns dieser Seiten allzeit in Sorgen halten werd und dann ist aller Apparenz nach ihr Dessein, dass der Prinz von Conde sich mit dem de Turenne conjungiren und mit gesammter Macht uns entgegen gehen will'^). Das beste und sicherste wäre, dass der Prinz von Oranien unterdessen von seiner Seiten so vigorose agirte, dass der Turenne obligirt würde sich dahin zu wenden und uns mithin mehrere Freiheit zur Operation einzuräumen. Der Kurfürst von Brandenburg lässt Goess neuerdings ersuchen beim Wiener Hofe um Absendung eines Abgeordneten an die katholischen Cantone der Schweiz zu wirken.

P. S.

Sohler theilt dem Goess mit, dass der Kurmainzer, nachdem er die Brücke hatte wegreissen lassen, einen Courier an Turenne mit der Aufforderung geschickt habe, gegen die Lahn zu marschiren, wie in der That geschehen sei; ob Turenne dann den Marsch auf ein neuerliches Abmahnungsschreiben des Mainzers, oder auf die Nachricht, dass die Kaiserlichen die Schiffsbrücke über den Main schlagen Hessen, uriterbrochen liabe, kann Goess nicht entscheiden. Soviel sei gewiss, dass man sich auf Mainz niclit verlassen könne; umsomehr empfiehlt Goess den Abschluss mit Trier. |: Dass Spanien mit Frankreich zu brechen, welches Churtrier pro conditione essentiali setzet, könnte da- hin abgehandlet werden, dass E. K. M. mit allem Nachdruck es dahin zu richten trachten werden und dass man dessen fast einige moralem certitudinem habe. Wann die Ruptur aber zu geschehen, muss ich sehr daran zweiflen, an expediat, quomodo und ob nit besser es bis auf künftigen Frühling zu verschieben und interim alle darzu gehörige An- stalt zu machen. Solche resolutiones werden von dem dependiren, wie eins und anders sich anschicken werde. Der Sohler hat gleich von Haus sichere Nachricht bekommen, dass der Turenne zu Andernach übern Rhein gehet; man vermeint, er wolle sich mit dem Prinzen von

') Vergl. Ulk. u. Act. III. 325 ff.; Peter 1. c. 87.

-) Vergl. Urk. u. Act. III. 327; Grossmann, Montecuccoli 1. c. 431 f.; Peter I.e. 8;) f.

Verhandlungen mit Trier. 621

Conde conjungiren und uns entgegengehen '). Churtrier tliuet durch eine grosse Offerten uns Trier einzuräumen, Völker in Coblenz einzu- nehmen, uns den Pass durch die Brücke allda zu geben. Der General- lieutenaut findet sich undique angustirt. Ich belleisse mich den Chur- fürsten zu animiren und etwas Zeit zu gewinnen, pro modo, weilen wir nicht zu ihme kommen und (wird) das beste sein, dass er sich in terminis neutralitatis so gut er immer kann mit einigen Völkern versehe. :|

Unter dem 14. Nov. berichtet Goess, dass er von Schier neue Nachricht U. Nov. von der Absicht Turenne's erhalten über den Rhein zu gehen und sich mit Conde zu verbinden und dass Sohler urtheile, es wäre nit rathsam, dass wir über'n Rhein gehen, sondern i: der zwischen uns discurrirte Weg zu nehmen; der wäre, dass wann die Stadt Trier wir nicht erreichen und dieselbe besetzen könnten, man es dahin richten wollte, dass selbige Stadt aus Luxenburg mit spanischen Völkern besetzt würde; herentgegen wollte Churtrier uns den Pass über sein Brücken zu Coblenz geben und sich für uns doch praevio tractatu declariren. : | Goess hält es aber für das beste, dass Trier mit Rücksicht auf die Bedenken gegen diesen Plan sich in statu quo zu erhalten suche bis die Gelegenheit vorzugehen sich biete.

Votum vom 15. November über des Goess Schreiben vom 29. October und 1. November 1672. (Conc.)

[Des Goess Verhalten zum Herzoge von Lothringen. Amerongens Reise nach Dresden. Waffenstillstandsfrage. Punctum securitatis. Kriegsangelegenheiten. Dünkirchen als Congressort. Brandenburg-österreichische Beziehungen. Brandts Sendung nach Wien- Eintritt Spaniens in das braunschweigische, Württembergs in das brandenburg-öster-

reichische Bündnis.]

Dem alten Herzoge von Lothringen habe Goess auf dessen Begehren wegen 15. Xov. Einschliessung der Restitution seines Herzogthums in die etwa unterdessen er- folgenden Friedenstractate ganz recht geantwortet, indem er gesagt, man >verde die Sache noch ein wenig besser maturiren lassen müssen. Dass Amerongens projectirte Reise nach Dresden wieder nicht zu Stande gekommen, ist dem Kaiser deshalb unlieb, weil Gefalir vorhanden, dass Sachsen seine Holland günstige Stimmung unterdessen ändere. Goess soll beim Kurfürsten von Bran- denburg dahin wirken, dass Amerongen bald nach Dresden reise. Ratione armistitii habe Goess des Kurfürsten eigentliche Intention zu vernehmen und demselben unter anderem auch dieses vorzustellen, dass der Kurfürst nach Ein-

') Ueber die Kriegsoperationen, Rousset I.e. LoOSff. ; Peter I.e. 88 f.: Mignet 1. c. 1-21 f.

ß22 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

gehung desselben von den Holländern keine Subsidien mehr zu hoffen und die Armeen in und von dem Reiche keinen Unterhalt zu empfangen haben würden. Ferner soll Goess die bestimmte Ansicht des Kurfürsten darüber zu erfahren suchen, ob dieser den punctum securitatis auf dem gegenwärtigen Reichstage zu Regensburg völlig ausgemacht oder aber in statu quo gelassen haben will, da- mit im letzteren Falle Mainz von der Urgirung im geheimen abgehalten werde.

Wegen der Operationen hat der Kaiser dem Montecuccoli die entsprechenden Befehle ertheilt '). Goess soll dem Kurfürsten sagen, man möge sich bezüglich der Annahme Dünkirchens als locus tractatuuni, auf den, wie Pufendorf hier berichtet, England, Holland und Frankreich sich geeinigt, nicht übereilen, son- dern das wie alles andere sorgfältig berathen. Goess möge dem Kurfürsten mittheilen, dass der Kaiser dem Kurfürsten von allem Mittheilung mache und machen werde, was in Wien vorgeht; dagegen zeige Brandenburgs Vorgehen, dass man nicht dasselbe Vertrauen hat, da man dem Kaiser noch immer nicht den Inhalt der Secretartikel des brandenburg-holländischen Vertrages mitgetheilt habe. Die Absendung des neumärkischen Kanzlers Brandt nach Wien ist dem Kaiser sehr angenehm, er soll nur sobald als möglich hergesendet werden.

Wegen des Einschlusses Spaniens in das braunschweigische Bündnis bleibt es bei dem gesagten, bezüglich Württembergs ist der Kaiser bereit für dessen Eintritt in das Österreich-brandenburgische Bündnis zu wirken. Beraten am 12. Nov.. aufgesetzt am 15. Nov. und gutgeheissen am 16. Nov. Weisung vom 17. No- vember 1672.

Goess au den Kaiser. Dat. Rüsselslieim 19. November 1672.

(Or.)

[Ratification des Braunschweiger Bündnisses ; Einschliessimg Böhmens in dasselbe. Des Schütz Mittheilungen über die staatisch-dänischen Verhandlungen, über Schwedens Pläne in Regensburg und über die Reichsverfassung. Unterredung des Goess mit Schwerin über den letzteren Punkt. Des Mainzers Urtheil über die vorzunehmenden Massregeln. Amerongens und Weibnoms Klagen über die Kaiserlichen, Kriegs- nachrichten.]

19, Nov, Die vom Kaiser gewünschte schleunige Auswechslung der Ratificationen des zu Braunsehweig geschlossenen Bündnisses wird Goess besorgen; er hat überall hin wegen der Inserinnrg des Königreichs Böhmen und der incorporirten Länder geschrieben, damit das keinen Aufschub verursache. Schütz hat dem Goess geschrieben, dass die Verhandlungen zwischen den Staaten und Däne- mark noch in statu quo sich befänden und dass Schweden zu Regensburg ein Bündnis zu schliessen suche, das nichts anderes als den Krieg gegen Branden- burg und dessen Alliirte zum Ziele habe-). Auch berichtet Schütz, dass der Con- vent zu Lüneburg beschlossen habe die Reiclisverfassung zu fördern-). Schwerin,

') Vergl. Grossmann, Montecuccoli 1, c. 428.

2) Vergl. Droysen 1. c. JH., 421f.

3) Schreiben von Schütz an Goess, Celle 2(i. Oct. 1G72. Or.

Braimschweiger Bündnis. Schwedens Pläne. Trier. 623

mit dem Goess über diesen letzteren Punkt spriclit. meint, man möge den punctum securitatis ein wenig ruhen lassen, worin man jedoch, wie Goess glaubt, sehr vorsichtig vorzugehen habe, damit es nicht den Anschein gewinne, als suche man jetzt eine Sache zu hemmen, die man früher so sehr gewünscht hat.

Aus der Unterredung des Kurfürsten von Mainz mit Montecuccoli. die vor 2 Tagen stattfand, ist zu ersehen, dass der Kurfürst mit den Kaiserlichen ein- verstanden ist, dass keine Hauptaction zu wagen sei; dass er bereit ist, die kai- serliche Armee oder doch wenigstens einen Theil derselben in seiner Nähe zu behalten, natürlich nicht auf seine und seiner Nachbarn Kosten, und dass er es für das zweckmässigste hält, wenn der grösste Theil des kaiserlichen Heeres mit dem kurfürstlichen nach "Westphalen marschirt '). In jedem Falle, glaubt Goess, Avürde die Erhaltung des Heeres über den Winter grosse Schwierigkeiten verursachen.

Amerongen ist nach Frankfurt, die Subsidiengelder auszahlen zu lassen; es scheint, dass er und der Oberste Weibnom-) begreifen, dass nunmehr des Kaisers Conjunction mit den Holländern nicht geschehen kann. Grosse Klagen werden aber geführt, dass die Kaiserlichen zu Bergen nnd hier 7 Wochen, ihres Dafürhaltens mal ä propos und ohne etwas zu thun, zugebracht^).

Sohler ist wieder da, klagt sehr; Frankreich rücke gegen Trier vor, habe Niederlahnstein besetzt; Trier nnd Coblenz hätten nur schwache Besatzung. Von Turenne hat man Nachricht, dass er 4000 Reiter gegen Limburg an der Lahn geschickt; seine Brücke bei Wied über den Rhein ist fertig, durch die Mosel kann man reiten, daher können sich die Franzosen dies- und jenseits des Rheins und der Mosel leicht conjungiren. Turenne hat dem Prinzen von Conde 2000 Pferde und 800 Dragoner zugeschickt, welches mir die Gedanken macht, ob sie uns dies- und jenerseits des Rheins auf- und in Sorgen halten wollen *).

Goess räth, den Grana zu den lüttichischen Ständen abzusenden und mit Monterey wegen Ueberlassung eines oder zweier Regimenter verhandeln zu lassen; dagegen ist er der Meinung, man möge mit dem Abschlüsse der Ver- handlungen wegen üebernahme von 2000 lothringischen Pferden noch zögern, da sie in dieser Campagne nichts mehr würden leisten können.

') Dem Kurfürsten gegenüber hat dann Montecuccoli diesen Vorschlag lietont; vergl. Grossmann I. c. 431 f.

-) Neben Amerongen Vertreter der Staaten: vergl. Peter I.e. 91; Urk. u. Act. in. 321 und Anm.

3) Vergl. ürk. u. Act. III. 327 ff.

*) Für den wirklichen Stand der Begebenheiten vergl. Rousset I.e. I. 398 ff. ; Peter 1. c. 88 f.; Mignet 1. c. IV. 122f.; Grimoard 1. c. H. llOff; Beaiuain I. c. 43.

624 ^'f- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1072—1075.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 24. Nov. 1672. (Conc.)

[Verhandlungen mit den Schweizern. Trier. Brandenburgs Haltung zu den Friedens- propositionen. Schwedens Vorgehen.]

21. Nov. Der Kaiser ist bereit einen Minister nach der Schweiz zu senden, will je-

doch vorerst wissen, was Brandenburg dort verhandelt hat. Bezüglich des Kur- fürsten von Trier soll Goess sich alle Mühe geben denselben von einer Ver- bindung mit Frankreich abzuhalten und zur Unterstützung der brandenburg- österreichischen Truppen zu vermögen. Goess soll des Kurfürsten von Branden- burg Gedanken wegen der auftauchenden Friedenspropositionen zu erforschen trachten. Das Benehmen der Schweden erscheint dem Kaiser verdächtig. Goess soll über diesen Punkt mit dem Kurfürsten sprechen.

Goess an den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 25. Nov. 1672. (Or.)

[Schwerins Mittiieilungen über seine Unterredungen mit dem Kurfürsten von der Pfalz. Wünsche und Vorschläge des Pfälzers. Schwerins Urtheil über den Kin-fürsteu. Unterredung des Goess mit Schwerin über die vorzunehmenden Operationen. Spaniens Verhältnis zum Braunsehweiger Bündnisse. Baierns Erklärung bezüglich der Hilfe- leistung. Mediationsangelegenheit.]

25. Nov. Schwerin theilt dem Goess mündlich und schriftlich die Resultate seiner Unterredungen mit dem Kurfürsten von der Pfalz ') mit. Der Kurfürst von der Pfalz wünscht, dass seine Länder verschont bleiben, dass die österreichisch- brandenburgische Armee nicht über den Rhein gehe, die Friedenstractaten vor- genommen und ein Waffenstillstand unterdessen gemacht werden möchte. Er stellte Schwerin alle Vortheile, die daraus erwachsen würden, vor und ver- sicherte, dass man auf französischer Seite zum Frieden geneigt sei und dass Ludwig XIV. die Armee alsbald nach Frankreich in die Quartiere führen lassen würde.

Der von Schwerin ist der Meinung, wie viel andere die diesen Herrn kennen, dass er im Herzen nit gut französisch; vermeint, dass wann ihme die conditiones darnach und die Sicherheit gemacht und ge- zeigt würde, er uns wohl beitreten möchte. Worauf dann wohl zu ge- denken, dann es ein grosses wäre, wann man diese 3 Churfürsten am Rhein haben könnte. Der Churfürst insinuirete, dass er wüsste, dass der von Schwerin dieser churbrandenburgischen Resolution wider Frankreich zuwider gewesen, Schwerin gestünde es quoad modum, nullatenus quo- ad rem ; er würde sich selbst für keinen ehrlichen Mann halten, w^ann er gern sähe, dass Frankreich noch mächtiger und sonderlich im Reich würde; ad quae elector, ich würde ihn selbst nit darfür halten, wir

') Karl Ludwig; vergl. Puf. I.e. XI. (14: Theat. Europ. XI. 23.

Pfälzer. Verhalten gegenüber den Franzosen. Baiern. Trier. 625

sollten die Franzosen schlagen, nacher wäre gut Hath etc. Nach den Aeusserungen des kurfiirstlicli-pfälziscben Secretärs glaubt Schwerin, dass durch die Abtretung der Stadt "Worms an den Pfälzer bei diesem viel gerichtet wer- den könnte.

Auf die hier veri)reitete Nachricht, dass in Frankreich eine grosse Revolte ausgebrochen und dass diese den schleunigen Rückmarsch Turenne's verursacht, fragt Schwerin den Goess, ob man nicht jetzt gegen den Feind losgehen solle, umsomehr, da Grumbkow von dem schlechten Zustande der französischen Armee berichte. Ich antwortete, dass diese quaestio von dem dependirete, wie des Feinds Zustand wäre, wie stark der Securs, so der Prinz von Conde bringe, seie, und was derselbe nun vornehmen und die ganze Macht ent- weder zusammenhalten oder zertheilen werde; im Uebrigen seie unsere Maxime bis dato gewesen, dass man sich für diesmalen, wann"s zu evi- tiren, in keiner Hauptaction einzulassen, welche sowohl Chur-Mainz als Chur-Heidelberg approbirt und gestanden, dass in Conservation dieser Armee die Erhaltung und Wohlfahrt des römischen Reichs bestehe. Zu diesem Zweck seien nun unsere Marsch und Resolution einzurichten ').

Monterey hat an den Kurfürsten ein Schreiben gerichtet, in welchem er meldet, er habe Befehl und Vollmacht von seiner Königin erhalten über den Eintritt Spaniens in das Bündnis der Fürsten des Reiches und des Kaisers zu verhandeln"-). Goess schlägt dem Schwerin vor, Blaspeil nach Brüssel zu sen- den, um näheres zu erfahren; Schwerin billigt dies.

Der Kurfürst von Baiern schreibt an Friedreich Wilhelm wegen der Hülfe, dass ohne Reichschluss und bevor Frankreich als Reichsfeind erklärt sei, Baiern keine Hilfe leisten könne ^). Der Brandenburger ist mit dieser Antwort sehr unzufrieden.

Aus Sohlers Schreiben ist zu ersehen, wie sehnsüchtig der Kurfürst von Trier den Anmarsch der kaiserlichen und brandenburgischen Truppen wünscht^). Goess meint, es wird nichts gethau werden können, bis die Conjunctureu sich geändert haben werden. Graf Hohenlohe '") theilt dem Goess mit, dass Schweden erkläre, keines anderen Mediation zulassen zu wollen; Goess meint, dies sei ein artificium Frankreichs , um des Mainzers Mediation zurückweisen und anderen die Schuld daran aufbürden zu können.

') Vergl. über die Kriegsberathungen dieser Zeit Grossmann, ilontecuccoli 430 ff. ; Peter 1. c. 71 ff.; Urk. u. Act. III. 301 ff.

-) Schreiben Montereys an den Kurfürsten von Brandenburg; Brüssel 12. Novem- ber 1672 Copie; über Blaspeils Sendung Piif. 1. c. XI. 72.

^) Kurbaiern an Kurbraudenburg. Ingolstadt IG. Nov. 1(572. Copie.

■•) Schreiben Sohlers an Goess 23. Nov. 1G72. Or.

^) Ein Graf Ludwig Gustav Hohenlohe befand sich damals als Vertieter des Kaisers beim Mainzer (St. A.)

Mater, i. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV.

40

626 VI- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. ](;72 lf.75.

Votum vom 26. November 1672 über des Goess Schreiben vom 19. November 1672. (Conc.)

[Lob des Goess. Sendung eines braunschweigischen Ministers nach Wien erwünscht.

Winterquartiere.]

26. Nov. Goess hat sich bei Abschluss des Braunschweiger Bündnisses sehr gut be-

währt, er soll fortfahren mit Schütz vertrauliche Correspondenz zu pflegen, die 3000 Gulden für denselben wird der Kaiser von neuem anzuweisen befehlen. Goess soll ferner bei Braunschweig auf die Absendung eines Bevollmächtigten an den Kaiserhof dringen. Des Schwerin Rath wegen Beruhenlassen des puncti securitatis publicae billigt der Kaiser. Wegen der Winterquartiere hat der Kaiser Montecuccoli die entsprechenden Befehle ertheilt.

Berathen am 26., aufgesetzt am 28. und beschlossen am 28. Nov. wie ge- rathen. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lainberg, Hocher, Dorsch und Abele. "Weisung vom 29. Nov. 1672.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 24. Nov. 1672.

(Conc.)

24. Nov. Der Kaiser hat das Schreiben vom 11. Nov. 1672 erhalten, worin von dem

Uebergange über den Main und den weitern Plänen gemeldet wird und wünscht besten Erfolg.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 24. Nov. 1672.

(Conc.)

24. Nov. Wird sofort seinen Vertretern in Regensburg Befehl geben, daselbst für die

Satisfaction Brandenburgs in den clevischen Ländern zu wirken und auch sonst alles thnn, um diese Angelegenheit im Sinne der kurfürstlichen AVünsche zu ordnen.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 15./25. No- vember 1672. (Or.)

[Nothwendigkeit mit aller Kraft gegen das von Frankreich in Regensburg vorgebrachte Allianzproject zu arbeiten.]

25. Nov. £"■. K. M. wird zweifelsfrei von dero zu Regensburg subsistirenden

Gesandten unterthänigst hinterbracht sein, wasmasseu der französische Plenipötentiarius , Gravel, ein Project eines foederis nach dem Exempel

Opposition gegen Frankreichs AUianzpläoe im Reich. 627

der rheinischen Alliance entworfen, worzu er im Namen seines Königes die Reichsstäude invitiret ').

Nun habe ich solch Project, nachdem es mir zugeschicket worden, etwas genauer erwogen und befinde selbiges so gefährlich eingerichtet, dass, wann man nicht bei Zeiten vorbauet und dass es zu keinem Effect komme, verhindert, es das ganze Reich über'n Haufen werfen und dem Könige in Frankreich ein vollkommenes arbitrium über dasselbe in Hän- den spielen könnte. Zwar achte ich ohnnötig solches E^ K. M. weitläufig vorzustellen, als welche nach dero höchsterleuchtetem Verstände die ge- fährliche Consequentien dieses projectirten foederis ohne das ohnschwer begreifen werden. Nur dieses kann ich ohnerwähnet nicht lassen, dass der ganze Zweck derjenigen, so es auf die Bahn bringen, dieser sei, wie man vermittelst solcher vermeinten Alliance die Reichsstände von E^ K. M. trennen, die Stände wider einander reizen und aus deren Mittel, so viel immer möglich, zur französischen Partei, welche ohne das mehr dann zu viel in Deutschland überhand genommen, bringen möchte. Ueber das, so ist bekannt was vor feindselige Proceduren der König in Frankreich wider das Reich bereits vorgenommen und noch täglich durch seine Generalen und Truppen aller Orten verüben lasset. Wann mau nun zu Aufrichtung eines solchen foederis stille schweigen und zugeben wollte, dass sich die Reichsstände mit einem auswärtigen Könige, so dergleichen Feindseligkeiten öffentlich im Reiche verübet, dergestalt ver- binden möchten, so würde es scheinen, als billigete man dieselbige und würde man sich also der Mittel, so man ietzo noch hat, sich solcher unerträglichen Drangsalen zu entschütten, selber berauben. Wann auch E. K. M. zum Ueberfluss auf den Inhalt des 24. und 25. Artikuls be- sageten foederis zu reflectiren gnädigst geruhen wollen, werden sie daraus unschwer befinden, dass der eine ganz wider mich und meines Hauses Interesse laufet, der ich doch bei E'. K. M. und dem Reiche in unver- rücketen Treuen auch mit Darsetzung Gutes und Bluts zu halten ent- schlossen bin, in dem andern aber nur ein Praetext gesuchet wird, das Reich auch mit der Stände Einwilligung zu bekriegen und zu überwäl- tigen. Gelanget demnach an E. K. M. mein unterthänigstes Suchen, die- selbe geruhen dero Gevollmächtigten zu Regensburg in kaiserlichen Gna- den aufzugeben, dafern wegen Fortsetzung dieses foederis ferner An- regung, es sei öffentlich oder heimlich, geschehen sollte, sich dahin nach äussersten Kräften zu bearbeiten, dass dasselbe hintertrieben und zu

1) Vergl. Puf. 1. c. XI. 69; Mignet 1. c. IV. 108 f.

40^

()28 ^^- ^JOess in Berlin. Anhalt in Wien. 1672 1675.

keinem Effect gebracht werde, be.sondern vielmehr die Stände sich unzertrennet beisammen halten und mit Fremden zu ihrem eigenem und des Vaterlandes Untergang sich nicht einlassen noch verbinden mögen. Gestalt ich dann den meinigen zu Regensburg gleichmässigen Befehl bereits zugesandt, auch aus der Sachen mit den übrigen Alliirten ver- traulich communiciret ').

Goess an den Kaiser. Dat. Rüsselsheira 28. Nov. 1672. (Or.)

[Amerongens Klagen. Dänisch-staatische Beziehungen. Waffenstillstundsfrage. Ver- halten der Schweden. Urtheil des Goess über die Mediationsang-elegenheit und die mit Rücksicht auf den Mainzer vorzunehmenden Massregeln. Berathung über die

Winterquartiere.]

28. Nov. Weisung vom 17. Nov. erhalten. Amerongen dürfte schwerlich nach Dres-

den reisen ; er zeigt sich immer ungeduldiger darüber, dass die Armee der Ver- bündeten nicht über den Rhein gelit und klagt, dass den Bestimmungen des Vertrages zwischen Brandenburg und Holland nicht nachgelebt werde-). Der Staaten Entscheidung in der dänischen Allianzfrage hält Goess für ungenügend; sie dürften dies im Hinblicke auf Vertröstungen Schwedens gethan haben. Goess glaubt aber nicht, dass die Schweden sich unter den gegenwärtigen Ver- hältnissen mil den Generalstaaten ernstlich einlassen werden; er hält diese guten Vertröstungen vielmehr blos für eine Finte, um die Staaten vom Abschlüsse mit Dänemark zurückzuhalten^).

Ratlone armistitii werd es am meisten auf Holland ankommen; der Prinz von Oranien solle hierzu keineswegs incliniren; wie aber die Ja- lousie wider denselben immer mehr einreissen, möchte eben dieses einiger unter den Staaten-General suspect fallen. Die commoda et in- commoda, so daraus zu entstehen, seind zu überlegen und müssen die Richtschnur in dieser Deliberation sein. Ich funde noch gestern sowohl den Generallieutenant als den Baron von Schwerin fast mehr pro affir- mativa inclinirt. Das Inconvenienz, darauf E. K. M. deuten, dass bei dem armistitio die Armeen in und von dem Reich keinen Unterhalt zu empfangen hätten, kommt weniger in Consideration, weilen man sich ohne das dessen nit zu getrösten und was die churbranden burgische Subsidien anbelangt, wann das armistitium mit der Holländer Giitbefm-

^) Unter dem 22. Dec. theilt der Kaiser dem Kurfürsten mit, dass er schon vor Einlangen des kurfürstlichen Schreibens seinen Gesandten in Regensburg Befehl er- theilt habe mit allen Kräften gegen das Zustandekommen der Allianz Frankreichs mit deutschen Fürsten zu wirken.

-) Vergl. Urk. u. Act. III. 331 ff.

2) Ueber Schwedens Politik in dieser Zeit Carlson I.e. IV. 583 f.

WafFenstillstandsfrage. Verhalten der Schweden. Mediation. 629

den und Consens angenommen werd, kommen dieselbe nit zu pericli- tiren. Die avantageu.«e conditiones, so nit allein von Frankreich, son- deren auch von allen anderen, welche sich der Mediation annehmen wol- len, ausgeworfen werden, dass nemlich S"". Ch. D. ihr Land und Plätze et quidem mit behöriger Satisfaction für den erlittenen Schaden sollen restituirt werden, seind ein starkes motivum die subsidia nit zu dis- putiren und S. Ch. D. nit zu etwa andere Gedanken zu bewegen.

Die Schweden zeigen sich ungehalten darüber, dass man sie nicht zum Eintritt in das braunschweigische Bündnis eingeladen hat; der Oberste von Krosigk*). der nach Stockholm geschickt wird, wird Schweden einladen und ^^ehen was überhaupt die Gesinnungen dieser Macht sind. Die schwedische Mediation, meint Schwerin, sei nicht auszuschlagen; vor allem aber ein gutes Einvernehmen unter den Alliirten zu erhalten. Montecuccoli war beim Kur- fürsten von Mainz, der erklärte. Nachricht zu haben, dass die schwedische Me- diation in Paris verdächtig gehalten w^rde. Ich halte es pro mero artificio; denen Holländern solle sie's vielmehr sein. Mich gedünkt, dass Chur- Maiiiz nun an Admittirung ihrer Particuliermediation selbst zweifele und um so mehr embarassirt seie, weilen dieser praetextus zur Neutralität bald möchte kommen zu cessiren und wann wir nimmer in die Nähe, all stärkere Zumutungen von französischer Seiten möchten herfür kom- men. Die Stadt Mainz in ihrem gegenwärtigen Zustand bringt mehr Gefahr als Sicherheit und komme ich daher auf die Gedanken, ob's nit gut wäre, dass wir die Gustavsburg besetzt Hessen, diesen Fuss am Rhein und Main zu behalten, die Stadt Mainz in queracunque casum und mithin uns dieses Churfürsten besser zu versicheren und denselben proximo praesidio zu animiren; man wollte uns gern mit der Armee in die Nähe behalten; sed hactenus, wann's ihnen nichts koste, contra re- gulam der Herren Geistlichen, quod qui altari servit de altari vivat. Goess theilt dem Schwerin mit, wie man sich's bei Churpfalz zu Nutzen and ein meritum daraus zu machen, wann man bei uns resolviren werd nit über'n Rhein zu gehen, wie der von Schwerin der Meinung nit ist, dass man's zu thun. . . .

Am 26. war grosse Berathung wegen der Winterquartiere. Der Fürst von Anhalt und der Kurfürst waren gegen den Marsch nach Westphalen; Schwerin ist gleicher Meinung und will, dass man lieber nach Franken und Schwaben gehe-), wogegen Goess ist, da der Kaiser diese Länder für die nächstjährigen Rüstungen und für die Subsistenz während des Feldzuges benöthigen werde.

^) Ludolf Lorenz Krosigk; über seine Sendung- nach Storkbolm Puf. 1. c. XI. 79. 2) Vergl. Urk. und Act. III. 333ff.; Grossmaim, Montecuccoli I.e. 432; Peter 1. c. 94 f.

630 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Votum vom 5. December 1672 über des Goess Schreiben vom 25. November 1672. (Coric.)

[Beziehungen zum Kurfürsten von der Pfalz. Kriegsoperationen. Spaniens Accessiou zum österreich-brandenburgiscben Bündnisse. Des Goess Reise zu den Kurfürsten

von Mainz und Trier.]

Dec. Man möge Goess antworten: Es sei dem Kaiser lieb zu vernehmen ge-

wesen, was SchAverin bei Kurpfalz verhandelt und dass es sehr vortheilhaft wäre diesen Fürsten zu des Kaisers Partei zu ziehen; jedoch könne man sich darauf nicht verlassen und dem Pfälzer nicht trauen ; auch wäre es allzu ge- fährlich, ihm die Stadt AVorms einzuräumen. Wegen der von Pfalz erhobenen Klage gegen den Kaiser werde der Kaiser dem Goess mit nächstem genaue Instruction zukommen lassen. Bezüglich der Operationen habe Goess mit Recht erklärt, der Kaiser habe Montecuccoli die Entscheidung anheimgegeben. Betreffs der von Spanien beschlossenen Accession zum Österreich -brandenburgischen Bündnisse wird der Kaiser mit dem spanischen Botschafter in Wien ') ver- handeln lassen, der schon die Vollmachten zu den Verhandlungen empfangen hat. Goess soll Brandenburgs Gedanken in diesem Punkte zu erfahren suchen.

Gegen des Goess Reise zum Mainzer und Trierer Kurfürsten hat der Kaiser nichts einzuwenden, er soll beiden ernstlich zusprechen, des Kaisers Partei zu ergreifen.

Berathen am 5., aufgesetzt am 6. und beschlossen wie eingerathen am 7. Dec. 1672. Praes. Lohkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch und Abele. Weisung d. d. Wien 8. Dec. 1672.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 28. Novem- ber/8. December 1672. (Or.)

[Versammlung der schwäbischen Kreisstände.]

8. Dec. Der Kurfürst theilt dem Kaiser mit, dass der Herzog Eberhard von Württem-

berg 2) Hilfe zu leisten sich bereit erklärt und den Kurfürsten ersucht hätte, dahin zu wirken, dass die Repartition des schwäbischen Circularquanti erfolge. Der Kurfürst bittet den Kaiser, dies zu veranlassen und an die schwäbischen Kreisstände ein scharfes Excitatorium ergehen zu lassen.

In dem Votum der Conferenz über dieses Schreiben wurde eingerathen, Goess solle dem Kurfürsten mittheilen, dass das Hindernis, das bisher dem Zu- sammentritte der schwäbischen Stände im Wege gestanden, bereits behoben sei und dass daher der Kaiser hoffe, dass die Versammlung der Stände alsbald er- folgen werde.

^) Balbesos.

2) Herzog Eberhard III. f 1674.

Kriegsoperationen. Schwäbische Kreisstände. Trier. 631

Goess an den Kaiser. Dat. Rtisselsheim 8. Dec. 1672. (Or.)

[Verhandlungen mit den Schweizern. Des Kurfürsten von Trier Stellung betreffend.

Des Hainzers Mediationspläne. Friedensfrage. Des schwedischen Bevollmächtigten

Haltung. Venedigs Mediation. Verbandlungen mit dem Herzoge von Lothringen.

Des Goess Reise zum Kurfürsten von Trier. Kriegsangelegenheiten.]

Die Schweizer zeigen gute Disposition zum Abschlüsse mit Brandenburg 8. Dec. und mit dem Kaiser ') ; man drängt von Seiten Brandenburgs auf die Absendung eines kaiserlichen Bevollmächtigten an die katholischen Cantone der Schweiz.

Der Kurfürst von Trier zeigt grosses Verlangen nach Goess, auch die Brandenburger drängen in ihn. nach Trier zu reisen und haben I. Ch. D. in dero eigenen wie dann auch der Holländer IS'amen sich erboten, das- jenige, was wegen des monatlichen subsidii begehrt werd, einigermassen zu suppliren') und anbelangend den Punct wiegen der Ruptur von spa- nischer Seiten schreibt die Königin in Hispanien und dann auch der Conte de Monterey an den Grafen von Montecuccoli, welchergestalt I. M. die Ordre ertheilt, welche der Graf punctuel nachleben wolle, dass er E"". K. M. Waffen mit allen Kräften auxiliariter beitreten und assistiren solle, welches gleichwohl diesen Punct all einigermassen leichter zu machen scheint. Aber die Frag ist, wann ich auch da.sjenige, was man von Churtrier begehrt, erhalten könnte, ob es hie et nunc rathsam. Die Stadt Trier steht fast unbesetzt, Turenne liegt dem Churfürsten mitten in's Land und hat der Stadt schon andeuten lassen, dass, wann wir über'n Rhein gehen sollen, er sich derselben und mithin die Stadt pre. veniendo zu versicheren. Wir seind nit in statu noch diesmalen wil- lens dahin zu gehen, wie kann uns dann nützlich sein, dass den Fran- zosen Aulass, oder doch Praetext geo[eben werde, sich der Stadt Trier und anderer S^ Ch. G. zugehörenden Posten zu bemächtigen und das Stift völlig zu ruiniren, oder sich dessen zu impatroniren; wie kann es uns auch reputirlich sein, dass unsere Freunde und diejenige so unsere Party nehmen darüber alsogleich zu Grund gehen? Auf der anderer Seiten ist zu besorgen, dass die Franzosen, welche in materia d'Interesse all grad fortgehen, sich gar der Stadt Coblenz bemächtigen möchten^), massen I. Ch. G. gute Nachricht haben, welchergestalt der Duc de Crequi es schon längst eingerathen, zumalen die Schwachheit der Garnison und die Mängel an der Festung ihme, wie er vorgibt, gnugsam bekannt.

1) Puf. 1. c. XI. 73.

2) Vergl. ürk. u. Act. III. 342; Peter 1. c. 97 f., woselbst Auszüge aus den Con- ferenzprotocollen.

•■') Vergl. Peter 1. c. 98.

532 ^^- ^oess in Berlin, Anhalt in Wien. lf)72 IfiTS.

So gehet das Stift auch ohne das bei jetzigen Marsch und Remarschen und Einlogirung der französischen Arnoee fast darauf und ist zu beklagen, dass dieselbe bis dato in den besten Provinzien des Reichs ihre gute Gelegenheit nehme, da wir dahie Noth leiden und dannoch alle Welt wider uns klagt. Die Angelegenheit mit Trier geht auch nicht so wie Goess wünscht; es Avird so schwer das Geheimnis zu wahren; Goess will seine Reise zum Kurfürsten von Trier, zu der er von dem Brandenburger und den Hollän- dern gedrängt wird, noch einige Tage verschieben. Mainz versucht alles, um als Mediator anerkannt zu werden, der Vetter des Kurfürsten. Schönborn, geht zu diesem Zwecke nach Paris und London.

Die Friedenspropositiones so von unterschiedlichen Orten geschehen anbelangend, lasse ich dieselbe an ihrem Ort gestellt sein und werd sich mit der Zeit schon weisen, was einer und ander vor intentiones und Absehen darbei führe. Vor 2 Ding hat man sich meines Erachtens darbei zu hüten: 1". dass keine Trennung oder Diffidenz unter die Con- foederirte, quod maxime intenditur, hierdurch angericht werde; 2". dass man sich nit einschläfern lasse, noch in den Anstalten zu Ausführung des Kriegs im geringsten relachire; dann sollen wir den lieben Frieden erhalten, durch diese Mittel, also rechtschaffene Zusammensetzung der Confoederirteu und ernstliche Verfassung zum Krieg, muss derselbe er- halten werden. Bei diesem churfürstlichen Hof habe ich bis dato nit änderst verspüren können, als dass man auf ein Universalfrieden an- trage und sich von den Particulierofferten, obzwar dieselbe gross, nit will verleiten lassen.

Der schwedische Bevollmächtigte Wangelin versucht jeden ungleichen Ver- dacht wegen der schwedischen Mediation zu beseitigen und betont die Xoth- wendigkeit einer raschen Einigung mit Brandenburg').

Nach allem, was Goess hat erfahren können, dürfte die Mediation Venedigs nirgends grosse Opposition erfahren.

Der Herzog von Lothringen drängt in Montecuccoli und in Goess die Tractate mit ihm zum Abschluss zu bringen, umsomehr da Brandenburg und Holland zum Abschlüsse bereit sind.

Unter dem 10. berichtet Goess, dass er von Seite der Brandenburger zur Reise nach Trier immer wieder aufgefordert werde, die schon glauben, der Kaiser meine es bezüglich der Verhandlungen mit Trier nicht ernst. Goess sucht den Brandenburgern diese Ansicht zu benehmen und denkt am 12. zum Kurfürsten von Trier zu reisen. Da einige brandenburgische Generäle dem Kurfürsten vorhalten, dass nach dem beabsichtigten Abzüge der Truppen der Verbündeten die Franzosen Mainz nehmen werden, begibt sich Schwerin und

') Protocoll der Conferenz d. d. Rüsselsheim 19./29. Mov. 1672 praesentibus Wangelin, Schwerin. Meinders.

Mainzische Mediation. Friedensfrage. Trier. Lothringen. 633

wird sich der Kurfürst selbst zum Mainzer begeben, um ilin zur Aufnahme einiger Truppen der Alliirten in seine Stadt zu vermögen '). Goess erhofft nicht sehr viel von diesem Versuche. Ich bekeune, dass mich graust über den schweren vorhabenden Marsch bei dieser Zeit des Jahrs und in solche Länder, wo auch bei der besten Zeit des Jahrs schwer durchzukommen; besorge, dass unsere arme Leut viel darbei leiden werden müssen.

Goess an den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 13. Dec. 1672. (Or.)

[Verhandlungen der Brandenburger mit dem Mainzer. Klagen des Kurfürsten von der Pfalz. Verhandlungen des Goess mit dem Herzoge von Lothringen.]

Der Kurfürst von Mainz hat Schwerin und dem Kurfürsten von Branden- 13. Dec. bürg die besten Versicherungen gegeben, jedoch zur Aufnahme von Truppen in Mainz sich nicht bereit erklärt-). Der Kurfürst von der Pfalz beklagt sich, wie Goess glaubt mehr als er Ursache hat, über den Schaden, den die Armee der Alliirten ihm zugefügt habe. Der Herzog von Lothringen war bei Goess und hat sich sehr beklagt, dass er vom Kaiser keine Resolution erhalten könne. Seine letzten 900 Reiter dürfte Brandenburg übernehmen. Wegen seines Ein- schlusses in den Frieden, falls ein solcher geschlossen werden sollte, bemerkt Goess dem Herzoge, die Angelegenheit müsse von den gesammten Confoederirten berathen werden und stellt es dem Herzoge frei, ein Project darüber zu ent- werfen.

Goess an den Kaiser. Dat. Rüsselsheim 15. Dec. 1672. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit dem Kurfürsten von Mainz. Beabsichtigte Reise des Goess zum Kurfürsten von Trier.]

Goess war beim Kurfürsten von Mainz. Der Inhalt der Unterredung war 15. Dec. derselbe wie mit Schwerin; der Kurfürst betont besonders die Nothwendigkeit der Verbesserung der Fortificationen von Mainz. Goess, der dieselben besich- tigt, ist der Meinung, dass eine Verbesserung Noth thut. An eine Aufnahme von Truppen der Alliirten in Mainz ist für diesmal nicht zu denken. Der Kur- fürst von Mainz fordert Goess auf. mit dem Bischöfe von Münster zusammen-

') Vergl. Puf. 1. c. XL 67; Peter 1. c. 99.

2) Puneta der Relation, so der Baron von Schwerin wegen seiner A'errichtung bei Chur-Mainz gethan.

Der wesentliche Inhalt lautet: Der Mainzer erklärt vom Kaiser und dessen Partei sich nicht separiren zu wollen. Er glaubt nicht, dass die Franzosen gegen Mainz etwas vorhaben, räth jedoch den Alliirten in der Nähe zu Friedberg und Wetzlar einiges Volk stehen zu lassen und zur Fortification von Mainz Mittel zu schaifen, ferner bei Deutz eine Brücke über den Rhein zu schlagen. Vergl. Puf. 1. c. XI. 67; Peter 1. c. 99.

634 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—167.5.

zutreffen, um ihn für des Kaisers Sache zu gewinnen. Für des Lothringers Restitution ist der Mainzer eingenommen. Goess hat demselben ganz offen die Zwecklosigkeit seiner Particularmediation vorgehalten. Goess gedenkt noch am Tage, da er diesen Bericht absendet, nach Coblenz zum Kurfürsten von Trier zu reisen.

Votum vom 19. December über des Goess Schreiben vom 28. November, 8. uud 10. December 1672. (Coiic.)

[Lothringische Truppenwerbung. Sächsisch-österreichische Allianz. Beförderung der

dänisch -staatischen Allianz. Waffenstillstandsfrage. Locus tractatuiim. Besetzung

Gustavsburgs. Reise des Goess zum Kurfürsten von Trier. Quartierfrage.]

19. Dec. Dem Goess wäre zu antworten: Wegen der 900 lothringischen Pferde habe

der Kaiser Montecuccoli Befehl ertheilt beim Kurfürsten von Brandenburg da- hin zu wirken, dass derselbe diese 900 Pferde annehme; sei dies nicht zu er- reichen, so soll Montecuccoli sie übernehmen. Der Kaiser sei daran, die Ver- träge mit Sachsen hier in Wien mit dem sächsischen Abgeordneten Gersdorf abzuschliessen '). Ratione tractatuum zwischen Holland und Dänemark müsse man den Erfolg abw-arten, doch könnte dem Lisola und dem Kramprich Be- fehl ertheilt werden diese Allianz mit allen Kräften zu befördern.

Bezüglich des AVaffenstillstandes mit Frankreich soll Goess des Kurfürsten und dessen Käthe Gesinnungen zu erfahren trachten; es scheine, dass Frank- reich selbst den Waffenstillstand lebhafter wünscht als die übrigen, aber nicht selbst mit diesem Antrage kommen will; es gebe Gründe für und wider die Zweckmässigkeit eines solchen Waffenstillstandes.

Gegen Aachen als locus tractatuum hätte der Kaiser nichts einzuwenden. Der Kaiser ist ganz der Ansicht des Goess, dass Gustavsburg besetzt gehalten werden müsse. Dass Goess zum Trierer reisen will, ist dem Kaiser ganz recht, er soll den Kurfürsten auffordern in der bisher contestirten Devotion fortzu- führen und ihn jeder Hilfe seitens des Kaisers versichern, der in der That Montecuccoli Befehl ertheilt habe, darauf zu achten, dass Trier nicht von den Franzosen unversehens genommen werde. Wegen Verlegung der fränkischen Kreisvölker ad limites imperii müsse man die Entscheidung des Kreistages ab- warten und wäre der Kaiser mit Goess der Meinung, dass der fränkische und der schwäbische Kreis so ^'iel möglich mit Quartieren verschont und zu den bereits wiederum resolvirten Werbungen conservirt werden sollen.

Berathen am 19., aufgesetzt am 20. und beschlossen am 21. Dec. 1672 wie gerathen; praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch, Abele. Weisung d. d. Wien 24. Dec. 1672.

^) Der Vertrag wurde am I.März 1673 geschlossen; Dumont 1. c. VlLj 220f.; vergl. Heibig, Beziehungen Sachsens zu Frankreich I.e. 301f.

Waffenstillstandsfrage. Trier. Boinebiirg. 635

Goess an eleu Kaiser. Dat. Ehrenbreiteiistein 23. December

1672. (Or.)

[Kein Verlass auf den Pfälzer. Spaniens Eintritt in das österreich-braudenburgische Bündnis. Tod des Boineburg. Verhandlungen des Goess mit dem Kurfürsten \on Trier. Veriiandlungen im Haag wegen der Subsidien für Trier. Stand der französi- schen Armee.]

Weisung vom 8. Dec. erhalten. Auf Kurpfalz ist gewiss kein Verlass; 23. Dec. auch lässt sich nicht läugnen, dass die Animosität zwischen den Confoederirten Mainz und Pfalz noch stark ist und dass einer dem anderen gar nicht traut.

Wegen des Einschlusses Spaniens in die österreichisch -brandenburgische Allianz theilt M'«. de los Balbesos dem Goess mit, Monterey habe vor, einen eigenen Bevollmächtigten an den Hof des Brandenburgers zu schicken. Goess hofft, derKurfürst wird wozu Goess ihn aneifern wird sich entgegenkom- mend erweisen.

Den 15. dieses, als ich ebeu zu Mainz hieherwärts durchpassirt, stürbe der von Boineburg und ist remarquirt worden, dass ihn eben der Schlag gerührt, als er bei dem Abbe Gravel mit ihme und mit dem Vau- brun in Confereuz wäre; darüber der von Mayernberg den Spruch sagte, et in peccato vestro moriemini ').

Der Kurfürst von Trier nimmt Goess sehr freundlich auf und zeigt sich sehr gut kaiserlich gesinnt. Mit ihrer Accession ad foedus zwischen E"". K. M. und Churbrandenburg, wie dann auch zu des Braunschweigischen, ver- hoffe ich, dass es soweit seine Richtigkeit habe. I: In puncto der Sub- sidien und der Ruptur und folgends der Assistenz vor Spanien : | hat es diese Difficultät, dass S. Ch. Gn. weder mit Churbrandenburg noch mit Holland in primo nichts zu thun haben, sondern sich allein an E. K. M. halten wollen; in secundo hat man in Spanien den hierüber schon vor diesem aufgerichten Tractat noch nie ratificirt. Ich gedenke auf alle Mittel hieraus zu eluctiren, dann ich sehe periculum in mora und besorge, dass die Franzosen sich der Stadt Trier impatroniren.

Kramprich berichtet, dass er auf Befehl des Kaisers im Haag wegen Sub- sidien für Trier verhandle. Goess fürchtet ein bekannt werden dieser Verhand- lungen und meint, es wäre vielleicht gut, wenn er Goess selbst sich zum Prinzen von Oranien und Monterey begeben würde, um die Sache abzumachen. Die Armee der Franzosen soll sehr gelitten haben.

Unter dem 19. Dec. berichtet Goess, dass er daran sei, die Schwierigkeiten bei dem Abschlüsse mit Trier zu beseitigen^).

1) Vergl. Guhrauer 1. c. II. 22 f.

^) Der Beitritt Triers zum Bündnisse vom 13./23. Juni erfolgte am 31. Dec. ; Mörner 1. c. 370ff.

636 VI. Goess in Ikilin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Lippstadt 20./30. Decem-

ber 1672. (Gr.)

[Kriegsnachi'ichten. Verhandlungen mit dem Mainzer. Bitte um Gewährung der vom Kurfürsten gemachten Zugeständnisse au den Mainzer.]

30. Dcc. Der Kurfürst tlieilt mit, dass er mit der Armee in Westplialen angelangt und

Anstalten trifft, den Feinden Abbruch zu tbun, zu welchem Zwecke er den General- major Freiherrn von Spaen mit vielen Truppen ausgesendet habe ^). Da es ferner für das allgemeine Beste von dem grüssten Vortheile wäre Mainz für den Kaiser und dessen Partei ganz zu gewinnen, hat der Kurfürst nichts unter- lassen, was zu solchem Zwecke dienlich sein mochte, verhofft auch, dass solches

Werk anietzo in solchem Stande sei, dass E. K. M. mit der Zeit den guten Effect davon verspüren sollen. Nachdem ich aber mit Genehm- haltung des H". Generallieutenants Graf Montecuccoli obgedachtem Chur-Mainzes L''«". Vertröstung gethan, dass E. K. M. ihr wegen Aus- führung der mainzischen Fortification gnädigst assistiren würden und wegen des Freiherrn von Schönborn Namens E^ K. M. versprochen, dass ihm eine Gnade von deroselben widerfahren sollte, so trage ich die ge- horsamste Zuversicht zu E"". K. M., sie werden solches alles, weil es allein zu Beförderung dero Diensten geschehen, gnädigst genehm halten und mit ehestem Chur-Mainzes I/'^". bezeugen, dass ich hierunter E^ K. M. gnädigstem Willen gemäss gethan.

Goess an den Kaiser. Dat. Ehrenbreitenstein 6. Januar 1673.

(Or.)

[Abschluss der Verhandlungen mit Trier. Geplante Reise des Goess zu Monterey und Wilhelm von Oranien. Haltung des Kurfürsten von Mainz. Marsch Turenne's.]

6. Jan. Die Verhandlungen mit Trier haben zum Abschlüsse geführt ; der Eintritt

des Kurfürsten in das Berliner und sein Anerbieten in das braunschweigische Bündnis einzutreten, dürften dem Kaiser erwünscht sein-). Die Forderung der 2000 Mann zur Verstärkung seiner Besatzungen'') hat Goess umsomehr zuge- stehen zu müssen geglaubt, als eine bessere Vertheidigung der trierer'schen Festungen ganz den Interessen des Kaisers entspricht. Von den 6000 Thalern monatlich, die Goess hat versprechen müssen'*), wird Brandenburg 2000, die Staaten 4000 zahlen, daher dem Kaiser keine andere Last, als die Garantie

1) Vergl. Peter 1. c. 100 ff.

-) Vertrag vom 31. Dec; Mörner 1. c. 370 ff.; Peter 1. c. 112.

^) § b des Nebenrecesses; Mörner 1. c. 371.

■*) §7 des Nebenrecesses ; Mörner I.e. 371.

Mainz. Trier. Ober- uud uiedersächsischer Kreis. (537

für die richtige Erlegung dieser Subsidien zufalle. Die von den Franzosen drohende Gefahr und die Unmöglichkeit die Verhandlungen geheim zu lialten, haben Goess zum raschen Abschlüsse vermocht. Auf Wunsch des Kurfürsten von Trier will Goess zu Monterey und zu dem Prinzen von Oranien reisen, um dort alles zu ordnen ; er schreibt an Montecuccoli und an Friedrich Wilhelm , ob dieselben mit einer solchen Reise einverstanden sind. Die Nachrichten aus Mainz lauten dahin , dass der Kurfürst erkläre, er wolle sich nicht vom Kaiser trennen, halte es aber für zweckmässig noch einige Zeit zuzusehen. Schönbom hat in Paris auf seinen Mediationsvorschlag eine verhüllte Zurückweisung er- halten, geht aber doch nach England^). Die Kurfürsten von Mainz und Trier sind dafür, dass der Kaiser mit Lothringen abschliesse und den Herzog dadurch zu einem thätigen Eingreifen zu Gunsten der AUiirten vermöge.

Unter dem 8. berichtet Goess, dass man Nachricht von dem Marsche Tu- renne's mit seiner ganzen Armee gegen Wesel habe •).

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg 7. Januar 1673.

(Or.)

[Bitte um Erlass von Schreiben an den ober- und niedersäclisischen Kreis]

Der Kurfürst ersucht den Kaiser an den ober- und niedersächsischen Kreis, 7. Jan. welche demnächst zu Quedlinburg zur Berathung zusammentreten werden^), Schreiben ergehen zu lassen, dass dieselben dem kaiserlichen und branden- burgischen Heere Hilfe senden. Wenn dies nicht erreicht würde, so wäre doch zu hoffen, dass daselbst wenigstens nichts dem Kaiser und Brandenburg feind- liches unternommen würde. Und weil zu fürchten, dass in specie wegen Hil- desheim Klage geführt werden wird'*), so würde zweifelsohne die Nothdurft erfordern, dass diesfalls Vorkehrungen getroffen werden, in welchem Sinne der Kurfürst nach Sachsen und Braunschweig berichtet habe; ein kaiserliches Schreiben würde der Sache noch mehr Nachdruck geben.

Votum vom 7. Januar 1673 über des Goess Berichte vom 13., 15. und 23. December 1672. (Conc.)

[Erklärungen Triers. Münster. Eintritt Spaniens in die Österreich-brandenburgische

Alh'anz.] Es sei dem Goess zu antworten: Alle Berichte lauten dahin, dass den Schwe- 7. Jan. den nicht zu trauen sei. Wegen Trier findet der Kaiser ganz begreiflich, dass

') Vergl. Gubrauer 1. c. II. IfifF., 42 ff.

-) Vergl. Peter 1. c. 11 6 f.; Grimoard 1. c. II. 1.51.

^) üeber die Versammlung zu Quedlinburg Puf. 1. c. XI. 71.

■') Brandenburgs Vorgehen im Hildesheiraischen bei Peter i. c. 109; Grimoard

IL 150.

638 VI. Goess in Berlin, Anhalt, in Wien. 1672 1675.

Trier mit Rücksicht auf die von Frankreich drohende Gefahr seinen Beitritt zur Allianz noch nicht öffentlich kund thun will; bezüglich Sicherung Triers soll Goess sich an Montecuccoli wenden, damit dieser mit dem Kurfürsten von Brandenburg über die nothwendigen Massregeln berathe '). Des Mainzers Rath, Goess möge sich zum Bischöfe von Münster begeben, um denselben zur Umkehr zu be- wegen, Hesse der Kaiser an seinem Orte beruhen; es habe der Effect gezeigt, dass fast keine Hoffnung auf Bekehrung sei; sollte aber der Bischof selbst etwas an den Kaiser schreiben, dann werde derselbe nicht unterlassen, sich darüber zu entschliessen-). Monterey dürfte mit dem Kurfürsten wegen des Bei- trittes Spaniens zur Österreich-brandenburgischen Allianz bereits verhandelt haben. Berathen am 7., aufgesetzt am 10. und beschlossen, wie gerathen am 12. Jan. 1673.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg l./ll. Januar

1673. (Or.)

[Quartierfrage.]

11. Jan. Das gesammte Haus Braunschweig hat an den Kurfürsten eine Gesandt-

schaft geschickt, mit dem Ersuchen, dass man mit den Armeen dem nieder- sächsischen Kreise sich nicht zu sehr nähere, viel weniger in das Hildeshei- mische einige Einlogirung vornehme. Da der Kurfürst fürchtet, es möchte am nieder- und obersächsischen Kreistage über Montecuccoli's Schreiben an Herzog Georg "Wilhelm von Braunschweig-Celle und Ernst August Bischof zu Osnabrück geklagt werden, fragt er den Kaiser, ob dieser nicht an den Braun- schweiger oder an den Kurfürsten von Sachsen über diese Quartierfrage schrei- ben wolle.

Unter dem 6./16. Jan. 1673 übersendet der Kurfürst dem Kaiser die ihm von dem Mainzer übermittelten Documente bezüglich der Mediation desselben bei Frankreich ^).

^) Ueber die Verhandlungen Montecuccoli's mit dem Kurfürsten in dieser Zeit; ver|l. Grossmann, Montecuccoli 1. c. 432 ff. ; Peter 1. c. 11 3 ff.

2) Ueber Münsters Haltung in dieser Zeit; Tücking 1. c. 193 ff. ; Depping I.e. 145 ff.; Peter 1. c. 113 f.

^) Frankreich forderte Trennung der deutschen von der holländischen Frage, dann werde es die Mediation des Mainzers und anderer Reichsfürsten annehmen; Er- klärung Frankreichs vom 19. Dec. 1672. Der Mainzer fragt unter dem 31. Dec. beim Brandenburger an, wie dieser sich dazu verhalte, indem er zugleich erklärt, Boineburg habe in Paris gleich gesagt, darauf würden die Alliirten nicht eingehen; vergl. Guhrauer 1. c. II. 29 ff.

Spauien und die brandenb.-österr. Allianz. Quartierfrage. Münster. 639

Goess an den Kaiser. Dat. Köln 12. Januar 1673. (Or.)

[Des Goess Reise nach Köln. Stellung Münsters. Rath des Goess über das Münster gegenüber zu beobachtende Benehmen.] Goess ist nach Köln gereist, wo er die Antwort des Kurfürsten von Bran- 12. Jan. denburg und Montecuccoli's darüber erwartet, ob er nach den Niederlanden reisen soll. Mit dem M'«. de Grana conferirt Goess häufig. | : Es werd meines Erachtens sehr dienlich sein, dass die Stadt Colin in unsere Allianz mit eintrete. Strassburg, Frankfurt und andere könnten hoc exemplo movirt werden :|. Goess vernimmt, dass von Seite des Bischofes von Münster Pater Körler nach Wien und Domdechant Schmising zu Montecuccoli 'geschickt wor- den ^) seien. Goess meint, obzwar der Bischof | : auf's neu Geld empfangen, so wären doch diese occasiones nit zu negligiren; das stärkiste motivum müssen die vigorosae operationes wider denselben sein. Wann die Trac- taten mit Dänemark, Celle und Wolfenbiittel zum Schluss gebracht wür- den : I , dahin man auf alle Weis zu sehen, könnte es hierzu auch sehr dienlich sein ').

Goess an den Kaiser. Dat. Köln 15. Januar 1673. (Or.)

[Verhandlungen mit Lotbringen. Allianz zwischen Dänemark, Celle, Wolfenhütte], Holland. Waffenstillstand. Crockows Urtheil über Schwedens Verhalten bei der Me- diationsangelegenheit. Punctum securitatis.]

Bezüglich der Tractate mit Lothringen hat Goess den Herzog zur Ver- 15. Jan, fertigung eines Projectes aufgefordert; man müsse jetzt sehen, Avas er thut. Die Beförderung der Allianz zwischen Dänemark, Celle, Wolfenbüttel und Hol- land wäre sehr nothwendig.

Bezüglich des Waffenstillstandes war des Goess Meinung die, dass majus malum über Winter und solche Desordre als neulich bei Bodegraven vor- gangen ^) praecavirt werden möchten. Dass von Seiten Frankreichs der AVaffenstillstand gewünscht werde, sei allerdings ein gewichtiges Moment gegen die Annahme desselben; die Holländer dürften vermuthlich gegen den Waffen- stillstand wegen der Lasten sein, die sie zu tragen haben, und können also

meines unmassgeblichen Bedünkens E. K. M. diesem Werk seinen Lauf lassen, zumalen die Auswechslung der Ratification nun geschehen, auch sonsten die malevoli dero gnädigste Propension zum Frieden etwa im Zweifel zu ziehen sich bemühen würden. Crockow meint, dass Schwe-

') Vergl. Peter 1. c. 114; Grimoard 1. c. II. 1.57 u. a. 0.; über Körler Tücking 1. c. 305 ff.

2) Ebendaselbst; Depping 1. c. 146 f.; Urk. u. Act. IIL 351. ^) Basnage 1. c. II. 352 ff.

640 ^'^- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

den bei diesem Mediationswerk alle möglichen Vortheile für Frankreich suchen Averde, weil es an denselben zu participiren hofft').

P. S. Bezüglich puncti securitatis hat Goess bemerkt, dass Mainz von der Nothwendigkeit denselben nach Möglichkeit zu befördern überzeugt ist. Es wäre zweckmässig für Schütz die versprochenen 3000 Gulden zu übersenden.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg 10. /20. Jan.

1673. (Or.)

[Religionsangelegenheit.] 20. Jan. Es ist mir von E"". K. M. geheimen Kath und General-Lieutenant Grafen von Montecuccoli hinterbracht worden, welchergestalt sich der päpst- liche Nuntius bei E^ K. M. beschweret, dass von meinen Völkern einige katholische Kirchen, Gotteshäuser, Klöster und Geistliche geplündert und violirt worden. Nun ist nicht ohne, dass öfters Klagen über der- gleichen Excessen, welche sowohl gegen evangelische als katholische ver- übet sein sollen, vorkommen; da dann, wie in dergleichen Fällen zu ge- schehen pfleget, meine Völker die Schuld auf E''. K. M. Truppen und diese hinwiderum auf die meinige geleget. Gleichwie ich aber ein höchstes Misfallen an dergleichen Unthaten und Frevel trage, also habe ich so ofte dergleichen geklaget worden, scharf darüber inquiriren, auch einige, so man schuldig erfunden, sofort am Leben strafen lassen. Und möchte ich nur wünschen, dass mir angezeiget werden könnte, wer sich mehr darin vergriffen hätte; so bin ich entschlossen, diejenige, so katholische Kirchen oder Personen in einigerlei Weise vergewaltiget, ohne Ansehen der Person, viel härter zu strafen, als die es an evangelischen Kirchen gethan haben möchten, um vor aller Welt zu bezeugen, dess ich nicht die geringste Gedanken habe der Religion etwas zu Praejudiz und Nach- theil zu verstatten ^).

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 26. Januar 1673.

(Conc.)

[Winterquartiere. Mainzische Fortificationen. Excitatoria an den nieder- und ober- sächsischen Kreis.]

26. Jan. Der Kaiser hat das Schreiben vom 20./30. Dec. 1672 erhalten, freut sich über

die Winterquartiere in Westphalen und hofft auf guten Erfolg der brandenburgi-

^) üeber die Mediation Schwedens Basnage ]. c. H. 392 ff.

-) Am 2G. Febr. 1673 dankt der Kaiser dem Kurfürsten für die Bestrafung der Kirchenräuber und bittet um gleich strenges Vorgehen in zukünftig'en Fällen.

Religionsangelegenheit. Trier. Reise des Goess nach den Niedeiiandeu. (541

sehen Excursionen. Dem Kurfürsten von Mainz bat er zur Fortification ') von Mainz einige Subsidien bereits baar übersendet.

Am selben Tage meldet er dem Kurfürsten, dass er die Excitatoria an den nieder- und obersäcbsiscbeu Kreis bald abgeben lassen werde.

Unter dem 10. Februar bestätigt der Kurfürst den Empfang dieser beiden Schreiben.

Votum vom 26. Januar 1673 über des Goess Schreiben vom 6., 8. und 12. Januar 1673. (Conc.)

[Vertrag mit Trier. Dessen Admission zum Braunschweiger Bündnisse. Aufnahme

Kölns in diese Allianz.]

Der Kaiser dankt dem Goess für seine Bemühungen, ist auch principiell -'j- Jan. ganz mit dem am 30. Dec. von Goess einerseits und den Bevollmächtigten von Trier andererseits unterzeichneten Vertrage einverstanden, ihn zu ratificiren müsse aber der Kaiser etwas verzögern, bis er von Spanien, Brandenburg und Holland wegen Zahlung der 2000 Mann, die in Trier stationirt werden sollen, entsprechende Zusicherung erhalten. Die Admission Triers zum braunschwei- gischen Bündnisse werde der Kaiser gerne fördern, sobald dieses Bündnis mit Trier perfect geworden sein werde. Ueber des Goess Vorschlag die Stadt Köln in die Allianz aufzunehmen, um dadurch Frankfurt, Strassburg und andere Städte auch dazu zu vermögen, Avird der Kaiser berathschlageu lassen.

Berathen den 26., aufgesetzt den 28. und beschlossen wie gerathen den 30. Jan. 1673.

Votum vom 29. Jan. über des Goess Schreiben vom 15. Jan.

1673. (Conc.)

[Reise des Goess nach den Niederlanden. Bündnis zwischen Dänemark, Celle, Wolfen- biittel, Holland. Waffenstillstandsfrage. Holländische Subsidien für Trier.]

Es wäre dem Goess zu antworten: Der Kaiser habe aus des Goess 29. Jan. Schreiben dessen Anwesenheit in Köln und seinen Vorschlag, nach den Niederlanden zu reisen, ersehen. Nun werde es von des Kurfürsten von Brandenburg und Montecuccoli"s Meinung abhängen, ob er diese Reise unter- nehmen soll. Dass die Einigung zwischen Dänemark, Celle, Wolfenbüttel und Holland noth wendig ist, lasse sich nicht läugnen; der Kaiser hat Lisola und Kramprich Befehl ertheilt für die Abschliessung der Tractate zu wirken -). Be- züglich des W'affenstillstandes, auf den Pufendorf sehr dringt 3), sollen Goess und Montecuccoli mit dem Kurfürsten berathen und darüber an den Kaiser be-

') Ueber die Befestigung von Mainz (iuhrauer I.e. II. 8 Anm. -) Vergl. Grossmann, Lisola 1. c. 87. 3) Heibig 1. c. 30 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 41

642 ^"I- Goess in Berlin, Anhalt iu Wien. 1672 1675.

richten 1). Wegen der holländischen Subsidien für Trier hat der Kaiser nur ver- nommen, dass die Holländer 2500 Thaler monatlich zugestehen; dass die Sache zu laut werde, sei bedauerlich, der Kaiser habe Lisola Befehl ertheilt, dahin zu wirken, dass die Sache geheim bleibe.

Goess an den Kaiser. Dat. Köln 29. Januar 1673. (Or.)

[Reise des Goess nach Brüssel und nach dem Haag. Verhandlungen des Goess mit den Vertretern der Stadt Köln.]

29. Jan. Montecuccoli hat dem Goess geschrieben, der Kurfürst wünsche, dass Goess

nach Brüssel und nach dem Haag reise, was Goess trotz schlechter Gesundheit zu thun gedenkt. Die Vertreter der Stadt Köln , mit denen Goess wiederholt spricht und die er zum Anschlüsse an die kaiserliche Partei auffordert, be- haupten, vorerst noch an der Neutralität festhalten zu müssen, erklären aber, sobald es sich als thunlich erweisen werde, offen auf des Kaisers Seite treten zu wollen-). In einem Schreiben vom 2. Feb 1673 meldet Goess, dass Grana ab- berufen zu werden wünsche.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg 30. Jaii./9. Febr.

1673. (Or.)

9. Febr. Bittet den Kaiser, da die fränkischen Stände sich demnächst wieder ver-

sammeln dürfteil, dieselben aufzufordern, das ihnen zugewiesene Hilfscontingent

zu leisten.

Votum vom 10. Februar 1673 über des Goess Schreiben vom 29. Januar aus Köln. (Conc.)

[Reise des Goess nach dem Eaa? imd nach Brüssel. Schütz.]

10. Febr. T>em Kaiser wäre es lieber gewesen, wenn Goess gleich zum Kurfürsten von

Brandenburg gereist wäre; ist er schon auf dem Wege nach Brüssel und nach dem Haag, so möge er trachten, so schnell als möglich zurückzukehren. Die 3000 Gulden für Schütz ^vürden dem Goess demnächst übersendet werden.

Berathen am 10., aufgesetzt am 13. und am selben Tage beschlossen wie eingerathen. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch. Abele.

^) Vergl. Grossmann, Montecuccoli 434 ff. : Peter i.e. 117 f. =*) Vergl. Euuen 1. c. I. 301 f.

Vertrag mit Trier. Monterey. Beitritt Spauiens zur österr.-braiid. Allianz. ß4B

Goess an den Kaiser. Dat. Brüssel 13. Februar 1673. (Or.)

[Vertrag mit Trier. Veriiandlungen des Goess mit Mouterey bezüglich der Sicherung

Triers. Subsidienfrage. Monterey's Verhalten bezüglich der Accession Spaniens zum

üsterreich-brandenburgischen Vertrage. Urtheil des Goess über die vom Kaiser im

Kriege zu befolgende Politik.]

Goess hofft, Trier werde die vom Kaiser gewünschte Verzögerung der Ra- 13. Febr. tification des Vertrages nicht übel nehmen ; doch sei dabei zu fürchten, dass die Franzosen von des Kaisers und der Verbündeten Absichten auf Trier Kunde erhalten, die Stadt nehmen und sich den Pass sichern möchten, was der Kur- fürst von Trier bei der Schwäche der Festungen kaum hindern könnte.

Monterey, den Goess in der Nacht besucht, erklärt Befehl zu haben, dem Beispiele des Kaisers zu folgen; wenn der Kaiser Truppen nach Trier verlegen sollte , würde er dasselbe thun und wie sehr auch Goess betonte , dass des Kaisers Truppen anderweitig beschäftigt seien, Monterey blieb dabei, die kai- serlichen Truppen müssten mit den spanischen nach Trier uiarschiren.

Goess hält es nun mit Rücksicht auf die grosse Bedeutung Triers für zweck- mässig, dass der Kaiser Truppen nach Trier sendet, um so die Spanier gleich- falls zur Absendung zu bewegen. Bezüglich der Subsidien könnte Brandenburg seinen Theil auf die ihm von den Staaten gebührenden Subsidien anweisen und diese sich dann für die ganzen 5000 Thaler da der Kaiser die 1000 Thaler, welche Goess zum Commisbrod bestimmt, fahren lassen verpflichten, worüber Goess im Haag verhandeln könnte.

AiVegen Accession des Königs von Spanien ad foedus caesareo-brandenbur- gicum hat Monterey weder jemanden zum Brandenburger geschickt, noch mit Biaspeil verhandelt. So viel ich aii.s des Monterey Discurs vermerken können, approbirt er diesen modum nit, dass mit E. K. M. und mit Churbrandenburg absonderlich hiervon getractirt werd; wann nun einige emulatio oder Jalousie hierbei mit unterliefe, wäre zu gedenken, ob zu meiner Widerkunft an churbrandenburgischen Hof die Sach nit allda vorgenommen und durch den Blaspeil an diesen Ort secundiret werden könnte. . . . Dem Discurs nach zeigt sich der Conde de Monterey zur Ruptur, darzu man mehr als gnugsame Ursach habe, allerdings geneigt.

P. S. Wird dem kaiserlichen Befehle entsprechend sich mit den Verhand- lungen in Brüssel nicht aufhalten, sondern nach kurzer Unterredung mit dem Prinzen von Uranien seine Reise an den brandenburgischen Hof fortsetzen.

Was anlangt die fernere Werbung worzu E. K. M. nit geneigt, muss dieses wie alles übrige zu dero gnädigster Disposition gestellt bleiben; sonsten bin ich der Meinung des Generallieutenants, che la guerra ha' da farsi gagliarda e corta; diese Maxime muss diesmalen son- derlich gelten , da von ungarisch-, polnisch- und anderer Seiten sich so viel Ding herfürthun und noch täglich zufallen könnten, so ein laug-

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ß44 VI. Gopss in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

wierigen Krieg auszuführen oder zum Frieden zu gelangen schwer machen möchten, derowegen man ein sforzo zu thun. damit wir a f'orza delle armi dann sonsten fürchte ich, sei es umsonst bald zu einem sicheren Universalfrieden gelangen können. Ich habe von witzigen Leuten bei unsern in vorigen Kriegen geführten Maximen censuriren hören, dass wir denselben in die Länge gezogen, weilen man sich nit recht an- gegriffen, sondern sich contentirt den Feind mit einer etwa der seinigen proportionirten Macht entgegen zu gehen, da man sonderlich im Anfang ein mehrers thun können.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 16. Febr. 1673.

(Copie.)

[Quartierfrage. Des Kaisers Stellung zur Mediationsangeleffenheit.]

16. Febr. Beide Schreiben vom 11. und 16. Jan. hat der Kaiser erhalten. Bezüglich

der Quedlinburger Zusammenkunft und der zu befürchtenden Klagen wegen Ein- quartirung im Hildesheimischen hat der Kaiser den beiden kreisausschreibenden Fürsten geschrieben, hat auch vernommen, dass der ganze Quartierspunct im nieder- und obersächsischen Kreis ausgelassen worden sein soll. Auch will der Kaiser darauf sehen, dass wegen der Quartiere im Hildesheimischen und sonst nichts verändert werde, weil sonst des Kaisers daselbst einquartirte Truppen zu Grunde gehen müssten. Wegen der Mediation von Mainz und der Commu- nication von dessen Bemühungen bei Frankreich bedankt sich der Kaiser; der Kurfürst dürfte von Goess bereits des Kaisers Ansichten erfahren haben, dass ich nochmalen wünsche und das meinige gern beitragen werde, damit diese vorhabende Mediation ehist vorgehe und dardurch ein beständiger Universalfrieden desto ehunder erhebt werden mag; allein wirdet noth- wendig sein, wie ich E. L'^''". durch dem von Goess bereit andeuten lassen, dass man sich vorhero erstlich wegen der Personen der Mediatorn, des loci congressus, der Materien super quas und personas inter quas der Frieden zu tractirn, vergleiche und dardurch verhüte, dass man nicht per partes tractire, wie es vielleicht anderer Seits gesucht wirdet.

Goess an den Kaiser. Dat. Brüssel 18. Februar 1673. (Or.)

[Neue Unterhandlungen des Goess mit Monterey bezüglich der Sicherung Triers.

Rath des Goess in dieser Sache. Accession Spaniens zum cisterreich-brandenburgi-

schen Bündnisse. Subsidieuzahlung.]

IS. Febr. Goess hat neuerdings eine 5 stündige Unterredung mit Monterey gehabt,

aber nichts durchgesetzt : Monterey blieb dabei Truppen nach Trier nur dann

Der Kaiser uml die Jlediatiüu. V'erhandlungen mit Monterey. Waffenstillstand. 545

abzusenden, wenn auch der Kaiser seinerseits dasselbe thue. Eine Ordnung der Angelegenheit ist aber um so dringender, als de Bourbon den Kurfürsten von Trier, wie dieser dem Goess geschrieben, schon wegen dieses beab- sichtigten Anmarsches spanischer Truppen interpellirt hat. Goess räth einige kaiserliche Truppen er hält die noch in Friedberg liegenden kaisersteinischen Compagnien für die zweckmässigsten nach Trier zu senden, um auf diese "Weise Monterey zur Ertheilung des Marschbefehles zu vermögen. Bezüglich der Accession Spaniens zum Berliner Bündnisse zeigt sich Monterey principiell geneigt ; er denkt jemanden mit einem Projecte an den kurfürstlich- branden- burgischen Hof zu senden. Blaspeil hat noch keine Vollmacht in dieser An- gelegenheit; hat ein Project dem Monterey übergeben, der besonders stark be- tonte, dass die Unterstützung auch extra limites imperii zu gehen habe und von Subsidien nichts wissen wollte.

Am 20. berichtet Goess, dass Monterey die Nothwendigkeit der Subsidien- zahlung schon einsehe.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg 10. /20. Februar

1673. (Or.)

[Nothwendigkeit des Waffenstillstandes.]

E. K. M. werden ausser Zweifel von denen ihriy;en berichtet sein, was 20. Fehr. dieser Euds eine Zeithero fürgangen und was endlich die Sachen für ein Ansehen gewinnen wollen^). Meines Tlieils sehe ich bei so gestalten Sachen kein ander noch zuträglicher Mittel, als diese Lande, E. K. M. und meine Armee, ja die sämmtliche Alliirte duich ein üutes armistitium zu salviren ; anerwogen widrigen Kalls und bei Cuntinuation der Hdstili- täten dem Feinde, welchem man ietzo nicht bastant, einen V'ortheil iiacli dem andern in die Hände wachsen und endlich dieser ganze Kreis neben der Stadt Colin und dem Rheinstrom in seine Gewalt und Devutiun ge- rathen dörfte. Es hat zwar E'. K. M. (ienerall'eldmarscliall der Duc von BournoDville") sich bei der desfalls angestelleien Consultation aus- drücklich uedungen, dass er von E'. K. M. keine Ordre zu dertj;leichen ai-- mistitio hätte, sondern dieselbe es vielmelir für schmllich hielten. Wie ich aber keines Weges zweifele, E. K. M. wnide, deru liöchsterleuclitetem Verstände nach, wann sie von der jetzigen Bewandnus der Sache gebiih rende Information gehabt, solches armistitium in alle Wege approbiret und gutgefunden haben, also habe ich mich auch erkühnet, solches nicht

') Ueber den Zustand in dieser Zeit Peter 1. c. 121 ff.; Droysen 1. c. III. 3 426f. -) Alexander Herzog v. Bournonville ; an Stelle Moi.tecuccoli's zum Führer der kaiserlichen Truppen ernannt.

646 VI- ßoess in Berlin, Aiilialt in Wien. 1G72 1675.

allein denen Staaten treulich, wie wohl auf gewisse Weise und mit ge- wissem Bedinge zu rathen, sondern werde auch nicht umhin können der- gleichen, wann es nur auf raisonable conditiones zu erlangen, einzugehen und bis zu einkommende E^ K. M. gnädigsten Erklärung zu unterhalten.

Votum vom 20. Februar über des Goess Schreiben vom 2. Fe- bruar 1673. (Conc.)

[Dänisch-braunschweig-hoüändisches Bündnis. Spaniens Accession /.um osterrcich- brandenburgischen Vertrage. Herstellung eines guten Einvernehmens zwischen Grana

und den Kölnern.]

20. Febr. Man möge dem Goess antworten : Goess soll mit Nachdruck dahin wirken,

dass zwischen Dänemark, Braunschweig und Holland alsbald der Schluss er- folge, damit man künftiges Frühjahr um so stärker dem Feinde entgegen gehen könne. Der Kaiser hat ungern vernommen, dass von Monterey niemand an den Hof des Kurfürsten von Brandenburg wegen Einnahme Spaniens in das Öster- reich-brandenburgische Bündnis gesendet worden ist und hat den hiesigen spa- nischen Botschafter ') ersucht bei Monterey im Interesse der Absendung zu wir- ken. Goess soll seine Bemühungen um Stiftung eines guten Einvernehmens zwischen der Stadt Köln und Grana nun auch schriftlich fortsetzen-).

Berathen am 20., aufgesetzt am 21., beschlossen wie eingerathen am 23. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch, Abele.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Sparenberg 13./23. Febr.

1673. (Or.)

[Nothwendigkeit die vereinigten Truppen abzuführen.]

23. Febr. ^^^^' Kurfürst hat mit Bournonville überlegt, was mit den Armeen geschehen

solle; so hat sich kein ander Mittel gefunden, dann dass es sei dass ein arraistitium gemachet werde oder nicht man sich mit den Armeen von hinnen wegbegeben müsse, sowohl wegen allbereits verspürten grossen Mangels fürnehmlich der Fourage, als auch dass die Armeen, wann kein armistitium erfolgete, nicht sicher in den Quartieren würden stehen können und dieselbe zusammen zu ziehen bei ietziger Winterszeit obbesagten Mangels halber ohnmiiglich fallen und zu gänzlicher Ruinirung der Ar- meen ausschlagen würde. Diesen Zustand lasse ich durch absonderliche

^) Balbesos.

'^) Ueber die zwischen Grana und den Kölnern bestehenden Differenzen vergl. Ennen 1, c. I. 301 f.

Abführung der vereinigten Truppen. Vertrag mit Trier. 647

Abschickung den Staaten General ausführlich vorstellen und erwarten, was dieselbe darauf mit gutfinden werden '). Derselbigen Sentiraent aber mag sein wie es wolle, so wird doch unmiiglich sein, auch wann schon das armistitium erfolgete, beide Armeen allhier iJinger stehen zu lassen. Daher dann dieses anietzo meine höchste Sorge ist, wie dieselbige, bis die letzt täglich vermuthende Tractaten ein Ende gewinnen werden, sub- sistiren können. Da ich dann zwar den nieinigen aus Liebe vor die gemeine Sache in meinen Landen auf jenseit der Weser, ohngeachtet solches sehr schwer und mit derselben gänzlichen Ruin zugehen wird, den Unterhalt reichen lassen werde. Der Kaiser möge seinem Feldherrn gleichfalls befehlen, die Armee in die Quartiere zu führen-).

Goess an den Kaiser. Dat. Haag 27. Februar 1673. (Or.)

Goess ist am 26. im Haag angelangt. Ich finde dahie alles in solchem 27. Febr. Stand, dass starke und vigoreuse resolutiones auf alle Weis werden von Nöthen sein, wolle man änderst das Werk bestreiten und aufrecht halten«

Votum vom 2. März 1673 über des Goess Schreiben vom 7. und 13, Februar 1673. (Conc.)

[Vertrag mit Trier. Accession Spaniens zur Österreich-brandenburgischen Allianz.]

Goess sei zu antworten : Trier habe sich mit der vom Kaiser begehrten Ver- 2. März, zögerung der Ratification des Vertrages einverstanden erklärt; Goess soll jetzt, wo die Ratification des Braunscliweiger Vertrages bereits erfolgt sei, mit Branden- burg auch wegen Accession Triers verhandeln. Da nach Lisola's Berichten der Tractat zwischen Holland, Dänemark, Celle und Wolfenbüttel bereits geschlossen ist^), braucht Goess darüber nicht mehr zu verhandeln. Der Kaiser hofft, Goess Averde schon am Wege zum Kurfürsten von Brandenburg sein; dort soll er sehen, dass die Verhandlungen wegen Accession Spaniens zur Österreich-brandenburgi- schen Allianz rasch und günstig durchgeführt werden.

1) Vergl. Urk.n. Act. III. 368; Piif. 1. c. XI. 86: Pöilnitz sollte den Staaten diese Mittheilung überbringen.

^) Vergl. Urk. u. Act. III. 368; Peter 1. c. 129: Orlich 1. c. II. 80; Droysen 1. c. 430f.; der Inhalt dieses Schreibens bei Puf. 1. c. XI. 84.

^) Das Bündnis war noch nicht geschlossen; über Lisola's Thätigkeit in dieser Zeit Grossmann, Lisola 1. c. 94 ff.

ß48 ^'I- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Der KuifUrst an den Kaiser. Dat. Minden 20. Febr./2. März

1673. (Or.)

[Bittet um Verhaltunfrsinassregeln bezüo^lich der Friedensfrage.]

2. März. Die Haltung des Feindes hat den Kurfürsten genöthigt mit der Armee auf-

zubrechen und an die Weser zu ziehen '). Der Kurfürst wäre nun gleich bereit, den ihm und seinen Ländern aus diesem Zuge erwachsenden Schaden zu tragen, wenn aller Seiten Vorbereitungen getroffen würden, die einen Erfolg erhoffen Hessen; da dies aber durchaus nicht der Fall und ich dahero darfiir halten rauss, dass sowohl E. K. M. als auch ich hohe Ursache haben darauf bedacht zu sein, wie der Friede, welches der einzige Zweck dieses ganzen Werks gewesen, ehistmöglich erhalten werden möge, ich auch benach- richtiget worden, dass E''. K. M. sowohl von der Krön Frankreich als auch Kurcöllns und Bischofen von Münster L'''^". einige Ouvertüre zum Frieden geschehen, so kann nicht umhin E. K. M. unterthänigst zu ersuchen, dieselbe geruhen mir davon gnädigst part zu geben, auch zugleich in Gnaden zu eröffnen, was E. K. M. dero höchsterleuchtetem Urtheil nach für gut befinden, wie ich mich nemlich in diesem Werk dergestalt weiter betragen möge, damit der Feind nicht mehr Avantage erhalte und das Reich noch weiter in üngelegenheit vertiefet werde ; mit gehorsamster Bitte, E. K. M. wollen mir gnädigst zutrauen, dass ich nicht allein, so lange nicht die äusserste, unumgängliche Noth solches selbst an die Hand gibet, zu keinen Particuliertractaten mich verstehen, auch sonsten, die Sachen mögen laufen wie sie wollen, von E\ K. M. mich nicht separiren.

Goess an den Kaiser. Dat. Haag 6. März 1673. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit dem Prinzen von Oranien und mit den Ministem be- züglich Triers. Montecuccoli's Meldungen bezüglich Sicherung dieser Stadt. Wirkung der Nachricht von dem Plane der Annahme des Waffenstillstandes seitens des Kur- fürsten -von Brandenburg. Verhandlungen in dieser Sache zwischen Goess, dem Prinzen von Oranien, dem Pensionär Fagel und Waldeck. Bedeutung der Anwesenheit des Goess im Haag. Operationslust der Holländer. Geldcalamitäten daselbst. Des Goess Ansicht von der Nothwendigkeit der Vermehrung der Truppen der Verbündeten. Unterredung des Goess mit Fagel bezüglich der Lage der Katholiken in den Staaten.]

6. März. Goess hat mit dem Prinzen von Oranien und mit den Ministern gesprochen'-).

^) Für die Kriegsereignisse dieser Zeit Peter 1. c. 129ff.; Mignet 1. c. IV. 181 ff. : Grimoard 1. c. H. 184 ff.; Histoire des quatre dernieres campagnes du Marechal de Turenne par Beaurain. 51 if.

") lieber Wilhelms und der Holländer Haltung in dieser Zeit; Grossmann. Li- sola 1. c. 90ff.: Peter 1. c. 131 f.

Friedensfrage. Verhandlungen des Goess mit Wilhelm von Oranien. G49

In dem trierischen Werk fmde ich. dass die Negociation besser di concerto gehen sollen; der Staaten General hierüber ergangene Resolution hat erstlicher die Negociation vor der Zeit public gemacht; 2°. beruhet auf falschen praesuppositis, |: als wann Churtrier seine Festungen E^ K. M. einzuräumen; 3". verwilliget allein hierzu 2500 Reichsthaler monat- lich, da es 3000 sein sollen :|, massen der Pensionarius Fagel mir gestan- den, dass es der von Amerongen also hieher bericht. Ohne die Sach aberraalen an die Provinzen zu bringen . . . kann dieses nit redressirt werden. Ich habe destwegen ein anders Mittel ergriffen und E'. K. M. gnädigster Intention gemäss, tarn quoad subsidia quam quoad militem, welcher a [ : conto der 24000 Mann so mit denen Staaten Generalen ver- glichen zu gehen, einen actum aufgesetzt, welchen der Prinz von Oranien zu unterschreiben und sich zu obligiren, dass die Herren Staaten General allemalen, wann wnr's begehren, denselben also ausfertigen werden:!.

Den Prinzen von Oranien eifert Goess an darauf zu sehen, dass die Sub- sidiengelder ehestens nach Frankfurt gesendet werden und Monterey, dass die nach Trier bestimmten Truppen in Bereitschaft gehalten werden. Montecuccoli berichtet dem Goess aus Würzburg, dass er Befehl gegeben habe, dass 300 der Kaisersteinischen auf des Trierers Verlangen nach Coblenz marschiren sollen; wenn der Kaiser gestatten würde, dass auch die anderen 700 Mann denselben Befehl erhalten, könnte Trier, wie es auch nothwendig sei. mit Trappen ver- sehen werden ').

Was dahie für Commotion entstanden über was der von Amerongen bericht, welcher gestalt Churbrandenburg ihme durch den von Schwerin und den Meinders andeuten lassen, dass S. Ch. D. für gut und fast nothwendig hielten, dass von französisch und englischer Seiten auf der Schweden Mediation antragende armistitium anzunehmen und zu den Friedenstractaten zu schreiten, das werd der Kramprich mit mehreren berichten; es ist dahie also aufgenommen worden, als wann's eine gesche- hene Sach, das armistitium soviel als geschlossen und was gegen dem von Amerongen geschehen, mehr eine Intimation und Notification, als was änderst wäre. Zu diesem Ende hätte der von Pöllnitz, welcher hieherwerts geschickt werd , einen Pass von dem Herrn Bischofen zu Münster und dem Turenne ohne Noth begehrt, sich in transitu mit dem- selben zu unterreden; item wäre der schwedische Abgesandte Wangelin nit nach Bremen, wie er vorgegeben, sondern zu dem Turenne verreist; der Churfürst wäre allhereit mit Theil seiner Armee über die Weser

^) Ueber Lisola's Thätigkeit in dieser Frage; Grossmann, Lisola 96. 2) Vergl. Urk. u. Act. II F. 366 ff.

650 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

gangen; die Kaiserlichen hätten sich änderst wohin gewendt, der von Crockovv wäre in der Still zu dem de Turenne geschickt worden und was dergleichen die suspiciones und der Verdruss sujjgeriren mögen. Aus P. Ch. D. Schreiben an den Romswinckel haben wir das contrarium erwiesen und dass, was dem von Amerongen vorgetragen, mehr nit als eine Proposition oder Vorschlag, darbei sie das ihrige zu sagen, wäre'). Mir ist sicherlich sehr leid, dass man churbranden burgischer Seiten so weit gangen; nun aber, dass es geschehen, muss das beste daraus genommen werden. Dem Prinzen von Oranien, welcher vorgestern mich besucht und sich über diesen Verlauf sehr surprennirt erzeigt, wie nit weniger dem Pensionario Fagel, habe ich vorgestellt, was massen dieses Uebel nit mit Klagen noch Discursen, sondern agendo et operando abzu- helfen; ich wüsste beim gleichen des Churfiirsten Anliegen; proxima reme- dia mali wären; 1°. dass sie die im 4*®° Monat schon ausständige subsidia an S. Ch. D. abführen und mithin die völlige Ruin dero Armee verhüten^); 2^ dass sie mit Dänemark und Lüneburg auf alle Weis und unverlangt schliessen; o'\ dass sie von ihrer Seiten in Friesland und von Mastricht aus vigorose operiren, damit uns allein die ganze französische Macht nit auf dem Hals liegen ^) . . Der Prinz von Oranien sendet Waldeck zum Kur- fürsten von Brandenburg^). Waldeck und der Prinz haben dem Goess gesagt, dass Churbrandenburg unter anderen Ursachen, warum S. Ch. D. auf das armistitium und den Frieden gedenken müssten, vorwende, dass E"". K. M. Generalität nie zu keiner Action wider die Feinde zu bringen gewesen, als wäre es uns etwa respectu religionis nit recht Ernst . . . und dann ist darbei auch^gemelt worden, dass obzwar der Bournonville zu dem armistitio nit positive geratheu, er doch die von Churbrandenburg hierzu allegirende rationes für erheblich erkennt"). Dieses liabe ich, als welcher bei den Conferenzen intervenirt und der Campagne beigewohnt, auch von E'". K. M. gnädigsten Intention circa armistitium gute Information und gemessene Befelch habe und also wohl wissen kann, wessen der von Bournonville diesfalls könne instruirt sein, am besten ablainen können. Und hat der von Romswinckel, welcher hierbei sehr intrigirt gewesen und andere mehr, gleichsam für ein Glück gehalten, mag auch

') üeber Romswinckel's Thätigkeit; Peter I.e. 137, 140f.

2) 330 000 Thaler waren die Staaten noch schuldig; vergl. Peter I.e. 1.34 Anm.; Urk. u. Act. III. 373.

3) Vergl. Peter 1. c. 135.

4) Vergl. Peter 1. c. 141; Orlich 1. c. II. 84.

6) Für Bournonville's Haltiincr Peter 1. c. 129: Urk. u. Act. III. 368.

Eindruck der Nachricht vom Waffenstillstände Brandenburgs. Stellung Hollands. 651

wohl uit schädlich gewesen seid, dass ich mich bei dieser unverhofft zugestossener Ungelegenheit und grosser Commotion dahie befunden.

Die von Grana liieher übermittelte Nachriclit von der Einnahme Münsters durch die alliirten Truppen kam gleichfalls sehr zu rechter Zeit^). Man ist hier entschlossen kräftig zu operiren, wozu Goess räth. Die grösste Schwierig- keit besteht darin, dass die Staaten kein Geld haben. Die Privaten des Landes haben noch Geld, wollen es aber nicht hergeben, da sie dem Staate nicht trauen.

Die Einigung mit Dänemark thäte sehr Noth; doch ist es fraglich, ob sie in der erwünschten Weise wird zu erreichen sein.

Mir gehen hierbei allerlei Gedanken zu Gemiithe, ob nit Mittel zu finden, dass (wir) auf Stellung mehrerer Macht mit diesem Staat (nns) ver- gleichen könnten. Ich supponire pro fundamento, dass bei gegenwärtigen Zustand der Sachen aller Orten, E. K. M. es ohne das pro propria con- servatione zu thun und also pro lucro aut sublevamine zu halten, quid- quid aliunde, aut ab his statibus aut ab Hispania accesserit, quanti foret in quemcunque casum ein solches corpus neben dem vorigen an die Hand zu haben. Frankreich greift sich auf das äusserste an*): das Parlament in England hat dem König in England 70 000 Pfund Sterling monatlich verwilligt ^); .. . Schweden lässt täglich mehr die Partialität vor Frank- reich blicken*);... auf der ungarischen und polnischen Seiten stehen wir nit sicher vor den Türken. Pax sine armis haberi non potest; unser Gegenparty ist bis dato uns überlegen, dahero ipsa necessitas solche consilia wie ietzt erwähnt zu praescribiren scheinet.

Des Goess Anerbieten mit dem Herzoge von Celle zu verhandeln und durch denselben die Verhandlungen mit Dänemark zu fördern, wird im Haag freudig acceptirt.

Goess spricht auch mit dem Pensionär über die Lage der Katholiken in diesen Ländern und ersucht um Besserung derselben. Goess glaubt ans den Reden Fagels und anderer entnehmen zu können, dass wenn von einem Nicht- kathoüschen Fürsten z. B. von Brandenburg ein derartiges Ersuchen an die Staaten ergienge, etwas zu erreichen wäre.

P. S. Nachträglich einlaufende Mittheihingen zeigen, dass die Nachricht von der Einnahme Münsters falsch war.

') Für die wirklichen Verhältnisse Depplng 1. c. 149; Tücking 1. c. 222 ff. ; Münster war nicht genommen worden; vergl. das P.S. zu diesem Schreiben.

') Für Frankreichs Haltung in dieser Zeit Rousset 1. c. l. 427 ff. ; Mignet 1. c. IV. ISOff.; Ranke, Franz. Gesch. HL302f.

3) Ranke, Engl. Gesch. V. 115.

') Für Schwedens Haltuna Carlson 1. c. IV. 583f.

652 VI. Goess iu Berlin, Aulialt in Wieu. 1072 1675.

Auf der Hcioireise begegnet Goess dem Pöllnitz, der zugibt, dass der Kur- fürst mit Turcnne über einen Waffenstillstand verhandelt habe '). (Bericht vom 12. März 1()73. Or.)

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 8. März 1673.

(Copie.)

[ürtheil des Kaisers über die Frankreich g^egenüber zu beobachtende Politik und die Friedensfrage. Zusammenbleiben der alliirten Truppen. Werbungen]

8. März. Des Kurfürsten Schreiben vom 20. und 23. Februar hat der Kaiser erhalten.

Er hat mit Staunen von dem Inhalte derselben Kenntnis genommen. Es werde sich übrigens zeigen, was die Staaten zu seinen Ansichten sagen werden. Was den Frieden betrifft, wisse der Kurfürst, wie sehr der Kaiser einen allgemeinen Frieden ersehne. Ich finde aber, dass solcher ehender und gewisser nicht als durch gesammte Zusammensetzung der Kräften und Verstärkung der bei dem bevorstehenden Frühling vorhabenden künftigen Operationen zu erhalten. Der Kaiser hat daher ßournonville und Goess Befehl ertheilt in diesem Sinne mit dem Kurfürsten, Lisola und Kramprich mit den Generalstaaten zu verhandeln. Dagegen ist der Kaiser sehr gegen die Trennung der kaiserlichen von den kurfürstlichen Truppen, da dies Anlass zu schweren Zweifeln an dem guten Einvernehmen beider Mächte geben werde und die Abführung der kaiser- lichen Truppen in die Erbländer und Rückführung im Bedarfsfalle wegen Pass und Repass grosse Schwierigkeiten im Gefolge haben würde. Der Kaiser wünscht daher das Zusammenbleiben des ganzen Truppenkörpers, ersucht den Kurfürsten mit Goess und Bournonville über die Modalitäten, unter denen ein Zusammen- bleiben möglich wäre, zu berathen, er selbst sei zu Opfern bereit. Der Kaiser sei daran 12 15000 Mann neuer Truppen werben zu lassen-').

Goess an den Kaiser. Dat. Holienhameln 19. März 1673.

(Or.)

[Verhandlungen des Goess mit dem Herzoge von Celle und mit Schütz. Unterredung des Goess mit Bournonville, Waldeck und mit dem Kurfürsten über die Waffenstill- standsfrage. Waldecks Ansicht.]

19. Jlärz. Goess ist in Celle gewesen und hat mit dem Herzoge und mit Schütz ver-

handelt. Der Herzog hatte sich den Tag vorher mit dem Kurfürsten von Branden- burg zu Sarstedt bei Hildesheim unterredet. Bezüglich des Vertrages mit Hol-

^) Für des Pöllnitz Mission Peter 1. c. 147 f.

2) Für die Haltung des Kaisers vergl. Peter 1. c. 143; Droysen I. c. III. 3 430f.; Puf. I. c. XI. 85: Urk. u. Act. III. 373.

G53

land bleibt der Herzog bei seinem früheren Entschlüsse, wann Dänemark sich darzu resolvirete, das AV'erk in favorem Holland mit anzutreten ').

Da Goess vernahm, dass der Kurfürst von Brandenburg aufbrechen und Waldeck nach Holland zurückgehen wolle, begab er sieh schleunigst in's Lager des Kurfürsten und kam noch zu Recht, um mit Bournonville, AValdeck und dem Kurfürsten eine Berathung zu halten, was ihm insbesondere mit Rücksicht auf Waldeck sehr erwünscht war, dem Goess versprach, alles zu thun, um den Kurfürsten vom Abschlüsse eines Waffenstillstandes abzuhalten; habe ihn dextre soudirt, ob's nit besser mit und neben S. Ch. D. in ein kurzes armisti- tium zu consentiren, als durch die Verweigerung eine Separation zwischen den Confoederirten zu veranlassen; habe befunden, dass nach seinem Seu- timent es endlichen besser sein möchte. Mit dem Kurfürsten, Kurprinzen, Anhalt, Schwerin und Meinders bat er am 19. über die Kriegsereignisse und den Waffenstillstand berathen, wird nächstens darüber berichten ^).

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Scliönbrunn 23. März

1673. (Conc.)

[Nothwendigkeit energischen Vorgehens und festen Zusammenhaltens. Erklärungen

der Franzosen, Kölns und Münsters an den Kaiser in der Friedensfrage. Versprechen

ohne Brandenburg und die übrigen Alliirten keine Particulartractate oder Wafi'en-

stillstand mit Frankreich einzugehen.]

Den Inhalt des Schreibens vom 2. März bedauert der Kaiser sehr, lebt aber 23. März, der Hoffnung, dass der Kurfürst die Weser tapfer vertbeidigen und dadurch den Feind an Fortsetzung seiner Progressen verhindern wird, so dass eine Trennung vom Kaiser nicht notbwendig sein wird. Wie nothwendig dazu das Zusammen- bleiben der beiderseitigen Truppen wäre, sei klar, dazu wird der Kaiser nicht nur alles thun, um seine Truppen daselbst zu erhalten, sondern sobald als möglich zu verstärken. Der Kurfürst könne versichert sein, dass der Kaiser sich von ihm nicht trennen wird. Was die Friedensanträge betrifft, hat Frank- reich nichts anders vorbringen lassen, als was der Kaiser durch Goess dem Kurfürsten mitgetheilt habe, nemlich dass Frankreich finito hello die clevischen Lande dem Kurfürsten restituiren wolle. Von Köln ist formaliter nichts, sondern nur von Meyersheim im ^'amen des Bischofs von Strassburg angedeutet worden, dass dieser Bischof Friedenspropositionen zu stellen habe und um Deputirung eines kaiserlichen Bevollmächtigten ersuche, wozu Goess ausersehen worden, der aber nach Holland gereist sei, wodurch die Sache unterbrochen worden. Vom Bischöfe von Münster ist gar nichts vorgebracht worden "'). Im übrjo-en

') lieber die Haltung des Herzogs von Celle, Peter 1. c. 145. -) Für die Verhandlungen Peter 1. c. 144.

^) üeber die Beziehungen des Bischofes von Münster zum Wiener Hofe Tücking c. 195 f.

ß54 ^ f- (^'oess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

gereichet mir zu absonderlich angenehmen Gefallen, dass E. L''''". sich zu keinen Particulartractaten verstehen, oder sich sonsten von mir nicht separiren wollen, verlasse mich darauf in all Weg und haben sich die- selbe hingegen von mir eines gleichmässigen zu versichern, dass ich auch meines Orts alles dasienige, was dem gemeinen Wesen nützlich, gern eiferig beitragen und keine Particulartractate oder armistitium mit Frankreich ohne E. L'^""., der Krone Spanien, der HolUinder und übrigen Confoederirten Vorwissen und Einschliessung gar nicht tractirn, sondern allem deme was zwischen uns abgeredt nachkommen werde.

Goess an den Kaiser. Dat. Hornburg 24. März 1673. (Or.)

[Waldecks Memorial. Wangelins Schreiben und des Kurfürsten Antwort. Des Goess Ermahnungen an Schwerin. Kriegsangelegenheiten. Pläne der Franzosen. Quartier- frage.]

24. März. Goess übersendet das von Waldeck dem Kurfürsten übergebene Memorial '),

das Schreiben Wangelins an den Kurfürsten mit dem Anerbieten Schwedens den Frieden zwischen Brandenburg und Frankreich zu vermitteln'-'), sowie das Antwortschreiben Brandenburgs, in welchem die Friedensneigung des Kurfürsten im allgemeinen betont, im übrigen aber strenge Einhaltung des Waffenstillstandes gefordert wird^). Goess ermahnt den Baron von Schwerin bei all' diesen Dingen darauf zu achten, dass keine Separation unter den Confoederirten ver- anlasst werde.

Der Kurfürst hat den Fürsten des Hauses Braunschweig geschrieben, sie mögen den Franzosen, welche nach Höxter marschiren sollen, den Pass über die Weser verwehren. Goess glaubt nicht, dass die Franzosen mit der ganzen Armee die Weser passiren werden und besteht darauf, dass, wenn dies geschehen sollte, man ihnen entgegengehe. Die Braunschw^eiger hören dies nicht gern, weil sie keine Hauptaction in ihrem Lande wollen ■*).

Alles kommt an auf die Mittel, wie dero Armee zu erhalten, zu recrutiren. wo sie zu stehen und dergleichen. Die Quartierfrage dürfte grosse Schwierigkeiten verursachen. Ich considerire. ob nit I. Ch. 1). mit ihren Völkern im Halberstädtischen, Magdeburgischen, in der alten Mark und da herum und wir an dero Seiten in dem Thüringischen, so nahe

0 Vergl. ürk. u. Act. III. 377 f.

-) Schreiben Wangelins an Friedrich Wilhelm. Dat. Ilornburg 13. März st. v., 1673.

•') Antwortschreiben an Wangelin 24. März 1673. lieber Wangelins Mission Puf. 1. c. XI. 83; Griraoard 1. c. II. 200, 205.

•*) Ueber das Verhalten der Braunschweiger in dieser Frage Peter 1. c. 14-1 f.; Grimoard 1. c. 211, 213.

Verhandhmgea in der Friedens- und Waffenstillstandsfrage. 655

man immer könnte, bis dahin stehen könnten, bis man sehe, was die Franzosen ferner vornehmen oder teutiren möchten, damit wir in allem Fall uns zAisammenziehen und ihnen Widerstand thun können. Naclier könnte man sehen, wie sich besser eslargiren, die Armee refraichiren und recrutiren möge. Wann wir sammentlich nach Thüringen und Franken hingehen sollen, werd besorglich alles viel schwerer fallen, grössere exclamationes verursachen, nit allein wegen der Anzahl, sondern auch wegen der Desordre.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Halberstadt 29. März 1673.

(Or.)

[Verbleiben der lothringischen Truppen bei den Kaiserlichen.]

Der Kurfürst hat seinen Truppen diesseits der Elbe in seinen Landen 29. März. Quartiere anweisen müssen. Da nun die kaiserlichen Truppen nach Thüringen ziehen werden, die Lothringischen solange bei den kaiserlichen bleiben wollen, bis sie A'on dem Herzoge Befehl erhalten, hat der Kurfürst es auf sich genommen, dieses Verbleiben der lothringischen Truppen bei den kaiserlichen, das Bour- nonville nicht auf sich nehmen wollte, beim Kaiser zu vertreten ').

Goess an den Kaiser. Dat. Halberstadt 31. März 1673. (Or.)

[Verhalten des Herzogs von Celle. Conferenzen mit den Vertretern des Kurfürsten über die Frankreich gegenüber befolgte und zu befolgende Politik. Schwerins Klagen über die Holländer. WafFenstillstandsfrage. Besorgnisse des Goess bezüglich Bran- denburgs Haltung. Lothringische Soldaten. Unterredung des Goess mit Schwerin über das Verhalten der Reichsstände.]

Blumenthal, der vor Goess in Celle war. hat sehr über das Verhalten der 31. März. Holländer und des Kaisers geklagt'-). Nach Mittheilungen des Schütz ist jetzt weniger Hoffnung auf A1)schluss des Vertrages mit Holland als vorher.

Bei der zu HohenhameJn den 19. dieses mit mir allein gehaltener Conferenz, habe ich zwar meine Betrübnus über diese Retraite unserer Armee und benebeust dieses bezeigt, dass ich, als welcher viel Jahren an diesen churfürstlichen Hof gewesen, aus schuldigster Dankbarkeit mich bei alle dem, was I. Ch. D. beträfe, zu interessiren; als ich aber vermerkt, dass, was von wegen des vorgangenen angezogen würde, mehr zu Incul- pirung eines oder andern Theils und folgends zu Verbitterung der Ge-

') Ueber des Kurfürsten Gesinnung in dieser Zeit; vergl. sein Schreiben an Anhalt vom 23. März st. v. 1673; bei Orlich 1. c. IlL 207. ') Ueber Blumenthals Mission Puf. 1. c. XI. 71.

606 VI. Goess ia Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1G75.

müther als zu Remedirung des übelen gereichen würde, habe ich . . . darvon abstrahirt und vielmehr auf Redressirung der Sachen angetragen, wie der Baron von Schwerin auch gleichfalls bei der mir Nachmittag gegebenen Visite darzu gerathen. Bei den Conferenzeu am 21. zu Hohen- eggelsen, am 25. zu Hornburg') und am 29. zu Halberstadt''') betont Goess immer von Neuem, dass unsere Party, Gottlob, noch in solchem Stand wäre, dass wir den Muth keineswegs sinken zu lassen. Die Franzosen könnten sich nit rühmen, dass sie uns einmal eine rechtschaffene Party ge- schlagen, noch einigen Ort von Importanz weggenommen; die Bataille hätten sie durch ihre Retraite hinter eine Landwehr decliuirt, und hätten

') Das PiotocoU dieser Berathung, an der Goess, Schwerin und Meinders theil- nahmen, ist erhalten.

Die kurfürstlichen Räthe betonen, der Kurfürst denke den Marsch nach Halber- stadt fortzusetzen, seine Völker im Halberstädtischen, Magdeburgischen, Altmark dies- seits der Elbe zu logiren, bis man wisse, was die Franzosen zu thun vorhaben ; Goess möge sagen, wo seiner Ansicht nach die kaiserlichen Truppen unterdess sich auf- halten sollten. Goess tritt für die Verzögerung dieses Marsches und für das Zusammen- bleiben des Heeres ein und spricht die Behauptung aus, vor jeder Berathung müsste der Kurfürst die Versicherung geben, dass er sich von der kaiserlichen Partei nicht trennen wolle. Die kurfürstlichen Räthe antworten nicht direct auf diese Frage, klagen über die Holländer und betonen, dass ein Waffenstillstand auf kurze Zeit Niemandem schade. Goess betont in seiner Erwiderung, dass abgesehen von der Frage der Nothwendigkeit und Zweckmässigkeit des Waffenstillstandes der Fehler Brandenburgs in dem Handeln ohne die Confoederirten liege.

„Uli: Wo die Necessität so gross werde, können viel sonsten gültige rationes nit attendirt werden. Die Clev-, Märkisch-, Ravensberg- und Mindische Landen, aus welchen I. Ch. D. die beste Mittel nahmen, seien hin, die Mark Brandenburg habe mit den Garnisonen gnug zu thun, wo dann die Mittel herzunehmen." Goess meint, es werde erst G Monate Krieg geführt und überdies erhalte der Kurfürst Subsidien von anderen Mächten, die hoffentlich in Zukunft pünktlich eingehen würden. Er erklärt ferner, ein vortheilhafter Friede sei von Frankreich nur mit den Waffen in der Hand zu erhoffen. ^Bin nacher kommen auf die Remonstrirung wie unsere Sachen bei der Party stehen ; es wäre kein Wunder, wann die vorige Campagne nit nach Wunsch abgangen, die Franzosen hätten sich von langer Hand zum Krieg präparirt und alle Notdurften beigeschafft, wir herentgegen hätten alles übereilen müssen und wären spät und zu der Zeit ins Feld gangen, wann man sonsten die Campagne pflegt zu endigen; inskünftig könnten zu allem bessere Anstalten geschehen; man solle gleichwohl unsere Party consideriren, darbei E. K. M., der König in Hispanien, Dänemark und Lüneburg in proximo gradu accessionis; Chur-Sachsen, Chur-Brandenburg, Chur-Trier, Chur- Mainz in guter Disposition; die Staaten-General, welche noch nit so sehr per terra, dass sie dies Jahr abermalen mit einer Flotta von 70 Capital Kriegsschiff in See und mit 24 000 Mann in's Feld gehen, auch noch wohl die Geldsmittelen finden würden, wann nur durch einige gute Success ihr Credit bei den Kaufieuten besser möchte sta- bilirt werden."

^) Vergl. für diese Conferenz Peter 1. c. 145.

Frankreich gegenüber zu beobachtende Politik. Waffenstillstandsfrage. 657

wir cursum ihrer Victorien dermassen sistirt, dass nachdem wir zu Feld kommen, sie nit den geringsten Progress wider Holland noch sonsten gethan . . . Der Kurfürst zeigte sich über diese Erklärungen des Goess sehr erfreut. Schwerin, mit dem Goess am 27. spricht, klagt sehr über die Holländer und meldet, dass sie zu Abwendung grösseren Uebels des schwedischen Abgesandten^) und des H". Bischofen zu Osnabrück propositiones") zu einem armistitio angehört, iustificirt, presupponendo, dass der Turenne, welcher sonsten eins und anders W'ider sie vornehmen können, hierdurch in- und zurückgehalten werden; et quid hie mali esset? Doch hat mir der schwedische Envoye gesagt, dass, als er dem Turenne dergleichen Proposition gethan, derselbe sich auf seines Königs Ordre berufen^), im übrigen gefragt, ob er wohl vermeinte, dass Interim bis des Königs Ordre einlangete, der Churfürst auf seiner Seiten mit diesem proponirenden Interimsstillstand zuhalten würde. Der von Schwerin separirte causam et foedus cum Hollandis a causa et foedere mit E. K. M., mit welcher S. Ch. D. allzeit in quemcunque casum beständig vereinigt verbleiben wollten : obzwar er auch nacher bekennete, dass gleichwohl eine starke Connexion diesmalen darbei wäre. Contestirte hoch, dass er mit aller Aufrichtigkeit mit uns umgehen thäte; versicherte mit theurem Schwur, dass an dem armistitio nit mehr wäre, als er mir gesagt ... Er wäre sehr bekümmert, wie S. Ch. D. bei nit Zuhaltung der Holländer ihre Miliz hinführo würden erhalten können. In der That vernimm ich, dass grosse Armuth unter dieselbe ist und dass die Leut fast den Muth verlieren . . .

Bezüglich des Waffenstillstandes betont Goess in erster Linie die Gefahr einer Trennung der Alliirten ; Schwerin versichert aber, der Kurfürst werde treu an des Kaisers Seite bleiben. Ich nehme wahr, dass ein Unterscheid gemacht werde zwischen ein armistitium formale und eins ad Interim, zwischen ein wirkliches und reales und ein änderst, so nur in der Apparenz bestehe. Man versichert mich, dass wie die Sach auch ablaufen möge, I. Ch. D. von Herzen allzeit an E. K. M. werden attachirt bleiben. Alle diese Ding machen mich besorgen, dass es in effectu zu ein Particulararmisti- tium kommen und alsdann von Mitinclusion der übrigen Confoederirten erst gehandelt werden möchte, worzu dann allviel indicia concurriren.

Goess betont, dass dieser Waffenstillstand den Abschluss der Verträge mit Dänemark und Lüneburg verhindern werde und ersucht um Förderung dieser

^) Wangelin; über dessen Yermittelung Peter L c. 138 f.

-) Für des Bischofs von Osnabrück Haltung Grimoard 1. c. IL 208 f.

3) Für Turenne's Haltung Grimoard I.e. H. 205 ff.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 4:ä

658 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 167-2 IfiTö.

Verhandlungen; aber der Kurfürst erklärt, diese Schreiben nicht abgehen lassen zu können, weil die Franzosen, wenn sie davon erführen, ihn einen Betrüger heissen würden.

Daraus und aus der Eile mit welcher der Kurfürst das Hildesheimische verlassen hat, wie aus dem Umstände, dass von brandenburgischer Seite der Accession Spaniens zum österreichisch-brandenburgischen Bündnisse keine Erwäh- nung geschehe, schliesst Goess, dass es mit dem Waffenstillstände sehr ernst ge- meint sein müsse. Goess hat mit dem Prinzen von Lothringen und mit Bournon- ville Rücksprache genommen, auf dass, falls eine Trennung der osterreichisch- brandenburgischen Armee eintritt, in der österreichischen Armee strenge Ordnung gehalten werde. Goess glaubt nicht, dass die brandenburgischen Truppen lange diesseits der Elbe beisammen stehen bleiben werden, vermutet vielmehr, dass sie über die Elbe gehen und aus einander gelegt w^erden dürften.

Der Kurfürst hat die lothringischen Truppen entlassen, dieselben haben sich den kaiserlichen angeschlossen; die Versuche des Goess die Brandenburger zur Rücknahme dieser Massregel zu vermögen sind vergebens gewesen; Goess hat mit Bournonville berathen, was man mit diesen tapferen Soldaten thun solle; es wurde ihnen gesagt, sie könnten bis zur Ankunft des Herzogs mit den Kai- serlichen, jedoch ohne dass der Kaiser sie erhalten müsste, marschiren. Man wünscht von brandenburgischer Seite die Absendung eines kaiserlichen Gesandten nach Schweden.

Auch brachte der Baron von Schwerin bei dieser Conferenz vor, was masseu unsere Sachen uns nun im römischen Reich viel schwerer als vorhin fallen würden; die Stände, welche von den Durchmärschen und Einlogirung unserer Völker betroffen worden, wären sehr ungeduldig; die Frau Landgräfin zu Hessen-CasseP) und der Herr Landgraf zu Darm- stadt ^), welche anfangs unser Vornehmen approbirt, wären uns nun ganz zuwider; Baiern, Pfalz, Neuburg, Württemberg wären an dem, dass sie ein foedus dergleichen üngelegenheiten abzuwenden unter einander machen wollten. Ich antwortete, dass das Remedium V in der guten Ordre und Disciplin, welche in unser Macht wären, bestünde; dass man sehen müsste, unsere Party also zu verstärken, dass diese und alle andere dieselbe besser zu consideriren; 3'^ wäre zu verwunderen, dass diejenige, so mit so grosser Geduld dergleichen und grössere üngelegenheiten von denjenigen litten, weiche das römische Reich invadiren und die deutsche Freiheit opprimiren, so ungeduldig gegen diejenigen wären, so mit dar- setzen Gut und Blut dasselbe und die theure Libertät defendiren.

Goess bedauert sehr, dass Montecuccoli nicht mehr zur Armee zurückkehrt.

^) Hedwig Sophie. ^) Ludwig VI.

Waffenstillstandsfrao-e. Turenne''s Erklärung-en. 659

(ioess an den Kaiser. Dat. Halberstadt 2. April 1673. (Or.)

[Dohna's Mittheilungen über den Inhalt des Schreibens Turenne's an den schwedischen Gesandten. Köln als Congressort. Lothringische Völker.].

Gestern käme der Graf von Dohna zu mir mit Vermelden: Ich hätte 2. April verlangt zu wissen, was des Turenne Schreiben an den schwedischen Envoye in sich hielte. Nun hätten I. Ch. D. destwegen an den Fürsten von Anhalt schreiben lassen, mit dieser Verordnung, dass im Fall derselbe nimmer dahie, er, der Graf von Dohna, die Schreiben zu eröffnen und mir den Inhalt zu sagen. Dieser wäre, dass Turenne geantwort, dass der König, sein Herr, seine Resolution wegen des Stillstands der Waffen dem Verjus zugeschickt, dass er dessen nun täglich gewärtig wäre und dass er Verjus vermutlich weiter zu P. Ch. D. reisen würde, hiervon und von Restitution der in der Grafschaft Mark gelegenen Plätze zu liandeln, und hat der von Dohna sich angestellt, als wann dieses alles nit viel zu bedeuten. E. K. M. werden aber leicht abnehmen, dass dieses auf nichts änderst als auf Particulartractaten angesehen '). Kramprich berichtet, dass der König von England dem Franzosenkönige die Wahl zwischen Köln und Aachen als Congressort überlassen, Ludwig XIV. Köln gewählt habe, dass die Staaten diese Wahl gutheissen und ihre Bevollmächtigten nach Köln senden, zugleich sich aber zur Fortführung des Krieges zu Wasser und zu Lande rüsten wollen^ Nun kommen alle diese Ding wohl a tempo, dann bei solcher Bewandtnus sehe ich nit, was Churbrandenburg vor Ursachen haben könne sich in Particulartractaten einzulassen, welche sie gleichwohl beständig asseverirt nit vornehmen zu wollen'). Die lothringischen Völker sollen zu plündern beginnen; Goess berichtet darüber an Bournonville mit dem Ratlischlage, die lothringischen Truppen, wenn sie nicht gute Disciplin halten, von den kaiser- lichen zu entfernen, damit nicht über die letzteren gerechte Klage erhoben werden könnte.

Votum vom 3. April über des Goess Schreiben vom 6., 12., 19. März 1673. (Conc.)

[Verhandlungen mit Celle. Erklärungen des Bischofs von Strassburg. Trier. Waffen- stillstand.]

Dem Goess sei zu antworten : Er habe recht daran gethan den Rückweg 3. April zum Kurfürsten über Celle genommen und daselbst mit dem Herzoge und

^) Verjus befand sich damals bei den Braunschweiger Fürsten; vergl. Grimoard 1. c. 204; für die Erklärungen Frankreichs Grimoard L c. IL 218ff.

*) Vergl. das Schreiben des Kurfürsten an Anhalt vom 2L März st. v. 1673 bei Orlich I.e. in. 206 f.

42*

ggQ VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Schütz verhandelt zu haben. Bezüglich des Bischofes von Strassburg sei der Kaiser gleicher Meinung wie Goess, dass nemlich auf dessen Friedensversiche- rungen nichts zu geben sei. Den Kurfürsten von Trier soll er noch ferner in guter Stimmung zu erhalten suchen und sich bemühen, dass die trierischen Tractate von Seiten Hollands und Monterey's schleunig zur Durchführung ge- langen. Wegen des Armistitiums, das schwer ab2uschlagen sei, werde der Kaiser mit nächstem Goess instruiren.

Berathen am 3., aufgesetzt am 4., beschlossen wie eingerathen am 8. April.

Memorial des Lorenz Georg von Crockow^). Dat. Neustadt 4. April 1673. (Aut)

[Der Kurfürst ist genöthigt den angebotenen Waffenstillstand anzunehmen.]

April. Der Kurfürst erkennt die grossen Verdienste des Kaisers an, da aber alle An-

strengungen des Kaisers und des Kurfürsten vergebens gewesen seien, da diese beiden Fürsten keine grössere Unterstützung, wohl aber stärkere Opposition zu fürchten hätten, hat der Kurfürst sich entschlossen das von vielen Potentaten angebotene Armistitium nicht auszuschlagen, in Erwägung, dass die Jahreszeit und der Zustand der Waffen jede Operation ohnedem verbieten. Der Kurfürst will nun nicht schliessen, ohne des Kaisers Rath eingeholt zu haben, um welchen er bittet.

Votum vom 6. April auf Crockows Memorial vom 4. April.

(Conc.)

[Verhandlungen mit Crockow.]

6. April. Es kommt den Räthen sonderbar vor, dass der Kurfürst Krieg führen will,

ohne darunter zu leiden und seine Länder ganz verschont wissen will; man soll aber mit Crockow verhandeln und ihm sagen, einen allgemeinen Waffen- stillstand mit Einschluss aller Alliirten billige jetzt der Kaiser und wolle einen solchen befördern, nicht aber einen Particularwaffenstillstand, der den Untergang Hollands und das Verderben aller Alliirten zur Folge haben würde.

Am 7. beschlossen, dass Lobkowitz und Hocher mit Crockow verhandeln sollen.

*) Credenzschreibeu vom 26. Febr./8. März 1673; für Crockows Sendung vergl. Drojsen 1. c. III.3 435 f.; Puf. 1. c. XL 85; Peter 1. c. 143.

Crockows Memorial. Verhandlungen mit Crockow. 661

Relatio conferentiae mit Crockow am 7. April 1673. (Conc.)

[Waffenstillstand. Stelhing des Kaisers zu demselben. Einquartirung der Truppen. Debatte über die Frage der Aufnahme Hollands in den Waffenstillstand und über die

allgemeine Lage.]

Dem Crockow ist in der Conferenz vom Fürsten Lobkowitz und vom Baron 7. April. Hocher in Erwiderung seines schriftlichen Memoriales mitgetheilt worden ; obwohl

E. K. M. vorhero angestandeo, ob bedeutes Armistitium denen Alliirten anständig und dahero erachtet, auch ihrer Generalität gnädigst aufgetragen gehabt, dass man vigorose operireu sollte ; nachdem aber die Sachen seithero in einem andern Stand gerathen und S. Ch. D. erachten, dass bedeutes Armistitium, wie geraelt, nicht ausser Acht zu lassen, als seind E. K. M. auch solches bei so veränderten Sachen zu verhindern nicht gemeint, wann selbiges mit der Generalstaaten guten Consens und Ein- stimmung, auch mit billigen und ehrlichen Conditionen zu erheben und dass zugleich in selbigen E. K. M., die Krön Spanien, Holland und andere diesem Theil wohlzugethane Reichsstädte, ja das gesammte rö- mische Reich Selbsten eingeschlossen werde. Denn bei einem so allgemeinen Waffenstillstände würde Holland genöthigt sein die Subsidien weiter zu zahlen, was bei einem Particularwaffenstillstande Brandenburgs nicht der Fall sein würde. Und gleichwie E. K. M. bedeutes Armistitium mit gesammter Hand nicht zu hindern, sondern mehrers zu befördern begehrn, also stehen sie mit diesem hingegen sehr an, wann I. Ch. D. selbiges parti- culariter treffen und dahin antragen wollten; dessen sich E. K. M. gegen S. Ch. D. um so viel weniger verseheten, weilen sich dieselbe zu diesem Krieg so generöse erklärt haben. Der Kaiser habe in Holland ernsthch ersuchen lassen die rückständigen Subsidien dem Kurfürsten zu zahlen und in Zukunft pünktlich mit der Zahlung zu sein. Der Kaiser würde es für das zweckmässigste halten die Truppen an der Weser zu erhalten, bis der Waffen- stillstand geschlossen ist, oder bis man sich so verstärkt, dass man den Kampf wieder aufnehmen könne; er werde demnächst wieder Truppen zu der Armee senden. Ist die Armee aber nicht an der Weser zu erhalten, so soll sie an die Elbe geführt werden ; nach Franken sie zu führen, wie der Kurfürst meint, hält der Kaiser nicht für zweckmässig.

Crockow antwortet, sein Herr wünsche gewiss die Aufnahme Hollands in den Waffenstillstand, die Frage sei nur, was zu thun, wenn Frankreich Holland nicht will, oder Holland selbst gegen den Waffenstillstand sei.

Der Hofkanzler erwidert, er hoffe, Holland werde sich bezüglich der Subsidien gut erklärt haben, in welchem Falle es Brandenburg leicht fallen werde die Armee weiter zu erhalten. Es würde dem bisherigen generösen Vorgehen Oesterreichs und Brandenburgs wenig entsprechen, wenn man sich particulariter mit Frankreich einigen würde ; abgesehen davon, dass ein solcher Particular-

ßß2 VI. Goess in Berlin. .Aiilialt in Wien. 1G72 KHo,

Waffenstillstand mehr schaden als nützen würde, zumal wenn Brandenburg Lippstadt an Frankreich gehen tind dulden sollte, dass Holland ganz über den Haufen geworfen werde.

Crockow: Das alles sei wahr, aber auch bekannt, dass Holland so grosse Subsidien nicht mehr zu zahlen fähig sei-, dass Baiern, Württemberg und andere gegen die Alliirten verbunden seien; auch wisse man nicht, was Spanien zu leisten willens sei.

Hofkanzler: Spanien wird das möglichste leisten; Schweden wolle nicht den gänzlichen Untergang der Staaten , was aber durch den Particularwaffen- stillstand erfolgen würde; daher auf einen aligemeinen Waffenstillstand zu sehen sei, den Frankreich, wenn Brandenburg sich stark zeige, unter den Alliirten günstigen Bedingungen annehmen werde.

Dem Kaiser seien von Frankreich grosse Anerbietungen gemacht worden, die er aber zurückgewiesen, da er nicht Willens sei Holland zu verlassen, es wäre denn, dass ihm ein entsprechender Grund dazu gegeben werde.

E. K. M. hätten zwar von einigen Biscursen vernommen, als ob dero Armee nicht also operirt hätte, als wie es Churbrandenburg vermeinet; sie beziehet sich aber eben auf I. Ch. D., welche dero Conduite am besten bekannt und bewusst, dass sie etlichmalen in Bereitschaft gestanden und gern geschlagen hätte, wann man es als insgesammt befunden hätte, weilen sie beordret gewesen alle Occasion hierzu zu ergreifen und in die Battaglien und andere vigorose Operationen zu treten.

Crockow fragt, wenn Frankreich den Universalwaffenstillstand abschlage, wo die Mittel zur Fortsetzung des Krieges seien? Hannover und viele andere Reichsstände sind für Frankreich, das stärker als die Verbündeten und dessen Armee in des Kurfürsten Landen sei.

Hofkanzler fragt hingegen, ob Churbrandenburg in obigen Fall etwas mehrers von Holland, als sie mit ihro geschlossen, begehre.

Crockow: Nein, Holland habe die Accession Dänemarks und besagter boeder Herzogen zu Braunschweig, item mit 25 000 Mann in Westphalen zu agiren, nicht weniger Engelland von Frankreich zu detachiren, ver- sprochen, aber keines aus diesen gehalten. Frankreich seie ietzo in seines Herrn Landen; begehrt also praesentia remedia. Churbrandenburg be- gehre bei E. K. M. zu bleiben, allein, wie gemeldet, remedia hierzu.

Hofkauzier: Man habe coniunctis animis et viribus das äusseriste zu thun und forderist zu erwarten, wessen sich Holland auf des Grafens von Waldeck mitgebrachte Resolution weiters vernehmen lassen werd; wann sie die versprochene praestanda nicht praestireu wollten oder könnten, wirdet hernach weiter dar von zu reden sein. Freilich seie noch ungewiss, ob Dänemark und Braunschweig accediren werden und dass man Schwe- den, Hannover und die anderen, so zu Ulm negstes zusammengekommen

Veihnndhingen ißit Ciockow. Waffenstillstandsfrage. 663

sein, des von Crockow Vermelden nach, wider uns haben möchten. Eine Armee von 30 000 Mann aber werde viel richten können; nur beisammen fest geblieben. Gott wirdet schon eine bessere Campagna für heur schicken, oder ein Universalarraistitium geben lassen.

Crockow: Bene quidem, aber Frankreich ist gleichwohl stärker als wir, dessen Watten liegeten in den churbrandenburgischen Landen, er hätte Mittel genug, wir aber nicht; durch ein Particulierarmistitium würde weuigist Frankreich von allen weiteren progressibus abgehalten; I. Ch. D. bekäme dero Länder.

Schhiss: Der Schluss ist dahin gegangen, dass man beederseits noch zu erwarten, wessen sich L Ch. D., die Krön Spanien und die Holländer in hac crisi noch eigentlich resolviren werden. E. K. M. wären zu allem bereit, was der causae communi nützlich und erspriesslich sein kann.

Crockow verspricht es zu berichten mit dem Zusatz, wann man zu fernerer Continuirung des Kriegs keine realia und praeseutia remedia zeigen werde können, dass man P. Ch. D. nicht verübeln werde , sich particulariter mit Frankreich zu vergleichen.

Hofkanzler: Es stehe zuvor die Resolution von Spanien und Holland zu erwarten; an denen Mittlen werde es hoffentlich nicht ermanglen und hernach weiters darvon reden ').

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 31. März/10. April 1673. (Or.)

[Zustand der Dinge. Waffenstillstand und Particularallianz zwischen Brandenburg und Frankreich betreffend. Devotion gegen den Kaiser.]

Dank für das Schreiben vom 8. März. Und können E. K. M. leicht er- 10. April messen, dass wie mein und meiner Laude Wohlfahrt daran gehangen, also auch ich nichts mehr wünschen mögen, als dass man die Weser und zu solchem Ende Höxter mainteniret und des Feindes Progressen allda sistiret hätte. Ich zweifele aber nicht, E. K. M. werden von meinem Envoye, dem von Crockow, und nunmehr auch von dem Duc de Bournon- ville ausführlich berichtet sein, in was Zustand sich die Sachen bei mei- nem Aufbruch von der Weser befunden und warum eine und andere Reso- lution von ermeltem Duc der Raison de guerre gemäss befunden worden, aus was Ursachen derselbe vermeinet, dass die W^eser nicht mainteniret

^) Ueber Crockows Verhandlungen in Wien Puf. 1. c. XI. 85 ; Droysen 1. c. III.., 438.

664 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wion. 1072-1675.

werden können, dessen Abandonnirung, als worauf nicht anders dann der itzterfolgte Schade entstehen könnte, ich wohl sehr gern evitiret gesehen.

Die Evacuation von Hamm und Soest hat erfolgen müssen '). Was in der "Waffenstillstandsangelegenheit neues vorgegangen, hat der Kurfürst dem Goess mitgetheilt, welcher verhoffentlich berichtet haben wird, dass noch alles in vorigen terminis beruhet und wegen des armistitii noch keine Ge- wissheit eingelanget, viel weniger einige Particuliertractaten gepflogen worden. Ich gebe aber E^ K. M. höchsterleuchtetem ürtheil anheim, wie mir immer möglich sein würde, da meine beste Lande in des Fein- des Gewalt und die übrigen von E^ K. M. und meiner eigenen Armee gänzlich verdorben und nun vollends ruinirt werden, die Staaten auch nunmehr in dem 6"^" Monat nicht einen Heller an Subsidien ausgezahlet, die schwere Last des Krieges bei solcher Verlassung von allen Orten, da es noch mit allen andern, die sich des Werks annehmen wollen, in voriger Ungewissheit bleibet, länger zu ertragen und ob ich zu verdenken, wann ich, dafern kein ander sicher Mittel mich zu retten gezeiget werden könnte, zu E^ K. M. und des Reichs Diensten, so gut es immer möglich, mich zu conserviren und vor totales Ruin zu schützen trachte. Es laufe aber wie es wolle, so versichere ich dennoch E. K. M., dass ich mich von der treuen Devotion, so ich gegen E. K. M. trage und von dem mit deroselben pro defensione imperii aufgerichtetem foedere durch nichts in der Welt will wendig machen lassen.

Votum vom 10. April 1673 über des Goess Schreiben vom 31. März und 2. April 1673. (Conc.)

[ßraunschweigischer Convent. Stellung zu Brandenburgs Paiticularallianzplänen.]

10. April. Dem Goess sei zu antworten : Was den nach Braunschweig einberufenen

Convent betrifft, habe der Kaiser ungern vernommen, dass man von demselben jetzt abstrahiren wolle. Da nun dem Kaiser viel an dieser Versammlung liegt, weil daselbst sondirt werden könnte, wessen sich der Kaiser von seinen AUiirten zu versehen habe, wenn Frankreich Spanien angreifen und der Kaiser das letz- tere unterstützen würde, soll Goess für das Zustandekommen dieser Zusammen- kunft wirken. Was die mit Schwerin, Meinders und dem Kurfürsten gehaltenen Conferenzen betrifft, billigt der Kaiser sehr, dass Goess und Bournonville so eifrig gegen die Trennung Brandenburgs von den AUiirten gesprochen und gegen einen Particularvertrag Brandenburgs mit Frankreich geeifert haben; sie mögen darin fortfahren und den Kurfürsten um baldige definitive Erklärung

') Vergl. Peter 1. c. 130.

Biaunschweiger Convent. Rrandenburgs Haltunaf. Stimmunc; der kurf. Räthe. 665

ersuchen. Zu diesem Zwecke möge der Kaiser von Montecuccoli ein Gutachten über die Fortsetzung der Kriegsoperationen fordern ^) und vom Kurfürsten eine Meinungsäusserung über dasselbe begehren. Geht er darauf ein, so werde das ein Zeichen sein, dass er die Fortsetzung des Krieges will. Wenn nicht, dann soll Goess darauf sehen, dass ein Universalarmistitiiim erfolge und dem Kur- fürsten sehr energisch von einem Particiilarwaffenstillstande abrathen. Sieht er aber ein, dass ein allgemeiner Waffenstillstand, mit Einschluss aller Alliirten, nicht möglich ist, dann soll Goess darauf sehen, dass E. K.M. von ihme darein eingeschlossen werde; in welchem Fall er, von Goess, aber von sich kein actum positivum zu üben haben werde, damit sich nicht die Holländer und Spanien darwider zu beschweren haben.

Berathen am 10., aufgesetzt und beschlossen wie eingerathen am 11. April 1673. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Hocher, Dorsch, Abele.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. April 1673. (Or.)

[Stimmung Schwerins, Cansteins. Jenas, Somnitz', Anhalts. Subsidien für Branden- burg. Verhandlungen darüber mit Waldeck. Geplante Reise des Verjus nach Berlin. Kriegsangelegenheiten. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über Dänemarks und Lüneburgs Haltung in der Allianzfrage. Nachrichten aus Schweden. Unruhen in England. Werbungen in Preussen.]

. . . Der Baron von Schwerin hat mich dahie alsogleich bei meiner 10. April.

Ankunft besucht; contiuuirt bei seine vorige Maximen; insinuando, man

glaube, dass E. K. M. wegen des hispanischen Interesse fast mehr zu

Fortsetzung des Kriegs als zu den Tractaten incliniren. Bei dem von

Canstein und bei dem von Jena habe ich gute Sentimenten gefunden;

wann die subsidia ohne welchen nit fortzukommen seie nur richtig

bezahlt werden und die übrige Confoederirte sich recht angreifen wollten,

würden sie vermutlich den vorigen consiliis fest insistireu. Den Soranitz

habe ich noch nit gesprochen; er zeigt, wie ich vernimm, vor anderen

firmezza und gute Resolution. Der Fürst von Anhalt, deme ich aus

Halberstadt zugeschrieben und zu verstehen gegeben, dass ich wüsste,

dass er Ordre hätte keine Hostilität ferner zu üben noch zuzulassen,

übergeht es und antwortet, wie E. K. M. aus seinem beikommenden

Schreiben gnädigst zu ersehen^).

') Vergl. Grossmann, Alontecuccoli 1. c. 437 f.

"O Anhalt an Schwerin, Dessau 27. März/6. April 1673, Or. Es heisst in dem- selben: „II faudra voir jusques ou ira l'armistice de quoy l'on parle et iusques ou le S"". Verius poussera sa commission et si M. le Baron de Pölnitz obtiendra le paye- ment des subsides; cecy est la seule et la grand' affaire, ou tout s'accroche et sur quoy tout roule."

666 VI. Goe.ss in Berlin, Anlialt in Wien. 1(;72— H;75.

Wegen der Subsidien wollte man nun gern den von mir zu Halber- stadt getlianen Vorschlag, dass nemlich die offerirte 2 Monat alsogleich und nacher alle Monat neben dem laufenden ein rückständiges bezahlt werde, annehmen; es werden aber vermutlich die Holländer mit dem Geld nit heraus wollen, sie seien dann gnugsam versichert, dass I. Ch. D. beständig bei der Party zu bleiben und wann Caution wegen der Subsidien gefordert würde, auch Gegencautiones wegen ihrer Sicherheit begehreu. Im Haag wurde die von dem Pöllnitz urgirende cathegorische Resolution auf des Grafen von Waldeck Widerkunft remittirt^); wie derselbe nun mit schlechter Opinion von uns abgereist, als möchte seine Relation das Werk nit beförderen. Zwar habe ich seither so ihme selbst als dem Kramprich bericht, dass res nostrae nit so deploratae, als er sich eingebildt. Ein Monat an den Subsidien sollen die Staaten General abzuführen verwilligt haben; quid hoc inter tantos?

Goess vernimmt neuerdings, dass Verjus nach Berlin kommen wird -); Goess zweifelt nicht, dass es sich um einen Particulartractat handeln wird. Turenne verhält sich ruhig; dagegen operirt der Bischof von Münster''); er soll Minden bedrohen, worüber der Kurfürst sehr beunruhigt ist.

Wegen Dänemark und Lüneburg meldeten I. Ch. D., dass mit den obhandenen Tractaten nit fort zu kommen. Ego; das verursachte die gefasste Opinion, dass S. Ch. D. von der Party abgiengen. Ille negabat: sie hätten nie keinen rechten Lust darzu gehabt, besorgete sie hätten andere disegni und zwar wider die Stadt Hamburg; die litte ihro In- terese nit, dass Dänemark sie weg nähme; wollten sich darum an- nehmen; vermeinten, dass Schweden dergleichen thun würde, England bekümmerte sich nit sonderlich darum.

Aus Schweden kommen bessere Nachrichten; Schweden erklärt, nur unter günstigen Bedingungen den Alliirten den Frieden mit Frankreich zu empfehlen^).

Von den Troublen in England und der königlichen merklich darbei leidenden Autorität werd viel gesprochen '") und fast prognosticirt, dass es, wie mit seinem Vätern geschehen, per hos gradus zu grössere extrema ge- rathen möchte. In Preussen lassen I. Ch. D. stark werben; die Stand geben 20 000 Rthlr. monatlich darzu und sollen dieselbe nun, seither der Kalckstein exequirt und enthauptet worden, sich viel williger bezeigen.

1) Vergl. Peter 1. c. 147 f.

2) Giimoard 1. c. JI. 200.

3) Vergl. Depping 1. c. 163 f.; Grimoard 1. c. II. 208 f.

*) Für Schwedens Haltung in dieser Zeit Carlson 1. c. IV. 584; Mignet 1. c. IV. I39ff.; Heibig I.e. 34f.; Droysen 1. c. HI.3 449ff. 5) Yergl. Ranke, Engl. Gesch. V. 114 ff.

Subsidienfia"-e. Frankreich fjegcmilxn- zu beobachtemle Politik. 667

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. April 1673. (Or.)

[Frankreichs Erklärungen an Brandenburg. Ansicht Schwerins über die Frankreich gegenüber zu beobachtende Politik. Entgegnung des Goess. Waugelins Erklärungen.]

Am 13. April übergibt Schwerin dem Goess die vom Franzosenkönige in 14. April Bezug auf Brandenburg ertheilte Resolution '). Sie wurde von dem Grafen Tott, Schwedens Vertreter in Paris, dem sie der König von Frankreich über- geben Hess, durch Königsmark an Wangelin gesendet. Schwerin geht zum Kurfürsten, um über die Antwort zu berathen. . Schwerin allegirte den König in Frankreich nun pro teste, dass keine Particuliertractaten noch arraisti- tium, wie man suspicirt, gemacht worden. Seine Meinung gienge dahin, dass, obzwar sothane Tractateu nit können angenommen werden, dannoch dieselben nil rund auszuschlagen, sondern vielmehr tractaudo Zeit zu ge- winnen, dann sonsten wären die Lippstadt, Minden und die andere der Orten gelegene churfiirstliche Plätze, darin sich allbereit gefährliche motus verspüren liessen, in augenscheinlicher Gefahr. Was nun E"". K. M. weder causae communi darmit bedient, wann dieselbe verloren giengen? Man müsse die Necessität et augustias, in welche 1. Ch. D. gerathen, consideriren; separirte abermalen causam Hollandicam a causa mit E. K. M., bei welcher I. Ch. D. beständig halten würden.... Ich remonstrirte, dass meinem Bedünken nach das ganze Werk nun in einen anderen Stand kommen; seither diese königlich französische Resolution ergangen, seie

') Resolution Ludwig XIV. Versailles 17. März 1673. Obgleich Frankreich Grund zur Klage gegen Brandenburg hat, ist der König zu einem Waffenstillstände bis Ende April und zur Annahme des Mainzers oder eines anderen mit Brandenburg nicht ver- bündeten deutschen Fürsten als Vermittler neben Schweden bereit. Ludwig XIV. ver- pflichtet sich ferner zur Rückgabe der in Cleve von den Franzosen genommenen Plätze und der in anderen Ländern noch zu nehmenden unmittelbar nach Abschluss des P'riedens Frankreichs mit den Staaten. Dafür fordert er von Brandenburg gutes Vernehmen mit den Alliirten Frankreichs, Verzicht auf die Allianz mit Holland und die Verpflichtung, so lange der segenwättige Krieg dauere, kein Bündnis zu schliessen, das FVankreich verdächtig sein könnte.

Verjus hat Vollmacht über diesen Waffenstillstand bis Ende April und über den Frieden Verhandlungen zu führen. Zum Beweise, dass Brandenburg es aufrichtig meine, fordert Ludwig XIV. vom Kurfürsten das Versprechen, „de ne point repasser au dec^a du Weser et de remettre en signant la d'e Suspension la ville de Lippstat" in die Hände Ludwig XIV., des Königs von Schweden, oder auch Baierns, oder Neu- burgs, oder Hannovers. Unmittelbar nach Abschluss des Friedens erhält der Kurfürst Lippstadt zurück; kommt der Friede aber nicht zu Stande, so soll Lippstadt dem Kölner Erzbischofe, oder dem Bischöfe von Münster übergeben werden, als Entschä- digung für die durch den Waffenstillstand entgangenen Eroberungen. Vergl. Orlich 1. c. II. 85 f.; III. 266 f.; Grimoard 1. c. II. 219 ff.

668 VI. Goess in I-5erlin, Anhalt in Wien. ir,72 l(i75.

man ratione loci congressus, auch einigermassen des Universalarmistitii und folgends der Universalfrieden.shandlung eins worden. Wie nun in der beständigen Union zwischen den Confoederirten, tarn quoad bellum, quam quoad pacem, die Wohlfahrt und Sicherheit derselben bestünde; also sähe ich nit, wie bei so bewandten Sachen P. Ch. D. auch re- spectu ihres eigenen Interesse zu rathen, dass sie sich in Particular- tractaten einzulassen. Ob er nit besorgete, dass Frankreich aberraalen dift'iciler in tractatu universali werden würde, da Hoffnung ad tractatus particulares gegeben werden solle; res undique esse in motu und dass von einem Tag zum anderen fernere Nachricht wegen der Universal- tractateu erwartet würde. Und weilen E"". K. M. Resolution von dem von Crockow bei nächster Post einzulangen, als stellete ich zu bedenken, ob nit besser derselben zu erwarten. . . . Ich sehe die Sach dahin dis- ponirt, dass man eine Vorantwort geben und tractando Zeit zu gewinnen suchen werde. . . .

Wangelin, der mit Goess spricht, erklärt, der König von Frankreich habe jetzt Neigung zu einem allgemeinen Frieden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. April 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin bezüglich des Particularvertrages zwischen Brandenburg und Frankreich. Urtheil des Goess in dieser Sache. Sächsisch-bran- denburgische Beziehungen. Reichsmediation. Staatisch-englische Beziehungen. Kur- köln und Münster.]

17. April. Auf die Nachricht, dass Frankreich mit Brandenburg Verhandlungen ein-

zugehen wünsche, begibt sich Goess zu Schwerin. Schwerin findet zwar selbst, dass an Particulartractaten nit zu gedenken, wann man ad universales, quod omnino sperat, zu gelangen: ich vermerke dannoch, dass er immer biaisire und in quemcunque casum die particulares nit gern gar aus Händen lassen wolle, zumalen er besorgt, dass die jener Seiten der Weser gelegene Plätze sonsten Noth leiden möchten. Bei mir hat er zwar auf mein Anfragen angeworfen, dass man nit gedachte auf des Verjus Schrei- ben etwas zu antworten, doch durch jemand vernehmen zu lassen, was seine propositiones dann sein möchten. Ich habe aber seither vernom- men, dass der mindische Regierungsrath Ledebour hierzu destinirt; der solle sich entweder nach Neuhaus zu dem Bischofen von Paderborn ') oder nach Osnabrück zu selbigen Bischöfen') zu dem Ende begeben.

^) Ferdinand v. Fürstenberg. 2) Ernst August.

Particulartractat zwischen Brandenburg und Frankreich. 669

Es wäre proponirt, ob er nit gar zu dem de Turenne zu gehen, doch verworfen worden. Gern hätte man gesehen, dass der Verjus wäre hie- her kommen, es solle aber der Bischof von Osnabrück alle Hoffnung hierzu benommen haben. Ich bin immer mehr der Meinung, : dass man die Particulartractaten änderst nicht, als in casum necessitatis ex- tremae ergreifen werde, dass man darmit sucht Zeit zu gewinnen und die ihrer Meinung nach periclitirende Platz zu salvireu, obzwar auch die hier verbliebene ministri schlimmere Opinionen darvor gehabt. : | Dem Baron von Schwerin habe ich vorgestellt, wie nothwendig es seie E. K. M. und die übrige Confoederirte, wie auch die mit welchen noch gehandelt w^erd, als Dänemark, Lüneburg, Chur-Trier, Chur-Sachsen etc. auf Weis und Mass, wie es am besten sein kann und ich auch vorge- schlagen, zu sinceriren und zur Perfectionirung der obhandenen Tractaten mit Nachdruck zu cooperiren: chi ha tempo, ha vita. Ich verhoffe zu Gott, es werde sich dieses Werk noch wohl redressiren und alles in solchem Stand bringen lassen, dass wir entweder einen reputirlichen, sicheren Frieden machen, oder den Krieg mit besserem Success ausführen werden können; allein heisst es su manos a la obra und gehört mehr als eine gemeine Application darzu. Ich vernimm, dass der Hauptmann Pflueg bei P. Ch. D. von wegen Chur-Sachsen daraussen zu Potsdam seie und dieselbe zu der Unterredung bei der vorstehender Leipziger Mess invitire; wann's geschieht, werde ich mich auch dahin begeben und Ge- legenheit suchen Chur-Sachsen zu Miteintretung in das foedus bruns- vicense und andere desiderirende resolutiones disponiren zu helfen. . . . Auf der Fürsten im Reich Mediation sehe ich, dass man dahie wenig baue; der von Schwerin meldete, dass man zu Colin möchte ganz fertig werden'), ehe man zu Regensburg einmal recht anfange. Er vermeint sicher zu wissen, dass jemand zu Paris, obzwar ohne Autorisation des Prinzen von Oranien oder der. Staaten General, für Holland tractire; der

Graf von Waldeck hätte es ihme auch nit allerdings abläugnen können

Die Staaten General sollen an den König von England gar in civilibus terminis wiederum geschrieben, auch gedankt, dass I. M. die Stadt Colin pro loco congressus beliebt und im übrigen das Armistitium zur See nochmalen offerirt haben. Der von Schwerin haltet darfür, dass es dem Bischof zu Strassburg nit so sehr um das Regiment, als um des

') Die nach Köln berufene Versammlung zur Ordnung der Angelegenheiten be- gann im Juni ihre Berathungen.

670 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. ]ß72 lfi75.

Marques de Grana Person in der iStadt Colin zu thun '). Ich habe ihn informirt und er wusste es vorhin, wie so inständig der Marques schon längsten bei E^ K. M. angehalten, damit er von dieser Function erlöst werden und deroselben im Feld, wohin sein ganz Herz und Muth gehe, dienen möge. Der Bischof zu Strassburg^) hatte sich occasione, dass ihme der von Schwerin unlängsten auf ein seiner Schreiben geantwort, gerühmet, dass Churbrandenburg nun um den Frieden bitte; der von Schwerin hat es durch Schreiben geahndet, der Herr Bischof hätte an ihn mehr als 20 Schreiben gethan, ob er dann auch hierdurch um den Frieden gebeten. Episcopus negavit factum, non negavit, dass er des von Schwerin Schreiben an andere communicirt. Es fragte mich der von Schwerin, ob's nit rathsam wäre, dass E. K. M. durch ein ernst- liches Schreiben Chur-Cölln und den Bischof zu Münster bei gegenwär- tigen Conjuncturen von ihrem Vornehmen dehortirten ^). Ich wäre der Meinung, dass sie sich der Ehr und Gnad misbrauchen möchten und dass andere Mittel hierzu gehören diese Herren zur Raison und zu ihrem Devoir zu bringen. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. April 1673. (Or.)

[Mittheilungren des Kurfürsten von Trier. Urtheil des Goess in dieser Frage. Seine Antwort an Trier. Verhandlungen in dieser Angelegenheit mit den Brandenburgern.]

21. April. Bezüglich Triers habe ich vom D''. Sohler vom 10. dieses ein

Schreiben erhalten. I. Ch. G. begehren von mir zu wissen, quo loco sint res nostrae, beklagen sich, dass sie allerseits in Ungewissheit ge- lassen werden. Ihr Agent Heis wäre mit Briefen vom Pomponne dahin ankommen, der M'^ de Dangeau würde täglich erwart ^), habe Befelch von seinem König von I. Ch. Gn. positive und cathegorische Re- solution zu begehren, ob sie E'". K. M., Churbrandenburg und ihren AUiirten den Pass über Rhein gestatten oder verwehren wollten; letz- terenfalls wollte der König dero Erzstift und Landen wie sein eigene verschonen, contra quoscunque mit allen Kräften vertreten und zu besserer Besatzung ihrer Festungen 3000 Rthlr. monatlich Subsidien richtig zahlen

1) Vergl. Eunen 1. c. I. 302 f.

^) Franz Egon von Fürstenberg.

^) üeber das Vorgehen dieser beiden Fürsten Depping I.e. lG3f. ; Droysen 1. c. III3 433 f.

*) üeber Dangeau's Mission Basn. I.e. II. 108; Guhr. I.e. II. 3ff. ; Mein, de Pomponne I. 223.

Kurköln und Münster. Trier. Waffen.stillstandsfrao-e. 671

lassen. I"". Ch. Gn. fielen diese Ding bei diesem dero Zustand sehr be- schwerlich. Was kann auch unziemlichers erdacht werden, als dieses Begjeliren ist? Ich habe mit meinen Äugren an P. Ch. Gn. »Seiten zusehen müssen und geschieht noch täglich , dass des Königs in Frankreich Völker zu Wasser und zu L,and der freie Pass allda verstattet werde; und der König dörfte proponiren, dass ein Chnrfürst seinem Kaiser den Pass verwehren solle? Wo kommt es im Reich doch hin? Die Ver- bescheidung würde sein, dass I. Ch. Gn. in vorigen termiuis und bei dero IXeutralität verbleiben, von den Tractaten zu Colin den gewünschten Success verhoflfen. j: Verlangen aber sehr von mir zu wissen, W'orauf sie sich von E^ M., Spanien, Brandenburg und Holland zu verlassen. Ich habe geantwort, v^'as zur Sachen dienlich; bei E^ K. M. und Holland seie alles richtig; Churbrandenburg habe zwar dieser Tagen etwas va- cillirt; S. D. seien aber daran und verhoffen alles zu redressiren und alsdann werde es auch dahie seine Richtigkeit haben. Bis dahin rathete ich, dass I. Ch. Gn. sich in den bisherigen terminis zu halten :|. Bei Churbrandenburg habe ich die Nothdurft vorgestellt und begehrt, sie möchten wenigsten mir befehlen |: Chur-Trier zu versichern, dass es bei dem, was getractirt, auch ihres Orts verbleibe :|. Haesitat Elector, er wolle die Tractaten lassen aufsuchen, es wären einige Ding darin, so auch der Graf Montecuccoli nit approbirt; supponirte, dass er auch |:vor der vergangenen Monaten die Subsidien herzugeben, wäre besser animirt, als ich erindert, dass dieselbe erst a tempore ratificationis anzufangen : j.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. April 1673. (Or.)

[Waffenstillstandsfrage; Brandenburg-holländische Beziehungen. Zusammenkunft der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg.]

. . . Wegen der Tractaten und des General- oder Particulararmistitii 21. April kann ich E. K. M. bishero nichts gewisses berichten; das Universal- armistitium wäre das beste Mittel, wie ich's allzeit darfür gehalten, das particular zu verhinderen. Kraraprich berichtet mich unterm 8. dieses, dass die Staaten General nun darin consentiren. Bei Frankreich ward die Hoffnung mit diesem Churfürsten zu Particulartractaten zu kommen be- sorglich aufhalten, welches ich dahie unterschiedlich vorgestellt. Es ist zwar zu vermuthen, dass bei continuirenden Troublen in England und der von den schwedischen ministris hierzu anwendenden officiis, wie auch wegen seiner eigenen Angelegenheit, der König es schwerlich werd aus-

672 VI. Goess in Berlia, Anhalt in Wien. iri72 IGT.").

schlagen, dahero ich meines Theils dahin propendire, dass E. K. M. in diesem dubio dero Anstalt mehr nach der affirmativ als nach das Wider- spiel zu richten. . . . Man gibt S^ Ch. D. zwar de praesenti ein Monat Sub- sidien und vertröstet man auch wegen des übrigen Ausstands; es ist aber das Mistrauen beiderseits ziemlich gross. . . . Der Kurfürst von Branden- denburg hat dem Kurfürsten von Sachsen mittheilen lassen, dass er, falls nichts besonderes dazwischen komme, nach Leipzig zu reisen entschlossen sei.

Conferenzprotocoll vom 24. April 1673 über die Verhand- lungen mit Crockow. (Couc.)

[Erklärungen des Hofkanzlers. Waffenstillstands- und Friedensfrage. Rüstungen des

Kaisers und der übrigen Herrscher. Haltung der einzelnen Fürsten. Erklärungen

Crockows. Antwort des Hofkanzlers.]

24. April. Der Hof kanzler betont nochmals die Neigung des Kaisers für einen Univer-

salfrieden und dass derselbe sich alle Mühe geben wolle Spanien und Holland für einen solchen zu gewinnen und wie schädHch andererseits eine Particular- einigung Brandenburgs mit Frankreich nicht nur der allgemeinen Sache, son- dern im Laufe der Zeit auch Brandenburg selbst werden würde. Man möge daher so laute die Ansicht des Kaisers vorerst einen allgemeinen Waffen- stillstand anstreben , dann aber auch an Verstärkung der Heeresmacht denken. Der Kaiser verpflege jetzt 60000 Mann, exclusive einiger 1000 Mann, die in den vorderösterreichischen Landen stehen und werde mit viel bedeutenderer Macht als voriges Jahr zu Brandenburg stossen, auch nicht mit 12000 sondern mit 20 30000 Mann in's Feld ziehen. Die Subsidien werde Holland wahr- scheinlich zahlen und wenn nicht, dann sei man nicht verpflichtet das Bündnis Holland gegenüber zu beobachten. Der Kaiser höre, dass Holland 25 30000, Spanien 15000 Mann in's Feld stellen wolle, dazu die 30000 des Kaisers und 20000 des Kurfürsten gerechnet, gebe eine starke Armee. Die Hoffnung auf Einigung Dänemarks und Braunschweigs mit Holland sei gross; von Schweden nichts zu befürchten. Der Kaiser ist für eine Diversion im nächsten Feldzuge; sobald Spanien und Holland ihre diesbezüglichen Ansichten geäussert haben, wird der Kaiser dem Kurfürsten Mittheilung zukommen lassen. Schliesslich erwähnt der Hofkanzler die guten Versicherungen des Kurfürsten in seinem Schreiben vom 10. April ^) und räth nochmals zu gemeinsamem Vorgehen.

Crockow erklärt, der Kurfürst würdige die Vortheile eines allgemeinen Friedens und sei bereit für denselben zu wirken, habe im Sinne eines allge- meinen Waffenstillstandes mit dem schwedischen Minister gesprochen. Die vom Hofkanzler aufgezählten Streitkräfte wären mehr als genügend, allein es sei keine Hoffnung, dass Holland dieses Jahr mehr leiste, als im vergangenen; die

1) Vergl. p. G6a f.

Verhandlungen mit Crockow. Brandenburg-französischer Vertrag. 673

Einigung Dänemarks mit Holland in weiter Ferne, vom Reiche wirkliche Unter- stützung nicht zu" hoffen. Daher müsste man an andere Mittel denken, damit Brandenburg nicht genöthigt werde quocunque modo sich mit Frankreich zu vergleichen. Sollten solche Mittel aber nicht gefunden werden, dann dürfe man es seinem Herrn nicht verargen, wenn er sich und seine Länder durch einen Particularvertrag vor der drohenden Gefahr sichere.

Der Hof kanzler meldet schliesslich, man wolle das beste hoffen und beim Universalfrieden bleiben; sollten die Generalstaaten die Subsidien nicht zahlen und auch sonst der Kaiser und Brandenburg von allen verlassen werden, dann wollten sie beide zusammenstehen und ihr Interesse möglichst wahren ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. April 1673. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit Schwerin bezüglich der Particulartractate Brandenburgs

mit Frankreich. Aeusserungen des Schwerin über die Haltung der verschiedenen

Mächte. Erwiderung des Goess. Debatte über die Haltung des Kaisers. Vertrag

von 1671. Sachsen-brandenburgische Zusammenkunft.]

Ledebour geht zum Bischöfe von Paderborn "-). Goess sucht dem Schwerin 24. April, neuerdings die Bedenken gegen einen Particulartractat klar zu machen. IUe noD negat, dass die.se Inconvenientien da sein, es wären aber noch grössere, wann sie diese Tractaten gar ausschlagen würden; sie möchten wie der Herzog von Lothringen um Land und Leut gebracht werden; 2°. gebe ihre Intention bei diesen Tractaten auch nicht so weit; ,: sie sucheten allein etwas Zeit zu gewinnen und interim ihre arme Leut zu salviren; 3". die conditiones, so sie bei diesem armistitio forderen, wären also gethan, dass der König in Frankreich dieselbe nie eingehen werde : sie begehrten intuitu armistitii Restitution ihrer Plätze Soest, Hamm, Lünen etc.; 4°. hätten die Holländer das Armistitium universale zu rechter Zeit angenommen, hätte mau dieser Seiten nun nit Xoth zu sothane Tractaten zu schreiten; gestünde, dass der Beaumont") amplam instructionem nach Dänemark mitgebracht; ihr Resident Brandt berichtete aber, dass Dänemark die grösste Reflexion auf England, allwo nun das Parlament mit gutem Vernehmen mit dem König geschieden*), machete. Crockow wäre befelcht E^ K. M. gnädigste Intention bei diesen zu Paderborn vorhabenden Tractaten und was sie ihrerseits darbei desi-

1) Vergl. Puf. 1. c. XI. 85; üroysen 1. c. III.3 438 f. -) Ferdinand v. Fürstenberg.

'•'') Simon van ßeaumont, staatischer Gesandter, der das Bündnis mit Dänemark abschliessen sollte; ürk. u. Act. III. 382.

*) Vergl. Ranke, Engl. Gesch. V. 123 f.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 43

574 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

derirtcn, zu vernehmen. Dieses ihr Armistitium, wann's auch gemacht würde, könnte endlichen so viel nit schaden, dann sie wären ohne das nit in statu diesmalen viel bei der Sach zu thun; interim hätte Churcölln diesseits der Weser von jener Seiten wüssten sie noch nichts gewisses keine Hostilität wider S. Ch. D. vorzunehmen befohlen ^). Goes betont in seiner Erwiderung nochmals die Nothwendig- keit eines gemeinsamen Vorgehens und den Vorzug, den ein Universalfriede vor jedem Particularfrieden habe. Ille: Der von Crockow wäre darum nach Wien geschicket, zu vernehmen, was E. K. M. vor Mittel vorschlagen würden, wodurch I. Ch. D. den Krieg continuiren könnten. Wie ich dann zum öftern vermerkt, dass sub obscure man auf einige subsidia von E. K. M. deute. Goess erwidert, der Kaiser habe stets mehr gethan, als man habe erwarten und hoffen können und sei auch bereit das Werk vigorose fortzusetzen. Die: Es wäre E''. K. M. nun meistens um Spanien zu thun, der König in Frankreich würde nit warten bis Spanien breche, son- dern er der erste brechen, quasi insinuaret, dass wir dahero nun sonder- lich hierbei interessirt und uns um Assistenz zu bewerben. Ego: Diese Ruptur wäre eben was man dieser Seiten so hoch verlangt und immer- fort darauf gedrungen, habere jam, quod optassent, umsomehr hätten sie wohlgemuth zu sein und bei der Party beständig zu verharren. Ille: Man vernähme von einigem Tractat, den E. K. M. mit dem König in Frankreich gemacht; der Hofkanzler Hocher hätte zu dem Crockow ge- sagt, dass ich hiervon Information erstatten würde; gäbe zu verstehen, dass dieses uns abgehalten und noch ferner abhalten würde etwas in favorem Holland wider Frankreich vorzunehmen; item, dass ein solches in favorem religionis catholicae gemeint; E. K. M. würden nit können noch wollen einigermassen darzu cooperiren, dass die katholische, was ihnen der König in Frankreich durch diese seine Conquesten erworben, widerum verlieren sollten. . . .

Goess erwidert, er habe Befehl erhalten, von diesem Österreich-französischen Vertrage Mttheilung zu machen, den Vertrag aber wegen Unsicherheit des Weges in Köln liegen lassen ; er werde ihn nach Berlin schicken lassen. Derselbe sei 1671 geschlossen worden und so eingerichtet, dass er den Bündnissen des Kaisers mit Holland und Brandenburg nicht im Wege stehe"-).

Der Kurfürst wird nicht nach Leipzig gehen; wohl aber will er an einem anderen nicht so entfernten Orte mit dem Kurfürsten von Sachsen zusammentreffen.

^) Vergl. Depping 1. c. 165 f.

^) Gemeint ist das Bündnis vom l./ll. Nov. 1671.

Haltung desKaisers. Yerhandlungeu des Goess bezügl. des brand. -franz. Vertrages. 675

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Laxenburg 30. April

1673. (Conc.)

Der Kaiser versicliert den Kurfürsten, dass er alle Mittel aufbieten werde, 30. April, um diesen Universalfrieden zu erwirken oder aufs beste gerüstet den Kampf wieder aufzunehmen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Mai 1673.

(Ol-.)

[Verhandlungen des Goess mit Schwerin über die Friedensfrage; Aufnahme Spaniens in das österreieh-brandenburgische Bündnis, ürtheil des Goess in dieser Frage. Des Verjus Reise nach Berlin. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten bezüglich der Friedensfrage. Schwedens Haltung. Friedensbedingungen. Urtheil des Goess über Brandenburgs Haltung in dieser Sache. Marsch der kaiserlichen Armee. Sächsisch-brandenburgische Zusammenkunft. Communication des Vertrages von 1671.]

Schwerin bleibt bei seiner Behauptung, dass der Kurfürst entweder durch 1. Mai. Universal- oder durch Particularvertrag sich aus der gefährlichen Lage befreien müsse, in die er gerathen ist; Goess dagegen behauptet, dass man sich viel- mehr in gute Postur setzen und in erster Linie über die Aufnahme Spaniens in das österreichisch-brandenburgische Bündnis verhandeln solle. . . . Bezüglich des letzteren Punktes will man widerum nit an, sich nit abermaleu in einem Krieg, den sie fast pro certo halten, zu engagireu. Ich habe I. Ch. D. in hac fluctione, in der sie sein, an die Hand gegeben, sie möchten gleichwohl diese und andere Tractaten eventualiter vornehmen, nam quae prudentia esset, dass sie allgemach in solchen statum ge- rathen, dass sie ab arbitrio Gallorum zu dependiren, sich leges vor- schreiben zu lassen und den Krieg, wann sie auch darzu necessitirt würden, nit fortsetzen könnten. Wie nun es hoch importirt, dass diese Accessionstractaten für sich gehen und geschlossen werden, also muss gleichwohl auch eine Moderation und Circumspection darbei sein, damit man durch den all j: zu starken Antrieb nicht Anlass gebe die praetensiones subsidiorum all zu hoch zu spannen. Der Conde de Monterey hat an den Blaspeil geschrieben und diese Tractaten stark urgirt, welches all Wasser auf ihre Mühl ist. Zwar muss ich bekennen, dass dieses foedus und die accessio von solcher Importanz, dass man auf ein merk- liches nicht anzusehen, darzu zu gelangen : !. Es ist aber in diesem wie in mehr ander Ding da nichts zu thun, bis der Churfürst nit raffermirt und die Resolution genommen, die Sach mit den Waffen auszuführen. Dieses verspüre ich ebenfalls in |: den Tractaten mit Trier, in Dänemark

43*

676 VI. Goess in Berlin, Anhalt, in Wien. 1672 1675.

und Lüneburcf und in allen Uebrigen :|. Verjus kommt nicht nach Berlin'). Ich habe P. Ch. D. in einer vertreulichen Audienz . . . vorgehalten, dass ihro und unser aller Wohlfahrt in der festen Zusammenhaltung tarn quoad pacem, quam quoad bellum, bestünde und dass das beste, ja das einzige Mittel zu einem guten Frieden zu gelangen, wäre, dass man sicli allerseits rechtschaffen zum Krieg gefasst mache, wie es dann E. K. M. mit allem Ernst thäten. Das Universalarmistitium wäre gut, würde auch von allen Confoederirten beliebt, nichts könnte dasselbe mehr hinderen, als wann den Franzosen einige Hoffnung ad particulares tractatus gegeben würde. (Hierzu gestehen sie sich so gar nit, dass sie gegen dem Fürsten von Anhalt gesagt, ein Schelmen sagte ihro nach, dass sie Particulartractaten mit Frankreich haben). ... I. Ch. D. antworteten, dass sie wohl erkenneten, dass der Fried durch die Waffen müsste er- hebt werden; sie wären an dem, dass sie mit den nun eingehenden Geldern ihre Armee wollten recrutiren lassen, klagten, dass ihro viel Soldaten an Krankheiten und ziemlich geschwind wegstürben, also dass sie etwas contagieux besorge ten.

Ich gäbe P. Ch. D. auch an die Hand, ob sie nit wollten auf ein paar Tagen in der Stadt hereinkommen, die hauptsächliche resolutiones in diesem importirenden Werk zu deliberiren und zu nehmen. Die Zeit wäre da, die Franzosen marschirten an; es wäre zu besorgen, dass, wann sie mit aller Macht wider Holland losgiengen, ein solcher Riss in dem ganzen Werk geschähe, der nacher nit zu repariren. Sie haben mich vertröst, dass sie herein kommen wollen. Mein Absehen geht dahin, damit das Werk im vollen Rath vorgenommen und alle momenta tantae rei überlegt werden, daraus ich dann nichts als gutes verhoffe.

Goess sieht keine Anzeichen, welche die Behauptung Schwerins, Schwedens Betragen erkläre sich durch einen geplanten Angriff auf Bremen, bestätigen würden.

Super conditionibus pacis haben I. Ch. D. noch vor wenig Tagen den schwedischen Abgesandten Wangelin sehr sondirt; er solle sich angelassen haben, als wann er's wüsste, aber nit sagen dörfte; ich vermeine aber, dass er's so w^enig als ich wisse; dass maus dahie so avantageux für sich ver- lange, als sie immer werden sein können, das vermeine ich wohl zu wissen; vergunne P. Ch. D. auch von Herzen alle diejenige, so bei einem Universal- tractat werden zu erhalten sein; wie fest man aber halten werd auf die-

') Er war nach Kassel gegangen, die Vertreter Brandenburgs sollten mit ihm zu Lippstadt berathen; Grimoard 1. c. II. 253.

Verjus in Berlin. Friedensfrage. Brandenburgs Haltung. Stratman. 677

jenige, so die ganze Party und dessen Confoederirte betreffen, das hat man zu erwarten. Wohl verspüre ich, dass man die Rechnung gemacht, dass Holland werd müssen Haar lassen; dass sonderlich Frankreich gut Stück ihrer Conquesten, oder doch das Equivalent werd wollen behalten; dass auch Spanien möchte zugemutet werden ihre Festungen auf die fran- zösischen Grenzen an Frankreich zu cediren und andere als Herzogen- busch, Mastricht etc. darfür anzunehmen; wie aber Spanien darbei fahren oder der Fried dardurch im posterum befestigt würde, das werden die leicht judiciren, welchen die Situation der Länder bekannt. Dass man gewisse conditiones pacis auszuwerfen, darauf man allerseits zu bestehen, das besorge ich, dass hie a nostro magno desiderio pacis nit werde zu erhalten sein. Dass E^ K. M. Armee sich in dero Königreich Böhaimb zu begeben, fällt für diesmalen sehr importun; das Armistitium ist noch nit so richtig, als E. K. M. supponiren und möchte zu Erhaltung dessen all nit wenig contribuirt haben, wann dero Armee bis dahin in Franken stehen verblieben. Goess wird auch die kaiserliche Marschroute noch nicht communiciren, obgleich er merkt, dass der Fürst von Anhalt schon einige Nachricht hieven hat.

Die beabsichtigte Zusammenkunft zwischen den Kurfürsten von Branden- burg und Sachsen zu Leipzig ist abgesagt worden. Neben der von Schwerin als Ursache angegebenen Krankheit des Kurfürsten dürfte auch die noch immer bestehende Jalousie der beiden Kurfürsten dazu beigetragen haben.

Den Vertrag des Kaisers mit Frankreich von 1671 wird Goess jetzt com- municiren müssen. Ich habe darmit bis dato ingehalten, weilen meines Erachtens bei gegenwärtigen Zustand an diesem Hof die Communicirung nit als schädlich sein können.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Mai 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Stratman. Urtheil des Goess über dessen Mission. Hal- tung Frankreichs in der Waffenstillstand- und Friedensfrage. Schreiben aus Kopen- hagen und vom Lüneburger. Cansteins Meldungen über Schütz. Unterredung des Goess mit Pöllnitz. Nachrichten aus Holland.]

Stratman ist hier angekommen und zum Kurfürsten nach Potsdam ge- 5. jjai. fahren, um mit demselben zu berathen'); dem Goess hat er gesagt, dass seine commissiones pacificae sein. Ich insinuirete, dass, wann sie auf einen raisonablen Universalfrieden gericht, würde uns die Negociation lieb und angenehme, sin secus und dass dieselbe ad .particulares tractatus ange-

1) üeber Stratmans Thätigkeit in dieser Zeit Puf. 1. c. XI. 92. 94: Peter 1. c. 150; Mignet I.e. IV. 134; Grimoard 1. c. 11.255, 260.

678 ^^^- fioess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

sehen, uns so unlieb, als dem gemeinen Wesen schädlich sein. Aus allen Umständen besorge ich das letztere. Aus Stratmans Reden, der in Paris war, vernimmt Goess, dass Frankreich keine Neigung zu einem Universal- frieden zeige, vielmehr den Kampf gegen Holland fortzusetzen entschlossen sei; mit Spanien wolle Frankreich nicht brechen, sondern diese Macht nur von der Theilnahme am holländischen Kriege abhalten; Turenne's Armee befinde sich^ in bestem Zustande, wie überhaupt die Kriegsvorbereitungen Frankreichs grosse seien ^). Man hat dem Goess Schreiben Brandts aus Kopenhagen^) und des Herzogs Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg^) übergeben, aus denen die zum Frieden neigenden Ansichten der beiden Fürsten zu entnehmen seien ; me Goess glaubt, um zu beweisen, wie wenig man auf diese beiden Mächte rechnen könne; Goess glaubt aber Dänemarks Stimmung für die Herstellung des Frie- dens einzutreten könnte den allgemeinen Friedensverhandlungen grossen Vor- schub leisten und Georg Wilhelms Antwort sei durch die Anfrage Brandenburgs bedingt gewesen. Canstein, der aus Hamburg zurückgekehrt ist, berichtet, dass er Schütz bei guten Sentimenten und für eine gemeinsame Abwehr der ge- meinsamen Gefahr eingenommen gefunden.

Der von Pöllnitz hat mich gestern heimgesucht; er käme von Pots- dam, allwo er gute officia gethan; dehortirt S. Ch. D. a particularibus tractatibus, sondern dass sie bei der Party fest zu halten, sich in guter Postur zu setzen und den Frieden durch die Waffen zu erheben; haeret ipse, ob nit etwas mehr in Geheim geschehen, als man bekenne*); doch hätte ihn der Fürst von Anhalt noch vorgestern versichert, dass I. Ch. D. nihil fixi resolvirt, quod uterque vel pessimum iudicavimus respectu der Zeit, welche so köstlich und der Gefahr, ne interim graviter vulneretur causa. Er hat mit dem Baron von Schwerin neue Händel, hinc acrior, sonderlich weilen ihme die in favorem der Holländer genommene Resolution guten Theils imputirt werd. Kramprich meldet, man halte in Holland da- für, dass die Tractate zwischen Frankreich und Brandenburg bereits geschlossen und Stratman nach Berlin gesendet worden sei, um den Rattficationsaustausch zu fördern^).

1) Vergl. Grimoard 1. c. H. 252 ff.

^ Brandt aus Kopenhagen d. d. 15. April 1673 Copie. In Dänemark sei man daran mit Holland ein Bündnis zur Herstellung des Friedens zu schliessen und gebe Schweden davon Kunde.

^ Georg Wilhelm an Friedrich Wilhelm d. d. 13. April 1673 Copie. Die von Brandenburg begehrte Hülfe gegen Münster könne er nicht leisten, weil solche Parti- cularzusammensetzungen von keinem Stande bisher resolvirt worden seien.

*) Ueber die Parteiungen am kurfürstlichen Hofe vergl. Puf. 1. c. XI. 88 f.: Peter 1. c. 151f.; über Pöllnitz speciell Peter I. c. 156; ürk. u. Act. III. 410.

^) In der That war diese Ansicht die richtige; Brandenburg hatte am 10. April zu St. Germain einen Präliminarvertrag abgeschlossen (Mignet 1. c. IV. 134), durch

Des Pöllnitz Erklärungen. Verhandlungen des Goess mit den Brandenburgern. 679

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 8. Mai 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten und Schwerin über die Nothwendigkeit gemeinsamen Vorgehens. Erklärungen des Kurfürsten und Schwerins. Klagen über den Prinzen von Oranien und über die Kaiserlichen. Antwort des Goess. Stratmans Mission. Frankreichs Anerbietungen an Brandenburg. Verhandlungen über diese Sache. Rüstungen des Kaisers. Unterredung des Goess mit Stratman über dessen Mission. Xiedersächsischer Kreistag. Hannover.]

Der Kurfürst ist am 6. Mai nach Berlin gekommen und weilen heut um 8. Mai. 7 Uhren Frühe geheime Rath angesagt, als bin ich vor dem Rath noch zu I. Ch. D. und habe in Gegenwart des Baron von Schwerin dasjenige vorgestellt, was uns tarn quoad pacem, quam quoad bellum, fest zu- sammenzuhalten und alle auf Separation anzielende Vorschlag und Ge- danken, als schädlich und ruineux, verw'erfen zu machen. Zu den vorigen Motiven habe ich hinzugesetzt ! : quod scio Romswinckel huc scripsisse : |, dass Schweden nun andere Maximen nehme, durch ihre Gesandte ein Tractat mit den General Staaten, mit welchem es allbereit weit kom- men, im Haag vornehmen lasse; dieses combinire sich mit der Krön Interesse, mit der ibren Gesandten zur Mediation gegebene Instruction, Holland nit all zu sehr deprimiren zu lassen. Man erwäge in Schweden, dass der völlige Untergang Hollands den Schweden nicht günstig sein könnte. Unter solchen Umständen wäre dem Kurfürsten um so weniger die Annahme eines Particularvertrages anzurathen. I. Ch. D. haben dieses alles wohl zu Gemüth genommen, der Baron von Schwerin darbei bekennt, dass er auch dergleichen Gedanken gehabt; dann aber ist man kommen auf die Necessität, in welcher I. Ch. D. gerathen, was sie allbereit verloren und dass das übrige in der grössten Gefahr stünde; dann ferner auf der Holländer übele Conduite, nit zuhalten mit den subsidiis, welche man um ein jedes Gerüchte, so komme, zurückhalte, massen nun mit dem andern der 2 versprochenen Monat geschehe; der Prinz von Oranien, w^elcher sich an etliche wenig Leut, als die Grafen von Waldeck, Rhein- graf') und Hörn ^) henke und im übrigen alle disobligire und die Affec- tion verliere, ist auch nit darbei vergessen worden; wir auch nit aller- dings, zumalen respectu Münster, mit deme unsere Ordre gewesen sein

den es sich verpflichtete, den Niederlanden keine Hilfe mehr zu leisten und seine Armee diesseits der Weser zu halten, wogegen Ludwig XIV. dem Brandenburger die Rückgabe der clevischen Festungen versprach.

^) Karl, der Sohn Friedrichs, der Anfangs 1673 gestorben war.

-) Graf Hörn, General der Artillerie; über seine Thätigkeit im Kriege Basnage 1. c. II. 342, 476 u. a. 0.

680 "^'I- <^oess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

solle civiliter umzugehen. Ich habe hierauf die Notdurft replicirt; P. Ch. D. als einem nahen Verwandten und Vormunde käme zu den Prinzen von Oranien zu advertiren und zu dirigiren. Uns anbelangend, hätte ich alle E^ K. M. Ordre in meine Händen, die wären also resolut ge- wesen, dass wir uns keineswegs darmit zu entschuldigen.

Bezüglich Stratmans erklärt Schwerin, des Stratmans Negotium hielte nichts änderst in sich, als was er mir obzwar nur obiter angedeut, dass der König in Frankreich auf des Herzogs von Neuburg officiis sich solcher- gestalt resolvirt, dass er zwar geneigt auch mit Holland und mit ihren Confoederirten zu tractiren, doch der Sachen viel ehender und leichter durch einen Tractat mit S. Ch. D. und folgends mit E. K. M, und dero übrigen Confoederirte im römischen Reich geholfen werden könnte, in quem casum der König sich erböte, alsofort S''. Ch. D. die abgenommene Plätze zu restituiren; |:excepto, wie man von jemanden andern in Ver- trauen vernommen, dass er Wesel und Rees bis der Fried mit Holland geschlossen, doch ohne einzigen Entgelt der Inwohner, behalten werde : j. Ego: Ich könnte leicht erachten, dass es auf eine Separation angesehen; hätte nie gezweifelt, der König würde dergleichen zu erhalten liberal in conditionibus sein; es wären Anfangs ihrer mehr gewesen, welche susti- nirt, dass man sich der Holländer nit anzunehmen; I. Ch. D. aber wären einer anderen Meinung gewesen, hätten erstlich sich selbst und nacher auch E. K. M. in diesem Krieg engagirt; wäre nun die Frag, ob mau solchergestalt, wie da proponirt werd, daraus zu scheiden, zumalen Gott- lob noch Mittel vorhanden auf andere sichere und reputirlichere Manier daraus zu kommen. Hie Ser™"^: Man solle ihro die Mittel durchweiche sie den Krieg ausführen könnten zeigen. Ego: Darvbn wäre in den Conferenzien vielmalen gehandelt worden ; der Generallieutenaut Monte- cuccoli schriebe mir nun bei vorgestriger Post, dass es mit unserer Miliz in solchem Stand, dass ich verhoffen könnte, obwohl ich nur allzeit in dem computu von 20 000 Mann auf unsere Seiten gesagt, dass wir ein mehrers zu Feld würden bringen können.

Der von Schwerin inhaerendo priori bus gäbe zu verstehen, dass, was sie da thäten, nit eben dahin angesehen, dass sie sich separiren wollten, allein propter saepedictas rationes müssten sie etwas laviren. Goess er- widert durch die Behauptung, dass dieses laviren dem Fortgange der Allianz- verbandlungen und der Kriegsoperationen sehr hinderlich sei.

Den Stratman habe ich gefragt, wie er zu dieser Commission komme; ille: Sie wäre pro bonopacis; ego: Videret, ne pro malo servitutis, darin

Stratmans Mission. Frankreich u. Bran(leubur<>-. Vorhandlungen mit Crociiow. 681

sein Herr sich und das Reich setzen möchte. [ : Ob er nun von dem Herzog seinem Herrn ex proprio motu also nach Minden geschickt und zu diesem Werk employirt worden, dass niemand von diesem Hof aus etwas darbei suggerirt, das lasse ich dahin gestellt sein : |.

Der niedersächsiscbe Kreistag ist auf den 12. Mai st. v. angesagt, unmittel- bar darauf soll die Berathung der Mitglieder des Braunschweiger Bundes statt- finden.

Der Kurfürst von Brandenburg meldet dem Goess, dass der Herzog von Hannover sich entschieden für Frankreich erklärt habe und werben lasse.

OonferenzprotocoU vom 8. Mai 1673 über ' die Unterredung mit Crockow. (Conc.j

[Erklärungen des Kaisers. Bereitwilligkeit zur Truppensendung. Forderungen an Brandenburg. Bemühungen des Kaisers im Interesse Brandenburgs. Rathschlag des Kaisers. Vorgehen Frankreichs. Gravels Proposition zu Regensburg. Türken- Crockows Erwiderungen. Haltung Brandenburgs. Nothwendige Massregeln. Stellung des Kaisers zu einem eventuellen brandenburg-französischen Vertrage. Verhandlungen über den Österreich-französischen Vertrag von 1G71. Des Kaisers Operationen gegen Frankreich. Des Lobkowitz Urtheil über die Lage. Mittheihingen aus Spanien.]

Der Hofkanzler proponirt : Crockow werde sich erinnern, dass er bei der 8. Mai. nachgesuchten Audienz um Mittheilung der kaiserlichen EntSchliessungen er- sucht habe. Der Kaiser ist nun der Ansicht, dass unter den AlHirten eine Ent- schliessung über das künftige Vorgehen nothwendig sei, er hätte gerne früher darüber mit den übrigen Verbündeten sich berathen; da er aber die Richtigkeit der von Brandenburg für eine schleunige Entschliessung geltend gemachten Gründe anerkennt, erklärt er sich bereit 30 000 Mann in's Feld zu stellen wenn er versichert werde, dass Brandenburg das seinige leiste. Er fordere daher eine zuverlässige Erklärung darüber, ob der Kurfürst nicht allein mit dem Kaiser, sondern auch mit den Holländern dem geschlossenen Bündnisse gemäss vorgehen wolle ; bis er darüber aufgeklärt, könne der Kaiser keine Resolution fassen. Der Kaiser habe Lisola und Kramprich wiederholt befohlen für die Abführung der Subsidien zu wirken, Brandenburg möge dasselbe thun. Auch müsse man dahin sehen, dass Dänemark und die Braunschweiger Fürsten der Allianz beitreten, wozu der Kaiser seinerseits alles beitragen wolle. Von Spanien habe der Kaiser die Vertröstung, sobald er anrücken werde, würde Spanien mit operiren, doch sei der Kaiser mit dieser Erklärung nicht zufrieden, wünsche vielmehr die Resolution wegen des wirklichen Bruches. Zur allgemeinen Be- sclilussfassung empfiehlt der Kaiser eine Zusammenkunft im Haag, wo man auch über die Friedensbedingungen werde unterhandeln können; doch glaubt der Kaiser nicht, dass es so leicht sein werde, den Frieden zu erlangen. Die Holländer hätten das von dem schwedischen Gesandten im Namen Frank- reichs angetragene Armistitium zwar anfänglich abgeschlagen, jetzt aber diffi-

682 "^'T. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

CLiltire Frankreich den Waffenstillstand und setze Holland um so stärker zu, da es vermuthe, dass der Kaiser und der Kurfürst von Brandenburg Holland verlassen würden. Frankreich suche an 2 Orten den Frieden zu verhandeln, zu Aachen mit den Generalstaaten und zu Köln mit dem Reiche; Gravel habe jüngst ein Memorial zu Regensburg vorgelegt, nach welchem Frankreich sich mit dem Reiche einigen wolle, wenn weder der Kaiser noch sonst ein Reichs- stand die Weser und den Rhein passiren, noch auch jemand den Holländern zu Hilfe kommen wolle ^), welche Bedingungen man natürlich nicht annehmen könne. Von den Türken sei für dieses Jahr nichts zu fürchten. Der Kaiser fordere daher Brandenburg nochmals auf sich von der allgemeinen Sache nicht zu trennen.

Crockow antwortet: Es komme alles darauf an, was die einzelnen Mitglieder der Allianz leisten werden. Bisher habe sich der Kurfürst von der Allianz nicht getrennt; werde dies auch nicht thun, wenn Mittel zur Fortsetzung ge- funden werden. Der Kurfürst wolle sich auch nicht von den Holländern trennen, wenn sie nur die Subsidien für die verflossene Zeit und in Zukunft richtig zahlen. 30 000 Soldaten wären eine bedeutende Macht; aber es beruhe alles darauf, ob der Kaiser für sich und in seinem Namen den Kampf führen wolle ; denn nur in diesem Falle sei zu erwarten, dass die Stände die behaupten der Kaiser habe einen Vertrag mit Frankreich geschlossen sich zur Unter- stützung bereit erklären. Auch würden in diesem Falle Dänemark, Celle und W^olfenbüttel um so eher der Allianz beitreten. Auch Spanien müsse mit Frank- reich offen brechen; das seien die einzigen Mittel um den Kampf gegen Frank- reich mit Erfolg zu führen.

Zum Fall aber gar alle andere Rettungsmittel vergebens sein und sein Principal wider alles verhoffen mit Frankreich sich in Particular- tractaten einzulassen gemüssiget werden solle; hoc insperato casu ver- lange Churbrandenburg eventualiter zu wissen, ob und wie E. K. M. in solche Privathandlung includirt zu werden begehrten; so aber alles nicht von Nöthen wäre, da E. K. M. und Spanien mit Frankreich brechen wollten.

Er wolle alles dem Kurfürsten berichten.

Der Hofkanzler erwidert, der Vertrag vom 1. Nov. 1671 mit Frankreich sei mit Rücksicht auf das dringende Bedürfnis der Ruhe zu damaliger Zeit geschlossen worden; jedoch sei derselbe so eingerichtet, dass weder das Reich, noch Spanien, noch auch die Holländer im geringsten durch denselben praeju- dicirt würden.

Crockow meint darauf, er möchte eine Copie dieses Vertrages haben, den zu schliessen damals der Kaiser billige Ursache gehabt; daher könnte der Ver- trag auch der ganzen Welt mitgetheilt Averden. Doch verwundere er sich darbei nicht wenig, dass man gegen Frankreich bei voriger Campagna ex parte E"". K. M. nicht operirt habe.

') Vergl. Theatr. Enropaeum XI. 300 f.

VerhanrlluDgen mit Crockow. 683

Hofkanzler: Der Graf von Montecuccoli liahe im Befehl gehabt, den Tu- reime. Conde und Duras ') coniunctim oder separatim anzugreifen, wenn es also insgesammt sollte beschlossen werden.

Crockow: Warumben man sich dann nicht gegen Churbrandenburg wegen besagtes foederis erkläret und dardiirch die Maschera abgezogen habe.

Hofkanzler: Man habe solches für unnöthig gehalten, weilen die Ordre in contrarium und nach Verlangen P. Ch. D. verhalten gew'esen; es würde auch unfehlbar geschehen sein, da noch mehrere zu uns herbeigetreten und die Partei der Notdurft nach verstärkt w'orden wäre.

Crockow: An der Accession würde es nicht ermangelt haben, wann E. K. M. dieses foedus zeitlich publicirt hätten, dann das darbei gebrauchte secretum hat aller Hand Mysterien und ungleiche Gedanken verursacht.

Lobkowitz: Anietzo seie die Sach matur worden; man habe vorhero langsam gehen und erwarten wollen, ob nicht mehrere Reichsfürsten zu der mit Churbrandenburg aufgerichteten Bündnus accediren werden; anietzo seie es Zeit sich offenherzig zu expectoriren und seine Resolution zu eröffnen und continuirte der Hofkanzler: Aus Spanien wäre zuver- lässige Nachricht eingelangt, dass ihre in den spanischen Niederlanden habende Völker E"". K. M. Standarten zu folgen befelcht worden; die Krone hätte allda 40 000 Mann, lauter stattliches Volk; sollte nun Frank- reich sich gegen Niederland wenden und selbige feindlich überziehen, würden sie solche zwar selbsten zu ihrer nothwendigen Defension bedürfen? sonst aber etlich und 20 000 Mann uns zu Hilf schicken können.

Crockow sagt, er vernehme diese Entschliessungen Spaniens gerne, sei aber dafür, dass Spanien offen mit Frankreich breche.

Hofkanzler: Von der Inclusion in die Particularfriedenstractate wäre der Zeit nichts zu reden, weilen wir noch den Krieg völlig auszuführen willens.

Crockow^ erklärt, es hänge alles von den Entschliessungen der Mächte ab.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. CöHn a. d. Sp. I./IO. Mai

1673. (Or.)

[Abschluss mit Frankreicli.] E. K. M. werden sich allergnädigst erinnern, was deroselben ich 10. Mai. durch meinen Abgeschickten, den von Crockow-, zu unterschiedenen Malen vorstellen lassen: wie dass nemlich mein Zustand anietzo also

') Herzog von Duras; über die Operationen desselben in diesem Kampfe; Mignet 1. c. IV. 126; Urk. u. Act. III. 321 f.; Basnage 1. c. II. 343 f.

684 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1 «72 167.').

beschaffen, das.s, wann mir nicht schleunige Rettungsmittel widerfahren, mir nicht verdacht werden könnte auf andere Mittel zu gedenken mich und meine Lande zu salviren, gestalt ich dann auch solches durch ab- sonderliche Schickung im Haage vorstellen lassen. Wann ich nun solche Mittel bis auf diese Stunde vergeblich gehoffet, ich auch nicht absehen kann, wie solche so geschwinde erfolgen möchten, dass ich dem bevor- stehendem fernem Unglück gnugsam begegnen könnte; so habe ich wider meinen Willen eine andere Resolution ergreifen müssen'), wovon ich sofort allhier E''. K. M. Abgesandten, Baron de Goess, durch meine Räthe Nachricht geben lassen. Crockow hat aber Befehl erbalten, dem Kaiser nochmals die Gründe auseinander zu setzen, die den Kurfürsten zu diesem Schritte vermocht.

Goess an den Kaiser. iJat. Berlin 12. Mai 1673. (Or.)

[Verhandlungen im kurfürstlichen Rathe über Stratmans Eröffnungen. Bemühungen des Goess den Abschluss des französisch-brandenburgischen Vertrages zu hindern. Eröffnungen des Schwerin und des Somnitz. Entgegnung des Goess. Einschluss des Kaisers und Spaniens in das brandenburg-französische Bündnis. Verwendung der brau- denburgischen Truppen. Mittheilungen Stratmans über den Zweck seiner Mission und über Frankreichs Anerbietungen. Neigung des Berliner Hofes zur Annahme des Friedens. Haltung des Goess. Begründung derselben. Congress der Braunschweiger Alliirten. Neue Unterredung des Goess mit Schwerin und Somnitz. Admission des Kaisers und Spaniens in den brandenburg-französischen Vertrag. Verwendung der kurfürstlichen Truppen. Braunschweiger Zusammenkunft. Schweden. Comitialia.

Reise des Meinders.]

12. Mai. Ueber Stratmans Vorschläge sind Berathungen gehalten worden. I, Ch. D.,

wie ich vernimm, haben ihrer Räthe vota darüber angehört und zum

Schluss gemelt, sie würden sich darüber zu resolviren wissen; darbei es

2 oder 3 Tagen verblieben. Alle sollen fast einig gewesen sein, dass

I. Ch. D. in einem solchen Stand gerathen, dass sie die Particulartrac-

taten antreten müssten, wollten sie nit alles das übrige jenerseiten der

Weser verlieren^). Dem Baron von Schwerin habe ich mit mehrern

vorgestellt, wie diese Ungewissheit und Irresolution, in welcher man da

lebete, der gemeinen Sach sehr schädlich wäre und dass man allerseits

zu wissen woran man w^äre und consilia et vires zusammen zu tragen.

^) Friedrich Wilhelm hatte am 8. Mai den Vertrag, den Stratman mit Frankreich geschlossen, ratificirt; Peter 1 c. 1.52.

■^) Ueber die Berathungen am kurfürstlichen Hofe: Puf. I.e. Xt. 89ff.; Peter 1. c. 151f.

Abschluss des brandenb. -franz. Vertrages. Verhandlungen des Goess darüber. 685

Er hat geantwort, dass I. Ch. I). ihme und dem von Somnitz anbefohlen zu mir zu kommen und mir dero Resolution . . . anzudeuten und seind sie beide darauf um 10 Uhren Vormittag zu mir kommen. Die Proposition wäre: Niemand könnte besser als ich Zeugnus geben, mit was Eifer S. Ch. D. diesen Krieg pro salute communi angetreten und bis dato ver- folgt und mit was aufrechter Devotion sie E'', K. M. zugethan; darin würden sie immerfort verharren; wäre ihro sehr leid, dass es mit dero- selben so weit kommen, dass sie sich Gewissens halber verobligirt fun- den, ihre arme Land und Leut zu retten, andere Resolution zu nehmen. Sie wären nun entschlossen nach Frankreich zu schicken, zu sehen, ob allda die Intention zum Frieden so gut wäre, als man vorgäbe. I. Ch. D. Hessen mich gnädigst ersuchen, dass ich hierüber solchergestalt an E. K. M. referiren möchte, dass dieselbe darbei zu acquiesciren und satis- fait zu sein, massen sie auch an E. K. M. hierüber schreiben werden. Man wäre bei ihnen angestanden, ob E. K. M. verlangen möchten in sothanen Tractat, wann einer geschlossen würde, mit eingeschlossen zu w^erden, oder dass derselben einige Meldung darin geschähe; nachdem er aber die Meinung seither von mir vernommen, würden I. Ch. D. es fleissigst beobachten und würde kein Difficultät darbei sein. Wegen Inclusion des Königs in Hispanien, worvon ich auch gemelt, möchte es etwa schwerer fallen; I. Ch. D. würden doch das beste darbei thuu.

Goess recapitulirt in seiner Antwort, was er wegen des Particularvertrages so oft betont, "wie schädlich derselbe sei und bittet um Mittheilung der In- struction des für die Mission nach Frankreich ausersehenen Meinders.

Wegen Inclusion E''. K. M. hatte ich schon des Morgens Frühe dem Baron von Schwerin insinuirt, sie könnten ja für sich selbst erachten, wann ich auch die geringste Meldung nit darvon thäte, dass sie ho- uestatis et aequitatis causa für sich darauf zu gedenken, zumalen der König in Frankreich sich hierzu sponte sua gegen den Stratraan erboten und contestirt nichts mehrers zu verlangen, als mit E^ K. M. und mit dem römischen Reich in guten Vernehmen und Freundschaft zu bleiben ; wie man dieselbe also verlassen könnte, ohne einmal Meldung ihrer zu thun etc.? Was Spanien anbelange, könnte ebenso wenig Difficultät dar- bei sein; der König in Frankreich hätte sich gegen den Stratman erklärt, ob er zwar wegen des mit Charleroi vergangenen geklagt'), den aachi-

'■) Charleroi, das im Äacbner Frieden an Frankreich abgetreten worden war, lag mitten im spanischen Gebiete und war von Wilhelm von Oranien allerdings ver- geblich — belagert worden; vergl. Basnage 1. c. 243 ff.

686 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Iß72 1675.

sehen Frieden aufrichtig zu wollen halten, auch S^ Ch. D. Confoederirte, ausser der Holländer, bei diesem Tractat mit zu admittiren. Ob nun zwar das letzte Foedus mit Spanien nit geschlossen, so wären doch andere Tractaten da, vermög welcher Spanien unter S''. Ch. D. Confoe- derirte gerechnet werden könnte; so wäre es ihre eigene Convenienz und erforderte es die gemeine Securität, dass dieses also geschähe.

Ich hatte den von Schwerin gefragt, w^as sie mit ihren Völkern ge- dächten zu thun, sie wären guten Theils mit der Holländer Geld ge- worben, also billig denselben zu überlassen. Er gäbe zu verstehen, dass sie dieselbe, sonderlich ohne subsidiis, nit würden alle halten können. Bei Ueberlassung an die Holländer zeigete er Difficultäten bei Frankreich zu apprehendiren. Diesmalen wurde mir geantwort, dass I. Ch. D. bis dato nit gemeint einige zu entlassen; der König in Frankreich hätt's nit begehrt; sie wären auch nit gemeint ihme einige zu überlassen. Ich zweifele nit, wann's in ihren Mächten bleibt, sie werden's gern an Hol- land oder an ihre Freunde überlassen.

Der Stratman hat mir nach seiner Widerkunft von Potsdam von allem vertreuliche Nachricht gegeben, auch gemelt, dass er dessen von dem Herzog seinem Herrn befelcht; er habe auch dergleichen bei dem schwedischen Envoye Wangelin gethan. Er habe ganz nit in Befelch dem Churfiirsten zu einigen Particulartractaten mit Frankreich zu rathen, sondern S"". Ch. D. allein vorzustellen, im Fall sie das Werk mit den Waffen nit ausführen könnten, wie es sonsten der Herzog w^ohl wünschen möchte, welchergestalt et quibus conditionibus endlichen durch Tractaten daraus zu kommen wäre, damit der westphälische Kreis nit in fremde Macht käme, dessen er wiederholte contestationes , so bei dem Chur- fürsten als den ministris gethan und mithin praecavirt, dass weder dem Herzog seinem Herrn, noch ihme, diesfalls künftig nichts solle imputirt werden. Die conditiones seind diese, dass wann S. Ch. D. gleich die Friedenstractaten antreten wollten, würde der König ihro alsobald alle die abgenommene Länder und Plätze restituiren, ausser einigen am Rhein, welche sie doch gleichfalls nach geschlossenen Frieden mit Hol- land P. Ch. D. restituiren, Interim aber die Garnison ohne allem ihren Entgeld darin halten würden und möchte der König leiden, dass wegen dieser Restitution eine selbst verlangende Garantia verglichen würde. Im Fall aber der Churfürst allein ein Particulararmistitium verlangete, so müsste Interim zu des Königs Versicherung die sequestratio der Lipp- stadt ad manus tertias cum hac annexa couditione. dass. wann der Chur-

Verhaiidlunsjen des Goess bezüglich des brandenb. -franz. Vertrages. 687

fürst dasselbe verglichenermassen nit halten thäte, die Lipptadt alsdann Churcölln oder dem Bischof von Münster einzuräumen, geschehen...').

Als Goess dem Schwerm dieses Waffenstillstandsproject anzimehmen em- pfiehlt, weil es weniger Schaden und Trennung verursachen würde, findet er Schwerin nicht dazu geneigt; vielmehr ist man zur Sendung des Meinders nach Frankreich entschlossen-). Man fährt in Berlin auch mit den Klagen gegen Holland fort^). Bei dieser nun sothaner S^ Ch. D. Resolution habe ich gleichwohl gut befunden den Glimpf so viel möglich bei- und dieselbe bei der guten proötirenden Affection und Devotion gegen E. K. M. zu erhalten; dann ich sehe nit, was etwa die Ressentimenten oder Ahndung, obwohl ich tarn quoad rem ipsam, quam quoad modum ürsach gnug darzu gehabt, vor Nütz oder Frucht bringen können. Ich glaube und ist fast zu sehen, dass allein die eingebildete grösste Noth und Ne- cessität I. Ch. D. hierzu bringe; massen dann der König in Frankreich auch also darvon judicirt und den Stratman auf Vorstellung der von seinem gnädigsten Herrn gethanen olFiciorum stracks geantwort, weder des Herzogs, noch auch seine des Königs officia hätten dieses bei dem Churfürsten gewirkt, sondern allein die bittere Noth; dahero dann mir rathsam zu sein bedanket, den jetzt referirten modum hierbei zu ge- brauchen und immerfort auf die Gelegenheiten zu invigiliren, wie dieses alles widerum in besserem Stand könne gebracht werden.

Die Versammlung der Braunschweiger Alliirteu wird stattfinden; nur wird Brandenburg jetzt besonders darauf sehen, dass nichts Frankreich präjudicir- liches vorgenommen wird. Man spricht am kurfürsthchen Hofe von Aufnahme Schwedens in den Bund. Goess meint, man werde kaiserlicherseits alles thun müssen, um die Versammlung zu energischen Massregeln im Sinne eines allge. meinen Friedens und gemeinsamen Vorgehens zu ermuntern. Den General- staaten wird bezüglich der Friedensverhandlungen Brandenburgs mit Frankreich dasselbe mitgetheilt werden, wie dem Goess. Bei Schluss des Schreibens kom- men Somnitz und Schwerin zu Goess und melden demselben, der Kurfürst he- theuere nochmals seine Devotion gegen den Kaiser, werde dem Goess die In- struction für Meinders communiciren, sich bemühen den Einschluss des Kaisers und Spaniens in den vorhabenden Vertrag mit Frankreich zu erwirken. Goess erwidert, er habe mit Stratman über diesen Punkt gesprochen und sie hätten sich die Form dieses Artikels so gedacht: H est aussy convenu entre S. M. tres chrestienne et S. A. E., que S. M. I. et le Roy Catholique

') Vergl. Mignet 1. c. IV. 134.

'■') Ueber des Meinders Sendung nach Frankreich Puf. 1. c. XI. 92; Droysen 1. c. III. 3 440 f.; Peter 1. c. 153; Orlich 1. c. IL 87 f.

^) Für die Beziehungen des Kurfürsten zu den Staaten in dieser Zeit Urk. u. Act. III. 389 ff.

688 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 Ifi?.').

soyeut compris dans ce traicte. Das Particulararmistitium billige der Kur- fürst nicht wegen der Schwierigkeit mit Lippstadt. Goess bleibt dabei, dass es mehr zu empfehlen sei, als ein Friedensvertrag. Die Truppen erklären die kurfürstlichen Räthe ferner werde der Kurfürst mit Rücksicht auf die von türkisclior Seite drohende Gefahr noch behalten. Wegen der braunschwei- gischen Zusammenkunft habe der Kurfürst die Schreiben an die Interessirten abgehen lassen. Goess betont, man müsse den Alliirten auftragen, ihren Ver- tretern mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage umfassende Instruction zu er- theilen. Wegen der vom Kaiser hervorgehobenen Befürchtung, es könnte von der Gegenpartei etwas gegen Hamburg und Bremen geplant werden, wird Mein- ders Befehl erhalten, sich in Frankreich zu erkundigen, gleichen Befehl werde Krosigk') in Stockholm erhalten; doch glauben die Räthe nicht, dass sich combinire, dass Frankreich (sich) Schweden hierin fügen wolle und dass nunmehr Schweden den Holländern favorisiren solle. In comitialibus, vor- nehmlich wegen des „punctum mediationis" und dass Leopolds Truppen für kaiserliche Truppen erklärt und gehalten werden sollen, sei der Kurfürst bereit die Interessen Oesterreichs zu vertreten -). In eine lange Verzögerung der Mission des Meinders könne Brandenburg mit Rücksicht auf das Elend der Unterthanen nicht willigen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Mai 1673, (Aut.)

[Verlust der Kaiserin. Heirat des Kaisers. Wünsche des Kurfürsten und des Goess

in dieser Hinsicht.]

12. Mai. Iii tieffester demuth erkhenne ich die hohe kaiserliche gnadt, so

mir E. K. M. mit dero gnädigsten eigenhändigen schreyben vom 12. April gethan^). Dieselbe trösten mich sicherlich vil mehr, als ich sie nit trösten khönnen. Wen sollen so heroische christliche sentimenten, als E. K. M. darin führen, nit consoliren. Nun ist allein übrig, dass unsere aller vota erfült, dieser Verlust widerumb ersezet und dero christliche resignaciou, wie ess bey dem algütigen Gott nie daran fählt, reichlich belohnet werde. Dieser Churfurst hat mich gleich anfangs gefragt, ob er in seinen consolatoriis nit etwass adhortatorii mit anhenckhen dörffte; ich habe vermeint, dass ess nacher füglicherer geschehen khönte; halte

^) Ludolf Lorenz Krosigk; für seine Mission in Stockholm Puf. 1. c. XI. 98.

-) Für die Reichsangelegenheiten Pachner 1. c. I. 603, 605, 6n.

^) Dieses Schreiben liegt nicht vor: es war, wie aus dem vorliegenden Briefe des Goess zu entnehmen ist, ein Dankschreiben für das Condolenzschreiben des Goess gelegentlich des Absterbens der Margarethe Theresia, Leopold I. erster Gemahlin t 12. März 1673.

Heirat des Kaisers. Verhandhingen bezüglich des brandenb. -franz. Vertrages. 689

auch, dass ess nunmehr geschehen, dan der v. Schwerin fragte mich vor wenig tagen, ob man auch fohlen khönte, wan man den Pabst nach- folgete; suppouendo, dass derselbe schon E. K. M. ad secundas nuptias adhortirt^) und gar, wie gesagt worden, einige nit begehrte dispensation deroselben zugeschickt. Wan dem geringsten unter E^ K. M. underthanen und diener erlaubt ist seine vota hier beizufügen, so wünsche icli wohl von herzen, ut abrevientur dies expectationis et consolationis nostrae. I. Ch. D. sagten mir vergangenen Tagen zu Potzdam, alls ich mit ihro in dero kleinen wagl allein spaziren führe: Grosse Herrn, an deren Zu- standt und resolution so vil landt und leuthe, ja die ganze Christenheit so gross interesse hette, wie bey E. K. M., hetten auf gewisse ding und umbstände, so den particuliers entlichen w'ohl anständig, nit zu reflectiren. Wie sie allzeit fast mitleyden mit der Erzherzogin in Tyrol') bezeigt umb gewisse opinionen, die sie von dem Herzog v. Yorc haben ^), als erfreuen sie sich nun herentgegen mit derselben umb andere opinion und meinung, so ihm zu gemüt gehen. . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 15. Mai 1673. (Or.)

[Verhandlungen in der Particulartractatsangelegenheit. Instruction des Meinders- ürtheil des Goess über den Stand der französisch-brandenburgischen Beziehungen. Stratmans Mittheilungen. Erklärungen der Brandenburger bezüglich ihrer Stellung zum Kaiser. Französisch-österreichische Verträge. Gerüchte über den Inhalt derselben. Religionsangelegenheiten. Urtheil des Kurfürsten und seiner Räthe über die Zukunft Hollands. Des Goess Ansicht bezüglich Schwedens Haltung.]

Die Relation vom 12. dieses und das beigelegte ProtocoU über die mit 15. Mai. Goess gehaltene Conferenz bezüglich der Particulartractate Brandenburgs mit Frankreich dürfte der Kaiser erhalten haben*).

Goess setzt seine Beschwerden über das Vorgehen des Kurfürsten fort_ Noch heut vor dem Rath bin ich sowohl bei P. Ch. D. als bei dem Baron von Schwerin gewesen und dieses alles vorgestellt, sie begehrten an mich, dass ich das Werk favorabiliter an E. K. M. referiren wolle, sie sollen mir Materie hierzu geben und im Werk bezeigen, dass sie beständig bei dieselbe halten und verharren wollten; darauf I. Ch. D. sich mit grossen contestationibus erklärt, wegen der Necessität, in welchen sie gerathen

1) Das war in der That auch geschehen; vergl. Wolf 1. c. 363.

'^ Claudia Felicitas.

^) Vergl. über diese Werbung Wolf 1. c. 364.

••) Das ProtocoU der Berathung mit Goess liegt nicht vor.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfüisteu. XIV. 44

690 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

und noch mehr über die Holländer, welche sie dahin gebracht, dolirt, im übrigen, was ich in einen und anderen erinnert, selbst mit ihrer Hand notirt.

Man übergibt dem Goess einen Auszug der Instruction, die Meinders erhalten '). Stratman, mit dem Goess darüber spricht, bestätigt den Inhalt derselben. Ich sehe, dass es soweit eine abgethane Sach seie und dass man an den Schluss nit zu zweifeien. Es bericht mich nun eben letzt der Mar- ques de Grana vom 8. dieses, dass der Generalwachtmeister von Leyen nach Colin ankommen, dass ihme der Bischof von Strassburg zu Bonn versichert und mit Eid beteuret, dass diese Tractaten schon unterschrieben und ratificirt. Er mag schwören so lang er will; ich vermeine doch, dass es bis dato nit geschehen seie. Der Stratman bekennt mir, dass das armistitium particulare, welches ich, wann ia eins sein müsste, denen völligen particulier Friedenstractaten ex allegatis rationibus praeferirt und er mir hierin beigefallen, viel leichter als nit die Friedenstractaten von Frankreich zu erhalten gewesen. Pomponne habe ohne das nit zu diesen Frieden inclinirt, wie er vermeint ex zelo religionis, darin er sehr eiferig und seines Darfürhaltens diesmalen sehr beneficiirt werden können.

Die Confoederirte, unter welche nun auch Hannover gezählt werd ^), strepitiren auch sehr wider diesen Tractat und wollen auf alle \yeis die Lippstadt aus des Churfürsten Händen haben und seiner inskünftig besser versichert sein; der König aber mache diesfalls wenig Reflexion auf sie und werden in effectu mehr pro clientibus wo nit ärger als pro con- foederatis considerirt. Dahie mag man incertos eventus rerum betracht und besorgt haben, dass man hernacher weder in universal! noch parti- culari tractatu so gute conditiones erhalten möchte; . . . massen zu sehen, dass mit der Abschickung fast geeilet werde, entweder aus jetzt gemelten Ursachen, oder dass man besorgt, dass etwas entzwischen kommen, I. Ch. D. die Gedanken änderen, oder Holland, nachdem sie diese Nach- richt erhalten, ihnen vorkommen möchte und dann auch weilen von französischer Seiten stark darauf getrieben werd.

Im Uebrigen profitirt man beständig bei E^ K. M. verharren zu wollen und sagte mir der Meinders, als er Abschied von mir nähme dann sie wollen morgen fort , dass I. Ch. D. die mit E'. K. M. habende foedera, sogar auch das letzte, massen dann in den articulis, dass sie darauf zu renunciiren, nit gedacht werd, steif und fest halten werden, so I. Ch. D.

1) Vergl. Puf. ]. c. XI. 92.

-') üeber des Herzogs von Hannover Haltung in dieser Zeit Grimoard 1. c. II. 266.

Brandenbuig-französischer Vertrag. Erklärungen des Meinders. 691

selbst und der Baron von Schwerin mir heut wiederum repetirt und sich auf was sie au E. K. M. destwegen gelangen lassen, bezogen') Ich sehe nit, was der von Crockow an E. K. M. vor cathegorische Resolution zu begehren, nachdem ich dahie soviel gesagt, dass sie nit allein weiter nichts begehren können, sondern es vielmehr diesen pacificis zu viel gewesen, als welche ungern gehört, was pro motivo zu Fortsetzung des Kriegs dienen und herentgegen alles herfürgesucht, was darvon abschrecken können. Was E. K. M. und die Krön Spanien ... darbei zu thun resolvirt, was andere auch thun können und werden, in summa die Kräften und Macht unserer Party und andere motiva und Umstand seind also oft und nachdrücklich vorgestellt worden, dass man zuweilen nit wenig bemühet gewesen, die angezogene rationes und argumenta abzulainen, massen ich nun erfahre, dass gleichwohl der von Canstein und der von Somnitz noch bei der letzten Consultation auf ihren vorigen votis super quaestione an? bestanden und zu Fortsetzung des Kriegs gerathen^). Wegen E''. K. M. Tractaten mit Frankreich zweifle ich ganz nit, dass man dieselbe dahie schon habe, ich werde sie doch communiciren und ver- nehme ich von Stratman, was ungleiche Gedanken hierüber in der Welt gemacht worden. Der Pomponne hat sich hoc exemplo gegen ihn gerühmet, wie man in Frankreich das secretum zu halten wisse. Er Stratman hat festiglich sustiniren wollen, dass ein ander Tractat de anno 1669 obhanden seie^) super divisione haereditatis, wann der König in Hispanien ohne Erben mit Tod abgehen solle, unangesehen ich ihn versichert, dass man bei uns sothane indignas propositiones de haeredi- tate viventis nit einmal anhören, ich geschweige darüber tractiren wollen . . . Der Stocius *), welcher der eltiste und vornehmste Prediger dahie ist, wäre gestern fast in die 2 Stund bei I. Ch. D. Zweifle nit, es werd auf ihr Religionswerk angesehen gewesen sein. Bei dem 7 Artikel dieser Tractaten vernimm ich von dem Stratman, dass der König nit gemeint die Kirchen, so den Katholischen eingeräumt, widerum abzu- treten^); befinde nit, dass er's thun könne, es wäre dann, dass einiger Vergleich absque praeiudicio catholicorum darüber geschähe; zu Wesel

0 Schreiben vom l./ll. Mai 1673. Der Kurfürst hat sich durch die Verhältnisse genöthigt gesehen, mit Frankreich ein Separatbündnis zu schliessen.

-) Dies war in der That der Fall; vergl. Peter 1. c. 151; Urk. u. Act. III. 386.

") Gemeint ist der Vertrag vom Januar 1668.

*) Bartholomäus Stosch; vergl. Isaacsohn, Geschichte des preussischen Beamten- thums II. 238 f.

^) Im Art. 7 des Vertrages wurde bestimmt, weil der König während der Occu-

44*

692 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

und zu Rees und anderen Orten sollen so wenig Katholische sein, dass sie der grössten Kirchen, welche sie inhaben, nit von Nöthen. Wie mich gedünkt, wollte mau sothanen Vergleich ad declinandam invidiam auf dem Herzog vou Neuburg schieben, welcher meines Bedünkeus sich nit darum anzunehmen. Wie nun dieser des Königs Eifer für die Religion sehr zu loben, also sehe ich auch wohl die avvantaggi und applauso, so ihme hieraus zuwachsen werden; man muss aber Gottes Ehr vor alles vor Augen haben und wäre zu wünschen, dass man in Holland hierdurch die Augen aufmachete und wie ich ihnen gerathen, das übrige, was diesfalls ferner nachzugeben sein werd, vielmehr zeitlich aus Deferenz gegen E. K. M. und den König in Hispanien, als ihre Freunde, thäte, als sich's von ihren Feinden nacher abpressen zu lassen . . .

Wann ich nun die grosse Gefahr des gänzlichen Untergangs der uniirten Provinzien dahin vorstelle und mithin sondire, was sie doch vor Rechnung in ihren consiliis machen, befinde ich, dass sie darfür halten, andere werden propter proprium interesse es nit zugeben noch zusehen wollen. Man vermeint, Schweden werde die consilia änderen und beide nordische Kronen sich diesfalls zu Rettung dieser Provinzien unter ein- ander verstehen ... I. Ch. D. sagten mir noch heut gleichsam in Ver- trauen, dass aus dieser ihrer Resolution den Staaten General zum besten noch etwas gutes entstehen würde; eben die Protestirende, sie wüssten nit warum, hätten so eine grosse Jalousie gegen sie, dass sie diese Party nit nehmen w^olleu, weilen sie darbei wären; Chur-Sachsen solle es im Rausch rund ausgesagt haben; nun würden sie diese Entschuldi- gung nit mehr haben, dieses werd abermalen ein motivum, so unsere pacifici suggerirt, sein. Wegen Schweden bekenne ich, dass ich selbst diese Hoffnung habe, massen E. K. M. gesehen, dass ich mich dieses argumenti, aber gar zu einem andern Schluss, bedient; dann ich wollte hierdurch I. Ch. D. abrathen die Party bei so guter Disposition und Hoffnung zu verlassen und sich in praeiudicium ihrer Reputation, Sicher- heit der foederum, ihrer Freunde und des ganzen gemeinen Wesens in Particulartractaten einzulassen und sie inferiren plane das contrarium. Nach meinen principiis scheinet es nun, dass E. K. M. diesen Weg und Conduite hierbei zu halten, dass sie zwar die Holländer bestermassen

pation der clevischen Plätze den Katholiken einige von den Generalstaaten ihnen entzogene Kirchen hat widergeben lassen, so soll die Angelegenheit nach Massgabe des Vertrages (September 1666) zwischen dem Kurfürsten und dem Herzoge vou Neuburg arrangirt werden. Mörner 1. c. 374. Diese Einigung erfolgte denn auch am 20. Juli zu Düsseldorf; vergl. den Vertrag bei Möruer 1. c. 375 f.

Uitheil des Goess über die Lage. Brandenburg-französischer Vertrag. 693

animiren lassen, damit sie den Muth nit verlieren, gegen Schweden und andere aber sich also bezeigen, dass sie zwar den Holländern gern geholfen sähen, doch allein sich eines so schweren Werks nit unternehmen können ; es möchte solchergestalt leicht darzu kommen, dass man schwe- discher Seiten E. K. M. nachsuchen werde'); allein ist die Gefahr, dass unterdessen nit ein grosser Riss in dem Werk geschehe und die Holländer ad extrema und zur Desperation gebracht werden; dieses zu verhüten, miisste Schweden und andere noch immerfort das universale armistitium urgiren. mit Bedrohung, wann beide Könige es ferner ausschlagen sollten, sie andere mesures nehmen und sich mit E. K. M., Spanien und andern der Holländer annehmen müssten . . .

Goess an den Kaiser. Dat. BerHn 19. Mai 1673. (Or.)

[Brandenburg- französischer Vertrag. Urtheil des Goess über die Folgen desselben. Unterredung des Goess mit Stratman über Frankreichs Lage.]

Der Absclüuss des Particularvertrages kann fast nicht mehr bezweifelt 19. Mai. werden. Meinders und Stratman sind abgereist. Die Gründe die Goess bewogen haben mit Vorwürfen znrückzuhalten, hat er bereits mitgetheilt. Die grösste Furcht flösst dem Goess die Erwägung ein, dass die Holländer die Sache allzu ernst nehmen werden. Es ist zu vermuthen, dass Holland alsofort mit diesen S''. Ch. D. verwilligten subsidiis nun einigen anderen oder mehr Potentaten zu ihrer Assistenz werden zu engagiren suchen; Avann Chur- sachsen und die Herzogen zu Celle und Wolfenbüttel hierzu inclinirten, könnten sie diejenige Völker, so I. Ch. D. nothwendig werden abdanken müssen, an sich ziehen und solchergestalt desto ehender mit ihrem corpo aufkommen. Ich erwarte mit Verlangen, was Schweden und Dänemark bei gegenwärtiger Constitution der Sachen vor eine Resolution nehmen werden und kann ich mir nit änderst einbilden, als dass sie um so mehr sich der Holländer mehr als vorhin annehmen und mit Nachdruck auf ein Armistitium dringen werden, weilen sie dieselbe von andere Hülfe destituirt und in grosser Gefahr einer gänzlichen Oppression und Ruin sehen. ...

Wir haben alle Gott den Allmächtigen zu bitten, dass er E. K. M. bei dieser vorhabenden höchst importirenden Consultation, was sie nemlich nun vor Resolution zu nehmen, dasjenige inspiriren wolle, was zu seiner Ehr und zu dero und der ganzen Christenheit Besten ist. Ich habe mit

') Ueber Schwedens Haltung Carlson 1. c. IV. 584 f.; Heibig 1. c. 32 f.

694 Vr. Gocss in Berlin, Anhalt in Wien. 1 «72 1075.

dem Stratman wegen des ietzigen Zustandes in Frankreich unterschiedlich discurrirt; wie er darauf bestanden, dass freilich der König in Frankreich sich bei dieser Campagne stark angegriffen und mit grosser Macht werd zu Feld gehen, also ist er auch mit mehr anderen der Meinung, dass er's nit lang und vielleicht nit ein paar Jahren also ausdauren könne. Viele Officiere, mit welchen Goess hierüber gesprochen, halten dafür, dass so lang man's nit darzu bringe, dass man mit einer Armee in Frankreich einbreche und dem König den Krieg zu Haus empfinden mache, kein guter Ausschlag zu verhoffen; ... in summa, man hat's mit allem Ernst anzugreifen, oder bleiben zu lassen.

Votum vom 24. Mai über des Goess Berichte vom 8., 12. und 15. Mai. (Conc.)

[Einschluss des Kaisers und Spaniens in den französisch-brandenburgischen Vertrag. Schweden. Uebernahme brandenburgischer Truppen. Congress zu Braunschweig.]

24. Mai. Dem Goess sei zu antworten : Der Abschluss des A^ertrages zwischen Frank-

reich und Brandenburg sei eine vollendete Thatsache. Goess tbue Recht daran dem Kurfürsten freundlich zu begegnen ; es komme darauf an den Kurfürsten in möglichst guter Stimmung zu erhalten; bezüglich des Einschlusses des Kaisers und Spaniens in diesen Particularvertrag habe er nicht positiv darauf zu dringen, damit der Kaiser denselben nicht zu billigen scheine, sondern die Sache dahin einzurichten, dass E. K. M. und die Krön Spanien darin nicht ausdrückent- lieh begriffen, sondern denenselben be vorgelassen werde, damit sie darzu, wann sie wollen, accediren können und zu dem Ende ein Termin von 2 3 Monaten zu deren Erklärung gesetzt werde. Bezüglich Schwedens werde das Resultat der brandenburgischen Sendung dahin abzuwarten sein; falls SchAveden in das braunschweigische Bündnis eintreten wolle, werde der Kaiser gewiss nichts dagegen haben. Wegen der von Anhalt proponirten Uebernahme von 10 000 Mann brandenburgischer Truppen in kaiserliche Dienste, möge Goess die Sache hinziehen; vielleicht werde der Kaiser sie benöthigen. In jedem Falle soll Goess darauf sehen, dass der Kurfürst seine Truppen nicht dem Könige von Frankreich übergebe und von demselben kein Geld annehme. Goess habe ganz Recht daran gethan, den Kurfürsten zur Fortsetzung der Berathung zu Braunschweig aufzufordern; Windischgrätz dürfte inzwischen schon daselbst angelangt sein.

Berathen am 24. Mai zu Laxenburg, aufgesetzt am 26., beschlossen wie ein- gerathen am 27. Mai. Präs. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Montecuccoli, Hocher, Dorsch, Abele.

Einscbluss Oesterreichs und Spaniens in den brandenb. -franz. Vertrag. 695

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Mai 1673. (Or.)

[Dänisch-staatische Allianz. Steliunor (jgg Kurfürsten. Haltung des Goess in der Frage der Einschliessung des Kaisers und Spaniens in den Tractat. Derfflinger. An- halt. Haltung der Brandenburger bezüglich der Anerkennung der kaiserlichen Trup- pen als Reichstruppen. Windischgrätz. Frankreichs Kriegszüge.]

Aus Kopenhagen berichtet Brandt an den dänischen Legationsrath Linker, 24. Mai. er habe bestimmte Nachricht, dass der Vertrag zwischen Dänemark und Holland geschlossen sei '). Goess benützt diese Gelegenheit um dem Kurfürsten nochmals von dem Particularfrieden abzurathen. Ich finde I. Cli. D. fast perplex und dass sie von der Party mehr abgerissen werden, als darvon abgehen. Auf einer Seiten stellt man ihre eigene Gefahr für extreme vor, auf der ander, dass der Sachen ohne ihrem Zuthun und so grossen besorgenden Schaden noch wohl werd zu helfen sein und geht man immer wider die Holländer los, damit man diese Resolution dardurch justificire . . . Ich vermerke, dass man E"". K. M. und des Königs in Hispanien Inclusion in diesen Tractaten dahin bedient, dass man's nit für Particuliertractaten, noch dass I. Ch. D. sich von E''. K. M. separiren, zu halten. Von meiner Seiten habe ich mich darbei also verhalten, dass diese Inclusio vielmehr facto ipsorum, als dass ich etwas darbei gethan, geschehe'^). Derfflinger wird wieder Feldmarschall des Kurfürsten ; derselbe ist sehr für die Fortsetzung des Krieges ^). Der Kurfürst und Derfflinger selbst haben Goess sehr gebeten, für die Erhebung Derfflingers in den Freiherrnstand beim Kaiser zu wirken. Schwerin meint, der Fürst von Anhalt werde jetzt in kaiserliche Dienste treten. Goess findet den Berliner Hof sehr geneigt, des Kaisers Wunsch, dass seine Truppen als Reichsvölker, zu dessen Vertheidigung sie ja bestimmt seien, an- erkannt und gehalten werden möchten, zu erfüllen. Goess würde gerne gesehen haben, wenn der Graf von Windischgrätz nach Berlin gekommen wäre. Ein- langende Nachrichten melden von Zügen der Franzosen in die Wetterau und bis in die Nähe von Frankfurt*).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Mai 1673. (Or.)

[Mediation des Reiches.] Auf die Mittheilung der vom Kaiser in Regensburg bezüglich der Mediation 24. Mai.

') Das Bündnis war am 10./20. Mai zu Kopenhagen geschlossen worden; vergl. Dumont 1. c. VH.j 223 ff.; Gebhardi 1. c. 519; Grimoard 1. c. II. 276.

"-') Für die Verhandlungen des Meinders mit Turenne in dieser Frage; Grimoard 1. c. II. 279.

=>) Für Derfflingers Haltung Peter 1. c. 156.

*) Ueber die Kriegsoperationen dieser Zeit Peter 1. c. 166 ff.

696 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 lfi75.

zur Herstellung des Friedens gemachten Vorschläge ^), antwortet der Kurfürst, den Goess um Förderung der Pläne des Kaisers ersucht, dass sie bei dieser E"". K. M. Erklärung kein änderst Bedenken hätten, ausser, dass sie ver- meineten, man könnte wegen schleuniger Fortsetzung der Mediation etwas raehrers darin anregen, doch solchergestalt, dass man indessen die Verfass- und Zusammensetzung eiferigst vorzunehmen; erkläreten sich darbei mit mehreren, dass unangesehen der mit Frankreich obhandenen Tractaten, massen sie darin freie Hand in allem was das Reich angienge behielten, sie das ihrige allzeit treulich beitragen und bei E"". K. M. unzertrennlich stehen und halten, auch alsofort an den von Mahrenholtz schreiben wollen, dass er diese E"^. K. M. gnädigste Intention bestermassen secun- diren solle.

Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Laxenburg 28. Mai 1673.

(Conc.)

28. Mai. [Brandenburg-französisches Bündnis. Dank für die versprochene Devotion.]

Aus dem Schreiben vom 10. Mai und den Erklärungen Crockows hat der Kaiser die Ursachen vernommen, welche den Kurfürsten zum Abschlüsse des Particularvertrages mit Frankreich bewogen haben. Der Kaiser lässt dies an seinen Ort gestellt sein und freut sich, dass der Kurfürst zugleich erkläre nichts desto weniger in aller schuldigen Devotion gegen den Kaiser verharren zu wollen.

Goess au den Kaiser. Dat. Berlin 29. Mai 1673. (Or.)

[Vergebliche Bemühungen des Goess die Abreise des Meinders zu hindern und den

Waffenstillstand durchzusetzen. Dänisch -staatische Allianz. Klagen der Dänen.

Mittheilungen über Schwedens Politik. Crockows Benehmen. Derfflinger. Des

halberstädtischen Vicekanzlers Vorgehen am Braunschweiger Kreistage.]

29. Mai. Goess versucht nochmals bei Schwerin für die Verzögerung der Reise des

Meinders zu wirken und empfiehlt einen Waffenstillstand auf kurze Zeit einem Frieden vorzuziehen ; Schwerin verspricht darüber mit dem Kurfürsten und seinen Collegen zu berathen; tliut dies auch; aber ohne Erfolg. Brandt schreibt aus Kopenhagen, der Vertrag zwischen Dänemark und Holland sei dem Schlüsse nahe gewesen; es sei aber zweifelhaft, ob derselbe, nachdem die Nachricht von Brandenburgs Vorgehen bekannt geworden, geschlossen werden würde; auch sonst langen von dänischer Seite Klagen über des Kurfürsten Vorgehen ein. Einer der in Schweden gewesenen kurfürstlichen Deputirten Kleinsorgen berichtet dem Goess, dass man in Schweden mit den Plänen und Fortschritten Frank- reichs nicht einverstanden sei. den Particularvertrag Brandenburgs mit Frankreich

') Vergl. Pachner 1. c. I. 605 f., 623f.; Londorp 1. c. X. 18ff.

Mediation des Reiches. Brandenb. -franz. Vertrag. Brandenburgs Haltunsf. 697

nicht billige und den Abscliluss des dänisch-holländischen Bündnisses gerne sehen würde'). Schwerin sagt das gerade Gegentheil.

In summa, ich kann änderst nit sehen, als dass man dahie bei allem dem, was wir darwider vorstellen mögen, entschlossen, mit diesen ihren Tractaten fort zu fahren. Als ich erwähnt, dass der von Crockow bis- noch bessere Hoffnung zu Wien gäbe, hat der von Schwerin geantwort, er wäre der Sachen von Herzen zugethan gewesen und dahero gern das beste darzu gesagt; nun aber, wann er die letzte Ordre erhalten, würde er änderst reden. Derfflinger ist wieder aufgenommen.

Windischgrätz meldet, dass der halberstädtische Vicekanzler Budendach beim Kreistage zu Braunschweig votirt, dass nunmehr wegen Couiunction armorum noch Restitution der abgenommenen Länder nit zu reden^ nachdem sein Churfürst schon mit Frankreich verglichen und nunmehr eins seie. Ich habe dieses alsofort dem Baron von Schwerin vorgehalten, es komme ganz nit überein mit der so oft und noch neulich zu Potsdam gethanen Erklärung, dass man bei E"". K. M. und dem Reich halten und alles was zu dessen Sicher- und Freiheit gehöre, aufrichtig befürderen helfen wolle; nun thue man's nit aliein nit, sondern mache auch andere Stände irr. Der von Schwerin hat nit glauben wollen, dass der Vice- kanzler also votirt und versprochen, dass er alsofort destwegeu an I. Ch. Ü. schreiben wolle.

Conferenzprotocoll vom 30. Mai 1673 über die Verhandlung mit Crockow. (Conc.)

[Brandenburgs Haltung in der Zukunft betreffend.]

Crockow betont, dass sein Herr sich Frankreich gegenüber nur verpflichtet 30. Mai habe, Holland keine Hilfe zu leisten, wogegen er beim Reiche und beim Kaiser verbleiben und das mit dem Kaiser aufgerichtete Bündnis halten wolle. Der Hofkanzler betont, wie sehr sich der Kaiser angestrengt habe und wie leid ihm der Entschluss Brandenburgs thue, der, wie zu fürchten, grosse Gefahren hervorrufen werde; im übrigen aber wolle man die Zukunft abwarten. Er erzählt ferner, dass die Staaten mit Dänemark den Vertrag geschlossen haben sollen, was vermutlich den Beitritt Braunscliweigs, Celle's und Wolfenbüttels im Gefolge haben werde. Er setze in Brandenburg das Vertrauen, dass es die jetzigen Umstände beherzigen und sich erklären werde, wie es die Noth erfordere. Crockow versichert, dass der Kurfürst auf den Kaiser die grösste Rücksicht nehme und niemals von demselben lassen werde ; er fragt auch, ob aus Spanien keine Nachricht eingelangt sei.

1) Vergl. Droysen J. c. III. 3 449 f.

698 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Iß72— lß7,5.

Der Hofkanzler erwidert: Ja und zwar, dass Spanien die Tractate mit dem Kaiser nnd Brandenburg fesstellen und wenn der Kurfürst sich zur Annahme verstehen würde, ihm solche Conditionen machen wolle, dass derselbe mit den- selben zufrieden sein werde. Sonst wären die Holländer unter sich nicht einig, ob sie die Krone Spanien zu der Ruptur mit Frankreich ferner adhortiren und darauf dringen sollten oder nicht.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Juni 1673. (Or.)

[Die Aensserungen des halberstädischen Vicekanzlers. Meinders und Stratman hei Turenne. Misbilligung der brandenburg-französischen Allianz.]

2. Juni. Der Kurfürst hat erklärt, dem halberstädtischen Vicekanzler zu dem, was

dieser vermeldet, keine Ordre gegeben zu haben und sendet Canstein nach Braunschweig mit dem Befehle zu verkünden, dass der Kurfürst bezüglich dessen, was den Kaiser und das Reich betrifft, bei seinen früheren Beschlüssen verharre. Von Canstein kann sich der Kaiser, wie Goess glaubt, gute Dienste erhoffen. Keiner der brandenburgischen Minister will sich als Urheber des Beschlusses, mit Frankreich abzuschliessen, bekennen. Meinders und Stratman waren zu Soest bei Turenne ^). Dieser bezeigte Unmuth darüber, dass Kurtrier die kaiser- steinischen Compagnien in seine Festungen aufgenommen habe^). Die meisten der Fürsten, denen der Kurfürst von Brandenburg von dem Vertrage mit Frank- , reich Mittheilung gemacht^), haben diesen Schritt misbilligt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Juni 1673. (Or.)

[Dänische Politik. Holländische Subsidien für Celle und Sachsen. Brasser.]

5. Juni. Aus einem eingelangten Schreiben des Königs von Dänemark, in welchem

er dem Kurfürsten Mittheilung von der Bestimmung seines Residenten Habbeus Lichtenstern zum Vertreter Dänemarks beim Braunschweiger Congresse macht, geht hervor, dass Dänemark mit Holland abgeschlossen hat^). Des Goess Plan, dass Holland die bisher an Brandenburg gezahlten Subsidien zur Gewinnung der braunschweigischen und sächsischen Truppen verwenden möge, findet bei Schütz und bei dem Kurfürsten von Sachsen vollste Billigung. Brasser &), der bisher zu

^) üeber diese Zusammenkunft Peter 1. c. 153; Puf. 1. c. XL 93; Droysen 1. c. ni.3 441; Orlich 1. c. IL 88; Grimoard 1. c. 11. 273ff.

2) Grimoard 1. c. II. 272 f.

^) Das Schreiben an Dänemark vom 4. Mai gedruckt bei Orlich 1. c. III. 208f. ; in denselben Tagen ergiengen auch die Schreiben an den Kaiser (vergl. p. 683f.) und an die Staaten (vergl. Orlich 1. c. II. 93; Sypesteyn, Nederland en Brandenburg 99).

*) Copie Schreibens Christian V. an Friedrich Wilhelm d. d. 17. Mai 1673. Das Bündnis war am 10./20. Mai 1673 geschlossen worden.

^) Vergl. über diesen Dietrich Brasser Urk. u. Act. III. 393f.

Budendach. Dänische Politik. Schwedens Raltunq^. DerfTiincfer. Anhalt. 699

Celle gewesene holländische Gesandte, ist hiehergekomraen ; Goess wird ihn wegen dieser Proposition zu sondiren trachten.

Votum vom 6. Juni 1673 über des Goess Schreiben vom 24. Mai 1673. (Coiic.)

[Zweck der schwedischen Truppenanhäufungen. Erhallung des clevischen Friedens. Derfflinger. Anhalt. Brandenburgische Truppen.]

Dem Goess sei zu antworten: Der Kaiser wolle abwarten, wie die zwischen G.Juni. Brandenburg und Frankreich obhandenen Tractate eingerichtet werden. Goess soll zu erfahren trachten, was der Zweck der starken Truppenanhäufungen Schwedens auf dem Reichsboden sei. Goess soll vom Kurfürsten zu erfahren suchen, ob er nicht dahin zu bringen wäre den clevischen Frieden ungehindert des Vergleiches mit Frankreich zu manuteniren. Die Wiederaufnahme Derff- lingers als Feldmarschall ist dem Kaiser angenehm, Goess soll Derfflinger bedeuten, dass er glaube der Kaiser werde sein Ersuchen um Erhebung in den Freiherrnstand erfüllen, wenn er Beweise seiner Devotion gegeben haben Averde. Bezüglich des Fürsten von Anhalt hat Montecuccoli erklärt, dass derselbe ein qualificirter Herr sei; der Kaiser ist auch nicht abgeneigt, falls Brandenburg seine Truppen abdanke, den Fürsten mit den Truppen in seine Dienste zu nehmen; Goess soll den Anhalt in dieser Hoffnung erhalten; insbesondere aber dahin wirken , dass Brandenburg noch einige Zeit bewaffnet bleibe und keineswegs die Truppen Frankreich oder dessen Confoederirten, sondern vielmehr Spanien und Holland überlasse.

Berathen am 6., aufgesetzt am 7., beschlossen wie eingerathen am 10. Juni 1673. Praes. Lobkowitz, Schwarzenberg, Lamberg, Montecuccoli, Hocher, Dorsch und Abele.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. Juni 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten. Englisch-holländische Beziehungen. Des Meiuders Instruction. Einschluss des Kaisers und Spaniens in den französisch- brandenburgischen Vertrag. Des halberstädtischen Vicekanzlers Votum. Abdankung von Truppen. Brassers Negociation. Verhandlungen des Goess mit demselben.]

Gestero Abends habe ich I. Ch. D. gesprochen, sie klagten noch über 9. Juni grosse Schmerzen, zeigeten im Uebrigen die vorige gute Sentimenten pro uostra causa communi. Romswinckel hat berichtet, dass ein geheimer Ver- trag zwischen England und Holland vorhanden sei '). Schweden zeigt, wie der Kurfürst selbst dem Goess sagt, andere consilia. Goess räth dem Kurfürsten aus all diesen Gründen die Friedensverbandlungen mit Frankreich hinzuziehen;

') Das war nicht der Fall; für die Beziehungen der beiden Staaten; Basnage 1. c. II. 408: Ranke. Engl. Gesch. V. 125 f.

700 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672— IfiTö.

Friedrich Wilhelm verweist auf die Gefahr, in der sich seine Länder jenseits der Weser befinden.

Des Melnders Instruction wird sehr geheim gehalten. Ich glaube, dass er (Friedrich Wilhelm) wegen erlittenen Schadens wohl auch einige Compensation suchen werde, dass aber bisnoch von einiger summa Geldes gehandelt worden, habe ich nit erfahren können; wohl aber solle man sich französischer Seiten haben vernehmen lassen, wann I. Ch. D. ihre Party völlig annehmen wollten, alsdann darvon zu handien sein würde; sonsten hat der König in Frankreich gnugsam gezeigt wenig gute Opinion von des Churfürsten Humeur und Beständigkeit zu haben, so den Beutel um so mehr geschlossen halten möchte '). Meinders hat Befehl wegen des Einschlusses des Kaisers und Spaniens die entsprechende For- mel zu fordern. Goess fragt an, ob es nicht angezeigt wäre, Holland davon zu zu verständigen und der Wahrheit gemäss mitzutheilen, dass dieser Vorschlag von Brandenburg ausgegangen sei. Bei Schwerin hat sich Goess nochmals wegen des halberstädtischen Vicekanzlers Votum beschwert; Schwerin behauptet, der Kurfürst missbillige des Kanzlers Vorgehen; wolle auch seine Pflicht erfüllen, könne sich aber jetzt nicht an die Spitze stellen. Von bedeutender Abdankung der Truppen wird noch nicht gesprochen. Brassers Negociation geht blos auf Divertirung der Tractate mit Frankreich, er hat mit Schwerin und Jena ver- handelt; aber ohne Erfolg-^). Goess räth ihm, in jedem Falle nicht mit Branden- burg zu brechen. Der Vorschlag des Goess, den Abgang der brandenburgischen Truppen durch solche von Sachsen und von dem Hause Lüneburg zu ersetzen, gefällt ihm. Goess beweist dem Brasser auch, wie unrichtig die von branden- burgischer Seite ausgestreuten Behauptungen seien, als hätte der Kaiser während der letzten Campagne seine Pflicht nicht erfüllt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Juni 1673. (Or.)

[Verhandlungen Brassers mit dem Kurfürsten und mit dessen Käthen. Derfflingers Haltimg. Grund der Betonung der Türkengefahr am kurfürstlichen Hofe.]

12. Juni. Brasser hat seine Credenzbriefe und Befehl erhalten, falls der französisch-

brandenburgische Vertrag nicht zu divertiren, die Rückgabe der 10000 mit holländischem Gelde geworbenen Truppen zu fordern. Brasser hat dies münd- lich und schriftlich gethan-^) und überdies um Ueberlassung anderer Truppen ersucht. Schwerin erklärte, der Vertrag mit Frankreich sei nicht unterschrieben, der Kurfürst selbst aber erklärte, Meinders habe solche Befehle, dass der Ver-

1) Grimoard I. c. H. 279.

'^) Für Brassers Negociation Urk. und Act. IlL 398 fif.: für diese Berathung mit Schwerin und Jena insbesondere 404 f.; Peter 1. c. 155 f.; Puf. 1. c. XI. 96.

^) Vergl. sein Memorial vom 10. Juni in ürk. u. Act. IIl. 410: Puf. 1. c. XI. 96.

Meinders. Verhandlungen Brassers. 701

trag für ratificirt gehalten werden könne '). Brasser erhielt dann von Schwerin lind Jena den Bescheid, dass die 10000 Mann Brandenburg gehörten und dass mit Rücksicht auf die Türkengefahr der Kurfürst den Holländern keine Truppen überlassen könnte-). Am 11. meldet Pöllnitz dem Brasser, dass gute Nach- richten eingelangt wären; Frankreich könne nichts in Flandern richten, werde sich anderswohin wenden und der Kaiser werde Holland mit 30000 Mann unter- stützen. Auch der Kurfürst gab dem Brasser bessere Erklärungen als vorher; wie Goess glaubte, weil er erst den Abschluss des Vertrages mit Frankreich abwarten wollte, bevor er deutlich spricht. Ich vernimm aber, dass dieses aus einer anderen und zwar dieser Ursach herkommen; man hat ver- nommen, dass der de Turenne mit seiner ganzen Macht auch wider Holland gehe ^), dahero der Derff linger in Beisein des von Schwerin dem Churfürsten vorgestellet, dass solchergestalt die Holländer über'm Haufen geworfen werden möchten, so I. Ch. D. sehr apprehendirt. Derfflinger hat remonstrirt, dass sie dem Uebel vorkommen könnten, sie sollten die Tractaten bleiben lassen*). . . Sonsten habe ich von guten Orten, dass nit allein I. Ch. D., sondern auch der Baron von Schwerin selbst bei der genommenen Resolution perplex und bekümmert und dass man sich die darwider vorgestellte rationes all sehr zu Gemütli fasse. Die Gefahr vor den Türken in Polen wird hier als eine grosse hingestellt, wie Goess meint, um auf diese Weise die Ueberlassung von Truppen den Staaten, eventuell Frankreich, verweigern zu können.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Juni 1673. (Or.)

[Des Kurfürsten Erklärungen an Brasser. Brandenburg-französischer Vertrag. Kriegs- pläne der Franzosen. Des Mainzers Wunsch in die braunschweigische Allianz auf- genommen zu werden.]

Der Kurfürst hat Brasser auch schriftlich Antwort ertheilt, in derselben die IG. Juni. Schuld an der Übeln Lage den Holländern beigemessen und die Behauptung zu- rückgewiesen, als würden die 10000 Mann, die mit holländischen Geldern ge- worben worden, Holland zugehören'). Diejenigen, die den Frieden mit Frankreich wünschen, thun alles, denselben so schnell als möglich zum Abschluss zu bringen. Der Kurfürst selbst hat den Brasser ersucht mit der Uebersendung der Autwort zu zögern, vielleicht könne eine Veränderung noch eintreten. Ich besorge sehr

1) Vergl. ürk. u. Act. HI. 40G; Peter 1. c. 157. ^) Ebendaselbst.

") Für die Kriegsoperationen Rousset 1. c. I. 456 ff. : Peter 1. c. 168; es handelte sich in dieser Zeit vornehmlich um die Belagerung Mastrichts. *) Vergl. ürk. u. Act. III. 410. '=') Vergl. ürk. u. Act. III. 408.

702 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1^72—1675.

dass, was wir auch darbei thun, diese Tractaten für diesmalen nit 7a\ hintertreiben sein werden'). Turenne ist noch in Soest; man weiss nicht, wohin er sich wenden wird 2). Der König von Frankreich nimmt, wie es den Anschein hat, den Weg, die spanischen Niederlande zu ruiniren. Kurtrier meldet dem Goess, Kurmainz zeige Neigung in die braunschweigische Allianz ein- zutreten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Juni 1673. (Or.)

[Sieg der Holländer über die vereinigte französisch-englische Flotte. Unterhandlungen

Brassers. Mittheikmgen Derfiflingers. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten.

Aeusserungen Wangelins über Schwedens Politik.]

19. Juni. In Brassers, des staatischen Gesandten, Negociation ist seit dem 16. nichts

neues vorgefallen^). Am 18. trifft die Nachricht von einem grossen Seesiege der Holländer über Frankreich und England ein^). Der Kurfürst zeigte sich darüber sehr erfreut. Brasser brachte darbei vor, was I. Ch. D. zu besserer Resolution und zu beständiger Verharrung bei der Party bewegen möchte^). Pöllnitz meldete, dass 900000 Gulden für I. Ch. D. in Amsterdam fertig lägen. Derfflinger sagte mir, dass einer der ministrorum an ihn gewesen und begehrt, er möchte I. Ch. D. von dem nunmehr so viel als geschlos- senen Frieden nit abrathen. Nachdem sich alle retirirt und ich bei S''. Ch. D. allein verblieben, habe ich mehr nach meiner particulier Devo- tion gegen S. Ch. D. als da ministro mit derselben von diesem Werk weiter gesprochen und deroselben nit allein die vorige Motiven, sondern auch die merkliche Veränderungen, so entzwischen vorgefallen, vorgestellt. Sie klagten sehr, dass die Holländer mit ihrem nit zuhalten sie soweit gebracht; ich würde sehen, dass, was da nun von den 900000 Gulden ge- sagt werd, sich nit also befinden thue; zeigeten der Meinung zu sein, dass die Tractaten mit Frankreich Anstoss haben und nit so geschwind

^) Der Vertrag war zu Vossern bereits am G.Juni geschlossen worden; wenig- stens hatte Stratman an diesem Tage die Ratification des Kurfürsten überreicht ; unterzeichnet wurde der Vertrag, der vom 6. Juni datirt ist, erst am 11./21. Juni von Meinders und Pomponne (Droysen 1. c. III. 3 444); vergl. den Druck bei Lünig, R. A. (Bd. IX.) p. spec. cont. II. (Forts.) Abtheil. IV., Abscbn. III. 159; Puf. I. c. XI. 95; Inhalt bei Mörner 1. c. 373ff. Bei Mignet 1. c IV. 135 ff. blos die Secretartikel ; vergl. Mem. de Pomp. I. 295 f.

'^) Turenne begab sich von Soest nach der Grafschaft Waldeck ; vergl. Griraoard I. c. II. 287 f.

3) Vergl. Urk. u. Act. III. 413.

*) Ueber diesen Sieg es fanden mehrere Gefechte statt Basnage I. c. II. 412ff.; Mignet I. c. IV. 157 ff.; Peter 1. c. 169 f.; Ranke, Engl. Gesch. V. 126.

5) Urk. u. Act. III. 417.

Verhandinngen Brassers. Brandenb. -französischer Vertrag. Wangelin. 703

geschlos.sen werden würden ; dass Frankreich Bedenken haben würde, wegen der von ihro begehrten Garantie wider Schweden, Polen etc. Ich sustinirte, wie allzeit vorhin, dass diese Trennung und Separation für Frankreich so vorträglich und uns so schädlich, dass sie alles thun werden, dieselbe zu Wegen zu bringen. Diese Garantie mache man gross und seie in der That nichts, ohne das seie Frankreich vigore foederis defensivi darzu obligirt . . . Der schwedische Abgesandte Wangelin ist hier wiederum angelangt'), bleibt in vorigen terminis, sagt, dass man Ijisnoch diese particulier Tractaten des Churfürsten in Schweden approbire, will, meines Bedünkens wider alle Raison und Apparenz, sustiniren, dass der Universalfrieden um so leichter fallen werd, ie weniger die Parteien sein, so darbei interessirt oder Theil zu nehmen; hat dem Brasser, quod miratus sum, so viel zu verstehen gegeben, dass wann auch Holland und die spanische Niederlanden über'n Haufen gehen sollten, dannoch wohl Fried im römischen Reich, qui unicus Sueciae scopus sit, zu erhalten und die vorgestellte Gefahr zu evitiren sein werd; die Zeit werde viel remedia mit sich bringen; welcher gleichwohl ein Discurs ist, so mit anderer schwedischer ministrorum assertionibus gar nit übereinstimmt und wann auch diese der Krön Sentimenten wären, so doch nit zu glau- ben — nit also wie da geschieht zu führen wären; Brasser kommt dar- über in allerlei suspiciones . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Juni 1673. (Or.)

[Französisch-brandenburgischer Vertrag. Des Goess Erklärungen an Stratman. Urtheil des Goess über Frankreichs Vorgehen. Brasser. Haltung des Kurfürsten. Braun- schweiger Convent.]

Dieses Churfürsten Tractaten mit Frankreich betreffend, ist die Nach- 23. Juni, rieht von dem Meinders den 19. dieses hier eingelangt, dass dieselbe geschlossen ; zwar sollen noch einige Puncten ferner zu erörteren sein, es hatte aber der Meinders die königliche Ordre zu Evacuirung der chur- fürstlichen Plätze und Länder allbereit in Händen") Dem Stratman habe ich geantwort, dass indeme er mich für einen getreuen Diener E^ K. M. und für einen ehrlichen Deutschen kennt, also könne er für selbst erachten, was ich darvon judicire; seine gute Intention in Befür- derung der Inclusion seie zu loben, sed quid illa profutura sit bei sothanen

') Vergl. Urk. u. Act. III. 413. '-) Vergl. weiter oben p. 700 f.

704 ^''- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1^75.

vom König in Frankreich führenden diseigni? Tractaten hätte man mit einander mehr als gnug, sed quid rursus prosint, wann sie nit gehalten werden.

Die Festungen am Rhein bekommt der Churfiirst diesmalen und vielleicht niemalen zurück, man werd ihn dardurch immerfort in Zaume halten wollen und werd es nie an Praetexten manglen sich dieser Resti- tution zu entschlagen, oder etwa auch andere mit diesen Festungen zu lactiren'). . . . Der Kanzler Brandt sagt mir, dass Pomponne, als Wesel erobert worden, sehr exaggerirt, wie gross die Conqueste zu schätzen und dass der König die fortificationes mit Mauer incamisiren wolle, quod restitutionem non sapit. Brasser, dem von diesen Ereignissen Kunde zukömmt, zeigt sich sehr ungehalten.

Am 21. macht Schwerin dem Goess Mittheihing von dem Abschlüsse der französisch-brandenburgischen Tractate.

Die um I. Ch. D. sein, haben observirt, dass wann sie von Partei geändert, allzeit mit aller Inclination e con tutto il spirito dahingangen sein; nun siebet man klärlich, dass sie ein Weg als den andern bei voriger Affection zu unserer Party verharren und dissimuliren sie es zuweilen so wenig, dass die wohl Intentionirte es wohl änderst wün- scheten; dann es ist zu besorgen, dass der König in Frankreich, dem solche Dinge nit verborgen, um so mehr gedacht sein werd den Chur- fürsten also zu bestricken, dass er diese seine gute Intention nit zu Werk richten könne. Einer unter den geheimen Räthen, mit deme ich hieraus geredt und ein Armistitium diesen Friedenstractaten aus den darbei angezogenen Ursachen praeferirt, vermeinte, es könnte dahin gericht werden, dass eben diese Friedenstractaten in eftectu nur ein Armistitium und zwar mit avantageusern conditionibus, als dieses von dem König in Frankreich proponirt worden, sein möchten. I. Ch. D. seind für diesmalen nit intentionirt dero Völker abzudanken ; diejenige so zu diesem Frieden gerathen, werden sich wohl gehüt haben mit dieser Proposition hie et nunc aufzuziehen, dann dieses würde ihre Intention am meisten gehindert haben; ich besorge aber sehr, dass, wann man die Last je länger je mehr empfinden, die Stände sich beklagen, der Winter herbei kommen, die Gefahr und consequenter die Noth armirt zu stehen geringer scheinen werden, man nach und nach auch die Abdankung intentiren werde, wie

1) Im 5'en Artikel des Vertrages verpflichtete sich Frankreich Wesel nebst dem Lippefort und Rees nach ratificirtem Frieden mit den Generalstaaten dem Kurfürsten zurückzugeben, üeber die Auffassung Turenne's von der Bedeutung dieser beiden Plätze Grimoard 1. c. II. 287 f.

Französisch-brandenburgischer Vertrag. Heirat des Kaisers. 705

ich dann an gehörige Ort diesfalls die Warnung gethan, damit man advertirt seie und sothane suggerirende consilia, nachdem sie vorhin schon entdeckt, desto besser hintertreiben könne . . . Der von Windisch- grätz werd bericht haben, was vor Sentimenten er bei dem von Cansteiu, Spanien und selbiger Krön Admission zu unserer Allianz betreffend, verspürt ; dergleichen werden vermutlich, wie ich's schon vielfältig gespürt, diese unsere pacifici noch viel mehr führen. Gut ist, dass der Herzog zu Celle sich also, wie Windischgrätz werd bericht haben, erklärt, wie er der Graf aber weder Instruction als allein in generali noch Vollmacht darzu hat, besorge ich, dass bei diesem Convent wenig darin werd geschehen können ').

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Potsdam 23. Juni 1673.

(Gr.)

[Heirat des Kaiser.]

Die beständige gehorsamste Devotion, so zu E. K. M. ich unverrücket 23. Juni, trage, verkühnet mich deroselben mein oder vielmehr der ganzen Christen- heit sehnliches Verlangen, dass E"". K. M. höchstgeehrtes Haus mit Erben versehen sein möge, unterthänigst vorzustellen. Ich weiss, was für er- hebliche Ursachen E. K. M. haben sich über den schmerzlichen Tod dero iüngstverstorbenen Kaiserin Christmildensten Angedenkens zu betrüben. E. K. M. werden aber auch deuenjenigen, so sich mit deroselben hierüber herzlich betrübet haben, nunmehr gerne widerum Freude gönnen und ihre Liebe und Sorgfalt für die Beruhigung der Christenheit, welche meines Ermessens grossesten Theils in Erhaltung E"". K. M. erzherzog- lichen Hauses bestehet, erweisen und dero Gedanken auf anderwerte Ver- mählunge zu richten so wenig länger anstehen lassen, als jedermänniglich sich desfalls ehistens davon erfreuliche Zeitunge vermuthet; ersuche dem- nach E. K. M. gehorsamst, sie wollen durch Verhängung einer allgemeinen Freude die jetzige durchgehende Betrübnus und daher entstehende Furcht gänzlich aufheben. In gewisser unterthänigster Zuversicht, dass E. K. M. diese meine aus getreuen Gemüthe wohlmeinende gehorsamste Erinne- rung in kaiserlichen Gnaden aufnehmen werden, will ich den allerhöhesten Gott inniglich anrufen, dass derselbe solches Fürhabeu von oben herab gedeihen und E^ K. M. eine solche Princessin ausersehen wolle, die nicht

') Ueber des Windischgrätz Vorgehen Grimoard ]. c. II. 290f.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 40

706 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

allein deroselben vollkommene Vergnügung geben, besonderu auch den allgemeinen Wunsch erfüllen möge.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Juni 1673. (Or.)

[Unterredung Brassers mit dem Kurfürsten. Verhandlungen des Goess mit Brasser. Erklärungen des schwedischen Gesandten.]

2G. Juni. Brasser hat zu Potsdam vom Kurfürsten dieselbe Antwort erhalten, vrie von

Schwerin und Jena in Berlin; nur hetheuerte der Kurfürst seine gute Gesinnung für Holland. Der Frage, ob die 10000 Mann Holland gehören oder nicht, hat der Kurfürst keine Erwähnung gethan, sondern nur erklärt, er könne keine Truppen entlassen, gestatte aber den Holländern im kurfürstlichen Lande Truppen zu werben '). Goess, den Brasser um Rath fragt, räth dieses Anerbieten anzu- nehmen. Brasser meint bei den herrschenden Zuständen wäre es das beste, wenn die Staaten mit Kursachsen verhandeln würden. Der schwedische Gesandte -) sagt dem Goess, man billige am schwedischen Hofe den Particularvertrag ; derselbe sei ein gutes Zeichen für den allgemeinen Frieden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Juli 1673. (Or.)

[Vorgehen des Bischofs von Münster. Brassers Verhandlungen bezüglich der Truppen- überlassung. Meldungen aus Schweden.]

3. Juli. Der Bischof von Münster fährt in seinem feindlichen Vorgehen gegen Bran-

denburg fort 3), was man hier sehr empfindet; einige meinen, man solle mit Waffengewalt die Truppen des Bischofs vertreiben. Von Abdankung der Truppen will man hier nichts hören. Brasser macht neue Versuche die 10 000 Mann zu erhalten, dürfte aber keinen Erfolg haben ^). Der dänische Resident Lindenau meldet aus Stockholm, dass Schweden den brandenburg-französischen Vertrag nicht billige und erkläre, nie dazu gerathen zu haben.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 7. Juli 1673. (Or.)

[Des Goess Bemühungen Cansteins Abberufung zu verhindern. Brandenburg-franzö- sischer Vertrag. Münster. Truppenabdankung. Brassers Werbepläne. Nachrichten über die Kölner Verhandlungen. Schwedens Stellung zum brandenburg-französischen

Vertrage.] 7. Juli. Auf die Mittheilung des Grafen von Windischgrätz, dass Canstein auf seine Abberufung dringe, hat Goess, der Cansteins kaiserfreundliche Gesinnung kennt,

1) Vergl. Urk. u. Act. III. 414 ff.

2) Wangelin.

3) Depping 1. c. 165 f.; Urk. u. Act. III. 417; Grimoard 1. c. II. 294. ^) Urk. u. Act. III. 417.

Verhandliingen mit Brasser. Canstein. Brandenburg-französischer Vertrag. 707

für die Verweigerimg dieses Begehrens bei Schwerin interveuirt. Die Tractate mit Frankreich wurden Goess in einem Auszuge mitgetheilt; wie Goess ver- nimmt, soll es bezüglich der Fixirung einzelner Artikel Schwierigkeiten geben. Der Bischof von Münster soll sich wegen der letzten Vorgänge entschuldigt und die Evacuirung der innehabenden Plätze versprochen haben'). Der Kurfürst hat sich entschlossen einige Regimenter in Westphalen abzudanken; er behauptet zwar keine weiteren Truppenentlassungen vornehmen zu wollen, doch glaubt Goess, dass er, wenn er keine Subsidien erhalte, sich bald zu neuen Abdan- kungen genöthigt sehen werde. Hoffnung auf Ueberlassung der Truppen an Holland ist keine und hat mir der von Jena ziemlich rundaus gesagt, man werde sie an keinen überlassen; wer sie haben wolle, möge sie werben. Brasser sucht diese Werbung vorzunehmen; es fehlt ihm aber das Geld; doch hofft er dasselbe zusammenzubringen. Der Kurfürst hat ihn beim Abschiede seiner Freundschaft für Holland versichert'). Nachrichten aus Holland lauten dahin, dass die Mediatoren zu Köln zu verstehen geben, dass von franzö- sischer Seite der Friede auf das uti possidetis, ita possideatis gerichtet werden wolle ^), was mit den bisher gegebenen Vertröstungen nicht übereinstimmt. Krosigk, der kurfürstlich brandenburgische Gesandte in Stockholm, behauptet, man sei dort mit dem brandenburg-französischen Vertrage einverstanden und be- zeichne die gegentheilige Ansicht als leeres Gerede.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Juli 1673. (Or.)

[Abschiedsaudienz Brassers. Verjus.]

Brasser ist abgereist, um in Westphalen einige brandenburgische Völker, 10. Juli, die abgedankt werden sollen, für die Staaten zu gewinnen. Als er Abschied

von P. Ch. D. nähme und darbei meldete, dass ob er zwar in dem was ihme von seinen Principalen aufgetragen worden nichts erhalten, dannocli um die contestirende beharrliche Affection gegen die Staaten General unterthänigst Dank sagte, mit Bitt noch ferner darin zu continuiren, hat der Churfürst mit einiger Bewegung des Gemüths die Augen gen Himmel gewendet und gesagt „Gott weiss es, dass mein Will und Affection gut ist;" hat ihme benebst Anschlag und Rath gegeben, wie sie mit der Werbung am besten fort zu kommen ^). . . Verjus soll hieherkommen =).

') Es handelte sich vornehmlich um Ravensberg: der Bischof räumte dasselbe und die anderen von ihm besetzten Orte: Depping 1. c. 166.

■) Urk. u. Act. III. 417.

2) üeber die Verhandlungen zu Köln; Klopp I.e. I. 338 ff.; Mignet 1. c. IV. 141 ff.; Ennen 1. c. I. 304ff.: Peter 1. c. 172ff : Droysen 1. c. 452f.; Orlich 1. c. IL 94f. (Auszüge aus den Berichten Otto's v. Schwerin des Jüngeren).

*) „sijne oogen nae den hemel slaende" Urk. u. Act. III. 417.

'") Er kam Anfang August 1673 nach Berhn; Droysen 1. c. III. 3 461.

45*

708 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. Juli 1673. (Or.)

[Eindruck der Nachricht von der Uebergabe Mastrichts. Verunglückter Versuch des Kurfürsten grössere Contributionen von den märkischen Ständen zu erhalten. Ab- berufung Krosigks. Dänisch-holländischer Vertrag. Assistenz des Kaisers seitens der

Reichsfürsten.]

14. Juli. Die Uebergabe Mastrichts ') hat hier grosses Staunen verursacht; auch Goess

begreift diese plötzliche Uebergabe nicht. Der Versuch von den Ständen der Mark 1000 Thaler monatlich mehr an Contributionen gegen das Versprechen zu erhalten, dass sie von der Verpflegung der im Lande befindlichen Truppen gänzlich befreit sein sollten, ist nicht geglückt, w&s den Goess in der Ansicht bestärkt, dass der Kurfürst Truppen werde entlassen müssen. Krosigk wird von Stockholm abberufen. Dass der Vertrag zwischen Holland und Dänemark nicht ratificirt worden ist, sondern dass von Holland Veränderungen gewünscht werden, bedauert Goess. Dem Canstein soll die von Goess gewünschte Instruction zuge- schickt worden sein, dass nämlich der Kaiser von allen Confoederirten unterstützt werden sollte, im Falle er wegen der im Reiche operirenden Armee von Frank- reich in seinen Erblanden angegriffen werden würde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. Juli 1673. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit dem Kurfürsten und mit Schwerin bezüglich der Assistenz des Kaisers durch die Reichsfürsten. Haltung der Brandenburger. Entschliessung in dieser Frage. Unterredung mit Schwerin über des Verjus Mission und über die Hei- ratsgerüchte, ürtheil über Kleihe's Mission nach Braunschweig. Eintausch Mecklen- burgs gegen die clevischen Besitzungen Brandenburgs. Des Kurfürsten Aeusserung beim Marsche der kaiserlichen Truppen. Morstyn.]

21. Juli. Da Windischgrätz dem Goess mittheilt, dass Canstein bezüglich der vom

Kaiser im Falle eines Angriffes durch Frankreich geforderten Assistenz nur allgemein gehaltene Erklärungen abgebe, begibt sich Goess zu Schwerin und zu dem Kurfürsten, um eine bessere, detaillirtere Erklärung zu Gunsten des Kaisers und die Belassung Cansteins in Braunschweig zu erwirken. Das letztere wird ohne Anstand zugestanden; bezüglich des ersteren Punktes behauptet der Kur- fürst, Canstein sei genügend instruirt und er selbst geneigt des Kaisers Partei zu vertreten, Schwerin betheuert dasselbe und meint der Kurfürst thue vielleicht zu viel. Wir hätten dero gegenwärtigen Zustand zu beobachten und zu compatiren; ihre Festungen und Stadt und fast das Land wären noch in der Franzosen Händen ; ich könnte gedenken, was daraus zu entstehen, wann sie sich vor der Zeit all zu blos geben würden. In summa, wann entweder wider Frankreich, oder vor Holland, oder auch vor E. K. M.

1) Die Besatzung von Mastricht capitulirte am 30. Jimi und zog am 2. Juli ab. Peter I.e. 168; Basnage I.e. II. 427 ff.; Mignet i.e. VI. 147; Rousset I.e. 462ff.; Oeuvres de Louis XIV. III. 321 ff.

Uebergabe Mastrichts. Unterstützung des Kaisers. Des Verjus Mission. 709

nun etwas zu thun, oder zu resolviren, da nimmt man sich trefflich in Acht und was ich dargegen repräsentiren möge, sucht man mit allerlei Prätexten ahzulaineu; massen der von Schwerin auch dieses vorbrachte, es könnten ja I. Ch. I). in andere Weg als eben durch dero Coniunction mit E'. K. M. dem gemeinen Wesen nützlich sein. Man wüsste nit, was man an Schweden hätte; er könnte mit W^ahrheit sagen, dass er aus allen eingehenden relationibus nit sehen könne, dass man allda die consilia ändere; man sähe was Hannover für consilia führe; in Polen nehme die Türkengefahr täglich zu; ob ich nit für vorträglich hielte, dass I. Ch. D. auf dieser Seiten in guter Postur stünden und auf alles invigilirten? Dieses alles, und ob's in Ernst also gemeint, oder mehr zum Praetext angezogen werd, lasse ich dahingestellt sein. Ich vermeinte aber, es hinderö doch nit, dass man mit den votis bei den obhandenen Conventen nit dasjenige, was die gegenwärtige Conjuncturen erforderten, befürderen könne. Weilen nun der von Canstein dahin instruirt, dass I. Ch. D. E. K. M., wann sie in dero Erblanden sollten angegriffen werden, treulich assistiren, zu Regensburg dasjenige, so pro salute imperii gut be- funden werd, bestermassen secundiren'), Churtrier auch nit lassen wollen; als habe ich an Windischgrätz geschrieben, der von Canstein könne meines Erachtens sich dieser Instruction tamquam regulae also bedienen, dass ers ad proposita puncta nach Möglichkeit applicire und im übrigen seine relatioues also einrichte, damit man dahie die verlangte resolutiones nehme und ihn darnach Vorbescheide ... Bei Cansteins guter Gesinnung ist auf Erfolg zu hoffen, weil auf solche Weise Brandenburg das vermeiden könne, was es zu vermeiden wünsche ; nämlich allen anderen in den guten Beschlüssen für den Kaiser voranzugehen. Schwerin erklärt, mit des Verjus Auf- enthalt in Braunschweig und mit seiner Hieherkunft nicht einverstanden zu sein. Weilen nun allerlei geschrieben werd, . . . dass Verjus eine Heirat zwischen den Churprinzen und der verwittibten Herzogin de Guise vorzuschlagen, habe ich den von Schwerin auch diesfalls sondirt; der gab mir geschrie- bene Zeitungen, dass diese Heirat auf eine Mademoiselle de Blois, natür- liche Tochter des Königs, vermeint wäre, quod explodebat; ich kennete den Prinzen und wüsste, dass er di genio ganz nit französisch und darzu von hohen Gedanken und Gemüth seie.

Man hält in Berlin dafür, Kleihe sei mehr ad expiscandum als ad tractandum schwedischerseits nach Braunschweig zum Congress gesendet worden. Dem

') Ueber die Verbandlungen zu Regensburg vergl. die Schreiben Gravels an Turenne bei Grimoard l. c. II. 297 f., 300f.

710 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 1675.

Kurfürsten wurde von der Herzogin von Mecklenburg ') und dann vom Herzoge Georg Wilhelm zu Celle die Frage vorgelegt, ob er die clevischen Lande gegen das Herzogthum Mecklenburg eintauschen wolle. Diese, wie Goess vermuthet, von Frankreich inspirirten Vorschläge ist der Kurfürst nicht geneigt zu berück- sichtigen. Als wegen Anmarschirung E^ K. M. Armee geredt worden und ich angedeut, dass dieselbe in wirklichem Marsch begriffen^), brachen sie aus „Ach, warum habt ihr die Resolution nit ehender genommen". Von Churbaiern, Churpfalz und Wirtemberg vermuthet man hierbei nichts gutes ^). Die Holländer werben in Berlin ganz offen Truppen. Morstyn ist angekommen ^).

27. Juli. Unter dem 27. Juli berichtet Goess. dass Morstyn über den durch den

Bromberger Vertrag festgestellten Secours noch weitere Unterstützung von Brandenburg fordern will. Am 30. Juli meldet Goess die Ankunft des Verjus in Berlin^) und dass ihm gemeldet werde, Frankreich rücke gegen Trier vor ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2, August 1673. (Or.)

[Unterhandlungen der Brandenburger mit Morstyn. Trier. Canstein. Verhandlungen

bezüglich dessen Instruction. Rath des Goess bezüglich der zu Braunschweig zu

treffenden Entscheidungen.]

2. Aug. Schwerin übergibt dem Goess extractum protocoUi der mit Morstyn gehal-

tenen Conferenz ^). Von Kurtrier hat der Kurfürst von Brandenburg ein Schreiben mit Schilderung der Trier von Frankreich drohenden Gefahren und mit der Bitte erhalten, Frankreich von weiterem Vorgehen abzuhalten, oder falls dies nicht durchzusetzen, Trier zu unterstützen ^). Canstein ist hier; Goess schreibt an den Kurfürsten, es möge Canstein angehört und ihm neue Instruction gegeben werden. Canstein betheuert seine kaiserfreundliche Stimmung. Goess wird alles thun, um beim Kurfürsten eine den Interessen des Kaisers entsprechende

^) Isabelle Angelica, Tochter Franz III. v. Montmorency.

"0 üeber den Marsch der kaiserlichen Truppen Peter I. c. 176; Wolf I. c. 395 f.

^) Für das Verhalten dieser Mächte, insbesondere Baierns; Grimoard I. c. II. 299, 301 u. a. 0.

*) Für die brandenburg-polnischen Beziehungen dieser Zeit Puf. 1. c. XI. 107.

'=>) Droysen 1. c. 111.^ 461 f.; Peter 1. c. 194f.

^) Die Eroberung und Besetzung erfolgte erst am 7. Sept. 1673; Peter I.e. 179.

^) Extractus protocolli habiti die 18. /28. Juli 1673. Copie.

Der Kurfürst wird die durch den Bromberger Vertrag festgesetzte Truppenzahl den Polen zur Verfügung stellen und denselben, wozu er nicht verpflichtet ist, für einen Monat Sold geben. Bezüglich der weiteren Truppensendungen wird der Kur- fürst mit dem Kaiser und Schweden gemeinsam vorgehen. Vergl. Puf. 1. c. XI. 107.

^ Schreiben Kurtriers an den Kurfürsten von Brandenburg d. d. Ehrenbreiten- stein 18. Juli 1673. Copie. üeber die Lage Triers Enneu I.e. 1.308.

Morstyn. Trier. Canstein. Convent zu Braunschweig. 711

Instrucüun zu erwirken. So viel sehe ich fast, dass man auf denjenigen Puncten, so in E^ K.M. Proposition enthalten ... die verlangte positive Erklärung nit erhalten werde . . . Weilen es aber importire, dass man nit unverrichter Dingen von einander scheide, das übrige, so diesmalen nit zu erhalten, auf eine andere Zeit reservire, indeme auch fama et species huius foederis sowohl respectu Frankreich als der AUilrten selbst und auch andere Stände von nit geringen Effect sein kann, als wäre ich der Meinung, man sollte endlichen finem huius conventus dahin ausdeuten, dass man bei dieser dem Reich und denen Alliirten androhender grossen Gefahr eine Notdurft erachtet zusammen zu kommen, das foedus zu bekräftigen, nach der gegenwärtigen Lauften zu richten und die stipu- lirte mutuelle Assistenz wider diejenige, so entweder E. K. M. in dero Erblanden, oder Jemand der Confoederirten in den ihrigen, sub quocun- que praetextu angreifen würden, nochmalen fest zu stellen, dass propter imminens periculum ein jeder der Confoederirten seine quotam fertig und parat zu halten, damit sie alsofort, wo es die Noth erfordert, marschiren können: dann könnte wegen Churtriers Accession, wegen dessen, was von Schweden gesucht worden, Meldung geschehen und endlichen eine fernere Zusammenkunft nach der Sachen Notdurft veranlasst werden '). Ich vermeine, es solle von einigen Effect sein, dass die Alliirte, eben da E"". K. M. Armee schon in's Reich marschirt, sich aufs neu hierzu verbinden. Ist ein mehrers zu erhalten, wohl und gut; wider diesem allem kann kein Bedenken sein und ist mir beigefallen, weilen die Inten- tion bei den meisten gleichwohl gut scheinet und man allein aus Scheu vor Frankreich zurück haltet, ob nit auf einige andere ganz geheime Versicherung apud singulos könnte gedacht werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. August 1673. (Or.)

[Verhandlungen des Goess bezüglich des Braunschweiger Conventes und der Unter- stützung Triers. Geplante Reise des Goess zu Schwerin nach Landsberg. Mitthei- lungen desselben über seine Unterredungen mit Verjus.]

Von weiterer Abdankung von Truppen vernimmt Goess nichts. Goess ver- 9. Xü<r. sucht in neuen Verhandlungen mit Schwerin und Canstein günstigere Entschlüsse bezüglich des Verhaltens Brandenburgs beim Braunschweiger Convente zu erwirken. Sie bleiben dahie noch der Meinung, dass man von den Specialitäten,

0 Der Vertrag, durch den Trier in das Braunschweiger Bündnis trat, wurde am 12./22. Juli zu Braunschweig geschlossen; Mörner I.e. 377; Marx Gesch. Triers I.e. HI. 142 ff.

712 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

SO ZU nraunschweig ventilirt werden, zu abstrahiren; nun sehe ich . , . wie viel praecautiones und reservationes darbei gemacht werden und dahero sehr zu besorgen, dass quoad effectum nit viel hiermit gericht. Ich habe mich doch hierin weiter nit einlassen wollen, . . . sondern dahin angetragen, dass weilen das Werk zu Braunschweig schon so weit gebracht, man möchte von hier aus es noch ferner beförderen und dass dem chur- brandeuburgischen Abgesandten die Vollmacht gegeben werde, den Recess, wie denselben einzurichten werd gut befunden werden, zu verfertigen und zu unterschreiben. Dieses hat der Graf von Windischgrätz sonder- lich begehrt. Ich sehe wohl, dass man dahie lieber sähe, dass man's bei dem ersten Allianzrecess bewenden Hesse. Ich habe aber vorgestellt, dass man ob plurimas rationes sine novo recessu von einander nit zu scheiden, darin, weilen man pro modo der Alliirten Völker schwerlich alsofort in Marsch bringen werd, auch dieses zu inseriren, dass ein jeder unter den Alliirten seine quotam in seinem Land beisammen und aller- dings zum Marsch fertig zu halten.

Auch die Frage der Unterstützung Triers hat Goess vorgebracht. An den König zu schreiben und bei dem Verjus seria officia abzulegen, darzu ist man dahie gar willig; was aber die wirkliche Assistenz anbelangt, das werd quaestio altioris indaginis sein . . . Goess fürchtet, dass Canstein trotz all der gegebenen Versprechen versuchen wird, die Sendung nach Braun- schweig abzulehnen. Goess denkt nach Landsberg zu Schwerin zu reisen, um mit diesem alles zu besprechen. Als ich ihme neulieb remonstrirt, wie schädlich diese allzu grosse Reflexion, so sie auf Frankreich machen, fiele, hat er geantwort, sie wäre nit so gross, dass er nit allemal dem Verjus in Namen P. Ch. D. sagen werde, dass wann sein König E. K. M. in dero Erblanden attaquiren sollte, sie deroselbeu alsofort assistiren würden. Er hätte ihme, als er neulich zu Landsberg war, frei gesagt, dass auch die Chur- und Fürsten, so Frankreich am besten affectionirt, diesen Marsch des Königs in's Reich zum höchsten improbiren . . . Sonsten hätte der Verjus gegen ihme gemelt, dass sobald E^ K. ^L Armee über die bohaimische Grenze heraus marschiren thäte, ihr alsofort 60000 Fran- zosen entgegen gehen würden und wann dieses nit geschehe, solle er ihme hinführo nichts glauben').

') Dass dies wirklich der Plan Turenne's war, geht aus dessen Mittheilungen hervor; vergl. Grimoard 1. c. II. 240, 334; Peter I.e. 181.

I

Braiinschweiger Convent. Unterstützun]^ Triers. Budendach. 713

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. August 1673. (Or.)

[Nothwendigkeit vorsichtig beim Kurfürsten zu verhandeln. Unterredung des Goess mit Schwerin. Trier. Des Kurprinzen Aeusserung bezüglich der kaiserlichen Truppen.]

Goess wird alles tliun, um den Kurfürsten von Brandenburg zu vermögen, IG. Äug. Baiern von den schlechten Vorsätzen abzurathen ^) und dem Könige von Frank- reich die Annahme eines Universalfriedens unter aequis conditionibus zu empfehlen. Bei dem Versuche Brandenburg wider auf des Kaisers Seite zu bringen, müsse Goess sehr vorsichtig zu Werke gehen.

Schwerin, mit dem Goess zu Landsberg sich unterredet, hat an Canstein geschrieben und denselben zur Fortsetzung seiner Mission in Braunschweig ermuntert. Sonsten bliebe der Baron von Schwerin darauf, das.s man ihrer Seiten sich circa hactenus acta mit Dänemark und Celle confor- miren wollte und wann dieselbe, wie ich die Hoffnung gäbe, sich noch zu etwas mehrers erklären sollten, würde es nur wenig Tagen erforderen, dass ihr Abgesandter referiren und sich ferner Bescheids erholen könnte.

An Trier soll man von Seite Brandenburgs sehr reservirt geantwortet haben. Der von Pöllnitz sagt mir, dass, als der Verjus bei dem Churprinzen ihre Völker trefflich gerühmet und dieselbe gleichsam für invincible be- schrieben, der Churprinz ihme geantwort, wann er die kaiserlichen mit ihre eiserne Hut und Wamms solle sehen, so würde er gewiss auch tapfere Leut finden, darauf er sehr still worden.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 20. August

1673. (Or.)

[Sendung Budendachs nach Mühlhausen.]

Das Schreiben des Kaisers vom 10. Angust mit dem Ersuchen den bisher 20. Aug. in Braunschweig verwendeten kurfürstlichen Rath nach Mühlhausen mit dem Befehle zu senden, die noch unerledigten Punkte der kaiserlichen Proposition zu berathschlagen, hat der Kurfürst erhalten"-). Er habe den neumärkischen Kanzler Brandt dahin abgeordnet, da dieser aber auf der Reise verunglückt, habe er den sächsischen zu Mühlhausen sich befindenden Gesandten ersucht, die Berathung auch in Abwesenheit des brandenburgischen Bevollmächtigten fortzu- setzen und zugleich versichert, dass er dasjenige, was im Namen des obersächsi- schen Kreises mit den anderen geschlossen würde, genehm halten wolle. Auf des Kaisers neues Schreiben hat er nun dem halberstädtischen Regierungsrathe und Vicekanzler .Johann Budendach Befehl ertheilt. nach Mühlhausen zu reisen.

') Ueber Baierns Haltung, Buchner, Gesch. Baierns VIII. 16 if.; Wagner 1. c. I. 307 ; Grimoard 1. c. 299 S. -) Liegt nicht vor.

714 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

Unter dem 21. September dankt der Kaiser dem Kurfürsten für diese Sen- dnno- Budcndachs.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. August 1673. (Or.)

[Mittheilung der mit Yerjus geführten Verhandlungen an Goess. Bedenken des Goess gegen den § 9 des französisch-brandenburgischen Vertrages. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten über des Verjus Aeusserungen. Trier. Haltung des Kurfürsten

von Brandenburg.]

5. Aug. Der Kurfürst ist am 19. nach Berlin gekommen. Am 22. fand eine Con-

ferenz des Goess mit Somnitz und Canstein statt, in welcher dem kaiserlichen Gesandten der Inhalt der Erklärungen des Verjus mitgetheilt wurde '). Goess betont den Käthen gegenüber, dass die Gefahr durchaus nicht so gross wäre, wenn die Fürsten des Reiches den Kaiser nicht im Stiche Hessen. Das mit Frankreich geschlossene Bündnis wurde Goess communicirt, er wendet sich vor- nehmlich gegen den 9. Artikel, da er weiss, dass derselbe von vielen hiesigen Ministern nicht gebilligt werde-). Der Verjus, wie mir I. Ch. D. sagten, hat in Anfang fast höher gesprochen, als er nit ietzt thue; was E. K. M. mit ein Handvoll Volk wider seinem König ausrichten würden? die meiste Chur- und Fürsten wären auf ihrer Seiten. Ad quae ego: Ich miisste

') Prolocoll der Conferenz vom 22. Aug. 1673. Or.

Verjus habe dem Kurfürsten erklärt, sein König wolle Frieden im Reiche, habe aber denselben beim Kaiser nicht erlangen können; er bitte den Kurfürsten um seine Mitwirkung zu diesem Zwecke. Falls der Kaiser seine Truppen nicht in's Reich führen sollte, werde Frankreich seine Truppen vom Reichsboden abführen. Frank- reich will den Polen gegen die Türken Unterstützung senden, bittet aber den Kurfürsten bei den Verhandlungen mit dem Kaiser behufs Ueberlassung einiger Truppen an den Kaiser zur Unterstützung Polens darauf zu achten, dass diese Truppen nicht später gegen Frankreich verwendet werden. Goess antwortet, Oester- reichs Friedensneigung sei bekannt; Frankreich sei der Friedensstörer. Die Hülfe Frankreichs gegen die Türken sei, wenn möglich, falls sie überhaupt ernst gemeint sei, zurückzuweisen. Wie ehrlich es in dem 3*6« Punkt der Kaiser meine, wisse der Kurfürst; Goess hoffe, dass sich Brandenburg durch solche Bedenken von der Unter- stützung Polens nicht wird abhalten lassen.

■■^) §9 des Vertrages von Vossem 16. Juni 1673 lautet: Et bien, qu'il soit dit dans l'article 2me du present traitte, que le dt- S--. Electeur de Brandeburg n'assistera directement ny indirectement les ennemis de S. Mte, le dt- S"-. Electeur ayant tes- moigne toutefois, quil ne pourroit estre engage a rien, qui peut estre contre l'Em- pire et qu'il se reservoit les mains libres en cas qu'il fust attacque; S. M'^ qui n'a pas moins a coeur la seurete et la paix du dt- Empire admet volontiers cette reserve du d'- Electeur a condition toutefois, que S. Mte ne sera pas causee attacquer le d'- Empire, si Elle se trouvoit obligee de porter ses armes en Allemagne et d'agir contre tout prive du dt- Empire, quelquil i)eut estre, qui voulust attacquer S. M'e ou donner assistance a ses ennemies contre la traite de la Paix de Munster.

Brandenburg-französisches Bündnis. Verjus. Jitgerndorf. 715

bekennen, dass ich E. K. M. bis dato fast noch allein sähe, wollte aber nit hoffen, dass man dieselbe und das Vaterland solchergestalt gemeint zu abandonniren. . . . Mit heutiger Ordinari schicken I. Ch. D. dero Rati- fication über den churtrierischen Accessionsrecess dahin; wann ein allge- mein Schreiben von den Alliirten an den König in Frankreich werd beliebt werden, werd man hier kein Bedenken darbei haben. Man hat bei diesen Hof auch die Nachricht, dass die mediatores zu Colin diese Invasion des Erzstifts Trier für einen formellen Friedensbruch halten; um so mehr habe ich auf die wirkliche Assistenz gedrungen. Einer ent- schuldigt sich mit dem andern und also werd dieser treuer Churfürst cum summo scandalo sowohl von den Reichsständen als von den Con- foederirten verlassen. Ich sehe gleichwohl, dass man die Sach appre- hendire und inculcire ich immer, dass diese eine Occasion, da man diese Allianz mit üniversalapprobation könnte in der Action bringen. . . . Bei I. Ch. D. habe ich sonsten die vorige gute Sentimenten verspürt...

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. August 1673. (Or.)

[Jägerndorfische Angelegenheit. Schwerins Plan sich von den Staatsgeschäften zu- rückzuziehen. Einschluss des Kaisers in den französisch - brandenburgischen Vertrag. Reduction der Truppen. Verbot fremder Werbungen. Nachrichten von einem See- siege der Holländer. Brandenburgs Sendung nach Mühlhausen. Münster.]

Was der von Crockow kurz vor dero Abreis von Wien wegen der 30. Aug. jägerndorfischen Prätension movirt, will ich nit verhoffen, halte es auch nit darfür, dass es so bös gemeint, wie E. K. M. es apprehendiren; es bezeigen gleichwohl I. Ch. D. noch immerfort dero gute Devotion gegen E. K. M, und gute Sentimenten für unsere Party. Es hat zwar auch gegen mir zuweilen wohl ein oder ander Minister hiervon einige Meldung gethan, aber doch nit solchergestalt, als wann man gemeint diese Prätension diesmalen gar stark zu treiben. Goess hat Verhandlungen darüber vermieden. Sonsten werden E. K. M. aus meinen super hac materia erstatteten vielfältigen relationibus gnädigst ersehen haben, dass ich jeder Zeit der unterthänigsten Meinung gewesen, dass man sehen solle aus diesem Werk durch einigen tolerablen Vergleich zu kommen. Das schlechte Vernehmen zwischen den kaiserlichen und kur- fürstlich braudenburgischen Vertretern in Regensburg dürfte daher stammen, dass die Brandenburger den Franzosen keinen Anlass zu Klagen geben wollen. Schwerin erklärt, falls ihn der Kurfürst zur Begleitung des Kurprinzen, der eine grosse Reise durch's Reich machen soll, auffordern sollte, dieses Amt nicht

716 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Iß72 1675.

zurückweisen zu wollen; beziehet sich auf was er mir zum öftern ver- trauet wegen seiner Intention sich völlig von den Affairen abzuthun und zur Ruhe zu begeben'). . . . Als ich gefragt, warum wegen E^ K. M. und der Krön Spanien Inclusion in dem Tractat nichts gemelt worden, hat er (Schwerin) nichts rechts darauf geantwort, als es würde der König kein Bedenken darbei gehabt haben, wann's von E^ K. M. wäre gesucht worden, da doch hierin geschehen, was ich unterthänigst bericht. Ich bekümmere mich, die Wahrheit zu sagen, desto weniger darum, weilen doch diese Inclusion von schlechten Effect gewesen wäre und ich seit- hero vermerkt, dass E. K. M. besorgt, dass die Holländer hieraus Anlass zu Mistrauen und Differenz nehmen möchten . . . Die Reduction der Truppen geht vor sich; die fremden Werbungen sind verboten worden, vermutlich um Verjus zu befriedigen, der sich über die Werbungen der Holländer beklagt hat. Es ist die Nachricht von einem neuen Seesiege der Holländer eingetroffen 2). Windischgrätz schickt dem Goess den zu Braunschweig abgefassten Recess mit der Bitte, bei Brandenburg um fernere Absendung nach Mühlhausen zu drängen, was Goess umsomehr gethan, als dieser Hof nicht sonderUch zu dieser Absen- dung inclinirt. Der Bischof von Münster hat sehr freundlich an Brandenburg geschrieben; der Bischof soll kriegsmüde sein.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 8. September 1673. (Or.)

[Haltung des Kurfürsten. Absendung Budendachs nach Mühlhausen. Eindruck des Marsches der kaiserlichen Truppen. Erklärungen des Goess. Wangelins Verhand- lungen. Pläne Schwedens. Unterredung mit dem Kurfürsten über die Kriegsopera- tiouen. Eindruck der Nachricht vom Abschlüsse der spanisch-staatischen Allianz. Urtheil des Kurfürsten über Dänemark.]

8. Sept. I. Ch. D. zeigen zwar Mitleiden mit Churtrier und improbiren dieses

der Franzosen Vornehmen, sagen mir auch, dass sie es dem Verjus, welcher daraussen bei ihro gewesen, ernstlich vorgehalten und remon- strirt, dass der König hierin gar übel gerathen und schädliche Conse- quenzien hieraus entstehen werden, wann's aber zum Hand anlegen und E''. K. M. zu diesem Ende angesehene Waffen zu secundiren kommt, da seind die vorige irresolutiones gnug zu vermerken. Goess betont dem Kur- fürsten gegenüber, mit Worten sei nichts gethan, man müsse handeln. Der

') In der That reichte Schwerin bald darauf „wegen seiner Leibesindisposition" seine Entlassung ein, die ihm aber nicht gewährt wurde; vergl. Orlich, Friedr. Wilh. Anhang p. 12; ürk. u. Act. III. 417 Anm.f.

-) Gemeint ist der grosse Seesieg bei Kijkduin am 21. August 1673; Peter I.e. 171; Mignet 1. c. IV. 164.

Budendach. Marsch der kaiserlichen Truppen. Wangelin. 717

Kurfürst erklärt, er habe Budenclacli nach Mülühausen abgefertigt. Wegen des Marsches E^ K. M. Armee haben I. Ch. D. fleissig nachgefragt und ver- merke ich immerfort mehr, dass wie man zu Beförderung der Tractaten mit Frankreich dieselbe persuadirt, dass folgends auch E. K.M. und die Holländer gleichfalls sich zum Frieden lenken würden, oder wohl auch müssten; dass weder E. K. M. noch Spanien mit Frankreich sicherlich nit brechen und der Marsch auf Eger entweder nit für sich, oder doch nit weiter in's Reich gehen würde; nun da man das Widerspiel siehet, S. Ch. D. nun mit einer, nun mit einer andern Vertröstung lactire und aufhalte, massen man nun die Hoffnung gibt, mich auch dessen überreden w'ollen, dass ehistens ein Universalarmistitium erfolgen werde. Ich habe zu verstehen gegeben, dass es mit uns allen noch nit so weit kommen, dass die armistitia und was dergleichen allein ab arbitrio der Krön Frankreich zu dependiren; man wisse welchergestalt E. K. M. und die Staaten General sich hierbei erklärt und bezeigt, bei Frankreich herentgegen, unangesehen aller darbei angewendten Offerten und officiorum, das Armistitium beharrlich aus- geschlossen worden. Wangelin, der beim Kurfürsten in Potsdam war, soll, wie Goess von guter Hand erfährt, den Kurfürsten ersucht haben, an den Kaiser zu schreiben und denselben zum Innehalten mit dem Marsche wie auch zur An- nahme des Waffenstillstandes aufzufordern'). Sonsten lasst man sich ver- merken, dass schwedischer Seiten das Absehen beiProponirung des armistitii sein solle, dass, wann Frankreich dasselbe ferner ausschlagen thäte, man sich gar mit Holland setzen und ihre Party annehmen wolle. Es solle auch etwas von einer dritten Party zwischen Schweden, Brandenburg und das Haus Lüneburg in Vorschlag kommen und dahin angezielt werden, dass man gleichsam das arbitrium pacis hierdurch an sich ziehen wolle ^). Als ich P. Ch. D. referirt, dass, weilen man vernähme, dass die Fran- zosen schon über die Tauber gangen^) und sich nach der Donau hinauf wenden möchten, unsere Armee ihren Marsch auf Nürnberg zu genommen^) und dass man nach Raison de guerre vigorose agiren und nach gestalten Dingen auch eine Hauptaction nit ausschlagen werde, haben dieselbe welche sonsten allzeit so heftig darauf gedrungen und geklagt, samb wir

') lieber Wangelius Verhandlungen in Berlin Puf. 1. c. XII. 13.

'^) Ueber die Pläne Schwedens, welche, nachdem die Vermittelungsvorschläge in Köln gescheitert waren, dahin giengen, die deutschen Fürsten zur Bildung einer dritten Partei zu vermögen, die wenigstens den Kaiser vom Kriege abhalten sollte, vergl. Droysen 1. c. III.3 449f. ; für Brandenburgs Stellung zu diesem Plane Puf. 1. c. XIT. ISAF.

•*) Vergl. Peter 1. c. 181; Grimoard II. 347; Beaurain 1. c. 64.

■*) Peter 1. c. 181.

718 ^'I- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Ifi72 1875.

i)it recht daran gewollt mit meiner nit geringen Verwunderung gross Bedenken gezeigt, dass man summara rerum also auf einem Streich wagen wollte; haben nachher auch zu dem von Hoensbroek gesagt'), wie ich solche hazardeuse und auf Bataillen gerichte Gedanken hätte. Mein Raisonnement gienge dahin, dass es ex ratione Status et belli nit änderst würde sein können. I. Ch. D. wollten darbei bedenken, ob, wann uns ein Unglück widerfahren sollte, sie oder andere Stand alsdann bastant sein würden den französischen victorieusen Waffen zu resistiren und sich und das Reich von der völligen Servitut zu retten; sie sollten sich diesem Hazard nit exponiren, sondern mit ihrer Beitretung zu E"". K. M. Waffen sich und das römische Reich in Sicherheit setzen; wie aber diejenige, so ihro die Tractaten mit Frankreich gerathen, ihr Fun- dament auf den Universalfrieden, so hieraus, ihrer Meinung nach, noth- W'Cndig zu erfolgen, gesetzt, also werden sie zweifelsohne demselben noch ferner insistiren und die consilia dahin richten, damit der Fried quocunque modo erfolgen und I. Ch. D. darbei ihre Plätze und andere eingebilte beneficia erhalten mögen . . .

I. Ch. D. hatten zwar schon Nachricht aus Holland, dass die Trac- taten zwischen Spanien und die Staaten General geschlossen^);... es hat gestern der Baron von Hoensbroek auf Befelch des Conde de Monterey derselben hiervon und dass man die Anstalt zur Execution mit allem Nachdruck mache noch fernere Versicherung gegeben. Sie haben gezeigt, dass sie es gern vernehmen; wie aber einige ministri dahie obgemelter Massen gesinnt, als ist leicht zu erachten, dass sie es lieber anders sähen. Derfflinger sagt, der Kurfürst werde keinen Mann abdanken. Windiscligrätz meldet, dass er im Begriffe stehe nach Kopenhagen zu reisen. Auf Dänemark

machen I. Ch. D. keine grosse Reflexion; sie vermeinen selbige Krön seie gar kraftlos ; ich aber suggerirte, dass sie gleichwohl hierzu sonder- lich nützlich wäre, dass wann Schweden etwas praeiudicirliches vornehmen wollte, von selbiger Krön könnte abgehalten werden.

^) Baron Hoensbroek, spanischer Gesandter am kurfürstlichen Hofe. ^) Gemeint ist das Bündnis vom 30. Aug. 1673; gedruckt bei Dumont 1. c. VIIi 240 ff.; vergl. Basna^e I.e. H. 440f.

Erkläruna'en des Kurfürsten. Spanisch-staatische Allianz. Mahrenholtz. 719

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. September 1673. (Or.)

[Sendim» des Mahrenholtz nach Wien. Unterredung des Goess mit dem Kurfürsten, Pöllnitz und Jena über diese Sache, ürtheil des Goess über diese Mission. Geplante Unterredung des Kurfürsten mit Wrangel. Versehung von Lippstadt und Minden mit

Proviant.]

Es wurde am kurfürstlichen Hofe bestimmt Malireuholtz nach Wien ^) mit 1 1 . Sept. der Weisung zu schicken, im Sinne der schwedischen Forderung für die Annahme des Waffenstillstandes und für das Innehalten in dem Marsche zu wirken. P. Ch. D. habe ich, sobald ich von dieser Negociation veruoinmen, remon- strirt, dass es ein lauter französisches Werk ist. Weilen die Schweden für das Geld, so sie von Frankreich bekommen, diesmalen die Waffen nit ergreifen, so secundiren sie ihre Interesse mit dergleichen negociationibus ■). Goess spricht in diesem Sinne auch mit Pöllnitz und Jena. Ihm, Goess, selbst ist officiell auch nicht die Mittheilung von dieser Sendung des Mahrenholtz gemacht worden. Goess wundert sich, dass man Crockow übergangen habe. Die Schickung, sehe ich wohl, dass nun schwerlich werd zu hintertreiben sein ; darum gebe ich mich auch nit all zu bloss ; es ist allein dahin zu sehen, dass die Instruction glimpflich eingericht und dann der Chur- fürst durch den von Mahrenholtz capace gemacht werde. Ich besorge immer, dass sich nit allgemach die dritte Party, darvon oft erwähnt worden, herfür thue und I. Ch. D. darin mit eingeflochten werden; bin auch nit ohne Verdacht, ob nit etwa Chur-Baiern und Pfalz-Neuburg durch diese Wege dahin zielen. . . . Der Feldherr Wrangel solle heraus- kommen und sich mit I. Ch. D. unterreden^); die zeigen gross Verlangen hierzu und aestimiren ihn gar hoch. Ich praeoccupire, wo ich kann und remonstrire auf Weis und Maass, wie es geschehen kann, dass I. Ch. D. und das schwedische Interesse diesfalls gar unterschieden. Goess räth dem Kurfürsten, Lippstadt und Minden mit Proviant zu versehen, um dann

^) In einem Schreiben d. d. Potsdam 27. Aug./G. Sept. 1673 Or. macht der Kur- fürst dem Kaiser die Mittheilung, dass er den Präsidenten im Fürstenthume Halber- stadt, Freiherm von Mahrenholtz, nach Wien sende, um in wichtigen Angelegenheiten mit dem Kaiser zu berathen. Die Verhandlungen des Mahrenholtz bezogen sich auf die Forderung des Kurfürsten, der Kaiser möge den Marsch seiner Truppen im Reiche sistiren, da Frankreich versprochen habe in diesem Falle die Truppen vom Reichs- boden zu entfernen. Der Kaiser lehnte dieses aber, indem er zugleich seine Friedens- neigung betonte, ab. Das Memorial des Mahrenholtz vom 10. Oct. und des Kaisers Erwiderung vom 23. Oct. sind gedruckt im Diarium Europ. XXXI.

'-) üeber die schwedischen Forderungen in Wien vergl. die Memorialia des Pufendorf und des Kaisers Erwiderung im Th. Europ. XI. 360 ff.; vergl. auch Puf. Bericht bei Heibig 1. c. 35 f.

-) Vergl. Droysen 1. c. III. 3 450. Wrangel erkrankte, für ihn kam Mardefekl.

720 VI. Goess in Berlin. Anhalt in Wien. 1(172— ir,75.

desto freier sich entscheiden zu können; Derfflinger ist sehr dafür, meint aber, der Kaiser möge dazu beitragen, da der in diesen Plätzen vorhanden gewesene Proviant zum guten Theile von den kaiserlichen Soldaten aufgebraucht wor- den sei.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. September 1673. (Or.)

[Artikel 2 und 9 des brandenburg-französischen Vertrages. Haltung des Meinders. Zweck der Mission des Mahrenholtz. Erklärungen des Kurfürsten. Unterredung des Goess mit Hoensbroek, Schwerin, Koppen, Meinders über die Frankreich gegenüber zu beobachtende Politik. Schwerins Sohn. Beziehungen Brandenburgs zu Sachsen vmd Celle. Urtheil am brandeuburgischen Hofe über Schweden. Des Goess Urtheil

über diese Macht]

25. Sept. Des Kaisers Weisung vom 4. Sept. hat Goess empfangen i) und daraus ersehen,

wie wenig der Kaiser mit dem 2.^) und 9.^) Artikel des französisch-branden- burgischen Vertrages einverstanden ist. Goess hat sich über diese Artikel wiederholt beklagt. Meinders hat den Goess seit seiner Rückkehr vermieden and erst auf kurfürstlichen Befehl aufgesucht; jetzt sucht er ein gutes Einver- nehmen mit Goess wieder herzustellen. Meinders behauptet nach erhaltener Weisung den Vertrag mit Frankreich eingerichtet zu haben, was aber nicht wahr ist, weilen I. Ch. D., sobald sie hiervon Nachricht bekommen, ihme befohlen, entweder den articulum zu änderen, oder eine Declaration ein- zureichen, dass sie quoad imperium allerdings freie Hand behalten und anders nit an diesem Tractat gebunden sein wollten. Goess hält aber eine Aenderung jetzt für ausgeschlossen. Von einer Abdankung von Truppen ist keine Rede mehr. Mahrenholtz dürfte direct nach Graz au den kaiserlichen Hof reisen, Goess sieht immer mehr, dass diese Mission nur im Hinblicke auf den schwedischen Hof erfolgt ist. I. Ch. D. haben mich zwar sehr sinceriren lassen, dass sie keineswegs gemeint, sich den Churbaierischen und der- gleichen consiliis zu associiren *);... man hat sich gleichwohl vorzusehen, dass man's nit allgemach dahin, oder wohl gar zu einer dritten Party incaminire, dann ich besorge, dass Schweden und andere, wann sie Beifall funden, endlichen darauf antragen möchten. Alle die von Schön- beck kommen, referiren mir, dass I. Ch. D. immer mehr und mehr ihre Gedanken scheinen zu änderen. Dem Hoensbroek, der zur kaiserlichen Armee reist, hat der Kurfürst beim Abschiede gesagt, dass sie sich in Ewigkeit von

') Diese Weisung wie überhaupt die meisten Weisungen des Jahres 1673 fehlen.

-') Betrifft die Verpflichtung des Kurfürsten keinem Feinde des Königs von Frankreich in Zukunft Beistand zu leisten : Mörner 1. c. 373.

^) Betrifft Brandenburgs Haltung bei Kämpfen Frankreichs gegen Reichsfürsten.

■*) Für Baierns Haltung vergl. die Schreiben Vitri's an Turenue Grimoard 1. c. II. 340 ff., 355 f., 373 f.

Brandenbiirg-französisclier Vertrag. Meinders. Mahrenholtz. 721

E^ K. M. und dero hochlöblichen Haus nit separiren werden. Sie wiissten, dass die Franzosen ihro nit traueten und hätten umso weniger Ursach ihnen zu trauen; erzählten unter andern, welchermassen der Verjus an den französischen Residenten zu Hamburg ^) geschrieben, dass man fran- zösischer Seiten sich nichts gutes gegen S. Ch. D. zu versehen"), sie verharreten bei ihren vorigen consiliis und Gedanken, darunter sie dann gar artig kommen und gaben sie darbei zu verstehen, dass sie wohl etwa bald und ehender als der von Hoensbroek meinen möchte andere resolutiones nehmen werden.

In einer Unterredung mit Schwerin zu Landsberg, an der auch Hoensbroek und die kurfürstlichen Räthe Koppen und Meinders theilnahmen, habe ich (Goess) ziemlich nervöse vorgestellt, cum quanto dedecore et periculo der Fran- zosen Beginnen im römischen Reich bis dato zugesehen werde ^); es seie eine unerhörte Verblendung, dass man entweder die Gefahr nit erkennen wolle, oder, wann man's erkennt, propter aliquod privatum commodum salutem publicam ... dergestalt negligire. Es meldete der Baron v. Schwerin darbei, dass nit zu glauben, dass einiger deutscher Fürst sich sponte sua in französische Subjection geben wolle. Ich antwortete, esse tarnen hoc ipsum, quod ageretur; allein wolle man mit sehenden Augen nit sehen; man solle die deutsche Höfe ein wenig durchgehen, man werde bald finden a quibus et quibus consiliis und mit was für Maximen und Absehen einer und ander regirt und dirigirt werde. Und gegen Meinders, der behauptet Frankreich habe es auf eine Eroberung des Reiches nicht abge- sehen, da es wisse eine solche Eroberung nicht erhalten zu können, betont Goess, dass Frankreich gewiss derartige Pläne habe und durch die Uneinigkeit des Reiches zur Durchführung derselben ermuntert werde. Schwerin schickt seinen Sohn Moriz zur kaiserlichen Armee, er will, dass derselbe daselbst dient; es wäre gut ihn, im Interesse der Erhaltung der guten Beziehungen zu Schwerin, zu prote- giren. Da der Kurfürst viel Gewicht auf Sachsen legt, trachtet Goess eine Correspon- denz zwischen beiden Kurfürsten herzustellen^); auch auf den Herzog von Celle legt der Kurfürst grosses Gewicht. Bezüglich Schwedens gibt es hier 2 Parteien ;

') Bidal; Tergl. dessen Schreiben an Turenne bei Grimoard 1. c. II. 341 if.

2) Vergl. für Verjus Thätigkeit sein Schreiben an Turenne; Grimoard 1. c. II. 366.

") Schon am 28. August hatte der Kaiser durch seine Vertreter in Regensburg seine Entrüstung über Frankreichs Vorgehen kundgeben lassen; vergl. Mignet 1. c. IV. 201 ff.; Th. Eur. XI. 391; für die Haltung des Kaisers in dieser Zeit; Mignet

I. c. IV. 194ff.; Wolf 1. c. 396; Wagner 1. c. I. 313ff.; Grimoard (Schreiben Gravels)

II. 324 f., 331 f.

■*) Ueber Sachsens Haltung in dieser Zeit vergl. die Schreiben Chassans (B"rankreichs Vertreter) au Turenne bei Grimoard 1. c. II. 348, 355; Auerbach 1. c. 390 ff.

ilater. z. Gesch. d. G. Kurliirsteu. XIV. 4o

722 VI. Goess in Berlin, Anlialt in Wien. 1672—167.5.

die eine behauptet, man müsse grosses Gewicht auf Schweden legen, die andere meint, wenn Brandenburg mit dem Hause Lüneburg oder auch nur mit Celle einig wäre, sei es Schweden gewachsen. Ich setze hinzu, dass wann Dänemark darzu käme, würde Schweden sich schwerlich dieser Seiten etwas unter- fangen dörfen. Ich lasse dahingestellt sein, was der Schweden Intention seie; sehe zwar, dass sie ziemlich resolut sprechen und schreiben, stehe doch noch an, ob sie so geschwind mit dem Schwert darein schlagen möchten ; es müsste dann Status rerum sich all sehr veränderen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. October 1673. (Or.)

[Sendung des Mahrenholtz. Crockow. Derfflinger.]

2. Oct. Von einer weiteren Abdankung der Truppen ist keine Rede. Goess ist

auf der Sendung des Mahrenholtz nach Graz deswegen bestanden, damit es den Anschein habe, dass er mehr zu Ablegung der Congratulationscomplimente '), als zu der von Schweden gewünschten Negociation an den Hof des Kaisers ge- sendet worden sei. Schwerin hat den Goess zum Fischfange nach Landsberg geladen; er geht dahin. Sonsten ist mir an der Fischerei nit viel gelegen; ich bin piscator hominum, wann ich nur allzeit den rechten Zeug hierzu hätte. Crockow und Derfflinger bethätigen ihre kaiserfreundliche Gesinnung.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. October 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über die Lage. Schwerins Gesinnung. Vor- schläge des Goess, wie eine Einigung mit Brandenburg zu erzielen. Bedeutung der Einigung mit Brandenburg für die allgemeinen Verhältnisse. Bemühungen des Verjus Schwerin zu gewinnen. Vortheile einer Belohnung Schwerins seitens des Kaisers. Erklärungen GoUsteins. Dritte Partei. P. S. Gewinnung eines Kanzleibeamten.]

6. Oct. Goess hat mit Schwerin über die Lage gesprochen. Als ich abermalen

die rationes vorgestellt, warum I. Ch. D. zu E. K. M. zu treten und dass hierdurch wider dem mit Frankreich gemachten Tractat nit geschähe, gäbe er zu verstehen, die Difficultät bestünde in diesem nit; I. Ch. D. hätten ürsach gnug, wordurch sie diese Resolution iustificiren könnten, sondern es wäre vielmehr auf die hierzu nöthige Mittel und auf dero künftige Sicherheit zu sehen. Er zeigete mir in Vertrauen, was I. Ch. D. an ihme eigenhändig wegen Invasion des Churfürstenthum Trier, Schleifung der Stadt in Elsass^) und dergleichen geschrieben, mit Ver-

1) Zur Verlobung Leopolds mit der Erzherzogin Claudia Felicitas.

2) Vergl. Wagner 1. c. L 313; Peter 1. c. 179; Rousset 1. c. L 470.

Schwerins Gesinnung. Einigung des Kaisers mit Brandenburg. Bedeutung derselben. 723

melden, dass man solchen Dingen länger nit zusehen könne, er soll ihro seine Meinung destwegen überschreiben. So vernimm ich auch von ver- trauter Hand, dass sowohl I. Ch. D. als auch die Churfürstin hiervon gar emplindliche Discursen führen. Den Baron von Schwerin anbelangend, gedünkt mich ihn täglich mit bessere Sentimenten zu finden, also dass ich verhoffen könnte, dass etwas gutes hierin zu richten, wann die Mittel könnten gefunden werden das Werk mit Nachdruck zu poussiren. Vor's erste müssten einige subsidia gefunden werden, dann I. Ch. D. könnten's aus den ihrigen nit bestreiten. Mit Holland darum zu tractiren würde für diesmalen meines Bedünkeus wegen der mit Frankreich aufgerichten Tractaten und sonsten auch bedenklich fallen. Sonsten würde diese Resolution durch die freie Hand, so I. Ch. D. in dem, was das Reich angehet, behalten, durch die churfürstliche Verein, das foedus brunsvi- cense und dergleichen gnug können justificirt werden; hinderte darbei auch nichts, wann hieraus denen Holländern einiges beneficium . . . wider- führe; es könnte etwa hierin der modus, wie mit Chur-Trier geschehen, gehalten, durch E. K. M. getractirt werden und dieselbe wegen der praestandorum sich mit den Staaten General vergleichen. Es hat noch im vergangenen Winter der Conde de Monterey erstlich mit mir, nacher durch meine Veranlassung mit dem Blaspeil wiegen einiger Subsidien zu Erhaltung S'. Ch. D. in unserer Party und Mitannehmung der Krön Spanien angefangen zu handeleu und wäre er, wie er mir sagte, aller- dings von der Königin hierzu instruirt; der Marques de los Balbesos hat dem von Crockow auch noch bei seinem Abschied dergleichen zu verstehen gegeben. Ich vermerke nun aber aus des Grafen von Pötting und der spanischen ministrorum Schreiben, dass sie alle sothane Trac- taten, die Chur- und Fürsten des Reichs... herbeizubringen, nunmehr E^ K. M. zu überlassen gedenken, darin sie nun zu disinganniren. Wann E. K. M. dieses alles bestreiten sollten, würden die spanische subsidia hierzu nit erklecken, geschweige dass dero Armee daraus nur zum Theil, wie gar billig, solle verpflegt werden. Mit den Staaten General wäre zufürderist zu handien, dass I. Ch. D. versichert sein möchten, dass in quemcunque eventum ihre Plätze Wesel und Rees ihro würden restituirt werden . . . Weilen dann die dispositio animorum dahie gar gut zu sein scheinet, als wollen E. K. M. gnädigst gedacht sein, wie der Sachen am besten zu thun sein möchte. Dieselbe werden gnädigst zu ermessen wissen, was für ein gross avvantaggio der ganzen Party hieraus resultiren würde. I. Ch. D. können alsofort 7000 Mann zu Fuss und 6000 Pferd

46*

724 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 167.5.

sehr gutes Volk raarschiren lassen; Dänemark, Lüneburg und andere würden grosse Reflexion hierauf nehmen; wie justificirt auch diese Reso- lution sein möchte, würde sie von Frankreich für eine Contravention und Friedbruch ausgedeut werden, dahero die Reconciliation desto schwerer und I. Ch. D. um so beständiger bei der Party zu verharren hätten ; würde auch hierbei nit bleiben, sondern die Vereinigung mit den Hol- ländern ungezweifelt daraus erfolgen, die reflexiones auf dem Reichstag zu Regensburg, auf den Kreistagen, auf das polnische Interesse und andere Ding mehr da nit zu berühren. Verjus bemüht sich stark, Schwerin zur Annahme der 20 000 Thaler zu vermögen, die demselben beim letzten Tractate offerirt worden sind; Goess glaubt nicht, dass Schwerin nach den wiederholten Betheuerungen das Geld nicht annehmen zu wollen, sich doch dazu entschliessen werde. Ein gemeinsamer Freund des Schwerin und Goess räth dem letzteren, Schwerin beim Kaiser eine Gnade von etwa 12 000 Tlialer zu erwirken. Auch Jena etwas zu geben, würde Goess für sehr zw'eckmässig halten. Gollstein i) ist als Vertreter des Herzogs von Neuburg für den erkrankten Stratman nach Berlin gekommen; er hat dem Goess gesagt, man möge trachten einen Waffen- stillstand zu schliessen, um den Fürsten des Reiches die Möglichkeit zu besserer Rüstung gegen Frankreich zu gewähren. Goess glaubt diese Sendung sei im Einverständnisse mit Schweden geschehen, dessen Vertreter Mardefeld'-) hier erwartet werde. Weilen nun zu vermuthen und aus allen Umständen gnugsam abzunehmen, dass diese Negociation auf die zum öftern mentio- nirte dritte Party angesehen, als unterlasse ich nit diejenige considera- tiones, so man hierbei zu haben, vorzustellen ; Churbaiern und Hannover sollen auch hierbei concurriren und mag der Vorschlag von den Franzosen, denen mit den divisionibus und Trennungen im Reich sub quocunque nomine aut praetextu fiant gedient, herkommen; dahero und auch ex ipsis partibus componentibus leicht zu iudiciren, pro quo et contra quem eine solche dritte Party vermeint. Es ist notorium, wie weit Schweden mit Frankreich engagirt und was sie vor Geld darfür empfangen, sollen auch noch engere Tractaten obhanden sein, de quo iam hie aliquid in- audiverunt . . .

P. S. I : Was E. K. M. gnädigist melden wegen Gewinnung eines oder anderen bei der Canzlei, das habe ich mir freilich lassen angelegen sein, werde es noch ferner thun; es gehen aber die secretissima durch die Hände eines secretarii, der zugleich dechilFrirt; welcher secreti sehr teuax und

') Heinrich Theobald Gollstein; über seinen Aufenthalt in Berlin Puf. 1. c. XII. 23.

-') Conrad ilardefeld ; über seinen Aufenthalt in Berlin Puf. 1. c. XII. 8, 13.

Verjus und Schwerin. Belohnung Schwerins. Gollsteins Vorschläge. 725

sonst in allem qualificirt ist. Als ich ihme vor einem Jahr wegen der mit denen Allianztractaten gehabten Bemühung eine Verehrung gethan, er dieselbe nit ehender, als bis man zu Hof darein verwilliget, annehmen wollen. : I

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. October 1673. (Or.)

[Gollsteins Vorschläge. Frankreichs Stellung zu denselben. Des Kurfürsten Gesin- nung. Unterredung des Goess mit Schwerin über die dritte Partei. Des Verjus Er- klärungen bezüglich Triers.]

Gollsteins Vorschlag ist, wie Goess erfahren, auf die dritte Partei gerichtet 9. Oct. gewesen und des Verjus Benehmen zeigt, dass, was Gollstein vorbringt, di concerto mit Frankreich geschehe. Goess sucht den Kurfürsten von der Annahme dieses Vorschlages abzuhalten und findet ihn gut kaiserlich gesinnt. Die Ver- handlungen mit Gollstein sind bis zur Ankunft Mardefelds verschoben worden. Dem Baron von Schwerin, welcher a bello civili sonderlich zu abhorriren zeigt, habe ich remonstrirt, dass eben diese Proposition einer dritten Party dahin und auf innerliche Kriege anziele; alles üebel in Deutsch- land rühre von der Disunion her und das Remedium solle nun sein das grösste Schisma, so man erdenken könne; man taufe diese Party übel, es sei keine dritte, sondern eine secunde Party, als die allein gericht die französische disegni zu secundiren. Wie ich nun weiss, dass man dahie sonderlich auf die Restitution der Plätze Wesel und Rees das Absehen hat '), als habe ich Gelegenheit genommen P. Ch. D. zu remon- striren, dass sie viel besser und sicherer als durch einige andere Weg hierzu gelangen können, wann sie sich mit E''. K. M. setzen, welche sich nit zuwider sein lassen werden, alles dasjenige zu verschaffen und zu contribuiren, was diese Restitution zum Besten befürderen und versicheren könne.

Verjus hat dem Kurfürsten als Erwiderung auf dessen Klagen wegen Frank- reichs Vorgehen gegen Trier erklärt, Ludwig XIV. Avolle als Zeichen seiner Friedens neigung die kurtrierischen Plätze räumen und dem Kurfürsten von Brandenburg übergeben, falls dieser die entsprechende Garantie leiste; eine

schöne Satisfaction vor einem Churfürsten des Reichs, nachdeme man ihme ohne alle gegebene Ursach im Grund ruinirt, ohne einiger Satisfaction noch darzu seine Plätze in anderer Leute Händen pro suo arbitrio zu geben.

') Vergl. Orlich 1. c. II. 102; Orlich, Gesch. Friedr. Wilh. Anhang lof.

726 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72— 1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Oetober 1673. (Or.)

[Verhandlungen des Goess mit Gollstein über die dritte Partei.]

13. Oct. Goess hat vernommen, dass der Vorschlag der Gründung' einer dritten

Partei von den schwedischen Mediatoren zu Köln und von dem Neuburger her- rühre '). Goess hat mit Gollstein über die dritte Partei gesprochen. Gollstein verrieth, auf den Herzog von Celle insbesondere ein Augenmerk zu haben, nannte auch Kurmainz und Württemberg und betonte, dass diese Partei bis zu 40 000 Mann zusammenbringen könnte ; worauf Goess erwiderte, ob er nicht glaube, wenn eine solche Partei sich auf des Kaisers Seite schlagen möchte, dass dadurch besser den Uebelständen abgeholfen würde. Gollstein replicirte darauf, mau müsse per indirecta gehen; später könnte man sich auf des Kaisers Seite schlagen. Gollstein betonte ferner, dass sein Herr keine speciellen Vorschläge machen, sondern nur die Gesinnungen des Brandenburgers erfahren wolle. Crockow berichtet, dass er den Schwerin, bei dem er gewesen, in einer dem Kaiser günstigen Stimmung gefunden habe.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Oetober 1673. (Or.)

[Friede mit Frankreich. Xothwendigkeit von Subsidienzahlungen an Brandenburg. Dänisch-holländische Beziehungen.]

16. Oct. Schwerin meint dem Goess gegenüber, der Kaiser werde doch nichts dagegen

haben, wenn der Friede auch mit etwas Vortheil für Frankreich, wenn er anders nicht zu erhalten, zu Stande kommen sollte.

Goess hat dem Kurfürsten vorgestellt, was für Erwägungen bei der schwedischen Negociation zu machen seien ; alle seine (Goess) Reden werden aber keinen Erfolg haben, wenn man Brandenburg keine Subsidien zuweise. Zwischen Dänemark und Holland, glaubt Goess, wäre eine Einigung zu erzielen, wenn Holland eine Unterstützung gewähren würde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. Oetober 1673. (Or.)

[ürtheil des Goess über die den Plänen der dritten Partei gegenüber zu beobachtende

Politik. Des Goess Bemühungen um Herstellung einer freundschaftlichen Correspon-

denz zwischen Brandenburg und Sachsen. Verjus. Gollstein. Waugeliu. Des Verjus

. und des Wangelin Aeusserungen über den Frieden. Des Mahrenholtz Mission.]

20. Oct. Goess hält dafür, dass das beste Mittel, die von Schweden proponirte dritte

Partei und andere dergleichen Vorschläge zu hintertreiben, wäre, wenn der Kaiser in's Mittel treten und wenn dieVerhandlungen mit Holland ratione subsidiorum unter des Kaisers Namen, doch ohne dessen Entgelt, geführt würden. Goess erwartet.

1) Schwedens Vertreter zu Köln waren Graf Tott, Baron von Sparre und Herr von Ehrenstein; über ihre Thätigkeit Mignet 1. c. IV. 148 ff.

Die dritte Partei. Brandenburg und Sachsen. Mardefeld. 727

was Fagel dem Krampricli auf diese Proposition antworten wird; unterdessen gibt er dem Kurfürsten und dessen Ministern allgemein gehaltene Erklärungen. Goess wird sich angelegen sein lassen, eine freundschaftliche Correspondenz zwischen Brandenburg und Sachsen zu stiften. Mardefeld ist noch nicht in Berlin. Verjus läugnet noch immer mit diesen Verhandlungen Schwedens in Verbindung zu stehen. Das Verhältnis des Goess zu GoUstein Avird immer zutraulicher. Wangelin vertritt ganz entschieden das französische Interesse. Ich vermerke, dass sowohl der Verjus als er suchen zu persuadiren, dass der Fried zu Colin mit nechstem möchte geschlossen werden, darzu scilicet diese dritte Party viel cooperiren könnte . . . Mahrenholtz dürfte beim Kaiser bereits vorgesprochen haben '). Die Franzosen sollen über seine Instruction keine Vergnügung haben. Ich kann nit änderst iudiciren, als dass dahie hierbei die Meinung allein gewesen an Schweden und etwa auch an Frankreich diese Deference und Begierde zum Frieden zu bezeigen, im übrigen aber es auf solche Weis zu thun, dass E. K. M. kein Disgusto noch Misfallen darüber zu haben.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. October 1673. (Or.)

[iJardefelds Ankunft. Schwedisch-französische Beziehungen. Vergebliche Versuche Baierns und Neuburgs bei Frankreich im Interesse der dritten Partei zu wirken. Des Kurfürsten Stimmung. Dänemark. Brandenburg-holländische Beziehungen. Des Goess Pläne in dieser Sache. Religionsfrage. Restitution von Wesel und Rees. Des Kur- fürsten Erklärungen bezüglich Triers.]

Mardefeld ist angekommen; Goess hat noch vor seiner Ankunft den Kur- 27. Oct. fürsten gewarnt. Von Schwerin hat Goess vernommen, dass Schweden mit Frankreich nicht zufrieden ist. Von Baiern und Xeuburg soll bei Frankreich ein Vorschlag wegen der dritten Partei gemacht worden, solcher aber nicht ange- hört worden sein, daher eine officielle Mission unterblieben sei. Goess hat den Kurfürsten etwas immutirt und seiner eigenen Sicherheit halber zu Tractaten mit Schweden inclinirt befunden. Goess hat aber remonstrirt, wie sicher der Kurfürst in sinu der braunschweigischen Allianz liegen würde und dass die etwa vorhandene dritte Partei ein französisches Werk sei. Von Dänemarks Macht hält der Kurfürst nichts, was Goess zu widerlegen sucht. Dänemark zeigt sich aber immer besser für die holländischen Tractate gesinnt; es ist auch wie Goess glaubt ein guter Erfolg zu hoffen, wenn Dänemark die vor- gehabte Sendung an Brandenburg und Braunschweig in's Werk setzen würde, in welchem Sinne Goess an Windischgrätz geschrieben hat.

Bei dieser sothaner Disposition der Sachen, habe ich gut gefunden I"". Ch. D. etwas zu sagen von meinem ... Vorschlag wie und welchergestalt

^) Vergl. p. 719 Anm.

728 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. ir,72— 1G75.

von Holland einige Subsidien für deroselben zu erhalten .sein möchten, damit .sie hierdurch um so mehr animirt und von andere Gedanken abgehalten würden; so sie zwar gern angehört, aber darbei geklagt, dass die Holländer sich so ganz unbillig gegen sie erweisen und von den rück- ständigen subsidiis . . . nichts abstatten wollen^) . . . Der von Schwerin hatte mir vorhin geklagt, wie die Holländer, ja auch sogar der Prinz von Oranien, S. Ch. D. ausser Acht setzen. Man habe sie nit einmal gewürdigt auf ihro Schreiben, darin sie den Tractat, so sie mit Frank- reich aus höchstdringender Noth machen müssen, bestermassen entschul- digt, zu antworten und besorge ich, dass der von Amerongen, welcher von Hamburg wiederum nach Haus gereist, keine gute und zu besseren Vernehmen gereichende officia thun werde. Goess sucht auch die Kur- fürstin zu gewinnen. In puncto religionis habe ich gemelt, ich wüsste, dass man dergleichen unbegrüudte praetextus vorschütze; ich versicherte aber S. Ch. D., wann mir solle gezeigt werden, dass von unserer Seiten etwas contra instrumentum pacis geschehen, dass ich's alsofort würde machen remediren ; worbei sie ferner nichts meldeten. . . .

Bezüglich der vorgeschlagenen Restitution der Plätze Wesel und Rees kann ich mir leicht einbilden , dass was a parte E^ K. M. hierbei zu geschehen, wegen der Reflexion, so man auf Chursachsen zu machen, Bedenken haben werd; es wäre doch auf einigen modo zu gedenken, wie etwa durch die Holländer, ohne dass E. K. M. Chursachsen disobligiren, S^ Cli. D. diese Satisfaction könne verschafft werden.

An Trier hat der Kurfürst von Brandenburg geschrieben und, wie Jena dem Goess mittheilt, erklärt, wenn die verstimmenden der Braunschweiger Allianz sich zu des Trierers Vertheidigung entschliessen sollten, Averde er dasselbe thun.

Goess an den Kaiser. Dat. Bedin 30. October 1673. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Wangelin über die zur Herstellung des Friedens einzu- schlagenden Wege. Des Goess Plan einer Einigung aller Mitglieder des Braun- schweiger Bündnisses. Audienz der Schweden.]

30. Oct. Wangelin besucht den Goess und sagt, der Zweck seiner Mission sei die

Herstellung eines billigen Friedens, der nur durch einen Waffenstillstand zu erlangen sei. Frankreich und dessen Verbündete seien bereit den Frieden zu schliessen. Goess betont in seiner Antwort die Friedensliebe des Kaisers und dass der beste AVeg zur Herstellung des Friedens ein gemeinsames Vorgehen des ganzen Reiches und die Vertreibung der in demselben stehenden feindlichen

^) Ueber die brandenburg-holländischen Beziehungen in dieser Zeit Urk. u. Act. III. 418 fr.: Puf. 1, c. XII. 24.

Stimmung am Berliner Hofe. Wanjjelin. :\röglirhkeit Brandenburg zu gewinnen. 729

Truppen wäre. Goess hat dem Windischgrätz geschrieben, es wäre sehr gut. wenn der König von Dänemark jemanden an den kurfürstliclien Hof senden würde. Mich gedünkt, man könnte bei gegenwärtigen Couiuncturen, wann die Holländer sich nur ein wenig angreifen wollten, das Werk mit Dänemark, Churbrandenburg, Celle und VVolfenbüttel und folgends mit den sämmtlichen braunschweigischen Alliirten richtig machen und zur Action kommen . . . Soeben meldet Schwerin, dass die Schweden bei der Audienz in terminis generalibus gesprochen hätten ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. November 1673. (Or.)

[Schwerin. Dessen Aeusserung bezüglich des § üt eo sincerior. Möglichkeit Bran- denburg zu gewinnen. Mission des dänischen Legationssecretärs Lincker. Der Schweden Verhalten. Mardefeld. Dessen Aeusserungen.]

Schwerin hat sich in seinem und im Namen seines Sohnes für die dem 6. Nov. letzteren verliehene Stelle im kniggeschen Regimente bedankt. Schwerin meldet ferner, dass der mit Frankreich geschlossene Vertrag nicht hindere, da.ss der Kurfürst gegen die französische Interpretation des § Ut eo sincerior mit dem Kaiser und mit den anderen getreuen Ständen stimme. Goess glaubt, dass man diesen Hof bald gewinnen könne, wenn man nur die entsprechenden Mittel aufwenden wollte; dazu aber sei bei Holland darum bessere Hoffnung, weil der Romswinckel nicht so hart, als man vermeint, verabschiedet worden-). Der dänische Legationssecretär Lincker hat seine Commission Avegen Dehortirnng von der dritten Partei beim Kurfürsten und den Ministem abgelegt; Goess unter- stützt ihn, so weit er kann. Der Kurfürst beklagt sich, dass Goess so wenig mit der Sprache herausrücke, was so lange geschehen müsse, bis Goess die Weisung des Kaisers erhalte. Des schwedischen Gesandten Negociation ist noch unbekannt; von der dritten Partei ist noch keine Meldung geschehen, ja sogar Mardefeld selbst hat die dritte Partei für mehr schädlich als nützlich erklärt. Goess hofft mit diesem mehr deutsch als französisch gesinnten Manne in ein gutes Verhältnis zu kommen. Mardefeld lässt sich vernehmen, er wolle sich zu Massregeln wider das Reich nicht gebrauchen lassen; den Franzosen sei von den Eroberungen wenig oder nichts zu lassen; der Neuburger hingegen will aus der dritten Partei auch für den Kaiser grossen Vortheil ersehen.

1) Vergl. Puf. 1. c. XII. 13.

-) Copie Schreibens des Romswinckel d.d. Gravenshage 11./21. October 1673; Vergl. Urk. u. Act. III. 418; Peter 1. c. 199; das Schreiben im Auszuge bei Puf. 1. c. XII. 24.

730 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien 1672-1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 13. November 1673. (Or.)

[Vortheil Brandenburg für des Kaisers Sache zu gewinnen. Urtheil des Goess über Brandenburgs Lage. Seine Vorschläge Brandenburg zu gewinnen. Spaniens Haltung. Behandlung der Fürsten der dritten Partei. Regalirung der kurfürstlichen Räthe. Derfflinger. Verhandlungen der schwedischen Vertreter. Pufendorfs Gesinnung. Schwedisch-braunschweigische Verhandlungen. Kriegsnachrichten.]

13. Nov. Goess meint, es wäre sehr vortheilhaft den Kurfürsten auf die Seite des

Kaisers zu bringen. Man muss das Datum machen, dass I. Ch. D. ihre Völker bei diesen Coniuncturen nit abdanken, noch auch weiter reduciren wollen:... dass bei gegenwärtigen Zustand I. Ch. D. diese ihre auf den Beinen habende Macht aus den ihrigen allein nit werden bestreiten können; dass auch nit zu zweifeien, dass wann Frankreich sie, ich sage nit zu ihre, sondern allein zu der dritten Party bringen könnte, es an Subsidien nit fehlen würde . . . Ich vermerke, dass man schwedischer Seiten die Rechnung mache, dass wann man mit diesem Churfürsten könnte richtig werden, mit den übrigen intendirenden Chur- und Fürsten leicht zu handien sein würde . . . Ueber des Baron von Schwerin bezei- genden desiderio zum Frieden, wann derselbe auch mit einigem Vorthel der Krön Frankreich erfolgen sollte, haben sich E. K. M. nit zu verwun- dern bei diesen unseren pacificis; bei allem dem, was ich E'^. K. M. von besseren verspürenden Sentimenten bericht, bleibt diese Maxime annoch. Man hatte zweifelsohne bei den aufgerichten Tractaten mit Frankreich die Rechnung gemacht, dass es indubitanter darzu kommen würde; nun vermerkt man zwar, dass man sich hierin geirret, erkennet auch, dass nun durch die gemachte Allianz und formirte Party das Werk viel schwerer worden; wo aber die geringste Hoffnung herfür blickt, ist die vorige Inclination gnugsam zu verspüren. Es werd auch aller Apparenz nach wohl darbei verbleiben, bis I. Ch. D. nit widerum Party nehmen und wann auch diesmalen mit Schweden nichts sonder- liches solle geschlossen werden, so werd man doch den Weg öffnen und die Sachen in solchen Disposition halten wollen, dass man allzeit, wo nöthig, die Hand wiederum daran schlagen könne; dann leicht zu erachten, dass man ohne Party nit sein werd wollen, noch können und eben hierum wäre um so mehr zu sehen, dass man I. Ch. D. zur wirk- lichen Resolution und Annehmung unserer Party . . . bringen möchte. Ich hatte vermeint, dass nit besser hierzu und zu unserem intendirenden Zweck zu gelangen, als wann man Dänemark, Churbrandenburg, Celle und Wolfenbüttel als braunschweigische Alliirte, auch mit einigen sub- sidiis, welche solchergestalt viel geringer und moderirter fallen könnten.

Brandenburgs Lage. Vorschläge es für den Kaiser gewinnen. Dritte Partei. 731

zur Assistenz des Churfürsten von Trier verraögete. Dieser Vorschlag findet Beifall in Berlin, namentlich Blaspeil erklärt dies für den besten Weg, das gewünschte Ziel zu erreichen.

Der Graf von Pötting ') hat dem Goess geschrieben, dass Spanien dem Kaiser die Verhandlungen mit den Fürsten des Reiches vollständig überlasse, im Uebrigen das seinige beitragen wolle. Goess glaubt die Abmahnung bei Baiern, Pfalz- Neuburg, Hannover und anderen von dieser dritten Partei müsse mehr proprio exemplo, als per officia geschehen. Goess hält es für nothAvendig die branden- burgischen Minister zu regaliren. Derff linger continuirt in der Bezeigung guten Eifers, bittet aber wegen des Herrenstandes. Bei Mardefeld ist eine Couferenz gehalten worden. Die brandenburgischen Minister haben ein Project entworfen, wie die renovatio et extensio foederis de anno 1666 einzurichten wäre. Goess glaubt, dass die Erneuerung der Allianz nicht zu verhindern sein wird -). Schweden hat wie Goess berichtet wdrd von der dritten Partei nichts gemeldet; Goess gegenüber zeigt sich der schwedische Abgesandte ganz friedlich gesinnt. Goess meint, es sei aus vielen Umständen abzunehmen, dass Pufendorf^) gut französisch sei. "Wegen Transferirung des Reichstages nach Köln hat Goess nichts gehört. Wegen des schwedischen Ministers "Wolfsberg Proposition sind nicht die Herzoge von Braunschweig, sondern ihre Minister beisammen gewesen; Goess hat den Schütz ersucht von der genommenen Reso- lution ihm Mittheilung zukommen zu lassen. Aus dem Lager vor Bonn laufen Nachrichten ein, dass diese Stadt bald in die Gewalt der Allirten übergehen werde ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. November 1673. (Or.)

[Hollands Verhandlungen mit Dänemark und Celle. Braunschweig-schwedische Ver- handlungen. Hannovers Erklärungen. Des Verjus Verhalten und Vorschläge. Er- klärungen der schwedischen Deputirten.]

Goess meint, dass es gut wäre, wenn die holländischen Tractate mit Däne- 17. Nov. mark und Celle abrumpirt würden, weil rebus sie stantibus keine Hilfe für Trier zu hoffen sei.

Zu Braunschweig ist wie der Kurfürst dem Goess mittheilt von den Schweden wegen der dritten Partei nichts gemeldet worden '"). Braunschweig be-

') Der Kaisers Vertreter in Madrid.

■-*) Die Erneuerung und Erweiterung des Defensivbündnisses vom 27. März 1666 auf 10 Jahre erfolgte in der That am l./U. Dec. 1673; Mörner 1. c. 377ff.; Dumont 1. c. VII.i 246ff.; Puf. 1. c. Xir. 19f. ; vergl. Droysen 1. c. III.3 464f.; Peter 1. c. 197.

^) Esaias Pufendorf, Vertreter Schwedens in Wien: vergl. über seine Thätigkeit in dieser Zeit seinen Bericht bei Ilelbig 1. c. 36f. und Wagner 1. c. I. 316f.

^) Die Stadt capituHrte am 12. Nov. 1673. Peter 1. c. 187f.; Rousset I.e. I. .503; Basnage 1. c. II. 450; Wagner 1. c. I. 322f. : Depping 1. c. 201 f.: Ennen 1. c. 315 ff.; Grimoard 1. c. II. 427 ff.

'") Vergl. Droysen 1. c. III. 3 464 und Anm.

7o2 ^^- Cloess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 IßTö.

gchrt von Schweden als Mediator die Mittheilnng der Ursachen, warum man his dato die Ruhe nicht hat erhalten können. Hannover hat wie der Kurfürst dem Goess mittheilt die Action seiner Völker auf das französische Begehren darum verweigert, weil Frankreich das Reich angegriffen habe und die Völker in des gesammten Hauses Pflichten wären, worauf des Goess Ansicht nach eine grosse Vigilanz zu machen sei. Der Kurfürst erklärt, Sachsen habe sich in einem Schreiben an den König von Schweden verpflichtet dem Kaiser keine Völker zu schicken. Verjus wird kleinlaut, er soll den Marsch der feindlichen Truppen in's Reich auch nicht billigen; er hat dem Kurfürsten die Proposition gethan, 4000 zu Pferd und 8000 zu Fuss zu unterhalten; doch ist zu bezweifeln, dass er dies auf Befehl gethan hat '). Die schwedischen Bevollmächtigten haben in den Conferenzen mit den kurfürstlichen Räthen der dritten Partei noch nicht Erwähnung gethan; sie zeigen sich sehr zuvorkommend und erklären, der schwe- dische Hof werde sich den Entschliessungen des Kurfürsten conformiren.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. November 1673. (Or.)

[Dänisch-holländische Verhandlungen. Die schwedischen Deputirten. Inhalt des sächsi- schen Schreibens an Schweden.]

20. Nov. Die dänisch-holländischen Allianzverhandlungen stocken noch immer wegen

der Subsidienfrage. Die Negociation der schwedischen ministrorum dahie betreffend, vernimm ich, dass diese ihre notas auf das entworfene Project eingereicht und ratione extensionis auch die in Dänemark acquirirte Provinzen, wie auch in Liefland, in dieser Allianz einschliessen wollen. Von Mardefeld, bei dem Goess sich unter der Hand erkundigen lässt, erfährt er, dass der Inhalt des Schreibens des Kurfürsten von Sachsen an den Schvveden- könig, durch das der erstere erklärt haben soll seine Völker nicht zu des Kaisers Armee schicken zu wollen, nur dieser ist, dass, was I. Ch. D. hierin thun, in Kraft eines mit deroselben schon längst aufgerichten foederis geschehen, dass sie sich im Uebrigen von dem, was bei gemeinen Reichs- oder Kreisschluss gut befunden werd, nit separiren werden.

Goess an den Kaiser. Dat, Berlin 27. November 1673. (Or.)

[Schwedens Vorschläge. Gegenbemühungen des Goess. Pufendorfs Bericht über die friedliche Gesinnung des Kaisers.]

27. Nov. Nachdem Schweden gesehen, dass es mit der dritten Partei nicht zum Ziele

komme, hat es die Renovation des Vertrages von 1666 mit dieser Insertion angetragen, dass man nit allein officiis, sondern auch armis, wo uöthig

1) Für des Verjus Verhandlungen Droysen 1. c. 111. ■; 463; Urk. u. Act. IL 515.

Dritte Partei. Verjiis. Schwedens Vorschläge. Des Kurfürsten Gesinnung. 733

und die Parteien sich ad aequas conditioues nit bequemen wollten, die Friedenstractaten zu befürderen; wider welches, weil es in effectu idem mit der dritten Partei wäre, Goess alles mögliche remonstrirt und betont hat, dass es an Subsidien für Brandenburg, wenn es den Vertrag mit Schweden nicht schliesse, nicht fehlen solle. Pufendorf hat hieher geschrieben, dass der Kaiser zum Frieden neige und daher mit den Werbungen einhalten lasse.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. December 1673. (Or.)

[Verhandlungen der Schweden in Berlin. Urtheil des Kurfürsten über dieselben

Des Goess Urtheil über des Kurfürsten Gesinnung und Schwedens Pläne. Klagen

über des Goess reservirte Haltung. Erwiderung des Goess.]

Die Schwedische avanciren dahie mit ihrer Negociation, I. Ch. D. 4. Dec. sagten mir gestern, dass sie mir den Tractat würden communiciren lassen ; zeigeten, als wann sie nit recht begreifen könnten, was ihre Intention hierbei seie; vermutheten, sie wollten etwa hierdurch an Frank- reich einige Satisfaction geben; praesupponirteu, dass alles mit der Fran- zosen Wissen und Willen gehandelt würde ... I. Ch. D. haben darfür gehalten, dass durch demjenigen, was etwa wegen Befürderung des Friedens in diesem Tractat gemelt werd, man ihro die freie Hände, Party zu nehmen, benehmen wollen; dahero sagten sie mir, dass sie sich diese expresse reservirt. Ich vermerke, dass diejenige, so hierzu rathen, sich vornehmlich dieses motivi bedienen, dass bei gegenwärtigen Con- iuncturen I"". Ch. D. nit zu rathen, Schweden zu irritiren oder zu dis- gustiren. Ich habe herentwegen insinuirt, dass niemand P, Ch. D. dieses weder zumuthe noch rathe; zu Erhaltung guter Freundschaft aber wäre das vorige foedus gnug ... So viel ich judiciren kann, mag wohl auf !'■. Ch. D. Seiten keine böse Intention sein, Schweden aber nimmt was es haben kann, mag die Rechnung machen, vel famam huius tractatus hoc tempore profuturum, es könne dienen pro gradu ad majora, uns allen werde hierdurch Gelosie gegeben, so ein meritum apud regem Galliae et novum motivum ad stipendia elicienda . . . Unter dessen continuiren die Klagte, dass, da I. Ch. D. von anderen so stark gesucht werden, ich mich nit melde, noch einige Proposition thue. Ich behelfe mich so gut ich kann, man wisse auf unserer Seiten fast nit, was man zu glauben, nun ein Particuliertractat mit Frankreich, nun eine Schickung nach dem kaiserlichen Hof von eben der Qualität als Schweden, Chur- baiern und Neuburg gethan, nun abermalen ein neuer Tractat mit Schweden. Man werde mich endlich für einfältig und dupe halten, dass ich bei

734 ^''- Gfoess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 1675.

allen dem immerfort der guten führenden Intention sincerire. Respondent: Man berufö sich auf mich; ich solle nur referiren, was ich selbst darvon hielte. Man gibt mir unter andern zu verstehen, dass E"". K. M. und der ganzen Party viel daran gelegen, dass T'. Ch. D. geholfen werden, damit sie in gegenwärtiger Armatur bestehen bleiben können, dann solcher- gestalt werde weder Schweden noch jemand ander etwas wider E. K. M. vornehmen dörfen; e contra, quid futurum, wann sie entweder inermis stünden, oder eine andere Party zu nehmen gezwungen würden; insi- nuando pericula a Suecia, Polonia et aliunde; dass also ihrer Meinung nach auch zu solchem Ende die subsidia gar wohl angelegt würden. Der Baron von Schwerin insinuirte, dass dieselbe zwischen Holland, Spanien und E. K. M. könnten abgetheilt werden. Wegen der Subsidien erkenne ich selbst, dass sie nöthig und ohne denselben nichts zu thun sein werd . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. December 1678.

(Gr.)

[Verlauf der schwedisch- brandenburgischen Verhandlungen. Urtheil des Goess über des Kurfürsten Gesinnung. Verhandlungen des Goess mit deua Kurfürsten. Urtheil des Berliner Hofes über Schwedens Politik. Mardefelds Erklärungen. Belohnungen für

die kurfürstlichen Räthe.]

11. Dec. Die Verhandlungen über den Vertrag mit Schweden dauern fort; Wangelin

glaubt demnächst abschliesseu zu können; Schwerin behauptet, es werde noch längere Zeit dauern. Goess glaubt noch immer, dass der Kurfürst es ehrlich mit dem Kaiser meine. Der Kurfürst Avie seine Minister betonen, Avie wenig Oester- reich thue. Goess erwidert, der Kaiser uud er selbst thäten, was sie könnten ; man möge sich von Schweden nicht täuschen lassen. Auch darauf macht Goess aufmerksam, dass von den Schweden keine Subsidien zu erlangen sein würden, deren der Kurfürst doch zur Erhaltung seiner Truppen bedürfe. Man behauptet in Berlin, der Vertrag mit Schweden sei ein harmloser und Schweden habe bessere Gesinnungen, als man am kaiserlichen Hofe annehme. Mardefeld betont auch dem Goess gegenüber die Nothwendigkeit des Friedens für Schweden. Die Belohnungen, um die es sich nach des Goess Ansicht handle, seien für Schwerin, Somnitz und Jena.

Klagen über des Goess Verhalten. Dessen Stellung. .Schwedisch-brandenb. Vertrag. 735

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 15. December 1673.

(Or.)

[Abschluss des schwedisch-brandenburgischen Vertrages, ^'ergebliche Versuche des

Arensdorf und des Goess den Abschluss zu hindern. Verhandlungen des Goess mit

Arensdorf. Mardefelds Erklärungen. Nebenrecess.]

Arensdorf'), der däuisclie General, der hieher gekommen ist um den Ah- 15. Dec. schluss des brandenburg- schwedischen Tractates zu verhindern, hat zwar Audienz erhalten, allein es war zu spät; am Tage nach seiner Ankunft wurde der Vertrag unterzeichnet. Da der Kurfürst behauptete zu diesem Vertrage genöthigt worden zu sein, da er von Goess nichts reelles habe erhalten können, hat sich Goess zum Kurfürsten begeben und ihm nochmals wegen der vertrösteten Subsidien die Erklärungen wiederholt; doch hatten diese Erklärungen keinen Erfolg. Arensdorf ist über den Abschluss des Vertrages erzürnt, da Brandt zu Kopen- hagen versichert habe, der Kurfürst werde mit dem Abschlüsse zurückhalten, bis Arensdorf mit ihm conferirt haben würde. Goess sucht dem Arensdorf nachzuweisen, wie nothwendig der Abschluss des Vertrages zwischen Dänemark, Braunschweig und Brandenburg sei, damit sich der Brandenburger von den Alliirten nicht noch mehr entferne. Mardefeld hat erklärt, man müsse Frieden haben; auch Holland approbire Schwedens Negociation. Der Kurfürst spricht auch etwas von einem Nebenrecesse, doch hat er dem Goess darüber nichts näheres mittheilen wollen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. December 1673. (Or.)

[Des Kurfürsten Erklärungen an den Kaiser. Mittheilungen über den brandenburg- schwedischen Vertrag. Urtheil des Kurfürsten über Schwedens Pläne. Arensdorfs Drtheil über dieselbe Sache.]

Der Kurfürst hat auf des Goess Remonstration, dass aus diesem schwe- 18. Dec. dischen Tractate Inconvenienzen zu besorgen, erklärt und begehrt, Goess möge den Kaiser versichern, dass er nichts destoweniger bei den vorigen guten Senti- raenten verharren wolle, welchem Vorsatze dieser von vielen Käthen dissuadirte und ungern eingegangene Tractat nicht im Wege stünde, da derselbe dem Kur- fürsten freie Hand lasse. Dasselbe hat die Kurfürstin dem Goess versichert. Aus dem ihm vom Kurfürsten vorgelesenen Secretartikel ersieht Goess, dass ex parte Brandenburg auch nach vergeblichem Anstreben des Friedens die freie Hand, ex parte Schweden aber die an Cleve habende Praetension reservirt sei. Der Kurfürst meint, dass Schweden diesen Tractat gesucht habe, um sich von dem grössten Impegao und von der Franzosen Zumuthungeu zu befreien und dass Schweden den Frieden sincere vermitteln und sich in den Krieg nicht einlassen werde. Arensdorf, der dänische General, der in schwedischen Dingen sehr

1) Für Karl Arensdorfs Mission Urk. u. Act. III. 422; Peter I.e. 2U1; Puf. 1. c. XII. 21.

736 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. Ifi72 lfi75.

erfahren ist, glaubt nicht, dass Schweden unter den gegebenen Verhältnissen etwas unternehmen werde. Das beste Mittel einer von Schweden drohenden Gefahr zu begegnen wäre indess, wenn Dänemark sich mit Oesterreich verbin- den würde, in welche Einigung man noch überdies das Haus Lüneburg und vorerst den Kurfürsten von Brandenburg aufnehmen könnte.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. December 1673. (Or.)

22. Dec. Verjus hat die schwedisch-brandenburgischen Tractate nach Frankreich

gesendet. Aus Kramprichs Berichten ist zu ersehen, dass Holland behaupte, es könne allein die Subsidien nicht zahlen, der Kaiser und Spanien müssten helfen ').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 29. December 1673. (Or.)

[Brandenburg-holländische Subsidienverhandlungen. Ansicht des Goess über die Ver- handlungen mit Braunschweig. Dänemark, Brandenburg. Gesinnung des Km-fürsten und Schwerins. Klagen über Oesterreichs Truppen. Arensdorf.]

29. Dec. Da die vorjährigen Subsidien für Brandenburg von Holland nicht gerne bezahlt werden würden, hat Goess suggerirt, dass man in dem etwa aufzurichtenden neuen Tractate bezüglich der neuen und alten Subsidien auf Pausch handeln möge. Sonst vermeint Goess, es wäre am besten mit Dänemark, Brandenburg und Braunschweig zugleich oder wenigstens zu gleicher Zeit zu verhandeln und zwar auf 30 000 Mann im Ganzen, deren eine Hälfte die Mächte selbst, die andere aber Spanien und Holland bezahlen könnten. Den Kurfürsten findet Goess wohl intentionirt. Schwerin ist nicht gut holländisch. Man klagt sehr über die von den kaiser- lichen Truppen um Köln verübten Insolentien-). Goess sucht den dänischen General Arensdorf in Berlin zurück zu halten, bis man hört, wie Dänemark über die schwedisch-brandenburgischen Tractate sind äussere.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Januar 1674. (Or.)

[Grund der Abreise des Arensdorf. Dessen Erklärungen. Beziehungen des Kurfürsten 7Aim Prinzen von Oranien.]

5. Jan. Arensdorf ist nach Kopenhagen zurückgereist, vermutlich auf Befehl seiner

Regierung; wie aus des Windischgrätz Berichten zu ersehen, will Dänemark nicht durch des Arensdorf längeren Aufenthalt in Berlin Schweden vor den Kopf stossen. Schweden hat sich lange gegen die Formulirung des Artikels 14 ^)

0 Vergl. Peter 1. c. 200.

2) üeber Kölns Lage Depping 1. e. 198 ff. ; Ennen 1. c. I. 317 ff.

^) § 14 enthält die Bestimmung, dass sich die Contrahenten Hilfe sofort auf er- folgte Requisition senden, ohne Prüfung, ob der Angegriffene etwa Ursache zum An- griffe oreg-ebeu.

I^.ranilenl). -schwedische Rezielmngen. Arensdorf. Fried. Wilh. u. Wilh. v. Oranien. 737

des zwischen Schweden und Brandenburg abgeschlossenen Vertrages gewehrt, endlich aber nachgeben müssen. Arensdorf hat nach Kopenhagen berichtet, dass der Kurfürst mit dem Kaiser nicht zufrieden sei und Goess gegenüber die Befürchtung ausgesprochen, Brandenburg könnte sich noch zu einer anderen Partei schlagen; Goess antwortete, dass man brandenburgischerseits geklagt, sei nur geschehen, um das Vorgehen des Kurfürsten zu rechtfertigen. Arensdorf glaubt nicht, dass Schweden sich mit Frankreich in eine Action einlassen werde, besonders mit Rücksicht auf die dänischen Rüstungen. Die zwischen dem Kur- fürsten und dem Prinzen von Oranien gewechselten Schreiben sind in guten und zur Wiederherstellung des alten Vertrauens geeigneten Formen abgefasst '). allein gienge der Prinz von Oranien dahin, dass I. Ch. D. die Praetension wegen der ausständigen Subsidien entweder fahren oder doch auf eine andere Zeit ausstellen zu lassen; diese praetendiren herentgegen, dass man ihro in so gerechter Sache zufiirderist Satisfaction zu geben. Goess räth dem Kurfürsten, durch Romswinckel sehi des Goess Project im Haag vorzuschlaaen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 10. Januar 1674. (Conc.)

[Des Kaisers Stellung zum brandenburg-schwedischen Vertrage. Berathungen mit den spanischen Ministern über die gegen Frankreich zu ergreifenden Massregeln. Unter- lassung der Sendung Ronquillo's nach Berlin. Aufgabe des Goess. Beitritt Braun- schweigs und Dänemarks zum spanisch-bolländisch-üsterreichischen Bündnisse.]

Es wäre besser gewesen, wenn Brandenburg und Schweden keinen Vertrag lo. Jan. geschlossen hätten. Leopold billigt des Goess Vorgehen in dieser Angelegenheit und seine Versuche den Kurfürsten von dem Abschlüsse mit Schweden abzuhalten. Da es nun aber geschehen, ist das beste, dass sein des Churfürstens L*^"^". ihro gleichwohlen auf gewisse Weis die freie Hand behalten eine Partei nach dero Belieben anzunehmen und obzwar in besagten Tractat vor- behalten worden, dass auch wir, wann uns beliebig, darein mit eintreten können '), so werden wir doch darvon eben durch den darinnen stehenden articulum III"'" abgehalten^), w-eilen selbiger wegen der Quartier und sonsten in elfectu wider uns geschlossen. Du wollest dich aber befleissen sein des Churfürstens L'*®". einen Wegs als den andern in guten Willen gegen uns zu erhalten und wo möglich die Ratification desselben oder wenigist dieses zu verhindern, damit niemand in dasselbe weiters ein- genommen werde . . . Ungehindert dieses mit Schweden geschlossenen

^) Vergl. den Auszug aus einem Schreiben Wilhelms bei Droysen 1. c. III. 3 471; über die Beziehungen der Holländer zum Kurfürsten, Peter 1. c. 200 ff. -) Laut § 22 des Vertrages; vergl. Mörner 1. c. 379. ^) § 3 des Vertrages bezieht sich auf die Fälle der gegenseitigen Unterstützung.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. i i

738 VI. (loess in Berlin, Anhalt in Wien. 107-2 167.').

Tractats haben wir gleichwohlen über das Hauptwerk mit denen an unsern Hof anwesenden spanischen ministris ') dieser Tagen conferiren lassen, welche sich erklärt, dass die Sachen noch wohl dahin zu bringen wäre, wann Churbrandenburg zu unserer Partei mit 10 000 Mann treten würde oder wollte, dass Spanien und Holland ihro von selbigen die Hälft, das ist 5000 Mann, unterhalten und die Subsidien daraus geben, wie auch zugleich zu Regalirung des Baron von Schwerin und anderer churbrandenburgischer ministrorum von 8 10000 Thaler herschiessen wollten. Von dem ursprünglichen Plane Ronquillo nach Berlin zu senden ist man am kaiserlichen Hofe mit Rücksicht auf das zu befürchtende Geschrei, falls Ronquillo nach Berlin kommen sollte, abgestanden und überlässt dem Goess die Verhandlungen. Wir besorgen zwar, dass bei S"". 1/*=". für diesmalen nichts zu richten sein möchte, weilen dieser Tractat gar zu frisch. Wann nur dessen fürnehmste ministri mit einem Stück Geld wenigist dahin zu gewinnen wären, dass sie den wirklichen Effect dieses Tractats verhindern und also S. L'^'^". für heuer ganz still sitzen thäten, so wäre in effectu gleichwohlen noch was gerichtet. Kannst also diese Tractation, jedoch ohne einigen unsern impegno, wohl anfangen und selbigen auf alle Weis befürdern, wie dir es deine bekannte Vernunft, Treu und Dexterität in die Hand geben wirdet und stellen dir anheim, ob nicht zu besserer Zurückhaltung sein des Churfürstens L*^®". von aller Bewegung unter andern auch mit Glimpf et per modum enuntiationis S"". !/<=". und dero ministris zuwerfen könntest, dass bei uns des Churfürstens zu Sachsen L''*"'. ein Memorial eingegeben und darinnen gebeten haben, dass wir dero- selben wegen der jülichischen und clevischen Landen eintweders iustitiam administriren, oder aber destwegen ein Commission anordnen wollten^); darüber du dann S''. L'*'"'. und deren ministrorum Gedanken anzuhören, forscheu und uns auch solche neben deinem gehorsamsten Gutachten zu überschreiben sein werden. Goess kann auch dem Kurfürsten wegen der polnischen Krone für den Kurprinzen, jedoch ohne allem impegno, einigen Trost in genere geben''). Da Spanien und Holland erklärt haben, einige massige Sub- sidien an Dänemark und Braunschweig zahlen zu wollen, falls diese Mächte dem Bündnisse beitreten wollten, soll Goess mit Schütz über diese Sache berathen.

') Balbesos und Ronquillo.

^) Die Erbansprücbe der sächsischen Fürsten auf die Jülich-clevischen Lande rührten von Sibylla, der Tochter Johann IIb, her, die an den Kurfürsten Johann Frie- drich von Sachsen vermählt wurde.

^) Michael Wiesnowiecki war am 10. Nov. 1673 gestorben; über Brandenburgs Hal- lung in der Wahlfrage Droysen 1. c. Hl. 3 477 f.; Puf. I. c. XII. 64ff.

Jlassregeln gegen Frankreich. Aufgabe des Goess Münster. 739

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Januar 1674. (Or.)

[Verschonuug des Bisehofs von Münster. Eindruck des brandenburg-scliwedischen Vertrages in Holland und Dänemark. Des Goess Bemühungen in dieser Sache. Ron- quillo's Reise nach Berlin. Belohnung für Schwerin. Verwüstung von Wesel und

Rees.]

Man beklagt sich am kurfürstlichen Hof darüber, dass der Kaiser, der so 12. Jan. viele Stände mit Einlogirung von Truppen beschwere, den Bischof von Münster verschone. Was die schwedisch-brandenburgischen Tractate betrifft, die An- fangs in Holland und Dänemark heftigen Unwillen hervorgerufen haben, ist man auf Goess Remonstration hin etwas ruhiger geworden; besonders in Holland, wo man bezüglich der alten und neuen Subsidien auf die von Goess suggerirte Pauschhandlung angetragen. Kramprich schreibt, dass die Staaten dabei bleiben, der Kaiser möge den dritten Theil der Subsidien für Dänemark, Brandenburg und Lüneburg zahlen. Bezüglich Dänemarks hat es den Anschein, als wolle dasselbe die obhandenen Tractate, auch Avenn man Dänemark die Subsidien ge- währe, nicht unterzeichnen, bis die Tractate mit Holland abgeschlossen sind. Goess meint, dass wohl mehr commoda als incommoda für den Kaiser heraus- kommen werden, wenn der Schluss der dänischen Tractate bis zum Abschlüsse jenes Vertrages über die Subsidien hinausgeschoben würde. In Berlin hat man durch Hoensbroek schon die Nachricht, dass Ronquillo dahin kommen wird; es scheint, dass Ronquillo's Reise dem Kurfürsten angenehm ist. Die für Schwerin ausgesetzte Summe hält Goess für zu gering und empfiehlt dem Schwerin eine grössere Summe, die in Terminen bezahlt werden könnte, an- zuweisen. Der Kurfürst beklagt sich über die Verwüstungen, denen Wesel und Rees den Tractaten zuwider ausgesetzt seien.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 15. Januar 1674. (Or.)

[Erklärungen der schwedischen Minister. Nachrichten aus Stockholm. Quartiere in

Essen.]

Goess berichtet, dass die schwedischen Minister sich vernehmen lassen, dass 15, j^n. sie dazu collaboriren wollen, damit der Friede ad terminos des Pyrenäischen gebracht werde. Vom Grafen von Sternberg ^) hat Goess Nachricht, dass man in Stockholm beschlossen habe in Pommern grosse Recrutirungen vorzu- nehmen.

Der Kurfürst hat dem Goess durch Schwerin wissen lassen, wie sehr ihn die Nachricht allarmirt habe, dass General Sporck im Stifte Essen Quartier nehmen und die kurbrandenburgischen Truppen vertreiben wolle.

^) Kaiserlicher Gesandter in Schweden: vergl. Puf. bei Heibig 1. c. 3G.

47'

740 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1072— K'.Tö.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 21. Januar 1674. (Conc.)

[Plan einer Armee aus dänischen, brandenburgischen und braunschweigischen Truppen.] Quartierfrage. Haltung des Kaisers bezüglich des Bischofes von Münster.]

■21. Jan. Deine Gedanken wegen Zusammenziehung einer in die 3Ü000 Mann

starke Armee von Dänemark, Churbrandenburg und Braunschweig seind zwar gut und unserer gnädigsten Gemüthsmeinung gemäss; es stehet aber vorhero zu erwarten, wie und was gestalten sich des Churfürstens zu Brandenburg L*^^". auf dasjenige, so wir dir jüngsthin gnädigst über- schrieben und anbefohlen, endlich erklären und wie weit sie zu bewegen, auch was dies Orts mit Dänemark und Braunschweig gerichtet und verglichen werden wirdet') . . . Arensdorf gegenüber hat Goess sich ganz im Sinne des Kaisers verhalten. Er soll fortfahren dem Kurfürsten jede falsche Impression zu benehmen, als denke der Kaiser etwas dem Kurfürsten schäd- liches zu thun und denselben versichern, dass von einer Belastung der branden- hurgischen Länder durch Einquartirung nicht die Rede sein könne. Von einer Verhandlung des Kaisers mit dem Bischöfe von Münster sei keine Rede, und wann

S. Ch. D. wider ihne Bischofen von Münster etwas zu agiren verlangen, so seind wir dessen gar wohl zufrieden und wollen das unsrige darzu gar gern beitragen, allein dass solches salva rei substantia, d. i. ohne Dis- membrirung dessen Stifts und ohne Schaden der Religion beschehen^). . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 22. Januar 1674. (Or.)

[Sächsisch-kaiserliche Beziehungen. Polnische Wahlfrage. Einquartirung in Essen. Geplantes Bündnis Brandenburgs mit Hannover.]

22. Jan. Goess findet nicht rathsam den Kurfürsten mit der kursächsischen Praetension

auf die clevischen Lande eifersüchtig zu machen, da Goess so wie so genug zu thun hat, den Kurfürsten von der Ansicht abzubringen, dass das gute Einver- nehmen Sachsens mit dem Kaiser ihm nachträglich sei. Bezüglich des Kurprinzens Erhebung auf den polnischen Thron hat man bisher mit Goess nicht officiel! verhandelt; der Kurprinz lässt sich auf des Prinzen von Lothringen Comphment vernehmen, dass wenn die polnische Krone ihm nicht zufalle, er sie dem Lothringer von Herzen gönne. Goess meint, man solle die Einquartirung in das

^) Der Vertrag mit Dänemark wurde am 16. /2G. Jan., der mit Braunschweig am 14./24. April 1674 geschlossen.

-) Doch erfolgte schon am 22. April der Abschluss eines Vertrages, durch den der Bischof auf die Verbindung mit Frankreich verzichtete und die Sache des Kaisers zu vertreten versprach; vergl. Depping I.e. 232; Tücking I.e. 234ff. ; Mignet I.e. IV. 280. Ueber des Kurfürsten von Brandenburg Beziehungen zum Bischöfe von Münster Peter I. c. 203.

Allianzpläne. Brandenburg-holländische Beziehungen. 741

Stift Essen dissimuliren, weil es nicht der Mühe werth sei. dass man wegen einer so unbedeutenden Sache sich in grosse Gefahr stürze.

Der Kurfürst wird wie Wangelin dem Goess aus Stockholm schreibt de novo invitirt zu einem mit Hannover in der Stadt Bremen vorgeschlagenen Bündnisse; Goess hofft, dass der Kurfürst sich nicht einlassen wird ; er Goess that auch alles, damit dies nicht geschehe.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 29. Januar 1674. (Or.)

[Neigung des Kurfürsten zum Abschlüsse der A'erhandlungen mit Holland. Frage der Zahl der kurfürstlichen Hilfstruppen. Rath des Goess über die vom Wiener Hofe Brandenburg gegenüber zu befolgende Politik. Klagen des Berliner Hofes über den

Kaiser.]

Goess berichtet, dass Brandenburg trotz des mit Schweden getroffenen 29. Jan. Vertrages bereit sei die schon längst vorgeschlagenen Tractate anzutreten, Avozu man in Holland sich immer besser geneigt zeige und dass Achtienhoven nach Berlin kommen werde '). Goess meint, es wäre sehr erwünscht, wenn anch Ronquillo als Vertreter Spaniens dahin kommen würde. Ratione des dem Kurfürsten proponirteu Quantums der 10 000 Mann, die er stellen solle, schien solches dem Kurfürsten zu gering und er gab zu verstehen, dass er lieber mit 20 000 Mann allein rechtschaffen operiren möchte , weil es ihm bei der Gon- junction nicht gut ergangen sei; Schwerin aber erklärt des Goess Vorschlag für durchführbar. Goess will daher w^arten, was die weiteren Verhandlungen ergeben werden. Dass man wie der Kaiser dem Goess schreibt mittels einer Summe Geldes für die brandenburgischen Minister den Karfürsten werde bewegen können für dieses Jahr still zu sitzen, hält Goess nicht für wahrschein- lich, da der Kurfürst eine so grosse Last länger nicht werde tragen wollen; daher hält Goess es für zweckmässiger sich des Kurfürsten recht zu versichern und den Krieg energisch zu führen, um dadurch einen um so besseren Frieden zu erzielen. In Berlin klagt man über die Behandlung seitens des Kaiserhotes, insbesondere, dass man in der Jägerndorfer Angelegenheit keine Satisfaction erlangen könne und dass der Kaiser bei den Einquartierungen auf den Kur- fürsten nicht genügend Rüchsicht nehme ^).

') üeber Isaac Pauw v. Achtienhoven Urk. u. Act. III. 394; er kam Ende März nach Berlin.

•-■) Vergl. Puf. 1. c. XII. 33; Peter 1. c. 20-2.

742 ^'^- Goess iii Ik'i-liii, Anlialt in Wien. 1G72 IGTÖ.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. Februar 1674. (Gr.)

[Das Quantum der kurfürstlichen Hilfsvölker. Marsch der sächsischen Truppen.

Schwedens Haltung. Zweck von Crockows Sendung nach Wien. Candidatur des

Lothringers für den polnischen Thron.]

5. Febr. Der Kurfürst beschwert sich von neuem über die Lasten der kaiserlichen

Einquartierungen.

Das Protocoll der in Wien mit den spanischen und holländischen Ver- tretern gehaltenen Conferenz, betreffend die Verringerung der Anzahl der Völker und der Subsidien, hat Goess erhalten i) ; glaubt aber, wie er bereits berichtet hat, nicht, dass Brandenburg mit der Sendung von 10 000 Mann sich einver- standen erklären wird ^), Der Kurfürst hat dem Goess ziemlich positiv gesagt, dass die kursächsischen Völker wieder nach Hause marschiren, in dem Hin- marsche auch grosse Unordnung gemacht hätten. Goess widerspricht der ersteren Behauptung. Der Graf Tott^) soll dem Beveringk'') gesagt haben, dass sein König von Förderung der dritten Partei abstehe, um dem Kaiser und den General- staaten die gefasste Ombrage zu benehmen, Goess aber traut allen Erklärungen nicht, wenn sie mit der intendirten dritten Partei wirklich aufkommen könnten. Crockow ist bereits nach Wien abgereist, er soll seiner Instruction gemäss die Ueberlassung eines Stück Landes im Grossglogauischen fordern s); Goess hat dem Schwerin gesagt, dass keine Hoffnung auf Erfolg in diesem Punkte sei, worauf Schwerin betont, dass Goess sehr difficil sei und überdies im Vertrauen erwähnt, dass man sich auch sonst über ihn deswegen beklage. Goess antwortet darauf, dass er thue und verspreche, was ihm befohlen sei und was er halten könne. Die Hauptaufgabe Crockows ist den kaiserlichen Hof auszuforschen. In der polnischen Angelegenheit merkt Goess, dass man sich in Berlin ein Verdienst um den Kaiser zu erwerben hoffe, wenn man die Candidatur des Lothringers unterstütze. Goess erklärt aber, der Kaiser sei zwar von der Tüchtigkeit des Lothringers überzeugt, habe dem Goess aber niemals etwas mit- getheilt, woraus dieser entnehmen könnte, dass der Kaiser die Wahl des Loth- ringers verlange.

1) Das Protocoll liegt nicht vor; ein Protocoll über eine Conferenz zwischen den kaiserlichen, staatischen und spanischen Ministern übersendet Heemskerck, der staa- tische Gesandte in Wien, am 19. März 1674; Urk. u. Act. III. 426fF.

2) Vergl. Peter 1. c. 202.

^) Graf Tott war damals Vertreter Schwedens in Köln.

*) Hieronymus van Beverningk, staatischer Politiker; vergl. über ihn Urk. und Act. III. 450; über die Beziehungen Totts zu Beverningk; vergl. Basnage 1. c. II. 451. ') Vergl. Puf. 1. c. XII. 33; Peter I. c. 202.

Zahl der kuifiirstlichen Hilfstriippen. Crockows Sendung nach Wien. Wangelin. 743

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Februar 1674. (Gr.)

[Dänisch-österreichische Verträge. Verhandlungen mit Celle und Wolfenbüttel. Die dritte Partei. Polnisches W^ahlwerk.]

Goess bittet um Weisung, wie weit er in Berlin von dem Inhalte der mit 12. Febr. Dänemark vom Kaiser geschlossenen A' ertrage ') Mittheilung machen dürfe, da verschiedenartige Gerüchte über den Inhalt derselben verbreitet seien.

Von Kramprich hat Goess Nachricht, dass wegen Celle und Wolfenbüttel ein Project auf 13 000 Mann verfasst worden sei, wozu der Kaiser '/s der Sub- sidien beitragen soll. Neuburgs Vertreter"-) behauptet, es stehe in der Angelegen- heit der dritten Partei so, dass es nur der Ratification der interessirten Fürsten bedürfe.

Goess sucht demselben den Schaden dieser dritten Partei auseinanderzusetzen, erfährt aber lebhaften Widerspruch.

Es scheint, als ob Brandenburg dem Kaiser im polnischen Wahl werke nicht traue.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. Februar 1674. (Or.)

[W'angelins Erklärungen über Schwedens Haltung. Klagen des Kurfürsten über die

Franzosen. Mittheilung des Österreich-dänischen Vertrages. Schwerins Gesinnuno-.

Oesterreich-brandenburgische Verhandlungen.]

Wangelin ist mit der Ratification des schwedisch-brandenburgischen Ver- 16. Febr. träges angekommen. Goess hat dem Schwerin Mittel vorgeschlagen, mit Hilfe derer die Auswechslung wenigstens so lange verschoben werden soll, bis man sieht, wie die bevorstehenden Verhandlungen ausschlagen. Wangelin versichert, Schweden habe friedliche Absichten und es geschehe de la Gardie Unrecht, wenn man von ihm behaupte, er suche aus Affection für Frankreich seinen König zum Kriege zu bewegen^); auch berichtet Wangelin, dass Sternberg*) bei de la Gardie sehr beliebt sei. Der Kurfürst beklagt sich noch immer über die Franzosen wegen Plünderung der Städte Wesel und Rees. Goess hat dem Kurfürsten von dem zu Kopenhagen geschlossenen Traetate^) Mittheilung gemacht und dem Schwerin den Hauptrecess vorgelesen. Schwerin versichert wiederholt seine Devotion gegen den Kaiser und bezeigt Neigung für die Einigung Oesterreichs und Brandenburgs zu wirken. Wegen der von mir an- geworfenen Tractaten gäbe er gute Hoffnung und fiele mir allerdings bei, dass P. Ch. D. vielmehr zu rathen, dass sie neben Dänemark und dem Haus Lüneburg die Party antreten, als sich allein in so weitaussehenden Werk einzulassen: es werd des holländischen ministri zu erwarten und

') Vertrag vom 16./2G. Jan. 1674; Dumont J. c. VII.i 251f.

-) G ollstein.

^) Ueber dessen Haltung vergl. Carlson 1. c. IV. 589 f.; Mignet 1. c. IV. 337 f.

■*) Graf Sternberg, Vertreter des Kaisers in Stockholm.

^) Gemeint ist der Österreich-dänische Vertrag vom 16./26. Jan. 1674.

744 VI. Goess in Berlin. Anhalt in Wien. 1672— 1R7.").

alsdann zu sehen sein, wie die Sachen am besten anzugreifen. . . . Die

Auswechskmg der Ratificationen des schwedisch-brandenburgischen Vertrages wird dabei, wie Schwerin glaubt, kein Hindernis bilden.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 22. Februar 1674. (Conc.)

[Contributionen und Einquartierungen. Einquartierung in Essen. Verhinderung des brandenburg-hannover'schen Vertrages.]

22. Febr. Unter dem 1. Februar wurde Goess die Vollmacht zu den Verhandlungen

zwischen dem Kaiser, Spanien, den Generalstaaten und Brandenburg übersendet. Die Beschwerungen über die Bedrückung vieler Stände mit Einlogirungen muss man ertragen; der Kaiser ist zu solchen Einlogirungen gencithigt, bezüglich des Bischofes von Münster hat er dem Bournonville Befehl er- theilt, auch dessen Länder, falls es noch nicht geschehen, zu den Contri- butionen heranzuziehen. Ronquillo hat Befehl erhalten nach Polen und nicht nach Brandenburg zu reisen. Der Kaiser billigt des Goess Meinung, bei den herrschenden Verhältnissen von den sächsischen Ansprüchen auf die jülich- clevischen Länder zu schweigen. Der Ansicht des Goess, die Einquartirung in das Stift Essen zu dissimuliren, gibt der Kaiser seine Zustimmung, doch sei zu besorgen, dass nicht etwa daraus Brandenburg eine Possession hernach er- zwingen wolle. Goess soll alles aufwenden, damit der Kurfürst nicht dem ihm von Hannover vorgeschlagenen Bündnisse beitrete.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Februar 1674. (Or.)

[Wangelins Erklärungen über Schwedens Politik. Gefangennahme Fürstenbergs- ürtheil des Kurfürsten in dieser Sache.]

23. Febr. Wangelin hat Schwerin für gewiss erzählt, dass neulich ein Vertrag zwischen

Dänemark und Schweden geschlossen worden sei; Goess glaubt aber, da er von anderswo keine Nachricht von dem Abschlüsse eines solchen Vertrages habe, dass dies von Wangelin erfunden worden sei, um so die Ratification schneller zu erlangen. Wangelin erklärt Goess gegenüber, dass man nun von schwedischer Seite das üniversalarmistitium aller Orten zu befördern trachte, zu welchem Ende Sparre nach Holland') und England gereist sei, Graf Tott vielleicht nach Paris gehen werde. Da auch in Berlin die Nachricht eingelangt ist. dass der Prinz Wilhelm von Fürstenberg auf Befehl des Kaisers gefangen genommen worden sei'^) und dass deswegen der Congress sich auflösen solle, hat Goess

^) lieber Sparre's Verhandlungen im Haag; Basnage 1. c. II. 490.

2) Ueber die Gefangennahme Fürstenbergs Orlich 1. c. II. 104£f. ; Peter I.e. 191; Ennen I.e. 326 ff.; Th. Eur. XI. 564 ff.; Münch, Geschichte des Hauses und Landes Fürstenberg IIL 171 ff.; Grimoard 1. c. II. 447 f.; Depping 1. c. 219 ff.; Schriften im Diar. Europ. XXIX. App.; Londorp I.e. X. 131 ff.

Eiücjuai tieiiinijen Gefanffeniiahme Füistpiibei'^-;. \'erjus. 745

remonstrirt. dass dies keine Ursache zur Auflösung der Versammlung sei. P. S. Der Kurfürst ist derselben Meinung wie Goess bezüglich Fürstenbergs und hat Goess durch Schwerin andeuten lassen, dass er sich in diesem Punkte mit dem Kaiser accommodiren und dahin wirken wolle, dass deswegen die Friedensverhandluniren nicht unterbrochen werden.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Februar 1674. (Or.)

[Fürstenbergs (Tcfangennahme.]

Verjus gibt vor. dass der Prinz von Fürstenberg ein kurkölnischer und mit 26. Febr. des Kaisers Geleitsbrief versehener Bevollmächtigter gewesen und also mit dessen Gefangennahme fides et securitas publica verletzt worden sei.

Schwerin, mit dem Goess spricht, meint unter anderem, der Friede zwischen England und Holland werde bald geschlossen ') und dann der König von Frank- reich genöthigt werden, den Frieden anzunehmen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 5. März 1674. (Or.)

[Eindruck der Nachricht vom Abschhisse des englischbolländischen Friedens. Des Verjus Verhandlungen mit dem Kurfürsten. Hollands Vorgehen bei den Verband- lungen mit Braunschweig. Wangelins Erklärungen. Fürstenberg.]

Weisung vom 22. Februar erhalten.

Der Kurfürst hat sich über die Nachricht vom Abschlüsse des holländisch- 5. März, englischen Friedens sehr gefreut; er hofft, der König von Plngland wird alles thun. um den Frieden zwischen Holland und Frankreich zu bewirken. Verjus ist nach Potsdam gegangen, um wegen der begehrten Restitution von Wesel und Rees einige Vorschläge zu machen und wird versuchen dadurch die Ver- handlungen mit dem Kaiser zu unterbrechen-'). Gewiss ist zu besorgen, weil man sich über die Subsidien noch nicht verglichen hat, dass über diesen Tractat sehr schläfrig und langsamer, als es die Verhältnisse leiden, berathen werden wird und dass die Holländer nach abgeschlossenem Vertrage mit England noch schwieriger bezüglich der Subsidien sein werden. Windischgrätz berichtet aus Braunschweig über seine Verhandlungen mit den Herzogen von Braunschweig ^). Goess meint, dass Holland in dieser Angelegenheit nicht so vorgehe, wie es sollte; es imputire dem Kaiser und Spanien je Vs der Subsidien, obgleich dar- über noch nichts verglichen worden sei und verhandle mit Braunschweig, aber nicht mit Dänemark, obgleich man wisse, dass Braunschweig ohne Dänemark

') Der Vertrag von Westminster war bereits am 9./11). Febr. 1674 geschlossen worden; Dumont 1. c. VII. i 253 f.; Ranke, Engl. Gesch. V. 141; Klopp I. c. I. 368; Mignet 1. c. IV. 267 ff.

•-*) Vergl. Puf. I.e. XII. 31.

"') Vergl. Griinoard 1. c. II. 409.

746 VI. Cioess in Berlin, Aiilialt in Wien. 1072- 1G75.

nicht abschlicssen wird; aucli setze man das Quantum der Völker von Celle und Wolfenbüttel zu hoch an.

Wangelin hat fernere Proposition gethan zur Beförderung des Friedens und zwar gleichsam fragend, ob man dieser Seiten nicht vermeine, dass auf einige pressante Mittel zur Erhaltung desselben zu denken sei '). In einem anderen Schreiben bestätigt Goess den Empfang der kaiserlichen Schreiben über die Ver- haftung Fürstenbergs und fügt hinzu, er könne versichern, dass der Kurfürst in dieser Frage sich sjanz auf die Seite des Kaisers stellen werde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 9. März 1674. (Or.)

[Wangelins Propositionen. Eindruck der Nachricht von dem englisch-holländischen

Frieden auf W^angelin und Verjus. Wangelins Haltung, ürtheil der Brandenburtror

über Frankreichs Pläne bezüglich Wesels und Rees. Des Kurfürsten Mittheihuitreu

von französischen Anerbietungen.]

9. März. Der Kurfürst hat dem Goess durch Schwerin und Somnitz mittheilen lassen,

dass er die Ratification des schwedisch -brandenburgischen Vertrages vollzogen und das Document Wangelin liabe zustellen lassen-). Goess hat sich für die Mittheilung bedankt und zu erfahren begehrt, was Wangelin sonst vorgebracht habe. Schwerin und Somnitz antworteten, dass Wangelins Propositionen von keiner besonderen Bedeutung gewesen seien. Er hätte nur das allgemeine Ar- mistitium empfohlen; 2". zu wissen begehrt, wie der Kurfürst über die in Köln zum Vorschlag gebrachten 2 Friedensprojecte urtheile, worauf man kurfürstlich er- seits sich nicht eingelassen; 3°. erklärt, es müsste den in diesem Kriege be- schädigten Ständen Satisfaction zu tlieil werden und 4*^. gefordert, man möge Spanien von weiterer BeschAverung der Stände abrathen. Nachdem die Nach- richt von dem zwischen Holland und England geschlossenen Frieden ein- gelangt, hat sich sowohl Verjus als Wangelin sehr alterirt gezeigt und der letztere dem Kurfürsten gegenüber geäussert, dass nunmehr Oesterreich mehr als Frankreich zu fürchten sei, dass man die 3'^ Partei gründen und auf die Sicherheit des evangelischen Wesens sehen müsse, da Spanien jetzt den Bogen hoch spannen werde; auf welches alles aber der Kurfürst, zumal auch auf die Exaggeration der Entführung des Prinzen AVilhelm Fürstenberg, gar nicht günstig geantwortet hat. Goess merkt, dass Wangelin sich das franzö- sische Interesse sehr am Herzen sein lässt und mit Verjus vertraulichst verkehrt. Der Kurfürst merkt jetzt, dass an der Behauptung Wangelins von dem Ab- schlüsse eines schwedisch-dänischen Vertrages nichts wahres ist. Weil Verjus von der Restitution von Wesel und Rees beim Kurfürsten anders als in der später gehaltenen Conferenz geredet, besorgt man brandenburgischerseits. dass der König von Frankreich pro genio suo diese Plätze äusserstem Vermögen nach manuteniren und nur aus lauterer Noth quittiren werde, in welcher Meinung

1) Vergl. Puf. 1. c. Xn. 22.

''') Die Ratification des Kurfürsten erfolgte am 28. Febr. Ifi74: Mörner 1. c. 377.

Waiigelius Verhamllunseu. IJiaudeiiburg u. Frankreich. Friedeusiieigung Fr. Willi. 747

Goess sie bestärkt. Der Kurfürst tlicilt dem Goess mit. dass ilim von Frank- reich für 10000 Mann Erhaltungssubsidien angeboten worden seien, olme dass er wider den Kaiser oder Holland etwas vorzunehmen gezwungen sein sollte'). Goess zAveifelt nicht, dass man französischerseits alles aufl)ieten werde, Branden- burg zu gewinnen.

Memorial über die Conferenz vom 11. März 1674 zwischen Montecuccoli und Hocher einer-, Crockow andererseits. (Conc.)

[Friedensneigung des Kurfürsten. Erwiderung des Montecuccoli. Art der Friedens-

vermittelung. Des Hofkanzlers Auseinandersetzungen über des Kaisers Politik. Noth-

wendigkeit der Fortsetzung des Krieges gegen Frankreich. Erwiderung Crockows.

Montecuccoli's Aeusserungen.]

Auf die Frage Montecuccoli's über den Zweck seiner Mission erklärt Crockow 11. März, in der Unterredung am 11. März: Der Kurfürst freue sich über die Rüstungen des Kaisers, da aber der ZAveck des Krieges der Friede sei, der Kaiser auch wie der Kurfürst den Frieden wünsche, so biete der Kurfürst seine Dienste zur Vermittelung des Friedens an und wünsche durch Crockow die Absichten des Kaisers bezüglich des Friedens zu vernehmen. Zugleich bittet der Kurfürst um Communication der zwischen dem Kaiser und den übrigen Potentaten ge- schlossenen Bündnisse.

Montecuccoli antw^ortet: Der Kaiser hat stets den Frieden wollen, will ihn auch noch, da aber Frankreicli ihn nicht will, müsse der Krieg fortgesetzt Aver- den; die Bündnisse des Kaisers sind dem Kurfürsten bereits bekannt. Endlich fragt Montecuccoli, Avie sich der Kurfürst die Vermittelung denke. Crockow meint, anfangs freundschaftlich, Avorauf Montecuccoli erwidert, damit sei bei Frankreichs Art zu verfahren nichts anzufangen. Der Hofkanzler führt das aus und legt die auf das allgemeine Wohl gericlitete Politik des Kaisers dar. Der Kaiser habe auch öffentlich in Regensburg und sonst die Erklärung abgegeben, dass er den allgemeinen Frieden wolle, wenn Frankreich die im Reiche occupü-ten Plätze, insbesondere Wesel, Rees und Emmericli restituire, Avenn des Kurfürsten von Brandenburg in dem Frieden gedaclit Averde, Avenn Trier völlig seinen Be- sitz widererhalte und dem Brandenburger Avie den übrigen treuen Reichsständen der erlittene Schade ersetzt Averde. Die Gerechtigkeit dieser Bedingungen dürfte der Brandenburger zugeben. Frankreich aber habe sie nicht erfüllen wollen, auch die Restitution Lothringens geAveigert und auch alle übrigen Frie- densversuche durch seine Forderungen unmöglich gemacht; daher müsse der Kaiser für die Fortsetzung des Krieges sein und fordern, dass der Kurfürst sich mit dem Kaiser verbinde, was übrigens nur zu des Kurfürsten Nutzen ge- reichen könnte.

CrockoAV erwidert, er zweifle nicht an des Kaisers guter Intention; be- züglich der Friedensbedingungen, die von kaiserlicher Seite gestellt Avorden sind, sei er nicht instruirt; doch Avisse er, dass Frankreich sich zur Restitution

') Puf 1. c. Xn. 31 : Droysen 1. c. III.3 472 ff.

748 VI. Goess in Berlin, Anliait in Wien. 1672—1^75.

der occupirten Plätze bereit erklärt habe. Eine reparatio damnorum halte er für billig, ebenso, dass man auf eine bessere Sicherheit für die Zukunft denke. Dass aber Breisach und Philippsburg in einen anderen Stand und Spanien ungefähr in den Stand der pyrenäischen Tractate gesetzt werden soll, wäre beides hart und grosse Mühe und Arbeit hiezu erforderlich. Frankreich werde mit Waffengewalt seine Rechte aufrechtzuhalten suchen, andere sich einmischen. Brandenburg aber wolle sich nicht einmischen, bitte auch den Kaiser, in diesem Punkte nichts von dem Kurfürsten zu fordern.

Montecuccoli : Es sind das alles keine entschiedenen Sachen, sondern ver- trauliche Besprechungen; der Kaiser habe sich mit Spanien bis jetzt auch nicht dahin verglichen, dass der Friede auf die Bestimmungen des Pyrenäischen hin geschlossen werde, sondern der Kaiser meine, man müsse auf einen Frieden an- tragen, der lange Dauer verspreche. Ferner fragt Montecuccoli, was Branden- burg zu thun gesinnt sei. wenn kein Friede zu erlangen wäre.

Crockow erklärt, darüber nicht instruirt zu sein, aber an den Kurfürsten darüber berichten zu wollen ').

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 15. März 1674. (Conc.)

[Verträife des Kaisers mit Dänemark uud Braunschweig. Schwerin. Dritte Partei.

Fürstenberg.]

15. März. Der Kaiser billigt die Communication des Hauptrecesses des Vertrages mit

Dänemark an Schwerin und hofft dem Goess hald den Abschluss mit Braun- schweig mittheilen zu können "■'). Goess soll seine Ansichten dem Kaiser darüber mittheilen, wie man Hannover gewinnen könnte. Kann die Auswechselung des schwedisch-brandeuburgischen Vertrages nicht verhindert werden, so soll Goess trachten, dass sich der Kurfürst in nichts weiteres einlasse. Dem Schwerin soll Goess des Kaisers Neigung kundgeben. Goess soll genau berichten wie es mit der dritten Partei und mit dem schwedisch-dänischen Bündnisse steht. Die Gründe der Gefangennahme Fürstenbergs hat der Kaiser bereits kundgethan.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 16. März 1674. (Or.)

[V^erhandlungen der Brandenburger mit Verjus. Achtienhoven. Einnahme von Ger- mersheim. Eindruck dieser Nachrieht am Berliner Hofe. Verjus. Wangelin. Worms J

16. .März. Verjus hat abermals eine Confereuz gehalten, in welcher er, wie Schwerin

dem Goess mittheilte, die Proposition wegen Rückgabe der Städte Wesel und Rees und andere Offerten machte, welche darauf hinweisen, dass Frankreich Brandenburg für sich gewinnen will. Schwerin hat dem Goess gesagt, Branden- burg werde diesen Anerbietungen aber kein Gehör schenken, es sei denn, dass

') Für Crockows Aufenthalt in Wien Puf. I.e. XII. 28 f., 33. 2) Der Abschluss erfolgte am 14./24. April 1G74.

Des Kaisers Gesiiiiiun,? u. Vorschlägre. Veihandlung-eu des Verjus. Aohtieuhoveii. 749

es von der anderen Partei vernachlässigt werde, quod ego sie interpretor, wann derselben keine gute conditiones wollten gemacht werden.

Achtienhoven wird in Berlin mit Sehnsuclit erwartet. Goess fürchtet, er werde nicht genügend instruirt sein, oder die Verzögerung des Abschlusses mit Brandenburg dem Kaiser und Spanien in die Schuhe schieben.

In Berlin ist die Nachricht, dass die Franzosen Germersheim eingenommen'), eben zu der Zeit eingelaufen, als Verjus seines Königs Schreiben wegen des ent- führten Fürstenberg in Berlin communicirte ; das benützte Goess, um über die Art der Franzosen zu sprechen, dass sie publicam fidem nur auch in dem Mund nehmen dörfen, eben zur Zeit, da sie solche Dinge an anderer Seiten thun. Goess hat vernommen, dass der Kurfürst über diese That sehr empfindlich sich geäussert und gemeint habe, dies werde aller Welt die Augen öffnen; die Kur- fürstin aber habe gesagt: Ja, wann das verfluchte französische Geld nit also herum gienge und die Leute verblendete. Verjus hat sich gestellt, als ob er von der Sache nichts gewusst hätte. Wangelin versichert Goess der Friedensliebe des Schwedenköniges. Der Kurfürst hat Goess aufgefordert, beim Kaiser dahin zu wirken, dass man auf Worms ein achtsames Auge habe.

Memorial über die Conferenz vom 21. März 1670 zwischen Montecuccoli, Hocher und Crockow. (Conc.)

[Conjunctiou der brandenburgischen mit den kaiserlichen Truppen. Bedingungen für Brandenburg. Hochers Erklärungen über die geplante Mitwirkung von Dänemark, Brauuschweig-Celle und Wolfeubüttel. Vortheile für Brandenburg aus der Verbindung mit dem Kaiser. Entgegnungen Crockows. Debatte über diese Frage und über die Haltung Schwedens. Brandenburgs Haltung zur Frage der Garantie des pyrenäischen

Friedens.]

Montecuccoli theilt dem Crockow mit, dass der Kaiser aus Crockows Er- 21. März, klärungen die gute Gesinnung des Kurfürsten erkannt habe. Da nun der beider- seits gewünschte Friede nur durch Fortsetzung der Kriegsoperationen zu er- reichen sei, hoffe der Kaiser, dass der Kurfürst seine bereit stehenden Truppen mit den übrigen conjungiren werde. Der Kaiser wisse wohl, dass die Erhal- tung dieser Truppen viel Geld koste; er habe aber selbst so überaus grosse Auslagen und der Krieg werde doch für das allgemeine Wohl geführt. Dazu komme, dass man ja nicht mehr vom Kurfürsten fordere, als den clevischen, münsterischen und aachen'schen Frieden aufrecht zu erhalten; wegen der Sub- sidien wolle der Kaiser sehen, wie er dem Kurfürsten unter die Arme greifen könnte. Der Hofkanzler fügte hinzu, da Brandenburg ohne Zweifel gern in Gesellschaft von Dänemark. Brauuschweig-Celle und Wolfenbüttel sein möchte, wäre in Vorschlag gekommen, diese 3 Mächte zur Stellung einer Armee von

') Germersheim fiel am "21. Februar 1674. Vergl. Peter I.e. '211: Häusser I.e. IL 630.

750 ^'f- ^oess in Berlin. Anhalt in Wien. 167-2— 1675.

30 000 Mann zu vermögen und denselben für die Hälfte den Unterhalt zu reichen. Dadurch werde Schweden von jeder Unternehmung abgehalten. Brandenburg sei ohnehin vermöge des braunschweigischen Bündnisses ver- pflichtet dem Kaiser zu Hilfe zu kommen, im Falle er in den Erbländern von jemandem angegriffen werden sollte. Ferner erlange Brandenburg durch diesen neuen Vertrag den Vortheil die Subsidien zu geniessen. welche er kraft des vorigen Bündnisses nicht zu hoffen, noch weniger zu praetendiren gehabt liätte. Diese Subsidien aber würden Spanien und die Staaten allein ohne Entgelt des Kaisers geben und der Kaiser bei diesen Mächten seinen Einfluss deswegen geltend machen. Der spanische Botschafter habe Vollmacht mit Crockow zu verhandeln; dass Spanien die Garantirung des pyrenäischen Friedens fordern werde, sei wahrscheinlich, doch werden sich Mittel finden, darüber zu einer Einigung zu gelangen. Der Kaiser werde in diesem Jahre nicht nur 30000 Mann, sondern noch viel mehr in's Feld stellen, wenn Holland und Spanien auch mit 40 000 Mann anziehen, dann wird Brandenburg noch viel sicherer in den Bund treten können. Ueberdies sei der Kurfürst ja ohnehin schon Ver- bündeter des Kaisers und könne sich auf ihn besser verlassen, als auf die falschen Versprechungen seiner Gegner. Des Kaisers Wunsch gehe aber nur dahin, dass Brandenburg den münsterischen, clevischen und aacheu'schen Frie- den garantiren und manuteniren helfen möge, so dass der Kurfürst des Kaisers. Spaniens und der Staaten Verbündeter wäre. Der Kaiser aber wolle sich alle Mühe geben bei den übrigen Verbündeten dahin zu wirken, dass dem Kur- fürsten möglichste Sicherung seines Besitzes gewährt und bezüglich der Sub- sidien seitens Spaniens und Holland Satisfaction gegeben werde.

Crockow betont dagegen, dass unter diesen Verhältnissen Brandenburg allein sich der Gefahr aussetzen würde. Spanien und Holland den grössten Nutzen, der Kaiser wenig, Brandenburg aber keinen Vortheil davon haben würde.

Die kaiserlichen Commissäre erwidern darauf, wenigstens würde Branden- burg nebst den Subsidien auch den Ruhm und die Ehre haben. Crockow meint, das sei nicht genug, worauf die Commissäre antworten, für Brandenburg sei es von grossem Nutzen, wenn die Niederlande in gutem Stande seien, wenn Brandenburg die verlorenen Plätze widergewinne, der bösen Nachbarn entledigt und im römischen Reiche die Sicherheit hergestellt werde ; vielleicht werde man mit Hilfe Gottes solche Eroberungen noch machen, dass Spanien und Holland dem Kurfürsten etwas geben könnten. Crockow: Passato il pericolo, viene gabbato il santo; übrigens hätte Frankreich dem Kurfürsten auch die Repa- rirung der verursachten Schäden und Rückgabe von Ress, Wesel und Emmerich versprochen. Die kaiserlichen Commissäre erwidern, verba non sufficiunt, ubi facto opus est; das habe das Vergangene gezeigt; auf Frankreich sei nicht zu rechnen. Crockow meint, jetzt seien die Verhältnisse andere geworden.

Die kaiserlichen Commissäre fragen noch, was der Kurfürst fordern würde, Avenn man mit Brandenburg auf die Manutenirung des pyrenäischen Friedens tractiren wollte. Crockow meint, Spanien möge sagen, was es biete.

Ferner betonen die Commissäre, dass von Schweden nach dem Abschlüsse dieses Vertrages für Brandenburg nichts zu fürchten sein werde, da Schweden einen

\'eiliaadluugen über ein gemeinsames Yorijehen Oestetreiehs u. Brandenbnrgs. 751

Angriff nicht wagen werde, wenn aber, mit Hilfe Dänemarks und der Braun- schweiger Fürsten leicht von dem Brandenburger zurückgewiesen werden könnte. Crockow meint, Schweden werde nicht zugeben, dass Frankreich unter- drückt, oder dass Breisach und Philippsburg den Franzosen widerum abgenom- men werden. Im übrigen meint Crockow, der Kurfürst würde wohl die Ga- rantie der münsterischen, clevischen und aachen'schen Friedensschlüsse über sich nehmen, wenn er nur wüsste, dass der Kaiser nicht mehr von ihm begehren werde. Schliesslich fordern die kaiserlichen Coramissäre Crockow auf, sich vom Kurfürsten auch für den Fall instruiren zu lassen, dass man die Garantie des pyrenäischen Friedens von ihm wünsche und was er für Bedingungen stelle. Crockow erwidert gleich, es werde, im Falle der Kurfürst die Garantie des pyrenäischen Friedens übernehmen sollte, bei der bisherigen Stipulirung der Subsidien nicht bleiben können, da die clevischen Besitzungen des Kurfürsten in diesem Falle der grössten Gefahr ausgesetzt sein würden.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 22. März 1674. (Or.)

[Fürstenberg. Verhandlungen mit Wangelin. Oesterreich -pfälzische Beziehungen.. Marsch der kölnischen Völker durch hildesheimisches Gebiet.]

Der Kaiser ist erfreut darüber, dass der Kurfürst sein Vorgehen gegen 22. März. Fürstenberg billigt. Was Wangelin betrifft, soll Goess darauf achten, dass von Seite Brandenburgs mit demselben nichts verhandelt wird, was den vorhabenden Verhandlungen des Kaisers und seiner Verbündeten mit Brandenburg praeiudi- cirlich sein könnte. Mit Kurpfalz ist bis dato nichts geschlossen worden'); sollte dies geschehen, wird der Kaiser Goess instruiren, wie weit er davon Mit- theilung machen kann, bis dahin hat er nichts zu sagen, als dass des Kaisers dem ganzen Reich und Kurpfalz wohlgesinntes Gemüth daraus zu ersehen sei, dass er dem Pfälzer auf sein Begehren alsobald einen starken Suecurs ge- schickt, obgleich der Kaiser in keinem Bündnisse mit demselben bis dato be- griffen sei"^).

Bezüglich des Durchmarsches der kurkölnischen Völker durch das hildes- heimische Gebiet hat der Kaiser Bournonville Befehl ertheilt, diesen Völkern allen möglichen Abbruch zu thun^).

') Der Abschluss des Vertrages erfolgte am 4. April; vergl. Dumont I.e. VII., 255 ff.

'-) Frankreich hatte an dem Pfälzer, wegen der verweigerten Bewilligung des Besatzungsrechtes für französische Truppen in Oppenheim, grausame Rache genommen imd das Land desselben überfallen; vergl. Häusser 1. c. 11. 627 ff. ; Wagner 1. c. I. 325. Die Schreiben des Pfälzers an den Kaiser und dessen Antwort in Londorp 1. c. X. 117 f.

^) In einer Weisung vom 27. März Conc. gibt Leopold dem Goess Kunde von der zwischen den Vertretern des Kaisers, Hollands und Spaniens gehaltenen und die an Dänemark, Brandenburg und Braunschweig-Lüueburg zu gewährenden Subsidien be-

752 VI. Goess in Berlin, Anhalt, in Wien. 1(;72— Ki?').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. März 1674. (Or.)

[Unterhanrllungen des Goess mit dem Kurfürsten bezüglich der zum Schutze des Pfälzers zu ergreifenden Massregeln. Des Goess Urtheil über die Haltung der Branden- burger in dieser Frage. Verhandlungen des Verjus mit den Brandenburgern. Be- deutung von Achtienhovens Ankunft. Gollstein. Nachrichten aus Köln.]

23. März. Der Kurfürst hat auf des Goess Klagen über der Franzosen Einfall in die Kurpfalz sich sehr darüber ereifert, auch sehr heftig mit Wangelin und Verjus darüber gesprochen, als aber Goess den wirklichen Succurs und die Verbin- dung mit des Kaisers dahin beorderten Völkern forderte, antwortete der Kur- fürst, dass er nicht unterlassen Averde dasjenige, was durch die Reichsstände würde resolvirt werden, auch seinerseits zu vollziehen. Darauf hat Goess den Kurfürsten ersucht, seinen Gesandten in Regensburg Befehl zu ertheilen, für die Unterstützung des Pfälzers energisch einzutreten und mit den kaiserlichen Bevollmächtigten über diesen Punkt zu conferiren '). Ich kann fast nit hoffen, dass man hierin andere Resolution nehmen werd, als was mit Churtrier geschehen, sondern werd man zufürderist die obhandene Tractaten mit Versicherung der subsidiorum wollen geschlossen wissen, dann man werde ungezweifelt die Rechnung machen, dass wann man vorher zur Action schritte, das Werk ratione subsidiorum viel schwerer hergehen oder gar nichts daraus werden möchte. Verjus hat abermals Conferenz gehabt-); er hat seine Forderungen herabgesetzt, doch wird von Seite Frankreichs Brandenburg ein wirkliches Engagement angetragen, zu welchem man sich aber hiesigerseits schwerlich verstehen dürfte. Doch hält Goess dafür, dass man von französischer Seite sich endlich conteutiren werde, S. Ch. D. von allem Impegno mit uns abzuhalten, die obhandene Tractaten zu unter- brechen und dieselbe in statu neutralitatis zu lassen. Wegen der Resti- tution von Wesel und Rees dürfte keine grosse Schwierigkeit entstehen, ob man aber die Subsidien zum Unterhalte von 10 000 Mann, ohne einen Nutzen davon zu haben, bei gegenwärtigen Conjuncturen wird geben w'ollen, daran müsse ge- zweifelt werden. Man wäll in Berlin vor allem Achtienhovens Ankunft ab- warten; Goess besorgt, dass dieser ohne entsprechende Vollmacht kommen und mehr böses als gutes anstiften werde und Wangelin und Verjus hoffen, man werde ihren Propositionen besseres Gehör schenken, so bald sich gezeigt haben werde, dass Achtienhoven nicht bringe, was Brandenburg wünscht. Gollstein, der neuburgische Abgesandte, hat seine Abschiedsaudienz genommen. Aus Köln berichtet der junge Schwerin, dass Wilhelm Fürstenberg nach Ehren-

treffenden Conferenz. Das Protocoll dieser Conferenz ist gedruckt in Act. u. Urk. III. 426 ff.

') Ueber die in dieser Frage zu Regeusburg gewechselten Schriften, Pachner 1. c. I. 702 f.

2) Puf. 1. c. XII. 32: Droysen 1. c. III.o 473.

Unterstiit7.uiio- des Pfülzers. Des Verjus Verhaiidhinsfen. Aelitionlioven. 753

breitenstein geführt 0 und dass von den Mediatoren au die französischen Ge- sandten das Ersuchen gestellt worden sei, die Verhandlungen aufzunehmen, was diese aber zurückgewiesen liätten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 30. März 1674. (Or.)

[Achtienhovens Ankunft. Dessen Instruction. Verhandlungen des Goess mit dem- selben. Frankreichs Pläne bezüglich Brandenburgs. Urtheil des Goess über des Herzogs von Hannover Haltung. Wangelins Verhandlungen. Schwerins Erklärungen.]

Schütz wünscht lebhaft, dass die mit Windischgrätz und Brasser veran- 30. März, lassten Tractate geschlossen werden -). Aclitienhoven ist angekommen, hat Be- fehl alles mit Goess zu berathschlagen. wegen der rückständigen Subsidien des vorigen Jahres so viel als möglich zu abstrahiren, in der neuen Allianz aber, wenn Goess es für gut halte, sich auf 12 000 Mann und mehr einzulassen, doch mit der Bedingung, dass der Kaiser neben Spanien und Holland den dritten Theil der Subsidien zahle, welch' letzterem Vorschlage Goess wider- sprochen und behauptet hat. das müsse anders eingerichtet werden^). Ratione der rückständigen Subsidien hat Goess gerathen, dieselben in einer Pausch- handlung mit den neuen zu combiniren. Schwerin äussert sich sehr günstig über Achtienhoven. Goess hat aus guter Quelle die Nachricht, dass Verjus Be- fehl erhalten hat, Wesel und Rees sofort zu restituiren, wenn Brandenburg sich neutral erklären will. Goess hält es für gut und fast für nothwendig, dass ein spanischer Minister nach Berlin komme, oder dass doch wenigstens die Sub- sidienangelegenheit festgestellt werde. Da der Herzog von Hannover stets bei seinen Entschlüssen fest verharrt, überdies französische Gelder in Fülle bei ihm ein- laufen, glaubt Goess, dass er schwerlich von seiner Franzosenfreundlichen Haltung insbesondere bei der Corruptheit seiner Minister, weichen werde. Dem Wangelin, der seine Bedenken dem Goess darüber geäussert hat, dass die Friedensver- handlungen durch die Entführung des Fürstenberg sich zerschlagen könnten, erwidert Goess, dass jedem friedliebenden Manne die Verhaftung Fürstenbergs nur angenehm und nützlich erscheinen müsse. Wangelin hat beim Kurfürsten angefragt, ob nicht Hannover in die brandenburg-schwedische Allianz aufge- nommen werden könnte, welches eben .dahin auslauft, was ich schon längsten vermerkt, dass man die dritte Party, mit welcher auf einmal nit fortzukommen, per partes gern formiren wollte. Man hat sich aber darzu dahie nit verstehen wollen. Schwerin betheuert, dass er zwar seine Absichten auf den Frieden richte und gerne sehen möchte, dass sein Kurfürst nicht in den Krieg verwickelt werde; doch werde er niemals etwas rathen, was wider den Kaiser, das Reich und des Kurfürstens Pflicht laufe.

') Vergl. Orlich 1. c. II. 107; der genannte Schwerin ist Otto von Schwerin der jüngere.

-') Der Abschluss erfolgte erst am 10./'20. Juni 1674; Dumont 1. c. VII. i "263 ff'. ") Vergl. die Instniction Achtienhovens in Urk. u. Act. III. 423ff.

Miiter. z. Gesch. (i. G. Kurfürsten. XIV. 4;b

754 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 167.5.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. April 1674. (Or.)

[Schwedens Vermittelung für den Fürstenberffer. Oannovers Haltung. Pfiil/er. Achtienhovens Verhandlungen und Pläne. Unterredung des Goess mit demselben.]

G. April. Weisung vom 22. März erhalten.

Die schwedischen Mediatoren sollen, wie Goess erfahren hat, eine neue Sendung nach Wien vorhaben, um für des Fürstenbergers Freilassung zu wirken '). Unangesehen aller durch den v. Osten gemachten Sincerationen, ist, wie Goess glaubt, wenig Hoffnung den Herzog von Hannover für die gute Partei zu ge- winnen, wenn nicht die geringe Aussicht auf Gründung der dritten Partei und die Antwort des schwedischen Königs, dass er weder zur dritten noch zu einer anderen Partei treten wolle, welche direct oder indirect dem Kaiser und dessen Alliirten feindlich ist, den Herzog auf andere Gedanken bringen. In Berlin ist man sehr misgestimrat, dass der Pfälzer an den Kurfürsten wegen der fran- zösischen Invasion nicht geschrieben habe.

Der Duc de Bournonville schreibt dem Goess, dass der General Sporck mehr Truppen in's Hildesheimische schicken werde, um die kurkölnischen von dort zu vertreiben. Achtienhoven hat von Goess begehrt, er möge ein Project verfassen, wie man mit Brandenburg verhandeln solle-); nachdem aber Goess dies verwei- gert, hat man holländischerseits ein Bündnisproject entworfen, gleichen Inhalts et iisdem terminis, wie dasienige, welches der Brasser zu Celle tractirt, das für jetzt eine Defensiv- und Offensivallianz bilden, nach beendigtem Kriege aber auf 10 Jahre in terminis einer Defensivallianz fortdauern solle. Achtienhoven wünscht baldige Erledigung der Angelegenheit, macht keine Reflexion auf Däne- mark und Lüneburg, inclinirt das Quantum höher zu bringen, als es bei dem Haus Lüneburg ist, weil er vermerkt, dass man es hier also verlangt; Goess aber hat dem Achtienhoven gesagt, dass Holland so verfahren könnte, wenn es die Subsidien allein zahlen wolle, wenn aber nicht, müsste man sich vorerst mit Spanien unterreden. Das Werk sei von dem Beuningen ■*) anders einge- richtet worden, als es jetzt geschehe; daher räth Goess dem Achtienhoven, vor- erst nur einige der Ilauptartikel in terminis generalibus zu entwerfen, um des brandenburL,nsclien Hofes Ansichten darüber zu vernehmen.

Proniemoria Crockows vom 12. April 1674. (Aiit.)

[Frage der Neutralität Brandenburgs.]

12. April. Verjus hat in Berlin proponirt, dass sein König Wesel und Rees alsobald

restituiren wolle, sobald Brandenburg die Neutralität versprochen habe, welche

^) lieber Schwedens Vermittelung in dieser Sache Depping 1. c. 222 f.; Puf. 1. c. XII. y; Pufeudorf bei Helbig 1. c. ;jGf.

-) ürk. n. Act. III. 430.

^) Conrad van Beuuingen: über seine Thätigkeit in der Allianzfrage Urk. und Act. 11 [. 421.

Schwedens Vermittelung. Achtienhoven. l^randenburg iiml die Alliirteu. 755

übrigens auf das Reich und dessen Bescliützung nicht ausgedehnt werden soll. Es ist die Frage, ob die Annahme dieses Vorschlages nicht dem allgemeinen Interesse förderlich wäre; denn erstens wird der Rheinstrom dadurch allgemach von fremden Garnisonen gesäubert, ferner diese Städte aus fremder Gewalt be- freit, der Bischof von Münster genöthigt sich dem Kaiser zu unterwerfen. Und überdies behält Brandenburg freie Hand für das Reich zu kämpfen und kann so den Verbündeten ebenso helfen, als wenn es sich öffentlich für Holland und Spanien erklärt.

Sollte aber der "Wiener Hof trotz dieser Erwägungen gegen die An- nahme des französischen Vorschlages sein, dann bittet Crockow, dass Mittel an- gegeben werden diese Städte wieder zu gewinnen und zugleich zu verhindern, dass das ganze Land vollständig ruinirt werde, was zu befürchten sei, wenn Brandenburg die Vorschläge Frankreichs zurückweist. Ferner möge man Mittel angeben, durch die Brandenburg für den durch die Zurückweisung der fran- zösischen Anerbietungen erlittenen Schaden entschädigt werden kann.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 13. April 1674. (Conc.)

[Brandenburg-fiauzösische Verhandlungen. Brandenburgs Stellung zur Allianz des

Kaisers mit Spanien und den Staaten. Versicherungen des Kaisers. Verhaltungs-

massregeln für Goess. Erklärungen Spaniens. Worms. Hannover.]

Der Kaiser billigt des Goess Vorgehen in der brandenburg-schwedischen Ver- 13. April, tragsangelegenheit. Was das Anerbieten Frankreichs, Wesel und Rees zurückzu- stellen, für Bedeutung hat, lässt der Kaiser dahin gestellt sein, Goess soll in jedem Falle verhindern, dass der Kurfürst mit Frankreich etwas dem Reiche praeiudicirliches schliesse. Was das Hauptwerk, nemlich den mit sein des Churfürstens L'^"'. und uns, der Krön Spanien und denen General- staaten obhandenen Tractat anreichet, da erindern wir dich im höchsten Vertrauen, dass der spanische Botschafter^) allhier schon destwegen zu tractiren die Vollmacht habe, wir aber von dem v. Crockow vermerken, dass er hierin nicht mehr einen so grossen Eifer als anfänglich ver- spüren lasse, sonders Zweifel aus deme, dass er entweder seithero gar keine oder doch ein widrige Instruction empfangen haben müsse; darinnen wir durch dasienige um so viel mehrers gestärkt werden, wessen sich der von Schwerin gegen dich vernehmen lassen, dass er nemlich mit seinen consiliis auf einen guten Frieden ziele und gern sehen möchte, dass sein des Churfürstens L'*'^", aus dem Krieg verbleiben könnte. Um aus diesem Zweifel herauszukommen, soll Goess den Kurfürsten fragen, ob und wie er sich mit dem Kaiser, Spanien und den Staaten einigen wolle und

^) Balbesos.

48*

756 ^ '• <Joess in Berlin, Anhalt in Wien. 1072 1G75.

was er dafür begehre. Der Kaiser und seine Verbündeten hoffen , dass er massige Forderungen stellen werde. Der Kaiser versichere den Kurfürsten, dass wir unsern Theils hierzu alles dasjenige gern beitragen werden, was zu Beförderung und ehister Schliessung dieses Tractats gedeihlich sein wirdet. Allermassen wir uns bereit eben zu dem Ende dahin er- klärt, dass wir zu mehrerer Beschleunigung der Tractaten mit des Königs in Dänemark, sein des Churfürstens und beeder Herzogen zu Celle und Wolfenbüttel L. L. L''^". unserer Seiten diejenige monatliche Subsidien- gelder endlich nachlassen wollen, welche uns die General-Staaten wegen der über die verglichene 30 000 Mann stellende und sich nunmehr wenigist in die 10 000 Mann erstreckende mehrere Mannschaft monat- lich zu geben schuldig. . . . Goess soll sich alle Mühe geben, vom Kur- fürsten eine entscheidende Erklärung zu erzielen, sich hiezu des Schwerin be- dienen und mit Achtienhoven conimunicato consilio vorgehen. Ferners er- indern wir dich in gleichmässigen höchsten Vertrauen, dass nemlich die Krön Spanien sich erklärt, allein mit Churbrandenburg und beeden braunschweigischen Herzogen zu tractiren und hingegen Dänemark darvon auszuschliessen, doch sich endlich der spanische Botschafter erklärt, wann die Tractaten mit allen diesen dreien Potenzen auf dem Fuss und Stand des pyrenäischen Friedens gesetzet werden könnten, dass er ihme noch wohl getrauete für diese gesammte 3 Parteien etwas von Subsidien zu erhalten. Da nun die ]\Iiteintretung Dänemarks von allen Parteien ge- wünscht wird, lässt der Kaiser bei Spanien alles aufbieten, um eine Aenderung des Beschlusses durchzusetzen und hofft auf Erfolg. Die holländischen Ge- sandten ^) sind sehr erzürnt über dieses Vorgehen Spaniens. Goess soll allen 3 Mächten Aussicht auf einen baldigen günstigen Abschluss machen. Wegen Besetzung der Stadt Worms trifft der Kaiser bei;eits die Vorbereitungen. Be- züglich flannovers ist abzuwarten, was v. Osten berichten wird.

Goess an den Kaiser. Dat. BerHn 13. April 1674. (Or.)

[Crockows Berichte. Verhandlungen mit Achtienhoven. Schreiben des Pfälzers.

Kölner Verhandlungen.]

13. April. W'eisung vom 27. März erhalten. Crockow berichtet aus Wien so-), dass

der Kurfürst mehr in Wien zu erlangen hofft, als hier in Berlin von Goess. Achtienhoven ist mit der letzten Conferenz nicht zufrieden^), weil man

') Conrad van Ileemskerck und Bruijnincx. -) Puf. 1. c. XII. 33. '^) Urk. u. Act. III. 431.

Versicherungen des Kaisers. Verhandlungen mit Achtienhoven. 757

4 Monate alter Subsidien verlangt und bezüglich der neuen Verhandlungen fest die Subsidien für 20 000 Mann fordert. Die Ursache dieser hohen Forderung liegt darin, dass Holland mit Braunschweig auf 13 000 Mann tractirt und Brandenburg es als Ehrensache betrachtet mehr in's Feld zu stellen. Achtien- hoven drängt sehr auf den Abschluss. Schwerin theilt dem Goess mit, dass der Kurfürst sich auf weniger als 15 000 Mann nicht einlassen wird. Kurpfalz hat endlich an Brandenburg wegen der französischen Invasion geschrieben '). Soeben erhält man hier die Nachricht, Frankreich sei entschlossen die Verhand- lungen in Köln abzubrechen-').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 20. April 1674. (Gr.)

[Verhandlungen der Brundeuhiirger mit Achtienhoven. Romswinckels Berichte aus

dem Haag.]

Mit Achtienhoven werden viele Conferenzen gehalten; bis jetzt aber ohne 20. April grossen Erfolg, insbesondere wegen der hohen Forderungen Brandenburgs ratione subsidiorum ; doch ist der brandenburgische Hof sehr zu einer Einigung geneigt, so dass diese erfolgen wird, wenn Holland bezüglich der Bedingungen etwas entgegenkomme. Das Werk muss aber bald zu Ende geführt werden, weil der Kurfürst die grosse Last nicht mehr lange allein wird tragen können. Romswinckel hat aus dem Haag geschrieben, dass der Prinz von Oranien gerne mit Brandenburg übereinkommen würde und dass. wenn dem Achtienhoven in seiner Instruction etwas mangeln sollte, er sofort darüber Befehl erhalten würde.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. April 1674. (Gr.)

[Marsch der kaiserlichen Truppen in's hildesheimische Gebiet. Verhandlungen Crockows

in Wien. Des Verjus Bemühungen. Verhandlungen mit Achtienhoven. Urtheil des

Goess über die holländischen Pläne. Rath des Goess über das vom Kaiser und

Spanien einzuschlagende Verfahren.]

Weisung vom 13. April erhalten. 23. April.

Wegen der kurkölnischen im Hildesheimischen liegenden Völker hat Goess schon berichtet, dass nach Bonrnonville's Mittheilnngen mehr kaiserliche Trup- pen dahin marschiren sollen, um die kölnischen zu vertreiben. Goess bittet um genaue Nachricht über die Verhandlungen, die mit Crockow in Wien ge- pflogen werden. Was die von Crockow dem Generallieutenant'') wegen der von Frankreich hier geschehenen Propositionen gemachten Mittheilungen betrifft, kann ich leicht gedenken, dass es geschehen E'^. K. M. Sentimenten darüber zu sondiren, dann auch der Baron von Schwerin dergleichen bei

1) Puf. 1. c. XII. 30.

') Vergl. Klopp 1. c. I. 373f.; Ennen 1. c. 333; Mignet 1. c. IV. '2131

^) Montecuccoli ; für diese Eröffnungen Crockows Puf. 1. c. XII. 33.

758 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

mir gethan. Obzwar gesagt werde, dass diese Oft'erten pro sola neutrali- tate geschehen, glaube ich's saltem quoad subsidia, so Frankreich 7a\ geben, nicht, oder doch dass sicherlich darmit nit werde zugehalten wer- den . . . und habe ich von guter Hand, dass I. Ch. 1). auch also darvon iudiciren. Den Baron von Schwerin habe ich zufiirderist ersucht, dass man doch candide et sincere mit uns umgehen und sich zu nichts oder ja nit änderst als communicato nobiscum consilio einlassen wolle. Verjus betreibt seine Sache mit grossem Eifert), begehrt schleunige Entscheidung, was ich bei I. Ch. D. dahin ausgedeut, dass die Franzosen ohne das Wesel und Rees ehisten zu abandonniren und dahero um so inständiger treiben, damit sie es cum aliquo beneficio und nit gratis zu thun. , . . Achtienhoven theilt dem Goess mit, die holländischen Minister in Wien hätten Vollmacht erhalten daselbst zu verhandeln, was Achtienhoven unangenehm be- rührt. Achtienhoven hat wieder Conferenz gehabt, was Goess mit Rücksicht auf den dadurch entstehenden Verdacht bei der gegnerischen Partei nicht für zweckmässig hält, zumal aus diesen Verhandlungen nichts heraussehe, da man bezüglich der Subsidien sich noch nicht geeinigt habe-'). Goess glaubt, die Holländer meinen es mit dem Vertrage mit Dänemark nicht ernst, sondern wollen blos mit Braunschweig abschliessen. Mir ist beigefallen, ob bei so weit avancirter Jahreszeit und verlautenden Anmarsch der Franzosen, . . . die Tractaten dahin zu richten, dass ein jeder unter diesen dreien Potentaten (Dänemark, Brandenburg, Lüneburg) diejenige Anzahl, so sie in promptu haben, anmarschireu und das übrige in gewisser Zeit folgen lassen möchte. Man hat dahin zu sehen, dass die Franzosen, wie es bishero hergangen, nit gleich anfangs einen solchen Einbruch thun und so viel weg nehmen, dass hierdurch ihre Waffen Reputation gewinnen, die unsere herentgegen verlieren und die übrige Campagne gnug zu thun haben, das verlorene zu recuperiren. Wie solle zu verstehen sein, dass, da Spanien die grösste Necessität hat und es mit den burgundi- und niederländischen Pro- vinzien also beschaffen, wae wir wissen, dannoch von der Seiten morae in Beschleunigung des Securs verursacht und die ermanglende Pieni- potenz mit Dänemark zu tractiren vorgeschützt werde. Das Werk auf die pyreneische Tractaten zu richten, erfordert mehr Zeit als die gegen- wärtige praesentissimae necessitates nit leiden. Ich wäre der unmass- geblichen Meinung, dass man das praesens negotium mit so leident- licheu conditionibus, als es sein kann, anzugehen; endlichen könnte man eventualiter auch super tractatibus Pyreneis handien und die conditiones

1) Droysen 1. c. III. ., 474: Puf. 1. c. XII. 32.

2) ürk. u. Act. III. 433 ff.

Verhandlungen mit Crockow in Wien. 759

darnacli richten. Ich halte darfiir, dass auch diesem Churfürsten dieses gelegener sein und die Tractaten dardurch befiirdert würden: dann, wie der Last, so I. Ch. D. wegen der grossen auf den Beinen habender Mannschaft tragen, sehr gross und dieselbe von allen Provinzien mit steten Klagten überloffen werden, also werden sie viel lieber zu solchen Propositionen losen, wordurch sie dieses Lasts am ehisten können ent- hebt werden. Im übrigen finde ich den in dem [irotocollo gesetzten scopum foederis auf Manutenirung des münster-, clcv- und aachischeo Frieden also gethan, dass von churbrandenburgischer Seiten bei dem mit Frankreich geschlossenen Tractat kein faciler noch avantageuser können dcsiderirt werden. Von holländischer Seiten tragt man auf weniger nit an, als Offensiv- und Defcnsivalliauz wider Frankreich und die übrige Feinde des Staats und also auf einen öffentlichen Bruch, so dann billig von S'. Ch. I). gar hoch zu consideriren und intuitu dessen die conditiones zu facilitiren. . . .

ProtocoU der Coiifereiiz vom 24. April 1674 zwischen Monte- cuccoli und Crockow. (Conc.)

[Jägerndorfische Angelegenheit. Polnische Wahlfrage.]

Crockow erwähnt die jägerndorfische Angelegenheit, begehrt eine Entschei- 24. April, düng des Kaisers in derselben und bezüglich der polnischen Wahlangelegenheit; erklärt, sein Herr finde es für gut, sich bezüglich dieser blos in terminis gene- ralibus zu halten, wie es auch der Kaiser thue. Er finde es nicht räthlich einen Candidaten besonders zu nennen; doch wäre ein Beschluss zu fassen, gegen die Wahl welcher Personen man protestiren müsste'). Montecnccoli meint, diese auszuschliessenden Personen seien Conde, Conti, Soissons oder ein anderer Franzose oder Anhänger derselben.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. April 1674. (Or.)

[Nachricht von geplanter Evacuirung Wesels nnd Rees'. Verhandlungen des Verjus. Münster. Brandenburg-holländische Verhandlungen.]

Der Generalmajor Spaen'-), der bei dem französischen Marschall Pe Belle- 27. April fond^) zu Wesel gewesen, hat nach Berlin geschrieben, dass ihm Bellefond ge-

') Ueber die Verhandlungen Crockows in Wien in der polnischen Wahlfrage Puf. 1. c. XII. 77.

2) Vergl. Mülverstedt 1. c. 436.

=*) Ueber Bellefond vergl. Oeuvres de Louis XIV. III. 480 ff.

760 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. iri72— 1675.

sagt, er werde die Städte Wesel und Rees und die Schenkenschanze nächster Tage evacuiren ') und ihn den Tag wissen lassen , damit diese Orte mit bran- denburgischen Truppen besetzt werden könnten. Vielen kommt dies so fremd vor, dass sie an einen heimlichen Vertrag denken, was aber Goess nicht glaubt, vielmehr der Ansicht ist, Frankreich habe dies gethan, um den Kurfürsten zu gewinnen. Verjus hat dem Schwerin ein Schreiben des Königs von Frankreich vorgelesen, aus dem zu ersehen gewesen, dass der König von Frankreich bereit sei Subsidien zu zahlen, wenn Brandenburg neutral bleibe. Spaen hat be- richtet, dass der Bischof von Münster an Bellefond um Hilfe geschickt, die dieser aber nach königlicher Ordre habe abschlagen müssen"). Wenn dem also, glaubt Goess, dass man den Bischof zur Raison bringen könnte, w-enn Raben- haupt auf der einen, General Sporck auf der anderen Seite dem Bischöfe ener- gisch zusetzen würden. In den Verhandlungen mit Achtienhoven zeigt sich der Kurfürst sehr ungeduldig, begehrt die rückständigen Subsidien und die An- nahme von 20 000 Mann''). Goess thut alles, um Achtienhoven in guter Stim- mung zu erhalten. Ein guter Freund habe Goess im Scherz den „Director" Achtienhovens genannt. Auch in den Unterredungen mit Goess beharrt der Kurfürst auf dem grossen Quantum, da er allein operiren will. Goess betont, dass Achtienhoven ein Mann sei, der ganz sicher gehen und nicht mehr ver- sprechen will, als wozu er Auftrag hat, aber auch nicht weniger. Er Goess selbst halte sich so, dass er mehr ein Mediator als ein Vertreter einer Partei erscheine.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 4. Mai 1674. (Or.)

[Vertrag der Staaten mit Münster. Schwedens Haltung. Kriegsnachrichten. Aeusser-

ungen des Verjus.]

4. Mai. Die ]Sachricht von dem mit dem Bischöfe von Münster in Köln ge-

schlossenen Frieden hat den Kurfürsten nicht angenehm berührt*). Wie Achtien- hoven berichtet, soll der Bischof den Staaten alles, was er denselben in diesem Kriege genommen, völlig restituiren ^). Stratman, der viel mit den schwedischen Mediatoren umgegangen, sagt dem Goess, dass Schweden, wenn es kann, Partei gegen den Kaiser nehmen werde. Ich will's auch glauben, unangesehen aller Sincerationon so man dem Grafen von Sternberg gethan und dahero ist dahin zu sehen, dass man bei uns das Werk in solchem Stand setze, dass ihnen der Lust hierzu vergehe. Der König von Frankreich soll sich

') In der That erfolgte bald darauf die Räumung der beiden Festungen und der Scheokenschanze. Peter I.e. 204; Droysen I.e. III. 3 474.

'^) Vergl. Deppiug 1. c. 229: Tücking 1. c. 233.

3) Urk. u. Act. III. 435.

*) Der Vertrag der Staaten mit dem Bischöfe wurde am 22. April geschlossen; Dumont I.e. VII. 1 259 ff.

'") § 3 des Vertrages vom 22. April.

Verhanrlliingen mitVerjus. Biandenburgs u.Oesterreichs Beziehungen zum Pfälzer. 761

plötzlich gegen Burgund gewendet haben'); Goess fürchtet, dass die Alliirten dort nicht so gerüstet sein werden, wie sie sein sollten. Verjns sagte dem Kurfürsten, nach des Kaisers Vorgehen gegen Fürstenberg werde der König von Frankreich auch nicht vor dem äussersten zurückschrecken, auch die Türken gegen Ungarn aufhetzen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Laxeiiburg- 10. Mai 1674.

(Couc.)

[Brandenburg- pfälzische Beziehungen. Oesterreich - pfälzisches Bündnis. Verhand- lungen mit Crockow. P. S. Furcht vor einem braudenburg-französischen Bündnisse. Brandenburgs Haltung zum Allianzproject. Jägerndorf.]

Der Kaiser hat mit Freuden vernommen, wie freundlich der Kurfürst das 10. Mai. pfälzische Schreiben beantAvortet hat; Goess soll beitragen das Verhältnis der beiden Fürsten zu einem möglichst freundschaftlichen zu gestalten. . . . Der Vertrag zwischen dem Kaiser und Pfalz ist abgeschlossen, aber noch nicht rati- ficirt-). Dem Crockow hat der Kaiser auf dessen dem Montecaccoli gesendeten Rillet mit Anführung der von Frankreich in Berlin gemachten Anerbietnngen, geantwortet, er hoffe, der Kurfürst werde solchen Dingen, auf die kein Verlass sei, keinen Werth beimessen.

P. S. vom 13. Mai. Der Kaiser fürchtet, dass ein geheimes Abkommen zwischen Frankreich und Brandenburg getroffen worden sei, weil er sich sonst schwer erklären kann, warum die Franzosen, die alle anderen Plätze verwüsten, gerade Wesel und Rees unbeschädigt lassen. Goess soll sich darüber zu orien- tiren suchen. Der Kaiser erwartet mit Spannung des Kurfürsten Erklärung auf das ihm zugesendete Vertragsproject^); weoigist wird daraus zu scheu sein, ob sie (Fr. Wiih.) noch ein rechten Lust zu uns zu treten haben und zwar ungeachtet des cntzwischen mit Münster erfolgten Friedens, an welchem sonsten wir an dem von Crockow abnehmen, dass er von sein Anfangs hierin erzeigten merklichen Eifer gewaltig abgenommen und dato sehr ab- nimmt, so sonders Zweifl aus Befelch S^ L''^". beschicht^). Du aber wollest in Namen des spanischen Ambasciators, so viel es sich thuen lasst, Fleiss anwenden, dass S. L'*'^". sich mit der ausgeworfenen kaiserlichen Verpflegung auf die 7500 Mann befriedige, so gleichwohl ein ziemliches austraget und sie solches richtig zu überkommen und dahero ihre Völker

0 Für die Kriegsoperationen es erfolgte in dieser Zeit die Eroberung der Franche-Comte Peter 1. c. 213if.; Grimoard 1. c. 467 ff.; Oeuvres de Louis XIV. III. 473ff.; Rousset 1. c. II. 2211.

-) Der Vertrag war am 4. April geschlossen worden, die Auswechslung erfolgte am 18. Mai; Häusser 1. c. II. 631.

^) Liegt nicht vor.

*) Puf. 1. c. ZU. 33.

762 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

inskünftig gar leicht zu unterhalten haben werden. Wir besorgen allein, es werde inmittels im Haag mit dem Derfflinger ein anders geschlossen worden sein'), wie wir dann erst jetzo glaubwürdig vernehmen, dass auch der Graf Monterey das veranlastete . . . braunschweigischc Project be- reit unterschrieben haben solle; dahero unnöthig solches auf den Fuss der kaiserlichen Verpflegung einzAirichten, als welche sie gewiss als ringere nicht annehmen werden, weilen sie schon die grössere erlangt haben, dergleichen wir dann auch von Churbrandenburg besorgen und förchten, dass auch sie sich darrait nicht befriedigen, sondern eben das Tracta- ment wie Braunschwelg werde haben wollen^), so aber alles auf den ferneren Erfolg beruhet und wir darbei nichts zu verlieren haben, weilen wir zu diesen Subsidien nichts beitragen. Wegen Jägerndorfs soll Goess sein Gutachten abgeben, ob es vortheiJhaft sei, in dieser Lage die Angelegenheit zu ordnen, oder ob eine Verschiebung zweckmässiger sei •').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 14. Mai 1674. (Or.)

[Räumung von Wesel und Rees. Schleifung von Festungen. Friede des Kaisers mit

Münster.]

14. Mai. Es ist die Nachricht von der Räumung Wesels und Rees' durch die Fran-

zosen in Berlin eingetroffen^). Der Kurfürst geht mit dem Gedanken um, Calcar^) und einige andere Festungen zu schleifen, da die Erhaltung der Be- satzungen zu kostspielig ist. Ueber den Frieden des Kaisers mit dem Bischöfe von Münster war man in Berlin nicht sehr erfreut; man wünschte sich an Münster zu rächen *>) ; Goess hat aber hervorgehoben, wie nützlich dieser Friede dem allgemeinen Wesen sein werde.

') Derfflinger war am 18./28. April nach dem Haag gesendet worden, um die dem Abschlüsse der Allianz im Wege stehenden Hindernisse zu beseitigen; Puf. 1. c. XII. 34; Peter I.e. 204 Anm.

2) Für die den Herzogen von Braunschweig gewährten Subsidien vergl. § VII des Vertrages vom 10./20. Juni Dumont 1. c. 264.

^) Ueber die damals in dieser Frage geführten Verhandlungen Puf. 1. c. XII. 33.

*) Rees war am 3., Wesel am 4. geräumt worden.

^) Die Festungswerke wurden aber erst 1679 geschleift: Mülverstedt 1. c. 508.

*) Geschlossen am 22. April; über des Kurfürsten Haltung dieser Frage gegen- über Urk. u. Act. III. 433; Puf. XII. 10.

Braudenhurg-französische Beziehnntren. Verhandluugen des Goess mit Schwerin. 763

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Mai 1674. (Or.)

[Verhandlungen mit Achtienhoveii. Häumung der clevischen Festungen.]

Achtienlioven hat noch nicht Befehl erhalten, sich über die von Branden- 18. Mai. bürg vorgenommene Besetzung der Schenkenschanze zu beklagen '). Schweden dürfte das Mediationswerk noch fortsetzen, um die Subsidien zu erhalten. Die dänische Truppenzahl soll nicht so gross sein, als gemeiniglich angegeben wird. P. S. Verjus gibt vor, der König habe die Plätze im Clevischen aus purer Neigung zum Kurfürsten geräumt.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 21. Mai 1674. (Or.)

[Unterredung des Goess mit Schwerin über die einzuschlagende Politik des Branden- burgers. Subsidienfrage. Quantum der brandenburgischen Ililfsvölkcr. Dänemark. Verpflegung der brandenburgischeu Völker. Urtbeil des Goess über die Lage. Unter- redung des Goess mit Schwerin über die Unterstützung des PfiUzers. Jägerndorf.

Klagen aus dem Haag.]

Weisung vom 10. Mai erhalten. Am 20. Mai hat Goess eine Unterredung 21. JJai. mit Schwerin, der meint, dass causae communi nit vorträglich sein würde, wann I. Ch. D. mit ihrer Macht änderst wohin gehen und diese Länder verlassen sollten. Man vermeinte zwar, Schweden seie nit in statu etwas zu tentiren, wann man ihnen aber durch Entblössung der dieser Seiten gelegenen Länder die Occasion darzu gäbe, würden sie hoc ipso darzu angereizt und stimulirt. Zwar werde darfür gehalten, dass sie es aus Jalousie vor Dänemark zu unterlassen; man sage aber, dass Dänemark mit Frankreich sich wohl vergleichen möchte. Truge mit diesem ganzen Discurs dahin an, dass Spanien und Holland nit allein für die 15000 Mann, sondern auch für die übrige, so dieser Orten pro securitate com- muni zu verbleiben, einige subsidia bezahlen sollten . . . Ich habe geant- wort, dass, wie er wüsste, E. K. M. zu diesen subsidiis nit zu concurriren, als könnte er desto mehr versichert sein, dass mein Absehen und reprae- sentationes allein auf Befürder- und Beschleunigung des Werks gericht. Circa quantum hätte ich vermeint, dass, bei gegenwärtigen Coniuncturen, da man die clevische Plätze zu besetzen und dem preussi- und pol- nischen Werk zu attendiren, die 15 000 P. Ch. D. zu viel sein würden et in rei veritate, wie auch nach der ministrorum Meinung, möchte es auch wohl also sein. Respectu Schweden hätte ich eben darum allzeit

') In der That hatte schon die Klage stattgefunden; vergl. über diese Ange- legenheit — die Schenkenschanze gehörte in Folge des Geldern"schen Compromisses den Staaten Urk. u. Act. III. 43fi und Anm.

764 VI. Goess in' Berlin, Anhalt in Wien. Ifi72— 1675.

für ein inoderates Quantum, nemlich in allem vun 30 000 Mann gerathen, weilen man durch Concurrirung aller dreien confoederandorum Schweden besser zurück in Zaum halten könne. Er könnte sich leicht einbilden, dass Spanien und Holland sich zu den Subsidien nicht verstehen wür- den, wann die wirkliche operationes an Ort und End, wo es ratio belli erfordere, nit erfolgen. Man müsste die Rechnung machen, dass wann man auch diese Tractaten nit schliessete, I. Ch. D. dannoch zu ihrer Versicherung eine ziemliche Anzahl Völker in ihren Landen halten müssten. Ich hätte allzeit auf ein solches Werk angetragen, so für beide Theil in raisonablen conditiouibus bestünde und dahero beständig sein und zu beharrlicher Freundschaft und Vereinigung gereichen möchte . . Die Sach zu facilitiren, wollte er vermeinen, dass mit Dänemark nichts würde gehandelt, oder doch nit geschlossen werden, welches ich nit weis, ob man's zu wünschen. Goess fürchtet bei der Erregtheit der Stimmung den Abfall Dänemarks, falls man dasselbe nicht gehörig beachten sollte. Wie sich der von Crockow auch anstellen möge, glaube ich dannoch aus den schon berichten Ursachen, dass diese Tractaten auf dem Fuss des ent- worfenen Projects all ziemlich weit hätten können gebracht werden und wäre meines Erachtens der punctus wegen der Verptlegung noch wohl zu überwinden gewesen, wann auch mit denen Lüneljurgischen auf gleiche Weis wäre tractirt und geschlossen worden. Nun muss ich mit E^ K. M. glauben, dass weder die Herzogen zu Lüneburg von dem, was sie schon erhalten, weichen, noch Churbrandenburg deterioris con- ditionis als selbige Herzogen werden sein wollen . . . Ich weiss auch nit, ob Spanien gnugsam auf dem jetzigen Zustand der Sachen reflectire, man macht Difficultät zu dem halben Theil der Subsidien zu concurriren und ich hielte pro bona sorte, dass die Holländer sich inskünftig darmit befriedigen wollten. Ihre Länder seind nun meistens widerum recuperirt, tota moles belli incumbet Hispanis et imperio; sola gratitudo, ut seculi mores sunt, ist ein zu schwaches Fundament die verhoffende Assistenz darauf zu bauen. Der König in Frankreich inter alios iines, warum er die holländische Stadt und Provinzieu fast ganz verlassen und sedem belli alio transferirt, mag auch diese Hoffnung haben, dass solchergestalt die Holländer den Krieg nimmer so eiferig continuiren, sondern desto ehender sich ad cousilia pacis und Restaurirung ihrer Commercien wenden werden. Quid tunc nos? Wir werden entweder den Krieg allein führen oder diese so ansehnliche Occasion zu einem billigen und beständigen Frieden zu gelangen, versäumen und uns cum qualicuncpie pace contentiren müssen.

Des (ioess Urtheil über die La<>e. Unterstützung des Kurfürsten durch deu Kaiser. 7ö5

Mit Schwerin spricht Goess über die Nothwendigkeit mit Maclit dem Kurfürsten von der Pfalz gegen Frankreich zu Hilfe zu eilen ; Schwerin betont, dass der Kurfürst dazu bereit sei, aber die Mittel nicht habe die Truppen zu erhalten und fragt, ob man nicht von den Ständen des B,eiches, die keine Truppen bereit hätten, Geld fordern und mit demselben die brandenburgischen Truppen erhalten könnte. Bezüglich Jägerndorfs räth Goess diesen Stein des Anstosses aus dem Wege zu räumen, bei dem Geldmangel am kurfürstlichen Hofe werde eine Einigung unschwer zu erzielen sein. Wie Kramprich berichtet, beklagt man sich im Haag über die grosse Truppenzahl, die Brandenburg stellen und für die es Subsidien haben will.

Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Potsdam 23. Mai 1674.

(Ol-,)')

[Unterstützung des Kaisers durch den Kuifürsten betreffend.] E^ K. M. zu Laxenburg datirtes gnädigstes Schreiben vom 9. Mai '"') 23. Mai. hab ich wohl empfangen und ablesend unterthänigst vernommen, welcher- gestalt E. K. M. begehren, dass ich mein zu dem Reichsquanto gehöriges Contingent der Mannschaft zu Ross und Fuss vermöge des Reichscon- clusi'') schicken und zu E''. K. M. am Niederrheinstrom stehender Armee hinzustossen und coniungiren lassen möchte. Nun werden E. K. M. aus meinen vorigen unterthänigsten Schreiben gnädigst ersehen haben, was massen ich nichts mehr gewiinschet, dann dass Churtrier und Churpfalz L. L"^*". wie auch andern bedrängten Ständen im Reich schleunige Hülfe widerfahren möchte, ich mich auch darzu willfährig erkläret, auch mir die Freiheit genommen E. K. M. gehorsamst zu ersuchen, dass sie solche Hiilfleistung befördern wollten. Bei dieser Erklärung bleibe ich noch- maln beständig. Ueber die Art sich zu verständigen hat Crockow Befehl zu verhandeln.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Mai 1674 (Or.)

[Krankheit des Kurfürsten. Unterredung des Kurfürsten mit Verjus über Fürstenbergs Gefangennahme. Oesterreich-pfälzischer Vertrag. Achtienhoven.J

Goess war am 26. i\[ai beim Kurfürsten, der sich etwas wohler befand. 93. jxai. I. Ch. I). sahen doch noch übel aus und selnd all ziemlich verfallen: sie

') Kriegsacten. -) Liegt nicht vor.

^) Die zu Regensburg in dieser Frage gewechselten Schriften bei Pachner 1. c. I. 711 ff.: Londoip I. c. X. 2fi7fr.

766 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672— 1G75.

haben seither noch einen An.stoss am Stein, daran sie sonsten nit zu leiden pflegen, gehabt; das lange liegen werd es verursacht und die Nieren erhitzt haben.

Verjus hat sich beim Kurfürsten über die Gefangennahme des Wilhelm Fürstenberg sehr beschwert; der Kurfürst aber, wie dieser dem Goess mittheilt, ihm geantwortet, man möge doch nicht so viel Lärm von dieser Sache machen ; er, der Kurfürst, habe keinen Grund sich des Fürstenbergers anzunehmen. Der Fürst von Anhalt vertraut dem Goess, dass der Kurfürst durch das was ratione Breisach und Philippsburg in dem mit Kurpfalz geschlossenen Vertrage vor- kommt, beunruliigt sei '). Ich habe mich darüber um so mehr verwun- dert, weilen I. Ch. D., als Wangelin vor diesem dergleichen movirt, darauf geantwort und gefragt, ob's dem Reich so übel anständig, wann diese Festungen, daraus sie soviel Schaden thun, denen Franzosen widerum abgenommen würden und desgleichen sagt mir der Fürst von Anhalt, dass er P. Ch. I). hierbei auch vorgestellt. Achtienhoven, der Goess besucht, behauptet, der Kaiser sei nicht mehr so eifrig für die Fortsetzung des Krieges, wie vorher. In Berlin hat man Nachricht, dass Frankreich mit Schweden von neuem verhandelt'-').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 11. Juni 1674. (Or.)

[Arzt Fay. Klagen des Kurfürsten. Marsch seiner Truppen. Des Verjus Bemühungen. Allianz mit Brandenburg betreffend. Schwerins ürtheil über Dänemark. Auswechse- lung der Ratificationen des österreich-cellischen Vertrages.]

11. Juni. Ein berühmter Arzt Fay ist hieher gekommen, den Prinzen Friedrich,

welcher etwas auswachsen will, 2u curiren ; ein Pflaster, das er dem Kurfürsten gegeben, hat diesem Avohlgethan.

Der Kurfürst beklagt Achtienhoven gegenüber die Langsamkeit bei den Verhandlungen und betont, dass er in solchem Stande nicht länger verharren könne; er müsse wissen, woran er sei^). Der Kurfürst lässt Truppen Avie Goess gehört 4000, wie der Kurfürst aber dem Achtienhoven gesagt hat 6000 Mann nach Berlin von Preussen marschiren ^) ; wohin sie bestimmt sind, hat der Kurfürst dem Goess, der ihn gefragt, nicht gesagt. Auch Goess gegenüber hat sich der Kurfürst über die Langsamkeit bei den Verhandlungen beklagt und gemeint, Holland werde einen Kampf mit Frankreich nicht wagen. Goess gibt

') Durch die Geheimartikel des Vertrages vom 4. April war die Schleifung der Festungswerke -von Philippsburg, falls die Einnahme dieser Festung gelingen sollte, ausgesprochen worden; vergl. Dumout I.e. VII. i 257 f.

-) Für Schwedens Haltung Carlson 1. c. IV. 590f.; Mignet 1. c. IV. 338.

^) Urk. u. Act. III. 438. Achtienhoven erwartete mit Ungeduld die Antwort der Staaten auf die Forderungen des Kurfürsten.

^) Droysen 1. c. III.3 480.

Fürstenbergs Gefangeiiuahiue. Klagen des Kurfürsten. Malirenlioltz. 707

zu, dass des Kurfürsten Gründe für diese Behauptung stichhaltig seien. Verjus thut alles mögliche, um in Berlin Stimmung für Frankreich zu machen i). In der Berathung des Mahrenholtz mit Schwerin, Somnitz und Blaspeil haben sich die letzteren wegen nicht erfolgter Communication dessen, was mit Brasser ver- handelt worden-), beklagt. Mahrenholtz hat ihnen blos die mit "NVindischgrätz ge- schlossenen Verträge communicirt^). Er verhofft nicht, dass ehe und bevor die völlige Communicatioo geschehen, ihme dahie einige eigentliche Reso- lution widerfahren werde. Hierüber proponirte ihm Goess, man könnte diese Formalität decliniren, von dem Tractat mit dem Brasser in etwas abstra- hiren und di coucerto ... die Tractate vornehmen; mein Absehen gehet dahin, dass solchergestalt der puuctus der Verpflegung und andere leichter superirt und ein solides Werk gemacht werden könnte. Schwerin schien dies- falls keine besonderen Schwierigkeiten zu machen; zu Celle aber würde man schwerlich das Gehör dazu geben, noch von dem, was schon capitulirt, abweichen wollen , besonders da Brasser die Tractate unterschrieben zurückbringen solle. Schwerin glaubt, daSs Dänemark sich mit den im letzten holländischen Projecte ausgesetzten Subsidien zufrieden erklären werde und sagt, dass man in Wien schon auf IG 000 Mann sich Crockow gegenüber eingelassen habe. Mit der Auswechselung der Ratification des mit dem Kaiser geschlossenen Vertrages scheint der Herzog von Celle bis nach erfolgter Auswechselung des mit Holland geschlossenen Bündnisses wozu Brasser, wie Goess aus dem Berichte Kramprichs ersieht, bereits abgesendet sei zögern zu wollen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Juni 1674. (Or.)

[Klagen des Kurfürsten. Frage der Verlegung der Verhandlungen nach dem Haag.

Verhandlungen Wangelins mit den Brandenburgern. Marsch der Truppen aus Preussen

nach Berlin. Nachrichten aus dem Haag.]

Der Kurfürst hat Achtienhoven gegenüber bemerkt, er sehe wohl, dass er is. Juni, vernachlässigt werde; er werde sich darnach zu richten wissen''). Goess gegen- über betont der Kurfürst die grossen ihm von Verjus gemachten Anerbietuiigen. Der Pensionarius FageP) verlangt, dass die Verhandlungen im Haag geführt werden sollen; es wurde in Berlin darüber berathen, der Kurfürst ist aber dagegen und für die Beendigung derselben in Berlin. Goess remonstrirt, dass

^) Urk. u. Act. HI. 438.

-) Brasser verhandelte im Namen des Königs von Spanien und der Staaten mit den Braunschweiger Fürsten und schloss am 10./20. Juni den Vertrag mit ihnen ab.

") Gemeint ist der von Windischgrätz im Namen des Kaisers unterzeichnete Ver- trag vom 14./24. April 1()74.

<) Urk. u. Act. III. 440 f.

'"} Caspar Fagel, Rathspensionär von Holland; über seine Antheilnahme au dem Zustandekommen der Allianz Peter 1. e. :^05 Anm. o.

768 ^ I- Goess in Berlin, Aniialt in Wien. 1()T2 1G75.

im Haag die Sache am schnellsten erledigt werden kljnne, weil da die Vertreter aller Interessirter beisammen seien und die vorfallenden Differenzen dort durch den Prinzen von Oranien und durch den Grafen von Monterey am besten und am schleunigsten könnten beseitigt werden; doch sei Goess auch zur Verhandlung in Berlin bereit. Schwerin ist derselben Meinung Avie Goess, doch scheint die gegentheilige zu überwiegen. Goess spricht die Besorgnis aus, dass man den Kaiser und Goess für die Verzögerung des Vertragsabschlusses verantwortlich machen werde und räth daher dahin zu wirken, dass ein spanischer Minister nach Berlin abgefertigt werde, der die Tractate unterschreiben solle. Mit Wangelin ist vor einigen Tagen eine Conferenz gehalten worden; Wangelin hat dem Kurfürsten Subsidien offerirt, damit er in die dritte Partei eintrete und den Frieden befördern helfe; nachdem man AVangelin zu verstehen gegeben, dass Schweden Subsidien nehme, aber keine gebe, antwortete derselbe, dass freilich die Subsidien von Frankreich kämen, dass man aber wenn dieselben durch Schweden stipulirt würden sich für Frankreich nicht zu engagiren hätte. Solche Anerbietungen werden, wie Goess meint, nichts fruchten '). Die 6000 Mann marschiren von Preussen hieher; wie Schwerin behauptet, hat er an der Beschlussfassung in dieser Sache nicht theil genommen ; es wird der militärischen Partei am Hofe diese Massregel zugeschrieben ; es ist aber Avie Goess meint auch möglich, dass die Stände in Preussen diese Truppen nicht länger hätten erhalten können. Da aber die märkischen Länder ebenso beschwert sind, fürchtet Goess, dass der Kurfürst zu einer schleunigen Resolution sich genöthigt sehen Avird. Man spricht davon, dass der Kurfürst persönlich mit den marsch- bereiten Truppen in das clevische Gebiet gehen und bei den schAvächeren Ständen des Reiches Quartier und Unterhalt suchen Avird.

In einem P. S. A'om 22. Juni berichtet Goess, dass er A'on Kramprich und Don Emanuel de Lira-) Schreiben erhalten habe, in denen ihm von dem Stande der Verhandlungen mit Dänemark und Brandenburg berichtet Averde und dass Lira sich erbiete die Verträge sogleich nach erfolgter Unterfertigung seitens des Kurfürsten zu unterzeichnen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 23. Juni 1674. (Conc.)

[Französisch-schwedische Beziehungen. Benehmen des Goess beim Abschlüsse der Yertriige mit Brandenburg und mit den Braunschweiger Fürsten. Verwendung bran- denburgischer Truppen für andere deutsche Fürsten. Jägerndorf.]

23. Juni. Der Kaiser billigt das Vorgehen des Goess in allen Punkten. Er soll trachten zu erfahren, Avas es mit den geheimen Tractaten ZAvischen Frankreich und ScliAA'eden auf sich hat^). Goess erhält Vollmacht zu Verhandlungen über

') Für die Verbandlungen der Brandenbui-ger mit Wangelin in dieser Zeit

Droyseu 1. c. III. 3 48011. und Anm.; Puf. I.e. XII. 37.

-') Don Emanuel Franciscus de Lira, spanischer (lesandter im Haag.

") Für die französisch -schwedischen Beziehungen dieser Zeit Mignet 1. c. IV. 336 ff.

Verlegfiing der AUianzverhaudlungen nacli dem Haag. Jägerndorf. 769

die Aufnahme Brandenburgs in das Bündnis der Alliirten. Bei der Unter- zeichnung dieses und des Vertrages mit den Herzogen von Celle und "Wolfen- büttel soll Goess darauf achten, dass wir in beeden mit keinen Subsidien beladen oder sonsten nicht etwa^ so unserm Interesse und Convenienz zuwider, darein eingesetzt werde, sondern dass nur dein Unterschrift zu mehrerer Bekräftigung und Autorität unter unserer Protection sodann vorgekehrt werde, wann unter ihnen vorhero dieses Werk seine völlige Richtigkeit erlangt haben wirdet, ... du wolltest nicht weniger alle Dili- gentien brauchen, damit mit negsten dieser Tractat dergestalt geschlossen werde, dass solchen sowohl die Krön Spanien als die Generalstaaten in effectu halten können. Wir erachten auch, dass Churbrandenburg für diesmalen nicht zur ausdriickentlichen Garantirung des pyreneischen Friedens und Setzung selbiger Krön widerum in solchen Stand zu treiben, sondern nur dahin zu vermögen seie, dass dieselbe solang bei uns Confoederirten mit ihren Waffen verbleiben und der Tractat solang seine vollkommene Kraft haben sollen, als bis dieser Krieg sich völlig geendiget und man einen beständigen Universalfrieden allerseits erlangt haben wirdet. Gegen die Zahlung des Geldes an Brandenburg für Truppen seitens der Stände, die keine Truppen bereit haben, hat der Kaiser nichts einzuwenden, jedoch dass ein jeder Stand selbige absonderlich zu unserer im Reich stehenden Armada den jüngsten Reichsconclusis gemäss^) für diesmalen schicke. Wegen Jägerndorf ist dir gnugsam wissend, dass Churbrandenburg einmal kein Recht hierzu haben; jedoch wollten wir in gegenw^ärtigen Coniuncturen und zu Befürderung des zwischen uns, der Krön Spanien, denen Generalstaaten und sein des Churfürstens zu Bran- denburg L'^'=". obhandenen Tractaten, zwar aus keiner Schuldigkeit, etwas übriges thuen, wann sich Churbrandenburg mit einem moderaten quanto befriedigen wollte. Wollest dahero die Negotiation mit Dexterität und Behutsamkeit von weitem anfangen und uns darvon Eriuderung gehor- samst erstatten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 25. Juni 1674. (Or.)

[Verbandlungen des Goess in der Allianzfrage. Verhandlungen mit Celle.] Goess hat mit Blaspeil gesprochen und das Allianzwerk zu fördern gesucht -). 25. Juni. Sehr vortheilhaft wäre es gewesen, wenn man dem Romswiuckel Vollmacht

') Die darauf bezüglichen Acten bei Pachner 1. c. I. 716 ff. -) Blaspeil war, um die Verhandlungen mit Achtienhoven zu führen, aus dem Haag nach Berlin geliommen.

Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten, xrv. 49

770 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

zugeschickt und die Tractate im Haag hätte unterzeichnen lassen. Man fordert in Berlin, dass Goess daselhst die Verträge unterzeichne; 'er erwidert, er habe noch keine Vollmacht dazu, werde aber nach Wien darüber referiren; zugleich betont Goess, man könnte ja im Haag duich Kramprich und Lira den Vertrag unterfertigen lassen, doch sei auch er bereit denselben zu unterzeichnen, sobald die holländischen und brandenburgischen Minister es gethan haben würden. Mahrenholtz hat dem Goess mitgetheilt, dass Brasser in Celle angekommen, die Verträge aber bis jetzt noch nicht geschlossen seien').

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 29. Juni 1674. (Or.)

[Communication des holländisch -braunschweigischen Bündnisses an Brandenburg. Verhandlungen des Goess mit Achtienhoven.]

29. Juni. Der wolfenbüttelsche Praesident von Heimburg-) hat dem Kurfürsten den

mit Brasser geschlossenen und bereits unterschriebenen Tractat mit der Bitte um Geheimhaltung communicirt^). Achtienhoven hat dem v. Heimburg gesagt, Avas auch des Goess Ansicht ist dass es für die Communication noch zu frühe gewesen. Den französischen und schwedischen Gesandten*) hat Heimbung von dem Bündnisse als einem Defensivbündnisse gesprochen. Achtienhoven hat dem Goess verschiedenartige Dinge vorgetragen, welche die Holländer bei dem aus Holland nach Berlin geschickten Projecte desideriren ^) ; Goess hat ihm gesagt, man müsse so antworten, dass der Vertrag abgeschlossen werde, diese Ent- scheidung bezüglich der holländischen Forderungen aber auf fernere Unter- redungen verschieben, worauf Achtienhoven noch nicht geantwortet hat.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 2. Juli 1674. (Or.)

[Conferenz des Goess mit Somnitz und Schwerin. Besorgnisse Brandenburgs betreffs

der spanischen Subsidien. Verhandlungen der Brandenburger mit Achtienhoven.

Brandenburgs Aufnahme in die Allianz Spaniens, des Kaisers und der Holländer.

Tapferkeit der kaiserlichen Truppen. Neue Verhandlungen in der Allianzfrage.]

2. Juli. Goess communicirt, was in der zwischen ihm, Somnitz und Schwerin gehal-

tenen Conferenz vorgefallen"^) und vermuthet, das dasjenige, was darin wegen

') Sie wurden am 10./20. Juni 1674 unterzeichnet.

^) Fritz von Heimburg.

^) Ueber Heimburgs Thätigkeit in Berlin Puf. 1. c. XII. 34.

*) Verjus und Wangelin.

^) Vergl. die Resolution der Generalstaaten vom 16. Juni 1674; Urk. und Act. ni. 441.

^ Am 27. Juni hat Goess mit Schwerin, Somnitz und Blaspeil eine Conferenz. Schwerin betont, wie hochherzig sich der Kurfürst benommen und wie energisch er bei den Verhandlungen mit Holland vorgegangen sei. Er fordert von Goess das Versprechen, die Vollmacht vom Kaiser zur Unterzeichnung des Vertrages beizubringen

Verhandlungen des Goess bezüglich einer Allianz Brandenburgs mit dem Kaiser. 771

eines neuen foederis defensivi gemeldet Avird, von der durch den von Heimburg geschehenen Communication des mit Brasser geschlossenen Vertrages herrühre. Man zeigt sich seitens Brandenburgs besorgt, dass von Spanien mit den Sub- sidien nicht werde zugehalten werden, weil der Graf von Monterey durch seiner Gegner Bemühungen im Stiche gelassen werden dürfte. Im Uebrigen ist abzu- warten wie sich der Herzog von Hannover bei der bevorstehenden Zusammen- kunft mit den übrigen braunschweigischen Fürsten erklären wird, da es leichter fallen würde, alsofort einen Theil der bereitstehenden Völker nach dem Rhein

und die Versicherung, dass der von brandenburgischer Seite unterschriebene Ver- trag auch von Emanuel Lira unterschrieben werden solle. Da die kaiserlichen Minister dem Crockow erklärt hätten, wenn der Kurfürst von dem prätendirten Quantum der 20 000 Mann abstehen und sich mit 16 000 befriedigen würde, dass alsdann des Kurfürsten Contingent zur Reichsarmee in diesen 16 000 mit be- griffen sein soll, dergestalt, dass derselbe ein mehreres hiezu nicht zu contribuiren haben sollte; da ferner diese Hilfe vornehmlich dem Kaiser und dem Erzhause zu Gute komme, der Kaiser aber zu diesen Subsidien nichts beitrage, der Kurfürst aber allein so viel als die Staaten und Spanien zusammen thut, hofft der Kurfürst, dass Leopold dies in anderer Weise dem Kurfürsten vergüten wird. Der Kurfürst, der mit dem Kaiser beständig vereint bleiben will, hofft, dass der Kaiser zum Abschlüsse einer Defensivallianz, welche auch nach beendigtem Kriege dauern soll, geneigt sein wird. Der Kaiser möge für die richtige Zahlung der Subsidien seitens der Spanier sich verwenden. Goess soll sagen, was er von den Gesinnungen des Herzogs von Han- nover wisse, da von dessen Gesinnung die Möglichkeit der ungehinderten Durch- führung des vorhabenden Bündnisses abhänge. Man müsse auf Polen auch Rücksicht nehmen. Goess antwortet: Vollmacht habe er keine, weil man vermuthete, dass der Vertrag im Haag oder in Wien geschlossen werden würde: Goess werde aber sub spe rati alles beitragen, was zur Förderung und Beschleunigung der Vertragsverhand- lungen dienen könnte. Lira werde, wie aus dessen Berichten zu ersehen, kein Be- denken tragen, den von den übrigen Alliirten unterzeichneten Vertrag zu unterschrei- ben und die Gelder auszuzahlen. Von dem Punkte der 16 000 Mann habe Goess nichts vernommen. Es sei nicht richtig, dass der Kaiser nichts leiste, er leiste durch die Ver- stärkung seiner Armee vielleicht mehr als die anderen. Im übrigen glaube er, dass der Kaiser, der sich dem Kurfürsten gegenüber stets so gewogen gezeigt, dies auch in Zukunft thun werde. Es bestehe ja schon ein Defensivbündnis zwischen Branden- burg und Oesterreich; doch glaubt Goess, dass der Kaiser auf Wunsch in ein neues einwilligen werde. Goess meint, Spanien werde die Subsidien pünktlich zahlen: doch wird der Kaiser gewiss gerne seinerseits dazu beitragen, dass dies geschehe. Bezüg- lich Hannovers erklärt Goess nach den Berichten Ostens und Heimburgs, dass der Herzog gegen die Alliirten nichts vornehmen und sich den Reichs- und Kreisschlüssen conformiren werde und spricht die Vermuthung aus, dass in der That nichts von Hannover zu fürchten sei. Zur Vorkehrung von Schutzmassregeln bezüglich Polens ist der Kaiser stets bereit. Die kurfürstlichen Bevollmächtigten erwidern nach kurzer Berathung, man würde gerne sehen, dass Goess den Vertrag unterschriebe, müsse es aber dem Belieben des Kaisers anheimgestellt sein lassen. Einen Tractat über diese Punkte wünschen sie nicht, blos die Communication an den Kaiser. An Lira soll Goess schreiben, ebenso der Kaiser an den Herzog von Hannover.

49*

772 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

marschiren zu lassen, wenn man dieses Fürsten genügend könnte versichert sein. Auch mit Achtienhoven ist eine neue Conferenz gehalten worden. Goess ist für den möglichst raschen Abschluss des Vertrages. Da sowohl die hrandenburgischen Minister als auch Achtienhoven wünschen, dass Goess die Verträge in Berlin mit unterschreiben soll, wird er thun, was der Sache förderlich ist, im übrigen glaubt er nicht, dass man sich bezüglich der rückständigen Subsidien wird einigen können; er ist daher der Ansicht, man solle auch diesen Punkt künftigen Berathungen vorbehalten. Man schätzt und rühmt überall die Tüchtigkeit der kaiserlichen Truppen in dem letzten Treffen in der Pfalz, trotz der grossen Vortheile, die der Feind davongetragen hat')- Nach einer neuen, unmittelbar vor Absendung dieses Schreibens gehaltenen Conferenz mit Achtienhoven, Somnitz und Blaspeil meldet Goess, er hoffe dass die Verträge nach dem jetzt vorliegenden Projecte unterschrieben und die Punkte bezüglich derer man sich nicht einigen könne fernerer Berathung vorbehalten bleiben werden-); Goess wird auf abermaliges Ansuchen auch seinerseits die Tractate sub spe rati unterschreiben.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Juli 1674. (Or.)

[Unterzeichnung des Vertrages. Verhandlungen über die Kriegsoperationen, ürtheil des Goess über die vorzunehmenden Massregeln. Verhandlungen der Brandenburger

mit Verjus. Brandt.]

6. Juli. Am 5. Juli ist der Tractat von Achtienhoven und den brandenburgischen

Ministern unterzeichnet worden^). Die neuen Erinnerungen Brandenburgs und die nicht erledigte Frage der alten Subsidien sind weiteren Verhandlungen vor- behalten worden *). Achtienhoven hat es übernommen dem Kurfürsten alsobald bis 100 000 Thaler zahlen zu lassen. Goess hat dem Kurfürsten, den Ministern und Achtienhoven remonstrirt, wie nöthig es sei, dass ein Theil der kurfürst- lichen Truppen mit den lüneburgischen dem Kurpfälzer zu Hilfe eilen '") . Dem Schwerin hat Goess vorgestellt, dass solchergestalt die Armeen nach der zu Ruremonde genommenen Abrede operiren könnten, da sonst de Souches seine Armee, da er den Pfälzer unterstützen soll, theilen müsste . . . Achtienhoven will sich in Verhandlungen über diesen Punkt nicht einlassen; er eilt fort, zum Prinzen von Oranien und dann nach Hause. Goess hat an den Duo de Bour- nonville geschrieben, er möge den Kurpfälzer auffordern, sofort einen Gesandten an den Brandenburger und an den Lüneburger zu senden ; ebenso zu Monterey

^) Gemeint ist die Schlacht bei Sinsheim; vergl. Peter I.e. 217 ff. : Grimoard 1. c. II. 513ff.; Mem. de Deschamps 314ff.; Beaiirain 1. c. lOlff.; Rousset 1. c. II. 71ff.

-) Dies war in der That der Fall; vergl. Urk. u. Act. III. 442.

^) Der Vertrag war am fte", nicht am 5'e" unterzeichnet worden; vergl. den Abdruck bei Dumont I. c. VII. i 267 ff. Actes et mem. de la paix de Nimegue I. 655; Mörner 1. c. 383 ff.; Puf. 1. c. XII. 35; Peter 1. c. 205ff.; Droysen 1. c. III.3 482f.

*) Urk. u. Act. III. 442 und Anm.

^) Ueber die Lage des Pfälzers und die Verwüstung seines Landes Peter 1. c. 221f.; Häusser 1. c. IL 631 ff.

Unterzeichnung des Allianzvertrages. Marsch der brandenb. Truppen. 773

und zu dem Prinzen von Oranien. Goess schreibt gleichfalls in diesem Sinne nach dera Haag. Goess hält für nothwendig, dass ein spanischer und ein holländischer Minister nach Berlin kommen, nicht allein wegen der Musterung, sondern auch wegen des Marsches und der Operationen die Notdurft vorzukehren. Verjus hat unlängst eine Conferenz gehabt, die intercipirten Schreiben Monterey's und Lira's, worin von den Verträgen die Rede ist, vorgelesen und sich sehr beklagt, auch gegen Blaspeil sich vernehmen lassen, sein König werde sich schon rächen; es ist ihm aber geantwortet worden, dass der Kurfürst den Kaiser und das Reich niemals verlassen könne und wolle'). Der Kurfürst wünscht lebhaft, dass der neuiiiärkische Kanzler Brandt möglichst bald in Schweden anlange 2).

Der Kaiser an Goess. Dat. Wiener Neustadt 7. Juli 1674.

(Conc.)

[Unterzeichnung des Vertrages in Berlin. Marsch der braudenburgischen und braun-

schweigischen Truppen.] Bezüglich des Verhaltens des Goess bei dem Abschlüsse des Vertrages 7. Juli, bleibt es bei dem, was ihm am 23. Juni mitgetheilt wurde. Der Kaiser hat nichts dagegen, dass er auf das Ersuchen de Lira's hin im Namen der Krone Spanien unterzeichne. Da die Umstände es erfordern, dass die brandenburgischen und braunschweigischen Truppen an den Oberrhein und nach Trier marschiren und daselbst wirklich operiren, soll Goess, sobald die Verträge unterzeichnet und die Subsidiengelder erlegt sind, energisch den Abmarsch und den Befehl zur Offensive fordern. Der Kurfürst von Sachsen hat dem Kaiser seine Bereit- willigkeit erklärt, die obersächsische Kreisvölker alsobald gegen der Pfalz anziehen und agiren zu lassen und also es nur an Churbrandenburg erwindet, dass auch dieselbe ihr Kreisquotam darzu geben und selbige mit denen andern weg ziehen lassen wollten, derowegen du auch dieses Werk bei I. L'^''". bestens treiben wollest, jedoch mit Vorbehalt des Ab- zugs, welchen etwa S. I/^"^. dardurch an denen mit der Krön Spanien und Holland stipulirten 16 000 Mann praetendiren . . .

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Juli 1674. (Or.)

[Holländisch-dänische Allianz. Marsch der kurfürstlichen Truppen. Verhandlungen der Brandenburger mit Wangelin.]

P. S.3)

Der Vertrag zwischen Dänemark und Holland ist nicht, wie Kramprich be- 17. Juli, richtet hat, unterzeichnet. Auf erneuertes Drängen des Goess wird ihm von

^) Ueber die Verhandlungen des Verjus mit den Brandenburgern in dieser Zeit Puf. 1. c. XII. 38.

2) Ueber Christoph Brandts Mission in Stockholm vergl. Puf. 1. c. XII. 39. ') Der Bericht selbst ist nicht erhalten.

774 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

dem Kurfürsten mitgetheilt. dass die von Preussen heranziehenden Völker ihren Marsch schleunigst fortsetzen und mit den übrigen Völkern in Magdeburg zusammentreffen würden; der Kurfürst sei entschlossen, Kurpfalz nicht preis- zugeben. Da Goess aber gesehen hat, dass der Kurfürst seine Truppen nicht trennen und einen Theil nach der Pfalz vorangehen lassen werde, hat er bei den Lüneburgischen alle Remonstrationen gethan, damit die Herzoge zu Celle und Wolfenbüttel die in Bereitschaft stehenden 9000 Mann nach der Pfalz an- marschiren und mit des Kaisers corpo daselbst coniungiren lassen wollten. \V angelin hat in einer Conferenz mit den brandenburgischen Ministern die Com- munication des neugeschlossenen Vertrages begehrt und als man ihm vorwarf, dass von Schweden die mit Hannover geschlossene Allianz nicht communicirt worden sei, antwortete er, dieser Vertrag sei auch nicht durchgeführt w^or- den ') ; Goess aber kann sich wohl erinnern, dass er in früheren Unterredungen das Gegentheil behauptet hat.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Juli 1674. (Or.)

[Marsch der brandenburgischen Truppen. Rücksicht Brandenburgs auf Hannover. Haltung des Herzogs von Hannover. Secretartikel des öslerreichisch-braunschweigi- gchen Vertrages. Wangelin. Rath des Goess betreffs der vom Kaiser beim nieder- sächsischen Kreistage zu befolgenden Politik. Belohnungen der kurfürstlichen Minister. Bitte des Goess um Abberufung.]

18. Juli. Achtienhoven ist zufrieden abgereist. Goess drängt auf Absendung der

bereit stehenden Völker nach der Pfalz, der Prinz von Oranien will seinerseits den March der brandenburgischen Truppen nach Cleve, der Kurfürst endlich Avill seine Truppen nicht trennen; doch hofft Goess, dass dies letztere zu erreichen sein und so jeder Theil befriedigt werden wird'^). Brandenburg nimmt sehr viel Rücksicht auf Hannover und hält es für sehr gefährlich, den Herzog von Hannover mit 15 000 Mann im Rücken zu haben. Die Deputirten des Hauses Braunschweig sind in Burgsdorf zusammen gewesen und der Ver- treter Hannovers hat gute Versicherungen gegeben und erklärt, dass der Herzog nichts dem Kaiser und dem Reiche praeiudicirliches thun werde. Des Goess Vorschlag, Blaspeil möge auf seiner Reise nach Cleve und nach dem Haag in Hannover sich aufhalten, wird mit Rücksicht auf die schwebenden Ceremonial- streitigkeiten vorerst abgelehnt. Goess hat die Ratificationen mit den Vertretern Celle's und Wolfenbüttels ausgewechselt. Nach Berathung mit Goess hat Blaspeil es für zweckmässig erachtet, die ihm durch Romswinckel zugekommenen Secret- artikel des Vertrages zwischen Braunschweig und dem Kaiser nicht selbst dem Kurfürsten mitzutheilen, sondern zur Bezeugung des guten Vertrauens durch den braunschweigischen Abgesandten mittheilen zu lassen. Wangelin beklagt sich, dass

^) Vergl. über dieses Gespräch Puf. 1. c. XÜ. 39.

^) üeber die verschiedenartigen Forderungen der AUiirten an Brandenburg Peter 1. c. 224, 227.

Verhandlungen mit Wangelin. Hannover. Unterstüzung des Pfälzers. 775

ihm der Vertrag des Kurfürsten mit dem Kaiser, Spanien und Holland nicht com- municirt werde und zeigt mit dem Abschlüsse desselben nicht einverstanden zu sein 1). Im niedersächsischen Kreise soll ein Kreistag demnächst ausgeschrieben werden ; wird der Kaiser zur Beschickung eingeladen, so soll meint Goess er jemanden senden, wenn er nicht eingeladen wird aber auch jemanden dahin abfertigen, der insbesondere darauf sieht, dass Hannover auf die Seite des Kaisers tritt, oder doch wenigstens neutral bleibt. Da der Vertrag mit Branden- burg jetzt abgeschlossen ist, bittet Goess um Uebersendung der versprochenen 4000 Thaler für Schwerin und je 2000 Thaler für Somnitz und Jena. Der Kurfürst will persönlich in's Feld gehen ; vorerst nach Cleve, um sich mit dem Prinzen von Oranien und mit Monterey zu bereden-). Goess bittet ihn, mit Rück- sicht auf sein hohes Alter, das ihm nicht erlaube dem Kurfürsten im Felde zu folgen, abzuberufen.

Goess an deu Kaiser. Dat. Berlin 20. Juli 1674. (Or.)

[Verhandlungen des Goess bezüglich des Marsches der lüueburgischen Truppen nach

der Pfalz. Mittheilungen Anhalts über den Pfälzer. Des Kurfürsten Kriegspläue-

Polnische Angelegenheit. Anhalt. P. S. Hilfe für die Pfalz.]

Der Kurfürst hat von Goess gefordert, er möge dem Lüneburger zur Ab- 20. Juli. Sendung von Truppen in die Pfalz zureden. Goess erwidert, dass niemand das besser thun könne, als der Kurfürst selbst, wenn nur auch einige von seinen Völkern mitgiengen. Dann hat Goess mit dem Abgesandten des Lüneburgers ^) gesprochen, aber noch keine Antwort erhalten. Der Fürst von Anhalt ist aus der Pfalz nach Berlin zurückgekehrt und hat dem Kurfürsten energisch wegen des Marsches nach der Pfalz zugesprochen und dem Goess mitgetheilt, dass der Pfälzer entschlossen sei, sich mit aller Kraftt zu vertheidigen, wenn er nur der Hilfe sicher wäre. Der Kurfürst verspricht dem Goess, mit dem Abgesandten des Lüneburger Fürsten zu sprechen; er erwähnt auch die vorzunehmenden Operationen und bemerkt unter anderem, dass man Philippsburg anzugreifen und wenn man es bekäme, zu schleifen hätte. Es ^\ird behauptet, die Schweden hätten vor bei Stettin ein Lager zu schlagen. Goess hat abermals wxgen der polnischen Angelegenheiten gesprochen und ein Defensivbündnis gegen alle zu besorgenden Zufälle angetragen, was aber der Kurfürst ablehnt, indem er zu- gleich meldet, was Hoverbeck aus Polen berichte, dass sich nemlich alles zum Frieden mit den Türken anlasse*). Der Fürst von Anhalt wird als Statthalter in Berlin bleiben. Im P. S. vom selben Datum berichtet Goess über ein Schreiben des Lisola an ihn, in welchem dieser schleunige Hilfe für die Pfalz fordert.

1) Puf 1. c. Xn. 39.

2) Peter 1. c. 228; ürk. u. Act. II. 522. *) Heimburg.

*) Ueber die polnischen Kriegshändel dieses Jahres Th. Europ. XI. 563 f.

776 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72— ir.75.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Juli 1674. (Or.)

[Marsch der lüneburgischen Truppen. Meldungen Kramprichs über die Pläne des Prinzen von Oranien und Montereys.]

23. Juli. Die lüneburgischen Gesandten bestehen darauf, dass die Truppen ihrer

Herren alsbald nach den Niederlanden marschiren, trotzdem ihnen die Not- durft den Pfälzer zu unterstützen vorgestellt und betont worden ist, dass die Unter- stützung des Pfälzers dem Kaiser erwünschter wäre. Endlich einigte man sich dahin, dass ein Bote eiligst nach den Niederlanden geschickt werde, der den Staaten den Stand der Dinge in der Pfalz mittheilen solle, weil zu hoffen sei, dass die Staaten dann ihre Meinung ändern werden; unter dessen aber sollen die lüneburgischen Truppen ihren Marsch nach der Weser so nehmen, dass sie nach erfolgter Antwort den einen und den andern Weg einschlagen können ^). Goess hat von Kramprich ein Schreiben erhalten, worin dieser meldet, dass der Prinz von Oranien und Monterey ihre Ansicht geändert hätten und den Marsch der lüneburgischen Truppen nach der Pfalz billigen, wenn die brandenburgischen nach den Niederlanden marschiren-). Goess ist auch von Fagel ersucht worden den Marsch der brandenburgischen Truppen nach den Niederlanden zu beschleu- nigen^). Kramprich meldet ferner, dass der Vertrag mit Dänemark am 14. Juli unterschrieben worden sei*).

Protocoll der Conferenz vom 25. Juli 1674 zwischen Monte- cuccoli und Crockow. (Conc.)

[Bitten Brandenburgs. Erlass des Reichscontingentes. Verlängerung der Allianz vom 1. Juli auf 10 Jahre. Intervention bei der Subsidienleistung. Sicherung vor Han- nover. Stellung zu Polen. Jägerndorf.]

25. Juli. Crockow übergab gewisse Punkte, welche den Kaiser allein angehen =) und

fügte hinzu, Brandenburg habe mit Spanien und Holland vornehmlich mit Rück- sicht auf den Wunsch des Kaisers abgeschlossen. Da nun der Kaiser zu den Subsidien nichts beiträgt, hofft der Kurfürst auf anderweitige Unterstützung durch den Kaiser. Der Kurfürst hofft, der Kaiser werde von ihm über die wirklich stellenden 16 000 Mann sein Reichscontingent weiters Dicht begehren. Der Kurfürst verlangt, dass diese mit dem Kaiser, Spanien und Holland getroffene Allianz nicht blos auf die gegenwärtigen Coniuncturen, sondern auf 10 Jahre

1) Für diese Verhältnisse vergl. Peter 1. c. 228 ff.; Puf. 1. c. XII. 45.

^) Dem Prinzen von Oranien war es erst nach langen Bemühungen gelungen Monterey für diesen Plan zu gewinnen; vergl. Peter 1. c. 232.

3) Peter I. c. 232.

*) Der Vertrag zwischen Kaiser, Spanien, den Staaten einer-, Dänemark anderer- seits wurde nicht am 14., sondern am 10. Juli geschlossen. Dumont 1. c. VILj 269; Basnage 1. c. II. 538; Gebhardi I. c. 526.

'■) Liegen nicht vor.

Marsch der Truppen. Conferenz zwischen Montecuccoli und Crockow. 777

hinaus extendirt werde. Der Kurfürst bittet um die Intervention des Kaisers, auf dass die Subsidienzahlung von Holland und Spanien regelmässig erfolge. Brandenburg findet es für nöthig, dass Hannover entweder in diese Partei gebracht oder sonst vorgesehen werde, dass Brandenburg von diesem Herzoge nichts zu fürchten habe Da der jetzige König von Polen') den Kurfürsten gewarnt hat sich einer Partei anzuschliessen, mit Vermelden, er könne ihm jetzt den Grund nicht offenbaren, bittet der Kurfürst den Kaiser ihm diesen Grund, falls er ihn kenne, mitzutheilen, wenn nicht, denselben durch seine Vertreter erforschen zu lassen. Ferner betont Crockow, der Kurfürst wundere sich be- züglich der Jägerndorfer Angelegenheit keine Antwort erhalten zu haben. Die kaiserlichen Commissäre versprechen dem Kaiser über diese Angelegenheiten Bericht erstatten zu wollen.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Juli 1674. (Or.)

[Des Kurfürsten Plan nach der Pfalz zu marschiren. Werbungen des Bischofs von

Münster. Schwedens Politik. Brandenburg-sächsische Beziehungen. Sachsens Haltung.

Des Verjus Abreise. Wangelins Mittheiluugen vom Marsche schwedischer Truppen.

Besorgnis des Kurfürsten in dieser Sache.]

Somnitz theilt dem Goess mit, dass der Kurfürst jetzt für den Marsch nach 27. Juli, der Pfalz eingenommen sei, an den Prinzen von Oranien in diesem Sinne geschrieben habe und von Goess die Beförderung dieser Angelegenheit wünsche-). Von Münster wird gemeldet, dass der Bischof wieder stark wirbt. Schweden bemüht sich die Zusammenkunft des niedersächsischen Kreises zu verzögern, weil es fürchtet, die Stände könnten sich zur Unterstützung der Pfalz ent- schliessen.

Berlepsch ist aus Sachsen zurück; wie seine Instruction sehr allgemein ge- wesen ist, so ist auch die Antwort des sächsischen Kurfürsten; Hoffnung auf neue Truppenzuzüge der Sachsen ist keine.

Man wartet in Dresden mit Verlangen auf den wolfenbüttelschen Präsidenten V. Heimburg und nimmt sehr viel Rücksicht daselbst auf das Haus Lüneburg. Heimburg ist am 25. Juli nach Dresden gereist. Verjus hat dem Kurfürsten zu verstehen gegeben, dass er ihn nach Cleve begleiten und von dort nach Frank- reich gehen wolle; das erstere wurde ihm abgeschlagen, der Pass für die Reise wird ihm in's Haus geschickt werden.

Wangelin meldet, dass Wrangel in Stockholm erwartet werde Abschied vom Könige zu nehmen, dass 36 Schiffe bereit seien Truppen nach Deutschland zu bringen, dass 16 Kriegsschiffe ausgerüstet und 10 000 Bootsknechte dazu geworben worden seien ^). Der Kurfürst zeigt Besorgnis über diese Nach-

') Sobieski.

^ Ueber die Gründe dieser Meinungsänderung Peter I.e. 231 f. ^) üeber Wangelins Verhandlungen Puf. 1. c. XII. 39, 41: für Schwedens Hal- tung in dieser Zeit Carlson 1. c. IV. 591; Mignet 1. c. IV. 339 f.

778 VI. Goess in Berlin, Aniaalt in Wien. 1672—1675.

richten; vermeint, dass der Kaiser gut daran thäte, wenn er in Schlesien werben würde, und erklärt, dass er selbst, sobald die bisher in Berlin stationirten Völker marschiren, neue Werbungen vornehmen wolle ^).

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 3. August 1674. (Or.)

[Marsch der brandenburgischen Truppen. Sachsen. Schwedische Truppensendungen. Gegenmassregeln. Verjus. Wangelin.]

3. Aug. M's de los Balbesos und Heemskerck begehren beide in Schreiben, die sie

an Goess gerichtet haben, er möge den Marsch der brandenburgischen Truppen nach dem Oberrhein beschleunigen helfen. Goess spricht mit dem Kurfürsten über die Mittel, die ergriffen werden sollen, auf dass der Marsch der branden- burgischen Truppen nach Westphalen durch das hannover'sche Gebiet vom Her- zoge Johann Friedrich von Hannover nicht difficultirt werde 2). Der Kurfürst von Sachsen begehrt, dass seine Länder vom Durchzuge verschont bleiben mögen. Die Nachrichten, dass Schweden mehr Volk auf den Reichsboden bringen und der Franzosen Partei annehmen werde, dauern fort; der Kurfürst verlangt, dass die obersächsischen Kreisvölker gegen die schwedischen Grenzen hin gelegt wer- den. Sachsen wird, wie Goess glaubt, schwerlich dazu zu bewegen sein. Goess hält auch für gut, dass der Kurfürst sein Contingent bei dem obersächsischen Kreise stellen und dahin trachten solle, dass diese Kreisvölker mit ihm nach dem Rhein marschiren. Verjus macht mit der Abreise Ernst; Wangelin klagt über Mangel an Vertrauen.

Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 3. August 1674. (Conc.)

[Abweisung des kurfürstlichen Begehrens von der Stellung der in Regensburg votirten Truppenzahl befreit zu werden. Subsidien für Brandenburg. Stellung des Kaisers zum Herzoge von Hannover. Verwendung der brandenburgischen Truppen. Be- lohnung für die kurfürstlichen Räthe. Goess.]

3. Aug. Der Kaiser billigt des Goess Vorgehen in allen Punkten.

Sein des Churfürsten L**^". Begehren, weilen sie vermög der mit uns, der Krön Spanien und denen Generalstaaten jüngst geschlosseneu Tractaten 16 000 Mann in's Feld stellen, dass sie hingegen ihres vermög des zu Regensburg Jüngstmals ausgefallenen conclusi^)zu stellen habenden Kreiscontingents enthebt und solches unter obbemelten 16 000 Mann verstanden werden möchte, verlangten wir S"". L'^^". wie in allem also

') In einem Schreiben vom selben Datum Colin a. d. Sp. empfiehlt der Kurfürst dem Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit seine Länder, die zu schützen der Kaiser in seinem Antwortschreiben vom 25. Aug. verspricht.

^) lieber des Hannoveraners Haltung Puf. 1. c. XII. 55.

3) Pachner 1. c. I. 726.

Marsch der Truppen. Brandenburg und die Reichshülfe. 779

auch in diesem gern zu willfahren, allein wirdest du die Ursachen aus dem hiebeiliegenden Protocollo mit mehrerm ersehen'), warumben wir solches einmalen nicht wohl thun können und was diesfalls in Vorschlag kommen, welches du S"". L''«". gebührend anzeigen und zugleich aus diesen kein grosses Negotium machen wollest; sonst ist es gewiss nicht, wie es der v. Crockow hinein berichtet, dass wir in dies sein des Chur- fürstens Begehren bereit gewilliget und ihme solches durch unsere mit demselben zu conferiren verordnete commissarios angedeutet haben sollen. Und weilen höchst nothwendig, dass die churbrandenburgische Völker, soviel ihr Contingent von den durch die Reichskreis stellende Mannschaft anbetrifft, nunmehr ohne Verlieruug einiger Stund in die Pfalz anmarschiren, zumalen sonsten die andere Kreis, auch in specie der schwäbische und fränkische, neben unseren angränzenden Erblanden in der höchsten Gefahr stehen, als wollest du solchen Anmarsch soviel Menschen möglich nach allen Kräften beförderen und an allen Orten, wo du es für nothwendig zu sein erachtest, alle bewegliche Anmahuung thuen. Goess kann dem Kurfürsten versichern, dass der Kaiser bei Spanien und bei den Staaten im Sinne der pünktlichen Erlegung der Subsidien wirken wird. Die Absendung eines kaiserlichen Bevollmächtigten nach Hannover hält der Kaiser im gegenwärtigen Momente für unnöthig, da sich der Herzog gegen den König von Dänemark und gegen die Herzoge von Celle und Wolfenbüttel dahin erklärt habe, dass er weder gegen den Kaiser noch gegen das Reich etwas zu thun begehre, sondern vielmehr sehen werde, wie er sich seiner Verpflichtnngen gegenüber Frankreich entziehen könne. Der Kaiser will abwarten, was Blaspeil in Hannover ausrichten wird. Da der Kurfürst seine Truppen zusammenhalten will, die Kriegsraison dies aber nicht immer gestattet, als wirdet nach Beschaffen- heit der Umständen förderist dahin zu gedenken sein, damit unter unserer allerseitigen Kriegsherrn mit Ueberlegung derselben in die feste Platz und theils Verbleiblassung derselben in dem Feld ein gleiche Proportion gehalten werde. Der Kaiser übersendet dem Goess 2000 Thaler für Schwerin und je 1000 Thaler für Jena und Somnitz. Unter Anerkennung seiner hervor- ragenden Leistungen wird Goess aufgefordert noch für einige Zeit seinen Dienst fortzusetzen.

') Liegt nicht vor.

780 "^'I- Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672—1675.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Angnst 1674. (Or.)

[Verbandlungen über den Marsch der brandenburgisehen Truppen. Mittheilungen Lira's über Geldanweisungen der Staaten für den Kurfürsten. Forderungen der lüne- burgischen Fürsten.]

6. Aug. Baron von Clairvaux ist im Auftrage Montereys mit einem Kriegskommissär

zu Goess gekommen, um bei ihm und bei dem Kurfürsten was am 5. geschehen für die Beschleunigung des Marsches der brandenburgischen Truppen zu wirken. Clairvaux hat Instruction den Marsch nach den Niederlanden zu fordern, sieht aber selbst ein, dass die Truppen des Kurfürsten am Rhein und in den dorti- gen Gegenden bessere Dienste leisten würden. Der Kurfürst hat Beschleunigung des Marsches versprochen und will, dass Derfflinger am 11. August von Berlin aufbreche, was aber schwerlich der Fall sein dürfte. Wie Don de Lira schreil)t sind 100000 Reichsthaler für den Kurfürsten nach Hamburg von Amsterdam abgegangen, andere 160000 Reichsthaler liegen nach Lira's Meldungen in Amsterdam bereit.

Die braunschweigischen Herzoge haben den Goess durch Mahrenholtz ersuchen lassen, den Marsch der brandenburgischen Truppen nach dem Oberrheine zu befördern; sie besorgen, dass in Berlin auf den Marsch nach den spanischen Niederlanden gedrungen werden wird und dass sie allein am Rhein nicht bastant sein würden. Mahrenholtz meldet ferner, es gebe Leute, die es ungern sehen, dass die Herzoge selbst in"s Feld gehen wollten und räth dem Goess, er solle sie davon abzuhalten suchen^). Die lüneburgischen Truppen sind im Marsche begriffen, betragen aber nicht über 10 000 Mann. Aus Celle hat Goess Nach- richt, dass die lüneburgischen Truppen marschiren, Herzog Georg Wilhelm sich noch etliche Tage aufhalten und mit den 3000 Mann, welche zu den ausbe- dungenen 1.3000 Mann fehlen, dann nachfolgen werde. Heimburg hat aus Dres- den berichtet, dass der Wille daselbst gut sei-), aber der nervus rerum schwach; an grössere Recrutirungen sei daher nicht zu denken.

') In der Weisung d. d. Wien 25. Aug. 1674 Conc. erhält Goess Befehl von einer Abmahnung der persönlichen Antheilnahme des Kurfürsten von Brandenburg und der Herzoge von Celle und Wolfenbüttel abzustehen, so lieb auch ihr Zuhausebleiben dem Kaiser wäre. Nur wenn der Kurfürst selbst oder die vornehmsten Minister es für wünschenswert erklären sollten, dass der Kurfürst zu Hause bleiben möge, kann Goess suaviter dazu beitragen.

-) Ueber die Haltung .Johann Georg H. Heibig, Die diplom. Beziehungen etc. 1. c. 302; Auerbach 1. c. 417 ff.

Marsch der Truppen. Rraudenburcr und die Reichshiilfe Abreise des Kurfürsten. 781

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 17. August 1674. (Or.)

[Contingent Brandenburgs zur Reichsbilfe. Beziehungen Brandenburgs zu Hannover.

Schwedische Rüstungen. Dänemark. Des Prinzen von Oranien, Monterey's und

des de Souches Wünsche bezüglich des Marsches der brandenburgischen Truppen.]

Weisung vom 3. August erhalten. 17. Aug

Das churbraadenburgische Contingent habe ich nit unterlassen immer zu urgiren, reraonstrando, dass P. Ch. D. eigenes Interesse darbei versire, dass es hoch importire, dass sie den anderen mit dem guten Exempl vorgehen, dass sousten deroselben möchte imputirt werden, dass die Reichsverfassung und consequenter die Rettung der opprimirten Stände in Stecken kommen, dass, wann die Coniunction einmal geschehen, nacher wohl Mittel können gefunden werden, dass diese zum Contingent gehörende Völker widerum zu ihrem Corpo gebracht werden; habe auch vorgeschlagen, ob nicht die obersächsische Kreisvölker mit diesem chur- brandenburgischen Corpo nach der Pfalz zu marschiren könnten. Es ist noch gestern dahie im Rath hiervon deliberirt worden und befinden die meiste, dass die Schickung dieses Contingents in alle Wege nothwendig wäre; sintemalen geschehen könnte, dass I. Ch. D. die erste wären, welche diese Reichshülf von Nöthen hätten. Wie man aber die 16 000 Mann ex foedere zu lieferen, dieselbe auch so viel möglich gern beisammen halten wollte, sonsten an Volk nit mehr übrig als zu den Garnisonen nöthig, ja auch hierzu neue Werbungen angestellt werden, als will sich das Mittel nit so leicht finden, dass man utrimque ein Gniigen thun könne.

Crockow hat wiederholt aus Wien berichtet, dass der Kaiser damit zufrieden ist, dass das brandenburgische Contingent unter die ex foedere schuldigen 16 000 Mann comprehendirt werden soll; Goess wird dem erhaltenen Befehle gemäss vorstellen, dass dem nicht so sei. Der Herzog von Hannover hat den Kurfürsten neuerdings durch Mandersloh, den er hierhergeschickt, ausdrücklich ersuchen lassen sein Land mit Durchzügen zu verschonen , gewiss auf Anregung Schwedens. Wie Goess den Reden Mandersloh's entnommen, dürfte Hannover den Pass nur für soviel als das Reichscontingent beträgt gestatten. Die Schwe- den fahren mit den Rüstungen und dem Truppentransporte fort, wie viele glauben, mehr um der Pflicht gegen Frankreich zu genügen, von welcher Macht sie die Subsidien erhalten, als um wirklich Krieg zu führen; doch glaubt Goess, dass den Schweden nicht zu trauen sei. Dänemark zeigt über die geschlossene Allianz Brandenburgs mit dem Kaiser, Holland und Spanien grosse Freude. Der Prinz von Oranien und Monterey drängen immer wieder auf den Marsch der branden- burgischen Truppen nach den Niederlanden, Souches aber verlangt dringend den Marsch derselben nach der Pfalz, welch' letztere Forderung für zweckmässiger

782 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1G72 1675.

gehalten wird ^). Goess sucht daher im Sinne des Souches'schen Vorschlages zu wirken. Endlich meldet Goess, er wolle, wenn der Kaiser es wünsche, trotz seines Alters den Kurfürsten in's Feld begleiten.

Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 24. August 1674, (Or.)

[Commandofrage. Marsch der Brandenburger an den Rhein. Nachrichten vom Her- zoge von Hannover. Unterredung des Goess mit Schwerin über die Kriegsverhältnisse. Des Goess Ansicht. Abreise des Kurfürsten.]

24. Aug. Goess sucht des Kurfürsten Besorgnisse bezüglich des Commando's zu beseitigen, insbesondere wegen des Obercommando's des Kurfürsten von der Pfalz bei Unternehmungen in der Pfalz. Der Marsch der Truppen geht trotz aller Bitten des Prinzen von Oranien nach dem Oberrhein; Goess sucht zu bewirken, dass die Ablehnung des Begehrens des Prinzen von Oranien so erfolge, dass keine Differenzen daraus entstehen. Der Kurfürst hat Nachricht, dass der Herzog von Hannover bei Callenberg ein Lager habe schlagen lassen und dass einige schwedische Truppen zu ihm stossen werden, um den Durchzug der Brandenburger zu verhindern. Schwerin meint, der Kurpfälzer werde sehr auf die Belagerung von Philippsburg dringen; wogegen sich Wangelin vernehmen lässt, dass, wenn Philippsburg angegriffen werden sollte, Schweden nicht länger zusehen, sondern sich in den Krieg mischen Averde, weil dies gegen die Bestim- mungen des münsterischen Friedens laufe.

Goess meint, es wäre zweckmässig, wenn ein Theil des Heeres Philippsburg belagern, der andere sich Turenne entgegenstellen würde, oder falls Turenne sich anderswo hin gewendet haben sollte, in's Elsass gienge und die Belagerung von Philippsburg unterstützte. Der Kurfürst ist mit seiner Frau und mit dem Kurprinzen nach Magdeburg abgereist -). Goess gedenkt nach Erfurt zu reisen und dort die Armee anzutreffen.

Goess an den Kaiser. Dat. Scliweinfurt 17. Sept. 1674. (Or.)

[Die kurfürstlichen Truppen.]

17. Sept. Di6 verschiedenen Fürsten des Reiches suchen den Durchmarsch der Truppen von ihren Landen abzulenken. Die Truppen des Kurfürsten sind 9 10 000 Mann stark, sehen prächtig aus und marschiren gegen den Rhein zu.

Die wenigen weiteren Berichte des Goess aus den letzten Monaten des Jahres 1674 und die ersten des Jahres 1675 enthalten nichts wesentliches. Goess befindet sich im Hauptquartiere und berichtet über die Vorfallenheiten des Tages. Die grossen Rüstungen Schwedens beunruhigen immer mehr. (Ber. d. d, Biesen 12. Nov. 1674.)

') Für diese Verhandlungen Peter 1. c. 233; über des de Souches V'orgehen speciell Rauchbar 1. c. 347 £f.

') Puf. 1. c. XII. 46 ; Peter 1. c. 252.

Kriegsereignisse. 783

Der Kurfürst an deu Kaiser. Dat. Eierslieim 30. December 1674/10. Januar 1675. (Or.)

[Kriegsereignisse. Zustand der Armeen. Winterquartiere.]

E. K. M. erinnern sich gnädigst, welchergestalt auf gemeines Gut- 10. Jan. finden von E"". K. M. und der Alliirten Armee einige starke Truppen nacher Lothringen und folglich Burgund commandirt worden; man ist auch im Werke begriffen gewesen, einige Desseins, so man gegen Breisach und absonderlich auf die Brücke daselbst formirt, daher einige sonder- bare Avantagen zu hoffen waren, in's Werk zu richten. Wie man nun dieses in Frankreich sehr apprehendiret, hat man alles, was möglich, es zu hindern, gethan und aufgebracht '). und weil anderweit die alliirte Armeen in die Winterquartier gegangen^) und der Feind sonsten nirgends Hindernis gefunden, hat man dem Vicomte de Turenne die beste Trup- pen von der Condeischen Armee, auch einige andere aus Frankreich, wie auch ingleichen den Rest der Infanterie, so in den Festungen in Bur- gund und sonsten hin und wider verlegt gewesen, auf's schleunigste zu- gesandt, womit er auch sofort auf die Alliirte angedrungen^). Worauf, nachdem das itzt obbemelte Detachement sich zurückbegeben, nach ge- pflogenem Kriegsrat resolviret die Armeen zusammen zu führen und bei Colmar sich zu setzen*). Der Feind hat sich darauf an die Berge, so Elsass und Lothringen scheiden, gezogen und sich bei uns gesetzt, weil aber dessen Fürhaben war unter den Bergen von einer Seite bedeckt zu gehen, auch von denenselben mit seinen Stücken die Alliirte zu in- commodiren, hat man sofort bei seiner Ankunft den 26. Dec./6. Jan. ihm solche Avantage disputiret, da es dann zu einem scharfen Gefechte in den Bergen gekommen, so bis in die Nacht gedauret, dabei dann nicht

wenig Leute, die meisten aber doch an des Feindes Seiten geblieben')

Wie uns aber die Nacht separiret und Nachricht eingekommen, welcher- gestalt der Feind seinen Marsch an den Bergen und theils über dieselben fortsetzte und also gegen die Rheinbrücken bei Strassburg sich wendete

^) Für den Krieg im Winter 1674; vergl. Peter 1. c 271 ff. ; Grimoard 1. c. II.

587 ff.; Beaurain 1. c. 118 ff.; Rousset I.e. II. 99 ff.

2) Peter 1. c. 303 f.

3) Peter 1. c. 317 ff.; Grimoard 1. c. 11. 608 ff.

^) Gemeint ist der Kriegsrath in Heiligenkreuz ; Peter 339 ff.

'") Gemeint ist das Treffen bei Türckheim: Peter 1. c. 345 ff.; Grimoard 1. c. II.

629ff.; Beaurain 1. c. 157 ff.; Deschamps 1. c. 34Gff.; Rousset 1. c. II. 104ff.

784 VI. Goess in Berlin, Anhalt in Wien. 1672 1675.

und uns darin fürzukommen sich bemühete ^), hat man dieses gut gefun- den, solches zu verhindern und ist man darauf bis hieher gegangen ^). Ohnzweiflich würde wohl das beste sein, wenn man mit dem Feinde zum schlagen kommen und demselben einen glücklichen Streich bei- bringen könnte; da man dann, wiewohl die einkommende Zeitung und Nachricht mitbringen, dass der Feind, welcher bei der itzigen Jahreszeit sich keiner Diversion au andren Orten vermutet und deswegen alle seine Macht zusammengezogen, an 32 Bataillons zu Fuss und 100 Esquadrons zu Ross stark sei, in Ansehung der guten Sachen auch einen glücklichen Success zu hoffen. Als man aber aus der bisherigen Contenance des Feindes so viel verspüret, dass er es zum schlagen nicht wolle kommen lassen, sondern allenthalben seinen Vortheil und die Sachen wie vormals zu trainiren suche, dabei er dann diesen Vortheil hat, dass er aus Loth- ringen, Burgund und Frankreich mit Lebensmitteln versehen werden kann, die alliirte Armeen aber daran Mangel leiden, massen das Ge- treide aus Strassburg angeschaffet und daselbst aufs theuerste bezahlt werden muss, welches doch nicht so schleunig als nöthig zugeführet wer- den kann.

Dazu kommt der Mangel an Fourage, die Menge der Kranken. Bei des Kaisers Armee findet der Kurfürst, dass bei der Infanterie wohl wenig über 1000 seind, so Dienste zu thun vermögen, allermassen verschiedene Re- gimenter so von 1500 Köpfen gewesen, bis 100 abgenommen haben, zu geschweigen, in was für schlechtem Zustande die Münsterische, an- dere, auch meine eigenen Truppen sich befinden. Was unter diesen Ver- hältnissen weiter zu geschehen habe, wird der Kurfürst mit den Commandiren- den der Armee berathen^); er zweifelt nicht, dass der Kaiser es in jedem Falle entsprechend finden werde, die Truppen über den Rhein zu führen und ihnen in am Rhein gelegenen Orten Erholung zu gönnen. Der Kurfürst ersucht den Kaiser über den Zustand nachzudenken und wenn er mit dem letzteren Vor- schlage einverstanden ist, beim schwäbischen, fränkischen und anderen benach- barten Kreisen die nothwendigen Schritte zu thun, auf dass den Truppen der nöthige Unterhalt gewährt werde.

') Für Turenne's Verhalten den Strassburgern gegenüber; Peter I.e. 356; Gri- moard 1. c. II. 629 £F. 2) Peter 1. c. 356. ^) Man entschloss sich bei diesen Berathungeu zum Rückzuge; Peter 1. c. 356 f.

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