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S OTTO BÜRGER

! VENEZUELA

Ein Führer durch das Land | und seine Wirtschaft

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Dr. Ulrich Leo

VENEZUELA

EIN FÜHRER

DURCH DAS LAND UND SEINE

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VON

PROF. DR. OTTO BÜRGER

MIT EINER MEHRFARBIGEN KARTE

1922 DIETERICH'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

LEIPZIG

Alle Rechte vorbehalten

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Vorwort.

Jener Ausschnitt Südamerikas, welchen heute der Frei- staat Venezuela einnimmt, ist dank der Unternehmungen des Augsburger Kaufhauses Welser frühzeitiger mit Deutschland in Verbindung getreten, als irgend ein anderes Stück ameri- kanischer Erde. Die damals angebahnten Beziehungen waren nicht von Dauer und sie erneuten sich erst wieder nach Jahr- hunderten , als das Land seine Freiheit erkämpfte , seine wissenschaftliche Erforschung einsetzte und seine Eroberung für den Weltmarkt begann. An allem nahmen Deutsche tätigsten und erfolgreichsten Anteil.

Die jüngste Zeit brachte es mit sich , daß sich das In- teresse wiederum mehr denn je den südamerikanischen Ländern zuwandte , und Tausende , nicht zuletzt in unserer Heimat, Aufschlüsse über dieselben begehren. Solche für Venezuela zu geben, ist der Zweck dieses Buches. Es ge- schah auf Grund eines reichen und frischesten Materiales, dem der Verfasser keineswegs völlig fremd gegenüberstand, da ihm wichtige Teile des Landes aus eigener Anschauung bekannt waren. Es war sein Bestreben, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Republik vor den Kriegsjahren, während des Weltkrieges und nach demselben zu schildern, aber auch Land und Volk nach Möglichkeit dem Leser nahezubringen. Zweifellos eine dankbare Aufgabe, denn Venezuelas vielfältige Schönheit wetteifert mit seiner Fruchtbarkeit und seinen Reichtümern ; seine Bevölkerung fesselt nicht nur durch ihre Vielgestaltigkeit, sondern mehr noch durch ihr kühnes Vor- wärtsstreben, ihre Regsamkeit, Intelligenz und innerliche Veranlagung. -

.— IV

Meine Arbeit fand die bereitwillige und überaus wert- volle Unterstützung durch das Auswärtige Amt in Berlin, die Deutsche Gesandtschaft in Caracas, das Venezolanische General-Konsulat in Hamburg und den Konsul Venezuelas in Leipzig, Herrn Carl Rühle. Diesen Stellen gebührt mein herzlichster Dank.

Möge das Buch seinen Zielen gerecht werden und als Berater denjenigen nützen , die sich in irgendwelcher Ab- sicht über Venezuela zu unterrichten wünschen !

München, im Oktober 192 1.

Otto Bürger

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Erster Abschnitt. Land, Volk und Staat i

I. Das Land i

i. Lage und Gestaltung i

2. Klima 10

3. Klimate 16

4. Pflanzendecke 19

5. Tierleben 26

II. Die Bevölkerung 31

1. Urbewohner 31

2. Lebende Indianerstämme ^^

3. Stammväter und Mischlinge 36

4. Fremde 41

5. Volksbewegung 42

6. Stadt und Land - 46

7. Gesundheitsverhältnisse . . . . , 48

8. Sprache 51

9. Namen 52

10. Berufe 53

11. Wohnung 56

12. Kleidung 58

13. Speisen und Getränke 59

14. Lebensgenuß 63

III. Der Staat 64

1. Geschichte 64

a) Entdeckung 64

b) Konquista und Regiment der Welser 66

c) Freiheitskämpfe 72

d) Neuzeit 77

2. Verfassung 79

3. Haushalt 80

4. Rechtspflege 85

5. Kirche 86

6. Wohlfahrtseinrichtungen 88

7. Unterrichtswesen, Wissenschaft und Kunst 88

8. Presse 97

9. Wehrmacht. Äußere Beziehungen 99

VI

Seite

IV. Die Staaten ioo

i. Zulia ioo

2. Tächira. Merida. Trujillo 103

3. Lara. Falcön. Yaracui 106

4. Carabobo. Aragua 109

5. Distrito Federal 112

6. Miranda 115

7. Anzoätegui 116

8. Sucre. Nueva Esparta . 1 17

9. Monagas. Delta Aniacuro 120

10. Portuguesa. Zamora. Apure. Cojedes. Guärico 122

11. Bolivar 125

12. Territorio del Amazonas 128

Zweiter Abschnitt. Wirtschaft 129

V. Die Waldwirtschaft 129

1. Gummi, Balsam, Harze, Oele 129

2. Nutzhölzer 134

3. Gerbstoffe und aromatische Früchte 135

4. Früchte, Mark und Säfte genießbarer Art 136

5. Faserpflanzen 137

6. Heilpflanzen 138

VI. Die Jagd und Fischerei . 140

VII. Die Landwirtschaft 144

1. Acker- und Plantagenbau 144

a) Kulturgewächse der Volksernährung 145

b) Kulturgewächse des Exportes 154

c) Färb-, Gespinst- und Gummipflanzen 163

d) Fruchtbäume 168

2. Viehzucht 173

VIII. Die Bodenschätze 181

1. Gold 181

2. Kupfer und Eisen 183

3. Schwefel, Salz, Uran, Guano 185

4. Kohle, Petroleum, Asphalt und Diamanten 186

5. Konzessionen 190

IX. Die Industrie und das Handwerk 193

1. Industrie 193

Vor dem Weltkriege 193

Nach dem Weltkriege 196

2. Handwerk 198

X. Der Handel 198

1. Handelshäuser 198

2. Außenhandel 200

a) Bilanzen und Güter der Ausfuhr 200

b) Ziele der Güter 208

c) Einfuhr 211

VII

Seite

3. Binnenhandel 215

4. Handelstore und -zentralen 217

5. Maße und Gewichte 225

XI. Der Verkehr 229

1. Überseeverkehr 229

2. Flußschiffahrt , . 232

3. Eisenbahnen 234

4. Fahrstraßen und Wege 239

5. Post, Telegraph und Telephon 242

XII. Die Geldwirtschaft 244

1. Zahlungsmittel und Valuta 244

2. Kreditinstitute 246

3. Geschäftsentwicklung und -betätigung 248

4. Wirtschaftslage Ende 1920 251

Dritter Abschnitt. Einwanderung 252

XIII. Die Deutschen Venezuelas 252

1. Kaufleute und Gewerbetreibende 252

2. Ackerbauer 254

Kolonie Tovar 254

XIV. Die heutigen Einwanderungsbedingungen und -Aussichten . . 258

Literarische Quellen 263

Aussprache 264

Abkürzungen 264

Orts- und Sachregister , 265

Karte.

Von Professor Dr. Otto Bürger erschien früher im gleichen Verlage :

Chile als Land der Verheissung und Erfüllung für deutsche Auswanderer. Eine Landes- und Wirt- schaftskunde. Mit einer mehrfarbigen Karte von Chile. VIII und 272 S., gr. 8°. 1920.

M 21. , geb. M 28.

Quintrales. Geschichten aus einem heißen Lande. 7 Novellen. III und 274 S., 8°. 191 1.

M 7. , geb. M 12.—

Reise?i eines Naturforschers im tropischen Südamerika. (Fahrten in Columbien und Venezuela.) Mit 2,Z Abbildungen und 4 Tabellen. Zweite, wesent- lich umgearbeitete und ergänzte Auflage. VIII und 470 S., gr. 8°. 19 19.

M 27. , geb. M 34.

Die Robinsoninsel. 123 S., gr. 8°. Mit 12 Voll- bildern und einer Karte. 1909. geb. M 10.

Spaniens Riviera und die Balearen. Eine gemäch- liche Frühlings- und Sommerreise. XII und 434 S., gr. 8°. Mit 71 Abbildungen. 1913.

M 22. , geb. M 30.

Erster Abschnitt.

Land, Volk und Staat

I. Das Land, l. Lage und Gestaltung.

Die Vereinigten Staaten von Venezuela (= Klein -Venedig) liegen im Norden des südamerikanischen Kontinentes zwischen o.* 45' und 12.0 26' n. Br. und 60. und 73. ° w. L. Ihre Aus- dehnung von Norden nach Süden beträgt etwa 1220, jene von Osten nach Westen rund 1430 km, ihr Flächeninhalt 1 020400 qkm. In diesem großen, das Deutsche Reich um mehr als das Doppelte übertreffenden Gebiete wohnen kaum 3 Millionen Menschen ; es kommen also 3 Einwohner auf 1 qkm. Obwohl vollständig in den Tropen gelegen, besitzt es dank seiner Gebirge genug Gegenden, die ein angenehmes, gemäßigtes Klima auszeichnet.

Grenzen. Seine lange Küste bespülen das Karaibische Meer und der Atlantische Ozean. Im Westen bildet gegen Ko- lumbien heute die Sierra de Perijä die Grenze , nachdem jenem die Halbinsel Goajira zugesprochen worden ist. Sodann schneidet sie die Kordillere zwischen der Sierra Nevada von Cocui und Merida, folgt nunmehr zunächst dem Arauca, später dem Rio Meta, um mit dem Orinoco nach Süden abzubiegen und von San Fer- nando de Atabapo ab dem Atabapo , Guainia und Negro sich anzuschließen. Im Süden gegen Brasilien trennen Gebirge , die Sierra Imeri und Curupira. Östlich wird der tief in Brasilien eindringende Sack Venezuelas von der Sierra Parima begrenzt, dann , nach Norden zurückfliehend , von der Sierra Pacaraima. Gegen Britisch Guayana aber verläuft sie recht unregelmäßig im Zickzack derart, daß der Monte Roroima englisch blieb, sie den

Bürger, Venezuela. I

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Rio Venamo und Cuyuni begleitet, sodann, dem Kamm der Sierra Imataca folgend, stark westwärts einbiegt, den 6i.° w. L. über- schreitend , indessen nunmehr wieder in nordöstlicher Richtung zur Küste strebt , das Orinocodelta in venezolanischem Besitz lassend.

Natürliche Einteilung. Venezuela zerfällt in vier Teile, das Hochland von Guayana im Süden , als welches wir das ge- samte Territorium südlich und östlich vom Orinoco bezeichnen wollen, die große Ebene der Llanos in der Mitte, die Regionen der in Venezuela ihr Ende erreichenden Andenkette und das Flachland um den Maracaibosee. Die Republik besitzt ferner einen Teil der ihren Küsten vorgelagerten Inseln.

Guayana. Guayana umfaßt fast die Hälfte Venezuelas, ist aber zur Zeit noch außerordentlich dünn bevölkert. Es begreift den am wenigsten erforschten Teil des Landes, welcher vielleicht der Zukunft manche wertvolle Überraschung aufspart. Wahr- scheinlich birgt er noch reiche Goldschätze , und man wird wo- möglich hier endlich das durch Jahrhunderte gesuchte Dorado entdecken.

Das Land stellt ein mäßig etliche ioo m über das Meer erhobenes Plateau von kristallinischen Schiefern und Eruptiv- gesteinen mit einer Decke von Sandsteinschichten vor, über welche unregelmäßig angeordnet »Reihen von einzelnen, oft voneinander isolierten Bergen oder große Tafelstücke , Reste der alten Sand- steindecke, hinausragen«. Es sind oft nackte rote, felsige Gipfel; die höchsten wie Duida und Roraima recken sich 2500 bis 2600 m empor.

Guayana wird von zahlreichen Flüssen durchzogen, von denen die bedeutendsten am Nordabhang der Sierra Pacaraima und den westlichen Abfällen der Sierra Parima entspringen. Auf letzterer nimmt der Orinoco in 1300 m Höhe seinen Ursprung, Venezuelas größter und wichtigster Strom.

Orinoco. Der Orinoco fließt zunächst in nordwestlicher Richtung. Etwa unter dem 4.0 n. Br. wendet er seinen Laut nach Westen, bei San Fernando de Atabapo jedoch, wo er den Guaviare empfängt , dreht er sich nördlich , eine Richtung ein- schlagend , die er durch vier Grade unter starker Neigung nach Osten beibehält. Am 8.° n. Br. angelangt, strebt er, sich ziemlich

scharf umbiegend, das Knie von Caicara bildend, ostwärts dem Atlantischen Ozean zu.

In seinem Oberlaufe , südlich vom Cerro Duida , erfährt er die durch Humboldt berühmt gewordene Gabelung , indem er durch einen Arm, den Casiquiare, vermittels des Rio Negro zu dem Amazonas in Beziehung tritt. An Zuflüssen empfängt der gewaltige Strom , dessen Oberlauf leider häufige Stromschnellen und Fälle die bedeutendsten sind jene von Maipures und Atures der Schiffahrt versperren , außer anderen den Rio Yentuari und bei San Fernando den Guaviare , ferner aus den Llanos kommend Vichada, Meta, Capanaparo, Arauca und den mächtigen Apure, Kinder der Anden, welche die Llanos in ihrer ganzen Ausdehnung durchströmten und von zahlreichen Zuläufen gekräftigt wurden. Diese mächtigen Tributärs sind an Wasser- reichtum mit der Donau zu vergleichen. Außer dem Ventuari, dessen Mündung ein ausgedehntes Delta bildet, führt dem Orinoco Guayana noch drei große Flüsse zu, die Rios Cuchivero, Caura und Caroni. Alle drei leider infolge von Stromschnellen wenig schiffbar.

Ciudad Bolivar. Bevor sich der Orinoco in die zahl- reichen Arme auseinanderspreizt, welche sein Delta bilden, erfährt er, Felsmassen durchbrechend, eine Verengung bis auf 780 m. An dieser Stelle wurde die wichtigste Hafenstadt erbaut und nach der Enge Angostura genannt. Später taufte man sie zu Ehren des Befreiers in Ciudad Bolivar um. Obwohl sie 380 km vom Ozean entfernt liegt, besitzt sie die Bedeutung eines Seehafens.

Der Orinoco ist 2400 km lang, was für Südamerika nicht viel besagen will , aber sehr wasserreich und stellenweise von gewaltiger Breite und bedeutender Tiefe. Bei Ciudad Bolivar be- trägt sie 50 m. Die gelblichen Fluten besitzen eine Temperatur von 24 2 C.

Llanos. Die als Llanos bezeichneten Ebenen zwischen den Anden und Guayana senken sich in ihrem westlichen Teile allmählich vom Gebirge zum Orinoco hinab und sind hier 400 bis 100 m über den Meeresspiegel erhoben. Im Osten aber er- fahren sie eine wesentlichere Erhöhung , welche scheidend die auf ihr entspringenden Flüsse teils zum Karaibischen Meere, teils zum Golf von Paria lenkt und nur wenige und unbedeutende

dem Orinoco zuleitet, welcher aus dem westlichen Gebiete sämt- liche Gewässer empfängt.

Der Boden der Llanos besteht im Westen aus Tongesteinen, Kalk und Lehm, einer Zusammensetzung, welche, den Pflanzen- wuchs begünstigend, die besten Weideflächen schuf, im Süden hingegen aus einem roten, durch Raseneisenstein verkitteten Sand- stein oder aus grobem, an Brauneisenstein reichem Konglomerat.

Mesas und Galeras. Die Flüsse schnitten in die Decke der Llanos tiefe Schluchten , und somit wurde eine Anzahl von Tafeln erzeugt, welche Mesas genannt werden. Außerdem gibt es Galeras geheißene mauerartige Wälle am Rande der Llanos dem Gebirge nahe, die wahrscheinlich jenes Meer türmte, welches während der Tertiärzeit die Llanos bedeckte.

Die Flüsse der Llanos sind in der Trockenzeit, wo sich ihre Speisung auf den Schnee der Kordillere beschränkt , wasserarm und bieten dem Landverkehr gut passierbare Furten , erlauben jedoch nicht mehr die Schiffahrt. Während der Regenzeit jedoch schwellen sie gewaltig an , sich Reitern und Maultierkarawanen als unüberwindliches Hindernis entgegenstellend was schon die Konquistadoren erfahren mußten dafür aber nunmehr Boot und Dampfer weit ins Innere tragend.

Gebirgszone. »Die großen Ebenen der Llanos werden im Norden von mächtigen Gebirgen begrenzt, aus denen das Material ihres Bodens herstammt. Diese Gebirge schließen sich zwar im Westen an die Kordillere von Kolumbien an , sind jedoch nicht alle den Anden zuzurechnen, sondern zerfallen in zwei Abteilungen, welche durch eine kaum 300 m hohe Senke voneinander getrennt werden. Diese Senke schließt sich bei Acarigua und Sarare an den Lauf des Cojedes an und führt über Yaritagua nach dem Rio Yaracui hinüber, an dessen Ufern sie zum Karaibischen Meere verläuft; ich habe sie daher Senke von Yaritagua genannt.« Diese einleitenden Worte entlehne ich W. S i e v e r s , jenem um die Erforschung Venezuelas und besonders seiner Gebirge hoch ver- dienten deutschen Forscher, auf welchen ich bereits öfter Bezug genommen habe und in der Folge noch viele Male zurückgreifen werde.

Bei Pamplona im kolumbianischen Staate Santander zweigen sich zwei Äste von der Ostkordillere ab , die einen getrennten

o

Verlauf nehmen. Der westliche schmälere wendet sich als Sierra de Perijä nach Norden, während der andere sehr viel mächtigere sich ostwärts, die Kordillere von Merida bildend, erstreckt.

Sierra de Perijä. Die wenig erforschte Sierra de Perijä erzeugt die Wasserscheide zwischen dem Magdalena und dem Flußgebiet des Maracaibosees. Sie erreicht in dem Cerro Pintado mit etwa 3000 m ihre höchste Erhebung. Das Gebirge setzt sich in seinen unteren Teilen aus roten Sandsteinen , Konglo- meraten und Quarzporphyren zusammen , in seinen oberen aus weißem und rotem Sandsteine und Kalkstein. Es soll der Kreide- formation angehören. »Auf die ziemlich schroff abfallenden An- höhen folgt oben ein gewaltiges, wie große Logenbrüstungen und Bastionen vorspingendes Massiv , dessen grüne Waldbekleidung einen ungemein malerischen Gegensatz gegen das weißleuchtende Gestein bildet«.

Kordillere. Die Kordillere de Merida, das einzige Gebirge Venezuelas, dessen Häupter ewiger Schnee krönt, stellt ein junges Faltengebirge aus Granit, Gneis und kristallischen Schiefern vor, zu welchen im Norden und Süden Sand und Kalksteine der Kreide treten. Von den Schneegipfeln erreicht die La Columna (Säule) genannte Spitze 5000 m, La Concha mit einem Glet- scher — steht ihr kaum nach , der Pan de Azücar 4640 und die Schneekette von Santo Domingo 4700.

Pdramos. Die Kordillere ist reich an jenen über der Baumgrenze liegenden, nur mit Gras und einer seltsamen Pflanzen- gesellschaft bestandenen kahlen, Päramos genannten unwirtlichen Hochebenen , über die der Sturm hinwegrast , und welche die Gewandung durchdringende Nebelregen nässen. Das Klima des Päramo kann dem Menschen gefährlich werden, freilich viel eher dem Bewohner der heißen Niederung , als dem abgehärteteren höherer Regionen oder uns winterharten Nordländern. Den Reisen- den übermannt gelegentlich eine Müdigkeit in diesen Höhen, welcher er nicht zu widerstehen vermag, er setzt sich, er schläft ein, und nun schleicht der Erstarrungstod an ihn heran. Zuerst erstarren Finger und Zehen, dann die ganzen Glieder und schließ- lich der gesamte Körper. Das Herz hat aufgehört zu schlagen. Und das alles bei mehreren Graden über o, ja zwischen 6 C. ! Es ist zweifellos , daß die dünne Luft das ihre zu dieser seit-

samen und typischen Erkrankung, die so sanft und leicht in den Tod hinüberleitet, beiträgt. Der Eingeborene fürchtet das ,Em- paramarse' , von dem es viele Beispiele gibt. So gingen 1819 während der Befreiungskriege beim Überschreiten des Päramo de Guanäcos zwischen Neiva und Popayan 44 spanische Soldaten am Erstarrungstod zugrunde. Trotzdem wird der Päramo noch dauernd bewohnt.

Schotterterrassen. Der Besiedelung , der Gründung von Dörfern und Städten in der Kordillere kamen außerordentlich die im Anschluß an die Eiszeit gebildeten , die Täler auffüllenden Schotterterrassen entgegen, welche bequeme, oft völlig ebene Pläne zum Aufbau boten. Dieselben werden, wie in Kolumbien, Mesas oder, wenn sie klein sind, Mesitas genannt. Auf einer derartigen, besonders ansehnlichen Ebene breitet sich Merida in 1630 m Seehöhe aus. Die Kordillere ist gut besiedelt und besitzt dank der sie durchfurchenden Flüsse Tocuyo , Motatän , Chama, Torbes fruchtbare Täler, unter welchen sich das des Rio Chama, wenn auch nicht in allen Teilen , durch üppige Vegetation und reiche Kulturen auszeichnet. Der Kordillere gehören die blühenden und volkreichen Staaten Tächira, Merida und Trujillo an.

Die Kordillere und das Karaibische Gebirge sind durch das Zwischenland von Barquisimeto verbunden , eine Gegend ohne ausgeprägten topographischen Charakter , deren Höhen bis zu 900 m emporstreben. Seine Natur zeigt rötlichen Boden , matt- grüne Kakteen und fahles Gestrüpp , jedoch birgt das Gestein Kupfererz.

Karaibisches Gebirge. Das Karaibische Gebirge oder die Cordillera de la Costa ist ohne Frage älteren Ursprungs als die Kordillere von Merida. Seine archaische Grundlage ist bereits stärker entblößt als dort. Man meint, daß das Gebirge durch einen Längsbruch im Norden abgeschnitten sei und sich hieraus sein steiler Absturz ins Meer erklärt. Es zerlegt sich infolge eines breiten Querbruches , der sich durch die Senkung am Golf von Barcelona geltend macht , in eine westliche und östliche Hälfte und besteht aus zwei oft durch Querriegel verbundenen Haupt- ketten. Zwischen diesen betteten sich Seen , wie z. B. der See von Valencia , erinnern ausgetrocknete Böden an solche oder ziehen Flüsse ihre Bahn.

In der Gegend von Caracas erreicht das Karaibische Gebirge in seiner Nordkette die höchste Entfaltung und imponiert jedem in La Guaira Ankommenden durch seinen machtvollen Anstieg, der das Hafenbild so unvergeßlich großartig gestaltet. Hier recken sich auch die bedeutendsten Gipfel, die Silla, 2665 m, und der Pico de Naiguatä, 2782 m, zu den Wolken hinauf.

Die' östliche Hälfte ist niedriger, kaum 2000 m überschreitend. Ihr gehören die Kohlengruben von Naricual an.

Die Senkung von Barcelona wird durch einen bedeutenderen Fluß, den Rio Unare, durchbrochen, welcher aus dem östlichen Llano kommt.

Der westliche Abschnitt des Karaibischen Gebirges trägt die wichtigsten und volkreichsten Staaten des Landes : Yaracui mit den Kupferbergwerken von Aroa , Carabobo mit Valencia , den Bundesdistrikt mit Caracas, ferner Aragua und Miranda. Er um- faßt in jeder Beziehung das Zentrum des Landes , von dem die Kultur und der Fortschritt Venezuelas ausstrahlen.

Gebiet von Maracaibo. Die Lagune von Maracaibo wird als letzter Rest eines Wasserbeckens gedeutet, welches sich einst von der Sierra Perijä bis zur Kordillere ausdehnte, indessen durch massenhafte Anhäufung von aus den Gebirgen kommenden Senk- stoffen wahrscheinlich verhältnismäßig rasch ausgefüllt wurde. Im Süden bildet eine Seenplatte ihre Fortsetzung. Heute nimmt die Lagune , deren sumpfige flache Ufer , von Mangroven-Beständen begleitet und üppiger Vegetation bestanden , mit den Schnee- gipfeln der Kordillere als Hintergrund, einen malerischen Anblick gewähren, bei 170 km Länge und 50 120 km Breite eine Fläche von 136000 qkm ein. Ihr Wasser ist 260 C warm und süß und verwandelt sich nur nahe ihrem Eingange und bei hoher Flut in brackiges. Der Lago de Maracaibo verbindet sich durch einen , dem Halse einer Flasche ähnlichen , schmalen Abschnitt mit dem gleichnamigen Golfe, öffnet sich in denselben aber nur durch einen 500 m breiten Kanal, da zwei einander entgegen- kommende Halbinseln den Hals beinahe verschließen.

Die Lagune ist das Sammelbecken einer großen Anzahl z. T. bedeutender und schiffbarer Wasserläufe , welche ihr von allen Seiten zuströmen. Die wichtigsten sind Motatän und Chama, Escalante und Catatumbo , welche den Anden entspringen, und

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von denen Catatumbo Zulia den Verkehr mit Kolumbien ver- mitteln.

Das Gebiet des Maracaibosees ist sehr fruchtbar, aber nicht besonders gesund , die Stadt Maracaibo selbst eine der best- gebauten des Landes und der bedeutendste Ausfuhrhafen.

Küste. Von der Küste von Coro stößt , mit dieser nur durch einen schmalen stielartigen Isthmus verbunden , die ge- birgige Halbinsel Paraguanä weit ins Meer vor. Die Landschaft des Küstenstriches ist öde , auch mangeln Handel und Verkehr, und trotzdem ist derselbe einst die Wiege der von Europa ge- kommenen neuen Kultur gewesen.

Während die Küste von Falcon allmählich ins Meer gleitet und eine erkleckliche Anzahl von Flüssen , darunter der der Kordillere entspringende Tocuyo, reichlich Schwemmland mit sich führend , sie mit einem breiten Saum von Tiefland ausstatteten, fällt östlich das Karaibische Gebirge so steil und unmittelbar ins Meer , daß Ansiedelungen nur eine schmale Strandschwelie zur Verfügung blieb. Gleichwohl wurde dieser Abschnitt der Küste der bevorzugte, denn in ihm entwickelten sich die weltbekannten Handelsplätze Puerto Cabello und La Guaira.

Die Steilküste bricht mit dem Kap Codera plötzlich ab. Nunmehr dringt der breite Golf von Barcelona in flachem Bogen in das Land hinein. Er nimmt außer etlichen kleineren Wasser- läufen den Rio Unare auf, welcher dem erhöhten Zentrum der östlichen Llanos entspringt. In diesem Abschnitt der Küste haben sich zwei Haffe mit brackigem Wasser von 150 und 300 qkm Fläche ausgebildet. Die Gegend ist wiederum verlassen , der Strand reich an Kokospalmen , die Hügel sind mit Kakteen be- deckt.

Von der Stadt Barcelona ostwärts beherrscht die Küste die zweite Hälfte des Karaibischen Gebirges. »Die zertrümmerte und zerrissene Kreidekette lallt hier in Trümmern in das blaue und grüne Meer, erzeugt schroffe Formen und erglänzt in verschiedenen Farben.« Tief ins Gebirge dringt als östlicher Sack des Golfes von Barcelona der Golf von Cariaco, durch die Halbinsel Araya begrenzt, an deren Nordküste Gips, Alaun und Eisen vorkommt und Petroleum zutage tritt.

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Die Halbinsel Paria mit einer Wiederholung der Steilküste von Puerto Cabello und La Guaira erzeugt nebst der zurückfliehenden flachen, von zahlreichen Gewässern durchzogenen Festlandsküste den Golf von Paria, welchen die Insel Trinidad gegen den Atlantik absperrt. Nunmehr folgt das ausgedehnte , eine Fläche von 250000 qkm einnehmende Schwemmlandsgebiet des Orinoco- deltas , welches dichte Wälder bedecken , und endlich die eben- falls flache Küste von Guayana , Venezuelas Ostküste und Ab- schluß gegen den Atlantischen Ozean. Diese großen Territorien sind der Kultur noch wenig erschlossen. Der landeinwärts liegende Hafen Cano Colorado, die Siedlung Pedernales mit Asphaltgruben mögen als bedeutendere Punkte Erwähnung finden.

Inseln. Die zahlreichen, der venezolanischen Küste, welche sich durch ihre starke Gliederung vor allen anderen Südamerikas auszeichnet , vorliegenden Inseln sind vom Festlande abgerissene Brocken oder zum Teil »stehengebliebene Pfeiler einer vielleicht früher zwischen den Antillen und Südamerika vorhanden gewesenen Brücke«. Sie befinden sich nur zum Teil im Besitze Venezuelas. Von der westlichen Inselreihe Aruba bis Hermanos sind nur die kleineren Hermanos, Blanquilla, Orchila, Roques und Aves vene- zolanisch , während die größeren Aruba , Curacao , Bonaire den Niederlanden gehören. Es sind wald- und oft baumlose, nur mit Gestrüpp bedeckte Eilande , die sich aber trotzdem einer guten Besiedelung und lebhaften Handels erfreuen , freilich auf Kosten Venezuelas.

Zum Bestände der Republik zählt die große, der Halbinsel Araya vorgelagerte Insel Margarita und die kleineren Coche und Cubagua, alle drei durch ihre Perlenfischerei bekannt.

Die große und schöne Insel Trinidad mit dem Erdpechsee und das kleinere Tabago gehören zu den Kolonien des Britischen Reiches. Auch auf Trinidad blühen Handel und Wandel vor- nehmlich dank der Nachbarschaft des großen südamerikanischen Freistaates.

Naturgemäß sind diese Wächter europäischer Nationen dem Venezolaner aus mehreren Gründen ein Dorn im Auge, anderer- seits boten sie ein leicht erreichbares sicheres Asyl für viele politische Flüchtlinge und waren als solche von jeher ge- schätzt.

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I

Heifsc Quellen. Venezuela besitzt weder tätige noch er- loschene Vulkane, dagegen zahlreiche heiße Quellen, welche, dem Nord- und Südrande des Karaibischen Gebirges folgend und die Kordillere durchsetzend, vom Golf von Paria bis Kolumbien eine Linie von 800 km Länge bilden.

Am Nordrande sprudelt zwischen Valencia und Puerto Cabello in 435 m Seehöhe die 90 92 ° C heiße Quelle von Las Trin- cheras , welche ihre Temperatur , solange man sie kennt , nicht verändert hat. Bereits Humboldt maß sie. Sie zeichnet sich durch viel Schwefelwasserstoffgehalt aus und wird von Syphilitikern besucht. Eine große Anzahl von heißen Quellen besitzt das Ge- biet von Cariaco, wo die Geiser von El Pilar, unweit Carüpanos, gewaltige siedende Wassermengen auswerfen, ebenfalls mit Schwefel- wasserstoff gesättigt. Auch die Kordillere ist durch mehrere aus- gezeichnet.

Erdbeben. Das durch die Thermen gekennzeichnete Ge- biet ist auch jenes der Erdbeben. Es sind tektonische Beben, d. h. solche, welche durch den Einsturz von Gebirgsmassen her- vorgerufen werden. Da nun das »greisenhafte« Karaibische Ge- birge ein im Zerfall begriffenes vorstellt , ist die Häufigkeit der Beben in seinem Bereiche trotz der Abwesenheit von Vulkanen einwandfrei erklärt.

Besonders verheerende Erdbeben waren die von Cumanä in den Jahren 1530, 1766, 1797 und 1839, jenes, uns aus der klassischen Beschreibung Humboldts bekannte , welches Caracas am 26. März 181 2 beinahe zerstörte und auch La Guaira, Puerto Cabello , Valencia , Barquisimeto und Merida stark heimsuchte. In neuerer Zeit litten besonders 1875 Cücuta und 1886 Trujillo. In Caracas kommt der Boden kaum je vollständig zur Ruhe, so daß die Bevölkerung gegen mehr oder minder heftige Erdstöße, temblores, abgestumpft wurde.

2. Klima.

Temperaturen. La Guaira. Da die Linie der größten Hitze auf dem Festlande nicht mit dem Äquator zusammenfällt, sondern zehn Grad nördlich verläuft, dürfen wir an der Karaibi- schen Küste Venezuelas auf bedeutende Temperaturen gefaßt sein. Dieselben werden noch erhöht durch das steil abfallende Gebirge,

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dessen nächtliche Ausstrahlungen auch nach Sonnenuntergang keine beträchtliche Verminderung zulassen. Somit gilt der Hafenplatz La Guaira als einer der heißesten Punkte der Erde und wird vom Volke als »Eingang zur Hölle« bezeichnet. Als ihren Aus- gang nennt es Ciudad Bolivar. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt nach Humboldt 28,1° C. In den heißesten Monaten, Juni bis Oktober, soll sie sogar mittags bis auf 31,6° steigen und sich nachts auf 27 bis 2 halten. Die kältesten, November und Dezember, geht sie mittags auf 24,3 und nachts auf 21,6° zurück. Humboldt meinte, daß die Temperatur von La Guaira niemals unter 210 herabsinke.

Sievers gab folgende uns hier interessierende Übersicht :

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Caracas. Steigen wir die Gebirge empor , so vermindert sich naturgemäß die Hitze, und in der 920 m hoch gelegenen Hauptstadt Caracas übt die Sonne bereits eine mildere Herrschaft aus. Das Mittel des Jahres erreicht kaum 200 C. ; jenes des wärmsten Monats nähert sich 220, der kühlste besitzt eine mittlere Temperatur von 17,3°. Während diese Mittel keine allzu schroffen Gegensätze verraten, weichen Tages- und Nachttemperaturen stärker (8 ii°) voneinander ab, was sehr zur Erquickung der Bewohner beiträgt.

Die niedrigsten Temperaturen (10, 10,7°) bringen in Caracas, wo die meteorologischen Verhältnisse am besten bekannt sind, Januar, Februar und März, die höchsten (29,7° 29,8°) April und Mai. Letztere besitzen denn auch die höchsten Monats- mittel (21,4° 2i,7°), erstere die tiefsten (17,3° 18, o°). Juni bis einschließlich September erhält sich die mittlere Monatstem- peratur zwischen 20 20,9°, Oktober und November liegen die-

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selben ein wenig unter 200 und im Dezember unter 199 (18,6). Jahresextreme sind mithin io° und 29,8°.

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Jahresgang der Temperaturen in Caracas.

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Tovct>\ Steigen wir noch höher, etwa zu der deutschen Kolonie Tovar empor (2040 m), so genießen wir nach dort an- gestellten mehrjährigen Beobachtungen bereits jenes dem ewigen Frühling Humboldts entsprechende Jahresmittel von 14,4° (wärmster Monat 15,1°, kühlster 12,7°).

P&ramo. Schneelinie. In Höhen von 3500 m sinkt das Thermometer auf etwa 1 20 im Jahresmittel, bietet also auch dem

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dauernden Aufenthalt des Menschen kein Hindernis , wie große in solcher Höhe noch in Kolumbien gedeihende Siedelungen lehren.

Die Grenze des ewigen Schnees verläuft zwischen 4500 bis 4700 m, indessen schneit es vorübergehend bis zu 3500 m ab- wärts.

Llanos. Guayana. In den Llanos steigt das Thermometer wiederum mächtig , und die Quecksilbersäule zeigt weder erheb- liche Jahresschwankungen noch verändert sich ihr Stand nachts wesentlich im Vergleich zum Tage. Man nimmt ein Jahresmittel von 2 70 an. Jedoch erhitzt sich der Sand an offenen Stellen bis über 500, und das Wasser des Orinoco maß wenig unterhalb der Mündung der Meta, wie ich um 2>x\^ Uhr morgens im ersten Drittel des Mai feststellte, 27,8°. In Britisch Guayana fand Schomburgk am Amucusee während der Regenzeit Tagesmittel von 27 280. Nach S. Passarge ist das Klima allerdings sehr heiß, aber nur in den Mittagsstunden lähmend. In den Höhen nimmt die Temperatur naturgemäß ab.

Kordillere. Als angenehmste Orte gelten jene am Nord- abhang der Kordillere von Merida, in Höhen von 1200 2000 m gelegen, wie z. B. Merida in 1650 m Seehöhe, »wo in der Tat bei einer Mitteltemperatur von 180 ein beständiger deutscher Mai oder Juni herrscht«. Im übrigen gibt eine später folgende Zu- sammenstellung Auskunft über die mittlere Jahrestemperatur der wichtigsten Orte des Landes. (Vgl. Seite 47.)

Niederschläge. Regen fällt in Caracas das ganze Jahr hindurch, dennoch erreicht die Wassersäule kaum 800 mm (1910: 773). Die regenreichsten Monate waren 19 10 Mai und Juni mit 151 bzw. 133 mm. Es folgte der August mit 95 und der No- vember mit 86 mm. Dezember bis einschließlich April, welche wir als die kältesten kennengelernt haben, waren die trockensten. In den Regenmonaten verstärken sich die Güsse derart, daß in der gleichen Zeit die sieben- bis achtfache Niederschlagsmenge z. B. des März vom Himmel strömt. Die Zeit der Sonnen- scheindauer verringert sich somit auch in den Regenmonaten nicht so erheblich , wie man vermuten möchte , nämlich nur um i1^ 2 Stunden.

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Nord- und Südseite des Karaibischen Gebirges, auf welchem Caracas liegt, verhalten sich in bezug auf die Regenmenge ver- schieden, weil nur jene den feuchten Meereswinden ausgesetzt ist. Auf der Nordseite sind die Niederschläge erheblicher , und es sollen nach Sievers in Höhen von iooo 2000 m 1500 2000 mm Regen jährlich fallen.

Im Gebiet von Maracaibo kann man nach 19 15 19 an- gestellten Beobachtungen nur mit einem jährlichen Niederschlags- quantum von 495 mm rechnen.

Als Niederschlagsmengen Guayanas nimmt man etwa 1700 mm an. Regenmonate sind Mai bis Ende November. Die Nieder- schläge verringern sich nach Norden und werden für Ciudad Boh'var nur noch auf 1000 mm geschätzt.

Die Llanos , wenigstens die westlichen , sind zweifellos mit stärkeren Niederschlägen gesegnet. Zu den Regenmonaten zählen April bis November , indessen tritt um Johanni eine Pause von etlichen Wochen ein. Die Wolken bevorzugen die Nacht zur Entladung. Die Regenzeit künden Flächenblitze (Relämpagos veraneros) an.

Der Päramoregion entgegen büßt das Tropenklima seine Reize ein. Viel Regen , viel Nebel , viel Tau und manchmal Hagelschauer sind nun die Losung. Die Sonne verlor ihre All- gewalt.

Luftfeuchtigkeit. Die Feuchtigkeit der Luft schwankt im Monatsmittel in Caracas zwischen 78 und 84°/0. Sie ist am ge- ringsten im April , Juli und August , am höchsten während des Januar und Februar. In den Niederungen wird es zumal zur Regenzeit, sobald die Sonne durchbricht, drückend schwül. Die Berge hüllen sich in Wasserdunst und die höheren werden ihre schweren, schwarzen Wolkenhauben kaum mehr los.

Winde. Venezuela beherrschen die Passatwinde. Es wechseln Südostpassat und Nordostpassat miteinander ab, Regen und Trockenzeit und somit Jahreszeiten bedingend.

In den Llanos sind die Winde so kräftig und konstant, daß man sie für die Flußschiffahrt auszunutzen vermag. Die Winde setzen mancherorts um Mittag aus. So berichtet man aus Guayana, wo um vier Uhr morgens eine Ostbrise einsetzt und bis elf Uhr

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weht. Dann folgt Windstille, und erst um zwei Uhr nachmittags macht sich eine neue Luftströmung auf.

In Caracas herrschen im allgemeinen Ost- und besonders Südostwinde vor. Dann folgen Westwinde. Noch seltener sind nordöstliche.

Jahreszeiten. Das Jahr zerfällt in die Regen- und Trocken- zeit. Jene wird als Winter, inverno, diese als Sommer, verano, bezeichnet , und man redet sogar in den heißen Niederungen, ganz wie bei uns, von Winter und Sommer. Da die Bewohner derselben selbst gegen geringfügige Temperaturdifferenzen sehr empfindlich werden , frieren sie auch an bedeckten Regentagen. Der Vergleich mit ausgeprägten Jahreszeiten gewinnt noch an Berechtigung , weil am Ende der Trockenzeit gewisse Wälder sich entlauben und die Vegetation an waldlosen, buschigen oder kahlen Gebirgsabhängen und in den offenen Fluren der Llanos vertrocknend abstirbt, um mit einsetzender Regenperiode frühlings- artig wieder zu erwachen. Auch paßt sich die Landwirtschaft dem Wechsel zwischen Naß und Trocken an.

Im gebirgigen Osten des Landes herrscht eine fast ungeteilte Regenzeit von Mai bis Dezember, im Westen hingegen, in den Landschaften von Merida und Tächira, wird die Regenzeit durch die kurze trockene Periode um Johanni , den »Veranito de San Juan« , in zwei Teile zerlegt. Man unterscheidet überdies eine Hauptregenzeit von Mai bis August und die Zeit der Regenschauer in Verbindung mit den Nortes , Nordern , von Oktober bis De- zember. In den unwirtlichen Höhen des Päramo schwellen die Winde zu mächtiger Stärke an und setzen selten aus. Sie führen das ganze Jahr hindurch bedeutende Niederschlagsmengen mit sich. Die Jahreszeiten verwischen sich.

Gewitter. Die Regenzeit bringt eine Periode der Gewitter, gewaltige elektrische Entladungen, die sich oftmals ohne Regen- güsse vollziehen.

3. Klimate.

In den hohen Gebirgen der Tropenländer bauen sich ver- schiedene Klimate in Stockwerken übereinander auf. Sie lassen einen Vergleich mit den Zonen des Erdballs zu. In Venezuela und den anderen tropischen Andenstaaten unterscheidet man vier

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Regionen, die ihre charakteristische Pflanzendecke, ihre besonderen Nutzgewächse und ein eigenartiges Tierleben besitzen und in bezug auf Temperatur , Niederschläge , Bewegung der Luft aus- gesprochene Eigentümlichkeiten aufweisen.

Man unterscheidet :

Die Tierra caliente, das heiße Land von der Küste bis zu 600 m Höhe. Jahresmittel der Temperatur 24 280 C. Palmen , Kautschukbäume , Wollbäume (Ceibas) , Musaceen mit ihren riesigen Blättern, Arongewächse mit ihren herrlichen Blüten gehören ihr an. Hauptsächlichste angebaute Nutzgewächse sind Kakao, Indigo, Vanille, Batate, Reis, Yuca, Zuckerrohr, Baum- wollstaude , Banane , Tabak , Mais. Die letzten sechs werden übrigens auch noch in der folgenden Region mit besonderem Erfolg kultiviert.

Die Tierra templada. Das warme oder gemäßigte Land von 600 2000 m. Durchschnittstemperatur 17 240 C. Sie ist die Heimat der Fieberrindenbäume und Baumfarne und besonders ausgezeichnet durch die schmarotzenden Orchideen und Bromelia- ceen. In ihr dominiert der Kaffee. Unsere Hülsenfrüchte spielen eine bedeutende Rolle.

Die Tierra fria. Das kalte Land, 2000 2800 m. Mittlere Temperatur 12 170 C. Sie reicht bis zur Baumgrenze. Es ist die Region der neuweltlichen Alpenrosen. In ihr gedeihen Kartoffel , Gerste und Weizen nebst Gemüsen und nordischen Obstsorten am besten.

Der Päramo von 2800 m bis zur Schneegrenze. Jahres- mittel 12 C. Er besitzt eine alpine Pflanzendecke und eine Anzahl sehr charakteristischer Gewächse, namentlich aus der Familie der Korbblütler wie den Frailejön.

Venezuelas Territorien gehören vornehmlich der Tierra caliente an. Diese erfreut sich auch, im Gegensatz zu Kolumbien, der stärksten Besiedelung. Die Küstenstriche , das Gebiet des Maracaibosees , die Llanos und das Orinocodelta sind ihr ganz und von Guayana bedeutende Flächen zuzurechnen. Tierra tem- plada und fria umfassen die Abhänge und Täler der Gebirge in den gekennzeichneten Höhen. Der Päramo entfaltet sich in der Kordillere von Merida.

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Vertikale Verbreitung wichtiger Nutzpflanzen.

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4- Pflanzendecke.

Busch. Wer in La Guaira die venezolanische Küste be- tritt, wird von dem Ausschnitt der Pflanzenwelt, welcher sich ihm darbietet, leicht enttäuscht sein. Am Strande zwar wiegen sich malerisch graziös geneigte, schlanke Kokospalmen, aber die Berg- lehnen deckt nicht etwa ein undurchdringlicher, gesättigt grüner Urwald, über den sich die Wipfel gigantischer Bäume weit hinaus- recken und die Kronen der Palmen zu schweben scheinen, son- dern ein lichter Busch, aus dem wohl hier und dort lebhaft gefärbte Blüten hervorleuchten , der aber alles in allem einen stumpfen, graugrünen, blattarmen Eindruck macht.

In der Tat, er setzt sich aus riesigemjaäulenkaktus. mancherlei kugeligen Kakteen, stachelblättrigem Barbasco (Jacquinia), strauch- artigen Wolfsmilchgewächsen (Croton) und stark behaarten Ver- benensträuchern (Lantana) und besonders verschiedenartigen Le- guminosen, hauptsächlich Mimosaceen (Acacia, Mimosa, Prosopis) nebst Kapperngewächsen (Capparis) zusammen. Vielenorts ist er reich an nützlichen Agaven , an Ananas und dem so sehr ge- schätzten Dividivi. Hier und dort überragt ihn ein Caracoli (Anacardium) oder ein Guayacän (Guajacum officinale). Von diesem Busch, welcher sich nicht nur in unmittelbarer Nähe der Küste entwickelt, sondern in Coro, Barquisimeto, auf der Halb- insel Paraguanä und im Westen des Oriente die vorherrschende Pflanzengemeinschaft bildet und überall dort in der Tierra ca- liente vorkommt , wo der Boden schlecht und die Feuchtigkeit gering ist, so auch im oberen Chamatal, unterscheidet der Vene- zolaner, welcher ihn M o n t e oder E s p i n a r nennt, weil viele seiner Gewächse Dornen und Stacheln bewehren , verschiedene Arten, je nachdem die eine oder andere Pflanzensorte vorwaltet. So spricht er von einem Cujisal , wenn Mimosen vorherrschen, . Cardonal mit überwiegendem Säulenkaktus^ (Cereus) und Tunal mit starkem Hervortreten niedriger Kakteen. Ist aber Dividivi besonders gemein, so redet er von Dividivales.

In den Savannen Guayanas, aber auch in den Tälern von Carabobo, Aragua und Miranda tritt ein anderer Busch auf. Er besteht vornehmlich aus lichten Beständen hellstämmiger Cha- parros (Cwatella amcricana) und diese an Höhe übertreffenden

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Alcornocos (Bowdichia virgiloides), Leguminosenbäumen mit einem schweren, ungemein dauerhaften Holze und gerbstoffreicher, auch gegen Gicht und Rheuma angewandter Rinde. Die Blätter der Chaparros enthalten sehr viel Kieselsäure; man kann sie zum Polieren benutzen. Zu jenen Charaktertypen gesellen sich gerne Arten der Gattungen Bursera, Byrsonima, Spondias und Cassia. Diese Chaparrales genannten Pflanzengemeinschaften bilden die

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Gegenstück.

Trockenwald. Wo der Boden günstiger wird , stellt sich Wald ein ; zunächst der halbhohe Trockenwald, die Selva vera- nera*), kenntlich an den aus ihm hervorleuchtenden weißen / Stämmen und dem Ueberwiegen von Mimosenbäumen. Viele seiner führenden Bäume werfen in der heißesten Zeit des Jahres die Blätter ab. Auch diese unter einem tropischen Himmel recht merkwürdige Pflanzengemeinschaft , welche außerordentlich reich an lianenartigen Schlingpflanzen ist, die in den höchsten Wipfeln wahre Blumengärten erzeugen, bedeckt manche Gebiete Guayanas, z. B. den Orinoco begleitend, ist aber nach Sievers besonders an der regenärmeren Südseite des Gebirges von Cumanä und Carü- pano, ferner am Unare, an der Südseite der Serrania del Interior, im Tuytal, um den See von Valencia, in Barquisimeto und Coro und um Maracaibo zu Hause. Nach Filtrier macht sie zwei Drittel des gesamten Waldbestandes aus. Im Lande heißt der Sommer- wald, welcher, sich im Winter stark begrünend, alsdann in seinem Aussehen dem Regenwalde nähert, Montahuela, im Gegensatz zum richtigen Hochwalde , der Montana. Er besitzt sehr stattliche Baumgestalten, wie den Tolubalsambaum (Toluifera), den Javillo (Hura crepitans), den Mahagonibaum (Swietenia) u. a.

Galeriewald. In den Llanos heften sich die ähnlichen Galeriewälder an den Lauf der Flüsse und Ströme. Dieselben sind von wechselnder Tiefe. Bald säumen sie den Flußlauf rechts und links nur auf 50 100 m, bald erreichen sie eine nach Kilometern messende Breite. Ihr Parterre wird von stamm- losen Palmen , stacheligen Astrocaryumaxttn , klimmenden Des-

*) Pittje.r, IL: Esbozo de las formaciones vegetales de Venezuela. In: Bol. Com. Ind. I. 1920.

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moncus , der schönen Geonoma mit den breiten, flügelartigen Fiedern, Bambusse, darunter der kletternde Carizo, welcher oft große Bestände bildet, und mannigfaltigen Farnen erzeugt. Herr- liche Baumgestalten aus der Familie der Leguminosen, der Lor- beergewächse, der Urticaceen und vieler anderer bauen ihn auf. Palmen der Geschlechter Attalea (Jagua), Oreodoxa (Chaguaramo), Oenocarpus (Mapora) sind ihm eigen. Dennoch wird er über- troffen vom

Regemvald. Dieser zeigt den tropischen Urwald in seiner ganzen Majestät. Er steigt vom Saum der Küste bis in Höhen von 2500 3000 m. In Venezuela ist er in der Kordillere von Merida, am Südufer der Lagune von Maracaibo, auf den Bergen Guayanas und im Orinocodelta in seiner ganzen überschwenglichen Wachstumsfreudigkeit entwickelt.

Der tropische Urwald , welcher vor allen Dingen Feuchtig- keit verlangt, sowohl des Bodens als der Luft, hat es zur denkbar größten Raumausnützung gebracht. Denn die Fülle von Ge- wächsen , die sich in ihm auf einer kleinen Fläche entwickelt, übersteigt jede Vorstellung. Wo wir bei uns in einem ausgesuchten Mischwalde ein Dutzend Baumarten zählen , finden sich dort Hunderte zusammen. Humboldt hat den Tropenwald treffend als einen Wald über dem Walde charakterisiert. In der Tat, der Urwald baut sich stockwerkartig auf. Niedere Bodenpflanzen, strauchartige, mittelhohe und hohe Bäume folgen aufeinander und werden schließlich noch von einzelnen Riesen überwipfelt. Das wuchert, das schlingt, das klettert, das strebt kerzengerade zum '■ Lichte empor, das wiegt sich in den Zweigen, klebt an Stamm und Ästen, füllt Höhlen und Risse, kurz, wo Raum blieb, sprießt Leben. So ist denn der Urwald in seinem Parterre einfach un- durchdringlich , ein verworrenes Durcheinander von Erd- und Luftwurzeln, von Strängen und Stämmen, Dornen und Blattwerk und modernden Stümpfen und Aesten. Nur eines vermissen wir in dem Dämmerdunkel: Blüten, außer vielleicht den gelb oder rot lodernden Ähren einer Pitcairnea. Und dennoch besitzt auch der Urwald seinen Blumenflor, aber er ist in den hohen und höchsten Wipfeln aufgehängt, wo er sich der Sonne erfreuen kann, welche dort die uns hinlänglich aus Blumenläden und Gewächs- häusern bekannten Orchideen und Bromeliaceen ihre phantastischen

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Kelche öffnen läßt. ,, Große Treibhäuser könnten völlig aus- gefüllt werden mit all den Farnen, Orchideen, Aroideen, Cacteen, Cyclantheen, Bromeliaceen, Jungermannien, Peperomien , die in großen Büschen dicht aneinandergedrängt an dem Stamme eines einzigen großen Urwaldbaumes sitzen" (Appun).

Die beispiellose Raumausnützung geht mit einer Artenfülle ohnegleichen Hand in Hand und wäre ohne eine ganz außer- ordentliche Mannigfaltigkeit der Waldbildner unmöglich , da der Kampf um die Existenzbedingungen gleichen oder nahe verwandten Gewächsen nur eine beschränkte Entfaltung erlaubt, weil sie die nämlichen Ansprüche an Boden und Licht stellen. Variieren diese, was bei verschiedenartigen der Fall sein kann und häufig ist, so vermag sich die Summe der Einzelwesen auf derselben Fläche erheblich zu steigern.

Die Urwaldgewächse weisen eine großartige Anpassungs- fähigkeit auf. Man bedenke nur, wie sehr verschieden ihr Licht- bedürfnis sein muß ! Obwohl sie sich aus einer gewaltigen An- zahl von Familien rekrutieren , verhalten sie sich in manchem recht gleichartig, z. B. in der Ausbildung der Blätter. Dieselben sind in der Regel dunkelgrün, lederhart, die Oberseite von me- tallischem Glänze, ganzrandig und mehr oder minder oval, bald klein wie das des Lorbeers, bald groß genug, um ein einzelnes als Schirm zu benutzen.

Die Zusammensetzung des Urwaldes wechselt in den ver- schiedenen Höhen. Das Urwaldparterre füllen in den Niederungen Fieder- und Fächerpalmen , Musaceen , Aroideen , Bambusse, Farne u. a. Da der Bäume unzählige sind, können nur einige besonders auffallende Erscheinungen genannt werden. Unter diesen zählen die Wollbäume, Ceibas (Bombax) zu den Riesen, ihr Stamm ruht auf mächtigen Tafelwurzeln, welche ihn gleich Strebepfeilern zu stützen suchen , ferner der Paranußbaum (Bertholletia), die ölreiche Carapa guianensis, der Cedro (Cedrelä), der mächtige Balatäbaum (Mimusops), die Kautschukbäume (Hevea, Ficus), der Currucay (Callophyllum), die Carafia (Icica), die Mora (Dimorphandra excelsa), Grünherz (Nectandra) und ein Heer stolzer, himmelhoher Palmen , denn sie streben über alle Terrassen des Urwaldes hinaus, ihre Krone der Sonne darbietend. Am Rio Negro stellte man 33 Arten fest.

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Bergwald. Bei 1200 bis 1300 m erfährt der Tiefenwald eine bedeutsame Veränderung, er verliert seine Palmen, und seine charakteristischen Laubbäume ersetzen sich durch andere Ge- schlechter. Es beginnt der Bergwald. In ihm übernehmen die Fieberrindenbäume, begleitet von verschiedenartigen Myrten- und Lorbeerbäumen, und die Baumfarne die Führung. Erstere sind sehr schöne Erscheinungen mit zarten, rotgeaderten Blättern und silberglänzendem Stamm , dessen Rinde einstmals wegen ihres Chiningehaltes sehr begehrt war. In Venezuelas Kordilleren ge- deihen vier Arten von Cinchona. Die Baumfarne (Hemilelia, Cyathea, Alsophila) aber gehören zu den dekorativsten Gewächsen der Tropen. Manche werden 15 20 m hoch. Ihre Krone ver- einigt Fülle und Lieblichkeit in seltenster Weise. Zu ihnen ge- sellen sich elegante, himmelan strebende Palmen der Gattungen Oenocarpus, Ceroxylon, Iriartea. Den Boden bedecken vornehmlich Geonomaaxten. Im Bergwalde mehren sich die Blüten, und vor allem die Wipfel sind noch mehr als in der Tiefe wahre Hänge- gärten herrlicher Epiphyten oder Paräsitos, wie der Eingeborene mit Vorliebe die schmarotzenden Orchideen nennt. Besonders fällt uns auch das lange , graugrüne Baumhaar in die Augen, welches von den Ästen häufig herabhängt. Es gehört einer Bromeliacee an (Tillandsia).

Selvas. Schließlich haben wir noch der ,Selvas' zu ge- denken , jener großen , zusammenhängenden Llanowälder , von denen sich die Selva de Türen zwischen Rio Acarigua und Co- jedes und die Selva de Ticoporo zwischen Santa Barbara und Pedraza ausdehnt. Es handelt sich um trockene , dunkelgrüne Hochwälder, welche an Schlingpflanzen arm sind.

Päramo. Gegen 3000 m beginnt die Vegetation des Pä- ramo, jener öden, rauhen, oft morastigen Hochflächen, welche namentlich die Kämme der Kordillerenketten tragen. Leitpflanze des Päramo, dessen Vegetation nach Goebel am meisten der sub- polaren Flora der Südspitze Amerikas ähnelt, ist die ausschließlich südamerikanische Komposite Espeletia. Ein seltsames, plumpes Gewächs von 2 3 m Höhe, dessen graufilzige, schmale Blätter sich in vollem , starken Wirtel zur Krone eines unverzweigten, nach oben durch viele verwelkte Blätter mächtig verdickten Stammes häufen, der wohl von ferne einer in weiße Kapuze und Kutte

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gehüllten Mönchsgestait ähneln mag , weshalb ihn die Spanier Frailejön, riesiger Mönch, nannten. Im Sommer schießen aus dem Wipfel 5 10 langgestielte, gelbe Blütendolden hervor, je höher hinauf, um so massenhafter und ausschließlicher wird der baumartige Korbblütler und läßt endlich nur noch Gräser zwischen sich aufkommen. Der Frailejön enthält ein gelbes, übelriechendes Harz, das seine Brennbarkeit erhöht und ihn hierdurch zu einer Nutzpflanze der Päramobewohner erhebt.

Trotz der auf den Päramos herrschenden Nässe sind die Pflanzen, ihrem Bau nach zu urteilen, Xerophyten, also Gewächse, welche unter schwieriger Wasserversorgung leben. Goebel erklärt diesen Widerspruch damit, daß der kalte Boden den Wurzeln die Wasseraufnahme erschwert. Somit sind viele Einrichtungen als Schutzmittel gegen die Transpiration getroffen, und diese sind es, welche den Gewächsen ein so fremdartiges Aussehen verleihen. Sie begünstigten hier ein wolliges Haarkleid, erzeugten dort auf- fallende Kleinblätterigkeit oder eine Bedeckung von Schuppen, ließen die Blätter sich einrollen und nicht wenige Stauden sich kissenartig als eine kompakte Masse entwickeln.

So trostlos der Paramo an einem wolkenverhängten Tage der nassen Zeit erscheinen mag, im Sommer schmücken sich seine Moore, seine steinigen, oft von Felsblöcken starrenden Triften und rahmen sich seine Sümpfe mit einem überaus bunten Blüten- kleide, welches uns an das der Hochalpen erinnert. Wie dort blühen Alpenrosen, die Befarien, und sprießen Ranunkeln, Ane- monen, Steinbrecharten, Baldriane, Ehrenpreise und Glockenblumen hervor, und aus dem antarktischen Süden stellen sich Pantoffel- und Gauklerblumen ein. Die Orchideen entfalten sich nunmehr am Boden, welchen auch zahllose Farne und Bärlappe bedecken, darunter gute Bekannte aus unserer deutschen Heimat.

Savannen. Einen weiten Raum nehmen in Venezuela die , Savannen ein, jene Grasfluren der Llanos und des mittleren und unteren Orinoco. Dieselben erzeugen eine Anzahl von Grasarten, die sich aus wenigen Geschlechtern rekrutieren. In den schatten- losen Ebenen sind Parägras (Panicum, Paspalum, Kyllingia) ton- angebend. An den Ufern der Gewässer kommen verschiedene Cyperus und Juncus hinzu. Das Gras bildet keine zusammen- hängende Decke , sondern bülteartige Stöcke , zwischen denen

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überall der Erdboden sichtbar bleibt. Im Westen schießt es selten so hoch auf, daß es Roß und Reiter verschlänge ; höher wird das absonderliche Gesträuch von Mirnosaceen und Melasto- maceen, welches nur an den Zweigenden Blattbüschel trägt. Oft wächst es meilenweit in gleichmäßigen, aber dünnen Beständen. Die empfindliche Sinnpflanze der Llanos spürt den Hufschlag be- reits auf einige Entfernung und schließt ihre Blätter. Am Anfang der Regenzeit erlebt die Vegetation ihren Frühling. Mancherlei Zwiebelgewächse mit auffallend schönen Kelchen , aber auch Malven, Lippenblütler, Korbblütler und selbst Farnkräuter ent- falteten sich und beleben die Grasebene mit bunten Lichtern.

In Guayana ist das viel höhere Saetagras (Trachypogon) vor- herrschend, ebenfalls bültebildend.

Die Trockenzeit versengt den Pfianzenwuchs der Mesas ; dann bilden die tiefer gelegenen Teile grüne, von Palmen beschattete Oasen.

Moriche. Die Palmen der Llanos erreichen teilweise eine außerordentliche Höhe. Besonders eigenartig sind jene , welche sich auf einen Kegel von Luftwurzeln stützen (Iriartea). Im Orinocogebiete ist die häufigste und geschätzteste die Moriche genannte Mauritia ßexuosa. Der säulenförmige, 30 50 m hohe Stamm des stolzen Baumes trägt eine prächtige Krone aus lang- gestielten Blattfächern, von welcher der 3 m lange, über zentner- schwere, rote Fruchttroß herabhängt. Sie wächst gesellig auf sumpfigem Boden. Ihre Haine heißen Morichales , und ebenso bezeichnen heute die Bewohner des südöstlichen Venezuelas ihre kleinen Landgüter. In den trockenen Teilen der Llanos aber ist keine Palme häufiger als die 8 10 m hohe Palma de cobija (Copernicia tectorum) mit großen, zum Decken der Hütten ver- wandten Blattfächern. An manchen Orten bildet sie förmliche Wälder und wird gerne vom Würgebaum (Ficus dendroica) um- sponnen.

Mangle. Die Küsten Venezuelas werden durch die Mangle gesäumt. Diese biologisch sehr interessante Pflanzengemeinschaft, welche in der Gezeitenzone wurzelt , setzt sich aus der Mangle (Rhizophora mangle) und verschiedenen Verbenensträuchern zu- sammen , welche sich auf einen hohen Sockel leicht gebogener

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Luftwurzeln stützen und von ihren spärlich belaubten, dünnästigen Zweigen gleich Stricken Luftwurzeln in den schlammigen Boden senden. Eine eigenartige Tierwelt von Krebsen, Muscheln und Würmern bewohnt sie.

5. Tierleben.

Säuger. Die größten Raubtiere sind Puma und Jaguar. Ersterer bewohnt die Gebirge, letzterer, vom Volke Tigre genannt, die Ebenen. Außerdem gibt es eine Anzahl kleinerer Katzen, ferner verschiedene Bären, Marder und den weit verbreiteten Zorro, Fuchs (Canis azarae). Im Walde haust der größere Ameisenfresser, Oso palmero (Mynnecophaga jubata) , während der Oso melero, der vierzehige Ameisenbär, gleich den Gürteltieren die Savannen bevorzugt. Faultiere hängen sich mit Vorliebe an Cecropien auf, deren Blätter sie verzehren.

Riesige Fischottern, Perros de agua, tummeln sich nebst dem Coipu (Myopotamus) in den Flüssen. Rotten von Bisam- und Nabelschweinen durchbrechen das Unterholz der Wälder, in deren Wipfeln die Brüllaffen ihren heulenden Gesang anstimmen.

Das Wasserschwein oder Capybara, auch Chiguire genannt, ist keine seltene Erscheinung in der Nähe der Wasserläufe. Es ist der größte lebende Nager, dem Jaguar, Kaiman und der Mensch nachstellen. Goldhasen, Agutis oder Acures (Dasyproctes aguti), und Pacas oder Lapas (Coelogenys paca) sind häufige, gewisser- maßen unsere Hasen vertretende Geschöpfe derselben Sippe.

Der große Tapir, Danta, führt ein verborgenes Dasein vor- züglich in den Wäldern Guayanas, aber immer dem Wasser nahe, da er die mit Wasserpflanzen bedeckten Stellen abweidet. Offen und harmlos zeigen sich in den Savannen die Rudel der zier- lichen Spießhirsche, welche die Spanier nach der Aehnlichkeit mit unserem Reh Venados nannten.

Vampir. Die lästigsten unter den Säugetieren sind für den Menschen nicht die großen Räuber, sondern jene als Vampire bekannten kleinen Fledermäuse (Desnwdus rufus) , welche nachts in lautlosem Fluge in die Wohnungen dringen und Zehen und Nasenspitze anschneiden , was starke Blutungen zur Folge hat. Auch Rinder, Pferde und Maultiere fallen sie an, die sie hinter den Ohren und am Rücken beißen.

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Vögel. Außerordentlich ist die Vogelwelt entwickelt. Präch- tige Papageien und Tukane bevölkern oft scharenweise die Wipfel der Bäume , in welchen Webervögel ihre kunstreichen Nester an langen Stielen aufhingen. Ein Heer von Prachtfinken belebt die Bergwälder. Reizende , phantastisch gefärbte und geschmückte Kolibris umschwirren die Blüten , mannigfaltige hühner- oder fasanenartige Vögel huschen, auf dem Boden umher und verraten sich häufig mit ihrem eigenartigen Rufe, wie der Pauji (Pauxi ga- leata), welcher sich leicht zähmen läßt , und der Glockenvogel, von welchem der venezolanische Dichter A. J. Calcano Herrera in schönen Versen in M. Björkmans Übertragung sagt :

„Weiß wie ein Hermelin mit schwarzem Kragen Der Glockenvogel singt tief in den Bergen; Langsam und feierlich wie Totenglocken, So klingt sein Ruf. Erschauernd hört der Wandrer Aus düstrem Laub die bangen Töne dringen, Die nahes, schweres Unheil ihm verkünden."

Am auffallendsten aber entfaltet sich die Vogelwelt an den Flüssen der Niederungen. Möwen, Enten, Taucher, Rallen, Be- kassinen, Rohrhühner, Regenpfeifer, Spornflügler, Flamingos, Ibisse, Reiher, Störche, Kiebitze geben sich dort unbefangen ihren Lebens- gewohnheiten hin. Manche paradieren förmlich, wenn ein Fahr- zeug vorüberzieht, wie die Soldados genannten Störche (Mycieria americana), die sich in langer Kette aufreihen , als ob sie einer Musterung gewärtig wären. Von den Reihern wird die blendend- weiße Garzeta (Herodias cgrctta) wegen ihrer zarten, weißen Schmuck- federn im Schwanz hart verfolgt.

Von den Raubvögeln hat sich der schwarze Zamuro (Calhartes atratus) in allen bewohnten Gegenden als Straßenreiniger heimisch gemacht.

Reptile. Die Reptile sind durch die gewaltigen Erscheinungen der Krokodile und Alligatoren, Caimanes, im Stromgebiet des Ori- noco vertreten. Man erblickt ihre Riesenleiber von 5 6 m Länge oft auf dem Playas , und die junge Brut kann man gelegentlich in Menge fangen. Das Caiman ist nur im Wasser gefährlich.

Von den großen Land- und Flußschildkröten besitzt die Arrau genannte Podocnemis expansa eine ziemliche Bedeutung ihrer Eier wegen.

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Es wimmelt im Lande von Eidechsen , deren größte der recht gemeine Leguan (Iguana tuber culata) ist.

Venezuela ist die Heimat zahlreicher und imponierender Schlangen. Die Anaconda (Eunectes murinus), die mächtigste der neuweltlichen Riesenschlangen, erreicht 10 m und verschlingt so große Geschöpfe wie Capybaras und Hirsche und vermöchte wahr- scheinlich auch einen Menschen zu bewältigen. Sie lebt stets in der Nähe des Wassers , in dem sie auch ihre Opfer überrascht, und besteigt niemals Bäume im Gegensatz zur Abgottschlange (Boa constrictor). Diese liebt besonders die mit Monte bestandenen heißen Gegenden. Äußerst graziöse und behende Tiere sind die Baumschlangen, dank der schrägen Anordnung der Schuppen und ihres zusammengedrückten Körpers vorzügliche Kletterer und durch metallisch schillernde Färbung dem glänzenden Laubwerk vor- züglich angepaßt. Manche ziehen erst mit einbrechender Nacht auf Raub aus. Gefürchtet sind die giftige Klapperschlange, eine als Mapanare verhaßte Viper, und die rot und schwarz geringelten Corals, die Prunkottern, oder wissenschaftlich ausgedrückt Crotalus horridus, Lachesis mutus und verschiedene Etaps-Arten. Letzteren ähneln auffällig die Angehörigen der Schlangengattung Erythro- lamprus, indessen besitzen diese keine Giftzähne.

Die Giftschlangen sind nicht angriffslustig und beißen nur, wenn sie belästigt werden. Das kommt am ehesten bei der Ernte von Zuckerrohr und Mais vor. Eine Reihe von Mitteln aus der heimischen Flora werden als Antidota empfohlen. Seit langem bekannt ist Guäco, der Extrakt eines Schlinggewächses (Micania).

Wabenkröte. San Esteban ist ein guter Fundort für die Wabenkröte, jenen merkwürdigen Frosch, welcher seine Jungen in seiner Rückenhaut aufwachsen läßt. In den Llanos sind die Sträucher mit Laubfröschen besetzt.

Fische. Die Flüsse erweisen sich überreich an Fischen, darunter riesige Geschöpfe. Vornehmlich sind es Serrasalmo- ninen und Panzerwelse. Zu ersteren zählen die trotz ihrer Klein- heit sehr gefürchteten Caribe - Fische , welche den badenden Menschen in Scharen angreifen und vermöge ihres starken Ge- bisses arg zurichten können. Die Welse , Doraden , erreichen gewaltige Dimensionen.

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Am berühmtesten ist unter den Fischen Venezuelas der Zitteraal , Gymnotus electricus , welcher in etlichen Llanoflüssen, z. B. dem Orituco, einem Zulauf des Rio Guärico, zahlreich lebt und von dort vor vielen Jahren von einem deutschen Forscher (Karl Sachs) lebend bis nach Bremen transportiert wurde, jedoch dicht vor seinem Endziel Berlin an der Eisenbahnfahrt zugrunde ging. Indes eines blieb : ein hübsches Buch des jungen Ge- lehrten.

Insekten. Wer die berückende Natur eines südameri- kanischen Tropenlandes , wenn auch nur in Form einer Skizze, schildern will, darf die Welt der Insekten nicht völlig außer acht lassen, denn in ihr feiert die neotropische Schöpfungskraft eben- solche Triumphe, wie in der Entwicklung der Pflanzenwunder.

Alle Tagfaltergeschlechter werden an Größe und Pracht von den Morphiden und Brassoliden übertroffen. Sie sind nicht allein die herrlichsten Schmetterlinge der Neuen Welt, sondern gehören zu den königlichsten Erscheinungen der gesamten so verschwen- derisch bedachten Tropenzone. Die Morphiden sind Prachtfalter, deren Flügel ein ungemein lebhafter metallischer Glanz auszeichnet, zu dem bei manchen ein chamäleontisches Spiel der Farben bei wechselnder Beleuchtung tritt : ein gelbes , ein purpurnes , ein violettes Aufleuchten , ein Erstrahlen im tiefsten Blau und dann ein Ersterben zu zartem Perlmutterglanze. Bei den Brassoliden, Abendboten , heben sich wundervoll satt gefärbte Flecken und Binden , die aber ein sammetartiger Schmelz überhaucht , aus tiefschwarzen Umrahmungen. Wer wagte die Farbenpracht der Schwalbenschwänze , der Hesperiden und Spanner zu schildern, die phantastischen , oft riesenhaften Nachtfalter mit Worten zu malen , wo doch nur der Pinsel des Künstlers ein Abbild zu geben vermag! Von 430 Tagfaltergeschlechtern der Welt be- sitzen die amerikanischen Tropen 200.

Nicht minder frappieren die Käfer durch Größe , bizarre Formen und Farben. Gleichen doch manche köstlichen Edel- steinen. Mit ihnen wetteifern die Wanzen und, was Seltsamkeit der Erscheinung anbetrifft, sogar die Heuschrecken, bald wandelnde Blätter , bald gespenstisch sich regende Äste vortäuschend. Die Ameisen führen Riesenbauten in den Termitenhügeln auf, die Spinnen wachsen zu so großen Geschöpfen , wie die Vogel-

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spinne heran , die Tausendfüßler gipfeln in mächtigen Scolo pendren , die Skorpione erreichen nirgends gleiche Dimensionen, und manche Würmer kann man mit Schlangen verwechseln.

Mosquitos und Malaria. Nicht diese Kolosse, wenn auch oft mit Stachel und Gift ausgestattet, werden dem Menschen im allgemeinen gefährlich, dagegen bedrohen ihn mit Krankheit und Tod die feinsten und zartesten , die Mücken. Ich meine die stechenden Zancudos oder Mosquitos, von denen man heute weiß, daß sie die Träger der Malariakeime sind. Die das Wechsel- neber veranlassenden Zerstörer der roten Blutkörper bedürfen jener als Zwischenwirte zu ihrer Entwicklung, und so ist der Rhythmus : Mensch Mosquito Mensch. Die Mücke infiziert sich, das Blut des malariakranken Menschen saugend. In ihren Speichel- drüsen wächst der Keim heran und gelangt durch den Stich des Mosquito wiederum ins Blut des Menschen , wo er , sich ver- mehrend, der verderblichen Zerstörung der Sauerstoffträger obliegt. Da der Mosquito zu seiner Fortpflanzung und Entwicklung des stehenden Wassers bedarf, sind Plätze mit Sümpfen , Weihern und Tümpeln die gefährlichsten.

Obwohl auch in den Wäldern Landschnecken leben , be- wohnen sie doch am massenhaftesten die Savannen. Dort kommen auch die größten der Gehäuseschnecken vor. Die Mangle ist die Heimat echter, sehr geschätzter und eifrig gesammelter Austern.

An feuchten , schattigen Plätzen haust verborgen ein Relikt aus grauer Urzeit, der Peripatus, halb Wurm, halb Gliedertier.

Das Tierleben nimmt in den höheren Lagen bedeutend ab. So treten die Reptilien sehr bald zurück, dagegen sind die kleineren Vögel , und besonders die Sänger unter ihnen , viel mehr im mittleren Gebirge , als in den Niederungen heimisch. Auf den Päramos werden die Frösche besonders zahlreich.

Viele der genannten Pflanzen und Tiere bieten dem Menschen einen bedeutenden Nutzen. Darauf soll später eingegangen werden, indessen mag gleich gesagt sein, daß das Land zu verschiedenen Zeiten von argen Heuschreckenplagen heimgesucht worden ist.

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II. Die Bevölkerung. i. Urbewohner.

Vorspanische Kultur. Die Indianer Venezuelas, zumal die Bergbewohner , zerfielen zur Zeit der Ankunft der Europäer in eine außerordentlich große Anzahl Stämme und hatten bei weitem nicht die Kulturstufe der Azteken , Inkas oder auch nur der kolumbianischen Chibchas erklommen. Es waren zumeist seß- hafte Ackerbauer , welche Mais , Yuca , Arracacha und Bataten bauten und auch bereits den Kakaobaum auf ihren terrassen- förmig an Berghängen angelegten Feldern zogen. Sie haben Schmuckgegenstände und Idole aus Ton , Schiefer , Gneis und gelegentlich Nephrit, seltener aus Knochen hinterlassen.

Kriegerische Stämme. Die Kordillere von Merida bewohnten die Timotes-Indianer , welche unbekleidet gingen , nebst vielen kleineren Stämmen , deren Namen sich öfter in den Ortsnamen erhalten haben. Ihre Sprache entstammte dem Chibcha. In den Bergen von Caracas hauste ein besonders tapferer Stamm , die Teques, welcher unter seinen Häuptlingen Terepaima, Guaicaipuro und Paracamoni den Spaniern einen jahrelangen Widerstand ent- gegensetzte. Guaicaipuro erlitt schließlich den Heldentod mit der Waffe in der Hand nebst 22 Kampfgenossen. Auch die Indianer Cumanäs, die Cumanagotos, machten den Konquistadoren viel zu schaffen, nicht minder die Manches von Maracaibo unter ihrem Häuptling Tamanaco. Der tapfere Kazike Tamanaco geriet in Gefangenschaft und wurde auf Befehl des Siegers von einem Hunde zerrissen, wie denn die Konquista Venezuelas sich ebenso abschreckend grausam vollzog, wie diejenige anderer südamerika- nischer Länder. Übrigens traten manche Indianerstämme zu den Eroberern in das Verhältnis von Verbündeten , so die Caquetios von Coro.

Sklavenjagden. Naturgemäß wurde die eingeborene Be- völkerung durch die fortgesetzten Kämpfe dezimiert , vollends unterzugehen drohte sie aber , da die Spanier sie zu Sklaven machten, wozu ein Erlaß Ferdinands des Katholischen 15 13 die Ermächtigung gab, sobald sie Widerstand böte. Es wurden nun- mehr förmliche Sklavenjagden veranstaltet. Von den Westindischen Inseln, auf denen es bereits an Armen gebrach, kamen Aufkäufer.

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Die meisten verschleppte man in die Goldwäschereien von Santo Domingo. Die Perleninsel Cubagua diente als Sklaven- stapelplatz. Menschlicher verfuhr der spanische Faktor Juan de Ampies, welcher in die Sklaverei verfallene Indianer als Kolonisten ansiedelte. Namentlich auf den Inseln Curacao, Aruba und Bo- naire wurden Niederlassungen gegründet, die durch viele Indianer, welche ihre Heimat flohen, um den Menschenjagden zu entgehen, Verstärkung erhielten. Die Sklavenjagd bot im Anfang der Kon- cjuista den größten Gewinn , und ihr gaben sich auch die von den Welsern gesandten Deutschen hin, da die anderen erhofften Einnahmequellen enttäuschten.

Missionen. Etwa 150 Jahre nach der Entdeckung des Festlandes, 1652, beschloß die Krone Castiliens, um, was noch von Indianern existierte, zu retten, bewaffnete Expeditionen nach der jungen Kolonie zu verbieten und Missionen zu entsenden, welche die Eingeborenen zivilisieren und durch die christliche Liebe erobern sollten. Diese begannen alsbald ihr "Werk und hatten bereits 1799 um Cumanä und Barcelona 55 Orte ge- gründet, in denen 43 000 Indianer radiziert waren. Leider haben die Mönche sich häufig auf Kosten der Indianer, die sie für sich fronen ließen, ein gutes Leben gemacht. Aragonesische Mönche und später Jesuiten christianisierten gleichzeitig die Orinoco- Indianer, ebenfalls tapfere Stämme, welche, mit den Portugiesen verbündet, die Spanier oft und hart bedrängt haben, und siedelten 20000 derselben in 30 Missionen an. Bedauerlicherweise ver- fielen auch sie allmählich dem Laster , das Geschäft als die Hauptsache zu betrachten und die Indianer auszusaugen , sie physisch und moralisch ruinierend. Dies war der Grund , wes- halb 181 3 Spaniens König die Missionen der Weltgeistlicbkeit unterstellte.

Das, was nun trotz der Scheußlichkeiten der Konquistadoren und der gemeinen Gewinnsucht der Orden geblieben ist , was eingeschleppten Krankheiten und im besonderen dem furchtbaren Blatternjahre 1580, welches die Straßen mit Leichen besäte, was dem Alkohol und vor allem der Blutsvermischung widerstand und sich als mehr oder minder ansehnlicher Rest rein erhalten hat, sind nur noch wenige weit verstreute Stämme.

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2. Lebende Indianerstämme.

Guaraunos. Im Orinocodeita begegnet man wilden In- dianern am ehesten und gesichertsten : man sieht ihre nackten, dunkelkupferfarbenen Gestalten vom Dampfer aus in Booten dem Fischfang obliegen. Es handelt sich um die Warrau- oder Guarauno- Indianer, welche ihre Unabhängigkeit dem Strome, der das Land periodisch unter Wasser setzt , verdanken. Dann schlagen diese Wilden ihre Hütten , welche sich sonst unmittelbar am Boden erheben , auf einem hohen Pfahlroste auf. Pfosten liefern die Stämme der Manaca , das Dach decken die 3 m langen Wedel der Timichepalme, die Nägel ersetzen strickartige Bauhinien. Die Guaraunos leben außer von dem Mark der Mauritiapalme von der Jagd, dem Fischfang und ein wenig Ackerbau, Bananen, Mais, Bataten , Maniok kultivierend. Auch etwas Tabak pflanzen sie. Das Palmenmark vergraben sie, wie uns der gelehrte Herr Dr. Ernst aus Caracas mitteilt, ehe sie es zu kleinen Broten verbacken, erst einige Zeit in die Erde , wo es sich in einen Teig verwandelt. Der Maler Appun schilderte die Indianer und namentlich die Mädchen , welche bereits mit 11 12 Jahren mannbar sind . als schöne , üppige Menschen. Als Zeichen der Mannbarkeit wird ihnen das Haupthaar geschoren.

Alle gehen bis auf den Schamschurz nackt und salben und bemalen sich , vorzüglich nach den eifrig genommenen Bädern. Sie bewohnen kleine Dörfer mit durchschnittlich 80 Seelen. Die Guaraunos richten gute Boote, knüpfen Hängematten und sammeln Wachs zu Lichtern. Bei ihren Tänzen nach der Musik von Miniatur- Violinen und dem Geklapper der Mai/raca umschlingen sie sich, und Männer- und Frauenreihen wiegen sich rhythmisch, einen Schritt vorwärts, einen rückwärts setzend. Chicha aus Mais und Bataten kreist als Festtrunk.

Karaibcn. Die Quellengebiete der Ströme Guayanas, das

Roraimagebirge und den oberen Orinoco bewohnen die in viele Stämme gespaltenen Karaiben. Es sind die ansehnlichsten und intelligentesten der Urbewohner Venezuelas. Von hellerer Haut- farbe , schlanker Gestalt , sanftem Gesichtsausdruck , mit stark hervortretender Nase und tiefschwarzem Haupthaar , welches die Männer kurz, die Frauen lang und geflochten tragen. Sie schmücken

Bürger, Venezuela. 3

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Lippe und Nase mit Scheiben aus Holz, Stäbchen aus Rohr oder Nadeln und bedecken das Haupt mit dem Balge oder Federn von Papageien. Sie lieben Halsketten und Schamschürzen aus Perlen und Münzen. Auch bemalen sie sich mit roter und schwarzer Erde. Sie hausen in viereckigen Hütten aus Bambus- rohr und Palmenwedeln und ruhen in Hängematten. Bogen und Pfeile , die sie mit Curare vergiften , und die Keule bilden ihre Waffen. Mit dem Blasrohr erlegen sie Vögel.

Auch das Jägervolk der nomadisierenden Guahibos und die ackerbauenden Piapöcos greifen von Kolumbien nach Venezuela hinüber.

Guahibos. Die Guahibos sind mittelgroße , hellbraune Gestalten. Die Jünglinge schlank , aber muskulös , die Männer neigen zur Korpulenz. Ihr schwarzes, schlichtes Haar tragen sie so lang, daß es tief in die hohe und wohlgeformte Stirn hinein- fällt. Die Gesichtszüge mit den regsamen , schwarzen Augen berühren keineswegs unsympathisch. Die Nase ist schmal und schlank , ihr Rücken gerade , die Wangenknochen ragen nicht übermäßig vor , der wohlgebildete Mund wird von vollen , aber nicht wulstigen Lippen eingefaßt. Ein schwarzer , straffer Bart bedeckt nur die Oberlippe. Nur wenige zeigen einen Bartansatz am Kinn. Auch der Körper ist glatt. Besonders springt die auffällige Kürze der Arme ins Auge. Sie gehen nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Ihre Hauptwaffe ist der schmale , weit über mannshohe Bogen , aus einem eisenharten , wie Erz er- klingenden , schwarzbraunen Holze gefertigt , nebst fast ebenso langen, leichten Rohrpfeilen mit Widerhaken aus Eisen oder Bein. Diese Indianer lieben es sehr , sich mittels geschnupften Yopo- pulvers (aus dem Samen einer Mimose) zu berauschen. Sie ver- halten sich der Mission und Zivilisation gegenüber ablehnend, dennoch verdingen sie ihre jungen Leute als Dienstboten bei der kreolischen Bevölkerung.

Die Piapöcos sind seßhaft und sehr geschickt in der An- fertigung von allerlei Flechtwerk, welches einen begehrten Handels- artikel bildet.

Die Nahrung der Indianer bietet vornehmlich der Fischfang. Die Jagd, besonders auf Rehe und Tapire, versorgt sie mit Fleisch, welches auch geräuchert und getrocknet wird. Die Maniokwurzel

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liefert Casave, die Morichepalme ein sagoartiges Mehl. Mit festen Booten befahren sie die Flüsse.

Banibas. Am Rio Atabapo und Guainia leben die bronze- farbenen, schwarzäugigen Banibas, geschickte Anfertiger von Booten und Hängematten. Sie fallen durch »europäisches« Profil, läng- liche Schädelbildung und kleine , hochgewölbte Füße auf. Die Mädchen sollen den Töchtern Hindostans ähneln. Man zählt sie zu den intelligentesten Indianerstämmen. Ernsten, selbst ein wenig schwermütigen Charakters, liegen sie fleißig ihren Beschäftigungen ob. Sie sind seßhaft und bewohnen gesellig bis zu zwanzig oder dreißig vereinigt , soweit sie der gleichen Familie entstammen, große runde, mit Palmenblättern gedeckte Hütten. Während die Hausarbeit, das Stricken von Hängematten, von denen die feinsten Hunderte von Mark auf dem Weltmarkt erzielen (nach Dalton 40 £' , das Bestellen des Ackers mit Mais und Yuca von den Frauen und Kindern besorgt wird, gehen die Männer auf die Suche nach Urwaldschätzen, vornehmlich Kautschuk, aus. Ihre religiösen An- schauungen und Bräuche sind durch die früheren Missionen be- einflußt worden. Sie besitzen eine weiche und geruhige Sprache, in welcher scharf zwischen P und B unterschieden wird. Das Baniba ist die Hauptsprache am Rio Negro.

Arowaken. Die Banibas gehören nebst den Guaraunos zur Familie der Xu-Aruak-Stämme , von denen man gemeiniglich die Arowaken kennt , die sich in Venezuela an der Grenze von Britisch-Guayana und im Llano zwischen Meta und Apure, wenn auch hier nur in kümmerlichen Resten , als Abkömmlinge der »erdeessenden« Otomaken Humboldts erhielten. Die Arowaken Guayanas sollen die hübschesten Wohnungen erbauen, rund oder viereckig, die offene Savanna bevorzugend.

Die Arowaken von Atures, welche ihre Toten in Urnen und Körben in der Höhle von Ataruipe am Orinoco beigesetzt haben, sind ausgestorben , dagegen hat sich ein verwandter Stamm bis auf den heutigen Tag auf der kolumbianischen Halbinsel Goajira erhalten, der sich auf venezolanisches Gebiet bis in die Gegend von Sinamaica ausdehnt.

Goajiros. Die Goajiros sind ein Reitervolk und nebst den Araukanern in Chile wohl das einzige Südamerikas. Es ist ein verwegener, in eine Unzahl sich befehdender Stämme ge-

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spaltener Indianerschlag , der ein halbwildes , hauptsächlich der Viehzucht gewidmetes Leben führt. "Wohlgestaltet, von heller Hautfarbe , intelligenten Gesichtszügen , kühn und lebhaft. Ihre kleinen Dörfer bestehen aus runden, strohgedeckten Häusern. Die Männer führen Feuerwaffen und widmen sich dem Kriege , der Jagd und dem Fischfang ; die Frauen stricken Hängematten und bauen Yuca , Mais , Kartoffeln und Bananen. Ihr ärgster Feind ist die Malaria. Sie wandern vielfach arbeitsuchend nach Vene- zuela aus, wo sie sich gern für den Bau von Booten verdingen.

Motilones. In der schwer zugänglichen Sierra de Perijä hausen die kriegerischen Motilones, welche während der Kolonial- zeit öfters die Siedlungen der Spanier brandschatzten und zer- störten. Sie sind auch heute noch unabhängig , dem Weißen überaus feindlich gesinnt , der Kultur abhold und daher wenig bekannt.

Die ursprünglichen, aber noch heute vielfach erhaltenen und gebräuchlichen Namen der Flüsse , Berge und Orte sowie der Pflanzen und Tiere weisen in zahlreichen Fällen die Eigentüm- lichkeit der Endung are auf, z. B. Ocumare, Capadare, Capy- bare , und man hat sicherlich recht , daraus zu schließen , daß große Teile Venezuelas einstmals ein Indianervolk mit einheit- licher Sprache bewohnte. Indes wird die Behauptung , daß es Karaiben gewesen seien, deren heutiges Idiom ebenfalls viele auf are endigende Wörter besitze, mit der Begründung angefochten, daß ein Gleiches für die Nu - Aruak - Stämme zutreffe (Koch- Grünberg).

3. Stammväter und Mischlinge. Zu der eingeborenen kupferfarbigen Rasse , welche in der Hauptsache bei Erscheinen der Spanier den auch auf den Antillen ansässigen Karaiben *) angehörte, von denen man annimmt, daß sie die Arowaken verdrängt und auch dem Vordringen der Chibchas, die wahrscheinlich von Kolumbien aus Teile der venezolanischen Kordillere besiedelten, Einhalt geboten, gesellten sich um 1500

*) Das Wort Karaibe ist zwar indianischen Ursprungs, aber von den Spaniern auf die Indianer übertragen worden; vielleicht, weil diese den Europäern zuschrien: »Carib, Caribe<>, was Bleiche, Blasse, Farblose bedeutet (Tavera-Acosta).

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die ersten Weißen, welche sich in der Folge durch ununterbrochene Zuzüge verstärkten , und später von den Weißen als Ersatz der aussterbenden Indianer aus Afrika herbeigeholte Negersklaven. Ihre Zufuhr erhielt sich bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts, sodaß sie damals mit 62 000 Köpfen etwa 8 Prozent der Be- völkerung ausgemacht haben sollen.

Mischlinge. Da die weißen Eroberer in der Regel ohne Frauen kamen , wuchs naturgemäß bald ein Mischungsprodukt von Indianern und Weißen, die Mestizen, heran. Aber auch die schwarze Rasse kreuzte sich mit der weißen, den Mulatten den Ursprung gebend. Seltener blieb der indianisch-äthiopische Bastard, der Zambo. Man meint, weil der Widerwille der Indianer gegen die Schwarzen viel stärker entwickelt war, als bei dem Europäer. Die Mischlinge wurden P a r d o s genannt und bildeten am Aus- gange der Kolonialzeit die Hälfte der Bevölkerung.

Das Bild der heutigen venezolanischen Bevölkerung ist mithin als Mischungsprodukt von drei Rassen in allen möglichen Ab- stufungen ein sehr mannigfaltiges, wie es am augenscheinlichsten die Hautfarbe, die alle Schattierungen von hell und dunkel zeigt, uns weiß , gelb , bronzegetönt , kupferfarbig , braun und schwarz wie Ebenholz entgegentretend, aber kaum minder die Verschieden- heit der Charaktere, der Anlagen, des Temperamentes und Ge- mütes offenbart. Am seltensten sind reine Typen. Auch der reinblütige Neger tritt numerisch hinter dem Mischling stark zurück, und Sievers meint, wenn ein Zehntel der Bevölkerung rein weiß genannt werden könnte, so dürfte das schon viel sein.

Neger und Indianer. Im Wesen und Charakter unter- scheiden sich gerade Neger und Indianer außerordentlich. Der Schwarze ist lebhaft , laut bis zur Ausgelassenheit , geschwätzig, zutunlich, rasch in Freundschaft, rasch in Haß entflammt. Kind- lich , naiv , sehr gelehrig und überaus anpassungsfähig. Lustige Tanzereien sind seine Freude. Ganz anders der Indianer. Dieser ist zurückhaltend, mißtrauisch, ernst und schweigsam. Er klebt an der Scholle und besitzt viel Heimatliebe. Eine gewisse Förm- lichkeit panzert sein Wesen. Es ist schwer , einem Indianer- abkömmling nahe zu kommen , und er wird sich niemals völlig ausgeben. Auch besitzen die Indianer in jeder Hinsicht eine viel geringere Anpassungsfähigkeit als die Neger. Trotz solcher

38

Unterschiedlichkeit ähneln Neger und Indianer einander in ihrem Hang zum Spiel und ihrer Vorliebe für alkoholische Getränke. Beide pflegen lieber der Ruhe , als daß sie arbeiten. Auch der Indianer tanzt, aber Indianer- und Negertanz unterscheiden sich wie ein altvaterisches Menuett und Tarantella.

Die Eigenart dieser beiden Rassen und ihrer Abkömmlinge wird besonders auffallend zur Geltung kommen, wenn sie örtlich getrennt auftreten und alsdann zum Gesamtkolorit einer Gegend wesentlich beitragen. Das ist in Venezuela der Fall.

Verteilung. Neger und Mulatten bewohnen hauptsächlich die heißen Gebiete des Landes. Der Staat Zulia, also die Land- schaft des Maracaibosees , zog die meisten an sich , die Küste, namentlich die Häfen Puerto Cabello, La Guaira, Cumanä, be- herbergen viele, und eine beträchtliche Anzahl zerstreute sich in die Llanos. Von den großen Städten des Inneren sind sie be- sonders in Garäcas und Valencia zu Hause. Dagegen blieb die Kordillere der Sitz der indianischen Abkömmlinge, freilich selten solcher reinen Blutes , indes durch Charakter und Benehmen genugsam ihre Abstammung verratend. Sie sind Eigentümer, Ackerbauer , Besitzer von Geschäften und Handelsmänner ; die Neger hingegen erwerben ihren Unterhalt als Hafenarbeiter, Boots- leute, als Diener und Kellner sie servieren in den Hotels der Landeshauptstadt , als Maultiertreiber, Lastträger und gelegentlich auch als Inhaber von Schenken.

Herkunft der Weifscn. Da die Werbetrommel für die Auswanderung nach den neuentdeckten Ländern in Andalusien gerührt wurde, folgten ihr zunächst hauptsächlich Bewohner jener Gegenden, aber auch aus anderen Teilen Spaniens und anderer Herren Länder fanden sich Abenteurer ein , denen man goldene Berge verhieß, und »die oft ihr Letztes daran setzten, in das ver- heißene Land zu gelangen, öfter noch drückende Verpflichtungen eingehen mußten , um Ausrüstung und Überfahrt borgweise zu erhalten«. Trotzdem also der Drang, im neuen Indien das Glück zu versuchen, nicht allzu groß war, mußte dennoch »ein jeder durch zwei ehrbare Zeugen erhärten, daß er kein Jude und kein Ketzer, noch der Inquisition verdächtig, auch sonst nicht wegen solcher und anderer unehrenhafter Vergehen vorbestraft, vielmehr als Untertan der Kirche und des Kaisers geboren sei« (Häbler).

39

Dennoch darf man die Qualität der Einwanderer während der Konquista nicht allzu hoch bewerten , wenn man sie auch nicht einfach als Gesindel abtun kann. Freilich waren der Eclel- leute wenige und der Begüterten keine unter ihnen, vielmehr die meisten arme Schlucker ohne Rang und Namen.

Criollos. Diese im Kriegshandwerk von Haus aus erfahrenen oder besonders eingeübten Leute , von denen nach und nach Tausende eintrafen , welche lange Zeit hindurch deutsche Schiffe, Eigentum der Welser, von Spanien aus beförderten, wurden die Stammväter des weißen Elementes. Ihre im neuen Lande ge- borenen Kinder bezeichnete man als Criollos , auch wenn sie reinen Blutes waren. Der in Europa geborene Spanier fühlte sich ihnen überlegen und schaute verächtlich auf sie herab. Dafür titulierten ihn die Kreolen Chapeton , das will etwa besagen : dummer, einfältiger Neuling.

Die Güte der Einwanderung hob sich beträchtlich , als später Zuzug aus Castilien, dem Baskenlande und Catalonien ein- traf, rühmen sich doch mit Recht besonders die letzteren Pro- vinzen der arbeitsamsten Bevölkerung Spaniens.

Hochburg der Weifsen. Der schon angedeutete Mangel an weißen Frauen führte zu einer so starken Vermischung mit dem heimischen Elemente, daß Sievers recht haben wird, wenn er um die Jahrhundertwende den Prozentsatz der Weißen auf 2^/2, einer Anzahl von 60 63000 entsprechend, veranschlagte, von welchen die Hälfte , vielleicht sogar zwei Drittel , in der Kordillere wohnt, »die somit als Hochburg des weißen Elementes im Lande anzusehen ist«. In den größeren Städten, in Valencia und Caracas hingegen gibt es nur wenige alte, rein weiße Familien spanischen Blutes.

Charaktergegensätze. Die Gegensätze , welche man in Venezuela zwischen Ebene- und Bergbewohner , den Charakter betreffend, erwarten darf, springen besonders ins Auge, denn zur Beeinflussung des Klimas gesellt sich die außerordentliche Ver- schiedenheit der Abstammung. «In der Tat, steigt man von der Kordillere in die Llanos oder das Sumpfgebiet der Lagune von Maracaibo oder nach Tocuyo und Barquisimeto hinab , glaubt man sich in ein anderes Land und ein anderes Volk versetzt. Anstatt der Ruhe , Stille und Insichgekehrtheit der Kordilleren-

40

bewohner bemerkt man plötzlich Lebhaftigkeit, Unruhe und eine viel fröhlichere Lebensauffassung« (Sievers). Aber der Kordilleren- bewohner ist zäher und energischer , zuverlässiger und tapferer. Er eignet sich daher auch besser zum Soldaten.

Llanero. Ein besonders stattlicher , widerstandsfähiger Schlag lebt in den Llanos. Der Llanero verbindet mit einem leidenschaftlichen Temperamente Energie und Ausdauer ; von glühender Freiheitsliebe beseelt, bildete er den Kern jener Truppen, welche die Unabhängigkeit erstritten. Leider haben die ewigen Revolutionen unter ihm stark aufgeräumt.

Patriziat. Kasten. Wie in anderen südamerikanischen Republiken entwickelte sich aus den reinblütigen spanischen Familien eine Art Patriziat , ohne daß dasselbe dauernd jenen ausschlaggebenden politischen Einfluß gewonnen hätte , wie die achtzig Familien der chilenischen Jente. Auch ist es offenbar in Venezuela nur während der Kolonialzeit zu einer derart strengen Kastenbildung gekommen, wie in der südlichsten Andenrepublik, noch zu ähnlich schroffen sozialen Gegensätzen. Zur Zeit der spanischen Herrschaft freilich sonderten sich die verschiedenen Volkskreise streng und suchten an den Sonntagen und Festen sogar verschiedene Andachtsstätten auf. So begaben sich in Caracas die Weißen zum Gottesdienst der Kathedrale, die Misch- linge, Pardos, bevorzugten den Tempel von Altagracia, die Neger San Mauricio und die von den Kanaren stammenden Einwanderer die Candelaria genannte Kirche. Erst durch die Konstitution von 1811, welche auch den Adel aufhob, wurde Gleichberechtigung der Rassen und allgemeine Gleichheit verkündet. Ob weiß , ob braun oder schwarz , reinen oder gemischten Blutes : alle waren fortan nicht mehr und nicht weniger als Bürger, Ciudadanos, des jungen Freistaates.

Im allgemeinen bürgerte sich das weiße Element in der Tierra templada und fria ein.

Neuere Eimcanderung. Bekanntlich verwehrte die spanische Regierung Ausländern den Zuzug nach ihren Kolonien. Diese Vergünstigung brachte der Übergang der spanischen Krone an die Bourbonen den Franzosen. Erst nach erstrittener Unabhängig- keit erfolgte die Einwanderung anderer Nationalitäten, voran der Tren, Engländer und Holländer, welche von den Inseln Trinidad

41

und Cura^ao auf das Festland übersiedelten. Später erschienen Italiener, Deutsche (darunter 1843 400 Kolonisten aus Baden, Nordamerikaner und Anfang der 40er Jahre etwa 5000 Bewohner der Kanarischen Inseln , von der Regierung angeworben. Auch dieser jüngste Zustrom hat sich vielfach mit heimischem Blute vermischt.

Über das numerische Verhältnis der drei Rassen zueinander und die Verschiebung , welche es im Laufe der Zeiten erlitt,

geben folgende Zahlen Aufschluß. Es gab

1839:

260000 Weiße

414000 Mischlinge

49 800 Neger

169000 unterworfene Indianer = - i7,8°/0

52400 freie Indianer . . = 6,o°/0

27>3°/o 43,6°/o

2,o"„

1891 :

63 000 =

2 369 000 = 89,8° 0

138000= 5,0°

50 000 Fremde 44 000

T ->0

045 200

2 664 OOO

4. Fremde.

Die Zählung von 1891 ergab 44000 Fremde, befanden sich :

Spanier Engländer Holländer Italiener .

. 13 600 . . 6 154

3 729

3 179 Kolumbianer

Franzosen . Reichsdeutsche Nordamerikaner Dänen .

1 1 000.

Darunter

2 545 962

232

82

Die Beschäftigung der Fremden , ihre Verteilung im Lande und ihre Beziehungen zur einheimischen Bevölkerung weisen er- hebliche Eigentümlichkeiten auf.

Engländer. Ein großer Teil der Engländer ist mit den von ihnen erbauten Bahnen liiert, deren Betrieb sie leiten. Einen anderen absorbieren die Goldminen Guayanas. Im unmittelbaren Handel treten sie zurück, denn sie bringen wohl die Ware, klagt Dalton, aber sie verkaufen sie nicht selbst.

Die Nordamerikaner haben eines der bedeutendsten Handels- häuser , Boulton & Comp. , inne und sind vielfach im Bergbau beschäftigt. Neuerdings hat sich ihr Einfluß infolge der Gründung von Großbank-Filialen wesentlich verstärkt.

42

Korsett. Die Franzosen sind besonders durch die Korsen zahlreich vertreten. Sie wurden die gefährlichsten Konkurrenten der Deutschen, denn sie widmen sich ausschließlich dem Handel und vermochten es, sich durch Geschäftstüchtigkeit, Zähigkeit und erstaunlichste Genügsamkeit aus kleinsten Anfängen zu Besitzern angesehener Häuser emporzuarbeiten. So haben sie sich unseren Landsleuten als siegreiche Wettbewerber in Angosturä erwiesen und die kleineren deutschen Geschäfte verdrängt. Nach Sievers sitzen sie in geschlossener Menge in Carüpano und haben hier einen großen Teil der Kakaohaciendas an sich gebracht. Indes sind sie wenig beliebt und gelten als Wucherer und Blutsauger. Die Franzosen aus dem Mutterlande bewähren sich als Kaufleute, Ingenieure und Pflanzer.

Italicner. Der Italiener pflegt das kleine und z. T. auch das große Geschäft, ferner verdient er als herumziehender Händler oder als Arbeiter bei Eisenbahnbauten sein Brot. Sein Ideal ist es, als Rentner in die Heimat zurückzukehren. Er ist wie überall nüchtern und äußerst sparsam, aber wenig gelitten.

Deutsche. Die Deutschen sind die Träger des Hoch- handels. Man zählte vor dem Kriege 50 deutsche Firmen. Es gibt aber auch deutsche Handwerker, wie Uhrmacher, Juweliere und besonders Hutmacher. Ferner sind sie Eigentümer großer Hotels , Besitzer von Brauereien und photographischen Ateliers. Andere sind als Ingenieure , Arzte und Apotheker tätig , noch andere fanden an der großen deutschen Bahn Anstellung. Endlich ist von deutschen Kolonisten zu reden, was später geschehen soll. Die Deutschen gehörten zu den angesehensten Fremden und sind in allen größeren Städten und Häfen vertreten. Mit Recht ist gesagt worden , wenn man ihre numerische Schwäche beklagte, »man muß die Deutschen wägen, nicht zählen«.

5. Volksbewegung. I )ie Bevölkerung Venezuelas betrug :

um 1800

: 800 000

1873:

1 750 000

1825

660 000

1881 :

2 075 245

1840

945 °°°

1801 :

7

2 600 000

1854

1 500 000

1920 :

3 000 000 *)

*) Die Zählung von 1920 stellt nur 2411952 Bewohner fest. Pas er- scheint überraschend wenig.

43

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Gebirge

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Cfl

Llanos

Höhen der hauptsächlichsten Städte. (Anuario Estadistico.)

44

Ihre Verteilung ist sehr ungleich.

Die stärkere Besiedelung der Niederungen bis zu iooo m Meereshöhe hängt mit der bedeutenden Entwicklung der Neger, dieser für die heißesten Gegenden besonders geeigneten Rasse, zusammen. Außerdem fehlen Venezuela jene ausgedehnten und fruchtbaren Hochebenen , welche die Bevölkerung im Nachbar- staate Kolumbien schon in indianischer Vorzeit an die Tierra templada und fria fesselten. Der gebirgige Teil des Westens ist bewohnter als der östliche. Sehr schwach ist die Bevölkerung der Llanos , und die ungeheuren Territorien , welche man als Guayana und Amazonien bezeichnet, sind beinahe menschenleer. Am besten bewohnt ist das mittlere Bergland zwischen Valencia und Caracas.

Auf i qkm leben in

Zulia 2,3

Tächira 9,0

Menda 8,0

Trujillo 20,0

Lara 9,0

Falcön 6,0

den zentralen Staaten 20,0

Amazonas-Territorium . . 0,16.

Sucre

6,0

Anzoätegui .

4,o

Monagas

2.5

Portuguesa .

6,5

Zamorra ....

*»5

Apure ....

°,3

Boh'var ....

0,2

Die Einwanderung nach Venezuela war vor dem Weltkriege sehr gering. Für 1910 ergibt sich, wenn die wichtigsten 11 Häfen ins Auge gefaßt werden, folgendes Bild :

ankommende Fremde ausreisende Fremde .

8273 7233

im Lande verblieben 1040.

Dieser geringe Überschuß verteilt sich auf die einzelnen Nationen in nachstehender Weise :

Es gewann das Land an

Deutschen . . 29 Portugiesen u.

Engländern . 512 Spaniern

Holländern . 2=. 2 Chinesen . .

33*

Franzosen

180 Argentiniern

Es verlor an

Italienern .

84 Mexikanern . 105

8 2 Kolumbianern 2 7

26 Arabern . . 53

45

Während und nach dem Weltkriege wurden gezählt :

aus dem Auslande ankommende Personen

IOÖIO 9818

das Land

verlassende Personen Gewinn Verlust

9 742 868

8 770 1048

8596 7637 959 7857 7182 675

6153 584i 312 12433 12879 446

wie die voranstehenden Ziffern lehren, nicht als

betrachten ist , war Venezuela bisher , was seine

Volksvermehrung anbetrifft, auf eigene Kraft angewiesen.

Geburten. Von 1905 1910 ergab sich ein im ganzen

wachsender Geburtenüberschuß, der im jüngsten Dezennium aber

wieder zurückging.

Man vergleiche die Zahlen nachstehender Zusammenstellung.

Zur Volksbewegung.

1Q14

i9J5 1916

1917

1918

1919

Da 1910

Ausnahme zu

•beschlossene Ehen

Geburten

Todesfälle

Vermehrung

!9°5

4,3o°/oo 27>73°/0fl

23,45 °/oo

4,44°/oo

1906

4>96 27,99

21,27

7,i9

1907

. 4,80 29,54

20,79

9.10

1908

. 4,76 27,96

22,47

5.6i

1909

4,74 28,35

20,91

8,30

1910

6,32 32,04

2i,53

10,50

i9x3

4,o 30,6

2 1,1

9.9

« 0

1915

2.66 30,0

25;2

5>l6

5

1917

. 3.o6 31.0

23,1

8,14

1918

. 5.°7 3°-3

27,1

3,32

2 |

1919

. 6,86 33,0

24,0

8,24

- p

Die

tatsächliche Vermehrung

der

Bevölkerung betrug , ein-

schliefilii

:h der Einwanderung, in den letzten zehn Jahren :

tägliche Z

unahine

1910 . . . . 28

091

74

191 1

310

78

1912

1 I

797

28

1913

24

650

65

1914

24

988

66

1915

12

904

32

1916

9

589

23

1917

20

359

54

1918

8

308

22

1919

20

59°

56

Im ganzen 191 586.

46

Auf Grund der Erhebungen von 1905 1910 errechnete man

31,24 lebend geborene auf 1000 Einwohner, 20,99 Todeställe Ä

und 10,25 Zuwachs .

Die Geburtslisten betrachtend, fällt uns die hohe Anzahl der illegitimen Kinder auf, welche jene der legitimen weit übertrifft.

Im Jahre 19 10 standen einander gegenüber

legitim : illegitim :

männlich weiblich männlich weiblich

I2Ö22 II 723 29346 28424.

Zu den letzteren kamen 372 anerkannte Kinder.

In Caracas standen 1919 1456 ehelichen 12 13 uneheliche Kinder gegenüber.

Ehen. An geschlossenen Ehen ermittelte man 3,08 aui 1000 Einwohner.

Schon Sachs wies darauf hin , daß unter den niederen und mittleren Klassen , wenigstens im Inneren des Landes , rechtlich geschlossene Ehen geradezu eine Seltenheit sind. Trotzdem wird die Genossin mit aller Förmlichkeit als »senora esposa« vorgestellt. Indes kommt es häutig genug vor , daß sich solche wilden Ehen lösen und beide Teile ein neues, ebenso lockeres Verhältnis ein- gehen. In die vorhandenen Kinder teilt man sich nach gütlicher Übereinkunft.

Unter Guzmän Blanco wurde die Zivilehe eingeführt.

6. Stadt und Land.

Für das Gesamtgebiet der Republik wurden 19 10 2,27 Be- wohner für den qkm berechnet. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung dürfte mit der Landwirtschaft verbunden sein und auf dem Campo leben, während das übrige Drittel zu den Stadtbewohnern zählt. Venezuela erfreut sich , wie Kolumbien , einer großen Anzahl kleiner, prosperierender Städtchen 19 10 waren es 49 mit über 3000 Einwohnern in welchen sich Handel, Hand- werk und Landwirtschaft die Hand reichen. Dieselben blühen namentlich im Gebirge und an jenen den Llanos zugekehrten Gebirgsrändern.

47

Lage, Jahresmittel der Temperaturen und Sterblichkeits-Koeffizient

der wichtigsten Städte.

Städte

Breite n. Br.

Höhe

Jahres- mittel

Sterb- lichkeit

° '

m

Co

%■>

Küste.

Maracaibo

IO 38 32

9

3°. 39

36,5

Coro

II 24 48

16

28

31.6

Pto Cabello

10 29 08

3

26.6

42

La Guaira .

10 36 1 0

8

29

33r>.

Cumanä

10 27 46

7

27,5

19.7

Barcelona .

10 8 06

13

27

15,8

Carüpano .

10 40 04

8

28

25.9

La Asuncion

11 1

10S

28

27.3

G e b i r g e und T

ä 1 e r.

10 30 24

1042

I909

34.4

Valencia

10 11 00

478

25

24ö

Barquisimeto .

03 57

566

25

35-:

San Cristöbal .

7 46 11

825

22

19,6

Villa de Cura

10 02 12

556

27

27,6

La Victoria

io 13 43

54o

23.5°

2Q,6

Merida ....

8 35 56

1641

IQ

29>9

Boconö ....

9 J9

I3J4

2 I

32,9

San Felipe

10 20 3S

245

2 8

33.9

Trujillo ....

9 22 26

800

25

26,3

Ocumare de Tuy

10 07 12

2 10

28

60. 2

Los Teques

10 21 20

1171

14

40,6

Guasipati .

7 28

^

30

14.3

Llanos und angrenze!

1 de Gel

5 i e te.

Ciudad Boh'var .

8 03 52

38

29

23-8

9 44 55

74

27

n. 7

Aragua de Barcelona .

9 27 29

1 10

27,8

2 1.4

San Carlos ....

9 39 42

15°

27,5

47.4

9 02 37

183

28

9.3

8 56 06

100

29

25. 1

San Fernando de Apure

7 53

73

26,8

8 3 7 49

180

27

1

48

Als Großstadt kommt nur Caracas in Frage , welches heute (1920) dem ersten Hunderttausend zustrebt. Über 46000 zählt Maracaibo, dem Valencia mit annähernd 30 000 Bewohnern folgt. Dann kommt Barquisimeto mit 24 000 Seelen. Ciudad Boh'var ist auf 20000 Seelen angewachsen, San Cristöbal auf 22000. Städte um 15000 Bewohner werden 9 und mit etwa 10 000 8 aufgeführt. Übrigens bezieht man bei Volkszählungen die Vecinos, die Nachbarn eines Ortes, gern mit ein.

7. Gesundheitsverhältnisse.

Der Gesundheitszustand ist besser, als man in diesen Breiten erwarten möchte, namentlich in den Bergen, der Tierra templada und fria , bedrohen den Europäer keine besonderen Gefahren. Ungünstiger liegen die Verhältnisse im Tief lande , insonderheit an der Küste , und gefürchtet ist die Umgebung des Maracaibo- sees. Auch Guayana, obwohl zum Teil trocken und bergig, gilt nicht als gesund. Gefährlich ist auch das Orinocodelta. Dagegen erwiesen sich die Llanos als ziemlich günstige Gebiete.

Gelbes Fieber. Von ansteckenden Krankheiten ist die ge- fährlichste das Gelbe Fieber, welches in Maracaibo selten erlischt und gelegentlich auch in Puerto Cabello und La Guaira auftritt. 1885 hatte es sogar einen Streifzug bis nach Caracas hinauf und 1887 bis Trujillo unternommen. 19 10 erlagen ihm 99 Personen, und zwar suchte es abermals die Hauptstadt auf, wo es 67 Opfer forderte, ferner Valencia, dort 10 Todesfälle verursachend.

Auch die Pest erscheint hin und wieder. 19 10 raffte diese Würgerin 45 Menschen im Bundesdistrikt und dem angrenzenden Staate Miranda hin; 20 in der Hauptstadt.

Dagegen waren die Erkrankungen an Blattern erstaunlich gering.

Malaria. Furchtbar aber räumt die Malaria unter der Bevölkerung auf, auch unter der indianischen, wie den Goajiros, die sie geradezu dezimiert. 19 10 fielen ihr 8320 Personen zum Opfer; da die Zahl der Todesfälle überhaupt 55436 betrug, darunter ein Drittel Kinder unter vier Jahren, so bedeutet das ein Siebentel der Todesursachen überhaupt.

Das Wechselfieber wird bekanntlich durch eine Art der Stech- mückengattung Anopheles übertragen und ist daher an Gegenden

49

mit stehenden Gewässern gebunden. Die Llanos, Guayana, das Delta und Maracaibo , in denen die fallenden Ströme Tausende von Wasserlachen zurücklassen , sind Hauptherde. Es ist daher begreiflich , daß sich die Trockenzeit viel gefährlicher als die Regenzeit erweist : die das Land weit überflutenden Flüsse spülen die Larven fort und lassen die Brutstätten verschwinden. Die Staaten Anzoätegui, Falcön, Guärico, Carabobo erweisen besonders hohe Todesziffern, die auf ihr Konto kommen.

Verbreitung häufiger Krankheiten (1910).

Staaten

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3

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Lungen- tuberkulose

Starrkrampf

Kinder- Starrkrampf

c 0

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S a d u M

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S

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3 fc-,

h

Ih

Distrito Federal .

34

176

495

45

T08

334

113

81

4

Anzoätegui .

1036

150 171

46

93

40

154

39

Apure .

60

48

61

14

81

1

47

72

Aragua .

374

J95

279

63

35°

93

181

18

1

Bolivar .

148

63

87

18

2

18

133

22

Carabobo .

856

426

440

77

224

231

294

69

2

Cojedes .

451

104

80

35

98

26

264

17

1

Falcön .

707

142

250

52

159

14

5

9

Guärico .

742

229

274

60

85

65

55i

32

Lara .

367

166

600

271

586

79

387

23

4

Mdrida .

108

194

161

M

160

4

74

209

-

Miranda

477

508

497

106

449

177

208

63

Monagas

4i7

87

. . .

10

7

43

14

Nueva Esparta

22

37

76

27

138

6

2

54

Portuguesa .

488

82

109

58

132

7

!52

10

1

Sucre

397

186

205

55

127

25

78

77

1

Tächira .

487

306

154

6

103

8

418

1 10

3

Trujillo . .

i45

45

149

21

196

42

82

IOI

5

Yaracui .

264

109

179

95

274

86

145

1 1

Zamora .

3°9

102

70

41

81

8

13

6

Zulia

378

393

265

24

9i

58

73

63

Delta-Amacuro

53

22

4

4

7

8

4

Insgesamt (8320

I3770I4606

ii47

3574

1329

3425

1 io4;22

Bürger, Vene

zuela.

4

50

5Sooo__

50 000

45 °°° _

Andere Krankheiten

22 665

40 000 _

35 000 _

1005

30 000

1104

1107

1260

1297

2 5 000 _

1329

Pneumonie

3425

20 000

Dysenterie

3770

1 5 000

Starrkrampf 4721

Tuberkulose

10 000

5315

5ooo__

Malaria

8438

55436

Kinderkrampf

Typhus [2 Jahren

Diarrhöe bei Kindern bis zu

Darmentzündung bei Kindern

Anämie [bis zu 2 Jahren

Herzkrankheiten

55 000 _

Über 70 Jahre

50 000

61 70 Jahre

51 60 Jahre

45 °°° _

41 50 Jahre

40 000

31 40 Jahre

35 000 _ 30 000

21 30 Jahre

25 000

16 20 Jahre

II 15 Jahre

20 000

5 10 Jahre

1 5 000

10 000

I 4 Jahre

2 12 Monate

5 000

0 I Monat

Bild der Sterblichkeit

und deren Krankheitsursachen.

Sterblichkeit

der verschiedenen

Lebensalter.

Starrkrampf. Ferner fordern Starrkrampf, Tuberkulose, Lungenentzündung, Erkrankungen der Verdauungsorgane und des Nervensystems und auch die Syphilis zahlreiche Opfer.

Dem Starrkrampf erliegen vornehmlich Kinder. Die Ein- geborenen nennen diesen Würgengel Mocezuelo.

4 383

2928

2 394

45l6

3 302

2 891

4 I91

3 38o

2385

4259

3 262

2 366

3826

2 899

2 804.

51

Die Tuberkulose vernichtet als Schwindsucht namentlich die Bewohner der großen Städte. Von den Darmerkrankungen kommen in erster Linie Dysenterie und schwere Diarrhöen in Frage. Grau- sam kürzen das Leben ferner Typhus , Anämie und Herzkrank- heiten.

Der Aussatz, die Lepra, jedoch ist minder verbreitet als im benachbarten Kolumbien.

Es rafften hin :

Wechsel- Lungen- Lungen- Kinder-

Grippe fieber Dysenterie tuberkulöse entzündung Starrkrampf

1919 . 8233 6870 4292

1918 . 12 733 7 436 3 447

1917 . 676 9175 3858

1916 . 697 IO452 5 132

^S 735 8858 4346

Für 19 10 wurde die Sterblichkeit auf 21,05 : 1000 berechnet.

Die Volkszählung von 1920 ermittelte 182 Männer und 148 Frauen, die das ioo^te Lebensjahr überschritten hatten. Die Staaten Trujillo, Miranda, Carabobo, Falcön und Merida besaßen die meisten.

8. Sprache.

In Venezuela wird Spanisch mit der für ganz Südamerika eigentümlichen Aussprache gesprochen. Insonderheit spricht man c und z wie unser ß. In der Stadt spricht man das Idiom Kastiliens reiner, auf dem Lande lässiger, manchen Buchstaben verschluckend und verstellend : z. B. lao statt lado , robao statt robado , naide statt nadie , sordao statt soldado , alverjas statt arvejas, feberal statt liberal.

Die Sprache bereicherte sich durch zahlreiche Worte indianischer Herkunft, vor allem für die Bezeichnung von Pflanzen und Tieren. So ist z. B. das gebräuchliche Wort für die Kartoffel nicht das spanische Batata , dieses ging vielmehr auf die süßen Knollen eines Windengewächses über , sondern papa , welches aus der Quechuasprache kam. Auch der Kürbis hat einen indianischen Namen in auyama erhalten. Im allgemeinen bewahrten die ameri- kanischen Früchte , Pflanzen und Tiere ihre ursprüngliche Be- nennung um so sicherer , je weniger leicht die Konquistadoren -sie mit europäischen verwechseln konnten. So haben sie einen

4*

52

dank seiner nahrhaften Knollen sehr geschätzten Doldenblütler

wegen der Ähnlichkeit der Blätter Sellerie , apio , genannt und

den Hirsch der Llanos, venado, Reh.

Wer sich mit der spanischen Sprache vertraut gemacht hat,.

wird in allen Teilen Venezuelas verstehen und verstanden werden,

da es keine Dialekte gibt. Aber niemand darf sich der Hoffnung.

hingeben, ohne dieselbe auszukommen, selbst dann nicht, wenn

er außer seiner Muttersprache noch zwei andere Kultursprachen

beherrschen sollte.

9. Namen.

Naturgemäß walten auch in Venezuela, wie in allen spanisch- amerikanischen Kolonien, die spanischen Eigennamen vor, indessen sind genug aus aller Herren Ländern vertreten , auch deutsche. Unter den venezolanischen Geschlechtsnamen fehlen die in der spanischen Welt so häufigen Garcia, Gonzdles, Cordero, Reyes,. Lopez keineswegs , indessen gibt es eine Reihe eigentümlicher. Gewisse Namen sind mit bestimmten Gegenden verknüpft , was dem Reisenden auch in Kolumbien auffällt und die Seßhaftigkeit der Bevölkerung dokumentiert.

Familiennamen. Der Venezolaner folgt nicht so allgemein dem spanischen Brauche , der sich ebenfalls in Südamerika,, wenigstens in den höheren Kreisen , einbürgerte , zur leichteren Unterscheidung dem Vatersnamen jenen der Mutter anzuhängen, sondern bedient sich lieber mehrerer Vornamen. So zeichnen z. B. als gegenwärtige Richter der Corte suprema Emilio Con- stantino Guerrero , Carlos Alberto Urbeneja, Jose Abdon Vivas. Auch die verschiedenen Monagas, welche in der venezolanischen Geschichte eine Rolle spielten , suchten sich durch verschiedene Vornamen vor Verwechslung zu schützen. Einer der bedeutendsten Präsidenten freilich , Antonio Guzmän Blanco , zeigt in seinem Namen väterliches und mütterliches Herkommen an, was uns ebenfalls in einem Soza Bäez , Febres Cordero , Yepez Borges oder Urdaneta Maya entgegentritt. Das spanische verbindende y (und) zwischen beiden Geschlechtsnamen läßt der Venezolaner ausfallen.

Vornamen. Als Vornamen begegnen wir der denkbar größten Fülle, denn nicht nur die Namensschätze des Alten und Neuen Testamentes und sämtlicher Staaten der zivilisierten Welt;.

53

auch das Altertum wurde in Anspruch genommen. Außerdem aber alle möglichen schönen und wünschenswerten Eigenschaften, Zustände und Erinnerungen zur Namengebung ausgebeutet und endlich bei uns rein weibliche, auch als männliche benutzt und umgekehrt.

Unter den 459 zur Zeit im Lande wirkenden Advokaten finden wir neben Jose , Juan (mit und ohne Bautista) , Pedro, Carlos, Rafael, die selbstverständlich vorwalten, Amilcar, Juvenal, Alcibiades, Leonidas, Demostenes, Horacio, Telesforo, Fociön, Poliön, Afrodirio, Brijido, Mariano, Maria, Gustavo, Alfredo, Adolfo, Wencescalao, Ernesto, Narciso, Angel, Jesus, Fortunato, Modesto, Hermoso, Amador.

Die verheiratete Frau behält ihren Mädchennamen, welchem sie den ihres Mannes durch ein de verbunden hinzufügt. So verwandelt sich eine Senorita Luisa Dävila , welche einen Herrn Parra ehelichte, in eine Dona oder Sefiora Luisa Dävila de Parra.

Jedenfalls spielt der Vorname eine viel größere Rolle als bei uns. Bekannte pflegen sich nur dieses zu bedienen, und auch der Diener spricht von und mit seinem Herrn oder Patron als einem Don Argimiro, Tadeo oder Inocente.

10. Berufe.

Nicht allein bei uns , auch in den Staaten Südamerikas drängen sich die Massen nach den gelehrten Berufen und den größeren Städten.

Vor allem ist es die Advokatur, welche viele anzieht. Für 1914 werden 459 zur Praxis zugelassene Rechtsanwälte namentlich aufgeführt. Also auf 6000 Bewohner kommt einer. Es ist aber zu berücksichtigen, daß sich dieselben in verhältnismäßig wenigen Orten zusammendrängen.

Empleomanie. Die juristische Karriere reizt , da sie am ehesten zu einer Staatsstellung führt, der man vor allen anderen als sicherster Versorgung zustrebt. Der Ämterhunger , die Em- pleomanie , war von jeher das Kreuz aller südamerikanischen Republiken.

Schon Sievers berichtete, daß auf 1000 Bewohner in Caracas ein Arzt kommt und auf fast 2000 ein Apotheker.

54

Die höchste Staatsgewalt ist bisher wohl ausschließlich von Generalen ausgeübt, sehr im Gegensatz zu Chile, wo seit bald einem Jahrhundert kein Militär mehr an der Spitze stand.

Die Richter gehen aus dem Stande der Anwälte hervor.

Im übrigen widmen sich die alten Geschlechter der Land- wirtschaft , sei es im Großbetriebe als Besitzer von Zuckerrohr-, Kakao- und Kaffeehacienden oder ausgedehnter Weizenfluren oder auch als Viehzüchter , sei es als Bauern der Maiskultur , dem Anbau von Kartoffeln und Hülsenfrüchten obliegend. Zahlreiche Existenzen begründen sich auf Handel und Handwerk.

Wenn wir von den Riesenbesitzungen eines Crespo und ver- schiedener anderer Magnaten in Guayana, dem Llano und etlichen wenig bevölkerten und erschlossenen Gebieten absehen, herrscht in Venezuela das mittlere und kleine Eigentum vor.

Nach einer allerdings weit zurückliegenden Statistik von 1894, die ich Sievers entlehne, beschäftigten sich in

Landwirtschaft : Handwerk : Schiffahrt : Bergbau :

376000 136000 8340 1 050.

Als Beamte dienten 3675, als Soldaten 6340; 528 waren Geistliche, 9300 widmeten sich freien Berufen und 211 000 er- warben als Dienstboten ihren Lebensunterhalt.

Gehälter. Über die von der Regierung bezahlten Gehälter stehen mir unter anderen einige Daten betreffs der in den Obras Publicas beschäftigten Angestellten zur Verfügung. 1920 empfingen jährlich in Bolivares (= 80 Pf.) :

Minister 36 000

Abteilungsdirektoren . 5 400

Abteilungschefs ... 3 600

Buchhalter . . . . 3 000

Archivare 2 400

Depotverwalter ... 2 400

Hilfsbeamte (Oficiales) . 2 400

Pförtner 960

Eisenbahninspekt. 1 800 3 600

Arbeitsinspektoren . . 2 880

Administratoren der Chausseebauten 4000 7200

Ingenieure der Kloaken-, Wasserleitungs-, Eisenbahn- und Wegebauten 4000 7 200 ausnahmsweise 9 600 u. 1 2 000

Die Angestellten, auch die technischen, waren, ihren Namen nach zu urteilen, sämtlich Venezolaner.

Löhne. An Arbeitslohn zahlte die Regierung 1920 einem ersten Mechaniker 600 B. monatlich, einem zweiten 400, einem Gehilfen 250. Ein Tischlermeister mit 2 Gehilfen empfing 800 B>

55

für den Monat. Ein Bauarbeiter erhielt 4 , ein Aufseher 5 B. Tagelohn , ein Oberaufseher 400 B. Monatsentschädigung. Ein Peön, ein ungelernter Arbeiter, verdiente 4 5 B., ein Junge 3 B. täglich. Ein Handwerksgeselle 7 14 B.

Besoldung der Staatsbeamten nach dem Budget 1920/21.

Präsident der Republik

Ministerium. Minister . Ministerialdirektor Abteilungscbef . Beamte . Pförtner . . .

Oberstes Geriebt. Ricbter .... Sekretär .... Büttel

Kirche. Erzbischof . Bischof . Dechant . Priester (Cura) . Kaplan Meßner .

Hospital. Arzt .... Apotheker . Sekretär . Schwester Bäcker

Koch .... Wäscherin .

Zoll. Zolldirektor . Einnehmer . Buchhalter . Diener

Bolivares 45 °°°

36 000

8 100

5400

2400 3600

1 440

14 400

7 200 1 440

12 600

7 200

3 600

1 260

576-738 444—576

4 800

2 880

2 250 600

1 080 720 240

12 000 3000—4500

3 840 960

Heer. Generalinspektor . Festungskommandant Batterieführer .

Leutnant

Sergeant

Unteroffizier.

Soldat

Marine. Schiffskommandant 1. Offizier . . . I. Maschinist Steuermann . Heizer .... Soldat . . . .

Post und Telegraph. Generaldirektor Inspektor .... Amtsvorstand :

Großstadt ....

Mittelstadt . . .

Kleinstadt Bote

Unterricht. Leiter einer Volksschule Lehrer einer Volksschule Leiter eines Lyzeums Lehrer eines Lyzeums . Professor der Universität

Pedell

Pförtner und Diener .

Bolivares

18 250 14 600

5 475

2 920 1085

912.50 73°

9 600

3 600 9 000

720 960 480

10 800

7 200

4 080 3 600

2280 2400 240 360

2880 3600 1 680

6 000 1200 2400 1200 3000

1 800 1 440

Da es aus mehrfachen Gründen von Interesse ist, zu erfahren, wie der Staat seine Diener bezahlt, gab ich noch einer ausführ- licheren Liste über die Gehaltsverhältnisse verschiedener Beamten-

56

kategorien Raum. Man wird finden, daß die höheren Chargen

mit erklecklichen Summen honoriert sind, die mittleren hingegen,

auf deren Schultern doch schließlich die Arbeitslast ruht , ein

vergleichsweise geringes Einkommen besitzen, ganz zu schweigen

von der Besoldung der niederen , die bei uns ein ungläubiges

Staunen auslöst.

u. Wohnung.

Stadtanlage. Die Spanier haben die Städte Südamerikas und somit auch Venezuelas stets im Anschluß an die Plaza und die an ihrer Ostseite errichtete Hauptkirche angelegt. Da diese mit der Achse genau gegen Osten visiert wurde , laufen ihr die Straßen z. T. parallel, z. T. kreuzen sich dieselben rechtwinklig, ziehen also entweder von Osten nach Westen oder von Süden nach Norden. Die Häuser wurden in Blocks erbaut, deren Länge, cuadra, ioo 125 m beträgt. Dieses überaus regelmäßige Schach- brett bietet den Vorteil ungemein leichter Orientierung. Wenn jemand die Nummer eines Hauses kennt, vermag er seine Lage auf einem Plane mit fast mathematischer Genauigkeit festzustellen.

Das Haus. Die Häuser sind mit Vorliebe aus Adobes, mit gehacktem Stroh vermischten lufttrockenen Lehmwürfeln , er- baut. Die älteren besitzen elledicke Wände und sind mit Ziegeln bedeckt. Das Dach ist selten flach. Nur an sehr heißen Orten, z. B. in La Guaira und Ciudad Bolivar , sieht man solche zum Aufenthalt nach Sonnenuntergang bestimmt, die dann wohl Kübel- gewächse tragen. Sonst ist das Satteldach das typische. Da es weder von Erkern noch Schornsteinen durchbrochen wird, machen die Häuser in ihrer Gesamtheit einen ungemein einförmigen Ein- druck. Das einstöckige Haus , die Casa en bajos , bildet die Regel ; wurde ihm ein zweites Stockwerk aufgesetzt , so spricht man von einer Casa de altos. Bebensicherer sind die ersteren. Auch die Fronten der Häuser wirken monoton, da sie sich höch- stens durch ihren Anstrich unterscheiden. Meistens sehen wir in der Mitte die Tür mit dem Klopfer und zu ihrer Rechten und Linken je ein oder zwei Fenster, welche vielfach Eisengitter schützen, die häufig in ihrer unteren Hälfte stark gegen die Straße hinausgebogen sind. Die inneren Fensterbänke vertreten zwei gemauerte Sitze. Fensterrahmen und Türen pflegen mit Ölfarbe oft grün gestrichen zu sein.

57

Patio. Der Hausflur mündet auf den ersten Hof, Patio, um den sich die besten Zimmer gruppieren , vor welchen gegen den Patio sich Veranden entlangziehen. Der Hof selbst ist in ein Gärtchen umgewandelt, mitunter mit Springbrunnen und schönen Zierpflanzen, immer aber mit etlichen Bäumen ge- schmückt. Zwischen den Pfosten der Veranden sind an Drähten Orchideen und Schlingpflanzen aufgehängt. Die Zimmer folgen sich in je einer Flucht rechts und links. Ein gutes Haus besitzt das Estudio des Herrn, den Salon der Dame, diese pflegen auf die Straße zu sehen, die Schlafzimmer, Dormitorios, den Comedor, das Speisezimmer. Als solches bevorzugt man jenen hellen, luftigen Raum, welcher sich zwischen ersten und zweiten Hof einschiebt, und der reichlich mit Fenstern oder Fenstertüren versehen ist.

Um den zweiten der Binnenhöfe scharen sich die Küche und Gelasse der Dienerschaft , während in einem dritten Patio sich Stallungen befinden und jener Ort, von dem man nicht spricht.

Die alten Häuser aus spanischer Zeit fallen durch ihre schwere, massive Bauart auf. In den äußeren Stadtteilen verschwindet dieses be- hagliche, raumverschwendende Heim und macht der strohgedeckten Hütte mit Wänden aus leichtem Material, das Lehm bindet, Platz.

Einrichtung. Die Ausstattung der Häuser richtet sich nach dem Vermögen der Bewohner , aber in heißen Gegenden pflegt sie einfacher zu sein als in den kälteren. Den gepolsterten Sessel ersetzt der Schaukelstuhl , den schweren Brüsseler Teppich die geflochtene Schilf- oder Binsenmatte. Als Schmuck paradieren Glasschränke mit Nippes und Kuriositäten des Landes, besonders bunten, ausgestopften Vögeln.

Tierische Hausgenossen. Alle Südamerikaner sind sehr tier- liebend, und so findet man kaum einen Haushalt, in dem nicht etliche gezähmte Geschöpfe gehätschelt würden. Natürlich sind die unterhaltenden Papageien die beliebtesten Hausgenossen , jedoch auch Stärlinge, Reiher und Pfefferfresser werden gepflegt. Außer- dem trifft man auf Affen , Marder und Eichhörnchen und selbst Schildkröten. Als Nutztier hält man allgemein den Esel, welcher kleine Lasten befördern muß.

Plaza. Um die Plaza pflegen sich die öffentlichen Gebäude zu scharen, hier haben sich auch die größten Ladengeschäfte an- gesiedelt, und in kleineren Orten findet man dort die beste Her-

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berge. Die Art, wie die Plaza gehalten ist, gibt ein gutes Spiegel- bild des Ortes. Ist sie nett und reinlich , so darf man auf ein gedeihliches Städtchen schließen.

12. Kleidung.

Mantilla. Den Fremden überrascht es , in einem solch heißen Lande Schwarz als bevorzugte Farbe der Kleidung zu finden, wenigstens bei den Gebirgsbewohnern. Dieselbe hat sich in den größeren Städten und im Osten völlig der europäischen Tracht angepaßt , wird meistens fertig gekauft und kommt , wie die Stoffe , aus Europa oder den Vereinigten Staaten. Nur bei den Frauen erhielt sich als eigenartiges Morgen- und Kirchen- gewandstück die spanische Mantilla , jenes schwarze , bei den Damen mit Spitzen besetzte Tuch, welches, öfters ein wenig zur Stirne herabgezogen , den Kopf verhüllt , am Halse gerafft wird und frei auf die Schultern fällt. Es ist kein Zweifel, daß dieser Rahmen hellen Gesichtern mit blondem Haar und blauen Augen einen ganz aparten Reiz verleiht, und man kann jenen »Gringo enamorado«, den in Liebe entbrannten Ausländer, verstehen, der auf einem bekannten (chilenischen) Gemälde wie gebannt einer solchen, die Kirche verlassenden Schönen nachstaunt.

Toiletten. An der Küste , in den heißen Hafenstädten, tragen sich die Ausländer weiß, und in Ciudad Bolivar bedienten die europäischen jungen Kaufleute ihre Kunden nur mit einem allerdings tadellosen Faltenhemde und Hose bekleidet. Neben der düsteren Kirchentracht besitzen die Senoras und Sehoritas aber auch höchst moderne Toiletten, und gelegentlich der Stunde des Korsos oder des Paseo auf der Plaza kommen in großen und kleinen Städten die prächtigsten und kostbarsten Hüte, wie sie Paris erfand und Deutschland sandte, zum Vorschein.

Ein viel bunteres Bild aber bringt der Sonntag in einer Negergegend zur Entfaltung, was bei der bekannten Vorliebe der Schwarzen für grelle Farben nicht überraschen kann. Billige, aber leuchtende Kattune verhüllen und erhöhen die Reize der mehr oder minder dunkelfarbigen Damenwelt.

In den Landstädten und den entlegenen Gebirgsorten ge- langen die heimischen Textilerzeugnisse zu Ehren. Der einfache Mann wählt weiße oder blaue Gewänder.

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Übrigens ist die Kleidung für viele ein nebensächlicher Punkt, man begnügt sich mit einem einzelnen Gewandstücke, z. B. einem Beinkleid , und die Kinder gar läßt man als Luft- und Sonnen- menschen heranwachsen. Honni soit, qui mal y pense !

Schuh und Hut. Der Venezolaner gibt sehr viel auf Fuß- und Kopfbekleidung. Der Caballero fängt mit dem Besitz von Stiefeln an, und als ganz feiner Herr legitimiert man sich durch Lackschuhe, die in den besser situierten Sphären gang und gäbe sind. Das arbeitende Volk trägt keine Strümpfe und benützt Sandalen, aus den Fasern der Agave geflochten, jene Alpargatas, deren Gebrauch aus Spanien stammt.

Die Kopfbedeckung , welche ja auch auf reine Naturvölker so viel Anziehungskraft ausübt und in Venezuela eine so große Rolle spielt, bildet der Zylinder, ein moderner dunkler Haarhut oder der aus dem gebleichten Palmenfieder - Baste feiner oder gröber geflochtene Strohhut. In den heißen westlichen Llanos ziehen die Leute merkwürdigerweise diesem so praktischen Landes- erzeugnis schwere , breitkrempige , importierte Hüte aus einem Sammetfilz vor, behauptend, sie erhielten den Kopf kühler.

Wie hoch der Venezolaner die Kopfbedeckung hält, beweist folgendes Geschichtchen , das ich einem interessanten Vortrage C. Schöffers entnehme : Zwei Engländerinnen beschwerten sich bei ihrer Waschfrau , daß sie ihnen wiederum die Wäsche mit einem gänzlich unbekleideten Knaben geschickt habe. Worauf diese entrüstet antwortete: »Und ich habe ihm doch ausdrücklich eingeschärft, er solle seinen Hut aufsetzen.«

Die Wertschätzung , welche der Hut in Venezuela genießt, lenkte viele deutsche Hutmacher dorthin, »deren es von der Kordillere bis zu den Goldminenplätzen am Orinoco und seinen Nebenflüssen in jedem Orte den einen oder anderen gab«. Die Nachkommen dieser Handwerker sind als Hutfabrikanten an- gesehene Mitglieder des deutschen Elementes geworden.

13. Speisen und Getränke.

Die Nahrung ist sehr mannigfaltig. Die wichtigsten Ernährer sind : Mais, Weizen, Yuca, Kartoffeln, Fleisch und Zucker.

Mais. Der Mais , das Indianerkorn , bildete als ertrag- reichste einheimische Graminee bereits vor der Konquista die

60 -

Grundlage der Volksernährung. Wahrscheinlich stammt er aus Mexiko. Man kennt dort eine wilde Art. Seine vorzügliche Anpassungsfähigkeit an kältere Regionen ermöglichte überhaupt die Besiedelung der andinen Hochebenen. Mais wird zumeist als Brot in den handgroßen, rundlichen, goldig gelblichen A r e p a s , und zwar am liebsten noch warm oder mindestens frisch kon- sumiert. Das Maismehl wird ohne Zusatz von Hefe einfach mit Wasser angerührt und gebacken. Aus einem feineren Maismehl bäckt man die wurtsförmig länglichen weißen Bollos. Ferner stellt man aus ihm Pfannkuchen, Tortillas, her. Außerdem aber wird aus dem Maismehl die nationale Mazamorra, die uns auch aus Kolumbien bekannt ist, halb Brei halb Suppe, bereitet, welche aber noch andere Zutaten enthält, wie Kartoffeln, Erbsen, Bohnen und gelegentlich auch Fleisch. Alle diese Maisgerichte sind wohlschmeckend und leicht verdaulich.

Weizen. Weizenbrot, Pan de trigo, in der Form von Semmeln, wird namentlich in den größeren Städten, aber auch in vielen kleineren, besonders der Kordillere hergestellt und bürgert sich immer mehr ein. Es ist aber minder wohlfeil als Maisbrot.

Yuca. Yuca ersetzt den Mais in den südlichen Niede- rungen, den Llanos, Guayana und den Amazonasterritorien. Ihre Wurzeln werden zerrieben, der giftige Milchsaft entfernt, und aus dem Brei, welcher reich an Stärkemehl ist, bäckt man wenige Millimeter dünne Kuchen, die aber 60 cm im Durchmesser haben, das C a s a v ebrot. Dasselbe hat den unschätzbaren Vorzug wochen-, ja monatelanger Haltbarkeit und wird von den Insekten ver- schont. Dagegen schmeckt es uns nur frisch leidlich, älter da- gegen recht fade. Übrigens werden die Yucawurzeln als Gemüse allenthalben genossen.

Fleisch. Das Fleisch spielt in einem so viehreichen Lande wie Venezuela naturgemäß auch eine Rolle in den dürf- tigeren Haushaltungen. Dagegen weniger das frische, welches sich ja nur sehr kurze Zeit hält, als das getrocknete, Carne seca. Das Fleisch von Rindern wird in dünne, lange Streifen geschnitten, mit Salz gesättigt und zum Trocknen an Gestellen aufgehängt. Die Haushaltungen besorgen das selbst. Vor der Zubereitung zerkleinert man es. In Gegenden, wo der Trocknungsprozeß der feuchten Luft wegen nicht schnell genug vonstatten geht, wie zur

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Regenzeit in den Llanos, nimmt es einen üblen Geruch an, der sich auch den Suppen und sonstigen mit ihm bereiteten Gerichten mitteilt.

In manchen Gegenden ißt man viel Ziegenfleisch, Garne de chivo, so in Coro, Barquisimeto und Trujillo.

Zucker. Sievers hat vollkommen recht, wenn er den Zucker nicht als Genußmittel, sondern als ein wichtiges Nahrungsmittel bezeichnet. Es ist aber nicht der weiße, raffinierte Zucker, sondern der eingedickte Rohrzuckersaft, die P a n e 1 a , gemeint. Diese kommt in Form pfundschwerer Backsteine in den Handel und wird vom Volke zum Casave-, Mais- oder Weizenbrot wie Käse oder Speck oder auch ohne jede Zutat verzehrt. Außerdem bildet sie das Substrat vieler der in allen Schichten beliebten Dulces und dient auch zum Süßen des Kaffees.

Gemüse. Außerdem gehören besonders im Berglande Kartoffeln und Bohnen namentlich die dunkeln Caraotas zu den wichtigsten Ernährern, zu denen sich auch noch Names (auch Yams genannt), die umfangreichen, fleischigen Wurzeln eines Windengewächses (Dioseorea alata), die stärkemehlhaltigen Wurzelstöcke des Ocumo, einer Aroidee (Colocasia csculenta), Apio (Arracacha), Bataten und Bananen gesellen. Die Bananen, Pla- tanos, werden in Butter und Zucker geschmort und zählen für unseren Gaumen zu den Leckerbissen der venezolanischen Küche.

Nirgends mangeln Hühner und Eier, oft die beliebte Zuflucht der Reisenden, zumal wenn sie die Stunde der Mahlzeit verpaßten.

Schließlich bietet sich eine stattliche und köstliche Reihe von Früchten dar, als da sind : süße, kleine Bananen (Cambures), Papayas, Mameyes, Mangos, Orangen, Melonen, Zapotas (Breiäpfel) und in den höheren Lagen auch Äpfel und Pfirsiche.

Die Mahlzeiten führen den Namen : Desayuno, Almuerzo und Comida.

Mahlzeiten. Das Desayuno, wörtlich Entnüchterung, oder erste Frühstück, Kaffee oder Schokolade mit Brot, wird nach dem Aufstehen genommen.

Dem Almuerzo oder zweiten Frühstück pflegt man zwischen 11 und 12 Uhr zuzusprechen. Es wird die Mazamorra oder der feinere nationale Sancoche gereicht, eine Suppe mit Huhn oder einem anderen Fleisch und verschiedenen Gemüsen

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wie Apio, Bataten, Yames und Yuca, oder eine einfache Fleisch- brühe, welcher sich dann das gekochte Fleisch anschließt, mit mancherlei Gemüsen garniert, wie den genannten, jungen Mais- kolben, Kartoffeln und Tomaten. Es folgen wiederum Fleisch mit Reis, ein Brei aus Mais, Eier, geschmorte Bananen, eine Mehl- speise, Süßigkeiten und endlich Kaffee.

Die C o m i dTa versammelt Familie und Gäste um 5 Uhr oder später. Verschiedene Fleischgerichte mit Gemüsen, wie Kartoffeln und Bataten, ein Teller mit Bohnen, Käse, Dulces, Kaffee bilden die Speisenfolge. Indes fehlt diesmal die Suppe, und man verzichtet auch auf die Früchte, von denen der Bewohner Neu-Granadas meint, daß sie am Morgen für den Magen Gold, mittags Silber, abends aber Blei sind.

Dulces. Die mehrfach erwähnten Dulces, Gelees und Marmeladen, werden unter Verwendung von Rohrzuckersaft nament- lich aus Quitten (Membrillas) und Guayabas hergestellt. Sievers rühmt ihren prachtvollen Geschmack, der alles hinter sich ließ, was er sonst von Süßigkeiten im Lande gekostet hat. Die Dulces de Membrillo werden in kleinen Holzkästen angerichtet. Nament- lich das Örtchen Sanare hat Ruf in der Bereitung derselben. Auch aus Kokusnuß wird häufig mit Reis zusammen eine Dulce, besonders in Nirgua hergestellt. Auch werden die Dulces mit Wasser verdünnt zusammen getrunken, und eine Guayaba-Gelee- Limonade bildet den Vespertrunk eines großen Teiles der Bevölkerung.

Getränke. Der Venezolaner leidet naturgemäß an einem hervorragenden Durste, welchen er vornehmlich mit einem auch den anderen Tropenländern Amerikas eignen Getränke , dem Guarapo stillt. Ein recht erfrischender, alkoholarmer Stoff. "Wasser, mit Panela versetzt, das auch als solches genommen wird, läßt man gären. Man unterscheidet eine frische, süße (Guarapo dulce) und ältere, saure Art (Guarapo fermentado). Erstere er- innert an einen Weinmost und bekommt, besonders mit dem Safte einer Limone versetzt, gut.

Auch der viel schärfere Zuckerrohrbranntwein wird in großen Mengen, nachdem er oft auf Anis gezogen hat, und dann als Anisado konsumiert.

Auffallenderweise bereitet man in Venezuela nicht die kolum- bianische Chicha de Mais, welche noch am Meta vorherrscht.

63

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bier immer mehr verbreitet. Früher konnte man selbst in entlegenen Plätzen deutsches Exportbier antreffen. Heute werden es wohl die ein- heimischen deutschen Brauereien vollständig verdrängt haben.

Vor den Hauptmahlzeiten ist als Aperitiv ein Cock-tail beliebt.

Die Kosten der Nahrungs- und Genußmittel sind in Vene- zuela immer noch nicht hoch, und namentlich zur Zeit werden die guten Ernten und die Schwierigkeit, den Ertrag derselben dem Weltmarkt zuzuführen, die Preise gezügelt haben.

14. Lebensgenuß.

Pulperias. Genau wie Kolumbien ist auch Venezuela überaus reich an Trinkgelegenheiten, welche sich keineswegs auf die Orte beschränken, sondern auch die Landstraßen begleiten. Städtchen, in denen auf 40 60 Einwohner eine Schenke kommt, gehören nicht zu den Ausnahmen. Diese, P u 1 p e r i a s genannten Kneipen, in denen sich, wie Sievers schrieb, das Leben der Männer in ihren Mußestunden abspielt, entbehren des Komforts, selbst die Sitzgelegenheiten sind spärlich, denn man pflegt die Tragos (Schlucke) stehend am Ladentisch zu nehmen. Häufig ist mit der Pulperia ein separates Kabinett verbunden ; in diesem wird gespielt. Trunk und Spiel sind der Ruin mancher Existenz im Lande.

Für die Damenwelt bringt der Besuch der Plaza, auf welcher in den ansehnlicheren Städten gegen Abend konzertiert wird, eine willkommene Abwechslung in den Tageslauf. Natürlich finden sich dort auch die jungen Herren ein, um ihren Ange- beteten zu huldigen.

Feste. Von den Festen wird Weihnachten äußerst ge- räuschvoll, vor allem mit Böllerschüssen, Fröschen und mit Feuer- werk gefeiert. Die Raketen und Schwärmer zischen und steigen nicht nur gegen den Nachthimmel empor, sondern werden zu jeder Tageszeit losgelassen.

Stiller begeht man Ostern ; alsdann beleben höchstens Pro- zessionen die Straßen, und am Karfreitag ruht sogar noch heute teilweise der Eisenbahnverkehr.*)

*) Mem. Obras Public. 1920, Bd. I.

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Familienfeste sind die Namenstage, die Santos, zu welchen man sich beschenkt.

Stier- und Hahnenkämpfe, Ein fröhliches Volksleben ent- faltet sich an den Tagen der Ortsfeste zu Ehren der Ortsheiligen, also etwa unseren Kirchweihsonntagen vergleichbar. Dann werden Stier- und Hahnenkämpfe abgehalten, die übrigens auch den Reiz der Weihnachtstage wesentlich erhöhen. Die Stierkämpfer stellen an kleinen Orten gewandte Jünglinge der Gesellschaft. Die Haupt- sache bei diesen blutigen Veranstaltungen bilden die Wetten. Auf einen Hahn werden oft Tausende gesetzt.

Harmloser sind die Wettrennen zu Pferde, mit denen sich das Landvolk vergnügt.

Der Venezolaner ist äußerst musikliebend und sangeslustig. Barden verkürzen die Abende durch endlose, oft improvisierte Liebesgeschichten in rezitativer Form. Zum Tanze spielen Gitarre und die rasselnde Maräca auf.

Der Llanero liebt die bündigen, Coplas genannten Vierzeiler : Cuando ensillo mi caballo Wenn ich mein Roß gesattelt habe,

Y me fajo mi machete, Mich mit dem Machete umgüx-tet, No envidio la suerte ä naide (nadie) Beneide ich niemanden auf der Welt, Ni aun al mismo Presidente. Nicht mal den Präsidenten.

El hombre para ser hombre Der Mann, will als Mann er gelten,

Tres cosas ha de tener: Benötigt der Dinge drei:

Buen caballo, buena silla Ein gutes Roß, einen Sattel

Y una zamba ä quien querer. Und ein Liebchen sei dabei.

Die trockenen Monate des Sommers bringen die Reisezeit. Die Bäder füllen sich. Der Bewohner der heißen Niederungen sucht frische Höhenplätze auf. Der Städter, welcher ein Land- gut sein eigen nennt, zieht sich auf dieses zurück.

III. Der Staat. i. Geschichte.

a) Entdeckung. Kolumbus. Auf seiner dritten Reise, im Jahre 1498, ent- deckte Kolumbus, an der Küste des Golfes von Paria entlang- fahrend, das Festland. Er verweilte indes nicht an den neuen Gestaden, sondern suchte wiederum Santo Domingo auf. Auf

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dem Wege lernte er eine Insel kennen, welche er Santa Margarita nannte.

Obwohl die Eindrücke des großen Entdeckers von der Natur und den Bewohnern der Tierra firme nur oberflächliche waren, genügte ihre Schilderung, Andere herbeizulocken. Sie gab Ver- anlassung zu jener Expedition, bei welcher sich Alonzo de Ojeda, Juan de la Cosa und der Florentiner Amdrigo Vespucci, nach dem später sehr zu Unrecht der große Doppelkontinent benannt wurde, zusammenfanden.

Klein- Venedig. Diese drei Männer, denen es an nautischen Kenntnissen nicht gebrach, befuhren die ganze venezolanische Küste und gelangten auch in den Golf von Coquibacoa, den man später Maracaibo nannte. Hier sichteten sie eine Pfahlbauten- niederlassung der Indianer, welche sie an Venedig erinnerte und sie veranlaßte, den Ort Klein- Venedig zu nennen, eine Bezeichnung, die sich als lokale nicht erhielt, indes auf das ganze Land über- ging. Ojeda und Genossen kehrten, ohne Spuren zu hinterlassen, 1499 nach Spanien zurück.

Goldene Schätze. Ihnen folgten aui dem Fuße Pedro Alonzo Xino, einer der Begleiter des Kolumbus, und Cristöbal Guerra. Sie besuchten Santa Margarita, wo sie reichlich Perlen von den Indianern empfingen , und dehnten ihre Reise , häufig Station machend, bis Coro aus. Dabei gewannen sie nicht nur einen überraschend günstigen Eindruck von der im ganzen zutraulichen Bevölkerung, welche Baumwolle baute und sich Gewänder aus derselben zu fertigen verstand, sondern heimsten auch erhebliche goldene Schätze ein.

Ihre Berichte gaben in der Alten Welt den Auftakt zu jener Sturm- und Drangperiode in der Eroberung der Neuen, welche das ethische Moment ganz beiseite ließ und nur nach Gold, Edelsteinen und Perlen gierte, und, wo es solche Schätze nicht gab, skrupellos zum Verkauf der Eingeborenen schritt, um aus dem Erlös die Habsucht zu befriedigen. Leider wurde den rohen Instinkten seitens der spanischen Krone noch Vorschub geleistet.

Um 15 13 gründeten als erste Franziskaner und Dominikaner Missionen an der Küste von Cumanä, die aber den Indianern nach einem anfänglich guten Verhältnis zum Opfer fielen, da sie

Bürger, Venezuela. 5

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dieselben aus Rache gegen die Treulosigkeit spanischer Krieger zerstörten, wie sich denn die Freundschaft, welche zunächst Ein- geborene und Weiße verknüpfte, immer mehr in erbitterten Haß verwandelte, freilich durch die Schuld der letzteren, die weder Eigentum, noch Leben oder Freiheit der Indianer schonten.

In diese Epoche fällt die Herrschaft der Welser. Freilich ist es sehr die Frage, ob sie wirklich ein Lorbeerreis im Ruhmes- kranze deutscher Kclonialunternehmen bedeutet.

b) Konquista und Regiment der Welser.

Weiser und Ehinger. Die landläufige Meinung geht da- hin, daß Kaiser Karl V. das westliche Venezuela den Welsern für eine Schuldverschreibung verpfändet habe, indessen eingehendere Untersuchungen K. Haeblers stellen den Vorgang wesentlich anders und minder einfach dar. Wir folgen diesen.

Das große Kaufhaus Welser zu Augsburg genoß in der ersten Hälfte des 1 6. Jahrhunderts mit Recht den Ruf eines Welthauses, da es durch zahlreiche Unternehmungen auch die überseeischen Länder in seinen Bannkreis zog.

1528 vergesellschaftete sich die Augsburger Firma mit dem Handelshause Ehinger zu Konstanz, und beide erhielten von der spanischen Krone, mit welcher die Welser dank ihrer Nieder- lassungen in Spanien liiert waren, den Auftrag, 50 deutsche Berg- leute anzuwerben, die an verschiedenen Punkten der Neuen Welt als Lehrmeister wirken sollten. Ein zweiter Vertrag berechtigte sie zum Import und Verkauf von 4000 Negersklaven und ein dritter überantwortete dem Heinrich Ehinger und seinem Geschäftsgenossen Hieronymus Sailer das Land vom Cap Maracapana bis Santa Marta und in südwestlicher Richtung bis zum Stillen Ozean zur Erschließung und Besiedelung. Außerdem wurde ihnen ein Lager- platz im Hafen von Sevilla eingeräumt.

Deutsche Bergleute. Die Bergleute gewann man in den Betrieben von St. Joachimstal. Sie traten ihre Reise über Leipzig und dann elbabwärts nach Hamburg an, um über Antwerpen nach Sevilla befördert zu werden, und erreichten nicht nur dieses, sondern auch Amerika. Freilich haben nur Einzelne ihr Glück drüben gemacht. Ein großer Teil hat sich nach Ablauf eines Jahres zurückbefördern lassen, wozu er das ausbedungene Recht

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besaß, viele aber sind am Klima zugrunde gegangen. Die Deutschen wurden zumeist in den Goldwäschereien von Santo Domingo und den mexikanischen Silbergruben verwandt, und einer derselben war es, welcher die den Welsern gehörenden Kupferminen von Cotoy zur Blüte brachte. Ein anderer deutscher Bergmann namens Hans Tetzel errang dank eines besseren Verarbeitungsverfahrens der Erze, welches er geheim hielt, auf der Insel Kuba außer- ordentliche Erfolge in der Kupfergewinnung. In Mexiko setzte die Tätigkeit eines ganzen Stabes von Deutschen in dem silber- reichen Gebiet von Zultepeque ein. Diese Minen gehörten den Nachkommen eines deutschen Druckereibesitzers namens Hans Kromberger in Sevilla, welcher von dort aus die erste Druckerei in Mexiko eingerichtet hatte. Auch diese Gruben gingen später in den Besitz der Welser über. Trotz etlicher Einzelerfolge soll sich im ganzen die Einführung der Bergleute finanziell nicht gelohnt haben. Obwohl der Handel mit Negersklaven reichen Gewinn abwarf es wurden 50 Dukaten und darüber pro Kopf bezahlt traten Ehinger und Sailer dennoch von diesem ihnen verliehenen Privi- legium zurück, da zur Zeit Venezuela weder im Bergbau noch in irgendwelchen Kulturen schwarze Hilfskräfte benötigte.

Kolonisten. Dagegen kam die dritte Abmachung zur Aus- führung. Heinrich Ehinger und Sailer warben im Namen der Weisergesellschaft 300 Kolonisten für Venezuela an und rüsteten zu deren Überfahrt vier Schiffe aus, die dem Kommando des Spaniers Garcia de Lerma unterstellt wurden, welcher als Gesell- schafter hinzutrat. Als königlicher Gouverneur aber der neuzu- schaffenden Provinz sollte Ambrosius Ehinger, ein Bruder Heinrichs, der zur Zeit das Amt eines Faktors der Weiserkompagnie in Santo Domingo bekleidete, schalten. Die Flottille war gehalten, ihn von jener Insel zum Festland zu befördern.

Die Ausfahrt vollzog sich als festlicher Akt nach vorange- gangener kirchlicher Feier unter Paukenschlägen und Trompeten- geschmetter. Die Bevölkerung von ganz Sevilla nahm an ihr bewegten Anteil. Nach glücklicher Überfahrt landete man bereits im Oktober 1528 in Santo Domingo, und bald darauf setzte ein Teil der Flotte mit 281 Kolonisten und Ambrosius Ehinger an der Spitze frohgemut und hoffnungsvoll die Reise zum Festlande fort, wo sie bei Coro Anker warf.

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Ambrosius Ehinger. Nunmehr tritt Ambrosius Ehinger,. den die Spanier Alfinger, entstanden aus el Einger, nannten, in den Vordergrund der Ereignisse. Er verkörperte den Typus eines Gewaltmenschen.

Am östlichen Gestade des dort tief ins Land dringenden Golfs von Maracaibo hatte inzwischen ein Mann, dem man aus- nahmsweise nur Gutes nachsagen kann, Juan de Ampids, die Stadt Coro gegründet, deren Besitz er wohl oder übel dem Am- brosius Ehinger überlassen mußte. Nachdem derselbe diesen Platz befestigt und ihm eine Verwaltung gegeben hatte, unternahm er eine Expedition, die zur Gründung der Stadt Maracaibo führte. Da es ihm vor allem, auch um seine Auftraggeber zu befriedigen,, darauf ankam, schnell Reichtum zu erwerben, und er das erhoffte Gold nicht vorfand, verlegte er sich auf den Handel mit gefangenen Indianern, die als Sklaven nach Santa Marta und den Inseln ver- kauft wurden. Auf einem späteren Streifzuge, welcher ihn noch tiefer ins Innere durch die Wildnisse der Anden bis in die Gegend von Pamplona und Ocana in Kolumbien führte, wurde zwar das so sehn- lichst erwartete Gold erbeutet man berichtet von Schätzen im Werte von 30000 Dukaten indes ging alles auf dem Rück- wege nach Coro verloren, und Ambrosius fand, durch vergiftete indianische Pfeile verwundet, im Tale von Chimacota ein qual- volles Ende. Sein Tod wurde von seinen Genossen als Befreiung empfunden, denn er hatte es bei seinem selbstherrlichen und grau- samen Charakter nicht verstanden, sich Freunde zu erwerben. Besonders haßten ihn die Spanier.

Die nationalen Eifersüchteleien zwischen Deutschen und Spaniern erschwerten von Anfang an den Fortschritt der kolonialen Bestrebungen. Da auch noch der Inhaber des neugegründeten Bistums Coro die spanische Sache gegen die deutschen Unter- nehmer verfocht und am Hofe von Madrid klerikale Einflüsse und Intrigen die Oberhand gewannen , schienen schon damals die deutschen Bestrebungen gefährdet, indes erlangte wiederum ein Deutscher die königliche Ernennung zum Gouverneur: Georg Hohermuth von Speyer oder Jorje de Spira, wie ihn die Spanier nannten.

Georg Hohermuth. Dieser kühne Konquistador brach mit drei Schiften Mitte Oktober 1534 auf, denn es hatte sich um

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ihn, trotzdem nicht eben günstige Gerüchte über das Welserland umliefen , ein stattliches Fähnlein von 600 Mann geschart. Mit ihm gingen als Majordomus der Flotte Andreas Gundelfinger und als Quartiermeister Franz Lebzelter. Bereits in den ersten De- zembertagen lag die Küste von Coro vor ihnen. Feierlich holte man sie in der jungen Hauptstadt ein. Hohermuth leitete von Anfang an das Bestreben, sich mit seinen spanischen Untergebenen und insbesondere dem Bischof gut zu stellen. Seine Befugnisse waren jedoch nicht mehr derart unumschränkt wie die seines Vorgängers, da Spaniens Krone das Generalkapitanat von der Gouverneurswürde getrennt hatte. Freilich bekleidete diesen Posten ebenfalls ein Deutscher, Nikolaus Federmann, ein ver- wegener und leider auch ränkesüchtiger Charakter.

Nach den unerhörten Erfolgen Pizarros und Almagros in Peru, schreibt Haebler, herrschte wie nach der Eroberung von Mexiko abermals ein wahres Entdeckungsfieber. «Man glaubte beinahe, daß es nur rücksichtsloser Energie und Beharrlichkeit bedürfe, um schließlich allerorten ein Dorado zu finden.» Dem Zuge der Zeit folgend, beschlossen sowohl Hohermuth als Feder- mann, die Suche nach dem Goldlande unverzüglich aufzunehmen. Sie wurden darin von den als Kolonisten angeworbenen Männern unterstüzt, welche keine Lust hatten, sich in Coro niederzulassen, dessen Umgebung durch die Flucht der Indianer verödet war.

Die Suche nach dem Dorado. Hohermuth brach am 13. Mai 1535 auf, erreichte zunächst, nach Süden vordringend, die Gegend von Barquisimeto, wandte sich aber dann westlich, dem Saum der Kordillere folgend, in die Gebiete von Barinas und gelangte in die Gegend des Casanare, eines Nebenflusses des Meta, die sie anstatt mit Indianern von hungrigen Jaguaren bevölkert fanden, welche sogar in ihre Lagerplätze einbrachen. Während des weiteren Vormarsches erfuhren sie von einem ge- fangengenommenen Indianerhäuptling, daß das Goldland jenseits des Gebirges liege, dessen Besteigung zwar schwierig sei, aber durch seinen unermeßlichen Reichtum alle Mühen und Beschwerden reichlich lohne. Einen gangbaren Aufstieg unter Führung des Kaziken suchend, gelangten sie an den Rio Upia, den sie erst nach langwierigen und zahlreichen fruchtlosen Versuchen zu über- schreiten vermochten. Bei dieser Gelegenheit verloren sie ihren

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Führer, der wahrscheinlich entflohen war. Da die goldhungrige Schar aber wiederum von anderen Indianern, die mit goldenem Schmucke behangen waren, auf die Frage nach dem Woher des gelben Metalles die Antwort «jenseits des Gebirges» erhielt, zog sie weiter, immer in der Suche nach einem Aufstieg. Nach dem Überschreiten des Ariari gab Hohermuth einen Festschmaus, an dem noch eine stattliche Zahl von Genossen teilnahm, und gelobte der heiligen Jungfrau 500 Pesos und die kommenden Sonntage als Rasttage, nur dem Gebete geweiht, wenn sie seine Wünsche erfüllen möchte. Das Gelöbnis blieb unerhört. Der verwegene Abenteurer kreuzte noch den Rio Caguan, drang schließlich bis zum Rio Vermejo vor, dann aber versagte seine Kolonne. Hoher- muth mußte sich am 13. August 1537 zum Rückzuge entschließen. Die Unglücksfahrt, welche an einem 13. begonnen und an einem 13. ihr Ende fand, hatte also zwei Jahre und drei Monate ge- dauert. Sie ist im höchsten Grade bewundernswert, denn selbst heute ist eine Reise ins Quellgebiet des Caqueta, von welcher Seite es sei, eine hervorragende Leistung.

Schneller, als sie ausgezogen, kehrten sie zur Küste von Coro zurück. Von 530 Mann waren noch 209 am Leben. Die Beute der dreijährigen Irrfahrt bestand aus Gold und Silber im Werte von 8000 Pesos. Coro fanden sie in elendem Zustande ; also nirgends ein Erfolg.

Glücklicher war Federmann ; er marschierte ebenfalls bis zum Rio Ariari vor, wandte sich dann aber entschlossen dem Gebirge zu, verfehlte zwar einen Paß , denn er überschritt den Päramo de la Suma Paz (4600 m), erreichte aber die andere Seite des Gebirges. Der Abstieg führte ihn auf die Hochebene von Bogota (2600 m), welche ein indianisches Kulturvolk be- völkerte. Freilich harrte seiner eine böse Enttäuschung : der spa- nische Feldhauptmann Gonzalo Jimenez de Quesada hatte bereits die Chibchas unterjocht und ihnen auch wohl schon einen guten Teil ihres Goldschmuckes abgenommen. In der Folge teilten sich beide Konquistadoren in die Herrschaft des Hochlandes.

Ansprüche der Weiser, Naturgemäß wünschten die Welser einen gemessenen Anteil der Beute ihrer Beauftragten, deren Aus- rüstung ja schließlich aus ihrer Tasche geflossen war , und auf deren Erfolge sie angewiesen blieben , sollte sich das Kolonial-

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unternehmen rentieren. Derjenige, welcher nun in der Tat endlich Beute erworben, nämlich Federmann, weigerte sich, ein Erkleck- liches zu entrichten, und ließ sich von den Welsern auf Heraus- gabe von 15000 Dukaten in Gold und 10 000 Dukaten in Edel- steinen verklagen. Wer weiß , welches Ende dieser interessante Prozeß , der vor dem Indienrate in Madrid spielte , genommen haben würde, wenn Federmann nicht bald darüber hingestorben wäre.

Hohermuth verschied nach kurzem Krankenlager 1540 in Coro, als er im Begriff stand, zum zweiten Male das Dorado zu suchen.

Philipp von Hütten. Ihn ersetzte als Führer der Expedition Philipp von Hütten, Felipe de Urre. Er gelangte bis zum Guaviare. Vom Goldlande entdeckte er nichts. Die Leitung der Welserschen Kolonie übernahm zunächst der Bischof, später ein deutscher Faktor des Kaufhauses, Heinrich Rembold. Philipp von Hütten wurde nebst Bartholomeus Welser ein Opfer des Spaniers Juan de Carvajal. Indianer enthaupteten sie auf seinen Befehl.

Der Weiserherrschaft Ende. Mit dem Tode dieser Männer, der zwar durch die grauenvolle Hinrichtung Carvajals seine furcht- bare Sühne fand man schleifte ihn am Schweife eines Rosses zu einem Baume , an dem er gehängt wurde war die Herr- schaft der Welser erschüttert. Zwar wußten sie sich in endlosen Prozessen der zahlreichen Anklagen zu erwehren, welche von der Krone gegen sie erhoben wurden, aber das Ende war der Verlust ihrer Privilegien auf jenes Stück der Neuen Welt im Jahre 1556.

Ihr Regiment hat 28 Jahre gedauert, freilich ohne nach- haltige Spuren zu hinterlassen, denn der Hauptzweck, das Land zu kolonisieren , ist nicht erreicht worden. Dagegen muß an- erkannt werden, daß ihre deutschen Vertreter in dem neuen Erd- teile, wenn auch nicht als Organisatoren, so doch als Entdecker, als tollkühne Pfadfinder Leistungen vollbrachten , die uns mit Erstaunen erfüllen und jedem , welcher nur ein wenig in jenen Gegenden Bescheid weiß , ans Wunderbare zu grenzen scheinen. Leider verband sich mit einem geradezu gigantischen Wagemut und einer eisernen Willenskraft oft genug , wie bei Ambrosius Ehinger und Federmann, eine Roheit und Grausamkeit, welche die deutschen Namen durch Jahrhunderte ebenso schwer belastete, wie jene der spanischen Konquistadoren.

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Finanziell haben die Welser sicher ohne Verlust und wahr- scheinlich mit einem Gewinn abgeschnitten, der freilich weit hinter ihren Erwartungen zurückstand.

Städtegründungen. Den unter den Welsern gegründeten Orten Coro, Carora, Maracaibo, Quibor, Tocuyo folgten Puerto Cabello (Borborata) , Barquisimeto (Nueva Segovia) , Tacarigua, Valencia zwischen 1542 bis 1556 und 1567 Caracas als Santiago de Leon.

Gegen Ende des Jahrhunderts dehnten die Konquistadoren ihre Herrschaft in die Llanos aus , und eine Reihe von Orten entstanden, wie Barinas, Pedraza, San Carlos, Calabozo.

1575 wurde der Sitz der Regierung nach Caracas verlegt, und fünf Jahre später folgte ihr der Bischof dorthin ; damit war Coro zur Bedeutungslosigkeit verurteilt.

Piraten. In jenen Zeiten wurden die Küstenplätze der Neuen Welt von Seeräubern heimgesucht, und einer, der durch die Kartoffel bekannte Francis Drake, drang sogar 1595 bis zur Hauptstadt vor, wo er acht Tage lang plünderte und durch Feuer zerstörte , was nicht mitzunehmen war. Das gleiche Jahr führte Sir Walter Raleigh auf der Suche nach dem Dorado in das Ge- biet von Guayana.

Während die Konquistadoren an der Küste , im Gebirge und seinen dem Llano zugewandten Abhängen Orte gründeten, radizierten die Mönche die Indianer in zahlreichen Niederlassungen am Orinoco und seinen Zuflüssen.

Für die geistige Entwicklung der Kolonie sollte die 1721 in Caracas eröffnete Universtität Sorge tragen.

c) Freiheitskämpfe. Ursachen der Unzufriedenheit. Inzwischen war Venezuela aus dem Bereiche Neu-Granadas gelöst und zu einer besonderen Capitania erhoben worden, in der es aber bald zu gären begann. Den Anlaß bot nicht allein die Eifersucht zwischen den im Lande geborenen und aufgewachsenen Nachkommen der Spanier , den Criollos , und den ins Land gesandten bevorzugten spanischen Beamten , Kaufleuten und privilegierten Unternehmern , spöttisch Chapetones genannt , sondern besonders die Abhängigkeit , in welche das Mutterland die Kolonie in bezug auf Handel und

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Wandel zwang. Nicht nur, daß die Überseeländer ihren gesamten Bedarf an fremden Waren in Spanien decken mußten, sie waren auch genötigt, denselben durch einen bestimmten Hafen zu beziehen. Seit 1720 besaß Cadiz dieses Monopol, vorher Sevilla. Unter solchen Beschränkungen litten Einfuhr und Ausfuhr über alle Maßen. Die Knappheit an Importartikeln verteuerte die Befrie- digung notwendiger Lebensbedürfnisse ins Ungemessene, während die heimischen Erzeugnisse keinen oder schlechten Absatz erzielten.

Dagegen blühte der illegitime Handel , den Engländer und Holländer , die Lage ausnützend , kräftig betrieben. Ihre dem Festlande gleich Wächtern so dicht vorgelagerten Inseln und Inselchen begünstigten als denkbar beste Stapelplätze für Konter- bande den Schmuggel in geradezu idealer Weise.

Schließlich kam noch hinzu, daß Spanien seine Besitzungen auch hermetisch gegen fremde Geistesströmungen abzuschließen trachtete und der Kirche oder einem schrankenlosen Despotismus nicht genehme Schriften wiederum nur bei Nacht und Nebel ins Land gelangen konnten.

Guipuzcoana-Kompagfiie. In Venezuela traten die Bestre- bungen, das spanische Joch abzuschütteln, schneller in drohende Erscheinung dank der Auswirkung jener der Guipuzcoana-Kom- pagnie*) 1728 verliehenen Handelsprivilegien. Beschränkten sich dieselben ursprünglich auf ein Monopol des Tabakhandels , so verstand es diese Gesellschaft doch allmählich, sich den gesamten Handel des Landes untertänig zu machen.

Das Signal zum ersten Aufruhr gab ein Richter , Francisco de Leon, welcher in seinem Amte einem Günstling der genannten Gesellschaft weichen sollte. Nach einem Augenblickserfolge der Revolutionäre wurde die Regierung Herrin der Lage. Immerhin brachte der Aufstand als Frucht die Aufhebung der verhaßten Handelsvereinigung.

Das Mißvergnügen mit der Art und Weise, wie das Mutter- land die Interessen der Capitania - General vernachlässigte , sie ausbeutete, statt sie zu unterstützen, ihre Söhne zurücksetzte und demütigte, anstatt sie zu fördern, hatte sich zu stark eingenistet, um durch Aufhebung einer einzigen, als hartes Unrecht empfun-

*) Guipuzcoa, eiue der priveligierten baskischen Provinzen.

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denen Institution besänftigt zu werden. Auch die Öffnung aller spanischen Häfen für den Amerika-Verkehr fand nicht mehr das erhoffte Echo, denn man lechzte nach Freiheit, nach Unabhängig- keit. Die Ideen der französischen Revolution hatten ihren Weg trotz aller Hindernisse auch über den Ozean gefunden, und der glückliche Unabhängigkeitskampf der Vereinigten Staaten ragte als ein nahes und aneiferndes, glänzendes Vorbild auf.

Vorläufer. An der Spitze der ersten im Zeichen der Unabhängigkeitsbewegung sich vorbereitenden Erhebung standen Don Manuel Gual und Jose Maria Espana ; indessen nahm sie ein klägliches Ende. Einer der Führer teilte die Pläne, um die Schar der Anhänger zu mehren, seinem Barbier mit. Damit waren sie verraten. Sechs Anführer wurden gehängt. Gual und Espaha gelang es , zu entfliehen ; ersterer jedoch kehrte heimlich , um seine Frau zu sehen, nach Caracas zurück, wurde ergriffen, getötet und sein Leichnam verstümmelt.

Miranda. Ernstere Formen nahmen die Unabhängigkeits- bestrebungen erst an , als sie 1 8 1 o in Francisco Miranda einen kriegserprobten Führer gewannen. Derselbe hatte am Be- freiungskampfe der Union teilgenommen und auch an jenen kriegerischen Ereignissen, die sich gegen Ende des Jahrhunderts zwischen Preußen und Frankreich abspielten, auf der Seite des letzteren. Ferner war er in Beziehungen zur britischen Regierung getreten, deren Ergebnis bindende Zusagen Pitts auf Hilfe waren.

Unabhängigkeitserklärung. In Caracas wurde ein Kongreß zusammengerufen , dem 44 Deputierte der Provinzen Caracas, Merida , Trujillo , Barinas , Barcelona , Cumanä und Margarita beiwohnten, und der am 5. Juli 181 1 die Unabhängigkeitserklärung zeitigte. Miranda präsidierte dem neuen Regierungsausschuß. Gegen die Spanier siegreich , schien der junge Staat zunächst geborgen. Dann aber traf ihn eine schwere Heimsuchung, welche zugleich sein Bestehen erschütterte : das furchtbare Erdbeben von Caracas, dem am 26. März 181 2 4 Uhr nachmittags am Donners- tag der Osterwoche zwölftausend Personen zum Opfer fielen (vier- tausend fanden in den Kirchen ihren Tod) , und welches die Hauptstadt in Schutt und Ruinen verwandelte.

Diese entsetzliche Katastrophe wurde von den Gegnern der Emanzipation und insonderheit dem ihr widerstrebenden Klerus

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zu propagandistischen Zwecken ausgenutzt und zur Strafe Gottes für den Abfall vom Mutterlande gestempelt. Die allgemeine Ver- wirrung nahm solche Dimensionen an , daß man Miranda mit diktatorischer Gewalt bekleidete, um ihr zu begegnen. Diese Umstände kamen den spanischen Streitkräften unter Monteverde zu Hilfe ; sie setzten sich in den Besitz der Hauptstadt, nahmen Miranda gefangen und eroberten die aufständischen Territorien zurück.

Jedoch bereits im folgenden Jahre entflammte der Kampf von neuem. Nunmehr führte die Patrioten Simon Boh'var.

Der Befreier. Simon Boh'var, welcher zum Befreier nicht nur Venezuelas , sondern auch Kolumbiens , Ekuadors, Boliviens und Perus werden sollte, erblickte 1783 in Caracas als Sprößling einer angesehenen und reichen Familie, die, vom Golf von Biscaya eingewandert, seit zwei Jahrhunderten in Venezuela residierte, das Licht der "Welt. In jungen Jahren lernte er Europa kennen , verkehrte am spanischen Hofe , wohnte der Krönung Napoleons zum Kaiser bei, machte sich der englischen Regierung persönlich bekannt und erwarb frühzeitig die Kenntnisse eines Kriegers und Staatsmannes. Als er an die Spitze der revolutio- nären Bewegung trat, zählte er 30 Jahre.

Boh'var begann seinen Kriegs- und Siegeszug in Merida und drang in wenigen Monaten bis zur Hauptstadt vor. Ein anderer Caudillo eroberte gleichzeitig den Osten zurück , so daß nur Maracaibo , Coro und Puerto Cabello nebst Guayana in den Händen der Spanier verblieb. Boh'var wurde Diktator , mußte aber schon nach kurzer Zeit den Spaniern unter Boves weichen. Der spanische General Morillo, mit starken Kräften vom Mutter- lande gesandt, vollendete das Werk der Rekonquista.

Boh'var entwich nach Kolumbien , wo er die Kämpfe gegen Spanien fortsetzte, kehrte aber schon 1 8 1 7 nach Venezuela zurück, seine kriegerische und organisatorische Tätigkeit diesmal nach Angostura verlegend, wohin ein Kongreß einberufen wurde.

Kolumbien brachte 1 8 1 9 die siegreiche Schlacht , welche Boh'var und Santander bei Boyacä erstritten, endgültig die Frei- heit. In Venezuela brach die spanische Herrschaft in den Ebenen von Carabobo am 24. Juni 1821 zusammen. Boh'var errang den Lorbeer.

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Dank und Undank. Simon Bolfvar wurde Präsident des Staatenbereiches, zu dem sich Venezuela, Kolumbien und Ekuador vereinigten. Eine südlichere Republik nannte sich nach ihm Bolivia. Auf seine Person konzentrierte man als Ausfluß des Siegesrausches eine außerordentliche Machtfülle und jenes An- sehen, zu dem ihn seine kühnen Taten und seine überragenden geistigen Fähigkeiten voll berechtigten ; als er sie nun aber zum Wohle der in die Bahnen des Friedens einlenkenden Völker ver- werten wollte , zeigte es sich , daß man sich zu einem Genie gern in Nöten flüchtet , sich aber demselben nur widerstrebend in ruhigen Zeiten fügt , in denen man glaubt , sich egoistischen Instinkten skrupellos überlassen zu dürfen. An dieser Unvoll- kommenheit der menschlichen Natur , welche das Aufgeben des Ichs als Ausnahme und die Befriedigung individueller Ziele als Regel betrachtet, scheiterte der große Mann. Er verzichtete 1829 auf seine Würde und erlag verlassen und arm 1830 in Santa Marta einem Lungenleiden. Er teilte das Schicksal des chileni- schen Befreiers O'Higgins. Heute werden beide in den Himmel gehoben. Seine Reste wurden 1842 nach Caracas überführt und mit großem Pompe eingeholt.

Deutsche Helden. Die Freiheitskämpfe der Südamerikanischen Kolonien fanden von Europa aus lebhafte Unterstützung. In Ham- burg wurden massenhaft alte Büchsen instand gesetzt und exportiert. Viele deutsche Krieger , die nach Napoleons Besiegung keine Neigung verspürten, ein Friedensgewerbe aufzunehmen, schlössen sich der englisch-hannoverschen Legion an, um in Neu-Granada zu kämpfen. Der bekannteste deutsche Offizier in den Heerhaufen der venezolanischen Patrioten war Johannes Uslar aus dem hannoverschen Geschlechte Uslar - Gleichen , ein Kämpfer von Waterloo. Er war einer der Unterführer Boh'vars und erstürmte 18 19 Barcelona. Er soll eine hohe, sehr stattliche, schweigsame Persönlichkeit mit einem schweren , ernsten Blick gewesen sein. Später befehligte er die Leibgarde Bolfvars, überlebte diesen aber lange, denn er überschritt die 80. Er wurde der Ahnherr eines noch heute blühenden, freilich ganz im Kreolentum aufgegangenen Geschlechtes von Großgrundbesitzern. Sein Enkel Jorge war unter

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Crespo Minister. Auch ein Lützow stritt unter Boh'var und in späteren Bürgerkriegen. Er ist als einer der Helden der Unab- hängigkeitskämpfer unter dem Namen Enrique Luzon im Pantheon beigesetzt.

d) Neuzeit.

Bürgerkriege. Nach dem Tode Bolfvars trennten sich Ekuador, Kolumbien und Venezuela. Die Entwicklung aller und nicht zum wenigsten der letzteren Republik wurde durch zahl- reiche Revolutionen gestört. In Venezuela war es anfänglich die übliche Fehde zwischen Konservativen (Godos genannt) und Liberalen , darauf der Kampf um die Gestaltung des Staates, welcher viel Blut kostete. Eine später entstandene Partei (el partido federal-democratico) nämlich war für die Zerlegung der Republik in einen Staatenbund, eine andere, ihr widerstrebende (el partido centralista oder constitutional) für ein einheitliches Staatsgebilde. Analoge Kämpfe spielten sich in Kolumbien ab. Der Endsieg fiel hier wie dort den Federalisten (unter Falcön) zu. Die beiden Parteien der Konservativen und Liberalen wurzelten nicht etwa im Volke , sondern fanden ihre Stütze in etlichen Familien, weshalb der venezolanische Historiker von einer »Oli- garqufa conservadora« spricht, welche die Herrschaft bis 1848 behauptete, und einer »Oligarqufa liberal«, die bis gegen 1861 die Regierungsgewalt innehatte. Dann zerfielen diese politischen Gebilde und wurden durch Federalisten und Centralisten ersetzt, deren wechselndes Kriegsglück bald zur Anarchie , bald zur Militärdiktatur führte. Diese nannte man die Blauen, jene die Gelben. In ihre Kämpfe versetzt uns ein Roman von Gerstäcker. Auch die Gegensätze der Rassen, die Mißliebigkeit der Präsidenten und nicht zum letzten der Ehrgeiz der Caudillos begünstigte die andauernden Bürgerkriege, von denen einer, die guerra de cinco < -anos (1866 70), ein Lustrum dauerte.

Auf Bolfvar folgte 1830 sein Gegner Jose A. Päez, welcher es verstand, die des Landes verwiesenen Bischöfe, darunter den Erzbischof, nach Venezuela zurückzuholen und zur Ablegung des Amtseides zu veranlassen , den zu leisten sie vormals sich ge- weigert und um dessentwillen sie verbannt worden waren. Päez war ein kluger , energischer Mann , den wir bald als Präsident, bald als General für die Ordnung im Lande wirken sehen.

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Namentlich seine zweite Präsidentschaftsperiode 1839 43 schenkte der jungen Republik die so notwendige Ruhe , welche ihr auch noch unter dem ihn ablösenden General Carlos Soublette bis 1846 bewahrt blieb. Dann gelangten sukzessive die Brüder Tadeo und Gregorio Monagas, Pedro Gual, Felipe de Tovar und Falcön in den Besitz der höchsten Gewalt, und 1848 begann jene von wenigen Lichtblicken, wie der Aufhebung der Sklaverei 1854, unterbrochene Periode erbitterter und oft grausamer innerer Kämpfe. Aus dieser Zeit stammen die vielen Generale , welche noch ein Menschenalter später Sachs in Erstaunen setzten. Um nämlich Anhänger zu gewinnen , schrieben die Befehlshaber der Partei- heere Ernennungen zu Hauptleuten , Obersten und Generalen in blanko aus, welche Feldarbeiter, Viehtreiber, freigelassene Sklaven köderten, die weder lesen noch schreiben konnten (Fortoul).

Guzmdn Blanco. Diesen Schreckensjahren bereitete das diktatorische , aber segensreiche Regiment des Generals Antonio Guzmän Blanco, el Rejenerador genannt, ein Ende, welcher be- reits seit 1863 Vizepräsident war. Freilich mußte auch dieser seine zwanzigjährige Herrschaft (bis 1887) mit dem Schwerte erobern und gelegentlich befestigen. Während derselben trat ein außerordentlicher , wirtschaftlicher Aufschwung des Landes ein, und die Metropole Caracas verwandelte sich in eine moderne, schöne Stadt mit vielen prächtigen Gebäuden. Die liberalen Prinzipien siegten. Die geistlichen Seminare wurden aufgehoben, die Zivilehe durch Gesetz eingeführt. So vergibt man Blanco gern den eitlen Zug, welcher ihn sich selbst als »el ilustre Americano« feiern ließ und ihn drängte , sich durch Monumente aus Erz zu verewigen. Guzmän Blanco erlebte das Schicksal Boh'vars ; auch ihn ereilte die Verbannung. Seine Standbilder wurden gestürzt. Indes starb er 1898 nicht arm in Paris, er hatte Vorsorge ge- troffen. Unter den jüngsten Präsidenten - Crespo, Andrade ist Cipriano Castro in der Welt der bekannteste. Er stürzte das Land in einen Konflikt mit den europäischen Großmächten, der mit einer Niederlage Venezuelas endete. Auch er gerierte sich als Autokrat. Castro war ein Sohn der Anden Tächiras, begabt, zähe und energisch , leider aber mangelte es ihm an Weitblick. 1909 mußte er dem General Iuan Vicente Gömez weichen, welcher noch heute die Geschicke Venezuelas lenkt. Offenbar zu seinem Heile.

79

In den seit der Befreiung verflossenen neun Jahrzehnten er- lebte das Land fünfzig Revolutionen. Man muß sich wundern, daß es trotzdem aufblühte und diese Unzahl von Aufständen keine nachhaltigeren Wirkungen, insbesondere auf die finanzielle Lage, ausgeübt haben.

2. Verfassung.

Präsident und Ministerien. Venezuela ist ein Bundesstaat, welcher sich seit 1856 in zwanzig Staaten, den Bundesdistrikt und zwei Territorien gliedert. An seiner Spitze steht der Prä- sident, den ein Kollegium von 14 Kongreßmitgliedern auf sieben Jahre wählt. Jeder Staat hat wiederum einen eigenen Präsidenten, eine besondere gesetzgebende Körperschaft und vollziehende Gewalt.

Der Bundes-Präsident besitzt keinen Hofstaat, aber doch einen Hausstand , welchen ein Generalsekretär , Korrespondent nebst Gehilfe, Archivar, ein Kaplan und ein Pförtner bilden, und der mit 148 700 B. im Staats-Budget figuriert.

Die Bundesexekutive wird gekrönt durch die Ministerien, deren es sieben gibt. Es sind :

Das Ministerium des Innern, auch Justiz, Kultus und Wohl- fahrtspflege umfassend.

Das Ministerium der Finanzen nebst der Verwaltung der öffentlichen Schuld.

Das Ministerium des Äußeren , Gesandtschafts- und Kon- sulatswesen vertretend.

Das Ministerium des Krieges , dem Landheer und Marine unterstellt sind.

Das Ministerium des Unterrichts.

Das Ministerium der nationalen Entwicklung (fomento), auch Ackerbau, Industrie, Handel und Verkehrswesen leitend und fördernd.

Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Die Minister werden mit 36 000 B. honoriert.

Ein Zehnmännerrat steht dem Präsidenten beratend zur Seite. Sein Vorsitzender ist gleichzeitig Vizepräsident. Präsident und Minister werden als Bürger, Ciudadano, angeredet.

80

Kongrefs. Die Bundeslegislative übt der Kongreß aus, welcher sich aus der Kammer der Deputierten und Senatoren zusammensetzt. Die Deputierten müssen geborene Venezolaner sein und das 21. Lebensjahr vollendet haben. Sie gehen aus allgemeinen und direkten Wahlen hervor, auf je 35000 Einwohner soll einer kommen. Die Senatoren indes werden durch die gesetz- gebende Körperschaft der Staaten gewählt. Jeder Staat hat das Recht auf zwei. Sie sollen ebenfalls geborene venezolanische Bürger sein, aber das 30. Lebensjahr erreicht haben. Deputierte und Senatoren amtieren drei Jahre.

Der Kongreß tritt jährlich am 19. April auf 70 Tage zu- sammen.

1920 tagten 40 Senatoren und 76 Deputierte. Dieselben genießen Tagegelder von 40 B., freie Reise und außerdem eine Repräsentationszulage von 2400 B. pro Kopf. Eine Kongreß- tagung kostet dem Lande also ein hübsches Sümmchen. 1920 kam eine solche siebzigtägige Versammlung auf 797 840 B., die Gehälter der ständigen Beamten eingeschlossen. Das bedeutet etwa i,4°/0 der Gesamtausgaben.

In Fällen der Unstimmigkeit sind gemeinsame Sitzungen beider Kammern vorgesehen. Die von ihnen gebilligten Maß- nahmen erhalten Gesetzeskraft.

In den Bundesstaaten bilden nicht nur diese, sondern auch die städtischen und ländlichen Gemeinden eigene Verwaltungs- körper. Die Verwaltung stuft sich also in Bund, Staat und Ge- meinde. Alle drei besitzen ihren eigenen Haushalt.

3. Haushalt. Einnahmen der Republik 1918 und 1919.

Einnahme-Quellen

1917/18 Bolivares °/0

1918/19 Bolivares °/0

Zölle und Konsulatsgebühren .

Stempelsteuer und Marken . Verschiedenes

20635771 7 351 639 6 735 327 6 641 300 4253 661 4 553 832

41,1 H,7 13,4 13,2 8,5 9,1

35306345 8943891 9 852 112 7233619 6895 322 5 422 421

48,1 12,1

13,2 9,8 9,5 7,3

Insgesamt

5o 171 53o

100

73 653 7io

100

81

Bundesetat. Einnahmen. Der Bundeshaushalt speist seine Kassen vornehmlich durch Einfuhrzölle. Die Ausfuhr be- lastende spielen keine große Rolle , denn sie treten nur beim Export von lebendem Vieh in Erscheinung. Die Importzölle bringen zwischen 40 5o°/0 der Gesamteinnahmen (sind aber für 1920/21 nur auf 14000000 B. = 23,3°/,, veranschlagt worden), indirekte Steuern das übrige. Solche belasten Alkohol, alkoholische Getränke, Tabak und namentlich Zigaretten, für welche der Staat das Papier liefert. Auch die Zündhölzer sind mit einer Abgabe belegt , und nicht gering ist der aus dem Salzverkauf gezogene Gewinn. Eine Stempel- und Patentsteuer nebst Abgabe der berg- männischen Betriebe treten hinzu. Ferner sind die Einnahmen der Post Eigentum des Bundes. Auch Verpachtungen z. B. der Perlenfischerei und Asphaltgruben und der Verkauf von Staats- länderefen ergeben Zuschüsse. Endlich sind die Abgaben für Benutzung von öffentlichen Hafenanlagen, die Gebühren der Leucht- türme und Bojen, Telegraphen und Kabel, Wasserleitungen und der Einrichtungen öffentlicher Gesundheitspflege, sowie ein Entgelt für die Ausmünzung von Gold und Silber nicht zu vergessen. Im Bundesdistrikt und den Territorien fand eine Sonderbelastung in Gestalt einer 121 9prozentigen Grundsteuer Eingang und eine andere für die Eintragung von Besitzungen.

Die Republik bestreitet also ihre Bedürfnisse durch :

1. Zölle des Außenhandels, Lagerhaus- und Konsulats- gebühren.

2 . Indirekte Steuern (Tabak, Alkohol, Zigaretten, Zündhölzer, Stempel-Marken und -Papier).

3. Aus den Erträgnissen öffentlicher Einrichtungen (Post, Telegraph, Münze und solchen zugunsten der Seeschiffahrt).

4. Aus Renten des Nationalvermögens (Salz, Asphalt, Perlen- fischerei, Staatsländereien).

5. Direkten Abgaben (Grund-, Minen- und Registersteuer).

Die Gesamteinnahme ergab in Millionen Bolivares : 1907/08 1909/10 1910/11 1912/13 1917/18 1918 19 1920/21 50,8 48,5 62,9 52,5 50,2 73.4 59,6

Ausgaben. Ihr standen als Ausgaben gegenüber : 1907/08 1909/10 1910/11 1912/13 1917/ 18 1920/21 49»4 52>3 61,4 52,5 44,1 58,5

Bürger, Venezuela. 6

82

Ausgaben der Republik.

Ausgaben

1910/11 Bolivares | °/

1917/18 Bolirares I °/0

1920/21 Bolivares I °/0

Inneres, einschl. Justiz Kultus und Medizinal angelegenheiten .

Äußeres

Finanzen und Öffentliche Schuld ....

Krieg und Marine

Unterricht ....

Nationale Entwicklung (Handel und Industrie Landwirtschaft , Post und Telegraph) .

Öffentliche Arbeiten .

Unvorhergesehenes

14 801 094 974 699

20 941 645 8 679 923 3 026 282

3 296382 5 262855 4657 125

24,1 i,5

34,1

14,1

4,9

14,0 7,3

9 340 026 1 094 545

14 528 828 9 802 820 2703991

21,1

2,3

33,2

22,3

6,1

3 181 400 3 027 270 441 117I 1,0

|}i4,o

12 166 529 1 927 204

16 889 808

11 101 520

4 328 181

5 300 509

6 246 426 578429

21,0 3,3

29,1

19,2

7,4

9,2 10,8

Insgesamt

61 640 ooo| 100

44 l20 00o| 100 I58 538 600] IOO

Die letzteren im einzelnen musternd , fällt uns die große Summe des Finanzressorts auf 1 9 1 0/ 1 1 ziemlich genau ein Drittel , der verhältnismäßig hohe Betrag, den Heer und Marine beanspruchen , und die bescheidene Summe , mit welcher der öffentliche Unterricht partizipiert (1920: 7,4°/,,). Dringen wir noch etwas tiefer in die Geheimnisse des Budgets ein , so er- fahren wir, daß 19 10/ n und 1920/21 beanspruchte in Bolivares :

1910/11 1920/21

Verzinsung der Schuld .... 6017 165 8345498

Heer .. 4514377

Marine 464 126

Post 968 920

Telegraph 1 984678

Kultus 288460

Öffentliche Fürsorge (Leprosenheime) 332 539

Gesundheitspflege

Gefängniswesen

Volksschulwesen

Mittelschulen

Hochschulen

Bibliotheken nnd Museen

299478 177 767

1 7*7 5°3

9849771

1 251 749

2 225 072 333 4oo 250 040

751 841 2 076 304

319 680 2 465 452

1048843 1373 133

Guzmän

Blanco

1879—

1891 *)

77-

0

lresmittel 6,

0

83 -

Diese Ziffern lehren u. a. , daß sich die Kirche mit kaum 1/2 °/0 (0,46 bzw. 0,43) begnügen muß und die Verzinsung der Schuld rund io° 0 bzw. 14,3°/,, konsumiert. Vergleichen wir die neueren Aufstellungen des Staatshaushaltes mit älteren , so fällt eine wesentliche Verstärkung zu Gunsten der Öffentlichen Arbeiten angenehm auf, welche unter Guzmän Blanco einen solch bedeutenden Aufschwung genommen hatten.

Es wurden für Öffentliche Arbeiten ausgegeben in Millionen Bolivares unter :

Crespo Castro Gömez

1893 98 1901 öS 1909 19

18,5 23,0 62,25

3,o8 2,9 5.7

In den Vorkriegsjahren schloß nur 1909/10 mit einem Defizit (3,8 Millionen Bolivares; ab.

Etat der Staaten. Das Budget der zwanzig Staaten der Bundesdistrikt schaltet aus, da er von den nationalen Renten gespeist wird belief sich 1911/12 auf 8910092 B. Das größte hatte Zulia mit 983 400 B. , das kleinste Nueva Esparta mit 224448 B. Der Durchschnitt betrug 445546 B.

Die Quellen sind unter anderen Beihilfen des Bundes, Stempel- papier und 350 0 der nationalen Getränkesteuer. Die Verwendung ist recht mannigfaltig : Verwaltung , gesetzgebende Körper- schaft, Justiz, Unterricht, Wohlfahrt, Arbeiten, Pensionen und Publikationen absorbieren die schmalen Einkünfte. Am meisten kosten die Präsidentschaften.

Jeder Staat besitzt einen Obersten Gerichtshof, mehrere höhere Rechtsinstanzen und eine Reihe von niederen Gerichten.

Haushalt der Gemeinden. Die Gemeinden , Municipios, verbrauchen, wenn wir die Zahlen des 4. Quartals 19 10, welche mir zur Verfügung stehen, zugrunde legen, jährlich rund 1 1 Mill. Bolivares. Davon jene des Bundesdistrikts mit der Hauptstadt Caracas über 4 Millionen. Nach diesen ist der Bedarf am stärksten im Staate Bobvar (Ciudad Bolivar), Carabobo (Valencia), Tächira,

*) Für die Jahre 1892, 1899 und 1900 fehlen, wie die offizielle Statistik hervorhebt, Daten. Guzmän herrschte bis 1888, aber sein Regiment wirkte noch etliche Jahre nach.

6*

84

Zulia und Miranda. Im Staate Nueva Esparta sinkt er auf 650 000 B.

Als Einnahmequellen kommen eine ganze Anzahl in Frage. Abgaben des Handels und der Landwirtschaft, Verbrauchssteuern, steuerliche Belastungen des Viehs, Schlachthofgebühren, Industrie- taxen, See- und Flußtransportgebühren sind etliche. Ferner trifft Verkauf und Export von Rindvieh eine Abgabe. Die Ausnützung gemeindlichen Besitzes, Friedhofsgebühren, ein Entgelt für Wasser- rechte , Abgaben öffentlicher Vergnügungsetablissements (Spiel- häuser), Mietsteuer, Kutschen- und Wagensteuer treten als kassen- füllende Belastungen hinzu. Von Konsumartikeln werden besonders Panela, Fische, Tabak und Chimo, Salzfleisch, Zucker und Kakao betroffen. Außerdem ist der Marktverkehr ziemlich herangezogen. Man sieht, auch in Venezuela gibt es wenige Artikel, welche der Besteuerung nicht unterliegen. Direkte Abgaben jedoch, wie Einkommen- und Vermögenssteuern , verschonten bislang seine Bewohner.

Öffentliche Schuld. Die öffentliche Schuld der Republik belief sich Ende 19 17 und 19 19 auf:

1917 1919

Innere Schuld 49070831 B. 49070831 B.

Äußere 3 °/0 Schuld von 1905 92713455 84511750

Ansprüche der gemischten

Kommission*) . . . . 9458291 92 08 211

Diplomatische französ. zins- lose Schuld 1 615 384 230769

Insgesamt 152857961 B. 143 021 561 B.

Die äußeren Schulden bestehen aus 3°/0-Anleihen, die inneren aus 3 6 °/0 -Anleihen.

Die Geschichte der äußeren Schuld beginnt 1820 mit einem von Venezuela und Kolumbien gemeinschaftlich in London auf- genommenen Anlehen. Sie ist durch die infolge der Trennung von der genannten Schwesterrepublik nötig gewordenen Ausein-

*) Es handelt sich um den Rest der sog. 3°/0 diplomatischen National- sohuld, jener auswärtigen Verbindlichkeiten, welche den Konflikt 1902/03 veranlaßten. An demselben partizipieren: Spanien, die U. S. A., Frankreich, Holland, Schweden, Norwegen und Mexiko.

85

andersetzungen und die Wirren des Staates eine ziemlich kom- plizierte. Ein von der Diskontogesellschaft zugunsten des Eisen- bahnbaues gewährtes Darlehen von 40 Millionen Mark zu 50 0 führte wegen Einstellung der Zinszahlung zu dem bekannten Kon- flikte, in welchem 1902 03 das Deutsche Reich, Großbritannien und Italien die venezolanische Küste blockierten, und esso gar zu Kämpfen kam. Die von den drei verbündeten Mächten vertretenen Ansprüche wurden bis 1907 voll befriedigt.

Die finanzielle Lage des Staates gilt mit Recht als sehr günstig.

4. Rechtspflege.

Gerichtshöfe. Die höchste, in Caracas residierende Bundes- gerichtsbarkeit verkörpert die Corte Federal y de Casacion, deren Mitglieder der Kongreß ernennt. Als solche fungieren : Präsident, Vizepräsident, Kanzler, Relator, drei Beigeordnete (Vocales) und Sekretär. Der Relator hat die Akten zu studieren und die Fälle vorzutragen. Die Richter der Corte sind nächst den Ministem die bestbezahlten Beamten mit 14400 B. Jahresgehalt.

In den Staaten bildet die höchste Rechtsinstanz die Corte Suprema. An sie kann von den Juzgados de I Instancia appelliert werden, welche zunächst über Fälle zivilrechtlicher und krimineller Natur entscheiden.

Kriminalität. Die Landesstatistik gibt ein recht günstiges Bild von der Sicherheit des Eigentums und Lebens. Dasselbe wird erhöht durch die Berichte der Reisenden, welche sich wohl- geborgen in Venezuela fühlten.

1910 wurden 1603 Verbrechen abgeurteilt. 1254 betrafen Körperverletzungen und etwa 400 Mord bzw. Totschlag. Dolch und Schußwaffe führten den Tod herbei. Die Staaten Falcön, Lara, Tächira und Trujillo zeichneten sich besonders aus. Sehr viel geringer sind die Vergehen gegen das Eigentum : Raub und Diebstahl. Die Todesstrafe wird niemals verhängt und auch kaum je über 10 Jahre Freiheitsentzug erkannt. Äußerst gering ist die Beteiligung der Frauen, 39: 1603. Die größere Hälfte bestand aus Analphabeten. Von den Staaten schnitt Zulia am schlechtesten ab (12,5 : 10 000), am besten die Inselgruppen Nueva Esparta und die Provinz Zamora (1,4 bzw. 0,6: 10 000).

86

Als Koeffizient für ioooo Bewohner der Republik ergab sich:

1907 : 6,0 1909 : 6,8

1908 : 6,6 1910 : 6,2.

5. Kirche.

Venezuela ist ein katholisches Land. Es zerfällt in sechs Bistümer : Caracas, Merida, Guayana (Ciudad Boh'var), Calabozo, Barquisimeto, Maracaibo. In Caracas residiert ein Erzbischof.

1913 gab es 432 Kirchspiele mit 477 Kirchen und Kapellen und 428 Priestern, von denen 354 Venezolaner, 56 Spanier,

Zur Kriminalstatistik.

Staaten

Verbrechen überhaupt

Zahl

Distrito Federal . Anzoategui ....

Apure

Aragua

Bolivar

Carabobo

Cojedes

Falcön

Guärico

Lara

Menda

Miranda

Monagas

Nueva Esparta

Portuguesa

Sucre

Tächira

Trujillo

Yaracui

Zamora

Zulia

Delta-Amacuro

Insgesamt

Mord und Totschlag

68

4,2

49

3,1

30

i>9

62

3,9

42

2,6

89

5,6

24

i,5

io5

6,6

43

2,6

136

8,5

113

7,1

58

3,6

37

2,3

23

1,4

29

1,8

106

6,6

113

6,9

131

8,3

128

8,1

13

0,6

201

12,5

3

0,2

9

15

6

16 1 1

2 1 10

45 1

95 28

18

5

3

13

25 74 52 28

7 27

1603

6,2

511

87

ins- gesamt

Verhältnis der hauptsächlichsten Verbrechen (1909 und 1910).

a 3

N

Vi 0)

C ■■O

43 ü

c

c

3

cd

T3

C 3

.O

3 öS

O

H

c

3

o

h_r

n n

.1800

.I7°° 1600

1400

_J3QO

_I200 _IIOO IOOO 900

_8oo

700

_6oo

.5°°

400

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_200 IOO

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0

0

OS

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Os

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O

0

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0

0

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O

o

88

io Italiener und 3 Franzosen waren. Die meisten Gotteshäuser zählten die Kordilleren-Staaten. Die Geistlichen gelten als tolerant, ihr Einfluß reicht, obwohl wenigstens die Frauen eifrige Kirchen- gängerinnen sind , nicht so weit , wie in manchen anderen süd- amerikanischen Republiken. Ihre Bezahlung ist gering. 576 bis 738 B. Der Bischof empfängt 7200, sein Dekan 3600 B.

6. Wohlfahrtseinrichtungen.

Die Republik verfügt über 2 7 Hospitäler , davon 5 in der Bundeshauptstadt, 2 Leprosenheime , je eines im Bundesdistrikt und Zulia (deren Arzt 4800 B. bezieht), 2 Irrenhäuser, die sich ebenso verteilen , 1 o Altersheime und 1 2 Kinderasyle , deren Unterhaltung zusammen über 1 600 000 B. erforderte. In ihnen wirkten 118 Ärzte. Es wurden an 13000 Personen verpflegt oder beherbergt. Die Existenz der Leprosen bezifferte sich auf 621 (397 Männer und 224 Frauen). Die Waisenhäuser bevölkerten an 800 Kinder.

7. Unterrichtswesen, Wissenschaft und Kunst.

Volksschulen. Wie in anderen südamerikanischen Ländern überließ die Kirche den Volksschulunterricht auch in Venezuela der Regierung. 1593 öffentlichen Schulen standen 1910 nur 136 private zur Seite. Die öffentlichen Anstalten werden zum größten Teil, nämlich 1009, vom Bunde unterhalten, 199 waren solche der Staaten und 249 der Gemeinden. Auf diese ver- teilten sich die Schüler folgendermaßen :

Bundesschulen . . .33087 Gemeindeschulen . . 8071 Staatenschulen . . . 5972 Privatschulen . . .3917.

Die Volksschulen zerfallen in Knaben-, Mädchen- und ge- mischte Schulen, Escuelas mistas, für beide Geschlechter bestimmt. Von letzteren, welche für kleinste Gemeinden unumgänglich sind, zählte man 403. In diesen dürfen nur weibliche Lehrkräfte ver- wandt werden.

Die Schulen werden vom 6. 14. Jahre besucht, aber die Mehrzahl der Schüler steht zwischen dem 7. und 10. Lebens- jahre. Zwischen dem 10. und 12. geht ihre Zahl um rund 5000 zurück, um höher hinauf noch stärker zu fallen. Die mittlere Assistenz, Asistencia media, d. h. die Anzahl der regelmäßig dem

89

Unterricht beiwohnenden Kinder betrug 37706 bei 51047 im- matrikulierten, ein im ganzen gutes Resultat. 27575 waren ehe- licher, 23 472 illegitimer Abkunft. Die meisten Schulen besitzt, wie anzunehmen, der Bundesdistrikt mit der Hauptstadt, nämlich 185. Es folgt der fortgeschrittene Staat Carabobo mit 161, Miranda und Tächira mit 115 und 103. Nach den mir vor- liegenden venezolanischen Aufzeichnungen kommt auf jede Schule nur ein Lehrer. In den letzten Jahren sind bei einer größeren

Zur Entwicklung der Volksschulen.

Schulen

Schüler

Schul- 11er ein ebenen (Asia- mediii).

Staaten

über- haupt

öffent- liche

-t—t

>

über- haupt

öffentl.

private

*"■ es ■« 1-

¥ Z u u M

Anstalten

«J Mio - 2 J

Distrito Federal .

185

167

18

7 652

6 709

943

5 oS9

Anzoätegui

61

1 1

1 735

I 440

295

I 340

Apure .

2 I

I9

2

555

5X5

40

399

Aragua

63

7

2 102

1 908

194

1 628

Boh'var .

65

61

4

1 720

1 639

81

1 203

Carabobo .

l6l

148

13

4 7°4

4 290

414

3 268

Cojedes

31

29

2

858

788

70

612

Falcön .

90

90

2 634

2 634

2 038

Guärico

76

72

4

2 307

2 200

107

1 782

Lara

75

73

2

2214

2 i77

37

1 681

Merida . .

85

79

6

2 321

2 260

61

1 690

Miranda .

"5

1 10

5

3 759

3 644

"5

2838

Monagas .

33

38

1 209

1 209

865

Nueva Espart

1 .

32

31

1

1 290

1 267

23

952

Portuguesa

31

31

884

884

594

Sucre .

68

66

2

1 979

1 909

70

1 559

Tächira

95

94

1

3035

2 992

43

2 283

Trujillo .

85

81

4

3 024

2 946

78

2 016

Yaracui

42

37

5

1229

1 1 12

117

862

Zamora

23

23

527

527

377

Zulia

140

9i

49

5 200

3 97i

1 229

4 549

Delta-Amacuro .

4

4

109

109

81

Insgesamt |i 593 |i 457 j 136] 5 1 047 1 -47 l3° \3 9*7 1 3 7 7°6

90

Anzahl außer dem Leiter zwei Lehrkräfte angestellt worden, aber nur bei sehr wenigen mehr. 900 arbeiten auch heute noch mit nur einem Lehrer.

Mittelschulen. Seminare. Dem Mittelschulwesen wid- meten sich vor dem Kriege 102 Institute mit über 2000 Schülern. Die Hälfte derselben entsprang privater Initiative. Außerdem gab es eine Reihe von Fachschulen (14), unter denen die Escuelas de Artes e Oficios besonders wichtig sind. Sie ziehen Knaben zu besseren Handwerkern heran : Schlossern, Mechanikern, Maschinisten, Elektrotechnikern. Den Schönen Künsten sind acht Anstalten geweiht.

Zwei Schulen bilden Ingenieure, verschiedene Escuelas Nor- males Lehrer und Lehrerinnen aus. Acht geistliche Seminare, auf welchen auch Philosophie getrieben wird, sorgen für den Nach- wuchs von Priestern.

Universitäten. Das Hochschulwesen gipfelt in den Uni- versitäten von Mdrida und Caracas. Erstere ist unvollständig, jene von Caracas wurde bereits 1721 durch die Spanier gegründet. Ihr Lehrplan bewegte sich anfänglich in niederen Sphären und engen Grenzen. Man unterrichtete Lesen und Schreiben und paukte den Studenten das nötige Latein ein, damit sie eine Messe lesen konnten. Die Physik des Aristoteles und die Philosophie des 1308 verstorbenen Scholastikers Scoto wurden, wie Cochrane be- richtete, vom Katheder verkündet. Wer ein akademisches Diplom erlangen wollte, mußte zuvor eidlich seinen Glauben an die un- befleckte Empfängnis bekräftigen.

Heute wandelt die Universität moderne Wege. Am vorteil- haftesten präsentieren sich die juristische und medizinische Fakultät, welche sich des stärksten Zuspruches erfreuen. Auch Mathematik und Naturwissenschaften werden vorgetragen. Die Professur für Botanik, Zoologie und Geologie bekleidete Jahrzehnte hindurch ein deutscher Gelehrter, Dr. Ernst, welcher auch eine außer- ordentlich fruchtbare wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete.

Die Musensöhne sind zumeist sehr jung. Besondere An- forderungen werden an ihr Gedächtnis gestellt, da man gerne aus- wendig lernen läßt. Auch müssen sie es sich gefallen lassen, abgefragt zu werden. In Ermanglung spanischer haben sich französische Lehrbücher Eingang verschafft.

91

Das moderne Utiterrichtszuesen. Durch den Unterrichts- minister F. Guevara Rojas hat das gesamte Fortbildungswesen eingreifende Reformen erfahren und baut sich seit 19 15 auf folgenden Grundlagen auf.

Der Vok sschu 1 u n te r r i ch t zerfällt in eine niedere und höhere Stufe : die Instrucciön primaria elemental und superior. In ersterer sind Lesen, Schreiben, Kastilianisch, Rechnen, Be- handlung der gültigen Gewichte und Maße, Landeskunde auf geographischer und historischer Basis, Moral, Bürgerkunde, Ge- sundheitslehre Pflichtfächer. Dagegen nicht Religion, in welcher nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern, und nur wenn mindestens zehn Teilnehmer vorhanden sind, unterrichtet wird.

In der höheren Stufe werden die genannten Fächer erweitert, und es treten Naturwissenschaften, Zeichnen und Musik hinzu.

Der Schüler bekommt mit dem 9. Lebensjahre die Erlaubnis, in die höhere Stufe einzutreten auf Grund eines befriedigenden, durch eine Prüfung erworbenen Abgangszeugnisses des elementaren Kurses.

Nachdem der Lehrplan der Instrucciön primaria superior absolviert und der Schüler sich wiederum durch ein Zeugnis über fruchtbringenden Besuch ausweisen konnte, tritt er in die

Mittelschule, d. h. in die Instrucciön secundaria, über. Diese beginnt mit einem allgemeinen Kursus von vier Jahren. Fächer sind :

Mathematik (Alge- bra, Geometrie, Tri- gonometrie)

Naturwissenschaften

Physik, Chemie.

Kastilianisch Französisch Englisch

Elemente v. Latein und Griechisch.

Lyzealkurse.

Geographie

Kosmographie

Literatur

Philosophie

Zeichnen.

Nunmehr gliedert sich der Unterricht in

drei Spezialkurse von zwei Jahren :

I. jenen der Philo- II. jenen der Physik

sophie u. Literatur.

Fächer : Latein Griechisch Deutsch

und Naturwissen- schaften. Fächer : Deutsch Physik

III. jenen der Physik und Mathematik. Fächer : Deutsch Physik Chemie

92

Philosophie

Geschichte d. Philo- sophie

Literaturgeschichte

Zeichnen nach der Natur.

Chemie Botanik Zoologie

Mineralogie u. Geo- logie Biologie Astronomie

Mathematik (Alge- bra, Geometrie, Tri- gonometrie, Topo- graphie)

Astronomie

Lineares und topo- graphisches Zeich- nen.

Zeichnen n. d. Natur. Die höheren Mittelschul- oder Lyzealkurse leiten zum Hoch- schulstudium über. Es bereitet vor auf

IL

Rechtswissen- schaften Theologie Philosophie Literatur Sprachen.

Medizin Zahnheilkunde Tierheilkunde Pharmazie.

III. Naturwissenschaften und Mathematik Baufach

Maschinenkunde Bergbau

Landesvermessung Landwirtschaft. Grade und Titel. Jede der Hochschulsektionen verleiht nach bestandenen Prüfungen Grade und Titel.

In Philosophie und Literatur, Naturwissenschaften und Mathe- matik, Theologie und Medizin kann der Doktor-Titel erworben werden.

In den Rechtswissenschaften wird man zum Advokaten oder Procurador graduiert. In der Medizin zum Medico-cirujano, Den- tista, Veterinario oder Farmaceutico.

In den technischen Disziplinen erlangt man das Prädikat Architekt, Zivil- oder Mineningenieur, Agronom und Landmesser (Agrimensor).

Nach Absolvierung der Lyzealkurse wird man zum Baccalau- reus kreiert.

Fakultäten. Die Hochschule oder Universität gliedert sich in fünf , Escuelas (Schulen) genannte , unseren Fakultäten ent- sprechende Sektionen :

i. Escuelas de Filosofia y L etras (Schule der Philo- sophie und Wissenschaften). In ihr werden außer Philosophie Literatur, Geschichte, Sprachen, Sozialwissenschaft gelehrt. Das Studium umfaßt 4 Jahre. Es bestehen 2 Sektionen.

- 93

2. Escuelas de Ciencias Fisicas, Matern aticas y Naturales (Schule der Mathematik, Physik und Natur- wissenschaften). Mathematik, Mechanik, Konstruktionslehre, Physik, Chemie, Zoologie, Botanik, Biologie, Geologie, Mineralogie, Geschichte der Baukunst u. a. kann man hören. Die Disziplinen verteilen sich auf vier Jahre. Es sind fünf Sektionen vorgesehen.

3. Escuelas de Ciencias Medicas (Medizinische Fakul- tät). Dieselbe gliedert sich in die

a) Escuela de Medicina (menschliche Heilkunde). 6 Jahre,

b) ,, ,, Farmacia (Sektion der Apotheker). 4 ,,

c) ,, ,, Dentisteria ( ,, ,, Zahnärzte). 3 ,,

d) ,, ,, Parteras ( ,, ,, Hebammen;. 3 ,,

e) ,, ,, Veterinaria( ,, ,, Tierärzte). 3 ,,

4. Escuelas de Ciencias Politicas (Fakultät der Rechtswissenschaften). Zerfällt in den Kurs für

a) Advokaten, welcher 5 Jahre umfaßt, und den der

b) Procuradores von 3 Jahren.

5. Escuelas de Cien cias Ecl es iasticas (Theologie). 4 Jahre.

Lehrer werden in den Escuelas Normales Primarias und Superiores herangebildet. Die theoretische und praktische Schulung ist auf 4 Jahre eingestellt. Alsdann wird der Grad eines Volks- oder Mittelschulprofessors erworben. Der Unterricht der Schönen Künste teilt sich in die Sektion

der Musik und Deklamation und der plastischen Künste. Eine Handelshochschule existiert bisher nicht. Dagegen blühen mittlere Handelsschulen, Escuelas de Comercio, in denen Deutsch, Englisch, Französisch und neben Schönschreiben, Buch- führung, Physik und Chemie die Geschichte des Handels, Handels- recht, Nationalökonomie und Handelsgeographie gelehrt werden. Fachschulen. In der Escuela de Artes y Oficios für Knaben lösen sich praktischer und theoretischer Unterricht ab.

In Werkstätten wird geübt : In den Klassen wird gelehrt : Lithographie Arithmetik

Buchbinderei Geometrie

Gießerei Physik und Chemie

94

Schmieden

Praktische Mechanik

Betrieb des Automobils

Elektrotechnik

Tischlerei

Photographie

Schneiderei.

Zeichnen Schönschreiben Maschinenschreiben Englisch und Französisch Angewandte Mechanik Theorie des Automobils ferner wird Gymnastik getrieben.

Abendkurse ersetzen unsere Fortbildungsschulen.

In der Escuela de Artes e Oficios für Mädchen übt man Schneidern, Weißnähen, das Garnieren von Hüten, Herstellen künstlicher Blumen, Kochen, Waschen und Bügeln, aber auch Buchführung, Maschinenschreiben, Zeichnen u. a.

Endlich funktioniert ein Lyzeum für Mädchen, in dem außer Sprachen, Mathematik, Geschichte und Geographie Haushaltungs- wesen, die Behandlung des Kindes und Handarbeiten gelehrt werden.

Der Venezolaner ist also bestrebt, seinen Nachwuchs für alle Ansprüche des Lebens zu erziehen.

Die Lehrkräfte besitzen nur zum Teil die vorgeschriebenen Grade und Titel. Die Dozenten der Universitätskurse sind meistens Männer der Praxis, die ihr Lehramt nebenher ausüben.

Unterhaltungskosten. Nicht ohne Interesse ist es, die Unter- haltungskosten der verschiedenen Unterrichtsanstalten zu mustern.

Im jüngsten Budget, 1920, waren ausgesetzt für die Landes- Universität in Caracas 206 760 B. Von den 37 tätigen Professoren waren am besten die der Medizin mit je 3600 B. Jahresgehalt bezahlt, am geringsten jene der Rechtswissenschaften mit je 2400 B.

Die freilich unvollständige Universität de los Andes (Merida) fristete mit 37420 B. ihr Dasein. Die Professoren empfingen je 1296 B. jährliche Entschädigung.

Das Lehrerseminar hatte mit einem Budget von 80 544 B. zu rechnen. Hier verschlang die Unterhaltung von 43 Internen 41 280 B. Von den 12 Professoren bezog jeder 960 B. (Der Pförtner 1080 B.). Das Institut funktionierte, wie andere, z. B. die Pharmazeuten-Schule, in einem Mietshause. Das Lyzeum von Caracas verfügte über 48 840 B. Die 25 Lehrer erhielten zwischen 1200 und 2400 B. Der Direktor 6000 B.

95

Die staatlichen Volksschulen, in der Regel in Mietshäusern einquartiert, weisen zumeist einen Haushalt mit vier Posten auf:

Knabenschule Mädchenschule

Der Direktor. . 2880 B. Die Vorsteherin . 3600 B.

Der Lehrer . . 1680,, Zwei Lehrerinnen 2800,,

Hausmiete . . 960,, Hausmiete . . 1200,,

Schreibutensilien 240 ,, Schreibutensilien 390 ,,

Summa 5760 B. Summa 7990 B.

Gelegentlich sind zwei Lehrer angestellt und die Miete ist niedriger oder höher. Die weiblichen Kräfte werden im allge- meinen besser bezahlt als die männlichen.

Im Budget der Nationalbibliothek 1 Direktor 9000 B., Beamte 1800 2700 B.) finden wir wohl einen Posten für das Binden der Bücher, aber keinen für ihren Erwerb. Das Museo Nacional besitzt offenbar außer dem Direktor keinen Fachmann und ver- fügt für das Konservieren und sonstige Ausgaben über 3000 B. 16800 kostet die Verwaltung.

Das gesamte Budget des öffentlichen Unterrichts schloß 1920 mit 4 328 181 B. ab.

Akademien. Neben der bereits seit langem bestehenden Aka- demie der Rechtswissenschaften, der Sprachen, der Medizin und der Academia Nacional de Historia, deren Unterhaltung dem Staate 50496 B. kostet, wurde 191 6 in der Hauptstadt durch Regierungsinitiative ,1a Academia de Ciencias Fisicas, Matematicas y Naturales' gegründet, welche sich aus 30 Mitgliedern zusammen- setzt, deren Aufgabe es ist, die exakten Wissenschaften im Lande zu pflegen und zu verbreiten. Ferner sollen dieselben als Er- forscher der Reichtümer des Landes tätig sein, seine Natur studieren und ihre Untersuchungen veröffentlichen. Endlich sind sie beauftragt, eine Bibliothek der einschlägigen heimischen und fremden Literatur zu errichten.

Das Museo Nacional enthält reichhaltige naturhistorische und ethnographische Sammlungen, denen Dr. Ernst vorstand. Das astronomische und meteorologische Observatorium Cajigal bei Caracas empfing jüngst ein kostbares Fernrohr als Geschenk Henry Lord Boultons. Auch gibt es ein Schulmuseum und eines der Schönen Künste. Im Lande verteilen sich 66 Bibliotheken mit

96

zusammen 134327 Bänden. Die größte ist die Biblioteca Na- cional in der Bundeshauptstadt.

Wie die Wissenschaft, so steht auch die Kunst erst im An- fange ihrer Entwicklung. Eine Ausnahme bildet die Dichtkunst, welche, mit den Freiheitskriegen erwachend, schon durch ein Jahrhundert blüht. Dieselbe wurde uns durch eine Studie von V. und M. Björkman *) näher gebracht.

Dichter. Als Ahnherrn der venezolanischen Poeten be- trachtet man Andres Bello , »den Fürsten der spanisch-ameri- kanischen Dichter«, welcher in Caracas 1791 das Licht der Welt erblickte, aber, nachdem er seinem Vaterlande lange als Vertreter seiner Interessen in London gedient hatte, 3 8 jährig einem Rufe nach Chile folgte, wo er die Universität reorganisierte und ihr lebens- länglicher Rektor wurde. Horaz, Virgil sowie die Meister der spanisch-italienischen Schule des 16. Jahrhunderts waren Bellos Vorbilder. In klassischen Bahnen bewegten sich auch die Rhyth- men seines Zeitgenossen Rafael M. Baralt, eines Sohnes Mara- caibos. Er war auch Venezuelas erster Historiograph. Diesen beiden hellstrahlenden Sternen folgte eine erkleckliche Schar von Romantikern, welche wiederum Jünger einer Art Renaissance, einer Wiederbelebung klassischer Formen, ablösten. Doch auch diese Epoche ist überwunden ; man befreite sich von den Fesseln des Konventionalismus und tauchte unter, wie Louis Churiön, in die herrliche venezolanische Natur, deren Schönheit und schil- lernde Pracht, ihren balsamischen Duft in Versen widerspiegelnd und ausströmend.

Venezuelas Dichter errangen den Lorbeer vornehmlich als Lyriker. Die älteren haben gern Sonette und Oden verfaßt. Seltener wandten sie sich dem Drama zu. Felipe Tejera dichtete zwei Heldengesänge: »la Columbiada« und »la Boliviada«.

Aus einem Gedicht Tejeras »Des Indianers Abschied«

möchte ich in der Übertragung M. Björkmans einige Verse als

Probe venezolanischer Poesie bringen :

Und weiter und weiter in schnellerem Zug,

Wie mit Adlers Flug 1 >ie schwarze Piroge durchschneidet das Meer,

*) Von Venezuelas Parnaß. Dresden, Leipzig 19 LI,

97

Das Segel gebläht. Die Sonn' geht zur Ruh, Entschwindet im Nu.

5 Tragt, üir Kondore, Mit heiserem Klang Hin in die Heimat Den Abschiedsgesang. Sagt, daß mir wurde Die Ruh nach Begehr, Der Himmel als Decke, Als Grabstatt das Meer.«

Zum Schluß komme ein moderner Lyriker in Gabriel Picön Febres, hijo, zu Wort :

An %•

i. Von fernem Strand 3. Ach, damals drang -

Kam ich zu suchen Ehr' und Ruhm, Hinauf zu Dir dei Wunsch noch nicht, Durchkreuzte Meer und Wüstensand Nicht meiner Seele Sehnsuchtsklang, Du warst für mich ein Heiligtum Mir war genug des Mondes Licht, Mein still erträumtes Morgenland. Der Quelle murmelnder Gesang.

2. Das Kriegsglück lacht: 4. Wie Blitzesstrahl

Mein Blick in ros'ge Ferne schaut; Fiel da in meines Daseins Nacht

Auf wildem Berge hielt ich Wacht, Dein Bild ich sah mit Lust und Qual

Die ihr Geheimnis mir vertraut In Deinem Aug' voll süßer Macht

in still verschwiegener Sommernacht. Des Dichters schönstes Ideal.

5. Mein Heldentum, Ich werfe fort es sonder Harm. Tausch' gerne Ehr' und eitlen Ruhm Und meine Fahne, lorbeerarm, Für Deiner Liebe blaue Blum'.

8. Presse.

Die venezolanische Presse hat im vorigen Jahrzehnt ihren hundertjährigen Geburtstag feiern dürfen ; denn das Gründungsjahr der ersten Zeitung war 1808. Damals erblickte die »Gaceta Oficial« zu Caracas das Licht der Welt, welche noch heute als Organ der Regierung, wenn auch nicht ohne Unterbrechungen, fortbesteht.

Einmal erblüht, entwickelte sich das Zeitungswesen ziemlich schnell. Die bewegten Zeiten, waren es doch jene der Unabhängig- keitskämpfe, bereiteten einen günstigen Boden. In Cumanä, An- gostura, Maracaibo erschienen Blätter. In Barinas der »Llanero libre«. In Barcelona eine »Aurora«. Im Laufe der Jahre folgten

Bürger, Venezuela. 7

98

der »Morgenröte« »El Eden«, »das Paradies«, »El Porvenir«, »die Zukunft«, »El Venezolano«, das Hauptorgan der Liberalen, eine »Sonne« und ein »Stern«, ein »Anker« und ein »Lorbeer«, aber auch eine »Stechmücke«, »El Zancudo«, ein »Ungewitter«. »La Tronada«, ein »Blitzstrahl«, »El Rayo«, ein »Ohne-Hemd«, »El Sincamisa« und viele andere, heute längst entschlafene, mehr oder minder streitbare Blätter, welche ihre Gegner Verräter, Gauner und Räuber titulierten, flogen in den Zeiten der Bürger- kriege von Hand zu Hand.

Presse und Öffentliche Bibliotheken.

Staaten

Zeitungen und Jourr

iale

Bibliotheken

über- haupt

täglich er- scheinend

1 2 mal wöchent- lich er- scheinend

1 3 mal monatlich

er- scheinend

Zahl derselben

Zahl der Bände

Distrito Federal .

IO

5

14

20

IO5 430

Anzoätegui .

3

2

2

I IÖO

Apure .

2

I

1

I

IOO

Aragua .

10

5

5

2

I 690

Bolivar .

10

I

2

6

I

3 340

Carabobo .

19

6

8

4

6

3 620

Cojedes .

4

3

1

1

Falcön .

18

1

7

10

1

544

Guärico .

8

1

1

4

1

400

Lara .

23

2

6

5

7

2 248

Mdrida .

11

2

7

3

3883

Miranda

2

2

1

700

Monagas

3

1

2

Nueva Esparta

7

1

1

Portuguesa .

3

2

I

Sucre

1 1

2

4

4

1

700

Tächira .

24

1

6

11

3

2 662

Trujillo .

2 1

5

6

4

548

Yaracui .

6

1

1

4

1

Zamora .

5

2

2

Zulia .

30

5

6

12

1 1

7 252

Delta-Amacuro

1

Insgesamtj 251 32 70 103 66 | 1 34 327

- 99

Zur Zeit erscheinen 251 Tages-, Wochen- oder Monatsschriften (periodicos), von welchen eine täglich zweimal und 31 einmal täglich herausgegeben werden. Der Bundesdistrikt mit der Haupt- stadt Caracas und Zulia mit dem lebhaften Maracaibo besitzen die meisten Organe. Auch Tächira, Lara und Trujillo tun sich hervor.

Von den 19 10 florierenden Zeitungen und Zeitschriften er- scheint nur eine einzige seit 1875, Je zwe^ wurden zwischen 1876 und 80 bzw. 1881 und 85 zum erstenmal gedruckt, 174 aber, also weit mehr als die Haltte, waren erst zwischen 1908 und 191 2 erstanden. Nicht weniger als 40 Organe sind offiziell, 51 lite- rarischer Art, 15 widmen sich der Religion, je 14 der Wissen- schaft und dem Handel, 9 der Vertretung der Industrie und 22 dürfen wir als Tageszeitungen gemischten Inhalts mit politischer Färbung, den unseren vergleichbar, bezeichnen. Nur zwei Organe erreichten eine Auflage von 10 12 000 Exemplaren. Eine be- sonders nützliche Publikation ist das «Boletin comercial e indu- strial», welches sich in den Dienst der wirtschaftlichen Erschließung des Landes stellt.

9. Wehrmacht und äußere Beziehungen.

Wehrmacht. Venezuela verfügte vor dem Weltkriege über eine Wehrmacht von 5632 Offizieren und Mannschaften, dazu kamen 457 Marinesoldaten. Außer dieser Bundestruppe sind Bewaffnete in den Staaten zerstreut. Die Krieger sind Söldner. Ein Artillerist empfängt jährlich 730 B.

Das Budget von 1920 21 sieht Ausgaben für 31 Infanterie bataillone (von je 400 Mann), 2 Schwadronen Kavallerie und 6 im Lande verteilte, zur Zeit recht kleine Artilleriekörper vor. Befestigte Plätze, d. h. mit Forts versehene, sind: La Guaira, Pt. Cabello und Maracaibo. Außerdem gibt es einen festen Platz in Guayana.

Eine Escuela Militär erzieht 80 Kadetten, welche in der Muttersprache, Französisch, Englisch, Mathematik, Chemie, Natur- wissenschaften, Geographie und Geschichte Unterricht empfangen. Diese Anstalt kostet dem Staate 127 431 B. Die Seemacht re- präsentieren die beiden Kreuzer »Mariscal Sucre« und »General Salom« nebst dem Kanonenboote »Miranda«, einer Brigg und einem Dampfer. Ein Marinesoldat bekommt 480 B. Löhnung im Jahre.

7*

100

Äufserc Beziehungen. Venezuela unterhält in Deutschland zu Hamburg ein Generalkonsulat. Wir besitzen in Caracas eine Ge- sandtschaft und außerdem Konsulate in Caracas, La Guaira, Pt. Cabello, Valencia, Maracaibo, San Cristöbal und Ciudad Bolivar.

Die Regierung bewahrte während des Weltkrieges strikte Neutralität. Das Volk ist im ganzen deutschfreundlich, nur während des Konfliktes kam es 1902 zu deutschfeindlichen Ausschreitungen.

Mit allen Nationen werden freundliche Beziehungen unter- halten. Grenzstreitigkeiten sine1 Schiedsgerichten unterbreitet worden.

IV. Die Staaten.

Venezuela zerfällt politisch in den Bundesdistrikt mit der Hauptstadt Caracas, 20 Staaten und 2 Territorien. Die Staaten oder autonomen Provinzen sind z. T. nach Persönlichkeiten be- nannt worden, welche in der Geschichte des Landes eine Rolle gespielt haben. Ihre Abgrenzung erscheint uns vielfach willkürlich, und jene Staaten, zu deren Bildung man Stücke des karaibischen Gebirges mit Teilen der Llanos vereinigte, muten uns als recht unnatürliche Gebilde an. Indessen sind sie wenigstens nicht die Produkte einer unter Benutzung von Meridianen und Parallel- kreisen mit dem Zirkel aufgeteilten Ländermasse. Wir wollen sie von Westen nach Osten durchwandern.

1. Zulia.

Zulia bildet die breite Umrahmung des Lago de Maracaibo und reicht von den östlichen Abhängen der Sierra Perijä bis zur Kordillere de Mtfrida. Das im wesentlichen ebene Land wird von zahlreichen Flüssen durchzogen, welche dem See zustreben. Die ausgedehnten Wälder sind reich an wertvollen Holzarten wie Farbholz, Mahagoni und Ebenholz und Balsambäumen. Einge- streute Savannen kommen der Viehzucht im großen entgegen. Der fruchtbare Boden erlaubt den Anbau wichtiger Nutzpflanzen. Kakaobaum, Baumwollstaude und vor allen Dingen Zuckerrohr werden gezogen. Trotzdem ist die Bevölkerung schwach und konzentriert sich im wesentlichen auf die Hauptstadt Maracaibo und deren Umgebung.

101

Staaten und Territorien nebst ihren Hauptstädten.

Staaten und Territorien

Oberfläche in qkm

V

«j: P

inwohner-

£.2.3

:0 "O U*

zahl *)

5&2

03 § a

1-

Hauptstädte

Eia-

wohner- zahl*)

Zulia

Tächira

Merida

Trujillo

Lara

Falcön

Yaracui

Carabobo .

Aragua

Distrito Federal .

Miranda

Anzoätegui .

Sucre

Nueva Esparta Monagas . .

Territorio del Delta . Portuguesa . . . . Zanioi-A ho^iMYVCU .

Apure

Cojedes

Guärico

Bolfvar

Territorio del Ama- zonas .

500 100 300

65 5c 1 1 IC 1 1

7400 19 800 24 800

7 100

4 399

5 351 1 930

7 950 43 300 1 1 800

1 270 28 900 40 200 15 200

35 20° 76500

14 800

66 400 231 000

281 700

UQ458 147 076

123232

178 942

219 816

128255

108 022

125 5H

95 902

140 132

174 266

103 573

150 21 1

56035

62 421

13 474 52 549 55 055 39 187 81 850 122 190 65852

48 940

2,0

13.0 10,0 24 o 11,0 6,0

15.0

26,0

17,0 70,0 12,0

2,2 12,5 44,0 2,1 o,3 3.4 1,6 o,5

5-5 2,0

o,3 0,2

Maracaibo San Cristöbal Merida . Trujillo Barquisimeto Coro

San Felipe Valencia Maracay Caracas

Ocumare del Tüy Barcelona . Cumana La Asunciön Maturin Tucupita . Guanare Barinas . San Fernando San Carlos Calabozo . Ciudad Bolfvar San Fernando de Atabapo

46 706

21385

14 082 12 415 23 943

15 533 15506 29 466

9311 92 212 10 048 10883 16342

4580

15465 9 676 7003 3 165

9 77° 8 189

7 123 19 712

1 206

Insgesamt

1 020 400**)] 2 41 1 952 | 2,4

I

Maracaibo. Die Anlange Maracaibos gehen auf den Deutschen Ehinger zurück, welcher bereits 1529 an seiner Stelle einen Ort gründete, der aber verfiel, und dem 1561 als Nueva Zamora das jetzige Maracaibo folgte. Dasselbe rangiert, La Guaira nahekommend, heute als zweitwichtigster Hafen Venezuelas und mit etwa 46 700 Einwohnern als drittgrößter Ort der Republik.

Es zählt auch zu den schönsten Städten, und besonders hebt man den angenehmen Eindruck hervor, welchen es auf denjenigen

*) Nach der Volkszählung von 1920. *•) Nach planimetrischer Berechnung in Justus Perthes Geogr.-Anst.

beträgt der Flächeninhalt der Republik 942300 qkm.

102

macht, der den Ort von der Westseite aus überblickt. Kathedrale, Regierungspalast und das ansehnliche Stadthaus umgeben die Plaza mit dem Standbilde Boh'vars. Eine besonders breite Straße mit zahlreichen zweistöckigen Gebäuden führt aus dem Innern zum Hafen. Eine Reihe von Kirchen und Kapellen überragen das Häusermeer, ein Theater uud mehrere Spitäler und Klöster lenken die Aufmerksamkeit auf sich. Das Theater liegt an der Plaza Baralt, zu Ehren des venezolanischen, in Maracaibo ge- borenen Historikers benannt, welcher die erste erschöpfende Ge- schichte seines Landes verfaßte. Überdies ist der Ort mit elek- trischem Lichte ausgestattet und gut gepflastert und kanalisiert. Auch erfreut er sich schöner öffentlicher Gärten mit Springbrunnen und eines Parkes. Eine Straßenbahn vermittelt den Verkehr. Leider erweist sich das überaus heiße Klima nicht als gesund, und dieses erklärt wohl, trotz guter hygienischer Vorkehrungen, die hohe Sterblichkeitsziffer, welche 36,5: 1000 beträgt. Das Jahresmittel der Temperatur erhält sich auf 28,5 ° C und ist da- mit eines der höchsten unter den Siedelungen von Bedeutung im Lande. Der Regenfall ist gering, 495 mm. Südwestlich von Maracaibo liegt die Villenkolonie der Deutschen und Nordamerikaner, Los Haticos.

Wasserwege. Der große See und die vielen in ihn mün- denden Wasserläufe kommen Handel und Wandel im Verein mit dem reichen Hinterlande, zu dem wir auch einen Teil Kolumbiens, nämlich die kaffeereiche Landschaft von Cücuta zu rechnen haben, trefflich entgegen. Das kolumbianische Kaffee-Emporium ist durch eine Bahn mit dem für Dampfschiffahrt geeigneten Rio Zulia- Catatumbo verbunden.

Industrie. Handel. Obgleich Mineralschätze vorhanden sind, hat sich eine Minenindustrie bisher nicht entwickelt. Da- gegen arbeiten bei Maracaibo Salinen, und man schenkte neuer- dings dem bereits lange bekannten Vorkommen von Asphalt und Petroleum in der Nachbarschaft des Sees ernstliche Beachtung, indem 191 7 bei San Lorenzo eine Petroleumraffinerie gegründet wurde, die seitdem mit Erfolg arbeitet. Die heimische Industrie entfaltete sich in Kerzen-, Licht- und Hutfabriken. Außerdem ar- beiten Gerbereien, Sägemühlen und Werften für kleinere Fahr- zeuge. Es klingt etwas resigniert, wenn L. Dalton 1 9 1 2 sagte :

- 103

»es sind zur Zeit keine Angelsachsen in Maracaibo ansässig, die großen Geschäftshäuser sind Eigentum der Deutschen oder werden von solchen geleitet«. Hoffentlich ist das so geblieben. Man verschifft Kaffee, Kakao, Chinin, Copaiba-Balsam, Farbhölzer, Zucker, Knochen, Häute und Dividivi in sich steigerndem Maße.

Maracaibo wird von transatlantischen Dampfern besucht. Außerdem werden besondere Seedampfer unterhalten, den Verkehr mit dem Catatumba und Seiba am Ostufer, einer Zentrale der Zuckerindustrie, die der Krieg mächtig förderte, vermittelnd.

Ebenfalls am Ostufer, ziemlich Maracaibo gegenüber, befindet sich die kleine Stadt Altagracia, ein Agrikulturzentrum, und am Südostgestade das alte, schon 1597 gegründete G ib ral tar , welches einstmals derart blühte, daß ihm der berüchtigte Pirat Henry Morgan einen unliebsamen Besuch abstattete Santa Barbara und San Carlos, beide am Rio Escalante, sind Plätze eines lebhaften Zwischenhandels, gelten aber als sehr ungesund.

2. Tächira. Merida. Trujillo.

Diese drei Staaten gehören der Kordillere de Merida an. Sie sind höchst gebirgiger Natur und besitzen alle von uns skiz- zierten Klimate. Sie sind deshalb für den Anbau der Nutzgewächse verschiedener Zonen nicht nur geeignet, sondern auch ausgenützt. Die heißen Täler bringen heute namentlich Kakao hervor. Vor- mals waren sie der Indigokultur gewidmet. In den Höhen der Tierra templada wird ein vorzüglicher Kaffee erzielt, auch der Tabak liefert ein besonders geschätztes Produkt. In der Tierra fria reift der Weizen und bis in den Päramo hinein erstreckt sich der Anbau der Kartoffel. Sobald die tropischen Fruchtbäume der tieferen Regionen aufhören, reichlichere Ernten zu bieten, treten solche der gemäßigten Zone, wie Äpfel, Birnen und Pfirsiche an ihre Stelle. Außerdem sind sie gesegnet mit wertvollen Erzen : Gold, Silber und besonders Kupfer (Seboruco) wird gewonnen, und ferner ist Kohle und Petroleum vorhanden. Zu diesen Reich- tümern gesellen sich die Holz- und Balsamschätze der Urwälder. Die Viehzucht begünstigen ausgedehnte Grasfluren, und schließlich besitzen sie noch einen nicht gering zu schätzenden Vorzug : jenen großer landschaftlicher Schönheit. Gewinnen doch hier die an und für sich so herrlichen Bilder überquellenden tropischen

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Gedeihens einen grandiosen Hintergrund und Abschluß durch die schneebedeckten Dome eines bis zu 5000 m ansteigenden Hochgebirges. So gehören die Kordillerentäler, und nament- lich jene von Tächira, zu den bevorzugtesten Landschaften. Sie sind am besten angebaut und besiedelt.

Tächira. Der südlichste, an Kolumbien grenzende Staat Tächira hat zur Hauptstadt San Cristöbal, etwa 820 m hoch, gegründet 1561, am Torbesflusse an den steilen Hängen einer Hügelreihe reizend gelegen, mit 21 385 Einwohnern einschließlich der Landgemeinden. Nicht weit entfernt in der Umgebung des besonders rührigen und sauberen Städtchens Rubio befindet sich eine der gepriesensten Kaffeegegenden des Landes. Petroleum gewinnt man, wenigstens den Eigenbedarf deckend, in nächster Nähe der Stadt. In der Stadt selbst blühen einige Nudelfabriken. Die Hauptsache ist jedoch der Handel mit Kaffee, welcher auch noch nach Kolumbien hinübergreift und nach Maracaibo zielt. Er liegt ebenfalls in deutschen Händen. Die Stadt ist 1875 durch das Erdbeben von Cücuta schwer heimgesucht worden. T ä r i b a am Rio Torbes ist ein reges Städtchen und besitzt einen lebhaften, wöchentlich mehrmals abgehaltenen Markt.

Von San Cristöbal führen Wege nach dem kleinen, aber nicht unwichtigen und sehr hübschen San Antonio an der kolumbianischen Grenze und, den Tälern des Torbes und Qui- nimary folgend, in die Llanos, ferner nach U r a c ä , dem süd- lichen Endpunkt der Tächirabahn, deren nördliche Endstation der Flußhafen Encontrados an der Vereinigung von Catatumbo und Zulia bildet, und endlich nach Merida. Außerdem ist zu erwähnen das blühende Städtchen Lobatera, 1000 m hoch am Nord- abhang der Kordillere gelegen, und das noch höher (1450 m) im Ge- birge mitten auf einem Plateau erbaute Grita, »ein sauberer, durch besonders helle und tüchtige Bewohner« ausgezeichneter Ort von 4000 Einwohnern mit einem sehr belebten, Sonntags stattfindenden Markte, zu dem die Landbewohner beladen mit Weizen, Wolle, Tabak und Baumwolle sich einfinden. Grita besitzt, was schon die zahlreichen Stores anzeigen, ein reges Geschäftsleben und gilt als hervorragend gesund. Hier gedeihen unsere Obstsorten. Das nahe Seboruco ist bekannt durch seine Kupferminen.

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Merida. Auf Merida konzentrieren sich die höchsten Gipfel der Kordillere. Leider erschließen seine großartige Natur nur wenige und schlechte Wege. Die gleichnamige Hauptstadt Merida breitet sich wiederum auf einem Hochplateau, einer Schotterterrasse, aus, welches die weißen Gipfel der Anden beherrschen. Die hohe Lage, 1627 m, sichert der Stadt ein angenehmes, wenn auch etwas feuchtes Klima (19,2° C). Trotz ihrer verhältnismäßig be- deutenden Bevölkerung, 14082 Seelen, ist sie nicht besonders gut gehalten, was z. T. die häufigen Erdbeben erklären, unter denen sie litt. Eine imposante Kathedrale im Barock, deren Front zwei stattliche Türme mit Kuppeldach flankieren, überragt die Häuser. Ein Regierungsgebäude mit Säulenhallen und ein Bolivardenkmal gereichen Merida zum besonderen Schmucke, jedoch auf den Straßen grünt Gras. Dagegen erfreut es sich elektrischer Beleuchtung. Die Stadt ist seit alters Bischofssitz. Ihre Gründung fällt in das Jahr 1542. Heute erarbeiten Webstühle Woll- und Baumwollzeuge, und es blüht der Handel mit Kaffee und Zucker, zu dem vormals auch Indigo kam.

»Die Stadt Merida bietet«, so schrieb Glöckler, »nach mehreren Seiten hin die schönsten Ansichten dar, wie man sie in Südeuropa nur finden und preisen mag. So sieht man im Süden die im Schnee erglänzenden Gebirgsgipfel, die Flüsse Mucujun und Al- varegas rollen ihre raschen Gewässer am Fuße der Bergebene hin, in der Ferne gewahrt man im grünen Teppich noch die schimmernden Linien des Egido, Chama und Grita. Die reichen Täler des Egido, die fruchtbaren Ufer des Chama, der malerische Distrikt Bailadores, die vom üppigen Wachstum strotzenden Gelände des Grita alles das wird von mächtigen Bergen eingefaßt, die teilweise noch versteckte liebliche Täler darbieten, erfüllt vom saftigen Grün der Tropennatur, Täler, deren Anblick sich der

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Seele des Wanderers unvergeßlich einprägt.«

Auf einer »ungeheuren« Schotterterrasse, der Mesa von Ejido, liegt 1250m hoch eine der größten Städte der Kordillere, Ejido, von Bananen-, Zuckerrohr- und Kaffeepflanzungen umkränzt. »Das Klima ist warm, aber doch gemäßigt, alles atmet Frische und Feuchtigkeit.« Westlich, 1100 m hoch im Gebirge, befindet sich eine Merkwürdigkeit des Landes, der seichte Urao-See von Lagu- nillas mit dem eigentümlichen Natronkarbonat auf seinem Grunde.

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Das weizenbauende, abgeschlossene Bailadores und das auf- blühende Tovar im Mucutiestale sind kleine Marktplätze des nord- westlichen Teiles des Gebirges, und in Mucuchies, nordöstlich von MCrida, lernen wir die höchstgelegene Stadt (3000 m) Ve- nezuelas kennen. Sie gehört bereits der Region des Päramo an. Weiden und Kartoffeläcker umgeben sie.

Mit dem Städtchen Timötes (2055 m), auf welches wir, den Päramo von Mucuchies überschreitend, treffen, verlassen wir Merida und gelangen in den Staat

Trujillo. Trujillo mit der gleichlautenden Hauptstadt, welche, 1556 gegründet, der berüchtigte Korsar Gramont 1678 brandschatzte. Trujillo (12 415 E.) liegt etwa 800 m hoch in einem an Kaffee und Zuckerrohr reichen Tale, dessen Erträg- nisse seinen Markt bilden. Es ist nach Sievers die gepflegteste Stadt des Staates mit hübschen Häusern und zwei großen, weißen Kirchen, aber nicht die im Handel wichtigste. Dieser Rang ge- bührt V a 1 e r a , dessen äußere Schönheit nach demselben Autor gegen die übrigen Städte zurücksteht, und das sich durch »eine weniger angenehme Bevölkerung ungünstig auszeichnet«. Zucker und Kaffee nehmen im Handel den ersten Platz ein. Das aufstrebende Valera mit ziemlich starker italienischer Bevölkerung ist End- punkt der nach Seiba führenden Bahn. Außerdem möge B o - conö (1200 m), eine der malerischst gelegenen Städte der Re- publik mit großer Plaza und sauberen öffentlichen Gebäuden, Erwähnung finden, ferner Santa Ana, wo Boh'var und Morillo 1820 einen Waffenstillstand abschlössen, Mendoza im Tale des Rio Momboi, »welches förmlich in Kaffeehaciendas vergraben liegt«, desgleichen Ecuque mit vielen Cafetales und schließlich Carache (1260 m), eine von Mais und Zuckerrohr umgebene Oase in einer sonst unfruchtbaren Gegend.

3. Lara. Falcön. Yaracui.

Die nördlichen Fortsetzungen der wesentlich niedriger werdenden Kordilleren , welche zwischen Carache und Tocuyo »rutenförmig« auseinandertreten, nehmen die Staaten Lara, Falcön und Yaracui ein. Es ist jener Teil Venezuelas , in dem die kurze Herrschaft der Welser besonders zur Geltung kam. Er ist reich an fruchtbaren Tälern , aber auch an trockenen , sonnen-

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verbrannten Strecken , in welchen der Kaktus vorherrscht , und die nur noch den Ziegen Weide bieten. Die Gebirge übersteigen kaum 2000 m.

Lara. Der südliche ausgedehnte Staat Lara nimmt ein Bergland mit großen Ebenen ein. Es ist seit alters ein Land des Ackerbaues und der Plantagenkultur und durch seine be- deutende Viehzucht berühmt. Schon Codazzi , der Vater der Geographie Venezuelas, schrieb : »die Wiesen bedeckt mit reichen Gräsern erleichtern die Zucht jeden Schlacht- und Zugviehes, die höheren Berge liefern das schönste Korn , die Täler Kakao im Überfluß, die Hochebenen sind bedeckt von Baumwolle, Hülsen- früchten und Gemüsen«. Aber auch Wälder, »deren Riesenbäume mit ihren hohen Kuppen die Bodenfläche wie mit einem grünen Mantel« bedecken, fehlen nicht. Den Staat durchströmt der in nordöstlichem Laufe dem karaibischen Meere zustrebende wasser- reiche Tocuyo. An diesem liegt die vornehmste Stadt des Inneren, El Tocuyo, zugleich eine der ältesten, da sie schon 1545 von Juan de Carvajal , dem Mörder Philipp von Huttens , gegründet wurde. »Sie besitzt vier Kirchen, eine große Plaza mit Anlagen und Anpflanzungen , saubere , große Häuser und gutgepflasterte Straßen, wohlgekleidete, höfliche Bewohner, gutgefüllte Läden und regen Handel.« (Sievers.) Außerdem erfreut sie sich eines sehr gesunden Klimas. Die Landschaft ist reich an fruchtbaren Tälern. Man findet Kakao-, Kaffee- und Zuckerrohr-Plantagen und außer- dem die schönsten Getreide- und Kartoffelfelder. Ausgedehnte Potreros bevölkern Herden von Rindvieh , Pferden , Maultieren und Schafen. Weniger bedeutend ist Qu i bor, zwar ebenfalls alt , aber verlassen und ärmlich , »voll von Bettlern« In ihm soll sich der deutsche blondhaarige und blauäugige Typus seiner Gründer, der deutschen Kriegsmannen der Welser, bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Dagegen blüht Carora, obwohl in einer trockenen , dem Ackerbau wenig günstigen Gegend ge- legen — Kaktus bedeckt die Hügel und von einer bigotten Be- völkerung bewohnt, dank der in seiner Umgebung gut gedeihenden Viehzucht. Auch ist es ein Handelsplatz. S a n a r e machte seine Quittenzucht landbekannt.

Barquisimeto. Die Hauptstadt Barquisimeto (564 m) wurde 1552 in einer sich gegen den Rio Tocuyo ausdehnenden

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Ebene gegründet und spielt heute als wichtigstes inneres Handels- zentrum eine Rolle. Hier stapeln sich Kaffee, Kakao, Bohnen, Zucker und Rum mitsamt den Produkten der Agave, ihren Fasern und den aus ihnen verfertigten Gespinsten Stricken, Hänge- matten, Zügeln, Säcken nebst Cocui, dem Agavenbranntwein. Die Häuser Blohm & Comp., Baasch & Roemer, Lindheimer & Comp, sind vertreten. Die Stadt soll 24 000 Bewohner besitzen, ist aber nicht besonders schön und bietet außer der gekuppelten Kathe- drale und einigen anderen Kirchen nichts Bemerkenswertes. Auch die Umgebung entbehrt der Reize. »Sie ist unfruchtbar, trocken, heiß , schattenlos und mißfarbig«. Dagegen bildet der Ort den Knotenpunkt einer Reihe von Handelsstraßen , und die Bolfvar- bahn verbindet ihn mit dem Seehafen T u c a c a s. Eine be- sondere Zukunft prophezeit Dalton der Umgebung von Barquisi- meto als Baumwolland. Mit S i q u i s i q u e , der Kopfstation einer möglichen Tocuyo-Dampfschiffahrt , verlassen wir den Staat Lara und wenden uns nach Falcön.

Falcön. Coro. Falcön deckt sich im wesentlichen mit der alten Provinz Coro, die Kordillere de San Luis, das ebene Küstenland und die Halbinsel Paraguanä umfassend. Die Haupt- stadt, der Hafenplatz Coro (15 533 Einwohner), am gleichnamigen Golfe dort erbaut, wo die Festlandsbrücke der genannten Peninsula entspringt, ist zwar eine spanische als Gründung des Konquista- doren Juan de Ampies (1527), wurde aber sofort von Ambrosius Ehinger und seinen Kriegsgenossen für das Haus Welser in Besitz genommen. Als erstes Domizil der Regierung des gesamten Fest- landes und Residenz des Bischofs gelangte sie zu rascher Blüte, die aber nur ein halbes Jahrhundert währte, da die Behörden sie verließen. Eine mächtige Kathedrale gemahnt an ihre einstige Bedeutung. Heute erinnert sie mit ihren vielen zweiten Stock- werken , Baikonen und Veranden an Willemstad auf Curacao. Die Reichtümer der Kordillerentäler an Kakao, Kaffee, Arrow-root und Mais, die wertvollen Holzarten der entfernteren Wälder, die Erzeugnisse aus den Agaven der nächsten trockenen und wenig fruchtbaren Umgebung und besonders die außerordentliche Ziegen- zucht, welche den öden, mit Kakteen und Mimosen bestandenen Küstenstreifen ausnutzt , und Fleisch und Felle auf den Markt wirft, begünstigen ihren Handel. Da Coro ein wenig landeinwärts

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liegt , befördert eine kurze Bahn die Produkte zum Aus- und Einschiffshafen V e 1 a. Der östlicher gelegene , windgeschützte Hafen Cumarebo wetteifert heute mit Coro. Das Küsten- städtchen Capatärida im Westen ist durch seinen vorzüglichen Tabak bekannt, M i t a r e durch seine Saline.

Yaracui. Kupferminen. Die Landschaft von Yaracui nennt Sievers »eine der Perlen, der entzückendsten Gärten« Venezuelas. Wald, Wasser, frische WTeiden und Wiesen, üppige Pflanzenwelt zeichnen sie in hohem Maße aus.

Yaracui hat auch einen guten Klang dank der bereits in der frühesten Kolonialzeit ausgebeuteten und heute noch pro- sperierenden Kupferminen von Aroa. Das Innere mancher älterer Stollen und Schächte zeichnet sich durch wundervolle Stalaktiten- und Stalagmitenbildung aus, welche, in allen Schattie- rungen von Grün und Blau getönt , einen einzigartigen Anblick gewährt. Die Erze befördert die Bolivarbahn nach dem leb- haften Hafen T u c a c a s. Eine andere Kupferempore ist N i r g u a (820 m). Indes ist ihre beste Zeit vorbei. Heute blüht das Städtchen dank des ergiebigen Anbaus von Bananen, Kaffee, der hier eine besonders große Bohne gibt, Zucker, Baumwolle, Weizen und der Alkoholfabrikation. In Yaritagua dagegen treffen wir auf Tabakbau und -Industrie. Das alte, bereits 1551 gegründete San Felipe (15 506 Einwohner, 270 m), die Hauptstadt, wurde 1812 durch das bekannte Erdbeben von Grund aus zerstört. An anderer Stelle wieder aufgebaut , erholte es sich zu neuem Ge- deihen. Kaffee- und Kakaohandel beleben sie. Es ist ein hübscher, ansehnlicher Ort, der einst Zuzug aus den biscayischen Provinzen und von den Kanarischen Inseln erhalten hatte (Sievers).

Die Bewohner von Yaracui gelten als hervorragend streit- süchtig.

Dem Festlande vorgelagert ist die Insel C u r a c a o. Hol- ländischer Besitz. Fast ohne eigene Hilfsquellen und dennoch reich als Stapelplatz für Waren, die auf legitimem oder illegitimem Wege nach Venezuela wandern sollen.

4. Carabobo. Aragua.

Carabobo heißt der ziemlich rechteckige kleine, aber dicht bevölkerte Nachbarstaat Falcöns , welcher von der Küste etwa

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1L i Breitengrad tief ins gebirgige Innere reicht und zwei weit in der Welt bekannte Plätze besitzt : den Hafen Puerto Cabello und die schöne Stadt Valencia, an einem gleichnamigen großen Binnensee malerisch gelegen. Carabobo bietet der Plantagenkultur große Gunst. Flußtäler und Bergabhänge deckt noch vielfach jungfräulicher Wald, in dem mit Erfolg auf Kautschuk gefahndet wird.

Puerto Cabello. PuertoCabello (14 000 E.) besitzt einen vortrefflichen Hafen, und zwar erschuf ihn die Natur als solchen. Der Ort selbst ist nur Handelsplatz. In den dem Hafen be- nachbarten Straßen grenzt Store an Store, überwiegend mit aus- ländischen und vielfach mit deutschen Namen , wie Blohm, Baasch & Roemer, Kolster, Redler, Hard & Rand u. a. Neuer- dings schlug hier das venezolanische Fleischsyndikat seinen Sitz auf, was die Zukunft des Hafens noch günstiger beeinflussen wird. Dem Ankerplatz vis ä vis dehnt sich der öffentliche, wohlgepflegte Garten mit seinen mächtigen Palmen ; in der belebten Stadt sehen wir zahlreiche mehrstöckige und öffentliche Gebäude , darunter Theater und Municipium und eine breite Alameda.

SanEste'ban. Wenige Kilometer von Puerto Cabelloan derStraße nach Valencia erbauten sich die reichen Kaufherren Puerto Cabellos im Urwalde behagliche Villen , welche sich vorzüglich in diesen gigantischen Naturpark hineinschmiegen. Ihren Bewohnern spielt der Urwald mit seinem tausendstimmigen Orchester das Abend- und Nachtlied.

Valencia. Die Eisenbahn führt uns nach Valencia. Am Westufer des großen Sees 478 m über dem Meere erbaut und heute mit 30000 Seelen die zweitgrößte Stadt der Republik. Sie verdankt ihren Aufstieg nahen, niedrigen Pässen, welche so- wohl den Verkehr zur Küste, als auch in die Llanos erleichtern. Ihr Weichbild schmücken ansehnliche öffentliche Gebäude , eine stattliche Kathedrale mit zwei Türmen und große Plätze. Sie erfreut sich guten Trinkwassers, elektrischen Lichtes, einer Straßen- bahn und lobenswerter Hotels.

In der Hauptsache lebt man vom Handel mit Landesprodukten. Kaffee, Zucker, Rum, lebendes Vieh sind die wesentlichsten. Die Industrie betätigt sich in Baumwollspinnereien, einer Weberei für Baumwollstoffe, Zigarettenfabriken und jüngst in Angriff genommenen Marmorbrüchen der Nachbarschaft.

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Von Valencia führt die deutsche Bahn nach Caracas. Westlich von Valencia liegt höher in den Bergen Montalbän mit 9000 Bewohnern. Hier werden neben Kaffee besonders gute Weizen- qualitäten und Indigo geerntet. Früher sollen in dieser Gegend prächtige Trauben gereift sein, deren Kultur zugunsten des Kaffee- baues aufgegeben wurde. Der schöne Valenciasee oder Lago de Tacarigua, ein 70 m tiefes, 550 qkm großes, ovales, abflußloses Becken, welches 22 Flüsse speisen, gehört mit seinen vielen be- grünten Inseln halb und halb Carabobo und Aragua an. Der ausgedehnte, sandige, von kleinen, blendend weißen Reihern be- lebte Strand wird für die Baumwollkultur ausgenutzt. Den See bewohnen ein kleiner Alligator und mehrere Arten Fische.

Aragua. Aragua folgt Carabobo im Osten, beherrscht ein Stück der Küste und reicht mittels eines südöstlichen Sackes weiter ins Land als der vorige Staat. Die Täler von Aragua haben bereits Humboldt durch ihren Blütenreichtum und die Pracht ihrer Kaffeehaine entzückt, welche dank der vielen Schattenbäume in Wälder gebettet scheinen. Diese paradiesischen Gefilde sind bis heute ein Brennpunkt der Kaffeeerzeugung geblieben und be- wahrten dank unerschöpflicher Fruchtbarkeit und unvergleichlichen Klimas, welche Kakao, Kaffee, Baumwolle, Tabak, Zuckerrohr, Mais, Bananen, Maniok und Indigo als Nachbarn gedeihen lassen, ihren Ruf als »Garten Amerikas«. Sie durchquert die deutsche Bahn, an der sich die größeren Städte Victoria und Maracay aufreihen. Victoria, Lieblingsaufenthalt des Präsidenten Cipriano Castro, wuchs auf 14000 Seelen heran. Zentrum einer der besten Kaffeegegenden , prosperieren doch auch eine Reihe kleiner In- dustrien , wie Baumwollspinnereien , Zigaretten-, Papier-, Schuh- und Kerzenfabriken und ein rühriges Handelsgeschäft mit den Llanos. Weizenfluren wechseln mit Weiden. Von Victoria gelangt man beritten in 7 Stunden zu der 1800 m hoch im Küstengebirge gelegenen deutschen Kolonie Tovar. Maracay, die Haupt- stadt (931 1 Einwohner, 440 m Höhe), dem Valenciasee genähert, ist gleichfalls umgeben von Kaffeehacienden, Tabak-, Zuckerrohr-, Baumwoll- und Indigo-Plantagen. Auch blüht hier die Milch- wirtschaft, und die weichen Maracaykäse sind landbekannt. Ein dritter Ort von Bedeutung ist Villa de Cura (600 m) , in dessen Nachbarschaft die Rindviehzucht blüht. Käse und Häute

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werden ausgeführt. Die Stadt beherrscht den Verkehr zwischen dem Llano und Caracas-Valencia und hat infolgedessen unter allen kriegerischen Ereignissen besonders gelitten. Bei San Sebastian baute man vormals viel Indigo. Es verdankt seine Gründung durch die Spanier einer nahen Goldmine , auf welche dieselben große , freilich enttäuschte Hoffnungen gesetzt hatten. Die einst sehr angesehene Stadt ging zurück.

5. Distrito Federal.

Dieses kleine, aus der Provinz Miranda herausgeschälte Terri- torium von nur 1930 qkm ist gleichwohl die bevölkertste und wichtigste Landschaft , da sie den Hafen La Guaira und die Hauptstadt Caracas enthält. Sie berührt also die Küste und be- sitzt einen schmalen gebirgigen Saum als Hinterland. Der Distrikt zerfällt in die Departements Libertador mit der Hauptstadt und Vargas mit La Guaira.

La Guaira. Die Lage von La Guaira, dem Haupt- hafen des Landes, ist jedenfalls für den sich zur See Nahenden großartig. »Es ist, als stiegen die Pyrenäen oder Alpen, von ihrem Schnee entblößt, gerade aus dem Wasser empor«, so schrieb Humboldt von den Gebirgen, an deren Schwelle sich La Guaira als eine lange, das Meer begleitende Straße hinzieht, um sich östlich in dem Seebade Macuto (3185 Einwohner), westlich in Maiqueti'a (mit 8637 Bewohnern) zu einem Nucleo von Häusern zu verstärken. Freilich entbehrt auch La Guaira etlicher ins Land dringender Häuserreihen nicht, und zahlreiche weißgetünchte, niedrige Häuschen mit plattem Dach kleben sich an die steile, Sonnengluten ausatmende Gebirgsmauer. Die Abhänge sind fast kahl. Nur der Riesenkaktus behauptet sich und in den Schluchten blütenfreudiges Gestrüpp. Dagegen wiegen sich am Strande die Wipfel der Kokospalmen. La Guaira ist von Natur völlig offen und den Winden preisgegeben. Es hat einer bedeutenden Summe, rund 20 Millionen Mark, bedurft, um den annähernd 700 m langen Tajamar, Wellenbrecher, zu erbauen, wozu ein englisches Konsortium einschließlich des Kais 5*/2 Jahre brauchte. Aller- dings wurde die erste Anlage 1887 zerstört.

Man wundert sich, wie die 1 2 000 Bewohner La Guairas Unterkunft fanden, um die sie wahrlich nicht zu beneiden sind,

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denn der Ort ist außerordentlich heiß. Auch die Nacht bringt kaum Linderung.

La Guaira exportiert außer Kaffee, Kakao, Baumwolle, Häuten, Kautschuk solche kostbare Dinge wie Reiherfedern , Perlen und Gold und überdies sogar ein Produkt einheimischer Geschicklich- keit : Alpargatas. Auch besitzt der Ort einige Industrie ; man verfertigt Zigarren, Zigaretten und Hüte und baut sogar Boote.

Da dem Hafen im übrigen nur wenige öffentliche und an- ziehende Gebäude, die ihn verschönern könnten, zu eigen sind, und die Sauberkeit der Straßen zu wünschen übrig läßt , kehrt man ihm gern bald den Rücken, um sich der großartig angelegten Bahn anzuvertrauen, welche uns, weitausgreifende Serpentinen be- schreibend , in wenigen Stunden iooo m hoch zur Hauptstadt des Landes , Caracas , befördert und eine unvergeßlich schöne Fahrt mit prachtvollen Rückblicken auf das Meer genießen läßt.

Caracas. Zunächst lernen wir ziemlich enge Straßen mit den üblichen einstöckigen Adobeshäuschen kennen, die aber gut gehalten durch ihren schmucken Anstrich einen freundlichen Ein- druck machen. Sie wiegen überall in der Peripherie vor. Im Herzen der Stadt hingegen überraschen uns sehr stattliche Gebäude , ja stilvolle und imposante Paläste. Vor allem als Rahmen der Plaza. Hier erhebt sich die mächtige, aber einfach gehaltene Kathedrale, eines der wenigen Bauwerke, welches die Bebenkatastrophe von 1812 überdauert hat, das erzbischöfliche Palais, der Justizpalast, die Casa amarilla, das Gelbe Haus, eine Nachahmung des Weißen Hauses in Washington, das Archiv ent- haltend, und das Haus der Bundesregierung und des Stadtrates. Außerdem auch das erste Hotel der Hauptstadt. Wie fast überall in Südamerika bildet die Mitte dieses so stolz gesäumten Platzes ein Garten, welchen auch hier, wie häufig im Bereiche Neu- Granadas, ein Bolivardenkmal beherrscht. Freilich ist es ein be- sonders großartiges, nämlich ein Reiterstandbild von F. von Miller. Nun haben wir noch das Kapitol zu bewundern , im halbmauri- schen Stil mit Bogengängen , der Patio in einen Garten mit Springbrunnen verwandelt, die imponierende spätgotische Fassade der Universität in hellem Quaderstein mit stattlichem Spitzturm, das Theater und den Rundbau des Pantheons mit den Resten Boh'vars und anderer Freiheitskämpfer und der Boh'varstatue von

Bürger. Venezuela. 8

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Tenarini. Die Kathedrale schmücken ein Gemälde der Schlacht von Carabobo und andere historische Darstellungen. Das Stadt- haus eine Schöpfung Tovars, »die Unabhängigkeitserklärung«, und im Kapitol bewahrt ein besonderer Saal, der Salon Eh'ptico, das Andenken bedeutender Patrioten und Staatsmänner durch ihre Bildnisse.

Caracas besitzt eine reiche Bibliothek , ein naturhistorisches und ethnographisches Museum, dem jahrzehntelang der deutsche Naturforscher Dr. A. Ernst vorstand, eine Akademie der Wissen- schaften , eine Anzahl höherer Schulen und Institute , ein aus- gedehntes Hospital, Waisenhäuser und Wohltätigkeitsanstalten.

Zum besonderen Schmucke tragen die zahlreichen Denkmäler bei. Bolfvar, Miranda, Zamora, Falcön, George Washington sind verewigt worden ; das Reiterstandbild von Guzmän Blanco, welches sich dieser große Diktator selbst errichtete, ist inzwischen von der wandelbaren Volksgunst vernichtet worden. Indessen lebt sein Andenken in seinen großartigen öffentlichen Bauten fort.

Einen umfassenden Blick über das infolge der vorherrschenden geräumigen, einstöckigen Häuser recht ausgedehnte Schachbrett und die Umgebung der Hauptstadt bietet der Calvarienberg im Westen der Stadt mit dem Observatorium und dem Parque de la Independencia. Die Stadt lehnt sich an die Südseite des Ge- birges, welches Caracas fast noch um 2000 m überragt, nach Süden geneigt und in ihrer Entwicklung nach Osten strebend, wo ein breites fruchtbares Tal, die Ebene von Chacao, vom Rio Guaire durchströmt, sich meilenweit ausdehnt. Wir erblicken Mons Avila und Silla (Sattel), im Nordosten das Vorgebirge Codera, im Süden die Berge von San Pedro und Los Teques. Zwischen diesen blauen Ketten, deren höchste zu Zeiten blühende Alpen- rosen in einen roten Schein tauchen, liegt Caracas, wenn die Sonne scheint, in blendender Weiße, vom dunklen Grün der Kaffeehaine umkränzt.

Caracas wurde 1567 gegründet, wuchs nur langsam und litt mehreremal unter verheerenden Erdbeben. Dank der klassischen Schilderung Humboldts ist uns jenes von 18 12 besonders gut bekannt. In neuerer Zeit wurde es 1900 heimgesucht.

Seine Bevölkerung betrug 1891 72429 Seelen und hat sich bis heute auf 92212 vermehrt. Die Hauptstadt ist in

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8 Kirchspiele eingeteilt. Sie bildet den Durchgangsplatz für den La Guaira-Export und besitzt verschiedene Industrien, z. B. eine deutsche Bierbrauerei, eine Zündholzfabrik, Gießerei, Zigaretten -Manu- fakturen u. a.

Die elegante Welt gibt sich gegen Abend zu Wagen ein Rendezvous in einem südlichen Villenviertel, und die goldene Jugend bevölkert das nächst dem Theater gelegene Restaurant »La Inciia .

Die Stadt erfreut sich der Errungenschaften der Neuzeit, guten Trinkwassers, elektrischen Lichtes, Telefons mit 3200 Anschlüssen und einer elektrischen Straßenbahn, deren Kraft die Wasserfälle von El Encantado und Las Naranjas spenden. In den letzten Jahren wurde ein Kloakensystem erbaut und die schöne Plaza de San Pablo geschaffen.

Das Klima ist angenehm und im Vergleich mit La Guaira paradiesisch. In unmittelbarer Nachbarschaft beginnen Kaffee- und Zuckerrohrpflanzungen. Letztere sind teilweise dem Weizenbau gewichen. Die deutsche Bahn führt nach Valencia.

Außer den genannten enthält der Bundesdistrikt noch 10 Orte, darunter Carayaca- (8214 E.), Anti'mano (3035 E.), El Valle (4153 E.) und El Recreo (3246 E.).

6. Miranda umschließt den Bundesstaat im Osten und Süden, enthält das Kap Codera und greift bis zum Rande der Llanos hinunter. Als Berg- land bietet auch dieser Staat dem Kaffee besondere Vorteile. Außerdem werden Zuckerrohr, Yuca, Bananen und Mais und in den heißen Tälern Kakao gezogen. Die vormals bedeutendere Hauptstadt O c u m a r e delTuy besitzt heute 10048 Bewohner. Ihr steht Petare am Rio Guaire mit 7000 Einwohnern an Größe nach, wird von ihr aber an Rührigkeit übertroffen. Hier fabriziert man Alpargatas und Zigaretten und gewinnt Stärke aus den Wurzeln der Yuca, welche im Guairetale heranwachsen. Vor allem aber ist Petare einer der wichtigsten Kaffeemärkte, welcher in hohem Grade die Kaffeepreise beeinflußt. Bereits Glöckler preist die reizende Lage dieses Städtchens, den reichen Boden und das köstliche Klima. Von weiteren Siedlungen wären zu nennen Los Teques, die erste Station der großen Venezuelabahn, dessen

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Umgebung einst kupferreich war. Heute wird es seiner höheren Lage wegen (1170 m) von Kranken aufgesucht. Ferner, dem Tuytale folgend, Santa Teresa (6000 Einwohner) mit Zucker- rohr- und Kakaoplantagen und schließlich Higuerote, südlich vom Kap Codera, nahe dem Meere gelegen, mit dem guten Hafen Carenero und das noch südlichere Städtchen Rio C h i c o , »ein ansehnlicher, aber im Sumpf liegender, bodenlos schmutziger Ort«, wie Sievers schrieb. Trotzdem ist er der größte Handelsplatz zwischen La Guaira und Barcelona und mit Carenero durch eine Bahn verbunden.

Auch dieser Küstenstrich bringt viel Kaffee, Kakao, Mais und Bohnen hervor. Außerdem spielt in Carenero der Handel mit Häuten aus den Llanos eine Rolle und die Fabrikation von Seife, Kerzen und Alpargatas. Leider wirkt das Klima seiner drückenden Hitze wegen ungünstig.

7. Anzoätegui.

Diese große und unregelmäßig geformte Provinz reicht von der Küste, welche ihr von der Mündung des Rio Uchire bis zu den Gestaden des Golfs von Santafe angehört, südwärts an den Orinoco hinan, dessen linkes Ufer ihr von der Mündung des Rio Suata bis zu jener des Rio Pozos eigen ist. Die Westgrenze bilden im wesentlichen Rio Unare und Suata, die östliche hin- gegen scheint sehr willkürlich und jedenfalls nicht nach geo- graphischen Gesichtspunkten gehalten. Im allgemeinen verläuft sie südlich, erfährt aber, sobald sie den 9.0 n. Br. erreicht hat, eine weite, nach Osten gerichtete Ausbuchtung. An der Küste von Anzoätegui und Miranda liegen die beiden großen Haffe Laguna de Unare und de Tacarigua. Besonders das brackige Wasser des letzteren und größeren (300 qkm) ist außerordentlich fischreich. Im Küstengebirge werden die Kohlengruben von Naricual und Capiricual ausgebeutet.

Barcelona. Anzoätegui entspricht der verkleinerten alten Provinz Bermudez. Die Hauptstadt, Nueva Barcelona, liegt nicht unmittelbar am Meere, ihr Hafen, ein vorzüglicher, natür- licher Port, ist das 19 km östlich gelegene Guanta, zu dem eine Bahn führt, die sich über Barcelona hinaus landeinwärts bis zu den nahen Kolenminen von Naricual fortsetzt. Barcelona besitzt eine recht wechselvolle Gründungsgeschichte, ehe es auf seinem jetzigen

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Platze 167 1 endgültig zur Ruhe kam. DieBlütezeit der Stadt liegtim 18. Jahrhundert, und zur Zeit der Anwesenheit Humboldts soll sie 16000 Einwohner gezählt haben. Sie verdankt ihr Wachstum dem Handel mit Fleisch, Pferden und Maultieren nach den großen Antillen. Die Bürgerkriege gereichten ihr zum Verderb. Heute zählt sie nur 10883 Bewohner, und viele auffallende Ruinen gemahnen in ihrem Weichbilde an die verflossene Glanzzeit. Indessen lobt Dalton ihr gutes Aussehen, die hübschen und gepflasterten Straßen, die Häuser, welche oft Altos tragen, die drei schönen Kirchen und das gut ausgestattete Theater. Die Stadt durchfließt der Rio Neveri, dessen Palmen und Auen Barcelonas Dichter feiern, ihre Vaterstadt zur Suitana del Neveri erhebend.

Im Innern der Provinz, am Rio Aragua, liegt als ein Knoten- punkt mehrerer Handelswege das prosperierende Aragua de Barcelona. Es ist ein Zentrum des Viehhandels ; auch ver- fertigen die Bewohner Hängematten.

8. Sucre. Nueva Esparta.

Sucre. Der Staat Sucre umfaßt die Osthälfte des karaibi- schen Gebirges nebst den Halbinseln Araya und Paria. Er um- schließt bestes Kakaoland, Berge und Täler begünstigen den An- bau des Kaffeebaumes, den Flußläufen folgen Kokospalmen, Zucker- rohr und Maispflanzungen, aber jene bevorzugen die östliche, diese die westliche Hälfte des Gebirges. Namentlich die südlichen Gestade des Golfes von Cariaco zeichnen sich durch große Kokos- hacienden aus. In den Wäldern der östlichen Seite gedeihen viele Kautschukbäume , aber die Wälder kleben hier an den Tiefen. Bereits in Höhen von 400 600 m weichen sie aus- gedehnten Bergwiesen. Die Bevölkerung ist gering und beschränkt sich wesentlich auf die Küstenplätze. Die Gegenden machen nach Sievers den Eindruck wirtschaftlicher Schwäche, des Zurück- gebliebenseins, ja des Verfalls gegen frühere bessere Besiedelung und anscheinend höhere Kultur, welche sie den voreilig auf- gehobenen Missionen verdankten. Die Küste besuchen nur wenige fremde Dampferlinien. Gute Hafenanlagen, Straßen und Eisen- bahnen mangeln.

Cumand. Cumanä, am Eingange des Golfs von Gariaco, Hauptstadt und Hafen, wurde bereits 1520 gegründet und ist

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somit die älteste Stadt des Festlandes. Noch zu Zeiten Humboldts eine glänzende Stadt, »zeitweise die größte, festeste und reichste des nördlichen Südamerika, welche mit den Silberstädten Santa Marta und Cartagena wetteifern konnte«, verlor sie ihre Herrlich- keit infolge der zahlreichen Erdbeben, die sie heimsuchten, und mehr noch der Bürgerkriege. Im 18. Jahrhundert wurde sie drei- mal, im 19. Jahrhundert viermal durch Terremotos verwüstet. Die Verlegung der Regierung des Staates nach Barcelona unter Guzmän Blanco gaben ihr den Rest. Trotzdem wird sie als »ansehnlichste und noch in ihren Trümmern schönste Stadt des Ostens« geschildert, welche auf weißem Kalksteinhügel erbaut mit dem Kokoswalde des Manzanares, den die Türme ihrer Kathedrale und die Schar ihrer flachen Dächer überragen, und im Hintergrunde mit der Halbinsel Araya namentlich dem zur See Ankommenden ein stolzes und malerisches Bild gewährt, da die Sonne den Kalk weiß leuchten läßt und die Halbinsel in rosenrotes Licht taucht. In solchen Zauber gesponnen nahm sie einst Sievers gefangen.

An den Ufern des Manzanares reifen Ananas, Mispeln und Mangos , aber die Berglehnen bedecken Kakteen, sie sind nur hier und dort der Bananenkultur nutzbar gemacht.

Cumanä verladet in seinem nahen Hafen, Puerto Sucre, Kaffee, Tabak, Zucker, Bohnen und Häute. Freilich war früher, als die Missionen noch bestanden, das Hinterland ertragreicher als heute. DieBewohnerzahl derStadt hat sich jedoch wiederauf 1 6 342 gehoben. »Die Bevölkerung erhielt sich reiner und ist weißer geblieben, als in den meisten Küstenplätzen Venezuelas, und alte, feine Familien leben noch in schön geschmückten, großen, luftigen Häusern.« Cumanä liegt heiß, Jahresmittel 27,5 °C, aber gesund.

Carupano. Cariaco am östlichen Zipfel des gleich- namigen Golfes mit dem Hafen Muelle de Cariaco ist ein un- bedeutender Küstenort, dagegen bezeichnet man Carupano an der Nordküste der Halbinsel Paria als den wichtigsten Hafenplatz des Ostens. Die Stadt bildet ähnlich wie La Guaira eine lange Straße und dringt überdies in zwei Täler ein. Sie ist von zahl- reichen Korsen bewohnt und gilt als öde, schmucklos und recht heiß (2 8°C), obwohl die Seebrise ungehinderten Zutritt hat. Vor dem Kriege besuchten diesen Hafen deutsche, holländische und französische Dampfer, welche freilich weit draußen Anker werfen

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mußten. Carüpano hat besonderen Ruf als Kakaohafen, denn es versendet die beliebte Frucht Sucres. Aber auch Holz, Baum- wolle, Zucker und Rum werden verfrachtet. Durch das ganze Land beliebt ist der überaus reine, weiße Carupano-Rum. Von Industrien haben sich Töpfereien eingebürgert, und die Agaven- bestände der umliegenden Hügel regten an, ihre Faser zu allerlei Gespinsten zu verwerten. In der Nachbarschaft kommt Schwefel vor, und man munkelt auch von goldhaltigem Quarz der um- liegenden Berge.

Etwas weiter östlich treffen wir auf das kleine Rio Caribe mit lebhaftem Küstenhandel. Das alte Pilar an der Grenze von Gebirge und Ebene ist das Zentrum zahlreicher Kakao- hacienden. Die Südseite der Halbinsel Paria ist besiedelter. Hier liegt am Golf von Paria G u i r i a , in welchem der Schmuggel mit dem vorgelagerten Trinidad, das den Engländern gehört, blühen soll.

Cumanacoa. Im Innern des westlichen Gebirges liegen am Rio Manzanares 210 m hoch an der wichtigen Straße von Cumanä nach Maturin in einer geographisch interessanten Gegend San Fernando und Cumanacoa. Hier vereinigen sich nämlich eine Anzahl von beinahe aus allen Himmelsrichtungen kommenden Flüssen , und man nimmt mit Humboldt an , daß dieser sehr feuchte, mit einer Sumpfvegetation bedeckte Teil des Manzanares einst ein Gebirgssee gewesen sei. Die Orte selbst sind gegen früher, wo sie Missionszentren waren, zurückgegangen, so daß man den Eindruck »des Verfalls , der Öde und des Elends« erhält. Die Behausungen sind niedrig und aus Holz und Lehm errichtet. Gleichwohl ist die Gegend fruchtbar , die alluvialen Böden bringen Kaffee, Zuckerrohr und Bohnen hervor, und die Hügel, von offenen Naturweiden bedeckt, ermuntern zur Schaf- und Ziegenzucht.

Jenseits der Wasserscheide an der Llanoseite des Gebirges liegt an einem Zuflüsse des Guarapiche San Antonio, einst- mals ebenfalls ein blühender Missionsort.

Guächaros. Mit der Erwähnung zweier Merkwürdigkeiten wollen wir die Besprechung des Staates Sucre beschließen, noch der durch Humboldt bekannt gewordenen Tropfsteinhöhle von Guächaro südöstlich San Agustins gedenkend , in welcher die Guächaros genannten überaus fetten, krähengroßen Vögel (Steatomis

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caripensis) nisten, die, obwohl sie Früchtefresser sind, merkwürdiger- weise nachts (besonders bei Mondschein) auf die Nahrungssuche ausziehen. Ferner die heißen Quellen, südlich von Carüpano in Höhe von 270 und 380 m, zum Teil kochend mit Schwefelwasser- stoff geschwängert aus Kalk- und Sandsteinfels hervorsprudelnd. Sievers hat sie eingehend beschrieben.

Nueva Esparta. Den Staat Nueva Esparta bilden die große Insel Santa Margarita, die kleineren Cubagua und Coche und eine Anzahl kleinster Eilande. Die bereits 1524 gegründete Hauptstadt Asuncion mit fast 4600 Bewohnern liegt im Innern von Margarita, am Ostfuß des 987 m emporstrebenden Cerro de la Vega. Die Städte Pampatar und P c/l a m a r sind an der Ost- bzw. Südküste erbaut. Die Bewohner leben vom Fischfang, der Perlenfischerei und kleinen , zum Teil eigentümlichen Indu- strien, wie der Herstellung einer besonderen Art Sammet. Außer- dem verfertigt man Stickereien , Hängematten und Strohhüte. Auch werden Ziegel gebrannt.

9. Monagas. Delta Amacuro.

Monagas. Maturin. Ein großes bis zum Orinocodelta reichendes Hinterland bildet den Staat Monagas. Er umfaßt den Llano del Oriente, die östlichen Llanos. Mit Sucre zusammen entspricht er der alten Provinz Cumanä. Der Llano ist am tiefsten am Fuße des Gebirges , sein Süden und das Zentrum besitzen die höheren Mesas, d. h. jene Tische, in welche die Flüsse den Boden zerteilten. Den Norden bedecken frische Savannen, er ist darum besiedelter, während der Süden größtenteils eine Sandwüste vorstellt und aus diesem Grunde menschenleer blieb. Auch im Osten, dem Delta entgegen, tritt ein Wandel zu größerer Frucht- barkeit ein , die Bäume vermehren sich und bilden schließlich Wälder. Im Norden, am Fuße des Gebirges, liegt 250 m hoch das Städtchen Aragua mit 4000 Bewohnern, weiter im Süden, als Mittelpunkt des gesamten Llano, die Hauptstadt Maturin am Rio Guarapiche mit 15465 Seelen. Die sehr breiten Straßen sind nicht gepflastert, die Häuser stehen weitläufig, indes legen eine Reihe größerer Geschäfte Zeugnis von dem regen Handel

dieses Ortes ab. Es wird vornehmlich Vieh nach Trinidad ex- portiert. Im Flußtale bauen die Bewohner , welche als gesellig

)

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und zuvorkommend gelten, Zuckerrohr, Mais und Bananen. Der Ort ist sehr gesund und wird sich mit der Verbesserung der Kommunikationsmittel wesentlich heben, denn bis zum Hafen des Guarapiche sind etwa 50 km Landweg zu überwinden. Hier nehmen die Waren Bongos auf, welche mit Stangen fortgestoßen werden. Erst in Cano Colorado werden sie auf Dampfer ver- laden. — Während die prachtvolle Vegetation, der üppige Wald, die Palmen, Bananen und die Kakaopflanzungen der üppig grünen Land- schaft des in die Lagma von Guarapiche mündenden Rio Aragua Maturin fast noch erreichen , schweift der Blick nach Süden ge- wandt, weit über eine fast kahle Ebene.

»Jenseits Maturin besteht die Sabane aus dichtem Grase, das aus dem roten Sandsteinboden hervortritt, die Flußufer bezeichnen grüne Baumstreifen, aber die Ebene ist kahl, bald grün gefärbt, bald schwarz und fast ganz baumlos, da selbst die Krüppelformen der Chaparros verschwinden und zur Höhe von Stauden und niedrigem Gebüsch herabsinken. Roter, weißer Sand am Boden, blaue Berge im Norden mit weißen Wolken , dunkle Wolken- bänke im Süden , die am Ende der Trockenzeit schon wässerig erscheinende Sonne und ein grauweißer, die ferneren Gegenstände verschleiernder Dunst färben und verschönen den Llano von Maturin.« (Sievers.) Südlich erscheinen Chaparros, die weithin die Ebene bedecken, die Corozopalmen machen allmählich Coper- nicia- und Mauritiapalmen Platz. Rote und weiße Ameisenhügel lenken die Aufmerksamkeit auf sich. Die Orte sind unbedeutend.

Delta. Das Deltaterritorium ist zwar keinesweg ein Sumpf- land, aber das Klima dieses großen, von den vielen Armen des Orinoco durchzogenen Urwalddistriktes steht einer Besiedelung durch Weiße entgegen. Hier herrschen noch die Guaraunoin- dianer. Im Innern des Deltas, in einer Landschaft von Savannen- charakter, liegt inmitten einer Kakaopflanzung die Siedlung Tucu- pita (9676 E.), an der Küste des Golfs von Paria das höchst ungesunde Pedernales (666 E.) mit den Ruinen der deutschen Petroleum- und Asphaltgesellschaft. Die Bewohner exportieren Mangrove für Gerbezwecke. Weitere Siedelungen sind Antonio Diaz (1663 E.) und Amacuro (257 E.). Man schätzte die ge- samte Bevölkerung des Delta auf 8000 Seelen. 1920 wurden aber 13474 Köpfe gezählt, darunter nur 12 12 reine Indianer.

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io. Portuguesa. Zamora. Apure. Cojedes. Guärico.

Diese fünf Staaten umfassen das westliche und mittlere Ge- biet der Llanos , während das östliche den bereits behandelten Staaten Anzoätegui und Monagas angehört.

Portuguesa und Zamora nehmen die Grenzen der alten Pro- vinz Ban'nas ein. Südlich folgt Apure, die beiden übrigen schließen sich im Osten an.

Llanos. Die westlichen Llanos neigen sich ziemlich gleich- mäßig von Nordwesten gegen Südosten, die mittleren hingegen, östlich des Pio Cojedes, senken sich von Norden nach Süden. Dem entspricht der -Lauf der Ströme. Die Mesas decken gras- reiche, oft von Coßernmapalmen bestandene Savannen, in den Tä- lern entwickelt sich häufig der Sumpfwald, für welchen die Stelzen- palmen so charakteristisch sind, und an kleinen Wasserläufen oder feuchten Stellen Morichales, Haine der Maurztiopaime, »deren Anblick schon von weitem und lange vorher freudig stimmt«. In der Nähe menschlicher Siedelungen werden Bananen, Yuca, Bataten, Zuckerrohr, Tabak und Mais gebaut. Den Hauptreich- tum jedoch bilden die Viehherden, denen sich besondere, Hatos genannte Estancias widmen.

Die Bevölkerung ist zahlreicher, als in den östlichen Llanos, aber dennoch sehr schwach zu nennen. Dagegen ist ihre wirt- schaftliche Lage besser. Die Städte sind klein und gleichen mehr Dörfern. Aus der Ferne gesehen nehmen sie sich , zumal wenn die spitzen Dächer, mit roten Ziegeln bedeckt, zwischen Palmen hervorleuchten, reizend aus. Aber ihr Inneres pflegt zu enttäuschen. Die einstöckigen Häuser sind meist aus festem Material erbaut, weiß und mitunter rosenrot getüncht und mit Stroh, Ziegeln oder Wellblech gedeckt. Am meisten empfiehlt sich die Bedachung mit Stroh, da dieses die Hitze abhält. Bei einem Blechdach muß ein Zwischenboden , eine Decke , welche sonst fehlt , mit einer dicken Erdschicht als Isolator eingeschaltet werden. Das Dach springt häufig verandenartig vor und gewährt Schutz vor Sonne und Regen. An die vorgeschobenen Pfosten, auf welche es sich stützt, vermag der Reisende sein Reittier zu binden. Die Fenster- rahmen sind gerne grün angestrichen, enthalten aber selten Glas- scheiben. Das Innere ist einfach, es besteht oft nur aus einem Räume , den übrigens auch nur eine Familie bewohnt , entbehrt

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der Dielung und birgt ein spärliches Hausgerät. Die jeder Elastizität bare Lagerstatt bildet ein Bretterboden, je nach Ver- mögen mit Decken bekleidet, oder die Hängematte. Die breiten Straßen sind vernachlässigt , häufig laufen erhöhte Steige an den Häusern entlang. Die große Plaza gleicht mit ihrem üppigen Graswuchs einem Potrero und wird vom Kleinvieh als solcher ausgenutzt. Selbst die Kirche, gelegentlich ein sehr luftiger Bau aus Bambusstäben mit Lehmverkleidung, erfreut sich nicht immer des eines Gotteshauses würdigen Zustandes. Daltons lehrreiches Buch enthält die merkwürdige Angabe, daß den meisten Kirchen ein ansässiger Pfarrer fehle , und die Bewohner Sonntags unter sich eine Art Gottesdienst abhalten, die Messe hingegen hin und wieder von reisenden Priestern zelebriert werde. An der Land- straße, der Siedelung nahe, ist häufig ein Kreuz errichtet, zu dem sich öfters eine Kapelle gesellt, die als Gelöbnis- und Wallfahrts- orte dienen. Der Hato pflegt ein festes Herrenhaus mit mehreren, mit einem gewissen Komfort ausgestatteten Räumen zu sein.

Die Bevölkerung ist gastfrei und gewährt Unterkunft , nur hat sich der Reisende sein Nachtlager in Gestalt der Hänge- matte mitzubringen. Der landesübliche Sancoche, ein gebratenes Hähnchen, geschmorte Bananen, Bohnen und eine Tasse schwarzen Kaffee nebst Casave, dem scheibendünnen Maniokbrote, bewirten ihn. Dagegen ist Milch keineswegs immer zu haben.

Man reist zu Pferde, zu Maultier oder im Boote. Die Orte kleben an den Wasserläufen.

Portugitesa. Die Hauptstadt von Portuguesa , Guanare, bereits 1593 gegründet, zählt gegen 7000 Köpfe und liegt etwa 200 m hoch. In der Umgebung gedeiht die Viehzucht, auch Kaffee und Kakao werden gebaut. Der Handel läßt zu wünschen übrig , und man rühmt dem Orte keine besondere Schönheit nach. Nordöstlich, dem Gebirge genähert, an der Straße nach Barquisimeto erhebt sich die Doppelstadt Acarigua-Araure, den Handel zwischen Gebirge und Ebene vermittelnd. Sie ist reinlicher und besser gebaut, als die Hauptstadt. Acarigua brannte 1804 ab.

Zamorä. Barinas. Barinas (180 m und 270 C) am Rio San Domingo , Hauptstadt des Staates Zamora , war früher bekannter als heute durch seinen Tabak , den Barinasknaster. Dieser Ort, zu spanischer Zeit die blühende Hauptstadt der großen

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Provinz Barinas und Quartier einer Garnison, ist im neuen Venezuela infolge der Bürgerkriege und namentlich des fünfjährigen von 1866 1870 zurückgegangen. So zählt er heute nur noch 3165 Bewohner. Er enthält großartige Ruinen aus spanischer Zeit, die Straßen aber ermangeln der Sauberkeit, und viele der heutigen Häuser sind mit Stroh gedeckt. Das Klima gilt als gesund.

Apure. Cojedes. Der ausgedehnte , an Kolumbien grenzende Staat Apure besitzt in seiner Hauptstadt San Fer- nando de Apure ein lebhaftes Handelszentrum mit etwa einem Dutzend bedeutenderer Export- und Importfirmen und einen der heißesten Plätze der Republik mit einer mittleren Jahrestemperatur von 30 ° C, trotz seiner etwas erhöhten Lage von 70 80 m. Die Einwohnerschaft reicht an 10 000 (9770) Seelen hinan. Der Apure, wohl als Handelsweg der wichtigste Zufluß des Orinoco, ist bis Nutrias schiffbar. Dieser Flußhafen gehört dem Staate Zamora an ; der nördlichste Embarcadero, Baül am Rio Cojedes, liegt im Staate Cojedes, dessen Hauptstadt, San Carlos (150 m), ebenfalls früher bedeutender war als heute. Auch seine Blüte zerstörten die ewigen Bürgerkriege des verflossenen Jahr- hunderts. >Die im Jahre 1678 gegründete Stadt enthält noch heute aus ihrer Glanzzeit als Hauptort der mittleren Llanos größere Kirchen, bedeutende Regierungsgebäude und alte spanische Häuser, sowie auch eine Plaza mit sehr ansehnlicher Kathedrale. Aber die Straßen sind verfallen, verödet und das ganze westliche Ende ist ver- schwunden.« (Sievers.) Dennoch besaß sie ig2o;8i89 Einwohner.

Von San Carlos geht ein belebter Handelsweg über den Paß von Tinaquillo nach Valencia und Puerto Cabello. Die Nachbar- schaft eingeschlossen soll San Carlos über 10 000 Bewohner be- sitzen. Von den anderen nördlichen Llanorandstädtchen Tinaco, Tinaquillo, Päo und dem stark vom Fieber heimgesuchten O r 1 1 z ist kaum etwas zu sagen.

Zwischen Cojedes und Aricagua dehnt sich ein dichter und großer Wald, die Selva de Turdn.

Gudrico. Calabozo (1000 m) mit 7000 Einwohnern ist nicht nur Hauptstadt des Staates Guärico, sondern der Hauptort der mittleren Llanos : eine richtige Llanostadt mit weiten Plätzen und breiten Straßen, was, an die Pußtastädte Ungarns erinnernd, Sievers als charakteristisch für alle Steppenstädte bezeichnet. Die

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Stadt zählt zu den heißesten Orten (29 ° C) des Landes, gilt aber nicht als ungesund. Sie ist Bischofsitz. Die benachbarten Flüsse sind der vielen Zitteraale wegen gefürchtet. Calabozo handelt mit Rindvieh, Mauleseln, Häuten und Käse. In Calabozo verweilten längere Zeit zwei deutsche Naturforscher : A. v. Humboldt und Karl Sachs.

Am Nordrande des Staates liegt die Doppelstadt A 1 1 a g ra - cia-Orituco. Orituco war einstmals zu spanischer Zeit dank seines Tabakbaues wohlhabend, jetzt ist es verarmt. Altagracia übertrifft heute seine Rivalin an Schönheit und Regsamkeit. Es sendet Tabak und Bier nach Caracas. Chaguaramas und Pascua sind kleinere, innere Llanostädte. Ersteres hegt am Kreuzungspunkt einer den Llano von Osten nach Westen durch- querenden Straße und einer in nordwestlicher Richtung Ocumare und Caracas zustrebenden. Verfolgt man erstere nach Osten, so trifft man die Städte Pas c u a, Tucupido und das jugendliche Zaraza, 1750 am Rio Unare gegründet, welches sich eines ziemlichen Wohlstandes erfreut. Das von den Kapuzinern erbaute Camaguän liegt im äußersten Südwesten des Staates, nicht allzufern von San Fernando de Apure.

11. Bolivar.

Dieser gewaltige Staat von 238 000 qkm südlich des Orinoco umfaßt das Bergland von Venezolanisch-Guayana und wird auch heute einschließlich der 20000 Seelen der Hauptstadt Ciudad Bolivar kaum mehr als 60 70 000 Bewohner zählen. Seine Er- forschung hat erst begonnen und wird vielleicht durch die Ent- deckung bedeutender Bodenschätze belohnt. Jedenfalls liegen Venezuelas ergiebigste Goldminen im Bereiche Bolfvars.

Die größten, diesen Staat von Süden nach Norden durch- strömenden, in den Orinoco mündenden Wasserläufe sind Rio Caroni und Caura. Der Caroni bildet seiner Mündung nahe prächtige Fälle. Die Natur ist überaus mannigfaltig. Die Berge hüllt majestätischer Wald, aus dem oftmals das Gestein nackt zu- tage tritt. Die Ebenen bilden weite Grasfluren mit den lichten Beständen des Chaparros oder Hainen der Mauritiapalme, Mori- chales frühlingsgrüne Paradiese, wenn die Sonne der trockenen Zeit die Savanna versengte. Die Entwicklung der Tierwelt, zumal

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der Vogelwelt übersteigt alle Begriffe. Es ist ein regenreiches, fruchtbares Land, freilich heiß, aber nicht ungesund. Die Vieh- zucht wird schon heute im großen betrieben. Wir verdanken S. Passarge, Paterson und Andre ausführliche Schilderungen seiner großartigen Natur. Die Indianer sind im Norden ganz und im mittleren Gebiet bis auf kümmerliche Reste verschwunden. Da- gegen erhielten sich am Oberlauf der Ströme Roraima-Gebirge, Quellgebiet des Caroni und Caura noch zahlreiche und kraft- volle karaibische Stämme.

Ciudad Bolivar. Die Hauptstadt Ciudad Bolivar oder Angostura, wie sie nach der Verengung, welche der Orinoco hier erfuhr, früher genannt wurde, baut sich am stark erhöhten rechten Ufer des Stromes in Stufen auf. Sie liegt etwa 60 m über dem Meeresspiegel und leitet sich von dem 1586 beträcht- lich stromabwärts gegründeten spanischen San Tomas her, das 1764 verlegt wurde. In der oberen Stadt, zu der ziemlich steile Straßen mit vielfach zweistöckigen Häusern, die platte Dächer tragen, hinansteigen, erhebt sich die weithin sichtbare Kathedrale. Die Stadt ist Bischofsitz. In der unteren Stadt herrscht der Alto Comercio, in der dem Strome parallelen Calle de Coco residierend. Die deutschen Firmen Sprik und Blohm, Italiener und Korsen sind tonangebend. Vor allem das ausgedehnte Haus Blohm an der schattigen Alameda fesselt die Aufmerksamkeit. An der Grenze zweier großer Staaten und dem Ufer des bedeutendsten Stromes der Republik gelegen, wandern ihr die Schätze aus dem gesamten Inneren des Freistaates bis von Kolumbien her zu, die alle hier ihrer Umladung harren, um transatlantische Wege ein- zuschlagen. Freilich besuchen Ciudad Bolivar, welches noch die Ebbe und Flut verspürt, nur selten Ozeanfahrer. Den Verkehr mit der Welt vermittelt eine Dampferlinie, die nur bis Trinidad geht. Man versendet Kaffee, Kakao, Gummi, Häute, Gold, Reiher- federn, Vieh, Färb- und Gerbrinde, Balsam, Öl, Nutzhölzer, Tonkabohnen , Zucker , Baumwolle und empfängt dafür alle erdenkbaren Waren aus aller Welt , namentlich aber Europa und den U. S. A., welche mittels Dampfer, Lancha und Bongo oder Maultierkarawanen ihre Reise in die Hinterländer antreten und oft mit Sehnsucht erwartet werden. Leider besitzt diese mächtige Handelsempore ein ungünstiges Klima infolge der außer-

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ordentlichen Hitze. 37,5 ° C Schattentemperatur erlebte ich im Mai. Kurz vorher sollen 40 ° gemessen sein. Den »Ausgang der Hölle« nennt man Ciudad Bolivar im Gegensatz zu La Guaira.

Angostura präsentiert sich mit den es durchschießenden Pal- men vom Fluß aus gesehen recht malerisch, dagegen ist die nähere Umgebung ziemlich kahl und reizlos.

Soledad. Gegenüber, am linken Ufer, liegt das viel kleinere S o 1 e d a d , Endpunkt jener wichtigen Verkehrsstraße, welche aus Osten von Barancas, Mamo, Carapa kommt, aus Norden von Maturin vordringt und aus Nordwesten von Zaraza über Päo dem unteren Orinoco zustrebt, welche mit einem Worte dank ihrer Verzweigungen Monagas und Anzoätegui erschließt.

Caicara. Stromaufwärts, wo der Orinoco, seinen Lauf fast unvermittelt von Norden nach Osten drehend, das Knie bildet, präsentiert sich, auf einer Anhöhe erbaut, Caicara dem An- kommenden in gewissem Abstände ungemein einladend. Überall grüne Bäume und Sträucher zwischen den Wohnungen, Wipfel hoher Palmen überragen sie weit, und wenigstens im Mai über- quillt sie das freudige Rot der Josefinenbäume. Leider hielt vor Jahren das Innere dieser Distriktsmetropole den gemäßigtsten An- sprüchen an Hygiene und Ordnung nicht stand. Überall Verfall, selbst die Kirche eine Ruine, die Plaza ein Düngerhaufen. Da- gegen machten die Häuser mit ihren grün oder blau bemalten Türen und Fenstern einen besseren Eindruck. Und das in einer Gegend , die hervorragend reich an wertvollen Naturprodukten ist! Insbesondere eröffnet der 30 km östlich in den Orinoco mündende Cuchivero eine Landschaft, welche große Schätze an Kautschuk, China- und Simarubarinde, Sarsaparilla, Copaivabalsam, Zeder- und Mahagoniholz und Toncabohnen birgt. Fährt man den Orinoco etwa 75 km aufwärts, so gelangt man zu einem Stelldichein laichender Schildkröten und zahlloser Vögel. In Cai- cara werden besonders Tonkabohnen und Häute gehandelt.

Goldminen. Größere Bedeutung besitzen heute die Gold- minenorte Guasipati, El Callao, Caratal im Osten der Provinz. Der größte derselben ist Guasipati mit etwa 3000 Bewohnern. Er besitzt ein sehr heißes Klima (30 ° C). Die Reise dorthin geht von San Felix bzw. Las Tablas, wie das regsame Handels- städtchen am Scheitelpunkt des Delta einem hinter ihm aufragen-

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den Plateau zuliebe häufig genannt wird, zu Land auf einer 2 1 5 km langen, schlechten Fahrstraße, die zu bewältigen ein Reiter 4 5 Tage braucht. Man berührt Upata mit 3000 Be- wohnern, einen Acker- und Marktflecken mit einigem Komfort. Von Callao setzt sich der Weg bis Tumeremo fort, ein Zen- trum der Kautschukgewinnung. Noch weiter gegen Süden vor- geschoben, am Rio Yuruari gelagert, ist Cura, vormals ein kleiner Handelshafen.

12. Territorio del Amazonas. San Fernando de Atabapo. Dieses ungeheure noch weniger als Bolivar bekannte Gebiet von 280 700 qkm dehnt sich zwischen dem oberen Orinoco und der Sierra Parima aus und wird von Kolumbien und Brasilien umschlossen. Es ist ein ungeheures, bergiges Wald- und Savannenland. Sein größter bisher bekannter Schatz sind die Kautschuk spendenden Bäume. Die Kautschuk- sucher, Picadores de Goma, betreten es mittels der schiffbaren Flüsse im Oktober und verharren bei ihrer gefahrvollen Arbeit bis März. Das Territorium bewohnen noch mehr oder minder reine Stämme der Nu-Aruak-Indianer. Wie gering man aber ihre Zahl einschätzt, erhellt daraus, daß man für das ganze Gebiet nur eine Bevölkerung von höchstens 50 coo Menschen annimmt. Die Volkszählung von 1920 ermittelte 48 940 einschließlich 45 642 Indianer. Am besten ist das rechte Ufer des Orinoco besiedelt. In spanischer Zeit, vor Aufhebung der Missionen, war die Be- völkerung bedeutend stärker als heute, besitzt doch selbst die Hauptstadt SanFernando de Atabapo an der Vereinigung des Atabapo mit dem Orinoco nur 1206 Bewohner. Hier resi- dieren Gouverneur und Richter. Weiter nördlich liegt Atures (34 E.), wo der Orinoco jene prächtigen von Humboldt in seinen »Ansichten der Natur« geschilderten Fälle bildet, und als südlichste Orte wären Casiquiare (950 E.) und Rio Negro (1108 E.), Sitz der Verwaltung des Rio-Negro-Distriktes, zu erwähnen. Die Be- wohner ziehen Maniok und verfertigen Hängematten. Im Inneren, östlich von Fernando, liegt Santa Barbara inmitten weiter Sa- vannen und widmet sich der Viehzucht. Von anderen zu Hum- boldts Zeiten existierenden Orten wie Esmeralda, San Carlos, Santa Rosa, blieb kaum mehr als der Name übrig.

Zweiter Abschnitt.

Wirtschaft.

Ende 191 8 waren an Kapitalien in Millionen Bolivares an- gelegt in den folgenden Wirtschaftszweigen :

Ackerwirt- schaft u. Plan- tagenbau

Viehzucht u. Viehfutter

Industrie

Handel

Insgesamt

230,5

1 -.5

35°

400

1 °95>5

V. Die Waldwirtschaft.

Unter den zahllosen Schätzen der Wälder vermissen wir die Tagua, jene Palme (Phytelephas microcarpa), welche die zur Her- stellung von Knöpfen beliebten Steinnüsse hervorbringt.

1. Gummi, Balsam, Harze, Öle.

Die Wälder bedecken nach venezolanischer Berechnung 420400 qkm. 125000 qkm befinden sich in Privatbesitz. 98°/0 verharren noch in jungfräulichem Zustande. Ihre Ausnutzung be- ruht auf Raubbau.

Gummi. Den größten Schatz repräsentieren die Gummi- oder Kautschukbäume. Sie gedeihen vorzüglich in der Tierra caliente und vornehmlich in Zamora, im Amazonas-Territorium, Guayana, wo sie 1758 ein Franzose entdeckte, und dem Gebiet des Delta, also in den entlegensten Teilen der Republik. Man unterscheidet Balatä und Kautschuk.

Kautschukbäume. Balatä stellt eine besonders gesuchte lederartig zähe und überaus elastische Guttaperchasorte vor, welche von einem hohen Sapotaceenbaume mit geradem, braunrindigen,

Bürger, Venezuela. 9

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tiefgefurchten Stamme und lichter Krone, Mimusops balata, stammt. Derselbe bietet übrigens auch ein vorzügliches Bauholz und den Breiäpfeln oder Mirabellen ähnliche wohlschmeckende Früchte dar. Kautschuk liefern verschiedene Bäume. Die wichtigsten sind : Hevea brasiliensis und gttayanensis, Riesen der Wolfsmilchgewächse, Castilloa elastica, ein mächtiger Baum mit lichter Krone aus der Familie der Moraceen, und mehrere Ficusscvten, welche den berühmten Kautschukbaum Asiens, den Gummibaum, in Amerika vertreten. Es sind der Cautchouc (Ficus toxicaria und elliptica) und der Higuerote (Ficus radula), Angehörige der Urticaceen. Außerdem spendet eine Schwester der Yuca, die niedrige Manihot glaziovii, und der auffällige, hohe Guarumo (Cecropia peltata) mit seiner seltsamen Wipfelkrone Kautschuk. Am höchsten steigt von den genannten wohl Castilloa elastica, ein besonders hoher Urwaldbaum, im Ge- birge empor (bis 800 m), der auch weit nördlich bis nach Me- xiko vordringt, sich gut zur Anlage von Kulturen eignet und der wichtigste Kautschukspender zu werden verspricht.

Kaufs chukgewinnung. Der Kautschuk wird an Ort und Stelle gewonnen, indem man den Baum anzapft. Das geschieht durch ein in die Rinde geschnittenes Kanalsystem, welches auf ein Gefäß, z. B. eine Kalebasse, mündet. Will man den Baum schonen, so zieht man nur auf einer Seite eine vertikale Längs- rinne, der man verschiedene schräg geschnittene zuleitet, verspart die Anzapfung auf der anderen Seite auf das folgende Jahr und fährt fort abzuwechseln. Leider treiben die Caucheros, die Kaut- schuksucher, jedoch Raubbau schlimmster Art, indem sie nicht selten die Bäume einfach fällen.

Die Kautschuksucher sind zumeist Weiße, welche, die Flüsse benützend, von weit her kommen und die Kautschukgegenden während der Trockenzeit aufsuchen. Ihre Saison dauert von Oktober bis in den März hinein. Sie pflegen alsdann die Wald- gebiete derart unter sich zu verteilen, daß auf eine Partei etwa 500 Gummibäume kommen. Das erste, was geschieht, ist, durch die Mitte eines Anteiles einen Weg bis zum Fluß zu bahnen. Alsdann werden die Bäume links und rechts angezapft, mit Ge- fäßen versorgt, und diese in der Folge abwechselnd Tag um Tag rechts oder links geleert. Dalton meint, daß auf solche Weise in einem Anteil täglich 36 45 1 Saft gewonnen werden. Die Milch-

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absonderung ist bei zunehmendem Monde reichlicher und im Dezember bedeutend gummihaltiger als im April. Im Dezember und Januar gewinnt man aus 12 14 kg Saft 6 7 kg Kautschuk, im April aber nur 4 5 kg. Auch ist der Saftgehalt der Bäume, je nach der Gegend, verschieden. Am Orinoco ergibt die Hevea nach Veloz-Goiticoa 40 50 g, am Rio Negro 80 100 und am Casiquiare 125 150 g. 200 Bäume liefern nach demselben Ge- währsmanne im Dezember und Januar 12 15 kg Saft bzw. 6 8 kg Kautschuk. Im Amazonas-Territorium wurde 1901 in 3 4 Monaten 135 000 kg eingebracht, 1902 in 2 Monaten 101 287 und im Yuruarigebiet 1901 : 1 840000 kg.

Der von Natur dünne Milchsaft muß künstlich verdickt wer- den — die Abendbeschäftigung bei der Hütte. Man streicht ihn auf Tonformen, die man einem gelinden Feuer aussetzt. Da- durch wird er schwarz.

Ein Balatäbaum liefert nach P. Preuß bei einmaligem An- zapfen 3,5 1 Milch. Ein fleißiger Arbeiter kann am Tage 18 1 zapfen. Je 3 1 Milch sollen 2 kg Balatä liefern. Die Balatä- Milch wird in großen Holzpfannen an der Sonne eingetrocknet.

Minderwertigen Kautschuk finden die Sucher an den Ästen der Gummi-Bäume hängend, natürlichen Blutungen entstammend, und mitunter auch im Wurzelbereich in Gestalt umfangreicher, weißer Klumpen.

Das Leben eines Caucheros ist ein äußerst gefahrvolles und beschwerliches. Das entschuldigt freilich nur zum Teil Art und Weise, wie sie gegen die indianische Bevölkerung vorgegangen sind. Die Erinnerung an die Putomayo-Greuel wird bei vielen auch der Weltkrieg nicht ausgelöscht haben.

Die Kautschukbäume Guayanas sind bereits sei der Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt und werden seit langem ausgenutzt. Die Ausfuhr geht über Bolivar. Ein wenig wird auch in Zulia erbeutet.

Es wurden vor dem Kriege exportiert:

1909/10 1910/n 1911/12 1909/10 1910/11 1911/12

Balatd . .1996t 2035t 1683t imWerte von 10,2 12,4 15,9 ) Mill. Kautschuk 317t 287t 418t 3,8 2,1 2,9 J va°res

Dagegen während des Krieges und nach demselben :

9*

6,5 1 Mill.

e 1 Boli" 0,8 J vares

132

1915 1917 1919 1915 1917

Balatä . .1026t 1172t 1119t imWertevon 4,0 6,6

Kautschuk 140 t 183 t 189 t 0,7 1,3

Es unterliegt keinem Zweifel, daß das als Balatä aufgeführte Gummi nicht ausschließlich von Mimusops balaia, sondern auch von anderen Bäumen, insbesondere der Hevea, stammt.

Die bei Ocumare kultivierten Kautschukbäume ergaben durch- schnittlich 460 g Saft.

Chicle. Unter den Ausfuhrgütern Ciudad Boh'vars figuriert Chicle im Jahre 19 19 mit einem Gewichte von 81 252 kg und einem Werte von 232 211 B. Chicle ist das guttaperchaartige Produkt des durch Anzapfen aus dem Stamme des Breiapfelbaumes (Achras sapota) gewonnenen Milchsaftes. Dasselbe findet als Kau- gummi in Nordamerika Verwendung. Es besitzt einen süßlichen Geschmack, soll die Zähne konservieren und vertritt den Kautabak. Achras sapota wächst wild und wird kultiviert.*) Das Haupt- exportland ist Mexiko.

Harze. Von Harzen muß Erwähnung finden das wohl- riechende, medizinisch und technisch verwendete Carana genannte zweier gleichnamiger Bäume (Icica caranna und tacamahaca). Die- selben gedeihen sowohl in der Ebene, als im Gebirge. Das ter- pentinreiche Harz wird zur Heilung von Wunden verwertet.

Hierher gehört auch das unter dem Namen Currucay bekannte Harz eines mächtigen Baumes Guayanas (Callophyllum), das bei Gliederverrenkung Wunder wirken soll. Ferner müssen wir des Paraman-Harzes oder -Pechs gedenken, es stammt von Moronobea coccinea. Man benutzt es zum Dichten der Schifte, und die Wilden befestigen damit ihre Pfeilspitzen.

Balsam. Von den Balsamen ist der Copaivabalsam, ein zähes, fettes Ol der Copaifera officinalis, eines Caesalpiniaceen- baumes, der in Gebirg' und Ebene (z. B. in Zulia und Zamora) wächst, am bekanntesten als Heilmittel der Gonorrhöa. Im Lande als Aceite de Palo oder Cabimba bekannt, wird es den lebenden Bäumen abgezapft. Dieselben gedeihen an den heißesten Stellen, werden sehr hoch und bis 2 m dick. Der Balsam wird in weiten

*) Der Pendare genannte Chicle-Lieferant Venezuelas ist wahrscheinlich identisch mit A. sapota. Er wächst vornehmlich im südlichen Delta Arnacuro.

133

Kanälen abgesondert, die den Stamm durchziehen. Gelegentlich platzen sie mit lautem Knall und ergießen über einen Zentner. Gewöhnlich bohrt man den Baum an und leitet das gelbliche Öl durch eine Bambusröhre ab. Von 1905 1910 gewann man 378 t im Werte von 1 119 163 B. Es wird vorzüglich über Ciudad Boh'var und Maracaibo verschifft. 1919 : 32919 kg; Wert 98054 B.

Der mächtige, bis 20 m hohe südamerikanische Kopalbaum, der Algarrobo (Hymenaea courbaril), spendet ein bernsteinartiges Harz, welches im Boden erhärtet.

In den dichten Wäldern der karaibischen Küste wächst in Höhen von 100 1000 m der Tolubalsambaum (Miroxylon toluiferum), dessen Saft zur Weihraucherzeugung und medizinisch verwertet wird.

Öle. Zahlreicher noch sind die Ölspender. Ein bitteres, aber angenehm riechendes Öl, das Carapaöl, wird aus den Früchten eines Meliaceenbaumes (Carapa guayanensis) gewonnen. Mit dem- selben reiben sich die Indianer zum Schutze gegen die Stech- mücken ein. Auch findet es in der Seifenfabrikation Verwendung.

Das klare, gelbliche Laurelöl liefert die Laurinee Octea opifera. Ein zähes und derart klebriges Öl, daß es die Indianer als Vogel- leim benutzen, entstammt einem Leguminosenbaume (Eperua fal- cata). Ein anderes den Samen von Lecythis ollearia, einem sehr starken Baume der heißen Niederungen. Es wirkt blutstillend. Ein pflanzliches Fettwunder sind die Früchte des Talgbaumes ( Virola sebifcra) aus der ölreichen Myristicasvppz, die den Anonaceen nahesteht. Die wohlriechenden fetten Samen bedürfen nur eines Baumwollfadens als Dochtes, um wie ein Licht zu brennen.

Auch verschiedene Palmen gesellen sich zu den Ölspendern.

Ölpalmen. Große kommerzielle Bedeutung erlangte die den dichten Urwald der Niederungen bevorzugende schatten- liebende Ölpalme Südamerikas (E/aeis melanococca). Sie krankt an solch mangelhafter Bewurzelung, daß sie frühzeitig umfällt, entwickelt sich aber weiter, indem ihr dicker Stamm auf dem Boden hinkriecht. Ihre Krone besteht aus feingefiederten Wedeln. Das Öl wird roten, walnußgroßen Früchten durch Auskochen ent- zogen, und um Maschinen zu fetten oder zur Herstellung von Seife verwendet. Aus den harten Samenkernen preßt man über- dies ein Fett reich an Stearin und Palmitin. Beide Produkte

134

haben seit der Margarinefabrikation noch wesentlich an Ansehen gewonnen. In gleicher Weise lassen sich die Früchte von Oeno- carpus bacaba und bataua ausbeuten. Ebenso sind die Nüsse der durch Millionen von Stacheln bewehrten Fiederpalme Astro- caryum vulgare, welche gesellig auf dürren, flachen, sandigen Stellen wächst, reich an Ol.

Kokosnußöl wird in ziemlich erheblichen Mengen gewonnen und ein wenig auch exportiert. 1919 Ausbeute: 244 t, Export 36,4 t im Werte von 47 141 Bolivares.

2. Nutzhölzer.

Die tropischen Wälder sind reich an wertvollen Hölzern aller Art, welche sich bald durch Zähigkeit und Festigkeit, bald durch schöne Färbung und Duft oder andere erwünschte Eigenarten aus- zeichnen. Man schätzt die Zahl der Nutzhölzer auf 600. 1893 stellte Venezuela in Chicago 145 derselben aus. Die gewaltigen Dimensionen, welche viele Bäume erlangen, erhöhen ihre Ver- wendbarkeit und erlauben z. B. ein Boot aus einem einzigen Stammstück durch Aushöhlen herzustellen, welches 40 Menschen faßt.

Mahagoni. Ein schönes Bauholz, welches überdies von Termiten verschont bleibt, liefern die Cedros (Cedrela), ferner ein gigantischer Lorbeerbaum Nectandra zymbarum, ebenso die ge- waltige Mora (Dimorphandra excelsa). Zum Schiffsbau wird das Holz des Caryocar gesucht. Besonders aber schätzt man das Holz der Caoba (Swietenid mahagoni) aus der Familie der Melia- ceen. Der Mahagonibaum ist in Westindien, Mittelamerika und in Neu-Granada verbreitet. In Venezuela wächst er in der gesamten Küstenzone und den inneren Tälern nördlich der Llanos. Jene Caoba, welche im Orinocogebiet gedeiht, ist wahrscheinlich eine andere Art. Venezuelas Mahagonibaum erreicht bis 40 m. Der gerade Stamm besitzt 120 cm Durchmesser. Die glänzend grünen Blätter sind grobgefiedert. Die weißlich-gelblichen Blüten klein. Der Mahagonibaum ist gelegentlich, so in Valencia, in den Straßen als Schattenspender angepflanzt worden.

Hervorragend kostbare Hölzer sind : das blauschwarze Eisen- holz, das rötliche, stark nachdunkelnde Courbarilholz vom Kopal- baum, das Amarant- und Palisanderholz, ein schwarzes und grünes Ebenholz und ein nach Rosen duftendes. Zu ihnen gesellen sich

135

die Farbhölzer, deren wertvollste von Leguminosenbäumen stammen, wie das Blauholz ( Haematoxylon campechianum) und eines der vortrefflichsten Rothölzer, das Fernambuk- oder Brasilienholz.

Besonders reich an Bau- und Tischlerholz ist Zulia, also das gesamte Gebiet um die Lagune, ferner der höhere westliche Teil des Llano zwischen Rio Apure und Portuguesa, weiter die west- liche Hälfte des Karaibischen Gebirges, das gesarftte Orinoco- Delta und das Gebiet des Rio Caroni.

1919 wurden an Holz exportiert: 4318 t im Werte von 425 069 B.

3. Gerbstoffe und aromatische Früchte.

Mangle. Die Küste Venezuelas besitzt in der Mangle (Bhizophora mangle), welche mit etlichen anderen Sträuchern jene merkwürdige Vegetation der Gezeiten- Zone bildet, ein reiches Gerb- stoffreservoir. Die Rinde derselben ist nämlich recht taninhaltig (22,5 33,5 °/o)*). In Kolumbien wird sie, da man den Zentner mit 4 Mark bezahlt, exportiert, so weit man sie nicht im Lande selbst verwertet. Aus Venezuela wanderte 1909 für 20215 Boli- vares ins Ausland. Der Quintal wird zur Zeit in Caracas 4 5,6 B. gehandelt. Zentren der Gewinnung sind : Maracaibo und Orinoco- Delta.

Dividivi. Ungleich geschätzter ist jedoch der Dividivi (Caesalpinia coriarta), also eine Leguminose, ein ansehnlicher Baum, welcher Schoten mit Samen von 30 40 °/0 Taningehalt reift. Bei einiger Pflege eihöht sich dieser auf 50 °/0. Er wächst im ganzen Lande wild, jedoch vornehmlich an der karai- bischen Küste und in den heißen Ebenen des Inneren am süd- lichen Fuß der Gebirge. Es bedarf eines regenarmen, heißen Klimas von 25 270 C in Jahresmittel und steigt nicht über 200 m aufwärts. So sind die Staaten Zulia, Falcön (Paraguanä), Sucre und die Insel Margarita seine besondere Heimat. Aber auch Lara,

Anzoätegui und die weniger fruchtbaren Ebenen der Llanos be- herbergen ihn. Man hat bereits angefangen Dividivi zu kultivieren. Die Samen vergrößerten sich alsdann bedeutend. Während die wilden 3 g wogen, erreichten die der kultivierten Bäume 8 g.

*) Ernst, A. : El mangle Colorado. In: Bol. Com. Ind. I. 1920

136 -

In Zulia hat man auch begonnen, Plätze, an welchen Dividivi gesellig wächst, einzuzäunen, um sie der Zerstörung durch das Vieh zu entziehen.

Dividivi gerbt vorzüglich und weich unter leichter Gelbfärbung.

Der Export hat sich seit 1908 zwischen 5200 10 900 t bewegt. 1908 : 5829t 1912 : 7220t 1915 : 5668t 1917 : 5061t 1911 : 10902t 1913 : 5371t 1916 : 7758t 1918 : 7055t 1919 : 8842 t im Werte von 1 717996 Bolivares.

Bestimmungsländer waren Deutschland, Vereinigte Staaten, Frankreich , Holland , Italien und England. Heute sind die U. S. A. und mehr noch Curacao Hauptabnehmer. Dieses Produkt wird vornehmlich über La Vela exportiert.

Tonkabohne. Ein Schmetterlingsblütler, ein stattlicher Baum, La Sarrapia (Coumarouna odorata), mit paariggefiederten Blättern, dessen Holz und Rinde duften, bringt in pflaumenartigen Früchten auch duftende Samen hervor, deren Geschmack freilich im Gegen- satz zum süßen Fruchtfleisch, welches den Sammlern als Nahrung dient, sehr bitter ist. Dieselben werden zum Parfümieren von mancherlei Luxusartikeln und feinen Schnupftabaken benutzt. Die ertragreichsten Sarrapiales gehören dem Gebiet des oberen Orinoco und namentlich jener Gegend zwischen Cuchivero und Caura an. Der Distrito Cedefio in Guayana hat besonderen Ruf. Im Caura- gebiet sind jüngst auch Konzessionen für die Kultur verliehen worden. Das Sammeln der Bohnen geschieht während der trok- kenen Jahreszeit und ist außerordentlich beschwerlich, da jeder Tonkabohnenbaum im dichten Urwald erst durch Pfade, welche man ihm mittels Machete und Axt abringt, erobert werden will.

Der Zentner Bohnen wird mit 1000 Bolivares bezahlt. Diese Urwaldgabe führt man über Ciudad Boh'var aus; 1909 wurde für etwas über 1 000000 Bolivares, 19 13 für 3,6 Millionen exportiert, 191 9 aber nur 73 177 kg im Werte von 448761 Bolivares.

Die Schoten der in Venezuela sehr häufigen wilden Vanilla lutescens sind nicht aromatisch. Die edle Vanille (V. planifolia) wird bisher nicht kultiviert, obwohl man dazu ermunterte.

4. Früchte, Mark und Säfte genießbarer Art. An solchen namentlich Früchten ist die Natur des Landes außerordentlich reich, und etliche derselben können viele

137

Menschen lange Zeit ausschließlich ernähren. Das gilt vornehm- lich von den riesigen Samen und dem Mark der Palmen und in erster Linie von jenen der Morichepalme (Mauritia ßexuosa), aber kaum minder von der Pfirsichpalme, Piritu (Bactris speciosa), der Jagua (Maximiliana regia) und der Kokosnußpalme.

Von der Morichepalme wird das Mark zu einem nahrhaften, sagoähnlichen Mehl verarbeitet. Auch backen die Indianer Brot aus demselben. Indirekt kommt es den Eingeborenen zustatten, da sie die engerlinggroßen Larven eines Rüsselkäfers verzehren, die sich in ihm entwickeln. Die apfelgroßen Früchte der Piritu sind überaus reich an Stärkemehl, das die Eingeborenen zu einem haltbaren Brei auszubeuten wissen, und schmecken geröstet wie Kastanien. Ein einziger Baum gibt zur Erntezeit, die nur einmal im Jahre eintritt 2 3 Ztr. Die Jagua liefert einen vorzüglichen Palmenkohl. Man versteht darunter das Herz der Krone, eine weiße, mandelartige Substanz von nußartigem Geschmack, welche gekocht wird. Die Kokospalme werden wir weiter unten behandeln.

Am Orinoco strebt ein gewaltiger Myrtenbaum bis zu 30 m empor, in aller Welt bekannt durch seine dreikantigen ölreichen Samen, die Paranüsse (Bertholletia nobilis und excelsa), welche eine umfangreiche Frucht einschließt. Die den Mangos nahestehenden Sßondiasaxten reifen die roten und gelben, süßsäuerlichen Mombin- pflaumen. Der Caryocar schenkt Nüsse, manche Palmen einen Wein und der Milch- und Honigbaum Lacmelüa edulis einen süßen, nahrhaften und wohlschmeckenden Saft.

5. Faserpflanzen.

Die Agaven werden später besprochen.

Chinchorros. Von besonderer Wichtigkeit ist außer den Fasern der Agaven jener feste Bast, den die Indianer aus den jungen, noch nicht entwickelten Blättern der Morichepalme herstellen, den sie zum Knüpfen ihrer Fischnetze und vor allen Dingen der Chirv corros genannten Hängematten benutzen, welche auch exportiert werden.

Eine stammlose Fächerpalme, der Tierra templada, Carludo- vica, liefert das Stroh der Panamahüte. Die noch nicht entfalteten Blätter werden, nachdem die starken Nerven entfernt sind, in Streifen zerschlitzt und in Wasser mit Zitronensäure gekocht.

138

Hüte werden außerdem aus den Blättern einer Rohrart (Arunao saccharoides) geflochten, deren Stengel beim Decken der Häuser Verwendung finden. Eine bedeutende Rolle spielen ferner die Wedel der Palmen bei der Bedachung menschlicher Wohnungen.

6. Heilpflanzen.

Außer den bereits genannten Copaifera- Arten besitzen drei Weltruf.

Zarsaparilla. Die Zarsaparilla, eine Liane (Smilax), deren Extrakt gegen Syphilis angewandt wird und schweißtreibend wirkt. Sie spielt auch in den Patentmedizinen der Nordamerikaner eine Rolle. Ihr Ruf datiert schon von Karl V. her, dem sie die Gicht vertrieb. Nur gegen das Sumpfklima gefeite Indianer vermögen sie zu beschaffen, da sie die feuchtesten Stellen des Urwaldes liebt. Die Eingeborenen schätzen ihre Heilkraft bei Hautleiden. Paterson berichtet, daß sie, um sich von denselben zu befreien, im Rio Guaniamo, einem Zuflüsse des Cuchivero, baden, dessen Wasser vom Saft der an seinen Ufern massenhaft wachsenden Schlingpflanze gesättigt ist. Die venezolanische soll aber an Ge- halt jener von Honduras und Guatemala nachstehen. Gleichwohl wird sie über Maracaibo und Ciudad Boh'var exportiert. 191 9 wurden gewonnen: in Trujillo 736 kg, Lara 100 kg, Aragua 138 kg, Guärico 4000 kg.

Ipekakuanha. Ipekakuanha, ein Brechmittel und Darm- entzündungen lindernd, aus den Wurzeln etlicher Rubiaceen (Ura- goga, Psycho •tria u. a..). In Venezuela gibt es noch eine weiße Ipekakuanha von Richardsonia scabra, indess soll sie wenig gehalt- voll sein.

Simaruba. Die bittere Simaruba- oder Ruhrrinde wird mit Erfolg bei Diarrhöen und Dysenterie verwendet. Sie stammt von Simaruba amara. Man exportiert sie nach den Vereinigten Staaten. Von 1905 10 wurden für 14926 B. dorthin verschifft. Vorkommen : westlich der Lagune von Maracaibo.

Als Heilpflanze gegen Syphilis erfreut sich der Bejuco de Cadena (Schncllea splendens), welcher in den heißen Gegenden gemein ist, eines guten Rufes.

Die verschiedenen Cassiaaxten werden bei Krebs, als Blut- reiniger und Abführmittel gebraucht. Zu ähnlichen Zwecken ver- wendet man Guäco, den Extrakt verschiedener Mikaniaaxt&ci.

139

Angostura-Bitter : Den pharmazeutischen Talenten eines Deutschen, Dr. J. B. Siegert, verdankt die Rinde eine Rutacee (Galipea cusparina) universelle Anerkennung als aromatische und therapeutische Basis des Angostura-Bittern. Übrigens ist die Heil- kräftigkeit des prächtigen Cusparebaumes den Indianern von alters- her bekannt gewesen. Sein Rindenextrakt besitzt eine ähnlich fieberhemmende Wirkung, wie Chinin und wurde durch Humboldt bei der schweren Erkrankung seines Reisegenossen Bonpland er- probt. Der Cuspare wächst in den heißen Gegenden ; seine Rinde heißt dort Cuspar. Die Fabrikation des Bitteren wurde schon vor langer Zeit wegen Schwierigkeiten mit der Regierung nach Port of Spain auf Trinidad verlegt. Dort kann man auch aut dem Friedhofe das Denkmal des Erfinders bewundern.

Chinarinde. Wie für Kolumbien, wenn auch nicht in solchem Maße, gab es auch in Venezuela eine Zeit, in der die Fieberrindenbäume, die Cinchonen, ausgebeutet wurden. Die- selben gedeihen besonders in der Kordillere von Merida in 1200 3200 m Seehöhe. Ihre Rinde wurde bis 1883 ausgeführt. Be- kanntlich nahm man etliche südamerikanische Arten an den Ab- hängen des Himalaya und der Gebirge Ceylons und Javas mit solchem Erfolg in Kultur, daß die südamerikanische natürliche Ausbeute nicht mehr konkurrieren konnte.

Insektenpulver. Cevadilla ist der Vulgärname von Asagraea officinalis, welche in der Kordillere in Höhen von 800 1400 m wächst, offenes, grasiges Gelände liebend, und Samen mit reich- lichem Veratringehalt zeitigt, aus denen Insektenpulver fabriziert wird. Für den Zentner wurden 30 50 Bolivares bezahlt. Der Export hat sich im ganzen um 40000 B. bewegt. 1919 führte man 201 963 kg im Werte von 490 703 B. aus.

Fisch-Betäubungsmittel. Schließlich wollen wir noch der Betäubungsmittel gedenken, deren sich die Eingeborenen beim Fang von Süßwasserfischen bedienen.

Besonders wirkungsvoll erwies sich Guachamaca, der Extrakt von Malouctia nitida, und Barbasco von Piscidia erythrina. Das Mittel, ins Wasser geworfen, macht die Schuppenträger in Kürze so apathisch, daß sie wie leblos zu treiben beginnen und sich leicht greifen lassen.

140 VI. Die Jagd und Fischerei.

Jagd. Da, wie wir bereits darlegten, Venezuela eine Reihe von stattlichen Säugetieren und eine großartigeVogelwelt besitzt, findet der Jagdliebhaber ein gesegnetes Feld. Er kann Puma und Jaguar jagen, Ozelot und Yaguarundi nachstellen, um seine Sammlung mit schönen Fellen zu bereichern oder sie zu guten Preisen zu verkaufen und sogar, wenn auch nicht überall, auf die Affenjagd ziehen.

Tapir. Als Wildbret dürfte der Tapir an erster Stelle zu nennen sein. Sein Fleisch gilt als schmackhaft, saftig und zart. Er liebt die Nähe der Wasserfälle, weil dort seine Lieblings- nahrung, eine fette Wasserpflanze (Apinagia) die untergetauchten Felsen bekleidet. Die Eingeborenen stellen ihm eifrig nach.

Wildschweine. In den Llanos werden die dort sehr häufigen gesellig lebenden Venados, rehgroße Spießhirsche, gejagt, deren Felle man in beträchtlicher Anzahl austührt. Im Jahre 19 19: 1637 DZtr. im Werte von 401 246 B. Auch dem Wasserschwein, Capybara, stellt man seines fetten Fleisches wegen nach. Ferner reizen die Rudel der Bisam- und Nabelschweine den Jäger. Ihre Jagd ist aber nicht ganz ungefährlich, da sich diese Geschöpfe mit ihren Hauern zur Wehr setzen. Das Fleisch ist gut, aber trotzdem nicht besonders geschätzt. Dagegen sagt man von dem weißen und fetten des Paka, daß es alle Sorten an Wohlgeschmack übertreffe. Diese hasengroßen Tiere sind häufig. Bereits die alten Indianer erlegten sie massenhaft, um ihren Speisezettel zu bereichern. Auch die Goldhasen, Agutis, stehen auf der Liste der die Jagd lohnenden Tiere. Indianer und Kreolen schätzen manche Gürteltiere, deren Fleisch als zart und weiß, wie das der Hühner gepriesen wird. Weniger soll dasjenige der Affen munden.

Chumita. Von Vögeln werden die hühnerartigen, darunter diePaöjis, Fasanen, Hokkos, Enten, Taucher, Bekassinen, Schnepfen, Rohrhühner erlegt, vor allem aber auf jene Reiher mit den Schmuckfedern besonders im Apure-Gebiet Jagd gemacht, deren kleine, Chumita genannte Art, die begehrteste ist. Dieselbe ge- nießt von Seiten der Regierung einen kräftigen Schutz.

' 19 19 wurden an Reiherfedern ausgeführt:

635 kg im Werte von 1581371 B.

141

Schildkröteneier-Ernte. Unter den Reptilien stellt der Mensch besonders den Schildkröten nach, denn nicht nur das Fleisch (eine geschätzte Fastenspeise) auch die festen Schalen dienen den Einwohnern zu vielem, ersetzen sie doch oft Näpfe und selbst den Schemel. Vor allem aber ist es die Eierernte, welche in den ersten Monaten des Jahres die Ufer des Orinoco zwischen Meta und Apure mit vielem Volke belebt. In dieser Jahreszeit stellen sich nämlich Hunderttausende einer Arräu (Podoc- ncmis expancd) genannten Flußschildkröte dort ein, um auf Ei- landen und Sandbänken, Playas, ihre Eier abzulegen und zu ver- graben. Jhnen folgen die Menschen, um die sorglich verdeckten Gruben, die bis zu 200 Stück enthalten, aufzuspüren und ihres Inhalts zu berauben. Die hartschaligen Eier sind größer, als die der Taube und ihre Dotter ungemein ölreich. Sie werden in Trögen zertrümmert und solange gerührt, bis sich das Fett oben sammelt und abgeschöpft werden kann. Darauf wird es gekocht und an Ort und Stelle Händlern verkauft. Man stellt dieses Schildkrötenöl dem besten Baumöl gleich. Humboldt berechnete den Eierbestand von drei Ernteplätzen auf 33 000 000 Stück.

Leguan. Den großen, grünen Leguan, La Iguana, hetzen die Eingeborenen auf isolierte Palmen , um ihn mittels des Lasso zu fangen und seines Fleisches wegen a.bzuschlachten, das besonders nach Maracaibo verfrachtet wird.

Fischfang. Das Land ist ungemein reich an See- und Süßwasserfischen. Letztere bilden neben Maniok die Hauptnahrung der Bewohner der Ebene und namentlich der Indianer. Besonders gewisse Welse, Bagres, werden geschätzt. Man verzehrt aber auch gerne die zwar grätenreichen jedoch wohlschmeckenden Karibefische. Der Fischfang wird mit Angeln, Netzen, Reusen, durch Abdämmen und Betäubungsmittel, die dem Wasser zugesetzt werden, betrieben. Große Arten aber werden auch mit Pfeilen geschossen. Die Fische der Llanos verkauft man getrocknet in den Städten des Gebirges.

Perlenfischerei. An den Gestaden der karaibischen Küste blüht seit Alters die Perlenfischerei. Sie lenkte bereits vor Jahr- hunderten neben dem Golde Abenteurer zu den Küsten NTeu- Granadas. In Venezuela bilden ihren Hauptsitz die Inseln Mar- garita, Coche und Cubagua und der Golf von Cariaco, wo sie

142

Entwicklung der

Gesamtgebiet

Sta;

Eingeschriebene Pflanzer und

Arten der Kulturen

Ackerbauer

Distrito Federal

An

toiitegui

Aragua

2 a

Kapital in Bolivares

•o'S

N

•5 a

Kapital B.

Zahl d. Pflanzer

Kapital B.

u

■ö S _ c j= rt a <s

Kapital B.

Baumwolle ....

2

90000

2

90000

Balatä . .

7

430000

Kakao . .

506

62 698 000

6

550000

4

225000

9

775000

Kaffee . .

684

50 183000

34

2 798000

8

420 000

44

2922000

Zuckerrohr

504

41 187 000

11

1 228000

13

533000

20

1 631000

Kautschuk

7

4 780000

Kokosnüsse

36

1 8 1 1 000

1

80000

Früchte .

57

4417000

1

48000

1

40000

Futter (pasto)

31

2286000

Tabak . . .

35

1 420000

Verschiedenes

21

2454000

'9

2 234000

Ii

»Sg

es.

im

:

1890

171 756000

70

6810000

27

1 306 000

76

5458000

Staaten

Arten der Kulturen

Merida

M

iranda

M

onagas

Portuguesa

Zahl d. Pflanzer

Kapital B.

Zahl d. Pflanzer

Kapital B.

.

N

c

rt tc N Q,

Kapital B.

_ c

NU

Kapital B.

Baumwolle ....

_

Balatä . . -

Kakao . .

10

716000

174

22 712000

18

8 1 8 000

Kaffee . . .

86

7 591000

37

2 750000

70

3 043 000

4

200000

Zuckerrohr

33

2 809 000

34

3544000

2 170000

5

224000

Kautschuk

Kokosnüsse .

1

40000

Früchte . .

7

355000

4

160000

Futter (pasto)

Tabak . . .

34

136000

Verschiedenes

Insgesamt | 136 | 11471000 | 249 | 29166000 | 173 | 7431000 | 424000

Über Apure fehlen Daten. Das Delta-Territorium besitzt 5 Pflanzer, von denen sick

Plantagen 1910/11.

143

Staaten

Bolfvar

Carabobo

Cojedes

Falcön

Guarico

Lara

N

«in

NO,

Kapital B.

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JS «

oms Nfti

Kapital B.

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Kapital B.

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Kapital B

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Kapital B.

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Kapital B.

7

430000

.

2

300 OOD

37

8 01 1000

I

50000

3

150000

5

502 000

91

9250000

2

1 080000

13

560 OOO

12

744000

43

3 306000

S

222 OOO

3i

3598000

15

630 OOO

M

820 oco

78

6 488000

1

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6

4 680 OOO

7

365000

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7

691 OOO

2

1 080 OOO

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40000

4

160 OOO

5

252000

_

_

21

I 714OOO

179

26 595000

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I 280000

1 33

1 874 OOO

126

10046000

Staaten

Sucre

Tächira

Trujillo

\

aracui

Zamora

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Kapital

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auch heute noch ausgeübt wird. Die Regierung verpachtet die Gerechtsame dieses Fischfangs und erlöste dafür 191 7 247900, 1920 433 640 Bolivares.

Der Perlenfischfang ergab von 1915/1916 : 94880 B. 1917/1918 : 197500 B. 1916/1917 : 247980 B. 1918/1919 : 249430 B. Der Export belief sich 1919 auf 68,5 kg im Werte von 429 403 B.

VII. Die Landwirtschaft. 1. Acker- und Plantagenbau.

In Venezuela können dank der überaus mannigfaltigen klima- tischen Verhältnisse, welche Tiefland und Bergregionen bieten, sehr verschiedene Kulturgewächse mit Erfolg gezogen werden. Ja, man darf behaupten, daß solche, welche nicht irgendwo einen günstigen Standort fänden, zu den Ausnahmen gehören.

Die der Landwirtschaft nutzbare Fläche wird auf 300 000 qkm geschätzt. Zwei Drittel der Ausfuhr entfällt auf Agrikulturprodukte. Eine rationelle Ackerwirtschaft entwickelte sich erst im 18. Jahr- hundert dank der Einwanderung friedlicher und arbeitsamer spanischer Elemente , welche hauptsächlich Kakao und Tabak pflegten. 1774 wurde der Indigobau von Guatemala nach Ve- nezuela verpflanzt und 1784 legte ein Priester, der Pater Mohe- dano , mit von Martinique erhaltenen Samen die erste große Kaffeeplantage an. Fast gleichzeitig begann der Anbau von Zuckerrohr.

Der landwirtschaftliche Betrieb paßt sich den Jahreszeiten an. Für Aussaat und Heranwachsen nutzt man die Regenmonate aus, für Reife und Ernte die trockenen. Wo die natürliche Be- wässerung nicht ausreicht, wird mit künstlicher nachgeholfen. Die Bearbeitung des Bodens ist eine sehr oberflächliche. Man bedient sich der Hacke und eines einem Pfluge ähnlichen Instrumentes, welches den Boden nur wenige Zoll tief auflockert. Nur einige Plantagengesellschaften haben eine moderne Pflugschar eingeführt. Die Besitzer der Pflanzungen schilderte Preuß als sehr gastfreund- liche und sehr verständige Männer von nicht unbedeutender In- telligenz und großer Arbeitsamkeit und Genügsamkeit. Ihr größter Feind sind die Revolutionen.

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Wir müssen zwischen solchen Kulturgewächsen unterscheiden, die der Volksernährung dienen, und anderen, welche hauptsächlich im Interesse des Exportes gezogen werden. Zu ersteren zählen die wichtigen Körnerfrüchte Mais, Reis, Weizen, Gerste, ferner Zuckerrohr, Bananen, Yuca, Bataten, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und die Gemüse, zu letzteren Kaffee, Kakao, Baumwolle, Tabak und vormals Indigo. Außerdem haben wir die Obstsorten zu behandeln.

a) Kulturgewächse der Volksernährung.

Banane. In der Tierra caliente war und blieb die Banane (Musa sapientum) wichtig für die Ernährung der Bewohner.

Dieselbe, als deren Urheimat man den indischen oder ma- laiischen Archipel betrachtet, ist im tropischen Amerika bereits zur Zeit seiner Entdeckung allgemein verbreitet gewesen. Man findet heute kaum eine Hütte, neben der nicht wenigstens einige dieser riesigen Kräuter mit den mächtigen, breit schwertförmigen, saftig grünen Blättern emporragen, die der Wind oft derartig fiede- rig zerschlitzt, daß sie Palmenwedeln gleichen. Jeder Stamm bringt nur einmal ein riesiges, nicht selten 50 Pfund schweres Frucht- bündel hervor. Dann stirbt er ab, nachdem er vorher Wurzel- schößlinge als Ersatz getrieben hat. Die Früchte sind völlig samenlos, die Vermehrung geschieht also lediglich mittels der Wurzelschößlinge. Jeder Trieb besitzt nur eine Lebensdauer von 9 1 4 Monaten, clagegen erreicht die Pflanze ein Alter von 60 80 Jahren. Indessen nutzt man die Pflanzungen nur kurze Zeit aus, indem man die Riesenkräuter bald wieder abschlägt, um sie durch andere Kulturen zu ersetzen.

Die Frucht der Banane macht, sich der Reife nähernd, eine Metamorphose durch, die Stärke völlig in Zucker umwandelnd und den anfänglich beträchtlichen Tanningehalt bis auf Spuren reduzierend. Ihr Nährwert ist nicht so groß, wie man früher an- nahm. Die Analyse ergab : 4 5 °/0 Eiweiß und 20 ° 0 Zucker.

Platano und Cambur. Man unterscheidet zwischen ver- schiedenen Sorten, durch Größe, Form, Geschmack und Aroma gekennzeichnet. In Venezuela sind es namentlich zwei, welche in Frage kommen, Platano, die gewöhnliche größere, welche zu- meist nur gekocht und geröstet genossen wird, und die kleinere, süßere und aromatische, Cambur genannt, welche man roh ver- Bürger, Venezuela. 10

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zehrt oder in Wein und Zucker als Leckerei auftischt. Von den Cambures werden verschiedene Varietäten unterschieden wie C. -titiaro Kamerun-Banane, C. puyac Martinique-Banane, C. morado Kupfer-, C. manzano Apfel- und C. topocho Silberbanane.

Hören wir auch, was Glöckler über die Banane schreibt : »Die Frucht wird sehr mannigfaltig zubereitet, sie schmeckt in fast jeder Bereitungsart gut, ist gesund und nahrhaft. Noch nicht in voller Reife benutzt man sie, indem sie in heißer Asche oder nah ans Feuer gestellt geröstet wird, wodurch sie mehlig und trocken wird und statt Brot zu essen ist ; etwas reifer schneidet man sie in Stücke und läßt sie in der Pfanne braten, wo sie unsere Bratkartoffel ersetzt ; ganz reif bäckt oder brät man sie im Ofen, wo sie dem schönsten Backobste gleichkommt. Man kocht sie auch in Suppen, und in dem schönen Gerichte Sancoche darf sie nicht fehlen.«

Die Banane reift immerwährend, ihre Kultur erfordert wenig Fleiß. Man beschränkt die Anzahl der Schößlinge und hält den Bestand von Unkraut frei.

Kulturen im großen rentieren sich vom 4. Jahre an. Ein Hektar, welcher tausend Pflanzen nährt, wirft jährlich 40 Mark Reinertrag ab. Zwischen den Bananen kann man noch Ananas setzen. Etwa 500 000 Bolivares stecken in solchen Pflanzungen.

Die Banane reift ausnahmsweise noch in Höhen von 2200 m. Sie findet sich in ganz Venezuela, wo genügend Feuchtigkeit vor- handen ist, seltener jedoch im Gebiete von Coro und im Osten.

Wir treffen sie also, wo es warm genug ist, so ziemlich über- all, aber es gibt doch Gegenden, wo ihre Kultur intensiver betrieben wird. Solche sind West- und Südgelände der Lagune von Mara- caibo, östlich vom »Hals« derselben, Plätze von Yaracui und Miranda.

Yuca. Als Brotpflanze der heißen Niederungen, insbe- sondere der Llanos, muß man die Yuca, Maniok oder Manihot (Manihot utilissima) bezeichnen. Es ist das dem Menschen nütz- lichste Wolfsmilchgewächs der Erde. Der 2 m hohe Manihot- oder Casavestrauch, wie er nach dem aus seinen Knollen bereiteten Brote genannt wird, begegnet uns neben der Banane im Tiefland am häufigsten. Er bildet durch seine weißlichen, hin- und her- gedrehten Stengel, blaugrünen, gefingerten, beinahe sternförmigen

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ßlätter eine auffallende und anmutige Erscheinung. Er liebt Meer- und Flußnähe und ein Klima von mindestens 200 C. im Jahresmittel. Man vermehrt ihn durch Stecklinge und erntet im 9. bis 10. Monate seine an jene der Georginen erinnernden Wur- zeln, von denen manche ein paar Fuß lang und 10 Pfund schwer

werden. Sie enthalten viel Stärkemehl, daneben jedoch einen stark giftigen Milchsaft. Durch Waschen, Kochen und Rösten wird das Gift , Blausäure , derart vollständig verflüchtigt , daß sogar der Saft noch verwendet werden kann, aus dem eine mit Pfeffer versetzte Tunke bereitet wird, die sich gut zum Konser- vieren von Fleisch eignet. Das Wertvollste aber ist der Brei, zu dem man die Wurzeln zerreibt, wenn sie nicht gekocht genossen werden sollen. Denn aus ihm bäckt man in großen, dünnen Scheiben das als C a s a v e bekannte, den Mazzen ähnelnde Brot, welches sich durch seine außerordentliche Haltbarkeit auszeichnet. Auch entzieht man den Wurzeln das Stärkemehl zu anderen Zwecken. Eine besonders feine Sorte desselben heißt Tapioca.

In Venezuela ist die Yuca vor allem die Brotpflanze der Llanos, Guayanas, des Deltas und Amazonas-Territoriums, ferner ist sie aber in Falcön und im ganzen Osten besonders zuhause. Im Gebirge wird sie noch in der Tierra templada vielfach kul- tiviert und kommt noch in 2000 m Seehöhe vor. In den mitt- leren Höhen verlängert sich die Reifezeit der Wurzeln auf 15 und in der Tierra fria auf 24 Monate. Die Yuca ist die Pflanze des Gemüsegartens. Indessen wird sie, wo sie der Stärkefabrikation im Großen dienen soll, auch in ausgedehnterem Maße angepflanzt, z. B. bei Monte Carmelo in Trujillo, wie Sievers berichtet.

An Stärke, Almidön, exportierte man :

19 19 624 DZtr. im Werte von 52 267 B.

Casavebrot wird auch in den ländlichen Haushaltungen der Europäer, z. B. um Bolivar in den Morichales der Ausländer be- reitet und behauptet sich nicht allein in den Llanos, auch in den Staaten Lara, Sucre (19 19 : 1240000 kg) und Aragua werden ansehnliche Mengen gebacken.

Bataten. Bataten, die süßen Kartoffeln, von großem Stärke- gehalt spendet ein ausdauerndes Windengewächs (Ipomoea batatas) mit kriechendem Stengel, breiten, unregelmäßig gelappten Blättern und weißroten Blüten, welches man nur als Kulturpflanze kennt.

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Es scheut die niederen Gebiete bis zu 200 m Höhe und gedeiht am besten an der oberen Grenze der heißen Region, verlangt aber eine Durchschnittstemperatur von 1 8 ° C und trockne Stand- orte. Die gelegentlich bis 2 kg schweren Knollen ißt man ge- kocht, gebacken oder gebraten als Zugabe bei Fleischgerichten.

Yams und Apio. Auch die umfangreichen fleischigen Wur- zeln der Yams oder Names (Dioscorea alata) werden wie Kar- toffeln gezogen und gehören zum Sancoche. Desgleichen Apio, die Knollen eines Doldenblütlers (Arracacha esculenta).

Wie auf den Antillen kultiviert man auch in Venezuela fleißig Chayote (Secchium edule) mit stärkereichen Wurzeln, welche denen der Yam im Geschmack ähneln. Auch die Früchte sind genießbar.

Kartoffel. Die echte Kartoffel, aus Südamerika (Chile) stammend, wird in Venezuela vielfach angebaut, gedeiht aber nur in den höheren Regionen gut, und zwar am besten in der Tierra templada und fria, wenn sie sich auch mancherorts schon bei 500 m Seehöhe, wie am See von Valencia angepflanzt findet. Man hat bereits im ersten Drittel des verflossenen Jahrhunderts deutsche und holländische Saatkartoffeln eingeführt. Die Kartoffel, Papa, ist zunächst Stellvertreterin der Yuca. In den höchsten Lagen ersetzt sie schließlich auch den Mais, da sie bis in den Päramo, nämlich gegen 3000 m vordringt. In diesen Höhen werden ihr freilich die Nachtfröste und die übermäßige Feuchtigkeit gefährlich. Man pflanzt von Januar bis März und rechnet in der oberen Tierra caliente nur 4 Monate für das Heranwachsen und Reifen, im Hochgebirge jedoch 7 8. Der Horst soll 4 */2 Pfund ergeben.

Hülsenfrüchte. Von Hülsenfrüchten werden Bohnen, Erb- sen und Linsen, besonders aber erstere gezogen, denn die »Fri- joles« sind, wie in anderen Staaten, mächtige Faktoren der Volks- ernährung geworden. Ihr Anbau überwiegt in den Zentralprovinzen, denn die Bohne liebt die heißesten Tiefen nicht. Sie kommt am besten in der Tierra templada fort, versagt aber auch noch nicht in der Tierra friä.

Caraotas. Man zieht feinere weiße, speziell Frijoles ge- nannte, besonders aber dunkelfarbige Sorten. Diese, die Caraotas negras und rosadas, werden genau wie in Chile sehr regelmäßig und in Mengen im Gebirgskunde verspeist und dort auch gebaut.

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Erbsen, Arvejas und Linsen, Lentejas, welche an das Klima ähn- liche Ansprüche stellen, lösen sie hin und wieder ab. Die Erbse ersetzt die Bohne in den höheren Lagen. Man erzielt noch bis 2000 m zwei Ernten im Jahre.

Die Ausfuhr war bisher gering. Sie betrug 1919 an Bohnen 168384 kg im Werte von 66731 B. ,, Erbsen 21062 kg ,, ,, ,, 12844 ,>

Zuckerrohr. Die vielen Formen von Zuckerrohr, Cana, welche sich heute in Kultur befinden, führt man auf nur eine Gramineenart {Saccharicm officinarum) zurück. Aus Ostasien wurde sie vom 8. bis n. Jahrhundert durch die Araber im Mittelmeergebiet eingeführt. Durch die Spanier auf die Canarischen Inseln verpflanzt, nahm sie von dort im 16. Jahrhundert ihren Weg nach Westindien und wurde alsbald auch in Zentralamerika und Neu-Granada heimisch. Es ist nun aber im allgemeinen nicht mehr die ursprünglich eingebürgerte Sorte, das kreolische Rohr, La Criolla, sondern die purpurngestreifte Varietät des Ta- hitirohres die bevorzugte, weil sie sich um das dreifache ergiebiger erwies. Das Südsee-Zuckerrohr, die Caüa de Otaiti, ist überdies kräftiger und ausdauernder und namentlich der Tierra caliente vorzüglich angepaßt, kann aber bis gegen 2000 m kultiviert werden. Sie kam über Trinidad nach Venezuela, wo sie übrigens dem Criollo noch im Anbau nachsteht.

Der Zuckerrohrbau schmiegt sich dem Gebirge von Merida bis zum Cap Codera an und entfaltete sich besonders in der westlichen Hälfte der Karaibischen Ketten, erlangte aber keine Bedeutung in der östlichen. Dagegen gibt es ein isolirtes Zucker- zentrum im Delta-Amacuro südlich vom Cano Macareo. Der Kultur des Zuckers in größerem Maßstabe gaben sich 1913 600 Pflanzer und Gesellschaften hin, welche ein Kapital von mehr als 53 000 000 Bolivares für diesen Zweck angelegt hatten. Besonders betätigten sie sich in den Staaten Lara, Tächira, Trujillo, Zulia, Carabobo und Miranda. Indessen ragen auch Merida, Monagas und Yaracui als Zuckerrohr bauende hervor.

191 7 wurden 172 765 537 Pfund Zuckerrohr geerntet.

Eine Cahaplantage macht den Eindruck eines saftig- licht- grünen Schilffeldes. Sie verlangt Sonne und reichliche Bewässerung. Man bevorzugt deshalb die sumpfigen Niederungen der Flüsse.

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Wo die Feuchtigkeit des Bodens oder der Regen nicht ausreicht,, muß künstlich bewässert werden.

Das Rohr wird in Stecklingen ausgepflanzt. Man wählt mit Vorliebe die oberen, besonders knotenreichen Teile des Rohres, welche man ziemlich tief in den Boden steckt. Die unteren Knoten treiben Wurzeln, die oberen Schößlinge. So bildet sich ein junger Stock, aus dem eine wechselnde Anzahl Reiser empor- schießt, während der Stamm des Stecklings verwest. Die Pflege besteht im Bewässern, Jäten des Unkrauts und allenfalls im Be- häufeln der Stöcke. Man sucht sich zum Pflanzen die nasseste Jahreszeit aus. Eine Zuckerhacienda teilt ihr Rohr in Schläge, deren sukzessive Aberntung einen ununterbrochenen Betrieb ge- währleistet.

Am Orinoco ist das Rohr etwa in 9 Monaten reif, aber schon in einer Höhe von 500 m braucht es 12, bei 1000 m 14 und gegen 2000 m 16 und länger. Die Halme werden mit dem Machete oder Beil möglichst tief abgehauen, weil die untersten Internodien am meisten Zucker enthalten. Das Zucker- rohr entsaften zwei bis drei Holzwalzen, die Menschen oder Ochsen durch ein Göpelwerk drehen. In manchen Gegenden ersetzt Dampfbetrieb diese mühselige Arbeitsmethode. Die weitere Be- handlung des Saftes, das Kochen und Eindicken geschah früher allgemein in offenen Kesseln direkt über dem Feuer. Das ent- saftete Rohr wird verfeuert und als Viehfutter verwandt. Dazu dienen auch die Spitzen und die Blätter, von denen man das Rohr vor oder nach der Ernte befreit.

Eine Zuckerrohrpflanzung der Criollo-Sorte dauert höchstens 5 Jahre aus, eine solche mit Otaiti'rohr ein Jahrzehnt.

Panela. Der Zucker wird in Venezuela vor allem als Panela konsumiert. Diese stellt man nach Kärger (in Mexiko) her, indem der Saft, statt mit Kalk mit einer aus Holzasche oder Asche der Bagasse angefertigten Lauge versetzt, in einem Kessel ziemlich stark eingekocht wird. Danach wird die Masse in einem anderen viereckigen Gefäße mit Holzschlegeln eine Zeitlang stark geschlagen und sodann in hölzerne Formen gefüllt. Die schon nach einigen Stunden festgewordenen Kuchen können ohne weiteres verkauft werden. Die Panela soll übrigens im allgemeinen nur 5 o °/0 Zucker enthalten.

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Unter dem Einflüsse des Weltkrieges sind eine Anzahl moderner Zuckerfabriken im Lande entstanden.

Ein kleinerer Teil des Zuckers wird zu Rum, ein größerer zu Aguaardiente de cafia gebrannt und aus dem Safte Zuckerrohr- wasser, Agua de miel, und indem man den verdünnten Saft gären läßt, das Nationalgetränk, Guaräpo, bereitet.

Man gewinnt 50 bis höchstens 70 °/0 Saft des Rohrgewichtes und rechnet 1/10 Zucker vom Bruttogewicht des Rohres, indes nimmt der Zuckergehalt in den Höhen ab. Nach Kärger schwankt der Ertrag an Rohr in Mexiko zwischen 80 100 t per Hektar, soll aber an günstigen Orten 115 t überschreiten können. An Zucker werden 5 8 t gewonnen, an Panela das Doppelte. Laut Angaben von Veloz-Goiticoa liefert in Venezuela ein ha gut ge- düngtes und bewässertes Land 9000 kg Panela oder 10 787 1 Alkohol, nach solchen von Preuß im allgemeinen jedoch nur 3000 kg Panela und 2000 1 Aguaardiente bzw. 60 t Rohr. Jede Zuckerhacienda von Bedeutung pflegt Papelön, Zucker, Alkohol und Rum zu erzeugen. Der Panela gibt man die Form von Kegeln im Gewicht von 500 1600 g, so im Bundesdistrikt, Miranda, Aragua und Carabobo, oder von Würfeln von 1600 g, wie in den Anden-Staaten und Zulia. Die meiste Panela wird bei Caracas hergestellt, wo ihr eine Hacienda 2700 ha widmet.

Der Export von raffiniertem Zucker, Azücar, und Panela ist heute ein recht beträchtlicher, wie folgende Zahlen beweisen. Man führte aus :

1916 1917 1918 1919 1916 1917 1918 1919 Zucker 7328t 14898t 10 573t 13390t = 2,9 6,7 4,4 6,2 |=.> Panela 1944t 2959t 4312t 39921= 0,5 0,9 1,0 1,6 j^n

Mais. Der Mais ist eine einheimische Kulturpflanze und der hauptsächlichste Volksernährer in den Gebirgsstaaten. Diese Pflanze ermöglichte es, daß sich in vorkolumbusischer Zeit Millionen- Völker, wie in Kolumbien, in Höhen von 2000 3000 m ent- wickeln konnten. In Venezuela sollen 30 000 ha mit Mais bestellt sein und 150000 t geerntet werden.

Der Mais ist von einer wunderbaren Anpassungsfähigkeit. Man stelle sich vor, die Pflanze gedeiht in den sumpfigen, sich in die Mangle verlierenden Küstenstrichen unter Stelzen- und Kokospalmen und macht 2500 3000 m höher Alpenrosen und

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dem graufilzigen Frailejön den Platz streitig. Und er wächst nicht nur, er reift auch seine goldenen Kolben hier wie dort.

Freilich, in der Tiefe braucht er, trotzdem er hier 2 21f2 m hoch aufschießt , um , aus dem Samenkorn sprießend , wieder selbst Samenbildner zu werden , 90 Tage , 900 m hoch bereits no, gegen 1500 m 120 und schließlich 180. So vermöchte jemand auf dem gleichen Grundstücke in der Tierra caliente vier Ernten hintereinander zu reihen. Im allgemeinen rechnet man mit zweien, eine von Januar bis Februar, eine andere von Juli bis August. In den höheren Lagen verspätet sich die Ernte um einen Monat. In der Tierra fria wird nur einmal von Oktober bis in den Januar hinein geerntet. In Venezuela steigt der Mais bis 2800 m.

Mais ist bekanntlich auch ein ungemein ergiebiges Gewächs, welches mindestens 140 fach die Aussaat vergütet. Nach Preuß liefert ein ha 3300 bis 3900 kg. Ferner ist es vielseitig aus- nutzbares. Man bereitet aus ihm : Arepa, Maisbrot ; Mazamorra, Maisbrei ; Chicha, Maismost ; Carato, gegorenen Maissaft mit Zucker. Außerdem liefern die Blätter nahrhaftes Viehfutter.

191 6/1 7 waren Mais- und Bohnenernte so vorzüglich, daß zum erstenmal ausgeführt werden konnte.

Der Export von Mais belief sich :

191 7 auf 13 595 t im Werte von 2,9 Millionen B.

1918 15 905 t 4,0 J9!9 » 7 7°8 t 2,2

Reis. Auch für die Kultur des Reis sind die Bedingungen günstig, und der Absatz im Lande selbst wäre sehr groß, da er- hebliche Mengen eingeführt werden müssen. Von 19 13/17 im- portierte man im Jahresdurchschnitt 6,5 Millionen kg.

Reis wird auf zweierlei Art kultiviert. Nach chinesischem Vorbilde nämlich sät man ihn in Saatbeeten aus, welche fort- während unter Wasser gehalten werden. Darauf versetzt man die Pflanzen, sobald sie einigermaßen erstarkt sind, einzeln auf die Felder, welche nunmehr 2 oder 3 Tage vor der Ernte ebenfalls ohne Unterbrechung zu bewässern sind. Auch muß ein paarmal gejätet werden. Das Wachstum dauert 5 Monate. Diese Methode kann man auch in Südspanien beobachten. Im anderen Falle erfolgt die Aussaat auf nicht umgebrochenem jungfräulichen Lande,

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auf welchem nur das Buschwerk abgeschlagen und verbrannt worden ist. Nach dem »breitwürfigen« Ausstreuen des Samens wird sofort bewässert und damit erst unmittelbar vor der Ernte aufgehört. Um das allzu üppige Wachstum einzuschränken, läßt man die junge Saat nach i i lJ2 Monaten vom Rindvieh abgrasen, und später schneidet man sie noch einmal, ehe man sie zur Blüte gelangen läßt. Die Ernte geht in Mexiko, wo man den Reis nach Kärger in geschilderter Weise zieht, nach 6 7 Monaten vor sich. Der Reis ergibt das Zwanzigfache der Aussaat.

Vorläufig wird Reis in Venezuela nur hier und dort in der Ebene und der Tierra caliente der Kordillere von Merida und des karaibischen Gebirges angebaut. Die bedeutendsten Reis- pflanzungen liegen westlich und südlich vom Hafen Maracaibo, in Trujillo und in Yaracui. Man sollte aber meinen, daß das Überschwemmungsgebiet des Orinocosystems seiner Kultur in großem Maße entgegenkäme. Der Reis hat sich zu einer be- sonderen »Criolla« genannten Varietät umgebildet, die gewisse Vorzüge vor der Stammart besitzen soll.

1919 wurden 1624000 kg produziert, davon 800000 kg in Bolivar und 295 000 kg in Yaracui. Auch Guärico, Carabobo, Merida und Trujillo brachten ziemliche Quantitäten hervor.

Weizen. Weizen, Trigo, kann überall im tropischen Amerika gebaut werden, wenn gewisse Höhenlagen zur Verfügung stehen, und es nicht an Niederschlägen mangelt. Im letzteren Falle muß mit künstlicher Bewässerung nachgeholfen werden. In Venezuela wird Weizen gelegentlich bereits in der Tierra caliente in 500 m Höhe angebaut, sein eigentliches Gebiet ist aber die Tierra fria. Es beginnt mit 1600 m, jedoch »es scheint, daß die Stufen zwischen 2000 und 3000 m den besten Weizen ergeben«. Als obere Grenze dürfte man 3200 m festsetzen. Der gebirgige Westen besitzt die meisten Weizenfelder.

Der Weizen wird so ausgesät, daß seine Reife und Ernte in die trockene Zeit fällt. Die Zeit der Aussaat verschiebt sich also in den verschiedenen Regionen, da dieses Korn bei 500 m nur 80 Tage zur Reife benötigt, bei 1000 100, bei 2000 120 und darüber hinaus 150. Im allgemeinen säet man März bis Mai und erntet September bis November. Der Weizen ist sehr ergiebig, läßt in der gemäßigten Region zwei Ernten zu, von denen

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dann freilich die eine in die minder günstige Jahreszeit fällt. Er soll das 3 7fache der Aussaat zurückgeben. Trotzdem Venezuela jene be- sonders günstigen Anbauverhältnisse fehlen, wie sie das benach- barte Kolumbien in seinen ausgedehnten, der Tierra fria ange- hörenden Hochebenen besitzt, spielt der Anbau dieses Getreides neben dem Mais die bedeutendste Rolle. Ist jener das Korn der kleineren und kleinsten Betriebe, so dieser der mittleren und großen.

Für den Anbau sind die Kordillerenstaaten Tächira, Merida und Trujillo weitaus die wichtigsten.

Gersie. Der Anbau von Gerste, Cebada, beschränkt sich so ziemlich auf die höheren Lagen des gebirgigen Westens. Sie dient als Futter für Pferde und Maultiere. Man sollte meinen, daß man auch Braugerste zu erzielen suche, da verschiedene Bierfabriken des Landes prompte Abnehmer wären. Roggen und Hafer werden nicht kultiviert.

b) Kulturgewächse des Exportes.

Kaffee. Das wertvollste Gegengeschenk der Alten Welt an die Neue für so manche empfangene Gabe bildet der Kaffee, mit dem das tropische Amerika wirtschaftlich steht oder fällt.

In Venezuela wurde mit seiner Kultur T784 bei Caracas be- gonnen. Heute schätzt man die Anzahl der Kaffeebäume auf 260 Millionen und spricht dem Lande den zweiten Platz unter den Kaffee-Erzeugern zu. In den Kaffeekulturen soll ein Kapital von 80 Millionen Bolivares festgelegt sein.

Der Kaffeestrauch oder -bäum, Coffea arabica (aus Ostafrika stammend), gehört, wie die Cinchonen, zur Familie der Rubiaceen, von der wir in Deutschland nur Kräuter besitzen, und gewährt einen höchst anmutigen Anblick. Schlanker Wuchs, graziöse Verzweigung, dichte und doch lichte Belaubung sind ihm eigen. Bald quellen aus den Blattachseln weiße, wie Jasmin duftende Blüten hervor, bald purpurne Beeren. Seine Haine, die Cafetales, sind schattig, aber nicht dumpf. Das glänzende, kirschlorbeer- artige Blatt wirft den Sonnenstrahl zurück. Die Kaffeepflanze tritt uns in den Tiefen als stattlicher, weit ausladender Baum entgegen, welcher stark ins Holz gegangen ist, in den höheren Lagen als zierliches, über mannshohes Bäumchen oder auch strauchartig von kompakterem Aussehen.

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Der Kaffeebaum wird aus Samen gezogen, welche man in Pflanzschulen heranzieht. Er samt sich übrigens auch mit Erfolg selbst aus, und die jungen Wildlinge sind als Ersatz brauchbar. Der Kaffeebaum wird zu mehreren oder zu vielen vereint in Abständen von 7 8 m angepflanzt; auch der kleine Mann pflegt in seinem Garten ein Dutzend. In den Kaffeehacienden bilden Tausende ausgedehnte Gehege. Man bevorzugt Hänge, und selbst recht steile, zur Anlage einer Kaffeeplantage.

Nicht allein die jungen Pflänzchen, auch die heranwachsenden und selbst die früchtespendenden Kaffeesträucher bedürfen der Schattenspender. Als solche gibt man ihnen Mais, Bohnen, Ba- nanen, Maniok- oder Rizinusstauden, die aber später durch Bäume er- setzt werden müssen. Zu diesem Zwecke sind außer dem hohen, stark verzweigten Bucare (Erythrina) besonders Guamos, Mimosen der Gattung Inga und der Saman {Pithecolobium samaft) beliebt. Wird zur Anlage einer Kaffeeplantage ein Stück Wald urbar ge- macht, so läßt man geeignete Bäume als Schattenspender stehen. In den höheren Lagen vermindert sich das Bedürfnis nach Schatten. Der Kaffeebaum verlangt zur Entfaltung einen ziemlichen Raum, und auf der gleichen Fläche, welche gegen 30000 Zuckerrohr- stauden oder ebenso viele Maispflanzen nährt, kommen nur 5000 Kaffeebäume fort. Man rechnet 1600 1900 auf den Hektar.

Der Kaffee wird zwar in der niederen Tierra caliente, ge- legentlich sogar mit Kakao zusammen, kultiviert, das beste Fort- kommen findet er jedoch in der gemäßigten Region zwischen 600 1500 m. Seine obere Wachstumsgrenze liegt in Venezuela 1900 m hoch, also viel niedriger als in Kolumbien (2200 m).

Von 1500 m aufwärts verringert sich der Ertrag und die Bohnen bleiben kleiner.

In der Tierra caliente beginnt die Blüte im Februar, die Reife im August, während die Ernte von November bis in den Januar hinein dauert. In der Tierra templada erntet man zweimal. Eine größere Ernte wird von April bis Mai, eine kleinere von September bis Oktober erzielt. Im Tiefland ist, wie gesagt, eine Zeit der Haupt- reife vorhanden, aber aus einem gewissen aberntefähigen Zustande kommt der Baum jemals ebensowenig heraus, wie aus dem Blühen. Die Kaffeebohne benötigt in der Tierra caliente 5, in der Tierra templada, je nach der Höhenlage, 6 8 Monate zur Reife. Eine

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Kaffeeplantage trägt bereits im dritten und rentiert sich im vierten Jahre, erreicht aber erst im sechsten volle Ergiebigkeit, die nun durch Jahrzehnte (in Kolumbien sogar durch 5 6) anhält, aber in den verschiedenen Kaffee erzeugenden Staaten keine gleichmäßige ist. So erzählt Kärger von der Kurzlebigkeit der mexikanischen Kaffeebäume, die sich mit 15 20 Jahren erschöpfen, und stellt ihnen die hohe Lebensdauer der brasilianischen entgegen. In Venezuela sollen sie in der Tiefe 40 Jahre und in höheren Re- gionen 50 alt werden. Auch der Ertrag der Bäume schwankt. Nach Glöckler bringt ein Baum durchschnittlich 1 x/2 Pfund Bohnen hervor, nach Dalton jedoch nur x/4 1/2 Pfund und der Hektar 400 950. Kolumbien rechnet im allgemeinen mit 1/2 1 Pfund und in guten Lagen mit 2 1ji Durchschnittsertrag. Ausnahmsweise freilich spendet ein Baum auch 3 6 und mehr Pfund. Werden die jungen Bäume durch Einspitzen und Be- schneiden niedrig gehalten, was in Venezuela stark verabsäumt wird, so fällt zwar in den ersten Jahren die Ernte geringer aus, dafür entschädigen sie aber reichlich in den späteren.

Man pflückt die Beeren in überreifem Zustande, da dieser die Güte des Produktes fördert, und liest mehrere Male hinterein- ander. Die kirschenartigen Kaffeebeeren, welche 2 Bohnen enthalten, müssen entfleischt entpulpt« )werden, was inGroßbetrieben Maschinen besorgen, dann wäscht man sie und läßt sie nach kurzer Gärung auf zementierten Tennen trocknen. In kleinen Betrieben wird der Kaffee wohl in der Kirsche getrocknet und in hölzernen Handmörsern ent- schält. Das Entfernen der Pergamenthaut besorgt die »Trilla« mittels rotierender, schwerer großer Holzscheiben. Vor dem Ver- sand werden die Bohnen sorgfältig gesichtet. Nur in Form und Farbe tadellose Ware exportiert man.

Ein Cafetal erfordert vor allen Dingen sorgfältige Reinigung, sodann verlangen die Bäume nach Düngung, man bevorzugt Stall- mist. Der Kaffeebaum ist empfindlich gegen Trockenheit, aber auch ein Übermaß von Regen tut ihm nicht gut.

Der Kaffeebaum ist um 1730 oder 1740 eingeführt, hat sich aber erst im verflossenen Jahrhundert sehr allmählich aut Kosten der Baumwoll- und Indigopflanzungen ausgebreitet. Am frühesten kultivierten ihn die Bewohner des Staates Tächira und von Caracas nebst Umgebung, wo 1784 die ersten Pflanzungen

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von Bedeutung der obengenannte Priester anlegte. 1910/11 wid- meten sich von den 1890 eingeschriebenen Pflanzern und Acker- bauern 684 , also über ein Drittel dem Kaffeebau. Ihr gesamtes Betriebskapital überstieg 50 (1918 : 62) Millionen Bolivares. Dieselben betätigten sich vornehmlich in den Kordilleren-Staaten Tächira, Merida, Trujillo, ferner den ganz oder z. T. dem karai- bischen Gebirge angehörenden Staaten Lara, Yaracui, Carabobo, Distrito Federal, Miranda, Aragua und Monagas. Zur Zeit soll es 260 Millionen Kaffeebäume geben.

Sievers schrieb über die Verbreitung des Anbaues folgendes : »In Mittelvenezuela liegen die ausgedehntesten Kaffeepflanzungen in den Tälern von Aragua bei La Victoria, sowie auch in der Umgebung von Caracas, bei Guatire, Guarenas, an den Gehängen des Gebirges bei Guacara, Maracai, Montalban, Valencia und Nirgua, weiter im oberen Yaracui, in der Kordillere von Trujillo, besonders um Mendoza und Escuque sowie am Nordabhang; weiter bei Boconö, in der Kordillere von Merida, um Merida und Ejido, an der ganzen Nordseite des Chamatals ; im Tächira, be- sonders im Tale von San Cristobal und Täriba sowie an den umliegenden Bergen. Auch in Coro kommen Kaffeepflanzungen in den Gebirgen von San Luis vor, im Oriente südlich von Carü- pano und in den südlicheren Tälern des Gebirges von Cumanä.«

Aus einer soeben herausgekommenen Übersichtskarte ersehen wir, daß der Kaffee dem Gebirge von der kolumbianischen Grenze bis nach Cumanacoa folgt. Aber auch noch südlich der- selben wird zwischen Tinaco-Pao und El Baul erheblich Kaffee gebaut.

Die mittlere Jahresproduktion der Haupt-Kaffee-Staaten in Säcken von 60 kg nach Veröffentlichungen aus dem Jahre 1920: Tächira. . 182000 Lara. . . 105000 Aragua . 61400 Merida . . 98000 Yaracui . 101 700 Miranda . 64000 Trujillo . . 147 500 Carabobo . 135 000 DistritoFederal45 500

Im ganzen 940200 Sack ä 60 kg.

Die große Bedeutung des Kaffees für die allgemeine Wohl- fahrt Venezuelas erhellt vortrefflich aus einer Gegenüberstellung des

Wertes der Gesamtausfuhr und der Kaffeeausfuhr :

1908 1909 1910 1911 1913 1915 1917 1919

Wert der Gesamtausfuhr in Mill. Bolivares 75.7 83.0 93,0 117. 5 152.7 121,3 I2°.° 258i7 Kaffee- ,, ., 36,2 39,7 41,7 59.0 83.9 60,8 42,7 151,4

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Vom i. Juli 1918 bis 30. Juni 1919 wurden 1 373034 Sack von 60 kg ausgeführt.

»Der Geschmack und das Aroma des venezolanischen Kaffees sind sehr gut. Venezuela kann ein erstklassiges Produkt liefern.« So urteilte Preuß.

Kakao. Der Kakaobaum, welcher höher und stattlicher als der Kaffeebaum wird, ist ein südamerikanisches Gewächs. In den Wäldern der Tierra caliente, so besonders der kolumbia- nischen und ekuatorianischen, gibt es noch heute wilde Kakao- bäume, deren Früchte kleiner, aber reicher an Kakao sind, als die kultivierten, und bei denen Verzweigung und Laubwerk sich auf die Bildung des Wipfels des 10 15 m hohen Baumes be- schränkt. In Ekuador, wo gelegentlich viele beieinanderstehen, nützt man dieselben zu einer Pflanzung aus, indem man einfach das Unterholz und die übrigen Urwaldbäume bis auf etliche Schattenspender entfernt. Kärger berichtet, daß die Affen an der Bildung dieser wilden Cacaotales stark beteiligt sind, da sie, der süßen, schleimigen Umhüllung der Bohnen ^nachgehend, diese ver- schleppen. In Venezuela wachsen noch zahlreiche wilde Kakao- bäume; am Orinoco in der Gegend von San Fernando, in den Wäldern Guayanas und jenen heißen, dem Meere nahen Tälern.

Durch üppige Belaubung ausgezeichnet die großen, ellip- tischen Blätter sind tiefgrün, aber nicht besonders glänzend, so daß die Pflanzungen einen düsteren Eindruck machen gehört der Kakaobaum, Thcobroma cacao, zu den merkwürdigen Ge- wächsen, deren Blüten am alten Holz des Stammes oder der Zweige in kleinen braunen oder roten W7irteln hervorbrechen. Dort hängen an kurzen Stielen später die gerunzelten oder ge- rieften, gurkenförmigen grünlichen oder roten Früchte, welche aus- nahmsweise ein Pfund schwer werden können und zahlreiche Samen enthalten.

Auch Theobroma wird aus Samen gezogen, den man an Ort und Stelle in Löcher eingräbt oder in Saatbeeten aufgehen läßt, um dann erst die jungen Pflanzen in die Plantagen zu ver- setzen. Man muß ihnen von Anfang an Schattenspender geben und wählt als solche, wie beim Kaffee, während ihrer Jugend gern die verschiedenen Arten der Banane. Diese lösen später die in Venezuela Bucare genannte Erythrina umbrosa oder auch Kaut-

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schukbäurne (Castilloa elastica), Robi?iiaaxtQn und hohe Mimosen der Gattung Inga ab. Erstere gereichen in den ersten Monaten des Jahres durch ihre leuchtende, ziegelrote Blütenpracht den Kakaoplantagen überdies zum prächtigsten Schmucke. Die jungen Pflanzungen müssen viel gejätet werden, die älteren jedoch hüllen den Boden in solches Dunkel, daß auf ihm kein Unkraut mehr fortkommt. Ferner sind die zahlreich aus den Wurzeln und dem unteren Stamm hervorbrechenden Sprosse zu entfernen und die Bäume zu beschneiden. Außerdem verlangen die Kakaobäume reichliche Bewässerung, welche ihnen in Venezuela durch Gräben aus Flüssen oder Bächen zugeleitet wird.

Der Kakaobaum beginnt zwar schon im vierten Jahre nach seiner Aussetzung zu tragen, aber erst im sechsten bis achten oder günstigsten Falls im fünften lohnt die Ernte. Der »Criollo« liefert erst im neunten oder zehnten Jahr eine volle Ernte und setzt erst im sechsten bis siebenten Früchte an. Eine Frucht enthält 32 46 Bohnen, deren 310 getrocknete auf ein Pfund gehen. Man kann also auf acht Früchte ein Pfund Bohnen rechnen. Kärger berichtet sowohl aus Ekuador, als aus Mexiko über den Ertrag. Dort soll ein Kakao- stock, eine Mata, die aus drei miteinander herangewachsenen Bäumchen besteht, 1 1j2 2 Pfund Bohnen im Jahre spenden, hier indessen ein einzeln gezogener Baum nur 414 g. In Kolumbien soll ein Baum 2 Pfund produzieren, und ein Hektar, auf dem 675 Bäume gedeihen, dem Besitzer rund 340 Goldmark Reingewinn abwerfen. In Venezuela trägt der Hektar 200 Bäume. Die Kakao- frucht reift zwar das ganze Jahr hindurch, indessen wird haupt- sächlich in den beiden Trockenperioden von Mai bis Juni und November bis in den Januar hinein geerntet.

Da die meisten Früchte in Greifhöhe wachsen, werden sie mit dem Machete gebrochen, die höheren mittels eines Stabes mit gegabeltem Eisen an der Spitze abgeschnitten. Zur Entkefnung werden die Schalen auf einem Holzstab auseinandergebrochen, der Inhalt wird herausgeschabt und die Fruchtmasse in hölzernen Trögen mit den Füßen getreten, so daß die Bohnen aus dem Fleisch herausgedrückt werden. Alsdann wird der Brei eine Nacht oder auch länger der Gärung überlassen. Später wäscht man die Bohnen und trocknet sie an der Sonne auf Säcken, oder wie in Venezuela auf mit Kalk oder Zement überzogenen Tennen, da sie,

160 -

auf dem Erdboden, Palmenmatten oder Bretterböden schwärzlich werdend, ihre schöne rote Farbe verlieren. In Venezuela sucht man dieselbe noch künstlich durch Färbung mit roter Erde zu erhöhen. Später werden sie sortiert. (Kärger, gleichlautend für Mexiko und Ekuador ; Preuß für Venezuela.)

Das Fruchtfleisch ist als ausgezeichnetes Mastfutter für Rind. vieh erprobt worden und befördert die Milchabscheidung der Kühe. Der Kakaobaum klebt an der Tierra caliente. Die heißen, windgeschützten und feuchten Täler bis zu 500 m Höhe bieten ihm die besten Standorte. Nur ausnahmsweise steigt er bis 600 m im Gebirge empor. Er benötigt außer hoher Wärme und starker Beschattung sehr viel Bodenfeuchtigkeit, die ihm reichliche Be- wässerung zuführen muß. Dagegen ist er empfindlich gegen ein Übermaß von Regen und gegen Nebel.

Eine Plantage bedarf vom 7. Jahre ab, wo sie meistens ihre volle Ertragsfähigkeit erlangt hat, wenig Pflege und auch keiner Düngung. Sie erreicht auch ein ungemessenes Alter, denn der Kakaobaum bringt noch als hundertjähriger Früchte hervor, und wo einer hinwegstirbt, ersetzt man ihn durch einen Schößling. Indessen besitzt er böse Feinde. Allerlei Schmarotzerpflanzen siedeln sich gerne in seinem Geäst an, Affen und Vögel stellen den Früchten nach, Insekten verursachen eigentümliche Erkrankungen und Ratten zerstören das Wurzelwerk. Dazu kommt seine große Empfindlichkeit gegen klimatische Einflüsse. Dieses und die längere Wartezeit hat die Kakaokultur zeitweise zugunsten anderer Gewächse zurückgedrängt. In Venezuela werden zwei Sorten ge- zogen : der kostbare Cacao Criollo und der von Trinidad impor- tierte minderwertigere Cacao Trinitario, auch Carüpano genannt, welcher sich übrigens in Venezuela im Laufe der Jahre veredeln soll. Die Preise, welche beide erzielen, sind sehr verschieden. Sie schwankten nach Preuß 1898 vom billigsten Carüpano bis zum besten Criollo in Venezuela selbst zwischen 57 und 134 Mark pro 50 kg. Besonders hoch aber werden die Bohnen der Cacao- tales von Chuao im Staate Aragua wegen hervorragender Süßig- keit bewertet.

19 10/ 11 beschäftigten sich 506 eingeschriebene Pflanzer mit dem Anbau des Kakaos. Das Anlagekapital belief sich auf 62,7 Millionen Bolivares. Dasselbe kam in der Hauptsache zwei Staaten, nämlich.

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Miranda mit 174 Pflanzern und 22,7 Millionen Kapital

und Sucre,, 175 23,9

zugute. Sonst taten sich noch Carabobo und Yaracui hervor.

Nach Sievers liegen die hauptsächlichen Kakaodistrikte in der Kordillere bei San Cristöbal, San Antonio del Tächira und im unteren Tale des Chama ; in Mittelvenezuela im Yaracui, an der Nordküste zwischen Puerto Cabello und dem Kap Codera, in den Tälern von Aragua, des Tuy und bei Rio Chico und im Oriente östlich von Carüpano und an der Südseite der Halbinsel Paria.

Nach der bereits genannten Karte beginnt der Kakaobaum (als Wirtschaftsfaktor) westlich im Yaracui bei Nirgua u.id San Felipe, begleitet das Gebirge, Nordabhang und Küste bevorzugend, bis nach Rio Chico, stellt sich dann wieder bei Cariaco ein, setzt sich in die Halbinsel Paria fort und spielt eine Rolle in jenen waldreichen Tieflande westlich vom Golf von Paria (nördlich und östlich von Maturin) und im Orinocodelta und zwar auch noch südlich der Boca Grande.

Laut Veröffentlichungen aus dem Jahre 1920 produzierten im Jahresmittel an Säcken von 50 kg:

Die Region von Barlovento Yaracui 2 000

(Rio Chico, El Guapo,Taca- Sucre 36000

rigua, Araguita, Cancagua) 131 000 Rio Caribe 36000

Die Gegend des Tuy . . . 2000 Küste des Golfs von Paria . 60000

La Guaira bis Choroni . . 400 Region de los Carlos . . . 30000

La Guaira bis Kap Codera 2385 Maturin 1000

(Naigatä,Uritapo,Caruao, Cho- Delta Amacuro 30000

roni, Ocumare de la Costa) 13600 Zulia (Encontrados, Santa

Carabobo 13600 Barbara) 4000

(Patanemo, Pt. Cabello) . . 3240 Im ganzen 351625 Sack ä 50 kg.

Kakao ist das zweitwichtigste Ausfuhrprodukt Venezuelas. Die Gesamtproduktion betrug 19 10 8000 t. Neuerdings rechnet man mindestens mit 9000 t Jahresertrag. Davon wird ein Teil im Lande verwertet. Die Ausfuhr stellt sich im Vergleich zur Gesamtausfuhr vor und nach dem Weltkriege folgendermaßen :

1908 1909 1910 1911 1913 1915 1917 191S 1919

Wert der Gesamtausfuhr 75.7 83,0 93.0 117,5 152,7 121,3 120,0 102,6 258,7 1 Mill. ., ., Kakao 18,5 18,1 17.5 18,6 25,1 25,1 24.3 39,0 49)1 ' B°l-

Vom 1. Juli 19 18 bis 30. Juni 19 19 wurden 370 359 Sack von 50 kg exportiert. Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1919 belief sich die Menge auf 19833943 kg.

Bürger. Venezuela. II

162

Der venezolanische Kakao erfreut sich eines hervorragenden Rufes auf dem Weltmarkte, und der von Maracaibo kommende wird in New York jeder anderen Klasse vorgezogen. Aber auch den zweiten Platz nimmt ein venezolanisches Produkt, nämlich der Kaffee von Puerto Cabello ein.

Trotz des Weltkrieges hat sich die allgemeine Erzeugung des Kakaos vermehrt, denn insgesamt wurden 191 8 300000 t ge- wonnen, davon haben produziert :

Die Goldküste . 76000 t Ekuador . . . 32000 t Brasilien . . . 60000 t Venezuela. . . 12000 t

Die Kultur des Kakaos ist schon von den Indianern betrieben worden, ebenso wie diejenige des Tabaks.

Tabak. Obwohl vielen bei uns Venezuela nur durch den Barfnas-Knaster bekannt sein dürfte, tritt der Anbau des Tabaks heute ziemlich zurück. Er könnte an vielen Punkten der Tierra caliente und templada gezogen werden. Man erzielt eine Ernte im Jahre. Man pflanzt im Herbst. Sein Wachstum erfordert je nach der Höhenlage 5—8 Monate. Fünf Pflanzen sollen ein Pfund Tabak liefern. Die Gesamtproduktion betrug 1919 3077 t. Von eingeschriebenen Pflanzern befaßten sich 1910/ 11 38 mit Tabakplantagen. Ihr Gesamtkapital betrug aber nur 1,5 Millionen B. Sie betätigen sich mit einer Ausnahme (Zulia) sämtlich in Monagas. Für 19 18 kalkulierte man das gesamte im Tabak steckende Kapital auf 10 Millionen Bolivares.

Bekannte Tabakgegenden sind : Yaritagua, Barquisimeto, die mittleren Bergtäler südlich Cumanäs und die Umgebung von Capa- dare im Staate Falcön, Barinas und besonders Matun'n. Die 192 1 erschienene Karte vermerkt Tabakzentren in Tächira (nördlich von San Cristöbal), in MCrida (südöstlich von Tovar), in Falcön (östlich von Coro), in Sucre (eines ein wenig südlich von Cuma- nacoa, ein zweites dem Golf von Paria genähert nördlich vom Rio San Juan), in Monagas nördlich von Maturin.

Capadare soll das beste Produkt erzeugen. Die Blätter werden nach Habana ausgeführt. Im allgemeinen jedoch wird der Tabak im Lande verbraucht, nachdem er mit einem, in Lagunillas ge- wonnenen, Urao genannten Natronsalze gebeizt wurde.

Bekanntlich ist der Tabak ein überaus launenhaftes, eigenwilliges Gewächs, welches die Bemühungen der Züchter gern enttäuscht.

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Nach Veloz-Goiticoa bringt Maturin am meisten, nämlich 1000 t jährlich hervor und liefert vornehmlich das Material für die im Lande gerauchten Cigarrillos. Besser sind die Sorten Salon 250 t, Capadare 700 t und Golfero vom Golf von Cariaco, ebenfalls 700 t. Besonders kräftig Guaribe, und Guächaro bei der bekannten Höhle auf guanoreichem Boden. Dieser Tabak wird zu Zigarren verarbeitet. Die Preise stellten sich 19 14—19 im Mittel nach Ort und Schnitt man entblättert dreimal wie folgt :

Maturin .

1.

Schnitt

1 kg

i,75B-

Salon

3-S

chnit

t 1 kg 1,30 B

2.

,,

>>

i,3°

Golfero .

1 .

>>

,, 2t°°

3-

»;

I,°9

2.

»,

1,30

Capadare

1.

>,

> 1

2,60

3-

,,

n 1,09,,

2.

>,

i,°9 v

Guaribe .

1,

j,

i,75

Salon

1.

;,

>i

2,80 ,,

2.

,,

1,3° n

2.

,,

>>

i,75 »

3-

>>

,, 1,09 ,,

Guächaro erzielte dagegen bis 8,00 Bolivares für das kg.

Während 191 7 nur für 237000 B. Tabak das Land verließ, schnellte sein Export 19 18 auf 4 Millionen B. empor. 19 19 be- trug seine Ausfuhr 611,7 t im Werte von 1 212 133 B.

Chimö. In der Kordillere wird der Tabak ausgekocht und entweder Tabakblättern hinzugefügt, aus denen Zigarren gemacht werden sollen, oder mit dem Urao genannten Natronsalze von Lagunillas zu einer Salbe angemengt, welche man Chimö heißt. Dieselbe ein Natron-Nikotin-Sesquicarbonat-Präparat ist bei dem niederen Volke sehr beliebt, denn sie übt, auf das Zahn- fleisch gestrichen, wo sie sich unter dem Einfluß des Speichels allmählich auflöst, eine narkotische Wirkung aus.

c) Färb-, Gespinst- und Gummi pflanzen. Indigo. Vor hundert Jahren spielte in der Landwirtschaft der Anbau von Indigo, Ahil, eine wichtige Rolle. Derselbe wurde im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts (1777) von Guatemala nach Venezuela verpflanzt und bürgerte sich namentlich in den Tälern von Aragua gut und rasch ein, sodaß z. B. 1812 für 12,25 Mil- lionen B. ausgeführt werden konnte. Das beste Produkt lieferte San Sebastian. Das 19. Jahrhundert brachte statt weiteren Auf- stiegs Rückgang, und in unserem droht seine Kultur jetzt völlig zu

11*

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erlöschen. Der Indigo hielt zeitweilig dem Wettbewerb der Anilin- farben nicht stand, indes redet man heute, infolge neuerlicher Nachfrage, seinem vermehrten Anbau das Wort.

Der Indigo (Indigofera tinctoria) gehört zu den Schmetterlings- blütlern und gedeiht am besten in derTierra caliente auf ziem- lich trockenem Boden. Man kann ihn in frisches Urwaldland oder auch in Maisfelder als Lückenfüller säen. Man erntet zum ersten Male im fünften Monat nach der Aussaat und dann ver- schiedene Jahre hindurch von der gleichen Kultur. Der Anbau ist, wie Kärger für Mexiko berechnet hat, auch heute noch durch- aus rentabel, zumal die Gewinnung des Farbstoffes sich sehr ein- fach gibt. Man zieht denselben in Gruben durch Wasser aus und bringt ihn durch Schlagen zum Oxydieren, läßt ihn sich ab- setzen und trocknet ihn nach dem Ablassen des Wassers an der Sonne.

Baumwolle. Sehr gewechselt hat die Kultur der Baum- wolle, Algodön. Bereits in vorkolumbusischer Zeit den Indianern bekannt und von ihnen zum Verfertigen ihrer Kleidungsstücke benutzt, wurde sie im 1 8. Jahrhundert seit 1782 reichlich angebaut. Einer Epoche des Rückganges gebot der nordamerikanische Bürgerkrieg (1861 6 6) Einhalt und neuen Aufschwung. Jüngst belebte ihre Kultur wiederum bedeutend der Weltkrieg. Einen guten Maßstab für ihr neuestes Emporblühen bieten die Baumwollfrachten des Gran Ferro- carril de Venezuela aus den Staaten Aragua und Carabobo, auf welche 54 °/0 der venezolanischen Baumwollplantagen entfallen.

Es wurden bewegt 1906 : 254 t 1916:1223 t

1915 : 1300 t 1917 : 1944 t Der Staat Portuguesa produzierte

1916 : 605 t 1917 : 1944 t

Der zierlich verzweigte Baumwollstrauch, ein aus dem tro- pischen Asien stammendes Malvengewächs {Gossypium hcrbaccum), wird übermannshoch und verlangt viel Licht und Luft und eine gewisse Bodenfeuchtigkeit, dagegen wirkt ein Übermaß von Luft- feuchtigkeit schädlich. Da er während der Reife seiner Kapseln, welche den großen gelben Blüten folgen, keinen starken Regen verträgt, sind für Saat und Wachstum nasse, für Reife und Ernte trockene Monate abzupassen. Wo das nicht angeht, ist mit künst- licher Bewässerung nachzuhelfen. Als besonders günstig erweisen sich geschützte Küstenstriche oder dem Meere nicht allzu ent-

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iegene Gegenden des Inneren, durch eine mittlere Temperatur von 20 260 C ausgezeichnet. In Venezuela kommt Reife- und Erntezeit die trockene Periode von Dezember bis Mai entgegen, ■während die voraufgehenden regenreichen Monate die Bedingungen der Wachstumepoche erfüllen.

Man säet die Baumwolle zusammen mit den Kleinfrüchten, Frutos menores, im Juni aus und erntet im November oder De- zember. Indessen pflegt sich die Ernte bis in den März hin- zuziehen. Angebaut wird besonders Upland- und Sea Island-Baum- wolle (Sievers).

Die Baumwollstaude verlangt keine besonders gedüngten oder schweren Böden, sondern gedeiht am besten auf durchlässigem sandigen Grunde, der aber sorglich von Unkräutern rein zu halten ist. Bereits nach 6 1L Monaten in tiefen, nach zwölf in höheren Lagen wird die erste Ernte nach der Aussaat erzielt. Die Reife allein nimmt 70 80 Tage in Anspruch. Eine Baumwollpflanzung dauert mehrere Jahre aus, zeitigt aber nur eine Ernte im Jahre. Drei Pflanzen sollen ein Pfund Baumwolle liefern. Man verwertet nicht allein die Wolle, sondern auch die Samen. Aus diesen wird Öl gepreßt.

1910/11 gaben sich nur zwei eingeschriebene Pflanzer mit einem Kapital von 900 oco B. dem Anbau der Baumwolle hin, und zwar beide im Staate Aragua. Für 191 8 berechnete man das gesamte, im Baumwollbau angelegte Kapital auf 1 Million Bolivares. Baumwollgegenden waren oder blieben Zulia, die Täler von Aragua, die Umgebung von Caracas, Cumanä, Barcelona, Barinas, Barquisimeto, Carache und Boconö in der Kordillere von Merida, ferner Cariaco und Maracaibo, dessen Umgebung die beste, besonders langfaserige Sorte liefert. Zu neuer Blüte gelangte die Kultur des Baumwollstrauches in Aragua, Carabobo (Valencia) und Portuguesa. Während gegen Ende des 19. Jahrhunders noch 450 t jährlich ausgeführt wurden, sank die Ausfuhr

1908 1909 1910 auf 180 t 76 t 65 1, erholte sich aber bereits 19 13 wieder auf 267 t.

Gleichzeitig aber wurde Baumwolle trotz eines Einfuhrzolles von 3,43 Cents pro Pfund Rohbaumwolle von den Vereinigten Staaten hereingeholt.

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191 9 produzierte an Baumwolle

Carabobo Aragua Yaracui Nueva Esparta 2192 t 513 t 190 t 56 t

Sucre Lara Portuguesa Cojedes

200 t 100 t 180 t 78,5 t.

An Baumwollöl Carabobo 300 t.

Man exportierte an Baumwollöl im Jahre 191 9 : 42,5 t = 82 046 Bolivares.

Laut Veröffentlichungen aus dem Jahre 1920 produzierten im Jahresmittel in Millionen kg :

Zulia . . .1,840 Carabobo

Trujillo . . .0,006 Aragua .

Lara. . . . 0,125 Miranda

Falcön . . .0,627 Anzoätegui

Yaracui . .0,460 Sucre

2,453 Monagas . . 0,030 1,044 Portuguesa. .0,050 0,035 Cojedes . . . 0,009

. 0,050 Jahresmittel der

. 0,230 Republik . .7,153

Nach Veloz-Goiticoa bringen hervor Aragua und Carabobo 54 °/0, Lara und Portuguesa 14 °/0, Zulia iS °;'0 und die Ost- staaten 14 °/0 der venezolanischen Baumwolle.

Der Preis der Baumwolle, welche nach der ägyptischen rangiert, bewegte sich von 191 1 19 zwischen 70 und 150 Bolivares per Quintal (46 kg), indes wurde die höchste Notierung erst 19 19 erreicht. Da 19 19 insgesamt 1995 t geerntet wurden und das kg sich mit 3,25 B. verkaufte, erzielte man 6483 750 B. = 1 296 750 Dollar nordamerikanischer Währung.

Agaven. Von besonderer Bedeutung wurden etliche Amarvi- ]idaceen der heimischen Flora für die südamerikanische Bevölkerung, da sie ihr nicht nur Fasern zu Gespinsten, sondern auch Getränke (Cocui) lieferten. Ich denke an die Agaven, jene bescheidenen Gewächse, welche mit dem dürftigsten und heißesten Boden für- liebnehmen und andererseits eine erstaunliche Anpassungsfähig- keit an die verschiedenen Klimate bekunden.

Sisala. In Mexiko wird die Sisala-Agave (Agave rigida var. sisalana) besonders im Staate Yucatan im großen kultiviert. Die Agavenpflanzungen werden auf besseren Böden in 5, auf sehr steinigen in 7 8 Jahren erntereif. Dann nimmt man den Pflanzen 2 3 Runden der etwa meterlangen Blätter, zerfleischt sie durch Maschinen, um den Weichteilen die Fasern abzustreifen,

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welche man auf Gerüsten trocknet. Von einem Hektar guten Boden gewinnt man 1612 bis 2990 kg trockne Fasermasse, von einem solchen steiniger oder toniger Natur 910 bis 1146. Aus dem Sisalhanf werden Stricke und Taue verfertigt. Man schneidet die Agaven zweimal das Jahr. Sie sollen mindestens 10 Jahre, nach anderer Meinung 20 25 Jahre alt werden können. Seit 1910 kultiviert man die Sisala auch in Venezuela, und zwar an der Bahnlinie Tucacas-Barquisimeto und seit 19 16 auf Terrains bei Guacara in Carabobo, wo man zweihunderttausend Pflanzen setzte, die nunmehr erntereif sind. Die Faser soll die mexikanische übertreffen und wird von einer Gesellschaft verarbeitet.

Pulque. Andere Agaven vereinigen die beiden oben an- gedeuteten Vorteile und > werden teils in wildem, teils in kulti- viertem Zustande zur Gewinnung von we^nartigen Getränken, von Schnäpsen und von Fasern verwendet«. In Mexiko unterscheidet man, je nach der Herkunft, zwei Sorten von Agavenwein. Pul- que von kultivierten, Tlachique von wilden Pflanzen stammend. 1897 gewann man 264 Millionen 1 von ersteren und 242 Mil- lionen von letzteren.

Die Wein-Agave kommt nicht unter 1700 m Höhe vor und beschränkt sich auf die mexikanische Hochebene. Sie wird zur Saftentnahme auf gutem Boden in 8 12 Jahren, auf sehr schlechtem jedoch erst in 30 Jahren reif. Dann schickt sie sich nämlich an, einen Blütenschaft zu treiben. Dieser wird im Entstehen tief- gründig herausgeschnitten man nennt das die Agave kastrie- ren — und gleichzeitig in das Herz der Pflanze eine geräumige Höhle gestochen, welche am Schluß der Operation bedeckt wird. Nach 4 12 Monaten hat sich dieselbe mit einem zuckerreichen Saft gefüllt, den man abzapft. Da die Saftausscheidung 2 6 Monate lang, je nach der Stärke der Pflanze, fortdauert und täg- lich 1 bis 4 1 gewonnen werden, kann man im Durchschnitt auf eine Pflanze 200 250 1 rechnen. Aus dem Saft der wilden Agave, welcher in gleicher Weise gewonnen wird, brennt man einen 50 °/0igen Schnaps. Auch die Fasern der Blätter dieser Art werden ausgebeutet, aber nur im Lande selbst verwertet.

Fique. Cocui. Für Venezuela und Kolumbien kommen zwei Arten in Frage : Agave americäna und Fourcroya gigantea, von denen erstere durch alle Regionen geht, die letzte sich auf

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Tierra caliente und templada beschränkt. Beide liefern einen Faserstoff, Fique genannt, der zur Herstellung von Alpargatas, Stricken, Lassos, Taschen, Säcken und Hängematten dient. Aus dem gerösteten Mark der Agave destilliert man unter Zusatz von Alkohol einen Cocui genannten Schnaps, welcher in manchen Gegenden, so in Trujillo, Falcön und Lara, dem Zuckerbrannt- wein Konkurrenz macht. Die Agave wächst namentlich in den unfruchtbarsten Teilen der Kordillere, ferner besonders in der Provinz Falcön und dem Llano.

Gummi. 1910/11 waren je 7 Pflanzer von Balatd- und Kautschukkulturen eingetragen. Die Balatäpfianzer arbeiteten mit einem Kapital von 43 000 Bolivares im Staate Boh'var, die Züchter von Kautschukbäumen mit 4 780 000 B. zumeist im Staate Carabobo.

Wahrscheinlich handelt es sich in letzterem Falle, wie in Kolumbien, um den Anbau einer Castilloa-Kxt, welche man dort im Chocö zieht, und die im 8. Jahre 1'9 kg, im 9. 1, im 10. aber bereits 3 kg Gummi spendet.

Von den in der Gegend von Ocumare kultivierten Kautschuk- bäumen gewinnt man 460 kg Saft. Dieser hat bereits Preuß vor 20 Jahren gedacht und von ihnen berichtet, daß Bäume von 8 9 Jahren eine Höhe von 20 m erreicht hatten. Es handelte sich um Castilloa elastica, welche als Schattenspender einer Kakao- plantage angepflanzt worden waren.

d) Fruchtbäume.

Von solchen können wir nur die hauptsächlichsten erwähnen.

Kokospalme. Von den heimischen Fruchtspendern wird die Kokospalme neuerdings kultiviert. Man ist auch hier dem Beispiel der benachbarten Schwesterrepublik und jenem Trinidads gefolgt. Der Anbau läßt reichlich Rechnung. Eine Kokospalme trägt vom fünften Jahre an, erreicht ein hohes Alter und bringt jährlich 60 80 Früchte hervor, von denen das Tausend mit 60 80 M. bezahlt wird. Dieselben sind so reich an Fett und anderen Nährsubstanzen, daß es Menschen möglich war, sich monatelang ausschließlich von ihnen zu erhalten. Das getrocknete Fleisch, die Kopra, enthält 60 °/0 Fett und 5,5 °/0 Eiweiß. Sie wird in großen Mengen exportiert. Außerdem stellt man aus den Schalen mancherlei Bedarfs- und Schmuckartikel her und ver-

169

Anbau und Ergiebigkeit wichtiger Nutzgewächse.

Höhen in m

Temp. in Co

Lebens- dauer d. Pflanze

Zeit bis zur Reife

Zahl der Jahres- ernten

Ergiebigkeit

Yuca oder Maniok

o 600

278—150

Eine Ernte

9 Mon. 15 Mon.

Im

günstig- sten Falle eine

Bis zu

600 1500

10 Pfund

1500 2200

24 Mon.

die Pflanze

Banane

0— 600

2jO 22°

-PS

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9 Mon.

Das ganze Jahr hin- durch

Bis zu 50 Pfund

600 1000

1 1 Mon.

der Schöß- ling

0 400

2 70- 17"

5 Jahre

8— n Mon.

Das ganze Jahr hin- durch

1/10 Zucker vom Brutto- gewicht des Rohres

Zuckerrohr

400 1000

12 Mon.

1000 2000

16— 24 Mon.

0 500

270— 160

Eine Ernte

90 Tage

Vier bis

eine im

Jahr

238 Körner auf ein

Mais

500 1000

110 Tage

1000 1600

120 Tage

Kom Aus-

1600—2100

1S0 Tage

saat

500 ICOO

250— IO°

Eine Ernte

80 Tage

Zwei

oder eine

im Jahr

37 Körner auf ein

Weizen

IOOO 1600

100 Tage

1600 2000

120 Tage

Korn Aus-

2000— 3000

150 Tage

saat

Bohnen und

800 1600

230— 12°

Eine Ernte

150— 180T.

Zwei bis

eine im

Jahr

Das 2ofache

Erbsen

1600—2800

240 Tage

der Aussaat

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250— IO°

Eine Ernte

120 Tage

Zwei bis

eine im

Jahr

700 IOOO

140 Tage

4V2 Pfd.

Kartoffel

1000 1800

165 Tage

1800 2600

210 Tage

2600 3200

240 Tage

0 600

270—17°

40—50 Jahre

5 Mon.

Zwei

Ernten

Kaffee

6—8 Mon.

Erntereif im 3. 0. 4. Jahre

1 2—l Pfd.

600 2000

der Baum

Kakao

0— 500

270— 250

60 Jahre

Erntereif im 5.-7. Jahre

Zwei Ernten

Bis zu 2 Pfd.

Bohnen der

Baum

Tabak

0 1800

270— 18°

Eine Ernte

5 8 Mon.

Eine Ernte

5 Pflanzen

liefern 1 Pfd.

Tabak

Baumwolle

0— 600

270— 20°

31/« Jahre

6 Mon.

Eine Ernte

3 Stauden

600 1400

12 Mon.

Baumwolle

Vgl. S. 18, Vertikale Verbreitung wichtiger Nutzpflanzen.

170

wendet auch die Fasern. Zwei Käfer, von denen der eine das Herz der Krone älterer Bäume zerstört, während der andere junge Pflanzen anfällt, tun den Kulturen großen Schaden.

Die Kokospalme hängt ziemlich innig am Meeresklima und entfernt sich kaum über 150 km von der Küste.

In Venezuela widmen sich ihrer Kultur 36 der eingeschriebenen Pflanzer (Kapital 1913 : 5 476000 B.). Besonders in den Staaten Boli'var, Carabobo, Sucre und vor allem Zulia. Eine der größten Plantagen ist jene von Frey & Comp, bei Puerto Cabello, mit welcher eine Seifen- und Kistenfabrik verbunden ist. Die Nüsse werden durch Maschinen geöffnet. Die Nachfrage nach Kopra wächst ständig auf dem Weltmärkte. 100 kg venezolanischer wurden 1920 in Marseille mit 280 Francs, d. s. 10 mehr als gewöhnlich bezahlt.

Aguacate. Die Aguacate oder Butterfrucht (in Peru und Chile Palta genannt) reift ein in der Tierra caliente und niederen Templada heimischer Lorbeerbaum {Persea gratissima). Birnen- große und wie die Birne geformte grüne, selten rote oder pur- purne, nicht süße Steinfrüchte, die so mürbe sind, daß man sie mit dem Löffel ißt. Der Geschmack, etwa nußartig, ist ebenso apart, wie delikat. Man reicht sie auch wohl als Vorspeise.

Cherimoya. Die Cherimoya ist die sehr ansehnliche, bis zu einer doppelten Faust große Frucht eines den Magnolien nahe- stehenden, bis 10 m hohen Baumes, Anona cherimolia, welche eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit einem Pinienapfel aufweist und keineswegs durch einladende Färbung reizt. Dagegen atmet sie ein wundervolles Aroma und besitzt ein köstliches weißes Fleisch, welches von einem Neste glänzend schwarz gefärbter Kerne ausstrahlt. Sie zählt zu den edelsten Tropenfrüchten und bevorzugt die Tierra templada.

Zapote. Der Brei-Apfelbaum, Achras sapota, mit den großen, oben glänzend grünen, unten orangefarbenen Blättern reift die Zapote, braune rauhe Kugeln von großer Süße und mit viel Aroma.

Mango. In der hohen, dichten Laubkrone eines imponie- renden Baumes hängen an langen Stielen, wie an einem Weihnachts- baume, große fleischige, glatte, gelbliche Früchte mit roten Streifen, Mangos, welche von den Heimischen gern, von uns jedoch mit

171

einigem Vorbehalte wegen des aufdringlichen Terpentingeschmackes verzehrt werden. Sie sollen schleimlösend wirken und sehr be- kömmlich sein. Der Tierra caliente eigen, begegnen wir ihnen besonders häufig in den Llanos.

Guayava. Als Guayavas bezeichnet der Eingeborene die Früchte verschiedener Psidium-Axten, eines Myrtengeschlechtes. Die gelben und roten Früchte gleichen kleinen Birnen und be- sitzen ein säuerliches, stark duftendes Fleisch. Sie werden gerne zu Gelee verkocht.

Papaya. Häufiger erblicken wir die Papaya in der dünn- belaubten Krone eines ziemlich hohen Baumes, der wenige lang- gestielte, aber sehr große, siebenlappige Blätter erzeugt. Die Früchte entstehen am Wirtel der Krone und sitzen hier entweder dicht am Stamm oder laden zu ihrem Genüsse besonders ein, indem sie sich an meterlangen Stielen bis in die Nähe des Erd- bodens herablassen. Papayas gleichen länglichen Melonen und ähneln diesen auch im Geschmacke. Sie sind sehr saftig und süß. Der Baum gehört zu den unerschöpflichsten : er blüht und reift ohne Unterlaß. Die Papaya beschränkt sich auf die Tierra caliente, während Guayavas auch in die Templada emporsteigen.

Granadillas. Granadillas heißen die gelblichen, 5 6 cm langen , an Riesenstachelbeeren erinnernden Kapselfrüchte der Passionsblumen (Passiflora) mit vielen Samen und einer lieblich duftenden, süßen, grünlichen Gallerte als Inhalt.

Äpfel u?id Birnen. In höheren Lagen reifen japanische Mispeln, Quitten (Membrillas), welche so sehr zu Dulces geschätzt werden, Äpfel, Birnen und Pfirsiche, Durasnos, nebst Brombeeren und Erdbeeren. Im heißen Lande aber die prachtvollsten Ana- nas. Die Tierra templada bringt die schönsten Wassermelonen hervor, wie in anderen Ländern Südamerikas ein Volksnahrungs- mittel. Ebenso ist sie vornehmlich die Heimat der Orangen- und Zitronenbäume, die viele und schöne Früchte spenden. Frei- lich würde auch hier eine zielbewußte, auf Auslese begründete Kultur noch vieles vervollkommen können.

Ferner sind von Früchten zu nennen Rihon, Guanäbana, Manirote, alle drei von verschiedenen Anona- Äxten, von denen die Manirote die Größe eines Kopfes erreicht und ein gelbes, wohlschmeckendes Fleisch spendet ; Icaco, eine, mit Zucker ein-

172

gekocht, sehr wohlschmeckende Frucht (besonders, wenn man auch den Kern ißt) von Chrysobalanns icaco ; Cainito von Chry- sophyllum cainito; die Brotfrucht (Artocarpus) ; Mamey von Mam- inea americana ; Tuna (Opuntia) ; Merey von Anacardium rhino- carpum ; Mamon (Mdicocca bijuga) und Ananas (Piha), welche auch wild wächst.

Weinbau. Ebensowenig wie in Kolumbien gibt es in Venezuela Weinbau. Bekanntlich gedeiht die Rebenkultur nur dort, wo der Weinstock durch eine Art Winter gezwungen wird, eine Ruhepause seines Wachstums einzuhalten und die Blätter abzuwerfen. Das ließ sich naturgemäß in einer der Gebirgsregionen erzielen. Gewiß hat es an Versuchen nicht gefehlt. Schon die Mönche bürgen dafür, zumal sie des Weines aus kirchlichen Gründen bedurften. Trotzdem sind alle Bemühungen fehlgeschlagen, auch die in jüngster Zeit erneuerten. Offenbar erfüllt das Klima der höheren Lagen nicht alle notwendigen Bedingungen.

Gemüse. Der Kultur aller möglichen Gemüse jedoch, als da sind : Tomaten, Blumenkohl, Rüben, Möhren, Artischocken, Spargel, Gurken, Melonen, Kürbisse, Zwiebeln, Spinat, Suppenkräuter, Salate, kommen die verschiedenen Klimate wunderbar entgegen.

Blumen. In der frischen Bergluft gedeihen auch, wie Preuß berichtete, eine große Anzahl europäischer Blumen in üppigster Pracht : Hortensien, Veilchen, Nelken, Stiefmütterchen, Georginen, Rittersporn, Heliotrop, Rosen, Pelargonien, Balsaminen, Iris, Gladiolus. Auf den Höhen wachsen wild oder verwildert Erdbeeren und Brombeeren.

Der Früchtereichtum des Landes hat manchen bewogen, sich der Zucht der Obstbäume, in größerem Maßstabe zu widmen. 1910/11 zählte man 57 eingeschriebene Pflanzer mit einem Ka- pital von 4417000 Bolivares. Die meisten kultivierten in Cara- bobo, Merida, Trujillo und Lara.

Schließlich dürfen wir zwei Gewächse nicht vergessen, die zwar keine Nahrungsmittel, indessen Geschirre, nämlich Flaschen, Schalen und Becher hervorbringen.

Kalabassen. Flaschen, Kalabassen, liefert eine Kürbisart (Lagenaria vulgaris), aus der heißen Zone der Alten Welt nach Südamerika verpflanzt und hier in den wärmeren Regionen über- all gezogen. Die langen, birnen- oder retortenförmigen Früchte

173

brauchen nur angebohrt und tüchtig ausgeschwenkt zu werden, um ihrer Bestimmung dienlich zu sein. Die Kalabassen fehlen auf keinem Markte und in keinem ländlichen Haushalte.

Totumas. Die Schalen oder Becher entstammen Bäumen (Crescentia cujete Farn. Bignoniaceae,), die Orangenbäumen in der Belaubung und im Habitus ähneln, deren zungenförmige, unschein- bare Blüten aber, wie beim Kakaobaum, unmittelbar aus dem Stamm hervorbrechen. Dort wachsen dann grüne, ziemlich hart- schalige Früchte bis zur Größe des Kopfes eines Kindes heran, die geteilt und ausgehöhlt leichte und doch feste Trinkgefäße spenden, welche in mancher kleinen Schenke Glas- und Steingut ersetzen.

Sie werden oft schön bemalt und verziert. Die Schalen heißen Totumas.

Gegen Ende 1918 hatten sich die Kapitalanlagen in folgender Weise zu Gunsten der einzelnen Zweige des Plantagenbaues ver- mehrt :

Kaffee

Kakao

Zucker- rohr

Kokos- palme

Kaut- schuk

Tabak

Banane

Baum- wolle

Insgesamt

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65

57 |

6

10

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0,5

230,5

2. Viehzucht.

Das heute in allen Teilen Südamerikas reichlich verbreitete Vieh stammt aus Europa. Die Spanier trafen nur bei den andinen Völkerschaften des Südens auf Haustiere aus der Ordnung der Säuger, nämlich auf Alpaka und Lama. Das europäische Vieh akklimatisierte sich vorzüglich.

Heute werden in großem Maßstabe Rinder, Pferde, Esel, Maultiere, Ziegen, Schafe und Schweine gezüchtet.

Rindvieh-, Pferde- und Maultierzucht blühen vor allen Dingen in den Niederungen, und ihr eigentliches, unermeßlich großes Paradies sind die Llanos.

Viehbestand. Der erste Rindviehtransport gelangte 1548 nach Venezuela und vermehrte sich vortrefflich. Zu Humboldts Zeiten sollen 1,2 Millionen Stück Rindvieh, 180000 Pferde und 90 000 Maulesel die Llanos bevölkert haben. Später schwankte ihre Zahl infolge der Kriege und Revolutionen außerordentlich.

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175

Zuerst räumten die Befreiungskriege unter dem Viehbestande auf, nur noch eine Viertelmillion Köpfe übrig lassend , später die Bürgerkriege. Namentlich jener fünfjährige von 1866 bis 1870. Um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts wütete außerdem eine Pest unter dem Vieh, welcher Millionen zum Opfer fielen.

Die Verminderung war zeitweise so stark, daß die Natur von ihr profitierte. Entblößte Stellen bedeckten sich wieder mit Bäumen, die Llanos wurden waldreicher. Trotzdem auch im letzten halben Jahrhundert die inneren blutigen Unruhen nicht aufgehört haben und manche Herde als Beute den einander kriegs- mäßig befehdenden Parteien zum Opfer fiel, wuchs der Viehbe- stand wiederum, und Mitte der 80 er Jahre soll es 5. 1/4 Millionen Rinder, 622000 Pferde und 77000 Esel gegeben haben.

Der wechselnde Bestand an Rindvieh im vorigen Jahrhundert.

Jahr

Anzahl

Jahr

Anzahl

1804

I 200 000

1858

I 2 OOO OOO

1812

4 500 OOO

1864

5 800 OOO

1823

256 OOO

1873

3 302 670

1833

2 437 J5°

1883

8 591 860

1839

4617 560

1894

6345 56°

1847

5 503 000

1899

6 059 480

Der Viehbestand nach einer 1920 veröffentlichten Aufstellung.

Pferde 167708 Rindvieh . . . 2077684

Mäuler 54 565 Schafe 1x3439

Esel 200439 Ziegen .... 2 154 716

Schweine . . . . 512 086.

Züchter. Nach der Statistik widmeten sich um 1910 41 639 eingeschriebene Züchter der Viehzucht. Von diesen ar- beiteten 36228 im kleinen, nämlich mit weniger als 50 Stück trächtigen Tieren, 641 1 dagegen betätigten sich im großen. Jene verfügten über 288400 Köpfe Rindvieh, diese über 1 461 600. Außerdem gab es noch 775 Gesellschaften, die sich lediglich auf Rindviehzucht gewrorfen hatten und in ihr ein Kapital von rund 50 Millionen B. betätigten.

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1

c

177

Beteiligung der Staaten an der Entwicklung der Viehzucht.

Staaten

Zahl der Tier- halter

Stückzahl in Tausenden

Rinder

Pferde

Maul- tiere

Esel

Schafe

Ziegen

Schweine

»istrito Federal

I 201

3,i

1,0

0,25

0,9

0,1

8,4

Lnzoätegui .

I 013

130

IO

1,2

10,1

2,3

15,6

Lpure ....

I 118

587

12

1.75

8,0

0,03

0,1

I tragua

2 140

30

3,3

i.i

6,o

0,24

2,4

i oh'var

7H

93

9,2

2,15

5,5

1,48

2,0

n'arabobo

M57

17

1,9

7,3

4,0

0,3

2,0

l'ojedes

1338

79

h7

0,16

3,1

o,7

lalcön

3698

27

4,5

1,1

19,8

11,8

350,o

l'Uärico

2 955

26

32

2,4

25,°

0,06

14,0

jara .

5 362

86

5o

i,5

12,8

24,5

286,0

[erida

2 557

1,0

4,0

3,4

16,1

5,7

5,3

[iranda

1 624

30

2,0

o,7

2,4

0,0

0,1

[onagas

794

28

4,8

o,5

5,6

0,02

4,0

ueva Esparta .

691

102

O.OI

0,03

0,76

2,7

19,0

ortuguesa . ucre ....

1 974

110

i,3

0,44

5,o

0,06

6,0

3610

7,o

1,6

0,4

5,7

o,55

23,8

ächira

3 454

22

5,6

4,4

1,6

3,6

6,6

rujillo

2717

28,5

3,6

2,85

4,7

i,4

4,3

aracui

2053

16,5

2,3

o,5

7,6

0.2

9,5

amora

476

102

iilia .

T 693

HO

i,9

1,3

8,0

22 2

190,0

1,0

10,0

21,4

6,7

5,o

4,5

6,0

10,8

29,2

8,5

4,5

1,9

11, 1

1,1

21,3 6,4

9,4 7,3

20,0

Insgesamt | 4263911750,0 | 110,7 | 28,3 1140,5 | 75,3 | 950,5 | 194,7

Davon

männl.

männl.

männl.

männl.

männl.

männl.

779

47,8

10,5

78,0

16,0

174,25

Davon

weiblich

■weiblich

weiblich

weiblich

weiblich

weiblich

971

62,9

17,8

62,5

59,3

776,25

männl. 102,4

weiblich 92,3

Diese Unternehmungen setzten sich besonders in den Staaten Bolivar, Guärico, Monagas und Zulia fest. Auch in Guayana hat sich die Rindviehzucht entfaltet. Bereits vor 20 Jahren weideten zwischen Rio Cuchivero und Caura in einer Riesenbesitzung des früheren Präsidenten Crespo viele Tausende.

Estancias. Mit der Viehzucht beschäftigen sich besondere, Hatos genannte Estancien. Sie liegen in der Nähe von Wasser- läufen und sind von kleinen Pflanzungen Bananen, Yuca,

Bürger, Venezuela.

12

- 178

Bataten für den Hausbedarf umgeben. In der Regel sind es indes leere Gutshöfe, denn das Vieh weidet weitab, wo es ihm gefällt. Kein Gatter, keine Hürde beschränkt es. Nichts er- innert an die Zugehörigkeit der Tiere zu den weit zerstreuten Hatos, als die eingebrannte Marke. Das Vieh kennt keinen Stall. Nahrung bieten ihm die Naturweiden mit dem hohen Para- und Saetagrase und den mannigfaltigen Kräutern zwischen deren Bulten oder die Waldränder mit vielen frischen, aromatischen Trieben und den vom Vieh so gerne gefressenen Bambusschößlingen.

Invei-nadei-os und Rebalces. Trocken- und Regenzeit bringen einen Weidewechsel mit sich. In den heißen Monaten, in welchen die Sonne die Pflanzendecke der höheren Teile der Barrancas und Mesetas versengt, und ein gelegentlich ausbrechendes Feuer völlig verzehrt, werden die tieferen, zu den Flußläufen sich nei- genden talartigen, feuchteren Einschnitte aufgesucht, in denen fast regelmäßig Wald, mindestens das Wasser säumend, sich empor- reckt ; während der Regenmonate hingegen müssen die Mesas be- weidet werden, welche sich frisch begrünten, da die Ströme ihr Bett verlassen. Die winterlichen Weiden bezeichnet man als In- vernaderos. Die Weiden des Überschwemmungsgebietes heißen Rebalces.

Herr und Hüter des Viehes ist der Vaquero, und wenn wir vom Llanero reden, so denken wir an kühne und gewandte Lassoschwinger, welche auf schäumenden Rossen dahinjagen ; die bevorzugten Gestalten unserer Jugend !

Hato. Der Hato präsentiert sich als stattliches Gebäude, dessen Zimmer mit einigem Komfort eingerichtet sind. Dort findet sich alles das zusammen, was zur Viehzucht gehört. Hier wohnt mindestens vorübergehend der Besitzer. Die Vaqueros zer- streuen sich in sehr viel einfacheren Baulichkeiten, häufig offenen, nur mit einem Dache versehenen Ranchos. Ihre sichtbare Für- sorge für das Vieh besteht nur darin, daß sie gegen Abend auf etliche nahe Steine Salzbrocken legen , die dann in der Tat eine mehr oder minder große Anzahl der gehörnten Gesellschaft herbeilocken.

Milch. Bei dem halbwilden Zustande, dessen sich das Vieh erfreut, kann es kaum überraschen zu erfahren, daß Milch

179

in einem Llanoorte und nicht mal im Hato selbst regelmäßig zu haben ist. Ja, eine Kuh dazuzubringen, sich melken zu lassen, soll ein förmliches Kunststück sein. Dalton berichtet, daß man dazu unbedingt der Assistenz des Kalbes bedürfe, um der Mutter vorzuspiegeln, daß jenes es sei und nicht der Melker, welcher sich an ihrem Euter zu schaffen mache. Ebenso schlecht steht es mit der Butter man importiert welche. Übrigens gibt es auch Hatos, mit denen große Käsereien verbunden sind, welche im Lande selbst ein günstiges Absatzgebiet haben, da die Nach- frage nach ihren Produkten groß ist.

Rodeo. Im allgemeinen jedoch wird das Vieh, welches alljährlich, um es zu schätzen, zu sondern und den Nachwuchs zu zeichnen, mehrmals in den geräuschvollen Rodeos zusammen- getrieben wird Feste für den Llanero als Schlachtvieh ver- wertet. In großen Karawanen tritt es seine Reise in die bewohnteren Teile des Landes an.

Gefrierfleisch. Zur Ausnützung des Fleisches für Export- zwecke haben sich Gesellschaften gebildet, so ein Fleischsyndikat (»Venezuelan Meat and Products Syndicate«) in Puerto Cabello, welches seine Anlagen während des Weltkrieges derart vergrößerte, daß 500 Stück Vieh täglich verarbeitet werden können. Lebendes Vieh ging bis vor kurzen namentlich nach Trinidad, früher wurde es in Mengen auf die Großen Antillen zur Beköstigung der Sklaven geschafft. Heute wird in Maturin bereitetes Salzfleisch nach Port of Spain gesandt. Sein Export belief sich 19 19 auf 61 065 kg im Werte von 64 798 B. Häute spielten von jeher eine Rolle unter den venezolanischen Ausfuhrartikeln.

Export von lebendem Rindvieh und Gefrierfleisch von 1915 1919.

Lebendes Vieh

Gefrierfleisch

Jahr

Stückzahl

Gewicht

Wert in

Stückzahl

Gewicht

Wert in

in kg

Bolivares

(verarbeit.)

in kg

Bolivares

1915

18 339

5415000

1 493 OOO

17847

2 197 240

983 317

1916

18 267

5115 OOO

1 430 OOO

18 267

3 315 990

I 671 080

1917

18 333

5 195000

1 620 OOO

18 335

4 978 420

I 991 368

1918

19 020

5 343 678

1 540 OOO

2

5 867 770

2 339 335

1919

400

300

?

6 342 042

6059355

12

180

Der Export von Rindshäuten betrug in t und Millionen B. :

1911 I9I5 1918

3324 t = 5,9 M. B. 34671 = 8,5 M. B. 1 775 t == 3,2 M. B.

1913 1917 1919

3 181 t = 7,4 M. B. 8 722 t = 9,2 M. B. 5 383 t = 14,2 M. B.

Pafsgänger. Die Pferde- und Maultierzucht blüht vor- nehmlich in den Staaten Bolivar, Guärico, Trujillo. Das Maul- tier (Mula oder, wenn männlich, Macho) dient nicht allein als Lasttier, sondern ersetzt, um seiner sicheren Gangart willen, im Gebirge das Pferd. Es erzielt höhere Preise, und namentlich die Paßgänger sind sehr geschätzt und werden mit 1000 B. und mehr bezahlt.

El burro. Für Esel, Ziegen und Schafe werden wegen ihrer Anspruchslosigkeit die steinigen, kahlen oder mit Busch be- wachsenen Berggegenden der Küste ausgenutzt. Die Umgebung von Coro wie überhaupt der Staat Falcön und Maracaibo, ferner der gebirgige Osten gehört ihnen. Auch im Staate Bolivar entwickelte sie sich bedeutend. Ziegenfleisch, Carne de Chivo, zählt zu den Volksernährern. »Der Esel, Burro, ist das wichtigste Haustier neben dem Huhn, er dient als Träger kleiner Lasten und wird somit vornehmlich im Kleinverkehr benutzt.« Ziegen- felle werden reichlich exportiert; 1919: 17587 t im Werte von 1 1 607 000 B.

Das Schwein. Die Schweinezucht ist, so schrieb schon Glöckler, »unglaublich ergiebig und deren Mästung durch die vielen Baumfrüchte ohne wesentliche Kosten zu beschaffen«. Die Staaten Cojedes, Me"rida und Trujillo gehen voran.

Reiherfarmen. Schließlich sei noch der Reiherfarmen ge- dacht. Diese widmen sich der Zucht von Ardea egretta, um der kostbaren Aigrettefedern leicht habhaft zu werden. Solche existieren im Staate Apure (bei San Fernando), Bolivar und Zamora. Man nimmt die Federn zweimal im Jahre. Ausfuhr 1919: 1635 kg = 1591 370 B.

Bienenzucht. Vielversprechend ist die Bienenzucht in Höhen von über 700 800 m namentlich in der Tierra templada, aber auch noch in der Tierra fria. In ersterer spenden die Nahrung

181

von Dezember bis März der Guamo (Inga), welchem die Tara, ein Kompositenbaum (Montagnea excelsa), und später der Kaffee- strauch folgen. Das Kilogramm Honig wird mit 4 5 B. bezahlt. Man erntet zweimal im Jahre.

VIII. Die Bodenschätze.

Der Schoß von Venezuelas Erde schließt bei weitem nicht jene Fülle von Schätzen ein, wie derjenige der Nachbarrepublik Kolumbien. Nur Gold und Kupfer und allenfalls auch Eisen spielen neben Kohle, Petroleum, Asphalt, Schwefel (Magnesit), und Salz eine erhebliche Rolle. 1 9 1 8 widmeten sich der Ausbeute von Gold 16, Kupfer 9, Steinkohle 3, Asphalt 8, Petroleum 97 Gesellschaften. Der Export erreichte, Perlen eingeschlossen, 1917/18 8 188 207 B., davon entfielen 2,65 Millionen auf Gold, 1,97 auf Kupfer und 1,83 auf Asphalt.

1. Gold.

El Dorado. Das Goldland Venezuelas ist Guayana. Sein Ruf als solches entstand im 16. Jahrhundert, wo man das sagen- hafte Dorado vom Rücken der Ostkordillere, der seenreichen kolumbianischen Hochebene, in die Sierra Parima verlegte. Hier sollte an einem großen weißen See die wunderbare Stadt Manoa mit goldenen Dächern glänzen, deren Einwohner Rüstungen aus massivem Golde trügen, und deren König sich den Körper jeden Morgen mit Goldstaub pudern lasse. Spanische und englische Expeditionen, vom Staate ausgerüstet, und Abenteurer haben sich in der Suche nach dem Eldorado abgelöst. Den Anfang machte 1595 Sir Walter Raleigh. Er kehrte mit einer Probe goldhaltigen Quarzes nach England zurück, welche den sich in argen Geldnöten befindenden König Jakob I. veranlaßte, ihm 5 Schiffe zu einer Expedition nach Guayana anzuvertrauen. Dieselbe scheiterte dort am Widerstände der Spanier. Raleigh endete sein Leben auf dem Schafott. Dennoch löste Guayana seinen goldenen Ruf ein, freilich erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts.

1842 fand ein Brasilianer namens Pedro Aryares bei Tupu- quen Gold. Aber zum eigentlichen Entdecker der Goldschätze

182

wurde 1849 ein französischer Arzt. Mit dem Waschen wurde im gleichen Jahre begonnen, und die ersten Pioniere sahen sich durch Funde von Goldklumpen bis zu 250 Unzen (rund 1000 g) belohnt.

Lagerstätten. Die Goldminen befinden sich im Diabas- und Dioritgebirge des Yuruari. Das edle Metall wird aus Fluß- geröll, Ton und besonders anstehendem Quarz gewonnen, welcher dasselbe in Form von Körnern oder Fäden in Begleitung von Arsenpyrit einschließt. Der goldhaltige Quarz wird zu Pulver zer- malmt und diesem das Gold durch Amalgamation entzogen. Eine Tonne Quarz gibt heute, je nach der Gegend, 1j2 4 Unzen Gold = 16 125 g. Das alluviale Gold, welches seinen Ursprung der leichten Zersetzung der Quarzgoldlager verdankt, wird aus den Flußbetten mittels Dredschen gehoben. Dieses Verfahren kommt fast ausschließlich im Südosten Guayanas an der britischen Grenze zur Anwendung.

1920 ergab die Adermine »El Tigre« im Mittel pro Tonne zermalmten goldhaltigen Gesteins 10,5 und 17,0 günstigstens Falls 2°>3 g geschmolzenes Gold ; die Adermine »La Paz« 13,5 g. Dagegen gewannen die Waschgoldminen »Riqueza« 1 6,3 ; »Cara al Sol« 17,1 ; »Alto Cuyunf« 20,3 pro Tonne goldhaltigen Tones.

Am ergiebigsten erwies sich eine zwei Fuß mächtige gold- haltige Quarzader, von welcher die Minen El Callao, Chile und Potosi profitierten, von Gesellschaften im Laufe der 60 er Jahre gegründet.

Ausbeute. Schon in jenem Zeitraum war die Ausbeute nicht un- beträchtlich : 1867: 942 kg. Die Glanzzeit mit über 100 000 Unzen (= 3125 kg) Jahresausbeute umfaßte nur drei Jahre (1884 86). Der Höhepunkt wurde 1884 mit 5533 kg bzw. 19 Millionen Mark erreicht. Damals entstanden die Minen- orte südlich von Guasipati : El Callao, der bedeutendste und volkreichste, Chile, Potosi, Panama, Nueva Providencia, Peru, La Corina, Eureka, El Tigre, Cicapra. Die Callaoregion hat in 30 Jahren für 250 Millionen Bolivares Gold geliefert.

Die Mehrzahl dieser Minenplätze und Gesellschaften ist in- zwischen an Erschöpfung eingegangen, dafür sind aber neue ent- standen, wie Cara al Sol, Belgica, Riqueza, Alto Cuyuni, Nueva Panama, New Callao Gold Mining Company Ltd., Oro de libre aprovechamiento ; von diesen gewannen 1920 die beiden letzten

183

das meiste Gold, nämlich 295,8 kg bzw. 238,3 kg d. s. 66,7 °/0 des gesamten Goldexportes. Zwar vermochten sie Venezuela nicht wieder an einen der ersten Plätze unter den golderzeugenden Ländern zu rücken, auch Jahresdividenden von 4 Millionen Goldmark blieben aus, dennoch war der Gewinst nicht unbeträchtlich.

Bereits 1895/96 trat eine wesentliche Erholung ein, indem sich die Goldausfuhr nochmals auf 9,5 Millionen Goldmark ge- hoben hatte, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Cuyuni- gebiet noch große Erwartungen erfüllen wird. Während des Welt- krieges kehrten zwei nordamerikanische Goldgräber von dort nach ihrer Heimat zurück, welche als Ergebnis zweijähriger Arbeit für 72 800 Bolivares Gold heimbrachten. Die Goldproduktion betrug i9J7 958>3 kg.

Der Export über Ciudad Bolivar gestaltete sich wie folgt:

1913 1914 1915

1572 916 B. 2032936 B. 5120864 B.

1917 1918

902 kg =2 669 599 B. 1353,4 kg =2 650 732 B.

1919 1920

834,7 kg = 2 471 366 B. 805 kg = 2 304 822 B.

2. Kupfer und Eisen.

Kupfer findet sich an mehreren Orten und wird seit Jahr- hunderten gefördert.

Kupfer. Aroa. In der Kordillere von Mdrida liegt die Mine von Seboruco in 1000 m Meereshöhe und La Fortuna bei Las Tapias, südwestlich von Bailadores in 2134 m Seehöhe. Der Betrieb beider wurde eingestellt. Dagegen sind die sehr alten Minen von Aroa im Staate Yaracui, welche eine Eisenbahn mit dem Hafen Tucacas verbindet, noch in Betrieb. Hier findet sich im Kalkstein, einer Einlagerung des archaischen Glimmerschiefers, Kupfer in großer, ja in solch ungeheurer Menge als gelber und schwarzer Kupferkies, Rotkupfererz, Malachit und Chalkopyrit, daß nach 3oojähriger Förderung noch nicht das Nebengestein bekannt geworden war. Bereits Humboldt besuchte diese Gruben, welche 1830 eine englische Gesellschaft, die »Bolivar Mining Company«, übernahm, deren Nachfolger das »South-American Copper-Syn-

184

dicate« und die »Bolivar Railway Company« wurden. Als Höchst- förderung erzielte man 1891 38341 t. Im Anfang unseres Jahrhunderts ging die Ausbeute zurück. 1908 konnte man nur noch 3334, 1909/10 4950 t Erze im Werte von 140000 Goldmark ausführen, während der Export sich in den 80 er Jahren zwischen 1,6 bis 4 Millionen Goldmark bewegt hatte. Das Kupfer rangiert hin- sichtlich seiner Bewertung unmittelbar hinter dem chilenischen.

Der hohe Preis, welchen das Kupfer während des Weltkrieges erzielte, belebte die Minen abermals. 191 7 wurden 42 271, 19 18 29 708 t Kupfer gewonnen. Dann trat wiederum ein Rückschlag ein, denn 19 19 förderte man nur noch 2690, 1920 2098 t.

Die Ausfuhr ging nunmehr nach den Vereinigten Staaten :

1915 1916

Kupfererz . 8024 t . 15442 t

Kupfer matte 644t ..1789t

8 848 t— 865 712 B. 17 231 1 = 1 795 364 B.

1917 (in 8 1j2 Monaten): 20519 1=2350737 B. 1918: 4514 1=507000 B. I9I9 : 3X94 1=302025 B.

Neuerdings hat man auch in Pao im Staate Cojedes Kupfer bloßgelegt.

Zur Zeit widmen sich 9 Gesellschaften dem Kupferbergbau.

Der Tagelohn der Aufseher und Arbeiter der Kupferbergwerke bewegte sich 1920 zwischen 4,00 6,00 Bolivares.

Eisen. Auch Eisen soll dem Lande nicht mangeln. Sievers schrieb, daß es in der Kordillere von Merida sogar recht reich- lich vorhanden sei. Pyrit findet sich in der Umgebung von Jaji und besonders in der Kreideformation von Boconö, in der Llanokette von Barinitas-Guanare, zwischen den Sandsteinen von Valera, Monte Carmelo und Caus und im Cerro de Oro, ferner in dem dunklen Kalksteine von Trujillo und in den Gebirgen von Chejende. Bei Petare (Caracas) kommt in den Marichebergen Haematit vor. Außerdem findet sich Eisenerz westlich von Maracaibo.

Das einzige Eisenlager, welches jedoch bisher erschlossen wurde, ist jenes der Sierra de Imataca im Südwesten des Delta- Territoriums. Die Erzlager sollen zahlreich und ausgedehnt sein. Es handelt sich um ein Magneteisenerz mit 70 °/0 Eisengehalt,

185

dessen Ausbeute sich 191 1 die /.Kanadisch- venezolanische Erz- kompagnie« sicherte. 19 13 wurden 57000 t gefördert. Zahl- reiche Gruben, Tequendama, El Salvador, Nicaragua, La Magdalena, El Encantado und Yucatan genannt, widmen sich hier dem Abbau.

Von anderen Mineralien ist zu sagen, daß Blei in Trujillo. Yaracui und Guärico vorkommt, Alaun sich bei Boconö, Trujillo, Yalera und anderen Orten und Magnesit bei Merida und aut der Insel Margarita fand. Hier wird ein großes Lager ausgebeutet. Gips tritt an vielen Stellen auf. Marmor bricht man zwischen Pt. Cabello und Yalencia.

3. Schwefel, Salz, Urao, Guano.

Schwefel. Schwefel wird im Osten der Republik zwischen Carüpano, Chaguaramas und Pilar seit 1900 von der »Deutschen Schwefelgrubengesellschaft« (Kapital 2 000 000 Mark) gewonnen. Derselbe liegt hier auf beträchtlichen Strecken weißem Sandstein auf. Er nimmt seinen Weg über Carüpano ins Ausland.

Salz. Die Ausbeute von Salzlagern blieb im wesentlichen Regierungsmonopol. Die reichste Saline ist jene von Araya am Golf von Cariaco, welche bereits 1499 bekannt wurde. Ein mächtiges, oberflächliches Lager reinsten Kochsalzes steht zur Verfügung. Auch auf der benachbarten Insel Coche gibt es einen Salzgarten von hier kommt das weißeste und feinste des Landes und außerdem ist die Umgebung Maracaibos sehr salzreich. Die Gewinnung ist höchst einfach. Es werden Löcher in den Boden gegraben und mit Wasser gefüllt, welches das Salz der Umgebung entzieht. Die Sonne verdampft das Wasser, und als kristallinischer Satz bleibt reines Kochsalz zurück.

Urao. Vom Grunde der Lagune Lagunillas bei Merida fördert man ein Urao genanntes, zur Bereitung des Chimö ver- wertetes sodaartiges Natronsalz (Natron-Sesquicarbonat-Hydrat).

Guano. Guano von Fledermäusen füllt große Höhlen, wie diejenigen von Los Javillos, oder jene Guacamayo und Mar- garita genannten. In diesen findet man auch phosphorsauren Kalk. Man schätzt ein solches Lager in der Höhle von Los Ja- villos auf 50 000 t und den Inhalt des ganzen Höhlenkomplexes von Acarigua (Cojedes) auf 600 000 t.

186

4. Kohle, Petroleum, Asphalt und Diamanten.

Steinkohle. Kohle findet sich an mehreren Orten der Kor- dillere von Merida und des karaibischen Gebirges. Ferner west- lich vom Golf von Maracaibo unweit Sinamaica. Es ist eine jüngere, hellbrennende, bituminöse Steinkohle von guter Heizkraft, welche in Kalk, Sandstein und tonigen Schiefern des unteren Tertiärs (wahrscheinlich des Miocäns) eingeschlossen ist und viel Rauch entwickelt. Man stellt auch Briketts aus ihr her. Am ergiebigsten sind die Gruben von Naricual, Capiricual und Toco- ropo, westlich von Barcelona, mit dem Hafen Guanta durch Bahn verbunden.

In den letzten Jahrzehnten hat ihre Ausbeute eine wesentliche Steigerung erfahren, wie die folgenden Zahlen lehren :

IQIO

1913 ^5

4720t 1916 . . 14 251 t = 341 600 B.

7748 t 1917 154481 = 432500 B.

.11165t 1918. .233161=5627 00 B.

1920 . . 23727 t= 774209 B. Die Minen des Staates Falcön unweit Coro förderten :

i9J5 : 3645 t x9l8 : 20I5 fci

von denen ein Teil zu Koks verglüht wurde.

Die Arbeiter sind Venezolaner.

Petroleum. Asphalt. Petroleum und Asphalt sind sowohl in den jüngeren tertiären Schichten des Westens, als auch des Ostens häufig. Bereits 1820 wurde man auf die Petroleum-Reser- voire am Strande der Lagune von Maracaibo aufmerksam. Kolumbianer begannen, sie für Beleuchtungszwecke auszunutzen und erkannten, daß das Erdöl sich unter einer Asphaltdecke be- fand. Es erwies sich ferner , daß viele Punkte der Küste Petroleum und Asphalt bergen und besonders das Orinocodelta reich an beiden ist. Vor allem der Asphaltsee von Pedernales von 1 km Länge und 80 m Breite gewann Bedeutung, und jener in der Landschaft von Guäriquen schien den berühmten Trinidads zu übertreffen. Ferner lud der große See von Guanipa und jener von Guanoco am Golf von Paria zur Erschließung ein, welcher die »New York and Bermudez Company« Folge leistete.

Nach der von uns schon öfters erwähnte Karte besitzt Ve- nezuela zwei räumlich weit auseinander liegende Petroleum-Naphta-

187

Gebiete. Ein westliches, sehr großes, welches sich im gesamte n Umkreis der Lagune von Maracaibo ausdehnt und, sich an der Nordküste fortsetzend, bis Tucacas erstreckt und ein viel kleineres, östliches, bei Maturin anhebendes, um den Golf von Paria.

Schlammvulkane. Im Bereich des Deltas, vornehmlich süd- östlich von Pedernales, finden sich jugendliche, 4 15 m hohe kegelförmige Erhebungen aus einem fetten grauen Ton, deren Gipfel ein Gas entströmt, das zu gewissen Jahreszeiten wahre Eruptionen zeitigt. Die ausströmende Materie enthält 4,5 °/0 Wasser, 3i,6°/0 Öl, 6o,9°/0 flüssigen Asphalt. Das Öl erwies sich zu 45,8 °/0 als reines Petroleum.

Ausbeute. Erst während des Weltkrieges ist man ernstlich und mit Erfolg, freilich mit fremder Hilfe an die Ausbeute der Petroleumfelder um Maracaibo gegangen. Die »Caribbean Petroleum Company« setzte im August 1917 eine Raffinerie bei San Lorenzo, 100 km von Maracaibo entfernt, in Betrieb, welche eine Leistungs- fähigkeit von täglich 400 t hat, während man den Bedarf des Landes auf 200 t einschätzt. Die Raffinerie ist mit den Petroleum- herden und dem Hafen durch eine 16 km lange Bahn und Röhrenleitung verbunden. Auch verfügt sie über riesige Ölbehälter aus Stahl und 3 Tankdampfern.

Diese Gesellschaft gewann 191 9 und 1920 aus ihren Anlagen 45 914 bzw. 69 539 t Petroleum.

An Asphalt förderte die »New York and Bermudez Company- Guanoco« im gleichen Jahre 45936 t und 1920 23452 t.

Der Export von Asphalt belief sich 19 19 auf: 42 460 t im Werte von 1699274 B. 1920 erreichte er 21883 t.

Im Staate Falcön wurden jüngst 19 Petroleum-Konzessionen vergeben, aber niemand der Privilegierten ging bisher an die Aus- beute. Im Gesamtgebiet der Republik wurden bis 1920 13 12 Schürfungsrechte verliehen, welche sich über 3634990 ha aus- dehnen.

Sie verteilen sich in folgender Weise :

Zahl der

Staaten

Konzessionen

Anzahl der ha

Zulia

835

1 688 099

Tächira

. . 27

288 225

Falcön

43

203 500

188

Staaten

Zahl der Konzessionen

Trujillo

39

Sucre .

68

Cojedes

2

Merida

57

Monagas .

222

Nueva Esparta

3

Delta Amacuro

16

Anzahl der ha [Forts.J

235 757

145 89°

30 000

307300

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198 000

Die »Caribbean Petroleum Company« verdient als eines der großzügigsten Unternehmen im Lande noch einige Worte.*)

Diese Gesellschaft war dank einer 191 2 vom Ministerio de Fomento erlangten Erlaubnis in der glücklichen Lage, sich zwei Jahre hindurch der Erforschung der Petroleumlager in allen 12 in Frage kommenden Staaten nebst dem Delta-Amacuro-Terri- torium widmen zu können und alsdann für eine beliebige Anzahl Felder das Ausbeutungsrecht beanspruchen zu dürfen.

Die Untersuchungen wurden mit einem Stabe von 35 Geologen und 10 Ingenieuren mit einem Kostenaufwande von 1,5 Millionen B. durchgeführt und als Resultat auf 509300 ha 1028 Vorkommen von je rund 500 ha angemeldet, deren Ausbeute der Gesellschaft bis 1934 zugestanden haben würde, wenn die Bohrarbeiten über- all bis zum 2. Januar 191 7 eingesetzt hätten.

Da infolge der durch den Weltkrieg geschaffenen Schwierig- keiten (z. B. der Maschinenbeschaffung) die Bohrungen jedoch nur in beschränktem Maße vonstatten gingen, mußte auf 608 Bohrfelder verzichtet werden. Der Rest verteilte sich auf die Staaten Zulia, Merida, Falcön, Sucre, Monagas und Trujillo und umfaßt 420 Bohrfelder auf 206 768 ha, von denen 1920 230 auf 108 150 ha bearbeitet wurden.

In der bereits erwähnten Raffinerie von San Lorenzo wurden gewonnen und im Lande abgesetzt an Litern :

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*) Nach einer Denkschrift der Deutschen Gesandtschaft in Caracas an das Auswärtige Amt.

189

Außerdem an Petroleum für Heizzwecke 14938986 kg.

Von 1. Juli 19 17 bis 30. Juni 1920 sind an obenstehenden Produkten und anderen 94 660 t raffiniert worden.

Dieselben werden als erstklassig bezeichnet und sind wesent- lich billiger, als die gleichen vom Auslande bezogen.

Die junge Industrie hilft bereits jetzt die Staatskasse mit namhaften Beträgen zu füllen. An Abgaben wurden entrichtet : 1918: 816222 B. I9I9: IIS45ii B.

Davon entfielen auf Leuchtöl :

1918: 412 198 B. I9I9- 618575 B.

1920 zahlte allein die Caribbean Company 1 149 499 B. an Abgaben.

An Löhnen werden täglich 2 500 B. für 500 Arbeiter und mindestens ebensoviel für etwa 100 Angestellte gezahlt.

Die »Caribbean Petroleum Company« hat 1920 8 Brunnen von 50 S4 m Tiefe in der Gegend von Chapapotal, El Hervidero und Guanipa (Monagas) angelegt, aber bisher keine kommerziell verwendbaren Mengen von Petroleum erzielt. So blieb vorläufig noch der Westen ihre vornehmste Erdölquelle ; im Staate Zulia die Gegend von Mene Grande (Distrikt Sucre) und Las Sierritas (Distrikt Mara). Die Bohrungen sind z. T. über 800 m tief ge- trieben. 1920 wurden zwischen 600 720 Arbeiter beschäftigt. An jüngsten Gründungen die aber bereits 1920 ziemlich in. stallirt waren, seien genannt: »The Britisch Controlled Oilfields« im Distrikt Buchivacoa im Staate Falcön mit 40 Millionen Dollar kanadischer Währung Kapital. Sie unterhielt 1920 244 Arbeiter. »The Colon Development« im Distrikte Colon, Staat Zulia, mit 120 Arbeitern, die häufig von den Motilones belästigt werden. »The Venezuelan Oil Concessions« im Distrikt Boh'var und Mara- caibo mit 50 60 Arbeitern.

Die gesamte Petroleumerzeugung des Landes betrug 1920 mit rund 70000 t, etwa l/a °/o ^er Weltproduktion. Der Petroleumexport betrug :

1917 : 9384 t im Werte von 427324 B. 1918: 26062 t ,, ,, 1 041 741 ,,

1919: 14818 t ,, 713 138 ,,

Nordwestlich der Mündung des Rio Paragua in den Caroni befindet sich eine Gegend, in der Diamanten vorkommen.

190

Der von der Regierung 1920/21 dorthin entsandte Experte fand dieselben sowohl in einem aus Ton und Konglomerat gebildeten Gestein, als auch in dem Schutt derselben, welcher das Tal des Cano »El Diamante« ausfüllt. Seine Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.

5. Konzessionen.

Eriverb der Gerechtsame. Konzessionierung und Betrieb des Bergbaues sind durch ein besonderes Gesetz 191 8 neu geregelt worden. Die wichtigsten Bestimmungen sind die folgenden.

Die Erlaubnis, irgend welche Mineral schätze auszubeuten, wird, soweit es sich um Staatsländereien (terrenos baldios) handelt, an jedermann, ob Einheimischer oder Ausländer, erteilt. Von den Venezolanern jedoch sind ausgeschlossen die Staatspräsidenten, Deputierten, Senatoren, Gouverneure und andere Verwaltungsbe- amte, Mineningenieure und Richter in Minenangelegenheiten.

Eine Minengerechtsame wird durch Vermittlung des Ministeriums de Fomento erworben , denn ihre Verleihung bedarf der Zu- stimmung des Bundeskongresses.

Im allgemeinen dürfen für die Ausbeute von Mineralien bis zu 15 000 ha an eine Person überlassen werden, indessen von Steinkohle nur bis zu 500, von Petroleum und verwandten Körpern nur bis zu 200 ha.

Man unterscheidet zwischen Boden und Grund (suelo und subsuelo). Ersteier reicht bis zu 3 m abwärts. Die Ausbeute von Mineralien ist in der Regel auf den Grund beschränkt gedacht.

Die Minengerechtsame ist nicht durch Kauf, sondern nur auf dem Wege der Konzession durch Pachtung zu erlangen. Deren Dauer soll 30 Jahre nicht überschreiten.

Die Arbeiten sollen im allgemeinen innerhalb von 2 Jahren, bei Kohle und Petroleum in einem Zeiträume von 3 Jahren auf- genommen sein.

Abgaben. Für jeden ha sind bei der Konzessionierung 0,05 0,10 B. zu entrichten. Handelt es sich um ein Privileg des ausschließlichen Rechtes der alleinigen Ausbeute (permiso de exploracion exclusiva) eines Areals, so sind jährlich 250 B. für je 1000 ha oder Bruchteile von 1000 ha der Konzession an die Staatskasse abzuführen. Des Weiteren sind an Steuern auferlegt den Oberflächenbetrieben, z. B. Goldwäschereien, während der ersten zwei

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Jahre ein halber Bolivar, für die folgenden Jahre zwei Bolivares pro ha. Aderminen bezahlen während der ersten drei Jahre einen Bolivar, während der folgenden zwei Bolivares Oberflächensteuer. Außerdem sind zu zahlen für jedes Gramm Gold 0,10 B., für jede Tonne Kupfer 0,60 B. und 3°/0 des Handelswertes von allen übrigen Minen- produkten wie Schwefel, Eisen, Magnesit, Silber, Edelsteinen, Kohle, Asphalt u. a. Hinsichtlich des Petroleums, indessen gelten sehr viel höhere Abgaben. Jede Parzelle von 200 ha trifft als einmaliger Zins die Zahlung von 1000 B. und ein jährlicher von mindestens 1 B. pro ha, sobald die Ausbeute begonnen hat. Während der Aufschließung zahlt der ha nur 0,05 0,10 B. Ferner wird das geförderte Produkt mit 8 15% des Handelswertes besteuert. Endlich sind 5o°/0 der Einnahme zu vergüten, »die der Fiskus hinsichtlich der im Lande verkauften veredelten Erzeugnisse im Falle ihrer Einfuhr aus dem Auslande durch Erhebung von Ein- fuhrzöllen erzielt hätte.«

Die Löhnung der Arbeiter darf nur in effektivem Gelde ertolgen und muß wöchentlich beglichen sein. Arbeitszeit 8 12 Stunden, jedoch hat unter der Erde eine Ablösung nach 6 8 Stunden einzutreten. 1920 gab es 93 Konzessionen betreffs Ausbeute von Kohle, Asphalt und Petroleum und 202 für die Gewinnung von Mineralien und Edelsteinen (Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei, Magnesit, Graphit, Glimmer, Schwefel, Diamanten, Smaragden, Rubinen u. a.). Die letzteren vielfach jüngsten Datums, erbrachten im gleichen Jahre an

Oberflächensteuer 1 1 4 1 1 7 B. Produktionssteuer 91 301 B.

Alle Minenbetriebe (einschließlich Kohlen , Asphalt- und Petroleumminen) führten an Abgaben an den Fiskus 1 709 752 B. zu.

Ferner wurden 1920 nicht weniger als 206 neue Metall- minenkonzessionen ausgestellt, davon 196 zu Gunsten der Aus- beute von Gold, zumeist im Distrito Roscio (Bolivar), und weiter an 200 Gerechtsame für die Gewinnung von Petroleum (und etliche wenige für Kohle) verliehen.

193

IX. Die Industrie und das Handwerk.

i. Industrie.

Vor dem Weltkriege. Die venezolanische Industrie offen- barte bereits vor dem Weltkriege eine ziemliche Mannigfaltigkeit, aber seltener einen Zug ins Große, selbst dort nicht, wo man ihn im Anschluß an die Gaben der Natur erwarten sollte. So vermissen wir bis 19 14 eine Ausnutzung der verschiedenartigen Erzeugnisse der Viehzucht in größerem Maßstabe, nicht minder eine solche der Urwaldschätze oder gewisser Produkte des Plan- tagenbaus, wie des Zuckerrohrs, Kakaos oder Tabaks.

Die ältesten Industrien eines werdenden Staates pflegen S e i f e- und K e r z e n fabriken zu sein, und von diesen blühen auch in Venezuela eine größere Anzahl, 16 bzw. 9, zusammen mit einem Kapital von 2,7 Millionen B. Von den Seifefabriken betätigen sich 3 im Distrito Federal, 2 in Carabobo und 5 in Monagas. Von den Kerzenfabriken liegen je 2 im Bundesdistrikt und dem Staate Sucre, indessen 3 in Carabobo. In diesem Fabrikations- zweige arbeiten, wie aus den auf sie verwandten Kapitalien hervor- geht, nur mittlere und kleine Betriebe mit 40 180000 B.

Das Zusammentreffen eines Überflusses verschiedenartiger Häute, Rinder-, Ziegen-, Rehfelle, abgesehen von denen anderer jagdbarer Tiere, mit so hervorragenden und billigen Gerbstoffen wie Mangle und Dividivi mußte naturgemäß das Aufblühen der Gerberei begünstigen. In der Tat, die Statistik nennt 9 mit einem Gesamtkapital von 4 1ji Millionen B. 4 gehören Cara- bobo an, 2 dem Bundesdistrikt, je 1 dem Staate Falcön, Lara und Nueva Esparta. Während die Gerbereien im allgemeinen recht bescheidene Betriebe mit 60 100 000 B. Kapital vorstellen, sind jene der Hauptstadt Millionenunternehmen.

Aus dem Leder werden vornehmlich Stiefel und Sättel her- gestellt. Sattlereien als Großbetriebe zählte man 7, Schuh- fabriken 8, davon 4 im Staate Carabobo und 3 im Bundes- distrikt.

Der Herstellung von Gefrierfleisch widmet sich seit dem Kriege ein großes Unternehmen in Puerto Cabello. Betriebs- kapital 1 391 375 B.

Bürger, Venezuela. 13

194

In Maracay wurde kurz vor dem Weltkriege eine Molkerei gegründet, welche sterilisierte Milch, Butter und Käse in großem Maße herstellt. Die tägliche Buttererzeugung beträgt 500 kg.

Der Vermahlung von Weizen dienen nur 2 größere Betriebe, beide in Mdrida, zusammen mit einem Kapital von 160000 B. Dagegen gibt es 10 bedeutendere Mais müh len, in denen 1/2 Million B. festgelegt sind. 3 mahlen in Aragua, 5 in Sucre und 2 in Zulia.

Brot wird in 6 Betrieben, davon 5 in Monagas, fabrikmäßig hergestellt (K. 255 000 B.).

Der Nudel industrie widmen sich 5 Etablissements mit einem Kapital von 490 000 B. Davon 2 im Bundesdistrikt und je 1 in Carabobo, Sucre und dem Apuregebiet.

Die Verarbeitung des Zucker rohrs wird von einer großen Anzahl kleinerer Pressereien besorgt, welche Menschenkraft oder Pferde, Esel und Ochsen zum Antrieb ihres Göpelwerkes benutzen, den Saft einfach kochen und eingedickt zu braunen, kegel- oder backsteinartigen Stücken formen, die als Panela in den Handel kommen. 1910 gab es als einzigen Großbetrieb eine moderne Zuckerfabrik in Zulia mit einem Kapital von 100 000 B. In Zulia sind auch die meisten Cahapressereien domiziliert.

Alkohol wurde in je 1 Brennerei in Sucre und Falcön destilliert. Kapital 50 000 bzw. 80 000 B.

Von den 2 Groß brauereien arbeitet »La Cerveceria Nacional« in Caracas (Kapital 1 410000 B., Jahresausstoß 30000 hl), die andere im Staate Zulia (K. 864 000 B.) in Maracaibo. Kleinere Bierfabriken besitzen Valencia und Puerto Cabello. 4 Etablissements erzeugten kohlensaure Erfrischungs w ä s s e r (K. 460 000 B.), 4 andere Liköre (K. 355000 B.). Ferner arbeiteten 4 Eis- fabriken, davon 3 im Bundesdistrikt.

Der Gewinnung von Speiseölen lagen 8 Anstalten, in denen 2,6 Millionen B. festgelegt waren, ob. Davon 3 im Staate Carabobo und 4 in Sucre. Besonders tun sich die Ölmühlen von Valencia hervor, täglich 40 t Ölsamen verarbeitend.

6 Gesellschaften gaben sich der Fischerei in größerem

Maßstabe im Staate Sucre hin. Ihr Kapital betrug 1 740 000 B.

Den Kakaoreichtum des Landes suchen 2 Schokolade*

fabriken im Bundesdistrikt unmittelbar auszunutzen (K. 180 000 B.).

195

Die leistungsfähigere stellt im Jahre 25 000 kg Schokolade her. 2 andere Etablissements widmen sich der Aufbereitung des Kaffees und 3 jener der Baumwollernten.

Besonders gut rentieren sich jene Unternehmungen, welche sich mit der Verarbeitung des Tabaks befassen. Die Statistik spricht von 7 Zigarren- und 1 Zigarettenfabrik. Die Zigarren- fabriken arbeiten mit einem Kapital von 415 000 B. und sind im Lande zerstreut. Die Zigarettenmanufaktur indes hat ihren Sitz in Caracas. In ihr sind 12,5 Millionen B. angelegt.

Die Verwertung der Fasern von Agave und Palme blieb im wesentlichen der Hausindustrie vorbehalten. Es gibt aber eine Fabrik, welche aus S i s a 1 a Stricke und Taue herstellt. Dagegen riefen die Baumwollkulturen im Bundesdistrikt und Carabobo etliche Spinnereien und Webereien ins Leben. 1910 besaß Valencia 4 Webereien mit einem Kapital von 835 000 B. »La Compania Anönyma de Telares« von Caracas und Valencia verarbeitet 2 1 000 Quintales Baumwolle jährlich, jene von Cara- bobo 14000 und eine im Osten, »Telares e Hilanden'as Orientales«, mittels 50 Webstühlen 8000. Dieselben erzeugen bereits jetzt 80 °/0 der im Lande verbrauchten Baumwollgewebe. Das an- gelegte Kapital hat sich auf 10 000 000 B. vermehrt. Auch gibt es eine Fabrik, die ausschließlich Hemden herstellt. Im ganzen werden in Venezuela 120000 Dtz. Hemden angefertigt.

Seit Jahrzehnten blühen Hutfabriken in der Hauptstadt, Valencia, im Staate Lara und sogar im entlegenen Apuregebiet.

Den Holzreichtum verarbeiten 9 größere Sägemühlen, davon 3 in Zulia. Gesamtkapital 1270 000 B. 2 M ö b e 1 fabriken besorgen die weitere Nutzbarmachung.

Auch eine Papier fabrik schafft mit einem Kapital von 540 000 B. im Bundesdistrikt. Eine andere arbeitet in Maracay. Bambus und Bagasse, das entsaftete Zuckerrohr, sollen ein vor- zügliches Ausgangsmaterial bieten.

Sehr wenig ausgebaut sind bisher jene Industrien, deren Rohmaterialien dem Boden entstammen. Da wären nur 2 M a r m o r- werke, 2 Etablissements zur Herstellung von gewöhnlichen Glas- waren, 1 Mosaiken fabrik und eine allerdings recht bedeutende Zement fabrik mit einem Kapital von 2,4 Millionen aufzuzählen.

13*

- 196

Stark entwickelt haben sich die Transport gesellschaften, deren sich 15 mit 170 Millionen B. betätigen, davon 5 im Bundes- distrikt und 4 in Zulia.

Ebenso blühten die Elektrizitäts gesellschaften auf, deren man bereits 1910/ 11 9 mit einem Betriebskapital von 10 Milli- onen B. zählte.

Die Herstellung von Zündhölzern ist Staatsmonopol. Es arbeitet eine Fabrik mit 5,5 Millionen B. Kapital. Dieselbe ging jüngst in die Hände von Ausländern über.

Alles in allem verzeichnet die Statistik von 1910/ 11 190 Großbetriebe mit einem Gesamtkapital von 240125344 B.

Unter den Staaten rangiert der Bundesdistrikt mit 52 Unter- nehmen und 130,2 Millionen B. Kapital an erster Stelle. Ihm folgt Carabobo (U. 33, K. 27,8 Millionen B.), sodann Sucre mit 33 Unternehmungen und 15 Millionen Betriebskapital und in weitem Abstände Monagas und Zulia. In allen übrigen Staaten war die Entwicklung der Industrie noch sehr gering.

Nach dem Weltkriege. Der Krieg hat die Erzeugung von Industrieprodukten im Lande naturgemäß durch hohe Preise ge- fördert, dennoch sind Neugründungen in dem Maße, wie man er- warten möchte, nicht eingetreten. Insbesondere kam es im allgemeinen weder zu Erweiterungen noch neuen Gründungen in der Textil-, Kerzen- und Papierbranche. Eine Ausnahme bildet eine Weberei für Unterkleider, welche von einem Deutschen in Caracas erbaut und mit aus Spanien bezogenen Maschinen ausgestattet wurde.

Die bedeutendste Umwälzung vollzog sich in der Ver- arbeitung des Zuckers, denn hier traten verschiedene große Unternehmungen während des Krieges im Staate Zulia ins Leben. Man errichtete an der Süd- und Ostseite des Sees Fabriken für Zentrifugalzucker in Bobures und La Ceiba. In Bobures ent- stand »La Central Venezuela« mit einem Nominalkapital von 7800000 B. in 15000 Aktien zu 250 B. geteilt und einer Ein- zahlung von 50 °/0. Die Maschinen wurden aus Nevv-Orleans verschrieben und eine große Hacienda nutzbar gemacht. Ihre Tätigkeit setzte 19 18/19 em- Sie produzierte bereits von Oktober 1919 bis Mai 1920 200000 Quintales Zucker und bebaute 2000 ha mit Rohr. Die ältere »La Ceiba« (Trujillo) exportierte

-" 197

den raffinierten Zucker nach den Vereinigten Staaten. Es wurden ausgeführt :

1915: 1955784 Pfund, 1916: 14917507 Pfund, 1917: 24 811 567 Pfund.

19 19 belief sich die Gesamtausfuhr auf 9380 t im Werte 6 203 465 B.

Der Boden um den Maracaibosee gibt mehr Zuckerrohr als in anderen Ländern, aber die Extraktion erzielt nur 6 7 °/0 seines Gewichtes, gegen 10 14 z. B. auf Kuba.

1920 erfolgte die Gründung der Zuckerzentrale »La Gran Via« mit 2 Millionen B. Nominalkapital Monatserzeugung 2000 Quintales , ebenfalls auf einer alten Zuckerhacienda, und die Firma Boulton & Comp, eröffnete die Raffinerie »Sucre« bei Bobures mit 7 Millionen B. und einer Kultur von 1500 ha. Sie soll jährlich bis 20 000 Quintales Zucker herstellen können.

Außerdem arbeiteten noch 25 kleine Zuckermühlen in der Nachbarschaft von Bobures und Encontrados, Panela herstellend. Auch auf diese dehnte sich infolge des Weltzuckermangels die Ausfuhr aus. Man exportierte an Maracaibo-Panela :

1915 2912780 Pfund im Werte von 10 000 £

1916 3 325 783 ,, 12 000 ,,

Die Gesamtausfuhr von Panela betrug 1919 3992 t = 1 644 967 B.

Aber auch in den zentralen Staaten nahm die Zuckerfabrikation einen Aufschwung. Die Gesellschaft »Central Tacarigua« bei Maracay erzielte, 1500 ha kultivierend, bereits im ersten Geschäfts- jahr einen Nettogewinn von 455718 B., d. h. 22,8 °/0 ihres Stammkapitals. 19 13 widmeten sich 600 Besitzer oder Gesell- schaften der Zuckerrohrkultur mit einem Kapital von 53 Milli- onen B. Davon entfallen auf die Kompagnien 38,5 Millionen B. und 6600 ha.

Ein anderes Feld, welches der Krieg in hohem Maße be- fruchtete, war das der elektrischen Anlagen. Die auch in Venezuela sich fühlbar machende Kohlennot führte zur Elek- trisierung von Bahnen und neuen , Elektrizität erzeugenden Werken. So entstand unter Ausbeute von Wasserkräften eine Station für Licht und Kraft in San Felipe. Die Bahn Macuto La Guaira Maiquetia wurde in eine elektrische umgewandelt. Ferner wurde

198

die Stadt Calabozo mit einem elektrischen Licht- und Kraftwerke versorgt. Die Elektrizitätsgesellschaft von Caracas erhöhte ihr Kapital von 3,5 auf 7 Millionen Bolivares.

Alles in allem waren Ende 19 18 rund 350 Millionen Boli- vares in industriellen Unternehmungen angelegt.

2. Handwerk.

Von jeher saß die Hutmacherzunft auf goldenem Boden, denn der Einheimische gibt sehr viel auf die Bekleidung des Hauptes. Viele Deutsche verdanken solcher Geschmacksrichtung ihren Wohlstand. Sodann blüht naturgemäß besonders die Sattlerei. In den übrigen Handwerken ist der Venezolaner vorherrschend, jedoch mit Ausnahme der Uhrmacher- und Goldschmiedekunst, in welcher sich viele Fremde, besonders Schweizer und Deutsche, betätigen.

Trotzdem wird man einer beschränkten Anzahl von besseren Schreinern, Schneidern und auch Gärtnern in den Städten ein aus- kömmliches Fortkommen verheißen können.

X. Der Handel.

1. Handelshäuser.

Engländer. Karl Schöffer erzählt, daß im ersten Gesetz der jungen Republik ein Satz vorkam, der ungefähr lautete : Die Engländer haben unsere Schlachten geschlagen, sie haben uns mit Anleihen unterstützt, sie haben also den ersten Anspruch auf unseren Handel. So gingen die ersten Konzessionen glatt in ihre Hände über, und englische Deserteure, welche des Krieges satt waren, machten Geschäfte auf und benutzten gelegentlich als Grundstock Heeresvorräte, wie man von einem Regiments-Sattler erzählt.

Deutsche. Als erster deutscher Kaufmann wird ein Heinrich Meyer genannt, welcher, nachdem er im Uslarschen Korps ge- dient hatte, 1821 ein Geschäft zu Caracas begründete, 1841 zu Berlin starb und von seiner 150000 Dollar betragenden Hinter- lassenschaft einen Teil Caracas vermachte. Es muß ihm also gut ergangen sein.

199

Die Vorherrschaft der Engländer dauerte wenig über ein Jahr- zehnt. Schon Mitte der 30er des verflossenen Jahrhunderts konnten Besucher des Landes berichten, der Handel sei in deutschen Händen.

Wahrscheinlich sind die deutschen Kaufleute von der kleinen westindischen Insel St. Thomas herübergekommen, wo etwa ein halbes Dutzend Bremer und Hamburger Firmen ansässig waren. Um jene Zeit existierte ein Haus Grämlich in Venezuela, und 1835 etablierte sich der Lübecker Blohm, welcher von einem italienischen Kaufmanne von St. Thomas nach Ciudad Bolfvar mitgenommen worden war. In späteren Jahren entwickelten sich namentlich eingewanderte Handwerkerfamilien zu Inhabern an- gesehener Handelshäuser.

Blohm. Das Haus Blohm in Caracas mit Filialen in Maracaibo, Puerto Cabello, Valencia, La Guaira und Ciudad Bolfvar behielt die Führung. Es soll mit 40 Millionen Mark arbeiten. Der Warenpalast in Ciudad Bolfvar ist schier unabsehbar. Seine Front abzuwandeln ein Spaziergang. Ein herrlicher Säulen- gang läuft an ihr entlang. Das Haus macht einen königlichen Eindruck. Trotzdem verschmäht es aber nicht, eine Tienda, einen ganz gewöhnlichen Kramladen, zu unterhalten, was aber nicht etwa geschieht, um den Absatz zu mehren, sondern die Einkaufsgelegenheit an Landesprodukten zu fördern. Neben Blohm nimmt in der genannten Orinoco-Metropole das Haus Sprik die zweite Stelle ein; dann folgen Korsen.

Für Maracaibo nennt Sievers als deutsche Stammhäuser Breuer, Möller & Comp, und van Dyssel, Thies & Comp., für Valencia Leseur, Roemer & Comp.

Mit Blohm rivalisiert das nordamerikanische Haus Boulton & Comp.

Diese Emporien des Hochhandels pflegen Import und Export im weitesten Sinne, verschmähen aber auch sonst keinerlei rentable Unternehmungen. Früher waren sie als einzige Geldgeber auch die Bankiers und als solche die ausschließlichen Beherrscher des Geldmarktes.

In Venezuela hat das Deutschtum ausnahmsweise eine große aufsaugende Kraft bekundet, Holländer, Dänen und selbst Engländer assimilierend.

200

Eingeschriebene Geschäfte. An bedeutenderen, eingeschriebenen Geschäftshäusern gab es nach der letzten, 191 3 abgeschlossenen Statistik 1659 mit einem Kapital von 273 Millionen B. Von diesen lagen 289 dem Export von Kaffee und Häuten ob, 27 dem von Tabak und 1 1 jenem von Federn, 5 widmeten sich dem Import. Mit Früchten handelten 137, 25 mit Häuten, 12 mit lebendem Vieh, n mit animalischen Produkten, 13 mit pflanzlichen Rohstoffen und Erzeugnissen, 7 mit mineralischen und 4 mit Perlen. Im übrigen hatten sich 5 8 auf den Verschleiß von Drogen und Heilmitteln verlegt, 10 bevorzugten Eisenwaren und 764 Nahrungsmittel, ausschließlich oder nebst anderen Artikeln.

Ihre Verteilung im Lande läßt große Ungleichheiten erkennen. Monagas mit 242, Trujillo mit 190 und Tächira mit 140 stehen an erster Stelle. Anzoätegui und Sucre folgen mit 105 und 102, Carabobo mit 93, Zulia, Miranda, Mdrida, Lara mit 86, 84, 78 und 74. Bolivar mit 69, Guärico mit 67 und Zamora und Yara- cui mit 59 und 50. Nun erst kommt der Bundesdistrikt mit 41, Nueva Esparta und Portuguesa zählen je 19, das Deltagebiet 16. Die übrigen Staaten 23 24.

2. Außenhandel.

a) Bilanzen und Güter der Ausfuhr. Beteiligung der verschiedenen Wirtschaftszweige an der Ausfuhr 1917/1918.

Es entfielen auf

Gewicht in kg

Wert in Bolivares

den Ackerbau .... den Bergbau

13 510630 95 392 397 15 538463 76 874 980

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8 188 207

Insgesamt

201 316 460

82 227 074

Kolonialzeit. Spanien erlaubte seinen Kolonien keine freien Handelsbeziehungen. Was sie abzugeben hatten, beanspruchte das Mutterland, was sie benötigten, gab ihnen dasselbe.

Während der Konquista bildeten im wesentlichen Gold und Perlen die Ausfuhr Venezuelas. Die Perlenbänke wurden jedoch gegen das Ende des 17. Jahrhunderts infolge anhaltenden Raub-

201

Die Bilanz des Außenhandels von 1841/42—1911/12.

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baues unergiebig und überdies von Engländern zerstört , und die Goldsuche stieß auf Schwierigkeiten, da die mühelos zu er- reichenden Lager erschöpft waren. Da Spanien indes diese Einnahmequellen weder entbehren mochte noch konnte, schritt man dazu, sie sich auf andere Weise zu verschaffen : man ver- pachtete den Handel 1728 an eine Gesellschaft, die »Compania

202

Verhältnis von Ein- und Ausfuhr in den vier vorletzten Vorkriegsjahren.

Mill. Boliv.

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203

Guipuzcoana«, welche überdies mit weiteren Privilegien ausgestattet wurde. Besonders erbitterte die Monopolisierung des Tabak- handels durch diese Gesellschaft, welche während der fünfzig Jahre ihres Bestehens zwar eine Reihe von Siedlungen, die Anfänge heute blühender Ortschaften (Calabozo !) gründete, jedoch infolge der von ihr ausgeübten Bedrückungen als Schrittmacherin der Unabhängigkeitsbestrebungen gelten muß.

Neuzeit. Sobald der Handel der lästigen Fesseln sich entledigt hatte, belebte er sich, freilich nicht mehr durch Mineral- schätze und Perlen, sondern dank jener Güter, welche die reiche tropische Natur in Höhen und Tiefen, in Wäldern und auf Sa- vannen in überschwänglicher Fülle erzeugte, sei es als ureigenste Gabe, sei es dieselben als Belohnung menschlichen Fleißes dar- bietend.

Bilanzen. Die Handelsbilanzen des Landes weisen, wenn wir sie durch die letzten hundert Jahre verfolgen, zwei Eigentüm- lichkeiten auf, nämlich die sehr angenehme, daß sie nur ausnahms- weise passiv sind, wie Ende der 30er Jahre und 1865, und die erschreckende außerordentlicher Schwankungen innerhalb engbe- grenzter Zeiträume, welche die so häufig verworrenen Verhältnisse der Republik widerspiegeln. Von stolzen Höhen sinkt die Kurve jählings in die Tiefe. Aber diese katastrophalen Erscheinungen ziehen Export und Import gleichmäßig in Mitleidenschaft.

Im ganzen nahm der Handel seit der Befreiung bis ins erste Drittel der 70er Jahre hinein eine ziemlich ruhige, allmählich und gleichmäßig aufstrebende Entwicklung. 1873 76 setzte dann ein rasches Ansteigen um 55 Millionen ein, dem ein langsames Hinuntergleiten und ein zweites jähes Emporschnellen 1881/82 folgte. Zwischen 1881 und 1896 stieg und fiel der Gesamtum- satz des Außenhandels zickzackartig, bald an 190 Millionen B. hinanreichend, bald unter 140 gehend. Mit dem größten Tief- stand — 69 Millionen endete die Epoche des Niederganges von 1896 1901, die dann ein schneller und weniger unregel- mäßiger Anstieg ablöste, welcher 1904: 140, 1912: 240 und 1919: 436 Millionen B. erreichte.

Auch das neuerliche Auf und Ab ist durch politische Un- ruhen verursacht.

204

Über die Entwicklung von Export, Import und Gesamtum- satz des Außenhandels im letzten Anderthalb-Jahrzehnt orientiert die beigegebene Übersicht.

Bilanz des Außenhandels von 1905—1919.

Jahr

Gesamt- Handel

Ausfuhr

Einfuhr

Überschuß

der

Ausfuhr

Verhältnis der Aus- fuhr zum Gesamt-

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handel

in Millionen Bolivares

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44,2

24,0

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1906

132,1

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1907

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1908

126,6

75,7

50,8

24,9

60

1909

133,7

83,0

5°,6

32,4

63

1910

157,2

93,o

64,1

28,9

59

1911

2 12,8

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95,3

22,2

55

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133,3

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24,0

56

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1914

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72,5

39,°

57,5

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121,3

69,8

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63,6

1916

224,5

117,6

106,9

10,7

52,5

1917

235,°

1 20,0

115, 0

5,°

51,0

1918

!79,9

102,6

77,2

25,4

57,o

1919

435,9

258,7

177,2

81,5

59,3

In den ersten Jahren des Weltkrieges verminderte sich der Gesamtumsatz auf Kosten der Aus- und Einfuhr in gleicher Weise ziemlich erheblich. 19 16 und 191 7 brachten eine Erholung, freilich vornehmlich zugunsten der Einfuhr, 19 18 wiederum einen Abstieg. 191 9 jedoch einen starken Aufstieg besonders dank des Exportes, welcher sich um 1/;} bzw. 1/5 höher stellte als in den beiden Vorjahren.

1914:

I9I5:

1916:

1917:

Einfuhr 72,4 B.

69,5 B.

91,9 B.

115,0 B.

Ausfuhr 1 11,5

121,2

117,6

120,0

Insges. 183,9 B.

190,7 B.

209,5 B.

235,0 B.

205

Ausfuhr der wichtigsten Güter vor dem Weltkriege.

Art der Güter

1909/10

1910/11

1911 12

in Millionen Bolivares

1911/12 Verhältnis zur Gesamtausfuhr

°/o

Kaffee

Kakao

Balatä und Kautschuk Rindshäute .... Ziegenfelle .... Lebendes Rindvieh Gefrierfleisch Reiherfedern Tonkabohnen . Dividivi

{Raffinierter Zucker Panela

Kupfer

Gold

Asphalt

Perlen

Mais

37,i

43,1

79,3

i7,4

18,6

15,9

14,0

M,4

1 1,6

5,9

4,5

6,2

i,9

2,4

3,7

1,1

0,9

J,5

0,8

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°,5

°,7

0,6

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o,7

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1,0

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°,5

0,2

0,2

60,0 I 2,0

9,0

4,6

2,8

1,1

0,2

1,2 0,6 0,4

°,5 4,0

1,2

0,1

1918:

Einfuhr 77,2 B. Ausfuhr 102,6

1919:

177,3 B.

258,7 »

Insges. 179,8 B.

436,0 B.

Unter den 10 selbständigen südamerikanischen Staaten rangierte Venezuela auf Grund seines Gesamthandels 19 16 erst an 8. Stelle. Nur für Ekuador und Paraguay war er geringer. Legen wir aber die Bevölkerungsziffer (2,8 Millionen) zugrunde, so nahm es den 7. Platz ein, Kolumbien, Ekuador und Paraguay hinter sich lassend, indem auf den Kopf 80 B. entfielen. An erster Stelle stand in diesem Falle Chile mit rund n 50 B.

Ausfuhrgüter. Während die Grundlagen des venezolanischen Außenhandels früher Gold und Perlen bildeten, ersetzten diese Schätze später Produkte der lebenden Natur, insbesondere des Ackerbaus und der Viehzucht.

206

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Millionen Bolivares

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Kakao

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1909

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I9II

Verhältnis der wichtigsten Ausfuhrartikel auf Grund des Wertes.

208

Zuerst waren es Baumwolle, Indigo und Tabak, welche eine hervorragende Rolle spielten, später traten Kakao und Kaffee an ihre Stelle, und heute sind es diese beiden Früchte und nament- lich die letztere, auf denen der Export sich begründet. Man darf behaupten, daß in Sonderheit mit dem Kaffee Venezuelas Gedeihen auf das engste verknüpft ist, es mit ihm steht und fällt.

1911/12 wurde bei einem Gesamtexport von rund 133 Milli- onen B. für 79 Millionen Kaffee ausgeführt, das bedeutet für den Kaffee eine Beteiligung von etwa 60 °/0 an der Ausfuhr überhaupt. 1919 wuchs sein Anteil mit 151,4 Millionen zu 258,7 auf58°/0.

Erst in weitem Abstände folgt Kakao 1911/12 mit 16 Milli- onen B., und 1919 mit 39,0, was einer Beteiligung von 12 °/0, bzw. 14 °/0 am Gesamtexport gleichkommt. Im übrigen sind die verschiedenen Arten von Gummi und Häuten hervorragend.

Launenhaft erwies sich das Gold. Dagegen gewinnt neuer- dings der Zucker Bedeutung. Ziemlich konstant erhielt sich der Export von Reiherfedern, Tonkabohnen und Dividivi. Schwankend jener lebenden Viehs, 1905/06 9 Millionen, 1910/11 knapp 1 Million erreichend. Indessen erblühte in den letzten Jahren die Ausfuhr von Gefrierfleisch. Auch trat jüngst Mais die Reise über den Ozean an, und sogar ein Industrieprodukt, Sohlleder vergrößerte die Liste der Exportgüter. (1919 für 1445456 B.). Von Bodenschätzen wurde außer dem genannten Edelmetall, As- phalt und in den letzten Jahren auch Kupfer verschifft.

Von Exportartikeln 2 . und 3 . Ordnung seien noch genannt : Baumwolle (400), Kokos (532), Caraotas (137), Frijoles (67), Gemüse (171), Maismehl (175), Stärke (32), Chicle (232), Baum- wollsamenöl (88), Kokosöl (46), Hölzer (425), Möbel (52), Copaiba- balsam (61), lebende Schweine (154), Pferde (170), gesalzener Fisch (104), Rehhäute (40 1 ), Dünger (3 37), Zigaretten (109), Alpargatas (177), Perlmutterschalen (49), Salz (135), mineralische Schlacken (627).

Im ganzen zählt die Liste der Exportgüter von 19 19 121 verschiedene Artikel auf. Ihr Wert in Tausenden von Bolivares wurde für dieses Jahr in () hinzugefügt.

b) Ziele der Güter.

Der beste Abnehmer der venezolanischen Produkte war bereits vor dem Weltkriege Nordamerika. In der Periode 1904/05 gingen

209

Ziel der Ausfuhrgüter vor und nach dem Weltkriege.

Bestimmungs-Land

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Vereinigte Staaten Frankreich Deutschland . Großbritannien Spanien Niederlande . Curacao Österreich-Ungarn Belgien . Italien . Trinidad . Martinique .

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in Millionen Bolivares

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An zweiter Stelle

folgte Frankreich, welches 1904/05 19,4 °/0 und 1911/12 soga,

3i°/o

absorbierte. Zum dritten Platz hatten wir uns hinaufge-

arbeitet. 1904/05 nur im Werte von 3,5 Millionen B. Abnehmerr eigneten wir uns 1911/12 für 22,6 und 1913 für 28,8 Millionen B. venezolanischer Waren an, d. h. wir nahmen anstatt mit knapp 5, mit 17, bzw. 18 °/0 an der venezolanischen Ausfuhr teil. Ver- hältnismäßig gering, mit kaum 8°/0 1911/12 partizipierend, über- traf England in diesem Jahre nur um 2,5 Millionen die spanische Verschiffung venezolanischer Artikel. Diese für uns so erfreuliche Entwicklung hat der Krieg völlig zerstört und im übrigen eine wesentlich andere Verteilung der Waren geschaffen, bei welcher vor allem der nordamerikanische Anteil außerordentlich wuchs. Man vergleiche außer den obenstehenden noch folgende Zahlen : Es empfingen 1913 J9X7

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*) Nebst Kolonien. Bürger, Venezuela.

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210

Beteiligung der wichtigsten Länder an der Ausfuhr Venezuelas im letzten Jahrzehnt vor dem Weltkriege.

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191 9 zogen die Vereinigten Staaten von Nordamerika für 122372097 B. venezolanischer Waren an sich.

1 9 1 3 nahmen wir Venezuela ab im Werte von Millionen Goldmark : Kaffee . . 8,0 Kautschuk . 0,55 Heilpflanzen 0,7 Kakao . . 2,9 Häute . .1,2 Reiherfedern 0,45 Balatä . . 5,0 Dividivi . .1,0 Im ganzen 27,3

Die Nordamerikaner beanspruchen heute den Löwenanteil der Kaffeeproduktion, für die sie sich übrigens von jeher inter- essierten. Auch der Kakao wandert in großer Menge zu ihnen. Rindshäute, Ziegenfelle und besonders der raffinierte Zucker, Kupfer, Gold und Asphalt nehmen ihren Weg nach der Union. Frankreich ersetzte uns als Käufer der Reiherfedern und zieht viel Kakao an sich, aber nicht minder Kaffee und Häute. England hauptsächlich Kakao ; auch versieht es sich mit Gefrierfleisch. Dividivi wird nunmehr hauptsächlich nach Curacao, Mais in großen Mengen nach Trinidad verschifft. Spanien nimmt besonders Kaffee. Der Krieg führte zu einer Stauung der Landesprodukte in den Häfen und zu einer Senkung der Preise.

c) Einfuhr.

Der Import blieb, von wenigen Ausnahmen abgesehen, weit hinter der Ausfuhr zurück.

Die Zufuhren erfolgten vor dem Weltkriege hauptsächlich durch die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland, Frank- reich, die Niederlande, Spanien und Italien.

Deutschland nahm vor demselben die dritte Stelle ein. 1904/05 hatte es sogar bereits, England um Haaresbreite über- flügelnd, die zweite inne. Jedoch entwickelte sich seine Ausfuhr nach Venezuela in den nächsten Jahren viel langsamer, als jene von Großbritannien, ja man darf hinzufügen, aller übrigen Wett- bewerber. Denn während England seinen Import von 1 1 794 631 B. auf 27 167 199 vermehrte, der Frankreichs von 4,3 Millionen B. auf 13,9 stieg, und selbst die Niederlande, ihn von 3,2 auf 7,46 hebend, mehr als verdoppelten, wuchs die deutsche Einfuhr nur von 11,799 auf 16,313 Millionen, also um rund 30 °/0.

14*

212

1913 lieferten wir für 12 Millionen Goldmark Ware, und zwar vornehmlich Reis, Haus- und Küchengeräte aus Eisenblech, Maschinen und Bier.

Beteiligung der wichtigsten Staaten an der Einfuhr nach Venezuela im letzten Jahrzehnt vor dem Weltkriege.

Millionen ßolivares

35

1

30

1

1

1

1 f

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25

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20

3

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Vereinigte

Staaten v.N:A.

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Wie beim Export hat der Krieg uns auch hinsichtlich des Importes ausgeschaltet und den Einfluß der U. S. A. noch

213

mächtiger gestärkt. Die nordamerikanische Einfuhr wuchs folgender- maßen :

1916 .67165214B.

1917 . . 80 712 751

1918 . . 46 564983 124 824 000 B.

*9J3 1914

i9x5

35979980 B. 31 168 108 ,,

0

. 41 1 58 2 26 , 1919 .

Während sie also 19 13, im letzten Vorkriegsjahre, 38 des Gesamtimportes ausmachte, präsentiertete sie sich um 191 7 und 19 19 mit 70 °/0.

Während England seinen Absatz an Textilwaren und Brandy im wesentlichen behauptete, brachten die Yankees Eisen, Stahl, Automobile, alle Arten Maschinen, Gummireifen, Glas, Porzellan, Steingut, Leder, Papier, Artikel der elektrischen Industrie, Par- fümerien, Drogen, Leucht- und Schmieröle, Reis und Weizenmehl und traten im besonderen an unsere Stelle betreffs der Lieferung von Anilinfarben, machten aber auch den Engländern in Baum- wollwaren scharfe Konkurrenz. Neben der Union und England spielt nur noch Spanien eine bescheidene Rolle.

Verteilung des Imports vor und nach dem Weltkriege.

1909/10

1910/n

1911/12

1919

Länder der Herkunft

in

Millioner

1 Bolivar

es

Vereinigte Staaten

18,5

20,9

32,3

124,8

Großbritannien .

i5>2

23,7

27,2

33,9

Deutschland .

10,7

13,8

16,3

0,0

Frankreich

3,3

9,7

13,9

4,o

Niederlande .

3.9

6,0

7,5

i,9

Spanien

2,8

3,o

4,4

5,4

Italien ....

*,5

2,6

3,4

1,0

Curacao

0,9

Trinidad .

4,0

Spanien verdankt die von ihm ausgehende erhöhte Einfuhr dem Umstände, daß es der einzige Markt der Welt war, von welchem deutsche Kaufleute in Venezuela gleichmäßig während des Krieges Waren beziehen konnten.

214

Die neueste Handelsstatistik läßt den europäischen Staaten nur noch einen bescheidenen Raum. Zu Frankreichs Gunsten bilden die höchsten Ziffern Kognak, Drogen, Parfümerien, zu Englands fallen ebenfalls Drogen und Parfüms ins Gewicht, weit mehr aber Nähfaden, Baumwollgewebe, Säcke und Stoffe aus Jute und Hanf und außerdem Steingut.

Art der Güter. An der Spitze der Importartikel, alle anderen weit überflügelnd, marschieren Baumwollwaren, von denen 191 8 für rund 22 Millionen B. eingeführt wurden. Sie machten 30 °/0 der Gesamteinfuhr aus. In weitem Abstände folgten Drogen (4,2), Eisenwaren (2,2), Öle (2,1), Säcke (1,52), Motorfahrzeuge (1,0), Parfümerien (0,83), Getränke (0,77), Steingut (0,72), Maschinen und Geräte für die Landwirtschaft (0,72), Papier und Papierwaren (0,66), Wollwaren (0,64), sonstige Maschinen (0,62), ferner Zement (0,58), Kohlen (0,46), Glaswaren (0,43), Farben (0,36).

Man darf sagen, es wird so ziemlich alles importiert, außer gewissen Nahrungs- und Genußmitteln, in welchen das Land sich

selbst genügt. Im fo

der Hauptartikel, welche aus den 550 600 der Liste von 1919

hervorragen, und unter

Weizenmehl . Kakes, gewöhnliche Kakes, süße Reis .... Konserven . Sardinen . Butter . . . Olivenöl . Brandy, Kognak Weine, weiße . Weine, rote . Schaumweine Liköre . . Kerosin . Gasolin . Stearin Paraffin .

genden bringe ich eine Zusammenstellung

denen etliche überraschen werden.

n 1000 B.

[n 1000 B

7 657

1 201

462

5 5°6

229

Parfümerien, fein. Seifen

984

2 295

Stacheldraht

1 283

5°4

626

470

Eisenmanufaktur

1 655

1 3i5

Maschinen und Geräte

569

für die Landwirtschaft

1 448

1 639

Maschinen und Geräte

9i5

zum Weben .

1 084

681

Automobile ....

1 356

280

Handwerkszeug u. In-

252

strumente ....

630

1458

Gummireifen

1226

1 051

Glaswaren ....

446

952

Steingut, Porzellan

761

810

Baumwollstoffe (rund)

■z6 000

215

In iooo B.

Baumwollhemden und Strümpfe ....

Spitzen und Besatz aus Baumwolle , Leinen , Wolle

Flanell

Jute und Verwandtes

Stricke, Schnüre, Tau- werk

i 126

604

425

1 252

604

Säcke

Näh faden

Seide

Kunstseide

Papier

Druckpapiere

Zigarettenpapier

Papierwaren

Gedruckte Bücher

Munition

In 1000 B.

1 785

2 433 3i8

140

1 311

613

358

855 192

284

Der Import wird nicht unerheblich durch den Einlauf von Postpaketen vermehrt. 1919 langten in den Haupthäfen (be- sonders in La Guaira) 114 045 kg an im Werte von 8 786 340 B. Davon entfielen auf die U. S. A. 7 602 077 B.

3. Binnenhandel.

Da sich die Gebiete Venezuelas hinsichtlich Besiedelung und Produktion recht verschieden verhalten, indem dort die Konsumenten, hier die Produzenten vorwalten, überdies die einzelnen Landes- teile in ihren Erzeugnissen eine nicht geringe Mannigfaltigkeit aufweisen man erinnere sich des Zuckerreichtums Zulias, der Tabake Zamoras und Monagas, der Getreidefluren der Kordilleren- Staaten, der Kakaohaine des Orients, der Cafetäler der zentralen Staaten, der viehzüchtenden Llanos oder gedenke des Petroleums um den Maracaibosee, des Kupfers von Yaracui, der Kohlengruben in der Nachbarschaft Barcelonas, um nur Wichtigstes hervorzu- heben — so mußte der notwendige Ausgleich ein lebhaftes Hin und Her von Handelsbeziehungen auslösen, Schiffe und Boote, Eisenbahnzüge, Karren und Maultierkarawanen in Bewegung setzend.

Erwägen wir ferner, daß sich der überseeische Verkehr nur an verhältnismäßig wenigen Punkten der langen Küste des Landes abspielt, werden wir eine rührige Küstenschiffahrt erwarten dürfen, welche das Heranschaffen der Exportgüter und die Verteilung des Importes übernimmt.

Kabotage. In der Tat, vor allem die Küstenschiffahrt, von nationalen Fahrzeugen betrieben , kommt der Vermittlung von Waren, nicht weniger als 43 Plätze anlaufend, außerordentlich entgegen.

216

Im Jahr 19 19 bewegte sie ausladend . 240,7 Millionen kg im Werte von 293,9 Millionen B. einladend . 181,0 ,, ,, ,, ,, 246,8 ,, ,,

also im ganzen 421,7 Millionen kg im Werte von 540,7 Millionen B.

Ihre Frachten spiegeln das ganze Vielerlei dessen wider, was ein so gesegnetes, vielseitiges Land hervorbringt und bedarf. Naturgemäß nehmen auch hier die Landesprodukte, und unter ihnen besonders Kaffee und Kakao, hervorragende Plätze ein, aber nicht minder die fremden Güter. Wie die Hauptplätze gebend und empfangend am Küstenhandel partizipieren, lehrt die folgende Übersicht.

Beteiligung der wichtigsten Häfen an der Küstenschiffahrt im Jahre 1919.

Hafen

Einlauf

Aus- lauf

Hafen

Einlauf

Aus- lauf

Wert in Mill. Bolivares

Wert in Mill. Bolivares

Maracaibo .

La Vela (Coro) .

Tucacas (Aroa,Bar- quisimeto) .

Puerto Cabello (Va- lencia)

La Guaira (Caracas)

Guanta (Barcelona)

98,4 10,0

22,0

41,3

25,6

4,4

47,7 5,6

31,6

9,2

56,0

2,2

Puerto Sucre (Cu-

manä) Carüpano . Rio Caribe. Porlamar (J. Mar-

garita) Cristöbal Colon . Ciudad Bolivar

9,1

8,0

3,0

4,i

4,3

18,6

6,0 3,8 3,3

2,1

i,3 12,8

Die Niederungen, das weite Gebiet der Llanos, sind heute noch ausschließlich darauf angewiesen, sich der Flüsse oder der Maultiere zu bedienen, um ihre Produkte so ferne man sie nicht wie das Vieh treiben kann fortzuschaffen. Eine Anzahl von Flußhäfen, wie San Fernando de Apure, Nutrias, Baül, dienen als Verladungs- und Stapelplätze, und eine Reihe kleiner Orte, namentlich am Rande des Gebirges, haben sich zu Zwischen- märkten entwickelt, so Guanare, San Carlos, Calabozo, Zaraza, Maturin.

Die Flüsse leiten die Waren zum Orinoco bis Angostura, wo sie den Seeweg antreten, die Maultiere schleppen sie in oft

217

endlosen Zügen zu den volkreichen Zentralstaaten. Sie schaffen vor allem die Produkte der Milchwirtschaft, die verschiedenen Käsesorten, fort.

4. Handelstore und -zentralen.

Die wichtigsten Handelstore. San Antonio del Tächira Cariaco

Encontrados

Santa Barbara del Zulia Bobures

La Ceiba Maracaibo

La Vela

Adicora

Cumarebo

Los Taques

Tucacas

Puerto Cabello

Ocumare de la Costa

Chichiriviche

La Guaira

Carenero

Higuerote

Piritu

Boca del Neveri

La Cruz

Guanta (Barcelona)

Puerto Sucre (Cumanä)

Coche, Insel Coche

Porlamar

Pampatar

Juan Griego

Punta de Piedras

Carüpano

Rio Caribe

Saucedo

Playa Grande

Cristöbal Colon

Güiria

Irapa

Yaguaraparo

Caho Colorado

Pedernales

Tucupita

Uracoa

Barrancas

San Felix

Soledad

Ciudad Bolivar

Insel Margarita

Imataca

Venezuela besitzt 45 Handelstore von Bedeutung. Von diesen kommen für den Außenhandel 13 in Frage, darunter verschiedene Flußhäfen. Indessen nur 10 besaßen 1911/12 einen "Warenver- kehr, Im- und Export zusammenfassend, der 1 Million Bolivares überschritt. Sie reihen sich je nach dem wir den Wert der Aus- fuhrgüter, jenen der Einfuhr oder die Summe beider zugrunde legen verschieden. Vor dem Weltkriege ordneten sie sich wie nachstehend. 1919 trat eine Verschiebung ein, von der es fraglich ist, ob sie von Dauer sein wird.

218

Nach der Ausfuhr: Nach der Einfuhr

(Werte von 1919 in Millionen Bolivares).

I .

Maracaibo .

77,3

1.

La Guaira .

103,3

2.

Pt. Cabello . .

83,1

2.

Maracaibo .

37,7

1

La Guaira .

55,i

3-

Pt. Cabello . .

20,8

4.

Ciudad Bolfvar

i7,5

4-

Ciudad Bolivar .

12,6

5-

Carüpano .

7,8

5-

Carüpano .

0,85

6.

Cristöbal Colon

7,6

6.

La Vela

0,70

7-

Caho Colorado

7-

Cano Colorado .

8.

La Vela

3,5

8.

Pt. Sucre .

0,28

9-

Pt. Sucre .

2,6

9-

Cristöbal Colon .

o,79

0.

Guanta

i,3

10.

Guanta

Es partizipierten

mit

lin 1919 an Gesamthandel in Millionen B. :

La Guaira

m

it 158,4

oder 36,5 °/0

Maracaibo

>

115, °

26,5 %

Pt. Cabello

,

, 103,9

24,0%

Ciudad Boln

rar,

30,1

7,o °/0

In Summa mit 407,4: 436 oder 94,0 °/0 : 100.

Maracaibo. Wenden wir uns zunächst dem westlichsten der Großhäfen, Maracaibo, zu. Derselbe liegt am Westgestade jener breiten und langen Wasserstraße, welche den Golf von Maracaibo mit der gleichnamigen Lagune verbindet. Als Gründung des Ambrosius Ehinger, 1529, ist er einer der ältesten Hafen- plätze der Neuen Welt. Heute gilt derselbe als einer der schönsten Venezuelas, dem vornehme Paläste, imponierende öffentliche Bauten, Kirchen und Klöster, Denkmäler und öffentliche Gärten ein groß- städtisches Aussehen verleihen.

Seine weit vom Zentrum des Landes entfernte Lage, mehr aber noch seine intime Verknüpfung mit dem kolumbianischen Handel zogen Maracaibo weniger in Mitleidenschaft bei den so häufigen inneren Unruhen der Republik und den sie naturgemäß begleitenden wirtschaftlichen Depressionen.

Maracaibo beherrscht, trotzdem es nur Schiffe von geringem Tiefgang erreichen können, kommerziell ein sehr ausgedehntes Ge- biet, welches zwar nicht zu den volkreichsten gehört, indes eine Menge sehr verschiedenartiger Erzeugnisse auf den Markt bringt.

219

Seine Einflußsphäre umfaßt nicht nur den großen Staat Zulia, sondern auch die Kordilleren-Staaten und, über Venezuela hin- ausgreifend, den blühenden Staat Santander Kolumbiens. Der Reichtum der Wälder, die Ernten der verschiedenartigsten Plan- tagenkulturen, mehrere Bodenschätze wie Salz, Asphalt und Petroleum und die Früchte einer jugendlichen, aber großzügigen Industrie erwarten durch Maracaibo der Allgemeinheit nutzbar gemacht zu werden.

Im "Vergleich zum Export trat der Import zurück. In jenem aber marschiert es an der Spitze der venezolanischen Häfen.

Der Export belief sich in Millionen Bolivares :

1904/05 1906/07 1908/09 1910/11 1911/12 auf . . 19,5 23,7 23,1 26,3 40,2

Während er 1904/05 27 °/0 der gesamten venezolanischen Ausfuhr umfaßte, waren es 1911/ 12 30 °/0.

Die Folgen des Weltkrieges freilich verschonten auch Maracaibos Handel nicht. Es wurden verladen:

1916 in 1000 t im Werte von Mill. B. 1917 in 1000 t im Werte von Mill. B. Einfuhrgüter 17,8 21,9 10,6 16,1

Ausfuhrgüter 48,8 35,8 57,1 32,2

zusammen 66,6 57,7 67,7 48,3

Mit dem Ende des Krieges verbesserte sich der Handel Mara- caibos unverzüglich , denn zugunsten des Jahres 1 9 1 9 durften gebucht werden :

in 1000 t im Werte von Millionen B. Einfuhr . . 11,97 37,67

Ausfuhr . . 80,75 77.33

zusammen 92,72 115,00

Maracaibo führt vornehmlich Kaffee aus (1919 38 300 im Werte von 62,7 Millionen B.), dieser ging fast ausschließlich nach Nordamerika, welches übrigens in dem genannten Zeiträume 44000 t im Werte von 63,3 Millionen B. der Exportgüter Mara- caibos an sich zog. Der Rest wanderte bis auf geringe Über- bleibsel, von denen Frankreich ein weniges empfing, nach Curacao. Es empfingen 1917 in 1000 t im Werte von Millionen B.

Vereinigte Staaten . . . .28,8 24,9

Curacao 26,7 6,6

Übertrag 55,5 31,5

220

Übertrag 55,5 31,5

Holland 0,3 0,2

Kolumbien 1,0 0,3

Andere Länder 0,3 0,2

zusammen 57,1 32,2

Dagegen 19 19

Vereinigte Staaten .... 44,0 63,3

Curacao 32,9 10,9

Frankreich 0,9 1,6

Kolumbien 1,1 0,4

Andere Länder 1,25 1,12

zusammen 80,75 77,32

Die wesentlich geringere Einfuhr bezifferte sich in Millionen B. : 1904/05 1906/07 1908,09 1910/11 1911/12 auf . . 10,4 9,1 11,0 14,0 24,7

Sie sank 19 16 auf 21,9, 191 7 auf 16,1 und belief sich im Jahre 1919 auf n 973 t im Werte von 37,7 Millionen B.

Davon entfielen auf die U. S. A. 1917: 12,1 und im 1919: 31,5 Millionen Bolivares, auf England 1,5 bzw. 4,1, auf Spanien 1,4 bzw. 0,7 und auf Curacao (19 19) 0,72 Millionen Bolivares.

Übrigens war der Handel Maracaibos durch die »Red D Linie« von jeher mit den U. S. A. verknüpft.

Außer Kaffee wurden namentlich Reis,, Häute, Ziegenfelle, Dividivi, Zucker, Kakao, Hölzer und Rohpetroleum versandt.

Im Import-Transitverkehr mit Kolumbien passierten Maracaibo 1919 867,4 t Waren im Werte von 3,4 Millionen B., darunter für 12555 B. deutscher Herkunft.

La Vela. La Vela, der Hafen von Coro, vermehrte seinen Export von 0,4 Millionen B. 1904/05 auf 1,2 Millionen 1911/12. 19 19 schloß mit 3,5 Millionen B. ab. Ziegenfelle, welche nach Curacao gehen, bilden den Hauptartikel.

Puerto Cabello. Puerto Cabellos vorzüglicher Hafen empfängt die Produkte der gut angebauten Cebirgsstaaten Carabobo und Yaracui und der Llanostaaten Cojedes und Portuguesa, ferner teilweise sogar von Lara und den Kordilleren-Staaten Trujillo und Merida. Der Export ist infolgedessen ein blühender. Er hat sich

991

von 1905 1912, nachdem er etliche Jahre des Stillstandes über- wunden hatte, mehr als verdoppelt. In Millionen B. betrug er: 1904/05 1906/07 1908/09 1910/n 1911/12

16,7 16,6 16,7 21,4 35,3

und im Jahre 1919 : 83,0, denjenigen Maracaibos überflügelnd. Kaffee, Kakao, und besonders Häute, ferner Kupfer, Ziegen- und Rehfelle, Gefrierfleisch und neuerdings auch Mais gelangten hauptsächlich zur Verschiffung. Von diesen Gütern erhielten im Jahr 19 19

in 1000 t im Millionen B.

I. S. II. S. I. S. II. S.

Vereinigten Staaten .... 10,3 3,4 16,4 11,9

Frankreich 10,3 5,5 19,8 7,7

Spanien 3,8 2,1 5,2 5,4

England 3,2 1,6 3,3 1,9

Curacao 1,7 0,4 2,2 0,2

Holland 1,3 1,4 3,9 3,7

Santa Lucia 1,7 0,7

Frankreich nahm für fast 24 Millionen B. Kaffee (11,378 t), England Kaffee, Kakao, Panela und Gefrierfleisch, Holland Kaffee. Der Import erreichte selten mehr als die Hälfte der Ausfuhr und 19 19 nur 20,8 Millionen B., von welchen 13,1 auf die Ver- einigten Staaten, 4,8 auf England entfielen.

La Guaira. La Guaira, ein schlechter Ankerplatz, war als Versorger der Hauptstadt, ihrer konsumkräftigen Bevölkerung und aufblühenden Industrie, welche Maschinen nebst mancherlei Roh- stoffen und Halbfabrikaten benötigte, von jeher der bedeutendste Importhafen. Die Einfuhr erreichte in Millionen Bolivares 1904/05 1906/07 190809 1910/11 1911/12 J9i9

21,5 22.6 22,8 36,0 47,0 i°3,3-

Es lieferten an Waren 19 19.

I. S. II. S. Die U. S. A. für 37,2 33,9 Millionen B. England 9,2 13,7

Spanien 1,7 1,7

Frankreich ,, 1,3 1,8 ,, ,,

Exportgüter leiteten dem Hafen der Bundesdistrikt und die Staaten Miranda, Aragua und Guärico zu. Die Ausfuhr erreichte

222

Beteiligung der Haupthäfen an der Ein- und Ausfuhr im letzten Jahr- zehnt vor dem Weltkriege.

Millionen ßolivares

ty27S

--laOuajra Maracaido

Plo.CdbsIfo

Maracaiöo La Gua'yra

Ciuddd ßolivar

Pio.Cdbeüö

Ciuddd ßollyar

^-^Sarupano

Carupano

§* tr H

*q § ^

223

1904/05: 14,7» i9o6/°7: !7,5> 1908/09: 18,3, 1911/12: 24,5 und 1919: 55,1 Millionen B., blieb also stets beträchtlich hinter der Einfuhr zurück.

Von den Ausfuhrgütern holten sich im Jahre 19 19

I. S. II. S.

Frankreich

für

12,2

4,7

Millionen B.

Die U. S. A.

>>

9,i

8,0

, , ,,

England

,,

5,7

1,2

,, ,,

Trinidad

,,

°>5

12,5

> > ,,

Holland

, >

°,3

4,i

,, ,,

Spanien

4,0

2,2

>> ,,

Italien

,,

0,4

, , ,,

Martinique

>>

1,0

0,1

,, ,,

Curacao

>,

0,6

0,2

,, ,,

Kaffee, Kakao, Häute und Felle, Reiherfedern, von denen Frankreich für 1,1 Millionen B. erwarb, Sohlleder und Panela waren die wichtigsten Ausfuhrartikel.

Während des Jahres 1919 liefen in La Guaira ein und aus 140 bzw. 142 Dampfer und 14 bzw. 46 Segelschiffe. Von den ausfahrenden Dampfern waren

Amerikaner 58 Spanier 13

Engländer 18 Holländer 17

Franzosen 27 Norweger 3

Italiener 4 Venezolaner 2

Dieselben nahmen mit sich in Millionen kg:

Kaffee 14,8 Rindshäute . . . .0,86

Kakao 10,7 Panela 1,7

Mais 0,27.

Puerto Sucre. Puerto Sucre, der Hafen von Cumanä, über- trifft in Aus- und Einfuhr Guanta, erreichte aber erst 1911/ 12 einen Export von fast anderthalb (1,4) und 19 19 von 2,66 Millionen B., der hauptsächlich Frankreich zu gute kam. Der Import blieb weit zurück. Guanta (Barcelona) Export: 1,3.

Carüpano. Günstiger schneidet Carüpano ab, dessen Aus- uhr zwischen 1904 191 2 gelegentlich von 3 auf 5 Millionen B. anwuchs und bereits 1919 die Höhe von 7,8 Millionen B. erklomm. Dieser besuchteste Hafen des Orients führt besonders Kakao aus,

224

welcher Frankreich zufloß. Der Import belief sich in der gleichen. Epoche auf 1,2 2,5 und im Jahre 19 19 auf 852 719 B.

Cristöbal Colon. Der Außenhandel von Cristöbal Colon weist niedrigere Ziffern auf. In den letzten Vorkriegsjahren be- trug der Wert des Exportes 2 3 Millionen B. Das Jahr 19 19 schloß mit 7,5 Millionen B. ab. In erster Linie wird Kakao verfrachtet, ferner gelangen Kokosnüsse und Mais zur Ausfuhr. Der Abnehmer hierfür ist Trinidad. Außerdem geht Asphalt nach den Vereinigten Staaten. Die Einfuhr überschritt zwischen 1904 1912 kaum eine Viertelmillion; 1919 bewertete sie sich auf 791 760 B.

Cafio Colorado. Überraschend günstig hat sich der Handel von Cano Colorado entwickelt, namentlich was die Ausfuhr anbetrifft.

1905/06 1907/08 1909/10 1910/11 1911/12 Import . . 0,77 0,18 0,29 0,60 °;54

Export . . 0,80 0,15 1,24 1,59 2,10

Ciudad Bollvar. Ciudad Bolfvar, dieses wichtige Handels- emporium am Orinoco hat unter dem Weltkriege stark gelitten. Vor demselben registrierten :

1904/05 1906/07 1908/09 1910/n 1911/12 Einfuhr . . 4,7 7,3 4,6 11,2 9,1

Ausfuhr . . 14,0 14,5 15,0 20,3 22,0

Während des Weltkrieges sanken die Umsätze. Es ergaben in Millionen B. : 1915 1916

Einfuhr . . . 4,6 5,2

Ausfuhr . . . 17,8 16,0

zusammen 22,4 21,2.

Das Minus des Gesamtumsatzes bezifferte sich also gegen 1911/12 auf: 8,7 und 9,9 Millionen B.

1919 wies als Wert des Importes 12,6, des Exportes 17,5 Millionen B. auf, läßt also eine wesentliche Besserung erkennen. Am Außenhandel nahmen Teil:

Einfuhr

in t

Millionen B.

I. S.

II. S.

I. S. II. S.

Spanien

i5>6

3,7

0,03 0,01

U. S. A. . .

3021,9

2,21 5,°°

Übertrag 1282,0 3025,6 2,24 5,01

225

Übertrag 1282,9 3025,9 2,24 5,01

Frankreich . . . 32,3 22,9 0,15 0,14

England .... 118,7 I9°>9 °,63 I»°8

Holland .... 21,1 0,05

Italien 2,5 2,5 0,008 0,01

Kolumbien ... 67,4 0,13

Trinidad . . . 3°2>9 57Q>8 0,65 2,5

Im ganzen 1738,4 39OI>2 3,678 8,92

Ausfuhr

in t Millionen B.

I. S. II. S. I. S. II. S.

4,6 5,0 0,005 °>01

970,4 1264,2 3,9 6,07

0,06 11,0 0,15 0,05

Kolumbien U. S. A. . Frankreich England . Trinidad . Curacao .

241,6 352,7 1,1 1,96

1172,6 i599>9 J»6 2>22

54,o 0,16

Französisch Guayana 675,5 °>l%

Barbados .... 308,0 0,08

Im ganzen 2389,26 427°,3 6,755 IO>73

Angostura versandte vornehmlich Balatä, Kautschuk, Harze, Chicle, Rinderhäute, Rehfelle, lebendes Vieh, Tonkabohnen, Ko- paivabalsam und Gold. Die Vereinigten Staaten, England und Trinidad waren nach dem Weltkriege Hauptabnehmer und erstere die Hauptversorger.

Von den Häfen der Insel Margarita ist P o r 1 a m a r der be- deutendste, trotzdem denselben kaum ausländische Schiffe besuchen. 19 19 wurden für 6,3 Millionen Güter bewegt und für 1 399 850 B. Perlen verschifft.

5. Maße und Gewichte.

Komplizierter noch als die Münzverhältnisse bieten sich uns Maße und Gewichte dar. Dieselben wurden aus Spanien eingeführt, aber vielfach modifiziert. Ich lasse eine Übersicht der gebräuch- lichsten folgen.

a) Längenmaße. Vara = 3 pies . . 0,8359 m Codo = 18 pulgadas 0,4178 m Pie = 12 pulgadas . 0,2786 ,, Palmo = 9 ,, 0,2089 .,

Bürger. Venezuela. 15

226

Pulgada = 1 2 lineas 0,0232m Jeme = 6 pulgadas 0,1392m

Linea = 12 puntos . 0,0019 » Dedo = 9 lineas . 0,0173 >>

Punto 0,0001 m.

Der Fuß, pie, wird im Verkehr als tercia, die Handbreite, palmo, als cuarta bezeichnet. Codo ist das am Ellenbogen an- setzende Maß und entspricht daher der Elle, während Jeme den Abstand zwischen Daumen- und Zeigefingerspitze ins Auge faßt.

Um Entfernungen zu 'markieren, dienen die folgenden :

Legua = 3 millas . 5572,69m Cordel = 25 pie's . . 6,96 m

Milla = 6666 2/3 pies 1857,56,, Estadal = 19 ,, . . 3,34

Mijero = 50 pies . 13, 93,, Pertica = 10 ,, 2,78

Paso = 5 pies . . . 1,39 m.

Als Wegemaß wird in Venezuela ausschließlich die Legua von 20 000 Fuß, die cuadra von 100 varas und unter dem Namen cafia der estadal benutzt. Die gesetzmäßige Meile, legua, wie sie bei Terrainkonzessionen und dem Verkauf von Staatsländereien zur Anwendung gelangt, zählt 5000 m oder 6666 varas. Die Meile der Llanos jedoch nur 5000 varas. Ferner wird noch nach Cabuyas gerechnet. Diese ist 100 halbe Schritte lang oder 10 Cordeies, d. h. 69,659 m.

b) Flächenmaße. Vara cuadrada = 9 pies cuadrados = 0,69 qm. Pie cuadrado=i44 pulgadas cuadradas = 776,37 qcm. Pulgada cuadrada =144 h'neas cuadradas = 5,39 qcm. Linea cuadrada = 3,74 qmm.

Mit größerer Genauigkeit bestimmt sich die Quadratvara auf 0,698751 qm und der Quadratmeter auf 1,431 124 qv.

Bei der Vermessung von Landschaften bedient man sich der Legua cuadrada = 9 millas = 31,0846 qkm und der Milla cua- drada =3,4538 qkm.

In der Landwirtschaft spielen eine Rolle die

Caballeria = 60 fanegas 38,63 ha

Yugada =50 32,19

Fanega=i2 celemines 6439,68 qm

Celemm = 4 cuartillos 536,64 ,,

Aranzacla = 400 estadales cuadrados = 223,60 ,,

227

Cuartillo = 12 estadales cuadrados = 134,16 qm

Estadal = 4X4 varas 11,18 ,,

Gewöhnlich mißt man jedoch nach Fanegas oder Fanegadas von 100X 100 Varas = 6987,51 qm (also fast 70 Ar) und nach Estadales, welche Canas genannt werden.

Eine ältere Fanega oder el almund de sembradura, der Saat- gutscheffel, besaß 85 brazos (Arme) jederseits und entsprach einer Fläche von 28900 Quadratvaras.

Beim Anbau von Zuckerrohr und Kaffee rechnet man nach dem

Tablön de cana de azücar=ioo Quadratvaras. In den Orten teilen sich die als manzanas bezeichneten Häusergevierte (an welche vier Straßen grenzen) in 4 cuadras oder solares von 50X5° varas jede.

c) Raummaße. Einheiten sind : Vara cubica = 27 pie's cubicos . . . 0,584 cbm Pie" cubico=i728 pulgadas cubicas . 216,32 ccm Pulgada cubica = 1728 lineas cubicas 12,518 ccm Linea cubica =7,244 cmm. Die Kubikvara bestimmt sich genau auf 0,58407789 cbm, d. i. der Kubikmeter auf 1,71 210 440 cv. Im Frachtverkehr rechnet man nach :

Lastre = 2 toneladas .... 1,845 c^m Tonelada = 42,6 pies cubicos . 0,922

Codo de ribera 189,79 ,,

Tarea de lena = 144 Kubikfuß, ein in Guayana gebräuchliches Maß für Salz. Im Handel mißt man trockene Waren im engsten Anschluß an spanische Einheiten nach :

Cahiz = 12 fanegas 666,0 1

Fanega = 12 celemines 55,5 ,,

Celemi'n = 4 cuartillos 4,625 1

Cuartillo = 4 ochavos 0,289

Ochavo = 0,289 1. oder in venezolanischer Abänderung für den Cuartillo, den man in Cuartilla umgetauft hat, 4,5 1, für den Celemin, welchen man Almud nannte, 18,0 1, für die Fanega 216,3 1 ur>d für den

i5*

228

Cahiz 2595,7 1 zugrunde legend. Im Kleinhandel erlitt der Almud, Scheffel, verschiedene Abänderungen. Der Krämer be- dient sich z. B. in Caracas eines Almuds von 9,79 oder 11,6 1, und in Tächira von 27 1. In M^rida und Trujillo ist überdies ein als Palito bezeichneter halber Scheffel mit einem Inhalt von 0,2856 cbm gebräuchlich.

Als Flüssigkeitsmaße werden in Venezuela vorzüglich an- gewandt :

Barril (Faß) =28 1 Galön = 3,5 1

Garrafön = 17,5 1 Frasco = 2,i 1

Damesana (Damajuana) = 8,7 1 Botella (Flasche) = 0,7 1.

Ferner beim Branntweinhandel la carga = 80 botellas und beim Verkauf von Ölen eine Damesana von 25 Flaschen = 17,4 1 oder la botija vom nämlichen Inhalt und la botijuela von 8 Flaschen.

d) Gewichte.

Dieselben lehnen sich wesentlich an das spanische Vorbild an. Tonelada =20 quintales . . . . 920,7 kg

Quintal = 4 arrobas 46,0

Arroba=25 libras 11,5

Libra = 16 onzas 460,0 g

Onza=28,7 g Grano = 49,9 mg.

Quintalweise verhandelt man Kaffee, Indigo, Reis, Tonka- bohnen, Kautschuk, Baumwolle, Häute, Schweineschmalz.

Yuca und Bananen werden nach Lasten, cargas, zu 8 arrobas gemarktet. Auch spricht man von einer Carga gemünzten Silbers von 163 Pfund oder einer Carga Casabe von 80 Pfund. Außer- ordentlich variiert die Carga Panela. Sie wiegt z. B. in Barinas und Valencia 120 Pfund, in Maracaibo 200, in Barquisimeto 180 240, in Caracas 256, in San Carlos 320 und so fort.

Auch spielen Maße die Rolle von Gewichten. So entsprechen z. B. 32 Pfund Mais in den Llanos einem Almud oder 384 Pfund einer Fanega. 25 Pfund werden in Mdrida als Palito, d. h. halber Almud gerechnet

Es wiegt, um noch einige Beispiele zu nennen, die Fanega in Pfunden von 460 g für:

229

Mais

Kakao

Caraotas

Frijoles

in Barcelona .

260

114

300

280

Barinas .

480

1 10

432

432

Barquisimeto .

384 480

"5

384—480

360

,, Caracas .

212 216

110

216

216 230

,, Ciudad Boh'var

240

1 10

240

260

,, Valencia

336

336

312

Manche Artikel werden auch stückweise gehandelt, und man faßt dann eine Anzahl als Cuenta zusammen. So besteht eine Cuenta de Casabe in Guärico aus 20, in Carabobo aus 24, in Cojedes aus 40 und in Apure aus 50 Kuchen. Die Cuenta Papelön begreift in Aragua 32, aber in Cojedes 40 Stücke.

Ausgangland: Deutschland

Holland

England England

XI. Der Verkehr. 1. Überseeverkehr.

Linie : Häfen :

Hamburg-Amerika Hamburg - Carüpano, Guanta,

Cumanä, La Guaira, Puerto- Cabello, Curacao. KoninglijkeW. J. Mail Amsterdam- Guanta, Cumanä,

La Guaira , Puerto - Cabello, Curacao. Royal Mail St. P. C. Southampton-La Guaira. Harrison

Liverpool-La Guaira, Puerto- Cabello.

w. o. New York -La Guaira, Puerto- Cabello, Curacao, Maracaibo, La Vela de Coro. Genua-La Guaira, Puerto Ca- bello. Frankreich C. Generale Transat- St. Nazaire-La Guaira, Puerto

lantique Cabello.

Frankreich C. Generale Transat- Bordeaux-Carüpano, La Guaira,

lantique Puerto Cabello.

England U. S. A.

Italien

Leyland Red D

La Veloce

230

Ausgangsland: Linie: Häfen:

Frankreich C. Gendrale Transat- Marseille-Carüpano, Pampatar,

lantique La Guaira, Puerto Cabello.

Spanien Transatlantica Espa- Barcelona -La Guaira, Puerto

nola Cabello.

Venezuela Nacional Maracaibo und fast alle Küsten-

plätze bis Boh'var.

Die transatlantische Dampfschiffahrt nach Venezuela war vor dem Kriege eine recht rege. Die großen europäischen handel- treibenden Staaten und die amerikanische Union sandten zahlreiche Fahrzeuge, außerdem beteiligte sich Venezuela selbst an der Küsten- schiffahrt.

Die schnellste Überfahrt vermittelten französische Dampfe1" von St. Nazaire über Guadeloupe in 1 7 Tagen nach La Guaira. Die »Hamburg-Amerika-Linie« ließ nur kleinere, hauptsächlich der Fracht gewidmete Dampfer laufen, auf denen aber auch eine beschränkte Anzahl Passagiere bequeme Unterkunft und gute Ver- pflegung bei geringen Preisen fand. Freilich dauerte die Reise fast 4 Wochen. Die nordamerikanische »Red D Linie« vermittelte den Verkehr New York-Portorico-La Guaira in 7x/2 Tagen.

Wer von Ciudad Bolivar nach Europa wollte, mußte von Trinidad bis Barbados eine Nebenlinie der »Royal Mail« benutzen. In Barbados nahm ihn dann ein Überseedampfer auf, welcher den Reisenden in 1 1 Tagen nach Cherbourg bzw. Southampton brachte.

Die anliegende Übersicht gibt ein Bild der Seedampfschiffahrt vor dem Weltkriege.

Den Dienst der Hamburg-Amerika-Linie will die »Clyde Steamship Company« wieder aufnehmen als »Clyde- Ward Line's European & West Indies Services«.

19 10 besuchten die n Haupthäfen 1034 Fahrzeuge. Ihr Raumgehalt belief sich auf 1 143 870 t. Davon 684 Dampfer = 1121323 t und 350 Segelschiffe = 22 547 t. Die meisten Fahr- zeuge empfing La Guaira, es folgten Puerto Cabello und, die Tonnage berücksichtigend, Carüpano und Puerto Sucre. Von den Handel treibenden Nationen stand 1910 Holland an der Spitze, dem, was die Tonnenzahl anbetrifft, Frankreich wenig nachstand. Deutschland befand sich in der Zahl der Schiffe an dritter Stelle,

231

mit Rücksicht auf den Raumgehalt derselben an fünfter. 191 9 übernahmen die U. S. A. die Führung, Norwegens und Spaniens Schiffsverkehr erscheint wesentlich vermehrt, derjenige Italiens und Frankreichs wesentlich vermindert, Deutschland und Rußland fallen aus. England hat kaum eingebüßt.

19 16/17 liefen 950 Schiffe mit 1 079 375 t Raumgehalt venezolanische Häfen an und 1919 1026 mit 903 714 t.

Einlauf der Handelsdampfer und Segelschiffe nach den Nationalitäten.

1910

1919

Nationalität

Zahl

der

Schiffe

Tonnengehalt

Zahl

der

Schiffe

Tonnengehalt

Deutschland

86

141 835

Holland

259

247 49°

I20

95 850

U. S. A. .

154

174 601

144

181 137

England

79

166 900

69

170 508

Frankreich

85

230 152

38

174852

Italien .

32

89 107

19

89 543

Spanien

22

64 532

31

1 16 293

Norwegen .

10

7 121

49

43 493

Schweden .

2

516

Dänemark .

8

2 357

1

1 537

Rußland .

5

I 283

Kolumbien

4

165

2

191

Venezuela .

288

17 8ll

553

30 288

Dominika .

1

76

Summen | 1 034 | 1 143 870 | 102 7 j 903 714

Für den Personenverkehr kommt außer den 1 1 bedeutenden Seehäfen noch der Flußhafen Encontrados in Frage, welcher den Verkehr mit Kolumbien vermittelt. 19 10 kamen im ganzen 26173 Personen an und 23238 gingen. Die meisten betraten und verließen das Land über La Guaira (6426 : 6427) und Maracaibo (5160 : 5393). In Puerto Cabello schifften sich 3328 Personen ein und 2597 aus. Ferner war die Personen- bewegung in Cristöbal und Colon (3328 : 2627), Ciudad Bolivar

232

Verteilung der ankommenden Frachtdampfer und Segelschiffe auf die

verschiedenen Häfen.

1910

1919

Hafen

Zahl

der

Schiffe

Tonnengehalt

Zahl

der

Schiffe

Tonnengehalt

La Guaira

265

495 6zo

168

405 817

Puerto Cabello

164

322 597

122

464 564

Maracaibo .

1 10

37 2°9

137

50 662

Carüpano .

108

140 481

45

23865

Puerto Sucre .

48

69 564

57

14697

Guanta .

33

35608

La Vela

48

3 555

62

3897

Pampatar .

11

2 290

110

2 507

Cristöbal Colon

126

4 148

266

22 533

Cano Colorado

7i

20 662

Ciudad Boh'var

1 2 136

60

15 172

Si

lmr

nen

io34

1 143 870

1027

903714

(2419 : 1526) und Encontrados (1096 : 1069) besonders lebhaft. Nur noch Carüpano und Vela weisen ähnliche Ziffern auf.

Der Personenverkehr verteilt sich ziemlich gleichmäßig über das Jahr, jedoch lassen Mai und Juni ein Abflauen merken.

Die venezolanische Handelsflotte bestand 191 7 aus 1 1 Dampfern mit 5298 t und 15 Segelschiffen mit 2432 t.

2. Flußschiffahrt.

Von den zahlreichen Flüssen, welche der Lagune von Mara- caibo zusteuern, sind der Schiffahrt nutzbar der Rio Catatumbo, welcher sich in den Rio Zulia fortsetzt, und der Escalante. Beide befahren kleine Dampfer, den Rio Catatumbo-Zulia bis nach dem kolumbianischen Hafen Villamizär hinauf, den Escalante bis zu den Orten San Carlos und Santa Barbara. Letzterer bildet den westlichen Endpunkt der Eisenbahn nach El Viji'a.

Das Orinocosystem bietet eine größere Zahl schiffbarer Wasser- läufe. Der Orinoco selbst ist bis zu den Fällen von Atures für kleinere Fahrzeuge schiffbar. Große Dampfer vermitteln den Ver-

233

kehr zwischen Ciudad Bolivar und Trinidad und den Seehäfen des Landes. Zwischen Ciudad Bolivar und Port of Spain lief, früher im Anschluß an Überseedampfer der englischen »Royal Mail«, alle 14 Tage ein großes, aber altertümliches Fahrzeug, Fracht und Passagiere befördernd. Es machte die Fahrt, den Macareo genannten Arm des Orinoco benutzend, in 30 bzw. 56 Stunden abwärts und aufwärts. Heute besorgen den Verkehr venezolanische Dampfer. Bis Angostura vermögen auch Kriegsschiffe vorzudringen.

Von Ciudad Bolivar, dem wichtigsten Orinocohafen, fahren kleinere Dampfer stromaufwärts weit in den Nebenflüssen Meta und Apure hinauf. Am Meta bildet Orocue auf kolumbianischer Erde den Endpunkt, am Apure Nutrias, außerdem werden die Nebenflüsse des Apure, der Rio Cojedes bis El Baül, der Rio Portuguesa bis Guanare, wenigstens während der Regenzeit, be- fahren. Segelboote, mit Stangen und Rudern vorwärtsgetriebene Bongos und Einbäume dehnen den Verkehr noch weiter aus, Fahrzeuge, welche stromaufwärts nur sehr langsam fortkommen. Mit einer Lancha dauert die Reise von Ciudad Bolivar bis Orocue 3 Monate.

Die kleinen, den Orinoco und seine Zuflüsse befahrenden Dampfer werden durch ein Hinterrad in Bewegung gesetzt. Es sind Boote mit sehr geringem Tiefgang und von luftigster Bauart. Für verwöhntere Reisende steht zumeist auf dem Oberdeck mindestens eine ganz wohnliche Kabine zur Verfügung ; wer in einem abgeschlossenen Räume keinen Platz bekommt, muß sich seine Hängematte irgendwo aufspannen. Das Landvolk richtet sich, so gut es angeht, zwischen den Waren, den Häuten, Kisten und Ballen ein. Auch diese Fahrzeuge fahren nicht schnell und verlieren besonders mit dem Einkauf des Feuerungsmaterials, des Holzes, welches bald hier bald dort am Ufer von Leuten ein- gehandelt wird, die sich mit dem Fällen und Zurichten einen Verdienst machen. Von Orocue z. B. braucht ein Dampfer bis Ciudad Bolivar 8 und umgekehrt 12 Tage. Glücklicherweise findet man auf dem Dampfer Beköstigung, aber nach meiner Er- fahrung keine Getränke vor.

Während der trocknen Jahreszeit ruht die Dampfschiffahrt auf den Nebenflüssen.

234

Die Eisenbahnen.

Die 1 2 venezolanischen Bahnen 5 Staats- und 7 Privat- bahnen von zusammen 1039,34 km Länge bilden zur Zeit kein zusammenhängendes Netz , sondern bestehen aus einer Reihe Strecken, welche vornehmlich im gebirgigen Teil des Landes ver- streut sind. Der Bahnbau setzte erst 1873 mit einem die Minen- stadt Aroa und den Hafen Tucacas verbindenden Schienenstrange ein. Dieser diente der Beförderung von Kupfererzen. Derselbe wurde später bis Barquisimeto ausgebaut und besitzt eine Länge von 176,5 km. Ferner trat ein Zweig von Palma Sola nach San Felipe hinzu, und mit diesem und zwei kleineren Ästen bildete sich der »Ferrocarril Boh'var« genannte Bahnkomplex von 232 km Ausdehnung. 1880 schritt man zum Bau des »Gran Ferrocarril de La Ceiba«, welcher La Ceiba mit Motatän verbindet, das östlich der Lagune von Maracaibo 324 m hoch am Westfuß der Kor- dillere von Mdrida gelegen ist ; er besitzt, einen kurzen Seiten- zweig inbegriffen, 85 km Länge. Im gleichen Jahre begannen englische Ingenieure die kühne, von La Guaira nach Caracas über > den looc£ m hohen Gebirgskamm in engen Serpentinen empor_ strebende Geleisverbindung, welche zu den herrlichsten Schöpfungen Venezuelas zählt. 1887 wurde Valencia mit seinem Hafen Puerto Cabello durch einen 55 km langen Schienenweg verbunden, eben- falls durch englische Unternehmer, indes ein ungleich leichteres Arbeitstück, da nur an 600 m Höhendifferenz zu überwinden waren.

Deutsche Bahn. Diese beiden ungemein wichtigen Bahn- strecken erfuhren in den Jahren 1888 94 eine Verbindung durch den »Gran Ferrocarril de Venezuela«, ein deutsches Werk, auf welches wir stolz sein dürfen, zwischen der Hauptstadt und Valencia. Die Bahn überwindet enorme Höhenunterschiede, denn sie muß das Gebirgsland von Los Teques bezwingen, welches sie vermittels ungeheurer Kehren, 86 Tunnels von zusammen 5200 m Länge nebst 217 Brücken und Viadukten von zusammen 4528 m Länge vermochte. Es werden 816 m Höhenunterschied bewältigt. Die Bahn ist 179 km lang und berührt 26 Stationen. Die etwa 8stündige Fahrt erschließt einen landschaftlich großartigen Teil des Landes. Der Schienenweg legt nicht allein durch seine im- ponierende Trassierung ein beredtes Zeugnis von deutscher Tat-

235

Entwicklung der Eisenbahnlinier

1 bis 1920.

Länge

Länge

Nied-

Höchste

Linien

in km

in •km

rigste

Station

111

Station m

La Guaira-Caräcas

36,6

8

9">7

Gran Ferrocarril de Venezuela .

183,7

178,9

410

1171,8

4,8

Puerto Cabello-A'alencia .

54,7

°,7

595

232

Tucacas-Barquisimeto

163,2

o,7

725

Palma Sola-San Felipe . . .

42

35

245

13,6

131

37o

Cobre de »La Cumaragua«

3,2

Ein weiterer Zweig .

10

Encontrados-Tächira

1 20

10

370, 6

Gran Ferrocarril de La Ceiba

85

La Ceiba-Motatän

81,4

4,5

324

3,7

Ferrocarril Central de Venezuela

1 73,5

Caräcas-San Francisco de Yar«

1

73,5

124

888,5

Ferrocarril de Carenero

54,4

Carenero-Rio Chico-El Guapc

54,4

o,7

29,7

F. de Guanta-Barcelona-Minen vor

1

36,4

1,6

48,2

18,8

Barcelona-Naricual

17,6

Santa Barbara-El Vigi'a

60

i4,4

132,0

i3,4

1,2

18

Maiquetia-Macuto (Elektrisch)

7

9

15»2

Caräcas-El Valle (Elektrisch) .

5,5

Asphaltminen von Inciarte (Zulia

44

Asphaltminen von Guanoco (Sucre

15.

Asphaltminen v. Guanipa(Maturin

3

Petroleumbahn von San Lorenzc

)

15

1039,34

236

kraft und Intelligenz ab, sondern spricht auch durch die ihn begleitenden formgefälligen und heiteren Bauten von deutschem Schönheitssinn, der noch dem Nebensächlichen Reiz zu verleihen sich befleißigt. Die Bahn führt an reizenden Villenstädten vor- über, etliche, wie Los Teques, mit prächtigen, von Palmen strotzenden Parks. Die angrenzenden Ländereien wurden mit mannigfaltigen Bäumen bepflanzt, unter denen Eukalypten, Zypressen und Zedern vorherrschen. Die Kompagnie hat jüngst ihren Sitz von Venezuela nach Berlin gewechselt und ihr Kapital auf 26250 000 Bolivares = 2 1 Millionen Goldmark festgelegt. Im Anfange hatte sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen, da namentlich der Frachtverkehr die gehegten Erwartungen nicht erfüllte. Heute prosperiert sie.

Ein dritter von Caracas ausstrahlender Eisenbahnstamm senkt sich, eine südöstliche Richtung einschlagend, dem Tal des Rio Guaire folgend, nach Santa Teresa hinab und steigt dann wieder- um etwas nach Francisco de Yare empor. 73 km lang überwindet er 764 m Höhendifferenz. Er wird als »Ferrocarril Central« be- zeichnet und berührt El Encantado mit seinem schönen Park.

Im äußersten Westen führt die 120 km lange Tächirabahn von dem Flußhafen Encontrados am Rio Zulia an den Fuß der Kordillere von Merida bis Uracä. Die bei Santa Barbara am Rio Escalante, der sich ebenfalls in die Lagune von Maracaibo ergießt, einsetzende Bahn strebt desgleichen der Kordillere zu und war bis Merida projektiert worden, fand aber vorläufig bei El Viji'a mit 60 km ihr Ende. Zwischen Coro und seinem Hafen Vela ver- mittelt eine kleine Bahn von 13 km den Verkehr.

Östlich von Caracas dringen vom Golf von Barcelona zwei kurze Schienenstränge ins Innere, nämlich von Carenero bis La Espanola del Guapo (54,4 km) und von Guanta bis El Naricual (36,4 km) mit seinen Kohlengruben.

Schließlich wäre noch die kurze, heute elektrisch betriebene Strecke Maiquetia-La Guaira-Macuto zu erwähnen (7 km).

Keine der Bahnen arbeitet mit Verlust, und die Mehrzahl verzinst sich gut. Am besten yerinteressieren sich La Guaira- Caräcas, Caracas- Valencia, Santa Barbara-El Viji'a, die Ceiba-Bahn und Maiquetia-Macuto mit 7 13 °/0.

Über Betriebskosten, Passagier- und Frachtbeförderung, Ein- nahmen und Verzinsung geben die begleitenden Übersichten Auskunft.

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Über den Tarif der Passagier- und Frachtbeförderung, der in letzter Zeit erhöht wurde, stehen mir nur Anhaltspunkte für die Strecke Caräcas-Francisco de Yare zur Verfügung. Danach werden berechnet für iooo kg des knapp 74 km langen Weges 28 Bolivares und für die einfache Fahrt einer Person 15 B., das macht etwa 0,4 bzw. 0,2 B., also 0,3 und 0,16 Pfennige per km.

Man reist auf den venezolanischen Bahnen sicher und gut. Die Bauart der Wagen paßt sich dem heißen Lande an. Reich- liche Luftzufuhr ist die Losung.

Zur Zeit sind nur etliche kleinere Strecken im Staate Zulia projektiert.

4. Fahrstraßen und Wege.

Bei der geringen Entwicklung der Eisenbahn besitzen die Fahrstraßen eine große Bedeutung, und es ist zu begrüßen, daß man sich ihrem Ausbau in neuerer Zeit energisch zuwandte. Muß doch beispielsweise (wie jüngst ein Statistiker berechnete) die Kaffee- Ernte 1700 km Straße oder Reitweg zurücklegen, ehe sie eine Bahn- station oder einen Hafen trifft. Man will Chausseen nutzbar auch für Automobile schaffen, von denen es allein in Caracas bereits tausend für Last- und Personenbeförderung gibt.

Der Import dieser Fahrzeuge gestaltete sich folgendermaßen : 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919

104 126 227 518 542 1.18 293.

Wagen, Kutschen, Personen- und Lastautomobile zahlen eine jährliche Abgabe von 80 600 B. Von 1909 19 19 wurden unter der Präsidentschaft Gömez für öffentliche Arbeiten ausgegeben 62 */4 Millionen Bolivares, davon entfielen auf Wegebauten 32 1j2 Milli- onen Bolivares. Unter Castro hingegen von 1900 1908 war das Verhältnis 23 : 1.

Carretera Occidental. Zur Zeit wurde die die Kordillere und den westlichen Llano erschließende »Gran Carretera Occi- dental de Venezuela« vollendet, welche sich von Caracas über Las Adjuntas, Los Teques, La Viktoria, Tumero, Maracay, Guacara nach Valencia wendet (160 km), alsdann eine große Anzahl von Flüssen und Quebradas schneidend, Tinaquillo und später Tinaco erreicht, weiter San Carlos zustrebend (267 km). Über Cojedes setzt sie sich, fortgesetzt zahlreiche Quertäler überwindend, nach

240

Acarigua fort, um ziemlich geradlinig süd-westlich orientiert über Ospino Guanare zu treffen (448 km). Ihr nächstes Ziel ist Boconö. Bis dahin müssen zwanzig tiefe Einschnitte, in denen, je nach der Jahreszeit, zahme oder wilde Gewässer zu dem Llano hinab- fließen, überwunden werden. Barrancas berührend wird das einst- mals bedeutendere Barinas erreicht. (531 km). Sich nunmehr stärker westlich richtend und alsdann dem Saum der Kordillere folgend, werden Pedraza (564 km) und Santa Barbara (702 km) gewonnen. Zwischen Barfnas und Santa Barbara wurden 72 Que- bradas und Flußläufe überschritten, dagegen außer Pedraza und Ciudad Bolivia keine nennenswerte Ortschaft berührt. Nunmehr tritt die Carretera in den Staat Tächira und sucht San Antonio de Caparo auf (752 km) und findet in San Cristöbal ihr vor- läufiges Ende (872 km). Sie gewinnt aber den Anschluß an die »Carretera Central de Tächira«, welche San Cristöbal über Pal- mira und Colon mit Estaciön Tächira verbindet und weiter eine Kommunikation mit Urena und San Antonio herstellt und bald auch den Anschluß an Rubio und Santa Ana (die alte Straße ersetzend), gewinnen soll.

Als Gegenstück zur westlichen großen Fahrstraße plant man als »Gran Carretera Oriental« eine moderne Verbindung von Caracas Ortiz El Sombrero Barbacoas Chaguaramas La Pascua und weiter über Tucupido Zaraza Aragua nach dem Oriente.

Ferner sind die Arbeiten einer Chaussee zwischen Caracas und Guätire über Petare (50 km) nahezu beendet, um die frucht- baren Täler von Guarenas und Guätire besser zu erschließen.

Von den im mittleren Gebirge Venezuela aus dem Inneren zur Küste hinabsteigenden Fahrstraßen verbindet eine gutgepflegte und landschaftlich hervorragende Maracay, die blühende Haupt- stadt von Aragua mit Ocumare de la Costa (59 km). Sie über- sehreitet das Gebirge in einer Höhe von 1400 m.

Im Staate Carabobo zieht eine Fahrstraße von Valencia nach Nirgua in südwestlicher Richtung. Ferner von Valencia nach Puerto Cabello (54 km) und von San Felipe nach dem nämlichen wichtigen Seehafen. Außerdem ist San Felipe durch eine Chaussee mit Nirgua verbunden.

Die alte Fahrstraße zwischen Caracas und La Guaira (36 km) gewinnt wiederum, trotz der Eisenbahn, an Verkehr. Allein September

241

und Oktober 1919 passierten dieselbe 1336 Automobile, 538 Kutschen, an 2000 Lastwagen, 2235 Maultiere und Esel, mehrere tausend Stück Vieh und über 1 1 000 Fußgänger.

Zwischen den Staaten Trujillo und Lara vermittelt eine von der Fahrstraße Trujillo Motatän abzweigende und sich über Carache nach Barranco Colorado wendende Chaussee von 83 km Länge.

Im Staate Lara ist eine solche zwischen Barquisimeto und Carora (110 km) seit 19 19 fertig gestellt. Merida erfreut sich einer nach Lagunillas ziehenden Straße. Die Carretera del Llano soll Turmero mit Calabozo verbinden, hat zur Zeit aber erst Ortiz erreicht (103 km).

Vernachlässigter blieb der Osten. Bestehende Straßen sind : Guanta Barcelona; Cumanä Cumanacoa (55 km) ; Cartipano Tunapuy (30 km); Maturfn Caho Colorado ; Rio Caribe Yagua- raparo. Man arbeitet an Fahrstraßen zwischen Barcelona und San Mateo, Carüpano und Cariaco u. a.

Insgesamt sind 4437 km Fahrstraße fertig oder im Bau be- griffen. Der Kilometer stellt sich durchschnittlich an Baukosten auf 25 000 B.

Von den alten Handelswegen, welche sich die Neubauten zum Teil nutzbar machten, sind die wichtigsten : Las Tablas Guasipati 215 km, die ein Wagen, je nach der Jahreszeit, in 10 Tagen bis 2 Monaten bewältigen soll. Er führt in den Gold- distrikt Guayanas. Ferner jener von Maturin im Staate Monagas nach Barrancas am Scheitel des

Orinoco-Delta, von Maturin nach Soledad, Ciudad Boh'var gegenüber, am linken

Ufer des Orinoco, von Maturin über San Antonio und Cumanacoa nach Cumanä, von Soledad nach Barcelona (361 km) über Pao und Aragua de

Barcelona, von Aragua de Barcelona über Zaraza Tucupido, Chaguaramas

nach Ocumare und der Landeshauptstadt, von San Fernando de Apure über Calabozo Ortiz Tinaco

Tinaquiüo nach Valencia, von Nutrias nach Barinas und Guanare und über Araure Aricagua

nach San Carlos und Barquisimeto.

Bürger, Venezuela. l6

242

Auf diesen Pfaden muß sich der Reisende hoch zu Roß oder noch besser zu Maultier fortbewegen. Die Lasten schleppen Mäuler ; die Wege sind im Sommer leidlich, dagegen im Winter versumpft und gefährlich wegen der zu passierenden Flüsse, wo allzuoft die Furt die Brücke ersetzt.

Saumpfade mit den bekannten, oft endlosen Treppen, welche das Vieh in den Boden stampft, sind nach wie vor das Kommuni- kationsmittel der Gebirge.

5. Post, Telegraph und Telephon.

Post. Die Post bildet eine Sektion des Ministeriums und zählte vor dem Weltkriege gegen 400 Beamte. Auch in den kleinsten Ortschaften werden Agenturen unterhalten. Von diesen und Anstalten gab es 1920: 423. Die ausländische Post bringen 8 Dampferlinien, von denen vor dem Kriege die holländische, französische und englische fast 73°/0 der gesamten transatlantischen Post heranführten. Im Lande wird die Post, soweit Eisenbahnen fehlen, mit Maultieren fortgeschafft, oder, die Flüsse benutzend,

Der Postverkehr im Jahre 1920.

Art der Sendung

Innlanddienst

Auslanddienst

empfangen

bestellt

empfangen

bestellt

Briefe

2987 803

2 703 181

1 956 x59

760 381

Karten .

265 169

230424

99 618

61387

Drucksachen .

2 958 688

3 473 707

1 924 614

392 145

Muster .

38 006

38 227

56 233

30851

Einschreiben . (Briefe u. Pakete)

52 625

50253

50892

46 858

Pakete .

6 443

Summen

6 302 29 1

6 502 235

4087 516

I 291 622

In- u. Ausland-Summe 12 804526

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*) Diese Zahl erhöht sich um die mir nicht bekannte Anzahl der empfangenen Inlandspakete und der Auslandspakete, von welch letzteren wir jedoch Gewicht und Wert brachten.

243

mittels Booten und, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet, mit Dampfern. In entlegenen Orten der Llanos wird man sich nicht beklagen dürfen, wenn ein Brief von Europa i */0 2 Monate unterwegs war.

*. In größeren Orten besitzen die häufigen Korrespondenz- empfänger ein Schließfach. Im allgemeinen scheint der Post- dienst in Venezuela zufriedenstellend zu funktionieren.

19 10 wurden empfangend und ausgebend 6,2 Millionen Briefe expediert, davon 1,9 Millionen ausländische. Ziemlich er heblich war die Bewegung von Drucksachen, nämlich annehmend und abgebend 4,9 Millionen ; von diesen erwiesen sich 1,3 Millionen Stück als fremde oder ins Ausland gerichtete. An eingeschriebenen Briefen besorgte die Post empfangend und ausgebend nur 419 211, von welchen 105 716 vom Auslande eintrafen oder für dasselbe bestimmt waren. Auch die Postkarte hat sich ziemlich eingebürgert (in Annahme und Ausgabe 467317). Die Muster (Empfang und Spedition 301 923) berührten hauptsächlich den Auslandsverkehr, und zwar kamen die meisten herein (139 255). Endlich wurden im Lande 159662 Pakete der Post zugestellt und 160751 von ihr verteilt. Die offiziellen Sendungen eingeschlossen, wurden alles in allem 7 463 869 Postsachen empfangen und 5 723 676 bestellt, einschließlich jener, die den Seeweg antraten. 19 17 waren es 11 488 072 Postsendungen. In Chile wurden 19 13 über 56 Millionen portopflichtige Postsendungen expediert.

Die jüngste Entwicklung des Postverkehrs bringt beigegebene Übersicht.

Über den Einlauf von Paketen vom Auslande stehen mir Daten für 19 19 zur Verfügung. Im ganzen kamen 113 Milli- onen kg im Werte von 8,8 Millionen B. an. Der Löwenanteil, 86,4 °/0, entfiel auf die Vereinigten Staaten, 5,7 °/0 auf England, 3,6 °/0 auf Frankreich und 3,35 °/0 auf Italien. Der Rest verteilte sich auf Spanien (0,7 °/0), die Schweiz (0,15), Porto Rico, Panama und zehn andere Länder.

Telegraph. Telephon. Das Telegraphennetz wies 191 1 eine Länge von 7598 km auf und wurde von 183 Bureaus bedient. Bis heute ist es auf 8981 km verlängert worden und hat fast alle Gegenden der Republik in seinen Bereich gezogen. 1920 zählte man 218 Telegraphenämter.

16*

244

19 ii wurden aufgegeben:

Telegramme Worte im Werte von

370680 7725968 810782 B.

1920 sind 983 883 Depeschen mit 17 048 896 Worten im Werte von 1154853 B. besorgt worden.

Die Gebühren waren 1920 für

1 10 Worte 1,00 B. 16 20 Worte 1,50 B. 11 15 1,25 21 25 1,75 und alsdand um je 0,25 B. für je fünf weitere Worte steigend.

Einer besonders freundlichen Aufnahme erfreute sich das Telephon. Die Gesamtlänge seiner Linien schätzte man 191 1 auf 17 103 km. Heute gibt es 208 Netze mit 5607 Sprechstellen und 20648 km Linie. 1911 entfielen 12248 km mit 2285 An Schlüssen auf den Bundesdistrikt. Letztere hatten sich bis 19 19 allein in Caracas bereits auf 3 161 vermehrt. Am besten ent- wickelt ist der Telephonverkehr außer im Bundesdistrikt in Cara- bobo, Miranda, Zulia, Tächira, Sucre, Mdrida, Bolivar und Lara. Das Telephon vermittelt nicht nur in den Städten, sondern auch auf längere Strecken zwischen den wichtigsten Orten das Gespräch.

Radiotelegraphie, In Maracay wurde Ende 1920 eine Funkenstation eröffnet, zwei weitere in Cristöbal und Maracaibo sollen folgen. Ferner plant man eine radiotelegraphische Ver- bindung mit dem Auslande durch eine bei Caracas zu errichtetende Station. Endlich will man eine Schule für Radiotelegraphie in Caracas gründen und hat bereits deren Lehrplan festgelegt.

Luftverkehr. Bei dem lebhaften Interesse, welches die venezolanische Regierung allen Neuerungen entgegen bringt, kann es uns kaum überraschen, daß sie auch das Luftfahrzeug in den Dienst des Verkehr zu stellen bestrebt ist. Man wünscht vorerst eine Verbindung zwischen dem Festlande und den Inseln Barbados, St. Vinzent, Grenada und Trinidad, ferner aber mit Guayana.

XII. Die Geldwirtschaft. 1. Zahlungsmittel und Valuta.

Die venezolanische Münzeinheit ist der Bolivar von 0,290 323 g Feingold = 81 Pfennigen oder 1 Franken. Auf London berechnet

245

gehen 25,25 Bolivares auf 1 Pfund Sterling, auf New York 5 B. auf 1 Dollar.

Der Boh'var teilt sich in 100 Centesimos.

Das legale Geld besteht in regierungsseitig geprägten Goldmünzen von 100, 25, 20 und 10 Bolivares, Silbermünzen von 5, 2 lfv 2, 1, 1j2, 1/4 und 1/5 Bolivar, Nickelmünzen von 12 1j2 und 5 Centesimos.

Niemand ist gehalten, höhere Beträge als 50 B. in Silber und 20 B. in Nickel anzunehmen. Außerdem kursieren Billette von 1000, 800, 500, 400, 100, 50, 20 und 10 Bolivares, zu deren Herausgabe in beschränktem Maße autorisiert wurden die nationalen Banken : El Banco de Venezuela, El Banco de Caracas, El Banco de Maracaibo und El Banco Comercial de Maracaibo. Die Billette sind vollgültig und garantiert, werden aber dennoch in abgelegenen Gegenden nicht selten zurückgewiesen.

Außer den heimischen Münzsorten sind zahlreiche fremde Gold- und Silberstücke in Umlauf.

Amerikanische 1-, 5-, 20- und 100-Dollarstücke in Gold. Die ziemlich häufigen 2 o-Dollarstücke heißen Morrocotas und gelten 104 Bolivares. Das i-Dollarstück Gold wird mit 5,20 B. bewertet.

Alte spanische und von den Central-Amerikanischen Republiken ausgegebenen Unzen, Onzas, die zu 80 82 Bolivares umgerechnet werden. Ferner zirkulieren englische Sovereigns und französische 10- und 20-Frankstücke. Unter dem fremden Silbergeide befinden sich die Münzen der Schwesterrepubliken, französische und belgische Franken, englische Schillinge und ferner deutsche Taler, die ihren Namen bewahrt haben.

Auf dem Lande rechnet man noch vielfach nach Realen = 50 Ctms., Medios = 25 Ctms., Quartillos zu 12 1/2 Ctms. Im Handel jedoch rechnet man nach Pesos und setzt für den fiktiven Peso, der ja als Billett oder Münze nicht existiert, 4 B. 4 Ctms. fest. In diesem Falle wird das Dollarzeichen, $, benutzt. Die Einheit dieses Peso ist der Centavo = 5 Centimos *).

*) Analoge Verhältnisse begegneten mir auf Trinidad, wo nach dem amerikanischen Dollar gerechnet und mit englischen Pfunden gezahlt wurde.

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Früher existierten Silber-Pesos im Werte von 4 Fr., welche auch als Taler bezeichnet wurden, und Pesos fuertes = 5 Fr.

Trotz der zahlreichen und gelegentlich recht langen Revolutions- stürme, welche über das Land dahingebraust sind, hat es nicht ernstlich an Valutabeschwerden gelitten.

Im Laufe des Jahres 19 10 erhielt man in Caracas

für 100 deutsche Reichsmark . 122,75 bis 126, B.

,, französische Franks . 100, ,, 102,50

italienische Lire . . . 100, 102,75

holländische Gulden . 225, 228,

amerikanische Dollars . 522, 530,

ein Pfund Sterling . . . 25,25 26,30

Gegen das Ende des Weltkrieges fielen die ausländischen Devisen. Für 100 französische Francs wurden nur noch 88,76 B. bezahlt, für das Pfund Sterling 21,00 und schließlich nur 20,50, für den Dollar 4,20. Der Kursausfall der englischen Devisen betrug 23,17 °/0.

Der Goldschatz des Landes vermehrte sich. Die Existenz an gemünztem Golde stieg von 30,3 Millionen B. im Jahre 1915 gegen 19 18 auf 62,5 Millionen B. An gemünztem Silber zirkulierten Ende 191 8 40 Millionen B., so daß auf den Kopf der Bevölkerung 32,16 Bolivares Gold und 14,82 Silber errechnet wurden. Ein Venezolaner schrieb die stolzen Worte: »Jeder Wert kalkuliert und begründet sich in unserem Lande auf Gold, und Gold ist daher der Eckpfeiler, , Patron monetario', unserer Wirtschaft, die kaum ihresgleichen an Solidität im übrigen lateinischen Amerika findet«.

2. Kreditinstitute.

Vorläufer der Banken waren die großen Handelshäuser.

Die älteste der priveligierten Großbanken Venezuelas, El Banco de Maracaibo, wurde 1882 in Maracaibo gegründet. Mit gleichen Vorrechten wurden der Banco de Venezuela und der Banco de Caracas, beide in der Hauptstadt ansässig, ausgestattet. Alle drei dürfen Noten ausgeben.

Vor dem Weltkriege (19 10) enthielt ihre Bilanz folgende Posten in Millionen Bolivares :

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Nominalkap. Flüssig. Kap. Reserv. Notenausgab. Dividende

(Jhrsm. v. 1905 10)

Banco de Venezuela 12,0 9,0 1,2 3,75 Ill/2°/o

„Caracas 6,0 4,5 0,656 1,76 6 °/0

,, ,, Maracaibo 1,25 0,9 0,017 x>49 6 °/0

Die Banken sind Aktienunternehmen. Der Banco de Venezuela gab 600 Aktien zu 20 000 B., der Banco de Caracas deren 600 zu 10 000 B. aus. Beide unterhalten zahlreiche Zweignieder- lassungen im Lande.

Der Krieg brachte den nationalen Banken goldene Zeiten. Der Banco de Venezuela vermehrte seinen Goldbestand um 1 550000 B., und der Stand der verfügbaren Werte betrug Mitte 1917: 41 509094 B. Der Banco de Caracas erzielte im II. Se- mester 1917 einen Reingewinn von 367 006 B. und beschloß die Verteilung einer Dividende von 400 B. per Aktie.

Der Banco de Venezuela unterhält 30 Zweigstellen im Lande.

Über die jüngste Entwicklung der Emissionsbanken orientiert unsere Zusammenstellung.

Während des Krieges ließen sich verschiedene ausländische Banken nieder. 19 16 errichtete die Royal Bank of Canada Filialen an verschiedenen Punkten der Republik. 19 17 etablierten sich die Mercantile Bank of the Americas und die National City Bank of New York in Caracas. Ihnen folgten die Commercial Bank of Spanish America als Tochterinstitut der Anglo Spanish American Bank, die Venezuela Commercial Company als Sukkur- sale des Hauses Grace in New York, die Hollandsche Bank voor West-Indie und die Deschanel International Corporation de Venezuela.

Man erstrebt seit Jahrzehnten die Errichtung einer vom Staate geschützten und beaufsichtigten Hypothekenbank. Vorläufig ist es aber bei den Plänen geblieben.

3. Geschäftsentwicklung und -betätigung.

Die von uns (S. 217 ff.) skizzierten Handelstore vereinigen nur z. T. die Bedeutung von Hafen und Handelszentrum in dem Sinne wie etwa Bremen, Hamburg oder Antwerpen. Ganz trifft dieses lediglich für Maracaibo, Ciudad Bolfvar und Carüpano zu. Pt. Cabello teilt seinen Handel mit Valencia, Guanta mit Barce- lona, La Vela mit Coro, und La Guaira darf man kaum anders, als den Vorort von Caracas bezeichnen.

149

Caracas als Handelsemporium. Die Hauptstadt nimmt einen ganzen hervorragenden, ja überragenden Platz im Handel des Landes ein, indem sie den größten Teil desselben mit Waren und Gold beliefert. O. Preuße-Sperber*) beklagt diesen Einfluß als viel zu groß und als ein Übel für die Gesamtheit der Republik- »Viele Geschäftshäuser in Caracas unterhalten überdies Filialen in sehr weit von diesem Platz entfernt gelegenen Orten und Distrikten, was bei den schlechten Verbindungen den Handel naturgemäß ungünstig beeinflussen muß. Zweifellos wurde es bisher versäumt, andere Orte in dieser Hinsicht mehr auszubauen und selbständig als Handelszentrum zu gestalten , denn eine zu weitgehende Zentralisierung des Handels, wie in diesen Falle, lähmt nur zu oft den Fortschritt. Zu häufig treten Augenblicke ein, die das Zentrum festlegen und dann sich rückwirkend im ganzen Lande bemerkbar machen. Auch das Aussenden von Reisenden von Caracas aus über das ganze Land erschwert nicht nur den Handel, sondern verteuert ihn auch ganz überflüssiger Weise. Die von Caracas aus gewährten Kredite an Betriebskapitalien usw. müssen ebenfalls ungenügend bleiben, da der Platz in dieser Weise zu ster1". in Anspruch geeommen wird.« Aus solchen Gründen empfiehlt Preuße-Sperber ausländischen kapitalkräftigen Export- und Importfirmen an mehreren Handelszentren ständige Vertreter zu unterhalten, ein Mittel Konsumfähigkeit und Kaufkraft der Distrikte nicht unerheblich zu steigern.

Vorläufig gelangte der zitierte Autor zu dem Schlüsse, daß die Entwicklung des Handels nach modernen Begriffen noch viel zu wünschen übrig lasse.

Das Geschäft. Die einheimischen größeren Ladengeschäfte der größeren Plätze versehen sich im Lande selbst nur mit Spezial- artikeln, während sie die Stapelartikel direkt einführen. Dagegen decken sich die kleineren Geschäfte bei ansässigen Importfirmen ein. In Caracas sind Vertreter und Agenten europäischer und nordamerikanischer Kommissionshäuser oder Fabrikanten ansässig. Diese lassen auch das Land bereisen und verschmähen es nicht,

*) Preuße - Sperber, O.: Zur Handelsgeographie des Spanischen Amerika. In: Mittl. d. Ibero-Am. Ges. Bd. II. 1919. S. 172 Venezuela.

250

selbst kleinere Ladengeschäfte aufzusuchen, weil ihre Einführung bei der größeren Kundschaft erfahrungsgemäß auf einen erheblichen Widerstand stößt.

»Mit Deutschland war das Geschäft in Lebensmitteln auf der Basis eines festen Kommissionssatzes von 2 5 °/0 üblich, für die übrigen Warenbranchen hatte sich die Fakturierung zu festen Preisen, immer mehr eingebürgert.« Der Handel mit Frankreich und den U. S. A. ist überwiegend auf Kommissionsgeschäft von 5 bzw. i*/ 21/2°/0 aufgebaut. England handelt durch Kommissions- häuser oder mittels direkter Aufträge an Reisende, welche als Liferanten auftreten.

Das Geschäft wird auf der Basis eines offenen Warenkredits von 4 6 Monaten unter Zinsberechnung von 6 °/0 pro anno ab- geschlossen. So von den europäischen Staaten, während die U. S. A. in der Regel nur 1 4 Monate Kredit bewilligen.

Das direkte Importgeschäft gewinnt immer mehr an Boden. Eine nicht zu verachtende Rolle spielt in demselben die trans- atlantische Paketpost, auf die wir gebührend hinwiesen.

Die Fakturen müssen in spanischer Sprache ausgeführt sein. Für die Beglaubigung der Zollfakturen gilt folgender Tarif: 3,75 Dollar amerik. Währung für Deklarierung bis zu iooDollar

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und 1,25 Dollar für jede weiteren 200 Dollar oder der Bruchteil

dieser Summen.

Der venezolanische Zolltarif beruht auf dem Bruttogewicht,

was für die Art der Verpackung zu berücksichtigen ist.

Nur gleichartige Waren dürfen gemeinschaftlich verpackt werden. Handelsreisende haben im allgemeinen keine Gebühren zuzahlen, nur etliche kleinere Gemeinden sahen solche vor.

Muster können nur unter Garantiestellung ins Land gebracht werden.

»Venezuelas Handel ist zweifellos sehr entwicklungsfähig, und das Land besitzt eine bedeutende Zukunft.« Mit diesen auf- munternden Worten schließt O. Preuße-Sperber seine lehrreiche Betrachtung, der ich das Vorstehende entnahm.

251

4- Wirtschaftslage Ende 1920*).

Der Rückgang der Weltmarktpreise für die wichtigsten Export- güter der amerikanischen Länder nach dem Kriege hat verschiedene derselben wie Kuba, Kolumbien, Brasilien in eine Krise versetzt und macht sich in Venezuela als eine andauernde Flauheit des Geschäftes geltend. Für diesen Staat kommen in Sonderheit folgende Hauptursachen in Betracht.

Die mittelmäßige Ernte des Jahres 1920, welche eine ver- mehrte Einfuhr von Lebensmitteln aus dem Auslande erforderlich machte. Da dieser Import zu verhältnismäßig hohen Preisen er- folgen mußte, verringerte er die Kaufkraft der Massen für sonstige Waren. Ferner ließ der Rückgang der Preise für Kaffee, Kakao- Häute die Produzenten diese Güter zurückhalten, so daß die Geldzufuhr aus dem Auslande sich stark verminderte.

Andererseits haben die Importeure sich durch den günstigen Geschäftsgang der jüngst verflossenen Jahre und die liberale Kredit- gewährung der zahlreichen neuen Bankniederlassungen verleiten lassen, große Vorräte z. T. auf Spekulation einzukaufen, für die nun der Absatz stockt. Allein in Caracas sollen 100 150 Millionen B. in solchen festliegen. Inzwischen wurden viele Kredite ge- kündigt, so daß manche, nicht sicher fundierte Firmen in Zahlungs- schwierigkeiten gerieten.

Hand in Hand mit dieser Entwicklung ist ein Rückgang der Zoll- erträge, also der wichtigsten Einnahmequellen des Staates zu befürchten .

Schließlich leidet die Wirtschaft des Landes unter der schlechten Valuta der europäischen Staaten, und zwar vornehmlich unter der Entwertung der französischen Franken, von denen an 80 Millionen im Lande liegen, die mit 70 80 Centimes zu Buche stehen. Auch soll die Finanzpolitik der Regierung, das Gold an sich zu ziehen ihre Reserven sind auf 70 Millionen B. angewachsen nicht ohne Schuld an der Depression sein.

Der Kurs des venezolanischen Geldes hat sich inzwischen verschlechtert. Der Bolfvar hat sein bis über den Friedensschluß hinaus so günstiges Wertverhältnis zum Dollar der U. S. A. immer mehr zugunsten des letzteren eigebüßt (1920 5,79 B. = 1 $).

Die venezolanischen Industriepapiere gingen ebenfalls zurück.

*) Nach einem Berichte der Deutschen Gesandtschaft in Caracas an das Auswärtige Amt.

Dritter Abschnitt.

Einwanderung.

XIII. Die Deutschen Venezuelas. i. Kaufleute und Gewerbetreibende.

Während im Jahre 1881 noch 11 70 Reichsdeutsche gezählt wurden, waren unter den Tausend deutschsprechenden Ausländern, welche gegen 1912 Venezuela bewohnten, nach Burkhardt nur 600 Reichsdeutsche nachweisbar, die übrigen jedoch Schweizer und Österreicher. Der Rückgang der Deutschen ist eine Folge der zahlreichen politischen Wirren, welche das Land besonders im Anfang unseres Jahrhunderts erschütterten.

Die Deutschen bilden mit einer Ausnahme in Venezuela keine kompakten bäuerlichen Siedelungen, wie in Südbrasilien und Südchile, sondern verteilen sich zumeist als Handwerker, Kauf- leute oder Industrielle im Lande. Wo sie in größerer Kopfzahl auftreten, pflegt der Grund dafür die Niederlassung eines be- deutenden deutschen Handelshauses zu sein. Die meisten sitzen in den ansehnlicheren Städten, vor allem in der Hauptstadt, ferner in Maracaibo, Valencia und Ciudad Boh'var.

Caracas. Die stärkste deutsche Kolonie besitzt Caracas. Bereits 1869 regte man die Gründung einer deutsch-evangelischen Gemeinde an, welche sich aber erst 1894 mit 520 Seelen kon- stituierte und 1902 den Anschluß an die preußische Landeskirche erreichte. Bis 1912 hat sich ihre Mitgliederzahl indes verringert und schrumpfte auf 62 zahlende zusammen, so daß man ihre Auflösung befürchtet.

Seit 1894 besitzt die Deutsche Kolonie zu Caracas auch eine mit einem Kindergarten verbundene deutsche gehobene Volks-

253

schule, welche vor dem Kriege von 128 Schülern besucht wurde.

Von diesen waren :

evangelisch katholisch Reichsdeutsche Venezolaner und Halbvenezolaner

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Muttersprache Deutsch Muttersprache Nicht Deutsch

72 56

Außerdem besuchten dieselbe Amerikaner (4), Holländer (12), Österreicher (4), Schweizer (4), Engländer (2), Italiener (6) und Spanier (2). An den freien Mittwoch-Nachmtttagen versammelten die Kinder Märchenerzählungsstunden. »In dem etwas verdunkelten Klassen- zimmer lauschen sie dem Zauber Grimmscher und Bechsteinscher Märchen oder lassen die Wunder von 100 1 Nacht auf sich wirken.«

Dem geselligen Leben dient der »Deutsche Klub« in der Nähe des Kapitols, in dessen Räumen zur Christzeit der deutsche Weihnachtsbaum erstrahlt. Leidende nimmt das Deutsche Kranken- haus auf.

Die einmal wöchentlich erscheinende »Deutsche Zeitung« ist wieder eingegangen.

Maracaibo. Auf Caracas folgt Maracaibo, was die Stärke der deutschen Kolonie anbetrifft. Hier haben nach Burkhardt deutsches und venezolanisches Kapital gemeinsam eine bedeutende Industrie geschaffen : elektrisches Licht, Straßenbahnen, Dockanlagen, Fabriken und Brauereien. Venezolaner und Deutsche verkehren im Klub, dem Mittelpunkt der Geselligkeit, in bester Harmonie. Die deutsche Kolonie von Maracaibo hat am wenigsten unter dem allgemeinen Rückgange des deutschen Elementes zu leiden gehabt.

Valencia. Valencia soll mit etwa 30 Reichsdeutschen die drittstärkste deutsche Kolonie sein. Auch hier besteht ein von Deutschen und Venezolanern gemeinsam besuchtes und sehr ge- schmackvoll eingerichtetes Klubhaus, dessen Name »Club Centro de amigos« auf ein harmonisches Verhältnis zwischen Eingeborenen und Deutschen schließen läßt. Auch unterhält die Kolonie noch ein eigenes kleines Vereinshaus, in dem deutsche Zeitungen und Zeitschriften ausliegen und bei Anwesenheit des protestantischen Geistlichen aus Caracas Gottesdienst abgehalten wird.

Die Kolonie treibt auch eifrig Sport, und literarische Nach- mittage, Musik und Tanz sind nicht seltene Abwechslungen.

254

Puerto Cabello. Die Deutschen Puerto Cabellos wohnen zum Teil in der nahen Urwaldkolonie San Este'ban, einem ganz eigenartigen Villenquartier, welches den tropischen, jungfräulichen Wald als Park ausnutzte. Ein rauschender Fluß durchströmt die Siedelung, und tausendstimmiges Urwaldkonzert wiegt seine Be- wohner allnächtlich in den Schlaf. Wer nicht hinaus in diese entzückende Urwaldidylle flüchten kann, findet auch in Puerto Cabello selbst Unterkunft und Unterhaltung. Für erstere sorgt eine deutsche Pension, letztere genießt er in dem schönen, luftigen deutschen Klubhause.

Was San Estdban für Puerto Cabello, bedeutet Macuto für La Guaira. Die in diesem Hafen ansässigen Deutschen besitzen dort, wo herrliche Parks, prächtige Palmenhaine und die erfrischende Seebrise Labung nach den Tagesgluten des »Eingangs zur Hölle« verheißen, ihre Wohnhäuser.

Ciudad Bolivar. Auch Ciudad Bolfvar zählt noch etwa 30 Reichsdeutsche, deren Gedeihen hauptsächlich mit den großen Firmen Blohm und Sprik verknüpft ist. Da auch dieser Ort sehr heiß ist, haben sich jene, welche einen Ritt nicht scheuen, in einem nahen, fruchtbaren Tale angesiedelt, wo sie auf ihren Morichales nach einheimischer Sitte behaglich hausen.

Desgleichen beherbergen San Cristöbal, Me'rida und Valera in der Kordillere, Carüpano, Barcelona, Guanta, Cumanä und Maturin im Osten des Landes manchen Deutschen.

Man schätzte das deutsche, in Venezuela arbeitende Kapital auf 180 Millionen Goldmark. Davon entfielen 60 auf die Eisen- bahn, 20 auf Plantagenbau, 40 auf das Haus Blohm, 50 60 auf Industrien und andere kaufmännische Betriebe.

2. Ackerbauer.

Kolonie Tovar. Anfang des vierten Jahrzehnts des ver- flossenen Jahrhunderts faßte der um die geographische Erschließung Venezuelas und Kolumbiens hochverdiente Oberst Codazzi den Entschluß, deutsche Bauern in Venezuela anzusiedeln. Zu diesem Zwecke überließ ihm die angesehene und begüterte Familie Tovar 4000 ha Urwaldland des Küstengebirges in einer Höhe von 1700 2000 m, 100 km westlich von Caracas, 70 km nördlich

- 255

von La Victoria. Die Ansiedler zu werben beauftragte Codazzi seinen in Paris lebenden Kartographen, den Kupferstecher A. Benitz aus Endingen in Baden, welcher im Breisgau bei auswanderungs- lustigen Bewohnern der Orte Herbolzheim, Endingen, Forchheim und Wyhl, zwischen Kaiserstuhl und Schwarzwald, Anklang fand, denn bereits 1843 verließ eine stattliche Schar von Bauern und Handwerkern katholischen Glaubens ihre Heimat, um dem Rufe nach Venezuela Folge zu leisten. Alles in allem schifften sich 400 Personen ein, deren Überfahrt sich leider sehr traurig ge- staltete, weil auf der langen und gefahrvollen Reise die Pocken ausbrachen und 70 Opfer forderten. Da in La Guaira die Pest herrschte, mußten die Ankömmlinge in einem kleinen Nebenhafen (Maya) landen und konnten die für ihre Ankunft vorgesehenen Bequemlichkeiten nicht genießen. Überdies waren sie nunmehr zu einem längeren und überaus schwierigen Aufstieg zu ihrem künftigen Wohnsitze gezwungen. Auf großen Umwegen erreichten sie denselben erst nach wochenlanger Wanderung.

Am Orte selbst hielt der Augenschein mit dem, was man ihnen verheißen, nicht stand. Die Regierung hatte freilich für die zu gründende Kolonie genügende Mittel bewilligt, aber »Vergeudung und Raub« hatten sie geschmälert und die notwendigen Vor- bereitungen in Codazzis Bevollmächtigten einen saumseligen Ver- treter gefunden. Zwar waren 200 Holzfäller gesandt worden, um den Urwald zu schlagen, damit der nötige Acker und Baugrund freigelegt würde, aber die meisten entzogen sich der Arbeit durch die Flucht. So kann es nicht Wunder nehmen, wenn unter den Kolonisten, die nicht wußten, wo sie wohnen, noch wie sie sich ernähren sollten, welche überdies neue Krankheiten befielen, und die sich in eine grenzenlose Einsamkeit und Öde versetzt sahen, Mißmut einschlich, der sich bei den minder charakterfesten in Faulheit, Liederlichkeit und Trotz äußerte. Diejenigen, welche die Kolonie in den ersten Jahren ihres Werdens besucht haben, klagen in gleicher Weise über die schlechte moralische Verfassung eines Teiles ihrer Glieder. Indes im dritten Jahre machte sich, da die Unverbesserlichen inzwischen freiwillig gegangen oder ab- geschoben waren, ein Umschwung bemerkbar. Die edleren Elemente begannen die Oberhand zu gewinnen und die guten deutschen Eigenschaften Früchte zu tragen.

256 -

Ein Dorf mit 85 Häusern deutscher Bauart nebst Kirche, die der Erzbischof einweihte, Schule, Wirtshaus und je einer Säge- und Kornmühle, einer Schlächterei und einer Brauerei, welche ein ganz leidliches Getränk fabriziert haben soll, und mehreren Ziegeleien entstand. Auf den Feldern wuchsen Korn, Hülsen- früchte und besonders vorzügliche Kartoffeln, in den Gärten ge- diehen heimatliche Gemüse- und Obstsorten. Brombeeren kränzten die Felder. Den Rahmen des Örtchens , in welchem blonde schwäbische Kinder, die Knaben mit kurzen Hosen und blauen Zipfelmützen, ein freundliches »Grüß di Gott« auf den Lippen die Gasse belebten, bildete der dichte, üppige Bergwald. In un- mittelbarer Nähe grüßt der Gipfel des Picacho, aus der Ferne jener der Silla, welcher Caracas zu Füßen liegt. Die Leitung der Kolonie, welche nach ihrem venezolanischen Förderer den Namen Toyar empfing, hatte als Nachfolger Codazzis, der sich nach Kolumbien flüchten mußte, Benitz übernommen. 1850 zählte sie 381 Bewohner. Man hielt viel Geflügel, baute auf häufig gedüngtem Boden Roggen, Hafer, Gerste und Kartoffeln und erntete im Juli und Februar. Auch Pfirsiche, Äpfel, Himbeeren und Erdbeeren zog man mit Erfolg und gab sich sogar der Kultur der Rebe hin, die man zum Tragen brachte. Trotzdem ließ man sie bald wieder fallen. Die Kolonie wurde mit Caracas durch einen guten Weg verbunden, welchen ein Reittier in 10 Stunden machen kann. Derselbe führt über den 2318 m hohen Paß von Petaquire.

Die Kolonisten, zu denen sich später einige Pfälzer und Hessen gesellten, bildeten eine selbständige Gemeinde, wählten ihren eigenen Bürgermeister und blieben nebst ihren Nachkommen vom Militärdienst befreit. Zur Reinhaltung des Deutschtums mußte jeder das Dorf verlassen, der sich mit einer Eingeborenen ver- heiraten wollte. Tovar wurde als vorübergehendes oder dauerndes Quartier von mehreren namhaften Gelehrten gewählt, so dem berühmten Naturforscher Karsten, welcher die Bahnen Humboldts schritt.

Überaus verhängnisvoll wurden der deutschen Siedelung die Bürgerkriege, und jener fünfjährige, von 1866 70, scheint sie zeitweise vernichtet zu haben. Der Ort wurde geplündert und verbrannt. Die Bewohner verstreuten sich über das Land. Mit der unter Guzman Blancos energischem Regimente eintretenden

257

Ruhe kehrten aber ihre Insassen wenigstens zum Teil zurück, und 1877 konnten Besucher melden, daß sie wiederum 200 Seelen und 70 Anwesen zähle. Eine zweite Epoche des Emporblühens begann, ein freilich bescheidener Wohlstand wurde errungen, vor- nehmlich, indem die Jungen den nicht lohnenden Körnerbau ihrer Väter durch die ergiebigere Kultur von Mais und Kaffee ersetzten. Vor dem Ausbruch des Weltkrieges befanden sich noch 3 der ursprünglichen Einwanderer am Leben. In den 90 iger Jahren stand ein Pfälzer, Wilhelm Ruh, an der Spitze des Gemein- wesens. Die Kolonie zählte 1891 : 319 Bewohner.

Der Weltkrieg hat auf die kleine Gemeinde, welche drauf und dran war, ihr Deutschtum zu verlieren berichtete man doch, daß die heranwachsende Generation sich ausschließlich der spanischen Sprache bediene rückerobernd gewirkt. Man sammelte zugunsten des Roten Kreuzes 1000 Bolivares , und brachte 7000 Bolivares für ein Schulhaus auf, in welches endlich der langersehnte deutsche Lehrer seinen Einzug hielt und sein Amt mit einer Kinderschar von 62 Blondköpfen eröffnete.

Das ist in Kürze die wechselvolle Geschichte, der ersten und einzigen deutschen Kolonie in Venezuela.

Werden und können ihr andere folgen ?

Die Möglichkeit für deutsche Ansiedlungen ist jedenfalls gegeben. Sie besteht heute noch genau so, wie vor 70 Jahren, wo eine kleine Schrift »Venezuela und die deutsche Auswanderung dorthin« von Louis Gloeckler, Konsul Venezuelas in Hamburg, im Jahre 1850 Deutsche aufforderte, sich in jenem südamerikanischen Freistaat eine neue Heimat zu gründen.

Gloeckler wandte sich besonders an alle diejenigen, welchen es trotz Fleiß und Redlichkeit nicht gelingen will, erträgliche Existenzbedingungen zu erringen. Ihnen ruft er zu : »Wohlan, fühlet Ihr noch Kraft dazu, so verlasset die Scholle, die Euch geboren hat, und suchet mildere Himmelstriche auf, in denen die Natur mit reicher Liebe für alle gesorgt hat und ein unvergänglicher Sommer die Fluren fruchtspendend erhält. Ich will Euch ein Land zeigen, in welchem es fleißigen und kräftigen Leuten leichter als sonst wo möglich gemacht ist, ohne erhebliche Geldmittel zu einem sorgenfreien Dasein zu gelangen ; ein Land, in welchem der tüchtige Arbeiter üi jeder Lebensstellung geachtet und ge- Bürger, Venezuela. 17

258

schätzt wird. Dieses Land, welches ich lange bewohnte, dessen gastliche Sitten, freie Verfassung und fruchtbarer Boden bisher fast nur in großen Werken von Gelehrten beschrieben sind, welches in den Zeitungen nur selten genannt und deshalb bei uns in Deutschland noch wenig bekannt geworden, ist der südamerikanische Freistaat Venezuela.«

Trotzdem damals die Regierung einer deutschen Einwanderung nicht allein wohlwollend gegenüberstand, sondern sie in jeder Weise, insbesondere durch angemessene pekuniäre Unterstützungen, zu fördern suchte, verhallte sein Ruf ungehört.

XIV. Die heutigen Einwanderungsbedingungen

und -aussichten.

191 8 trat die venezolanische Regierung wiederum an das Problem der Einwanderung heran und erließ eine Reihe von Be- stimmungen, deren wichtigste folgende sind :

Als Einwanderer werden alle Europäer von guter Führung und im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten zugelassen, welche in irgend einem Beruf ausgebildet sind. Die Einwanderer genießen alle gesetzlichen Rechte der Ausländer und bleiben, falls sie sich nationalisieren lassen, vom Militärdienst befreit.

Die freien Einwanderer können sich Land und Eigentum erwerben, wo sie wollen, auch wird ihnen Arbeitsgelegenheit nach- gewiesen. Für die ersten 10 Tage nach ihrer Ankunft erhalten sie freies Quartier und Verpflegung.

Die durch autorisierte Agenten auf Kontrakt angeworbenen Bauernfamilien werden in Kolonien angesiedelt, als deren Mittel- punkt nach spanischer Art angelegte Dörfer gegründet werden. Jede Familie empfängt umsonst ein Stück Grund und Boden von 25 ha, welches sich um je 10 ha zugunsten eines jeden Sohnes von über 10 Jahren vermehrt. Weitere Anteile insgesamt bis zu 25 ha können für 10 B. per Hektar gekauft werden und sind ratenweis abzubezahlen. Das erworbene Land muß im Laufe von fünf Jahren wenigstens zum dritten Teile mit Früchten bestellt sein. Als Familie gelten Ehepaare (wenn auch kinderlos), Groß- eltern mit Enkeln oder auch drei Brüder.

259

Die Ansiedler haben für i Jahr freie Wohnung und werden auf Wunsch vorschußweise mit Ackergeräten, Arbeits- und Zucht- tieren versorgt, auch können Darlehen in bar bis zu iooo B. gewährt werden. Letztere sind binnen 5 Jahren zurückzuerstatten. Zunächst empfangen die Siedler einen provisorischen Besitztitel. Der definitive wird verliehen, sobald sie ihre Schulden getilgt haben.

In jeder Kolonie soll ein Arzt sein. 30 Familien haben die Berechtigung zur Errichtung einer Volksschule. Für 1000 Seelen wird ein Kirchspiel geschaffen.

Außerdem treten besondere Vergünstigungen in Gestalt von Prämien ein. So empfängt ein Kolonist eine solche von 50 B. für je 1000 Kakao-, 1500 Kaffee-, 500 Zedern- oder Kautschuk- oder 1000 sonstige Fruchtbäume, welche er auf seinem Lande innerhalb der ersten 5 Jahre gepflanzt hat. Auch werden be- sonderer Fleiß und hervorragendes Geschick, Erfindungen, Melio- rationen und neue, gewinnbringende Methoden durch kostenlose Überlassung von Ackerlosen, Konzessionen und Geldzuweisungen belohnt.

Die Reisekosten der kontraktierten Einwohner gehen auf Kosten der Regierung.

Der Einwanderung steht ein Zentralrat von 1 5 Mitgliedern in Caracas und ein unterer von 9 in jeder Staaten-Hauptstadt vor.

Venezuela hat also neuerdings abermals den Weg beschritten, die Einwanderung zu heben, über deren Notwendigkeit im Interesse des Landes O. Preuße-Sperber 1919 folgendes schrieb: »Was dem Lande heute hauptsächlich fehlt, ist ein starker Zuzug von arbeitswilligen Einwanderern, die sich als bodenständige Kolonisten in demselben niederlassen. An geeigneten Ländereien für Koloni- sation ist im Lande kein Mangel.« Der zitierte Autor meint aber, daß es auch in unserem Interesse gelegen sei, wenn weitere deutsche Siedelungen in Venezuela entständen, denn mit ihrer Hilfe ließen sich neue, gute und ausdehnungsfähige Absatz- märkte aufbauen, sofern die Auswanderer uns als Konsumenten und Produzenten erhalten blieben. »Dies wird sich allerdings nur dann erreichen lassen, wenn Großkapital, Handel und Aus- wanderung des Mutterlandes Hand in Hand gehen, was im In- teresse der deutschen Volkswirtschaft längst wünschenswert wäre.«

17*

- 260

Es ist um keineswegs erforderlich, das sich der ankommende bäuerliche Auswanderer sofort selbständig macht, er kann auch zunächst bei einem heimischen Grundbesitzer in Dienst treten. Er bekommt dann von seinem Herrn einen Rancho als Wohnung und ein Stück Land zur eigenen Bebauung zugewiesen, welches er in seiner Freizeit bestellt, und dessen Ertrag er mit dem Be- sitzer teilt. Die Tage, an welchem er für diesen arbeitet, erhält er den ortsüblichen Tagelohn von 4 Bolivares. Wenn ein solches Verhältnis auch mancherlei Schattenseiten aufweist, hat es doch den Vorteil, auf anderer Leute Kosten Erfahrungen sammeln zu können.

Der Einwanderer tut gut im Febrnar oder März in Venezuela anzukommen, <la alsdann mit den Bestellungsarbeiten begonnen wird. Auch wird er sich in jedem Falle auf ein hartes, ent- behrungsreiches Leben gefaßt machen müssen. Seine Nahrung wird selten aus Fleisch, sondern, wie bei den Landarbeitern üblich, aus Mais und farbigen Bohnen bestehen, jedoch gestattet ihm der Grundherr, ein bis zwei Ziegen und Hühner zu halten (Latein- Amerika).

Wünscht sich jedoch der Einwanderer sofort selbständig zu machen, so bedarf er eines gewissen Kapitals, selbst wenn ihm der Boden nichts kosten sollte. Der Bau einer einfachen Hütte mit Lehmwänden und Strohdach, die 2 3 Räume enthält, wird ihm 400 700 B. kosten. Für das bescheidenste Mobilar muß er, sofern er nicht in der Lage ist, es selbst zu zimmern, rechnen für eine Bettstelle 30 B., einen Schrank 45, einen festen Tisch, dessen Beine in die Erde gegraben sind 16, eine ebensolche Bank 8, einen beweglichen Tisch 20, einen Stuhl 6. Ferner für Geräte : Buschmesser 5, Hacke oder Spaten 6, Holzpflug 25, Eisenpflug 100, Holzmulde zum Waschen 12, 3 Kochtöpfe 20 eine Pfanne 7 Bolivares.

Das Gespann Zugochsen wird ihm 400 1000 B., ein Zug- pferd 320, eine Kuh 200 300, eine Ziege 10 40, ein kleines weibliches Zuchtschwein 6, ein ebensolches männliches 12, ein Huhn 2 2,50, ein Hahn 3 4 B. kosten. Gute Legehühner sind jedoch nicht unter 40 B. zu haben.

Muß der Kolonist Land kaufen, so wird ihm Kulturland ohne künstliche Bewässerung im Gebirge auf 10 80 B., in der

261

Ebene auf 200 der Hektar kommen; berieselbares in Flußtälern indessen auf 500 600. Eine Kaffeepflanzung wird nach der Anzahl der vorhandenen Bäume bewertet, im Durchschnitt das Stück mit 2 B., so daß eine solche mit 2500 Pflanzen auf 5000 B. käme. Ein Hektar Zuckerrohrpflanzung kostet 4000 B.

Da aber der Neuling nicht in der Lage sein wird, die erste Bestellung selbst auszuführen, weil er nicht weiß, wie geackert und was gebaut wird, ist er gezwungen, für diese Lohnarbeiter anzuwerben, die ihm als Lehrmeister und Gehilfen dienen müssen. Das bedingt wiederum eine Reihe von Ausgaben ; man schätzte sie einschließlich Saatgut auf 350 400 B.

Am vielversprechendsten ist die Ansiedlungsart in geschlossener Kolonie. Eine solche zu schaffen bedarf es natürlich einer An- zahl gleichgesinnter, tüchtiger, in ihrem Berufe erfahrener Männer am besten tun sich Landwirte und etliche Handwerker zu- sammen — die gewillt sind, sich gegenseitig zu unterstützen und ehrlicher mit Land und Gebräuchen erfahrener einheimischer Vermittler, welche geeignete Ländereien aussuchen. Meistens wird es sich um Urwaldboden handeln, der erst durch Rodung frei- gemacht werden muß, sich aber am ehesten von der Regierung kostenlos erwerben läßt. Die Anwärter dieser Kolonisationsweise kommen am zweckmäßigsten bereits im Dezember an (Latein- Amerika).

Beantworten wir noch, welche Gegenden für die Ansiedlung von Europäern in Frage kommen.

Gewaltige Territorien scheiden aus. Die Niederungen der Küste und die Gestade des Maracaibosees wegen der Ungunst des Klimas, Guayana und Amazonas wegen ihrer Weltentrücktheit, die Llanos^ weil sie für Ackerbau weniger geeignet sind. Es bleiben also die Gebirge, und da ist es vornehmlich die Kordillere von Mdrida und die westliche Hälfte der karaibischen Ketten, welche man als geeignet bezeichnen darf. Hier vereinigt sich vielerorts ein gesundes, dem Europäer bekömmliches Klima mit großer Frucht- barkeit des Bodens. Gloeckler empfahl seinerzeit besonders die Landschaft von Bailadores und jene von Nirgua und Yaritagua.

Im Laufe des Jahres 1920 hat die Einwanderung in er- heblicherem Maße eingesetzt. Es kamen 166 Immigranten, Frauen und Kinder z. T. nicht gerechnet, an. Meistens Ackerbauer und

262

Handwerker aus Spanien und von den Kanarischen Inseln, aber auch 11 Deutsche mit der »Bologna« aus Sachsen, Hessen, Branden- burg und Oldenburg. Sie hatten Venezuela auf eigenes Risiko aufgesucht. Die ältesten Personen zählten 50, 56, 58 und 69 Jahre, die Mehrzahl zwischen 20 und 40.

Unterhalhingskostcn und Verdienst. Zum Schluß möchte ich noch folgenden Daten über die derzeitigen Preise wichtiger Bedürfnisartikel Raum gaben, die ich der letzten Publikation von W. Sievers entlehne.

Es kosteten 1920 in Bolivares : 1 schwerer Anzug . 130 250 1 leichter Anzug . 30 40 1 Paar Stiefel . . 25 30 1 kg Fleisch . . . 2,00 1 kg Zucker . . .1,50 2,00

Im Llano erzielten in Bolivares : 1 Ochse .... 400 1 Kuh . . . 1 Pferd . .

1 Maultier

1 kg Mehl . .

i,5°

1 kg Bohnen .

. 1,00 1,50

1 kg Reis .

i,5°

10 kg Holzkohle

4,00

1 1 Milch . .

1,00.

ires : 1 Esel .

100

1 Schaf

25

1 Ziege .

16

1 Schwein .

80 100

160

3°° 600

Hühner und Enten pro Stück 3,00.

Dagegen kostete ein ha Weidenland nur 1 2 Bolivares.

Ferner betrug die Monatsmiete

einer Arbeiterwohnung 20 100 B.,

einer kleineren Familienwohnung 150 200 B.,

eines möbelierten Zimmers 80 100 B.,

die volle Monatsverpflegung im Gasthause 160 180 B.

die volle Monatspension in einer Familie 200 250 B.

Nach demselben Autor zahlten Privatbetriebe an Gehältern und Löhnen in Bolivares :

einem Kaufmann monatlich 500, einem Eisenbahn-Ingenieur monatlich 800, einem Plantagenaufseher monatlich 200 250, einem Plantagenarbeiter täglich 5,00, Handwerker berechneten 5,00 12,00 pro Tag.

Man vergleiche unsere Angaben von S. 54 55.

Quellen.

Humboldt, A. v. u. Bonpland, A.: Voyage aux Regions Equinoxiales du

Nouveau Continent 1799— 1804. Deutsche Ausgabe Stuttgart 1825

1832. 6 Bde. Humboldt, A. v. : Ansichten der Natur. Stuttgart und Tübingen 1849.

2 Bde. Schomburgks, R. H. : Reisen in Guiana und am Orinoko 1835 l%39- Heraus- gegeben von O. A. Schomburgk, Leipzig 1841. Gloeckler, Louis: Venezuela und die deutsche Auswanderung dorthin.

Schwerin 1850. Appun, Carl Ferdinand: Unter den Tropen. Jena 187 1. 2 Bde. Tejera, Miguel: Compendio de la Historia de Venezuela. Paris 1875. Sachs, Carl: Aus den Llanos. Leipzig 1878. Sievers, Wilhelm: Venezuela. Hamburg 1888. Ernst, Adolf: Verschiedene Abhandlungen botanischer und ethnographischer

Natur in fremden und deutschen Zeitschriften von 1865 1900. Goebel, K. ; Die Vegetation der venezolanischen Päramos. Pflanzenbiologische

Schilderungen. Marburg 1891. Sievers, Wilhelm: Zweite Reise in Venezuela in den Jahren 1892 1893.

Hamburg 1896. Paterson, S.: In the Wilds of Venezuela. In: Scottish Geogr. Mag. Bd. 14.

1898. In the Valley of the Orinoco. In: Geogr. Journ. Bd. 13. 1899. Preuß, Paul: Expedition nach Central- und Südamerika 1899 1900. Kolonial- wirtschaftliches Komitee. Berlin 1901. Kaerger, Karl : Landwirtschaft und Kolonisation im Spanischen Amerika.

Leipzig 1901. 2 Bde. Passarge, Siegfried: Bericht über eine Reise im venezolanischen Guayana.

In: Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin 1903. Haebler, Konrad: Die überseeischen LTnternehmungen der Welser und ihrer

Gesellschafter. Leipzig 1903. Sievers, Wilhelm: Venezuela und die deutschen Interessen. Halle 1903. Gil Fortoul, Jose: Historia Constitucional de Venezuela. Berlin 1907 und

1909. 2 Bde. Tavera-Acosta, B. : En el Sur. (Dialectos indijenas de Venezuela). Ciudad

BoHvar 1907. Dalton, Leonard, V.: Venezuela. London und Leipzig 191 2. Anuario Estadistico de Venezuela 1910. Caracas 191 3. Guevara Rojas, F.: El nuevo regimen de la Instrucciön en Venezuela.

Caracas 191 5. Ley de Minas Sancionada en 1918. Caracas 1918. Bürger, Otto: Reisen eines Naturforschers im tropischen Südamerika. 2. Aufl.

Leipzig 1919.

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262

Handwerker aus Spanien und von den Kanarischen Inseln, aber auch 11 Deutsche mit der »Bologna« aus Sachsen, Hessen, Branden- burg und Oldenburg. Sie hatten Venezuela auf eigenes Risiko aufgesucht. Die ältesten Personen zählten 50, 56, 58 und 69 Jahre, die Mehrzahl zwischen 20 und 40.

Unterhaltungskosten utid Verdienst. Zum Schluß möchte ich noch folgenden Daten über die derzeitigen Preise wichtiger Bedürfnisartikel Raum gaben, die ich der letzten Publikation von W. Sievers entlehne.

Es kosteten 1920 in Bolivares : 1 schwerer Anzug . 130 250 1 kg Mehl .

leichter Anzug

1 Paar Stiefel 1 kg Fleisch . 1 kg Zucker .

1 kg Bohnen 1 kg Reis .

10 kg Holzkohle 1 1 Milch . .

i,5° 1,00 1,50

i,5° 4,00

1 Kuh . 1 Pferd

1 Maultier

1,00.

100

25 16

80 100

30—40

25—3° 2,00

Im Llano erzielten in Bolivares : Ochse .... 400 1 Esel .

160 1 Schaf

300 1 Ziege .

600 1 Schwein .

Hühner und Enten pro Stück 3,00.

Dagegen kostete ein ha Weidenland nur 1 2 Bolivares.

Ferner betrug die Monatsmiete

einer Arbeiterwohnung 20 100 B.,

einer kleineren Familienwohnung 150 200 B.,

eines möbelierten Zimmers 80 100 B.,

die volle Monatsverpflegung im Gasthause 160 180 B.

die volle Monatspension in einer Familie 200 250 B.

Nach demselben Autor zahlten Privatbetriebe an Gehältern und Löhnen in Bolivares :

einem Kaufmann monatlich 500, einem Eisenbahn-Ingenieur monatlich 800, einem Plantagenaufseher monatlich 200 250, einem Plantagenarbeiter täglich 5,00, Handwerker berechneten 5,00 12,00 pro Tag.

Man vergleiche unsere Angaben von S. 54 55.

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Quellen.

Humboldt, A. v. u. Bonpland, A.: Voyage aux Regions Equinoxiales du

Nouveau Continent 1799 1804. Deutsche Ausgabe Stuttgart 1825

1832. 6 Bde. Humboldt, A. v. : Ansichten der Natur. Stuttgart und Tübingen 1849.

2 Bde. Schomburgks, R. H. : Reisen in Guiana und am Orinoko 1835 x839. Heraus- gegeben von O. A. Schomburgk. Leipzig 1841. Gloeckler, Louis: Venezuela und die deutsche Auswanderung dorthin.

Schwerin 1850. Appun, Carl Ferdinand: Unter den Tropen. Jena 187 1. 2 Bde. Tejera, Miguel: Compendio de la Historia de Venezuela. Paris 1875. Sachs, Carl; Aus den Llanos. Leipzig 1878. Sievers, Wilhelm: Venezuela. Hamburg 1888. Ernst, Adolf: Verschiedene Abhandlungen botanischer und ethnographischer

Natur in fremden und deutschen Zeitschriften von 1865 1900. Goebel, K. ; Die Vegetation der venezolanischen Päramos. Pflanzenbiologische

Schilderungen. Marburg 189 1. Sievers, Wilhelm: Zweite Reise in Venezuela in den Jahren 1892 1893.

Hamburg 1896. Paterson, S.: In the Wilds of Venezuela. In: Scottish Geogr. Mag. Bd. 14.

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Leipzig 1901. 2 Bde. Passarge, Siegfried: Bericht über eine Reise im venezolanischen Guayana.

In: Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin 1903. Haebler, Konrad: Die überseeischen Unternehmungen der Welser und ihrer

Gesellschafter. Leipzig 1903. Sievers, Wilhelm: Venezuela und die deutschen Interessen. Halle 1903. Gil Fortoul, Jose: Historia Constitucional de Venezuela. Berlin 1907 und

1909. 2 Bde. Tavera-Acosta, B. : En el Sur. (Dialectos indijenas de Venezuela). Ciudad

BoHvar 1907. Dalton, Leonard, V.: Venezuela. London und Leipzig 19 12. Anuario Estadistico de Venezuela 1910. Caracas 191 3. Guevara Rojas, F.: El nuevo regimen de la Instrucciön en Venezuela.

Caracas 1915. Ley de Minas Sancionada en 1918. Caracas 1918. Bürger, Otto: Reisen eines Naturforschers im tropischen Südamerika. 2. Aufl.

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Veloz-Goiticoa, N.: Venezuela. Caracas 1919.

Schöffer, Carl : Das nördliche Südamerika. Deutschtum und Auswanderung. In: Deutsche Kultur in der Welt. Leipzig 1920.

Mitteilungen der Ibero- Amerikanischen Gesellschaft. Jahrgang 1 und 2. Hamburg 19 17 1919.

Boletin Comercial e Industrial. Jahrgang 1. Caracas 1920.

Decreto Reglamentario del carbon, petroleo y sustancias similares. Caracas 1920.

Memoria de Obras Publicas. Bd. 1 und 2. Caracas 1920.

Estadistica Mercantil y Maritima I. und II. Semester 1919. Caracas 1920.

Boletin del Ministerio de Fomento. Jahrgang 1. Caracas 1920 und 1921.

Gazeta Oficial. 48. Jahrgang. Juni 1920. Caracas 1920.

Bericht der Deutschen Gesandtschaft in Caracas an das Auswärtige Amt in Berlin 1920 (Ms.).

Industrie- und Handelszeitung 1920 und 1921. Berlin.

Memoria del Ministerio de Fomento. Caracas 192 1.

Sievers, Wilhelm: Venezuela. Auslandswegweiser Bd. 6. Hamburg 192 1.

Lateinamerika (C). Deutscher Wirtschaftsverband für Süd- und Mittel- Amerika. Berlin 1920/21.

Aussprache.

c vor a, o und u = k;

c vor e und i = ß ;

ch = tsch ;

g vor e und i = ch sonst g;

gu = g ;

gn=g n (digno = dig no);

gua = wa (Guächaros = wat-

scharos) ; j = ch;

h = stumm; ll = lj; n = nj; qu = k; s = ß; v = w j

y als Konsonant =j, sonst i (rayo = rajo ; muy =mui) ; z = weiches ß.

Diphtonge und Doppelvokale: zweilautig.

Abkürzungen.

B = Boh'var = 81 Goldpfennige, Ctms = Centimos (l/i0o Boh'var), $ = nordamerikanischem Dollar,

t = Tonne

= Pfund Sterling, M = Mark (Deutsche Goldmark), Fr. = Frank, 1000 kg.

Orts- und Sachregister.

Abgaben

Gemeinde 83.

Minenkonzessions 1 90.

Staaten 83.

Staats 81.

v. Geschäftsreisenden25o Acarigua-Araure 123. Ackerbau 144.

Apio 148.

Bataten 147.

Gerste 154.

Hülsenfrüchte 148.

Kapitalsanlagen 173.

Kartoffeln 148.

Mais 151.

Reis 152.

Weizen 153.

Yams 148.

Yuca 146. Acure 26. Agaven 166.

Cocui 167.

Fique 167.

Pulque 167.

Sisala 167. Aguacate 170. Aguti 26. , Jagd 140. Akademien 95. Alaun 185. Alcornoco 20. Alfinger s. Ehinger. Algarrobo 133. Alkohol 164. Almuerzo 61. Altagracia 103.

Altagracia-Orituco 12 5. Amacuro 121. Amazonas, Territorio del

128. Ampies, Tuande 68. Ananas 171, 172. Angostura-Bitter 139. Anisado 62. Antfmano 115. Antonio Diaz 121. Anzoätegui 116. Afiil 163. Apfel 171. Apio 61, 148. Apure, Rio 124. 233. Aragua, Staat 1 1 1 . Aragua 120.

Aragua de Barcelona 117. Arbeiter,

Arbeitszeit 192, 205, 206.

Löhne 54. Arepas 60. Aroa 109. , Kupferbergwerk 109,

183. Arowaken 35. Arrau 27. Asphalt 186.

Ausfuhr 187, 205, 206.

Produktion 187.

Schlammvulkane 187. Asuncion 120. Ausfuhr 200. Äußere Beziehungen 30. Austern 99.

Automobile, Import 239. Automobilstraßen 239.

Bailadores 106. Balatä 129.

Ausfuhr 205, 206. Balatäbaum 22. Balsam 132. Banane 145. Banibas 35. Banken 246,

ausländische 248.

Emissions 247. Baralt, Rafael 96. Barbasco 19. Barcelona 116. Barinas 123. Barcpiisimeto 107. Batate 147. Baumfarne 23. Baumwolle 164.

Anbau 164.

Ausfuhr 166.

Produktion 165, 166. Bejuco de Cadena 138. Befarien 24. Bello, Andres 96. Bergbau 181.

Bergleute, deutsche 66.

Abgaben 190.

Entwicklung 191.

Gesellschaften 191.

Konzessionen 190.

Übersicht d.Betriebe 191. Berufe 53.

Besoldung 54, 55, 262. Bevölkerung 31.

Bewegung 42.

266

[Bevölkerung]

Fremde 41.

Kasten 40.

Lebende Indianer 33.

Stammväter und Misch- linge 36.

Urbewohner 31. Bibliotheken 98. Bier 63. Birnen 171. Bleierz 185. Blumenzucht 172. Boconö 106. Bodenschätze 181. Bohnen 148. Bolfvar, Simon 75. Bolfvar, Staat 125. Bollos 60. Branntwein 151. Brauereien 194. Brombeeren 171, 172. Brotfrucht 172. Bucare 155. Bürgerkriege 77. Burro 180. Busch 19.

Cafetal 154.

Caicara 127.

Caiman 27.

Cainito 172.

Calabozo 124.

Camaguan 125.

Cambio 246.

Cambures 61, 145.

Cana 149.

Caoba 134.

Capatärida 109.

Capybara 26.

Caquetios (Indianer) 31.

Carabobo 109.

deutsche Kolonie 252.

Caracas 113.

, Handel 249.

, Klima II, 13.

Carache 106.

Carajäa 22. , Harz 132. Caraotas 61, 148. Carapaöl 133. Carato 152. Carayaca 115. Cardonal 19. Carenero 115. Cariaco 118. Caribe-Fisch 28. Carizo 21. Carne de chivo 61.

seca 60. Carora 107. Carüpano 118. Carvajal, Juan de 71. Casa de altos 56.

en bajos 56. Casave 60, 147. Casiquiare 128. Castro, Cipriano 78. Catatumbo, Rio 232. Ceiba 22. Cevadilla 139. Chinarinde 139. Ciudad Bolfvar 3, 126. Coche, Insel 9. Cock-tail 63.

Cocui 167.

Coipu 26.

Cojedes, Staat 124.

Cojedes, Rio 233.

Comedor 57.

Comida 62.

Copaivabalsam 132.

Coplas 64.

Coquibacoa, Golf von 65.

Coro 108.

Cosa, Juan de la 65.

Crespo, Präsident 78.

Criollos 39.

Cubagua, Insel 9.

Cujisal 19.

Cumand 117.

Cumanacoa 119.

Cumanogotos (Indianer)

31.

Cumarebo 109. Cura 128. Curacao 109. Currucay 22. Cusparebaum 139.

Chaguaramas 125. Chaguaramo 21. Chaparrales 20. Chaparro 19. Chapeton 39. Chayote 148. Cherimoya 170. Chicha 152. Chicle 132. Chiguire 26. Chimö 163. Chinchorros 137. Chumita 140.

Danta 26. Delta-Amacuro 121. Deutsche 42.

Kopfstärke, Berufe 41,42.

Ackerbauer. 254.

Kaufleute und Gewerbe- treibende 254. Deutsche Bahnen 234. Deutsche Firmen 199. Deutsche Kolonien 252.

Caracas 252.

Ciudad Bolfvar 254.

Maracaibo 253.

Pt. Cabello 254.

Tovar 254.

Valencia 253. DeutscherHandel 209, 213. Deutsches Aufsaugungs- vermögen 199. Deutsches Kapital 254. Desayuno 61. Diamanten 189. Dichter 96. Dividival 19. Dividivi 135.

267

Dividivi, Export 136, 205 DistritoFederal 112. [206 Dorado el, Auf der Suche

nach dem 69. Dormitorio 57. Dulces 62.

de Membrillo 62. Durasnos 171.

Ecunue 106.

Ehinger, Ambrosius 68. Einfuhr 2 II. Einwanderung 44, 258.

Aussichten 259.

Bedingungen 258. Eisen 184. Eisenbahnen 234.

Linien 235.

Betrieb 237, 238. Ejido 105.

El Pilar, Geiser von 10.

El Recreo 115.

El Tocuyo 107.

El Valle 115.

Empleomanie 53.

Engländer 41.

Entdeckung 64.

Erbsen 148.

Erdbeben 10.

Erdbeeren 172.

Erdöl 186.

Esel 180.

Espana. Jose Maria 74.

Espinar 19.

Fahrstraßen 239.

(Automobilstraßen). Falcön, Staat 106, 108. Falcön, Präsident 78. Farbstoffpflanzen 163. Faserpflanzen 137. Federmann, Nicolaus 69,

70. Feste 63.

Fieberrindenbäume 23. Fische 28.

Fisch - Betäubungsmittel

139- Fischfang 141. Fleischgenuß 60. Flotte 99. Flüsse 2, 4, 7. Frailejön 24. Franzosen 42. Freiheitskämpfe 72. Fruchtbäume 168. Früchte 61. , aromatische 136. , genießbare wilde 137.

Galeras 4.

Garzeta 27.

Gebirge 4.

Geld 244.

Geldwirtschaft 244.

Gemüse 172.

Gemüse, als Nahrungs- mittel 61.

Gerbstoffe 135.

Gerichtshöfe 85.

Gerste 154.

Geschäft, das 248.

Geschichte 64. Entdeckung 64. Freiheitskämpfe 72. Konquista und Regiment

der Welser 66. Neuzeit 77.

Gespinstpflanzen 163.

Gesundheitsverhältn. 48.

Getränke 62.

Getreide 151 ff.

Gewichte, Maße 225.

Gewitter 16.

Gibraltar 103.

Glasfabriken 195.

Glockenvogel 27.

Goajiros 35.

Godos 77.

Gold 181. Ausbeute 182.

[Gold]

Ausfuhr 183, 205, 206.

El Dorado 181.

Lagerstätten 182. Gömez , Juan Vicente ,

Präsident 78. Granadillas 171. Grenzen 1. Grita 104. Guachamaca 139. Guächaro, Höhle von 119. Guächaros 119. Guahibos 34. Gual, Manuel 74. , Pedro 78. Guamo 155. Guanabana 171. Guanare 123. Guano 185. Guanta 116. Guarapo 62.

dulce 62.

fermentado 6 j . Guaraunos 33. Guarico 124. Guasipati 127. Guayaba 171.

, -Gellee 62. Guayacän 19. Guayana 2, 125.

Klima 14. Guipuzcoana-Kompagnie

73- 201. Güiria 1 1 9. Gummibäume, Plantagen

168. Gummi 129. Gürteltiere als Wildbret

140. Guzmän Blanco 78.

Häfen 217. Hahnenkämpfe 64. Handel 198.

268

[Handel]

, Außen- 200.

, Ausfuhr 200.

, deutscher Anteil 209.

, Einfuhr 211.

, deutscher Anteil 211, 212.

, während der Ko- lonialzeit 200.

Binnen- 215.

Güter der Ausfuhr 205, 206, 207.

der Einfuhr 214.

Küsten- 215. Handelsbilanzen 201, 202,

203. Handelstore (Häfen) 217.

Carlo Colorado 224.

Carüpano 223.

Ciudad Bolfvar 224.

Cristöbal Colon 224.

Guanta 223.

La Guaira 221.

La Vela 220.

Maracaibo 218.

Porlamar 225.

Puerto Cabello 220.

Puerto Sucre 223. Handelshäuser 198. , deutsche 198. Handel von Caracas 249.

, Carüpano 119. , Ciudad Bolivar 126.

, Coro 108.

, La Guaira 113.

,Maracaiboi02,iO3.

, Rubio 104.

, Valencia 1 10. Handelszentren 248. Handwerk 198. Harze 132.

Hato 123.

Haushalt d. Bundesstaates 80.

[Haushalt]

der Gemeinden 83.

der Staaten 83. Häute 180.

Heer 99. Heilpflanzen 138. Higuerote 115. Hirsche, Jagd 140. Hohermuth, Georg 68. Hölzer, Nutz- 134. Hülsenfrüchte 148. Hütten, Philipp von 71.

Icaco 171. Indianerstämme 31.

ausgestorbene 31.

lebende 33. Indigo 163. Industrie 193.

Bierbrauerei 194. Brot 194. Elektrizitätsgesellschaft.

196, 197. Fischerei 194. Gefrierfleisch 193. Gerberei 193. Glas 195. Hüte 195. Kerzen 193. Marmor 195. Mosaiken 195. Müllerei 194. Nudeln 194. Papier 195. Sattlerei 193. Schokolade 194. Schuhe 193. Seife 193. Speiseöle 194. Tabak 195. Textilien 195, 196. Transportgesellschaften

196. Zement 195. Zucker 194, 196. Zündhölzer 196.

Industrie, v. Caracas 115.

, Maracaibo 102.

, Merida 105.

, Santa Margarita 120.

, Valencia 1 10.

, La Victoria III. Insekten 29. Insektenpulver 138. Inseln 9.

Inverno 16. Ipekakuanha 138. Italiener 42.

Jagd 140. Jagua 21, Jahreszeiten 16. Javillo 20.

Kaffee 154.

Anbau 154.

Aufbereitung 156.

Ausfuhr 157, 205, 206.

Produktion 157. Kakao 158.

Anbau 158.

Ausfuhr 161, 205, 206.

Produktion 16 1.

wilder 158. Kalebassen 173. Kapital, deutsches 254. Karaiben 33. Karaibisches Gebirge 6. Kartoffel 148. Käse von Maracay 111. Kasten 40. Kaugummi 132. Kautschuk 129.

bäume 129.

export 131, 205 206.

gewinnung 130, 131.

sucher 130. Kirche 86. Klima 10.

Caracas 11, 13.

[Klima]

Guayana 14.

Kordillere 14.

Llanos 14.

La Guaira 10.

Parämo 5.

Tovar 12. Klimate 16. Kongreß 80. Korsen 42. Kohle 186.

Produktion 186. Kokosöl 134. Kokospalme 168. Kolumbus, Christof 64. Kongres 80. Konquista 66. Kopalbaum 133. Kopra 168.

Kordillere de Merida 5. Kosten des Lebensunter- haltes 63, 262. Krankheiten 48. Kreditinstitute 246.

Ausländ. Banken 248.

Emissionsbanken 247. Kupfer 183.

Ausfuhr 184. Kupferminen von

Aroa 109.

Xirgua 109.

Seboruco 103, 104. Küste 8.

La Ceiba 234. La Guaira 112. , Handel 221. , Klima 10. La Vela 109. Lagunillas 105. Landwirtschaft 144.

Acker- u. Plantagenbau 144.

Kapitalsanlagen 173.

Landpreise 260.

Tabellen 142, 143, 169, 174, 176, 177.

269

[Landwirtschaft] Viehzucht 172. Lapa 26. Lara 106, 107. Laurelöl 133. Lebensgenuß 63. Leguan, Jagd 141. Lehrer 94, 95. Linsen 148. Lobatera 104. Löhne 54.

, der Bergarbeiter 189. , der Landarbeiter 260, Luftfeuchtigkeit 15. [262. Luftverkehr 244.

Llanero 40.

, als Musikfreund 64.

Llanos 3.

Klima 14.

, westliche 122. , östliche 121.

iMacuto 112. Magnesit 185. Mahagonibaum 134.

holz 134. Mahlzeiten 61. Maiquetfa 112. Mais, Anbau 151.

, Export 152, 206. , als Nahrung 60. Malaria 48.

Infektion 30. Mamey 172. Mamon 172. Mangle 25.

, als Gerbstofflieferant

135- Mango 170. Maniok s. Yuca. Manirote 171. Mantilla 58. Mapanare 28. Mapora 21. Maracaibo, Gebiet von 7.

Maracaibo, Lagune 7. Maracaibo, Stadt 101. , Handel 218. Maracay 111. Margarita, Santa 120. Maße 225.

Flächen-, 226.

Längen-, 225.

Raum-, 227. Maturin 1 20. Mazamorra 60. Membrillas 171. , Dulce de 62. Mendoza 106. Merey 172. Merida, Kordillere von

5- 103-

Merida, Staat 103, 105.

Merida, Stadt 105.

Mesas 4.

Meta, Rio 233.

Milch- u. Honigbaum 137.

Milchwirtschaft 178.

Minen s. Bergbau.

Ministerien 79.

Miranda, Francisco 74.

Miranda, Staat 115.

Mischlinge 36.

Mispeln, japanische 171.

Missionen 32, 65.

Mitare 109.

Mocezuelo 50.

Monagas, G. und F. Prä- sidenten 78.

Monagas, Staat 120.

Montalbän III.

Monte 19.

Mora 22.

Morichales 25.

Moriche 25.

Mosquitos 30.

Motilones 36.

Mucuchies 106.

Münzen 244.

Museen 95.

270

Namen 52. Neger 37. Nahrungsmittel 59. Import 214. Niederschläge 14. Nügua 109. Nueva Esparta 120. Nutzpflanzen 129 ff, 144. vertikale Verbreitung 18.

Names 61.

Obstsorten 168.

Ocumare de la Costa 240.

Ocumare del Tuy 115.

Ocumo 61.

Ojeda, Alonso de 65.

Öle 133.

Oligarquos 77.

Ölmühlen 194.

Ölpalmen 133.

Orangen 171.

Orinoco 2, 232.

Orinocodelta 9.

Orocue 233.

Ortiz 124.

Oso palmero 26.

Paez, Jose A., Präsident

77-

Paka 26.

, als Wildbret 140.

Palma de cobija 25.

Palmen 20, 21, 23, 25.

, Kokos- 168.

Palmenmark 137.

Palmenöl 133.

Palmenstroh 137.

Pampatar 120.

Panela, als Nahrungs- mittel 61.

, Export 151, 197.

, Herstellung 150, 194.

Päo 124.

Papa 148.

Papaya f]i.

Parägras 25. Pardos 37. Paraguana 8. Paraman-Harz 132. Päramos 5, 17.

Klima 5, 12.

Vegetation 23. Paranußbaum 22. Paranüsse 137. Parasitos 23. Paria, Golf 9.

Halbinsel 9. Pascua 125. Parteien, politische 77. Paßgänger 180. Patio 57.

Pauji 27. Pedernales 121. Pendare 132. Perlenfischerei 141.

Export 144, 205, 206. Perro de agua 26. Petare 115. Petroleum 186.

Ausbeute 187, 188.

Ausfuhr 189, 206.

Gesellschaften 187.

Konzessionen 187. Pferde- u. Maultierzucht

180. Pfirsiche 171. Pflanzendecke 19.

Baumfarne 23.

Bergwald 23.

Busch 19.

Chaparrales 20.

Galeriewald 20.

Mangle 25.

Palmen 25.

Päramo 23.

Regenwald 21.

Savannen 24.

Selvas 23.

Trockenwald 20. Piapocos 34.

Picön Febres, Gabriel 97. Pilar 119. Pifia 172. Piraten 72. Pfritu 137. Plantagenbau 144.

Bananen 145.

Baumwolle 164.

Entwicklung 142, 143.

Ergiebigkeit 169.

Gummi 168.

Indigo 163.

Kaffee 154.

Kakao 158.

Sisala 167.

Tabak 162.

Zuckerrohr 149. Platano 145. Plaza 57. Porlamar 120. Portuguesa, Staat 122,123. Portuguesa, Rio 233. Post 242.

Präsident d. Republik 79. Presse 97.

Puerto Cabello HO. Sucre 118. Pulperias 63.

Quellen, heiße 10, 120. Quibor 107. Quitten 171. Radiotelegraphie 244. Raleigh, Walter 18 1. Rassen 36.

Charaktergegensätze 39.

Vermischung 37.

Verteüung 38, 39. Rechtspflege 85.

Gerichtshöfe 85.

Kriminalität 85.

Kriminalstatistik 86, 87. Regierung 79. Reiher, Jagd 140. Reiherfarmen 180. Reiherfedern, Export 205,

206.

- 271

Reis 152. Regenzeit 16. Reptile 27. Rindviehzucht 173.

Ausfuhr von Häuten 180, 205, 206.

Vieh und Gefrier- fleisch 179, 205, 206.

Milchwirtschaft 178.

Rindviehbestand 175. Rinon 171.

Rio Caribe, Stadt 119. Rio Chico, Stadt 116. Rio Negro, Ort 128. Rubio 104.

Saetegras 25.

Säfte, genießbare 137.

Sailer, Hieronymus 67.

Salz 185.

Sanare 107.

Sancoche 61.

San Antonio 119.

Antonio del Tächira 104.

Carlos (Cojedes) 124.

Carlos (Zulia) 103.

Cristöbal 104.

Estöban 110.

Felipe 109.

Felix 127.

Fernando (Sucre) 119.

Fernando de Apure 124.

Fernando de Atabapo Santa Ana 106. [128.

Barbara 103.

Teresa 116. Sarrapia 136. Säugetiere 26. Savannen 24. Schafzucht 180. Schiffahrt 215, 229 fr.

Fluß- 232. Küsten- 215. transatlantische 229.

Schiffsbewegung 231,232.

Schiffahrtslinien 229.

Schildkröten , Eierernte

Schlangen 28. [H1-

Schokoladefabriken 194.

Schotterterrassen 6.

Schuld, diplomatische 84.

, öffentliche 84.

Schulen 88.

Schwefel 185.

Schweinezucht 180.

Schweine, Wild- als Wild- bret 140.

Seboruco 103, 104.

Selvas 23.

Sierra de Perija 5.

Simaruba 138.

Siquisique 108.

Sisala 166.

Soldados (Störche) 27.

Soledad 127.

Sprache 51.

Staat, der 64. Geschichte 64. Haushalt 80. Verfassung 79.

Staaten, die iooff.

u. Hauptstädte, Über- sicht 10 1.

Stadt und Land 46.

Städte 47, 56. Anlage und Bauart 56. Lage, Klima, Sterblich- keitskoeffizient , der wichtigsten 43, 47.

Steuern 81.

Stierkämpfe 64.

Sucre, Staat 117.

Tabak 162.

Anbau 162.

Ausfuhr 163, 206.

Sorten und Preise 163.

Chimö 163. Tächira 103, 104. Tapir als Wildbret 140.

Tariba 104. Tejera, Felipe 96. Telefunken 244. Telegraph 243. Telephon 244. Temperaturen 11. Teques (Indianer) 31. Teques, Los, Ort 115. Tetzel, Hans 67. Tierleben 26.

Austern 30.

Fische 28.

Giftschlangen 28.

Insekten 29.

Krokodile 27.

Mosquitos 30.

Reptilien 27.

Säugetiere 26.

Schnecken 30.

Vampire 26.

Vögel 27. Tierra caliente 17.

fria 17.

templada 17. Tigre 26.

Timotes-Indianer 31. Timötes, Ort 106. Tinaco 124. Tinaquillo 124. Tocuyo 107. Tolubalsambaum 133. Tonkabohnen 136.

Ausfuhr 205, 206. Tortilla 60. Totumas 173. Tovar, Felipe de 78. Tovar 1 1 1 .

Klima 12.

Kolonie 254. Tucacas 108, 109. Tucupido 125. Tucupita 121. Tumeremo 128. Tuna 172. Tunal 19.

272

Trago 63. Trigo 153. Trinidad 9. Trockenzeit 16. Trujillo, Staat 103, 106.

Stadt 106.

Universitäten 90, 92. Unterricht 88.

Fachschulen 93.

Mittelschulen 90, 91.

Seminare 93.

Universitäten 90, 92.

Volksschulen 88, 91.

Entwicklung 89. Unterrichtswesen , Unter- haltungskosten 94. Upata 128. Uracä 104. Urao 163, 185. Urao-See 105. Urbewohner 31. Uslar, Johannes 76.

Valencia HO. Valencia, See von 111. Valera 106. Valuta 246. Vampir 26. Vanille 136. Vela 109. Verfassung 79. Verkehr 229.

Binnen- 215.

Übersee- 229.

Eisenbahnen 234.

Fahrstraßen, Wege 239.

Flußschiffahrt 232.

Post, Telegraph, Tele- phon, Telefunken, Luft- schiffahrt 242.

Verano 16.

Vespucci, Amerigo 65.

Viehzucht 173.

Entwicklung 174, 176, 177.

Estancias 177.

Hato 178.

Rodeo 179.

Viehbestand 175.

Viehpreise 262.

Züchter 173. Victoria III. Villa de Cura III. Volksbewegung 42.

Bevölkerungszunahme

45- dichte 44.

Ehen 46.

Geburten 45, 46.

Stadt und Land 46.

Sterblichkeit 50. Vögel 27. Vulkane, Schlamm- 187.

Wabenkröte 28. Wald 20.

Waldwirtschaft 129. Wechselkurs 246. Wege 239. Wehrmacht 99. Weinbau 172. Weinimport 214. Weiße 38, 39. Weizen, Anbau 153. Weizen, als Nahrung 60. Welser, Herrschaft der 66. Winde 15. Wirtschaft 129. Wirtschaftslage Ende 1920

251.

Wohlfahrtseinrichtungen

88. Wohnung 56.

Stadt- 56.

Haus das spanische 56.

Hausgenossen 57.

Llano- 122. Würgebaum 25.

Yam 61, 148. Yaracui 109. Yaritagua 109. Yaritagua, Senke von 4. Yopopulver 34. Yuca, Anbau 147. , als Nahrungsmittel 60.

Zamora 122, 123. Zamuro 27. Zapote 170. Zaraza 125. Zarzaparilla 138. Ziegenzucht 180.

-feile, Ausfuhr 205, 206. Zitronen 171. Zitteraal 29. Zölle 81, 250. Zorro 26. Zucker, als Nahrungmittel

61. Industrie 194, 196. Zuckerrohr 149.

Anbau 149.

Export von Panela und Zucker 151, 205, 206.

Panela 150.

Verarbeitung nnd Pro- dukte 151. Zulia 100. Zulia-Catatumbo, Rio 102.

Druck von Oskar Bonde in Altenburg.

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UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY

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2313 Venezuela B82

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