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Verhandlungen

der

Naturforschenden Gesellschaft

ın Basel.

Band XXIV.

Mit 4 Tafeln und 29 Textfiguren.

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Basel Georg & Cie. Verlag 1913.

Druck von Emil Birkhäuser, Basel.

amerlie

Astromonie. Fr. Burckhardt. Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender

Chemie. F. Fichter und G. Oesterheld. Ein elektrischer Wolf- ramrohr-Vakuumofen .

Geologie und Palaeontologie. H. Preiswerk. Die meta- morphen Triasgesteine im Simplontunnel

K. Strübin. Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura

A. Buxtorf. Die mutmasslichen geologischen Profile des neuen Hauenstein- und des Grenchenbergtunnels im Schweizer Jura

Botanik. H. Christ. Ueber das Vorkommen des Buchsbaumes (Buxus sempervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und Vorderasien

G. Senn. Der osmotische Druck einiger Epiphyten und Parasiten

Zoologie. P. Steinmann. Über Rheotaxis bei Tieren des fliessen- den Wassers .

P. Revillod. Katalog der Osteologischen Sammlung des Natur- historischen Museums in Basel

Bericht über das Naturhistorische Museum für das Jahr 1912 von F. Sarasin

Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1912 von P. Sarasin

Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Vierunddreissigster Bericht 1912. 156 (6, Siselallim 2

Verzeichnis der Tafeln,

Tafel I zu H. Preiswerk:

Die metamorphen Triasgesteine im Simplontunnel.

Natel zuckE2 Christ:

Ueber das Vorkommen des Buchbaumes (Buxus sem- pervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und Vorderasien.

Tafel III und IV zu A. Buxtorf:

Die mutmasslichen geologischen Profile des neuen Hauen- stein- und des Grenchenberstunnels im Schweizer Jura.

Die metamorphen Triasgesteine im Simplontunnel. (Mit 1 Tafel.)

Von

H. Preiswerk.

Der Simplontunnel sticht quer durch ein System von weit überschobenen, stark gepressten Gebirgsfalten. Antiklinale Gneisse wechseln mehrfach mit Mulden mesozoischer Sedimente. Die Lage- rung dieser Gebilde, wie sie sich ergibt aus der Kombination der geo- logischen Aufnahmen an der Oberfläche und im Tunnel, ist aus dem von Prof. ©. Schmidt und mir aufgenommenen Tunnelprofil 1) er- sichtlich. 4. Schardt hat ebenfalls mehrfach geologische Profile längs der Axe des Simplontunnels veröffentlicht. Das letzte vom ‚Jahre 1909?) stimmt in der Darstellung der Gesteine an der Oberfläche mit dem unsrigen überein.

Die umstehende Textfigur erläutert unsere Auffassung des Ge- birgsbaues.® )

Die Sedimentmulden bestehen aus Gesteinen der Trias: Marmor, Dolomit, Kalk ete., oft mit Gyps und Anhydrit; ferner den Bündner- schiefern, die zum Lias und möglicherweise auch noch höhern Stufen des Mesozoicums gehören. Die Mulden, die in normaler Entwicklung mehrere Kilometer Mächtigkeit besitzen, sind stellenweise zu ganz dünnen Lagern ausgewalzt. Dabei schwinden oft einzelne Teile der regelmässig ausgebildeten Mulde. Bald fehlt eine der beiden flan- kierenden Triasbildungen, bald verschwinden die Bündnerschiefer, so- dass die Mulde ausschliesslich aus Triasgesteinen, oder selbst nur aus deren Trümmern oder Spuren besteht. Endlich können auch in einer

1) C. Schmidt: Die Geologie des Simplongebirges und des Simplon- tunnels. Rektoratsprogramm der Universität Basel 1908.

2) H. Schardt: Géologie de la Suisse in «La Suisse». Publications du dictionnaire géographique de la Suisse 1908, pag. 14.

3) Vgl.: ©. Schmidt: Bild und Bau der Schweizeralpen. Beilage zum Jahrbuch des S.A.C. 1906—07, pag. 48.

Ferner: GC. Schmidt, A. Buxlorf, H. Preiswerk: Führer zu den Exkur-

sionen der Deutschen geologischen Gesellschaft. Basel, E. Birkhäuser, 1907,

2 H. Preiswerk.

Mulde dieselben Bildungen sich mehrfach wiederholen wie z.B. das fünfmalige Auftreten von Triasbildungen im Nordschenkel der Bedrettomulde zeigt, das in der Konstruktion durch sekundäre Falten resp. Schuppen zu erklären gesucht wurde. Der Tunnel durchfährt die mesozoischen Bildungen siebenmal. An folgenden Stellen durch- schneidet er Triasgesteine, nämlich : I. In den Bündnerschiefern der Bedrettomulde eingelagert bei 670 bis 715m ab Nordportal. 2. Ebenfalls innerhalb der Bedrettomulde bei 1236-1530 m ab Nordportal. 3. Südliche Grenztrias der Bedrettomulde bei 3843-3913 m ab Nordportal. 4. Trias der Eistenmulde bei 3993 und 4077 m ab Nordportal.

Geologisches Irolil langs der Axe des «Sempulonlunnels

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5. Südliche Grenze der Gantermulde I bei 4410-4426 m ab Nord- portal. . Gantermulde II bei 7246 m ab Nordportal. - Monte Carneramulde bei 8145—8155 m ab Nordportal. 8. Nördliche Trias der Vegliamulde bei 9400-9680 m ab Nord- portal. 9. Südliche Trias der Vegliamulde bei 6870— 7120 m ab Südportal. 10. Südliche Trias der Teggiolomulde bei IT 4325 m ab Süd- portal.

Da diese Triasgesteine meistens Gyps, resp. Anhydrit enthalten, zerfallen sie an der Oberfläche sehr leicht und es treten dann nur die widerstandsfähigeren Marmore und Dolomite als Vertreter der Trias sichtbar zutage. Die Aufschlüsse im Tunnel geben nun die Möglich- keit, die hochkrystallinen Umwandlungsprodukte der Triassedimente

Oo

Triasgesteine im Simplontunnel. 3

in dem Zustande zu studieren, in dem sie in Tiefen bis gesen 2000 m unter der Oberfläche anstehen. Diese Gesteine erschienen mir daher einer petrographischen Untersuchung wert, deren Resultate ich im Folgenden wiedergebe.

Das Material wurde während der Tunnelbauzeit von Prof. C. Schmidt und mir gesammelt. Ferner wurde auch die offizielle unter Leitung von Prof. H. Schardt zusammengestellte Sammlung berück- sichtigt. Der jetzt in Angriff genommene Ausbau des Parallelstollens zum zweiten Tunnel wird in vorzüglicher Weise Gelegenheit bieten, die beschriebene Gesteinsfolge von neuem zu studieren und manche Beobachtungen zu ergänzen.

Spezielle Beschreibung der Gesteinstypen.

1. Nördlichste Triaseinlagerung in den Bündnerschiefern der Bedrettomulde. 670—716 ab Nordportal.

Nach C. Schmidt*) besteht diese Zone aus zwei Dolomit- und Marmorlagern am Rande und Gyps und Anhydrit im Zentrum. H. Schardt5) erwähnt daraus auch weisse Sericitschiefer. Zur Unter- suchung liegen mir vier Proben von folgenden Punkten vor: 677, 695, 703 und 716 m ab Nordportal. Es sind hellfarbige bis weisse, ım übrigen recht verschieden aussehende Gesteine.

" Gypsfels mit Anhydritresten.

Das Gestein von Progressive 677 ist massig, schneeweiss, matt, jedoch mit zahlreichen glänzenden Spaltflächen besprengt. Hie und da durchziehen das Gestein gelblich-grünliche sericitische Häute mit vielen, oft langgestreckten Pyritkryställchen. Unter dem Mikroskop erkennt man in einer wirr blättrigen oder fasrigen, schwach licht- und doppelbrechenden Grundmasse einzelne unregelmässig begrenzte grössere Individuen, ferner auch feine Körner und hie und da auch kleine Stengelchen höher licht- und doppelbrechenden Mineralien sich abheben. Die ‚‚Grundmasse“ besteht aus Gyps, die darin schwebenden Mineralien sind Anhydrit, Dolomit, Quarz und Muscovit.

Die Gypsblättehen sind von verschiedener Grösse. Nesterweise finden sich feinschuppige Aggregate. Darin schwimmen gelegentlich ausgebildete Gypskrystalle. An einzelnen Stellen sind auch die Anlıydritkörner von feinschuppigem Gyps umgeben. Die Schuppen sind dann parallel orientiert und zwar in der Richtung der Spaltrisse

4) Rektoratsprogramm pag. 37. 5) Rapports trimestriels au conseil fédéral suisse sur l’état des travaux du percement du Simplon. März 1899. Renseignements géologiques.

4 H. Preiswerk.

des benachbarten Anhydritkornes, ein Dokument für die ruhige Um- wandlung des Anhydrit in Gyps.

An den grösseren Kryställchen lässt sich die optische Bestimmung vornehmen. Die Blättchen mit höchster Doppelbrechung, also mit Austritt der optischen Normalen zeigen häufig Zwillingslamellen nach 100 und in der Regel den fasrigen Bruch nach 111. Wenig geneiet zu dessen Spaltrissen verläuft die Richtung c, die mit der Vertikalen einen Winkel von 53° einschliesst. An einem Schnitt senkrecht zur optischen Achse liess sich der positive Charakter des Minerals fest- stellen.

Oft schliessen die grösseren Gypskrystalle blasenförmige, oft ge- krümmte Hohlräume ein, vermutlich mit flüssigem Inhalt.

Die Anhydritkörner entsprechen den glänzenden Spaltflächen im Handstück. Sie sind an der Peripherie oft ausgefranst oder abge- bröckelt, manchmal von Lamellen feinblättrigen Gypses durch- schnitten.‘ )

Charakteristisch sind die meist nahezu rechtwinklig sich kreu- zenden Spaltrisse.

Die Richtung c steht senkrecht auf der Ebene undeutlichster Spaltbarkeit, dies ist 100. In Schnitten parallel 010, also senkrecht zur optischen Normalen, erscheinen ausser den Spaltrissen nach den Pinakoiden auch feine Linien oder Lamellen nach dem Makrodoma mit einem Winkel von 960 30°. Sie entsprechen polysynthetischen Zwillingen nach 101. Die Umwandlung des Anhydrit in Gyps folgt häufig diesen Lamellen.

Oft schliesst der Anhydrit reihenförmig angeordnete Hohlräume ein von rechteckiger Gestalt. Libellen konnten darin nicht aufge- funden werden.

In rundlichen Körnern oder unregelmässigen Fetzen, einzeln oder nesterweise zusammengeschart finden sich rhomboedrische Karbonate im Gyps eingebettet oder auch im Anhydrit eingeschlossen. Die Seltenheit resp. das stellenweise gänzliche Fehlen der Zwillingsbil- dungen deuten darauf hin, dass hauptsächlich Dolomit vorliegt.

Spärlich eingestreut findet sich Quarz in Körnern oder hexa- gonalen Durchschnitten.

6) Diese schönen Strukturen der Umwandlung sind von F. Hammer- schmidt (Tschermak. Min. u. Petr. Mitth. 1883, pag. 278) an Anhydritgestein aus dem Val Canaria ausführlich und lebhaft Ses ben, und auf Tafel II, Fig. 6 trefflich abgebildet worden.

A. Stella hat dieselben Strukturen aus der Trias des Kehrtunnels von Varzo, südlich vom Simplontunnel, abgebildet. (Societa Italiana per la strade ferrate del Mediterraneo. Relazione sugli studi e lavori ereguiti dal 1807 al 1905, Roma 1906. Tav. LXXI, Fig. 2.

Triasgesteine im Simplontunnel. 5

Ebenso spärlich und unregelmässig wie Quarz findet sich Muscovit in kleinen Blättehen und endlich selten auch Pyrit in Kry- ställehen mit Würfel- und Pentagondodekaederflächen.

Muscovit und Pyrit reichern sich stark an in den Sericithäuten, die das Gestein durchziehen.

Anhydritfels mit Einschlüssen flüssiger Kohlensäure.

Das Gestein von Progressive 695 besteht hauptsächlich aus grob- körnigem Anhydrit von leicht violetter Farbe. Die Körner, die bis über 1/, cm erreichen können, sind nach einer Richtung etwas abge- plattet, sodass das Gestein eine leichte Parallelstruktur erhält. Diese ist stellenweise noch stärker ausgeprägt durch sericitische Häute mit Pyrit, die das Gestein ın der Schieferungsebene durchziehen. In unter- geordneten Mengen finden sich im Gestein noch Gyps, Dolomit, Quarz, Muscovit, Pyrit. Die qualitative mineralogische Zusammen- setzung ist demnach dieselbe wie im Gestein von Progressive 677. Nur ist dort die Umwandlung in Gyps weiter fortgeschritten. Man kann das Gestein von Progressive 695 als krystallinen Anhydritfels, das von Progressive 677 als hydratisierten Anhydritfels bezeichnen.

Unter dem Mikroskop erscheint der Anhydrit in langgestreckten Körnern. In Schnitten nach 100, also senkrecht zur spitzen Bissectrix liegt die optische Axenebene senkrecht zur Längserstreckung. Von den zwei senkrecht sich kreuzenden Spaltsystemen zeigt das parallel der Längsrichtung der Körner verlaufende deutlichere und zahlreichere Spaltrisse. Da nun 100 unverkennbar die schlechteste Spaltbarkeit hat, so ist demnach die Basis (001) die Ebene bester Spaltbarkeit.

In Schnitten parallel 010, in denen zahlreiche Zwillingslamellen nach 101 sichtbar werden, sind die Körner ebenfalls in der Richtung der deutlichsten Spaltrisse gestreckt. Die Körner sind also nach der Basis abgeplattet.

Besonders an Stellen, wo die Gypsbildung begonnen hat, erkennt man häufig die Wirkungen mechanischer Deformation an gekrümmten Spaltrissen und undulöser Auslöschung.

Interessant sind die Einschlüsse im Anhydrit. Scharenweise fin- den sich rechteckige Hohlräume, bald langgestreckt, bald mehr qua- dratisch von 0,01—0,05 mm Länge ca. Einzelne schliessen Libellen ein, von denen manche in beständiger Bewegung begriffen sind. Die erösste Libelle, die beobachtet wurde, mass 0,004 mm im Durchmesser.

Temperaturänderungen bringen Veränderungen in der Grösse und oft auch in der Lage der Libelle hervor. Beim Abkühlen des Schliffes in Freien bei ca. 30 erlitten die Libellen eine merkbare Vergrösserung. Besonders deutlich war dies zu beobachten an einer länglichen Libelle in langgestrecktem Hohlraume. Manche beweeliche Libellen büssen

6 H. Preiswerk.

beim Abkühlen die Beweglichkeit ein. In einem der Hohlräume, der bei gewöhnlicher Zimmertemperatur keine Libelle zeigt, erschien eine lebhaft bewegte kleine Blase beim blossen Abkühlen mit einigen auf das Deckgläschen gegossenen Äthertropfen.

Beim Erwärmen verschwinden die Libellen, die einen früher, die andern später, alle bei ca. 260 C. Dieser Umstand, sowie der sehr hohe Ausdehnungskoeffizient der Flüssigkeit beweisen, dass flüssige Kohlensäure vorliest. Da die grösste von mir beobachtete Libelle schon zwischen 250 und 260 C. verschwindet, lassen sich die Erschei- nungen, die beim Überschreiten der kritischen Temperatur der flüssigen Kohlensäure eintreten (ca. 310 C.) nicht beobachten.

Gyps füllt in wirrfasrigen Aggregaten Adern aus, die hie und da zwischen den Anhydritkörnern verlaufen oder auch sie durch- brechen.

Ziemlich spärlich sind lang ausgezogene Nester von Dolomit in feinkörnigem Aggregat. Sie liegen häufig in der Nähe der Gyps- ädern und haben dieselbe Richtung.

Da und dort finden sich vereinzelte Quarzkörner oft als Ein- schlüsse im Anhydrit.

Häufig vergesellschaftet mit den Dolomitschnüren und den Gyps- adern finden sich Muscovitblättchen in Parallelanordnung mit diesen. Es scheint, dass die Lagen von Dolomitflasern und Muscovithäuten der Hydratisierung Vorschub leisteten.

Pyrit ist ziemlich häufig und zeigt sich in glänzenden und flächenreichen Krystallen.

Sericitischer Dolomitschiefer mit Anhydrit.

In einer Gesteinsprobe von Progressive 703 bildet weisser, fein zuckerkörniger Dolomit die Hauptmasse. Er wechselt mit Lagen von schwachviolettem, grobkörnigem Anhydrit. Das ganze Gestein er- scheint dünnplattig bis schiefrig durch Lagen sericitischer Häute. Unter dem Mikroskop erkennt man auch Gyps in Lagen, die von Dolo- mit scharf getrennt sind.

In dem Dolomit finden sich häufig eingestreut: Körner von Quarz, regellose, einzelne Muscovitblättchen, Pyrit gelegentlich mit den Formen des Ikosaeders und kurze Stengelchen von Rutil.

Nicht selten werden die Dolomitkörner durchschnitten von schlanken, ca. 0,02 mm dieken und bis 0,15 mm langen Säulen eines Minerals, das ich als Turmalin bestimmt habe. Die Säulen sind stets in der Prismenzone, oft aber auch terminal von Krystallflächen wohl- begrenzt. Das Mineral ist farblos, was bei Turmalin in Gesteinen selten ist. Dagegen enthalten die meisten der Säulen Kernkrystalle, die intensiv gefärbt sind und einen sehr starken Pleochroismus

Triasgesteine im Simplontunnel. Ü

zwischen © = blaugrün und e = schwach rötlich-gelblich bis farblos aufweisen. Die Kernkrystalle sind häufig scharf von der Hülle ge- trennt. Sie bilden meist kurze Prismen mit basaler Begrenzung. In einigen Fällen aber zierliche hemimorphe Krystalle, indem sie von der Basis am einen Ende, von Rhomboedern am andern Ende begrenzt werden.

Die Lichtbrechung ist in den Kernkrystallen bedeutend höher als in der Hülle. Auch die Doppelbrechung ist im Kern um ein weniges höher. Danach ist wohl die Hülle aus Magnesiaturmalin, der Kern aus Eisenturmalin gebildet.

Sericitischer, sandiger Kalkschiefer.

Das Gestein von Progressive 716 m ist von weisser Farbe, im Hauptbruch seidenglänzend mit grünlichen Glimmerblättchen be- sprengt. Von den Kalkschiefern des Bündnerschiefer unterscheidet das Gestein seine helle Farbe und der Mangel an kohligem Pigment. Nach H.Schardt (Rapp. trim., März 1899) ist von diesem hellen Trias- gestein zu den südlich anschliessenden Bündnerschiefern ein allmäh- licher Übergang zu beobachten.

Die Hauptmasse des Gesteins besteht aus Carbonaten und zwar ist es hauptsächlich Calcit, wie aus der chemischen Reaktion hervor- geht. Die Caleitkörner sind etwas grösser als die Dolomitkörner im Crestein von 703 m.

Etwa der vierte Teil des Gesteins besteht aus Quarz, in einzelnen Körnern zwischen dem Caleit gleichmässig verteilt, seltener in Nestern angereichert.

Von Glimmern ist Muscovit vorhanden, da und dort in kleinen Blättchen.

In grössern Individuen, eigentlichen Porphyroblasten, die dem Gestein ein grüngeflecktes Aussehen geben, findet sich ein schwach grünlicher Glimmer mit folgendem Pleochroismus: a und b = grün- lich, c = farblos. Die Doppelbrechung ist schwach und positiv, der Axenwinkel klein : 2 E gegen 30°. Schnitte senkrecht zur Basis zeigen zahlreiche Zwillingslamellen, die bis gegen 70 Auslöschungsschiefe zur Basis aufweisen. Es liegt Klinochlor vor.

In Schwärmen angeordnet, den glimmerreicheren Gesteinsteilen folgend, findet man zierliche Rutilkryställchen. Sie bilden oft knie- förmige Zwillinge nach 101 oder herzförmige nach 301.

Die rutilreichen Zonen sind begleitet von vereinzelten braunen Turmalinprismen mit © hellbraun, e farblos.

Hoch lichtbrechende, farblose Stengel mit schwacher Doppel- brechung und negativem optischem Charakter der Hauptzone dürften als Zoisit gedeutet werden.

8 H. Preiswerk.

In ziemlicher Menge enthält das Gestein flach linsenförmig aus- gewalzte, bis 1/, em lange Nester von Magnetkies.

2. Zweite Triaseinlagerung im Bündnerschiefer, Triaszone von „Lingwurm‘“. 1236—1530 m ab Nordportal.

Nach C. Schmidt besteht diese Zone von Nord nach Süd aus: 4m Marmor, 200 m Anhydritgesteinen, 60 m schwarzen Schiefern und nochmals 30 m Anhydrit. Die schwarzen Schiefer werden von Schmidt und Schardt als synklinale Einlagerung von Jurasedimenten in der antiklinalen Trias aufgefasst. Die Handstücke aus den Triaspartien dieser Zone, die mir vorliegen, bestehen meist der Hauptmasse nach aus lichtviolettem Anhydrit mit deutlicher Schieferung. Diese wird sowohl durch die Abplattung der Anhydritkörner, als auch durch Glimmerhäute von bräunlicher und grünlicher Farbe bedingt oder durch flache Dolomitlagen.

Sericitischer Dolomit- Anhydritfels.

Ein Gestein von Progressive 1300 ab Nordportal erscheint violett, weiss und bräunlich gebändert. und gefleckt durch Lagen von Anhydrit, Dolomit und Glimmer. An den feinkörnigen dolomitischen Teilen lässt sich schöne Triboluminescenz beobachten: Die mit dem Hammer angeschlagenen Stellen zeigen im Dunkeln ein rotes Auf- glühen. c

Der Anhydrit ist stellenweise sehr grobkörnig. Die Körner zeigen dann häufig undulöse Auslöschung und stärkere Deformation der Krystalle, sowie überaus reichliche Zwillingsbildung nach 101. Die Art der Deformation lässt auf eine Gleitbarkeit nach der Basis schliessen.

Der Dolomit ist durchschnittlich sehr feinkörnig und enthält in diesen feinkörnigen Teilen, die Pflasterstruktur zeigen, keinen An- hydrit. Die Dolomitkörner werden etwas grösser in den Grenz- regionen gegen die Anhydritlagen und bilden hier mit kleinern An- hydritkörnern ein mittelkörniges Gemenge. Wir haben also Lagen aus reinerm Anhydrit bestehend, Lagen aus Dolomit und Lagen, in denen beide gemengt sind. Stellenweise zeigt das Gestein grosskörnige Ausbildung beider Mineralien, des Dolomit und des Anhydrit. In solchen Teilen sind gelegentlich Häute von Gyps zu beobachten in Verbindung mit kataklastischen Zonen.

Neben Muscovit findet sich ein schwach bräunlicher Glimmer mit äusserst kleinem Axenwinkel, der zur Phlogopitgruppe gehört.

Quarz ist sehr spärlich. Pyrit ist nicht selten, auch in grössern bis gegen 1 mm grossen Krystallen. |

Triasgesteine im Simplontunnel. 9)

Anhydritfels mit Phlogopit.

Das Gestein von Progressive 1403 besteht aus grobkörnigem Anhydrit mit wenig, regelmässig im Gestein verteilten Dolomit und bräunlichem Phlogopit.

Der Unterschied in den Gesteinen der Trias von Lingwurm gegenüber denen von Progressive 670-716 besteht, soweit die vor- liegenden Proben einen allgemeinen Vergleich gestatten, in dem Zu- rücktreten des Gypses in den Gesteinen von Lingwurm und in dem Auftreten von Phlogopit an Stelle des Muscovit.

3. Südliche Grenztrias der Bedrettomulde. 3843-3913 m ab Nordportal.

Die Gesteine dieser Zone bestehen vorzugsweise aus dolo- mitischem Kalk, Quarziten und Sericitschiefern. Seltener sind An- hydritgesteine.

Glimmerreicher Anhydritschiefer.

Beı 3862 m ab Nordportal findet sich ein stark parallelstruiertes Anhydritgestein. Stellenweise wechsellagert der Anhydrit mit fein- körnigem, weissem Dolomit. Die Lagen sind oft durch Häute von Muscovit getrennt, während dem Anhydrit selbst ein grünlich-bräun- licher Glimmer in losen Blättern beigemenst ist, der zum Phlogopit eehört.

i Dolomitglimmerschiefer mit Albit.

Ein eigenartiges Mischgestein steht bei km 3900 an. Das Gestein besteht aus dünnen Lagen von schneeweissem feinkörnigem Dolomit mit etwas Calcit und ebenfalls weissen Quarz-Feldspatlagen, die da und dort augenartig anschwellen. Die verschiedenen 1—2 mm dicken Lagen sind durch Häute weissen und braunen Glimmers geschieden mit reichlichem Pyrit. Auch die Quarz-Feldspatlagen sind reichlich von Carbonaten durchsetzt. Der Feldspat scheint durchweg Albit zu sein. Sein Brechungsvermögen ist stets kleiner als beim Quarz, der optische Charakter ist positiv, Schnitte ziemlich genau senkrecht c zeigen gegen 20° Auslöschungsschiefe. Die beiden Glimmer unter- scheiden sich sowohl durch die Farbe als durch die Grösse des Axen- winkels. Der braune Glimmer erscheint einaxig, der farblose zeigt wechselnde, stets kleine Axenwinkel, die meist zwischen 2 E = 309 bis 409 schwanken, aber auch bis nahe sinken.

(rneissige Arkose.

Ebenfalls bei Progressive 3900 findet sich, offenbar genetisch mit dem eben beschriebenen Gestein in Zusammenhang ein grob-

10 H. Preiswerk.

flaseriges, stark geschiefertes, augengneissartiges Gestein. Die Augen bestehen aus Quarz oder, namentlich die grössern, aus Feldspat- aggregaten. Die Flasern bestehen aus hellem, spärlicher aus braunem Glimmer und sind mit zahlreichen bis 1/, cm grossen Pyritkrystallen durchspickt. Der Feldspat wurde durch Untersuchung der Spalt- blättchen als Alböt bestimmt. Er stimmt demnach überein mit dem Feldspat des gneissartigen Dolomitglimmerschiefers. Das Gestein scheint ein der Trias eingelagertes Zertrümmerungsprodukt der be- nachbarten Gneisse zu sein. Die Albitaugen dürften zum grossen Teil aus ursprünglichem Orthoklas hervorgegangen sein, der im benach- barten Eistengneisse sich häufig findet.

Dolomitmarmor.

Bei Progressive 3902 tritt ein rein weisser kompakter, in eckige Bruchstücke zerfallender Dolomit auf. Das Gestein enthält nur wenig Caleit. Er löst sich in Salzsäure bis auf minimale Rückstände von farblosen Glimmerblättchen. Diese bilden oft wohlbegrenzte sechs- eckige Täfelchen. Der grösste Teil des Glimmers ist optisch nahezu einaxig. Ein Teil zeigt Axenwinkel von 2 E = gegen 50°. Es scheint auch da grossenteils Phlogopit vorzuliegen.

4. Trias der Eistenmulde. 3993 u. 4077 m ab Nordportal.

Aus der Trias der Eistenmulde liegt mir nur eine Gesteinsprobe vor aus dem südlichen Schenkel, also aus der Grenztrias gegen den Gantergneiss und zwar von Progressive 4077. Es ist ein plattig- schiefriger weisser Dolomitmarmor. Die Schieferungsflächen sind mit farblosem bis schwach gelblichem meist eöinaxigem Glimmer und Pyrit bedeckt. In dünnen Lagen findet sich auch etwas grobkörniger Calcit. Das Gestein zeigt sehr schön die Erscheinung der Triboluminsscenz.

5. Südliche Trias der Gantermulde I. 4426 m ab Nordportal.

Die Trias der Gantermulde ist sehr schwach entwickelt. Bei 4426 finden sich wenige Dezimeter mächtig zuckerkörniger Dolomitschiefer untermischt mit viel Quarz, Glimmer und grobspätigem Caleit.

Im März 1913 habe ich an dieser Stelle im Tunnel II auch Fuchsitmarmor (vgl. S. 11) aufgefunden. Dieser Fund ist eine schöne Bestätigung für die vermutete tektonische Zusammengehörigkeit der als Gantermulde I und Gantermulde II bezeichneten Schichten.

Triasgesteine im Simplontunnel. 11

6. Gantermulde II. 7246—7254 m ab Nordportal.

Die Strecke, wo die Gantermulde zum zweitenmale den Tunnel quert, bei Progressive 72467254, ist an typischen Triasgesteinen recht arm. Körnige Carbonatgesteine finden sich bei den Progressiven

7246 und 7259. Anhydrit führender Fuchsit-Marmor.

Das Gestein von Progressive 7246 besteht zum grossen Teil aus Calcit. Nach Behandlung mit kalter Salzsäure bleibt ein kleiner Teil, der wesentlich aus Dolomit besteht. Nach Auflösung desselben in warmer Salzsäure hinterbleibt ein glashelles Pulver. Dieses besteht aus Anhydrit und Muscovit. Die auf 010 liegenden Anhydritblättchen lassen meist starke Zwillingslamellierung nach dem Makrodoma er- kennen. In einzelnen Lagen, besonders: in der Grenzzone gegen das Nebengestein wird das weisse Carbonatgestein von smaragdgrünen Glimmerhäuten durchzogen. Dieser grüne Glimmer hat die optischen Eigenschaften des Muscovit. Vor dem Löthrohr in der Boraxperle gelöst, gibt er schwache Chromreaktion. Er ist demnach als Fuchsit zu bezeichnen.

Diese marmorartigen Gesteine sind begleitet von glimmerreichen Schiefern, die ebenfalls stark carbonathaltig sind: braune Granat- schiefer, die wohl uoch zum Jura zu rechnen sind und weisse Kalk- glimmerschiefer.

Weisser Kalkschiefer.

Die Untersuchung eines hellen Schiefers von der Progressive 7246 m ergab folgendes Resultat: Hauptbestandteile sind: Calcit, Dolomit, Quarz, Plagioklas und Muscovit. Da und dort finden sich auch dies zeigt den Zusammenhang des Gesteins mit der Ca SO4 führenden Trias unregelmässige Körner von Anhydrit. Ferner wurde beobachtet: Turmalin in braunen, kleinen, gedrungenen Säulen oder in grössern farblosen Krystallen mit braunem Kern. Pyrit- krystalle, Rutil, nesterweise in Körnern, seltener in schlanken Kry- stallsäulen. Ganz vereinzelt sind Mineralien der Epidotgruppe sowie längliche gerundete Körner von Zirkon.

Anhydritknauern und Anhydritkrystalle im G'antergneiss bei 7500 m ab Nordportal ca., im Liegenden der Trèas der Gantermulde IT.

Mit der Trias der Gantermulde im Zusammenhang steht das Vorkommen der schönen, von mir beschriebenen Anhydritkrystalle ?) und Anhydritknauern im Gneiss bei Progressive 7500 ca. ©. Schmidt

7) Vgl: H. Preiswerk: Neues Jahrh. f. Min. 1905, B. I, pag. 37.

1 H. Preiswerk.

beschreibt dieses Vorkommen im. eingangs zitierten Rektoratspro- gramme pag. 44. Ein neues Vorkommen solcher Anhydritknauern habe ich im Tunnel II bei Progressive 7390 m ab Nordportal ge- funden.

Der die Einlagerungen umgebende Gneiss fällt durch seine helle Färbung gegenüber dem übrigen Leonegneiss auf. Mineralogisch kann er Albitgneiss genannt werden. Er hat krystalloblastische Struktur und besteht aus einem Gemenge von Albit, etwas wenigem Mikroklin, Quarz und Muscovit, mit reichlich Calcit zwischen den andern Mineralkörnern eingesprengt. Die Anhydritmassen sind mit dem Gneiss auf eigenartige Weise verknüpft. Einige Bestandteile des Gneiss entwickeln sich da, wo Anhydrit vorhanden ist, überaus erobkörnig und bilden zusammen mit dem Anhydrit grosskörnige, linsenförmige Knauern. Diese sind wesentlich von zweierlei Art. Entweder bestehen sie fast nur aus Anhydrit und sind nur randlich von Glimmerlagen durchzogen und umhüllt. Indes ist meist keine scharfe Grenze zwischen den Knauern und dem Gneiss, indem auch im unmittelbar benachbarten Gneiss einzelne kleinere Anhydrit- schmitzen eingelagert sind. Oder aber wir haben grosskörnige Massen, die aus Quarz, Feldspat, dunkelviolettem Anhydrit und grobflasrigem Biotit und Muscovit bestehen. Auch hier sind die Bestandteile der Knauern aufs innigste verknüpft mit denen des Gneisses, ähnlich wie bei pegmatitischen Ausscheidungen. Der grobspätige Feldspat der Knauern erweist sich als Orthoklas nach der Untersuchung der Spalt- blättehen und des Brechungsexponenten. Dieser ist nach der Ein- bettungsmethode bestimmt durchgehend, aber sehr wenig niedriger als 1,527. Einige der Spaltblättehen nach 001 zeigen Mikroklin- Gitterstruktur. Neben dem Kalifeldspat konnte in den Knauern auch etwas Albit konstatiert werden. Bei Progressive 7490 m fand ich im Tunnel II Knauern, die aus violettem Anhydrit, weissem Feldspat, erünem Glimmer und reichlich blassgrünem Stahlstein bestehen.

7. Carneramulde. 8145—8155 m ab Nordportal.

Die Anwesenheit der Mulde ist mehr durch den petrographischen Wechsel des hangenden und liegenden Gneisses als durch charak- teristische Triasgesteine markiert. Immerhin ist der Carbonatreichtum der Zone und Anhydritinfiltrationen im liegenden Gneiss auf eine Einlagerung mesozoischer Sedimente zurückzuführen.

Calcit führender Muscovitgneiss. An Handstücken liegt mir aus dieser Zone nur ein weisser Gneiss

vor, der aus Quarz, Orthoklas, etwas Albit und Muscovit, sowie reich- lichem Caleit besteht.

Triasgesteine im Simplontunnel. 15

Anhydritknauern im Valgrandegneiss bei 8163 m ab N ordportal im Liegenden der Trias der Carneramulde.

Das Anhydritvorkommnis im Valgrandegneiss bei Progressive 8463 ist denen von Progressive 7500 ganz analog. Teils findet sich der Anhydrit in kleinen Körnern als Gemengteil des Gneisses, nament- lich aber in grosskörnigen Mineralknauern mit Quarz, Feldspat, Biotit, Muscovit und Chlorit. Der Feldspat scheint grossenteils Albit zu sein.

8. Hangende Trias der Vegliamulde. 9400-9680 m ab Nordportal.

Von Progressive 9400—9680 ab Nordportal durchfährt der Tunnel eine bunte Serie von richtigen Triasgesteinen, das Dach der Vegliamulde, durch deren Anfahren seinerzeit endgiltig die grosse Überschiebung der Leonegneissmassen erwiesen wurde.

Glimmerdolomite mit und ohne Anhydrit.

Es sind teilweise fein geschichtete Gesteine, in denen Lagen von reinem weissen zuckerkörnigem Dolomit, glimmerreichem Dolomit, violettem Anhydrit, gröberkörnigem Kalkspat und Quarz mit ein- ander abwechseln. Pyrit ist oft reichlich lagenweise eingesprengt; ferner finden sich Turmalın, Klinozoisit, Rutil und selten etwas Plagioklas. H.Schardt erwähnt auch Kupferkies und Bleiglanz.

Stellenweise sind die Gesteine intensiv gefältelt und zusammen- gestaucht, wobei oft grobkörnige Aggregate sich ausbilden und die Schichtung verwischt wird. Manche Typen zeigen lebhafte Tribo- lumineszenz. Der Anhydrit ist nicht nur in den von blossem Auge sichtbaren Lagen vorhanden, sondern auch in mikroskopischen Körnern dem zuckerkörnigen Dolomit beigemengt. Bei km 9408 wurde im Anhydrit eine bewegliche Libelle konstatiert. Sie bleibt bei Temperaturänderungen jedoch unverändert. Der Flüssigkeitsein- schluss ist demnach von anderer Natur als diejenigen im Anhydrit bei Km 0,695, also keine flüssige Kohlensäure.

Von Glimmern sind durchweg zwei Arten vorhanden. 1. Farb- loser, gelblicher oder grünlicher Muscovit, der meist ununterbrochene Häute bildet. 2. Ein hellbrauner Glimmer, den Muscovithäuten bei- gemischt oder aber in mehr isolierten, selbständigen Blättehen. Der braune Glimmer ist beträchtlich spröder als der Muscovit. Sein optischer Axenwinkel ist stets klein. Er schwankt etwa zwischen 00 und 120, Selten wird er bei ganz schwach gefärbten Blättehen grösser. Nach einiger Mühe gelang es mir, an dünn gespaltenen Blättchen

14 H. Preiswerk.

mit dem von Steenstrup angegebenen Apparat®) Schlagfiguren her- zustellen, an denen mit hinreichender Sicherheit die optische Axen- ebene des Glimmers als parallel mit dem Lichtstrahl, also der Glimmer als zweiter Art bestimmt werden konnte. Der Glimmer ist also in die Biotitgruppe zu stellen. Auch manche farblose Glimmer zeigen sehr kleinen Axenwinkel, der bis gegen 00 sinkt. Ob sie Glimmer zweiter Art sind, konnte ich nicht sicher feststellen. Wahrscheinlich sind sie samt den hellbraunen Glimmern zweiter Art zum Phlogopit zu stellen. {

Die Struktur der Gesteine ist die krystalloblastische. Völlig: idioblastisch sind nur die Pyritkrystalle und spärliche Rutile. Die Glimmer zeigen ausgebildete Basisflächen. Besonders auffällig ist die idioblastische Ausbildung nur nach einer bestimmten Fläche am Anhydrit zu beobachten. Wo er von Dolomit eingeschlossen ist, er- scheint er in unregelmässigen Körnern, die nur nach der Basis eben- flächig begrenzt sind.?)

Sericit-Quarzite mit Anhydrit.

Bei Progressive 9475 und 80 finden sich anhydritjührende, quarzreiche Gesteine. Neben Quarz enthalten sie reichlich Muscovit, der ihnen schiefriges Aussehen verleiht. Daneben tritt auch ein ein- schlussreicher Feldspat auf. Seine Lichtbrechung ist niedriger als die des Quarz, Schnitte senkrecht auf c zeigen gegen 20° Auslöschungs- schiefe gegen die Trace 001. Die Doppelbrechung ist positiv. Dem- nach liegt Albit vor.

Anhydritkrystalle im Glimmerdolomit und Sericitquarzit.

In den beiden soeben beschriebenen Triasgesteinsarten der Veglia- mulde finden sich ebenfalls an verschiedenen Stellen schöne Anhydrit- krystalle, die ich s. Z. (Neues Jahrb. f. Min., 1905, pag. 33—43) be- schrieben habe. Als Fundorte sind mir bekannt geworden die Pro- gressiven: 9480, 9500, 9540, 9560 und 9573 m. Ich habe seitdem noch einige Stufen erhalten, die geeignet sind, einiges Licht zu werfen auf die Bildungsweise der in den Triasschichten selbst auftretenden Krystalle Es sind hier keine richtigen Kluftmineralien, die die Wände der Klüfte überkleiden, vielmehr stehen die Krystalle in

3) Es hat sich als zweckmässig erwiesen, an diesem Apparate die äussere Glasröhre durch Anschleifen seitlich zu öffnen. Auf diese Weise kann die durch das Hinabfallen der innern Röhre verdrängte Luft seitlich entweichen, während sie sonst leicht das Glimmerblättehen von der untern Öffnung wegbläst.

9) Vgl. die Mikrophotographie von Gestein bei 9433 m ab Nordportal. Tafel 1, Fig. 1.

Triasgesteine im Simplontunnel. 15

genetischem Zusammenhang mit den Gesteinsgemengteilen. Es liegt mir eine Stufe (Progr. 9500) vor, bei der die mit Anhydrit- und Dolo- mitkrystallen bekleidete Kluftfläche senkrecht steht auf den Schichten des Gesteins. Die Kluft ist nun dort mit Anhydritkrystallen besetzt, wo die Lagen körnigen Anhydrits im Gestein ausstreichen, wo dagegen die zuckerkörnigen Dolomitlagen ausstreichen, wachsen Dolomitkry- stalle in die Kluft. Die Bildung der Krystalle in der Kluft muss gleichzeitig erfolgt sein mit der Krystallisation der Gesteinsbestand- teile. Diese selbst sind es, die in der Kluft auskrystallisieren, analog wie in Eruptivgesteinen die Gesteinsgemengteile in miarolitischen Hohlräumen zur vollen Krystallausbildung gelangen. Bei Progressive 9480 finden sich Anhydritkrystalle auf Klüften im Sericitquarzit. Sie sind hier bezeichnenderweise wesentlich von Quarzkrystallen be- gleitet. Spärlich finden sich dabei Dolomit und Adular.

Dunkle Anhydrit-Glimmerschiefer und Gneisse.

Ein dritter Gesteinstypus der Triaszone 9400-9650, der eben- falls Anhydrit führt, sind biotitreiche Schiefer und Gneisse, die be- sonders charakteristisch bei den Progressiven 9458-69, 9502-10 und 9574—79 entwickelt sind. Es sind grobflaserige Gesteine mit dunkeln Glimmerflasern und hellen, meist augenförmigen Zwischen- lagern. Der hellviolette Anhydrit tritt darin in grössern linsen- förmigen Lagen oder auch inniger mit dem Gesteinsgewebe. ver- flochten, in den Augen der Flaserung selbst auf.

Der Mineralgehalt dieser Schiefer ist sehr mannigfaltig und trotz des ziemlich einförmigen Aussehens stark wechselnd. Neben Biotit tritt stellenweise reichlich ein gelblich-grauer Muscovit auf. Der vor- herrschende farblose Gremengteil ist bald Quarz, bald ein Plagioklas. Die Feldspatindividuen sind oft mehrere Millimeter gross und um- schliessen zahllose Einschlüsse. Ihr Vorherrschen führt zu gneiss- artigen Typen über. Zur Bestimmung des Feldspates dienen am besten die Quarzeinschlüsse. Die Untersuchung derselben in einem grobflasrigen Gestein von Progressive 9574, das grosse einschlussreiche Feldspate enthält, ergab folgendes Resultat: An einem Schnitt an- nähernd senkrecht zur optischen Axe des Feldspates wurde bestimmt o<Pß; e>ß. Aus andern Durchschnitten ergab sich:

bei Parallelstellung © <a’; e< y bei Kreuzstellung © < y’; e = a’.

Ein Schnitt senkrecht zu a ergab 170 Auslöschungsschiefe. Nach diesen Daten liegt Andesin (Oligoklas-Andesin) vor. Lokal sind Carbonate, auch Anhydrit reichlich vorhanden.

16 H. Preiswerk.

Epidot findet sich in länglichen Körnern und Stengeln mit sehr schwankender Doppelbrechung. Sie nimmt im allgemeinen gegen den Rand der Körner ab, aber oft sind Stellen höherer und niedrigerer Doppelbrechung unregelmässig fleckig verteilt. Im Zentrum grösserer Epidotkörner (Progr. 9620) finden sich Orthit als stärker gefärbte Stellen, die in gelblich-grünen und olivengrünen Tönen pleochroitisch sind, mit beträchtlich abweichender Auslöschungsrichtung. Bei Progressive 9574 finden sich in diesen Schiefern grössere selbständige Orthitkôrner, die nur von einer schmalen Hülle von Klinozoisit mit sehr niedriger Doppelbrechung umgeben sind. Die Differenz in den Auslöschungsrichtungen von Hülle und Kern beträgt in den zwei Schnitten, die ich auffand, über 200. Während der Orthit gegen die Hülle von Klinozoisit ziemlich scharfe Krystallbegrenzung zeigt, ist dagegen die Hülle gegen die übrigen Gesteinskomponenten ganz un- regelmässig begrenzt.

Zoisit findet sich in der in umkrystallisierten Gesteinen so häufigen Form eirunder Körner. In grosser Zahl finden sich in allen Schliffen, die mir von diesen Gesteinen vorliegen, namentlich häufig als Einschlüsse im Feldspat Stengelchen von Turmalin. Hie und da, besonders bei kleinern Kryställchen, zeigt sich scharfe Terminalbe- grenzung. Die Farbe ist graublau bis bräunlich-violett. Oft ist der Kern dunkler und zeigt höhere Doppelbrechung.

Ein weiterer meist völlig idioplastischer Gemengteil ist der Rutil, der in Schwärmen die übrigen Gemengteile durchzieht. Häufig sind überaus zierliche, herzförmige Zwillinge, die da und dort unter sich selbst wiederum zu Zwillingsgruppen höherer Symmetrie verwachsen. Auch knieförmige Zwillinge fehlen nicht.

Ein stengeliges, der Flaserung folgendes Mineral von Progressive 9620 ab Nordportal wurde als Disthen bestimmt. Die Bestimmung er- gibt sich aus folgenden Beobachtungen : Einige Schnitte zeigen scharfe zahlreiche Spaltrisse in der Längsrichtung der Stengel. Die Aus- löschung ist dann stets gerade, der Charakter der Längszone positiv. Sowohl die optische Normale als die positive Bissectrix (ce) treten ge- legentlich in diesen Schnitten aus. Ein glücklicher Schnitt senkrecht zur negativen Bissectrix (a) zeigt mässig deutliche Spaltrisse in der Längsrichtung, feine scharfe, aber kurze auskeilende Spaltrisse stehen darauf nahezu senkrecht (Gleitrisse nach 001). Die Auslöschungs- schiefe zur Längsrichtung beträgt gegen 30". |

Triasgesteine im Simplontunnel. 3 1

9. Liegende Trias der Vegliamulde. 6870—7120 m ab Nordportal.

Die Basis der Kalkschiefer der Vegliamulde, die die Trias reprä- sentieren könnte, ist durch mehr massige und marmorartige Kalk- schiefer und Kalke charakterisiert. Vereinzelt finden sich Lagen von schneeweissem, reinem körnigen Kalk. Die sonst für die Trias typischen Dolomit- und Anhydritgesteine fehlen hier (vgl. C. Schmidt, Rektoratsprogramm, p. 48).

10. Südliche Trias der Teggiolomulde. 4946—4325 m ab Südportal.

Die grösste zusammenhängende Triasmasse durchfährt der Tunnel von 4946-4325 m ab Südportal, es ist die dem Antigorio- gneiss auflagernde Trias der Teggiolomulde. Die Gesteinstypen sind ungemein mannigfaltig. Wir können sie im grossen und ganzen den unter 8. aus der Vegliamulde beschriebenen Hauptgruppen zuteilen : 1. Helle Anhydrit-Dolomitgesteine, 2. Sericitschiefer und Sericit- quarzite, 3. dunkle biotitreiche Glimmerschiefer und Grneisse.

Helle Anhydrit-Dolomitgesteine mit Tremolit.

Während reine körnige Dolomite und Kalke, sowie reine körnige Anhydrite relativ selten sind, dominieren die Anhydrit-Dolomitge- steine. Auch in der Teggiolotrias finden sich häufig die aus Lagen von schneeweissem zuckerkörnigen Dolomit, etwas gröber krystallinem violett-rosafarbigem Anhydrit und rein braunem Phlogopit mit etwas Sericit bestehenden Gesteine, die meist schöne Triboluminescenz zeigen. Dagegen tritt dazu ein Gemengteil, der den bisher beschrie- benen Gesteinen dieser Art fehlt und der auf die Teggiolomulde be- schränkt erscheint, nämlich farbloser Tremolit und licht grünlicher Strahlstein. Er ist schon dem blossen Auge sichtbar. Im Gestein von Progressive 4800 bildet der Tremolit seidenglänzende Büschel und Rosetten.

Die Anhydrit- Dolomitgesteine der Teggiolomulde sind im (segensatz zu denen der aha Mulden oft elek erünlich gefärbt. Dies rührt von der stärkern, mehr ins Grünliche Kehehde Marine des Glimmers und dem togelmisaigen Auftreten dem Strahlsteins, dessen Grünfärbung mit der des Glimmers zunimmt. Dadurch wird ein mehr allmählicher Übergang zu den anhydritführenden dunklen Glimmer- schiefern bedingt.

18 H. Preiswerk.

Als untergeordnete, mit dem Hauptgestein ‚verschmelzende Ein- lagerungen von oft nur Zentimeter Dicke finden sich im Anhydrit- Dolomit mehr dichte, ,,Eruit‘artig aussehende Gesteinsteile (Progres- sive 4820 m), die auch in den unten zu beschreibenden gneissartigen Schichten wiederkehren. Unter dem Mikroskop erkennt man, dass in diesen Partien Feldspatisierung eingetreten ist. Grosse Plagioklas- individuen durchziehen das Gestein, die übrigen Gemengteile als Ein- schlüsse aufnehmend. Die wenigen ausführbaren Bestimmungen deuten auf einen sauren Plagioklas (Oligoklas-Albit). Als Einschlüsse sind neben Strahlstein und Carbonaten besonders zahllose bräunliche Turmalinstengel und viele längliche Rutilkôrner auffällig.

Anhydrit-Sericitschiefer und Sericitquarzite.

Bei km 4465 und 4477 und dann wieder bei 4532 findet sich der Anhydrit in carbonatarmen aber quarzreichen schiefrigen Gesteinen.

Das Gestein von km 4532 ist ein grauer Sericitschiefer, der auch etwas Biotit führt und von violetten Anhydritlagen durchzogen wird. Das Mikroskop lässt den reichen Quarzgehalt erkennen, während Feld- spat nicht konnte nachgewiesen werden. Pyrit ist reichlich vorhanden. Ferner finden sich Körner von Rutil und Zirkon.

Unregelmässige Körner und Stengel eines stark licht-, aber ganz schwach doppelbrechenden Minerals, das deutlichen Pleochroismus zwischen blau-grau und gelblich zeigt, halte ich für Apatit. Ähnliche Serieitschiefer finden sich bei km 4466 und 4500, doch ohne Anhydrit. Die Gesteine von km 4465 und 4477 sind ganz hellfarbige, blass- grünlich-weiss und violett gestreifte, grobkörnige Schiefer, die neben Anhydrit, Sericit und Carbonaten reichlich Quarz enthalten. Einzelne Stellen darin sind von Rutilnadeln und Turmalinstengeln mit Kern- krystallen durchschwärmt.

Biotitreiche dunkle Schiefergesteine.

a) Biotit-Anhydritschiefer mit Tremolit.

Die durch Reichtum an dunkelm Glimmer ausgezeichneten Ge- steine zeigen verschiedene Übergänge zwischen Anhydritgesteinen und anhydritarmen bis ‚freien ‚oft gneissartigen Kalkschiefern. Die an- hydritreiehsten Typen; die auch einzelne Lagen in reinem Anhydrit- gestein bilden, sind Biotit-Anhydritschiefer, die Tremolit oder Strahl- stein und kleinere ade grössere Beimengung: von, Cärbonaten ent- halten. royrtbad

-Triasgesteine im Simplontunnel. 19

Ein derartiges Anhydritgestein von Progressive 4497 ist be- achtenswert durch die teilweise Umwandlung in Gyps. Unregelmässige Anhydritkörner liegen in einer Basis von Gyps, der wenige grosse ein- heitliche Individuen bildet.10)11) Diese Ausbildung grosser Individuen im Gyps der Teggiolomulde steht im Gegensatz zur Bildung wirr- fasriger Aggregate von Gyps in den Triaszonen bei 670 m ab Nord- portal.

b) Kalkschiefer mit Plagioklas und Skapolith, Skapolithgneiss.

In den Zonen 4940-4795 und 4613—4500 tritt der Anhydrit zurück und es entwickeln sich Glimmerkalke oder Kalkschiefer, die durch Eintritt von Quarz, Feldspat und stellenweise Skapolith einen mehr gneissartigen Habitus erlangen. Als konstante Gemensteile dieses Gesteins sind Biotit, Quarz und Calcit (seltener Dolomit) zu bezeichnen. Als typischer Vertreter des skapolithfreien Typus mag das Gestein von Progressive 4550 gelten. Das Gestein ist ein krystallo- blastisches Gemenge von Calcit, Quarz, Biotit, in dem bald der eine, bald der andere dieser Gemengteile lagenweise vorherrscht. Die Glimmertafeln sind den Lagen parallel geordnet. In dem streifig- flasrigen Gewebe des Gesteins bilden stellenweise grössere Quarz- körner augenförmige Anschwellungen.

Neben diesen Gemengteilen findet sich ziemlich verbreitet Plagioklas, häufig mit Zwillingsbildung nach Albit- und Periklin- gesetz. Folgende Bestimmungen konnten ausgeführt werden: Die Auslöschungsschiefe nach M in Schnitten senkrecht zur negativen Bissectrix beträgt 17—190. Diese Schnitte liegen ziemlich genau senk- recht zu M und P. Der Sinn der Auslöschungstiefe konnte als -- be- stimmt werden. Im Feldspat eingeschlossene Quarzkörner zeigen meist niedrigere Lichtbrechung. Der Plagioklas bestimmt sich somit als Andesin.

Ferner findet sich Zoisit in runden Körnern, Titanit in einzelnen Körnerstreifen und reichlich Pyrit in derben Massen, der schon makroskopisch auffällt.

Die Glimmerkalke von den Progressiven 4854, 4874 und 4922 führen Skapolith, teilweise so reichlich, dass man sie als Skapolithfels bezeichnen könnte.

10) Vgl. Mikrophotographie: Gestein von Progressive 4497 ab Südportal. Tafel I, Fig. 2.

1) F. Hammerschmidt: Beiträge zur Kenntniss des Gyps- und Anhy- dritgesteines (Tschermak. Min. u. Petr. Mitth. 1883), beschreibt pag. 277 mit diesen identische Strukturen.

20 H. Preiswerk.

Allen drei Gesteinsproben sind ausser dem Skapolith folgende Mineralien gemeinsam: Biotit, Caleit, Quarz, Plagioklas, Epidot- mineralien, Pyrit und Rutil.

Dem Biotit ist bald Chlorit beigesellt in Parellelverwachsung, bald Muscovit, der mehr selbständig auftritt.

Der Caleit tritt oft stark zurück und schwindet gelegentlich ganz, sodass sich mehr Gneisstypus herausbildet.

Der Plagioklas bildet im Gestein 4922 m ab Südportal grosse und zahlreiche Porphyroblasten mit vielen Einschlüssen, in den andern tritt er mehr vereinzeltauf. Zwillingsbildung nach dem Periklingesetz ist die vorherrschende. In Schnitten senkrecht zur negativen Bissectrix wurden 100—200 Auslöschungsschiefe gemessen. Diese Schnitte stehen ziem- lich senkrecht zu Pund M. Die Trace von a’liegt im spitzen X P/M. Demnach liegt basischer Oligoklas mit 25—30 0% Anorthitgehalt vor. Auch noch basischere Glieder kommen vor, deren Brechungsexponent den des Quarzes übersteigt. Beim Gestein von 4854 schwankt die Zu- sammensetzung im selben Individuum beträchtlich, wie die wech- selnde, meist nach der Peripherie zunehmende Auslöschungsschiefe zeigt.

Der Skapolith bildet grosse, langgestreckte Porphyroblasten von mehrern Zentimetern Länge. Sie schliessen alle übrigen Gemengteile ein und zeigen schöne Siebstruktur. Wo sie an Quarz grenzen, treten häufig auffällige myrmekitartigeVerwachsungen auf.!?) An geeigneten Schnitten lässt sich leicht die Einaxigkeit und der negative optische Charakter nachweisen. In Schnitten nach der Axe sind Spaltrisse sichtbar, die der Axe parallel laufen. Die Lichtbrechung ist durch- weg höher als die des Quarzes; die Doppelbrechung wurde zu 0,030 bis 0,035 bestimmt. Das Gesteinspulver wurde mit warmer Salpeter- säure behandelt und in der Lösung mittelst Silbernitrat Chlor nach- gewiesen. (Die Reaktion wurde durch einen blinden Versuch kon- trolliert.) Darnach erscheint die Bestimmung als Skapolith gesichert. Innerhalb der Gruppe der Skapolithe betrachtet, zeigt das vorliegende Mineral maximale Licht- und Doppelbrechung und ist demnach zum Mejonit zu rechnen.

Die Strukturformen zeigen grosse Ähnlichkeit mit denen, die A. Lacroix) an Dipyren von Pyroxengneissen beschrieben und abge- bildet hat. Dieselben eigenartigen Verwachsungen, die Lacroix als „stalactiformes““ bezeichnet, sind dort bei Verwachsungen verschie- dener Dipyrindividuen unter sich zu beobachten.

2) Mikrophotographie des Gesteins Progressive 4874. Tafel I, Fig. 3. 13) A. Lacroix: Gneiss a Pyroxene (Bull. soc. Franc. de Min. 1889, page 30).

Triasgesteine im Simplontunnel. 21

Die stets vorhandenen Epidotmineralien zeigen sich in wechseln- der Gestalt. Bald herrscht der normale Epidot, bald die schwach doppelbrechenden Glieder, wohl meist Klinozoisit. Seltener ist Zoisit stets in rundlichen Körnern.

Der Pyrit zeigt sich fast stets in wohlgebildeten, oft flächen- reichen Krystallen.

Der Rutil, zum Teil in groben Körnern, zum Teil in zierlichen Krystallsäulchen. Die Körner sind hie und da von Leucoxenrändern umgeben.

Turmalin findet sich gelegentlich in kurzen Säulen.

c) Glimmerkalk der druckhaften Stelle.

Eine eigenartige Ausbildung der carbonatreichen Gesteine der Teggiolomulde sind die mürben Glimmerkalke der „Druckpartie‘ 4460-4418, die durch ihre Druckhaftigkeit dem Tunnelbau so grosse Schwierigkeiten bereiteten. C. Schmidt beschreibt dieses Vorkommen und gibt (Rektoratsprogramm, pag. 51) folgende Analyse einer luft- trockenen Durchschnittsprobe des Glimmerkalkes bei 4420 m im

Stollen I: DO a NE IS NU I O0 NO er NEA 9 ÉOLIEN CN RC CO) TN RME ER TU NEO ER RE DONS CAO EP GONE Na, O = 0,59 %o RG ® = 0,75% S 07 = en 710 1,0) = 0,26 0/6 GO, = 24,65 0 H, O 5,01 9%

99,62 °/0

Seinen Angaben möchte ich beifügen, dass auch Chlorit eine wichtige Rolle spielt in diesen mürben Glimmerkalken. Die Farbe des Gesteins ist mehr hellbräunlich, wenn der lichtgefärbte Biotit, mehr grünlich, wenn der Chlorit vorwiegt. Eine Gesteinsprobe von Progressive 4420 führt Biotit nur in geringen Mengen. Der herr- schende Glimmer ist Chlorit. Auch Quarz zeigt sich ziemlich häufig unter dem Mikroskop und von blossem Auge erkennt man da und dort Würfel von Pyrit. Muscovit konnte ich nicht nachweisen. Eine ein- sehendere Untersuchung des Gesteins hat @. Spezia angestellt.!*) In

14) Anidrite micaceo-dolomitica e sulle rocce decomposte della frana del traforo del Sempione (Atti R. Acc. Sc. Torino, Vol. XXXVIII, 1903).

22 H. Preiswerk.

dem Glimmer, der nach ihm vielleicht Phlogopit ist, konstatiert er viel Magnesia, Fluor und spektroskopisch Kali, Natron und Lithium. Von weitern Mineralien wies er farblosen Amphibol, Rutil und Tur- malin nach. Die feinen zerreiblichen Teile im Gestein hält er für Caolin, da sie in der Hitze Wasser abgeben, unschmelzbar sind und nach qualitativer Prüfung nur Kieselsäure und Aluminium zeigen. Mancherorts ist dieser Caolin gemischt mit pulverförmigem Chlorit, Calcit und einem colloidalen Aluminiumhydrosilikate. Dieses fein- körnige Gemisch bedingt, zumal im feuchten Zustand, die Zerreib- ones des Gesteins. Muscovit wird von Spezia nicht erwähnt.

Mineralisation und Metamorphose der Simplontunnel- gesteine.

Die beschriebenen Gesteine sind die Umwandlungsprodukte von marinen Sedimenten der Trias: von Dolomit, Dolomitmergeln, san- digen Kalkmergeln, Gyps- oder Anhydritschichten, seltener von Sanden und Zerstörungsprodukten granitartiger Gesteine. Die ver- schiedenen Proportionen, in denen die Bestandteile der primären Ge- steine gemengt waren, bedingen in erster Linie den’äusserst mannigfal- tigen Charakter der Umwandlungsprodukte. Die chemische Zusammen- setzung einzelner Proben durch Analysen zu bestimmen, erscheint bei dem raschen Wechsel selbst in einem Handstück von nur unterge- ordnetem Interesse. Mehr der Beachtung wert erscheint mir die Art der Mineralisation, insbesondere die Neriellung der einzelnen Mine- ralien.

Folgende sind die eesteinsbildenden Mineralien in den Triasge- steinen des Simplontunnels: Dolomit, Calcit, Anhydrit, Gyps, Quarz, Oligoklas-Andesin, Albit, Biotit, Phlogopit, Muscovit, Fuchsit, Chlorit, Klinochlor, Epidot, Klinozoisit, Zoisit, Orthit, Tremolit- Strahlstein, Disthen, Mejonit, Turmalin, Rutil, Zirkon, Leucoxen, Pyrit, Magnetkies.

Von diesen neu gebildeten Mineralien gehört der grösste Teil zu den gewöhnlichen Bestandteilen metamorpher krystalliner Schiefer. Vergleichen wir sie mit der Aufstellung von Becke und Gruben- mann,!?) so zeigen sich als charakteristische Bestandteile der obern und mittleren Zone der Metamorphose: Disthen, Tremolit-Strahl- stein, Chlorit, Klinochlor, Epidot, Zoisit, Klinozoisit, Albit, Biotit,

55) U. Grubenmann: Die kristallinen Schiefer. Berlin 1910, pag. 80.

Triasgesteine im Simplontunnel. 23

Phlogopit, Muscovit, Fuchsit, Turmalin, Rutil, Leucoxen. Inbezug auf das Molecularvolum herrschen unter diesen die negativen Minerale vor. Die Ummineralisation der Triasschichten muss demnach unter wesentlicher Mitwirkung des Gebirgsdruckes vor sich gegangen sein. Das Auftreten von Oligoklas-Andesin weist mehr auf die tiefste Zone hin.

Mejonit und Orthit verdienen besondere Sedan, da diese Mi- neralien, besonders der Mejonit, vornehmlich als Produkte normaler Kontaktmetamorphose bekannt sind.

Im Folgenden soll die Art des Auftretens dieser Mineralien im Zusammenhang beschrieben werden: R

Dolomit und Calcit. Der grösste Teil der Triasgesteine des Tunnels sind Dolomitgesteine, Besonders die hellen marmorartigen Gesteine, die den Anker begleiten und vielfach damit ok lagern. Calcit fehlt diesen Gesteinen selten ganz, dagegen ist er auf einzelne dünne Lagen und Nester beschränkt. Er stellt sich gern mit grösserm Glimmerreichtum ein. In den dunkeln biotitreichen Schiefern der Vegliamulde und besonders der Teggiolomulde herrscht der Calcit vor.

Mikroskopisch zeichnet sich der Dolomit vor dem Caleit durch die

mehr isometrische und einfach begrenzte Gestalt der Körner aus. Im reinen Dolomitgestein entwickelt sich dadurch eine richtige Pflaster- struktur, oft mit recht geringer Korngrösse (ca. 0,05 mm). Dies sind die eigentlichen „zuckerkörnigen‘ Dolomite, die sehr schön die Er- scheinung der Triboluminescenz zeigen: Die von einem kurzen, nur schwachen Hammerschlag getroffene Stelle zeigt ein tiefrotes, diffuses Aufleuchten. Die Feinheit des Kornes scheint die Erscheinung zu begünstigen. In gesteinsbildendem Dolomit der Teggiolomulde wurde G. Spezia15) ein schwacher Eigengehalt konstatiert. Im Gegensatz zum Dolomit zeigen die Caleitkörner unregel- mässigere Taie und sind in einander verzahnt. Das Korn ist durchschnittlich grösser und Einschlüsse reichlich. Charakteristisch sind für den Calcit konkav-sichelförmig begrenzte Fetzen, die die Zwischenräume anderer Gemengteile füllen.

Anhydrit und Gyps. Durch die hochkrystalline Entwicklung und die Verbindung mit mannigfaltigen sekundären Silikaten nehmen die Anhydritmassen des Simplontunnels besonderes Interesse in An- spruch. Sie stellen ganz absonderliche Gesteinstypen dar, die sonst

16) @. Spezia: Anidrite micaceo-dolomitica etc. del traforo del Sem- pione (Atti R. Acc. Sc. di Torino 1903, pag. 4). |

Die von @. Lineio beschriebenen eisenhaltigen Dolomite aus dem Sim- plontunnel sind Kluftmineralien. (G. Lineio: D’una dolomite ferrifera del traforo del Sempione ; Atti R. Acc. Sc. Torino 1911.)

24 HWPreiswerk.

wohl kaum in ähnlicher Form zu beobachten sind. Die Hauptmasse des schwefelsauren Kalkes ist im Tunnel als Anhydrit vorhanden. Gyps findet sich in untergeordneter Menge. Für die Bildungsweise des Gypses ist die Verteilung der Vorkommnisse auf der Tunnelstrecke von Bedeutung. Gyps findet sich bei Progressive 677 m, 695 m und 1300 m ab Nordportal und bei 4497 m ab Südportal. Der Anhydrit fordert für seine Bildung eine höhere Temperatur als der Gyps: 17) in süssem Wasser über 60°, in Salzlösungen (namentlich Chlornatrium und Chlormagnesium) dagegen bildet er sich schon bei 300, 250 und darunter. Es wäre interessant zu ermitteln, welchen Einfluss die Lösungen, mit denen man im Simplondurchsehnitt zu rechnen hat,t8) auf die Bildungstemperatur des Anhydrits ausüben und es würde so wohl möglich sein, die Sphäre der Existenzmöglichkeit für Gyps ge- nau zu bestimmen.

Tatsächlich findet sich der &yps hauptsächlich auf der Nordseite des Tunnels bei Progressive 677 und 695 m etwa 200 m unter der Oberfläche, nur noch sehr spärlich bei Progressive 1300 etwa 300 m unter der Oberfläche, wo noch Temperaturen unter 200 ©. herrschen. Gegen das Zentrum des Gebirges zu findet sich nur noch Anhydrit.

Für die Gypsbildung ist, abgesehen von der Temperatur, zweifel- los die in der Nähe der Oberfläche erleichterte Wasserzirkulation im restein massgebend, die die Entstehung gesättigter Lösungen ver- hindert. Dem entspricht auch die mikroskopische Beobachtung, dass ım Anhydritfels sich Gyps besonders dort bildet, wo Caleittrümmer und verbogene Anhydritkrystalle kataklastische Wirkungen anzeigen.

Mit den auf der Nordseite gemachten Beobachtungen stimmt ein lokales Gypsvorkommen auf der Südseite sehr wohl überein. Es ist das in Fig. 2 abgebildete Gestein von Progressive 4497 ab Süd- portal. In seiner Nachbarschaft stehen sonst nur Anhydritgesteine an. Die Überlagerung von über 1200 m würde eine Temperatur von 30—400 C. bedingen. Nun ist aber gerade an dieser Stelle durch ab- norm starke Wasseradern die Gresteinstemperatur ganz bedeutend ver- ringert worden (bis unter 200 C.), sodass wir für die Gypsbildung hier ganz übereinstimmende Bildungsbedingungen erhalten, wie nahe dem nördlichen Tunnelportal.19)

Über die Struktur des Anhydrit mag bemerkt werden, dass er meist den grobkörnigsten Bestandteil der Gesteine ausmacht, indem

17) Doelter phys.-chem. Mineralogie 1905, pag. 214.

15) An den Wässern des Simplontunnels sind von Prof. C. Schmidt ein- gehende Untersuchungen inbezug auf ihre Zusammensetzung ausgeführt, aber leider noch nicht veröffentlicht worden.

19) Vel. G. Niethammer: Die Wärmeverteilung im Simplon (Eclogae geologicae Helvetiae XI, No. 1, 1910, pl. I).

Triasgesteine im Simplontunnel. 25

die Körner oft bis 1/, em anwachsen. Häufig’zeigen dieselben eine dickplattige Ausbildung nach der Basis, wobei in schichtigem Ge- stein die Platten sich parallel ordnen. Die Körner zeigen in der Regel keine Krystallbegrenzung, nur die Basisfläche vermag da, wo sie an Carbonate grenzt, sich auszubilden. (Vgl. Fig. 1, Tafel 1.) Biotit- tafeln und Tremolitprismen durchschneiden den Anhydrit. Kata- klastische Zonen geben sich im Anhydrit in auffallender Weise durch die Verbiegung der Spaltrisse und undulöse Auslöschung kund. Auch eine Vermehrung der Zwillingslamellen nach 101 ist bemerk- bar. Diese sind demnach als Druckzwillinge aufzufassen. In ein- zelnen Fällen wurden Gleitlamellen nach der Basis beobachtet. (Pro- gressive ab Nordportal.) ?0)

G. Spezia?1) entdeckte im Anhydrit der Teggiolomulde von Pro- oressive ca. 4500 am Südportal Einschlüsse von flüssiger Kohlen- säure. Ferner hat @. Lincio2?) solche als Einschluss in eisenhaltigen Dolomitkrystallen nachgewiesen, ebenfalls in der Trias der Teggiolo- mulde.

Auch auf der Nordseite des Tunnels im Anhydritfels von Pro- gressive 695 habe ich Einschlüsse von flüssiger Kohlensäure aufge- funden. (Vgl. pag. 5.) Die darin befindlichen Libellen vergrössern sich merkbar beim Abkühlen von 150 C. auf 30 C., beim Erwärmen verschwinden sie, die letzte bei 269 ©. In den von mir beobachteten Einschlüssen ıst nur eine Libelle vorhanden, mithin nur Kohlensäure- gas und flüssige Kohlensäure, dagegen kein Wasser, wie in den von Spezia beschriebenen. Die Grössenänderungen der Libelle bei ver- schiedenen Temperaturen sind also hier nicht vom Absorptionsgrad der Kohlensäure in Wasser abhängig, sondern wesentlich nur von den Volumänderungen der Flüssigkeit. Ob das Verschwinden der Libelle mit Übergehen der ganzen Flüssigkeit in Gas verbunden ist, konnte nicht sicher beobachtet werden. Immerhin ist bei den grössern Li- bellen unmittelbar vor dem Verschwinden ein Undeutlichwerden der Grenzlinie gegen die Flüssigkeit wahrzunehmen, sowie eine exorbitant rasche Abnahme der Grösse. Der Druck, unter dem sich die Ein- schlüsse befinden, muss im Minimum nahezu 70 Atmosphären be- tragen.

Die Drucke, die aus der Lage der Fundpunkte unter der Ober- fläche abgeleitet werden können, dürfen mit den Bildungsbedingungen

20) Die Basis in unserer Aufstellung entspricht der ,,Translationsfläche (010) nach Mügge: Über Translationen etc. Neues Jahrb. f. Min 1898, I, pag. 73. 21) @. Spezia: Sulle inclusioni di anidride carbonica liquida nella ani- drite del traforo del Sempione (Atti R. Acc. Sc. Torino 1904, p. 521— 32). 22) (#. Lincio: D'una dolomite ferrifera del traforo del Sempione (Atti R. Acc. Sc. Torino 1911, Vol. XLVI).

26 H. Preiswerk.

der Einschlüsse nicht in direkte Beziehung gebracht werden, da sie von zufälligen, jungen Erosionsgrenzen abhängen. Sowohl Druck als Temperatur hatten bei der Umkrystallisation dieser Gesteine, bei der offenbar die Kohlensäure eingeschlossen wurde, zweifellos weit den kritischen Punkt überschritten, wie aus der einst vorhandenen Höhe der Überlagerungsmassen geschlossen werden muss.

Das Entstehen freier Kohlensäure bei der Ummineralisation ist wohl auf die vielen Silikatneubildungen in diesen Carbonatgesteinen zurückzuführen.

Der Gyps ist sekundärer Entstehung und in seinem Auftreten abhängig von der Oberflächengestalt des Gebirges und den unter- irdischen Wasserläufen. Die Umwandlung des Anhydrit in Gyps ist mikroskopisch sehr schön zu beobachten, sie geht an dem zerbröckeln- den Rande der Anhydritkörner vor sich und folgt häufig den Zwil- lingslamellen nach 101 in den Kern des Anhydrit eindringend. Der Gyps ist entweder im ganzen wirrfasrig, und nur die den Anhydrit unmittelbar berührenden Fasern sind nach dessen krystallographischen Hauptrichtungen orientiert. Oder aber die ganze Gypsmasse, die in einem Dünnschliff sichtbar wird, entspricht einem einheitlichen Gyps- krystall, in dem Anhydritreste verschiedener Orientierung schwim- men. Es entsteht dadurch eine Art Siebstruktur. Fig. 2, Tafel 1.)

Plagioklas : In den carbonatreichen Triasgesteinen der südlichern Mulden im Tunnel, ganz besonders der Teggiolomulde, stellen sich häufig Plagioklase von mittlerer Basizität ein. Die Gesteine erhalten durch den Feldspathreichtum gneissartiges Aussehen. Ganz in Über- einstimmung damit lässt sich auch in den jurassischen Kalkschiefern, da wo sie an der Oberfläche in den südlichern Muldenzügen zutage treten, ein Überhandnehmen kalkreicherer Feldspate als Produkt der sekundären Sılikatbildung konstatieren.

Die Plagioklasindividuen erreichen oft die Grösse von mehreren Millimetern. Sie sind ganz unregelmässig begrenzt und von zahllosen Einschlüssen der übrigen Gesteinsgemengteile durchspickt. Von blossem Auge lässt sich die Anwesenheit der Plagioklase kaum be- merken. Wo sie häufig sind, zeigt das Gestein oft einen eigentüm- lichen Fettschimmer, und das sind zugleich die Stellen, die reichlich Mejonit führen.

Phlogopit von hell rötlich-brauner Farbe ist charakteristisch für die zuckerkörnigen Dolomite im Zentrum des Tunnels namentlich (hangende Trias der Vegliamulde). Die nördlichen Trias-Einlage- rungen enthalten wesentlich Muscovit sowie einen farblosen, fast ein- axigen Glimmer zweiter Art, der auch zum Phlogopit zu stellen ist. In den südlichen Triaslagen wird der Phlogopit mehr von grünlichem Biotit verdrängt. Durchaus ähnliche Phlogopite finden sich da und

Triasgesteine im Simplontunnel. 21

dort in den Triasdolomiten der Simplonregion. Sie treten im Binnen- tal auf,?3) ferner bei Morast südlich vom Griesgletscher, wo sie in rundlichen, flach trommelförmigen Körpern aus dem Gestein aus- wittern. In besonders schönen sn trifft man sie am Campo- lungo-(Cadonighino )pass.24) 25) |

Der Phlogopit hat starke Tendenz zu idioblastischer Ausbildung. In Carbonaten und Anhydrit zeigt er stets entwickelte Bis line. hie und da sind noch weitere Krystallflächen angedeutet.

Das Vorkommen von Fuchsit in der Trias der Gantermulde findet sein Analogon in andern Vorkommnissen der inneralpinen Trias der Lemon Regionen. Er findet sich z. B. in den Dolo- mitlagern des Binnentales; 26) ferner am Mittaghorn im Saastale im Wallis?7)} und endlich in der Gegend der Dent-Blanche-Masse.?8) Dass er ras in Verbindung mit mernmermhen basischen Eruptiv- massen auftritt, die der Trias eingelagert sind, scheint mir bedeutsam für seine Entstehung. Auch die Trias im Simplon ist nicht frei von basischen Eruptivgesteinen.??) Der von J. Erb 30) beschriebene Fuchsit von Buccarischuna im Peterstal (Graubünden) tritt auch wieder in unmittelbarer Nachbarschaft von basischen Eruptivmassen in weissem Marmor der tiefern Horizonte (Lias nach Heim) der Bündnerschiefer auf.

Orthit. Der auf Seite 16 beschriebene Orthit findet sich in der hangenden Trias der Vegliamulde, Progressive 9620 ab Nordportal nahe der Tunnelmitte in plagioklasreichen, dunkeln, flasrigen Biotit- schiefern, die den Anhydritmassen eingelagert sind und selbst etwas Anhydrit in Nestern enthalten. Das Gestein ist sicher sedimentären Ursprungs und wir haben den Orthit hier als eine Neubildung in metamorphem Sediment zu betrachten. Seine sekundäre Bildung geht auch daraus hervor, dass er wie die Feldspatporphyroblasten zahlreiche Krystalle von Turmalin und Rutil einschliesst.

Tremolit- oder Strahlstein findet sich ın den Dolomit- und An- hydritgesteinen in beträchtlicher Menge. Auffallenderweise ist er,

%) Th. Engelmann : Dolomit des Binnenthales (Inaug.-Diss., Bern 1877).

4) G. Linck: Orthoklas aus dem Dolomit vom Campolungo (Neues Jahrb. f. Min., 1907, Bd. I, pag. 30).

25) J. Königsberger: Geol. Beob. am Pizzo Forno etc. (Neues Jahrb. f. Min. B—B. XXVI, pag. 517, 1908).

26) Th. Engelmann 1.c. pag. 18.

21) A. Kenngott: Minerale der Schweiz 1866, pag. 165.

23) E. Argand: Exploration géologique des Alpes Pennines Centrales (Bull. labor. géol. université de Lausanne No. 14, 1909, pag. 19).

2) H.Preiswerk: Die Grünschiefer in Jura und Trias des Simplon- gebietes (Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz XXVI, I, 1907, pag. 13 u. 16).

3) J, Erb: Ein Vorkommen von Fuchsit (Chrom-Glimmer) in den Schweizer-Alpen. (Vierteljahrschr. Nat. Ges. Zürich 1898, pag. 276.)

28 H. Preiswerk.

soweit richtige Triassedimente in Betracht kommen, ganz auf die Trias der Teggiolomulde beschränkt.

Offenbar entspricht dies einer vermehrten Silikatbildung in den südöstlich gelegenen Muldenzügen des Simplongebietes gegenüber denen weiter im Nordwesten.

Auch oberflächlich ist der Tremolit in den Triasdolomiten auf entsprechende Zonen lokalisiert. So findet er sich reichlich im Cairascatal, im Binnental nur sehr selten. Aus der nördlichen Trias der Bedrettomulde ıst er nicht bekannt.

Disthen fand ich nur bei Progressive 9620 ab Nordportal nahe der Tunnelmitte in einem quarzreichen, Anhydrit haltenden Biotit- schiefer, der auch Epidot mit Orthit führt, in der hangenden Trias der Vegliamulde.

Skapolith. G. Spezia 1) erwähnt ohne weitere Angaben das Vor- kommen von Wernerit in Gesteinen der Progressive 4492-4520 ab Südportal. Vermutlich stammt vom gleichen Vorkommen ein Mi- neral, das ich von Herrn K. Brandau aus dem Simplontunnel erhielt. Es sind in grobkörnigen Quarz und Dolomit gebettete, mehrere Zentimeter lange Stengel von quadratischer Form, die aber wegen vorgeschrittener Zersetzung nicht weiter bestimmbar sind.

Dagegen habe ich in der Trias der Teggiolomulde bei den Pro- gressiven 4854, 4874 und 4922 ab Südportal Mejonit als Gesteins- gemengteil aufgefunden. (Vgl. pag. 19-20.) Da der Skapolith als typisches Kontaktmineral gilt, hat sein Vorkommen an dieser Stelle besonderes Interesse. Der erste Skapolith im Simplongebiet wurde von A. Stella im Triasmarmor von Valdo im Formazzatal gefunden. G. Linck 32) erwähnt Mejonit ohne nähere Beschreibung aus dem Dolomit von Campolungo. Neuerdings hat E. Gutzwiller®?) im Kalk- silikatfels und Marmor von Castione bei Bellinzona sowie in mehreren andern Carbonatgesteinen des südlichen Tessin mikroskopisch Skapo- lith nachgewiesen. (Vgl. Tafel 1, Fig. 3.)

Turmalin ist sehr verbreitet, aber nicht überall vorhanden. In allen Teilen der Tunnelstrecke lässt er sich da und dort mikroskopisch nachweisen. Irgendwelche Regelmässigkeit in seinem Auftreten habe ich nicht auffinden können. Er zeichnet sich durch wohlgebildete Kry- stallformen aus. Mikroskopisch ganz farbloser Turmalin fand ich im Fuchsitmarmor der Gantermulde bei 7246 ab Nordportal. Diese

31) Atti R. Acc. Sc. Torino 1903.

32) Neues Jahrb. f. Min. 1907, Bd. I, S. 29.

33) Emil Gutzwiller: Zwei a Hornfelse aus dem Tessin (Cen- tralblatt f. Min. etc. 1912, No. 12, S. 354—61).

Triasgesteine im Simplontunnel. 2)

Varietät entspricht vielleicht den berühmten lichtgrünen Turmalinen aus dem Dolomit von Binn und vom Campolungo.

Die spezielle Untersuchung der Trias-Gesteine des Simplontunnels hat gezeigt, dass dieselben in weitgehendem Masse ‚‚metamorph“ sind. Die ganze Masse der ursprünglichen Sedimente ist vollständig um- krystallisiert worden.

Gegen die von (. Schmidt und mir dargelegte Auffassung der Stratigraphie und Tektonik des Simplongebirges (vgl. Erläuterungen zur geologischen Karte der Simplongruppe 1:50000 1908 A. Francke, Bern) sind Einwendungen erhoben worden von Carlo de Stefani,*) G. Klemm,??) A. Rothpletz.%6) Ohne auf diese Publika- tionen hier näher einzutreten, möchte ich darauf hinweisen, dass der geologische Verband der auf unserer Simplonkarte ausgeschiedenen Gesteine: ,„Gneiss“, Trias und Jura derart ist, dass für dieselben . keine andere stratigraphische Deutung gegeben werden kann. Be- sonders ist zu betonen, dass die von uns als ‚‚mesozoisch‘ gedeuteten Sedimente mit den Gneissen überall so in Kontakt treten, dass den Gneissen ein höheres geologisches Alter zukommen muss. Niemals treten Gneisse granitischer Natur mit den postcarbonischen Sedi- menten derart in Verband, dass Intrusion in dieselben angenommen werden kann. Jede Erscheinung der typischen Kontaktmetamorphose, in Gestalt von Kontakthöfen um nachweisbare Eruptivzentren, fehlt in dieser Region vollständig. Sowohl die Eruptivgesteine als die Se- dimente des Simplongebietes sind von denselben umwandelnden Pro- zessen betroffen worden, die mit der postmesozoischen Gebirgsbildung Hand ın Hand gehen.

Vergleichen wir die Produkte dieser Umwandlung in den ver- schiedenen Vorkommen der metamorphen Triasgesteine im Simplon- tunnel, so zeigt sich, dass die Ummineralisation in den südlichen Teilen des Simplontunnels einen verschiedenen Charakter aufweist von der ım Norden. Kalkreiche Plagioklase, Tremolit, Skapolith, Orthit stellen sich erst im Zentrum oder in den südlichen Tunnelpartien ein.

3) Carlo De Stefani: Il profilo geologico del Sempione I, II, III. (Rendi- conti della R. Accad. dei Lincei 1910, pag. 118—125; 265—270; 311—519.)

3) G. Klemm: Über die genetischen Verhältnisse der Tessineralpen. (Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1911, Monatsbericht 9/10, pag. 464—469.)

%) A. Rothpletz: Zur Stratigraphie u. Tektonik des Simplongebietes. (Zeitschr. d. D geol, (Ges. 1912. Monatsbericht Nr, 4, pag, 218—225.)

30 H. Preiswerk.

Hier findet sich demnach eine Mineralassociation, die derjenigen ähn- lich wird, die für die Kontaktmetamorphose charakteristisch: ist.37)

Nach unserer Auffassung der Simplontektonik gehören die nörd- lichen vom Tunnel durchfahrenen Mulden mit ihrer Trias (Bedretto- mulde, Gantermulde, Monte Carnera-Mulde) den höher liegenden, flachen Deckfalten an. Die südlicheren Mulden (Vegliamulde und Teggiolomulde) sind die tieferliegenden und noch weiter südlich kommen wir in die Region der steilgestellten, enggepressten Wurzeln sämtlicher Deckfalten.

Wir sehen somit, dass vom nordwestlichen Rande der Simplon- decken bis in ihre steile Wurzelregion im Südosten sich eine Änderung in der Gesteinsumwandlung bemerkbar macht derart, dass gegen die Wurzelregion hin, gegen Südost, tiefere Stufen der Metamorphose Platz greifen. Die Intensität der Metamorphose der Triasgesteine im Simplongebiet erkennen wir als eine Funktion der orogenetischen Vor- gänge, insofern als diese die Triasgesteine in verschiedene Tiefen der Erdrinde versetzten.

Vom Simplongebiet weiter nach Süden und Südosten gegen den „Amphibolitzug von Ivrea‘ hin treffen wir da und dort den Gneissen und krystallinen Schiefern eingelagert steil gestellte Kalkzüge, die wir ebenfalls der Trias zuweisen. Solche Kalke haben neuerdings be- schrieben G. Gutzwiller : von Castione-Bellinzona, 38) Æ. T'acconi : von Candoglia-Ornavasso %) und F. Müller: von Traversella.4) Es sind durchweg hochmetamorphe Gesteine. Ihr Mineralbestand ist ver- glichen mit den Triasgesteinen im Simplon durch das Auftreten von sekundärem Pyroxen und Orthoklas teilweise auch Olivin und Spinell ausgezeichnet. Diese Mineralien zeigen, dass wir es mit Produkten der tiefsten Zone der Metamorphose zu tun haben. Zugleich macht sich in diesen Kalkgesteinen eine nahe Verwandtschaft der Mineral- bildung mit derjenigen der Kontaktbildungen der innersten Kontakt- höfe bemerkbar, wie das in der „tiefsten Zone‘ der Metamorphose oft beobachtet wird.*1)

Die Steigerung der Intensität der Metamorphose, die wir an den Triasgesteinen im Simplon nach Südosten vorschreitend gefunden

37) Orthit ist als sekundäre Bildung auch in Kontaktgesteinen vertreten. Er findet sich z. B. im körnigen Kalk von Auerbach an der Bergstrasse. (Hintze: Handbuch der Min. S. 1563.)

3) Vgl. S. 27.

39) Emilio Tacconi: La massa calcare ed i calcefiri di Candoglia in valle del Toce. (Atti soc. Italiana sc. nat. 1912, pag. 55—94.)

40) G. F. Müller: Die Erzlagerstätten von Traversella im Piemont. (Zeitschr. prakt. Geol. 1912, S. 209—240.)

1) Vol. F. Becke: Über Mineralbestand u, Struktur der krystallinischen Schiefer. (Denkschr. Akad. d. W. Wien 1903. Bd. LXXV, S. 33.)

Triasgesteine im Simplontunnel. Sl

haben, hält also noch weiter gegen die südlichsten Zonen des krystal- linen Alpenkerns hin an. Wir kommen zu der Anschauung, dass die die Umwandlung begleitenden Temperaturen etwa in der Region des „Amphibolitzuges von Ivrea“ den höchsten Grad erreicht haben müssen.

Damit steht nun vollkommen in Einklang: die Tatsache, dass in dieser Region noch junge, vielleicht tertiäre Eruptivgesteine auftreten. F. Müller hat gezeigt, dass der Dioritstock von Traversella mit seiner Ganggefolgschaft von Porphyriten und Minetten jünger ist als die umgebenden krystallinen Schiefer und Carbonatgesteine und dieselben diskordant durchsetzen.

Die Metamorphose der gesamten Region vom Rhonetal bis zum Amphibolitzug von Ivrea kann nicht als Kontaktwirkung der nur ganz im Süden auftretenden jungen Eruptivmassen angesehen werden. Wir haben vielmehr in dieser Region die Resultate einer allgemeinern Metamorphose, deren Produkte in verschiedene, nach Tiefenstufen zu gliedernde Zonen sich scheiden. Sie muss als Regionalmetamorphose bezeichnet werden. Die in ihrem Wirkungskreis auftretenden oben genannten jungen Eruptivmassen sind als Begleiterscheinung (Auf- schmelzung in grosser Rindentiefe) eher denn als Ursache der Meta- morphose zu betrachten. Sie sind nach ihrer geologischen Stellung, d.h. inmitten einer ausgedehnten Region hochmetamorpher Gesteine, zu denjenigen Eruptivmassen zu zählen, die nach T'ermier #2) ,in situ‘ gebildet sind und von denen der Satz gilt (l.c. pag. 594): „La pro- duction des roches massives n’est qu'un épisode du metamorphisme régional." |

Typische Kontakthöfe vermögen nur dann sich zu bilden, wenn solche Eruptivmassen ihre regionalmetamorphe Hülle verlassen und in höhere wenig metamorphe Teile der Erdrinde empordringen. Der dem Dioritstock von Traversella consanguine Tonalit der Adamello- gruppe liefert dafür ein schönes Beispiel.

Gerade solche Erscheinungen fehlen aber dem Simplongebiet vollständig, und wir müssen aus geologischen Gründen die Bezeich- nung „Kontaktmetamorphose“ für die Umwandlungserscheinungen in den Triassedimenten des Simplontunnels, trotz der Auffindung sogenannter „Kontaktmineralien‘“, ablehnen.

12) P. Termier: Sur la genèse des terrains cristallophylliens. Compte rendu XI, congrès géol. intern. 1910, pag. 587—95.

Manuskript eingegangen Februar 1913.

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura.

Von

K. Strübin, Liestal.

Schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde von Pfarrer H. d’Annone der erste Nachweis vom Vorhandensein fossiler Bohr- muscheln in Geröllen der miocänen Meeresablagerungen bei Diegten geliefert. Abbildungen dieser Fundstücke begegnen wir bereits in Bruckners Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel (1) (siehe Lite- raturverzeichnis am Schluss) und im Knorr’schen Petrefaktenwerk (9).

Später beschäftigte sich Ratsherr Peter Merian (11) in einem sehr bemerkenswerten Aufsatz eingehend mit den damals bekannten Bohrmuschelvorkommnissen im Juragebiet der weitern und nähern Umgebung von Basel. Er führte drei neue Arten auf, wovon eine dem Dogger und zwei dem Malm angehören. Leider unterliess es Peter Merian, diese Arten abzubilden. Auch die im Miocän zu beobachtenden Spuren von Bohrmuscheln und ihrer Tätigkeit fanden eingehende Berücksichtigung.

Spätere geologische und stratigraphische, sowie paläontologische Untersuchungen (2), (5), (13), (15), (18) im Basler Jura ergaben, dass ausser den von Merian erwähnten geologischen Horizonten, noch eine weitere Anzahl von Schichtgliedern Merkmale aufweisen, die auf die Tätigkeit von Bohrmuscheln schliessen lassen.

Im Kanton Schaffhausen wies bereits F. Schalch (17) von Bohr- muscheln bearbeitete Gerölle im untern Lias nach.

In den nachfolgenden Mitteilungen fasse ich die in der Literatur sich vorfindenden Angaben über Vorkommnisse von Bohrmuschel- wirkung zusammen und füge meine diesbezüglichen Beobachtungen im Basler Jura den ältern Untersuchungen bei.

Das älteste Glied der mesozoischen Sedimente dieses Gebietes, das nach dem jetzigen Stand der Untersuchungen deutlich nachweis- bare Spuren von der Tätigkeit von Bohrmuscheln aufweist, sind die Murchisonaeschichten. Diese enthalten in ihrer obersten Bank in der Umgebung von Liestal erbsen- bis handgrosse, vielfach flache Ge- rölle, die meistens von einer limonitischen Kruste umgeben sind. Wir

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 39

beobachten an denselben nicht selten Vertiefungen oder birnförmige Ausfüllungen von Öffnungen, welch letztere zweifellos seinerzeit von Bohrmuscheln hergestellt wurden. Welcher Gattung die bohrenden Muscheln angehörten, lässt sich nicht feststellen, da keine Spur einer Schale in diesem Geröllhorizont zu beobachten ist.

Ähnliche Gerölle (Fig. 1), die gelegentlich ringsum ganz ge- spickt sind von den birnförmigen Ausfüllungen, weist die direkt über 12m mächtigen. Mergeln liegende, der Sowerbyizone angehörende Kalkbank auf.

Angebohrtes Gerölle aus der Sowerbyizone von ltingen. le

Die limonitartige Kruste fehlt auch hier nicht. Der klassische Fundort für diese angebohrten Gerölle befindet sich direkt am rechten Ergolzufer, unterhalb der Säge von Itingen. Leider wird der schöne Aufschluss, infolge der gründlich vorgenommenen neuen Uferver- bauung, bald verschüttet sein.

Solche charakteristische, angebohrte Gesteine der Sowerbyizone sind von mir mehrfach in der nähern Umgebung von Liestal, des weitern zwischen Lausen und Ramlinsburg und bei Zunzgen be- obachtet worden.

M. Mühlberg (13), dem wir eine für den Dogger grundlegende Arbeit verdanken, stellte am Unter-Bärschwang, in der Nähe vom Passwang, in der obersten Bank der Humphriesischiehten Bohr- löcher fest, die von Eisenoolith ausgefüllt sind. Auch an der Basis dieses Horizöntes sollen nach den Angaben des gleichen Autors in der südlichen Umgebung von Delsberg Wirkungen von Bohrmuscheln sichtbar sein.

Der Hauptrogenstein, diese korallenreiche Flachseebildung, ist besonders ausgezeichnet durch Spuren, die auf die Tätigkeit von Bohr- muscheln hindeuten. Die Korallenstöcke, die in reichlicher Menge im obern Teil des untern Hauptrogensteins, ca. 5—10 m unter der Nerineenbank sich einstellen, sind nicht selten von Bohrmuscheln an-

o .ı)

34 K. Strübin.

gegriffen. Eine solche Koralle, die eine Bohrmuschel mit radial ver- laufenden Rippen enthält, fand ich am Wartenberg bei Muttenz. Es handelt sich offenbar um Lithodomus parasiticus, Desl. (Fig. 7).

Die Nerineenbank, die den Abschluss des untern Hauptrogen- steins bildet, stellt eine im Basler Jura kilometerweit, vom Birstal bis zum untern Hauenstein und bis in die Seitentäler der Ergolz verfolgbare Schicht dar, die an ihrer Oberseite überall von Austern besiedelt zu sein pfleet. Mag sich auch die petrographische Be- schaffenheit der Bank unwesentlich ändern und die Fossilführung an den verschiedenen Lokalitäten nicht dieselbe sein, so bleibt doch das Charakteristikum, das Angebohrtsein der Gesteinsoberfläche, be- stehen. Bis zur Zeit gelang es mir nur an der Strasse von Liestal nach Arisdorf beim sog. „Männlisloch‘“, in diesem stratigraphischen Niveau einen Schalenrest einer Bohrmuschel zu beobachten. Ohne Zweifel handelt es sich um die Gattung Lithodomus.

Der obere Hauptrogenstein geht in der Umgebung von Liestal, speziell an der Strasse von Liestal nach Arisdorf, in eine ca. 5 m mäch- tige korallenreiche Bildung über; diese nennen wir nach M. Mühlberg (13) Movelierschichten. Die vielfach in ihrer Struktur noch gut er- kennbaren Korallenstöcke sind von zahllosen Bohrmuscheln der Gat- tung Lithodomus bearbeitet. Individuen verschiedenen Alters sind hier vertreten. Sicher können wir zwei leicht von einander unter- scheidbare Arten beobachten. Die vorherrschende, glattschalige Form dürfte vielleicht mit Lithodomus inclusus, Phil. oder möglicherweise mit Jugendformen von Lithodomus Bathonicus, Rollier (15) ver- glichen werden. Ein sicherer Entscheid kann aus Mangel an guten jugendlichen Exemplaren nicht gefällt werden. Immerhin möchte ich ‚betonen, dass ich Lithodomus Bathonicus, Rollier aus den Movelier- schichten von Ramlinsburg (Fig. 4 und 4a) und von der Anhöhe zwischen Känerkinden und Wittinsburg (Fig. 5 und 5a) gesammelt habe. Die zweite Art, die in diesen Korallenstöcken der Movelier- schichten bei Arisdorf ziemlich häufig auftritt, ist eine mit radialen Rippen versehene Form, die ich als Jugendexemplare von Lithodomus parasiticus, Desl. (4) auffassen möchte. Die Schalen dieser Spezies stecken oft in solchen der eigenen oder sehr häufig in denjenigen der olattschaligen Art. Die Anreicherung von Bohrmuscheln in diesen Korallen ist manchmal so gross, dass in ein und demselben Bohr- loch Schalen von mehreren, vorherrschend glattschaligen Individuen, dütenförmig ineinandersteckend, vorkommen. Es scheint, dass nach dem Tode des ersten Individuums ein anderes Exemplar die vor- handene Bohröffnung als Aufenthaltsort benützt und zwischen den klaffenden Schalen des toten Tieres die bohrende Tätigkeit fortge-

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 39

setzt hat. Auf diese Weise dürften auch die nachfolgenden Indi- viduen immer wieder ein und dieselbe Bohröffnung besiedelt haben.

Der Abschluss der Movelierschichten gegen die darüberliegenden Ferrugineusschichten wird durch eine deutlich angebohrte Bank von oolithischer oder verstecktoolithischer Struktur gebildet. Neben den von Bohrmuscheln herrührenden Vertiefungen durchziehen von der Oberfläche senkrecht nach unten verlaufende, stricknadeldünne, mit eisenschüssigem Material erfüllte Gänge das Gestein. Welche Tier- gattung diese Bohrgänge erzeugt hatte, konnte ich bis zur Zeit nicht ermitteln.

Die seinerzeit von mir zum erstenmal aus der Umgebung von Basel erwähnten, allseitig angebohrten Gerölle eines feinkörnigen Rogensteins im untern Teil der Ferrugineusschichten sind haupt- sächlich in der Sulzsteingrube bei Muttenz in schöner Ausbildung zu beobachten. Auch auf ,,Stockhalden‘" bei Lausen schliessen die untern Ferrugineusschichten grössere und kleinere angebohrte Gerölle und von Bohrmuscheln bearbeitete Schalenstücke von Trichites spec. und einer Auster ein.

Die meisten Bohrlöcher sind mit einem eisenschüssigen Material ausgefüllt. Gelegentlich gelingt es beim Entzweischlagen eines Ge- rölles, Schalenexemplare oder Schalenteile einer Bohrmuschel freizu- legen. Die vorwiegende Art ist Lithodomus Bathonicus, Rollier (Bir 0).2)

Meine Abbildungen dieser Art sollen eine Ergänzung zu der von Rollier L. (15) gegebenen Zeichnung sein, in welcher die charak- teristischen Merkmale nicht zum Ausdruck kommen.

Die bereits aus tiefern stratigraphischen Horizonten erwähnte, mit radialen Rippen versehene Bohrmuschel, welche ich mit Litho- domus parasiticus, Desl. (4), (12) zu identifizieren geneigt bin, fand sich auch in einem Geröll der untern Ferrugineusschichten von Mut- tenz vor. Die beiden Exemplare dieses Fossils (Fig. 8 und Fig. 9) sind nicht vollständig erhalten.

Die oberste Bank der Ferrugineusschichten stellt wohl die am schönsten und am auffälligsten angebohrte Gesteinsfläche im Dogger dar. An vielen Lokalitäten reiht sich Bohrloch an Bohrloch. Dieser charakteristische Horizont lässt sich überall im nordwestschweize- rischen Jura feststellen.

Im Gebiet des Tafeljura sind bis zur Zeit keine Schalenexemplare dieser einst so tätigen Bohrmuschelart nachgewiesen worden. Im Kettenjura hingegen, in der Nähe vom Hof Asp bei Langenbruck,

1) Ich legte das von mir Seite 41 Fig. 6 abgebildete Exemplar dem Autor vor. Herr Prof. L. Rollier konnte die Identität meines Fossils mit seiner neuen Art feststellen.

36 K. Strübin.

fand Herr Prof. Schönbein seinerzeit in einem losen, oolithischen Block noch Schalenexemplare einer Bohrmuschel, die Peter Merian (11) in seiner bereits erwähnten Arbeit mit dem Namen Venerupis oolithica belegte. Das Original ist mir in verdankenswerter Weise von Herrn Dr. Ed. Greppin, dem Vorsteher der jurassischen Samm- lungen des Museums Basel, zum Studium überlassen worden. Dem Gestein nach zu schliessen, in welchem die Muschel steckt, dürfte der Gesteinsblock vermutlich den obern Ferrugineusschichten des Süd- schenkels der Schwengikette entstammen. Das schöne, noch im Gestein sitzende Exemplar (Fig. 3) gehört nach meinen vorgenommenen Untersuchungen und Vergleichungen mit rezentem Material 1) nicht der Gattung Venerupis, sondern dem Genus Lithodomus an. Ich möchte das hier besprochene Exemplar als eine etwas kräftige, mit starker Schale versehene Form von Lithodomus Bathonicus, Rollier (Fig. 3) betrachten.

In dem angebohrten Gesteinsstück vom Hof Asp fallen uns auch die bereits von Merian erwähnten, ströcknadeldünnen, nach unten ver- laufenden Bohrgänge auf, die ich bereits in der obersten Bank der Movelierschichten von Lausen beobachtete. Sie kommen auch in der Umgebung von Liestal vorzugsweise in der obersten Schichtlage der Ferrugineusschichten vor.

Die Grenze zwischen Variansschichten und Macrocephalus- schichten ist im Basler Jura nirgends deutlich aufgeschlossen, so dass es mir nicht möglich war, zu ermitteln, ob auf der obersten Bank der Variansschichten Anzeichen von der Wirkung von Bohrmuscheln vor- handen seien.

Im angrenzenden Solothurner Jura schliessen, nach M. Mühlberg (13), die Variansschichten mit einer sandig-tonigen, angebohrten Kalkbank ab. Der gleiche Autor wies auch im Aargau, bei Mönthal, nach, dass die oberste sandige Kalkbank der Macrocephalusschichten von Bohrmuscheln bearbeitet ist. Eine diesbezügliche Beobachtung liegt meines Wissens aus dem Basler Jura nicht vor. Wohl schliessen höhere Schichtglieder, die der Anceps-Athleta- oder vielleicht sogar der Cordatuszone angehören, deutlich angebohrte Gerölle ein. Der- artige Gesteinsstücke sammelte Herr Dr. F. Leuthardt auf der Anhöhe von Wenslingen. Das Gestein ist ein rötlicher Tonkalk, der von den birnförmigen Ausfüllungen der einstigen Bohrlöcher vollsteckt. Auch hier ist das Geröll von einer limonitischen Kruste umgeben. M. Mühl- berg weiss auch über unregelmässig gestaltete Gerölle zu berichten, die er in der Anceps- Athleta-Cordatuszone im Aargau beobachtete.

1) Herr Dr. F. Sarasin war so freundlich, mir die Benützung der Bivalvensammlung des Museums Basel zu gestatten. Ich danke an dieser Stelle dem Vorsteher der Zoologischen Abteilung für seine Freundlichkeit bestens.

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 37

Ein interessantes Fossil aus dem Basler Jura stellt ein Macro- cephalites macrocephalus, Schl. (Fig. 2) dar, der beidseitig angebohrt ist. Der Ammonit stammt vom Ostabhang des Hügels, auf dem das Seltisberger Reservoir liegt.

Bier 2:

Angebohrter Macrocephalites macrocephalus, Schl., aus einer über den Macro- cephalusschichten liegenden Zone bei Seltisberg. ae

Das Fossil ist als ein Gerölle aufzufassen, das von Bohrmuscheln einer Jüngern über den Macrocephalusschichten liegenden Zone ange- bohrt wurde.

Wie alle Korallenbildungen, weisen das untere und das obere Rauracien. sowie das Sequan deutliche Spuren von der Tätigkeit zahlreicher Bohrmuscheln auf. Diese Vorkommnisse beobachtete schon Prof. .J..J.d’Annone, und Darstellungen solcher von Bohrmuscheln be- arbeiteter Korallenstöcke finden wir bereits im Knorr'schen Petre- faktenwerk (9). Auch Peter Merian richtete sein Augenmerk auf Bohrmuschelüberreste in gewissen Malmkorallen. Er bezeichnete die Bohrmuschelfragmente einer kleinen Form mit dem Namen Vene- rupis corallina. Ich hege die Vermutung, dass diese von Merian auf- gestellte Art mit der von Thurmann (9) bezeichneten Spezies Litho- domus socialis aus dem obern Rauracien von St. Ursanne identisch sein könnte.

Peter Merian (11) machte des weitern in einer Fussnote auf grössere, zirka einen Pariserzoll lange Bohrmuscheln, die er Mytilus coralliphagus nannte, aufmerksam. In der Tat beobachtete auch ich in den wohlerhaltenen Malmkorallenstöcken zwischen Büren und Seewen im Kt. Solothurn 4—5 em tiefe Hohlräume, oder deren Ausfüllungen,

38 K. Strübin.

die auf eine grosse Lithodomusart schliessen lassen. Ebenso machte mich Herr Dr. Leuthardt auf eine von ihm gesammelte, ım Museum von Liestal liegende Koralle aufmerksam, die einen zirka 3 cm langen Steinkern mit noch teilweise anhaftender Schale von Lithodomus Sowerbyianus, Thur.,aufweist,aufmerksam. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diese grosse, von Merian als Mytilus coralliphagus be- zeichnete Bohrmuschel, sowie auch die von mir ın den Korallenstöcken von Seewen beobachtete Form mit der Thurmann’schen Art Letho- domus Sowerbyianus (19), die auch de Loriol (10) gut abgebildet hat, zu identifizieren sınd.

Ausser den glattschaligen Formen begegnet man auch Bohr- muscheln mit radial verlaufenden Rippen, die höchst wahrscheinlich der Spezies Lithodomus parasiticus, Desl. aus dem Dogger nahe stehen. Der Erhaltungszustand ist leider derart, dass eine genaue Bestimmung nicht möglich ist. Immerhin ist interessant, feststellen zu können, dass diese gerippte Form in der Schale einer glatten Art steckte.

Die Tertiärablagerungen von Basels Umgebung weisen sehr deutliche Spuren von der bohrenden Tätigkeit von Muscheln auf. Die ringsum angebohrten Gerölle, wie sie an der Basis des Meeressandes vorkommen, sind vom Jurarand bei Arlesheim (7), vom Südschenkel der Blauenkette (8) und vom Röttler Schloss (3) in der Literatur be- reits bekannt.

Auch ist der die Unterlage des Meeressandes bildende Malmkalk häufig von Bohrlöchern besetzt. Derartige schön angebohrte Bänke treffen wir nördlich von Brislach, ferner nördlich von Kiffis.

Schalenexemplare der damals tätigen Bohrmuscheln sind hin- gegen an den eben erwähnten Lokalitäten nicht aufgefunden worden. Bei Develier-dessous beobachtete Herr Dr. H.G. Stehlin in Basel in einem Geröll des Meeressandes den nicht genau bestimmbaren Schalen- rest einer Bohrmuschel.

Den am meisten in die Augen springenden Wirkungen von Bohr- muscheln begegnen wir im Gebiet der Tennikerfluh (2). Dort liegt dem prachtvoll angebohrten Hauptrogenstein die miocäne Strand- bildung des Molassemeeres, das Muschelagglomerat, auf, das sich weithin über das Plateau zwischen Diegter- und Homburgertal aus- zudehnen scheint. Dieses miocäne, marine Sediment schliesst auch angebohrte Gerölle von ungleicher Grösse ein. Wir beobachten Bohr- löcher von verschiedenen Dimensionen. In einem etwa kopfgrossen Block von Hauptrogenstein, der zahlreiche keulenförmige, von Bohr- muscheln herrührende Öffnungen aufweist, begegnete ich einem wohl- erhaltenen Schalenstück einer Pholasart. Die ganze Schale dürfte etwa Sem lang gewesen sein. Auch eine etwas kleinere Art scheint ebenfalls gewisse Gerölle bevölkert zu haben.

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 39

Ausser der Gattung Pholas haben sich noch andere Bohrmuscheln am Strande und in den Geröllen des Molassemeeres betätigt. Leider fehlen bis zur Zeit wohlerhaltene Schalenexemplare. Da mir gutes Vergleichsmaterial nicht zur Verfügung stand, wagte ich es vorläufig nicht, nach den Steinkernen Gattung und Art dieser ziemlich häufig auftretenden Bohrmuscheln zu bestimmen.

Wenn wir das äusserst lückenhafte Material betrachten, das uns durch Zufall erhalten blieb und zu Gesicht kam, so können wir all- gemein sagen, dass unsern heutigen Kenntnissen zufolge, in den meso- zoischen Sedimenten vorzugsweise die Gattung Lithodomus bohrend auftrat.

Aus dem Tertiär der Umgebung von Basel liegen Schalen- exemplare dieser Gattung bis zur Zeit nicht vor. A. Gutzwiller (7) erwähnt freilich Lithodomus cf. delicatulus Desh. aus einem Gerölle des Meeressandes von Arlesheim, doch ist diese Art nicht nach Schalen- teılen, sondern nur nach der Form der Bohrlöcher von Herrn Prof. Dr. K. Mayer bestimmt worden.

Die Gattung Pholas dagegen kennen wir ın der Umgebung von Basel erst in {ertiären Bildungen; in jurassischen Bildungen konnte sie bis jetzt nicht nachgewiesen werden.

Lithodomus Bathonicus, Rollier spec., Fig. 3, 4, 4a, 5, 5a, 6.

? Modiola fabella, Deslongehamps 1838, Mém. s. 1. coquilles fossiles lithophages, pl. IX, fig. 41, 42, 43.

Venerupis oolithica, Merian P. 1840. Über einige in der Jura- formation vorkommende fossile Bohrmuscheln.

Lithodomus Bathonicus, Rollier L. 1911. Les Faciès du Dogger, fig. 49, pag. 160.

Die vorliegenden Exemplare zeigen vollständige Modiolagestalt. Beide Schalen weisen am untern Rande eine schwache Einbuchtung auf, die dem Fossil eine bohnenähnliche Form verleiht. Die kon- zentrisch angeordneten Anwachsstreifen treten deutlich hervor. Litho- domus Bathonicus ist plumper von Gestalt als die rezente, viel schlankere Art Lithodomus lithophagus. Diese Doggerart zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit Lithodomus socialis, doch scheint dieser Malmform die schwache Einbiegung an den untern Schalenrändern zu fehlen. Nach den Abbildungen zu schliessen, hat die auch im Dogger vorkommende Bohrmuschel Lithodomus inclusus, Phil. (14) mehr zylindrische Gestalt und entbehrt der schwachen Einbuchtung am untern Rande der Schalen. Wahrscheinlich steht Lithodomus Bathonicus der von Deslongchamps (4) abgebildeten Art Modiola fabella sehr nahe oder ist mit ihr identisch.

40 K. Strübin.

Die mir vorliegenden Exemplare von Lithodomus Bathonicus haben folgende Dimensionen:

I. Exemplar (Fig. 3).

Länge: 20 mm Breite: 11 mm Dicke: 9-10 mm.

Die Muschel befindet sich noch in dem ursprünglichen Bohrloch, welches auf einer Seite freigelegt wurde. Das Fossil konnte nicht herauspräpariert werden, sodass sich die vollständige Gestalt der Muschelschale nicht feststellen liess. Nach dem wohlerhaltenen grossen Teile der Schale dagegen und deren Form zu schliessen, handelt es sich um ein wohlausgeprägtes Exemplar von Lithodomus Bathonicus. Dieses Fossil ist das Original zu Merians Venerupis oolithica.

Lithodomus Bathonicus, Rollier, aus den Ferrugineusschichten der Schwengikette bei Langenbruck.

ae

Es stammt, wie ich bereits erwähnte, aus den obern Ferrugineus- schichten der Schwengikette bei Langenbruck. Das Petrefakt ist Eigentum des Basler Museums.

II. Exemplar (Fig. 4 und 4a).

Länge: 20 mm Breite: 11 mm Dicke: 10,5 mm.

Das Fossil zeichnet sich dureh die besonders deutlich hervor- tretenden Anwachsstreifen aus.

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 41

Fig. 4. Fig. 4a. Lithodomus Bathonicus, Rollier, aus einem Korallenstock der Movelierschichten

von Ramlinsburg. 3 + 15 :1.

Das hier vorliegende Exemplar entstammt einem Korallenstock der Movelierschichten von Ramlinsburg.

III. Exemplar (Fig. 5 und 5 a).

Länge : 19,5 mm Breite: 11,5 mm Dicke: 10 mm.

Die Schale fehlt am hintern Teil des Fossils, währenddem sie am vordern und mittlern Teil des Exemplars gut erhalten ist. Die kon- zentrische Streifung ist im Gegensatz zum vorher besprochenen Exemplar fein und tritt wenig hervor.

Fig. 5. Fig, Ba. Lithodomus Bathonicus, Rollier, aus einem Korallenstock der Movelierschichten zwischen Känerkinden und Wittinsburg.

15 : 1,

Ich fand diese Bohrmuschel in einem Korallenstock der Movelier- schichten zwischen Känerkinden und Wittinsburg.

42 K. Strübin.

IV. Exemplar (Fig. 6).

Länge: 16 mm Breite: 9mm Dicke: 8mm. Diese Muschel ist etwas kleiner als die vorher erwähnten. Sie zeigt ebenfalls die Einbiegung der untern Schalenränder.

Fig, 6.

Lithodomus Bathonicus, Rollier, aus einem Gerölle der Ferrugineusschichten bei Muttenz.

12:1.

Ich entnahm dieses Schalenexemplar einem jener für die untern Ferrugineusschichten der Umgebung von Basel charakteristischen Gerölle. Diese angebohrten Gerölle sind in besonders schöner Aus- bildung in der Sulzsteingrube bei Muttenz zu beobachten.

Lithodomus parasiticus, Deslongchamps sp., Fig. 7, 8, 9.

Modiola parasitica, Deslongchamps 1838. Mem. s. 1. coquilles foss. lithophages pl. IX, fig. 44, 45 et 46.

Lithodomus parasiticus, Desl., Morris, J. and Lycett, J. 1850. A monograph of the moll. f. the Great Oolithe, Tab. IV, fig 15 and 15a.

Lithodomus parasiticus, Desl., Greppin, J.-B. 1870. Description géologique du Jura bernois, page 44.

Die Formen aus dam Basler Jura sind leider nicht vollständig er- halten. Es fällt deshalb eine genaue Vergleichung mit den Abbil- dungen der einschlägigen Literatur etwas schwer. Die wenigen Exem- plare, die mir zur Verfügung stehen, lassen erkennen, dass die Art offenbar ziemlich stark variiert. Dieser Gedanke muss sich uns auch schon aufdrängen, wenn wir die Deslongchamps’sche Figur (4) mit der Abbildung der Morris und Lycett'schen Form (12) vergleichen. Bei der erstern scheinen die radialen Rippen nur bis etwa gegen die Mitte der Schale vorhanden zu sein, währenddem die Zeichnung von Morris und Lycett acht starke bis gegen das vordere Ende der Schale ver-

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 45

laufende, radiale Rippen aufweist. Die Exemplare aus dem Basler Jura stehen in dieser Hinsicht eher der Morris und Lycett'schen Form nahe, doch sind die Abstände zwischen den radial verlaufenden Rippen unsrer Exemplare entschieden weniger gross als die eben erwähnte Abbildung der englischen Forscher sie zeigt. Bei dem von mir in einem Korallenstock des untern Hauptrogensteins bei Muttenz

Fig. 7,

Lithodomus parasiticus, Desl., aus einem Korallenstock des untern Hauptrogen- steins vom Wartenberg bei Muttenz. . 3 ‚1:15:

gesammelten Exemplar (Fig.7) scheinen die radialen Rippen an die bei den Modiolaarten meistens vorhandenen, schneidenartig vor- stehenden, glatten obern Schalenränder zu stossen.

Bei der einen Muschel (Fig. 3), die aus einem @eröll der untern Ferrugineusschichten der Umgebung von Muttenz stammt, sind noch vier kräftige Rippen, an die sich sechs feinere nach unten anschliessen, zu beobachten.

Fig. 8.

Lithodomus parasiticus, Desl,, aus einem Gerölle der Ferrugineusschichten bei Muttenz. 12:1.

Der übrige untere, vordere Teil ist glatt, zeigt aber von blossem Auge wahrnehmbare Anwachsstreifen, die als feine konzentrische inien, kaum sichtbar, über die radialen Rippen verlaufen. Linien, k htbar, über d lialen Rip] lauf

44 K. Strübin.

Das andere Bruchstück einer radial gerippten Bohrmuschelschale aus dem gleichen geologischen Schiehtglied von der nämlichen Lo- kalität Karmann scheint mehr, aber weniger stark hervortretende Radialrippen besessen zu haben.

Fig. 9.

Lithodomus parasitieus, Desl., anderes Exemplar aus einem Gerölle der Ferru- eineusschichten bei Muttenz. 12:1.

Die deutlich erkennbaren Anwachsstreifen bilden mit den radial verlaufenden Rippen auf der Schale eine gitterförmige Zeichnung Cie 19);

Die in den Korallen der Movelierschichten an der Strasse zwischen Liestal und Arisdorf vorkommenden Formen sind meist kleine, jugendliche Exemplare, die aber immerhin deutlich die kräftigen radial verlaufenden Rippen besitzen.

Literaturverzeichnis.')

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1) Herr Prof. C. Schmidt in Basel gestattete mir die Bibliothek des Geologischen Instituts zu benützen. Ich danke ihm für diese Erlaubnis bestens. ;

[0 )

10.

18.

19.

Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura. 45

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Thurmann, J. et Etallon, A. Lethea Bruntrutana 1859.

Manuskript eingegangen 7. Februar 1913.

Ueber das Vorkommen des Buchsbaums (Buxus sempervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und Vorderasien.

(Mit fünf Textbildern und einer Karte.)

Von H. Christ, Basel.

Vorkommen im nördlichen Plateau-Jura.

Wenn wir im Winter, nach dem Laubfall, von Liestal im Basler Jura, 15 km südöstlich von Basel, den Weg verfolgen, der den Höhen- zug hinanführt, welcher das Liestaler Tal nördlich begrenzt, und uns beim „Erzenberg‘‘ (Flurname der Siegfried-Karte) dem Walde nähern, der diesen Höhenzug bedeckt und an ihm herabsteigt, so fällt uns schon von weitem ein Unterholz von saftigem Grün auf, welches den Boden des sehr gemischten Waldsaums bedeckt.

So auffällig ist dieser Anblick, dass er selbst das Auge eines nicht jurassischen Forstmanns täuschen kann: soll doch ein solcher dieses Buschwerk auf den ersten Blick für Weisstannen-Anflug ge- nommen haben. Es ist dies verzeihlich, denn in unsrer Zone ist das Vorkommen des Buchsstrauches um diesen handelt es sich in massenhaftem Bestande und dazu noch im Halbschatten eines Misch- waldes von Feldahorn, Weissbuche u.s. w. ein recht ungewohntes.

Buxus sempervirens tritt hier in seiner wilden Buschform ge- sellig auf. Bei der durchschnittlichen Steilheit der von ihm be- siedelten Abhänge nimmt er meist die Form eines halb liegenden, mit den Ästen gegen den Abhang gerichteten „Krummholzes“ an, dessen Basis sich stark, fast knollig, bis 1 dm Durchmesser verdickt und sog. Buchsmaser bildet, auch sofort in viele abstehende Äste und Zweige regellos auseinanderfährt, von denen die letzten Triebe sehr dicht aufstreben. Die Rinde der ältern Stämme ist gelbgrau, runzelig, die jüngern axialen Teile sind dunkelgrün, kantig, die Blätter stehen sehr dicht, in spitzem Winkel nach oben abstehend, die Zweige mehr- jährig abwärts bekleidend. Das wintergrüne Blatt ist meist oval bis rundlich, oft oben stark glänzend. Seltener und nur in tieferm Schatten tritt die Form angustifolia Loud. auf, mit kleinen, schmal

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 47

lanzettlichen, kammförmig in eine Ebene gestellten Blättern, die zugleich oft blau bereift sind, offenbar zum Schutz gegen Durch- nässung. An günstiger Lage strebt der Busch in Form eines kleinen, ovalen Baumes mit geradem Stamm empor bis zu 2, seltener 3 m Höhe. Die Dimensionen der Blätter wechseln sehr: an alten Sträuchern werden sie mit dem kurzen Stiel 3,3 em lang und 1,6 cm breit, an Kümmerformen erreichen sie kaum den Dritteil dieser Aus- masse. Sehr häufig ist unter starker Insolation eine nach unten kon- vexe Form des Blattes, dessen Oberseite ein halbrundes Hohl bildet.

Schon anfangs April steht der Buchs bei Liestal in Blüte, und die grossen gelben Infloreszenzen leuchten perlschnurartig aus den Blattachseln hervor. Die Kapseln reifen im August und werfen, sich dreiteilig öffnend und am Strauche verbleibend, die sechs harten, grossen, schweren, glänzend schwarzen, ovalen Samen aus. Weithin dringt unter dem Strahl der ersten Frühlingssonne der eigenartige bittere Buchsgeruch durch den Wald. Nicht selten kann man auf den Blättern vom Frühsommer an die schwarzen oder rotbraunen, er- habenen Linien und Punkte der Puccinia Buxi auf der Blattoberseite bemerken, eines nach Prof. Ed. Fischer’s Mitteilung nicht heter- ökischen Pilzes, der seine ganze Entwickelung auf dem Buchs durch- macht, ohne alternierend eine andre Pflanze zu bewohnen.

Verfilzt mit dem dichten, das Trümmergestein der steilen Ab- hänge vortrefflich bindenden Wurzelgeflecht der alten Stämme fin- den sich überall zahlreich Sämlinge und junge Pflanzen. Ohne gerade zu „kriechen‘“, breitet sich der epi- und hiypogäe Teil des Strauches unbegrenzt aus. Was wir für eine kleine selbständige Pflanze nehmen, hängt mit einem alten Knorren durch eine meterlange Schnur zu- sammen, von der wir nicht wissen, ob sie als Wurzelast oder als Aus- läufer anzusprechen ist. An jedem Punkt der Wurzel und des untern. Stammteils hat der wilde Buchs die Fähigkeit, Knospen zu bilden, die sich bald zu grössern Stammteilen oder selbständigen Büschen ausgestalten. Diese Tendenz wird vermehrt durch das stete Zer- reissen, das dem schönen Gewächs durch die Spaziergänger und das Einsammeln der Zweige zu Dekorationszwecken widerfährt. Vor Be- nagen durch Tiere schützt ihn sein drastischer Geschmack.

Diese wilde Buchsform ist sehr verschieden von der F. suffruti- cosa L., die schon seit alter Zeit zur Einfassung der Gartenbeete ge- braucht wird. Ich kultiviere seit wohl 20 Jahren beide Formen neben einander. Während die wilde sogleich in die Höhe geht und sich mit zahlreichen Ästen bekleidet, die in schiefem Winkel abstehen, bleibt die Gartenform auch im freien Stande ein Klumpen von steif auf- rechten, dicht und zypressenartig aneinander gepressten Zweigen mit kleinen, rundlich ovalen Blättern und ist fast immer steril.

48 H. Christ.

Dagegen kommt im Wuchs und in der Fruchtbarkeit mit der wilden Form eine auffallend grosse Gartenform überein, die hie und da in Anlagen zu sehen ist, und sich durch ganz baumartige Entwick- lung und durch fast doppelte Grösse aller Teile von der wilden unter- scheidet. Ihre Blätter sind 3 em lang und fast ebenso breit, starr lederig, stark konvex gewölbt, mit einem stark vortretenden Haupt- nerv. Auch die Kapseln sind doppelt grösser. Woher wohl diese Prachtform stammen mag? Ich kultivierte sie lange in Basel. Sie stellt wohl die F. rotundifolia (Baillon) dar.

In Liestal und Umgegend kennt natürlich jedes Kind diesen Buchsbestand des Erzenbergs; er wird auch gelegentlich auf Stücke durchsucht, die sich zu Drechslerarbeiten eignen. Ich sah einmal, jedenfalls zu diesem Zweck, die ältesten und schönsten Stämme am Fuss der „weissen Fluh“ ausgerissen und auf einen Haufen ge- schichtet. Glücklicherweise ist die Lebenskraft des Gewächses eine überaus zähe. Immerhin sollte ihm einiger Schutz gewährt werden, und es ıst Aussicht, dass die Forstbehörde der Gemeinde ıhn unter Obhut nehme.

Welches ist nun die Verbreitung des Buchses in unserm nord- jurassischen Gebiet ? Ich beobachtete ihn übereinstimmend mit Herrn Oberförster Müller sowohl auf der das Ergolztal nordöstlich begren- zenden, als auch auf dem südwestlich von dıesem Tal hinstreichenden Abhang, dem ganzen Erzenberg entlang von „Waideli“ und ,,weisser Fluh‘ bis nach dem ‚„‚Windental‘ einerseits, und an den Waldsäumen des „Bienentals“ der Siegfried-Karte, d.h. des beim ‚„Hasenbühl“ ins Ergolztal mündenden Seitentälchens anderseits. Auch etwas weiter, dicht ob dem Bad Schauenburg, finden sich schwache Anflüge von Buchs: Siehe auch Binz, Flora von Basel, S. 214. Die Büsche stehen nie in freiem Stande, schon weil die Kultur sie dort nicht duldet, beginnen aber sofort mit dem Waldsaum und steigen in den Wald hinan, wo sie erst im ganz dichten Hochschatten des Buchen- waldes allmählich aufhören. Den obersten Buchs sah ich an der Kante des ob dem Erzenberg sich erhebenden ‚‚Schleifenbergs‘ bei etwa 450 m. Offenbar ist der feuchte Waldschatten dem Strauche nicht mehr günstig. Tausende von Sträuchern stehen in dieser Gegend bei- sammen: in isolierten Exemplaren kommt der Buchs da nicht vor: es ist unverkennbar eine deutlich charakterisierte, aus einer Spezies gebildete Formation, aber lokalisiert in einzelnen, nicht zusammen- hängenden Horsten auftretend. Die Unterlage dieser Bestände ist harter Jurakalk in sehr zerrüttetem, oft fast splittrigem und schutt- artigem Aggregatszustande: an der „weissen Fluh“ lehnte sich früher Buchs spalierartig dem Felsen an.

Der Exposition nach sind die Vorkommnisse im Norden der

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 49

Ergolz gegen Südwesten, die im Süden des Flusses gegen Osten und Westen gewandt.

Die Standorte sind überall dieselben: Niederwald bis begin- nender Hochwald von mittlerem xerothermem Charakter, mit ein- zelnen exquisit xerothermen Begleitpflanzen, von denen mehrere als westliche anzusprechen sind.

Die begleitenden Bäume sind: Weiss- oder Hagebuche (Car- pinus), die hier sehr zahlreich und stattlich auftritt, Quercus sessili- flora, darunter F. laciniata und F. subintegra, Q. pedunculata, mit seltenem Einschlag von Q. pubescens, von welcher ich nur ein ganz typisches Exemplar (an der „roten Fluh“) kenne. Dann einzelne Acer platanoides, viel Acer campestre, während von der Höhe des Schleifenbergs A. pseudoplatanus herabkommt; Sorbus Aria und auffallend viel Sorbus torminalis, aber meist nur in kleiner Busch- form, einzelne Fagus, auch solche versus F. mierophylla, Corylus, Prunus spinosa, Viburnum Lantana, Liguster, Evonymus, einzelne Gruppen von Pinus silvestris, namentlich am Rande der Flühe; Fraxinus, bei uns ein vorherrschender Baum trockner Standorte, die breitblättrige Linde, darunter an der weissen Fluh ein Stimmchen der seltenen, südlichen Form vitifolia Host, die ich sonst in der Schweiz nur vom Salvatore kenne; hie und da Frangula und seltener Rhamnus Cathartica, Crataegus oxyacantha, auch eine Gruppe von Prunus acida (am Erzenbergweg) in Buschform. Die Rebe schlingt sich verwildert, ex pristina cultura superstes, hie und da durchs Ge- büsch, und geradezu charakteristisch ist der überaus zahlreiche Nuss- baum, der überall am Waldsaum keimt und es hie und da (Heiden- loch, oberer Erzenberg) zu einem knorrigen, von Grund an geteilten, aber kräftigen Stamm und zu Früchten bringt. Ich sah nie eine Gegend, wo in solcher Menge die Juglans Tendenz zur Verwilderung annimmt. Ilex steigt von dem höhern Plateau des Schleifenbergs, wo sie häufig ist, vereinzelt zum Buchs herunter, ebenso die schon recht montane Sambucus racemosa. An besonnten Stellen steht Rıbes grossularia. Am Erzenberg-Waldrand schlingen sich mächtige Cle- matis vitalba, Humulus, sehr zahlreiche Tamus, Lathyrus silvestris und an einer Stelle Bryonia dioica in beiden Geschlechtern durch die Dornbüsche. Zu den grossen Xerothermen des Birstals: Pruns Mahaleb, Acer opulifolium langt es hier nicht mehr, dagegen ist Coro- nilla Emerus allgegenwärtig: mit dem Buchs wohl die häufigste Halbholz-Pflanze.

Und nun die Staudenflora des Buxetum, aus der ich einerseits die häufigsten, anderseits die seltenern aber bezeichnenden heraus- greife.

50 H. Christ.

Von den bei Eichler, Gradmann und Meigen!) kürzlich als „atlantisch‘“, d.h. als süd-westeuropäisch namhaft gemachten Arten, zu denen diese Autoren den Buchs selbst und die schon genannten Ilex und Tamus rechnen, sind zu nennen:

Epilobium lanceolatum Seb. Maur. nicht im Buxetum selbst, aber beim Schönenberg ob Frenkendorf. Lonicera periclymenum, beim Goldbrunnen, Teucrium Scorodonia, häufig, trotz seiner angeb- lich kalkscheuen Gewohnheit, mitten im Kalkgestein.

Stets vorhanden sind Campanula persicifolia, Chrysanthemum corymbosum, Teuerium chamaedrys, Hippocrepis comosa, massen- haft Carex alba, zerstreuter C. digitata mit C. ornithopoda und glauca, Melica nutans und M. uniflora, Epipactis rubiginosa, Cephalanthera rubra, Cynanchum vincetoxicum, Coronilla varia, Anthericum ramosum, Convallaria polygonatum, Hypericum montanum, Asperula cynanchica, Scabiosa suceisa, Molinia, Dentaria pinnata, Gentiana ciliata, Lithospermum officinale, Prenanthes purpurea, Salvia gluti- nosa, Calamintha officinalis, Helleborus foetidus in besonders domi- nierender Masse, und oft beinahe ein immergrünes Unterholz vor- täuschend, wie auch das weithin wuchernde Asarum mit terrestrem Epheu ganze Waldstrecken grün erhält; häufig sind auch an lichten Stellen Bupleurum faleatum, Orobus vernus, Digitalis lutea, Aster Amellus, Conyza squarrosa, Silene nutans, Stachys recta, Euphorbia verrucosa und E. amygdalina, Centaurea Scabiosa, Betonica offi- cinalis, Crepis praemorsa, Gymnadenia conopsea, Rosa arvensis, Astragalus glyeyphyllus, Solidago virgaurea, Ranunculus bulbosus.

Ich gab hier die durch Häufigkeit auffallenden Arten: sie be- zeichnen bereits recht deutlich ein wärmeres, freilich kein mediter- ranes oder pontisches Gepräge, obschon z. B. Gradmann bereits Hippo- crepis zu letzterem Element zieht.

Deutlicher dagegen weisen folgende Einschläge unsrer Buxetum- Formation auf den Süden:

Das überaus häufige Melittis melissophyllum, dann die selteneren Linum tenuifolium (Waideli, Bubendorferbad), Hieracium praeal- tum, H. sabaudum v. virgultorum, Viola mirabilis, Scilla bifolia, Hesperis matronalis (Heidenloch), Crepis foetida Erzenberg (C. tara- xacifolia fehlt oder scheint zu fehlen, wogegen die eher montane Picris hieracioides massenhaft vorhanden ist), Inula salicina, spo- radisch Salvia verticillata und Conringia orientalis, Papaver dubium, Peucedanum cervaria (häufig), Laserpitium latifolium, Geranium sanguineum, Dianthus caesius (verwildert ?, dagegen sicher wild bei

1) Ergebnisse der pflanzengeographischen Durchforschung von Württem- berg, Baden und Hohenzollern 1912.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 51,

Langenbruck ‚‚Schlosshöhe‘“‘), Melampyrum cristatum, Coronilla montana, Rubus saxatilis, endlich Anemone Hepatica, die nördlich der Alpenkette bereits ungemein sparsam auftritt, und am Erzenberg mit dem Buchs als Seltenheit noch vorkommt. Die letztere Kategorie unsrer Liste ist unstreitig eine entschieden xerotherme, es sind alles Arten, welche zwar nicht mediterran, aber doch südeuropäisch ge- nannt werden müssen, indem dieselben nordwärts unseres Jura nur noch in besonders privilegierte Lagen längs des Rheintals und Mittel- deutschlands, zum Teil am Westrande Europas bis Grossbritannien, wenige bis Skandinavien (so Hepatica) hinaufreichen. Jedenfalls sind sie, wenn sie auch in der Mittelmeerzone erst in der Hügel- und Bergregion vorkommen, bei uns an lokale, besonders warme kleine Klimate gebunden. Als Analogie-Beweis kann ich auf die unser Buxetum bewohnende Fauna hinweisen, die Oyclostoma elegans, Bulimus detritus, Zygaena fausta und peucedani, Naclia ancilla, Thyris fenestrella, Geometra Ulmaria, Papilio Podalirius, Limenitis Camilla und die Viper aufweist.

Eine besonders auffallende, zur Scabiosa columbaria als neue Varietät gehörige Form habe ich bisher nur in dieser Gegend am Erzenberg und Umgebung gefunden. Ich beschreibe sie hier kurz:

V. subagrestis. Pflanze gross, 1,10 m hoch, Wurzel mehrköpfig, Pflanze sehr schwach behaart, verkahlend, leicht bläulich bereift, Wurzelblätter lang gestielt, leierförmig, verkehrt oval, stumpf, ge- kerbt-gezahnt. Internodien lang: Stiel des gipfelständigen Blüten- köpfchens 40 bis 50 em lang. Stengel wenig ästig, Seitenzweige 40 em lang. Stengelblätter lang gestielt und keilig verschmälert, doppelt fiederspaltig, Endlappen 13cm lang, spitz oval, gegen die Basis tief gelappt bis gefiedert, Lappen wiederum tief eingeschnitten. Oberste Blätter in lange lineale Lappen zerschnitten, diese 1 mm breit, nicht eingerollt, ihr Endlappen 4cm lang. Köpfchen wenig zahlreich, zu- erst flach, bald rundlich, 11/, cm breit, bleichlila. Kragen der Frucht 11/, mm breit, ausgebreitet, grau, Borsten 11/, bis 21/, mm lang, borstlich, ohne Mittelnerv, graubraun.

Durch längere Borsten von Se. agrestis W. K., durch nervenlose Borsten von Sc. columbaria, von beiden durch die grossen Dimen- sionen verschieden. Sc. columbaria v. pachyphylla Gaud. ist durch lederig verdickte Blätter mit sparrig auseinanderfahrenden Lappen und breitere Borsten verschieden.

Hab. Häufig in den Dornhecken am Rande des Buxetum am Erzenberg, von Dr. A. Binz auch am Buxetum des Dinkelbergs (Grenzacherberg) bemerkt.

Unterhalb des Buchs-Bestandes am Erzenberg ist die früher durchweg mit Reben bepflanzte Halde nun fast gänzlich abgestiftet

52 H. Christ.

und zu Wiesen verwandelt, in den letzten Jahren aber von der Ge- meinde Liestal zur Anlage von Akaziengehôülz angekauft worden, weil sich das Weinerträgnis konsequent verringert hat.

Die obere Grenze des Buchsgürtels bildet der Buchen-Hochwald des Plateau dieses Höhenzuges, das mit lehmigem Moränenschutt be- deckt ist und vermöge seiner feuchten, kalkarmen Natur eine scharf kontrastierende, boreal und schwarzwäldisch anklingende Flora bietet. Hier mischen sich den Buchen sehr zahlreiche, stellenweise vor- herrschende Stieleichen: Quereus pedunculata und Acer pseudo- platanus bei, und an offenen Stellen treten ansehnliche Gruppen von Sambucus Ebulus auf. Sofort bemerken wir grosse Horste von Aera coespitosa mit Agrostis, Carex maxima und remota, Luzula maxima, pilosa und albida, Epilobium angustifolium, Circaea, Lysimachia nemorum, Rubus tomentosus, Rosa arvensis, Dianthus Armeria, meterlange Lotus uliginosus, Veronica officinalis, grosse Farne mit viel Athyrium filix femina, auch Aspidium spinulosum und lobatum, und der Buchenwald geht in Eichwald über. Einmal fand ich selbst Hypericum pulchrum. Die schattenliebende Epipactis sessilifolia ist hier verbreitet, hie und da auch Elymus europaeus mit Milium. In kleinen Schluchten klebt bereits Asplenium viride, bei Spiraea Ar- uneus, Aconitum Lycoctonum, Actaea und selbst Petasites albus. Alles dies bei 400 bis 500 m Meereshöhe. Ein schrofferer edaphischer Gegensatz zu der dies Niveau ebenfalls erreichenden Buxetum-Flora ist kaum möglich.

Die weitern Vorkommnisse von Buchsbeständen in Basel-Land finden sich, sprung weise von einander getrennt, ohne verbindende Vor- posten, in den schmalen Tälern des Plateau-Jura. Auf den nächsten treffen wir bei Hölstein, auf dem rechten Ufer der von Süden nach Norden fliessenden Frenke, ın der Luftlinie 7 km vom Liestaler Buxetum entfernt, ein um so auffallenderer Hiatus, als der nach Süden exponierte, höchst xerotherme Waldrand beim dazwischen liegenden Bubendorfer Bad, wo selbst Linum tenuifolium häufig ist, keine Spur von Buchs aufweist. Weiter aufwärts in demselben Tal verzeichnet Herr Oberförster Müller einen Standort bei Niederdorf, rechts vom Bach, also Südwest-Exposition, und endlich drei ausgedehntere Be- stände an den Gehängen unter- und oberhalb Waldenburg: rechts beim Bad, am Schlossberg, und links an der Richtifluh, West- und Ostlage, die wohl gegen 600 m sich erheben werden. Bei Langen- bruck (713m), wo früher Buchs angegeben war, kommt er, nach gütiger Mitteilung des Gemeindepräsidenten, ‚nicht mehr‘ vor.

In dem mit dem Waldenburger Tal parallel verlaufenden nächst- östlichen Diegter Tal notiert mir Müller einen Standort bei der Ruine Eschenz bei Diegten, deren Indigenat zweifelhaft sein kann. Dann

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 53

aber weiter südlich einen solchen am ‚Eichberg“ bei Eptingen gegen Witwald, der ziemlich ausgedehnt, etwa 0,3 ha einnimmt, und auf Witwald gegen das Tal von Diegten hinunter, sowie einige Stöcke an der Dangernfluh. Der bewaldete Rücken östlich von Eptingen gegen Laufmatt heisst Buchsberg, obschon daselbst kein Buxetum mehr zu finden ist.

Aber auch im Tal der streng ost-westwärts gerichteten Ergolz, 91/, km von Liestal entfernt, taucht bei Ormalingen am ,,Wischberg”, in westlicher Orientierung, ein bedeutender Buchsbestand auf, und in dem dort einmündenden kleinen Hemmiker Tal ein zweiter in gleicher Lage. Weiter oben im Ergolztal, bei Rotenfluh, nennt Binz in seiner Flora noch einen weitern Standort, wie auch an der Farns- burg. Beide sind mir unbekannt.

Schwer zu sagen ist, wohin ein ganz versprengtes Vorkommen des Buchses im vordern Birstal, an der Nordflanke des Bärenfelser Schlossberges ob Angenstein weist, wo Dr. Binz 1900 einen Busch von Buxus an den Felsen direkt unter den Ruinen des Schlosses im schattigen Walde fand. Ob es sich hier um ein isoliert angeflogenes wildes, oder um ein aus früherer Kultur beim Schlosse stammendes Exemplar handle, lässt der Entdecker offen.

Übrigens ist der Buchs nicht die einzige Pflanze von „warmem“ Typus, die so auffallend tief in die montanen Täler des Plateau-Jura vordringt. Ornithogalum pyrenaicum geht bis Sissach, ebenso Althaea hirsuta (auch bei Hersberg 530 m), Geranium sanguineum bis zum obern Hauenstein (ca. 700 m), Staphylea pinnata bis Sommerau und Waldenburg, und Linum tenuifolium steht mit dem Buchs noch bei

5) Ormalingen.

Standorte im obern Rhein- und Illtal.

Nur 81/, km in der Luftlinie vom Liestaler Buxetum entfernt, aber auf dem rechten Rheinufer, zieht sich der südliche Talwall des Wiesentals: der Dinkelberg von Osten nach Westen, um in dem steil abfallenden Grenzacher Berg, ganz nahe bei Basel zu enden. An diesem gegen Süden exponierten Abhang ist, auf Muschelkalk, ein Buxetum, das schon von Caspar Bauhin 1622 in seinem Catalogus 111 also erwähnt ist: Buxus foliis rotundioribus. In monte Crentzacensi.

Auch das Buxetum von Grenzach muss im Winter gesehen wer- den, wenn es von dem grauen laublosen Mischwald und den roten Föhrenstämmen in glänzendem Grün absticht. Es zieht sich etwa 4 km lang am obern, steilen, zum Teil felsigen Südhang des Berges gegen das Rheintal in mehr oder minder diehtem Gürtel hin, oft so dicht, dass ein Durchdringen nicht möglich ist. Die Überhöhung

54 H. Christ.

durch die eher diehten Bäume, besonders Carpinus schadet ihm nicht: die Blütenansätze sind reichlich. Es reicht von dem grossen senk- rechten Hang des Grenzacher Horns bis über das Dorf Grenzach, über- springt die Schlucht am obern Ende des Dorfes, und tritt wieder in gleicher Exposition auf nach Osten hin bis nach dem Dorf Wyhlen ob der sog. „Himmelspforte“. Ich sah Büsche von 31/, m Höhe und 2 em Durchmesser, es kommen aber an geschützten Orten beträchtlich grössere vor. Nach oben überschreiten, wie auch bei Liestal, die Buchssträucher die Kante des Berges wenig, und treten auf dem Rücken desselben, etwa bei 400 m, rasch zurück, weil der Schatten des hier geschlossenen Buchenwaldes sie nicht duldet. Aber hier wer- den sie abgelöst von der Stechpalme, die zahlreich ist und ganze Strecken übergrünt, doch erreicht das trübere und dunklere Grün des Ilex den Glanz des Buchses bei weitem nicht. Hie und da zeigt der Buchs Krüppelform infolge vielfachen Schneitelns, da es den Einheimischen erlaubt ist, Dienstags und Samstags abzuschneiden, was auch die Basler Gärtner reichlich benützen sollen. Ich sah selbst einen solehen an der Arbeit. Die Formen sind hier sehr zahlreich: breitovale Blätter von 11/, em Länge, grosse, fast kreisrunde, sehr dichte kleinblättrige Kümmerformen mit rundlichem, 6 mm langem und mit lanzettlichem Blatte wachsen bunt durcheinander. Die Ver- mehrung scheint ganz vorwiegend durch Wurzelverzweigungen vor sich zu gehen, welche Sprossen bilden. Sämlinge sind seltener als bei Liestal. Die erreichte Meereshöhe ist ca. 350 m. Unterhalb des Buxetums ziehen sich Gebüsche und dann ein Gürtel von Wein- bergen hin.

Die Begleitpflanzen sind entschiedener xerotherme als in Basel- land, denn schon macht sich die Nähe der warmen Basler und Ober- elsässer Gegend geltend. Wir finden in der kleinen Schlucht ob dem Dorf Grenzach sofort Anemone pulsatilla, deren Standort hier die Etappe zwischen dem Schaffhauser Becken und Michelfelden (,,Fisch- zucht‘‘) im Ober-Elsass, 10 km von Basel bildet, und die auf der Ost- seite des Jura in grösserm Bestande erst wieder bei La Sarraz auf- taucht. Ferner Carex humilis, mit der Küchenschelle schon im März verblühend, die wir verbreitet am östlichen Jurarand erst von Eger- kingen an südwärts finden, aber die an den sonnigen Flühen des Basler Jura hie und da vereinzelt auftritt. Euphrasia lutea, die nicht in den Jura eindringt, aber die Vorhügel des Schwarzwaldes im Rheintal bewohnt. Der Absturz des Grenzacher ‚‚Horns“ bietet Seseli annuum, Trifolium rubens, Potentilla opaca. Das Gebüsch und die Waldung um Grenzach und Wyhlen bewohnen Anemone silvestris, eine im Kaiserstuhl häufige Art, und sehr sparsam A. Hepatica, Carex umbrosa; C. strigosa, entschieden westlich und in die Schweiz nicht

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien, 55

vordringend. Sobald der rote Sandstein beginnt, sind, schon bei Steinen, Epilobium Lamyi (1912!), Agrimonia odorata (in den fünfziger Jahren!), Centaurea nigra, Sarothamnus und Genista, pilosa, Gnaphalium luteoalbum, Galeopsis ochroleuca, Stachys ar- vensis: vorwiegend westliche Arten, zu finden, und nicht weit, im obern Wiesental, die fast atlantische Anagallis tenella: also ein Verein, der schon der Unterlage wegen (roter Sandstein) auf dem Kalk des Basler Jura nıcht Platz fände, der aber auch deutlich davon Kunde gibt, dass der Dinkelberg und das Wiesental dem Westen be- reits offener daliegen als der Plateau-Jura.

Viola alba Bess. und V. scotophylla Jord. treten mit dem Buchs bei Grenzach in Menge auf, hie und da Geranium rotundifolium, Peu- cedanum oreoselinum und Cervaria, Vicia tenuifolia (Rain gegen Riehen 1912!), Prunus Mahaleb, Andropogon Ichaemum, Carex brizoides, C. pilosa (ob dem Wenkenhof, Binz 1912). Sonst ist die Bepleitflora des Dinkelberg-Buxetums auf seiner Muschelkalkunter- lage die von Liestal: Melittis, Geranium sanguineum, Inula salicina, Hieracium praealtum und H. sabaudum v. virgultorum, Tamus, Viola mirabılıs und Helleborus foetidus im Schatten von Sorbus torminalis, und sogar Scabiosa columbaria var. subagrestis und Melampyrum cristatum sind hier wie dort vorhanden.

Nach Eichler, Gradmann und Meigen, Ergebnisse cit. 297 kommt bei Höllstein gegenüber Steinen, also am Fuss des mittlern Dinkel- bergs, ebenfalls Buchs vor. Herr Pfr. Iselin fand auch ob Bettingen, Nordseite des Dinkelbergs, eine Gruppe von Buchs.

Man wird erwarten, dass von Grenzach aus, wo der Buchs das Rheintal berührt, er auch in das, nunmehr von Süden nach Norden sich wendende, grosse elsässisch-badische, warme Rheingebiet ein- treten werde. Zwar sind in den Ergebnissen cit. 280 einige Punkte in der Umgegend von Freiburg 1. B. bis nach Baden-Baden hinab an- gegeben, allein Herr Prof. Meigen in Freiburg hatte die Güte, mir darüber folgendes zu berichten :

„Mit Ausnahme des Vorkommens am Grenzacher Berg sind mir alle badischen Standorte von Buxus sehr zweifelhafter Natur. Die aus der Freiburger Gegend hält Prof. Neuberger für ursprünglich, ich bin darüber aber sehr im Zweifel, da es sich nur um vereinzelte Vorkommnisse in der Nähe jetziger oder früherer Gehöfte handelt. Diejenigen aus dem nördlichen Schwarzwald sind mir leider aus eigener Anschauung nicht bekannt, doch bezweifle ich auch deren Ursprünglichkeit. Eine grosse Anzahl weiterer Angaben habe ich seiner Zeit ohne weiteres weggelassen, da es sich überall nur um ver- wilderte Exemplare handelt.“ Bestätigend schreibt mir auch Herr Loesch in Zastler: „Buxus kommt in kleinen Beständen, 5 bis 12

56 Hr Christ.

Exemplaren, vor bei Weilersbach-Oberried, Au bei Freiburg, Wald- kirch. Alle diese Bestände sind sicher verwildert.‘“ Ganz ebenso ver- hält es sich auch auf der elsässischen Seite des grossen. Reintals selbst,

Wohl aber findet sich im Gebiete der Ill, eines Seitentals, welches das jurassische Gebiet des Sundgaus auf der linken (westlichen), Rheinseite durchzieht und bei Strassburg ins Rheintal mündet, zwischen Altkirch und Mülhausen eine Buchskolonie, die offenbar mit den Vorkommnissen des Nordwest-Jura bei Pfirt, Porrentruy, Delle u.s. w. (siehe Thurmann, Essai 191) in direkter Verbindung steht, wie denn auch die Grenzacher und Basellandschaftlichen Buxeta diesem Pflanzenzug zuzuweisen sind.

Über dies bisher wenig bekannte Vorkommnis hatte Herr Issler in Kolmar die Güte, mir nach einem an Ort und Stelle genommenen Augenschein folgendes mitzuteilen :

„Die Fundstellen sind:

1. Der Buchsberg bei Tagolsheim an der Ill und der Bahn Mül- hausen-Pfirt, im Sundgau, auf Jurakalk mit Gesteinstrümmern und sehr zerstreuten Felsblöcken. Anstehendes Gestein fehlt. Das Vor- kommen des Buchses ist beschränkt auf südlich gerichtete Abhänge, anscheinend mit Bevorzugung der Süd-W estlage. An reinen Ost-W est- und Nordlagen fehlt die Pflanze. Meereshöhe ca. 350 m, schwankend zwischen 330 und 380 m. Der Buchs wächst als Unterholz im Laub- mischwald. Die Buche tritt der Eiche und Weissbuche (Carpinus) gegenüber sehr zurück. Sobald die Buche zunimmt, nimmt der Buchs ab, um bei Vorherrschen derselben, in reiner Nordlage, zu ver- schwinden.

2. Am Kronenberg nördlich von Tagolsheim wächst ebenfalls

Buchs auf offener Haide (Bromus erectus-Trift) im Schutz sehr ver- einzelter Gebüsche. Ohne Zweifel ist diese Trift aus der Abholzung des Waldbestandes hervorgegangen. Wie auf den Waldschlägen leidet der Buchs hier sehr durch zu intensives Licht und zu grosse Trocken- heit. Einzelne Büsche zeigen bräunliche Färbung. Nach Aussage der Leute sollen die oberirdischen Teile in trockenen Jahren absterben.

3. Dem Kronenberg gegenüber am Süd-Süd-Osthang des Buchs- bergs, findet sich der Buchs im ,, Eichbusch‘.

Im dichten Walde breiten sich die Büsche aus und erreichen eine du chschnittliche Höhe von 40 em. In Lichtungen, durch Kahlschläge entstanden, finden sich sehr vereinzelt Büsche bis zu 1,10 m Höhe mit Jahrestrieben von 60-70 cm Länge. Im allgemeinen würde wohl der Buchs höher werden, wenn er nicht wiederholt abgehauen würde. Freistehend fand er sich nur in Waldschlägen, hier auch mit reich- lichem Blütenansatz. Im Walde scheint er nur spärlich zu blühen und gar nicht zu fruchten.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 57

Als Unterholz kommt er am Süd-West- und Südhang des Buchs- berges stets in geschlossenem Bestand in einer Ausdehnung von ca. 2 km vor, auf der Haide, den zersprengten Schutzhecken ent- sprechend, in versprengten Exemplaren.

Nach einigen an Ort und Stelle gemachten Aufnahmen sind die Tannen folgende:

1. Buchsberg.

Waldschlag : steiniger mit Geröll bedeckter Süd-Westhang des Buchsbergs. Holzpflanzen : herrschend Corylus, dann folgen Quercus pedunculata, vereinzelt Q. pubescens, Fagus und Carpinus, Sommerlinde.

Viel Acer campestre, vereinzelt Prunus avium, Sorbus torminalis, S. arla, Prunus spinosa, Orataegus, Rosa arvenis, R. canina, Li- gustrum, Cornus sanguinea, Viburnum Lantana, Berberis, Lonicera xylosteum, Rhamnus frangula und cathartica, Evonymus, Ribes grossularia, Coronilla Emerus.

Das Buxetum in etwas lückenhaftem Bestand ist mit Epheu ver- mischt.

Kräuter: Calamintha officinalis häufig. Digitalis lutea, Bu- pleurum falcatum, Melittis, Teucrium chamaedrys, Hippocrepis comosa, Coronilla varia, Viola mirabilis, V. silvatica, V. hirta, Con- vallaria polygonatum, Carex alba, C. glauca, Brachypodium pinnatum, B. silvaticum, Epipactis latifolia, Conyza squarrosa, Solidago vir- gaurea, Campanula rapunculoides, Verbascum sp. Torilis anthriscus, Graleopsis tetrahit.

Sobald der Hang in den flachen Hügelrücken übergeht, ver- schwindet der Buchs, und hier treten Carex sılvatıca, Melica uniflora, Orobus niger auf; oben auf dem flachen bewaldeten Hügelplateau fehlt der Buchs völlig.

Laubmischwald:

Hang stark geneigt, steinig mit zerstreuten Felsblöcken. Süd- Westlage.

Der Wald ist ein ziemlich magerer, leichter Eichenniederwald, mit starker Beimischung von Carpinus. Auffallend ist die Häufig- keit von Sorbus torminalis und S. aria. Im Unterholz dominieren Cornus sanguinea und Corylus. Weniger häufig sind Viburnum Lantana, Liguster, Prunus spinosa, Crataegus monogyna, Lonicera.

Waldbodenflora dürftig: Spärliche Carex alba, viel Epheu. Buchs bestandbildend. Der Wald geht über in dichtes Gebüsch aus Eiche, viel Liguster, Elsebeere, Feldahorn, Coronilla Emerus etc. bestehend. Buchs noch immer in Bestand.

Hang weniger stark geneigt, Süd-Westlage, Boden besser, Baum- wuchs mittel bis gut. Hohe und starke Eichen, Carpinus und Fagus

58 H. Christ.

in ungefähr gleichem Mengenverhältnis. Vereinzelte Bäume von Prunus avium. Baumartige Else- und Mehlbeeren. Unterholz spär- lich, ausgehauen ? Viel Rosa arvensis, Lonicera, Hasel, Feldahorn, Liguster, Schwarzdorn, Crataegus monogyna und oxyacantha, V. Lantana. Stets Coronilla Emerus. Buxus mit Epheu. Hohe Carex glauca-Bestände mit Melica nutans, M. uniflora, Brachypodium, Galium silvaticum, Maiglöckchen spärlich.

Sobald der Hang Westrichtung annimmt, wird die Buche herr- schend, mit Waldmeister, Viola mirabilis, Vinca. Maiglöckchen häu- figer. Viel Rosa arvensis, Viburnum opulus. Der Buchs fehlt. An seine Stelle tritt Epheu.

Kleine Kolonie am Süd-Süd-Westhang einer niedern Bodenwelle zwischen Buchsberg und Britzgi-Berg bei Illfurt:

Hier dominiert Rotbuche, dann folgen Quercus pedunculata, Else- und Mehlbeere, Carpinus, Bergahorn, Rüster. Unterholz: viel Hartriegel, Feldahorn, Hasel, Liguster, beide Weissdorne, V. Lan- tana, Rosa arvensis, ©. Emerus. Melittis, Melica, am Wegrande Bromus Benekenil und B. serotinus, Hieracium boreale.

2. Standort am Kronenberg nordöstlich von Tagolsheim.

Bromus erectus-Trift. Trockener Süd-Westhang. Am Fuss ein Kalksteinbruch. Buchs im Schutz zerstreuter Büsche, selten frei- stehend, ca. 40 cm hoch, verschnitten, Blütenansatz gering, Früchte keine gesehen. Cornus sanguinea, V. Lantana, Schwarzdorn. Ora- taegus monogyna. Rosen (R. canina, R. micrantha, R. elliptica), Liguster. Der Rasen setzt sich zusammen aus Bromus erectus als be- standbildendem Grase, eingestreut und kolonienweise Brachypodium pinnatum, Briza media. Am reinen Südhang Andropogon Ischaemum- Wiese, sonst Gräser mehr zerstreut. Eine Carex brizoides-Kolonie mit dem Bromus gemischt, ©. glauca. Krautbestand: Thalietrum minus häufig, Linum tenuifolium, Brunella grandiflora f. laciniata, Aster amellus spärlich, Cirsium acaule, Teucrium chamaedrys, Hippocrepis, Lotus corniculatus, Coronilla varia, Fragaria collina, Viola hirta. Scabiosa columbaria, Carlina vulgaris, Erigeron acer, Pieris, Leontodon hastilis F. canescens, Hieracium umbellatum, Conyza squarrosa, Centaurea amara, Achillea millefolium, Thymus sp., Helianthemum vulgare, Potentilla verna, Dianthus carthusianorum, Campanula rotundifolia, Betonica officinalis, Galium verum, Ery- thraea centaurium. An den dürrsten Stellen des Steinbruchs Euphrasia salisburgensis neben Andropogon.

3. Gegenüber, am Süd-Süd-Osthang des Buchsberges steht in den Lücken des Gebüschs im Bromus ereetus-Rasen Koeleria cristata v. gracilis, viel Andropogon und Hippocrepis.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 59

Über die Verwendung des Buchses sei bemerkt, dass der Buchs des Buchsberges wagenladungsweise aus grossen Entfernungen zum Schmücken der Strassen bei Festlichkeiten geholt wird. In Sträuss- chen gebunden wird er als Palmbüschel zum Palmsonntag verkauft. Früher band man aus den im Herbst geschnittenen Zweigen Besen, die jetzt durch Reisigbesen verdrängt sind. Aus den bis 5 em dicken Wurzelstrünken werden Messerhefte und Pfeifenköpfe geschnitzt.

Die weitere Verbreitung des Buchses im Elsass ist auf der dem Be- richt beigegebenen Kartenskizze mit ? angedeutet, da ich selbst nicht an den Stellen war. Am Britzgi-Berg, 389 m nördlich vom Buchs- berg konnte ich trotz genauen Suchens die Pflanze nicht auffinden. Buchs- und ortskundige Leute von Illfurt versicherten mir, dass der Buchs daselbst nicht vorkommt.“

Die übrigen Fragezeichen auf Herrn /sslers Skizze beziehen sich auf den südlichsten Punkt: den 390 m hohen Hügel „aufm Berg“ ob Wittersdorf östlich von Altkirch und auf die Hügel südlich von Fröningen, die nicht, wie alle bisher erwähnten Standorte, auf der östlichen (rechten), sondern der westlichen (linken) Illseite liegen.

Offenbar handelt es sich, nach der so eingehenden und anschau- lichen Schilderung /sslers, im Illtal um eine Etappe der westjuras- sischen Verbreitung von Buxus von Pfirt und Delle her, die allmäh- lich stark abbröckelt und gefährdet ist, wie die dem Vertrocknen aus- gesetzte, blossgelegte Stelle in offener Haide zeigt.

In seiner Basler Flora, 2. Aufl. 1905, S. 212, führt A. Binz aus dem Sundgau noch folgende Stellen an:

Bei Burg im Leimental (nach Abderhalden), bei Lützel und bei dem schon von Thurmann genannten Pfirt. Dass in diesem uns näher liegenden Gebiet die Pflanze wohl noch vorkommen kann, bezeugt ein im Oktober 1912 gemachter Fund von Dr. Binz, der mir darüber mitteilt:

„Es stehen etwa 4 bis 5 Büschle an den Felsen bei St. Peter ım Lützeltal, Gemeinde Winkel. Die Felsen liegen an der Strasse genau gegenüber dem Forsthause. Der dortige Förster versicherte mir auf Befragen, dass die Büsche dort sicher wild vorkommen und niemals angepflanzt worden seien. Der Standort ist warm und sonnig, nach Süden exponiert. Ich habe auch die über den Felsen liegenden Hänge abgesucht, konnte aber keine weitern Exemplare konstatieren. Dem Förster sind auch keine andern bekannt.“

Noch sei bemerkt, dass eine Ortschaft im obersten Illtal, unweit Pfirt, Buchsweiler (Buxwyler, Dufour-Bl. I) heisst, was auf ein ferneres Buxetum deutet.

Isslers Verzeichnisse der begleitenden Flora zeigen ein trivialeres, mit weniger südlichen Zügen ausgestattetes Bild, als unsre Buxeta :

60 H. Christ.

es ist eine kampestre, kaum submontane Jurafacies und die hoch- xerothermen Arten der Vogesen-Vorhügel unterhalb Mülhausen : Ar- temisia camphorata, Colutea, Micropus, Helianthemum guttatum werden ganz vermisst. Einzig in dem Bestande von Andropogon und in der Beimischung von Koeleria gracilis ist ein schwacher südlicherer Zug zu spüren. Der Anflug der Euphrasia salisburgensis entspricht etwa dem Auftreten des Rubus saxatilis im Liestaler Buxetum.

Vorläufig nur als Kuriosität bis etwa lokale Nachforschungen auch hier ein Buchsrelikt nachweisen seı erwähnt, dass im Unter- Elsass am Hügelrand bei Hagenau ein Dorf den Namen Buchsweiler trägt.

Skizze der Buchsstandorte der Basler Gegend.

1. Erzenberg. 2. Bienental. 3. Schauenburg. 4. Hölstein. 5. Nieder- dorf. 6. Waldenburg. 7. Diegten. 8. Eptingen. 9. Ormalingen. 10. Hemmiken. 11. Farnsburg. 12. Rothentluh. 13., 14. Hägendorf, Egerkingen, Oberbuchsiten. 15. Dinkelberg, Grenzach, Wiehlen. 16. Dinkelberg, Höllstein. 17. Lützel. 18. St.. Peter. 19. Bührt. 20. Burg. 721. Tagolsheim.

Vorkommen am Ostrande des schweizerischen Jura.

Wir sehen, dass der Buchs bis gegen 600 m in die Täler des Plateau-Jura von Baselland eindringt. Sobald wir die montane und subalpine Kammhöhe der Hauptkette des Jura überschritten haben, treffen wir an dessen Ostabhang auf eine zwar sehr unterbrochene

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 61

Reihe von Buchsbeständen, die sich schliesslich südlich vom Fort l’Eeluse an das breite Buchsareal Savoyens und Südfrankreichs an- schliesst. Diese ostjurassischen Buchsbestände bilden zugleich die absolute Ostgrenze der Spezies diesseits der Alpen.

Über diese Vorkommnisse verdanken wir Herrn Dr. R. Probst in Langendorf, dem bekannten Durchforscher des nordöstlichen Jura, folgende wichtige Mitteilung:

„Im solothurnischen Jura finden sich die reichlichsten Bestände am Südhang der Randkette zwischen Oberbuchsiten und Egerkingen im sogenannten Buchsgau in der Höhe von 470 bis 600 m. Östlich von Egerkingen tritt der Buchs noch vereinzelt bis gegen Hägendorf auf. Vereinzelte Buchsbüsche finden sich auch an der Strasse von Önsingen gegen die Klus, doch halte ich sie für Überreste von Ein- friedigungen. Ein kleineres Areal ist südlich der Holzfluh bei Bals- tal in der Höhe von 540 m. Nach Aussage von Förster Stürlv in Solothurn ist oberhalb Grenchen (570 m) eine kleinere Fläche mit Buchs im letzten Jahrhundert urbarisiert worden.

„Einige Sträucher sind auch noch an der ‚Bergstrasse‘ daselbst vorhanden, dürften sich jedoch als Reste eines Grünhags erhalten haben. Grenchen wäre so früher eine Zwischenstation zwischen Ober- buchsiten und Pieterlen gewesen. An letzterm Orte?) tritt sodann der Buchs wieder zahlreich auf (490-550 m). So wie die Verhält- nisse jetzt sind, bietet sich für den Südfuss des Jura eine bedeutende Lücke zwischen Pieterlen und Oberbuchsiten (in der Luftlinie 36 km).

„Das kleine abgesprengte Areal bei Balstal lagert sich schon an den Südfuss der zweiten Kette (indem ihm die Schlucht der Klus einen Eingang vom Hauptareal am Fuss der Hauptkette gewährte. Der Verf.).

„Für unsere Gegend handelt es sich immer um nach Süden expo- nierte Lokalitäten. Auffallend ist, dass die (an südlichen Typen sonst so reiche, selbst Iberis saxatilis beherbergende Der Verf.) Ravellen- fluh keinen Buchs aufweist.

„Als Begleitpflanzen von Oberbuchsiten bis Egerkingen sind zu nennen in erster Linie Quercus pubescens, eine Charakterpflanze unsrer sonnigen Jurahänge in tiefern Lagen, Helleborus foetidus, ** Polygala chamaebuxus, Geranium sanguineum, Galium silvaticum, *Genista tinctoria, Aster amellus, Coronilla Emerus, Campanula persicifolia, ** Fragaria viridis, Ilex aquifolium, ** Cotoneaster vul- garis, Veronica Teucrium, ** Amelanchier ovalis, Digitalis lutea, Bupleurum falcatum, Calamintha officinalis, * Melampyrum crista-

2) Siehe auch R. Probst. Die Felsenheide von Pieterlen (in Mitteil. der Naturforsch. Ges. Soloth. IV, 1907—1911), S. 31.

62 | H. Christ.

tum, * Atamantha cretensis, Melittis melissophyllum, Peucedanum cervaria, Stachys recta, ** Asperula tinctoria, A. eynanchica, Teu- erium chamaedrys, ** T. montanum, T. Scorodonia, ** Thesium mon- tanum, ** Daphne laureola, Tamus communis, **Carex humilis, C. alba, ** Melica ciliata, ** Seseli libanotis.

„Dieselbe Assoziation findet sich auch bei Pieterlen, mit Aus- nahme der mit * bezeichneten Arten.“

Die Vergleichung zeigt, dass im ganzen die Begleitflora auch die unsrer Liestaler Buchsregion ist, mit Ausnahme der mit ** notierten Pflanzen, die teils südlichere, teils montanere Typen darstellen, ge- mäss der Lage am hohen und nach Süd-West sich wendenden grossen Jura. Polygala chamaebuxus, Amelanchier, Daphne laureola, Seseli libanotis und wohl auch Teucrium montanum fehlen jedoch dem schon montanern und felsigern Buchsgebiet bei Waldenburg nicht.

Die Begleitpflanzen des Pieterler Buxetum sind, gemäss der schon bedeutend südwestlicheren Lage, mit einer starken Anzahl von Arten der südjurassischen Felsenhaide gemischt, welche hier ihre Nordostgrenze erreichen oder ihr doch nahe treten. So Scorzonera austriaca, Primula acaulis, Lathyrus heterophyllus, Acer opuli- folium, Carex Halleriana, Lactuca perennis, Tunica prolifera, Arabis auriculata, Aster. Linosyris, Astragalus Cicer, Sedum maximum, Sa- ponaria ocymoides. Unsre Linum tenuifolium, Coronilla montana, Dentaria pinnata tauchen auch bei Pieterlen wieder auf.

Über die Buchsbestände längs des Jura in seiner Gesamtheit gibt J. Thurmann?) folgende klassische Übersicht:

„Dieses Vorrücken der (südlichen) Vegetation wird am besten illustriert durch eine einzige Art: den Buchs. Er erstreckt sich, wenn auch mit einigen Unterbrechungen, die vom Boden abzuhängen scheinen (wie dies vielleicht der Fall ist für die etwas tonhaltigen Liaskalke bei Grenoble), von unsrer Südgrenze durch den Jura des Dauphiné 4), Savoyens und des Bugey bis zur Linie Beaufort-Saint- Claude, welche die Grenze der allgemeinen Südexposition der Ab- hänge bildet. Bis hieher ist der grössere Teil der mittlern und selbst etwas von der Bergregion durch Buchsbestand eingenommen, der, an sehr vielen Punkten, sich über weite felsige Strecken ausbreitet, wo der Boden fast nackt und zur Kultur ungeeignet ist. Obschon im allgemeinen Buchs und Tanne sich ausschliessen, finden sie sich doch oft in Berührung in Teilen dieser Landstriche, die in die Bergregion ansteigen, so in den Umgebungen von St. Claude, an den Seen von

3) Essai de Phytostatique Chaine du Jura 1849, 191. 4) Es wäre an der Zeit, einmal die völlig falsche Schreibweise: die Dauphinée aufzugeben!

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 63

Nantua und Sylant und den Abhängen des Credoz. In manchen vom Buchs überwucherten Bezirken gibt dieser gesellig auftretende Busch der übrigen Vegetation einen Charakter von Armut, ja von einer ganz eigenartigen Verödung. Davon sieht man merkwürdige Beispiele zwischen Pont de la Pile und Moirans, am Coude de l’Aın östlich von Simandre, an den Bergen von Serriere und Mornay etc., und selbst mehr nach Norden hin: so zwischen Besancon und Quingey.

„Von Fort l’Ecluse gegen Nordosten, längs des Fusses der Haupt- kette, kommt der Buchs mehr oder weniger unterbrochen vor, so bei Lasarraz, in den Schluchten des Seyon, bei Hauterive, Neuveville, ob Solothurn, endlich zwischen Ballstall und.Olten ob Buchsiten und Egerkingen.

„An der Westseite, von Ceyseriat an, kommt er auf einer grossen Zahl von Punkten vor, die längs der Hauptkette mehr oder weniger verbunden sind: von Bourg bis Arbois, auf den Plateaux von Poligny und Salins, in den Ketten von Leutte und Roche a Mäclus, in der Gegend von Dampierre, Quingey, Chatillon la Loue, Besançon, wo er gemein ist; bei Malmaison, Mandeure bei Audincourt auf den Ruinen des Römischen Theaters selbst, bei Delle (Buix),?) Porrentruy (Pont d’Able), wo er an die ersten Tannen stösst, St. Ursanne (Schloss) in dem untern Teil der Bergresion, Pfirt (Schloss), Alt- kirch, Illfurt, Frönig (an diesen drei Stellen auf dem Nympheen- Kalk), Grenzach bei Basel (auf Muschelkalk) am Fuss des Schwarz- waldes, bei Liestal, an einigen Punkten des Basler Jura (Walden- burg etc.), endlich zu Schaffhausen im Enge-Wald ?

„Buchsbestand ist also verbreitet in der südlichen Hälfte der Jura- kette fast in ihrer ganzen Breite, und in der mittlern Region bis un- gefähr in die Breite von Saint Claude. Im Norden dieser Linie tritt er mehr und mehr zerstückelt auf. Der Buchsbestand verbindet den Jura mit den savoyischen und französischen Alpen, und da er überall an der Grenze der eugeogenen (sandigen und lehmigen) Felsarten aufhört, und sobald Schwarzwald und Vogesen beginnen, so be- zeichnet. er scharf unsern Gebirgsbogen als ein trockenes, warmes, undurchlässiges (dysgeogenes) Gebiet.‘

Hier zeigt also Thurmann, wie aus dem grossen südalpinen und südjurassischen 'Buchsgebiet, das auf der französischen Westseite des Jura dem Saöne-Tal entlang bis Beaufort-Saint Claude nach Norden reicht, ein schmaler Strahl nach Norden bis ins Sundgau und ins Illtal sich fortsetzt, und ein anderer schon beim Fort l’Ecluse nach Ost umschwenkt und bis gegen Olten ausklingt.

5) Siehe Dufour, Atl. Il. Dorf zwischen Boncourt und Courtemaiche auf Schweizer Gebiet, dessen Name auf ein Buxetum hinweist.

64 H. Christ.

So betrachtet und die Richtigkeit der Anschauung ist ein- leuchtend wäre die schon mehrfach aufgeworfene Frage, ob die

Buxeta Basellands als ein Überspringen der Hauptkette, etwa über die Passlücke des Hauensteins, von Buchsiten-Egerkingen auf die Nordseite der Kette nach Waldenburg, Liestal und schliesslich auch Grenzach aufzufassen seien, allerdings hinfällig: sie sind als letzte Ausstrahlung des westjurassischen (französischen) Areals in diese Tal- winkel hinein zu erklären.

Wir verdanken J. Briquet®) mehrfache Ergänzungen und Er- weiterungen von Thurmanns Darstellung. Er macht aufmerksam auf die weit zusammenhängendere Area auf der West- als auf der Ost- seite des Jura und bestätigt das Aufhören der grossen Buxeta des savoyischen und Bugey-Jura, sobald man Fort l’Ecluse erreicht hat.

„In der Ebene des Genfersees existieren einige wenige Bestände: auf der Plaine des Rocailles im Faucigny, im Walde des Vengeron bei Genf, auf dem Sande der Bucht von Coudrée bei Sciez ete., allein am Jurarande hat man das Pays de Gex und einen grossen Teil des Waadtländer Jura zu überspringen, um wieder auf Buchs zu treffen (mit Ausnahme einer kürzlich von A. Guwinet entdeckten Stelle am Fuss der Faucille au Crét, Gemeinde Grilly, auf neuem Aluvium bei 500 m).”) Dann erreicht man die klassischen Standorte des Signals von Orbe, von Pompaples, Moulin Cornu, La Sarraz und Tine de Con- flans. Wie ich selbst sah, und wie Durand) bereits angibt, sind diese Bestände gut entwickelt, aber von einander isoliert.

„Was die Standorte im Molassegebiet betrifft, so bezweifle ich deren Indigenat: so die von Lausanne, Ecublens, Rolle, Montagny ete., die Durand den Herbarien entnahm, und die man aus unsern Samm- lungen leicht vermehren könnte. Es handelt sich, so viel ich mich z. B. für Rolle und Nyon überzeugen konnte, um Reste alter Hecken bei Wohnungen.

„Im Kanton Neuchâtel kenne ich den Buchs in der Seyon- Schlucht. Er ist auch bei der Fontaine Andre oberhalb Hauterive von Ch. Godet angegeben.?) An diesen beiden Standorten sind die Buchs- bestände wild und ähnlich denen des tiefern Südens entwickelt. Ich kenne keine Zwischenstationen zwischen Neuchätel und den Vor- kommnissen der Linie Biel-Solothurn, über welche Probst Auskunft gibt.“

Doch ist er von Fessler auch bei Neuveville (ob wild) nach Prof. R. Beyer gesammelt worden.

6) In litt.

7) Bull. Soc. Bot, Genève. 2 Ser., Vol. 3, 1911, No. 5, 343. 8) Catal. flor. vaud. 294.

9) Enum. pant. vase, Neuchâtel 49.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 65

Über die Vorkommnisse von Orbe und La Sarraz-Pompaples be- richten mir die Forstinspektoren Herren Moreillon in Montcherand und Petitmermet in Cossonay folgendes: Das Areal um Orbe ist sehr spärlich: am dortigen Signal, bei Romainmötier, Croy und Envy. Aber diese Stationen sind unzweifelhaft spontan. Der Buchs findet sich hier meist als Unterholz in Gehölzen von Quercus sessiliflora, auf trockenem, zerspaltenem Jurakalk in Ost- und Westlage bis 690 m Meereshöhe.

Weit umfangreicher sind die Bestände von La Sarraz und Pom- paples, wo der Buchs öfter den Hauptbestand bildet, 2m hoch wird und zum Schneiteln für Bündel zur Feuerung ausgebeutet wird.

Über das Buxetum von La Sarraz gibt mir Herr Petitmermet fol- gende Darstellung:

„Der Buchs bedeckt um La Sarraz eine beträchtliche Terrain- Oberfläche, die man in zwei Zonen einteilen kann. Die eine nımmt das Zentrum seines Vorkommens ein, und begreift die Waldungen un- mittelbar im Westen und Norden von La Sarraz in sich. Hier tritt der Buchs auf als einziger und grosser Bestand, der kaum von einigen Lichtungen unterbrochen wird und dessen Ausdehnung auf 140 ha anzuschlagen ist. Doch findet sich hier der Buchs selten allein : meist ist er überhöht von einem oft sehr dichten Buschwald aus Stieleichen. Nirgends erreicht er sehr grosse Dimensionen : ich kenne keine Büsche von über 2m Höhe. Er wird gleichzeitig mit dem Eichenbusch alle 30 bis 40 Jahre ausgebeutet. Der Untergrund der ganzen Gegend ist Jurakalk, der, so viel ich weiss, dem Neocomien angehört. Die Erd- krume ist selten. Der Buchs steht auf den steinigen Standorten und vermeidet, ausser einigen vereinzelten Exemplaren, den Talgrund und die fruchtbaren Stellen.

„Ausser dieser zentralen Zone findet man in einer zweiten, gürtel- förmige um die erste sich hinziehenden Zone unzusammenhängende Klumpen oder Stöcke von Buchs. Sie sind nirgends sehr ausgedehnt, ausser bei der Carrière jaune. Überall ist auch hier der Buchs mit der Stieleiche zusammen: zuweilen, aber seltener, steht er auch in un- mittelbarer Nähe von Sorbus torminalis und Acer campestre.

„Über diese zweite Zone hinaus fehlt der Buchs gänzlich. Die Station von La, Sarraz ist also gänzlich isoliert von jedem andern Vor- kommen von Buchs. Die Höhenlage ist 500 bis 625 m.“

Die von Herrn Petitmermet beigelegte Siegfriedkarte macht die auffallende Tatsache deutlich, dass um die dieht mit Buchs bestandene Anhöhe oberhalb La Sarraz, Pompaples und St. Loup in weitem Um- kreis die mit vereinzelten Buchsklumpen versehene Zone nach Westen gegen Romainmötiers hin, wie auch nach Süden und Osten nach dem Mormont ob Eclepens sich ausdehnt, und auch auf die Felsen des

Fe

)

66 H. Christ.

Nozon-Tals nach Norden übertritt: ein Areal, das sich also nicht direkt an den Juraabhang anlehnt, sondern die nach Osten vorge- schobenen Vorhügel einnimmt. Noch etwas weiter südlich findet sich bei Cuinsins in einem Walde eine Spur, von welcher Herr Moreillon das Indigenat nicht zu behaupten wagt.

Standorte in den Alpes Lemaniennes und am Südrande des Genfersees.

Noch ist füglich hier, wenn auch nicht im Anschluss an unsre jurassischen Areale, so doch in deren Nähe eine Ausstrahlung in die Voralpen südlich des Genfersees und gegen Wallis hin zu betrachten.

Herr J. Briquet bemerkt mir hierüber:

In den Alpes Lemannienes kommt Buchs nur an drei Punkten vor: am Wasserfall von Arpenaz im Arve-Tal, am Ausgang der Gorges de Biage bei Thonon und bei St. Maurice.

Er betont die Häufigkeit des Buchs am Vuache, bloss in 10 km Distanz von der Balme de Silligny in der Saleve-Kette, wo der Buchs fehlt, in genau gleicher Exposition und bei demselben lokalen Klima und dem Vorhandensein einer entschieden xerothermen Flora an letzterm Standort (Osyris, Olypeola, Ruscus, Acer monspessu- lanum). Diese ‚Bizarrerie“ des lokal isolierten Vorkommens führt Herrn Briquet auf die Hypothese der Myrmekochorie der Pflanze, auf die wir später kommen werden.

Alsdann aber findet sich der Buchs auf einer Dünenbildung des Genfersees zwischen Thonon und Yvoire, in der Bucht von Coudrée- Sciez, einem Standort von ganz besonderem Interesse.

Herr Beauverd berichtet mir hierüber, dass sich auf dem über- hitzten Sandboden der dortigen Garide der Buchs sehr ausdehnt, aber klein bleibt, während er auf dem neuen Alluvium, im tiefen Schatten der hohen Waldbäume, eine kolossale baumartige Entwickelung er- reicht und mit Flechten bedeckt ist: eine wunderbare Anpassungs- fähigkeit. Vergl. auch Chodat: Les dunes lacustres de Sciez et les Garides.10)

Sehr anschaulich schildert R. Chodat 1) die Genesis dieses Stand- orts auf den Dünen von Sciez, wo dieser Strauch abwechselnd mit Hippophae, je nach den Umständen, diese Dünen fixiert. Die Auf- einanderfolge der Formationen ist folgende: Sumpf am Rande des Sees mit Phragmites und einem Gürtel von Holoschoenus um den Sumpf, mit Übergang zu Artemisia campestris. Auf dem Dünen-

10) Ber. Schweiz. Bot. Ges. VII, 15—18, 1902. 11) Verhandl. Schweiz. Naturforsch. Ges. Altorf 1912, II, 209,

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 67

sande selbst Euphorbia Gerardiana, Scabiosa columbaria v. pachy- phylla, S. canescens. Dann siedelt sich Buchs an und bereitet den Boden für den Föhrenwald vor. In diesem wachsen die den Buchs bis- her begleitenden Sträucher weiter fort, und ein Rasen von Carex alba, Melica, Hieracium pilosella, Anthericum ramosum, aber auch mit Pyrola rotundifolia, P. secunda und selbst P. uniflora, Orchideen, Dianthus silvestris kommt zustande. Während auf der Düne Buxus nur niedrig ist, beginnt er sich im Föhrenwald zu erheben. In diesen Wald dringen nun Abies, Picea, Esche, Linde ein, ebenso die Sträucher der Umgebung. Aber dank dem Schatten und der Feuch- tigkeit wird der Buchs baumartig. Hie und da hat man die andern Bäume beseitigt, und das Buxetum konnte sich in fast reinem Be- stande entwickeln. Alsdann ıst die Walddecke sehr dunkel, das Laub des Buchses lässt das Licht schwer durch, und der Waldboden wird feucht, sodass er massenhaft Arum, Aegopodium, Epheu und Moose hervorbringt. Der Epheu klettert auf die Bäume, die sich auch mit Moosen bedecken (Neckera crispa), welche in langen Gehängen und dichten Haarmassen den Bäumen das Ansehen tropischer, mit Epi- phyten bedeckter Waldung geben. In diesem feuchten Buchswalde fand Chodat die drei Arten epiphyller Flechten, die dazu beitragen, diesen Buchsbestand eine kolchische Facies zu geben, weil auch dort solche Flechten sich am Buchse finden, und die Grösse und der feuchte Stand der Buchsbäume mit denen von Sciez überein- kommen. Da es sich hier um eine neue Dünen- und Waldbildung handelt, können wir nicht von einem tertiären Relikt, wohl aber von einer Neubildung sprechen, an der ein tertiärer Bestandteil mitwirkt.

Über den Standort von St. Maurice gibt mir J. Briquet fol- gende Einzelheiten:

„Der Buchs besiedelt hier die oft sehr geneigten Terrassen (replats), welche die Bänder des Kalkgesteins trennen, von der eigent- lichen Schlucht, welche den Eingang des Wallis bildet, bis zum Weg der Cases von Vérossaz; er setzt sich in den Höhlungen des Felsens fest, wo dies möglich ist. Er tritt nicht rein auf, sondern ist ge- mengt mit den gewöhnlichen Bestandteilen des Gebüsches. Die Facies ist durchaus jurassisch. Ich sah den Buchs nicht auf den Felsen zwischen den Bächen von Mauvoisin und St. Barthélémy (Bois noir) unterhalb des Plateau von Mex. Wenn er dort auch vorkommt, so ist er jedenfalls viel seltener.‘

Dieses Vorkommen ist als der letzte Ausläufer der zerstreuten und spärlichen Buxeta der Alpes Lémaniennes aufzufassen, der bis an den Rand des obern Beckens der Rhone reicht, nicht aber als ein Teil der Kette von Buchsbeständen, die dem schweizerischen Jura ent- lang laufen. Immerhin ist das Buxetum von St. Maurice dadurch

68 H. Christ,

merkwürdig, dass es den am weitesten nach Nord-Ost vorgeschobenen Punkt des südalpinen Areals bildet.

Die allgemeine Verbreitung vom Orient bis Westeuropa.

Wir haben nun die Areale von Buxus von seiner Nord-Ostgrenze längs dem schweizerischen Jura bis an seinen Anschluss an seine grosse südliche Verbreitung verfolgt. Zwar steigt er in Frankreich westlich der grossen Jurakette in zerstreuter Verbreitung ganz so hoch nach Norden hinan, als unsre Basler Standorte, ja er geht sprungweise von Nordfrankreich bis über den 50. Breitegrad hinaus ins belgische Maastal. Aber es empfiehlt sich, den ganzen südlich der Alpen sich hinziehenden Verbreitungsschenkel der Pflanze von ihrem östlichen Beginn am Kaukasus bis hin zur iberischen Halbinsel und ihrer letzten Nord-Westausladung in Frankreich im Zusammenhang zu be- trachten, weil wir so am besten zu einer Gesamtübersicht gelangen werden. Wir versparen also die Darstellung der französisch-iberischen Verbreitung, bis wir so weit von Osten nach Westen vorgerückt sein werden.

Das kolchisch-pontische Areal

des Buchsbaumes begreift nach Fomine und Elise Busch 12) die Berg- abhänge des westlichen Transkaukasiens längs der Ost- und Südküste des Schwarzen Meeres: Abkhasien, Mingrelien, Gurien, Swanetien, Imeretien, Racza und die Provinz Batum, bis .ungefähr 1200 m (4000 Fuss Fomine). Gegen Osten, im Becken des Kur, findet er sich öfter, z. B. im Walde des Kammes des Sanguram, 20 Stunden von Tiflis, dann im Bezirk Tioneti, in Kachetien bei dem Dorf Kardanakh und im Bezirk Noukha. Aber er fehlt in den Wäldern des Karbagh und der Schlucht von Dilishan, also im Osten des Kleinen Kaukasus.

Dagegen geht er auf der Südseite des Schwarzen Meeres bis Trapezunt und wohl noch weiter nach Westen. Am Abhang des Kaspischen Meeres, im Bezirk Lenkoran (Talüsch) tritt er wieder auf in einer besonders grossblättrigen Rasse oder Varietät, welche mit der des Buchses von Ghilan und Masenderan in Persien überein- kommen soll.

In Ciskaukasien, d. h. am Nordabhang der Kette, kommt er zwischen den Flüssen Terek und Soinija, und in den Wäldern der Kuban-Provinz am Wasserlauf des Zeze beim Dorfe Samurskaja vor.

In den kaukasischen Waldungen hält er sich fast immer an den

12) A. Fomine in litt. und Elis. Busch in Flora caucasica critica. RE 811 Jp

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 69

Kalk. Er ist zerstreut in einzelnen Stämmen oder in Gruppen, be- sonders in Gesellschaft von Fagus orientalis und an fliessendem Wasser. Nach E. Busch fand Alboff in Kolchis den Buchs bis 4900 Fuss Höhe. Hier fanden sich früher bei Suchum Kale Bäume mit Stämmen bis zu 50 Fuss Höhe und 11/, Fuss Durchmesser. Im Gebiet von Batum und Artwin ist er verbreitet, aber mehr nur in Gestalt kleiner Exemplare.

G. Radde 13) charakterisiert das kolchische Gebiet (pontisches Küstengebiet) mit Einschluss des gesamten Rion-Systems vom! Tschoroch bis Golowinsk, von null zu 2000 m klimatisch und vege- tativ scharf begrenzt, geradezu durch die immergrünen Gebüsche von Rhododendron ponticum, Prunus laurocerasus, Ilex aquifolium, Phil- lyrea, Lorbeer, Buxus sempervirens: letzterem weist auch er die Höhengrenze von 1200 m an. Selbst in die Uferzone bei S’ötschi steigt er mit [lex hinab.

Mit dem Kodortal, sagt er, haben wir denjenigen Teil Trans- kaukasiens erreicht, in welchem weiter gegen Nord-West hin Buxus sempervirens am häufigsten und kräftigsten gedeiht. Die grössern Bestände mit Bäumen von 30 bis 40 Fuss Höhe bis zu 1 Fuss Durch- messer gehören der Küstenzone Abchasiens und weiter gegen Nord- West bis S’ötschi an. Hier liebt die Pflanze entschieden Kalkboden. Buxus steht überall, entweder frei gruppiert oder im Laubwalde. Vielerorts, namentlich da, wo er seltener ist, schont ıhn sowohl die mohammedanische als aueh die christliche Bevölkerung. In Talüsch z. B. gibt es kleine Buxushaine, die unverletzt blieben, und an deren Bäumchen allerlei Lappen und Bänder befestigt werden. Obschon er an den meisten Orten hier wild wächst, kommt er auch auf gewesenen Friedhöfen vor und hat sich hier über grosse Flächen ausgebreitet. Im zentralen Kaukasus findet man ihn öfters in der Nähe alter Ruinen, aber wohl ehedem angepflanzt, und das Volk benutzt ihn gelegentlich, nur zu kirchlichen Zwecken, rührt ihn sonst nicht an. Seitens der Regierung werden die Buchsbestände geschont.) Man erlaubt gegenwärtig nur Bruchholz und schadhafte Stämme auszuführen.

Die Natur des Buchses als einer nicht streng xerothermen, son- dern als einer mesothermen, einen gewissen Grad von Feuchtigkeit verlangenden, und selbst ein hohes Mass derselben nicht scheuenden Art wird besonders deutlich durch dessen Vorkommen in der Gegend von Trapezunt, am Südabhang des äusserst starke Niederschläge ge- niessenden pontischen Gebirgs, auch hier in der Region der grossen

13) Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern 1899, 182, 145, 409. 14) So in Russland schon 1899. Und bei uns?

70 H. Christ.

Rhododendren (R. ponticum, R. flavum) und des Kirschlorbeers. Hier unterscheidet Handel-Mazzetti (Ergebnisse botan. Reise im Pont. Randgebirge im Sandschak Trapezunt. Annal. Nat. Hist. Mus. Wien 1909) eine gesonderte Buxus-Region über der untern südpon- tischen Buschzone. In dieser Region ist der Buchs von etwa 500 bis 1200 m, ja 1500 m (S. 148) sehr häufig, meist tonangebend und oft in fast reinen Beständen, in einem höchst hygrophilen Buschwald bis zur subalpinen Höhe hinauf, auf einem vulkanischen aber stets kalkhaltigsen Boden. Neben den kolchisch-pontischen Begleit- pflanzen: den Rhododendren, dem Kirschlorbeer, Acer Trautvetteri, Alnus barbata, Corylus maxima, Hedera colchica, Vaceinium arcto- staphylos, Sorbus Boissieri, Smilax excelsa sind diese Buxeta in Ge- sellschaft von Carpinus Betulus, Salix caprea, Rhamnus frangula, [lex aquifolium, Sambucus nigra, S. Ebulus, Castanea vesca, die ja auch in Europa sich mit dem Buchs zusammen finden können; dann aber auch mit Blechnum spicant, Phyllitis scolopendrium, Poly- stichum aculeatum, Taxus, Calluna, Circaea lutetiana, Stachys sil- vatica, Myosotis silvatica, Gentiana asclepiadea, Galium palustre, Sanicula europaea, Gnaphalium silvaticum, Carex remota, Poa Chaixil: also mit Arten, die bei uns nie im Buxetum, sondern auf einer ganz andern edaphischen und klimatischen Stufe: in der schat- tigen feuchten Wald- und Wiesenregion montaner Lagen und zum Teil in Sümpfen vorkommen, während in der mediterran beeinflussten Küstenregion von Trapezunt der Buchs fehlt.

Nach M. Rikli spielt der Buchs in den kolchischen Wäldern eine enorme Rolle, bald als Unterholz, bald in eigentlichen Stämmen. In- folge der ausserordentlichen Feuchtigkeit sind die Blätter oft ganz mit Moosen bedeckt. Anfangs August waren die Samen reif, so im Bergwald bei Gagry und im Kodortal (bei Souchum Kale) bis hinter Klytsch, also im Küsten- und Mittelgebirge, Meereshöhe ca. 1050 m, Entfernung von der Küste ca. 105 km. Im Buchenhochwald fand er den Buchs mit Stechpalmen, Kirschlorbeer, Rhododendron pontieum und flavum vergesellschaftet.15)

Über das Auftreten des Buchses im Waldgebiet Nordpersiens : Talüsch, Gilan und Masenderan (Nordfuss der Elburskette) berichtet mir Prof. J. Bornmüller :

„In jenen Wäldern, deren Baumriesen oft hoch hinauf an den Stämmen mit Hedera colchica und Polypodium vulgare var. bekleidet sind, bildet der Buchs eine eigene Unterholz-Buschwaldung von 2 bis 4m Höhe, oft durchzogen von Dickichten von Rubus und Smilax excelsa. Der Hochwald von Gilan und Talüsch selbst ist gebildet

15) M. Rickli in litt.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien, 71

bald da und dort in den Bestandteilen der Baumarten dominierend aus Alnus subcordata (mächtige Bäume), Acer insigne, Quercus castaneifolia, Pterocarya caucasica, Gleditschia caspia, Albizzia Iulibrissin, Acer colchicum, Parrotia persica, Celtis australis und C. Tournefortii, Zelkowa erenata, Ficus carica (vix spont.), Populus alba, Platanus orientalis, Corylus avellana, Carpinus betulus und C. duinensis, dazwischen Ruscus hyrcanus und Semele racemosa, auch Sambucus ebulus in Massen.“

Gegenüber der kolchischen Flora des kaukasischen W estabhangs stellt diese südkaspische Baumgesellschaft eine bedeutende Steigerung des subtropisch-tertiären Elements mit zwei hochstämmigen Legu- minosen, der archaistischen Ulmacee, der isolierten Parrotia dar.

Nach dem Innern Kleinasiens verbreitet sich der Buchs nicht. Jedenfalls ist es das exzessiv trockene Steppenklima, welches ihn hier ausschliesst. Boissier erwähnt ihn nur im feuchten, gebirgigen Bithynien, welches die Kontinuität des Areals längs der südlichen Pontusküste von Trapezunt bis Konstantinopel, wo er wieder auf- tritt, markiert. Nur an der Westküste Kleinasiens, in den Bergen. von Karien ob Siareth, kennt Boissier einen Standort.

Nach Ledebour 1%) hat ihn Karelin sogar in Turkestan ge- sammelt: ob wild als ein Relikt an den Gestaden des einstigen Han- Hoi, wissen wir nicht.

Vorkommen in den Balkanländern und am Südrande der Ostalpen.

Im Süden der Balkanhalbinsel, namentlich in Thrakien, Maze- donien und selbst in Altserbien gesellt sich nach Adamowie 17) den herrschenden Sträuchern: Paliurus, Syringa, Prunus, Ostrya, Car- pinus nicht selten auch der Buchs bei.

In Serbien ist er ein Bestandteil der Sibljak-Formation, einer Buschzone, welche aus verschiedenen Sträuchern, mitunter aber auch nur aus einer einzigen Strauchart zusammengesetzt ist und die Lehnen der Hügel und niedrigen Berge der untersten Region bedeckt, und die Adamowic zuerst in Süd-Ostserbien fand, dann aber auch in den übrigen Gegenden Serbiens, ferner in Dalmatien, Montenegro und der Herzegowina. Aus den floristischen Werken der übrigen Teile der Balkanhalbinsel sieht man, dass derartige Buschwerke daselbst eine allgemeine Verbreitung besitzen. So führt v. Wettstein aus Albanien eine dichte Buschvegetation an, welche die niedrigen Hügel und Berge

16) Flor. Ross. Ill, 583. 17) Die Vegetationsformationen Ostserbiens. (Engler. Bot. Jahrh. 26,

2, 163.)

=] IV

Hl, Christ,

gleichwie die untern Teile der höhern Gehänge bedeckt und vor- wiegend aus Corylus, Buxus, Acer tataricum ete. gebildet ist. A. v. Degen gibt für Mazedonien den Buchs und andre Sträucher in declivi- bus aridis an.

Eine der verbreitetsten Formen der Sıbljak-Formation ist auch Rhus cotinus, teils mit mediterranen Xerophyten, teils mit mittel- europäischen Elementen.

Ins Hinterland der illyrischen Länder greift nach Beck v. Manna- getta 18) die geschlossene Formation der immergrünen Macchie nicht ein, sie hält sich wesentlich ans Littorale und die Inseln und zerfällt in der Entfernung vom Meeresstrande in ihre einzelnen Bestandteile. Selteneres Auftreten von Buxus.

Für Nordalbanien gibt er den Buchs im obern Vartal an.

Für die Eichenregion Albaniens werden Quercus hungarica, Q. macedonica, Tilia argentea und namentlich Buxus genannt, die im Walde Bedeutung zu haben scheinen.

In der Formation der Quercus Brutia Albaniens bildet Buchs und Schlehdorn ein niedriges, eng verwachsenes, von Clematis flammula, verhangenes Unterholz. Für das nordalbanische Gebirge wird in der Buschvegetation Corylus avellana und Buxus bis 925 m angegeben.

In der albanischen Karstregion fehlt Buxus.

Weiterhin nennt Beck den Buchs auch im bosnischen Eichen- walde als häufig.

Für Bulgarien gibt ıhn Velenowsy nicht an.

Aus dem Littoral erwähnt Beck den auf der Insel Arbe im nörd- lichen Teil des westlichen Gebirgszuges vorkommenden Wald von Capo Fronte, in welchem Quercus Ilex in Verbindung mit Erica ar- borea und Buxus vorherrschen.

In Kroatien und in Norddalmatien am Velebit fand ihn Prof. R. Beyer nicht.

Über seine Beobachtungen auf der Balkanhalbinsel teilte mir A. Baldacci in Bologna gütigst folgendes mit:

„In Epirus ist der Buchs häufig, in Albanien ebenfalls sehr ver- breitet. In beiden Ländern wird er ein schönes Bäumchen, welches die bulgarischen Tischler zugleich mit andern Arten von Hölzern be- arbeiten. Der Buchs steigt bis über 1300 m (Acroceraunia) und 1500 m (Malj Seint in der Miridizia ete.), ist aber auch der mediter- ranen Region eigen (längs der Strasse von Tepelen nach Klisura etc.). Im allgemeinen lebt er auf beschränkten Arealen. Er zieht den Kalk vor. Ich erinnere mich nicht, ihn auf anderm Substrat gesehen zu haben. In der mediterranen Region lebt er in Gesellschaft von Quercus

18) Die Vegetationsverhältnisse der illyrischen Länder. Leipzig 1901.

Vorkommen des Buchsbaumes ın der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 73

Ilex, Phlomis fruticosa, Punica granatum etc., in der Waldregion steht er gern mit Coniferen zusammen (Abies, Pinus, Taxus ete.) und fehlt auch nicht in Gemeinschaft der Buche.“

Im Süden des illyrischen Dreiecks dringt der Buchs bis Nord- griechenland :1?) Epirus, Thessalia, zum Zygos bei Malakasi, Said Pascha, Kastania, Olympos bei Laspochori (2000 m), Hagios Dio- nysios und zım Pelion, sowie nach Euboea Mt. Pyxaria 20) ob Mar- cates vor. Aus dem eminent xerophilen Peloponnes finde ich keine Angaben. Dagegen fand ıhn Prof. Bornmüller auf dem Athos.

Weiter nach Nord-West, den östlichen Südalpen entlang, bedingt schon die Schmalheit der Littoralzone eine starke Einschränkung des für den Buchs verfügbaren Areales. Aber nicht nur dies: sein Areal erleidet hier eine Unterbrechung, welche das Gesamtvorkommen in zwei fast streng geschiedene Teile: einen östlichen und einen west- lichen zerlegt.

Verfolgen wir nun die Etappen bis zu diesem Hiatus:

Nach E. Pospichal ?1) ist 1m Österreichischen Littorale der Buchs unzweifelhaft wild noch nicht gefunden, obschon er daselbst in ver- lassenen Campagnen und Hecken als Rest ehemaliger Anlagen ver- wildert vorkommt. Immerhin gibt Bertolone ??) an, dass Tommasini ıhn auf der Insel de’ Brioni fand, und Tommasini 2?) selbst nennt ıhn auf der Insel Veglia. Da Veglia ganz nahe bei der von Beck v. Manna- getta als Fundort genannten Arbe liest, so scheint die Angabe nicht wohl zu bezweifeln.

In Süd-Istrien, ın der Umgebung von Pola und Parenzo, hat C. Calegari?*) den Buchs auf dürren Kalkhügeln mit Carpinus Betulus und ©. Duniensis, Phillyrea, Fraxinus ornus, Paliurus echt spontan gefunden, in Friaul aber nicht, um Udine und Görz auch nicht. In Friaul geben ihn freilich L. und M. Gortani ?5) an felsigen Orten und Hecken der submontanen und montanen Region an bei Villa, 360 m, Socchieve, 450 m und Maiaso, 450-520 m und von Arta nach Cabia 600 m. Allein die Erwähnung der Hecken zugleich mit felsigen Orten machen das Indigenat dieser Funde zweifelhaft.

19) E. Haldesy. Conspectus flor. graec. 1904, Ill, 90. 20) Boissier. Flor. orient. IV, 1879, 1144. Pyxaria heisst Buchsberg. Pyxari griechisch Buxus. Türkisch Gimschir.

21) Flora der österreichischen Küstenländer 1897, I, 412.

2) Flora Italica X, 167.

23) Vegetazione dell’Isole Veglia etc. Zitat nach Calegari, der auch einen Dr. Cubisch als Finder anführt.

24) In litt.

25) Flora Friulana I, 312.

74 BR@hrist

Dagegen kommt er nach L. Vaccari ?6) in den Hüzeln von Bassano an felsigen Orten, und nach Murr bei Riva am Gardasee und im Val Vestino wild vor; auch Töpffer sammelte ihn nach R. Beyer an der Ledrostrasse, während er sonst in Südtdrol: Trient, Bozen, Meran und in dem so milden Steyermark nur etwa verwildert auftritt. Stand- orte wie Steyer in Oberösterreich und Salzburg sind vollends zweifel- haft. Ob er nach Krain eindringt, ist mir unbekannt.

Standorte in Italien.

Wenn wir die Vorkommnisse in Italien betrachten, so sind sie um so spärlicher, als die Halbinsel den Buchs jedenfalls, wie die meisten ihrer Pflanzen, von Osten her erhielt, wo der Strauch ja be- reits starke Lücken aufweist. Bei den Floristen ist wenig sichere A us- kunft zu holen. Bertolone sammelte den Buchs bei Sarzana in Nuda di Ponzano und sah ihn an einem Wege bei „Formiae‘. Sein Sohn fand ıhn im Apennin von Pistoia bei La Sambuca und T'argioni- Tozzetti in Toscana bei Rapolano alla Mofeta. Aber spontane und subspontane Standorte sind hier nicht unterschieden.

Um so dankbarer sind wir St. Sommier, dem besten heutigen Kenner der italienischen Flora, über folgende Tatsachen :

Er fand Buxus nie in der Cistus-Macchia. Er sah ihn am alten Standort T'argionis bei Rapolano, in niedriger und heisser Lage. Aber selbst hier kann Sommier nicht behaupten, dass der Standort nicht dem Menschen zu verdanken ist. Ebenso hält er es mit den Vorkomm- nissen in den Hügeln von Lucca und Pistoia, wo er in der Nähe von Wohnungen sehr gemein ist. Fiori, Vaccari und Pampanini seien auch der Meinung, dass der Buchs an vielen Orten nur subspontan ist. Immerhin kenne jeder von ihnen Orte, wo sie ıhn als wild be- trachten, von den Voralpen der Provinz Treviso bis hinunter nach den Abruzzen. Jedenfalls sind diese echten Stationen sehr disjunkte, und alle in der mittlern, nicht der heissen Region.

In den Abruzzen führt ihn Tenore an, und Vaccari hat ihn auch hier in einem einzigen Tal, aber allda massenhaft gefunden. Es wäre dies der südlichste Punkt. Jedoch schreibt mir L. Vaccari, dass zwar an diesem Standort: Collina di Pietraaquara oberhalb Avezzano, sich eine wahre Formation von Buchs von beinahe einem Quadrat- kilometer finde, dass aber auf dem Hügel das Kloster N. D. de Pietra- aquara stehe, welches wohl der Ursprung dieser starken Kolonie sein könnte. Vaccari ist überhaupt des Indigenats des Buchses in Italien so wenig sicher wie Sommier. Er fand ıhn auf senkrechten Felsen,

26) In litt.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 75

welche die Strasse von Paganica nach Assergi, am Fuss des Gran Sasso d’Itali-bei Aquila 800 m überhöhen und ebenso zwischen Aquila und Teramo 700-1100 m. In den Hügeln von Tivoli, 300-600 m, ist er häufig zwischen Felsen und auf steinigem Boden, bildet aber nie Formation.

Sehr auffallend ist der von Vaccari gesehene Standort bei Aosta, an den sonnigen Hügeln von Beauregard bei St. Christophe. Er ist da häufig und scheint wild, aber daneben steht die Opuntia, die sicher eingeführt ist. Ähnlich in den Felsen von Busseyaz (Aosta) 700 m und auf den felsigen Hügeln von Signayes und Arpuille, aber immer bei Häusern, Weinbergen oder in der Nähe anderer Zeichen mensch- licher Tätigkeit. Auch im Val Gressoney beim Dorf Pilaz oberhalb Fontainemore bei 1200 m auf Gneiss, in der insubrischen Region des Tales. Dieser Standort erschien damals Herrn Vaccari als wıld, aber er erinnert sich nicht mehr der nähern Umstände. So entweichen die echt wilden Buchs-Formationen Italiens der neuern Kritik unter den Händen!

M. Fiori fand ıhn bei Civago im Apennin von Reggio bei 1000 m in der Buchenzone auf Kiesel, wo er wild schien. Nach M. Cotta,?7) Forstinspektor, gibt es in den Marche (Ost-Italien) eine wahre Buchs- formation. Pampanini fand den Buchs in den Voralpen von Belluno bei S. Ubaldo nahe bei Vittorio Veneto und an den Felsen des M. Palon, 800 m, hält 1hn aber für nicht wild, denn er kommt nur in einzelnen Stöcken vor.

Im Zentralherbar von Florenz sind Exemplare von Poggio del Bussetto bei Nocera, ,,welcher Hügel damit bedeckt ist“, und von Misgiandone im untern Ossola-Tale mit dem Beisatz: ,,spontaneo" l. Chiovenda.

Goiran in seiner Flora Veronensis 1897—1904 I nennt in deren Gebiet mehrere Standorte und fügt bei: ,,spontaneo o cultivato," pag. 229, und hält ihn doch für eingeführt, wobei gewisse religiöse Gebräuche mitspielten. Man bringt hin und her auf dem Felde längs den Wegen Buchskränze an, damit sie bei den Bittgängen durch die Feldmark gesegnet werden. In den Bergen finden sich häufig bei den Häusern Buchsstöcke gepflegt, von deren Zweigen man Gir- landen macht, um die Leichen kleiner Kinder zu schmücken.

Für das Alluvialland von Padua gibt Beguinot ?8) den Buchs nur als kultiviert und naturalisiert an.

Ich selbst fand auf so vielen Gängen durch Italien Buchs nur einmal unter Umständen, die mich auf dessen Indigenat schliessen

27) L. Vaccari, In litt. 8) Flora Padovana 1911, Il, 455.

76 H. Christ.

liessen: auf den baumlosen, öden Felshügeln hinter Casarza (Riviera di Levante) auf festem Serpentingestein, wo zerstreute kleine Buchs- büsche, von denen manche nur kleine Samenpflanzen waren, unter Euphorbia spinosa und Labiatengebüsch sich fanden : in völlig wilder Umgebung und Genossenschaft, aber durchaus reliktartig. Ähnliche Vorkommnisse sind es wohl auch, die De Notaris (Repert. fl. Lig. 359) anführt: In collibus Liguriae orientalis Levanto, Moneglia.

Neben einigen wenigen, sehr disjunkten wilden Buchsinseln werden wir also für Italien keinen eigentlichen Pflanzenzug für Buxus annehmen können.

Der insubrische Hiatus.

Wenn wir am Alpenbogen von Istrien an weiter nach Westen vor- rücken, so werden die wirklich wilden Stationen von Buxus immer spärlicher, immer lückenhafter und hören überhaupt mit dem Garda- see auf. Mit andern Worten: Der von den Kaukasusländern über Süd-Osteuropa nach Westen verlaufende Strahl der Verbreitung unseres Strauches erlischt hier, und man muss einen Hiatus bis zu den Seealpen überspringen, um wieder Buchs zu treffen, aber solchen, der dem pyrenäisch-westalpinen Areal angehört. Die ganze insubrische Region des Südalpenbogens, der ganze Südfuss der lombardischen Alpen entbehrt den Buchs, während er erst am Südfuss der Westalpen wieder auftritt. Der Buchs verwildert im Gebiet der insubrischen Flora überaus leicht, aber es ist nicht schwer, diese Vorkommnisse aus früherer Hecken-Kultur abzuleiten : sie sind vereinzelt und bilden nie das so charakteristische Buxetum. So in einer Schlucht am M. Boglia in der Nähe einer Häusergruppe, wo eine 2m hohe Reihe von Buchs mitten unter Aspidium filix mas v. paleaceum, Cyclamen und Helleborus niger steht oder stand, wo aber auch Chrysanthemum parthenium, Phytolacca und Cucurbita uns zurechtweisen. Auch längs des Baches von Figino erstreckt sich auf dessen rechter Seite ein wohl halbkilometerlanger Streifen grosser, dichter Buchsgebüsche bis zu 3m Höhe und Armsdicke, die heute ganz verwildert aussehen und mit den Erlen des Bachufers sich mischen, aber weit und breit ist nirgends sonst Buchs zu finden, und im Dorfe wurde mir bestätigt, dass er ursprünglich als Hecke längs der anstossenden Wiese ange- pflanzt wurde.

Auf dem M. Barro bei Como, wo ihn Comolli angibt, suchte ihn Prof. Calegari vergeblich. Überhaupt flieht der Buchs die Alpen: er dringt nicht in die hintern Täler ein, und die ganze Nordseite der Alpenkette bietet auch nicht einen Standort, selbst nicht die Föhn- und Seetäler der Schweizer Kalkalpen, wo so viele der Pflanzen sich

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 77

finden, welche im Jura die Begleiter der Buxeta sind und wo Kalk- unterlage, Temperatur u.s. w. so günstig erscheinen sollten. Wo am Vierwaldstättersee, am Wallenstadtersee, im vordern Glarus, am Hasliberg etc. Coronilla Emerus, Acer platanoides, A. campestre, Quereus sessiliflora, Primula acaulis, Lilium eroceum, Cyclamen, As- perula Taurina, Rhamnus alpina ete. vorkommen, sehen wir uns ver- geblich nach dem Buchs um. Ohne Zweifel ist es die schon bereits deutlich alpine Menge der Niederschläge (über 100 cm), welche heute den Buchs hier ausschliesst, wie ja auch Helleborus foetidus, der in den Buxeta des Jura überall dominiert, diesen Alpentälern ziemlich fremd bleibt. Wäre der Buchs eine atlantische oder ozeanische Art, so würde er sich gerade in diesen Tälern vorzugsweise finden, denn sie haben ein auffallend ‚„ozeanisches“ Klıma.2?)

Das Vorkommen in Frankreich.

Das französische Areal des Buchses ıst heute das ausgedehnteste und dichteste Europas und übertrifft ohne Zweifel das kolchisch- kaukasische.

Über die Verbreitung in West- und Mittelfrankreich verdanke ich Herrn Eug. Simon in Airvault, Deux-Sèvres, folgende treffliche Mitteilungen :

a) Westfrankreich.

Im Südwesten Frankreichs ist der Buchs als allgemein verbreitet zu betrachten. Je weiter wir nach Nordwesten vorrücken, um so spär- licher wird er.

In der Normandie sah ıhn Æ. Simon nicht wild, und der Florist Corbiere erwähnt ıhn nur als Kulturpflanze. Dass übrigens noch im Mündungsgebiet der Seine Buchs vorkommt, der den Eindruck eines einheimischen Bestandes machen kann, zeigt eine Mitteilung des Herrn €. Massini, wonach er in einem sich gegen die Seine-Bucht bei Hävre auf der Sonnenseite herunterziehenden Tale nahe dem Orte St. Aubin einen grössern Bestand von Sträuchern sah, der von den Bewohnern jeweilen auf Palmsonntag ausgeraubt wird, da dessen Zweige zu dem für dieses Fest üblichen Buis béni verwendet wird.

Da für die Frage, ob der Buchs eine atlantische Art zu nennen sei, die Aufschlüsse über sein Vorkommen im äussersten Westen Frankreichs, namentlich der Bretagne, von besonderer Bedeutung sind, hat mir E. Simon solche in genauester Vollständigkeit verschafft.

29) Brockmann-Jerosch. Kinfluss des Klimacharakters. Vierteljahrschrift Naturforsch. Ges. Zürich 1913.

18 H. Christ.

Mr. Gadeceau in Nantes, der die 5. Auflage der Flore de l’Ouest von Lloyd besorgt hat, sah im Westen den Buchs nie anders als an „verdächtigen‘ Standorten, in der Nähe alter Schlösser, alter Abteien. Auch bemerkte er nie dessen Fortpflanzung aus Samen.

Mr. Picquenard glaubt nicht an das wilde Vorkommen der Pflanze in der Bretagne. In der Loire inferieure, wo ıhn Lloyd als gemein an den Hügeln von Mauves angibt, finden sich auf dem Gipfel dieser Hügel die Ruinen einer gallo-römischen Stadt, von welcher nach diesem Berichterstatter die Einführung des Buchses her- zuleiten ist.

Im Morbihan ist Buchs im Wald von Talhouöt en Guidel vor- _ handen. Hier aber steht ein herrschaftliches Schloss.

Im Finistere, an der Pont de Buis benannten Stelle, ist er in dem Gebüsch häufig, aber über demselben sind gallo-römische Unterbaue vorhanden.

Fernere Vorkommnisse sind: Felsen über der Laita bei Quim- perle, Wald du Moulin du Buis im Walde Fouësnant, le Cavardy en St. Evarzec, Wald des Perennon en Plomelin und Chateaulin. Der Wald Foret-Fouösnant, St. Evarzec und Plomelin sind nahe bei gallo- römischen Stationen. Ein solches Castrum scheint auf dem Gipfel der Felsen gestanden zu haben, wo bei Quimperlé sich Buchs befindet. Er ist hier ziemlich reichlich und mehrere Kilometer von jetzigen, Wohnungen entfernt.

Côtes du Nord. Hier findet sich Buchs bei La Boissiere en Alli- neuc und La Boissiere en Plerin (Frobert). Die Namen deuten nach Picquenard darauf, dass hier Buchs schon sehr lange Zeit vorkomme.

Ille et Vilaine. Bei Laïllé kommt Buchs in den Büschen ob der Eisenbahn vor, mit dem Anschein einer wilden Pflanze, aber in dem Walde de la Morliere en St. Lenoux hält ihn Picquenard für einfach naturalisiert.

In einer Arbeit von 1909 in der Revue de Bretagne leitet er das Alter verschiedener Buchs-Stationen ab von den bretonischen Namen : Beuzen und Beuz, oder aus gleicher Wurzel Beux, Beuzit, Buzit, ferner la. Boissiere, la Boixiere, die auf römischen Ursprung deuten: so Pont de Buis, bretonisch Pont ar Beuzen oder Moulin des Buis (Meil ar Beuz) oeil welcher Mühle der gallo-römische Posten Stang im Walde Fouësnant lag.

Nach Simon deuten diese Benennungen eher auf die auffallende Seltenheit einer Pflanze in der Lokalflora, als auf das häufige Vor- kommen einer echt wilden Art. In den Landes finde man keine Namen von der Seeföhre, den Ulex-Arten, den Erica-Arten, die überall häufig sind, aber wo die Buche selten ist, kommt der Name Faye, Fage etc. vor. Also schliesst Simon ist die grosse Mehrzahl der

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 79

Buchs-Standorte in der Bretagne aus alter Einführung zu erklären, oder sie können sich doch wahrscheinlich an die fast immer konstante Gegenwart alter Trümmer anschliessen. Für das Studium der natür- lichen Vegetationszustände können sie nicht gebraucht werden. Immerhin sind Felsenstandorte wie die von Quimperle von Interesse. Mehrere Standorte sind in Wäldern, während die (unbezweifelt wilden Der Verf.) des Poitou, der südlichen Vienne und der Charente eher nur in offenen, besonnten Lagen bestehen.

In den Deux Sevres ist er wenig gemein, und ob er an den von Souché3) angegebenen Stellen, die nach der Karte auf Lias oder Ba- thonien, also Kalk liegen, wild oder naturalisiert ist, mag dahin- gestellt bleiben. Er ist ebenso selten in der Charente Inferieure, wo die Standorte bei Dampierre ®1) vielleicht künstliche sind. Le Cha- telier ist eine alte, vielleicht römische Schanze, und die schöne Buchs- hecke nahe bei dem Städtlein ist dicht an dem von Diane von Poitiers erbauten Schloss.

In der Vendée erwähnen ihn weder Lloyd und Foucaud,3?) noch Lloyd in der 5. Auflage. In der Vienne nennt ihn Delastre 3) sehr gemein auf Hügeln und in Gebüschen auf Kalk. Simon fand ıhn häufig auf jurassischem Terrain des Vienne-Tales um Lussac le Château, von dem Auftreten des Kalkes bei l’Isle Jourdain an. Er ist hier durchaus wild und die öden Abhänge mit niederem Rasen sind mit seinen Büschen bestreut. Auf der andern Seite der Vienne er- streckt er sich bis Civray hinaus, auf dem kalklehmigen oder Kalk- boden des Bajocien, das sich meist an den Hängen oder zu oberst in den Tälern zeigt, und hier sieht man ihn, wie bei Chaffaud unweit Civray, gemischt mit Ilex oder Ulex europaeus, mit welchem er selt- sam kontrastiert. Er ist viel gemeiner in den Tälern als auf dem Plateau, die tertiär und quarzsandig-tonig sind.

Gegen Norden geht er an die Tore von Poitiers. In die Haiden (Chaumes) des mittlern Jura und der obern Kreide des Angoumois, die sich nach Süden an die Gegend von Civray anschliessen, und bis in die Dordogne ist sehr verbreitet, zumal in der Charente 34) wo er so gross wird: bis 7—8 m Höhe und 10cm Durchmesser (im Walde von Ruffee), dass die gen. Floristen ihn als Var. arborescens unterscheiden. Auf den Plateaux des Nordens der Dordogne (Jura) bis gegen Perigueux (Kreide) ist er nach Des Moulins35) sehr gemein,

’0) Matériaux de geogr. bot. 1901, 188, 189.

31) Lloyd. Fl. de l’ouest. Ed. 5, 302.

32) Fl. de l’ouest. Ed. 4, 304.

3) Fl. de la Vienne 1842, 974.

#4) Koehlbr. et Savatier. Catal. pl. Charente 1861, 183. ») Catal. pl. Dorgogne 1840, 126 et Suppl. IV, 1858, 229.

80 H. Christ.

überall auf Kalkfels, so gut im Norden als in den Kantonen Eymet und Sigoulés, d.h. an den Grenzen von Lot et Garonne. Dagegen finde man nicht einen Stock auf den Kalkfelsen des Kantons Lalinde, ausser an einer Stelle, wo er kürzlich gepflanzt ist. Lalinde ist auf der obern Kreide, Eymet und Sigoules auf Eocen. Aber auch Cham- pagnac de Bel Air und Bourdeilles, wo Buchs angegeben ist (Catal. 126) sind auf Kreide. Die Frage über die Natur des Bodens, der den Buchs zulässt resp. ausschliesst, ist nur an Ort und Ste!le zu lösen, denn es kann sich da um Erosion handeln.

In der tertiären (oligocenen) Region erstreckt sich der Buchs ins Becken des Drot, aber er ist da nur, freilich als häufig, in der Nähe der Wohnungen angegeben : 36) was Zweifel am Indigenat erweckt. Later- rade 3°) gibt nur einen Standort: Cypressac.

Vom Bassin des Drot verfolgen wir ihn in die Gegend von Agens, aber nach Debeaux %8) ist er lokalisiert im Haut Agenais, wo wir am Ufer des Lot den Kalk des mittlern Jura des Angoumois ‚wieder finden in den Causses (Felsenhaiden) des Querey bei 300-450 m. Die ganze tertiäre (oligocene) Gegend im Westen der Causses scheint ihm weniger günstig. Doch ist er?) als sehr gemein bei Bourg de Nisa, Touffailles und andern Orten angegeben. Im tertiären Becken des Tarn-Departements ist er verbreitet auf Kalk.?0)

Nach Coste ist er von da an sehr verbreitet in allen Bergen des Südens: Corbières, und in den untren Pyreneen des Ariège, wo ıhn Marc d’Aymeric bis in 1440 m Höhe angibt.

Mehr nach Westen gibt ıhn Zetterstedt*!) stellenweise bis 1400-1650 m an.

Er ist gemein in den untern Pyrenäen von Pau und in den ganzen Basses-Pyrenées, ausser in den Ebenen, wo er selten ist.

Im ganzen Bassin souspyrenéen scheint er zu fehlen oder nur kultiviert oder verwildert. Sudre 4?) nennt ihn naturalisiert um Tou- louse; Arrondeau *?) sagt: „bloss kultiviert, obschon er Wälder bildet in den Basses Pyrenees,““ und Noulet #) erwähnt ihn gar nicht. Auch scheint er den eigentlichen Landes fremd.

Herr Simon schreibt der menschlichen Tätigkeit eine grosse Rolle bei der Verbreitung des Buchses im westlichen Frankreich zu:

36) Queyron. Pl. vascul. du bassin du Drot 1907, 58. 37) Flore de la Gironde. Ed. 4, 1846, 338. ) Revis. de la Flore Agenaise 1898. ) Lagreze-Fossat. Fl. du Tarn et Garonne 1847, 335. 40), Demartrin-Donos. Florule du Tarn 629. ) Flore des Pyrenées principales 1857. ) Florule toulousaine 1907. 169. 43) Flore toulousaine 1854, 191. ) Flore du bassin souspyrenden 1837.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 81

„Im Poitou deuten die Benennungen Boeuxe, la Bussière, Boixe, la Boissière, Boussais (in den alten Texten Buxiacum) gewiss auf sehr alte Einführung, indem das Vorhandensein eines nicht ein- heimischen Gewächses die Aufmerksamkeit mehr auf sich zog als ein gewöhnlicher Bestandteil der Vegetation. Also mag die Ein- führung des Buchses mindestens in die Epoche der lateinischen Orts- benennung zurückreichen. Das Suffix acum bezeichnet in der gallo- römischen Epoche ein Grundeigentum. Immerhin kann man an- nehmen, dass schon die vorrömische Bevölkerung künstliche Stand- orte von Kulturgewächsen schuf, da der Anbau von Obstbäumen schon damals bekannt war und man auch einheimische Grewächse in gewisser Entfernung der natürlichen Fundorte anpflanzte. So auch den Buchs.“

b) Zentralfrankreich.

Was nun das Zentral-Plateau betrifft, so gibt ihn Bras #5) im obern Lot-Tal bis Estaing und St. Laurent d’Olt an, auf krystal- linıschem Schiefer, und De Martrin-Donos 4) nennt Standorte im Tarn-Tal, besonders Ambiolet, auf gleichem Boden.

In der Creuse gibt Gabriel Martin 41) mehrere Orte an: Breith, eine alte gallo-römische Stadt, und andere, ebenfalls auf Granit oder Schiefer.

Die Verhältnisse des Limousin und der Auvergne kennt Herr Simon nicht; um Bellac sah er nie Buchs.

In Zentralfrankreich ist nach Boreau Flore du Centre der Buchs ziemlich gemein. Boreau’s Florengebiet umfasst die Departements Nievre, Cher, Allier, Indre, Creuse, Loiret, Maine et Loire, Loir et Cher, Cantal, Puy de Dôme, Haute Vienne, Indre et Loire, Yonne, in welch letzterm Departement Lecomte das Vorkommen schon als ein seltenes bezeichnet.

Über die Auvergne gibt Herr Dr. Chassagne in Lezoux (Puy de Dôme) mir gütigst folgende Auskunft:

Buchs findet sich hie und da, aber meist auf Granit, nur aus- nahmsweise auf Kalk. Im Puy de Döme sind zwei bedeutende Stand- orte: auf dem Gipfel des Puy de Mür bei Clermont-Ferrand. Dies ist ein Kalkhügel, von einer Basaltschicht überdeckt, und es ist auf dem Basalt, wo der Buchs sich findet, und zwar in Menge., Ferner bildet er hauptsächlich die Pflanzenschicht in den Granitfelsen der Dore, zwischen Courpière und Ollierques. Er ist auch sehr gemein an den Ufern des Cher bei Montluçon, auch auf Granit.

45) Catalogue pl. Aveyron 1877, 406. 46) Florule du Tarn 629. 4) Flore de la Creuse. Guéret 1891.

82 H. Christ.

e) Nun der Südosten:

R. de Litardiere fand ihn nicht in den niedrig gelegenen Gar- rigues der Pyrenées-Orientales, des Aude, des Herault und der Pro- vence. In dem erstgenannten Gebiet ist er nach G. Gautier's Cata- logue ziemlich selten, in trockenen, steinigen Lagen, meist auf Kalk, von der Ebene bis zur obern Tannengrenze. Die Höhenlage wird von 300-400 m bis zu 1200 m (Bellac, Conflent) angegeben.

An der Grenze der Basses- Alpes in den Gorges du Verdon (Var) fand ihn de Litardiere sehr häufig von 500 bis 900 m.

Über die Anomalien der Verbreitung des Buchs im östlichen Frankreich bemerkt mir Prof. Ant. Magnin, dass sie nicht schwer zu erklären scheinen: die Dombes und die Bresse, wo er fehlt, sind quaternäre Niederschläge mit Sand, Kies, Ton etc. ohne felsiges Re- lief, wo die Pflanze sich nicht ansiedelt. Im Morvan, im Beaujolais und Lyonnais (nördliche und zentrale Cevennes) ist der Buchs selten, weil die kalklose Natur des Gesteins ıhn hindert, und er sich oft nur da einstellt, wo sich einzelne Fäden von Kalzit im kieseligen Gestein finden.

Über das südöstliche Grenzgebiet des französischen Buchsareals gegen Italien hin verdanke ich dem Floristen der Alpes Maritimes, Herrn Emil Burnat und seinem Assistenten Herrn Fr. Cavillier fol- gende, mit einer Karte begleitete Auskunft: In dem langen Gürtel der Littoralregion vom Esterel an in der Breite von 12km einwärts und bis zur Höhe von 800 m fehlt der Buchs, während er in der Hügel- und Bergregion des Hinterlandes von der Westgrenze des Floren- gebietes bis zur Roya im Osten verbreitet ist, aber nicht allgemein, sondern in einzelnen sehr zerstreuten Stationen mit bedeutenden, Lücken dazwischen. Im Esterel (wo der Porphyr herrscht Der Verf.) haben ihn die genannten Botaniker nicht gesehen. Im allgemeinen. finden sich Buxeta an sehr warmen Kalkabhängen, die sehr arm an andern Pflanzen sınd. Wir fliehen 1hn wie die Pest, denn wir wissen zum voraus, dass wir da nichts zu sammeln finden. (Diese Bemerkung kehrt in dem Bericht von Don Carlos Pau über Ostspanien wieder. Der Verf.). Das einzige Vorkommen auf krystallinischem Terrain, das wir kennen, ist im Tal der Tinée zwischen Saint Sauveur und Isola.” Die Karte verzeichnet über das ganze Bergland ziemlich regel- los verteilt 19 isolierte, nach den Exemplaren in den Herbarien, Burnat und Saint-Yves eingetragene Standorte. Sie gehören grossenteils dem West- und Südabhang des Gebirges an, während nur zwei: bei der Stadt Valdieri und zwischen Limone und Vermante, dem nach dem Becken Piemonts orientierten Nordabhang angehören, in welches Becken selbst der Buchs nicht eindringt. Ebendahin gehört Allionis

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 83

Standort inter Robilante et Roccavione, sowie der von Val Grana: Strasse von Monterosso nach Pradleves (l. R. Beyer) und der noch nördlichere: Susa im Gebüsch auf den Felsen der Blaccie (1. R. Beyer).

Ardoino (Fl. Alp. Mar. 333) gibt den Buchs ‚‚als wild auf dem ganzen Nordabhang unsrer niedrigen Berge bis Sospel und oberhalb Grasse‘ an.

Westlich von den Alpes Maritimes, im Departement Var, nennen ihn Jahandier und Albert (Catal. plantes vase. du Var 1908) gemein auf allen Kalkhügeln des mittlern und nördlichen Teils des Depar- tements.

Für den italienischen, östlichen Teil des Burnat’schen Floren- gebiets östlich der Roya, welches mit Albenga und dem Tanaro endigt, erwähnt Bicknell (Fl. Bordighera) den Buchs nicht, so wenig als Ricca (Catal. Diano et Cervo), dagegen erwähnt @. Gentile (Piante Forestali Porto Maurizio 26) ıhn bei Pieve di Teco: precisamente al versante settentrionale dell’ Appennino, und Allioni (Fl. pedem. II 220) sagt: ,,silvulas facit inter Garessio et Ormea.“ Gentile’s und Allioni’s Standorte sind solche im Tanaro-Gebiet, also am Nord- Ostabfall der Seealpen. Sie stellen jedenfalls die äusserste bekannte Ostgrenze des Buchses von Frankreich her dar, da weiterhin nach Osten, ausser den Reliktstandorten Ostliguriens (siehe im Art. über Italien) bis zum Gardasee keine Buxeta mehr vorkommen. Auch in den Alpes Maritimes heisst eine Buchsgegend im Quellgebiet des Esteron Col des Buis. Bemerkenswert ist auch, dass in diesem süd- lichen Gebiet der Buchs nach Ardoino und Gentile den Nordabhang bewohnt, was übereinstimmt mit den Angaben von L. Blanc aus der Gegend von Montpellier.

d) Nordgrenze.

Was nun die Nordgrenze für Frankreich betrifft, so bin ich Prof. Lecomte vom Pariser Museum für folgende, auf die Angaben seiner Mitarbeiter gestützte Übersicht verpflichtet:

Im Nordosten ist der Buchs bis in das Rhonebecken und in die Departements Haute Saöne, Doubs, Cöte d’or und Saöne et Loire gemein.

In der Yonne ist er selten, und in der Marne und Aube (Champagne) ist er nicht einheimisch.

Im Nordwesten, südlich von Paris und südlich des Loire-Bogens, ist er gemein im Cher, Indre und der Vienne und ziemlich gemein im Loire et Cher und Eure et Loire.

In der Sarthe ist er sehr selten, in der Umgebung von Paris ziemlich selten und wahrscheinlich naturalisiert.

84 H. Christ.

In der Normandie ist er hie und da in Hecken naturalisiert, aber nicht wild.

Einen Berührungspunkt mit dem belgischen Areal des Maas- Tales nennt De Melicoq #8) in den französischen Ardennen : auf dem Felsen von Charlemont.

Das Pariser Becken ist zwar um einen Breitengrad südlicher als die letzten Buchsrelikte Belgiens, aber doch schon zu „atlantisch“ für diese die Küste scheuende Holzart. In seiner Flore xerophile de la Marne erwähnt ihn And. Guillaume 4) nicht, und nach Simon ist es wahrscheinlich, dass das Kreidenterrain ihn daselbst, weil zu leicht zerreiblich, ausschliesst. Zwar geben Cosson et Germain") den Buchs bei Paris: ‚an steinigen Hügeln mit Nordexposition“ an, allein Herr Simon schliesst aus den 1856 im Schoss der botanischen französischen Gesellschaft gepflogenen Erörterungen zwischen Lenormant, Passy, Graves, de Melicog und Baillon,5!) dass hier, wie in der Normandie und der Oise, heute sicher wilde Buchsstandorte nicht vorliegen. Prof. Lecomte vom Jardin des Plantes schliesst sich dieser Ansicht an. Nach Herrn Jeanpert vom Pariser Museum ist ebenfalls der Buchs im Pariser Becken nicht wild, obschon er sich auf steinigen Hügeln: so bei Jeufosse und Port-Villers findet. Er hält die Annahme eines römischen Kulturrests für möglich. Auch der Standort des Waldes von Senart ist sehr verdächtig. Um Provins, wo einige Stöcke im Walde auf lehmigem Kalk vorkommen, ist er nicht wild. Bei Nemours kommt er an den Abhängen des Loing-Tales vor, auf trockenem Kalk- oder Kalksandboden. Dagegen gibt ihn Lefevre (Catalogue) im De- partement Eure et Loire als ziemlich gemein an.

Nach M. Chätin°?) stammen die wilden Standorte von Buchs in der Nähe von Schlössern und Abteien des Mittelalters von Kulturen aus dieser Zeit her: so im Wald von Marly, bei Vaux de Cernay, Beauphle le Chäteau, Arthien bei Magny, La Roche-Guyon, Chan- tilly, Nemours, Provins, Jaux bei Compiègne, welche Cosson und Germain anführen. Auch für Angon hat De la Perraudière diese An- sicht als richtig zugegeben.

Ich erhielt von Herrn Prof. Ant. Magnin in Besançon eine ein- gehende kartographische Darstellung über den Verlauf der Buchs- areale vom Jura nach Norden hin.; Das breite Massenvorkommen des Buchses im Dauphine und dem südlichen Jura des Bugey wird nach

45) Bullet. Soc. bot. France. 1856. 536. 4) Reims 1900.

50) Flore des environs de Paris. II éd., 603. 51) Bull. Soc. bot. franc. passim. )

52) Bullet. Soc. bot. France 1861, VIII, 364. Sur les plantes des vieux chäteaux.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 85

Westen begrenzt durch die Ebene der Dombes und der Bresse. Am- bérieux, Pont de l’Ain, Bourg, St. Amour, Lons le Saunier bilden die ungefähre Westgrenze, also da, wo die Rebhügel aus der westlichen Ebene sich erheben. Bei Arbois-Salıns trifft die östliche Grenzlinie, welche vom hohen Jura und den Plateaux von Nozeroy und Ornans gebildet wird, mit der westlichen zusammen und hier spitzt sich das breite Vorkommen nach Norden aus.

Von da an nach Norden rückt der Buchs nur noch im Tal der Loue und des obern Doubs vor, reichlich bis in die Gegend von Besançon, von da aber weiter nach Nordosten sehr zerstreut: bei Clerval, Audin- court, um über Pruntrut bis nach Illfurt im Sundgau auszuklingen. Die letzten Nordostpunkte sind der Lomont und einige Stellen südlich davon ım Doubstal, endlich Ferrette (Pfirt), St. Ursanne und Glay. Von Besancon westlich folgt der Buchs dem Doubs bis nahe an Döle (St. Vit) und hat auch einige Standorte im Quellgebiet des Ognon bei Rougemont. Im Norden dieses Gebiets verzeichnet Magnin in der Haute-Saöne die Standorte von Vesoul, Frotey, Damvalley-les Colombes und weiter nach Westen von Champlitte. Auf diesen Kalk- hügeln der Haute-Saône erreicht der Buchs die Nähe des Plateau von Langres. Er steigt von da noch viel weiter nach Norden, den Hügeln des Marne-Randes folgend, von Balesmes (südlich von Langres) bis in den Norden des Departements Haute-Marne. Von dort ist er zerstreut in der Champagne, selten und sehr zweifelhaft wild in der Marne, wie auch in der Yonne und der Pariser Gegend: also dieselbe Erscheinung des Seltenerwerdens von Osten nach Westen wie von Süden nach Norden. Nördlich von den Hügeln des Saöne- Randes und der Cöte d’or wird er immer seltener, selbst auf Kalk. Im Morvan kommt er wohl nicht vor wegen der Natur des nicht kalkigen Bodens, obschon Magnin ihn im Lyonnais und Beaujolais oft auf Granit, Gneis und metaphorischem Gestein fand. (Veget. du Lyonnais 1886, 388. Soc. Bot. Lyonn. VIII, 142, IX 159, X 218.)

Über die äusserste Nordostgrenze des französischen Buchsbe- standes gab mir, an Hand einer Skizze, Herr Prof. P. Guinier in Nancy folgende Auskunft:

„Längs der Abhänge und des Plateau der Côte d'or ist der Buchs bis Dijon, alsö parallel mit dem Vorkommen bis Besançon, häufig. Von da wird er selten: die nördlichste Station in letzterer Richtung ist dicht bei und im Osten von Vesoul. Im Nordosten von Besangon nennt man noch Audincourt bei Montbeliard.

„Nördlich der Côte d'or kommt Buchs in mehr oder weniger 1s0- lierten Standorten vor auf dem Plateau und den Kalkhügeln des oberen Seinebeckens, der Yonne und der Marne. Die Floristen be- zeichnen ihn als ziemlich gemein in der Gegend von Sens (nördlich

86 H. Christ.

von Auxerre an der Yonne), dann als ziemlich selten und vereinzelt, in der Haute-Marne, in der Gegend von Langres und Chaumont. Obschon Herr Guinier sich keine bestimmten Angaben über die nörd- lichsten Vorkommnisse verschaffen konnte, nimmt er es als sicher an, dass der Buchs auf dem Plateau von Langres und auf den benach- barten Hügeln vorkomme.

„Alsdann findet sich längs der am nördlichsten Rande des Plateau von Langres entspringenden Maas eine Reihe von Standorten, die aber beschränkt sind und in weiten Abständen von einander liegen. Es sind von Süden nach Norden:

„Bazeilles und Lamothe bei Neufchâteau, St. Mihiel, Stenay mit einem benachbarten Buxetum bei Montmedy, Givet. Weiter nach Norden kommen die belgischen Standorte zwischen Dinant und Namur.

„Längs der Mosel kommt Buchs bei Metz und häufiger bei Sierck in Deutschlothringen vor. Zwischen Maas und Mosel, längs des kleinen Flusses Rupt et Mad, liegt noch (Departement Meurthe et Moselle) eine kleine Station bei Waville : also ziemlich in der Mitte zwischen Metz und St. Mihiel. Diese Lokalitäten sind sicher und seit langem von den Floristen Holandre: Fl. de la Meurthe, Godron : FT. de Lorraine, Callay: Catal. des pl. vase. des Ardennes, zitiert. Herr Guinier hat selbst die von Stenay, Bazeilles und Lamothe Waville begangen.

„Mithin erstreckt sich im ganzen der Buchs vom mittlern Jura einerseits, von der Côte d’or anderseits, wo er gemein ist, in einzelnen zerstreuten Beständen bis Vesoul resp. bisin die Haute Marne. Weiter nördlich sind nur sehr disjunkte Standorte, längs der Maas einer- und längs der Mosel von Metz ab anderseits. Waville bildet die Ver- bindung beider Flussgebiete.

„Alles liest so, als ob das Maastal als Finwanderungsader des Buchses gedient hätte. Eine seitliche Ader folgt dem Moseltal, wo- hin der Buchs aus dem Maastal mittelst des Rupttals gelangen konnte.

„An all den von mir in diesem Gebiet besuchten Orten bieten die Buxeta denselben Anblick wie im Jura, der Cöte d’Or, Savoyen und im Westen: sehr dichte Gestrüppe, mitten in mehr oder weniger dichter Waldung, Bodenflächen von einiger Ausdehnung (bis zu: ‚mehreren Hektaren) bedeckend. Am Rande der also vom Buchs ge- bildeten Flecken findet man kaum einige isolierte Stöcke. Er ist also streng lokalisiert und hat entschieden gesellige Gewohnheiten.‘“

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 87

e) Nördliche und westliche Gesamtgrenze.

Die Nord- und Westgrenze des Buchs verläuft sonach in Frank- reich ungefähr längs der Nordgrenze des Departements Haute Saöne (Vesoul), Doubs (Besancon), Cöte d’or (Dijon), dann längs der Süd- grenze der Departemente Marne (Chälons), Aube, Yonne (Auxerre), sodass fast die ganze Champagne mit ihrem zerreiblichen Kreide- boden ausserhalb des Buchsareals bleibt. Die Grenze steigt dann nach Westen, ungefähr dem Cher und der Loire folgend, um diese in den Departementen Loire et Cher (Blois) und Eure et Loire (Chartres) in vereinzelten Standorten nach Norden zu überschreiten (etwa ein halber Breitegrad nördlich von Basel), dann aber steil in der Länge von Poitiers nach Süden abzufallen und die Vorberge der westlichen Pyrenäen zu erreichen, aber so, dass das ganze West- und Südwest- Tiefland: Saintonge, Vendee, Bordelais und Landes vom Buchs ge- mieden werden. Östlich von dieser Linie ist Frankreich bis zum Jura an geeigneten Standorten allgemein mit Buxeta versehen, mit Aus- nahme der höhern Urgebirge und des Bassin Souspyreneen, dessen Molasse dem Buchs nicht kongenial ist.

Mit einem Wort: der Buchs nimmt das östliche und zentrale Berg- und Hügelland Frankreichs in sehr allgemeiner Verbreitung ein; ins nördliche und westliche Tiefland dringt er nur sporadisch vor: den atlantischen Küstenbezirk meidet er, selbst wo dieser, wie im Cotentin und der Bretagne, nicht Tiefland, sondern Hügelland und felsige Unterlage bietet.

Nördliche Vorposten im deutschen Mosel- und belgischen Maastal.

Von den nördlichsten Standorten des französischen Mosel- und Maastales taucht sprungweise der Buchs noch einmal auf sowohl an der Mosel ungefähr Mitte Weges zwischen Trier und Koblenz, etwas nördlich vom 50. Grade nördlicher Breite, als im jurassischen Maas- tal zwischen Dinant und Namur, unter 50,31 Grad, wo er die absolute Nordgrenze erreicht.

Über die Vorkommnisse des Moseltals verdanke ich Herrn F.Wirtgen in Bonn folgende Mitteilung, welcher ich vorausschicke, dass die Standorte durch einen Hiatus von ca. 75 km von dem nächst- südlich gelegenen deutsch-lothringischen Standort bei Sierk ge- trennt sind, und nicht Kalk, sondern Porphyr die Unterlage bildet.

„Der an der Untermosel vorkommende Buxus ist auf ver- schiedene, nicht zusammenhängende Stellen verteilt. Der in- teressanteste Standort ist am Palmberg (Buxus heisst hier allgemein Palm) bei Bad Bertrich. Der ganze steile Hang ist mit sehr zahlreichen

88 H. Christ.

grössern und kleinern Büschen bedeckt, die teils über die Felsen herunterhängen, teils aufrecht, umfangreich und 1 bis 11/, m hoch sind. Grössere Bäume sind nur wenige dort vorhanden : einige Eichen, dagegen eine Menge Sträucher, hauptsächlich Crataegus, Ligustrum, Acer campestre und ziemlich zahlreich A. monspessulanum, auch Rosa canina und wenig Rhamnus cathartica; strauchartige Quercus robur ist auch zahlreich darunter. Dieser Standort befindet sich etwa 10 km von der Mosel entfernt im Üss-Tale.

„Der nächste Standort liegt bei Aldegund auf fast unzugänglichen Felsen über der Mosel. An dieser Stelle bin ich nicht gewesen, kann daher über die Begleitpflanzen auch nichts sagen. Diese beiden Stand- orte sind vielleicht 10 bis 12 km voneinander entfernt, von der Mosel- mündung etwa 50 bis 60 km.

„Die nächsten Stellen liegen etwa 25 km moselabwärts, und zwar der eine, auch auf der linken (westlichen) Talseite bei Löf in einem kleinen Tälchen, natürlich ‚„Palmtal‘“ genannt. Hier bildet der Buchs Unterholz zwischen ziemlich zerstreut stehenden Eichen und Buchen. Die zum Teil sehr alten Sträucher mit sehr kurzen, dicken Stämmen (bis zu 2cm) werden alljährlich ihrer schönsten "Triebe, zum Palm- sonntag, beraubt, sehen sehr dürftig aus und ihre Äste liegen meist dem Boden auf. Ausser Craetaegus und Rosa canina kommen von den oben genannten Begleitpflanzen hier keine vor, dagegen auch R. ar- vensis.

„Etwa 3 km von diesem Standort entfernt, bei Alken, aber auch auf der rechten (östlichen) Moselseite befindet sich eine vierte Stelle auf Felsen, wo auch Acer campestre, A. monspessulanum, Rhamnus, die genannten Rosen und Prunus Mahaleb die Begleitpflanzen sind. Ein Zusammenhang mit belgischen oder französischen Standorten ist nicht vorhanden.‘ Im weitern erwähnt noch Herr Wärtgen das Vorkommen von Anarrhinum und Crassula rubens bei Trier. Selt- sam, dass im nahen Nahetal mit seinem Lavendelberg der Buchs ganz fehlt!

Also auch hier räumlich stark distante, durch Acer monspessu- lanum stark südlich beeinflusste Gebiete. Dieser Ahorn ist keine atlantische, sondern eine mediterrane Art, diein Westfrankreich fehlt, aber aus dem gebirgigen Südostfrankreich längs dem Jura bis Fort l’Eeluse und dann in gewaltigem Sprung zur Rheinpfalz und an die Mosel geht, das savoyische Buxetum mit dem der um 400 km ent- fernten Mosel verbindend.

Und nun die Buxus-Kolonie des belgischen Hügellandes in noch höherer Breite als die der Mosel, aber um 100 km nach Westen ge- rückt, über welche Massarts schöne Esquisse de la Geographie bot. de la Belgique, pag. 57, 69, 82, 96, 255 und Karte 3 erschöpfende Aus-

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 89

kunft gibt. Die einzelnen Horste des Buchses sind hier klein, aber sehr zahlreich. Im Gebiet der Eau Blanche, eines südwestlichen Zu- flusses der Maas, sind fünf Standorte bei Mariembourg, an der ,,Mon- tagne au Buis“‘. Längs der Maas von Dinant über Namur bis Huy, nahe bei Lüttich, sind ca. 35 Punkte mit Buchs angeführt. Massart gibt Photo-Bilder solcher meist felsigen Standorte: Pag. 57 mit Arte- misia camphorata, Phleum Boehmeri, Dianthus carthusianorum. Pag. 69 mit Hippocrepis und Helianthenum vulgare. Phot. 359 vom Mont au Buis mit Cynanchum. Phot. 377 mit Convallaria polygonatum, Geranium sanguineum, Orobanche Teucrn, Teucrium chamaedrys. Pag. 96 mit Helleborus foetidus, Draba aizoides, Lactuca perennis, Artemisia Absinthium, Festuca glauca, Melica ciliata. Alle diese Standorte sind auf Jurakalk von 200 bis 500 m, in warmer Lage und liegen in der klimatischen Region, die Massart als climat du pays accidenté à variations fortes et a étés chauds bezeichnet, mit den charakteristischen Arten Sorbus Aria, Sambucus racemosa, Thymelaea passerina, Buxus sempervirens, Artemisia camphorata, Anemone pul- satilla. Adonis aestivalis, Dianthus caesius.

Brieflich teilt er mir mit, dass der Buchs in Belgien stets die Coteaux calcaires nus, exposés au midi” bewohnt, jamais, à ma con- naissance, comme sous-bois. Je ne pourrais en conscience, vous citer aucune espece-compagne du Buis“. Massart meint hier eine an den Buchs gebundene Leitpflanze die es überhaupt nirgends gibt.

Die Begleitpflanzen sind weit südlicher als an der Mosel: man spürt den Einfluss der reinen Jura-Unterlage an Lactuca perennis, Helleborus foetidus, Draba aizoides. Aber noch mehr: in Artemisia camphorata und Absınthium tritt ein sehr xerothermes, nur in der thermischen Oase des mittlern Elsass auftretendes, unerwartetes Element hinzu, das bis M. Vuache im Süden von Genf nirgends ge- funden wird. Und so sind wir für den Kontinent Europas an die Nordgrenze der Buchslinie gelangt.

Abweichend von den Mosel-Vorkommnissen bei Bertrich und Aldegund schliessen sich die belgischen Maas-Standorte ziemlich un- mittelbar an die des südlichern, französischen Maastals bei Givet an.

Die Verbreitung auf der iberischen Halbinsel

ist, mit Ausnahme der Steppen und des südlichen und westlichen Ge- biets, eine intensive. Schon Willkomm und Lange 188053) geben ihn namentlich im Kalkgebirg durch Katalonien, die Pyrenäen und die Gebirge Nordspaniens als stellenweise häufig an, gegen Süden als seltener. In seinen Grundzügen der Pflanzenverbreitung der Halb-

53) Pretrom. Pl. Hispan 911.

90 H. Christ,

insel 4) begrenzt M. Willkomm sein spanisches Areal also: von den Pyrenäen aus durch Nordspanien bis Südgalizien; durch die Ge- birge des zentralen Tafellandes bis Portugal (Coimbra, Bussaco ete.) ; von Katalonien aus durch die valenzianischen und murzianischen Ge- birge bis Cazorla in der Provinz Jäen.

Einzelne bemerkenswerte Angaben Willkomms sind folgende:

Die Gebüschformation der Talgehänge des pyrenäischen Bezirks bestehen vorzugsweise aus Buxus, der durch die ganze pyrenäische Terrasse, auch am Südabhang, sehr häufig und daher für den ganzen Bezirk charakteristisch ist, so auch auf der bedeutendsten seiner Er- hebungen: der Pena de Oroel. Auf dem sehr kalkhaltigen (aus Pudding bestehenden) Monserrat besteht die Gebüschformation der Nord- und Ostseite hauptsächlich aus Buxus, dem Sträucher von Juni- perus oxycedrus, J. phoenicea, Arbutus Unedo, Tinus, Daphne lau- reola, [lex aquifolium und Laurus nobilis beigemischt sind.

M. Rikli55) sah den Buchs im Val Molo des Monserrat massen- haft, oft stark wie bei uns mit Puccinia Buxi befallen, und zwar hier als Bestandteil der Macchia mit Quercus Ilex, Tinus, Erica arborea und E. multiflora, Phillyrea variabilis, Olea europaea w. Oleaster, Arbutus, Cistus monspeliensis, Juniperus phoenicea und Oxycedrus, Osyris, Globularia Alypum, Ilex aquifolium, bei 1050 bis 1150 m.

Im asturischen Gebirg tritt nach Willkomm im obern, kalkigen Teil der Pena Gorveya in Felsschluchten der Buchs mit Taxus und Arctostaphylos uva ursi auf. Im zentralspanischen Bezirk ist in der Serrania de Cuenca zwischen Cuenca, dem Cerro de S. Felipe und der Sierra de Valdemeca der Buchs im Unterholz (der Koniferenwaldung) mit Amelanchier, Berberis, Corylus, Cornus sanguinea, Craegus mono- gyna, Prunus spinosa, Rubus discolor, Viburnum lantana, Rosa canina und R. rubiginosa häufig: (ein mitteleuropäisches Buxetum, wenn nicht stets Genista scorpius die iberische Nota bezeichnen würde. Der Verf.). Auch sind die westlichen Stufen der Parameras de Molina (bei Molina de Aragon) an den gegen den Tajo gerichteten Abhängen streckenweise mit einer dichten Buchsbaumformation überzogen.

Im mediterranen Bezirk gibt es auf der aragonesischen Seite in der Bergregion noch beträchtliche Waldbestände, die weiter aufwärts in einen Wald von Pinus silvestris mit Unterholz von Buxus über- gehen. Im atlantischen Bezirk kommt der Buchs besonders in @a- lizien häufig vor; in Portugal nach Brotero nur an Bächen zwischen

54) Engler und Drude. Veget. der Erde I, 1896, 99 u. f. 55) Schenck und Karsten. Veget. Bilderreihe V, Heft 6. Text zu Taf. 37. Rickli. Lebensbed. u. Veget. des Mittelmeeres 1912 Taf. 6 u. Taf. 7.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 91

Figueiro und Thomar in Estremadura. Auch Chodat hat ihn 56) in Portugal nicht gesehen, doch zitiert ihn die neue analytische Flora von Pereira in der genannten Provinz und im Littoral von Alemtejo. Auf letzteres Vorkommen bezieht sich jedenfalls Willkomms An- gabe: „Als eigentümliche Formationen (südlich des Tejo) sind die aus Buxus, Tamarix gallica, Corema (Empetrum) album und Securi- nega buxifolia J. Müll. zusammengesetzten Ufergebüsche hervorzu- heben.‘ Jedenfalls ist ein Zusammenwachsen des Buchses mit diesen Gewächsen des sandigen Littorals rätselhaft! Schon Clusius 57) führt das Empetrum als eine auf sehr sandigem Boden wachsende Pflanze an.

In zusammenfassender Darstellung teilt mir Don Carlos Pau in Segorbe über die spanische Area des Buchses (Boj sprich Boch) folgendes mit:

„Der Buchs ist offenen Standorten eigen, wo er oft die übrige Vegetation beherrscht. Er fehlt im Littoral und gehört der montanen Region an. Er zieht Kalkboden vor und wächst sowohl vereinzelt als in zahlreichen Kolonien. Seine eigentliche Heimat, wo er dominiert, sind die Pyrenäen. Im Zentrum Spaniens hat er im Bassin des Tajo in Neucastilien sein Hauptareal. Ich sah ihn (in der Sierra de Gudar) nie höher als 1900 m steigen.

„Die Südgrenze kann gezogen werden durch eine Linie vom Monserrat nach Morella, von da durch Penagalosa zur Sierra de Al- barracin, in der Provinz von Guadalajara. Von hier steigt sie wieder und streicht am Rande des einstigen tertiären Sees von Neukastilien hin und steigt nach Norden in die Provinzen von Logroño und Burgos, um sich an die pyrenäische Region anzuschliessen.

„Die Standorte, welche im Südosten angegeben werden, sind Reste alter Kolonien: tertiäre Relikte, welche kümmerlich vegetieren und Tendenz zum Aussterben zeigen. Diese Stationen, z. B. die von Casocha, in den Bergen von Jaen, bei Alicante und Almeria, können aufgefasst werden als abgesonderte Kreise von Individuen, die heute im Rückzug sind oder als Spuren tertiärer Kolonien.‘ Herr Pau fügt bezeichnend bei, dass in seinem Exkursionsgebiet der Buchs als eine lästige und gemeine Pflanze das besondere Interesse nicht auf sich ziehe.

Über einen der von €. Pau erwähnten südlichen Reliktstandorte berichtet mir M. Rikli: ich sah Buxus auf dem verkarsteten Gipfel- plateau des Mongo, 760 m, südlich von Denia, Halbinsel Alcoy, Prov.

56) In litt. 57) Rar. stirp. Hispan. Histor. Antwerp. 1576, 118.

92 H. Christ.

Valencia, nur auf der Nordseite auf Kalk mit Iuniperus phoenicea und Bupleurum spinosum.

Merkwürdig ist, wie deutlich auch Herrn Pau die tertiäre Stel- lung des Buchses aus der Umgrenzung seiner spanischen Area her- vortrat.

Mithin sind die Pyrenäen auf ihrem ganzen Südabhang, ihre kantabrisch-asturische Fortsetzung nach Westen und die von ihnen ebenfalls abhängigen Gebirge, die das Nordostdreieck Spaniens er- füllen, allgemein mit Buchs bewachsen. Dazu kommt ein gebirgiges Areal im zentralen Bezirk im Bassin des Tajo. Aber schon die Gua- darrama und der ganze Süden des Landes mit der gewaltigen Sierra, Nevada und deren Nebengebirge entbehren ihn, namentlich auch die littoralen und die Steppen-Gebiete: er vermeidet das kontinentale und das heisse mediterrane Gebiet. Auf den Balearen wird er von der sehr nahestehenden B. Balearica Willd. vertreten.

Standorte in Korsika, Sardinien und Nordafrika.

In Korsika ist der Buchs jedenfalls nicht selten. Briquet fand ıhn in Beständen im Tal von Asco. R. de Litardiere bemerkt (in litt.) ausdrücklich, dass er ıhn nie in der Macchia sah, sondern in den Schluchten der Spelunca zwischen Evisa und Ota bei etwa 300 m auf Granit, in sehr heisser Lage, also wohl an derselben Station, wo Briquet ıhn beobachtete; dann am Aufstieg von Piedieroce zum Monte San Pietro bei 1200 m oberhalb der Kastanien-Region auf Serpentin und Schiefer. Briquet58) sah ihn hie und da massenhaft auf krystallinischem Terrain und hält die Pflanze für eine obere Formation der Macchia, obschon sie gelegentlich tief hinab steigt. Am Cap Corse, oberhalb 700 m, bedecken die Buchsbestände alle Gräte in Gesellschaft von Erica arborea, Anthyllis Hermanniae, Genista Lobelii und G. Corsica. Im Tal von Asco nimmt er weite Räume zwischen 200 und 700 m ein, mit Juniperus oxycedrus, Pi- stacia Lentiscus, Phillyrea ete. Als sonnenbedürftiger Strauch fehlt er in den hohen Maquis von Arbutus Unedo und Erica arborea, die dichten Schatten geben und deren Kronen er nicht erreichen kann, ebenso in der Waldung von Pinus und Quercus Lex.

Reverchon gibt bei Cedoza eine var. virescens mit abweichender Blattform an (Teste R. Beyer).

Fiori5) gibt den Buchs auch für Sardinien (nach Reverchon) an, was bei der grossen Entwickelung des Kalkgebirges daselbst nicht wundert.

58) In litt. 5%) Fiori e Beguinot. Flor. analit. Ital. II, 195.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 93

Auf Sizilien wird der Buchs nicht angegeben.60)

Nur sparsam tritt, wie einige andere europäische Bergpflanzen (Taxus baccata, Castanea vesca), der Buchs ins nordafrikanische Berg- land über. Mathieu!) gibt ihn als sehr selten in der Region der Zedern an, und Trabut und Battandier 6?) erwähnen die var. angusti- folia Loudon bei Madids, Tababor, Gorges du Guergour.

M. Rikli $3) erhielt im Figuig (Ostmarokko) ein Zweiglein von Buchs mit sehr grossen Blättern, ähnlich B. Balearica, das aus den Bergen der Umgebung (Sahar. Atlas) stammen sollte.

Die Totalverbreitung von Buxus sempervirens

für Vorderasien und Europa ist in kurzer, auf die Schilderung der einzelnen Gebiete gegründeter Darstellung folgende:

Das Areal teilt sich in einen östlichen und einen westlichen Bezirk.

1. Der östliche Bezirk hat seinen Schwerpunkt im kolchisch- pontischen Gebiet auf der West- und Südostseite des Kaukasus, wo er 1m ganzen dortigen Waldgebiet bis in die höhere montane Region als ausgedehnte Busch- und Baumformation eine dominierende Rolle spielt, wie sonst nirgends. Dem Nordrand des Kaukasus fehlt er nahezu, dagegen setzt er sich am Südstrand des Schwarzen Meeres nach Trape- zunt und noch weiter nach Westen fort. Seine Verbreitung gegen den Bosporus hin ist mir im einzelnen unbekannt. Dagegen bildet Bithynien eine Etappe gegen Osteuropa hin. Er tritt wieder auf im Kurtal und am Ostabhang des armenischen Hochlandes in der Land- schaft Talüsch am Kaspischen Meer und folgt dessen Südrand durch die persischen Provinzen Ghilan und Mazenderan. Er ist als ein in- tegrierender Bestandteil der spezifisch kolchisch-pontischen, durch Fagus orientalis, Carpinus, Prunus laurocerasus, Ilex aquifolium, Rhododendron ponticum und flavum, Planera charakterisierten Wald- flora zu bezeichnen. Ins Steppenland des innern und in die Berge des südlichen Kleinasiens dringt er nicht vor.

Nach Westen treten die Buxeta meist in offenen, Maquis-artigen, oft sehr ausgedehnten Beständen auf in der Bergregion des illyrischen Dreiecks, im Balkan, in Albanien bis zur Adria, in Mazedonien und Thessalien bis zum Olymp, Euboea und Athos. Aber auch hier ver- meidet der Strauch den Süden : grossenteils das heutige Griechenland, namentlich den Peloponnes und die Inseln.

60) Buscalioni in Catania in litt.

61) Flore forestière. IV éd. par Fliche 1897, 306. 62) Flore de l'Algérie 1888/90, 806.

63) In litt.

94 H. Christ.

In immer spärlicherem Strahl und in insular oft durch weite Distanzen getrennten Horsten geht er über Dalmatien, Süd-Istrien durch Friaul an den Fuss der venetianischen Alpen, um in der Gegend des Gardasees und des Val Vestino zu endigen. Ein sehr dünner Strahl von isolierten, fast durchweg dem Verdacht der Einführung durch die Kultur ausgesetzten Standorten geht durch die Halbinsel Italiens.

2. Der westliche, westalpin-pyrenäische Bezirk begreift die Hügel- und Bergregion der Westalpen an ihrem West- und Südhang und der Pyrenäen, von wo sich der Buchs in breiten, fächerförmig ausge- dehnten Strahlen über Frankreich bis an die Grenze der Nord-Depar- tements ausdehnt, doch mit wesentlichen, meist dem ungeeigneten, eugeogenen Boden zur Last fallenden Lücken : so die Landes des Süd- westens ‚mit ihrem Sande, das Bassin Souspyreneen mit seiner mergeligen Molasse und die Champagne mit ihrer zerreiblichen Kreide. Auch die ausgedehnte Bodenkultur hat den Buchs in Frank- reich stark zurückgedrängt. Es ist wesentlich das gebirgige und hügelige Zentrum und das Südostdrittel Frankreichs, das den Buchs beherbergt. Die Grenze verläuft von den Basses Pyrénées stark nach Noudlossen und in unregelmässigen Biegungen, den Bodenerhebungen folgend, zur Dordogne, über Angouleme, Civry, Poitiers und etwas über den nördlichsten Bogen der Loire bei Chartres, um über die Lor- raine und den Doubs bei Besançon am Nordjura zu endigen.

Frei bleibt der ganze atlantische Westen in desto breiterem Gürtel, als wir nach Norden vorrücken.

Vom grossen Buchsareal Südfrankreichs und Savoyens amour sich längs den Jurakette ein bedeutender Strahl nach Nordosten, sehr dicht auf der Westseite und in Zusammenhang mit der allgemeinen französischen Verbreitung; dünner und in sehr isolierten Inseln auf der schweizerischen Ostseite des Jura. Der Teilungspunkt beider Linien liegt beim Fort l’Ecluse am Knie der Rhone. Der westliche Strahl setzt sich in seltenen und kleinen Inseln fort in die kurzen Täler des Basler Jura einerseits und ins Illtal des Sundgau anderseits. Aber noch einmal treffen wir, auf dem dysgeogenen Porphyr des warmen Moseltals, einige geringe Horste von Buchs, die aber nicht dem juras- sichen, sondern der, aus den Ardennen Frankreichs über das belgische Maastal nach Norden vordringenden xerothermen Flora zuzuschreiben sind. Mit einigen Standorten im belgischen Maasgebiet erreicht der Buchs seine Nordwestgrenze.

Nach Süden folgt der Buchs in breiter Zone dem spanischen A b- hang der pyrenäischen Vorberge bis Galizien und sendet die Spuren bis in die portugiesische Littoralzone und die Estremadura. Im Nord- osten Spaniens besiedelt er reichlich die dort sich anhäufenden Ge- birgsstöcke von Monserrat bis Guadalajara, um von da nach Westen

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 95

über Burgos sich an die Pyrenäen wieder anzuschliessen. Das innere Becken und den Süden Spaniens meidet er, ausser wenigen Relikten am Ostrand und im Becken des Tajo in Neukastilien.

Endlich hat der Buchs in Korsika nicht unbedeutende Stationen, so auf dem Granit des Cap Corse. Auch in Sardinien wird er ange- geben. Der Insel Sizilien fehlt er, wie überhaupt allen südlichsten Gliedern der Mittelmeerzone, selbst den Hochgebirgen Südspaniens. Auf die atlantischen Inseln tritt er nicht über. Im höhern Atlas findet er sich, wie mehrere europäische Wald- und Bergpflanzen, nur in Spuren vor.

Zwischen die beiden Hauptareale: das östliche kolchisch- pontische und das westliche, tritt zwischen Gardasee und den See- alpen ein Hiatus, der von der überaus feuchten insubrischen See- Region gebildet wird. Der Buchs fehlt vom Jura an östlich längs des ganzen Nordabhangs der Alpenkette, die kleinen Buxeten bei Basel bilden seine Ostgrenze: weder in der klimatisch so günstigen aber sehr feuchten Föhn- und Seenzone der Nordschweiz, noch in dem trockenern Böhmen, Mähren, der Wiener Gegend und den ungarischen Gebirgsrändern kommt Buxus wild vor.

Das Vorkommen von Buxus in Europa und Vorderasien fällt demnach in der Hauptsache, ohne die schwächern Ausstrahlungen nach Norden zu rechnen, zwischen den 40° und 47° nördlicher Breite, wäh- rend die absolute Nordgrenze in Belgien etwas über den 50% hinaus- reicht und die letzte Station in der Djurdjura Algeriens etwa auf den 36° fällt. Der Breite dieses Gürtels entspricht eine Länge von etwa 50 Längengraden (Masenderan-Galizien).

Der Buchs weder mediterran noch entschieden xerotherm.

Die Buxeta unsres jurassischen Gebiets längs des schwei- zerischen und französischen Jura, überhaupt alle Buchsbestände nörd- lich der Südalpen und Pyrenäen machen den Eindruck, dass Buxus ein xerotherm eingestelltes Gewächs ist. Der Buchs wächst bei uns fast ausnahmslos auf abschüssigem Terrain, an Halden und Ge- hängen; die Ebene flieht er, und wo wie bei Coudrée-Giez dies einmal vorkommt, fällt es den Beobachtern auf. Natürlich kommt am Abhang die Spalierwirkung der Lage lokal-klimatisch durch grössern Schutz und stärkere Erwärmung zur Geltung, auch fliessen die Niederschläge rasch ab und gestatten die Ansammlung von Feuch- tigkeit nicht. Der Boden, auf dem der Buchs steht, ist zumeist kom- pakter, wenn auch zerrissener und in kantiges Gestein zerbröckelter Kalkboden in sonniger West- oder Ostlage, mit all den xerophilen Be- gleitpflanzen, die wir im ersten Teil reichlich namhaft machten und

96 H. Christ.

mit zahlreichen südlichen Einschlägen. Noch bis in die Breite von Genf und etwas weiter ist der Buchs ein Bestandteil der Garide, d.h. des temperierten Analogon der mediterranen Garrigue oder des Maquis.

Aber schon bei uns hält sich der Buchs nicht streng an die vor- zugsweise xerothermen Standorte der tiefen Lagen. Schon Thurmann betont, dass er sich im westlichen Jura mehrfach mit der Weisstanne berührt. Und gerade die heissesten Winkel, wo sich südliche Typen häufen. entbehren des Buchses. So die trockenen, mit Micropus erectus, Artemisia camphorata, Helianthemum guttatum, Colutea, Eryngium, Koeleria Valesiaca, Scleropoa etc. prangenden Rücken des Bollenbergs und anderer Kalkvorlagen der Vogesen im Oberelsass ; so eine der „südlichsten‘“ Stellen Savoyens: die Balme de Silligny, wo Briquet Osyris alba, Clypeola, Ruscus, Acer monspessulanum etc. fand und wo er ausdrücklich die Absenz von Buchs konstatiert, wäh- rend er auf dem Vuache, 10 km davon, dominiert; so in dem trockenen, schon etwas steppisch anklingenden Tale von Wallis, mit klimatischen Leitpflanzen wie Artemisia valesiaca, Stipa, Ephedra, Clypeola. Höchst charakteristisch ist es, dass der Buchs dicht vor dem Walliser Taleingang, bei St. Maurice, Halt macht, zugleich mit einer Reihe anderer, nicht maximal xerophil beanlagten Arten: Ruscus, Polystichum angulare, Arabis turrita, Trochiscanthes und im grossen auch Fagus und Abies. Auch in den äusserst xerothermen Tälern der Maurienne und der Tarentaise mit einem stark ‚kontinentalen‘“ Klima tritt der Buchs ganz zurück ; die einzige Station in letzterm Tal (Isère) bei Salins und Melphe ist nach Beauverd und Perrier de la Bâtie 6%) nicht unbezweifelt einheimisch.

Vollends überzeugend für die mesotherme und nicht hoch ge- steigerte xerophile Natur des Buchses ist sein Fehlen in der littoralen Garrigue und überhaupt in dem südlichsten Saum der europäischen Mittelmeer-Region von Andalusien bis zum Peloponnes. In der von E. Burnat entworfenen Karte der Alpes Maritimes fehlt im breiten Küstensaum bis zu 800 m Meereshöhe der Buchs vollständig und be- ginnt erst im höhern Hinterland. Der Buchs ist allerdings auch Be- standteil der Garrigue wie der korsischen Macchia : aber nur in höhern Lagen. Carlos Pau sagt ausdrücklich, er fehle in Spanien dem Littoral und gehöre der montanen Region an. M. Rakli fand ihn am Monserrat erst bei 1050 bis 1150 m in einem mit Quercus Ilex gemischten Mä- quis. Auf Korsika mischt er sich in der montanen Region oberhalb 700 m mit der Macchia, verschwindet aber nach Briquet, wenn diese aus Arbutus Unedo und Erica besteht und ihm über den Kopf wächst, da der Buchs heliophil ist.

64) Bull. Soc. Bot. Geneve. Vol. IV, 1912, Nr. 5, 210 u. Nr. 6, 226.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Virderasien. 97

R. de Litardiere sah ihn im Süden Frankreichs, in den Pyrénées Orientales, Aude, Herault und der Provence nicht in der Ebene, und G. Gautier gibt ihn für Hérault von 300 bis 400 zu 1200 m an. L. Blanc *5) äussert sich für Montpellier besonders deutlich : erst im obernWald von Quercus mengen sich den Garriguesträuchern der Ebene der Buchs und Sträucher mit abfallendem Laub: Pyrus amygdali- formis, Amelanchier, Terebinthe bei; das hohe Plateau gewinnt durch die Steineiche (Chene rouvre) und den Buchs das Aussehen eines Causse der Cevennen. ‚Buchs ist eine der charakteristischen Arten dieses Niveau, und es ist bemerkenswert, dass er in der Ebene die mergeligen Kalkwände bewohnt, die dem kalten und feuchten Nord- und Nordostwind ausgesetzt sind, und dass er den Biegungen der von Felsen eingeengten Wasserläufe derselben Himmelsrichtung folgt.“ Und weiterhin nennt er (S. 265) den Buchs unter den especes moins zérophiles que celles qui accompagnent ordinairement le chene vert dans la plaine, und stellt ihn mit Ilex aquifolium, Arbutus Unedo, Pirus amygdaliformis, Amelanchier, Terebinthe auf dieselbe Stufe. Er fügt bei, dass der Buchs sich zugleich auf dem kieseligen zersetzten Boden des Maquis, auf dem mergeligen Kalk der Ebene und in der felsigen Garrigue der obern Lagen finde, sodass also dieselbe Art verschiedenen Vergesellschaftungen angehören könne.

Im Atlas zeigt sich der Buchs erst im Hochgebirg, wo auch Taxus, Ilex aquifolium, Castanea vesca als Seltenheiten auftreten. Auch inbezug auf seine Ansprüche an freien Stand und volle Besonnung ist der Buchs nicht extrem. In seinem westlichen Ver- breitungsgebiet zieht er offenbar freien Stand vor. Aber gerade in seinem nördlichen Grenzgebiet: um Basel, im Sundgau u. s. w. findet er sich vorzugsweise als Unterholz im gemischten, besonders Eich- und Feldahornwald und erträgt ohne Schaden auch Schatten. Freilich im geschlossenen Wald von Bäumen wie Fagus, Carpinus, Castanea vesca, tritt bei vollem Hochschatten, zumal der Buche, endlich Rückgang ein: Verminderung der Dicke der äussern Epidermiswände, Ver- schmälerung und Verlängerung der Blattfläche, kammförmig-flache Richtung der Blätter und Sterilität. Auch wird der Buchs bei uns stark beeinflusst durch volle Insolation an trockenem Standort: die Blätter sind klein und wölben sich stark konkav d.h. nach unten. Den vollsten Beleg aber für die mesotherm-mesoxere Natur des Buchs liefert sein Vorkommen im kolchisch-pontischen Gebirgsland als Hauptbestandteil des Laubwaldes, der an Feuchtigkeit und Nieder- schlagsmenge, an Frondosität und hygrophilem Charakter die meisten Gebiete Europas übertrifft, in Begleitung von echten Schatten- pflanzen wie Gentiana asclepiadea, Sanicula, Circaea lutetiana,

#5) Limites de secteurs botaniques de Montpellier, Ausschnitt s. d. 7

98 H. Christ.

und in Gebüschen von Prunus laurocerasus, Rhododendren und Vac- cinium. Wenn nun schon in diesen Ländern den sehr hohen Nieder- schlägen die unsere Sonnentemperaturen weit übersteigenden sômmer- lichen Wärmegrade einigermassen die Wage halten, so ist doch die Annahme einer hohen Xerophilie des Buchses ausgeschlossen, aber die einer weitgehenden Anpassungsfähigkeit gewonnen.

Letztere Fähigkeit wird auch e contrario bezeugt durch das all- mähliche Zurückbleiben so vieler südlicher Begleitpflanzen, die er eine um die andre in seinem Fortschreiten nach Norden überholt, Wenn er bei Montpellier mit Helleborus foetidus, verschiedenen Cistus, Erica arborea und multiflora wächst, bei Grenoble mit Rham- nus alaternus, bei Huis-Belley mit Osyris und Pistacia Terebinthus, bei Fort l’Ecluse mit Acer monspessulanum, bei Pont d’Ain mit Ononis natrix, bei Salins mit Cytisus Laburnum, noch mehr nach Norden mit Acer opulifolium, so bleiben ihm bei Basel noch Helle- borus foetidus, Coronilla Emerus treu, und in der Nähe seines Mosel- standorts taucht plötzlich Acer monspessulanus aus dem tiefen Süden noch einmal auf. Dass übrigens in seiner weiten Süd-Nordverbreitung der Buchs seine Begleitpflanzen so stark wechselt, ist keine, ihm allein zukommende Eigentümlichkeit. Vielmehr ist in den Gebieten von mittlerm Klimacharakter die Erscheinung häufig, dass sich die Florenbestandteile nicht streng sondern, dass vielmehr manche Arten unter Benutzung lokaler kleiner Klimate mehrere Florengebiete durchlaufen. Die Traubeneiche tritt mit dem Buchs so gut bei Mont- pellier als an seiner Nordgrenze auf, und wir finden Calluna vulgaris in rein mediterraner Gesellschaft mit Erica scoparia, E. arborea, Lavandula Stoechas, Globularia Alypum und Calycotome spinosa im Cistetum bei Cannes. Immerhin überholt der Buchs in besonderer Weise die allgemeinen Formationen. Er hat im Süden einige auf- fallend nördliche Begleiter (Querecus sessiliflora) und tritt im Norden stets mit einem Gefolge xerothermer Arten auf, die gleich ıhm insulare Vorposten bilden. Denken wir gar an die tropisch-tertiäre Genossenschaft der Buxeta im Kaspilittoral, so tritt uns deutlich die abnorme Anpassungsfähigkeit von Buxus entgegen, die unbedingt eine Reminiszenz seiner tertiären, d.h. klimatisch weniger extrem differenzierten Natur bildet.

Der kaukasische Begleiter des Buchses: Ilex aquifolium, hat in Europa ein etwas breiteres Gebiet erobert: Ilex dringt nach Osten vor bis Mecklenburg, Hannover, zum Bodenseegebiet, in die nörd- lichen Voralpen, durch Südbayern, Niederösterreich, Tirol und trifft im illyrischen Karst mit dem Buchs wieder zusammen, um ihm bis Kolchis zu folgen; er geht nach Norden bis Dänemark und zum 63 ° in Westnorwegen. Und innerhalb dieses Gebietes tritt Ilex zwar wohl

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 99

zerstreut, aber doch in relativ geschlossenem Areal auf, wo die lokalen Verhältnisse es zulassen, während der Buchs, je weiter er nach Norden vordringt, um so bizarrer in isolierte Bestände sich zusammenzieht. Besonders auffallend stimmt mit der Verbreitung des Buchses die der Schnecke Bulimus (Zebrina) detritus, einer sehr kalkbedürf- tigen Art, die nach Paul Sarasin 6%) über den ganzen Jurazug, aber nicht in dessen alpinen Teil geht, dann in den Kaiserstuhl, die Muschelkalkformationen des Rheintals, den Tertiärkalk der Rhein- pfalz und noch bei Kreuznach und Bonn beobachtet wird. In Deutsch-

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EN

Blattrand-Querschnitt, Der Unterschied im Ton entspricht dem Unterschied im Chlorophyll-Gehalt. Vergrösserung 1 : 250.

lothringen, das in das Gebiet des französischen Jura und des Muschel- kalkzuges fällt, tritt die Schnecke wieder auf, fehlt aber im Bunt- sandstein der Vogesen. Das Zentrum des Verbreitungsgebietes ist südlich der Alpen von Westeuropa bis zum Kaukasus.

!

Anatomie von Buxus.

Bei der sehr besondern Stellung, die der Buchs, als immergrüne und doch relativ dünnblättrige Pflanze, unter unsern Gewächsen ein- nimmt, bin ich besonders dankbar, dass Frl. Dr. Charlotte Ternetz in Basel die anatomischen Verhältnisse derselben untersucht und mir

66) In litt.

100 H. Christ.

ihre Resultate zur Verfügung gestellt hat, die ich hier wörtlich wiedergebe. „Blattquerschnitt.

„Ober- und Unterseitenepidermis mit stark verdickter Aussen- wand, besonders an den Blatträndern. Stomata ausschliesslich auf der Unterseite, auf den Quadratmillimeter ca. 160, gleichmässig zerstreut. Schliesszellen etwas über die Umgebung hervorragend.

„Auf die Epidermis der Oberseite folgen drei Lagen von sehr chlorophyllreichem Palissadenparenchym. Zellen der ersten und zweiten Reihe fast lückenlos zusammenschliessend, dritte Reihe mit Interzellularen. Unter dem Assimilationsgewebe liegen die Gefäss- bündel, von Ringen mechanischen Gewebes (Collenchym) umgeben.

Oberseiten-Epidermis über dem Mittelnerv. Palissadenschicht. Vergrösserung 1 : 125.

Am Blattrand ist der ganze Strang von einem Ring von Krystallzellen : (quadratischen Pyramiden von Calcium-Oxalat) eingeschlossen. „Auf die Epidermis der Unterseite folgt eine Lage von chloro- phyllführenden, lückenlos schliessenden Zellen (ausgenommen unter den Stomata) aber nicht von Palissadenform. Hierauf ein sehr lockeres Schwamm-Parenchym. Lücken nach innen immer grösser werdend ; ihre grösste Ausdehnung ist parallel zur Breite des Blattes, im Quer- schnitt also längsgerichtet. Am grössten sind die Lücken in den an die Palissaden und die Gefässbündel grenzenden Schichten, mit denen die Zellen des Schwamm-Parenchyms nur locker zusammenhängen. Infolgedessen ist es ganz unmöglich, intakte Querschnitte zu be- kommen. Stets, auch bei dicken Schnitten, reisst der Schnitt zur Blattfläche durch, nur am Blattrand ist der Zusammenhang etwas fester, weil doch das Schwamm-Parenchym etwas kleinere Inter- zellularen aufweist. Dass des Blatt sozusagen aus zwei aufeinander lagernden, selbständigen Schichten besteht, lässt sich makroskopisch

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 101

noch weit besser nachweisen, als mikroskopisch. Man kann nämlich das Buchsblatt, nachdem man Spitze oder Blattbasis abgeschnitten hat, sehr leicht in zwei zur Oberfläche parallele, vollkommen getrennte Lamellen spalten, die nur am Rande, nicht einmal an der Mittel- rippe fest zusammenhalten. Hebt man die Unterseite ab, so treten die Rippen, die vorher nur verschleiert markiert waren, nackt und scharf hervor. Sie gehören ausschliesslich der obern Lamelle an, hinterlassen auf der untern nur schwache Furchen. Obere Lamelle dunkelgrün, untere dem sehr viel geringern Chlorophyllgehalt entsprechend hellgelbgrün. Dass aber das Blatt als ganzes auf Ober- und Unterseite so verschieden gefärbt ist, kann nicht von der verschiedenen Farbe der

Schwamm-Parenchym der Blattunterseite, Vergrösserung 1 : 200.

beiden Lamellen herrühren, denn der Farbenunterschied, so stark er im auffallenden Licht ist, verschwindet bei Betrachtung im durch- fallenden Licht. Die helle Farbe der Blattunterseite ist also darauf zurückzuführen, dass das auffallende Licht zum Teil total reflektiert wird, und zwar findet diese Totalreflexion offenbar an dem oben be- schriebenen, sehr weitmaschigen Gewebe statt, wo die Trennung der obern von der untern Blattlamelle erfolgt. Diese Verhältnisse gelten jedoch nur für alte Blätter.

„Junge, erst entfaltete Blätter wird man vergeblich in Lamellen zu spalten versuchen. Sie zeigen auch noch keinerlei Verschiedenheit in der Färbung von Ober- und Unterseite, obschon das dreischichtige Palissaden-Parenchym schon vollkommen ausgebildet ist. Die einheit-

102 H. Christ.

liche Färbung des jungen Buchsblattes, dem die luftführende ,,Tren- nungsschicht‘“ noch fehlt, ist ein weiterer Beweis, dass nicht der ver- schiedene Chlorophyllgehalt den Farbenunterschied des ausgewach- senen Buchsblattes bedingt. Übrigens ist die künftige Trennungs- schicht auch im jungen Buchsblatt schon angedeutet in Form eines hellen Stranges dünnwandiger Zellen, die sich unterhalb der Gefäss- bündel zur Blattoberfläche hinziehen und durch ihre Armut an Chlorophyll auffallen. Mittelrippe.

„Die trägt auf der Oberseite kurze borstige abstehende Haare und scheint auf der Unterseite dicht mit weissen anliegenden Haaren be- deckt zu sein. Untersucht man näher, so glaubt man eine mehlige Be- stäubung wahrzunehmen, die nicht nur der Hauptrippe, sondern auch

Epidermis der Blattunterseite. Krystalldrusen führende Zellen. Vergrösserung 1 : 520.

den Seitenrippen folgt und eigentlich sehr verdünnt über das ganze Blatt sich erstreckt. Diese hellen, schimmernden Streifchen sind nicht auf, sondern unter der Epidermis, und zwar sind es lange Züge von Krystalldrusen (Ca-Oxalat) führenden Zellen, die die Gefässbündel begleiten und durch Zurückwerfung des Lichtes die hellen, schim- mernden Streifen und Punkte vortäuschen. Die Drusen liegen stets in der auf die Unterseitenepidermis folgenden Schicht, füllen die Zellen oft ganz aus und erscheinen im durchfallenden Licht schwarz.“

Wenn es erlaubt ist, diese Besonderheiten des Buchsblattes:

1. Scheidung der obern und untern Blattlamelle durch eine luft- führende Trennungsschicht

2. Anhäufung des Chlorophylls in der obern Lamelle

3. Anhäufung reichlicher Calcium-Oxalatkrystalle in der untern Schicht zu deuten, so kommt in Betracht, dass beim Buchs das Blatt

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 103 in der Regel (mit Ausnahme beschatteter Lagen) horizontal absteht, oder mit dem Stengel einen spitzen Winkel bildet, und also der Strah- lung des weissen Kalkbodens nach oben ausgesetzt ist. Daher muss die an Chlorophyll sehr reiche assimilierende Oberseite durch be- sondere Einrichtungen geschützt werden. Die luftführende Schicht zwischen beiden Blattlamellen und die Krystallschicht dient als Isolator für das darüberliesende chlorophyllhaltende Parenchym.

Der Buchs qualifiziert sich also durch diese Einrichtung als ein auf stark insolierte Standorte eingestelltes und gegen die Heftigkeit ihrer Einwirkung geschütztes Gewächs.

Der Buchs keine atlantische Art.

R. Gradmann ') hat einer Gruppe von 18 Pflanzen, die er als atlantische zusammenfasst, weil sie sich ,,in ihrer Gesamtverbreitung den Ländern der europäischen Westküste besonders eng anschliessen“, auch den Buchs einverleibt.

Gradmann verwendet, indem er Arten wie Buchs, Tamus, Ilex aquifolium, Luzula Forsteri, Ceterach ete. als atlantische bezeichnet, diesen Begriff in einem besonders weiten Sinn. Wirklich atlantische Arten sind solche wie mehrere Erica, z. B. E. cinerea, mehrere Ulex, Myrica gale, Lobelia urens und Dortmanna, Daboecia polifolia, As- plenium marinum und A. lanceolatum, welche wirklich, ohne in den Kontinent einzudringen oder ins Mittelmeerbecken und die Kaukasus- länder nach Osten zu gehen, dem Küstenklima (Golfstromklima) des atlantischen Gestades folgen und demgemäss von den atlantischen Inseln, oder doch von Portugal und Westfrankreich über Gross- britannien hinaus, oft selbst an die Westküste Norwegens verlaufen, vermöge der flachen Temperaturkurve und der grossen Niederschläge der atlantischen Küste, welche aber sofort aufhören, sobald die ersten Bergketten Westeuropas ein trockeneres und extremeres Klima be- dingen. Diese Arten haben alle ein von Süden nach Norden ver- laufendes, der Küste angepasstes, schmales Areal.

Anders die von Gradmann zusammengestellten Arten. Sie haben alle nicht im atlantischen Bezirk, sondern viel eher im Bergland. des wärmern West- und Südeuropa ihr Zentrum und gehen grossenteils, dem Gebirge folgend, weit nach Osten : Ceterach bis Ungarn und in den tiefen Orient, Ilex, Luzula Forsteri und Tamus bis Niederöster- reich, zu dem Balkan, Kaukasus und weiter nach Osten. Zwar machen diese Arten in ihrer Verbreitung nach Nordosten Halt am Schwarz- wald, aber sie folgen nach Osten und Südosten den Alpen auf ihrer

8) Ergebnisse der pllanzengeogr. Durchforschung von Württemberg, Baden u. Hohenzollern 1912, V, 281, 282, 303.

104 Ri a H. Christ.

Süd- und meist auch ihrer Nordseite bis tief in die trockenen, kon- tinentalen Länder des Orients. Was sie einigt, ist nicht das ozeanische Klima des atlantischen Küstensaums, sondern ihr montaner, d.h. mässig feuchter und zugleich thermisch weniger extremer Standort: alle sind Wald- oder Hügelpflanzen.

Und nun der Buchs. Er kommt nicht vor, wo die wirklich atlantischen Arten sich häufen: auf den atlantischen Inseln, in Gross- britannien, in Südnorwegen; er fehlt nahezu Portugal und dem atlantischen Frankreich, nicht nur den sandigen Landes, auch der ganzen Bretagne, und wenn er im spanischen Galizien vorkommt, so ist es dank dem Gebirgssystem, welches die Nordwestecke Spaniens vom kantabrischen Gebirg her anfüllt und welches den Buchs aus seinem pyrenäischen Gebiet bis hieher leitet. Schon mit Südbelgien und dem Nordjura ist seine allgemeine Nordgrenze erreicht. Das heisse Tiefland der Mittelmeerländer und selbst deren trockene Hoch- gebirge in Südspanien, Italien und Griechenland meidet er : mit einem Wort, er ist eine Gebirgspflanze unterer Höhenlagen bis zur Koniferenregion, und nimmt in sehr allgemeiner Verbreitung die Berge und Hügel Südeuropas bis zum Kaukasus ein, mit einer Aus- strahlung aus dem pyrenäischen und südalpin-jurassischen Gebiet nach Norden bis an die Maas und den Rhein, aber durchaus nicht als eine Etappe der atlantischen, sondern der südalpinen Flora. Ein Blick auf unsre Kartenskizze wird dies dartun.

Dabei ist der Buchs nicht ein Glied der Mediterranflora im eigentlichen Sinn, denn gerade die rein und extrem mediterranen Florenbezirke hat er nicht besiedelt. Erst wo die Ausläufer der grossen Bergsysteme beginnen, da beginnen auch die Buxeta.

Die geringe ozeanische Beeinflussung der Buchsareale.

Aber auch der grossen, steil von Nordwesten nach Südosten ab- fallenden. europäischen Grenzlinie, die zuerst Alphons De Candolle für einen Hauptanteil der europäischen Flora: Buche, Ilex aqui- folium ete. nachwies und welche die ozeanisch beeinflussten von den kontinentalen Arten scheidet, fügt sich der Buchs nicht. Gerade die Bezirke unserer Schweiz, welche Brockmann-Jerosch mit Recht als Sammelpunkte ozeanischer Arten 8) (Ilex, Ahorne etc.) bezeichnet: die Föhn- und Seezone am Nordfuss der Alpen vom Jura bis Vorarl- berg und die ihr entsprechende insubrische Seezone haben den Buchs

68) Ich unterscheide hier die ozeanischen Arten, welche soweit reichen, als in Europa der Einfluss der feuchten Westwinde nach Osten sich erstreckt, von den speziell atlantischen Küstenarten mit weit schmalerem Areal, von denen oben die Rede war.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 105

nicht, während er in Ostspanien im Gebiet des regenlosen Sommers in den mit trockenem Föhrenwald bestandenen Gebirgen und in der Sibljak-Garide Serbiens bis Albanien in einer xerothermen Gesell- schaft wächst, die schon sehr kontinentalen Klimacharakter trägt. Zu verstehen ist diese Eigenart nur historisch: durch den Relikt- charakter des heutigen Buchsareals.

Anders sind die Verhältnisse im Orient. Die kolehischen Buchs- areale stehen offenbar unter dem Einfluss der sich am Kaukasus und Tschoroch niederschlagenden Verdunstung des Schwarzen Meeres und die von Masenderan und Talüsch unter dem der Emanationen des Caspi: hier kann man von lokal maritim begünstigten Buchs- arealen reden.

Klimatische Bedingungen.

Wenn viele Pflanzen mitten in konträren allgemeinen Klimaver- hältnissen sich in lokalen, auf Schluchten, Höhlungen etc. be- schränkten, oft sehr ‚kleinen Klömaten‘‘ gefallen und durch diese Fähigkeit weit über das allgemeine Klima hinaus nach Norden oder Süden, nach Osten oder Westen vordringen, so möchte ich den Buchs nicht dazu zählen. Offenbar fehlt er an unzählbar vielen Lagen, die nach ihrer ganzen Natur vortrefflich sich für ihn eignen, und findet sich an Stellen, wo er sichtlich in einem Kampf gegen sehr extreme klimatische Faktoren steht.

Es ist vorläufig aussichtslos, die klimatischen Grenzwerte für ein Gewächs bestimmen zu wollen, das in so verschiedenen Breiten wie die Mosel und Alicante, und in so verschiedenen Längen wie Kolchis und spanisch Galizien lebt. Das Gemeinsame ist der montane Cha- rakter der Standorte, der die Extreme der Austrocknung und der Temperaturen mildert und Niederschläge in genügender Menge zu- lässt. So wenig dem Buchs der xerotherme Charakter abgesprochen werden darf, ebensowenig darf er übertrieben werden. Wenn er auch die beständige Feuchtigkeit und Abkühlung der wasserbindenden Lehmgrundlage meidet, so bedarf er doch periodische Durchfeuchtung der Gesteinspalten, in denen seine Wurzeln haften. Welches Minimum von Niederschlägen er verlangt, ist unmöglich auszumitteln. Nur ver- mutungsweise Kann man annehmen, dass ihm ön unserer Breite (nicht allgemein) Niederschläge über 100 em nicht mehr zusagen, weil er sowohl die insubrische als die Föhn- und Seezone vermeidet. Für die Temperatur hat Gradmann eit. wertvolle Fingerzeige gegeben. Gleich der Stechpalme, sind der Buchs, Daphne laureola und Epheu die ein- zigen immergrünen grössern Holzgewächse unsrer Busch-Zone. Da- her finden sich auch diese Pflanzen im Hügel- und Bergland und nicht in der offenen Ebene, wo sie zu wenig Schutz vor Frost und

106 H. Christ.

Austrocknung fänden. Wintertemperaturen, denen laubabwerfende Sträucher widerstehen, kann eine Pflanze mit wintergrünen Blättern nicht gewachsen sein, welche erst noch dünner und krautartiger sind als die ihrer drei Genossen.

Gradmann zeigt, dass die Januar-Isotherme von + 1 über Mar- burg, Heidelberg parallel dem Rhein bis zum Rheinknie bei Basel verläuft. Nehmen wir nun an, dass der Buchs mindestens ein Januar- mittel von + 1 erheischt, so haben wir einen Grund, weshalb er nicht östlich dieser Linie auftritt.

Dass die Minimaltemperaturen bei dieser Begrenzung weit wich- tiger sind als das der Isotherme zugrunde gelegte Mittel, liest auf der Hand. Für Basel, 277 m, an der Buchsgrenze, betragen nach Gradmann 6°) diese Minima für Je 5 Jahre von 1881 bis und mit 1900 19,3, —13,6, —23,2 und 12,6, während sie für den Ostrand des Schwarzwaldes bei Calw, 350 m, bereits —26,2, —21,6, —23,5 und 15,0 betragen. Mit jedem Schritt nach Osten nehmen diese Extreme zu, sodass das Fehlen von Buxus nach Osten schon aus diesem Tem- peraturfaktor erklärlich ist.

‚Dass der Buchs bei uns bei hohen Kältegraden erfriere, habe ich in mehr als 30jähriger Beobachtung bei Liestal nie gesehen; viel öfter war dies mit Fagus und Carpinus, selbst mit Corylus der Fall. Da hier der Buchs meist durch Bäume überhöht ist, geniesst er auch besondern Schutz.

Über die klimatischen Erfordernisse des Buchses im westlichen Frankreich teilt mir Herr Simon folgende Ansicht mit:

„Es ist wohl nicht die Gesamtheit der klimatischen Verhältnisse, welche den Buchs in der Vendée und gegen den Kanal hin ausschliesst, denn er begnügt sich ebensogut mit der jährlichen Temperaturdistanz von 170 bis 180 (steile Kurve) in den Causses der Cevennen als mit der von bloss 130 bis 140 in den der Küste nahen Basses Pyrénées (flache Kurve). Wesentlicher ist wohl der Einfluss der Frühlings- regen, die während der tätigen Vegetationsperiode der Pflanze ein- setzen, und in unserm Südwesten scheint mir die Arealgrenze des Buchses ziemlich genau mit der Kurve der Frühlings-Regenmenge über 0,93 m für März, April und Mai zusammenzufallen und ander- seits mit der Kurve von 20° Julitemperatur.‘

Im kolchischen Gebiet wirkt offenbar die sehr hohe Sonnenwärme (Kutais, 152 m, Augustmittel 24,4 Centigr., absolutes Maximum 37,3 Centigr.) den sehr starken Niederschlägen (Kutais 134,3 cm, Batum 235,6 cm im Jahre) ausgleichend entgegen.?0) Im östlichen

69) Zit. S. 306. T0) Rikli. Lebensbild und veget. Verh. der Mittelmeerländer 1912, S. 90.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 107

Spanien fällt die Südgrenze der Buxeta mit der Nordgrenze der Winterregen zusammen, d.h. der Buchs reicht so weit, als die Herbst- und Frühlingsregen reichen, und hört da auf, wo die Niederschläge des Jahres sich gänzlich auf die Wintermonate beschränken.”!)

Höhenlagen.

Die von Buchs erreichten absoluten Höhen übersteigen die der Mäquis und fallen zusammen mit denen des Mischwaldes, um bei Be- ginn des reinen grossen Buchenbestandes und der Tannen den Grenz- wert zu erreichen.

Ich gebe hier die Liste der in vorstehender Darstellung ange- führten Quoten:

Jura und Nordgrenze.

m

Tagolsheim a 5) Grenzachwap 2 ee 2277222400 Schleitenbers. 27. 7..222.2490 Waäldenbures = 2.3.0 °.10.:25°600 Ober-Buehsiten . . . . . . 470—600 BAS GTAI RER es A) CrENChENEES RE eier a OCDE RE ER TE LRO O0

Frankreich nördlich der Pyrenäen.

Arvetal b. Blancheville . . . 500—1150

OQuerey an a ea AN

Oorbierest au mar ae TAAO

West-Pyrenäen . . . . . . 1400—1650

Pyren. orientales . . : . . 800—400—1200

Verdons waren car 2. 26500900 Korsika.

NA A SCORE RARE 1 O0 0E=7T00

NERO ETOILES 00

CAP ES MEME NN über 700 Spanien.

MOST ee 200 1100

DÉS de Out 2022200221900

Valencia: Moneo . . . , . 760

N) Rikli zit. S. 9.

108 H. Christ.

Südostalpen und. Italien.

Rrıaul:> Vilaay en m zer ES

Docchieyer no) Colza-Majaso . . . . 450—500

ATARI EG DO

Bellunom ss pre 220000

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Apenninabig Reco ER OU

N b. Aquila . . . . . 700—800—1100

iyoleer 0200222257900 600

[llyrien und Griechenland. Nord AlbANEN MERE 025)

ACLOCELAUNIA ll‘ Mirichzias 2 le, 2.120220) Olymposa, 2 222000

Kolchis-Pontus.

Kolchiszallgememe 2 2 00 SUCHUMARAlE SE NV Sandschak Mrapezunt . . . . 1500

Der Buchs kalkhold aber nicht kalkstet, dysgeogenes Substrat erfordernd.

Dass der Buchs die Kalkunterlage bevorzugt, ist leicht nachzu- weisen und alle Beobachter stimmen darin überein. Aber es ist nicht der Kalk als chemische Spezies, an die er gebunden ist, und es gibt Kalkunterlagen, die er vermeidet.

Der Kalkstein, den er besiedelt, muss kompakt sein und sein Detritus muss in Geröll und festen Trümmern bestehen, die Spalten darbieten, in welche seine Wurzeln dringen; er darf nicht in lehmige Erde oder Kalksand sich auflösen. Sandiges und lehmiges Erdreich flieht der Buchs, während er hie und da kalkfreies Urgebirge, Porphyr und Basalt bewohnt, sofern es kompakt und nicht sandigem Zerfall unterworfen ist. Wenn er also vorzugsweise den Kalkstein bewohnt, so kommt es stets auf den Aggregatszustand desselben an, und falls dieser vorhanden ist, kommt er auch auf andern Gesteinsarten vor. Tertiäre, auch kalkhaltige Molasse, welche sich in lehmigen Sand auflöst, vermeidet er so sehr, dass ganze grosse tertiäre Becken von ihm gemieden werden, gerade so wie sandige Haide (Landes) alten

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 109

Meeresbodens. Ich bin im Falle, sehr einlässliche Schilderungen dieses Verhaltens einer kalkholden, aber gewisse kalkige Bodenarten infolge ihres mechanischen Verhaltens vermeidenden, und ausnahmsweise, eben infolge einer ihr zusagenden mechanischen Besonderheit, kalk- freie Felsarten erwählenden Holzpflanze hier beizubringen. Dass bei einer so anpassungsfähigen Pflanze übrigens auch Standorte vor- kommen, die der allgemeinen Regel sich nicht zu fügen scheinen, ist nicht verwunderlich.

Anderseits bestätigt selbst die Kultur, dass in dem, zerfallenem Granit entstammenden Sandboden der Buchs nicht gedeiht, so der zu Einfassungen verwendete auf dem Friedhof von Chamonix.'?) Auch mir ist auf dem leichten Sandboden des Wiesentals bei Riehen im heissen Sommer 1911 eine Buchseinfassung eingegangen.

Thurmann 3) macht noch auf eine wichtige Wechselbeziehung zwischen dem Aggregatszustand der Unterlage und der Temperatur aufmerksam, indem er zeigt, dass xerophile Arten mittlern Grades auch auf weniger dysgeogenem Boden bestehen können, wenn die Temperatur hoch genug ist. Diese Ausgleichung betont er bei der Flora von Lot et Garonne, wo auf einem ziemlich zerreiblichen Kalk- stein .doch Arten vorkommen wie Buxus, Acer monspessulanum, Prunus Mahaleb, Cynanchum etc. Er sagt:

„Dank der Erhöhung der Temperatur lässt die eugeogene Unter- lage bereits manche Pflanzen trockener Standorte zu, welche bei uns anderes, festeres, mehr dysgeogenes Substrat verlangen. Wahrschein- lich ist dies, wenn wir von Norden nach Süden gehen, eine allgemeine Erscheinung, wie wir, von Süden nach Norden wandernd, die gegen- teilige Beobachtung machen.“

Doch nun zu den Darstellungen der Beobachter.

Ant. Magnin bemerkt zu dieser Frage:

„Der Buchs ist eine xerotherme, im Süden für die chemische Natur des Bodens fast indifferente Pflanze, welche aber mehr und mehr anspruchsvoll wird, indem sie gegen Norden ansteigt, wohin sie nur längs der Kalkgebirge gelangt. Ausnahmen rühren oft von Anpflanzungen her. Wie bei mehreren andern kalkliebenden Arten, erlaubt die Verpflanzung als bereits angewurzelte Pflanze dem Buchs das Fortkommen in anderem Boden, während dies bei Ansäen nicht gelingen würde. Diese Frage der Anpflanzung kommt bei mehrern Vorkommnissen des Buchses in der Champagne in Betracht. Ich meinesteils glaube vielmehr an einen Rückzug, an Relikte. Es gibt daselbst Orte, die durchaus an Buxeta erinnern, obschon sie sich heute nicht mehr daselbst finden.“

12) 4. Beauverd in litt. aa, Dhurmannızie 1,95, 121,172, 191, 193:

110 H. Christ.

Aus dem Studium des französischen Areals zieht Simon folgende Schlüsse über die Frage, ob der Buchs den Kalk als chemische Sub- stanz verlange oder ihn nur als die, ihm wegen seines Aggregatszu- standes förderlichste Grundlage bevorzuge.

„Der Buchs scheint im allgemeinen dichte Unterlage (sols com- pacts, durs et très secs) zu verlangen, die ihm vornehmlich der untre und mittlere Jura liefert, hie und da auch die Kreide. Jedenfalls ıst allein in der physischen Beschaffenheit des Bodens die Ursache der scheinbaren Anomalien in seiner Verbreitung zu suchen, wie sie z. B. Desmoulins anführt, ebenso der Grund seines Fehlens auf der ge- samten Molasse-Formation des Bassin Souspyreneen. Die nicht juras- sischen, von Lagreze-Fossat im Haut-Agenais zitierten Stationen werden wahrscheinlich mit den Schichten weissen Kalksteins des mittlern und obern Aquitanien zusammentreffen, die dort sehr ent- wickelt sind.

„Anderseits scheint der Buchs gleichgültig der chemischen Natur des Bodens gegenüber, da man ihn auch auf Granit und Schiefer findet.

„Diese Ansicht wird mir durch Mr. Coste bestätigt, der schreibt, Buxus ziehe allerdings Kalk vor, komme aber ebensogut auf den aus- schliesslich aus Schiefer bestehenden Felsen der Täler des Aveyron, des Rance, des Tarn, des Lot und ihrer Zuflüsse fort. Er befindet sich sehr wohl in basaltischen Tälern, aber scheint sich nicht zu ge- fallen auf den Granit-Plateaux, in losem oder ausschliesslich tonigem Terrain. Reiner oder stark mit Dolomit gemengter Kalk gilt ihm gleich. Aber Coste fügt bei: der Fels muss kompakt und widerstands- fähig sein, wie man ihn etwa auf dem Causse noir bei Montpellier- le-Vieux sieht, wo die Dolomitfelsen zum grossen Teil mit Buchs be- deckt sind. In der ganzen Region der Causses der Cevennen wählt er hauptsächlich die felsigen schwach bewaldeten Abhänge, deren Ge- rölle durch andre Gebüsche gefestigt sind: Haselnuss, Amelanchier, Schwarzdorn etc. Bei uns (im Centre) sind die Standorte analog, aber unsre Kalkhügel bieten keine Geröllhalden, und der Buchs bohrt seine Wurzeln in die Lücken der Felsbänke ein, wenn sie zutage treten, oder in die Spalten des dürren und steinigen Bodens (,,Chaumes“), wo Quercus pubescens herrscht. Auch Coste misst seine Abwesenheit ım aquitanischen Becken der Leichtigkeit bei, mit welcher hier das Terrain zerfällt, wie z. B. auch im Becken von Camares im Aveyron, das aus permischen, leicht sich auflösenden Mergeln besteht, der Buchs sehr selten ist, während rundum, auf dem Kalk bei St. Affrique, wie auf dem harten Sandstein und den dichten Schiefern des Rance- und Tarntals, der Buchs gerade so häufig ist als in den Causses. Ich glaube nicht, dass seine Seltenheit in der Ebene von Poitou, in der Charente

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 111

inferieure und der Gironde einer andern Ursache zuzuschreiben ist als der Ausdehnung der Kultur und namentlich der des Weinstocks in einer noch nicht fernen Vergangenheit. -Felsenstationen sind hier recht selten, wo sie aber auftreten, wie beim Douhet nahe bei Saintes, kann man auch Buchs antreffen.“

Ich stelle mit lebhafter Freude fest, wie genau die Ansichten der neuen französischen Forscher Magnin, Simon und Coste mit denen zusammentreffen, welche J. Thurmann in seinem klassischen Essai de phytostatique app. a la Chaine du Jura schon 1849 geäussert hat. Für den Buchs, wie für die ganze Vegetation des Jura stellt er nicht das Kalksubstrat als solches, sondern die kompakte, undurchlässige Eigenschaft des Juragesteins als Erfordernis in erste Linie. Er unter- scheidet zwei Hauptkategorien der Felsarten inbezug auf die Fähig- keit, sich in sandige oder lehmige Substrate aufzulösen :

1. Leicht erdebildende Felsarten (Roches eugeogenes), wohin z. B. roter Sandstein, Oxfordmergel, gewisse Molassensandsteine ge- hören.

2. Schwer erdbildende (Roches dysgeogenes), wozu besonders der kompakte Jurakalk, aber ebenso auch feste, feldspatarme Granite, Schiefer, Grauwacken, Basalte.

Thurmann nennt die Juraketten, die aus dem tiefen Süden Frankreichs bis zur schwäbischen Alb eine so gleichartige xerophile Vegetation besitzen, geradezu die Conducteurs dysgeogenes dieser Vegetation, und der Buchs gilt ihm durchaus als Leitpflanze der- selben: S. 192 sagt er ausdrücklich von ihm: ,,il s'arrête partout sur les lisieres eugéogènes, et dessine nettement notre are de montagne comme contrée sèche, chaude et dysgeogene.‘‘ So charakterisiert er die untre Region des schweizerisch-savoyischen (östlichen) Jura durch Buxus, Mahaleb, Acer opulifolium, Coronilla Emerus, Quercus pubescens, und die des französischen (westlichen) Jura wiederum durch Buxus, den Acer, die Coronilla, den Mahaleb und die Quereus. Als Leitpflanzen für den ganzen Jura der mittlern Region gibt er folgende Reihe: 1. Buxus, 2. Helleborus foetidus, 3. Fagus, 4. Daphne laureola.

Auch erklärt er die Unterbrechungen der Buchsbestände so: ,,sie scheinen vom Boden herzurühren, wie dies vielleicht der Fall ist für die etwas lehmigen (also eugeogenen Der Verf.) Liaskalke von Grenoble.“

J. Briquet hält den Buchs nicht für kalkstet, wie etwa Argyro- lobium argenteum, das ebenso kalkbedürftig ist im mediterranen Süden als in seinen sehr seltenen xerothermen Kolonien im Rhone- becken. In den Secalpen am piemontesischen Abhang sah er ihn nur auf Kalk, aber nicht z. B. auf den Molassehügeln bei Mondovi. Auf

12 H. Christ.

dem Südabhang ist er sehr häufig, und in der montanen Region, wo er über weite Gebirge geht, ist er auf Urgebirge völlig zu Hause. So auch im Tal der Tinée zwischen Saint-Sauveur und Isola. Die Buxeta sind eine charakteristische Formation der warmen Täler des Südab- hangs von 500 bis 1000 m.

G. Beauverd äussert sich folgendermassen :

Die Dünen von Coudrée, welche das dortige Buxetum tragen, be- stehen aus stark, wenn nicht gänzlich entkalkter Molasse: ein Boden, der den Buchs meist ausschliesst, während hier die aussergewöhnlich thermische Natur dieses Standorts ihm die Ansiedelung ermöglicht. Dasselbe ist der Fall in den südlich exponierten Schluchten, welche das Molasse-Plateau von Rumilly durchziehen. Hier ist der Buchs in Begleitung indiffierenter oder kalkfliehender Pflanzen. Diese Mo- lasse ist kompakt, zeigt aber einige Spuren von Calcium. Letzteres ist nicht der Fall bei den erratischen Blöcken von konpaktem Protogyn bei Blancheville, im Tal der Arve, wo zwischen 600 bis 1150 m auf den Halden des Urgonien der Montferrantkette (Aravis) ein pracht- voller Buchsbestand diese Blöcke bedeckt, in deren Zwischenräumen die üppigsten Buchssträucher stehen, die Herr Beauverd je in Sa- voyen sah.

Eigentümlich schildert L. Blanc +) die Verhältnisse bei Mont- pellier: In der mit Bäumen gemischten Garrigue steht der Buchs an mergeligen Kalkabstürzen, weiterhin kommt er zugleich auf kieseligem zerfallenem Sandboden des Maquis, auf mergeligem Kalk der Ebene und der höhern felsigen Garrigue vor, woraus Blanc auf die Anpassung des Buchs an verschiedene Assoziationen schliesst, . wie wir bereits bei Betrachtung der Xerothermie des Buchses mit- teilten.

Das lückenhafte Areal.

Das lückenhafte, von Briquet mit Recht kapriziôs genannte Areal des Buchsbaums, dessen einzelne Bestände so oft durch viele, ja hun- derte von Kilometern messende Abstände getrennt sind, ohne dass verbindende Etappen vorhanden wären, ist ein altes Problem. Schon die Volksnamen, welche die Buxeta bezeichnen, zeigen, dass das streng Lokalisie te des Vorkommens längst auffiel: Buchsiten (Buchsseite) heisst das Dorf und Buchsgau die Gegend des Solothurner Jura, wo Buchs vorkommt; Buchsweiler im Sundgau, Buchsberge in Basel- land, Sundgau, „Palmberge“ an der Mosel, Buix im welschen Jura, Montagne au Buis an der Maas in Belgien, Moulin des Buis und

74) L. Blanc. Limites cit. 221.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 113

Pont de Buis in Westfrankreich, Col du Buis in den Alp. marit., Pyxaria in Griechenland zeugen ferner dafür.

Wohl mögen einzelne solcher Lücken aus der Natur der Unterlage sich erklären (bei Grenoble nach Thurmann), aber der Augenschein zeigt, dass die allermeisten sich aus heutigen Unterschieden nicht erklären lassen. Briquet führt als eklatantes Beispiel das Buxetum des Vuache und die des Buchses entbehrende Balme de Silligny in identischer Lage an, und dasselbe gilt für die Lücken längs dem Ost- rand des Jura. Besamung auf weite Distanz erscheint ausgeschlossen. Die Früchte und Samen entbehren ganz der Anemochorie, erstere be- stehen aus trockenen, schliesslich in drei Klappen zerfallende Kapseln ohne Fruchtfleisch ; letztere sind hart und bitter und beide werden kaum von Tieren gefressen, welche weite Räume durchmessen.

Auch für die Balkanhalbinsel erwähnt Baldacci den Buchs als pianta che vive sopra superficia limitata.

Der Buchs ist also zugleich eine lokalisierte und eine gesellschaft- liche Pflanze mit ,,Reinkultur‘ im Grossen. Dazu trägt bei die für viele andre Arten unbewohnbare oder wenig geeignete trockene, sterile Natur seiner dysgeogenen Standorte, wo er wenig Konkurrenz hat, dann aber seine kräftige Wurzelvermehrung und da; geringe Raum- bedürfnis der einzelnen Stöcke, die sich im Gegenteil in sehr dichtem Stande wohlbefinden.

Der Buchs myrmekochor.

J. Briquet hat nachgewiesen, dass in Korsika, im Tal von Asco, der Buchs myrmekochor ist, d.h. dass seine Samen von Ameisen ver- schleppt werden. Er fand in Höhlungen der Felsen Anhäufungen solcher Samen, Vorräte für ihre Wanderungen, die sich die Ameisen angelegt hatten, wie dünne Kolonnen von Ameisen bewiesen, die sich von einem dieser Depots zum andern und zum Ameisenhaufen be- wegten, und solche, welche von da ins Buchsgebüsch verliefen. Der Same hat eine Caruncula, ein wahres Elaiosom. Es ist dies wohl der erste Fall von Myrmekochorie, der von einer Baumart aus Europa be- richtet wird.®5) Briquet 76) fügt bei:

„Diese Erscheinung kann vielleicht gewisse Anomalien in der Verbreitung des Buchses erklären. Wenn z. B. bewiesen wäre, dass nur gewisse grosse südliche Ameisenarten diese Samen verschleppen, würde es möglich, zwischen der geographischen und topographischen

D) Fr. Morton. Bedeut. d. Ameisen für d. Verbreitung d. Pflanzensamen. Wien 1912, 14. 76, La myrmecochorie du buis. Arch. sc. phys. natur. Genève Nr. 15,

15 mars 1912. 8

114 H. Christ.

Verbreitung der Ameise und des Buchses eine Beziehung herzustellen, was von Interesse wäre, da der Buchs eine kapriziôse Verbreitung in dem xerothermen Becken der Rhone hat. So ist er im savoyischen Jura häufig am Vuache, fehlt aber an der Balme de Sılligny unter identischen lokalen Verhältnissen in nur 12 km Liniendistanz, und Stoll hat gezeigt, dass gewisse xerotherme Kolonien auch durch Anwesenheit bestimmter südlicher Ameisen charakterisiert sind.“ Herr Briquet teilt mir mit, dass er auch in Savoyen die Myrmekochorie des Buchses wahrgenommen habe.

Da, wie mir Prof. Aug. Forel gütigst mitteilt,”7) in Europa Wander-Ameisen, welche Wanderzüge auf weite Distanz vornehmen, nicht existieren, so sind die oft viele Kilometer auseinander liegenden disjunkten Buchsinseln des Rhone- und anderer Täler durch die Hypothese der Ameisenarbeit nicht erklärbar. Selbstverständlich geht allen mit xerothermer Flora ausgestatteten Standorten eine xerotherme Fauna auf gleicher Stufe parallel. So findet sich im und nahe bei dem Buxetum beı Liestal Zygaena transalpina, Z. Fausta und Z. peuce- dani, Naclia ancilla, Thyris fenestrella, Geometra Ulmaria, Pleroma matronula, und von Schnecken massenhaft Cyclostama elegans und Bulimus detritus, auch die Viper, und ich zweifle nicht, dass auch Ameisen der gleichen thermischen Stufe vorhanden sind.

Sollte nun, wie Briquet als Objekt künftiger Forschung hinstellt, auch eine in unsern Buchsbeständen den Samen sammelnde und herumschleppende Ameise gefunden werden, so wäre doch vielleicht insofern ein Einfluss letzterer auf die lokale Verbreitung des Strauches möglich, dass die Ameise wenigstens dem Samen eine etwas weitere und gleichmässigere Verteilung gäbe, als dies ohne ihre Hilfe der Fall wäre. Der Same des Buchses ist oval, glatt poliert, schwer, und es fehlen ihm alle Mittel, um Distanzen zu überwinden. Wenn ıhn nun die Ameisen herumschleppen, so kann sich daraus die sehr kompakte und oft andere Pflanzen auf grössern Gebieten fast ausschliessende Dichtigkeit der Buxeta erklären: eine intensive Aussaat auf kurze Distanz durch Tiere. Es scheint also mehr die bestimmt umrissene Form und Dichtigkeit der Areale, als die disjunkte Zerstreuung der- selben durch den Einfluss der Ameisen wahrscheinlich.

Die Reliktstandorte.

Mithin scheint mir für die grosse Lückenhaftigkeit namentlich der nördlichen Areale des Buchses nur eine Erklärungsart wahrschein- lich: dass die Art an ihrer Peripherie nicht im Vorschreiten, sondern ım Rückgang begriffen ist: dass die insular getrennten Bestände Re-

17) A. Forel. In litt.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 115

likte einer frühern vollständigern und zusammenhängendern Ver- breitung bilden. Carlos Pau hat dieselbe Erklärung für die nach Süd- osten ausklingenden, letzten Buchsstandorte der pyrenäischen Halb- insel ausgesprochen. Der Rückgang fällt gewiss hie und da der Ein- wirkung des Menschen zur Last: im grossen und ganzen aber handelt es sich wohl um eine tertiäre Spezies, welche sich an ihren ,,Grenz- vorposten‘ nicht mehr halten kann. Herr E. Simon äussert sich über diese Frage also:

„Die natürlichen Standorte des Buchses können Relikte der alten Vegetation sein. In der Nähe von Paris findet sich der Buchs in den alt-quaternären Lagern von La Celle bei Moret fossil mit Ficus Carica, Laurus nobilis und Canariensis, Evonymus latifolius, Cercis siiquastrum, die alle nicht mehr hier vorkommen. Wer weiss, ob nicht noch, selbst in der Pariser Gegend, ursprüngliche Vorkommnisse von Buchs: z.B. auf dem harten Sandstein von Vaux de Cernay (Chätin) sich erhalten haben ?“

Schon das Verhalten des Buchses zur Buche zeigt ein Unterliegen gegenüber unsrer jüngsten Baumflora an. Der Buchs ist ein Glied nicht unseres mitteleuropäischen Buchenwaldes, sondern entweder offene Formation für sich oder ein Glied des wärmern Mischwaldes, in welchem Quercus sessiliflora, Acer campestre etc. dominieren.

Nach Brockmann-J erosch '8) ist die Buche das späteste in unsern Gegenden aufgetretene Element des Waldes und ist im Begriff, die sieben. wärmern, gemischten Waldformationen zu verdrängen, zu denen de Buchs her

Am Waldsaum des Erzenbergs bei Liestal ist diese Erscheinung bis ins Kleine hinein deutlich. Es ist eine Kampfzone. Von unten her schränkt die Kultur den jurassischen Mischwald mit seinem Buxetum immer mehr ein. Nur noch als ein Waldsaum hält sich dieser Gürtel mit seiner bunten Belaubung von Sorbus torminalis und S. aria, Acer platanoides, A. campestre, Traubeneiche und dem Gebüsch von drei Coronillen, Helleborus foetidus, den Labiaten und dem Buchs. Und von oben dringt der tiefe Schatten der mächtig heranwachsenden Buchen ein und erstickt das Gebüsch. Der Buchs passt sich zwar in erstaunlichem Grade an, so lange er kann und geht in die schlaffe Schattenform augustifolia über. Aber allzu lange ist dies nicht mög- lich: die Buche siegt, und immer schmaler ist der Raum, welcher für die xerotherme Juraflora zwischen ihr und der Feldmark übrig bleibt: mit andern Worten: die jüngere Buche besiegt den geologisch ältern Buchs.

78) Anderung des Klimas seit der grössten Ausdehnung der letzten Eis- zeit in der Schweiz. Stockholm 1910, 65.

116 H. Christ.

Rolle des Glazialphänomens.

Wir werden kaum irre gehen, wenn wir in erster Linie und vor den klimatischen Faktoren, der diluvialen Vergletscherung das Fehlen des Buchses auf der ganzen gewaltigen Nordseite der Alpenkette zu- schreiben. Die zisalpine Schweiz ist hiefür besonders bezeichnend. Keine Spur der Pflanze ist in all ihren milden und scheinbar für sie so geeigneten Tälern zu finden, mit alleiniger Ausnahme des „Jura- tals“‘ à des Ostrandes der Jurakette, längs a sich eine dünne Reihe isolierter Stationen hinzieht, die dem grossen Hauptareal des südwest- lichen Jura und den Westalpen entstammen. Es sind entweder Relikte des frühern breiten pliozänen Areals, wofür ihre Isolierung spricht, oder es sind wofür die hohe Vergletscherung des östlichen Jura- abhangs angeführt werden kann, postglazial eingewanderte Vorposten aus dem südwestlichen Hauptareal, die mit der xerothermen Flora ihren Einzug hielten, welche in Begleitung dieser Buxeta überall auftritt. Und wenn auf der französischen Seite des Jura und weiter- hin nach Westen der Buchs in breitem Strom sich erhielt und Vorposten bis zur Mosel und Belgien aussandte, so ist eben diese Seite vor einer totalen en wie sie die Alpenländer östlich vom Jura er- fuhren, durch den hohen Jura selbst bewahrt geblieben. Ich habe an einem andern Orte 7) gezeigt, wie geeignet Sich das Juratal, d.h. die längs des Jura verlaufende Depression zwischen dem Fusse dieses Gebirgs und dem schweizerischen Plateau, dem Vordringen der warmen Florenelemente des südlichen Rhonetals darbot, da die Wasserscheide, welche sich bei La Sarraz zwischen der nach Süden abfliessenden Venoge und der nach Westen sich wendenden Orbe er- hebt (451m Meereshöhe), eine unmerkliche ist und klimatisch auch heute noch so wenig eine Schranke bildet, dass gerade hier ein nam- haftes Buxetum, und in der Schlucht La Tine de Conflans #0) auch Adiantum Capillus veneris sich findet. Letztere Art findet sich sogar dem Buchs benachbart noch weiter nördlich am See von Neuchätel (St. Aubin), während sie auch bei Fort l’Eeluse und Bellegarde mit ihm auftritt. Von dieser ostjurassischen Ausnahme abgesehen, ist trotz einzelner Angaben (z. B. bei Salzburg) ein spontanes Buxetum auf der ganzen Nordseite der Alpen nicht nachgewiesen.

Wie nun überhaupt die ‚warme‘ Flora nach Ablauf der Eis- zeiten von Westen her in die zisalpinen Gegenden eindrang resp. sich im Westen am leichtesten erhielt, so konnte auch der Buchs das fran- zösische Berg- und Hügelland erreichen und durch die Lücke des Fort

79) Christ. Fflanzenleben der Schweiz 1879, 119. 30) Christ. Farnkräuter der Schweiz 1900, 61.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 117

l’Eeluse sogar auf die Ostseite des Jura eindringen, während den Alpentälern und Alpenvorländern dieser Zugang verschlossen war.

Das Verschwinden der grossen Vergletscherung hatte am Ostfusse unseres Jura die Bildung einer grossen Seefläche zur Folge, von welcher der Genfer-, Neuenburger- und Murtensee und die grossen Jura-Möser die heutigen Reste sind. Gegen diese Seefläche bildet der Abhang des Jura ein Spalier, an welchem sich von Südwesten her die südjurassische und Rhoneflora nach Norden vorschieben konnte, und damit auch der Buchs, der die Buchten und besonders das Vor- gebirg des Mormont bei La Sarraz besiedeln konnte, während ihm eine Verbreitung über das schweizerische Mittelland hin durch den Jurasee verwehrt war.

Verbreitung des Buchses als einer tertiären Art.

Dass der Buchs ein alter, tertiärer Typus ist, wurde längst nach- gewiesen. Aber er gehört offenbar nicht zum Bestande der eozänen Flora (Monte Bolca ete.), welche einen paläotropischen Charakter trägt, mit Palmen, Ficus, Büttneria, Dillenia, Aralia, sondern er ist ein Glied des speziell „tertiären Elements“ (Engler), wie es sich im Miozän durch das Pliozän hindurch bildete, mit Iuglandeen, Cu- - puliferen, Acer, Abies, Rhododendron, Ilex, Prunus laurocerasus, Smilax.

In der Tat sind es pliozäne Schichten, in welchen Buxus-Restg gefunden sind: im Pariser Becken, dann bei Meximieux (Buxus plicocenicus Saporta und Marion) und im Oberpliozän bei Frank- furt a/M.;®1) an letzterer Stelle mit Acer monspessulanum (mit welchem er heute noch im Südjura bis zum Fort l’Ecluse zusammen- steht, und von dem er an seiner äussersten Nordgrenze bei Koblenz heute noch nicht sehr entfernt vom Maintal wächst), Rhamnus cathartica, Evonymus europaeus, Ilex aquifolium, Prunus avium.

Und dass der Buchs auch während der glazialen Unterbrechung hindurch sein Leben bis in unsre Epoche fristete, bezeugen die inter- glazialen Vorkommnisse in der Höttinger Breccie bei Innsbruck (v. Wettstein), am Iseo-See (Baltzer), bei Lugano (E. Fischer), bei Flurlingen nahe Schaffhausen (L. Wehrli,$2) welcher an den er- loschenen, aber von Haller, histor. stirp 1748 und Thurmann noch er- wähnten benachbarten Standort im Enge-Wald erinnert) und Kann- statt bei Stuttgart. Sehr spärlich sind die Begleitpflanzen, welche

31) Engelhardt und Kinkelin. Die oberpliozäne Flora des Unter-Maintals Senckenberg. Ges. 29, 3. 82) /. Wehrli. Kalktuff von Flurlingen 1894 mit Abbildung.

118 H. Christ.

im interglazialen Schutt von Flurlingen bei Schaffhausen zugleich mit Buchsblättern gefunden sind. Es sind, der Häufigkeit nach ge- ordnet, Acer pseudoplatanus, Buxus, Fraxinus excelsior, Abies pectinata und zweifelhafte Taxusreste. Also lauter Arten der heutigen Flora, aber eine etwas feuchtere Nuance des Standorts andeutend durch die Gegenwart der Abies und des A. pseudoplatanus statt des A. platanoides.

Besonders genau ist durch v. Wettstein8?) geschildert das reiche interglaziale Niveau, in welchem bei 1200 m Meereshöhe unweit Innsbruck bei Hötting sich Buchs fossil findet. Begleitfossile sind daselbst Hedera, Ulmus campestris, Tilia platyphyllos, Cornus san- guinea, Sorbus aria, Taxus, Carpinus, Acer pseudoplatanus, Salıx triandra, Orobus vernus, die alle in unsern heutigen Buxeta auch vor- kommen können; dann Ribes alpinum, Salix grandifolia und S. glabra, die nebst Bellidiastrum und einer Adenostyles heute erst in höherer Gebirgslage sich finden, als der Buchs sie im Jura liebt; ferner ein Rhamnus und Rhododendron ponticum, während der von Wettstein noch angeführte Arbutus Unedo nach Murr 84) als Salıx grandifolia zu bestimmen ist.

Bekanntlich kommt heute Buxus im ganzen zisalpinen Tirol nicht mehr vor, und wenn man die Höttinger Breccien-Flora mit Rhododendron und Buxus in annähernder Gesamtheit beisammen finden will, so ist das nur noch im kolchisch-pontischen Gebiet möglich.

Dies pliozäne Florenelement hat sich nun aber, wenn nicht in- takt, so doch annähernd identisch im kolchisch-pontischen Bezirk er- halten, wo mit dem Buchs die Iuglandeen (Pterocarya), Cupuliferen (Carpinus), Acer, Abies, Rhododendron ponticum, Ilex, Prunus laurocerasus, Smilax eine rein tertiäre Formation bilden.85)

Und wenn wir nun die Veränderungen ins Auge fassen, die seit dem Miozän über die Region des heutigen Mittelmeeres ergangen sind, so wird uns auch die grosse Lücke deutlich, die jetzt zwischen dem kolchischen und dem westeuropäischen Buchsareal der Gegen- wart klafft: eine Lücke, die durchaus nicht dem Buchs allein eigen ist, sondern die gleichermassen einen weitern Bruchteil der tertiären Flora betrifft, von welehem Rhododendron pontieum das illustre Bei- spiel ist, weil es zwischen Kolchis-Libanon im Osten und Algeciras- Alsarve im Westen nirgends mehr vorkommt, während im inter-

53) Fossile Flora der Hôttinger Breccie. Denkschr. Math.-Nat.-Wiss. Kl. akad. Wiss. Wien 1892, 59. 5

8) J. Murr. Österr. Botan. Zeitschrift 1913, Nr. 3.

55) Vergl. Solms-Laubach. Weizen u. Tulpe 1899, S. 91 u. f.

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 119

glazialen Schutt von Hötting, vom Iseo und von Lugano Zwischen- stationen erhalten sind.

In der Miozänzeit wurde das Mittelmeer zu einer isolierten ozeanischen Bucht, die sich andauernd verkleinerte, und zu deren Resten das Schwarze und das Kaspische Meer gehören.

Während des mittlern Miozäns (Richthofen), ja bis zum Pliozän (Engler) erstreckte sich das zentralasiatische Binnenmeer mit seinem westlichen Ende über das Pannonische bis zum Wiener Becken hin. Zwischen diesem und dem Mittelmeer bestand eine zusammen- hängende Landverbindung nach Westen durch Persien und längs der nordafrikanischen Küste bis zur pyrenäischen Halbinsel. Das ist die alte tertiäre Verbindungslinie des kolehischen und des westeuro- päischen Buxusareals. Wie breit das einstige tertiäre Buxusgebiet war, bezeichnen die Nordgrenzen an der Maas und das Relikt im Algerischen Atlas: also 15 Breitegrade.

Heute ist nun in diesen breiten Gürtel eine grosse Bresche gelegt von der Adria bis zu den Seealpen und dem ostspanischen Küstenge- birge. Sie ist eine Folge der Veränderungen, die im mittlern Teil des mediterranen Bezirks in geologisch neuer Zeit vor sich gingen.

Der Untergang der Tyrrhenis, die sehr späte Erhebung der italienischen Halbinsel, die Lombardei ein Meerbusen bis in die quaternäre Epoche hinein machen es deutlich, dass Italien heute dem ursprünglichen Buchsareal nicht mehr angehört, sondern nur un- sichere Spuren davon aufweist, und ebenso, dass er in den insubrischen Alpenbogen nicht mehr einwanderte, während das alte Korsika ihn bewahrt hat.

Bedeutsam ist, dass auf den Blättern des Buchsbaums sich epiphylle Flechten finden, als einziges Beispiel dieser sonst nur tropischen Erscheinung in unsrer Zone. Man kennt eine: Pilocarpon leucoblepharon vom Kaukasus, eine andere: Catillaria Bouteillei (Desm.) Zahlbr. von Paris. R. Chodat 3%) fand im feuchten, hoch- stämmigen Buxetum von Sciez-Coudrée am Genfersee die Catillaria, eine Parmelia und eine Strigula: Str. Buxi Chodat. Letzteres Genus ist neu für Europa. Auch diese epiphyllen Flechtenkolonien sind ein subtropischer, also tertiärer Zug.

Systematisch ist der Buchs ein alter Typus unter den Trikokken, der nach Hallier den Hamamelideen zuneigt. Neben unserm Buxus sempervirens sind in der alten Welt nur seltene Nebenarten vorhanden : B. balearica Wlld. der Balearen, B. longifolia Boiss. bei Antiochia, B. madagascarica Baillon von Madagaskar, B. Hildebrandtii Baill.

86) Bull. Soc. Bot. Genève. 31 oct. 1912, 39. Verhandl. Schweiz. Naturforsch. Ges. Altorf 1912, II, 209.

120 H. Christ.

vom Somali-Land, B. Wallichii Baill. ist die Form des Himalaya und B. Japonica Müll. Arg. die China-Japans. Zwischen diesen ost- asiatischen Formen und dem B. sempervirens ist derselbe alte geo- graphische und genetische Zusammenhang wahrscheinlich, wie zwischen Pinus excelsa und P. Peuce, Cedrus Deodara und C. Libanı, Forsythia, Sibiraea, Hedera, Quercus Gruppe Ilex und so vielen andern.

Zusammenfassung.

Buxus sempervirens L. sp. ed. I 983, ed. II 1394. Deutsch Buchs, Französisch Buis, Englisch Box, Italienisch Bosso, Spanisch Buj, Griechisch Pyxari, alle diese Namen ohne Zweifel abgeleitet. von pyxis = Büchse, Französisch boîte, Englisch box, Italienisch bossolo, weil Buchsholz früher überall wesentlich zur Anfertigung kleiner Geräte diente.

1. Der Buchs ist eine fertiäre Holzpflanze, die sich unverändert durch die quaternäre Periode in ihrem Areal bis heute erhalten hat, nur dass dies Areal beträchtliche Rückgänge an seiner Nord- und Südgrenze und in seiner Mitte eine Teilung in eine Ost- und eine Westhälfte erlitten hat. Niemand kann bezweifeln, dass im kol- chischen Gebiet heute noch die Tertiärflora unverändert besteht. Dies wird bewiesen durch die vielen dominierenden Holzgewächse, die dort den Grundstock der Waldung bilden und sich in gleicher Gestalt im Pliozän unserer Länder wieder finden: darunter auch der Buchs. Dieser Beweis wird aber auch geführt durch westeuropäische Funde von Buxus im Pliozän von Meximieux und Paris: also im Gebiet des heutigen Buchs-Areals. Und dass er ununterbrochen durch die quarternäre Zeit ebenfalls im Bereich oder doch in der nächsten Nähe der heutigen Buxeta vorhanden war, zeigen die interglazialen Vor- kommnisse bei Kannstatt und Flurlingen.

An der Nordgrenze des europäischen Areals: im Nordjura, an der Mosel, in Belgien, in Nordfrankreich werden die Buxeta immer zer- streuter und zuletzt auf weit von einander entfernte einzelne insulare

Flecken reduziert. Dasselbe ist der Fall auf der Südgrenze : in Italien

und Spanien. Ohne jede Tendenz der Ausdehnung oder Ausfüllung der Zwischenräume, müssen diese lückenhaften Grenzstandorte als Relikte einer frühern breitern Gesamterstreckung des Buchsareals gelten. |

3. Die grösste Diskontinuität des Gesamtareals aber ist das mäch-

tige Dreieck, das heute das Mittelmeer zwischen den östlichen Ge-

staden der Adria und dem östlichen Spanien einnimmt. Die grossen relativ sehr jungen Veränderungen, welche hier das Mittelmeerbecken durch Verschwinden der Tyrrhenis u.s. w. erlitten hat, können hier

Vorkommen des Buchsbaumes in der Schweiz, Europa u. Vorderasien. 121

nicht erörtert werden: aber deutlich ist es, dass ein wesentlicher Teil des Kontinuums zwischen den genannten Küsten, das in der Tertiär- zeit noch bestand, zu Meer geworden ist. Zeugen des alten Areals sind noch die wenigen Reste von Buxus auf der italienischen Halbinsel, auf Korsika und Sardinien. Der zwischen den beiden Ost- und West- Buchsarealen klaffende Hiatus reicht hinein bis zum Fuss der Alpen, denn es findet kein längs der Südseite den Alpen fortlaufender Pflanzenzug von Buchs von den Ost- zu den Westalpen statt, sondern die insubrische Lücke vom Gardasee bis zu den Seealpen hat keine Buchsbestände. Ohne Zweifel hat das Meer, das noch in spättertiärer Zeit die Lombardei bedeckte, diese Lücke zustande gebracht, und das abnorm feuchte Klima jener insubrischen Lücke ist gleichermassen dabei im Spiel.

4. Gemäss dem tertiären Ursprung unseres Baumes der aller- dings in seiner westlichen, trockenen Arealhälfte zum Strauch redu- ziert wurde ist er keine xerotherme Pflanze in jenem vollen Sinn, der den vielen Typen zukommt, welche an ein regenloses Sommer- klima und nahezu frostfreie Winter streng angepasst sind, wie die Flora der Riviera, Südostspaniens, Andalusiens, Siziliens sie enthält. Schon das ist bezeichnend, dass diese Gegenden vom Buchs geflohen sind oder dass er nur als Relikt in montanen Lagen daselbst vor- kommt. Der grossen Cistusformation des Mediterran-Gebiets mit all ihren Begleitern ist der Buchs fast fremd. Noch mehr: er kommt an Stellen, die in unsern Gegenden sich durch lokale Klimate mit abnorm hoher Austrocknung, Besonnung und durch einige stark süd- liche und Steppenarten auszeichnen (Ost-Elsass, Wallis, Maurienne} kaum vor, ja umgeht sie eigentlich. Der Buchs ist xerotherm, hält aber einen Mittelwert ein und flieht das Extrem: er macht gewisse An- sprüche an Befeuchtung während des ganzen Jahres. Am nächsten kommen wir seiner Natur in hygrisch-thermischer Beziehung, wenn wir ıhn als Gebirgspflanze, als eine submontane Art bezeichnen, welche zudem die Nähe des Waldes liebt und ebene Standorte meidet.

Im Süden ist der Buchs häufig Bestandteil der Macchia (Gar- rigue) d. h. der mit Bäumen durchsetzten oder reinen Buschfor- mation, aber nicht in der heissen Tiefregion, sondern in der obern Macchia, wo bereits feuchteres Klıma herrscht und sich Ilex aqui- folium und Sträucher mit abfallendem Laub einfinden. In unsern Breiten liebt der Buchs auffallend den Stand im Halbschatten des Mischwaldes an der untern Grenze des geschlossenen Buchenwaldes, dessen Schatten ihn verdrängt, während Ilex bei uns selten mit Buchs zusammen ist, sondern den Buchenschatten vorzieht.

5. Inbezug auf die Unterlage wächst der Buchs in der Regel auf Kalk. Allein es ist nicht das chemische Substrat, dessen er bedarf,

122 H. Christ.

sondern das Kalkgebirg ist ihm kongenial, weil er kompaktes (an- stehendes oder zerbröckeltes) Gestein bedarf (roche dysgeogene Thurmann), sowie es die obern Juraschichten besonders typisch dar- stellen, während er sandige wie auch tonig-lehmige, aufgeschlossene Bodenarten (terrains eugeogenes Thurmann) flieht: ohne Zweifel weil er die beständige Durchfeuchtung dieser Terrains nicht erträgt. Der Beweis ist dadurch geleistet, dass Buchs auch auf Granit, Por- phyr u.s. w. wächst, sofern sie dysgeogener, fester Natur sind. Er ist überall eine ebenso intensiv gesellig wachsende als lokalisierte Art.

6. Wie aber der Buchs keine Mediterranpflanze im vollen Sinn ist, so ist er auch keine atlantische Art. Schon dıe Tatsache, dass er die Nähe des atlantischen Küstensaums meidet, in Portugal kaum vorkommt, im ozeanischen Littoral Frankreichs (zumal in floristisch so rein atlantischen Gegenden wie die Vendee, die Bretagne, das Cotentin) und in Grossbritannien fehlt, ist dafür entscheidend.

Er ist eine Art sui generis, deren Eigenart sich aus den tertiären Reminiszenzen erklären mag, die ihr anhaften. Auch darf die sehr hohe Anpassungsfähigkeit von Buxus nicht übersehen werden, die uns klar wird, wenn wir ihre Stationen in Kolchis, in der spanischen Macchia und im Nordjura vergleichen. Wir würden also irre gehen, wenn wir aus der Gegenwart von Buxeta auf völlige Gleichheit der klimatischen und edaphischen Faktoren dieser Lokalitäten schliessen würden. Vielmehr mutet dieser Charakterzug des Buchses tertiär an, weil in der Tertiärzeit die Differenzierung der Klimate und folg- lich auch die Spezialisierung der Anpassungen nicht so weit ent- wickelt. waren als heute. Jedenfalls ist das heutige kolchische Klıma mit seiner hohen Waldesfeuchtigkeit und warmen Sommertemperatur das ursprüngliche, dem Buchs als optimum angehörende Tertiär- klima geblieben, während die Pflanze in Westeuropa doch wohl be- reits der Gefahr sich nähert, der allmählich fortschreitenden Aus- trocknung zu erliegen.

Manuskript eingegangen 12. April 1913.

Inhaltsverzeichnis.

Vorkommen im nördlichen Plateau-Jura

Standorte im obern Rhein- und Illtal :

Vorkommen am Ostrande des schweizerischen tan UELI. Standorte in den Alpes Lemanniennes und am Südrande des Genfersees Die Allgemeine Verbreitung vom Orient bis Westeuropa

Das kolchisch-pontische Areal ; $ Vorkommen in den Balkanländern und am Südrande der sise: à Standorte in Italien

Der insubrische Hiatus .

Vorkommen in Frankreich . :

Nördliche Vorposten im deutschen Nioseil md belsischen Maastal Verbreitung auf der iberischen Halbinsel .

Standorte in Korsika, Sardinien und Nordafrika

Totalverbreitung von Buxus sempervirens ale:

Der Buchs weder mediterran noch entschieden Reno EE :

Anatomie von Buxus

Der Buchs keine atlantische art

Die geringe ozeanische Besinlunssung: der Buch an sale

Klimatische Bedingungen

Höhenlagen ; Fe LT AT ON a ee we: Der Buchs kalkhold sie sien tale, dysgeogenes Substrat erfordernd Das lückenhafte Areal

Der Buchs myrmekochor

Die Reliktstandorte

Rolle des Glazialphenomens à

Verbreitung des Buchses als einer rentes ne

Zusammenfassung .

Seite

46 53 60 66 68 68 71 14 76 17 87 89 92 93 95 99 105 104 105 107 108 112 115 114 116 117 120

Ein elektrischer Wolframrohr-Vakuumofen.')

Von

Fr, Fichter und G. Oesterheld.

Henri Moissan hat einen elektrischen Lichtbogen von hoher Stromstärke in einem passend ausgehöhlten Kalkblock brennen lassen und durch diesen glücklichen Griff die Chemie der extrem hohen Temperaturen begründet. Seinem Lichtbogenofen verdanken wir die Synthese der künstlichen Diamanten, die Darstellung der Carbide, Boride und Silicide, sowie die Gewinnung vieler seltener schwer- schmelzbarer Metalle, und gegenüber dieser ungeahnten Erweiterung der Möglichkeiten in der anorganischen Methodik traten die Mängel des Moissan'schen Ofens zunächst ganz zurück.

Man kann die Unvollkommenheiten der ursprünglichen Kon- struktion etwa folgendermassen kurz zusammenfassen :

1. Die Temperatur ist nicht willkürlich zu regulieren, und haupt- sächlich ist die Beschränkung derselben auf genau bestimmte, etwa im Bereich zwischen 15000 bis 25000 liegende Gebiete nicht mit Sicherheit zu erreichen.

2. Der Heizraum des Ofens ist nicht in einfacher Weise von der Atmosphäre abzuschliessen. Allerdings wird eine Kohlenoxyd- atmosphäre von reduzierendem Charakter entwickelt, aber man kann nicht in jedem beliebigen Gas und unter jedem beliebigen Druck arbeiten.

3. Die Verwendung der Kohlenelektroden bedingt die stete Ge- fahr der Verunreinigung sämtlicher Produkte durch die Aufnahme von Kohlenstoff.

Die willkürliche Regulierung der Temperatur lässt sich nun er- reichen, wenn als Prinzip der Heizung nicht der Liehtbogen, sondern die Widerstandserhitzung gewählt wird, indem beispielsweise ein Rohr aus einem genügend feuerfesten, die Elektrizität leitenden Ma- terial als Widerstand in einen Stromkreis eingeschaltet wird. Da bietet sich nun wieder in erstier Linie die Kohle dar, und es gibt eine

1) Demonstriert in der Sitzung vom 8. Januar 1913.

Ein elektrıscher Wolframrohr-Vakuumofen. 125

ganze Anzahl von Konstruktionen von Kohlenrohröfen, die Tempe- raturen bis zu 2500° in jeder durch die Regelung der Stromstärke bequem einzustellenden Höhe erreichen lassen, wie beispielsweise der Vakuumofen von Otto Ruff,?) oder der Graphitrohrofen von Arsem) Allein diese Öfen besitzen noch den einen Nachteil des Mosssan’schen, dass nämlich infolge der Gegenwart von Kohlenstoff bei den hohen Temperaturen eine Verunreinigung der erhitzten Stoffe unvermeidlich ist. Der Ersatz der Kohle durch Silundum +) bietet nur eine mangel- hafte Abhilfe, weil Silundum oberhalb 1700° durch Verdampfung des Siliciums zerfällt und dann wieder Kohle zurückbleibt.

Von Metallen kommen natürlich nur die strengflüssigsten in Be- tracht; aber selbst Iridium ist nur bis etwa 21009 anwendbar und hat übrigens, ausser dem hohen Preis, den Nachteil, bei hoher Tem- peratur stark zu zerstäuben.

Nun ist in den letzten Jahren infolge der Entwicklung der Glüh- lampentechnik ein Metall von höchster Strengflüssigkeit immer mehr in den Vordergrund getreten, das Wolfram. Der Schmelzpunkt des Wolframs liegt nach H. v. Wartenberg’) bei 2900°, während ihn v. Pirani®) gar zu 32509 angibt. Auf alle Fälle kann man (eine Wolframröhre unbedenklich bis zu 25000 verwenden. Man gelangt aber bereits bei 2200° in ein Gebiet, wo alle sogenannten feuerfesten Stoffe wie Magnesia, Alundum etc. schmelzen, und die Untersuchung der verschiedenen Reaktionen nur bis zu dieser Temperatur hinauf bietet schon ein gewaltiges Interesse.

H.v. Wartenberg !) hat als Erster einen kleinen Kurzschlussofen mit einer Wolframröhre konstruiert und für die Bestimmung des Schmelzpunktes von Thorium (17000) verwendet. Es lassen sich mit Hilfe eines derartigen Apparates sehr leicht alle drei oben gerügten Mängel des Lichtbogenofens vermeiden: die Temperaturregulierung ist erreichbar durch Regulierung der Stromstärke; die W olframröhre wird in einen gekühlten, gasdichten Kessel eingesetzt und kann so in jeder beliebigen, nicht oxydierenden Gasatmosphäre unter jedem ge- wünschten Druck erhitzt werden; die geringe Flüchtigkeit des Wolf- rams verhindert jede Verunreinigung des Schmelzguts.

2) Ber. d. deutsch, chem. Ges. 43. 1564 (1910); Zeitschr. für angew. Chemie 24. 1459 ((1911).

3) Trans. Amer. Electrochem. Soc. 9. 153 (1906); 22. 98 (1912).

4) F, Bölling, Chem.-Ztg. 32. 1104 (1908); R. Amberg, Zeitschr. f. Elektro- chemie 15. 725 (1909); A. Sieverts und W. Krumbhaar, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 43. 893 (1910).

5) Verh. d. deutsch. phys. Ges. 12. 125 (1910).

6) Verh. d. deutsch. phys. Ges. 12. 301 (1910).

7) Zeitschr. f. Elektrochemie 15. 866 (1909).

126 Fr. Fichter und G. Oesterheld.

In Anlehnung an das Modell von H.v. Wartenberg bauten Franz Fischer und E.Tiede®) einen ähnlichen Ofen, wo die Wolframröhre von etwas grösseren Dimensionen in eine evakuierte Glaskugel ein- gesetzt wurde. Sie destillierten in ihrem Apparat Zinn bei einer Temperatur von beiläufig 22000.

Eine Reihe von Fragen, die mit der Untersuchung des Alu- miniumnitrids im Zusammenhang stehen, weckten in uns den Wunsch nach einem Vakuumofen, der Temperaturen über 2000° zu erreichen gestattete, und wir haben uns nach eingehender Prüfung der bisher beschriebenen Systeme schliesslich dazu entschlossen, einen eigenen etwas abgeänderten Entwurf zur Ausführung zu bringen, der unter Zugrundelegung der ursprünglichen Anordnung v. Wartenbergs eine bedeutend grössere Wolframröhre enthält und dadurch das Arbeiten im präparativem Massstab gestattet.

Die Herstellung der Wolframröhren ist der schwierigste Teil der Aufgabe, denn man kann das Metall eben wegen seines extrem hohen Schmelzpunktes nicht im kompakten Zustand bekommen.

Man stellt aus 200 gr Wolframpulver (‚Wolfram gereinigt“ von C. A.F. Kahlbaum) und etwas Stärkekleister (1—2 gr. Stärke in 10 cm? Wasser zum Kleister gekocht) in der Reibschale (eine plastische, zusammenbackende Masse her, und füllt dieselbe in kleinen Portionen in die Pressform, Fig. 1, deren Dorn mit einer dünnen Schicht von sogenanntem Marineleim überschmolzen ist. Jede einge- füllte Portion muss sorgfältig zusammengestampft werden, wozu am besten eine eiserne Röhre mit ungleich langen Zacken dient. Presst man mit nicht gezackten Röhren, so bekommt die Wolframmasse horizontale Schichtungen und zerfällt beim Anheizen oder nach wenigen Experimenten in einzelne kurze Ringe. Stäbchen kann man nicht zum Stampfen verwenden, weil durch sie die Marineleimschicht verletzt würde. Ist die Pressform bis über die Kuppe des Dorns mit Wolframmasse gefüllt, so setzt man einen Stempel auf und presst das Ganze in einer wirksamen Presse tüchtig zusammen.

Die noch feuchte Wolframröhre von etwa 90 mm Länge, 20 mm äusserem und 16 mm innerem Durchmesser muss nun getrocknet wer- den. Nimmt man diese Operation in der Pressform vor, so bekommt die Wolframmasse leicht Risse, indem sie an den Wänden anklebt und sich beim Trocknen zusammenzieht. Man muss darum die Wolframröhre noch feucht aus der Pressform herausnehmen. Zuerst wird der Dorn herausgezogen, indem man einen glühenden Eisendraht in seine axiale Bohrung steckt und dadurch den Marineleim zum Erweichen bringt. Vorher aber entfernt man die Bodenplatte und

8) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 44. 1717 (1911).

Ein elektrischer Wolframrohr-Vakuumofen. 127

setzt an ihre Stelle ein rechteckiges Flacheisenstück, dessen runde mittlere Bohrung zwar dem Dorn den Durchtritt gestattet, aber die Wolframmasse festhält: das Flacheisen wird an die untere Mündung der Form angedrückt, indem es durch lange Schrauben mit einem ebenso grossen auf der oberen Öffnung liegenden Flacheisenstück verbunden ist. Wenn der Dorn entfernt ist, so drückt man die Wolframröhre aus der Form mit Hilfe des Stempels auf der grossen Presse langsam heraus. Diese Operation wird dadurch erleichtert, dass die Form innen ganz schwach konisch ausgedreht ist; der Unter- schied der inneren Durchmesser oben und unten beträgt 0.2 mm.

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Fig. 1.

Die weiche Wolframröhre wird ganz langsam und vorsichtig ge- trocknet, zuerst 12 Stunden lang bei Zimmertemperatur, dann ebenso- lang in der Nähe eines Heizkörpers und schliesslich im Trocken- schrank unter langsamer Steigerung der Temperatur bis auf 110°. Sie muss dann im Wasserstoffstrom gehärtet werden, indem man sie in einer Nickelröhre von 25 mm innerem Durchmesser, 1.5 mm Wand- stärke und 1000 mm Länge im Heraeus-Ofen auf 1200° erhitzt und getrockneten Wasserstoff durchleitet. Man muss dabei sorgfältig ver- hüten, dass die Wolframröhre am Nickelrohr anbackt; dies gelingt. am sichersten durch Anwendung eines schwach gekrümmten Nickel- blechs von etwas grösserer Länge als Unterlage, das reichlich mit

128 Fr. Fichter und G. Oesterheld.

Magnesia bestreut wird, so dass die Wolframröhre nur auf losem Magnesiapulver ruht. Nach drei- bis vierstündigem Glühen im Wasserstoffstrom ist die Wolframmasse durch und durch metallisch

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Fig. 2. Schnitt und Seitenansicht.

geworden, was sich in der gleichmässig silbergrauen Farbe (gegen- über dem bräunlichen Ton der ursprünglichen Masse) zu erkennen gibt. Gleichzeitig ist sie so hart geworden, dass man sie mechanisch bearbeiten kann, um ihre Enden zum Einsetzen in die Kupferfas- sungen vorzubereiten.

Der zylindrische Vakuumkessel, dessen Maße aus der Fig.2 und 3 zu entnehmen sind, ist aus Kupferblech von 3 mm Stärke angefertigt,

Fin elektrischer Wolframrohr-Vakuumofen. 129

an der Seite mit einer kurzen horizontalen Röhre samt Spiegelglas- fenster versehen und durch einen aufgeschraubten flachen Bronze- deckel verschlossen, dessen Diehtung durch einen Gummiring bewirkt wird. Die vier Schrauben sind so verteilt, dass der Deckel sowohl in der in Fig. 2 gezeichneten als in einer um 90° gedrehten Stellung aufgesetzt werden kann. Der Deckel trägt einen kleinen Vakuumhahn sowie die beiden Elektroden. Die eine derselben ist mit dem Deckel direkt verschraubt, die andere isoliert durchgeführt, indem sie ım

Fig. 3. Ansicht von oben.

innern des Kessels durch eine mehrfache Lage von Glimmerringen und oben durch mehrere 2 mm dicke Lagen von sog. „Klingerit“ vom Deckel getrennt ist, dessen Bohrung ihr einen genügenden Spiel- raum gewährt. Die Elektroden bestehen aus weiten Kupferröhren von 3.5 mm Wandstärke, die unten flach gehämmert, von einem hart eingelöteten kurzen Querrohr durchsetzt und durch eine einseitig vor- springende, einen stumpfen, gegen oben offenen Winkel bildende sodenplatte verschlossen sind. In die Querröhren passen kurze dicke Kupferröhren, die als Fassungen der Wolframröhre dienen. Um einen 9

130 Fr, Fiehter und G. Oesterheld.

möglichst guten Kontakt zwischen Elektrode und Kupferrohr sowie zwischen Kupferrohr und Wolframrohr zu sichern, kann man die Fassungen mit Schlitzen versehen, und die vier Lappen um das Wolframrohr noch mit Hilfe eines Ringes und vier kleiner Schräub- chen anpressen. Auf alle Fälle muss vor jedem Versuch genau geprüft werden, ob genügender Kontakt zwischen den verschiedenen inein-

ELENTROVEN-ENVEN

EXFANVIERENVE KUFFERFASSUNG

Fig. 4.

ander steckenden Röhren vorhanden ist. Die Einzelheiten der be- schriebenen Anordnung sind aus Figur 4 ersichtlich.

Zur Kühlung werden die Elektroden von kaltem Wasser durch- flossen, das an ihrer tiefsten Stelle durch ein Röhrchen eintritt und oberhalb des Deckels durch ein Seitenrohr abgeleitet wird. Ausser- dem ist der ganze Vakuumkessel in einen etwas grösseren Kühlkessel eingesetzt, der durch den Auslauf der Elektroden und im Bedarfs- falle noch durch einen Hahn am Boden gespiesen wird ; das erwärmte

Ein elektrischer Wolframrohr-Vakuumofen. 131

Wasser tritt durch einen Überlauf am oberen Rande aus. Der Vakuumkessel ist vom Boden des Kühlkessels durch einen dreieckigen Rost getrennt, so dass das Wasser frei unten durch zirkuliert. Der Kühlkessel besitzt ein seitliches Spiegelglasfenster, das genau mit dem Fenster des Vakuumkessels korrespondiert. Den ganzen Apparat hat Herr A. Kohler, Mechaniker an der Chemischen Anstalt, mit ge- wohnter Geschicklichkeit konstruiert.

Eine frisch im Wasserstoffstrom ausgeglühte (W olframröhre wird nun in die Kupferfassungen eingepasst, mit denselben in die Elektroden eingeschoben, und der Deckel nun so auf den Vakuum- kessel gesetzt, dass man durch das Fenster die Wolframröhre von der Seite beobachten kann. Man evakuiert mit Hilfe der Wasserluft- pumpe den Vakuumkessel und überzeugt sich von seiner Dichtigkeit gegen das Eindringen von Luft, indem man das Manometer auf Konstanz des Druckes kontrolliert. Die Probe auf Dichtigkeit gegen das Eindringen von Wasser macht man nach Füllung der Elektroden und des Kühlkessels; es dürfen sich nach zwölfstündigem Stehen des evakuiertem Kessels im Innern nirgends feuchte Stellen zeigen: man muss in dieser Hinsicht namentlich die Lötstellen an den Elektroden und die Dichtungen am Deckel, am Fenster und an der isolierten Elektrode genau prüfen. Ist alles dicht, so ersetzt man die verdünnte Luft durch sauerstofffreien Wasserstoff, evakuiert wieder, lässt wieder Wasserstoff zuströmen, und fährt so fort, bis die Luft voll- kommen durch Wasserstoff ersetzt ist. Die Gasströme sind durch eine Trockenanlage mit konzentrierter Schwefelsäure und Phosphor- pentoxyd vollkommen von Feuchtigkeit zu befreien; auch muss man das Eindringen von Wasserdampf von der Saugpumpe her durch zwischengeschaltete Trockenapparate verhindern. Käuflicher Wasser- stoff ist in der Regel sauerstoffhaltig und wird in einem Verbren- nungsofen durch eine lange Schicht von erhitztem Kupferdrahtnetz gereinigt.

Wenn der Vakuumkessel nur noch mit verdünntem Wasserstoff von 10-20 mm Druck gefüllt ist, schaltet man den elektrischen Strom ein. Der auf der Photographie?) Fig.5 gut sichtbare Transformator enthält 100 Primärwindungen von 4 mm Durchmesser und wird ge- spiesen mit Wechselstrom von 110 Volt Spannung. Seine aus 12 Windungen von Kupferband (105 mm? Querschnitt) bestehende Sekundärwicklung gestattet durch verschiedene Schaltung die Ent- nahme von Spannungen in der Höhe von 2, 4, 6 oder 12 Volt. Die maximale, aus der Sekundärwicklung zu entnehmende Stromstärke bei der niedersten Spannung von 2 Volt veranschlagen wir auf 2500

9) Von Herren Kohler aufgenommen.

Oesterheld.

(

Fichter und

Fr.

132

Ein elektrischer Wolframrohr-Vakuumofen. 135

Ampere, bei einer Primärstromstärke von 55 Ampere. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Wolframröhren meist einer höheren Span- nung bedürfen, doch erlaubt unsere Konstruktion, durch eine ver- änderte Schaltung im Primärstromkreise, auch bei 4 Volt Spannung dieselbe Stromstärke zu entnehmen, wobei allerdings primär bis zu 100 Ampere oder also 11 Kilowatt aufgewendet werden müssen. Man sieht aus dem Bilde auch die starken Kupferkabel von je 2 mal 310 mm? Querschnitt, die den Sekundärstrom dem Ofen zuführen. Beim Bau des Transformators erfreuten wir uns ebenfalls der ausge- zeichneten Hilfe des Herrn A. Kohler.

Das Anheizen einer neuen Röhre darf nur sehr langsam ge- schehen. Zeigen sich helle Ringe, so kommt dies von ungleichmässiger Dichte des schlecht zusammengestampften Materials. Es ist uns ge- legentlich gelungen, auch solche Röhren brauchbar zu machen, indem wir während des Erhitzens einen Druck in axialer Richtung auf die einseitig festgekeilte Röhre durch eine grosse Kupferfeder ausübten. Man erhitzt nun immer höher, wobei die Röhre in ihrem ganzen Ver- lauf gleichmässig hell erscheinen und an den Enden gegen die kalten Elektroden hin einen gleichmässigen Temperaturabfall zeigen muss.

Wenn eine Röhre sich bei diesem ersten Erhitzungsversuch bis etwa 20009 bewährt hat, so ist sie noch viel fester und widerstands- fähiger geworden und vermag nun in der Regel eine ganze Anzahl von Operationen bei Temperaturen bis und über 2000° auszuhalten. Um môolichst hohe Temperaturen zu erzielen ohne doch allzugrosse Mengen elektrischer Energie aufwenden zu müssen, haben wir die Wolframröhren abgedreht und dadurch ihre Wandstärke vermindert; in der Figur 2 ist dies angedeutet.

Wesentliche Ersparnisse an elektrischer Energie lassen sich er- zielen, wenn man die Verluste durch Strahlung mit Hilfe eines feuer- beständigen Schirmes vermindert. Zu diesem Zwecke haben wir ein ziemlich weites, aus einem Veitscher Magnesiatiegel herausgesägtes Magnesiarohr angewendet, das auf dem vorspringenden Rand der Bodenplatten der Elektroden ruht. Zum bequemeren Einsetzen ist das Magnesiarohr der Länge nach in zwei Hälften zerschnitten. Es ist ausserdem an einer Seite mit einer auf beide Hälften über- sreifenden runden Öffnung versehen, um seitliche Temperaturbe- obachtung zu erlauben. Das Magnesiarohr ist auf der Zeichnung Figur 4 sowie auf der unten folgenden Photographie Figur 6 zu sehen.

Im allgemeinen wird bei den eigentlichen Erhitzungsversuchen der Deckel samt Elektroden so eingesetzt, dass die Beobachtung der im Inneren der Röhre befindlichen Körper und ihre Temperatur in axialer Richtung erfolgt (vergl. Figur 2 und 3). Manchmal ist es

Oesterbeld.

Fichter und (

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Ein elektrischer Woltramrohr-Vakuumofen. 113%

indes bei orientirenden Versuchen bequem, die Temperatur der Wolframröhre statt der Temperatur des Schmelzgutes zu bestimmen, was durch Umstellung des Deckels ohne Schwierigkeit erzielt wird.

Die Temperaturmessung geschieht mit dem Wanner-Pyrometer (von Dr. R. Hase in Hannover). Selbstverständlich muss an der direkt abgelesenen Temperatur eine Korrektion angebracht werden, weil die Strahlen des zu messenden Körpers durch zwei dicke Spiegelglas- scheiben und eine Wasserschicht ins optische Pyrometer gelangen. Die Korrektion ist für das Gebiet zwischen 1100° und 1400° ermittelt worden, indem ein Platinblech durch einen elektrischen Strom glühend gemacht und die Temperatur einmal bei direkter Ablesung in der Luft, das andere Mal durch Anvisieren des in den Kessel ge- stellten Glühkörpers bestimmt wurde. Die Differenz ergab sich zu 409. Die Photographie Figur 6 zeigt den betriebsfähigen Vakuum- ofen 10) mit dem Transformator, den Messinstrumenten zur Bestim- mung von Spannung und Stromstärke im Primärstromkreis, einem Voltmeter zur Bestimmung der Spannung im Sekundärstromkreis, und dem Pyrometer samt seinem in einen Kasten eingebauten Akku- mulator.

Wir möchten diese Beschreibung des Wolframrohr-Vakuumofens nicht schliessen, ohne unserer Befriedigung und unserem Dank Aus- druck zu geben, dass die Behörden beim Neubau der Chemischen An- stalt eine genügende Versorgung mit elektrischer Energie ermöglicht haben, um derartige Arbeiten mit Erfolg durchzuführen.

Basel, Anorganische Abteilung d. Chem. Anstalt.

10) Es wäre ein Leichtes, unseren Vakuumofen so umzubauen, dass er auch als Lichtbogenofen zu verwenden ist im Sinne der Konstruktion von L. Weiss und E. Neumann, Zeitschr. f. anorg. Chem. 65. 248 (1910), indem man die isolierte Elektrode zum Festhalten des einen gepressten Metallstabes be- nützt, den andern Metallstab in der Querröhre der zweiten Klektrode in einer geeieneten Fassung beweglich anordnet, und die Distanz der Stäbe durch ein Zahmgetriebe reguliert, das durch Vermittlung einer im Deckel anzubringenden Stopfbüchse zu betätigen wäre.

Manuskript eingegangen 30. April 1913.

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers.

Von

Paul Steinmann, Aarau.

Dass den Tieren des strömenden Wassers das Bestreben eigen ist, der Strömung entgegen zu wandern, ist meines Wissens in dieser all- gemeinen Form noch nie ausgesprochen worden. Wohl hat Dewitz 1) die grosse Verbreitung, der Rheotaxis erkannt und teilweise durch Experimente bewiesen. Allein er hielt die rheophilen und die zufällig ins fliessende Wasser geratenen limnadophilen Arten nicht ausein- ander und kam daher teilweise zu negativen Resultaten. Den Anstoss. zu seinen Untersuchungen gaben Beobachtungen der Bewohner von Aquädukten mit rasch strömendem Wasser in Mentone. Experimen- tiert wurde vornehmlich mit einer runden Schale, ın der durch einen schräg gestellten Schlauch ein Kreisstrudel erzeugt wurde. Eine im Zentrum dieses Gefässes angebrachte höhere Schale mit kleinerem Durchmesser half, diesen Kreisstrom zu isolieren. Das Wasser strömte über den Rand der niedrigen, grossen Schale hinaus. Als „negativ“ rheotaktisch (gegen die Strömung schwimmend oder kriechend) er- wiesen sich zahlreiche Tiere, ,,Limaciden des Wassers (wohl Limnaeen, vielleicht auch Planarien), Gammarus, Phryganiden, Perliden, Ephemeriden. Weniger deutlich reagierten Nephelis, N oto- necta und Nepa, während die auf der Oberfläche des bewegten Wassers laufenden Hydrometraarten sich wie Soldaten gegen die Strömung einstellten. Deutlich war das rheotaktische Verhalten ferner bei zahl- reichen Fischen und bei der Wasseramsel (Cinclus aquaticus). Von einer Fliegenlarve der Beschreibung nach dürfte es sich um Simulium (Melusina) handeln nimmt Dewitz positive (— negative in unserm Sinn!) Rheotaxis an. Dabei dürfte es sich, wie wir später sehen werden, um einen Trugschluss handeln. Auch der Flug des Vogels gegen den Wind (Anemotaxis) wird von Dewitz mit der Rheotaxis verglichen. Ihm schliesst sich Wheeler ?) an, der die bei

1) Dewitz, J. Über Rheotropismus bei Tieren. In: Archiv für Anatomie und Physiologie. Physiolog. Abteilung. Supplement 1899, S. 231—244.

2) Wheeler, W. M. Anemotropism and other tropisms in Inseets. Roux Archiv für Entwicklungsmechanik. Bd. VII, 1899, S. 373 —381.

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. « 137

Insekten beobachtete Anemotaxis (Syrphiden, Bibioniden, Antho- myiden) ebenfalls als eine Form von Rheotaxis auffasst.

Beschränken sich diese zwei Autoren auf die Feststellung des rein Tatsächlichen der Rheotaxis, so versuchten andere den Vorgang zu analysieren.

In mehreren Arbeiten gibt Lyon?) *)®) Rechenschaft über seine Untersuchungen an Fischen. Er kommt dabei zu Resultaten, aus denen hervorzugehen scheint, dass es Rheotaxis (d.h. Orientierung nach der Strömung durch die Strömung) nicht gibt. Die Fische, die sich gegen den Strom stellen, werden nicht durch die Strömung selbst, sondern durch optische Reize orientiert. Ein Tier, das mit dem Kopf stromwärts „an Ort‘ schwimmt, nimmt zu den Objekten des Bodens und des Ufers eine bestimmte Lage ein. Wird es abwärts getrieben, so verschiebt sich das Netzhaut-Bild. Auf diesen Reiz stellt sich der Fisch ein, indem er das Bestreben zeigt, das Netzhautbild beizube- halten. Die entscheidenden Versuche wurden mit Hilfe einer Flasche ausgeführt, in welche die Versuchstiere eingeschlossen waren. Wurde dieses Gefäss in das fliessende Wasser gebracht und daselbst befestigt, so schwammen die Fische ohne Orientierung durcheinander. Liess man aber die gleiche Flasche flussabwärts treiben, so stellten sich die Insassen mit dem Kopf nach oben in die Strömungsrichtung ein und sammelten sich am obern Teile der Flasche. Damit war bewiesen, dass die Orientierung unabhängig von der Strömung durch optische Reize erfolgt. Lyon und besonders Garrey,$) der mit Stichlingen (Gasterosteus bispinosus) experimentierte, erkannten, dass sich ein analoges Experiment im Laboratorium ausführen lässt. Bewegt man längs einem Aquarium mit Fischen einen Papierstreifen mit parallel angeordneten schwarzen Strichen, die zur Bewegungsrichtung senk- recht stehen, so stellen sich die Fische in die Bewegungsrichtung ein und machen Schwimmbewegungen, so dass sie das Gesichtsfeld mög- lichst beibehalten: „The fish made the compensatory effort to keep the visual field constant.“ Sie schwimmen also in der Bewegungs- richtung und mit der gleichen Schnelligkeit, wie das Papier sich be- wegt, vorwärts. Wären sie selbst in Bewegung durch die treibende Kraft des Wassers, so würde der gleiche Reflex bewirken, dass sie dem Wasser entgegenschwimmen, was ja tatsächlich im fliessenden

3) Lyon, E. P. On rheotropism. 1, 1904. American Journal of Physio- logy. 12, 1904, S. 149. 4) Lyon, E. P. Rheotropism in fishes, Biological Bullet. 8, 1905, S. 238.

5) Lyon, E. P. On rheotropism. II, 1907. American Journal of Physio- logy. 24, 1907, S. 244. 6) Garrey, W. E. A sight reflex shown by sticklebacks. Biolog. Bulletin.

8, 1904/05, S. 79 84.

138 Paul Steinmann.

Wasser geschieht. Garrey variierte den Versuch noch in der Weise, dass er eine Röhre mit bewegtem Wasser wählte und an ihr seinen Papierstreifen in und entgegen der Richtung des strömenden Wassers bewegte. Er konnte hiedurch seine Stichlinge veranlassen, sogar mit dem Strom zu schwimmen. Er schliesst wie Lyon aus diesen Tat- sachen, dass die rheotaktische Orientierung nur durch optische Wir- kungen zustande komme. Daraus ginge hervor, dass geblendete Fische und sehende während der Nacht nicht rheotaktisch reagieren, und wirklich soll die Orientierung nach der Strömung in diesen Fällen unterbleiben, wenn nicht taktische Reize der dem Boden entlang ge- schleiften Fische die Einstellung ermöglichten. Die gleichen Be- obachtungen wie an Fischen wurden von Lyon und HadleyT) an anderen Tieren (Amphioxus, Hummer (Homarus americanus) und Paramaecium) angestellt.

Nach alldem scheint es also Rheotaxis in dem Sinn von Dewiltz nicht zu geben, sondern lediglich optische oder taktische Schein- rheotaxis. Loeb zieht in seinem Referat über Rheotropismus in Wintersteins Handbuch der vergleichenden Physiologie tatsächlich diesen Schluss. Loeb: die Tropismen, S. 503. Wir werden im Ver- lauf unserer Darstellung zu zeigen haben, dass er darin zu weit geht.

Bevor wir an die Mitteilung der eigenen Beobachtungen und Experimente gehen, müssen wir uns über die Ausdrücke Rheotaxis und Rheotropismus äussern, die in ganz verschiedenen, teilweise aber auch in identischem Sinn in der Literatur anzutreffen sind.

Loeb hat darauf hingewiesen, dass zwischen der Einstellung fest- gewachsenen Organismen (Pflanzen, Röhrenwürmer etc.) in die Richtung des Lichtes und der Drehung frei beweglicher Geschöpfe nach oder von dem Lichte ein prinzipieller Unterschied nicht bestehe. In beiden Fällen handelt es sich um ein durch die Einfallsrichtung des Lichtes bestimmtes Drehungsbestreben (Tropismus).

Trotzdem sind die beiden Vorgänge nicht identisch, wird doch die Einstellung festsitzender Wesen ganz oder fast ganz durch un- gleiches Wachstum der lichtzu- und der lichtabgewandten Seite er- zielt, während die Orientierung freibeweglicher Organismen meist durch Muskelkontraktion erfolgt. Zu dem kommt, dass der Effekt in den beiden Fällen ganz verschieden ist, indem ein festgewachsener heliotropischer Organismus nur in seiner Wachstumsrichtung, ein freibeweglicher dagegen in seiner Lokomotionsrichtung beeinflusst wird.

7) Hadley, Ph. B. The relation of optical stimuli to rheotaxis in the

American Lobster (Hommarus americanus). American Journal of Physiology. 17, 1906, S. 326—543.

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 139

In Erwägung dieses Unterschiedes scheint es praktisch, zwei Namen einzuführen, den Terminus ‚‚Tropismus‘“ für festsitzende Ge- schöpfe zu reservieren und bei freibeweglichen, wie das bei den Botanikern meist geschieht, den Namen „Taxis“ anzuwenden.

Damit ist nun allerdings keine vollkommene Lösung erzielt, in- dem es sehr wohl freilebende Tiere geben kann, die sich in ihrer Ruhe- stellung nach dem Licht orientieren, ohne dass sie dem Licht entgegen oder vom Licht wegwandern. In diesem Fall ist man versucht, von Tropismus zu sprechen. Allein wir werden gut tun, ohne Rücksicht auf den erzielten Erfolge, alle Fälle von Orientierung frei- lebender Organismen nach Licht, Schwerkraft, Strömung u.s.f. mit dem Namen ‚Taxis‘ zu bezeichnen.

Wir nennen also in der vorliegenden Arbeit „rheotaktisch“ einen freilebenden Organismus, der sich irgendwie nach der Strömung orientiert, unbekümmert um die Bewegungsrichtung, die sich aus dieser Einstellung ergibt.

Ist ein Tier im Strome so orientiert, dass sein Vorderende strom- aufwärts gerichtet ist, so sprechen wir von positiver Rheotaxis 1m Sinne der Botaniker und im Gegensatz zu Dewitz und andern, positiv: nach der Quelle hin oder der Strömungswirkung entgegen; analog der Phototaxis, die als positiv bezeichnet wird, wenn sich der Organis- mus der Lichtquelle zu und dem Lichteinfall entgegen bewegt. Ob dabei eine An-Ort-Bewegung resultiert, wie bei vielen Fischen, oder ob die positiv rheotaktischen Tiere stromaufwärts wandern, ist zu- nächst gleichgiltig. Ja, es kann sogar der Fall eintreten, dass ein Geschöpf mit dem Kopf nach oben rückwärts, also stromabwärts geht: trotzdem ist es positiv rheotaktisch.

Negativ rheotaktisch dagegen nennen wir alle Tiere, die sich im Strom so stellen, dass ihr Vorderende stromabwärts gerichtet ist.

Es ıst klar, dass die positiv rheotaktischen Tiere vorwiegend dem Strome entgegenwandern werden, während die negativ rheotaktischen sich meist in der Richtung des Stromes bewegen.

Berücksichtigen wir auch die Art des Zustandekommens der Rheotaxis, den auslösenden Reiz, so haben wir zwei Fälle zu unter- scheiden: Entweder wirkt die Strömung selbst orientierend. Dann sprechen wir von echter Rheotaxis, oder die Einstellung erfolgt unabhängig von der Strömung auf optische oder taktische Reize hin. Dann haben wir es mit Scheinrheotaxis zu tun. Wie wir in der Einleitung sahen, leugnet die Mehrzahl der heutigen Forscher die echte Rheotaxis und glaubt, alle rheotaktischen Phänomene auf Scheinrheotaxis zurückführen zu müssen.

140 Paul Steinmann.

Um diese verschiedenen Möglichkeiten in ihrer Bedeutung gegen einander abwägen zu können, legen wir uns zunächst einmal die Frage vor: In welcher Weise erfolgt die rheotaktische Ein- stellung?

1. Sie kann in einzelnen Fällen rein mechanisch durch die Strömung und ohne jegliches Zutun der Organismen geschehen.

So gut ein im fliessenden Wasser flottierendes Band sich in die Strömungsrichtung einstellt, wird sich ein an einem Stein festge- saugtes Neunauge (Petromyzon planeri oder fluviatilis) rein passiv „rheotaktisch‘‘ orientieren. Auch an den Bandwurm könnte man denken, dessen Skolex dem Nahrungsstrom entgegen gerichtet ist, während die Strobila analwärts frei im Darm flottiert. Bei manchen Tieren des fliessenden Wassers scheint diese rein mechanische Ein- stellung eine wichtige Rolle zu spielen. Dies gilt besonders von Formen, die am Vorderende Hafteinrichtungen besitzen, während das Hinterende nicht befestigt werden kann. Die in zylindrischen Röhren lebenden Trichopterenlarven zeigen bisweilen in geradezu idealer Weise durch ihre Richtung den Strömungsverlauf auf ihrer Unter- lage an. Sie haben alle den Kopf gegen die Strömung gekehrt und, wenn sie wandern, so behalten sie diese Richtung bei. Auch Tendi- pedidenlarven und Oligochaeten können gelegentlich passiv orien- tiert werden, und selbst bei den Planarien, die am Vorderende eine Sauggrube besitzen, spielt diese Einstellung eine gewisse Rolle.

Als ein Gegenstück dazu können die Kriebelmückenlarven Me- lusina (Simulium) gelten, die sich bekanntlich mit Hilfe von Ge- spinnsten vorwärts bewegen. Wenn sich diese Tiere anschicken, ihre Strudelapparate zu entfalten, um Nahrung aufzunehmen, so greift ein am hintern Körperende befindlicher Hakenkranz in ein gespon- nenes Fadenkreuz ein und der ganze Körper flottiert im Wasser. Da naturgemäss hier der Kopf stromabwärts gerichtet ist, könnte man an negative Rheotaxis denken. Später zu besprechende Versuche mit Melusinalarven zeigen jedoch, dass die Tiere sich bei der Lokomotion durchaus positiv rheotaktisch verhalten. Sie krümmen ihren Körper stromaufwärts, wandern gegen die Strömung.

Die hier angeführten Fälle von rein passiver Einstellung in die Strömungsrichtung haben, da die Tiere selbst ganz unbeteiligt sind, mit Rheotaxis nichts zu tun.

2. Die rheotaktische Einstellung erfolgt spontan, aktiv. Be- stimmte Reize lösen im Organismus ein Drehungsbestreben aus, das so lange andauert, bis eine bestimmte Orientierung zur Strömungs- richtung gewonnen ist.

a) Als Reize kommen, wie wir in der Einleitung gesehen haben, in erster Linie optische in Betracht. Sie können uns das An-Ort-

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 141

schwimmen und -gehen verschiedener Tiere erklären und beruhen darauf, dass die Tendenz vorhanden ist, das einmal vorhandene Ge- sichtsfeld beizubehalten.

Um dies unserm Verständnis näher zu bringen, darf vielleicht. darauf hingewiesen werden, dass auch wir ein ähnliches Bestreben zeigen. Wenn wir an einer Bahnrampe einem vorbeifahrenden Zug zuschauen, so ist es uns unmöglich, in einer bestimmten Richtung zu sehen, die Augen ruhig zu halten; sie folgen unwillkürlich den vor- beiziehenden Wagenfenstern. Ja sogar der Kopf wird in Mitleiden- schaft gezogen und macht seitliche Nickbewegungen, und zwar umso deutlicher, je näher sich der Beobachter befindet und je rascher der Zug vorbeifährt. Ist der letzte Wagen vorüber, so muss man ihm noch einen Blick nachwerfen, ja man kann sogar so „schwindlig‘ geworden sein, dass man ihm unwillkürlich noch einen Schritt nachgeht. Der Mensch mit seiner Willensbeherrschung vermag natürlich diesem Drang eher zu widerstehen als ein Tier. Jedenfalls erklärt sich in ähnlicher Weise die Tatsache, dass Fische in Aquarien in der Rich- tung eines am Aquarium vorbei bewegten Papierstreifens mit senk- rechten Strichen schwimmen. (Lyon, Garrey.)

So gut wir den Wagenfenstern eines vorbeifahrenden Zuges mit den Augen und sogar mit. dem Kopf folgen müssen, reagieren wir, selbst im fahrenden Wagen sitzend, auf einen draussen befindlichen Gartenzaun oder eine Baumallee durch Drehbewegungen der Augen und des Kopfes. Ein im Wasser treibender Fisch sieht die Gegen- stände des Ufers und des Bodens sich in dem der Strömungsrichtung entgegengesetzten Sinne bewegen und dreht sich infolgedessen der Strömung entgegen, orientiert sich also negativ rheotaktisch. An diesen Tatsachen ist nach den Experimenten der mehrfach genannten amerikanischen Forscher nicht zu zweifeln.

b) In zweiter Linie kann eine Orientierung durch Reize taktiler Art in Betracht kommen, wie sie von Lyon zur Erklärung der Rheo- taxis geblendeter Fische angenommen wird.

Man hätte sich diesen Reiz und seine Beantwortung etwa fol- gendermassen vorzustellen :

Die der Unterlage zugekehrte Seite des Körpers ist durch Be- rührung reizbar. Wird ein Tier von der Unterlage losgelöst und dem Boden entlang geschleift, so wird eine Unebenheit des Bodens nach- einander verschiedene Punkte der Unterfläche reizen. Liegen diese Punkte auf einer zur Körperaxe parallelen Geraden, so löst der Reiz keine Bewegung aus. Steht jedoch diese Gerade schief zur Körper- axe, so resultiert aus diesem Reiz ein Drehungsbestreben, das den Körper in die Richtung des strömenden Wassers bringt.

142 Paul Steinmann.

Abgesehen davon, dass diese etwas willkürliche Deutung noch sehr der experimentellen Kontrolle bedarf, hat sie gemeinsam mit der Annahme rein optischer Orientierung mehrere Mängel, welche uns die Zuhilfenahme weiterer Hypothesen nahelegen.

Einstellung in die Strömungsrichtung als Antwort auf optische und taktile Reize ist nur denkbar, wenn man eine Verschwemmung voraussetzt. Nur abwärts getriebene Tiere können sich einstellen. Wie aber kann man sich dann die Aufwärtswanderung derjenigen Tiere erklären, die mit ausgezeichneten Haftapparaten ausgerüstet, der Strömung Trotz bieten (z. B. die Napfschnecke, die Strudelwürmer, die Köcherfliegenlarve oder die Larve der Mücke Liponeura).

Andererseits ist es unmöglich, durch die Lyon’sche Hypothese das Aufwärtswandern zahlreicher Fische zu erklären, die zum Teil sehr bedeutende Strecken zurücklegen. Die rein optische Orientierung kann nur für abwärtstreibende oder ‚an Ort“ schwimmende Tiere in Betracht kommen. Bei einem ziehenden Lachs muss sie direkt abge- lehnt werden, findet doch gerade durch das Stromaufwärtsschwimmen eine ständige Verschiebung des Netzhautbildes statt, durch welche nach Lyon der Fisch stromabwärts gedreht werden müsste.

Weder für wenig bewegliche, festgeheftete noch für stromauf- wärts wandernde Tiere kann eine rheotaktische Orientierung durch Licht oder Berührungsreize angenommen werden. Hier muss ein anderer Reiz wirksam sein und es liegt nahe, an

c) Orientierung durch die Strömung selbst zu denken.

In der Absicht, diese Frage experimentell zu prüfen, untersuchte ich das Verhalten verschiedener Tiere im strömenden Wasser bei Licht- abschluss und möglichst sorgfältigem Vermeiden der Reibung.

Meine Experimente, über welche ich einen Protokollauszug geben will, bezogen sich in erster Linie auf Süsswassertrieladen, deren rheotaktisches Verhalten mehrfach behauptet und auch wieder bestritten worden ist. Es lag mir aus verschiedenen Gründen daran, in dieser Streitfrage Klarheit zu schaffen, die ja für das viel be- sprochene Problem der Planarienverbreitung von fundamentaler Be- deutung ist.

Bevor wir daher an die Darstellung unserer Versuche gehen, mag hier der gegenwärtige Stand der Frage skizziert werden.

Die wichtigsten auf Rheotaxis der Planarien zu beziehenden Be- obachtungen wurden von Johnson®) 1822 angestellt.

„On visiting the rivulet...... I was surprised to find a large body of them (P. torvae) proceeding against the current, glidding over its

8) Johnson, James Rawlins. Observations on the genus Planaria. Philo- sophical Transactions of the Royal Society of London. 1822. S. 439.

Ueber Rheotaxis bei Tieren des tliessenden Wassers. 145 sandy bottom, keeping the same order as ants when passing from one of their establishments into another, and occuppying a space of about twelve inches in length by two in breadth. This regular movement I observed two or three days in succession. The weather being at this time extremely temperate, had, doubtless, induct them to quit their several hiding places; but I could not discover the purport of this proceeding.

Sodann hat Volz?) an Planaria alpina aus einer Quelle bei Aar- berg Wanderungen beobachtet. (S. 74):

„Dass aber Planaria alpina Wanderungen unternimmt, habe ich selbst schon beobachtet, z. B. in einer Quelle in der Nähe von Aarberg, ferner fand ich sie sowohl im Kleinen Melchtal als auch auf der Arnialp (Kt. Unterwalden) an senkrechten Abstürzen, über die aber zu jener Zeit nur ein schwaches Wasseräderchen herabrieselte, hinauf- kriechen, doch waren es jedenfalls nur geringe Strecken, die zurück- gelegt wurden.

In ebenso bestimmter Weise sprechen sich Fuhrmann und Wil- helmi für das Vorkommen eigentlicher Wanderungen aus, wiewohl sie die Wanderzüge nicht selbst beobachteten, und seitdem sind zu wiederholten Malen ähnliche Äusserungen getan worden z. T. auf Grund sorgfältiger Beobachtungen der Wanderungsphänomene.

Voigt,1) der die Frage auf experimentellem Wege lösen wollte, kommt zum Schluss, dass die Wanderzüge nicht rheotaktisch, sondern chemotaktisch orientiert seien, indem die Planarien nur dann zugs- weise stromaufwärts kriechen, wenn oberwärts im Wasser eine Beute liegt, deren Witterung den Würmern die Richtung gibt. Ein Auf- scheuchen der Planarien in einem Bach durch rein mechanische Mittel soll nach Voigt keine Aufwärtswanderung zur Folge haben; die in Bewegung gesetzten Tiere sollen vielmehr nach allen Richtungen kriechen.

„nach aufwärts sowohl wie nach abwärts oder nach den Seiten, von einem wirklichen Rheotropismus ist also nichts zu bemerken.“

Negativ fielen auch die von Voigt im Laboratorium angestellten Versuche aus. Die in eine Holzrinne mit fliessendem Wasser ge- brachten Würmer krochen, nachdem es ihnen gelungen war, sich an- zuheften, nach allen möglichen Richtungen weiter, von einer Bevor- zugung der Richtung gegen die Strömung war nichts zu bemerken. Voigt schliesst daraus, dass die im Freien beobachteten gerichteten

9) Volz, W. Die Verbreitung einiger Strudelwürmer in den Bächen der Umgebung von Aarberg. Mitteilungen der Naturf, Ges. in Bern. 1900

10) Voigt, W. Über die Wanderungen der Strudelwürmer in unsern Ge- birgsbächen. Mit 9 Textfig. In: Verhandl. d. Naturhist. Ver. preuss. Rheinlande, Westfalens u. Reg.-Bez. Osnabrück. Jahrg. 61, 1904; Bonn 1905, S. 1053— 178.

144 Paul Steinmann.

Wanderungen immer durch die Witterung bedingt seien, und dass Rheotaxis dabei keine Rolle spiele.

Meine eigenen Versuche zeigten Ergebnisse, die zu denen Voigts in direktem Widerspruch stehen. Die Rheotaxis der Planarien konnte meist mit aller nur wünschenswerten Klarheit gezeigt werden. Ich habe sie sogar einem grösseren Auditorium vorgeführt. (Sitzung der Basler naturforschenden Gesellschaft, Januar 1913.)

Es mögen hier einige Beispiele von Experimenten folgen, aus denen die Rheotaxis der Planarien hervorgeht. Aus der Versuchsan- ordnung ergibt sich gleichzeitig, dass es sich um echte und nicht um optische oder taktile Scheinrheotaxis handelt.

Fig. 1. Apparat zum Nachweis der echten Rheotaxis.

t Glastrichter. g Gestell. h Quetschhahn. a, b, c die 3 Röhrenabschnitte. e Ablauf.

Die ersten Versuche wurden mit einem einfachen Apparate aus- geführt, der hier abgebildet und kurz beschrieben werden soll.

Ein langes horizontal gestelltes Brett mit einer ausgemeisselten Rinne von schwachem Gefälle, am obern Ende der Rinne ein kleines Gestell (2) zur Aufnahme eines Glastrichters (t). In die Rinne passt eine Glasröhre, die aus drei ungleichen Stücken besteht. Der oberste Röhrenabschnitt (e) ist am obern Ende senkrecht aufwärts gebogen und nimmt die Mündung des Glastrichters auf; der untere (a) steht teilweise über den Brettrand hinaus und ist leicht nach unten abge- bogen, da hier das Wasser in ein untergestelltes Becken abfliesst. Der

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 145

mittlere, kurze Abschnitt (b) kann leicht entfernt werden und hängt mit den beiden andern durch kurze Schlauchstücke zusammen, An den letzteren sind Quetschhähne (h) angebracht. Um allfällige Licht- wirkungen auszuschalten, überzog ich alle Röhren mit schwarzem Papier.

Die zu untersuchenden Tiere wurden mit etwas Wasser in den mittleren Röhrenabschnitt gebracht, dieser mit den andern verbunden und zunächst der obere Quetschhahn geöffnet. Nun wurde der Apparat bis zu einem bestimmten Niveau des Trichters mit Wasser gefüllt, und der untere Quetschhahn ebenfalls geöffnet. Es wurde Sorge getragen, dass der Wasserspiegel im Trichter möglichst die gleiche Höhe behielt. Die Folge war, wie man am Ausfluss kon- statieren konnte, eine sehr regelmässige Strömung. Nach etwa 10 Minuten wurden beide Quetschhähne geschlossen, die drei Röhren- abschnitte auseinander genommen und auf ihren Inhalt geprüft. Alle Insassen des obersten Abschnittes mussten gegen die Strömung ge- wandert sein. Von denen des mittleren oder unteren Stückes wusste man allerdings nicht, ob sie zunächst losgerissen und eine Strecke weit verschwemmt worden und dann vielleicht doch der Strömung entgegengewandert waren, oder ob sie an Ort und Stelle sitzen ge- blieben, respektive abwärts im Sinn der Strömung gekrochen waren. Für unsere Schlussfolgerungen war also vor allem die Zahl der In- sassen des obersten Röhrenteiles von Wichtigkeit.

Der Apparat funktionierte im ganzen gut, doch wurden immer mehrere Individuen herausgeschwemmt. Weitaus die meisten werden gleich zu Beginn des Versuches losgerissen, jedenfalls im Mo- ment, wo die Strömung einsetzt. Späterhin konstatierte man nur noch ganz vereinzelte Verschwemmungen. Durch sorgfältige Manipula- tionen zu Beginn des Experimentes liess sich die Zahl der Losge- rissenen etwas verringern. Ich habe aus diesen Gründen die Heraus- geschwemmten jeweilen vernachlässigt und nur den Aufenthaltsort der in der Röhre verbliebenen ermittelt.

Versuchean Planarien.

Versuchstiere: Planaria gonocephala vom Quellhölzli bei Aarau, Dendrocoelum lacteum aus der Aare, Planaria alpina von Rüttehof bei Aarau und Planaria vitta aus dem Brunnen des Universitätshofes in Basel.

I. (8. November 1911.)

30 Exemplare Planaria gonocephala. Versuchsdauer 15 Minuten ; Erguss schwach.

Unterer Abschnitt 4 Exempl.

Mittlerer „, CA:

Oberer F jh

| Herausgeschwemmt 13 Exempl.

10

146 Paul Steinmann,

II. (24. November 1911.) 30 Exemplare Planaria alpina. Versuchsdauer 15 Minuten; Erguss ziemlich stark. Unterer Abschnitt 1 Exempl. | Mittlerer ,, Ours - Herausgeschwemmt 21 Exempl. Oberer = SE |

III. (13. November 1911.) 15 Exemplare Dendrocoelum lacteum. Versuchsdauer 10 Minuten; Erguss stark.

Unterer Abschnitt 2 Exempl. | Mittlerer 9 % Herausgeschwemmt 4 Exempl. Oberer r Owen, |

IV. (13. November 1911.) 14 Exemplare Dendrocoelum lacteum. Versuchsdauer 10 Minuten; Erguss mittel. Unterer Abschnitt 7 Exempl.

Mittlerer ,, QUE Herausgeschwemmt 0 Exempl. Oberer er EE |

Ye (286 Noel 161127) 11 Exemplare Planaria vitta. Versuchsdauer 10 Minuten ; Erguss schwach.

Unterer Abschnitt 0 Exempl. | Mittlerer „, OCDE Herausgeschwemmt 3 Exempl. Oberer a 8 |

VI. u. VII. (24. November 1911.) ;

m

.. . E . . C Ähnliche Versuche, jedoch mit Messung des Ergusses in LE

VI. 20 Exemplare Planaria gonocephala. Versuchsdauer 30 Minuten ; Erguss 141 ca. 4500 cm? pro Minute. Unterer Abschnitt 0 Exempl. | Mittlerer 3 3 MR ' Herausgeschwemmt 8 Exempl. Oberer 2 9 |

VII. 30 Exemplare Planaria gonocephala. Versuch:dauer 30 Minuten; Erguss 1,51 ca. 500 em? pro Minute (9 mal geringer!). Unterer Abschnitt 13 Exempl. Mittlerer _,, ul Fa ' Herausgeschwemmt 5 Exempl. Oberer = 1 | VIII. u. IX. (8. November 1911.)

Ähnliche Experimente kombiniert mit Köder- und Lichtwirkung.

22

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 147

VIII. 20 Exemplare Planaria gonocephala. Versuchsdauer 15 Mi- nuten: Erguss mittel; im Trichter ein lebendfrisches Abdomen von Astacus fluviatilis.

Unterer Abschnitt 2 Exempl. | Mittlerer ,, 3 Fe | Herausgeschwemmt 6 Exempl.

Oberer we 9 a

IX. 15 Exemplare Planaria gonocephala. Versuchsdauer 15 Minuten;

Erguss mittel. Belichtung der Röhre durch ein in den schwarzen

Überzug geschnittenes Fenster bei der Umbiegung im Gestell durch elektrische Lampe von 32 Kerzen.

Unterer Abschnitt 1 Exempl. Mittlerer “+ 3 SE Herausgeschwemmt 6 Exempl. Oberer * 5 2 |

Aus den hier mitgeteilten und ähnlichen Versuchen an Planarien ergab sich als Gesamtresultat, dass ca. 80 % der überhaupt in der Röhre verbliebenen Tiere sich im obersten Abschnitt befanden.

Die einzelnen Tricladenarten verhielten sich etwas verschieden. Sehr deutlich war die Rheotaxis bei Planaria alpina, Planaria gono- cephala, Planaria vitta und Polycladodes alba; weniger ausge- sprochen bei Polycelis cornuta, Planaria lugubris, Dendrocoelum lacteum, Polycelis nigra. Durch Köder- und Lichtwirkungen wird das Verhalten der Planarien nicht wesentlich geändert.

In Anbetracht der sehr deutlichen Tendenz der Planarien, strom- aufwärts zu kriechen, musste angenommen werden, dass die Tiere rheotaktisch orientiert werden, und zwar, da die Licht- und Reibungs- wirkungen bei unserm Apparat so gut wie ganz ausgeschaltet waren, musste die Einstellung durch die Strömung selbst erfolgen (echte Rheotaxis).

Ähnliche, wenn auch weniger ausgedehnte Experimente stellte ich mit andern Tieren des fliessenden Wassers an.

Gammarus pulex aus einem Bach bei Aarau konnte sich in der Strömung nur sehr schwer halten. Gewöhnlich wurde die Mehrzahl der Versuchstiere herausgeschwemmt. Die Vorliebe für schwimmende Bewegung und die glatten Röhrenwandungen liessen dieses Resultat erwarten. Immerhin gelang es durch Herabsetzung der Strömungs- geschwindigkeit, die schon von Dewitz nachgewiesene Rheotaxis mit meinem Apparate zu bestätigen, wie folgendes Versuchsergebnis zeigt:

14 Exemplare Gammarus pulex. Unterer Abschnitt 0 Exempl. | Mittlerer ,, lus | Herausgeschwemmt 7 Exempl.

Oberer 6

27 2)

148 Paul Steinmann.

Noch ungünstiger und für unsere Zwecke kaum dienlich waren die Resultate mehrerer Versuche mit Larven des Käfers Cyphon, z. B.:

13 Exemplare Cyphonlarven. Unterer Abschnitt 0 Exempl. | Mittlerer ge 2 an | Herausgeschwemmt 10 Exempl.

Oberer 2 1 er

Dagegen erwies sich die Napfschnecke Ancylus fluviatilis als sehr deutlich rheotaktisch.

8 Exemplare Ancylus fluviatilis. Versuchsdauer 14 Stunden ; Erguss gering.

Unterer Abschnitt 1 Exempl. |

Mittlerer ,, SE | Herausgeschwemmt 0 Exempl.

Oberer a ee

Nachdem durch diese erste orientierende Versuchsserie das rheotaktische Verhalten der Versuchstiere bewiesen und gleichzeitig die Unabhängigkeit der Rheotaxis von Lichteinflüssen dargetan war, operierte ich mit mehreren andern einfachen Apparaten, welche eine Beobachtung des Verhaltens der einzelnen Objekte ermöglichten.

Ein dem Dewsitz’schen nahestehendes Experiment bestand darin, dass Planarien in einen von innen gegen die Wand einer Kristallisier- schale gerichteten Wasserstrom gebracht wurden. Das Wasser riss sie meist eine Strecke weit mit. Kamen sie mit dem Boden oder mit den Seitenwänden der Schale in Berührung, so hefteten sie sich mit Hilfe ihres Schleimes an, drehten sich und wanderten mit grosser Regelmässigkeit gegen die Strömung. Nicht selten beschrieben sie mehrere Touren gegen den Strom, bis sie sich zur Ruhe setzten. Ein Wandern mit dem Strom wurde nur ganz ausnahmsweise, ein solches schief zum Strom niemals beobachtet. Kehrte man den Wasserhahn so, dass die Strömung plötzlich von der entgegengesetzten Seite kam, so drehten die Würmer sich sehr prompt und krochen in entgegen- gesetztem Sinne, als vorher. Bei einem Experiment versagte von 80 in der gleichen Schale gehaltenen Tiere nicht ein einziges, so dass die Planarien in der Schale einen kontinuierlichen im Kreise wan- dernden Zug bildeten. Kleine Sandkörnchen, die zur Kontrolle des Stromverlaufes in die Schale gebracht worden, waren, bewegten sich in ungekehrtem Sinne wie der Planarienzug und machten das Ex- periment ausserordentlich demonstrativ.

Lässt man im Zentrum einer ähnlichen Schale mit niederem Rand einen Wasserstrahl aufprallen, so stellen sich die Planarien meist radiär ein mit dem Kopf nach der Aufprallstelle. Allerdings werden sie dann beim Näherkommen bald von der Strömung losge-

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 149

rissen und weggespült. Besser gelingt das Experiment mit den Larven der Mücke Simulium, die sich im heftigsten Wasserstrudel halten können.

Waren die Tiere (ca. 30 Exemplare) zu Beginn des Versuches gleichmässig in der Schale verteilt, so sammelten sie sich im Verlauf von sechs Stunden in einem Umkreis von 2cm von der Stelle des Aufpralles.

Ich schlug nun von einem gleichmässig gerundeten Rollkiesel ein plankonvexes Stück von ca. cm Durchmesser ab und brachte diesen linsenförmigen Stein mit der konvexen Seite nach oben unter den Wasserstrahl. Nach 12 Stunden sassen alle Melusinalarven auf dem Stein. In allen Fällen aber waren sie so orientiert, wie auf Seite 5.angegeben. Beim Kriechen krümmten sie den Leib energisch ein, das neue Fadenkreuz, in das sie sich verankerten, wurde so an- gebracht, dass es der Prallstelle näher war als das alte. Von positiver Rheotaxis kann also hier trotz der Körperstellung während der Ruhe nicht gesprochen werden.

Ein weiterer, sehr einfacher Apparat, mit dem ich Planarien individuell prüfte, war eine Milchglasplatte, die schräg in ein niederes Wasserbecken gestellt wurde, so, dass etwa ?/,, ihrer Fläche ausser- halb des Wassers und nur 1/,, in das Becken eintauchte. Ein Glas- röhrchen, in glühendem Zustand rechtwinklig abgebogen und an der Biegungsstelle entzweigebrochen, lieferte, mit einem Schlauch in Ver- bindung gesetzt, einen breiten, gleichmässigen Wasserstrahl, der die Platte fast in der ganzen Breite überspülte.

Die Planarien wurden zunächst bei ganz schwacher Strömung auf den untergetauchten Abschnitt der Platte gebracht. Nachdem sie sich zum Kriechen angeschickt hatten, wurde der Hahn etwas mehr geöffnet, so dass die Strömung sich auch im Becken fühlbar machte. In der Regel begannen die Tiere sofort stromaufwärts zu kriechen und setzten sich entweder mitten in der Strömung zur Ruhe, oder wanderten bis zur Öffnung des Glasrohrs, bisweilen sogar noch in dieselbe hinein.

Es hat kein Zweck, viele Einzelheiten aus den Protokollen über diese Versuche mitzuteilen. Es erwiesen sich fast alle untersuchten Arten als ausgesprochen rheotaktisch. Bisweilen kroch ein und dasselbe Individuum mehrmals hintereinander die Glasplatte hinauf, sobald es oben angekommen war, wurde es wieder zum Fuss der Platte gebracht und begann seine Wanderung aufs Neue.

Fig. 2 zeigt in verkleinertem Massstab die Wege, welche von fünf Exemplaren Polycladodes alba auf der überspülten Platte zu- rückgelegt wurden. Die punktierten Linien geben die Strömungs- richtungen an, durch die Pfeile soll die anfängliche Kriechrichtung

150 Paul Steinmann.

angedeutet werden im Moment der Anheftung an der Platte. Von den fünf Exemplaren erreichten vier die Aufprallstelle des Wassers (1,3, 4, 5) 2 dagegen heftete sich in rheotaktischer Orientierung in der Strömung auf halbem Wege fest. |

Während sich sämtliche Exemplare der Arten Polycladodes alba und Planaria alpina der Strömung entgegen bewegten, kam bei der meist deutlich reagierenden Spezies Planaria gonocephala gelegentlich ein desorientierendes Individuum vor, das sich mehrmals drehte und endlich sogar stromabwärts kroch. Mindestens 90 % der unter-

(e]

Fig. 2. Fig. 3.

suchten Exemplare dieser Art verhielten sich jedoch genau wie Polycladodes und Planaria alpina. Sehr unklar war dagegen die Reaktion bei Polycelis cornuta. Von sechs Individuen reagierten nur zwei rheotaktisch; die übrigen wanderten, auf die Platte gebracht, sofort abwärts und waren trotz wiederholter Versuche nicht dazu zu bringen, gegen die Strömung zu kriechen. Die beiden andern da- gegen wanderten mehrere Male die Platte hinauf. Ich gewann den Eindruck, dass es sich hier um eine Art „Stimmung“ handle, dass die Reizbarkeit oder Nichtreizbarkeit von anderen, wahrscheinlich

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 151

von inneren Ursachen abhänge. Kaum zufällig ist es, dass Polycelis cornuta auch beim erstbesprochenen Versuch mit der dreiteiligen Röhre am häufigsten versagte.

An Stelle der Glasplatte verwandte ich später eine schmale un- polierte Marmorplatte von 1 m Länge; auf ihr liess sich eine besonders gleichmässige Strömung erzeugen. Die Resultate wichen durchaus nicht von den früheren ab. Zwei Exemplare von Planaria alpina krochen einmal in etwa einer halben Stunde viermal die ganze Strecke entlang, legten also 4m gegen den Strom zurück.

Abgeschnittene Köpfe dieser Spezies reagierten wie ganze Tiere, sofern sie nicht zu dieht hinter den Augen losgetrennt worden waren.

Dagegen hatten die kopflosen Rümpfe jede Orientierung ver- loren, wurden meist bald losgerissen und weggeschwemmt.

Drei Exemplare, denen die Tentakeln abgeschnitten worden waren, verhielten sich indifferent wie kopflose Rümpfe.

Dagegen konnte durch Verletzung des Stirnrandes kein Erfolg erzielt werden, indem die so verstümmelten Tiere sehr deutlich rheotaktisch blieben.

Auch Planaria gonocephala geht durch Entfernung der Kopf- spitze ihres rheotaktischen Verhaltens nicht verlustie.

Aus diesen Versuchen wäre zu schliessen, dass der Sıtz der rheotaktischen Reizbarkeit die Tentakeln oder die seitlichen Kopf- lappen sind. Es bedarf jedoch noch weiterer Experimente, um diese Frage allseitig zu klären.

Eine Kategorie von Experimenten verlangt etwas eingehendere Besprechung. Es sind das kombinierte Versuche mit Köder und Strömung. An einem gewöhnlichen Küchenabtropfbrett wurden zwei Rinnen b, e verbunden, so dass das Wasser, das aus einem Doppel- hahn zufloss, sich in der Rinne a vereinigte (Eig. 3). Durch ver- schiedene Stellung der Hähne liess sich die Wassermenge, die durch c und b floss, ändern.

Die zu untersuchenden Tiere (Planaria alpina) wurden in den Abschnitt a verbracht und krochen nun bis zur Vereinigungsstelle der Rinnen, dort wählten sie jeweils die Rinne mit der stärkeren Strömung, am deutlichsten dann, wenn die Strömungsdifferenzen am grössten waren.

In die Rinne a wird ein Stein gebracht, sieben Planarien (Pla- naria gonocephala) am untern Ende von a angesetzt, wandern bis zum Stein und setzen sich an dessen Unterfläche fest. Strömung schwach.

Nach einiger Zeit wird in Rinne b ein Stück eines frisch zer- schnittenen Regenwurms gebracht. Dieser Köder wirkt nach wenigen Sekunden allarmierend auf zwei Planarien, die unter dem Stein hervorkriechen und aufwärts wandern ; zwei weitere folgen in

152 Paul Steinmann.

kurzer Zeit. Die übrigen drei dagegen wandern die Rinne entlang abwärts, alle sieben aber sind durch die Köderwirkung in Bewegung gesetzt worden.

Nun wird durch Öffnen der Hähne die Strömung verstärkt, und sofort drehen sich die drei abwärts kriechenden um, wandern zum Stein zurück und weiter bis zur Vereinigungsstelle der Rinnen ce und b.

Auffallenderweise schlagen alle sieben Exemplare den Weg zur Rinne e ein, die stärkere Strömung zeigt, aber keinen Köder enthält. Der Versuch wurde wiederholt, nachdem in Rinne b die Strö- mung verstärkt und der Köder in Rinne e übertragen worden war. Alle Exemplare wandern nach b, keines zum Köder.

Nun wird der Köder in die Rinne b (mit stärkerer Strömung zurückgebracht).

1. Versuch. 6 Exemplare Planaria gonocephala.

Wandern alle von a nach b; 4 setzen sich am Köder fest und fressen; 2 setzen sich unterhalb des Köders zur Ruhe!

2. Versuch. 6 Exemplare Planaria alpina.

Alle wandern von a nach b; 1 findet den Köder, 5 wandern daran vorbei bis an die Schlauchmündung; dort machen 2 Halt; 3 kriechen in den Schlauch hinein!

Aus diesen Experimenten geht hervor, dass 1. Köder sehr prompt allarmierend wirken, 2. Köder nicht oder nur in zweiter Linie orientierend wirken, 3. dass vielmehr die Strömung die Richtung der Planarien in erster

Linie bedingt.

Sehr wahrscheinlich sind diese Befunde nicht zu verallge- meinernd, da der jeweiligen „Stimmung“ speziell dem Hunger der Planarien eine mitbestimmende Rolle zukommt. Es ist jedoch zu bemerken, dass mit meinen Versuchstieren jeweilen erst nach einem mehrtägigen Hungern experimentiert wurde.

Zur Kritik meiner Versuchsbedingungen muss noch gesagt wer- den, dass ich in der Regel mit Gummischläuchen experimentierte, deren Geruch unter Umständen orientierend und allarmierend in Be- tracht kommen konnte. Ich habe jedoch mehrere Versuche mit Glas- röhren ausgeführt unter Ausschaltung von Gummi. Die Resultate wichen nicht von denen der übrigen Experimente ab.

Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden Wassers. 153

Allgemeine Betrachtungen.

Zum Schluss wäre noch die Frage nach der biologischen Bedeu- tung der Rheotaxis aufzuwerfen. Dass die rheotaktisch orientierten Wanderungen mancher Fische, vorab der aus dem Meer in die Flüsse aufsteigenden Brutpflegeerscheinungen sind, ist wohl über jeden Zweifel erhaben. Die rheotaktische Stimmung steht hier in Be- ziehung zu dem Reifen der Geschlechtsprodukte und schlägt nach deren Abgabe sofort um, so dass z. B. der Lachs nach der Laichabgabe in rasender Eile flussabwärts dem Meere zustrebt, indem er sich nicht nur treiben lässt, sondern gewissermassen negativ rheotaktisch beim Schwimmen den Kopf von der Strömung abkehrt. Auch die Wan- derungen der Forellen zur Laichzeit, sowie die Züge der Nasen und vieler anderer Fische sınd als Fälle von intermittierender, mit der Geschlechtsreife wechselnder Rheotaxis aufzufassen und dienen der Brutpflege, vorausgesetzt, dass der Laich wirklich in kalten sauer- stoffreichen Quellbächen, oder doch an entsprechenden Stellen der Flüsse abgegeben wird.

Etwas verschieden ist die Sachlage, wenn die Laichplätze von den gewöhnlichen Aufenthaltsorten der Eltern in ihren Bedingungen. nicht wesentlich verschieden sind. Hier handelt es sich offenbar darum, eine Art einem bestimmten Flussabschnitt zu erhalten, das rheotaktische Verhalten während der Laichzeit bedeutet eine Kom- pensation der verschwemmenden Wirkung des Wassers. Jedes Individuum wird wohl während seines Lebens gelegentlich von einer Strömung erfasst, der es unmöglich widerstehen kann; es wird so allmählich stromabwärts geführt, so dass es mehr oder weniger weit unterhalb seines Geburtsorts zur Laichablage schreiten müsste, wenn nicht mit der Geschlechtsreife die rheotropische Stim- mung so sehr gesteigert würde, dass eine Verlegung des Aufenthalts- ortes flussaufwärts eintritt. Die Eier werden also von der laichreifen Mutter durchschnittlich um die gleiche Strecke bergangetragen, um welche die aus ihnen sich entwickelnden Fische im Lauf ihres Daseins verschwemmt werden. Ohne diese Laichwanderungen könnten sich einzelne Fischarten überhaupt nicht in einer gegebenen Flussstrecke halten; sie würden allmählich flussabwärts gedrängt.

Ganz ähnliche Bedeutung kommt auch den kleinen rheotaktisch orientierten Wanderungen zu, welche die meisten Fische und rheophilen Tiere überhaupt ohne sichtbare Ursache zeitweilig aus- führen. Auch diese Ortsveränderungen laufen auf eine Wiedererobe- rung von verlorenem Terrain hinaus. Ausschliesslich zur Behauptung des einmal eingenommenen Platzes dienen die Schwimmbewegungen

154 Paul Steinmann.

der Fischschwärme, die gerade der verschwemmenden Wirkung des Flusses die Wage halten (Fischschwärme an Seenausflüssen ete.).

Da nun in jedem fliessenden Gewässer die Strömungsverhältnisse wechseln und zwar im allgemeinen so, dass die verschwemmende Wir- kung des Wassers umso grösser wird, je mehr man sich dem Ursprung nähert, kann sich aus dem rheotaktischen Verhalten einer Spezies deren Verbreitung im Gewässer ergeben. Eine Art, die schwach rheotaktisch ist, wird sich im schnellfliessenden Oberlauf nicht halten können, da ihre kompentatorischen Wanderungen nicht ausreichen, um die Verschwemmungen wett zu machen. Dies zeigt sich am schönsten in der Verbreitung der Flussfische. Wenige Beispiele aus der Fischfauna des Oberrheines mögen das Gesagte illustrieren.

Acerina cernua z. B. macht bei Basel Halt. Bei den Strömungs- verhältnissen der oberrheinischen Tiefebene kann sich der Fisch noch halten, wo aber der Rhein den Jura durchbricht und Stromschnellen bildet, wird die verschwemmende Wirkung des Flusses zu gross.

Der Maifisch (Alosa vulgaris) gelangt oder besser gelangte früher etwas weiter hinauf, doch setzten die Stromschnellen von Laufenburg auch seinen Wanderungen ein Ende. Der Lachs aber vermag dieses Hindernis zu nehmen, für 1hn bildet erst der Rheinfall von Schaffhausen die obere Verbreitungsgrenze. Bekanntlich ist ja auch die auffällige Fischarmut der obern Rhone auf die verschwem- mende Wirkung der Perte du Rhöne unterhalb Genf zurückzuführen. Ähnliche Beispiele lassen sich aus den verschiedensten Gebieten an- führen.

Ob das hier für Fische Gesagte sich auch auf andere Bewohner des fliessenden Wassers, speziell auf die bodenbewohnenden Rheo- philen beziehen lässt, ist heutzutage noch nicht zu entscheiden, da Untersuchungen in dieser Richtung noch kaum angestellt worden sind.

Wenn ich im Folgenden einige Eindrücke wiederzugeben suche, die sich mir bei gelegentlichen faunistischen Untersuchungen aufge- drängt haben, so bin ich mir des provisorischen, hypothetischen Cha- rakters dieser Erörterungen wohl bewusst. Vielleicht aber tragen sie doch dazu bei, einige Probleme der Tiergeographie ihrer Erklärung näher zu bringen.

In erster Linie handelt es sich um die Frage: Warum fehlen viele Organismen des Quellbezirkes im Unterlauf ?

In vielen Fällen ist anzunehmen, dass die hohe Temperatur, der Sauerstoffmangel und die Verunreinigung der untern Abschnitte selektiv wirken zu Ungunsten der stenothermen Katharobien und zu Gunsten der eurythermen Saprobien. Dass die genannten Bedin- gungen aber nicht die einzigen sind, zeigt uns die Existenz mehrerer

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ausgesprochener Quell- und Bergbachorganismen, die in den relativ kühlen und vollkommen reinen Waldbächen fehlen und nur in deren Quellregion anzutreffen sind. Man pflegt ja auch hiefür meist eine sehr ausgesprochene Stenothermie der betreffenden Formen verant- wortlich zu machen. Auch ich habe diese Auffassung schon wieder- holt vertreten. Ich glaube jedoch nicht, dass sie in allen Fällen alleın Geltung haben kann.

Bei meinen mehrjährigen Untersuchungen über die Tricladen- fauna der Schweiz sind mir mehrere Verbreitungseigentümlichkeiten der rheophilen Planarien aufgefallen, die ich mir durch Stenothermie allein nicht restlos erklären kann. ;

Warum sind in den Hochalpen die Talströme so arm an Tri- claden ? Es fehlen ihnen oft auch andere, sonst häufige Tiere, z. B. einige Hydrachniden; wir wollen uns jedoch auf Planarien be- schränken. Die Talflüsse besitzen meist eine sehr konstante tiefe Temperatur. Ihr Wasser stammt zum grossen Teil von den Gletschern und erwärmt sich auf seinem raschen Lauf durch tiefe Schluchten nur langsam. Auch im Hochsommer bleibt seine Temperatur sehr niedrig und konstant, da gerade dann die Gletscher am meisten Schmelzwasser liefern. Dass die Alpenplanarie Gletschermilch nicht scheut, beweist ihr massenhaftes Auftreten in einigen Seen, in welche Gletscherzungen eintauchen (z. B. Findelensee bei Zermatt). Man. sollte somit denken, dass die Tiere in den gletschergespeisten Hoch- alpenflüssen die denkbar günstigsten Bedingungen finden sollten. Auch die Talströme der Voralpen, die kein Gletscherwasser führen, sind auffallend spärlich mit Tricladen besetzt, wiewohl sie mit ihren zahlreichen Eintags- und Kôcherfliegen, mit ihren Perliden und Gammariden ein wahres Eldorado für Planarien darstellen könnten.

Das Fehlen der Trieladen in alpinen Talströmen wird noch be- fremdlicher durch den Umstand, dass die auf Alpweiden entsprin- genden, oft firngespeisten, wasserfällebildenden Seitenbäche ausser- ordentlich dicht mit Planarien besetzt sind, so dass man unter einem einzigen Stein Dutzende antreffen kann. Es wäre doch zu erwarten, dass die unterwärts oft sehr beträchtlichen Temperaturschwankungen dieser wasserarmen exponierten Bächlein dem Leben der Strudel- würmer ungünstig seien. Als Beispiel nenne ich das kleine Melchtal bei Giswil, das Schanffigg im Kt. Graubünden und das Findelental bei Zermatt. Das Gesagte gilt jedoch für die meisten, wenn nicht für alle Hochalpentäler, da sich ja die Verhältnisse überall ganz ähn- lich gestalten.

Ich glaube nicht, dass man zur Erklärung dieser Verbreitungs- eigentümlichkeiten mit der Stenothermie der Planaria alpina aus-

156 Paul Steinmann.

kommt. Wohl aber dürfte hier ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Rheotaxis und verschwemmender Kraft des Stromes vorliegen. Die Planarien werden aus dem Hauptstrom weggespült. In den Neben- bächen können sie sich viel eher halten.

Der Annahme, dass früher die Besiedelung der Nebenbäche doch vom Hauptbache aus erfolgen musste, steht unsere Auffassung nicht im Wege. Da mit zunehmender Erosion die Stosskraft des Wassers wächst, waren die Verhältnisse zur Zeit der Einwanderung der Tiere in das Gebiet wesentlich günstiger, die Täler weniger tief ausgenagt, die Strömung der ss gemässigter.

Auf einem Missverhältnis zwischen Strömung und Rheotaxis beruht wahrscheinlich auch das Vorkommen zahlreicher rheophiler Organismen im Bereich der Mündung eines Baches in einen See. Die Existenz von Planaria alpina in zahlreichen Hochalpenseen, in die sie ihrem rheophilen Charakter nach nicht gehört, erklärt sich ungezwungen durch Verschwemmung aus allzu heftig bewegten Zu- flüssen. Auch den zahlreichen Bachinsektenlarven des hochalpinen Litorals und der Tiefe der subalpinen Randseen (s. Zschokke: Die Tiefseefauna der Seen Mitteleuropas. Dr. W. Klinkhardt. 1911) dürfte Aehnliches zugestossen sein. Ueberhaupt ist Verschwemmung in Bächen und Flüssen ein überaus häufiges Vorkommnis.

Würde also in den beschriebenen Fällen die untere Verbreitungs- grenze der Alpenplanarie durch die allzu heftige Strömung des Tal- stromes bestimmt, so liesse sich andererseits auch der umgekehrte Fall, ein Überwiegen der rheotropischen Tendenz über die Strö- mung denken. Dadurch käme ein allmähliches Quellwärtswandern zustande und damit eine Verschiebung der untern Verbreitungsgrenze nach oben. Ein Beispiel mag diesen Vorgang verdeutlichen.

Jedem, der Planarien oder auch Hydrachniden sammelt, fällt das bisweilen sehr ausgeprägte Ansteigen der Individuenzahl gegen die Quelle hin auf. Oft gehören zu spärlich besetzten Bächen unge- mein stark bevölkerte Quellen. Dass hier die Annahme einer sehr ausgesprochenen Stenothermie der Bewohner nicht zur Erklärung aus- reicht, geht daraus hervor, dass die Temperaturbedingungen eines Quellbaches auch auf mehrere, ja Dutzende von Metern denen der Quelle selbst sehr ähnlich bleiben, wenn wenigstens die Quelle nicht sehr wasserarm ist. Denken wir uns nun eine Planarienart im Unter- lauf eines Baches an eine bestimmte, dem Wasserreichtum gemäss starke Strömung angepasst d.h. zum rheotropischen Wandern ge- neigt; späterhin erschöpft sich die Wasserfülle, die Strömung wird schwächer und nun überwiegt die Rheotaxis und die ganze Planarien- bevölkerung setzt sich in etappenweise Aufwärtsbewegung. Allfäl-

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lige Verschwemmungen werden durch diese Wanderungen nicht nur wett gemacht, sondern die Tiere verlegen allmählich, vielleicht im Lauf von Jahrzehnten ihren Wohnort quellwärts. Je mehr sie das tun, umso wasserärmer wird der Bach und umso ausgiebiger werden die Wanderungen. So könnte man sich eine Konzentration einer ganzen Bevölkerung im Bereich der Quelle denken, ein Eindruck, den man beim Sammeln von Tricladen und einzelnen Wassermilben- arten häufig hat. Ob man nun annehmen will, dass die Auswan- derungen in der wasserarmen Zeit erfolgen und bei Hochwassern teilweise wieder illusorisch gemacht werden, oder ob man auf den Wasserreichtum der Eiszeit und auf die postglazıal einsetzende Ver- ringerung der Niederschlagmengen abstellen will, kommt im Prinzip auf das gleiche hinaus. In beiden Fällen liesse sich ein fortschrei- tendes Überwiegen des Rheotropismus über die Strömungswirkung und eine daraus resultierende Auswanderung nach der Quelle denken. Im zweiten Fall ist diese ohne weiteres klar; im ersten ist zu berück- sichtigen, dass die in wasserarmen Zeiten die quellwärts strebenden Tiere immer mehr aus dem Bereich der Hochwasserwirkung fliehen und in den durch konstanten Wasserstand ausgezeichneten Oberlauf gelangen, wo sie vor Verschwemmung geschützt sind.

Die hier auseinandergesetzten Möglichkeiten dürften etwas theo- retisch und problematisch klingen, umsomehr, als ja die rheotaktische Stimmung als etwas wechselndes, den jeweiligen Strömungsverhält- nissen akkommodables aufgefasst werden muss. So gut wir aber bei der Fischverbreitung der verschwemmenden Wirkung bestimmter Flussabschnitte (Stromschnellen und Wasserfälle) die Bestimmung der oberen Verbreitungsgrenze einer Spezies zuschreiben, können wir auch der Strömung eine Rolle bei der Festsetzung der untern Grenze des Vorkommens beimessen. Es kommt bei diesen sehr allmählich er- folgenden Verschiebungen der Verbreitungsbezirke auf einen gewissen. Mittelwert des rheotaktischen Verhaltens, auf eine rheotaktische Durchschnittsstimmung an. Dass aber solche für die einzelnen Spezies charakteristische Unterschiede vorkommen, haben unsere Experimente dargetan.

Ich glaube nun selbst keineswegs, dass die Verbreitungsgrenzen der Bachtiere und speziell der Planarien ausschliesslich durch Rheo- taxis und Strömungsverhältnisse geregelt werden und messe nach wie vor der Stenothermie und der Wassertemperatur die Hauptrolle bei. Nach den Feststellungen der vorliegenden Arbeit muss aber mit dem rheotaktischen Verhalten als einem weiteren Faktor gerechnet werden. Die vielbesprochenen ‚Wanderungen der Strudelwürmer“ 11) in

11) Voigt. Op. cit.

158 Paul Steinmann.

unsern Gebirgsbächen sind doch nicht so ausschliesslich durch Tem- peratur und deren Einfluss auf Vermehrung bedingt, die betroffenen Tiere sind auch aktiv dabei beteiligt, und was für die Planarien silt, trifft wahrscheinlich für viele andere Bach- und Flussbewohner zu.

Aarau, April 1913.

Manuskript eingegangen 2. Mai 1913.

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender.

Ein historischer Beitrag.

Von Fr. Burckhardt +.

Vorbemerkung.

Die vorliegende Schrift des am 3. Februar 1913 verstorbenen Verfassers lag schon im Frühjahr 1904 druckfertig vor. Wenn der Verfasser mit der Herausgabe zögerte, so geschah dies wohl infolge des Wunsches, eine Publikationsstelle zu finden, die an sich geeignet wäre, der Verwirklichung der Hoffnung Vorschub zu leisten, welche im Schlussatze der Abhandlung ausgesprochen ist. Nachdem dann allmählich die öffentliche Diskussion über die Reform des Ostertermins mehr und mehr verstummt war, hielt der Ver- fasser, sehr zum Bedauern all’ derer, welche die Arbeit kannten, dieselbe weiterhin zurück. Dem gütigen Entgegenkommen der Familie des Verewigten verdanken wir die Erlaubnis, die Arbeit nun der Öffentlichkeit zu übergeben. Bietet sie schon durch die in ihr enthaltenen, noch unveröffentlichten Doku- mente einen wertvollen Beitrag zur Kalenderfrage, so dürfte gegenwärtig, wo die Kalenderreform von wissenschaftlichen wie staatlichen Organisationen neuerdings ins Auge gefasst wird, auch ihren ursprünglichen Zweck erfüllen, einer dem heutigen Zeitbedürfnisse entsprechenden Feststellung des Oster- datums die Wege zu ebnen. A. Riggenbach.

Als Julius Caesar!) im Jahre 707 der Stadt Rom (47 v. Chr.) pontifex maximus wurde, war der römische Kalender so sehr in Un- ordnung, dass die bürgerliche Nachtgleiche der astronomischen um

!) Die Geschichte des Kalenders und die Berechnung der verschiedenen Cyclen, die dabei zur Verwendung kommen, sind in zahlreichen Schriften behandelt; grundlegend, und in allen Bearbeitungen benützt, ist: I/deler L., Handbuch der math. und techn. Chronologie, Berlin 1825—1826; für die Oster- berechnung Gauss C. F. in Zach’s monatlicher Correspondenz II, 121, mit Berichtigung in Bohnenberger's Zeitschr. f. Astron. I 158. Weiterhin mögen genannt sein: Rüdiger “hr. Friedr. Kenntniss des Himmels, 1805. Littrow J. J. Kalendariographie, Wien 1828 Arago Franç., Astron. popul. IV. livr. XX XIII. Braun Gust. Aus der Geschichte unseres Kalenders, Heidelberg 1882. Schramm Robert, Über die Construction und Einrichtung des christlichen Kalenders, Wien 1900. Knobloch W. Die wichtigsten Kalender der Gegenwart, Wien ohne Jahreszahl. Sidler Wilh. Der Kalender, Einsiedeln 1872. Unter den ver-

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85 Tage vorauseilte; er beauftragte daher den alexandrinischen Astro- nomen Sosögenes mit der Verbesserung des Kalenders. Dem soge- nannten Jahr der Verwirrung wurden 85 Tage angehängt, die Rech- nung nach dem Monde wurde fallen gelassen und ein Cyelus von 4 Jahren eingeführt, von denen 3 gemeine Jahre von 365 Tagen waren, das 4. aber einen Schalttag erhielt, der vor dem 24. Februar (dies sextus ante Calendas Martii) eingereiht und bissextus genannt wurde; dieses Jahr erhielt demnach 366 Tage (annus bissextus). Hiebei wurde also angenommen, dass das Jahr d.h. die Zeit, welche die Erde braucht, um vom Frühlingspunkte zum nächstfolgenden Frühlingspunkte zu gelangen, eine Dauer von 365,25 Tagen habe. Der auf dieser Annahme beruhende ‚Kalender hat zwar in der Zählung der Tage der einzelnen Monate und in den Monatsnamen verschiedene Aenderungen erfahren, im Wesentlichen hat er durch 16 Jahrhunderte gegolten und hat noch Geltung in der orthodoxen griechischen Kirche. Man bezeichnet ihn heute als Julianischen oder Kalender alten Styles. An seine Entstehung erinnern uns die Namen Julius und Augustus, welche Monatsnamen an die Stelle der Bezeichnung Quentilis und Sextilis zur Verherrlichung der Kaiser gesetzt und seither beibehalten worden sind. Das römische Jahr begann am 1. März.

Innerhalb der christlichen Kirche machten sich in den ersten Jahrhunderten verschiedene Strömungen geltend in Bezug auf die Berechnung des Osterfestes, von dem eine Reihe anderer kirchlicher Tage abhängig sind.

Die Einen verblieben beim Gesetze (2 Mose 12, 18) und feierten Ostern mit dem jüdischen Passah am 14. Nisan; im Abendlande wurde der Wochentag berücksichtigt, der Tod Christi am Frei- tag, die Auferstehung am Sonntag gefeiert, und zwar an dem Sonn- tage, der dem 14. Nisan zunächst folgte; die Asiaten endlich be- stimmten nur den Monatstag und feierten am 14. Nisan den Tod, und zwei Tage nachher die Auferstehung ohne Rücksicht auf den Wochentag.

Diese Verschiedenheit verursachte Zank und Streit, der nach ver- schiedenen fruchtlosen Versuchen endlich seine Erledigung fand auf dem Concil zu Nicaea (a. 325).

Die in den Canones zwar nicht enthaltenen, aber aus ver- schiedenen Schriften erkennbaren Anordnungen in Bezug auf die Be- rechnung des Osterfestes waren nun folgende:

schiedenen Ableitungen der Gauss’schen Osterformel sei genannt: Kinkelin H. Die Berechn. d. christl. Osterfestes. Verhandl. d. naturf. Ges. Basel V. 378 ff. und in Schlömilch Zeitschr. f. Math. u. Phys. XV. 217 ff.; Thommen Rud. Unser Kalender; Vortrag, Hamburg 1889. Mémain Etude sur l’unificat. du Calendr. Ann. du Bur. des Longit. Tom. VIII. 1899.

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 161

Als 14. Nisan soll der Vollmondstag nach dem Frühlings- aequinoctium gelten, Ostern an dem darauf folgenden Sonntag ge- feiert und ein Zusammentreffen mit dem Passah der Juden ver- mieden werden. Der Bischof von Alexandrien, dem Hauptsitz der astronomischen Studien, wurde beauftragt, alljährlich den richtigen Ostertermin der ganzen Kirche anzuzeigen. Hiemit erkannte die Synode die alexandrinische Praxis an, nämlich den 21. März als Frühlingsaequinoctium und die Berechnung des Mondes nach dem 19jährigen Cycelus Metons. Rom aber nahm das Aequinoctium an am 18. März und bediente sich eines Cyclus von 84 Jahren, sodass grosse Differenzen in der Osterbestimmung eintraten (a® 387 : 5 Wochen und 444 : 4 Wochen). Erst 525 nahm auch Rom auf Be- treiben des gelehrten Mönches Dionysius exiguus die Alexandrinische Regel an.

In den folgenden Jahrhunderten ergab sich aber eine neue Ver- schiebung aus folgendem Grunde:

Die Dauer des tropischen Jahres ist nicht 365125 ‘sondern 3654,2422

der Unterschied 040078 wächst in

129 Jahren an zu einem ganzen Tag. Es konnte daher nicht sehr lange verborgen bleiben, dass der astronomische Eintritt der Erde ın den Frühlinsspunkt mit dem im Kalender angegebenen nicht ganz über- einstimmte, dass also das Frühlingsaequinoctium nicht mehr auf den 21. März fiel.

Wer das zuerst bemerkt und mitgeteilt hat, wird kaum mehr zu entscheiden sein ; sicher aber ist, dass das Bedürfnis einer Kalender- reform im ausgehenden Mittelalter ein ganz allgemeines war, dass die Konzile zu Konstanz und Basel sich mit ihr beschäftigt haben, aber zu keinem Abschluss gelangt sind, dass der durch Herausgabe vieljähriger Kalender berühmt gewordene Johannes Müller von Königsberg in Franken, Regiomontanus, auch Joannes de Monteregio genannt, vom Pabste Söxtus IV. nach Rom berufen wurde, aber in- folge seines baldigen Todes die Sache auch nicht vollendet hat. Auch Pabst Leo X. hat sich ernstlich mit der Angelegenheit befasst, und den Beifall der Fürsten und mancher Universitäten geerndtet; es wurde beraten und wieder beraten, nur nie durchgeführt. Die kirch- liche Spaltung, welche durch die Reformation veranlasst wurde, aenderte an dem Bedürfnis einer Kalenderreform nichts. In seiner Schrift: Von den Conciliis und Kirchen 1539, in der an den Konzil- beschlüssen beinahe kein guter Faden bleibt, spricht Martin Luther ziemlich geringschätzig von den Verhandlungsgegenständen des Kon- zils von Nicaea und fährt dann fort:

11

162 Fr. Burckhardt.

»Dod it von den hölzern Artikeln ein Klößlin bisher glummend blieben, nämlich vom Ditertage; denjelben Artikel halten wir doch (wie uns die Mathematici und Astronomi überweijen) auch nicht ganz recht, weil der Gleihtag oder Aequinoctium zu unjer Zeit weit anders jtehet, weder zu jener Zeit, und unjer Djtern oft zu jpat im Jahr gehalten wird."

„Jett dürfts wohl wiederumb einer Reformation, daß der Calender corrigirt, und die Dijtern zurechtgerüdt würde. Uber das joll niemand thun, denn die hohen Majeltäten, Kaijer und Könige; die müßten ein- teächtiglich zugleich ein Gebot lajjen in alle Welt ausgehen, auf welche Zeit man jollte den Djtertag binfurt halten.“

„Es wäre wohl fein, aucd leiht zu thun, wenn die hohen Wtaje- täten thun wollten, weil es bereit alles fein ausgearbeitet ijt durch Die Ajtronomos und allein am Ausjchreiben und Gebot fehlet.“

Er empfiehlt, man solle sich bei der Festsetzung des Ostertages von den Mondphasen frei machen, die vom Mosaischen Gesetz einge- führt seien, und das Osterfest auf einen bestimmten Tag festsetzen, wie auch Weihnachten und andere kirchliche Feiertage; der Sonntag habe an sich nichts voraus vor andern Tagen; Weihnachten sei doch gewiss auch ein Tag des Herrn und falle auf irgend einen W ochentag.

„Dazu haben wir St. Paulus, der verbeut jtrafs, da man nicht jolle gebunden fein an die Sreitage, Feite und Sabrtage Mojt. Gal. 4. 10. Eol. 2. 16."

„Es it aber, meines Eradtens, demjelben gejchehen, wie Chrijtus jpribt, Matth. 9: Wo man einen alten Rod mit neuem Tud flidt, da wird der Nik ärger; und wo man Mojt in alte böje Halle thut, da zer- \pringen die alten Reife, und wird der Moit verjchüttet. Sie wollen vom alten Gejeg Moje ein Stüd behalten, nämlich, daß man den Vollmond joll achten; das ilt der alte Rod: darnad) wollen jie nicht demjelben Bollmondstage (als Ehriten, vurd Cbriltum vom Gejeg Moji gefreiet) unterworfen jein, jondern den folgenden Sonntag dafür haben; das it der neue Lappe auf den alten Rod Darumb bat der ewige Hader und das ewige Schüdeln bis daher jo viel Wejens gemacht in der Kirchen, und muß es maden bis an der Melt Ende, daß der Bücher fein Ma nod Ende hat fünnen jein.“

„Der alte Rod it immer mit blieben, jampt jeinem großen Rip, jo mag er nu fort auch aljo bleiben bis an den jüngjten Tag.“

Die durchgreifende Kalenderreform vollzog sich unter Gregor XIII. Den von Aloysius Lilius ausgegangenen Vorschlag unterbreitete der Pabst den christlichen Fürsten und berühmten Uni- versitäten, um die Durchführung der Reform auf einen möglichst allgemeinen Konsens zu gründen; dann, am 24. Februar 1582, ver- kündete er in einer Bulle die Grundlagen der Neuerung.

Da seit dem Konzil von Nicaea das berechnete Frühlings- äquinoctium um 10 Tage rückwärts verschoben worden, soll nach dem 4. October 1582 sogleich der 15. gezählt werden.

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 163

Um auf je 129 Jahre einen Schalttag wegzulassen, fallen die Schalttage derjenigen Jahrhunderte, deren zwei erste Stellen nicht durch 4 teilbar sind, aus (also 1700, 1800, 1900).

Der Mondeyelus soll so rektifiziert werden, dass die 4 zu viel gezählten Tage weggelassen werden und dass fernerhin alle 300 Jahre 1 Tag ausfällt; an die Stelle des Mondeyelus von 19 Jahren soll der Epaktencyclus treten.

Im Uebrigen bleibt es bei den Nicaenischen Beschlüssen. Diese Berechnung wurde nun allen Patriarchen, Erzbischöfen, Bischöfen, Aebten u.s. w. angezeigt mit dem Auftrage, die Neuordnung in der ganzen Christenheit zu verbreiten.

Solchen, die noch alte Kalender verschleissen, wird der Kirchen- bann angedroht.

Dieser neue Kalender heisst der Kalender neuen Styles.

Während der Pabst in der Einleitung der Bulle sagt, dass das frühere Konzil von Trient die Angelegenheit dem aha Richter- stuhl übertragen habe (rem totam ex ipsius Concilii decreto ad auctoritatem et judicium Romani Pontificis retulerunt), spricht er im $ 15 von einem Auftrage von Gott in seiner Aufforderung an Rudolf II. zur Verbreitung des verbesserten Kalenders beizutragen. (Pro data autem Nobis a Domino auctoritate hortamur et rogamus elarissimum in Christo filium Rudolphum Romanorum Regem ete.) Dieser hochfahrende Ton scheint bei dem Kaiser und den Fürsten Anstoss erregt zu haben, sodass die Sache nicht wohlwollend aufge- nommen wurde. Der Kaiser beeilte sich keineswegs dem Wunsche des Pabstes zu entsprechen. Da aber der neue Kalender doch in ver- schiedenen Ländern eingeführt wurde, so ergaben sich in Handel und Wandel grosse Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten aus der doppelten Zeitrechnung, so dass sich der Kaiser doch genötigt sah nachzugeben und die Einführung des neuen Kalenders zu emaelhllen. Der Ton des Schreibens aber, durch welches dies geschah, ist zu cha- rakteristisch, als dass man die dem Pabst abgeneigte Gesinnung darin verkennen könnte; denn im ganzen Schreiben steht kein Wort vom Pabst oder von einer vom Pabste ausgegangenen Neuerung. Im Staatsarchiv Basel befindet sich das an diese Stadt gerichtete Schreiben im Original. Es lautet:

Den Erjamen vnnjern und des Reichs lieben getrewen N. Burgermaijter ond Rath der Statt Bajel Rudolff der Under von Gottes genaden, Erwelter Rômijder Kaijer zu allen Zeitten Merer des Reids &. Erjamen liebe getrewen, Nachdem jich bisher im Altten Calendario jowol der Zeit aly auch der Jarszeitt onnd andershalben allerley mengel befunden, derwegen dan vnlangit nit allain mit vnjerm Yorwijjen jonder

164 Fr. Burckhardt.

auch nit weniger auf etlicher vnnjerer al anderer Chrieitlicher Potentaten vnnd Herrichafften fürnemen Mathematicorum vleibigs nachdendhen vnnd guetachten ain newes Calendarium verfahet vnnd von nen, al der- jelben jachen veritendigen, ainhelligeli für gueth, aud die vorberürtte mengel widerumb ab und alles in ain bejtendige immerwerende rid- tigtbait zu bringen für Notwendig geachtet worden. YBnnd dan Hirauf weitter exvolgt, das verjchienes zwayundadtzigiiten Gars jold new Ca- lendarium bin onnd wider, onnd nit allain in Italien, jondern andern mehr, nit den geringjten Cbrijtliden Nationen Khünigreichen vnnd Landen publiciert vnnd ins werfh gerichtet worden, aud nunmehr bey denjelben vngebindert deren zum tail ounderjhidlichen Religionen veblid gebraucht wurdet. So weren wir gleichwoll nod vor der Zeit nit ungenaigt ge- west, Gold new Calendarium aud unnjers tails Jowoll im Heiligen Reiche Teut|her Nation, al in onjern Erbfhünigreichen vnnd Landen anzujitellen vnnd zu gebrauchen. Jedoch damit fürnemblich der vrjachen bibbeer in- gehaltten, das wir die jach gern zuvor auf ain durchgehende algemeine gleichait gerichtet gejehen betten.

Mir befinden aber ne lenger ye mehr, nachdem berüerts new Ca- lendarium bey den vorbemelten maijtentails an de Heilig Reid negit anrainenden Nationen Bothentaten onnd Herrichafften, mit denen Teutjch- landt, jo woll aud vnnjere Khünigreiche vnnd Lande ire fürnembite bandtierung onnd Khauffmankgewerb haben, obangeregtermajjen in üeb- lihen gebrauch fomen, das die ungleiche haltung dejjelben Calendarij in vill weege, jonderlit aud der Wardhte wechjel vnd zallungen, Redt unnd Gerihtshandlungen halben vajt arojje Confujion onnd vnridtigkhait ver- urjadt, aljo das, wo es lenger in dem Standt verbleiben unnd im Hey- ligen Reid aud vnnjern Khünigreichen vnd Landen das alte Calendarium nod verner wie bibber gebraucht werden jolte, jolhe Bnordnungen jid) von Tag zu Tag bejchwerlichen erzaigen würden.

Bnnd dasjelb vmb jovilmebr, das alberait etliche fürneme deb Reichs gür]ten vnnd Stende, Geïltlihe unnd Weltliche das new Calendarium in ieren Yürjtenthumben, Landen, Stetten unnd gebietten angerichtet, vnnd zweifelsohne noch andere mer derjelben nachgehen werden, daher dan er- volgt, das in denen negit an ainander gelegen gepieten, ja wol etwan in ainem Fledhen, da es underjchiedlihe Herrichafften hat, neben anderer bejchwerlichen Ongleichait nit allain die Hohen Felt, jonder aud Die Son vnnd gemaine Feyertäge vndter|hidlid au merdblicher Serrüttung de gemainen wejens gebaltten werden.

Denn nun dem allo, onnd dann mer berüerts new Calendarium neben dem, das es jeine rationes Mathematicas hat, anderit nit, dan wie oben angeregt, für guet, nuzlih vunnd nottwendig than geacht werden, Go haben wir Bnns dem allem nad) dahin entichlojjen, jold) New Ca- lenvarium jo woll als Römijcher Kayjer im Reid Teutjcher Nation, al in onnjern Künigreihen onnd Landen zu gebrauden, vnnd dajjelb auf den October dieles jeztlauffenden Sars ins werdh zu richten, dergeitalt, das es naddem zehen Tagen, welche von demjelben Monat allermaljen, wie in den obvermeltten andern Nationen Rbünigreihen unnd Landen

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 165

verjchienes zwai und achzigilten Sars bejchehen, zunemen vonnd aubau- lajien jeindt, anfaben, vnnd von derjelben Zeit fürtheer continuirt vnnd gebraudt werden jolle, Bnnd hierauff neben Andern des Heyligen Reichs Churfürjten, Fürjten onnd Stenden, aud Eud) diejer onnjerer Refolution biemit erindern, vnnd dan aud zu bejjerer nahrichtung ainen abtrudh deÿ vf die dren leztern Monat dies yeztlauffenden Jars gejtellten Calendarij oder Gragmenti mitichiden wöllen, der genedigen vngezweifeltten Suver- lit, Ir werdet Eurs thails, Jonderlid aud zu abjchneidung vnnd ver- buettung der obangeregten confujionen, Bnordnungen, Zurrüettlichlaitten, onnd wah darbey weitter von Tag zu Tag, mit Hödhjjter aines unnd des andern landts bejhwerligthaitten unnd nacdtail zu befahren jein würde, Euch jolher vnjere Rejolution onnd Erinnerung zu accomodirn vnnd Der- jelben gemeh zu ballten wijjen, das raiht onnh von Eud zu jonderm gnedigem angenemen gefallen. Bnnd wir jeindt Eud mit Kaijerlichen gnaden vnnd allem guetten yeder Zeit wolgenaigt,

Geben in vnnjer Stadt Wienn den viertten Septembris anno etc. im drey onnd Adtzigilten, vnjerer Reiche des NRömijhen im Achten, des Hungerijhen im ailfften onnd des Bebaimijhen aud im Achten.

Rudolff vt Svieheuser D. Ad mandatum sacrae Caes?® Mtis proprium P. Obernburger.

Von den Protestanten war kaum eine andere Gesinnung und ein frohmütiges Entgegenkommen zu erwarten, weil diese gewiss zweckmässige Anordnung vom Pabste mit dem Nimbus einer heiligen, christlichen Sache umgeben war und zwar von einem Pabste, dessen Tedeum über die Bartholomäusnacht noch nicht vergessen und ver- schmerzt war. Selbst Keplers dringende Empfehlung der päbstlichen Reform vermochte die Protestanten nicht zur Annahme zu bewegen ; lieber gingen sie noch ein Jahrhundert auf dem gewohnten Irrwege, als dass sie etwas, was vom Pabste kam, und wäre es auch die aller- zweckmässigste Massregel, angenommen hätten.

Endlich musste doch der praktische Verstand bei der stets wach- senden Differenz der Kalender alten und neuen Styles über die kon- fessionellen Bedenken siegen. Schon auf dem Westphälischen Friedenskongresse wurde die Kalenderfrage wieder angeregt; aber erst am Ende des siebzehnten Jahrhunderts nahmen die evangelischen Stände auf Weigels und Leibnitzens Betrieb den neuen Kalender an a0 1700; in welchem Jahre 11 Tage vom 19. Februar bis 1. März unterdrückt wurden. Den päbstlichen Namen gaben sie aber ihrem in Einem Punkte modifizierten Kalender nicht, sondern hiessen ihn den verbesserten, auch verbesserten julianischen Kalender. Die Ab- weichung bestand in folgendem :

166 Fr. Burckhardt.

Die Berechnung des Ostervollmonds für den gregorianischen Kalender wurde ausgeführt mittelst des Epakteneyelus, für den ver- besserten aber sollte die Zeit aus den Rudolfinischen Tafeln für den Meridian von Tycho Brahe’s Uranienburg, berechnet von Kepler, entnommen werden. Der Tag des Vollmonds, von Mitternacht an gerechnet, der sich ergab, sollte als Ostergrenze (terminus paschalis) angenommen werden, und der nächst darauf folgende Sonntag Ostern sein.

Wenn diese beiden Bestimmungsarten im allgemeinen auf den- selben Tag führten, so war doch durch die Verschiedenheit der Bestim- mung die Möglichkeit gegeben, dass in irgend einem ‚Jahre nach der einen Berechnung der erste Vollmond nach dem Frühlingsaequi- noctium auf einen Samstag, nach der andern aber auf den Sonntag falle, wobei im ersten Falle der Oster-Sonntag eine Woche früher eintreten musste, als im zweiten. Dies traf ein im Jahre 1724.

Angeregt durch eine Mitteilung der Akademie der Wissen- schaften in Berlin und verschiedener Mathematiker hatte sich im Jahr 1723 der Reichstag zu Regensburg mit der Frage der Oster- rechnung für 1724 zu beschäftigen und kam dabei zu folgendem

Beschluss:

Ratisbonnae, d. 30: Jan. | 1723: Conelusum

In Conferentia Evangelicorum VBom 30: San: 1723.

Demmenad) bey der zu ende des abgewichenen Seculi vorgewejenen Calender-Berbekerung vermög eines bey dem Corpore Evang: unterm 23. Sept. SOIT fünfftighin die Ofter-Feit-Rehnung weder nad) dem im Julianiihen Ca- lender angenohmenen Dyonysianiihen und viel weniger Gregorian:Cyclo, jondern nad) dem Calculo Astronomico (:wie ehemahls zu Seiten des Concilij Nicaeni gejchehen:) gemacht werden folle und Darnebenjt nad) innbalt eines fehrnerweiten unterm 10./20. San: 1700 abgejahten Con- clusi allerjeits Mathematici Evangelici angewiejen worden, wegen des unter denen Astronomis nod) objchwebendem Dißensus, welche Tabulae die allerzuverläßigit und accuratejte jeyen, die bibbero fait durdhgehnds gebrauchte Rudolphin: Tabulas Kepleri zum Calculo der Ephemeridum, sum Computo des Djter-VBoll-Monds zu behalten und verjelben prae- ceptis ad Meridianum Uranoburgicum das Tempus Aequinoctij Verni, und dann den wahren Djter-VBoll-Mond in Tagen, Stunden und Minuten zu berechnen etc. Und dann id) gezeiget, daß von Anfang diejes Seculy bis auf jet laufendes 1723tes Jahr inclusive wegen Bejtimmung des

1699 einmüthig ausgefallnen Schlußes beliebet worden, dah

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 167

Diter-Feits Jowohl nad) der accuraten Astronomilchen als nad) der Gre- gorianijhen Cycliihen Rednung jich feine Differenz zugetragen: Hin: gegen nunmehro von der Kön: Preuß: Societet der Willenichaften zu Berlin, aud von verjchiedenen anderen erfahrnen Cvang. Mathematicis die gleich lautende und glaubwürdige Anzeige gejchehen, dab in bevor- jtebendem 1724. Sabr das Aequinoctium vernale nad) dem accuraten Calculo Astronomico auf den 20. Martij und der nädhjt darauf folgende Vollmond gemelten 1724. Jahrs wäre auf den 8. April, welches der rechte Oiter-Vollmond gemelten Sabrs were, mübte allo der 9. April, weil der vorhergehende 8. Apr: ein Sonnabend jey, vor den rechten Ditertag ge- halten werden: Der Gregorian. Computus Cyclicus aber jezte das Pleni Lunium Paschale nad) unribtiger Rädnung auf den 9. April und, weil diejes ein Sonntag, das Djter-yejt auf den 16. April, aljo 8 Tage jpäther hinauf; Dergleihen Differenz ji) aud in diejem laufenden Seculo 1744, 1778 und 1798. Darnebenjt auch begeben würde, daß in denen jez- bemeldten 2 Iezten Fahren, naml 1778 u 1798 der Ditertag des ver: beberten Calenders mit der Djtern der Juden, auf einen Tag, welches jedod) das Concilium Nicaenum jorgfeltig vermieden wühen wolle, ein- treffen werde.

Als ijt nad) allen darbey vorgefommenen und renflid erwogenen umjtänden von Evang: Corporis wegen einmüthig für gut befunden und gejchloßen worden:

1) daß man Hinführo auf denen eingangs berübrten Conclusis des

Corporis Evang. fejt zu belteben: folglich)

2) Allen im Heil. R. Red befindt. Evang. Calenderjchreiber, Drufer und Serlegeren zu bedeuten habe, daß jte es bey der bijber ge- braudten Form des verbeßerten Calenders fürohin bewenden lajjen, vornemmlid) aber das in nädjitfolgend 1724. Jahr nad) dem accuraten Calculo Astronomico auf den 9ten Apr: fallende Diter-Feit in der Columne des verbeberten Calenders auf jelben Tag anjegen und darnad alle übrige davon dependierende be- weglihe Feite durs gange Jahr hindurch einrichten, und

3) In folgenden Jahren, es möge zwüjchent dem verbeßerten und Gregorian: Calender jid eine Diter-Differenz zeigen oder nicht, jedesmabls nad) mehrberührtem Calculo Astronomico die Djteren mit den darnad) einzurichtenden bewegl. Zeiten dem verbeherten Calender inseriren, aud)

4) Wann nad) erfolgter genauwer Erfundigung der FJuden-Djtern jich befunde, daß jelbige mit der Diteren des verbeberten Calenders auf einen Tag einfielen, wie 3. E. 1778 u 1798 id begeben jolle, und, wenn inzwüjchent feine andere wichtigere, als die bijber gebrauchte Tabb: Rudolphina ausgefunden und von dem Corp. Evang. approbiert würden, das Diterfejt in Jolchen %üblen, um die Intention des Concilij Nicaeni bierinnen beyzubehalten, 8 Tage weiter hinaus jeßen jollen.

Wäre Ddiejer des Corpis Evangelicorum abgefahter und Denen Reglen des Concilij Nicaeni gemäßer Schluß in allen Evang.

Oo

168 Fr. Burckhardt.

Rendslanden und Obrten, wie es ehemals bey verbeßerung des Galenders 1699 gehalten worden, am lezten Sonntag vor dem Advent des jeblaufenden 1723. Sabrs von denen Canklen öffentlich) zu verfündigen, und die Diter-Feyer in dem Éünftigen 1724.1tn und übrigen vorhin bemerften Jahren darnad ans zujtellen. Dieses Conclusum wurde den evangelischen Ständen der schwei- zerischen Eidgenossenschaft durch die Vermittlung des damaligen Vororts Zürich bekannt gemacht. An Basel gelangte folgendes:

Schreiben von Bürgermeister und Rat der Stadt Zü- rıch vom 6. Febr. 1723.

Unjer freundlich-willig Dienjt, jamt was Wir Ehren, Liebs und Guts vermögen zuvor.

Fromme, Fürlichtige, Ebrjamme, Weile, jnjonders gute Freund und Getreue Liebe Eydgnoßen

Mas von den Evangel. Ehurfürjten, Fürjten und Ständen Gevoll- mädtigten Herren Räthen, Bottidaîten und Gejandten zu NRegenjpurg zu Tagen verjamt wegen Haltung des Ofterfelts in dem nädjt bevor- jtebenden 1724. Jahr eingelanget, das wolten Wir Eud unjern G.%.E. hiermit erforderlicher maben participiren und anbey in Yreund-Eydgnö- Bilder Wolmeinung unverbalten laßen, dab wir unjere unvorgreiffliche Reflexiones über diejes Anjuchen walten laben und mit nädjtem Eud \elbige auch überjchreiben werden, inmitlejt aber Uns jämtlid) der Hodjten Gnaden Bewahrung getreulich erlaßen. Geben den 6. Febr. AP 1798.

Bürgermeilter und Rath der Stadt Zürid).

Basler Ratsbefehl vom 13. Februar 1723: Solle Xobl. Vorort für die communication gedandt, deren über diejes Gejchäft gewaltete Gedanken erwartet, des Herrn D. und Professoris Bernoullis?) Bericht hier- über eingebollt und die Drudere ratione der Calendern debwegen gewarnet werden.

Das von den beauftragten Zürchern verfasste Gutachten über das Conelusum hat folgenden Wortlaut:

Gutachten von Johannes von Muralt D", J. Jacob Scheuchzer M. D. Ingenieur Vogel. Gnädiger Herr Burgermeijter! Socbgeabte 2c. Ewr. Gn. und Weibbt. boben Befehl sub dato 6. Febr. zu gehorjamer folg haben wir endts-unterjchriebne vorderijt diejen unterthänigen Bericht

2) Johannes 1 Bernoulli.

3) J. J. Scheuchzer 1672—1733; im Jahre 1710 Professor der Mathematik in Zürich; that sich in der Mathematik nicht in gleicher Weise hervor, wie in naturhistorischen Disziplinen. Wolf Biogr. I 181—228.

Joh. v. Muralt 1645—1733; 1688 Stadtarzt in Zürich, 1691 Professor der Physik und Chorherr. Nach dessen Tode erhielt J. J. Scheuchzer auch noch

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 169

eritatten wollen, daß ein jamtl. Hochlbl. Corpus Evangel. aus erheblichen urjaden von jelbit nöthig erachtet, den je mehr und mehr von der rechten Bahn ausweichenden Julianijchen Calender abzuänderen und zwahren dur)

22 à einmüthigen Schluß sub a 1699 nicht auf dem Yu der 1582

von Bapit Gregorio dem XIII unternommenen Correction und vorge- jhriebenen bernad falid befundenen Cyclo Decemnovemnali, Jondern nad) dem wahren von den Astronomis genauw gerechneten Simmels-Lauf, worbey jih Hochged. Evang. Corpus fürgenommen, die im Nicaeilden Concilio 325 gut befundene Canones, von welden die Rôm. Catb. dann und wann abweichen, in genaue Observanz zu ziehen, bejonders wegen nit Haltung des Diter-%elts auf gleichen Tag mit den Juden.

Nachdeme nun Hohged. des Hl. Rôm. Reyhs Evang. Stände Ihr wolabgefaktes Conclusum sub dato Regenipurg 30 December 1699 einer Hochlob. Eydgnojhaft communiciert, haben die meilten Lob. Evang. und zugewandte Orth aus eigener Convenienz wegen mehrerer Xommlichkeit in Handel und Wandel, bejonders aud vielfaltig zu erwartenden Nußens im Landsfriden auf der Jahr-Rechnung 1700 nad) genugjamen und reyffen Deliberationen jid der Calender-VBerbejjerung halben mit denen Rends]tänden zu conformieren entichlogen und jothanes decretum würflic) 1701 mit Durchjtreihung der erjten 11 Tagen im Januario und an- bebung des XVIII. Seculi mit dem 12. bejagten Monats zu werk gejeßet.

Belangend das von NRegenjpurg aus sub dato 30. Januar 1723 Ewr. Gn. und Whht. zu Handen Jammt. Hochlob. Eydg. Evang. Corporis com- municirte Reydsconclusum und wegen des 9. Ofterfelts für das 1724te Jahr entitandene Difficultet, berubet jelbige Eur in folgendem: Mad denen Canonibus Concilii Nicaeni joll das Djter-Feit gehalten werden auf den eriten Sonntag nad) dem eriten Vollmond, der auf das Yrühling-Ae- quinoctium folget, jo dab, wann derjelbe Vollmond juit einfallet auf einen Sonntag, das Set jolle celebrirt werden 8 tag bernad, damit man ausweide das Pascha der Juden, als weldes jujt an dem Tag des Sollmonds mub gehalten werden.

Kun fallet nad) der Cycliich. Gregorian. Rechnung bejagt eriter Bollmond 1724 auf den 9. Aprilis, nach) denen Tabulis Rudolphinis aber, welche das Evang. Reychscorpus zur Grundregel angenommen, oder nad) dem wahren ajtronomijhen Calculo fallet das Frühlings: Aequinoctium auf den 20ten Martii und der erite Vollmond nad) dem- jelbigen auf Sambjtag den Sten April; müßten aljo die Rôm. Cath., weil Ihr Vollmond jujt auf den Sonntag fallet, Ihre Oftern ausjegen auf den 16t April: Evangelici aber nad) Ihrem angenommenen Astronom. Calculo diejes Feit halten auf den ten, Fit dasjenige, was Ewr. End. und

die Professur der Physik; aber der bald eintretende Tod riss ihn aus dem erweiterten Wirkungskreis. Wolf Biogr. IV. 181—228.

Heinr. Vogel, Ingenieur und Inspektor der Constabler, besorgte 1724— 1758 den Zürcher Kalender. Man hat von ihm eine Anleitung zu der Artillerie- Wissenschaft, Ernst- und Lust-Feuerwerkeren. Zürich 1714. Wolf Biogr. III. 22. Note,

170 Fr. Burckhardt.

Meisht. mit tiefejtem Respect wir berichten fônnen, und das weitere Dero- jelben Sodbtlugen Dispolition Ehrenbietigit überlaßen als die wir übrigens verharren Ewr. Gnd. und Meihht. Unterthänigjt-Gehorjammite CHAT Burger und Diener Iohannes von Muralt D' I. Jacob Scheuer M. P.

Ingenieur Pogel.

Ratsbefehl vom 24. Februar 1723 übermittelt das Zürcher Gut- achten an Prof. Johann Bernoulli, der nun schon am 26. Februar sein einlässliches Gutachten der Regierung einsendet:

Mohlweiler Herr Burgermeilter Hochgeadhte 2c

Das Conclusum wegen Haltung des Diterfeits in dem zufünftigen 1724. Jahr, jo von den Evangelien Churfürjten, Fürjten und Ständen bey gegenwärtigem NReihstag Bevollmächtigten, Räthen, Bottjchaften und Gejanten d. 30. Jan. 1723 abgefajjet und von Ihnen an Lob. Stand Züri, von diefem aber an Ew. On. communiciert, hab id gelejen und das darinn enthaltene reifli erwogen; Erjtatte hiemit Ew. Gn. auf dero hohen Befehl de dato 24te" Febru. 1723 über dieje materie folgenden unter- thänigen Bericht:

Es it allervorderilt zu wiljen, daß dieje Sad) nicht nur astronomice jondern aud) theologice und politice fünne tractiert und folglid von mir die question nidt gänzlich, londern nur in jo weit, als jte in die Astro- nomie bineinlaufet, beantwortet werden.

Mas dann erjtlic) den Hauptpuncten, von weldem das übrige de- pendiert, anbelangt, ob nebmlid das jo genannte plenilunium paschale, welches der Senige Vollmond ijt, jo entweders auf das Aequinoctium vernum fallet oder allernächit darauf folget, in dem zukünftigen 1724. SZahr eintreffe auf den 8. April, jo antworte ich jchlechterdingen mit Sa.

Damit man aber nicht meinen möchte, id gründe Diele meine Be- jabung auf die ledige Assertion derjenigen Astronomorum und Mathe- maticorum, deren in dem Regenjburgijhen Concluso meldung gejchiehet, jo hab id nöthig erachtet obbejagtes plenilunium auf tag, jtund und Minuten ohne Beyhülf einiger von anderen ausgerechneten ephemeridum, als denen man nicht allzeit trauen fan, dur mid) jelbiten zu berechnen. Befinde hiemit nad) gemachtent Calculo, dah in bemeltem Jahr 1724 der Dfter Boll Mond allhier und an allen Orten, die unter unjerm Meridiano ligen, jen wird Samstags den 8. April Abends um 4 Uhr und 21 Minuten, nahdem das Aequinoctium vernum, das ijt der Eintritt der Sonnen in das Zeihen des Widders zuporgejchehen den 20. Martij vot- mittags um 10 Ihren und 2 Minuten.

Es wirdt nun zweytens weiters gefragt: Ob diejer Djter Boll Mond nad den Eyclifchen Rechnungen um einen Tag jpäter, nahmlich Sontags den 9. Aprilis, wie die in dem Regenjburgijhen Concluso mentionierte

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 171

Astronomie vorgeben, einfallen wirdt: So muß ich joldes aud mit Ja beantworten, jintemablen die gemeine Regul aus den Epactis das pleni- lunium paschale zu finden, die wahrheit deijen flärlid und ohne große Mühe dargiebt. Sd nenne hier die Epactas und (NB) nicht den Cyclum Decemnovenalem, das ijt den Cyclum der jo genannten Guldenen Zahlen, dann Jo ferr it, daß PBapit Gregorius der XIII. bey Verbeberung des Alten Julianijden Calenders diejen Cyclum, wie einige fäljchlid” meinen, jolle eingeführt und vorgejchrieben haben, da diejer Papit vielmehr eben diejen Cyclum, der zuvor in dem Julianiihen Calender üblid war, als feblbabr abgeihafft und an jeine Statt die Epactas, welche die Novilunia und plenilunia richtiger und accurater anweyjen, eingeführt hat, jo aud in dem Calendario Gregoriano jeith Anno 1582 bis auf den heutigen Tag gebraucht werden.

So nahe aber als immer die Epactae die Neu- und Vollmonden an- zeigen, jo it es dod unmöglich, da Jie allezeit jujt auf einen Tag ein- treffen mit den Mahren Astronomilhen Neu und VollMondten: und wird aud in Ewigfeit fein Cyclus jo exact ausgefunden werden fönnen, der von dem Computo Astronomico nidt dann und wann von einem Tag abweiche und aljo ein Sonntag für ein Samstag durd die Cnclijhe Rechnung bisweilen heraus fomme, dejjen man dann in diejem Saeculo 4 dergleichen Exempel haben wirdt, als namlich nicht nur fönftiges Jahr 1724, jondern auch noch in den Jahren 1744, 1778 und 1798.

Was aber dieje Discrepanz eines tags für einen großen Underjcheid machen fan in Beltimmung des Djterfeits, warn man dasjelbe celebrieren joll nach den Decretis des Concilij Nicenij, jo AP 325 gehalten und aus 318 Bilhoffen beltunde, wird jich erzeigen aus dem Snnbalt dieler De- cretorum, Jo fürnebmlic in folgenden 2 puncten bejtehet: daß die Cbrilten ihr Djterfejt niemahls Halten jo auf einen Tag, wann die Juden ihr Pascha halten; derowegen, weil die Juden fraft ihres Gejezes ihr pascha halten müjjen auf den Tag des eriten VBollMonds, der auf das Aequinoctium vernum fallet oder nädit darnad folget, jo jollen Die Ehrilten ihr Djterfejt feyren den nädit darauf fommenden Sonntag und, wann der Suden pascha jelbit ein Sonntag wäre, jolle als dann Die Ehrijtl. Djteren 8 tag bernac gehalten werden.

Hieraus erhellet zwar, da, weilen das wahre plenilunium paschale fünftiges Sabr 1724 auf den 8. Aprilis, der ein Samstag it, eintrifft und hiemit denjelbigen Tag die Juden ihr pascha halten jolten, den folgenden Sonntag darauf nebmlid den 9. Aprilis ohne fehrneren Auf- hub der Chriften Diterfejt muß gefeyret werden, Eraft dejjen was das Nicaenijhe Concilium in dem zweyten puncten bat haben wollen und worauf das zu Regensburg gemachte Conclusum Jich jteuret. Aber weilen unbefant, was heutigs tags die Juden, die in der Welt zeritreut \ind, für eine Regul haben, um das plenilunium paschale zu determinieren, jo it zu vermuthen, dab, da Sie eben feine große Mathematicos under ihnen haben, die Ihnen die wahre Zeit diejes Bollmonds durch Astronomilche Rechnung an die Hand geben fünten, Sie jid vielleicht auch an den Cy- clum Epactarum halten, als an eine Sach, die ohne große Nechnung aud)

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172 Fr. Burckhardt.

dur gemeine Leuth fan verrichtet werden. Wann nu:: diejes aljo wäre, jo würden die Juden auch ihr Pascha anf den 9. Aprilis und consequenter mit den Ehrilten Evang. Seiths halten, welches jchnuritrads zuwider dem eriten puncten der Intention des Nicaenischen Concilij, an welchem puncten dod denen Patribus diejes Concilij weit mehr gelegen war, als an dem anderen puncten wegen dem unverjöhnlichen Hab der alten Cbriften wider die Juden, der jo groß war, dab die Orientalijhe oder Asiatijche Cbrilten, welche das Djterfeit auf einen tag mit den Juden hielten und deswegen quarta decimani gebeiben, von den anderen verfezeret und als Schismatici von ihrer Kirchen ausgelbloken wurden.

In Jolhem Fall dann werden die Römijch-Catholilchen, die das Diterfejt begehen, AP 1724 den 16. April zwar wider den 3wenten, die Evang. aber wider den eriten und wichtigeren puncten fehlen. Es wäre aljo meinem Bedunden nach beier gewejen, (:wan man jich je von der Oregoriani\hen Diterbeitimmung bat distinguieren wollen:) es hätten die HH. Bevollmächtigten auf dem Reichstag zu Negensburg jich weder an die Statuten des Concylij Nicaenij nod) an die Cyclos Gregorianos ge- bunden, jondern vielmehr ohne auf den Vollmond adtung zu geben, einen gewißen Sonntag bey anfang des Yrühlings, als zum Exempel den Eriten Sonntag nad) dem aequinoctio verno oder nad) dem 21 Martij beitimmet, um binfübro alle Jahr auf lelbigen Sonntag das Heil. Diterfejt zu halten, Mit dieler leichten manier, WodUurd) der gemeine Mann aud ohne Calender in jedem Jahre wüjlen würde, warn Djteren wäre, Eönnte allen künftigen disputen und \hwürigfeiten vorgeben werden, welche doch meijtens nur aus überflüßigen Subtiliteten entipringen, von denen mit recht fan gejagt werden: quod sint difficiles nugae.

Durd dergleichen Subtiliteten in allzu genauwer Observanz der Canonum des Concilij Nicaeni fônte gejchehen, daß an underjchiolichen Orten der Ehriltenheit, in welden man jih nad dem NRegenjburgiichen Concluso tidten wolte, an einigen annod Samitag, an anderen aber albereit Sonntag wäre in dem Augenblifb, da der wahre Astronomie Diter Vollmond eintrifft. Die eriteren mühten derowegen nad) inhalt diejes Conclusi auf denjelbigen Sonntag, die anderen aber mühten kraft eben diejes Conclusi erit acht tag hernad) die Diteren celebrieren, welches eine wunderlihe Verwirrung causieren würde. Daß aber jolbes in der that gelcheben fan, werden die Senigen, die es erleben, dejjen ein Exempel haben, in dem Jahr 1778, in weldem uns und übrigen Städten, die under unjerem Meridiano ligen, das aequinoctium vernum jeyn wird nad meiner Calculat? (:dod salvo Errore calculi:) den 20. Marty glei) nah) Mittags um 49 Minuten Landubr*), und den darauf folgenden 11. Aprilis, weldes ein Samitag jeyn wird, Abends um 9 Uhren 56 Minuten Landubr er- gibt jic) das wahre plenilunium paschale, um welde Zeit aber in anderen Länderen der Cbriltenbeit, welhe um ein nahmhaftes mehr gegen Orient

*) Landuhr bedeutet wahre Ortszeit; die Uhren der Stadt gingen damals der Ortszeit um eine volle Stunde voraus. AR:

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 7

ligen, alsdann die Mitternacht jchon vorbey und jie derobalben albereit Sonntag zehlen, alldieweil es uns nod Samstag ilt, wie es dann denen befant, welche die Principia Astronomiae und Geographiae nur ein wenig verjtehen. Es wird zum Exempel (damit id ein ort nemme, weldes nod) in Europa ilt) in des mächtigen Czaren Residenz-Statt Moscau zu der- jelbigen Zeit des DiterBollmonds allbereit jeyn verflojjen 7 Minuten nad) Mitternacht, aljo dak den Einwohneren der Statt Moscau der Sonntag hier eine 1/2 Vierteljtund zuvor jhon angefangen. Sd jebe, dann es wollen die Moscauviter ji) aud conformieren nad) dem Snnbalt des Conclusi Ratisbonensis, jo müßten Sie dannad die Diteren 8 Tag jpäter halten als wir, es jeye dann, dak man aller Orthen nicht nad) jedes Orths eygenem, jondern nad) einem allgemeinen Meridiano in Rechnung der Tagen, Stunden und Minuten ji) richten müßte, zu weldem End das Corpus Evangelicum zu Regenjburg den Meridianum Uranoburgicum in Borichlag bringet, under welden ehemals der berühmte Dänilche Astro- nomus Tycho Brahe jeine Observationes gemadt. Aber zu wiben ift, dab fein Meridianus vor dem anderen einiges Vorreht haben fan, jo in der Natur gegründet wäre und derowegen nicht zu hoffen, daß alle Na- tionen, die id der accuraten ajtronomijchen Rechnung nad) der Instruc- tion des Evangelijhen Corporis bedienen wolten, id werden laïjen vor- \hreiben einen anderen als ihren Meridianum in Benamjung der Tag und Stunden zu gebrauchen. Ich fan einmahl nicht glauben, dab der Czaar over jein Patriarch werde zugeben, daß der Senige Tag, jo bey Ihnen jeith einer Ya vierteljtund don angefangen ein Sonntag zu jeun, dannod) jolle Samstag heißen, welches eine lächerliche metamorphosis wäre und nicht ungleich derjenigen, da vor Zeiten ein gewiljer Babjt, wie man jagt, einen Freytag (aus anlai einer damabls unter dem Bold entitandenen allgemeinen Freud) durd jeine Autoritet in einen Donnerstag verwandlet haben jolle, damit dem Volt erlaubt wäre Fleifch zu ejjen und fic frôlid zu machen.

Zu diejem allem fommt, dab, jo man einen gewißen Meridianum vorjchreiben wil, wornad) alle, die jezund das Regenjburgiiche Conclusum annehmen, jich richten jollen, jo wird in denen von diejem Meridiano weit entfehrnten Orten die Diteren in vorbemelten Fahren nicht nad) dem stricten tenor der Statuten des Nicaenijhen Concilij fönnen gehalten werden, welche statuta Do in dem Concluso zum Yundament angezogen jind. Yolgt hieraus, daß man durd eine allzugenauwe praecision in eine Contra- diction verfallet, indem es jich begeben fann, daß die principia und die darauf gebaute nunmehro zu NRegenjburg vorgeichribene praxis mit ein- ander nicht bejtehen werden.

Dieje und andere der gleichen Inconvenienzen zeigen genugiam, da es bejjer wäre, wann man auf obengewiejene leichte manier die Haltung des Diterfejts auf den erjten oder einen anderen beliebigen Sonntag nad) dem 21. Martij angejezet und nad) diejem alle davon abhangende beweg- liche Feittage reguliert hätte mit bindan Sezung jowobl der Canonum Coneilij Nicaeni und deren deswegen zu machenden Astronomilchen Aus- Rechnung des Ojter Boll Monds als aud) des Gregorianilhen Cycli Epac-

174 Fr. Burckhardt.

tarum. Denn da uns Ehrilten das Mosailde Gejet der Ceremonien nicht mehr bindet, jo werden uns bejagte Canones und andere Menjchen Sazungen viel weniger binden. Der Seel. Apojtel Paulus jagt: Einer halt einen Tag für den anderen, der ander aber hält alle tag glei, Ein jegliher jey in Seiner Meynung gewis. Welcher auf die Tage hält, der thuts dem Herrn, und welder nichts darauf halt, der thuts aud dem Herrn. Röm. XIV. 5. 6.

Item jagte er zu den Galateren: Nun ihr aber Gott erfant habt, ja vielmehr von Gott erfant jeyt, wie wendet ihr Eud dann um wider zu Jhwachen und Dürftigen Sazungen, welden ihr von neuwem an dienen wolt? Ihr habt Tage und Monden und Yeite und Fahrzeit. Gal. IV. 9. 10.

Es wäre zu wünjchen, daß die Ehrijten nicht jo fait Jic) befümmerten, welhen Tag man zu Haltung des Diterfeits erwehlen, als wie man den einmahl darzu gewidmeten Tag riltlid heyligen und celebrieren jolle zu Gottes Ehr und zu Lobpreilung der Siegreihen Auferjtändnus un- jeres Heylands Seju Chriti.

Demnad dann die Beltimmung des Tags zu Haltung des Diter- feits eine bey uns Cbriften ganz indifferente und willführliche jad it, daneben nicht zu hoffen jtehet, daß das, was droben von dem eriten Sonntag nad) dem 21. Martij ijt angerathen, von den Evangel. Reichs- jtänden wird agreiert und angenommen werden, jo wird es meiltens auf politiiche Rationes anfommen, ob man ji) an Ddieje oder jene methode den Ditertag anzujezen halten folle. Wann mir allo aud) hierinn erlaubt ijt meine unvorgreiflihde Gedandhen an Tag zu legen, jo dundet mid) nicht übel gethan zu jeyn, wann man ji) nun wieder nad) dem letjt auf- gerichteten NRegensburgiihen Concluso conformieret, zwar nicht wegen den darin angeführten urjachen, jondern vielmehr, weilen die ratio status zu erforderen fcheinet, daß man von den übrigen Evangelicis in ledigen Yormaliteten Jid nicht trenne, zu mahlen jchon zu End des vorigen Sae- culi der größte Theil der Reformierten Eydtgnoßichaft ji zu dem da- mabligen Evang. Reihsihluß in Annemmung des dardurd) eingeführten Neuwen und verbeberten Calenders bequemet und verjitanden hat und jhon damals auf dem Reichstag zugleich bejchlojjen die Berechnung des Diterfeits weder nah) dem im Juliantihen Calender angenommenen Dionysianilhen noch Gregorianijhen Cyclo, jondern nad) dem Calculo Astronomico zu maden, um dadurd) ipso facto anzudeuten, Dah man mit den Römijdy-Catolifchen nicht einerley Calender haben wolle, aljo daß das jezige Regenjburgilhe Conclusum nidts anders ijt, als eine effec- tuierung des vorigen, welches in der 2. Reformierten Eydgnogjchaft ijt beliebet und angenommen worden. Daneben jeind aud die heutigen con- junctures anzujehen, da man trachtet eine Union zu jtiften zwijchen den Reformierten und den Augjburgijhen Confessions-Berwandten, welches Rob. Perth durch eine unnöthige separation des Calenders wegen leichtlic) fönnte gehemmet werden.

Dis ijt, Gnädige Herren, was id über ob\dwebende Materi auf dero Hohen Befehl zu berrichten hab. Will dajjelbe Ew. En. Sobweiben und

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 175

Hoherleuchteten Judicio in Unterthänigteit anbeimb jtellen. Sollte aber diejer mein Bericht jamt meinen einfältigen Reflexionen nicht zulänglid) erachtet werden, So fünte, wie id obnmabgeblid vermeine, dis Gejchäft als eine Sad), die aud) in die phyfiihe Wüjjenjchaften hinein lauft, unierem Herrn Professori Phisices*) zur ferneren unterjuchung übergeben werden, nad dem Exempel Wohlweyjen Magistrats zu Züri, der in eben diefer Sad) dem Professori Mathesos aud) den Prefessorem Physices jamt einem Ingenieur zugefüegt. Son weldyen dreyen Männern gejamter Hand dasjenige Bedenken ijt abgefabet, deljen eine Abjchrift Ew. On. ijt über- jandt worden.

Indejien nebit Anwünjchung einer fort und fort während Glüd- lien Regierung jamt aller prosperitet Berharre mit tiefelter Veneration

Ew. End 2€ 2C 2C Unterthänig Gehorjamiter Burger den 26. Februar 1723. Joh. Bernoully D. et P.

Am 27. Februar 1723 beschliesst der Rath:

Solle diejer Beriht Lob. Stand Zürich communiciert und deme über- lajien werden jolhen aud naher Regenjpurg zu überjenden.

Ob Letzteres geschehen, weiss ich nicht.

Katholiken und Protestanten feierten Ostern 1724 an aufein- anderfolgenden Sonntagen und die Kalender für die Angehörigen beider Konfessionen wurden, so weit das Osterfest und die damit zu- sammenhangenden andern kirchlichen Feste in Betracht kamen, nach wie vor in verschiedener Weise berechnet, so dass Ostern wiederum für Katholiken und Protestanten 1744 auf verschiedene Sonntage fallen konnte. Als nun wiederum cin Jahr von solcher Zweispurigkeit nahte 1778, ordnete Friedrich der Grosse an, dass in Preussen von 1776 an der Kalender neuen Styles nach dem gregorianischen Epaktencyelus sollte berechnet und also mit dem Gregorianischen in der Festrechnung übereinstimmend werden. Auch der Reichstag fügte sich dieser weisen Anordnung und von diesem Termin an kam der sogenannte Reichskalender in allgemeinen Gebrauch mit Aus- nahme der griechisch orthodoxen Kirche, die beim julianischen Kalender verblieb.

Aus dem Gutachten von Joh. Bernoulli ersehen wir, dass er in erster Linie gewünscht hätte, der Reichstag hätte sich von der Mond- rechnung emanzipiert und auch die astronomische Bestimmung nach dem Uranienburger Meridian aufgegeben, die seit 1700 im ver- besserten Kalender zur Verwendung kam; seine Meinung war, es

4) Professor der Physik war von 1711—1726 Joh. Rudolf Beck Med. Dr. und früher Professor der Logik; er würde das Urteil Joh. Bernoulli's kaum beeinflusst haben.

176 Fr. Burekhardt.

wäre am erwünschtesten gewesen, wenn man dem Ostertage eine festere Stellung im Kalender gegeben hätte, als er sie nach bisheriger Rechnung erhielt, nach der er vom 22. März—25. April eintreffen kann. Ein bestimmter Sonntag nach dem 21. März solle Ostertag sein. Er geht also nicht so weit als Luther, der nicht einmal einen Sonntag, sondern ein bestimmtes Datum dafür verlangt.

Wenn Bernoulli seine Ansicht nicht zu einem bestimmten An- trage formulierte, so geschah dies einesteils aus dem Grunde, weil er voraussah, dass die gewiss vernünftige Massregel keine Aussicht auf Annahme hatte; dann auch um jeden Zwist unter den verschiedenen Richtungen der evangelischen Kirche zu vermeiden.

Die heute übliche Berechnung des Kalenders garantiert für eine weite Zukunft die ausreichende Uebereinstimmung mit den in Be- tracht kommenden Himmelserscheinungen ; hingegen wird der Uebel- stand der zu grossen Beweglichkeit des Ostertermins den Gedanken nicht zur Ruhe kommen lassen, dem Ostertage eine festere Stellung zu geben, als es im gregorianischen Kalender geschieht, was schon zur Zeit der Kalenderreform von Manchen gewünscht wurde nach der Versicherung des besten Zeugen, nämlich Clavius, 5) des Er- klärers der Gregorianischen Reform. Wir freuen uns, dass dieser Gedanke nicht schlummert, indem namentlich die Jahrhundertwende Anlass gegeben hat, ihn wieder in den Vordergrund zu rücken. Und wiederum geht die Anregung von Berlin aus.

Prof. W.Foerster, Direktor der Sternwarte in Berlin, hat in einem Artikel der Berliner Nationalzeitung 1896, Morgenblatt vom 14. August, mitgeteilt, dass der P. Denza, der damalige Leiter der Sternwarte des Pabstes, in Verbindung mit Cesare Tondint, von der Akademie zu Bologna, das volle Verständnis dafür zu wecken ver- mocht habe, dass der Anschluss an die Mondphasen, welche die über- mässige Beweglichkeit des Osterfestes bedingt, unbedenklich aufzu-

5) Clavii Opera math. V. Cap. I. 3. Quare non audiendi sunt, qui exis- timant (et sane non defuerunt hoc tempore, qui ita sentirent) Ecclesiam debere solemnitatem Paschae peragere stato semper die instar aliarum cele- britatum, quae fixae nuncupantur atque immobiles, nulla habita ratione Lunae primi mensis, hoc potissimum adducti argumento, ut Ecclesia se a difficulta- tibus et controversiis, quae in Noviluniis Paschalibus oriri solent inter scrip- tores, liberet omnino atque expediat. Non sunt, inguam, audiendi qui ita censent, (quamvis Beclesia id suo jure utens libere facere posset, et nemo eam ob id posset reprehendere, cum illud Paschae praeceptum sit ceremoniale, quod jam cessavit, ut dictum est) quia nunquam eo ritu celebrandi Pascha Ecclesia Catholica usa est, sed semper in eo celebrando motum Lunae ac Solis observavit, sancitumque ita fuit ab antiquissimis sanctissimisque Ponti- ficibus Romanis, necnon a Concilio primo Nicaeno confirmatum, et aliis quamplurimis, ut mox dicemus. Quam ob rem consuetudo haec tam vetusta nullo modo sine gravi aliqua causa infringenda videtur.

Die Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender. 177

geben sei, dass dieser Gedanke schon zur Zeit der Kalenderreform bestanden habe, aber nicht weiter verfolgt worden sei. Schon damals sei anerkannt worden, dass keine Gewissensbedenken und keine for- malen Schwierigkeiten fundamentaler Art einer zweckmässig er- scheinenden Abänderung der Oster-Regel durch den Pabst entgegen- ständen. Auch hielt er es für möglich, das neue Jahrhundert mit dem grossen Fortschritt der chronologischen Einrichtungen und mit der allgemeinen Annahme des abgeänderten gregorianischen Kalenders zu eröffnen und einzuweihen.

Später (Berl. Nationalz. 1897, 31. März) formuliert er den Vor- schlag, den er gemeinsam mit Tondini und unter lebhafter Teilnahme der Astronomen der päbstlichen Sternwarte aufgestellt hat. Dieser Vorschlag ging dahin, unter gänzlicher Aufgebung der Beziehungen des Osterfestes zum Monde, das Fest von 1900 ab auf den dritten Sonntag nach dem Frühlingsaequinox anzusetzen; das Datum des Osterfestes würde alsdann nur zwischen dem 4. und 11. April schwanken.

Zudem veröffentlicht Foerster einen längern Brief des Cesare Tondini, durch den dieser die kirchlichen Bedenken gegen die Ver- änderung der Osterregel zerstreut. Dabei erfahren wir wörtlich folgendes:

„Uebrigens hat Pabst Leo XIII. in seinem hohen Geiste schon vor zwei Jahren die damals von Ihnen angeregte Frage im Prinzip entschieden und zwar dergestalt, dass alle Bedenken sich beruhigen können. Gegen Ende des Jahres 1894 verschaffte mir einer der er- lauchtesten französischen Prälaten, Seine Eminenz der Kardinal Langenieux, Erzbischof von Rheims, die hohe Ehre, mit ihm zu- sammen zu einer Audienz beim heiligen Vater zugelassen zu werden. Die Rede kam auf das Dekret des Konzils von Nicaea, mit Hilfe einer Verständigung zwischen den verschiedenen christlichen Kirchen, einem selbst bei den Regierungen ziemlich allgemeinen Wunsche Er- füllung zu schaffen, indem man die übermässige Beweglichkeit des Osterfestes einschränke durch eine Regel, welche dieses Fest fortan an einen bestimmten Sonntag im Sonnenjahre binde. Wenige Tage nachher entbot seine Heiligkeit meinen inzwischen verstorbenen, viel betrauerten Kollegen, Padre Denza, den damaligen Direktor der Vati- kanischen Sternwarte zu einer Privataudienz und sagte ihm: „Non solo desidero che Ella si occupi di una tale questione ma Glielo comando.“ Kein Befehl konnte meinem Freunde willkommener sein. Der Befehl des Pabstes wurde sofort ins Werk gesetzt, und die letzte Tat des wissenschaftlichen Lebens von Padre Denza war die Fertig- stellung eines mit seiner ganzen Autorität unterstützten, für den Pabst bestimmten Memoires über den Gegenstand. Es war dies ge-

12

178 Fr. Burckhardt.

wissermassen sein Testament und eine pflichtmässige Aufgabe, die er denjenigen vermachte, die sein Andenken am höchsten ehren wür- den. Zwei Tage nachher, am 14. Dezember, hatte ich den Schmerz, an seinem Sterbebette zu stehen.“

Hiernach scheint auch bei höchster kirchlicher Stelle der Ge- danke Fuss gefasst zu haben.

Die Hoffnung, die Jahrhundertwende werde den Czar veran- lassen, den julianischen Kalender mit dem gregorianischen zu ver- tauschen, hat sich nicht erfüllt; die Erfüllung des Wunsches, den Termin des Osterfestes von seiner grossen Schwankung zu befreien, ist wieder in die Ferne gerückt. Wird man noch einmal die Jahr- hundertwende abwarten wollen, bis die zweckmässige Massregel zur Durchführung gelangt? Könnten und sollten sich nicht zu gemein- samen Handeln verstehen können Kaiser und Pabst? Die meisten Culturvölker, vielleicht alle, wären hiefür dankbar.

Manuskript eingegangen 2. Juni 1913.

Der osmotische Druck einiger Epiphyten und Parasiten,

Dass sich die höheren Pflanzen durch ihre anatomische Struk- tur gegen allzu starke Wasserverdunstung zu schützen vermögen, ist eine ae bekannte Tatsache.

Wie sollen aber Luftalgen, die nur aus einer einzigen Reihe von Zellen bestehen, der Ans kune Widerstand leisten ?

Diese Frage drängte sich mir auf, als ich mich in Java mit den auf Steinen und Sarnen häufigen, meist rotgelb gefärbten Algen aus der Familie der Chroolepideen beschäftigte (vgl. Senn 1911 S. 282). Mit Hilfe der Plasmolyse stellte ich est, dass diese Orga- nismen einen so konzentrierten Zellsaft besitzen, dass eine gesättigte Lösung von Kalisalpeter die alten, an trockener Luft gewachsenen Zellen nicht immer zu plasmolysieren vermag. Der Druck, den der plasmatische Wandbeleg unter diesen Umständen genügende Was- serzufuhr vorausgesetzt auf seine Zellmembran ausübt, übersteigt somit 100 Atmosphären.

Bei Kultur in Wasser geht der Turgor auf 0,5 Mol. KNO,, also ca. 15 Atmosphären, herunter; die Alge passt somit ihren Druck den äusseren Verhältnissen an.

Solehe ungeheure Druckwerte, die nur im Hinblick auf die ge- ringen Dimensionen der Zellen verständlich sind, hat auch Fitting (1911 S.255) bei den Wüstenpflanzen in der Umgebung der Oase Biskra festgestellt. Er zog daraus den wichtigen Schluss, dass diese Gewächse das einmal aufgenommene Wasser nicht nur lange fest- halten (infolge der Herabsetzung des Dampfdruckes), sondern auch vermöge der Saugwirkung des konzentrierten Zellsaftes ihrer Wur- zeln dem Boden fast die letzten Spuren von Wasser entreissen können.

Meine Beobachtungen an der meist epiphytischen Trentepohlia (bisporangiata Karsten ?) legten die Frage nahe, ob nicht nur diese nackten fädigen, sondern auch die mit einer schützenden Epidermis versehenen Epiphyten Farne und Blütenpflanzen ebenfalls einen höheren Turgordruck entwickeln als die am gleichen Orte wach- senden Bodenpflanzen. Die Resultate Fittings liessen eine solche Untersuchung aussichtsreich erscheinen.

180 G. Senn.

Ich prüfte deshalb einige aus Java mitgebrachte Epiphyten und Bodenpflanzen, die alle stets unter den gleichen Bedingungen kulti- viert worden waren, auf die Turgorgrösse ihrer Epidermiszellen. Die Resultate sind in Tabelle 1 a

Tab. 1. Osmotischer Druck tropischer Bodenpflanzen und Epiphyten.

I. Bodenpflanzen. Mol. KNO; Bemerkungen 1. Von schattigen Standorten. Begoma spec. . . . 0,1125 dickblättrig Costus Ver he one 11 0125 Ke RCI RGO 32 0,178 Y Urticacee (krautig) . . . 0,200 ziemlich dünnblättrig 2. Von sonnigen Standorten. Paspalum dilatatum . . 0,275 Wiesengras Carludovica pumila . . 0,275 gebüschbildend Anona glabra ON 0 D'OR Er se Cherimoba . . 0,379 >= Phyllanthus (urinaria?) . 0,375 Strauch Angiopteris eveta . . . 0,400 hoher Farn Anona muricata . . . 0,600 Baum II. Epiphyten. Aeschynanthus spec. . . 0,125

mit fleischigen Blättern, Dendrob. mit Stengelknollen

Inhalaenonsos oe Omclophonuss 207720200 Dendrobium crumenatum 0,275 Lycopodium Phlegmaria . 0,350

Polypodium rigidulum . 0,375 Blätter dünn Hymenolepis spicata . . 0,400 Blätter lederig Polypodium Heracleum . 0,5125) n1: É BE Blätter d Drynaria quercifoha . . 0,550 | Fes

Die Tabelle zeigt, dass die dickblättrigen oder Stengelknollen besitzenden Epiphyten, welche in ihrem Innern viel Wasser speichern können, keinen höhern Turgor zeigen, als die an gleichem Orte wach- senden Bodenpflanzen (vgl. Fitting 1911 S.268). Dagegen er- reicht der Turgor der dünnblättrigen Epiphyten sogar im feuchten Urwald fast dieselbe Höhe, wie derjenige exponiert stehender Bäume, z. B. Anona muricata. Die Druckdifferenzen zwischen Epiphyten und Bodenpflanzen betragen dabei bis 0,35 Mol. KNO, = ca. 12 Atmosphären.

Dass die sukkulenten Pflanzen gewöhnlich niedrige Turgorwerte aufweisen, hat auch Fitting (1911 S. 220 u. 247) festgestellt.

Der osmotische Druck einiger Epiphyten und Parasiten. 181

Da nun die erwähnten Luftalgen aus der Familie der Chroolepi- deen nicht nur als harmlose Epiphyten auf der Oberfläche toter oder lebender Pflanzenteile (Phycopeltis) gedeihen, sondern wie z. B. Ce- phaleuros, als Parasiten in das Blattgewebe eindringen, müssen sie mit ihrem grossen Turgordruck auf ihre Wirtspflanzen eine sehr be- trächtliche Saugwirkung ausüben, die 1 Mol. KNO, = 37 Atmo- sphären oder noch mehr betragen kann.

Da sich die Epiphyten unter den höheren Pflanzen ähnlich ver- halten wie die epiphytischen Luftalgen, musste die Frage untersucht werden, ob auch die phanerogamen Parasiten einen höheren os- motischen Druck entwickeln als ihre Wirtspflanzen, wie das bei Ce- phaleuros der Fall ist.

Einige orientierende Bestimmungen an Viscum und Thesium er- wiesen meine Vermutung als richtig. Ich liess daher diese Frage durch meinen Schüler, Herrn C. Hägler, in Angriff nehmen. Seine Resultate bestätigten die meinigen völlig. Meine und ein Teil der Hägler’schen Messungen sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Tab. 2. Osmotischer Druck einiger einheimischer Parasiten und deren Wirtspflanzen.

en Standort Mol. KNO; | Differenz Beobachter | Sorte pee. | Kalktelsen | 0376 | 9625 | Senn 2 DO Ne EE CAM Valeriana fines | Wogrand | 0.025 | 015 | Hägle Tun pin | wer | 058 | 25 ice Lotus cormindatus. | Alluvialboden | 0326 | 9225. | Hgler a | man a [vos] 010% Male ee |" regrend | 020 | 005 | Hisier a on 0,025 | Hägler |

182 G. Senn.

Trotz ihrem geringen Umfange zeigt die Tabelle 2 deutlich, dass der Parasit durchwegs einen höhern Turgor entwickelt als der Wirt. Der Parasit vermag somit auf den Wirt eine Saugwirkung auszuüben, welche bei Vescum, das in seiner Wasser- und Salzzufuhr ganz auf die Wirtspflanze angewiesen ist, die beträchtliche Höhe von 0,625 Mol. KNO,, also mehr als 21 Atmosphären erreicht.

Aus den 4 an Thesium gewonnenen Zahlen geht hervor, dass der Parasit gerade wie der Wirt je nach der Beschaffenheit, des Stand- orts den Turgor zu regulieren vermag, so dass die Turgordifferenz

nicht unter ein Minimum von 0,15 Mol. KNO, ca. 5 Atmosphären heruntergeht.

Auffallend ist die Tatsache, dass die Turgordifferenz zwischen Parasit und Wirtspflanze bei Pedicularis und Orobanche unter 0,1 Mol. = 3,5 Atm. sinkt. Während man im Hinblick auf Pedicularis annehmen könnte, dass ihre geringe Saugkraft mit der schwachen Ausbildung des Parasitismus dieses Halbschmarotzers in Verbindung stehe, lässt Orobanche eine solche Deutung nicht zu. Viel eher schei- nen sich diese beiden relativ dickstengeligen Pflanzen in ihrer Wasser- aufnahme dem schon erwähnten Verhalten der Sukkulenten zu nähern.

Obwohl erst eine kleine Zahl von Parasiten und Wirtspflanzen auf ihre Turgorgrösse untersucht ist, scheint-der Schluss schon jetzt berechtigt, dass nur diejenigen Pflanzen imstande sind, auf andern Gewächsen als Epiphyten oder Parasiten zu gedeihen, welche hohe Zellsaftkonzentrationen resp. hohe osmotische Drucke zu entwickeln vermögen, die ihnen erlauben, ihrem toten oder lebenden Substrat möglichst viel Wasser und wohl auch gelöste Substanzen zu entreissen und das einmal Aufgenommene lange festzuhalten. Wie bei den Bo- denpflanzen, so scheinen auch unter den Epiphyten und Parasiten die Sukkulenten hievon eine Ausnahme zu machen.

Mit den hohen Turgorwerten der Epiphyten lässt sich die von Ernst (1909, Text zu Taf. 9 u. 10 S.3) hervorgehobene Tatsache erklären, dass unter den ersten Ansiedlern auf frischem Lavaboden der Tropen sich zahlreiche Epiphyten z. B. die in Tab. 1 genann- ten Polypodium Heracleum und rigidulum befinden und dass solche auch auf dem physiologisch trockenen Meeresstrande und Solfataren-

Boden zu gedeihen vermögen, z. B. Ficus diversifolia (Schimper 1898 S. 414).

Andere sich hier anschliessende Fragen, z. B. ob alle pflanzlichen Parasiten mit Einschluss der Pilze und alle Halbparasiten inklusive Moossporophyten ihre Fähigkeit, auf andern Organismen zu leben,

Der osmotische Druck einiger Epiphyten und Parasiten. 183

der Entwicklung höherer Turgorwerte verdanken, werden von Herrn C. Hägler gegenwärtig bearbeitet.

1909.

1911.

Literatur-Verzeichnis.

Ernst, A. Die Besiedelung vulkanischen Bodens auf Java und Sumatra. Vegetationsbilder von G. Karsten und H. Schenck. 7. Reihe, Heft 1 und 2, G. Fischer, Jena.

Fitting, H. Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhältnisse der Wüstenpflanzen. Zeitschrift f. Botanik, 3. Jahrgang. G. Fischer. Jena.

Schimper, A. F. W. Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. G. Fischer, Jena.

Senn, G. Physiologische Untersuchungen an Trentepohlia. Verhandlungen der Schweiz. Naturf, Gesellschaft, 94. Jahresversammlung, Solothurn, Band 1.

Manuskript eingegangen 22. Juli 1913.

Katalog der Osteologischen Sammlung (rezente Abteilung)

des Naturhistorischen Museums in Basel.

Von Pierre Revilliod.

(Mit Einleitung von H. G. Stehlin.)

Die ,,osteologische Abteilung“ des Basler Naturhistorischen Museums besteht erst seit der Neuordnung der Museumsverhältnisse nach Umzug der Universitätsbibliothek in den Jahren 1897—1898. Sie gliedert sich in zwei Unterabteilungen, von welchen die eine die fossilen, die andere die rezenten Skelettmaterialien umfasst. Der vorliegende Katalog gibt in gedrängtester Form eine Uebersicht über den gegenwärtigen Inhalt der letzteren.

Den Grundstock dieser Unterabteilung der rezenten Osteologica bildet die Sammlung von Skeletten und Schädeln, welche in den zwan- ziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts von Prof. Carl Gustav Jung zu Zwecken des akademischen Unterrichts in vergleichender Anatomie begründet worden und bis 1898 im Universitätsgebäude unter- gebracht gewesen ist. Dieselbe war zunächst eine Dependenz der anatomischen Sammlung und wuchs unter der Fürsorge von Jung und seinen Nachfolgern in der anatomischen Professur, Fr. Miescher- His 1840 1844, Alexander Ecker 1845—1849, Carl Bruch 1850 1855, sehr allmählich auf zirka 550 Nummern an. Eine Wendung zu energischerem Aufschwung trat im Jahre 1855 mit der Begrün- dung einer besonderen Professur für vergleichende Anatomie ein. An die neue Stelle wurde Professor Ludwig Rütimeyer berufen, und von da an hat die Leitung der Sammlung in seinen Händen gelegen, obgleich dieselbe zunächst noch während zehn Jahren auf den Kredit der anatomischen Anstalt angewiesen blieb.

Was die Sammlung heute ist, hat Rütimeyer aus ihr gemacht. Gleich von seinem Amtsantritt an begann er dieselbe systematisch und nach wohl überlegtem Plane auszubauen. Fast Jahr für Jahr wurde nun der Zuwachs quantitativ und qualitativ bedeutender.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 185

Gönner wurden für die Sache gewonnen; die Behörden wurden nach und nach zur Spendung etwas breiterer Mittel veranlasst; hauptsäch- lich aber sorgte der Vorsteher selbst, durch den überaus umsichtigen Gebrauch, den er von diesen Mitteln machte, dafür, dass sie einen möglichst grossen Nutzen trugen. Wie sehr sich Rütimeyer mit seiner Schöpfung verwachsen fühlte, bezeugt der Umstand, dass er, bei Niederlegung seiner Professur im Jahre 1894, die Behörden er- suchte, ihn auch fernerhin mit der Verwaltung der Sammlung zu betrauen. Er betrachtete dieselbe als einen wesentlichen Teil seines wissenschaftlichen Lebenswerkes.

Ueber die Prinzipien, die ihn beim Ausbau der Sammlung ge- leitet haben, hat sich Rütimeyer selbst einlässlich ausgesprochen in einem Rückblick auf die fünfundzwanzig ersten Jahre seiner Tätig- keit, auf den ich hiemit verweise.!) Bei diesem Anlass hat er sich auch dahin ausgesprochen, die Sammlung sollte später, so bald die Raumverhältnisse es gestatten, dem naturhistorischen Museum ein- verleibt werden; er habe diesen künftigen Anschluss an die übrigen naturhistorischen Sammlungen von vornherein vorgesehen. In der Tat waren die Bestände schon längst weit über die unmittelbaren Bedürfnisse des akademischen Unterrichts hinausgewachsen; die Zahl der Katalognummern betrug damals über 2000 und stieg bis zu Rütimeyers Tode noch auf 2850.

Als Mitte der neunziger Jahre, mit Errichtung des neuen Bibliotheksgebäudes, die Möglichkeit einer breitern Entfaltung der naturhistorischen Museumssammlungen in greifbare Nähe rückte, wurde es daher als ein Hauptprogrammpunkt bei der Neuordnung der Dinge ins Auge gefasst, dass die Skelettsammlung nach Aus- scheidung des für Unterrichtszwecke Unentbehrlichen nach dem Museum übergeführt werden sollte. Rütimeyer hat den Umzug nicht mehr erlebt; derselbe konnte erst anderthalb Jahre nach seinem Tode erfolgen.

In der neuen Aera hat die Sammlung zunächst dadurch eine bedeutende Erweiterung erfahren, dass ihr die schon vorher im Mu- seum befindlichen Osteologica einverleibt wurden: einige wertvolle Skelette, deren Anschaffung die vergleichend-anatomische Anstalt seinerzeit aus finanziellen Gründen dem Museum hatte überlassen müssen; zahlreiche Schädel aus Bälgen der zoologischen Sammlung und anderes mehr. Im weitern Ausbau durch Neuerwerbungen ist ein langsameres Tempo eingetreten, da die Mittel der osteologischen Abteilung wiederum gemäss einem von Rütimeyer längst gehegten Plane von Anfang an vorwiegend zur Mehrung der säugetier-

1) Bericht über die vergleichend-anatomische Sammlung im Jahre 1880. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Bd. VII, S. 234.

186 Pierre Revilliod.

paläontologischen Dokumente verwendet wurden. Der Zuwachs der letzten fünfzehn Jahre rührt daher vorwiegend von Geschenken her und mag im grossen und ganzen einen etwas zufälligeren Charakter tragen als derjenige der vorangegangenen Epoche. Gleichwohl ist er sehr wertvoll. Wir verdanken ıhn hauptsächlich den Herrn Drs. Paul und Fritz Sarasın (Gelebes), A. von Mechel und Kummer (Sumatra), Forsyth Major (Madagaskar), Dr. A. Buxtorf und Dr. @. Niethammer (Borneo), Dr. J. J. David und Major Federspiel (Kongostaat), Dr. À. Biedermann-Imhoof (Centralasien), Dr. ©. Ter- netz, Dr. R. Martin, Dr. A. Masarey (Südamerika), Hanns Vischer (Westafrika), Dr. Adam David (Ostafrika), Prof. Güldi (Brasilien), Dr. Felix Speiser (Neue Hebriden), A. Fricker (Zambesia), Dr. Ed. Gräter (Aegypten), Gustav Schneider ; ferner den Erben der Herren Prof. August Socin und Apotheker Kober, sowie der verehrl. Di- rektion des Zoologischen Gartens, die seit dem Bestehen dieses Institutes sehr vieles zur Förderung unserer Sammlung beigetragen hat. Die neuesten Geschenke, die der Katalog verzeichnet, ent- stammen der neukaledonischen Ausbeute der Herrn Drs. F. Sarasın und J. Roux.

Die Zahl der Katalognummern beträgt gegenwärtig 5240, also 2390 mehr als bei Rütimeyers Tode. Doch muss bemerkt werden, dass die wirkliche Differenz um einige hundert Nummern geringer ist, indem Rütimeyer kleinere Objekte gleicher Natur häufig unter einer Nummer zusammengefasst hat, während jetzt das Prinzip, jedem Objekt seine eigene Nummer zu geben, konsequent, also auch für die ältern Bestände, durchgeführt ist.

Zu Rütimeyers Zeiten hatte bloss ein sogenannter historischer Katalog der Sammlung bestanden, in den die Präparate in der Reihen- folge, in der sie eingingen, eingetragen wurden. Für dritte war daher eine sichere Orientierung mit Schwierigkeiten verbunden. Um diesem Uebelstande wenigstens einigermassen abzuhelfen, wurde gleich nach Rütimeyers Tode in den Jahren 1896—1897 auf Grund des historischen Kataloges ein systematisch geordneter Zettelkatalog angelegt. Derselbe hatte indessen insofern einen durchaus proviso- rischen Charakter, als er die alten Bestimmungen unkontrolliert übernahm. Zu der höchst notwendigen Revision dieser Bestimmungen fehlte es damals und in den folgenden Jahren an Zeit. Sie konnte erst in Angriff genommen werden, als 1909 der osteologischen Ab- teilung in verdankenswerter Weise auf einige Jahre die Mittel zur Anstellung eines Assistenten zur Verfügung gestellt wurden.

Herr Dr. Pierre Revilliod, welcher an diese Stelle berufen worden ist, hat nun in den Jahren 1909—1912 sämtliche Bestimmungen an Hand der neueren Literatur revidiert und einen neuen, seinen Zweck

Katalog der Osteologischen Sammlung. 187

vollständig erfüllenden Zettelkatalog angelegt. Für seine gewissen- hafte Arbeit sei ihm an dieser Stelle unsere dankbare Anerkennung ausgesprochen. Wir bitten ferner Herrn Prof. Th. Studer, der uns die osteologische Sammlung des Berner Museums zu Vergleichungs- zwecken zur Verfügung gestellt, sowie namentlich auch Herrn Prof. P. Matschie m Berlin, welcher gütigst die Bestimmung einer Reihe besonders schwieriger Objekte übernommen hat, unsern verbind- lichsten Dank zu genehmigen.

Der vorliegende gedruckte Katalog ist ein Auszug aus dem neuen Zettelkataloge. Er hat in erster Linie den Zweck, dem In- teressentenkreise, welcher unsere Snmmlung zu benützen pflegt, auch ausserhalb des Museums eine rasche und bequeme Orientierung über unsern Besitz zu ermöglichen. Vielleicht vermag er auch etwas zur Förderung der Sammlung beizutragen, indem er unsere Gönner auf die immerhin noch recht zahlreichen Lücken derselben aufmerksam macht.

Naturhistorisches Museum in Basel, im August 1913.

H. G. Stehlin.

Abkürzungen. Sch.: Schädel. Sk.: Skelett. Sktl.: Skeletteile,

MAMMALIA.

Ordnung Bimana.

Homo sapiens L. 1 Sk. 4 Sch. Sktl.

Ordnung Primates. Simiidae.

Simia satyrus L. 6 Sk.: 1 S Kuteilama, O.Borneo; 1 ©, 1%, 3 juy. 83 Schädelabgüsse ©, $, juv.

Anthropopithecus troglodytes L. 3 Sk.: 1 © Gabun, 2 juv. 6 Sch.: 2 juv. Sierra Leone; 1 ®, 1 juv. Semliki Wald, Kongo; 1 ? juv. Kamerun; 1 ? Kongo 3 Schädelabgüsse d’, ©, juv.

Gorilla gorilla Wyman. 1 Sk.: d. 2 Sch.: JS. 4 Schädel- abgüsse: 2 d, ©, juv. Fuss- und Handabgüsse.

Symphalangus syndactylus Desm. 2 Sk.: 1 © Unterlangkat, Sumatra; 1 juv. Penang. 1 Sch.: d.

Hylobates agilis E. Geoff. et Cuv. 2 Sk.: 1 © juv. Indragiri, Sumatra; 1 juv. 3 Sch.: Indragiri, Sumatra.

Hylobates entelloides Is. Geoff. 2 Sk.: 1 © juv., 1 J’ Unterlangkat, Sumatra. 1 Sch. d mit Rumpf, Oberlangkat, Sumatra.

Cercopithecidae.

Semnopithecus (Lophopithecus) comatus Desm. 1 Sch. © juv.

Semnopithecus (Lophopithecus) femoralis Horsf. 1 Sch. ? Sumatra.

Semnopithecus (Lophopithecus) mitratus Esch. 5 Sch.: 3 d, 2 2 Indra- giri, Sumatra.

Semnopithecus (Lophopithecus) thomasi Collet. 1 Sk.: © Unterlang- kat, Sumatra. 3 Sch.: 19, Palembang, Sumatra; 1 d, 1 © Unterlangkat, Sumatra.

Semnopithecus (Presbypithecus) cephalopterus Zimm. 1 Sk. d juv. 1 Sch. Ceylon.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 189

Semnopithecus (Trachypithecus) maurus Schreb. 1 Sch. neonat., In- dragiri, Sumatra.

Semnopithecus (Trachypithecus) maurus cristatus Raffles. 1 Sch. juv., S. O. Borneo.

Semnopithecus (Semnopithecus) hypoleucus Blyth. 1 Sch. © juv., Malabar. Semnopithecus (Semnopithecus) priamus Blyth. 6 Sch.: 1 © mit Sktl., Tanamalwilla, Ceylon 2 d, 2 9, 1 juv. Ceylon.

Colobus (Guereza) vellerosus Is. Geoff. 1 Sch. ©.

Colobus (Guereza) guereza Rüpp. 2 Sch.: 1 JS, Kongostaat 1 ©.

Cercopithecus (Rhinostictus) ascanius Audeb. 2 Sk.: d, © Kongo.

Cercopithecus (Rhinostictus) nictitans L. 1 Sch. Ogowe.

Cercopithecus (Rhinostietus) petaurista Schreb. 1 Sch.

Cercopithecus (Cercopithecus) sabaeus L. 1 Sch.:? 1 Kehlkopf 1 Humerus.

Cercopithecus (Erythrocebus) patas Schreb. 1 Sk. juv. 1 Sch. ©.

Cercopithecus (Mona) mona Schreb. 1 Sch. © juv., Senegal.

Cercopithecus (Mona) moloneyi Sclat. 1 Sch., Nyassa-See.

Cercopithecus (Miopithecus) talapoin Erxl. 1 Sch. ©.

Cercopithecus spec. 1 Sk. neonat. 1 Sk. juv.

Cercocebus (Cercocebus) fuliginosus E. Geoff. 1 Sch. ©, Liberia.

Cercocebus (Cercocebus) collaris Gray. 1 Sch., Ogowe.

Pithecus (Pithecus) fascicularis Raffles. 3 Sk.: 1, Java 1 S, 1 S juv. 16 Seh.: 5 ad., 2 juv.,, née ue Kl Lahat, Sumatra; et SO: Den I, Timor; 1 © Java; 22, 2 Juy.

Pithecus (Pithecus) sinicus L. 1 Sk. juv. 2 Sch. Sktl.

Pithecus (Pithecus) pileatus Shaw. 1 Sk. neonat., Ceylon 1 Sch. 2, Ceylon.

Pithecus (Pithecus) rhesus Audeb. 2 Sk.: 1 d, 19 2 Sch. Sd

Pithecus (Nemestrinus) nemestrinus L. 1 Sk. d, Unterlangkat, Su- matra 4 Sch.: 2 d mit Sktl., Penang; 1, S. O. Borneo; Le.

Pithecus (Inuus) inuus L. 1 Sk. S 1 Sch. juv.

Pithecus (Cynopithecus) niger Desm. 1 Sk. S juv. 1 Sch. J juv.

Pithecus (Cynopithecus) niger nigrescens Temm. 2 Sk.: 1 & Malibagu, 1 S neonat., Tomohon 2 Sch.: 1 d, 18 juv., Gorontalo, N.-Celebes.

Pithecus (Cynopithecus) maurus Cuv. 2 Sk.: 1, 1, Makassar 1 Sch. d, S.-Celebes.

Vetulus silenus L. 1 Sk.

Papio (Papio) cynocephalus E. Geoff. 2 Sk. & ©.

Papio (Choiropithecus) anubis doguera Puch. & Schimp. 2 Sch.: 1, Kongostaat; 1 d juv.

190 Pierre Revilliod.

Papio (Choiropithecus) papio Desm. 3 Sch.: 1 d, Guinea mit Sktl.; 2 juv.

Papio (Choiropithecus) porcarius Bodd. 3 Sch.: 2 S, 8 Ceres, Cap- colonie; 1 . |

Papio (Choiropithecus) sphinx L. 1 Sch. © juv.

Papio (Choiropithecus) leucophaeus Cuv. 1 Sch.

Papio (Hamadryas) hamadryas L. 1 Sch. S juv.

Papio spec. 2 Sch. juv.

Cebidae.

Alouatta senieulus L. 1 Sk. ® juv. 3 Sch: 1 d, Brasilien; 1 d Surinam; 1 d.

Alouatta belzebul villosus Gray. 1 Sch. ©, Guatemala.

Alouatta nigra E. Geoff. 1 Sch. ?, Brasilien.

Alouatta ursina Humb. & Bompl. 1 Sch. juv.

Allouata palliata Gray. 2 Sch.: 1 d juv. Costa Rica; 1 mit Sktl.

Alouatta spec, 1 Sch., Brit. Guayana 2 Stimmblasen.

Brachyteles arachnoides E. Geoff. 1 Sch.

Ateles paniscus L. 1 Sk. 7, Surinam 1 Sch.

Ateles vellerosus Gray. 1 Sch., Guatemala.

Cebus capucinus L. 1 Sk. 4 Sch.: 1 juv. Surinam; 3 juv.

Cebus fatuellus L. 1 Sch. ©, Surinam.

Cebus niger E. Geoff. 1 Sk., Brasilien. 1 Sch.

Pithecia pithecia L. 1 Sch., Surinam.

Pithecia satanas Hoffm. 2 Sch., g © Capim, Cachoeira.

Chrysothryx sciurea L. 1. Sch., Surinam.

Nyctipithecus senex Dollm. 1 Sch. ?, Pozuzo, Peru.

Nyctipithecus azarae Humb. 1 Sch. 7, Brasilien.

Callithrix jacchus L. 2 Sk. 1 Sch.

Callithrix auritus E. Geoff. 1 Sk.

Callithrix melanurus E. Geoff. 1 Sch., Corumba, Brasilien.

Ordnung Prosimiae.

Lemuridae.

Indris brevicaudatus E. Geoff. 2 Sch.: 1 cd mit Sktl. Marovato; 1. Propithecus diadema Bennet. 2 Sch.: 1 S Marovato; 1. Propithecus diadema edwardsi Grandid. 1 Sch. ?.

Propithecus diadema holomelas Günther. 1 Sch.

Propithecus diadema sericeus Grandid. 1 Sk. ld‘.

Avahis laniger Gm. 1 Sch. d.

Lemur varius Js. Geoff. 4 Sch.: 1 S, 1 ©., 2.

Lemur Lemur Lemur Lemur Lemur Lemur Lemur Lemur

Hapalemur griseus E. Geoff. Lepidolemur microdon F. Maj.

Microcebus myoxinus Pet. 1 Sk. Chiromyidae.

Chiromys madagascariensis E. Geoff. 1 Sk. Nycticebidae.

Perodicticus (Perodicticus) potto Bosm. Nycticebus tardigradus L.

Katalog der Osteologischen Sammlung.

varius ruber E. Geoff. 1 Sch. 2. macao L. 1 Sk. 1 Sch.

fulvus E. Geoff. 4 Sch.

fulvus albifrons E. Geoff. 1 Sch. fulvus rufifrons Bennet. 1 Sch. d. rubriventer Is. Geoff. 1 Sch. 2. catta L. 2 Sk. coronatus Gray. 1 Sch.

1 Sk.

1 Sch.

Nycticebus tardigradus javanicus E. Geoff, Loris gracilis E. Geoff. 2 Sk. 1 Sch., Ceylon.

Galago (Galago) galago Schreb.

ImSK7S:

191

1 Sk. 2 Sch.: 1 © Vinanitelo, 1d.

1 Sch., Sierra Leone. 1 Sch., Java.

-22Sch

Galago (Hemigalago) demidoffi Fischer. 1 Sk, Franz. Kongo 1

Tarsius tarsius Erxl. Tarsius fuscus Fischer.

Acerodon celebensis Pet. Pteropus Pteropus Pteropus Pteropus Pteropus Pteropus Pteropus

Sch., Senegal. Tarsüdae. 1 Sk., Borneo.

1 Sk. d, Tomohon, Celebes Sktl.

Ordnung Chiroptera.

Megachiroptera.

alecto Temm.

hypomelanus hypomelanus Temm.

mauritianus Comm. 1 Sch. ©.

ornatus Gray.

hypomelanus macassaricus Heude. giganteus Brünn. 4 Sch.: 2, Ceylon, 2.

1 Sch. d, Celebes. 1 Sch. à, Celebes. personatus Temm. 2 Sch.®, Celebes.

1 Sch., Batjan-Ins. 1 Sch. d‘, Bonerate-Ins.

1 Sk.®, Neu-Kaledonien 13 Sch.: 7 d,

Loyalty-Ins. 6 d,?, Neu-Kaledonien. Pteropus tonganus geddiei Mac Gill. 3 Sch.: 1 d, Ouvéa, Loyalty- Ins.; 2%, Spiritu Santo, Neu-Hebriden.

192 Pierre Revilliod.

Eidolon helvum Kerr. 2 Sch.

Dobsonia exoleta K. And. 1 Sch., Celebes.

Cynopterus brachyotis brachyotis S. Müll. 1 Sch. $, Sumatra.

Notopteris neocaledonica Trouess. 5 Sch.: 49, 19, Hienghiène, Neu-Kaledonien.

Microchiropter a. Rhinopomidae.

Rhinopoma cystops Thom. 1 Sch. d’, Kairo. Rhinopoma microphyllum Brünn. 2 Sch.: 1 J, Kairo; 1 ® Aegypten.

Nycteridae.

Nycteris hispida Schreb. 1 Sch. ?, Goldküste. Megaderma spasma L. 1 Sch. $, Indragiri, Sumatra.

Rhinolophidae.

Rhinolophus rouxi Temm. 1 Sch. 2, Ceylon.

Rhinolophus minor Horsf. 1 Sch 2, Kema, N.-Celebes. Rhinolophus sumatranus And. 1 Sch. d, Sumatra. Rhinolophus luctus Temm. 1 Sch.?, Ob. Langkat, Sumatra. Rhinolophus ferrum-equinum Schreb. 3 Sch.

Rhinolophus euryale Blasius. 1 Sch., Smyrna.

Rhinolophus hipposiderus Bechst. 2 Sch.

Hipposideridae.

Hipposiderus caffer Sünd. 1 Sch. d, Akropong, Goldküste. Hipposiderus speoris Schr. 1 Sch. ?, Ceylon.

Hipposiderus diadema E. Geoff. 1 Sch.?, Kalaënathal, C.-Celebes. Hipposiderus commersoni E. Geoff. 1 Sch. d', Tanga.

Triaenops afer Pet. 1 Sch. , Tanga.

Asellia tridens E. Geoff. 1 Sch. S, Theben.

Emballonuridae.

Emballonura monticola Temm. 1 Sch. 2, Duke of York-Insel. Coleura afra Pet. 1 Sch. 2, Tanga.

Peropteryx canina Wied. 1 Sch., Guatemala.

Taphozous mauritianus E. Geoff. 1 Sch. , Tanga.

Taphozous nudiventris Cretz. 1 Sch. d, Ghizeh, Aegypten. Taphozous perforatus E. Geoff. 1 Sch.?, Abouroach, Aegypten.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 195

Phyllostomidae.

Chilonycteris (Chilonycteris) rubiginosa Wagn. 1 Sch. S, Guatemala. Mormoops megallophylla Pet. 1 Sch. , Cuba.

Otopterus waterhousei Gray. 1 Sch., Haiti.

Phyllostomus hastatus Pall. 1 Sch. S, Para.

Vampyrops. (Vampyrops) lineatus E. Geoff. 1 Sch. 3, Guatemala. Artibeus (Dermanura) cinereum Gervais. 1 Sch. S, Guatemala. Artibeus (Arlibeus) jamaïcensis Leach. 1 Sch. ?, Guatemala. Chiroderma spec. 1 Sch. ?, Guatemala.

Glossophaga soricina Pall. 1 Sch.2, Guatemala.

Hemiderma perspicillatum L. 1 Sch. ?, Para.

Sturnira lilium E. Geoff. 1 Sch. d, Guatemala.

Desmodus rotundus E. Geoff. 1 Sch. d’, Paraguay.

Vespertilionidae,

Myotis (Leuconoe) capaccinii Bonap. 3 Sk.: 2 d, 1%, Lugano.

Myotis (Myotis) myotis Bechst. 1 Sk. 2 Sch. ©, Basel.

Myotis (Myotis) mystacinus Leisler. 3 Sch.: 2 d, Langenbruck, 1.

Pipistrellus pipistrellus Schreb. 2 Sk. 2 Sch.

Pipistrellus Kuhli Natt. 1 Sch., Chiasso.

Nyctalus noctula Schr. 1 Sk. 11 Sch.

Eptesicus serotinus Schreb. 1 Sch.

Lasiurus cinereus grayi Tomes. 1 Sch. d, Argentinien.

Barbastella barbastellus Schreb. 1 Sch.

Plecotus auritus L. 3 Sk. 1 Sch. d.

Chalinolobus neocaledonicus Revil. 1 Sch , Neukaledonien.

Miniopterus schreibersi Natt. 1 Sch. , Neuenburg.

Miniopterus scotinus Sundw. 1 Sk., Madagaskar.

Miniopterus australis Tomes. 10 Sch.: 4 d, ©, Loyalty-Ins.; 6 d, ?, Neu-Kaledonien.

Miniopterus australis robustior Revil. 4 Sch. Z, 9, Lifou, Loyalty-Ins.

Miniopterus macrocneme Revil. 4 Sch.: 3 d, Loyalty-Ins.; 1 9, Neu-Kaledonien,

Molossidae.

Chaerephon plicatus Buchan. 1 Sch. ©. Eumops abrasus Temm. 1 Sch. d, Guatemala. Molossus (Molossus) obscurus E. Geoff. 1 Sch.

194 Pierre Revilliod.

Ordnung Dermoptera.

Galeopteridae.

Galeopterus peninsulae Thom. 2 Sch. mit Sktl., Penang. Galeopterus temmincki Waterh. 1 Sch. mit Rumpf, Indragiri, Sumatra. Galeopterus undatus Wagn. 1 Sch., Java.

Galeopterus spec. 1. Sk. 2 Sch.: 1 mit Sktl., Borneo, 1 juv.

Ordnung Insectivora. Tupaiidue. Tupaia (Dendrogale) murina $. Müller. 1 Sk., Borneo. Tupaia (Tupaia) ferruginea Raffles. 1 Sk. und 9 Sch., Indragiri,

Sumatra.

Tupaia (Tupaia) tana Raffles. 1 Sk., Borneo. 1 Sch.

Érinaceidae.

Gymnura alba Giebel. 1 Sk. à, Borneo.

Gymnura gymnura Raffles. 1 Sk., Palembang Sktl., Indragiri, Sumatra.

Erinaceus europaeus L. 2 Sk. 7 Sch.

Erinaceus algirus Duv. 1 Sch. &, Bône, Algerien.

Erinaceus diadematus Fitz. 1 Sk. S, Weisser Nil. 1 Sch.

Soricidae.

Sorex (Sorex) araneus L. 2 Sk., 1 Sch.

Sorex (Sorex) alpinus Schinz. 2 Sch. , ®, Säntis.

Sorex (Sorex) minutus L. 2 Sk.: 1 d, Graubünden, 1 ©, Säntis. Blarina (Blarina) brevicauda Say. 2 Sch.

Neomys fodiens Pall. 3 Sch.: 19, 1 S, Weiern, St. Gall., 1. Neomys milleri Mottaz. 1 Sch. S, Weiern, St. Gall.

Pachyura coerulea Kerr. 1 Sch.9, Java.

Pachyura murina celebensis Revil. 2 Sch. ©, ©, Palu, C.-Celebes. Crocidura russula Herm. 2 Sk. 2 Sch.

Crocidura fuliginosa Blyth. 1 Sch., Tomohon, N.-Celebes. Crocidura spec. 1 Sk., Sumatra. 1 Sch.

Talpidae.

Myogale pyrenaïca E. Geoff. 1 Sk., Pyrenäen. Talpa caeca Savi. 12 Schädel, Tessin.

Talpa europaea L. 4 Sk. 11 Sch.

Mogera wogura Temm. 1 Sch. 2, Japan.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 195

Potamogalidae.

Potamogale velox Du Chaillu. 1 Sk., Gabun.

Centetidae.

Centetes ecaudatus Schr. 2 Sch.: 1 ©, Mauritius Ins., 1 Madagaskar.

Hemicentetes semispinosus Cuv. 1 Sch.

Ericulus setosus Schr. 1 Sk., 1 Sch. mit Rumpf, Ambositra.

Erieulus telfairi Martin. 1 Sk. S juv.

Oryzoryctes tetradactylus Edw. & Grandid. 1 Sk. d, Ampitambé. 2 Sch.: 1 S juv. mit Rumpf, Sirobe, 1 Sch. mit Rumpf.

Microgale cowani Thom. 1 Sk., Vinanitelo. 1 Sch.

Ordnung Carnivora. Ursidae.

Ursus (Thalassarctos) maritimus Erxl, 1 Sk. 2 Sch.

Ursus (Ursus) arctos L. 3 Sk.: d,®, juv. 4 Sch.: 1 J juv., 1 ©, 1, Mähren, 1. 1 Schädelabguss 1 Scapula.

Ursus (Ursus) thibetanus Cuv. 1 Sch.

Ursus (Danis) horribilis Ord. 1 Sch. und Sktl., Nord-Californien.

Ursus (Euarctos) americanus Pall. 1 Sk. 5 Sch.: 1 Labrador, 2 ad, 2 juv.

Ursus (Helarctos) malayanus Raffles. 2 Sch.: 1 cd’ Padang, 1 juv., Sumatra.

Ailurus fulgens Cuv. 1 Schädelfragment d, Himalaya.

Procyonidae.

Potos flavus Schr. 1 Sk. juv.

Potos flavus aztecus Thom. 1 Sk. 1 Sch.,' Mexico.

Nasua narica L. 4 Sk.: 1 juv. Guatemala, 1 ohne Schädel, 2. MOCHE 1 Sl juy., 1 Guatemala, 3.

Nasua rufa Desm. 3 Sch.: 1 juv. Paraguay, 1 Brasilien, 1.

Nasua spec. 1 Sk.

Procyon lotor L. 2 Sk. 10 Schädel.

Procyon cancrivorus Cuv. 3 Sch.: 1 Brasilien, 1 Guayana, 1.

Procyon spec. 1 Sch. %, Vancouver-Ins.

Mustelidae.

Taxidea americana Bodd. 1 Sch., Labrador. Meles meles L. 2 Sk. 10 Sch. Mellivora ratel indica Kerr. 1 Sch.

196 Pierre Revilliod.

Mydaus javanensis Desm. 1 Sch.

Ictonyx capensis. 1 Sk., Kap d. guten Hoffn.

Zorilla spec. 1 Sch.

Mephitis (Leucomitra) macroura Licht. 2 Sch., Mexico.

Mephitis (Chincha) occidentalis Baird. 1 Sk. 12 Sch.

Mephitis spec. 7 Sch.

Conepatus (Marputius) chinga Molina. . 1 Sch., Chile.

Conepatus spec. 1 Sk.

Gulo luscus L. 1 Sk., 1 Sch., Labrador.

Galera barbara L. 2 Sch.: 1 Surinam, 1 Brasilien.

Mustela martes L. 3 Sk. 6 Sch.

Mustela foina Er. 2 Sk. 6 Sch. -

Mustela zibellina L. 1 Sch., Sachalin-Ins.

Putorius (Lutreola) lutreola L. 1 Sk. 18 Sch.

Putorius (Lutreola) vison Brisson. 12 Sch.

Putorius (Putorius) putorius L. 2 Sk. 11 Sch.

Putorius (lctis) ermineus L, 4 Sk.: 10, 1%, Tessin, 2—3 Sch.

Putorius (letis) boccamela Bechst. 1 Sch. mit Rumpf d, Sardinien.

Putorius (lctis) arcticus Merriam. 6 Sch.

Putorius (lctis) nivalis vulgaris Erxl. 4 Sk. 2 Sch.

Putorius (letis) nudipes Desm. 2 Sch.: 1 Indragiri, Sumatra; 1 Su- matra.

Putorius (letis) spec. 1 Sch., Labrador.

Lutra lutra L. 3 Sk. 11 Sch.

Lutra cinerea Ill. 1 Sch., Indragiri, Sumatra.

Lutra brasiliensis Zimm. 1 Sk. d, Surinam.

Lutra canadensis Kerr. 1 Sk. 4 Sch.

Latax iutris L. 1 Sk. juv., Californien.

Canidae.

Canis (Canis) familiaris L. 7 Sk.: 1 S Engl. Hühnerhund, Pointer; 1 spanischer Wachtelhund; 1 d, 1 neonat. 3. 60 Sch.: Dänische Dogge 3; Dogge 2; Spitz, Schäferhund, Wind- hund, Pinscher, Mops, Dachshund, russischer Hühnerhund 1; Aegyptischer Hund 1, Neufundländer 1, Eskimohund 1, Labrador 1; Battakerhund, Sumatra, 1; Pariahund, Ceylon, 4; diverse 39. Verschiedene Sktl.

Canis (Canis) familiaris dingo Blum. 1 Sch. d, Macdonnell Range, Australien.

Canis (Canis) lupus L. 2 Sk.: 1 Allschwilerwald, Umg. Basel, 1 juv. Sktl. 7 Sch.: 2 ad., 2 juv.

Canis (Canis) occidentalis Rich. 1 Sch.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 197

Canis (Canis) latrans Say. 1 Sch., Colorado.

Canis (Thos) anthus Cuv. 2 Sk. 1 Sch., Algerien.

Canis (Thos) aureus L. 1 Sch.

Canis (Thos) lupaster Hempr. & Ehr. 1 Sch.

Canis (Cerdocyon) azarae Wied. 3 Sch.: 1 Paraguay, 2. Canis (Cerdocyon) griseus Gray. 1 Sch., Magellanstrasse. Canis (Cerdocyon) thous melampus Wagn. 1 Sch., Corumba, Brasilien. Lupullella mesomelas Schreb. 1 Sch. ?.

Nyctereutes procyonoides Gray. 1 Sch.

Vulpes vulpes L. 1 Sk. 15 Sch.

Vulpes vulpes aegyptiaca Desm. 1 Sch. .

Vulpes corsac L. 1 Sch. , Südrussland.

Vulpes lagopus L. 3 Sch.: 1 Nord-Europa, 2.

Vulpes lagopus ungava Merriam. 1 Sch. und Sktl., Labrador. Vulpes fulva Desm. 2 Sk. 9 Sch.

Urocyon cinereo-argentatus Müller. 3 Sch.

Hyaenidae.

Proteles cristatus Sparrm. 1 Sch. Hyaena (Crocotta) crocuta Erxl. 1 Sk. 1 Sch. 9. Hyaena (Hyaena) hyaena L. 2 Sk. 1 Sch. juv.

Viverridae.

Viverra (Viverra) civetta Schr. 1 Sch., Kongo.

Viverra (Viverra) tangalunga Gray. 5 Sch. mit Rumpf, ©, © juv. d', Makassar, Celebes.

Viverra (Viverra) zibetha L. 1 Sch.

Viverra (Viverricula) rasse Horsf. 2 Sch.: 1 mit Rumpf J’ juv. Ra- nobe, Madagaskar; 1 Ceylon.

Viverra (Viverricula) spec. 1 Sch.

Genetta abyssinica Rüpp. 1 Sch. g, Geteina am weissen Nil.

Genetta felina Thumb. 1 Sch. S, Capkolonie.

Genetta pardina Js. Geoff. 1 Sk. Lambaréné, Kongo.

Genetta spec. 2 Sch.

Linsanga gracilis Desm. 1 Sch., Indragiri, Sumatra.

Hemigale hardwickei Gray. 1 Sch., Indragiri, Sumatra.

Arctogalidia leucotis Horsf. 4 Sch.: 1 Sumatra, 3 Indragiri, Sumatra.

Paradoxurus hermaphrodytus Schreb. 1 Sk. 2 Sch.: 1 J Java, 1. Paradoxurus hermaphrodytus niger Desm. 1 Sch., Ceylon. Paradoxurus musschenbroecki Schl. 5 Sch. mit Rümpf.: 1 d, 19

juv. Masarangkette, 1 & juv., 1 Rurukan, 1 3 Tomohon,

N.-Celebes.

198 Pierre Revilliod.

Paradoxurus spec. 2 Sch.: 1 juv. Indragiri, 1 Palembang, Sumatra.

Arctictis binturong Raffles. 3 Sch.: 1% mit Rumpf, 1 ad., 1 juv., Indragiri, Sumatra.

Cynogale bennetti Gray. 2 Sch.: 1 mit Rumpf, 1, Indragiri, Su- matra.

Herpestes ichneumon L. 1 Sch.

Herpestes griseus E. Geoff. 1 Sch. 9.

Herpestes albicauda Cuv. 1 Sk. S, Sudan.

Herpestes fulvescens Blyth. 1 Sk., 1 Sch., Ceylon.

Herpestes brachyurus Gray. 1 Sch., Sumatra.

Herpestes spec. 1 Sk.

Crossarchus obscurus Cuv. 1 Sch.

Suricata tetradactyla Schr. 1 Sk. Capland 1 Sch. juv.

Galidia elegans Is. Geoff. 1 Sch. ?, Madagaskar.

Felidae.

Cryptoprocta ferox Bennet. 1 Sch. d, Madagaskar.

Cynailurus jubatus guttatus Herrm. 2 Sk. 1 Sch.

Felis (Uncia) leo L. 1 Sk. 4 Sch., 3 ad., 1 juv.

Felis (Uncia) leo capensis Fitz. 1 Sch., Capkolonie.

Felis (Uncia) leo kamptzi Matchie. 1 Sch., Kamerun.

Felis (Uncia) leo somaliensis Noack. 1 Sch. d, neonatus.

Felis (Uncia) tigris L. 1 Sk. 1 Sch.

Felis (Uncia) tigris sondaïca Fitz. 1 Sk. Indragiri, Sumatra 3 Sch.: 1 juv., Bedagei, 1 Indragiri, 1 Sumatra.

Felis (Uncia) concolor L. 4 Sch.: 1 © neonat, 3 d juv.

Felis (Uncia) hippolestes aztecus Merr. 1 Sch., Guatemala.

Felis (Leopardus) pardus L. 1 Sk. 5 Sch.: 1 Kongostaat, 1 juv. Capkolonie; 2 ad., 1 Foetus. |

Felis (Leopardus) pardus variegata Wagn. 1 Sch.

Felis (Leopardus) uncia Schreb. 1 Sk. .

Felis (Leopardus) centralis Mearns. 3 Sch.: 19, 1 S ad., 1 mit Sktl., Guatemala.

Felis (Leopardus) onça L. 3 Sch.: 1 San Paulo, Brasilien, 2.

Felis (Zibethailurus) marmorata Martin. 2 Sch., Sumatra.

Felis (Zibethailurus) nebulosa Griff. 2 Sch.: 1 d Bedagei, 1 Indra- gi, Sumatra.

Felis (Zibethailurus) serval Schr. 1 Sk. d’, Sudan 1 Sch. 2, Süd- Afrıka.

Felis (Zibethailurus) pardalis L.. 1 Sk. 1 Sch. juv., Guatemala.

Felis (Oncoides) bengalensis sumatrana Horsf. 3 Sch.: 1 & Sumatra, 1 S Oberlangkat, 1 Indragiri, Sumatra.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 199

Felis (Oncoides) bengalensis undata Desm. 1 Sch., Borneo.

Felis (Oncoïdes) rubiginosa Is. Geoffr. 1 Sch., Ceylon.

Felis (Oncoïdes) wiedi Schinz. 1 Sk.’ 1 Sch.

Felis (Oncoides) mitis Cuv. 1 Sch. ©.

Felis (Felis) silvestris Brisson. 1 Sk. d, Kinzingen, Baden 6 Sch.: 1, Siebenbürgen, 1, 1 juv., 3 ad.

Felis (Felis) planiceps Vigors & Horsf. 2 Sch., Indragiri, Sumatra.

Felis (Felis) ocreata maniculata Cretzsch. 1 Sch., Mumie aus Assiut, Aegypten.

Felis (Felis) ocreata domestica Brisson. 1 Sk. neonat. 23 Sch.: 1, Ceylon; 1, Juan-Fernandez-Ins., Chile; diverse 21 Sktl.

Felis spec. domestica? 1 Sk. juv. 1 Sch. S mit Sktl. Siamrasse. .

Felis (Catopuma) jaguarundi Fischer. 2 Sch.: 1 mit Sktl., Guatemala 1 Paraguay.

Felis (Catolynx) chaus Guld. 1 Sch. ©, Kaukasus.

Felis (Catolynx) chaus nilotica de Winton. 1 Sk., Aegypten.

Felis (Felis) spec. 1 Sch.

Lynx (Lynx) Iynx L. 1 Sk. d, Schweden. 1 Sch. 1 Schädel- fragment ©, Graubünden.

Lynx (Eucervaria) rufa Guld. 3 Sch. und Sktl.

Lynx spec. 1 Sch.

Ordnung Pinnipedia.

Otaria byronia Blainv. 1 Sch., Patagonien.

Arctocephalus (Arctocephalus) forsteri elegans Pet. 1 Sk. 2, St. Paul-Ins. Trichechus rosmarus L. 2 Sch.: 1%, Grönland, 1.

Cystophora cristata Erxl. 1 Sch., Grönland.

Monachus albiventer Bodd. 1 Sch., Algier.

Halichoerus grypus Fabr. 1 Sch, Sylt-Ins.

Phoca (Erignathus) barbatus Fabr. 1 Sch.

Phoca (Phoca) vitulina L. 2 Sk. 7 Sch.: 4, Sylt-Ins., 3. Sktl. Phoca (Pagophoca) groenlandica Fabr. 2 Sch.

Ordnung Cetacea.

Tursiops truncatus Montagu. 2 Sch.

Delphinus delphis L. 1 Sk. 1 Sch. Sktl.

Phocaena phocaena L. 2 Sch. juv.

Delphinapterus leucas Pall. 1 Sch.

Monodon monoceros L. 1 Sch. ?, Grönland.

Physeter macrocephalus L.? 1 Zahn.

Hyperoodon rostratus Müller. 1 Sch., Peterhead, Schottland, Balaenoptera acuto-rostrata Lacep. 1 Sk.

200 Pierre Revilliod.

Ordnung Rodentia. Anomaluridae. Anomalurus beecrofti Fraser. 1 Sch. d mit Sktl., Liberia.

Sciuridae.

Pteromys oral Tickell. 1 Sk., Ceylon.

Pteromys nitidus Desm. 3 Sch.: 1 mit Rumpf, Oberlangkat, 1 Palem- bang, Sumatra, 1 Borneo.

Sciuropterus (Glaucomys) volans L. 1 Sk., N.-Amerika.

Sciuropterus (Petinomys) hageni Jent. 1 Sch. mit Sktl., Sumatra.

lomys davisoni Thom. 1 Sch. mit Sktl., Penang.

Euxerus erythropus E. Geoff. 1 Sk. juv., Sklavenküste. 3 Sch.: 1 juv. mit Sktl., Goldküste, 1 d, Senegal. Sktl.

Funambulus (Funambulus) tristriatus Wat. 1 Sch., Ceylon.

Ratufa bicolor Sparrm. 1 Sk, Sumatra. 3 Sch.: 1 Java, 1 In- dragiri, Sumatra, 1 Borneo ?

Ratufa macrurus Pennant. 4 Sch., Ceylon.

Sciurus (Heterosciurus) atrodorsalis Gray. 1 Sch. J, Moulmein, Burma.

Sciurus (Heterosciurus) caniceps Gray. 1 Sch. d’, Moulmein, Burma.

Sciurus (Heterosciurus) leucomus Müll. & Schl. 1 Sch., Tomohon, N.-Ce- lebes.

Sciurus (Heterosciurus) mowewensis Roux. 2 Sch.: 1 Ahuafluss, 1 Typus Ex. Mowewe, S.O. Oelebes.

Sciurus (Heterosciurus) topapuensis Roux. 1 Sch., Topapu Geb. Cen- tral-Celebes.

Sciurus (Heterosciurus) rubriventer Müll. & Schl. 1 Sch., Tomohon, N.-Celebes.

Sciurus (Heterosciurus) melanops Miller. 10 Sch., Indragiri, Sumatra

Sciurus (Heterosciurus) tenuis Horsf. 1 Sch, Indragiri, Sumatra.

Sciurus (Heterosciurus) vittatus Raffles. 12 Sch.: 11 Indragiri, Sumatra, 1 Penang.

Sciurus (Heterosciurus) prevosti Desm. 1 Sch.®, Malacca.

Sciurus (Sciurus) vulgaris L. 2 Sk. 16 Sch.: 3, Tessin; diverse 13.

Sciurus (Parasciurus) rufiventer Desm. 2 Sch.

Sciurus (Parasciurus) rufiventer texianus Bachm. 1 Sch., Texas.

Sciurus (Parasciurus) niger L. 5 Sch.

Sciurus (Neosciurus) carolinensis Gmelin. 13 Sch.

Sciurus (Neosciurus) carolinensis leucotis Gapper. 1 Sch., Melano, Toronto.

Sciurus (Tamiasciurus) hudsonius Erxl. 3 Sch.

Sciurus (Guerlinguetus) langsdorffi Brandt. 1 Sch.®, Corumba, Brasilien.

Sciurus spec. 4 Sch.: 1 Ostindien 2 Amerika.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 201

Eutamias townsendi Bachm. 2 Sch. /, 2, Renton, Washington.

Tamias striatus L. 1 Sk. 20 Sch.

Tamias striatus lysteri Rich. 2 Sch.: 19, Toronto; 1.

Citellus (Callospermophilus) lateralis Say. 1 Sch., Felsengebirge.

Citellus (Otospermophilus) grammurus Say. 1 Sch. juv., Felsengebirge.

Citellus (Otospermophilus) annulatus Aud. & Bachm. 1 Sch. cd, Man- zanillo, Mexico.

Citellus (Citellus) citellus L. 1 Sk. 1 Sch.

Citellus (letidomys) franklini Sabine. 1 Sch., Felsengebirge.

Cynomys socialis Rafin. Schädelfragmente, Felsengebirge.

Marmota marmota L. 2 Sk. 12 Sch. Sktl.

Marmota monax L. 5 Sch.

Castoridae.

Castor fiber L. 2 Sk.: 1 S, St. Marie, Petit Rhône, 1 Rhône. 4 Sch.: 1 mit Sktl., Donau; 3. Castor canadensis Kuhl. 2 Sk. 2 Sch.: 1 Plattariver, Colorado; 1.

Myoxidae.

Glis glis L. 4 Sk. 4 Sch.: 2 Tessin, 1 juv., 1.

Glis italicus Barr. Ham. 1 Sch Sd, Tessin,

Glis melonii Thom. 2 Sk. d,®2, Urzulei, Sardinien,

Muscardinus avellanarius L. 1 Sk. 3 Sch.: 2 7‘, 2, Carnago, Tessin. Eliomys quercinus L. 1 Sch., Bechburg.

Eliomys sardus Barr. Ham. 2 Sk. &,©, Ogliastra, Sardinien.

_Muridae.

Hydromys chrysogaster E. Geoff. 1 Sch.

Gerbillus (Tatera) taeniurus Wagn. I Sch., Syrien.

Gerbillus (Tatera) pyramidum is. Geoff. 1 Sch.

Gerbillus (Dipodillus) stigmonyx Heuglin. 1 Sch., Weisser Nil.

Pachyuromys spec. 1 Sch., Kairo.

Meriones shawi albipes Lat. 2 Sch.: 19, Hodna, 1 Algerien.

Epimys norvegicus Erxl. 2 Sk. 10 Sch.

Epimys rattus L. 1 Sk. 25 Sch.: 1 mit Sktl., Madagaskar, 16 Tessin, 2 Neukaledonien, 6.

Epimys rattus alexandrinus Is. Geoff. 7 Sch.: 4 Tessin, 3 Neu-Kaledonien.

Epimys xanthurus Gray. 2 Sch.: 19, Minahassa, 1 d, Tomohon, Celebes.

Epimys xanthurus orientalis Revil. 2 Sch.: 1 4, Mowewe, 1 Lam- buja, Celebes.

202 Pierre Revilliod.

Epimys exulans Peale. 1 Sch. d’ und Sch.-Fragmente, Neu-Kaledonien. Mus musculus L. 2 Sk. 10 Sch.

Mus musculus poschiavinus Fatio. 2 Sch. d,®, Poschiavo.

Mus musculus canacorum Revil. 2 Sch.: 1 J’, Loyalty-Ins., 19, Neu-

Kaledonien. Mus sylvatieus L. 9 Sch. Mus spec. 1 Sk., Tomohon. 1 Sch, Makassar, Celebes.

1 Sch., Tenerife.

Cricetomys gambianus Waterh. 1 Sk. d‘, Liberia,

Lophuromys sikapusi Temm. 1 Sch $, Goldküste.

Lenomys meyeri Jent. 1 Sk, d; 1 Sch. 2, Tomohon, Celebes.

Craurothrix leucura Gr. 1 Sch. , Tomohon, Celebes.

Conilurus (Notomys) mitchelli cervinus Gould. 1 Sch., Australien.

Cricetus (Cricetus) cricetus L. 1 Sk., Böhmen. 5 Sch.

Cricetus (Cricetus) cricetus babylonicus Nehring. 3 Sch., Irek Arabi.

Nesomys rufus Pet. 1 Sk., Ampitambé 1 Sch. mit Rumpf, Mada- gaskar. |

Brachyuromys betsileonensis Bartl. 1 Sch. ©, Ampitambé, Madagaskar.

Brachyuromys ramirohitra F. Major. 1 Sk.; 1 Sch. mit Rumpf, Ampitambe, Madagaskar.

Gymnuromys roberti F. Major. 1 Sk.; 1 Sch. mit Rumpf, Ampitambe, Madagaskar.

Peromyscus (Peromyscus) leucopus Rafin. 3 Sch.: 1 3, West Ded- ham, Mass.

Tylomys nudicaudus Pet. 1 Sk., 1 Sch. ©, Guatemala.

Nectomys squamipes Brants. 1 Sch. d, Rio grande do Sul.

Oryzomys (Oryzomys) laticeps intermedia Leche. 1 Sch. ©, Rio grande do Sul.

Oryzomys (Oryzomys) longicaudatus flavescens Wat. 21 Sch., Rio grande do Sul.

Oryzomys (Oryzomys) ratticeps Hensel. 1 Sch., Rio grande do Sul,

Oryzomys spec. 12 Sch., Taquara do Mundo novo.

Reithrodontomys mexicanus Saussure. 1 Sch.

Ichthyomys hydrobates Winge. 1 Sch.

Acodon (Acodon) arenicola Waterh. 23 Sch., Rio grande do Sul.

Acodon (Acodon) dorsalis Hensel. 13 Sch., Rio grande do Sul.

Acodon (Acodon) subterraneus Hensel. 5 Sch., Rio grande do Sul.

Oxymycterus nasutus Waterh. 7 Sch., Rio grande do Sul.

Neotoma (Neotoma) floridana Ord. 1 Sch., Arizona.

Evotomys gapperi Vigors. 1 Sch., Red River of North, N.-Amerika.

Evotomys nageri Schinz. 2 Sch.: 1 0°, Andermatt; 1 Sch., Campo- lungo, Tessin.

Microtus (Microtus) arvalis Pall. 8 Sch.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 203

Microtus (Microtus) borealis Richardson. 1 Sch., Labrador. Microtus (Chionomys) nivalis Martins. 2 Sch.

Pitymys subterraneus Selys. 2 Sch. d, ?, Murgseealp. Arvicola terrestris amphibius Lacep. 1 Sk. 1 Sch. Arvicola terrestris Savi. 3 Sk. 16 Sch.

Fiber zibethicus L. 1 Sk. 21 Sch.

Lemnus lemnus L. 2 Sk. 1 Sch.

Lemnus obensis Brants. 1 Sch.

Dierostenyx hudsonius Pall. 1 Sch., Labrador.

Ellobius talpinus Pail. 1 Sch., Russland.

Spalacidae.

Rhizomys sumatrensis Raffles. 2 Sch.: 1, Battaker Hochebene, 1 juv., Sumatra.

Rhizomys badius minor Gray. 1 Sch., Nepal?.

Spalax microphthalmus Güld. 1 Sch., Russland.

Spalax spec. 1 Sch, d‘, Palästina. |

Geomyidae.

Geomys (Diplostoma) bursarius Shaw. 1 Sk.® juv.

Geomys (Orthogeomys) scalops Thomas. 2 Sk. ©, © juv., Guatemala.

Macrogeomys heterodus Peters. 1 Sk., Guatemala 2 Sch. Costa Rica.

Bathyergidae.

Bathyergus maritimus Gmelin. 1 Sk., Capkolonie. Georychus capensis Pall. 1 Sk., 1 Sch., Oeres, Capkolonie. Georychus hottentotus Lesson. 1 Sch. J'.

Jaculidae.

Jaculus (Jaculus) jaculus L. 1 Sk. 2 Sch.

Jaculus (Scirtopoda) telum Licht. 1 Sch., Wolga.

Alactagulus acontion Pall. 3 Sch.: 1 Wolgagegend, 1 Russland, 1 Ski «,

Alactaga saliens Gmel. 1 Sk. 2 Sch. Sktl.

Pedetidae. Pedetes caffer Pall. 1 Sch.

Oclodontidae.

Myocastor coypus Molina. 1 Sk. 1 Sch. Sktl.

204 Pierre Revilliod. Hystricidae.

Hystrix cristata L. 2 Sch. Sktl.

Atherura africana Gray. 1 Sch.

Trichys fasciculata Shaw. 2 Sch.: 1 mit Rumpf, Oberlangkat, 1? juv., Indragiri, Sumatra.

Coendidae.

Erethizon dorsatus L. 1 Sk. 3 Sch. Coendu villosus Cuv. 2 Sch., Brasilien.

Viscactidae.

Lagidium peruanum Meyen. 2 Sk., 1, Chile, 1. Chinchilla laniger Molina. 2 Sch.: 1 Chile, 1 d.

Agoutidae.

Dasyprocta aguti L. 1 Sk. 3 Sch.: 1, Brasilien, 2.

Dasyprocta azarae Licht. 1 Sch. juv., Motacu, Brasilien. Dasyprocta isthmica Alst. 1 Sch. d’, Costa Rica.

Dasyprocta lucifer cayennae Thomas. 3 Sch., Surinam.

Dasyprocta spec. 2 Sch.

Agouti paca L. 3 Sk.: 1 Surinam, 1 d, 12? 7 Sch.: 1, Gua-

temala, 6. Caviidae.

Cavia (Cavia) porcellus L. 2 Sk. 8 Sch. * Hydrochoerus capyraba L. 3 Sk. 1 Sch.

Ochotonidae.

Ochotona spec. 2 Sch. &, Telezkerberge, Altai.

Leporidae.

Oryctolagus cuniculus L. 1 Sk. 16 Sch.

Sylvilagus (Tapeti) brasiliensis L. 1 Sch., Paraguay.

Sylvilagus spec. 3 Sch.: 1%, 1 juv., Guatemala; 1, N.-Amerika.

Lepus (Lepus) europaeus Pall. 2 Sk.: 1 neonat, 6 Sch. Sktl.

Lepus (Lepus) medius varronis Miller. 1 Sk, Gadmen, Bern. 3 Sch.: 1 mit Sktl., Gadmenthal, 2.

Lepus (Lepus) labradorius Miller. 1 Sk.; 2 Sch. und Sktl, Labrador.

Lepus (Lepus) nigricollis Cuv. 1 Sch., Ceylon.

Lepus (Lepus) saxatilis Cuv. 1 Sk. Foetus, Capkolonie.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 205

Lepus (Lepus) capensis L. 2 Sch.: 1, Ceres, Capkolonie, 1. Lepus (Lepus) americanus virginianus Harlan. 6 Sch.

Lepus (Lepus) americanus var. 1 Sch., Labrador,

Lepus spec. 2 Sch.

Ordnung Edentata.

Bradypus tridactylus L. 2 Sk.: 1% neonat.

Bradypus cuculliger Wagl. 2 Sk.: 1 ©, Surinam, 1 juv.

Hemibradypus mareyi Anth. 1 Sch.

Choloepus didactylus L, 1 Sch. d, Surinam.

Myrmecophaga tridactyla L. 1 Sk. d’.

Tamandua tetradactyla L. 2 Sch., Brasilien.

Tamandua longicaudata Wagn. 1 Sch., Surinam.

Cyclopes didactylus L. 2 Sk.

Tatus (Tatus) novem-cinctus L. 2 Sk.: 1 Guatemala, 1 juv. 7 Sch.: 2 Paraguay, 1 Guatemala, 4.

Dasypus (Dasypus) sexeinetus L. 1 Sch.

Dasypus (Chaetophractus) villosus Fischer. 1 Sk. J..

Cabassus (Cabassus) unicinctus L. 1 Sch., Paraguay.

Priodontes giganteus E. Geoff. 1 Sk. d.

Manis (Pholidotus) pentadactyla L. 2 Sk., Ceylon. 4 Sch., Ceylon. Sktl.

Manis (Pholidotus) temmincki Smuts. 1 Sch., Natal.

Orycteropus afer Pallas. 1 Sch. mit Sktl, Ceres, Capkolonie.

Ordnung Hyracoidea.

Procavia (Procavia) capensis Pall. 2 Sk. Ceres, Capkolonie. 2 Sch.: 1 Ceres; 1 juv.

Procavia (Procavia) syriaca Schreb. 1 Sch.

Procavia (Dendrohyrax) dorsalis Fraser. 1 Sk, Liberia i Sch., Goldküste Sktl.

Procavia (Heterohyrax) spec. 1 Sch. juv., Lambaréné, Kongo.

Ordnung Proboscidea.

Elephas africanus Blumenbach. 2 Sk. juv. 2 Sch.: 1, Nil (5° n. Br.), 1.—2 Backzähne Schädelfragmente Sktl.

Elephas maximus L. 1 Milchstosszahn 3 Backzähne 1 Femur.

Elephas maximus sumatranus Temm. 2 Sch.: 1%, Sumatra; 1 mit Sktl., Ceylon Milchzähne, Ceylon, 2 Stosszähne mit Schmelzspuren an der Spitze, Tandjong Kattan. Sumatra. Sktl, Ceylon.

206 Pierre Revilliod.

Ordnung Sirenia.

Manatus manatus L. 1 Sk.?.

Manatus senegalensis Desm. 1 Sk. juv.; 1 Sch., Kamerun.

Halicore australe Owen. 2 Sch.: 1 Queensland, Australien, 1 Ma- lekula, Neue Hebriden.

Rhytina stelleri Retzius. 1 Sch., Behringstrasse.

Ordnung Perissodactyla. Rhinocerotidae.

Diceros bicornis L. 1 Sk. w.

Diceros simus Burch. 1 Sch. Sktl.

Rhinoceros sondaïcus Desm. 2 Sch.: 1 juv., Java, 1 © juv. Rhinoceros unicornis L. 1 Sch.

Rhinoceros spec. 1 Backzahn.

Tapiridae.

Tapirus (Rhinochoerus) indicus Cuv. 2 Sch.: 1 © mit Sktl., Indragiri, Sumatra; 1 juv.

Tapirus (Tapirus) americanus Brisson. 3 Sk. juv. 2 Sch.: 1 juv., 1.

Tapirus (Tapirella) bairdi Gill. 1 Sch., Guatemala.

Equidae.

Equus (Equus) caballus L. 2 Sk.: 1 Ponnyrasse, Sumatra; 1 cd 18 Sch.: 1 Foetus; 5 juv.; 12. Sktl. Zähne.

Equus (Equus) caballus prjewalskii Poliakof. 1 Sk. juv., Kobdo, West-Mongolei.

Equus (Hippotigris) quagga Gmelin. 1 Sch., Kap der guten Hoffnung.

Equus (Hippotigris) chapmani Layard. ssp. 1 Sk. neonat. 1 Sch., Mashonaland, Süd-Afrika,

Equus (Hippotigris) chapmani mariae Prazak. 1 Sch. S, Naiwascha-See, Ost-Afrika.

Equus (Hippotigris) chapmani böhmi Matschie. 1 Sch., Naiwascha-See, Ost-Afrika.

Equus (Hippotigris) burchelli Gray. 1 Sch. juv.

Equus (Hippotigris) zebra L. 4 Kieferabgüsse.

Equus (Asinus) asinus L. 2 Sk. juv. 4 Sch. Sktl.

Equus (Asinus) asinus somaliensis Noack. 1 Sk.; 2 Sch., Somaliland.

Equus (Asinus) hemionus Pallas. 2 Sk.

Equus caballus-asinus Bastard. 1 Sch.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 207

Ordnung Artiodactyla. Suidae.

Tayassus (Tayassus) tajacu L. 5 Sk.: 1 Foetus, 1 © juv., 3 ad. 9, ® 6 Sch.: 1, Jaragua, Brasilien; 2 Foetus, 2 ad., Gua- temala; 1 juv. Sktl. Tayassus (Olidosus) albirostris Ilig. 2 Sch.: 1 juv., 1. Sus (Sus) scrofa L. 1 Sk. 13 Sch.: 1 S, Marokko; 1d, Al- mers 2 &,2 Elsass; 3 neugeb., 3 Juv., 3. Sus (Sus) scrofa domestica Gray. 2 Sk. juv. 41 Sch.: 19,3% Bündtner Rasse; 1 Wallachische Rasse; 1 Russische Rasse ; 2 Steiermark; 3 d © ad., 19 juv., Mähren; 3 à, 22 Un- garn; 1, Rio novo, Brasilien; 3 Siam- Rasse, 1 J Japan, 1 © Bangkok, juv.; 2 juv., Tomohon, Celebes; 1 juv., Tjambea- Ins., Celebes; 1 d juv., 12 Oberlangkat, 1 juv. Indragiri, Sumatra; 4 ad.; 8 juv.; 2 Foetus diverse Sktl. Sus (Sus) scrofa sardous Strobel. 1 Sch. S, Ogliastra, Sardinien. Sus (Sus) scrofa pliciceps Gray. 1 Sch. d. Sus (Sus) sennaarensis Fitz. 1 Sch.® juv. Sus (Sus) cristatus Wagn. 4 Sch.: 1 Indien; 3, ?, Ceylon. Sus cristatus Wagn.? dom. 3 Sch.: 2 d, 19, Ceylon. Sus (Sus) barbatus Müller. 2 Sch.: 1J, Palembang, Sumatra 1, Klias, N.-Borneo. |

s (Sus) celebensis Müll. & Schl. 4 Sk.: 2 juv., 19, 1% juv., Kema, Celebes. 9 Sch.: 4 d’, Kema; 1 d Pic Bonthain, 1 Minahassa; 2 d, 1%, Patunuangassue, Celebes.

Sus (Sus) verrucosus Müll. & Schl. 3 Sch.: 27, 19, Java.

Sus (Sus) vittatus Müll. & Schl. 1 Sk.9, Indragiri, Sumatra. ASch MONT va So 22 Andrasirı,n ic 1122. Ober- langkat, 1 S, 18 Deli, 1 3 Lahel, Sumatra; 1 Sch., 2 Unterkiefer, Neue Hebriden.

Sus spec. dom. 1 Sch. 9, Pagurawan, Sumatra.

Potamochoerus larvatus Cuv. 1 Sk., Madagaskar. 3 Sch.: 1 juv. Madagaskar, 1 ad., 1 Foetus.

Potamochoerus porcus L. 2 Sch., I Kamerun. Zähne, Kongostaat.

Babirussa babirussa L. 1 Sk.?, Kema, Celebes. 17 Sch.: 9 , 1 neonat. mit Sktl., Kema; 1 cd’, Taludaa, 1 J’ Celebes; 2 Buru; 3 ad.

Phacochoerus africanus Gm. 6 Sch.: 1 J', 1, Gant, Basaland, Abes- sinien; 1%, 1 juv., Naiwascha, Brit. Ost-Afrika.

Phacochoerus aethiopicus L. 1 Sch J.

S

=

208 Pierre Revilliod.

Hippopotamidae. |

Hippopotamus (Hippopotamus) amphibius L. 1 Sk., Gabun. 4 Sch.:

1 juv., Kamerun, 1%, 1 Foetus 1; diverse Zähne. Hippopotamus (Choeropsis) liberiensis Mort. 1 Eckzahn.

Camelidae.

Lama huanachus Molina. 2 Sk. . 7 Sch.: 2 juv., 29, 3. Sktl. Camelus dromedarius L. 1 Sk. 4 Sch.: 1 mit Sktl., 1 Foetus, 2.

Tragulidae.

Hyomoschus aquaticus Ogilby. 2 Sk.?, Sierra Leone. 3 Sch.: 1 & juv., Sierra Leone; 1 ©, Liberia; 1 © juv. :

Tragulus javanicus napu Cuv. 1 Sk., Sumatra. 1 Sch. ©.

Tragulus kanchil Raffles. 7 Sk.: 2 juv., Indragiri, 1 Unterlangkat, 12 Palembang, I d, 22, Sumatra. 22’Seh.: 5 20% DIE. juv., bad, Mouv. Indrasını . Sumabrar

Tragulus kanchil Raffles var. 1 Sk. JS juv., Java. 3 Sch.: 19 juv. mit Sktl., Penang; 1 juv., S.O. Borneo; 1 J’ juv. Borneo. Tragulus meminna Erxl. 2 Sk. d',2, Ceylon. 5 Sch.: 3 d ad.

und Sktl> 17 & ie 2 2 TN OI (CE.

Cervidae.

Moschus moschiferus L. 4 Sch.: 17,1%, 1 S juv., Gegend vom Telezki-See, Altai; 1 ©.

Hydrelaphus inermis Swinhoe. 1 Sk. , China.

Cervulus muntjac Zimm. 1 Sk. juv. Indragiri, Sumatra. 6 Sch.: 1 d, Java; 1 Palembang, Sumatra; 1 d juv. mit Sktl., Ceylon; 19, Tandjong, S. O. Borneo; 1 d'. 4 Geweihe: 2 Palembang; 1 Tandjong, S. O. Borneo, 1.

Elaphodus cephalophus M. Edw. 1 Sk.9®, China.

Cervus (Rusa) aristotelis Cuv. 2 Sch.: d,9®, Indien.

Cervus (Rusa) equinus Cuv. 3 Sch.: 1 d, Rantau, S. O. Borneo; 1 d, Indragiri; 12 juv., Palembang, Sumatra.

Cervus (Rusa) hippelaphus Cuv. 1 Sk.d juv. 4 Geweihe, 3 Java, 1.

Cervus (Rusa) hippelaphus moluccensis Quoy &G. 7 Sch.: 1,1, Tomohon; 1 d, 22, Lamontjong; 1%, Paluthal, Celebes; 19, Tjambea-Ins. 15 Geweihe, Celebes.

Cervus (Rusa) mar'annus Desm. 1 Geweih.

Cervus (Axis) axis Erxl. 3 Sk.: 1 neonat., 2 J. 4 Sch.: 1 Oeylon; 19, 2 jur. 8 Geweihe Sktl.

Cervus (Cervus) elaphus L. 1 Sk. 2. 13 Sch.: 1 Foetus, 1 juv., 72. 72 Geweihe Sktl.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 209

Cervus (Cervus) elaphus corsicanus Erxl. 1 Sch. $, Gairo, Sardinien.

Cervus (Cervus) elaphus barbarus Bennet. 1 Sch. juv., Wadi-Halfa, Aegypten.

Cervus (Cervus) canadensis Erxl. 1 Sk 5. 1 Sch. juv. 1 Geweih.

Dama dama L. 3 Sk.: 19, 282. 10 Sch.: 5 d, 59. 1 Ge- weih Sktl.

Alce machlis Ogilby. 3 Sk.: 23, 19. 3 Sch. d. 2 Geweihe.

Rangifer tarandus L. 1 Sk J. 3 Sch. d.

Rangifer groenlandieus Kerr. 1 Sch. d, Grönland.

Capreolus capreolus L. 1 Sk. Foetus 27 Sch.: 149, 69, 7 juv. 40 Geweihe Sktl.

Capreolus pygargus Pallas. 1. Sch., 2 Geweihe, Angulakgebirge, Altai.

Odocoïleus (Odocoïleus) virginianus Bodd. 5 Sch., 3 d, 29. 2 Geweihe.

Odocoïleus (Odocoïleus) mexicanus Gm. 1 Sch. juv.

Odocoïleus (Odocoïleus) mexicanus nemoralis Smith. 3 Sch.: 1 d. 2 neonat., Guatemala.

Odocoïleus (Odocoileus) costaricensis Miller. 1 Sch. juv., Costa-Rica.

Odocoïleus (Blastocerus) campestris Cuv. 2 Sch. d.

Odocoïleus spec. 2 Greweihe.

Mazama rufus Illig 5 Sch.: 1 d, Jaragua, 1 S, 1%, Brasilien; 2 d, Surinam.

Mazama tema Raf. 3 Sch. , ©.

Mazama spec. 1 Sch. d, Brasilien.

Pudua pudu Molina. 1 Sch, ?, Chili.

Cervus sp. 1 Sk.®, Ostasien ?

Giraffidae. Okapia johnstoni Sel. 1 Sk.?, Makala, Lindi, Kongostaat. 2 Sch.: 1 © juv., Loyafluss, 1 © juv. Beni Schädelfragmente,

Amasini am Semlikifluss, Kongostaat. Giraffa camelopardalis L. 1 Sk © juv. 2 Sch., 1%, 1 juv. Cavicornia. Antilocaprinae. Antilocapra americana Ord. 3 Sch. Antilopinae.

Bubalis tora Gray. 2 Sch.: 1 Sudan, 1 Abessinien. Bubalis lelwel Heuglin. 1 Sch. S, Bor, engl. Sudan. Bubalis lichtensteini Pet. 1 Gehörn, Harrismith, Oranjestaat ? Bubalis caama Cuv. 1 (Gehörn, Natal. 14

210 Pierre Revilliod.

Damaliscus jimela Matschie. 1 Sch., Zanzibar.

Damaliscus lunatus Burchell. 1 Gehörn, Natal ?

Damaliscus albifrons Burchell. 1 Sch.

Damaliscus pygargus Pall. 1 Gehörn, Natal.

Connochoetes taurinus Burchell. 3 Sch.:2 J, 19. 1 Gehörn.

Cephalophus doriae Ogilby. 3 Sch. 0’, ?, Liberia.

Cephalophus dorsalis Gray. 2 Sch. juv.

Cephalophus sylvicultor Afzel. 1 Sch. juv., Sierra Leone.

Cephalophus maxwelli Smith. 4 Sk. d, ©, 2 juv. 3 Sch.: 10, Li- beria, 22, Goldküste. 1 Gehörn.

Cephalophus grimmia L. 2 Sch. d, 1 Capkolonie. 1 Gehörn.

Cephalophus natalensis Smith. 1 Sch. 9.

Cephalophus monticola Thunb. 1 Sch.

Cephalophus niger Gray. 1 Sk. ©.

Cephalophus spec. 1 Sch. cfr. ©. sylvicultor, Kongostaat, Lindi? 1 Sch. cfr. C. nigrifrons ©, Kongostaat.

Tetraceros quadricornis Smith. 1 Sch.

Oreotragus oreotragus Zimm. 1 Sch., Capkolonie.

Ourebia montana Cretz. 1 Sch., Abessinien.

Nototragus melanotis Thunb. 1 Sch.

Nesotragus moschatus Düben. 1 Sch., Zanzibar.

Neotragus pygmaeus L. 1 Sch., Fantek, Goldküste.

Madoqua phillipsi Thom. 1 Sch. S juv., Somaliland,

Cobus (Cobus), defassa Rüpp. 3 Sch.: 2 Bor, Sudan; 1 , Marbeit,

engl. Sudan. Cobus (Cobus) maria Gray. 1 Sch. , Lake No, Tonga, Sudan. Cobus (Cobus) onctuosus Laurill. 1 Sch., Senegal.

Cobus (Adenota) leucotis Licht. & Pet. 1 Sch. S, Tonga, Sudan.

Cobus (Adenota) thomasi Scl. 1 Sch. d, Lado Enclave, Sudan.

Cobus (Adenota) annulipes Gray. 1 Sch., Kongostaat.

Redunca arundinum Bodd. 1 Sch. S juv., Zambezia.

Pelea capreolus Bechst. 2 Sch.: 1 J juv., 19, Ceres, Capkolonie.

Antilope cervicapra Pallas. 3 Sch.: 1 &, Malva, Ind.; 1 juv., 1 ©. Sktl.

Saïga tatarica L. 1 Sk.?. 3 Sch.: 1 S Mongolei; 1%, Polen, 1 S, Süd-Russland.

Antidorcas euchore Sparrm. 4 Gehörne J’, 2 juv., Natal

Gazella dama Pall. 1 Sk. .

Gazella dorcas L. 1 Sk® juv. 6 Sch. &,® juv. Sktl.

Gazella gutturosa Guld.1 Gehörn Jg’, Dörbötenlager, östl. Mongolei.

Gazella pelzelni Kohl. 3 Sch.: 2 0°, 19 juv., nördl. Somaliland.

Gazella soemmeringi Cretz. 1 Sch. ?, nördl. Somaliland.

Gazella spekei Blyth. 1 Sch. &, nördl. Somaliland.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 211

Gazella subgutturosa Guld. 1 Sk. d, Persien. 3 Sch.: 2 9,9, Klein-Asien, 1 S mit Sktl.

Gazella spec. 2 Sch., Gegend westl. vom Tschadsee.

Lithocranius walleri BrooKe. 3 Sch. ©, ©, juv., Berbera, Somaliland.

Hippotragus equinus Is. Geoff. 1 Sch. juv.

Hippotragus niger Harris. 1 Sch.

Oryx leucoryx Pall. 1 Sch.

Oryx beisa Rüpp. 3 Sch.: 1 juv., Berbera, Somaliland, 1 ad., 1 juv.

Oryx gazella L. 1 Sch. 2 Gehörne.

Boselaphus tragocamelus Pall. 2 Sk. © juv. 7 Sch.: 2 d, 19, 3 Juv., 1 neonat.

Tragelaphus decula Rüpp. 2 Sch., Abessinien.

Tragelaphus roualeyni Cumm. 2 Sch. 3, Zambezia.

Tragelaphus scriptus Pall. 2 Sch.: 12 juv., 1 d Sudan.

Tragelaphus scriptus bor Heugl. 1 Sch. &, Lado Enclave, Sudan.

Tragelaphus sylvaticus Sparrm. 1 Sch. 2.

Tragelaphus spec. 1 Sch. S juv.

Strepsiceros strepsiceros Pallas. 4 Sch.: 1 & juv., Somaliland; 1 juv., 12 und Sktl., Süd-Afrika. 4 Gehörne.

Taurotragus oryx Pall. 2 Sch.: 19, 12 juv., Süd-Afrika.

Rupicapra rupicapra Gray. 3 Sk.: 25, 1 juv. 20 Sch.: 1, Val Gallego, Pyrenäen; 3 J',$, Bagneres de Luchon; 11 ad. 5 juv. Sktl. 18 Gehôrne.

Nemorrhaedus (Nemorrhaedus) sumatrensis Shaw. 1 Sk. J’, Padang, W.-Sumatra.

Nemorrhaedus (Urotragus) goral Hardw. 2 Sch.: 1, Himalaya, 1.

Oreamnos montanus Ord. 1 Sch.

Budorcas taxicolor tibetana A. M. Edw. 1 Gehörn, Himalaya.

Caprinae.

Hemitragus jemlaïcus Smith. 1 Sk. od. 1 Sch. &, Nepal.

Hemitragus hylocrius Ogilby. 4 Sch.: 19 juv., Malabar, 1 S Nil- gherrin, 2 d ©.

Capra hircus L. 2 Sk. 38 Sch.: 16 ad., 6 ©, 10°, Sudan, 3 Somali- land, 1 Canarische Ins.; 10 juv., 5 neonat. Sktl.

Capra hircus-ibex, Bastard. 1 Sk. d 2 Sch. juv. Sktl.

Capra cylindricornis Blyth. 1 Sch. , Lagodechi, Kaukasus.

Capra pyrenaïca Schinz. 1 Sch. 5, Pyrenäen.

Capra nubiana sinaïtica Hempr. & Ehr. 3 Sch, 2 J’, Sinaï, 1,

Capra ibex L. 6 Sk.: 1 JS’ Monte Rosa-Gebiet, 3 d', 22. 4 Sch.: 1 Monte Rosa, 3 d,? 1 Gehörn.

Capra sibirica Meyer. 2 Sch.

212 Pierre Revilliod.

Capra sibirica var. 3 Sch.: 2 Baschkausstal, 1 Tscholesmantal, Altai.

Capra (Orthaegoceros) falconeri Wagn. 1 Sch. J'.

Capra spec. 3 Sch. Battakerhausziege, Indragiri, Sumatra.

Pseudoïs nahura Hodgson. 1 Sch. 2, Indien.

Ammotragus lervia Pallas. 3 Sk.: ,9®, jur. 7 Sch.: 2 5, 19, 4 juv. Sktl.

Ovis aries L.: 2.Sk. 32 Sch::. 19 ad., 2%) Weisser.Ni nine Aegypten, 3 9 nördl. Somaliland, 1 S Bergamasker, 1 spa- nische Rasse, diverse 11; 13 juv. Sktl.

Ovis musimon Pallas. 3 Sk.: 2 ©, Sardinien, 17 1 Sch. d, Orgosoloberge, Sardinien.

Ovis vignei Blyth. 1 Sch.

Ovis ammon L. 2 Sch.

Ovis canadensis Shaw. 2 Sch.: 1 S. Felsengebirge, 1 Colorado.

Ovibos moschatus Zimm. 5 Sch.: 2 ©, Nordost-Grönland; 1 ©, 1 o juv., Ost-Grönland, 1 juv.

Bovinae.

Anoa depressicornis H. Smith. 3 Sk.: 1 juv., 19,1. 3 Sch.: 1d, Bone-Gebirge, 1 0°, Kema, 1 juv., Celebes.

Buffelus mindorensis Heude. 2 Sch.

Buffelus bubalus L. 1 Sk.®. 8 Sch.: 2, Indragiri, Sumatra; 2 Ceylon; 1 S ad., 2 d juv., 19 juv., Italien. 3 Gehörne.

Buffelus pumilus Turton. 1 Gehörn, Kongostaat. |

Buffelus aequinoctialis Blyth. 1 Sch., Weisser Nil.

Buffelus caffer Sparm. 2 Sch.: 1, Lieungo, Zambezia, 1.

Bibos gaurus Smith. 4 Sch.: 1 & Travancore, 1 & Cochin, 1 juv., Malabarküste, 1 neonat.

Bibos sondaicus Schl. & Müll. 1 Sk. juv. Bandjar, Java. 2 Sch.

juv., Java. 3 Gehörne: 2 d, 1 juv. Java. | Poephagus grunniens L. 1 Sk. 9. 3 Sch.: 29, Thibet, 1 neonat. Sktl.

Bison bonasus L. 1 Sk. J'. Bison bison L. 4 Sk.: 37, 19 juv. 4 Sch.: 109, 29, 1 juv. Bos taurus L. Primigeniusrasse. 10 Sch.: 1 © Chillinghampark, 1 2 Lymepark, 1 © Hamilton Park, 1 2 Dolancothy, England; Vogelsberg, 1 © Oldenburg, 1 S Fries- land, 12 Dänemark, 1 © Ungarn, 1 © Polen; Brachycerosrasse. 10 Sch., 3 Gehörne: Wallis, 32 Schwyz, 1 © Haslethal, 3%, 1 Gehörn, Graubünden, . 2°, 2 Gehörne und Sktl., Algier.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 213

Frontosusrasse. 11 Sch.: 69, 2 S Simmenthaler und Frutigerschlag, 3 © Greierzerschlag.

Diverse. 2 Sch., Gallowayrasse; 3 Sch. 19, 29, 1 Ge- hörn © Val d’Herens, Wallis; 2 Sch. « juv. Berner- oberland; 3. Sch. © Schwarzwald; 1 Sch.® Wester- wälderrasse; 1 Sch. Einsiedeln; 3 Sch. 2 7’, 1 © Japan, alteinheimische Rasse. -—- 1 Sk. 5, 3 Sk. Foetus. 33 Sch.: 10 Foetus und neonat, 15 juv., 8 ad. Gehörne und Sktl.

Bos indicus L. 3 Sk., 18 Sch.: 2 Sk. S'9, 3 Sch. Ceylon; 4 Sch. SJ ® Brahminenrasse, 1 Sumatra; 2 Sch. © Kwantanrasse, Indragiri, Sumatra; 1 Sk. Java; 1 Sch. Japan alteinhei- mische Rasse; 1 Sch. Gallarasse, Sudan; 7 Sch.: 5 ad S'6, 2 juv. ohne Fundortangabe.

Ordnung Marsupialia.

Phalangeridae.

Phascolarctos cinereus Goldf. 3 Sch. Sktl.

Phalanger celebensis Gray. 4 Sk.: 2d, Maros; 10, Masarang; 1 9, Tomohon, Celebes.

Phalanger ursinus Temm, 5 Sk.: 1 d, 1 © neonat. Kema; 1 J', Maros; 1, Tomohon, 1 Masarangkette, Celebes 2 Sch.

Phalanger ornatus Gray. 2 Sch. juv.

Phalanger maculatus E. Geoff, 1 Sch. juv.

Phalanger orientalis Pall. 2 Sch.

Trichosurus vulpecula Kerr. 2 Sch.

Petauroides volans Kerr. 2 Sch.

Petauroides volans minor Coll. 1 Sch. ?, Queensland.

Petaurus sciureus Shaw. 2 Sch.

Petaurus breviceps Waterh. 1 Sch.

Phascolomyidae. Phascolomys mitchelli Owen. 2 Sch., Victoria, Süd-Australien. Macropodidue.

Macropus (Macropus) giganteus Zimm. 2 Sk. 1 Sch. juv.

Macropus (Halmaturus) ruficollis bennetti Waterh. 3 Sk.: 1 d, 2 juv. 1 Sch.® juv.

Macropus spec. 1 Sch. juv.

Petrogale penicillata Gray. 1 Sch. Sktl.

Dendrolagus ursinus Mull. & Schl. 1 Sch.

Potorous tridactylus Kerr. 2 Sch., New South Wales.

214 Pierre Revilliod.

Peramelidae.

Thylacomys lagotis Reid. 1 Sch. Perameles nasuta E. Geoff. 1 Sk.

Dasyuridae.

Thylacynus cynocephalus Harris. 1 Sch., Tasmanien.

Sarcophilus satanicus Thomas. 1 Sk. 1 Sch. Tasmanien.

Dasyurus maculatus Kerr. 1 Sch., Tasmanien. Dasyurus spec. 1 Sch.

Dasyuroïdes byrnei pallidior Thomas. 1 Sk. Phascologale apicalis Gray. 1 Sch. 2 juv. Phascologale hillieri Thomas. 1 Sk. Sminthopsis murina Waterh. 1 Sch. d. Antechinomys spenceri Thomas. 1 Sk. Myrmecobius fasciatus Waterh. 1 Sch. Notoryctes typhlops Stirl. 1 Sk.

Didelphyidae.

Didelphys (Didelphys) marsupialis L. 1 Sk. 3 Sch. Didelphys (Didelphys) marsupialis aurita Wied. 3 Sch.

do Sul, 2 Brasilien.

: 1 Rio grande

Didelphys (Didelphys) mes americana Oken. 1 Sch. © juv., Guatemala. Didelphys (Didelphys) virginiana Kerr. 1 Sk. 6 Sch. Sktl. Didelphys (Metachirus) opossum Seba. 2 Sch., Guatemala.

Didelphys (Peramys) domestica Wagn. 1 Sk.

Didelphys (Marmosa) murina L. 1 Sk. 1 Sch.®, Guatemala. Didelphys (Marmosa) cinerea Desm. 1 Sch. ?, Brasilien.

Didelphys spec. 1 Sk. juv. 1 Sch. Sktl. Ordnung Monotremata.

Echidna aculeata Shaw. Sktl. Ornithorhynchus anatinus Shaw. 1 Sk. d.

AVES.

Ratitae.

Rhea americana L. 3 Sk. d,2. 2 Sch. Sktl. Struthio camelus L. 1 Sk. . 1 Sch. Struthio molybdophanes Reich. Sktl.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 215

Dromaeus novae holiandiae Lath. 3 Sk.

Casuarius casuarius L. 1 Sk.2. Sktl.

Casuarius beccarii Sclat. 1 Sk. o.

Apteryx oweni Gould. 2 Sk.: 10 Seeland, 1.

, westl. Küste, Süd-Insel, Neu-

Carinatae.

Tinamiformes, Galliformes.

Tinamus robustus Sclat. 1 Sk. , Vera Paz, Guatemala.

Tinamus major Gm. 1 Sch., Brasilien.

Tinamus guttatus Pelz. 2 Sch., Brasilien.

Megapodius cumingi Dillw. 2 Sk. ;,®, Celebes.

Megacephalum maleo Hartl. 1 Sk. 5; 1 Sch., Kema, Celebes.

Crax carunculata Temm.i Sk. S.

Mitua mitu L. 1 Sch. mit Sktl.

Lagopus lagopus L. 6 Sk.: 40,2, Dänemark, 2 Sch. mit Sktl., 1 Dänemark, 1.

Lyrurus tetrix L. 2 Sk. 2 Sch.: 12 mit Sktl., Maderanertal, 1.

Tetrao urogallus L. 1 Sk. . 2 Sch.

Tympanuchus cupido L. 1 Sch.

Bonasa umbellus L. 3 Sch.

Tetrastes bonasia L. 1 Sk.

Caccabis saxatilis Wolf & Meyer. 2 Sk. 1 Sch.

Perdix perdix L. 1 Sk. juv. 1 Sch.

Coturnix coturnix L. 1 Sk.

Gennaeus nycthemerus L. 1 Sch. mit Sktl.

Gallus gallus L. 5 Sk.: 1 S Bankivarasse, Indragiri, Sumatra; 4 d,2 juv. 8 Sch. Sktl.

Pavo cristatus L. 3 Sk.: J,? juv. 1 Sch. Sktl.

Meleagris gallopavo L. 2 Sk. 4 Sch.

Lophortyx californicus Shaw. & Nodd. 1 Sk.

Colinus virginianus L. 2 Sk. 4 Sch.

Columbiformes.

Columba livia L. 1 Sk. juv. 2 Sch.

Columba oenas L. 1 Sk.

Columba palumbus L. 1 Sk.

Ectopistes migratorius L. 2 Sch.

Turtur turtur L. 2 Sk.

Goura coronata L. 1 Sk. 7, Neu-Guinea,

Didus ineptus L. Kopf- und Extremitätenabgüsse.

216 Pierre Revilliod.

Ralliformes, Podicipedidiformes etc.

Rallus aquaticus L.

Aramides cayanea P. L. S. Müller. 1 Sch., Guayana. Porphyrio caeruleus Vandelli. 2 Sk.

Fulica atra L. 2 Sk. 2 Sch.

Podicipes fluviatilis Tunst. 2 Sk.

Lophaethya griseigena Bodd. 1 Sk.

Colymbus arcticus L. 1 Sch. mit Sktl.

Colymbus septentrionalis L. 2 Sk. 4 Sch. Catarrhactes chrysocome Forster. 1 Sk., Falkland-Ins. Daption capensis L. 1 Sk. 1 Sch.

Diomedea exulans L. 1 Sk. 2 Sch.

Phoebetria fuliginosa Gm. 1 Sk., St. Paul.

Alca torda L. Sktl.

Fratercula arctica L. 1 Sch.

Lariformes.

Phaethusa magnirostris Licht. 1 Sch., Brasilien. Sterna fluviatilis Naum. 1 Sch.

Sterna bergii Licht. 1 Sch., Neu-Guinea.

Larus ridibundus L. 3 Sk. 1 Sch.

Larus fuscus L. 1 Sk.

Larus argentatus Gm. 1 Sk. 1 Sch. mit Sktl. Larus spec. 2 Sch., Aegypten.

Stercorarius parasiticus L. 1 Sch.

Charadriiformes, Gruiformes, Ardeiformes.

Vanellus vanellus EL. 2 Sk. 2 Sch.

Charadrius pluvialis L. 1 Sch. mit Sktl.

Aegialitis hiaticola L. 1 Sk. juv.

Recurvirostra americana Gm. 1 Sch.

Recurvirostra avocetta L. 2 Sk.

Numenius arquata L. 1 Sk.

Limosa limosa L. 2 Sch.: 1 Aegypten, 1.

Ancylochilus subarquatus Guld. 1 Sch.

Gallinago gallinago L. 2 Sch., i Aegypten, 1.

Scolopax rusticula L. 3 Sch. : Otis tarda L. 1 Sk, Thuringen. 1 Sch., Neudorf b. Basel. Grus grus L. 1 Sk. , Hochten, Baden. 1 Sch.

Limnogeranus americanus L. 1 Sk. 1 Sch. Rhinochetus jubatus Verr & Des Murs. 1 Sk. ©, Ngoyé Tal, Neu Kaledonien.

Geronticus calvus Bodd. 1 Sch., Natal.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 217

Eudocimus ruber L. 1 Sk.

Platalea leucerodia L. 1 Sk. 3 Sch. Platalea alba Scop. 1 Sch., Natal.

Ciconia eiconia L. 2 Sk. 5 Sch. Sktl. Mycteria americana L. 1 Sch.

Leptoptilus crumeniferus Less. 1 Sk.

Scopus umbretta Gmel. 1 Sk. co’.

Balaeniceps rex Gould. 1 Sk. ©.

Pyrrherodias purpurea L. 1 Sch.

Ardea cinera L. 3 Sk. 2 Sch.

Ardea herodias L. 1 Sch., West-Indien Nyctanassa violacea L. 1 Sch., West-Indien. Syrigma cyanocephalum V. 2 Sch., Brasilien. Botaurus stellaris L. 1 Sk.

Palamedeiformes, Phoenicopterifor mes.

Chauna cristata Sw. 1 Sk. Phoenicopterus roseus Pall. 1 Sk. 1 Sch. Phoenicopterus ruber Bonn. 1 Sch.

'Anseriformes.

Cygnus cygnus L.. 1 Sch. Sktl. Cygnus olor Gm. 2 Sk. Sktl. Chenopsis atrata Lath. 1 Sk., Australien. Cairina moschata L. 1 Sk.

Lampronessa sponsa L. 2 Sch.

Coscoroba coscoroba Mol. 1 Sk S.

Anser anser L. 2 Sch.

Anser erythropus L. 1 Sch.

Anser fabalis Lath. 2 Sk.: 1 Neudorf b. Basel, 1. Anser spec. 3 Sch.

Casarca tadornoïdes J. v. S. 1 Sch.

Anas boscas L. 1 Sk.9. 5 Sch.

Anas obscura Gm. 3 Sch.

Anas spec. 2 Sch.

Nettium crecca L. 2 Sch.

Querquedula querquedula L. 2 Sch. Spatula clypeata L. 2 Sch.

Lophodytes cucullatus L. 2 Sch. Merganser merganser L. 1 Sk.

Merganser serrator L. 2 Sk. Phalacrocorax carbo L. 2. Sk. 1 Sch. Phalacrocorax graculus L. 1 Sk. 1 Sch.

218 Pierre Revilliod.

Sula sula L. 1 Sch. Pelecanus erythrorhynchus Gm. 1 Sch. 2, Guatemala. Pelecanus onocrotalus Gm. 2 Sk.

Gathartidiformes, Accipitriformes, Strigiformes.

Sarcorhamphus gryphus L. 2 Sk.

Vultur monachus L. 1 Sk.®, Bukowina.

Gyps fulvus Gm. 1 Sk.

Neophron perenopterus L. 1 Sk. 2. 1 Sch. ®. Necrosyrtes pileatus Burch. 1 Sk.

Astur palumbarius L. 1 Sch. J'.

Accipiter nisus L. 2 Sk. 1 Sch.

Accipiter cooperi Bp. 1 Sch.

Buteo buteo L, 4 Sk.

Buteola brachyura Vieill. 1 Sch., Brasilien. Urubitinga anthracina Nitzsch. 1 Sch., Guatemala. Thrasaetus harpyia L. Sktl., Surinam.

Gypaetus barbatus L. 1 Sch. Sktl.

Aquila verreauxi Less. 1 Sch., Ceres, Capkolonie. Aquila chrysaetus L. 1 Sk. 1 Sch. Sktl. Archibuteo sancti-johannis Gm. 1 Sch.

Spizaetus nipalensis Hodgs. 1 Sk.

Circaetus gallicus Gm. 1 Sternum.

Haliaetus albicilla L. Sktl.

Milvus milvus L. 1. Sk. 1 Sch. mit Sktl. Pernis apivorus L. 1 Sk.®.

Falco peregrinus Tunst. 1 Sk. ©.

Cerchneis tinnunculus L. 5 Sk. 1 Sch. Cerchneis sparveria L. 1 Sch., Brasilien. Pandion haliaetus L. 3 Sk.

Asio otus L. 6 Sch.

Bubo bubo L. 2 Sk. 6 Sch. Sktl.

Bubo virginianus Gm. 1 Sch.

Nyctea nyctea L. 1 Sch.

Scops scops L. 1 Sk.

Syrnium aluco L. 4 Sk. 4 Sch.

Syrnium nebulosum Forst. 6 Sch.

Syrnium spec. 3 Sch.: 1, Brasilien, 2. Glaucidium passerinum L. 1 Sk.

Strix flammea L. 1 Sk.

Strix rosenbergi Schl. 1 Sk. juv., Tomohon, Celebes. Strix perlata Licht. 1 Sch., Brasilien.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 219

Psittaciformes.

Lorius spec. 1 Sk.

Microglossus aterrimus Gm. 1 Sch.. Aru-Ins. Cacatua spec. 1 Sk.

Ara ararauna L. Sktl., Guayana.

Pachynus brachyurus Temm. & Kuhl. 1 Sch., Brasilien. Pionus maximiliani Kuhl. 4 Sch., Brasilien. Psittacus spec. 1 Sk. 1 Sch.

Eclectus pectoralis P. L. S. Müller. 1 Sk. Eclectus roratus P. L. S. Müller. 1 Sk., Celebes. Melopsittacus undulatus Shaw. 1 Sk.

Agapornis spec. 1 Sch.

Coractiformes.

Pelargopsis fraseri Sharpe. 1 Sch., Sumatra.

Alcedo ispida L. 1 Sk. —- 2 Sch.

Dacelo gigas Bodd. 1 Sk. ©.

Buceros rhinoceros L. 5 Sch.: 2 juv. Kenawang, Palembang, Su- Matra NC 2;

Buceros sylvestris Vieill. 1 Sk.

Dichoceros bicornis L. 1 Sch.

Hydrocorax hydrocorax L. 1 Sch.

Anthracoceros spec. 1 Sch.

Cranorrhynus corrugatus Temm. 2 Sch. Kenawang, Palembang, Su- matra.

Rhytidoceros undulatus Shaw. 1 Sk.®, Borneo.

Anorrhinus galeritus Temm. 1 Sch. Grissik, Palembang, Sumatra,

Rhinoplax vigil Forst. 1 Sk. J' Oberlangkat, Sumatra. 2 Sch.: 1, Sumatra, 1.

Upupa epops L. 2 Sk. 1 Sch.

Caprimulgus europaeus L. 1 Sch.

Cypselus apus L. 4 Sk.

Cypselus melba L. 2 Sk.

Saucerottea cyanura Gould. 1 Sk., Guatemala.

Amazilla cinnamomea Less. 3 Sk., Guatemala.

Amazilla spec. 1 Sk., Guatemala.

Coccyges, Scansores, Piciformes.

Cuculus canorus L. 2 Sk. 1 Sch. Centropus goliath Bp. 1 Sch., Neu-Guinea. Rhamphastos erythrorhynchus Gm. 1 Sk. Rhamphastos toco Müll. 1 Schnabel.

220 Pierre Revilliod. Andigena bailloni Vieill. 1 Sch., Brasilien. Gecinus viridis L. 1 Sk. 1 Sch. Dendrocopus major L. 1 Sk.

Dendrocopus minor L. 1 Sch.

Picoides tridactylus L. 1 Sk., Andermatt, Dendrocoptes medius L. 1 Sk.

Celeus flavescens Gm. 1 Sch.

Campophilus robustus Licht. 1 Sch., Brasilien. Iynx torquilla L. 1 Sch.

Passeriformes.

Hirundo rustica L. 1 Sk.

Hirundo spec. 1 Sk., Guatemala.

Pitangus bolivianus Lafr. 2 Sch., Brasilien Pyroderus scutatus Shaw. 1 Sch., Brasilien. Cinclus aquaticus Bechst. 1 Sk.

Merula merula L. 2 Sch.

Merula amaurochalina Cab. 1 Sch., Brasilien. Turdus viscivorus L. 2 Sk.

Turdus spec. 2 Sch.

Hylocichla musica L. 1 Sk.

Aedon megarhyncha Brehm. 3 Sk.

Hypolais icterina Vieill. 1 Sk.

Sylvia atricapilla L. 2 Sk.

Lanius excubitor L. 2 Sk. 2 Sch. Enneoctonus collurio L. 1 Sk.

Cyanistes caeruleus L. 1 Sk.

Sitta europaea L. 1 Sk.

Alauda arvensis L. 2 Sk.

Ligurinus chloris L. 1 Sk.

Coccothraustes coccothraustes L. 1 Sk. 4 Sch. Cardinalis cardinalis L. 1 Sk.

Fringilla coelebs L. 1 Sk.

Passer domesticus L. 1 Sk.

Serinus canarius L. 3 Sch.

Loxia curvirostra L. 1 Sk.

Loxia pityopsittacus Bork. 1 Sk.

Pyrrhula europaea Vieill. 2 Sch.

Munia oryzivora L. 1 Sch.

Quiscalus quiscalus L. 2 Sch.

Sturnus vulgaris L. 1 Sk. 1 Sch. Oriolus galbula L. 1 Sk. 1 Sch.

ID [80] jahr

Katalog der Osteologischen Sammlung.

Trypanocorax frugilegus L, 4 Sch.

Corvus corax L. 1 Sk. 1 Sch.

Corvus corone L. 1 Sk. 4 Sch.

Corvus principalis Ridg. 2 Sch., Labrador. Corvus spec. 2 Sch. Nucifraga caryocatactes L. 1 Sk.

Garrulus glandarius L. 1 Sk.

Pyrrhocorax alpinus Vieill. 1 Sk. 3 Sch.

REPTILIA. Chelonia. Cryptodira. Chelydra serpentina L. 7 Sk.: 4 juv. 54 Sch. Cinosternum cruentatum Dum. 1 Sk., Guatemala. 2 Schalen: I,

Guatemala; 1 5 juv.

Cinosternum integrum Leconte. 2 Sch., Guatemala.

Kachuga tectum Gray. 1 Sk.

Chrysemys picta Schn. 5 Sk. 10 Schalen. 151 Sch.

Chrysemys scripta Schoepf. 1 Sch. mit Schale.

Chrysemys ornata Gray. 1 Sch., Guatemala.

Chrysemis concinna Leconte. 1 Sk., Chiapca, N.-Amerika.

Bellia crassicolis Gray. 1 Schale, Sumatra.

Orlitia borneensis Gray. 1 Sk. 2, Indragiri, Sumatra.

Clemmys caspica Gm. 1 Sk. 1 Schale.

Clemmys japonica Schl. 2 Sk. juv., Japan.

Clemmys guttata Schn. 2 Sk. 4 Sch.

Emys orbicularis L. 5 Schalen. 1 Sch. Sktl. juv.

Emys blandingii Holbr. 3 Sk. 64 Sch. 5 Schalen.

Geoemyda trijuga thermalis Lesson. 6 Sk., Ceylon. 3 Sch., 5 Schalen, Ceylon. |

Geoemyda punctularia Daud. 1 Sk J', Brasilien.

Geoemyda punctularia areolata Dum. Schale und Sktl, Petensee, Guatemala.

Notochelys platynota Gray. 2 Schalen: 1 mit Sktl., Palembang, Su- matra, 1

Cyclemys dhor Gray. 1 Sch. mit Schale, Tandjong, S. O. Borneo,

Cinixys erosa Schw. 2 Sk., 1 Kamerun, 1. Sktl. mit Schale.

Homopus areolatus Thunb. 1 Schale, Capland.

Testudo calcarata Schn. 1 Sk. co 1 Becken.

222 Pierre Revilliod.

Testudo elegans Schoepff. 2 Sk.; 1 Sch. und Sktl, Ceylon.

Testudo emys Schl. & Müll. Sktl., Sumatra.

Testudo graeca L. 4 Sk. 2. Sch. 6 Schalen und Sktl.

Testudo ibera Pal. 1 Sk. 1 Schale.

Testudo marginata Schoepff. 1 Schale und Sktl.

Testudo nigrita Dum. & Bib. Sktl., Galapagos-Ins.

Testudo pardalis Bell. 2 Sk.

Testudo radiata Shaw. 4 Sk.; Sktl, Madagaskar.

Testudo tabulata Wälb. 1 Sk. S.

Testudo vieina Gunth. 1 Sk., Galapagos.

Testudo spec. 3 Sch.

Chelonia mydas L. 5 Sch. 3 Schalen. Sktl.

Chelonia imbricata L. 2 Sk. 1 Sch.

Caretta caretta L. 4 Sk: 1, Salina Oruz, Mexico, 3. 5 Sch.: 1, W.-Afrika, 1 Mexico, 3. 3 Schalen.

Pleurodira.

Sternothaerus niger Dum. & Bibr. 1 Sk., Kamerun.

Sternothaerus nigricans castaneus Shw. 1 Sk., Madagaskar.

Sternothaerus derbianus Gray. 1 Schale.

Sternothaerus spec. 2 Sch.

Pelomedusa galeata Schoepff. 1 Sk.

Podocnemis expansa Schw. 1 Sk. juv., Amazonenstrom. 2 Sch. Extremitätenabgüsse.

Podocnemis unifilis Trosch. 1 Sk. , Brasilien.

Podocnemis madagascariensis Grandid. 1 Sk.

Chelys fimbriata Schn. 7 Sch., Surinam.

Hydromedusa maximiliani Mik. 1 Sk.

Chelodina longicollis Shaw. 1 Sk. 1 Schale.

Rhinemys nasuta Schw. 1 Sch. mit Schale JS‘, Surinam.

Emydura macquariae Gray. 2 Sk.: 19, Bowen, 1 juv., Queensland.

Emydura latisternum Gray. 1 Sk. S, Port Mackay, Queensland.

Trionyx cartilagineus Bodd. 1 Sk. 1 Sch., Tandjong, S. ©. Borneo. Sktl., Indragiri, Sumatra.

Trionyx muticus Lesueur. 1 Sk. juv., Mexico.

Tryonyx sinensis Wiegm. 2 Sk. 1 Schale juv. mit Sktl.

Trionyx spiniferus Lesueur. 1 Sch.

Trionyx triunguis. 1 Sch. Sktl.

Chitra indica Gray. 1 Sk., Calcutta.

Dogania subplana Geoff. 1 Sch. mit Sktl.

Cycloderma aubryi Dum. 1 Sch.

Emyda granosa vittata Pet. 6 Sk., Ceylon. 3 Schalen.

IND D) [3%]

Katalog der Osteologischen Sammlung.

Crocodilidae.

Gavialis gangeticus Gmel. 1 Sch. S.

Tomistoma schlegeli Müller. 2 Sk.: 1 ad., 1 juv. Indragiri, Sumatra. 3 Sch.: 1 Borneo; 2 Indragiri, Sumatra.

Crocodilus americanus Laur. 1 Sch., Petensee, Guatemala.

Crocodilus niloticus Laur. 3 Sch.: 1 Mumie aus Fayum, 2.

Crocodilus palustris Lesson. 2 Sch.: 1 Cochin, Malabar; 1 juv., Ceylon.

Crocodilus porosus Schn. 4 Sch.: 1 Kema, Celebes; 1 Marosfluss, S. Celebes; 1 Indien; 1 Neu-Brittanien.

Alligator mississipiensis Daud. 3 Sk.: 1 &, 2 juv. 1 Sch.

Caiman sclerops Schn. 1 Sch., Guatemala.

Lacertilia.

Gecko verticillatus Laur. 1 Sk., Indien.

Tarentola mauritanica L. 1 Sk.

Draco volans L. 1 Sk., Java.

Lyriocephalus scutatus L. 1 Sk., Ceylon.

Calotes versicolor Daud. 1 Sk., Cochin, Malabar.

Anolis equestris Gray. 1 Sk., Cuba.

Anolis spec. 1 Sch.

Iguana tuberculata rhinolopha Wiegm. 1 Sk., Guatemala.

Ctenosaura acanthura Shaw. 2 Sch. Sktl.

Phrynosoma orbiculare Wiegm. 1 Sk., Mexico.

Ophisaurus apus Pall. 1 Sk.

Anguis fragilis L. 1 Sk.

Varanus Salvator Laur. 1 Sk., Penang. 3 Sch.: 1 Indragiri, Sumatra; 2 Ceylon.

Varanus rudicollis Gray. 1 Sk.; 2 Sch., Indragiri, Sumatra.

Varanus spec. 1 Sk. 2 Sch. Sktl.

Tupinambis teguixin L. 3 Sch.

Teius teyou Daud. 1 Sch., Rio grande do Sul.

Amphisbaena fuliginosa L. 2 Sch.: 1 Guayana.

Lacerta ocellata Daud. 2 Sk. 1 Sch.

Lacerta viridis Laur. 1 Sk.

Lacerta spec. 1 Sk. 2 Sch.

Trachysaurus rugosus Gray. 1 Sk., Queensland.

Tiliqua gigas Schn. 1 Sk.

Lygosoma rufescens Shaw. 1 Sk.

Scincus officinalis Laur. 3 Sch.

Chalcides lineatus Leuck. 1 Sk.

Chameleon vulgaris Daud. 4 Sk. 1 Sch.

Sphenodon punctatus Gray. 1 Sk.

224 Pierre Revilliod. Ophidia.

Python molurus L. 1 Sk., Java.

Python reticulatus Schn. 1 Sch., Indragiri, Sumatra. Python spec. 1 Sch.

Boa constrietor L. 1 Sch.

Boa imperator Daud. 1 Sch.

Boa spec. 2 Sch.

Eryx spec. 1 Sk. juv.

Acrochordus javanicus Hornst. 3 Sk., Indragiri, Sumatra. Coluber coraïs Boie. 1 Sk., Guatemala.

Coluber obsoletus Say. 10 Sch., Ann-Arbor, Michigan. Coronella austriaca Laur. 1 Sk.

Heterodon platyrhinus Latr. 1 Sk. 1 Sch. Tropidonotus natrix L 2 Sk. 1 Sch.

Tropidonotus fasciatus L. 6 Sch., Ann-Arbor, Michigan. Tropidonotus ordinatus sirtalis L. 76 Sch., Ann-Arbor, Michigan. Tropidonotus subminiatus Schl. 1 Sch., Java. Tropidonotus spec. 2 Sk. 10 Sch., Nord-Amerika. Zamenis constrictor L. 11 Sch., Ann-Arbor, Michigan. Dryophis prasinus Boie. 1 Sch., Penang.

Vipera ammodytes L. 1 Sch., Agrinion, Griechenland. Crotalus horridus L. 3 Sch.: 2 Ann-Arbor, Michigan, 1. Lachesis gramineus Shaw. 1 Sch., Java.

Lachesis lanceolatus Lacep. 1 Sk., Martinique.

BATRACHIA.

Rana esculenta L. 1 Sk. juv.

Rana temporaria L. 3 Sk.

Rana guppyi Boul. 1 Sk., Salomon-Ins. Rana halecina Kalm. 1 Sk. 13 Sch. Rana clamata Daud. 6 Sch.

Rana adspersa Tsch. 1 Sk., Pretoria. Rana spec. 4 Sk. 10 Sch. Calyptocephalus gayi Dum. & Bib. 1 Sk. Ceratophrys dorsata Wied. 1 Sk. Ceratophrys spec. 1 Sk., Surinam. Bufo vulgaris Laur. 2 Sk.

Bufo marinus Schn. 1 Sk., Guatemala. Bufo spec. 3 Sk. 2 Sch.

Hyla arborea L. 1 Sk.

Katalog der Osteologischen Sammlung. 225

Megalophrys nasuta Wagl. 1 Sk.

Bombinator igneus Laur. 1 Sk.

Pipa americana Laur. 1 Sk. ?.

Salamandra atra Laur. 3 Sk.

Salamandra maculosa Laur. 1 Sk.

Molge aspera Duges. 1 Sk. S.

Amblystoma tigrinum Green. 1. Sk. 2 Sch. Amphiuma tridactyla Cuv. 1 Sk.

Proteus anguinus Laur. 1 Sk.

Siren lacertina L. 2 Sk.

PISCES.

Elasmobranchii.

Notidanus griseus Gm. L. 3 Kiefer.

Heterodontus philippi Bl. 1 Unterkiefer, Japan. Crossorhinus barbatus Gm. L. 1 Sch., Tasmanien. Scyllium canicula L. 1 Sk.

Carcharias lamia Risso. 1 Sch. 4 Kiefer. Odontaspis ferox Risso. 1 Kiefer.

Lamna cornubica Gm. 3 Kiefer.

Lamna spallanzanii Bonap. 1 Unterkiefer. Cetorhinus maximus Gunner. 1 Unterkiefer. Scymnus lichia Cuv. 1 Sk. 1 Sch.

Rhina squatina L. 1 Sch.

Sphyrna zygaena L. 1 Sk.

Pristis cuspidatus Lath. 2 Schwerte, Ceylon. Pristis spec. 1 Schwert, Stiller Ozean, Guatemala. Pristis spec. 4 Schwerte.

Raja clavata L. 1 Sk. 2 Sch. Sktl.

Raja spec. 1 Sch. 1 Kiefer.

Myliobatis aquila L. 1 Kiefer.

Myliobatis bovina Geoff. 1 Kiefer.

Ganoidei. Polypterus bichir Geoff. 1 Sch. Amia calva L. 1 Sk. 1 Sch.

Lepidosteus osseus L. 1 Sch. Lepidosteus platystomus Kirtl. 1 Sch. und Sktl.

226 Pierre Revilliod.

Malacopterygii.

Salmo salar L. 2 Sk. 1 Sch. Coregonus lavaretus L. 1 Sk.

Ostariophysii.

Leporinus elongatus Cuv. & Val. 1 Sch.

Serrasalmo piraya Cuv. 1 Sk., Surinam.

Abramis brama L. 2 Sk. 1 Sch.

Aspius rapax Agass. 1 Sch.

Barbus vulgaris Flemm. 3 Sk.

Chondrostoma nasus L. 4 Sk.

Tinca vulgaris Cuv. 1 Sk.

Cyprinus carpio L. 4 Sch.

Leuciscus cephalus L. 1 Sk.

Misgurnus fossilis Gesn. 3 Sk.

Ciarias anguillaris L. 1 Sk.

Clarias gariepinus Burch. 1 Sk., Voltafl. W.-Afrika. Clarias macracanthus Gunth. 1 Sch., Nil.

Silurus glanis L. 2 Sk.: 1, Laufenburg; 1, Mumpf. 1 Unterkiefer. Amiurus catus L. 2 Sch.

Arius spec. 1 Sk.

Auchenaspis biscutatus Geoff. 1 Sk., Voltafluss, W.-Afrika.

Apodes, Haplomi etc. Anacanthini.

Anguilla vulgaris Turt. 1 Sk.

Conger vulgaris Cuv. 2 Sch.

Esox lucius L. 1 Sk. 1 Sch.

Esox reticulatus Lesueur. 1 Sch. Syngnathus peckianus Stor. 2 Sk. Ophiocephalus lucius Cuv. & Val. 1 Sch. Trachyrhynchus trachyrhynchus Risso. 1 Sk. Merlucius vulgaris Flemm. 1 Sk. 1 Sch. Raniceps trifurcus Walb. 1 Sch.

Gadus aeglefinus L. 1 Sk.

Gadus morrhua L. 1 Sk. 1 Sch.

Lota vulgaris Cuv. 2 Sk.

| Acanthopterygii. Perca fluviatilis L. 2 Sk. Lucioperca canadensis Smith. 1 Sk. 1 Sch.

Box salpa Cuv. & Val. 1 Sch.

Katalog der Osteologischen Sammlung.

Scatophagus argus Cuv. & Val. 1 Sk. Scolopsis auratus Mungo. 1 Sk., Java. Labrus spec. 1 Sk.

Pseudoscarus troschelii Bleek. 1 Sk., Java. Scomber scomber L. 3 Sk.

Tetrapturus belone Cuv. & Val. 1 Sch. Psetta maxima Will. 4 Sch.

Psetta laevis Bond. 1 Sk.

Gobius cruentatus Gm. 1 Sk.

Remora remora L. 1 Sk.

Scorpaena porcus L. 1 Sk.

Scorpaena serofa L. 1 Sk.

Scorpaena spec. 1 Sk.

Cottus gobio L. Sktl.

Trigla hirundo Bl. 1 Sk.

Trigla lyra L. 2 Sk.

Trigla spec. 1 Sch.

Peristethus cataphractum L. Gm. 1 Hautskelett. Trachinus draco L. 1 Sk.

Uranoscopus scaber L. 1 Sk. 1 Sch. Anarrhichas lupus L. 1 Sk. 2 Sch. Sktl. Zoarces viviparus L.

Opisthomi, Pediculati, Plectognathi.

Mastacembelus erythrotaenia Bleek. 1 Sk., Borneo. Lophius piscatorius L. 2 Sk.

Ostracion cornutus L. 3 Hautskelette, Japan. Tetraodon fahaka Hossel. 1 Sk.

Tetraodon spec. 1 Sch.

Chilomycterus jaculiferus (Cuv.) 1 Sch., San Francisco Diodon spec. 1 Sk.

Monacanthus setifer Benn. 1 Sk.

Manuskript eingegangen 30. August 1913.

[AU] 1

Die mutmasslichen geologischen Profile des neuen Hauenstein- und des Grenchenbergtunnels im Schweizer Jura. Mit 2 Tafeln.

Von A. Buxtorf, Basel.

Inhaltsübersicht. Einleitung: al. 0. RS ee CN 22 je Neuer Hiauenstemtunnel MP RSS 2:2 2. Grenchenbergtunnel 2} "2; us "Le N = 3: Schlusswort... ana ee RS Einleitung.

Unsere Kenntnisse vom innern geologischen Bau des Schwei- zerischen Juragebirges werden in nächster Zeit eine beträchtliche Er- weiterung erfahren. Nicht weniger als dreineue Juradurch- stiche, die alle ihrer Länge nach die bisher bestehenden bedeutend übertreffen, stehen gegenwärtig in Bau und sind berufen, das schwei- zerische Eisenbahnnetz in tiefgreifender Weise zu vervollständigen.

Der neue Hauenstein- oder Hauensteinbasis- tunnel (Länge 8135 m) zwischen Olten und Tecknau tritt an die Stelle des 1858 eröffneten alten Hauensteins. Während die alte Hauensteinlinie von Sissach aus erst in langem Anstieg durch das Homburgertal die Höhe von Läufelfingen (558 m) gewinnt, um dann in kurzem Tunnel von 2496 m den Kettenjura zu durchstechen, folgt das neue Bahntrace dem Haupttal der Ergolz bis Gelterkinden, biegt hier ins Eital ein und führt von dessen Sohle (449 m ü. M.) aus in über 8 km langem Basistunnel direkt in die Aareebene bei Olten (405 m).

Der Grenchenbergtunnel (Länge 8565 m) zwischen Münster und Grenchen hat vor allem Bedeutung als Zufahrt zur Lötschberglinie; durch ihn wird der mit beträchtlicher Steigung ver- bundene Umweg, den die bestehende Jurabahn über Tavannes und Sonceboz ausführen muss, bevor sie bei Biel ins Aaretal ausmündet, ganz abgeschnitten.

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 229

Der Mont d’Or-Tunnel (Länge 6099 m) endlich schafft eine raschere Zufahrt von Paris über Dijon zur Simplonroute und verkürzt damit die Strecke Parıis-Mailand.

Verschiedene Umstände brachten es mit sich, dass ich im Laufe der letzten Jahre mich mehrfach mit geologischen Vorstudien für zwei dieser Tunnelbauten, nämlich Hauenstein und Grenchen- berg zu befassen hatte. Auch von anderer Seite sind ähnliche Unter- suchungen ausgeführt worden; aber alle diese Arbeiten haben als Ge- legenheitsstudien in der geologischen Literatur kaum Eingang oder Berücksichtigung gefunden. Es erscheint deshalb wohl nicht ganz ohne Interesse, wenn ich im Folgenden versuche, einen kurzen Ueberblick zu geben über die diversen prognostischen geologischen Profile, welche im Laufe der letzten Jahre für den neuen Hauenstein- und den Grenchenbergtunnel entworfen worden sind. Späteren Jahren ist es dann vorbehalten, Prognosen und Befunde zu vergleichen und abzu- wägen, ob unsere Anschauungen vom Bau des Kettenjura sich bewährt haben, oder ob und in welchem Sinne sie zu modifizieren sind.

Besondere Bedeutung für die Diskussion tektonischer Fragen kommt den beiden nordschweizerischen Tunnelbauten namentlich auch deshalb zu, weil sie A bschnitte des Juragebirges durchqueren, die nach vollständig verschiedenem Grundplan gebaut sind:

Der neue Hauensteintunnel durchbricht das dem Schwarzwald südlich vorgelagerte Juragebirge, das durch seine scharfe Gliederung in Tafel- und Kettenjura, ferner durch das Auftreten von Ueberschiebungen und Schuppen am Nordrande und im Innern der Ketten ausgezeichnet ist.

Der Grenchenbergtunnel dagegen quert den Jura im Abschnitt südlich der oberrheinischen Tiefebene, in welchem die weithin ziehenden Falten- und Muldenzüge des Ketten- Jura ihre reinste Entwicklung aufweisen.

1. Neuer Hauensteintunnel (Länge 8,135 m) !).

(Vgl. Siegfriedblätter Gelterkinden Nr. 31, Läufelfingen Nr. 147 und Olten Nr. 149.

Nordportal auf Bl. Gelterkinden, südlich Tecknau, südwestlich E von „Eithal“

am Strassenrand; Südportal auf Bl. Olten, nordöstlich Olten, nördlich g von „Rankwage“* genau am Waldrand.)

Das Gebiet des neuen Hauensteintunnels ist seiner Geologie nach gut bekannt. Die nördlichste Tunnelstrecke bis ca. 1 km ab Nord-

1) Die Veröffentlichung dieses Ueberblicks über die geologischen Vor- arbeiten für den neuen Hauensteintunnel sollte schon im Frühjahr 1912 erfolgen, im Anschluss an die Exkursion, die der Oberrheinische geologische

230 A. Buxtorf.

portal liegt auf dem s. Z. durch mich bearbeiteten Kartengebiet Gelterkinden.?) Für den südlıch folgenden Südrand des Tafel- jura und den angrenzenden Kettenjura, dessen Aufnahme Prof. F. Mühlberg durchführt, liegen farbige Spezialkarten bis jetzt noch nicht vor, dagegen hat der genannte Forscher mehrfach geologische Berichte mit Profilen dieses Gebietes veröffentlicht, die auch für den neuen Tunnel grosse Bedeutung besitzen.>)

Endlich sei erwähnt, dass sich auch J. T. Mandy mit der Geo- logie des Hauensteingebietes befasst und u. a. eine geolosische Karten- skizze und Profile entworfen hat.)

Liegen somit zahlreiche geologische Vorarbeiten vor, so wird die Konstruktion des prognostischen Tunnelprorıle noch dadurch erleichtert, dass einige tiefeingeschnittene Täler zuver- lässigen Einblick gewähren ın den speziellern Gebirgsbau. So kommt für den nördlichen Tunnelabschnitt vor allem das Eital und sein Ober- lauf in Betracht, für den südlichen die kleinen Talrinnen, die sich vom Dottenberg aus gegen Bad Lostorf, Mahren und Trimbach hinunter- ziehen. Es ist ferner zu beachten, dass der Kettenjura des Tunnel- gebietes ein beträchtliches Ansteigen der Faltenaxen nach Westen zu erkennen lässt; dadurch gelangt ein grosser Teil der im Tunnel zu erwartenden Schichten speziell der Burgfluhmulde in der Um- gebung von Dorf Wisen zu oberflächlichem Ausstreichen und gestattet Prüfung und Rückschlüsse für den Tunnel selber. Dieses axiale An- steigen bedingt freilich auch, dass die Befunde des ca. 3!/; km west- licher liegenden alten Hauensteintunnels für den neuen Durchstich nur von beschränkter Bedeutung sind. Die Muschelkalkschuppen des alten Tunnelprofils tauchen schon westlich Dorf Wisen unter; im Gebiet des neuen Tunnels herrscht oberflächlich ein anderer und ein-

facherer Bau. Wertvoll sind dagegen die genauen Mächtigkeitsan-

Verein an Ostern 1912 unter meiner Leitung von Olten nach Sissach aus- führte. Leider traten aber verschiedene Umstände hindernd in den Wes, sodass ich erst im Sommer 1913 das betreffende Manuskript fertigstellen konnte. Indem ich nun noch eine im September und Oktober 1915 abgefasste entsprechend gehaltene Zusammenstellung über den Grenchenbergtunnel beifügen kann, dürften meine Ausführungen trotz der Verspätung eher an Interesse gewonnen haben.

2) Vgl. A. Buxtorf: Geolog. Beschreibung der Umgebung von Gelter- kinden. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. N. F. XI. Liefg.

3) Vgl. besonders F. Mühibergs Profile im Livret guide géol. 1894. BISV rot 6 MernerMEclos ae seol Helv VITE UTa 2 NET

4) J. T. Mandy: Geolog. Untersuchungen in d. Umgebung d. Hauen- steintunnels, Dissert., Freiburg i.B., 1907.

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 231

gaben für Muschelkalk, Keuper und Lias, welche das Profil des alten Tunnels im südlichen Teile abzulesen gestattet.5)

Die erste spezielle geologische Begutachtung des neuen Tunneltrace ist von Prof. F. Mühlberg (Aarau) im Auftrage der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen ausgeführt worden. Ende 1910 ist dieses „Geologische Gut- achten über den projektierten Hauenstein-Basis- Tunnel“ von den Schweizerischen Bundesbahnen (Generaldirek- tion) im Druck herausgegeben worden als Beilage Nr. 11 ‚Neue Linie von Sissach über Tecknau nach Olten“. Wie mir Herr Prof. Mühlberg s. Z. persönlich mitgeteilt hat, ist freilich der Text des Gutachtens nicht ganz im ursprünglichen Umfange, sondern nur in etwas ge- kürzter Form zur Drucklegung gelangt.

Ich verdanke Herrn Prof. Mühlberg auch die freundliche Aus- kunft, dass das von ihm begutachtete Projekt eine Tunnellänge von 8245 m vorsah (Nordportal bei 28.640 m, Südportal bei 36.885 m ab Station Basel). In der Folge ist dann unter Beibehaltung der Richtung das Nordportal etwas südlicher gewählt worden, sodass der definitive Tunnel nur 8135 m Länge aufweisen wird.)

Es kann nun selbstverständlich nicht meine Aufgabe sein, hier näher auf alle Details des genannten Gutachtens einzutreten, umso weniger als dasselbe dank der Freundlichkeit des Verfassers wohl den meisten Interessenten zugänglich geworden sein dürfte. Das oberste Profil der Tafel I gibt das von Prof. Mühlberg 1910 ent- worfene „Geologische Längenprofil des künftigen Hauensteintunnels“ wieder und gestattet eine rasche Orien- tierung über die vorliegenden Probleme.” )

Was zunächst die Stratigraphie anbetrifft, so sind im Tunnel- trace alle Sedimente vom mittleren Muschelkalk an bis und mit untern Malm zu erwarten. Ausserdem stellen sich

5) Vgl. W. Pressel u. J. Kauffmann: Der Bau des Hauensteintunnels auf der schweizerischen Centralbahn ; Basel u. Biel 1860. Die in diesem Werke enthaltenen geolog. Angaben sowie das beigegebene Tunnelprofil 1 : 2500 dürften im wesentlichen auf Amanz Gressly zurückzuführen sein.

6) Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass wohl infolge eines zeichnerischen Versehens das Mühlberg’sche Profil beim Nachmessen eine Tunnellänge von ca. 8310 m ergibt, statt nur 8245. Das Nordportal ist richtig bei 28,640 angegeben, das Südportal dagegen bei ca. 36,950, sodass in der Zeichnung das Südportal um ca. 65 m zu weit südlich liegt.

7) Eine verkleinerte Reproduktion dieses Profils hat übrigens Prof. Mühlberg schon veröffentlicht in seiner Abhandlung „Der Boden des Aar- zaus“ (Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestandes der aargauischen Naturf. Gesellsch. Aarau 1911).

232 A. Buxtorf.

transgredierend über untern Malm bezw. obern Dogger noch mächtige obermiocaene Bildungen ein, während quartäre Ab- lagerungen nur in der Nähe der Tunnelportale zu erwähnen sind. Prof. Mühlberg stellt auf einer besonderen Tafel zwei schematische Profile der ,,Schichtenfolge im Tafel- und Kettenjura“ einander gegenüber und orientiert uns damit über die Beschaffenheit und Mächtigkeit der einzelnen Gesteinshorizonte. Es sei kurz be- merkt, dass in der südlichen und mittleren Tunnelstrecke die Facies- entwicklung genau den Verhältnissen entspricht, wie sie von Prof. Mühlberg in den „Erläuterungen zur geologischen Karte der Um- gebung von Aarau“ (Spezialkarte Nr. 45 der Publikation d. Schweiz. geol. Kom.) für das östlich benachbarte Gebiet sehr eingehend be- schrieben worden sind. Für die nördlichste Tunnelstrecke kann ich auf meine schon genannte „Geologische Beschreibung der Umgebung von Gelterkinden‘‘ verweisen.

Für den Gebirgsbau des Tunnelgebietes sind folgende Grundzüge bezeichnend : Die südlichen zwei Fünftel des Tunnels gehören dem Kettenjura an, die nördlichen drei Fünftel dem Tafeljura, die Trennung der beiden Abschnitte ist gegeben in der sogen. „Ueberschiebungszone‘.

Im Kettenjura sind zu unterscheiden :

a) Die Mulde der Burgifluh. b) Der Gewölbekern zwischen Burgfluh und Dottenbere. ce) Der Südschenkel Dottenberg-W ilmat.

Die Mulde der Burgfluh, deren flach nach Süden ein- fallender Nordschenkel im Tunnelgebiet den Nordrand des Ketten- jura überhaupt bildet, zeigt einen steilstehenden Südschenkel, in welchem voraussichtlich mit reduzierten Gesteinsmächtigkeiten und wohl auch mit Zerreissungen und Ausquetschungen einzelner Schichten zu rechnen ist.

Für. dn Gewölbekern zwischen Burgfluh und Dottenberg bezeichnet es Prof. Mühlberg als sehr wahrscheinlich, dass er aus Gesteinen der Anhydritgruppe bestehe, betrachtet es aber als nicht unmöglich, dass auch hier Fetzen von jüngern, aufgeschürften Formationen vorkommen könnten; diese würden eine weite Südwärtserstreckung des Tafeljurasüdrandes an- zeigen. Das Auftreten von Muschelkalkschuppen, ähnlich wie ım alten Hauenstein, betrachtet Prof. Mühlberg als nicht wahrscheinlich, aber immerhin als möglich. Prof. Mühlberg fasst seine Ansicht über diesen Gewölbekern dahin zusammen, dass er in seinem Profil die Lagerungsverhältnisse möglichst einfach dargestellt habe, weil es am wahrscheinlichsten sei, ,,dass die einzelnen Schichten an der Stelle und in der Lage getroffen werden, wie sie gezeichnet sind und weil

Nener Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 233

Abweichungen von dieser Lage nicht voraus erkannt werden können‘. (S. 10.)

Der Südschenkel Dottenberg-Wilmatt zeigt eine regelmässige Schichtserie Anhydritgruppe Unterer Malm; dabei herrscht am Dottenbergkamm ein südliches Einfallen von gegen 40°, gegen das Tunnel-Südportal zu aber setzt immer flachere Lagerung ein. Eine am Dottenbergabhang erkennbare Verwerfung (Sprung- höhe ca. 30 m) wird auch im Tunneltrace vorausgesetzt, jedoch mit geringerer Sprunghöhe.

In der Ueberschiebungszone setzt Prof. Mühlberg Materialien voraus, die bei der nordwärts gerichteten Ueberschiebung des Ketten- jura aus der Tiefe aufgeschürft worden sind. Derartige „aufge- schürfte Materialien“ begleiten an vielen Stellen in nächster Nähe des Tunnels die Ueberschiebung und zwar beteiligen sich am Aufbau dieser Schürffetzen abwechselnd alle im Gebiet vorkommenden Ge- steine vonı Keuper bis Tertiär. Auch für das Tunneltrace muss mit der Begegnung derartiger Schürfmassen gerechnet werden ‚ohne dass man jedoch zum voraus ihre Lage, Gesteinsart und Mächtigkeit genau voraussagen könnte“. (S. 10.)

Der Tafeljura des Tunnelgebietes stellt im Gegensatz zu andern Gebieten keine einfache, regelmässige Sedimentplatte dar, sondern zeigt: mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Wellen und Falten, welche zurückzuführen sind auf den Druck, den der von Südosten herangeschobene Kettenjura auf sein nördliches Vorland ausgeübt hat.

Eine ersteschwache Einmuldung zeigt sich zwischen Nordportalund Hinterholz; daran reiht sich bei Fohren- weideinflaches Gewölbe, dessen Südschenkel erst ganz flach (4°), später steiler (bis 10°) gegen den Sprüsel zu einfällt. Im Sprüsel erscheint sodann ein scharf ausgeprägtes kleines Gewölbe, das der nach Osten untertauchenden Hombergkette entspricht. Prof. Mühlberg neigt am meisten zu der Ansicht, dass das Gewölbe „im Tunnel normalen Bau immerhin mit steilerem Nordschenkel zeigen werde“. (S. 9.)

Den grössten Schwierigkeiten begegnet die Beurteilung des s ü d- lichsten Tafeljuraabschnittes zwischen Sprüselfalte und Ueberschiebungszone. Aus den Ausführungen Mühlbergs geht klar hervor, dass sein Profil nur den einfachsten der möglichen Fälle dar- stellt; nachdrücklich wird betont, wie möglicherweise auch südlich der Sprüselfalte der Tafeljura noch tektonisch gestört sein könnte, im besondern wird an dessen Südrand eine Aufstülpung der Schichten vermutet, event. verbunden mit Stauchungen, Verwerfungen, Falten- bildungen. Die Frage, ob und in welcher Ausdehnung das Tertiär vom Tunnel noch angeschnitten werde, lässt Mühlberg unentschieden

234 A. Buxtorf,

und bringt dies auch im Profil zum Ausdruck, indem er das Tertiär den Tunnel eben noch von oben her tangieren lässt.

Damit glaube ich den Inhalt des Mühlberg’schen Gutachtens, soweit er sich auf rein Geologisches bezieht, im Wesentlichen skizziert zu haben. Grosses Interesse würden selbstverständlich auch die übri- gen Abschnitte über „Die Beziehungen, zwischen dem Tunnel und den von ihm zu durchfahrenden (Gresteinen‘“, ferner die Bemerkungen über Quellen- und Wasserführung sowie Felstemperaturen bean- spruchen, doch liegt dies ausserhalb der Aufgabe, die ich mir gestellt habe.

Bald nach Erscheinen des Gutachtens Mühlberg (Dez. 1910) bot sich mir Gelegenheit, gleichfalls den Problemen des neuen Hauenstein- durchstiches näher zu treten. Die Firma Alb. Buss & Co. in Basel beauftragte mich, das Hauensteingebiet einer erneuten und ganz un- abhängigen Untersuchung zu unterwerfen und eine Prognose des pro- jektierten Tunnels zu geben. Auch aus diesem Gutachten soll nun an dieser Stelle nur das geologisch Interessante herausgegriffen und einer näheren Besprechung unterworfen werden. Das meinem Gut- achten beigegebene prognostische Profil (Originalmasstab 1: 10,000) ist im zweiten Profil der Tafel I auf 1: 25,000 verkleinert repro- duziert worden. Ich füge noch bei, dass dieses verkleinerte Profil zusammen mit der Kopie des prognostischen Profils Mühlberg, an die Mitglieder des oberrheinischen geologischen Vereins, die an Ostern 1912 die Exkursion Olten-Gelterkinden mitmachten, zur Verteilung gelangt ist.

Ein Vergleich des Profils Mühlberg mit dem meinen gestattet nun sofort abzulesen, wo unsere Auffassungen sich decken, wo sie divergieren.

Hinsichtlich Stratigraphie liegen, abgesehen von einigen kleinen Abweichungen in den Mächtigkeiten für Keuper, Argovien und Ter- tiär, wesentliche Unterschiede nicht vor. Ich habe Mühlbergs An- gaben im allgemeinen nur bestätigen können.

Auch im Gebirgsbau herrscht in den grossen Zügen gute Ueber- einstimmung, nur im Detail machen sich einige allerdings nicht un- wichtige Differenzen geltend, die kurz zu präzisieren sind.

Was zunächst den Kettenjura anbetrifft, so erscheint in meinem Profil die Asymmetrie der Burgfluhmulde noch viel aus- geprägter als bei Mühlberg; der Südschenkel ist so gut wie voll- ständig unterdrückt und auf dessen spärlichen Resten ruht direkt und ohne Gewölbebiegung die normale Serie des Dottenbergs. Die Dottenbergserie erscheint also auf den Südrand der Burgfluhmulde überschoben.

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 235

Ich kenne die Gründe nicht, welche Herrn Prof. Mühlberg be- stimmten, zwischen Burgfluh und Dottenberg einen geschlossenen Muschelkalkgewölbescheitel anzunehmen. Meine eigenen Beobach- tungen im Felde haben mich aber nach und nach dazu geführt, im Gegensatz zu Mühlberg eine Ueberschiebung der Dotten- bergserie anzunehmen.®)

Für die in der Dottenbergsüdabdachung auftretende klene Verwerfung wird ein steil nördliches Einfallen der Ver- werfungskluft vermutet, gestützt auf die Beobachtung ähnlich ge- richteter Klüfte 1m Rogenstein südlich der Störung.

Die Ueberschiebungszone wird von Prof. Mühlberg und mir ım grossen Ganzen ähnlich gedeutet. Ich habe in meinem Gut- achten für das Tunneltrace folgende 3 Fälle vorgesehen :

a) Die Anhydritgruppe ruht längs glatter Ueberschiebung dırekt auf dem Tertiär auf, wie beim alten Hauenstein- Wasserstollen.

b) Zwischen Anhydritgruppe und Tertiär erscheinen in nicht sehr grosser MächtigkeitaufgeschürfteMaterialien (am wahrscheinlichsten Keuper, Lias, unterer Dogger, even- tuell auch Hauptrogenstein ).

c) Der Südrand des Tafeljura weist eine Aufstülpung der Schichten auf, welche bis ins Tunneltrace aufsteigt, und erst auf diese aufgestülpten Schichten legen sich verschürfte Mate- rialien bezw. die überschobene Anhydritgruppe.

35) Folgende Aufschlüsse waren für mich vor allem ausschlaggebend: 1. Wie im Profil angegeben, erscheint in der Nähe des Tunneltracé die Haupt- rogensteinplatte der Burgfluh nach Süden zu scharf abgeschnitten und nur wenig aufgestülpt. 2. Am Waldweg südwestlich des „Grossen Kastel‘ (ca. 1 km östlich Burgfluh) stehen die Blagdeni-Schichten des Südrandes der Burgfluhmulde an; am Abhang unmittelbar südwestlich des Weges stossen wir aber schon auf den Muschelkalk der Dottenbergserie. Zwischen beiden Aufschlüssen muss also eine gewaltige Störung durchlaufen, es fehlt ein Muldensüdschenkel fast ganz, der Dottenbergmuschelkalk ist angeschoben an das Bajocien der Burgfluhmulde. 3. Nirgends auf der ganzen Strecke südlich Wiesenfluh u. Burgfluh gelang es mir, einen Muschelkalk-Nord- schenkel zu finden. Aller Muschelkalk zeigt dort Südfallen und gehört zur Dottenbergserie. ;

Es sei der Vollständigkeit halber noch bemerkt, dass @. Steinmann's Schüler, J. T. Mandy, da wo ich eine Ueberschiebung der Dottenberg- serie voraussetze, eine Längsverwerfung annimmt. Im Profil I seiner Tafel 2, das etwas westlich des Tunneltracé durch den Fluhberg gelegt ist, zeichnet er diese Verwerfung steil nordfallend ein, während meine Ueberschiebung unter ca. 609 nach Süden geneigt wäre. Ich habe für Mandy's Auffassung keine Stütze finden können und kann ihm auch in manchen andern Punkten nicht beipflichten, doch ist hier nicht der Ort zu ausführlicherer Kritik.

236 A. Buxtorf.

Von diesen drei Möglichkeiten bezeichnete ich die zweite (b) als wahrscheinlichste, wobei freilich im Profil den ‚„aufgeschürften Materialien“ nur eine sehr geringe Mächtigkeit eingeräumt wurde.

Auch im Tafeljura bestehen zwischen den Profilen von Mühl- berg und mir nur sehr kleine Unterschiede.

Die nördlichste Strecke: Nordportal, Hinterholz, Fohrenweid wird durchaus übereinstimmend gedeutet. Dagegen wird die Ein- muldung von „Auf der Egg“ von mir viel tiefer, das südlich folgende Sprüselgewölbe bedeutend breiter aufgefasst als dies Mühlberg's Pro- fil angibt.?) Der südlichste Tafeljuraabschnitt endlich entzieht sich wie schon oben bemerkt einer genaueren Beurteilung ganz; ich habe dies im Profil ausser durch punktierte Schichtgrenzen, noch durch Fragezeichen ausdrücklich hervorgehoben. Wie Mühlberg, so rechne auch ich mit der Möglichkeit, dass noch südlich der Sprüselfalte der Tafeljura tektonisch gestört sein könnte. In einem Punkte habe ich dagegen sowohl in Text als Profil mich bestimmter ausgedrückt als Mühlberg, indem ich nämlich in der Nähe der Ueberschiebungs- zone die Tertiärbildungenbisübers Tunneltracehin- abgreifen liess und somit ein Begegnen des Tertiärs im Tunnel als so gut wie sicher annahm.

Eine Gelegenheit zu erneuter Prüfung des prognostischen Tunnelprofils bot sich mir Ende 1912, als ich auf Wunsch der den Tunnelbau ausführenden Tiefbau-Aktiengesellschaft Julius Berger, Berlin, eine ergänzende Begutachtung auszuführen hatte. Mit dem Tunnelbau war Anfang 1912 begonnen worden, zur Zeit dieser noch- maligen Untersuchungen stand der Vortrieb auf der Nordseite bei 70 m, auf der Südseite bei 1680 m ab Portal. Das von mir im De- zember 1912 gleichfalls im Masstab 1: 10,000 entworfene Profil ist

9) Ich möchte bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, auf die interessanten Verhältnisse im Scheitel der Sprüselfalte‘ hinzuweisen, die 1910 durch den Bau eines Fahrweges Zeglingen-Hof Mapprach blossgelegt worden sind. Mit grobem Basalkonglomerat ruht auf dem Scheitel das Ober- miocän discordant auf Argovien oder Oberm Dogger. Wie mein Profil be- sonders deutlich zeigt, sind auch die Argovienmächtigkeiten im Nord- und Südschenkel der Sprüselfalte ganz verschieden. Entweder ist das Obermiocän in tiefen Erosionsrinnen zum Absatz gelangt, oder aber die Sprüselfalte ist zum mindesten in ihrer ersten Anlage vorobermiocän. Das Obermiocän wäre dann abgelagert worden auf der z. T. wieder einge- ebneten Falte, um in einer zweiten, nachmiocänen Faltungsphase mit aufgerichtet zu werden. Ich möchte die zweite Erklärung für die wahr- scheinlichere halten, hoffe aber bei späterer Gelegenheit auf diese für die Entstehung des ganzen Juragebirges wichtige Frage zurückkommen zu können.

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 237

der Vollständigkeit halber in der dritten Figur der Tafel I verkleinert wiedergegeben worden. Die damals vorliegenden Befunde sind natür- lich mitverwertet worden, sollen aber nicht diskutiert werden, um späterer, zusammenhängender Bearbeitung nicht vorzugreifen.

Ein Vergleich dieses Profils mit meinem ersten Entwurf zeigt, dass ich in einem Punkte zu einer etwas abweichenden Darstellung gezwungen war, es betrifft dies den Südschenkel der Burg- fluhmulde. Es gelang mir nämlich, im Walde südlich des Fahr- weges nach Burg sehr reduzierte Opalinustone, ferner Spuren von Lias und Keuper nachzuweisen, sodass also vom Südschenkel der Burg- fluhmulde etwas mehr vorhanden ist, als mein erstes Profil angibt. Damit nähert sich mein zweites Profil in diesem Punkte etwas dem- jenigen Mühlberg'’s, freilich liess ich auch im zweiten. Profil im Gegensatz zu Mühlberg die älteren Schichten der Burgfluhmulde etwas unter die Dottenbergserie einstechen.

Vergleichen wir nun zum Schluss noch kurz das Profil Mühl- berg’s mit meinem gleichfalls vor Baubeginn entworfenen ersten Profil speziell im Hinblick auf das Tunneltrace selber.

Ausgehend vom Südportal durchquert der Tunnel nach beiden Prognosen eine normale Serie Effinger Schichten-Anhydritgruppe. Die grössere Länge der Effingerstrecke in meinem Profil ist vor allem auf die von mir angenommene grössere Mächtigkeit dieser Schichten zurückzuführen. Den Gewölbekern des Dottenbergs nimmt Mühlberg bedeutend breiter an als ich, Hand in Hand damit erscheint dann aber die Keuperstrecke der Burgfluhmulde in Mühl- berg's Profil bedeutend kürzer als im meinigen. In der Ueberschie- bungszone herrscht grosse Uebereinstimmung. Am Tafeljura-Süd- rand lasse ich das Tertiär bedeutend über das Tunneltrace hinab- greifen, während Mühlberg diese Frage offen lässt. Die in meinem Profil ziemlich breite Sprüselfalte zeigt im Tunnel als ältestes nur Blagdeni-Murchisonae-Schichten, während Mühlberg mit der Mög- lichkeit Opalinustone zu treffen rechnet. In der Mulde nördlich der Sprüselfalte reichen in meinem Entwurf die Varians-Schichten bis fast zum Tunnel hinab, während sie in Mühlberg's Profil noch etwas überm Tunnel zurückbleiben. Umgekehrt würden nach Mühlbera unter Fohrenweid die Opalinustone noch übers Tunneltrace hinauf greifen, während sie nach meinem Entwurf darunter blieben. In der nördlichsten Strecke herrscht wieder völlige Uebereinstimmuneg.

Aus dem Gesagten bestätigt sich das schon oben Gesagte, dass

238 A. Buxtorf.

nämlich die Differenzen der beiden prognostischen Profile sich teils auf unwichtige Einzelheiten beschränken, teils auf Punkte beziehen, die aus den oberflächlichen Verhältnissen heraus nicht eindeutig zu bestimmen sind, deren Beurteilung vielmehr fast als Gefühls- oder Geschmackssache zu bezeichnen ist.

Umso interessanter wird sich später der Vergleich mit dem Be- funde gestalten, mit dessen genauer Feststellung mich die General- direktion der Schweizerischen Bundesbahnen betraut hat.

2. Grenchenbergtunnel (Länge 8,565 m). An topographischen Karten vergleiche man Siegfriedblätter Moutier Nr. 107 Gänsbrunnen Nr. 109, Grenchen Nr. 123. (Nordportal 440 m genau südlich Kirche Moutier (P. 565), Südportal nördlich von Grenchen, 100 m südlich vom 2. „g* von „Schönegg“, direkt südlich unter der dortigen Strasse.) An

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geologischen Karten kommen in Betracht: Geol. Dufourkarte BI. VII, 1. Aufl. (J. B. Greppin und Bachmann) und 2. Aufl. /L. Rollier und E. Kissling), ferner L. Rollier „Carte tectonique des environs de Moutier“, 1 : 25,000.

Schon in den einleitenden Bemerkungen wurde kurz erwähnt, dass das Gebiet des Grenchenbergtunnels durchaus anderes geologisches Gepräge aufweist als dasjenige des Hauensteins. Zunächst gehört der Grenehenbergtunnelausschliesslichdem Kettenjuraan; dieser aber ist wiederum nach ganz anderem Grundplan gebaut als am Hauenstein. Während wir dort als wichtigste tektonische Leit- linien die Ueberschiebungen zu erwähnen hatten, treten diese im Grenchenbergtunnelgebiet ganz zurück, das bestimmende Moment im Bau der Juraketten ist hier gegeben in mehr oder weniger ein- facher Faltung zu Gewölben und Mulden, wie sie in be sonderer Klarheit das Gebiet der benachbarten Birsklusen auszeichnen. Auch die Oberflächengestaltungistin beiden Gebieten eine erundverschiedene : Am Hauenstein weitgehende Abtragung und Durchtalung der Ketten, sodass sogar die ältesten am Gebirgsaufbau beteiligten Schichten der Beobachtung erschlossen sind; im Grenchen- berggebiet dagegen weithinziehende lange geschlossene Bergketten, welche an Scheitel und Flanken den Faltenbau leicht abzulesen ge- statten, über deren Kern wir aber aus Mangel an genügend tiefen Quertälern nicht oder nur sehr ungenügend aufgeklärt sind.

Gerade dieser letztere Umstand aber erschwert die geolo- gische Begutachtung des Grenchenbergtunnels in ausserordentlich hohem Masse. Beim Entwerfen prognostischer Pro- file können wir uns für grosse Strecken nicht auf Beobachtungen im Tunnelgebiete selber stützen, wir sind vielmehr gezwungen, weitab- liegende Aufschlüsse zu berücksichtigen und rein auf Analogie-

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 239

schlüssen aufzubauen. Darunter leidet nun nicht nur die Zuverläs- sigkeit des einzelnen Profilentwurfes, sondern es wird auch verständ- lieh, warum die verschiedenen zu besprechenden Prognosen viel be- trächtlicher von einander abweichen und abweichen müssen, als dies beim Hauenstein der Fall war.

Die erste geologische Begutachtung des Grenchen- bergtunnelprojektes hat L. Rollier ausgeführt. Dieselbe ist im Druck erschienen im „Technischen Bericht und Kostenvoranschlag zum gene- rellen Projekt der Münster—Grenchen—Biel-Bahn nebst vergleichen- der Untersuchung des Weissensteinbahn-Projektes“ von K. Greulich (Biel 1902). Dieses Gutachten bezog sich aber nicht genau auf das heute im Bau befindliche Tunneltrace, vielmehr auf zwei Varian- ten, für welche beide das Nordportal im Birstal, ca. 2 km ober- halb Moutier bei der Glashütte, 551 m ü. M., vorgesehen war. Von hier aus hatte nach Variante I ein 8375 m langer, gleichmässig unter 11,370/,9 südwärts geneigter Tunnel hinunterzuführen nach Grenchen, und zwar war das Südportal auf 453 m ü. M. im Kastels- feld östlich Grenchen vorausgesetzt. Variante Il, Länge 7360 m, sah statt des einseitig und zwar südlich geneigten Tunnels einen Scheiteltunnel voraus. Vom gleichen Nordportal bei der Glas- hütte aus hätte der Tunnel zunächst auf einer 4090 m langen Strecke mit 20/5, anzusteigen bis zum Kulminationspunkt, 560 m ü. M., um dann mit 70/5, hinunterzuführen zum Südportal, das oberhalb Gren- chen beim Walkershof (534 m ü. M.) vorgesehen war.

Für beide der beschriebenen Varianten gibt Rollier prog- nostische Längsprofile und ausserdem auf zwei strati- graphischen Tabellen eine Uebersicht über die bei Moutier, bezw. Solothurn vorkommenden Sedimente.

Es liegt nun nicht in meiner Absicht, hier eine ausführliche Be- sprechung dieses Gutachtens zu geben, noch viel weniger dasselbe kritisch zu durchgehen. Es darf nicht übersehen werden, dass Rol- lier's Begutachtung abgegeben wurde, bevor der Weissensteintunnel gebaut war, der uns bald nachher über Stratigraphie und Gebirgs- bau gerade dieses, Juraabschnittes so ausserordentliche viele und wichtige Aufschlüsse gebracht hat. Ich begnüge mich damit, in nachstehender Figur 1 (S. 241) das von Rollier für Variante I entworfene Profil verkleinert wiederzugeben, und zwar wähle ich Variante TI, weil sie mit dem heute im Bau stehenden Tunnel eher verglichen werden kann als II. Das Nordportal von Variante I liegt ca. 850 m westlich vom jetzigen Trace, nach Süden zu aber nähert sich nun Variante I dem letzteren immer mehr und sehneidet dasselbe unter

240 A. Buxtorf.

Unter-Grenchenberg, um etwa 500 m östlich des heutigen Süd- portals auszumünden. Im Grenchenbergabschnitt weicht somit Va- riante I der Richtung nach nur ganz unbedeutend vom definitiv ge- wählten Trace ab und liegt auch nur ca. 20 m tiefer. Daraus ergibt sich, dass Rollier’s prognostisches Tunnelprofil soweit es Grenchen- berg und auch Chaluet betrifft, direkt auf das heutige Trace über- tragen werden darf, während dies für den Graitery, wo Variante I immerhin 400-800 m westlicher verläuft, wohl in den allgemeinen Zügen, nicht aber in allen Details geschehen darf.

Aus Rollier’s Profil (Figur 1) ist nun Folgendes zu entnehmen : Das Nordportal liest am Nordfuss der Graiterykette, die als einfaches geschlossenes Gewölbe mit freilich etwas steilerem Nordschenkel gedeutet. wird. Auf den Malmsüdschenkel Folgt im Chaluet zunächst normal die Molasse, an diese aber stösst nun im Süden längs einer Ueberschiebung unvermittelt Ober- Sequankalk an, welcher südwärts normal von Kimmeridge, Portland und Molasse bedeckt wird. Die Molassemulde des Chaluet erscheint in Rollier’s Profil also nicht als einfacher Trog, sondern sie wird durch den genannten Kimmeridgerücken in einen tief einstechenden nördlichen Teil und einen flach muldenförmig gelagerten südlichen Teil zerlegt. Ich bemerke beiläufig, dass ich im Folgenden für diesen trennenden Kimmeridgekamm die Bezeichnung „Roches du Chaluet‘ gebrauche, dies in Anlehnung an die Siegfriedkarte, wo wir den Namen ,,Sous les Roches“ und ,,rière les Roches“ begegnen. Südlich des Ohaluet erhebt sich die mächtige Kette des Grenchen- bergs, deren Nordschenkel oberflächlich von einer unter ca. 400 nord- wärts geneigten Kimmeridgeplatte gebildet wird. Darunter wird von Rollier ein normales Profil bis hinunter in die Anhydritgruppe vor- ausgesetzt, ja im innersten Gewölbekern sogar Wellenkalk und Buntsandstein vermutet. Im Dogger-Gewölbescheitel bei Un- ter-Grenchenberg verzeichnet Rollier einen kleinen Scheitel- bruch. Der Südschenkel des Grenchenberg-Gewölbes zeigt bis hinab zum Kimmeridge der Ratfluh normale Verhältnisse. Südlich der Rat- fluh aber sticht am Vorberg nochmals eine schmale Zone von Unter- und Mittel-Sequan hervor, wodurch sich für die südlich folgende Kimmeridge-Portlandserie wenigstens in der Nähe der Oberfläche stark überkippte Lagerung ergibt. Nach der Tiefe zu wird dann freilich ein rasches Umbiegen zu normaler fast horizontaler Lagerung angenommen, bis sich gegen das Südportal zu unter „In den Stau- den“ eine leichte Aufwölbung die hier ausklingende Kette des Bötzingerberges geltend macht. Aus Rolliers kurzem Gutachten- text ist nicht ersichtlich, ob er das Auftreten der Sequanzone von Vor- berg als eigentliche Faltung oder nur mehr als Sackungserscheinung

241

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Neuer Hauenstein- und Grenchenberstunnel.

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242 A. Buxtorf.

auffasst; aus der Zeichnung möchte man aber eher auf ersteres schliessen, wobei noch zu bemerken ist, das L. Rollier diese Störung nach den tieferen Schichten zu mehr und mehr ausklingen lässt, so- dass sie für den Tunnel selber eigentlich bedeutungslos erscheint.

Damit glaube ich, die wesentlichsten Grundzüge des Rollier’schen Profilentwurfes skizziert zu haben, für weitere Details verweise ich auf das Profil Figur 1 oder auf das Originalgutachten selber. Dass in den tiefgelegenen Partien die Wahrscheinlichkeit der Prognose natur- gemäss sich verringert, wird von Rollier ausdrücklich betont, im be- sonderen gilt dies für die Talmulde des Chaluet, den Südfuss des Jura bei Grenchen und den Kern des Grenchenberggewölbes.

Sechs Jahre nach Rolliers Begutachtung bot sich Dr. E. Baum- berger und mir Gelegenheit zu weiterer Prüfung der Grenchen- bergtunnelprojekte. Im Auftrage eines der Gemeinde Büren a. A. angehörenden Komitees verfassten wir 1908 ein „Geologisches Gut- achten über einige den Bau eines Basistunnels Münster-Grenchen- betreffende Fragen‘“.10) Im besonderen standen zur Diskussion: 1. Die Wahl des Kulminationspunktes im Tunnel und das damit zu- sammenhängende Problem der Unterfahrung des Cha- luet, 2. die speziellen geologischen Verhältnisse der näch- sten Umgebung von Grenchen in ihrer Bedeutung für zwei verschiedene Tunnelprojekte, 3. die Lage des Nordportals.

Was zunächst den letzten Punkt anbelangt, so empfahlen wir, das Nordportaletwa da zu wählen, wo es schon in den von Roller begutachteten Varianten vorgesehen war, d. h. bei der Glashütte von Moutier. Eine Gefährdung der benachbarten La Foule-Quelle er- schien uns ausgeschlossen.

Die Besprechung der geologischen Verhältnisse von Grenchen bot uns Gelegenheit auf die Gefährdung der grossen Dorfbachquelle hinzuweisen, deren Fassung 1904 erfolgt war. Aus- serdem empfahlen wir die Anlage von Sondierungen zur Fest- stellung der Mächtigkeit der Quartärbedeckung.

Grrösseres Interesse, aber auch bedeutende Schwierigkeiten bietet das Problem der Unterfahrung des Chaluet. Wie oben be- schrieben worden ist, stellt das Chaluet nach Rollier eine Doppel- mulde dar, in deren Mitte der Kimmeridge-Portlandkamm, der „Rochesdu Chaluet“ aufragt, der nach Süden zu direkt zusam- menhängt mit dem Nordschenkel des Grenchenberggewölbes.

10) Ueber den Inhalt dieses auch in französischer Uebersetzung er- schienenen Gutachtens referiert Ch. Sarasin in der „Revue géologique suisse pour l’année 1908“ (Ecl. geol. Helv. X, S. 694).

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 243

Für diese ,, Roches du Chaluet‘ nun glaubten E. Baumberger und ich eine andere Deutung vorschlagen zu sollen. Die Art und Verteilung der Molasseaufschlüsse am Süd- und Nordrand des Cha- luet, ferner das unvermittelte Auftreten des Kalkzuges bestimmten uns, die „Roches du Chaluet‘ nicht als anstehend, sondern als abgerutschte Masse zu deuten, die wahrscheinlich herzuleiten sei aus der Südabdachung des Graitery.

Es erscheint mir wichtig, nachdrücklich''zu betonen, dass eine ähn- liche Auffassung schon lange vor uns von anderer Seite ausgesprochen worden ist. J. B. Greppin (Descript. geol. du Jura bernois p. 261) betrachtet die Roches du Chaluet als Bergsturzmassen, die nach Pastor Grosjean vom Montoz herabgestürzt seien. Dementsprechend sind die „Roches“ auf der 1. Auflage von Blatt VII. (1: 100,000) als „„Eboulis‘‘ dargestellt.

Für E. Baumberger und mich waren aber nicht nur die Ver- hältnisse des Chaluet selber bestimmend, sondern vor allem auch die Befunde im benachbarten Weissensteintunnel. Diese hatten kurz zuvor ergeben, dass ca. 7 km östlicher bei Gänsbrunnen die zwischen Weissenstein- und Graiterykette liegende Muldenzone ein- fach gebaut sei und ausserdem in der Tiefe gegen die Weissenstein- kette zu einsteche. Es erschien uns nun sehr wenig wahrscheinlich, dass auf der kurzen Strecke Gänsbrunnen-Chaluet der Bau der Mulde sich so vollständig umwandeln könne, wie dies durch Rollier’s Chaluet- Profil verlangt wird. Eine viel einfachere Lösung bot uns eben die Annahme des Abgerutschtseins der ganzen Zone der „Roches‘, die wir dann auch im Text und Profil vergl. nachstehende etwas verkleinerte Wiedergabe, Figur 2 befürwortet haben. Dabei liessen wir die Frage offen, ob auch im Chaluet ähnlich wie im Weissenstein ein Einstechen der Mulde gegen den Grenchenberg zu anzunehmen sei (vgl. Gutachten Baumberger-Buxtorf, S. 5 Fussnote).

Gegen die Ausführungen von E. Baumberger und mir hat L. Rol- lier in der Folge Stellung genommen und seine Auffassung des Cha- luets von Neuem verteidigt. (Vgl. L. Rollier: ,, Troisième supple- ment à la description géol. de la partie jurassienne de la feuille VII ete. in Mat. pour la carte géol. de la Suisse. N. S. Livr. XXV. p. 215—17.) Vor allem weist Rollier darauf hin, dass die „Roches du Chaluet‘“ keinerlei unruhige Lagerung zeigen, wie wir sie sonst bei andern abgerutschten Schichtpaketen beobachten. Eine weitere Stütze glaubt er sodann zu finden in der Verteilung der verschieden- altrigen allerdings recht spärlichen Molasseaufschlüsse im Chaluet selber und namentlich auch bei Sorvilier westlich Court. Für zahl- reiche Einzelbeobachtungen muss ich auf Rollier's Angaben verweisen.

244 A. Buxtorf.

Es bedarf keiner ausführlichen Erörterungen, dass diese verschie- denen tektonischen Deutungen des Chaluet für den Tunnelbau von grosser Bedeutung sind.

Nach Rollier’s Annahme verläuft der Tunnel in der Südhälfte des Chaluet vor allem in Kalk und wird den Lagerungsverhältnissen entsprechend wahrscheinlich starke Quellen anschneiden, während er nach Baumberger-Buxtorf (1908) das ganze Chaluet in Molasse unter- fährt und somit keinen grossen Wasserdrang, dagegen wohl geringe Standfestigkeit der Molassegesteine zu befürchten hat.

Um das „Ohaluetproblem“ wenn möglich noch vor Be- ginn des Tunnelbaues zu entscheiden, sind im Jahre 1911 durch die Berner Alpenbahn-Gesellschaft Sondierbohrungen angeordnet

1#00m

Nord

Graitery Envers de Montoz É

Chaluet P837 N Piere les Roches

e Tracé eines Hasistunels

7) ——— ee

4090 m.ü.M. Fig. 2. Geol. Profil durch das Chaluet nach E. Baumberger und A. Buxtorf (1908). Massstab ca. 1: 25,000.

1. Birmensdorfer-Sch. ee! 5. Portlandien. 2. Effinger-Sch. rzoviel. 6. Bohnerzformation. 3. Sequanien. 7. Molasse. 4. Kimeridgien. 8. Quartärbildungen.

worden. Die Bohrstelle wurde gewählt auf dem Rücken der ,,Ro- ches du Chaluet“, da wo dieselben sich absenken gegen ‚‚riere les Roches”. Eine erste Bohrung erreichte nur geringe Tiefe, sodass unmittelbar daneben eine zweite angesetzt wurde, welche aber leider auch nur bis auf 116,5 m abgeteuft werden konnte, worauf sich der Bohrer festklammte. Den Bohrproben zufolge, die ich 1912 einzu- sehen Galegenheit hatte, traf die Bohrung erst Knauermolasse (Mol. alsacienne), hierauf etwas Bolus und endlich Portland und Kim- meridge an, d. h. anscheinend eine normale Folge.

Betrachten wir nun die Bedeutung dieses Bohrergeb- nisses für die verschiedenen Auslegungen des Cha- luetproblems, so ist zunächst allgemein festzustellen, dass die

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 245

Mächtigkeit des Malmkalkes beträchtlich grösser ist als sie von Baumberger und mir im Profil von 1908 vorausgesetzt worden ist (vergl. Figur 2). Wenn also die ,, Roches du Chaluet trotzdem als „abgerutscht‘“ gedeutet werden sollen, so handelt es sich um eine viel grössere bewegte Masse als s. Z. angenommen.

Das speziellere Verhältnis des Bohrprofils zu den verschie- denen Tunnelprognosen ist aus den Profilen der Tafel II ersichtlich, die ich, soweit sie das Chaluet betreffen, des Zusammenhanges wegen vorgreifend schon an dieser Stelle kurz besprechen will. Ich bemerke, dass alle diese Entwürfe vom Mai 1912 stammen, seither ıst nichts Neues mehr dazu gekommen.

Profil2 lehnt sich direkt an Rollier’s Darstellung von 1902 an. Es steht ausser Frage, dass sich das Bohrprofil der übrigen tek- tonischen Auffassung zwanglos einfügt, und ich würde nicht an- stehen, mich Rollier’s Ansicht zuzuwenden, wenn nicht noch Bedenken wären, auf die ich unten noch kurz eintreten wall.

Inden Profilen 1 und 6 habe ich die Auffassung Baumberger- Buxtorf (1908) dargestellt. Wir hätten anzunehmen, dass in einem gewissen Abschnitt der Quartärzeit wahrscheinlich schon vor der grössten Vergletscherung ein Teil des Graitery-Südschenkels aus- gebrochen und ohne den Schichtverband zu verlieren, abgeglitten sei in ein damals beträchtlich tieferes Chaluettal. Ein derartig tiefes Tal, wie es die Profile annehmen, kann nicht als unmöglich bezeichnet werden, denn dessen Sohle wäre immer noch um ein geringes höher als die nächste Erosionsbasis, die 2 km westlicher im Eingang in die Klus von Court mit + 665 m gegeben ist. Immerhin räume ich ein, dass die Vorstellung eines so weiten Tales gewissen Schwierigkeiten begegnet. Es ist deshalb umso mehr zu bedauern, dass die Sondier- bohrung nicht wenigstens bis auf das Niveau des Kluseneingangs von Court abgeteuft werden konnte, schon damit wäre wahrscheinlich eine sichere Entscheidung des Chaluetproblems ermöglicht gewesen. Ein weiteres Bedenken gegen die Abgleitungshypothese kann aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der Schichtverband so gut gewahrt geblieben ist, allein eine definitive Entscheidung lässt sich daraus nicht gewinnen.t!),

Profil 3 endlich schliesst sich im Prinzip an Profil 2 (Rollier) an. Die südlich der ‚Roches“ liegende Molassemulde aber habe ich als sehr tief einstechend dargestellt, um auf diese Weise dem Be- fund im Weissensteintunnel Rechnung zu tragen. Das Bohrprofil

11) In dieser Hinsicht erinnere ich an das abgesunkene Schichtpaket von Untermatt an der Nordseite des Bürgenstocks, das alle Schichten vom Schrattenkalk bis Nummulitenkalk umfasst, und das trotz einer Absackung um ca. 700 m den Schichtverband nicht eingebüsst hat.

246 A. Buxtorf,

fügt sich zwanglos ein wie bei 2. Es steht für mich ausser Frage, dass diese Deutung verschiedenen Schwierigkeiten gerecht wird. Sollte sie sich in der Folge bestätigen, so könnte die Malmplatte der Roches du Chaluet verglichen werden mit der allerdings beträchtlich grösseren aber doch ähnlich gebauten Brandbergkette bei Welschenrohr, die ebenfalls mitten in der Gänsbrunnermulde unvermittelt auftaucht und in analoger Weise nach Norden von einer Faltenverwerfung be- grenzt wird (vgl. Bl. VII, 2. Aufl., bearb. von Rollier).

Ich glaube annehmen zu dürfen, dass diese 3 Profildarstellungen die verschiedenen Möglichkeiten wenigstens im Prinzip erschöpfen. Während ich früher (1908) gemeinsam mit Æ. Baumberger entschie- den für „„Wurzellosigkeit“ der ,, Roches du Chaluet‘ eingéstanden bin, kann ich angesichts des Bohrergebnisses diese Auffassung nieht mehr mit derselben Bestimmtheit teilen wie ehemals. Anderseits bietet mir freilich auch Rollier’s Darstellung von 1902 wenig Befriedigung. Wenn es sich wirklich um anstehende Massen handelt, dann scheint mir immerhin das modifizierte Profil 3 am meisten Wahrscheinlich- keit auf Bestätigung zu bieten.

Angesichts dieser Unsicherheit muss ich vorläufig die mit der Chaluetunterfahrung verknüpften Fragen offen lassen. Der Tunnel- bau wird uns natürlich eine Menge Ueberraschungen, hoffentlich aber auch die endgültige Lösung des Chaluetproblems bringen.

Crerne füge ich noch bei, dass ich im Sommer 1913 Gelegenheit hatte, mit Herrn Dr. A. Troesch, der die geologische Untersuchung des Tunnels im Auftrag der Berner Alpenbahn-Gesellschaft ausführt, das Chaluet zu besuchen. Unsere Aufgabe war es, einige Stellen zu bezeichnen, an denen durch Nachgrabungen eine Vervollständigung der ungenügenden natürlichen Aufschlüsse und damit eine Klärung der Sachlage angestrebt werden soll. Ueber das Ergebnis dieser Schür- fungen wird Herr Dr. Troesch seiner Zeit berichten. Die gemeinsame Begehung zeigte im Uebrigen, dass Herr Dr. Troesch gegen die Ab- gleitungshypothese dieselben Bedenken hegt, die ich selber oben schon angeführt habe. Andererseits aber fehlte es uns doch auch nicht an Beobachtungen, die sich schwer mit Rollier's Ansicht vereinigen lassen. Vor allem sei hier auf das unvermittelte Abbrechen hingewiesen. das die „Roches du Chaluet“ an ihrem Ostende er- kennen lassen. Sind die ,,Roches“ anstehend, so wird man zur Er- klärung dieses A breissens Querstörungen zu Hilfe nehmen müssen.1?) Herr Dr. Troesch machte mich endlich auf einen zweiten Kim- meridge-Portlandzug aufmerksam, der im Wald südlich ob

12) Rolliers „Carte tectonique de Moutier“ stellt dieses Ostende ungenau

dar. Schon westlich Punkt 776 tritt im Wald über dem plötzlich aufhörenden Portland deutlicher Bohnerzton zutage.

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel, 247

Gros Pre, ungefähr in der Höhe von 800 m auf weite Strecke ver- folgt werden kann und ähnliche Lagerung zeigt wie die „Roches du Chaluet“. Rollier's „Carte tectonique des environs de Moutier“ gibt an dieser Stelle Delémontien und Molasse alsacienne an. Da die „Roches du Chaluet“ nach Westen zu den Bach südlich Punkt 706 nur wenig überschreiten, besteht kein sichtbarer Zusammen- hang zwischen ihnen und dem zweiten Malmzug, der übrigens auch beträchtlich höher oben am Berghang heraussticht. Wie nun diese zweite Malmkante, die das Chaluetproblem noch viel komplizierter gestaltet, zu erklären ist, müssen künftige sorgfältige Untersuchungen lehren; ich begnüge mich an dieser Stelle mit diesem kurzen Hinweis, der von Neuem zeigt, dass in tektonisch komplizierten und schlecht aufgeschlossenen Gebieten eine fast rein konstruktive geologische Kolorierung, wie sie uns Rollier’s „Carte teetonique‘ bietet, durch- aus unstatthaft ist.

Nachdem im Vorangehenden die geologischen Verhältnisse des Chaluet und ihre verschiedenen Deutungen wenigstens in den allge- meinen Zügen erörtert worden sind, bleibt nun noch die Aufgabe, die prognostischen Profile des Grenchenbergtun- nels, wie sie auf Tafel II zusammengestellt worden sind, auch in den übrigen Teilen kurz zu erläutern.

Die Profile sind in der ersten Hälfte 1912 entworfen worden auf Veranlassung der ,Société franco-suissedeconstruc- tion, Prud’homme, Rothpletz u. Co.“, als deren konsultie- render Geologe ich seither gelegentlich auch die Befunde des Tunnels zu prüfen hatte. Der Abgabe der Prognose ist natürlich eine genaue Oberflächenaufnahme des dem Tunnel benachbarten Gebietes voraus- gegangen, wobei ich mich für die den beiden Portalen benachbarten Strecken der Unterstützung durch Herrn Dr. E. Baumberger zu er- freuen hatte, während Herr Dr. @. Niethammer besonders im Grenchenbergabschnitt wichtige Vorarbeit leistete.13)

13) Leider haben unsere Aufnahmen gezeigt, dass auch hier die von Rollier bearbeiteten Karten (Bl. VII u. Carte tect. Moutier) in mancher Hin- sicht zu wünschen übrig lassen. Auf einige Punkte sei hier kurz hinge- wiesen :

1. Für die Anhöhe von Sur Chaux südöstlich Moutier möchte ich die Frage aufwerfen, ob die hier vorkommenden Bildungen nicht eher als „alpines Glacial der grössten Vergletscherung‘“ statt als Helvétien und bunte Nagelfluh zu deuten sind.

2. Südlich Chaufour fand ich auf ca. 740 m an einem Waldweg fossil- reiches Portland (Virgulien), und zwar genau da, wo Rollier (Moutier) das Portland ganz auskeilen lässt.

3. Südlich Eschert reicht nach Niethammer und mir die Malmplatte viel tiefer gegen Punkt 645 hinab als auf Bl. VII und „Moutier“ angegeben.

248 A. Buxtorf.

Wie ein Vergleich von Profil 1 mit Variante I (vgl. Fig. 1, S. 241) ergibt, liegt das Nordportal des definitiven Tunnels nicht direkt am Nordschenkel der Graiterykette, sondern unweit westlich der Station

4. Auf Bl. VII fehlen zahlreiche Delemontien- und Mol. alsacienne-Auf- schlüsse, die sich südlich und südwestlich Station Moutier, ferner süd- lich Sur Chaux und westlich Chaufour finden.

5. Zwischen dem Graiterygipfelkamm und der nördlich benachbarten Felswand Punkt 1126, 1137, 1143, 1156 geben Rolliers Karten nur Sequan an. Statt dessen sticht hier, wie Dr. Baumberger und ich feststellen konnten, der Argovienkern auf ca. 1,5 km Länge und 3—400 m Breite sehr schön hervor, die Birmensdorfer-Schichten z.B. im Wäldchen bei Punkt 1114. Der Argovienzug endet erst am Waldrand westlich Punkt 1114 (vgl. Carte tect. Moutier).

6. Der nördliche Eingang der Klus von Court ist auf Rolliers Karten ganz schematisch und ungenau dargestellt. In Wirklichkeit finden sich nach meinen Aufnahmen hier Ueberschiebungen und Brüche, so z.B. zwischen Punkt 610 und 899, sowie gegenüber an der Westseite, längs welchen von Süden her das Sequan aut das Kimmeridge hinaus gepresst erscheint. Die Verhältnisse erinnern in mancher Hinsicht an die von mir von Choindez beschriebenen Störungen, nur vollziehen sie sich dort im Oxford und Rauracien.

7. Auf der Ostseite der Klus von Court sticht Oberer Dogger her- vor und zwar genau da, wo auf Rolliers „Carte tectonique der Index „Ox‘ steht. Ich fand diesen Aufschluss, nachdem mich östlich ob Punkt 680 fossilführende Renggerischichten auf die Nähe des Doggers hin- gewiesen hatten. Die ausgezeichnet aufgeschlossene Oxford-Argovien- grenze fällt übrigens exakt mit dem Fuss der dortigen Felswand zu- sammen und verläuft nicht erst 100 m von ihr weg.

8. Betreffs Chaluet bemerkte ich schon oben, dass die von Rollier auf der Carte tect. von Moutier gegebene Darstellung praktisch wenig Wert besitzt, weil aus wenigen Beobachtungen fast ganz willkürliche Kon- struktionen abgeleitet worden sind. Auf Blatt VII ist andererseits die Mehrzahl der wirklich vorhandenen Molasse- und Bolusaufschlüsse nicht eingetragen. Auf Aufzählung muss ich verzichten, das würde zu weit führen.

9. Am Grenchenberig gehört der ganze Waldkomplex „Hinter der unteren Hütte‘ noch zum Dogger und nicht ins Argovien (Carte tect. Moutier). Auch bei Bützen, sowie östlich und westlich davon ist die Malm-Dogger- grenze ungenau und zwar hier meist 50—100 m zu weit nördlich einge- tragen.

10. In der Scheitelregion des Grenchenbergs tritt westlich Wand- fluh ein ganzes Bündel von kleinen Brüchen auf, die auf beiden Karten fehlen, nur das Tunnelprofil bringt einen derselben zur Darstellung.

11. Iın Südschenkel südlich Altrütiberg liegen die Verhältnisse sehr kom- pliziert, was aus Rolliers Karten nicht ersichtlich ist. Dr. Niethammer und ich glauben hier Anzeichen dafür gefunden zu haben, dass im Süd- schenkel ein flacher Bruch verläuft, längs welchem der obere Teil des Schenkels südwärts vorgeschoben erscheint (vgl. Profile 1:u. 6 d. Tafel IT). Aehnliches kehrt auch am Bettlachstock wieder, nur mögen hier auch Sackungserscheinungen mitgespielt haben.

Neuer Hauenstein- und Grenchenberstunnel. 249

Moutier noch mitten im Tertiärbecken drin. Diese Abänderung ge- schah im Hinblick auf die Gefällsverhältnisse des Tunnels.

Ueber dienördlichste Tunnelstrecke geben die Profile 1, 5 und 6 Auskunft, die vom Januar und Dezember 1912, sowie Februar 1913 stammen; der Vortrieb stand gleichzeitig bei 51, bezw. 915 oder 1426 m. Dabeı ist zu bemerken, dass beim Entwerfen von Profil 1, das als Prognose vor allem in Betracht kommt, auch die Ergebnisse von 3 Sondierbohrungen verwertet werden konnten, die von der Berner Alpenbahn-Gesellschaft angeordnet worden waren.

Profil 1 setzt nun voraus, dass der Tunnel zunächst nordfal- lendes Delemontien, dann einen flachen Antiklinal- rücken von Molasse alsacienne und hierauf eine Mulde mit Delemontienzu durchfahren habe, bevor er die dem Graitery- Nordschenkel angehörende Molasseserie erreiche. Zur Annahme der erwähnten flachen Molasseantiklinale wurden Dr. Baumberger und ich dadurch veranlasst, dass ca. 1 km westlich vom Tunneltrace west- lich Verrerie eine kleine Malmfalte auftaucht. Im Gutachtentext wurde noch besonders darauf hingewiesen, dass zwischen Molasse alsa- cienne und Delémontien ein allmählicher Uebergang existiere, und dass man die Grenze nur ungefähr und zwar etwa da legen könne, wo an Stelle der Sandsteine mehr und mehr sich bunte Mergel ein- stellen, die sehr bald auch vom anfänglich mergeligen Süsswasser- kalken begleitet werden.

Für den Graitery hat Rollier (1912) geschlossenen Gewölbe- bau vorausgesetzt und auch später wieder ausdrücklich betont, dass die Graiterykette nur ein einfaches Malmgewölbe ohne Ueberschiebungen oder Längsbrüche darstelle (vel. Troisieme supplement p. 214). Ich kann dieser Meinung nicht bei- pflichten, sondern bin mit Dr. Baumberger der Ansicht, dass wir zur Erklärung der Graiterykette unbedingt begleitende Störungen zu Hilfe nehmen müssen. Da Herr Dr. Baumberger eine speziellere tektonische Studie der Graiterykette vorbereitet, begnüge ich mich hier mit dem Hinweis, dass nach unsern Untersuchungen das plötzliche Ausstreichen des Kimmeridge-Nordschenkels durch eine Ueber- schicbungim'Malm bedingt wird. Diese Ueberschiebung tritt schon in der topographischen Karte sehr gut hervor; sie streicht bei den Punkten 1126, 1137, 1143, 1156, 1121, 1085 ete. aus, wobei

bei Punkt 1126, der fast genau über dem Tunneltrace liegt, eine nach

12. Auf Blatt VII (2. Aufl.) fehlen ob Grenchen die ca. 1 km nördlich

von „In den Stauden“ an verschiedenen Waldwegen auftretenden Mo- lasseaufschlüsse (bunte Mergel und Sandsteine), die für die tektonische Deutung so sehr wichtig sind. Möglicherweise kannte sie schon .J. B.

Greppin, der auf der 1. Aufl. hier Bohnerz verzeichnet.

250 A. Buxtorf.

Norden gerichtete Rückstülpung des Sequan und Kimmeridge aus- gezeichnet erkannt werden kann (vgl. Profil 1 und 6). Die Art und Weise, wie der Malmnordschenkel an dieser Stelle nach oben ab- geschnitten wird, erinnert in allen Details an die entsprechenden Ver- hältnisse in den Klusen von Mümliswil und Oensingen.

Für den Kern der Graiterykette setzte ich einfachen Gewölbebau voraus. Massgebend für diese Annahme waren mir die Verhältnisse in der Klus von Court, wo dıe Felskante der Birmens- torfer Schichten einen fast ununterbrochenen, freilich deutlich nach Norden überkippten Gewölbebogen erkennen lässt. Auch die Auf- schlüsse im Doggerkern ob Eschert schienen mir für ziemlich regel- mässigen Gewölbebau zu sprechen.

In der Folge habe ich freilich diese Ansicht aufgeben müssen. Als ich nämlich Ende Mai 1913 den Befund im Tunnel zu über- prüfen hatte (Vorort am 24. Mai bei 1957 m ab N. P.), war deutlich zu erkennen, dass bis ca. 1700 m ab Portal Art und Lagerung der Gesteine sehr wohl mit der Prognose übereinstimmten, dass aber von da an der Hauptrogenstein abbiege zu sehr flacher, fast horizontaler Lagerung. Ich habe daraufhin (28. Mai 1913) für den Durchstich des Kerns neue prognostische Profile entworfen und zwar glaubte ich namentlich mit zwei Möglichkeiten rechnen zu sollen, die aus nebenstehender Figur 3 sofort ersichtlich sind:

Das mittlere Profil vertritt die Annahme, dass im Gegensatz zur ersten Prognose, die im Malm nachweisbare Ueberschiebung auch in den Kern hinabsetze, und somit die Graiterykette bei Moutier nach ganz ähnlichem Plan gebaut sei, wie 26 km öst- licher in der Klus von Mümliswil (nach der Auffassung von Professor F. Mühlberg).

Das unterste Profil dagegen setzt eine doppelte Faltung des Doggers voraus und trägt damit gewissen Erfahrungen Rech- nung, die sich beim Weissensteintunnel ergeben haben.

Auf die seit Mai bis jetzt (Mitte Oktober) erschlossenen Be- funde möchte ich nicht eintreten, um der späteren Beschreibung durch Herrn Dr. A. Troesch nicht vorzugreifen. Ich bemerke nur kurz, dass die inzwischen erfolgte Durchfahrung des Gewölbekerns Ver- hältnisse erschlossen hat, ähnlich dem untersten Profil von Fig. 3, aber begleitet von sekundären Störungen.

Für den Südschenkel des Graitery gibt Rollier’s Ent wurf ein Einfallen des Malm von ca. 45° an, während meine Profile mit einer vielsteilern Neigung rechnen. Das im untern Teil des Abhangs zu beobachtende mehr oder weniger flache Nord- fallen der Kimmeridgeschichten glaube ich auf

Neuer Hauenstein- und Grenchenberstunnel. 251

[LES 1.5 2, Km 25 3 Hm 3.5

Fig. 3. Profile durch den Graitery längs der Axe des Grenchenbergtunnels. Massstab ca. 1 : 25,000. Fig. 1. Altes prognostisches Profil vom Februar 1913 (entspricht dem Profil 6 der Tafel II). Fig. 2 u. 3. Neue prognostische Profile vom 28. Mai 1913 (Vorort bei 1957). ig. 2. Unter Annahme einer die ganze Kette durchsetzenden Ueberschiebung.

Fig. 5. Unter Annahme einer doppelten Faltung des Doggerkerns. l. Keuper. 7. Birmensdorfer-Schichten] R

2. Lias. 8. Effinger-Schichten jArgovien. 3. Opalinuston. 9. Sequan.

4. Murchisonae-Blagdeni-Schichten. 10. Kimmeridge.

5. Hauptrogenstein mit Homomyen- 11. Portland.

mergeln. 12. Bohnerz und Molasse. 6. Varians-Schichten bis Oxford.

252 A. Buxtorf.

Sackung und Hackenwerfen zurückführen zu sollen und habe dies auch auf den Profilen 1 und 6 angedeutet.

Eine nähere Besprechung erheischen nun noch die prognostischen ProfilefürdenGrenchenberg (d.h. die W eissenstein- kette) und die südlichste Portalstrecke.

Was zunächst den orenchenberg anbetrifft, so beteiligen sich an seinem Aufbau das grosse Gewölbe des Grenchen- berges selber und die nach Süden gerichtete Teilfalte süd- lich der Ratfluh, die ich kurz als Ratfluhfalte bezeichne. Diese beiden Faltungen können ohne Schwierigkeiten ostwärts bis in das engere W eissensteingebiet verfolgt werden : die nördliche grosse entspricht dem Stahlfluh-Gewölbe, während die kleine süd- liche meines Erachtens hervorgeht aus der in der Hasenmatt-Süd- flanke existierenden Flexur, die ich s. Z. mit dem Rôüthifluh- Gewölbe in Zusammenhang gebracht habe. (Vel. Beitr. z. geol.

Karte der Schweiz. N. F. XXI. Tafel II, Prof. 10.)

Das grosse Grenchenberg-Stahlfluhgewölbe ist in meinem Profil als ziemlich einfache Falte dargestellt. Im innersten Kern wird als Aeltestes die Anhydritgruppe vorausgesetzt, während Rollier, wie oben erwähnt wurde, sogar das Vorkommen von Wel- lenkalk und Buntsandstein für möglich hält. Ich stütze mich bei meiner Darstellung z. T. auf theoretische Erwägungen, z. T. aber auch auf die Aufschlüsse von Balmberg-Günsberg, wo der Kern der Weissensteinkette offen zugänglich ist und eben nichts älteres als Anhydritgruppe führt. Dass im übrigen dem prognostischen Pro- fil dieses innersten Kerns unter allen Umständen grosse Unsicherheit anhaftet, bedarf keiner näheren Erörterungen. Diese Unsicherheit ıst vor allem darauf zurückzuführen, dass sowohl für die Chaluet- mulde als auch für die Ratfluhfalte recht verschiedene Deutungen möglich sind, die natürlich auch die Prognose für den Grenchenberg selber im hohen Masse beeinflussen (man vgl. z. B. die Profile 6, 3 und 7 miteinander). Bei starker Ueberkippung des Grenchenberg- nordschenkels und beträchtlicher Entwicklung der Ratfluhfalte wäre in letzter Linie sogar die Möglichkeit gegeben, dass im Tunnel im innersten Gewölbekern kaum mehr die Anhydritgruppe, sondern nur Jüngere Schichten, Muschelkalk oder Keuper sich finden könnten.

Sehr schwierig gestaltet sich endlich die Beurteilung der Rat- fluhfalte (vel. Profile 1, 4 und 6). Die Unsicherheit ist hier vor allem dadurch begründet, dass am Abhang ob Bühlen grosse Strecken durch Schutt verhüllt sind. Vielerorts stechen zwar Fels- köpfe meist von Sequan aus der Schuttdecke hervor, aber dann können

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 255

wir wieder nicht sicher entscheiden, ob es sich um wirklich an- stehende Riffe oder nur um gesackte Packete handelt.

Diese Schwierigkeit besteht übrigens nicht bloss für den Abhang direkt überm Tunneltrace, sondern auch für die östliche und west- liche Fortsetzung der Ratfluhfalte; ich denke da vor allem an die Ab- hänge des „Vorberges“, an die Gebiete von „Im Schlag“, ‚Stieren- känzeli“, „Bühlen‘“ und des ‚„Gemeindewaldes“ (vgl. Siegfried Bl. Grenchen) sowie des „Bettlachstockes“ (Bl. Gänsbrunnen). Es steht für mich ausser Frage, dass wir es in der Ratfluhfalte mit einer sehr ausgeprägten, gegen Süden gerichteten Bewegung zu tun haben, das hat der unten noch kurz zu besprechende bisherige Befund beim Tunnelbau schon klar gezeigt. Allein das durch die Faltung ge- schaffene tektonische Bild ist in der Folge wenigstens in seinen ober- flächlichen Partien durch nachträgliche Sackungserscheinungen etwas verzerrt worden. Aufgabe späterer Untersuchung, die sich nicht wie die meine nur auf das Tunnelgebiet beschränkt, wird es sein, pri- mären Gebirgsbau und nachträgliche Sackung auseinanderzulesen. Der Befund im Tunnel wird diese Arbeit erleichtern.

Was nun speziell das Tunnelprofil anbetrifft, so habe ich unter Berücksichtigung der überm Tunneltrace oder wenigstens in dessen Nähe möglichen Beobachtungen recht verschiedene Profilkonstruk- tionen versucht, ohne aber zu befriedigenden Ergebnissen zu gelangen. Schliesslich erschien es mir als das Beste, diese Unsicherheit dadurch anzudeuten, dass ich am ganzen Abhang eine mächtige Schuttdecke darstellte und unter dieser nun eine Lagerung der verschiedenen Schichten annahm, wie sie tatsächlich beobachtet werden kann ca. 1 km östlich des Tunneltrace am Abhang Ratfluh- Gestlerfluh. Hier sticht nämlich, wie Dr. Baumberger und ich nachweisen konnten, zwischen der verkehrten Sequanserie der Gestler- fluh und der normalen der Ratfluh eine mächtige Zone von Effinger- Schichten hervor, die oberflächlich den Kern der liegenden Ratfluh- falte ausmacht.!*) Ich räume gerne ein, dass die Uebertragung derart weit abliegender Beobachtungen auf das Tunneltrace gewissen Ein- wänden ausgesetzt ist, allein es schien mir immer noch der sicherste Weg zu sein.

Auch für die Konstruktion des Kerns der Ratfluhfalte musste in ähnlicher Weise vorgegangen werden, indem hier vor allem die Aufischlüsse bei Altrütiberg und am Bettlachstock zu berück- sichtigen waren. Dieselbe Flexur, die am Hasenmattsüdhang im

14) Diese Argovienzone scheint Rollier übersehen zu haben, denn seine Tunnelprofile verzeichnen im Kern der Ratfluhfalte nur Sequan, ebenso ist sie auf Bl. VII nicht zur Darstellung gelangt.

254 A. Buxtorf.

Sequan und Kimmeridge beobachtet werden kann, findet sich nämlich 3 km westlicher am Bettlachstock wieder, freilich hier in Dogger- Schichten.?) Da nun vom Bettlachstock und Altrütiberg aus nach Südwesten zu die Weissensteinkette sehr stark axial absinkt, taucht südlich Altrütiberg auch die Doggerflexur des Bettlachstockes nach Westen zu in die Tiefe, um überm Tunneltrace den Kern zu bilden zur Argovienzone südlich Ratfluh.

Die Darstellung der Doggerfalte unter Ratfluh, wie sie die Pro- file 1, 6 und 7 geben, verwertet somit hauptsächlich die recht ent- fernten Beobachtungen am Bettlachstock und Altrütiberg, wodurch es auch erklärlich wird, dass die Profile untereinander und auch von demjenigen Rollier’s sehr stark abweichen, je nachdem eben diesem oder jenem Momente mehr Bedeutung zugemessen wird. In ÆRollier's Darstellung klingt die Ratfluhfalte nach der Tiefe zu so rasch aus, dass sie im Hauptrogenstein des Grenchenbergsüdschenkels nur noch eine ganz unbedeutende Knickung verursacht. In meinen Profilen 1 und 6 dagegen äussert sich die Falte wenigstens bis in die Opa- linustone hinab, wobei gestützt auf Beobachtungen am Altrütiberg (vgl. Fussnote S. 248) ausserdem an der Umbiegungsstelle eine Bruchüberschiebung vorausgesetzt wird. In Profil 7 endlich räume ich der Ratfluhfalte noch grössere Selbständigkeit ein, sodass wir dann im Grenchenberg ein Doppelgewölbe vor uns haben, dessen beide Falten denen des Weissensteins entsprechen. Keine der drei verschiedenen Annahmen darf mehr Wahrscheinlichkeit be- anspruchen als die beiden andern, sodass wir auf den Befund sehr gespannt sein dürfen. |

Endlich ist noch kurz die südlichste Tunnelstrecke näher zu betrachten.

Auch hier begegnete die Begutachtung grossen Schwierigkeiten, weil infolge mächtiger Bedeckung durch Moränen, fluvioglaciale Schotter und Gehängeschutt Aufschlüsse fast ganz fehlen. Die den tiefern Untergrund bildende Molasse (bunte Mergel und Sandsteine des Delemontien) konnte ich nur an einer einzigen Stelle überm Tun- neltrace in einem Waldweg beobachten, eine Messung des Einfallens war aber unmöglich. Auch die beiden Sondierbohrungen in der Nähe des Südportals gaben über die Lagerungsverhältnisse keinen Auf- schluss. Aus Mergelaufschlüssen, die ich sodann auf ca. 770 m Höhe, ca. 1 km nördlich von ‚‚In den Stauden“ entdeckte, ergab sich mir nur ganz allgemein, dass der Molassemantel ziemlich hoch am Ge- birge hinaufsteige. Die Portland- und Kimmeridgekalke endlich, die

15) Dies ist z.T. auch aus Rolliers „Carte tectonique de Moutier“ er- sichtlich (vgl. besonders die Ostseite des Bettlachstocks).

Neuer Hauenstein- und Grenchenberstunnel. 255

an den Abhängen oberhalb und westlich Bühlen, sowie am Fussweg von Grenchen nach dem Stierenberg vielfach herausstechen, ergaben so auffallend flaches Nordfallen und zeigten dabei so gelockerten Schichtverband, dass den gewonnenen Messungen nur bedingter Wert beigemessen werden konnte. Die Ueberkippung des Malm schien mir freilich in erster Linie tektonischer Natur und bedingt zu sein durch die Ratfluhfalte; der gesamte Schichtverband aber zeigte sehr klar, dass wenigstens in den oberflächlichern Partien mit Sackung und „Hackenwerfen en gros“ gerechnet werden müsse.

_ Unter Berücksichtigung aller dieser Momente entstand schiesslich Anfang 1912 das prognostische Profil 1, das im Prinzip mit Rollier's Auffassung (vgl. Fig. 1, S. 241) viel Uebereinstimmung zeigt, aber der Molassedecke bedeutend grössere Mächtigkeit zu weist. Dies letztere ergab sich nicht nur aus den Sondierbohrungen, sondern war schon 1908 von E. Baumberger und mir im oben genannten Gutachten be- fürwortet worden.

Durch den seither erfolgten Tunnelbau hat dieses Profil 1 aller- dings beträchtliche Modifikationen erfahren müssen. Als im No- vember 1912 der Vortrieb statt in Malm immer noch in bergwärts einfallender Molasse erfolgte und die Unhaltbarkeit meines ersten Profils klar lag, habe ich auf Verlangen der Bauunternehmung für die nächstfolgende Tunnelstrecke ein neues Profil, Profil 4 der Tafel II entworfen, wobei ich die Befunde bis 1034 ab Portal ver- werten konnte. In diesem neuen Entwurf wird nun ein tiefes Ein- stechen der Molassemulde vorausgesetzt und die Molasse-Malmgrenze erst bei + 1280 m ab Südportal angenommen.

Diese zweite Prognose hat in der Folge wenigstens teilweise Bestätigung gefunden. Wie Profil6 (entworfen 26. Februar 1913, Vortrieb bei 1535 m) zeigt, wurde bei 1302 m der stark überkippte, von Klüften und Rutschflächen durchsetzte Malm angefahren, der normal von einer dünnen Kruste von Bohnerztonen bedeckt war. Die vorgelagerte Mollassemulde aber zeigte ungleich kompliziertere Ver- hältnisse als angenommen worden war. Von der vermutet verkehrten Folge von Molasse alsacienne war nichts zu finden, vielmehr fanden sich bis zur Begegnung des Bohnerztons beständig stark zerklüftete Mergel des Del&montien, an welche längs einer nach Süden an- steigenden Grenzfläche die Bohnerzformation unvermittelt anstiess. Die Asymmetrie der Mulde aber wurde noch besonders dadurch klar erkennbar, dass bei 1198 m mitten in grauen oder bunten Mer- geln ein äusserst fossilreiches steil südwärts einfallendes Schicht- paket von mariner Molasse sich einstellte. Dieser Befund kam umso überraschender, als die nächsten bekannten Vorkommen von. mariner Molasse viele Kilometer weit weg an den Molassehügeln

256 A. Buxtorf.

zwischen Büren und Biel liegen (vgl. Bl. VII). Herr Dr. Baumberger, der diese letztern Aufschlüsse genauer kennt, hatte die Freundlich- keit, meine Aufsammlungen durchzusehen und konnte den Horizont noch spezieller dem obern Teil der marinen Molasse, dem Vindo- bonien zuweisen. Ich gehe nun wohl nicht fehl in der Annahme, dass dieses Vindobonien innerhalb der allerdings sehr stark ver- quetschten Mulde die jüngsten vorkommenden Molasseschichten, d. h. ungefähr den Muldenkern darstellt. Wir erkennen dann, dass einem mehrere 100 Meter mächtigen, in seinen untern Partien ganz ruhig gelagerten Muldensüdschenkel ein sehr stark reduzierter, im ganzen 100 m kaum erreichender, verkehrter Nordschenkel gesen- übersteht. Und dieses Verhältnis, im Verein mit den oberflächlichen Lagerungsverhältnissen, kann meines Erachtens nur so erklärt werden, dass bei der Auffaltung des Grenchenbergs die Ratfluhfalte süd- wärts gegen das Molasseland hinausgepresst und ıhr Südschenkel schliesslich auf Molasse überschoben worden ist, wobei der verkehrte Nordflügel der Molassemulde weitgehende Reduktion und in seinen ältern Schichten vollständige Ausquetschung erfahren hat. Aus dem sich entgegenstehenden Einfalien der marinen Molasse einerseits und des Kimmeridge andererseits glaubte ich ferner schliessen zu dürfen, dass der Muldenkern von Meeresmolasse nach oben ganz abgequetscht worden ist, wie ich im Profil 6 angenommen habe.

Es bedarf keiner weitern Auseinandersetzung, dass es ganz aus- geschlossen ist, die beschriebenen Lagerungsverhältnisse etwa durch blosse Sackung des Südschenkels des Grenchenbergs erklären zu wollen. Dass am Abhang oberflächlich die Schichten mehrfach Lockerung und Sackung erkennen lassen, wurde schon oben erwähnt, allein für den in dieser Partie 3—500 m tief liegenden Tunnel ist ein Einfluss dieser Oberflächenvorgänge selbstverständlich ganz aus- geschlossen, umso mehr als über der südlichsten Tunnelstrecke die Abhangsböschung eine so flache ist, dass Terrainbewegungen hier ganz ausgeschlossen sind. Der Befund im Tunnel kann nur durch eine bei der Auffaltung der Kette entstandene Ueberschiebung des Malms über die südwärts vorgelagerte Molasse erklärt werden. Es sei noch erwähnt, dass sowohl im Portland als auch im südlichsten Kimmeridge in grosser Zahl flach nordwärts geneigte Rutschflächen sich zeigten, längs welchen immer die oberen Schichtpakete nach Sü- den verschoben erschienen (vgl. Profil 6). Es handelt sich um typische Begleiterscheinungen der grossen am Malm-Molassekontakt zu beobachtenden Ueberschiebung.

Entgegen aller Erwartung und Voraussicht (vel. Profil 1) lieferte also der südlichste Abschnitt des Grenchenbergtunnels den

Neuer Hauenstein- und Grenchenbergtunnel. 257

Beweis für das tatsächliche Vorhandensein südwärts ge- richteter UeberschiebungenamInnenranddesJura. Und damit erhalten meine für das Günsberggebiet ausgespro- chenen Anschauungen, die erst kürzlich von H. Gerth noch ange- fochten worden sind, eine ebenso unerwartete als willkommene Stütze. Dies ist umso mehr der Fall, als die verkehrte und überschobene Malmserie des Grenchenbergtunnels nach Osten unter allmählicher Aufrichtung ununterbrochen weiterstreicht in die Südabdachung des Weissensteins, um noch weiter östlich in der Balmfluh und im Kım- meridgeriff von Säget ob Günsberg von Neuem überkippte Lagerung zu zeigen wie bei Grenchen.!®)

Gerade im Hinblick auf die Controverse zwischen H. Gerth und mir erschien es geboterf, hier den Befund wenigstens kurz zu erwähnen, wobei ich mir vorbehalte, auf die übrigen Einwände Gerth's bei späterer Gelegenheit zurückzukommen.

3. Schlusswort.

Meine Ausführungen zeigen wohl zur Genüge, welch eine Fülle der verschiedensten Probleme sich an diese beiden Juradurchstiche knüpfen. Teils handelt es sich mehr um Einzelheiten, zum Teil aber auch um Fragen, die für unsere gesamten Anschauungen über Jura- tektonik von einschneidender Bedeutung sind. Während Rollier (1902) im Kern des Grenchenberges noch Buntsandstein und Wellen- kalk vermutet, habe ich mich bei meinen Prognosen sowohl für Hauen- stein als Grenchenberg strikte an die von mir 1907 aufgestellte ,,Ab- scherungtheorie“ gehalten und als älteste mitgefaltete oder über- schobene Schicht die Anhydritgruppe angenommen. Gerade im Hin- blick auf die Abscherungstheorie erhoffe ich von den beiden Bauten wichtige Aufschlüsse und zwar namentlich in folgender Richtung. Es ist bekannt, dass wir im Kettenjura wohl den obern Teil der Anhydritgruppe auftreten sehen, aber nie den untern, der die Steinsalzlager führt, noch viel weniger dessen Liegendes, den W el- lenkalk. Gewöhnlich führt man das Fehlen des Steinsalzes im Kettenjura zurück auf Auslaugung, was in vielen Fällen sehr wohl möglich ist. Allen es wäre auch denkbar, dass dieses Fehlen inder Tektonik begründet ist und zwar in dem Sinne, dass nicht die Anhydritgruppe als Ganzes die Abscherung ermöglichte, son-

16) Ueber Günsberg vgl. man meine „Bemerkungen über den Gebirgs- bau des nordschweizerischen Kettenjura im besondern der Weissensteinkette” (Ztschr. Deutsche geol. Ges., Bd. 63, 1911, S. 341), ferner H. Gerth: Flache Ueberschiebung oder Absenkung auf der Südflanke der Weissensteinkette bei Günsberg? (Monatsberichte, Deutsche geol. Ges., Bd. 65, 1913, S. 47.)

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258 A. Buxtorf.

dern dass die Abgleitung und Abscherung der Sedimentdecke in erster Linie auf dem Salzhorizont erfolgte, dem innerhalb der Anhy- dritgruppe wohl die grösste Plasticität eigen sein dürfte. Damit wäre das Fehlen von Salzhorizonten im Kettenjura ohne Weiteres ver- ständlich. Bis zu einem gewissen Grade kann diese Ansicht schon heute gestützt werden, einerseits durch das Fehlen des Wellenkalks, andererseits durch die Tatsache, dass in den grossen Ueberschiebungs- gebieten Hauenstein etc. der obere Teil der Anhydritgruppe in voller Mächtigkeit vorhanden ist. Viel wertvoller sind natürlich die Profile der Tunnelbauten, und da wir glücklicherweise im Laufe der letzten Jahre durch zahlreiche Bohrungen auch über die Stratigraphie der salzführenden Anhydritgruppe im nördlich vorgelagerten Basler und Aargauer Tafeljura genau unterrichtet worden sind, so erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der sorgfältige Vergleich der beidseitigen Befunde die oben aufgeworfene Frage ihrer Lösung näher bringen wird.

Basel, Min. geol. Institut der Universität, Herbst 1913.

Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1912.

Von

Fritz Sarasin.

Der Berichterstatter fühlt sich gedrängt, seine Jahresübersicht mit Worten des Dankes einzuleiten an diejenigen Herren, welche für ihn während seiner anderthalbjährigen Abwesenheit seine Museums- tätigkeit übernommen haben, den Vizepräsidenten, Herrn Dr. Th. Engelmann, der die laufenden Präsidialgeschäfte geführt und Herrn Dr. H. G. Stehlin, der für die Zoologische Abteilung Sorge ge- tragen hat.

Unsere Kommission hat im verflossenen Jahr einen schweren Verlust erlitten durch den Tod ihres langjährigen Mitglieds, des Herrn Prof. Karl Vonder Mühll, dessen warmes Interesse am Gedeihen des Naturhistorischen Museums uns in dankbarer Erinnerung bleiben wird. Wir werden seinen kundigen und stets wohlmeinenden Rat in Zukunft noch oft schmerzlich vermissen.

Wie immer, so hat auch dieses Jahr unsere Anstalt lebhafte För- derung von seiten der Behörden, verschiedener Gesellschaften und Privatleuten erfahren dürfen. Mit besonderem Danke erwähnen wir die Gesellschaft zur Förderung des Guten und Gemeinnützigen und den Freiwilligen Museumsverein, der uns ausser seinem jährlichen Beitrag Fr. 600.— bewilligt hat zur Deckung einer Restschuld des Ankaufs fossiler Säugetierschädel von Samos und Fr. 500.— für Er- werbung zoologischer Objekte. Die Zinsen der Rütimeyerstiftung sind dieses Jahr ganz der Osteologischen Abteilung zugut gekommen. Für Mobiliaranschaffungen hat uns die h. Regierung einen Extra- kredit von Fr. 1100.— bewilligt, und die Allgemeine Museumskom- mission hat uns für Installationsbedürfnisse Fr. 2604.— überwiesen.

Zu mehreren vom Erziehungsdepartement vorgelegten Fragen hat die Kommission Stellung genommen, so zum Vorschlage, statt am Mittwoch Nachmittag, am Samstag Nachmittag die Sammlungen ohne Eintrittsgebühr offen zu halten. Die Kommission konnte sich nicht dazu entschliessen, den längst eingebürgerten Mittwoch Nach-

260 Fritz Sarasin.

mittag fallen zu lassen, vertrat vielmehr in ihrer Mehrheit die An- sicht, es seiian den drei Nachmittagen, Mittwoch, Samstag und Sonn- tag, freier Eintritt zu gewähren, wenn für die Mehrkosten des Auf- sichtsdienstes Deckung geschaffen werde, oder aber es sei der freie Sonntag Nachmittag gegen den Samstag zu vertauschen, falls hieraus kein Nachteil für die Landbevölkerung erwachse. Eine weitere An- frage, wie in unserem Museum der Tausch oder Verkauf von Dou- bletten gehandhabt werde, wurde durch folgenden Kommissionsbe- schluss geregelt: Die Abgabe von Doubletten unterliegt, sobald es sich dabei um Objekte von einiger Bedeutung handelt, der Creneh- migung des Präsidenten, eventuell der Kommission.

Die Führungen in den Museumssammlungen erfreuen sich stets einer lebhaften Beteiligung. Im Winter 1911/12 wurden folgende Themata behandelt: Herr Dr. G. Imhof, Fischleben im Meer und Hochseefischerei und zweitens die menschenähnlichen Affen, Herr Dr. A. Buxtorf, Salzvorkommen der Umgebung von Basel, Herr Dr. E. Baumberger, die Eiszeiten, Herr Dr. F. Zyndel, Bergkrystalle. Allen diesen Herren sprechen wir für ihre Bemühungen unsern Dank aus.

Wir gehen nun zu den einzelnen Abteilungen über.

Zoologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, F. S.)

Der Vorsteher und der Custos, Herr Dr. J. Roux, haben nach ihrer Rückkehr Ende Juli die Besorgung der Zoologischen Samm- lung wieder aufgenommen, welche während ihrer Abwesenheit von Herrn Dr. H. G. Stehlin und Herrn Dr. P. Revilliod als Assistenten verwaltet worden war. Der letztere hat in dieser Zeit den gesamten Katalog der Säugetiere revidiert, wonach diese Abteilung sich nun in ebenso vollkommener Ordnung befindet, wie die Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische; er hat ferner die Sammlung der Korallen katalogisiert, freilich zumeist nur nach den bereits vorhandenen Eti- ketten, da für eine wissenschaftliche Durcharbeitung hier die Lite- ratur fehlt.

Herr Dr. J. Roux und der Vorsteher haben von Neu-Kaledonien und den Loyalty-Inseln eine umfangreiche zoologische Sammlung nach Hause gebracht, welche sukzessive nach erfolgter Bearbeitung dem Museum einverleibt werden soll. Grosse Bestände von Doubletten der im Handel schwer erhältlichen kaledonischen Objekte werden ge- statten, auch durch Tauschverkehr unsre Sammlungen beträchtlich zu vermehren. Ferner hat uns Herr Dr. Felix Speiser von den Neuen Hebriden eine zwar nicht grosse, aber wegen der Seltenheit wertvolle

Basler Naturhistorisches Museum. 261

zoologische Sammlung überbracht, welche zu gleicher Zeit wie die kaledonischen Sachen bearbeitet werden soll. Es sind schon jetzt über 30 zoologische Mitarbeiter für dieses faunistische Werk gewonnen worden. Herr Roux hat mehrere Monate ganz auf die Verteilung der genannten Sammlungen nach ihrem systematischen Inhalt verwenden müssen, wobei ihm auch die Herren von der Entomologischen Ab- teilung hilfreich an die Hand gegangen sind. Er bearbeitet gegen- wärtig die kaledonischen Reptilien, Dr. P. Revilliod die Säugetiere, der Vorsteher die kaledonischen Vögel.

Säugetiere. Unter dem Zuwachs an Säugetieren ist in erster Linie das Geschenk des Freivilligen Museumsvereins, die seltene Himalaya-Antilope, Pantholops hodgsoni, hervorzuheben, dann ein sehr schönes, fertig aufgestelltes Exemplar eines sumatranischen Tigers, eine wertvolle Gabe der Herren G. Forrer in Sumatra und Alb. v. Speyr-Bölger. Herr Dr. R. Biedermann-Imhoof hat uns von seiner Altai-Expedition freundlichst eine Reihe von Säugetieren mit- gebracht, worunter sich mehrere seltene, uns noch fehlende Arten befanden. In Aegypten und dem cilicischen Taurus sammelte für uns Herr Dr. Ed.Graeter, im Gabun Herr Missionar Ch. Herrmann. Weitere Gaben gingen ein von den Herren Dr. $. Schaub, G. Schnei- der und der Direktion des Zoologischen Gartens (siehe die Liste der Geschenke). Eine Reihe Sachen verschiedener Herkunft wurden an- gekauft (siehe das Verzeichnis der Ankäufe).

Vögel. Die schweizerische Vogelsammlung verdankt eines ihrer schönsten Stücke wiederum dem Museumsverein, einen Seeadler, Haliaëtus albicillus, geschossen bei Herboltsheim am Rhein, 27. De- zember 1911.

Zur Schweizer Fauna, wenigstens zu der früherer Jahrhun- derte, gehört ein seltsamer Vogel aus der Familie der Ibisse, der als „Waldrapp“ seinerzeit bekannt war, jetzt aber längst aus unseren Gegenden verschwunden ist und nur in Kleinasien und Nordafrika noch vorkommt, Comatibis eremita. Ein schönes Exemplar dieser Art ist noch während meiner Abwesenheit für die Sammlung ge- kauft worden.

Herr A. Wendnagel sandte eine Wasserralle ein, die an einer Starkstromleitung verunglückte, andere Geschenke Herr Dr. K. Im Obersteg, Herr F.W. Riggenbach, die Zoologische Gartendirek- lion und der Vorsteher. Im ganzen nahm die Sammlung nur zu um 3 neue Gattungen und 9 neue Arten.

Reptilien und Amphibien. Auch diese Sammlung hat nur einen verhältnismässig schwachen Zuwachs erfahren, nämlich nur um 19

262 Fritz Sarasin.

für uns neue Arten. Als Schenker sind zu nennen die Herren Mis- sionar Dr. Borle, Dr. Ed. Graeter, Missionar Ch. Herrmann, Dr. W.Hotz, G. Müller-Bovet, Prof. Dr. G. Senn, Dr. A.Theiler und der Zoologische Garten. 7 amerikanische Arten erhielten wir durch Tausch mit dem Museum von Cambridge U.S.A.

Fische. Den Hauptzuwachs an Fischen verdanken wir den Herren Drs. S. Schaub und H. Helbing, welche eine Kollektion aus dem Nachlasse des Herrn Prof. Rud. Burckhardt uns übergaben, anderes Herrn Dr. A. Graeter und G. Müller-Bovet. Unsere ziemlich grosse Sammlung südamerikanischer Fische, welche Herr Hofrat Steindachner in Wien zur Bearbeitung und Vergleichung gewünscht hatte, ist nun in der Hauptsache wieder zurückgekommen.

Wirbellose Tiere. An wirbellosen Tieren gingen Geschenke ein von Herrn Missionar Borle, Dr. Alb. Graeter, Missionar Ch. Herr- mann, Dr. W. Hotz, P. Obrist und dem Vorsteher und zwar aus den verschiedensten Gruppen. Angekauft wurden als schöne Schaustücke ein Kalkblock mit eingesenkten Bohrmuscheln, Lithodomus dacty- lus, von der dalmatinischen Küste und eine Kalkplatte mit aufge- wachsenem Badeschwamm, Euspongia officinalis, ebendaher. In dieser grossen Museumsabteilung macht sich das-Fehlen eines Assi- stenten immer mehr fühlbar. Beim ‚besten Willen ist ohne einen solchen keine Ordnung in die teilweise nicht unbedeutenden Be- stände zu bringen. Nur in der Molluskensammlung hat Herr Dr. G. Bollinger in gewissenhafter Weise seine Bestimmungs- und Kata- D sen base fortgesetzt, die aber noch des Jahr in An- spruch nehmen werden, ra in den Wintermonaten für ihn kein heiz- und beleuchtbares Arbeitszimmer zur Verfügung steht, seine Arbeit also eingestellt werden muss.

Entomologische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. L. G. Courvoisier.)

In der Lepidopteren-Sammlung sind die Arbeiten leider durch längere Krankheit unseres treuen freiwilligen Konservators, des Herrn Hans Sulger, unterbrochen worden. Doch hat derselbe später man- ches nachgeholt und die Umordnung aus den kleinen ue in die neuen grösseren Rahmen so weit gefördert, dass nur noch ein allerdings noch beträchtlicher Teil der Nachtfalter übrig bleibt. Auch verdanken wir ihm als Geschenk zwei Pultschränke.

Herr Sekundarlehrer Liniger hat während der Monate Januar und Februar die Imhoff’sche Coleopteren-Sammlung neu geordnet, im März die von Herrn Missionar Stutz aus Kamerun gebrachten

Basler Naturhistorisches Museum. 263

Käfer eingereiht, im April einen grossen Teil der Neuroptera, Mai bis September etwa einen Drittel der Hymenoptera und seither die von den Herren Drs. Sarasin und Roux in Neukaledonien und auf den Loyalty-Inseln erbeuteten Orthoptera geordnet.

Von Geschenken sind als besonders wertvoll zu nennen die von Herrn L. Paravicini in Arlesheim uns übergebenen zahlreichen exotischen Falter (20 Rahmen), von Herrn W. Schmassmann in Lon- don der seltene Papilio homerus aus Jamaika und von Herrn R. Forcart-Bachofen ein schönes Paar des indischen Seidenspinners Antheraea mylitta nebst Puppen.

Für die Ankäufe sehe man das Verzeichnis im Anhang ein.

Osteologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.)

Hauptereignis des Berichtsjahres war für die osteologische Ab- teilung der Ankauf einer Sammlung von Säugetierfossilien von der Insel Samos. Der Freiwillige Museumsverein hatte schon Ende 1911 einen Beitrag von Fr. 1500.— für diesen Zweck zugesagt. Nach- dem die Sammlung anfangs des Berichtsjahres eingetroffen war, hat er die Gewogenheit gehabt, diese Summe um Fr. 600.— zu erhöhen, wodurch uns ermöglicht wurde, den Ankauf ohne Inanspruchnahme unserer anderweitigen Mittel abzuschliessen. Gleichwohl schliesst die Abteilungsrechnung mit einem beträchtlichen Defizit, da sich ver- lockende Kaufgelegenheiten in fast überreicher Zahl dargeboten haben.

Mesozoïcum. Die Direktion des Museums in Solothurn hat uns den Abguss einer Schale von Platychelys oberndorferi aus den Stein- brüchen von Solothurn zum Geschenk gemacht.

Eocän. Die Belegmaterialien von verschiedenen in früheren Be- richten genannten auswärtigen Eocänfundstätten liessen sich in er- freulicher Weise vervollständigen. Ferner wurden die seit mehreren ‚Jahren verschiedener Umstände halber unterbrochenen Ausgrabungen in Egerkingen mit gutem Erfolg wieder aufgenommen. Das American Museum of Natural History in New-York überraschte uns mit einem wertvollen Nachtrag zu seiner vorjährigen Sendung, bestehend aus Belegstücken von Carnivoren (Oxyaena, Pachyaena, Sinopa, Didy- mictis), Primaten (Pelycodus, Anaptomorphus, Hemiacodon) und Nagern (Paramys, Sciuravus) aus der Wasatsch-, der Windriver- und der Bridgerstufe, welche uns als Vergleichsmaterialien beim Studium verwandter europäischer Formen sehr schätzenswerte Dienste leisten werden.

264 Fritz Sarasin.

Oligocän. Aus den rasch berühmt gewordenen Unteroligocän- Schichten des Fayum (Aegypten) sind zwei Unterkieferhälften von Palasomastodon und eine Oberkieferzahnreihe von Arsinoïtherium, einem seltsamen und vorderhand sehr isoliert stehenden Huftiere, bezogen worden. Der auf das europäische Mitteloligocän oder Stam- pien bezüglichen Dokumentation konnten verschiedene Ergänzungen zugeführt werden, worunter die in der Geschenkliste genannten Gaben von Herrn Leopold Malbert und Fräulein M. Grenier be- sondere Hervorhebung verdienen. Aus dem oberoligocänen Phryga- nidenkalk der Limagne, den fast jeder Jahresbericht zu erwähnen hat, sind ziemlich breite neue Materialien eingegangen. Das bemer- kenswerteste darunter sind prachtvoll erhaltene Schädel und Lang- knochen einer bisher unbekannten Fledermaus aus der Gruppe der Vespertilioniden.

Miocän. Verschiedene seit Jahren überwachte Untermiocänfund- orte der Gegend von Orleans und Blois haben eine erfreuliche Aus- beute geboten, aus der ein schönes Stosszahnstück von Mastodon an- œustidens und als besonders willkommene Raritäten einige Geweih- stangen der noch sehr primitiven Hirsche dieses Horizontes besonders hervorgehoben seien. Auch die Serien aus dem Mittelmiocän konnten wieder durch Bezüge von verschiedenen Lokalitäten etwas vermehrt werden. Die eingangs erwähnte Sammlung von Samos, die wir dem Freiwilligen Museumsverein verdanken, umfasst, neben minder wich- tigem, Schädel von Rhinoceros pachygnathus “(einer den lebenden afrikanischen Rhinoceriden nahe stehenden Form), von Hyaena eximia (einer nahen Verwandten der lebenden gefleckten Hyäne), von zwei Hipparionarten und von zwei noch zu bestimmenden Antilopen- arten, sowie Kiefer von Sus erymanthius und Mastodon pentelıcı. Alle diese Fundstücke sind sehr schön erhalten und werden das bis- her etwas dürftig vertretene Obermiocän in unserer künftigen Schau- stellung in sehr vorteilhafter Weise repräsentieren.

Pliöcän. Die seit mehreren Jahren betriebenen Ausgrabungen ım obern Pliocän von Seneze (Haute Loire) sind eifrig fortgesetzt worden. Das Glanzstück der diesjährigen Ausbeute ist ein sehr schöner Unterkiefer des Elephas meridionalis, der sich von den- jenigen, die wir von italienischen Lokalitäten besitzen, durch primi- tivere Gestaltung des Vorderendes unterscheidet. Ausser von Seneze sind oberpliocäne Fossilien auch von einem andern auvergnatischen Fundorte, Vialette, sowie aus Val d’Arno eingegangen.

Pleistocän. Von den, von ihm stetsfort in verdankenswerter Weise überwachten, Mittelpleistocän-Fundstellen des Val di Chiana hat uns Herr Pfarrer H. Iselin in Florenz zwei Sendungen zugehen

Basler Naturhistorisches Museum. 265

lassen. Neben einem fast vollständigen Schädel von Bison priscus sind daraus Belegstücke zweier bisher nicht beobachteter Arten her- vorzuheben, nämlich eine Tibia des Schwanes und ein Radius des Menschen. Ferner sind einige Säugetierreste aus dem ältern und jüngern Pleistocän der Auvergne, aus dem jüngern Pleistocän unserer Umgebung und von mehreren Fundstätten aus der jüngsten Phase der Vergangenheit eingegangen, worüber die Geschenkliste zu kon- sultieren ist.

Rezente Osteologica. Durch Ankauf sind einige Lücken unserer Skelettsammlung, welche sich bei gegenwärtig im Gang befindlichen Untersuchungen fühlbar machten, ausgefüllt worden (s. Verzeichnis der Ankäufe.) Eine sehr angenehme Ueberraschung bereitete uns ein im Auslande wohnender Landsmann, Herr Dr. R. Biedermann- Imhoof, ındem er uns aus der Ausbeute einer von ihm veranstalteten Expedition in das Altaigebiet die unten in der Geschenkliste aufge- führte wertvolle Serie von Schädeln schenkte. Herr Dr. Adam David brachte uns von seiner letzten Afrikareise eine höchst willkommene Rarität mit, einen Schädel des längere Zeit für ausgestorben ge- haltenen weissen Nashorns, Rhinoceros simus. Weitere wertvolle Ge-

schenke verdanken wir den Herrn Dr. Felix Speiser und Dr. G. Niet- hammer (s. Geschenkliste). Endlich verpflichtete uns, wie alljähr- lich, die Direktion des Zoologischen Gartens durch Ueberlassung einer Reihe von Tierleichen.

Verwaltung. Herr Dr. P. Revilliod hat die Revision des Katalogs der rezenten Osteologica in allen Teilen zu Ende geführt und dann noch die Sammlung der Wirbeltierreste aus den Pfahlbauten revidiert. und neu geordnet.

Dank einem vom Staate gewährten Extrakredit von Fr. 500.— konnte die Vorbereitung der künftigen Schaustellung intensiver als bisher gefördert werden. Seit letztem Winter erfreuen wir uns bei dieser Arbeit der Beihilfe von Herrn Dr. H. Helbing, die an dieser Stelle aufs beste verdankt sei.

Das löbliche Baudepartement hat uns durch Erneuerung der Hydrantenschläuche im Laboratorium verpflichtet.

Die Sammlung ist zu Studienzwecken besucht worden von den Herren Granger in New-York, Pilgrim in Kalkutta, Haupt in Darm- stadt, Boas in Kopenhagen, Soergel in Freiburg i. B., Stefanini in Padua, Hernandez-Pacheco in Madrid. Materialien wurden ausge- liehen an die Herren Brauer in Berlin, Soergel in Freiburg, Kollmann in Basel.

Im Berichtsjahre ist die Arbeit von Herrn W. Soergel über »Elephas trogontherii und Elephas antiquus“ (Palacontographica

266 Fritz Sarasin.

Band LX) erschienen, in welcher diverse Elefantenmaterialien unserer Sammlung verwertet sind. Ein neuer Faszikel (VII, erste Hälfte) von des Vorstehers „Säugetieren des schweizerischen Eocäns“, die Adapiden behandelnd, verlässt eben die Presse und ein weiterer (VII, zweite Hälfte), den übrigen Primaten gewidmet, ist nahezu druckfertig. Auch die von Herrn Dr. Revilliod unternommene Be- arbeitung unserer fossilen Chiroptern geht ihrem Abschluss entgegen.

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Geologische Sammlung.

A. Petrographische und Indische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. C. Schmidt.)

1. Petrographische Abteilung I: Die Untersuchungen im Splügen- gebiet und in Mittelbünden sind im Jahre 1912 namentlich von Dr. F. Zyndel weitergeführt worden im Auftrag der Schweiz. Geolog. Kommission.

Die gesamten seit 1907 gesammelten Belegstücke wurden syste- matisch. geordnet, sie füllen ca. 40 Schiebladen. Verwertet wurde diese Sammlung in der ‚Publikation von F. Zyndel „Ueber den Ge- birgsbau Mittelbündens“. (Beitr. zur Geolog. Karte der Schweiz N. F. 41. Lief.) Herr Prof. H. Preiswerk hat die im. Auftrag der Schweiz. Geol. Kommission begonnenen Untersuchungen im nörd- lichen Tessin fortgesetzt, das gesammelte Material füllt ca. 5 Schieb- laden. |

Von C. Schmidt und J. Zurkirch ist eine vollständige Suite der bituminösen, z. T. sehr fossilreichen Fischschiefer aus der Gegend von Lugano und Varese gesammelt worden. Die systematische Ordnung der alpinen krystallinen Gesteine hat Herr Dr. Emil Gutz-- willer in Angriff genommen.

Von ausländischen Suiten sind zu er le esse Cresteine von Aetna und Vesuv, ferner eine sehr vollständige Serie von Asphalt- gesteinen mit Fossilien von Ragusa (Sizilien), gesammelt von C.

Schmidt und R. Schider.

Erzla gerstättensammlung. Eine allgemeine systematische Samm- lung von Erzen ist im Berichtsjahre fertiggestellt worden. Diese Sabre füllt drei Schränke von 32 Schiebladen. Die vor handenen Bestände wurden durch Ankäufe, namentlich bei der Mine- ralien-Niederlage der K. S. Bergakademie in Freiberg, ergänzt. Ferner konnte eine Serie von Donc von Bilbao und von Kupfer- erzen aus Spanien, gesammelt von C. Schmidt im Sommer 1912, der Sammlung ingame werden.

Basler Naturhistorisches Museum. 267

Sehr wertvoll ist die als Geschenk uns überlassene Original- Sammlung zur Monographie der bekannten Lagerstätte von Traver- sella in Piemont von Dr. F. Müller. Die Arbeit ist erschienen in der Zeitschrift für prakt. Geologie 1912; die ganze Sammlung füllt 24 Schiebladen.

2. Indische Abteilung. Die Belegstücke zu den. geologischen Aufnahmen auf der Klias-Halbinsel in Nord-Borneo von Dr. @. Niet- hammer sind eingereiht worden.

B. Alpin-sedimentäre Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Buxtorf.)

Die Unterbringung ist dieselbe geblieben wie im Vorjahr; die vorläufigen Ordnungsarbeiten können als abgeschlossen betrachtet werden; mit den in den kommenden Jahren vorzunehmenden Be- stimmungsarbeiten konnte noch nicht begonnen werden, da der Be- richtende durch anderweitige Arbeiten in Anspruch genommen war. Diese letztern kommen im allgemeinen ebenfalls den geologi- schen Sammlungen des Museums zugute, betreffen aber im beson- dern hauptsächlich Sammlungsteile, die Herrn Dr. Greppin unter- stellt sind. Hieher gehört die Bearbeitung von Dogger- und Meeres- sandmaterial von Rötteln!); ferner ist der Berichtende damit be- schäftigt, Belegsammlungen des neuen Hauenstein- und des Gren- chenbergtunnels anzulegen, die später dem Museum überwiesen werden sollen.

Wässenschaftliche Benützung erfuhren die Sammlungen im ver- flossenen Jahre keine. Dagegen ist der Bestand der Sammlungen durch Geschenke und Ankäufe nach verschiedener Richtung hin er- gänzt worden. Die vom Unterzeichneten seit vielen Jahren im Auf- trage der Schweiz. Geolog. Kommission am Vierwaldstättersee aus- geführten Untersuchungen haben auch im verflossenen Jahre zahl- reiche Funde geliefert, die den früher geschenkten Beständen ein- sereiht wurden. ‚Die in ähnlichen Aufträgen tätigen Herren Dr. Niethammer und Dr. F. Zyndel übergaben Gesteins- und Fossil- suiten aus der Zentralschweiz, bezw. Mittelbünden.

Angekauft wurden Eocän-Fossilien von Iberg und Demonstra- tionsstücke alpiner Gesteine.

1) Belegstücke zur Arbeit: A. Buxtorf, Dogger- und Meeressand am Röttler Schloss bei Basel. Mitt. d. Grossh. bad. zeol. Landesanstalt. Bd. VII, S. 57-83.

268 Fritz Sarasin.

C. Mesozoisch-Jurassische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Greppin.)

Die seit vielen Jahren begonnene Revision und damit verbunden die Katalogisierung des umfangreichen jurassischen Materials konnte im Berichtsjahr erledigt werden.

Es hat nun jede Etikette eine Nummer erhalten, und dieselbe wurde auch auf die zur Etikette gehörenden Fossilien aufgetragen. Ebenso wurden auf den Etiketten, neben der Nummer, die Stück- zahl der in den Schachteln befindlichen Individuen angegeben.

Mit allen diesen Vorsichtsmassregeln ist der Inhalt der Schieb- laden gesichert, und sollten durch Transporte etc. grössere Verschie- bungen vorkommen, so sind dieselben bald wieder in Ordnung zu bringen.

Der Zettelkatalog besteht heute aus 9200 Nummern, wobei jede Nummer einer Art entspricht.

Die einzelnen Zettel geben Auskunft über:

. Name der Art; . den geologischen Horizont; Hundert:

. Nummer der Etikette und der hiezu gehörenden Fossilien ; . Stückzahl der Fossilien.

Der Zettelkatalog ist, entsprechend der Einordnung der juras- sichen Bestände nach Regionen, in verschiedene Abteilungen zer- gliedert, welche folgende Gebiete umfassen :

Westlicher Jura; Östlicher Jura; Schwäbischer Jura ; Baden exkl. Randen ; Randen; Elsass-Lothringen ; Französischer Jura; Normandie ;

9. England; 10. Norddeutschland.

In den einzelnen Abteilungen sind die Zettel wiederum nach geologischen Horizonten geordnet, von denen im ganzen 36 unter- schieden worden sind.

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Basler Naturhistorisches Museum. 269

Aus Kuriosität habe ich mich mit Benützung des Zettel- katalog sofort ein klares Bild über den Bestand der jurassischen Sammlungen bekommen, und zwar sind wir sofort orientiert über Artenzahl und Stückzahl in den einzelnen Regionen und in den geo- logischen Horizonten.

Was zunächst die Artenzahl anbelangt, gelangen wir für die

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einzelnen Regionen zu folgender Zusammenstellung : 1. Westlicher Jura 2600 Arten 2. Östlicher Jura 2200 3. Schwäbischer Jura DO ns 4. Baden exkl. Randen 1a 5. Randen Aa die 6. Elsass-Lothringen Aa 7. Französischer Jura EDS 8. Normandie Den, 9. England 233 ,, 10. Norddeutschland 201

Aus diesen Zahlen lassen sich wichtige Schlüsse ziehen. Einige Regionen sind ausserordentlich schlecht vertreten. Der schwäbische Jura z. B. mit seinem ungeheuren Artenreichtum mit bloss 536 Arten. Mit dem englischen Jura steht es noch schlimmer, hier haben wir bloss 233 Arten.

Es ist also ein Fingerzeig gegeben, wo wir einlenken müssen, um unsere Bestände zu vervollständigen. Zur Bearbeitung unserer ein- heimischen Fossilien wäre unter anderm englisches Material für uns sehr wichtig, zumal ja ein guter Teil der Typen jurassischer Arten aus dem englischen Jura stammt. In den nächsten Jahren sollte somit eifrig darnach gestrebt werden, Mittel und Wege zu finden, um diese empfindlichen Lücken auszufüllen.

Aus Kuriosität habe ich mich mit Benützung des Zettel- kataloges über Individuenzahl orientiert und bemerke, dass ich wegen der langweiligen Zählung bloss den westlichen Jura berücksichtigt habe. Die Addition hat für dieses Gebiet 32,350 Individuen ergeben. Da wir, wie vorhin erwähnt, 2200 Arten aus dem westlichen Jura besitzen, so fallen auf eine Art je 13 Exemplare. Nehmen wir dieses Mittel auch für die weitern Regionen an, so kommen wir zu einer Gesamtindividuenzahl von ca. 119,000 Exemplaren. Es sei beiläufig noch bemerkt, dass das obere Rauracien sowohl die höchste Arten-, als auch Individuenzahl aufweist: 540 Arten mit 4600 Individuen.

Die nächste Aufgabe wird nun sein, den Zettelkatalog sukzessive weiterzuführen, und ich kann wohl den Wunsch aussprechen, dass dies nicht nur jetzt geschehe, sondern auch in spätern Zeiten.

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Fritz Sarasin.

Am Schlusse meines letztjährigen Berichtes wurde der Ankauf der Sammlungen der Herren Dr. Brändlin und Dr. Niethammer er- wähnt. Die Sammlung Brändlin befindet sich noch behufs Studien- zwecken im geologischen Institut, doch hoffe ich, dieselbe bald in Empfang nehmen zu können.

Betreffs der Sammlung Niethammer, bestehend aus Gresteins- proben und Fossilsuiten der verschiedensten geologischen Horizonte des schweizerischen Jura, bemerke ich, dass dieselbe nun geordnet worden ist. Die Etiketten trugen wohl Fundortsbezeichnungen ; es fehlten indessen die Bestimmungen der Fossilien. Diese Arbeit ist in letzter Zeit erledigt worden. Es würde wohl zu weit führen, über den Inhalt dieser Sammlung zu referieren, ich bemerke bloss, dass sich unter dem mannigfaltigen Material manche schöne Exem- plare befinden, welche in den Sammlungen Lücken ausfüllen oder schlechte Exemplare ersetzen werden.

Unter den im Berichtsjahre eingegangenen Geschenken sei vor allem das wertvolle Geschenk von Herrn Dr. A. Buxtorf erwähnt, bestehend aus den Belegen seiner Publikation: Dogger und Meeres- sand am Röttlerschloss bei Basel. Durch sorgfältige Untersuchungen. und mit Hilfe von Schürfungen ist es Herrn Dr. Buxtorf gelungen, das ganze Doggerprofil am Röttlerschloss direkt an der Rheintal- flexur aufzunehmen und einige für diese Gegend interessante geo- logische Horizonte zu fixieren. Die ganze Schichtserie, inkl. Meeres- sand, ist in der Sammlung: teils durch gute Handstücke, teils durch schöne Fossilsuiten, besonders aus den Ferrugineusschichten gekenn- zeichnet und es wird diese Belegsammlung: bei ähnlichen Studien in benachbarten Gebieten ohne allen Zweifel mit grossem Nutzen kon- sultiert werden.

Von den Ankäufen sei bloss erwähnt eine ca. 70 cm lange und 50cm breite Pentacrinitenplatte aus den Variansschichten des Sichtern-Plateaus bei Liestal. Diese schöne Platte trägt auf der Ober- fläche eine grosse Zahl vollständig erhaltener Exemplare von Penta- erinus leuthardti und Ophiomusium ferrugineum. Die Platte soll später eingerahmt werden als wertvolles Schaustück.

D. Mesozoisch-cretacische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.)

Im Berichtsjahre hat diese Abteilung folgenden Zuwachs er- halten: Herrn Prof. C. Schmidt verdanken wir Kreidefossilien aus den Gosauschichten in Siebenbürgen, ferner Fossilien aus der mittlern Kreide Spaniens. Aus den Hauterivienmergeln von Ligerz am Bieler- see stammt eine grössere Zahl von Acephalen und Cephalopoden, die

Basler Naturhistorisches Museum. 271

während des Baues der Drahtseilbahn Ligerz-Preles gesammelt wer- den konnten und vom Berichterstatter der Sammlung übergeben worden sind. Einzelne Formen, wie Nautilus neocomiensis und Am- moniten aus der Reihe des Hoplites desmoceroides, sind wegen ihrer ungewöhnlichen Grösse besonders nennenswert. Die von Herrn Prof. Schmidt aus Spanien mitgebrachten Fossilien und ferner die Samm- lung Mieg, deren Material hauptsächlich der mittlern und obern Kreide angehört, konnten, dank der Unterstützung durch Herrn cand. phil. Gutzwiller, zum grossen Teil bestimmt und geordnet werden. Auch dieses Jahr musste ein guter Teil der mir für diese Arbeiten zur Verfügung stehenden Zeit verwendet werden für Ordnung und Bestimmung von Fossilien und Handstücken meiner Belegsammlung zu den geologischen Aufnahmen der subalpinen Molasse des Vierwald- stätterseegebietes.

E. Tertiäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung und Sammlung

fossiler Pflanzen. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Gutzwiller.)

Die dem Unterzeichneten zur Besorgung unterstellten Samm- lungen haben in diesem Jahr keine grossen Aenderungen zu ver- zeichnen, weder in bezug auf Zuwachs, noch auf notwendig gewordene Umstellungen.

Im Jahr 1911 ist der oben genannten Abteilung die Mieg’sche Sammlung beigefügt worden, umfassend die tertiären Konchylien des Ober- Elsass und des Badischen Oberlandes, sowie die fossilen Pflanzen ; sie befindet sich ausserhalb des Museumsgebäudes, in einem Zimmer des Hauses Münsterplatz 5, im alten Mobiliar des Donators.

Da mir seit April dieses Jahres, infolge Rücktritt vom Lehramte, nicht nur Sonntage und Ferientage zur Betätigung an den Museums- sammlungen zur Verfügung stehen, habe ich mich entschlossen, die gesamte Mieg’sche Sammlung einer Revision zu unterwerfen und Stück um Stück meine Hand passieren zu lassen. In erster Linie musste jedes Stück auf den Fundort geprüft werden und, wo das nicht schon der Fall war, eine deutlich geschriebene Etikette erhalten. Zur bessern Sicherung des Fundortes wurde derselbe auf das Objekt mit Tusche geschrieben oder auf einer kleinen Etik*tte aufgeklebt. Diese Arbeit ist mit Hilfe von Assistenz durchgeführt worden; eine defi- nitive Bestimmung, Nummerierung und Registrierung muss indessen auf spätere Zeit verschoben werden.

Nach der Mieg’schen Sammlung wurde die Hauptsammlung fossiler Pflanzen einer Durchsicht und teilweisen Bearbeitung unter- worfen. Diese Sammlung füllt 22 kleine Vitrinenschränke und 5

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Fritz Sarasin.

grosse Glasschränke mit Schaustücken. Ein guter Teil dieser Samm- lung stammt aus der Umgebung von Basel; ich erwähne die Keuper- pflanzen von Neue Welt, von der Moderhalde und von Hemmiken ; ferner die Tertiärpflanzen von Allschwil, Bättwil, Aesch ete. Im all- gemeinen ist die Sammlung in guter Ordnung und bedarf nur einer Ergänzung in der Etikettierung. Einzig die tertiären Pflanzenreste aus der Umgebung von Basel, mit deren Bestimmung ich mich schon früher bemüht habe, und zu welchen in den letzten Jahren immer wieder neue Stücke beigefügt wurden, verlangten ein längeres Ver- weilen. Bis jetzt sind 15 Vitrinenschränke durchgesehen ; die übrigen 7 Schränke samt den 5 grossen Schauschränken hoffe ich bis nächstes Frühjahr in Ordnung zu bringen, vorausgesetzt, dass ich durch Assi- stenz wie bisher unterstützt werde.

Nach der Durchsicht der Sammlung fossiler Pflanzen soll die- jenige der Quartärsammlung folgen, die einer bessern Etikettierung und Sichtung des Materials sehr bedürftig ist, endlich die Revision der tertiären ausseralpinen Konchylien.

Geschenke erhielt die Abteilung von den Herren Direktor Gerster, Laufen, Dr. E. Gutzwiller, Pfr. Iselin, Florenz, Hans Kugler, Dr. F. Leuthardt, Lucien Meyer, Belfort, Prof. ©. Schmidt, Dr. H. G. Stehlin, Dr. K. Strübin und dem Vorsteher.

Angekauft wurden eocäne Konchylien aus dem Pariser Becken.

Mineralogische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Th. Engelmann.)

Unter den Ankäufen für die Mineralogische Abteilung erwähnen wir in erster Linie einen riesigen Adularkrystall von der Fibbia, (Gotthard, den wir durch Vermittlung unsres Freundes, des Herrn Hans Sulger, diesen Sommer erwerben konnten. Es ist ein grauer, halb durchsichtiger Krystall, 40 : 45cm gross, mit stark gefurchten löcherigen Flächen, wohl einer der grössten Adularkrystalle, die existieren. Ein noch etwas grösserer befindet sich im Hofmuseum zu Wien. Es wurden diesen Sommer zwei solcher Krystalle gefunden, und wir freuen uns, dass wir den schöneren von den beiden für unser Museum erwerben konnten. Er hat im Wandkasten der Schaustücke schweizerischer Mineralien seine Aufstellung gefunden.

Von einem Vorkommen von Malachit und Chrysokoll aus der Grube Etoile du Congo, Katango, Belg. Kongo, erwarben wir ein grosses Schaustück, sowie einige kleinere Stücke, darunter ein schön drusiges Malachitvorkommen und eine Stufe mit krystallisiertem Malachit. Das letztere neue Vorkommen ist in den Annales de la Société géologique de Belgique, Bd. 31, beschrieben worden. Wir

Basler Naturhistorisches Museum. 273

erwäbnen ferner einen grossen, gut ausgebildeten Columbitkrystall aus Norwegen, 11/, kg schwer, einen auffallend grossen und schönen. Schwefelkrystall von Solfatara und einen grossen Gypszwilling (Schwalbenschwanz) vom gleichen Fundorte. Endlich erwarben wir ein prächtiges Schaustück der grossen klaren Gypskrystalle von Eis- leben a. Harz, mit langen, gut ausgebildeten Krystallen.

An Geschenken erhielten wir vom schweizerischen Konsul Herrn P. Weiss aus Basel in Denver, Colorado, U.S. A., der unseres Mu- seums schon des öftern gedachte, ein prächtiges Stück Zinkblende aus den Zinkblendegruben, die in der Nähe von Denver ausgebeutet wer- den; wir erwähnen es gerne, wenn Basler im Auslande der Samm- lungen ihrer Vaterstadt in so freundlicher Weise gedenken.

Herr Hans Sulger schenkte uns ein neues Vorkommen von Kalk- spat-Krystallen aus dem Brunital (bei Maderanertal); es sind dies drei grosse Gruppen mit schönen, unverletzten Krystallen.

Herr Prof. H. Preiswerk brachte uns ein sehr schönes Schaustück von Pyromorphit von Orago bei Cuidad Real, Spanien, mit.

Durch Herrn Dr. H. G. Stehlin erhielten wir von Frl. Marie Grenier in Brioude (Haute Loire) eine Anzahl Antimonite aus einer dortigen Mine, ferner eine Anzahl Fibrolith-Gerölle des Allier- Flusses. Dieses Vorkommen ist für Frankreich besonders charak- teristisch, weil eine grosse Menge der französischen Steinbeile aus Fibrolith bestehen. Endlich schenkte der Vorsteher verschiedene schweizerische Mineralien.

Wir erwähnen noch zum Schlusse die Erwerbung eines synthe- tisch hergestellten Rubins von besonders schöner Färbung. Die Fa- brikation dieser Steine hat einen ziemlichen Umfang angenommen ; seit ungefähr 15 Jahren werden künstliche Rubine und seit 2 Jahren auch künstliche Saphire hergestellt; künstliche Smaragde sind bis jetzt nicht im Handel.

Die künstlichen Steine zeigen eine Leuchtkraft, die auch von Fachleuten rückhaltlos anerkannt wird. Ueber die Unterscheidung der künstlichen Steine von den ächten hat der vereidete Edelstein- Sachverständige von Berlin, A. Hondelet, vor kurzem eine interessante Arbeit veröffentlicht. Er stellt darin die Grundsätze auf, die eine durchaus sichere Unterscheidung gestatten. Es beruht darauf, dass bei starker, 300facher Vergrösserung, wozu besonders die binocularen Mikroskope von Zeiss in Jena dienen, das Vorhandensein von be- stimmten mineralischen und Flüssigkeits-Einschlüssen bei den natür- lichen Rubinen, Saphiren und Smaragden konstatiert wird, die bei den synthetischen Steinen gänzlich fehlen. Die künstlichen Steine dagegen zeigen bei der mikroskopischen Untersuchung typische Risse

18

274 Fritz Sarasin.

und zahlreiche Luftblasen, diese letzteren in regelmässig runden oder ovalen Formen, wie sie bei den natürlichen Steinen sich nicht finden ; die Lichtbilder nach den Mikrophotographien zeigen diese Unter- schiede sehr klar.

Bibliothek. (Vorsteher Herr Dr. H. G. Stehlin.)

Die Museumsbibliothek hat ım Berichtsjahre von Herrn Dr. A. Gutzwiller ein überaus wertvolles Geschenk erhalten: ein voll- ständiges Exemplar der Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz mit Einschluss der geotechnischen Serie und der sämtlichen von der geologischen Kommission publizierten Kartenblätter. Es sei das- selbe auch an dieser Stelle nochmals wärmstens verdankt.

Weitere Geschenke gingen ein von den Herren Dr. Walther Lotz, Drs. P. und F. Sarasin und dem Vorsteher. Herr Dr. A. Müller- Kober lässt uns seit dem Tode seines Vaters, Herrn A. Müller- Mechel, die Fortsetzung der Trans. Ent. Soc. in gewohnter Weise zugehen. Frau Sabine Mieg sandte einige noch eingetroffene Hefte zu Zeitschriftenserien der Mieg’schen Bibliothek.

Frau Dr. Schaub hat diesen Sommer ihre Tätigkeit an der Bi- bliothek längere Zeit unterbrechen müssen. Gleichwohl ist ihre Arbeit um ein gutes Stück weitergerückt. Die Quartbrochüren sind erledigt, die Katalogisierung der Oktavbrochüren steht beim Buchstaben L. Wenn nicht ein besondres Hemmnis eintritt, kann der Abschluss auf Ende 1913 erfolgen. Freilich sind hiefür weitere staatliche Beiträge dringend notwendig.

Der Rest des im Jahre 1911 bezogenen Extrakredites von Fr. 2000.— ist im Berichtsjahre aufgebracht worden. Die Rechnung schliesst mit einem Defizit von Fr. 47.75.

Durch Verkauf von Doubletten aus der Bibliothek Mieg sind Fr. 250. eingegangen. Dieselben sollen zur Ergänzung einiger unvollständiger Zeitschriftenserien aus dem Mieg’schen Nachlass ver- wendet werden.

Mit dem lebhaften Danke an alle unsere Gönner schliessen wir diesen Jahresbericht, das Naturhistorische Museum aufs neue dem Wohlwollen der hohen Behörden und der löblichen Einwohnerschaft unserer Vaterstadt empfehlend.

Verzeichnis der Geschenke an das Naturhistorische Museum im Jahre 1912.

1. Zoologische Sammlung.

a) Säugetiere.

Herr Dr. R. Biedermann-Imhoof: Säugetiere aus der Ost-Mongolei und vom Altai-Gebirge, von seiner Altai-Expedition 1907—08, Sciurus-Arten, Gazella sp., Ochotona sp., mehrere für uns neu.

G. Forrer, Sumatra und Herr A. von Speyr-Bölger: Ein er- wachsener männlicher, aufgestellter Tiger aus Ost-Sumatra.

Dr. Ed. Graeter: Kleine Säugetiere aus Aegypten und dem ciicischen Taurus.

. Missionar Ch. Herrmann: Säugetiere aus Gabun, 3 für uns neu. Tit. Freiwilliger Museumsverein: Pantholops hodgsoni vom Himalaya, aufgestellt von Ward in London, neu für die Sammlung. Herren Drs. P. und F. Sarasin: Emballonura semicaudata Peale,

Süd-Celebes, neu für die Sammlung. Herr Dr. $. Schaub: Vesperugo serotinus (Schr.), Basel. , @. Schneider: Mus rattus L., aufgestellt, Basel.

Tit. Zoologischer Garten, Direktion: Felis serval, felis concolor juv., Herpestes albicauda, letztere für uns neu.

b) Vögel.

Herr K. Im Obersteg: Corvus corone mit abnormer Schnabelbildung. Tit. Freiwilliger Museumsverein: Haliastur albicillus vom Rhein bei Herboltsheim. Herr F. W. Riggenbach: Necrosyrtes monachus, Senegal. Dr. F. Sarasin: 9 Arten aus Australien, Neu-Guinea ete., 3 für uns neu. » A. Wendnagel: Rallus aquaticus. Tit. Zoologischer Garten, Direktion: Mehrere Arten, 1 für uns neu.

IV =] (en

Fritz Sarasin.

c) Reptilien und Amphibien.

Herr Missionar Dr. Borle: Reptilien aus Transvaal, 1 neu für uns. Dr. Ed. Graeter: 8 Arten aus Aegypten und dem cilieischen Taurus, 1 neu.

Missionar Ch. Herrmann: 13 Arten aus Gabun, 2 für uns neu. Dr. W. Hotz: 13 Arten aus Nordost-Borneo, 4 neu.

G. Müller-Bovet: 26 Arten aus verschiedenen Gegenden, 3 neu. Prof. Dr. G. Senn: 5 javanische Arten.

Dr. A. Theiler: 18 Species aus Transvaal, 3 neu.

Tit. Zoologischer Garten, Direktion: 11 Arten aus verschiedenen Gegenden, 2 neu.

d) Fische.

Herr Dr. Ed. Graeter: 1 Art aus Süd-Russland. , G. Müller-Bovet: 1 Art aus Brasilien. Herren Drs. $. Schaub und H. Helbing: Fische verschiedener Her- kunft aus dem Nachlass von Herrn Prof. Rud. Burckhardt, darunter 7 für uns neue Arten.

e) Wirbellose Tiere.

Herr Missionar Dr. Borle: Arachniden und Hemipteren aus Transyaal. Dr. Alb. Graeter: Ligula sp., Süd-Russland. Missionar Ch. Herrmann: Pedipalpen und Coleopteren aus Gabun. Dr. W. Hotz: Heterometrus longimanus aus N.-O.-Borneo. , P. Obrist: Skalaride Weinbergschnecke. Dr.F.Sarasin: Süsswassercrustaceen a.W est- Australien, Mollusken von Lord Howe Insel.

Entomologische Abteilung.

Herr R. Forcart-Bachofen: Indische Seidenspinner, nebst Puppen. L. Paravicini: Zahlreiche exotische Falter. W. Schmassmann: Papilio homerus aus Jamaika.

2. Osteologische Sammlung.

Tit. Aktienziegelei Allschwil: Pferderadius aus dem Löss von Allschwil.

Herr Dr. E. Biedermann-Imhoof, Eutin: 3 Schädel von Moschus moschiferus, 3 Schädel von Capra Ibex sibirica, 1 Schädel und 2 Geweihe von Capreolus pygargus, 1 Gehörn von Gazella gutturosa, 2 Schädel von Ochotona spec., 1 Schädel von Sciurus spec., 3 Schädel von Sciuropterus spec., 4 Schädel von Putorius spec.; alle aus dem Altaigebiet.

Herr ihr Frl.

Herr

Pit.

Herr

Fit.

Herr

Tit.

Herr

2]

Basler Naturhistorisches Museum. 271

Dr. Adam David, Basel: 1 Schädel von Rhinoceros simus. Städtisches Gaswerk: Fragmente eines Mammutstosszahnes aus dem Löss von Riehen.

Marie Grenier, Brioude: Acerotheriumknochen aus dem Stampien von Bard (Haute Loire); Pferdezähne aus dem Pleistocän von Bournoncle (Haute Loire).

Dr. G. Imhof, Basel: Säugetierreste aus einer neolithischen Station an der Pointe Béron, Bretagne.

Pfarrer E. Iselin in Riehen: Stücke eines Mammutstosszahns von Riehen.

Leopold Malbert, Paulhiac: Säugetierknochen aus dem Oligocän von Paulhiac (Lot et Garonne).

G. Müller-Bovet, Basel: Ein Kadaver von Testudo radiata, Mada-

gaskar. Freiwilliger Museumsverein: Fr. 600.— als Ergänzung der im Vorjahre bewilligten Fr. 1500.— zum Ankauf einer Sammlung

von Säugetierfossilien von Samos.

Dr. @. Niethammer, Basel: 1 Schädel von Sus barbatus von Borneo.

Direktion des Museums in Solothurn: Gipsabguss einer Schale von Platychelys oberndorferi aus den Steinbrüchen von Solo- thurn.

Dr. F. Speiser, Basel: 1 Schädel von Halicore australis von den Neuen Hebriden; diverse Belegstücke des Hausschweins der Neuen Hebriden.

Dr. Carl Stehlin, Basel: Säugetier- und Vogelknochen aus der keltischen Station bei der Gasanstalt.

Direktion des Zoologischen Gartens, Basel: Je ein Kadaver von Herpestes albicauda ö, Sudan; Cynailurus jubatus guttatus 6 ; Rana adspersa, Pretoria; 1 Kadaver und 7 Köpfe der zentral- afrikanischen Hausziege.

3. Geologische Sammlung.

Dr. E. Baumberger: Kreidefossilien von Ligerz am Bielersee. Dr. A. Buxtorf: Belege zu seiner Arbeit über Dogger und Meeressand am Röttlerschloss bei Basel.

Herren Drs. A. Buxtorf, G. Niethammer und F. Zyndel: Zahlreiche Be-

Herr

legstücke zu den geologischen Aufnahmen im Gebiet des Vier- waldstättersees und Mittelbündens, ausgeführt im Auftrag der Schweiz. Geologischen Kommission.

Direktor Gerster, Laufen: Austern aus dem Septarienton von Laufen.

DD —1 Q0

bie,

Fritz Sarasin.

Geologisches Institut: Gesteinsproben vom Rheinufer unterhalb der Lesegesellschaft.

Dr. A. Gutzwiller: Fossiles Holz aus dem Oberoligocän von Therwil, verschiedene Belege aus Tertiär und Quartär der Umgebung von Basel.

Herren Drs. A. Gutzwiller und H. Kugler: Fossile Pflanzen aus dem ober-

oligocänen Sandstein im Liegenden der Kiesgrube von Bottmingen. Drs. A. Gutzwiller und F. Leuthardt: Belegstücke der Fisch- schiefer unterhalb Schloss Pfeffingen.

Dr. E. Gutzwiller: Austern und Cerithien vom Kaibhölzli bei Therwil.

Pfr. H. Iselin, Florenz: Konchylien aus dem marinen Pliocän bei Pontedera.

Dr. F. Leuthardt: Schöne Exemplare von Lioceras acutum und Ludwigia murchisonae aus der Umgebung von Liestal; Lioceras helveticum vom Madler bei Pratteln; Pentacrinus Dargniesi von der Kräheck bei Langenbruck.

Dr. Martin: Fossilien aus dem Basler Jura.

L. Meyer, Belfort: Gesteine mit Gletscherwirkungs-Spuren von der Westseite der Vogesen.

Prof. Dr. H. Preiswerk: Gesteine aus dem nördlichen Tessin. Prof. Dr. C. Schmidt: Eisenerze, Kupfererze und Oelschiefer von verschiedenen spanischen Fundstellen; Kreidefossilien aus Spanien und Siebenbürgen; Handstück der Höttinger Breccie.

Herren Prof. Dr. GC. Schmidt und R. Schider: Asphaltgesteme von

Herr

Herr Hire

Herr

32

39

Ragusa, Sizilien.

Prof. Dr. GC. Schmidt und J. Zurkirch: Fischschiefer von Lugano- Varese.

Dr. H. G. Stehlin: Tertiärfossilien aus Süd-Frankreich; schönes Exemplar von Pygurus tenuis aus den Badener Schichten bei Egerkingen.

Dr. K. Strübin: Fossilien aus diversen Lokalitäten des Basler Jura; Süsswasser-Konchylien aus der Oeninger-Stufe von Locle. Dr. F. Zyndel: Gesteine und Fossilien aus Mittelbünden.

4. Mineralogische Sammlung.

Dr. Th. Engelmann: Diverse schweizerische Mineralien.

M. Grenier, Brioude: Antimonite von Brioude ; Fibrolithgeröll aus dem Allier.

Prof. H. Preiswerk: Pyromorphit, Spanien.

Hans Sulger: Kalkspatkrystallgruppen aus dem Brunital. Konsul P. Weiss, Denver: Zinkblende. |

Basler Naturhistorisches Museum. 279

Verzeichnis der Ankäufe des Naturhistorischen Museums im Jahre 1912.

1. Zoologische Sammlung.

a) Säugetiere.

Nyctipithecus senex aus Peru, Potos flavus aztecus aus Zentral Amerika, Trygenycteris woermanni, Gabun, Xerus erythropus und Sciurus annulatus, Senegal.

b) Vögel.

Ciconia ciconia, melanotisch von Therwil, Dafila acuta von Erma- tingen, Comatibis eremita, Syrien, Pseudogyps africanus vom Senegal und drei kleinere, noch nicht vertretene senegalesische Arten.

c) Reptilien und Amphibien.

Coronella austriaca, Basel; Tausch mit dem Cambridge-Museum : sieben amerikanische Arten, drei neu.

e) Wüärbellose Tiere.

Felsstück mit eingegrabenen Bohrmuscheln, Lithodomus dactylus, von der dalmatinischen Küste, Badeschwamm ebendaher.

Entomologische Abteilung.

Parnassius-Formen aus Zentralasien, Ornithoptera-Arten aus Neu- Guinea, diverse paläarktische und exotische Falter, einheimische Libellen (durch Vermittlung von Herrn Liniger).

2. Osteologische Sammlung.

Schädel von: Nyctipithecus senex ©, Peru; Xerus erythropus C, Senegal.

Skelette von : Potos flavus aztecus © ; Microcebus myoxinus; Hapa- lemur griseus.

Eocäne Säugetierreste von Egerkingen und verschiedenen auswärtigen Fundorten.

Oligocäne aus dem Fayum (Aegypten), von verschiedenen Fundorten des europäischen Stampien, aus dem Aquitanien der Limagne.

Mioeäne von verschiedenen Fundorten des untern und mittlern Miocäns.

280 Fritz Sarasin.

Pliocäne von Seneze (Haute Loire), aus Val d’Arno etc.

Pleistocäne aus Val di Chiana ete. Ein defekter Mammut-humerus aus der Niederterrasse von Burgfelden, durch Vermittlung von Herrn stud. Hans Kugler.

Tausch.

Tit. American Museum of Natural History in New-York: Beleg- stücke von Primaten, Carnivoren, Nagern aus der Wasatch, der Windriver und der Bridgerstufe.

3. Geologische Sammlung.

Erzstufen von der Mineralien-Niederlage der K.S. Bergakademie Freiberg in Sachsen; Zinnober Almaden.

Eocänfossilien von Iberg, Schwyz und Demonstrationsstücke alpiner Gesteine.

Pentacrinitenplatte aus den Variansschichten des Sichtern-Plateaus bei Liestal; seltene Ammoniten und Bivalven aus der Umgebung von Liestal; Fossilien aus den Ferrugineus-Schichten von Liesbergmühle.

Sammlung eocäner Konchylien aus dem Pariser Becken, 396 Arten.

4. Mineralogische Sammlung.

Riesiger Adularkrystall, Schweiz; Columbitkrystall, Norwegen; Malachite und Chrysokoll aus dem Belgischen Kongo; Schwefel- krystall und Gypszwilling von Solfatara; Gypskrystalle von Eisleben; künstlich hergestellter Rubin.

Manuskript eingegangen den 27. Dezember 1912.

Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1912.

Von Paul Sarasin.

Es haben in diesem Jahr zwei Sitzungen der Kommission statt- gefunden, die eine am 31. Oktober, in welcher geschäftliche Dinge erledigt wurden, die andere am 12. Dezember, in welcher die unten folgenden Jahresberichte zur Verlesung kamen.

Für die üblichen Zuschüsse von seiten verschiedener Korpora- tionen, die auch dieses Jahr nicht ausgeblieben sind, sagen wir er- sebensten Dank. Spezielle Verdankungen enthalten die einzelnen Jahresberichte.

Unser Mitglied Prof. Rütimeyer hat an der Jahresversammlung der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft am 2. Mai 1912 einen Vortrag gehalten, betitelt: „Die Sammlung für Völkerkunde in Basel“; ausserdem hielt er eine Führung durch die Sammlung ab am 22. Dezember 1. J. Eine fernere Führung veranstaltete unser neues am 19. November 1. J. auf Vorschlag der Kommission von E. E. Regenz gewähltes Mitglied Dr. Felix Speiser. Es ist ihm von der Kommission die Abteilung Polynesien überwiesen worden.

Demnach setzt sich die Kommission zur Sammlung für Völker- kunde zur Zeit aus folgenden Mitgliedern zusammen mit Beifügung der Departemente:

Dr. Paul Sarasin, Präsident: Prähistorie.

Prof. Dr. Leop. Rütimeyer, Vizepräsident: Afrika, Vorderasien

und Polarvölker.

Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer, Aktuar : Europa.

Alfred Stähelin-Gruner, Quästor.

Dr. Th. Engelmann : ethnographische Pharmakologie.

Dr. M. Curt Forcart: Amerika.

Pfarrer S. Preiswerk-Sarasin : China und Japan.

Dr. Fritz Sarasin: Asien (ohne Vorderasien, China und Japan),

Australien, Melanesien und anthropologisches Kabinett.

Dr. Felix Speiser : Polynesien.

Es folgen nun die Jahresberichte der einzelnen Abteilungsvor- steher.

282 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Prähistorie.

Die prähistorische Abteilung der Sammlung für Völkerkunde hat ım laufenden Jahre den folgenden Zuwachs erfahren :

Der Periode des Mousterien ist ein Glyptolith zuzusprechen, welcher aus Tasmanien stammt und von Dr. Fritz Sarasin von seiner neusten Reise nach dem fernen Osten uns mitgebracht wurde. Er gehört zu den von mir sogenannten „geflügelten Mousteriolithen“ und spricht seinerseits für die in meiner Abhandlung!) vertretene Auffassung, dass die Ergologie der unlängst ausgerotteten Tasmanier, einer Varietät der Species Homo sapiens, den Charakter des für Europa äusserst weit zurückliegenden und also seit Jahrzehntausenden überwundenen Mousterien repräsentiert hat. Die Ausrottung der Tasmanier ist für die wissenschaftliche Prähistorie und Ethnologie von allen ähnlichen Atrozitäten des kaukasischen Menschen die be- klagenswerteste Missetat.

Das auf das Moustérien folgende Aurignacien ist durch eine Sammlung vom Abri Blanchard bei Sergeac im Vézèregebiet vertreten, welche käuflich erworben werden konnte. Die Sammlung ist nicht nur reich an mannigfaltigen Silexglyptolithen, wie sie für das Auri- gnacien typisch sind, sondern auch die schwer erhältlichen Artefakte aus Knochen finden darin formenreiche Vertretung; auch durchbohrte Schmuckgegenstände fehlen nicht. Die Sammlung bildet einen wert- vollen Zuwachs zu den schon vorhandenen aus dem Aurignacien von dem Abri Cro Magnon bei Les Eyzies an der Vézère und aus dem Löss bei Krems an der Donau. Fundort und Fundgegenstände sind beschrieben von L. Didon.?)

Eine schöne Suite von Silexartefakten von der Fundstelle bei Lausen hat uns der Entdecker und Beschreiber derselben, Herr Dr. F. Leuthardt in Liestal verehrt.3) In Anbetracht der Form der Nuklei und Messerklingen, welche einen eleganten Zuschlag verraten, wie dies zumäl im Neolithikum bekannt ist, haben wir dieselben für neolithisch angesprochen. In der uns überwiesenen Reihe von der- artigen Glyptolithen aber finden sich auch Messerklingenfragmente von ähnlich grosser Form, wie sie für die makrolithische Lithoglyphie des Mesolithikums oder Frühneolithikums charakteristisch sind,#) eine

1) P. $., über Mousteriolithen, Verh. Naturf. Ges. Basel, 23, 1912.

2) L. Didon, l’Abri Blanchard des Roches (Commune de Sergeac) gisement aurignacien moyen, Bulletin de la Société historique et archéologique du Périgord, Périgueux, 1911. | À

3) Siehe F. Leuthardt, die neuentdeckte Station des Steinzeitmenschen in Lausen (Baselland), Separatabdruck aus dem Tätigkeitsbericht der Naturf. Gesellschaft Baselland 1909/11, Liestal 1911.

4) Vergleiche E. Rademacher, Frühneolithikum und belgisches Chelléen: „makrolithische Silextechnik‘“, Prähistorische Zeitschrift, 4, 1912, S. 248.

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 285

Lithoglyphie, welche als dichte Silexteppiche viele Anhöhen von Frankreich und Belgien überdeckt, von denen diejenigen von Le Grand Pressigny am bekanntesten geworden sind. Auf diese Mög- lichkeit, dass die Lithoglyphie von Lausen meso- und nicht neolithisch sein könnte, werde ich auch durch den Umstand aufmerksam, dass Dr. Fritz Sarasin eine Silexscherbe vom gleichen Typus wie die von Lausen in der von ihm ausgehobenen Arlesheimer Höhle aufgefunden hat und zwar in einer Schicht, welche die galets colories enthielt und somit als mesolithisch bestimmt werden muss. Ferner sind ın Lausen weder polierte Steinbeile noch keramische Fragmente, wenigstens bis jetzt, aufgefunden worden. Andrerseits wurden diese letzteren an- getroffen im Verein mit den s. Z. bei Gundoldingen aufgefundenen neolithischen Glyptolithen, mit welchen die von Lausen auch wiederum grosse Aehnlichkeit haben.

Ein von Herrn Dr. Leuthardt uns eingelieferter Glyptolith von Lausen sieht gewissen elliptischen Fauststeinen des Acheuleen sehr ähnlich, repräsentiert also einen ,, Acheuleolithen‘ im Meso- oder Neolithikum, entsprechend wie ich typiszhe Mousteriolithen im Neo- lithikum nachgewiesen habe (in oben zitierter Abhandlung).

Das Gesagte über die Möglichkeit des mesolithischen Charakters der Lausener Lithoglyphie soll kein abschliessendes Urteil sein, son- dern mag als Anregung zur Weiterprüfung kommender Funde dienen, insofern nach der Mitteilung von Dr. Leuthardt noch reiche weitere Ausbeute dortselbst erwartet werden darf.

Achnlich den Glyptolithen von Lausen sind solche, welche beim Dorfe Gavaudin, Dep. Lot et Garonne, gefunden worden sind; Donator Dr. H.@. Stehlin.

Käuflich erworben wurde eine Sammlung von augenscheinlich ueolithischen Glyptolithen, wie man sie im Fajum in Aegypten nörd- lich vom See Birket Karun in der Wüste aufliest.

Aecht neolithisch sind eine Reihe von geschliffenen Steinbeilen aus der Umgegend von Basel, die schon sehr reiche Aufsammlung von solchen noch um Stücke aus folgenden Orten vermehrend : Benken, Büren, Grellingen, Liesberg, Nunningen, Röschenz, Seewen, Wohlen, Zwingen. Ein herumziehender Händler kaufte sie den Bauern ab, welche sie als „Blitzsteine‘‘ gegen das Einschlagen und zu ähnlichen abergläubischen Zwecken bei sich tragen oder unter dem Dache oder im Stall verwahren. Viele dieser Steinbeile zeigen sich von Kuhdung überzogen, wenn sie eingebracht werden. Einige wurden als Wetz- steine benutzt, durch welchen Gebrauch eine Veränderung ihrer Form herbeigeführt wurde.

Aus Senèze, Dep. Haute Loire, stammt das Fragment eines Fibrolithbeiles, das zweite Stück unserer Sammlung von demselben

284 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Orte, Donator Dr. H. G. Stehlin. Die seltene Gesteinsart scheint für Steinbeile von jener Fundstelle charakteristisch zu sein. |

Ein wertvolles Beil aus dunkelgraugrünem Gestein von Neu- seeland, die jüngste Neolithik repräsentierend, verehrte uns Herr Dr. S. Schaub, Basel.

Der Bronzezeit oder Chalkochronie angehörig sind einige von unserem Mitglied Prof. Rütimeyer von seiner griechischen Reise mit- gebrachte keramische Fragmente aus Mykene, mit hübschen Figuren bemalt.

Einige ungarische Bronzegegenstände, deren nähere Fundum- stände nıcht ins klare zu setzen waren, sınd käuflich erworben worden.

Endlich hat in den letzten Tagen ein wertvolles Geschenk unser prähistorisches Kabinett bereichert, nämlich der Inhalt eines Brand- grabes aus der ältern Eisenzeit von Steinbach bei Rothenburg in der Ober-Lausitz, aufgefunden daselbst unweit von der Neisse. Der Fund besteht ın vier wohl erhaltenen Urnen, deren eine die Reste einer Leichenverbrennung enthält, dazu kommt als fünftes Stück ein eigen- artiges kleines Doppelgefäss. Wir verdanken die Schenkung der Liberalität des Herrn Direktor Rudolf Geller in Niesky, Ober-

Lausitz.

Afrika.

Afrika kann dieses Jahr nur den relativ kleinen Zuwachs von 146 Nummern verzeichnen, der aber dafür einige ganz besonders schöne Stücke enthält. Dafür hat die der afrikanischen angegliederte Abteilung von Vorderasien den bis jetzt beträchtlichsten Zuwachs erfahren durch die schöne Original-Sammlung, die uns Herr Prof. F. Egger von seiner Kaukasusreise mitgebracht und geschenkt hat. Der Gesamtbestand der Abteilungen Afrika und Vorderasien pris nunmehr 4122 Nummern.

Nordafrika. Aus Aegypten erhielten wir durch unsern Gönner, Herrn Emile Paravicini-Engel, ein ganz hervorragend schönes und reiches Geschenk in Form von neun Stück prächtiger alter Muschara- byen, jener fein gedrechselten Holzgitterwerke, wie sie als Fenster dienen zum Abschluss der Zimmer der obern Stockwerke, der Harim etc. gegen die Strasse. Die Stücke, die nach Aussage von Kennern gutenteils aus dem 16. Jahrhundert stammen, konnten vom Donator aus einem alt-arabischen Hause erworben werden. Drei der Stücke zeigen fensterähnliche Ausschnitte, in die drei ebenfalls vorhandene reich geschnitzte erkerartige viereckige und polygonale Vorbaue passen, in welche ein poröses Tongefäss gestellt wird, dessen Wasser durch die Verdunstung immer kühl gehalten wird. Die

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 285

Muscharabyenwände sind 2 Meter hoch, ihre Front beträgt in toto ca. 8 Meter Breite, so dass wir eine Gesamtfläche von mehr als 16 Quadratmetern dieser für die alt-arabische Bauart so typischen Gitter- werke haben. Neben diesen eigentlichen Muscharabyen schenkte uns Herr Paravicini noch vier elegant gedrechselte Gitter, deren Holz- stäbe quadratiche Maschen von 17 cm Seitenfläche bilden. Diese grossen Schnitzwerkfronten werden, verbunden mit dem prächtigen seinerzeit von Herrn Dr. F. Sarasin geschenkten Plafond, in einem neuen Museum uns gestatten, eine Ausstellung von alt-arabischer Holzkunst zu machen, wie sie wohl in wenigen Sammlungen zu sehen sein wird. Herrn Paravicini sei auch hier für sein prächtiges Ge- schenk unser herzlichster Dank gesagt.

Aus Tunis konnten einige schöne, teilweise ältere Dolche er- worben werden; bei einigen ist wohl das Herstellungsland Marokko. Aus Tripolis schenkte uns Herr Dr. E. Frey in Davos ein Votivamu- lett und einige Stücke Gitterwerk aus dem Marabut von Sidi el Mosri, nahe der Stadt Tripolis; aus der Oase Garlan stammen zwei hübsch geschnitzte Esslöffel aus Olivenholz, die uns Herr Dr. Ad. Vischer stiftete.

Aus Algier gab uns Herr Dr. A. Gansser ein Paar Sandalen aus Halfagras.

Westafrika. Von der Goldküste erhielten wir als Geschenk von Herrn F. Sartorius-Preiswerk drei jener durchlochten scheibenför- migen runden Kieselstücke, die aus der Erde gegraben zufällig ge- funden werden und vielfach als prähistorisches Steingeld aufgefasst werden. Die Stücke stammen von Anum am Volta.

Aus Togo schenkte der Referent durch Tausch mit Hamburg ein sehr originelles Idol, welches, soweit ihm bekannt, nur dieses Museum in einer Anzahl von Exemplaren besass, die sämtlich von einem Herrn G. in Jewe, Togo, für Hamburg gesammelt wurden. Diese Idole bestehen aus einem einfachen kegelförmigen Lehm- klumpen, dem oben ein mumienartiger Kopf aufgesetzt ist mit offe- nem Munde und Augen aus Kauri. Am Kinn ein kleiner Bart aus Federn. Auf dem Scheitel ist ein mit vier zurückgebogenen W ider- haken versehener Eisenstab und ein eiserner Nagel eingeschlagen. Der untere Teil der Figur, die den „‚Meister des Donners‘ darstellen soll, ist von einem grauen Tuchlappen umhüllt. Ebenso konnten aus demselben Tausche unserer Sammlung zwei zierlich ornamentierte Bronzeschalen der Nupe aus Benue zugewiesen werden. Durch Tausch mit Museums-Doubletten erhielten wir von ebenda eine originelle Holzmaske und ein kleines Holzidol aus Yoruba.

Aus Daherne stammen vier schöne ältere Zeremonial- Aexte, die wir aus französischem Privatbesitz erwerben konnten.

286 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Herr 7. Ryff in Paris schenkte uns eine Musterkollektion vene- tianischer Glasperlen, wie sie heute zum Tauschhandel in West-A frika Modeartikel sind. Die Stücke sind von Interesse zum Vergleich mit unserer ältere und ganz alte Stücke betreffenden afrikanischen Perlensammlung ; speziell interessant ist eine sog. Millefioriperle, genau wie wir solche in der H. Vischer’schen Sammlung aus Baghirmi und von Benue kennen, wo sie unter dem Namen Dilari teilweise als grosse Kostbarkeiten und Seltenheiten, besonders die alten, wohl schon Jahrhunderte alten, angesehen werden. Ebenso wies er uns eine kleine Serie von Agaten und Carneolen zu, wie sie bis 1895 echt, später in immer plumperer Nachbildung nach Westafrika versandt wurden, ein Wink, wie vorsichtig man in der Beurteilung der Pro- venienz westafrikanischer derartiger Perlen sein muss.

Einige gute Stücke erhielt unsere immer noch viel zu kleine Kamerun-Sammlung. Von Herrn Missionar Stutz in Sakbayeme konnten wir erwerben neben einer guten Balipfeife eine sehr originelle grosse hölzerne Tabakpfeife „Ikoda“; der Kopf ist sehr hübsch in Holz geschnitzt. Diese Stücke kommen ausser Gebrauch und man sieht nur noch selten alte Männer sich derselben bedienen. Das Stück stammt vom Stamme der Sogbakerı nahe Sakbayeme, S. O.-Kamerun. Von den Bakombe kommt ein kleiner schwarzer Kochtopf aus Ton zum Kochen von Pfeffer und Gewürzkräutern zu Saucen; cin unge- heurer, sehr hübsch in farbigen Mustern von Raphiabast gearbeiteter kugliger Deckelkorb mit 265 cm Umfang stammt von Yaunde, wo solche Körbe von den Männern gefertigt und in den Hütten als „Kleiderschränke“ aufgestellt oder als Reisekörbe mitgenommen wer- den. Ebenfalls von Sakbayeme von den Basa-Stämmen stammt ein „Gamba a ma“, ein Handzauber, wo durch Würfeln mit einigen Perl- mutterstückchen ein Orakel provoziert wird. Ein ganz hervorragend schönes altes Familienstück, ein Trinkhorn für Palmwein, konnte der Referent von einem Missionsbaumeister erwerben und der Samm- lung schenken. Es stammt aus Bamum und ist ein über und über mit Schnitzereien : Ornamente und 9 Köpfe von Nashornvögeln bedecktes Kuhhorn. Besonders hübsch ist der Fuss aus kunstvoll geflochtenem Messingdraht, auf dem das Horn aufruht.

Durch Tausch mit Leipzig kamen wir in Besitz zweier interes- santer Bronzefiguren aus Bagam, im Grasland von Nordwest- Kamerun, wo diese Giesstechnik noch heimisch ist. Das eine ist eine 15 em hohe männliche Figur von groteskem Aussehen und einem halbmondförmigen schirmartigen Aufsatz am Hinterkopf, das andere ist ein Frosch. Ueber die tiefere Bedeutung dieser Figuren, massive Bronzegüsse, die an ähnliche des alten Benin erinnern, scheinen die Eingeborenen nichts mehr zu wissen.

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 287

Zentralafrika. Vom Schari, franz. Kongo, stammt ein von Herrn Schorn uns geschenktes Wurfeisen, dessen, wenn man so sagen darf, menschliches Interesse darın besteht, dass es der Donator vom Admi- nistrateur des Fort Lamy erhalten hatte, der dieses Wurfeisen per- sönlich in der Umgebung des Forts in Kopf und Nacken eines dem Tode nahen jungen Mädchens haftend gefunden hatte. Das Mädchen war damit durch Wurf aus Hinterhalt verwundet worden.

Aus den Kassailändern erhielten wir durch Tausch mit Hamburg zwei kleinere Idole aus Holz, der Frobeniussammlung angehörig.

Aus portugiesisch Angola stammen eine Fetischglocke und drei interessante alte Holzidole, sogenannte Nagelgötzen; zwei derselben schenkte der Vorsteher durch Tausch mit Hamburg, das dritte wurde gekauft. Die offenbar sehr alten und teilweise etwas defekten Stücke, das grösste ist 72 cm hoch, haben teilweise wie manche west- afrikanische Idole und wie auch manche der alten Steinidole aus dem Hinterlande von Sherbro Aushöhlungen im Kopfe, zwei auch büchschenförmige Hohlräume am Bauch, welche wahrscheinlich durch Füllung mit gewissen tierischen und pflanzlichen Partikeln und Schüt- teln derselben zu Orakelsprüchen dienen. Zwei der Idole, besonders das grosse, haben reichliche Nägel eingeschlagen, auch eine Lanzenspitze, also ganz ähnlich wie die so gespickten Fetische vom untern Kongo. Die Bedeutung der Benagelung ist dort die, dass die Nägel zur Be- kräftigung von Schwüren oder als Memento beim Richten eines Wunsches an den Fetisch in diesen eingeschlagen werden.

Südafrika. Ein äusserst interessantes und seltenes Geschenk er- hielten wir durch die liebenswürdige Vermittlung von Herrn P. Stau- dinger in Berlin von Herrn Seiner in Bloemfontein, D. S. W.-Afrika, nämlich einen sogenannten „Buschmannrevolver“, jedenfalls den kleinsten Bogen der Welt mit seiner Länge von ca. 11 em und seinem 91/,cm langen Lederköcherchen und den ebensolangen Pfeilchen. Der kleine Bogen hat eine Tiersehne, die Pfeile haben vergiftete hölzerne Spitzen und sind durch eine feine Hülle aus strohhalmdickem Rohr geschützt. Diese wirklich pygmäenhafte Waffe, die gut zu den Waffen der Zwerge unserer Sagen passen würde, soll so benützt wer- den, dass der Buschmann damit aus nächster Nähe die kleinen ver- gifteten Pfeile unbemerkt auf seinen Feind abschnellt und ihn so tötet. Bei dieser Schenkung finden sich noch zwei Buschmannköcher und ein gewöhnlicher Buschmannbogen mit einer Sehnenlänge von 95 em. Einige Pfeile mit Holz- und Eisenspitzen, letztere auf einem knöchernen Mittelstück aufsitzend, sowie ein Feuerbohrer aus Holz, der sich in einem der Köcher befand, vervollständigen die kleine Buschmann-Kollektion, für die beiden Donatoren auch hier bestens gedankt sei.

288 - Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Ostafrika. Unsere Maskensammlung konnte aus diesen Gebieten in willkommenster Weise ergänzt werden durch zwei der so originellen Makonde-Masken, die den grossen Weule’schen Originalsammlungen entstammend, vom Vorsteher durch Tausch mit dem Leipziger Mu- seum durch das freundliche Entgegenkommen von Prof. Weule er- worben und unserer Maskensammlung zugewiesen werden konnten. Die eine dieser Vorlegmasken aus Holz hat das ,,Pelele“, den rundlichen Lippenpflock der Oberlippe aufgeschnitzt, bei der andern fehlt er. Auch zwei Pelele liegen bei. Ferner zwei jener oft äusserst zierlich geschnitzten „‚Mitete“, die, wie dies Weule in seinem Werke ausführt, oft wahre Kabinettstücke der Kleinkunst sind. Es sind Büchschen aus Hartholz und dienen zum Aufbewahren von Schnupftabak und Medizin, die Deckel sind oft wirklich kunstvoll mit ausgeschnitzten Tier- oder Menschenfiguren geschmückt.

Den Hauptzuwachs der afrikanischen Abteilung bildet eine Originalsammlung aus Abessynien, die wir von Herrn .J. A. Michel aus Bern, früherer langjähriger Post- und Telegraphen-Direktor von Abessynien in Addis Abeba schon im Herbst 1911 erwerben konnten, die aber erst dieses Jahr zur Einreihung kam. Sie wird nächstens ın erwünschter Weise ergänzt durch einige weitere 20 Nummern, Dou- bletten, die wir durch Tausch mit dem Berner Museum, welches die Hauptsammlung des Herrn Michel besitzt, erhalten werden.

Die Sammlung beträgt 45 Stücke, von denen Herr Michel ın liebenswürdiger Weise 15 schenkte. Sie ist uns um so willkommener, als unser Bestand aus Abessynien äusserst dürftig ist und sich auch einige Objekte aus selten betretenen Gegenden befinden, die Herr Michel auf seiner Jagdtour in die südwestlich von Abessynien ge- legenen Länder bis zum Rudolfsee durchstreifte. Wir finden unter diesen abessynischen Sachen folgende Rubriken vertreten.

Waffen. Ein schöner halbmondförmiger Gondar-Säbel mit Lederscheide und Griff aus Rhinozeroshorn. Das Stück diente noch als Waffe in der Schlacht von Adua; mehrere Dolchmesser, ein

weiterer Säbel der Arussi und einige Lanzen aus verschiedenen

Gegenden des Reiches, worunter eine jener schön gearbeiteten Hof- und Prunklanzen mit schön ornamentiertem vierkantigem Halsstück von Eisen und langer doppelschneidiger Klinge, die durch ein Leder- futteral geschützt ist. Das Stück gehörte dem Ras Makonnen, einem guten Bekannten des Sammilers ; solche Lanzen dürfen nur von grossen Persönlichkeiten getragen werden. Zu den Waffen kann auch ein schönes Pferdekopfzeug der Ogaden Somal mit hübscher Messing- verzierung gerechnet werden.

Schmuck. Acht Elfenbeinarmringe und zwei aus Rhinozeros- horn, die, besonders die letztern, in der Provinz Kaffa als Auszeich-

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 289

nung für besondere Tapferkeit getragen werden, Haarkamm und Haarnadeln aus Elfenbein der Djmma-Frauen in Südwest-A bes- synien und ein Halsschmuck mit Silberkreuz, Ohrlöffelchen, Silber- ringe und Hornkapseln für Zibeth.

Kleidung. Ein höchst origineller Schamgürtel in Form von fünf Elfenbeinklôützchen, die teilweise mit eingeritzten Kreisen versehen, an einer Lederschnur um die Hüften getragen werden, von Guimera, westlich vom Rudolfsee, von da auch zwei Lendenschmucke aus Glas- perlen, weiss, rot und blau. Die weissen von opalisierendem altem Glas sollen nach Informationen des Sammlers angeblich eingeborene Ar- beit sein; sie dienen als wertvoller Tauschartikel, und manche von ihnen sind nach dem Urteil von Herrn P. Staudinger, der dieselben zu untersuchen die Güte hatte, jedenfalls sehr alt. Ferner sind da eine Lendenschürze der Bakoschangame aus Bast und Rindenfasern, sowie ein Schamgürtel der Ogaden-Somal aus Löwenhaut.

Verschiedene Geräte. Uallamo-Eisengeld ‚„Martocho“ in Form einer stumpfwinklig abgebogenen Eisenspange, Wert 25 Cts. Ver- schiedene hölzerne Näpfe und Gefässe, Wasserkrug aus dichtem Stroh- geflecht dient Würdenträgern zu rituellem Gebrauch, Tetschkaraffen- behälter aus Geflecht aus Harrar, Kaffeemörser aus Holz, mehrere hübsch geflochtene Körbe, worunter ein runder Brotkorb von 77 cm Durchmesser, endlich eine Hochzeitspeitsche, welche bei der Heirat dem Bräutigam übergeben wird als Zeichen der Herrschaft des Man- nes in der Ehe!

Aus den Nilländern erhielten wir von unserm nun schon seit mehreren Jahren mit grossem Eifer und Sachkenntnis für uns auf seinen weiten Sudanreisen sammelnden Herrn Dr. A. David wieder einige sehr gute Sachen zum Geschenk, so vor allem ein Wurfholz der Dinka ‚‚Tarbasch“ vom Dinkastamm der Burbun am rechten Ufer des weissen Nil. Das interessante Stück zeigt wieder eine andere Form als ein Wurfholz aus Darfur unserer Sammlung, welches ganz den alt- ägyptischen Wurfhölzern gleicht. Das vorliegende ähnelt mit seinem wenig gekrümmten Stiel und seiner flachen axtförmigen Verbreite- rung am einen Ende durchaus einem so geformten Bumerang aus Victoria, Australien, unserer Sammlung. Dieser Tarbasch dient zur Jagd auf Vögel und kleines Wild ; ferner schenkte uns Herr Dr. David einen jener walzenförmigen Parierschilde mit eingesenktem Griff „Quer“, doch von weit grösserer Länge (120 cm), wie sie im letzten ‚Jahresberichte erwähnt wurden. Beide Objekte sind wohl wieder der sog. nigritischen Kulturstufe zuzuweisen. Ein eigentümlicher, am untern Ende gekrümmter und verdickter Stock, am obern mit einer Lederschleife zum Anhängen am Handgelenk, gleicht durchaus den Stöcken, wie sie früher die jüdischen Viehhändler in unserer Gegend

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290 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

trugen; endlich ein grosser Angareb, 194 cm lang, mit hübsch ge- flochtenen Schnurwerk als „Matratze“ aus Chartum.

Eine grössere Anzahl der im letzten Jahresberichte beschriebenen Lanzen mit Antilopenspitzen, die Dr. David in Chartum von den eng- lischen Militärbehörden als Beutestücke aus einem Gefecht mit Schil- luks anlässlich dortiger Unruhen erhielt, erwarb der Vorsteher, um sie teilweise als Tauschobjekte zugunsten unserer Sammlung zu ver- werten, es befanden sich darunter auch wieder einige Lanzen mit Spitzen aus Giraffenknochen der Anuak. Einige dieser Stücke wur- den der eigenen Sammlung: einverleibt.

L. Rütimeyer, Vorsteher der Abteilung Afrika.

Vorderasien.

Diese dem Unterzeichneten unterstellte Abteilung erhielt im Be- richtsjahr die bis jetzt grösste Bereicherung durch die schöne Samm- lung, die uns Herr Prof. F. Egger auf Grund ihm eines vom Refe- renten mitgegebenen Wunschzettels und noch weit über diesen hinaus von seiner Kaukasusreise im Jahre 1912 mitbrachte. Wir sind ihm hiefür zu umso grösseren Dank verpflichtet, als das Mitbringen ethno- graphischer Objekte bei der Reiseart im dortigen Gebirge, wo viel- fach nur die Packtaschen des Reitpferdes als Transportmittel zur Verfügung standen, oft sehr schwierig war und guten Willen, unserm Museum etwas mitzubringen, erforderte. Es möge also dem Donator, der uns 55 Stücke aus diesen bei uns bisher völlig unvertretenen Ge- bieten mitbrachte, der beste Dank auch hier ausgesprochen werden. Diese Gebiete, die nördlich der grossen Strasse, auf der seit Jahr- tausenden die asiatischen Völkerwellen nach Westen fluteten, bieten ein ganz besonderes ethnographisches Interesse dar, da seit alten Zeiten eine Menge von Stämmen und Völkertrümmern hier ihre Zu- flucht fanden und finden.

Wir können das Material der Kollektion etwa in folgende Gruppen einteilen.

Musikinstrumente, dem Orchester der Georgier entnommen; dieses besteht, wie ich den beigegebenen Erklärungen der vom Sammler gut etikettierten Objekte entnehme, aus einer Doppelpauke naghara, die hier nur im Modell vorliegt, einem trompetenartigen Holzinstrument Sürne (welches wir in genau gleicher Form und Namen schon in einem Stücke aus Urfa besitzen), einer Flöte „Duduk“, einer kleinen Guitarre „tschungur‘ mit sehr geschmackvoll mit Knochenplättehen und Perlmutter eingelegtem Hals und einer grössern Guitarre „Päntur“. Zwei noch fehlende Stücke dieses

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 291

georgischen Orchesters, welches zum Tanz aufspielt und die Sänger der Volkslieder begleitet, sind uns noch in freundliche Aussicht ge- stellt. Ein weiteres sehr hübsch mit Perlmutter eingelegtes Musik- instrument, die 86 cm lange Guitarre „Thar“, stammt ursprünglich aus Persien, wird aber überall in Georgien gebraucht.

Hausgeräte. Die besonders früher von manchen trinkfrohen kau- kasischen Stämmen mit grosser Phantasie und Kunstsinn ange- fertigten Trinkgefässe sind repräsentiert durch ein altes, originelles, mit hübscher Niello-Silberarbeit belegtes Prunk-Trinkgefäss aus Holz mit langem silberumkleidetem Hals. Es stammt aus Tiflis, der alten Hauptstadt der Georgier, während ein Trinkhorn aus Steinbockhorn einem Hause der Swaneten im kaukasisch-abchasischen Hochgebirge, dem Kodorthal, entstammt. Ebenfalls von diesem Hochgebirgsvolk der Swaneten, welche schon von griechischen und römischen Autoren als kolchische Völker erwähnt werden sollen, und die seit Jahr- tausenden ihre heutigen Wohnsitze bewohnen, stammen eine Anzahl Holzgeräte, wie Näpfe, Löffel, Schalen, Quirl, Tabakpfeife aus Buchsbaumholz. Einige weitere holzgeschnitzte Tassen und Löffel gehören den Karatschaiern, einem uralaltaischen Stamme der Ta- taren, die ursprünglich in der Krim wohnend, in den Kaukasus abge- drängt wurden. Ferner ein Tragtäschchen aus dem Bast des wilden Kirschbaumes aus A bchasien, ein Körbchen aus Mingrelien sowie das Modell eines mingrelischen Pfluges, in der Bergschule von Suchum- Kale verfertigt.

Waffen. Von dieser ergologischen Rubrik, die früher im Kau- kasus eine ganz besondere Rolle spielte, wo mittelalterlich ritter- liche Waffen wie Helm, Ringel-Panzer, Schild und Bogen noch bis tief ins letzte Jahrhundert gebraucht wurden, jetzt aber kaum mehr erhältlich sind, ist vor allem zu nennen ein sehr schön gearbeiteter ge- rader zweischneidiger Dolch, -der Kinschal, die kaukasische National- waffe, mit Griff aus Horn, Elfenbein und hölzerner, kunstvoll mit Silber in Nielloarbeit überzogenen Scheide. Das prächtige alte Stück wurde von einem Lesghier erworben und stammt aus Daghestan. Ein zweiter einfacherer Kinschal mit Lederscheide stammt aus Georgien, ein grosser Säbel ursprünglich aus Persien. Eine alte Feuersteinpistolo zeigt denselben reichen Niello-Silberschmuck wie das Trinkgefäss.

Kleidungsstücke. Verschiedene Mützen der Swaneten-Männer und -Kinder aus einem kegelförmigen Stück Filz. Eine persische Hausmütze und eine solche der Kurden aus Filz. Socken der Kurden vom Ararat, Lederschuhe einer Swanetenfrau und Fellschuhe eines Karatschaiers.

92 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Schmuck. Silberner Halsschmuck einer Swanetenfrau des Kodör- tales mit Anhängseln aus Silberblech und zwei Brustschmucke von Kurdenfrauen der Araratgegend, wobei auf grünen Tuchstreifen hübsch gearbeitete Silberplaketten aufgenäht sind; endlich einige Fingerringe der Kurdenmädchen.

Aus Urfa schenkte uns Herr Dr. E. Vischer einen sehr originellen Dreschschlitten in Form von zweı durch Querleisten verbundenen und vorn aufgebogenen Brettern, auf deren Unterseite eine Menge Silex- splitter eingeklemmt sınd. Ebenso die Deichsel, an der das Instrument über das auszudreschende Korn über die Tenne gezogen wird.

L. Rütimeyer,

Vorsteher der Abteilung Vorderasien.

Geschenke an die Abteilungen Afrika und Vorderasien.

Herr Dr. A. David, Basel, Wurfholz der Dinkas, Parierschilde der Schilluk, Stock, Angareb.

Prof. F. Egger, 55 Objekte vom Kaukasus: Musikinstrumente, Waffen, Schmuck, Kleidungsstücke, Hausgeräte.

Dr. E. Frey, Davos, 1 Votivamulett, Tripolis.

Dr. Gansser in Garessio (Piemont), 1 Paar Sandalen aus Halfa, Algerien. J. A. Michel, Addis-Abeba, 15 Gegenstände aus Abessynien: Gefässe, Lendenschmuck, Eisengeld, Kopfkratzer, Kämme, Brotkorb, Suppenkelle. E. Paravicini-Engel, Kairo, 13 Stücke altarabische Muscharabyen und anderes Gitterwerk aus Holz aus einem altarabischen Hause.

Prof. L. Rütimeyer, Basel, 1 altes Trinkhorn, Camerun, 1 Idol, Togo, 2 Bronzeschalen der Nupe, 2 Nagelfetische, portugiesisch Angola, 2 Makondemasken, 2 Lippenpflöcke der Makonde, 4 Lanzen der Schilluk. F. Sartorius- Preiswerk, Arlesheim, 3 Stücke „Steingeld‘“, Goldküste. Seiner, D. S. W.-Afrika, 1 „Buschmannrevolver“, 1 Bogen und 2 Köcher der Buschmänner mit Pfeilen und Feuerbohrer.

Dr. À. Vischer, Basel, 2 Esslöffel, Tripolis.

Dr. A. Vischer, Urfa, 1 Dreschschlitten.

Polarvölker.

Das Schwergewicht der Aeuffnung der dem Referenten unter- stellten Sammlungs- Abteilungen fiel, wie schon bemerkt, dieses Jahr auf die arktischen Völker, auf jene Abteilung, die erst vor wenigen Jahren zu sammeln begonnen wurde und die mit ihren nun- mehr 225 Nummern noch sehr in den Anfängen steht; immerhin be- finden sich unter denselben einige sehr seltene und wissenschaftlich wertvolle Stücke. Wir dürfen auch jetzt schon erwähnen, dass dieser Abteilung auch für nächstes Jahr ein interessanter Zuwachs in Aus- sicht steht durch Objekte, die auf Ansuchen des Referenten der Leiter der schweiz. Grönland-Expedition, Herr Dr. de Quervain, bei den

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 293

noch ursprünglicheren Eskimos der Ostküste in Angmagsalık und Umgebung sammelte. Ferner wird ein prächtiges Geschenk, das uns von Herrn Dr. Hössli, einem seiner Begleiter auf der Durchquerung, in sichere Aussicht gestellt wurde, ein ostgrönländischer Kajak mit Ausrüstung im nächsten Berichte seine Würdigung finden.

Von den arktischen Neu-Erwerbungen des Berichtsjahres seien folgende hervorgehoben.

Von den an den äussersten westlichen Ausläufern von Alaska gelegenen Kadiak-Inseln erwarben wir aus französischem Privatbe- besitz zwei hübsch gearbeitete Lederschuhe und ebensolche Hand- schuhe, ebenso einen sehr roh gearbeiteten Dolch oder Harpunenspitze, der aus Mammutzahn gefertigt sein soll. Die Stücke wurden 1873 vom Schiffslieutenant Feraud nach Frankreich gebracht.

Der Hauptstock des Zuwachses von 1912 besteht aber in der höchst willkommenen Fortsetzung unserer Sammlung der schwe- dischen, norwegischen, finnischen und russischen Lappen. Herr J. Konietzlo unternahm im Januar 1912 seine schon im letzten Bericht in Aussicht gestellte neue Lappland-Expedition, auf der er sich in entgegenkommendster Weise auch für unser Museum zu sammeln erbot. Sein Plan war diesmal, ganz russisch Lappland zu durchqueren bis Kantalax, wobei er namentlich auch die Skolter-Lappen besuchen wollte, bei denen bis jetzt noch niemals systematisch ethnographisch gesammelt worden war. Die aufs beste vorbereitete Reise, auf der die Expedition über 2000 Kilometer zu Renntier zurücklegte, konnte aber wegen grosser Schwierigkeiten, enorme Kälte bis 50°, unge- heure Schneemassen, viele Wölfe und Erkrankungen nicht ganz pro- srammässig durchgeführt werden. Sie begann im Bugöfjord vis-à-vis Vadsö im Norden, bewegte sich in den nördlichsten Teilen von rus- sisch Lappland, um nach neuem Besuch der Gegenden um Enare und nach Durchquerung von finnisch Lappland bei Bonekop am Alten Fjord im nördlichsten Norwegen zu enden.

Herr Konietzko hat wieder ausserordentlich gut und mit grösster Sachkenntnis gesammelt und für uns speziell eine Kollektion zusam- mengestellt, die in glücklichster Weise diejenige des letzten Jahres ergänzt und keine einzige Doublette mit derselben enthält. Es sind uns dadurch 67 neue Lappen Objekte zugekommen, so dass die nun aus 137 Nummern bestehende Lappensammlung, mehr als die Hälfte des arktischen Bestandes, eine durchaus einheitliche und systematisch ge- sammelte und deshalb um so lehrreichere Spezialabteilung darstellt. Ordnen wir die diesbezüglichen neuen Einläufe nach den im letzten Berichte aufgestellten Rubriken, so ergibt sich etwa folgendes:

Küche, Küchengeräte und Nahrungsmittel, welche letztes Jahr sehr reichlich vertreten waren, stehen an Zahl diesmal zurück, ent-

294 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

halten aber einige sehr interessante Objekte. Von Nahrungsmitteln wären verschiedene Muster von Fichtenrinde zu nennen, deren Cam- bium kleingeschnitten und getrocknet fertig zur Bereitung des Rin- denbrotes sind. Ein hieher gehöriges, jedenfalls auch in die ferne Prähistorie zurückreichendes Objekt ist ein Doppelschaber aus Knochen mit zweiverbreiterten Enden, der aber hier nicht zum Schaben von Fellen, sondern zum Loslösen der Fichtenrinde zur Brotbereitung dient. Zur Zerkleinerung der Rinde dient ein, wie Herr Konietzko schreibt, nur mehr selten erhältliches Stück, eine Art Stampfer, an dessen unterm Ende zwei leicht konvex gebogene Klingen aus ge- schärften Knochen mittelst eines Holzbolzens befestigt sind, auch dies ein Instrument von sehr altertümlichem Gepräge. Ein Stück getrock- neter Renndarm, in den Milch gegossen wird, die, wenn ihrerseits ge- trocknet, frischer Milch beigegeben, diese labt, dient zur Käseberei- tung. Zur Milchwirtschaft gehört auch ein Melkgefäss für Renntiere, zum Kücheninventar überhaupt verschiedene Näpfe, Teller und Löffel aus Holz.

Ficherei. In Ergänzung der 1m letzten Bericht erwähnten Netz- schwimmer und Netzsenker aus Birkenrinde schickte uns der Sammler diesmal ein ganzes Netz, reichlich mit diesen originellen Appendices versehen. In einem Holzbehälter sowie auf einem mit Schnurwerk bespannten Holzrahmen werden die mit Köder versehenen Angel- leinen auf dem Boot mitgenommen, eine hübsch gearbeitete Filet- nadel aus Rennhorn dient zum Stricken der Netze, eine Art Haspel zum Aufwickeln der Angelleine.

Jagd. Eine kleine Holzfalle für das Hermelin, eine höchst pri- mitive Fuchsfalle in Form eines einfach gegabelten rohen Holz- stückes, wobei der Fuchs, wenn er das aufgesteckte Fleisch er- schnappen will, mit dem Vorderbein in der Gabel sich verfängt, ein Nistkasten für Wildenten, dem die Lappen die gelegten Eier ent- nehmen, gehören ın diese Rubrik.

Hausgeräte und Handwerkzeuge. Hier zeigen diverse Büchschen und Futterale aus Knochen für Striek- und Nähnadeln, aber auch für so moderne Geräte wie Streichhölzer die dem Arktiker seit Ur- zeiten tief eingeborene Gewohnheit, das Material des Knochens für seine Geräte zu verwenden. Es erinnert das an die konservative prä- historische Gewohnheit der Ababde bei Assuan, wo auch Stein zu Töpfen bearbeitet wird, während Tongefässe weit billiger und ein- facher zu haben wären.

Tongefässe fehlen nach Aussage von Konietzko völlig bei den Lappen, die in dieser Beziehung also noch buchstäblich in der wirk- lichen „Renntierzeit“ leben und die Töpferei noch nicht erworben

haben.

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 295

Sehr altertümlich ist auch ein Feuerzeug der Skolterlappen, denen überhaupt eine Anzahl dieser Knochengeräte angehören. Es besteht nur aus einer kleinen Knochenpfanne, auf der durch einige in einem Zeugtäschchen befindliche Silices der Schwamm zum Glimmen gebracht wird. Ein eisernes Objekt fehlt hier zum Feuer- schlagen, wird aber in praxi gebraucht.

Weitere Behälter für Nähzeug sind dann Fellbeutel, sowie eine Ledertasche mit ornamentierten Knochenbügeln. Auch ein origi- nelles Schloss aus Knochen ist vorhanden, wobei zwei mit Widerhaken versehene flache Knochenstücke beim Schluss eines Kastens in ein pfeilförmiges Verschlussstück, ebenfalls aus Knochen, einhaken. Filetnadeln aus Rennhorn, Rucksack aus Rennleder, Körbe aus Kieferwurzelngeflecht, Kaffeemörser, hölzerne Näpfe und Teller, Rührholz, Wasser- und Bouillonschöpfer, ein äusserst primitiver Wollrocken aus einem stumpfwinklig abgebogenen Holzstück, auf dessen unteres Ende die Lappenfrau sich setzt, während die Wolle auf dem gekerbten obern Stück angebracht wird, eine sehr altertüm- liche Spindel mit Spinnwirtel aus Knochen, ein Tabakbeutel aus dem Balg des Polartauchers vervollständigen das Inventar der Lappen- zelte, bei dem sich jeweilen das Bestreben bemerkbar macht, aus den von der Natur gegebenen Rohmaterialien in scharfsinniger Weise das Nötige zuzubereiten.

Kleidung. Eine hübsche mit Schnitzwerk ornamentierte Gürtel- schnalle aus Rennhorn für Frauen, Zeugwerk für Männer aus blauem Wollenstoff, ebensolehe Frauenhosen, Sommerrock für Männer, ein- faches Fellwerk mit der Haarseite nach aussen, „Boa“ für Männer aus Eichhornschwänzen, wurde früher von diesen um den Hals ge- tragen, Männermützen aus Stoff, Lederschuhe, Fellröcke für Kinder, beim Sommerrock die Haarseite nach aussen, beim Winterrock nach innen gekehrt, Ledergamaschen, Frauengürtel aus Wollenstoff mit hübschen eingewobenen Ornamenten ; solche Gürtel werden auf den im letzten ‚Jahresbericht erwähnten Knochen-Webekämmen verfer- fertigt; Haube für kleine Mädchen.

Viehzucht. Zugholz und eine Packtasche für Renntiere, letztere aus Holz, Birkenrinde und Schnurgeflecht, Tragtasche für Renn- tiere aus Leder.

Kultus und Medizin. Zu ersterem kann ein Amulett der Skolter- lappen gezählt werden, bestehend in einem zystenähnlichen Gebilde, welches sich selten zwischen Fell und Halsmuskulatur der Renn findet und getrocknet wird. Ebenfalls als Amulett wie in unserer Prä- historie dient ein durchlochter Bärenzahn, zur Medizin gehört ein Schröpfkopf aus Tierhorn.

296 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Es ist also durch die Erwerbung dieser durch den Sammler vor- trefflich ausgelesenen und katalogisierten Lappensammlung der im letzten Bericht ausgesprochene Wunsch, es möchte noch manche Lücke in der hochinteressanten Lappen- Ergologie durch die Konietzko-Expedition von 1912 ergänzt werden, aufs schönste er- füllt worden.

Von sonstigen arktischen Gegenständen konnten wir durch Tausch mit dem Hamburger Museum einen prächtigen grossen Fell- mantel der Samojeden und ebensolche Stiefel aus Renntierfell er- werben. Ich möchte Herrn Prof. Hoffmann-Krayer, der durch Abgabe von schweizerischen Volkskunde-Doubletten diesen Tausch ermöglichte, auch hier meinen besten Dank sagen.

Endlich schenkte Herr Prof. Hoffmann eine Harpunenspitze aus Knochen mit Widerhaken und einer darauf montierten spitzovalen Steinklinge, das ganze geschützt durch ein mit Sehnenschnüren zu- sammengebundenes hölzernes Futteral. Das Stück stammt aus einem Haus aus Riemenstalden, Kt. Schwyz, und wurde dem Donator als aus altem Familienbesitz herstammend abgetreten. Es sollte ein alt- schwyzerischer Pfeil sein, ist aber zweifellos arktisch, wohl den Es- kimos angehörig. Es wäre interessant zu erfahren, wann und wie dieses alte Stück vielleicht durch einen schwyzerischen Reisläufer früherer Zeit nach Riemenstalden kam !

Publiziert wurde aus der Sammlung vom Referenten: Ethno- graphische und prähistorische Reiseerinnerungen aus Algerien. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, September 1912.

Endlich sei nochmals allen Donatoren aufs herzlichste gedankt und die Sammlung ihrem weitern Wohlwollen empfohlen.

L. Rütimeyer,

Vorsteher der Abteilung für Polarvölker.

Geschenke an die Abteilung für Polarvölker 1912.

Herr Prof. E. Hoffmann-Krayer, 1 Harpunen-Spitze aus Knochen mit Stein- klinge und Holzfutteral.

Asien (ohne China, Japan) und Ozeanien.

Infolge der Abwesenheit des Unterzeichneten bis Ende Juli war der Zuwachs der von ihm besorgten Abteilungen naturgemäss nur ein geringer; doch wird in späteren Berichten als reichlicher Ersatz hiefür die umfangreiche, für das Basler Museum angelegte Samm- lung aus Neu-Kaledonien und von den Loyalty-Inseln aufzuführen

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 297

sein. Einstweilen, d.h. bis nach erfolgter Bearbeitung, bleibt sie Eigentum des Unterzeichneten ; eine Ueberführung nach dem Museum wäre so wie so wegen Platzmangels ein Ding der Unmöglichkeit. Von Zuwachs der Museumssammlungen sei das folgende namhaft gemacht:

Indo-australischer Archipel. Aus dem nördlichen Borneo er- hielten wir von Dr. G. Niethammer, der jetzt aufs neue dorthin abge- reist ist, eine kleine, aber hübsche Sammlung, darunter Musikinstru- mente, ein elegant geschnitztes Ruder und Schwerter für uns neuer Formen vom Typus des nahen Sulu-Archipels.

Von den Admäralitätsinseln, einem der allerunzugänglichsten Ge- biete der Erde, konnten wir zwei von Herrn Missionar Wenzel nach Basel gesandte Stücke jener höchst merkwürdigen, aus Rotang ge- flochtenen und mittelst einer rötlichen Harzmasse gedichteten, in Form und Aussehen durchaus ächte Tongeschirre vortäuschenden Ge- räte erwerben, einen hohen, nach unten spitz zulaufenden Topf, samt dem Rotangring, der ihn in senkrechter Lage halten soll und eine niedrigere Schüssel. Von demselben Herrn stammen vier hölzerne, durchbrochen geschnitzte und bemalte Tanzgeräte von der Crazelle- Halbinsel, Neu-Pommern. Gleichfalls aus dem Bismarck- Archipel, sowie aus Britisch Neu-Guinea, erwarben wir einige Gegenstände von Herrn N..J. Hamann, darunter einen Tanzstock mit Federbusch, mehrere Kopffederschmucke, Zauberschnüre, Angelhaken und Schnüre mit aufgereihtem Muschelgeld. Ebenderselbe vermittelte uns eine sehr hübsche Sammlung von den Gübert-Inseln. Sie ent- hält vornehmlich Schmuckgegenstände, Hüftketten aus Scheibchen von weissen Conusschnecken und brauner Kokosnussschale, andere aus aufgereihten Delphinzähnen oder aus gespaltenen Potwalzähnen, ge- trennt durch Reihen von Conusscheibchen, Hals- und Brustschmucke mit grossen durchbohrten Conusscheiben oder mit einem (Grehänge, gearbeitet aus Tridacnaschale, Schnüre aus Menschenhaar geflochten und als Tanzschmuck dienend, Angelhaken, Zauberstein u.s. w. In- teressant ist ein birnförmig zugeschliffenes Stück Korallenkalk, an einem Ende durchbohrt zur Befestigung einer langen Schnur; es dient zu einem Spiel „Wanderkukuk“ genannt, wobei man eine Kokos- nuss mit zwei hineingesteckten Hühnerfedern in die Luft wirft und versucht, mit dem Stein oder mit der Schnur diesen Vogel abzufangen.

Weitaus den bedeutendsten Eingang bilden einige sehr schöne alte Holzschnitzereien aus Neu-Seeland, aus französischem Privat- besitz erworben und geschenkt durch die Mitglieder der Kom- mission, sowie durch die Herren Dr. Rud. Merian, Dr. J. R. Geigy und Dr. Hans Burckhardt. Es sind Teile eines Kriegscanoes, erstlich der

298 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

vordere, senkrecht stehende Schnabel, eine schmale, rechteckige, 1,30 m hohe Platte, mit durchbrochen gearbeiteten Spiralen und andern Ornamenten, ferner Bretter mit menschlichen Figuren mit schnabel- artigen Gesichtern und Augen aus Stücken Haliotisschale, weiter ein Balkenende mit Menschenkopf, eine Rundskulptur mit ausgestreckter Zunge und ein geschnitztes Steuerruder. Sehr wertvoll ist endlich ein altes Holzıdol, 1,12 m hoch, mit tatauiertem Gesicht und Orna- mentlinien auf dem Körper; es steht auf dem Kopfe einer kleinen Figur, eines Ungetüms mit ausgestreckter Zunge. Unsere neusee- ländische Sammlung hat durch diese prachtvollen Geschenke einen höchst willkommenen Zuwachs erfahren.

Fritz Sarasın.

China - Japan.

Im Jahre 1912 sind Gegenstände aus Japan durch Schenkung, Sachen aus China mit einer einzigen Ausnahme nur durch Kauf in unsern Besitz gekommen. Obenan steht die reiche Gabe unseres Mitbürgers in Tokio, Herrn Dr. L. Reidhaars. Ihr hervorragendstes Stück ist das Reitzeug eines Daimio, etwa aus dem Anfange des 19. Jahrhunderts stammend. Es besteht aus einer Trense, einem Halsstücke, dem hölzernen Sattel in schöner Lackarbeit samt seinem Ueberzuge, verschiedenen Schabraken, einem Schwanzriemen und einem Paar schwerer eiserner Steigbügel. Dazu kommen ferner: der Brustharnisch einer Rüstung, Eisenblech mit getriebener Arbeit; ein zierlicher, etwa 60 cm langer Bogen nebst Köcher, beide von Horn, mit Pfeilen, die sollen von den Damen eines Daimio gebraucht worden sein; eine alte, mit vertieften Ornamenten gezierte Tabakspfeife aus Metall; eine Art Flöte, bezeichnet als Priesterpfeife, bestehend aus 17 Röhrchen verschiedener Länge, welche in einem kugeligen Basal- teile stecken wie beim entsprechenden chinesischen Instrumente; ein Nyoi, Gerät buddhistischer Priester; ein Gewehr, etwa 60 cm lang; ein metallener Briefbeschwerer; ein alter, runder, mit Schnitzerei und Bemalung geschmückter Holzteller aus einem Tempel; eine Flöte oder Pfeife, phantastisch verziert, 40 cm hoch; eine Priesterglocke, flaches Metallgeräte, welches von buddhistischen Priestern am Gürtel getragen werde. Herr Theo Fricker hat einen Schal geschenkt aus der Mitte etwa des 19. Jahrhunderts, durchsichtiges Seidengewebe, schwarz und weiss, mit breitem, buntem Rande. Das Stück ıst da- durch interessant, dass es von Livingstone in Ostafrika als Geschenk einem Portugiesen soll gegeben worden sein, welcher ihm beim Marsche nach der Küste ausgeholfen hatte. Den Herren Donatoren seien ihre erwünschten Gaben auch hier aufs beste verdankt.

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Von chinesischen Gegenständen seien zunächst genannt eine An- zahl Schnitzereien aus Speckstein (Agalmatolith). Geschenkt, von Herrn A. Jessen, wurde das kleine Modell eines Kanonlaufes; durch Kauf wurden einige Figuren und Vasen mit Pflanzen und Tierorna- menten erworben. Durch den Basler Missionar Ziegler, früher in Hokschuha, Provinz Kwantung, wurden angeboten ein bronzever- goldetes Räuchergefäss von einfach schöner, altertümlicher Form aus der Regierungszeit des Kaisers Hsüan Dsung oder Süan De (1426/36); ein modernes, zierliches Teeservice, Platte mit Zeichnung und sechs Tässchen aus Porzellan, Kännchen aus Zinn, Geschenk eines Mandarins an eine Europäerin; endlich einige Münzen, mitge- bracht durch Missionszögling Ruf, welcher ein Jahr in Tsingtau Militärdienst getan hatte. Des weitern wurde angekauft eine kleine Sammlung, welche uns zugekommen war durch unsern verehrten Freund Dr. Richard Wilhelm ın Tsingtau. Abgesehen von einigen Bilderbogen enthält sie lauter medizinische Gegenstände; zunächst ein Handbuch der Medizin von 1871 in acht Bänden oder Bändchen und zwei weitere Bücher mit Abbildungen ; ein Messer zum Schneiden von Medizinkräutern; drei Klappern, mit welchen sich der Arzt be- merklich macht auf der Strasse; eine Spritze zur Injektion flüssiger Arzneien; 21 Stück chirurgischer Instrumente, Löffel, Häkchen. Nadeln zur Akupunktur, Messerchen ; endlich ein sehr schönes Ding, ein Instrument für Massage, fünf Rädchen aus Bergkrystall mit ein- geschnittenen Wellenornamenten an einem vergoldeten Metallbügel mit geschnitztem Griff aus Nefrit. Wir sind Herrn Dr. Wilhelm für seine Sendung überaus dankbar. Endlich wurde von Herren Rex & Cie. in Berlin eine alte Bronzetrommel aus Südchina erworben ; sie hat 27 cm Höhe bei etwa 50 em Durchmesser und ein Gewicht von 14,3 kg, gehört also nicht zu den grössten ihrer Art, zeigt aber vor- treffliche Erhaltung. Es finden sich auf dem Mantel und auf der in konzentrische Zonen geteilten Platte wie gewohnt geometrische Ornamente in flachem Relief, namentlich in der Mitte der Platte der zwölfstralige Stern. Ausserdem finden sich in einer der Zonen statt der Linienornamente vier Tierfiguren in flachem Relief, Vier- füsser mit langem Schwanze (Füchse ?), je zweimal dieselbe Figur, und in einer andern Zone sind vier Tiere, zwei Frösche und zwei Pferde je 5 cm lang, in Vollplastik auf die Platte aufgesetzt. Der Wert dieser Trommeln wurde nach der Hörweite des Schalles geschätzt. Die besten galten um 600 n. Ch. unter den Südvölkern so viel als 1000, weniger gute so viel als 700 oder 800 Kühe. Wer zwei oder drei solcher Pauken besass, konnte sich den Fürstentitel zulegen “Münster- berg, chines. Kunstgesch. I, p. 96/7). Dass zu diesen verschiedenen örwerbungen der bescheidene zur Verfügung stehende Kredit nicht

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ausgereicht hat, ist begreiflich. Es hat sich aber für den Mangel erwünschte Abhilfe gefunden.

S. Preiswerk-Sarasın, Vorsteher der Abteilung China-Japan.

Amerika.

Die Amerikanische Sammlung hat dieses Jahr einen Zuwachs von 160 Nummern erhalten.

Durch Herrn Nationalrat Göttisheim wurden uns geschenkweise einige Gegenstände aus Peru übergeben, nämlich zwei Henkelkrüge aus schwarzem Ton und ein aus demselben Material hergestellter Doppelkrug, welcher die Eigentümlichkeit aufweist, dass bei ihm durch Einblasen in die eine Oeffnung in der andern ein pfeifendes Geräusch hervorgerufen werden kann. Ferner drei flaschenförmige, aus schwarz gebeizten Kürbissen hergestellte Grefässe.

Als modernes Fabrikat ist anzusprechen ein strausseneiförmiger hölzerner Deckelbecher auf hölzernem Fuss, aus welchem Blattorna- mente hervorragen; das Ganze ist mit Goldpapier überzogen, auf welchem aus vielfarbigem Papier Blumenornamente aufgeklebt sind. Ebenfalls modern sind zwei metallene Saugröhrehen für Limonade, wie sie in Südamerika gebraucht werden.

Eine grössere Sammlung aus Südamerika konnte von Herrn Dr. Th. Herzog aus Zürich erworben werden, welcher dieses Frühjahr nach längerem Aufenthalt bei den Indianerstämmen Bolivias zu- rückkehrte.

Es handelt sich hauptsächlich um Stämme, welche den Chaco be- wohnen und längs dem Rio Pilcomayo angesiedelt sind. Folgt man dem Laufe dieses Flusses, so trıfft man zuerst die Quichua-Kultur, hierauf diejenige der Chiriguano und Chané und zuletzt die Chaquen- sische Kultur, welche die Matocos, Tobas, Chorotis, Ashluslay und Lenguas umfasst. Wo die beiden letztern Kulturen in einander über- gehen, haben wir eine Mischung derselben, als welche die Tapictes aufzufassen sind. Diese haben nämlich die materielle Kunst der Chorotis und Ashluslay, jedoch die Sprache der Chiriguanos und Chanés : das Guarani. (Aus Erland Nordenskiöld. )

Die Quichua-Kultur unterscheidet sich vollständig von den beiden übrigen und hat auch einen ganz andern Ursprung. Sie zieht sich vom Norden von Peru längs der Anden südwärts und findet hier am Beginn des Pilcomayo ihren Abschluss. In der Tat erinnern die beiden Geldbeutel, die einzigen Gegenstände, die uns aus dieser Gegend zu- kamen, weit mehr an die kunstfertige Webetechnik der Peruaner

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und haben absolut keine Aehnlichkeit mit den Produkten der benach- barten Stämme. Bei einem Vergleich der Erzeugnisse der beiden andern Kulturgruppen erweist sich, dass die Chané und Chiriguano- indianer die hüherstehenden sind. Nach Erland Nordenskiöld, welcher sich längere Zeit in dieser Gegend aufhielt, sind sie es auch in bezug auf Intelligenz und sozialer Stellung. Sie werden auch von den übrigen Stämmen geachtet und bewundert.

Betrachten wir die uns zugestellten Erzeugnisse nach ihrer Ver- wendung und beginnen mit der Kleidung, so ist zu erwähnen ein Hemd aus Caraguatäfasern (Bromelia Serra) der Tobas. Das grobe, ziemlich weitmaschige Gewebe ist mit roten und blauen Dreiecken ornamentiert; auffallend ist, dass an ihm nirgends eine Längsnaht zu bemerken ist, dass es also als Schlauch gewoben wird. Von den Guarayu, einem Stamme im nordöstlichen Bolivien, stammt eine ge- wobene rotweiss und blau gestreifte Mütze und ein sehr primitives Hemd aus Bast, ein länglicher Streifen mit einer Kopföffnung in der Mitte. Von den Saliveros, einem fast noch unbekannten Stamm des nördlichen Chaco, erhielten wir eine Sandale aus Holz.

Auf die Haartoilette wird bei den Chiriguanos viel gegeben. Die Haare, welche gewöhnlich bis auf Schulterhöhe und nur bei der ersten Menstruation und in Trauer kürzer geschnitten werden, reinigen sie mit Holzkämmen, drei solcher Exemplare, die uns zukamen, sind an ihrem Griff mit primitiven Schnitzereien verziert. Von diesem Stamme wie auch von den Chorotis und Matacos wurde uns je ein Kamm aus Chuchiosplittern (Arundo saccharoides) übermittelt. Die Splitter werden parallel nebeneinander in ihrer Mitte an einem Querholz befestigt, so dass ein Doppelkamm entsteht.

Was die Schmucksachen anbetrifft, so ist von den Chiriguano- indianern ein Halsband aus rund geschliffenen, in der Mitte durch- bohrten Muschelscheibchen zu erwähnen. Ebenso 4 durchbohrte Ma- lachite. Nach Corrado trugen früher die Chiriguanohäuptlinge grüne Steine in den Ohren; möglicherweise haben wir es hier mit solchen Abzeichen zu tun. Bei allen diesen Indianern sind aber, wie aus der Sendung zu ersehen ist, hauptsächlich die verschiedenfarbigen Perl- schnüre sehr beliebt. Besonders die Chorotis schmücken sich zum Tanz mit einer grossen Menge derselben, welehe sie kreuzweise über beide Schultern tragen. Auch der aus weissen Federn zusammengesetzte Kopfschmuck und zwei Spangen aus demselben Material, welche für die Fussknöchel bestimmt sind, werden bei diesem Anlass getragen. Ein gewobenes Band und eine Schnur mit geknüpften Endquasten repräsentieren den Kopfschmuck der Chiriguanos. Ebenfalls von diesem Stamme ist ein mit Ornamenten versehener silberner Brust- schmuck zu erwähnen.

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Zwei Ohrhölzer der Chorotis und ein Lippenpflock der Tapiete indianer veranlassen uns, einiges über die Sitte dieses Gesichts- schmuckes mitzuteilen. Mit 10—12 Jahren wird nach Nordenskiöld dem Chanéknaben die Unterlippe durchbohrt und in das Loch ein Stückchen Holz eingeführt, dieses wird nach und nach durch ein grösseres ersetzt, und ist er zum Mann herangewachsen, erhält er den grossen Knopf, die ‚„Tembeta“. Diese Prozeduren werden durch allerlei Zeremonien begleitet, welche bewirken sollen, dass der Knabe zu einem tüchtigen Mann heranreife. Unter anderm werden ıhm durch scharfe Knochensplitter Verwundungen beigebracht. Diesem Zweck diente wohl auch der aus einem Ziegenfuss her- gestellte Schröpfer. Die „Tembeta“ wird nur von den Männern ge- tragen. Die Ohrhölzer werden von allen Männern, auch von manchen Chorotifrauen getragen und haben mit dem Eintritt der Mannbarkeit nichts zu tun. Zwei Kopfschmuckstücke aus Papageifedern stammen von den Salineros.

Die Haushaltungsgegenstände werden repräsentiert durch einen Tonkrug und eine Tonschale der Chiriguanos, dem einzigen Stamm, welcher bemalte Tongefässe produziert. Nach Nordenskiöld werden dieselben aus aufeinandergeschichteten Tonrollen verfertigt und dann glatt gestrichen mit Holzspateln, die durch drei Exemplare in der Sendung vertreten sind. Oft sind die Krüge mit ori- ginellen Malereien in weiss, braun und schwarz bedeckt, die immer freihändig ausgeführt werden. Ein Harz aus einer Mimosenart, oder aus Palo santo verleiht ihnen einen gelblichen oder grünschwarzen Glanz. Die Gefässe werden hauptsächlich bei den häufigen Trink- gelagen verwendet. In ganz grossen Tonkrügen begraben die Chiri- guanos auch oft ıhre Toten.

Die Töpferei wird nur von den Frauen ausgeübt. Viel primi- tiver, aber in der Form origineller ist ein Tonkrügchen der Tapiete- indianer. Die Krüge werden beim Wasserholen in einem weit- maschigen, am Rücken hängenden, durch einen Lederriemen an der Stirne befestigten Netz getragen, wie ein solches ebenfalls in der Sammlung zu sehen ist. Eine Schale aus einer Kalebassfrucht mit eingebrannten Ornamenten repräsentiert das beliebteste Ess- und Trinkgeschirr. Originell ist ein Tragkrug aus der zusammengerollten Rückenschale eines Gürteltiers der Chanés.

Durch je eine Wollspindel der Chorotis und Chanes und den Zettel eines Webstuhles der Chiriguanos wird auf die Spinn- und Webekunst hingewiesen, welehe wiederum hauptsächlich bei den Chi- riguanos am besten entwickelt ist.

Zwei Taschen aus den Blattfasern der Caraguatäpflanze herge- stellt, sind typisch für die Chorotis und Ashluslay, sie wurden u:

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keinem andern Stamm verwendet, in diesen beiden jedoch von jeder- mann getragen. Beide zeigen ein schwarz und rotes Ornament.

Kunstvoller sind zwei wollene Taschen der Matacos mit einge- wobenem Muster. Schliesslich ist noch ein hölzernes Nadelbüchschen zu erwähnen mit einer aus einem Kaktusstachel angefertigten Nadel.

Zwei aus Palmblättern hergestellte Körbehen und ein ebensolches ineinanderschiebbares Etui sind Repräsentanten der auch nur bei den Chiriguanos betriebenen Flechtarbeit. Von den Chorotis liegt ein ge- flochtenes Haarseil vor, was nach Nordenskiöld häufige Verwendung findet; das Material hiezu sollen nur die Frauen abgeben. Von dem- selben Stamme ist ein primitives Feuerzeug zu erwähnen, bestehend aus zwei Stäbehen von weichem Holz, von welchen das eine mit seiner Spitze quirlförmig in einer Vertiefung des andern gerieben wird. Sieben Tabakpfeifen, sog. Cachimbas, stammen von den Ühoroti, bei welchen das Rauchen eine sehr grosse Rolle spielt. Bei den Trinkge- lagen geht die Pfeife von Mund zu Mund.

Bei den Chorotis und Ashluslay, welche entlang dem Ro Pil- romajo angesiedelt sind, wird durch die Fischerei ein grosser Teil des Nahrungsbedarfes gedeckt. Dieselbe, nebenbei eines der be- hebtesten Sommervergnügen, wird so ausgeführt, dass ein Teil des Flusses abgesperrt wird, durch eine lange Reihe im Wasser watender Indianer werden die Fische in einen engen Raum zusammengedrängt, mit Handnetzen gefangen, mit einer Keule totgeschlagen und ver- mittelst einer Holznadel, die ihnen durch die Augen gestossen wird, an einer Schnur aufgefasst. Unserer Sammlung wurden ein Hand- netz, zwei Fischkeulen aus Palosantoholz und eine Tragschnur zu- gestellt. Auch ein flaches Holz zum Netze flechten und eine Schnur aus Caraguatafasern, welche als Flechtmaterial verwendet wird, "können hier erwähnt werden.

Als Zandwirtschaftliches Instrument kam uns nur ein hölzerner Haken zu, welcher beim Mähen zum Ergreifen der Garben be- stimmt ist.

Krieg- und Jagd-Utensilien sind durch Bogen und Pfeile reprä- sentiert. Die erstern haben alle dieselbe Form, die letztern bestehen aus einem Schilfröhrschaft mit einem vordern Ansatz aus Hartholz, der bei den Mataco eine einfache Spitze bildet, bei den Guaragüs jedoch mit Widerhaken versehen ist, die runden Ansätze zur Vogel- Jagd, wie wir sie schon von den Botokuden in Brasilien (vel. Jahres- bericht 1909) kennen, werden nicht etwa gebraucht, um die Vögel nicht zu verletzen, sondern um ein Steckenbleiben der Pfeile in den Aesten zu verhindern.

Ein interessantes Stück ist eine Kriegspfeife, wie sie früher von den Tobaindianern gebraucht wurde, sie besteht aus einer runden

304 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Holzplatte, auf deren Oberfläche ein geschnitztes Ornament ange- bracht ist, an ihrem Rand befinden sich drei Oeffnungen, welche in ıhrem Innern miteinander verbunden sind, beim Ueberblasen einer derselben können ıhr verschiedene pfeifende Töne entlockt werden. Zum Schluss seien noch zwei Kriegskeulen der Toba erwähnt und ein in dem Gebiet der Chiriguanos gefundenes Steinbeil.

Von Sport- und Spielgegenständen erhielten wir eine lange, unten leicht gebogene Stange, wie sie von den Chorotis bei dem leiden- schaftlich betriebenen Hockeyspiel verwendet wird, ferner cine Tanz- rassel und eine aus verschiedenfarbigen Stoffresten zusammengenähte Maske. Von grossem Interesse sind einige aus Ton hergestellte Puppen der Chiriguanos, die uns die primitive Darstellungskunst dieser Leute zeigen. Bei den kegelförmigen Gebilden ist der Kopf nur angedeutet, die Extremitäten fehlen ganz, während die Mamae gut ausgebildet sind. Durch eingeritzte Zeichnungen wird auf der Höhe des Kegels die Tätowierung der Stirne, zwischen den Brüsten diejenige der Nase, seitlich und unterhalb der Brüste die Wangen- und Kinntätowierung dargestellt. Zwei Kreise auf jeder Brust stellen die Augen dar.

Durch diese gut zusammengestellte Sammlung des Herrn Herzog ist uns ein umfassender Einblick geboten in den Kulturzustand der Indianerstämme Boliviens.

Eine grössere Anzahl Gegenstände aus Alaska wurden uns durch Herrn Rudolf Iselin bei seiner Rückkehr aus Nordamerika geschenk- weise überlassen.

An Haushaltungsgegenständen sind hier zu erwähnen zwei höl- zerne Tröge, von denen der eine auf seiner Aussenseite reich geschnitzt ist, beide zeigen eine originelle Verzierung, indem ihr Rand mit den weissen Schliessdeckeln von Pachypoma gibberosum eingelegt ist. Ferner ein geflochtenes Körbehen und ein Teller mit einfachem Orna- ment aus eingeflochtenen verschiedenfarbigen Strohstreifen. Nach Krause ist die Flechtkunst in Alaska sehr verbreitet, und wie Ma- laspina erzählt, werden festgeflochtene wasserdichte Körbe sogar zum Kochen benützt, indem ihrem Inhalt heisse Steine beigegeben werden. Die Fischereigeräte sind vertreten durch zwei grosse Angel- haken aus Holz mit eisernem und knöchernem Widerhaken. Bezeich- nend für jene Gegend ist ein geschnitzter Pfeifenkopf, auf welchem ein Adler und ein Bär dargestellt sind, zwei Tiere, die bekanntlich sehr oft künstlerisch verwertet werden und das Modell eines Ruder- schiffehens mit schwarz und roter Bemalung. Eine Tanzschürze aus Leder mit rot-schwarzen Malereien und eine ebensolche aus ver- schiedenfarbigem Tuch zusammengesetzt, beide mit Schafhufen ver- sehen und zwei Holzreifen mit aufgebundenen Ziegenhufen, werden

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wohl bei Festen verwendet. Ebenso eine geschnitzte Platte aus Walfischknochen, an deren unterm Rand Knochenstäbe angehängt sind. Sehr originell ist eine aus Holz geschnitzte Tanzrassel, welche ein menschliches Gesicht darstellt.

Es bleibt uns nun nur noch übrig unsern Gönnern, die durch interessante Stücke unsere Sammlung bereicherten und durch Geld- spenden manchen sonst unerschwinglichen Ankauf ermöglichten, unsern herzlichsten Dank auszusprechen.

Geldgeschenke.

ÉCRIS ATOS VISE RE NE MIE RES Frau Bachofen-Vischer 5 A

M. K. Forcart,

Vorsteher der Abteilung Amerika,

Europa.

Die Abteilung Europa hat im Berichtsjahre einen Zuwachs von 401 Nummern erfahren und steht somit heute auf No. 5490.

Wie üblich werden wir im folgenden von einer vollständigen Auf- zählung sämtlicher Neuerwerbungen absehen und nur auf das Be- merkenswertere hinweisen.

Wir beginnen mit der Landwirtschaft. Da ist zunächst zu ver- zeichnen ein ziemlich roh und altertümlich gebauter, bisher in diesem Typus noch nicht vertretener Pflug aus Euseigne, einem in bezug auf Häuseranlage und wirtschaftliche Einrichtungen interessanten Dorfe am Eingange des Eringertals. Ebendaselbst wird eine überaus eigenartige Egge verwendet, die aus trapezförmig zusammenge- rafften Ästen besteht und so offenbar eine sehr alte Eggenform dar- stellt. Auch ein solches Gerät liess sich für unsere Sammlung er- werben. Noch primitiver in ihrer Konstruktion war eine bei Ober- hofen am Thunersee gefundene Egge, die zum Zusammenrechen des Miststrohs auf den Wiesen diente. Ihre Form ist der aus Euseigne ganz ähnlich, nur sind statt der mehr oder weniger geraden Äste Dornenzweige eingespannt (,,Dorneicht"); wohl geradezu eine Ur- form der Egge. Die drei landwirtschaftlichen Geräte wurden von dem Abteilungsvorsteher geschenkt. Auch unsre Sammlung von Stampfen wurde um ein sehr merkwürdiges, einen Tierleib darstel- lendes Stück aus Malix (Graubünden) vermehrt. Weiter kamen zwei altertümliche Getreidewendgabeln, je aus einem Gewächs herge- stellt, hinzu: die eine, mit zwei langen Zinken versehene, aus dem Buchrain (Kanton Luzern), die andere, dreizinkig (was noch seltener

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306 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

vorkommt), aus Ste-Enimie (Dep. Lozere, Frankreich), geschenkt von E.H.-K. Wie dem Verfasser an Ort und Stelle mündlich mit- geteilt wurde, werden diese Gabeln aus dem Süden Frankreichs be- zogen, wo Rebstöcke eigens für diesen Zweck dreiästig gezogen werden. Auch die Krümmung der Zinken scheint bereits am le- benden Stamm vorgenommen zu werden. Erworben wurde ein ver- zierter Garbenknebel aus Oberdorf (Baselland) und ein Torfstecher aus der Innerschweiz; als Geschenke haben wir zu verdanken Herrn Meyer in Sissach zwei Weidenschäler, Herrn Lörch in Cham ein Rebmesser. Endlich seien einige korrekt gearbeitete Modelle genannt, die einer grössern, Herrn Dr. Michael in Schiers zu reduziertem Preis abgekauften Sammlung von Modellen verschiedener Geräte an- gehören. Dieselben wurden im Puschlav nach Originalen hergestellt und sollten zur Illustration einer Arbeit über mundartliche Gerät- benennungen ım Puschlav dienen. Es ist daher erfreulicherweise jedem Gegenstand und sogar den einzelnen Teilen der mundartliche Name beigegeben. Davon schlagen in das Gebiet der Landwirtschaft ein: ein Pflug, eine Egge, ein Heukorb und ein Dreschflegel.

Der Viehhaltung gehören zwei interessante, von Herrn Prof. Rütimeyer geschenkte Hirtenstäbe aus der Umgegend von Patras (Griechenland) an, die sich durch merkwürdige, an die antiken Helm- büsche erinnernde tierförmige Knäufe auszeichnen, der Bienenzucht eine „Imkerbüchse“ aus Illgau (Schwyz).

Zum Transportwesen rechnen wir einen Sperrstrick aus dem Kan- ton Luzern und einen hölzernen Radschuh aus Menzingen (Zug), so- wie folgende Modelle, wieder aus dem Puschlav : zwei Schleifschlitten, einen vierrädrigen und einen zweirädrigen Wagen, eine Mistbenne, einen Stosskarren, ein einfaches und ein Doppeljoch.

Zur Alp- und Milchwirtschaft übergehend, erwähnen wir vor allem mit besonderem Danke gegen den Spender, Herrn Dr. Wilh. Vischer, eine aus Davos-Monstein stammende Alptafel vom Jahr 1694 aus Föhrenholz mit eingekerbten Hauszeichen und Zahlenangaben über den Viehstand. Die Rückseite, die ebenfalls Hauszeichen trug, ist arg zerschnitten, da die Tafel offenbar längere Zeit als Brot- oder Käseschneidbrett gedient hatte. Von Herrn Dr. M. K. Forcart wurde ein Milchmessstab vom Rigi, von Herrn Aug. Meyer ın Sissach ein Käsenapf aus dem Baseibiet geschenkt. Ebendaher stammt eine höl- zerne Butterplatte; eine Anzahl Kübel und Melchtern sind uns aus der Urschweiz zugegangen. Als freundliche Gaben verdanken wir ferner: Fräulein Elis. Vonder Mühll eine zierlich gearbeitete Butter- maschine, Frau Burckhardt-Heussler das völlig ausgerüstete Modell einer Käserei. Auch unter der Puschlaver Modellsammlung befinden sich mehrere Milchwirtschaftsgeräte.

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Das Handwerk ist vertreten durch eine Pflasterramme aus Holz mit schwerem Eisenschuh, wie sie früher in Basel allgemein verwen- det wurden. Ein gut erhaltenes Exemplar ist uns auf unser Ansuchen vom h. Baudepartement schenkweise überlassen worden. Ein Zim- merbeil ganz eigenartiger Form, die vielleicht auf die Hellebarde zu- rückführt oder sogar einer solehen entnommen ist, wurde in Chur er- worben, ein Drillbohrer mit Schwungrad im Kanton Aargau, zwei geschnitzte Höbel im Baselland, eine Backmulde in Dietwil (Kanton Luzern). Herrn Dr. A. Gansser in Garessio verdanken wir einen Küferhobel aus dem Piemont, Herrn Lörch in Cham einen hölzer- nen Winkel.

An dieser Stelle möge auch ein Ausschnitt aus dem Giebel eines Wohnhauses aus Vilmergen (Aargau) Erwähnung finden, der an dem mit Mörtel beworfenen Flechtwerk noch die uralte Herstellung der Wand aus zusammengeflochtenen Stäben oder Ruten veranschaulicht (vel. gotisch wandus ,,die Rute“, zu „winden‘“).

Die Jagd hat diesmal nur zwei Eisenfallen aufzuweisen : eine starke, mit Widerhaken, offenbar für grössere Raubtiere (Geschenk von Herrn Lörch) und eine kleine Maulwurfsfalle.

Von Waffen ist ein Morgenstern aus der Innerschweiz ein- gelaufen.

Das weitumfassende Gebiet der volkstümlichen Industrie und Kunst hat auch im Berichtsjahr wieder einen erfreulichen Zuwachs erfahren. Wir beginnen mit Garnbearbeitung und Textilindustrie im weitern Sinne des Wortes. Eine Puschlaver Hanfbreche ist wenigstens im Modell vorhanden, eine schwertförmige Schwinge in roher Arbeit schenkte Herr Lörch, eine Hechel, datiert 1793, stammt aus Riffers- wil (Kt. Zürich). Sehr primitiv ist der Handrocken mit Spindel, den uns Herr Prof. Rütimeyer aus Amalfi mitgebracht hat, und nicht weniger die vier von Herrn Aug. Meyer ın Sissach geschenkten Spinn- wirtel, die sich auf dem Estrich eines dortigen Hauses vorgefunden haben. Einen Handhaspel aus Florenz verdanken wir Herrn Pfr. H. Iselin daselbst und einen Drehhaspel Herrn Dr. W. Keller in Basel. Dazu kommen wieder einige Modelle aus dem Puschlav : Spinnrad, Spulrad, Haspel, Garnwinde und Webstuhl. Ein einfacher Bandweb- stuhl ging aus dem Kanton Zug ein und ein Hransenwebstühlchen von

Frl. E. Vonder Mühll in Basel.

Die Stickerei ist durch drei ächt bäurische Arbeiten aus Grau- bünden vertreten, die in Zernez erworben wurden: ein Handtuch von 1841 mit roter Kreuzstickerei (Blütenzweige), zwischenge- wobenen roten Streifen und angehängter Klöppelspitze, zwei Kissen- anzüge, der eine mit gleicher Stichtechnik einen Löwen, eine Frau und

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einen Baum in strengem altem Stil darstellend, der andere mit rotem, gelbem und blauem Dekor (Blumen, Hähne usw.) in Kreuzstich. Aus der Wollgarnflechterei seien zwei bunte, in Zwickelmotiv geflochtene Strumpfbänder hessischer Bäuerinnen aus Grossenlinden bei Giessen genannt, die der Sammlung durch Herrn Pfarrer O. Schulte daselbst schenkweise zugegangen sind. In die Technik des Stoffdrucks gehören zwei Handtücher aus dem Kanton Basel-Land. Nur spärlichen Zuwachs hat die Korbflechterei erfahren. Hieher ist zu rechnen ein flaschenförmiger, 83 cm hoher Korb mit Deckel zum Aufbewahren von Schnitzen u. dgl. aus Nusshof bei Sissach, aus der gleichen Gegend ein Somberkörbehen (Geschenk von Herrn Aug. Meyer in Sissach). Beide Stücke zeigen die auch bei exotischen Völkern verbreitete Technik der unter sich verbundenen Strohseile. Die Holzschnitzerei ist durch einige gute Stücke repräsentiert: der uralte Kerbschnitt durch eine von Herrn Architekten S. Schlatter in St. Gallen geschenkte, reich dekorierte, aus einem Stück bestehende Schachtel aus Gonten (Appenzell), zwei Federschachteln aus dem Kanton Zug, ein ebenfalls reich geschnitztes Kästehen (vermutlich aus dem Wallis), ein mit Kerbschnitt- und Punzornamentik versehenes Feldfässchen aus Affoltern am Albis, endlich zwei Salz- und zwei Wetzsteinfässer aus Zuoz, Martinsbruck, Monstein und Sent in Grau- bünden. Zur Reliefschnitzerei sind fünf bäurische Spazierstöcke mit erotischen Darstellungen zu zählen, die ein in Basel lebender Berner Oberländer nach ältern, früher in seiner Familie aufbewahrten Stücken hergestellt hat; zur Vollplastik endlich eine höchst merkwür- dige Gruppe aus Praz-le-Fort (Wallis), einen Priester darstellend, der einen unter ihm liegenden, mit Stricken gebundenen Dämon bändigt. In der linken Hand hält der Priester eine Schöpfkelle; auch die rechte (verstümmelte) wird einen Gegenstand gehalten haben. Aus der Steinplastik seien zwei Stücke genannt, deren Verwen- dung noch nicht aufgeklärt ist: das erste ein flach und roh skulpiertes menschliches Gesicht auf ovalem Stein, gefunden beim Neubau der Basellandschaftlichen Hypothekenbank, Filiale Gelterkinden, das andere eine Flachskulptur mit verschiedenen Darstellungen in einem Viereck: heraldische Lilie, Baselstab, Rosette, Doppeladler, Fische, Schlangen, Blumen- und Zweigmotiv, Steinmetzzeichen, Jahrzahl 1521, ebenfalls aus Gelterkinden, beides Geschenke von Herrn E. Denger-Rudolf 7, daselbst. Dessen Witwe schenkte ferner eine Stein- fliese mit Jahrzahl 1580, einen Backstein von 1678 und 11 Dach- ziegel mit verschiedenen Ornamenten, zwei ebensolche gingen als ano- nymes Geschenk zu. An volkstümlicher Malerei lief (abgesehen von religiösen Gegen- ständen) dieses Jahr wenig ein. Zwei Hinterglasbilder aus dem Elsass

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 309

verehrte Herr Dr. E. Major, ein Pergamentbildchen Herr Aug. Meyer in Sissach. Aus Niederdorf (Baselland) stammt die Abbildung eines Lastwagens vom Obern Hauenstein mit Datum 1810. Zwei bemalte Schachteln wurden in der Innerschweiz erworben. Ein konischer Stein, angeblich zum Mahlen der Farben gebraucht, stammt aus Neu- heim (Kt. Zug).

Am reichsten wurde wiederum die Keramik bedacht. Von ausser- schweizerischen Produkten seien zunächst erwähnt sieben griechische Krüge und ein Spantopf aus blassgelbem unglasiertem Ton, die Herr Prof. Rütimeyer nebst einem Spartopf aus Capri auf seiner Reise er- worben und nebst andern noch zu nennenden Gegenständen der Sammlung verehrt hat; zwei fränkische Schüsseln schenkte Herr Prof. John Meier, zwei aus Mittelfrankreich der Abteilungsvorsteher. Zur Zeit nicht lokalisierbar sind zwei an antike Amphoren erinnernde un- glasierte, aber primitiv bemalte Krüge aus Schwyz (doch kaum dort hergestellt), ein Giessfass von 1750, eine Feldflasche, eine Jardinière und ein Tintenzeug. Interessant als Tierdarstellung ist ein Ofenfuss in Gestalt eines sitzenden Hundes. Basellandschaftlichen Ursprungs scheinen zu sein bezw. sind sicher: ein Rasierbecken, sieben Platten, ein Tintenzeug und ein Spiegelrahmen (Bretzwil ?), ein Krug (Lup- singen ?), eine grosse violett glasierte Schüssel, 42 Ofenkacheln (von denen 35 von Frau Denger ın Gelterkinden, zwei von Herrn Aug. Meyer in Sissach geschenkt), von Matzendorf ist sicher ein Teller von 1820 (Ausgang der von Rollischen Fabrikation, blaue Familie), eine Schüssel von 1832 und ein Bartbecken von 1845 (beide aus der Lud- wig Meisterischen Zeit). Von Heimburgergeschirr kamen neu hinzu vier Platten, ein Krug und eine Teekanne, von Langnau zwei gute Stücke: ein Tabaktopf (dat. 1759) und eine Nidelschale (wohl eben- falls 18. Jahrhundert).

Das Glaswerk hat nur eine spärliche Vermehrung gefunden. Es seien erwähnt eine Flasche mit Hausmarke aus Wädensweil, ein Wach- holderglas und ein Glasvogel, angeblich Wetterglas, aus Waldenburg (vermutlich Schwarzwälder Arbeit). |

Ein sehr weitschichtiges Gebiet ist der Hausrat, von dem wir ja bereits einiges in den vorigen Kapiteln vorweggenommen haben. In erster Linie kommt für uns das Beleuchtungsgerät in Betracht. Ein dreiarmiger Messingleuchter für Öl stammt aus Waldenburg. Als Geschenke haben wir zu verdanken Herrn Prof. Rütimeyer eine Ton- lampe von Capri, Frau Denger in Gelterkinden eine altrômische Tonlampe, Frl. E. Vonder Mühll in Basel eine Visitenlaterne. Von anderm Hausrat erwähnen wir nur das Wichtigere. Ein steinernes Kohlenbecken, wie sie früher zur Erwärmung in die Stuben gestellt wurden, ging uns aus Tägerig (Kt. Aargau) zu, ein schmiedeisernes

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Herddreibein (Geschenk von Herrn Lörch) und ein eiserner Rost aus der Innerschweiz. Primitiv in der Form ist ein Giltsteinmörser mit Hausmarke, den wir durch gütige Vermittlung von Dr. K. E. Reinle in Basel in Hospental erwerben konnten; ebenso ein schmiedeisernes Pfännchen aus Oberägeri und ein Hackmesser aus Breitenbach (Kt. Solothurn), letzteres geschenkt von Herrn Aug. Meyer, dem wir auch ein hölzernes Löffelkästehen aus dem Basel-Land verdanken. Durch seine Verwendung bemerkenswert ist ein jetzt als Truhe dienender ehemaliger Schlittensitz aus St. Gallen.

Hier seien ferner angeführt: eine sechseckige Zinnflasche mit Schraubendeckel und eine griechische Kalebasse, diese geschenkt von Herrn Prof. Rütimeyer.

Einige Gegenstände aus der Tracht und ihrem weitern Zubehör mögen hier ıhre Stelle finden. Vor allem ein farbenprächtiges ar- golisches Frauenkostüm mit echt volkstümlichen Stickmotiven, das wir nebst zwei athenischen Kinderschuhen wiederum der nimmer- müden Geberfreude des Herrn Prof. Rütimeyer verdanken dürfen. Ein Paar Zoccoli aus der Brianza schenkte Herr Dr. Gansser in Ga- ressio; Schneeschuhe und Greifeisen erwarben wir in der Inner- schweiz. Die von Herrn Pfarrer Schulte in Grossenlinden geschenkten hessischen Strumpfbänder sind oben erwähnt worden, von demselben Geber erhielten wir eine beinerne Haarnadel aus der dortigen Tracht, eine solche aus Hottingen (Baden) von Herrn Prof. John Meier. Eine mit bunten Blumen bäurisch bemalte Kammtasche stammt aus Lupsingen (Basel-Land), aus Liedertswil und Höllstein zwei tönerne Haubenstöcke. Eine Kassette mit kosmetischem Inhalt ist von Frau Burckhardt-Heussler verehrt worden. Zur Tracht im weitern Sinne darf auch die Schnupftabaksdose gerechnet werden, von denen eine hörnerne aus Eptingen, eine birkenrindene aus Schwyz erworben wor- den ist. Eine Tabakspfeife aus dem Kanton Luzern wurde uns durch

Herrn Dr. K. R. Hoffmann übermacht.

Auch einiges Gebäck ist wieder neu hinzugekommen. So zwölf Dirggeli mit Darstellungen aus der Lebensgeschichte Christi (Ge- schenk vom Historischen Museum) und eine ganze Kollektion solcher mit verschiedenen Motiven (Geschenk von Frau Knapp-Balmer in Zürich), fünf Gebildbrote aus Mainburg (Bayern), zwei Brötchen aus Carmignano, Oberitalien (Geschenk von Herrn À. Vischer- Krayer), eine ‚„viquette“ (= deutsch „Wegge‘“), wie sie um Delsberg an Neujahr gegessen wird (Geschenk von Herrn A. Rossat) und ein athenisches Ringbrot (Geschenk von Herrn Prof. Rütimeyer).

Gegenstände, welche sich auf den Volksbrauch beziehen, sind ebenfalls verschiedentlich erworben oder geschenkt worden. So eine

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums, 311

hölzerne Fastnachtslarve, angeblich aus dem Kanton Zürich und eine Johannisspritze aus Cinuskel (Oberengadin). Dieses für den Volks- brauch bedeutungsvolle Stück verdanken wir Herrn Dr. St. Brunies, hier. Es besteht aus einem Rohr mit zugehörigem Stössel, ähnlich unsern ehemaligen Schlehbüchsen, aus dem die Mädchen am Johannis- tage (des Täufers) von den Burschen gespritzt wurden, ein uralter Analogiezauber, der die vegetabilische Fruchtbarkeit herbeiführen sollte.) Von Herrn Aug. Meyer in Sissach haben wir einen Auf- fahrtskranz aus Bennwil erhalten. Solche Kränze werden am Himmel- fahrtstag aus frischen Blumen gewunden und im Hause gegen Blitz- schlag aufgehängt. Eine Karfreitagsraffel aus Neuheim (Kt. Zug) ist uns von Herrn Lörch in Cham schenkweise übermittelt worden, zwei Osterkerzen aus Athen von Herrn Prof. Rütimeyer. Zum Volks- brauch gehört ferner ein geschriebener Neujahrswunsch aus Liederts- wil vom Jahre 1844 mit aufgemalten und ausgeschnittenen Blumen, Vögeln, Früchten, Putten und weiblichen Gestalten. Weiterhin zwei gedruckte Liebesbriefe und einige Taufzettel aus dem Basel-Land, teilweise mit den Patenpfennigen, sämtlich geschenkt von Herrn Aug. Meyer ın Sissach, zwei eingerahmte Taufzettel in Federzeich- nung aus Rifferswil (Kt. Zürich) wurden in Cham erworben; ebenda ein Hochzeitszettel aus Affoltern.

Interessanter sind zwei mit farbigen Bändern und bunten Flittern aufgeputzte Stäbe, wie sie der Zigeunerbräutigam bei der Einladung zu seiner Hochzeit mitführt. Noch jetzt herrscht der Glaube bei den Zigeunern, dass diese Stäbe die bösen Geister ver- treiben, welche die Fruchtbarkeit der Ehe verhindern wollen. Ebenso beachtenswert sind zwei Glücksstäbe der Zigeuner (,,bachtelo gast“). Es sind das gewöhnliche Holzstecken, an deren Spitze die weiblichen Angehörigen des Bräutigams am Tage vor der Hochzeit ein Laub- oder Tannenbüschel gebunden haben und die vor das Zelt des Bräu- tigams gesteckt werden. Auch sie sollen Glück und Liebe bringen. Am Hochzeitstage werden diese Stäbe verbrannt. Gewiss ein ver- wandter Brauch mit dem aus Raffaels Sposalizio bekannten Zer- brechen der Stäbe.

Mehr in das Kapitel Spiel gehört die in eine Flasche hineinge- arbeitete Kreuzigung Christi mit allen Marterwerkzeugen. Ein Bil- derspiel schenkte Frau Lüscher-Wieland. Ein zierliches, kleines Kommödcehen mit bäurischer Malerei stammt aus Wintersingen ( Basel-Land).

5) Abbildung der Spritze und Schilderung des Brauchs s. „Schweiz. Archiv f Volkskunde“, 16, 246.

312 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Von Musikinstrumenten gingen uns zwei italienische Maultrom- meln durch Herrn Dr. Gansser und eine griechische Hirtenflöte dureh Herrn Prof. Rütimeyer zu.

Religion und Volksglaube ist durch einige interessante Stücke vertreten. So haben wir Herrn Dr. M. K. Forcart eine Heiliggeisttaube vom Rigi in typischer Form zu verdanken, ein um so erfreulicheres Ge- schenk, als die Sitte, eine Heiliggeisttaube an der Decke anzubringen, in der Schweiz nicht sehr verbreitet gewesen zu sein scheint. Wäch- serne, an einer Schnur aufgereihte Votivzähne, einen Fingerring gegen Krampf, ein geburtserleichterndes Band und eine Wallfahrtsmedaille, sämtlich von der Margarethenkirche in Knocke-sur-Mer (Belgien), gingen uns ebenfalls schenkweise durch Herrn Rektor K. Wehrhan in Frankfurt a. M. zu, denselben Freund unserer Sammlung, dem wir die interessanten Wachs-Exvotos aus den Rheinlanden verdanken. Der Entbindungsgürtel scheint, nach dem stetig sich mehrenden Ma- terial, eine grössere Verbreitung und höheres Alter zu haben, als gemeinhin angenommen wird. Ein Devotionsaltärchen mit manchen Zutaten unter Glas und Rahmen stammt aus der Innerschweiz, ein Messingkreuzchen mit Reliquienpartikeln aus Schwyz, ein von Herrn Dr. Hans Stehlin geschenkter, aus Wassernuss (Trapa natans) ge- fertigter Rosenkranz von den oberitalienischen Seen; drei Weih- wassergläser von elsässischen Friedhöfen erhielten wir von Herrn Dr. E. Major. Dazu kommen noch einige Medaillons, Anhänger und ähnliches mit Heiligen oder sonstigen religiösen Darstellungen. Wichtiger sind die an das Gebiet des Aberglaubens grenzenden ge- schriebenen, gestochenen und gedruckten Segen gegen Krankheit, Be- hexung, Unwetter und sonstiges Unglück aller Art. Eine interessante Kollektion solcher Stücke wurde uns durch Herrn Aug. Meyer in Sissach als Geschenk übermittelt; dabeı befinden sich auch : ein Me- mento-mori-Brief, ein Haussegen von 1779, eine Passion in Reimen, eine Eidesauslegung. Von Herrn Alois Dettling in Seewen (Schwyz) erhielten wir einen interessanten Pest- und Dreikönigssegen; meh- rere Faltsegen sowie Benediktus-, Zacharias-, Heiligblut- und Spa- nischkreuzsegen konnten durch das Entgegenkommen von Herrn L. Bellmont, hier, erworben werden.

Einige Zigeuneramulette wurden uns durch einen in Süddeutsch- land sesshaft gewordenen Zigeuner nebst genauer Beschreibung ver- schafft._ Wir erwähnen die folgenden: 1. Gegen den bösen Blick werden 7 Knollen Knoblauch, 7 Handvoll Mehl und 7 Kohlen ge- kocht, mit einem dreizinkigen Stäbchen zu einem Brei verrührt und der Brei in ein dreieckiges Säckchen von Leinwand getan, die nicht gekauft sein darf. Dieses Säckchen wird den Kindern um den Hals gehängt. 2. Um gesund zu bleiben, knetet man an Pfingsten

Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 3l3

9 verschieden lange Zwirnfäden in einen Teig und legt das Ganze in ein ungebrauchtes Geschirr. Dieses ist in den nächsten Bach zu werfen, indem man sich gegen die Strömung wendet. Das erhal- tene Objekt besteht aus einem anscheinend ungebrauchten Näpfchen, auf dem ein Deckel umgekehrt mit Draht befestigt war. Der Beschaf- fenheit des Inhalts nach scheint das Gefäss hochkant im Wasser ( ?) gelegen zu haben. Die Substanz des Teigs ist noch nicht geprüft worden. Drei weitere Amulette werden gegen den Kropf (Kreuz- spinne), gegen Leibschmerzen ungetaufter Kinder (rostiger Schlüssel ) und zur Abhaltung des Todes (Asche von dem im Herbst verbrannten „schwarzen Mann“) verwendet.

Von vereinzelten Gegenständen seien zum Schluss genannt: ein hölzernes Weinmass aus Appenzell A.-Rh. und zwei unbestimmbare, vielleicht für die Tierchirurgie verwendete Instrumente aus dem

Baselland.

Verzeichnis der verehrl. Donatoren der Abteilung Europa.

a) Geschenke an Gegenständen:

(Die beigefügte Zahl bedeutet die Anzahl der geschenkten Gegenstände.)

Baudepartement, Basel 1 | Frau Lüscher-Wieland, Basel .

Herr L. Bellmont, Basel : 2 | Herr Dr. Emil Major, Basel . 5 » Dr. St. Brunies, Basel . 1 n Prof. John Meier, Frei- Frau A.Burckhardt-Heussler, Basel 2 love IL IE à: & à 2 Herr und Frau E. Denger-Rudolf, » Aug. Meyer, Sissach . 22

Gelterkinden 57 4. Rossat, Basel ED 4. Dettling,Seewen( (Schwy 2) il » Prof. L. Rütimeyer, Basel. 20 Dr. K. R. Forcart, Basel 2 Archit.S. Schlatter, St.Gallen 1 » Dr. A. Gansser, Garessio 4 » Pfr.O.Schulte,Grossenlinden 3 Historisches Museum, Basel 12 Dr. H. Stehlin, Basel 1 Herr Dr. K. R. Hoffmann, Basel. 1 » Prof. E.A.Stückelberg, Basel 1 Prof. E. Hoffmann- a » 4. Vischer-Krayer, Basel 2 Basel.” 10 Dr. W. Vischer, Basel il =. eins 12% En Hire s 1 | Frl. E. VonderMühll, Basel . 3 Frau Kapp-Balmer, Zürich. . . 1 | Herr Rektor K. Wehrhan, Frank-

Herr Dr. W. Keller, Basel. . . 1 furt-a. M. Ent » J. Lörch, Linden-Cham. . 24 | Anonym. 2

b) Geldgeschenke :

Jährliche Beiträge :

Fr. | Fr. Frau M. Bachofen-Vischer . . 30.— | Frau A. Forcart-Bachofen . . 10.— Herr Prof. Dr. D. Burckhardt- | Herr R. Gemuseus- Passavant . 20.— Werthemann . . . . 10.— | » #. Hoffmann-LaRoche . 500.— |

Herr R. Forcart-Bachofen . . 10.— Dr. &. R. Hoffmann. . 50.—

314 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums.

Er. Fr. Herr M. Krayer-Freyvogel. . 20.— | Herr E. Seiler-LaRoche. : 10.— , G. Krayer-LaRoche . . 20.— A. Vischer-Krayens 22: 720 Prof. DE John Meier 310: » @. Zimmerlin-Boelger . 10.—

Frau A. Sarasin-VonderMühll . 20.—

Allen Gebern sei auch an dieser Stelle für ıhr fortgesetztes W ohl- wollen unser wärmster Dank ausgesprochen.

E. Hoffmann-Krayer, Vorsteher der Abteilung Europa.

Manuskript eingegangen Januar 1912.

Vierunddreissigster Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung 1912.

Am dritten Februar dieses Jahres ist Professor Fritz Burckhardt gestorben, der dıe von der Naturforschenden Gesellschaft zur Ver- waltung der Ziegler’schen Kartensammlung bestellte Spezialkommis- sion seit ihrem Bestehen präsidiert und im Namen derselben alljähr- lich zu Handen der Gesellschaft und zugleich auch des Kartenvereins über die Fortschritte der Sammlung Bericht erstattet hat.

Da die Verhältnisse mehr und mehr auf eine Einschränkung des möglichen Betätigungskreises dieser Kommission hingewirkt haben, derart, dass seit langen Jahren keine Sitzungen mehr statt- fanden und die Geschäfte sich völlig in der Hand des Präsidenten konzentrierten, hat die Naturforschende Gesellschaft in ihrer Sitzung vom 7.Mai 1913 den Beschluss gefasst: „Die Spezialkommission zur Verwaltung der Ziegler’schen Kartensammlung wird aufgehoben. Funktionen und Kompetenzen derselben werden auf den Vorstand übertragen.“

Demgemäss wird künftighin der Vorstand der Naturforschenden (resellschaft den üblichen Jahresbericht ablegen.

Indem wir dieser Aufgabe zum erstenmale nachkommen, ist es uns ein Bedürfnis, dankbar der grossen Verdienste zu gedenken, die sich der verstorbene Kommissionspräsident um die Sammlung er- worben hat.

Als im Jahre 1878 Jacob Melchior Ziegler seine Kartensamm- lung auf der Universitätsbibliothek deponierte und dabei durehblicken liess, dass er nicht abgeneigt wäre, das Depositum in eine Schenkung an die Naturforschende Gesellschaft zu verwandeln, falls sich das Interesse des hiesigen Publikums durch Beschaffung der Mittel zu würdiger Unterbringung und Fortführung derselben kundgeben würde, erkannten. die leitenden Persönlichkeiten unserer damaligen Naturforschergeneration mit klarem Blicke, dass dies eine überaus günstige Gelegenheit sei, um der künftigen Begründung einer Pflege- stätte der Geographie an unserer Hochschule in wirksamer Weise

316 Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung.

vorzuarbeiten. Ein an weitere Kreise gerichteter Aufruf führte zur Gründung des Kartenvereins, der sich die Erfüllung der von Ziegler gestellten Bedingungen zur Aufgabe machte, und im Herbst 1879 übergab dieser dann die Sammlung unserer Gesellschaft. Fritz Burck- hardt ist schon bei diesen Präliminarien mit besonderer Hingebung tätig gewesen; er hat dann namens der Gesellschaft die Schenkung in Empfang genommen, zusammen mit dem Stifter die erste Ordnung besorgt und während der drei inzwischen verflossenen Dezennien ganz in der Stille das begonnene Werk weiter gepflegt. Seinem Weitblick haben wir es ım besondern zu verdanken, dass der Kartenverein heute über ein kleines Vermögen verfügt, durch welches die Sammlung auf alle Eventualitäten gerüstet ist. Das letzte Jahr seines Lebens hat dann Burckhardt noch die Genugtuung gebracht, dass das lang er- örterte Projekt einer Professur und eines Institutes für Geographie endlich verwirklicht wurde. Indem unsere Gesellschaft ihr Möglıch- stes tut, um dieser neuen Anstalt die Hebung und Verwertung der Schätze der Kartensammlung zu erleichtern, wird sie dem Verstor- benen den besten Dank für seine treue Fürsorge abstatten.

Die disponibeln Mittel sind im abgelaufenen Jahre zur An- schaffung einer Reihe von Wandkarten, die dem akademischen Ge- schichtsunterricht dıenen, verwendet worden.

I. Geschenke.

C. A. Gessler-Herzog: Kollektion älterer Karten und Stadtpläne. 2 Brosch. und 18 Bl.

Staatskanzlei Basel-Stadt:

Bibliographie der Schweizerischen Landeskunde. Fase. V 9 f, V 10 ea, 2 Brosch. ;

Dr. W. Lotz:

Postreisekarte von Deutschland. München. 1 Bl.

II. Anschaffungen.

Geologische Spezialkarten des Grossherzogtums Hessen. Sekt. 10 Alzey, 11: Mainz, 12: Lautenbach, 16: Biedenkopf, 17: Worms. Darmstadt 1866—-1872 (Karten und Mitteilungen der mittel- rhein. geolog. Vereins.) 5 Brosch. und 5 Karten.

Schwabe, Wandkarte von Germanien und Gallien zur Römerzeit 125800000 2 Ep CR Laine BE

Dr. J. M. Ziegler'sche Kartensammlung. 317

Baldamus, Wandkarte zur Geschichte des Frankenreichs (481—911). 2271200020007 bd. "BI

Baldamus, Wandkarte von Preussen. Historisch. 1 : 800 000, ıbid. 17 Bl:

Baldamus und Schrötter, Wandkarte von Bayern. Historisch. 1: 125 000. ihid. 1OBl.

Dürr und Baldamus, Wandkarte von Württemberg. Historisch. 7217500007 Did OB:

Kienitz und Baldamus, Wandkarte von Baden. Historisch. 1 : 150 000. Did EME ;

Gaebler, Wandkarte von Mittel- und Süd-Europa. Physikalisch. 22000000 ibid 1Bl: Kiepert, Wandkarte der Reiche der Perser und Alexander des Grossen. 1 : 3 000 000. Berlin, Dietrich Reimer. 1 Bl. Kiepert, Schulwandatlas der Länder Europas. Politisch. 1 : 1 000 000. Frankreich. Britische Inseln. Italien.” Balkan. Oesterreich- Ungarn. Spanien und Portugal. Russland (1 : 3 000 000) Skandinavien (1 : 1 500 000.) Berlin, Dietrich Reimer. 8 Blätter.

Beekman, Geschiedkundige Atlas von Nederland. 1 : 200 000. Blatt 6. 8. 9. 11. s’Gravenhage, Nijhoff 1812. 4. Bl.

v. Spruner-Bretschneider, Historischer Wandatlas zur Geschichte Europas. 10 Karten. Fünfte Auflage. 1 : 4000 000. Gotha, Justus Perthes. 10 Bl.

Basel, den 28. Maı 1913.

Im Namen des Vorstandes der Naturforschenden Gesellschaft,

Der Secretär:

H. G. Stehlin.

318 Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung.

Rechnung des Kartenvereins für das Jahr 1912.

Einnahmen. Aktivsaldo voriger Rechnung Jahresbeiträge . Zinsen

Ausgaben. Anschaffungen Honorar . Aktivsaldo auf 1913

Status.

Angelegte Kapitalien ?) Aktivsaldo auf neue Rechnung .

Status pro 31. Dezember 1912 . Status pro 81. Dezember 1911 .

Vermögensabnahme 1912 .

Basel, den 31. Januar 1913.

Fr. 2,185. 08 5 18510 . 686. 45

Fr. 3,006. 53

Fr. 535.78 „ee re

2,170. 80

Fr. 3,006. 53

Fr. 15,000. 2 0 EU Fr. 17,170. 80 ie, 0 ME 14. 28

C. Chr. Bernoulli.

1) In offenem Depot beim Schweiz. Bankverein mit den der Universitäts-

Bibliothek gehôrenden Kapitalien.

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Preiswerk. jasgesteine im Simplontunnel.

Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Band XXIV. Tafel I.

Fig. 1 (vgl. Seite 14)

Anhydrit in Dolomit

(94353 m ab Nord -Portal des Simplontunnel). Schnitt nach 010. Krystallographische Be- orenzung nur nach 001. Beste Spaltbarkeit nach 001. Zwil- lingslamellen nach 101 unter 96% 30’ sich schneidend.

Vergrösserung 1:60 ca.

Fig 1. Fig. 2 (vgl. Seite 19) Unhydritreste in einheitlichem ypskrystall (4497 m ab Süd- Portal des Simplontunnel). Wordringen der Umwandlung auf den Zwillingslamellen nach 101. Vergrösserung 1:20 ca.

Fig. 3 vgl. Seite 20)

Skapolith mil Quarz verwachsen (4874 m ab Süd-Portal des Simplontunnels). Myrmekitähnliche Wachstums- erscheinungen.

Vergrösserung 1:180 ca.

Christ: Vorkommen des Buchsbaums. Verhand. d. Naturf. Ges. in Basel. Band XXIV. Tafel IT.

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Va en 7 EX JT Dikkellaendischts "Meen | dm EE È i | AN { 7) Bei dem kleinen Massstab der Karte kann sie nur die allgemeinsten Züge der Verbreitung des Buchses darstellen. Für alles Einzelne, besonders

die namhaften Lücken innerhalb der grossen Arealgerenze muss auf den Text verwiesen werden.

+ bezeichnet das spontane, v das subspontane Vorkommen.

. ABuxtorf: NeuerHauenstein-« Grenchenbergtunnel.

Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel Band XXIV 1913 Tafel II. Tafel I. Prognostische Profile des neuen Hauensteintunnels.

Kettenjura . Pr | R vun Geologisches Längenprofi Ueberschiebungzone Burgfluh 4 ER Dottenberg Hauensteintunnels (Länge 8245 m ) . TR \ IN Entworfenv.Frof D'EHühlberg 1910. Tafeljura RS. Sprüsel Hottenried ! Eital Hinterholz Fohrenweid Auf der Eag RIDE Wilmatt Nordportal = : - Südportal. Rankwage

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Mearesspiegel : Km 29 ab Basel

abSP s245 8 7 5 u = = - = Geologisches Längenprofil pres aus ges uhettenjurs nues EE tonspuntt In Buch Fohrenweid ; Se ee Auf der Egg Vebe, ee Allmend Nord Keen le AE Re Rüneberg-Kichberg et) a Te Ankenmaltt DS Er Free Sue. = 2 = = UE ADN Südportalnans"an Sn } Aare

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torf; Neuer Hauenstein aGrenchenbergtunnel.

Tafel Il. Prognostische Profile

längs der Axe des im Bau befindlichen

Grenchenbergtunnels .

Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft Basel Band XIV 1913

PROFIL 2 (Entworfen Mai 1912)

5 =

Tafel W.

Bemerkungen zu Profil 1 2u3:

Die Strecken 0-1vm ab Nerdoortal, bes 0-iMm ab Südporlal des Profils! wurden entworfen 2474bSP(23 Jan ısı2) Die Profilstrecken durch Graitery, Chaluet u am 29 Juni 1912 der Tunnelbau-Unternehmung zugestellt,

Ende Januar 1912. Damalıger Stand ser Vortrwbe STNP (18 Lan 1) une Grenchenberg wurden m Mai 1912 fertiggestellt u des ganze Profil 1 milden Pralılan 208

En Bemerkung betr. Chaluer Länge 8565 m. Jn den Profilen 14,6 sind die Roches du Chalust" 3/5 abgerutschte Masse wulgafesıt ( Auffassung Baumberger-Buxtorf 1908) me un JmProfil 2 sind die Roches du Chaluat "mit dem Grenchenberg durch eme muldenförmige Biegung 3 Schichten in direktem Zusummenhang dargestellt. (Auffassung Mollier 903) Entworfen von D! À. Buxtorf dm Profil 3, das sich prineipiellan Profil 3 anschliesst, wird die Mulde zwischen Roches du Chalue"v Grenchenberg au taf einstachend aufgefasst ( Profil 1 mit Benützung einiger Angaben «DE Baumbergeru D'G Niethammer) Januar, Mai, Dezember1912 u. Februar 1913. Massteb 1:25000. > Grenchenberg PR es a Graitery Oberer Unterer 140$ 1370 neo we 12407 > - bas Pu26 Ratfluh es Es PROFIL 1. (Enmorfen Januar u Mai 1912) N Chaluet er —__ Roches du Chaluet Nord ! rière les Roches Gr oo” Sendierbehrung (No=un) Li 1000 H Chaluetbach = ji épossl Minna Estonie) Böhlen Südportal (sn abStation Moutier) ‚Schwellenhöhe 535.37 = ni Bahnhörper der Schmellenhöhe 444 477 ra m TR Sondierbohrungen > es Sondierbohrungen ee Ei | | & en = | | N = Es se | A ARE < A —— Wa - sa N FL: r ete: 17 ee a NIP TT es re M Zum 25 Ihm 45 Shm ss Em ës Tin 75 Im is s6s2bNP abSPISES TE Te TS = {5 5 Emm In Be I as Alben 3 3 Er Dim if f En > ss? Er Gefälle 25% Gefäflsoruch Fr S#sos uM Gefälle 13 %e PROFIL 4. (entworfen 16 Nor. 72) nes, PROFILS. (£ntmorfen 10 Dex. 192) a Pme = >. Stand des fortriebes um is Non arz bei ea SP res ao. ‚Stand des lortriebs am 10 Der +95" np ne ee a nn = NS -_ PROFIL G. (entworfen 26 febr 193 mit Berücksichtigung der Befunde vom à a lol = 12. Februar (Tortriab Südseite bei 135m) | ais =” À nr Mordseilen 1W16m) son 1e 1900 Licom | me | [me ke | ve: re ne en à | es | —= 2 | = —., - = > 7 a LES UE os Tam 18 Ihm 24 Ihm 3 Akm 23 Sm PR Gkm. és 27 DE Sim as ases bn? . Co RE 7 Ir 73 Fam & tr is Skm at Er pre 35 Im Is km ee en os LT ie 1800 » Gafällsbruch er Quarlär Trias Re PROFIL3. (Entworten Mai 1512) Modification r Profil 6 fürden Kern der = Foire CA Bacs ire Et | Porlland rs —— Grenchenbergkeite (km 1-31 28 SP) nes fchotter à Meranen | K I euper 0 Terfär Kimmeridge P = Entrrorfen 28. Februar 1913 = Marine Molassel ndubamen) 4 SÜdstolens ue < Roches du Chaluet £ Sequan = Trigonedusdolomitu Nauptmuschelkalh & Jüngere [mieraene) È me cs + Moinssebildungen finger (nd. Geissberg-) Anhydritgruppe | = u Delémentien Schichten Argovien Er. \ as Melasse alsacienne RE à Unterer Hauptragenstein x Qusrassnätsschen mPrtlendnen 18 Blagdeni - Murchisense - Schichten Basel, den 26 Febr 1913 Opalinuston a 3 LS NO | 8:

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Verhandlungen

der

Naturforschenden Gesellschaft

in Basel.

Band RN

Mit 4 Tafeln und 29 Textfiguren.

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Basel Georg & Cie. Verlag 1913

Verzeichnis der Tafeln.

Tafel I zu H. Preiswerk:

Die metamorphen Triasgesteine im Simplontunnel.

Tafel II zu H. Christ:

Ueber das Vorkommen des Buchsbaumes (Buxus sem- pervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und Vorderasien.

Tafel III und IV zu A. Buxtorf:

Die mutmasslichen geologischen Profile des neuen Hauenstein- und des Grenchenbergtunnelsim Schweizer Jura.

| GEORG & C°, Verlag, Basel, Genf und Lyon

Separat-Abdrücke

aus den

Denkschriften der Allgemeinen schweiz. naturforschenden Gesellschaft.

Bach, Hugo. nach dem Beobachtungsmaterial der eidg. meteorologischen Station in Davos, 1908. IV, 106 S. Fr. 7.—

Bärtschi, Ernst. Das westschweizer. Mittelland. Versuch einer morpho- logischen Darstellung, 1915. 160$. m. 19 Textfiguren u. 1 Karte.

Fr. 10.—

Becker, W. Die Violen der Schweiz,

1910. VIII. 82 S. m. 4 Tafeln.

Fr. 6.— Braun, Jul. Die Vegetationsverhält- nisse der Schneestufe in den

Rätisch-Lepontinischen Alpen. Ein

Bild des Pflanzenlebens an seinen

äussersten Grenzen, 1913. VIII, 348 S. m. 4 Tafeln u. 1 Karte.

Fr. 25.—

Carl, Johann. Monographie der Schweiz.

Isopöden, 1908. 136 S. m. 6 Taf.

Fr. 11.—

Frey, Oskar. Talbildung und glaziale

Ablagerungen zwischen Emme und

Reuss, 1907. 185 S. m. 3 Tafeln

u. 2 Karten. Fr. 15.— Ganz, Ernst. Stratigraphie der mittl, Kreide (Gargasien, Albien) der

oberen helvetischen Decken in den nördl. Schweizeralpen, 1913. VII, 148 S. m. 20 Textfig., 2 Karten-

skizzen u. 11 Tafeln. Fr. 15.— Keller, Conr. Studien über die Haus- tiere der Kaukasusländer, 1913. 61 S. m. 8 Tafeln u. 21 Textfig. | Fr. 10.—

Studien über die Haustiere deı

Mittelmeer-Inseln, 1911. 88 S. m.

Das Klima von Davos | Schwerz, Franz.

20 Textfig. u. 8 Tafeln. Fr. 10.— |

Versuch einer an- thropologischen Monographie des Kantons Schallhausen, spez. des Klettgaues, 1910. 210 S. m. 89 Fig., 1 Karte u. 87 Tabellen 1. Text.

Fr. 14.—

Volger, Dr. G. H. Otto. Epidot und Granat, Beobachtungen über das gegenseitige Verhältnis dieser Krystalle und über Felsarten, welche aus Kalzit, Pyroxen, Am- phibol, Granat, Epidot, Quarz, Titanit, Feldspaih und Glimmer- arten bestehen, 1855, 58 S.

22

Wild, Dr. H. Beitrag zur Theorie der

Nobilischen Farbenringe, 1857.

42 Seiten mit 1 Tafel. Fr. 2,—

Bericht zur Reform der schwei-

zerischen Urmasse, 1868/69, 170

Seiten m. 3. Taf. NE

Ueber den Fohn und den Vor-

schlag zur Beschränkung seines

Begriffes, 1901. 100 u. 52 Seiten

mit 18 Tafeln. Fr. 14.—

Zahn, Dr. Karl Herm. Die Hieracien der Schweiz, 1906. 568 Seiten.

Fr. 35.—

Zschokke, Dr. Fr. Die Tierwelt der Hochgebirgsseen. ‚Von der Schläfli- stiftung preisgekrönt‘. 1900. VI und 400 Seiten mit 8 Tafeln und 4 Karten. kr. 25,.—

Die Gebirgsschichten, welche vom

Tunnel zu Aarau durchschnitten wurden, 1860. 15 Seiten mit 1 geognost, Karte. Fr. 1.50 Die Ueberschwemmungen in der Schweiz im September 1852. 23 Seiten mit 1 Tafel Fr. 1.—

Inhalt.

H. Preiswerk. Die metarmorphen Triasgesteine im Simplon- tunnel

K. Strübin. Ueber jurassische und tertiäre Bohrmuscheln im Basler Jura Fe

H. Christ. Ueber das Vorkommen des Buchsbaumes ‚Buxus. k ) sempervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und VOrderasi ent AN OC RC

Fr. Fiehter und G. Oesterheld. Ein elektrischer Wolf- ramrohr-Vakuumofen

P. Steinmann. Ueber Rheotaxis bei Tieren des fliessenden MIASSEHS Me rs ee NE

Fr. Burkhardt f. Die Stellung des Osterfestes im christ- h lichen Kalender 1

G. Senn. Der osmotische Druck einiger Epiphyten und Parasiten... A RIM ok See

P. Revilliod. Katalog der Osteologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Basel . 4

A. Buxtorf. Die mutmasslichen geologischen Profile des neuen Hauenstein- und des Grenchenbergtunnels InnESchweizenk Jura Se TRE ER

F. Sarasin. Bericht über das Basler Naturhistorische Y 4

_ Museum für das Jahr 1912 |

P. Sarasin. Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1912 .

H. G. Stehlin. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung, Vierunddreissigster Bericht 1912 . NN

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