De ne ar er ® FC D: à a B ne rer B > a. enter SNA * 3 u Dos re à 4 Bent ee a ET x es, une A _ s s. d cm r en : 7 w yo : — =; _ Fa k 4 > ++ 3 si DER ES end + ee > PES PRET a Er Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft ın Basel Band XXV Mit 3 Tafeln, 1 Portrait und 85 Textfiguren Basel Georg & Cie, Verlag 1914 » ; 4 I Inhalt. Physik. H. Zickendraht. Eine universelle radiotelegraphische Em- pfangsanordnung Botanik. A. Oes. Beiträge zur Entwicklunesgeschiche der Anonaceen Geologie. C. Disler. Stratigraphie und Tektonik des Rotliegenden und der Trias beiderseits des Rheines zwischen Rheinfelden und Augst K. Strübin. Die Verbreitung der eratischen Blöcke im Basler Jura K. Strübin. Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis am Wartenberg und in anderen Gebieten des Basler Jura Geographie. G. Braun. Zur Morphologie der Umgebung von Basel Palaeontologie. H. G. Stehlin. Uebersicht über die Säugetiere der schweizerischen Molasseformation, ihre Fundorte und ihre strati- graphische Verbreitung. Nebst einem Anhang: Ueber das Vorkommen von Hipparion in der Schweiz Prähistorie. P. Sarasin. Neue lithochrone Funde im Innern von Sumatra Anatomie. P. Sarasin. Ueber ein menschliches Schwänzchen Zoologie. P. Steinmann. Ueber die Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis und die Beibehaltung der Be- wegungsrichtung bei Fischen und Amphibien N RER Nekrologe. A. Binz. Worte der Erinnerung an Dr. med. Wilhelm Bernoulli-Sartorius M. Knapp. Prof. Dr. Fritz Burckhardt + Bericht über das Naturhistorische Museum für das Jahr 1913 von Dr. F. Sarasin Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1913 von Dr. F. Sarasin . Dr. J. M. Zieglersche Kartensammlung. Fünfunddreissigster Bericht 1913. Dr, H. G. Stehlin Chronik der Gesellschaft Bienniumsrechnung der Gesellschaft . Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1912 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I und II zu C. Disler: Stratigraphie und Tektonik des Rotliegenden und der Trias beiderseits des Rheines zwischen Rheinfelden und Augst. Tafel III zu G. Braun: Zur Morphologie der Umgebung von Basel. Portrait zu M. Knapp: Prof. F. Burckhardt 7. Stratigraphie und Tektonik des Rotliegenden und der Trias beiderseits des Rheines zwischen Rheinfelden und Augst. Mit 2 Tafeln, 2 Textfiguren und 3 Übersichtsprofilen. Von Carl Disler. I. Einleitung. Das Gebiet des Rheinufers zwischen Rheinfelden und Augst, dem meine Untersuchungen in erster Linie galten, ist dargestellt auf den Blättern 17 (Rheinfelden) und 28 (Kaiseraugst) der topo- graphischen Karte 1:25,000. Ältere Untersuchungen über die Stratigraphie des Rheinprofils stammen von C. Mösch (4),1) R. Aus- feld (9) und K. Strübin (15). A. Müller (7) verdanken wir wertvolle Angaben über eine im Jahre 1875 im „Weyherfeld“ ausgeführte Bohrung nach Steinkohle. Endlich hat Fr. Pfaff (14) einige von A. Merian aufgezeichnete Buntsandsteinprofile vom Rheinufer Rhein- felden-Augst veröffentlicht. Um das Bild der Triasstratigraphie der Umgebung Rheinfeldens zu vervollständigen, sind in vorliegender Arbeit auch noch einige Keuperprofile vom Ergolzufer berücksichtigt worden, die schon K. Strübin (18) beschrieben hat, die aber nach dem neuern Stand der Keuperforschung heute eine andere Deutung erheischen. Eine vor- läufige Korrektur dieser Profile ist auf Veranlassung von K. Strübin in die stratigraphischen Tabellen von A. Tobler (20) aufgenommen. Zur Entscheidung wichtiger stratigraphischer Fragen wurden auch einige Lokalitäten des Dinkelberges und des Tafeljuras untersucht. Vorläufige Mitteilungen zu vorliegender Arbeit brachte ich in einer „Geologischen Skizze von Rheinfelden“ (37). 1) Die eingeklammerten Zillern verweisen auf das Literaturverzeichnis. 2 Carl Disler. Die Aufnahmen im Felde wurden in den Schulferien der ‚Jahre 1909 und 1910, hauptsächlich aber während eines längern Urlaubes im Jahre 1911 ausgeführt. Im Sommer des Jahres 1912 erfolgte sodann die Stauung des Rheines durch das Kraftwerk Augst-Wyhlen, wodurch mehrere ds in vorliegender Arbeit beschriebenen Aufschlüss: teilweise unter Wasser gesetzt wurden. Die Verarbeitung des Materials geschah unter der Leitung des Herrn Prof. Dr. €. Schmidt, dem ich für manche wertvolle Ratschläge und für mannigfache Unterstützung sehr zu Dank verpflichtet bin. Mein Dank gebührt auch Herrn Privatdozent Dr. A. Buxtorf, der die Freundlichkeit hatte, Exkursionen in mein Untersuchungsgebiet zu veranstalten. II. Stratigraphie. Die das Rheinufer Rheinfelden-Augst betreffenden und die sehr benachbarten Profile wurden mit I-XV, die zum Vergleich und zur Ergänzung aufgeführten Profile der weitern Umgebung mit A—E bezeichnet. I. Rotliegendes. I. Allgemeines. Rotliegendes findet sich bis jetzt auf keiner geologischen Karte zwischen Rheinfelden und Augst eingezeichnet. In der von 4. Müller (7) publizierten Beschreibung der Bohrkernserie des Weyherfeldes wird in einer Tiefe von ca. 85 m (siehe Prof. A, Schicht 5 und Über- sichtsprofil pag. 6) als Grenzhorizont zwischen Rotliegendem und Buntsandstein eine feinkörnige Dolomitzone angegeben. F. Brombach (19) beschreibt von Degerfelden (eine Stunde nördlich von Rhein- felden) einerseits ein Profil durch das Rotliegende, anderseits mehrere Profile durch den dort anstehenden Buntsandstein. Eines der Bunt- sandsteinprofile betrifft einen Steinbruch auf der Höhe des Eich- berges, während eine Grube am Fusse des Eichberges in der Talsohle von Degerfelden das Profil durch das Rotliegende geliefert hat. Hier, wie auch auf der Höhe des östlich der Talseite gelegenen Netten- berges, von wo Brombach ein Profil vom Beginn des Buntsandsteins an beschreibt, hätte sich am ehesten diese feinkörnige Dolomitzone als Grenze zwischen Rotliegendem und Buntsandstein finden müssen. Meine Untersuchungen bestätigen diese Erwartung nicht, sondern als Liegendes des die Basis des Buntsandsteins bildenden ,, Basalkonglo- wmerates“ von Brombach (19) fand sich ein roter, toniger, brecciüser Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausst. 3 Sandstein mit zahlreichen Quarz- und Feldspatheinschlüssen. Diesen lockern brecciösen Sandstein glaube ich daher bestimmt als obersten Horizont des Rotliegenden deuten zu dürfen. Das Basal- oder Haupt- konglomerat des Buntsandsteins stellt durch seine ganz andere Be- schaffenheit einen sehr auffallenden Grenzhorizont dar. In den Auf- zeichnungen des Bohrprofils vom Weyherfeld finden sich in einer Tiefe von 39m (siehe Profil A, Horizont 3 und 4) fein- und grob- körniger Sandstein als Hangendes, ferner roter, toniger, breccien- artiger Sandstein mit eckig-rundlichen Quarzkörnern und Feldspath- stücken als Liegendes angegeben, welches Gestein der feinern Breccie des Rotliegenden gleichen soll. Ich habe nun an Hand von Bohrkernen, die mit der entsprechenden Tiefenmarke versehen, in der naturhistorischen Sammlung der Bezirksschule Rheinfelden, ferner in der Sammlung der Obern Realschule und im Museum in Basel auf- bewahrt sind, feststellen können, dass in dieser Tiefe der Bohrer die- jenigen Gesteine durchfahren hat, die ich als an der Grenze zwischen Rot- liegendem und Bundsandstein liegend auffasse. Dadurch wäre die von A. Müller angenommene Grenze um ca. 45 m zugunsten des Rotliegen- den in die Höhe zu rücken. Die gleiche Ansicht vertritt A. v. Eck (11) in einer Abhandlung über die geognostischen Verhältnisse des Schwarz- waldes und über Bohrungen nach Steinkohle in demselben, wenn auch über die Festlegung der neuen Grenze zwischen Rotliegendem und Buntsandstein weniger Bestimmtes gesagt ist?) Die Bohrung, welche bis zu einer Tiefe von ca. 428m getrieben wurde, stiess bei ca. 363 m, nachdem das Rotliegende durchfahren war, auf ein dioritisches Gestein, ohne Carbon getroffen zu haben. Das Rot- liegende erreicht also in unserer Gegend die grosse Mächtigkeit von über 300 m. In Profil A sind die Angaben über die Bohrung im Weyherfeld unter Zugrundlegung der von mir vorgeschlagenen Ver- legung der Grenze zwischen Rotliegendem und Buntsandstein in metrischem Mass (1’ (engl.) = 0,304 m) zusammengestellt. Die ein- zelnen Unterabteilungen (Schichtnummern) entsprechen dabei im all- gemeinen den Abteilungen des von A. Müller (7) gezeichneten Über- sichtsprofils, den zusammenfassenden Text dagegen wählte ich nach den detaillierten Angaben über die einzelnen Bohrkerne. Zugleich mag versucht werden, das Rotliegende in eine untere, mittlere und obere Abteilung zu gliedern nach Massgabe der nachher zu besprechen- den einschlägigen Literatur (siehe auch Profil pag. 6). Die Gliederung des bei der Bohrung durchfahrenen Buntsandsteins soll bloss ein Ver- such sein, die Angaben der Bohrung in Einklang zu bringen mit der in dieser Arbeit gebotenen Stratigraphie des Buntsandsteins. 2) In einer neuen Publikation von J, Wilser (41) wird an der von A. Müller angenommenen Grenze festgehalten. Carl Disler. Prof. A. Grundgebirge — Rotliegendes — Buntsandstein nach den von A. Müller (7) publizierten Angaben über die Bohrung im Weyher- feld. Linkes Rheinufer, nördlich Punkt 281 (Blatt 28, Kaiseraugst) vor Beginn des Augster Stiches, nördlich der Strasse. Tiefen Sens Mage Gesteinsbeschaffenheit | SECTE in m. |nummer. keit in m. Gliederung. 12,9 il 12,9 | Feinkörniger, toniger Sandstein. = (oben) 0’ — 43’ | = = 2 © 23,50 2 10,60 Meist weisser, quarzreicher, zl. grober = = » 43°’— 178,2 Sandstein, stellenweise mit weisser, 2.8 = dichter Masse, Ss = Se u = ES — eo = 39,00 | 3 | 15,3 Fein-grobkörniger, roter, weisser und |S#-3 a 78,2°—130° | bunter Sandstein, mit einzelnen Ton- E23 | | lagen. =353 83,2 4 44,2 Grober, roter, toniger, breccienartiger = 130’ — 277 Sandstein mit eckig-rundlichen Quarz- = | körnern und Feldspathstücken, einigen 5 grünlichen Lagen und Einlagerungen £ von Gyps. 2 85,90 5 2,70 Grober, irregulärer Sandstein mit dich- | 8 277 — 286’ tem und drusigem Bitterspath. o 119,90 6 34,00 Rote, feine Tone mit Gypsspuren und 286 —399 runden, grünen Flecken, sog. Pfennig- steine. 141,30 7 21,40 Rote, feine Tone mit dünnen Gyps- 399’ — 470’ einlagerungen. ] 3 a | 156,20 8 14,90 Feine, rote Tone. = 3 | 470’ — 519,6’ = = © 5 | 2 158,80 9 2,6 Feine, rote Tone mit feinen Gypsadern. | < = 519,6 —528,2 œ © © ce 203,50 10 44,7 Feine, rote Tone mit einzelnen grünen | # 528—676.6 | Flecken und grünen Zwischenlagen. | © 216,90 11 13,4 Feine, rote Tone mit dünnen Gyps- 676,6°— 721,2] einlagerungen. 261;90 123 45,00 Rote, feine Tone mit einzelnen Kalk- 121,2 —87 1’ einlagerungen. 280,10 15 18,20 Rote Tone miteinzelnen grünen Streifen L 871—931,5 | und weissen Kalkflecken, auch dünne | © 4 helle Sandsteinschichten. Se Se =. 294,70 | 14 14,60 Unten bunte, oben rote Tone mit san- | ” # 931,5 —979,9| digen Zwischenlagen. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 5 Tiefe | Schicht- 3 | Nee | Gesteinsbeschaffenheit. | SmANge inm. |nummer. keitinm. | Gliederung. | 327,80 15 33,10 Unten bunte, grobe Breccie, dann grobe, 979,9’ — 1090| rote und weisse Sandsteine, oft brec- cienartig mit tonigen Schichten wech- selnd, oben mittelfeine, rötliche Sand- steine. = À 339,80 | 16 12,00 Rote und grüne, buntstreifige Tone mit | = = 1090 —1130° | weisslichen undrötlichen Kalkstreifen. = = < =] 351,80 I 12,00 Rote, weisse, grüne, buntstreifige Tone, © = 1130 —1170 5 5 | | = [= 354,80 18 3,00 Schwärzliche, rote Tone, unten 15 cm 1170’—1180’ | bräunlicher, dichter Kalkstein. 362,60 19 7,6 Breccien und grobe Sandsteine mit 1180 —1205 | einzelnen grünlichen Zwischenlagen. | | | 427,9 20 65,3 Gang- oder stockformiger glimmer- ir 1205’—1422’| reicher Diorit, gangförmiger Granit zp und glimmerreicher, zersetzter, toniger air Schiefer. SE Die Gliederung des Rotliegenden in obigem Profil lehnt sich an an die von Pfaff (14) für das Rotliegende des südlichen Schwarzwalds durchgeführte Gliederung. Nach Pfaff sind nämlich die untere und obere Abteilung durch Arkosen, die mittlere durch Tone charak- terisiert. Dieser Dreiteilung haben sich auch R. Neumann (38) und J. Wilser angeschlossen, dessen Untersuchungen in einer Arbeit von S.v. Bubnoff (33) aufgenommen worden sind. Welser bezeichnet die drei Abteilungen als Untere Arkosen, Tone und Obere Arkosen. Ich hatte in dem von mir untersuchten Gebiet wenig Gelegenheit, die Ausbildung der untern und mittleren Abteilung des Rotliegenden aus eigener Anschauung kennen zu lernen, einzig bei badisch Wallbach und Säckingen fand ich sie anstehend. Im Gebiet nördlich des Wiesentals bestehen die untern Arkosen (ca. 40 m) nach Wilser (33) aus einer Quarz- und Feldspathbreccie, die sandig locker oder durch Verkieselung zu einem groben, festen Sandstein verkittet ist. Dieser Abteilung dürften die Horizonte 13—20 (100 m) des Profils A entsprechen. Die Abteilung der Tone (ca. 60 m) besteht aus bröckeligen Tonen mit muscheligem Bruch und eingestreuten Quarzpartikelehen. Die Horizonte 6—12 (176m) des Profils A dürften das Äquivalent bilden. Die Oberen Arkosen (ca. 60 m) sind ähnlich wie die untern Arkosen ausgebildet, sind aber 6 Übersichtsprofil des Rotliegenden nach den Aufzeichnungen von A. Müller über die Steinkohlenbohrung bei Rheinfelden. 2 ENANANEN TASSE NE Sa Grober, roter, tonıger ‚brecienartiger Sandstein mit eckig-rundlichen Quarzkörnern und Feldspathstücken, einigen grünlichen Lagen und Einlagerungen von Gypr Obere Abteilung Grober irregulärer Sandstein mit dichtem u drusigern Bitterspath Rote feine Tone mit Gypsspuren und runden grünen Flecken. sg. Pfennigstein Rote feıne Tone mit dünnen Gypslagerungen Feine rote Tone Feine rote Tone mit feinen Sypsadern feine,rote Tone mit einzelnen grunen Flecken ie ind grünen Zwischenlagenr O S = Ÿ + S & UL 1e d = + ES Q Feine, rote Tone mit dünnen Gypseinlagerungen Rote feine Tone mit einzelnen Kalkeinlagerungen Rotelone mit einzelnen grünen Streifen und weissen Kalkflecken.auch dunne helle Sandsteinschichten u) UV ke q U ® U = + Oo tu Unten bunte, oben rote Tone mit sandigen Zwischenlagen Unten bunte, grobe Breccie,dann grobe,rote und weisse Sandsteine, oft breccienartig mit tonıgen Schichten wechselnd,oben mittelfeine ‚rote Sandsteine J Rote und grüne ‚buntstreifige Tone mit weısslichen u.rötl.Kalkstreifen Rote,weisse und grüne buntstreifige Tone | ‚schwärzliche rote Tone.unten 15°” bräunlicher, dichter Kalkstein SERIEN o > : u Sr = Glimmerreicher zersetzter tonıger Schiefer Glimmerreicher Diorit, gang- oder stockformig Gangformiger Granit Grundgebirge 7 Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. a durch starke Dolomitisierung und durch das Auftreten blutroter Karneole ausgezeichnet. Die Horizonte 4 und 5 (47 m) des Profils A mögen ihnen entsprechen. Auffällig ist die bedeutende durch das Bohrprofil sich ergebende Mächtigkeit des Rotliegenden, die das Doppelte der Angaben von Pfaff und Welser bezüglich des Rot- liegenden im südlichen Schwarzwald ausmacht. Die Tatsache, dass die Bohrung nicht durch ein horizontal gelagertes, sondern durch ein nach Südwesten schwach einfallendes Schichtpaket (siehe Tafel I, linkes Ufer) erfolgte, kommt kaum in Betracht für die Mächtig- keitsangaben. Bei der Annahme eines Einfallens von 5° beträgt die normale Mächtigkeit der durch das Bohrloch durchsetzten Schichten 425 m gegenüber der durchfahrenen Tiefe von 428 m. Bedeutsamer ist es, dass im Bohrloch innerhalb der mittleren Abteilung des Rotliegenden mehrfach, auch in den vorhandenen Bohrkernen noch nachweisbare Gypseinlagerungen angetroffen worden sind. Zur Er- klärung der differenten Mächtigkeiten von über dem Grundwasser- spiegel liegenden Profilen und von Profilen der Tiefe ist also auch hier, wie in vielen andern Fällen die naturgemäss verschiedenartige Auslaugung resp. Erosion in Berücksichtigung zu ziehen.) Il. Verbreitung. a) Das Rotliegende am Rheinufer. Rotliegendes findet sich an zwei Stellen des Rheinufers. Am rechten Rheinufer oberhalb Warm- bach (siehe Tafel I, rechtes Ufer und Buntsandsteinprofil I, Schicht 1) steht über dem Wasserspiegel etwa 11 m hoch ein roter, weiss ge- fleckter und gebänderter toniger, brecciöser Sandstein an, der vom Hauptkonglomerat, der Basis des Buntsandsteins überlagert wird. Als Einschlüsse zeigen sich erbsen- bis nussgrosse eckige Quarz- und Feld- spathstücke, stellenweise auch Malachitkrusten und Gypskristall- drusen. Diese obersten Schichten des Rotliegenden ziehen sich unter dem Dorfe Warmbach hin und noch 1 km rheinabwärts über dasselbe hinaus, um allmählich unter dem Rheinniveau zu verschwinden. Tiefer als hier liegen die gleichen Schichten des Rotliegenden am linken Rheinufer unterhalb Rheinfelden, wo wir sie, teilweise von Kies be- deckt, etwa 300 m unterhalb des ,,Salmenbräu‘ antreffen und bis zum Augarten verfolgen (siehe Tafel I, linkes Ufer, nun unter Wasser). Die Beschaffenheit der hier kaum über den Wasserspiegel herauf- ragenden Schichten ist die gleiche wie auf dem rechten Rheinufer. 3) In einer neuern Publikation gibt J. Wilser (41) auch für das ober- flächlich ausstehende Rotliegende eine grössere Mächtigkeit an, 8 Carl Disler. b) Das Rotliegende im Dinkelberg und im Tafeljura. 1. Von Degerfelden. hat Brombach (19) ein Profil durch das Rot- liegende beschrieben, welches in einer Grube am Fusse des Eichberges aufgeschlossen ist. Mein eigener Befund sei in folgendem Profil wiedergegeben. Prof. B. Rotliegendes am Südfusse des Eichberges bei Degerfelden. (Blatt 17, Rheinfelden). Schicht- | Mächtig- : 3 . Stratigr. RME Gesteinsbeschaffenheit. ae nummer. |keit in m. Gliederung. 1 0,30 Mürber, bunter, durch Manganoxyd z. T. schwarz (unten) = B gefärbter Sandstein. 2 1,50 Gebankter, weicher, unten graublauer, oben roter Sandstein mit Quarz- und Feldspatheinschlüssen. 3 0,20 Rote Tone mit graublauen Flecken, stellenweise auskeilend. 4 1,50 Weicher, roter, breccienartiger Sandstein mit Quarz- und Feldspatheinschlüssen. 5 0,40 Roter und weisser vorstehender, brecciôser Sand- stein mit zahlreichen darin eingepackten faust- grossen, kieseligen, harten Knollen. = on ae ß = © 6 2,80 Roter, spärlich graublau gefleckter und gestreifter = = weicher, brecciôser Sandstein mit vereinzelten 3 = kieseligen Knollen und zahlreichen eckigen Quarz z =. und Feldspatheinschlüssen. © = © =) 7 9 J : . R=} ce 1,20, | Roter und weisser, vorstehender, stellenweise ge- = bankter, breccienartiger Sandstein. 8 1,20 Roter, weicher, breccienartiger Sandstein. 9 0,70 Grauweisser, rot gebänderter, etwas gebankter Sandstein. 10 0,50 Roter, toniger, breccienartiger Sandstein. ht 0,80 | Grauweisser, rot gebänderter Sandstein. 12 9,00 Roter, graublau gefleckter und gestreifter, weicher, breccienartiger Sandstein mit eckigen Quarz- und Feldspatheinschlüssen. Dieser Aufschluss, der etwa auf der Höhenkurve von 310 m be- ginnt, liegt noch ziemlich weit unter der obern Grenze des Rot- liegenden, indem sich das Hauptkonglomerat erst auf der Höhe des Rotliesendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 9 Eichberges bei 370 m in der Sohle der dort angelegten Bunt- sandsteinbrüche einstellt. Dies ergibt eine hier anstehende Mächtig- keit von 60m für das Rotliegende, das seiner petrographischen Be- schaffenheit nach in die obere Abteilung zu stellen ist. In derselben Mächtigkeit steht das Rotliegende auch auf der östlichen Talseite vom Fusse des Nettenbergs bis zur Sohle der auf seiner Höhe angelegten Buntsandsteinbrüche an. Etwas weniger hoch hinauf reicht das Rot- liegende am Ostrand des Hirschenleck. Von der seinem Fusse entlang ziehenden Strasse Degerfelden-Herthen an bildet es etwa 40 m hoch den Boden des reben- und wiesenbewachsenen Abhanges bis hinauf zum Waldrand. 2. Bei Wallbach tritt Rotliegendes an den beiden Rheinufern zu- tage auf gleichem Niveau mit dem westlich daran anstossenden Muschelkalk, womit sich hier die Fortsetzung der Wehrtalverwerfung deutlich kundgibt. Die geologischen Karten geben hier, wie auch an der nachher zu bezeichnenden Lokalität bei Mumpf, an Stelle des Rotliegenden Buntsandstein an. Den besten Aufschluss finden wir am badischen Ufer westlich der Fähre von Wallbach. Über dem “ Wasserniveau stehen rote Tone an in 3m Mächtigkeit. Diese Tone zeigen graugrüne, runde Flecken und in höheren Schichten enthalten sie kopfgrosse, eckige Knollen von verhärtetem rotem Ton. Offenbar haben wir es noch mit der mittleren Abteilung des Rotliegenden zu tun. Dann folgt ein 1,5 m mächtiger graugrüner und blassroter Sandstein mit zahlreichen Calcitkristalldrusen. Es ist nicht ausge- schlossen, dass diese Schicht ıdentisch ist mit dem Horizont 5 des Profils A der Steinkohlenbohrung im Weyherfeld, den A. Müller (7) als Grenzhorizont zwischen Rotliegendem und. Buntsandstein (siehe Einleitung) angenommen hat. 3. Bei Mumpf steht Rotliegendes in noch höherem Niveau an. An den beiden Rheinufern zwischen Wallbach und Mumpf kann Rot- liegendes an mehreren Stellen beobachtet werden, meist aber ist es erodiert und durch Niederterrasse ersetzt. Ein guter Aufschluss findet sich beim Ausgang des Fischingerbachtales an der östlichen Tal- seite. Das hier aus einer Grube zu Ziegeleizwecken ausgebeutete Ma- terial ist typisches Rotliegendes. Von der Sohle des Bächleins bis über den Oberrand der Grube hinaus treffen wir ca. 40 m brecciôsen, meist roten, bröckeligen, tonigen Sandstein mit eckigen Quarz- und Feldspatheinschlüssen. Die Stelle der Überlagerung des Rotliegenden durch das Hauptkonglomerat des Buntsandsteins ist hier verdeckt, dagegen sind die höhern Horizonte des Buntsandsteins, der Karneol- horizont in einer Grube am Oberrand des Waldes und das Röth in dem Wiesen- und Rebgelände ob dem Walde deutlich sichtbar. Weiter 10 Carl Disler. hinten im Tale, da, wo der Fussweg mit einem Brücklein über den Bach führt, gestattet ein Rinnsal 40 m über der Talsohle am oberen Waldrand auch das Hauptkonglomerat als Dach des Rotliegenden zu sehen. Eine im Jahre 1898 in Mumpf hart am Rheinufer, direkt östlich der Fähre unternommene Bohrung nach Steinkohle hat über die Aus- bildung des Rotliegenden in dortiger Gegend einige Anhaltspunkte gegeben.*) Naehstehende Angaben verdanke ich Herrn Prof. C. Schmidt in Basel. Die Bohrung begann 60 m unterhalb der Grenze von Buntsandstein gegen Rotliegendes, wie auch Herr Prof. C. Schmidt schon 1898 angenommen hatte, in der mittleren Abteilung des Rotliegenden. Nachdem die weichen Schichten der mittleren Ab- teilung des Rotliegenden durchteuft waren, stiess der Bohrer in 150 m Tiefe auf die harten Sandsteine und Breccien der untern Abteilung des Rotliegenden. Die Bohrung wurde noch bis zur Tiefe von 207 bis 208 m in dem gleichen Gestein fortgesetzt, fand also ihr Ende im Rotliegenden, etwa 30—40 m über dem Grundgebirge. Die Bohrung hat jedenfalls festgestellt, dass das Rotliegende bei Mumpf unter Zurechnung der noch nicht durchbohrten untersten Schichten eine Mächtigkeit von ca. 300 m erreicht, wie sie sich auch bei der Rhein- felder Bohrung ergab. Auch für die Gliederung der ganzen Abteilung ergeben beide Bohrungen übereinstimmende Resultate. 4. Rotliegendes zwischen Säckingen und Brennet. Westlich von Säckingen am „Moosrain“ befindet sich am Rande der Nieder- terrasse ein Steinbruch, dessen Gestein der bei der Steinkohlen- bohrung von Mumpf zum Teil durchbohrten unteren Abteilung des Rotliegenden entsprechen dürfte. In der Sohle des Steinbruchs steht in wohlgebankten, ca. 40 Ost fallenden Schichten ein breccien- artiger Sandstein an, der zahlreiche Einschlüsse aus dem Grundge- birge zeigt. Diese Einschlüsse fangen 1 m über der Sohle des Stein- bruchs an seltener zu werden. Sie zeigen sich nur noch vereinzelt in dem gleichmässig struierten rötlichen, harten massigen Sandstein der obern 5m des Steinbruchs. Hier tritt auch an Stelle der horizontalen Schichtung senkrechte Klüftung. Ein Gestein von entsprechender Ausbildung findet sich nordöstlich dieser Stelle in zwei verlassenen Steinbrüchen in der Nähe des Waldrandes südlich des ‚‚Kleemättle‘. Weiter gegen Brennet zu, nordwestlich von badisch Wallbach, lässt sich hart an der Bahnlinie in einem Steinbruch bei der Brunnhard- wiese die direkte Auflagerung des Rotliegenden auf Gneiss be- obachten (vel. Textfigur 1). Die Photographie dieser interessanten 1) Vergl. Verloop. Die Salzlager der Nordschweiz. Dissert. Basel 1909. Taf. II. ae “ri Rotliesendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. JU Stelle ist durch Herrn Prof. C. Schmidt im Mai 1889 zur Zeit des Bahnbaues aufgenommen worden. Die Photographie ist Eigentum der Gr. Bad. Geol. Landesanstalt; Herrn Prof. W. Deecke bin ich für die Erlaubnis zur Reproduktion derselben zu Dank verbunden. Im südlichen Teil des Steinbruchs steht der Gneiss von der Sohle bis an den Oberrand der Grube an, im nördlichen Teil des Bruches senkt sich dessen Oberfläche bis auf das Niveau der Bahnlinie. An diese schräge Gneissoberfläche sind annähernd horizontal liegende Schichten der untern Abteilung des Rotliegenden angelagert. Es ist das gleiche Gestein, wie es sich in der Steingrube am Moosrain bei Brennet N S Diluvial- gerülle Rotliegendes Gneis Phot. Prof, Dr. C. Schmidt. 1889. Fis, 1. Auflagerung des Rotliegenden auf dem Gneis im Steinbruch bei der Brunnhardwiese an der Bahnlinie Schopfheim - Säckingen. NB. Die Grenzlinie zwischen Gneis (hell) und Rotliegendem (dunkel) verläuft von links unten nach rechts oben. findet, nämlich ein harter, rötlicher, quarzitischer Sandstein mit Gneisseinschlüssen. Letztere zeigen sich sehr reichlich am Kontakt mit dem Gneiss und werden gegen oben hin etwas spärlicher. Diluvial- gerölle und Vegetation verdecken das Hangende dieser untersten Schichten des Rotliegenden und es lässt sich somit nicht feststellen, ob und wie weit die untere Abteilung des Rotliegenden am Bergab- hang noch hinaufreicht. Jedenfalls aber sind die etwa 20 m höher oben im Walde anstehenden, rein tonigen, roten Schichten schon zur mittleren Abteilung des Rotliegenden zu rechnen, die in einer Mäch- tigkeit von 100 m bis auf die Höhe des Duttenberges reicht. — Der nördliche Ausläufer des Duttenbergs ist jedenfalls durch eine Ver- 12 Carl Disler. werfung gegenüber dem südlichen Teil abgesunken. Nördlich der eben beschriebenen Stelle bei der Brunnhardwiese sticht der Grneiss nicht mehr zur Niederterrasse heraus. Gleich über der Niederterrasse sieht man die roten Tone der mittleren Abteilung des Rotliegenden anstehen, die etwa noch 50 m hoch am waldigen Bergabhang hinauf- reicht und dann von der obern Abteilung des Rotliegenden abgelöst wird. Der Beginn der obern Abteilung des Rotliegenden ist durch einen Steinbruch nordwestlich Punkt 404 aufgeschlossen. Zu unterst in diesem Steinbruch steht ein 2 m mächtiger, grauer, löcheriger, durch Manganoxyd schwarz gefleckter Sandstein an. Es folgen 1,2 m arkose- artige, weisse und rote Sandsteine mit reichen haselnussgrossen, eckigen Einschlüssen von Quarz und Feldspath. Das Hangende bildet ein harter, 1,4m mächtiger, heller Sandstein, der ausgebeutet wird, über welchem sich in einer Mächtigkeit von mehreren Metern wieder weisse und rote, arkoseartige Sandsteine mit zwischengelagerten Tonen ein- stellen. Bis auf die Höhe des Duttenbergs finden sich hier auf dem Waldboden die für die obere Abteilung des Rotliegenden so bezeich- nenden Quarz- und Feldspatheinschlüsse. 5. Bei Zeiningen besteht das östliche Talgehänge im südlichen Teil des Dorfes etwa 20 m hoch aus Rotliegendem, das sich auch hier aus einem brecciôsen Sandstein mit eckigen Quarz- und Feldspath- stücken zusammensetzt. Entsprechendes zeigt sich am südlichen Tal- gehänge im „Weiherhau‘, an dessen. Nordrand der Scheibenstand im Rotliegenden angelegt ist. Über dem Rotliegenden beginnt an beiden Talgehängen mit einem Steilbord der Buntsandstein, doch konnte am linken, ebensowenig wie am rechten Talgehänge das normale Han- sende des Rotliegenden, nämlich das Hauptkonglomerat nachgewiesen werden, vielmehr scheint der Karneolhorizont direkt dem Rotliegenden aufzuruhen. 6. Bei Maisprach wird der untere Teil des rechten Talgehänges wiederum etwa 20 m hoch von Rotliegendem in bekannter Ausbildung eingenommen und auch hier scheint der Karneolhorizont direkt dar- über zu folgen. Am linken Talgehänge steht das Rotliegende nur wenige Meter über der Talsohle an. Der hier folgende Buntsandstein zeigt in der „Weid“ einen hübschen Aufschluss im Röth, der später beschrieben werden soll. à Ill. Zusammenfassung. Das Rotliegende ist in seiner ganzen Mächtigkeit von 325m bei der Steinkohlenbohrung im Weyherfeld vom Bohrer durchfahren worden. Aus den Daten der Bohrung ist unter Berücksichtigung der oben besprochenen Deutung der Bohrung zu entnehmen, dass das Rot- N Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausgst. 13 liegende ähnlich wie die Untersuchungen von Pfaff (14), Neumann (38) und Welser (33) es für oberflächliche Aufschlüsse im südlichen Schwarzwald dargetan haben, aus drei Abteilungen besteht. Die untere Abteilung (100 m) setzt sich aus breccienartigen Sandsteinen nebst Tonen, die mittlere (176m) nur aus Tonen, die obere (47 m) wieder aus brecciösen Sandsteinen zusammen. Die Bohrung nach Steinkohle in Mumpf, welche zwar nicht bis auf das Grundgebirge, aber bis in die untere Abteilung des Rotliegenden getrieben wurde, hat bezüglich Gliederung und Mächtigkeit des Rotliegenden ent- sprechende Resultate ergeben. Oberflächlich aufgeschlossen ist die untere Abteilung des Rot- liegenden nur westlich von Säckingen am ,,Moosrain‘ in einer Stein- grube als harter, rötlicher Sandstein mit Einschlüssen aus dem Grund- gebirge. Die mittlere, tonige Abteilung konnte ich in einer Mächtig- keit von gegen 100 m am Duttenberg nordöstlich von badisch Wallbach beobachten. Die meisten oberflächlichen Aufschlüsse betreffen nur die obere Abteilung. Diese Abteilung ist gekennzeichnet durch rote lockere, mehr oder weniger tonige, brecciôse Sandsteine. Oft er- scheinen auch grünliche, runde Flecken und Streifen in der roten Grundmasse. Einzelne Lagen, gewöhnlich von hellerer Farbe, er- härten zu unregelmässigen vorstehenden Sandsteinbänken. Was die ganze obere Abteilung des Rotliegenden vom darüber liegenden Bunt- sandstein unterscheidet, sind Einschlüsse von eckigen erbsen- bis nuss- grossen Quarz- und Feldspathpartikeln, die durch ihre helle Farbe sich deutlich aus der roten Grundmasse herausheben. Sie sind es, die uns das Mittel an die Hand geben, das Rotliegende von dem sonst ähnlich aussehenden Röth des Buntsandsteins auch bei mangelhaftem Aufschluss zu unterscheiden. Neben Quarz- und Feldspatheinschlüssen trifft man in einzelnen Lagen auch harte, faustgrosse, verkieselte Sand- steinknollen, gelegentlich auch Drusen von Gypskristallen. Das Rot- liegende bildet infolge seiner im Ganzen bröckeligen Beschaffenheit stets Flachböschungen, die Wiesen- und Waldvegetation aufweisen. Bezüglich der stratigraphischen Stellung des Rotliegenden unserer Gegend sei erwähnt, dass Neumann (38) dasselbe in seiner Gesamtheit nur dem obern Rotliegenden des nördlichen Schwarzwalds (10) und der Vogesen (12) als äquivalent erachtet.) Die grosse Mäch- tigkeit, wie sie durch die Bohrungen von Rheinfelden und Mumpf festgestellt worden ist, lässt es doch nicht als ausgeschlossen er- scheinen, dass vielleicht die Gesamtheit unseres Rotliegenden trotz verschiedenartiger Ausbildung der Gesamtheit des Rotliegenden im südwestlichen Deutschland entspricht. M. Bräuhäuser (30) zieht bei 5) Die gleiche Ansicht vertritt neuerdings auch J. Wilser (41). 14 Carl Disler. Besprechung des mittleren Rotliegenden an der obern Kinzig die roten grünäugigen Tone der Bohrung im Weyherfeld mit ihren Gyps- und Kalkeinlagerungen, ihrer analogen Ausbildung wegen, direkt zum Vergleich heran. Auch die Bohrungen auf Steinkohle am obern Neckar, die Gegenstand einer kürzlich erschienenen Arbeit von Axel Schmidt (39) sind, lassen bezüglich der Ausbildung des Rot- liegenden Vergleiche mit demjenigen unserer Gegend zu, und man wäre vielleicht berechtigt, auch bei uns von unterem, mittlerem und oberem Rotliegenden zu sprechen. Endgültig kann die Frage heute noch nicht entschieden werden. Wir begnügten uns daher mit einer Gliederung nach mehr petrographischen Gesichtspunkten in eine untere, mittlere und obere Abteilung. 2. Der Buntsandstein. I. Allgemeines. Einige Angaben über den Buntsandstein des Rheinufers Rhein- felden-Augst finden sich bei C. Mösch (3, 4). Treffliche Beobach- tungen über das gleiche Gebiet enthält die Arbeit von R. Ausfeld (9). Die rote, tonige Breccie an der Uferhalde von Warmbach, die wir in das Rotliegende stellen, rechnet Ausfeld gemäss den Angaben von A. Müller über die Steinkohlenbohrung im Weyherfeld noch zum Buntsandstein. Er bemerkt aber vollständig richtig, diese tonige Breccie sei das tiefste Flötzgebilde, das am Rheinufer zutage trete. In der Arbeit von Pfaff (14) sind aus dem Nachlasse von A. Merian einige Buntsandsteinprofile vom Rheinufer veröffentlicht. Schliess- lich finden sich noch einige Angaben bei K. Strübin (18). Die Arbeit von Brombach (19) berücksichtigt das unserem Gebiet sehr nahe ge- legene Vorkommen von Buntsandstein bei Degerfelden und bei Inz- lingen. Aus der Gegend nördlich des Wiesentals hat Pfaff (14) einige Profile beschrieben. Neuere Angaben über den Buntsandstein dieses Gebietes machen R. Neumann (38) und J. Wilser, letzterer in einer Arbeit von S. v. Bubnoff (33), sowie in einer kürzlich erschienenen Publikation (41). Für die nun folgende Beschreibung der Buntsandsteinprofile werde ich mich an die von F. Schalch (24) für den Buntsandstein im südöstlichen Schwarzwald verwendeten Bezeichnungen halten. Neu ist allein die Bezeichnung ,,Diagonalschichtige Sandsteine“. Der untere Buntsandstein fehlt unserer Gegend vollständig,6) auch der mittlere Buntsandstein hat eine weitgehende Reduktion erfahren, sodass sich für unsere Gegend folgende Einteilung des Bunt- sandsteins ergibt: 6) J. Wilser (41) fasst die obere Abteilung unseres Rotliegenden als untern Buntsandstein auf [siehe Fussnote pag. 3]. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausst. 15 Mittlerer Buntsandstein | Hauptkonglomerat, ca. 1/2 m. ca. 14 m | Diagonalschichtige Sandsteine, ca. 14 m. Karneolhorizont, ca. 9 m. Oberer Buntsandstein Unteres Röth oder ca. 32 m | Rôth, ca. 23 m ! Plattensandstein, ca. 16 m. | Oberes Röth, ca. 7 m. Il. Verbreitung. a) Rheinufer von Rheinfelden bis Augst. (Siehe Tafel I. und IL.) 1. Prof, I. Obere Abteilung des Rotliegenden (11 m), Hauptkonglomerat (0,5 m) und Beginn der Diagonalschichtigen Sandsteine (4,6 m). Rechtes Rheinufer bei Warmbach, cberhalb und bei der Einmündung des Baches bei Punkt 276 (Blatt 17, Rheinfelden). Schicht- | Mächtig- : ; Strati re Gesteinsbeschaffenheit. En nummer. |keit in m. Gliederung 1 11,00 Roter, graugrün gefleckter und weiss gebänderter D Pe (unten) toniger, brecciôser Sandstein, durchgehend mit | 25 = erbsen- bis nussgrossen eckigen Quarz- und Feld- | 35 m spatheinschlüssen, ferner mit vereinzelten Gyps- TE = | kristalldrusen und Malachitkrusten. = = + 2 0,50 Heller, bröckeliger Sandstein als Bindemittel von | 9 8 = nussgrossen, oft 3-kantigen Quarzitgeröllen (Wind- | £ 2 2 = 7) kanter ?) 82 Ss zz © = 2 € - =. . © 3 3,90 Harter, grobkôrniger, hellgrauer und blassroter | » = Sandstein mit Diagonalstruktur. £ à = = [ne] = © 4 | 0,50 | Mürber, toniger, roter Sandstein. 2% 5 Se = : $ RC À 3 De E œ 2 5 0,60 Grobkörniger, weisser und roter diagonalschichtiger | 93,0 = Sandstein. EE = a = Das Hauptkonglomerat dieses Aufschlusses ist am besten östlich des Dorfes über dem 11 m hoch anstehenden Rotliegenden zugäng- lich. Es bildet zusammen mit dem Beginn der diagonalschichtigen Sandsteine das felsige, feste Fundament des Dorfes und das Bett des Baches, der bei der Einmündung über die vorstehenden Felsköpfe hinweg einen ansehnlichen Katarakt bildet. Unterhalb des Dorfes kann das Konglomerat bis zur alten Fischwage (jetzt vom Stau unter Wasser gesetzt) südlich des Punktes 277 als Dach des ebenfalls bis hieher aufgeschlossenen Rotliegenden verfolgt werden (siehe Tafel I, rechtes Ufer). Die diagonalschichtigen Sandsteine sollen früher an mehreren Stellen des Rheinufers beim Dorfe Warmbach selbst (z. B. bei der 16 Carl Disler. Kirche) und direkt unterhalb desselben ausgebeutet worden sein. In der Tat gemahnt das über dem Hauptkonglomerat flach gegen die Strasse ansteigende Wiesengelände westlich des Dorfes an eine Stelle früherer Ausbeutung. 2. Über dem oben beschriebenen Vorkommen von Rotliegendem am linken Rheinufer ca. 300 m unterhalb des ,,Salmenbräu‘ bis zum Hofe ‚„Augarten“, kann das Hauptkonglomerat auch beobachtet werden (siehe Tafel I, linkes Ufer). Es erscheint hier in Form wirr gelagerter und verstürzter Blöcke als Dach des kaum über das Rhein- niveau heraufragenden Rotliegenden. Das über dem Hauptkonglo- merat auf der genannten Strecke weit zurückspringende Rheinufer deutet auf die einstige Ausbeutung der ,,Diagonalschichtigen Sand- steine“ hin, die im Bächlein nördlich des Punktes 278 (Blatt 17 Rheinfelden) heute noch zu beobachten sind. Auch unterhalb des Hofes „Augarten“ scheinen die „Diagonalschichtigen Sandsteine“ auf einer mehrere 100 m langen Strecke einst ausgebeutet worden zu sein, denn auch hier tritt das Ufer in einer tiefen und langen Nische vom Rheine weg. 3. Prof. Il. Oberer Teil der Diagonalschichtigen Sandsteine (8,8 m) und unterer Teil des Karneolhorizonts (6,05 m). Linkes Rheinufer, nördlich Punkt 281 (Blatt 17, Rheinfelden), des Rheinstaues wegen heute nicht mehr zugänglich. Schicht- | Mächtig- : ; Stratigr. Ne Gesteinsbeschaffenheit. 2 54 nummer. | keit in m. Gliederung. 1 0,30 Diagonalschichtiger, grobkörniger, grauer Sandstein (unten) mit welligen Ablösungsflächen. 2 0,30 Schiefriger, mürber, roter, feinkörniger Sandstein. S : 3 1,00 Rote, sandige, starkglimmerige Tone. = =. u: . | 4 1,00 Harter, grauer und roter, vorstehender Sandstein S 3 | mit Lagen von Glimmerblättchen auf den Schicht- = = | flächen. on © Lol = = D 1,70 Buntfarbiger, mürber, toniger Sandstein. 5 am | a EN . RE. a ehren = | 6 0,55 Hellgrauer, mürber, mittelkörniger Sandstein mit = œ | diagonalgestellten, violetten Streifen und Flecken. Ss ES) || = = | 7 0,65 Violetter, mürber, fein bis grobkörniger Sandstein Ss = | mit graublauen Flecken und Streifen. = | | 8 0,70 | Harter, grauer, fein- bis grobkörniger Sandstein. | 9 1.10 Roter, mürber, mittelkörniger Sandstein mit grauen Flecken und Streifen. | | " Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 17 Stratigr. Gliederung. Schicht- | Mächtig- EI, Gesteinsbeschaffenheit. nummer. |keit in m. & 10 1,00 Rotvioletter, gebankter, mittel- bis grobkömiger | & 4 | 3 Sandstein. E3|23 = za - . .. . PR . x . = = = 11 0,50 Rotvioletter, mürber, mittelkörniger Sandstein. s3| #5 . 12 0,25 Sehr harter, mittelkôrniger, gelbweisser bis blass- | roter, feuerschlagender Sandstein. = - - .. . .. . © 13 2,00 Weisser und violetter, mürber, mittelkörniger Sand- 1 7 2 5 a & 5 = — stein mit zahlreichen verkieselten, eckigen, Kar- = = neol führenden faustgrossen Knollen, N = Sun 7. =e . = . 2 B = 14 0,80 Violetter, mürber, mittelkörniger Sandstein, stellen- zZ = weise mit rundflächig begrenzten, aussen violetten, = . » r = innen hellgrauen verkieselten Knollen. Ss = ins 15 3,00 Meist heller, teilweise violetter, mürber Sandstein = | mit harten, eckigen, verkieselten, Karneol führenden © | Knollen und einzelnen Nestern von faserigem Gyps. | 4. Ein die gleichen Horizonte umfassender Aufschluss findet sich am rechten Rheinufer direkt westlich der Rheinfelder Verwerfung, gegenüber dem ‚„Salmenbräu“ (Blatt 17 Rheinfelden). Es stehen hier ca. 5 m der Diagonalschichtigen Sandsteine und etwa 8 m des Karneolhorizontes an. Der Karneolhorizont ist infolge von kleinen Störungen etwas gequetscht, zeichnet sich aber durch reiche Eın- schlüsse von Karneol aus. 5. Am linken Rheinufer westlich vom Hof „Augarten‘ beobachtet man auf langer Strecke die Überlagerung der Diagonalschichtigen Sandsteine durch den Karneolhorizont bis zur Stelle des Profils II. Etwa in der Mitte zwischen den Punkten 281 und 282 (Blatt 17, Rheinfelden) an einem von der Höhe des Ufers auf das Rheinniveau hinunterführenden Weglein erweist sich der Karneolhorizont als sehr reich an Karneol. 6. Prof. Ill. Oberer Teil der Diagonalschichtigen Sandsteine (4 m, jetzt zum Teil . unter Wasser) und Karneolhorizont (9 m). Rechtes Rheinufer im „Hauennest“, 1 km unterhalb Warmbach. Schicht- | Mächtig- i ; : - Stratigr. ne Gesteinsbeschaffenheit. $ = nummer. | keit in m. Gliederung. ——— -— .—— — —. —- —— - -- —- = = = — = - ca : IR; = : : RE UE 1 1,20 Mürber, mittelkörniger roter Sandstein mit hellen SS 25% unten ‘treife Tlecke = = ( ) Streifen und Flecken, E33 as DD 18 Schicht- nummer. Mächtig- keit in m. Carl Disler. Gesteinsbeschaffenheit, Stratigr. Gliederung. Qt 3 4 6 7 8 9 10 il 12 13 14 15 16 17 18 19 1,10 0,85 0,90 2,00 Weisser und roter, diagonalschichtiger Sandstein auf den Schichtflächen mit Glimmerlagen. Mürber, dunkelroter bis violetter ‚toniger Sandstein mit unregelmässigen weissen und graugrünen Flecken. Roter und weisser, stellenweise bankig vorstehender Sandstein. Die aan Partien bilden stellenweise grosse runde oder elliptische Flecken. Violettroter Sandstein mit unregelmässigen hellen Flecken und ellipsoidischen, harten, verkieselten, aussen violetten, innen gelben kristallinen Knollen. Meist weisser, harter, mittelkörniger Sandstein mit Malachit und schwarzen Flecken von Manganoxyd. Das Gestein ist vielfach durchsetzt von verkieselten, weissen, feuerschlagenden Adern und Knollen. Violetter, toniger, bröckeliger Sandstein, darin einge- packt knorrige, kieselige, “Karneol führende Knollen. Weisse und violette mittelkörnige Sandsteinbank. Mürber, roter und violetter Sandstein mit runden gelben Flecken und harten eckigen Sandstein- knollen, letztere mit braunschwarzen Flecken von M anganoxyd. Roter, mittelkörniger Sandstein ınit selbgrünen, runden Flecken. Unten ziegelroter, oben violetter, mürber, feinkör- niger, toniger Sandstein mit gr üngelben Flecken. Grauweisser, mittelkörniger, weicher Sandstein. Mürber, feinkörniger, toniger, violetter Sandstein mit vereinzelten härtern Sandsteinknollen. Weisser, wirr gebankter Sandstein mit hellvioletten Flecken. Knorriger, weisser und hellvioletter, manganfleckiger Sandstein. Weicher, fein- bis grobkörniger Sandstein, nester- weise von Manganoxyd schwarz gefärbt, darin weiss und schwarz gefleckte eckige Knollen. Graugelbe und hellviolette, vorstehende Sandstein- bank. Mürber, mittelkörniger, von Manganoxyd reich durch- setzter Sandstein. Cavernöser, mittelkörniger, durch Manganoxyd schwarz gefärbter Sandstein. Diagonalschichtige Sandsteine. Karneolhorizont. ee” Mittlerer Buntsandstein. Oberer Buntsandstein. Rotliesendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst, 19 Dieser Aufschluss bildet einen prächtigen, gegen den Rhein hin vorspringenden Fels. Etwa 50 m östlich dieser Stelle sind die untern Bänke des Karneolhorizonts ausserordentlich reich an Karneol. Hand- stücke von einem abgestürzten Karneolblock zeigten fast durchwegs in drusigen Höhlungen Einschlüsse von braunen Dolomitrhomboëdern und von auskristallisiertem Quarz. 7. Prof. IV. Oberer Teil des Karneolhorizontes (2,40 m) und unterer Teil des Röth (10,9 m). Linkes Rheinufer, etwa 150 m östlich des Bahnüberganges, nördlich Punkt 300 (Blatt 28, Kaiseraugst). Der Karneolhorizont ist heute durch den Stau des Rheines unter Wasser gesetzt. Schicht- | Mächtig- igr. E er Gesteinsbeschaffenheit. SPaier nummer. |keit in m. Gliederung. il 0,30 Knolliger, knorriger, verkieselter Sandstein. (unten) 2 0,25 Sehr harter, weisser, feinkörniger Sandstein. 3 0,15 Rote Tone. 4 0,60 Weisse und blassviolette, feinkörnige dünne Sand- + steinbank durch einzelne Tonlagen getrennt. Q = : © D 0,50 Sehr harter, vorstehender, feuerschlagender, weisser, = feinkörniger Sandstein. 98 = = 6 0,10 Rote, sandige Tone, = 7 0,20 Weisse, feinkörnige Sandsteinbank. 8 0,10 Bröckeliger, graugrüner Sandstein. 9 0,20 Weisser, feinkörniger Sandstein. Roter, bröckeliger, toniger Sandstein. Oberer Buntsandstein. Wechsellage von roten und graublauen, mehr oder weniger tonigen, glimmerigen Sandsteinen. Rote, sandige, zl. feste, diagonalschichtige Tone. Feinkörnige, weiche, graublaue Sandsteine. Feinkörnige, graublaue, stellenweise rote Sandstein- 4 Bu © bank. Unteres Röth (Plattensandstein). 10 1,00 Meist graugrüner, weicher, bröckeliger Sandstein. Rote, zl. feste Tone. 20 Schicht- | Mächtig- nummer. |keit in m. Carl Disler. Gesteinsbeschaffenheit. 17 | 0,60 18 | 1,00 19 | 0,90 20 | 2,00 | Graublaue, harte, feinkörnige Sandsteinbänke, von Lagen roter und graublauer, bröckeliger Sandsteine getrennt. Rote, bröckelige, sandige Tone mit graublauen Flecken. Sehr harter, stark vorstehender, grauer, feinkörniger Sandstein. Rote, teilweise graublaue Tone. Unteres Röth (Plattensandstein), Stratigr. Gliederung. Oberer Buntsandstein. Sprenglôcher in den Sandsteinbänken des untern Röth beweisen deren frühere Ausbeutung an dieser Stelle. 8. Ein Aufschluss direkt unterhalb der Rheinfelder Verwerfung (Blatt 17 Rheinfelden) am linken Rheinufer gestattet ebenfalls die Überlagerung des Karneolhorizontes durch das untere Röth zu be- obachten. Der Karneolhorizont ragt etwa 5 m über den Wasserspiegel in Form von hellen, teilweise knorrigen Sandsteinbänken hinauf und wird von einer 3 m mächtigen Wechselfolge roter Tone und grau- grüner, feinkörniger Sandsteine, dem Beginn des untern Röths, in deutlich ausgeprägter Grenze überlagert. Von dieser Stelle an er- scheinen rheinabwärts beim ‚„Salmenbräu‘ und noch etwa 300 m dar- über hinaus die höhern Horizonte des untern Röth. 9. Prof. V. Unteres Röth (8,6 m, zum Teil nun unter Wasser), oberes Röth (7,15 m), Linkes Rheinufer, westlich des Eisenbahnüberganges beim und Beginn des Wellendolomits (2,1 m), (Blatt 28, Kaiseraugst). „Schützenhölzli“ merigen Sandsteinbänken mit Adern von Fasergyps und runden Gypskrusten, Reste von Equiseten- siengeln. Schicht- | Mächtig- Stratigr. SRH Gesteinsbeschaffenheit. à nummer. | keit in m, Gliederung, | 1 0,60 Graublauer, feinkörniger, glimmeriger Sandstein mit | © | zwischengelagerten graublauen Tonen. 2 = Er | = 2 0,30 Teils rote, teils graublaue, bröckelige Sandsteine. 3 nn = = 5 a a Br © 8 b) 0,70 Glimmeriger, feinkörniger, roter Sandstein. = 2 AE à | 5 4 7,00 Rote, weiche Tone, stellenweise mit graublauen = Mm Flecken, in der Mitte mit mehr oder weniger mäch- = 2 tigen roten und grauweissen, feinkörnigen, glim- Æ 2 8 | 3 S =) De] = > Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 21 FE ang Gesteinsbeschaffenheit. LES nummer. | keit in m. Gliederung. b) 0,50 Feinkörniger, harter, graublauer Sandstein, von dünnen Lagen roter und graublauer Tone durch- setzt. 6 0,65 Meist rote, teils graue, sandige Tone. 7 0,20 Blaugraue, weiche, bröckelige Sandsteine. © = 8 0,20 Blaugraue, etwas vorstehende, feinkörnige Sand- (77) = steinbank mit Malachit. k = = CS) D - 0 | =: an 9 1,00 Rote und orangegelbe, sandige Tone. 5 = œ DE E 10 0,55 Rote und graublaue, gesprenkelte Tone. = 2 = = = 11 0,45 Gelber, bröckeliger Dolomit, stellenweise durch rote | & m Tone gesprenkelt. EZ = = d = = 12 0,20 | Graublaue, harte, von Calcitadern durchgezogene | & & dolomitische Kalkbank, stellenweise auskeilend. Fa © = © 13 0,30 Braunrote, sandige Tone. = 14 2,50 Graugelbe, teils rötliche Dolomite. 15 0,30 Hellgelbe, bröckelige Dolomite. 16 0,30 Violette, sandige, bröckelige Tone. 17 0,50 Graue, kalkige Mergel. 18 0,50 Wechsellagerung von grauen Dolomiten mit dunkel- grauen schiefrigen Mergeln. 19 0,50 Gelbe, splittrige Dolomitbank. 20 0,30 Dunkelgraue Mergel. Wellendolomit Wellengebirge. 21 0,30 Vorstehende Kalkbank. 10. Prof. VI. Oberes Röth (7,9 m), Wellendolomit (3,58 m). Linkes Rheinufer, westlich Punkt 297,6 (Blatt 17, Rheinfelden), ca. 100 m östlich des Eisenbahnüberganges, durch ein Weglein von der Strasse her zugänglich. Schicht- nummer. Mächtig- keit in m. Stratigr. Gliederung. Gesteinsbeschaffenheit. Oberes Röth, 1 0,90 Grauer, feinkörniger, gebankter Sandstein mit Drusen- | räumen von Quarz. (eigentlich Rüth). | 0b. Bunt- sandstein. IV DV Carl Disler, Behicht- MEchuig, Gesteinsbeschaffenheit. Strahl nummer. |keit inm Gliederung. 2 0,20 Graugelber, bröckeliger Sandstein mit erbsengrossen, roten, tonigen Flecken. 3 0,80 Blaugrauer, zl. harter, stellenweise cavernöser Sandstein. 4 0,80 Blaugrauer, bröckeliger, feinkörniger Sandstein. 5 0,35 Graublauer, gebankter, feinkörniger Sandstein, reich- lich Malachit führend. 6 0,70 Rote Tone mit graublauen Flecken. = 8 = 7 0,20 Rote Tone mit orangegelben, runden Flecken. 7 = 2 | à 8 0,70 Rote Tone mit graugrünen Flecken, 2 S = on 9 0,40 Fein düsterrot und graublau gesprenkelte Tone. >» E ? | a 10 0,20 Gelbe und blaugraue Tone, = Fe = rs) À a =, 11 0,15 Graugelbe, nasse, plastische Tone, ma 2 [->} = © 12 0,25 | Gelb und rot gebänderte Tone. 3 =) 13 0,70 Graugelbe, dünngebankte Dolomite, oben von dün- nen Lagen roter Tone durchzogen. 14 0,70 Braunrote, zl. feste Tone mit gelben Flecken. 15 0,25 Gelber bis braunroter Dolomit. 16 0,30 Düsterrote, weiche Tone. 17 0,30 Violette, weiche Tone. 18 0,80 Wechsellagerung von dünnen, graugelben Dolomit- bänken mit dunkelgrauen, schiefrigen Mergeln. 19 0,55 Graugelbe, splittrige Dolomitbank. 5 >) 20 0,50 Wechsellagerung von dunkelgrauen kalkigen Mer- = Ed geln und grauen Kalkbänklein. E | = e © E ano z = > 21 0,15 Trochitischer, gelber Kalk. 5 = 5 = 22 0,05 Graue Mergel. 2 2 23 0,55 Mehlig verwitternder, späthiger, trochitischer, gelber Kalk. 24 0,30 Dolomitischer, gelber Kalk. Rotliesendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 23 ns Gesteinsbeschaffenheit. Stratier: nummer. |keit in m. Gliederung. | 25 0,05 Stahlgraue, harte Mergel. 26 0,08 Gelber dolomitischer Kalk mit kohligen Knochen- einschlüssen. © = > = = 27 0,05 Dunkle, schiefrige Mergel. = = = > 28 0,05 Gelber, dolomitischer Kalk. © = | © = > R > © 29 0,40 Knorrige, gelbe, von dünnen Kalklagen durchzogene > = Mergel. | 30 0,25 Rôtlicher, dolomitischer, schwach trochitischer Kalk. | Der in diesem Aufschluss fast in seiner ganzen Mächtigkeit an- stehende Wellendolomit entbehrt natürlich nicht der Fossilein- schlüsse. Die Ausbeutung wird aber durch das ständig herunter- rieselnde Quellwasser sehr erschwert, weshalb ich auf Fossilangaben verzichte. Die Profile V und VI betreffen zwei zur Aufnahme besonders günstige Stellen der etwa 1 km langen Strecke des Rheinufers vom Augster Stich an (Punkt 297,6, Blatt 28 Kaiseraugst) bis zum Eisen- bahnübergang bei Punkt 294, auf der überall das Röth meist mit einem Dache von Wellendolomit aufgeschlossen ist (siehe Tafel I und II). Die beiden Profile entsprechen offenbar den in der Arbeit von Pfaff (14) auf pag. 12 und 13 aus dem Nachlass von A. Merian publi- zierten Buntsandsteinprofilen vom linken Rheinufer. Im ersten jener Profile, unserem Profil VI entsprechend, baut jedenfalls die Angabe von Karneol auf einem Irrtum. Am jenseitigen Ufer (Blatt17, Rheinfelden) steht auf der gleichen Strecke Röth ebenfalls an. Mehrere verlassene Steinbrüche zeugen hier von der einstigen Ausbeutung der Sandsteine des untern Röth. Das obere Röth und der Wellendolomit sind erodiert. Auf Schweizer- seite war an den meisten Stellen diese Ausbeutung bis auf wenige Stellen (siehe Schlussbemerkung bei Profil IV) unmöglich, weil das Ufer von zahllosen Brünnlein berieselt wird, deren Wasser auf den Mergelhorizonten des Wellendolomits zutage tritt. b. Dinkelberg und Tafeljura. 1. Degerfelden. Buntsandstein steht bei Degerfelden auf dem Nettenberg, dem Eichberg und dem Hirschenleck an, überall über 4 Carl Disler. dem die Basıs dieser Höhenzüge einnehmenden Rotliegenden. Vom Nettenberg hat Brombach (19) ein Profil des südlichen der beiden dort angelegten Steinbrüche veröffentlicht. Der Horizont der Diagonalschichtigen Sandsteine, der an den Rheinufern zwischen Rheinfelden und Augst nicht vollständig aufgeschlossen ist, zeigt sich in diesem Steinbruche in seiner ganzen Mächtigkeit. Ich fand fol- gendes Profil: Prof. C. Diagonalschichtige Sandsteine (14,6 m), Karneolhorizont (6,3 m) und Beginn des Röth (1,6 m). Steinbruch östlich von Degerfelden auf dem Nettenberg (südlicher Steinbruch). Schicht- | Mächtig- . : Stratigr. | Gesteinsbeschaffenheit. ee nummer. |keit in m. Gliederung. 1 0,30 Mürber, toniger, glimmeriger, roter Sandstein. 2 2,40 Mittel- bis grobkörniger, weisser, z. T. blassroter srobkörniger Sandstein, 2 mächtige, durch eine dünne Tonlage getrennte Bänke bildend, die deut- liche Diagonalschichtung zeigen. 3 0,10 Roter und blaugrauer, toniger, glimmeriger Sandstein, 4 1,80 Grauer und blassroter, grobkörniger, diagonal- schichtiger Sandstein, eine mächtige Bank bildend. & B : : à : i = = 5 1,30 Roter, toniger zl. weicher glimmeriger Sandstein © ‘So von dünnen Lagen weissen, mittelkörnigen Sand- 2 D es = steines durchzogen. = = u = 6 1,20 Harter, bunter, mittel- bis grobkörniger diagonal- = = schichtiger Sandstein. = = 8 3 (re) 7 1,00 Ziemlich mürber, rot und grauweiss und gelb ge- rs = . . . .. . . . [77] streifter, mittel- bis grobkörniger, diagonalschich- = = tiger Sandstein. = == =] = ENGER: ; S na 2 = = 8 0,40 Ziemlich harter, violettgrauer, mittelkörniger Sand- =) stein. 9 0,45 Mürber, bunter, diagonalschichtiger, mittel- - bis srobkörniger Sandstein. 10 0,70 Harter, blassvioletter, mittelkörniger, diagonalschich- tiger Sandstein. 11 1,30 Mürber, bunter, mittelkörniger, glimmeriger Sand- stein, stellenweise gebankt. 12 1,00 Harter, grauer, mittelkörniger Sandstein. 13 1,00 Roter, toniger, glimmeriger, schiefriger Sandstein, von einzelnen Lagen weissen, mittelkörnigen Sand- steins durchzogen. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. icht- | Mächtig- a - . Stratigr. rt ae Gesteinsbeschaffenheit. An pi nummer. |keit in m. Gliederung. E ı838|5 > 2 . m © celle 14 1,70 Harter, bunter, mittel- bis grobkörniger, diagonal- |SS32|sE . . . . .. . . ee = schichtiger Sandstein, eine mächtige Bank bildend. [SÉE|E à -es3= 2,00 | Meist weisser, stellenweise violetter, massiger Sand- 15 0,40 | Violetter, mürber Sandstein. | 16 | stein, darin eingepackt teils eckige, teils runde, verkieselte Sandsteinknollen, die oft zu sehr harten, feuerschlagenden Lagen zusammentreten. 17 0,80 Violetter, mürber, fein- bis mittelkörniger Sandstein. = = mit rundbegrenzten, aussen violetten, innen gelben à 2 verkieselten Knollen. © 2 = = 8 | & 18 0,90 Roter, toniger, bröckeliger Sandstein mit teils run- = n den, teils eckigen, verkieselten Sandseinknollen, S = im obern Teil eine Lage von über kopfgrossen a Knollen roten Sandsteins. F © 19 1,00 Teils weisser, teils violetter, bröckeliger Sandstein. 5 = 20 | 1,20 Bröckeliger, teils gelbweisser, teils von Manganoxyd | schwarz gefärbter Sandstein. 21 0,50 Schlecht gebankter, roter Sandstein. 8 = = + 2 :© 22 1,50 Bunter, bröckeliger Sandstein. ee Gemäss den Aufzeichnungen von Brombach muss dieser Auf- schluss früher 1,2 m weiter nach unten abgedeckt gewesen sein, für welchen Horizont im Profil harter, grobkörniger Sandstein mit zahl- reichen, erbsen- bis haselnussgrossen Quarzgeröllen (Basalkonglomerat) angegeben wird. Dieses „Basalkonglomerat“ von Brombach ent- spricht unserem Hauptkonglomerat. In der Tat können lose Blöcke aus dem Hauptkonglomerat am Wege, der von der Steingrube nach dem Tal hinunterführt, beobachtet werden. Die Bezeichnung ,,Haupt- buntsandstein‘, die Brombach an Stelle unserer diagonalschichtigen Sandsteine gesetzt hat, stimmt mit der Namengebung überein, die E. W. Benecke (8) für den Buntsandstein in den Vogesen einge- führt hat. Auf der Ostseite des Eichbergs ist ein Steinbruch (auf Blatt 17, Rheinfelden nicht angegeben) in den gleichen Schichten wie am Nettenberg angelegt, entblösst aber noch etwas höhere Schichten des Röth. Brombach scheidet in diesem Profil 7,5 m über der untern Grenze des Röth, ferner in einem kleinen Profil bei der hintern Mühle [69] en] Carl Disler. bei Degerfelden (gemeint ist offenbar der Aufschluss direkt am Wald- rand a Punkt 325) einen 2—3 m mächtigen Horizont grauen Sand- steins als „Chirotheriumsandstein“ aus. Da es mir bis jetzt nicht geglückt ist, Fährten von Labyrinthodonten weder hier, noch in den Röthprofilen vom Rheinufer nachzuweisen, verzichte ich auf die be- sondere Hervorhebung eines Chirotheriumsandsteins, obwohl auch Pfaff (14), Wilser (33), Neumann (38) ıhn erwähnen. Nachzutragen über die beiden Profile am Nettenberg und Eichberg wäre noch, dass die untersten Schichten der diagonalschichtigen Sandsteine besonders diekbankig ausgebildet, daher früher zu Mühlsteinen vielfach ver- arbeitet worden sind. Heute finden sie noch gelegentlich Verwen- dung als Hausteine und die obern Bänke der diagonalschichtigen Sandsteine als Mauersteine. Die Ausbeutung ist aber gegenüber früher sehr zurückgegangen, der Steinbruch am Eichberg z. B. ist heute nicht mehr in Betrieb. Ein zweiter, in der Karte (Blatt 17, Rheinfelden) eingezeichneter Steinbruch auf der Südseite des Eich- bergs zeigt bei seinem Eingang lose Blöcke aus dem Haupt- konglomerat. An der Südostseite des Hörschenleck beobachtet man zwischen Degerfelden und Herthen in 40—50 m Höhe über der Niederterrasse überall die Überlagerung des Rotliegenden durch den Buntsandstein. Gut aufgeschlossen ist diese Überlagerung oben am Waldrande bei Degerfelden durch folgendes Profil: Prof. D. Hauptkonglomerat (0,4 m), Diagonalschichtige Sandsteine (8,55 m). Am Waldrand westlich des letzten Hauses von Degerfelden bei Punkt 291. Schicht- | Mächtig- i : Stratigr. FRE Gesteinsbeschaffenheit. nummer. |keit in m. Gliederung. 1 0,40 | Harter, grobkörniger Sandstein, unten und oben | » 5 . = fast ausschliesslich aus nussgrossen, kantigen | 358 | Quarzgeröllen bestehend. == u — ——Ù 2 0,40 2 À 040 | zu müvber, mittelkômnis Z\. mürber, mittelkörniger Sandstein. æ 5] A 3 4,00 | Harter, mittel- bis grobkörniger, diagonalschichtiger | -5 = Sandstein mit vereinzelten, haselnussgrossen D S Quarzitgeröllen. E = = 4 1,15 Roter, toniger Sandstein. 9 Mm © > 5 0,50 Mittel- bis grobkörniger, diagonalschichtiger Sand- = 5 stein. io = = — 6 0,40 Roter und graublauer, mürber, diagonalschichtiger 2 = Sandstein. S = © 7 | 0,60 Roter und weisser, harter, diagonalschichtiger Sand- EL stein, | a | 8 1,50 Roter, toniger, mürber Sandstein. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 27 Wandert man von diesem Aufschluss dem Waldrand entlang gegen Herthen, so findet man rechts vom Wege zahlreiche Steinbrüche in den Diagonalschichtigen Sandsteinen. Der westlichste dieser Steinbrüche erschliesst auch noch den ‚‚Karneolhorizont‘‘, der schliess- lich alleir noch an dem gegen Herthen zu absteigenden Wege ansteht. 2. Bei Inzlingen befindet sich das bekannte von Brombach (19) beschriebene Profil durch den obern Buntsandstein und den Wellen- dolomit. Das Inzlinger Profil zeigt manche Analogie mit unserem Profil V, indem es den obern Teil des Röth in ungefähr gleicher Mächtigkeit erschliesst und auch petrographisch viel Übereinstim- mendes zeigt. Darin weicht es von unserem Profil V ab, dass die Schichten des obern Röths und des Wellendolomits sehr verwittert sind, sodass die Farbenunterschiede viel weniger prägnant her- vortreten. 3. Angaben über den Buntsandstein bei Mumpf, Zeiningen und Maisprach machte ich schon oben bei Besprechung des Rotliegenden. Während ich bei Mumpf das Vorhandensein des Hauptkonglomerates und der Diagonalschichtigen Sandsteine nachweisen konnte (nach Mösch (3) sind letztere, als Quarzsandstein bezeichnet, früher im Seitental gegen Obermumpf gebrochen worden), scheinen bei Zeiningen und Maisprach das Hauptkonglomerat und auch die diagonalschichtigen Sandsteine nicht oder nur reduziert aufzutreten. Typisch ausgebildet ist dagegen allerorts der Karneolhorizont und das Röth. Ein bemerkenswerter Röthaufschluss bei Maisprach sei nachstehend beschrieben : Prof. E. Unteres Röth oder Plattensandstein (3,2 m), Oberes Röth (6,8 m) und Basis des Wellendolomites (1,6 m) südlich von Maisprach am linken Talgehänge in der „Weid“. Schicht- | Mächtig- s A : : Stratigr. Be Gesteinsbeschaffenheit. an nummer. | keit inm. Gliederung. Eh (ÈS ; 2 : : SE = 1 1,50 Schiefriger, glimmeriger Sandstein. >25 - === N Ses, 5 2 1,70 Feinkörniger, roter, gebankter Sandstein. =: S| © = © n = | = 3 0,20 Graue, glimmerige Tone. a = = 4 1,50 Graue und blassrote, bröckelige Sandsteine, über = & der Mitte reich an Malachitkrusten. ee ss Sr NE 5 0,20 Rote, bröckelige Tone. © D En . = | © 6 0,15 1ote und orangegelbe Tone. | 28 Carl Disler. Be er Gesteinsbeschaffenheit. SERUET nummer. | keitin m. Gliederung. | 7 0,70 Rote Tone mit graugrünen Flecken. 8 0,40 Rote und orangegelbe Tone. © ‘© 9 0,30 | Rote und weisse, feingesprenkelte Tone, ” |: 10 0,70 Feuchte, lettige gelbe und blaugraue Tone, einen S & feuchten Streifen bildend. E 2 D = 11 2,00 Gelbe bis blassrote, dolomitische, bröckelige Tone. s m. =) in 12 0,15 Violette, weiche Tone. = “= 13 0,20 Gelber, harter, drusiger Dolomit. © 14 0,30 Violette Tone, 15 0,60 Graue, dolomitische Mergel. | | 16 0,60 Gelber, bröckeliger Dolomit. : © =] 17 0,15 Blaugraue Mergel. = = 5 5 18 0,20 Sandig verwitternder Dolomit. = = © © 19 0,05 Trochitischer, poröser Kalk mit Gervilleia socialis, S © Lima lineata, Lima striata, Myophoria vulgaris, = Myophoria sp, Terquemia sp., Terebratula Ecki, Terebratula vulgaris, Gastropodensteinkernen, En- erinus Sp. Ill. Zusammenfassung. Der untere Buntsandstein, der im nördlichen Teil des Schwarz- waldes und der Vogesen noch ausgebildet ist, fehlt unserer Gegend. Auch der mittlere Buntsandstein hat schon eine starke Reduktion erfahren, in dem die tieferen Horizonte desselben, so das Eck’sche Konglomerat und der zwischen dem Eck’schen Konglomerat und dem Hauptkonglomerat auftretende Hauptbundsandstein bereits fehlen. Wir erhalten folgende Gliederung (siehe Profil pag. 76): A. Der mittlere Buntsandstein (Mächtigkeit ca. 14 m) setzt sich aus dem Hauptkonglomerat und den Diagonalschichtigen Sandsteinen zusammen. a) Das Hauptkonglomerat (siehe Profile I, C, D) bildet eine bis 1/,; m mächtige Lage meist lockern, grauen Sandsteins, in den zahlreiche erbsen- bis über nussgrosse, meist helle, kantige Quarzgerölle Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 29 eingeschlossen sind. Häufig haben die Gerölle die Form von Drei- kantern, also von Windkantern. Der Sandstein des Hauptkonglome- rats verwittert leicht, sodass die Gerölle oft isoliert getroffen werden. b) Die Diagonalschichtigen Sandsteine (siehe Profile I, II, III, C, D) setzen sich aus einer gegen 14m mächtigen (am Profil © ge- messen) Wechselfolge harter, weisser bis roter und mürber, bunter, oft glimmeriger und toniger Sandsteine zusammen. Auch Lagen reiner, roter Tone stellen sich namentlich zwischen den untern Bänken ein. Fast sämtliche Sandsteine des Horizontes, namentlich die untern fes- ten Bänkezeigennachlinksundnachrechtsschief, also diagonal gerichtete Körnerlagen. Hiedurch schon unterscheiden sich diese Sandsteine von denjenigen des Röth, dann aber auch durch die hellere Farbe und namentlich durch das meist grobe oder doch nur mittelfeine Korn. Die untern Bänke, die oft eine fugenlose Mächtigkeit von 2m und mehr erreichen und oft noch vereinzelte bis nussgrosse Quarzgerölle einschliessen, sind als Mühl- und Hausteine verwendbar. Die obern, weniger mächtigen Bänke, die durch mürbe Sandsteinlagen von ein- ander getrennt sind, finden als Mauersteine Verwendung. Wo immer die diagonalschichtigen Sandsteine anstehen, sind darin heute aller- dings meist verlassene Steinbrüche angelegt. Es ist dies der untere der zur Ausbeutung dienlichen Horizonte des Buntsandsteins. Die Diagonalschichtigen Sandsteine bilden zusammen mit dem Karneol- horizont stets ein waldbewachsenes Steilbord im Gegensatz zu der vom Rotliegenden gebildeten Flachböschung. Bei Zeiningen und Maisprach scheinen die diagonalschichtigen Sandsteine, wie auch das Hauptkonglomerat zu fehlen oder doch nur sehr reduziert zu sein. B. Der obere Buntsandstein (ca. 32 ne gliedert sich in den Kar- neolhorizont und das Röth. a) Der Karneolhorizont (siehe Profile II, III, IV, ©) erreicht im Maximum eine Mächtigkeit von 9m (gemessen am Profil III) und bildet wohl den auffälligsten Horizont des Buntsandsteins. Der meist weisse oder violette, stellenweise auch braune bis schwarze Sand- stein zeigt eine massige Beschaffenheit ohne Schichtfugen. Zahlreiche verkieselte eckige und runde, äusserst harte Knollen verleihen dem Horizont, namentlich in seinem untern Teil, ein knolliges, knorriges Aussehen. Oft sind nahe über der untern Grenze ganze Lagen des weissen Sandsteins verkieselt und so hart, dass es beim Anschlagen mit dem Hammer Funken gibt (von Brombach und Pfaff Kiesel- sandstein genannt). Im obern Teil des Karneolhorizonts treten durch Manganoxyd braun oder schwarz gefärbte Knollen und Streifen auf. Während die weichern Partien des Sandsteins leicht verwittern, zeigen die verkieselten Knollen zufolge ihrer Härte grosse Widerstands- 30 Carl Disler. fähigkeit und verursachen das Auftreten typischer, höckeriger Stirn- flächen. Gelegentlich finden sich Nester von faserigem Gyps (Profil II, Schieht 15) und Krusten von Malachit (Profil III, Schicht 6). Da, wo über den knorrigen massigen Sandsteinen noch harte, gebankte, helle Sandsteinbänke (siehe Profil IV) auftreten, empfiehlt es sich, diese auch noch zum Karneolhorizont zu rechnen und die Grenze gegen das Röth immer erst da zu legen, wo rote Tone zu dominieren beginnen. Der dem ganzen Horizont den Namen gebende Karneol tritt meist in der untern Hälfte auf, wo er in Form blutroter Adern und Scherben die verkieselten Knollen und Bänke durchzieht. Gelegentlich bildet der Karneol den Hauptbestandteil des Cresteines. Dann zeigt er in drusigen Höhlungen Einschlüsse von braunen Dolomitrhomboëdern und von auskristallisiertem Quarz (siehe Schlussbemerkung bei Profil III). Nicht in allen Aufschlüssen zeigt sich Karneol. Nur spärlich findet er sich im Gebiete des Dinkel- bergs, reichlicher am Rheinufer und südlich des Rheines bei Zeiningen und Maisprach. b) Das Röth ıst ca. 23m mächtig und charakterisiert sich durch das reichliche Auftreten meist roter Tone zwischen den Sandsteinen, welch letztere sich von den Sandsteinen tieferer Horizonte durch das feine Korn auffällig unterscheiden. Trotz der relativ ziemlich grossen Einheitlichkeit des Horizontes, empfiehlt es sich, zwei Abteilungen zu unterscheiden, eine untere, den Plattensandstein oder das untere Röth und eine obere, das Röth im engern Sinne oder das obere Röth. Das untere Röth oder der Plattensandstein (siehe Profile IV, V, VI), ca. 16m mächtig, zeigt einen regelmässigen Wechsel von vorherrschenden, meist roten, teils grauen Tonen mit feinkörnigen Sandsteinbänken. Die roten Tone zeigen meist runde, graugrüne Flecken. Die Sandsteinbänke der untern Hälfte (siehe Profil IV) haben meist graue Farbe und sind nur zum Teil glimmerführend. Die obere Hälfte des untern Röths (siehe Profil V, Schicht 4) ist meist rein tonig ausgebildet. Stellenweise aber zeigt der etwa 7m messende, rote Tonhorizont oft unvermittelt gewöhnlich in seiner mitt- leren Partie sandsteinige Ausbildung. Diese stellenweise sehr mäch- tigen Sandsteinbänke haben im Gegensatz zu den tiefern Sandstein- bänken des untern Röths fast rein rote Farbe und sind zudem durch reichen Glimmergehalt ausgezeichnet. Diese Sandsteine finden, heute weniger als früher, namentlich als Hausteine Verwendung. Zahl- reiche Steinbrüche in diesen Schichten sind heute wohl deshalb ver- lassen, weil die Sandsteine oft plötzlich auskeilen und durch Tone ersetzt werden. Einer der bekanntesten Steinbrüche in diesen Schichten ist derjenige bei Inzlingen, ist aber auch seit einigen Jahren aufge- geben. Bemerkenswert ist, dass in diesen Schichten in unserm Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 31 Profil IV sich Gypsadern und schlechterhaltene Stammabdrücke von Equiseten finden. j Das obere Röth oder das Röth im engern Sinne (siehe Pro- file V, VI und E), ca. 7 m mächtig, beginnt mit einem harten, meist grauen Sandstein (Profil V, Schicht 5, Profil VI, Schicht 1), der über die meist tonigen liegenden Schichten stark herausragt. Über dieser Sandsteinbank, 1—2 m höher, von ihr durch bröckelige, graue Sandsteinbänke oder durch Tone getrennt, folgt regelmässig noch- mals ein schlecht gebankter, grauer Sandstein (Profil V, Schicht 8, Profil VI, Schicht 5, Profil E, Schicht 4), der reich ist an Malachit. Diese Schicht scheint ziemlich durchgehend zu sein, da sie sich nicht nur in den beiden Röthprofilen des Rheinufers, sondern auch im Röthaufschluss bei Maisprach vorfindet. Darüber folgen ca. 2,5 m rote, orangegelbe, violette, graublaue und graugelbe, also sehr bunte, zum Teil fein gesprenkelte Tone. Erwähnenswert ist eine Lage grau- gelben plastischen Tones (Profil VI, Schicht 11, Profil E, Schicht 10), die in dem sonst trockenen Profil bei Maisprach sich als feuchte Schicht heraushebt. Das Hangende dieser Tone bilden ca. 2 m dünn- bankige, graugelbe bis rötliche Dolomite und als Abschluss des ganzen Horizontes erscheint eine wenige dm mächtige, sehr augenfällige Lage violetter und düsterroter, weicher Tone. Das Vorherrschen weicher Tone im untern wie im obern Rôth hat zur Folge, dass im Gelände der ganze Röthhorizont sich als meist rotgefärbte Flachböschung präsentiert. Insofern gleicht das Röth dem Liesenden des Buntsandsteins, dem obern Rotliegenden, von diesem durch die Steilböschung der Diagonalschichtigen Sandsteine und des Karneolhorizontes getrennt. Allein auch bei mangelhaften Auf- schlüssen unterscheidet sich das Röth vom Rotliegenden durch das Fehlen von Quarz- und Feldspatheinschlüssen. An ihre Stelle treten grössere oder kleinere Stücke des verwitterten roten glimmerigen Sandsteines. Das gesamte Röth ist ein durchgehender Horizont. 3. Der Muschelkalk. a. Das Wellengebirge (unterer Muschelkalk). I. Einleitung. Das Wellengebirge war an den beiden Rheinufern zwischen Rhein- felden und Augst in seiner ganzen Mächtigkeit aufgeschlossen. Die ersten Angaben über diese Aufschlüsse finden sich bei Mösch (3, 4). Viel genauere Aufzeichnungen enthält Profil Nr. 1 von Strübin (18), das eine wertvolle Grundlage bildete für meine eigenen Unter- suchungen. Carl Disler. O2 1 Aus dem Gebiete des benachbarten Dinkelbergs finden sich in der Arbeit Brombachs (19) wertvolle, wenn auch nicht lückenlose An- gaben über die Zusammensetzung des dortigen Wellengebirges. Sehr detaillierte Untersuchungen über einzelne Horizonte des untern und mittleren Wellengebirges hat E. Brändlin (35) im Aargauer Tafel- jura zwischen Aare und Fricktal angestellt. Reiche Angaben macht Schalch (5, 24) über das Wellengebirge im südöstlichen Schwarzwald. Eine umfassende Arbeit über das Wellengebirge von Freudenstadt stammt von M. Schmidt (26). Bezüglich der Einteilung des Wellen- gebirges ist zu erwähnen, dass mit der bei uns üblichen Dreigliederung in Wellendolomit, Wellenkalk und die Schichten der Myophoria orbieularis sich die von Martin Schmidt verwendete Einteilung in unteres, mittleres und oberes Wellengebirge ganz genau deckt. Wenn auch die obigen bei uns verwendeten Bezeichnungen, insbesondere die Benennung ‚Wellenkalk‘ nicht sehr zutreffend sind, sollen sie mit Rücksicht auf ihre allgemeine Verwendung in der Lokalliteratur auch ın vorliegender Arbeit gebraucht werden. II. Verbreitung (siehe die Profile VII und VIII auf Tafel II). Die den obern Buntsandstein betreffenden Profile V und VI erschliessen noch einen Teil des Wellendolomites. Die beiden Haupt- profile des Wellengebirges liegen etwa 1 km oberhalb Augst, das eine « am linken, das andere am rechten Ufer. | Prof. VII. Wellendolomit, Wellenkalk, Schichten der Myophoria orbicularis. Rechtes Rheinufer, beginnend oberhalb der Einmündung des Bächleins gegen- über Punkt 294, nach Westen reichend bis „Weberalten“, östlich Punkt 257 (Blatt 28, Kaiseraugst), heute durch den Stau des Rheines unter Wasser gesetzt. icht- | Mächtig- : 2 ae Stratigr. | mere CRUE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. FRE nummer. | keït in m. Gliederung. | | 154106) 0,45 Graugelber, splittriger | ? Myacites sp. | (3) Dolomit mit Pyrit.4) Pecten Albertii. E || ie 5 | 8 2 0,30 Blaugraue, schiefrige Mer- E || gel mit einzelnen dünnen _ ee © © d Kalklagen. =; =) 5 = = © 3 0,20 Grauer, stellenweise von | ? Myophoria vulgaris. = = schwarzen Lagen durch- | ? Myoconcha Goldfussi. 2 zogener Kalk mit Pyrit | Myacites sp. und bBleiglanz. 3) Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen den entsprechenden Horizont in Profil VIII. 4) Die in Schrägschrift gehaltenen Angaben bezeichnen besonders charakteristische petrographische Eigentümlichkeiten oder häufig auftretende Fos- silien. Schicht- nummer, Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 33 Mächtig- keitinm. Gesteinsbeschaffenheit. Stratigr. Fossilien. Gliederung. 10 13 14 0,10 0,20 0,35 0,30 0,50 Blaugraue, schiefrige Mer- gel. Poröser, schwach trochi- tischer Kalk mit Pyrit und Pleiglanz. Grauer, stark trochitischer Kalk mit Bleiglanz. Grauer bis gelber, dolo- mitischer Kalk mit Blei- glanz. Graugelbe, dolomitische und dunkle, glimmerige Mergel, von dünnen Do- lomitlagen durchzogen. Schwach trochitischer, gelber, dolomitischer Kalk. Zähe, gelbe, dolomitische Mergel mit einzelnen Kalklinsen. Sehr harte, stark trochi- tische graugelbe Kalk- bank. Graublaue, zähe Mergel, von dünnen Kalklagen durchzogen. Graue, körnige, trochi- tische Kalkbank. Wechsellagerung von dunklen,weichen, schief- rigen Mergeln mit dün- nen Kalkbänklein, letz- tere auf der untern Seite mit Wulstbildungen. à Knochenfragmente. Terquemia decemeostata. Cidaris grandaeva. Encrinus sp. (Kronen- stück). Pentacrinus dubius. Lima lineata. Terquemia complicata. Terebratula vulgaris. Encrinus sp. Myophoria vulgaris Lima lineata. 2 © Lingula sp. + = 215 3 =] = = 2 © © _ 2 |5 Lima lineata, Encrinus sp. Myacites sp. Lima lineata. Lima striata. Gervilleia socialis. Spiriferina sp. Serpula sp. Encrinus sp. Pentacrinus dubius. Wirbeltierzahn. 3 34 Carl Disler. Schicht- | Mächtig- 3 6 3 : ae igr. ERS NE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. PMU nummer. | keit in m. Gliederung 15 0,20 Dunkelgraue splittrige (21) Mergelkalkbank. 16 0,80 Weiche, schiefrige, blau- | Gervilleia socialis. graue Tone, von einzel- | Worthenia sp. nen dünnen Kalklagen durchzogen. 17 0,20 Knorrige, harte, dolomi- | Lima lineata. = tische Mergel mit nuss- | Myoconcha sp. = eigrossen Concrelionen. | Terebratula vulgaris. Ss E 18 0,30 Dunkle, schiefrige Mergel, | Placunopsis ostracina. = stellenweise mit bis ei- | Ostrea decemcostata. >= grossen Concretionen. Ostrea sp. Gastropodensteinkern, 19 0,15 Sehrharter,vorstehender, | ? Gervilleia mytiloides. (25) grauer Kalk. Lima lineata. | Lima striata. Omphaloptycha sp. Gastropodensteinkerne. | E 20 | 1,50 Weiche, schiefrige, blau- | Lima lineata. Ss graue Mergel, unten mit 5 Concretionen. = > Verwerfung von ca. 5 m, mit westlich eingesunkenem Flügel ca. 20 m westlich der Einmündung des Baches. s 21 2,00 Schiefrige, tonige, blau- | Beneckeia Buchi. graue Mergel. Gervilleia socialis. Homomya Albertii. Homomya Althausi. Lima lineata. Myacites sp. ? Myoconcha sp. Myophoria cardissoides. Myophoria laevigata. Pecten discites. Pleuromya sp. Placunopsis ostracina. Terquemia spondyloides. Discina discoides. Lingula sp. ? Terebratula Ecki. Loxonema obsoletum. 22 2,00 Graue, hellanwitternde, | Lima lineata. (26) wohlgeschieferteMergel. | Nautilus dolomiticus. Rhizocorallium commune. Wellenkalk. & Wellengebirge. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 30 ne Azchtie- Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Srratier. nummer, | keit in m. Gliederung. 23 0,03 Unten rundflächig be- grenzte Kalklage. 24 0,10 Harte, schiefrige, graue | Pseudomurchinsunia ex- Mergel mit haselnuss- | tracta. grossen Concretionen, 25 0,06 Graue Kalkbank, auf der (27) untern Seite mit scharf- kantigen Wäülsten. 26 0,40 Weiche, schiefrige, blau- | Myacites sp. graue Mergel. Myophoria laevigata. Lingula sp. 27 0,20 Eine Lage linsenförmiger, | Lima lineata. (29) heller, grosser, dunkel- | Myaeites sp. grauer Mergelknollen. Myoconcha Goldfussi. Myophoria laevigata. Myophoria cardissoides. Pleuromya musculoides. ? Pseudocorbula gregaria. Lingula sp. Loxonema obsoletum. D e =) 28 0,70 Graublaue, oberseits ge- | Lima lineata = = (30) bankte Mergel. Homomya Albertii. & D Myacites sp. 2 = | Myophoria cardissoides. 2 > | Myophoria laevigata, > © ? Pleuromya musculoides. = ? Pseudocorbula gregaria. 29 0,18 Graue, sandige Mergel. 30 0,03 Dünnes Mergelkalkbänk- lein, 31 0,55 Graue, zähe, sandige Mergel. 32 0,07 | Graue, splittrige, harte | ? Leda excavata. (33) Kalkbank, Deckplatte. Lima lineata. Myacites sp. Myophoria cardissoides. Myophoria laevigata. Pecten laevigatus. ? Pseudocorbula gregaria. Pleuromya sp. Terquemia complicata. Terquemia sp. Terebratula sp. Dentalium sp. Echinodermenreste. Loxonema obsoletum. 36 Carl Disler. Schicht- | Mächtig- = : : : 2 Aa ier. in RE Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien. Stuatien - nummer. |keitinm Gliederung. 33 0,40 Dunkelgraue, sandige d Mergel, von dünnen, rostiganwitternden Kalk- bänken durchzogen. 34 0,40 Gelbgrüne, speckige Mer- gel, von dünnen Kalk- lagen und Kalklinsen durchzogen. 35 0.10 Grauschwarze, bröckelige Mergel. 36 0,35 Gelbgrüne, bröckelige | Gervilleia costata. Mergel. Gervilleia sp. Homomya Albertii. Myacites sp. Pecten discites. Posidonia sp. Lingula sp. Beneckeia Buchi. Nautilus sp. | 37 0,05 | Dunkelgraue Kalkbank. ä 2 38 0,20 | Gelbe, zähe, dolomitische = = Mergel. x © = =] = = 39 0,30 Harte, dunkle, schiefrige | Pecten discites. S = Mergel. © = 40 0,01 Stylolithenbänklein. 41 0,40 Dunkle,schiefrigeMergel. | Pecten diseites. Knochenfragment. 42 0,20 Grüngelbe.weiche, schief- | Pecten discites. rige Mergel. 43 0,03 Kalkbank, auf der Unter- | Pseudocorbula gregaria. seile voll von Pseudo- corbula gregaria. 44 0,40 Gutgeschieferte, grün- | Gervilleia socialis. gelbe, weiche Mergel. Myacites sp. Pecten discites. 45 0,05 Einzelne Kalklinsen. N 46 1,00 Sandige, grüngelbe, brök- | Pecten discites. kelige Mergel. Posidonia sp. 47 0,05 Harte Mergelkalklinsen. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst, SU Schicht- | Mächtig- ; À ne i a Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Srratier. nummer. | keit inm. Gliederung. 48 0,55 Zähe, schiefrige, grün- | Posidonia sp. gelbe Mergel. 49 0,05 Mergelkalkbank. 50 0,25 Grüngelbe Mergel. Pecten diseites. 51 0,23 Harte, knorrige Mergel. 52 0,03 Mergelkalkbänklein. 53 0,10 Grüngelbe, schiefrige Mergel. 54 0,12 Harte, unten schiefrig spaltende Kalkbank. 55 0,15 Graue, harte Mergel. 56 0,10 | Harte Mergelkalkbank. 57 0,07 Graue, schiefrige Mergel. 58 | 0,05 Harte Mergelkalkbank. | 59 0,70 Grüngelbe Mergel. Undeutliche Fossilien. 60 0,03 Graue, teilweise rost- farbene Mergelkalkbank. Grüngelbe Mergel. | [er] rer Le we] © 62 0,03 Sehr harte, vorstehende Mergelkalkbank. 63 0,45 Grüngelbe Mergel mit einigen Mergelkalklinsen. 64 0,04 Harte, vorstehende Kalk- mergelbank. 65 0,05 Weiche, grüngelbe,schief- rige Mergel, 66 0,10 Feste, blaugraue Mergel. | Myacites sp. Myophoria laevigata. 67 0,08 | Harte Kalkbank, auf der (35) Unterseite mit runden, grilffelförmigen Wülsten, Intere Wulstbank. 68 0,15 Blaugraue, sandige Mer- gel. Wellenkalk Wellengebirge. Carl Disler. Schicht- | Mächtig-| 4 N NR. Ir EN Stratigr. ee Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Gliederung) 69 0,07 | Harte Kalkbank, auf der (37) Unterseite mit griffel- förmigen Wülsten. Obere Wulstbank. 70 0,08 Grüngelbe Mergel. pal 0,06 Schiefrige Mergelkalk- bank. 72 0,20 Schiefrige, weiche Mergel. Verwerfung von ca. 5 m mit westlich abgesunkenem Flügel in „Weberalten“, ca. 20 m westlich einer über die Felsen ab- stürzenden Quelle. 73 0,05 Graue Mergelkalkbank. 74 0,60 Schiefrige, dunkelgraue Mergel mit einzelnen = & dünnen Kalklagen. = =) = = 5 EURER: £ 2 75 0,15 Splittrige, dunkelgraue = = Kalkbank, auf der Ober- = S seite mitdickenWülsten. = = 5 | = ue Ro = 76 0,10 Schiefrige, splittrige Kalk- bank. 77 0,18 Wohlgeschieferte, dun- kelgraue, tonige Mergel. 18 0,20 Schiefrige Mergelkalk- (65) bank. 79 0,15 Dunkelgraue, weiche, schiefrige Mergel. 80 0,02 Mergelkalkbänklein. 81 0,15 Dunkelblaugraue, schief- rige Mergel. 82 0,03 Mergelkalkbänklein. 83 0,15 Dunkelblaugraue, schief- rige Mergel. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 39 Schicht- | Mächtig- | DE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SRaler: nummer. er) Gliederung. 84 0,05 | Hartes Kalkbänklein, auf | Gervilleia socialis. (71) | der Unterseite mit zahl- | Lima lineata. reichen Fossilien, Dru- | Lima striata. senräume mit Gyps- | Myacites sp. kristallen häufig. Myophoria simplex. Mytilus eduliformis. Pecten discites. Pecten laevigatus. Placunopsis ostracina. Terquenia complicata. Terquemia spondyloides. n Spiriferina fragilis. = Loxonema absoletum. = Dentalium sp D Wirbelabdruck. © > 85 0,45 Knorrige, graue Mergel. 86 0,10 Schiefrige Mergelkalk- bank. 87 0,20 Schiefrige, graue Mergel. 88 | 0,10 | Kalkmergelbank. | 28 | =) 89 | 0,50 Schiefrige, graue Mergel. | = © =) = Ca. 6 m durch Vegetation verdeckt. Fortsetzung des Profils ca. 50 m 2 westlich der vorigen Verwerfung. = 90 0,30 | Weiche, dunkle, schief- rige Mergel. 91 0,55 Graue, wohlgeschieferte, weiche Mergel. 92 0,02 Kalkbänklein, auf der | Myophoria orbicularis. (101) UnterseitemitAbdrücken | Spirobis valvata. der Myophoria orbicu- laris. 93 1,50 Graue, schiefrige Mergel, 94 0,03 Mergelkalkbänklein. Gerwilleia coslata. 95 0,10 | Weiche, schiefrige Mergel. 96 0,06 Graue Kalkmergelbank. Schichten der Myophoria orbicularis. 97 0,05 Gelbgrüne, schiefrige Mergel, 40 Carl Disler. Schicht- | Mächtig- : : 2 gré Stratigr. ES Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. nn nummer. | keit in m. Gliederung. 98 0,05 Teilweise verbogene, fein- | Lima striata. = schiefrige _Kalkmergel, Myacites sp. = En schwach bituminös. Su = > | 2 Bun = Verwerfung um höchstens 5 m. 52 =) ie = es 99 Bituminôse schiefrige = È Kalkmergel, lose umher- 2 liegend. © on Prof. VIII. Wellendolomit, Wellenkalk, Schichten der Myophoria orbicularis. Linkes Rheinufer, beginnend nördlich Punkt 294, reichend bis „N“ des Wortes 28, Kaiseraugst). Heute ist der Wellendolomit und der untere „RHEIN“ (Blatt Teil der Schichten der Myophoria orbicularis unter Wasser gesetzt. hicht- | Mächtig- ù 2 - i es an igr. Schic re Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. sisi nummer. | keit in m. Gliederung. 1 0,50 Dunkelgraue,schwach rot | Myophoria vulgaris. durchsetzte, bröckelige | Undeutliche Fossilien, Mergel. 2 0,65 Wechsellagerung dunkel- grauer schiefriger Mergel mit dünnen hellgrauen Dolomitbänken. 3 0,55 Gelber, splittriger Dolo- 7 ai : (1)9 mit. \ a = =) 4 0,20 Grauschwarze, schiefrige = S Mergel. = © D D 5 = 5 0,25 | Grauer, teilweise caver- = en nöser Kalk mit Pyrit > © und Bleiglanz. = 6 0,25 Wechsellage von schief: | Terquemia sp. rigen, weichen Mergeln mit dünnen Kalklagen, letztere mit Pyrit. 7 0,30 Schwach trochitischer, 7) Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen den in Profil VII. grauer, gelber Kalk mit bleiglanz. entsprechenden Horizont Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 41 url Aachlie: Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien, | Sense nummer. | keit in m. | Gliederung. 8 0,50 Stark trochitischer,braun- (6) gelber Kalk mit Blei- glanz. 9 0,15 Trochitischer, grauschwar-| Encrinus sp. zer dolomitischer Kalk. 10 0,30 | Gelbbrauner, dolomi- tischer Kalk mit Blei- glanz. x 11 0,05 | Zähe, kalkige Mergel. 12 0,05 Trochitischer, cavernöser, grauer Kalk mit Blei- glanz. 13 0,10 Dunkelgraue, sandige Mergel mit einzelnen trochitischen Kalklinsen. 14 0,05 | Grauer, trochitischerKalk. 15 0,25 | Harte, kalkige, dunkel- S graue Mergel mit ein- = | m zelnen Kalklinsen. = = A : © 16 0,15 | Stark trochitischer, gelb- | Encrinus sp. 3 = (11) brauner, harter, vor- | Wirbeltierzahn. = © stehender Kalk. | Es 75 à EN = 17 0,45 Sehr harter, knorriger, | Lima lineata. dunkler Mergelkalk. Terebratula vulgaris. 18 0,12 Dunkelgraue, schiefrige Mergel, in der Mitte mit einer dünnen Kalkbank. 19 0,05 Stark vorstehende, splitt- rige, dunkle Mergel- kalkbank. 20 0,20 Weiche, schiefrige Mergel mit 2 dünnen Kalk- bänklein. 21 0,20 Harte, vorstehende Mer- (15) gelkalkbank. 22 0,65 Weiche, dunkle, schiefrige Mergel. 23 0,35 Knorrige, blaugraue Mer- | Lima lineata, (17) gelmiteinzelnen dünnen | Undeutliche Fossilien. Kalkbänklein, oben mit Konkretionen. gel, 42 Carl Disler. Schicht- | Mächtig-| Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SHAHER nummer. | keït in m. Gliederung. 24 0,12 Weiche, schiefrige, dunk- | Myacites sp. = le Mergel mit einzelnen s Coneretionen. = S 25 0,15 Sehr harte, vorstehende | Lima striata. = (19) Kalkbank. Gastropodensteinkerne. = 26 8,00 Dunkle, schiefrige Mer- | Beneckeia Buchi. gel. Nautilus dolomiticus. Gervilleia socialis. Var. funicularis. Gervilleia socialis. ? Gervilleia costata. Gervilleia mytiloides. Homomya Albertii. Homomya impressa. Lima striata. Lima lineata. Myaeites sp. ? Myoconcha sp. Myophoria cardissoides. Myophoria laevigata. Pecten discites. > Pecten laevigatus. = Pinna sp. Ben Placunopsis ostracina. = Posidonia sp. = Terquemia spondyloides. 2 | Discina discoides. $ "© Lingula sp. EB = Loxonema obsoletum. S Pseudomurchinsonia sca- © lata. > Spirobis (Serpula) val- vata. Wirbel. 27 0,10 2 durch Mergel getrennte (23, 24, Kalklagen, die obere mit 25) scharfkantigen Wülsten auf der Unterseite. 28 0,50 Dunkle, schiefrige Mergel. 29 0,20 Eine Lage harter, linsen- (27) förmiger Mergelknollen. 30 0,50 | Dunkle, schiefrige Mergel. (28) Oil 0,40 Dunkle, schiefrige Mergel | mit einzelnen Kalklagen. | 32 0,40 | Blaugraue, sandige Mer- | | Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. Ben | Du ie Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Ser nummer. Est in m. | Gliederung 33 | 0,15 Splittrige, graue Kalk- | Lima lineata. (32) bank, auf der Unterseite | Terquemia sp. | mit Fossilien, Deckplatte. | Dentalium sp. Verwerfung von ca. 4 m bei Beginn der Stützmauer mit westlich gesunkenem Flügel. In diesem ist Horizont 33 ca. 3 m über der Stützmauer wieder sichtbar. 34 ca. Durch Vegetation ver- (33—66)| 8,00 deckt. 35 0,08 Graue Kalkbank, auf der Unterseite mit griffel- förmigen Wülsten. Un- tere Wulstbank. 36 0,17 Weiche, schiefrige, schwarzgraue Mergel. 37 0,10 Graue Kalkbank, auf der Unterseite ‘mit griffel- förmigen Wülsten. Obere | © Wulstbank. S = S = eines x © 38 0,08 Dunkelgraue, schiefrige S = Mergel. = S al: 39 0,06 Dunkelgraue Kalkmergel- = bank. 40 0,10 | Dunkle, schiefrige Mergel. 41 0,10 2 Mergelkalkbänklein, durch eine Lage schief- riger Mergel getrennt. 42 0,35 Dunkle, sandige Mergel. | Myacites sp. Homomya Albertii. ? Oberkiefer v. Nautilus. 43 0,08 Dunkle Kalkmergelbank. 44 0,35 Weiche, dunkle, schief- rige Mergel. 45 0,10 Graugelber, splittriger, cavernöser Kalk; in den Höhlungen kleine Calcit- kristalle. 46 0,35 Grauschwarze Mergel. 43 44 Carl Disler. CR EEE ee ee en _L— —m icht- | Mächtig- : 4 À an tigr. DRS Se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SE So nummer. | keit in m. Gliederung. 47 0,50 Hellgraue, wohlgeschie- ferte, gebankte Mergel. 48 0,45 Dunkelgraue, schiefrige Mergel. 49 0,25 Graue, splittrige Kalk- | ? Oberkiefer v. Nautilus. bank mit Drusen von | Gervilleia socialis var. Calcit und Gypskristal- | funicularis. len, stellenweise auch | Lima lineata. mit Kupferkies, Spiri- | Lima striata. ferinabank. Pecten Albertii. Pecton laevigalus. Prospondylus comptus. Terquemia complicata. Terquemia spondyloides. Spiriferina fragilis. | Spiriferina hirsuta. Serpula serpentina. Loxonema obsoletum. Cidaris grandaeva. Pentacrinus SP. 50 0,20 | Harte, kalkige, knorrige = Mergel. a |. = = | - „ h Ss = 51 0,25 Knorrige, harte, vor- = = stehende Mergelkalk- = = bank. 2 = © 52 0,30 Wechsellagerung von = dünnen, grauen, splitt- rigen Kalkbänken mit dunkelgrauen Mergeln. 55 0,15 Harte, schiefrige, dunkel- graue Mergelkalkbank. 54 0,20 Schiefrige, lettige, blau- graue Mergel. 55 0,05 Dunkelgraue Mergelkalk- bank. 56 0,10 | Dunkelgraue, sandige Mergel. 57 0,05 Harte Kalkbank. 58 0,06 Grüngelbe, schiefrige Mergel. 59 0,20 Hellgraue, splittrige Kalk- bank. u Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 45 Schicht- | Mächtig- SE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SRUEe nummer. | keit in m. Gliederung. 60 0,07 Wechsellagerung von dünnen Kalkbänken mit grüngelben, schiefrigen Mergeln. 61 0,05 Graue, splittrige Kalk bank. 62 0,05 Graubraune, schiefrige Mergel. 63 0,05 Hellgraue, schiefrige Kalkbank. 64 0,13 Grüngelbe, schiefrige Gervilleia socialis. Mefgel. Gervilleia socialis var. funicularis. Lima lineata. Pecten discites. Pecten laevigatus. Pseudocorbula gregaria. Lingula sp. 65 0,20 Harte,vorstehende, schief- | rige, graue Mergelkalk- bank. 66 0,15 Grauschwarze, schiefrige Mergel. 67 0,05 Dunkelgraue Mergelkalk- bank, 68 0,10 Grauschwarze, schiefrige Mergel. 69 0,05 Dunkelgraue Mergelkalk- bank. 70 0,15 Schwarzgraue, schiefrige Mergel. 71 0,03 Dünne, äusserst harte | Gervilleis socialis var. (84) cavernöse Kalkbank, auf | funicularis. der Unterseite mit Fos- | Myophoria laevigata. silien. Serpula (Spirobis) val- vata, Ostrea sp. 72 0,06 Weiche, dunkle, schief- rige Mergel, 73 0,25 Knorrig gebankte, san- | Myacites sp. dige, graublaue Mergel. | ? Leda excavata ? Wellenkalk. Wellengebirge. 46 Cart Disler. Se a Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | cube nummer. | keitin m. Gliederung. 74 0,03 Schiefriges Mergelkalk- bänklein. 79 0,06 Graublaue, schiefrige Mergel. 76 0,10 Graue, schiefrige Mergel- kalkbank. td 0,12 Blaugraue, schiefrige Mergel. 18 0,25 Dunkelgraue Kalkmergel- bänke mit zwischenge- lagerten, schiefrigen, dunklen Mergeln. ” 19 0,45 Blaugraue, schiefrige Mergel, in der Mitte mit flachen Kalklinsen. 80 0,35 Graugelbe, schiefrige, Gervilleia socialis var. | lettige Mergel. funicularis. | Pecten sp. à 81 0,05 | Graue, cavernöse Kalk- ; = bank, stellenweise auch = = mergelig ausgebildet. = = = | = 82 0,25 Graugelbe, schiefrige | Myacites sp. S 2 | Mergel, © = 83 0,05 Kalkbänklein. Lima radiata. Lima striata. Placunopsis ostracina. Gervilleia socialis. 84 0,45 Graugelbe,weiche Mergel. | Pecten discites. (Grosse Exemplare). 85 0,02 Kalkbänklein. ; 86 0,60 | Graugelbe, lettige Mergel. 87 0,01 Kalkbänklein. 88 0,20 Graugelbe, schiefrige Mergel. 89 0,50 | Dunkelgraue, bröckelige Mergel, 90 0,05 | Harte Mergelkalkbank. Lima radiala. Discina discoides. 91 0,15 | Dunkelgraue Mergel. Schicht- nummer. | keit in m. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst, Mächtig- Gesteinsbeschaffenheit Fossilien. Stratigr. Gliederung. 93 94 98 99 100 101 102 0,35 0,50 Wohlgeschieferte, grau- braune, stellenweise po- röse Kalkmergelbank. Dunkelgraue, schiefrige Mergel. Graugelbe, bröckelige Mergel. Harte Kalkbank. Gelbgrüne,weiche, schief- rige Mergel. Harte, schiefrige Kalk- mergel. Braungelbe, bröckelige Mergel. Stylolithenbänklein, an der obern Schichtfläche mit Abdrücken der Myo- phoria orbicularis, Braune, bröckelige Mer- gel, Kalkbänklein, auf der gewelltflächigen Unter- seite mit Abdrücken der Myophoria orbicularis. Gelbbraune, Mergel. bröckelige Gervilleia socialis funicularis. Lima radiata. Lima striata. Gervilleia costata. Gervilleia socialis. Lima radiata. Myacites sp. Myophoria laevigata. Myophoria simplex. Pecten discites. Gervilleia socialis. Myacites sp. Myophoria simplex. Myophoria vulgaris. Lima radiata. Myacites sp. Myophoria simplex. Gervilleia socialis. Lima striata. Lima radiata. Myacites sp. Myophoria orbicularis. Myophoria simplex. Worthenia sp. Myophoria orbicularis. Verwerfung von ca. 5 m mit westlich gesunkenem Flügel. In letzterem sind jetzt blos noch die Horizonte 109 und 110 über dem Rheinniveau sichtbar. var. Schichten der Myophoria orbicularis. Wellengebirge. 48 Carl Disler. Schicht- | Mächtig- x 5 . : se igr. Ze; a Gesteinsbeschaffenheit Fossilien. strates nummer. | keit in m. Gliederung. 103 0,03 Graue, splittrige Kalk- | Gervilleia costata. bank, auf der Unterseite | Myophoria orbicularis. mit Abdrücken von Ger- villeia costata und Myo- , phoria orbiculars. -2 Li 104 0,45 Dunkelgraue, sandige = Mergel. = [=] 105 | 0,02 | Kalkbänklein mit Myo- | Myophoria orbicularis = = phoria orbicularis auf | Spirobis valvata. ie = der Unterseite. = D > | © 106 0,15 Dunkelgraue Mergel. F 2 = D 107 0,02 Hartes Kalkbänklein = = £2 108 0,50 Dunkelgraue, sandige 5 Mergel. = an 109 5,00 3ituminöse, blättrige | Myophoria orbicularis. Kalkmergel. | | u: | 110 1,00 | Zellige Kalke. 533 >» = zo III. Zusammenfassung (siehe Detailprofil durch das Wellen- gebirge, pag. 55). Das Wellengebirge kann eingeteilt werden ın: 1. Wellendolomit (Unteres Wellengebirge). 2. Wellenkalk (Mittleres Wellengebirge). 3. Schichten der Myophoria orbicularis (Oberes Wellengebirge). 1. Der Wellendolomit (Unteres Wellengebirge), ca. 6 m (siehe Profile V, VI, VII, VIII). Wir lassen den Wellendolomit und damit das ganze Wellengebirge da über dem Röth beginnen, wo sich erstmals Fossileinschlüsse finden. An diese Grenze ist auch das erste Auf- treten von Mergeln gebunden und zugleich die Überleitung der bunten Farben des Röth in graue und gelbe Töne. Der Wellendolomit lässt folgende Gliederung zu : a) Mergel und graue dünne Dolomitbänke, 1 m. b) Hellgelbe Dolomitbank mit Pyrit, 0,5 m. c) Meist trochitische Kalke mit Pyrit und Bleiglanz und zwischen- gelagerten Mergeln, 3,3 m. d) Mergel mit Konkretionen, 1,2 m. e) Harte Kalkbank, 0,15 m. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 49 a) Mergel und graue, dünne Dolomitbänke, ca. 1m (siehe Pro- fil V, Schicht 17 und 18; Profil VI, Schicht 18; Profil VIII, Schicht 1 und 2). Über den violetten Tonen des Röth folgen ca. 0,5 m graue, bröckelige Mergel mit schwachem rotem Einschlag und kleinen, zum Teil gut erhaltenen Exemplaren von Terebratula vulgaris. Die nun folgende, ungefähr ebenso mächtige Wechsellagerung von grauen, dünnen Dolomitbänken mit dunklen Mergeln erweist sich als fossilfrei. b) Hellgelbe Dolomitbank mit Pyrit, ca. 0,5 m (Profil V, Schicht #3 Erotil VE, Schicht 19; Profil MEL Schieht 1; Profil VIII, Schicht 3). Sie stellt einen sehr beständigen und auffälligen, fossil- armen oder fossilfreien Horizont dar, der als deutliches gelbes Band, besser als der vorige Horizont, den Beginn des Wellendolomites kundsibt. e) Meist trochitische Kalke mit Pyrit und Bleiglanz und zwischengelagerten Mergeln, ca. 3,3 m (Profil VII, Schicht 2—15; Profil VIII, Schicht 4—21). Während an der obern und untern Grenze dieser Abteilung trochitenfreie Kalke mit ziemlich mäch- tigen Mergelzwischenlagen sich vor‘inden, besteht die Hauptmasse, der mittlere Teil aus einer ziemlich mergelfreien, satten Auf- einanderfolge meist trochitischer Kalke, die vielfach Pyrit und Blei- glanz führen. Eigentliche Dolomite treten gegenüber den Kalken sehr zurück. Wo die trochitischen Kalke angewittert sind, was be- sonders in Profil VII der Fall ist, zeigen sich wohlerhaltene Stiel- glieder des Pentacrinus dubius und eines dem Encrinus liliformis wohl nahestehenden Encrinus sp. Von letzterem fand sich sogar ein schlechterhaltenes Kronenstück (Profil VII, Schicht 11). Von andern Fossilien zeigen sich ziemlich häufig, aber nie gut erhalten, Lima lineata, Lima striata, Ostrea decemcostata, Stacheln des Cidaris srandaeva, Knochenreste und Gastropodensteinkerne. Interessant ist das Auftreten einer glatten und nur mit einer medianen Furche ver- sehenen Spiriferina sp. (Profil VII, Schicht 13). d) Mergel mit Konkretionen, ca. 1,2m (Profil VII, Schicht 16—18; Profil VIII, Schicht 22—24). Dieser Horizont dunkler, schiefriger Mergel ist weniger durch seine Fossileinschlüsse (Tere- bratula vulgaris, Profil VII, Schicht 17) als durch das Auftreten von haselnuss- bis eigrossen, dunkelgrauen Konkretionen ausge- zeichnet. Letztere treten namentlich im obern Teile der Mergel zahl- reich auf. e) Harte Kalkbank, 0,15 m (Profil VII, Schicht 19, Profil VIII, Schicht 25). Sie bildet den obern Abschluss des Wellendolomites, hat graue Farbe und ist reich an Gastropodensteinkernen. Ihrer grossen Härte wegen tritt sie stark aus dem Profil heraus. Carl Disler. Fossilführung des W ellendolomites. Würmer. Serpula sp. Echinodermen. Cidaris grandaeva Goldf. Encrinus sp. Pentacrinus dubius Beyr. Brachiopoden. Terebratula Eckı Frantzen. Terebratula (Coenotyris) vulgaris Schl. Lingula sp. Spiriferina sp. Lamellibranchiaten. Gervilleia socialis Schl. Myophoria sp. ? Gervilleia mytiloides Schl. Myoconcha sp. Lima lineata Schl. Ostrea sp. Lima striata Schl. Pecten Albertii Goldf. Myophoria vulgaris Br. ? Myacites sp. Placunopsis ostracina Schl. Terquemia decemcostata Goldf Myoconcha Goldfussi Dunk. Terquemia complicata Goldf. Myophoria vulgaris Schl. Terquemia sp. 2. Der Wellenkalk (Mittleres Wellengebirge), ca. 27 m (siehe Gastropoden. Omphaloptycha sp. Worthenia sp. Steinkerne. Wirbeltiere. Knochenfragmente, Zähne. Profile VII und VIII) kann in folgende Horizonte zerlegt werden: a) Fossilreiche Mergel mit Beneckeia Buchi, 8 m. b) Kalkplatte, unten mit scharfkantigen Wülsten. c) Graue Mergel, reich an Homomya Albertii, 2 m. d) Deckplatte. e) Mergel, reich an Pecten discites, ca. 2,5 m. f) Bank der Pseudocorbula gregaria. g) Graugelbe Mergel, mit Posidonia sp., ca. 2m. h) Fossilarme Mergel, mit zahlreichen Mergelkalkplatten, 3,5 m. 1) Die beiden Wulstbänke. k) Mergel ca. 3m. zwischen den Wulstbänken und der Spiriferinabank, Ste, Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 51 1) Spiriferinabank. m) Mergel, mit vielen Kalk- und Mergelkalkplatten. n) Graugelbe Mergel mit Pecten discites (grosse Exemplare), ca. 2m. a) Fossilreiche Mergel mit Beneckeia Buchi, ca. 8 m (Profil VII, Schicht 21 und 22; Profil VIII, Schicht 26). Dieser Horizont ist petrographisch ausgezeichnet durch das vollständige Fehlen von Kalk- lagen. Palaeontologisch zeichnen sich die dunkelgrauen Mergel durch den Einschluss einer reichen Fülle von Versteinerungen aus. Es mag hier erwähnt werden, dass in Profil VIII durch das Aushub- material eines Grabens zur Erstellung einer Stützmauer der Fossil- reichtum dieses Horizontes hauptsächlich erschlossen worden ist. Ver- hältnismässig häufig fand sich Beneckeia Buchi in verkiesten kleinen Exemplaren von wenigen mm Durchmesser. In dieser kleinen Form scheint Beneckeia Buchi nur auf diesen Horizont beschränkt zu sein, einige grosse Exemplare von einigen cm Durchmesser finden sich etwa 3m höher. Von Interesse ist auch das Auftreten von Nautilus dolomiticus. Besonders häufig aber sind einige Lamellibranchier wie Gervilleia socialis var. funicularis, Lima lineata, auf deren Schalen oft noch Placunopsis ostracina, Terquemia spondyloides, Discina discoides und Spiroba valvata aufsitzen, ferner eine grosse Zahl von Myaciten, dann Myophoria cardissoides und Pecten discites. Von Brachiopoden tritt Lingula sehr häufig auf und unter den Gastropoden Loxonema obsoletum. b) Die Kalkplatte, unten mit scharfkantigen Wülsten (Profil VII, Schicht 25; Profil VIII, Schicht 27), darf nicht mit den beiden Wulstbänken (1) verwechselt werden. Es ist eine ca. 1/, dm dicke Bank mit stark gewellter unterer Schichtfläche, auf der die scharf- kantigen Wülste als unregelmässige Rippen aufsitzen. c) Die grauen Mergel, reich an Homomya Albertü, ca. 2 m (Profil VII, Schicht 26—31; Profil VIII, Schicht 28—32) enthalten dieses Fossil, welches übrigens auch im Horizont a, aber dort weniger häufig vorkommt, sehr zahlreich in ihrem mittleren Abschnitt. Etwa 4 dm über der untern Grenze ist eine Lage linsenförmiger Mergel- knollen durch den Einschluss zahlreicher, gut erhaltener Exemplare von Myophoria cardissoides und Myacites sp. erwähnenswert. d) Die Deckplatte (Profil VII, Schicht 32; Profil VIII, Schicht 33), im Mittel 1 dm mächtig, bildet einen sehr auffälligen Horizont. Die sehr harte, vorstehende Kalkplatte hat eine ziemlich glatte obere Schichtfläche. Die untere Schichtfläche dagegen ist ziemlich reich an Fossileinschlüssen, unter denen Lima lineata, Myophoria car- dissoides, Pecten laevigatus und namentlich Dentalium sp. zu er- 52 Carl Disler. wähnen sind. Auf den ersten Blick hat die Bank einige Ähnlichkeit mit der höher liegenden Spiriferinabank (1), von der sie sich aber durch die grössere Härte und die Beschränkung der Fossilien auf die Unterseite unterscheidet. e) Mergel, reich an Pecten discites, ca. 2,5 m. Etwa 1 m über der Deckplatte enthalten gelbgrüne, bröckelige Mergel grosse Exem- plare von Pecten discites und, was sehr bemerkenswert ist, auch grosse Exemplare von Beneckeia Buchi mit 2—3cm Durchmesser, aller- dings nur in schlechten Abdrücken. Das eigentliche Lager der Pecten discites und zwar einer kleinen Form, nimmt die obere Hälfte des Horizontes ein. Sie besteht aus dunklen, wohlgeschieferten, ziem- lich vorstehenden Mergeln, die das Fossil in gutem Erhaltungszustand, als eigentliche Schalenexemplare, in reicher Menge enthalten. Be- sonders gut ist die Innenseite der Schale erhalten, während die Aussen- seite zahlreiche kreisförmige Druckstellen aufweist. f) Die Bank der Pseudocorbula gregaria (Profil VII, Schicht 43) stellt eine wenige cm dicke, sehr harte Kalkplatte dar, deren Unter- seite fast lückenlos mit schlecht erhaltenen Exemplaren der Pseudo- corbula gregaria übersät ist. &) Die graugelben Mergel mit Posidonia sp., ca. 2 m (Profil VII, Schicht 44—48), enthalten dieses Fossil zahlreicher als die Horizonte .a und e, wo Posidonia auch auftritt (siehe Profil VIII, Schicht 26; Profil VII, Schicht 36). Andere Zweischaler treten in diesem Horizont gegenüber Posidonia an Häufigkeit sehr zurück. h) Die fossilarmen Mergel mit zahlreichen Mergelkalkplatten, ca. 3,5 m (Horizont 49—66), stellen eine fast fossilfreie, rasche Wechselfolge von Mergeln mit dünnen Mergelkalkbänken dar, welch letztere in keinem der bisher besprochenen Horizonte des Wellenkalks in dieser Häufigkeit auftreten. 1) Die beiden Wulstbänke (Profil VII, Schicht 67—69; Profil VIII, Schicht 35—37) stellen zwei, durch eine dünne Mergellage getrennte 5—8 cm dicke, regelmässige Bänke dar, die auf der untern Schichtfläche rund begrenzte Wülste in Form bleistiftdicker Rippen aufweisen. k) Die Mergel zwischen den Wulstbänken und der Spiriferinen- bank, ca. 3m (Profil VIII, Schicht 38—48), sind beinahe fossil- leer. Im untern Teil lagern einige Mercelkalkbänke. Eine graugelbe, splittrige, cavernöse Kalkbank mit Caleitkristallen in den Höhlungen zieht ca. 1,3 m unter der obern Grenze durch. l) Die Spiriferinabank (Profil VIII, Schicht 49) ist wohl der beste Leithorizont des ganzen Wellengebirges. Sie bildet eine im BF ee Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 53 Mittel 0,25 m mächtige, graue, splittrige Kalkbank mit Drusen von Caleit und Gypskristallen, stellenweise auch mit Pyritkrusten. Ihre Unterseite, aber auch ihr Inneres zeigt reiche Fossileinschlüsse. Am häufigsten sind Lima lineata, Lima striata, Pecten laevigatus, Pro- spondylus comptus, Terquemia complicata, Terquemia spondyloides und Spiriferina hirsuta. Spiriferina fragilis konnte ich nur in einem gut erhaltenen Exemplar finden. Am leichtesten lassen sich Fossilien aus abgelösten, der Verwitterung lange Zeit ausgesetzten Bänken herausschlagen. m) Mergel mit Kalk und Mergelkalkplatten, ca. 4m (Profil VIII, Schicht 50—82; Profil VII, Schicht 73—89). Die hangenden Schichten der Speriferinbank sind dadurch ausgezeichnet, dass eine grosse Zahl bis 0,25 m mächtiger Kalk- und Mergelkalkbänke die Mergel durchziehen. Im Ganzen ist es ein fossilarmer Horizont. Von Interesse ist es aber, dass ca. 2,5 m über der untern Grenze, also über der Spiriferinabank, ein bloss 3 em dünnes, hartes Kalkbänklein (Profil VII, Schicht 84; Profil VIII, Schicht 71) auf der Unterseite eine Reihe von Fossilien, wie Gervilleia socialis, Lima lineata, Lima striata, Pecten laevigatus, Terquemia complicata, Terquemia spondy- loides führt. Ferner fand sich ein gut erhaltenes Exemplar von Spiriferina fragilis. Die Bank, die übrigens auch häufig Drusen- räume mit Gypskrystallen aufweist, erinnert, abgesehen von der viel geringern Mächtigkeit, durch ihre Fossileinschlüsse sehr an die Spiriferinabank. n) Graugelbe Mergel mit Pecten discites (grosse Exemplare), ca. 2 m (Profil VIII, Schicht 83—91). In diesem obersten Horizont des Wellenkalks werden die Mergel, die an der Basis grosse Exemplare von Pecten discites führen, nur von sehr dünnen Kalkbänken durch- zogen und diese enthalten ein weiter unten nicht aufgetretenes Fossil, die Lima radiata, die aber weiter oben in den Schichten der Myophoria orbicularis wieder vorkommt. Fossilführung des Wellenkalks. Würmer. Serpula (Spirobis) valvata Goldf. Serpula serpentina Schmid und Schleiden. Echinodermen. Cidaris grandaeva Goldf. Pentacrinus sp. 54 Carl Disler. Brachiopoden. Discina discoides Schl. Lingula sp. ? Terebratula Eckı Frantzen. Terebratula sp. Spiriferina fragilis Buch. Spiriferina hirsuta Alb. Lamellibranchiaten. Gervilleia mytiloides Schl. Gervilleia socialis Sch. Gervilleia costata Qu. Gervilleia socialis Schl. var. funicularis Schmidt. Gervilleia sp. Homomya Albertii Voltz. Homomya Althausi Alb. Homomya impressa Alb. ? Leda excavata Goldf. Lima lineata Schl. Lima radıata Goldf. Lima striata Schl. Myacites sp. Myoconcha Groldfussi Dunk. Myoconcha sp. Myophoria cardissoides Schl. Myophoria laevigata Alb. Myophoria simplex v. Schlotheim. Mytilus eduliformis Schl. Ostrea sp. Pecten discites Schl. Pecten laevigatus Schl. Pecten Albert Goldf. Pecten sp. Placunopsis ostracina Schl. Pleuromya musculoides Schl. Pleuromya sp. Pinna sp. Posidonia sp. Pseudocorbula gregaria Mstr. Prospondylus comptus Schl. Terquemia complicata Goldf. Terquemia spondyloıdes Schl. Terquemia sp. Gastropoden. ? Cyclostilina gregarıa. Dentalium sp. Loxonema obsoletum Ziet. Peudomurchinsonia extracta Berg. Steinkerne. Cephalopoden. Beneckeia Buchi Alb. Nautilus dolomitieus Quenst. Nautilus sp. ? Oberkiefer von Nautilus. Wirbeltiere. Wirbel, Knochenfragmente. Problematica. Rhizocorallium commune Schmid. Detailprofil durch das Wellengebirge. Bituminöse Myophoria orbicularis C| Kalkmergel Weiche Mergel, darin duñe NEE i PRE Abdrück- Myophoria orbicularis gel (Oberes Wellengebirge) ll en derMyophoria orbicula- ris& der Gervilleia costata Myophoria simplex EE Gervilleia costata Orbicularis - Mer. Graugelbe Mergel Lima radiata mit grossen Pecten Pectendiscites discites Dünne Kalkbank mit Graugelbe Mergel Gervilleia socialis [1 Pecten laevigatus de ee und cc Spirferinafragilis Mergelkalkplatten Spiriferinabank Spinferina fragilis und hirsuta Terquemia complica i und Spondyloides Lima - Mergel, zwischen den Fete detente Wulstbänken und der Spiriferinabank il Die beiden Wulstbänke fossilarme Mergel mit zahlreichen Mergel-| kalkplatten Graugelbe Mergel, reich an Posidonia sp Bank der Pseudocorbula Pecten discites Mergel reich an [kleine Schalenexemplare] Pecten discites Beneckeia Buchi (2°”gross) Pecten discites Deckplatte Pecten laevigatus Dentalium sp ( Mittleres Wellengebirge ) Graue Mergel, reich an omomya Albertii Homomya Albertii ophoriacardıssoides Myacıtes 5 Nautilus dolomiticus Gervillais socialis var funicularis = I) x Ö © = Ÿ = Fossilreiche a, STEEL En Mergel mit Beneckei Myacites sp Buchı Myophoria cardissoides Pecten discites (0) > © U ©) Q (eb) = U = v) X TD d TD © Ÿ — ie} à (19) L O0 >) I Z L U L U + S > Harte Kalkbank Mergel oben mit Concretionen Terebratula vulgaris Meist trochitische Bleiglanz Pentacrinus dubjus z Encrinus sp C| u.Pyrit führendeKalke Cidaris grandaeva Lima lineata mit zwischengelagerten asanss Mergeln. Ostrea decemcostata B|Haligeibe Deiomifbankemi# [Por 1] | a] HERO tente Myophoria vulgaris = Wellendolomit (Unteres Wellengebirge) 56 Carl Disler, 3. Die Schichten der Myophoria orbicularis (Oberes Wellenge- birge), ca. 9 m (siehe Profile VII und VIII) lassen eine Gliederung in 3 Horizonte zu: a) Schiefrige, harte, graubraune Kalkmergel und Mergel mit Myophoria simplex, Lima radiata, ca. 1 m. b) Weiche Mergel, darin dünne Kalkbänke mit Abdrücken von Myophoria orbicularis und Gervilleia costata, ca. 3 m. ce) Bituminöse Kalkmergel mit Myophoria orbicularis, ca. 5 m. a) Schiefrige, harte, graubraune Kalkmergel und Mergel mit Myophoria simplex und Lima radiata, ca. 1 m (Profil VIII, Schicht IN): Obwohl dieser Horizont die leitende Myophoria orbicularis noch nicht enthält, empfiehlt es sich doch, mit ihm das obere Wellen- gebirge beginnen zu lassen. Die harten Kalkmergel an der Basis und an der Decke haben schon petrographische Ähnlichkeit mit den bituminösen Kalkmergeln. Die harten Kalkmergel lassen den Hori- zont, der ziemlich häufig Lima striata und Myophoria simplex führt, auffallend aus dem Profil heraustreten. b) Weiche Mergel, darin dünne Kalkbänke mit Abdrücken von Myophoria orbicularis und Gervilleia costata, ca. 3 m (Profil VII, Schicht 90—98; Profil VIII, Schicht 98—108). Etwa 1 m über der untern Grenze der sonst ziemlich fossilfreien Mergel enthält ein Stylolithenbänklein auf seiner Oberfläche zahlreiche kleine Exemplare von Myophoria orbicularis. Im mittlern und obern Teil trifft man auf der Unterseite dünner, dunkelgrauer, splittriger Kalkbänklein Abdrücke grosser Exemplare von Myophoria orbicularis zusammen mit Spirobis valvata, bei einem dieser Kalkbänklein (Profil VIII, Schicht 103) recht zahlreich auch Abdrücke von Gervilleia costata. c) Bituminöse Kalkmergel mit Myophoria orbieularis, ca. 5 m (Profil VIII, Schicht 109) bilden einen sehr auffälligen Abschluss des Wellengebirges. Petrographisch durchaus einheitlich, bestehen sie aus blättrigen, harten gelbbraunen Kalkmergeln mit stark bitu- minösem Geruch. Einzelne Lagen führen schlecht erhaltene Exem- plare von Myophoria orbicularis. Ein in diesen bituminösen Mergeln angelegter, heute verlassener Bruch deutet auf die frühere Ausbeutung dieser Mergel zur Herstellung von Zement hin. Fossilführung der Schichten der Myophoria orbicularis. Würmer. Serpula (Spirobis) valvata Goldf. | Qt -] Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. Lamellibranchiaten. Gervilleia socialis Schl. Gervilleia socialis Schl. var. funicularis. Gervilleia costata Qu. Lima radiata Goldf. Lima striata Schl. Myacites sp. Myophoria laevigata Alb. Myophoria vulgaris Br. Myophoria simplex Schl. Myophoria orbicularis Br. Gastropoden. Worthenia sp. b. Der mittlere Muschelkalk oder die Anhydritgruppe. Die Anhydritgruppe (siehe Tafel I und II) ist schweizerseits am Rheine direkt vor Kaiseraugst verhältnismässig gut aufgeschlossen (heute durch den Stau des Rheines unter Wasser gesetzt). Allein auch hier ist, wie bei allen oberflächlichen Aufschlüssen, zufolge der durch Auslaugung bedingten Lagerungsstörungen das Profil ein ziem- lich verworrenes. Es beginnt etwa 400 m östlich der Cellulosefabrik in Augst bei einer alten Fischwage. Hier stösst die Anhydritgruppe zufolge einer Verwerfung am die östlich anstehenden Orbicularis- schichten. Wie weit die Anhydritgruppe an dieser Stelle noch unter das Rheinniveau hinunterreicht, kann nicht ermittelt werden. Ober- flächlich erschliesst das gegen Westen zu allmählich absinkende Profil von unten nach oben: ca. Ilm zellige Dolomite und weiche graue Mergel. 1,3 m harter, vorstehender Zellenkalk. 0,5 m weisser bröckeliger Gyps. 1,3 m harte, dickgebankte Zellenkalke. 1,20 m dünngeschieferte, zellige Dolomite. a te NN en Etwa 150 m westlich der alten Fischwage öffnet sich einige Meter über dem Rheinniveau eine 3m breite, mehrere Meter tiefe und etwa 1 m hohe Höhle, die schon Mösch (4) erwähnt und deren Entstehung er durch Auslaugen eines ehemals vorhandenen Salz- stockes erklärt. Die starke Wölbung der hangenden Schichten lässt vielleicht auch die Erklärung zu, dass es sich um ein ehemaliges Anhydritlager handelt, das sich bei der Wasseraufnahme gedehnt hat und nach der Umwandlung zu Gyps ausgelaugt worden ist. Direkt 58 Carl Disler, westlich dieser Höhlung biegen die Schichten stark gegen den Rhein hin ab und es erscheint als neuer Horizont eine etwa 6m mächtige Lage weissen Gypses, von einigen Zellenkalklagen durchzogen. Über diesem Gyps lagern in geringer, nicht näher bestimmbarer Mächtig- keit graublaue Letten, in diesen eingelagert bituminöser, splittriger Dolomit, dann schiefrige, dolomitische Mergel mit einer etwa 5 m dieken Hornsteinbank und zuletzt nochmals eine Lage schneeweissen Gypses. Die Fortsetzung des Profils ist durch die Niederterrasse und den Schutt der Fabrik verdeckt. Westlich eines offenbar abge- stürzten mächtigen Felsens zeigt das Ufer bei Beginn des Dorfes Kaiseraugst die Überlagerung der Anhydritgruppe durch den Tro- chitenkalk, indem unten zelliger Kalk und oben Trochitenbänke anstehen. Ein besseres Bild namentlich in bezug auf die Mächtigkeit der Anhydritgruppe vermögen uns die Bohrungen zu geben, wie sie seit 1835 im Rheingebiet zwischen Basel und ‚Koblenz zahlreich ausge- führt worden sind. J. H. Verloop (28) hat die Bohrprofile von ca. 54 Bohrungen zusammengestellt und nach Möglichkeit stratigraphisch gedeutet. Die zuverlässigsten Angaben über die Zusammensetzung der Anhydritgruppe in unserer Gegend liefert das im Februar 1909 in Schweizerhalle vollendete Bohrloch (Nr. XII), wo von 130—194 m Kernbohrung in Anwendung gebracht worden ist. Prof. C. Schmidt hat die Resultate der Bohrung verarbeitet und hat mir seinen Bericht vom Februar 1909 zur Verfügung gestellt. Die Resultate dieser Boh- rung, so weit sie die Anhydritgruppe betreffen, sind in das Über- sichtsprofil der Trias (pag. 76) aufgenommen. Die Stinkmergel in einer Tiefe von 185—190 m dieses Bohrloches, die Verloop noch der Anhydritgruppe zuzählt und zwar deshalb, weil im Liegenden noch 3m Anhydrit und dann erst Mergel mit Myophoria orbicularis sich einstellen, möchte ich eher noch in das Wellengebirge stellen (siehe Übersichtsprofil der Trias, pag. 76). Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass die Stinkmergel des Bohrloches den bituminösen Schiefern entsprechen, die ich in Profil VIII ins obere Wellengebirge stelle. Verbogene Lagen in den bituminösen Schiefern des Profils VIII berechtigen zur Annahme, dass ihre Unterlage einst vielleicht auch aus einer Lage von Anhydrit bestand, die aber heute ausgelaugt ist. Ähnliche Verhältnisse wie Bohrloch Nr. XII von Schweizerhalle zeigen bezüglich der Ausbildung der Grenze zwischen Wellengebirge und Anhydritgruppe alle in letzter Zeit im Gebiet der Kantone Aargau und Schaffhausen und bei Donaueschingen auf Salz ausgeführten Bohrungen. Die Mitteilungen hierüber verdanke ich den Herren Prof. C. Schmidt und Geh. Bergrat F. Schalch. Mit Ausschaltung der Stinkmergel ergibt das Profil des Bohrloches Nr. XII bei Schweizer- Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 59 halle für die Anhydritgruppe eine Mächtigkeit von ca. 95 m von unten nach oben mit folgender Zusammensetzung: 1. 3m Anhydrit mit Mergel und Ton. . 9,5 m Steinsalz mit vereinzelten Anhydritlinsen und Tonlagen. C9 . 5,3 m Anhydrit und Mergel mit vereinzelten Steinsalzlagen und Adern. Ha . 16,2 m Steinsalz mit vereinzelten Lagen von Anhydrit und Ton. . 8m Anhydrit mit dolomitischem Kalk und Ton. . 13m dolomitischer Kalk und Ton mit Anhydrit und Gyps. { Oo . 20 m Mergel, im untern Teil mit Gyps. . 20m Anhydritdolomit. O0 Das Steinsalz stellte sich also hier im untern Teil der Anhydrit- gruppe in zwei Lagen ein, einer obern von 16,2 m und einer untern von 9,5 m Mächtigkeit. Bei Schweizerhalle erreicht das Steinsalz so- mit eine Gesamtmächtigkeit von ca. 25 m, bei Rheinfelden etwa 15 m und bei Ryburg wurde das Steinsalzlager mit 50 m noch nicht durch- bohrt. Eine Zusammenstellung von vier Salzbohrungen bei Dürr- heim, Donaueschingen, Koblenz und Schweizerhalle, die ich Herrn Prof. Schmidt verdanke, zeigt eine äusserst bemerkenswerte Niveau- beständigkeit des Salzlagers. Dasselbe liegt überall im untern Teil der Anhydritgruppe 60-70 m unter der Basis des Haupt- muschelkalks. c) Der obere Muschelkalk. I. Allgemeines und Verbreitung. Der obere Muschelkalk setzt sich aus Hauptinuschelkalk und Trigonodusdolomit zusammen. Am Rheinufer Rheinfelden-Augst ist diese Muschelkalkstufe nur bei Rheinfelden selbst aufgeschlossen. Ein vollständiges Profil durch den untern Teil des Hauptmuschelkalkes, den Trochitenkalk, zeigt sich auf der Südseite des Burgkastells. Für eine vollständige Stratigraphie des obern Muschelkalks kommen weiterhin Aufschlüsse am Ergolzufer und an den Höhenzügen nörd- lich und südlich des Rheines in Betracht. Nachstehend sind nach eigenen Aufnahmen, teils schon beschriebene (4, 18), teils neue Pro- file aufgeführt, die, mit einander kombiniert, zur Feststellung von Aufbau und Mächtigkeit des Hauptmuschelkalkes besonders ge- eignet sind. Carl Disler. Prof. IX. Anhydritformation — Trochitenkalk (24 m), (Blatt 17, Rheinfelden.) westlich der Rheinbrücke bei Rheinfelden, an der Südseite des Burgkastells. lich trochitischer Kalk. Schicht- | Mächtig- 3 à : URL. Stratigr. SR ae Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Urea nummer. | keit in m. Gliederung. Zellenkalk (heute durch ned Ss Mauerwerk verdeckt). LEE S HE 1 0,65 Gelbbrauner, dolomiti- scher, bituminôser, dich- ter Kalk. 2 0,45 Harter, gelber, schwach | Enerinus liliformis. trochitischer Kalk. 3 0,20 Gelber, dolomitischer, | Encrinus liliformis. trochitischer Kalk. 4 5,00 Brauner und gelber, dich- ter, splittriger Kalk. d 0,30 Braungelber, kôrniger Kalk mit rostfarbenen Poren. 6 0,10 Grauer, körniger, deut- | Encrinus liliformis. lich trochitischer Kalk. SS D ; æ { 0,20 Graugelber, dichter Kalk. à = S D | an BO. = = 8° 0,45 Körniger, deutlich tro- | Encrinus liliformis. = 2 chitischer Kalk. = =; | | = $ 1,08 Grauer und gelber, dich- = = ter Kalk. & == 10 0,10 Körniger, deutlich tro- | Encrinus liliformis. chitischer Kalk. (Kronenstück). 11 1,30 | Grauer und gelber, dich- ter Kalk. 12 0,07 Grauer, kristalliner Kalk. 13 1,80 Grauer und gelber, dich- ter, splittriger Kalk. 14 0,08 Grauer, späthiger Kalk. 15 0,05 Grauer und gelber, dich- ter Kalk. 16 0,25 Gelber, körniger, deut- | Encrinus liliformis. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausgst. 33 0,30 34 0,60 Grauer, dichter Kalk. Dünnbankige Wechsel- lage von dichtem, grau- em, stark dolomitischem und graugelbem körni- gem Kalk. Bade pete Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. euader nummer. | keit inm. Gliederung. 17 0,10 Grauer und gelber dich- ter Kalk. 18 0,60 | Grauer und gelber, teils | Gervilleia socialis. dichter, teils späthiger | Myoconcha sp. Kalk. ? Nucula sp. Gastropodensteinkern. ? Cidaris grandaeva Goldf. (Stachel). Undeutliche Fossilien, 19 0,20 | Gelber, körniger Kalk. 20 0,10 Grauer und gelber, dolo- mitischer, dichter Kalk. 21 0,15 Grauer, späthiger, trochi- | Lima striata Schl. tischer Kalk. Encrinus liliformis. 22 0,35 Grauer und gelber, dich- ter Kalk. 23 0,15 Körniger, graugelber, tro- | Encrinus liliformis, É | chitischer Kalk. 2 S = == Nue : S © 24 0,40 Graugelber, körniger Kalk = = in dünnen Lagen, die © = durch starke dolomi- = = À © = tische Fugen. getrennt 5 = | | sind. F = (a) 25 0,90 | Grauer, dichter Kalk. Z 26 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 27 0,08 Grauer und gelber, dich- ter Kalk. 28 0,25 Graugelber, körniger Kalk. 29 0,12 Grauer, dichter Kalk. 30 0,13 Graugelber, körniger, tro- | Encrinus liliformis. chitischer Kalk. 31 0,10 Grauer, dichter Kalk. 32 0,20 Graugelber, körniger Kalk. 62 Carl Disler. | Schicht- | Mächtig-| Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien. Straller | nummer. | keitinm Gliederung. 35 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 36 0,30 Stark dolomitischer,grau- er und gelber, dichter Kalk in dünnen Bänken. 37 0,20 Graugelber, körniger Kalk. 38 0,25 Grauer und gelber, dich- ter, z. T. dolomitischer Kalk. 39 0.55 Graugelber, körniger, tro- | Encrinus liliformis. chitischer Kalk. 40 0,25 Grauer und gelber, dich- ter, dolomitischer Kalk. 41 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 42 0,80 Dichter, grauer, schwach | Gervilleia socialis. trochitischer, dünnge- | Myacites sp. bankter Kalk, auf der | Myoconcha sp. > obern Schichtfläche der | Mytilus eduliformis. | f “ Bänke ausgewitterte Fos- | ? Nucula sp. = = silien. Pecten Albertii, = = Pecten discitis. 2 2 ? Pleuromya sp. = 3 Terquemia complicata. 8 5 | | Terebratula (Coenotyris) | F = vulgaris. œ Encrinus liliformis. = Serpula sp. Loxonema sp. 43 0,15 Graugelber, kristalliner, trochitischer Kalk. 44 1,00 Grauer, splittriger, dich- ter Kalk. 45 0,15 | Graugelber, körnigerKalk. 46 0,60 Dolomitisch stark durch- setzter, dichter, grauer Kalk. 47 0,20 | Grauer, späthiger Kalk. 48 0,15 Bröckelige, dolomitische | Pleuromya sp. Schicht. 49 0,15 Grauer, späthiger, dich- ter Kalk. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 63 icht- htig- ns : n . and igr. SEE Leg à Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien, SOS nummer. | keit in m. Gliederung. 50 0,05 Dolomitische Lage. 51 0,10 Dichter, grauer, dolomi- | Terebratula vulgaris. tischer Kalk. 52 0,12 Dolomitische, bröckelige Lage. SZ & ae: : œ 53 0,12 Grauer, späthiger Kalk. à = S 3) r 2 2 : = = 54 0,85 Grauer, dichter, splitt- = © R = ra riger Kalk. = = © = E 5 à A : RE: = 59 0,25 | Graugelber, körniger, tro- | Encrinus liliformis. = 2 LE E = chitischer Kalk. & FE 56 0,15 Dichter, grauer, dolo- mitisch durchsetzter Kalk. 57 0,25 Graugelber, körniger, Enerinus liliformis. stark trochitischer Kalk. Prof. X. Trochitenkalk (6 m) — Nodosuskalk (19 m). Steingrube am Wege von Rheinfelden nach Magden, östlich Punkt 311. (Blatt 28, Kaiseraugst.) chitischer Kalk. Dünnbankige, dolomi- tische Kalklage. 9 0,20 Grauer, dichter Kalk. hicht- ig- à ; : i Me igr. Rec Machtie Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sp ues nummer. | keitin m. Gliederung. 1 0,10 Dichter, grauer Kalk. 2 0,07 Körniger, trochitischer | Encrinus liliformis. Kalk. 3 0,25 Dichter, grauer Kalk. è = 4 0,05 Grauer, harter, späthiger > S Kalk. 3 = = J= 3 ZT © 5 0,60 Grauer, dichter Kalk, £ n sie 6 0,40 Körniger, graugelber Kalk. © = - = = 7 0,70 Graugelber, körniger, tro- | Encrinus liliformis. = 64 Carl Disler. Sa Nele Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien. | States, nummer. | keit in m. Gliederung. Ze; à | 10 0,20 Körniger, graugelber, tro- | Encrinus liliformis. chitischer Kalk. 11 1,30 Dunkelgrauer, dichter Kalk, in der Mitte durch dolomitische Fugen in dünne Bänke getrennt. 12 0,10 Stark dolomitische Kalk- lage. = E 15 0,30 Grauer, z. T. dichter, z. 5 al späthiger Kalk. = © 14 0,10 Gelber Dolomit. E 15 0,20 Grauer, dichter Kalk. 16 0,10 Bröckeliger Dolomit mit Concretionen. 17 1,20 Grauer, dichter Kalk. 18 0,15 Graugelber, körniger, tro- | Encrinus liliformis. chitischer Kalk. x | & | Er = 19 0,20 Grauer, dichter Kalk mit © (= graublauen Flecken. 2 20 0,10 Dolomitische Lage. = Pe] 21 0,15 Grauer, z. T. dichter, ‘z. = T. späthiger Kalk mit = Concretionen. ; 22 0,10 Dolomitische, bröckelige Lage. 23 0,35 Grauer, z. 1. dichter, z. T. späthiger Kalk. = S 24 0,15 Dünnbankige, stark do- [7 lomitische Kalklage. & = 25 0,30 Grauer, dichter, z. T. 2 späthiger Kalk. 26 0,20 Dünnbankige, stark do- lomitische Kalklage. 27 0,60 Grauer, dichter Kalk. 28 0,08 Dichter, splittriger Kalk mit rostbr aunen Flecken. 29 0,05 Dolomitische Fuge. 30 | 0,35 | Dichter, grauer Kalk. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 65 dicken Bänken (nicht mehr zugänglich). Schicht- | Mächtig- Lan 5 3 er Stratigr. keit im. Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien, eure. 31 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 32 1,20 Grauer bis gelber, dich- ter, sehr harter Kalk. Des 0,70 Sehr harter, graugelber, körniger Kalk. 34 0,35 | Graugelber, schiefriger. dichter Kalk. 35 0,15 | Graugelber, körniger Kalk. 36 0,50 Graugelber, dichter, | Lima striata. splittriger Kalk. 37 0,20 Gelber, dichter, stark dolomitischer Kalk mit dunkelgelben Flecken und Streifen. 38 0,40 Graugelber, dichter, dolo- mitischer, splittriger Kalk. 39 0,10 Gelber, weicher, dolo- x mitischer Kalk. SS S = 40 0,20 Graugelber, splittriger, = = ER \ en ı dichter Kalk. mA © une 41 0,30 Grauer, dichter, splitt- = = riger Kalk. = 2. = 42 1,10 Sehr harter, dichter, = grauer Kalkstein mit dolomitischen Fugen. 43 0,70 Graugelber, körniger, sehr harter Kalk. 44 0,60 Grauer, dichter Kalk mit | Terebratula vulgaris. Concretionen. 45 1,20 Graugelber, dichter Kalk. 46 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 47 1,00 Grauer,dichter,harter Kalk 48 0,25 Graugelber,körniger Kalk. 49 0,40 Gelber, dolomitischer weicher Kalk, 50 0,25 Dünnbankige, dolomi- tische Kalklage. 1 7,00 Grauer, dichter Kalk in ken. 18 0,10 Graugelber, körniger Kalk. 19 0,30 Grauer, dichter Kalk in dm dicken Bänken. 66 Carl Disler. 1 Prof. XI. Nodosuskalk (16 m) — Trigonodusdolomit (0,6 m). 4 | Steinbruch bei Beuggen, südlich Punkt 337. (Blatt 17, Rheinfelden.) 4 icht- | Mächtig-| + .4.: i Sehieht Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sieben, nummer. | keitin m. Gliederung. 1 0,70 Dichter, grauer Kalk. (unten) 2 0,20 | Grauer und gelber, dich- ter Kalk, oben mit einer Lage von Concretionen. 3 0,30 Graugelber, körniger Kalk. 4 0,10 Gelbe, dolomitische Lage. 5 0,30 Grauer, dichter Kalk. 6 0,15 Graugelber, körniger Kalk. 7 | 0,90 | Dichter, grauer Kalk, in der obern Hälfte mit Concretionen. 8 0,07 Graugelber, körniger Kalk. 9 0,40 Graugelber, dichter, z. T. S späthiger Kalk. = . << 2 HAN 2 = à 10 0,15 Graugelber, körniger Kalk. Ss SL 77) © 6 = [72] 11 0,40 Graugelber, dichter Kalk. 2 = | = = il N .. . 7 © = | 12 0,12 Graugelber, körniger Kalk, .=z = & 13 0,10 | Dünnbankige, dolomi- tische Kalklage. 14 0.25 Hellgelber, dolomitischer, weicher Kalk. 15 0,55 Graugelber, dichter Kalk. 16 0,40 Grauer, dichter, unten und oben späthiger, sehr harter Kalk. 17 2,60 Grauer, splittriger Kalk, in ca. dm dicken Bän- 20 0,10 Graugelber, körniger Kalk. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 67 icht- | Mächtig- : 5 > Sn Stratigr. Ben En Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. à = nummer. | keit in m. Gliederung. 21 4,30 Grauer, dichter Kalk in ca. dm dicken Lagen. | 22 0,10 Späthiger, kôruiger, grau- | Encrinus sp. gelber Kalk, Pentacrinus Sp. Undeutliche Fossilien. = 24 1,20 Grauer, dichter Kalk in S À Le = ca. dm dicken Bänken, = = dazwischen starke, dolo- x = mitische Fugen. 2 [7 £ | £ 25 0,30 Harter, graugelber, kör- S = niger Kalk. 5 &S 26 2,00 Grauer bis graugelber, splittriger, dichter Kalk in unregelmässigen dm dicken Lagen, da- zwischen starke, dolo- | mitische Fugen. | 27 0,60 | Gelber, teils gebankter, | ö N'E J = Se =} teils bröckeliger Dolo- = © S mit. So | | F£S Prof. XII. Nodosuskalk (9,15 m) — Trigonodusdolomit (2 m). Aufgenommen beim Bau des Kraftwerkes Augst-Wyhlen. Profil in dem ange- sprengten Fels vor dem schweizerischen Turbinenhaus im Ablaufkanal, (Blatt 28, Kaiseraugst). Schicht- | Mächtig- ; Er - = ve Stratigr. RAS Gesteinsbeschaffenheit Fossilien. x 5 nummer. | keit in m. Gliederung. 1 4,00 Grauer, splittriger Kalk, | | durch dolomitische Fu- IS sen in etwa dm dicke = Lagen getrennt. D = | E £ 2 0,15 Sehr harter, dunkler, $ © deutlich oolitischer Kalk. 2 = % B ee 5 = 3 3,00 Dichter, splittriger, grauer © + ; ! > z ec. und gelber Kalk. = (as) 4 2,00 Oolitischer, grauschwar- T zer Kalk. L 1 = 5 2,00 Dunkelgelber, sandiger 2,5 DE Dolomit. jez © = | Ms 68 Carl Disler. Prof. XIII. Nodosuskalk (0,9 m) — Trigonodusdolomit (20 m) — Lettenkohle (3,25 m). | Rechtes Ergolzufer, südlich der steinernen Brücke in Augst (die untersten 5 m | sind heute durch den Stau des Rheines unter Wasser gesetzt), bei der starken Bachbiegung. (Blatt 28, Kaiseraugst). | icht- | Mächtig- : 2 i Sale ne Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sais nummer. | keit in m. : Gliederung. 1 0,40 Gelber, splittriger Kalk. ES 2 & à LE 5 3x 2 0,50 Oolitischer, grauer Kalk. = EN A DE EHE re re ut 3 1,00 | ZI. harter, gelber, ein- springender Dolomit. 1,00 Sehr harte, stark vor- springende, gelbe Dolo- mitbank. 0,60 Grauer, zl. weicher, splittriger Dolomit. 0,70 7\. weicher, hellgelber | Bonebed. Dolomit mit zahlreichen Dolomitdrusen. drusiger Dolomit, etwas vorspringend. 0,15 Weicher, dunkelgelber, lehmig verwitternder Dolomit, eine einsprin- sende Fuge bildend. 1,40 Hellgelber, mehliger, im untern Teil schwach bituminöser Dolomit. Trigonodusdolomit. 0,45 Bituminöser, hellgelber, knorriger, vorspringen- der Dolomit. 0,20 Stark vorspringender, grauer, sandiger Dolo- mit. 0,04 Hartes, kalkiges, kristal- lines Bänklein. 0,40 Gelber, zl. weicher Dolo- mit. 0,50 Harte. drusige, hornstein- führende Dolomitlage. 7 1,40 | Gelbbrauner, bituminöser, Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 69 Schicht- nummer. -Mächtig keitinm Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Stratigr. Gliederung. 15 16 Le 18 Vorstehender, harter, splittriger Dolomit. Weicher, sandiger, dru- siger Dolomit. Mehliger, gut gebankter, bituminöser Dolomit. Teils harte, teils weiche, knorrig geschichtete Do- lomite. Deutlich gebankter Dolo- mit, Bröckeliger, weicher Do- lomit. Schiefrige, helle Dolo- mite, von Hornstein- lamellen durchzogen. ZI. weiche, gebankte Do- lomite, mit einzelnen bis kopfgrossen ellip- soidischen Hornstein- knauern. Harter, gebankter, stehender Dolomit. VOr- Gelber, bröckeliger Dolo- mit, von mehreren Horn- steinbändern durch- zogen. Hellgelbe, weiche, bankte Dolomite. ge- Bröckeliger, gelber, leh- mig verwitternder Do- lomit. Dunkelgelber, gebankter, vorstehender Dolomit, in der Mitte besonders fossilreich. Undeutliche Fossilien. Undeutliche Fossilien. Trigonodusdolomit. Bonebed. ? Anoplophora lettica. Astarta trisiana. Gervilleia Goldfussi. Gervilleia sp. Homomya sp. Leda sp. Myophoria vulgaris. Pleuromya sp. ? Pseudocorbula sp. ? Trigonodus Sandbergeri, Unicardium Schmidii. Neritaria sp. Pleurotomaria sp. 70 Car! Disler, Schicht- | Mächtig- nummer. | keit inm. Gliederung. 2 : à | ke Stratigr. Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. 8 28 0,03 Grau- und gelbgestreifte | Mergelschiefer. 29 0.03 Schiefriges Dolomitbänk- | Schwaches Bonebed, lein, die Schichtflächen mit glänzenden Glim- merblättchen. Dunkle, schiefrige Mer- | Esthria minuta. gel, ca. 20 cm unter | Bonebed. der obern Grenze eine Lage mit reichem Bone- bed und Estheria minuta. 1,20 31 0,30 j Grauer, harter, dünn- | Lingula tenuissima. gebankter Dolomit, die oberste Lage mit Lin- gula tenuissima. Estherienschiefer. Dunkelgraue, schiefrige | Lingula tenuissima. Mergel, an der Basis eine harte Mergelkalk- lage. Lettenkohle. Dolomit. 0.02 Eine mergelige, rost- | Bonebed. farbene Lage, sehr reich an Bonebed. 0,12 Gelber, sehr harter, do- | Bonebed. lomitischer Kalk, sehr reich an Bonebed. Grenzdolomit. 36 1,30 Gelber, teils gebankter, teils bröckeliger Dolo- 0,10 Splittriger, dunkelgrauer mit. Il. Zusammenfassung. Der obere Muschelkalk gliedert sich in den Hauptmuschelkalk und den Trigonodusdolomit (siehe Profil pag. 76). 1. Der Hauptmuschelkalk (ca. 45 m) setzt sich aus grauen bis gelben, meist dichten, teils späthigen oder körnigen Kalken zu- sammen. Nur sehr untergeordnet schalten sich dolomitische Lagen ein. Das Auftreten von Trochiten in der unteren, das Fehlen (nicht ausnahmslos) derselben in der obern Hälfte, bedingt die Zweiteilung des Hauptmuschelkalks in Trochitenkalk und Nodosuskalk. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 71 Der Trochitenkalk (ca. 25 m, gemäss Profil IX) ist am voll- ständigsten am Burgkastell bei Rheinfelden aufgeschlossen (siehe Profil IX). Vor der Erstellung der heute bestehenden Schutzmauer konnte hier das Liegende des Trochitenkalks in Form von Zellen- kalken beobachtet werden, die der Anhydritgruppe angehören. Zu Beginn des Trochitenkalks zeigt sich eine dolomitische, gelbbraune, bituminöse Kalkbank, über der sıch sofort die ersten beiden Trochiten- bänke einstellen, wenn auch nicht in so typischer Ausbildung wie in höhern Horizonten. Bemerkenswert ist es, dass über diesen untersten, Trochiten führenden Bänken 5m dichte, graue Kalke folgen, die ganz frei von Trochiten sind. Überhaupt treten bis zur Mitte des Trochitenkalks die dichten Kalke in meist über 1 m mächtigen Lagen auf, so dass die Trochitenbänke und die körnigen Kalkbänke nur in grossen Abständen sich folgen. Erst von der Mitte ab stellt sich ein reicherer Wechsel von Trochitenbänken mit trochitenfreien Bänken eın, welch letztere wiederum in dünnen Lagen entweder dicht, späthig oder körnig sind. Zudem werden in der obern Hälfte des Trochitenkalks die Kalkbänke häufig durch starke dolomitische Fugen voneinander getrennt. Der ganze Trochitenkalk enthält etwa ein Dutzend mehr oder weniger dicke Trochitenbänke. Die Stielglieder des Enerinus liliformis sind in dem Aufschluss am Burgkastell besonders schön herausgewittert. Im oberen Teil des Trochitenkalks dieser Lokalität finden sich auch in einigen Bänken andere Fossilien ausgewittert, u. a. Pecten discites, Gervilleia socialis, Terquemia complicata, Nucula sp. etc. Der Nodosuskalk unterscheidet sich im Grossen und Ganzen petrographisch kaum vom Trochitenkalk, er ist paläontologisch negativ durch das Fehlen von Trochitenbänken charakterisiert. Profil XI verzeichnet zwar im oberen Teil des Nodosuskalks noch- mals eine Bank (Schicht 22) mit Enerinus sp. und Pentacrinus sp., doch kommt diese Bank nur lokal in unserem Gebiete vor und darf uns nicht veranlassen, auf die praktische Einteilung des Haupt+ muschelkalks in Trochitenkalk und Nodosuskalk zu verzichten. Die Bezeichnung Nodosuskalk nach dem Vorkommen von Ceratites nodosus ist auch für unsere Gegend gerechtfertigt. Es ist mir zwar nicht gelungen, aus einer bestimmten Schicht diesen Ammoniten zu sammeln. Ein nur schlecht erhaltenes Exemplar fand sich im Schutt der Steingrube von Magden. Ein guterhaltenes Exemplar, jetzt in der Schulsammlung von Rheinfelden, ist vor mehreren Jahrzehnten von Salinendirektor Günther neben einigen Exemplaren von Pemphix Sueurii offenbar im Rheinbett bei der Saline Rheinfelden gefunden worden. Nahe über der Grenze von Trochitenkalk und Nodosuskalk erwähnt Strübin (18) grauen typischen „Fleckenkalk“. Diesen 72 ; Carl Disler. „Fleckenkalk“ habe ich ebenfalls an allen Lokalitäten angetroffen, die den Übergang von Trochitenkalk zum Nodosuskalk erschliessen, so im Profil X (Schicht 28), dann am rechten Rheinufer wenige Meter östlich der Rheinbrücke und beim Ausgang des Stadtgrabens östlich Rheinfelden. Es handelt sich um eine etwa dm dicke Bank grauen, leichtsplittrigen Kalkes, der zahlreiche, unregelmässig umgrenzte, bis erbsengrosse, grauschwarze oder rostbraune Flecken aufweist. Der Fleckenkalk lagert etwa 2 m über der obersten Trochitenbank, wodurch er für Festlegung. der Grenze zwischen Trochitenkalk und Nodosuskalk einige Bedeutung erlangt. Ziemlich auf den Nodosuskalk beschränkt scheinen die weissen Konkretionen zu sein, die sich im untern und mittleren Abschnitt des Nodosuskalks zahlreich, auf wenige Lagen verteilt, einstellen (Profil X, Schicht 16, 21, 44). Es hält nicht schwer, nach dem blossen Aussehen den Nodosus- kalk in eine untere, ziemlich dickbankige, und eine obere, sehr deut- lich dünnbankige Hälfte zu teilen. Die Kalke der untern, dick- bankigen Hälfte sind meist ausserordentlich hart und kieselreich. Um so auffälliger erscheint etwa in der Mitte dieser Abteilung in der Mächtigkeit von mehr als Im (siehe Profil X, Schicht 36—40) eine Lage weichen, gelben, dolomitischen Kalkes, den zahlreiche, orange- gelbe Flecken und Streifen in horizontaler Richtung durchziehen. Diese dolomitischen, weichen Kalke scheinen ein durchgehender Horizont zu sein; ich fand sie in gleicher Ausbildung am rechten Rheinufer direkt oberhalb der Brücke von Rheinfelden und im Stadt- bachgraben östlich des Städtchens. Da im ganzen Hauptmuschelkalk dolomitische, weiche Kalke in dieser Mächtigkeit und Ausbildung nicht wieder auftreten, kann dieser gelben, weichen Lage, über- und unterlagert von harten grauen Kalken, als petrographischer Leit- horizont einige Bedeutung zuerkannt werden. Sehr auffällig ist die obere, dünnbankige Hälfte des Nodosuskalks. Sie besteht vorwiegend aus dichtem, grauem Kalk in etwa dm dicken Lagen, die durch dolomitische Fugen getrennt sind. So erscheint denn diese Ab- teilung fast wie gemauert. Abweichenden Aufbau an verschiedenen Lokalitäten unseres Grebietes zeigen die obersten Bänke des Nodosus- kalks. Bei Beuggen (siehe Profil XI, Schicht 22) enthält ca. 3,5 m unter der obern Grenze eine Bank deutliche Einschlüsse von Trochiten, nämlich ausgewitterte Stielglieder von Encrinus und Pentacrinus. Beim Bau des Kraftwerkes Augst-Wylen (siehe Profil XII, Schicht 2 und 4) sind die obersten Bänke des Nodosuskalks und die Über- lagerung durch den Trigonodusdolomit sehr gut erschlossen worden. Hier bildet eine schwarz-oolithische Bank von 2 m Mächtigkeit die Grenze gegen den Trigonodusdolomäit. Weiter südlich, am Ergolz- Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 73 ufer, ist diese oolithische Grenzbank nur noch 0,5 m mächtig (siehe Profil XIII, Schicht 2). Fossilien aus dem Hauptmuschelkalk. Würmer. Serpula sp. Echinodermen. Cidaris grandaeva Goldf. (Stachel). Enerinus hliformis, Lk. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Terebratula (Coenotyris) vulgaris Schl. Lamellibranchier. Gervilleia socialis Schl. ? Nucula sp. - Lima striata Schl. Pecten Albertii Goldf. Mytilus eduliformis Schl. Pecten diseitis Schl. ? Myoconcha sp. Pleuromya sp. Terquemia complicata Goldf. Gastropoden. Loxonema sp. Steinkerne. Cephalopoden. Ceratites nodosus de Haan (nicht aus anstehendem Gestein). Crustaceen. Pemphix Sueuri Desm. (nicht aus anstehendem Gestein). 2. Der Trigonodusdolomit (siehe Profil XIII) ist in der ganzen Mächtigkeit von 20 m am rechten Ufer der Ergolz aufgeschlossen, da, wo diese oberhalb der Brücke eine starke Biegung macht. Er baut sich von unten bis oben einheitlich aus gelben, mehr oder weniger gebankten, meist bituminös riechenden Dolomiten auf, die vielfach Drusen von Dolomitkristallen einschliessen. Bezeichnend für den Trigonodusdolomit ist die Führung von Hornstein, der sich nament- lieh im obern Teil einstellt. Sehr auffällig sind in unserm Profil zwei Lagen mit Hornsteinbändern (Profil XIV, Schicht 21 und 24) und dazwischen eine Lage mit fast kopfgrossen ellipsoidischen Horn- steinknauern (Schicht 22). Mit Ausnahme einer Bonebedlage, 2,6 m über der untern Grenze (Schicht 6), ist die Fossilführung auf die obere Hälfte beschränkt. Bestimmbare Fossilien fanden sich nur in der obersten Bank (Schicht 27), hier aber in grosser Fülle nament- lich Myophoria Goldfussi, ? Trigonodus Sandbergeri, Unicardium 74 Carl Disler. Schmidii. In zwei tiefern Fossillagen (Schicht 19 und 22) sind die Einschlüsse viel spärlicher und für die Bestimmung zu schlecht erhalten. Fossilführung. Lamellibranchiaten. Anoplophora lettica Quenst. Astarte trisiana Röm. Gervilleia Goldfussi Alb. Myophoria vulgaris Schl. aufgeschlossen. Pleuromya sp. Pseudocorbula sp. ? Trigonodus Sandbergeri Alb. Unicardium Schmidii Geın. Gastropoden. Neritaria sp. Pleurotomaria sp. 4. Keuper. a) Unterer Keuper, Lettenkohle, Gute Profile durch die Lettenkohle sind nur am Ufer der Ergolz Meine Untersuchungen erlauben es mir, die von K. Strübin (18, Profil 4; 5) schon veröffentlichten Profile bezüg- lich Fossilführung und Mächtigkeit zu ergänzen. Der untere Teil der Lettenkohle ist im oberen Teil des Profils XIII besonders gut aufgeschlossen. Ein vollständigeres Bild gibt nachfolgendes Profil XIV, in welchem die Beziehungen zur Lettenkohle in Profil XIII einzeln vermerkt sind. Prof. XIV. Trigonodusdolomit (1 m) — Lettenkohle (ca. 5 m). kechtes Ergolzufer an der Bachbiegung beim „S“ des Wortes Schönenbühl, zwischen ,Pfefferlädlif und Tempelhof. (Blatt 28, Kaiseraugst.) icht- ! Mächtig- : | à = JE Stratigr. ns ee Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ER nummer. | keitin m. Gliederung. - = — de PACE : © A ! 1 1,00 Dunkelgelber, fossil- | Siehe Fossilliste in DS 2 # reicher Dolomit. Prof. XIII, Schicht 27. era SE nt = | x 2 1,20 Dunkle, schiefrige Mer- | Siehe Prof. XIII, Schicht gel, teilweise verdeckt. 28, 29, 30. 4 R = D = : : © : 3 0,15 Grauer, drusiger Dolomit. = © = s i =. | ee 4 0.15 Dunkelgrauer, kalkiger | Reiches Bonebed. = = — Dolomit. Lingula tenuissima. 5 SE RE 2 192 ER =) = | D 0,15 Grauschwarze, schiefrige | Lingula tenuissima. = 35 | Mergel mit ellipsoi- 13 = | dischen Mergelknollen. — À Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 75 DT ——ET ER icht- | Mächtig- = : : ee i pour a Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SRE nummer. | keitinm. Gliederung. 6 0,10 Splittriger, dunkelgrauer Dolomit. =] © er © Sehr harter, gelber, do- | Myophoria Goldfussi Alb. lomitischer Kalk. Pseudocorbula sp. Gastropodensteinkerne. Reiches Bonebed. | (Siehe Prof. XIII, Schicht | | 30). Es folgt eine kleine, ca. 1 m betragende Verwerfung mit ge- hobenem Südschenkel. In diesem sind, nur etwas weniger gut, ebenfalls die Horizonte 1—7 und dazu ihr Hangendes aufgeschlossen. 8 1,30 Gelber, teils gebankter, teils bröckeliger Dolo- mit (siehe Prof. XII, = D = = © Schicht 36 2 = Schicht 36). = 2 © 9 0,05 Dunkelgraue Mergelkalk- Ss = bank. = = : cale = = 10 0,15 Dunkelgraue, schiefrige | Lingula tenuissima. cs = Mergel. = : S 11 0,10 Splittriger, harter Kalk, | MyophoriaGoldfussi (sehr = in der Mitte eine Lage grosse Exemplare). = mit sehr zahlreichen = Exemplaren von Myo- phoria Goldfussi. 12 |ca.1m.| Gelber, kalkiger, z. T. cavernöser Dolomit. (Dies istder letzte vorder Bachschwelle ausstehen- de Horizont. Etwa 30 m südl. der Bachschwelle bezeichnen stark ver- bogene Dolomite und Mergel den Beginn des Gypskeupers). | Der untere Keuper oder die Lettenkohle erreicht eine Mächtig- keit von ca. 5m. Es empfiehlt sich die Zweiteilung in Estherien- schichten und Grenzdolomit (siehe Profil pag. 76). 1. Die Estherienschichten, ca. 1,70 m, haben im Grossen und Ganzen schiefrige Beschaffenheit. Sie beginnen über der letzten fossilreichen Bank des Trigonodusdolomites mit einer ca. 1,2 m mäch- tigen Lage dunkler Schiefer. Estheria minuta, sowie eine Lage mit reichem Bonebed finden sich ca. 20 m unter der obern Grenze dieser sogenannten Alaunschiefer, wie sie von Zeller (27) in einem Profil =] er) Muschelkalk Mttlerer Muschelkalk oder Änhydrifgruppe OD ı Buntsand'stern Uebersichtsprofil der Trias. An der Basis weiche rote Mergel, darüber Obere bunte graue bis blassrote Mergel mit ebensofarbigen Steinmergellagen An der Basis gelbe und schwarze Boncbed + Dolomite, darüber dunkle Pflanzenschiefer, inder Mitte und oben bunte Steinmergel mit dünnen Sandsteinbanken Graugelb oder schwach rot Gypskeuper| gefarbte leitige Mergel, ‘stellenweise mit Spuren von Gyps, an der Basis gelbe zellige Dolomite fü 5 [ & u |Grenzdolomit | Gelbe Dolomite,gegen oben eine düneNergellaga Dent ne MEN xt Ealhepia minuta —_ — 24 | & N Estherienschiefer Dunkle Mergel,gegen oben erne Lage grauer Dolomite Emmen 2 CA à | h K TRE ET Sanzonon Hornstein Equisetum arenaceum Mrtlerer Heuper Trigenodus- | Gelbe Dolomite, z Teil dolomit bituminos riechend Hd : . 5 d Öolitisch (Local) Unten dickbankige, teils dichte trochitisch local) + teils körnige oder spätige, oben dünnbankige, dichte Kalke Zahlreıche Concretionen GelbfleckigeDolomitbank Teils dichte, teils trochitische BE Encrinus spathige oder körnige Kalke litiformis B à d 3 à Z © Q Ÿ S iS) x Rd ® = x I 3 SS So È 3 à Z N x S R S $ Q È S À Anhydritdolomit (nach einer Bohrung in Schweizerhalle 1909) Mergel. im untern Teil mit Gyps Dolomitischer Kalk und Ton mit Anhydrit und Gyps Anhydrit mit dolomitischem Kalk und Ton Steinsalz Anhydrit und Mergel mit Steinsalzadern Anhydrit und Mergel = Be a à Unten Mergel und dünne Kalkplatten mit Orbieularis: | esse euren dannAnhydrit(gemäss den | Myophoria ——— mergel Salzbohrungen),obenbituminöse Schiefer orbicularıs — Graublaue und graugelbe Mergel, Spiriferinabank Wellen kalk im obern Teil mit zahlreichen Wulstplatte Kalk- und Mergelkalkplatten Pseudocorbula gregaria Deckplatte Zahlreiche Fossilien W à Meisttrochitische Kalke und Dolomite u.R.Beneckera Buchi ellendolomit mit Bleiglanz und Pyrit, dazwischen Enerinus sp. Meraellagen _LPentacrinus dubıus Unterer Muschelkalk oder Wellengebirge ö Bunte Tone, unte, aue Sandsteinbank mit Malachit Oberes Röth u o unfenieineltaraueinan steinbank mi achi Unteres Roth Rote Tone im Wechsel mit meıst roten feinkörnigen oder Plattensandstein glimmerigen Sandsteinen Oberer _ + |Buntsandstein Diagonalschichtige Mittel-bis grobkörnige Sandsteine mit diagonal Sandsteine” gestellten Körnerlagen Hauptconglomerat |_Nussgrosse Quarzitgerölle in locherem Sandstein $ SE Sälh Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 77 von Riedmatt genannt werden. Die Schiefer werden überlagert von einer 3 dm mächtigen Lage gebankter Dolomite, die in Profil XIII bloss Lingula tenuissima, in Profil XIV noch dazu ein reiches Bonebed einschliessen. Es folgen nun 0,15 m dunkelgraue, schiefrige Mergel mit Lingula tenuissima, womit die Estherienschichten abge- schlossen werden können. 2. Der Grenzdolomit, ca. 2,4 m, ist vorwiegend dolomitisch. Die ersten 1,50 m bestehen aus teils gebanktem, teils bröckeligem Dolomit. Ein Dezimeter über der untern Grenze dieser Dolomite findet sich eine ca. 1 dm dicke Bank sehr harten, gelben, dolomitischen Kalkes mit einem reichen Bonebed, mit Myophoria Goldfussi und zahl- reichen Gastropoden. Zeller (27) bezeichnet im Profil von Riedmatt das entsprechende Bänklein als Grenzbonebed. Über den 1,5 m mäch- tigen Dolomiten folgen 0,15 m dunkelgraue, schiefrige Mergel mit Lingula tenuissima und dann eine 1 dm dicke Bank splittrigen, harten Kalkes, in der Mitte mit einer dünnen Lage sehr zahlreicher und sehr grosser Exemplare von Myophoria Goldfussi. Es folgen nun noch ca. I m mächtige, gelbe, kalkige Dolomite, worauf graue, gelbe und schwarze tonige, stark verbogene Mergel und Dolomite den Beginn des Gypskeupers bezeichnen. Die Fossilien der Lettenkohle sind folgende: Brachiopoden. Lingula tenuissima Br. Lamellibranchier. Myophoria Goldfussi Alb. Pseudocorbula sp. Gastropoden. Steinkerne. Crustaceen. Estheria minuta Goldf. Wirbeltiere. Knochenreste. 78 Carl Disler. b) Mittlerer Keuper. Vollständige Aufschlüsse fehlen in meinem Untersuchungsgebiet. Immerhin lässt sich die von E. Brändlin (35) in Anlehnung an die Verhältnisse im südöstlichen Schwarzwald gewählte Gliederung in: Gypskeuper e Schilfsandstein Untere bunte Mergel Hauptsteinmergel (Gansinger Dolomit) Obere Mergelgruppe auch bei uns erkennen, nur scheint mir eine Abtrennung des Hori- zontes „Untere bunte Mergel‘ vom Schilfsandstein für unser Gebiet praktisch nicht empfehlenswert zu sein. Wir begnügen uns daher mit folgender Einteilung (siehe Profil pag. 76): 1. Gypskeuper. 2. Schilfsandstein. . Hauptsteinmergel. . Obere Mergelgruppe. H> CO 1. Der Gypskeuper ist nirgends in der Umgebung Rheinfeldens zur Untersuchung gut genug aufgeschlossen. Anstehend findet er sich an den beiden Talgehängen von Magden und erreicht hier eine Mächtigkeit von ca. 60m. An der Basis finden sich gelbe, zellige Dolomite. Die Hauptmasse aber wird von grauen und bunten, meist lettigen Mergeln gebildet. Spärlich scheinen die Einlagerungen von Gyps zu sein. Daher vermisst man auch in unserem Gebiet die weiter südlich und östlich im Gypskeuper häufig angelegten Gypsgruben. Während an der Ergolz die Lettenkohle gut aufgeschlossen ist, sind es nur sehr spärliche Aufschlüsse, die südlich davon dem Gyps- keuper angehören (siehe Profil Nr. 7 von K. Strübin (18), Schicht 1—4). Dagegen sind der Schilfsandstein und die Hauptsteinmergel in einem prächtigen Aufschluss am Ergolzufer zu sehen, der im Profil XV beschrieben ist. Das gleiche Profil hat schon Strüben (18) veröffentlicht (Profil Nr. 7, Schicht 6— 836). Die damalige Zu- teilung der Schichten zur Lettenkohle ist nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn Strübin von ihm selber aufgegeben worden und die bezügliche auch in der Arbeit von Brombach (19) vorgeschlagene Korrektur findet sich bereits in den stratigraphischen Tabellen von Tobler (20) aufgenommen. Diese andere Deutung und der Umstand, dass ich durch meine Untersuchungen einen Estherienhorizont im Schilfsandstein und eine Bank mit Avicula Gausingensis in den Hauptsteinmergeln nachweisen konnte, rechtfertigt die nochmalige Veröffentlichung des Profils. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 79 Prof. XV. Gypskeuper (0,3 m), Schilfsandstein (15 m), Hauptsteinmergel (4 m), Obere Mergelgruppe (2,5). Rechtes Ufer der Ergolz, westlich Punkt 288 beim Hof Riedacker. (Blatt 28, Kaiseraugst.) Schicht- | Mächtig- r : 2 : ur i Tail Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Stratigr. nummer, | keitinm. Gliederung. 7 5 = & D 2 i 0,30 | Schwarze, lettige Mergel. = © (unten) 5% 2 0,50 | Hellgelber, harter, durch Kohle stellenweise schwarz gefärbter Dolo- mit mit dünnen Lagen dunkler, schiefriger, Mergel. 3 0,65 Wechsellage von orange- selben Dolomiten mit dunkelgrauen bis kohl- schwarzen Mergeln (stark gebogen). 4 0,50 | Grauschwarze, bröckelige Mergel. D 0,20 Dunkler, teils hellgrauer, mergelig durchsetzter & x Dolomit. 2. = [= Fr} =. B 2 : = = 6 0,25 Schwarze, kohlige, weiche = © lettige Mergel. E = an a Be S © fl 0,20 Teils gelbe, dolomitische, = = teils dunkelgraue, let- 2 = tige Mergel. = = an = 8 0,10 Graubrauner, gebankter Dolomit. 9 0,30 | Dunkelgrauer, sandiger Dolomit, unten mit einer dünnen Mergellage. 10 1,00 Grauschwarze, glänzende, | Equisetum arenaceum. tonige Schiefermergel, | Myacites sp. reich an Pflanzenresten. 11 0,70 Rötliche, bröckelige, to- | Undeuliche Pflanzenreste. nige Mergel. 12 0,70 Graugrüne, zl. harte, bröckelige Mergel mit dünnen Gvpsblättchen auf den Schichtflächen. 15 0,80 Gelbe, dolomitische Mer- gel, stellenweise aus- keilend. 80 Carl Disler. anlage gestört und kann besser undeutlichen Pflanzen- resten. Oberhalb dieses Horizontes wird das Profil durch eine Weg- im gesunkenen Südflügel einer hier durchstreichenden ca. 3 m messenden Verwerfung weiter ver- Schicht- | Mächtig- ER. à à: : en Stratigr. I Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ernns 14 0,80 Graugrüne, bis dunkel- graue,bröckelige Mergel. 15 0,10 Rötliche Steinmergel. 16 0,50 Graue, schwachrot ge- färbte, bröckelige Mer- gel, 17 0,10 Gelbe, bröckelige Dolo- mite. 18 0,05 Graugrüne, bröckelige Mersel. 19 0,05 Graugrüner, dolomi- tischer Sandstein. 20 0,15 Gelber, sandiger Dolomit. | | 21 0,12 | Graugrüne, brôckelige | Pflanzenreste. Mergel, in der obersten Lage mit rotgefärbten & PR: Pflanzenresten. = © = 2. = = 22 0,10 Mergelig durchsetzter, = S sgraugrüner Sandstein 2 mit Glimmerblättehen 3 = auf den Schichtflächen. 8 = = = 23 0,20 Rote und graugrüne, to- S = nige Mergel. on 24 0,30 Düsterrote, harte Würfel- mergel. 25 0,30 Violettgraue, rot durch- setzte Mergel mit faust- grossen, ellipsoidischen Steinmergelknollen. 26 0,30 Graugrüne, bröckelige Mergel, 27 0,40 Harte, rötliche, als Bank | Undeutliche vorstehende Mergel mit | reste. folgt werden. Horizont erscheint hier Horizont 27 und darüber: Als unterster über dem Niveau der Ergolz anstehender Pflanzen- Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 81 mitischer Mergel, durch eine Lage dunkelgrauer Mergel getrennt. 38 0,55 | Zähe, buntfarbige Mergel. Behr Die Gesteinsbeschaffenheit. | Fossilien, Satin. nummcr. | keitinm. Gliederung. 28 1,00 Meist rote, bröckelige Würfelmergel, 29 0,50 Graue, harte Würfel- mergel. 30 0,10 | Dolomitische, harte, gelbe Mergelbank. 31 0,85 Graue, z. T. blassrote, bröckelige Mergel. 32 0,30 Zähe, graue Mergel mit | Undeutliche Pflanzenreste. undeutlichen Pflanzen. | Bonebed. Estheria laxitesta. 33 0,30 Zähe, rotbraune, speckige Mergel. rs = 35 0,35 Rote und gelbe Sand- 3 steinbänkchen mit = zwischengelagerten, > n= ebensofarbigen sandigen 2 = | Mergeln. = = 2 x 36 0,50 Rote, graue und violette = u harte, bröckelige Würfel- a © mergel. 5 = 37 0,35 | Zwei gelbe Bänder dolo- = 39 0,06 Harter, von Gyps durch- setzter Dolomit. 40 0,35 | Gelbe, dolomitische, et- was gebankte Mergel, in der Mitte von 2 grauen Mergelbändern durch- zogen. 41 1,40 | Gelbe Dolomite mit zier- lichen Dendriten. 34 0,30 Ziegelrote, harte, bröcke- lige, sandige Mergel. £ | 42 0,40 Dünne, von Gypsadern | | = durchzogene Dolomit- 25 bänklein, dazwischen | > . 3 . eo © einzelne lettige, graue, | |3E dünne Mergellagen. | T } Tomitische, graue und gelbe Mergel. Obere Mergel- Gruppe. 82 Carl Disler. | EHIEHE, ee: Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | Sais nummer. | Keitin m. Gliederung. | 43 0,60 | Gelbe, rotgebänderte und gefleckte, zarte Dolo- mite mit vereinzelten dunkeln Mergellagen. 44 0,12 Gelber, rotgebänderter, | Avicula Gansingensis. e zl. harter Dolomit. rs D 45 0,80 Weiche, rotgebänderte, = = mergelige Dolomite. = = D © 46 0,30 Rote und graugelbe, wei- = = che, z. T. dolomitische S = TZ d Mergel. z © = 47 0,35 3 harte, vorstehende Do- = lomitbänke, dazwischen = | graue und rotgebänderte | Mer gellagen. 48 2,50 | Rotgebänderte, z. T. | 2. Der Schilfsandstein, ca. 15 m mächtig, beginnt mit einer 2,6 m messenden Wechselfolge von gelben und grauen, zum Teil von Kohle schwarz gefärbten Dolomiten und dunkeln, zum Teil ebenfalls kohligen Mergeln. Nun folgt die 1 m mächtige Lage grauschwarzer, slänzender, toniger Schiefermergel mit einer reichen Menge von Ab- drücken des Equisetum arenaceum. Undeutliche Pflanzenreste finden sich darüber noch in vier Mergellagen, die jeweilen durch meist rot- gefärbte Würfelmergel getrennt sind. Von Interesse ist in der obersten Pflanzenschicht das freilich nur sehr spärliche Auftreten von Estheria laxitesta und eines sehr deutlichen Bonebeds. : Sandsteinbildungen treten im Vergleich zu andern Orten nur sehr untergeordnet auf. Zwei dünne Sandsteinbänklein in der Mitte der ganzen Gruppe und. einige dünne Sandsteinbänklein nahe an der Obergrenze sind die spär- lichen Vertreter des anderwärts so prächtigen Schilfsandsteins (18, 25, 85; 40; 23; 17). 3. Die Hauptsteinmergel (Gansingerhorizont), ca. 4m mächtig, bestehen in ihrem untern Drittel aus wohlgebankten harten gelben Dolomiten. Die obern beiden Drittel werden von mehr weichen, eben- falls gelben, aber mit düsterroten Bändern und Flecken gezierten Dolo- miten eingenommen, zwischen welchen sich auch ebenso farbige Mergel Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausst. 83 einstellen. Eine dieser Dolomitbänke, etwas über der Mitte des ganzen Horizontes enthält in reicher Zahl Avicula Gansingensis, was strati- graphisch von höchstem Interesse ist, indem dadurch für diese Bank das Alter des Gansinger Horizontes (18, 25, 35; 40; 23; 17) fest- gestellt ist. In einer losen Schichtplatte fanden sich hier auch zahl- reiche Abdrücke von Myophoria vestita; leider ist es mir nicht ge- glückt, diese Fossillage im Profil aufzufinden. Über den Hauptsteinmergeln stellen sich noch rotgebänderte, zum Teil dolomitische, graue und gelbe Mergel ein, die den Beginn der obern Mergelgruppe darstellen. 4. Die obere Mergelgruppe (ca. 2,5 m) ist in der Umgebung Rheinfeldens am besten im Ramsberg bei Giebenach aufgeschlossen und zwar in den beiden Wassergräben westlich „Birch“ (Blatt 28, Kaiseraugst). Etwas unterhalb der Vereinigungsstelle beider Gräben stehen die Hauptsteinmergel in einer Mächtigkeit von ca. 2m an. Darüber folgen ca. 10 m lettige, rote Mergel und dann eine ca. 15 m messende Wechsellagerung grauer und blassroter weicher Mergel mit Bänken ebensofarbiger harter Steinmergel. Dieser letztere Horizont ist auch an beiden Ufern der Ergolz anstehend zwischen ,,Grien- halden‘‘, Hof ‚‚Riedacker‘ (siehe Profil Nr. 7 von K. Strübin (18), Schicht 5). Der Umstand, dass dann bei Hof Riedacker flussaufwärts an diese obere Mergelgruppe die stratigraphisch tiefern Horizonte des Profils XV anstossen, lässt auf eine Verwerfung mit gesunkenem Nordflügel schliessen. Die Fossilien des mittleren Keupers sind folgende: Pflanzen. Equisetum arenaceum Brogn. Unbestimmbare Pflanzenreste. Lamellibranchier. Avıcula Gansingensis Alb. Myophoria vestita Alb. (nicht aus anstehendem Gestein). Myacites sp. Crustaceen. Estheria laxitesta Sandb. Wirbeltiere. Knochenreste. III. Tektonik. Rheinfelden liegt in der Mitte einer tektonischen Einheit, die im Norden des Rheins aus dem Dinkelberg, im Süden des Rheins aus dem Tafeljura besteht. Als Ganzes besteht diese tektonische Einheit von Dinkelberg und Tafeljura aus nicht gefalteten Sedimenten vom Rot- 84 Carl Disler. liegenden bis zum Tertiär. Gegenüber dem altkristallinen Schwarz- wald ist diese Tafel wohl um tausend Meter versenkt. Die Platte von Dinkelberg und Tafeljura ist nicht horizontal, sondern als Ganzes senkt sie sich von Norden nach Süden. Im Dinkelberg nördlich des Rheins finden wir Rotliegendes und Trias, die tafeligen Berge zu- sammensetzend. Nur in Relikten, da und dort, sind auf demselben noch Lias und Dogger vorhanden, meist gebunden an Verwerfungen und Grabenbrüche. Südlich des Rheins, im Tafeljura, setzt die Trias nur die dem Rheine zunächst gelegenen Höhen zusammen. Weiter im Süden bestehen die Berge im wesentlichen aus braunem Jura und da, wo die Tafel unter den Kettenjura eintaucht, stellt sich der weisse Jura ein, der meist noch eine dünne Tertiärdecke trägt. Die Dinkelbergplatte ist als Ganzes nicht ungestört geblieben, sondern wird durchzogen von Bruchlinien, die teils annähernd N.-S. verlaufen, teils von N.-W. nach S.-O. gerichtet sind. Von den in unserem Gebiet den Rhein durchsetzenden Verwer- fungen werde ich die weitaus grösste, die Rheinfelder Verwerfung, zuerst besprochen und dann die tektonischen Verhältnisse östlich und westlich derselben beschreiben. 1. Die Rheinfelder Verwerfung (siehe Tafel I und Textfigur 2)1) haben schon P. Merian (1) und ©. Mösch (4) abgebildet. In neuerer 0 W Niederterrasse | Unteres Rüth Karneolhorizont Trochitenkalk | Phot. Dr. Hinden 1912. Fig 2. Ansicht der Rheinfelder-Verwerfung vom Badischen Ufer aus. | NB. Zwischen den horizontalen Buntsandstein und den ostfallenden Trochitenkalk schiebt sich verschleppte Anhydritgruppe ein (Umkreis der Kiesbank rechts im | Bild). Die Trochitenbänke des Obern Muschelkalkes bilden das Burgkastell (Stein) | von Rheinfelden. 1) Das Cliche zu dieser Figur ist mir in verdankenswerter Weise vom Oberrheinischen Geologischen Verein (37) leihweise überlassen worden. ® | Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst 85 Zeit haben E. Blösch (29) und S. von Bubnoff (34) diese Ver- werfung eingehender beschrieben. Das Fundament des Städtehens und der Fels des ‚Burgstells“ im Rheine,sowie die beiden Ufer östlich der Brücke bestehen aus Hauptmuschelkalk. Unterhalb des Burgstells steht der Buntsandstein und zwar auf badischer Seite die Diagonalschichtigen Sandsteine und der Karneolhorizont, auf Schweizerseite der Karneolhorizont und der Beginn des Röths an. Die Verwerfung kreuzt den Rhein in N.-W.- S.-O.-Richtung. Schon oberhalb der Rheinbrücke beginnen die weiter östlich flach gelagerten Schichten des Muschelkalks sich zu heben, um am Burgkastell stark gegen S.-W. anzusteigen. Diese Steilstellung ist durch die Schleppung zu erklären, den der ge- sunkene östliche Flügel an, der Verwerfung erfahren hat. Eine Folge dieser Schleppung ist auch das Ausstreichen der Anhydrit- gruppe an der Verwerfung, wie dies schon von Verloop (28) in seiner Dissertation auf Tafel II dargestellt wird. Im Liegenden des Trochitenkalkes am Burgkastell, sowie westlich davon auf der Kiesinsel im Rheine und am badischen Ufer beobachtet man Zellen- kalke aus der Anhydritgruppe. Nach Mösch (4) wurde anfangs der vierziger Jahre am rechten Ufer ein Stollen auf der Spalte in Gyps geführt und derselbe ausgebeutet. Der gleichen Quelle entnehme ich, dass im Jahre 1843 südlich des Rheines, auf der Fortsetzung der Ver- werfungsspalte, nächst dem alten Schützenhaus ein erfolgloser Bohr- versuch auf Steinsalz unternommen worden sei. Später soll in der Nähe davon ein Schacht auf ca. 50 m Tiefe in Gyps geführt worden sein. Für das Ausmass der Verwerfung muss auf die wenig geneigten Schichten östlich und westlich der Verwerfungsspalte, also auf den Nodosuskalk einerseits und die Röthgrenze im Buntsandstein ander- seits abgestellt werden. Es ergibt sich so eine Sprunghöhe von ca. 200 m, um die der östliche Flügel gegenüber dem westlichen abge- sunken ist. Über die Fortsetzung der Verwerfungsspalte auf badischer Seite hat S. von Bubnoff (34) eingehende Untersuchungen ange- stellt. Es sei hier nur erwähnt, dass die Verwerfung zunächst bis Degerfelden unter der Niederterrasse verborgen sich fortsetzt und erst am Dinkelberg wieder sichtbar wird, wo sie westlich beim Gipfel des Nettenbergs vorbei streicht. Das Ausmass ist hier noch das gleiche wie bei Rheinfelden, indem mittlerer und oberer Buntsandstein einer- seits, Hauptmuschelkalk anderseits auf der Höhe des Nettenbergs aneinanderstossen. Mit weniger Sicherheit verfolgt man die Ver- werfungsspalte auf Schweizerseite. Auch Blösch erwähnt, dass hier der Verlauf noch unbekannt sei und hält als beste Lösung die An- nahme einer ganz unter dem Diluvium verborgenen Querverwerfung. Im Folgenden soll immerhin versucht werden, der Lösung dieser 86 Carl Disler, Frage etwas näher zu kommen. Zweifellos folgt die Verwerfung auf Schweizerseite zunächst dem Schützengraben, der östlich der Bahn- hofstrasse erst in jüngster Zeit zur Schaffung eines Turn- und Spiel- platzes aufgefüllt worden ist. Die neue Turnhalle auf der Nordseite dieses Platzes benutzt als Fundament dieselben, hier weniger steil gestellten Felsen des Trochitenkalks, wie sie am Burgkastell sicht- bar sind. Sie steht hart am Rande der Verwerfungsspalte, ragt sogar, wie Blösch (29) richtig erwähnt, mit ihrer Südwestecke ohne feste Grundlage in dieselbe hinein. Die gleichen etwas steil gestellten Felsen des Trochitenkalks finden wir wieder, besonders gut aufge- schlossen, dort, wo die Eisenbahnlinie den Magdenerbach überbrückt. Die letzten für den Verlauf der Verwerfung wichtigen Aufschlüsse zeigen sich jenseits der Eisenbahnlinie am Magdenerbach, der eine am linken Ufer, direkt oberhalb des Wasserfalles bei der Säge, der andere am rechten Ufer im Wäldchen östlich der Fischer’schen Fabrik. Dann verschwindet die Spur der Verwerfung unter der Niederterrasse. Die von Mösch (4) angenommene Fortsetzung der Störung durch den Wasserlochwald, parallel dem Zerninger Fahrweg in gerader Rich- tung nach Zeiningen entbehrt, wie Blösch (29) betont, jeder Wahr- scheinlichkeit. Dagegen ist es nach meiner Ansicht sehr wohl denk- bar, dass die Verwerfung sich fortsetzt in das ‚Wasserloch‘“ und dann umbiegt in eine N-S bis NO-SW verlaufende Verwerfung, die durch den Steppberg streicht. Vom Nordfuss des Steppbergs zieht nämlich ein deutlicher Graben südwärts gegen dessen Höhe östlich von Punkt 398 hinauf. Östlich des Grabens steht unten im Wasser- loch Nodosuskalk an, während westlich des Grabens die gleichen Schichten etwa 50 m höher fast oben am Gipfel des Berges die Unter- lage des Deckenschotters bilden und an den Keuper der abgesunkenen nordöstlichen Scholle stossen. Den weitern Verlauf der Verwerfung habe ich mit Sicherheit noch nicht feststellen können. Die Rheinfelder Verwerfung ist in mehrfacher Hinsicht be- deutungsvoll für das Städtchen. Die östliche abgesunkene Scholle hält die Anhydritgruppe mit dem wertvollen Steinsalz in der Tiefe vor Auslaugung geborgen, während in der tektonisch höhern west- lichen Scholle die Anhydritgruppe am Fuss des ‚Berges‘ vielerorts zutage tritt und in ergiebigen Quellen das durch die klüftigen Felsen des Muschelkalks herabgerieselte Regenwasser sammelt. Einst mag die Rheinfelder Verwerfung direkt den Bau des Städtchens an dieser Stelle bedingt haben. Der felsige Boden Rheinfeldens war sehr ge- eignet für eine Siedelung, umsomehr als der ‚Stein im Rhein als natürlicher Brückenpfeiler wie gegeben war. Westlich des Städtchens zog der zum Teil heute noch erhaltene Schützengraben als schlucht- artige Vertiefung hin, durch die einst. der Magdenerbach in den Rhein Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 87 ausmündete. So war auf dieser Seite für das Städtchen ein natür- licher Verteidigungsgraben gegen Westen schon vorhanden. Um einen solchen rings um die Ansiedelung zu haben, schufen die Bewohner an der Südost- und Ostseite derselben in den harten Fels des Muschel- kalks das Bett des Stadtbaches, der heute noch die Wasser des Magdenerbaches dem alten Bachbett entzieht und dieselben östlich des Städtehens dem Rheine zuführt. 2. Tektonik der beiden Rheinufer östlich der Brücke bis zum Stauwehr des Kraftwerks Rheinfelden (sishe Tafel I). Oberhalb der Brücke legen sich die am Burgkastell steil gestellten Schichten all- mählich flach. Dabei verschwindet aber der Trochitenkalk unter dem Rheinniveau und sein Hangendes, der Nodosuskalk, bildet das rechte Rheinufer bis beinahe zum Häuschen im „Höllhacken‘“. Die gleiche Strecke am Schweizerufer bildet das Fundament der Stadt, dessen felsige Beschaffenheit in den Kellern und bei gelegentlichen Strassen- aufbrüchen beobachtet werden kann. Der stratigraphisch höchste Horizont, der auf der rechten Rheinseite westlich des Häuschens im „Höllhacken“ sich gerade noch wenige Meter über das Rheinniveau erhebt. ist der untere Teil der dünngebankten Kalke des Nodosus- kalks. Hier streicht nun eine kleinere Verwerfung im Betrage von ca. 6m durch den Rhein, indem östlich des Häuschens im ,,Hüll- hacken‘ die untere Hälfte des Nodosuskalks über dem Rhein ansteht und die dünngebankten Kalke erst 6m über dem Rheinniveau im Graben des hier einmündenden Bächleins beginnen. Dass die Ver- werfung den Rhein durchsetzt, beweisen am Schweizerufer die Felsen oberhalb und bei der Einmündung des Stadtbaches, die dem höhern östlichen Flügel der Verwerfung angehören. Hier tauchen nämlich sogar die obersten Bänke des Trochitenkalks nochmals über das Rheinniveau hinauf, über welchen mit schwachem südlichen Ein- fallen längs dem Stadtbachgraben der untere Nodosuskalk und schliesslich oberhalb der Brücke bei der Gasfabrik die dünnge- bankten Kalke des obern Nodosuskalks zu beobachten sind. Gemäss dem südlichen Einfallen der Schichten auf Schweizerseite sollten auf badischer Seite ebenfalls Felsen des Trochitenkalks und zwar in noch grösserem Umfange über dem Rheinniveau anstehen. Dass dies nicht der Fall ist, lässt wohl auf eine Längsstörung im Bett des Rheines in der Richtung seines Laufes schliessen. Durch eine solche Störung mit gehobenem Südflügel erklärt sich vielleicht auch das wilde Fliessen des Rheines entlang dem Städtchen. Vom Heimenhäuschen, rechtsrheinisch, bildet rheinaufwärts der Nodosuskalk einige hundert Meter weit die Ufer, schweizerseits bis zur Badanstalt beim Hôtel des Salines. Dann wird auf langer Strecke bis oberhalb der Kraftwerk- brücke das felsige Ufer durch Niederterrasse unterbrochen, unter der 88 Carl Disler. der Muschelkalk erst in einiger Tiefe wieder ansteht. Nach Boh- rungen zu schliessen, die in den Jahren 1898 —1909 (28) auf dieser Strecke westlich der chemischen Fabrik in Badisch-Rheinfelden auf Kochsalz ausgeführt wurden (vgl. Verloop (28), Bohrlöcher I, V, VI auf Tafel IV und Tafel VI), kann der Beginn der Felsen in 8—10 m Tiefe unter dem Rheinniveau angenommen werden. Auf Schweizer- seite ist nach einer gefälligen Mitteilung von Herrn Prof. C. Schmidt bei der Baumwollfabrik südwestlich des Theodorhofes 5m über dem Rheinniveau ein 17 m tiefer Brunnen im Kies der Niederterrasse ge- graben worden, der also 12 m unter dem Rheinniveau den Fels noch nicht getroffen hat. Gemäss den Bohrlöchern V und VI auf badischer Seite folgen unter dem Kiese ca. 30 m Hauptmuschelkalk. (Nach Bohrloch I würden 50 m Hauptmuschelkalk unter dem Kiese folgen, was ich mit Rücksicht auf die oberflächlich gemessene Gesamtmäch- tigkeit des Hauptmuschelkalks von 45m sehr bezweifeln möchte.) Die Bohrlöcher Nr. V und Va (28) auf Schweizerseite im Gebiet der Saline Rheinfelden stimmen mit den eben besprochenen Bohrlöchern V und VI auf badischer Seite in dieser Hinsicht überein. Es muss vor- läufig dahingestellt bleiben, ob die felsenlose, gegen 1 km lange Ufer- strecke einem Grabenbruch entspricht oder ob es sich nur um eine Erosion in einem alten Rheinbette handelt. Ersteres scheint eher der Fall zu sein. Etwa 200m oberhalb der Kraftwerkbrücke beginnt wieder das felsige Rheinbett, das sogenannte „Gwild“. Die untersten Bänke beim alten Bohrhaus gehören noch zum Trochitenkalk, die oberen Bänke dagegen, die das linke Rheinufer bis hinauf zum Stau- wehr bilden, gehören dem Nodosuskalk, zum Teil seinem dünn- bankigen obern Teile an. Auf dem rechten Rheinufer, wo heute der Kanal angelegt ist, sind bei dessen Bau die obersten Schichten des Hauptmuschelkalks blossgelegt worden, die nach einer gefälligen Mitteilung von Herrn Prof. C. Schmidt mehrfach antiklinale Stellung resp. gestörte Lagerung zeigten. Auf dieses 1 km lange Felsbett folgt wieder bis oberhalb Beuggen ein Unterbruch durch Kies, möglicherweise wieder als Folge einer Verwerfung. 3. Tektonik der beiden Rheinufer westlich der Rheinfelder Ver- werfung bis Kaiseraugst (siehe Tafel I und II). Ein tektonisches Merkmal ist diesem ganzen Gebiete eigen, nämlich das südwestliche Einfallen der Schichten um 5—10°. Dieses Einfallen hat zu Folge, dass am rechten Rheinufer die Schichten gleichen Alters höher ge- lagert sind als am linken Rheinufer, wie dies im Einzelnen noch ge- zeigt werden soll. Im übrigen ist die ganze Sedimentplatte durch Verwerfungen, die den Rhein durchqueren, in verschiedene Schollen geteilt. Die sechs östlichen Schollen haben eine solche Anordnung, Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausgst. 89 dass von Osten nach Westen jede folgende eine tektonisch höhere Lage einnimmt, von den vier westlichen Schollen ist dagegen jede weitere Scholle gegen die vorhergehende abgesunken. Da das südwestliche Einfallen in jeder Scholle beibehalten wird, ist es so, dass die sechs östlichen Schollen durch ,,widersinnige‘, die vier westlichen Schollen durch „gleichsinnige‘‘ Verwerfungen begrenzt sind. Alle diese Ver- werfungen sind auf der linken Rheinseite gut zu beobachten, doch doch ist für sie alle anzunehmen, dass sie den Rhein durchsetzen. Im Einzelnen seien die Schollen und ihre Verwerfungen in der Reihen- folge von Osten nach Westen beschrieben. 1. Scholle. Sie reicht von der Rheinfelder Verwerfung bis ca. 400 m unterhalb des Salmenbräu, wo sich ein quellenreicher, bewal- deter Ufereinschnitt befindet. Auf badischer Seite reicht sie bis zur Stützmauer westlich der Einmündung des „Käppelegrabens“. Auf Schweizerseite sehen wir von Osten nach Westen in dieser Scholle zunächst noch bis zum „Salmenbräu‘“ den hellfarbigen Karneolhori- zont, überlagert vom Beginn des durchaus rotgefärbten Röth, an- ist für sie alle anzunehmen, dass sie den Rhein durchsetzen. Im stehen. Auf dieser Strecke sind etwa 50 m westlich der Hauptver- werfung eine unbedeutende Verwerfung, sowie eine kleine Flexur zu sehen, die beide den gleichen Sinn wie die Hauptverwerfung d.h. gesunkenen Ostflügel zeigen, worauf Blösch (29) schon aufmerksam macht. Unterhalb des Salmenbräu ragt blos noch das untere Rötn über das Rheinniveau herauf. Auf badischer Seite hat die höhere Lagerung der gleichaltrigen Schichten zur Folge, dass zunächst auch der obere Teil der Diagonalgchichtigen Sandsteine über dem Rheine ansteht, um dann gegen Westen zu mehr und mehr vom Karneol- horizont abgelöst zu werden, der schliesslich allein noch das Ufer bildet. An einer Stelle gegenüber dem ,,Salmenbräu‘ ist die Lagerung der Schichten des Karneolhorizontes stark gestört. 2. Scholle. Sie reicht bis zu Beginn des Augster Stiches. Die Verwerfung, mit der sie an die erste Scholle stösst, hat ein Ausmass von ca. 30 m, indem in der ersten Scholle der untere Teil des Röth, in der zweiten Scholle das Rotliegende und das Hauptkonglomerat über dem Rheinniveau anstehen. Das Rotliegende (jetzt unter Wasser), überlagert von ziemlich verworfenen Blöcken des Haupt- konglomerates, bildet bis zum Hof ‚‚Augarten“ das wenig hohe Ufer. Nahe dem Hofe verschwinden das Rotliegende und das Hauptkon- glomerat unter dem Rheinniveau infolge des südwestlichen Einfallens der Schichten und von da ab sind es die Diagonalschichtigen Sand- steine und weiterhin der Karneolhorizont, zuletzt das untere Röth und der Wellendolomit, die das linke Ufer bilden. Zu Beginn des Augster Stiches steht heute noch das Fundament des Bohrhauses der 90 Carl Disler. im Jahre 1875 unternommenen Steinkohlenbohrung. Am rechten Rheinufer ist zu Beginn der Scholle bis zum ersten Haus links an der Strasse nach Warmbach weder vom Rotliegenden noch vom Bunt- sandstein etwas über dem Rheine anstehend. Das Ufer zeigt nur Niederterrasse. Entsprechend der höheren Lage der Schichten am rechten Ufer als am linken Ufer, müsste hier statt der Niederterrasse Rotliegendes ziemlich hoch hinauf, wohl bis auf das Niveau der heutigen Niederterrasse anstehen. Vielleicht sind die weichen Schichten des Rotliegenden, ihrer harten festen Überlagerung durch das Haupt- konglomerat beraubt, der ausschwemmenden Wirkung des Nieder- terrassenstromes zum Opfer gefallen, vielleicht bezeichnet die etwa 300 m lange Strecke auch die Stelle eines alten Rheinbettes. Gegen diese Annahme spricht allerdings der Umstand, dass gegenüber, am Schweizerufer, über dem Rheinniveau überall der Fels ansteht. Ober- halb Warmbach erscheint nun das Rotliegende in der Tat ca. 10 m hoch über dem Rheinniveau aufgeschlossen (siehe Profil I) und von den Felsen des Hauptkonglomerates und der ,,Diagonalschichtigen Sandsteine‘ überlagert. Erst etwa 1 km unterhalb Warmbach im „„Hauennest“ sinken diese Schichten unter das Rheinniveau ab, sodass der Karneolhorizont (siehe Profil III) und das Röth an ihre Stelle treten. 3. Scholle. Sie ist nur etwa 60 m breit und erreicht ihr Ende vor der Brücke über die Eisenbahn. Durch eine ca. 6 m messende Ver- werfung stösst sie fast auf der Höhe des Augster Stiches an die 2. Scholle und bringt den Wellendolomit in höhere Lage, so dass unter diesem die obere und ein Teil der untern Abteilung des Röth an der über 20 m hohen Uferwand sichtbar werden. Diese Scholle, wie übrigens auch die folgenden zwei sind auf badischer Seite kaum zu konstatieren, weil hier nur das untere Röth ansteht, das wegen seiner gleichartigen Ausbildung die durchstreichenden Verwerfungen nicht erkennen lässt. 4. Scholle. Sie reicht vom Strassenviadukt beim Schützenhölzlı ca. 300 m weit rheinabwärts. Durch die Verwerfung ist sie um ca. 6 m gegen die 3. Scholle in die Höhe gehoben. Dadurch wird das Röth noch tiefer hinab erschlossen. Der Wellendolomit, der gleich wie in der vorigen Scholle das Dach der hoch aufgeschlossenen Röthwand bildet, ist zu Beginn der Scholle wegerodiert und erscheint erst etwa 150 m weiter westlich wieder als deutliches gelbes Band. 5. Scholle. Die Verwerfung, mit der sie gegen die 4. Scholle abstösst, hat ein Ausmass von ca. 7m, so dass das Röth fast bıs zur Basis hinunter ansteht. Dafür aber fehlt dieser Scholle der Wellendolomit, dessen Niveau nun von Niederterrasse eingenommen wird. Die ca. 240 m breite Scholle zeigt das Röth nicht auf der . 4! Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 91 ganzen Linie aufgeschlossen. Die letzten SO m sind durch Schutt verdeckt, indem hier sich wohl schon die Störungen der folgenden Verwerfung geltend machen. Zum Schutze der nahe beim Oberrand des Ufers vorbeiführenden Eisenbahn ist hier oben am Gehänge eine 80 m lange Stützmauer und unten am Rheine eine solche von 120 m Länge aufgeführt. 6. Scholle. Sie hat eine Breite von 160 m und ist wiederum gegen die 5. Scholle um ca. 7m gehoben. Dadurch erscheint der obere Teil des Karneolhorizonts (heute durch den Stau des Rheines unter Wasser gesetzt) noch einmal über dem Rheinniveau und über ihm der untere Teil des Röth. Diese Scholle ist im Gegensatz zu den letzten zwei Schollen auch auf badischer Seite zu erkennen, indem hier, wie dort, ein Teil des knorrigen Karneolhorizonts und über ihm der Beginn des Röth das Ufer bilden. Damit sind die durch wider- sinnige Verwerfungen voneinander getrennten Schollen aufgezählt und es folgt die, gegen die 6. Scholle durch eine gleichsinnige Ver- werfung abgesetzte 7. Scholle. Die Verwerfungsspalte ist durch eine gegen das Ufer einspringende Nische östlich des Eisenbahnüber- ganges für Fussgänger bei Punkt 294 angedeutet. Die Bahnlinie ist hier ebenfalls durch eine obere alte und eine untere neue Stütz- mauer gesichert. Die Verwerfung beträgt etwa 12 m, indem das oberste Röth der gesunkenen 7. Scholle an das unterste Röth der 6. Scholle stösst. Die Scholle ist ca. 140 m breit und lässt zufolge ihres südwestlichen Einfallens allmählich über dem obersten Röth den Wellendolomit und den Beginn des Wellenkalks (Profil VIII, Schicht 1—33) das Ufer bilden. Ganz entsprechende Horizonte sind in der gleichen Scholle auf badischem Ufer entblösst (Profil VII, Schicht 1—20), zum Teil östlich, zum Teil westlich der Einmündung des Bächleins vis-à-vis Punkt 294 (Blatt 28, Kaiseraugst). 8. Scholle. Sie ist gegen die 7. Scholle bloss durch eine ca. 4 nı messende Verwerfung abgesetzt und hat eine Breite von ca. 250 m. Während zu Beginn die untern Horizonte des Wellenkalks das Ufer bilden, erscheinen rheinabwärts immer höhere Lagen, am Schluss der Scholle, an der Oberkante des Ufers, noch der Beginn der Orbicularis- mergel (Profil VIII, Schicht 34—102). Bei Beginn der Scholle ist unten am Rheine zum Schutze der Eisenbahnlinie im Jahre 1911 eine 90 m lange ‚Stützmauer erstellt worden. Das weniger hohe Ufer der gleichen Scholle auf badischer Seite erschliesst den untern und mittleren Teil des Wellenkalks (Profil VII, Schicht 21—72). Die Scholle endigt hier wenige Meter westlich einer über die Uferfelsen abstürzenden Quelle. 9. Scholle. Die Sprunghöhe der Verwerfung beträgt ca. 7 m und ist das Resultat zweier ganz benachbarter Störungen, die in wenig 92 Carl Disler. auffälligen Ufernischen orographisch zum Ausdruck kommen. Die 9. Scholle mit einer Breite von ca. 160 m lässt über dem Rheinniveau nur noch die oberste Lage des Wellenkalks, besonders gut aufge- schlossen aber die garzen Orbicularismergel (Profil VIII, Schicht 103—110) und über diesen noch den Beginn der Anhydritgruppe an- stehen. Die gleiche Scholle auf badischer Seite zeigt zunächst einige Schichten aus dem oberen Wellenkalk und nach einem Unterbruch durch Vegetation den untern Teil der Orbieularismergel (Profil VII, Schicht 73— 99). 10. Scholle. Ca. 500 m östlich der Cellulosefabrik von Kaiser- augst, an der Stelle einer alten Fischwage, stösst die Anhydritgruppe an die Orbicularismergel der 6. Scholle. Das genaue Ausmass der Verwerfung konnte nicht ermittelt werden, dürfte aber 10 m kaum übersteigen. Die Anhydritgruppe bildet das linke Rheinufer bis nach Kaiseraugst, wo sie bei Beginn des Dorfes durch den Trochitenkalk überlagert wird. Auf badischer Seite ist in gleicher Scholle an- stehender Fels nicht mehr zu beobachten, indem hier die Nieder- terrasse bis auf das Rheinniveau hinunterreicht. Über die tektonischen Verhältnisse unterhalb Augst im Gebiet der ehemaligen Baugruben des Kraftwerkes Augst-Wylen orientiert eine kürzlich erschienene Arbeit von E. Brändlin (35). Mineralogisches und Geologisches Institut der Universität Basel, De- zember 1913. Q2 10. 12. 13. 14. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Augst. 93 Literatur-Verzeichnis. . 1821. P. Merian. Beiträge zur Geognosie, I. Band. Übersicht über die Beschaffenheit der Gebirgsbildungen in der Umgebung von Basel etc. . 1831. P. Merian. Geognostische Übersicht des südlichen Schwarzwaldes, Basel 1831. . 1856. C. Mösch. Das Flözgebirge im Kanton Aargau. I. Teil. . 1867. C. Mösch. 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Teil I, Heft 3. 1912. K. Disler. Geologische Skizze von Rheinfelden. Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins. Neue Folge. Band III. Jahrgang 1912. pag. 10—36. 1912. R. Neumann. Geologische Untersuchungen am Schwarzwaldrand zwischen Kandern und Wehr. Mitt. der Grossh. Bad. Geolog. Landesanstalt. 1912. Axel Schmidt. Drei Tiefbohrungen auf Steinkohle am obern Neckar. Württemberg. Jahrbücher für Statistik und Landeskunde, 1912. Heft 1. 1912. Max Weigelin. Hauptsteinmergel und Gansingerdolomit in der Um- gebung von Basel. Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrh. Geol. Vereins. Neue Folge. Band II. Jahrgang 1912. Rotliegendes und Trias zwischen Rheinfelden und Ausgst. 95 41. 1913. Jul. Wilser. Die Perm-Triasgrenze im südwestlichen Baden. Ber. d. Nat. Ges. zu Freiburg i. Br. Bd. XX. Karten. a) Topographische Karten. 1. Topographische Karte der Schweiz. 1:25,000. Blatt 17 (Rheinfelden). Blatt 18 (Möhlin), Blatt 28 (Kaiseraugst), Blatt 29 (Maisprach). 2. Topographische Karte von Baden. 1:25,000. Blatt 165 (Wyhlen). b) Geologische Karten. 1. J. Schill. Geolog. Karte des Grossh. Baden, Blatt V. Freiburg. 1: 200,000. 1857. 2. Alb. Müller. Karte vom Kanton Basel, 1:50,000. 1862. 3. Alb. Müller. Geologische Karte des Bezirks Rheinfelden in den Dokumenten zur Gründung der Schweiz. Steinkohlenbohrgesellschaft, veröffentlicht durch die Aargauerbank, Aarau 1874. 4. Geologische Karte der Schweiz. 1:100,000, Blatt III, Liestal-Schaffhausen. aufgenommen von C. Mösch, U. Stutz, P. Merian. Vogelsang 1876. II. Aufl. . H. Eck. Geognost. Übersichtskarte des Schwarzwaldes. 1:200,000, südl. Blatt, 1886. 6. R. Lepsius. Geologische Karte des Deutschen Reiches, 1:500,000, Sekt. 25, Mülhausen. 7. A. Heim und C. Schmidt. Geologische Karte der Schweiz. 1:500,000, II. Aufl., 1912. [LI Verzeichnis der Tafeln. Tafel I. Karte und Uferprofile des Rheines zwischen Rheinfelden und Augst Tafel II. Detailprofil vom Augster Stich abwärts bis gegen Ausst. Inhalts -Verzeichnis. Seite I. Einleitung . il II. Stratigraphie 2 1. Rotliegendes 2 I. Allgemeines . 2 II. Verbreitung . WE: 7 a) das Rotliegende am Bhemnfer 7 b) das Rotliegende im Dinkelberg und im Tafeljura x 8 1. Degerfelden . 8 2. Wallbach 9 3. Mumpf a 9 4. Säckingen und a ne ART DEE LE er ee trs EE OR It) DPZEININSEH NE ES Le Dec Rte Ve dE er en il, CD: 12 CMAISDrAC HER eg ne l2) Uleezusammenfässung® ve ee a en ee 12 PRES ADS OO a ne nr 14 BRAÄlIGEMEINESTr RR N EN ER er 14 Ieverbreitungn. m U en 15 a) Rheinufer von Bremtäiden Bis as De LE U) bIEDMmKEeIDergBundz Lateljurar mr Se en 2 a Vegerield ers en hat 28 2. Inzlingen. . . Be Se CUT 924 3. Mumpf, Zeiningen ‘und Lee Mt a NS a ET 96 Carl Disler. IIl. Zusammenfassung 5 A. Der mittlere Binaisanakiietn a) Das Hauptkonglomerat : b) Die Diagonalschichtigen Sanalsiehne : B. Der obere Buntsandstein a) Der Karneolhorizont b) Das Röth . 3. Muschelkalk PEN ENT A ENONCE a) Das Wellengebirge (unterer Muschelkalk) I. Einleitung II. Verbreitung . : III. Zusammenfassung . 1. Der Wellendolomit 2. Der Wellenkalk : 3. Die Schichten der Mrorhore ne : b) Der mittlere Muschelkalk oder die a : c) Der obere Muschelkalk PAM RE LE I. Allgemeines und Verbreitung IT. Zusammensetzung 1. Der ennmechela 2. Der Trigonodusdolomit 4.. Keuper . à 5 a) Unterer Keuper oder Lettenkohle ö 1. Die Estherienschichten 2. Der Grenzdolomit b) Mittlerer Keuper . 1. Der Gypskeuper . 2. Der Schilfsandstein . 3. Die Hauptsteinmergel ansingerhortkont) 4. Die obere Mergelgruppe 1II. Tektonik / e 1. Die Rheinfelder erwarte : 3 2. Tektonik der beiden Rheinufer Site der Bruce 8. Tektonik der beiden Rheinufer westlich der Rheinfelder Ver. werfung bis Kaiseraugst . Literaturverzeichnis Verzeichnis der Tafeln . Neue lithochrone Funde im Innern von Sumatra. Von Paul Sarasin. Nachdem ich im vorigen Jahre den Nachweis geführt hatte, dass die Ureinwohner von Tasmanien, Repräsentanten der Spezies Homo sapiens und keineswegs etwa der primitiveren Form Homo neander- talensis, noch bis in unsere Zeit hinein im Kulturstadium des Mou- sterien sich befunden hatten, eine ergologische Stufe also repräsen- tierten, die in Europa zeitlich weit hinter uns zurückliegt,!) kamen mir angesichts der Seltsamkeit dieses Ergebnisses Nachgedanken, und ich setzte mich, von neuen Zweifeln ergriffen, in den Besitz einer weiteren Serie von tasmanischen Glyptolithen, die ich käuflich er- werben konnte. Aber siehe da, auch diese Suite von tasmanischen Steinwerkzeugen erwies sich als typisches Moustérien, so typisch wie es irgendwo in den Höhlen des westlichen Europa sich vorfindet. Von grosser Wichtigkeit ist aber der Umstand, dass das Mousterien von Europa, wo es nur daselbst angetroffen wird, auch im zentralen und östlichen Europa, die Ergologie einer tieferen Menschenart darstellt, nämlich des Homo neandertalensis King, während, wie erwähnt, in Tasmanien eine Varietät des Homo sapiens L. der Hersteller der Steinwerkzeuge vom Mousterientypus gewesen ist. Dass eine Wan- derung dieser letzteren Menschenart von Westen her nach Tasmanıen angenommen werden muss zu einer Zeit, als von Australien nach Asien hin die Kultur im Zeichen des Mousterien stand, ist eine un- abweisbare Folgerung, und der Schluss ist deshalb zwingend, dass wir von der atlantischen Küste Europas bis nach Tasmanien eine un- unterbrochene Kette von Kulturschichten des Mousterien, von mousteriolithischen Steinwerkzeugen also, antreffen müssen. Höchst auffallenderweise aber hat bis heute der Nachweis dieser Kette für ein gewaltiges Zwischengebiet, nämlich für ganz Süd-Asıen und für den malayischen Archipel, sowie für Melanesien, zu dessen ulotrichen Bewohnern die Tasmanier anthropologische Verwandtschaft zeigten, 1) P. S., über Mousteriolithen, Verh. Naturf. Ges. Basel, 23, 1912. 98 Paul Sarasin. versagt, ja sogar für Australien ist das typische Mousterien erst noch festzustellen. In Europa und Nord-Asien wird es typisch ausgebildet gefunden, in Afrika zeigt es sich, soweit bis jetzt die Funde ein Urteil gestatten, mit dem früheren Acheuléen eng verkettet und scheint in reiner Isolation noch nicht nachgewiesen zu sein, aber gewisse Funde daselbst dürfen doch schon als Acheuleo-Mousterien bezeichnet werden. Was nun in dieser Beziehung Süd-Asien betrifft, so sind in Vorder-Indien viele und reiche prähistorische Funde gemacht worden, und zwar sowohl solche aus der frühesten Zeit menschlicher Kultur, aus dem Chelléen, welches im Dekan durch äusserst rohe Faustkeile typisch vertreten ist, als solche aus den jüngeren Lithoglyphien; aber das Mousterien hat sich bisher in typischer Ausbildung in Vorder- Indien nicht entdecken lassen, der grosse Hiatus zwischen ältester und junger Steinzeit erscheint hier noch nicht ausgefüllt. Was in dieser Beziehung die asiatische Inselwelt und den malayischen Archipel betrifft, so sind uns beiden, Dr. Fritz Sarasin und mir, reiche prähistorische Funde auf den Inseln Ceylon und Celebes gelungen, die aber vom Charakter des Moustérien gar nichts an sich tragen, die vielmehr dem späteren Magdalenien im grossen Ganzen zuzuweisen sind, die von Celebes vielleicht dem noch späteren Mesolithikum.?) Andere gelegentliche Oberflächenfunde im ma- layischen Archipel, so auf Borneo, Sumatra, Java und anderen Inseln gehören dem Neolithikum an, der Zeit der geschliffenen Steinbeile. Höhlenfunde sind in diesem Archipel, mit Ausnahme der von uns auf Celebes gemachten, noch keine zu verzeichnen, bis in die jüngste Zeit, da Herr Dr. August Tobler unser Museum mit einer Reihe sehr interessanter prähistorischer Fundgegenstände, die er einer Höhle im Innern von Sumatra enthob, bereichert hat. Es seı darüber an Hand der Angaben des Donators und der Fundgegenstände selbst das fol- gende mitgeteilt: Der Fundort ist eine Höhle in der Residentschaft Djambi und zwar im Einzugsgebiet des Djambiflusses im Gebirge, in den soge- nannten Djambische Bovenlanden, zwischen den Seitenflüssen Ma- ringin und Batang Tabir, die Höhle trägt den Namen Ngalau (Höhle) Ulu Tjanko. Sie befindet sich in dem daselbst anstehenden Kalkstein- fels. Vulkanische Durchbrüche mit Diorit-, Andesit- und Obsidian- ergüssen kommen in der Nähe davon zutage. Auf beifolgender Kartenskizze Figur 1 findet man die genaue geographische Lage, auf Figur 2 die geologischen Verhältnisse verzeichnet, auf Figur 8 2) P. und F. S., die Steinzeit auf Ceylon, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon, Wiesbaden, 1908. — Materialien zur Naturgeschichte r von Celebes, 5, die Toäla-Höhlen von Lamontjong, Wiesbaden, 1905. Neue lithochrone Funde in Sumatra. 99 sehen wir einen Horizontalschnitt durch die Höhle, auf Figur 4 einen Vertikalschnitt durch dieselbe skizziert. cr /: 500000 Situation der Höhle Ngalau Ulu Tjangko (oeloe holländisch für ulu). © & & > £ % vs 8 Qq Skizze eines Teiles des Tabir-Merangingebietes: le Fig. Den Boden der Höhle bedeckt eine lehmige Erde von ca. 50 cm Mächtigkeit, in der oberen Hälfte von mehr lockerem Gefüge, in der unteren in dichten, zähen Lehm übergehend. Diese Lehmmasse stellt, 100 Paul Sarasin. wie eine Ausgrabung ergab, einen sogenannten Kulturboden dar, in- sofern es glückte, demselben eine grössere Reihe von Steinwerkzeugen oder Glyptolithen zu entheben. Es fand sich darin vor allem eine reichliche Menge von Manufakten aus Obsidian vor, indem dieses vulkanische Glas daselbst ausschliesslich zur Herstellung von Steinge- räten verwendet wurde. Wir finden Glyptolithen darunter, welche sich als Kernsteine oder Nuklei (Figur 5) kundgeben, andere welche sich ungezwungen als Messer und Spitzen deuten lassen (Figur 6—9 und 14—17); viel seltener und mehr fraglich sind die Schaber (Figur 18), welche in tropischen Lithoglyphien sehr spärlich, überhaupt kaum Nord Fig. 2. Kärtchen der Umgebung der Höhle Ngalau Ulu Tjanko. einwandfrei auftreten, da der Tropenbewoliıner nackt geht und somit nicht, wie der aussertropische Naturmensch, der Fellbearbeitung be- darf. So hatten wir diesen Mangel oder doch diese grosse Seltenheit an einwandfreien Schabern auch für die Lithoglyphien von Ceylon und Celebes feststellen müssen. Kleinere Spitzen und Messerchen bezeichne ich als Lanzetten (Figur 10—13) in der Vermutung, sie seien für feinere Schneidetechnik, auch für chirurgische Operationen, wie Scarifizierung, Tatauierung u. dgl. verwendet worden, ent- sprechend wie dies noch heutzutage die Ureinwohner auf den Anda- manen, die Mincopies, vorzunehmen pflegen. Auch in den Höhlen von Ceylon fanden wir seinerzeit die Lanzetten in grosser Zahl vor. Andere, flache Späne von augenscheinlich gewollter Formengebung Neue lithochrone Funde in Sumatra. 101 bezeichne ich als Schuppen (Figur 19), in der Annahme, sie könnten an Wurflanzen angebracht worden sein, wie noch jetzt von australischen Eingeborenen Wurflanzen in solcher Weise bewehrt werden. Von Wurfscheiben oder Disken (Figur 20) fanden sich mehrere einwand- freie Stücke vor. Die beiden letzteren Glyptolithenformen, Schuppen und Disken, fehlten auch der ceylonischen Lithoglyphie nicht. Wie „Höhle + jetzt Bercctelter Kochjploalz er) 4 Maassrab - Ex 1,498 ———— sg! N _— — Fig. 3. Horizontaler Durchschnitt durch die Höhle Ulu Tjanko. an allen prähistorischen Fundstellen, so auch hier, bilden formlose Späne, Abfallmaterial, die überwiegende Masse der gefundenen Stein- objekte. Die Lithoglyphie dieser sumatranischen Höhle deckt sich gut mit der ceylonesischen, mit dem Unterschied jedoch, dass in Ceylon nur schlechtes Material zur Verfügung stand, nämlich weisser Quarz und Bergkrystall, welches Gestein sich nicht glatt spaltet und des- 102 Paul Sarasin. halb sehr mangelhafte Steinwerkzeuge ergibt, wogegen der Obsidian sich trefflich zu Lamellen und anderen Geräten verarbeiten lässt. Beide Lithoglyphien, die von Ceylon und die von Sumatra, sind als Magdalenien zu bezeichnen, da sie in weitgehendem Masse den API RENE TI OU FE Re 2 — year flası 7 e SE [\ À / = CD TZ harıttı sche AA ERNEST El Due 7jarı ho Hu 71 RL. (erde?) unge = Aus TEN. © ma Tarnketnefr 32! Rss ? N \ u S Fig. 4. Profilansicht der Höhle: Ngalau Ulu Tjanko. Charakter dieser Kulturperiode zur Schau tragen, und beide sind durch auffallende Kleinheit und Feinheit der Glyptolithen gekenn- zeichnet, weshalb, wie schon in Ceylon, so auch in Sumatra der Schluss gezogen werden darf, dass eine klein gewachsene Menschenvarietät sie hergestellt habe. In Ceylon vermuteten wir unter derselben die Vorfahren des jetzigen Kleinstammes der Weddas, in Sumatra dürfte Neue lithochrone Funde in Sumatra. 103 Fig. 5—20. Obsidianlithoglyphie aus der Höhle Ngalau Ulu Tjanko, in) ‚natürlicher Grösse. 104 Paul Sarasin. es sich um die Vorfahren des dortigen, den Weddas von Ceylon ent- sprechenden, Kleinstammes der Kubus handeln. Und diese Auffassung wird bestätigt durch einige menschliche Skeletteile, welche im Kulturboden der Höhle vorgefunden wurden. Sie sind in der lockeren, oberen Schicht des Kulturbodens ,,sehr reichlich‘ angetroffen worden, in der festen unteren Schicht nur spär- lich. Ein vollständiges Skelett war leider nicht zutage zu fördern, da die Knochen sehr mürbe waren und es an geeigneten Werkzeugen gebrach, auch fehlte es an der nötigen Zeit. Die erbeuteten Skelett- teile bestehen in kleinen Fragmenten des Schädels mit Zähnen und in Fragmenten von Röhrenknochen. Eine genauere Untersuchung könnte einige interessante Einzelheiten ergeben, hier möchte ich nur erwähnen, dass sämtliche Skeletteile den Eindruck von Zartheit machen, auch die Zähne sind klein, das mitgekommene Unterkiefer- fragment zeigt einen Kinnfortsatz (Figur 21), die Fossa olecrani des Humerus ist durchbohrt (Figur 22), der Femur ist gebogen und weist eine starke cristaförmige Linea aspera auf, die Tibia ist platyknem. Die Knochen machen einen fossilen Eindruck, sie kleben an der Zunge. Im ganzen haben wir es augenscheinlich mit einer zarten Varietät der Spezies Homo sapiens zu tun, einer weddalen Wildform derselben. Die von uns in den Toala-Höhlen von Celebes vorgefundenen spärlichen Skelettreste haben dasselbe anthropologische Bild ergeben, nur dass der Femur keine Biegung zeigte; insbesondere aber hat sich gleichfalls die Perforation der Fossa olecrani gezeigt.”) Immerhin sprechen diese Funde auf Ceylon, Sumatra und Celebes für das früher allgemeine Vorhandensein einer grazilen, schlichthaarigen Varietät des Homo sapiens in diesen tropischen Gebieten, von welcher Menschenform sich Reste, wenn auch vielfach mit fremden Elementen vermischt, bis heute in Ceylon als Wedda, in Sumatra als Kubu, in Celebes als Toala erhalten haben, auf dem hinterindischen Festland als Senoi. Diese Menschen lebten schon dazumal, wie noch jetzt, im Gebirge des Innern. Weiter auf diese Frage mich einzulassen, würde an Hand des knappen fossilen Materiales, wie es bis jetzt von den genannten Stellen vorliegt, nicht gerechtfertigt sein; es mag nur darauf hingewiesen werden, dass eine sorgfältige Bergung der anthropologischen Reste in der Höhle Ulu Tjanko eine eigene wissen- schaftliche Expedition rechtfertigen würde, welche festzustellen hätte, ob die obigen Schlüsse auf das Vorhandensein einer weddalen Form daselbst sich bestätigen oder nicht; denn eine so weite einstige Ver- breitung dieser grazilen Varietät des Homo sapiens in der Zeit vor SMIC pP. 39undSTatelaVIr Ries. leunanld} Neue lithochrone Funde in Sumatra. 105 dem Eindringen stärkerer und grösser statuierter Formen wäre in jedem Fall eine sehr merkwürdige Erscheinung, um deren Feststel- lung man sich ernstlich bemühen sollte; ist doch die Frage noch keines- Fig. 21 und 22. Skelettfragmente: Unterkiefer mit Kinnhöcker (K.)und Humerus mit Durchbohrung der Fossa olecrani (F.o.) aus der Höhle Ngalau Ulu Tjanko in natürlicher Grösse. wegs gelöst: wie ist die weddale Menschenform anthropologisch und damit phylogenetisch einzuschätzen ? Hat sie doch von der rohen Ausprägung der Spezies Homo neandertalensis soviel wie gar nichts an sich, sondern sie gemahnt eher an eine kindliche Bildung, an eine 106 Paul Sarasin. alte Form des Homo sapiens in neotener Hemmungs- oder Rückbil- dung.) Aber damit will ich keine neue Hypothese aufgestellt, wohl aber von diesem unserem Nichtwissen ausgehend auf die Wichtigkeit der Hühlenforschung in tropischen Gebieten hingewiesen haben. Aus gewisser Entfernung betrachtet erscheint die Phylogenie des Menschen einfach, treten wir aber an Hand des bisher gefundenen fossilen Materiales ihr näher, so gewinnt das vorher klare Bild immer mehr verschwommene, nicht mehr klar erfassbare Umrisse, und jedenfalls genügt das bis jetzt aufgesammelte Material von ferne nicht, uns ein widerspruchfreies Bild von der Phylogenie des Menschen an die Hand zu geben. Es sei aber an dem Beispiel des Pithecanthropus daran erinnert, welch unerwartete, welch höchst wichtige Aufschlüsse über die Stammesgeschichte unseres Geschlechtes uns die tropische Insel- welt Süd-Asiens noch bieten kann. Es liesse sich ja denken, dass aus einer Pithecanthropus-Form unmittelbar einerseits eine grazile Homo sapiens-Form, andrerseits eine derbe Homo neandertalensis-Form sich entwickelt hätte und aus diesen der definitive Homo sapiens und der definitive Homo neander- talensis, wobei der letztere dann als Durchgangsform für Homo sapiens ausscheiden würde, insofern Homo sapiens ein höheres geo- logisches Alter hat, als man bisher annahm.5) Vor der Ausprägung der definitiven Sapiensform aber hätte die kleinwüchsige Vorform sich in eine ceymotriche oder wellighaarige weddale und eine ulotriche oder wollhaarige akkale zerspalten. Diese wären dann zu Durch- gangsformen für die entsprechenden Grossformen geworden. Pithecanthropus aber könnte aus einer anthropoiden Ausgangsform sich herausgebildet haben. Den Einwand, welchem schon wiederholt Ausdruck gegeben worden ist, das Genus Pithecanthropus könne deshalb keine Vor- fahrenform des Menschen repräsentieren, weil diese Tierform in einer Schicht pleistocänen Alters aufgefunden wurde, wird niemand ver- stehen, der auch nur oberflächlich mit den Ergebnissen der Paläon- .tologie sich befasst hat und demnach das geologisch hohe Alter vieler noch jetzt lebender Tiergattungen kennt. All das sei nur gesagt, um auf die Wichtigkeit weiterer Nach- forschungen nach fossilen anthropologischen Resten in dem tropisch- asiatischen Inselgebiete hinzuweisen. Die Fragestellung gestaltet sich so schwierig, dass wir zunächst ganz auf Empirie angewiesen sind. 4) Siehe dazu P. S., über die zoologische Schätzung der sogenannten Haar- menschen und über larvale Formen bei Säugetieren und Reptilien, Zoologische Jahrbücher, Supplement, XV, 2, 1912. 5) Siehe M. Boule, l'homme fossile de La Chapelle-aux-Saints, Annales de Paléontologie, 1911, p. 242. =. Neue lithochrone Funde in Sumatra. 107 Wie schon angedeutet hat all das, was ich über die eymotrichen, weddalen Kleinstämme geäussert habe, auch Geltung für die ulotrichen, akkalen Kleinstämme, welche ebenso wie die weddalen eine rätselhaft weite Verbreitung zeigen. Um noch einmal auf die Fundgegenstände im Kulturboden der Höhle Ulu Tjanko zurückzukommen, so zeigte sich derselbe noch reichlich von Schneckenschalen durchsetzt, von Melanien des Süss- wassers und von Landschnecken, die zur Nahrung gedient hatten, auch fand sich ein Krebsscherenfragment vor. Da die Höhle noch jetzt Leuten, welche vom Einsammeln von Waldprodukten leben, zur gelegentlichen Unterkunft dient, haben sich auch einige Topfscherben darin vorgefunden, welche jedoch der Obsidianlithoglyphie nicht angehören, zeigen sie doch deutliche Merk- male der Drehscheibe; ausserdem fand sich darunter eine Fayence- Scherbe vor. Auch das Fragment eines Tigerzahnes mag Erwähnung finden. Nicht fern von der erwähnten Höhle wurde noch eine Partie Obsidianspäne am Mesumai-Flusse, am Wege liegend, gefunden; da dieselben vollständig denen aus der Höhle entsprechen, stammen sie offenbar von den gleichen kleinen Magdalénien-Leuten, die daselbst einen temporären Ruheplatz hatten. Ausser dem Fund in der Höhle des Djambi-Distriktes verdanken wir Herrn Dr. Tobler die Entdeckung einer weiteren Lithoglyphie im Innern von Sumatra. Es handelt sich dabei um das folgende: Im Gebirgsland des südlich an den Djambi-Distrikt anstossenden Distriktes Palembang, in den sogenannten Palémbangsche Boven- landen, machte der Forschungsreisende bei Bungamas am Flusse Kikin: ketjıl („auf und an dem Weg von Tandjung Sakti nach Lubuk Lajang‘“‘) einen eigentümlichen Oberflächenfund, charakterisiert durch Späne von honiggelbem bis weissem Feuerstein, in der grossen Mehrzahl formlos, offenbar Abfallware einer temporären Feuerstein- werkstätte; auch wurde daselbst roter und weisser Jaspis verwendet. Aus diesen in der überwiegenden Mehrzahl formlosen Spänen. lassen sich solche aussondern, welche die Form von Spitzen zeigen und als Wurfspeerspitzen gedient haben konnten (Figur 24—28), insofern ähnliche solche aus Obsidian geschlagene von den Eingeborenen des papuasischen Archipels an ihren Wurflanzen angebracht werden. Neben gröberen, die in der Zahl vorwiegen, lassen sich feinere Spitzen unterscheiden. Auch Späne von Messerform fehlen nicht (Figur 29—32); zahlreich sind auch solche, die als Schuppen be- zeichnet werden können. Als besonders merkwürdiges Fundstück fällt 108 Paul Sarasin. Neue lithochrone Funde in Sumatra. 109 das Fragment einer Beilklinge aus Feuerstein auf (Figur 23), welche, roh zugehauen, keinen Anschliff zeigt und in der Form durchaus 32 ‘ Fig, 23—32. Feuersteinlithoglyptie von Bungamas in natürlicher Grösse. an die noch unfertigen, roh zugehauenen, noch nicht geschliffenen Feuersteinbeile des dänischen Neolithikums erinnert; es kann sich indessen auch um das Produkt einer Kulturstufe handeln, welche die 110 Paul Sarasin. Kunst der Politur noch nicht erworben hatte und sich mit dem roh zugeschlagenen beilförmigen Steine begnügte. Das Beil ist vier- kantig, die Kanten sind in Form einer Wellenlinie zugeschlagen ; leider ist die Schneide durch Abbruch verloren gegangen. Ausser diesem Beilstein fanden sich von grösseren Stücken noch zwei formlose Steine, deren einer aus einer Koralle von dichtem Ge- füge besteht und an welchem zwei körnige Stellen auf den Gebrauch als Schlagstein hinweisen; er kann auch als Nukleus gedient haben. Als Kuriosum sei erwähnt, dass auch eine Konkretion aufgesammelt wurde, die ungefähr die Form einer Schildkröte hat und am Vorder- und Hinterende Einschnitte zeigt; dieselben mögen intentionell sein. Überblicken wir die Lithoglyphie von Bungamas im Palembang- Distrikt als Ganzes, so fällt zunächst der grosse Unterschied gegen diejenige aus der Höhle von Ulu Tjanko im Djambi-Distrikt auf und zwar sofort als besonders grell durch das verwendete Material: in der Höhle der glasartig glänzende, pechschwarze Obsidian, bei Bungamas ein trüber, honiggelber bis weisser Feuerstein von grobem Gefüge. Sodann besteht ein grosser Gegensatz in der allgemeinen Ausprägung: die Obsidianlithoglyphie der Höhle aus dem Djambi- Distrikt ist durchweg klein und zierlich ausgebildet, offenbar von einer zarten Varietät hergestellt, die von Bungamas in den Palem- bang’schen Bovenlanden ist von grobem Gepräge und demnach doch wohl das Werk einer grösser gewachsenen, stärkeren Menschen- varletät. ‚Suchen wir für die Feuersteinlithoglyphie von Bungamas nach einem Vergleich in Europa, so möchte ich hiefür auf die Oberflächen- funde, die sogenannten Feuersteinteppiche in Frankreich und Belgien verweisen, speziell auf die von Le Grand Pressigny, mit denen die Glyptolithen von Bungamas eine ganz bestimmte eigentümliche Ähn- lichkeit haben. Dabei ist zunächst merkwürdig die Ähnlichkeit des Gresteinsmateriales : an beiden Orten honiggelber Feuerstein mit dem einzigen Unterschied, dass er sich in Grand Pressigny in reinerer Ausbildung vorfindet. An beiden Orten ferner ein grobes Form- gepräge sämtlicher Glyptolithen und ferner als besonders auffallender Umstand: an beiden Orten fehlt an der Spitze die Retuschierung; ohne Nachbesserung der Schneiden wurden die zufällig spitzenartig geformten Späne verwendet, wie dies heutzutage noch von den Ur- einwohnern von Australien und melanesischer Inseln so geschieht. Im allgemeinen möchte ich die Lithoglyphie von Bungamas mit der von Le Grand Pressigny als eine früh-neolithische bezeichnen. Die Tobler’schen Funde ergeben demnach das Vorhandensein des Magdalénien und des Früh-Neolithikums in Sumatra, wozu gelegent- Neue lithochrone Funde in Sumatra. aut liche Oberflächenfunde noch das durch das geschliffene Steinbeil ge- kennzeichnete voll entwickelte Neolithikum gefügt haben.®) Dagegen hat sich von früheren paläolithischen Stufen auf Sumatra so wenig wie auf Celebes oder Ceylon bis jetzt irgend welche Spur gefunden, und um nun zum Anfang dieses kleinen Berichtes zu- rückzukehren, so haben auch die Tobler’schen Funde das Mysterium, welches sich zur Stunde noch an das Mousterien von Tasmanien knüpft, nicht aufgehellt; obschon die Funde im Herzen der grossen Insel gemacht wurden, lassen sie gar nichts davon erkennen, was an ächte Mousteriolithen gemahnte; sie zeigen zwar eine sehr wichtige Fundstelle des ceylonesischen Magdalénien in Sumatra auf, sowie eine des Früh-Neolithikums, aber von den verbindenden Ketten- gliedern des tasmanischen Moustérien mit dem der westlichen Alten Welt ist auch mit den genannten Funden noch nicht das erste aufge- deckt, und doch darf aus diesem negativen Ergebnisse auch noch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Lithoglyphie, welche mit einer sehr wohl charakterisierten und höchst eigenartigen europäischen identisch ist, im fernen östlichen Tasmanien völlig unbeeinflusst und selbständig neu entstanden sei. 6) Siehe in betreff der neolithischen Funde die Zusammenstellung der Lite- ratur in unserer Abhandlung über die Toala-Höhlen in Celebes, 1. c., p. 25; ferner J. H. N. Evans, stone-implements from North Borneo, Man, 1913, p.154. Manuskript eingegangen 16. März 1914. Über ein menschliches Schwänzchen. Von Paul Sarasin. Im November 1912 wurde in hiesigen Zeitungen die Nachricht veröffentlicht, dass im sogenannten Brockenhaus in Basel ein mensch- licher Schwanzanhang zum Verkauf ausgestellt sei. Befremdet über dieses seltsame Angebot begab ich mich zur Stelle in der Erwartung, es werde sich um ein Missverständnis handeln. Als ich mich nach dem Gegenstand erkundigte, erhielt ich ein Fläschchen eingehändigt, worin ein auf den ersten Blick blutegelartig aussehendes Gebilde in Spiritus gut erhalten aufbewahrt war. Dass es sich tatsächlich um einen menschlichen Schwanzanhang handelte, bewies die gleichfalls beigegebene Photographie des Falles; auch lag ein Kärtchen dabei mit der kalligraphischen Aufschrift: ,,Schwanzanhängsel, opperiert (so) 1905 von Dr. Figredo in Tranquebar (Madras) Indien.“ Da es sich um einen besonders hübschen Fall dieses schon an und für sich seltenen Vorkommnisses handelt, brachte ich das Objekt in meinen Besitz, um es einer näheren Untersuchung zu unterwerfen. Leider hatten meine sofort angestellten Erkundigungen nach dem Überbringer des Schwanzanhanges von Tranquebar keinen Erfolg; es habe dies ein Mann gebracht, der gleich darauf wieder verreist sei. Ich geriet nun in betreff dieses Naturspieles in einige Verlegen- heit, ich hatte nämlich den unbestimmten Eindruck, und ich habe ihn noch zur Stunde, dass ich schon einmal irgendwo das hiermit folgende Bild wiedergegeben gesehen habe; ich bemühte mich deshalb längere Zeit um literarische Nachforschung, ohne doch den Fall be- schrieben oder abgebildet finden zu können. Die Literatur über menschliche Schwanzanhänge ist nicht nur schon recht reichlich, son- dern auch äusserst zerstreut in den verschiedensten Zeitschriften, und so wandte ich mich an einige Kollegen im Gebiete der Anthropologie mit der Anfrage, ob ihnen der vorliegende Fall in der Literatur schon zu Gesicht gekommen sei. Man verneinte es, und riet mir, nach Tranquebar zu schreiben. Diesen Rat befolgend, richtete ich am 20. Juli 1913 eine Anfrage an den Vorsteher des Hospitals in Tran- Ueber ein menschliches Schwänzchen. 118 quebar, mit Beilage einer Kopie des Photos, ob er mir etwas näheres über den sam sowie den genannten Dr. Figredo mitteilen könne, man as mich aber ohne jede Antwort. Fig. 1. Das tamilische Kind mit dem noch ansitzenden Schwänzchen. So bleibt mir nichts anderes übrig, als das mitgekommene Bild hier wiederzugeben auf das Risiko hin, dass es schon nel irgendwo und irgendwann veröffentlicht worden ist. Es handelt sich, wie man sieht, um ein tamilisches Kind von Süd-Indien, dem Aussehen nach 8 114 Paul Sarasin ein Mädchen, welches, im übrigen ganz normal gebildet, am Ende der Wirbelsäule das uns beschäftigende Schwänzchen trägt. Der Manu links auf dem Bild dürfte der Vater sein, der rechts ein einge- borener Arzt, der die Amputation vorgenommen hat (Figur 1). In Figur 2 gebe ich das Gebilde in natürlicher Grösse wieder, die Länge beträgt rund 60 mm, der Durchmesser rund 13 mm. Das Ge- bilde ist walzenförmig, nur ganz wenig dorso-ventral abgeplattet, es endigt in eine abgestumpfte Spitze, welche, wie die Abbildung zeigt, ein wenig nach auswärts gewendet ist. Das Schwänzchen in natürlicher Grösse. Betrachten wir das Gebilde noch etwas näher. Wir beobachten daran das folgende: Dasselbe hat die Farbe von hellbraunem Leder, die Oberfläche der Haut erscheint in eine Menge kleiner, rauten- förmiger Felder geteilt, durch eingesenkte Linien von einander getrennt, es entsteht im allgemeinen eine Art von Querrunzelung, welche besonders an der eingebogenen Stelle deutlich erkennbar ist. An der Endspitze bilden fünf kleine Runzeln einen Kreis um einen grübchenförmigen Mittelpunkt, welcher das Ende darstellt. Die Haut des Schwanzanhanges trägt spärlich zerstreut aufgesetzte feine Härchen, die man gerade noch von blossem Auge erkennen kann, die Fortsetzung der allgemeinen Seidenbehaarung des Kindes. Sie sind gegen die Schwanzspitze zu gerichtet. Gegen das Schwanzende Ueber ein menschliches Schwänzchen, 115 hin werden sie spärlicher, an der Spitze stehen keine, es lassen sich dort aber mit der Lupe runde follikelartige Fleckchen erkennen. Die seltsame Umbiegung des Gebildes lässt den Gedanken auf- kommen, es habe, wenigstens gegen die Spitze hin, selbständige Be- wegungsfähigkeit gehabt, wie dies schon einwandfrei Harrison !) für den von ihm beschriebenen Fall festgestellt hat; er wies den quer- gestreiften Muskel anatomisch nach. Merkwürdig ist dabei, dass dessen proximaler Ansatz nicht etwa an das Steissbein geschah, sondern in einiger Entfernung davon an das areoläre Bindegewebsgerüst. Der Muskel ist somit ein rudimentäres Organ, aber eben als solches von atavistischer Bedeutung. Auch Pjätnizky?) fand in einem mensch- lichen Schwanzanhang quergestreifte Muskelfasern. Ferner erwähne ich zwei von Dr. Ernst Hagenbach*) in Basel beschriebene, sehr interessante Fälle von weichen Schwänzen, von denen der eine ein 7 cm langes keulenförmiges Gebilde darstellte; der Autor sagt darüber zu- sammenfassend das folgende: ,, An den Fund von Pjätnizky schliessen sich meine beiden Fälle unmittelbar an. In beiden fand sich ein Axenstrang, bestehend aus Bindegewebe, Gefässen, Nerven und quer- gestreiften Muskelfasern. Diese waren im wesentlichen in der Längs- richtung des Caudalanhanges angeordnet und zu kräftigen Bündeln vereinigt, die bis in die Schwanzspitze reichten. Die Züge querge- streifter Muskulatur sind in diesen Fällen wohl nicht als versprengte Muskelteile anzusehen, sondern dürfen als eigentliche Muskeln gelten. Dafür spricht ihre Anordnung und nicht zum wenigsten der Um- stand, dass sie eine ausgesprochene Funktion hatten.“ Dieser letztere Ausdruck bezieht sich darauf, dass in beiden Fällen Bewegungsfähigkeit des Gebildes festgestellt wurde. In dem von mir beschriebenen Falle nun kann dieser Längs- muskelstrang ebenfalls vorhanden sein, es wurde dann aber sein An- satzteil in den spärlichen Querschnitten noch nicht getroffen, welche angefertigt wurden, um einen Blick in den inneren Bau des Organes werfen zu können. Zu diesem Zwecke wurde nur der äusserste Basalt- teil abgetrennt. Die Querschnitte ergeben folgendes (Figur 3): Mit der Lupe betrachtet erkennt man die derbe, lederartige Outis- hülle als geschlossenen Kreis; davon geht an einer Stelle ein korb- artig geformtes Gebilde aus, das von seinem äusseren Rande her in ein lockeres Netz von Bindegewebe zerfasert, ein Netz, welches 1) R. G. Harrison, on the occurence of tails in Man, Proc. Association of American Anatomists, 1900. 2) Pjätnizky, J. J., über den Bau des menschlichen Schwanzes, 1893. Re- ferat in Anat. Anzeiger, 8, 1893, pag. 583. 3) Hagenbach, E., Beitrag zur Kenntnis der angeborenen Sacro-coceygeal- tumoren, Langenbeck’s Archiv für klinische Chirurgie, Festschrift für König, 1902. 116 Paul Sarasın. durch die verhältnismässige Regelmässigkeit seiner Maschen an einen Querschnitt durch Hollundermark erinnert. Dieses korbartig geformte Gebilde stellt den Querschnitt durch einen soliden Bindegewebestrang bg. str. dar, welcher den ventralen Teil des Caudalanhanges durch- zieht, genauer ausgedrückt demjenigen Teil der Oberfläche entlang läuft, welcher die eingebogene Seite des Gebildes bezeichnet, was doch PE 8% Querschnitt durch das Schwänzchen in Lupenvergrösserung. Für die Bezeichnung siehe der Text. wohl die ventrale sein wird. In diesem Bindegewebestrange, welcher, auf dem Querschnitte sich korbartig auseinanderlegend, als Ganzes eine Art von Längsrinne bildet, verlaufen einige grössere Gefässe, ich zähle vier, zwei Arterien und zwei Venen, a und v, Caudalarterien und Caudalvenen, die ersteren schon unter der Lupe am klaffenden Lumen, die letzteren, von denen sich eine grössere und eine kleinere unterscheiden lassen, an den eingesenkten Röhrenwandungen zu er- Ueber ein menschliches Schwänzchen. la kennen. Ausserdem fallen auf dem Querschnitt zwei auf den ersten Blick drüsenartig anmutende Pakete auf, ein seltsam gebautes Organ vorstellend, das ich für die sog. Steissdrüse, das Glomus coccygeum, ol. e., halten möchte. (Das kleinere Paket siehe rechts von der grossen Vene v). Kleinere Gefässe, Nervendurchschnitte und iso- lierte Bindegewebsstränge sind ebenfalls vorhanden. Die ge- samte geschilderte strangartige Masse stellt den von Rud. Virchow sogenannten Axenstrang dar, Das vom Bindegewebsgerüst des Stranges seinen Ausgang; nehmende lockere, hollundermarkähnliche Fachwerk umschliesst bienenwabenartig geformte Fettzellen, von denen auf dem Schnitt nur das zarte Bindegewebegerüst übrig geblieben ist, das Fett ist durch die Behandlung verschwunden. Vereinzelt sieht man in den Binde- gewebsmaschen die Querschnitte kleinerer Gefässe und Nerven. Die Haut zerfällt in ein derbes Corium ce und eine gleichfalls ver- hältnismässig dieke Epidermis ep. Sie senkt sich in bekannter Weise mit kegelförmigen Papillen gegen das Corium hinein, von deren Spitze da und dort Schweissdrüsen sd ihren Ausgang nehmen, um sich tiet in die Lederhaut einzusenken. Vereinzelt nehmen von anderen Papilleu Haarbälge hb mit ihrer Zubehör von Fettdrüsen ihren Aus- gang, in denen die Haarborste als helles Stäbchen bis zu ihrem tief im Corium liegenden Grunde durchschimmert. Die untere oder Urschicht der Epidermis *) ist braun pigmentiert. Die äussere Oberfläche ist von einer gelblich durehschimmernden Hornlage bedeckt, h. Soviei darüber, was sich mit der Lupe bequem erkennen lässt? ). Die mikroskopische Untersuchung eines Querschnittes lässt an dem Präparat, woran die Elemente nicht sehr gut erhalten sind, noch das folgende namhaft machen: Das erwähnte fragliche Organ gl. e. zeigt gelblich gefärbte Quer- schnitte follikelartiger Gebilde, in denen kein deutliches Lumen zu sehen ist, mitunter nur möchte man sich einreden, ein solches sehr enges erkennen zu können; die solid aussehenden Körper enthalten, viele kleine Kerne und sehen aus wie quer geschnittene Bündel glatter Muskelfasern ; doch rufen sie auch den Eindruck von Drüsen- follikeln hervor, ohne doch dass sich Drüsenzellen erkennen liessen. Der Querschnitt dieser Scheinfollikel ist ganz verschieden gross. Die- selben sind in ein Maschennetz von Bindegewebe eingebettet. Auf gewissen Schnitten erkennt man deutliche Längsfaserung eines solchen 4) Von uns zuerst so bezeichnet, siehe P. und F. S., Ergebnisse natur- wissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon, 2, 1887—1890, pag. 73. 5) Vergleiche dazu den von W. Waldeyer gegebenen Querschnitt durch einen menschlichen Caudalanhang matheni. Kl., 34, 1896, pag. 780. , Sitz.-Ber. K. Preuss. Akad. Wissensch., physik. 118 Paul Sarasin. Gebildes, die Kerne entsprechend gelagert, ungefähr an einen Faden- knäul erinnernd, glatter Muskulatur sehr ähnlich. Gebilde entsprechender Art nun zeigen sich auch in zahlreichen Querschnitten in der Wandung der Venen und sie machen an einer Stelle den Eindruck, als Röhren in dieselben auszumünden. Es scheint sich bei diesem Organ um eine Art von Glomerulus von gefässartigen Röhren von feinstem Lumen und starker Muscularis in eigenartiger, vielkerniger Ausbildung zu handeln. Mehr vermag ich an den Prä- paraten nicht zu erkennen. Herr Professor Dr. F. Weidenreich, dem ich dieselben zur An- sicht gab, verwies mich auf die Abhandlung von S. von Schumacher) über di» Steissdrüse, worin sich allerdings Bilder finden, welche den meinigen ähnlich sehen, doch handelt es sich dabei um eine sorgfältige Analyse, wozu sich die Erhaltung des vorliegenden Schwänzchens durchaus nicht eignet. Immerhin finde ich durch den Vergleich dieser Abhandlung meine ursprüngliche Vermutung, es sei das fragliche Organ die Steissdrüse, bestätigt. Es ist aber in der Tat nicht etwa eine Drüse, sondern ein Glomerulus caudalis, es ist offenbar das Glomus coccygeum. Ich möchte vermuten, dass das undeutliche kernreiche Organ, welches Harrison auf seiner Figur 5 als degenerierenden Muskel bezeichnet, ebenfalls das Glomus coceygeum sein könnte; allerdings ist es in der Mitte des betreffenden Caudalanhanges ge- legen, was die Deutung doch wieder zweifelhaft macht. Überblieken wir den Schwanzanhang als Ganzes, so fällt vor allem der Umstand auf, dass er keine knöchernen Gebilde enthält, er ist im Gegensatz zu den ächten Tierschwänzen wirbellos, er stellt einen sogenannten weichen Schwanz nach R. Virchow’s?) Definition dar, und wir werden demnach auf die Frage geführt: ist dieser Anhang überhaupt als Schwanz zu bezeichnen oder haben wir es mit einem bloss zufälligen hautartigen Anhange, etwa einer Fettgeschwulst oder einem Lipom, also mit einer morphologisch irrelevanten Bildung zu tun? Joh. Ranke hat das letztere behauptet, und er betrachtet dem- nach all die beschriebenen menschlichen Caudalanhänge als patho- logische Hemmungsbildungen ohne morphologischen Wert; „diese weichen Schwänze,“ schreibt er, „sind in der überwiegenden Mehr- zahl der Fälle mit oft sehr schweren anderen Missbildungen des Körpers, gewöhnlich mit angeborenem Verschlusse der hintern Leibes- öffnung, mit Bauch- und Blasenspalten oder auch mit Bildungs- 6) S. von Schumacher, Über das Glomus coceygeum des Menschen und die Glomeruli caudales der Säugetiere, Arch, f. mikr. Anat. und Entw.-G., 71, 1907, pag. 58 ff. 7) Verh. der D. Ges. für Anthr., pag. 45, in Correspondenzblatt f. Anthrop. usw., 1880. Ueber ein menschliches Schwänzchen. 119 störungen am Kopfe, den Extremitäten u.s. w. verbunden gewesen. Die Entwicklungsstörung am untern Leibesende, welche zur Schwanz- bildung führt, verbindet sich also gewöhnlich mit andern Hemmungs- bildungen in derselben Körpergegend.‘®) Dem gegenüber möchte ich es wenigstens für unsern Fall als unwahrscheinlich bezeichnen, dass das in Figur 1 abgebildete gesund aussehende Kind irgend eine dieser Missbildungen an sich gehabt hat, und auch bei zahlreichen andern Fällen sind dergleichen kon- genitale Verunstaltungen nicht festgestellt. Speziell von dem von R. Virchow?) beschriebenen, dem vorstehenden recht ähnlichen Falle heisst es: „das Kind zeigte keine weiteren Missbildungen.‘ Harrison bemerkt zu dem von ihm beschriebenen Fall: ,,the child was a healthy well developed male.“ Nur die kleinen Zehen des rechten Fusses waren ein wenig verkürzt, was mit unserem Gegenstand nichts zu tun haben kann. So war es auch bei dem von Ornstein!0) gemeldeten, von Ranks selbst abgebildeten Fall, welcher einen griechischen Rekruten betraf und den der Berichterstatter ausdrücklich als ‚von patho- logıschen Komplikationen ganz frei‘ bezeichnet.!!) Von einem mit Schwanzbildung behafteten menschlichen Fetus sagt L. Gerlach, !?) der ihn beschrieb : ,,derselbe zeigt in seiner Körperform keine sonstige Abnormität.‘“ Es kommen indessen schwanzähnliche Gebilde als Miss- bildungen oft in Begleitung anderer vor, worüber die Abhandlung von O. Schäffer 13) heranzuziehen ist; diese Dinge gehören, im Gegensatz zu unserem Fall, in das Gebiet der Teratologie. Wenn auf der anderen Seite E. Häckel 14) schreibt: ,,Schwanz- menschen sind nach den zuverlässigen, durch Photogramme illu- strierten Angaben des Generalarztes Bernhard Ornstein in Griechen- land nicht selten,‘ so ist dies ein Missverständnis, Ornstein hat nur einen einzelnen Fall beschrieben und nur ein einziges Photogramm geliefert. Dass es Nationen gäbe, bei denen Caudalanhänge häufiger vorkommen als bei anderen, ist eine irrige Meinung. Das Vorkommen von Caudalanhängen bildet überall eine grosse Seltenheit, ähnlich wie die mit Zahndefekt verbundene ächte Hypertrichose. 8) J. Ranke, der Mensch, 2. Aufl. 1894, pag. 185. 3) Rud. Virchow, über ein angeborenes menschliches Schwänzlein, Zeitschr. f. Ethnol., 31, 1899, Verh. pag. 647. 10) Zeitschr. f, Ethnol., 11, 1879, Verh. pag. 303. 11) B. Ornstein, Korresp.-Bl. für Anthropologie, 1880, pag. 72. 12) L. Gerlach, ein Fall von Schwanzbildung bei einem menschlichen Em- bryo, Morph. Jahrb., 6, 1880, pag. 109. 13) 0. Schäffer, Beiträge zur Aetiologie der Schwanzbildungen beim Menschen, Arch. f. Anthropologie, 20, 1892, pag. 189. 14) E. Häckel, Anthropogenie, 5. Aufl., 1903, pag. 387. 120 Paul Sarasin. Wenn nun auch an den weichen Schwanzanhängen Wirbelanlagen fehlen und auch eine Chorda dorsalis nieht nachweisbar ist, so muss doch festgestellt werden, dass das Gebilde dem Orte ansitzt, wo bei, geschwänzten Tieren der Schwanz oder bei schwanzlosen ein wirbel- loses Schwanzrudiment vorhanden ist,15) ja als auf einen neuen Um- stand verweise ich bei dem von mir beschriebenen Falle auf die An- wesenheit des Glomus coceygeum, welches genau die Endspitze des Steissbeines und damit die Ansatzstelle des Schwanzes bezeichnet ; das Glomus coceygeum des Menschen aber ‚entspricht in allen wesent- lichen Punkten den Glomeruli eaudales der Säugetiere“ (v. Schu- macher, 1. e. p. 102). Ob in den menschlichen weichen Schwänzen wie dem. vorliegenden ebenfalls solche segmentale Wiederholungen festzustellen sind, bedarf weiterer Untersuchung. Trotz dem Fehlen der Wirbel ferner geht doch ein binde- gewebiger Axenstrang mit Caudalgefässen durch das Organ hindurch, wie dies Rud. Virchow 1884 zuerst beobachtet hat; auch ist in mehreren Fällen, wie erwähnt, das Vorhandensein von Muskulatur und damit Bewegungsfähigkeit festgestellt. Die Einbiegung der Spitze in unserem Fall lässt, wie schon bemerkt, auch hier eine solche Vermutung gerechtfertigt erscheinen. Durch das Vorhandensein eines, öfter durch Anwesenheit von quergestreifter Muskulatur bereicherten Axenstranges aber unterscheidet sich das Gebilde scharf von ein- fachen Lipomen, an denen ein Axenstrang stets fehlt. Bei den wenigen Beobachtungen, welche ich über meinen Fall beizubringen habe, erscheint ein näheres Eintreten auf die schon stark angeschwollene Literatur nicht nötig; es sei aber doch mit Nachdruck auf die treffliche Abhandlung von W. Waldeyer 1%) hingewiesen, worin der Umstand betont wird, dass ein stummelförmiger Anhang bei schwanzlosen Säugern meist einen weichen Schwanz ohne Vermehrung der Caudalwirbel repräsentiere, so bei Inuus ecaudatus und gelegent- lich beim Schimpanse.17) Auch hat Chudzinski beim Orang-Utang in einem Fall ‚einen sehr entwickelten Caudalanhang‘“ beobachtet. Dabei ist es freilich nicht gewiss, ob es sich nicht um eine Vermehrung der Caudalwirbel gehandelt hat, somit um einen „harten Schwanz“, da Broca dazu das folgende bemerkte: ‚„jusqu’ici on a toujours évalué a trois le nombre des vertebres coceygiennes de l’orang. De tous les 15) Die von E. Hagenbach 1. c. beschriebenen Caudalanhänge sassen der eine rechts, der andere links neben dem After. In dem von L. Gerlach be- schriebenen Falle bei einem menschlichen Fetus sass der Caudalanhang links neben dem After (1. c. pag. 110). 16) W. Waldeyer, die Caudalanhänge des Menschen, Sitz.-Ber. K. Preuss. Akad. Wiss., physik.-mathem. Kl., 34, 1896, pag. 775 ff. 17) Siehe darüber E. Rosenberg, über die Entwicklung der Wirbelsäule und das Centrale carpi des Menschen, Morph. Jahrb., 1, 1876, pag. 120ff. und Tafel III, Fig. 13. Ueber ein menschliches Schwänzchen. 121 anthropoides, c’est lui qui offre les dispositions les plus opposées à l'existence d’un appendice caudal, très-nettement conformé dans le cas présent.‘ 18) Immerhin besteht nach Waldeyer an den Schwänzen vieler Säugetiere ein Endstück von 1—11/, em Länge, das wirbellos, also weich ist, worauf auch schon Pyätnizky (1. ce.) aufmerksam ge- macht hat, und dessen Querschnitte denselben Bau wie die mensch- lichen Caudalanhänge zeigen. Dass ferner die Endspitze des äusserst kurzen Schwanzes von Macacus brunneus keine Wirbel enthält, hat Anderson?) schon im Jahre 1872 nachgewiesen. Nach M. Braun°°) ist dieses weiche Endstück aus dem fadenförmigen Anhang des Schwanzfortsatzes beim Embryo hervorgegangen, den er im Jahre 1879 an Säugetierembryonen (auch in etwas anderer Form bei Vogel- embryonen) entdeckt und als „Schwanzfaden‘ bezeichnet hat.?1) Er erkannte denselben als eine rein embryonale vorübergehende Bildung, die stets von Wirbelanlagen frei bleibt und normalerweise durch Resorptiou zugrunde geht. W. His??) sprach darauf die Vermutung aus, dass der Schwanzfaden eventuell persistieren und dass er in diesem Falle zu jenem Caudalanhange sich ausbilden könne, welcher von R. Virchow als „weicher Schwanz‘ bezeichnet worden ist. Dazu bemerkt M. Braun ?3) 1882: ‚ich teile diese Ansicht voll- kommen und habe in der Beschreibung eines Falles von Schwanz- bildung beim Erwachsenen ?*) mich bereits für die His’sche Ansicht erklärt, da auf diese Weise am leichtesten das Vorkommen von weichen Schwänzen beim Menschen verstanden werden kann.“ Der von L. Gerlach?5; 1880 beschriebene merkwürdige Fall eines Caudalanhanges bei einem menschlichen Fetus aus dem Anfange des vierten Monates, welcher keine Wirbelbildung und kein Medullarrohr, wohl aber die Chorda dorsalis und Muskulatur enthielt, scheint, wie ich beifüge, ebenfalls für die Richtigkeit der His’schen Auffassung 18) Bulletins de la Société d’Anthropologie de Paris (2), 11, 1876, pag. 533. 19) Proc. Zool. Soc, 1872, pag. 210; auch zitiert von Ch. Darwin, Descent of Man, 2 ed., 1888, pag. 59. 2) Braun, M., Entwicklungsvorgänge am Schwanzende bei Säugetieren, Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte, 1882. Auf Seite 233 wird der Fall von Chudzinsky erwähnt und dazu bemerkt, es fehlten leider Angaben über die Zusammensetzung des Schwanzes, sodass man nicht sagen könne, ob es sich hier ebenfalls um einen hypertrophierten Schwanzfaden handle, 21) M. Braun, Die Entwicklung des Wellenpapageis, Arbeiten aus dem zoo- logisch-zootomischen Institut in Würzburg, 5, pag. 321. 2) His, W., Anatomie menschlicher Embryonen, 1, 1880, pag. 95. 23) M. Braun, Entwicklungsvorgänge am Schwanzende bei Säugetieren, Arch. f. Anat. und Entw.-G., 1882, pag. 236. 24) M. Braun, Über rudimentäre Schwanzbildung bei einem erwachsenen Menschen, Arch. f. Anthropologie, 13, 1881, pag. 424. 2%) L. Gerlach, 1. c. 122 Paul Sarasin. = € zu sprechen. ,,Dieser Anhang,“ schreibt schon Gerlach, ,,würde, wenn der Embryo am Leben geblieben wäre, einen rein häutigen Fortsatz der Körperoberfläche dargestellt haben“ (1. ec. p. 122). Der Schwanz verschwindet bei Säugetieren leicht, oft bei Arten derselben Gattung, worauf schon Darwin (1. ec.) hingewiesen hat, in- dem er feststellte, dass bei einigen Macacus-Arten der Schwanz länger ist als der Körper, während er bei anderen derselben Gattung aus eineım kaum sichtbaren Stumpf besteht, und diese letzteren schwanz- förmigen Anhänge sind weiche Schwänze ohne Vermehrung der Caudalwirbel. „Die weichen Caudalanhänge des Menschen wieder- holen genau den Bau der wirbelfreien weichen Endstücke ächter Tier- schwänze“ konstatiert Waldeyer, und da die wirbelfreien, rudimen- tären Stummelschwänze dem weichen Endstück eines normalen Schwanzes entsprechen, so gilt der zitierte Satz auch für diese Rudi- mente. In denselben findet sich ein zentrales arterielles Gefäss und eine zugehörige Vene (Rosenberg, 1. c.). Es liegt nach allem, was bekannt geworden ist, kein Grund vor, die zur Seltenheit beim Menschen vorkommenden Caudalanhänge als morphologisch gleichgültige Missbildungen hinzustellen und als pathologische Erscheinungen zu ignorieren, vielmehr darf ihnen ganz wohl bis zu gewissem Grad ein atavistischer Wert beigemessen und sie dürfen als ein Rückschlag auf eine Vorfahrenform aufgefasst werden, welche den letzten Rest des im übrigen verschwundenen Schwanzes, den weichen Endteil als kleinen Stummel sich bewahrt hatte, entsprechend wie es uns Inuus ecaudatus oder mitunter der Schimpanse und wohl auch der Orang zeigen; das Organ wurzelt aber gewiss in der vormenschlichen, vielleicht gar voranthropoiden Zeit. Wenn wir in Betracht ziehen, dass im Verhältnis zu der Un- menge zur Beobachtung kommender Menschen nur eine geringe Zahl von anthropoiden Affen zur Untersuchung kamen, so lässt das doch an dieser geringen Anzahl schon gelegentlich festgestellte Vorkom- men eines Schwanzstummels darauf schliessen, dass dieses Rudiment bei den Anthropoiden prozentual häufiger vorkommt als beim Men- schen, dass die ersteren also der für beide gemeinsamen Ausgangs- form, welche noch einen wirbelfreien Schwanzstummel besass, näher stehen als der Mensch; das von jener Ausgangsform noch weiter entfernte Genus Homo zeigt den Stummel nur noch als äusserste ata- vistische Seltenheit. Immerhin darf ein Caudalanhang beim Menschen als solcher, von seiner individuellen Grössenausbildung abgesehen, als neotenes Organ, un: Kollmann’s Ausdruck der Neotenie hierauf anzuwenden, und zwar als ein solches von palingenetischem Werte aufgefasst wer- den. Aber dass dieser weiche Caudalanhang in seiner neotenen Aus- Ueber ein menschliches Schwänzchen. - 123 bildung nicht der Grösse nach das rudimentär gewordene Vorfahren- organ wiedergibt, vielmehr nur dem Wesen nach, zeigt seine in den verschiedenen Fällen ganz verschiedene Länge, die es erreicht. In zahlreichen solchen Vorkommnissen muss ein selbständiges, nicht auf Atavismus oder Neotenie zurückführbares Wachstum festgestellt wer- den, entsprechend dem starken Längenwachstum der neotenen Be- haarung bei Haarmenschen. 26) Es ist eine atavistische Bildung wie etwa die Muskulatur der Ohrmuschel bei solehen Individuen, welehe imstande sind, dieselbe in Bewegung zu setzen, und es gilt dies insbesondere für die Fälle, da im weichen Schwanzanhang rudi- mentäre Muskulatur sich vorfand. Solche Atavismen sind häufig rein lokal, ohne von anderen begleitet zu sein, und so haben wir unsern Fall eines menschlichen Schwänzchens zu bezeichnen als caudale N eo- tenie. 2) Siehe darüber P. S., über die zoologische Schätzung der sogenannten Haarmenschen, Zoolog. Jahrbücher, 15, 1912, Supplement, 2. Bd. Manuskript eingegangen 11. Mai 1914. Worte der Erinnerung an Dr. med. Wilhelm Bernoulli - Sartorius. Geb. 16. Juli 1838. Gest. 1. Januar 1914. Von Aug. Binz. Am Neujahrstag 1914 ist eines unserer ältesten Mitglieder, Dr. med. Wilhelm Bernoulli, nach beinahe einjährigem Leiden aus dem Leben geschieden. Er war am 16. Juni 1838 als erstes Kind von Hieronymus Bernoulli-Respinger, Kriegskommissär von Basel-Stadt, geboren wor- den. Nach Absolvierung der Schulen seiner Vaterstadt wandte er sich der Medizin zu. Er studierte zuerst in Basel und ergänzte dann seine Ausbildung in Wien, Berlin und an der Sorbonne in Paris. Später war er auch in den Spitälern von London und Prag tätig. Im Alter von 24 Jahren promovierte er (1862) und wurde gleich nachher auch Mitglied der Basler Naturforschenden Gesellschaft. Das fünfzigjährige Jubiläum seiner Ernennung zum Doctor med. im Jahre 1902 wurde mit der Überreichung des erneuten Diploms durch eine Abordnung der Universität besonders gefeiert. Dr. Bernoulli begann seine praktische Tätigkeit als Assistenzarzt im Bürgerspital, 1863—1865 unter Prof. Jung und 1865—1867 unter Prof. Liebermeister. Dann eröffnete er seine Privatpraxis, die ihn besonders auch in die damals noch ärztelosen Dörfer der Um- gebung unserer Stadt führte; er suchte dabei seine Patienten meist zu Pferde auf. Eines seiner Hauptverdienste war die Leitung der staatlichen Isolierspitäler. Die im Jahre 1871 durch die Bourbakische Armee eingeschleppten Pocken gaben hiezu den Anlass. Bernoulli sammelte auf diesem Gebiete weitgehende Erfahrungen und hat diese in einigen Publikationen niedergelegt. Die wichtigste derselben ist ein Bericht an das Sanitäts-Kollegium von Basel-Stadt über das Blatternspital am Untern Rheinweg, der 1871 im Druck erschienen war. Auch in der Behandlung der übrigen ansteckenden Krankheiten, wie Dr. Wilhelm Bernoulli-Sartorius 7. 125 Typhus. Scharlach und Influenza, war er in hervorragendem Masse erfahren. Seine umfassenden Kenntnisse, verbunden mit einer weit- gehenden Gewissenhaftigkeit, verschafften ihm grosses Zutrauen seiner Patienten und der Behörden. So finden wir ihn über 25 Jahre als Arzt der Strafanstalt tätig und ebensolange als Chefarzt der schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaft ‚Patria“. Dieses Amt hat er erst im letzten Jahre wegen seiner Krankheit aufgegeben. Von 1883 bis 1910 bekleidete er auch das Amt eines Ortsvizepräsiden- ten für die eidg. Medizinalprüfungen in Basel. Dr. Bernoulli gründete im Jahre 1873 einen eigenen Hausstand, indem er sich mit Margareta Sartorius, einer Tochter des Pfarrers Sartorius, verheiratete. Seiner vierzigjährigen, glücklichen Ehe ent- sprossen drei Töchter und in den letzten Jahren belebte zeitweise eine fröhliche Enkelschar sein sonst so stilles Haus. Als begeisterter Freund der Natur und der Berge trat er dem S.A.C. bald nach dessen Gründung bei und blieb während 45 Jahren dessen eifriges Mitglied. Er bereiste das Gebirge von den Seealpen bis zum Ortler und ganz speziell waren es die wilden, damals noch kaum erschlossenen Täler des Wallis, zu denen er immer wieder zurück- kehrte, obschon er oft noch mit den primitivsten Verhältnissen rech- nen musste. Im Jahre 1889 bereiste er Corsica, 1890 die Seealpen, 1897 den Dauphiné. Dabei richtete er sein Hauptinteresse nicht auf die Berge selbst, sondern in erster Linie auf deren Pflanzenwelt. Was Bernoulli auf seinen vielen Exkursionen an Pflanzen zu- sammengetragen und z. T. mit der selbstlosen Hilfe seiner Ange- hörigen verarbeitet hat, übersteigt weit das Mass eines Dilettanten. Nach der Rückkehr von einer Besteigung wurden jeweilen erst die mitgebrachten Schätze aufs sorgfältigste eingelegt und eine genaue Etikettierung durchgeführt, die sein Material besonders wertvoll macht. Auf mancher Etikette finden wir ausser den genauen Angaben über Standort und Höhenlage auch kritische Bemerkungen systema- tisch-morphologischer Art. Durch Tausch wurde die Sammlung er- gänzt, so dass sie nun einen grossen Teil der Pflanzenwelt Europas umfasst und mit ihren 40,000—50,000 Bogen einen bedeutenden wissenschaftlichen Wert repräsentiert. Dieser wird durch die Tat- sache noch erhöht, dass die kritischen Genera, wie Rosa, Potentilla, Euphrasia, Aleetorolophus, Erigeron und Hieracium mit ganz beson- derer Sorgfalt gesammelt wurden. Man erkennt gerade hierin seine Absicht. wissenschaftlich wertvolle Arbeit zu leisten. Dass dieses Ziel tatsächlich erreicht worden ist, geht daraus hervor, dass bekannte Spezialisten bei ihren Arbeiten das von Bernoulli gesammelte Mate- rial je und je heranzogen. So hat z. B. Zahn (Karlsruhe) für sein grundlegendes Werk über die Hieracien der Schweiz (Neue Denk- 126 Aug. Binz. schriften der schweiz. Naturf. Ges. 1906) zahlreiche Angaben den äusserst reichhaltigen Bernoulli’schen Hieraciensammlungen entnom- men. Auch für die Ausarbeitung der Basler Flora hat er dem Schreiber dieser Zeilen zahlreiche Auszüge aus seinem Herbar zur Verfügung gestellt. Ausser den von Bernoulli selbst gesammelten Pflanzen enthält sein Herbarium ältere, von seinen Verwandten, Dr. Johann Jakob, Dr. Franz und Dr. Gustav Bernoulli stammende Bestandteile, sowie viel wertvolles Material von Dr. Herm. Christ. Es ist deshalb sehr begreiflich, dass der Verstorbene die Zukunft seines mit viel Mühe und Sorgfalt gesammelten Herbars noch bei Lebzeiten sichern wollte. Er hat die ganze kostbare Sammlung im Frühjahr 1913 in hochherziger Weise der botanischen Anstalt der Universität Basel übergeben, mit der Bestimmung, dass sie mit der schon vorhandenen vereinigt, zu einem schweizerischen und einem allgemeinen Herbar verarbeitet werde und zwar durch einen dauernd angestellten Custos. Durch das Entgegenkommen der akademischen Gesellschaft wurden die Behörden in den Stand gesetzt, die Schen- kung anzunehmen. So hat es der Verstorbene durchgesetzt, dass nun auch unsere Stadt, wie Bern, Genf und Zürich, ein Herbar besitzt, das bei floristischen, pflanzengeographischen und systematischen Ar- beiten leicht zugänglich ist. Leider sollte sein Wunsch, bei der Neu- ordnung selbst mitzuhelfen, nicht mehr in Erfüllung gehen. Seit 1885 war Dr. Bernoulliauch Mitglied der botanischen Kom- mission, der die botanische Anstalt unterstellt ist. Auf botanischem Gebiete ist Bernoulli nicht entsprechend seinem grossen Wissen literarisch hervorgetreten. Es lag eben seinem Charak- ter fern, sich in irgend einer Weise selbst zur Geltung zu bringen. In den Bulletins der Murithienne (Walliser Naturf. Ges.), deren Mitglied er seit 1887 war, sind von ihm einige kleinere Publikationen erschienen, so: 1890. Plantes rares ou nouvelles du Simplon, de Zermatt et d’Anniviers, récoltées en 1885. 1897. Quelques stations de plantes valaisannes, soit nouvelles, soit indiquées d’une manière plus précise. 1905. Rapport sur l’excursion bot. à Binn les 27, 28, 29 juillet 1905 par M. Bernoulli, complétée par M. Jaccard. Kleinere Beiträge finden sich auch in den Berichten der schweiz. bot. Ges. und im Jahrbuch des S.A.C. Band VIII. 1873: Notiz über die Flora des Adulagebietes. Wenn Bernoulli neben der enormen auf sein Herbarium verwen- deten Detailarbeit und neben der treuen Erfüllung seines ärztlichen Berufes und seiner übrigen Pflichten auch die Fortschritte in den Dr. Wilhelm Bernoulli-Sartorius 7. 127 verschiedensten Wissensgebieten, sowie der Kunst und Literatur ver- folgte, so konnte er diese gewaltige Arbeit nur Dank seiner Pflicht- treue und der harmonischen Ausbildung aller geistigen Anlagen be- wältigen. Bei aller Zurückhaltung und Bescheidenheit hat er in der Verfolgung seines Zieles eine Zähigkeit bewiesen, die ihm sein Leben in vorbildlicher Weise auszufüllen ermöglichte. Während seiner schweren, schmerzvollen Krankheit bewahrte er seine geistige Frische bis nahe an sein Ende. Diejenigen, die das Glück hatten, mit ihm in engere Verbindung zu treten, werden ihm ein treues Andenken bewahren. Manuskript eingegangen 17. Juni 1914. Zur Morphologie der Umgebung von Basel.) Mit einer Karte und 2 Profilen auf Tafel III. Von G. Braun. Im Frühjahr erschien in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin?) eine Arbeit von mir, in welcher ich an Hand der Besprechung einiger neuerer Werke über die Morphologie des Schwarzwaldes, über die Entwicklung der mittelrheinischen Senke und ihre Flächengliederung eine Reihe von Gesichtspunkten an- deutete, die vielleicht nicht ganz neu sind, aber doch die Probleme, um welche es sich handelt, etwas schärfer zu formulieren suchen, als das bisher geschehen konnte. Der 19. Deutsche Geographentag in Strassburg, Pfingsten 1914, bot mir sodann die erwünschte Gele- genheit, das dort skizzenhaft Angedeutete etwas weiter auszuführen und neuere Beobachtungen einzufügen. Doch möchte ich auch hier betonen, dass die Resultate, zu welchen ich gelange, nur vorläufige sind, dass es sich mehr um ein Arbeitsprogramm als den Abschluss längerer Arbeiten handelt. An erster Stelle muss ich hervorheben, zu welch grossem Dank wir Geographen den Basler, elsässischen und badischen Geologen verpflichtet sind, deren Vorarbeiten erst die un- entbehrliche Grundlage für unsere eigenen Studien geliefert haben. In Sonderheit wäre mir die Abfassung dieser Arbeit ohne die werk- tätige Hülfe von Herrn Prof. ©. Schmidt-Basel nicht möglich ge- wesen. Um zunächst den topographischen Zustand des Gebietes, um das es sich handelt, kennen zu lernen, begeben wir uns auf den Aus- sichtsturm auf dem Mönchsberg unmittelbar südlich Mülhausen in 365 m Höhe. Hier stehen wir auf einem auserwählten Punkt 1) Auf dem 19. D. Geogr.-Tag in Strassburg i. E. Pfingsten 1914 vorge- tragen. 2) 1914. 199. Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 129 in der Mitte der mittelrheinischen Senke, deren Formen sich von hier aus vorzüglich übersehen lassen. Im Osten erstreckt sich die breite Rinne des Rheintals mit den langgestreckten Hartwaldungen ; darüber ragt, mit scharfem Rand abgesetzt, die Vorbergzone des. Schwarzwaldes auf, deren gleichförmige Höhen, etwa 400 bis 500 m, zu einer einheitlichen, leise welligen Erhebungslinie zusammen- treten. In das gleiche Niveau fällt beim Blick nach Süden hin die Platte des Sundgaues, deren Ebenheit von hier aus gesehen sehr auffällig ist. Scharfrandig wird sie von Tälern zum Rhein hin zerschnitten, deren grösstes das Illtal ist, hinter dem sich das Gallen- köpfle, ein Deals 330 m hoch erhebt, vor dem steil abgesetzt in etwa 310 m eine Tomlkicie liegt. Die Ränder des Sundgaues gegen die Rheinebene hin im Osten sind oft steil und in jedem Fall sehr deutlich zu erkennen. Nach der teilweise durch die Kultur und die Bebauung verschuldeten Abnahme der Schärfe bei Mülhausen selbst, ist der Rand weiter westlich bis Illfurt und Heidweiler wieder sehr deutlich; weiterhin sind die Übergänge allmählich. Gegen die Vogesen hin erblicken wir ebenfalls einen Zipfel der mittelrheini- schen Senke, in welchem die grossen mit Wald oder Heidevegetation bedeckten, aus den Vogesentälern hervorquellenden Schuttkegel auf- fallen. Sie schliessen zwischen sich wellige Feldflächen ein, die mit geringen Höhen aus ıhrer gleichmässigen Neigung hervorragen. Dieses topographische Bild, wie es in grossen Zügen wohl am besten die Umgebungskarte von Mülhausen der preussischen Landes- aufnahme 1: 100,000 bringt, lässt sich leicht verfeinern, wenn man einige Messtischblätter aus der in Rede stehenden Landschaft durch- mustert. So zeigt das elsässische Blatt 3688 Altkirch sehr gut die ebenen Hochflächen des Sundgaus mit steilwandigen, tiefen Tälern, das badische Blatt 152 Lörrach die Stromniederung des Rheines, die dem Feldbau dienende Terrasse mit steilen Hängen nach oben und unten und darüber die welligen Flächen der Vorbergzone. Die Deutung dieses Formenschatzes des südlichen Endes der mittelrheinischen Senke in der bisherigen Literatur ist nicht ganz klar, das abweichende Verhalten von lei übrigen Teilen des Grabens nicht immer beachtet. Die älteren Ansichten über die Bildung der Senke stellt R. Lepsius mit zahlreichen Zitaten zusammen 3); hier nur kurz, wenig später aber ausführlicher4), beschäftigt er sich auch mit der Auffüllung innerhalb der tektonisch ae alsichen Senke, nicht ohne Widerspruch zu erfahren. Die Auffüllung der Senke und da- 3) R. Lepsius: Die oberrheinische Tiefebene u. ihre Randgebirge. Stutt- zart 1885. 4) R. Lepsius: Geologie von Deutschland I. Stuttgart 1887 —92. 547—684. 9 130 G. Braun. mit ihre heutigen Oberflächenformen sind der Hauptgegenstand einer Abhandlung von E. Schumacher), die mit ihrer Fülle von Einzel- beobachtungen und ihrem reichen Literaturnachweis noch heute viel- fach als Basis geomorphologischer Arbeiten in der Senke zu dienen hat. Wenn dies Werk auch vorwiegend die Verhältnisse im Elsass darstellt, so sucht. es doch das Ganze der Senke ins Auge zu fassen — zum letzten Mal bis zur Gegenwart, denn nunmehr beginnt in den vielen Staaten, welche an der Senke Anteil haben, die geologische Spezialaufnahme. Die einzelnen Ergebnisse werden dadurch ge- sichert, aber die Vergleichbarkeit ist eine sehr schwierige trotz aller Bemühungen und Wanderversammlungen des Oberrheinischen geolo- gischen Vereins. So ist es auch heute noch nicht möglich, die ganze mittelrheinische Senke einheitlich darzustellen, heute vielleicht noch weniger als vor einiger Zeit, seit uns die Kalibohrungen einen viel komplizierteren Aufbau des Untergrundes im Süden kennen lehrten, als man ihn vorher ahnen konnte. Sie enthalten aber nun wenigstens für den Süden die Möglichkeit, die geologischen Ergebnisse mor- phologisch auszuwerten, wie es im Folgenden an Hand der älteren und neueren Literatur und eigener Exkursionen im Verlauf zweier Jahre geschehen ist. Zwei Tabellen enthalten die wesentlichsten Re- sultate, die erste die Entwicklung der südlichen mittelrheinischen Senke zur Tertiärzeit, die zweite in der Diluvialzeit anzeigend. 5) E. Schumacher: Die Bildung und der Aufbau des oberrheinischen Tief- landes. Mitt. d. Komm. f. d. geol. L.-A. von Els.-Loth. II. 1890. 184—401. 151 Zur Morphologie der Umgebung von Basel. Ur 00 ug, nesyeld-usdurnn SunTYT AIO APUET AUI9JS92) 0007 UL° 2 yaa ‘(goua2qa u pueg | w (p-08 | TOyasısseanloyeaawo]>uo‘M UB90oN tan OSIPuUNnASFoLL 6 = \ Se -Jdumy ayastuewasn) DUB EL ‘3 ‘(I UONPULIOFZIUUO (8 uone.douss („soydunyg'p uoptouyos1oz UOZ[ES SSTERLLIENT UROOSTTO-TENUN -UOYOBLT ,Sy>sturayy‘ | 'qfasaop'Tingfay (guayuas ASS 3 (G PUUT | u 0017 yıuu () usjoTgsspuey | use wON0TL ASqn nz Sung SIN ayeM 3 N U9P UT 95P[UPSSNIA | -[OMUIH (GUUITAUIMOOUT, ; -BIOAWOLSUON [SOIN luro0$11O um = IPLI9JRIN 194015 yaıpura ‘TOOLS USE ARIAWOTSUOY -IPHEN 002-009 Due SUN TOUT] ‘WU ‘[[NJJAY 919719 M (aeg A LAUSE “uoyuarır)day puwssoran sa1g0]| UINI9ALISSE SOIZLJUONDD setzejpu® e \ Joloy S9SUU9N an en PUR u09 un, E le sunfmmypay ‘P Sunpuaffo | pur w 06 MIPM dosummL UBIOLMN-AOJU PU9TTO À I LI { UN N ut AUDE 007-0001! -HP0UPTEMZTIEMUIS R sed u u 0T-€ UTOJSPULS[OYOSNnMN wu eanlppgeL pun (OT SUORLT UOyostumUyd| 991 F AT 7 002-009 SJ9qoAui SndAL | U9J1991898 19p u9y991qI07 |‘ N ee fe À purpuopjoyoszdumy | pun Sun$orqo À opnaway URO0EN-TORTN = CHERS un on us] -SNIZII ISEUT 2U9SIU0YH9J M ER DID yoanp xop yprapssny pure | w00T-08 ynpppeseueamf AOSTOMTIOL 'SUNPOUUOSII "TZ | 9U0Z819 410 À 002-006 Jop SUB ur 006 NEIIEIT-SI9gENUIA € ur 009 | (SI mesgerg-nespung SUunaoyIMmdg A puef |w 0€8-c1 (TI NIENIOSSTASSNS UPOOIN-1040 90H uaydeı4 ahuebuon puejsnz pod uaßunuabeigy 127 ‘JOZARTMOI, "y eageL A G. Braun. Anmerkungen. Tabelle A. Zur Literatur vel. z. B. L. Rollier — Die Bohnerzformation usw. Vierteljahrsschrift Naturforsch. Ges. Zürich 50. 1905. 151. — (©. Schmidt: Die Eisenerzvorräte der Schweiz in The Iron Ore Resources of the World. Stockholm 1910. „Germanische‘ Rumpfebene genannt, weil sie nach meiner An- sicht im ganzen germanischen Mitteleuropa verbreitet, z. T. auch schon erkannt und nachgewiesen ist. Es ist die sog. ,,präoli- goeäne“ Landoberfläche Æ. Philippi's (Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 1910), die in weiter Verbreitung in der mitteldeutschen Ge- birgsschwelle erhalten, im Norden verschüttet, im Süden zer- schnitten ist; sie ging jedenfalls über die Gipfel von Vogesen und Schwarzwald hinüber. — Näheres siehe in meinem Werk „Deutschland“, Berlin 1914. — Dass es sich hier in Südwest- deutschland um eine Rumpffläche handelt, welche verschiedene Schichten abschnitt, zeigt die Auflagerung nachweislich eocäner Verwitterungsdecke und anderer Ablagerungen auf verschieden- altriger Grundlage (Sequan bei Hochwald und Lausen n. À. Gutzwiller in Abh. schweiz. paläont. Ges. 32. 1905; auf Effin- ger Schichten des Argovien und Crenularis-Schichten des Sequaa nach G@. Cloos Diss. Freiburg 1. B. 1910. — Mitteleocän von Messel nördlich vom Odenwald auf Rotliegendem nach L. van Werveke in Festschr. 19. D. Geogr. Tag Strassburg 1914. 25. A. Gutzwiller: Die eocänen Süsswasserkalke usw. Abh. schweiz. paläont. Ges. 32. 1905. Die starke Einwölbung (s. Anm. 6) bewirkt es, dass nunmehr innerhalb der Löcher und an ihren Rändern sehr verschieden- artige Sedimente zur Ablagerung kommen. Folgende Tabelle zeigt das in grösserer Ausführlichkeit : Alter Randfazies Beckenfazies Oberstes Oligocän- Tüllingerkalk Unter-Miocän Ober-Oligocän Cyrenenmergel 60 m Ob. Mittel-Oligocän Meeressand | Melettaschiefer 200 m Amphisyleschiefer 20 m Foraminiferenmergel 8 m | Zur Morphologie der Umgebung von Basel, 133 Alter | Randfazies Beckenfazies Mittl. Mittel-Oligocän | Haustein und Bunte Mergel 420 m Konglomerate Unter Mittel-Oligocän | Plattige Steinmergel (Salze, Kali) | Konglomerate von Streifige Mergel | Winzenheim und 520 m Rufach; von Kan- dern. Unter-Oligocän | Melanienkalk Grüne Mergel Gipshaltige Mergel 160 m Konglomerate zw. Staufen und Nieder- weiler. 5) Die eben beschriebenen stratigraphischen Verhältnisse sprechen in jeder Weise dafür, dass es sich in der Zeit vom Unter-Oligocän bis zum Mittleren Mittel-Oligocän um Landabsätze unter der Herrschaft arıden Klimas handelt. Die Salzführung, der Wech- sel zwischen Konglomeraten und Mergeln, die starken Färbun- sen, die Süsswasserkalkbildungen, schliesslich der Fossilgehalt sprechen ganz entschieden ebenso dafür, wie die Lagerung der randlichen Konglomerate in Form von Schuttkegeln ohne Spur von Deltaschichtung (vgl. P. Kessler : D.tert. Küstenkongl. usw. Diss. Strassb. 1909 u. Mitt. Geol. L. A. v. Els.-Lothr. VII). 6) Malm erbohrt bei Ostheim in der Nähe von Colmar in 1002 m, dort aber augenscheinlich schon am Nordrande einer noch tie- feren Senke, da bei Ostheim Salz und Kalı fehlen. Setzt man die normale, noch nicht durchbohrte Schichtenfolge ein, so würde der Malm bei Wittelsheim in 1250 m Tiefe, bei Basel in 750 m Tiefe u. d. M. kommen. Auch auf französischem Gebiet sind schon rund 900 m Tertiär durchbohrt ohne auf die Grundlage zu kommen (s. B. Förster in Mitt. Geol. L. A. von Els.-Lothr. VII. 1911. 349£.). Ein derartiges Becken ist das oberelsässische Kaligebiet, ein zweites ist das badische zwischen Rumersheim und Buggingen, ein drittes das französische von Belfort, ein viertes liegt möglicherweise bei Basel. Dem gegenüber ist der Grundbau des Sundgau ein Horst, der sich nach Norden senkt. B. Förster :'Weisser Jura unter dem Tertiär des Sundgaues im Ober-Elsass. Mitt. geol. L. A. von Els.-Lothr. V. 1904. 381. — L. von Werveke: Die Tektonik des Sundgaues usw. Mitt. Geol. L. A. von Elsass-Lothr. VI. 323. 1908. — Ders.: Tek- tonik des Sundgaues, ihre Beziehung zu den Kalisalzvorkommen im Ober-Elsass usw. Mitt. geol. L. A. von Els.-Lothr. VIII. 1914. 134 G. Braun. 7) Der Auffüllung mit mächtigen Sedimentmassen in den Becken 8 9 NO N_/ muss eine entsprechende Abtragung in der Umgebung gegen- überstehen. Von der Intensität derselben zeugen die in den fein- körnigen Schichten immer wiederkehrenden Konglomerate, die stellenweise (so im Bohrloch Michelbach 160 m s. B. Förster Mitt. Geol. L. A. VII. 1911. 349) sehr bedeutende Mächtigkeit erreichen. Ihr Zusammenhang mit den Flüssen der Umgebung äussert sich darin, dass sie der Randfazies gleichaltriger Zone dort fehlen, wo keine Gewässer einmündeten wie am Horst des Sundgaues und bei Istein. Hier finden wir Melanienkalk, gips- haltige Mergel, Steinmergel, Haustein usw., in der Nähe der Gebirge aber die Konglomerate. Dass die damals angelegten Täler auch noch in der Richtung der heutigen grösseren Täler in dem südlichen Schwarzwald, den südlichen Vogesen und einen Teil des Vorlandes erhalten sind, schliesse ich aus der Anordnung der grössten Geröllmassen vor der Mündung jetzeger grossen Täler (Doller-Tal, Thur-Tal, Kander-Tal u. a.) und aus der strahligen Anordnung des Gewässernetzes, die besonders deut- lich um das Basler Senkungsfeld wahrnehmbar ist (Birs, Wiese, Kander, Feuer-Bach, Enge-Bach); im Oberelsass: Ill, Doller, Thur, Lauch. — Vgl. über die Konglomerate L. van Werveke : Die Entstehung des Rheintales in Mitt. Philomath. Ges. in Els.-Lothr. 5. Jahrg. 1897. II. 39 (44) und P. Kessler: Die tertiären Küstenkonglomerate in der mittelrhein. Tiefebene. Diss. Strassb. 1909 auch Mitt. Geol. L. A. v. Els.-Lothr. VII. mit reichen Literaturangaben. Die aus der lange fortgesetzten Abtragung der randlichen Ge- biete zum Beckeninneren hin hervorragende Oberfläche dürfte jetzt etwa den Zustand eines Hügellandes erreicht haben, das stellenweise dem benachbarten Meer noch groben, meist aber feinen Schutt liefert. Da die Erosionsbasis des Gebietes von jetzt an die Oberfläche der Auffüllung der rheinischen Senke oder ein nahe entsprechendes Niveau, später der Rhein selbst ist, so könnte man die im Anschluss an dieses Niveau (rund 500 m) gebildeten Flächen wohl zweckmässig als ‚rheinische“ Flächengeneration bezeichnen, zum Unterschied von der ,,ger- manischen“, in der sich keinerlei Beziehungen zu heutigen Flüssen erkennen lassen. Jetzt tritt von Westen her vorübergehend Meer ein, dessen Ab- lagerungen nun die älteren Landbildungen mit oft nur sehr dünner Decke verhüllen. Es entsteht randlich der Meeressand mit seinen Konglomeraten, in den Becken Tone, Ablagerungen, aus denen hervorgeht, dass die Abtragung in der Umgebung wei- 10 Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 135 tere Fortschritte gemacht hat, nur noch feineren Schutt liefert. Das Meer erfüllt die weite Baseler Bucht und tritt in die Winkel zwischen den ersten aufgewölbten Juraketten ein (Vorkommen von Florimont, Rechesy, Buchsweiler, Oltingen, Rüdersdorf, Bättwil, Witterswil, Klus, Pfeffingen, Aesch, Dornach, Arles- heim, Stetten, Lörrach, Röttler Schloss Hammerstein u. a. vgl. A. Gutzwiller : Beitr. z. Kenntnis d. Tertiärbild. d. Umgeb. von Basel. Verh. Naturforsch. Ges. Basel IX. 1890. — Ders. in Ber. 25. Vers. Oberrhein. geol. Ver. 1892. — F. Jenny: Fossilreiche Oligocänabl. am Südhang des Blauen, Verh. Natur- forsch. Ges. Basel XVIII. 1905. — O. Wurz: Über d. Tertiär zw. Istein, Kandern, Lörrach-Stetten u. d. Rhein. Mitt. Bad. Geol. L. A. VII. 1. 1912. — A. Buxtorf : Dogger u. Meeres- sand am Röttler Schloss b. Basel ebenda). Zweite tektonische Phase. Entstehung des ‚„‚Rheintalgrabens“ in engerem Sinn, Ausbildung der Schwarzwaldrandverwerfung, welche die rheinische Rumpffläche in zwei Teile zerlegt: Das Rumpfhügelland der Schwarzwaldhöhen, das Rumpfschollenland des Dinkelberges und Tafeljura (vel. O. Hug: Beitr. z. Strati- oraphie u. Tektonik d. Isteiner Klotzes. Mitt. Bad. Geol. L. A. III. 1899. 379. — G. Steinmann : Über d. Erbohrung arte- sischen Wassers a. d. Isteiner Klotz. Mitt. Bad. Geol. L. A. V. 1906. 145. — C. Lent: Der westliche Schwarzwaldrand zw. Staufen und Badenweiler. Mitt. Bad. Geol. L.A. II. 1893. — G. Braun: Z. deutsch. Landeskunde V. Der Schwarzwald. Zeit- schr. Ges. f. Erdk. Berlin 1914. 199. — Fr. Pfaff: Unters. über die geol. Verh. zw. Kandern und Lörrach usw. Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg VII. 1893. — S. von Bubnoff: Die Tektonik d. Dinkelberge b. Basel I. Mitt. Bad. Geol. L. A. VI. 2. 1912. — Ders. Das Geb. d. Dinkelberge zw. Wiese und Rhein. Jahres- ber. und Mitt. Oberrhein Geol. Ver. N. F. 2. 1912. Heft 2. — Ders.: Zur Tektonik d. Schweizer Jura. Ebenda Heft 1. — J. L. Wolser: Die Rheintalflexur nordöstlich von Basel zw. Lörrach u. Kandern. Mitt. Bad. Geol. L. A. VII. 2. 1914. — Profile von H. Preiswerk nördl. d. Wiesentales und durch die Bruchstufe von Wehr in Führer zu den Exkurs. d. deutsch. Geol. Ges. usw. 1907. 9. — €. Disler : Stratigraphie und Tek- tonik d. Rotliegenden und d. Trias beiderseits des Rheins zw. Rheinfelden und Augst. Diss. Basel 1914, auch Verh. Natur- forsch. Ges. Basel 25. 1914. — C. Disler: Die Umgebung v. Rheinfelden. Jahresber. und Mitt. Oberrhein. Geol. Ver. N. F. 2. 1912. Heft 2. — F. Mühlberg: Geotektonische Skizze d. nordwestl. Schweiz 1:250000 in Livret-guide usw. Lausanne 136 G. Braun. 1894 u. a. — F. von Huene: Geol. Beschr. d. Gegend von Liestal usw. Verh. Naturforsch. Ges. Basel. 12. 1900. — A. Buxtorf: Geologie d. Umgeb. von Gelterkinden. Beitr. z. Geol. K. d. Schweiz. N. F. XI. 1901. — Ders. in Führer z. d. Bx- kurs. d. deutsch. Geol. Ges. 1907. 14f. — G. Cloos: Tafel- und Kettenland im Basler Jura usw. Diss. Freiburg 1910, auch N..Jahrb. f. Min. usw. Beil. Bd. XXX. — #7 Bloch Tektonik d. schweiz. Tafeljura. Diss. Zürich 1910 auch N. Jahrb. f. Min. usw. Beil. Bd. XXIX). Die zweite tektonische Phase und ihr Alter ergeben sich aus folgendem : auf den Höhen des Schwarzwaldes ist eine wel- lige Hochfläche vorhanden. Von ihr durch einen linearen Höhen- unterschied von bis zu 500 m und lineare Zertalung getrennt, liegt eine zweite wellige Fläche, die ebenfalls eine Abtragungs- fläche ist (vgl. die Profile bei $. von Bubnoff). Unabhängig von- einander können sich die beiden Rumpfflächen nicht gebildet haben, sie sind vielmehr Teile einer einheitlichen Oberfläche. Die Zeit der Ausbildung derselben ist durch den erst grobkör- nigen, dann feinkörnigen Charakter der oligocänen Sedimente gegeben, die nach oben hin mit Mergeln, Süsswasserkalken, Glimmersanden schliessen, Ablagerungen ohne gröbere Bestand- teile (vgl. O. Wurz: Über d. Tertiär zw. Istein, Kandern usw. Mitt. Bad. Geol. L. A. VII. 1912). Die nächsten datierbaren Ablagerungen sind das Muschelagglomerat mit Geröllen, das im Mittel-Miocän von dem von Süden her transgredierenden Meer im Tafeljura bis nördlich an das jetzige Rheintal heran abge- lagert wurde. Dieses verdeckt die grossenteils bereits eingeebne- ten Verwerfungen, die aus dem Dinkelberg in den Tafeljura hinüberstreichen. Dem weichenden Meer folgen im oberen Mit- telmiocän die gleichzeitigen Flüsse und schütten grobe Geröll- massen über die Süsswasserkalke mit ihrer roten Verwitterungs- rinde und 1 m tiefen Verwitterungstaschen, die in der Tenniker Fluh dem Muschelagglomerat auflagern. Die Kraft zum Ge- rölltransport entnehmen die Flüsse den durch die Verwerfungs- phase neugeschaffenen Höhenunterschieden, in Sonderheit dem (scheinbar) gehobenen Einzugsgebiet im Schwarzwald. Die Bruchphase fällt also in das Unter-Miocän bis Mittel-Miocän; die Verwerfungen sind im Süden im Mittel-Miocän bereits einge- ebnet. Das allgemeine Gefäll des Landes ging damals nach Süden, da das südliche Meer nicht nach Norden in die heutigen Senken vorzudringen vermochte. Die gleiche Erscheinung beobachten wir am ganzen Südabhang des Schwäbischen Jura, am Böhmer- wald und in Oberschlesien, während gleichzeitig nach Norden 11) 12) Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 137 hin ein Vor-Rhein die Schotter der Vallendarer Stufe aufschüt- tet. (C. Mordziol). Wo lag die Wölbung der Landschwelle ? — — Vgl. J. Schaad: Die Juranagelfluh. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. N. F. XXII. 1908. — A. Gutzwiller: Die Wander- blöcke auf Kastelhöhe. Verh. Naturforsch. Ges. Basel XXI. 1910. 197. — und zahlreiche Aufsammlungen von mir in der Sammlung der Geographischen Anstalt. Es fragt sich, ob die Verwerfungen mit dieser miocänen Phase abgeschlossen waren. Ed. Blösch: Z. Tektonik d. schweiz. Tafeljura. Diss. Zürich 1910, auch N. Jahrb. f. Min. usw. Beil. Bd. 29 diskutiert die bis dahin beobachteten Fälle postmiocäner Verwerfungen. Er kommt zu dem Resultat, dass solche in der Tat vorhanden wären, aber im Höchstfall ein Ausmass von 100 m erreichten und im Ganzen nur selten auftraten. Es scheint sich stellenweise um ein Aufleben älterer Verwerfungen, meist aber nur um Verbiegungen zu handeln, die noch bis in das jüngere Diluvium fortdauerten. Typus Öninger Kalk. Im Grossen und Ganzen ist jetzt die Anlage der rheinischen Hochflächen in der Umgebung von Basel beendet. Eine wohl pliocäne Bohnerzkonglomerattasche beobachtete S. von Bubnoff auf der Höhe des Dinkelbergplateaus — z. Tektonik d. Dinkel- berge bei Basel. Mitt. Bad. Geol. L. A. VI. 2. 1912. 545. — Pliocäne ( ?) Gerölle und Tone vom Heuberg 560m s. Fr. Pfaff: Unters. üb. d. geol. Verh. zwischen Kandern und Lörrach. Ber. Naturforsch. Ges. Freib. i. B. VII. 1893 und O. Wurz: Über d. Tertiär zw. Istein, Kandern, Lörrach-Stetten und d. Rhein. Mitt. Bad. Geol. L. A. VII. 1. 1912. Sie gliedern sich in die Auffüllungshochflächen (mit geringer Abtragung) des Sund- gaus, die Rumpffläche der Vorberg-Zone, welche eine Serie im Ganzen nach Süden fallender mesozoischer Schichten abschnei- det und die Rumpffläche von Dinkelberg und Tafeljura, welche ein Schollenland überzieht. Die gegenseitige Höhenlage dieser Stücke ist seither geändert, wie sich aus der Schrägstellung der jüngeren Ablagerungen des Rhein nachweisen lässt. Um erheb- liche Beträge scheint es sich indessen dabei nicht gehandelt zu haben. Über das Flussnetz dieser Zeit wissen wir noch sehr wenig, doch hat kürzlich Hummel aus dem Elsgau sicher datierte Schotter beschrieben, die bis ins Mittelpliocän reichen und aus- schliesslich aus Vogesengeröllen bestehen. Einen Rhein mit alpi- ner Wasserzufuhr gab es daher damals noch nicht. Die Vogesen entwässerten nach Süden in den Jura hinein. K. L. Hummel: D. Tektonik d. Elsgaues. Ber. Naturforsch. Gesetz zu Frei- burg 1. B. XX. 1914. G. Braun. 138 ser ussurung . aeyasyun SundaselqV 5 19q (6 Pseg qTeyaogo PILES 6 19J10Y9S SYOsLıq GHZ Sunaoparuwo.agg | 3240| yoou !uapreuyosumy owyorf wntan]]Y ur 018 (8 2SSULHI9JIOPAIN SUndooyasmy pur'T ur Ge AONOYOSUDSSE.LIIIAOPAIN | JOZSIJ-wan M UOISOAT U (OT puna un nespuns à NOZIELZELSASJUT U9UOIIPIOU sap uasuny PET (Essen -ULIN M -SSTY -U2S (2, U9SUNSOIAIE À = u GIE OSSL.ALIIIUOOH Sundayoyasmy pur w OL |(G aaoyasuasse.L1la]y9oH yazsır[-ssıy | à w 02-09 yozperzefsasyuf | € um 9aSEHASUOISOIT pur'T -SSIY-opurm | = *ZIOUI9pRIS ‘sanvs -pung sap Sosuruy |SUNIIJJOUISINY ‘UOISOIT à SO SEP UOUOPIFO PAT | — SUNIJJOUISFUY ‘UOIS QU |: 2 ur 06€ (g 9yDRTFIIIO -OIT — (FU9PAON yoru 06796 (g Joyouyos fotos unpg | NOZSIT-TPpuN w O0P | pur] „ofermepswag“ SOUTOUY S9P U9891qqY -U9Y094Œ | J9490V J9ZS1T-ZUNN UOUORI} (g uaoqposiop Sun] Tosea LL. Han on .-NUOSI9 A pun ouuy aan u gr S | [IS2M U9SSOIS JUL Tel uoyosısseanlgqns uoauwoIl (T 1ONoy9susay99d u 086 | -uWyy SoU9ITJSOMISO | -PAOU dep SUNSOIQUI AOUOSISSBSTIAIIO URVONLAIIO | PUCT 9HOUT | Ho 9y0H uoydelg aßueh.uoA pue}snz -Siyoew usßun.saßergy 1197 'NOZIBLANITA ‘a ologeL Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 15 Anmerkungen. Tabelle B. Anordnung so, dass die ältesten Ablagerungen oben stehen, so wie sie um Basel lagern (vel. A. Tobler: Tabell. Zusammenstell. d. Schichtenfolge in der Umgeb. von Basel. Basel 1905). 1) Oberelsässischer Deckenschotter nach A. Gutzwiller, Sundgauer Schotter. E. Brückner's. — Vgl. A. Gutzwiller : Die Gliederung der Diluvialen Schotter in der Umgebung von Basel. Verh. Naturforsch. Ges. Basel. 33. 1912. Dis Oberelsässischen Deckenschotter scheinen in einer tektoni- schen Depression abgelagert, welche sich am Nordrand des Jura diesem parallel streichend bildete, eine Art nördlichstes Jura- becken. Der Nordrand verläuft etwa von Obermagstatt nach Altkirch — vgl. A. Gutzwiller 1912. B. Förster: Erl. z. BI. Altkirch. Geol. Spez. K. v. Elsass-Lothringen. Strassburg 1902; die Mächtigkeit beträgt bei Ober-Hagenthal-Bettlach 40 m, bei Altkirch 20 m, im südlichen Sundgau mehr. Zu diesen pliocänen Schottern gehören wohl die ‚‚verarmten“ Grerölle, die S. von Bub- noff auf dem Dinkelbergplateau nachwies. Die Tektonik d. Din- kelberge bei Basel. Mitt. Bad. Geol. L. A. VI. 1912. 546. — Die Fortsetzung zum Doubs ist ebenfalls durch den Fund alpiner Radiolarite nachgewiesen. L. Rollier: Sur la provenance des galets et des sables de la forêt de Chaux pres de Döle (Jura). Bull. Soc. d’Agrieulture ete. de la Haute Saöne, Vesoul 1907. Vol. A. Gutzwiller 1912. — R. Tschudi: Zur Altersbestimmung des Moränen im untern Wehratale. Diss. Basel 1904 (Decken- schotter am Dinkelberg; dagegen S. von Bubnoff : D. Tektonik d. Dinkelberge. Mitt. Bad. Geol. L. A. VI. 1912. 546). — Fr. Pfaff: Unters. üb. d. geol. Verhältnisse zw. Kandern und Lörrach im bad. Oberland. Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg 1. B. VII. 1893. — R. Frei: Monographie des Schweiz. Decken- schotters. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. N. F. 37. 1912 (mit kartographischer Darstellung 1: 250,000). ) Der Rhein und seine Zuflüsse schütten den oberelsässischen Deckenschotter in Form eines gewaltigen Schuttkegels auf, von dessen Spitze sich der Rhein gelegentlich einmal zur Hoch- wasserszeit nach Norden wandte (vgl. Hoangho), wo er auf irgend einen Fluss stiess, der sich von Norden her in den Rand des Sundgau-Plateaus ein Tal eingeschnitten hatte, dessen Höhenlage wir zu etwa 400 m in der Gegend von Mülhausen ansetzen können (älterer Deckenschotter bei Attenschweiler heute 320 m —- der seitherigen tektonischen Senkung um rund 100 m nach Norden). Nach der Abbiegung erodiert der Rhein und 140 G. Braun. schafft ein breites ,,präglaziales Tal‘, dessen Sohle in Schönen- buch bei Basel noch 110 m über dem heutigen Bett liegt (nach R. Frei 1912) und das sich nun kontinuierlich in die Inner- schweiz verfolgen lässt. Vgl. die Rekonstruktionsversuche von R. Frei, Monographie d. Schweiz. Deckenschotters. Beitr. z. geol. K. d. Schweiz. N. E. 87, 19127 128 "under PRIVE In dieses Bett wird dann von dem nach Norden fliessenden Strom der ältere Deckenschotter abgelagert, in welchen und in die Unterlage hinein die Erosion der Günz-Mindel-Interglazial- zeit ein Tal schnitt, das südlich Basel um 70 m über dem heu- tigen Fluss liegt, bei Schönenbuch um 55 m. Darauf folste die Ablagerung des jüngeren Deckenschotters in diesem Tal. 5) A. Gutzwiller 1912. — O. Wurz: Über d. Tertiär zw. Istein, Kandern usw. Mitt. Bad. Geol. E. A VI TON R. Tschudi : Zur Altersbest. d. Moränen im unt. Wehratal. Diss. Basel 1904. — B. Brandt: Studien z. Talgeschichte der Grossen Wiese im Schwarzwald. Diss. Freiburg 1914. 6) À. Gutzwiller : Der Löss mit bes. Berücksichtigung s. Vorkom- mens b. Basel. Wiss. Beil. z. Ber. d. Realsch. z. Basel. 1894. — Ders.: Zur Altersfrage des Löss. Verh. Naturforsch. Ges. Basel 1901. 271. 7) A. Gutzwiller : Die Diluvialbildungen d. Umgebung von Basel. Verh. Naturforsch. Ges. Basel. X. 1894. 512. 8) Die Niederterrasse ist in sich wieder in mehrere, oft sehr scharf von einander geschiedene Stufen gegliedert, deren Wesen noch nicht näher untersucht ist; vgl. J. Hug: Die Zweiteilung d. Niederterrasse im Rheintal zwischen Schaffhausen und Basel. Zeitschr. f. Gletscherkde. III. 1909. 9) Der Rhein und seine Zuflüsse durchschneiden oberhalb Basel ganz allgemein die Niederterrasse und bis in ihren Untergrund. Unterhalb Basel ist am Isteiner Klotz in 10 m Tiefe marines Oligocän erbohrt (O. Hug: Beitr. z. Stratigr. und Tektonik d. Ist. Klotzes, Mitt. Bad. Geol. L.A.3. 1896. 467) und stehen die Pfei- ler der Eisenbahnbrücke von Hüningen in Septarienton (O. Wurz: Über d. Tertiär usw. Mitt. Bad. Geol. L. A. VII. 1. 1912 Karte und Prof. I), in der Stadt stehen Septarienton und Molasse al- sacienne bis zu 7.20 m über Basler Pegel 0.0 =247 m. ü. d. M.), also bis 254.2 m an {C. Schmidt) und oberhalb schneidet der Fluss die Flexur am Hörnli an (Ed. Greppin: z. Kenntnis d. geol. Profiles am Hörnli bei Grenzach. Verh. Naturforsch. Ges. Basel XVIII. 1905. — Fig. 4, 5, 6 im Führer z. d. Exkurs. d. d. Geol. Ges. usw. 1907). Ebenso liegt die Birs bei Neue Welt Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 141 im Keuper, am „Schänzli“ im Hauptrogenstein, der Birsig im Tertiär, die Wiese am Tüllinger Berg in den &limmersanden. 10) Vor der Korrektion war der Rhein hier völlig verwildert, wie es noch die Messtischblätter (namentlich die badischen) erken- nen lassen. In graphischer Form zeigen die Karte und die Profile die gewonnenen Ergebnisse. Danach haben wir rings um das Rhein\nie in rund 500m Höhe gelegene morphologisch alte Hochflächen, aus welchen sich erst die Randgebirge, der Schwarzwald und der Jura, emporwölben. Diese Hochflächen sind in sich einheitlich und ge- hören dem Talsystem des pliocänen und präglazıalen Rhein an und zeigen seither eine tektonische Verbiegung nach Norden. Mit meist steilen Erosionsrändern von bis zu 200 m Höhe ist in die Hochflächen das System des diluvialen Rhein und seiner Zuflüsse eingeschnitten, wobei die landschaftlich beherrschende Niederterrasse einen jetzt schon überwundenen Zustand darstellt. Linksrheinisch schaltet sich vom Birstal abwärts zwischen die Hochflächen und die Niederterrasse eine Reihe von Riedelflächen vom Typus des Bruderholzes ein, die aus schotter- und lössbedeckten älteren Talböden des Rheines durch jüngere Erosion, deren Basis teils die Niederterrasse, teils der Rhein selbst ist, herausgeschnitten wurden. Begleitworte zu der Kartenskizze. Ausser der Literatur, die in den obigen Anmerkungen angegeben ist, wurden eigene Beobachtungen und folgende kartographische Grundlagen benutzt: 1. Für das ganze Gebiet: Topographische Übersichtskarte d. Deutsch. Reiches. 1:200000. Bl. 185 Frei- burg i. B. Höhenschichtenkarte von Elsass-Lothringen u. d. angrenzenden Gebieten. 1 : 200000. Mit Begleitworten von L. van Werveke. Her. v. d. Direkt. d. geol. L.-Unters. von Els.-Loth. Strassburg 1906. C. Regelmann: Geol. Übersichtskarte von Südwest-Deutschland. 9. Aufl. 1913, mit Erl. 1 : 600000. R. Lepsius: Geol. Karte d. Deutsch. Reiches. 1:500000. Bl. 25. Mülhausen i. E. 2. Elsässischer Teil: M. J. Köchlin-Schlumberger: Carte géologique du Departement du Haut-Rhin, 1: 80000. 1867. 9. Badischer Teil: J. Schill: Geol. Karte d. Grossherzogt. Baden. 1:200000. Bl. Freiburg 1857. G. Eck: Geogn, Übersichtskarte d. Schwarzwaldes. 1 : 200000. Südl. Blatt. Lahr 1886. (M. Quellenangabe.) 4. Schweizer Teil: Geol. Karte der Schweiz. 1:500000. M. Erl. 2. Aufl. Bern 1912. Geol. Karte der Schweiz. 1: 100000. Bl. 2 Basel-Belfort. 1874. A. Müller: Karte vom Kanton Basel. 1:50000. 1862. Mit Erl. in Beitr. z. geol. K. d. Schweiz 1. 2. Aufl. 1884. 142 G. Braun. 5. Stromniederung: Elsässische Messtischblätter. 1:25000. 3671 Heiteren, 3679 Rumersheim, 3686 Homburg, 3690 Neudorf, 3695 Hüningen. Badische Messtischblätter. 1:25000. 115 Hartheim, 127 Müllheim, 152 Lörrach, 164 Weil. Geol. Spez.-Karte d. Grossherz. Baden. 1:25000. Blatt Hartheim-Ehrenstetten m. Erl. von Steinmann und Graeff. 1897. Blatt Müllheim m. Erl. von Steinmann und Regelmann. 1903. Geol. Spez.-Karte von Elsass-Lothr. 1: 25000. Blatt Mülhausen-Ost u. Homburg m. Erl. von B. Förster. 1898. Schuttkegel d. Wiese nach „Stadt Basel”. 1:10000. Ausgabe 1913. 6. Sundgau: Geol. Spez.-Karte von Els.-Lothr. Blatt Mülhausen-West, Mülhausen-Ost und Homburg m. Erl. von B. Förster. 1898. Blatt Altkirch m. Erl. von B. Förster. 1902. Geol. Übersichtskarte d. Umg. von Mülhausen und Altkirch. 1:100000. In B. Förster: Geol. Führer f. d. Umgeb. von Mülhausen. Mitt. Geol, L.-A. v. Els.-Lotbr. III. 1892. Übersichtskarte d. Verbreit. d. Deckenschotters in d. Schweiz. 1:250000. In R. Frei: Monogr. d. Schweiz. Deckensch. Beitr. z. geol. K. d. Schweiz. N. F. 37. 1912. Elsässische Messtischbl. 1:25000. 3684 Mülhausen-West, 3685 Mülhausen-Ost, 3688 Altkirch, 3689 Landser, 8693 Hirsingen, 3694 Volkensberg, 3695 Hüningen. Siegfried-Atlas. 1:25000. 1 Basel-Allschwil, 2 Basel-Riehen, 7 Therwil, 8 Muttenz. 7. Dinkelberg und Umgebung: - Badische Messtischblätter. 1:25000. 153 Schopfheim, 154 Wehr, 164 Weil, 165 Wyhlen, 166 Säckingen. 8. Tüllinger Berg, Isteiner Klotz usw.: Karte 1:50000. In O0. Wurz: Über das Tertiär usw. Mitt. Bad. Geol. L.-A. Vll. 1, SE 0. Hug: Geol. Karte d. Isteiner Klotzes. 1:25000. In Mitt. Bad. Geol. L.-A. IIT. 12. 1896. Bad. Messtischblatt 152 Lörrach. 9. Bruchstufe von Wehr: Bad. Messtischblatt 154 Wehr, 166 Säckingen. 0. G. Erdmannsdörffer: Geol. Karte d. mittl. Wehratales. 1:25000. In Mitt. Bad. Geol. L.-A. IV. 2. 1901. R. Neumann: Eine Jura-Versenkung im untern Wehratale. Zentralbl. f. Min. usw. 1906. 40. Profil. 10. Möhliner Feld: R. Tsehudi: Karte und Prof. d. d. Diluvium im Mündungsgebiet d. Wehra. 1:100000. In Diss. Basel 1904. R. Frei: Monogr. d. Schweiz. Deckenschotters. In Beitr. z. geol. K. d. Schweiz. NME wo El Manuskript eingegangen 23. Juni 1914. er Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura. 2. Nachtrag von K. Strübin, Liestal. Heute liegt wieder ein Verzeichnis von bis zur Zeit noch nicht bekannt gegebenen Findlingen vor, so dass die Veröffentlichung eines 2. Nachtrages berechtigt erscheint. Die neu zu meldenden Blöcke tragen die Nummern 73—134. Ich mache hier darauf aufmerksam, dass die Publikation in der früher gewählten, tabellarischen Form b°) erfolet. Die ursprüngliche Lage jedes Blockes ist durch Abszisse West- Ostrichtung und Ordinate Süd-Nordrichtung in mm angegeben, wobei die Südwestecke des betreffenden Siegfriedblattes als O-Punkt an- genommen wurde. Ich gab mich mit der Registrierung der Findlinge keineswegs zu- frieden, sondern war darauf bedacht, die erratischen Blöcke nach Möglichkeit als Naturdenkmäler zu erhalten und zu schützen. Es freut mich, hier feststellen zu können, dass meine Naturschutzbestrebungen in dieser Hinsicht von Erfolg gekrönt waren. Das Anbringen von Messingtäfelchen mit einer kurzen orien- tierenden Aufschrift an den zu schützenden Blöcken schien mir zu ihrer Kennzeichnung und im Interesse des wirksamen Schutzes der- selben wünschenswert zu sein. Ich unterbreitete ein Gesuch um Lieferung solcher Täfelchen dem hochverdienten Präsidenten des Schweiz. Bundes für Naturschutz, Herrn Dr. P. Sarasin in Basel. Herr Dr. P. Sarasin war so freundlich, dafür besorgt zu sein, dass Messingtäfelchen mit folgender Aufschrift: Naturschutz | Erratischer Block | auf Kosten des Schweiz. Bundes für Naturschutz hergestellt wurden. Herr Strassen- und Wasser-Bauinspektor 0. Brodbeck in Liestal liess in zuvorkommender Weise vorläufig an 13 Findlingen solche Messingtäfelchen anbringen. Diese Blöcke stehen unter der Aufsicht und unter dem Schutz des Staates. 1) Strübin, K. und Kaech, M. Die Verbreitung erratischer Blöcke 1m Basler Jura. Verhandl. d. Nat. Ges. in Basel, Bd. XV, Heft 3, 1904. 2) Strübin, K. Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura, 1. Nachtrag. Verhandl. d. Nat. Ges. in Basel, Bd. XIX, Heft 3, 1908. K. Strübin. | Lokalität Siegfriedblatt Masse in cm Abszisse Ordinate C0 CO e2 1 =] OMG 2 275) 2 210) Linker Strassenrand oberhalb Bretzwil Nr. 97 Ziefen (SU) O9 O0 DD Q (Te) or 56 : 35 : 22 Linker Strassenrand oberhalb n an Ziefen © = „m eo) Jo) 55 : 35 : 20 Feld auf dem „Gisiwald“ süd- | Hölstein Nr, 146 östlich von Ziefen Feld auf dem „Gisiwald“ süd- 5 AR 38 | 200| 40:20:20 östlich von Ziefen Feld auf dem ,Gisiwald“ süd- ss D 41 | 201 | 45:20:10 östlich von Ziefen Feld auf dem ,Gisiwald® süd- 5 A 41 | 204| 50:20:10 östlich von Ziefen Auf „Hügel‘‘ bei Ziefen 4. EICH DAME GE 5 80 : 20 „Winkel‘ Vor dem Hause der : RR 42 | 195 | 35:40:10 „Sämmiweid‘“ Waldrand nördl. von „Luftmatt“ : Er 37 | 183 | 50:50:40 n » » ” ” ” ” 36 183 90 : 60 : 25 » ” ” » » „ » 35 183 40: 20 5 20 33,5 | 183] 50:20:20 ” ” ” n ” vn 181 | 100:45:8 Am Weg im Walde auf „Schöni* & ag 24 126 7402202210 Strassenbord bei Hersberg Liestal Nr. 30 236 | 55 | 50:40:45 Beim Hause des Herrn Scholer- 5 NES 301 |61,5 | 45:20:3 Obrist, Zunzgen Bachufer Kriental zwischen |Läufelfingen Nr. 147| 116 | 223| 35:30:15 dem ,,K‘ und dem ,,r‘ des | Wortes Kriental Dorf Rünenberg 5 2» 186,5 236 0115550520 Bächlein am Kirchweg beim 5 Sir 15 | 207 | 40:40:20 „Furboden‘ direkt n. d. Weg Liestal Nr. 30 54,5 1141,5| 45:35:20 Weg im , Waldestel“ bei Liestal 3 HT 37. | 188) 402 SDEMIU Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura. 145 Gesteins- beschaffenheit 11414141 irisrszee ee ——— nn —— grünes, quarzit. Gestein Gabbro Hornblendeschiefer Gabbro Hornblendeschiefer | Glimmerschiefer Gabbro Hornblendeschiefer Gabbro n Glimmerschiefer Gabbro Glimmerschiefer Quarzit Herkunft Allalingebiet Val de Bagnes Allalingebiet Val de Bagnes Zone des grossen St. Bernhard Zone des grossen | St. Bernhard Allalingebiet Val de Bagnes Allalingebiet ” Zone Sr des grossen Bernhard Zone St. des grossen Bernhard Zone Si des grossen Bernhard Allalingebiet Zone des grossen St. Bernhard Isérables Glimmerschiefer Zone des grossen St. Bernhard Carbon. Conglomerat | n ” Unter-Wallis | | Bemerkungen Beide Blôcke befinden sich neben dem Gartentürchen des Hauses von Herrn W. Tschopp-Hug in Ziefen. Von Herrn [tin aufgefunden. Der Block ist nicht mehr vorhanden. 10 | | 146 K. Strübin. No. Lokalität Siegfriedblatt - | 3 | Æ | Masse in cm | <= | S 94. |[Südwestliche Ecke des Hotels | Langenbruck Nr. 148! 196 | 84,5 | 100 : 70 : 30 „Bären“, Langenbruck 95." | Alte Kiesgrube b.Hof,Helfenberg“ 5 » » | 166 | 103502720228 | 96. ” n ” ” ” ” n ” 166 103 45 : 40 : 20 1797. Wiese. Nordabhang von : » n»n | 151333.) 322-2058 „Bachthalen“ | | 98. Unterhalb Niederdorf Hölstein Nr. 146 148 |109,5 100 : 40 : 20 | | gg: 5 a ANBER 148 109,5 30:6:20 100. „Schwengiweid“ b. Langenbruck Langenbruck Nr. 148| 239 | 89,5 | 35:35:20 101. a : 5 » » tn 1239) 6895) | Be 102. = n 5 5 „1.239895 Z20=29ralg 103. 5 s à e ”..n.1.239)/89/5, 4022025 104. S a 5 5 » n |.239895), 20:-B0E2E \105.! Abhang im Wald südlich von Liestal Nr. 30 34 | 132| 40:35:25 „Furboden“ ‚106. | Weid zwischen „Dürstel“ undder, Langenbruck Nr. 148| 259 | 119| 65:55:25 | Scheune links vom Bächlein ‚107. | Weid zwischen „Dürstel“ und der 5 >» 2.1259.) 1219) 120,022 Scheune links vom Bächlein 108. | Weid zwischen „Dürstel“ undder 5 75 10259) 9IMIODETS EE | Scheune links vom Bächlein : 109. | Weid zwischen „Dürstel* und der |. 5 2» | 259 11925520558 | Scheune links vom Bächlein ‚110. | Weid zwischen , Dürstel“ und der S nn) 259 AM OINSEESUESR | Scheune links vom Bächlein 111. | Weid zwischen „Dürstel“ und der 5 » à | 259)|.1497|250:5085% | Scheune links vom Bächlein 112. | Weid zwischen ,, Dürstel“ und der 5 > 4, | 259 119) 220:205 | Scheune links vom Bächlein 113. | Weidzwischen , Dürstel“ und der x nn | 259) 119) 740730528 Scheune links vom Bächlein 114. | Bächlein unterhalb „Dürstel“ = » » | 251 | 120780760 EEE ME à | Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura. ee —— ____—_, mm TC Gesteins- beschaffenheit Herkunft Bemerkungen Glimmerschiefer Zone des grossen | Der Block steht jetzt vor dem Gasthof Carbon. Conglomerat) grünes quarzit. Gest. Glimmerschiefer »” Hornblendeschiefer Glimmerschiefer Dent-Blanche-Granit Glimmerschiefer Valarsine-Granit gelbl. Quarzit Amphibolgesteine, Hornblende- | schiefer St. Bernhard Unter-Wallis Zone St. des grossen Bernhard Zone St. des grossen Bernhard Val de Bagnes ” Zone Sur des grossen Bernhard Dent-Blanche-Masse Zone des grossen St. Bernhard Aiguilles rouges Wallis Val de Bagnes, . Zone des grossen St. Bernhard zur „Linde“ beim Nussbaum. Der Findling trägt ein Täfelchen. Von Herrn Itin auf- gefunden. Von Herrn Dr. F. Leuthardt aufgefunden. Die Blöcke wurden von Herrn Itin auf gefunden. Sie stehen beim Wegweiser bei der Abzweigung der Strasse nach Lampenberg. Der grössere Block trägt ein Täfelchen. Von den Herren W. u. J. Rapp in Basel beobachtet. Von den Herren W, u. J. Rapp in Basel beobachtet. Von den Herren W. u. J. Rapp in Basel beobachtet. Von den Herren W. u. J. Rapp in Basel beobachtet. Von den Herren W. u. J. Rapp in Basel beobachtet. Die Blöcke wurden von Herrn Dettwyler im „Dürstel“ aufgefunden. Sie sind jetzt zu einer Steingruppe vor dem Hause zusammengestellt. 148 K. Strübin. No. Lokalität Siegfriedblatt = | 5 | Masse in cm = | S 115. | Jauchgrube b. obersten Haus | Hölstein Nr. 146 14 | 210) 92:65:25 Kirchgasse, Ziefen 116. | Jauchgrube b. obersten Haus 5 a 14 | 210 | 90:34:12 Kirchgasse, Ziefen 117. | Jauchgrube b. obersten Haus : AE NS 14 | 2101783239539 Kirchgasse, Ziefen 118. | Jauchgrube b. obersten Haus : N, 14 | 210| 65:38:13 Kirchgasse, Ziefen 119. | Jauchgrube b. obersten Haus : Ares 14 | 210| 65:40:18 i Kirchgasse, Ziefen 120. | Jauchgrube b. obersten Haus 5 = 14 | 210 | 85:45:35 Kirchgasse, Ziefen 121.| Wald auf „Schöni* bei Ziefen 2 Ne 25 | 191| 54:45:20 122. Umgebung von Hof „Fuchs“ Bretzwil Nr. 97 343 | 185 | 58:45:15 123. | „Kohlmatters Weid“ b. Ziefen > u: 339 | 192| 45:35:32 124. 5 D SANTE n D 6 339 | 192! 90:40:28 125. „Abendsmatt“ Hölstein Nr. 146 | 122 | 167 | ca. 30: 10:8 126. Wenslingen Gelterkinden Nr. 31 276,5) 10 |ca. 80 : 40 : 30 127. Oltingen 5 n. » O0) NS NODESUESE 128.| Bachufer „Bohnenmatt“ bei |Langenbruck Nr. 148| 196 | 44,5 | 50:45:35 Langenbruck 129. | ,Lochhausgraben“ beim Zu- à >» 102 6151) 21955395200 sammenfluss beider Bächlein im Walde 130. | „Lochhausgraben“ beim Zu- » » | 191 | 62,5 | 200 : 160 : 50 sammenfluss beider Bächlein im Walde 131. | „Lochhausgraben“ ca. 20 m 5 » „.|"193)|'60,521010051602350 vom Waldrand entfernt 132. | „Sissacher Einschnitt“ nicht | Gelterkinden Nr. 31 | 6 | 109| 60:30:30 weit von der Strasse nach Thürnen 133. | „Sissacher Einschnitt“ nicht = rl Ed: weit von der Strasse nach Thürnen 134. | Strassenbiegung ca. 300-400 m | Maisprach Nr. 29 30 |10,5| 60:50:20 ausserhalb Wintersingen gegen Rickenbach. Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura. D I Gesteins- beschaffenheit apl. Arollagneiss Muscovitgneiss Muscovit- Glaucophangueiss Schiefriger Gabbro glaucophanhaltiger Flasergabbro Muscovitgneiss apl. Arollagneiss Musovitgneiss apl. Protogyn . Muscovitgneiss ” Feldspathgabbro Glaucophan- Chloritschiefer Arollagneiss gepresster Serizitquarzit Arollagneiss Quarzit Carbonsandstein Arollagneiss Herkunft Dent-Blanche-Masse Zone des grossen St. Bernhard Zone des grossen St. Bernhard Gornergrat Zone des grossen St. Bernhard Dent-Blanche-Masse Zone des grossen St. Bernhard Bietschhorn Zone des grossen St. Bernhard Val de Bagnes Allalingebiet Val de Bagnes Dent-Blanche-Masse Wallis Dent-Blanche-Masse Wallis Dent-Blanche-Masse Bemerkungen Durch Herrn Koch jr. aufgefunden. ” » » ” » ” ” ” ” ” » ” ” ” » Von Herrn Koch Vater aufgefunden. Von Herrn Förster Tschopp aufgefunden. Von Herrn Schlumpf, Sigrist, aufgefunden. Von Herrn Benjamin Tschopp aufgefun- den. Diese Blöcke stehen an der Biegung der Strasse Ziefen -Arboldswil. Der grössere Block trägt das Messingtäfelchen. Von Herrn Itin aufgefunden. Von Herrn Dr. F. Leuthardt beobachtet. Von Herrn Itin aufgefunden. Von Herrn Itin beobachtet. Der Block steht jetzt beim Grenzstein beim Haus „Lochhaus“; er trägt ein Täfelchen. Von Herrn Itin beobachtet. Von mir beobachtet, Von den Herren W. und J. Rapp beo- bachtet. Von Herrn Dr, Leuthardt beobachtet. Von beo- Der Block dient als Aktendeckel. Herrn Strassenaufseher Tschudin bachtet. Manuskript eingegangen 18. Juli 1914. 149 Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. Von Hans Zickendraht. 1. Der Zweck der Anordnung. Fast möchte es gewagt erscheinen, der Unzahl von Empfänger- konstruktionen noch eine weitere beizufügen, wenn nicht doch ein Bedürfnis für eine ganz bestimmte Anordnung vorläge. Die im Handel befindlichen Apparate sind hauptsächlich für rein tele- graphische Zwecke, also für die Nachrichtenübermittlung, für den Empfang von Zeitsignalen u.s. w. gebaut; der im folgenden zu be- schreibende Apparat soll aber ausserdem noch speziell dem Physiker dienen, muss also besonders geeignet sein zur Untersuchung der Eigen- schaften von Detektoren, zum Studium der den normalen Empfang störenden Parasiten ; er muss einen grösseren Wellenbereich umfassen, als dies bei den gewöhnlichen kleinern Stationen der Fall ist, trotzdem muss es möglich sein, den Wellenwechsel rasch vorzunehmen. Endlich soll er auch Demonstrationszwecken dienen, es müssen die gebräuch- lichen Schaltungen an ihm in übersichtlicher Weise vorgeführt werden können, ein Umstand, der einen quantitativen Vergleich der ver- schiedenen Empfangsweisen ermöglicht. Wohl existieren universelle Empfangsapparate,!) aber sie verfolgen andere Zwecke, wie der hier beschriebene, auch sind sie meist kostspielig in der Anschaffung, während der unsere sich mit bescheidenen mechanischen Hilfsmitteln herstellen lässt und dadurch auch kleineren Instituten zugänglich wird. 2. Grundprinzip und Beschreibung des Empfängers. Als normaler Empfänger besteht der Apparat aus einem durch Kapazität und Selbstinduktion gebildeten in weitesten Grenzen ver- änderlichen Schwingungskreis. Speziell der Selbstinduktion ist be- sondere Ausbildung zu Teil geworden. Sie wird aus zwei auf Press- spahn in isolierender Einbettungsmasse gewickelten Flachspulen ge- bildet,?) die sich mit parallelen Windungsebenen in veränderlichem 1) Vgl. Rein, Radiotelegraphisches Praktikum. 2. Aufl. Springer. p. 56. (Universalempfänger nach Adelmann.) ?) Vorzüglich hergestellt von der Firma Fr. Klingelfuss in Basel. Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. al Abstande gegenüberstehen und durch Unterteilung, Stöpselanschlüsse und Verschiebbarkeit einen besonders grossen Selbstinduktionsbereich umfassen. Wenn in der folgenden Beschreibung etwas näher auf die Dimensionen und Zahlenwerte der Konstruktionselemente einge- gangen wird, so geschieht dies im Interesse derjenigen, die sich die hier niedergelegten Erfahrungen praktisch zu Nutze machen wollen, vleichzeitig genüge ich verschiedenen persönlichen Anfragen über den Aufbau speziell physikalischen Zwecken angepasster Empfangsein- richtungen. \ Jede der beiden Flachspulen stellt einen aus ca. 150 Windungen eines 0,5 mm starken seidenisolierten Kupferdrahtes bestehenden Kreisring (R — 16cm r=5,5cm) dar. Der Ohmsche Widerstand be- trägt 8,84 Ohm pro Spule. Es hätte nahe gelegen, einen grösseren Kupferquerschnitt (wegen der Widerstandsdämpfung) zu wählen, das war jedoch aus konstruktiven Gründen hier nicht möglich. Ein Holz- kreuz versteift die obere bewegliche, eine Reihe von Glasisolatoren die untere feste Flachspule. Während die feste Spule in 8 durch Steck- kontakte zugängliche Unterabteilungen geteilt ist, können durch einen Kurbelschalter an der obern Spule 15 einzelne Selbstinduktionsbeträge gewählt werden. Tabelle 1 als Beispiel für die Koeffizienten der untern Spule in Zentimetern (mit Niederfrequenz in Brückenschal- tung durch Vergleich mit Selbstinduktionsnormalien gemessen). Tabelle 1. Spulenteil 0-1 0-2 0-3 0-4 0-5 0-6 Selbstinduktion 65970 321000 720000 1264000 2043000 2 857 000 Spulenteil 0-7 0-8 Selbstinduktion 3 986 000 5 079 000 Man sieht bereits, dass eine derart gewickelte Flachspule geringen Raumbedarf mit grossen Selbstinduktionswerten verbindet, was be- sonders für den Empfang grosser Wellen wertvoll ist. In ähnlicher Weise nur in 15 Stufen steigt die Selbstinduktion der obern Spule von ca. 27 000 em auf über 5 000 000 cm an. Es sind nun folgende Kombinationen möglich : a) Kleine Selbstinduktionen erhält man durch Abgreifen kleiner Spulenteile. Dabei macht sich allerdings das überstehende Spulen- ende störend bemerkbar, ein Fehler, der übrigens auch bei vielen Stationen des Handels nicht vermieden ist. Recht kleine Selbst- induktionen erhält man aber ohne den ebenerwähnten Fehler durch Parallelschalten beider ganz eingeschalteter Flachspulen und zwar derart, dass der Wicklungssinn beider entgegengesetzt ist. Nicht nur setzt sich dadurch der Ohm’sche Widerstand um die Hälfte herab, womit eine Verkleinerung der Dämpfung verbunden ist, sondern man 152 H. Ziekendraht. gewinnt durch die Veränderlichkeit des Spulenabstandes ein voll- kommen kontinuierlich wirkendes Variometer. Die Grenzen des- selben siehe in Tabelle 2. Kleine Selbstinduktionen werden bei kurzen Wellen gebraucht, welehe man am rationellsten unter Verwendung des Serien-(Verkürzungs-)Kondensators empfängt. Wir werden weiter unten näher darauf eintreten. b) Grosse Selbstinduktionen sind bereits bei ganz eingeschalteten Spulen verwirklicht. Die modernen Sendeanlagen, besonders die unter anderm auch mit Hochfrequenzmaschinen arbeitenden (z. B. Nauen, Eilvese und Brüssel) stellen nun aber sehr hohe Anforderungen an den Wellenbereich des Empfängers, sodass grosse Selbstinduktionen überall da verwendet werden müssen, wo nur kleine Empfangs- antennen zur Verfügung stehen. Parallelschaltung beider Flachspulen mit gleichem Wieklungssinne führt da zum Ziele, wobei man die be- reits oben genannten Vorteile verminderter Ohm’scher Dämpfung bei Vermeidung des überstehenden Spulenendes geniesst. (Messbereich bei Veränderung des Spulenabstandes siehe Tabelle 2.) Wenn,es sich aber um sehr grosse Werte der Selbstinduktion handelt, so können beide Spulen (immer bei Variationsmöglichkeit ihres Abstandes) ent- weder bei gleichem oder entgegengesetztem Wicklungssinne in Serie verwendet werden. Im ersteren Falle ist bei dicht aufeinander- liegenden Spulen die Selbstinduktion ein Maximum und fällt mit Vergrösserung des Abstandes, im letzteren Falle erhält man kleinste Selbstinduktion bei dicht aufeinanderliegenden und steigende bei sich von einander entfernenden Spulen. Grosse Wellen pflegt man mit der bekannten Schwungradsschaltung (Parallelkapazität zur Selbst- induktion) aufzunehmen. Es ist dabei aber stets zu bedenken, dass mit zunehmender Parallelkapazität die Kopplung mehr und mehr ge- lockert und dadurch die Empfangsenergie im Detektorkreis benach- teiligt wird. In Tabelle 2 gebe ich die mit Niederfrequenz unter Vergleichung mit Selbstinduktionsnormalien in Brückenschaltung gemessenen Selbstinduktionswerte wieder, welche den grossen Messbereich, der durch zwei verschiebbare Flachspulen verwirklicht wird, deutlich zeigen. Tabelle 2. Kleinste Spulenunterteilung: 26 580 cm) Spulen parallel entgegengesetzter Wicklungssinn von 287 600 cm bis 2 442 000 cm4) ne „ gleicher Fe ,, 1 811 000 cm4) ,, 4 900 000 cm Spulen in Serie entgegengesetzter Wicklungssinn ,,1 100000 cm ,, 9 802 000 cm) 5 55 93 gleicher sn von 10 790 000 cm4) ,,19 410 000 em 3) Ca. 10 Windungen an der Innenseite des Ringes. 4) Bei 25 cm Spulenabstand. Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 153 Es hat keinen Zweck, mit dem Spulenabstande viel weiter als 25 cm zu gehen, da in dieser Distanz die beiden Spulen, was die Selbstinduktion angeht, sich nur noch wenig gegenseitig beeinflussen. Man erkennt das an dem Umstande, dass bei 25 cm Abstand in Serienschaltung die Selbstinduktion des Systems nahezu gleich der Summe der Selbstinduktionen beider einzelnen Spulen ist, beı gleichem Wicklungssinne etwas darüber, bei entgegengesetztem etwas darunter. Dass sich durch Mitbenutzung der Sonlamientallingen noch viel mehr Kombinationen ergeben, ist selbstverständlich; man verliert aber dann den Vorzug der Vermeidung des freien Spulenendes. Wie das eben beschriebene Flachspulvariometer nun zu einer Empfangsanordnung ausgebildet wurde zeigt Fig. Bios“ Man erkennt zunächst die auf dem Grundbrette mit Glasisolatoren befestigte unbewegliche Flachspule S’ sowie ihre Unterteilungen, welche mittels Steckern einzeln angeschlossen werden können. Man beinerkt ausserdem einen Krystalldetektor D sowie zwei ihm parallel liegende Klemmen zum Anschluss anderer Detektoren auf der linken Seite des Grundbrettes. Die rechte Seite trägt einen Schalter, welcher entweder das Telephon T oder eine Steckdose zum beliebigen An- schlusse von weiteren Telephonen oder Galvanometern einzuschalten 154 H. Ziekendraht. erlaubt. Das Schema Fig. 2 der ganzen Einrichtung zeigt, dass bei gesteckten Stöpseln etwa wie in Fig. 1 die Apparate auf dem Grund- brette einen geschlossenen Detektorkreis darstellen. Parallel zu Tele- phon oder Galvanometer liegt ein kleiner unveränderlicher Block- kondensator mit Glimmerisolation. Von einem korrekt konstruierten Detektorkreis verlangt man voll- kommene Aperiodizität,?) er soll keine Eigenfrequenz haben, die sich störend hervordrängen könnte. Dieser Forderung konnte bei vor- liegender Anordnung nicht genügt werden. Die für die Versuche not- wendigen Anschlüsse, Schalter u.s. w., auch die solide und kräftige Detektorkonstruktion bringen eine insgesamt als ,, Detektorkapazität" zu berücksichtigende Kapazität und damit eine bestimmte Eigen- frequenz in den Detektorkreis. Um diesem Umstande Rechnung zu tragen, wurde ein besonderer vollkommen aperiodischer Kreis herge- stellt, der in Fig. 1 an der Wand links hängend abgebildet ist und aus einer ringförmigen Flachspule K sowie einem kleinen regulier- baren Detektor D’ mit einem Minimum von Metallmasse in Verbin- dung mit einem, in der Figur rechts hängenden Telephon besteht. Solche aperiodische Kreise sind für die verschiedensten Zwecke sehr bequem ;6) sie lassen sich beim Empfang am Handgriffe leicht über die abgestimmten Spulen halten und soweit drehen oder entfernen, bis eine so lose Kopplung erreicht ist, dass die Rückwirkung vom Detektorkreis auf den schwingenden Kreis vernachlässigt werden darf. Die obere verschiebbar angeordnete Spule S ist mit Kurbel- schalter zur Unterteilungswahl, mit einem Umschalter für lange und kurze Wellen und zwei an den beiden Enden des jeweils einge- schalteten Spulenteiles angeschlossenen Stöpselbuchsen versehen. Diese liegen vorne also immer in der Nähe der untern Stöpselbuchsen- leiste, was für die verschiedenen Schaltungen von Wichtigkeit ist. Auf der Photographie ist linker Hand ein kleiner selbstgefertigter Drehkondensator mit einem Messbereich von 40 bis 1350 cm Kapazität erkennbar. Obgleich er durch Vergleich mit einem genauen Dreh- kondensator mit Luftisolation von Lorenz geeicht war, diente er mehr Abstimmungs-, weniger Messzwecken. In der Antenne liegt übrigens ein in Fig. 1 rechts wiedergegebenes Cylindervariometer mit einem Messbereich von 104 800 em bis 488200 em Selbstinduktion. Mit bescheidenen mechanischen Hilfsmitteln lassen sich schon recht brauchbare Apparate herstellen, die bei verschiedenen unten näher zu beschreibenden Versuchen gute Dienste leisteten. 5 Fr. Kiebitz. Elektrotechn. Ztschr. 33 132. (1912.) 6) H. Rein. Radiotelegr. Prakt. p. 172. Die Antenne“, Ztschr. der EF Huth Gesellschaft 1. p.129 (1913). BL... Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 155 Fig. 2. Im folgenden sollen nun die verschiedenen Schaltungen be- schrieben werden, die sich mit dem Universalempfänger kombinieren lassen. Sie sind alle an einer kleinen Versuchsantenne praktisch aus- probiert und haben im Sommer 1914 bei den Vorversuchen zur Er- forschung des Einflusses der Sonnenfinsternis (21. Aug. 1914) auf die Radiotelegraphie dem Verfasser gute Dienste geleistet. 3. Die Antenne. An zwei Holzmasten, deren obere Enden sich in ca. 19 m Höhe über dem Erdboden befanden, war eine fünfdrähtige Schiffsantenne der bekannten F-Form aufgehängt. Den etwas ungünstigen lokalen Verhältnissen entsprechend, konnte die Länge der Horizontaldrähte nur zu 13 m gewählt werden. Die Empfangsapparatur befand sich im zweiten Stockwerk eines Wohnhauses, also immer noch etwa 8m über dem Erdboden, als Erdung wurde die Gasleitung benutzt. Die Antenne war also sehr klein, der Empfänger ungünstig gelegen, ein Umstand, der vom Empfangsapparate möglichst vorteilhafte Energie- ausnützung verlangte. Auf einen Punkt sei noch im besondern hingewiesen: Es ist nicht überall möglich, die Apparate unmittelbar an den Fusspunkt des Luftleiters anzuschliessen, sodass man genötigt ist, die Antenne durch eine im Hause verlegte Leitung zu verlängern. Im vorliegenden Falle musste eine Verlängerung von etwa 10 m Länge angeschlossen 156 H. Zickendraht. werden, die auf Umwegen teilweise parallel zu geerdeten Leitungs- röhren durch mehrere Wände geführt worden war. Es ist von Interesse, den Einfluss soleher Antennenverlängerungen hervorzuheben. Mit Brücke, Niederfrequenz und geeichtem Drehkondensator gemessen er- gab sich: die Antennenkapazität der Luftdrähte allein zu 340 cm die Antennenkapazität mit Verlängerung im Gebäude zu 500 m. Der beträchtliche Unterschied von 160 em ist hauptsächlich der Parallelführung mit geerdeten Leitern zuzuschreiben. In einem an das städtische Wechselstromnetz angeschlossenen Hause sind ausser- dem alle als Kapazitäten wirkenden grösseren Metallmassen derart von Wechselstrom ‚‚verseucht‘‘, dass auch schon aus diesem Grunde von solchen Antennenverlängerungen dringend abzuraten ist. Nur durch besondere Kunstgriffe gelingt es nämlich, den im hochempfind- lichen Telephon kontinuierlich hörbaren singenden Ton’ der Gene- ratoren zum Verschwinden zu bringen. Im Gegensatze zu der Störung durch Parasiten wird gerade der Empfang von Tonstationen durch Wechselstromstörungen empfindlicher beeinflusst, wie dies beim Ab- hören alter Knarrfunken-Emissionen der Fall ist. Letztere heben sich deutlich vom singenden Untertone ab. Direkter Anschluss der Station am Antennenfusspunkt verbesserte die Verhältnisse erheblich. Ein direkter Vergleich der Aufnahme von Paris (Striche zu Mess- zwecken vor dem Wettertelegramm um Mittag) zeigt, dass die An- tennenverlängerung im Hause ausser ihren direkten Störungen noch den Nachteil toter Kapazität mit sich bringt und somit nichts zum Empfang beiträgt. Die Biegungen an den Ecken der Verlängerung können sogar zu störenden Wellenreflexionen Anlass geben. Paris À = ca. 2200 m Knarrfunken a) mit Verlängerung Selbstind. = 1614000 cm. Ablenk. 10 Skt. b) ohne Verlängerung Selbstind. = 2012000 cm. Ablenk. 12 Skt. Der Versuch ist mit Parallelschaltung beider Flachspulen ge- macht. Entsprechend der veränderten Kapazität des Luftleiters muss natürlich die Abstimmung etwas geändert werden. Im obigen Falle b ist damit eine etwas festere Kopplung verbunden, die auch zur Er- höhung der empfangenen Energie beiträgt. Die Ablenkungen sind Mittelwerte der Ablesungen an einem Edelmann’schen Saitengalvano- meter mit Permanentmagnet und einem Platinfaden von 2400 Ohm Widerstand. Als Gleichrichter diente ein hochempfindlicher „Peri- kon“ detektor (Zinkit-Kupferkies). Auch das mit einer so kleinen An- tenne bei Tage schwer aufzunehmende Zeitsignal und Wettertele- gramm von Norddeich (mittags 1 Uhr) kam ohne die Hilfsleitung im Hause vernehmlicher, als mit derselben. Es sind also solche tote Artennenverlängerungen tunlichst zu vermeiden. te ri Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 157 Von vielen Seiten ıst die Anregung gemacht worden, irgend welche grössere von Erde isolierte Metallmassen im Innern eines Hauses als Luftleiter zu benutzen. Um auch einen solchen Fall zu studieren, brachte ich im Dach eines Wohnhauses unter dem Giebel ebenfalls in ca. 19m Höhe über dem Erdboden ein 10 m langes, etwa 60 em breites Drahtgeflecht aus verzinktem Eisendraht an. Ein Ver- gleich dieser gänzlich im Innern des Hauses liegenden Antenne (von va. 460 em Kapazität) mit der vorher beschriebenen Schiffsantenne lieferte folgendes: Paris. Morsestriche des Wettertelegramms um Mittag Knarrfunken 2 = 2200 m mit Schiffsantenne 4—5 Skt. mit Drahtnetz im Dache 0,8 Skt. Ablenkung. Nauen. Morsestriche Tonfunken (500 Funken pro Sek.) = 6000 m mit Schiffsantenne um 8 Skt. mit Drahtnetz im Dache ca. 1 Skt. Ablenkung. Bei Regenwetter, wo die nasse Dachfläche einen durch die Dach- rinnen zur Erde abgeleiteten grossen Schirm für die elektrischen Wellen darstellt, ist der Empfang natürlich noch schlechter. Das hier wieder- gegebene für die Drahtnetzantenne höchst unvorteilhafte Resultat ist nur als ein sehr roher Vergleich aufzufassen, da die Anlage der Schiffsantenne viel sorgfältiger ausgeführt worden war, wie diejenige der Drahtnetzantenne. Letztere lieferte übrigens auch eine sehr schlechte Abstimmschärfe. Immer ist mit dem Verlegen einer Empfangsantenne ins Innere eines Hauses ein grosser Energieverlust verbunden. 4. Die verschiedenen Empfangsschaltungen. a) Die einfachste Schaltung, deren sich die Hersteller billiger Stationen für Liebhaber bedienen, besteht bekanntlich darin, durch eine passende Selbstinduktion die Antenne auf die gewünschte Wellen- länge abzustimmen und den Detektor-Telephonkreis als Nebenschluss zu dieser Abstimm-Selbstinduktion anzuschliessen. Das ist an unsrer Einrichtung leicht zu bewerkstelligen, indem die obere Spule S sowie der Drehkondensator C vollständig entfernt werden. Mittels An- tennen- und Erd-Steckern greift man unter Zwischenschaltung des Zylindervariometers V an der Spule S’ die gewünschte Selbst- induktion ab, wobei das Variometer zur Feineinstellung dient. Um den Detektorkreis anlegen zu können, sind die Stöpsel, wie Fig. 3 zeigt, mit einer seitlichen Bohrung versehen, sodass an jeden Stecker selbst wieder ein zweiter, an diesen ein dritter u.s. f. angeschlossen werden kann, ein höchst einfacher Kunstgriff, der sich auch sonst 15 H. Zickendraht. O0 \ im Laboratorium empfehlen dürfte. Die Schaltung a hat den grossen Nachteil geringer Abstimmschärfe, weshalb gleichzeitig arbeitende Stationen auch bei beträchtlich verschiedenen Wellenlängen nicht ge- trennt werden können. Die Energieausnutzung ist hingegen relativ gut zu nennen. (Schaltungsschema Fig. 4.) b) Eine Verbesserung in mancher Hinsicht wird erzielt, wenn man die Detektorkoppelung veränderlich macht. Das ist natürlich mit der besprochenen Einrichtung ohne weiteres möglich. Die Anordnung erinnert dann am den Spartransformator und es kann die beim Empfang an den Enden der Selbstinduktion auftretende W echsel- spannung hinauf oder herunter „transformiert‘“ werden, je nachdem man den Detektorkreis an weniger oder mehr Windungen anschliesst, als für die Abstimmung der Antenne notwendig sind. Der erstere Fall des „‚Herabtransformierens‘“ lockert die Kopplung zwischen An- Fig. 3 (Stecker). Rey dt Fig. 5. tennen- und Detektorkreis, was bei der Wellenselektion von Wichtig- keit ist; der zweite Fall des ‚„Herauftransformierens“ bewirkt eine Spannungserhöhung an den Detektorpolen. Da aber der Nutzeffekt eines Krystallkontaktdetektors sehr von der anliegenden Wechselspan- nung abhängt, so kann man zuweilen, durch das „Herauftransfor- misren“, eine Erhöhung der Empfangslautstärke herbeiführen. Handelt es sich überhaupt darum, unter Verzicht auf Abstimm- schärfe dem Empfangsinstrumente (Telephon oder Galvanometer) einen möglichst grossen Energiebetrag zuzuführen, so gelangt man, wie in der Technik bekannt, oft durch starke Verstimmung des An- tennenkreises in Verbindung mit einer bestimmten, im allgemeinen festen Detektorkopplung, zu recht günstigen Verhältnissen. Schliesslich seien einige Zahlen angegeben, welche zeigen sollen, in welchem Grade die Antennenabstimmung durch die Grösse der Detektorkupplung beeinflusst wird : Die fünfdrähtige Antenne wurde Eine universelle radiotelesraphische Empfangsanordnung. 159 an Kontakt 4 der untern Spule S’, die Erde an Kontakt 0 ange- schlossen, also eine Selbstinduktion von 1264000 cm als Abstimm- mittel in den Luftleiter eingeschaltet. Mittels eines Wellenmessers (grosser Wellenmesser von Dasmen bestimmte sich die Wellen- lange zu 1800 m, wenn der Detektorkreis über den Enden dieser Selbstinduktion lag. Tabelle 3 gibt die Verstimmung der Antenne wieder, wenn verschiedene Kopplungen gewählt wurden: Tabelle 3.7) Detektorkreis über: 0-1 0-2 0-3 0-4 0-5 0-6 0-7 0-8 Wellenlänge in m: 1790 1790 1790 1800 1835 1850 1870 1890 Wie man sieht, beeinflusst der Detektorkreis die Antennenabstim- mung bei den ersten (losen) Kopplungen nicht merklich. c) An Stelle der direkten Schaltung, bei weleher Antennen- und Detektorkreis gemeinsame Teile besitzen, trete nun die rein induktive Schaltung. De untere Flachspule S’ mit dem Variometer wird lediglich zur Antennenab- stimmung benutzt, die beiden Detektorstöpsel in die in Fig. 1 vorne sichtbaren beiden Buchsen A’ und B’ eingeführt und dadurch die obere Flachspule S an den Detektor angeschlossen. | = Der Kurbelschalter gestattet, die 15 verschie- = denen Spulenunterteilungen zu benutzen, wäh- rend in der Verschiebbarkeit der obern Spule S = gegenüber der untern S’ die weitgehendsten Möglichkeiten zur Variation der Kopplung liegen, extrem lose wie auch sehr feste Kopp- lungen können auf diese Weise ausgeführt werden. d) Die bis hieher beschriebenen Schaltungen arbeiten bloss mit Spulen als Abstimmelementen. Nimmt man Kapazitäten zu Hilfe, so ergeben sich zunächst zwei wichtige fundamentale Anordnungen, die mit dem Universalempfänger leicht zu kombinieren sind. Die induktive Kopplung des Detektorkreises wird beibehalten, nur tauschen die Spulen S und S’ ihre Rollen. Die Detektorstecker können nach Wahl in je zwei von den 9 Anschlüssen der untern Spule einge- steckt werden. Die obere Spule S wird dann gemeinsam mit dem Drehkondensator in die Antenne eingeschaltet, indem man den An- tennenstecker in die Buchse B’, den Erdstecker in eine Buchse ©’ am Drehkondensator einführt. Je nach der Stellung des links oben auf 7) Bezüglich der Selbstinduktionen, über denen der Detektorkreis liegt, vgl. Tabelle 1. 160 H. Ziekendraht. der Spule S angebrachten Wechselschalters liegt der Drehkondensator der Selbstinduktion S parallel oder hinter derselben, zwei Anord- nungen, die in der Technik als Lange- und Kurze - Wellen - Schaltung bekannt d sind. Der parallel geschaltete Drehkon- densator (,„Schwungradschaltung‘‘) ver- = längert die Welle, während der Serienkon- Sd «> densator Ant fusspunkt bekannt- ggg ensator am Antennenfussp a =) lich eine Verkürzung der Welle bewirkt. = — Der hierangewandte Kunstgriff, der einen raschen Wechsel beider Anordnungen zu- lässt, wird bei den normalen ,,Tele- funken“empfängern praktisch verwendet. Ein Beispiel möge die Verhältnisse bei Anwendung der Schwung- radschaltung zahlenmässig veranschaulichen: Aus dem Zylinder- variometer und dem kleinen geeichten Drehkondensator wurde ein Schwingungskreis gebildet und durch die bekannte Eichhorn’sche Summererregung in Schwingung versetzt. Man änderte stufenweise Selbstinduktion und Kapazität so, dass am extrem lose gekoppelten Wellenmesser immer die Welle 2, — 600 m erhalten wurde. Hierauf wurde zunächst der Einfluss einseitiger Erdung dieses Kreises unter- sucht. Es erfolgte jeweils eine kleine Erhöhung der Wellenlänge (42 in Tabelle 4). Bedeutend vergrössert wurde die Welle jedoch beim Anlegen der oben beschriebenen fünfdrähtigen Antenne (2; in Ta- belle 4), sodass nun ein Vergleich zwischen den beiden Wellen 2; und À, möglich war. Man erkennt, dass auch bei konstantem 4, die ,,Ver- lirgerung der Antenne durch den Schwungradkreis von Selbst- induktion und Kapazität des geschlossenen Kreises abhängig ist; bei grosser Selbstinduktion und kleiner Parallelkapazität ist die Ver- lärgerung eine beträchtlich grössere, als im Falle grosser Parallel- kapazitöt und kleiner Selbstinduktion. Es sei auch daran erinnert, dass beim Anlegen des Detektorkreises an die Enden der Selbst- induktion mit Zunahme der Parallelkapazität eine Lockerung der Kopplung zwischen Antennen- und Detektorkreis eintritt, wie man leicht am Empfang mittels Saitengalvanometer demonstrieren kann. (Man vergleiche Tabelle 5.) Auch eine Schätzung der Antennen- kapazität lässt sich bei dieser Gelegenheit durchführen. Ersetzt man nämlich unter Verwendung eines geeichten Drehkondensators die An- terne mit ihrer Erdung durch eine derart abgeglichene Kapazität, dass die Welle A; (Antenne + Schwungradkreis) ungeändert bleibt, so würde die dabei notwendige Zusatzkapazität gleich der Antennen- kapazität sein, wenn sich das Luftleitergebilde streng wie ein Platten- kondensator verhielte. Das ist aber nie korrekt der Fall, der Unter- en Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 161 schied der so gemessenen Kapazität gegenüber der wirklichen kann geradezu als Massstab dafür gelten, wie weit der Unterschied zwischen „offenem“ und „g oeschlossenem‘‘ Kondensator geht.®) Tabelle 4. Schwungrad Kreis 21 = 600 m 22 As Asla Antennen- 23 Selbstindukt. | Kapazität | Erdung | Antenne, Erde ur Ersatzkapazität| Berechnet TE — 569 600 em | 160 em | 625 m | 1250 m 2,08 570 cm | 1281 m 492 600 „ | 185 „ 615 „ 115207, 1,92 560,7 Ei203=,, 3320077, 280°, 615 „ 110075218 21583 0 la, 312400 „ | 290 „ 610 , LISE 1,86 DOOMIRIOITESS 222200 „ | 405 „ 600 „ 940 „ 1,57 OU 924 „ 150 600 „ | 605 „ 600 „ 860 „ 1,43 HEURE 835 , 400.100, „ | 910", 600 „ OR, 1,28 540, 764 „ 85200 „ |1070 „ 610 „ 750 , 1,25 580 „ 745 „ Eine einfache Regel?) lautet dahin, zur Berechnung der An- tennenwelle aus der Welle des Schwungradkreises, in letzterem zur Kondensatorkapazität noch die Antennenkapazität zuzuzählen und da- mit nach der Thomson-Kirchhoff’schen Gleichung die Antennenwelle zu rechnen. Die letzte Zahlenreihe der Tabelle 4 zeigt, dass die Regel für angenäherte Berechnung recht brauchbar ist. Besonders interessante Verhältnisse treten ein, wenn die Eigen- welle des Schwungradkreises nahe der Eigenwelle der unverlängerten Antenne gewählt wird. Auf diese und ähnliche Versuchsbedingungen soll in einer weiteren Untersuchung näher ein- getreten werden. Die „Kurze-Wellen-Schaltung‘, welche den Verkürzungskondensator als wesentliches Element enthält, bietet zuweilen auch bei längern Wellen den Vorteil grösserer Energie- ausnutzung. Die Kopplung ist umso lockerer, je grösser die Selbstinduktion und damit je kleiner die Verkürzungskapazität ist. In Ta- belle 5 ist ein Vergleich der beiden Schal- tungsweisen an Hand eines praktischen Bsi- spiels gezogen. N 7 cn 8) Vgl. etwa H. Rein, Radiotelegraphisches Praktikum, p. 53. 9) J. Zenneck, Lehrbuch der drahtlosen Telegraphie, 1913, p. 197. Fig. 8. 162 H. Ziekendraht. Tabelle 5. a) Lange-Wellen-(Schwungrad-)Schaltung. Morsestriche eines Pariser Zeitungsberichtes. Selbstinduktion Kapazität Ablenkung am Saitengalvanometer "1338000 cm 170 cm 3-4 Skalenteile 1043000 , 480 , 2-3 n 764 000 , AU 2-3 22 522200 „ 1340 „ 1,7-2 ” b) Kurze-Wellen-Schaltung. Morsestriche desselben Pariser Telegrammes. Selbstinduktion Kapazität Ablenkung am Saitengalvanometer 2 613 000 cm 1060 cm 2,2-3,3 Skalenteile 3143000 , TOR 2-3 5 3743000 , 455 „ 1-2,2 5 4409000 , 340, 1-2 n 5117000 „ 2908, 1-1,7 ÿ In beiden Fällen war rein induktive Kopplung zwischen An- tennen und Detektorkreis verwendet worden, die Antennenabstimm- spule befand sich in konstanter Entfernung (3,5 em) von der Detektor- kreisspule. Die angegebenen Selbstinduktionswerte sind die mit der Brücke gemessenen, sie können daher hier nicht als absolut gelten, da in Tabelle 5 die Änderung des Selbstinduktionskoeffizienten mit Wellenlänge und Abstand von der gegenüberliegenden Spule wie auch die Spulenkapazität nicht berücksichtigt sind. Trotzdem ist die Lockerung der Kopplung durch Vergrössern der Kapazität im Falle a) durch Verkleinerung derselben im Falle b) deutlich zu sehen. e) Die ,,Wellenmesser‘‘schaltung. Eine Schätzung der Wellen- länge einer aufgenommenen Station ist auf folgendem Wege möglich. Unter Verwendung der untern Spule und des Variometers sucht man die betreffende Station auf, indem man den Detektorkreis induktiv so lose wie irgend möglich koppelt. Es geschieht dies am besten durch eine mög- lichst grosse Distanz zwischen unterer und oberer Spule, dann ist der An tennenkreis auf die zu schätzende Welle abgestimmt. (Zu beachten sind die Beobachtungen!) Aus der obern Spule, an welcher man den Detektor und das Telephon (resp. Galvanometer) belässt, und dem Drehkondensator wird sodann ein geschlossener Schwingungskreis ge- Fig. 9. ‚bildet und durch Variation der Schwin- ee SI = ke S unter b und in Tabelle 3 niedergelegten Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnuns, 163 gungselemente abgestimmt, worauf eine Schätzung der Wellenlänge aus Selbstinduktion und Kapazität möglich ist, vorausgesetzt, dass man durch extrem lose Kopplung der beiden Kreise die gegenseitige Verstimmung auf ein Minimum herabgesetzt hat. Bei dieser Gelegenheit sei noch eine Bemerkung über die Selbst- induktionswerte unsrer Flachspulen angefügt: Es ist natürlich nicht angängig, die mit Brücke und Niederfrequenz gemessenen Selbst- induktionswerte der Flachspulen zur Wellenmessung zu verwenden, da erstens die Selbstinduktion mit steigender Frequenz abnimmt und ferner die Spulenkapazität berücksichtigt werden muss. Da die beiden Einflüsse in entgegengesetzter Richtung wirken, die steigende Frequenz die Selbstinduktion herab, die Spulenkapazität sie gleich- sam heraufsetzt, so entsteht ein bestimmter beide Einflüsse ent- haltender Wert des Selbstinduktionskoeffizienten, für welchen noch einige Beispiele folgen sollen. Gemäss der Thomson-Kirchhoff’schen Gleichung gilt für einen geschlossenen Kreis, welcher die Selbstinduktion L und die Kapazi- tät C enthält, Schwingungsdauer T=22 A LC oder Wellenlänge A=2nv V LC Für die Praxis, welche meist die Selbstinduktionen und Kapazi- täten in Zentimetern, die Wellenlänge in Metern ausdrückt, gilt = OUPS VIE Om = AVEC Sei C die Spulenkapazität beim Selbstinduktionskoeffizienten L, so gilt angenähert R=BNVL(CHe Denkt man sich die Spulenkapazität durch eine Erhöhung der Selbstinduktion L auf den Wert L’ kompensiert, so kann man schreiben : L (CL e)=LC ?=1L(14%) f= 1; av) L’C woraus 22 Andererseits ist L’ = — = B2C So sind aus den Kapazitätswerten in Spalte 2 der Tabelle 4 die Selbstinduktionen in Spalte 1 für 2 = 600 m berechnet, sie enthalten 164 | H. Zickendraht. also, vorausgesetzt dass man den dort verwendeten Kondensator als von der Frequenz unabhängig betrachten darf, den Einfluss der Frequenz (5 X 105 Schwingungen oder À — 600 m) sowie die Spulen- kapazität. Tabelle 6 veranschaulicht den Unterschied zwischen den berechneten Selbstinduktionen L’ und den mit Brücke und Nieder- frequenz erhaltenen Werten L für das kleine Zylindervariometer. Tabelle 6. Drehungswinkel. 00 200 409 609 900 1209 1409 1800 Selbstindukt. L 86900 100000 153 100 211600 296 000 374000 436 700 518 000 Selbstindukt. L’ 85200 100 100 150600 222 200 312400 396 200 492 600 569 600 Bei hohen Selbstinduktionswerten, wo der Wicklungssinn der beiden Spulen derselbe ist, überwiegt der Einfluss der Kapazität über denjenigen der Frequenz, während sich bei den kleinen Selbstinduk- tionen die verkleinernde Wirkung der Frequenz geltend zu machen beginnt. Für angenäherte Wellenmessungen lässt sich also besonders bei kleinen Induktionswerten die Brückeneichung des Zylinder- variometers verwenden. Tabelle 7 gibt die selben Verhältnisse für eine der beiden Flachspulen bei verschiedenen Wellenlängen. Tabelle 7. Wellenlänge 6000 m 5000 m 4000 m 3000 m 2000 m Selbstinduktion L 5117000 5117000 5117000 5117000 5 117 000 Selbstinduktion L’ 5771000 5809000 5749000 5845000 6 537 000 Der Unterschied ist recht beträchtlich und nimmt erst bei sehr grossen Wellenlängen soweit ab, dass L mit L’ ohne groben Fehler vertauscht werden kann. Komplizierter wegen des freien Spulen- endes werden die Verhältnisse, wenn Teile der Flachspule derselben Untersuchung unterworfen werden, immer zeigte sich L’ grösser wie L, das war auch der Grund, weshalb die Wellenschätzungen nach der Methode e regelmässig zu klein ausfielen, wenn die mit der Brücke gewonnenen Selbstinduktionswerte zur Berechnung von A benutzt wurden. f) Im oben beschriebenen Falle spielt der Umstand eine wich- tige Rolle, dass an den zur Berechnung der Welle benutzten Mess- kreis der Detektor und das Telephon oder Galvanometer angeschlossen werden müssen. Man kann die Anordnung so auffassen, wie wenn parallel zum Drehkondensator noch eine kleine Kapazıtät und haupt- sächlich ein grosser Ohm’scher Widerstand geschaltet wäre. Es steht ausser Zweifel, dass dadurch die Konstanten des Kreises beeinflusst 7 main Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 165 werden.10) Auf folgende Art wird diesem Übelstande begegnet: Anstatt den Resonanzindikator wie oben an den Messkreis zu legen, lässt man 1hn in sehr loser Kopplung am abgestimmten Antennen- kreise, wo er, wie Tabelle 3 zeigte, in diesem Falle keine Verstimmung hervorruft. Nun wird der zweite nur aus Selbstinduktion und Ka- pazität bestehende geschlossene Messkreis lose mit dem Antennen- kreise gekoppelt und auf die Schwin- gung des letztern abgestimmt. Man be- merkt dann, dass bei einer bestimmten Welle des Messkreises eine vollständige „Auslöschung‘ der Schwingungen im V ir Antennenkreise eintritt, d. h. das Emp- fangstelephon schweigt oder das Gal- = 4 vanometer wird stromlos. Dieses Ver- =; C fahren der Auslöschschaltung stellt also s > S eine Nullmethode dar. Ein Beispiel Se möge es weiter illustrieren : Wellenmessung an einem Pariser Zeitungstelegramm. Mit Variometer und unterer Flachspule wird die An- tenne auf die Pariser Welle abgestimmt. Fig. 10. Dabei wird, um jede verstimmende Rückwirkung zu vermeiden, der früher erwähnte kleine aperiodische Kreis in losester Kopplung als Indikator verwendet. Hierauf stellt man mittels oberer Spule und Drehkondensator auf Auslöschung des Empfangs ein und erhält: Selbstinduktion 2490000 cm Kapazität 480 cm 4= 2172 m oder ; 1 480 000 cm n 770 cm 4=2121 m Die Selbstinduktionswerte sind hiebei nicht die mit Brücke ge- messenen, sondern in der oben entwickelten Weise auf Spulenkapazität und Frequenz korrigiert. Auf die nähern Bedingungen der Auslöschschaltung kann erst nach weiterem genauem Studium eingetreten werden. g) Hier schliessen sich nun alle Schaltungen an, welche auf dem eingangs beschriebenen aus beiden Flachspulen kombinierten Variometer beruhen. Das Grundprinzip der Schaltung selbst, die mit der unter b entwickelten identisch ist, bietet nichts neues. Deswegen sei hier bloss der mit unsrer Anordnung und der kleinen fünfdrähtigen Antenne erzielbare Wellen-Messbereich angeführt und dabei an die Daten der Tabelle 2 erinnert. DIEVEL 27 Bi H: Rein, loc cit 7.20, 166 H. Zickendraht. Tabelle 8. Spulenabstand 0,5 em 25 cm Spulen parallel entgegengesetzter Wicklungssinn 875 m 2450 m H ; gleicher $ 3650 m 2670 m Spulen ia Serie entgegengesetzter Wicklungssinn ca. 1700 m ca. 5000 m 4 » „gleicher AN 75>771000=m ca, 5000 m Die Angaben der Tabelle 8 gelten für den Fall, dass der Detektorkreis über den Enden des Variometers liegt. Natürlich kann auch loser gekoppelt werden, auch kann der Drehkondensator g parallel oder in Serie zu dem Variometer nach Art von e zu weitern Kombinationen dienen. = à à Mi man sieht, ist mit den = aie aufgezählten die Zahl der mit dem Apparate möglichen Empfänger - Schaltungen noch nicht erschöpft. Es sei noch hervorgehoben, dass unter Ver- wendung einer kleinen in einem Fig 11. Hörsale angebrachten Antenne, die mit Summer bei verschie- denen Wellen erregt wird, die ganze Reihe der verschiedenen Schal- tungen leicht demonstriert werden kann. Man ersetzt zu diesem Zwecke das Telephon durch irgend ein empfindliches Demonstrations- galvanometer. Recht vorteilhaft erwies sich z. B. ein kleines empfind- liches Zeigerinstrument von Hartmann und Braun, welches mit dem Episkope an den Schirm projiziert wurde. (Demonstration der Empfangsapparatur vor der Basler Naturforschenden Gesellschaft, Juni 1914.) Die Leistungsfähigkeit als radiotelegraphische Station ist durch den Empfang des Norddeicher Zeitsignals in Basel mit der beschrie- benen kleinen Antenne beim vollen Sonnenschein eines Sommertages wohl am besten erwiesen. Nachts wurden unter vielen andern gehört: Saintes Maries de la Mer (an der Rhonemündung), Rochefort zu- weilen französische Panzer etc. Bai Tage: Paris (grosse und kleine Station), Norddeich, Nauen, Strassburg, Metz, Köln, Belfort, Epinal ete. Leider haftet verschiedenen hier mitgeteilten Ergebnissen der Mangel der Unvollständigkeit an. Der Ausbruch des europäischen Krieges (August 1914) und mit ihm das Verbot radiotelegraphischer Untersuchungen hat der weiteren Ausgestaltung vorliegender Arbeit ein unerwünschtes Ziel gesteckt. Sie enthält, dessen ist sich der Ver- fasser wohl bewusst, wenig eigentlich neues, ihr Zweck war aber, Ja Eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung. 167 wie bereits in der Einleitung ausgeführt, ein einfaches und brauch- bares Instrumentarium für Vorlesungs- und Forschungszwecke zu- sammenzustellen und dasselbe in verschiedenen Richtungen auf seine Verwendbarkeit zu prüfen. Zusammenfassung. 1. Es wird eine universelle radiotelegraphische Empfangsanordnung beschrieben, wobei durch Angabe von Einzelheiten eine Wieder- holung der damit möglichen Versuche erleichtert wird. . Zwei parallel verschiebbare Flachspulen bilden ein Selbstinduk- tionsvariometer mit grossem Messbereich. 3. Beurteilung der Wirkung ‚‚toter‘‘ Antennenverlängerungen auf den Empfang. 4. Prüfung des Universalempfängers an Hand der verschiedenen ausführbaren Schaltungen. (Schwungradschaltung, Wellenmes- sung und Auslöschschaltung werden besonders untersucht.) (Re) Manuscript eingegangen Ende August 1914. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen, Von Adolf Oes. Durch die Publikationen Halliers (vergl. z. B. die Nummern 1—4 des Literaturnachweises) scheint eine Grundlage geschaffen zu sein, welche es vielleicht ermöglichen wird, das System der Angiospermen phylogenetisch aufzubauen. Nach Hallier sind nicht die Monocoty- iedonen, sondern die Polycarpicae an die Basis des Stammbaumes der bedecktsamigen Blütenpflanzen zu stellen. Wenn auch viele Botaniker sich bisher nicht entschliessen konnten, das altgewohnte Greleise zu verlassen, so haben doch Wettstein!) (5) und Karsten (6), besonders aber Senn (7), dem Hamburger Systematiker sekundiert. Senn hat in Übereinstimmung mit Hallier hervorgehoben, dass nicht die Monocotylen, sondern die Magnoliaceen, Anonaceen und andere Familien der Polycarpicae eine relativ grosse Zahl alter Merkmale aufweisen. Beyer (12) konstatierte eine einförmige Anatomie der Anonaceen und Fries (13) macht auf ein bisher unbeachtet gebliebenes Monocotyledonenmerkmal (die adossierte Blattstellung) bei vielen Nymphaeaceen, Anonaceen und Aristolochiaceen aufmerksam, indem er gleichzeitig für die Ableitung der Monocotyledonen von den Poly- carpicae eintritt. Darum sind die Polycarpicae heute in den Vorder- grund des Interesses gerückt, und es lag die Frage nahe, ob vielleicht auch in der Entwicklung des Embryosackes und der Pollenkörner dieser Pflanzen Anklänge an die Verhältnisse bei den Gymnospermen zu finden wären. Da die hier speziell in Betracht kommenden Anonaceen eine rein tropische Gruppe bilden, so hat Herr Prof. Dr. @. Senn während seines Aufenthaltes in Singapore und auf Java (1910) ein reiches Anonaceenmaterial gesammelt. Von diesem Ma- terial hat der Verfasser bisher nur eine einzige Spezies, Cananga odorate (Lam.) Hook. f. et Thoms. in Untersuchung genommen. Ich bin mir wohl bewusst, dass es wünschenswert wäre, meine Be- obachtungen über die Entwicklungsgeschichte dieser Art durch Unter- suchung weiterer Anonaceen-Gattungen und Arten zu ergänzen. Ich 1) Wettstein betrachtet die Monochlamydeae als älteste Angiospermen; den Polycarpicae erkennt er eine, „wenn auch nicht ursprüngliche, so doch tiefe entwicklungsgeschichtliche Stellung“ zu. Die Monocotyledones lassen sich von den Polycarpicae ableiten, | Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen. 169 hoffe hierüber später berichten zu können; für Cananga konnte fest- gestellt werden, dass die Entwicklung sowohl des Embryosackes als auch der Pollenkörner im allgemeinen dem normalen Angiospermen- typus entspricht. Über die morphologischen Verhältnisse der Anonaceen, sowie über ihre Systematik und geographische Ver- breitung siehe Engler und Prantl (8). Methode. Die Objekte waren zum Teil in 98prozentigem Alkohol fixiert und dann für den Transport und die Aufbewahrung durch 90prozentigen in 80prozentigen Alkohol übertragen worden. Diese Art der Konservierung ergab ziemlich gute Resultate; die Schrumpfung war nur unbedeutend. Als vorzüglich erwies sich das Chrom-Osmium-Essigsäure-Gemisch. Die mit der Flemming schen Lösung fixierten Objekte waren nach der Wässerung für den Trans- port in 70prozentigen Alkohol übertragen worden (durch steigende Konzentrationen von 250/,, 500/,, 600/,, 700/,). Der so fixierte Zellinhalt zeigte nur in seltenen Fällen eine schwache Schrumpfung ; meistens war die Fällung sehr gut. Die Herstellung der Paraffin- schnitte durch ganze Knospen, reife Staubblätter und grössere Früchte war mit Schwierigkeiten verbunden; jüngere Fruchtknoten und Antheren liessen sich jedoch leicht verarbeiten. Zur Färbung der 5 bis 10 w dieken Schnitte wurden benutzt: 1. Safranın (ohne und mit Kontrastfärbung durch Gentianaviolett), 2. Hämatoxylın nach Heidenhain mit nachfolgender Safranin-Kontrastfärbung. Die Safranin-Gentiana-Färbung eignete sich besonders für die nach Flem- ming fixierten Objekte. Die Bilder wurden mit dem Zeichenapparat von Zeiss entworfen. Entwicklung des Embryosackes. Querschnitte durch Fruchtknoten aus jungen Blütenknospen (Fig. 1) zeigen eine erste Hervorwölbung der Ränder des nach innen gerollten Fruchtblattes; es sind die noch un- differenzierten Samenanlagen. Fig. 2 zeigt eine solche Anlage bei stärkerer Vergrösserung. Es ist noch keine Archesporzelle zu erkennen; ebenso sind die Integumente noch nicht an- gelest. Die Entwicklung des Embryosackes verläuft nun vollkommen typisch. Zunächst Ss tritt in der Mitte des Nucellusgewebes, ge- 5 wöhnlich unter der vierten Zellschicht, eine grosse Zelle auf, welche sich sowohl durch ihren grossen Kern, als auch durch ihr dichtes, die Farbstoffe intensiv speicherndes Cytoplasma von den übrigen Zellen unterscheidet; es ist Fig. 1. Querschnitt durch den jungen Fruchtknoten. Vergr. 87 1/2. 170 Adolf Oes. die Embryosackmutterzelle oder Archesporzelle (Fig. 3). Diese Zelle liegt demnach bei Cananga nicht subepidermal, wie bei den Fig. 2. Undifferenzierte Samen- Fig: 3. anlage. Samenanlage mit Archesporzelle. Vergr. 770, Vergr. 720. meisten Angiospermen (vergl. z. B. Wettstein (5), Schmid (9), Wirz (10), sondern in der Tiefe des Nucellus. Doch ist offen- bar dieser Beobachtung kaum eine systematische Bedeutung zuzu- Fig. 4. \ I, 8, Erste Tetradenteilung der Embryosackmutterzelle. Zweite Tetradenteilung Anaphase. beendigt Vergr. 720. Vergr. 720. schreiben, da Strasburger (11) gezeigt hat, dass Gattungen und Arten derselben Familie inbezug auf die Lage der Embryosack- en 0 N, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen. ina mutterzelle sich verschieden verhalten können. Im Nucellus von Urtica dioica liegt die Mutterzelle etwa unter der vierten Zellschicht; bei Elatostema sessile liegt sie subepidermal, bei Elatostema acumi- natum hingegen wieder tiefer im Nucellus. Die Embryosackmutterzelle teilt sich durch zwei aufemander folgende Teilungs- schritte in vier Tetradenzellen (Fig. 4 und 5.) Die Kerne der in einer Reihe liegenden Tetradenzellen zeichnen sich aus durch einen grossen, intensiv färbbaren Nukleolus und durch Chromatinarmut. Sie sind kleiner als der Kern der Embryosackmutterzelle, jedoch immer noch grösser als die gewöhn- lichen Nucelluskerne. Der protoplasmatische Inhalt der Tetradenzellen ist sehr dicht. Die ın den Figuren 3 bis 6 darge- stellten Stadien stammen aus derselben Blütenknospe. Fig. 6 stellt die gleiche Samen- His 6. Übersichtsbild einer jugend- lichen Samenanlage aus einer Blütenknospe. Tetraden. Vergr. 145. anlage dar wie Fig. 5, jedoch als Übersichtsbild bei schwächerer Vergrösserung. Das innere Integument bildet die Mikropyle. ion 3 J ; Fig. 8. Einkerniger Embryosack. : Zerdrückte Tetraden. Zweikerniger Embryosack. Vergr. 720, Vergr, 720. Die Figuren 7 und 8 zeigen die folgenden Entwicklungsstadien aus einer geöffneten Blüte. Die untere Tetradenzelle ist auf Kosten der drei obern, deren zerdrückte Reste noch sichtbar sind, gewachsen, 172 Adolf Oes. und hat sich zum jungen Embryosack entwickelt. Es folgen die normalen drei Teilungsschritte des Embryosackkerns zur Bildung des achtkernigen Embryosackes. (Fig. 9 und 10). Leider habe ich trotz zahlreicher Paraffinschnitte das Vierkernstadium nicht beobachtet, was darauf schliessen lässt, dass die zweite und dritte Kernteilung rasch aufeinander folgen. Die Figuren 9 und 10 stammen aus einem Querschnitt durch eine ganz junge Frucht. Blütenhüllen, Staub- blätter und Narben sind also bereits abgefallen zu einer Zeit, wo Fig. 10. Oberer Teil des 8kernigen Embryosackes mit den 3 Kernen des Fiapparates. Vergr. 720. Fig. 11. Beginnende Verschmelzung Fig 9. der beiden Polkerne zum 8kerniger sekundären Embryosack- Embryosack. kern. Vergr. 720. Vergr. 720. in dem mächtig gewachsenen Embryosack noch kein Anzeichen der Befruchtung zu bemerken ist. In Fig. 9 ist ein Kern des Eiapparates nicht sichtbar; dafür ist in Figur 10 ein vollständiger Eiapparat aus demselben Präparat dargestellt. Die beiden Polkerne haben sich in der Mitte des Sackes einander genähert (Fig. 9). Fig. 11 zeigt ein weiteres Stadium der Annäherung, resp. der beginnenden Verschmelzung. Alle Kerne des Embryosackesbesitzen grosse Nukleolen, aber wenig Chromatin. Jeder Kern hat eine Portion Protoplasma an sich gezogen. Die bedeutendsten Cytoplasmamassen liegen auffallender- weise im Bereich der drei Antipodenkerne, was dafür zu sprechen scheint, dass dem rudimentären Prothallium bei Cananga noch eine Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen. 173 wichtige ernährungsphysiologische Funktion zukommt. Vielleicht dürfte dies als ein „altes Merkmal“ angesprochen werden. In diesem Stadium haben sich innerhalb des Embryosackes noch keine Zellwände gebildet. Endlich ist in Fig. 12 ein Übersichtsbild der ganzen anatropen Sa- menanlage aus einer jungen Frucht darge- stellt. Die Synergiden sind in diesem Schnitt nicht zu sehen. Es ist nur ein Polkern sicht- bar; wahrscheinlich ıst es bereits der sekun- su > ee 1 En däre Embryosackkern. ini! è sut i an! ER Herms (14) berich- EAN <= Mad gun = s TON Y ) Ba tet über die Embryo- EE LOU 7) E . 0 logie einer andern EIN U 5. 0 LT Anonacee: Asimina NAN triloba. Da mir die À I Originalarbeit nicht zu- gänglich war, zitiere ıch nach dem Referat in Just’s Bot. Jahres- bericht 1907. Herms fand häufig‘ tetrade Megasporen und kon- Big. 12, Samenanlage, Vergr. 1421/2. statierte eine auffallend grosse Verlängerung des Embryosackes. „Das Endosperm bildet sich auf eigenartige Weise. Die erste Wand ist transvers und teilt den Sack in zwei gleiche Teile. Nun folgt die Bildung einer linearen Serie von Endosperm, fortschreitend bis ungefähr ein Dutzend Zellen gebildet sind; dann beginnt eine vertikale Teilung an der Basıs des Sackes. Der Embryo ist sehr klein und unvollständig entwickelt, selbst im Samen. Asımina weicht in ihrer Entwicklung von den Ranunculaceen ab und ähnelt mehr oder weniger stark den Geratophyllaceen‘‘. Herms hat demnach mehr die älteren Entwicklungs- stadien, die Bildung des Endosperms und des Keimlings, beobachtet. Entwicklung des Pollens. Die zahlreichen Staubblätter der Cananga stehen auf einer flachen, scheibenförmigen Blütenachse, Das fertige Sporophyll 174 Adolf Oes. besitzt ausgesprochene Blattgestalt. (Fig. 13. Das Blatt wurde aus Alkohol in Xylol übertragen, um es etwas durchsichtig zu machen.) Das von einem Gefässbindel durchzogene Kon- nektiv setzt sich nach vorn in eine die Anthere überragende Blattspreite fort, welche in eine behaarte Spitze ausläuft. Jede Antherenhälfte besteht aus zwei Pollensäcken. Die Wand der reifen Anthere wird aus Zellen mit stark ver- diekten Wänden gebildet. Ein Längsschnitt durch eine junge Blüten- knospe lässt zahlreiche Staubblattanlagen er- Fig. 14. É Fig. 13. Längsschnitt durch eine junge Blütenknospe mit Staubblatt. Staubblattanlagen. Vergr. 28. Vergr. 28. kennen (Fig. 14). An der Basis jeder Blattanlage bemerkt man zwei Zellkomplexe, welche durch reichen Zellinhalt auffallen. Fig. 15 stellt einen Querschnitt durch die basale Region eines solchen jungen Staubblattes bei stärkerer Vergrösserung dar. In der Mitte zeigt sich schon die Anlage des Leitbündels. Man bemerkt ferner die Fig. 15. Querschnitt durch ein junges Staubblatt. Vergr. 520. beiden seitlichen Komplexe protoplasmareicher Zellen, aus denen die beiden Theken her- vorgehen. Die Zellen dieses sporogenen Gewebes zeichnen sich noch kaum durch grös- seres Volumen oder grosse Zellkerne vor den übrigen Parenchymzellen aus. Gleich- wohl aber treten sie im Prä- parat durch ihren dichten Inhalt und die imtensive Farb- stoffspeicherung deutlich her- vor. Die beiden seitlichen Zellkomplexe sind ein viel- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen. 175 zelliges Archespor, aus welchem nach mehrfachen Teilungen die mehrschichtigen Wände der Pollensäcke, das Tapetum und die Pollenmutterzellen hervorgehen. (Fig. 16—18). Letztere liegen in Fig. 16. Querschnitt durch ein Staubblatt aus einer Knospe, Grosse Pollenmutterzellen, umgeben vom Tapetum. Vergr. 370. jedem Pollenfach in einer Reihe (Fig. 18). Sie sind zylindrisch oder tonnenförmig, sehr‘ gross und mit dichtem Cytoplasma ange- füllt. Ihr Kern ist ebenfalls sehr umfangreich mit grossem Nukleolus. Die Pollenmutterzellen liefern durch zwei normale Tetradenteilungen die Pollenkörner (Fig. 19 und 20). Da in jedem Pollenfach 8 bis 12 Mutter- zellen auftreten, beträgt die Zahl der Pollenkörner jedes Faches 32 bis 48. Schon in den Antheren älterer Knospen trifft man fertige Pollenkörner mit zwei Kernen an (Fig. 20), da sich der Kern des jungen Pollens bald nach der zweiten Tetradenteilung in einen vegetativen und einen generativen Kern teilt. Wie aus Fig. 18 zu ersehen ist, liegen die Pollenmutterzellen eines Pollenfaches in einer ununterbrochenen Reihe, Von einer Querteilung der Querschnitt durch ein Pollenfach mit Pollenmutterzelle. Vergr. 720, 176 ie“ SNS ea ER BER: “4 tg IN « (CEA NA Ken A dt SE BEE 7 IS IS Fig. 18, Längsschnitt durch ein Pollenfach mit Pollen- mutterzellen. (aus einer jungen Knospe.) Vergr, 370. Adolf Oes. Pollenfächer durch steriles Gewebe, was nach Haller (2, Seite 40) als ein Zeichen hohen Alters anzusprechen wäre und bei verschiedenen Anonaceen, Mimosen etc. beobachtet sein soll, ist bei Cananga nichts zu bemerken. Die Wand der reifen Anthere wird fast ausschliesslich von der ,,fibrüsen Schicht“ gebildet. Diese ist subepider- malen Ursprungs. Die Tapetenzellen, sowie die zwischen dem Tapetum und der Faserschicht liegenden Zellen sind zerquetscht und resorbiert worden; auch Pollenmutterzelle in 2 Tetradenzellen geteilt. Querschnitt. Vergr. 770. die Epidermiszellen sind bis auf wenige Reste abgestossen worden. Wie aus obiger Darstellung zu er- sehen ist, geht die Entwicklung des Androeceums derjenigen des Gynae- ceums bedeutend voraus; die Blüten sind also ausgesprochen proterandrisch. Die Figuren 1 und 2 zeigen die noch undifferenzierte Samenanlage, während in den Antheren derselben Blütenknospe bereits die Pollenmutterzellen gebildet sind (Fig. 16 und 17). Zur Zeit, da im Nucellus die Embryosackmutterzelle und die Tetradenteilung derselben zu beobachten ist (Fig. 3 bis 6), treffen wir in den Antheren bereits fertige, z. T. zweikernige Pollenkörner (Fig. 20). Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen. ri Zur Zeit der Blüte ist der Embryo- sack erst ein- oder zweikernig (Fig. 7 und 8). Den achtkernigen Embryosack habe ich immer nur nach dem Ver- blühen, in jungen Früchten, ange- troffen. Befruchtung wurde nicht be- obachtet. Zusammenfassung: Embryosack und Pollenkörner von Cananga odorata entwickeln sich nach dem normalen Angiospermentypus. Die Blüten sind ausgesprochen proterandrisch. Diese Tatsachen sprechen weder für noch gegen das hohe phylogenetische Alter der Anonaceen. Fig. 20. Pollenkorn mit 2 Kernen. (Aus einer älteren Blütenknospe). Vergr. 720. Basel, Bot. Inst. der Universität, Ende August 1914. 178 st Adolf Oes. Literatur-Verzeichnis. . Hallier, Hans. Über die Verwandtschaftsverhältnisse der Tubifloren u, Ebenalen, den polyphyletischen Ursprung der Sympetalen und Apetalen und die Anordnung der Angiospermen überhaupt. (Hamburg 1901, Ab- handlungen des Naturwissensch. Vereins). — Beiträge zur Morphogenie der Sporophylle und des Trophophylls in Beziehung zur Phylogenie der Kormophyten. (Hamburg 1901, Jahrbuch d. Hamb. Wissensch. Anstalten, XIX, 3. Beiheft). — Über Hornschuchia Nees und Mosenodendron R. E. Fries, sowie über einige Verwandtschaftsbeziehungen der Anonaceen. (Beihefte zum Botanischen Centralblatt, Bd. 13, 1903). — Über Juliania ete. Neue Beiträge zur Stammesgeschichte der Dicotyledonen. (Ebenda Bd. 23, 1908). . v. Wettstein, R. R. Handbuch der Systematischen Botanik. I. Bd. Leipzig und Wien 1901. . Strasburger, Noll, Schenk, Karsten: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. 6. Aufl., Jena 1903. . Senn, G. Die Grundlagen des Hallierschen Angiospermensystems. (Ebenda, Bd. 17, 1904). . Engler und Prantl. Die natürlichen Pflanzenfamilien, III. Teil, 2, pag. 23 —39. . Schmid, Eduard. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Scrophulariaceen. (Dissert. Zürich 1906.) . Wirz, Hans. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Sciaphila spez. und von Epirrhizantes elongata Bl. (Flora. Neue Folge. Erster Band. 1910.) . Strasburger, Ed. Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei den Urticaceen. (Pringsh. Jahrb. 1910. Bd. 47.) . Beyer, H. Beiträge zur Anatomie der Anonaceen, insbesondere der afrikanischen. (Englers Bot. Jahrb. f. Systematik ete. XXXI, 1902). . Fries, Rob. E. Ein unbeachtet gebliebenes Monocotyledonenmerkmal bei einigen Polycarpicae. (Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellschaft 1911.) . Herms, William B. Contribution to the life history of Asimina triloba. (Ohio Nat. VII. 1907. Referat in Just’s Bot. Jahresber. XXX V. 1907. 1. S. 145). Manuskript eingegangen 31. August 1914. Übersicht über die Säugetiere der schweizerischen Molasseformation, ihre Fundorte und ihre stratigraphische Verbreitung. Nebst einem Anhang: Über das Vorkommen von Hipparion in der Schweiz. Von H. G. Stehlin. Im Sommer 1913 ersuchte mich Herr Prof. A. Heim, 1hm für sein Werk über die Geologie der Schweiz!) eine möglichst vollstän- dige Übersicht über die Säugetiere unserer Molasseformation und ihre Fundorte zusammenzustellen. Obwohl ich seit Jahren zahlreiche Notizen für eine künftige Monographie dieses Gegenstandes gesammelt hatte, sah ich mich — um einigermassen gründliche Arbeit zu liefern — genötigt, nahezu die Gesamtheit der einschlägigen, weitzerstreuten und ihrer Kümmer- lichkeit wegen oft recht unbeguemen Dokumente nochmals durchzu- sehen. Diese Revision wurde im Winter 1913—1914 durchgeführt. Den zahlreichen Sammlungsvorstehern, Privatsammlern und Orts- kundigen im In- und Ausland, welche mich dabei durch Mitteilung von Materialien oder durch Auskünfte unterstützt haben, spreche ich hiemit meinen verbindlichsten Dank für ihr freundliches Entgegen- kommen aus. Es sind die Herren Antenen in Biel, Argand in Neuen- burg, Baumberger in Basel, Bedot in Genf, G. de Blonay in Grand- son, Bourquin in La Chaux-de-Fonds, Brunner in Diessenhofen, Bux- torf in Basel, Choffat in Lissabon, Deecke in Freiburg 1/B., Dubois in Amsterdam, Eberli in Kreuzlingen, J. Favre in Genf, Fischli in Winterthur, Fleury in Lissabon, Fuhrmann in Neuenburg, Gerber in Bern, Götz in Benken, Alb. Heim in Zürich, Hummel in Frei- burg i/Br., E. Huber in Zürich, E. Jordan in La Chaux, Kälin in 1) Albert Heim, Geologie der Schweiz. Erster Teil: Molasseland und Di- luvium, (Bei Tauchnitz in Leipzig; gegenwärtig noch im Druck.) 180 H. G. Stehlin. Wollerau, R. Keller in Winterthur, Kissling in Bukarest, Koby in Pruntrut, Künzli in Solothurn, A. Lalive in La Chaux-de-Fonds, Leiner in Konstanz, Leuthardt in Liestal, Lugeon in Lausanne, Meister in Schaffhausen, Meunier in on banc Ch. Meylan in La Chaux, Mühlberg in Aarau, Musy in Freiburg 1i/Ue., Peyer in Zürich, Revilliod in Basel, Rittener in Sainte-Croix, Rollier in Zürich, Schaleh in Freiburg i/B., Schardt in Zürich, Schlosser in München, Schürer in Biel, Schwarzmann in Karlsruhe, Studer in Bern, J.Weber in Winterthur, Wegelin in Frauenfeld, van Wervecke in Su O. Würtemberger in Emmishofen, D. Vautier in Grandson. Als Ergebnis meiner Untersuchung konnte ich Herrn Prof. Heim im Frühjahr 1914 die fünf Tabellen zustellen, welche ich hier nun auch separatim dem Druck übergebe. In Tabelle I, Stampien, ist inzwischen noch die Lokalität Grenchen I (Tunnel, 1198 m ab Süd- portal) mit ihrer Faunula eingefügt worden, deren Kenntnis ich Herrn Prof. A. Buxtorf verdanke. Die Fundschicht ist das nämliche beschränkte Schichtpaket, das Herr Prof. Buxtorf in dem im Herbst 1913 publizierten Profil des Münster-Grenchentunnels ?) als unteres Vindobonien angesprochen hat. Die darin gefundenen Säugetierreste lehren in unzweideutiger Weise, dass wir es nicht mit Miocän, sondern mit mittlerem Oligocän zu tun haben. In Tabelle IV, Vindobonien, habe ich noch die Lokalität Zeglingen II eingeschaltet. Die Lokalität Boudry, welche zu den säugetierpalaeontologisch noch nicht präzis fixierbaren gehört, habe ich aus Tabelle I, Stampien in Tabelle II, Aquitanien versetzt. In Tabelle II wurde ein Versehen in der Bezeich- nung der Rhinoceriden von Engehalde beseitigt. Im übrigen sind an der Herrn Prof. Heim zugestellten Redaktion nur einige kleine und unwesentliche formelle Veränderungen vorgenommen worden. Immer häufiger bin ich in den letzten Jahren um Auskünfte über die Säugetiere der Molasseformation und ihre Verbreitung an- gegangen worden. Ich darf daraus wohl den Schluss ziehen, dass die im Molasseland tätigen Geologen sich mehr und mehr von dem Wert der Dienste überzeugen, welche die Säugetierpalaeontologie der Tertiärstratigraphie zu leisten vermag, und dass das Bedürfnis nach einer übersichtlichen Zusammenfassung des in dieser Richtung er- mittelten sich immer dringender geltend macht. 2) A. Buxtorf, Die mutmasslichen Profile des neuen Hauenstein- und Grenchenbergtunnels im Schweizer Jura. Verh. der Naturforsch. Ges. in Basel, XXIV, 1913, p. 255, Tafel IV, Profil 6. . ee Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 181 Diesem Bedürfnis sucht die vorliegende kleine Mitteilung vor- läufig so weit entgegenzukommen, als es in der knappen Form von Tabellen möglich ist. Ein Hauptaugenmerk wurde auf die Ausmerzung gewisser teils notorisch unrichtiger, teils zum mindesten voreiliger Bestimmungen gerichtet, welche sich durch alle älteren derartigen Zusammenstel- lungen hindurchziehen und den Einblick in die für den Stratigraphen so wichtigen sukzessiven Wandlungen der Säugetierfauna in über- flüssiger Weise getrübt haben. Sodann ist möglichste Vollständigkeit erstrebt worden. Gegen- über älteren Verzeichnissen wird man sowohl die Zahl der Fund- stellen, als diejenige der Arten bedeutend vermehrt finden, letztere namentlich im Bereich der kleinen Säugetierwelt. Endlich ist an Stelle der traditionellen Dreiteilung der Molasse- formation eine beträchtlich weitergehende Gliederung gesetzt worden. Alles weitere muss ich einer einlässlicheren Arbeit vorbehalten, die ich in den nächsten Jahren hoffe liefern zu können. Sie wird die Bestimmungen motivieren; die zuversichtlichen sowohl als die mit irgend einer Art von Vorbehalt gegebenen, von denen sich einige durch weitere Vergleichungen wohl inzwischen noch präzisieren lassen. Namentlich aber wird sie die hier in apodiktischer Kürze hingestellten stratigraphischen Ansichten einlässlich zu rechtfertigen haben. Vorder- hand sei in bezug auf diese bloss bemerkt, dass sie auf Untersuchungen basieren, welche über das säugetierführende Oligocän und Miocän von ganz Westeuropa ausgedehnt wurden. Ich übergebe diesen Versuch den Interessenten mit einer drin- genden Bitte um Unterstützung meines Bestrebens ihn zu vervoll- kommnen. Mit wenigen Ausnahmen, die ich verantworten kann, sind Doku- mente, deren Bestimmung ich nicht überprüfen konnte, in den Tabellen prinzipiell unberücksichtigt geblieben. Man wird daher in der früheren Literatur verschiedentlich Säugetierreste zitiert finden, die in der vorliegenden Zusammenstellung fehlen. Ein Teil der ver- missten Fundstücke lag nachweisbarermassen in dieser oder jener öffentlichen Sammlung; in solchen Fällen ist der Weg, den weitere Nachforschungen einzuschlagen haben, gegeben. Bei einem andern Teil habe ich indessen auch den Aufbewahrungsort nicht ermitteln können. So zitiert z. B. Rütimeyer 1867 ein ,,Rhinoceros minutus“ aus der untern Süsswassermolasse von Grandson, und in seinem hand- schriftlichen Nachlasse finde ich folgende Notiz zu diesem Funde: „Rhinoceros minutus: In Grandson ein guter Teil eines ganzen Skelettes: Humerus, Femur, Scapula und Pelvis, Carpus, Phalangen. Vom Schädel nur Kieferstücke mit einem M; sup. Alles von einem 182 H. G. Stehlin. jungen Tiere, entweder minutus oder kleines Tier von ineisivus.“ Alle meine Bemühungen diese wichtigen Materialien wieder aufzufinden sind bisher vergeblich gewesen. Nicht glücklicher war ich in bezug auf folgende Funde: ,,Hyotherium spec. (Morlot), Molasse à lignites, Oron‘, zitiert in einem Briefe von de Laharpe an Rüti- meyer vom 24. März 1867. — ,,Mastodon angustidens‘*, mehrere Zähne vom Lindenbühl am Randen (badische Grenzzone), erwähnt von J. B. Greppin 1874 als in der — inzwischen zerstreuten — Samm- lung von J. Schill befindlich. — Mastodonreste aus dem Muschel- sandstein des Aargaus und von Niederhöri (Kt. Zürich), zitiert von Mösch 1867. — Mastodon, zwei Backenzähne aus der Juranagelfluh von Villnachern (Kt. Aargau), erwähnt von Mösch 1867; einziger Säugetierrest, der bisher aus diesem Sediment zitiert worden ist. — Mastodonmandibel aus der ,,untern Süsswassermolsasse“ (? St.) am Bache unterhalb der Ehrendinger Gipsgruben, erwähnt von Mösch 1867. — ,,Rhinoceros ıneisivus“, Zähne und Knochen aus den Vogesen- sanden von Frégiécourt, erwähnt von J. B. Greppin 1854, 1867 und 1870. Aus einem Briefe von Gressly an J. B. Greppin geht hervor, dass sich diese Materialien im Besitze eines Herrn Lalande befunden haben, welcher, wie ich auf anderem Wege ermitteln konnte, ein Verwandter von Thurmann gewesen ist. Für den Nachweis dieser Materialien wäre ich sehr dankbar. Desgleichen werden mich alle diejenigen verpflichten, welche mich auf noch nicht signalisierte Sammlungsstücke aufmerksam machen können, die mir etwa entgangen sein mögen. Namentlich aber möchte ich die Herren Kollegen, welche gegen- wärtig mit Aufnahmen im Molassegebiet beschäftigt sind, ersuchen, wenigstens einen Teil der Aufmerksamkeit, die herkömmlicherweise den oft so undankbaren Mollusken zugewendet wird, auf die Säuge- tierreste zu richten. Säugetierfundstätten ersten Ranges, wie Frank- reich und auch Süddeutschland einige besitzen, dürften ja freilich in der schweizerischen Molasseformation kaum zu entdeeken sein. Aber dass es sich in dieser überhaupt nicht verlohne, nach Säugetieren zu suchen, ist ein Vorurteil, das angesichts des im folgenden nieder- gelegten Verzeichnisses von 157 Fundstellen nicht bestehen kann. Be- sonders empfehle ich auf die kleinen Säugetiere zu achten, die stellen- weise in Süsswasserkalken (Oensingen-Ravellen, Anwil) und in Uferbildungen und Bachabsätzen der Süsswassermolasse (Moutier, Küttigen, Schwamendingen, Rümikon ete.) ziemlich zahlreiche Über- reste hinterlassen haben. Diese kleinen Tierchen sind dem Strati- graphen oft nützlicher als die grossen, zumal die so schwierigen Rhinoceriden. Insbesondere für die, grösserer Präzision so sehr be- dürftige, Stratigraphie unserer untern Süsswassermolasse dürfen wir Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 183 uns von einem eindringenderen Studium der Nager schätzenswerte An- haltspunkte versprechen. I. Stampien (Mitteloligocän). Unteres Stampien. Dahin sind zweifellos zu rechnen die Fund- orte im ,Meeressand‘ des oberrheinischen Beckens: Bressaucourt bei Pruntrut, Brislach, Klein-Blauen (Kt. Bern); Lörrach und Stetten (Baden; satt an der Schweizergrenze bei Basel); Röders- dorf (Elsass; satt an der Schweizergrenze); ferner wohl auch der Septarienton des oberrheinischen Beckens: Bonfol bei Pruntrut (Kt. Bern). Von Fundorten ausserhalb des Bereichs des oberrheinischen Beckens könnten als unteres Stampien allenfalls in Betracht kommen, im Jura: Soulce (Kt. Bern); am Fusse des Jura: Oensingen-Ra- vellen (Kt. Solothurn; Süsswasserkalk mit Nesokerodon minor an der Basıs der Molasse), Grenchen I (Kt. Solothurn; Tunnel 1198 m ab Südportal); in der subalpinen Region: Bumbach (Kt. Bern, Mo- lasse mit Anthracotherium bumbachense und Aceratherium cfr. Fil- holi); Vaulruz (Kt. Freiburg). Oberes Stampien. Die charakteristischste schweizerische Faunula dieses Niveaus ist bis jetzt diejenige von Aarwangen (Kt. Bern). Mit einigem Vorbehalt sind ferner hieher bezogen: Niederhagenthal (Elsass, satt an der Schweizergrenze; „Cyrenenmergelstufe‘ des ober- rheinischen Beckens); Develier und Vicques im Delsbergertal (Kt. Bern); Moutier (Kt. Bern); Bännli bei Balsthal, Matzendorf, Welschenrohr (Kt. Solothurn); Oberbuchsiten, Egerkingen, Ricken- bacher Mühle am Born (Kt. Solothurn); Kalte Herberge bei Ober- Wynau (Kt. Bern); Grenchen II (Kt. Solothurn; Tunnel, 500 m ab Südportal); Baden (Kt. Aargau); Soral (Kt. Genf). Es ist nicht ausgeschlossen, dass einige dieser Fundorte, die nur spärliche Säuge- tierreste geliefert haben, schon zum unteren Aquitanien gehören. Inseetivoren. Talpide indet.: Aarwangen. Nager. Theridomys spec. I: Bumbach. Theridomys spec. II : Grenchen I. Nesokerodon minor Schl.: Oensingen-Ravellen. Nesokerodon Quercyi Schl.: Aarwangen, Bännli bei Balsthal; Rickenbacher Mühle; Moutier. Blainvillimys spec.: Grenchen I. 184 H. G. Stehlin. Protechimys cfr. gracilis Schl.: Oensingen-Ravellen. Protechimys efr. major Schl.: Aarwangen, Moutier. Archaeomys cfr. chinchilloides Gerv: Oensingen-Ravellen. Archaeomys efr. Laurillardi Gerv: Aarwangen; Rickenbach, Bännli bei Balsthal. Steneofiber spec.: Moutier. Cricetodon spec.: Grenchen I. Rodens indet I: Bumbach. Rodens indet. II: Aarwangen. Rodens indet. III: Grenchen I. Carnivoren. Herpestes spec. (sehr klein): Grenchen I. ? Herpestes spec.: Aarwangen. Carniv. indet. (sehr gross): Bumbach. Carniv. indet. div.: Bumbach; Aarwangen (2—3 en): Moutier (3 Arten); Rdtadaadter Mühle. Caenotheriden. Caenotherium Cartieri Myr.: Oberbuchsiten; Oensingen-Ravellen ; Aarwangen; Bännli bei Balsthal; Develier ( ?). Caenotherium cfr. Cartieri: Grenchen I. Caenotherium spec. div. majores: Aarwangen; Moutier; Ricken- bach; Vieques; Grenchen I. Suiden. Doliochoerus spec.: Aarwangen. Propalaeochoerus spec.: Soulce. Anthracotheriden. Anthracotherium bumbachense St.: Bumbach; Klein-Blauen (?). Anthracotherium hippoideum Rüt.: Danone. Anthracotherium spec. indet. div.: Vaulruz; Oensingen-Ravellen; Matzendorf; Moutier; Hagenthal. Hyopotamiden. Brachyodus cfr. borbonicus Gervais: Oberbuchsiten; Egerkingen; Moutier; Rickenbacher Mühle; Aarwangen; Baden. Traguliden. Lophiomeryx Chalaniati Pomel: Welschenrohr. Cryptomeryx Gaudryi Filhol : Soulce. Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 185 Pecora. Bachitherium curtum Filhol: Aarwangen; Grenchen I. Bachitherium insigne Filhol: Oensingen-Ravellen. Amphitragulus spec. I: Bännli bei Balsthal. Amphitragulus spec. II: Moutier. Ruminans indet. (sehr klein): Grenchen I. Ruminantia ine. sedis div.: Bumbach (2 Spezies); Rickenbacher Mühle. Sireniden. Halitherium Schinzi Kp.: Kleinblauen; Brislach; Rödersdorf; Stetten; Lörrach; Bonfol (?); Vaulruz (?). Perissodactylen. Plagiolophus efr. Fraasi Myr.: Klein-Blauen. Tapirus spec.: Aarwangen. Cadurcotherium Cayluxi Gerv.: Bressaucourt. Aceratherium Filholi Osb.: Klein-Blauen; Bressaucourt; Bumbach. Rhinoceros (Engyodon) Reichenaui Den.: Klein-Blauen; Bris- lach (?). Rhinoceros spec. div. indeterm. majores: Aarwangen; Oberbuch- siten; Grenchen; Soral. Rhinoceros spec. div. indeterm. minores: Bumbach; Oensingen- Ravellen; Oberbuchsiten; Aarwangen; Kalte Herberge; Rickenbacher Mühle; Moutier. II. Aquitanien (Oberoligocän). Unteres Aquitanien. Als charakteristisch können gelten die Lignite von Rochette und La Conversion (Kt. Waadt: ,,Molasse à lignites“) und die umgelagertes Bohnerz führende Molasse von Aarau (Ochsen, Saalbau) und Küttigen (Kt. Aargau); hierher vielleicht auch Humbel bei Waldenburg (Kt. Baselland) und Boudry (Kt. Neuenburg; Süsswasserkalk). Sehr fraglich ist das Alter der Lignite von Rüfi bei Schännis (Kt. St.Gallen) und vom Speer (Kt. St.Gallen). Oberes Aquitanien. Charakteristisch sind die Fundorte in der „Molasse grise‘ von Lausanne (Maupas, Haut-du-Calvaire, Petites- Roches, Tunnel, Le Valentin, Riantmont, Sur-la-Borde, Sous-la- Borde, Solitude) und Umgebung (La Rosiaz, Rovereaz, Béthusy) ; sowie die Lignite von Sparen und Greit an der Hohen Rone (Kt. Zug). Mit Vorbehalt sind ferner hieher gezogen: La Chaux bei 186 H. G. Stehlin. Sainte-Croix (Kt. Waadt); Engehalde in Bern; Reichenbach (Kt. Bern); Rappenfluh bei Aarberg (Kt. Bern); Kelligraben bei Hüni- bach (bei Thun, Kt. Bern); Gysnaufluh bei Burgdorf (Kt. Bern); Etzel (Kt. Schwyz); Bollingen am oberen Zürichsee (Kt. St.Gallen) ; Vogelherd und Bandlehn bei Speicher (Kt. Appenzell); St. Mar- grethen (Kt. St. Gallen). Insectivoren. Soricide gen. et spec. nov.: Boudry. Talpide indet.: Küttigen. Erinaceide gen. et spec. nova: Rochette. Nager. Archaeomys cfr. Laurillardi Gerv.: Küttigen. Eomyde spec. nova: Humbel. Steneofiber viciacensis Pomel: Hohe Rone. Steneofiber cfr. viciacensis Pomel: Rochette; Küttigen. Cricetodon spec. nova: Küttigen. Rodens cfr. Cricetodon: Rochette. Rodens indet : Humbel. Titanomys visenoviensis Myr.: Küttigen. Cha rnmomen:s Amphicyon spec. nova : Hohe Rone (Greit). Amphicyon spec.: Aarau (Saalbau); La Conversion. Plesictis cfr. robustus Pomel: Hohe Rone (Greit). Stenogale an Haplogale spec.: Küttigen. Carnivora indet. div.: Küttigen (2—3 Arten); Lausanne. Oaenotherıden. C'aenotherium spec. div.: Küttigen (2 Arten); Lausanne (Tunnel); Hohe Rone (Greit); Humbel. Suiden. Propalaeochoerus spec.: Küttigen (2? Arten ?). Palaeochoerus typus Pomel: Hohe Rone (Greit); Engehalde. Palaeochoerus Meisneri Myr.: Rappenfluh bei Aarberg; Lausanne (Petites Roches; Sur-la-Borde); Hohe Rone (Greit). Anthracotheriden. Anthracotherium valdense Kow.: Rochette; La Conversion. Microbunodon minus Cuv.: Rochette; Aarau (Ochsen); Regensberg, Kt. Zürich (in einem verschleppten Block). Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 187 Hyopotaniden. Brachyodus borbonicus Gerv. var. minor Dep.: Benken am Kohlfirst (unteres Vindobonien) aus dem Oligocän eingeschwemmt. Pecora. Dremothorium Feignouxi E. Geoffr.: Lausanne (Tunnel; Riant- mont); La Chaux; Reichenbach. Dremotherium Feignouxi E. Geoffr. an Amphitragulus elegans Pomel: La Rosiaz. Amphitragulus cfr. elegans Pomel: Küttigen; Aarau (Ochsen); Lausanne (Sous-la-Borde); Engehalde. Amphitragulus lemanensis Pomel: Lausanne (Riantmont; Sur-la- Borde; Sous-la-Borde); Engehalde; Rappenfluh bei Aar- berg; Reichenbach. Amphitragulus spec. nova: Küttigen; Aarau (Ochsen). Amphitragulus spec. div. indet.: Hohe Rone (Greit); Etzel. Amphitragulus an Bachitherium spec.: Küttigen; Aarau (Ochsen). Perissodactylen. Tapirus intermedius Filhol.: Hohe Rone (Greit); Lausanne (Soli- tude) (?). Tapirus cfr. intermedius Filhol.: Rüfı bei Schännis. Chalicotherium Wetzleri Kow.: Hohe Rone; Bollingen. Aceratherium lemanense Pomel: Bethusy ; Lausanne (Maupas; Haut- du-calvaire, Tunnel); Ravin de la Paudeze (in einem ver- schleppten Block); Hohe Rone (Sparen und Greit) (?). Aceratherium lemanense Pomel var. Rütimeyeri Mermier : Engehalde. Rhinoceros spec. indet. div. (?) majores: Gysnaufluh; Bandlehn bei Speicher; Kelligraben bei Hünibach; Rüfi bei Schännis; Humbel. Rhinoceros cfr. tagicus Roman: Rovéréaz; Lausanne (Tunnel; Le Valentin). Rhinoceros spec. indet. div. minores: Küttigen; Aarau (Ochsen); Speer; Bollingen ; Vogelherd. III. Burdigalien (Untermioeän). Untere Stufe der marinen Molasse (Muschelsandstein des Mittel- landes und des Jura; Bächer Sandstein am obern Zürichsee): Le- Mont-sur-Lausanne, Morrens und Bretigny-sur-Morrens (Bez. Echal- lens), Moudon, Payerne, Combremont-le-Grand (Bez. Payerne), 188 H. G. Stehlin. Sainte-Croix (Bez. Grandson), alle im Kanton Waadt; Maconnens (Bez. Gläne), Cheyres, Chables, La Moliere, Rochemont pres Seiry, Grange-de-Vesin (Bez. Broye), Jolimont (Bez. Saane), alle im Kan- ton Freiburg; Gambach (Bez. Schwarzenburg), Ins, Brüttelen, Müntschemier (Bez. Erlach), Melchnau, Madiswyl (Bez. Aarwangen), Büren a/A., Diesbach (Bez. Büren), Burgdorf, alle im Kanton Bern; Saicourt, Tal von Court, Kanton Bern; Corgemont, Tal von St. Immer, Kanton Bern; Bockstein bei Aetigkofen, Schnottwyl (Bez. Bucheggberg) im Kanton Solothurn; Zofingen, Schorrüti bei Kölliken, Staffelbach (Bez. Zofingen), Gränichen, Entfelden, Unter- Muhen (Bez. Aarau), Lenzburg, Staufberg, Othmarsingen (Bez. Lenzburg), Würenlos, Mägenwil, Eckwil (Bez. Baden), alle im Kanton Aargau; Niederhasli (Bez. Dielsdorf), im Kanton Zürich ; Buchberg (Kt. Schaffhausen, bei Eglisau); Schindellegibrücke, Haslen bei Wollerau (Bez. Höfe) im Kanton Schwyz. Nager. Steneofiber cfr. Depereti Mayet: Cheyres. Carnivoren. Hemicyon gôriachensis Toula: Burgdorf. Amphicyon spec.: Unbekannte Lokalität im Kanton Freiburg. Carnivor indet. (Felide ?) : Brüttelen. Carnivor indet.: La Moliere. Cétaceen: Squalodon spec.: La Molière, Staffelbach. Crytodelphis sulcatus Gerv.: La Molière; Zofingen; Unter-Muhen; Othmarsingen. Platanistiden gen. indet.: Bucheggberg (2 Spezies); Mägenwil; un- bekannte Lokalität im Kanton Aargau. Physeterula spec.: Othmarsingen. Odontoceti gen. div. indet.: Combremont-le-Grand; La Molière; Chables; Grange-de-Vesin; Bockstein; Bucheggberg ; Stauf- berg; Othmarsingen; Mägenwil; Eckwil. Caenotheriden. Caenotherium spec.: Moudon. Suiden. Palaeochoerus aurelianensis St.: Brüttelen; La Molière. Palaeochoerus spec.: Brüttelen; La Molière; Maconnens. Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 189 Hyopotamiden. Brachyodus onoideus Gerv.: Brüttelen. Peeora. Palaeomeryx cfr. garsonnini Mayet: Brüttelen (?); Haslen bei Wollerau. Dicroceros spec.: La Molière; Bucheggberg; Payerne. ? Lagomeryx spec.: Jolimont. Amphitragulus cfr. aurelianensis Mayet : Gambach; Madiswyl. Ruminantia indet.: Brüttelen (2 Spezies); La Molière; Jolimont; Cheyres; Haslen bei Wollerau. Proboscidier. Mastodon angustidens Cuv.: Buchberg. Proboscidier indet. (Mastodon ?) : Diesbach bei Büren. Sireniden. Halianassa Studeri Myr.: Mägenwil; Lenzburg. Sireniden inc. sedis: Sainte-Croix; Saicourt; Corgemont; Ent- felden; Gränichen; Othmarsingen; Würenlos; Eckwil; Niederhasli; Buchberg. Perissodactylen. Tapirus helveticus Myr.: Unbekannte Lokalität im Kanton Aargau; Brüttelen ; Othmarsingen ( ?). Rhinoceros cfr. tagieus Roman.: Brüttelen; La Molière; Moudon; Bretigny ; Müntschemier ; Othmarsingen ; Schindellegibrücke. Rhinoceros spec. div. majores: Le-Mont-sur-Lausanne; Morrent; Combremont-le-Grand; La Molière; Chables; Brüttelen; Ins; Bucheggberg; Melchnau; Schindellesibrücke; Haslen bei Wollerau. IV. Vindobonien s. lat. (Mittelmiocän). Unteres Vindobonien (obere Stufe der marinen Molasse; Sables à Galets Vosgiens des Berner Jura zum Teil?): Benken am Kohl- first (Kt. Zürich); Schlatt am Kohlfirst (Kt. Thurgau); Kaltwang bei Riedern (Badisches Klettgau, satt an der Schweizergrenze); Randen (Kt. Schaffhausen); Bois-de-Raube und Mont-Chaibeut (Delsbergertal, Kt. Bern, mit Vorbehalt hierhergerechnet); Court (Kt. Bern); Courtelary (St. Immertal, Kt. Bern). 190 H. G. Stehlin. Oberes Vindobonien (obere Süsswassermolasse mit Süsswasser- kalken und Kohlenflözen): Locle und La Chaux-de-Fonds (Kt. Neuenburg); Les Guinots (franz. Departement du Doubs); Vermes und Corban (Berner Jura); Pfeidmatt (Gemeinde Aegerten) bei Biel (Berner Seeland); Zeglingen I (Luftschacht des Hauenstein-Basis- tunnels), Zeglingen II (Strasse nach Wisen) und Anwil (Kt. Basel- land); Bampf bei Seon und Moos bei Teufental (Kt. Aargau); Muri (Kt. Aargau); Stöckenbach (Kt. Aargau); Siggental (Kt. Aargau); Spornege bei Baldingen (Kt. Aargau); Teufen (Kt. Zürich); Wip- kingentunnel (Stadt Zürich); Röthel (Oerlikontunnel bei Zürich); Schwamendingen bei Zürich; Käpfnach (Kt. Zürich); Elge, Rümikon. Veltheim, Seelmatten, Oedenhof bei Neftenbach (alle im Bezirk Winterthur, Kt. Zürich); Wila (Kt. Zürich); Bichelsee (Kt. Thurgau); Buchental (Kt. St. Gallen); Ottenberg bei Weinfelden, Königswuhr bei Frauenfeld, Iselisberg bei Üsslingen, Stammheim, Schlattingen (alle im Kt. Thurgau); Mammern, Tägerweilen, Egels- hofen, Kreuzlingen, Bättershausen, Lengweil (alle im Kt. Thurgau); Stein am Rhein (Kt. Schaffhausen); Schrotzberg, Kressenberg, Oehningen, Wangen (alle am Untersee, Grossherzogtum Baden); Mainau bei Konstanz (Baden); Egg bei Konstanz (Baden). Affen. Pliopithecus antiquus de Blainville: Elgg; Kreuzlingen. Chiroptern. Molosside gen. et spec. n.: Anwil. Insectivoren. Erinaceus oeningensis Lydekker : Oehningen. Galerix exilis Blv.: Schwamendingen. Insectivor gen. et spec. n.: Vermes. Insectivor gen. et spec. n.: Schwamendingen. Metacordylodon Schlosseri Andreae: Anwil. Talpa minuta de Blainville: Rümikon. Talpide indet.: Rümikon. Talpide indet.: Schwamendingen. Proscapanus spec.: Anwil. Nager. Sciurus Bredai Myr.: Oehningen; Anwil (?). Sciurus spec.: Schwamendingen. Sciuropterus gibberosus Hofmann: Anwil. Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 191 Eomyde gen. (?) et spec. nova: Schwamendingen. Rodens gen. et spec. nov.: Corban. Steneofiber Jaegeri Kaup: Käpfnach; Elgg; Siggenthal; Les Guinots; Benken; Rıedern; Rümikon. Steneofiber minutus Myr.: Eleg; Tägerweilen; Bättershausen ; Anwil. Cricetodon rhodanicum Deperet: Vermes; Anwil; Mammern; Stein a/Rh.; Schwamendingen; Zeglingen II. Cricetodon efr. medium Lartet: Schwamendingen. Cricetodon minus Lartet: Oehningen; Spornegg; Zeglingen I. Cricetodon spec. nova: Vermes; Anwil; Stöckenbach (?). Titanomys Fontannesi Deperet: Anwil. Lagopsis verus Hensel: Oehningen; Elgg; Rümikon (?); Schwamen- dingen. Prolagus oeningensis König: Oehningen; Vermes; Anwil; Siggen- thal; Wangen am Untersee; Rümikon; Schwamendingen. Carnıvoren. Amphicyon cfr. major de Blainville : Benken. Amphicyon cfr. steinheimensis Fraas: Riedern (?); La-Chaux-de- Fonds ( ?). Amphicyon spec. div.: Benken; Riedern. Amphicyonide cfr. Hemicyon göriachensis Toula: Elgg. Amphicyonide cfr. Pseudarctos Schlosser : Rümikon. Galecynus oeningensis Myr.: Oehningen. Trochictis carbonaria Myr.: Käpfnach; Elgg (?). Potamotherium spec. nova: Elge. Lutra spec. (?): Rümikon. Mustelide cfr. Lutra dubia de Blainville: Käpfnach. Mustela spec.: Vermes. Hyaenaelurus Sulzeri Biedermann : Veltheim. Machaerodus palmidens de Blainville : Locle. Carniv. indet. div.: La Chaux-de-Fonds; Riedern. Cetaceen. Acrodelphis denticulatus Probst: Benken. : Cetac. indet.: Benken. Caenotheriden. Caenotherium spec.: Benken (wahrscheinlich aus dem liegenden Oli- gocän eingeschwemmt). 192 H. G. Stehlin. Suiden. Hyotherium Sômmeringi Myr.: Tägerweilen; Schlatt. Hyotherium Sümmeringi Myr. var. medium Myr.: Käpfnach; Buchenthal; Vermes (?); Riedern. Hyotherium spec. indet.: La Chaux-de-Fonds; Schlattingen; Rümi- kon; Schwamendingen. Hyotherium simorrense Lartet: Elge. Palaeochoerus efr. aurelianensis Stehlin : Benken. Palaeochoerus spec.: Benken. -Listriodon latidens Biedermann : Veltheim. Listriodon splendens Myr.: La Chaux-de-Fonds; Locle. Listriodon spec. indet.: Schlatt. Suide gen. et spec. indet.: Anwil. Traguliden. Dorcatherium crassum Lartet: Siggenthal; Stammheim; Elgg; Feuerthalen bei Schaffhausen (an sekundärer Lagerstätte); Locle (?). Dorcatherium guntianum Myr.: Bampf. Dorcatherium, kleiner als guntianum Myr.: Schwamendingen. BPeeora. Dicroceros furcatus Hensel: Käpfnach; Anwil (?). Dicroceros cfr. furcatus Hensel: Benken; Randen; Riedern; Court (?). Dicroceros elegans Lartet: Schwamendingen; Wila; Tägerweilen; Stein a/Rh.; Rümikon; Iselisberg bei Üsslingen (?). Dicroceros spec. (an furcatus an elegans) : Elgg; LaChaux-de-Fonds; Spornegg (?); Bampf (?); Schwamendingen (?). Palaeomeryx cfr. Kaupi Myr.: Schlattingen; Veltheim; Benken; Riedern. Palacomeryx Bojani Myr.: Vermes; La Chaux-de-Fonds; Rümikon. Palaeomeryx eminens Myr.: Oehningen; La Chaux-de-Fonds; Lengweil. Orygotherium Escheri Myr.: Käpfnach. Lagomeryx Meyeri Hofmann : Vermes; Benken (?); Riedern ( ?). Lagomeryx, kleiner als Meyeri: Käpfnach; Vermes; Benken; Schwamendingen. Lagomeryx an Micromeryx spec.: La Chaux-de-Fonds. Micromeryx flourensianus Lartet: Anwil (?); Rümikon (?). Amphimoschus lunatus Myr.: Käpfnach; Steina/Rh.; Rümikon( ?); Elgg (?); Benken; Riedern; Randen (?). Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 193 Antilope cristata Biedermann: Veltheim; Locle (?). Antilope spec. nov. (?): Elgg; Stein a/Rh. Proboscidier. Mastodon turicensis Schinz: Elgg; Käpfnach. Mastodon angustidens Cuvier : Käpfnach; Veltkeim; La Chaux-de- Fonds; Pfeidmatt; Schlattingen; Wipkingentunnel; Oeden- hof; Oehningen; Wila; Stein a/Rh.; Kressenberg; Egel- hofen; Benken; Riedern. Mastodon spec. (wahrscheinlich durchweg angustidens) : Königs- wuhr; Teufen; Seelmatten; Tägerweilen; Wangen a/U. Dinotherium giganteum Kaup.: Bois-de-Raube. Dinotherium laevius Jourdan : Locle; La Chaux-de-Fonds; Mainau. Dinotherium bavarieum Myr.: Mont-Chaibeut; Riedern. Proboscidier gen. et spec. indet.: Court; Schlatt. Sıreniden. Sirenide gen. et spec. indet: Benken; Riedern. Perissodactylen. Anchitherium aurelianense Cuv.: Vermes; Spornegg; Elgg; Käpf- nach ; Riedern. Macrotherium spec.: Riedern. Tapirus spec.: Benken. Rhinoceros (Brachypotherium) brachypus Lartet : Röthel; Veltheim ; Ottenberg; Seelmatten; Bichelsee (?); Mont-Chaibeut; Riedern. Rhinoceros cfr. tagicus Roman : Benken. Rhinoceros spec. div. indeterm.: Elgg; Käpfnach; Veltheim; Vermes; Anwil; Seelmatten; Rümikon; Schrotzberg ; Täger- weilen; Muri; Schlatt; Benken; Riedern; Courtelary; Egg; Schwamendingen. V. Pontien (Obermiocän). Vogesensande des Elsgaus (Ajoie): Charmoille bei Pruntrut. Proboscidier. Dinotherium efr. laevius Jourdan: Charmoille. Perissodactylen. Hipparion spec. : Charmoille. Rthinoceros spec.: Charmoille. 194 H. G. Stehlin. Anhang. Über das Vorkommen von Hipparion in der Schweiz. Das Genus Hipparion charakterisiert in Europa das obere Miocän (Pontien) und das untere Pliocän; nach einem Fund von tridactylen Equidenextremitäten, den ich vor einigen Jahren aus den obern Schichten des berühmten Hügels von Perrier bei Issoire signalisiert habe,?) scheint es, dass auch im europäischen Oberpliocän, neben Equus Stenonis, noch eine Hipparionart existiert hat. Im vorpontischen Miocän fehlt dagegen jede Spur des Genus. Sedimente, die Hipparion enthalten, sind somit in Europa entweder pontisch oder plioeän. Verschiedene Angaben über Hipparionfunde im Gebiete der Schweiz haben lange Zeit eine richtige Klassifikation unserer Miocän- schichten erschwert. Es scheint mir daher angezeigt, gleich hier ein- lässliche Rechenschaft über die Begründung dieser Angaben zu geben. Die neuern Autoren, welche Hipparion von schweizerischen Fundstellen zitieren, verlassen sich, so viel ich sehe, fast durchweg auf die Autorität Rütimeyers. Dieser schreibt 1863 im letzten Abschnitt seiner ‚Beiträge zur Kenntnis der fossilen Pferde“ #) pag. 690: ,.... Dagegen erwähne ich schliesslich zwei neue einheimische Fundorte von Hipparion gracile. Ein nahezu vollständiger Radius, den ich dieser Species bei- zählen zu dürfen glaube, aus der Muschelmolasse von Schnottwyl im Kanton Solothurn, ist im Besitz des Museums letzterer Stadt. Be- kanntlich sind Reste dieser allem Anschein nach cisalpinischen Hip- parionart auch schon an gleichaltrigen anderen Lokalitäten der Schweiz gefunden worden, so bei Chaux-de-Fonds und Tour-de-la- Molière, also immer in jurassischer und subjurassischer Molasse; aus einer ähnlichen Lokalität stammt daher wohl auch ein vortrefflich erhaltener Maxillarzahn von Hipparion gracile, den das Museum von Lausanne unter der Etikette Sainte-Croix enthält.“ Vier Jahre später, in dem ‚Verzeichnis der fossilen und lebenden Säugetiere der Schweiz‘,5) zitiert er für ,,Hippotherium gracile Kaup“ in der Kolonne ,,Meeresmolasse‘ die Fundorte ‚Buchegg- berg‘ und ,, Molière‘; von andern Fundorten ist hier nicht mehr die Rede. 3) Bull. soc. géol. de France (4) IV. 1904, p. 432. +) Verh. der Naturf. Ges. in Basel, III, 1863. 5) Anhang zu: Über die Herkunft unserer Tierwelt. Basel 1867. Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 195 Hipparion ist durch Rütimeyer also im ganzen von vier ver- schiedenen Lokalitäten aufgeführt worden. Meine Nachforschungen nach der Begründung dieser Angaben ergaben folgendes: Die Fundorte La Chaux-de-Fonds und La Moliere werden von Rütimeyer nicht auf Grund eigener Untersuchung, sondern unter Be- rufung auf irgendwelche, nicht genannte, ältere Autoren angeführt. Die Säugetiere von La Chaux-de-Fonds sind Ende der dreissiger Jahre von ©. Nicolet gefunden worden. Nicolet, Agassiz, H. v. Meyer und Bayle 6} haben ihnen verschiedene kürzere und längere Notizen gewidmet. In keiner derselben finde ich Hipparion zitiert. Dieses Genus ist inmitten der Fauna von La Chaux-de-Fonds, die eine wohl- charakterisierte Vindobonienfauna ist, auch gar nicht zu erwarten. Dagegen könnte in La Chaux-de-Fonds Anchitherium aurelianense vorkommen, das in einigen Teilen seines Skelettes Hipparion sehr ähnlich sieht und daher leicht mit ihm zu verwechseln wäre. Da indessen auch Anchitherium von keinem der genannten Autoren von La Chaux-de-Fonds signalisiert worden ist, und da ich in den noch vorhandenen Überresten der Nicolet'schen Sammlung keine Spur des- selben entdecken konnte, erscheint es wahrscheinlicher, dass wir es in diesen: Falle einfach mit einem Versehen Rütimeyers zu tun haben. Hiefür spricht wohl auch der Umstand, dass er in der Tabelle von 1867 die Angabe nicht wiederholt hat. Noch unerwarteter als im Vindobonien von La Chaux-de-Fonds wäre Hipparion im Burdigalien von La Molière. Auch hier haben wir es zweifellos mit einem Irrtum zu tun. Ich glaube den Weg, auf dem er zustande gekommen ist, genau nachweisen zu können. Rütimeyers Quelle ist offenbar eine „nach H. v. Meyers Bestimmungen“ zu- sammengestellte Wirbeltierliste des Muschelsandsteins, welche B. Studer 1853 in seiner Geologie der Schweiz (Band II, pag. 440) mit- geteilt hat. In dieser Liste figuriert in der Tat ein Equus primigenius Myr — dies ist v. Meyers Bezeichnung für Hipparion gracile Kaup — mit Ziffer 1. Ziffer 1 bedeutet laut Tabellenerklärung ‚Tour la Molière und die Umgebung“. Daraus hat dann Rütimeyer ‚La Moliere“ kurzweg gemacht. H. v. Meyer hat indessen ,,Equus primi- genius nie von La Molière zitiert. Dagegen erwähnt er im Neuen Jahrbuch für Mineralogie 1839, pag. 700, unter diversen säugetier- palaeontologischen Dokumenten der Lausanner Sammlung, welche 6) Agassiz in Verh. d. Schweiz. naturf. Ges. Bern 1839 p. 51. — Nicolet im Bull. soc. se. nat, Neuchâtel I p. 34 (1844), p. 124 (1844) und in Actes de la soc. hely, sc. nat. La Chaux-de-Fonds 1855, p. 22. — H. v. Meyer, N. Jahr- buch f. Mineralogie XVII, 1846, p. 464—470. — Bayle, Actes soc. helv. sc. nat. La Chaux-de-Fonds 1855, p. 190—196 und Bull. soc, géol. de France (2) XII, 1856, p. 24-30, 196 H. G. Stehlin, ihm Lardy zur Untersuchung gesandt hatte, ‚einen mittleren obern Backenzahn‘ dieser Form ‚‚aus der Molasse von Yoonand‘‘, was selbst- verständlich ein Lapsus calamı für ,,Yvonand‘ (am Ostufer des Neuenburgersees, 8 km E.N.E. von Yverdon) ist. Desselben Ob- jektes, aber ohne die genaue Provenienzangabe, ist auch im Referate über einen Vortrag gedacht, den H. v. Meyer 1841 an der Jahres- versammlung der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Zürich über die Säugetierwelt der schweizerischen Molasseformation gehalten hat. Dies sind die Quellen, denen Studer seinerseits seine Daten entnommen haben wird. Da Yvonand nicht sehr weit von La Molière entfernt ist, konnte es zur „Umgebung“ dieses altbe- rühmten Fundortes gerechnet werden. Dass der erwähnte Hipparion- zahn dem Muschelsandstein entstamme, ist jedoch eine blosse An- nahme Studers, zu welcher ihn die Mitteilungen Hermann von Meyers nicht berechtigten. i So kann durch kleine Versehen ein Irrtum zustande kommen, welcher fünfzig Jahre lang Verwirrung stiftet. Auf das Fundstück, das zu demselben Anlass gegeben hat, werden wir sofort sub voce Sainte Croix“ zurückkommen. Den Fundort Schnottwyl zitiert Rütimeyer auf eigene Verant- wortung. Er beruft sich, wie wir gesehen haben, auf einen ‚nahezu vollständigen Radius“. Das Belegstück ist von Herrn Dr. Künzlı in der Solothurner Sammlung wieder aufgefunden worden. Seine Identität ist sowohl durch eine aufgeklebte Etikette als durch eine etwas einlässlichere Beschreibung, welche ich in Rütimeyers hand- schriftlichem Nachlasse vorgefunden habe, sichergestellt. Ich muss dies deshalb ausdrücklich hervorheben, weil das Stück den Erwar- tungen, welche die von Rütimeyer publizierte Charakteristik erweckt, wenig entspricht. Es handelt sich um den beider Gelenkenden be- raubten und dazu stark gerollten Schaft irgend eines Langknochens. Eine befriedigende ‚Deutung dieses Dokumentes zu finden ist mir bisher nicht gelungen. Ich kann vorderhand nur die für unsern gegen- wärtigen Zweck genügende Versicherung abgeben, dass es, seinem fast kreisrunden Querschnitt nach, jedenfalls kein Equidenradius ist und dass kein Grund vorliegt, es auf Hipparion zu beziehen. Im Muschel- _ sandstein von Schnottwyl wäre dieses Genus ebensowenig an seinem Platze als in demjenigen von La Moliere. An beiden Fundstellen könnte, wie in La Chaux-de-Fonds, Anchitherium aurelianense vor- kommen; allein auch dieses ist bisher weder an der einen noch au der andern beobachtet worden. Von Sainte - Croix hat Rütimeyer das Genus Hipparion auf Grund eines Maxillarmolaren, der in der Lausanner Sammlung aufbewahrt wird, zitiert. Dass die Bestimmung richtig ist, erhellt aus neben- Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 197 stehender Figur. Die Frage, ob der Zahn von einem obermiocänen oder von einem pliocänen Vertreter des Genus herrührt, wage ich nicht zu entscheiden. Leider ist nun aber die Herkunft dieses einzigen authentischen Hipparionrestes von allerhand Dunkel umgeben. Zunächst ist nämlich der Zahn unzweifelhaft identisch mit dem- jenigen, den H. v. Meyer vierundzwanzig Jahre vor Rütimeyer als von Yvonand stammend signalisiert hat. v. Meyer pflegte alle Fos- alien, die ihm durch die Hände gingen, sorgfältig zu zeichnen. Der so entstandene reichhaltige Atlas ist nach seinem Tode in den Besitz der geologisch-palaeontologischen Staatssammlung in München über- gegangen. Auf meine Bitte hin hat Herr Prof. Max Schlosser in Figur 1. Hipparion spec., P, (?) sup. sin., von Sainte-Croix (?). 1/1. Die Kronen- höhe beträgt an der vorderen Aussenecke 47 mm; der Zahn ist also noch sehr frisch. (Museum in Lausanne.) München die grosse Güte gehabt, mir das Blatt, auf dem der Hip- parionzahn von Yvonand dargestellt ist, zur Vergleichung nach Basel zu senden.?) Die von Meyer’sche Figur stimmt bis in alle Details mit dem Zahne von Sainte-Croix überein. Was es mit dem Widerspruch in der Herkunftsangabe für eine Bewandtnis hat, habe ich nicht er- mitteln können. Aber da beide bei dem Objekte liegenden Etiketten — eine neuere und eine aus alter Zeit stammende — übereinstimmend und ohne Reserve auf ‚„Sainte-Croix‘ lauten, so nehme ich an, die von Lardy an H. v. Meyer übermittelte und von diesem publizierte Provenienzangabe sei nachher von irgend einer in Sachen orientierten Persönlichkeit als unrichtig erkannt und richtig gestellt worden. À priori wird man auch ein Sediment, das jünger ist als Vindobonien 7) Herr Schlosser hat den Zahn, nach v. Meyers Zeichnungen, auch seiner- seits zitiert: Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen. Geol. Pal. Abhandlungen, 1902, p. 142. 198 H. G. Stehlin. und älter als Pleistocän, eher im Jura bei Sainte-Croix als draussen im Molassesand bei Yvonand erwarten. Wenn nun aber auch die Herkunftsangabe Sainte-Croix die rich- tige sein mag, so sind wir damit doch noch nicht in befriedigender Weise informiert. Es bleibt immer noch die Frage nach der Fund- schicht offen. Die Molasse der Umgebung von Sainte-Croix schliesst nach oben mit dem Burdigalien ab 3) und kann keinen Hipparionzahn geliefert haben. Douxami”?) hat aus der dortigen Gegend zerstreute quarzitische und granitische Gerölle signalisiert, die er als Überreste eines pliöcänen Schotters glaubt deuten zu dürfen. Ob dieses stark zer- setzte Relikt, das Brückner!) übrigens später für Altmoräne erklärt hat, mit unserm Fossil etwas zu tun hat, erscheint sehr fraglich. Bedauer- licherweise ist der Zahn nur allzu gründlich von seiner Umhüllungs- masse gereinigt worden. Unter der Lupe entdeckt man in Sprüngen seines Zementbelages vor und hinter dem Innenpfeiler Spuren eines stellenweise lebhaft geröteten Tones oder feinen Sandes. Dies legt die Vermutung nahe, er könnte etwa in einer mit Verwitterungspro- dukten gefüllten Spalte gelegen haben. Aber etwas bestimmtes ist nicht festzustellen.11) Angesichts dieser Unsicherheit drängt sich die Frage auf, ob das Dokument nicht von irgend einem auswärtigen Hipparionfundorte herrühre und durch Irrtum zu seinem schweizerischen Heimatschein gekommen sei. Dass er weder von Pikermi, noch von Mont Leberon, noch aus den Eppelsheimersanden, noch aus den Tonen von Perpignan stammen kann, ergibt sich aus seiner Erhaltungsart ohne weiteres. Zement und Dentin sind ziemlich dunkel braun, der Schmelz grau. Sie erinnern eher an die Fossilien von Montredon (Aude), aber auch diesen gegenüber ergeben sich bei genauerer Prüfung deutliche Diffe- renzen, ganz abgesehen davon, dass die Matrixreste nicht für diese Provenienz sprechen. An allen andern allenfalls in Betracht fallenden Fundorten sind nur wenige Spuren von Hipparion gefunden worden, sodass es sehr unwahrscheinlich erscheint, dass sich etwas davon in 3) Th. Rittener, Etude géologique de la Côte-aux-Fées et des environs de Sainte-Croix et Baulmes. — Mat. Carte géol. Suisse XLII, 1902. 9) H. Douxami, Le tertiaire des environs de Sainte-Croix. Eclogae IV, 1896, p. 421. 10) E. Brückner in »Die Alpen im Eiszeitalter«, II, p. 551. H) Vergl. hiezu Douxami, Etudes sur les terrains tertiaires du Dauphiné. Annales de l’université de Lyon, vol. I, 1896 p. 179 Anm.: »J’ai vu au musée de Lausanne des dents d’Hipparion gracile venant du vallon de Noirvaux, ce qui tendrait à indiquer qu'il y avait dans cette région des dépôts du miocene supérieur, enlevés ensuite par érosion.c Ich bemerke ausdrücklich, dass Doux- ami irrt, wenn er von mehreren Zähnen spricht, | Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 199 die Schweiz verirrt hat. Auch der Verdacht, der Zahn könnte importiert sein, lässt sich somit nicht ernsthaft begründen. — Wir gelangen also zu dem Ergebnis, dass von den Belegstücken, welche die Einreihung des Genus Hipparion in die Tertiärfauna der Schweiz veranlasst haben, nur ein einziges wirklich von diesem Genus herrührt und dass die Provenienz dieses einen höchst zweifelhaft ist. Diese kleine Enquête war eben abgeschlossen, als ich auf die kürzlich erschienene Arbeit von Herrn K. Hummel in Freiburg im Breisgau über die Tektonik des Elsgau’s aufmerksam gemacht wurde, in welcher ein Fund von Hipparion, begleitet von Dinotherium und Rhinoceros, aus den Vogesensanden von Charmoille, östlich von Prun- trut, signalisiert wird.1?) Herr Hummel hat die Freundlichkeit ge- Figur 2. Hipparion spec., M; inf. sin., aus den Vogesensanden von Charmoille. 1/ : en = co . en /1. Die Kronenhöhe beträgt noch etwa 2 cm, der Zahn ist also stark abgenützt. (Geologisches Institut Freiburg i. Br.) habt, mir die von ihm gesammelten Dokumente zur Untersuchung anzuvertrauen. Hipparion ist in dieser Serie belegt durch den in nebenstehender Figur wiedergegebenen stark abgenutzten Mandibularbackenzahn, wie mir scheint ein M,. Bei einem Besuch der Sandgrube von Charmoille war ich so glücklich, ein zweites Belegstück dieses Tieres aus dem Anstehenden herausheben zu können, eine Phalanx I digiti medii. Von Dinotherium liegen ein oberer P, ein unterer M und einige Fragmente von Backenzähnen und Inzisiven vor. Herr Hummel hat dieselben als Dinotherium giganteum bestimmt. Da ihre Dimensionen hinter den maximalen der D. giganteum beträchtlich zurückbleiben, und ziemlich genau denjenigen des Dinotherium laevius Jourdan aus dem Mittelmiocän von La Grive-Saint-Alban entsprechen, habe ich vorgezogen, sie oben unter der Bezeichnung ,,D. cfr. laevius‘ aufzu- führen. Grossen Wert haben diese lediglich nach den Dimensionen 12) K. Hummel, Die Tektonik des Elsgaus (Berner Tafeljura). Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Band XX, 1914. 200 H. G. Stehlin. vorgenommenen Speciesbestimmungen im Genus Dinotherium über- haupt nicht, da es uns vorderhand an einem sichern Massstab zur Be- urteilung der individuellen und sexuellen Grössenvariation dieser Tiere gebricht. Endlich hat die Fundstelle eine Anzahl Rhinoceroszähne ge- liefert: drei obere M,, zwei obere P, sowie einige Fragmente. Herr Hummel glaubt nach kleinen Differenzen an den M, zwei Formen, Rhinoceros Schleiermacheri und Acerotherium incisivum unter- scheiden zu sollen. Ich halte das ganze Material für gleichartig. Es repräsentiert eine Rhinoceridenform von mittlerer Grösse, die sehr wahrscheinlich mit der einen oder andern der genannten Eppelsheimer Arten identisch sein wird. Mit welcher lässt sich indessen, so lange kein Schädel vorliegt, kaum feststellen. Für die Altersbestimmung sind wir glücklicherweise nicht auf diese Rhinoceridenzähne angewiesen. Der Umstand, dass das Hip- parion von Charmoille von einem Dinotherium begleitet wird, ist in stratigraphischer Hinsicht allein schon entscheidend. Er beweist, wie auch Herr Hummel schon gefolgert hat, dass die Sande von Charmoille der pontischen Stufe, d. h. nach der in den obigen Tabellen adoptierten Skala, dem Obermioeän angehören. Hier haben wir also zum ersten Male einen auch der strati- graphischen Provenienz nach sichergestellten Hipparionfund und zu- gleich zum ersten Male den einwandfreien Nachweis eines pontischen Sedimentes im Gebiete der Schweiz. Die Entdeckung ist von grösstem Interesse und könnte auch für die Tertiärstratigraphie des Berner Falten-Juras noch ihre Kon- sequenzen haben. Die Vogesensande des Elsgaues sind bisher allge- mein und wohl auch mit Recht als transjurassische Fortsetzung der- jenigen von Bois de Raube und Mont Chaibeut im Delsberger Becken aufgefasst worden. Weil man diese letztern ins Mittelmiocän zu stellen pflegte, hielt man sie gleichfalls für mittelmiocän. Es ist indessen nicht zu bestreiten, dass die Ansicht, die Vogesensande des Delsbergertales seien mittelmiocän, nie in einwandfreier Weise be- gründet worden ist. Direkt nach ihrer Lagerung lässt sich das Alter dieser Sande nicht bestimmen. Sie sind von keinem jüngern Tertiär- sediment überlagert und legen sich in ihrer ganzen Erstreckung von Montavon und Boecourt bis gegen Courrendlin auf erodiertes Oli- gocän. Man nahm bisher an, diese Sande entsprechen denjenigen, welche im Profil von Court den Vindobonienkalk tragen und durch marine Mollusken als unteres Vindobonien charakterisiert sind ; sowie den roten Tonen und den Sanden, welche in den näher gelegenen Pro- filen von Corban und von Vermes eine analoge Stellung gegenüber Säugetiere der schweiz. Molasseformation. 201 dem Vindobonienkalk einnehmen.t3) Aber diese Parallelisierungen waren etwas hypothetisch und erfreuten sich wohl nur darum allge- meinen Beifalls, weil sich nichts entscheidendes gegen sie ein- wenden liess. Die Säugetierreste, welehe bisher in den Vogesensanden des Dels- berger Tales gefunden worden sind, entscheiden die Frage auch nicht. Die Rhinocerosreste von Mont Chaibeut gehören dem Brachy- potheriumstamm an, dessen mittelmiocäne Mutation, B. brachypus, kaum von der obermiocänen, B. Goldfussi, zu unterscheiden ist. Das „Dinotherium giganteum‘ von Bois de Raube hat Dimensionen, welche sowohl im mittleren als im obern Miocän vorkommen. Das „Dinotherium bavaricum‘ von Mont Chaibeut ist allerdings für die pontische Stufe etwas klein. Da jedoch in dieser ausnahmsweise, z. B. bei Croix rousse in Lyon!#), ebenso schwache Individuen beobachtet werden, kann es kaum als zuverlässiger Bürge für das mittelmiocäne Alter seiner Lagerstätte gelten. Ob die Flora von Montavon und die Molluskenfauna von Bois-de-Raube, welche J. B. Greppin gesammelt hat, die herkömmliche Auffassung in befriedigenderer Weise stützen als die Säugetiere, dürfte ohne sorgfältige Überprüfung der alten Bestimmungen, die nicht meine Sache ist, kaum zu entscheiden sein.15) Herr Hummel hat — wie es scheint wesentlich wegen des kleinen Dinotherium von Mont Chaibeut — angenommen, die Vogesen- sande des Delsberger Tales seien auf mittleres und oberes Miocän zu verteilen. Ich will nicht bestreiten, dass dieser ziemlich mächtige Komplex möglicherweise mehrere Stufen des Miocäns repräsentieren kann. Bis auf weiteres möchte ich aber doch auch mit der Möglich- keit rechnen, dass im westlichen Delsbergertal, was sich dort etwa während des untern und mittleren Miocäns abgelagert haben mag, durch jene Erosion beseitigt worden ist, welche einen grossen Teil 13) J. B. Greppin, Notes geologiques sur les terrains modernes, quater- naires et tertiaires du Jura bernois, etc. Neue Denkschriften der Schweiz. Na- turf. Ges. XIV, 1854, p. 17 1f. — Idem, Essai géologique sur le Jura suisse, 1867, p. 137 ff. — Idem, Jura bernois et districts adjacents. Mat. carte geol. suisse VIII 1870, p. 186—187. — L. Rollier, Etude stratigraphique sur les ter- rains tertiaires du Jura bernois, Eclogae III 1892 p. 56 ff., p. 72 ff. — Idem, Deuxième supplément à la description géol.,.. de la feuille VII. Matériaux XXX VIII, 1898, p. 135. 14) Ch. Depéret, Recherches sur la succession des faunes de vertébrés miocènes de la vallée du Rhône. Archives du Muséum d’hist. nat, de Lyon IV, 1887, p. 107, 201. 15) J. B. Greppin, 1. ce. 1870, p. 184—185. — Maillard et Locard, Mono- graphie des mollusques tertiaires terrestres et fluviatiles de la Suisse. Mem. soc, pal. XVIII—XIX 1891—1892, passim. — L. Rollier, Troisième supplément etc. Matériaux LV, p. 102. 202 H. G. Stehlin. des liegenden Oligocäns betroffen hat, und dass dann erst, in pon- tischer Zeit, die uns beschäftigenden Sande und Schotter aufgeschüttet worden sind. Die Entscheidung dieser Frage wird am ehesten von einer Ergänzung der Säugetierfauna von Mont Chaibeut zu erwarten sein.16 ) Schliesslich sei noch auf eine weitere wichtige Konsequenz hin- gewiesen, welche sich aus der Entdeckung von Oharmoille ergibt und auch von Herrn Hummel in seiner Arbeit bereits gezogen worden ist. Bisher nahm man an, die Jurafaltung sei nach-mittelmioeän, da die Vogesensande, das jüngste von ihr betroffene Sediment, für mittel- miocän gehalten wurden. Erweisen sich diese Sande nun — zum Teil oder in toto — als pontisch, so ist auch die Jurafaltung ent- sprechend umzudatieren. Naturhistorisches Museum in Basel Anfangs September 1914. 16) Bei der Zusammenstellung der obigen Tabellen musste ich in irgend einer Weise zu dieser Frage Stellung nehmen. Es schien mir am geratensten, vorderhand nur Charmoille als pontisch aufzuführen, die Vogesensande des Delsbergertales dagegen mit einem ausdrücklichen Vorbehalt an ihrer herkömm- lichen Stelle zu belassen. ae Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis am Wartenberg und in andern Gebieten des Basler Jura. Von K. Strübin, Liestal. In der Umgebung von Basel, besonders am Wartenberg bei Muttenz, schliesst der untere Hauptrogenstein (Oolithe subcompacte) mit einer von Nerineen gespickten Kalkbank gegen eine 3m mäch- tige, schon zum obern Hauptrogenstein (Grande Oolithe) zu rechnende Mergelschicht, ab. Die Oberfläche dieser Nerineenschicht ist ange- bohrt und pflegt von Austern besiedelt zu sein. Die häufig in dieser Kalkbank auftretende Gastropodenart heisst Nerinea basileensis, Thurm.!) Sie wird in der Literatur des öftern erwähnt.”)*) Früher wurde diese Schnecke vielfach irrtümlicherweise als Nerinea Bruckneri, Thurm.3,#) aufgeführt. Nerinea Bruckneri, Thurm.!) ist eine im Malm vorkommende Art. Auch über die stratigraphische Stellung der Schicht mit Nerinea basileensis (ehemals Nerinea Bruckneri, Thurm.) scheint nicht die nötige Klarheit geherrscht zu haben, wie aus der einschlägigen Lite- ratur hervorgeht. A. Müller?) stellt in seinem Profil dicke, löcherige, gelbliche Kalksteine mit Terebratula maxillata und Nerinea Bruckneri direkt unter die Ferrugineusschichten. Er betrachtet diese Kalke als Abschlussglied des obern Hauptrogensteins. Diese Auffassung er- weist sich zwar als richtig für gewisse Gegenden des westlichen Jura, nicht aber für das in Rede stehende Profil am Wartenberg. Etwas östlich vom Dorfe Nuglar z. B. stehen löcherige Kalke, die etwa Negative von Nerineen enthalten, an. Sie unterteufen dort die im 1) Thurmann, J. et Etallon, A. Lethea Bruntrutana 1859, pag. 93. 2) Greppin, Ed. Description des Fossiles de la Grande Oolithe des En- virons de Bâle, Mém. d. I, Soc. Pal. Suisse, Vol. XV Genève 1888. 3) Müller, A. Die Cornbrashschichten im Bssler Jura Verh. d. Nat. Ges. zu Basel 1870. 4) Müller, A. Geologische Skizze des Kantons Basel, Beiträge zur geol. Karte der Schweiz, I. Lieferung, Bern 1884. *) Herr Prof. C. Schmidt war so freundlich, mir die Benützung der Bibliothek des gzeol. Institutes in Basel zu gestatten. 204 K. Strübin. untern Teil angebohrte Geschiebe führenden Ferrugineusschichten. Ich sammelte an dieser Lokalität das Negativ einer Nerinea, deren Ausguss darauf hindeutet, dass dieses Fossil der Nerinea basileensis sehr nahe steht oder mit ihr identisch ist. Der von Müller in der oben erwähnten Arbeit angegebene Nerineenhorizont liegt also bei Nuglar in der Zone der Terebratula Moveliensis. Auch bei Lausen, auf ‚„‚Stockhalden‘“ beobachtete ich seinerzeit zwei Steinkerne von Nerineen in den korallogenen Movelierschichten. An der bekannten Lokalität Movelier im Berner Jura fernerhin folgt über den Mergeln mit der charakteristischen Terebratula Moveliensis auch eine Nerineenbank. Doch finden sich nur wenig gut erhaltene Steinkerne vor, so dass eine genaue Bestimmung dieser Nerinea ausgeschlossen ist. Auf eine Reihe derartiger offenbar richtiger Beobachtungen sich stützend, glaubte A. Müller auch die am Wartenberg bei Muttenz sich vorfindenden Nerineenkalke den Movelierschichten zuweisen zu müssen. Diese Auffassung ist aber eine irrige. Durch die genauen stratigraphischen Untersuchungen’, 6,7) in der Umgebung von Basel ist nun bereits die Nerineenbank am Warten- berg bei Muttenz als Abschlussglied des untern Hauptrogensteins (Oolithe subcompacte) angesprochen worden. Neuerdings glaubt L. Rollier8) diese Auffassung, welche auch ich®) seinerzeit vertrat, in Frage stellen zu müssen, ohne aber bestimmte Daten zu geben. Ich halte auch heute noch an meiner von L. Rollier in Frage ge- zogenen Ansicht fest. Um meine Beobachtungen, die ich früher veröffentlicht habe, zu vervollständigen, machte ich des öftern Exkursionen auf den Wartenberg, um nochmals über die stratigraphische Stellung und über die örtliche Verbreitung der Nerineenschicht genaue, endgiltige Unter- suchungen anzustellen. Die Resultate meiner Beobachtungen gebe ich in folgenden Zeilen bekannt. Zum bessern Verständnis meiner Ausführungen scheint es geboten, die tektonischen Verhältnisse dieses Gebietes kurz zu skizzieren. Der Wartenberg stellt eine 20—25° nach SO einfallende Sedi- mentscholle dar. Alle Schichtglieder vom Keuper bis zum obern Hauptrogenstein (Grande Oolithe) sind vertreten. Die Schichten der 5) Mühlberg, M. Vorläufige Mitteilung über die Stratigraphie des braunen Jura, Eclogae geologicae Helvetiae, Vol. VI. NO 4. Lausanne 1900 pag. 314. 6) Tobler, A. Tabellarische Zusammenstellung der Schichtenfolge in der Umgebung von Basel. 1905, Tab. 6a. 7) Rollier, L. Les Faciès du Dogger. Mém. publié p. la Fondation Schnyder v. Wartensee, Zürich 1911. pag. 3%. 3) Strübin, K. Die Ausbildung des Hauptrogensteins in der Umgebung von Basel, Tätigkeitsbericht der Nat. Ges. Baselland 1904—1906, Liestal 1907, pag. 91. 205 Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis. Ynyosssueyay)=QI ‘U9JUPIHOSUAEUIO SIG -SUBLIEA=8 ‘UOJUDIUISIUOPSRIY SIG -veuosıyoann = F *OSSBIOMIOPOIN = FI (UNTOO 194019) HOIUOIUOISSNOULSNUIA =) ‘ouoysnutedO = € ‘(uoweaney) ANTerusffeaoy = OI "ursJsussondney 'O=9 SET —Z "HUOIPAOIKO = G "YUBqU99ULION HU UroJSU9SOTANEH °N = G ‘Jodnoy =] “SIOQUOUEA U9P Ypanp [JOId SOU9SI80[001) SA C\ > I RS W008 004 05 0 IR TE SAT Go Rott kB = ZU9JJnN EL IL | QUINY 919 TN ZAa9qusjaeM COLE "MN ‘OS 206 K. Strübin. Trias, des Lias und des tiefern Teils vom untern Dogger sind durch Gehängeschutt und durch Vegetation grösstenteils verdeckt, Höhere, d.h. jüngere Glieder als der obere Hauptrogenstein gehören, der Wartenbergtafel nicht an. Unmittelbar nach Südosten schliesst sich eine schmale Grabensenkung an, deren Schichten einerseits längs des Waldsaumes mit dem Hauptrogenstein der Wartenbergscholle und andererseits nordwestlich von Punkt 457 mit der Keuper-Liasscholle von „Goleten“ und „Kleinzinggibrunn“ in Kontakt treten. In dieser eingesunkenen Scholle, auf der der Hof Wartenberg steht, lassen sich die Schichten des obern Doggers, dann Oxfordmergel, sowie im Wäldchen südlich vom Hofe Wartenberg auf dem Sattel mächtige Blöcke von Korallenkalk (Rauracien) feststellen. Das hier im Text dargestellte Profil (Fig. 1) veranschaulicht die angedeuteten tek- tonischen Verhältnisse. Es ist meines Wissens hier das erste Mal, dass Vordeie Ruine so. NW. Geol. Profil durch den obern, nordöstl. Teil des Wartenberes. Infolge der hier dargestellten Verwerfung tritt an dieser Lokalität der untere Hauptrogenstein mit dem obern Hauptrogenstein und den darüberliegenden Ferrugineus- und Variansschichten in Kontakt. die längst: bekannte Wartenbergverwerfung?, 10,11) als Grabenver- senkung aufgefasst und dargestellt wird. Die in Rede stehende Nerineenbank liegt in der eigentlichen Wartenbergscholle, auf der die drei Ruinen stehen. Der Schicht mit Nerinea basileensis begegnen wir bereits im Gebiet der vordern Ruine. Das Gemäuer ruht dieser, einen sehr guten Bauuntergrund bildenden Fossilbank auf (vergl. Fig.2). Ungefähr 2,5 m vom Signalpunkt entfernt, lässt sich am äussersten Vorsprung des Felskopfes die Nerineenbank beobachten. Ebenso konnte ich diesen Fossilhorizont an der Felskante, die gegen Muttenz hinausschaut, 9) Mühlberg, F. Geolog. Excursion im östl. Jura, Livret-Guide Géologique d. 1. Jura et les Alpes de la Suisse, Tafel VI. Lausanne 1894. 10) Greppin, E. Zur Kenntnis des geol. Profiles am Hörnli bei Grenzach, Textfigur Seite 4, Verl. d. Nat. Ges. i. Basel, Bd XVIII, Heft 2 1907. 11) Verloop, J. H. Die Salzlager der Nordschweiz, Tafel III. Diss. Basel 1909. Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis. 207 in der Nähe der jüngst freigelegten Mauer feststellen. Auch auf der Südostseite, oberhalb der Reben, ruht, wie ich mich überzeugen konnte, die starke, hohe Ruinenmauer der Nerineenbank auf. Das von der Passhöhe des Wartenbergs nach der vordern Ruine führende Weglein stösst beim zweiten Zickzack auf die schön freigelegte Nerineenbank. Der Fortsetzung dieses ausgeprägten Fossilhorizontes begegnen wir westlich des Passeinschnittes in einer kleinen Stein- grube. Diese liegt links vom Weg, der nach der mittlern und hintern Ruine führt. Hier überlagern, wie nachfolgendes Profil (Fig. 3) zeigt, 3 m mächtige sandige Mergel und Mergelkalke, die den Acuminata- mergeln des Berner-Jura entsprechen, und 1,6 m oolithische Kalke mit Avicula (Pseudomonotis) echinata, Smith. die Nerineenschicht. Fig. 3. Geol. Profil durch den kleinen Steinbruch südwestl. der Passhöhe auf dem Wartenbers. U = Unt. Hauptrogenstein, N = Nerineenbank, A = Aequivalent der Ob. Acuminata- mergel, O = Ob. Hauptrogenstein. Von diesem kleinen Steinbruch lässt sich die Nerineenbank, nach- dem sie den Fussweg nach der mittleren Ruine geschnitten hat, als leicht auffindbares Band im Walde etwa in der Streichrichtung der Schicht bis zum grossen, nicht mehr im Betrieb stehenden Steinbruch verfolgen. Der obere Rand des Steinbruchs liegt etwa 20 m tiefer als die mittlere Ruine, Hier an der obern Kante des Steinbruchs lassen sich unschwer Kalke mit Nerineen-Längs- und -Querschnitten be- obachten. Die mergeligen, darüber liegenden Schichten sind durch Schutt verdeckt. Die weiter nach oben folgenden Rogensteinbänke, 208 K. Strübin. die 20--25 m mächtig sein mögen, stellen den obern Hauptrogenstein, die Grande Oolithe dar. Die mittlere Ruine steht auf diesen Kalk- bünken. Die hier folgende Figur 4 veranschaulicht die strati- eraphischen Verhältnisse dieser Lokalität. Mittlere Ruine so. NW. Fig. 4. Geol. Profil durch den ob. Teil des Wartenbergs. U = Unt. Hauptrogenstein, N = Nerineenbank, A = Aequivalent der Ob. Acuminata- mergel, O = Ob. Hauptrogenstein. Hier lässt sich deutlich feststellen, dass die Bank mit Nerinea basileensis am Wartenberg dem untern Hauptrogenstein, der Oolithe subcompacte angehört. Von dieser Lokalität zieht sich dieser Fossilhorizont, allerdings meist von Gehängeschutt verdeckt, bis an die Südwestecke des Warten- bergs hin. Dort steht die Nerineenbank wenige Schritte von der hintern Ruine am Nordabhang wieder an und ist leicht aufzufinden. Auch am Südostabhang, am Wege von der Passhöhe nach dem Hof Wartenberg, ist ebenfalls die Nerineenbank in einer kleinen Grube angeschnitten. Hier beobachten wir noch über dem hellen Nerineenkalk ca. 0,30 m mächtiger bräunlicher Rogenstein, der wohl- ausgebildete Oolithkörner von verschiedener Grösse enthält. Einige der grössern über einen Zentimeter im Durchmesser messend, scheinen Fossilreste im Innern zu bergen und wären dann als Mumien auf- zufassen. An dieser Stelle ist dieser bräunliche Oolith angebohrt und zeigt Austernbesiedelung. Der kleine Aufschluss geht der Verschüt- tung entgegen. Die Nerineenbank ist in der Nähe von Muttenz noch ähnlich ausgebildet wie am Wartenberg. So findet sich die Abschlussbank: des untern Hauptrogensteins noch in der am Wartenberg typischen Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis. 209 Ausbildung in der Lachengrube südlich von Muttenz. Seinerzeit war die Bank mit Nerinea basileensis auch in der Sulzsteingrube1?) frei- gelegt. Derselbe Fossilhorizont ist im westlichen Teil der jetzt ver- lassenen Steingrube am ‚Schänzliı‘“ 13,14) mit Leichtigkeit aufzu- finden. Dort beobachtete ich neben dem Leitfossil auch noch den Querschnitt einer Ptygmatıs. In der Umgebung von Pratteln konnte ich die in Rede stehende Bank an der „Bruderhalde‘‘!5) am Ostabhang, auf dem die Ruine Schauenburg steht, sowie an der östlichen Abdachung des Hügels „Adler“, richtiger ‚„Madle‘, etwa 10 m über dem grossen Steinbruch nachweisen. Die Nerineen treten an diesen Lokalitäten äusserst spär- lich auf, dafür sind am „Adler“ (,‚Madle‘‘) eine Naticaart und eine Trigonia spec. um so häufiger zu finden. Das Gestein dieses Hori- zontes ist bräunlich. . Ergolztalaufwärts treffen wir da und dort das Äquivalent der Nerineenschicht. Wie aus der diesbezüglichen Literatur hervorgeht, bildet auch in der Umgebung von Liestal eine angebohrte und von Austern besiedelte Bank den Abschluss des untern Hauptrogenstein gegen den obern Hauptrogenstein. Im Oristal, das gegen das Ergolztal sich öffnet, liess sich die Nerineenbank in typischer Ausbildung nachweisen. Im ,,Furboden‘, der amı Nordwestabhang des Hügels auf dem Seltisberg liegt, finden sich viele Gesteinsreste mit Steinkernen und Querschnitten von Nerinea basileensis vor. Das Gestein ist von ähnlicher Beschaffenheit wie dasjenige des gleichen Horizontes am Wartenberg. Die Bank muss, wie aus den Trümmern zu schliessen ist, angebohrt sein und weist Austernbesiedelung auf. Auch fehlen hier die am Wartenberg im Nerineenhorizonte häufig auftretenden Steinkerne von Lucina Bellona, d’Orb. keineswegs. Ich möchte hier auf diese neue Fundstelle speziell hinweisen. Schon auf der gegenüberliegenden Talseite, bei der dritten Biegung der Strasse, die von der Orismühle nach Nuglar hinaufführt, westlich von Punkt 461, weist das Äquivalent der Nerineenschicht nur spärlich Fossilien auf. Die Nerineenquerschnitte sind äusserst selten. Immerhin lässt sich die Austernbesiedelung der Bank nachweisen. Auf ,,Stockhalden‘ bei Lausen wies ich die Nerineenbank in 12) Strübin, K. Die Ausbildung des Hauptrogensteins in der Umgebung von Basel, Tätigkeitsbericht der Nat. Ges. Baselland 1904—1906 Liestal, 1907, pag. 90. 13), dieselbe Arbeit, pag. 89. M) Schmidt, C., Buxlorf, A., Preiswerk, H. Führer zu den Excursionen der deutschen Geol. Ges., Basel 1907. Fig. 6. 15) Strübin, K. Zwei Profile durch den obern Hauptrogenstein bei Lausen und bei Pratteln, Eclogae, geologicae, Helvetiae, Vol. X. N9 1. 1907. pag 47. 14 210 K. Strübin. charakteristischer Ausbildung nach. Nerineenquerschnitte sind hier nicht häufig. Als Ergänzung meines bereits publizierten Profiles dieser Lokalität möchte ich eine weitere ca. 10 m unter der Nerineen- bank liegende korallogene, aus Mergel und Mergelkalk sich auf- bauende ca. 1,60 m Schicht (vergl. Fig. 5) erwähnen, die in ähnlicher Ausbildung da und dort im Basler Jura, wenn auch mit wechselnder Mächtigkeit angetroffen wird und bis jetzt wenig Be- achtung erfahren hat. Möglicherweise handelt es sich um das Aequiva- lent der Maeandrinaschichten !°), die im Aargau auch Korallen führen. Bei der „Engelsburg‘‘ westlich von Bubendorf steht die oberste von Austern besetzte Bank des untern Hauptrogensteins auch an. N. S. Geologisches Profil durch den obern Teil v. „Stockhalden“ b. Lausen. U = Unt. Hauptrogenstein, km = korallogene Mergel und Mergelkalke, N = Neri- neenbank, A = Aequivalent der Ob. Acuminatamergel, O = Ob. Hauptrogenstein, M = Movelierschichten, F = Ferrugineusschichten (Grober Oolith). Weiter südlich, bei Ziefen, an der Strasse, die dem Holzenberg- abhang nach gegen Bretzwil führt, konnte ich das Äquivalent der Nerineenbank in einer von Austern besiedelten Rogensteinbank wieder erkennen. Die darüber liegenden Mergel sind 1,20 m mächtig und gleichen der gleichaltrigen Ablagerung am Wartenberg vollends. Diese Mergel dürfen mit den an der gleichen Strasse anstehenden, stratigraphisch 5—10 m tiefer stehenden Mergeln und Mergelkalken nicht verwechselt werden. Im Tal der vordern Frenke ist die Abschlussbank des untern Hauptrogensteins an der Strasse vor der Haltstelle von Lampenberg und weiter südöstlich, herwärts vom Hof ‚Bubenried‘“ zu beobachten. Die Oberfläche der Schicht weist auch Austernbesiedelung auf. Die darüber liegenden Mergel, das Äquivalent der Acuminataschichten, sind an beiden Lokalitäten der Beobachtung leicht zugänglich. 16) Mühlberg, M. Vorläufige Mitteilung über die Stratigraphie des braunen Jura, Eclogae geol. Helvetiae, Vol. VI. N° 4, Lausanne 1900, pag. 316 und 317. 41 Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basileensis. 211 Im obersten Teil des Steinbruches östlich von Zunzgen konnte ich auch eine bräunliche Kalkbank mit zahlreichen an der Oberfläche wahrnehmbaren Bohrlöchern auffinden; diese Bank dürfte das Äqui- valent der Nerineenbank sein. Es ist mir gelungen, im Eital an der im Strasseneinschnitt vor Zeglingen an der Basis der von A. Buxtorf ") besonders erwähnten 2,5 m mächtigen Folge von Mergeln und Mergelkalken die von Austern besiedelte Kalkbank aufzufinden. Sie ist ohne Zweifel das Äquivalent der Nerineenbank vom Wartenberg. Am südlichen Ausgang des kleinen Tunnels vor der Station Läufelfingen stehen 2,3 m mächtige sandige Mergel und Mergelkalke an. Darunter liegt eine von Austern besetzte, da und dort angebohrte bräunliche Kalkbank, die ich mit dem Nerineenhorizont der nächsten Umgebung von Basel parallelisieren möchte. Es wird nicht schwer fallen, die Nerineenbank oder deren Äqui- valent an weitern Punkten des Basler Jura feststellen zu können. Aus dem Gebiet südlich der Überschiebungszone liegen noch keine Beobachtungen vor. Nordöstlich von Basel konnte A. Buxtorf'*) am Röttler Schloss die oberste Bank des untern Hauptrogenstein beobachten. Die Nerinea basileensis, Thurm. fehlt dort. Diese Abschlussbank des untern Hauptrogensteins ist an der eben erwähnten Lokalität als Mumien- horizont entwickelt. Südlich von Basel, bei Grellingen, wies L. Rollier !*) das Äqui- valent der Nerineenbank ebenfalls nach. Nerinea basileensis, Thurm. wird in der Literatur oft erwähnt, doch lässt sich in gewissen Fällen nicht ohne weiteres ermitteln, ob es sich um eine Nerinea aus der Abschlussbank des untern Haupt- rogensteins, wie z. B. am Wartenberg, oder um eine solche aus den Movelierschichten handelt. Aus diesem Grunde unterlasse ich den Versuch des Parallelisierens der Nerineenbank mit andern Gebieten, aus denen Nerinea basileensis, Thurm. erwähnt wird, und begnüge ich mich damit, diejenigen Punkte namhaft zu machen, wo ich die Nerineenbank oder deren Aequivalent als Abschluss des untern Hauptrogenstein fand. 17) Buxtorf, A. Geologie der Umgebung von Gelterkinden, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz Neue Folge XI. Lieferung, Bern 1901, pag. 52. 15) Buxtorf, A. Dogger und Meeressand am Röttler Schloss. Mitt. der Grossherz. Bad. Geol. Landesanstalt VII. Bd 1. Heft. 1912, pag. 64. 19) Rollier, L. Les Faciès du Dogger Mém., publié p. la Fondation Schnyder v. Wartensee, Zürich 1911. Manuscript eingegangen 12. Oktober 1914. Über die Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis und die Beibehaltung der Bewegungs- richtung bei Fischen und Amphibien. Von Paul Steinmann (Aarau). Einleitung. In einer vor kurzem erschienenen Arbeit -—— ‚Untersuchungen über die Rheotaxis der Fische‘, Verhandlungen der deutschen zool. Ges. Freiburg i/Br. 1914 habe ich den Nachweis geführt, dass die Ein- stellung der Fische in die Strömungsrichtung nicht wie Loeb (36), Lyon (20, 21) und andere angenommen haben, ausschliesslich durch optische Reize — Verschiebung des Gesichtsfeldes infolge der ver- schwemmenden Wirkung des Stromes — und durch taktile — Reibung mit dem Untergrund — zustande kommt, sondern dass die Strömung selbst orientierend wirkt. Dabei dachte ich zunächst an eine Druck- oder Reibungswirkung der Wasserteilchen gegen den Fischkörper, die je nach der Stellung des Tieres zur Strömungsrichtung die eine oder die andere Seite des Körpers stärker treffen. Als Sinnesorgan, für welches die Bewegung des Wassers den adäquaten Reiz darstellt, schienen mir die von Schultze (30) und Hofer (11) in diesem Sinne gedeuteten Seitenorgane und das von Tullberg (34) für die Erschei- nung der Rheotaxis als wichtig bezeichnete Labyrinth in Betracht zu kommen. Die Frage, ob das Labyrinth allein, wie Tullberg an- nimmt, oder die Seitenorgane allein, oder beide zusammen dem Fisch die Wahrnehmung der Strömungsrichtung ermöglichen, musste ich damals offen lassen, da meine Experimente andere Zwecke verfolgten und mir in dieser Richtung keinen Aufschluss gaben. Seither habe ich nun Gelegenheit gefunden, diesen Teil der Rheotaxisfrage an ver- schiedenen Tieren zu prüfen und eine Vorstellung von den physio- logischen Vorgängen zu gewinnen, durch welche die rheotaktische Ein- stellung erfolgt. Gleichzeitig hat sich dann die Fragestellung etwas erweitert. Schon in der eingangs erwähnten Arbeit habe ich darauf hingewiesen, Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 213 dass zwischen der Orientierung eines im stehenden Wasser vorwärts schwimmenden Fisches und der des im fliessenden Wasser stehenden (d.h. durch seine Schwimmbewegungen die eingenommene Lage be- hauptenden) ein prinzipieller Unterschied nicht besteht, da sich in beiden Fällen der Fisch über die Richtung, aus welcher die an- prallenden Wasserteilchen seine Haut treffen oder, wie ich heute hin- zufügen möchte, über die durch den Andrang des Wassers bewirkten passiven Drehungen des Körpers nent Meine Untersuchungen galten daher nicht nur den On die das Zustandekommen der Rens ermöglichen, sondern allgemein gesprochen den Sinnesorganen, durch welche die Beibehaltung der Schwimmrichtung ermöglicht wird, oder — was das gleiche be- deutet — durch welche der Fisch über die Abweichungen aus seiner Bahn unterrichtet wird. Allerdings konnte ich mich nicht darauf einlassen, alle Bewegungsrichtungen zu berücksichtigen; ich be- schränkte mich von Anfang an auf die Bewegungen in der Horizontal- ebene. Beim Auf- und Absteigen, überhaupt bei allen nicht in der Horizontalen erfolgenden Bewegungen kommt nämlich noch eine Wirkung der Schwerkraft in Frage, die die Sache wesentlich kom- pliziert. Die Beschränkung meiner Aufgabe verlangte auch eine Be- schränkung des Untersuchungsmateriales. Ich musste mich mit Fischen begnügen, die sich vorwiegend am Boden aufhalten und die beim Schwimmen horizontale Bahnen beschreiben. Als weitaus günstigstes Objekt erwies sich die Groppe; andere Fische wurden nur zur Kon- trolle gelegentlich verwendet, dagegen dehnte ich die Untersuchungen auf Schwanzlurche und fusslose Anurenlarven aus, deren Verhalten mit dem der Groppe sehr gut übereinstimmte und einige erwünschte Ergänzungen gab, da hier die Möglichkeit bestand, ein und dasselbe Tier im Wasser und an der Luft zu prüfen. Bei meinen Unter- suchungen hatte ich mich der Unterstützung durch die Hüninger Fischzuchtanstalt zu erfreuen, die mir ihre Zuchtteiche sowie auch Fische zur Verfügung stellte. Für verschiedene Ratschläge bin ich ferner zu Dank verpflichtet den Herren Dr. @. Surbeck, eidg. Fischereiinspektor in Bern, Prof. Dr. A. Hagenbach und Dr. H. Zidkendraht in Basel. Leider konnte ich infolge des Kriegsausbruches die mir gebotenen günstigen Bedingungen nicht voll ausnützen, da ich meine Hüninger Experimente vorzeitig abbrechen musste. Da bei der verschwemmenden Wirkung einer gegen den ruhenden Fisch andrängenden Wassermasse, wie auch bei der Druckwirkung des ruhenden Wassers gegen den sich bewegenden Fischkörper pas- sive Drehungen des Tieres vorkommen, wollte ich zunächst die Reaktion der Tiere auf solche Bewegungen feststellen und konstruierte mir daher eine Drehscheibe, auf welche sich ein rundes Aquarium 214 Paul Steinmann. setzen liess. Der Antrieb erfolgte mit Hilfe eines zweiten Rades (vergl. Abb. 1) mit Übersetzung. Drehscheibenversuche sind von zahlreichen Autoren an ver- schiedenen Tieren, speziell an Säugern, Vögeln und Reptilien ausge- führt worden. Auf diese umfangreiche Literatur brauche ich hier schon deshalb nicht einzugehen, weil in den Handbüchern der Phy- siologie (Nagel (26), Wänterstein (35) etc.) Sammelberichte und kritische Besprechungen zu finden sind, und weil die durch diese Ex- perimente gestützte Mach-Breuersche Theorie von der Funktion des Ohrlabyrinthes heute wohl als allgemein bekannt gelten darf. Da- gegen ist hier zu erwähnen, dass Lee (14) und Kreidl (12) an Hai- — aa sn A & | Abb. 1. Die Drehscheibe mit dem Aquarium in Seitenansicht (A) und von oben gesehen /B). fischen im rotierenden Aquarium ein Schwimmen in entgegenge- setztem Drehungssinn konstatierten, dass ferner Sewall (31) am Menschenhai Drehversuche vorgenommen hat, die speziell Augenbe- wegungen (Nystagmus) hervorriefen (cit. nach Mangold. 23). Auch Loeb (16, 17, und Nagel (26, S.785) haben mit Fischen, der erstere mit Scyllium, der letztere mit Süsswasserfischen experimentiert. Da es sich aber hier um Drehversuche um die Längsaxe handelte, brauchen wir auf die Resultate nicht näher einzutreten. Eigentliche Dreh- scheibenversuche an Süsswasserfischen sind also, soweit ıch die Lite- ratur überblicke, nicht ausgeführt worden, und auch die Experimente an Haifischen waren nicht geeignet, das Wesentliche der Erschei- nungen zu zeigen. Auf einige Experimente mit ein- und beidseitig labyrinthlosen Fischen, die charakteristische Ausfallbewegungen aus- führten, werden wir noch zurückkommen. Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 215 A. Experimente an Fischen. Studien über die Orientierung der Fische setzen genaue Kenntnis der Fischbewegung voraus. Leider sind die vorliegenden Arbeiten zum grössten Teil unbrauchbar, und eine wirklich befriedigende ver- gleichende Betrachtung über die Lokomotion der Fische ist über- haupt nicht zu finden. Der von R. du Bois-Reymond (3) verfasste Sammelbericht über das Schwimmen der Fische in Wintersteins Handbuch der vergleichenden Physiologie III. wird nur einem kleinen Teil der Tatsachen gerecht, da die von ihm zitierten Autoren meist nicht in beiden einschlägigen Gebieten, Biologie und Mechanik, zu Hause sind und daher viel Verwirrung schaffen. Es wäre dringend zu wünschen, dass sich einmal ein Physiker-Biologe dieser interessanten Fragen annehmen wollte. Ohne uns auf Einzelheiten einzulassen, müssen wir hier einige Fragen des Schwimmproblemes herausgreifen, deren Diskussion für unsere weiteren Ausführungen die notwendige Grundlage schaffen soll. Die bei der Ortsbewegung des Fisches beteiligten Flossen sind entweder Ruder oder Steuer, oft auch beides zugleich. Von beson- derer Bedeutung ist der Schwanz. Wenn H. v. Meyer (25) dem Schwanz nur eine „gelegentliche Leistung als archimedische Schraube“ zuerkennen will und den Schultergürtel resp. die vordere Paarflosse als das hauptsächliche Be- wegungsorgan der Fische bezeichnet, so täuscht er sich. Fast alle Fische — eine Ausnahme machen nur die ganz absonderlich ge- stalteten wie die Rochen, der Mondfisch, das Seepferdchen ete. — halten beim ausgiebigen Schwimmen die paarigen Gliedmassen, die Brust- und Bauchflossen ruhig und drücken sie, um nicht schädliche Reibungsflächen zu schaffen, an den Körper an. (Vergl. die Beine des Molches S. 234.) Alleiniges Bewegungsorgan ist der Schwanz jedoch nicht. Die paarigen Gliedmassen sind durchaus nicht immer einfache Steuer, durch deren Arbeit der Körper im Gleichgewicht erhalten wird. Sie wirken recht oft als Ruder mit und treiben den Fisch vorwärts oder rückwärts. Dies kann bisweilen sogar selbständig ohne Mitwirkung des Schwanzes erfolgen, in andern Fällen vereinigen sich die beiden ‚Lokomotionsorgane zu gemeinsamer Arbeit. Fast immer wirken die Paarflossen als Bremsapparate, wenn der Fisch seine Bewegung verzögern will. Häufig helfen sie auch dann mit, wenn es gilt, die Bewegung plötzlich zu beschleunigen. (Vergl. unten Cottus gobio.) Der Schwanzschlag selbst ist in seinen Einzelheiten schwer zu beobachten, da er nur bei ausgiebiger Lokomotion, beim raschen Vor- 216 Paul Steinmann. wärtsschiessen eines Fisches schön symmetrisch und gleichmässig er- folgt und dann eben aus naheliegenden Gründen nicht richtig studiert werden kann. Bei Fischen des fliessenden Wassers, die, rheotaktisch eingestellt, die verschwemmende Wirkung der Strömung durch ihre Schwimmbewegungen gerade kompensieren, kann man die einzelnen Phasen des Schwanzschlages wohl am besten verfolgen. Gewöhnlich wird das Ausschlagen des Fischschwanzes nach den Seiten als eine Winkelbewegung angesehen. Borelli (4) und mit ihm verschiedene andere Autoren nehmen an, dass durch das abwechselnde Hin- und Herschlagen der senkrecht gestellten Schwanzfläche in der Horizontalebene der Körper in Zickzacklinien vorwärts getrieben werde. Sie weisen darauf hin, dass man ein Boot durch Hin- und Herschlager des Steuerruders vorwärts treiben kann. Wer nun aber das Schwimmen einer Barbe oder einer Forelle im stark durehströmten Fischkasten beobachtet, der wird leicht feststellen können, dass der Körper als Ganzes, d.h. soweit die Seitenrumpfmuskulatur reicht, bei den Bewegungen beteiligt ist, und dass die ganze Aktion am ehesten als Schlängeln bezeichnet werden kann. Symmetrisch ge- legene Partien der Seitenrumpfmuskeln sind jeweilen in entgegen- gesetzter Spannung begriffen. Tritt links Zusammenziehung ein, so ist umgekehrt die entsprechende Partie rechts gestreckt. So entstehen Wellen, die sich von vorn nach hinten über den Körper fortpflanzen. Allerdings ist bei der Schlängelung der Barbe oder der Forelle nicht wie bei der des Aales der ganze Körper gleichmässig beteiligt. Die Wellen werden erst etwa von der Mitte des Körpers nach hinten deutlich. Weiter vorn ist der Körper zu wenig biegsam und die Höhe der Wellenberge ist daher sehr gering. Wo aber nicht nur die Amplitude der Ausschläge, sondern auch die Höhe der wirksamen Ruderfläche im Gebiet der Schwanzflosse viel bedeutender ist als am übrigen Körper, wird meist das Schlängeln im Prinzip von einer Winkelbewegung nicht sehr verschieden sein. Es wird sich dieser wohl bei keinem Fisch verwirklichten Bewegungsweise umsomehr nähern, je grösser der Unterschied zwischen den Amplituden der Wellen des Vorderkörpers und denen des Hinterkörpers ist. Auf die Rolle der Flossenstrahlen, die einzeln beweglich sind und daher die Ruderfläche je nach Umständen krümmen können (Schraubenbewegung), wollen wir hier nicht näher eintreten, ebenso unterlassen wir es, die Aufgabe der meist als Stabilisationsflächen wirkenden Rücken-, After- und Bauchflossen im einzelnen zu be- sprechen. Für unsere Zwecke galt es nur, festzustellen, dass die Haupt- bewegungsart der Fische ein Schlängeln mit horizontaler Lage der Wellenebene und mit von vorn nach hinten fortschreitenden Wellen Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 217 ist, eine Bewegungsweise also, bei welcher mit dem Maximum der Kontraktion auf der einen das Maximum der Streckung auf der gegenüberliegenden Körperseite zusammentrifft. Spezielle Betrachtung verlangt die Lokomotion meines Haupt- versuchsobjektes (vergl. Abb. 2). Das Schwimmen der Groppe unter- scheidet sich von dem eines Schwebefisches sehr beträchtlich. Da es für das Verständnis unserer Experimente nötig ist, wollen wir zu- nächst die Eigentümlichkeiten der Bewegung dieses Fisches, über die ich in der Literatur keine Angaben finde, kurz besprechen. Die Groppe ist ein Bodenfisch, dessen spezifisches Gewicht relativ hoch ist, so dass das Tier, wenn man es in ein Wasserbecken wirft, mit auffälliger Schnelligkeit sinkt. Will es sich in die Region des freien Wassers hinaufwagen, so kann es nicht wie andere Fische durch Ver- grösserung der Schwimmblase sein spezifisches Gewicht verringern und gewissermassen passiv aufsteigen. Das Verlassen des Bodens bedeutet für Coftus eine grosse Anstrengung und führt zu baldiger Abb. 2. Groppe von der Seite gesehen, »; erste, r, zweite Rückenflosse, s Schwanzflosse, a Afterflosse, br Brustflosse (paarig), b Bauchflosse (paarig). Ermüdung. Man findet daher die Tiere meist am Boden kauernd. Die dabei eingenommene Stellung ist sehr charakteristisch. Der Kontakt mit dem Boden wird mit den verdickten, fast an Finger einer Hand erinnernden Flossenstrahlen der zweiten Paarflosse, so- wie mit den nach der Seite abbiegbaren Enden der Flossenstrahlen der Afterflosse hergestellt und ist so fest, dass selbst eine starke Strömung den Fisch nicht wegzuspülen vermag. Der breite Kopf mit seinen nach aussen abstehenden Kiemen- deckeln gleicht einem flachen Schild, zu dessen Verbreiterung beider- seits die sehr grossen fächerförmigen nach vorn, aussen und oben ge- richteten Brustflossen beitragen. Überhaupt ist der ganze Fisch auf- fallend breit und seine Unterssite erscheint völlig abgeflacht. Der Unterrand der Brustflossen zeigt einige stark verbreiterte Flossen- strahlen und legt sich der Unterfläche dicht an, so dass eine Unter- spülung und ein Hub des Körpers nach oben unmöglich wird. Somit ist die Groppe in ihrer Ruhestellung dem fliessenden Wasser ausge- zeichnet angepasst. 218 Paul Steinmann. Schickt sich der Fisch zum Weeschwimmen an, so hebt er seinen Vorderkörper etwas empor, indem er die Bauchflossen senkrecht auf- stellt und als Stützen benützt. Gleichzeitig spreizt er die Brustflosse und hebt sie vom Körper ab. Das Wegschwimmen selbst wird durch einen gleichzeitigen kräf- tigen Schlag der beiden Brustflossen bewerkstelligt. Die Bewegung der Flosse erfolgt nach hinten, innen und unten. Da nun die Richtung „hinten“ und „unten“ für beide Flossen gleich, die Richtung ‚‚innen“ aber entgegengesetzt ist, heben sich bei gleichmässigem Flossenschlag die vom Fischkörper nach aussen wirkenden Wasserwiderstände aufund der Körper wird nur nach vorn und oben getrieben. Wird jedoch die eine z. B. die linke Flosse kräftiger bewegt, so erfährt der Fisch gleichzeitig noch eine Drehung nach links. Sofort nachdem der Körper durch den Schlag der Brustflossen in Bewegung gesetzt ist, beginnt auch der Schwanz seine schlängelnde Bewegung, während die Brustflossen an die Flanken angepresst bleiben. Nach kürzerer oder längerer Zeit, meist schon nach wenigen Augenblicken streckt sich der Schwanz gerade, die Brustflossen spreizen sich und wirken als Bremsvorrichtungen, der Körper fällt plump zu Boden. In kleinen Aquarien sind die durchschwom- menen Strecken oft so kurz, dass das Schwimmen wie ein Hüpfen erscheint. Für unsere Versuche ist der Fisch deshalb von besonderem Wert, weil er infolge seines engen Kontaktes mit dem Boden des Gefässes bei der Drehung alle Bewegungen mitmachen muss, im Gegensatz zu den frei schwimmenden Fischen, die nur die Drehungen des Wassers auszuhalten haben. Letztere aber treten infolge der Trägheit später und in geringerem Masse ein als die der Scheibe. Versuche mit normalen Groppen auf der Drehscheibe. Experiment 1. Auf eine mit Hilfe einer Übersetzung drehbare horizontale Scheibe (Abb. 1) wird eine runde (lasschale mit einer Groppe ge- stellt. Sobald die Scheibe im Sinne des Uhrzeigers langsam in Drehung versetzt wird, sieht man, wie der Schwanz infolge der Kon- traktion der linken Seitenrumpfmuskulatur nach links gedreht wird; die beiden Rückenflossen biegen sich aus ihrer senkrechten Stellung nach links nieder, während die Afterflosse umgekehrt gegen die konvexe rechte Seite gedreht wird. (Abb. 3.) Dauert die Drehung; an, so setzt sich der Körper in die bekannte hüpfende Bewegung. Dabei bleibt jedoch die linke Seite etwas kontrahiert, die linke Brust- Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 219 flosse arbeitet kräftiger als die rechte und der Fisch hüpft im Kreise herum. Der Sinn seiner Drehung aber ist dem Drehungssinn der Scheibe entgegengesetzt: die beschriebene Bahn verläuft umgekehrt wie der Uhrzeiger. Experiment 2. (Gegenexperiment.) Die Drehscheibe wird in umgekehrtem Sinne des Uhrzeigers bewegt. Der Fisch kontrahiert die rechtsseitige Abb. 3. Reaktion der Groppe auf der Drehscheibe. A Rubhestellung, B Reaktionsstellung bei Drehung im Sinne des Uhrzeigers. Flankenmuskulatur, neigt die Rückenflossen nach rechts, die After- flosse nach links und kommt daher beim Vorwärtsschwimmen immer rechts statt gerade aus: er beschreibt eine kreisförmige Bahn im Sinne des Uhrzeigers. Solange die Drehung sehr langsam erfolgt, bewegt sich das Wasser in der Schale nicht mit oder gelangt erst nach längerem Drehen in Rotation. Der Fisch dagegen steht mit dem Boden der Schale in so engem Kontakt, dass er die Drehung von Anfang an mitmachen muss. Daher wird er, der selbst bewegt ist, das ihn umgebende ruhende Wasser gerade so spüren, wie wenn er selbst in Ruhe, das Wasser da- gegen in Strömung begriffen wäre. 220 Paul Steinmann. Wird der Fisch z. B. mit dem Kopf voran im Sinne des Uhr- zeigers bewegt, so muss er den Eindruck gewinnen, als ob das ruhende Wasser gegen seinen Kopf hinströme. Geht der Schwanz voran, so erfolgt die Scheinströmung von dem Schwanz gegen den Kopf hin. Im ersten Fall wäre also der Fisch rheotaktisch eingestellt, im zweiten Falle nicht. Die oben beschriebene Reaktionsstellung auf Drehung erfolgt aber in beiden Fällen. Es kommt überhaupt gar nicht darauf an, in welcher Stellung sich der Fisch befindet. Unter allen Um- ständen erfolgt bei Uhrzeigerdrehung Kontraktion der linken, bei umgekehrtem Drehungssinn der rechten Flanke. Dass diese Einkrümmung des Fischkörpers mit der Rheotaxis der Tiere nichts zu tun hat, lehren uns auch die folgenden Beobachtungen : Experiment 3. Die Groppe wird ohne Wasser auf die Drehscheibe gesetzt und im Sinne des Uhrzeigers gedreht. Sie krümmt auch jetzt den Schwanz nach links, fängt aber dann meist heftig zu zappeln an. Die Reaktionen sind infolge des ungewohnten Mediums viel weniger klar als im Wasser, doch gewinnt man durch Wiederholung des Ex- perimentes den Eindruck, dass die Erscheinungen im Prinzip die gleichen sind, dass also die Wasserströmung bei den Einkrümmungen des Schwanzes keine, oder doch keine primäre Rolle spielt. Experiment 4. Die Groppe wird in ihrer Schale mit Wasser rasch mehrmals ım Kreise gedreht, bis das Wasser ebenfalls zu rotieren anfängt, hierauf wird die Drehung verzögert, so dass das Wasser über die Groppe hin- wegschiesst. Auch um diese wirkliche Strömung kümmert sich der Fisch zunächst gar nicht: Solange die Scheibe überhaupt gedreht wird, reagiert der Fisch durch die entsprechende Krümmung des Körpers. Eine Einstellung in die Richtung des strömenden Wassers erfolgt nicht. Da der Fisch eine Kreisbahn in dem der Bewegung des Gefässes entgegengesetzten Drehungssinn beschreibt, macht es aller- dings den Eindruck, als schwimme er der Strömung entgegen. Allein er behält, solange die Uhrzeigerdrehung des Apparates anhält, die linke Seite kontrahiert, auch wenn die Strömung ihn auf der konvexen Seite trifft. (Vergleiche auch Seite 223.) Experiment 5. Die Drehung wird fortgesetzt, bis die Kreisströmung so stark geworden ist, dass die Groppe mitgerissen wird. Nun wird der Apparat plötzlich abgestellt. Der Fisch kämpft kräftig gegen die A Lil Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 221 andrängenden Wassermassen, seine „rheotaktischen‘ Schwimmbe- wegungen — energische Schwanzschlängelung bei angepressten Brust- flossen — bewirken, dass er sich an Ort halten kann, bisweilen gelingt es ıhm sogar, trotz der Strömung vorwärts zu gelangen. Das hier beschriebene Experiment unterscheidet sich in keiner Weise von dem durch Dewitz (5) angegebenen, das ich bei verschiedenen Fischspezies nachgeprüft habe (33). Sobald die Strömung soweit nachgelassen hat, dass die Groppe wieder Halt finden kann, geht ihre Schlängelbewegung in die ge- wöhnliche hüpfende Bewegung über, und schliesslich bleibt das Tier in geduckter Ruhestellung liegen, den Kopf der Strömung entgegen- gerichtet. Bei diesen Versuchen gewinnt man den Eindruck, dass die Fische bei ihren kompensatorischen Bewegungen auf die Verschiebung des Gesichtsfeldes, also auf optische Reize reagieren. Man glaubt zu er- kennen, dass die Fische die an ihren Augen vorbeiziehenden Gegen- stände fixieren wollen und daher in einer der Drehung des Apparates entgegengesetzten Richtung schwimmen. Es lässt sich jedoch leicht zeigen, dass die Augen bei der Sache unbeteiligt sind. Bringt man die Tiere nämlich in ein undurchsichtiges Gefäss und deckt sie ausserdem mit einem Deckel zu, so treten die Reaktions- stellungen und Kompensationsbewegungen genau gleich auf wie im durchsichtigen Glasgefäss, trotzdem jetzt die Umgebung für die Fische während der Drehung scheinbar in Ruhe bleibt. Ein weiterer Beweis für die Unwirksamkeit der optischen Reize bei der Groppe ist ihr Verhalten gegenüber einem am Aquarium vorbeibewegten Gegenstand. Durch Aufschrauben eines kleinen Tischehens auf die feste Axe der Drehscheibe und durch Aufsetzen einer das ganze über- deckenden, auf der Drehscheibe aufruhenden Glocke mit schwarzen Streifen stellt man sich einen einfachen Apparat her, der das Verhalten der Groppen gegenüber einem bewegten Gesichtsfeld deut- lich zeigt. Man kann die Drehscheibe mit der Glocke in der einen oder in der andern Richtung in Bewegung setzen, kann langsam oder schnell drehen, nie wird der Fisch eine deutliche oder längere Zeit in gleichem Sinne anhaltende Reaktion zeigen. Selbst ein aufgesetztes Kartongehäuse, das nur mit einem kleinen Guckloch versehen ist oder eine oder mehrere brennende Kerzen, die um das Aquarium herum- geführt werden, nachdem man sie dem Rand der Drehscheibe auf- gesetzt hat, zeigen kein günstigeres Resultat: die Groppe dreht sich auf der Drehscheibe nicht deshalb, weil sie optische Reize durch die scheinbar bewegte Umgebung empfängt, sondern aus andern Gründen. Damit stimmt auch die Feststellung, dass der gewöhnliche Dreh- 222 Paul Steinmann. scheibenversuch (Experiment Nr. 1 und 2) auch in der Dunkelkammer ausgeführt werden kann. Durch rasches vorübergehendes Andrehen des Lichtes kann man sich überzeugen, dass die Kompensations- bewegungen bei Tag und bei Nacht gleich deutlich eintreten. Theoretisches zu den Drehscheibenversuchen an Groppen. Das Verhalten der Groppe auf der Drehscheibe, das weder durch optische noch durch Strömungsreize erklärt werden kann, lässt ver- muten, dass das Labyrinth die passiven Drehungen empfindet. Diese Annahme beruht auf Analogieschluss und stützt sich auf die Dreh- scheibenreaktionen der höheren Wirbeltiere, deren Abhängigkeit vom Labyrinth nachgewiesen ist. Der Einwand, dass vielleicht die infolge der Drehung erhöhte Reibung der Ventralseite mit der Unterlage für die Einnahme der Reaktionsstellung verantwortlich zu machen ist, kann leicht durch den Hinweis darauf entkräftet werden, dass man schon bei ganz un- bedeutenden Drehungen Reaktionsstellungen erhält, und dass das rotierende Wasser den Fisch von vorn, von hinten oder von der Seite treffen kann, ohne dass die Reaktionen während der Zeit der Drehung sich ändern. (Vergl. Versuch Nr. 4.) Was nun für die hier besprochenen Drehscheibenversuche an intakten Groppen besonders auffällig scheint, das ist das völlige Aus- bleiben von Nachdrehungen, wie sie sonst bei höheren Tieren und auch beim Menschen mit grosser Regelmässigkeit beobachtet werden. Für die Mach-Breuersche Theorie scheint mir die Tatsache von Bedeutung zu sein, dass die Stellung des Fisches auf der Drehscheibe ganz beliebig sein kann. Ist nun aber die Groppe z. B. so orientiert, dass ihre Körperaxe radial, ihr Kopf dem Zentrum der Scheibe zu- gewendet ist (Abb. 4 A), so wird bei Drehung der Scheibe im Sinne des Uhrzeigers die linke Seite des Tieres vorangehen, die Endolymphe im horizontalen Bogengang des linken Labyrinthes gegen die Am- pullen, die entsprechende Lymphe des rechten Canalis externus da- gegen von den Ampullen weg gegen den Gang zurückströmen. Nehmen wir nun nach dem Vorschlag von Trendelenburg und Kühn (34) an, dass eine Reflexbewegung nur dann eintritt, wenn die Lymphe zu den Ampullen strömt, so wäre in diesem Fall das linke Labyrinth Schuld an der Kontraktion der linken Körperseite. Dreht man nun das Tier um 1800, so dass bei radialer Lage des Körpers der Kopf vom Zentrum weggerichtet ist (Abb. 4, B) und dreht jetzt die Scheibe im Sinne des Uhrzeigers, so ist umgekehrt die rechte Seite des Tieres in bezug auf die Bewegung vorn, daher findet die Strömung gegen die Ampullen im rechten Labyrinth statt, und es wäre nach Analogie Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 223 mit dem ersten Fall die Kontraktion der rechten Körperseite zu er- warten. Statt dessen krümmt sich hier wie überhaupt in jeder Lage der Schwanz nach links. Allerdings sind bei der Drehbewegung nicht nur die horizontalen, sondern auch die vertikalen Gänge in Mitleiden- schaft gezogen. Allein auch hier sind entsprechend den gegensätz- lichen Stellungen entgegengesetzte Kanäle betroffen. Diese Beobachtung kann ich nicht mit den Mach-Breuerschen Anschauungen in Einklang bringen. Ebensowenig die auf S.220 be- sprochene Erscheinung, dass Verzögerung der Drehbewegung keine Veränderung der Reaktionsstellung bringt, sondern dass die Krüm- mung beibehalten wird, solange überhaupt eine Drehung besteht. Zum Teil allerdings mag sich dieser Unterschied im Verhalten der Groppen den höheren Wirbeltieren gegenüber daraus erklären, dass bei diesen Fischen keine Nachdrehungen vorkommen. Ohne mich weiter auf die Frage einzulassen, ob der Widerspruch durch Hilfshypothesen A B N Abb. 4. zu lösen ist, will ich mich hier mit der einfachen Feststellung der Tat- sache begnügen, umsomehr, da das Problem für meine Fragen nur indirekt von Bedeutung ist. Ausschaltexperimente: Drehscheibenversuche an Fischen mit geschädigtem Labyrinth. Dagegen ist nun eine weitere Serie von Versuchen zu besprechen, die als Ausschaltexperimente bezeichnet werden können, und dadurch charakterisiert sind, dass Teile des Labyrinthes oder der ganze Apparat rechts oder links oder beidseitig entfernt oder durch Kokaininjektion unempfindlich gemacht werden. Vor: den zahlreichen hieher gehörigen Versuchen sind die von Ewald (7) am Aal und von Bethe (1) am Flussbarsch, Rotauge und Hecht angestellten für uns die wichtigsten. Von andern einschlägigen 224 Paul Steinmann. Arbeiten seien hier nur die folgenden genannt: Fröhlich (8) See- pferdchen, Lyon (18, 19) Flunder, Lewall (31), Kreidl (12), Steiner (32) Loeb (16, 17), Lee (14), Maxwell (24), Gaglio (9) und Quix (29) an Haifischen. Auf die Resultate einzelner dieser Autoren kommen wir später zurück ; die meisten befassten sich mit Ausschaltung von Labyrinth- bezirken und Studium der sich ergebenen Ausfallerscheinungen beim Schwimmen. Mich interessierte besonders das Verhalten operierter Fische auf der Drehscheibe. Drehscheibenexperimente mit Labyrinthausschaltungen sind meines Wissens an Fischen nicht ausgeführt worden. Allerdings hat Tullberg (35) mit seinen Rheotaxisversuchen, ohne sich darüber genau Rechenschaft zu geben, Drehexperimente angestellt, indem er verschiedene Fische in einem dem Dewitz’schen ähnlichen Apparat (Schale mit Kreisstrom) der drehenden Wirkung des rotierenden Wassers aussetzte. Er fand, dass intakte Karauschen, Karpfen und Gobio niger-Exemplare stets sehr deutlich rheotaktisch schwimmen, d. h. in diesem Fall die drehende Wirkung kompensieren. Durchschneidung eines einzelnen Bogenganges bewirkte keine Änderung im Verhalten der Fische. Etwas unsicherer waren die Be- wegungen nach Durchschneidung der beiden vorderen vertikalen Kanäle, völlig unempfindlich gegen die verschwemmende Wirkung des Wassers waren diejenigen Exemplare, denen beidseitig alle Bogen- gänge oder beidseitig der horizontale Kanal durchschnitten war. Dass das Zentrum für diese Labyrinthempfindungen und die kom- pensierenden Reflexbewegungen wahrscheinlich das Kleinhirn ist, zeigte Tullberg, indem er bei der Karausche und bei Gobio den hintern, freien Teil des Kleinhirns entfernte und den Fischen damit die Fähigkeit raubte, sich gegen die Strömung einzustellen. Meine eigenen Versuche unterscheiden sich von denen Tullbergs nur darin, dass ich die Drehwirkung nicht durch die Rotation des Wassers, sondern durch Bewegung der Drehscheibe erzielte und daher die Reibung des Wassers am Fischkörper ausschaltete. Uber die Gründe, die mich veranlassten, die entstehenden Strömungen zu ver- nachlässigen, siehe unter Experiment Nr. 2. Auf die Exstirpation der Labyrinthe verzichtete ich in Anbetracht der Schwierigkeiten der Operation an den kleinen Groppen und der Gefahr, durch die Ausräumung andere Teile zu verletzen. Ich be- schränkte mich auf Injektionen von Kokain, deren Wirksamkeit schon von Gaglio (9) erprobt war. Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 225 Experiment 6. Eine Groppe wird mit Hilfe einer Injektionsspritze im Gebiet des rechten Labyrinthes kokainisiert (Injektion von ca. 0,1 g Kokain- lösung 0,1). Sobald der Fisch in die Schale mit Wasser zurückge- bracht worden ist, dreht er sich umgekehrt wie der Uhrzeiger mit kontrahierter linker Körperseite wiederholt im Kreise herum. Nach- dem er sich beruhigt hat, bleibt er in gekrümmter Stellung liegen. Auf die Drehscheibe gebracht und im Sinn des Uhrzeigers ge- dreht, schwimmt er neuerdings mit eingekrümmter linker Seite im Kreis herum. Nachdem der Drehungssinn der Scheibe geändert worden ist, streckt sich der Fisch gerade, und ist durch langsame und rasche Drehung nicht mehr dazu zu bringen, die rechte Seite ein- zukrümmen. Dieser Zustand dauert etwa eine halbe Stunde an, dann ist der Fisch wieder nach beiden Seiten hin reizbar, anfangs allerdings noch etwas ungleich. Im Dewitz’schen Apparat stellt sich der Fisch während der Wirk- samkeit des Kokains nicht rheotaktisch ein. (Das Experiment misslingt leicht, weil bei der Injektion die Wirkung nicht immer lokalisiert bleibt.) Experiment 7. Eine Groppe wird beidseitig kokainisiert. In das Gefäss zurück- gebracht, bleibt sie zunächst ruhig liegen, macht dann einige un- sichere Schwimmbewegungen und lässt sich neuerdings am Boden der Schale nieder. Auf der Drehscheibe zeigt das Tier keinerlei Reaktion. Es lässt sich willenlos treiben und wird dabei meist so ge- dreht, dass sein Kopf vorangeht. Gegensatz zur rheotaktischen Ein- stellung! Das Tier wird mit der Bauchseite nach oben gekehrt. Da es keine Anstrengungen macht, sich umzudrehen, darf angenommen werden, dass es diese Zwangslage nicht empfindet. Im übrigen ist das Tierchen munter, und nach ca. 20 Minuten hat es seine frühere Reizbarkeit wieder erlangt. Experiment 8. Wiederholung des Versuches Nr. 2 an einer jungen Barbe; Länge 23 em. Die Menge des injizierten Kokains ist etwa dreimal so gross als bei der Groppe. ‘ Vorbemerkung: Durch Vorversuche wurde ermittelt, dass die Barben auf der Drehscheibe sich ganz ähnlich verhalten wie die Groppen. Bei Uhrzeigerdrehung ist die linke, bei umgekehrter die rechte Seite konkav, die Rückenflosse neigt sich in ihrer hintern Partie 15 226 "Paul Steinmann, deutlich nach der kontrahierten Seite, während die vorderen Flossen- strahlen senkrechte Stellung einnehmen resp. nicht nach der Seite, sondern nur nach hinten geneigt sind. Bei der Barbe ist der Schwer- punkt oberhalb des Schwerpunktes des verdrängten Wassers. Sie kann sich daher nur durch die Wirksamkeit der Flossen in der Rücken- bauchlage erhalten. Diese Funktion wird vornehmlich durch die vordern Paarflossen besorgt, deren Flächen im Gegensatz zu denen der Groppen horizontal liegen. Die Brustflossen bewegen sich meist nicht synchron, sondern alternierend. Bei raschem Vorwärtsschwimmen werden sie an den Körper herangezogen. Sofort nach der Operation wird der Fisch in einem Kasten aus Drahtgitter der natürlichen Strömung eines Flusses ausgesetzt. Während er sich früher sofort rheotaktisch einstellte, und an der Wand, we das Wasser einströmte, „tänzelte‘, lässt er sich jetzt von der Strömung treiben. Bald nach der Operation stellen sich Gleichgewichtsstörungen ein: der Fisch dreht sich vorübergehend auf die Seite, dabei kommt immer die kokainisierte Seite nach oben zu liegen. Nach ca. 15 Mi- nuten hört die Kokainwirkung auf, der Fisch verbleibt in Rücken- bauchlage und stellt sich auch wieder in die Srömungsrichtung ein. In einem Kontrollexperiment scheint die injizierte Kokainmenge zu gross gewesen zu sein: der Fisch drehte sich schon nach 3—4 Minuteu auf die Seite, es stellten sich Atemkrämpfe ein und nach ca. 15 Minuten hörte die Atmung ganz auf: der Fisch ging zugrunde. Die gleiche Erscheinung zeigte sich regelmässig bei Regenbogen- forellen, die infolge ihrer grossen Empfindlichkeit gegen Kokain sich für unsere Versuche gar nicht eigneten. Für die Drehscheibenversuche waren die kokainisierten Barben deshalb nicht brauchbar, weil sie während der günstigsten Zeit der Kokainwirkung meist auf der Seite lagen oder doch beim Andrehen des Apparates das Gleichgewicht verloren. Theoretisches zu den Ausschaltexperimenten. Die Versuche 6—8 ergaben, dass das Labyrinth der untersuchten Fische passive Drehungen wahrnehmen kann, und dass diese Reize durch Reflexbewegungen beantwortet werden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass ein- und beidseitige Labyrinthbetäubung die rheotaktische Einstellung unmöglich macht. Es schien somit die Mög- lichkeit zu bestehen, die Tullberg’sche Auffassung des Labyrinthes als eines Organs zur Empfindung der Wasserbewegungen mit den Auffassungen Mach-Breuers in Einklang zu bringen. Da nämlich Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 227 die rheotaktische Einstellung mit pendelnden Kopfbewegungen in der Horizontalebene verbunden ist, schien es wahrscheinlich, dass das Labyrinth über die beidseitigen Ausschläge eine Kontrolle ausübt, und dass von ihm aus Reflexbewegungen zustande kommen, durch welche die Einstellung in die Richtung der Wasserströmung ermög- licht wird. Um uns eine Vorstellung von der Art der Reflexbewegungen und deren Wirkung auf die allgemeine Lokomotion respektive die Ein- stellung gegen den Strom zu machen, müssen wir einige allgemeine Fragen diskutieren. a) Der Labyrinth- und Muskeltonus. Übereinstimmend berichten uns mehrere Autoren, vorab Ewald (6) und Bethe (1), dass Verlust und Schädigung eines oder beider Labyrinthe gewisse Bewegungen hindere, indem die sie nor- maler Weise ausführenden Muskeln geschwächt seien. Beidseitig operierte Fische zeigen grosse allgemeine Muskelschwäche. Durch einen Druck auf den rechten Canalis posterior mit Hilfe eines sog. pneumatischen Hammers, konnte Bethe einen Hecht veranlassen, den Kopf nach links und unten zu bewegen, d.h. im Sınn der Mach- Breuer’schen Theorie in der Richtung des Endolymphstromes gegen die Ampullen. Diese Bewegung ist ohne Zweifel durch Veränderung des Muskeltonus zu erklären. Ein Stoss auf den rechten horizontalen Kanal hätte eine Drehung des Kopfes in der Richtung nach links zur Folge. Genau die gleiche Wirkung könnte erzielt werden durch eine Drehung des Tieres im Sinne des Uhrzeigers. Bei der Groppe wird, wie wir oben gezeigt und in Fig. 2 dargestellt haben, nicht nur der Kopf, sondern auch der Schwanz nach links gedreht, die ganze linke Seite erfährt eine starke Kontraktion: der Tonus der rechten Körpermuskulatur ist herab- gesetzt. Beginnt sich nun der Fisch zu bewegen, so wird er infolge der geschwächten rechtsseitigen Muskulatur nach links im Kreise herum d.h. umgekehrt wie der Uhrzeiger schwimmen. Dies kann sowohl durch den kräftigeren Schlag der linken Brustflosse, als auch durch den schiefgestellten Schwanz und die verstärkte Steuerwirkung der nach links eingebogenen Rückenflossen bewirkt werden. b) Die passive Einstellung des Fisches im Strom. Denken wir uns nun einmal einen Fisch, der einen Fluss durch- queren will und sich infolgedessen quer zur Strömung stellt. ‚Jeder im Wasser schwimmende Gegenstand stellt sich so ein, dass er dem 298 Paul Steinmann. Wasser den geringsten Widerstand bietet. Dies erklärt sich aus fol- genden Überlegungen. (Abb. 5.) Der Körper, dessen Bewegung natürlich der des Wassers gegen- über verzögert zu denken ist,!) wird von zahlreichen parallelen Druck- kräften getroffen, deren Resultante nach den Gesetzen der Mechanik konstruiert werden kann. Die Stelle, an welcher diese Resultante angreift, wird als Druckmittelpunkt bezeichnet (D). Dieser Punkt kann mit dem Schwerpunkt (P) zusammenfallen. Dann kann der Körper in jeder beliebigen Lage weggeschwemmt werden, ohne dass eine Drehung entsteht. (Kugel, deren Schwerpunkt im Zentrum liegt.) In der Regel aber werden die beiden Punkte nicht zusammen- Abb. 5. fallen. Dann aber erfährt der Körper durch die Strömungswirkung eine Drehung, die so lange andauert, bis die beiden Punkte auf einer Geraden liegen, die den Stromlinien parallel ist. Lässt man eine tote Groppe oder eine Barbe im Zustand der Muskelstarre mit gestrecktem Schwanz in einer Rinne mit fliessendem Wasser frei flottieren, so findet man, dass sich der Kopf stromabwärts dreht. Ob dies für alle Fische Geltung hat, kann ich nicht sagen. Auch der Fisch mit kokainisiertem Labyrinth stellt sich in der Strömung so, dass der Kopf vorangeht. (Vergl. Experiment Nr. 7.) 1) Vergleiche darüber die Ausführungen Tullbergs (l. c.) und meine eige- nen (33). Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 229 c) Das Verhalten des lebenden Fisches im Strom. Wird ein lebender Fisch mit intaktem Labyrinth in strömendes Wasser geworfen, so wird er zunächst ebenfalls so gedreht, dass der Kopf stromabwärts kommt; allein bevor dies eingetreten ist, hat er mit Hilfe seines Labyrinthes die passive Drehung wahrgenommen und daraufhin reflektorisch eine „Reaktionsstellung‘ eingenommen. Hatte die Strömung begonnen, ihn im Sinne des Uhrzeigers zu drehen, so schlägt er den Schwanz nach links, dreht auch den Kopf zurück und bewirkt dadurch, dass ihn die Strömung selbst wieder in seine rheotaktische Stellung (Kopf stromaufwärts) zurückführt. Die Reaktionsstellung ist aber nichts anderes als der Ausdruck eines ver- änderten Muskeltonus. Beim schwimmenden Fisch tritt als Reaktion auf Drehung nicht eine bestimmte Reaktionsstellung, sondern ledig- lich eine Verstärkung des Schwanzschlages ein. Der Erfolg ist jedoch der gleiche: der Fisch stellt sich dank der Wirkung seiner Labyrinthe in die Strömungsrichtung ein. Damit erklärt sich aber der Befund Tullbergs, den ich bestätigen konnte: das Fehlen der Rheotaxis bei labyrinthlosen Fischen oder bei solehen mit kokainisiertem Labyrinth. Versuche über die Bedeutung der Seitenlinie. ©?) Nach den bisherigen Erörterungen wäre der Fisch zwar imstande, die von der Strömung hervorgerufenen passiven Drehungen des Körpers wahrzunehmen, nicht aber die Strömung selbst, d. h. die Druckwirkung der bewegten Wasserteilchen gegen seinen Körper. Wenn wir nun aber auch annehmen, dass die passiven Drehungen vom Labyrinth aus sehr genau registriert werden, so fragt es sich doch, ob die Antwortreaktionen immer mit so grosser Genauigkeit erfolgen, dass daraus ein geordnetes Schwimmen gegen den Strom resultiert. Bekanntlich untersteht die Einstellung eines Tieres in eine bestimmte Richtung sehr oft nicht nur der Kontrolle eines einzigen, sondern mehrerer Sinnesorgane. So kann z. B. nach Kühn’s schönen Unter- 2) Uber die Bedeutung der Seitenlinie gehen die Meinungen zur Zeit noch sehr auseinander. Während F. E. Schultze (30) sie als Sinnesorgane zur Wahr- nehmung von Aussenbewegungen des Wassers gegen den Fischkörper auffasste, glaubte Lee (15) im ihnen Organe zur Regulation des Kôrpergleichgewichtes sehen zu müssen, Ausserdem wurden ihnen noch verschiedene andere Funk- tionen zugetraut, Für uns ist wichtig, dass Tullberg (35) und Parker (28) nach Durchschneidung der Lateralnerven keine wesentlichen Orientierungsstörungen fanden. Die operierten Karauschen Tullbergs reagierten auf den Kreisstrom ebenso gut wie normale. Dagegen hat Hofer (11), wie unten näher ausgeführt werden soll, trotzdem eine Empfindlichkeit der Seitenorgane gegen Wasserbe- wegungen nachgewiesen. 230 Paul Steinmann. suchungen (13) die lotrechte Einstellung der Dorsoventralaxe eines Flusskrebses durch Tastreize, Statozystenreize und Lichtreize bewirkt werden. Daher war es nicht ausgeschlossen, dass die Einstellung des Fisches in die Strömungsrichtung nicht allein durch den Labyrinth- reiz infolge der passiven Drehung, sondern auch noch durch direkte Wahrnehmung der Strömung mit Hilfe anderer Sinnesorgane erfolgen könne. Als ein solches Sinnesorgan schien mir der Apparat der Seiten- organe in Frage zu kommen. Eine weitere Serie von Experimenten JA Abb. 6. Schematische Darstellung der rheotaktischen Einstellung eines Fisches in die Strömungsrichtung, reproduziert aus Steinmann (33). A Anfangsstellung: der Fisch »steht«, schief zur Strömung; seine linke Flanke wird stärker gereizt als die rechte; daraus ergibt sich B die Reaktionsstellung auf linksseitigen Reizüberschuss. Diese Stellung bedingt eine Drehung im Sinne der Pfeile; bei C sind beide Flanken gleich stark gereizt, doch geht die Dre- hung, da die Reaktionsstellung noch beibehalten wird, weiter, bis D die rechte Flanke stärker gereizt und daher der Schwanz axial /E) eingestellt wird und dann die Reaktionsstellung /F) auf rechtsseitigen Reizüberschuss einnimmt. Nun wird der Fisch passiv wieder im Sinne der Pfeile zurückgedreht /G, H) bis auf den Reiz der linken Seite wieder die Anfangsstellung //, A) und die Reaktions- stellung B erfolgt. hatte daher das Ziel, die Rolle der Seitenlinie beim Zustandekommen der Rheotaxis zu ermitteln. Die Möglichkeit der Beteiligung der Seitenlinie beim rheotak- tischen Einstellen wurde schon von Hofer (11) ausgesprochen. Dieser Autor hat nachgewiesen, dass die adäquaten Reize für die Sinnes- organe der Seitenlinie Wasserströmungen gegen den Fischkörper sind. Ein feiner Wasserstrahl, der nicht imstande ist, den Körper aus dem Gleichgewicht zu bringen, und der somit die „statischen“ Organe des Labyrinthes nicht reizen kann, wird von verschiedenen Fischen, speziell vom Hecht empfunden und durch Einnahme bestimmter AE Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 231 Reaktionsstellungen beantwortet. Ich selbst (33) habe diese Frage an andern Objekten geprüft und habe gefunden, dass Acerina cernua und Gobio fluviatilis solche Reize ebenfalls wahrnehmen. Durch kaustische Wirkung konnte Hofer die Seitenorgane des Kopfes und durch Entfernung eines Stückes der beidseitigen Lateralnerven die Sinnesorgane der Flanken unempfindlich machen. Er raubte damit dem Fisch gleichzeitig die Fähigkeit, die Strömungen zu empfinden. Nur wenn der Wasserstrom den Fisch ins Schwanken brachte, wenn also die statischen Sinne in Mitleidenschaft gezogen waren, erfolgte Reizbeantwortung. Ich habe in der zitierten Arbeit den Versuch gemacht, mir die Werkung der Seitenlinie bei der rheotaktischen Einstellung zunächst rein hypothetisch vorzustellen. Meine Ansicht ist in der hier reprodu- zierten Abbildung (Fig.6) ausgedrückt. Ich habe jedoch damals be- tont, dass neben der Seitenlinie recht wohl auch das Labyrinth wirk- sam sein könne. Diese Vermutung hat sich inzwischen durch meine weitern Versuche bestätigt. Da die Groppe sich für die Drehscheibenexperimente als ein besonders günstiges Objekt erwiesen hatte, führte ich das Hofer'sche Experiment an diesem Fisch aus. Später dehnte ich die Versuche auf Barben und Regenbogenforellen aus. Experiment 9. Cottus gobio, ein Exemplar wird mit Hilfe eines durch eine Glaspipette mit grösserem Druck ausströmenden Wasserstrahles an der Flanke gereizt, während es in Ruhestellung am Boden des Ge- fässes liegt; der Wasserstrahl ist so fein, dass er den Fisch nicht von der Stelle bewegen kann. Die Reaktion war sehr undeutlich. Kam der Strahl von vorn, so war der grösste Teil des Körpers durch die ausgebreitete Brustflosse geschützt. Kam er von der Seite oder von hinten, so pflegte sich der Fisch nicht darum zu kümmern. Erst wenn die Pipette ganz nahe an den Körper herangebracht und ihre Mündung von vorn nach hinten der Seitenlinie entlang bewegt wurde, erfolgte eine Einkrümmung des Schwanzes gegen die gereizte Seite. Diese: Reflex aber liess sich regelmässig beobachten, besonders deut- lich an einer Stelle des Schwanzes, die ca. 1 em vor der Flosse ge- legen ist. — Ohne Zweifel erfolgt die Reaktion nur dann, wenn grössere Partien der Lateralorgane gleichzeitig erregt werden. Ähn- liche Erfahrungen machte übrigens auch Hofer am Hecht. Experiment 10. Barbe wie oben Cottus gereizt. Ruhelage mit niedergelegter Rückenflosse. Reaktion nicht sehr deutlich. In der Regel wird die 232 Paul Steinmann. Rückenflosse in Beantwortung des Reizes durch den feinen Wasser- strahl gespreizt, bisweilen auch der Schwanz gegen die gereizte Seite gebogen. Sobald der Fisch sich zum Schwimmen anschickt, während die eine Flanke vom Wasserstrahl getroffen wird, krümmt er die ge- troffene Seite energisch zusammen, wendet also den Kopf der Aus- strömungsstelle zu. Allein auch diese Regel hat ihre Ausnahmen. Überhaupt sind die Hofer’schen Versuche wenig dankbar, da die Er- gebnisse sich bisweilen widersprechen. Das mag daran liegen, dass die normale Reaktion bei einer ganz bestimmten Richtung des Strahles gegen die Seitenlinie eintritt, einer Richtung, die beim Experiment nur zufällig erreicht wird. Experiment 11. Kaulbarsch. Der Fisch hält sich im Gegensatz zu den beiden vorigen hauptsächlich im freien Wasser auf und schwimmt mit Hilfe seiner Brustflossen. Der Schwanz dient vorzugsweise als Steuer. Mit Acerina habe ıch schon früher experimentiert. Eine Wiederholung der Experimente zeigte nichts neues: Im Gegensatz zu Cottus und Barbus reagiert das Tier prompt auf feine Wasserströme, indem es den Schwanz nach der gereizten Seite einbiegt und die Rückenflossen spreizt. Aus den Experimenten 9—11 möchte ich immerhin schliessen, dass die Seitenorgane im Sinne von Hofer gegen Strömungen empfind- lich sind. Wenn auch bei Ruhelage selten deutliche Reaktionen er- folgen, so scheint doch beim bewegten Fisch der Muskeltonus, der sich in der Kraft des betreffenden Flossenschlages ausspricht, von der Reizung der Seitenorgane mit abhängig zu sein. | Die folgenden Experimente zeigen uns diese A bhängigkeit. Experiment 12. Einer Groppe wird die rechte Seitenlinie kokainisiert. Das Tier reagiert auf der Drehscheibe und im Dewitz’schen Apparat durch- aus normal. Die Seitenlinien sind also weder für die Empfindung der passiven Drehung noch für die Rheotaxis notwendig. Experiment 13. Bei der Barbe ist im durchströmten Fischkasten ein deutlicher Unterschied vor und nach der Seitenlinienkokainisierung festzu- stellen: das Tier, das sich vor der Operation sehr deutlich rheotak- tisch eingestellt hat, ist jetzt viel unsicherer. Eine allgemeine Schädigung durch die Injektion kann nicht verantwortlich gemacht werden, da die Groppe, trotzdem sie viel kleiner ist, die dreifache Menge von Kokain verträgt ohne irgendwie zu leiden. Immer wieder Bee Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 233 nimmt die Strömung die operierte Barbe mit und drückt sie quer gegen das Drahtnetz, an welchem das Wasser ausströmt. Erst nach- dem die Kokainwirkung aufgehört hat, stellt sich der Fisch wieder dauernd rheotaktisch ein. Das Experiment 13 wurde in gleicher Weise und mit dem gleichen Erfolge an der Regenbogenforelle wiederholt. Es scheint somit, dass die Seitenlinie bei den untersuchten Fischen als eine Art von „Ergänzung“ des Labyrinthes wirkt, indem sie dessen Funktion kontrolliert und die Kompensationsbewegungen resp. den Muskeltonus regeln hilft. Dies erscheint uns verständlich, wenn wir uns erinnern, dass die Lateralnerven mit dem Acusticus zusammen im Gehirn entspringen, dass im Bau speziell der End- organe und in der Entwicklung beider Apparate so grosse Überein- stimmung herrscht, dass sich verschiedene Forscher aus morpho- logischen Gründen für eine Homologie der „Gehör“- und Seiten- organe ausgesprochen haben, indem sie die letzteren als die primi- tiven Bildungen ansahen, von denen sich das Labyrinth als besonders spezialisierter Teil später abgetrennt habe (Hofer-Baglioni). Dieser morphologischen könnten wir, wenn unsere Auffassung richtig ist, eine physiologische Ähnlichkeit zur Seite stellen. B. Experimente an Amphibien. 1. Kaulguappen (Larven von Rana fusca), fusslos. Die Tiere schwimmen bekanntlich durch schlängelnde Be- wegungen des muskelstarken, seitlich zusammengedrückten Schwimm- schwanzes. Gegenüber der Fisch-, speziell der Groppenbewegung be- steht kaum ein wesentlicher Unterschied mit Ausnahme des Fehlens von Paarflossen. Die Bewegung wird dadurch noch einfacher. Auf der Drehscheibe benehmen sich die Kaulquappen genau wie die Groppen, d.h. sie wenden bei jeder passiven Drehung im Sinne des Uhrzeigers den Schwanz nach links und setzen sich bei an- dauernder Bewegung der Scheibe in Kreisbewegung, wobei ihr Drehungssinn dem der Scheibe entgegengesetzt ist. Auch hier ist die Strömung ganz unwirksam, nicht selten ist der von den Larven be- schriebene Kreis so klein, dass er innerhalb der einen Hälfte des Ge- fässbodens liegt. Daher erhält die Larve in jeder Lage eine gleich- sinnige Wasserströmung. Dies zeigt uns ganz deutlich, dass die Wasserströmung für das Verhalten der Tiere nicht massgebend ist. 234 Paul Steinmann. Mit Hilfe des Dewitz’schen Apparates lässt sich nachweisen, dass die Tiere sehr energisch gegen den Strom schwimmen. Auch gegen gerade Wasserströme stellen sie sich ein und kämpfen wie Fische dagegen an. 2. Tritonenlarven mit äussern Kiemen und wohl entwickelten, langzehigen Extremitäten. In diesem Stadium sind die Larven spezifisch relativ leicht, ın der Regel können sie ohne Anstrengung in beliebiger Stellung frei im Wasser schweben. Bei den Drehscheibenversuchen ist auf diesen Umstand Rücksicht zu nehmen. Die Strömungsverhältnisse in dem gedrehteu Behälter erklären manchmal rätselhafte Bewegungen und Einstellungen der jungen Tritonen. Das Schwimmen erfolgt auch hier vorwiegend durch Schlängelung des seitlich zusammengedrückten, mit Flossensaum versehenen Schwimmschwanzes; doch nimmt auch der übrige Körper an der Schlängelung Teil, ja selbst der Kopf macht abwechslungsweise Aus- schläge nach rechts und links. Bei raschem Schwimmen werden die Extremitäten dem Körper angelegt, bei langsamem schlängelt vor- wiegend die Schwanzspitze und die Extremitäten werden rhythmisch vorgezogen und nach hinten geschlagen. Auf der Drehscheibe zeigt sich wieder bei Uhrzeigerdrehung eine Kontraktion der linken Körperseite, die, wenn Lokomotion eintritt, zu Kreisschwimmen in ungekehrtem Sinne des Uhrzeigers führt. Bei langsamen Bewegungen kann man beobachten, wie die Extremitäten der konvexen rechten Seite viel weiter ausgreifen. Da der Kontakt der jungen Larven mit dem Boden sehr gering ist, eignen sie sich nicht zum Studium des Einflusses der Disease auf die Gehbewegungen. Kaulquappen und Tritonlarven sind bei ihren Manegebewegungen von optischen Reizen (Bewegung des Gesichtsfeldes) ebenso unab- hängig wie dieGroppen; die auf S.221 beschriebenen Versuche wurden bei den Amphibienlarven mit genau dem gleichen Erfolg wiederholt. 3. Versuche an Tritonen. Triton eristatus und Triton alpestris. Vier erwachsene Exemplare mit voller Schwimmschwanzentwick- lung. Das Schwimmen erfolgt genau wie bei der Larve und die Reaktionen auf der Drehscheibe während des Schwimmens sind eben- falls die gleichen. Dagegen verlangt das Gehen am Grund des Wassers und auch auf dem Trockenen eine besondere Besprechung. Die Lokomotion des Salamanders und der Eidechse auf festem Lande bildet einen besonderen Typus, und kann als ein von Hebel- gliedmassen unterstütztes Schlängeln oder besser als ein durch Schlängelung des Körpers unterstütztes Schreiten bezeichnet werden. Die Vorwärtsbewegung erfolgt durch alternierende Tätigkeit sym- Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 235 metrischer Organe. Ist z. B. der linke Vorderfuss in Funktion, so ruht der rechte und umgekehrt. Ist die Muskulatur der linken Körperseite gestreckt, so ist die der rechten kontrahiert. Für die Lokomotion ist jeweilen nicht der ausschreitende, sondern der niedergesetzte Fuss von Bedeutung. Der Vorderfuss wird in ge- strecktem Zustand abgesetzt und während der nun folgenden Be- wegungsphase allmählich gebeugt, zöeht somit den Körper, während er ihn etwas emporhebt, vorwärts. Dabei behalten die Zehen ihre beim Niedersetzen des Fusses eingenommene Lage bei. Da aber der Oberarm am Schluss der Bewegungsphase nach hinten gerichtet ist, während er anfangs nach vorn aussen zielte, finden im Gebiet des Handgelenkes, wie auch des Ellbogens Drehungen statt. Die beim Beginn des Zuges gestreckte, konvexe Rumpfseite ist nach Be- endigung der Bewegung kontrahiert, konkav geworden. Das bedeutet, dass an Stelle eines Wellenberges ein Wellental getreten ist. Es handelt sich somit um Schlängelung mit von vorn nach hinten fort- schreitenden Wellen. Als Fixpunkt für die Drehung kommt die Handwurzel des ziehenden Vorderfusses in Betracht. Während der Vorderfuss der rechten Seite ausgreift, der Vorder- körper also nach der rechten Seite konvex ist, sind am Hinterkörper die Verhältnisse umgekehrt: hier ist die linke Seite konvex und der linke Fuss wird sofort nach oder fast gleichzeitig mit dem rechten vordern vorgeschoben. Es arbeiten also nicht die Füsse einer Seite, sondern die diagonal gegenüberstehenden zusammen. Betrachtet man den Hinterfuss bei seiner Arbeit, so wird man leicht feststellen können, dass diese von der des Vorderfusses prinzipiell verschieden ist. War der Vorderfuss zu Beginn der Bewegung ge- streckt, so ist umgekehrt der Hinterfuss anfangs gebeugt, streckt sich während der Drehung und erreicht am Schluss der Phase das Maximum der Extension. Seine Arbeit ist also nicht als ein Ziehen, sondern als ein Schieben zu bezeichnen. Nur bei starkem Ausschreiten kann der Hinterfuss zu Beginn der Bewegungsphase ziehend wirken. Dieser Verschiedenheit der Funktion entspricht auch die Verschieden- heit der Extremitätenmuskulatur. Die Oberarmmuskulatur ist vor- wiegend durch Beuger, die des Oberschenkels hauptsächlich durch Strecker gebildet. Ein toter Salamander hat daher in seiner Muskel- starre die Vorderextremitäten meist an den Leib herangezogen, die hintern streckt er steif nach hinten. 236 Paul Steinmann. Drehscheibenversuch am gehenden Triton. Auf der Drehscheibe nimmt der Molch sofort beim Beginn der Drehung eine überaus charakteristische Stellung ein (Abb. 7). Wird der Apparat im Sinne des Uhrzeigers gedreht, so kon- trahiert sich die linke Halsmuskulatur. Der Kopf bleibt gewisser- massen in seiner Richtung, und man glaubt, der Molch fixiere einen ausserhalb der Drehscheibe befindlichen ruhenden Gegenstand. Gleich- zeitig tritt Streckung der rechten und Beugung der linken Vorder- extremität ein. Der Schwanz wird ebenfalls nach links eingeschlagen, der ganze Körper krümmt sich so sehr zusammen, dass der Kopf den Schwanz berührt. Dies geschieht unter fortwährenden Schreitbe- wegungen des rechten Vorderbeines, das jedoch während des Schreitens gestreckt bleibt und daher den Körper immer mehr nach links schiebt. Die übrigen Extremitäten bleiben bewegungslos, wie gelähmt, das rechte Vorderbein gebeugt, das rechte Hinterbein gestreckt. Einzig das linke Hinterbein macht von Zeit zu Zeit ungeordnete und unbe- holfene Schreitbewegungen, die jedoch keine Lageveränderung zur Folge haben. Sobald die Drehung verlangsamt wird, dreht sich das Tier wieder gerade. Steht die Scheibe still, so wendet es sich in entgegengesetzter Richtung (Nachdrehung). Diese Erscheinung, die für Reptilien, Vögel und Säuger bei allen Drehscheibenversuchen festgestellt ist, fehlt naeh meinen Erfahrungen bei Fischen völlig. Wird die Scheibe im umgekehrten Sinne gedreht, so wird wie bei der Nachdrehung die rechte Seite kontrahiert, die Erscheinungen wiederholen sich in allen Einzelheiten, nur dass alles auf die ent- gegengesetzte Seite bezogen werden muss. Bei Verzögerung der Drehgeschwindigkeit und plötzlichem Stillstand der Scheibe findet auch hier eine Nachdrehung im entgegengesetzten Sinne statt. Bei den Tritonen kommt es ebensowenig wie bei C'ottus auf die Stellung des Tieres zur Axe der Drehscheibe an, sondern einzig auf den Drehungssinn des Apparates. Durch die Anwendung der auf Seite 221 beschriebenen Vorrichtungen kann gezeigt werden, dass auch der Molch von optischen Reizen unabhängig ist. Die Drehung des Kopfes ist nicht die Folge der Fixierung eines Gegenstandes ausser- halb der rotierenden Scheibe, der durch die Kopfbewegung fixiert bleiben soll. Die Kopfdrehung erfolgt auch dann, wenn sich die ganze Umgebung mitdreht, bleibt aber völlig aus, wenn- das Gesichtsfeld um den ruhenden Molch herumgedreht wird. Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 237 Theoretisches über die Versuche an Amphibien. Die beschriebenen Erscheinungen stimmen durchaus mit den an Fischen gewonnenen Ergebnissen : Wir können die kompensatorischen Bewegungen eines schreitenden Triton auf der Drehscheibe recht wohl als durch einseitige Herabsetzung des Muskeltonus bedingt auffassen. So erklärt es sich, dass die Gliedmassen der konvexen Seite gestreckt, die der konkaven gebeugt sind. Gegenüber den Fischen ist die Er- scheinung der Nachdrehung hervorzu- heben. Ein Nystagmus und optische Kompensationsdrehungen, wie sie durch Loeb (36) sowie durch Trendelenburg und Kühn (34) bei Reptilien auf der Drehscheibe nachgewiesen sind, fehlen den untersuchten Amphibien. Die hier mitgeteilten Versuchsergeb- nisse an Amphibien sollen später durch Ausschaltexperimente ergänzt werden. Dann wird auch Gelegenheit sein, auf das Verhalten des Frosches auf der Dreh- scheibe einzutreten, das bis jetzt nicht ge- nau analysiert worden ist. An dieser Stelle war es mir hauptsächlich darum zu AN. TI tun, die Übereinstimmung im Verhalten | der Fische und Amphibien zu zeigen. 4 Triton in normaler Schreit- Ganz besonders verdient hervorgehoben ‘lung: B Mit kontrahierter = 2 linker Kürperseite : Folge einer zu werden, dass Kaulquappen und Tri- „assiven Drehung im Sinne tonen ausgesprochen rheotaktisch sind. des Uhrzeigers. A B Schlussbetrachtung. Unsere Versuche sind noch nicht abgeschlossen. Daher können wir die Anschauungen, die wir über Bewegung und Richtungsände- rung bei niederen Wirbeltieren gewonnen haben, noch nicht in Form von „Schlussfolgerungen‘“ aussprechen. Wir müssen uns damit be- snügen, unter Benützung der Ergebnisse der hier mitgeteilten und einiger anderer Versuche eine Hypothese aufzustellen, die wahrschein- lich später ergänzt und modifiziert werden muss. Denken wir uns einmal einen ruhenden Molch, den wir auf einen Tisch gesetzt haben. Die Ruhestellung ist keineswegs mit einem Ruhe- zustand für alle Muskeln verbunden, die meisten befinden sich in einem gewissen Kontraktionszustand, es besteht der sog. allgemeine 238 Paul Steinmann. Muskeltonus. Von ihm können wir uns eine Vorstellung machen, wenn wir dem Molch das Labyrinth der einen Seite entfernen oder es durch Betäubung ausschalten. Das Tier zeigt dann auf der operierten Seite eine eigentümliche Schlaffheit der Muskeln, die sich in der Ruhestellung, besonders deutlich aber während der Bewegung zu er- kennen gibt. Die Ruhestellung bedeutet also nicht eine allgemeine Entspannung, wohl aber einen Zustand des Spannungsgleichge- wichtes. Wir nehmen mit Ewald und vielen anderen an, dass für die Regulierung des Muskeltonus das Labyrinth von Bedeutung ist. Nun wissen wir, dass die lokomotorischen Muskeln der Vertebraten streng symmetrisch angeordnet sind, dass das Gleichgewicht beim Gehen und Stehen, beim Schwimmen und Fliegen durch gleich- mässige Tätigkeit symmetrisch gelegener Muskeln und Muskel- gruppen zustande kommt. Die Ausfallserscheinungen bei einseitiger Labyrinthausschaltung deuten nun darauf hin, dass der Muskeltonus der einen Seite vorwiegend unter der Kontrolle des einen Labyrinthes steht. Dies scheint am klarsten und einfachsten bei den Tieren mit einförmiger Bewegung, bei schlängelnden Fischen und Reptilien aus- geprägt zu sein. Treten dagegen mannigfaltigere Bewegungsformen auf, so sind wahrscheinlich auch die. Beziehungen zwischen Labyrinth und Muskulatur komplizierter. Die Tätigkeit des Labyrinthes ist eine doppelte: Es nimmt Veränderungen der Stellung wahr und löst, nachdem es erregt worden ist, gewisse Reflexbewegungen, die sog. Labyrinthreflexe aus, die sich bei höheren Wirbeltieren am schönsten _in den rhythmischen Augenbewegungen nach einseitiger Labyrinth- reizung im sog. Nystagmus, bei niedern aber in verschiedenartigen Bewegungserscheinungen der Körpermuskeln äussern. Diese Reflex- bewegungen sind durchaus unwillkürlich und trotzdem recht zweck- mässig: sie haben kompensatorischen Charakter. Ein ruhender Molch zeigt beidseitig gleichmässige Reizung seiner beiden Labyrinthe und demgemäss entsprechende Kontraktions- zustände seiner Muskeln. Setzt er sich in Bewegung, so geschieht das unter abwechselnder Erhöhung und Herabsetzung des Muskeltonus der beiden Körperseiten, durch welche eine zickzackfôrmige Kriech- bahn zustande kommt. Es entsteht eine rhythmische, symmetrische Bewegung, bei welcher alle Abweichungen nach der einen Seite in der darauffolgenden Bewegungsphase durch kompensatorische Re- flexe nach der andern Seite hin ausgeglichen werden. Man könnte den ruhenden Molch mit einem stillstehenden Pendel vergleichen. In beiden Fällen beruht das Gleichgewicht auf sym- metrischer Wirksamkeit der Kräfte. So wenig beim Pendel während des Stillstehens die Schwerkraft ausgeschaltet ist, so wenig fehlt beim ruhenden Molch der allgemeine Muskeltonus. Sodann könnte der Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 239 schreitende Molch mit einem in Bewegung begriffenen Pendel ver- slichen werden. Jede Richtungsänderung würde einem Pendelaus- schlag entsprechen: beide korrigieren sich und sind die Ursache eines entsprechenden Ausschlages nach der andern Seite. Mit der Reibung, die die Pendelausschläge nach beiden Seiten hin allmählich verkleinert, bis der Apparat in Ruhe kommt, kann die Ermüdung verglichen werden. Natürlich handelt es sich hier nur um einen groben Vergleich, der hauptsächlich deshalb hinkt, weil das Tier im Gegen- satz zum physikalischen Instrument selbsttätig beweglich ist. Wie wohl speziell beim niedern Wirbeltier die Bewegungen zum grössten Teil reflektorisch geregelt werden, gibt es hier auch spontane, will- kürliche Richtungsänderungen, zu denen wir beim Pendel keine Analogie finden. Zu diesen Verhältnissen bieten folgende Beobachtungen eine Illustration. Ein Molch, den wir auf einen Tisch bringen, wird, wenn er sich in Bewegung setzt, in der Regel unentwegt die Anfangsrichtung bei- behalten : er wird quer über den Tisch gehen und, wenn er zum Rande kommt, einfach hinunterpurzeln. Selten wird seine Kriechbahn ge- knickt sein, noch seltener gebogen. Er zeigt nur ein Bestreben: gradaus zu gelangen, und kein Hindernis bringt ıhn von diesem Vorsatz ab. Die Sage vom Feuersalamander, der durch ein Lagerfeuer hindurchkriecht und angeblich unbeschädigt auf der andern Seite anlangt, mag derartige Beobachtungen zur Grundlage haben: gerade in erregtem Zustand geht der Molch, unbekümmert um äussere Reize, schnurstracks seinen Weg, manchmal vom Licht weg, manchmal gegen das Helle oder in irgend einem Winkel schief zum Einfall der Lichtstrahlen, bisweilen vom Beobachter weg, als wollte er sich ıhm durch die Flucht entziehen, in andern Fällen aber auch direkt auf ihn zu. Auch ein in der Nähe kriechender Regen- wurm, ein willkommenes Futter, wird keine Abweichung vom Weg des erregten Tieres bewirken. Es scheint vielmehr blind und taub, sein Spürsinn ist aufgehoben, es gleicht gewissermassen einer auf- gezogenen Kinderlokomotive, die, unbekümmert um die Aussenwelt, sradaus fährt. Überlassen wir den Molch seinem Schicksal, bis er sich beruhigt hat, so sehen wir, wie er nach einigen Stunden den dunkelsten Winkel des ihm zur Verfügung stehenden Raumes bezogen, wie er den Regen- wurm aufzuspüren verstanden hat. Ist irgendwo Feuchtigkeit, so werden wir das Tier meist auf diese Stelle hinsteuern sehen. Seine Lokomotion ist ohne Zweifel nicht mehr allein durch die Labyrinthe, sondern auch durch andere Sinnesorgane orientiert, und man gewinnt daher den Eindruck von ganz willkürlichen Bewegungen. 240 Paul Steinmann. Allerdings ist auch bei diesen spontanen Orientierungsänderungen der reflektorische Anteil oft recht bedeutend. | Dies zeigt sich wohl am schönsten beim Laubfrosch. Dieses Tier ist zu gewissen Zeiten und unter gewissen Umständen „positiv photo- taktisch“. Wenn es sich flüchten will, so springt es gegen die Hellig- keit, bildet also einen vollkommenen Gegensatz zum Molche. Durch (langsame!) Bewegung eines Kerzenlichtes rings um ein Tischchen, auf dem ein Laubfrosch sitzt, kann man eine Manegebewegung er- zielen, die der Drehscheibenmanegebewegung durchaus entspricht. Solange das Licht hinter dem Frosch ist, bleibt er ruhig sitzen. Be- wegt man es dann von hinten an seinem rechten Auge vorbei nach vorn, so wird das Tier den Kopf plötzlich gegen das Licht wenden, d. h. die Körperseite des stärker belichteten Auges wird stärker kontrahiert. Dazu kommen noch reflektorische Beinbewegungen, die eine Drehung des Körpers bewirken. Alle diese Bewegungen dauern solange an, bis die beiden Augen unter gleichen Winkeln von den Lichtstrahlen getroffen werden. Ohne Zweifel handelt es sich auch hier um Tonusänderungen infolge von einseitiger Reizung und um kompensatorische Reflexbewegungen. Dass diese unwillkürlich sind, geht auch daraus hervor, dass die Laubfrösche bei meinen Versuchen bisweilen in die brennende Kerze hineinsprangen und dies trotz dem erlittenen Schmerze wiederholten. Weitere Beispiele von reflektorischen Einstellungen in bestimmte Richtungen mögen hier nur kurz angedeutet werden. Sie sind noch zu wenig genau analysıert, um als gesichert zu gelten. Ein Tier dreht den Kopf nach der Richtung, aus dem ein Ge- räusch kommt. Seine beiden Ohren haben getrennte „Hörfelder“. Pflanzt sich der Schall von der rechten Seite her gegen das Tier fort, so wird dieses Ohr stärker getroffen als das linke. Erhöhung des gleichseitigen Muskeltonus bedingt die Einstellung gegen die Schall- quelle. Sobald die beiden Ohren symmetrisch getroffen werden, ist die Einstellung vollzogen. Ein Hund folgt einer Spur. Seine beiden Nasenöffnungen sind so gestellt, dass ihre ‚‚Riechfelder‘ getrennt sind. Weicht das Tier von seiner Spur ab, so wird die eine Nasenhälfte stärker gereizt als die andere: durch Übertragung auf den Muskeltonus erfolgt die Rückdrehung in die Richtung der Spur. Selbst beim Menschen spielen unbewusste reflektorische Einstel- lungen eine gewisse Rolle. Wir wenden z. B. instinktiv den Kopf in die Richtung, aus der ein Schall kommt. Blitzt irgendwo ein Licht auf, so drehen wir ihm unbewusst das Gesicht zu. Dass aber bei allen untersuchten Tieren, selbst bei Amphibien, psychische Momente ım Spiele sind, lehrt uns die Tatsache, dass der Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis. 241 erregte Molch gegen Reize unempfindlich ist, der Laubfrosch umge- kehrt im Ruhestand auf einseitige Belichtung nicht reagiert, wohl aber im Zustande der Aufregung. Hieher gehören ohne Zweifel die Befunde von Franz, der erregte Fische gegen das Licht fliehen sah, dem gegenüber sie sich sonst gleichgiltig benahmen. Wenn die hier angeführten Fälle genauer Analyse standhalten, so lässt sich vielleicht die ganze Sache folgendermassen verallge- meinern: Zweiseitig symmetrische Tiere sind durch den bilateralen Bau ihrer Bewegungsmuskulatur für Lokomotion in gerader Linie ein- gerichtel. Die Beibehaltung des eingeschlagenen Weges wird ermög- licht durch die gleichmässige Arbeit der beiden Körperhälften. ‚Jede Abweichung aus der Richtung reizt im Sinne der Mach-Breuer’schen Theorie das Labyrinth, das durch Erhöhung oder Herabsetzung des Tonus gewisser Muskelgruppen kompensatorische Reflexbewegungen hervorruft und dadurch das Tier wieder in seine Richtung zurück- bringt. Auf diese geradlinige Fortbewegung können aber äussere Reize im Sinne einer Knickung oder Biegung der Bahn einwirken. Die Sinnesorgane, die solche orientierende Reize aufnehmen (Seiten- linie, Augen, Ohren, Nasen), üben ihren Einfluss entweder direkt oder durch Vermittlung des Labyrinthes auf den Muskeltonus, und zwar stehl auch hier jeweilen der Muskeltonus einer Seite unter der Kontrolle eines der beiden Sinnesorgane. Werden die beiden Sinnes- organe ungleich gereizt, so ist der Muskeltonus der beiden Seiten un- gleich. Daraus ergibt sich eine Drehung des Tieres, die solange an- dauert, bis beide Sinnesorgane gleichmässig gereizt, der Muskeltonus rechts und links daher ausgeglichen ist. Von diesem Moment an er- folgt die Bewegung wieder geradlinig, bis neuerdings einseitige Reizung eines Sinnesorganes Knickung der Bahn hervorruft. Er- folgt die Orientierung eines Tieres im allgemeinen auf dieser physio- logischen Grundlage, so wirkt im Einzelnen doch auch ein psychischer Faktor mit, der vielleicht mit dem Worte „Stimmung“ charakterisiert und der von allen möglichen innern und äussern Einflüssen modifiziert werden kann. Er bewirkt, dass das Tier nicht wie eine Maschine gleichmässig reagiert: ein hungriges wird sich anders ver- halten als ein gesättigtes, ein ruhiges anders als ein verängstigtes. Durch die. jeweilige „Stimmung“ kann jedoch nur das Verhältnis der physiologischen Faktoren zu einander geändert werden. 16 164] > LD Paul Steinmann. Literaturverzeichnis. . Bethe, A. Über die Erhaltung des Gleichgewichts. Biol. Centralbl. Bd. 14. 1894. . Bethe, A. Die Lokomotion des Haifischs (Scyllium) und ihre Beziehungen zu den einzelnen Gehirnteilen und zum Labyrinth. Pflügers Archiv 76. 1899. . Du Bois-Raymond. Physiologie der Bewegung. In: Wintersteins Handbuch der vergl. Physiologie. Bd. III. 1912. . Borelli. 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Prof. Dr. Fritz Burckhardt +. (Mit Portrait.) Von M. Knapp. Unerwartet und in unruhiger Zeit ist dem Schreiber dieser Zeilen der Auftrag geworden, dıe immer noch ausstehende Biographie von Herrn Prof. Dr. Fritz Burckhardt für die Verhandlungen der Natur- forschenden Gesellschaft in Basel zu verfassen. Er hat ihn mit grossen Bedenken übernommen und nur der Pflicht gehorchend, da die ge- eigneteren Kräfte zum Teil an der Ausübung dieser Aufgabe be- hindert waren. Er bittet darum auch die Leser um freundliche Nachsicht. Das einzige, was ihn bewegen konnte, die Pflicht doch zu übernehmen, war, dass der Verkehr mit dem Verstorbenen, dem der erste offizielle Besuch des fremden Knaben in der fremden Stadt seinerzeit gegolten hatte, bis in die letzte Zeit sich aus- dehnen durfte, in persönlichen Besuchen und in schriftlicher Ver- bindung, zum Teil auch veranlasst durch die Naturforschende Ge- sellschaft. Dieser Verkehr ıst denn auch, dank der Freundlichkeit und dem Entgegenkommen des Verstorbenen, als nur einmal der letzte Rest des Schülerstaubes abgeschüttelt war, ein überaus genussvoller für mich geworden. Erhöht und vertieft hat er sich noch wesentlich, als es mir vergönnt wurde, nun auch in das-Leben des Verstorbenen tiefere Einblicke zu erhalten. Ich verdanke namentlich der Familie, speziell Herrn Dr. H. Burckhardt-Fetscherin, die Überlassung der von Prof. F. Burckhardts eigener Hand stammenden Aufzeichnungen, sodann Herrn Dr. F. Schneider-Burckhardt die Unterstützung mit seinem gesammelten Materiale, das mich der Doppelarbeit überhob, auch an dieser Stelle bestens. Von Alt-Rektor Prof. Dr. Fritz Burckhardt tragen Generationen ehemaliger Schüler des Gymnasiums, tragen alle Männer, die im öffentlichen Leben Basels gestanden haben oder noch stehen, ein so genaues sicheres Bild in Erinnerung, dass es ein unmögliches Wagnis wäre, dieses nachzeichnen zu wollen. Die hohe ehrwürdige Gestalt, der man das fest in sich Gegründete in jeder Bewegung, in jedem Worte anmerkte, das Jeden zu selbstverständlicher Achtung gerne 12 Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 245 und freudig trieb, ist uns allen der Inbegriff des Rektors, des Organi- sators geworden und wird es zeitlebens bleiben. Es erübrigt also, sein Leben in kurzen Zügen in seiner Einfachheit und in seiner Vielseitigkeit zu skizzieren, und speziell seiner Verdienste um die Basler Naturforschende Gesellschaft zu gedenken. Aus seinen eigenen, für die Familie verfassten Aufzeichnungen, die Herr Dr. G. Imhof zum Teil ausführlich in seiner Biographie im Basler Jahrbuche verwendet hat, entnehmen wir das Folgende. Sie sind aus dem Gedächtnis geschrieben worden, als seine Brüder längst gestorben waren, als der Kreis seiner Freunde zusammengeschmolzen und ,,es einsam um ihn her“ geworden war. ., Wendet beim Prüfen keine Goldwage an: Alle Haupttatsachen sind wahr und in meinen Urteilen strebe ich gerecht zu sein,“ bittet er selbst bescheiden in der Ein- leitung. Fritz Burckhardt ist am 27. Dezember 1830 zu Sissach ge- boren, als zweiter Sohn des Regierungsstatthalters in Sissach, Johannes Burckhardt und seiner Gemahlin Lucie Jacot aus La Chaux-de-Fonds. In das junge Eheglück der Eltern brachten die Wirren im Baselland, die zur Trennung der Kantone geführt haben, trübe, schwere Zeiten. „Todesgefahr, Plünderung, Flucht lösten sich ab.“ ‚Es ist mir selbst, als ich halbjährig war (19. Aug. 1831), eine Kugel durch das Fenster in das Bett geflogen; die Fensterscheiben bedeckten mein Gesicht. Ich schlief. Das Vorhangstück mit dem Loche hat meine Mutter auf- bewahrt; es existiert noch.‘ Als älteste Erinnerung blieb in seinem Gedächtnis aus Anlass einer solchen Flucht zu einem Paten nach Bern der Anblick des Bärengrabens bei der Einfahrt in die Stadt. Ein im folgenden Jahre geborenes Brüderlein starb nach einem Jahre elenden Daseins. ,, Die körperlichen und geistigen Anstrengungen und Aufregungen der Mutter waren wohl Schuld an dem frühen Tode.“ Zwar flüchtete die Mutter mit den Kindern für ganz nach Basel; doch brachte auch die Beendigung des Bürgerkrieges keine Erleich- terung, da der Vater durch die Trennung des Kantons stellenlos ge- worden war. „Als der Vater später als Appellationsgerichtsschreiber gewählt und mit der Verwalterstelle am Waisenhause betraut wurde, besserte sich unsere ökonomische Lage etwas.‘ Die Familie zog aus der engen Wohnung an der Gerbergasse, Birsigseite, wo auch der jüngere Bruder Rudolf zur Welt gekommen war, nach der ge- räumigeren in dem alten Hause neben dem Gasthof zum Ochsen in der Ochsengasse. Von hier aus gingen die beiden Ältesten, Hans und Fritz sechs- und fünfjährig in die Gemeindeschule zu Herrn Hinder- mann, „der mir durch sein gemütliches Wesen bald lieb wurde.” „Waren wir brav, so spielte er uns auf der Guitarre vor; auch zeichnete er zu unserer Freude geschickt an der Wandtafel. Strenger war der nachfolgende Lehrer, Herr Schaffner, der seine stramme Haltung sich 246 M. Knapp. einst als Nefschandeller in Berlin angeeignet hatte und zwei Dinge im Übermasse brauchte, die Schnupftabakdose und den Stock.” Doch hatte Fritz unter dem letzteren nie zu leiden. 1837 wurde dem Vater die Stelle eines Stadtschreibers übertragen und damit der Familie die Nahrungssorgen genommen. 1838 kam Fritz, ein Jahr nach dem älteren Bruder Hans, ins Gymnasium. „Ich bin mit 7 Jahren 4 Monaten offenbar zu jung in das Gymnasium ge- kommen und habe später oft unter der Unreife gelitten, wenn ich auch als fleissiger Schüler in den Anfangs- und Endjahren meiner Gym- nasialzeit einen erfreulichen Rang einnahm.“ Doch die glückliche Zeit ohne Sorgen währte nur kurz. ,, Das Jahr 1839 war unserm Hause verhängnisvoll und zertrümmerte viele Hoffnungen. Der Vater wurde im Juni von einem Typhus befallen und erlag ihm am 22. Juli.“ „Er- schüttert aber nicht gebrochen und mit Gottvertrauen, das die Mutter im Leben niemals verlassen hat,‘ ordnete sie ihr neues eingeschränktes Hauswesen. ,,Sie war so viel als mittellos; ihr Vermögen bestand in den drei Buben.“ ‚Ältere Freunde des Vaters traten zusammen und spendeten die Mittel, welche unsere Erziehung verlangte.“ Die Ver- wandten und Freunde halfen getreulich der Witwe in ihrem schweren Lose; aber sie selbst opferte alles ihren Buben, denen nun ihre ganze Lebensaufgabe galt. Bei einem Ferienaufenthalte im Veltheimer Pfarrhause 1842 fiel Fritz vom Heuschober rücklings auf die Tenne hinunter und luxierte den Ellbogen des linken Armes. ‚Leider ist die Herstellung nicht glücklich vollzogen worden, was mich später beim Turnen schwer hinderte und eine kleine Verkürzung und Ver- drehung des linken Armes zur Folge hatte.“ „Meine Liebe zur Natur war von Kindesbeinen an ausgesprochen, ohne dass ich gerade in meiner Umgebung besondere Anleitung oder Anregung genossen hätte; auch die Schule bot nach dieser Richtung hin nichts.‘ „Eins aber hat unsere Mutter während unseres Knaben- alters nicht versäumt, nämlich uns fleissig an die Luft zu führen und uns zu lehren, mit dem einfachsten zufrieden zu sein; wir lernten Strapazen ertragen und uns nachher der Überwindung zu freuen.“ „Mehrere Male sind wir mit ihr zu Fuss in ihre Heimat gewandert, um dort die Sommerferien zuzubringen, bald durch die Freiberge, bald durch das St. Immertal.‘‘ Auch einer Fusstour mit der Mutter auf den Weissenstein von Basel aus über alle Kämme weg, gedenkt Fritz Burckhardt in seinen Aufzeichnungen und dabei der Begegnung mit einem freundlichen botanisierenden Lehrer, Herrn Steinegger, dort oben, ,,der mir vielerlei mitteilte und uns nach der Hasenmatte führte.‘ „Ich habe später als Rektor der Gewerbeschule ihn zur Aus- hilfe für den naturgeschichtlichen Unterricht an die Anstalt gezogen.“ „Mit welcher Liebe unsere Mutter uns Knaben umschloss und Prof. Dr. Fritz Burckhardt. Le 247 behütete, kann nicht beschrieben werden.“ „Keine Entbehrung und keine Anstrengung war ihr zu gross; sie suchte mit den bescheidenen ihr zugewiesenen Mitteln uns den Druck unserer Lage und unsere Armut nicht zu sehr empfinden zu lassen, damit wir wie andere Knaben uns unseres Lebens freuen möchten.‘ „Ich darf, ohne rühmen zu wollen, sagen, dass wir uns auch gehorsam und dankbar erzeigten, und dass wir nach und nach verständig genug wurden, um unsere Pflichten zu kennen ohne viel Ermahnung;; unsere Verhältnisse waren der Mahnung genug.‘ ,,Oft habe ich in meinem späteren Leben, wenn ich umgeben war von Überschätzung des Schullernens für das Leben und besonders für die Charakterbildung, an den Einfluss zurück- denken müssen, den auf mich selber der Mutter Liebe und Kummer und die nur wenig versteckte Not ausgeübt hat; dagegen tritt die Schule weit in den Hintergrund.“ Als die Sorgen um die weitere Ausbildung der Knaben, um den künftigen Beruf aufzutauchen begannen, da trat unerwartet Hilfe in reichem Masse ein. Ein entfernter Vetter, Oberst Andreas Burckhardt in Lausanne, kinderlos und um das Wohl der Familie besorgt, erfuhr von der Witwe mit den drei Knaben und wendete noch zu Lebzeiten und besonders in seinem Testamente eine ansehnliche Summe deren Ausbildung zu. So wurde es möglich, dass die Brüder Hans und Fritz, die beide die sechste Klasse des Gymnasiums altershalber zweimal zurücklegten, (1845) das Pädagogium und hernach die Universität be- suchen konnten zur weiteren Ausbildung. Ebenso später der Jüngere Bruder Rudolf. 1848 trat Fritz Burckhardt im Alter von 17 Jahren 4 Monaten unter die Zahl der akademischen Bürger. Hatte sich schon im Gymnasium bei ihm eine gewisse Neigung für Mathematik, befördert hauptsächlich durch den Lehrer Wilhelm Schmidlin, den späteren Direktor der schweizerischen Zentralbahn, gezeigt, so bot die Universität nun Gelegenheit zum Vertiefen in Naturwissenschaft und Mathematik dieser Neigung gemäss. Schon auf dem Pädagogium wurde der Unterricht, nach der damaligen Schulverfassung, zum grössten Teile von Universitätslehrern erteilt. Von ihnen hat Wilhelm Wackernagel den nachhaltigsten Eindruck auf Fritz Burckhardt hinterlassen. Den Ertrag seiner Schulzeit im Pädagogium nennt er keinen gewaltigen, wegen der vielen Störungen der Gemüter durch die unruhige Zeit, die den Ernst zur Arbeit störte. Der Studiengang auf der Universität geschah ganz ohne Plan, da der Vormund von der richtigen Einführung in mathematisch- naturwissenschaftliche Studien keinen Begriff hatte, der junge Student also ganz auf sich angewiesen war; auch war die Auswahl der gebotenen Kollegien keine grosse. Bei Prof. Meissner hörte Burck- hardt Botanik, bei Schönbein Physik und Chemie, bei Rudolf Merian 248 M. Knapp. Mathematik, dazu noch bei A. Ecker Anatomie, bei Imhof Zoologie, bei Eckert Mathematik, bei Fr. Fischer Naturphilosophie und end- lich beim 30jährigen Jakob Burckhardt Kunstgeschichte und römische Kaisergeschiehte mit besonderem Genusse. Am meisten widmete der Student sich der Botanik, nahm auch an den sömmerlichen regel- mässigen Exkursionen teil. ‚Der Unterricht in der Physik war bei dem ganz unmathematischen Schönbein nicht auf der Höhe; auch waren damals die Hilfsmittel mehr als bescheiden, und was die Chemie anbelangt, so hat dieses Kolleg bei mir dadurch eine unüber- windliche Verwirrung hervorgebracht, dass alle Vorgänge einmal nach der Schulchemie, dann aber auch nach der Annahme erklärt wurden, es seien Chlor, Brom, Jod nicht Elemente, sondern Superoxyde.“ „Es ist mir das heute noch hinderlich.‘“ ‚In der Mathematik wurden wir wenige Hörer sehr gefördert durch Rudolf Merian, der seine Vorlesungen in seinem Studierzimmer hielt. Er war unnachsichtlich genau und überaus klar. Er bemühte sich sogar, unsere Hefte zu korrigieren.“ „Dass bei Jakob Burckhardt Leben quoll und Geist sprühte, kann man sich denken. Ich hatte das Glück, mit ihm in nähere freundschaftliche Beziehungen zu treten, die durch die ferneren Jahrzehnte niemals im Geringsten getrübt worden sind.“ „Auch die studentischen Freuden genoss ich in reichem Masse, besonders durch den Eintritt in den Zofingerverein und in den Turn- verein.“ „Die Freunde, mit denen ich später in Genf und Berlin hauptsächlich verkehrte, und mit denen ich bis in die spätesten Jahre arbeitete, gehörten grossenteils auch dem Zofingerverein an, der mich gelehrt hat, über Basels Stadtmauern hinaus nach dem weiteren Vater- lande zu schauen.‘ | Im Zofinger Centralblatt 1913, Nr. 9, pag. 809, hat Herr Dr. E. Probst dem ,,Zofinger Fritz Burckhardt Worte treuen Andenkens gewidmet. | Auch eine erste Reise in die Alpen über den Weissenstein nach Bern, dann über Grimsel und Furka nach Luzern, geschah im Kreise solcher Freunde mit dem durch Privat- unterricht verdienten ersten eigenen Gelde. ,, Am Vierwaldstättersee traf ich mit Jakob Burckhardt zusammen, der mich durch einen Geldvorschuss bestimmte, noch denselben Abend den Rigi mit ihm zu besteigen.‘ Der Niederschlag jener Stimmung findet sich wieder in dem Gedicht Jakob Burckhardts aus den ,,Ferien : Hinan den stillen Tannenhain. (Vom Vierwaldstättersee. IV.) (1849.) „Nachdem ich in Basel vier Semester studiert hatte, handelte es sich um den Bezug einer andern Hochschule.“ ,, Mein Onkel und Vor- mund (Joh. Rudolf Burckhardt-Buxtorf, Rektor des Gymnasiums: 1843— 1875) war der Ansicht, ich solle mich bereit machen, irgend einen Sattel zu besteigen, sei es als Ingenieur oder als Lehrer ; für beides konnte ein Aufenthalt in der französischen Schweiz erspriesslich sein.“ Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 249 So ward Genf gewählt, wo die Freunde L. Fischer aus Bern, sowie F. A. Flückiger und Joh. Müller zusammen das Semester zubrachten. Bei Wartmann hörte Fr. Burckhardt Physik, wobei er zum ersten Mal ein ordentliches physikalisches Kabinet zu (Cresichte bekam, bei Plantamour Astronomie, bei Pictet de la Rive Zoologie und bei Marignac Chemie. Alle Wochen flogen die Freunde zweimal zu botanischen Exkursionen aus in die Umgebung von Genf. Besondere Freude bereitete eine mehrtägige Exkursion des ,,Quadrifol allemand“ im Anfang Mai 1850 ins Wallis; ,,es handelte sich darum, eine Reihe von seltensten Schweizerpflanzen einmal an Ort und Stelle und in der richtigen Blütezeit zu sehen.“ ‚Unterstützt durch eine Erkundi- gung bei dem Botaniker Muret, der uns ein genaues Itinerarium zur Auffindune der seltensten Pflanzen aufsetzte, waren wir glücklich genug, alles erhoffte zu finden. Schwer beladen kehrten wir nach Genf zurück und verteilten die gefundenen Schätze in viele Herbarf®n.““ Eine vierwöchentliche botanische Exkursion über den Simplon an die oberitalienischen Seen unter Führung von Herrn Pfr. J. E. Duby von Genf, dem Verfasser des Botanicon gallicum, begleitet von L. Fischer und einem Herrn de Morbier aus Genf beschloss das kurze Sommer- semester. Diese Reise, die meist zu Fuss zurückgelegt wurde, bot Burckhardt so recht Gelegenheit, seine Freude an der Natur, an der Pflanzenwelt vor allem, zu vertiefen. Sie hat die nachhaltigsten Ein- drücke in ıhm hinterlassen. Unterdessen hatte man zu Hause darüber nachgedacht und be- raten, was nun weiter werden solle; speziell die technischen Studien rückten wieder in den Vordergrund, da das Herannahen der Eisen- bahnen baldige sichere Verwendung erwarten liess. Daher wurde be- schlossen, das Polytechnikum von Karlsruhe zu besuchen. „Mit Rück- sicht auf die ökonomischen Verhältnisse mochte hierin der Vormund recht haben, aber für den Gang und Zusammenhang der Studien war diese Doppelspur nicht vorteilhaft.“ ‚Die hauptsächlichsten Kollegien oder Kurse, die ich (in Karlsruhe) besuchte, waren die Physik bei Eisenlohr, darstellende und praktische Geometrie bei @. Schreiber, Maschinenbau erster Kurs bei Redtenbacher.‘‘ ,,Überall sah und hörte ich viel neues. Eisenlohr war ein vorzüglicher praktischer Experi- mentator, der obwohl ziemlich gut ausgerüstet mit Instrumenten doch immer versuchte, einfache Formen und Darstellungsweisen zu finden.“ „Eine Empfehlung Schönbeins hat mich diesem Herrn näher ge- bracht; bei seinen wiederholten Besuchen in Basel hatte ich stets das Vergnügen, ihn zu sehen.“ ‚‚Das geometrische Zeiehnen bei Schreiber war verbunden mit geodätischen Arbeiten, Messungen in Karlsruhe selbst, sowie in näherer und weiterer Umgebung.“ „Mit einigen Schülern der zweiten mathematischen Klasse habe ich eine Sektion 250 M. Knapp. zwischen Dörfli und Fasanerie aufgenommen und den Plan ge- zeichnet; ebenso beteiligte ich mich mit an einer Vermessung des Dorfes Dietlingen. Bei diesen Anlässen sind mir zuerst Mess- instrumente in die Hände gekommen.“ ‚Im ersten Maschinenbaukurs bei Redtenbacher lernte ich Mathematik auf Gegenstände der Praxis anwenden.‘ „In neuerer Zeit habe ich mich oft eines Wortes erinnert, das er einst an mich richtete: ‚Die Zukunft der schweizerischen Industrie liegt in den Wasserkräften.‘ “ Für seine Unterkunft war in der Familie des Hofrats Schmidt, die er schon von Basel her kannte, in trefflichster Weise gesorgt, sodass er gerne auf Leben und Treiben der in nicht eben feiner Weise die Formen der Studenten nachahmenden Polytechniker verzichtete und ganz an dem Leben der hofrätlichen Familie teilnahm, wo er beinahe wie ein Familienglied betrachtet wurde. Der Hofrat selbst, Privat- sekretär des Grossherzogs Leopold, war ein Muster von Ordnung und Pünktlichkeit, und blieb hierin Burckhardt zeitlebens vorbildlich. ‚Da ich in Karlsruhe kein Wirtshaus besuchte, sondern viel lieber zu Hause war, so hatte ich um so mehr Gelegenheit an allem teilzunehmen, an was die Familie sich beteiligte; so kam ich zu manchem geselligen Vergnügen, Bällen, Konzerten, Ausflügen.“ Das Leben war also trotzdem recht angenehm; ,,dennoch fehlte mir der Umgang mit meinen Freunden.“ „Allmählich kam mir zum Bewusstsein, dass ich nicht werde Techniker werden; immerhin habe ich nie bereut, einmal in Berüh- rung mit der mechanischen Technik und mit der Geodäsie gekommen zu sein, und wenn ich später beim mathematischen Unterrichte einigen Erfolg gehabt habe, so schreibe ich das nicht zum kleinsten Teile dieser Berührung zu.‘ ‚Für mich trat immer mehr der Lehrerberuf in den Vordergrund.‘ ‚Hatte ich, wie so viele Jünglinge, die Meinung, zu einer rein wissenschaftlichen Tätigkeit kommen zu können, was aller- dings meinem bisherigen Studiengang nicht entsprach, und was auch mit meinen Mitteln nicht hätte können durchgeführt werden, wozu ich auch mehr Trieb als Befähigung hatte, so zog ich mich be- scheidener zurück auf das Gebiet der Schule, auf dem ich mit gutem Willen einiges zu leisten hoffen durfte.“ „Nachdem in Karlsruhe ein Jahreskurs vollendet war, kam ich im Sommer 1851 wieder nach Hause.“ ‚‚Ich besuchte die Ver- sammlung der schweizerischen Naturforscher in Glarus und sah dort zum ersten Mal hervorragende schweizerische Vertreter der ver- schiedenen Disziplinen, so Escher v. d. Linth, Nägeli, J. M. Ziegler, Bolley, Raabe.‘ „Dort wurde ich auf Vorschlag von Schönbein und P. Merian in die Gesellschaft aufgenommen.“ ,,Für mich war von besonderer Bedeutung, dass mich Herr P. Merian dem als Gast an- Prof. Dr. Fritz Burckhardt, 251 wesenden Leopold von Buch als künftigen Berlinerstudenten vor- stellte.“ , Was mich bestimmte, Berlin zu wählen, war einesteils die grosse Stadt mit den reichen Hilfsmitteln, andernteils der Umstand, dass Hans (der Bruder) von Göttingen her auch dorthin und dass Wieland und His und W. Hess ebenfalls zu kommen beabsichtigten. ‚So konnte ich annehmen, dass ich das Einzige, was mir in Karlsruhe fehlte, dort finden werde —, den Freundeskreis.‘ „Mit Wieland reiste ich im Herbst über Ulm, München, Nürnberg, Dresden und kam nach Berlin, wo mir Hans Quartier gemacht hatte.‘ „Zunächst machte die Grossstadt auf mich einen fast verwirrenden Eindruck, doch gewöhnte ich mich bald an deren Unruhe.“ ‚Bei Trendelenburg hörte ich im Winter Pädagogik und Geschichte der neueren Philosophie, bei Dove Experimentalphysik, bei Poggendorf Geschichte der Physik, bei Steiner Kegelschnitte und einige andere Kollegien; im Sommer Tech- nologie bei Magnus, Geognosie bei Beyrich, botanische Systeme bei Al. Braun, Schwere und Wärme bei Wiedemann und bei Ranke Ge- schichte von Friedrich dem Grossen bis 1815; ab und zu hospitierte ich bei K. Ritter.“ „Eine wertvolle Ergänzung in wissenschaftlicher Anregung: bot der Verkehr mit einzelnen Persönlichkeiten ausserhalb der Hörsäle.“ „Hierin war ich besonders glücklich.‘ ‚Als ich mich Alex. Braun vorstellte, war ihm schon der Ton meiner Sprache angenehm, und es gereichte mir zu besonderer Empfehlung, dass ich von Basel kam und einen Gruss von Meissner ausrichten konnte. Er eröffnete mir, dass er während der Wintermonate an drei Sonntagen monatlich in ein- fachster Weise empfange und lud mich dazu ein. War ich gesund, so fehlte ich nie. Es war eine ganz ungezwungene Gesellschaft, in der man sich meist über wissenschaftliche Dinge unterhielt und manchmal mehr lernen konnte als im Kolleg. Man konnte hier alles fragen und erhielt in der Regel Antwort. Da kamen einmal fossile Pflanzen zur Sprache und Braun rückte mit gespiekten Mappen voll Pflanzen von Oeningen auf; oder man diskutierte die Befruchtung der Liliaceen oder neue. Publikationen; oder wenn er einmal an das Oberländer Idiom wollte erinnert werden, steckte er mir Hebels Gedichte in die Hand und verlangte die Vergänglichkeit oder den Karfunkel oder etwas Heiteres.* „Ebenso zuvorkommend empfing der neuvermählte G. Wiede- mann; in seinem Hause habe ich manchen genussreichen Abend ver- lebt und Bekanntschaft gemacht mit dessen Schwiegervater, dem grossen Chemiker Mätscherlich. Auch Dove war mir sehr zugetan. Wiederholt hielt er mich nach Schluss des Kollegs zurück und lud mich zu einem kleinen Spaziergang ein, der bei dem sprudelnden Witze (dieses 252 M. Knapp. freundlichen Mannes stets genussreich war. Einmal hatte ich es mit ihm verschüttet wegen einer geringfügigen Meinungsverschiedenheit über Farbenempfindung. Ich habe vielleicht meine Ansicht mit jugendlicher Sicherheit vertreten und nicht überlegt, dass der Pro- fessor immer recht hat. Es war für mich ein peinliches Gefühl, wäh- rend einiger Wochen in Ungnade zu sein. Da hielt mich Dove wieder einmal nach dem Kolleg zurück, klopfte mir auf die Schulter und eröffnete mir, er brauche für seine Publikation: ‚Optische Studien‘ einige Zeichnungen; da ich mich zu deren Anfertigung bereit erklärte, war der Bann gebrochen ; ich machte mich an die Arbeit und erstellte einige Bilder zur Krystalloptik und zur Erklärung des Reversions- prismas. Der Farbendruck vermochte damals nicht die ersteren zu reproduzieren.“ „Von ganz besonderer Bedeutung und Wichtigkeit war für mich der Verkehr mit Leopold von Buch.‘‘ Dank der Bekanntschaft von der Glarner Naturforscher-Versammlung her wurden Burckhardt und sein Freund Ph. de la Harpe bei dem unnahbaren Kammerherrn zuge- lassen. „Während unseres Aufenthaltes in Berlin kamen wir öfter zu dem alten Herrn; er zeigte uns Altes und Neues, Publikationen, seine Sammlung, lud uns auch zu Tisch, so einmal mit Otto Weber, dem Bearbeiter der Pflanzen des Bonner Beckens, von welchem mir scherz- weise Herr von Buch sagte, es sei schade, dass er hinter jede eigene Be- stimmung O. W. setzen müsse. Ich habe bei Herrn von Buch, den viele als einen Unnahbaren ansahen, weil er rücksichtslos alle nur Neu- gierigen sich vom Halse zu schaffen wusste, viele lehr- und genuss- reichen Stunden verlebt. Später habe ich ihn wenig mehr gesehen.“ „Als das Wintersemester zu Ende ging, hatte ich die Absicht, dort zu doktorieren, wozu mich Prof. Magnus ermunterte, indem er mir die Sache als sehr leicht darstellte. Die damit verbundenen Un- kosten machten mir Bedenken. Ich hegte den Wunsch, eher noch das Sommersemester in Berlin zuzubringen, da ich noch gar zu schöne Ge- legenheit hatte, manches zu hören und Versäumtes zu ergänzen. Be- sonders wünschte ich noch bei Beyrich Geologie zu hören, welches Fach mir noch ganz fremd war, weil es dazumal in Basel nicht ge- lesen wurde. Mit der zu Hause eingeholten Erlaubnis blieb ich in Berlin. Besonderes Vergnügen und manche Anregung verschaffte mir die Teilnahme an einer Pfingstreise nach dem Harz, welche Herr Beyrich mit einigen Bergschülern unternahm, und zu der ich auch ge- laden wurde. Herr Magnus lud mich auch ein, an einem Kolloguium teilzunehmen, das wöchentlich einmal in seiner Wohnung abgehalten wurde. Es fanden sich da einige jüngere Doktoren und ältere Studenten zusammen und besprachen in geordneter Weise neue Publikationen. sé = ri dés Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 253 Herr Wiedemann führte mich in die physikalische Gesellschaft, für deren ‚Fortschritte‘ ich später eine Reihe von Jahren die physio- logische Optik bearbeitet habe. Nie hätte ich geglaubt, dass ein fremder Student an einer Universität vom Range Berlins in so freund- liche Beziehungen zu seinen Lehrern treten könne, wie mir zu teil ge- worden ist. Die Zeit in Berlin habe ich wohl ausgenützt. Eine etwas leichte Börse sorgte dafür, dass man weniger Zerstreuungen nachging, nur ab und zu das Theater besuchte.“ Fritz Burckhardt gab dabeı auch noch etwas Privatunterricht. „Während meines Aufenthaltes in Berlin berieten sich die Be- hörden Basels über Reformen im Schulwesen, nachdem Prof. Fr. Brenner im Grossen Rate einen Anzug auf Änderung gestellt und begründet hatte. Man bestrebte sich mit Recht, dem realistischen Unterrichte, der aus dem gymnasialen herausgewachsen und ihm immer noch angegliedert war, eine neue Gestaltung zu geben, die realistische Abteilung von der humanistischen abzutrennen und als besondere Anstalt auszubilden, als eine untere, die den Namen Real- gymnasium und eine obere, die den Namen (ewerbeschule erhalten sollte. Es war vorauszusehen, dass die Leitung dieser beiden Ab- teilungen dem hiezu besonders befähigten Wilh. Schmidlin werde übertragen werden. Das neue Schulgesetz wurde 1852 angenommen und sollte nach einem kurzen Übergangsstadium im Frühjahr 1853 in allen Teilen durchgeführt werden." „An diese Neugestaltung knüpften sich dıe Hoffnungen meiner Angehörigen, besonders meiner Mutter, die mir alles, was sie erfahren konnte, brieflich mitteilte. Was in den Behörden hierüber verhandelt worden, davon weiss ich nichts bestimmtes. Im Auftrage meines Onkels forderte mich meine Mutter auf, so bald als möglich nach Hause zu kommen. Vor Mitte August rückte ıch in Basel an. Kaum war ich in meiner Heimat angelangt, als von Aushilfe in der Schule die Rede war; allein vor dem Beginn der Schultätigkeit hatte ich noch einen besonderen Genuss.“ „Bei Herrn Prof. Rudolf Merian traf ich eines Tages mit Prof. bernhard Studer zusammen, zugleich mit W. His. Studer beabsich- tigte eine geologische Exkursion in den Aargauer Jura und lud uns beide zur Teilnahme ein. Mit grösstem Vergnügen nahmen wir beide an und verbrachten in dieser ebenso geist- als liebevollen Gesellschaft einige lehrreiche Tage. Bernhard Studer hat meinem (Sohne) Rudolf diese Exkursion als 90-Jähriger mit ungetrübtem Gedächtnis auf dem Vierwaldstättersee erzählt. Meine Zeit war mir etwas karg zugemessen worden; ich sollte bereit sein, im Gymnasium als Stellvertreter von Schmidlin einzutreten und den mathematischen Unterricht in den beiden fünften und sechsten (Humanisten und Realisten) zu über- 254 M. Knapp. nehmen. Dieser wollte nämlich im Auftrage der Erziehungsbehörde einige bekannte Realanstalten Deutschlands besuchen vor der definitiven Einrichtung der eigenen. Regengüsse, Eisenbahnunter- brechungen und andere Hindernisse verzögerten die Abreise in unlieb- samer Weise. Ich hätte ruhig noch einige Tage bei Studer weilen können. Dann reiste Schmidlin ab und ich trat an seine Stelle für zwei Wochen.“ „Mit einigem Zagen, nicht ohne Herzklopfen, ich darf es be- kennen. Ich war noch nicht 22 Jahre alt, meine ältesten Schüler wohl 16, viele mir ganz unbekannt. Alle erwarteten den neuen jungen Lehrer mit etwas schalkhafter Neugierde und hofften vielleicht auf irgend einen Verstoss. Denn damals galt Schmidlin ebenso als uner- setzlicher Lehrer in Mathematik, wie mein Onkel im Griechischen ; und einen solchen Lehrer temporär zu ersetzen in Klassen mit unbe- kannten Schülern von einem ziemlich kritischen Alter, war für mich eine Aufgabe, an deren Lösung ich mit einiger Scheu doch mutig herantrat. Meine Zuneigung zur Jugend räumte einige Schwierig- keiten weg, aufmerksame Vorbereitung einige andere. So gelang es mir, während der vierzehn Tage meines Vikariates, bei allem Ernste, in ein angemessenes Verhältnis zu den Schülern zu treten. Und dies zeigte sich in der Folge als fruchtbar.‘ „Ich habe in späteren Jahren, wenn ich angehende Lehrer zu instruieren oder in das Lehramt einzuführen hatte, diesen stets empfohlen dahin zu arbeiten, dass ihnen die ersten Stunden gelingen. Von dem ersten Eindruck, den die Schüler erhalten, hängt ihr Be- nehmen in der Folge ab, und es bildet sich sehr rasch eine Tradition, die wenn günstig, die nachfolgende Arbeit ungemein fördert.“ „Aus dem Lehrerkollegium für die beiden Anstalten, Realgym- nasium und Gymnasium wurde neben Herrn Schmidlin auch der im Unterricht erfahrene und erprobte Wilh. Rumpf dem Realgymnasium zugeschieden ; infolge davon wurde eine Lehrstelle für mathematische Fächer frei, und ich wurde als Hilfslehrer am Gymnasium angestellt und zwar am 25. Oktober 1852. Darauf legte ich zugleich mit meinem Freunde Dupraz, dem neuen Lehrer des Französischen, nach damaliger Sitte das Handgelübde treuer Pflichterfüllung ab und trat in bleiben- den Dienst am Anfang November. Von da an hat mir die Aufrecht- erhaltung der Disziplin im Gymnasium keine Mühe mehr verur- sacht; ich versuchte das Geheimmittel gegen alle Ungebührlichkeit zu verwenden, nämlich Erregung von Interesse.‘ „Mein Lehrauftrag war die Arithmetik in der zweiten, dritten und vierten, und von dieser Stufe an in der fünften und sechsten Geometrie und Algebra. Die Erfolge meines Unterrichts taxieren oder herausstreichen zu wollen, liegt mir ferne. Sagen darf ich, dass ich Prof. Dr. Fritz Burckhardt. mich redlich bemüht habe, keine Schüler zurückzulassen, und dass es mir an Geduld hiezu nicht gefehlt hat; auch konnte ich wohl be- merken, dass meine Unterrichtsstunden den Schülern nicht peinlich waren. Die vielen Anfragen um Privatstunden für Schüler, die ausser der Schule noch weiteres lernen wollten, wie etwa Physik, physi- kalische Geographie, geometrisches und technisches Zeichnen, be- zeugten mir Zufriedenheit mit meiner Schularbeit. Ausgefüllt war meine Zeit: in der Schule mit 28, ın Privatunterricht mit 10 wöchent- lichen Stunden.“ „Diese vollständige Ausfüllung meiner Zeit liess mir kaum die Möglichkeit zu weiterer wissenschaftlicher Tätigkeit, namentlich ver- kümmerte allmählich mein Wissen in der Naturgeschichte.““ Bald kam aber Burckhardt ungesucht an freien Nachmittagen oder ein- zelnen Feiertagen zu einer Repetition der Geologie in Begleitung mit Herrn Friedrich Becker von Offenbach, Lehrer in Sprachen und Chemie an der Gewerbeschule. ‚Manche Exkursion ins Baselbiet haben wir zusammen gemacht, begleitet bisweilen von Dr. Albrecht Müller, und mehrere Zentner Fossilien nach Hause geschleppt zur Stärkung des Körpers und zur Erfrischung des Geistes.“ „Nach meiner Heimkehr nahm ich sofort Anteil an der Arbeit der Naturforschenden Gesellschaft, deren damalige Führer Peter Merian und Chr. Schönbein waren. Schon von Berlin aus hatte ich mich mit der Gesellschaft in Verbindung gesetzt, ohne noch Mitglied zu sein, während ich ordnungswidrig schon der schweizerischen Ge- sellschaft angehörte. Ich hatte nämlich einen Aufsatz über den Daltonismus, d.h. die Farbenblindheit, von Berlin nach Basel ge- schickt; er wurde von Schönbein (laut Protokoll von Ratsherr Peter Merian) in der Naturforschenden Gesellschaft vorgelesen, und so un- vollkommen die Deduktionen aus einigen, wie ich glaube richtigen Beobachtungen mögen gewesen sein, hat er doch als Zeichen von wissenschaftlicher Beschäftigung Freude gemacht. Da ich, wie früher bemerkt, für die ‚Fortschritte der Physik‘ einige Jahre über physio- logische Optik Bericht erstattete, vertiefte ich mich etwas mehr in dieses Wissensgebiet und habe einige Arbeiten in den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft und in Poggendorfs Annalen ver- öffentlicht. Das tätigste Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft war ohne Frage Schönbein, neben ihm in voller Rüstigkeit Peter Merian.“ „Meine Hauptarbeit war der Schule gewidmet. Es handelte sich für mich darum, die weisen Lehren, die ich in den Vorlesungen von Trendelenburg gemeinsam mit Freund Wahrmund Hess vernommen hatte, ins Leben zu übersetzen. Praktische Anleitung, wie sie heut- zutage in den Universitätsseminarien erteilt wird, hatte ich keine ge- 256 M. Knapp. nossen, sondern musste mir den Weg selbst suchen durch Überlegung und Experiment; auch erfuhr ich manche Unterstützung und erhielt manchen Wink von Seiten meines unterrichtserfahrenen Oheims, dem ich dafür dankbar geblieben bin." Mit dem Unterricht in der Naturgeschichte war es zu jener Zeit recht übel bestellt. Nach einem nötigen Wechsel erhielt Burckhardt den Auftrag, ihn zu übernehmen. ‚Da ich selbst nie einen methodischen Unterricht in der Naturgeschichte erhalten hatte, bedurfte es geraumer Zeit, bis ich einen Weg gefunden hatte, auf dem trotz der beschränkten Unterrichtszeit wenigstens etwas konnte geleistet werden. Eine Besse- rung in der Stellung des naturhistorischen Unterrichts habe ich erst 1875 errungen.“ „Neben der Schule nahm ich freudigen Anteil an verschiedenen Bestrebungen geselliger und gemeinnütziger Art, Gesangverein, Liedertafel, Gemeinnützige Gesellschaft. Auch fanden sich ausser den in Berlin mit einander gewesenen jungen Männern manche Freunde zusammen, um einen geselligen Abend zu geniessen, eine Fortsetzung der auf meinem Zimmer verbrachten Abende; es entstand der Leimsutt.“ In diese Zeit fällt auch die Gründung des eigenen Haushaltes, durch die Verlobung (1854) und die Vermählung (1855) Burckhardts mit der jüngeren Tochter, Elisabeth, von Herrn Prof. Dr. Fr. Brenner, dem Irrenarzte. ,, Wir führten ein einfaches, bescheidenes und glück- liches Leben; an 'kostbare Bedürfnisse waren wir nicht gewöhnt und konnten mit dem sicheren Einkommen unsern Haushalt nach Wunsch führen.“ „Die 1856 erfolgte Geburt eines Töchterchens setzte unserm häuslichen Glücke die Krone auf.“ „Im Sommer pflesten wir die Ferien auswärts zuzubringen, um nach und nach verschiedene Teile der Schweiz kennen zu lernen.“ 1860 und 1866 wurden den glück- lichen Eltern noch zwei Knaben, Friedrich und Rudolf, geschenkt. In das Jahr 1860 fallen drei markante Begebenheiten in Burck- hardts Leben, deren er in seinen Aufzeichnungen mit besonderer Liebe gedenkt. Zunächst die Feier des 100. Geburtstages J. P. Hebels. „Als der 10. Mai heranrückte, war man in Basel in grosser Bewegung wegen eines abzuhaltenden Musikfestes. Als warmer Verehrer des allemanischen Dichters glaubte ich den Tag nicht dürfen vorbeigehen zu lassen, ohne dass auch in Basel Hebels gedacht werde, hundert Jahre nach seiner Geburt in Basel. Von den Sängervereinen wurde ich kurz abgewiesen, weil sie mit dem Musikfeste beschäftigt waren. Da entschloss ich mich auf eigene Faust eine Einladung zu erlassen zu einem einfachen Nachtessen auf der Zunft zu Safran, in der Hoff- nung, dass besonders ältere Männer sich gerne an einer einfachen Ge- Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 257 denkfeier beteiligen werden. Diese Hoffnung ging in Erfüllung; es fand sich eine fröhliche, ungezwungene, sehr gemischte Gesellschaft ein. An diesem Abend gab ich einige Notizen über die Lebensschick- sale des Gefeierten, soweit sie mir bekannt waren und erwähnte zum Schlusse, dass Hebel die Absicht ausgesprochen habe, für einen fleissigen Hausener Knaben ein Stipendium zu stiften, auch dafür zu sorgen, dass den alten Männern von Hausen am Sonntag Abend ein Schoppen Wein verabreicht werde, dass er aber an der Ausführung dieses Vorhabens verhindert worden sei.‘ ,,Hieran schloss ich den Wunsch, da in Schopfheim eine Stiftung beabsichtigt sei, den ersten Punkt zu verwirklichen, so könnte von uns aus der zweite befriedigt werden, wenn auch nicht jeden Sonntag, so doch am Hebeltag. Das Wort Hebelschoppen wurde an diesem Abend geprägt.“ Eine an- schliessende Sammlung zu diesem Zwecke wurde von Schönbein fort- gesetzt und wuchs bis 2000 Fr. an. Dann wurde eine Kommission, aus fünf Baslerbürgern bestehend, eingesetzt, die Sache weiter zu ver- folgen; die ersten Mitglieder derselben waren: Schönbein, Peter Merian, Prof. W. Vischer (Vater), Dr. E. Thurneysen und Fr. Burck- hardt. ,, An die Stelle des Hebelschoppens trat das Hebelmähli und später auf Anregung meiner Frau der Kaffee, der den ältesten Frauen verabreicht wird.” ,,So ist das jährlich wiederkehrende Hebelfest in Hausen gegründet worden, ein Volksfest, an dem im Hintergrunde des Wiesentales Jung und Alt teilnimmt. Ich habe es oft besucht und manche Ansprache an die beschenkten Kinder und die jungen Frauen oder Bräute gehalten.“ Auch manch’ launiges Gedicht eigener Schöpfung hat er dabei verlesen. Das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Hausen und das vom Grossherzog Friedrich von Baden verliehene Ritterkreuz erster Klasse des Zähringer Löwenordens waren zwei Be- weise des Dankes für diese seine Tätigkeit in der Hebelsache, die ıhn in hohem Masse erfreut haben. Bei der Erstellung des Hebeldenkmals vor der Peterskirche in Basel, war er in hervorragender Weise be- teiligt. | Hier seien auch erwähnt die von Fritz Burckhardt herausge- gebenen : 7 Lieder von Johann Peter Hebel, Komponist nicht genannt, für zweistimmigen Chor gesetzt. Bei Fr. Reinhardt, Basel, 1904. | Dann fiel in dasselbe Jahr 1860 die Jubelfeier der Basler Uni- versilät (gegründet 1460). ‚Das war das erhebendste Fest, das ich. nicht nur in Basel, sondern überhaupt je mitgemacht habe. Die Vor- bereitungen begannen früh im Jahre 1859. In einer Versammlung von Freunden der Universität wurde beraten, durch was für eine bleibende Stiftung die Feier erhöht werden könnte. Unter verschiedenen Vor- schlägen gefiel am meisten der von Prof. K. Jung gemachte, eine kleine Sternwarte zu errichten. Mir wurde aufgetragen, die Sub- skription zu leiten und am Feste selbst das Empfangskomitee zu ; 17 258 M. Knapp. präsidieren. Die von W. Hess zusammengestellte Schrift: ‚Das Jubiläum der Universität 1860‘, gibt über alles die erwünschte Aus- kunft. Der gelungene Verlauf dieser Feier, an der die ganze Bürger- schaft sich beteiligte, befestigte bei dieser die Überzeugung, dass Basel an der Universität ein wertvolles Gut besitze, das zu erhalten Aufgabe des Gemeinwesens sei, und ebnete die Bahn für die Bestrebungen, die im Jahre 1865 zur Annahme des neuen Universitätsgesetzes führten. Am Ende des Jahres 1860 erhielt ich von der philosophischen Fakultät in Basel den Grad eines Doktors der Philosophie. Die Begründung auf dem Doktordiplome stammt von Prof. W. Vischer (Vater); am meisten hat mich darin der Satz gefreut: qui cum pueris in Gymnasio Basiliensi instituendis non mediocrem laudem esset consecutus.“ Endlich fiel ins selbe Jahr 1860 das eidgenössische Turnfest in Basel. Von der Gemeinnützigen Gesellschaft in die Turnkom- mission gewählt, später als alleiniger Delegierter zum Turnwesen, hat Fr. Burckhardt auch dieser Sache jahrzehntelang gedient. Am Feste selbst, 1860, war er Festpräsident, wie er 1848 schon Mitglied des Festkomitees gewesen war. An dieses Fest knüpfte sich die Ver- legung des Turnplatzes aus dem Klingental vor das Steinentor. Auch bei der Erstellung der Turnhalle an der Theaterstrasse hat Burckhardt mitgearbeitet und die Eröffnungsrede gehalten. Beim eidgenössischen Turnfeste von 1912 war der 82-Jährige Ehrenpräsident. „Nachdem ich im Jahre 1856 Hauptlehrer am Gymnasium ge- worden war, wodurch meine Anstellung eine lebenslängliche wurde, änderte sich meine Stellung mehrere Jahre nicht. Im Frühjahr 1861 wurde Prof. Eckert, welcher am Pädagogium und an der Universität seit vielen Jahren Mathematik lehrte, vom Schlage getroffen. Ich rückte in die erste Klasse ein, und da ich nun die Aussicht hatte, nach und nach auch die beiden oberen Klassen zu erhalten, so fand ich darin die Ermutigung zu erneuter Arbeit, namentlich zur methodischen Ver- arbeitung des gesamten mathematischen Unterrichtsstoffes.““ Eine Anfrage für die freigewordene Stelle eines Spitalmeisters lehnte Burckhardt ab, obwohl sie pekuniär besser gewesen wäre; „allein ich hörte eine innere Stimme, die mir sagte, mein Lebensberuf sei das Unterrichten, mein Amt das Lehramt. Ich darf erwähnen, dass auch andere Verlockungen an mich herangetreten sind, die aber nicht ver- mochten, mich ins Wanken zu bringen.“ „Ich habe von den verschiedenen Anerbietungen niemand ge- sprochen ; doch brachte mir die Anfrage eine erwünschte Änderung, zugleich eine Mehrarbeit. Ich teilte sie nämlich der Erziehungsbe- hörde mit und bemerkte hiebei zweierlei: erstens, dass ich in meinem Berufe bleiben werde und zweitens, dass es mir sehr erwünscht wäre, einige Schulstunden abzugeben und dafür als Privatdozent an der Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 259 Universität das eint und andere Kolleg über elementare Mathematik und Physik zu lesen, in der Hoffnung, dass mir die Formalitäten ausser der Habilitationsrede erlassen werden. Einige Zeit nachher erhielt ich die Ernennung als ausserordentlicher Professor der Physik unerwartet, und mit einem Honorar, welches die Bezahlung der aus- fallenden Schulstunden ausglich.“ (1868.) „Es kam neues Leben in mich, denn ich musste mich energisch zusammennehmen. Eine fünfzehnjährige Trennung vom akademischen Studium und die andersgeartete Beschäftigung mit dem Unterricht war meinem neuen Unternehmen nicht gerade förderlich; aber ich war noch jung genug, um etwas leichtsinnig zu sein. Ich habe nach- einander einfachere Fächer gelesen und Repetitorien abgehalten. (Ebene und sphärische Trigonometrie, Methode des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts, physikalische Übungen, Re- petitorium der elementaren Mathematik, Algebra, Geometrie.) Be- sonderen Fleiss verwandte ich auf die Erstellung eines Kollegs über physiologische Optik, wobei mir His und später Miescher in freund- lichster Weise behilflich waren. Auch mathematische Geographie (W.S.78/79) unternahm ich einmal auf Wunsch von Kollegen; ich erfreute mich des Besuches von sechzig Zuhörern. Die Übungen in methodischer Bearbeitung von Lehrstoff aus dem Gebiete der Mathe- matik und der Naturkunde gaben mir Gelegenheit, manchen streb- samen jungen Mann kennen zu lernen, der später da und dort im Lande in eine Lehrstelle einrückte. An den Arbeiten des pädagogischen Seminars habe ich längere Zeit als Mitdirektor teilgenommen; ich hatte die praktischen Übungen zu leiten. (1881—1893.)" (Näheres darüber enthält das Gedenkblatt von Prof. Dr. F. Heman über Fr. Burckhardt in ‚Das humanistische Gymnasium‘. 1913, Heft III, Heidelberg, ©. Winter.) „Kaum hatte ich mich in der Universitätstätigkeit, wenn auch in beschränktem Umfange, zurechtgefunden, so trat eine neue Aufgabe an mich heran. An der Gewerbeschule war Rektor Schmidlin durch Autenheimer abgelöst worden; dieser aber nach seinem Übergang an das Technikum Winterthur durch Kinkelin, damals (1867) Lehrer der Mathematik an der Gewerbeschule und Professor an der Universität. Aber schon nach zwei Jahren legte er das Rektorat nieder. Schmidlin ersuchte mich, es zu übernehmen, wozu ich mich nur zögernd entschloss, weil mich mein bisheriger Wirkungskreis durchaus befriedigte. Mein Bestreben, die Schule in dem Geist zu führen, der die Gründung veranlasst hatte, nämlich als eine Schule für allgemeine Bildung auf Grund neuerer Sprachen, Mathematik und Naturkunde wurde am wirksamsten unterstützt durch Fried. Becker, den früher genannten. Eigentliches Fachwissen, das späterer Ausbil- 260 M. Knapp. dung angehört, wollte ich nicht verfrüht in den Lehrplan aufnehmen ; dem habe ich zu jeder Zeit, auch später wieder am Gymnasium, W ider- stand entgegengesetzt. Die Jugend war mir zu lieb, als dass ich nicht stets nach dem Bildungswerte des Lehrstoffes gefragt hätte. Unsere schnell und ruhelos lebende Zeit, die alles abkürzen will und deshalb verflacht, ist mit meinen Anschauungen nicht einverstanden; ob die Jugend dabei besser fährt, ist für mich mehr als fraglich.“ „Das Jahr 1870 war für unsere Familie ein Jahr der Trauer; unser lieber Knabe Friedrich starb an der Diphteritis. Es war die erste, nie mehr ganz geheilte Wunde, die meine ohnehin nicht kräftige Frau erhalten hat.“ Weitere schwere Schläge brachten die nächsten Jahre: beide Eltern von Frau Prof. Burckhardt starben kurz nachein- ander 1875. 1876 starb Prof. Burckhardts älterer Bruder, Dr. Hans Burckhardt, Stadtschreiber, an Gelenkrheumatismus; 1880 der jüngere Bruder Rudolf, gewesener Lehrer am Gymnasium. Die schwersten Verluste sollten noch folgen. Neben dem Tode zweier Schwäger verlor Fritz Burckhardt in diesen Jahren seine Lebens- gefährtin 1884, 1885 seine treue Mutter. Als Trost blieb ihm neben der Tochter, die sich sehr glücklich 1879, aber nach auswärts, ver- heiratet hatte, der 1866 geborene hoffnungsvolle Sohn Rudolf Burck- hardt, späterer Professor der Zoologie. (Gestorben in Rovigno 1908.) „Das Kriegsjahr 1870 übertönte wohl unsern Kummer. Meine Frau und ich beschäftigten uns mit dem roten Kreuz und mit der internationalen Agentur, in deren Auftrag ich in das russische, unter Dr. Heyfelder stehende Lazarett nach Neuwied mit einem Transport von Verbandstoffen geschickt wurde. Durch eine Einladung nach Monrepos wurde ich mit der Mutter des Fürsten zu Wied bekannt und mit dem badischen Minister von Roggenbach.‘“ „Auch beim grünen Kreuz, das sich nachher mit den Gefangenen beschäftigte, war ich tätig.“ Der Sohn des damaligen Fürsten von Wied wurde später ans Basler Gymnasium von seinen Eltern geschickt. „Nachdem ich mich eben in der Tätigkeit an der Gewerbeschule eingelebt hatte, trat für mich wieder eine Veränderung der Stellung ein. Der Rektor am Realgymnasium starb; die Behörde wünschte die beiden Anstalten Realgymnasium und Gewerbeschule wieder in einer Hand zu sehen. Es wurde die Leitung der beiden mir übertragen. So wie die deutsche Realschule (mit Latein) als gemeinsame Bildungs- anstalt aufgefasst wird und keine Trennung in Handelsabteilung und technische Abteilung kennt, so konnte ich für eine solche Trennung nie die Hand bieten. Einige sehen in der Trennung einen Fortschritt, ich aber einen Rückschritt.‘“ „Während meines Rektorates am Realgymnasium hatte ich die Freude, mit einem bewährten Pädagogen, Oberschulrat O. Deimling Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 261 in Karlsruhe, bekannt zu werden. Er besuchte mich wiederholt auf Dienstreisen und besonders dann, wenn er Informationen über Per- sönlichkeiten einholen wollte, die in der Schweiz wirkten, und die viel- leicht geeignet und geneigt wären, in den deutschen Schuldienst zu treten. So einmal, da er für Heidelberg einen Direktor des Gym- nasiums brauchte und ihm für die Stelle Fr. Nietzsche und G. Uhlig, ersterer in Basel, letzterer in Aarau wirkend, genannt wurden. „Man wird sich nieht wundern, wenn ich ihn zu bestimmen suchte, sich für Uhlig zu entscheiden, mit dem ich seit einer Reihe von Jahren als Ver- treter gleicher Gymnasialinteressen befreundet war. (Vgl. die von Uhlig und Fr. Burckhardt 1868 in St. Gallen an der Tagung des Vereins schweizerischer Gymnasiallehrer gemeinsam aufgestellten und vertretenen ‚Thesen zum Lehrplan der Gymnasien in der Schweiz‘.) Auch der entschiedenste Freund und Verehrer Fr. Nietzsches wird mir in meiner Auffassung recht geben.“ Das Jahr 1875 brachte, neben den erwähnten traurigen Ereig- nissen wieder eine Änderung in der Stellung Fr. Burckhardts. Sein Onkel, der Rektor am Gymnasium, trat von seinem Amte nach mehr als 50jährigem Dienste zurück. „Das zwischen mehreren Kantonen abgeschlossene Medizinalkonkordat, an dessen Maturitätsprogramm ich auch mitredigiert habe, verlangte von den Gymnasien, deren Zeug- nisse für die Maturität Giltigkeit haben sollten, ein gewisses, wohl zu erreichendes Mass naturwissenschaftlicher Kenntnisse, die unser Gym- nasium damals nicht bot. Es galt nun einen Weg zu finden, der ohne Beeinträchtigung der sprachlich-historischen Fächer und ohne Über- ladung der Schüler zu dem gewünschten Ziele führen konnte.” Der Rektor erklärte, dieser ihm fremden Aufgabe sich nicht mehr unter- ziehen zu können. „Die Inspektion, die wohl wusste, dass ich mich mit dieser Aufgabe im schweizerischen Gymnasiallehrerverein auch schon beschäftigt hatte, fragte mich an, ob ich das Rektorat des Gym- nasiums übernehmen wolle. Am 27. Februar 1875 war meine Ernen- nung vonı Regierungsrate bestätigt. Ich trat mein Amt im Mai an; ich hatte aber nicht bloss die Geschäfte meines Onkels zu übernehmen, sondern ich wurde ersucht, vorläufig in provisorischer Weise auch das Pädagogium zu leiten. Diese Anstalt war früher eng mit der Uni- versität verbunden; die Professoren der philosophischen Fakultät waren zur Erteilung von Unterricht an ihr verpflichtet, und die Ober- aufsicht führte oder führte auch nicht — die Kuratel der Uni- versität, indem ein Mitglied dieser Behörde die Konferenzen der Lehrer präsidierte.‘“ Männer wie Wilhelm Wackernagel, Alex. Vinet, Wilhelm Vischer, Jakob Burckhardt, Karl Neumann, Friedrich Nietzsche, Emil Kautzsch, die längere oder kürzere Zeit am Päda- gogium gewirkt haben, „sahen in dieser Tätigkeit keine Herabsetzung 262 ° M. Knapp. ihrer akademischen Würde, wohl aber die Gelegenheit, in anregender Weise die Jünglinge zum akademischen Studium vorzubereiten.‘ Aber verantwortliche Leitung und Disziplin liessen oft zu wünschen übrig. „Deshalb und weil mit den Jahren immer mehr auf Verbin- dung mit dem humanistischen Gymnasium durch Herbeiziehen von Gymnasiallehrern hingearbeitet worden war, hielt man den Moment für gegeben, einen festen Zusammenhang zu schaffen. Ich erhielt also und übernahm den genannten Auftrag.“ Fritz Burckhardt war sich der Schwierigkeiten und der mög- lichen Spannungen wohl bewusst, die schon nur der Nichtphilologe hier finden werde. ‚Ich fasste nun meine Aufgabe nicht so, dass ich diese Lücke durch nachträgliche sprachlich-historische Studien aus- füllen müsse ; vielmehr trachtete ich darnach, überall in allen Fächern richtigen pädagogischen Grundsätzen zur Geltung zu verhelfen, alle dahinzielenden Bestrebungen zu unterstützen, die Erfahrungen auf weiteren Gebieten kennen zu lernen und zu erwerben und einen organischen Zusammenhang des Gymnasiums und Pädagogiums zu erstellen. An Hilfe von Seiten meiner Kollegen hat es mir nie ge- fehlt. Eine kräftige Förderung fand ich im schweizerischen Gym- nasiallehrerverein, dem ich bei seiner ersten Versammlung in Basel 1863 beigetreten bin.“ „Von der Überzeugung erfüllt, dass das heutige Gymnasium eine Schule sein soll, in deren Zentrum der altsprachliche Unterricht steht, und zwar Latein und Griechisch, erschien mir der bestehende Zustand mangelhaft, wobei Schüler ohne Griechisch in das Pädagogium konnten aufgenommen werden. Zum Schaden des schweizerischen Gymnasiums hat das eidgenössische Maturitätsprogramm für Medi- ziner das Griechische fakultativ erklärt und dadurch das Gymnasium mancherorts faktisch in ein Realgymnasium verwandelt. Ich sehe die Zeit nahen, wo man auch in Basel schwach genug sein wird, vom Fakultativ-Erklären des Griechischen zu reden. Einen Fortschritt kann ich hierin nicht erkennen.“ Einen solchen Versuch, allerdings noch ziemlich radikalerer Art, hat Burckhardt in den ersten Jahren seines Gymnasialrektorates mit starker Vehemenz und gutem Erfolge bekämpft, im Basler Lehrer- vereine, in der Presse und durch einen öffentlichen Vortrag in die Dis- kussion eingreifend, und so das Basler Gymnasium als eine wahre Stätte der in Basel traditionellen humanistischen Kultur erhalten. Es werden ihm diese Tat viele Generationen danken, nicht zum wenigsten die, die später zu naturwissenschaftlichen oder exakten Disziplinen sich gewendet haben; denn gerade sie erkennen im späteren Leben, welchen nie einzuholenden Vorsprung ihnen die humanistische Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 265 Schulung vor ihren Kollegen aus den Realanstalten für Studium und Lebensauffassung, für ihre ganze Bildung gegeben hat. „Bei der Beratung über die durch diese Kämpfe veranlassten Neubestellung der Regierung war ich angefragt worden, ob ich einen Sitz in der Regierung annehmen wolle, wenn mir das Erziehungswesen übergeben werde. Ich konnte mich hiezu nicht entschliessen. Da ich eine feste lebenslängliche Stellung hatte, die mir in allen Teilen zu- sagte, war es mir unmöglich, diese zu verlassen und in eine andere ein- zutreten, die von politischen Windströmungen abhängig war. Hier- auf wurde P. Speiser gewählt, der mit Beförderung einen neuen Ent- wurf eines Schulgesetzes bearbeitete, vor Regierung und Grossen Rat vertrat und 1880 auch unter Dach brachte. Durch die Annahme dieses Schulgesetzes wurden mehrere meiner lebhaftesten Wünsche erfüllt. Dieses Gesetz besteht in der Hauptsache noch zu Recht. Meinem ent- schiedenen Auftreten für Aufrechterhaltung des gymnasialen Cha- rakters unserer Anstalt verdanke ich wohl auch die Ehre, in den Vor- stand. des deutschen Gymnasialvereins 1893 aufgenommen worden zu sein.“ Dass gerade der Naturforscher Fritz Burckhardt diese Über- zeugung vertrat und mannhaft genug entgegen der damals herr- schenden Modeströmung durchsetzte mit aller Kraft seines Charakters, das mag uns, seinen Schülern und kommenden Geschlechtern, Auf- forderung und Impuls genug sein, diese Position unter allen Um- ständen zu halten. Hier hören die persönlichen Aufzeichnungen Fritz Burckhardts auf; es schliessen sich zwar noch einige wichtigere Etappen aus seinem Leben an, doch hoffte er, das weitere seinem Sohne Rudolf überlassen zu können, ,,der mit einem guten Gedächtnis begabt ist und alles mit mir erlebt hat.“ Die Hoffnung hat sich durch den frühen Tod des Sohnes leider nicht erfüllt. Einsam, auch seinen schwersten Schmerz keusch für sich bewahrend, hat Fritz Burckhardt weiter gelebt und gearbeitet in aller Stille bis zuletzt. Am 4. November 1892 erbat sich Prof. Fr. Burckhardt durch ein an den Präsidenten der Kuratel der Basler Universität, Herrn Re- gierungsrat Dr. R. Zutt gerichtetes Schreiben seine Entlassung aus den Verpflichtungen, die mit der ausserordentlichen Professur ver- bunden sind. Nach einem Rückblick auf seine Amtstätigkeit fährt er darin fort: ,, Die mit der akademischen Stellung verbundene Tätig- keit hat mir Freude gemacht und Erfrischung gebracht, indem ich dadurch veranlasst wurde, die Entwicklung gewisser wissenschaft- licher Gebiete einigermassen zu verfolgen und weil der persönliche Verkehr mit den Lehrern der Universität, sowie mit geistig reifen Jünglingen für jeden Lehrer wertvoll sein muss. Wenn ich nun doch 264 M. Knapp. nach 25jähriger Tätigkeit, deren Bedeutung ich keineswegs über- schätze, zu dem Entschlusse komme, um Entlassung aus dem Dienste zu bitten, so beruht dieser Entschluss auf der Einsicht, dass die Arbeit mir allmählich schwerer fällt, und dass die Leitung des Gymnasiums, an dessen heutigem Auf- und Ausbau ich nach Kräften mitgewirkt habe, meine volle Arbeitskraft erheischt. Ich fühle nach und nach zu deutlich, dass jede mit besonderer Arbeit und Vorbereitung ver- bundene Tätigkeit die Zeit beschränkt, die der Hauptaufgabe sollte gewidmet sein. Und da ich eine Beschränkung der Lehrtätigkeit an der Schule nicht wünschen kann, weil sie der angenehmste und viel- leicht auch erfolgreichste Teil meines Amtes ist, so muss ich wünschen, durch Entlassung aus dem Dienste der Universität er- leichtert zu werden. An Erleichterung darf und muss ich denken, nachdem ich nunmehr volle 40 Jahre im hiesigen Schuldienste gewirkt habe und deutlich genug erfahre, dass meine Kräfte die frühere Elastizität einzubüssen beginnen.“ Doch die Schule, die Leitung und den Unterricht am Gymnasium, behielt er noch 10 weitere Jahre mit dem immer gleichen Erfolge bei. Seine Unterrichtsstunden waren der Hauptsache nach der Naturge- schichte, speziell Botanik und Mineralogie, dann aber auch namentlich mit erstaunlichem Erfolge der Mathematik auf der obersten Stufe des Gymnasiums (analytische Geometrie) gewidmet. Wie mancher hat überhaupt erst in diesem letzten Jahreskurse beim Unterrichte des Rektors den Schlüssel gefunden, in die Gedankengänge der Mathe- matik einzudringen. Der Rektor liess eben keinen zurück und ver- mochte mit immer erneuter Geduld, mit immer persönlicherer An- passung an das Fassungsvermögen des Schülers, mit immer wech- selnden Bildern die mangelnde Anschauung zu übermitteln. Unter- stützt wurde er dabei durch seine meisterhaft schöne, klare Hand- schrift. Gerade hier bewährte sich sein begnadetes Lehrtalent im höchsten Masse; und doch hat er gerade darüber bescheiden ge- sagt, dass seine Erfolge nur den eigenen Schwierigkeiten in der Mathematik, die ıhn zwängen, sich selbst alles bis ins kleinste klarzulegen, entsprungen seien. Auch die Stunden in Botanik und Mineralogie bleiben wohl allen seinen Schülern in irgend einer Weise, durch eine Anregung, die später Früchte trug oder durch eine spezielle Neigung, die von ihnen aus eine Lieblingsbeschäf- tigung schuf, in bester Erinnerung. Mit welcher Klarheit wurden die Kristallsysteme demonstriert, durch Schnitte an Körpern oder durch übersichtliche Modelle. In der Botanik wurden alle Sinne zur Erkenntnis herangezogen, auch der sonst auf der Schule und in der ganzen Ausbildung so merkwürdig vernachlässigte, feinste Sinn der Geruchsorgane. Hier lernte man Blumen und Kräuter auch nach dem Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 265 Geruche allein zu bestimmen. Das Charakteristische, das individuell Wichtige war eben Hauptsache. Wie sich im Mathematik- und Mine- ralogie-Unterricht ein besonders deutlich und klar ausgeprägtes Raum- anschauungsvermögen geltend machte — wie es ausgebildet wurde, werden uns später zu nennende Versuche lehren —, so gab die Harmonie der Ausbildung aller Fähigkeiten allen seinen Unterrichts- stunden das Gepräge des Vollendeten, des in sich Ganzen. Gerade da- durch lockte er das schlummernde Interesse, weil eben für ihn selbst alles das Vorgetragene nicht toter Lehrstoff, Fremdkörper war, sondern eigener Arbeit, eigenen Grenusses frohes und erhebendes Re- sultat. So war es ihm auch möglich, eben als vollkommen harmonisch durchgebildeter Persönlichkeit, dem ganzen Gymnasium diesen Stempel des Abgerundeten, der Universitas im kleinen, zu geben, da er ja selbst die am schwierigsten in den humanistischen Kursus sich einreihenden Fächer gerade in diesem Sinne durchführte. So wurde und war er der Rektor im höchsten Sinne des Wortes, dessen Arbeit die Arbeit aller anderen krönte und zum Ganzen, zur Einheit zu- sammenschloss. Im Jahre 1902 erbat sich Prof. Fr. Burckhardt auch die Ent- lassung aus dieser Stellung, ungern genug. ,, Wenn ich heute aus dem Amte zu scheiden wünsche und einer Tätigkeit entsagen will, der ich während 50 Jahren meine Kräfte gewidmet habe, so kann ich als Grund nicht eine besondere Krankheit angeben, wiewohl die Be- schwerden des Alters mich nicht verschonen. Die Arbeit wird mir schwerer; ich habe das Bedürfnis nach Ruhe. Niemals habe ich ver- gessen, was ich in bezug auf meine Ausbildung meiner Vaterstadt verdanke, deren einfache und solide Einrichtungen mir schon frühe vielfache Anregung geboten haben, niemals auch, dass mir nur durch das Wohlwollen befreundeter Mitbürger möglich geworden ist, die Kraft zu erlangen, dem Gemeinwesen Dienste zu leisten. Ich habe mich bemüht, in meinen verschiedenen Stellungen meine Pflicht zu tun und der Aufforderung zu genügen: perfice, ut ne minus respublica tibi quam tu reipublicae debeas. Für alles Vertrauen, das ich während langer Jahre von Seiten der hohen Behörden genossen habe, statte ich meinen wärmsten Dank ab.“ So schloss der wichtigste Teil seines Lebens, seine Tätigkeit als Rektor des Basler Gymnasiums. Was er in dieser langen Amtszeit gewirkt hat an Generationen von Schülern, lässt sich nicht messen noch ausdrücken. Wie intensiv ihn Wohl und Wehe des Einzelnen beschäftigte, wie wenig auch nach der Schulzeit er den gewesenen Schüler aus den Augen verlor, unterstützt von einem staunener- regenden Personengedächtnis, dazu darf wohl folgende Erzählung aus dem Munde eines Militärs dienen. Der Offizier, der mir vor einigen 266 M. Knapp. Jahren dies sein Erlebnis erzählte, war durch das untere Gymnasium gegangen, schlecht und recht wie hundert andere; dann verliess er Basel für Jahre. An der Spitze der Abteilung eines Truppenkörpers, in Uniform also, rückte er das nächste Mal in Basel ein, in grösserem Verbande. Unter den Zuschauern des Einmarsches ersah er die hohe Gestalt des Rektors und grüsste sie aus der Marschkolonne heraus militärisch. Wie gross war aber sein Erstaunen, seinen Namen klar und deutlich bei der Erwiderung des Grusses von den Lippen des Gegrüssten zu vernehmen, der doch neben so vielen anderen längst hätte können vergessen sein. Der Rektor hatte eben auch diesen Schüler, ohne dass er es ahnte, mit seinem lebhaften Interesse umgeben und dieses Interesse an ihm auch nach der Schulzeit behalten; so blieb auch das Gedächtnis frisch. Der Schreiber dieser Zeilen hat es selbst an sich erfahren dürfen, in wie hohem Masse dieses persönliche Interesse jedem einzelnen folgte, in die Jahre des Studiums und in den Lebensberuf hinein. Auch nach seinem Rücktritte vom Rektorate widmete Prof. Fr. Burckhardt noch einige Jahre (1902—1908) seine Kräfte und seine reiche Erfahrung dem Schulwesen und dem Staate als Mitglied des Erziehungsrates. 34 Jahre lang hat er auch dem Grossen Rate ange- hört und war hier einer der Führer der liberal-konservativen Partei. Dabei ward ihm namentlich Gelegenheit, beim neuen Schulgesetze von 1880 massgebend mitzuwirken. Und doch blickte er auf alle seine Tätigkeit in der Schulsache nur als auf selbstverständliche Pflicht- erfüllung, als auf Rückgabe des reichen selbst Empfangenen zurück ; wie er es dem öffentlichen Danke der Behörden, der Kollegen und der vieler. Schüler bei Anlass seines Rücktrittes gegenüber schlicht betonte: ‚er habe zu danken.“ An schriftlichen Aufzeichnungen und Druckerzeugnissen, die die Anschauungen und Erfahrungen dieses weitblickenden Geistes uns übermitteln und festhalten, fehlt es zum Glücke nicht, wenn sie auch nicht zahlreich sind. Programmatischen Charakter tragen neben den schon erwähnten, mit Prof. Uhlig (f 15. Juni 1914) zusammen redi- gierten Thesen zum Lehrplane der Gymnasien in der Schweiz, nament- lich seine Ausführungen über die Maturitätsprüfung (Referat an der Versammlung: der schweiz. Gymnasiallehrer Oktober 1891). Obwohl er einleitend bemerkt, dass alle einschlägigen Punkte dieser Frage zu behandeln, ein Buch ergäbe, ,,ein solches zu schreiben, habe ich mein Leben lang eine unüberwindliche Abneigung gehabt,‘ obwohl er sein Misstrauen gegen alle ausführlichen Reglemente betont, trifft die Arbeit doch alle Kernpunkte und lest die Hauptsachen klar. So ist dort in drei Thesen alles ihm wesentliche über die Maturitätsexamen festgelegt. ‚Der Staat hat das Recht und die Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 267 Pflicht, eine an das Ende der Gymnasialzeit und vor den Be- ginn der akademischen Studien zu verlegende Reifeprüfung an- zuordnen.“ ‚Prüfungen sind auch da zum Schutze des Publi- kums.“ Aber: ‚das Gymnasium hat nicht Theologen, Juristen, Chemiker und Mediziner zu bilden, sondern Gymnasiasten, die Universität hat solche zu empfangen.“ ,,Das Gymnasium ist der gemeinsame Boden, auf welchem sich in der Jugend diejenigen ge- troffen, gekannt und bewegt haben, welche Leiter des Volkes zu sein berufen sind.” „Die Reife ist geistige Kraft, nicht Summe von Wissen ; sie besteht weniger im Wissen als im Können.‘ ‚Neben die intellektuelle gehört aber auch die ethische Reife.“ Der Prüfungs- stoff ist auf das im letzten Schuljahre Behandelte zu beschränken ; auch so wäre unter den Beiwohnern der Prüfungen wohl keiner mehr imstande, die Prüfung selbst zu bestehen. „Dem Maturanden soll nicht in einem Moment der ganze Prüfungsstoff vor der Seele schweben, wie dem Ertrinkenden die Eindrücke des ganzen Lebens; “ sonst wird das letzte Schuljahr nur durch eine Summe von Repetitionen belastet. „Der Gymnasiast soll aber hungrig und geistig angeregt, nicht ermüdet, satt und erschlafft an das akademische Studium heran- treten.‘ Vor der Regelung pädagogischer Angelegenheiten sollen stets Fachmänner angehört werden; denn ‚auch ein Seuchengesetz oder eine Armee-Einteilung lässt man nicht von einer Kommission von Schulmännern vorbereiten,‘ sondern von Fachleuten. Die Reife des Schülers soll der zu erklären das Recht haben, dem der Schüler das ganze letzte Jahr anvertraut ist, der Lehrer, der sein Urteil schon lange ohne Prüfung gebildet hat. „Für mich ist jede Unterrichts- stunde eine Examenstunde; so dehnt sich die wirkliche Reifeprüfung über das ganze letzte Jahr aus; die Schlussprüfung selbst hat aber ihren Wert ‚als ernster Akt am Ende des Schullebens, als Augenblick der Einkehr und der Abrechnung, zur Mahnung fleissiger Benützung der letzten Schuljahre.“ Gerade diese Thesen und ein bei ihrer Verteidigung geprägtes Schlagwort hat dem Verfasser seinerzeit (1891) eine offizielle Zu- rechtweisung im Bunde eingetragen; sie hat sein freies Wort weder damals noch später gehemmt, noch ihm sonst geschadet. Als Examinator wurde Burckhardt namentlich in nicht vertretenen Lehr- fächern, wie Geographie, oder als Stellvertreter für andere, so in der Botanik, des öftern an Gymnasium und Hochschule gerufen. Über den naturwissenschaftlichen Unterricht im Speziellen finden sich in den erwähnten (1868) St. Galler Thesen folgende Stichworte. „In bezug auf die höheren Klassen ist stets im Auge zu behalten, dass die Begabung für Mathematik äusserst verschieden verteilt ist, der Unterricht sich aber der Fassungskraft der grösseren Zahl der 268 M. Knapp. Schüler anzupassen und nicht auf bedeutende Förderung einzelner Schüler auszugehen hat.“ ,,Chemie als besonderes Unterrichtsfach ge- hört dem Gymnasium nicht an.“ ‚Der physikalische Unterricht schliesst passend mit einer mathematisch-physikalischen Geographie ab.“ In der programmatischen Besprechung über den naturwissen- schaftlichen Unterricht an lateinischen Schulen (Bericht des hum. Gymn. zu Basel 1856) wird dieser Unterricht namentlich gegen den Vorwurf der Irreligiosität verteidigt, gegen die Betonung des Nütz- lichkeitsprinzips bei der technischen Ausbildung aber auch energisch Front gemacht. ‚Der ausserordentliche materielle Nutzen, der aus der Kenntnis der Natur entspringt und immer mehr entspringen wird, mag hoch angeschlagen werden; ich betrachte ihn als einen Neben- verdienst neben dem reichen Gewinne, den Herz und Geist aus der Natur schöpfen.‘ ‚Wenn es sich nun aber immer mehr herausstellt, dass unsere Universitäten nicht mehr Männer erziehen, die abgesehen vom künftigen Berufe allseitig gebildet sind, sondern dem heran- wachsenden Jüngling eine gewisse Summe von Fachgelehrsamkeit auf den Weg geben, damit er sein ehrliches Brot verdiene, dieser Ge- lehrsamkeit dann mit einem akademischen Titel den Stempel auf- drücken, so wird es um so mehr nötig sein, in das jugendliche Herz so früh als möglich den Geist zu pflanzen, der sich über das Besondere zum Allgemeinen erhebt, der etwas weniger krämerisch nicht nach dem trachtet, was man braucht oder was nützt, sondern nach dem, was bildet.‘“ „Auch ich betrachte als Lebensregel jedes Unterrichts non multa sed multum.““ ‚Aber die Aufgabe des naturwissenschaftlichen Unterrichts scheint mir in möglichst kurzer Form gefasst zu sein, dem heranwachsenden Jüngling die Augen zu öffnen zur Orientierung in der ihn umgebenden Natur und zur Wahrnehmung ihrer einfachen Gesetze.‘ ,, Die Schärfung der leiblichen und geistigen Sinne scheint mir ein Hauptresultat zu sein.‘ „Auch das Gemüt hat sein Teil an dem Studium der Natur und einen nicht geringen.“ ‚Diese Quelle der reinsten Freude fliesst aber dem am lautersten, dem es vergönnt ist, die Natur in ihrem Wirken zu belauschen.‘ ‚Diesen reinen Ge- nuss zu geniessen, soll uns der Schulunterricht in den Stand setzen.“ „Möge man daher beim Beginne der grössten Entwicklung des menschlichen Geistes, beim Beginne des Jünglingsalters, nicht dem strebsamen Geiste das allerzugänglichste Tor zur ewigen Wahrheit verschliessen. Das was er selbst für sein Schulleben erfahren, dass der Grund aller Bildung die Familie ist, hat er auch in seiner Promotionsan- sprache (Martinskirche, 5. April 1895) ‚Von der Höflichkeit“ vor der Jugend betont. ‚So wie die Schule es ablehnen muss, dass ihr jede Schuld an den Misserfolgen in der Erziehung zugeschrieben Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 269 werde, so wird sie auch bescheiden genug sein müssen, den günstigen Erfolg mit der elterlichen Erziehung zu teilen.“ ,,Eine Person, die erfüllt von wahrer Liebe und anderen Tugenden sich über die äussere Form der Höflichkeit hinwegsetzt, verdient immerhin grössere Achtung als eine andere, die in höflichster Form lügt.‘“ „Der Grund zur Höflichkeit wird zu Hause gelegt, durch die Mutter.“ „Ja man kann gewisse Dinge, die als anständig gelten, sich angewöhnen, an- erziehen und so einen äusseren Schliff erwerben; aber mit den Äusser- lichkeiten ist es eben nicht getan: die wahre unverfälschte Höflich- keit geht: nicht in Anstandsregeln auf, sie hat ihren Sitz tiefer, sie hat sittlichen Wert.‘ ,,Beim Manne erscheint die Höflichkeit eher als ein Erziehungsresultat, bei der Frau als natürliche Anlage.“ „Unter meinen Erziehungsmitteln spielt der Stock eine höchst un- bedeutende Rolle, das gute Beispiel, die häusliche Erziehung sind die Hauptsache.“ In allen diesen Äusserungen spiegelt sich die eigene Erfahrung, die eigene Lebensführung in klarster Weise wieder; sie verleiht den Worten die nachhaltige Wucht und den Gedanken die Schlagkraft. (Vergl. auch die Festrede beim Jubiläum des Basler Gymnasiums: 27. Sept. 1889, beschrieben von Dr. Albert Gessler. Beilage zum Jahresbericht 1889/90.) Wenn wir nun zur Stellung Prof. Fr. Burckhardts in der Natur- forschenden Gesellschaft Basel übergehen, so ist es von vorne herein unmöglich, auch nur einigermassen erschöpfend sein zu wollen. Die gegen zweihundert Protokollnotizen, in denen eine Leistung, ein Hervortreten Burckhardts in seiner aktiven Zeit vermerkt sind, geben schon durch ihre Zahl die Intensität seines Mitlebens an. So führte eine ausführliche Schilderung alles dessen schon fast zu einer Ge- schichte der Gesellschaft. Umfassen doch die Arbeiten allein den Zeitraum, der vom letzten blauen Heftlein der alten Publikation der Gesellschaft (Bericht über die Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Heft X) bis zum letzt erschienenen Bande (Verhandlungen XXIV), der noch ein posthumes Werk seiner Feder uns schenkte, reicht. Am 21. September 1853 fand seine Aufnahme als ,,arbeitendes Mitglied“ unter der Präsidentschaft Schönbeins statt; doch hatte er schon im Maı 1852 von Berlin aus sich, wie erwähnt, mit einer Arbeit beteiligt. Zu kleineren Beamtungen, Rechnungsrevisorat, Vize-Sekre- tariat wurde er bald herangezogen; wir finden seinen Namen aber auch noch später öfters mit solchen kleineren Lasten verknüpft neben den regelmässigeren und dauernden. Der Gesellschaft vorgestanden ist Prof. Burckhardt in den Jahren 1866 bis 1868, 1874 bis 1876, endlich 1886 bis 1888. Bei der Jahresversammlung der Schweiz. 270 M. Knapp. Nat. Ges. in Basel 1856 war er Mitglied des Festkomitees, bei der 50jährigen Jubelfeier, 4. Mai 1867, hielt er die Festrede als Präsi- dent, 1876 war er Vizepräsident des Festkomitees, an der Bernoulli- feier 1882, an der Eulerfeier 1883 hielt er die einleitende Rede, auch 1892 finden wir ihn als Mitglied des Jahresvorstandes. Er war lebenslänglich Präsident der Kommission der Ziegler schen Karten- sammlung von 1880 an, 1886 stand er der Kommission zur Erwerbung der Korrespondenz von Johannes Bernoulli vor, 1888 treffen wir ihn als Delegierten für Erwerbung des Simon’schen Jungfrau-Reliefs, das auf seinen Antrag hin dem Museumsverein als Eigentum zuge- sprochen wurde. Im Jahre 1893 gehörte er dem erweiterten Vor- stande für Beratung der Statutenrevision, von 1896 an der Redaktions- kommission der Verhandlungen an. Als Delegierter vertrat er die Gesellschaft bei der Jahresversammlung der Schweiz. Nat. Ges. in Engelberg 1897, mehrmals präsidierte er an den Versammlungen, deren er gegen 30 besucht hat, die Sektion für Physik und Chemie, 1882 vereinigte er in sich die Vertretung der Gesellschaft mit der Mitgliedschaft der Kommission zur schweizerischen Landesausstel- lung, 1886 vertrat er Basel bei der Hundertjahrfeier der Berner Schwestergesellschaft, und endlich war er 1903 zu den Verhandlungen der schweizerischen botanischen Gesellschaft von Basel delegiert. Dem Zentralkomitee der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (Sitz damals in Basel) gehörte er von 1875—1880 an. Dass er bei der Schaffung des Senioren-Vorstandes, 1908, Mitglied des- selben wurde, versteht sich von selbst. Aus Anlass seines 70. Ger burtstages wurde ihm von Prof. VonderMühll (verlesen 9. Jan. 1901) eine Adresse verfasst; am 11. März 1903 wurde seine 50jährige Mit- gliedschaft an einem Nachtessen im Schützenhause gefeiert, und end- lich brachte ihm eine Delegation am 27. Dezember 1910 aus Anlass seines 80. Geburtstages das Diplom mit der feierlichen Ernennung zum Ehrenmitgliede der Gesellschaft. Das Dankesschreiben für diese Ehrung ist die letzte Protokollnotiz über ihn vor seinem Tode, der ın der Sitzung vom 5. Februar 1913 durch ehrende Worte des Vor- sitzenden, Herrn Prof. Dr. G. Senn, der Gesellschaft mitgeteilt wurde. Wie aus diesen Daten schon hervorgeht, wurde Prof. Burekhardt bei allen grösseren Anlässen der Gesellschaft in irgend einer leitenden Funktion herangezogen, womöglich in der obersten Charge. Er hat die Ehrungen, die ja meist mit viel Arbeit und Mühen aller Sorten verknüpft zu sein pflegen, in höchstem Masse verdient, hat er doch auch an den regelmässigen Arbeiten in einer Weise Teil genommen, wie wenige. Mit über 40 Arbeiten trat er vor die Gesellschaft, zum Teil mit kleineren Notizen über zufällig Erlebtes oder Beobachtetes, zum Teil mit zusammenhängenden grossen Arbeiten, wie sie eben der Sen Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 271 regelmässigen Tätigkeit entspringen. Sie alle zeugen von seiner Liebe zur Natur, von seiner Beobachtungsgabe oder aber von seiner Anhäng- lichkeit an seine Heimatstadt; alle tragen auch den Stempel ruhiger Gereiftheit an sich, gemäss seinem eigenen Worte: „nur ein ruhiger Geist kann wirklich arbeiten.“ Sind auch manche ihrer Resultate nicht mehr modern, nur mehr zum Teile bestätigt durch fort- schreitende Erkenntnis, ist an manchem Orte der Spaten seither tiefer angesetzt, sind die Quellen vielseitiger, gründlicher bearbeitet worden, so hat doch seine Arbeit überall angeregt, Leben gezeigt und neuem Leben gerufen. Einige der Arbeiten, die ja meist gar nicht den An- spruch wissenschaftlicher Vollkommenheit erhoben, haben aber auch als grundlegend in die weiteste Literatur Eingang gefunden; ich er- innere nur an seine historischen Studien über das Thermometer, die nicht vergebens von Mach in seinen ‚Prinzipien der Wärmelehre immer wieder als Quelle genannt werden. Standen im Anfange die Arbeiten über physiologische Optik oder auch über Botanik im Vordergrunde, so traten mit der Zeit immer mehr historische Skizzen und Überblicke hervor, zum Teile durch festliche Anlässe gerufen, der Mehrzahl nach aber privatem Sich- versenken in die Geschichte der Stadt Basel und der exakten W issen- schaft in ihr die Entstehung verdankend. Mit einer Arbeit über den Daltonismus, die Farbenblindheit, hatte sich, wie schon erwähnt, Fritz Burckhardt 1852 in der Gesell- schaft eingeführt; sie wurde in den beiden Sitzungen vom 5. und 19. Mai von Herrn Ratsherr Peter Merian verlesen. (Beobachtungen an einem Daltonisten. Bericht der Verh. der Nat. Ges. Basel, X, 90.) Eine spätere Arbeit über Farbenblindheit, verlesen am 8. März 1871, ergänzte die ersten Beobachtungen im Sinne der Young-Helm- holtz’schen Theorie, untersuchte auch besonders noch die Erblichkeit der Abnormität. Da die beobachteten Fälle Glieder seiner Familie betrafen, dürfen wir seine Bemerkung, dass er seine eigenen Augen in Beziehung auf Farbenempfindung für normal halten durfte, bei- fügen. (Verh. V, 558.) Hieran schliessen sich die weiteren, meist unter dem Einflusse von Helmholtz’s Physiologischer Optik stehenden Studien Burck- hardts an. So trug er am 12. November 1862, am 21. Januar 1865 und am 29. März 1865 über Kontrastfarben vor. (Verh. d. Basl. Nat. Ges. III, 445 und IV, 263). Die Helmholtz’schen Ansichten werden darin meist mit eigenen Erfahrungen, immer an Hand einfacher Ver- suche geprüft und gestützt. Auch später noch, 1879, beschäftigte er sich weiter mit den einschlägigen Fragen, wie eine nicht gedruckte Arbeit, betitelt: Theorie der Farbenblindheit, vorgetragen am 22. Januar und am 12. März 1879 lehrt. [89] -] [AU] M. Knapp. Auch andere Fragen desselben Gebietes, so namentlich die Frage nach der Erklärung des binocularen Sehens bearbeitete er mehrfach ; schon am 12. Januar und 9. März 1853, dann wieder am 20. März 1861 trug er darüber vor; auch am 1. Juni 1870 noch interessieren ihn die ‚Stereoskopischen Erscheinungen... (Verh. I, 123 und III, 33.) (Siehe auch Poggendorff’s Annalen 112, 596, 1861.) In der ersten Arbeit ist bemerkenswert, wie Burckhardt seine eigenen Augen vor den Beobachtungen geprüft hat. Auch folgendes dürfte interessieren. ‚Warum wir überhaupt Körper sehen, wieviel die Gewohnheit dazu beiträgt, das weiss ich nicht genau anzugeben; dass aber die Gewohnheit bedeutend mit im Spiele steht, beweist einfach der Umstand, dass man sich das Körpersehen zwar nicht in allen Fällen, doch in vielen abgewöhnen kann.‘ ‚In gewissen Zeiten, wo ich mich viel mit Doppelsehen und dem Stereoskop abgegeben habe, war's mir ein Leichtes, beinahe nichts als Ebenen zu sehen, wenigstens wenn ich Körper betrachtete, welche nicht sehr weit vom Auge ent- fernt waren.“ Aber trotz, ja vielleicht gerade dank diesen sicher nicht immer den Augen sehr zuträglichen Versuchen bleibt er sich bewusst, dass ,,die vollständige Erklärung der Akkomodation wahrscheinlich noch fehle,“ dass alle Aussagen, ‚wenn nicht vollständig subjektiv, doch in einen subjektiven Mantel eingehüllt bleiben.“ Auch in der zweiten Arbeit betont er wieder: „die Verschmelzung der Eindrücke differenter Netzhautstellen beruht auf geistiger Tätigkeit.“ Ein Trost für solche, denen es ähnlich wie Burckhardt erging, mag fol- gender Satz sein: „Für scharfsichtige Augen ist es anfangs unmög- lich oder schwer, im Stereoskope zu kombinieren,“ der Erfolg beruht auf Angewöhnung. Weitere Arbeiten derselben Richtung sind : Zur Irradiation, vor- getragen am 2. November 1853 (Verh. I, 154), worin Burckhardt Irradiationserscheinungen und Erscheinungen, hervorgerufen durch mangelhafte Akkomodation für identisch erklärt. Über den Gang der Lichtstrahlen im /Auge sprach Burckhardt am 24. Januar 1855. (Verh. I. 269.) Er findet einen Hauptgrund für die Unterschiede zwischen der Wirklichkeit und der Theorie in der Abweichung der einzelnen brechenden Flächen von der Kugelgestalt. „Man könnte sich das Resultat konstruieren; allein ist dasselbe einmal konstruiert, so ist der Blick nicht mehr unbefangen, die Beobachtung gestört, weil man das geometrisch gewonnene auch gerne durch das Experiment finden möchte.“ „Es muss daher zuerst beobachtet werden.‘ Eigen ist ihm auch in diesen Arbeiten ein Ringen um präzisen, plastischen Aus- druck, doch fern von aller Sucht zum Abweichen vom Gebräuchlichen, soweit es schon festgelegt war. So bildet er einmal die Form: ‚der Schwerpunkt des ganzen Systems der einzelnen Brechkräfte.‘“ Über cc EN Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 273 den Horopter sprach Burckhardt am 27. Oktober 1858. Weitere Be- merkungen fügte er der Arbeit in der Sitzung vom 10. November hinzu; in eben dieser Sitzung wurde, unter Anwesenheit von Escher von der Linth als Gast, auf den Antrag von Schönbein hin, Julius Robert Mayer zum korrespondierenden Mitgliede der Basler Gesell- schaft ernannt; bekanntlich der ersten öffentlichen Ehrung dieses so lange verkannten Genius. Endlich seien die Arbeiten über Sehen in die Ferne und Tiefen- dimensionen (16. Dez. 1868, Verh. V, 269) und die Erklärung phy- siologisch-optischer Tatsachen (24. Febr. 1875) erwähnt. Auch an verschiedenen Jahresversammlungen wusste er aus diesen Gebieten teils eigene Beobachtungen, teils neue Versuche zu schon bekannten Erscheinungen hinzuzufügen. | Über Reliefscheiben (Verh. d. Schweiz. Nat. Ges. 1869, 73); Farbenscheibe (Verh. d. Schweiz. Nat. Ges. 1874, 55.)] Die spezielle Luzidität im Erfassen räumlich kom- plizierter Gebilde, die wir früher erwähnten, lässt sich wohl nicht zu Unrecht auf diese mannigfachen Augenprüfungen und Schulungen zurückführen. Sie kam sowohl seinen mineralogischen, wie seinen mathematischen Unterrichtsstunden in höchstem Masse zugute. In der Naturforschenden Gesellschaft Basel hat er am 2. Dezember 1874 Modelle des regulären Systems vorgelegt, die diesem klaren Erfassen entstammten. Auch im Briefwechsel Burckhardts mit dem Maler Böcklin, seinem Freunde, ist des öfteren von solchen optisch-physiologischen Frager: die Rede. (Vergl. z.B. Rud. Schlick: Tagebuch-Aufzeich- nungen über Arnold Böcklin. Berlin, Fontana, 1901.) Im Zu- sammenhang mit seinen optischen Studien ist auch seiner Tätigkeit als Amateurphotograph zu gedenken, die neben dem Einfluss im ent- sprechenden Vereine namentlich durch seine Geschicklichkeit im Er- fassen schöner oder interessanter Naturstimmungen, aber auch origineller und berühmter Persönlichkeiten sich auszeichnete. Waren alle diese Arbeiten über physiologische Optik durch seine Mitarbeit an den Fortschritten der Physik (Wiedemann) geweckt worden, so gehörten die botanischen Arbeiten seinem eigensten ‘Studiengebiete zu. Über die zum Keimen nötige Wärmemenge, die Bestimmung des Vegetationsnullpunktes (Verh. II, 47) trug Burck- hardt am 3. Februar 1858 und 13. Dezember 1865 vor. Er fand bei seinen meist mit Gartenkresse ausgeführten Versuchen zwar viele Schwierigkeiten, aber keinen meteorologischen Koeffizienten, nach dem er suchte, trotzdem er im Gegensatz zu andern die einwirkenden Agentien, wie Sonne, Regen, Wind, Licht nicht zugleich wirken liess, sondern in ihrer Wirkung zu isolieren suchte. Immerhin wagte er den Schluss: „Es scheint beinahe aus den zuletzt mitgeteilten Versuchen 18 274 M. Knapp. hervorzugehen, dass der erste Beginn des Keimens ein rein mechanisches Phänomen ist, ein Durchdringen der Feuchtigkeit durch die Samenhaut in die vertrockneten Zellen des Samenkornes.“ Ein Zusammenhang zwischen Quellung und Temperatur bleibt ihm Ver- mutung. (Vergl. auch Verh. der Schweiz. Nat. Ges. 1865, 88.) Neben einer wahrscheinlich kürzeren Mitteilung über Pflanzen- farben, vom 23. Mai 1860, hat sich Burckhardt mehrmals über die Blattstellung in Vorträgen geäussert, so am 7. November 1866, am 6. und 20. November 1867. Die kurze Notiz, die einzig hierüber in den Verh. der Schweiz. Nat. Ges. 1866, 82 steht, lässt leider keinen rechten Einblick in diese Arbeiten zu, ist auch nur vorläufiger Art. Aus den Protokollauszügen geht hervor, dass namentlich der Zu- sammenhang mit den Kettenbrüchen und dem goldenen Schnitte im Vordergrunde der Besprechungen stand. Wer gewohnt ist, die Natur ständig zu belauschen, dem sagt sie auch gelegentlich Neues, Unerwartetes. Prof. Burckhardt erhielt mit einer Sendung von Araucaria-Samen auch einige Palmnüsse von einem Schwager aus Rio de Janeiro im Frühsommer 1873 zugesandt; im Herbste desselben Jahres war sein Heim plötzlich von einem sonder- baren Käfer bewohnt — weitere 20 Stück derselben Sorte fanden sich bein nachträglichen Suchen unter den Nüssen —, der ihm nun wieder Anlass zu einer kleinen Studie: ‚Ein brasilianischer Käfer aus der Gattung Bruchus, lebend in Basel,‘ vorgetragen am 12. Nov. 1873 (Verh. VI, 213) gab. Auch ein sonderbarer Kugelblitz, dessen Wir- kungen bei einem Sommeraufenthalt in Graubünden von ihm studiert werden konnte, bot Gelegenheit zu einer kleinen Skizze am 19. Dez. 1894 (Verh. XI, 134). Mannigfach hat sich Burckhardt auch, selb- ständig oder auf Anfrage hin, über Beobachtungen von Erdstössen, Nordlichtern und anderes mehr geäussert, wie er auch in den Dis- kussionen gerne mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen zur Stelle war. Ein von Kapitän Holzach erworbenes Patent eines künst- lichen Horizontes für Sextant-Beobachtungen legte er der Gesellschaft (20. Dez. 1882) mit den nötigen Erklärungen vor. Ein Fündlein eigener Art ist auch die Lucrez-Stelle, in der die Erwärmung der Bleigeschosse beim Aufprallen erwähnt wird; nur war es eben vor Robert Mayer nicht die Erhaltung der Energie, die damals das Phä- nomen erklären konnte, sondern die Erhitzung wurde der raschen Bewegung des Geschosses zugeschrieben. (Vorgelesen 4. Juli 1883; Verh. VII, 485.) Die grössten Arbeiten Prof. Burckhardts dem Umfange und wohl auch die weittragendsten dem Erfolge nach sind die Studien über die Geschichte des Thermometers. Die erste: Die Erfindung des Thermo- 6 5 ee EIN de Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 275 meters und seine Gestaltung im 17. Jahrhundert wurde am 28. Februar und 14. März 1866 in der Naturforschenden Gesellschaft vorgelesen und ist als Programm des Pädagogiums Basel 1867 erschienen. Ihr schliesst sich an die als Bericht der Gewerbeschule zu Basel 1870— 71 gedruckte Fortsetzung: Die wichtigsten Thermometer des 18. Jahr- hunderts. Endlich wurden im Jahre 1902 (Sitzung vom 8. Januar, Verh. XVI, 1-69) (auch in Poggendorffs Annalen 133, 681) Be- richtigungen und Ergänzungen zur Geschichte des Thermometers nachgetragen. Über die Gründe, die den Verfasser gerade zu diesen Arbeiten trieben, sagt er selbst: „Es hat dieses Studium seinen besonderen Reiz, einen andern als ihn die Erforschung neuer Ge- biete der Wissenschaft darbietet, weil man dadurch gerade in ein Zeitalter geführt wird, in welchem unsere physikalischen Kennt- nisse einen sicheren Boden gewonnen und sich aus früheren unselb- ständigen Formen herausgearbeitet haben zu selbständigem Leben. Ins Zeitalter, wo Galilei gearbeitet, Huyghens gelebt und Newton geboren ward, fällt die Erfindung des Thermometers.‘“ Dem päda- gogisch Tätigen schien es besonders bedeutungsvoll, ,,dass nämlich die einfachsten wissenschaftlichen Begriffe nicht die ersten, sondern die letzten sind, die, zu deren Gestaltung die Arbeit von Jahrhunderten erforderlich ist.‘ ,,So ist von dem ersten Grundversuche Galileis an beinahe ein Jahrhundert verflossen — und ein Jahrhundert grosser wissenschaftlicher Arbeit —, bis der Boden gefunden war, auf welchem die Thermometrie auch unserer Tage noch beruht, bis zu der klaren Einsicht in den Zusammenhang gewisser Erscheinungen und Vorgänge mit bestimmten Temperaturen. Das folgende Jahr- hundert war wieder nötig, um die genaue Teilung zu erhalten.“ Auch der Anteil Basels an der Geschichte der Thermometrie wird dabei nicht vergessen ; das Interesse geht aber noch weiter. „Ich habe mich bemüht, einige solche Instrumente (alte Thermometer), die sich hie und da noch in älteren Häusern befinden, vom Untergange zu retten; infolge dieser Bemühungen besitzt die hiesige physikalische Samm- lung einige, welche von grosser Sorgfalt in der Herstellung zeugen und uns Vergleichungen mit jetzigen Thermometern gestatten.“ Wenn so die verschiedensten Gebiete der Natur das Arbeiten Burckhardts anregten, so war dies in noch höherem Grade der Fall bei den speziellen baslerischen Errungenschaften in diesen Fächern und deren Autoren. Zur Geschichte der Mathematik gehören der Vortrag über das Basler Bibliothek-Exemplar von Pitiscus thesaurus mathe- maticus (verlesen am 22. Januar 1868, Verh. V, 159) und die bio- graphischen Notizen über Jacobus Rosius, Philomathematieus, der mathematischen Künste besonderer Liebhaber (Verh. XVI, 376). Einige Blätter, gefunden im Staatsarchive von Basel und ein Paket 276 M. Knapp. Bruchstücke der Universitätsbibliothek boten den äusseren Anlass zu der letzteren Studie. In der Festrede zur Feier des 50jährigen Bestehens der Basler Naturforschenden Gesellschaft (vom 4. Mai 1867, Verh. IV, Anhang) sprach er über die Arbeiten der Societas physica helvetica, der Vor- gängerin der Gesellschaft, nicht über die Geschichte dieser selbst, denn, da die Gründer und Erbauer derselben zugegen waren, „ich habe die Überzeugung, dass es den betreffenden, unter uns hochver- ehrten Männern erwünschter ist, das Rühmliche getan zu haben, als das Getane rühmen zu hören.‘ Der Nachweis, dass die beste Form der Inklinationsnadel der Hufeisenmagnet sei, wie 1743 Dan. Ber- noulli in einer Preisschrift bewies, diese aber vom Goldschmied und Instrumentenmacher Joh. Dietrich in Basel zuerst konstruiert worden ist, wie Burckhardt nachweist, dürfte daraus am meisten interessieren. Auch einen charakteristischen Satz aus Anlass der Arbeiten Lamberts in der erwähnten Gesellschaft möchte ich nicht unterdrücken: ‚Mit etwelcher Scheu schliesse ich an diese Mit- teilung über die Witterung einige Bemerkungen, welche Lambert über den Einfluss des Mondes auf die Ebbe und Flut der Atmosphäre angestellt hat, mit Scheu deshalb, weil es noch Leute geben soll, welche dem Monde verschiedene Einflüsse zuschreiben, welche sich nicht nach den Gesetzen der allgemeinen Anziehung; erklären lassen, und weil ich mich der Gefahr aussetze, zu ihnen, gerechnet zu werden.“ Die Rede schloss mit den für Burck- hardts Denkweise typischen Worten: „Die im Dienste der Wissen- schaft und des Gemeinsinnes ergrauten Männer, welche eine Zierde und ein Stolz unserer heutigen Gesellschaft sind, mögen der jüngeren Generation als nachahmungswürdiges Beispiel vorleuchten, damit die Gresellschaft der Vaterstadt und dem Vaterlande zu Nutz und Frommen auch die angetretene zweite Hälfte des Jahrhunderts hin- durch blühe und durch die Frucht ihrer Arbeit beweise, dass sie nicht bloss zu erben, sondern auch das Erbgut durch eigenen Erwerb zu mehren versteht.‘ Auch die Festrede zur Eröffnung des Bernoullianums in Basel, gehalten am 2. Juni 1874, bei welchem Anlasse Burckhardt zu dem schon 1860 verliehenen Dr. phil. h. e. noch mit dem Dr. med. h. c. aus- gezeichnet wurde, schliesst in ähnlichen Gedanken: ‚Erhalten wir unserem Haushalte die Wechselwirkung zwischen Wissenschaft und Gemeinsinn, auf welche unsre neue Anstalt gegründet ist, auf welcher auch unsre Universität beruht, so wird sie stets jung und kräftige erstehen: Eadem Mutata Resurgo.‘“ Der Bernoullianums- kommission gehörte Burckhardt 13 Jahre lang als Präsident an. Anı 16. November 1904 erfreute Burckhardt die Naturforschende Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 277 Gesellschaft Basel mit einer Geschichte der botanischen Anstalt in Basel (Verh. XVIII, 83) ihrem nunmehrigen Heim. Auch die Ver- leeung der Sitzungen in den Hörsaal dieses Institutes geht auf seinen Antrag (19. Dez. 1900) zurück. Dem Prytaneum der Universität Basel (1570 bis 1744) widmete er im Basler Jahrbuche (1906, 23) eine fröhliche geschichtliche Studie. Mit Leonhard Euler, speziell mit seiner Lehre vom Licht, hatte sich Burckhardt schon 1869 in einem Gymnasialprogramm beschäf- tigt (sie bildete auch das Thema seiner Habilitations-Vorlesung), worin er dessen Theorie weder ın allen Teilen neu, noch auch in allen neuen Teilen haltbar kennzeichnet, als Hauptverdienst aber die Wahrung des unbefangenen Blickes rühmt. Das Leben Eulers skiz- zierte er bei der Eulerfeier am 17. November 1883 (Verh. VII, An- hang), und aus Anlass des Euler-Jubiläums von 1907 widmete er sich von neuem diesem Gebiete und brachte als Resultat Beiträge zur Genealogie der Familie Euler in Basel am 20. November 1907 zum Vortrage (Basler Jahrbuch 1908, 69). Aus alten Kirchenbüchern, aus Ratsprotokollen und Zunftbüchern hatte er die Einzeltatsachen zusammengetragen. (Verh. XIX, 122.) Auclı verschiedenen Gliedern der Familie Bernoulli wandte sich sein Fleiss zu. So hielt er an der Feier des 100. Todestages von Daniel Bernoulli, am 18. März 1882, die Rede zur Erinnerung, indem er ein Lebensbild des grossen Physikers und Mathematikers entwarf (Verh. VII, Anhang). Die Autobiographie von Johannes II. Ber- noulli gab er in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertums- kunde mit erklärenden Notizen versehen heraus (Bd. VI, 287). Mehr seiner Neigung zu philanthropischen Werken und ihren Schöpfern verdankt das Lebensbild von Christoph Bernoulli seine Entstehung (Zeitschrift für schweiz. Statistik, Jahrg. 33, 1897). Dagegen ge- hört zu den Studien über die Mathematiker Bernoulli in Basel auch die Beschäftigung mit Maupertius, dem Freunde Johannes II. Ber- noullis, in dessen Hause, dem Engelhof, dieser hochgefeierte und schwerbeleidigte Präsident der Berliner Akademie seinen Tod ge- funden hat. Sein Lebensende hat Burckhardt im Basler Jahrbuche (1886, 153) uns geschildert, eine vollständige Lebensbeschreibung seiner Hand enthält der Jahrgang 1910 derselben Publikation (pg. 29 bis 53) (nach einem Bernoullianums-Vortrag vom 18. Nov. 1908). Dem grossen Astronomen Tycho Brahe wandte sich Burckhardt zu, da dieser zweimal in Basel geweilt hat, ja hier beinahe seine Stern- warte gegründet hätte, da ferner die Basler Bibliothek eine grössere Anzahl Briefe seiner Hand und an ihn gerichtet ihr eigen nennt. Eine Auswahl dieser Briefe: Aus Tycho Brahes Briefwechsel, gab Burckhardt als wissenschaftliche Beilage zum Berichte des Basler 278 M. Knapp. Gymnasiums 1886 auf 1887 heraus; die Mehrzahl derselben war noch nicht ediert. Auch 300 Jahre nach Tychos Tode gedachte Burck- hardt seiner in einem Vortrage vor den Basler Naturforschern am 23. Oktober 1901 (Verh. XIII, Anhang). Dem korrespondierenden Mitgliede der Basler Gesellschaft, Faraday, hat der Präsident Burckhardt bei Anlass seines Todes am 6. November 1867 Worte der Erinnerung gewidmet. Ebenfalls als Präsident rief er Bernhard Studer, mit dem ihn ja das Leben zu- sammengeführt hatte, bei dessen Tode ehrende Worte des Gedenkens nach (18. Mai 1887, Verh. VIII, 530). Mit besonderer Liebe hat er sich des bescheidenen Jonas David Labram in seiner Biographie angenommen und ihm damit ein würdiges Denkmal gesetzt (Vor- trag Sitzung 1. Nov. 1905, Verh. XIX, 1). Auch an der Schönbeinfeier (Oktober 1899), wo Prof. Burck- hardt den Vorsitz an der Tafel führte, wo sein Sohn Prof. Rud. Burck- hardt als Vorsteher der Naturforschenden Gesellschaft in deren Namen sprach, griff er u.a. durch Verlesen eines Telegrammes an den Gross- herzog von Baden und des Dankes desselben in das Festprogramm mit ein. Die Promotionsrede über Thomas Young (Feier des Basl. Gymn. 1897), sowie der Aufsatz über Joh. Georg Tralles (Rev. scient. suisse I) seien noch hier erwähnt. Einen besonderen Abschnitt in der Tätigkeit Prof. Burckhardts für die Basler Naturforschende Gesellschaft bilden seine Arbeiten in der Kartenkommission. Jahrelang war er zusammen mit dem Ober- bibliothekare, Herrn Dr. ©. Chr. Bernoulli und Herrn Dr. R. Hotz, überhaupt die Kommission. Das zeigte sich namentlich nach seinem Tode, als seine langjährige stille Arbeit eben plötzlich fehlte. Die Ver- waltung und Mehrung der prächtigen Ziegler’schen Kartensammlung war ihm ein lebhaftes Anliegen; jährlich verzeichnet das Protokoll neben seinem Jahresberichte die Aufforderung zum Beitritt in den Kartenverein, die allerdings meist ungehört verhallte. Aber auch in mehreren Arbeiten hat er diese Schätze bekannt zu machen versucht. 1879 am 11. Juni trug er über die Karten von Jakob Meyer vor. Eine Studie über Pläne und Karten des Basel-Gebietes aus dem 17. Jahr- hundert (Basler Zeitschr. f. Gesch. u. Altkd., 5) teilt uns seine Erfolge dabei mit. Die von Hans Bock dem Maler verfertigten Stadtpläne und Karten des Kantons wies er im Basler und Liestaler Archive nach. Auch das Geburtsjahr dieses Malers festzustellen, gelang ihm. Später (8. und 22. Febr. 1882) legte er Karten von Ing. Christen der Ge- sellschaft vor, 1891 (4. Nov.) den Faksimile-Atlas Nordenskjölds, und am 21. Nov. 1894 konnte er den Fund einer Karte von Sebastian Münster anzeigen. Unter dem Titel Historische Notizen brachte er (4. Nov. 1903) verschiedene Mitteilung über die durch Dan. Huber een Dil ee Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 279 ausgeführte Triangulation des Kantons Basel, ferner über Samuel Braun, den ersten deutschen wissenschaftlichen A frikareisenden, einen Basler von Geburt, und über Jakob Rosius (Verh. XV, 334). Auch noch am 7. Febr. 1906 machte er eine Mitteilung über die Birseck- Karte Hubers. Eine historische Studie über die Geschichte des Meter- systems (Histoire du Systeme métrique, Conf. Publ. au Bernoullianum a Bäle, 9. Nov. 1876, abgedruckt in Revue scient. suisse 15 I, und 15 II, 1877) reiht sich an diese Arbeiten an. Als die mitteleuropäische Zeit in der Schweiz eingeführt wurde, hatte Prof. Burckhardt durch erklärende Erläuterungen in der Tages- presse wiederholt empfehlend eingegriffen (Basl. Nachrichten Nr. 16, 23 und 26). Seine letzte, nach dem Tode aus dem Nachlasse durch Herrn Prof A. Riggenbach veröffentlichte Studie, galt der Stellung des Osterfestes im christlichen Kalender (vollendet Frühjahr 1904, Verh. XXIV, 159). Sie enthält verschiedene Urkunden und Doku- mente zur Einführung unseres heutigen Kalenders, wagt aber auch Ausblicke. So erscheint es als eine überreiche Fülle von Arbeit und Leistung, was die Naturforschende Gesellschaft Prof. Burckhardt zu verdanken hat. Weder die Ehrenmitgliedschaft, noch die beiden Ehrendoktoren, noch auch der silberne Pokal, nach einer Holbein-Zeichnung gearbeitet und beim Gymnasial-Jubiläum ihm von Herrn R. Geigy-Merian überreicht, sind des Dankes genug. Den besten Dank zeigen die späteren Geschlechter, durch treues Gedenken und durch den Versuch, solchem Vorbilde nachzustreben, jeder in seinem Teile. Da freut es uns ganz besonders, dass ein Stück dieses Geistes in der schlichten dichterischen Form ihres Urhebers auch unserer Jugend der weitesten Kreise zur Zeit dargeboten wird, des Geistes, der über der Betrachtung und Erforschung der Natur das Wohl des Nächsten, die Heimat, nicht vergisst. Im Lesebuch für die Sekundarschulen des Kantons Basel- Stadt (II. Teil, pg. 177) hat ein einfaches Gedicht von Prof. Burck- hardt Aufnahme gefunden, betitelt: Am Bienenkorb, dessen für 1hn so bezeichnenden Schluss wir uns nicht enthalten können, hier anzu- führen: Biebli, eso mach’s au : sig flissig und suech in de Sache Allewil ’s Guet und ’s Siess; denn ’s Bitter kunnt-der au ungsuecht. Sorg nit nur fir di in der Welt, teil gern mit den andre; Frai-di, wenn's andri frait, und gunn-en-es! Hesch-mi verstande ? So hat er es selbst gehalten. Er hat von dem Vielen, das er um- sonst empfangen durfte, auch umsonst an Viele geben müssen, nur so war es ihm wohl. Der Allgemeinen Krankenpflege gehörte Prof. Burckhardt als Mitglied der Kommission von 1865 bis 1897 an; ihre Geschichte schrieb er 1897 (Zeitschrift f. Schweiz. Statistik, Jahrg. 280 M. Knapp. 33, 1897). Der Freiwilligen bürgerlichen Witwen- und Waisenkasse war er zeitweise Vorsteher. An der Gründung und Fortführung der Schweizerischen Sterbe- und Alterskasse (Patria) war er beteiligt. In der Gesellschaft des Guten und Gemeinnützigen nahm er lange Zeit seines Lebens an deren Arbeiten Teil, 1863 war er Vorsteher. (Sein Schlussvortrag steht im 87. Jahresbericht der Gesellschaft.) (Ebendort: Bemerkungen über den Stand der freiwilligen bürger- lichen Witwen- und Waisenkasse, 1863.) Seine Tätigkeit für das Turnwesen an derselben Stelle haben wir schon erwähnt; die jährlichen Berichte seiner Hand in denselben Ver- öffentlichungen beweisen seine rege Betätigung. Eine Schilderung der Tätigkeit dieser Gesellschaft aus seiner Feder brachte das Bulletin de la société genevoise (IV). Männer wie sein Lehrer Wilhelm Schmidlin waren bei dieser Tätigkeit seine Vorbilder. Sein Leben hat er uns skizziert (Basler Jahrbuch 1893, 1). Lautere Charaktere wie Fr. Iselin-Rütimeyer (Zofingerblatt 1881/82, 405), Joh. Schmidhauser (29. Jahresfest des Ver. Schweiz. Gymnasiallehrer, 53) zogen ihn an. Auch Joh. Rud. Wettsteins männlichen Nachkommen in Basel widmete er, als die Familie ausstarb und verschiedene Erb- stücke vor ihr dem historischen Museum anheimfielen, ein Gedenk- blatt (Basler Jahrbuch 1911, 60). Einer ganzen Generation ist er jahrelang ein lebendiges Lexikon aller Historica der Heimat gewesen, jederzeit zu den gewünschten Auskünften bereit. Dem Verwaltungs- rate der Basler Hypothekenbank gehörte Burckhardt seit 1866 an, 1893 ihn präsidierend. Der akademischen Zunft, der Brenner’schen (seit 1875), der Burckhardt’schen (seit 1890) Familienstiftung stellte er seine Arbeitskraft zur Verfügung. Auch in Fragen der Schrift- expertise hat der Menschenkenner Behörden und Privaten vielfach gedient. Überall wo er helfen konnte, war er zu helfen bereit, so lange seine Kräfte es zuliessen. Auch in der letzten stillen, zurückgezogenen Lebenszeit, schon mannigfach geplagt von zwar nicht schlimmen, doch lästigen Be- schwerden des Alters, wo nur noch wenig an ihn herankam, widmete er seine ganze Kraft seinen Arbeiten und der Ordnung seiner Schriften und Notizen. Mit der Regelmässigkeit einer Uhr tat er das Vorge- nommene, aber auch das Erbetene gerne und gründlich. Das Gefühl der Abgeklärtheit, der Ordnung und der Ruhe ergriff wohl jeden Besucher. Mit welcher Liebe hat er die Vögel vor seinem Fenster im Winter gefüttert und beobachtet, ihr Gefieder studiert und mit Ab- bildungen verglichen. Treu besorgt durch eine langjährige Haus- hälterin, fand man ihn im sonnedurchflutenden, luftigen "Zimmer, in dem auch die schöne Philipp Matthäus Hahn’sche Uhr, nun im historischen Museum, stand. Sie gehörte zu ihm, wie alle die andern Prof. Dr. Fritz Burckhardt. 281 originellen Dinge, die er mit Eifer und Liebe gesammelt hat, z. B. Modelle der Böcklinfratzen, Karrikaturen, ,,Tierbueh‘ und die nun in Museum und Sammlungen allen zugute kommen, die sie suchen. Ruhig wie sein Lebensabend war sein Tod. Am 3. Februar 1913 starb er 82jährig. Als Schluss und Lehre aus diesem reiehen Leben möchten wir seine eigenen Worte benützen, die er in der Biographie seines Lehrers Schmidlin verwendet hat: ‚dass es eines Menschen höchstes Glück nicht ist, reich geboren zu sein, dass vielmehr der Besitz und der Ge- brauch glücklicher Geistesgaben den wahren Wert eines Menschen bestimmen.‘ „Konnte er auch mit seinen Ansichten nicht jedesmal durchdringen, so blieb von seinen Reden doch immer etwas zurück, denn er sorgte dafür, dass sie gehört und verstanden wurden.“ ‚Schon in der Jugend hatte er an sich die Wirkung werktätiger Liebe er- fahren; sein ganzes Leben war ein Zeugnis des Dankes dafür.“ ‚Bei seinen Tode fühlte man allgemein, dass einer der Männer dahinge- gangen war, welche durch eine glückliche Vereinigung von Kopf und Herz in jedem Kreise bürgerlicher Tätigkeit zur Leitung berufen sind.“ Manuskript eingegangen 11. Dezember 1914. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1913. Von Fritz Sarasin. Die Arbeiten, welche im Laufe des vergangenen Jahres im Natur- historischen Museum ausgeführt worden sind, standen bereits zum guten Teil unter dem Zeichen der zukünftigen Neuaufstellung der Sammlungen, welche durch den Grossratsbeschluss vom letzten Mai in greifbare Nähe gerückt ist. Es muss unsere Aufgabe sein, dafür Sorge zu tragen, dass der Bezug der nach der Übersiedelung der Kunstsammlung und der Sammlung für Völkerkunde in ihre eigenen neuen Heime uns zufallenden Säle uns in jeder Hinsicht für diese grosse Arbeit gerüstet vorfinde. Zu diesen Vorbereitungen gehört in erster Linie, dass alle Bestände geordnet, bestimmt und, soweit möglich, katalogisiert seien, und wir sind auch diesem Ziele im ver- flossenen Jahre um ein gutes Stück näher gekommen. Als ein auch äusserlich sichtbares Zeichen hiefür mag der im Druck erschienene Katalog der reichhaltigen Sammlung rezenter Skelette und Schädel, verfasst von Herrn Dr. P. Revilliod, gelten. Von den Katalogi- sierungs- und Bestimmungsarbeiten in andern Abteilungen wird im Verlaufe dieses Berichts vielfach die Rede sein. Auf eine Anfrage E. E. Regenz, ob nicht die älteren Akten des Museums dem Staatsarchiv zur Aufbewahrung übergeben werden sollten, hat die Kommission ablehnend geantwortet, da diese Stücke beständig konsultiert werden müssen und eine Aufbewahrung der- selben ausserhalb des Hauses daher zu Unzuträglichkeiten führen würde. Mehrfach ferner hat sich die Kommission mit der Frage eines neuen Dienerlaboratoriums beschäftigt, da das alte wegen seiner Enge und auch wegen seiner Feuergefährlichkeit unbedingt einer Umge- staltung bedarf. Es sind im Auftrag der Kommission zwei Plan- varianten für einen solchen Neubau ausgearbeitet worden. Indessen wurde durch den Ankauf der Wittmer’schen Liegenschaft durch den Staat die Frage in ein ganz neues Stadium gerückt. Dieses Anwesen würde sich nämlich ganz vortrefflich als Arbeitshaus eignen und Basler Naturhistorisches Museum. 283 hätte den grossen Vorteil, dass darin sehr umfangreiche Vorratssamm- lungen, namentlich aus geologischem und osteologischem Gebiet, magaziniert werden könnten. An Arbeitszimmern für die wissen- schaftliche Ausnützung dieser Materialien wäre auch kein Mangel. Gegenwärtig sind diese Sammlungen in vier Häusern ausserhalb des Museumsgebäudes untergebracht. Der Unterzeichnete hat daher im Namen der Kommission eine Eingabe an das Erziehungsdepartement gerichtet, mit der eingehend motivierten Bitte um Überlassung dieses Hauses an das Naturhistorische Museum. Diese Eingabe hat eine wohlwollende Aufnahme gefunden. Auch sonst sind wir den Behörden für allerleı Nachhilfe, ausser- halb des Rahmens der gesetzlichen Kredite, dankbar. So ist uns für Mobiliar ein Extrakredit von Fr. 2800.—, für Bibliotheksarbeiten ein solcher von Fr. 300.— bewilligt worden. Nicht minder aber sind wir der Gesellschaft des Guten und Gemeinnützigen und in allererster Linie unserem treuesten Freunde, dem Freiwilligen Museumsverein, zu aufrichtigem Danke verpflichtet, hat uns doch der Letztere, neben seinem jährlichen Beitrag, zweimal mit wertvollen Geschenken be- dacht. Ausser einer seltenen Pinguin-Art hat uns dieser Verein den Ankauf eines liberianischen Zwergflusspferds, Balg und Skelett, für Mk. 2500.— ermöglicht, an welche Summe ein altbewährter Gönner unserer Zoologischen Sammlung, Herr Alb. von Speyr-Bölger, Mk. 1000.— beigesteuert hat. Für eine weitere Gabe von Fr. 1000.— an den Ankauf fossiler Säugetiere sind wir Herrn Dr. Joh. Rud. Geigy-Schlumberger zu grossem Danke verpflichtet. Endlich hat uns die Allgemeine Museumskommission Fr. 3025.— für Installations- zwecke überwiesen. Die Zinsen der Rütimeyer-Stiftung sind auch dieses Jahr ganz der Osteologischen Sammlung zugewandt worden. Der Custos, Herr Dr. J. Roux, hat einen sehr vorteilhaften Ruf an ein auswärtiges Museum abgelehnt, und die Kommission hat ihm bei dieser Gelegenheit ihre Glückwünsche ausgesprochen und zugleich ihrer Freude darüber Ausdruck gegeben, dass seine geschätzte Ar- beitskraft unserer Anstalt erhalten bleibt. Dagegen ist Herr Dr. P. Revilliod Ende ‚Juni, da sein Arbeitsprogramm erledigt war, als Assistent zurückgetreten. In der zoologischen Abteilung waren ausserdem die Herren Dr. @. Bollinger und Dr. W. Bigler tätıg, der Entomologie die Herren Hans Sulger und E. Liniger, in Fe Osteologischen Sammlung die Herren Dr. $S. Schaub und Dr. H. Hel- bing ; in der Geologischen wurden vorwiegend Studierende zu Hilfs- leistungen herangezogen. Noch sei bemerkt, bevor wir zu den einzelnen Abteilungen über- schen, dass auch dieses Jahr die Führungen im Museum sich leb- hafter Teilnahme zu erfreuen hatten. 284 Fritz Sarasin. Zoologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, F. Sarasin.) Säugetiere. Die Sammlung der Säugetiere hat in allererster Linie dem Freiwilligen Museumsverein und Herrn Albert von Speyr-Bölger als überaus willkommene Gabe Balg und Skelett des liberianischen Zwergflusspferdes, Choeropsis liberiensis Morton, zu verdanken; da indessen zur Zeit das Exemplar sich noch in Hamburg in Präparation befindet, soll erst im nächsten Jahresbericht eingehend darüber ge- sprochen werden. Die neucaledonische Säugetierfauna, die nur aus Fledermäusen und aus Nagern besteht, ist nun durch Einreihung der von Herrn Dr. J. Roux und dem Unterzeichneten mitgebrachten und von Herrn Dr. P. Revilliod bearbeiteten Sammlung vollständig bei uns vertreten; neu für das Museum waren davon 9 Arten, darunter 4 Typen neuer Formen. Herr Dr. A. David schenkte uns den Balg einer von ihm erbeuteten jungen Giraffe, von einem Nebenfluss des Blauen Nils stammend, die Direktion des Zoologischen Gartens mehrere Arten, unter denen ein schönes männliches Exemplar des Thar, Hemitragus jemlaicus H. Sm., besonders willkommen war. Ver- schiedene Gaben gingen ein von Herrn K. Dreher, Basel, den Erben des Herrn H. Merian-Paravicini, Basel (Kopf eines Pyrenaen-Stein- bockes), Dr. A. Sechehaye, Süd-Afrika, Dr. F. Speiser, Basel und Dr. H. G. Stehlin, Basel. Unter den Ankäufen sind ein schöner Balg von Canis dingo Blum. aus Zentral-Australien und einer des tasmanischen Ameisenigels erwähnenswert. Der Zuwachs an neuen Arten be- trug 15. Vögel. Den grössten Zuwachs dieser Abteilung bildet die vom Unterzeichneten und Herrn Dr. Roux geschenkte Sammlung von Vögeln Neu-Caledoniens und der Loyalty-Inseln, 272 Bälge, sowie eine Anzahl Nester und Nestlinge in Spiritus. Es sind die Materialien zu einer neu-caledonischen Ornis, die der Unterzeichnete veröffent- licht hat. 11 Gattungen und 55 Arten waren bisher im Museum noch nicht vertreten, darunter 12 Typen neuer Species und Varietäten. Als besonders bemerkenswert sind 3 Bälge des seltenen und in seinem Vorkommen auf Neu-Caledonien beschränkten einzigen Vertreters der Familie der Rhinochetiden, Rhinochetus jubatus Verr. und Des Murs, zu erwähnen. Zwei davon, Männchen und Weibchen, sind aufgestellt worden, mit Nest und Nestjungem zu einer Gruppe in eigener Vitrine vereinigt. Das Nest ist das erste überhaupt bekannt gewordene. Von den Neuen Hebriden erhielten wir von Herrn Dr. Felix Speiser 7 für uns neue Arten, darunter den Typus einer neuen Sub- species. Sehr willkommen zur Ergänzung unserer nahezu vollstän- Basler Naturhistorisches Museum. 285 digen Pinguinserie war das vom Freiwilligen Museumsverein uns geschenkte Exemplar von Pygoscelis adeliae (Hombr. und Jacq.) nebst Ei, durch die Schottische Antarktische Expedition von den South Orkneys mitgebracht. Herr Dr. S. Schaub schenkte uns aus dem Nachlass des Herrn Prof. Rud. Burckhardt einen jungen Rhino- chetus in Spiritus, Herr Direktor A. Wendnagel einheimische Vögel und Nester, Herr E. Mutschelknaus ein schönes Nest eines Töpfer- vogels, Herr G. Schneider Eier von Comatibis eremita (L.). Für Weiteres siehe die Geschenkliste. Angekauft wurde für die schweizerische Lokalsammlung eine Habichtgruppe, die Eltern mit Nest und Jungen, aus dem Leimental stammend; diese hübsche Gruppe hat eine eigene Vitrine erhalten. Von ausländischen Sachen wurden 10 für uns neue Arten aus Ost- asien und dem östlichen Malayischen Archipel angekauft, darunter die seltene fluglose Ralle von Halmahera, Habroptila wallaceı Gray. Der Gesamtzuwachs des Jahres betrug 63 neue Arten. Reptilien und Amphibien. Auch in dieser Abteilung war die diesjährige Vermehrung sehr erfreulich, indem der Sammlung 9 neue Gattungen, 69 neue Arten und 15 Varietäten einverleibt wurden. Die herpetologische Abteilung zählt gegenwärtig, ohne die Varietäten, 2300 Arten, gegenüber 1660 im Jahre 1900. Wir dürfen also mit Freude konstatieren, dass die von Herrn Ratsherr Fritz Müller mit so grosser Sorgfalt gepflegte Sammlung sich durchaus auf der von ihrem Begründer erstrebten Höhe hält. Einheimische Arten schenkten die Herren R. Menzel, J. de Loriol, A. Zuberbühler, solche aus dem Malayischen Archipel Dr. W. Hotz und J. M. Kampmeinert, von den Neuen Hebriden Dr. Felix Speiser, 30 Arten von Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln (15 und 9 Varietäten für uns neu) Dr. J. Roux und der Unterzeichnete, solche aus Süd-Mozambique Herr Dr. A. Sechehaye, aus Brasilien Herr A. Schetty-Eisenlohr, solche diverser Provenienz Herr G. Müller-Bovet, Dr. J. Roux, die Natur- historischen Museen von Freiburg und Genf und die Direktion des Zoologischen Gartens. 24 Arten (14 für uns neu) wurden angekauft, 46 (davon 21 neue) im Tauschverkehr erworben von den Museen zu Berlin, Freiburg, Genf, Kharkow, München, Stockholm und Wien. Fische. Leider gilt das über die Vermehrung der vorhergehenden Abteilungen Gesagte nicht auch für die Fische. Diese Sammlung ist vielmehr in ihrem Bestande stabil geblieben, denn es fehlen uns die nötigen Arbeitskräfte, um diese Gruppe gehörig pflegen zu können. Den einzigen Zuwachs, eine westafrikanische, bisher noch nicht ver- tretene Art verdanken wir Herrn A. Urech. Mollusken. Diese umfangreiche Abteilung, deren Besorgung Herr Dr. G. Bollinger übernommen hat, erhielt Zuwendungen von 286 Fritz Sarasin. den Herren Dr. G. Niethammer und J. M. Kampmeinert (Borneo- und Halmahera-Mollusken), R. Menzel (marine aus Triest), Fr. Riggenbach (aus Marokko) u. a. Arachniden, Crustaceen ete. Geschenke meist kleinerer Art von den Herren Dr. W. Hotz, R. de Lessert, R.de Roeder, Prof. CO. Schmidt (lebender Paragaleodes aus Tunis), Dr. Felix Speiser, Dr. Erw. Stresemann, Dr. J. Roux und dem Unterzeichneten (siehe die Ge- schenkliste). Durch Tausch mit dem Museum von Paris erhielten wir 8 Süsswasserkrebsarten (7 davon neu für uns). Angekauft wurde als erster Vertreter der Familie der Onychophora ein südamerikanischer Peripatus, P. bimbergi Fuhrm. Vermes. Unter den Würmern sind es namentlich die beiden Gruppen der Turbellarien und der Oligochaeten, welche reiche Ver- mehrung erfahren haben. Herr Prof. P. Steinmann erfreute uns mit einer hübsch aufgestellten Kollektion sämtlicher schweizerischer Planarien; dieselbe soll später der schweizerischen Lokalsammlung eingegliedert werden. 30 Arten Landplanarien, aus Ceylon und Celebes, fast alles Typen von Arten, die durch L. von Graff be- schrieben worden sind, schenkten P. und F. $S. Die Regenwürmer sind durch 40 caledonische und Loyalty-Arten und 8 von den Neuen Hebriden bereichert worden; es sind dıe Materialien zu einer Mono- graphie Prof. Michaelsen’s über die genannten Gebiete. Für den Zuwachs an Echinodermen, Coelenteraten und Protozoen siehe die Greschenkliste. Erwähnt mögen sein die Typen einiger celebensischer Süsswasserschwämme und 34 Präparate von Tiefsee- Radiolarien der Challenger-Expedition, die Ernst Haeckel seinerzeit P. und F. S. geschenkt hat. In der Zoologischen Sammlung ausgeführte Arbeiten. Der Custos, Herr Dr. J. Roux, hat zunächst die Bearbeitung der neu- caledonischen Reptilien zu Ende geführt und dann in verschiedene Gruppen wirbelloser Tiere Ordnung gebracht. So wurden die bereits bestehenden Zettelkataloge der Arachniden, Echiniden und Spongien kontrolliert und ergänzt und neue Kataloge angelegt für die Gruppen der Turbellarien, Oligochaeten, Crinoiden, Holothurien, Stelleriden und Formiciden. Wir haben für diese Revisionsarbeit, die eine not- wendige Vorbedingung für die spätere Neuaufstellung bildet, uns auch der Mithilfe auswärtiger Gelehrter zu erfreuen gehabt. So hat Herr Prof. Döderlein in Strassburg aufs freundlichste unsere gesamte Echiniden-Sammlung neu bestimmt, Herr Prof. Kraepelin in Ham- burg die Skorpione und Herr Prof. Michaelsen in Hamburg eine An- zahl Oligochaeten. Herr Dr. P. Revilliod hat die Säugetiere von Neu-Caledonien monographisch bearbeitet (die Arbeit ist im Druck) und bei dieser ii Basler Naturhistorisches Museum. 287 Gelegenheit die gesamten Megachiropteren des Museums revidiert, Herr Dr. @. Bollinger in den Fenstervitrinen des Zoologischen Saales eine, im Hinblick auf die zukünftigen Veränderungen freilich nur provisorische, Schaustellung der wichtigsten Molluskentypen veran- staltet und nebenher eine Arbeit über Celebes Süsswasser-Mollusken ausgeführt, Herr Dr. W. Bigler mit der Revision der Myriopoden- sammlung einen guten Anfang gemacht und endlich Herr Dr. E. Schenkel einige schweizerische Spinnen bestimmt. Wir hoffen, dank der emsigen Tätigkeit unseres Custos, erreichen zu können, dass vor Eintritt der Neuordnung der Sammlungen alle Gruppen der wirbel- losen Tiere — die Wirbeltiere sind es jetzt schon — neu bestimmt und katalogisiert sein werden. | Materialien des Museums wurden auf Wunsch an folgende Herren zur Bearbeitung oder zu Vergleichszwecken gesandt: Dr. G. A. Boulenger, London (Reptilien), Prof. Bouvier, Paris (Crustaceen), Dr. L. W. Calmann, London (Crustaceen), Dr. P. N. van Kampen, Amsterdam (Amphibien), Dr. H. W. Kew, London (Pseudoskor- pione), Dr. J. G. de Man, Jerseke (Crustaceen), Dr. H. Merton, Heidelberg (Temnocephala) und Dr. C. Fr. Roewer, Bremen (Opiliones). Veröffentlichte Arbeiten. Dr. F. Sarasin, Die Vögel von Neu- Caledonien und den Loyalty-Inseln, Dr. J. Roux, Les Reptiles de la Nouvelle Caledonie et des Iles Loyalty, Prof. W. Michaelsen, Die Oligochaeten von N. C. und den benachbarten Inselgruppen, Nova Caledonia, Heft 1—3. Entomologische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. L. G. Courvoisier.) Im Jahr 1913 ist an Geschenken die höchst wertvolle Ausbeute der Forschungen der Herren Dr. Sarasin und Roux in Neu-Cale- donien etc. eingegangen; daneben eine Anzahl von Faltern vom Volta- fluss an der Goldküste seitens des Herrn M. Bollinger. Letzterer stellt weiteres in Aussicht. Verschiedene Schmetterlingsserien wurden an- gekauft. In der Lepidopterensammlung hat Herr Hans Sulger seine Arbeit der Übersiedelung in neue Rahmen soweit fortgesetzt, dass nur noch ein kleiner Teil der Eulen, sowie die Spanner und einige weitere, wenig zahlreiche Familien übrig sind. Herr Liniger hat die Orthoptera und einen Teil der Neuroptera aus Neu-Caledonien präpariert und zusammengestellt, später in gleicher Weise den Rest celebensischer Insekten. Die Hauptarbeit des Jahres aber bestand 288 Fritz Sarasin. in der Neuordnung der Hymenopterensammlung, die nun beinahe beendigt ist. Osteologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.) Die rationelle Ausbeutung der neuen Fundstelle eocäner Säuge- tierreste zwischen Egerkingen und Oberbuchsiten (von der im vorigen Berichte die Rede gewesen ist) wurde uns gegen Ende 1912 durch Konkurrenten derart erschwert, dass wir uns genötigt sahen, mit der Gemeinde Oberbuchsiten einen Pachtvertrag abzuschliessen, welcher uns — vorläufig auf zwei Jahre — das Alleinrecht auf Ausbeutung der Bohnerzformation im Gemeindebann zusichert. Der Abschluss dieses Vertrages hatte hinwiederum die Konsequenz, dass wir die Nachgrabungen noch energischer an die Hand nehmen und für diesen Zweck noch einen beträchtlicheren Teil der disponibeln Mittel bud- getieren mussten als im Vorjahre. Die Unternehmung hat nicht nur den ganzen Jahreszins der Rütimeyerstiftung, sondern auch den grössten Teil des regulären Abteilungskredites verschlungen. In allen andern Richtungen war uns daher grösste Zurückhaltung geboten. Gleichwohl glaubten wir auf die Erwerbung einer neuen, unge- wöhnlich schönen und für die Abrundung unserer Sammlung äusserst begehrenswerten Fossilienserie von dem in den letzten Berichten immer wieder genannten Pliocänfundort Senèze (Haute Loire) nicht verzichten zu sollen. Da der Freiwillige Museumsverein die Ab- teilung 1911 und 1912 mit Extrakrediten bedacht hat, durften wir, schon aus Rücksicht auf die andern Sammlungen, nicht wiederum an ıhn gelangen. Es blieb uns daher nichts andres übrig, als auf die Gewogenheit privater Gönner zu bauen. Vorderhand hat nun Herr Dr. Rudolf Geigy-Schlumberger die grosse Freundlichkeit gehabt, uns einen Beitrag von Fr. 1000.— an diesen Ankauf zu spenden, wofür ihm auch an dieser Stelle nochmals unser verbindlichster Dank ausgesprochen sei. Wir hoffen, es lassen sich im Laufe des kom- menden Jahres andere Freunde des Naturhistorischen Museums be- reit finden, den Rest der Kaufsumme zu decken. Um in dem seit Jahren angestrebten allseitigen Ausbau unserer Dokumentensammlung zur Geschichte der Säugetiere trotz der herr- schenden Finanznot keinen Stillstand eintreten zu lassen, ist im Be- richtsjahre eifriger als bisher auf Verwertung der vorhandenen Doublettenbestände auf dem Tauschwege Bedacht genommen worden. Die Übersicht des Jahreszuwachses, die wir in gewohnter Anordnung folgen lassen, wird zeigen, dass unsere Bemühungen in dieser Rich- tung von erfreulichem Erfolg begleitet gewesen sind. Basler Naturhistorisches Museum. 289 Eoeän. Die neugewonnenen Materialien von Egerkingen be- dürfen zum weitaus grössten Teil noch einer sorgfältigen Präparation, die viele Arbeit und Zeit erfordern wird. Vorderhand ist zu berichten, dass sie sehr umfangreich sind, das Belegmaterial einer ganzen Reihe von Formen in höchst willkommener Weise vervollständigen und auch einige Nova enthalten. Auch den Serien von einigen auswärtigen Eocänfundorten konnten im Berichtsjahre wichtige Ergänzungen zugeführt werden. Oligocän. Die neueingegangenen Oligocänmaterialien verteilen sich auf Sannoisien, Stampien und Aquitanien. Den reichlichsten Zuwachs haben die Bestände aus dem obern Aquitanien erfahren, indem nicht nur die Serien aus dem Phryganidenkalk des Allier er- weitert wurden, sondern — durch Tausch mit dem Museum in München — auch die bis jetzt sehr kümmerlichen aus dem gleich- altrigen Süsswasserkalk der Ulmer Gegend in sehr erwünschter Weise ergänzt werden konnten. Als interessantes Novum aus unserer nächsten Umgebung verdient ein Fisch aus der Gruppe der Pleuro- nectiden, gefunden im Septarienton von Allschwil und geschenkt von der Direktion der Thonwarenfabrik Passavant- Iselin & Cie., be- sonders hervorgehoben zu werden. Miocän. Durch Tausch mit dem Museum in Kalkutta (Geological Survey of India) erhielten wir eine grosse Zahl von Originalstücken und Abgüssen, welche einen guten Überblick über die erst neuerdings näher bekannt gewordenen Miocänfaunen Indiens gewähren und zu höchst instruktiven Vergleichungen mit den gleichzeitigen Tiergesell- schaften Europas Gelegenheit bieten. Durch Originalien sind 17 Arten vertreten, durch Abgüsse weitere 22. Die Bestände aus dem europäischen Miocän sind durch grössere Suiten aus dem Burdigalien des Orleanais und aus dem Pontien von Eppelsheim in Hessen ergänzt, worden. Besonders willkommen war uns die Suite von Eppelsheim — durch Tausch mit dem Museum in Darmstadt erworben —, da dieser wichtige Fundort bisher nur durch wenige Nummern repräsentiert war. Das Vindobonien ist nur durch vereinzelte Fundstücke und einige Abgüsse vertreten (s. Tausch- und Geschenkliste). Pliocän. Aus dem eingangs erwähnten, noch nicht vollständig finanzierten grossen Ankauf aus dem obern Pliocän von Senèze (Haute Loire) sind hervorzuheben : Ein — leider in der obern Partie stark mitgenommener — Schädel von Elephas meridionalis; zwei mitsamt den Mandibeln prachtvoll erhaltene Schädel von Rhinoceros etruscus, von einem adulten und einem jungen Tiere herrührend ; ein sehr schönes Stirnstück von Bos etruscus; ein Skelett von Equus stenonis; ein Schädel und ein Skelett des kleinen Senèzehirsches. 19 290 Fritz Sarasin. Aus dem obern Pliocän von Val d’Arno hat Herr Pfarrer H. Iselin, der stetsfort in verdankenswerter Weise für uns tätig ist, u. a. die Backenbezahnung und einen ansehnlichen Teil des Carpus eines Mastodon arvernensis eingesandt. Pleistocän. Die immer noch schwach vertretenen Belegmaterialien aus dem untern Pleistocän sind etwas ergänzt worden, u. a. durch ein schönes Bisonstirnstück aus dem Sande von Mosbach bei Mainz, das der Sammlung durch Tausch mit dem Senckenbergischen Museum in Frankfurt a/M. zugeführt werden konnte. Von den in der Geschenkliste aufgeführten Geschenken pleisto- cäner Säugetierreste, meistens aus der Niederterrasse und dem Löss unserer Umgebung stammend, seien hier zwei Stosszähne von Elephas primigenius besonders hervorgehoben, der eine aus der Niederterrasse der Neuen Welt, geschenkt von der Direktion der Electra Bürseck, der andere aus dem ältern Löss von Wyhlen, geschenkt von Herrn Direktor Chomton. Das letztere Exemplar hat eine Länge von über drei Meter und übertrifft alle andern, die unsere Sammlung besitzt, bei weitem. Es wird ein interessantes Gegenstück zu dem annähernd gleichstarken, seit einigen Jahren im Vestibül ausgestellten Stoss- zahn von Elephas meridionalis bilden und soll neben demselben mon- tiert werden. Rezente Osteologica. Der diesjährige Zuwachs an rezenten Osteologicis besteht ausschliesslich aus Geschenken (s. Geschenkliste). Neben Nachträgen zu den letztjährigen Gaben der Herren Dr. R. Biedermann-Imhoof und Dr. Felix Speiser waren uns besonders wert- voll die reiche Neu-Caledonienausbeute der Herren F. Sarasin und J. Roux und die gewaltigen Skeletteile eines Elephas africanus, welche Herr Dr. Adam David von seiner letzten Afrikareise mitge- bracht hat. Verwaltung. Die Raumnot der Abteilung hat Ende des Berichts- jahres einen solchen Grad erreicht, dass wir beim Erziehungsdeparte- ment um die Erlaubnis einkommen mussten, den vordern Saal vorder- hand abzuschliessen und zu Magazinierungszwecken zu verwenden. Der Vorsteher ist bei der Verwaltung durch die Herren Dres. P. Revilliod, H. Helbing und S. Schaub unterstützt worden, denen wir an dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank für ihre trefflichen Dienste aussprechen. Herr Dr. Revilliod hat einen knappen Auszug aus dem von ihm in den letzten Jahren revidierten Katalog der rezenten Osteologica ausgearbeitet; derselbe ist soeben in Band XXIV der „Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel‘ er- schienen. Die Herren Drs. Helbing und Schaub haben sich mit vielem Eifer und Geschick der Montierung fossiler Skelette angenommen, zu welchem Zweck uns von den hohen Behörden in verdankenswerter Basler Naturhistorisches Museum. 291 Weise wiederum ein Extrakredit — diesmal in der Höhe von Fr. 1000.— — gewährt worden ist. Die Montierung eines Skelettes von Potamotherium valetoni aus dem obern Aquitanien, welche Herr Dr. Helbing übernommen hatte, ist abgeschlossen worden. Die- jenige von vier weiteren Skeletten ist vorbereitet. Es liegt gegen- wärtig lediglich an dem Mangel an hinreichender subalterner Bei- hilfe, wenn diese Arbeiten nicht rascher vorrücken. Die Einrichtung, dass alle Abteilungen zusammen nur über einen einzigen Diener ver- fügen, erweist sich von Jahr zu Jahr deutlicher als unhaltbar. Objekte unserer Sammlung sind verwertet und abgebildet in folgenden im Berichtsjahre erschienenen Publikationen: Prof. Dr. Martin Schmidt (Stuttgart): Über Paarhufer der fluviomarinen Schichten des Fayum, Geolog. und palaeontolog. Ab- handl. ed. Koken, XV, 3. H. Messikommer (Zürich): Die Pfahlbauten von Robenhausen. Die Sammlung wurde benutzt von Herrn Dr. W. Soergel in Frei- burg i/Br. Materialien wurden ausgeliehen an eben denselben, sowie an die Herren Ed. Harlé in Bordeaux und Prof. W. Leche in Stock- holm. Geologische Sammlung. A. Petrographische und Indische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. C. Schmidt.) 1. Petrographische Abteilung. a) Sammlung alpiner Gesteine. Die Untersuchungen im süd- westlichen Graubünden sind durch C. Schmidt und F. Zyndel weiter- geführt worden, und eine Anzahl neuer Belegstücke wurden den be- treffenden Sammlungen eingereiht. Ferner hat Herr Prof. H. Preis- werk; seine Untersuchungen im Tessin im Auftrag der schweiz. geolog. Kommission weitergeführt und zwei Schiebladen Gesteinsproben gesammelt. Gelegentlich des Baues des zweiten Simplontunnels hatten C. Schmidt und H. Preiswerk im Auftrag der Schweiz. Bundesbahnen ihre Untersuchungen wieder aufzunehmen. Wertvolle Erzänzungen zu den vorhandenen Belegstücken werden bei dieser einzigartigen Ge- legenheit kontinuierlich gesammelt. Auch hat Herr Prof. Preiswerk eine neue Untersuchung über ‚Die metamorphen Triasgesteine im Simplontunnel‘“ veröffentlicht (Verhandl. der Nat. Ges. in Basel, 3d. XXIV). 292 Fritz Sarasin. Von Herrn Dr. E. Gutzwiller wurden die Originalsammlungen zu den drei folgenden Publikationen übernommen : Injektionsgneisse aus dem Kt. Tessin (Eclog. geol. Helv. 1912); Zwei gemischte Horn- felse aus dem Tessin (Centralblatt für Mineralogie etc. Nr. 12, 1912); Zwei besondere Typen von Injektionsgneissen aus dem Tessin (Centralblatt für Mineralogie ete., 1914). Diese Sammlungen umfassen 78 Handstücke und 20 Dünn- schliffe. b) Lagerstättensammlung. Salzlagerstätten. Diese Sammlung hat sehr bedeutenden Zuwachs zu verzeichnen. Es sind ihr eingereiht worden: Bohrproben und Bohrkerne von 8 Salzbohrungen (Schwei- zerhalle X, XII, XIII, Leuggern, Richtheim, Siblingen, Klingnau und Zurzach), die von C. Schmidt und L. Braun im Auftrag der Ver- einigten Schweiz. Rheinsalinen untersucht werden (40 Schiebladen) ; ferner eine zweite Suite von Salzgesteinen, gesammelt von C. Schmidt und W. Hess, die Kalisalze des Elsasses betreffend; Salze der tunesischen Chotts, von ©. Schmidt. mitgebracht; endlich Kalisalze (Sylvinit und Kainit) von Kelusz in Galizien, gesammelt von C. Schmidt. Eine ausgedehnte Untersuchung der Salzlager in Catalonien, wo die bedeutsame Entdeckung von Kalisalzen gemacht worden ist, haben C. Schmidt, A. Tobler und L. Braun durchgeführt. Kohlen ete. Schweizerische Vorkommen von Anthracit wurden im Wallis untersucht und gesammelt von ©. Schmidt. J. Stauffacher sammelte die eocänen Anthracite der Diablerets und Asphalt im Val de Travers. | Zementgesteine. Eine Untersuchung über Zementgesteine am Thunersee führten C. Schmidt und R. Schider aus. Eine instruktive Suite von analysierten Proben ist vorhanden. Die Erzsammlung ist vermehrt worden durch Geschenke von Dr. A. Buxtorf :: Manganerze von der Lindner Mark bei Giessen, Eisen- erze des Vogelsberges und Bohnerze von Nieder-Surenen. C. Schmidt und J. Stauffacher sammelten im Wallis: Eisenerze der obern Kreide an der Dent du Midi, Bohnerze der Diablerets, Arsenkiese bei Salanfe und Kupfer-Wismutherze im Val d’Anniviers. Von Dr. A. Tobler wurde eine Suite von Erz- und Gesteinsproben aus den Goldgruben von Redjang Lebong (Benkoelen, Sumatra) und von Totok (Celebes) geschenkt. c) Die paläozoische Sammlung hat Vermehrung erfahren durch einige Stücke Zechstein aus Hessen, geschenkt von Dr. Buxtorf, so- wie durch eine Suite silurischer Versteinerungen aus den Pyrenäen, gesammelt von stud. O. Gutzwiller. d) Ausländische Suiten sind vertreten durch die Aufsammlungen, die C. Schmidt, E. Baumberger, E. Gutzwiller und O0. Gutzwiller Basler Naturhistorisches Museum. 293 gelegentlich ausgedehnter Untersuchungen von Petrolterrains in der Bukowina gemacht haben. Ferner sind bemerkenswert neu entdeckte Vorkommnisse von fossilreicher Trias in Tunis, gesammelt von ©. Schmidt und untersucht von À. Lang. 2. Indische Abteilung. Diese erhielt im Jahre 1913 Zuwachs durch Aufsammlungen von Dr. A. Tobler, Dr. F. Weber, Ing. H. Jezler und Dr. W. Hotz. Im Laufe des Jahres 1913 wurde von Dr. Tobler das gesamte, von ihm in den Jahren 1906—1912 in Indien gesammelte Material in mustergültiger Weise geordnet, etikettiert und präpariert. Es wurde gegliedert in 7 Abteilungen, nämlich: 1. Material aus Djambi, 2. Material aus den Padangschen Boven- landen, 3. Material aus den Padangschen Benedenlanden, 4. Material aus Benkoelen, 5. Material aus Palembang, 6. Material aus Atjeh, 7. Material aus Java. Alle diese Sammlungen wurden dem Museum zum Geschenk ge- macht, mit Ausnahme des Djambimaterials, das vorläufig erst deponiert und in 6 Schränken untergebracht wurde, die Eigentum von Dr. Tobler sind. Nach vollendeter Bearbeitung und nach Aus- scheidung eines Teiles, auf den die holländisch-indische Regierung Anspruch hat, wird auch das Djambimaterial in den Besitz des Basler Museums übergehen. Im ganzen sind bisher etwa 470 Gesteine mikroskopisch untersucht und diagnostiziert worden, ca. 400 von Dr. G. Niethammer, ca. 70 von Dr. E. Gutzwiller. Die Untersuchung von 200 weitern Gesteinsproben ist von Prof. Dr. .J. Soellner in Frei- burg 1/Br. übernommen worden. Eine Suite von 276 Proben von Orbitoidenkalkstein, aus Nord-, Mittel- und Süd-Sumatra, ist an Mr. H. Douvillé in Paris geschickt worden. Herr Douvillé hat die wich- tigsten Resultate seiner Untersuchung schriftlich mitgeteilt; er be- reitet eine grössere Publikation vor. Ein Teil des aus Palembang stammenden Materials (Gesteine und Fossilien) ist bereits beschrieben in einer Abhandlung von Dr. Tobler über das Goemaigebirge, die im ‚„Jaarboek van het Mijnwezen in Nederl. Indie‘ erscheinen wird. Die meisten Materialien der obgenannten Aufsammlungen stam- men aus bisher noch unbekannten Gebieten ; von altbekannten Lokali- täten, die schon von Römer, Verbeek und Volz beschrieben sind, stammen hingegen einige grössere Suiten von Permocarbon, Trias- und Tertiärfossilien aus den Padangschen Bovenlanden (Boekit Besih, Goegoek Boelat; Ketialo, Loerah Pambang ; oe; Kalloq, Sankarewang, Batoe Mendjoeloer). 294 Fritz Sarasin. Von den Herren Dr. F. Weber (z. Zt. in Holländisch Indien) und Ing. H. Jezler (z. Zt. in Britisch Borneo) wurden wertvolle Suiten von z. T. sehr schön erhaltenen Tertiärfossilien aus Atjeh geschenkt. Dr. W. Hotz schenkte Gesteinssuiten aus Ost-Borneo (Samarinda, Sangkoelirang, Tandjong Mangkalihat) und Mittel-Java (Res. Rem- bang, Solo, Semarang), die vom Spender mit seinem früheren Ma- terial aus Borneo und Java der Sammlung eingereiht wurden. Von Dr. Hotz stammt im weiteren eine Gesteinssammlung mit 30 Dünn- schliffen aus Ost-Oelebes (darunter Kreidebelemniten aus der Land- schaft Banggai; Eruptivgesteine und Kontaktprodukte aus der Landschaft Nord-Boengkoe). Das Material kommt einerseits aus Gegenden, die von Dr. Wanner bereits geologisch beschrieben sind (Neues Jahrbuch f. Mineralogie ete., Beilageband 29, 1910), anderer- seits aus bis dahin noch unbekannten Gebieten, über welch’ letztere Dr. Hotz erst in einer vorläufigen Mitteilung (Zeitschrift der Deutschen Geol. Ges., Monatsbericht Nr. 6, 1913) berichtet hat. Von einer Reise in British Indien (Punjab) hat Herr Prof. Preis- werk Gesteine und Fossilien der Eocän- und Kreideformation mit- gebracht. B. Alpin-sedimentäre Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Buxtorf.) Der Bestand dieser Sammlungen hat im verflossenen Jahre nach verschiedener Richtung hin Bereicherung erfahren, teils durch Schenkungen, teils durch kleinere Ankäufe. Der Stand der Ordnungs- arbeiten ist dagegen derselbe geblieben wie im Vorjahr, da der Unter- zeichnete die ganze ihm zur Verfügung stehende Zeit der Sichtung der Materialien zuwenden musste, die von ihm ın den im Bau befind- lichen Juratunneln (Neuer Hauenstein und Grenchenberg) gesammelt worden sind. Diese Aufsammlungen, die heute schon mehrere kleine Pultschränke umfassen, werden nach Bearbeitung später der Ab- teilung des Herrn Dr. Greppim angegliedert werden und einen guten Überblick über diese beiden Juradurchstiche gewähren. Unter den Schenkungen ist vor allem wertvoll die Belegsamm- lung zu der von Dr. Rud. Schider verfassten ‚Geologie der Schratten- fluh‘“ (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, Neue Folge, Liefe- rung 43). Die Sammlung umfasst 16 Schiebladen samt 57 Dünn- schliffen. Aus demselben Gebiet stammen ferner 2 Schiebladen Gesteins- proben und Fossilien, die Herr Dr. Walter Bernoulli unserer Samm- lung überlassen hat und die mit der Sammlung Schider vereinigt worden sind. ce den à ap Basler Naturhistorisches Museum. 295 Vom Unterzeichneten sind endlich der Sammlung überwiesen worden: Gesteine und Fossilien vom Jochpass bei Engelberg und Belegstücke zu den von ihm für die Schweiz. geolog. Kommission im Pilatusgebiet ausgeführten Aufnahmen. Angekauft wurden einige sehr schöne Fossilsuiten aus den Ostalpen. C. Mesozoisch-lurassische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Greppin.) Der Zuwachs dieser Abteilung war dieses Jahr recht erfreulich, indem neben allerlei Geschenken einige umfangreiche Fossilsuiten erworben werden konnten, die für die Sammlungen wertvoll sind. Vor allem sei die Sammlung des Herrn Dr. Strübin erwähnt, bestehend erstens aus den Belegen seiner Publikation: ,, Über jurassische und tertiäre Bohrmuscheln aus dem Basler Jura‘ und zweitens aus vielen Fossilien und Gesteinsproben aus dem Aargauer und Neuenburger Jura. Beachtenswert ist darunter das Material von der bekannten Lokalität Les Petites Crosettes bei La-Chaux-de-Fonds. Diese Fund- stelle weist genau dasselbe Profil auf wie bei Herznach im Kanton Aargau. An beiden Orten ist das Oxfordien in eisenoolithischer Facies ausgebildet, in Mächtigkeit äusserst reduziert und enthält eine in- teressante Ammonitenfauna, welche in der Sammlung Strübin reich- lich vertreten ist. Auch aus den darunter liegenden Athletaschichten ist schönes Material vorhanden. Aus dem fränkischen Jura war es gleichfalls möglich, eine grössere Suite zu erwerben, welche interessante Arten aus dem Lias und dem Dogger enthält, wovon einige für unsere Sammlung neu sind. Vor einigen Tagen erst wurde ferner eine gute Fossiliensamm- lung von Herrn Wilhelm Schweizer erworben. Darin sind u. a. ent- halten sehr schöne Fossilserien aus Folgenden Fundstellen und geo- logischen Horizonten : Obere Klus bei Äsch, Ancepsschichten; Tschäpperli, Varians- schichten; Plattenweide, Renggeri-Variansschichten; Blauen, Ob. Rauracien- Humeralisschichten; Tittingen, Ob. Rauracien; Berg- mattenhof, Callovien-Terrain à Chailles; Blochmond, Terrain à Chailles; Châtillon bei Delsberg, Renggerischichten; Fringeli, Renggerischichten mit verkiesten Ammoniten seltener (rrösse ; Schauenburg, Renggerischichten; Röserenthal, Sauzei-Humphriesi- schichten; Stetten bei Lörrach, Humphriesischichten. Als instruktives Geschenk erhielten wir von Herrn H. v. Glenck in kleinem Massstab kunstvoll angefertigte Modelle der Gerät- 296 Fritz Sarasin. schaften, welche für Tiefbohrungen gebräuchlich sind. Mit diesen Miniaturgeräten ist es leicht möglich, den Laien eine klare Vorstel- lung zu geben, welche Hilfsmittel der Technik zu Gebote stehen, um Schichtserien, ob hart oder weich, in Tiefen von vielen hundert Metern zu durchbohren und nach Wunsch sog. Bohrkerne herauszuziehen, welche genaue Auskunft über Natur und Lagerung der Schichten geben. Diese Geräte sollen in der Nähe der Vitrinen, welche die Bohrkerne aus Bohrloch XII der Saline Schweizerhalle enthalten, aufgestellt werden. Weitere Geschenke erhielt die Abteilung von den Herren Dr. A. Buxtorf, Dr. F. Leuthardt, Hans Kugler und dem Vorsteher. Der Zettelkatalog ist im Berichtsjahre bedeutend erweitert worden und zwar nicht nur infolge der vielen Eingänge, welche vorzu bestimmt, etikettiert und katalogisiert worden sind, sondern auch wegen der Sammlung Choffat, die nun gleichfalls in den Zettelkatalog einbezogen worden ist. Der Zettelkatalog besteht heute aus 10,080 Nummern; der diesjährige Zuwachs betrug 880 Nummern. D. Mesozoische-Cretacische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Im Berichtsjahr hat diese Abteilung keinen Zuwachs erhalten. Da die Ordnungsarbeiten in den verschiedenen Sammlungen der cretacischen Abteilung vorläufig abgeschlossen sind, konnte die wissenschaftliche Bearbeitung einzelner Genera und der fossilen Tier- welt einzelner Lokalitäten ins Auge gefasst werden. Eine Publikation über die Formen der untereretacischen Gattung Garnieria ist dem Abschluss nahe. Ferner ist der Berichterstatter mit der Untersuchung einer von Herrn Dr. Tobler aus Sumatra mitgebrachten, sehr in- teressanten Fauna der untern Kreide beschäftigt, deren Resultate ebenfalls veröffentlicht werden sollen. Ein bedeutender Teil der Zeit, die dem Berichterstatter für wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung steht, ist, wie in frühern Jahren, durch die Arbeiten in der Beleg- sammlung zu den geologischen Aufnahmen im Gebiet der subalpinen Molasse am Vierwaldstättersee in Anspruch genommen worden. E. Tertiäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung und Sammlung fossiler Pflanzen. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Gutzwiller.) a) Die Sammlung ausseralpiner tertiärer wirbelloser Tiere und Belegstücke füllt ca. 450 Schiebladen, von denen viele noch einer Revision bedürfen. Ein wichtiger Teil, die Land- und Süsswasser- Basler Naturhistorisches Museum. 297 schnecken unserer Umgebung, ist durch Herrn Prof. Rollier einer genauen Prüfung und Bestimmung unterzogen worden. Geschenke erhielt die Abteilung von den Herren Dr. Buxtorf, de Grossouvre, H. Kugler, R. Dreher, Dr. R. Masarey, Dr. H. @. Stehlin und dem Berichterstatter. Angekauft wurden eine hübsche Sammlung von Fossilien (ca. 70 Arten) aus der oberbayrischen Molasse, tertiäre Fossilien und Belegstücke aus dem Berner Jura (Sammlung Dr. Nüet- hammer), tertiäre Bohrmuscheln (Sammlung Dr. Strübin) und Be- legstücke aus den oberelsässischen Kalischächten Ensisheim I und II und dem Schacht Marie bei Staffelfelden. b) Quartär- oder Diluvialsammlung. Diese besteht wesentlich aus den Belegstücken zu den verschiedenen Arbeiten des Berichterstatters, sie enthält demnach vorwiegend Proben von interglazialem Löss mit seinen Schnecken von zahlreichen Lokalitäten, ferner postglaziale Lehme und ihre Konchylien, weiter Erratica, meist aus dem Kanton Basel und zahlreiche Belegstücke der verschiedener Schotter unserer engeren und weiteren Umgebung. Sämtliche Stücke sind genau be- zeichnet. Geschenke gingen dieses Jahr bloss ein von Herrn F. Lotz in Allschwil und dem Vorsteher. c) Phytopalaeontologische Sammlung. Die im Jahre 1912 be- gonnene Revision ist nun zu Ende geführt und jedes Stück. genau be- zeichnet worden. Geordnet ist die Sammlung nach chronologischen Prinzipien, also nach der Altersstellung der verschiedenen Fundorte. Da aber die Ansichten über die Altersstellung mancher Fundorte fossiler Pflanzen in neuerer Zeit vielfach sich verändert haben, wird es zweckentsprechender. sein, bei einer Neuordnung der Sammlung diesem Umstand Rechnung zu tragen und besonders die der Tertiär- formation angehörenden Pflanzen zunächst regional und dann erst stratigraphisch einzuordnen. Von Herrn Dr. Buxtorf erhielten wir aus dem Grenehenbergtunnel 27 Gesteinsstücke der Molasse alsacienne mit zahlreichen mehr oder weniger gut erhaltenen Pflanzenresten, einer Flora angehörig, die der von Allschwil sehr nahe steht. Pflanzen- reste von Messel bei Darmstadt schenkte Herr Dr. H. @. Stehlin. Mineralogische Sammlung. ‘(Bericht des Vorstehers, Dr. Th. Engelmann.) ; J Von den Erwerbungen für die Mineralogische Sammlung im Jahre 1913 erwähnen wir u. a. ein durch Vermittlung von Herrn Dr. C. Tarnuzzer in Chur angekauftes grosses Stück Nephrit aus einem ca. !/; m mächtigen Gang zwischen Serpentin und Spilit aus dem Val Faller bei Mühlen-Oberhalbstein, im Jahre 1910 von Herrn 298 Fritz Sarasin. Dr. O. Welter in Bonn entdeckt. Das Vorkommen ist beschrieben im neuen Jahrbuch für Mineralogie, Jahrgang 1911, Band II. Man darf zwar diesen Nephrit äusserlich nicht mit dem aus unseren Pfahlbauten bekannten zusammenstellen, auch besitzt er nicht die Härte des ächten Nephrits, sondern ist ritzbar. Das mikroskopische Bild aber und die chemische Zusammensetzung sollen nach der er- wähnten Abhandlung keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Nephrit vorliegt. Ein neues Vorkommen von schön violettem Flussspath von Durschrennen am Säntis wurde uns vom Finder, Herrn Signer, ange- boten. Wir erwarben ein hübsches Stück, das in der Schausammlung bei den längst bekannten grünen Flussspathen vom Säntis aufge- legt ist. Von weitern schweizerischen Vorkommnissen wurde erworben ein grosser, gut ausgebildeter Titanitkrystall mit Chlorit auf Gneiss vom Mutthorn bei Gletsch. Vom gleichen Mineral erhielten wir einige Stücke des äusserlich ganz verschiedenen Vorkommens (Sphen) von der alten Fundstelle Rotlaui bei Guttannen. Aus Graubünden wurden Gruppen von Adular und Sphen, sowie von Desmin aus Sedrun, ferner Chabasitzwillinge und Milarit vom Val Giuf erworben, ferner einige grössere Gruppen Bergkrystall vom Gotthard. | Die Meteoritensammlung erhielt Zuwachs durch einige schône Moldavite, die durch die neuen Untersuchungen als meteoritisches Glas bestätigt worden sind, ferner Schreibersit aus San Juliao, Por- tugal und tellurisches Eisen von Grönland. Von nichtschweizerischen Mineralien erwähnen wir unter andern schöne Manganspathkrystalle von Herdorf; eine Gruppe Feldspath- krystalle, Amazonenstein, von Colorado; sehr schöne grosse Chabasit- krystalle von Neu-Schottland. Von den Geschenken erwähnen wir in erster Linie den seit Mai 1891 bei uns deponierten grossen schweizerischen Bergkrystall (Morion); es ist das grösste Exemplar unter unsern vier in einem be- sondern Kasten aufgestellten Bergkrystallen. Dieses wertvolle Stück ist uns nunmehr von den Erben des Herrn J. De Bary-Sarasin als Geschenk übergeben worden. Herr Dr. F. Sarasin brachte uns aus den Nickelerzgruben von Neu-Caledonien — neben Canada die Hauptausbeutestelle für dieses geschätzte Metall — eine Anzahl schöner Gangstücke mit. Von Herrn Dr. v. Sury in Sumiswald erhielten wir zu unserer von ihm früher geschenkten grossen Barytkugel aus den Schrattenflühen beim Kemmeribodenbad (Kt. Bern) eine kleinere Kugel mit hübscher schaliger Ausbildung. Herr Hans Sulger schenkte einen Basler Naturhistorisches Museum. 299 sehr grossen, schön ausgebildeten Barytkrystall vom Puy de Döme, Auvergne. Gypskrystalle in einer Nautiluskammer von Adelhausen erhielten wir von Herrn Dr. Buxtorf. Herr Dr. H. G. Stehlin übergab uns ein neues Mineral, nach dem Fundorte Messel bei Darmstadt Messelit genannt, eine organische Verbindung aus dem dortigen ausgebeuteten Braunkohlenlager. Einige grosse Kalkspathkrystalle aus dem Siebenthal, eine schön krystallisierte Oaleitgruppe aus dem Gotthardtunnel, sowie eine Suite der verschiedenen Verbindungen, die bei der elektrolytischen Dar- stellung des Aluminiums und Carbids gewonnen werden, sind vom Vorsteher der Sammlung übergeben worden. Bibliothek. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.) Die Katalogisierung ist so weit fortgeschritten, dass nun nur noch die Eingänge seit 1911, die topographischen und geologischen Karten und das Archiv der Erledigung harren. In der Vergebung von Buchbinderarbeit musste die grösste Zurückhaltung beobachtet werden, da die Barmittel längst ausgegangen sind. Nachdem uns die hohe Regierung aus dem Restkredit pro 1913 einen Beitrag von Fr. 300.— zugewiesen hat, schliesst die Bibliotheksrechnung mit einem Defizit von Fr. 179.70 ab. An Geschenken hat die Bibliothek im Berichtsjahre erhalten: Von Herrn Dr. A. Gutzwiller : Die neu erschienenen Hefte und Karten der Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Von den Erben Müller-Mechel: Die Fortsetzung der Trans. Entom. Soc. of London. Von den Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux: Nova Caledonia, Zoologie, Heft 1 und 2. Von den Erben des Herrn Prof. F. Burckhardt : Varia. Vom Vorsteher : Varia. Verzeichnis der Geschenke an das Naturhistorische Museum im Jahre 1913. 1. Zoologische Sammlung. a) Säugetiere. Herr Dr. A. David, Basel: Balg von Giraffa camelopardalis typica L., 2 juv., vom Dinderfluss, Nebenfluss des Blauen Nil. „ K. Dreher, Basel: Myoxus glis L., d, Riehen. Tit. Freiwilliger Museumsverein, Basel: Zwergflusspferd, Choeropsis hberiensis Mort., von Liberia, Balg und Skelett. Erben des Herrn H. Merian-Paravicini, Basel: Kopf von Oapra ibex pyrenaica Sch., Pyrenäen. Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux: 12 Arten von Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln, 9 für uns neu. Herr Dr. A. Sechehaye, S.-Afrika: Chrysochloris sp., S.-Mozambique. Dr. Felix Speiser, Basel: Pteropus tonganus geddiei Mc. Gill. von den Neuen Hebriden. Dr. H. G. Stehlin, Basel: Microtus arvalıs (Pall.) und Mus sylvaticus intermedius Bell. von Bipp. Zoologischer Garten Basel: Verschiedene Säugetiere, neu für uns: Hemitragus jemlaicus H. S., d, und Papio eynocephalus E. Geoffr., 2 juv. 29 29 b) Vügel. Tit. Eidgen. Departement des Innern, Bern: Pharomacrus mocinno De La Llave, d, Guatemala. „ Freiwilliger Museumsverein, Basel: Pygoscelis adeliae (Hombr. u. Jacq.), Scotia Bay, South Orkneys. Frau Prof. Fichter, Basel: Amerikanische Vögel. Herr E. Mutschelknaus, Basel: Nest des Töpfervogels. Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: 272 Bälge von Neu- Caledonien und den Loyalty-Inseln, worunter 55 für uns neue Arten, ferner eine Anzahl Nester und Nestjunge. Herr Dr. $. Schaub, Basel: Junger Rhinochetus jubatus in Sprit. G. Schneider, Basel: Eier von Comatibis eremita (L.), Syrien. Dr. F. Speiser, Basel: 14 Vogelbälge von den Neuen He- briden und Sta. Oruz, darunter 7 für uns neue Arten. 22 29 „7 Direktor A. Wendnagel, Basel: Einheimische Arten und Nester. Basler Naturhistorisches Museum. 301 c) Reptilien und Amphibien. Herr Dr. W. Hotz, Basel: 8 Schlangenarten aus N.-O.-Borneo, 1 für uns neu. „ Dr. J. M. Kampmeinert, Basel: 5 Panzer von Chelonia im- bricata (L.) von Halmahera. „ dJ. de Loriol, Basel: Oesterreichische Natter, Nyon. „ Cand. phil. R. Menzel, Basel: Blindschleiche von Rovigno. „ G. Müller-Bovet, Basel: 5 Reptilien- und 5 Amphibien-Arten verschiedener Herkunft, 1 für uns neu. Naturhistorisches Museum Freiburg i.'Schweiz (bei Anlass der Be- stimmung einer Sammlung): 13 Reptilien aus China und Französich-Guinea, 3 für uns neu. Naturhistorisches Museum Genf: 3 Arten Reptilien, 2 für uns neu. Herr Dr. J. Roux, Basel: 4 Arten aus Afrika und Asien, 3 für uns neu. Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: 30 Reptilienarten aus Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln, 15 Arten und 9 Var. für uns neu. Herr A. Schetty-Eisenlohr, Basel: Tupinambis teguixin (L.), Brasilien. „ Dr. A. Sechehaye, S.-Afrika: 15 Arten aus Süd-Mozambique, 2 für uns neu. | „ Dr. F. Speiser, Basel: Reptilien von den Neuen Hebriden und den Sta. Cruz-Inseln, 3 für uns neu. Zoologischer Garten, Direktion: Diverse Arten. Herr A. Zuberbühler, Basel: Einheimische Reptilien. d) Fische. Herr A. Urech, Basel: Pantodon buchholzi Ptrs., aus W.-Afrika, neu für uns. e) Mollusken. Herr Dr. J. M. Kampmeinert, Basel: Mollusken aus Borneo und Halmahera. „ Cand. phil. R. Menzel, Basel: Marine Mollusken aus Triest. „ Dr. G. Niethammer, Basel: Mollusken aus N.-W.-Borneo. , Fr. Riggenbach, Basel: Mollusken aus Marokko. Herren Drs. P, und F. Sarasin, Basel: Nacktschnecken aus Val Piora und aus Java. „ Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: Nautilus sp. von den Loyalty-Inseln. 302 Fritz Sarasin. f) Arachnida und Crustacea. Herr Dr. W. Hotz, Basel: Skorpion aus Borneo. Dr. R. de Lessert, Genf: Spinnenart aus Waadt. , R. de Roeder, Basel: Spinnenart aus Wallis. Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: Skorpione aus Neu-Cale- donien und den Loyalty-Inseln. , Drs. P. und F. Sarasin, Basel: Acarına aus Neu-Guinea. Herr Prof. Dr. C. Schmidt, Basel: Paragaleodes aus Tunis. Dr. Felix Speiser, Basel: Skorpione und Spinnen von den Neuen Hebriden und Sta. Cruz. Dr. Erw. Stresemann, Freiburg i./Br.: Crustaceen aus Nieder- ländisch-Indien. 39 g) Vermes. Herr Cand. phil. R. Menzel, Basel: Polychaeten aus Triest. Herren Drs. P. und F. Sarasin, Basel: 30 Arten Landplanarien aus Ceylon und Celebes, alle für uns neu; Oligochaeten vom Sinaï. , Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: 40 Oligochaeten-Species -aus Neu-Caledonien und den Loyalty’s, 37 für uns neu. Herr Dr. Felix Speiser, Basel: 8 Oligochaetenarten von den Neuen Hebriden, 3 für uns neu. Prof. Dr. P. Steinmann, Aarau: 11 schweizerische Planarien- arten, alle für uns neu. 39 h) Echinodermata, Coelenterata, Protozoa. Herr J. M. Kampmeinert, Basel: Gorgonida, Halmahera. R. Menzel, Basel: Coelenteraten aus der Adria. „ Dr. 6. Niethammer, Basel: Echiniden und Korallen aus Borneo. Herren Drs. P. und F. Sarasin, Basel: Süsswasserschwämme aus Celebes (Typen); Typus von Asthenosoma urens Sar.; 34 mikroskopische Präparate von Tiefsee-Radiolarien der Challenger- Expedition (Gesch. von Prof. Ernst Haeckel). : 29 Entomologische Abteilung. Herr M. Bollinger, Goldküste: Lepidopteren vom Volta-Fluss. Herren Drs. F. Sarasin und j. Roux, Basel: Neu-Caledonische In- sekten. 2. Osteologische Sammlung. Herr Dr. E. Baumberger, Basel: Knochen aus dem Helvetien von Luzern. Herr „7 Naturhistorisches Museum Basel. 303 Dr. R. Biedermann-Imhoof, Eutin: Schädel von Sciuropterus sibiricus (3), Ochotona pusillus (1), Lutreola sibirica (2), Pu- torius alpinus (3) aus den Telezkerbergen, Altai. Dr. A. Buxtorf, Basel: Knochen aus der Molasse alsacienne am Südportal des Grenchentunnels. Chomton, Direktor, Wyhlen: Ein Stosszahn von über 3 Meter Länge, diverse Molaren und Langknochen von Elephas primi- genius, sowie ein Hornzapfen von Bison priscus aus dem älteren Löss von Wyhlen. Dr. Ad. David, Basel: Schädel und Skeletteile von Elephas africanus aus dem Sudan. Tit. Elektra Birseck, Direktion: Stosszahn von Elephas primigenius Herr aus der Niederterasse in der Neuen Welt. Dr. Aug. Gansser, Basel: Zahn und Knochen von Ursus spe- laeus aus der Grotta Gondano-Trona. B. Krauss-Sommer, Basel: Humerus von Rhinoceros tichorhinus aus dem Löss von Wyhlen. Dr. E Kiernick, Krakau: Abguss eines Mandibelfragments von Titanotherium sp., aus dem Oligocän von Böhmen. Dr. A. Masarey, München: Mandibelfragment von Hippo- potamus sp., von Aegypten. Dr. H. Revilliod, Genf: Skelett von Felis siamensis domestica. Dr. 0. Roger, Augsburg: Abguss eines Mandibel von Plio- pitheeus antiquus aus dem Mittelmiocän von Stätzling bei Augsburg. Herren Drs. F. Sarasin und J, Roux, Basel: Skelette von Rhinochetus Herr jubatus und Pteropus ornatus; Schädel von Pteropus orna- tus (13), Pteropus tonganus geddiei (1), Notopteris neo- caledonica (5), Chalinolobus neocaledonicus (1), Miniopterus australis (10), idem. var. robustior (4), Miniopterus macrocne- ma (4), Epimys exulans (1), E. rattus (2), id. var. alexan- drinus (3), Mus musculus canacorum (2), sämtlich von Neu- Caledonien und den Loyalty-Inseln. Prof. G. Schwalbe, Strassburg: Abguss eines Mandibelfrag- ments von Dryopithecus fontani aus dem obersten Mittelmiocän von Valentine bei Saint-Gaudens. Dr. Felix Speiser, Basel: Schädel von Pteropus tonganus, Halicore australe und Sus vittatus domesticus von den Neuen Hebriden. Dr. H. G. Stehlin, Basel: Varia. Dr. G. Stefanini, Padua: Abguss eines Molaren von Mastodon arvernensis aus dem Pliocän von Follina (Treviso). 304 Fritz Sarasin. Tit. Thonwarenfabrik Passavant-Iselin & Co., Allschwil: Fische aus dem Septarienthon und zwei Backenzähne von Elephas primi- genius aus dem älteren Löss von Allschwil. Zoologischer Garten, Direktion: Kadaver von Felis (Zibethailurus) serval, Hemitragus jemlaieus, Macropus ruficollis, Papıo cyno- cephalus, Cinixys erosa. 3. Geologische Sammlung. a) Petrographische und Indische Abteilung. Herr Dr. A. Buxtorf, Basel: Mangan- und Eisenerze aus Hessen; Zechstein aus Hessen; Bohnerze von Nieder-Surenen. E. Gutzwiller, Basel: Gesteine aus dem Tessin und Dünn- schliffe. 0. Gutzwiller, Basel: Silurische Versteinerungen aus den a . W. Hotz, Basel: kann und Fossilien aus Celebes. ni H. Preiswerk, Basel: Gesteine aus dem Tessin; Gesteine und Fossilien aus dem Punjab. „ Prof. C. Schmidt, Basel: Triasfossilien aus Tunis; Salze aus dem Elsass, aus Kelusz, Catalonien und Tunis. Herren C. Sehmidt, E. Baumberger, E. Gutzwiller und 2 Guzwilig Basel: Gesteine aus der Bukovina. „ C. Schmidt und H. Preiswerk, Basel: Gesteine aus Simplon- tunnel IT. C. Schmidt und R. Schider, Basel: Zementgesteine vom Thunersee. C. Schmidt und J. Stauffacher, Basel: Kohlen aus dem Wallis; Erze von Dent du Midi, Diablerets, Salanfe und Val d’Anni- viers. Herr Dr. A. Tobler, Basel: Grosse Gesteins-Suiten aus Sumatra; Erze und Gesteinsproben der Goldgruben Redjang-Lebong (Sumatra) und Totok (Celebes). Herren A. Tobler, C. Schmidt und L. Braun, Basel: Tertiär-Fos- sılien und Gesteine aus Catalonien. | Tit. Vereinigte schweizerische Rheinsalinen: A a und Bohr- kerne (40 Schiebladen). Herren F. Weber und H. Jezler, Basel: Tertiär-Fossilien aus Atjeh. b) Alpin-sedimentäre Abteilung. Herr Dr. W. Bernoulli, Basel: Gesteinsproben und Fossilien aus der Gegend der Schrattenfluh. Naturhistorisches Museum Basel. 305 Herr Dr. A. Buxtorf, Basel: Gesteine und Fossilien vom Jochpass bei Engelberg; Belegstücke zur Aufnahme im Pilatusgebiet. Dr. R. Schider, Basel: Belegsammlung zu dessen Arbeit über die Geologie der Schrattenfluh. 22 c) Mesozoisch-jurassische (ausseralpine) Abteilung. Herr Dr. A. Buxtorf, Basel: Jurassische Fossilien und Belegstücke. H. v. Glenck, Schweizerhalle: Modelle der Gerätschaften für >») Tiefbohrungen. | „ Dr. E. Greppin, Basel: Jurassische Fossilien und Belegstücke. . Hans Kugler, Basel: * m h 2 „ Dr. Fr. Leuthardt, Liestal: ,, 5: SE # d) Tertiäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung und Sammlung fossiler Pflanzen. Herr Dr. A. Buxtorf, Basel: Fossilien aus dem Mainzer-Becken und Greesteinsproben der Molasse alsacienne mit Pflanzenresten aus dem Grenchenbergtunnel. de Grossouvre, Bourges: Mehrere Exemplare von Helix ra- mondi und Cyclostoma divionense von Dijon. Dr. A. Gutzwiller, Basel: Fossilien aus dem Süsswasserkalk des Cyrenenmergels vom Stutz bei Therwil; Serie typischer (rerölle aus der Hochterrasse bei Allschwil; Geröll mit Plan- orbis pseudammonius von Bottmingen. Herren H. Kugler und K. Dreher, Basel: Belegstücke des Süsswasser- kalkes (Tüllinger-Kalk) aus dem Birsbett bei Münchenstein. Herr Dr. R. Masarey, München: Eocäne Verstemerungen aus Aegypten. „ Dr. H. G. Stehlin, Basel: Belegstücke oligocäner Molasse mit Unionen von der Rickenbacher-Mühle am Born; Ostreen von Benken und von Schlatt; Fossilien aus der Gegend von Epernay; Pflanzenreste von Messel bei Darmstadt. Tit. Thonwarenfabrik Allschwil, Direktion: Grosses Nummulitenkalk- geröll aus der Hochterrasse bei Allschwil, 4. Mineralogische Sammlung. Herr Dr. A. Buxtorf, Basel: Gypskrystalle in einer Nautilusschale. Tit. Erben des Herrn J. De Bary-Sarasin, Basel: Grosser Berg- krystall, Morion, Herr Dr. Th. Engelmann, Basel: Kalkspathkrystalle; Oaleitgruppe aus dem Gotthardtunnel; Technische Produkte. | 20 306 Fritz Sarasin. Herr Dr. F. Sarasin, Basel: Nickelproben aus Neu-Caledomien. Dr. H. G. Stehlin, Basel: Messelit. Hans Sulger. Basel: Barytkrystall aus der Auvergne. Dr. v. Sury, Sumiswald: Barytkugel aus den Schrattenflühen. Verzeichnis der Ankäufe des Naturhistorischen Museums im Jahre 1913. 1. Zoologische Sammlung. a) Säugetiere. Eliomys sardus Bar. Ham., Sardinien; Canis dingo Blum., Zentral- Australien, Echidna aculeata setosa E. Geoffr., Tasmanien, alle für uns neu. b) Vögel. 10 für uns neue Arten aus Ost-Asien und Neu-Guinea, Astur palum- barıus (L.), Gruppe mit Nest und Jungen. c) Reptilien und Amphibien. 24 Arten verschiedener Herkunft, davon 14 für uns neue. Tausch. Mit den Museen von Berlin, Freiburg i/Schw., Genf, Kharkow, München, Stockholm und Wien: 46 Arten verschiedener Her- kunft, davon 21 für uns neu. d) Wirbellose Tiere. Peripatus bimbergi Fuhrm., aus den kolumbischen Anden. Tausch. Süsswasserschwämme aus Norddeutschland (Mus. Berlin); Süss- wasserkrebse (Mus. Paris). Entomologische Abteilung. Diverse Serien von Schmetterlingen. 2. Osteologische Sammlung. Eocäne Säugetierreste aus dem Lutétien von Egerkingen und von einigen auswärtigen Fundorten. Naturhistorisches Museum Basel. 307 Oligocäne aus dem Stampien von St. Andre bei Marseille und aus dem obern Aquitanien der Limagne (Allier). Miocäne aus dem Burdigalien des Orléanais. Pliocäne von Seneze (Haute Loire) — grosser erst teilweise gedeckter Ankauf —, aus Val d’Arno superiore etc. Pleistocäne von verschiedenen Fundorten. Tausch. Geological Survey of India: Serie von Originalbelegstücken und Ab- güssen miocäner Säugetiere aus dem indischen Miocän. Palaeontologisches Museum in München: Grössere Suite von Säuge- tierresten aus dem obern Aquitanien von Ulm; Belegstücke einiger Arten aus dem Sannoisien von Ulm, dem obern Aqui- tanıen des Mainzer Beckens, dem schwäbischen Mittelmiocän. Naturhistorisches Museum in Darmstadt : Suite von Säugetierfossilien aus dem Obermiocän von Eppelsheim. Senckenbergisches Museum in Frankfurt a/M.: Stirnstück von Bison priscus aus dem alten Pleistocän von Mosbach bei Mainz. 3. Geologische Sammlung. Erzstufen von der Mineralien-Niederlage der k. Sächs. Bergakademie zu Freiberg 1/S.; Eocänfossilien vom Kressenberg, bayr. Alpen; Fossilien aus den Kössener Schichten von Wendelstein; Fossilien aus Dachsteinkalk, Lias, Acanticus-Schichten der Ostalpen ; Sammlung von Bohrmuscheln aus dem Basler Jura und Gesteins- proben aus dem Aargauer und Neuenburger Jura (Sammlung Dr. Strübin); Fossilien aus dem Fränkischen Jura; Fossilserien aus dem Basler und Berner Jura (Sammlung W. Schweizer); Fossilien aus der oberbayrischen Molasse; Belegstücke aus ober- elsässischen Kalischächten. 4. Mineralogische Sammlung. Nephrit aus dem Oberhalbstein; violetter Flussspath vom Säntis; Titanitkrystalle vom Mutthorn bei Gletsch und von Rotlaui; verschiedene schweizerische Mineralien; diverse Meteoritenvor- kommnisse. Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1913. Von Fritz Sarasin, Nach einer Amtsführung von 6 Jahren hat Herr Dr. Paul Sarasin die Präsidentschaft der Kommission niedergelest, und es hat E. E. Regenz gefallen, an seiner Stelle wieder den Unterzeichneten zu wählen. Die sechsjährige Periode, während der der abtretende Prä- sident unserer Sammlung vorgestanden hat, ist eine solche gedeih- licher Entwicklung gewesen und hat grossen Zuwachs ın allen Ab- teilungen gebracht. Dass dies äusserlich nicht so sichtbar geworden ist, wie es dies zu tun verdient hätte, lag an dem immer steigenden Platzmangel, welcher uns zu einem System von Magazinierung zwang und verbot, weitere Objekte der ohnedies schon übersetzten Schau- sammlung einzureihen. Indessen ist aus den letzten sechs Jahresbe- richten leicht zu ersehen, was in dieser Zeit geleistet worden ist. Die lästige Periode der Raumnot geht nun ihrem Abschluss ent- gegen. Am 15. Mai 1913 hat der Grosse Rat den folgenden, er- lösenden Beschluss gefasst, der nicht nur unsere Kommission, sondern alle Freunde der Völkerkunde mit Freude erfüllt hat: „Das vom Regierungsrate vorgelegte Projekt für die Erweiterung des alten Museums durch Errichtung eines Neubaus auf dem Areale des Roller- hofs für die Sammlung für Völkerkunde wird genehmigt und es wird hiefür ein Kredit von Fr. 789,000.— bewilligt, der angemessen auf die Jahre 1913—1915 zu verteilen ist.“ Die Arbeiten am Neubau sind bereits in vollem Gange, wonach wir hoffen dürfen, in etwa 11/, Jahren das neue Gebäude beziehen zu können. Die Kommission ist sich bewusst, dass ihr damit auch ein ungeheures Stück freiwillig zu leistender Arbeit zu Lasten fällt, wie es die Einrichtung eines neuen Museums mit sich bringen wird, aber sie ist freudig bereit, alles, was in ihren Kräften steht, zu tun, um das Vertrauen, das ihr unsere oberste Behörde durch Bewilligung der grossen finanziellen Mittel ausgesprochen hat, nach bestem Können zu rechtfertigen. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 309 Der Zuwachs der Sammlung für Völkerkunde ist in diesem Jahre weitaus der grösste seit ihrem Bestehen gewesen. Erstlich haben wir sehr umfangreiche Geschenke, von denen noch eingehender die Rede sein wird, erhalten, so die von Dr. Felix Speiser von den Santa Cruz- Inseln mitgebrachte Sammlung — die noch weit grössere Ausbeute von den Neuen Hebriden, die derselbe auch bereits dem Museum ge- schenkt hat, ist, da noch nicht katalogisiert, nicht im Eingang dieses Jahres aufgeführt —, ferner eine grosse Sumatra-Sammlung von Herrn Dr. A. Tobler und die umfangreiche Kollektion des Unterzeich- neten von Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln. Anderseits sind wir auch in finanzieller Hinsicht besser gestellt gewesen als gewöhn- lich. Ein Vortragsabend im Musiksaal von Dr. Felix Speiser und dem Unterzeichneten hat uns Fr. 2600.— eingebracht; dann hat uns der Freiwillige Museumsverein, ausser seinem regulären Jahresbei- trag, Fr. 500.— zur Anschaffung von Südsee-Keulen zur Verfügung gestellt. Wir verdanken auch aufs beste die Jahresbeiträge der Ge- sellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinmützigen, E. E. Zunft zu Brodbecken und der Mitglieder des Unterstützumgsvereins. Aus unserer Kommission ist Herr Pfarrer Sam. Preiswerk wegen seiner Übersiedelung nach Boll ausgeschieden. Wir haben alle seinen Wegzug aufs tiefste bedauert, denn er hatte sich mit grosser Liebe und Hingabe der chinesisch-japanischen Abteilung gewidmet und ihr nicht nur durch Geschenke, sondern, was noch weit wertvoller, durch eigene Arbeit Nutzen gebracht. Wir hoffen, er werde auch im Aus- land der Sammlung ein treuer Freund bleiben. Endlich verdanken wir noch Führungen in der Sammlung den Herren Prof. L. Rütimeyer und Dr. Felix Speiser und gehen nun zur Besprechung der einzelnen Abteilungen über. Prähistorische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Paul Sarasin.) Aus Tasmanien wurde eine neue Suite von Mousteriolithen käuf- lich erworben, sie repräsentiert die Periode des Mousterien einwand- frei in Bestätigung der von mir schon früher festgestellten Tatsache, dass die unlängst ausgestorbenen Urbewohner jener Insel sich noch in der genannten Kulturperiode befunden haben. Eine wissenschaftlich sehr wertvolle Zuwendung verdanken wir dem Forschungsreisenden, unserm Mitbürger, Dr. August Tobler. Es handelt sich um die Ausbeute von Steinwerkzeugen aus einer Höhle im Innern von Sumatra und um einen Oberflächenfund von Glypto- lithen von derselben Insel. Diese beiden Lithoglyphien vertreten ver- 310 Fritz Sarasin. schiedene Kulturperioden, eine ältere dem Magdalenien entsprechende und eine jüngere frühneolithische. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Funde erschien ein besonderer Bericht über dieselben geboten, welcher voraussichtlich noch in diesem Jahre erscheinen wird. Als Früh-Neolithikum und zwar der Kjökkenmöddingerzeit an- gehörig sind folgende Einläufe anzusprechen : Silexelyptolithen und keramische Fragmente aus der Um- gegend von Roscoff und von der jener Küste vorgelagerten Isle de Batz, Donator @. Imhof. Die Thonscherben enthalten Glimmer- blättehen, ein für die dortigen keramischen Funde charakteristisches Kennzeichen. Glyptolithen entsprechenden Alters von Rio de Oro, West- Afrika, in Kjökkenmöddingern an der Küste gefunden, schenkte uns Herr F. W. Riggenbach. Aus dem Neolithikum kam uns das folgende zu: ein wirtel- artiges Gehänge aus einer schwarz abfärbenden Gesteinsart, im Ge- schiebeschotter der Birs gefunden, Donator Bd. Krauss-Sommer ; ein Steinbeil von Folkensburg, durch Ankauf erworben; Steinbeile aus der Pfahlbaustation am Baldeggersee, Donator Dr. F. Speiser ; Silex- Glyptolithen von Chilleurs-au-bois, Orleanais, und von Seneze, Haute Loire, Donator Dr. H. G. Stehlin ; ein Steinbeil aus Argentinien ver- danken wir Herrn Karl Behrens. Aus der Eisenzeit in der nächsten Umgebung von Basel kam uns ein hübscher Fund aus dem Löss von Allschwil zu, dem dortigen Gräberfeld aus der Spät-Hallstadt oder Früh-La Teneperiode entstam- mend, woher wir schon früher wertvolle Gegenstände erhalten haben. Die jetzt eingekommenen Fundobjekte sind die folgenden: ein Hals- ring, der rötlichen Farbe nach zu schliessen aus einem Kupfer- draht bestehend, der von einer Umhüllung von Bronzeblech um- schalt ist. Dieses wohlpatinierte Bronzeblech ist sorgfältig ver- ziert; eingeprägt ist ihm in vierfacher Wiederholung ein Zeichen, das ungefähr die Form eines grossen lateinischen S hat, aber spiegelbildlich umgewendet. Die vertieften Stellen an diesem Zeichen sind mit einer roten Masse ausgefüllt. Ausserdem finden sich an dem Halsringe drei Schildehen oder kleine Pfannen angebracht, welche zweifellos dieselbe rote Masse als Schmuckperle enthalten haben und also dieselbe Verzierung darstellen, wie es bei der nun folgenden Fibel der Fall ist. Diese besteht aus Bronze und ist sehr wohl erhalten, nur die Nadel fehlt; sie trägt vorn in einem pfannenartigen Schildchen eine rote Perle. Auch zwei Fragmente von der Bronzeblechumhüllung einer Armspange haben sich vorgefunden. Wir verdanken die schätz- bare Zuwendung des Fundes von Allschwil Herrn Wasmer, Direktor der Aktienziegelei daselbst. dE Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. UE Eine wertvolle Sammlung japanischer Prähistorica übersandte uns unser Mitbürger Dr. L. Reidhaar in Yokohama. Die uns über- wiesene Kollektion ist so reichhaltig, dass eine Aufzählung der Einzel- heiten zu einem umfangreichen Bericht anschwellen würde, umfassen doch die Gegenstände 400 Nummern. Dabei handelt es sich um Fund- objekte, welche zwei prähistorische Perioden repräsentieren, nämlich die neolithische Steinzeit und die prähistorische Eisenzeit, letztere der europäischen La Tene-Periode entsprechend. Beginnen wir mit einem flüchtigen Überblick über die neolithischen Funde. Diese zerfallen in solche, welche aus Stein gearbeitet sind, in Glyptolithen also, und in keramische Fragmente. ‘Geräte aus Knochen oder Holz sind uns nicht zugekommen. Alles sind Oberflächenfunde, wie sie in Japan in kjökkenmöddingerartigen Anhäufungen in Menge angetroffen werden. Die Glyptolithen lassen sich folgendermassen sortieren : un- geformte Steine, Protolithen von ovaler Bachkieselform, die zum Teil vielleicht als Hitzsteine zum Kochen, zum Teil vielleicht auch als Formsteine bei der Herstellung des Thongeschirres gedient haben. Daneben kommen wurstförmige Steine vor, wie sie öfter als Träger seltsamer, mit Rötel aufgezeichneter Figuren aufgefunden und in diesem Falle als galets colories bezeichnet worden sind; entdeckte doch unlängst Dr. Fritz Sarasin solche in einer Höhle bei Arlesheim ; in Europa sind sie allerdings mesolithisch, also eine Stufe früher als das Neolithikum; in Japan geht aber das Mesolithikum in das Neolithikum ohne Grenze über bis zur Vermischung. Diese japanischen Steine zeigen übrigens keine Spur von Rötelbemalung. Weiter fand sich ein Protolith, der offenbar als Fauststein gedient hatte, als primitiver Hammerstein, wie die körnige Kante und abge- sprengte Splitter dartun. Eine solche Schlagmarke zeigt auch ein länglicher Geschiebeprotolith. Als Protolithen dürfen auch zwei Geschiebekiesel bezeichnet werden, die beidseitig kerbenartig ange- schlagen sind; sie dienten als Netzsenker, die rauhen Schlagnarben, um der Bindung Halt zu verleihen; sie kommen in ganz gleicher Form in unseren Pfahlbauten vor. Ein Protolith, ein zufällig auf- gefundenes grünes Steinfragment, zeigt spachtelartige Zuschärfung mit Retuschierung, er passt gut in die Hand, eine pfannenartige Aus- splitterung bietet sich bequem zur Daumenanlage. Er diente wohl als meisselartiges Gerät, aber aus freier Hand gebraucht, ohne Ver- mittlung einer Fassung. Als Protolithen sind ferner formlose Steine aus vulkanischem Tuff zu bezeichnen, welehe kleine Gruben tragen von rätselhafter Bedeutung. Zwei Bimssteine, einer plattenartig ge- formt, dienten wohl als Polierwerkzeuge. Von intentionell zugehauenen Steinen finden sich die aus Japan bekannten beiden Beilsorten vor, nämlich einerseits die äusserst roh 312 Fritz Sarasin. zugehauene, ungeschliffene, andrerseits die geschliffene Form, letztere von der Ausbildung, wie sie das Neolithikum über die ganze Erde hin zeigt. Die erstere Form entspricht den rohen Silexbeilen aus der dänischen Kjökkenmöddingerzeit, sie findet sich aber in Japan im (regensatz zu Dänemark mit der polierten Form untermengt vor. Ich habe mich schon im Jahresbericht 1910 über diese auffallende Tat- sache ausgesprochen. Unter den polierten Steinbeilen finden sich einige solche aus hartem, grünem, nephritartigem Gestein. Es folgt ein stabartiges Gebilde aus Stein mit verziertem Knopf, am einen Ende abgebrochen, ein szepterartiger Stab, als Keule in Miniatur auf die ursprüngliche Bedeutung des Szepters als Keule hinweisend. Nun folgt eine Reihe schöner Glyptolithen aus Obsidian, es sind Lanzenspitzen von mannigfaltiger Form und Pfeilspitzen, diese zum Teil äusserst zierlich hergestellt ganz im japanisch feinen Geschmack. Wertvoll sind drei sorgfältig gearbeitete Bohrer. Besondere Erwäh- nung verdient ein Glyptolith aus Obsidian, der ganz die Form eines Mousteriolithen hat, an der einen verdickten Kante wohl retuschiert, offenbar aus freier Hand als Schaber gebraucht, ein Mousteriolith im Neolithikum.!) Aus Silex finden sich noch einige Lanzenspitzen vor, eine sehr fein ausgearbeitet, tadellos erhalten, in Lorbeerblattform ; andere vorne quer abgestutzt und zugeschärft; sodann eine Reihe win- ziger, aber sorgfältig zurechtgearbeiteter Instrumentchen aus Silex und verwandtem Gestein, unter denen sich Pfriemen unterscheiden lassen, wie ich sie als Seltenheit ähnlich auch aus den Schweizerseen kenne; andere dieser winzigen Glyptolithen haben die Form von Miniaturmessern, an denen sich Klinge und Stiel unterscheiden lässt. Ob diese kleinen Geräte chirurgischen oder rituellen Zweck als Grab- beigaben gehabt haben, dies zu entscheiden fehlt es mir an jeder Handhabe. Herr Dr. Munro in Japan traut der Ächtheit derselben nicht; ich sehe keinen zwingenden Grund zum Misstrauen, zeigen sie doch in feinsten Ritzen Thonspuren als Merkmal, Fundobjekte zu sein. Eine grosse Sammlung von zum Teil reich verzierten keramischen Fragmenten lässt den phantastischen Kunstgeschmack des Japaners schon in der neolithischen Steinzeit erkennen, ein Umstand, worauf ich schon früher (im Jahresbericht 1910) hingewiesen habe. Unter den keramischen Objekten finden sich auch ganz erhalten einige zier- liche Schälchen und ein kleiner Krug. 1) Vergleiche dazu P. S., über Mousteriolithen, Verh. Naturf. Ges. Basel 23, 1912. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 313 Der japanischen prähistorischen Eisenzeit gehören folgende Gegenstände an: eine Suite eiserner Schwerter, in der Form keines- wegs etwa an die spätern japanischen Hiebwaffen erinnernd, wohl aber sowohl nach Grösse, als nach der einfachen Formengebung völlig an europäische Schwerter aus der La Tene-Zeit erinnernd. Ausser diesen Schwertern ist als der Eisenzeit angehörig eine Reihe von Ge- hängefiguren aus Talkstein zu bezeichnen in der Form von kleinen Beilen, Schwertern und Dolchklingen, auch von einfachen Plättchen, offenbar Embleme, an einer Schnur als Grabmitgabe den Toten um- gebunden. Ein wohl erhaltenes Töpfehen mit Henkel, aus einem Grab von Korea stammend, möchte ich der dortigen prähistorischen Eisen- zeit zuschreiben. Die Schenkung des Herrn Dr. Reidhaar bildet eine schöne Be- reicherung unserer schon vorhandenen prähistorischen Sammlung aus Japan, welche wir der Freigebigkeit des Herrn Dr. N. Gordon Munro°) in Yokohama und zum kleinen Teil unserem verstorbenen Mitgliede Herrn Rud. Merian-Zäslin verdanken. Auf eine nähere Beschreibung dürfte nur mit Heranziehung der Literatur eingetreten werden. Es sei indessen hier aufs neue betont, dass unsere Sammlung aus dem Neolithikum und der Eisenzeit Japans recht merkwürdige Parallelen zur Prähistorie von Europa aufweist, nur in der Keramik scheint: schon früh die spezifisch japanische Richtung des Kunstge- schmackes, der japanische Stil, aufzutauchen, wie wir eine analoge Erscheinung auch in Ägypten beobachten. Einige keramische Fragmente von Masselwitz an der Oder, der früheren Eisenzeit angehörend, sind uns von Herrn Karl Sallmann übergeben worden. / Die Steinplatten eines Kindergrabes von Arlesheim hat uns Herr F. Sartorius-Preiswerk zugesandt. Das Grab dürfte aber der nach- christlichen Alemannenzeit angehören und also nicht mehr als prä- historisch anzusehen sein. Sammlung der Polarvölker. (Bericht des Vorstehers, Prof. Leop. Rütimeyer.) Das Berichtsjahr erhält für unsere junge arktische Abteilung, die sich in toto um 47 Nummern vermehrte, vor allem seine Signatur durch die Erwerbung einer kleinen, aber sehr wertvollen Sammlung (17 Objekte) aus Ostgrönland, Angmagsalik, die wir dem freund- lichen Entgegenkommen des Leiters der Schweizerischen Grönland- 2) Siehe dessen Abhandlungen: Primitive Culture in Japan, Trans. Asiatic Soc. Japan 34, 1906 und Reflexions on prehistorie Survivals, ibidem, 37, 1909. 314 Fritz Sarasin. Expedition, Dr. A. de Quervain, verdanken. Referent hatte ihn vor seiner Abreise zur kühnen Durchquerung des Festlandes von Grön- land gebeten, in Ostgrünland, wenn immer möglich, für unser Museum zu sammeln, was auch geschah, so weit es eben der Aufenthalt in Angmagsalik zuliess. Herr Dr. de Quervain schrieb noch, dass ethno- graphische Gegenstände jener in Ostgrönland noch lebenden reinen Eskimo infolge der dänischen strengen Sperre sonst überhaupt nicht erhältlich seien und dass auch in Angmagsalik in wenigen Jahren alte authentische Stücke schwer mehr aufzutreiben seien. Die Stücke der Sammlung sind ein ostgrönländischer Hundeschlitten mit Hunde- geschirr. Die zwei vorn aufgebogenen Holzkufen, die mit Knochen- spangen, nur am aufgebogenen Teil mit Eisenspangen, beschlagen sind, sind durch sechs Sitzbretter mit einander verbunden. Hinten ist durch Querstab und gekreuzte Lederriemen eine Rücklehne an- gebracht. Das ausgezeichnete Stück wurde uns geschenkt von Herrn Dr. F. Sarasin ; ein zweites Hauptstück schenkte Herr Dr. @. Finsler : ein prächtiges grosses, schr sorgfältig gearbeitetes Kochgefäss aus Speckstein (L. 50, Br. 31 cm, H. 23cm). Der Sammler meinte, es sei schon jetzt kein zweites solches Stück mehr in Angmagsalık zu finden, da jetzt leider europäische Kochkessel eingeführt werden. Der steinerne Kochkessel wird an zwei Lederriemen aufgehängt. Zu nennen sind ferner verschiedene Holzschüsseln und Schalen, die von langem Gebrauch zeugen und zum Servieren von Speck, Fleisch, auch zur Aufnahme von Flüssigkeit dienen, dann ein grosses Uringefäss in Form eines Holzkübels, dessen Dauben unten durch Holzstifte, oben durch Knochenspangen am Boden und mit einander befestigt sind. Diese Urinkübel werden in der Hütte zum allgemeinen Gebrauch auf- gestellt und dienen vor allem zum Waschen, da der Urin dem Eskimo die Seife ersetzt, indem er das Fett von der Haut löst. Ebenso werden sie benützt zur Maceration der Felle. Einen interessanten Drillbohrer der Sammlung, bestehend aus einem dünnen Röhrenknochen, an dessen Ende ein Lederriemen durchgezogen ist, schenkte Herr Dr. W.Vischer. Am letzteren ist ein Knochenstück befestigt, mit einer Höhlung zur Aufnahme des Holzschaftes des Bohrers. Bei aufgestütztem Kinn des Mannes wird der Schaft des mit der Eisenspitze versehenen Bohrers durch Hin- und Herziehen des Lederriemens in Bewegung gesetzt. Ebenso schenkte Herr Dr. W. Vischer ein Frauenmesser als Haut- schaber. Ein halbmondförmiger Holzgriff ist mit zwei Knochen- bügeln verbunden mit einer breiten eisernen Klinge, die zum Ab- schaben der Haare, auch zum Zerschneiden von Fellen und Fleisch dient. Eine Felltasche, zwei Knebel zum Durchstecken durch die Haut der getöteten Seehunde, die an diesen über das Eis geschleift werden und zwei Puppen, von denen es bei der einen, einem nackten Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 315 Holzgebilde, eine männliche Figur repräsentierend, dahingestellt bleiben mag, ob sie nicht ursprünglich ein Ahnenbild darstellte. Für die Erwerbung dieser interessanten kleinen Kollektion sind wir auch ganz besonders den oben genannten Donatoren zu Dank verpflichtet. Wie schon letztes Jahr gemeldet, schenkte uns Herr Dr. Hôüssh, einer der Begleiter von Dr. de Quervain bei der Durchquerung, noch einen ostgrönländischen Kajak, welcher aber erst im Neubau des Museums seine Aufstellung finden kann. Die genannten Objekte sind eine sehr wertvolle Ergänzung zu den vor einigen Jahren aus dem Nachlass von Scoresby, dem Jahre 1822 entstammenden ostgrön- ländischen Gegenständen, die wir für unsere Sammlung erwerben konnten und sind würdige Archivstücke der Schweizerischen Grön- land-Expedition und Durchquerung von 1912. Durch Tausch mit dem Rautenstrauch-J oest-Museum in Oöln er- hielten wir mehrere Objekte der bei uns noch fast unvertretenen Samojeden der Petschora, so eine originelle Puppe, welche der Refe- rent schenkte, zwei hübsch gearbeitete Felltäschchen, eine Rinden- holzbüchse für Tabak und mehrere sehr sauber ausgeführte Knochen- schnitzereien am Rentiergeschirr. Eine grosse Puppe der Lappen mit hübschem Fellkleid schenkte uns Frau Gengenbach-Gysin. Weitere Objekte der Samojeden, meist von der Halbinsel Kanin, brachte uns ein Tausch mit dem Museum für Völkerkunde in Ham- burg. Hervorzuheben ist ein Männergürtel aus Leder mit Messingbe- schlag, ein Halsgehänge als Schmuckstück mit aufgenähten und an- gehängten Schnüren aus Glasperlen und mit Messingstücken ver- schiedener Form, ein sehr schöner mantelartiger Frauenrock für den Sommer aus Leder und reichem in hübschen Mustern aufgetragenem Pelzbesatz, Kanin, ein Aussenpelz mit Kaputze, sowie Kinderstiefel aus Pelzwerk aus der Petschoragegend. Von der Halbinsel Kanin stammen wieder eine Fellhaube und einige hölzerne Hausidole, welche 1911 auf Wunsch des Sammlers von einem Samojeden nach alten Mustern angefertigt wurden, denn dass jetzt noch Idole dort in Ge- brauch sind, ist unwahrscheinlich. Sie sind wohl nach alten Ahnen- bildern nachgemacht und deshalb, wenn sie auch nur Modelle dar- stellen, von Interesse. Das eine, eine menschliche Figur darstellend, gleicht in seiner Form durchaus einem von Ratzel abgebildeten Haus- idol der Tungusen. Ferner sind da einige Kinderspielzeuge, wie eine kleine Sommer- und Winterwiege, 3 Rentierfiguren, die in der Art und Weise, wie die markanten Eigenschaften möglichst einfach darzustellen versucht werden, sehr an einige Kinderspielzeuge erinnern, Kuhfiguren, die der Referent unlängst in Evolena gefunden hatte; ein Kreisel. Ein Belemnit ,,Teufelsfinger‘ der Syrjänen, einem Wolga- 316 Fritz Sarasin, volk, dient zu medizinischen Zwecken, indem etwas davon abgeschabt in Trinkwasser oder Essen getan wird, ähnlich wie wir das in West- europa von prähistorischen Steinbeilen wissen, die in Wasser gekocht, ebenfalls für das Vieh ein heilkräftiges Getränk bilden. Ein originelles Schmuckstück bildet ein Fingerring, hergestellt aus der getrockneten Trachea einer Ente. Geschenke an die Abteilung für Polarvölker 1913. Herr Dr. @. Fünsler, ein Kochkessel aus Speckstein, Ostgrönland. Frau Gengenbach-Gysin, eine Puppe der Lappen. Herr Dr. Hössli, ein Kajak aus Ostgrönland. „ Prof. Rütimeyer, eine Puppe der Samojeden. „ Dr. F. Sarasin, ein Hundeschlitten aus Ostgrönland. „ Dr. W. Vischer, ein Drillbohrer und ein Frauenmesser. Afrikanische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Prof. Leop. Rütimeyer.) Der Zuwachs der afrikanischen Abteilung betrug im Berichts- jahr 240 Nummern, meist in Form kleinerer oder grösserer Original- sammlungen. Als solche mit einer grössern Zahl von Nummern seien genannt die altägyptischen und Ababde-Objekte, die uns Herr Dr. Masarey von seiner ägyptischen Reise im Sommer 1913 mitbrachte, die abessynischen Stücke der Sammlungen Michel und Pfeiffer, die marokkanischen, gesammelt von den Herren F. Riggenbach und P. Pallary, die von Herrn Dr. R. Fisch auf seiner Reise nach Nord- Togo 1910 gesammelten Stücke, die Fetisch- und Amulettsamm- lung von Herrn Grumitzky aus Süd-Togo. Gegen Ende des Jahres ging noch ein eine schon längst erwartete und angekündigte Samm- lung, die Herr Missionar Scheibler die letzten Jahre auf Wunsch des Referenten aus Objekten, die bei den Geheimbundgebräuchen dienen, zusammenstellte. Diese sehr wertvolle gegen 100 Nummern zählende Sammlung, die hauptsächlich die Gebräuche des Mungi-Geheim- bundes illustriert und die Herr Scheibler uns schenkte, wird erst nächstes Jahr aufgeführt werden. Nordafrika. Nach langer Zeit erfolgte wieder eine Ergänzung unseres altägyptischen Bestandes. Der Unterzeichnete hatte Herrn Dr. Masarey, der sich freundlichst offeriert hatte, ersucht, für uns vor allem auf einfache Objekte des täglichen Gebrauches der alten Ägypter zu sehen, die eine Vergleichungsmöglichkeit mit ethno- graphischen andern Stücken unserer Sammlung bieten könnten. Solche müssen für uns, die wir nie eine grosse altägyptische Samm- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 917 lung zusammenbringen können, viel wichtiger sein, als grosse Schau- stücke; vor allem sollten authentische Holzartefakte erworben werden. Herr Dr. Masarey hat sich dieses Auftrages in trefflichster Weise entledigt. Aus der Negada-Periode, welche der letzten neolithischen prä- historischen ägyptischen Zeit angehört, an die sich in der Frühdäm- merung der Geschichte die erste Dynastie anschliesst, stammen 2 jener für diese Periode typischen roten Thontöpfe mit breitem Rand aus schwarzer Glanzglasur, 2 Steinteller, wovon der eine sehr hübsch gearbeitet aus grünem Stein, sowie eine Kopfstütze, die viel Ähnlich- keit: hat mit solchen unserer Sammlung, die bei den Schilluk und Dinka heute noch am weissen Nil in Gebrauch sind. Von Toilettegegenständen sind da ein Rasiermesser aus Bronze, ein Kamm der 19.—20. Dyn., ein Reibstein zum Verreiben des Kohls, einem Antimonsulfat, mit dem die alten Ägypter wie heute noch die Fellachinnen die Augenlider schwarz färbten, ein Kohltöpfehen mit Messingspatel der 18. Dyn. und 2 Nackenstützen aus Holz. Von Waffen ist ein schön erhaltener grosser Bogen der 12. Dyn., &ine Pfeilspitze aus Bronze, sowie ein kupferner Dolch da (18.Dyn.); von Geräten des Feldbaus eine Bronzehacke, ein Holzrechen, von Hand- werkszeug ein grosser Kupfermeissel der Steinmetzen mit Holzklöpfel und ein Ruder. Von Interesse ist ein Bronzemesser mit mehreren Klingen, die als Scheere, Messer und Ahle dienen können. Von den Ababde brachte der Sammler einige jener Steintöpfe mit, die nun schon wieder weniger gebraucht werden und schwerer als noch vor wenigen Jahren erhältlich waren und deren Interesse darin liegt, dass sie nach Schweinfurth’s?) wohl richtiger Ansicht durch Bevorzugung der Arbeit in Stein (Speckstein) statt in Thon als Re- lietenformen anzusehen sind, die bis zur Negadazeit hinaufreichen. Einige solcher Töpfe, die uns früher schon Herr Dr. F. Sarasin ge- schenkt hatte, erinnern, wie auch Prof. Naville bestätigte, an Formen von Steintöpfen der Negadazeit. Auch einige in der Form den Stein- töpfen entsprechende Holztöpfe, sowie einige Tabakpfeifen aus Speck- stein sind vorhanden. Neben dieser 31 Nummern umfassenden, von L. Rütimeyer ge- schenkten altägyptischen Kollektion konnten wir noch durch Kauf aus einer englischen Privatsammlung einige altägyptische Objekte erwerben, welche teilweise zu ethnographischen Parallelen Anlass geben; so eine mit Knauf verschene aus einem Stück geschnitzte Wurfkeule, in ihrer Form durchaus entsprechend einer von 3) G. Schweinfurth, Ueber den Ursprung der Aegypter, Zeitschrift für Ethno- logie, 1887, p. 272 ff. 318 Fritz Sarasin. P. Sarasin im neolithischen Pfahlbau von Wauwyl gefundenen, im Gebrauch auch den vom Referenten beschriebenen, etwas anders ge- formten Wurfkeulen aus Nigeria.*) Ein hölzerner flacher alt- ägyptischer Bumerang von ganz schwach gekrümmter Form, wie solche auf Gräberbildern öfters dargestellt sind in den Händen von Jägern, führt direkt über zu einem oben abgebogenen Bumerang vom weissen Nil unserer Sammlung und dieser wieder zu den einfachen eisernen von Kordofan und dem Sudan. Eine altägyptische flache Holzmaske wird wohl als Totenmaske zu deuten sein. Aus dem neuern Ägypten verdanken wir wieder dem bewährten Förderer unserer Sammlung, Herrn E. Paravicini-Engel in Kairo, schöne altarabische Glasfenster in der Grösse von 85: 80 em, dem 17. oder 18. Jahrhundert angehörig. In einem Holzrahmen sind in schöne Stuckarbeit eingelassene farbige Gläser, die einen stylisierten Blumenstrauss und farbige Sterne darstellen. Dem Donator sei für sein prächtiges Geschenk, welches uns beim Ausbau eines alt- arabischen Raumes in unserm Museum die vortrefflichsten Dienste leisten wird, auch hier der herzlichste Dank gesagt. Aus Chartum schenkte uns Herr Dr. A. David, dem wir schon so manche Bereicherung unserer Sammlung vom obern Nil verdanken, 2 Ruhebette, Angarebs, welche in ihrer heutigen Form noch durchaus einem altägyptischen Ruhebett entsprechen, eine originelle Puppe aus Omdurman, in Haarfrisur, Schmuck und Kleid genau der Ausrüstung einer dortigen jungen Frau entsprechend, sowie eine Kalebasse für Merissabier mit Dekor in Brandarbeit. Aus dem Sudan schenkte uns unser langjähriger Gönner, Herr P. Staudinger ın Berlin, 2 Lanzen der Nuër, der Schaft der einen mit Eidechsenhaut umwickelt. Auch aus Marokko erwuchs unsrer nordafrikanischen Abteilung mancher willkommene Zuwachs, in Form einiger etwa vor 20 Jahren von Herrn F. Riggenbach in Marokko gesammelter Gegenstände, die der Vorsteher schenkte und einer im Berichtsjahre von Prähistoriker F. Pallary in Oran bei Anlass einer wissenschaftlichen Reise nach West- und Süd-Marokko mitgebrachten Sammlung von 22 Nummern, die Herr Dr. F. Sarasin, einige auch der Sammler selbst schenkten. Aus der ersten Kategorie seien hervorgehoben ein seidengestickter Kissenüberzug aus Marrakesch, mit im Lande gefärbter Rohseide gestickt, wie das vor etwa 40 Jahren, der Herstellungszeit des Stückes, noch üblich war und ein sehr hübscher seidengestickter Überwurf mit Blumenornamenten aus Fes, wie ihn die Frauen tragen, welche am 4) Vergl. L. Rütimeyer, Ueber einige altertümliche afrikanische Waffen und Geräte und deren Beziehungen zur Prähistorie, Zeitschrift f. Ethnologie, 1911, p. 248. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 319 Tage vor der Hochzeit kommen, um der Braut das Henna aufzu- streichen, ferner ein Holzbecken und mehrere Schmuckstücke. Aus der Kollektion Pallary ist vor allem hervorzuheben eine schöne wollene Pferdedecke aus dem hohen Atlas mit eingewobenen schwarzen und roten berberischen Ornamenten, die teilweise durchaus an solche auf einem Kabylenhoftor unserer Sammlung aus Michelet und sogar an solche auf berberischen, der période libyco-berbère Flamand entstammenden, prähistorischen pierres écrites im Süden Algeriens erinnern, ferner 2 schöne Pulverhörner aus Kupfer und Messing aus dem Sus, Messingplatte aus Mogador, ein Silberbrust- schmuck für Frauen, ebenfalls mit berberischen Ornamenten, aus dem marokkanischen Atlas. West-Afrika. Aus Furlo, Senegambien, schenkte der Referent 2 Kalebassen, aus Asante Herr Missionar Lädrach eine Tabakpfeife, sowie die ethnographische Sammlung in Bern in verdankenswerter Weise den Abdruck eines Stempels, wie sie zur Bedruckung der Frauengewänder „Adenkra“ gebraucht werden. Den Hauptzuwachs hat das bei uns noch sehr dürftig vertretene Togo erfahren. Aus Nord- Togo konnten wir eine Anzahl wertvoller Gegenstände erwerben, die Herr Dr. Fisch 1910 von seiner Reise in noch wenig bekannte, damals von der Regierung gesperrte Landstriche mitgebracht hatte, deren Bereisung den Basler Missionaren vom Gouverneur gestattet worden war. Die Sammlung Fisch (71 Nummern) bietet eine wenn auch nicht vollständige Illustration zum hübschen Reisewerke des Sammlers: „Nord-Togo und seine westliche Nachbarschaft“, welches auch eine grosse Anzahl ethnographisch wertvoller Notizen enthält. Es seien hier erwähnt die Belege der dort offenbar uralten Eisen- industrie, die besonders in Banjeli mit seinem primitiven Hochöfen- betrieb ausgeübt wird. Von da sind Gusseisen, Eisenerz und Schlacken vorhanden, sowie die fertigen Hacken zum Feldbau. Ein laut An- gabe von Dr. Fisch äusserst seltenes und schwer erhältliches Stück, welches der Unterzeichnete schenkte, ist ein eiserner Hammer von Akpafu. Während in Banjeli das Gusseisen mit ca. 12 Kilo schweren Steinhämmern geschmiedet wird, geschieht dies in Akpafu mit keulenförmigen eisernen Hämmern, die von den in einer Zunft. ver- einigten Schmieden ängstlich gehütet werden. Die Mitglieder dieser Schmiedeinnung sind verbunden durch eine Reihe uralter geheimge- haltener Gebräuche, ihr Handwerkszeug wird als unveräusserlich er- klärt und unter gewissen Zeremonien angefertigt. Europäische Hämmer sind ausgeschlossen. Andere hier zu nennende Stücke sind ein hübsches aus einem Stück geschnitztes Holzstühlchen der Kon- komba, wie sie solche bei ihren Besuchen über die Schulter gehängt herumtragen, eine Guitarre der Dagbamba, eine Beilhacke (Dechsel) 320 Fritz Sarasin. der Moba, wie wir ganz ähnliche besitzen vom Aruwimi und wie sie in gleicher Gestalt in altägyptischen Gräbern abgebildet sind. Ferner Schmucksachen und Signalpfeife der Konkomba. Originell ist ein steinernes Bügeleisen der Mamprussi in Form eines rechteckigen glatten Sandsteines. Es wird benützt zum Bügeln von Streifen von Baumwollstoff, die über Nacht dem Tau ausgesetzt werden und dann feucht mit diesen Steinen kalt gebügelt werden. Es wäre von Interesse, in prähistorischen Sammlungen nachzusehen, ob sich nicht ähnlich geformte solche Steine finden, deren Bedeutung zweifellos nur durch einen solchen ethnographischen Schlüssel klar würde. Ebenso originell und durchaus an europäische Formen erinnernd ist aus diesem bis jetzt unberührten Hinterland von Togo eine Kuchen- form, eine Lehmplatte, die mit ihren 7 halbkugeligen Vertiefungen durchaus unsern Spiegeleierpfannen gleicht. Von Waffen ist ein Schlagring von Gambaga und ein Dolch der Dagbamba vorhanden. Ein massiver Bronzeguss aus Sokode, menschliche Figur, wie solche auf Bestellungen gefertigt werden, ist ein Beleg der in Togo geübten Giesserkunst. Aus dem französisch-sudanesischen Hinterland stammt eine sehr schön gearbeitete weisse Wolldecke (120 : 204cm) mit rot und schwarzen Ornamenten. Endlich vervollständigen noch 49 Goldgewichte aus Messing meist in einfachen Formen mit geometrischen Mustern, wie sie Zeller) auf Tafel V seines Werkes abbildet und ein vom Sammler geschenktes Kinderamulett, ebenfalls von der Goldküste, die in- teressante Kollektion, für deren Erwerbung wir dem Sammler ver- bunden sind. Aus Süd-Togo stammt eine 46 Nummern starke Sammlung von Fetischen und Amuletten, die ein lange Jahre dort ansässig gewesener Kaufmann Grumitzky sammelte und die wir durch Vermittlung von Herrn Konietzko in Hamburg kaufen konnten. Sie zeichnet sich aus durch sorgfältige Angabe der Bedeutung der meist aus der Um- gebung von Anecho stammenden Objekte inEwesprache und Pidgen- englisch durch den Sammler selbst und gibt uns so interessante Ein- blicke in die Mentalität der dortigen Verwender dieser kultischen Geräte. Zunächst seien genannt 3 aus einem Klumpen aus rotem Ton mit aufgesetztem rudimentärem Gesicht mit Kauriaugen äusserst roh gefertigte Idole: ein Jagdidol, ein Torwächter und ein allgemeiner Helfer in der Not. Eine grosse Fetischschüssel zerstört fremde Zauberkraft, ein Fetischhemd ist Kugelschutz, ein Ring schützt vor dem Schwert. Eine Fetisch-Trommel dient zum Tanze. Eine grosse Zahl Amulette, meist aus um- oder angehängten Schnüren bestehend, 5) R. Zeller, Die Goldgewichte von Asante, Bässler-Archiv Beiheft III 1912. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 321 an denen Hölzchen, Bündelchen von Zeug und Bast, Samen, Früchte, Knochen, Fellstückehen, Kauri u. a. m. aufgereiht oder befestigt sind, dienen defersiven und offensiven Zwecken. Als erstere sind ange- geben Amulette gegen Verurteilung vor Gericht, allgemeine Schutz- und Glücksamulette, solche gegen schlimme Fetische, Gespenster, Regenfall, Schutz beim Passieren eines Flusses, gegen wilde Tiere, speziell auch gegen das Krokodil, gegen Blitzschlag. Eine Anzahl schützen vor Krankheiten, besonders auch gegen unbekannte mit diffuser Diagnose, spezielle gegen Hautkrankheiten, Ohnmacht, für leichte Geburt und Jungfrauschaft. Offensive Amulette sollen Andern zum Schaden im allgemeinen dienen: einige davon dienen speziell zum Krankmachen von Feinden, mit einem andern kann man seine Gegner aus dem Hause und in den Wald jagen, kurz eine Menge von Verwendungen, für welche man wohl auch in Europa bei etwelchem Nachgraben unter der dünnen Kulturdecke manche interessanten Parallelen finden würde. Aus Süd-Togo (Woltagebiet) verdanken wir Herrn P. Staudinger einen Bogen und Harpunenpfeil zum Schiessen der Fische. Aus Kamerun stammt eine farbige Satteldecke, eine originelle Frauen- schamschürze, Löffel, Spiel und Amulett aus Sakbayeme von Mis- sionar Stutz erworben, sowie ein Fächer aus Straussfedern aus Bali, Geschenk von Herrn Reinhardt-Strahm. | Vom Gabun schenkte L. Rütimeyer einige von Herrn Missionar Hermann mitgebrachte Ethnographica, so Kostüm und Ausrüstung eines Imbuiri-Geistertänzers; Imbuiri ist ein Geheimbund, dessen Mitglieder sich durch Genuss narkotischer Mischungen in Extase ver- setzen und dadurch in Verbindung mit den Lokalgeistern : Imbuiri, treten. Zweck ist vor allem Krankheitsverhütung. Das Kostüm be- steht aus gefärbten Grasfasern: Schürze, Bracelets und Kragen, die Ausrüstung aus einem Ring aus Draht, der getragen werden muss, um den Zauber stark zu machen und einem beim Tanze ge- schwungenen Holzsäbel. Ferner gehören hieher ein Holzidol der Fan, geschnitzte lange Häuptlingsstäbe vom Küstenstamm der Bakele und 3 einer andern Quelle entstammende Elfenbeinhaarnadeln der Fan. Zentralafrika ist dieses Jahr nur vertreten durch 2 Stücke der bekannten Sammetstoffe der Bakuba, welche Referent schenkte. Ostafrika. Aus Usambara schenkte uns Herr P. Staudinger einen Bergstock der Waschamba. Eine höchst willkommene Vervollstän- digung unserer bescheidenen Bestände aus Abessynien - bildete ein Tausch mit der ethnographischen Sammlung in Bern, der uns 28 der Sammlung Pfeiffer und Michel entstammende Gegenstände zu- brachte. Von Hausgeräten: hölzerne Milch- und Wassergefässe, Löffel, Mörser, ‘Tassen, Krüge und Schüsseln aus schwarzem Ton: ferner hübsch geschnitzte hölzerne Haarpfeile, Armring aus Messing, 21 322 Fritz Sarasin, Mädchenschamschurz aus Glasperlen aus Kaffa. Als Kultgeräte figuriert ein grosses Räuchergefäss aus Messing, wie es während des abessynischen Kultus gebraucht wird. Aus Vorderasien ist uns direkt dieses Jahr noch nichts zuge- kommen, doch dürfen wir verraten, dass sich von Herrn Prof. Egger, dem Begründer unserer kaukasischen kleinen Abteilung, geschenkt, schon ein Nachschub in Basel befindet, dessen Objekte ebenfalls aus dem Kaukasus, eine höchst erwünschte Ergänzung des Grundstockes des letzten Jahres bilden. Ihre Würdigung wird im nächsten Jahres- bericht erfolgen. Geschenke an die Abteilung Afrika. Herr Dr. A. David, Basel, 2 Ruhebetten, Angareb, Chartum. Ethnographische Sammlung Bern, ein Stempelabdruck für Trauergewänder, Asante. „ Dr. R. Fisch, Basel, 1 Kinderamulett, Goldküste. , Missionar Lädrach, Bern, Tabakpfeife aus Asante. » P. Pallary, Oran, 1 Bündel marokkanischer Briefe, verschiedene Scherben von Thontöpfen und Fayencestücke, Marokko. „ E. Paravicini-Engel, Basel und Kairo, 3 altarabische Glas- fenster aus Kairo. , Reinhardt - Strahm, Basel, Fächer aus Straussenfedern, Kamerun. „ Prof. L. Rütimeyer, Basel, altägyptische Objekte: 2 Stein- teller, 2 Thontöpfe, 1 Nackenstütze der Negada-Periode, 2 Nackenstützen der 18. Dyn., 1 Bogen (12. Dyn.), Pfeilspitze aus Bronze und Dolch aus Kupfer, Reiber, Töpfehen und Mes- singspatel zur Kohlbereitung, Rasiermesser aus Bronze, Feld- hacke, Rechen, Ruder, Kupfermeissel und Klöpfel der Stein- metzen, Bronzemesser. Diverse Stein- und Holztöpfe der Ababde. Steinpfeifen der Ababde. 2 Seidenstickereien, Holzbecher, Schnupftabakdosen, Schmucksachen, Marokko, 2 Kalebassen aus Senegambien, 1 Eisenhammer und Schelle aus Nord-Togo. Kostüm und Ausrüstung eines Imbuiri-Tänzers, Holzidol, Häuptlingsstäbe, Gabun. Haarnadeln aus Elfenbein, Mpangwe, 2 Sammetstoffe der Bakuba. » Dr. F. Sarasin, Basel, 1 Pferdedecke, 2 Lederarbeiten, 2 Pulver- hörner, 1 Thontrommel, 1 siberner Frauenschmuck, 2 Messing- platten, 1 Eisenkamm zum Auskämmen der Wolle, Brett mit Koransprüchen, 2 Kohlbehälter, Marokko. » P. Staudinger, Berlin, 1 Bogen mit Harpunenpfeil, Togo, 2 Lanzen der Nuör, 1 Bergstock der Waschamba, Usambara. as sh Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 323 Asiatische Sammlung (exkl. Vorderasien, China und Japan). (Bericht des Vorstehers, Dr. F. Sarasin.) Malayischer Archipel. In der Asiatischen Abteilung (ohne China, Japan) ist es ausschliesslich der malayische Archipel, der dieses Jahr eine Vermehrung erfahren hat. Obenan an Wert steht eine Sammlung von 118 Nummern, die uns unser treuer alter Gönner, Herr Dr. A. Tobler, aus Sumatra mitgebracht hat und die sich würdig seinen früheren Donationen anreiht; sie ist für uns umso wertvoller, als sie aus anderen Gebieten als die früheren stammt, nämlich aus den Djambi’schen Beneden- und Bovenlanden, während die ersteren der Palembang’schen Residentschaft angehört hatten. Eine T'obler'sche Sammlung ist stets ein gewisses Ereignis wegen der grossen Sorgfalt des Sammlers und der vielen wichtigen Beobachtungen, die den Ob- jekten beigegeben sind. Dr. Tobler hat dieses Mal den künstlerischen Leistungen der Sumatraner, wie sie in der Holzschneidekunst zum Ausdruck kommen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem bemerkenswert sind 2 Grabmäler, das der Jungfrau Sebah bin Hadji Ibrahim und ihres kleinen Bruders Osman, die der Reisende vom Vater der Kinder geschenkt erhielt, indem er neue herstellen liess; sie sind nach mohammedanischer Art konstruiert, indem auf einem hölzernen flachen Sockel sich an beiden Enden eingesetzte Stelen erheben, deren Schnitzwerk, Blumen- und Rankenornamente, ganz ausserordentlich schön und kräftig ausgearbeitet sind. In dieselbe Kategorie von Kunstäusserungen gehören mannigfache geschnitzte und bemalte Bretter von Häusern und von Bettstellen. Erfreuliche Leistungen von Holzschneidekunst zeigen auch die Griffe einer Reihe von Instru- menten, die zum Schneiden der Pandanusblätter in Streifen zum Be- huf der Mattenflechterei dienen und solche von Löffeln, ferner Kaffeetassen aus Kokosschale und die aus Bambus mit Holzgriffen gearbeiteten Kaffeekannen. Hübsche Ornamente in Ritzarbeit weisen auch die Fadenspulen für die Webetechnik auf. Diese Spulen werden oft von Liebhabern den Mädchen geschenkt und tragen dem ent- sprechende Aufschriften. Eine solche ist von Dr. Tobler übersetzt wor- den, sie lautet: „„Hier biete ich dir eine Spule an, die ich dazu benütze, um dir zu schreiben, wenn du das Geschriebene lesen willst. Wenn nicht, so bedeutet das für mich grosse Trauer, und schwerer Kummer und Ärger werden in meinem kleinmütigen Herzen verborgen sein. Welch grossen Gewinn würde es mir bedeuten, wenn wir auf Jahre in Liebe vereint sein könnten.“ Auch Bambuszylinder tragen vielfach solche Liebesbriefe; zwei sehr umfangreiche Sind von Dr. Tobler transskribiert worden. 324 Fritz Sarasin. Sehr interessant ferner ist eine grosse Reihe von Zaubermitteln und Amuletten, deren genaue Zweckbeschreibung ihren Wert wesent- lich erhöht. Es sind solche vertreten gegen Cholera, gegen Tiger, gegen Krankheit des Reises, gegen Käferfrass, zur Beschwörung des Regendämons, zur Abgrenzung des Eigentums u.s.w. Hieher ge- hören auch die Hausapotheken, die ein wunderbares Gemisch von Heil- und Zaubermitteln darstellen und im Hause über den Schlafstätten aufgehängt werden. Eine hübsche Abteilung bilden ferner Hoch- zeitsgeschenke und der Schmuck des Hauses bei Hochzeitsfesten, meist Crebilde sehr vergänglicher Natur. Reich ist auch der Körperschmuck vertreten: Ohrgehänge, Ohr- pflöcke, Ketten und Haarschmuck aus Silber und Kupfer, sowie das sumatranische Ringgeld, Messingringe verschiedener Grösse, die als feste Wertmesser im Kleinhandel dienen. Als Körperschmuck darf auch das Staatskleid des Sultans Achmed von Djambi aufgeführt werden, eine Ärmeljacke aus dunklem europäischen Stoff, reich mit Goldblumen und Blattranken bestickt. Religionsgeschichtlich interessant, als Rest aus der Zeit der Hindu-Herrschaft, ist ein grosser bemalter Vogelkopf aus Holz mit offenem Schnabel und drei rankenartig gestalteten Kopffedern; er stellt den aus der Hindu-Mythologie bekannten Vogel Garuda dar. Dieser Kopf wird auf ein Bambusgerüst gesteckt, das jedes Jahr für einen Umzug neu mit Stoff und Papier ausstaffiert wird. Dass neben den erwähnten Sachen sich noch eine Menge gewöhnlichen Hausge- rätes: Körbe, Tragkörbe, Ruder, Tabakdosen, Fackelständer aus Thon, Kinderspielzeuge, Vogelscheuche, Vogelfallen u.s. w. befindet, ist selbstverständlich. Spezieller hervorhebenswert sind ein vollständiges Baumbastkleid, eine in Sumatra selten werdende Tracht und die Holz- schalen zum Waschen des Goldes, mit allem Zubehör, Goldgewichten u.s. w., sowie solche zum Ausschlämmen der sog. Manikperlen, von denen sowohl wertvolle, als minderwertige in grosser Zahl vorliegen. Es sind durchbohrte Perlen und Zylinderchen aus rotbrauner Masse, die als kostbare Ware nach Timor, Sumbawa u. s. w. exportiert wer- den. Die Fundstellen sind offenbar Stätten alter Ansiedlungen, ihre Herkunft scheint unbekannt zu sein. Von dem weddaischen Urstamm der Kubu, dessen spärliche Reste in den Wäldern Sumatras nomadisierend sich herumtreiben, hatten wir schon früher durch Herrn Hofrat Hagen einige Stücke erhalten. Dr. Tobler, der auf seinen geologischen Streifzügen mit ihnen in Be- rührung kam, hat ihnen seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und wohl alles mitgebracht, was diese fast Kulturgutlosen besitzen: Körbe primitivster Art, aus Rindenstreifen gefertigt, Gefässe aus Bambus, Harzfackel, Fischreuse, Hackbrett, d.h. ein Holz mit zahl- EN Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 325 reichen Messerspuren, Speiseplatten aus Schildkrötenschalen und selbst die Speisereste, Knochen von Schildkröten und kleinen Säuge- tieren und Schneckenschalen. Sehr interessant und für diese Wald- nomaden sicher praktisch ist ein transportables Hüttendach, eine Rotangmatte, enthaltend ein grosses Bündel dreieckig zugeschnittener Fächerpalmenblätter, das Ganze durch ein Baumbastseil zusammen- gehalten. Zum Übernachten schlägt man ein Gerüst auf und deckt das Reisedach darüber. Manche Kubus haben sich angesiedelt, vermischen sich mit Malayen und treiben etwas Ackerbau. Von diesen Kultur-Kubus stammen eine Anzahl kultischer Gegenstände, Opferstöcke für die Felder, Hausschmuck bei Opferfesten, hölzerne Opfertäfelchen mit . Darstellungen von Sonne und Mond. Zu den allerschönsten Flechtwerkprodukten des an Flechtwerk so’ reichen malayischen Archipels gehören die Matten der Einge- borenen von Halmahera, schwer erhältliche, seltene Sachen. Eine Reihe dieser Matten verdanken wir Herrn J. M. und Frau A. Kamp- meinert; es sind wahre Prachtstücke darunter, die mit ihrer reichen Grundfärbung und ihrer Dekoration mit verschiedenfarbigem feinem Flechtwerk und durchbrochen gearbeiteten Ornamenten mit Unter- lage von Mikablättehen von sehr hohem Geschmack Zeugnis ablegen. Ähnlich hübsch gearbeitet sind eine Anzahl Sirihkörbehen, Speise- deckel und Hüte derselben Schenkung. Auch ein Tragkorb von Halmahera zeigt auf braunem Palmblattscheidengrund Längsbänder durchbrochen gearbeiteter Ornamente. Hiezu 3 Schilde molukkischer, aber nicht sicher bestimmter Provenienz und einige Sachen aus Borneo: Holzlanze, Blasrohre, Köcher u. s. w. Auf den Philippinen hat für uns Herr W. Klemme, Chef des dortigen Forstwesens, eine wertvolle kleine Sammlung zusammenge- bracht, wertvoll, weil darin die primitiven Negrito von Luzon sehr gut vertreten sind durch Bogen, Pfeile, Messer, Lendengürtel aus Baststoff, Beinringe mit schwarzen Schweinsborsten, Frauenkämme, Armringe und geflochtene Gürtel. Beigefügt sind einige Objekte von den Mangyanen im Innern von Mindoro. Der Gesamtzuwachs der Abteilung: Malayischer Archipel und Philippinen, betrug 165 Nummern. Chinesisch - Japanische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Felix Speiser.) Mit dem Berichtsjahr trat Herr Pfarrer S. Preiswerk-Sarasin von der Leitung der Abteilung China-Japan zurück. Sein einst- weiliger Nachfolger wurde der Unterzeichnete. Herr Pfarrer Preis- 326 Fritz Sarasin. werk hat die Sammlung in vortrefflicher Ordnung übergeben und mit grosser Hingebung einen ausführlichen Katalog aufgestellt, in dem alles erhältliche Material über die einzelnen Gegenstände mit grosser Gewissenhaftigkeit zusammengestellt ist. Sehr dankbar ist ihm die Sammlung auch für die Überlassung einer nicht un- bedeutenden Bibliothek, welche einem sonst sehr empfindlichen Mangel abhilft. Herr Pfarrer Preiswerk hat der Sammlung im Berichtsjahre eine wertvolle chinesische Bronzevase geschenkt, und von den Erben von Ratsherr J. J. Imhof wurde uns eine chinesische Bronze-Glocke über- macht. Eine sehr interessante Sammlung wurde von Herrn Dr. L. Reid- haar ın Yokohama geschenkt. Sie enthält Kleider, Waffen und Schmuckstücke der Ainu und 42 alt-japanische Ackerbau-Geräte. Diese werden in kurzem sehr selten sein und bilden ein er- wünschtes Gegenstück zu unserer Sammlung von chinesischen Acker- baugeräten. Eine Sammlung von Ainu-Photographien wurde käuf- lich erworben. Australische und Melanesische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. F. Sarasin.) Australien. Es ist ganz besonders erfreulich, dass es uns gelungen ist, in diesem Jahr die australische Sammlung in höchst wertvoller Weise zu bereichern, ıst doch die Kultur der Eingeborenen des australischen Festlandes eine der interessantesten, wenn nicht über- haupt die interessanteste der ganzen Erde, insofern sie am getreuesten ein Bild der Stufe gibt, auf der unsere europäischen Vorfahren vor vielen tausend Jahren gestanden haben. Der durch seine ethnolo- gischen Arbeiten bekannte Missionar C. Strehlow, welcher bei den Aranda- und Loritja-Stämmen Zentralaustraliens tätig ist, hat schon zu wiederholten Malen grosse Sammlungen an das städtische Völker- museum zu Frankfurt a/M. eingesandt, und wie auch früher schon einmal, so hat auch jetzt wieder dessen Leiter, Herr Hofrat B. Hagen, uns eine umfangreiche Dublettensammlung zur Verfügung gestellt. Sie ist aus dem erwähnten Vortragskredit angekauft worden; ein Teil davon wurde dem Berner Museum abgetreten. Was den grossen Wert dieser Sammlung ausmacht, das sind die zuverlässigen Angaben Strehlow’s, die jedes Stück begleiten. Von Geräten des täglichen Lebens sind 5 Steinmesser in Harzfassung, teilweise mit Scheiden aus Blättern, sehr bemerkenswert, ferner Speerwerfer einer für uns neuen Form, verschiedene Bumerangs und hölzerne Tröge, die sowohl zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln, als auch als Kinderwiege Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 327 dienen. Ganz besonders reich sind aber die nur schwer erhältlichen Objekte vertreten, die mit rituellen Dingen in Zusammenhang stehen, in erster Linie 13 Wonninga’s, Kopfaufsätze, die bei Totemzeremonien und dergleichen Verwendung finden. Es sind Holzkreuze, die ein Ge- flecht von Fäden aus gefärbter Känguruhwolle und aus Menschenhaar tragen, beklebt mit weissen oder durch Ocker rotgefärbten Flaum- federn, Moos u. dgl. Hieher gehören auch die sog. Nurtunjas, Stöcke mit Menschenhaarschnur umwickelt, dicht beklebt mit Reihen ver- schieden gefärbter Flaumfedern und oben mit einem Federbüschel endend. Drei bemalte Tanzschilde dienen gleichfalls Zeremonial- zwecken. Eine andere Kategorie heiliger Objekte repräsentieren die Stein-Tjurungas, die ‚‚Seelensteine‘“, von denen 10 grosse und schöne Stücke vorhanden sind, ovale, flache Steinplatten, mit eingeritzten und durch Ocker rot gefärbten Figuren; es sind vermutlich die Analoga der ,,galets colories“ unserer Prähistorie. Verschiedene Zauberstöcke zum Töten von Feinden und Schwirrhölzer gehören auch in diesen Zu- sammenhang. Ein seltenes Stück endlich ist ein Kopfschmuck, den Witwen und Mütter verstorbener Kinder bei gewissen Anlässen tragen. Es ist ein Band, an dem zwei Bündel von Vogel- und Säuge- tierknochen und Känguruhzähnen befestigt sind; diese hängen über die Stirne herab, die Augen fast verdeckend. Der Unterzeichnete hat einen flüchtigen Aufenthalt in australischen Städten dazu benützt, um eifrig nach ‚Australian eurios zu suchen und auch eine Anzahl recht guter Stücke gefunden. Für die Darstellungsgabe der Australier interessant ist eine Baobab- Nuss aus Nordwest-Australien mit sehr guten Krokodilzeichnungen, sowie ein Bumerang, den ein Australier im Gefängnis zu Perth mit menschlichen und tierischen Figuren beschnitzt hat; die ersteren tragen hohe Zeremonial-Kopfaufsätze. Hiezu einige Steinäxte, Speerwerfer und Schilde verschiedener Formen, Gravierinstrument mit Silexklinge u. s. w. Sehr hübsch ist ein Amulett, einen Berg- krystall und Korallen in einem Schnurgeflecht enthaltend. Der Berg- krystall ist gedacht als die Sonnenhitze in sich konzentrierend und auf den Weg eines Feindes gelegt, diesem ein ihn aufzehrendes Fieber beibringend. Rätselhaft ist ein phalloid gestalteter Kalkstein von 28 cm Höhe aus Neu-Süd-Wales. Man findet solche an einsamen Stellen, vielleicht alten Grabstätten ; ihre Bedeutung ist den heutigen Australiern unbekannt; ein ganz ähnliches Gebilde hatten wir seiner- zeit in Ceylon bei Ausgrabung einer Wedda-Höhle gefunden. Von Herrn E. Grether in Oran erhielten wir eine vierzackige Fischlanze und ein Messer mit Haifischzähnen, ferner eine Anzahl australischer Objekte durch Tausch gegen Objekte der Sammlung Tobler aus Sumatra vom Museum in Cöln. Durch Kauf bei Oldman 328 Fritz Sarasin. in London wurde die Serie der australischen Schildtypen vervoll- ständigt. Gesamtzuwachs 90 Nummern. M elanesien. Neu-Guinea. a) Hauptinsel. Aus dem nördlichen Teil des hol- ländischen Gebietes schenkte uns Herr J. M. Kampmeinert eine An- zahl hübscher Gegenstände, gravierte Bambuszylinder, Kürbisflaschen für Kalk, sehr elegant mit schwarzen Brandmustern verziert, Kämme, eine höchst zierlich geformte Nackenstütze, Schutzmatten für das Kopfhaar beim Tragen von Lasten auf dem Rücken, eineu ge- schnitzten Bootschnabel, Pfeile und Bogen. Aus demselben Gebiet, nämlich vom Unterlauf des Mamberamoflusses wurden angekauft ein Ahnenbild, Amulette mit aufgeschnitzter menschlicher Figur, im Nacken zu tragen gegen von hinten angreifende Dämonen. Aus Deutsch Neu-Guinea, höchst wahrscheinlich vom Kaiserin Augusta- Fluss, stamınt eine Tanzmaske seltener Form ; von einem geflochtenen Kopfreif geht ein langer Fortsatz aus, auf seiner Basis ein bemaltes Gesicht und weiter zwischen Flechtwerkrädchen und Federbüscheln einen aus Holz geschnitzten weissen Kakadu tragend, Geschenk von Herrn B. Reiss, Basel. b) Admiralitätsinseln. Speere mit Holz- und mit Obsidian- spitzen übergab uns Herr B. Reiss, ebensolche, sowie einen Zierkamm und einen Gürtel aus weissen Schneckenscheibchen tauschten wir vom Cölner Museum ein. ce) Matty-Insel. Holzschüssel, Waffe mit Haifischzähnen und Angelhaken verdanken wir Herrn Dr. Felix Speiser. Gesamtzuwachs 43 Nummern. Salomons-Inseln. Herr Dr. Speiser übergab uns einige meist von Malaita stammende Objekte, die er in den Hebriden erhalten hatte: Zierliche mit buntem Flechtwerk oder mit Perlmutter- plättehen verzierte Kämme, Armbänder, Geldschnur, Frauenkleid, Angelhaken; einen sehr schön dekorierten Speer, Herr B. Reiss. Zu- wachs 13 Nummern. Santa Cruz-Inseln. Von der überaus reichen Ausbeute, die Herr Dr. Felix Speiser von seiner 21/,jährigen Reise in den Neuen He- briden für das Museum seiner Vaterstadt nach Hause gebracht hat, ist vorderhand bloss die Sammlung von den Santa Cruz-Inseln, spe- ziell von Nitendi, durch den Donator katalogisiert worden, 303 Nummern. Die Ergologie der Santa Cruz-Insulaner ist von Gräbner auf Grund der Sammlungen Wilhelm Joest’s in vortrefflicher Weise behandelt worden. Hierzu hat Dr. Speiser auf Grund seiner eigenen Studien eine Ergänzung geschrieben und sich namentlich mit der Deutung der Ornamente und ihrer Ableitung von natürlichen Ob- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 329 jekten, Vogel und Fisch, befasst. Die Santa Cruz-Insulaner sind künstlerisch begabte Menschen, voller Freude an bunter Ornamen- tierung. Es sprechen hiefür nicht nur ihre zierlich bemalten, mit Fransen und Rasseln versehenen, fischförmigen Tanzkeulen, von denen eine prächtige Serie vertreten ist, nicht nur ihre geschnitzten und bemalten Tierfiguren, ihre hölzernen Essschalen, die oft die Ge- stalt von Fischen haben, nicht nur die Tintenfischschulpe, in die sie menschliche Figuren einschneiden und bemalen, sondern auch die Gegenstände, mit denen sie ihren Körper, namentlich zum Tanz bei festlichen Gelegenheiten, schmücken. Vor allem zierlich sind die aus Tridacnaschale geschliffenen Brustplatten mit einer Auflage von Schildpattornamenten, die sich als eine Kombination von Fisch- und Fregatvogelfiguren erweisen und ferner die aus Perlmutter durch- brochen gearbeiteten grossen Gehänge, die von der Nase über das Vordergesicht herunterbaumeln. Der Körperschmuck ist überhaupt ein reichlicher, und es ist in der Sammlung alles vertreten, was hieher gehört: Gürtel geflochten und gewoben, sowie solche aus Rinde, Kämme verschiedener Art und Tanzhaarschmuck, mit roten Federn beklebt, Halsbänder, Ohrgehänge aus verschiedenem Material, vielfach aus Schildpatt, Ohr- und Nasenstäbe, Nasenringe verschie- dener Art, Bänder und Ringe für Ober-, Unterarm, Knie und Knöchel. Die Armringe sind vielfach aus Trochusschale hergestellt, und es fehlen auch die Geräte nicht, die zu ihrer Fabrikation dienen. Die Kleidung besteht wesentlich aus Matten, gewoben und hübsch ge- mustert oder aus Rindenstoff (Tapa) mit oder ohne Ornamente. Die Weberei, die auf einfachen Webstühlen, von denen eine Reihe vor- handen sind, ausgeführt wird, erzeugt sehr zierliche Produkte; namentlich sind die gewobenen und gemusterten, mit Fransen bunt verzierten Taschen verschiedener Form sehr elegant. Die Schiffahrt ist durch ein ganzes Auslegerboot, durch Ruder und Wasserschöpfer vertreten, die Fischerei durch Netze allerhand Art, Schwimmreusen aus dornigen Lianen gefertigt, Schwimmern und Drachen mit Angel- schnur, Fischpfeilen und all den Geräten, die zum Fang des Hai- fisches dienen. Den Bedürfnissen des täglichen Lebens genügen Löffel aus Muschelschale, Wasserbehälter aus Kokosnuss, Körbe ver- schiedener Form, Holzmörser, Kürbisflaschen für Kalk mit ge- schnitzten Holzdeckeln und mit eingebrannten Ornamenten, Nacken- stützen zum Schlafen, Beile mit Klingen, aus Tridaena gefertigt u.a.m. Als Kriegswaffen sind Bogen und Pfeile, diese oft zierlich geschnitzt und Keulen in Gebrauch; als Geld dienen aus Bananen- fasern hergestellte Matten oder sogenanntes Federgeld, d. h. Rollen eines geflochtenen Bandes, auf dem rote Federchen festgeklebt sind. Ins psychische Gebiet führen endlich präparierte Schädel geliebter 330 Fritz Sarasin. Angehöriger, die man in der Hütte zum Andenken aufbewahrt. Nasen-, Augen- und Hinterhauptsloch sind mittelst Holzpflöcken verschlossen, der Schädel durch den Hüttenrauch gebräunt oder mit Ocker rot gefärbt. ! Neu-Caledonien und Loyalty-Inseln. Die grosse Sammlung, die der Unterzeichnete mit Hilfe des Herrn Dr. J. Roux in den genannten Gebieten zusammengebracht hat, ist gleichfalls in diesem Jahre kata- logisiert worden. Sie umfasst 646 Nummern und dürfte die voll- ständigste sein, welche existiert. Eine Beschreibung würde an dieser Stelle viel zu umfangreich werden, soll auch an anderem Orte ge- schehen. Es ist eine merkwürdige Erscheinung, dass, trotzdem die Neu-Caledonier zu derselben melanesischen Völkerfamilie gehören, wie die Bewohner der unfernen Hebriden, der Salomonen u. s. w., man doch bei kaum einem Objekt im Zweifel sein kann, welcher Provenienz es ist, so sehr haben diese insular isolierten Stämme jeder seinen eigenen Stil ausgebildet. Die Loyalty-Inseln schliessen sich ethnographisch aufs engste an das nahe Caledonien an, sie haben auch sehr vieles, z. B. ihren ganzen Bedarf an Steinbeilen von dort bezogen, aber trotzdem zeigen die auf den Loyalty’s hergestellten Sachen gewisse Eigenheiten, die sie von den caledonischen unter- scheiden; auch kommen Geräte vor, die auf Caledonien fehlen. Die Ethnographie der Loyalty-Inseln gehört fast ganz der Vergangenheit an; die Bewohner der erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckten Inseln sind heute alle christianisiert und gebrauchen vorwiegend euro- päische Fabrikate. Die Sammlung von dort (229 Stück) umfasst daher fast lauter Überbleibsel einer vergangenen Epoche. Der Unter- zeichnete hat sich eine besondere Mühe gegeben, von der caledonischen Holzskulptur eine möglichst vollständige Sammlung anzulegen, da diese Dinge einem raschen Untergang geweiht sind. Die caledonische Hütte ist rund, bienenkorbartig und gekrönt von einem geschnitzten, oft sehr mächtigen Dachaufsatz, dessen Formen in verschiedenen Teilen der Insel variieren. Die 20 Stücke unserer Sammlung dürften alle wichtigeren Typen repräsentieren. Zu den Seiten des Hütten- eingangs sind häufig skulptierte Bretter angebracht, bald nur schmale, pfostenartige, bald sehr breite. Von solehen sind 11 vorhanden, dar- unter zwei von gewaltigen Dimensionen, 1,95 m hoch und 1,30 m breit; das sie krönende Gesicht hat eine Nasenbreite von 52 em. Ebenso fehlen nicht geschnitzte Bretter aus dem Hütteninneren, ge- schnitzte Hüttenpfähle, darunter riesige von 1,50 m Umfang mit grossem bärtigem Gesicht und geschnitzte Türschwellen ; auch heilige Pfähle von Opferplätzen. Einer davon trägt eine lange Reihe von Cupulae, von denen jede einen erschlagenen Feind bedeuten soll. Dämonenstatuetten, darunter eine um Regen zu machen, sind gleich- va Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 331 falls in grösserer Zahl vorhanden, ferner Holzmasken, wovon zwei mit vollständig erhaltenem Kopfaufsatz und Bart von Menschen- haaren und Federmantel. Anschliesslich hieran ist eine grosse Kol- lektion von Amuletten und Zaubersteinen zu erwähnen. Diese Steine dienen allen möglichen Zwecken, zur Beförderung des Feldbaus und des Fischfangs, zum Regenmachen, zum Töten von Feinden u. s. w. Sie kommen auch auf den Loyalty’s vor, während Masken dort zu fehlen scheinen und die Hüttendekoration einen anderen Charakter hat. Proben der letzteren sind auch vorhanden. Die Steingeräte gehören heute der Vergangenheit an, das Eisen hat sie vollständig verdrängt. So massenhaft man lose Steinklingen von Äxten angeboten erhält, so selten sind Beile in Fassung geworden. Ich habe nur 7 erhalten können, darunter zwei jener herrlichen Pa- radeäxte mit Nephritscheiben, wahre Blüten der Neolithik. Auch die Muschelmesser sind ausser Gebrauch; nur zum Schaben von Früchten u. dgl. werden noch vielfach Muscheln gebraucht und Schneckenschalen mit Löchern zum Hobeln. Aus der Kleidung sind die Baststoffe auch schon fast oder ganz verdrängt (das letztere gilt für die Loyalty’s), ebenso die Grasschürzen der Frauen und die Hüft- röcke aus Faserschnüren. Alles das ıst reichlich vorhanden, ebenso viele Proben der verschwundenen caledonischen Töpferei, mit oder ohne Dekoration. Auch der Körperschmuck ist bedeutend verarmt. Conusarmbänder sieht man noch hin und wieder getragen, ebenso Kämme, in ihren Formen nach den Stämmen variierend, an Festen auch Federkopfschmuck und Hals- und Armbänder aus Pteropuswoll- schnur mit Cypraen, Ovula und anderen Mollusken verziert. Aber die schönen Halsbänder aus Nephritperlen werden nicht mehr her- gestellt; es sind drei in der Sammlung, auch der Bohrer mit Quarz- spitze, um sie herzustellen. Beim Tanz kommen in Caledonien oft noch recht altmodische Sachen zum Vorschein, sonderbare Tanzbeile, geflochtene Tanzgürtel, Geräte wie Regenschirmgestelle, die in Drehung versetzt werden, Reife mit Spinnweb überzogen als Haar- schmuck u. s. w. Beim Tanz werden Bambusse im Takt auf den Boden geschlagen und Rindenklappern gegeneinander gehämmert. Das ein- zige wirkliche Musikinstrument ist die Flöte. Das Tritonshorn dient nur bei Zeremonien. Am konservativsten haben sich die Ackerbau- geräte gehalten; einfache Grabstöcke dienen immer noch für den hoch- entwickelten Feldbau; gelegentlich und schüchtern ahmt man eine europäische Schaufel in Holz nach. Dagegen verschwinden die primi- tiven Auslegerboote und die Steinanker; die harte Nackenstütze, ein gewölbtes Brett, macht dem Kissen Platz, das Feuerholz den Streich- hölzern. Ziemlich unberührt sind die Fischereigeräte geblieben und wenn nicht eine entwendete Dynamitpatrone zur Verfügung steht, 332 Fritz Sarasin. so wird noch mit den alten Netzen und Reusen gefischt; nur hat die eiserne Angel ältere Formen verdrängt. Auch die Korbflechterei, die aus Binsen geflochtenen Speiseteller, die Matten, der Tragkorb für Kinder sind die alten geblieben. Auch die aus feinen Stückchen von Meerschnecken hergestellten Schneckengeldschnüre haben im nörd- lichen Caledonien noch Kurs. Dass endlich in der Sammlung sowohl von Caledonien, als von den Loyalty’s, die Waffen überreich ver- treten sind, versteht sich von selbst. Es sind vornehmlich Speere, teil- weise schön verziert mit Geflechten und Umwicklungen von Pteropus- schnur und mit angeschnitzten menschlichen Köpfen dekoriert, Speer- werfer, Keulen verschiedener Form und Steinschleudern. Bogen und Pfeile dienen zur Jagd auf Fische, Tauben und Flederhunde. Schutz- waffen, wie Schilde und Panzer, fehlen im ganzen Gebiet, ebenso die Trommel. Polynesische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Felix Speiser.) Die Abteilung Polynesien wurde im Berichtsjahre von der Ab- teilung Melanesien getrennt und selbständig gemacht. Ihre Zunahme ist an Zahl zwar nicht bedeutend. Höchst wertvoll aber ist das Ge- schenk des Freiwilligen Museumsvereins, eine Serie alter polynesischer Keulen, von verschiedenen Inseln stammend, da gute alte Stücke heute schon sehr selten geworden sind. Angekauft wurden auch zwei Proben der alten Fidji-Töpfereı. Eingegangen sind als Geschenke: 1 Wurfkeule aus Fidji, 3 Keulen von der Insel Tucopia, 2 Fächer und 1 Schlafmatte, sowie 2 Weibermatten von den Carolinen vom Unterzeichneten, ferner als Geschenk von Herrn B. Reiss in Basel eine gute Sammlung von Gegenständen aus den Carolinen, enthaltend Muschelbeile, Arm- bänder, Männer- und Weibermatten, Bastbinden, Muschelschmuck, Muschelgeld, Schleuder und einen interessanten Speer. Amerikanische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. M. K. Forcart.) Im vergangenen Berichtsjahre wurden keine Gegenstände an- gekauft. Eine grössere Sammlung aus Argentinien, welche uns erst kürz- lich zukam, muss noch untersucht und katalogisiert werden; eine Be- sprechung derselben kann daher erst im nächsten Jahresbericht ge- schehen. — Beiträge: Frau Bachofen-Vischer Fr. 200.—, Herr R. Sarasin-Vischer Fr. 10.—. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 333 Europäische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Prof. E. Hoffmann-Krayer.) Die Abteilung Europa hat im Berichtsjahre um 454 Nummern zugenommen, zählt also auf den heutigen Tag 5944 Nummern. Es sei mir gestattet, in dem diesjährigen Bericht von der üblichen Aufteilung des gesamten Jahreszuwachses in einzelne Stoffgebiete abzugehen und eine lokal zusammengehörige Kollektion gleich am Eingang, in Stoffgruppen gegliedert, zu behandeln. Es ist die mit tiefstem Verständnis für das volkskundlich Bedeutungsvolle durch Herrn Prof. Rütimeyer im Val d’Herens veranstaltete Sammlung von bäuerlichen Gegenständen der verschiedensten Art, die für alle Zeiten in ihrer primitiv-urwüchsigen Form eine Zierde unsrer Sammlung bilden werden. Sie verteilen sich auf folgende Stoffgebiete: Aus der Landwirtschaft sei vor allem ein Pflug genannt, in seinem Gerüste noch ganz aus Holz, die verloren gegangene Schar wird aus Schmied- eisen gewesen sein; ferner eine seltene Form von Spitzhacke, ein Tengelgeschirr, ein Heuseiltrüegel und eine Sensenklinge. Zur Vieh- haltung gehören eine Schafs- und eine Ziegenkoppel, ein Kälber- maulkorb und ein höchst primitiv aus einer zusammengerollten Schindel hergestelltes Salzgefäss. Als alp- und milchwirtschaftliche Geräte sind zu nennen : eine komplette Käsepresse in einfacher Gestalt (Einlaufschüssel mit scheibenförmigem Tischehen in der Mitte, auf das die durchlochte Käseform gestülpt und aus der das Käsewasser mittelst eines Steins ausgepresst wird); ferner eine kleine Käseform, ein Handbrentli, ein Zigersieb, eine Volle aus einem Stück Holz ge- dreht, ein Käsegestell, ein Milchlöffel und das in der französischen Schweiz übliche Käsetransportgerät: der „Vogel“. In das sonstige Transport- und Fuhrwesen sind einzureihen ein höchst primitiver Fuhr- schlitten, ein Maultierkummet und 2 Paar Traggabeln zum Holztrans- port durch Maultiere; in das Handwerk ein dreiteiliger Bohrer, ein Hobel und ein Fellschaber, der durch seine altertümliche Form und Bindung das höchste Interesse beansprucht. Dievolkstümliche Industrie und ihr Gerät ist vertreten durch einen vollständigen Stoffwebstuhl mit allem Zubehör, dat. 1794, 4 gewobene Stoffstücke (Wolle und Baum- wolle),eineWiegendecke, eine in rohem Kreuzstich gestickte Kopfbinde für Säuglinge, eineWollkarde und einen Spinnrocken. Besonders be- achtenswert sind die Gegenstände aus dem Hausrat. Zu beginnen mit einer reich mit koloriertem Kerbschnitt dekorierten Wiege, die an der einen Schmalwand zum Schutz des Kindes das Jesusmonogramm trägt. Noch wesentlich altertümlicher in ihren noch gotisches Ge- präge tragenden Kerbschnittmotiven sind ein Wandkästchen und 3 334 Fritz Sarasin, Schachteln, von denen eine sich durch ihre selten längliche Form und eigenartig gestaltete Unterfläche auszeichnet. Auch 2 Steinlampen, deren eine datiert 1629, zeigen uralte Formen. Aus verschiedenen Zeiten mögen 4 Holzbecher stammen; der eine derselben, mit einer Art Rippe umgürtet, scheint jedoch ebenfalls noch gotischen Stil aufzuweisen. Ferner seien genannt 3 gedrehte Holzteller, 2 Feld- fässchen, ein Feuerstahl, ein geschmiedeter Herdhaken in ebenfalls sehr alter Form und endlich ein merkwürdig konstruierter Fall- schlüssel, zu dem leider das entsprechende Schloss fehlt, so dass seine Funktion nicht recht ersichtlich ist. Vom Hausrat gehen wir zur Tracht über. Ihr gehören an ein seidenes Halstuch (vermutlich aus- ländisches Produkt), ein Frauenhut, 3 Brusteinsätze und 2 Kinder- käppchen verschiedenen Alters. Aus dem Kapitel Spiel sind neben einer Puppenwiege mit Lumpenpuppe, einer Holzglocke und einem Holzpferdehen 3 prähistorisch anmutende Objekte zu nennen, die die kindliche Phantasie als ‚Kühe‘ bezeichnet. Es sind zylindrische Holzpflöcke, die sich oben in Hörner ausgabeln; an der Stelle des Halses ist etwas wie ein Schellenband in die Rinde eingegraben; das Euter ist durch ein Diagonalkreuz angedeutet (vgl. die unten er- wähnten Kühe aus Uri). In die Rubrik Sitte und Brauch möchte ich einreihen einen hölzernen Methbecher mit Deckel, wie 1hn die Wöch- nerinnen neben ihrem Bett stehen haben, und dem sie fleissig zuzu- sprechen pflegen. Ein ursprünglich als Breloque gefasster Karneol wird jetzt von der Braut als Agraffe zur Befestigung des Hochzeits- strausses verwendet. Besonders wertvoll ist die Vermehrung unsrer Tesselnsammlung um 7 Kerbstäbe (taschera), auf denen der Milch- ertrag eines Sommers eingekerbt ist. Soviel über die Rütimeyer’sche Sammlung aus dem Val d’Herens. Wir behandeln nunmehr den übrigen Zuwachs des laufenden Jahres im Zusammenhang, unter Gliederung in die einzelnen Stoff- gebiete. Bei der Landwirtschaft dürfen wir wieder mit einem sehr erfreulichen Geschenk von Herrn Prof. Rütimeyer beginnen: einem überaus altertümlichen, in den wesentlichen Formen an altgriechische Vasenbilder erinnernden Pflug mit Joch und Stimulus aus Tripoli (Peloponnes). Einem uralten Kulturgebiet des westlichen Europa gehören an 3 weitere Geschenke, die wir Herrn Felix Arnaudin in Labouheyre (Landes) verdanken: es sind drei Arten von Hacken, von denen wir zwei in unsern Gegenden nicht gebrauchen: den sog. dalh, sarc und primoun. Aus Italien (Piemont) hinwiederum stammt eine interessante Kastanienstampfe, d. h. eine schwere hartholzene, an einem Stiel befestigte Platte mit vielen Buckeln auf der Unter- fläche, mit der man die von der äussern Schale befreiten Kastanien durch Schlagen enthäutet. Sie wurde nebst einem Dreschflegel und Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 335 einem als Weideverbot dienenden Strohkreuz von Herrn Dr. August Gansser in Garessio geschenkt. Ein Wetzsteinfass von der Lenk ist uns durch das Landesmuseum schenkweise übermittelt worden, ein Schöpfrechen durch Fräulein Leonie Kopp in Cham. Ausserdem sind einige Hauenformen und sichelartige Messer aus der Innerschweiz und dem Kanton Zürich neu hinzugekommen. Aus der Vieh- und Milehwirtschaft nennen wir eine vom Landesmuseum geschenkte Salz- mühle und ein Zigergärb von der Lenk, einen sehr primitiven, aus einem Stück Baumstamm hergestellten Immenstock (Piemont), ähn- lich dem bereits vorhandenen aus Inden (Wallis), geschenkt von Herrn Dr. Gansser, und einen von Herrn Dr. Forcart in Solothurn erwor- benen und geschenkten Milchschöpfer. In das Kapitel Transport und Fuhrwesen schlagen ein: ein mit Kerbschnitt dekoriertes piemon- tesisches Doppeljoch, welches wir wiederum Herrn Dr. Gansser ver- danken, und ein solches aus dem Kanton Zug, als Geschenk von Frau Stadlin-Fröhlich in Zug; ferner 2 Fuhrsättel, ebenfalls aus dem Kanton Zug. Gehen wir nun zum Handwerksgerät über. Zwei interessante, eigenartig geformte Piken aus Risch wurden uns von Herrn Lörch in Lindencham zugesandt, und ebenso stammen von ihm ein Bohrer, 2 Sattlermesser, ein Flosshaken, ein Hammer, ein Schabmesser, ein Gertel, ein ungewöhnlich grosser Daubenspalter und ein hellebarden- förmiges, langgestieltes Beil aus Obfelden (Kt. Zürich), datiert 1726. Endlich wurde eine 100 Nummern zählende, vollständige Küferaus- rüstung aus Basel erworben, die manche jetzt nur noch selten ge- brauchte Werkzeuge aufweist. Man kann ja über derartige Anschaf- fungen verschieden urteilen; wenn man dagegen bedenkt, mit welcher Mühe veraltete Handwerkszeuge später erworben werden und wie auch dann oft keine Vollständigkeit mehr erreicht werden kann, so sollte man meines Erachtens die Gelegenheit zu einer verhältnismässig billigen Erwerbung nicht verpassen, auch wenn die betreffenden Gegenstände in absehbarer Zeit nicht auszustellen sind. Die Fischerei ist diesmal nur durch ein Objekt, aber durch ein ganz besonders wertvolles, vertreten. Dem Entgegenkommen von Herrn Dr. Fritz Sarasin und auch seiner Anregung verdanken wir die Möglichkeit, ein tragbares, ovales Fellboot (sog. Coracle) nebst Ruder aus Wales zu erwerben, wie sie dort bei den Süsswasserfischern noch ziemlich verbreitet sind. Das Boot wurde uns durch einen meiner in Somerset weilenden Schüler vermittelt. Als volkstümliches Jagd- gerät sei eine eigenartig konstruierte Maulwurfsfalle aus dem Piemont genannt, die Herr Dr. A. Gansser in Garessio geschenkt hat. Ebenso verdanken wir Abwart Stuber 2 Vogelfallen aus Soulce (Berner Jura) und eine Schlangenfalle aus Küttigen (Aargau). 336 Fritz Sarasin. Wenden wir uns nun der volkstümlichen Industrie und zwar zu- nächst der Textilindustrie (im weitesten Sinne) zu. Bei den vorbe- reitenden Verfahren beginnend, erwähnen wir zwei von Frau Stuber in Basel geschenkte Wollkarden; zur Weberei gehören: ein kleiner Webstuhl aus Cham (Geschenk von Fräulein Kopp daselbst), 2 Basler Bandwebermandate und alte Bandmusterkarten (Geschenk von Herrn E. R. Seiler). Reicher vertreten ist die Stickerei und Spitzen- manufaktur. Aus Graubünden haben wir erworben: 2 Engadiner Oberleintücher mit reicher Spitzen-, Durchbruch-, Stick- und Filet- arbeit, eine Engadiner Tischdecke mit blauem Stickdekor, 2 Kissen- anzüge aus Tarasp, der eine mit Klöppelspitzen, der andere mit roter Kettenstichmusterung, ein Handtuch aus dem Münstertal mit rot und blauem Kreuzstichmuster. Höheren Kunstbetrieb zeigen 2 feinge- klöppelte Lavallièren aus Arbon, die uns Herr Dr. W. Keller in Basel geschenkt hat. Die Stoffdruckerei weist ein stilistisch altertümliches, mit Tiermotiven rot und schwarz bedrucktes Handtuch aus dem Prätti- gau und ein seidenes Halstuch aus Zernez auf; die Korbflechterei end- lich 6 Körbe in teilweise verschiedenem Flechtverfahren aus Sins (Aargau) und Cham (Zug). In der Keramik ist etwas Ebbe eingetreten. Von Heimberger Produkten haben wir Herrn E. R. Seiler eine tadellos erhaltene Platte aus der schwarzen Familie zu verdanken, eine ebensolche mit Jahr- zahl 1817 wurde in Basel erworben. Herr Antiquar Jecker schenkte ein Langnauer Einsatzstück, Herr Lörch in Cham ein sog. „Glassvoll- krügli“ unbekannter Provenienz; dagegen dürfte ein zierliches saft- grünes „Verenakrüglein“, das in Künten gekauft worden war, auch wirklich im Kanton Aargau angefertigt worden sein. Ausländischen Ursprungs sind : ein Spartopf aus Verona (Geschenk von Herrn Prof. Rütimeyer) und 5 vom Vorsteher geschenkte Marburger Bauernteller (2 mit Jahrzahlen 1781 und 1821), die in Farbe und Dekor eine gewisse Verwandtschaft mit den Baselbieter Keramiken zeigen. Nicht sehr reich ist, wenn wir von den bereits erwähnten Rüti- meyer’schen Erwerbungen absehen, der Zuwachs auf dem Gebiete des Hausrats. Zum Âussern des Hauses gehört ein als Giebel- schmuck verwendeter hölzerner Pferdekopf aus dem Simmental, den uns das Landesmuseum schenkweise zugewendet hat, und ein sog. „Windspiel‘“ (mechanische Spielerei) von einem Dachfirst in Ober- Ägeri (Geschenk von Herrn Lörch). Von kleinem Hausrat wurden geschenkt: 9 Thon- und 4 Holzmodel (Herr Seiler), 2 Fächerstäbe als Blumenstützen aus Röschenz (Herr Dr. Keller), eine Kartoffel- presse (Frau Stadlin-Fröhlich, Zug), ein Kernenzermalmer (Frau B. Mettler, Stein a. Rh.), ein vierkantiger Ellstecken mit Kerbdekor (Herr Friedensrichter Arnold in Dagmersellen); erworben: eine Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums, 337 eiserne Talg-Ampel mit Zahnstange aus Birmenstorf (Kt. Zürich), 3 aus Wurzelknorren gearbeitete Tabakspfeifen. In das Gebiet der Tracht schlagen ein: ein grobes Leinenhemd aus Böttstein (Aargau), ein durchbrochener Aufsteckkamm aus dem- selben Kanton, 2 „Griffschuhe‘“ (eiserne, anschnallbare Absätze mit Spitzen) aus der Innerschweiz, 4 geschnitzte Bauernstöcke, von denen zwei aus dem Berner Oberland, einer aus Oberbuchsiten (Kt. Solo- thurn). Ein handkoloriertes Trachtenbild aus dem badischen Schwarz- wald schenkte das Historische Museum. Das Wenige, was an Spielzeug und volkstümlichen Musik- instrumenten eingelaufen ist, sei in einem Abschnitt behandelt. Zwei von den Urner Sennen für ihre Kinder verfertigte „Kühe“, die eine sehr entfernte Ähnlichkeit mit den obenerwähnten Evolener Stücken zeigen, hat uns Herr Schaller-Donauer in Sisikon geschenkt, einen sog. „Turner“ Herr A. Studer in Oberbuchsiten. Von erheblichem ethnographischem Interesse sind 7 aus dem Departement Grande- Lande in Frankreich stammende, von der dortigen Bevölkerung selbst angefertigte Blasinstrumente, von deren Existenz der Abteilungsvor- steher durch eine Abbildung in Felix Arnaudin’s ‚„Chants populaires de la Grande-Lande“ erfahren hatte. Eine Anfrage nach der Möglich- keit einer Beschaffung der interessanten Objekte beantwortete Herr Arnaudin in liberalster Weise durch Zusendung derselben als Ge- schenk, ohne uns irgendwie für die aufgewendete Mühe und mannig- fachen Auslagen zu belasten. Wir sind ihm für seine Uneigennützig- keit zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Auch unter den Gegenständen zum eigentlichen Volksbrauch dürfen wir zunächst einige Geschenke verdanken. Eine mächtige St. Niklaus-Infel, wie sie die Buben von Küssnacht am Rigi am St. Niklaustage tragen,®) hat uns Herr Schaller-Donauer in Sisikon schenkweise übermittelt. Ebendaher stammen 6 Fastnachtsmasken aus bemaltem Blech; 8 Taufzettel älteren Stils, meist aus dem Basel- biet, gingen uns durch Herrn E. R. Seiler, 2 offenbar deutsche Hochzeitsmedaillen aus dem 17. Jahrhundert durch Herrn S. Preis- werk-Sarasin zu. Abwart Stuber schenkte eine Palmsonntagspalme und Kohlen vom Osterfeuer (,‚Osterkohlen‘‘) aus Ober- und Nieder- buchsiten (Kt. Solothurn). Beide werden bekanntlich von der Kirche geweiht, die Palmen am Palmsonntag, die Feuer am Kar- samstag, und von der Bevölkerung sorgfältig zum Schutz des Hauses aufbewahrt. Die Gegenstände könnten also auch beim Volks- glauben rubriziert werden. Erworben wurden ein reich bestickter Brautgürtel und ein Verlobungsring (,Treuring‘) aus Grossen- 6, Vergl. Schweiz. Archiv f. Volkskunde 16, 174. 338 Fritz Sarasin. Linden bei Giessen, beide Gegenstände durch Vermittlung von Herrn Pfarrer O. Schulte daselbst. In den Rechts- und Verfassungsbrauch schlagen ein die Hausmarken und Tesseln. Von erstern haben wir 14 Eigentumsmarken, wie sie im Val de Bagnes dem Vieh angehängt werden, durch Herrn Gabbud in Lourtier erhalten. Eine interessante, bis jetzt in unserer Sammlung nicht vertretene Tesselart wurde uns durch Fräulein Goldstern in Wien, die das Stück in Feschel (Wallis) erworben hatte, geschenkt: es ist eine sog. Wässertessel, bestehend aus einer Hauptlatte mit 21 Löchern, an denen die Tesseln der Teil- haber an der Bewässerung mit ihren Wässerrechten hängen. Ich habe deren 110 gezählt. Der Religion und dem Volksglauben gehören eine messingne Reliquienkapsel aus Baar und ein vom Historischen Museum ge- schenktes Reliquienmedaillon mit Agnus Dei unter Glas an, zwei Falt- segen aus Risch und Altdorf, letzterer, wie auch ein sog. „Geistlicher Hausschatz”, Geschenk von Spitalpfarrer Josef Müller daselbst. 32 wächserne Votivzähne, an eine Schnur aufgereiht, aus Knocke-sur- Mer (Belgien), wurden der Sammlung durch Herrn Rektor K. Wehrhan in Frankfurt a. M. verehrt, dem sie schon eine stattliche Zahl interessanter Votivalien zu verdanken hat. Ein geschriebener „Himmelsbrief“ aus Ormalingen ging ihr durch Herrn stud. Buess schenkweise zu. Aus dem eigentlichen Aberglauben mögen hier 3 fetischartige, aus Lindenholz geschnitzte Figuren erwähnt werden, wie sic durch die süddeutschen Zigeuner Verwendung finden. Sie heissen „Mulorom‘“ d.h. ‚„Totenmann“ oder, wenn sie hundeähn- liche Gestalt haben: Tschenger-Tschena (Hundemensch) und werden laut Angaben des Zigeuners E. Wittich in Stuttgart, der auch eines der Stücke geschenkt hat, beim Betreten des Waldes ins Gebüsch ge- worfen. Dadurch glaubt der Zigeuner gegen böse Geister geschützt zu sein und Glück bei seinen Geschäften im Wald zu haben. Völlig sicher ist die Wirkung des Talismans, wenn in dessen Kopf 7 rostige Sargnägel eingeschlagen werden : eine überraschende Analogie zu der Fetischvernagelung bei Naturvölkern.?) Derselben Herkunft sind fol- sende 6 Amulette süddeutscher Zigeuner: 1. Ein achteckiges Holz- plättchen mit eingebrannter Zeichnung (Schlange, Mond mit 9 Sternen), von Weibern gegen Krankheit und für Fruchtbarkeit auf dem blossen Leib getragen; 2. ein rundes Holzplättchen mit beidseitig eingravierten magischen Zeichen, soll vor „Verführung“ schützen; 3. zwei viereckige Holzplättchen ohne Zeichen, durch eine Sehnur zusammengehalten, werden gegen ansteckende Krankheiten 7) Vergl. Schweiz. Archiv f. Volkskunde 15, 111; 16, 54; 17, 185 ff. (mit weiterer Literatur). nn. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 339 umgehängt; 4. eine geflochtene Schnur aus Eselshaar, am linken Oberschenkel getragen, bewirkt Gunst bei Frauen; 5. und 6. zwei Fingerringe aus geflochtenen Eselshaaren bringen Glück in Ge- schäften. Aus dem Sarganserland stammen drei von Herrn Dr. W. Manz in Zürich geschenkte Gegenstände: ein Knöchelchen von einem Schweinsschädel, den Kindern zur Erleichterung des Zahnens umgehängt, eine Allermannsharnischwurzel, die bekanntlich gegen Hieb und Stich feit und eine durch Bleiguss in Wasser entstandene Figur, die als Eheorakel dient. Aus dem volkstümlichen Bilderwerk endlich (Imagerie popu- laire) führen wir an: 8 kalligraphische Wandzettel, Vaterunser u. ä., die wir aus Basler Privatbesitz erworben haben, und eine Anzahl kleinerer Bildchen, meist religiösen Inhalts, aus Wallenstadt und Altdorf, die uns durch Fräulein M. Eberle in Basel und Herrn Spital- pfarrer J. Müller in Altdorf als Geschenk zugegangen sind. Verzeiehnis der verehrl. Donatoren der Abteilung Europa. 1. Gegenstände haben geschenkt: (Die beigefügte Zahl bedeutet die Anzahl der geschenkten Gegenstände.) Herr Arnold, Friedensrichter, Dagmersellen, 1. — Herr Arnaudin, Labouheyre (Frankreich), 10. — Herr Dr. Bächtold, Basel, 2. — Herr Buess, Wenslingen, 1. — Fräulein Eberle, Basel, 5. — Herr Dr. Forcart, Basel, 1. — Herr Dr. Gansser, Garessio (Italien), 7. — Fräulein Goldstern, Wien, 1. — Historisches Museum, Basel, 2. — Herr Prof. Hoffmann-Krayer, Basel, 17. — Herr Jecker, Basel, 1. — Herr Dr. Keller, Basel, 4. — Fräulein Kopp, Cham, 3. — Schweiz. Landesmuseum, Zürich, 4. — Herr Lörch, Linden-Cham, 9. — Herr Dr. Manz, Zürich, 3. — Frau Mettler, Stein a. Rh., 5. — Herr Pfarrer Müller, Altdorf, 21. — Herr Preiswerk-Sarasin, Bad Boll, 3. — Herr Prof. Rütimeyer, Basel, 5. — Herr Dr. Fritz Sarasin, Basel, 1. — Herr Schaller-Donauer, Sisikon, 3. — Herr Seiler, Basel, 27. — Frau Stadlin-Fröhlich, Zug, 5. — Herr Stuber, Basel, 30. — Frau Sfuber, Basel, 2. — Herr Studer, Oberbuchsiten, 1. — Herr Rektor Wehrhan, Frankfurt a. M., 1. — Herr Wittich, Stutt- cart, 1. 2. Geldbeiträge : Frau Bachofen-Vischer, Fr. 50. — Herr Prof. Dr. Dan. Burck- hardt, Fr. 10. — Herr und Frau R. Forcart-Bachofen, Fr. 20. — Herr R. Gemuseus-Passavant, Fr. 20. — Herr F. Hoffmann- La Roche, Fr. 500. — Herr Dr. K. R. Hoffmann, Fr. 50. — Herr (+. Krayer-LaRoche, Fr. 20. — Herr M. Krayer-Freyvogel, Fr. 20. 340 Fritz Sarasin. — Herr Prof. John Meier (Freiburg) Fr. 10. — Frau A. Sarasin- Vonder Mühll, Fr. 20. — Herr E. R. Seiler, Fr. 10. — Herr À. Vischer-Krayer, Fr. 20. — Herr @. Zimmerlin- Boelger, Fr. 10. Anthropologisches Kabinet. (Bericht des Vorstehers, Dr. F. Sarasin.) Das Historische Museum hat uns zu verschiedenen Malen Schädel und Skelette zukommen lassen, so einen Schädel aus einem alemannischen Plattengrab bei Brombach. Ebenso überwies uns Herr Dr. K. Stehlin Schädel nud Sklettreste von der von ihm ausge- grabenen Wohngruben-Station der La Tene-Zeit bei der Gasanstalt und solche von andern Grabungen. Aus der Sammlung Mieg stammen verschiedene menschliche Reste von elsässischen Fundstellen. Dr. S. Schaub schenkte einen weiblichen Karo-Battakschädel aus Sumatra, Herr Dr. A. Tobler Skelettreste aus einer sumatranischen Höhle. Fünfunddreissigster Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung 1913. Bei der Errichtung eines neuen Bibliothekgebäudes haben die zu- ständigen Behörden in vorzüglicher Weise für die Kartensammlung ge- sorgt. Ein geräumiges helles Zimmer mit den erforderlichen Schrän- ken und mit grossen, zum Ausbreiten von Kartenblättern geeigneten Tischen wurde ihr angewiesen. Leider ist aber diese Vergünstigung im Jahre 1906 dadurch grossenteils rückgängig gemacht worden, dass das nämliche Lokal von der Bibliothekskommission, auf Wunsch des Erziehungsdepartementes, dem historischen Seminar zur Verfügung gestellt wurde. Zweifellos wäre dieser Eingriff nicht erfolgt, wenn das Kartenzimmer von den Interessenten eifriger, als es damals der Fall war, benutzt worden wäre. Inzwischen haben sich nun aber die Verhältnisse wesentlich ge- ändert durch die Begründung einer Professur und eines Institutes für Geographie. Als in unserer Sitzung vom 7. Mai 1913 über die Zukunft der Kartensammlung beraten wurde, ergriff Herr Professor Braun das Wort, um einerseits auf den hohen Wert hinzuweisen, den die Sammlung für den akademischen Geographie-Unterricht haben könnte, andererseits aber auch zu betonen, dass es unter den gegenwärtigen Umständen unmöglich sei, sie demselben in erspriess- licher Weise dienstbar zu machen. Auf unsere Aufforderung hin hat uns dann Herr Prof. Braun eine schriftliche Darlegung seiner Wünsche eingereicht. Sie ist von uns dem hohen: Erziehungsdepartement übermittelt und wärmstens zur Berücksichtung empfohlen worden, leider ohne den gehofften Erfolg. Das Departement hat erklärt, bevor das gegenwärtig von der Frauenarbeitsschule benutzte Gebäude für andere Zwecke dispo- nibel werde, sei es nicht in der Lage, die gewünschte Entlastung des Kartenzimmers zu bewerkstelligen. Es bleibt uns vorderhand nichts anderes übrig, als diesen Entscheid mit dem Ausdruck unseres leb- 342 Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. haften Bedauerns zur Kenntnis der Mitglieder des Kartenvereins zu bringen. Auch die Katalogisierungsarbeiten konnten im Berichtsjahre wegen der misslichen Platzverhältnisse noch nicht wieder aufgenom- men werden. I. Geschenke. Staatskanzlei Basel-Stadt: Bibliographie der Schweizerischen Landeskunde, Fasz. V 10 f. Trüb & Cie., Aarau: Karte des bad. Schwarzwaldes. In Reliefmanier. 1 Bl. Titisee und südl. bad. Schwarzwald. In Reliefmanier. 1 Bl. Freiburg und südl. bad. Schwarzwald. In Reliefmanier. 1 Bl. Georg & Cie., Basel: Südlicher Schwarzwald. Orientierungskarte. 1 Bl. Carte de l’Alsace-Lorraine et regions limitrophes. 1 Bl. II. Anschaffungen. Sprigade und Moisel. Grosser deutscher Kolonialatlas. Lfe. 8. Geschiedkundige Atlas van Nederland. 1795. Bl. 2, 4, 5, 7, 10, 12—18. 12 Bl. | Siegfried-Atlas. BI. 8, 22, 29, 32. 4 BI. Plan von Basel. 1: 5000. 1 Bl. Generalstabskarte von Schweden. 1 : 50000 und 1 : 100000. 154 Bl. Generalstabskarte von Norwegen. 1 : 100 000. 192 BI. Basel, den 2. Mai 1914. Im Namen des Vorstandes der Naturforschenden Gesellschaft, Der Sekretär: H. G. Stehlin. La Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. 343 Rechnung des Kartenvereins für das Jahr 1915. Einnahmen. Aktivsaldo voriger Rechnung Jahresbeiträge . Zinsen Ausgaben. Anschaffungen Buchbinder . Aktivsaldo auf 1913 Status. Angelegte Kapitalien !) Aktivsaldo auf neue Rechnung . Status pro 31. Dezember 1913 . Status pro 31. Dezember 1912 . Vermögenszunahme 1913 . Basel, den 31. Januar 1914. “Br: 296. 72 Fr.\ 574.23 oe Fr. 3,041.75 Fr. 15,000. — „2,467. 52 Fr. 17,467. 52 17,170. 80 29 C. Chr. Bernoulli. 1) In offenem Depot beim Schweiz. Bankverein mit den der Universitäts- Bibliothek gehörenden Kapitalien. & SRE 1e: D Ÿ Dez. lan: Chronik der Gesellschaft. Biennium 1912 — 1914. Vorstand. Herr Prof. Dr. G. Senn, Präsident. 39 Prof. Dr. H. Rupe, Vizepräsident. Dr. H. G. Stehlin, Sekretär. G. Zimmerlin-Boelger, Kassier. M. Knapp, Schriftführer. Vorträge. 1912. Herr Dr. C. Janicki: Neue Untersuchungen an Flagellaten. „, 29 Herr Dr. P. Sarasin: Ueber Mousteriolithen. Prof. Dr. L. Courvoisier: Ueber Variabilität bei Schmetterlingen, Prof. Dr. A. Hagenbach: Altes und Neues über Seifenlamellen. Dr. K. Strübin: Ueber fossile Bohrmuscheln im Basler Jura. Dr. K. Deninger (Freiburg 1. B.): Ueber die Molukken- Insel Ceram und die Alfuren. Prof. Dr. H. Preiswerk: Neue geologische Aufnahmen im Tessin (Campo lungo). Dr. A. Ces: Zur Lebensweise des Wasser - Farns Azolla. 1913. Prof. Dr. F. Fichter: Ueber Aluminium-Nitrid und die Luftstickstoffverwertung. (Oeffentliche Sitzung). Dr. F. Speiser: Forschungsreisen auf den Neu- Hebriden. Dr. F. Sarasin: Neu-Caledonien. Dr. P. Steinmann: Photo- und Rheotropismus bei nıederen Tieren. 5 19. Qt 19. . Febr. . März Juli Okt . Dez. Chronik der Gesellschaft. 345 Herr Prof. Dr. @. Senn: Nachruf an Herrn Prof. Dr. Fr. Burckhardt. Berging. L. Rosenthal: Ueber die metamorphisieren- den Einwirkungen glutflüssiger Eruptivmassen auf die von ihnen durchbrochenen und überdeckten Kontaktschichten. Prof. Dr. F. de Quervain: Einiges über Geschwulst- bildung. Dr. Preiswerk: Der Einfluss der Parathyreoid-Ek- tomie auf die Nagezähne der Ratten. Dr. A. Buxtorf: Kurze Mitteilungen über die bis- herigen Befunde im Hauenstein- und Grenchenberg- Tunnel. Dr. H. Ziekendraht: Vorlesungsexperimente mit der Töpler’schen Drucklibelle. Reallehrer E. Hindermann: Apparat zur Demon- stration der scheinbaren Planetenbewegung. Kunstmaler R.Löw: Die Wellenbewegung des Wassers. Dr. H. Christ-Socin: Der Buchsbaum und die Eigen- tümlichkeiten seiner Verbreitung. Prof. Dr. A. Bernoulli: Beiträge zur Theorie des Hörens. Dr. F. Sarasin: Ueber die Reflexionsperlen am Schnabelrand der Nestlinge von Erythrura psittacea. Prof. Dr. H. Rupe: Eine tautomere Umlagerung als Demonstrationsversuch. Prof. Dr. G. Senn: Der osmotische Druck bei Epiphyten und Parasiten. Dr. C. Disler: Rotliegendes und Trias am Rheinufer Rheinfelden-Augst. Dr. H. Ziekendraht: Die neuesten Methoden der drahtlosen Telegraphie. Dr. R. Suter: Zur Geologie der Umgebung von Maisprach. Dr. P. Chappuis: Die Feststellung der Temperatur- skala durch Fixpunkte. Dr. F. Speiser: Kunstformen aus den Sta. Cruz- Inseln. Dr. F. Zyndel: Ueber den Bergkrystall. Dr. G. Burckhardt: Ueber einige Probleme der quantitativen Planktonforschung. 346 14. (Re) = Jan. Shlebr: 27 . März . . Mai . Juni > doi um Chronik der Gesellschaft. 1914. Herr Dr. W. Loeffler: Ueber Durchblutung überlebender Organe und ihre Anwendung in Fragen des inter- mediären Stoffwechsels. Dr. A. Binz: Nachruf an Herrn Dr. W. Bernoulli- Sartorius. Dr. J. Obermiller: Das Problem der Orientierungs- erscheinungen beim Benzolring. Dr. P. Sarasin: Neue lithochrone Funde auf Sumatra. Prof. Dr. F. Egger: Ethnographische Skizzen aus dem Kaukasus. - Prof. Dr. B. Bloch: Ueber das Problem der Im- munität. Dr. H. Hössli: Anthropologisches aus Ost-Grönland. Prof. Dr. L. Bieberbach: Graphische Darstellungen. Dr. P. Sarasin: Ueber ein menschliches Schwänzchen. Prof. Dr. F. Fichter: a) Oberflächenverbrennung nach W. A. Bone. b) Stiazähler für Elektrizität. Dr. H. Ziekendraht: Ueber eine radiotelegraphische Empfangsanordnung. Dr. P. Sarasin: Ueber tierische und menschliche Schnellrechner. Exkursionen. 1914. Exkursion nach Waldshut und Besichtigung der Stein- salzbohrung bei Zurzach unter Führung von Herrn Prof. C. Schmidt. se 1 Bienniumsrechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. % Okt. 1912 bis ol Mar 191. Einnahmen. Jahresbeiträge à Fr. 12.— von 303 Mitgl. 1913 Fr. erhöhte von 44 Mitgliedern „7 29 à Fr. 12.— von 303 Mitgl. 1914 Fr. ‘erhöhte von 41 Mitgliedern 39 29 ÉTAT N bre TOO UT: ” N PTT As DOTE CN Verkauf von „Verhandlungen“ . 1913 Fr. 5 2e a . 1914 Conto-Corrent Zinsen . . . . 1913 Fr. » . RE PA ONE LEE 3636.— 893.— Fr. 4529.— 3636.— 831.— ,, 4467.— 275.55 465.10 ,, 740.65 0. ==. 96.— Verschiedenes (inklusive Legat von Fr. 500 von Herrn Prof.Fr.Burckhatdt) 1913 Fr. pe a ee LOL „7 8.— ,„ 585.15 Einnahmen beider Jahre Fr, 10,860.25 348 Bienniumsrechnung. Ausgaben. Druckkosten der „Verhandlungen“ 1913 Fr. 3,536.70 1914 ,, 3,926.70 Fr. 7,463.40 29 22 22 Buchbinder, Tauschverkehr . . 1913 Fr. 900.— " 2 ss : 1914 „ 900 Sue Inserate und Sitzungskarten . 1913 Fr. 458.15 R 5 he : 19142 58.35 ,, 316.50 Schreibstube für Arbeitslose MOIS HrE22831680 à 5 3 BI 95.40 , 427.20 Vorträge und Beihülfe . . . 1913 Fr. 188.— à , ” tan NL 46.— ,, 234.— Einzugskosten und Ports . . . 1913 Fr. 25.— NER IL Sl 56.— 22 29 Verschiedenes (inkl. Tetkmechelline Fr. 50.- an Schweiz. Bundf. en Fr. 263.53 5% ; ON 49.— „812.55 Ausgaben beider Jahre Fr. 10,809.65 Mehreinnahmen ,, 50.60 Fr. 10,860.25 Guthaben am 91. Mai 1914. a, Bei der Handwerkerbank in Basel in Depositen-Rechnung Nr. 7212 (Eiserner se Bir, 4, 769.85 in Conto-Corrent-Rechnung Nr. 5048 . . . . „8.020219 b. Bei der Schweiz. Postverwaltung in Posteheck Rechnung Nr. V A082 ee c. Barbestand in der Kasse . . . Di 74.90 “hole ne Fr. 8,477.65 Basel, den 31. Mai 1914. Der Kassier: Die Rechnungsrevisoren: G. Zimmerlin-Boelger. Dr. W. Brenner. Dr. Felix Speiser. Genehmist am 10. Juni 1914. » NW W NW NL NW N N W 20 Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1912. (Band XXII, p. 327—336) Abgeschlossen 31. Oktober 1914. Seit 1. November 1912 sind in die Gesellschaft aufgenommen NUS OUR co & zZ SE ASE U worden: . Herr Dr. Hermann Wagner, Badisch Rheinfelden . . 1912 Edouard Eiindermanns Rkeallehrer 2 2 7 77712 B]Staıb Hunmeentae Sara er 19 Error Braumsr era EAN TOI EB aumerikeallehrenn etienne OT TE DER Nrümpler a an ee CE A Or Dr blDiechelmme „saure ee PR A Visener Burekhards a sea ON Dr Ve Schläapfen Se 1139: wein. ma OL2 Dr NSreiswerk AO the on TON Le CO MD DS à I RO SR VS RE Re ER Er TONZ PR Werner Wachterr np Re we ee PB ER bie Gand pl en ll Dre Ed ER o men NES u ee ee 9 RD DRE O SA Er re nt CRE PPT CRT PO Pouter cand phil NEO ran Kae 2 9 , Prof. L. Bieberbach A le ee SES PARA 2 Al OS PET: OR ST TR Le QE PL QE APE SEE RO le DENE. Bisler.. ea Ra een er gt Bee Christ-deNeutwiller EE EN 9 RAD Obermller 2.0 Bu ae ae gl FED: EI Helbing, „en. naeh Al ES MOIS SEAT. UE, ee UNE ae Le TOUS HacrDir A, Wendnasel nr re © 19/19 D EN EG CE er a en ee AE 0 TS PDT Envie EP rOSectOn. Mama ee LMI Breker for Stoppeli cr >. Bienen 2, LI KHlenwabler Kurt =Botelinsen.. 2 2: AR UT tr I 2 350 Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1912. 29. Herr Dr. Armin Im Obersteg 1913 30.2, Dr Re AWVacner 1913 31... ,, KRudolf Ronus. 1914 32. „ Dr. M. Guggenheim 1914 33. , Aldo Leggiadri, Chenuker 1914 A Dr Hr Schmid Gusan 1914 35. ,, Dr. Max Lüdin 1914 00 Dr MaxaMassını. 1914 on Dr Ave 1914 38. Frl. J. Labhardt, Lörrach 1914 SI KlerreDr2Aur bessong re 1914 40. ,, Fritz Goedecke, Chemiker 1914 Later Re. 7 annee 1914 42. ,, H. Zschokke, Chemiker 1914 Zu Ehrenmitgliedern wurden ernannt: 1. Herr Dr. ©. Brunner-von Wattenwyl in Wien . 1913 2. „. Dr. €. J. Eorsyth ‘Major un Bastia Corsica (korrespondierendes Mitglied seit 1880.) 1913 Zu korrespondierenden Mitgliedern wurden ernannt: 1. Herr Prof. W. Deecke in Freiburg i. Br. 1912 2 0 Dr P2 Choftatmalkissabon 5 1913 3. Prof. H. Schardt in Zürich 1913 © œ US DUR & Nm 29 Seit 1. November 1912 sind aus der Gesellschaft ausgetreten: . Herr Dr. A. Biedermann Dr. Fr. Strunz . Prof. R. Nietzki Dre Menus Prof. D. Gerhardt . Dr EF Altenburos Dr. J. H Merloop „ Dr. G. Schaffner Dr. G. Imhof „ De lab Siemens . Ingr. L. Rosenthal Dr. G. Preiswerk , R. Linder-Bischoff . Die, ME. Telle 1907 — 1912 1908 — 1912 1884— 1912 1910—1913 1907—1913 1911—1913 1909—1913 1894—1913 1898—1914 1899—1914 1912 1914 1895—1914: 1892—1914 1908—1914 2. 27 25 Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1912. 391 Er Dr RSA Pr om 1897 1914 re Müller lorrachn mr re en 1910194 Durch Tod hat die Gesellschaft verloren: die Ehrenmitglieder: 1. Herr Prof. Fritz Burckhardt (ordentl. ir seit ne 1910—1913 en Prof Eduard Sehär = 3 1899—1913 Dr CPbrunner-von Wale, ta tg die ordentlichen Mitglieder: Bere H- Merian Parasemı a anna. 21893 — LIT 2 Pr rot. Hr Kınkelmer var Seren a 1800-1912 DR A inetardt-Dischofte a. 0. mas 77 Dr aWVEBernoulleSartorıuse 2 Er 22777201862 19 DR Kööchlin lee a nn. 2 22,020 TA 6. , Prof. H. Schiess-Gemuseus . . . . . . 1864—1914 Mitgliederbestand am 1. November 1914: Hirenmitele de EN 8 Korrespondierende Mitglieder „ 23. Ordentliche Mitglieder . . . 354 Tafel I. Band XXV, 1914. Basel. in Verhandlungen der Naturf. Gesellschaft €. Disler, Rotliegendes & Trias zwischen Rheinfelden und Augst Ri spusßoyyoy RN msoues | age »Buo7 #200 . 7 = yUozuoyjoausdy EF 2.901 z0gn | jung yey EE & 08-01 op ea = pet aa 714 ES En Yoyuayam BB: °ycpénihp à, ne m RWSIIDNN 19 27) | LE N oden6; plug = We #oye pe] ET {000} YA SpA FM ISSOSISEJ SION] BA [sony 7 uopjajurayyy vayasımz SANITHE °7 oyyosakıayy) y Le BEE VUS ARE AU à en a alien VAE LS MENT i LE : 4 | Em hot ne Bee I LE RS C. Disler, Rotliegendes & Trias Verhandlungen der Naturf. Gesellschaft zwischen Rheinfelden und Augst in Basel. Band XXV, 1914 Tafel 11. ONO. En Linkes Rhein-Ufer AugsterStich SB Warner entem WSW Pfr LI = — Profs | } Prof w — Prof ve - 2Scholle Less 1 = 4 Scholie BE —_—— . 5.Scholfe | éscholle à Ë RARE IE soie. == ie Le ir à ssh Niederterrasse - 5 . Anhydritgruppe Detailprofil BE orange on ONO. Rechtes Rhein-Ufer WSW. Augster Stich sogen Augst. "#7 er / A IS gegen , g 99 g ES oberes Rôth Unteres Roth — no —| Scholle I ern f sale = FL some AT CL WER karneoihorizont mere Stützmauern — lee "> 1 re haha ns en Br rn en ee dr ee * 4 2» 2 "7 LA ET. pa DE ARE GONE 1% Zee 72 190°, °7 9 : gap 208 er CT eh N a ee) ee G. Braun, Zur Morphologie der Umgebung von Basel. 200 000 Jsohypsen im Rheintal mit 10m, ausserhalb 20m. SN Abstand, 500m. verstärkt. ee) Stromniederung Ÿ Bruchstufe [L_] niederterrasse u Erosionsrinne des Rhein Hochterrasse und Moräne von Möhlin Hänge zw. Hochflächen & Niederterrasse BL Hochflächen = Rand des Sc pi rzwaldes {{ Schutthegel d.Wiese. Er ZT rs à _ w SE VE fe = Shen Mur: S A 2 (CS N AN A nes LE Dinkelberg Wiese 460m. Rheintal 450m. 350m 400m :3 8 zoo Lx je? er R x x x \ 1 al 8 | 8 gl Sl Del oz 2 | € ||” 1253] | € s É Le I I 1 I I ! I 1 | I edsseg n4yog nech S. von Bubnolt G. Schmiat nach 0.Wurz & FF Fiexur Muschelkalk-Dogger nech A Gutzwiller = Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Fr Mal Fa Oberpliocäne Scholter über Oberoligocän E=]Miocäne bis oberpliocäne Landoberfläche I niederterrasse Eringer Kalk (U. Miocän) Verwortenes Mesozoikum d. Dinkelberges Aelt..jüng. Deckenscholter & Hochrerrasse Oligocän Band XXV, Vorland Jsteiner Klotz Rheintal Sundgau 380m. |tikmLücke) DAT Ta. Bonrung Sierenz ueds 199 schematisch Elias Frvdobereisässiscner beckenschotter (oberpliocän) E=reuper nachO Hug u.a. El nuscheikaik E=Jsuntsonastein 5 5 3 2 B 2? v Sud 5 à 8 5 = 5 nn CN 5 Sn 8 3 £ À 3 E E33} Marines oligoc EZ ]Miocöne bis oberpliocäne Landoberfläche mmmaım Ollgocän Jogger 1914. — Tafel II. 1:75 000 1:150 000 ENiecerterrassenschotter Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Band XXV. Mit 3 Tafeln, 1 Portrait und 85 Textfiguren. Basel Georg & Cie. Verlag 191: —————— ,, Verzeichnis der Tafeln. \ Tafel I und II zu C. Disler: Stratigraphie und Tektonik des Rotliegenden und der Trias beiderseits des Rheines zwischen Rheinfelden und Augst. Tafel III zu G. Braun: Zur Morphologie der Umgebung von Basel. Portrait zu M. Knapp: Prof. F. Burckhardt 7. GEORG & C*, libraires-éditeurs, GENÈVE Même Maison à Bale et Lyon Prodrome de la Flore Corse Comprenant les résultats botaniques de six voyages exécutés en Corse sous les auspices de M. Émile Burnat ar John Briquet Docteur ès sciences naturelles, Directeur du Conservatoire et du Jardin botaniques de Genève. TOME 1. Préface. — Renseignements préliminaires. — Bibliographie. Catalogue critique des plantes vasculaires de la Corse. Hymenophyllaceae — Lauraceae. Gr. in-50, LVI et 656 pages, avec 6 vignettes. Prix: 15 francs. TOME II. Partie 1. Cataloque critique des plantes vasculaires de la Corse: Papaveraceae — Leguminosae. IV et 409 pages avec 13 vignettes. Prix: 10 francs. Principes de Botanique ar R. Chodat Professeur de botanique à l’Université de (Genève. 2me édition revue et augmentée Un volume in-80 de 812 pages, avec 913 figures dans le texte et planche en couleur. Prix: 22 francs. La Flore de la Suisse et ses origines par le DR H Christ Nouvelle édition augmentée d’un Aperçu des récents travaux géobotaniques In-80, accompagné de 5 cartes en couleurs et de 4 illustrations hors texte. Relié plein toile: 16 francs. Inhalt. C. Disler. Stratigraphie und Tektonik des Rotliegenden und der Trias beiderseits des Rheines zwischeh Rheinfelden und Augst . : P. Sarasin. Neue lithochrone Funde im Innern von Sumatra P. Sarasin. Ueber ein menschliches Schwänzchen A. Binz. Worte der Erinnerung an Dr. med. Wilhelm Bernoulli-Sartorius ER aa Ren de 3% G. Braun. Zur Morphologie der Umgebung von Basel K. Strübin. Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura . H. Ziekendraht. Eine universelle re Em- pfangsanordnung REDE. NE ES A. Oes. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Anonaceen H. G. Stehlin. Uebersicht über die Säugetiere der Schwei- zerischen Molasseformation, ihre Fundorte und ihre stratigraphische Verbreitung. Nebst einem An- hang: Ueber das Vorkommen von Hipparion in der Schweiz EENEONBER NIC. K. Strübin. Die ne Stellung der nen mit Nerinea basileensis am Wartenberg und in andern Gebieten des Basler Jura BR P. Steinmann. Ueber die Bedeutung des Labyrinthes und der Seitenorgane für die Rheotaxis und die Bei- behaltung der Bewegungsrichtung bei Fischen und Amphibien . Ç M. Knapp. Prof. Dr. Fritz le F. Sarasin. Bericht über das N Naturhistorische Museum für das Jahr 1913 À : F. Sarasin. Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1913 H. G. Stehlin. Dr. J. M. Zieglersche Kartensammlung | Fünfunddreissigster Bericht 1913 . Chronik der Gesellschaft Bienniumsrechnung der Gesellschaft Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1912 4 Seite 179 203 212 244 282 308 341 344 347 349