rie Be ante urn hin KR EHRT ne N ne De sil Re s Maure aka Ben ie = Ai es Ye HE il men nt rt 1 . I fu De A Br HE KR IE RUES a 1} 5 AR jr He Kun) ai " ab) wen deiol Inder fi Maas NR ua 2 D n co 4 De JS ARE ie JE ehe HE Pat LT % MR {a A $ rune # Kata re HUE Het ala TR SR : Ei A mis ur PRINT Ar PE (nt or Hate cn RER 73 mis ox Sd ELLE LE PU ee dort A Kr 3. 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Basel Georg & Cie., Verlag 1921 Inhalt. Medizin. Alfred Gigon. Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten Mathematik. Otto Mautz. Zur Stellung des Dezimalkommas in Orr Bareisehen, Losarıthmentatel: 2. N waere Le Paul Schafheitlin. Johann Bernoullis Differentialreehnung . Geologie. R. Elber. Geologie der Raimeux- und der Velleratkette im Gebiete der Durchbruchtäler von Birs und Gabiare (Berner Jura) Botanik. Marguerite Henrici. Zweigipflige Assimilationskurven A. Becherer. Beiträge zur Flora des Rheintals zwischen Basel und Schaffhausen Zoologie. Eduard Handschin. Die Onychiurinen der Schweiz Ethnographie. Paul Sarasin. Ueber Swastika und Triquetrum als Symbole des Sonnenkultes . Nekrolog. Th. Niethammer. Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burck- hardt . Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1920 von H. G. Stehlin Bericht über das Basler Museum für Völkerkunde für das Jahr 1920 von Fritz Sarasin. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Zweiundvierzigster Bericht, 1920. Von C. Chr. Bernoulli Chronik der Gesellschaft 1920/21 Jahresrechnung der Gesellschaft 1920/21 1. Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1920 Seite 94 104 230 So Fe En Verzeichnis der Tafeln. Tafel III zu Eduard Handschin: Die Onychiurinen der Schweiz. Tatel HE V zu R. Elber: Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. Porträt zu Th. Niethammer: Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt 7. Die Onychiurinen der Schweiz. (Mit 2 Tafeln.) Von Eduard Handschin, Genf. Inhaltsverzeichnis. Seite LD Dinllalanner a aa a Re RE Be OA EEE A ER AN SEA EN II. Umschreibung der Onychiurinen und Versuch einer Ableitung der ein- Zelmen@lorment u ed BES SNS ne De ES N a DER N Or BEnUS Onychinrus In an. a U N et GENUSsPRAlanhorUrass N ee en AU SR DE Genusslullberstan na. ae Nee ee 2 80 RVemileratusverzeichniss NE RU ne le ne Bau ann WATT Uremerkarunege a ER ren ET I. Einleitung. In den letzten Jahren sind einige Arbeiten des amerikanischen Forschers I. W. Folsom über Collembolen erschienen, die je eine kleinere Familie dieser Tiergruppe für sich abgeschlossen zum Gegen- stand der Untersuchung hatten. Der grosse Vorteil einer solchen Darstellungsweise ist einleuchtend. Einmal wird das systematische Bild bei einer Detailuntersuchung nicht durch eine Formenmenge getrübt, die sich morphologisch und phylogenetisch auf allen Seiten an die zu untersuchenden Individuen anreiht, und durch die ge- naue Betrachtung eines kleinern. Artenkomplexes stärkt sich das „systematische Gefühl“ bedeutend. Es ist darunter nicht nur das Erkennen von Formen zu verstehen, das von vielen Systematikern betrieben wird und zur spekulativen Neuschaffung von Arten führt, sondern hauptsächlich das Erkennen der Tierformen als Glieder ihrer Umgebung, die chemisch und physikalisch ihre Bionten be- einflusst und sie im Laufe der Zeit „anpassend“ umgiessen kann. D Eduard Handschin. Die vorliegende Schrift ist nur eine Vorarbeit, und zwar rein systematischer Natur. Angeregt durch Folsoms Methode und Schriften habe ich versucht, diejenigen Formen der Onychiurinae, die ich bis jetzt in der Schweiz habe auffinden können, zu einer den „Northamerican collembolous insects of the subfamily Ony- chiurinae“ (44) parallelen Darstellung zusammenzufassen. Inwieweit eine solche Arbeit von Wert sein kann, mögen diese Zeilen selbst zeigen. Das Material habe ich mir im Laufe der letzten Jahre (1915 bis 1919) zum grössten Teile selbst in den verschiedensten Teilen der Schweiz gesammelt. Vor allem kommen als Sammelgebiete der Basler-Jura, die Umgebung von Lausanne, das Appenzellerland, die zentralen Hochalpen und das Gebiet des schweizerischen National- parkes in Betracht. Besondern Dank schulde ich meinem Kollegen Dr. Carl, der mir durch uneigennützige Ueberlassung von Material und Literatur wertvolle Dienste geleistet hat, sowie meinem ver- ehrten Chef Prof. Dr. André, in dessen Anstalt ich die vorliegende Studie neben der Arbeitszeit vollenden konnte. II. Umschreibung der Onychiurinen und Versuch einer Ableitung der einzelnen Formen. Die Subfamilie der Onychiurinue der Poduridae gehört zu den Arthropleonen. Von allen andern Oollembolengruppen sind ihre Gattungen und Arten durch sieben Merkmale positiver und nega- tiver Natur ausgezeichnet. Positiv: 1. durch die Anwesenheit von verschliessbaren Oeffnungen der Epidermis, den sogenannten Pseudocellen ; 2. durch den komplizierten Bau des Antennalorganes III, das neben den normalen zwei Sinnesstäbchen noch zwei Sinnes- kolben von verschiedener Struktur, 1—2 Reihen von Papillen oder einer Hautfalte und davor einer, der Papillenzahl ent- sprechenden Anzahl von Schutzborsten besteht; 3. durch eine im aufsteigenden Stamme sich komplizierter ge- staltende Postantennalorgananlage. Negativ: 4, durch das vollständige Fehlen der Augen; 5. durch das vollständige Fehlen der Spürhaare am Tibiotarsus; 6. durch das ganze oder fast völlige Fehlen der Sprungapparate; 7. durch die bei den meisten Formen völlige Pigmentlosigkeit. Die Onychiurınen der Schweiz. 9 Die beiden letzten Kriterien sind weit gehalten. In der Tat finden wir bei einigen wenigen Formen Andeutungen und Reste einer ehemaligen oder zukünftigen Furka. Bei Onyehiurus armatus Tullb. und pseudarmatus Fols. tritt sie uns in Gestalt einer einfachen ventralen Hautfalte entgegen. Bei 0. furcifer ©. B. teilt sich die- selbe; wir erkennen bereits die Anlage der Dentes und im davor- liegenden Segmente die Körperchen des Tenaculums. Das Gleiche finden wir bei Kalaphorura burmeisteri Lubb. etwas ausgesprochener differenziert und endlich bei Teirodontophora Reut., Homaloproctes C. B. und Lophognathella ©. B. eine Furka, die bei den ersten zwei Gattungen bereits einen abgesetzten Mucro aufweist, Immer- hin haben wir es nur mit vereinzelten Typen zu tun, die, ich möchte fast sagen als Abnormitäten, in der Familie dastehen. Auf jeden Fall dürfte feststehen, dass die Furka in der Gruppe als Neuerwerbung auftritt und sich, von armatus Tullb. ausgehend, immer weiter differenziert und kompliziert. Embryo- logisch ist die Frage noch nicht abgeklärt. Theoretisch müsste aber entwicklungsgeschichtlich, falls es sich, wie Börner annimmt (27. pg. 15), um Atavismen handelt, die Furka nachweisbar und dann diejenigen Formen, die eine solche im adulten Zustande noch heute aufweisen, an die Basis der Gruppe zu stellen sein. Diejenigen Tiere nun, die mit rudimentären Sprungapparaten ausgerüstet sind, stehen ihrem ganzen Baue nach weit über den viel weniger kom- plizierten Formen ohne Furkareste, denken wir nur an einen Ver- treter der affinis-Gruppe und deren Sinnesorgane, für welche eine schrittweise Komplikation direkt nachzuweisen ist. Es müsste bei den furkatragenden Formen also eine Widerrufung des Rückbildungs- vorganges stattgefunden haben und der ganze Neubildungsprozess von vorne an wieder beginnen. Die zweite Ausnahme betrifft die Farbe. Hier sind bis jetzt sieben Formen bekannt geworden, die von der Pigmentlosigkeit ab- weichen und so in scharfem Kontrast zu allen andern Arten stehen. Zwei Schneeformen, Onychiurus alborufescens Vogl. (? kollarii Ko- lenati) und cocklei Fols., sind orangerot; 0. coeruleus C. B. und Tullbergia tricuspis ©. B. tietblau. Ferner gehören hierher die ab- normal gebauten Lophognathella, Tetrodontophora und Homaloproctes, die für unser Gebiet nicht in Betracht fallen. Welchen Einfluss Lebensweise, Belichtung, Feuchtigkeitsgrade und Temperatur der Umgebung äuf die Pigmentierung ausüben, vermag ich vorderhand . noch nicht anzugeben. Doch sind experimentelle Untersuchungen im Gange, die vielleicht imstande sein werden, einiges zur Lösung dieser Frage beizusteuern. 4 Eduard Handschin. Was nun die Einreihung der Arten in die Gattung anbetrifft, so war Absolon 1901 (8) der erste, der einen Versuch dazu machte. Die Verschiedenheiten der Struktur der Postantennalhöcker waren ihm dabei allein massgebend, nachdem er die grossen Diffe- renzen der einfachen und zusammengesetzten Postantennaltuberkel erkannt hatte. Mit Protaphorura bezeichnete er die mit einfachen, mit Deuteraphorura die mit komplizierten Höckern ausgestatteten Formen. Als Bindeglied mit doppelten Höckern trennt er Kala- phorura burmeisteri Lubb. (= paradoxa Schäff.) ab. Ihre Ungleich- wertigkeit andern Formen gegenüber, nicht als Bindeglied, wird aber ebenso gut durch die Verschiedenheit der ganzen Form, der Antennen, Haut- und Klauenstruktur zum Ausdruck gebracht als durch die Form der Postantennaltuberkel, die, wie wir sehen werden, auch bei andern Formen wiederkehrt. (Vergl. Börner 25, 22.) Wenn ich heute das Material der Onychiurinen überblicke, so kann mir diese Einteilung keine rechte Befriedigung bieten Die oberflächliche Einteilung auf Grund der Beschaffenheit des Post- antennalorgans anerkenne ich als solche. Die Durchführung, wie das geschehen ist, muss ich als nicht vollständig konsequent zurück- weisen. Betrachten wir einmal die Gestält des Organs bezw. seiner Tuberkel näher. Das Postantennalorgan liegt in einer länglichen Grube seitlich am Kopfe, dicht hinter der Ansatzstelle der Antennen. Es besteht aus einem zentralen Höcker oder Wulst, der die Längsachse des Organs bildet und an den sich die Nebenhöcker anreihen. Diese sind in bezug auf die Längsachse depress oder kompress, im ein- fachsten Falle elliptisch, dann aber auch gelappt und mit sekun- dären Oberflächenvergrösserungen. | Als absolut archaistisch würde uns in den Formen minor Carl und eörrigerus Mon. das vollständige Fehlen von Aussenbildungen des Organs entgegentreten. Ich gläube jedoch aus später zu er- wähnenden Gründen annehmen zu dürfen, dass bei diesen Arten die äusserst kleinen Gebilde übersehen worden sind. Schon bei absoloni ©. B. und affinis Agr. haben wir eine deutliche Zwei-- teilung der Organanlagen, welche auch zu zwei verschiedenen Stammesgruppen führen dürfte. Absoloni C. B. hat drei kleine, mehr oder weniger sternförmig angeordnete, also in irgend einer Lage senkrecht zur Achse des Haupthöckers gestellte Tuberkel. Bei affinis-grönlandicus Tullb. (schötti L. P., quadrituberculatus ©. . B.) sind die Höcker des Organs parallel zur Achse gestellt. Nehmen wir nun an, dass sich der zentrale Haupthöcker in der Grube des Organs bei diesen oligotubereulaten Formen in die Länge streckt, wie das bei der Bildung der Multitubereulaten geschehen sein muss, 4 Die Onychiurinen der Schweiz. 5 so resultieren aus Tieren der absoloni-Verwandtschaft armatus- Typen, aus affinis-grönlandicus-ähnlichen die sibiricus-Gruppe; jene mit vertikal zur Achse des Organs stehenden Postantennaltuberkeln, diese mit parallel liegenden. Absolons Protaphorura reduzieren sich also nur auf die Oligotubereulata, während die übrigen For- men in zwei grosse, verschiedene Aeste zerfallen, die ich nach den typischen und häufigsten Vertretern — armatus Tullb. und sibirieus Tullb. — armatus- und. sibiricus-Gruppe nennen möchte. Grössere Schwierigkeiten stellt die Abteilung der Deuteraphorura Abs. oder Onychiurus s. str. ©. B. mit ihren komplizierten, zusammengesetzten Tuberkeln im Postantennalorgan. Becker (18) erkennt den komplizierten Bau der Postantennal- höcker als Folge einer Oberflächenvergrösserung. Da er nun bei seiner (0). okaënsis (der armatus-Gruppe) oft eine Spaltung der einzelnen Höcker wahrnimmt, so glaubt er, dort die Wurzel der Tiere mit zusammengesetzten Postantennalhöckern suchen zu müssen. Mit gleichem Rechte kann aber ebensogut subtenuis Fols. und montanus n. sp. (der sibiricus-Gruppe), bei denen ebenfalls eine Teilung und Kaneliering der Tuberkel auftritt, als Ausgangspunkt für die Deuteraphorura gelten. Die Form der Tuberkel bei den beiden erwähnten Arten scheint sogar viel günstiger zur Aufspal- tung; ja, die ganze Form des Organs bei der fimetarius-Gruppe (Deuteraphorura, Onychiurus s. str.) und die Insertion der Tuberkel auf dem Zentralhöcker weisen viel eher auf eine Verwandtschaft mit sibiricus hin als zu den gänzlich anders gestalteten armatus- Typen. Nun zeigt die Beschaffenheit des Organs am Ende des III. Antennengliedes innerhalb der Gruppe bedeutende Differenzen, die eine diphyletische Abstammung nicht ausgeschlossen sein lassen. Die innern Sinneskegel sind nämlich bald traubig, rundlich oder oval, wie bei armatus Tullb., sibiricus Tullb., bald aber nierenförmig, glatt, mit zentralem Porenkanal. Wo die Differenzierung eintritt und nach welcher Wurzel sie hinweist, vermag ich vorderhand noch nicht anzugeben, da viele der beschriebenen Formen noch viel zu ungenügend auf die Beschaffenheit dieses Organs geprüft worden sind. = Börner, der 1909 (22) die Systematik der Gruppe zum letztenmale erörtert, kommt zu einer Neuorientierung. Das Genus Onychiurus umfasst für ihn nur diejenigen Formen mit zusammen- gesetzten Postantennaltuberkeln und glatten Sinneskegeln am III. Antennengliede. Tiere wie ramosus Fols., dentatus Fols. und con- jungens ©. B., die im Antennalorgan III aber gelappte, ramöse Sinneskegel aufweisen, stellt er zum Genus Proiaphorura Abs., das neben diesen heterogenen Elementen auch noch Kalaphorura Abs. 6 Eduard Handschin. als Untergattung aufzunehmen hat. Seine Ansichten sind den meinigen bis zu einem gewissen Grade ähnlich. Nur stellt er die ramosus-Formen direkt zu den armatus-Typen, während ich ver- suche, sie parallel mit den fimetarius-artigen Formen aus dem Ver- wandtschaftskreis sibiricus abzuleiten, wozu mich das Auffinden einer Zwischenform wie perforatus n. sp. zu berechtigen scheint, bei der die innern Sinneskegel im Antennalorgan III nur eine ganz schwache, oberflächliche Tuberkulierung aufweisen. Vergleichen wir nun zum Schlusse die Figuren, die Absolon (3, 7) und Folsom (44, 45) ihren Arbeiten beifügen, so fällt noch eine Differenz sofort auf. Absolon zeichnet seine Postantennal- höcker spinös, Folsom tubulôs. An allen meinen Tieren fand ich Folsoms Typus vor, sodass mir sicher scheint, dass bei Absolon das Konservierungsmittel einen Einfluss auf die sehr zarten Organe ausgeübt habe. III. Systematik. Ordnung: Collembola Lubb. Unterordnung: Arthropleona C. B. Familie: Poduridae Lubb. Unterfamilie: Onychiurinae ©. B. Von einer detaillierten Charakterisierung der Gruppe sehe ich an dieser Stelle ab. Eine solche enthält die Einleitung der Schrift. 1. 2 Sinneskolben im Antennalorgan III, glatt, stets gegeneinander .ge- neigt (Fig. 67), oft ein 3. akzessorischer Kolben etwas seitlich vom Organ (Extrem bei „Börneria“ Willem). Antenne IV mit typischen Riechhaaren (Fig. 68). Postantennalorgan mit zahlreichen einfachen oder zusammengesetzten Tuberkeln. Empodium ohne oder mit sehr klei- nem borstenförmigem Anhang. Furka fehlt. Körper sehr schlank und schmal. Genus Tullbergia Lubb. p. 30. 1’. 2 Sinneskolben im Antennalorgan, glatt oder tuberkulat, nie gegen- einander geneigt. Postantennalorgan aus wenigen oder zahlreichen einfachen, zusammengesetzten oder granulierten Tuberkeln, Empodial- anhang immer gut ausgebildet, Antenne IV ohne Riechhaare, dafür mit eigentümlichem ventralem Haarkomplex aus kurzen, oft gegen- einander geneigten, dicht gestellten Borsten, die eine Art „Kanal“ bilden. Furka oft als rudimentäre Hautfalte oder Höckerbildung vorhanden. Körper robust, breit. 2. Haut grob granuliert, Pseudocellen nicht mit besonderem Chitin- ring, sehr spärlich in Anzahl. Postantennalhöcker zweiästig (Fig. 61). Empodialanhang mit abgesetzter basaler Innenlamelle A nie Mae len an aa | Die Onychiurinen der Schweiz. 7 (Fig. 64). Furka klein, rudimentär. Dentes mit zerschlitzten Borsten. Analdornen kräftig auf grossen Papillen. Genus Kalaphorura Abs. mihi. p. 26. 2’. Haut nicht grob granuliert. Pseudocellen mit besonderem Chitin- ring, meist auf allen Segmenten und oft in sehr grosser Anzahl vorhanden. Postantennalorgan mit einfachen oder granulierten Hôckern. Empodialanhang nicht mit abgesetzter Basallamelle (Fig. 18). Furka meist fehlend oder, wenn vorhanden, als Haut- falte, — bei abgesetzten Dentes ohne zerschlitzte Borsten. Mit 2— 4 oder ohne Analdornen. Genus Onychiurus Gerv. ©. B. p. 7. Genus Onychiurus Gerv. C. B. Synonymie:!) Podura Linne 1758. Lipura Burmeister 1838.*) Onychiurus Gervais 1841.*) Anurophorus Nicolet 1841. Adicranus Bourlet 1843. Aphorura Me. Gillivray 1893.*) Onychiurus Börner 1901. 1, Postantennalhöcker einfach (Protophorura Abs.) (Fig. 35). 2. Postantennalorgane oligotuberkulat, nur 3—4 Höcker vorhanden (Fig. 1.) affinis-Gruppe. 3. Sinneskegel im Antennalorgan gleich gross (Fig. 2). Post- antennalorgan mit 3 Höckern, sternförmig angeordnet. absoloni C. B. p. 9. 3. Sinneskegel im Antennalorgan ungleich gross, der innere doppelt so gross als der äussere (Fig. 6). Tuberkeln im Post- . antennalorgan quer zur Achse des Kopfes angeordnet, in der 3—4-Zahl. affinis Agr. p. 12. 2’. Postantennalorgan multituberkulat, 8—40 Höcker vorhanden (dig 19): 4. Höcker parallel zur Längsachse des Organs liegend (Fig. 8). | sibiricus-Gruppe. 5. Postantennalorgan mit einfachen Höckern (Fig. 8). Klaue schmal. sibiricus Tullb. p. 14. 5’. Postantennalorgan mit einfach gelappten Höckern (Fig. 12). Klaue sehr breit. montanus n. sp. p. 15. 4’. Höcker senkrecht zur Längsachse des Organs (Fig. 23). 1) Die mit * bezeichneten Angaben der Synonymie habe ich nicht ein- sehen können. Die Angaben sind in der Hauptsache Folsom (44) und Lin- naniemi (27) entnommen. 8 - Eduard Handschin. armatus-Gruppe. 6. Pseudocellen auf der Antennenbasis 3 +3. ‘7. Tuberkel des Postantennalorgans eng aufgeschlossen, aneinanderstossend, oval (Fig. 35). Farbe orangerot. alborufescens Vogl. p. 21. 7, Tuberkel des Postantennalorgans nicht aufgeschlossen, : freistehend (Fig. 19). Farbe weiss. A 8. Tuberkel des Postantennalorgans oval, in der Mitte am breitesten. Analdornen gross, gebogen. armatus Tullb. p. 17. Bei fehlenden Analdornen var. inermis Axels. 8. Tuberkel des Postantennalorgans dünn, stabförmig, . basal aufgeschwollen (Fig. 23). Analdornen gross, gerade. orthacanthus n. sp. p. 19. 8”. Tuberkel des Postantennalorgans keilförmig mit wulstartig eingebogenen Seitenrändern, das ganze Organ breit (Fig. 16). Analdoınen fehlend oder rudimentär, 2schokkei Handschin. p. 16. 6’. Pseudocellen auf der Antennenbasis 4+4. Klaue mit Innen- zahn (Fig. 32). octopunctatus Tullb. p. 20, Klaue ohne Innenzahn (Fig. 33). : var. edenticulata Wahler. p. 21. 1”. Postantennalhöcker zusammengesetzt, gelappt, granuliert (Fig. 42, 53, 54). (Deuteraphorura Abs., Onychiurus ©. B., Protaphorura ad par- tim CB) à 9. Sinneskegel im Antennalorgan “traubig, nicht glatt (Fig. 43). ramosus-Gruppe. 10, Körper dicht behaart. Pseudocellen in Ueberzahl. Tuberkel des Postantennalorgans in der Mitte des Or- gans zusammenstossend. Analdornen fehlen (Fig. 41). perforatus n. sp. p. 22. 9’. Sinneskegel im Antennalorgan glatt, nierenförmig, mit Porenkanal (Fig. 46). fimetarius-Gruppe. 11. Analdornen vorhanden. Klaue mit Basallamelle, die jedoch nicht abgesetzt ist. ambulans Nic. p. 23. 11’. Analdornen fehlen. 12. Klaue mit basalen Lateralzähnen (Fig. 56). cadaverinus n. sp. p.26. 12’. Klaue ohne Lateralzähne. | 13. Empodialanhang ohne Basallamelle (Fig. 52). pseudofimetarius Fols. p. 25. en a ET ON OS FPE Lie Onychiurinen der Schweiz. 9 13. Empodialanhang mit Basallamelle (Fig. 47). ambulans-inermis Agr. p. 24. Diese dichotome Zusammenfassung soll nur zum raschen Auf- finden der Arten dienen und nicht als Diagnose der Formen auf- gefasst werden. Eine solche füge als Beschreibung der bearbeiteten Species detailliert jeder einzelnen Art bei. a) affinis-Gruppe. 1. Onychiurus absoloni. C. B. 1901. Fig. 1—4. Im Laufe der Untersuchungen bin ich zur Überzeugung ge- kommen, dass diese bis jetzt unter affinis Agr. weitergeführte Art als eigene Form zu gelten hat und dass wahrscheinlich auch die beiden postantennalorganlosen Tiere minor Carl und cirrigerus Mon. in ihren Formenkreis gehören. Aus den Bergen des Unterengadins hatte ich einige Exemplare vorliegend, die ich Carls minor zuteilte, da ich erst kein Post- antennalorgan auffinden konnte. Um einige Differenzen in der Dia- gnose festzustellen, kontrollierte ich ein Exemplar mit den stärksten Vergrösserungen (Oelimmersion 2 mm, Comp. oc. 12 =2300 X) und fand nun zu meinem Erstaunen ein sehr kleines Postantennalorgan, dessen Haupttuberkel bis dahin als Hautkorn aufgefasst worden war. Es war von der für absoloni C.B. charakteristischen Ge- stalt. Der Vergleich mit einigen grünlandicus Tullb. Exemplaren, die mir von Spitzbergen zur Verfügung standen, war gegeben und somit auch die Gegenüberstellung der Diagnosen der übrigen ver- wandten Formen. Das Postantennalorgan ist, wie schon erwähnt, äusserst klein und sehr schwer sichtbar; ein Ubersehen desselben scheint mir leicht begreiflich und entschuldbar. Carl (30) hat bei minor (1899) keine Spur desselben aufgefunden und Moniez (67) bezeichnet es für cirrigerus (1894) als fehlend oder nicht gefunden. An eine Identität dieser beiden Formen sowie ihre Zugehörigkeit zur affinis- Gruppe ist jedenfalls zu denken. Absoloni C.B. wurde von Linnaniemi (57) 1912 unter Vor- behalt zu affinis Agr. gezogen, welche der Autor Agren (110) als sehr nahe der ersteren verwandt bezeichnete. Die Differenzen be- ruhen auf der ungleichen Anzahl der Pseudocellen auf der An- 10 Eduard Handschin. tennenbasis und der verschiedenen Grösse der Sinneskegel im An- tennalorgan III. Wenn hier eine Homologie vorhanden wäre, so hätte auf alle Fälle absoloni C. B. die Priorität, da sie bereits 1901 (26) aufgestellt wurde, affinis Agr. aber erst 1904 (110). Beide Formen sind nun aber scharf auseinander zu halten. Dazu be- rechtigt die völlig andere Beschaffenheit der Sinneskolben am III. Antennengliede und des Postantennalorgans (vergl. Bestimmungs- tabelle!). Den sehr variabeln Pseudocellenanlagen ist meiner An- sicht höchstens eine tertiäre Bedeutung bei der Artunterscheidung beizumessen, da ihre Ausbildung lokalen Einflüssen zu unterstehen scheint (30, 79). So ee muss sich nun auch grünlandicus Tullb. als Varietät zu affinis Agr. gesellen. Schötti L. P. und quadrituberculatus C. B. sind bereits zu Recht von Folsom (44) mit grönlandicus vereinigt worden. Nun findet grönlandicus Tullb. 1919 durch Folsom (42) eine eingehende Untersuchung und Be- : sprechung. Der genännte Autor findet dabei, dass „the tubercles of the postantennalorgan are usually three, occasionally four in number“. Diese Tatsache wirft ein neues Licht auf die Bewertung der einzelnen Typen. Als archaistisches Merkmal haben wir bei den Onychiurinen eine sehr kleine Höckerzahl im Postantennal- organ, die mit der höhern Differenzierung der einzelnen Species erst eine stete Vermehrung erfahren. In unserem Falle wäre also als ursprünglichere Arten — als ältere Typen — die Formen mit 3, als jüngere, diejenigen mit den variabeln 4-höckrigen Postantennal- organen zu betrachten. Tritt bei ein und derselben Art bald 3-, bald 4-zahl auf, so haben wir offenbar in Tieren mit 3 Tuberkeln die Stammform (wenn die 3-zahl das konstantere Merkmal ist), in den andern aber eine Varietät vor uns. Zur bessern Übersicht habe ich im folgenden die Charaktere der verschiedenen Arten ta- bellarisch nennen (Tab. 1 und 2). Beim Betrachten der zweiten Tabelle fällt uns in erster Linie die grosse Differenz in der Anlage der Pseudocellen auf. Schäffer (79) und Carl (30) weisen aber in ihren Arbeiten darauf hin, dass ihre Anzahl kolonienweise stark variieren kann und auch die ziem- lich konstante Anzahl auf Kopf und Abdominalsegment V hat ihre Ausnahmen. Ich erinnere bloss an Absolons armatus-multipunc- tatus (7) aus den Höhlen des mährischen Karstes. Eine Varia- bilität dieser Organe darf also, wie schon oben erwähnt, nicht zur Artenspaltung benützt werden. Das gleiche gilt in noch erhöhtem Masse für die Grösse der Tiere, die zwischen 0,5—1,7 mm schwankt. Als besonders wichtiges Kriterium bleibt uns alse das Antennal- organ III erhalten, das 2 typische Modifikationen des äusseren Sinneskolbens aufweist. Einerseits finden wir Sinneskolben von EB DO SRE EIRE PCR 1 Tab: 1. Die Onychiurinen der Schweiz. ut Art. Länge | Postant. org. | Ant. org. III. | Klaue | Emp.anh.| Analdornen cirrigerus 1 mm fehlend od. dépression nor- | gut ent- font défaut Moniez1894 - nicht gefunden| marquée, à la | mal wickelt base une touffe de 6 ou 7 cirrhes -— minor Carl | 1mm 0 mit armatus | zahn-|1/2X mal | Schlank, mäs- 1899 übereinstim- | los Klaue sig gebogen, mend Papillen klein absoloni 0,7 mm 2-3 Hôcker 4 Papillen, 2 | zahn- | borsten- | ohne Papillen, Börner1901| - gleich grosse | los formig ziemlich ge- Sinneskolben rade absoloni G.B.| 0,7 mm 3 Höcker 4 Papillen, 2 | zahn- | 1/2 X mal | ohne Papillen, Tiere aus dem gleich grosse | los Klaue schwach ge- Engadin Sinneskegel bogen … laffinisAgren| 0.5 mm 2-3 Hôcker |4Papillen,äus- gut | ?Länge | ohne Papillen, 904 serer Sinnes- | entw, fast gerade kegel 2X so breit als der innere grönlandieus | 1,5-1,7 3-4 Höcker | 4-5 Papillen, | gut |3/s%xmal| schwach ge- Tullberg mm äusserer Sin- | entw.| Klaue krümmt 1876 neskegel2 X | zahn- so breit als der | los innere‘ schötti Lie- 15 mm 2(?) Höcker 9 RO) 9 schwach ge- Pettersen krümmt 1896 quadrituber- 1 mm 4 Höcker 5 Papillen gut | 1/2 x mal | ohne Papillen, eulatus BÖr- entw. Klaue schwach ge- ner 1901 | krümmt - gleicher Grösse vor, anderseits aber eine starke Grössezunahme des äussern Kolbens, womit noch eine Biegung des Organs ver- bunden ist. Diese Befunde führen meine Art aus dem Unter- engadin zu absoloni C. B., grönlandicus Tullb. aber zur primitivern affinis Agr. hin. So lautet denn die Gruppe dieser Synonymie folgendermassen : 1. Onychiurus absoloni ©.B. 1901. ? Lipura crrigera Moniez 1894. Hamann 1896. ? Aphorura minor Carl 1899, 2e Eduard Handschin. Verteilung der Pseudocellen Thorax Abdomen ER ———— ——— Ab. |Eh.|Ku.| I | Ip | ü |tmp| 1 um] 1 | [IV] V Cirrigerus T auf allen Segmenten Mon. 1 minor Carl r | 3 | 2 12 les 3 En EAN ES 8.233 Ton 2 IE 89 9 1.0 143,219 690 a ES SU SN Enr absoloni C.B.r | 2 | 2| 1 12-3 1-2 3 de 13047402 1| 2/2|1 25 1-2 3 218|4/|4/)2 absoloni C. B. r |241| 3 1 1 1 22 or Boa | Engadin 1 2441, 3 1 1 1 2 DON 2 DD u affinis Agr. x 241 2/2 |1 3 3 3 3313. As 4 121) 2/2 1 3 3 5 1803/2100 | Lu —— — 4 de 222113. 1 NS ME PS M ES RSS ANS | 4 Tullb. AA En 3 ea aan ae et 3 RENE RTE, NRA Ber Fe" ar “ schôtti L.P. r | 3 6) Ë es € 2 a R: quadrituber- r | 3 | 2| 2 |2-3 3-4 3-4 3 3-4, 3.032103 % culatus C. B. 113121223 3-4) 3-4 |31343|3|3 4 Ab = Antennenbasis, IV = die entsprechenden thoracal bezw. É Kh = Kopfhinterrand, abdominal Segmente. R Ku = Kopfunterseite. Ip-—IIIp.= Praecoxen der 3 Beinpaare. 4 r = rechte, 1=linke Körperseite. Tab, 2. 2. Onychiurus affinis Agren 1904. ? Aphorura minor Carl 1899. Onychiurus affinis Axelson 1905, 1906. Wahlgren 1906. Shoebotham 1911. Linnaniemi 1911, 1912. 2a. Onychiurus affinis Agr. var. grönlandica Tullb. 1876. Lipura grünlandica Tullberg 1876. Schött 1893. Lubbock 1898. Carpenter 1900. Aphorura grönlandica Schäffer 1900. Wahlgren 1900. Skorikow 1900. He Onychiurus grünlandicus Folsom 1919. Lipura schôtti Lie-Pettersen 1896. Onychiurus schôtti Agren 1903 Wahlgren 1906. Aphorura quadrituberculata Börner 1901. Es kann somit die ältere Artbezeichnung grönlandieus Tullb. nur für die Varietät den Anspruch der Priorität erheben, da mit, ihr Typen mit jüngeren Merkmalen als diejenigen der Hauptform bezeichnet worden sind. Die Onychiurinen der Schweiz. 13 Um irgend welches Missverständnis zu vermeiden, gebe ich hier folgend die Beschreibung meiner Exemplare von absoloni C. B. und affinis-grönlandicus Tullb. wieder. Diagnose: Länge 0,72 mm, rein weiss. Behaarung kurz, . spärlich, nur auf den Antennen und dem Abdomenende etwas länger und dichter. Antennen kürzer als die Kopfdiagonale (8:10). Ant. 1:17: HI:IV=5:83:7:12. Antennalorgan III aus 4 Schutz- borsten und 4 Papillen. Dahinter in einer durch einen zentralen Wulst getrennten Grube 2 gestielte, granulöse, kugelige Sinnes- kolben, Auf dem Wulste die beiden Sinnesstäbchen (Fig. 2). Post- antennalorgan klein, in ovaler Vertiefung, 3 Sinneshöcker, schwach hervortretend. Zentralhöcker von der Grösse eines Hautkornes (Fig. 1). Pseudocellen aus Ringleiste mit Verschlusshäuten wie bei armatus Tullb. Antennenbasis mit 2+2 (Fig. 4), dahinter je eine dritte, mit den übrigen ein Dreieck bildend. Kopfhinterrand 3+3, Th. I—IIT je 1 +1, Abd. I—III je 2+2, Abd. IV—V je 3+3. Analdornen klein, ohne Papillen, leicht gebogen. Klauen zahnlos (Fig. 3). Empodialanhang schlank, lanzettlich, ohne La- mellen. Empodium mit Seitenborste. Keine tibiotarsalen Spür- haare. Furkabildungen fehlen gänzlich. Vor der Genitalöffnung 2 Reihen kurzer Börstchen. Fundorte: Munt della Baseglia (Unt. Engadin) 1900 m, 19. VII. 19, unter ‚Rinde. La Drosa (Munt la Schera, Unt. Engadin) ca. 2000 m, 14. VII. 19, aus Moos. Carl meldet minor von Bern „unter Rinde alter Bäume“ II. 1898. Allgemeine Verbreitung: Nord-Deutschland (Oldenburg), Schweiz: Mittelland und Alpen. Wahrscheinlich selten und vielfach übersehen. Onychiurus affinis Agr. var. grönlandica Tullb. 1876. Fig. 5—7. Diagnose: Länge 1,2—1,7 mm. Weiss, spärlich und kurz behaart. Antennen kürzer als Kopfdiagonale (10 : 13). Ant. L':IT: JIL:1V=7:12:10:16. Antennalorgan III mit 5 Schutzborsten und 5 Papillen. Die Sinneskegel sind ungleichwertig, der äussere übertrifft den innern um das Doppelte seiner Grösse. Seine Achse ist gekrümmt. 2 Sinnesstäbchen zwischen den mittlern Papillen (Fig. 6). Postantennalorgan mit 4 Tuberkeln (Stammform mit 3) parallel zur Hauptachse des Organs liegend (Fig. 5). Pseudocellen auf der Antennenbasis 2+2, je eine dahinter mit den erstern ein Dreieck bildend. Th. I 1+1, Praecoxen I 1+1. Th. II 3 +3, 14 Eduard Handsehin. Praecoxen II 1+1. Th. III 3+3, Praecoxen III 1+1. Abd. I—IV 3+3. Abd. V 4+4 Pseudocellen. Analdornen klein, leicht gebogen, ohne Papillen. Klauen zahnlos. Empodialanhang schlank, in Fadenanhang auslaufend, ohne Lamellen (Fig. 7). Empodium mit Seitenborste. Spürhaare fehlen. Genitalfeld mit 2 Reihen kurzer Borsten. Allgemeine Verbreitung: Grönland, Sounders-Inseln, Spitz- bergen, Franz-Josephs-Land, Norwegen, Hessen. . Die Stammform wurde in Skandinavien, Finnland, den ehemaligen Ostseeprovinzen Russlands, und England gefunden. b) sibirieus-Gruppe. 2. Onychiurus sibiricus Tullb. 1876. Fig. 8—11. Synonymie: Lipura sibirica Tullberg 1876. Schôtt 1893. Aphorura sibirica Absolon 1900. Schäffer 1900. Wahlgren 1900. Onychiurus sibiricus Axelson 1905. Linnaniemi 1909, 1912. Weiss, 1,28—1,3 mm, Behaarung spärlich, kurz. Kopf so lang als die Antennen. Ant. 1:I1:III:IV=2:3:3:5. Antennalorgan III aus 4 Schutzborsten, 4 langen schmalen Papillen, 2 kugeligen, traubigen Sinneskegeln und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 9). Postantennal- organ langgestreckt mit 10—12 länglichen Tuberkeln, parallel zur Längsachse des Organs gelagert (Fig. 8). Pseudocellen: Antennen- basis. 2+2 Th. IL. — Abd. IV 1 +1. Abd. V 2+2. Analdornen schlank, fast gerade, von Klauenlänge (Fig. 11). Klauen zahnlos, schlank, im untern Drittel zahnartig abgesetzt. Empodialanhang lang, schlank mit Fadenanhang solang als Klaue (Fig. 10). Die Art, die ich in Übereinstimmung mit den Diagnosen und Zeichnungen der andern Autoren zu sibiricus Tullb. stelle, fand ich bei Villeneuve (Signal des Grangettes) unter Weidenrinde 20. V. 18; Col de chaude, ca. 2000 m, unter Steinen 19. V. 18. Allgemeine Verbreitung: Sibirien, Nord-Russland (Kanin), Finnland, Ost-Grönland. Als Höhlenform in Mähren. Für die Schweiz ıst die Form neu. 4 4 2 % ” = k : & A >» : Y A # 4 + 1 ne Ë 17 ne Er Die Onvchiurinen der Schweiz, 15 Onychiurus sibiricus Tullb. var. similis Fols. 1917. Synonymie: Onychiurus similis Folsom 1917. Folsom führt 1917 (44) eine neue Art (0. similis auf, die er mit cocklei Fols. parallelisiert. Eigentümlicherweise spricht dabei der genannte Autor nirgends von einer Verwandschaft mit der europäischen sibiricus Tullb., die er früher zur Untersuchung von cocklei herangezogen hatte (45). Wenn sich similis auch in einigen Punkten von sibiricus unterscheidet, z. B. Längenverhältnis von Klaue zu Empodialanhang und überzählige Papille im Antennal- organ III, so sind diese Unterschiede kaum hinreichend, eine voll- ständige Trennung der Formen zu gestatten. Höchstens als Varietät könnte man sie gelten lassen, wobei similis in der oben angegebenen Weise weiterzuführen wäre. | Fundort: La Drosa am Munt la Schera (Unt. Engadin), ca. 2000 m, unter Moos 16. VII. 19. Allgemeine Verbreitung: Amerika (Illinois), Alpen (Engadin). , % 3. Onychiurus montanus n. sp. Fig. 12—15. Diagnose: Länge 1,17—1,58 mm, weiss, spärlich kurz be- haart. Antennen kürzer als die Kopfdiagonale. Ant. I:II:IlI: IV=10:15:10:18. Antennalorgan III aus 4—5 Schutzborsten, 5 Papillen (granulierte!), 2 traubigen runden Sinneskegeln und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 13). Postantennalorgan langgestreckt, ober- flächlich an das von sibiricus Tullb. erinnernd, aus 7—10 Höckern von eigentümlich zweilappiger Form. Die einzelnen Tuberkel sind lateral ausgezogen. Wenn Lappen nicht vorhanden, wie bei den endständigen Tuberkeln, so besitzen sie eine tiefe Rinne (Fig. 12). Pseudocellen: Antennenbasis 1+1 Th. II. — Abd. IV 1+1. Abd. V 2+2. Haut relativ grob granuliert. Längenverhältnisse der Seg- mente Rh SE IE SPER Abd. LETTRE IV V:VI>5:8:8:6,0: 7:7:9:10:8. Abd. V also alle andern an Länge übertreffend. Analdornen kräftig, stark nach vorne gebogen, auf sich berührenden Papillen (Fig. 15). Klauen sehr breit, zahnlos. Empodialanhang schmal, °/s der Klauenlänge erreichend (Fig. 14). Am Tibiotarsus fallen 2 opponierte, besonders lange Spitzborsten auf. Die Haut scheint in Fetzen abgeworfen zu werden; wenigstens ist der Körper, namentlich in den abdominalen Partien mit Chitin- stückchen regellos bedeckt. Eine ähnliche Erscheinung erwähnt Absolon (7) für seinen Höhen-sibiricus. 16 Eduard Handschin. Von den verwandten Arten fallen beim Vergleich sibiricus und sibiricus-similis sofort ausser Betracht. Antennalorgan III, Klaue, Postantennalorgan, kurz fast alle Organe, die zur Unter- scheidung herangezogen werden, sind zu different. Von den ver- bleibenden cocklei Fols. und subtenuis Fols. steht montanus der amerikanischen subtenuis infolge der gelappten Postantennaltuberkel näher, cocklei berührt sie in der Klauengestalt. ne nn Peu Pseudocelle Art Farbe | Postant. org. des Ant. Klaue Emp. anh. ee h Ant. basis. org, III. cocklei selb- | Höcker ein- sehr breit, mit Faden- 1+1 Fols. orange fach breit zahnlos anhang subtenuis | weiss | schwach ge- | .nor- schlank, mit Faden- 3+3 Fols. lappt mal | 1 Innenzahn anhang montanus| Weiss stark ge- nor- sehr breit | ohne Faden- 1+1 D. Sp. lappt mal zahnlos anhang Montanus stellt also den andern Arten gegenüber einen gut markierten Typus dar. Fundorte: Alp Stavel-chod (Unt. Engadin), 2100—2200 m, 27. VII. 19, unter Steinen und Rinde 14 Exemplare. c) drmatus-Gruppe. 4. Onychiurus zschokkei Handschin 1919. Fig. 16—18. Die Diagnose dieser 1919 (17) aufgestellten Art ist in einigen Punkten zu ergänzen. Antennalorgan III und Pseudocellen finden eine ungenügende, das Postantennalorgan eine nicht ganz ent- sprechende Auslegung. Länge 0,97-—1,17 mm. Weiss, Behaarung kurz, spärlich, dazu auf jedem Segmente eine Querreihe längerer Borsten. Haut fein granuliert. Antennen kürzer als Kopfdiagonale (1:1,2). Ant. I: I1:III:IV=1:1,5:1,6:2,6. Ant. IV mit Endkolben. Antennal- - organ III mit 5 Schutzborsten, 5 granulierten Papillen, deren äusserste am breitesten ist. Die 2 Sinneskolben rund, mit zentraler Achse. Ob ihre Oberfläche tubulös sei, konnte nicht mit Sicher- heit nachgewiesen werden. Sie sitzen in lateralen Gruben des innern Chitiawulstes. Der Zentralhöcker trägt oben 2 Sinnes- stäbchen (Fig. 16). Postantennalorgan mit 20-28 Höckern, diese Die Onychiurinen der Schweiz. 17 gross, und sich mit den freien Enden oft überdeckend Alle mit zentraler Rinne, die durch Aufwölben der Seitenränder entsteht, Organ relat. breit (Fig. 17). Pseudocellen: Antennenbasis 3 + 8. Kopfhinterrand 2+2. Th. I 0. Th. II — Abd. IV je 2+2 median und 1 +1 ectolateral. Abd. V 3+3. Klaue schlank, zahnlos, an der Basis granuliert. Empodialanhang '/s der Klauenkante er- reichend (Fig. 18). Analdornen konnten keine aufgefunden werden. Fundort: Gerstenhorn (Zentralalpen), 2650 m, 6. VIII. 16; unter Steinen auf Schmelzwasser. Verwandtschaftlich gehört die Form in die armatus-Gruppe, die sich von absoloni ©.B. (affinis Agr. nach Linnaniemi) ab- leitet. Selbstverständlich kann meine frühere Ansicht, sie als End- glied der affinis-Gruppe anzusehen, nicht aufrecht erhalten werden. Ich verweise auf die oben gegebene Darstellung. 5. Onychiurus armatus Tullb. 1869. Fig. 19—22. Synonymie: Lipura armata Tullberg 1869, 1871, 1872, 1876. Lub- bock 1873. Reuter 1876, 1890, 1895. Uzel 1890, 1891. Schött 1894. Lie-Pettersen 1896, 1898. Carpenter und Evans 1899. Willem 1900. Moniez 1891. here armata Schäffer 1896, 1897, 1900. Poppe und Schäffer 1897, Secherbakon 1898. Carl 1899, 1901. Absolon 1900, Wahlgren 1900. Börner 1901. Ki bauer 1902. Onychiurus armatus Börner 1902, 1907. Voigts 1902. Becker 1902. Agren 1903, 1904. Axelson 1903, 1904, 1905, 1906. Linnaniemi 1907, 1909, 1911, 1912. Wahlgren 1906, 1909, 1919. Lie-Pettersen 1905. Collinge und Shoebotham 1910. Shoebotham 1914. Bartholoni 1916. Folsom 1917. Handschin 1919. Lipura fimetaria Dalla Torre 1888. Länge von 0,95—2,5 mm, weiss, Antennen etwas kürzer als der Kopf, ca. 4:5. Ant. I:IT:III:IV=15:25:22:34 (Mittel- werte). Antennalorgan III aus 5 Schutzborsten, 5 Papillen, 2 runden, traubigen Sinneskegeln und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 20). Postantennalorgan langgestreckt mit 16— 32 Höckern (nach Agren (110) bis 44) (Fig. 19). Pseudocellen von variabler Anordnung. Antennenbasis und Kopfhinterrand immer mit 3+3. Th. HT und | III am grössten von allen Segmenten. Analdornen lang, schwach gebogen, auf sich berührenden Papillen. Behaarung wenig dicht, 2 18 Eduard Handschin. kurz, nur an Ant. IV und Ende des Abdomens etwas länger. Klauen zahnlos. Empodialanhang mit Fadenanhang solang oder nur wenig kürzer als die Klaue. Furka als ungranulierte Hautfalte. Bei jungen Tieren sind die Tuberkel der Analdornen noch nicht deutlich entwickelt, auch tritt die definitive Gestalt des Anal- segmentes nicht deutlich hervor. Bei einigen Tieren scheinen die Tuberkeln des Postantennalorganes näher zusammengerückt. % Erwachsene Tiere zeigen oft Abnormitäten im Bau des An- tennalorganes III. Die äussern Papillen treten in Überzahl auf (Folsom 44, Agren 110) oder eine solche wird durch die Mehr- spitzigkeit der einzelnen Papillen angedeutet und vorbereitet (Fig. 21). Solche Eigenheiten, wie auch die Pseudocellenzahl, sind für Kolonien bestimmter Lokalitäten charakteristisch. (Vergl. Carl 30, Schäffer 79.) Aus einer Moosprobe des Val del Aqua (Unt. Engadin) z. B. besitze ich lauter Formen mit aberrantem Antennalorgan III. Zum äussern Bau der Pseudocellen kann ich bemerken, dass der Chitinring ausstülpbar ist, sodass er über die Epidermis vor- steht. Verschiedene Präparate zeigen deutlich solches Verhalten (Fig. 22). Fundorte: Jura. Basel, Botanischer Garten, unter Blumentöpfen X. 16. Liestal, Ufergenischt der Ergolz 27. XII. 16, unter Steinen 10, III, 17, in Treibhäusern XII. 19. Ward hach Besn, unter Steinen X. 17. Prangins/Nyon, auf Wasser, Höhlen am Saleve (Carl). Mittelland. Lausanne, Vallée du Flon, aus Moos 7. V. 18. Zoo- logisches Institut, an Holz 2. V. 18. Vallée de la Vuachère, aus Marchantiapolster 10. V. 18, La Rosiaz, aus Moos 9. Vie Villeneuve, unter Rinde 19. V. 18. Bern (Carl). Voralpen. Frenieres/Bex, aus Moos V. 18. Trogen, aus Moos V. 18. Gäbris V. 18. Hoher Kasten IX. 16. Alpen. Jochpass, unter Steinen 2. VI. 17. Frutt, unter Steinen, 1. VI. 17. Berneroberland (Carl). Galensattel 3200 m, 26. VII. 16, unter Steinen. Galenstock 3250 m 26. VI. 16, unter Steinen. Unter-Engadin von der Talsohle bis 3100 m, in 25 Proben unter Rinde, Steinen, aus Moos und Flechten, coprophil! Tessin. Lugano, unter Steinen IV. 17. Morcote, unter Steinen G AVI Die Art zeichnet sich durch weite horizontale und vertikale Verbreitung aus. Sie bewohnt die ganze nördliche gemässigte Die Onychiurinen der Schweiz. 19 Zone bis zu den höchsten Stufen der Alpen und dringt nach Norden bis zur Grenze des Lebens vor. Wie die Literaturangabe über das Vorkommen in Chile auszulegen ist, ob es sich um ein authochthones Vorkommen auf der südlichen Halbkugel oder um eine Adventivform handelt, ist vorderhand noch nicht zu entscheiden. Letzteres scheint mir sehr wahrscheinlich, da auch unsere Handels- häfen mit zahlreichen exotischen Formen infiziert werden. (Vergl. Kräpelin, K. Uber die durch den Schiffsverkehr in Hamburg eingeschleppten Tiere. Mit. nat.-hist. Museum in Hamburg. Je. DOVE 71901. Börner 21.) Onychiurus armatus Tullb. var. inermis Axels. 1905. Onychiurus armatus-inermis Axelson 1905. Linnaniemi 1912. Handschin 1919. Die Tiere stimmen mit der Hauptform bis auf das Fehlen der Analdornen überein. Bei uns bis jetzt nur alpin, Galenstock 3400 m. Sonst in Finnland. 6. Onychiurus orthacanthus n. sp. Fig. 23—26. Diagnose: Länge 1,58 mm, weiss. Behaarung spärlich, kurz, nur am Ende des Abdomens etwas länger und dichter. Tier schlank. Antennen etwas kürzer als der Kopf (14:18). Ant. I: IL: : IV =2:3:38:5. Antennalorgan III aus 4 Schutzborsten, 4 sehr schlanken langen Papillen, 2 grossen traubigen, zur Seite geneigten Sinneskegeln und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 24). Post- antennalorgan erst an armatus Tullb. erinnernd. Einzelne Tu- berkeln aber sehr schlank, stabartig, mit fast knopfförmig ver- breiterter Ansatzstelle auf dem Zentralhöcker. Bis 29 Neben- höcker (Fig. 23). Pseudocellen vom armatus-Typus. Antennen- basis 3+ 3, Kopfhinterrand 3 +3, Th. I 0, Th. II, Th. III, Prae- coxen II und III je 1+1, Abd. I 2+2, Abd. II—IV 3+3 (je 2+2 median und 1+1 ectolateral), Abd. V 3+3. Längenver- hältnisse der Körpersegmente Th. I: IL: III: Abd. I: IL:IIL:IV: V:VI=15:50:48:40:33:35:50:30:15. Abd. IV also am kräftigsten ausgebildet, den Th. II und III gleichkommend. Anal- dornen auf Papillen sehr schlank, ganz gerade, aufrechtstehend, solange als die Klauen (Fig. 26). Diese mit Innenzahn im letzten » 20 Eduard Handschin. Drittel. Empodialanhang lanzettlich, mit Fadenanhang °jı der Klauenlänge erreichend (Fig. 25). Fundort: Val Ftur (Unt. Engadin) 2600 m, unter Steinen 19. MORE Von den ihr verwandten Arten zschokkei und armatus ist sie durch die Gestalt der Postantennaltuberkel, des Antennalorgans III sowie durch die Analdornen deutlich abgesetzt. 7. Onychiurus octopunctatus Tullb. 1876. Fig. 27—34. Synonymie: Lipura octopunctata Tullberg 1876. Schött 189. Aphorura octopunctata Schäffer 1900. Folsom 1902. Onychiurus octopunctatus Folsom 1917. Diagnose: Weiss. Länge 1,8—2,5 mm. Kurz spärlich be- haart, nur Ende des Abdomens mit etwas längern dichtern Borsten. Körper schmal, schlank. Antennen etwas kürzer als der Kopf (19:24). Ant. I:IE:U1:IV=19:22:17:30. Antennalorgan III normal eus 4 Schutzborsten, 4 Papillen, 2 traubigen, runden Sinnes- kolben und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 28). Postantennalorgan lang- gestreckt, in Grube, aus 22—27 breiten, oft aneinander stossenden Tuberkeln (Fig. 27). Pseudocellen auf Antennenbasis 4+4 (Fig. 31), selten 4+ 83, Kopfhinterrand 3 +3, Unterseite 1+1. Th. I 0, Th. IT und III median 1+1, lateral 1 + 1 (praecoxal?). Abd. I-IV 1+1, Abd. V 2+2. Pseudocellen vom armatus-Typus. Klauen lang, schmal, mit medianem Innenzahn. Empodialanhang lanzett- lich, langsam in den Fadenanhang übergehend, bis °/ı der Klauen- kante erreichend (Fig. 32). Analdornen relativ klein, gebogen 3/,mal solang als die Klaue (Fig. 34). Bezüglich der Ausbildung des Antennalorgans III zeigen die untersuchten Individuen grosse Differenzen. Eines besitzt nur 3 Papillen, von denen 2 eine apicale Spaltung aufweisen (Fig. 29). Ein anderes trägt 5 breite Basalwülste, ähnlich wie cocklei Fols., auf den beiden mittlern Wülsten sitzt je eine Papille, deren innerste einen basalen fingerförmigen Anhang trägt (Fig. 30). Die äusserste Schutzborste des Organs, sowie eine Schutzborste des Postantennal- organs zeigen beim gleichen Tiere eine tiefe Spaltung, sie sind also zweispitzig. Fundorte: Beatushöhle, 5 Exemplare 1. VIII. 0%. Carl. leg. Villeneuve, 10 Exemplare 20. V. 18. Die Onychiurinen der Schweiz. 21 Onychiurus octopunctatus Tullb. var. edenticulata Wahlg, 1900. Synonymie: Aphorura octopunctata-edenticulata Wahlgren 1900. Mit der Hauptform bis auf das Fehlen des Innenzahnes der Klaue übereinstimmend (Fig. 33). Fundort: Beatushôhle, 2 Exemplare, I. VIII. 07. Carl. leg. Allgemeine Verbreitung: Sibirien 69°25’. Tschulkowa 62°45’. Tschuktschen-Halbinsel. Irkaipi 68°36'. Alaska. Die Varietät ist als Moosform von Yan Majen be- schrieben. 8. Onychiurus alborufescens Vogler 1895. Fig. 35—40. Synonymie: Lipura alborufescens Vogler 1895, 1896. Aphorura alborufescens Carl 1899, 1901. Latzel 1907. Aphorura kollarii Absolon 1901. ? Anurophorus kollarii Kolenati 1858. Lipura kollariü Lubbock 1873. Der Freundlichkeit meines Kollegen Dr. Carl verdanke ich eine Probe dieser Tiere, die mich in Stand setzt, die auch ihm vorgelegenen Stücke zu prüfen und namentlich das Postantennal- . und Antennalorgan zu untersuchen. Inwiefern die Art mit Kolenatis _ kollarii (8, 49) identisch ist, kann heute wohl kaum mehr ent- schieden werden. Seine Diagnose sowie die Figuren können uns nicht auf die Spur bringen. Onychiurinen mit nur 4—5 Abdominal- segmenten sind kaum aufzufinden. — Nach Kolenatis Beschrei- bung können wir nur aus der Farbe und dem analogen Vorkommen auf Schnee auf eine eventuelle Identität der beiden Arten schliessen, ein Verfahren, das ich als verfehlt erachte, da mittlerweile eine 2. rote Schneeform, cocklei Fols., bekannt geworden ist. Kolenatis Dingnose gebe ich hier zum Vergleich mit der Artbeschreibung von alborufescens in abgekürztem Style wieder. Anurophorus kollarü Kolenati 1858. „Zylindrisch, nach hinten allmählich erweitert, intensiv rosen- „rot. Fühler, Füsse und Analanhängsel lichtgelb. Körper zer- „streut kurzhaarig, vier längere Analborsten. 2 glomerierte „(Postantennalorgan) und 4 Punktaugen (Pseudocellen). Kopf ab- „gerundet, dreieckig, herzförmig. Th. I schmal, quer. Th. II und „III wenig kürzer und schmäler als der Kopf. Th. III am Hinter- „ende mit lappigen Ausschnitten, 4 Abdominalsegmente langsam 22 Eduard Handschin. „an Dicke zunehmend, das 3. am kürzesten, das 4. am längsten, „verrundet. Ant. IV am längsten, 1,2 mm. „Steirische Hochalpen, am und im Schnee.“ alborufescens V ogler. Orangerot 1,5—2 mm. Körper kurz, spärlich behaart, am Ende des Abdomens etwas dichter. Körper langgestreckt, nicht an Breite zunehmend. Antennen solang als die Kopfdiagonale. Ant. IT: II: II1l:IV=15:20:17:34. Antennalorgan III mit 5 Schutzborsten, 5 Papillen, 2 kugeligen, traubigen Sinneskegeln und 2 Sinnes- stäbchen (Fig. 36). Postantennalorgan langgestreckt in breiter Grube, mit 23—32 zusammenstossenden Tuberkeln, die extern eine feine Granulation aufweisen (Fig. 35). Pseudocellen wie bei armatus . Tullb. gebaut (Fig. 37). Verteilung: Antennenbasis 3 +3, Kopf- hinterrand 2+2, Th. I-III median 1 + 1, lateral-praecoxal 1 + 1, Abd. I—TIT median 2 +2, lateral 1 +1, Abd. IV_V 3+3. — Analdornen klein, auf kleinen getrennten Papillen (Fig. 3940). Klauen zahnlos. Empodialanhang schmal, in Fadenanhang aus- laufend, ca. */1 der Klauenlänge (Fig. 38). Fundorte: Col de Fenêtre 2786 m. Kistenpass 2600 m. Fuorcla da Fex 3100 m. Claridenhütte 2450 m. Champatsch 2850 m. Pischahorn 2900 m. Allgemeine Verbreitung. Die Art ist bis jetzt alpin-ende- misch. d) ramosus-Gruppe. 9. Onyehiurus perforatus n. sp. Fig. 41—44. Diagnose: Weiss. Länge 1,69 mm. Antennen solang als der Kopf. Ant. 1:11: 1II:IV=2:3:4:7. Form eher plump. Körper am Abd. IV am breitesten, hinten verrundet. Analdornen fehlen. Be- haarung dicht, kurz. Auf allen Segmenten, besonders aber an Abd. V und VI längere, abstehende Borsten (Fig. 41). Als besonders cha- rakteristisch stelle ich die abnormal grosse Anzahl der Pseudo- cellen fest. Antennenbasis 2+2, dahinter je eine dritte mit den andern ein Dreieck bildend. Kopfhinterrand 4 + 4, Unterseite 1+1,_ Th. I 4+4, Praecoxen 1I3+3. Th. I: Vorderrand 5 +5, Hinter- rand 4+4, lateral 2+2, Mittelfeld 2+2 (also 26), Praecoxen II 3+3. Th. III: Vorderrand 4 + 4, Hinterrand 4 + 4, lateral 2 + 2, Mittelfeld 1+1 (also 22). Praecoxen III 3 +3. Abd. I: Vorder- . rand 3 +8, Hinterrand 4 + 4, lateral 2 + 2, Mittelfeld 1 + 1, Unter- ne re de ie à ET al a an ee Be he DT ae Sn En Er nn DL RL Ta A re a u Die Onychiurinen der Schweiz. 23 seite 6+6 (wovon 3+3 um den Ventraltubus) (also 32). Abd. II in Ähnlicher Verteilung: Oberseite 9 +9, Unterseite 9 +9 (also 36). Abd. III: Oberseite 9+9, Unterseite 6+6 (total 30), Abd. IV: Oberseite 9+9. Abd. V: Oberseite 8+8. Die Anzahl auf der Unterseite der Abdominalsegmente III—V konnte infolge des aus- tretenden Darminhaltes, der die Segmente bedeckte, nicht ganz ein- wandfrei ermittelt werden. Alle Pseudocellen sind vom armatus- Typus aus Ringwulst mit Verschlusshäutchen. Antennalorgan IIT aus 5 Schutzborsten, 5 Papillen, 2 zur Seite geneigten, grossen Sinneskolben, die an der Oberfläche erst eine Andeutung der sekundären Höckerung aufweisen, die traubige Struktur also erst vorbereiten. Die 2 Sinnesstäbchen sowie die Kolben stehen in einer dreifach gebuchteten Grube, die am Grunde eine Chitin- duplikatur aufweist (Fig. 43). Postantennalorgan aus 10—12 Höckern, die sehr stark granuliert sind, in der Mittelachse des Organs zusammenstossen und auf dem Zentralhöcker eine nieren- förmige Offnung besitzen (Fig. 42). Klauen breit, mit grossem Innenzahn. Empodialanhang ohne Basallamelle, mit Fadenanhang fast solang als die Klaue. Am Tibiotarsus 2 opponierte, besonders lange Borsten (Fig. 44). Genitalfeld dicht mit sehr kleinen Börstchen besetzt. Fundort: Stragliavita (Unt. Engadin) 2700 m, in Moos VII. 19. Verwandtschaftlich dürfte die Art den amerikanischen dentatus und ramosus Fols. sowie der japanischen conjungens ©. B. nahe stehen. Bezüglich den Verwandtschaftsgraden den europäischen Höhlenformen gegenüber lassen sich keine Vermutungen aus- sprechen, da das Antennalorgan bei denselben noch zu unter- suchen ist. e) fimetarius-Gruppe. 10. Onychiurus ambulans (L) Nic. (1758), 1847. Fig. 48. Synonymie: Podura ambulans Linne 1758. Anurophorus ambulans Nicolet 1847. Lipura ambulans Lubbock 1862, 1873. Tullberg 1869, 1871, 1872. Packard 1872. Tömösvary 1882. Parona 1888. Schött 1893. Lie-Pettersen 1893. Meinert 1896. Reuter 1895. Carpenter und Evans 1900. Carpenter 1913. Aphorura ambulans Mac Gillivray 1893. Stscherbakow 1898. Carl 1899, 1901. Willem 1902. Guthrie 1903. Kieffer 1900. 24 Eduard Handschin. Onychiurus ambulans Agren 1903. Lie-Pettersen 1905, 1907. Wahlgren 1906. Collinge 1910. Collinge und Shoe- botham 1910. Linnaniemi 1912. Shoebotham 1914. Bartholin 1916. Handschin 1919. ? Aphorura willemi Börner 1901. Weiss. 2 mm. Antennen kürzer als der Kopf (14:18). Ant. 1:II:III:IV=2:25:2:5. Antenne IV mit ventraler Rinne, über welche kurze Borsten übers Kreuz gestellt sind. Antennal- organ III aus 4-5 Schutzhaaren, 4—5 Papillen, 2 glatten, ge- bogenen Sinneskolben mit Porenkanal und 2 Sinnesstäbchen. Post- antennalorgan langgestreckt, aus 12—15 granulierten Tuberkeln. Pseudocellenverteilung: Antennenbasis 2 +2, dahinter 1 + 1, mit den erstern ein Dreieck bildend. Diejenigen der übrigen Segmente konnten auf meinen Präparaten nicht mehr genau ermittelt werden, weshalb ich von einer Darstellung absehe. Klauen zahnlos. Em- podialanhang mit Basallamelle und Fadenanhang, bis */3 der Klauen- länge erreichend. Körper nach hinten bis Abd. III breiter werdend. Analdornen gross, leicht gebogen auf sehr kleinen Analpapillen. Be- haarung spärlich kurz. Obgleich die Tiere nicht in allen Details eingehend untersucht werden konnten (Mängel des Einschlussmittels), scheint mir die Zu- gehörigkeit zu ambulans Nic. ausser Zweifel. Klaue, Postantennal- organ, Analdornen, sowie der ganze Habitus passen auf die bis jetzt bekannten Diagnosen der Art. Fundorte: Lausanne, Vallée de la Vuachère, aus Marchantia- polstern 12. VI. 18. Konkordia-Faulberg 2980, hygropetrisch 237. VII. 17. Nach Carl ausschliesslich im Jura. Prangins. Allgemeine Verbreitung: Gemässigtes Europa. — ? Nord- Amerika. S Onychiurus ambulans Nic. var. inermis Agr. 1908. Fig. 45—47. Ambulans-ähnliche Formen ohne Analdornen hat Agren 1903 als var. inermis bezeichnet. Ich kann noch nicht mit Sicherheit entscheiden, ob wir es hier nicht mit irgend einer unbedornten Form der fimetarius-Gruppe zu tun haben, oder ob es sich wirk- lich um eine Varietät bedornter Formen handelt. Die Tiere, die ich zur var. inermis stelle, fanden sich streng kolonienweise. Um die Zusammengehörigkeit festzustellen, müssen hier erst Zuchten oder variationsstatistische Arbeiten an Hand eines ern Mate- riales einsetzen. Die Onychiurinen der Schweiz. 25 Das Postantennalorgan (Fig. 45) stimmt mit dem von ambulans Nic. überein. Ebenso das Antennalorgan III (Fig. 46) und die Bassallamelle am Epodialanhang (Fig. 47). An Pseudocellen konnte ich feststellen: Antennenbasis 2 +2, Kopfhinterrand 2 + 2, Unter- seite 1+1. Th. I 0, Th. II 1+1, Praecoxen II und III n LEUR Th. IIT-Abd. III 2 +2, Abd. IV—V 3 +3. Fundorte: Gorge de Nozon (la Sarraz, Jura), unter Moos an der Nozon. V. 18. Alp Grimels (Unt. Engadin) ca. 1900 m, unter Planken. 25. VIII. 19. Das ersterwähnte Exemplar trägt als Zwischenwirt im Kopfe dicht hinter dem rechten Postantennalorgan eine junge zwei- segmentige Grordiuslarve von 0,018 mm Breite und ca. 0,08 mm Länge. Sie entspricht nach Schepotieff den jüngsten Stadien der Saitenwürmer?) (Fig. 49), Allgemeine Verbreitung: Bis jetzt nur aus Süd-Schweden ge- meldet. 11. Onychiurus pseudofimeratus Fols. 1917. Fig. 50—52. Onychiurus pseudofimetarius Folsom 1917. Weiss. 1,5—2 mm. Körper hinten breit verrundet. Behaarung wenig dicht, kurz. Antennen kürzer als der Kopf (5:8). Ant. 1:11: 1II:IV=3:4:45:8. Ant. IV mit ventralen dichtgestellten kurzen Haarreihen („Kanalbildung“). Antennalorgan III aus 5 Schutz- borsten, 5 Papillen, 2 grossen glatten, gebogenen Sinneskolben mit Porenkanal und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 51). Postantennalorgan langgestreckt mit 12—16 höckerigen Tuberkeln (Fig. 50). Pseudo- cellen: Antennenbasis 2 +2, dahinter 1:1. Kopfhinterrand 2 +2 Unterseite 1 +1, Th. I 1+1, Th. IT und III3+3 (davon je 1 +1 ectolateral). Praecoxen I__III 1 +1. Abd. I 2+2. Am Ventral- tubus 1 +1. Abd. II-IV 2 +2, Abd. V 3 +3. Analdornen fehlen. Klaue lang, schmal, zahnlos. Empodialanhang mit langem Faden- anhang, fast so lang als die Klaue (Fig. 52). Fundorte: Liestal, Flussgenischt XII. 17. Pischahorn 2800 m, unter Steinen. Stavel-chod (Unt. Engadin), unter Brettern. 25. VII. 19, 2300 m. Allgemeine Verbreitung: Nordamerika (Illinois, Minnesota). Schweiz. 2) Schepotieff, A. Ueber den feinern Bau der Gordiuslarven. Ztschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 89, p. 230, 1918. 26 Eduard Handschin. Folsom, der die Art aufstellt, zeichnet die in Europa vor- kommende jimetarius L., für die ich erst geneigt war, die vor- liegende Art zu halten, mit kleinen, aufrechtstehenden Sinneskolben im Antennalorgan III. Falls dies wirklich ein ausschlaggebendes Unterscheidungsmerkmal darstellt, so dürfte die Identität meiner Tiere mit der amerikanischen Form sicher sein und die eigentliche fimelarius unserm Gebiete noch fehlen. 12. Onychiurus cadaverinus n. sp. (Fig. 53 —59.) Diagnose. Weiss. Länge 2—2'/a mm. Körpergestalt breit, plump. Behaarung spärlich. Antenne kürzer als Kopfdiagonale (24:30). Ant. I: I1:IIHH:IV=3:5:5:9. Antennalorgan III aus 4—5 Schutzborsten, 4—5 Papillen, 2 glatten, nierenförmigen Sinnes- kegeln mit Porenkanal und 2 Sinnesstäbchen (Fig. 55). Postantennal- organ in tiefer Grube, aus 15 stark gelappten Tuberkeln (Fig. 53, 55). Pseudocellen: Antennenbasis 2+2, dahinter je eine dritte, mit den andern ein Dreieck bildend. Kopfhinterrand 2 +2, Unterseite 1 +1. Th. I-Aba. IV, 1 +1. Abd. V. 2 +2. In einem Falle glaube ich auf den ersten Praecoxen je eine Pseudocelle bemerkt zu haben. Analdornen fehlen. Das Genitalfeld ist vorgewölbt, dicht und kurz beborstet (Fig. 58—59). Klaue mit 2 deutlichen basalen Lateral- zähnen. Empodialanhang ohne Basallamelle, mit Hadenanlang, al bis ®/ı mal Klauenlänge (Fig. 56—57). Fundort: Verrières, Oabris. 12 Exemplare auf Tierleichen. Chappuis ded. Die Form ähnelt den Tieren der fimetarius-V erwandtschaft, unterscheidet sich aber von ihnen typisch durch die Anwesenheit der basalen Lateralzähne. In dieser Eigenschaft tritt sie in nahe Beziehungen zu der nordamerikanischen dentatus Fols. Die Ma- xillen zeigen in ihrem Anhange den gleichen Bau wie Lophogna- thella ©. B. (19), unterscheiden sich aber von dieser japanischen Art durch Anwesenheit des zahntragenden Maxillenabschnittes. Bei Lophognathella hat derselbe eine vollständige Rückbildung er- fahren. Genus Kalaphorura Abs. 1901, mihi. Synonymie: Lipura Lubbock 1873. Moniez 1891. Aphorura Schäffer 1900, Börner 1901, 1902. Die Onychiurinen der Schweiz. 27 Sabgen. Kalaphorura Absolon 1901, Börner 1909. Onychiurus Collinge und Shoebotham 1910. Handschin 1919. 13. Kalaphorura burmeisteri Lubb. 1873. (Fig. 60-64.) Synonymie: Lipura burmeisteri Lubbock 1873. Onychiurus burmeisteri Collinge u. Shoebotham 1910 Lipura tuberculata Moniez 1891. Aphorura tuberculata Börner 1901, 1902, Krausbauer 1902. Onychiurus tuberculatus Handschin 1919. Aphorura paradoxa Schäffer 1900, Absolon 1901. Gelblichweiss. 1,5—3 mm. Körper breit und plump. Die Thoracalsegmente am breitesten, dann allmählich nach hinten sich verschmälernd. Antennen paukenschlägelartig ausgebildet. Ant. I als breite Basis, Ant. II schmal, davon abgesetzt, distal erweitert, ebenso das dritte Glied, das mit dem breitesten vierten den Keulen- kopf bildet. Bezüglich der Masse der Antennenglieder zeigen Höhlentiere des Juras und Berstiere des Engadins einige Diffe- renzen. Höhlenform Bergform Aut en a 10, 102.13 310.09, 214.218:16 30 Breite der Glieder: I. basal 192933216 22:12:12:18 Glied I—IIL distal 17:43:16 24:15:18 Antennalorgan III mit 5 Schutzborten, 5 breiten Papillen, 2 traubigen, runden Sinneskolben und 2 Sinnesstäbchen. Pseudo- cellen von typischem Bau, nicht durch Chitinring von der übrigen Epidermis abgesetzt, nur 2 +2 auf der Antennenbasis. Auf den Körpersegmenten konnten wohl ab und zu granulafreie Haut- stellen bemerkt werden. Dieselben können aber ebenso gut als Muskelansatzstellen gelten, als für Pseudocellenreste. Postantennal- organ in tiefer Grube aus 28—36 eng aneinanderschliessenden und oft in der Mitte des Organs zusammenstossenden Tuberkeln (Fig. 60), 28 Eduard Handschin. die über der Ansatzstelle auf dem Zentralhöcker je eine kleine Ausstülpung tragen. Sie sind also schwach, zweischenklig, ähnlich wie Tullbergia bipartita n. sp. (Fig. 61). Relative Länge der Körper- segmente Th.1: IT: II: Abd. I: IL: III: IV:V: VI=10:45:45:38: 35:35:39:35:25. Hautkörner sehr grob und gross, gegen Ende des Abdomens und am Kopfe am stärksten. Schwach granuliert sind: Ant. I und II distal, Ant. II und III proximal. Am zweiten Antennenglied findet sich somit nur ein Band grober Hautkörner. Ferner alle Intersegmentalbänder und sonstige gelenkige Verbin- dungsstellen. Die Hautkörner sind nicht alle von gleicher Grösse. Am Vorderrande befinden sich meist die kleinsten, die mittleren Partien tragen die grössten. Gegen das Ende, die Intersegmental- bänder, nehmen sie dann an Grösse etwas ab, überall finden wir aber eine Untermischung von grossen und kleinen Elementen, die am Ende der Tergite besonders gut hervortritt (Fig. 63). Relativ am egalsten ist die Granulierung der Kopffläche. Analdornen gross und kräftig, auf starken Papillen. Klaue zahnlos. Empodialanhang mit abgesetzter basaler Innenlamelle und Fadenanhang. 1/2 —°/: der Klauenkante erreichend (Fig.64). Furka rudimentär An Abd. IV finden wir einen zweiteiligen Höcker, die Dentes, welche je mit 2 grossen, zerschlitzten inneren und einer kurzen einfachen äussern Borste besetzt sind. Dicht davor, am Hinterende des Abdomen III, finden sich zwei kleine Zapfen, die als Andeutung des Tenakulums aufzufassen sind (Fig. 62). Behaarung kurz und spärlich. Nur die Extremitäten und das Abdomenende durch dichtere und längere Behaarung ausgezeichnet. Fundorte: Jura, Glihzersternbanle unter Brett, X. 1918. Wolf. ded. Genf VI. 20. — Voralpen: Gais (Appenzell), unter Brett, auf Moorboden. IX. 17. — Alpen: Von ca. 2600 m an im Engadin am Schneerande, unter Steinen. Lischanna 2600 m, Muttler, 2800—3000 m, Champatsch, 2925 m. VIII. 1906. Carl leg. Murter, 2600 m.,30. VII. 19. Val Ftur, 2600—2800 m, VII. 19. Furcletta del Val del Botsch, 2700 m, 22. VII. 1919. Furcla del Botsch, 2760 m, 28. VII. 1919. Sulzfluh, 2700 m, 5. VII. 1905. Carl leg. Allgemeine Verbreitung: England, Frankreich, Mittel- und Süd-Deutschland, Schweiz. Eine nahe verwandte Form: granu- lata O.B. in Japan. Sowohl die Tiere, die ich aus den Höhlen des Jura, als den Moorgebieten der Voralpen und vom Rande der nivalen Schnee- felder untersuchte, stimmen bis auf einige Massunterschiede in allen Punkten miteinander überein. Sie dürften auch mit den Exemplaren, die Lubbock zu seiner Zeichnung und Beschreibung Ben ing: TRE a tesa I US Die Onychiurinen der Schweiz. 29 von bunmeisteri vorgelegen haben, identisch sein. Moniez (66) er- wähnt bei der Aufstellung seiner Diagnose von /uberculata nirgends etwas von Lubbocks (60) Form noch Arbeit. Erst Schäffer (80) kommt bei der Diagnose seiner parado.ca, die verschiedentlich Ge- legenheit zu Diskussionen gegeben hat (5, 25), auf die nahe Ver- wandtschaft mit burmeisteri zu sprechen. Wenn auch Lubbocks Diagnose etwas unvollständig ist, so gibt seine Figur eine um so bessere Vorstellung der Form. Sie entspricht den Formen, wie ich sie lebend beobachtet und hier beschrieben habe. Schäffers Haupt- unterscheidungsmerkmal burmeisteri gegenüber, das Zunehmen der Tuberkelgrösse nach dem Hinterrande der Segmente, kann ich nicht als artentscheidend gelten lassen. Dass eine Mischung grosser und kleiner Tuberkel stattfindet, zeigt übrigens auch seine Fig. 1 sehr deutlich. Alle meine Exemplare verhalten sich in dieser Beziehung nun ganz verschieden. Bald sind die grössern Hautkörner mehr gegen die Mitte, bald mehr gegen das Ende gehäuft, fast immer aber untermischt und zum erstern Typus neigend. Ja manchmal finden sich Verschiedenheiten in der Anordnung von Segment zu Segment. Ein anderes Merkmal wurde von Absolon (5) für para- doxa aufgeworfen. Er schreibt: „Postantennalorgan nicht normal gebaut, sondern besitzt eine eigentümliche Form. Es besteht näm- lich aus einer Doppelreihe von 25—30 Höckern. Eine Reihe von diesen Höckern, die obere, zieht sich wie bei ähnlichen Postantennal- organtypen (A. armata Tullb., A. graeilis Müll. Abs. etc.) um die lange mittlere Grube (Längsachse) der Organs herum. Die ein- zelnen Höcker sind länglich oder oval (manche fast dreieckig). Die Höcker der untern Reihe sind sehr klein, kreisrund, fast gleich gross, jeder an der Basis des obern Höckers, im Innern der mitt- lern Grube sich berührend, sodass sie einer Perlschnur nicht un- ähnlich sind.“ Becker (18) bestreitet nun diese Ansicht in seiner Arbeit über das Postantennalorgan und will in Absolons kleinen Höckern nur die Kontaktstellen der Nebenhöcker auf dem Zentral- höcker vor sich haben. Zu Unrecht! Diese von Absolon erwähnte Zweiteiligkeit der Postantennaltuberkel konnte ich an meinen Funden bestätigen und habe sie oben in der Artbeschreibung festgelegt. Die Identität der untersuchten Formen dürfte durch diese Tat- sache klar sein. Als Endvergleich möchte ich die wichtigsten Punkte der ver- schiedenen Diagnosen kurz zusammenstellen (Tab. 3). Die Differenzen, die sich hieraus ergeben, scheinen mir rein äusserlich nur auf den verschiedenen Untersuchungsmethoden zu beruhen und sämtliche beschriebenen Formen in ihren Verschieden- heiten durch eine Fülle von Uebergängen aneinander gekettet zu 30 Eduard Handschin. Lamelle 3 ah E Klauen- . | Pseudoc. Art Länge | Tuberkel a zähng | POStant 0. | Ant. org. Ant insel Furka burmeisteri | -0,1’ | gegen Ende | + | 0 in Grube ? ? ? Lubb. 1873 abnehmend Fortsätze eng beisammen tuberculatus |1,7mm grob + | 0 | 22 Tuberkel 2 2+2 Va Mon. 1891 tuberculatus |-3 mm) an Grösse + | 0 ? 5 Schutzh.| 2+2 |vorhanden C. B. 1901 zunehmend b Papillen| Thil |Dentes mit 2 Sinnesk.| Abd. III-+|2 Borsten IV-1+1 paradoxus |-3 mm 5 2.0.0 1725-30 Tub.d.Schutzh.l 2.72 ? Schäff. 1900 5 Papillen paradoxus | 3-3,2 APT) 25 -30 Tub. 2+2 |vorhanden Abs. 1901 | mm diese Doppel- Dentes mit] ” reihig; 3 Borsten, wovon 2 lang, zer-I schlitzt Untersuchte | 1,5-3 | gemischt, + | 0° a 5 Schutzh. 2+2 “ Exemplare | mm | eher zuneh- 5 Papillen mend, in 2 Sinnes- Mitte am kolb. stärksten. 2 Sinnes- . Stäb. Tab. 3. sein. Was sie aber hauptsächlich zusammenhält, Habitus, Bau der Sinnesorgane, Klauen und Furka, ist für alle Arten in gleicher Konstans vorhanden, sodass eine Aufspaltung nicht vorgenommen werden darf, ohne dass für burmeisteri Lubb. die Priorität ge- wahrt bleibt. Schlank, dünn, gleich breit; weiss; kurz spärlich behaart. | 1—1,3 mm. Antennen etwas kürzer als der Kopf (8:10). Ant. = Genus Tullbergia, Lubb. Synonymie: Tullbergra Lubbock 1876. Börner 1902. Stenaphorura Absolon 1900. Mesaphorura Börner 1901. börneria Willem 1902. 14. Tullbergia bipartita, n. sp. (Fig. 65 — 70.) 1:11:111:1V7 =528:8: 10. Ant. IV mit apicalem Kolben und Die Onychiurinen der Schweiz. 31 Subapicalpapille. Neben normalen Spitzborsten finden sich 7 bis 8 typische Riechhaare (Fig. 68). Antennalorgan III aus 4 Schutz- borsten, dahinter 3 grosse, breite Papillen (wie bei Onychiurus aus- gebildet). Sie scheinen durch die Zerteilung eines einfachen Wulstes zu entstehen. Im Innern des Organs eine komplizierte Hautfalte. 2 laterale Gruben bergen die glatten, gegeneinander geneigten Sinneskolben, die sich in der Mitte fast berühren. Der zwischen ihnen liegende Zentralwulst trägt in 2 apicalen Vertiefungen die beiden Sinnesstäbchen (Fig. 67). Postantennalorgan in tiefer Grube, langgestreckt, aus 20 —25 Tuberkeln. Diese besitzen alle 2 Schenkel. Der äussere, lange, liegt dem Grunde der Grube an, der andere, kürzere, steht + senkrecht auf der Oeffnung der Nebenhöcker auf dem Zentraltuberkel. Die inneren Schenkel berühren sich auf der Achse des Organs. Deshalb erscheinen sie erst auf Quetschpräpa- raten deutlich (Fig. 65—66). Pseudocellen ohne Chitinring mit rosettenartig angeordneten Verschlusshäuten (Fig. 69). Antennen- basis, Kopfhinterrand und Th. II— Abd. V. je 1+1, im ganzen also 18. Längen der Körpersegmente Th. [: IT: III: Abd.I:1IT: BER BVZ: V VIE 2:3:42:35:3:35:93,5:9:2. Klauen zahnlos, ein Empodialanhang fehlt (Fig. 70). Analdornen kräftig, stark gebogen. Auf der Unterseite des Analsegmentes noch ein medianer Höcker, etwa !/, mal so lang als die Analdornen, dessen Spitze nicht granuliert ist und keine Spur einer Dornanlage trägt. Die Art scheint affinis C. B. sehr nahe zu stehen. Erst hatte ich sie mit derselben vereinigt, dann aber, gestützt auf Börners * Definition von Tullbergia 1909 (22), wieder abgetrennt. Diese lautet: „Ohne Furka und Tentorium. Antennalorgan mit 2 oder 3 glatten, borstenförmigen, jedoch nicht spitz endenden Sinneskegeln, mit oder ohne Papillen.“ „Gestalt ziemlich schlank, Kopf stets schmäler als Th. II. Ant. IV ohne Sinneskolben. Mit oder ohne Empodial- anhang, mit oder ohne Analdornen. Postantennaltuberkel stets einfach, jedoch nicht selten in hoher Anzahl vorhanden, in queren schmalen Gruben. Pseudocellen bisweilen rudimentär.“ Diese Diagnose bedarf in den zwei hervorgehobenen Punkten einer Korrektur. Einmal trägt Ant. IV bei bipartila einen deut- lichen Sinneskolben und diesen finden wir nicht nur bei der neuen Form, sondern auch bei collis Bacon (44). Linnaniemi (57) weist auch auf den Widerspruch von Börners Artbeschreibung von T. biselosa, T. calipygos und T. tricuspis (20) zu seiner spätern Gattungsdiagnose (22) hin. Folsom beschreibt (1917, 44) bei collis Bac. eine Form des Postantennalorgans, die mit einer Struktur, wie ich sie bei bipartila beobachtete, korrespondieren dürfte. Es heisst in seiner Arbeit: „Postantennalorgans large, oblong-elliptical, 32 : Eduard Handschin. each with about 75 tubercels in four parallel rows“. Direkt von oben gesehen muss auch das Organ von bipartila einen solchen Anblick bieten. Die kleinen innern Aeste stellen die innern Reihen - kleinerer Tuberkel dar, die grössern untern die wandständigen. Eine Darstellung des optischen Schnittes durch das ganze Organ veranschaulicht das Gesagte am deutlichsten (Fig. 66). Bei collis Bac. hätten wir demnach die Tuberkelzahl des Postantennalorgans auf 36—37 zu reduzieren, wenn sich diese Annahme, die sich auf unsere Befunde stützt, bewährt. Genf, 17. April 1920. Literaturverzeichnis. 1. Absolon, K. Einige Bemerkungen über mährische Höhlenfauna. Zool. Anz. 1900. Vol. XXIII. 2. — Gletscherflöhe in den niederösterreichischen Voralpen. Mitt. Sekt. f. Natk. österr. Touristenverein. Jg. XXIIL 1911. p. 69. . 3. — Studie o jeskynnich SupinuSkäch. V&stn. klubu prirodovedeckeho. 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Postantennalorgan. 17. Antennalorgan III. 18. Klaue. 19—22. Onychiurus armatus Tullb. 19. Postantennalorgan. 20. Antennalorgan IT normal. 21. Antennalorgan III abnormal, von Exemplaren aus dem Val del Aqua, mit mehrspitzigen Papillen. 22. Pseudocellen von der Seite, . 23—26. Onychiurus orthacanthus n. Sp. 23. Postantennalorgan. 24. Antennalorgan III. 25. Klaue. 26. Analdornen. . 27— 34. Onychiurus octopunctatus Tullb. 27. Postantennalorgan. | 28. Antennalorgan III normal. 29. Antennalorgan III abnormal. Die Onychiurinen der Schweiz. 94 30. Antennalorgan III, abnormal, die Schutzborsten zeigen die deutliche Aufspaltung. 31. Pseudocellen der Antennenbasis. 32. Klaue. 33. Var. edenticulata Wahlgr., Klaue. 34. Analdornen. Fig. 35 —40. Onychiurus alborufescens Vogl. 35. Postantennalorgan. 36. Antennalorgan Ill. 37. Pseudocelle. 38. Klaue. 39. Analdorn lateral gesehen. 40. Analdornen von oben. marele2. Fig. 41—44. Onychiurus perforatus n. SP. 41. Ganzes Tier. Ausgefüllte Pseudocellen sind diejenigen der Unterseite. 42. Postantennalorgan. 43. Antennalorgan III. 44. Klaue. Fig. 45—47. Onychiurus ambulans Nic. var., inermis Agr. 45. Postantennalorgan. 46. Antennalorgan IM. 47. Klaue. Fig. 48. Onychiurus ambulans Nic. Analdornen. Fig. 49. Junge Gordiuslarve aus dem Kopfe von O. ambulans-inermis von der Gorge de Nozon, Waadt. Fig. 50—52. Onychiurus pseudofimetarius. Fols. ‘50. Postantennalorgan. 51. Antennalorgan III. 52. Klaue. 5. 53—59. Onychiurus cadaverinus n. Sp. 53. Postantennalorgan. 54. Tuberkel des Postantennalorgans im optischen Schnitt. 55. Antennalorgan II. 56. Klaue von oben mit den Lateralzähnen. 57. Klaue von der Seite. 58. Genitalfeld lateral. 59. Genitalfeld von oben. Fig. 60—64. Kalaphorura burmeisteri Lubb. 60. Postantennalorgan. 61. Tuberkel des Postantennalorgans von der Seite. 62. Furka von unten. 63. Hauttuberkel von Thorax und Abdomen. 64. Klaue, Fig. 65—70. Tullbergia bipartita n. Sp. 65. Postantennalorgan, etwas gepresst. 66. Postantennaltuberkal. optischer Schnitt. 67. Antennalorgan IM. 68. Antenne IV. 69. Pseudocelle. 70. Klaue. Geologie der Raimeux- und der Velleratkette im Gebiete der Durchbruchtäler von Birs und Gabiare (Berner Jura). (Mit 3 Tafeln: III—V.) Von R. Elber. Inhaltsverzeichnis. Einleitung no N N EN REED Geologische und: topographische Debersicht > cn nen ner a0 Aer Stratieraphischer Teils. a il Tas RE N en Er N EN ET MYKeupers ee ne VE NE RE Re RL. I: Tara a ea ae a El RE ED ee De JE Tas N NEED PE a ER ee 9%. Dogser re PNR SA RS DR a ne a Re Rd 3er M al er a a Rd UE SA Rertlary Sa a RE NN a er AT HS Bocaen nen N RR ee 2 OlISOCAEN 2 0 Sa Er ER LS 35 Miocaen 1 Se a A NE MORE Rte N ee AAO Caen EE SMS N RR MES RO REDNER EN) IV SQUARE N N ER ER N RD Bü lektonischerBeilu, etes a nd I. Nektonische Binzelbeschreibunsen mn 2. 7 med Rameuxkette u. 200 7 ea oe re en 1. Montacne de, Moutieri eu N Das ea een a). Keuper Dosgerkerm...t. vn, A iu HB a ars ker eR EE) >b), Malmmantel ur. 0.1.22. 2. So or Ne a a a RS 24. Best. Rama rn LE WI NR Be N er ee eo A): Doggerkerm nu. er EEE I So f b)Malmmantel entr 28 DM Re NE Sao à SESChoneNDerD 7er nr Re Nr SAN ie ER ES AS RS ENG = a) Doggerkern . A Ba RR U ER Ba 0 4 b):-Malmmantel tien Re ES RTE | Velleratkette 1.23 re ee ee Se NER a)Doscerkernt in u NE de ETS en eo LE AE RE AAC TER ee b)'Maälntaantel)) "PME RSR Rte en A ae ST Mulde Soulce-Rebeuvelier-Vermes : . . . „in nl. nun. TR Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 39 ARE amitekton tkt AMOR N a Nr NES ARR CNE ARE AC ER HE SRE AE RLONIA ar NS PUCES Sn NICE RE ARR Vent AA At LO 2. Unharmonische Faltung . . EN RL A CA (el) 3. Anpassung der Ketten an ihr vo nl ne ea di U a OR 4. Einflüsse älterer Störungslinien auf die Raimeuxkette . . . . 86 Da Baltunesphasen Se un rn ee nel. LES SG C. Bemerkungen zum Problem der Entstehung der Birsklusen . . . . 88 Ausammenfassungzder Resultate 2 se. 0. ee JO, Bntenatunyerzeichnisen ana ee ee. N. 02 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I Fig. 1. Tektonische Skizze der Raimeux- und Velleratkette 1 : 37500. 5 I „ 2. Geologische Profile durch Raimeux- und Velleratkette 1 : 37500. ER Profilansicht der Birskluse 1 : 12500. N Profilansicht der Gabiarekluse 1 : 12500. Einleitung. Seit dem Beginn der geologischen Erforschung des Juragebirges hat das Gebiet der Birsklusen von Moutier-Delsberg grosses In- teresse in Anspruch genommen und zahlreich sind die ihm gewid- meten Darstellungen in Text, Karten und Profilen. Wenn trotzdem versucht werden soll, im Nachfolgenden nochmals dieses Thema einer eingehenden Bearbeitung zu unterziehen, so waren hiefür verschiedene Gründe massgebend. Zunächst darf wohl darauf hin- gewiesen werden, dass die bis jetzt vorliegenden geotektonischen Karten wohl einen guten Überblick über die cac Grund- züge des geologischen Baues geben, an Genauigkeit des Details dagegen in manchen Beziehungen der Vertiefung und feineren Ausarbeitung bedürfen. An diese Aufgabe heranzutreten schien umso dankbarer und lohnender, als der in den letzten 15 Jahren erfolgte Bau des Weissenstein-, Grenchenberg- und Hauenstein- basistunnels für die Jurageologie manche neue und unerwartete Gesichtspunkte geliefert hat. So habe ich mich denn auf Anregung der Herren Prof. Dr. A. Buxtorf und Prof. Dr. C. Schmidt an die Bearbeitung dieses Themas gemacht und in den Jahren 1916—18, soweit dieselben nicht von Grenzbesetzungsdienst in Anspruch genommen waren, das Gebiet der Raimeux- und der Velleratkette im Abschnitt der Quertäler von Birs und Gabiare, auf Grundlage der topographischen Siegfriedblätter No. 106, 107, 110 im Masstabe 1 : 25 000 geologisch aufgenommen. Leider verbieten es die hohen Druckkosten, diese Detailkarte der vorliegenden Arbeit beizulegen, ich muss deshalb den Leser einstweilen auf die beigegebene tektonische Skizze und für nähere Ortsbezeichnungen auf die genannten Siegfriedblätter 40 R. Elber. verweisen, hoffend, es möchte sich vielleicht doch später Gelegen- heit zur Herausgabe der Originalaufnahmen bieten, Gerne benütze ich die Gelegenheit, Herrn Prof. Buxtorf meinen herzlichen Dank auszusprechen für die mannigfachen Ratschläge und Hilfeleistung, die er mir auf Exkursionen im Feld und bei der Ausarbeitung des Textes und der Beilagen zuteil werden liess. Geologische und topographische Übersicht. Das untersuchte Gebiet : gelangt zur Darstellung auf den Siegfried-Blättern 107 Moutier, 106 Soulce (E-Hälfte)') und 110 Welschenrohr (N W-Quadrant). Es wird begrenzt: im N W durch das Becken von Delsberg, im N, da die Velleratkette e Choindez aus Blatt Moutier hinausstreicht, durch das Muldental von Rebeu- velier-Vermes, im N E durch den Lauf der Schelte. Die E-Grenze bildet der Meridian durch den Hof Gross-Schönenberg. Die S- Grenze ist gegeben durch Ruisseau d’Elay, Bach von Üorcelles, die Raus von Crémines bis Moutier und den S-Rand von Blatt Soulce. Die W-Grenze verläuft geradlinig über die Höfe Domont und Mont dessous. Das derart umschriebene Gebiet schliesst in sich die Keilen von Raimeux im S und Vellerat im N und die dazwischen gelegene Mulde von Soulce-Rebeuvelier- Vermes (Tafel I, Fig. 1). Die Raimeux-Kette taucht s von Le Noirmont (in den Frei- bergen) als Kimmeridge-Gewölbe auf und lässt sich ungefähr von Rouges Terres an auch als orographisches Element E-wärts ver- folgen bis zum Matzendorfer Stierenberg. S Vermes löst sich aus ihrer N-Flanke die Passwangkette ab. Birs und Gabiare durch- brechen im Untersuchungsgebiete die Raimeux-Kette in den Klusen von Moutier-Roches und von Envelier auf den Niveaux von 500 bezw. 600 m und zerlegen sie in drei natürliche Segmente: Montagne de Moutier (maximale Höhe 1174 m) im W, les Raimeux (m. H. 1305 m) in der Mitte und den Schönenberg (m. H. 1192 m) im E. Wichtige Annexe bilden die Basse Montagne de Moutier und die Tete au Courbois, der Beginn der Passwangkette. Die Vellerat-Kette beginnt n Biaufond im Doubstal, tritt aber erst von Saulcy an als scharf umgrenzte Einheit hervor. Im Unter- suchungsgebiete bringen nur der Birsdurchbruch von Choindez und die ihre N-Seite durchfurchenden „Ruz“ landschaftliche Gliederung. Links der Birs erreicht sie in P. 1119 ihre höchste Erhebung, rechts derselben taucht sie im Montchemin rasch ab und verlässt N E-wärts streichend Blatt Moutier. 1) N, S, E, W=Nord, Süd, Ost, West; n, s, e, w=nördlich, südlich etc. N) 7 Bi. 1 nr 2 ms et Se ee DS ie En + F0 es Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 41 Die Mulde von Soulce- Rebeuvelier-Vermes setzt in den Frei- bergen S von Saulcy ein, bildet das breite Tal von Soulce, hebt sich gegen E zu immer mehr heraus und ist von La Combe bis Verrerie de Roches zwischen die Ketten eingeklemmt nur geologisch erkennbar. Erst von Verrerie an E-wärts Öffnet sie sich wieder - zur weiten Senke von Rebeuvelier-Vermes. Auch sie wird von Birs und Gabiare gequert, markanter aber als diese beiden Stellen treten ihre Kulminationspunkte P. 1044 bei la Combe und P. 674 in Rebeuvelier als Wasserscheiden hervor. Bei Mervelier kommuni- ziert sie mit dem Becken von Delsberg. A. Stratigraphischer Teil. Die Stratigraphie des Berner-Jura ist bereits so eingehend erforscht, dass meine Aufnahmen in dieser Hinsicht wenig Neues zu Tage gefördert haben. Ich darf mich darauf beschränken, die oberflächlich auftretenden Formationen bezüglich Ausbildung, Facies- wechsel und Mächtiskeit kurz zu charakterisieren und einen Über- blick über die zum Studium geeignetsten Lokalitäten zu geben. Im übrigen verweise ich auf die No. 2, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 28, 29, 30 des Literaturverzeichnisses. I. Trias. \ (Bit 25 6100239) Die tiefsten Aufschlüsse des Gebietes finden sich im Kern der Raimeux-Kette zwischen Hautes-Roches und der Birs und zeigen Keuper. Keuper. 1. Mittlerer oder Gipskeuper. Im Bachbett s der Maisons dessus (Roches du Milieu) streichen ockergelbe, würfelig zerfallende dolomitische Mergel und Sandsteine aus, die wahrscheinlich mit Hauptsteinmergel und Schilfsand- stein zu parallelisieren sind. Die anderwärts sehr bunten obern Keupermergel sind im Gebiete nur durch graugrüne Mergel ver- treten. Bei le Grepon finden sich Brocken eines mit schlecht er- haltenen Zweischalern gespickten Kalkes, dessen Anstehendes und Niveau nicht zu ermitteln war. Möglicherweise handelt es sich um Abraum aus alten Gipsstollen (Lit. 21, S. 35). 2. Oberer Keuper oder Rhät. Ein durchgehendes Rhätprofil ist z. Z. im S-Schenkel auf der linken (n) Bachseite zwischen Maison dessus und Grepon (Scheune ca. 200 m s. Hautes Roches, auf Ausgabe 1919 von Bl. Moutier 42 R. Elber. unbenannt) auf Kurve 610 sichtbar. Die oben erwähnten dolo- mitischen Mergel finden ihren Abschluss in einer ca. 40 cm dicken harten Dolomitbank. Das darauf folgende Rhät zeigt folgende Gliederung: 1. 10 cm. Bonebed, graugelbe, sandige Mergel mit Knochenresten; 2. 35 „ graue, rostig anwitternde Sandsteine mit schwarzen Häutchen; 3. 8 „ schwarze schiefrige Mergel; 4. 50 „ graue Sandsteine; 5. 5 „. Bonebed, wie unten; 6. 30 „ Rhätsandstein; de Schiefrige Mergel des untersten Lias. 1,38 m | | II. Jura. 1. Lias. (ine AN Dil) Auch die Liasaufschlüsse beschränken sich auf den Gewölbe- kern zwischen Roches und Hautes-Roches. Über der letzten Rhät- sandsteinbank folgen 10 cm schwarze, blättrige Mergel, den Insektenmergeln vergleichbar und hierauf die Cardinienbänke ca. 3 m mächtig. Dem Bachbett aufwärts folgend quert man saigere Gryphitenkalke sehr spitzwinklig zum Streichen. Ein ziemlich vollständiges Profil des mittleren und oberen Lias ist im rechten (s) Bachbord bei 690 m Höhe s Hautes-Roches entblösst. Das Profil beginnt unten mit einer drei Meter mächtigen Wechsel- folge von blaugrauen Mergellagen mit Gryphaea obliqua' und grauen, etwas spätigen Kalkbänken in ungefähr gleicher Stärke (Obliqua- und Davoei-Schichten). Es folgen 40 cm sandig-mergeliger, glaukonitischer Kalke und darüber 60 cm Mergel, beides reich an Belemniten (Amaltheen- Schichten). Dem oberen Lias angehörend, folgen darüber eine 15—20 cm dicke Stinkkalkbank, 20cm schieferige Mergel (Posidonomyen- Schiefer) und auf 70 cm noch aufgeschlossen, graue Mergel mit zwei Bänken eines splitterigen grauen Kalkes, von denen die obere Ammoniten-Querschnitte zeigt und offenbar den Jurensis- Schichten entspricht. Die Gesamtmächtigkeit des Lias schätze ich auf 45 m. Im Auftreten des Glaukonitkalkes und der geringen Mächtigkeit des mittleren und des obern Lias zeigen sich grosse Analogien mit dem Weissenstein-Gebiet (Lit. 2). Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 45 2. Dogger. (dat 2,1116, 21, 30.) Opalinustone. Die Opalinustone sind glimmerige, graublaue Tone, denen im Dach Kalkchaillenlagen eingeschaltet sind. Wo die Tone aus- streichen, veranlassen sie ausgedehnte Schlipfe, so in le Coulou, bei Hautes-Roches, Envelier, bei den Höfen les Terras, Wüstmatt, sur Souce, und chez Renand?). Die Mächtigkeit ist infolge schlechter Aufschlüsse nicht bestimmbar, schwankt aber auch aus tektonischen Gründen, dürfte aber mit 90 m annähernd richtig gegeben sein. Murchisonae-Concavus-Sowerbyi-Schichten. Der so zusammengefasste Schichtkomplex macht auf kurze Distanzen äusserst rasche Facies-Wechsel durch und zeigt beinahe in jedem Aufschlusse ein anderes Profil. Im E bietet er bei sur Souce und chez Renand gut aufge- schlossen, folgendes Bild: Die Murchisonae-Schichten beginnen mit einer knauerartig zerlesten Sandkalkbank mit Posidonien. Darüber folgen wenig mächtige tonige Mergel, und dann folgt eine ca. 1 m dicke Eisenoolithbank, die sich durch ihren ausserordent- lichen Reichtum an Harpoceraten, Belemniten, Pecten personatus, P. disciformis und Terebratula globata auszeichnet. Von Kalk- bänken ist hier nichts vorhanden. Nach oben geht der Eisenoolith ohne scharfe Grenze, durch allmähliche Abnahme der Brauneisen- körner und der Fossilien in einem gelbbraunen, zähen, ca. 0,5 m mächtigen Mergel über, der Lioceras concavum und bereits Sonninia Sowerbyi führt. Es folgen 10—15 m fossilleere, schwarzblaue Tone mit sandig - eisenschüssigen, schaligen Mergelkalkknollen in den höheren Partien. Sie dürften zusammen mit dem oberen Teil der gelbbraunen Mergel den Sowerbyi-Schichten entsprechen. Ganz anders in le Cowlou. Hier folgt im Profil ca. 200 m e P. 972 über der fossilreichen Eisenoolithbank eine rund 10 m mächtige Serie grauer harter, manchmal spätiger Kalke, die eine scharfe Rippe bilden und ebenfalls die Fauna der Murchiscnae- Schichten führen. Eine schmale, aber gut ausgeprägte Mergel- combe (=Sowerbyi-Schichten) trennt sie von den typischen Sauzei-Sandkalken. Bei den Forges d’Undervelier, nur 6 km von der W-Grenze des Untersuchungsgebietes, hatte ich Gelegenheit, im Sommer 1919 2) L. Rollier gibt auf der Carte tectonique de Moutier (Lit. 25) zwischen Wüstmatt und les Terras Oxford an, offenbar irregeführt durch eine unrichtige Angabe von J. B. Greppin (Lit. 11, S. 270). Bei sur Souce und chez Renand verzeichnet die Carte tectonique d’Envelier (Lit. 27) Keuper, was aber nicht zutrifft. 44 R. Elber. beim Bau des Zuleitungsstollens einer Wasserkraft-Anlage einen weiteren Wechsel zu konstatieren. Die Murchisonae-Schichten des Kerns der Vellerat-Kette bestehen hier bei einer Gesamtmächtig- keit von 6 m aus einem oberen und einem unteren Eisenoolith- niveau, zwischen welche sich ca. 4 m spätige, eisenschüssige Kalke Sade, Über dem obern Eisenoolith folgen die 1 m mächtigen Sowerbyi-Schichten. Die Herren Prof. Dr. A. Buxtorf und cand. geol. K. Wiedenmayer werden darüber noch Näheres berichten. Sauzei-Humphriesi-Blagdeni-Schichten. Über den Sowerbyi-Tonen setzen mit scharfer Grenze die Sauzei-Schichten ein als 45 m mächtiger Komplex frisch’ grau- blauer, verwittert gelber bis brauner Sandkalke mit kohligen Häuten und Cancellophycusabdrücken. Gegen oben werden sie härter und spätiger, der Eisengehalt steigt und der Habitus nähert sich dem der Humphriesi-Schichten. Diese beginnen mit einer harten, frisch blauen, verwittert rostroten Echinodermenbreccie, in welcher ich bei chez Renand Montlivaultia beobachtete. Eine dünne Lage eisenschüssiger Mergel trennt sie vom höheren Eisenoolith, der seinerseits wieder durch eine solche gegen die Blagdenischichten abgegrenzt wird. Die Blagdenischichten sind im E eine 30 m mächtige Wechselfolge von Mergeln und Sandkalklagen, welch letztere sich beim Verwittern in !/; m grosse Chaillen zerlegen. Der Übergang zum Hauptrogenstein vollzieht sich hier innerhalb einiger Meter. Abweichende Verhältnisse zeigen sich im W. So fehlen im Bachtobel n Mont dessus (P. 996) Humphriesi-Schichten in typischer, d. h. eisenschüssiger Ausbildung ganz. Die Blagdeni-Schichten zeigen oolithische Einlagerungen und sind stellenweise spätig aus- gebildet. Beim s w Haus von Coulou tritt an ihrer Basis eine eigentliche Crinoidenbreccie auf. Hauptrogenstein. Gute Gelegenheit zum Studium dieser Stufe bietet die rechte Talseite bei Choindez (Lit. 24, S. 30), sowie der N-Schenkel der Vellerat-Kette s Chätillon, wo der Weg die ganze Folge: unterer Hauptrogenstein, Homomyenmergel, oberer Hauptrogen- stein anschneidet. Die Homomyenmergel sind, dank ihrer durch- gehends reichen Fossilführung ein trefflicher Leithorizont in den sonst so einförmigen oolithischen Kalken. Der obere Haupt- rogenstein zeigt in seinen oberen Partien lokal ganz dichtes kimmeridgeartiges Aussehen (Pierre blanche) oder täuscht an Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 45 andern Orten durch seine mergelige Beschaffenheit (Movelier- Schichten Lit. 30) Variansschichten vor. Pholadenlöcher cha- rakterisieren jeweils die obersten Bänke des unteren und des oberen Rogensteins. Die Gesamtmächtigkeit beträgt 100—120 m, wovon 60—70 m auf den untern, ca. 10 m auf die Homomyenmergel und der Rest auf den obern entfallen. Fossilreich ist er besonders am Weg s le Coulou. Calcaire roux sableux und Callovien. Gute Aufschlüsse im Callovien sind selten; unter Mitverwertung von Beobachtungen der Herren Prof. A. Buxtorf und cand. geol. K. Wiedenmayer im schon erwähnten Stollen von Undervelier er- gibt sich für den w Teil des Gebietes etwa folgendes: Uber dem Hauptrogenstein liegen zunächst 15 m eines roten Sandkalkes, der in seinen unteren Partien den Varians-Schichten des Basler- Jura entspricht, mit seinen oberen, fossilreichen Bänken aber schon dem Callovien angehört. Rhynchonella varians fehlt im ganzen Gebiet, dagegen sind Rh. concinna und Rh. spinosa überall häufig. Die über den Sandkalken folgenden 3 m mächtigen Callovien-Tone führen massenhaft Macrocephaliten, die sich aber an den anhaf- tenden von Pholaden angebohrten Gesteinsbrocken als aus dem darunter liegenden Sandkalke aufgearbeitet zu erkennen geben. Die Tone werden dann von einer zweiten, 4 m mächtigen Serie, sandiger, frisch graublauer, verwittert gelbroter Kalke überlagert, die bis jetzt keine Fossilien geliefert haben, aber wohl mit zu den Macrocephalus-Schichten zu rechnen sind. Bei Undervelier folgen darüber 10 m Dalle nacree, worauf dann 50 cm mächtiger Eisenoolith der Athleta-Schicht (Fer sous-oxfordien) den oberen Abschluss bildet. Dalle nacrée und Athleta-Schichten keilen nach E rasch aus und fehlen im unter- suchten Gebiet schon ganz. In der E-Hälfte des Gebietes scheint nach den Aufschlüssen bei Rossmatt die Stufe aus einer einförmigen Wechsellagerung von Mergeln und Mergelkalken zu bestehen; Macrocephaliten habe ich hier keine finden können. Gesamtmächtiskeit des Callovien ca. 39 m. 3. Malm. (Lit. 2, 11, 14, 19, 21, 22, 23.) Oxfordien. Gute Aufschlüsse im Oxfordien fehlen aus denselben Gründen wie bei den Opalinustonen. Die einzige Stelle, die ein durchgehendes Profil gewährt, ist etwa 1 km w ausserhalb meines Gebietes im N- 46 R. Elber. Schenkel der Vellerat-Kette bei Métairie rière Château (P. 835). Sie zeigt die gewöhnliche Dreiteilung in Renggeritone, Rhyn- chonella Thurmanni-Schichten und Pholadomyenmergel, Die beiden letztern sind auch am Fusse der Felswand Sous pente Roche (2 km sw Vellerat) aufgeschlossen. Renggerifossilien bieten die Bachrunsen sw P. 678 s ob Dorf Chätillon, doch handelt es sich hier grösstenteils um verrutschte Tonmassen. Bemerkt sei noch, dass auch im.E des Gebietes, wo die höheren Malmstufen bereits in argovischer Facies ausgebildet sind, eine Abnahme der Oxfordmächtigkeit noch nicht konstatiert werden kann. Sie be- trägt, wo sie nicht tektonisch verändert ist, durchschnittlich 100 m. Rauracien-Argovien. Es gehört zu den interessantesten stratigraphischen Erschei- "nungen des Untersuchungsgebietes, dass sich innerhalb seiner Grenzen im unteren Malm der vollständige Übergang von rauracischer zu argovischer Facies vollzieht. Rein rauracische Ausbildung zeigt die Vellerat-Kette und der Raimeux-Nordschenkel w der Birs, rein argovische der S- Schenkel der Raimeux-Kette e von Üorcelles an und der N-Rand der Malmplatte von les Raimeux e von Schwand, ebenso der Muoltenberg. Dazwischen vollzieht sich im S-Schenkel der Mon- tagne de Moutier und des Raimeux, im N-Schenkel des Raimeux und in der Gorge de Moutier der Wechsel. Die Übergangszone zwischen oolithischem Rauracien und ammonitenführendem Argovien ist 3—4 km breit und verläuft in ne Richtung spitzwinklig zum Kettenstreichen. Das Räuracien, wie es im Steinbruch von Choindez und in den, die N-Flanke der Vellerat-Kette durchfurchenden Ruz s. Châtillon und Courtetelle studiert werden kann, zerfällt mit 80—90 m (resamtmächtigkeit in die kieseligen Florigemmaschichten, den Rauracien-Oolith und den klotzigen oberen Rauracien-Kalk. Das Argovien, wie es sich bei Rossmatt s Envelier darbietet, zeigt im unteren Teil eine ca. 20 m mächtige Serie von plattigen Kalken, die in den unteren 5 m fossilreich sind und den Birmens- dorferschichten entsprechen. Die darüber folgenden Effinger- schichten bestehen aus einer Wechselfolge dünner Lagen von Mergeln und hydraulischem Kalk. Den obern Abschluss bilden die an Pholadomyen reichen Geissbergschichten, die nach ihrer lithologischen Ausbildung durchaus mit den Effingerschichten ver- knüpft sind. Die gesamte Serie wird bis 160 m mächtig. Der Facieswechsel vollzieht sich in folgender Weise: die Florigemmamergel machen allmählich sandigen, dünnplattigen, bis Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 47. 40 m mächtigen Kalken Platz, wobei sich der Kieselgehalt in Knollen anreichert, die hie und da Anatina, Thracia und Goniomya einschliessen. Die Fauna verarmt und beschränkt sich auf La- mellibranchier und relativ seltene Perisphincten. Gegen E zu nimmt dann die Mächtigkeit dieser unteren Partie wieder ab und der Fossilreichtum steigt ‘an Individuenzahl. Die sonst für Birmens- dorferschichten charakteristischen Spongien fehlen noch. Der Rau- racien-Oolith und der Korallenkalk verlieren E- und namentlich S-wärts ihre klotzige Riffstruktur und gehen in dichte, gebankte, braungelbe Kalke über, die nur an ihrer dunkleren Färbung von Kimmeridge zu unterscheiden sind. Die gewöhnlich mergelig- kalkigen Geissbergschichten zeigen hie und da Rückfall in rau- racische Facies, in dem sich rötliche bis violette, durchscheinende Korallenlagen einschälten. Im Gebiet des Facieswechsels beträgt die Mächtigkeit der gesamten rauracisch-argovischen Serie nicht mehr als 60 m. Sequanien. Auch das Sequan weicht nach SE zu von der rauracischen Facies ab; dabei steigt die Mächtigkeit von 85—90 m im W auf 120 m im E. Lokale Schwankungen derselben dürfen, wie mir scheint, nicht immer auf tektonische Vorgänge zur Hobel werden. Im W ist die Gliederung in Naticamergel, Humeralismergel- kalk, oolithische Spatkalke und Verenaschichten gut durch- führbar, im E lassen sich die Crenularismergel dank ihres Doss kandhunme leicht gegen das Argovien abgrenzen, schwieriger _ ist es im Übergangsgebiet, wo sich an der Basis koralligene Bänke einschieben. Über den Crenularisschichten folgen die oolithischen Spatkalke und die Verenaschichten. Letztere, weil leichter verwitternd, bilden meist an der Obergrenze ein kleines Cömbchen, das zur Abgrenzung gegen das folgende Kimmeridgien wert- voll ist. Kimmeridgien. Das Kimmeridge besteht aus einer Serie heller, dichter bis oolithischer Kalke, die sich durch ihre gute Bankung von den lithologisch ähnlichen, aber klotzigen Verenaschichten unterscheiden. Die obersten Schichten sind bei Moulin de Rebeuvelier mergelig entwickelt. Pteroceramergel konnte ich dagegen nirgends nach- weisen. Die Mächtigkeit steigt von NE nach SW von 90 bis auf 150 m an. 48 R. Elber. III. Tertiär. (Tat 8,9, 10.11, 12) 20721,)24, 98229) 1. Eocän. Bohnerzformation. Bezüglich dieser Formation verweise ich auf die Arbeiten von E. Baumberger, E. Fleury, L. Rollier, und ©. Schmidt. Bemerkt sei nur, dass sie in der Mulde von Vermes in guten Aufschlüssen (neuer Holzweg an der Tête aux Courbois P. 800) sich dreiteilig gliedern lässt in: Bolus mit reichlich Erzkörnern an der Basis, Bolus mit zurücktretendem Erzgehalt und als oberen Abschluss den Calcaire oder Gompholite de Daubrée Fleury’s (Lit. 8). Im Becken von Moutier treten die als Raitschen be- zeichneten Süsswasserkalkeinlagerungen im Bolus hervor und man sieht sie bei Belprahon gelegentlich als harte Terrainrippen den Schutt am Fusse der Malmwände durchstechen, 2. Oligocän. Vom Oligocän sind vertreten: 1. Das untere (Sannoisien) durch die Süsswasserkälke von M outier. 2. Das mittlere (Stampien) durch die Elsässer-Molasse. 3. Das obere (Aquitanien) durch das Delémontien. Die Süsswasserkalke von Moutier sind beschränkt auf ein die W-wärts untertauchende Basse Montagne umsäumendes Band. Sie bestehen in den untersten Lagen aus aufgearbeitetem Malm- material und lassen sich im Handstück nicht von Kimmeridgekalk unterscheiden. Landschaftlich allerdings trennt die Boluscombe sie deutlich vom Malm ab und lässt die beiden Bildungen leicht aus- einanderhalten. Darüber folgen ausgesprochene Süsswasserkalke mit wenigen dünnen Einlagen dunkler Mergel. Die guten Aufschlüsse von la Charrue und Champ Vuillerat (Tirage) sind von Gilliéron (Lit. 9) ausgezeichnet beschrieben worden und ich habe nichts nachzutragen. Mächtigkeit 15 m. Die Elsässer-Molasse ist eine Serie von Sandsteinen und Sanden, deren Bänke häufig knauerartig zerlegt erscheinen. In den höheren Partien vollzieht sich durch Auftreten bunter Mergel und mergeliger Süsswasserkalke ein ganz allmählicher Übergang zum Delsbergerkalk, sodass die gegenseitige Abgrenzung durchaus willkürlich wird. Ich beginne das Del&montien mit einer Lage gelbbrauner bis bunter, keuperähnlicher Mergel mit kleinen, zer- brechlichen Kalkkonkretionen. Darüber folgt ein rauchgrauer, es Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 49 plattiger Süsswasserkalk mit viel Bitumen, der besonders am Hügel e der Kirche von Vermes Limnäen führt. Charakteristisch ist sein durch das Herauswittern der Schneckenschalen bedingtes löcherig- rissiges Aussehen. Die Gesamtmächtigkeit des Oligocäns dürfte besonders im Becken von Münster 200 m noch bedeutend übersteigen. 3. Miocän. Polygene Nagelfluh des Vindobonien. Wie zwischen devant la Melt und Mervelier beobacht werden kann, folgt über dem Delsbergerkalk die vindobone polygene Nagelfluh. Da diese Aufschlüsse von anderer Seite untersucht werden, beschränke ich mich auf Erwähnung des einzigen im Ge- biete befindlichen. Er liegt an der Stelle, wo der Bach von Monnat den N-Rand von Blatt Welschenrohr überschreitet und bildet den Muldenkern zwischen dem Passwangzweig der Raimeux-Kette und der n folgenden Trogbergkette. In einem kalkig-sandigen Binde- mittel sind taubenei- bis kopfgrosse Gerölle eingebettet. Die Komponenten requirieren sich aus sedimentärem Material aller Stufen vom Buntsandstein bis zum Delsbergerkalk und aus im N (Schwarzwald oder Vogesen?) heimischen Porphyren. Die ältern Sedimente dürften dem Sedimentmantel der erwähnten kristallinen Kerne entstammen. I Zerstreute Gerölle finden sich in den von Ackern einge- nommenen leichten Comben, die im Hangenden des Delsberger- kalkes zwischen Vermes und Hof Berchenaux überall zu verfolgen sind. Mächtigkeit 5—10 m. Rote Mergel (Helicitenmergel). Über der erwähnten Nagelfluh folgen in raschem Übergange mattrote Mergel, die von den Süsswasserbildungen des Oehninger- kalkes in scharfer Grenze überlagert werden. Ungefähre Mächtig- keit 10—15 m. Oehningerkalk. Der Oehningerkalk ist eine Folge von fleckigen Mergel- kalken, Kalken und Mergeln mit bituminösen konzentrisch schaligen Konkretionen. Sein Vorkommen "beschränkt sich auf den e Teil der Mulde von Rebeuvelier-Vermes und zwar treten seine Bänke besonders bei Vermes als Terrain-Kanten hervor. Das jüngste Ge- bilde des Oeningien scheinen Mergel zu bilden, die überall im Kern der Mulde von Vermes zu Schlipfen Anlass geben. Im übrigen verweise ich auf die Nr. 10 und 20 des Literaturverzeichnisses, 4 n 50 R. Elber. die die klassischen Aufschlüsse von devant la Melt wenig e von Vermes (Blatt Erschwil Nr. 98) behandeln. 4. Pliocän. Aufmerksam geworden durch eine Bemerkung Fleury’s (Lit. 8 S. 67): „On a signalé un lambeau de sidérolithique sur Raimeux. Gressly, je crois en parle déjà quelque part. Je ne sais si je lai bien retrouvé, car les terres rouges, très ferrugineuses, mais sans Bohnerz, que je connais sur ce haut plateau, quoique placées sur le Kimmeridgien, me semblent assez énigmatiques. Toute fois jus- qu'à preuve du contraire, je veux bien les envisager comme sidéro- lithiques, du moins comme „une espèce“ de siderolithique!“ habe ich das Malmplateau von les Raimeux abgesucht und bin zur An- sicht gelangt, dass es sich nicht um Bohnerzformation handeln könne, sondern dass wir es viel eher mit einem Aquivalent der Schottervorkommen zu tun haben, die Kemmerling (at Al S. 27) schon von der Montagne de Moutier beschreibt, und mit dem jungmiocänen oder altpliocänen Vogesenschotter des w Delsbergerbeckens vergleicht. Der Grundcharakter der Ablagerung auf der Montagne de Moutier und les Raimeux ist der einer Lehmschicht mit ein- gebetteten Geröllen und Brauneisenkonkretionen. Der Lehm ist graugelb bis braun und bis 0,5 m mächtig. In den oberen Lagen führt er wenig Einschlüsse, diese aber reichern sich nach der Tiefe zu an, sodass schliesslich der Lehm nur noch die Zwischenräume zwischen den Geröllen erfüllt. So sind diese für gewöhnlich durch die obere Lehmschicht den Blicken entzogen und gelangen nur in Weganschnitten, Maulwurfhaufen und umge- brochenen Ackern an die Oberfläche. Die Schotter bestehen aus wohlgerundeten millimeter- bis über 20 cm grossen weissen bis rötlichen Quarzit- und Bunt- sandsteingeröllen. Einzelne der Quarzite sind mit Schlag- figuren über und über bedeckt, sodass am fluviatilen Trans- port kein Zweifel bestehen kann. Während auf der Montagne de Moutier beinahe ausschliesslich Gerölle die Einlagerungen im Lehm bilden, treten diese auf les Rai- meux beinahe bis zum Verschwinden zurück hinter dem Brauneisen. Brauneisen trifft man sowohl als echte konzentrisch-schalige Bohnerzkörner (hauptsächlich in dem Tälchen le Bambois s. P. 1245) als namentlich in unregelmässigen kantengerundeten Klumpen und Splittern und als rindenartige Überzüge auf ausgelaugten und ent- kalkten Malmstücken. Diese Brauneisenkonkretionen sind, wie er- wähnt, hauptsächlich auf /es Raimeux beschränkt. Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 51 Abweichend von diesen Bildungen ist das Material, das auf dem Raimeux-Plateau bei Pré Christat angetroffen worden ist. Im Sommer 1917 wurde ca. 20 m s P. 1177 (P. 1178, Bl. Moutier Ausgabe 1919), wahrscheinlich um Wasser zu suchen, geschürft und es ergab sich, dass hier auf Verenaschichten ca. 2 m gelb- brauner Sand liegt, dessen Knauern Tongallen und kohlige Einschlüsse zeigen. Das Material ist zum Teil in Salzsäure lös- lich, der Rückstand besteht aus Quarzsand und feinen Brauneisen- splittern. Im Aushub fanden sich ferner eckige Stücke eines harten feinkörnigen Konglomerates, bestehend aus millimetergrossen Brauneisenkörnern und bis 5 mm grossen Kieseln in einem kalkigen stark eisenschüssigen Bindemittel, also denselben Bestandteilen, wie der oben erwähnte Sand. Daneben lagen harte braunrote Krusten, die beim Anhauchen starken Tongeruch abgeben, ferner Stücke einer Echinodermenbreccie; alles stark eisenschüssig und wie ge- brannt aussehend. Es scheint mir von grosser Bedeutung, dass alle diese Bil- dungen da, wo sie geschlossen und sicher auf primärer Lagerstätte angetroffen werden, in den weitaus meisten Fällen dem Sequan, nie aber tieferen Stufen als oberem Rauracien aufruhen. Solche geschlossene Vorkommen geröllführender Lehme finden sich auf der Montagne de Moutier bei la Plaine Joux, zwischen Ecole und Clos gros Lodez, auf den Neufs Prés n P. 1147, bei la Combe am Weg zwischen P. 1044 und P. 1021. Vereinzelte, meiner Ansicht nach verschleppte oder verstürzte Gerölle sind aber über die ganze Montagne de Moutier verstreut und finden sich z.B. bei P. 1098 auf Hauptrogenstein und zwischen P. 1104 und P. 1147 ziemlich reichlich auf Oxfordien; wahrscheinlich gehören hierhin auch die auf dem Kimmeridge von Envers de Folpotat n P. 1093 liegenden. Als sicher abgestürzt betrachte ich das in Pré de l’Astai bei P. 875 unterem Dogger aufliegende Vorkommen. Ausserdem weist die Hochfläche der Montagne de Moutier auch noch geröllfreie Lehme oder solche mit nur kleinsten Geröllchen auf; ob es sich dabei um Verwitterungslehme oder sekundär verwehte oder verschwemmte Lehme handelt, muss unentschieden beiben. Auf les Raimeux finden sich mehr oder weniger kontinuier- liche Lehmdecken im Tälchen von le Bambois auf Pre St-Germain und Pré Christat; vereinzelte Brauneisenstücke und seltene Gerölle sind aber über die ganze Hochfläche zerstreut. Eine geröllfreie Lehmmasse liegt bei den Heuhütten w Raimeux de Belprahon und ist, ihrer Lage in einer Depression nach, vielleicht als auf zweite Lagerstätte verschwemmt oder verweht zu betrachten. 52 | R. Elber. Die erwähnten Geröllbildungen sind sowohl von den Jura- nagelfluhen, als auch von den Vogesenschottern des w Delsberger- beckens scharf zu scheiden. Die Juranagelfluhen zeigen zu- nächst eine ganz andere Zusammensetzung und Verbrei- tung. Von den Vogesenschottern sind die Geröllbildungen der Montagne de Moutier nicht unbedingt an Alter, sicher aber in ihrer Zusammensetzung verschieden. Kristalline Gerölle wie Porphyre und Porphyrite, ferner carbonische Grau- wacken fehlen ganz. Diesen Unterschied durch den verschiedenen Verwitterungsgrad erklären zu wollen, wie dies Kemmerling an- deutet, geht unseres Erachtens nicht an; vielmehr möchten wir aus der verschiedenen Zusammensetzung direkt auf verschie- ‚dene Herkunft schliessen. Wir sind allerdings heute noch nicht in der Lage, (renaueres auszusagen und ich verweise deshalb auf die seit Niederschrift dieser Arbeit erschienene Notiz von A. Buxtorf und R. Koch: Zur Frage der Pliocänbildungen im nordschweize- rischen Juragebirge (Verh. naturf. Ges. Basel Bd. XXXI. 1920), in welcher auch meine Beobachtungen und Schlüsse mitver- wertet sind. S Hinsichtlich des Alters dieser fluviatilen Ablagerungen kann nur gesagt werden, dass sie, weil jünger als Juranagelfluh, wohl nur dem Pliocän eingereiht werden können. | IV. Quartär. Moränen und erratische Blöcke. Zerstreutes Moränenmaterial mit Blöcken von sericitischem Schiefer und Quarziten finden sich n Crémines und Corcelles in den Weiden ob dem Bahntracé. Dass der Rhonegletscher zur Zeit seines grössten Standes den Boden des Beckens von Münster er- füllt hat, muss als feststehend betrachtet werden. Wie weit er aber in die Klusen eingedrungen und ob er sogar bis Courrendlin vorgestossen ist, scheint mir noch nicht eindeutig festgestellt zu sein. J. B. Greppin erwähnt zwar aus der Umgebung von Oour- rendlin vereinzelte kleinere (bis kopfgrosse) Erratika (Lit. 10), da es mir aber nicht gelang, in den dazwischenliegenden Klusen irgend eine Spur von solchen zu finden, wäre zu prüfen, ob dieses Material nicht aus tertiären Nagelfluhen stammt. Sichere Reste von Lokal-. moränen waren nicht nachzuweisen. Alte Birsschotter und alte Birsläufe. Weitaus das interessanteste Vorkommen alter Birsschotter liegt 700 m nne Roches bei P. 492, an der Böschung über der Bahn Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. - 53 und am Weg nach derrière le Vevay. Anlässlich der Begutachtung der Quelle von le Vevay, die das Eisenwerk Choindez versorgt, haben Herr Prof. Buxtorf und ich diese Schotter eingehend unter- sucht. Es ergibt sich, dass dieselben im SW an Blagdenischichten des S-Schenkels des später zu besprechenden Vevay-Kerngewölbes grenzen. Im NE stossen sie an untern Haäuptrogenstein des N- Schenkels; sie liegen also genau da, wo der Gewölbekern zu er- warten wäre. Diese auffallende Verteilung von Fels und Schotter führte Herrn Prof. Buxtorf zu der, auch von mir angenommenen Auffassung, dass die Schotter einen alten Birslauf verraten, der von P. 492 aus direkt n-wärts gerichtet ist. Das Wiedereinlenken des alten Birslaufes in die Richtung des heutigen fand sehr wahrscheinlich w la Garde (P. 482) statt. Hier erhebt sich nämlich w der Bahn ein Rauracienturm, der durch eine ca. 10 m breite, oberflächlich mit Schutt erfüllte, aber trotzdem sehr deutlich ausgesprochene Rinne vom w ansteigenden Rauracienkamm abgetrennt ist. Die Strecke zwischen Abzweigungs- und Vereinigungsstelle von altem und neuem Birs- lauf beträgt ca. 700 m (vgl. Tafel II). Die Birs wäre somit ehemals von P. 492 direkt n-wärts zur erwähnten Rinne geflossen. Oxfordschlipfe und anschliessende Nach- stürze des Kalkmalms von W her haben diesen alten Birslauf ver- schüttet und den Fluss gezwungen sich etwas östlicher ein neues Bett (das heutige) zu schaffen. Zwischen altem und neuem Lauf erhebt sich als Felsinsel der Komplex von Hauptrogenstein und : Oberdogger, der von der Bahn ne P. 492 angeschnitten wird und der, wie erwähnt, dem N-Schenkel des Vevaykernes angehört. Gehängeschutt, Bergstürze, Bergschlipfe und verrutschte Malmmassen. Die ausgedehntesten Schuttgebiete, deren Entstehung rein der Verwitterung zuzuschreiben ist, begleiten den S-Fuss des Raimeux von Moutier bis Seehof, sowie die Vellerat-Kette im Muldental von Soulce. Mehr durch Sackung, infolge tektonischer Lockerung des Schicht- verbandes, sind die Schuttgebiete der Päturage du Droit n Moutier, die Schutthalden s Châtillon und am N-Hang des Raimeux zwischen Verrerie de Roches und Vermes entstanden. Wo im N-Schenkel des Raimeux zwischen den Punkten 926 und 947 s Rebeuvelier und dann weiter zwischen dem Biel des Rues (Ruisseau) und devant la Melt von der zusammengebrochenen Malmflanke nur noch däs Rauracien intakt ist, fehlen auch im Tal Tertiäraufschlüsse fast vollkommen. Wo dagegen zwischen Mon Desir und Biel des Rues und zwischen devant la Melt und Mervelier die Malmflanke ihren Zusammenhang gewahrt hat, tritt auch das Tertiär im Landschafts- bild deutlich hervor. 54 R. Elber. Gehängeschuttbreccien sind auf der Päturage du Droit an der Münsterbersstrasse und im Bach n long Pré schön ent- wickelt. Als alter (sicher diluvialer) Gehängeschutt ist das’ Haupt- rogensteinmaterial auf dem Lias-Rücken e Hautes Roches anzu- sprechen, das von seinem Ursprungsort im N heute durch einen Bachgraben getrennt ist. : An Bergstürzen sind drei grössere zu nennen. Ein erster hat seine Ausbruchsnische am Raimeux de Grandval zwischen den Punkten 1278 und 1292. Der Malm ist an der Stelle, wo das stärkere Axialgefälle gegen W einsetzt, abgerissen und auf und mit der Oxfordunterläge abgeglitten gegen das Birstal bis Kurve 700. Ein Pendant hiezu bildet in jeder Hinsicht der Bergsturz von Ramboden s Envelier, dessen unterste Blöcke 100 m sw P. 625 liegen. Ein dritter ist durch die Störung von Sonnenberg einge- leitet worden. Seine Ausbruchsnische gelangt schon auf dem topo- graphischen Blatt Welschenrohr zwischen den Punkten 999 und 979 “ gut zum Ausdruck. Der Trümmerstrom sendet zwei Aste nach dem Antiklinalkern gegen Envelier, ein dritter folgt der Oxford- combe bis zur Strasse Envelier- Vermes. Neigung zu Erdschlipfbildungen zeigen der wen Dogger und die Oxfordtone. Bei Hautes Roches ist der Dogger des Münsterbergkernge- wölbes konstant in Bewegung. Im Frühjahr 1918 sind unter den Roches ès Corbets P. 966 die Schichtköpfe der bergwärts ein- stechenden Serie vom Opalinuston bis zu den Blagdenischichten neuerdings in stärkeres Rutschen geraten und gleiten jetzt in breitem Strom bis zum Bach hinab. Analog sind die Rutsche bei Ænvelier im Opalinuston zwischen P. 918 und Wüstmatt links der Gabiare und die bei sur Souce und Chez Renand rechts vom genannten Flüsschen. _ Die grössten Oxfordrutschgebiete sind bei la Montagne s Châtillon und bei chez le Zuber am Muoltenberg. Als im Schichtverband abgerutschte Malmmasse ist das Sequan des Montchaibeux s Delsberg zu bezeichnen (Lit. 4); es ist vom N-Hang des P. 1033 (Foret de la Cendre) herzuleiten. Ahnlich zu bewerten ist die mehr blockartig aufgelöste Sequan- masse des P. 650 s von Vermes, die von den Hängen s ob Landoye herstammen dürfte. B. Tektonischer Teil. Die tektonische Beschreibung des Gebietes ist durch die scharfe orographische Gliederung desselben sehr leicht gemacht. Zuerst Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 55 soll die Raimeux-Kette in ihren drei von den Durchbrüchen der . Birs und der Gabiare erzeugten Segmenten behandelt werden; an sie schliesse ich die Beschreibung der Vellerat-Kette an und gebe zuletzt eine Schilderung der die beiden Ketten trennenden Mulde von Soulce-Rebeuvelier-Vermes, soweit sie nicht schon in dem Kapitel über die Ketten berücksichtigt worden ist. Bei der Besprechung der Tektonik der einzelnen Kettenäbschnitte gibt uns sodann die unharmonische Faltung (Lit. 3), d. h. die Erscheinung, dass sich durch Mergel und Tone getrennte Kalkmassen beim Zu- sammenschub verschieden falten können, ein Mittel zur weiteren Gliederung. Im Untersuchungsgebiete spielen in dieser Hinsicht die Oxford- tone die wichtigste Rolle und ermöglichen den verschiedenen Falten- wurf von Dogger und Malm. Unter Antiklinalkern verstehe ich Sättel im Dogger und seinem Liegenden, unter Anti- klinalrücken solche im Malm und seinem Hangenden. So bezieht sich auch der Ausdruck Malmmantel nur auf den vor- wiegend kalkig entwickelten Malm im Hangenden des Oxfordien bezw. Argovien (Kalkmalm). Die in der tektonischen Einzelbe- schreibung gewonnenen Ergebnisse sind dann im Abschnitt Ge- samttektonik zusammengefasst und ausgewertet. I. Tektonische Einzelbeschreibungen. Raimeuxkette. 1. Montagne de Moutier (linke Seite der Kluse von Roches). a) Keuper-Doggerkern’). Den ersten Einblick in den Kernbau der Raimeux-Kette ge- stattet im W die Lokalität Je Coulou (Prof. 28). Frühere Autoren verzeichnen im Kern Lias, indessen treten nur Opalinustone zu- tage. Die Serie in ihrem Hangenden bis zum HR ist nur im S- Schenkel einigermassen kontinuierlich zu verfolgen, während im N eine grössere Sackungsmasse von unterem Dogger, die noch den Schichtverband bewahrt hat, das wirklich Anstehende verhüllt. Vom sw Hause (P. 972.0) von Valengiron ziehen sich zwei Terrain- kanten E-wärts nach der Sohle des Kessels. Die n besteht aus 60—70° S fallenden Murchisonaeschichten, die s aus Sauzeischichten, die trennende Depression verrät Sowerbyitone. Die Blagdeni- schichten fallen am zum Hause hinauf führenden Wege nur noch 3) Oberer Hauptrogenstein, Homomyenmergel und unterer Hauptrogenstein werden fürderhin mit OHR, HM, UHR abgekürzt werden. 56 R. Elber. mit 350 S. Am HR-Grat von P. 1136 stehen die Schichten bei 1030 m Höhe senkrecht, legen sich am Weg nach Noire Combe wie die Blagdenischichten flacher und richten sich gegen die Ober- doggergrenze wieder zu 76° S fallen auf. Uber der oberen Steil- zone legt sich der HR zum Gewölbescheitel abbiegend allmählich flacher. Der den Aufriss von Coulou n begrenzende HR fällt in den Roches de la Chaux mit 40° N und biest dann gegen Hof Domont stärker nach N ab. Die HM lassen sich von P. 1137 aus zwischen P. 1155 und P. 1161 durch verfolgen. Die Vereinigung der von Tramont und les Clos (Häuser zwischen den P. 1128 und 1108 auf Bl. Moutier, Ausgabe 1919 unbenannt) nach Coulou führenden Fusswege erfolgt noch auf obersten söhligen Blagdeni- schichten (Prof. 27). Ca. 90 m n von dieser Stelle scheint ein streichender Scheitelbruch den n HR leicht zu versenken. Weiter nach E ist vom Doggerkern auf etwas über 2 km nur der Anti- klinalscheitel und der S-Schenkel entblösst, der N-Schenkel wird vom Malm verhüllt (Prof. 24—27). Die Abdachung N-wärts be- trägt im oberen Dogger 30—35°, S-wärts nimmt sie ebenfalls zu bis etwa 40°, worauf sich dann in 1010 m Höhe die bei Coulou besprochene Steilzone wieder einstellt. Unterhalb derselben nimmt das Einfallen zunächst wieder ab bis 55°, steigt dann aber an der tiefsten aufgeschlossenen Stelle des S-Schenkels (ca. 920 m Höhe) in der Verlängerung des les Hersattes von der Forêt du Droit trennenden Bachtobels auf gegen 90° an. Die obere Steilzone geht an der neuen Münsterbergstrasse sogar in Überkippung über. Die peneplainartige Hochfläche der Montagne de Moutier endet nach E zu am Felszirkus von Roches, der zugleich den W- Rand der Birskluse bildet. Zwei kleine Brüche durchsetzen hier den Scheitel ca. 200 m n P. 1106 an der Gremeindegrenze Moutier- Roches (wenig s von P. 1105.7 der Ausgabe 1919) derart, dass das zwischenliegende Stück leicht eingesenkt erscheint (Prof. 24). In der Birskluse (Tafel 3) ist der Gewölbescheitel wieder Erosion zum Opfer gefallen und die Antiklinale bis auf den Keuper aus- geräumt (Prof. 19—24). Der HR-Südschenkel macht den Eindruck einer einheit- lichen, starren Platte, deren Einfallen oben bei P. 1106 60°, unten im Birsniveau 70° beträgt. Als einzige Störung bringt 200 m e des sw Punktes 1106 eine Blattverschiebung mit etwa 25 m N-wärts verstelltem E-Flügel oberen Dogger ins Streichen des OHR. Nicht so einheitlich ist der N-Schenkel gebaut. Verfolgen wir ihn E-wärts, so hält zunächst in den von einem Malmbergsturz unterbrochenen HR-Flühen ob der Pré de l’Astai das 35° N fallen an, aber bereits in den Roches ès Corbets P. 966 (P. 966. 2 der Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 57 Ausgabe 1919) lagern die obersten Bänke des UHR söhlig, und die Fluh springt nach N zurück. Von Hautes-Roches aus kann man in den Flühen zwischen P. 966 und P. 1019 eine schwachausge- prägte zerknitterte Mulde erkennen, sodass die Roches ès Corbets als Gewölbe abgegliedert erscheinen (von nun an als Roches ès Corbets-Kern bezeichnet, Prof. 22). Dann erfolst in der Rippe wieder Abbiegen N-wärts, und n Hautes-Roches erreicht das Einfallen mit 65—70° sein Maximum. Auf der Länge eines km verschwindet zwischen den. Wegen von Hautes-Roches nach le Trondai und von P. 599 (auf Ausgabe 1919 nicht mehr angegeben) nach den Weiden von. derriere le Vevay der HR unter Malm- schutt, aber etwa 500 m von P. 599 (v. P. 560, Ausgabe 1919) werden vom genannten Weg HM und ein paar 48° N fallende OHR- . Platten angeschnitten und ziehen, häufig von Schutt unterbrochen, zur Birs hinunter. Hier bildet ein zwischen Fluss und Bahnlinie stehender Felspfeiler die Muldenumbiegung zu einem n sich an- schliessenden dritten Gewölbe (im weiteren als Vevay-Kern bezeichnet, Prof. 19). Der Kern dieses letzteren führt Blagdeni- schichten und ist bei der Brücke des nach le Vevay führenden Fahrweges (P. 492) aufgeschlossen, etwas weiter nach NE erscheint am Bahntracé sein N-Schenkel (OHR und oberer Dogger), ver- schwindet aber schon beim Birssteg des Fussweges nach le Vevay. Das Gewölbe entgeht infolge des schiefen Anschnittes und der starken Bewaldung leicht der Beachtung, namentlich aber‘ auch weil an der Stelle des eigentlichen Kerns der S. 53 beschriebene alte Birslauf abzweist. Umso schöner ist seine Fortsetzung rechts der Birs, wo sie das nördlichste der drei altbekannten Kernge- wölbe bildet (Lit. 31. Pl. V.. Fig. 1, vergl. auch Prof. 18 und Al) , Zu dem in Coulou allein vorhandenen Antiklinalkern des Münsterberges treten also bei Roches links der Birs zwei neue, die aus dem N-Schenkel des ersten sich herausbilden, und die ich mit den Namen Roches ès Corbets- und Vevay-Kern be- legt habe. Nur wenige Stellen gestatten uns Eimblick in den Bau des Lias- und Keuperkern, Pré de l’Astai und Prés des Envers sind ein riesiges Schlipfgebiet, umrahmt von den Schutthalden der HR-Gräte. Erst s Hautes-Roches entblösst der Bach in 690 m Höhe 30° südfallenden Gryphitenkalk; dieser Lias-S-Schenkel richtet sich E-wärts im Bachbett auf, steht unter /e Grepon (Scheune ca. 200 m s Hautes-Roches, auf Ausgabe 1919 unbenannt) senkrecht, überkippt beim oben beschriebenen Rhätaufschluss zu 75° N fallen und verschwindet dann im rechten Bachbord. Der Lias-N-Schenkel 58 R. Elber. erzeugt s Hautes-Roches auf Kurve 700 eine bewaldete Steil- böschung und tritt sodann wieder zwischen P. 599 (fehlt auf Aus- gabe 1919) und Maisons dessus (Roches du Milieu) saiger aufge- richtet in einem isolierten Aufschluss zutage, der bis in den Bach reicht (Prof. 20 und 21). Der zugehörige Keuper zeigt sich zum letzten Mal am s Bachufer und am Weg südlich darüber. Der Darstellung, die Z. Rollier auf der Carte Tectonique de Moutier sibt, wonach der S-Schenkel durch einen Bruch abgeschnitten wäre, kann ich nicht beipflichten. b) Malmmantel. Der von der Landstrasse Moutier-Souboz nach le Coulou ab- zweigende Weg quert im S-Schenkel ein schönes, überkipptes Malmprofil, dessen Kimmeridge 50°, dessen Rauracien etwa. 60° N fällt. Da der n folgende HR normal S fällt, resultiert ein Konvergieren von HR und Kalkmalm gegen die Oxford- combe zu (Prof. 27 und 28). Aufsteigend über den w Malmgrat sehen. wir bei 900 m Höhe das Rauracien zu S fallen umbiegen, bei 1000 m Höhe beträgt dasselbe nur noch 25°. Die Umbiegungs- zone senkt sich nach E und erreicht zwischen P. 665 und P. 943 in der Forêt du Droit (n Perrefitte) mit ca. 800 m ihre tiefste Lage. Von hier an verunmöglicht der Mangel an tieferen Bach- rissen durchgehende sichere Beobachtung, die Biegung scheint sich aber wieder zu heben und zwischen Dozerne und Arsattes bei 860 m Höhe stattzufinden, an der Münsterbergstrasse ist sie n P. 887 (der Ausgabe 1919) zu beobachten. Die Oxfordien-Rau- racien-Grenze fällt s der Combe von le Raie mit nur 35—40° S (Prof. 24—28). 700 m e P. 1093 schneidet eine N 25° W streichende Transversalverschiebung den Grat und lässt Verenaschichten im W an Kimmeridge im E abstossen. Sie veranlasst auf der N-Seite des Grates (la Belleface) das Ausbrechen eines Bergsturzes, der die Oxfordcombe verstopft und ihren oberen Teil zur Entwässerung N-wärts nach dem Antiklinaltal zwingt. Unter Pré Ouchin senkt sich der Malm nach Süden zu wellig gegen P. 784 ab (Prof. 22 und 23). Am Abfall des Grates zur Birs trennt eine kleine Steilzone auf 800 m Höhe den Malm- schenkel in eine untere 50° und eine obere 60° S fallende Partie. Der Raimeux-Stammkette im S vorgelagert taucht 1,5 km w der Birs der Seitenzweig der Basse Montagne als Malm- rücken auf (Prof. 20—22) und bewahrt sich links der Birs noch seine volle Selbständigkeit. Er ist schon so oft beschrieben und abgebildet worden (Lit. 21 Pl. V Fig. 2), dass ich nur kurz die prägnantesten Züge seines Baues hervorzuheben brauche. Die Fu te Geologie der Raimeux- und der Velleratkette, 59 grosse Kimmeridgemächtigkeit des S-Schenkels, wie sie uns in der Gorge de Moutier entgegentritt, kommt durch eine sekundäre Faltung zustande, die die Quelle Roches pleureuses erzeugt (Lit. 29, S. 275; 18, S. 21) und nochmals unter dem Pa- ‚villon als Flachlagerung erscheint. Die saigere Stellung hält in der Schluchtwand links der Birs bis 700 m Höhe an. Darüber folgt mit scharfem Knick das nur 30° S fallende Gewölbedach, dieses steigt fach zu P. 831 empor. Sehr rasch, wenn auch nicht mit der Schärfe, wie rechts der Birs unter P. 966 (P. 958,5 Bl. Moutier 1919), biegt das Kimmeridge 150 m n P. 831 aus dem axialen 8° W fallen zum N-Schenkel ab (durchschnittliches Ein- fallen 65° N). Malmnordflanke. Bei Hof Domont haben wir steil N fallenden Dogger verlassen. Queren wir die Oxfordcombe, so folst im Bachbett unterhalb P. 859 ein Malmprofil in verkehrter Lage- rung (Prof. 28). Während das Rauracien mit nur 30° nach S fällt, hat sich das Kimmeridge bereits zu 50° S fallen aufgerichtet. Auch hier konvergieren also die sichtbaren Teile der Kalkmalm- und Doggerschenkel sehr stark gegen die Oxfordcombe zu. Um die Analogie mit der S-Seite voll zu machen, vollzieht sich auch hier im E-wärts zu P. 1174 auf- steigenden Malmsrat sur Montaigu der Umschwung zu nor- malem N-fallen von im Minimum 20°; bei 1070 m Höhe stehen die Schichten senkrecht (Prof. 27 und 28). Unten, bei P. 859 muss der Malm sehr rasch W-wärts zur Mulde umbiegen; die Prés dessus stellen, soweit die leider recht spärlichen Aufschlüsse erkennen lassen, eine flache Kimmeridge- platte dar, die an ihrem N-Rand gegen P. 822 und P. 841 zu 25—30° S aufbiegt. Darunter erscheint im Einschnitt des Domont- Baches als normales Liegendes das Sequan. Nur wenige Schritte davon entfernt verraten sumpfige Wiesen, nicht in Aufschlüssen zwar, aber ihrem ganzen Habitus nach die Molasse. Es scheint also die Malmmulde von Prés dessus auf die n vorgelagerte Mo- lasseauffüllung der Mulde von Soulce aufgeschoben zu sein. Das Verhältnis wäre ein ähnliches wie bei Chaluet im Profil des Grenchenbergtunnels, nur setzt hier die Unterschiebung nicht in den Kern der Montagne de Moutier fort (Lit. 5). Der Rand der aufgeschobenen Hälfte tritt schon landschaftlich und auf dem topo- sraphischen Blatt als waldige Kante deutlich hervor und lässt sich W-wärts bis zum Bache von Creux Geline verfolgen, ebenso E- wärts auf 1 km Länge. Es ist zwar nicht eine einheitliche durch- gehende Felsrippe, sondern mehr ein Haufwerk grosser Blöcke und 60 - R. Elber. Pakete, das sich aber durch seine Anordnung in der Richtung des Streichens von blossen Sackungsmassen klar unterscheidet. Das von la Plaine Joux nach Prés dessus absteigende Tälchen entspricht in seiner oberen Partie, etwa bis Hôhe 950 m, einer Sequancombe (Prof. 27). Im w angrenzenden Kamm biest gegen P. 1113 das Kimmeridge aus Senkrechtstellung zu N fallen um, konform dem Rauracien von sur Montaigu. Im w Teil von Æmvers de Folpotat verhindert der Schutt die Beobachtung leider ganz. Erst der Graben n P. 1093 entblösst wieder Kimmeridge. Ab- wärts bis Kurve 1000 fällt dieses zunächst relativ flach (40°), dann bis Kurve 920 steiler (60°) nach N (Prof. 26). Bei 900 m Höhe herrscht hierauf in einem Felskopf des linken Bordes auf kurze Strecke Gegengefälle (30° S), sodass eine gewölbeartige Knickung in der N-Flanke entsteht, unterhalb welcher wieder normales N-fallen von 55° einsetzt. 250 m e vom Graben ist in einer auf Blatt Soulce nicht eingetragenen Felspartie dasselbe Ge- wölbehen noch als leichte Uberkippung vorhanden. Weiter im E fehlt es ganz. Möglicherweise ist dieses Gewölbehen in direkten Zusammenhang zu setzen mit der eben beschriebenen Überschie- bung. Die Mulde von Près dessus würde dann derjenigen im S des kleinen Gewölbchens entsprechen, der Gewölbe-Südschenkel aber wäre im W über den N-Schenkel hinausgeschoben. Zwischen Clos gros Lodez und La Combe ist die Malmflanke einfach gebaut. Das Einfallen wird vom s Erosionsrand mit den Punkten 1148 und 1130 gegen die Mulde zu steiler (Prof. 22). Zwischen den Wegen von Hautes Roches nach La Combe einer- seits und nach le Trondai andrerseits lässt sich überall 45—50° N messen. Wenig w von P. 982 (w le Trondai) kompliziert sich der Bau des Malmmantels wieder, indem sich die Mulde zwischen Raimeux- und Vellerat-Kette nach E zu gabelt. Die n der beiden Teilmulden, die Combe Pierre, qualifiziert sich durch ihre grössere Tiefe als Hauptast und bildet, sich rasch gegen die Birs senkend, die Verbindung der Mulden von Soulce und von Rebeu- velier; die s seichtere sinkt gegen Trondai leicht ab und streicht dann E-wärts in die Luft; ihre Fortsetzung vermute ich in der Gipfelplatte des Raimeux (s. unten S. 80). Die Neigung der Mulden- axen schützt die Kerne vor Abtragung: 150 m e von Trondai fand ich vereinzelte Molassebrocken, und ebenso ist in der Combe Pierre von Kurve 820 an abwärts Molasse alsacienne vorhanden. Der die beiden Muldenzweige trennende Malmrücken wölbt sich über einen vierten nördlichsten Doggerkern, der links der Birs 4 zwar nicht mehr zutage tritt, der aber e derselben axial aufsteigt Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 61 und später als Kern von Envelier zu beschreiben sein wird. Hand in Hand damit wird der N-Schenkel dieses Malmrückens nach E zum N-Schenkel der Kette. Wo dieser senkrecht gestellt die Birs quert, ist die Sequanmächtigkeit tektonisch auf 30 m reduziert. Überdies äussert sich die starke Pressung von S her in einer Flankenüberschiebung gleicher Art, wie sie A. Buxtorf vom N-Schenkel der Velleratkette bei Choindez beschrieben hat (Lit. 4)‘). Der steilgestellte Schenkel wird von einer fast horizontalen Bruch- fläche durchschnitten, längs welcher die obere Hälfte über die Köpfe der unteren nach N vorgeschoben ist. Die Überschiebungs- fläche liegt rechts der Birs über la Garde bei 650 m Höhe, links derselben bei 700 m, steigt also mit ca. 4° nach W an. Da nun aber die Muldensohle der Combe Pierre mit ca. 13° ansteigt, so hat dies zur Folge, dass die Uberschiebung W-wärts in immer tiefere Partien des Schenkels zu liegen kommt; indem sie sich der Muldensohle nähert, begräbt sie deren Tertiärinhalt unter sich (Prof. 16—20 und Tafel II). Als verschürfte Elsässer-Molasse, eventuell vermischt mit ausgequetschtem Sequanmergel, betrachte ich den schlipfenden Mergelbrei im oberen Teil der Combe Pierre. 2. Les Raimeux (Abschnitt zwischen Birs und Gabiare). a) Doggerkern. Rechts der Birs setzt sich der Doggerkern der Kette aus vier antiklinalen Aufwölbungen zusammen; drei davon sind die Fortsetzungen der links des Flusses verlassenen, eine vierte nörd- _ lichste kommt neu dazu (Prof. 16—19 und Tafel 3). Der Münster- bergkern kommt schon landschaftlich und auf Blatt Moutier in der Felsumrahmung des Antiklinaltälchens von Mechal gut zur Geltung. Der HR-Südschenkel steigt mit 60--65° bis zu 900 m Höhe auf, dann reduziert sich das Einfallen kniekförmig auf 25° S Die Scheitelplatte ist leicht über den N-Schenkel überschoben. Kurve 800 teilt letzteren in einen oberen flachen und einen unteren steileren Teil (30 bezw. 60° N). Der Kern von Roches ès Corbets wird von einem N 65° E, also spitzwinklig unter etwa 15° zum Kettenstreichen verlaufenden Bruch durchschnitten; die s Partie ist gegenüber der n versenkt. 4) Den Ausdruck Flankenüberschiebung möchte ich im Gegensatz zu H. Schardt (Eine Flankenüberschiebung bei Neuenstadt am Bielersee,. Ecl. geol. Helv. Vol. XI Nr. 2 S. 288) auf die im Jura weit verbreitete Art von Ueber- schiebungen anwenden, die einen senkrechten Schenkel mehr oder weniger horizontal durchsetzen und an denen der obere Schenkelteil über die Schicht- . köpfe des unteren vorgeschoben ist. 62 R. Elber. Beim Vergleich der beidseitigen Hänge des 200 m ne P. 488 gegen die Birs ausmündenden Tälchens fällt der Mangel an tektonischer Symmetrie sofort auf. Die s Talseite kann am Weg, der in Roches, 100 m ne P. 496 von der Landstrasse abzweigt und nach der Bergerie (altes Bl. Moutier: Haus zwischen den Kurven 740 und 750; Ausgabe 1919: P. 777) führt, am besten studiert werden. Er läuft von seinem Eintritt in den Wald bis zur Umbiegung in die WE-Richtung im versenkten S-Flügel, immer parallel zur Verwerfung und nur wenige. Meter davon entfernt. Am Waldrand sind zunächst 63° N fallende Blagdenischichten aufgeschlossen, darüber folgt normal der HR, der sich allmählich flach legt und dann unter Schutt verschwindet. Dieser Komplex gehört dem N-Schenkel des Münsterbergkernes an; die n anschliessende Mulde ist von Schutt verhüllt. Die Weg- biegung kommt auf UHR zu liegen, der sich eben wieder zum S-Schenkel des Roches ès Corbetskernes aufzurichten beginnt. Zwischen der HR-Wand und dem Weg aber liegen Blagdeni- schichten des abgesunkenen N-Flügels. Die anschliessende EW gerichtete Wegstrecke verläuft im Scheitel eines ganz lokalen Gewölbchens, das nach E axial absinkt, sodass der E-wärts an- steigende Weg in immer jüngere Schichten desselben gelangt. Die Scheitelumbiegung des OHR ist prachtvoll sichtbar (NS 24° E); am s Wegbord lässt sich N 70° E 60° S messen, der N-Schenkel steigt N 80° W streichend mit 40-—-60° N fallen bis in die Sohle des Tälchens hinab. Am Gatter, wo der Weg den Wald verlässt . (Höhe ca. 610 m), bildet Oberdogger den Scheitel. Alles deutet darauf hin, dass diese Faltung nur vom OHR, der sich auf den HM ablöst, ausgeführt wird und den UHR nicht mit einbegreift. Die N-Seite des oben erwähnten Tälchens ist am besten von dessen Sohle aus zu überblicken. Die Ausmündung ist eine enge Passage in 50° N fallenden UHR. Dahinter folgen in der N-Wand Blagdenischichten des Gewölbekerns, welche das Tälchen sw queren und, nach einem durch Quartär bedingten Unterbruch an der Land- strasse 50 m ne P. 488, 75° N fallend wieder anstehen. Dieser Roches ès Corbets-Blagdenikern tritt landschaftlich nicht hervor, weil das Tälchen seinen N-Schenkel schief schneidet. Als weitere Komplikation kommt die Verwerfung hinzu, die den S-Schenkel des Gewölbes abschneidet und bedingt, dass im mittleren Teil des Tälchens der scheitelförmig gelagerte UHR des N-Flügels am ver- senkten OHR-Schenkel des genannten lokalen Gewölbchens ab- stösst. Im Schluss des Tälchens kann man im HR eine N 65° E streichende senkrechte Verwerfungskluft mit Harnisch beobachten. Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 63 Bemerkenswert ist noch, dass e der Birs der Roches ès Corbets- Kern, sowie die ihn n begleitende Mulde lokal etwas nach N ab- biegen, wie dies die tektonische Skizze (Tafel I, Fig. 1) andeutet. Der Vevaykern, einfach gebaut, mit steilerem N- und etwas flacherem S-Schenkel (Lit. 21 Pl. 5 Fig. 1), steigt axial E-wärts leicht an. Eine Verwerfung im Scheitel mit um wenige Meter ab- gesunkenem W-Flügel ist, N 38° E streichend und 68° W fallend, von der Landstrasse aus sichtbar. In der Mulde zwischen Vevay- und Roches ès Corbets-Kern stellen sich jüngere Schichten, Callovien und Oxfordien sukzessive ein und am Weg Roches- Bergerie bilden von 660 m bis 700 m Höhe auf etwa 250 m Länge, wo Aollier Dm (Calcaires oolithiques bathiens et vésulliens) ver- zeichnet, gelockerte und wahrscheinlich in sich etwas versackte Birmensdorfer-Schichten ihren Kern. Zum leichteren Verständnis der Verhältnisse im nördlichsten Teil des: Doggerkerns gehen wir aus von P. 1052 ca. 1 km ene von der Bergerie. Zwischen ihm und P, 915 ist der Scheitel eines HR-Gewölbes aufgeschlossen, in dessen Kern auf dem Schnittpunkt der Bezirksgrenze Moutier-Delémont mit Kurve 1000 eben noch Blagdenischichten zutage treten. Das Gewölbe ist unsymmetrisch mit steilerem N-Schenkel (Prof. 14) und findet auf Blatt. Moutier im W-wärts gerichteten Ausbauchen der Isohypsen seinen klaren Ausdruck. Ein neuer Holzweg führt von P. 915 (P. 917 der Aus- gabe 1919) hinüber zur Wegbiegung auf Höhe 900 ne Bergerie (zu P. 881 Ausgabe 1919). An ihm ist der UHR im Scheitel ge- schlossen und wird beidseitig von gut ausgesprochenen HM-Comben und OHR-Kanten begleitet (Prof. 15), es resultiert daraus ein sehr starkes W-wärts gerichtetes Axialgefälle. Wir begegnen dem ab- sinkenden Gewölbe wieder an einem tieferen Holzweg, der vom Weg Bergerie-Roches bei 720 m Höhe (bei 745 m nach Ausgabe 1919) abzweigt und beinahe eben nach der Combe Chopin hinüber- führt. Von der Bergerie bis zum Waldrand herrscht Malmschutt, dann ist auf kurze Strecke Varians-Schichten und OHR aufge- schlossen. Dieser setzt ab an einem nur wenige Meter breiten Keilgraben, der oberen Dogger ins Niveau des HR versenkt und sich unterhalb des Weges N 65° W streichend bis zu Kurve 600 hinab verfolgen lässt (Prof. 16). Jenseits desselben bilden auf etwa 100 m HM den flachen, W-wärts tauchenden Gewölbescheitel bis zur OHR-Kante des N-Schenkels. Die am Waldrand verlassenen Varians-Schichten bilden unterhalb des Weges im Bett des Baches, der die Weiden von Bergerie entwässert und s P. 576 vorbei- fliesst, einen Muldenkern und gliedern somit scharf das eben be- sprochene HR-Gewölbe als neuen, vierten, nördlichsten Kern 64 R. Elber. vom Vevay-Kern ab. Dieser nördlichste Kern verschwindet seines starken w Axialgefälles wegen bereits 300 m rechts der Birs bei P. 576 unter Schutt; eine Fortsetzung links vom Fluss ist ober- flächlich nicht vorhanden, wir müssen aber annehmen, dass er hier in dem die Mulden von Trondai und Combe Pierre trennenden Malmrücken und in der starken Oxfordaufpressung n le Vevay noch zum Ausdruck kommt. Während der Münsterbergkern 1700 m, der Roches ès Corbets-Kern 400 m, und der Vevaykern ca. 700 m rechts der Birs untertauchen, zieht dieser nun durch den ganzen N-Abhang des Raimeux und bildet das leitende Moment bis über . die Gabiare hinaus. Ich benenne ihn nach der in ihm gelegenen Lokalität Envelier. Untersuchen wir den Envelier-Kern nach E zu, so ist von P. 1052 an aus dem Divergieren der HR-Bänder ein weiteres axiales Ansteigen klar erkennbar. Damit geht Hand in Hand das Erscheinen immer älterer Schichten im Kern, sodass auf der Strecke P. 942—Envelier—sur Souce Opalinuston zutage tritt. Rollier (Lit. 27) schliesst irrtümlicherweise das Gewölbe schon im HR. Das Doggerband des S-Schenkels erreicht im w Teil der Prés des Auges seine höchste Stelle und sinkt dann gegen E zu wieder leicht ab. An seinem Kulminationspunkt, auf der Bezirks- grenze, ist an einer kleinen, N 32° W streichenden Blattver- schiebung der W-Flügel um 30 m nach N vorgeschoben und bringt oberen Dogger ins Streichen des OHR. Bis P. 1070 fällt der HR gleichmässig mit 45° S. Eine kleine Unregelmässigkeit besteht darin, dass 800 m n. vom Punkt eine 60 m breite Scholle, durch Klüfte beidseitig begrenzt, etwas stärkeres Einfallen zeigt. Gegen P. 1034 nimmt das Einfallen auf 60°S zu. Am genannten Punkt versenkt ein kleiner Bruch die W-Seite um einige wenige Meter. Er ist wahrscheinlich das S-Ende grösserer Störungen in der N-Flanke. Die HR-Wand senkt sich nun gleichmässig zu P. 856 ab, wobei sich die Schichten ganz allmählich flacher legen (Bros 18 Lo): Der Doggernordschenkel richtet sich vom P. 1042 nach E rasch auf zu saigerer Stellung (s Haus P. 942), erscheint weiter- hin sogar überkippt und gegen die n durchstreichende, stark redu- zierte Oxford-Combe hinausgepresst, ohne dass er ar bis zu einer Überschiebung des Doggers käme, wie sie A. Buxtorf (Lit. 5 S. 219) vermutet hat. Im übrigen streicht das HR-Band durch folgende Punkte: Weggabelung 100 m s chez Hantz Adam, P. 935 le Château, P. 970 Tremblebez und über Bennot zur verfallenen Mühle bei P. 612 n Envelier (Prof. 7—12). Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 65 Bei Tremblebez wird die ganze N-Flanke, Dogger wie Malm, von zwei durchschnittlich N 45° W streichenden Transversal- verschiebungen, die ca. 150 m auseinanderliegen, durchschnitten. Sie verraten sich S-wärts noch bis zu P. 1634. Der W-Flügel er- scheint jeweilen gegen N vorgeschoben. Sie kommen auch in dem _ unregelmässigen Verlauf der Waldgrenzen zwischen den Punkten 918, 970, 914 und 861 auf Blatt Moutier zum Ausdruck. Eine weitere Störung gibt zur Entstehung des Quertälchens n Wüstmatt Anlass, das Rollier dazu verleitet hat, die Oxfordcombe nach dem Unterdoggerkern zu ziehen und den HR von Tremblebez als Rauracien zu kartieren. Eine erste grössere Transversalver- schiebung geht durch die Vereinigungsstelle der zwei aus Oxford- combe bzw. Opalinuskern herkommenden Bäche. Sie streicht N 18° E und lässt sich auch durch die Malmtflanke bis zur Strasse Envelier-Vermes verfolgen. Eine zweite kleinere N 10° E streichend, befindet sich 90—100 m w davon und klingt im Oxford aus. Das dazwischenliegende HR-Paket fällt mit N 65° E streichend um ca. 15° aus dem allgemeinen Streichen hinaus. Nach dem Bache zu biegen die oben am Rücken 70° S fallenden Schichten zu ganz flachem S fallen ab. Die Klüfte der e Störung lassen sowohl im Dogger als im Malm stets N 25° E 45—50° SW messen. Betrachtet man das Verhalten des Doggers auf der W-Seite der Gabiare bei Envelier, so ist man erstaunt, von dem so reichen Faltenwurfe bei Roches nichts mehr vorzufinden (Prof. 7 und Taf. III). Der HR des S-Schenkels, dessen Unter- srenze bei P. 639 liest, steigt mit 80° S-fallen aus der Talsohle auf, wird zu oberst senkrecht und knickt sofort rechtwinkling zu söhliger Lagerung ab. Die HR-Variansgrenze fällt bis zum Bach von Klein-Ramboden auf über 600 m Länge mit Kurve 810 zu- sammen. Links vom Bach richtet er sich wieder auf zu 40° S fallen und finden bei P. 856 den Anschluss an das schon oben be- sprochene Stück. Der Bachlauf selbst fällt im die Verlängerung einer rechts der Gabiare schön aufgeschlossenen Verwerfung (Prof. 46 und Tafel III). Sie gelangt aber hier nur noch schwach darin zum Ausdruck, dass die HM von P. 751 gegenüber den am Weg nach Gross-Ramboden aus lunsane. um höchstens 10 m zu tief liegen. b) Der Malmmantel. Die rechte Seite der Gorge de Moutier ist genau das Spiegel- bild der linken, nur haben infolge des axialen Ansteigens der Basse Montagne nach E die tektonischen Äquivalente gegenüber der W- Seite bereits höhere Lage (Prof. 19 und Tafel ID). Die Stauchungs- {9} 66 R. Elber. falte der Roches pleureuses ist über dem Bahn-Trace im Kimmeridge gut sichtbar und erzeugt auch hier Quellen. Darüber steigt der Malm senkrecht empor und beginnt bei 700 m Höhe etwas sanfter als links der Birs zum Scheitel abzubiegen. Diese Umbiegunes- zone zieht sich mehr oder weniger scharf ausgebildet noch weit nach E und wird künftig als Raimeuxknickzone bezeichnet. Die oberste Partie von Kurve 900 bis P. 966 (P. 958,5 Ausgabe 1919). ist eine flache Tafel mit 12° S-fallen. Knickartig biegt das Kimme- ridge am Scheitel P. 966 zum N-Schenkel ab, der bis Kurve 600 hinab ein konstantes N-fallen von 50—55° aufweist. Erst 100 m über der Birs nimmt dasselbe leicht ab und geht gegen die Mulden- sohle der Combe du Pont auf 30° zurück. Nach N folgt nun der S-Schenkel der Stammkette, der Petit Raimeux des Siegfriedblattes, er legt sich als starre Platte an den ebenso beschaffenen Doggersüdschenkel des Münsterberg- kerns. Seine gewaltigen Kimmeridge-Plattenschüsse fallen oben am Grad 70° S und biegen erst wenig über der Sohle der Combe du Pont zur Mulde ab. Die Combe du Pont steigt E-wärts rasch an und hebt sich bei Kurve 1200 heraus (Prof. 14—19 und Tafel II); damit verliert sich der Seitenzweig der Basse Mon- tagne in den Hauptstamm des Raimeux. Die Stauchungsfalte der Roches pleureuses lässt sich e an- steigend durch den ganzen S-Schenkel der Basse Montagne ver- folgen. An der Belprahon-Raimeuxstrasse äussert sie sich in einem das Kimmeridge unterbrechenden Gewölbchen von Verena- schichten, Ferner verrät sie sich als kleine Mittelsequanfalte in der E-Hälfte des Holzweges, der in 900 m Höhe (bei P. 885 Bl. Moutier 1919) von der Belprahon-Raimeuxstrasse abzweigt und e nach P. 1122 führt. Näch E zu verliert sie sich in der Raimeux- knickzone (Prof. 18—15). À An der Basis des Raimeuxsüdschenkels ist hier nirgends Uber- kippung nachweisbar, vielmehr fällt Elsässer-Molasse auf der Ge- meindegrenze Belprahon-Grandval (im Scheibenstand, eingezeichnet auf Ausgabe 1919) auf Kurve 660 mit 50° S. Einen guten Einblick in den Raimeuxsüdschenkel gewährt auch die Grandval-Raimeuxstrasse (Prof. 13). Während 150 m n vom Bahnhof Crémines Delémontien 38° S fallend beobachtet werden kann, fallen die Platten des Kimmeridge an der untersten Biegung der genannten Strasse bereits mit 50° S. Sehr schön zeigt sich höher oben die Raimeuxknickzone, wo an der Felskanzel ca. 40 m s P. 1177 (bei P. 1134.6 der Ausgabe 1919) die flache Scheitel- platte zum senkrechten S-Schenkel umbricht. Ein entsprechendes Bild bietet der Sockel des S-Schenkels auch an der Crémines- . EEE ER T Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 67 Raimeuxstrasse, dagegen vollzieht sich die Raimeuxknickzone hier in bedeutend milderer Form (Prof. 11, 12). Im Tobel von Göte aux Beufs kompliziert sich die Tektonik wieder (Prof. 10). Während auf seiner W-Seite am Fussweg bei 800 m Höhe das Kimmerige steil (65°) S fällt und das Sequan sich bei P. 900 zu Saigerstellung aufgerichtet hat, sind ganz unten im Bachbett und auf der E-Seite die tieferen Schenkelteile zu 45° N-fallen überkippt. Aollier erwähnt (Lit. 21, S. 149), dass Quiquerez die Überkippung in einem Behand on angetroffen habe, es gelang mir aber nicht, die von ihm angeführte Schrift crie zu machen. Für Uberkippung spricht endlich auch ein Aufschluss von 40° N fallender Elsässer-Molasse an der 400 m ne la Tus entspringenden Quelle. Das normal, d. h. 20—25° S fallende Sequan der oberen Schenkelpartie stösst an überkipptem Obersequan und Kimmeridge des Sockels mit bruchartiger Uberschiebungsfläche ab, wie dies an der untersten Schleife des alten (direkten) Weges Corcelles-Raimeux de Corcelles bei 800 m Höhe leicht konstatiert werden kann. W vom Bach lässt sich des Gehängeschuttes wegen die Überschiebung nicht fassen, doch scheint es mir, dass sie de Schichten bei P. 900 kappe nil somit von der e zur w Talseite um 100 m ansteige. Ein derartiger Verlauf der Störung würde dann auch die Tatsache erklären, dass eine bei 850 m Höhe von W her an den Bach herantretende Sequanrippe nach E keine Fortsetzung hat, sondern, wie ich annehme, unter überschobenen Effingerschichten verschwindet. Weiter E-wärts, zwischen den Punkten 1104 und 808, biegt der Malm mit gleichmässig zunehmendem S-Fallen zur Tiefe und taucht mit 70—80° S unter den Gehängeschutt. Im nach les Schanz abfallenden Grat bildet sich dagegen ob Kurve 930 eine Steilzone heraus (Prof. 7), die als wieder einsetzender unterer Schenkel der Raimeuxknickzone betrachtet werden kann und mit der Knickung im HR s Ramboden identisch ist. Das Hochplateau von les Raimeux ist eine leichtge- faltete Sequantafel. Ihr N-Rand fällt mit 12-350 S und zwar regelmässig von den Enden nach der Mitte zunehmend (Prof. 9—13). Der Rücken von Petit Cerneux zwischen Raimeux de Crémines und Raimeux de Grandval stellt ein ganz flaches, nach E tau- chendes Gewölbe dar. Dieser Malmrücken und der N-Rand der Platte schliessen ein Synklinaltälchen, /e Bambois, zwischen sich ein, das um das E-Ende des Rückens herum, über Pre es Bron in die NS-Richtung schwenkt und unter P. 1104 die auf Sequan- und Effingermergel gesammelten Wasser zutage treten lässt (Tafel I, Fig. 1). Diese quermuldenartige Depression bedingt 68 R. Elber. eine Versteifung der Malmplatte in NS-Richtung, was sich auch im S-Schenkel fühlbar macht. Hier ist nämlich die Raimeux- knickzone unterbrochen und es baucht der Malm des S-Schenkels nach S aus und reisst an der oben beschriebenen Überschiebung im Côte aux Bœufs-Bach N Corcelles. Hiebei mag freilich auch die hier stattfindende Anderung im Gesamtstreichen der Kette von Einfluss gewesen sein. Pre Christat, Pre St-Germain und Raimeux de Corcelles sind eine einheitliche 6 — 10° S fallende Platte (Prof. 9, 10), die erst am E-Rand zwischen den Punkten 1177 (P. 1178.5 der Aus- gabe 1919) und 1117 wieder eine leichte Mulde aufweist (Prof. 8). Vom N-Schenkel wurde bereits erwähnt, dass er zwischen Verrerie de Roches und la Garde senkrecht gestellt die Birs quert und 120 m über dem Flussniveau von einer Flankenüberschiebung durchsetzt wird, welche das Rauracien der oberen Partie auf das Sequan der untern hinausschiebt (Prof. 16—19). Die Überschie- bung lässt sich E-wärts nur auf ca. 500 m verfolgen und ver- schwindet dann unter Gehängeschutt, sodass bis zu P. 926 nur noch das Rauracien die Crête bildend sichtbar ist Von 870 m Höhe an sind seine Schichtköpfe nach N zurückgekämmt (Prof. 15). Die Entstehung des groben Blockgewirrs auf dem N-Hang scheint durch tektonische Zertrümmerung des Schenkels erleichtert worden zu sein. Von P. 926 bis chez Hantz-Adam (der alten Auflagen — sous Raimeux der von 1919) ist die Malmflanke sehr zerrüttet und verschuttet und nur das Rauracien ist 53° S fallend konti- nuierlich aufgeschlossen (Prof. 12—14). Wo Sequan oder Kimme- ridge aus der Schuttdecke heraussticht, fällt es ebenfalls 50—60° S. Diese Zertrümmerung des Malmschenkels erstreckt sich genau auf die Länge, auf der die Breite der Oxfordcombe reduziert ist und der Scheitel des Envelierkerns nach N vorstösst. In vollstän- diger Serie treffen wir ihn erst wieder e chez Hantz (sous Rai- ee in den beiden Ästen des Biel des Rues-Baches ist ein bei- nahe durchgehendes Profil entblösst (Prof. 10, 11), wobei die Über- kippung in den basalen Teilen viel ausgepräster ist als in den höheren. Es hänst dies vielleicht damit zusammen, dass hier aus dem Becken von Rebeuvelier-Vermes das Malmgewölbe von Tete aux Courbois E-wärts aufzutauchen beginnt. Damit muss auch die zwischenliegende Mulde sich heben und es werden so die tieferen Schenkelpartien der Beobachtung zugänglich. Die Serie des Biel des Rues-Baches endet 200-250 m e des- selben wie abgeschnitten an der n Verlängerung der w der beiden im Dogger von Tremblebez konstatierten Verschiebungen. E der- selben ist die ganze Bergflanke /a Montagne hochgradig versackt Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 69 und verschuttet; einzig das Rauracien lässt sich kontinuierlich durchverfolgen. Von P. 861 bis P. 895 richten sich die Schichten von 72° S zu senkrechter Stellung auf; in dieser Stellung geht der Malm noch ein Stück weit nach E und überkippt dann in der Gabiareschlucht bei 700 m Höhe wieder zu 65—70° S (Prof. 8, 9, Tafel IIT). Die Störung, die bei Wüstmatt den HR durchsetzt, trifft das Rauracien noch in senkrechter, Sequan und Kimmeridge bereits in überkippter Lage. Der E-Flügel ist um 30—35 m N- wärts verstellt und das erzeugt, in Verbindung mit dem Wechsel im Einfallen, die auffallende Knickung der Oxfordcombe bei P. 691. Zwischen Hof Landoye und der Gabiare taucht ein neues Malmgewölbe auf und erreicht auf dieser kurzen Strecke in der Tele aux Courbois bereis 800 m Meereshöhe. Am besten offenbart sich sein Bau an der Strasse Vermes-Envelier. Beim letzten Haus von Vermes ist rechts vom Bach Delsbergerkalk 45° S fallend auf- geschlossen; ebenso sticht Kimmeridge links vom Bach 68° S berg- wärts ein und an einem dem N-Hang der Tête folgenden Holzweg liegt Bolus überkippt auf Molasse alsacienne. Das Gewölbe liest also etwas nach N über. Das Sequan steigt als starre Platte vom Bache 200 m hoch saiger zum Scheitel empor, während aber das Rauracien scharf zum S-Schenkel umknickt, ist der Sequanbogen geborsten. Der S-Schenkel fällt flach, maximal mit 45—50° ab, was zusammen mit der Uberkippung des Raimeux-Schenkels die Mulde so tief nach S einstechen lässt, dass ihre Umbiegung nur . 60 m n von der Brücke P. 596 liegt. In ihrem Kern findet sich bei P. 770 noch Bohnerz (Tafel III). 3. Schönenberg (rechte Seite der Gabiarekluse). a) Doggerkern. In nächster Nähe der Gabiare zeigt der Doggerkern noch denselben einfachen Bau, wie auf der linken Talseite; Gross-Ramboden und long Pré, die Bäche von Klein-Ramboden und von Flos, Roches Rése und Roches du Creux sind die Aqui- valente links und rechts vom Flüsschen. Bald aber kompliziert sich nach E die Tektonik dadurch wesentlich, dass der Envelier- kern zu tauchen beginnt und durch einen neuen s Kern, den ich nach seiner höchsten Erhebung Schönenbergkern nenne, ersetzt wird. Dazu kommt noch eine Verwerfung (= Roches du Creux- Verwerfung), die die Mulde zwischen den sich ablösenden Kernen _ in spitzem Winkel derart durchschneidet, dass ihr W-Ende in die basalen Teile des S-Schenkels des Envelierkerns zu liegen kommt, ihre e Fortsetzung aber den N-Schenkel und Scheitel des Schönen- 70 R. Elber. bergkernes durchsetzt. Wir sahen oben, dass sie sich im W wahr- scheinlich im Klein-Rambodenbach noch fühlbar macht. Die die beiden Kerne trennende Mulde zieht sich vom unteren Flostälchen NE-wärts über den Felsrücken der Roches du Creux nach der rechtwinkligen, bei 900 m Höhe liegenden Biegung des Weges Envelier-Schönenberg und von hier über den Sattel zwischen P. 1060 und P. 1015, wo ihr Kern von Variansschichten ge- bildet wird. - Der Envelierkern ist, wie schon Erni (Lit. 6) berichtigte und entgegen den Angaben Rolliers (Lit. 27 und 21, S. 36) nur bis auf Opalinuston und nicht bis auf Keuper aufgerissen. Sein HR-Nordschenkel überschreitet n P. 612 bei Envelier die Gabiare mit sehr steilem S fallen und bleibt in dieser Stellung bis zum Weg chez Renand-riere-Buchwalder. Hier endet er an einer ca. 70 m breiten, von einer N 10° E streichenden Störung geschaffenen Bresche. Diese Störung äussert sich im Dogger zu- nächst darin, dass e von ihr der HR wieder normal (50°) N fällt, sodann hat sie aber auch, wie das der Malm beim Sonnenberg er- kennen lässt, den Charakter einer Verwerfung mit abgesunkenem W-Flügel. Vom HR-Südschenkel sind nur spärliche Reste am W-Ende der Roches du Creux und am Weg s unter P. 861 erhalten. Die flach (10—30°) S fallende Serie HR-Sauzei-Schichten wird von der immer im N-Hang der Roches du Creux verlaufenden Ver- werfung durchschnitten, die den N-Flügel um 70—80 m versenkt. _ Am besten sind die Verhältnisse von P. 861 aus zu übersehen. P. 832 liegt auf den HM des stehengebliebenen S-Flügels, darunter fällt der liegende UHR in steiler Wand ab. Unter ihm sind die obersten Blagdenischichten eben noch sichtbar, während ihre tieferen Lagen vom UHR des versenkten N-Flügels — der OHR ist ab- getragen — verdeckt werden. Nach E zu wird der HR-Schenkel in dem Masse, wie die immer im N-Hang der Roches du Creux bleibende Verwerfung in den Schönenberskern hinüberstreicht, voll- ständiger und bei P. 1060 schliesst er mit dem N-Schenkel im Scheitel zusammen. Der Kern taucht dann rasch ab und ver- schwindet bereits 500 m ne vom genannten Punkt. Vor seinem Aufhören spaltet sich noch aus seinem N-Schenkel ein kleines sekundäres HR-Gewölbchen ab, das etwas weiter nach E reicht, als der Hauptkern selbst und sich auch noch im unteren Malm des Muoltenberges bemerkbar macht. Der Schönenbergkern entwickelt sich aus der Doggerplatte Ramboden-long Pre. Die Flexur der Doggerplatte zum S- Schenkel, das Aquivalent der Raimeuxknickzone, lässt sich m EE Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 71 ansteigend bis zur E-Grenze des Gebietes verfolgen (Prof. 1—6). Die Platte selbst nimmt ebenfalls E-wärts ansteigend allmählich bis 25° S fallen an. An ihrem N-Ränd entsteht ein Gewölbe- scheitel und der zugehörige N-Schenkel entwickelt sich in gleichem Masse, als die früher besprochene Mulde, die bei Flos noch kaum angedeutet ist, nach E rasch an Schärfe gewinnt. E vom Weg Envelier-Schönenberg beginnt der N-Schenkel zu überkippen, so- dass das Gewölbe nach N überliegt. Leider verhindert Schutt die Beobachtung des Eintretens der Roches du Creux-Verwerfung in seinen N-Schenkel, doch lässt sich die Störung im Scheitel am N-Abhang des Schönenbergs (P. 1192 und P. 1193) wieder fassen. Nach Erledigung der Kerne der Stammkette müssen wir noch kurz auf den Doggerkern der im N sich ablösenden Passwang- Zweigkette, die mit der Tête aux Courbois beginnt, eintreten. Er tritt am Bach nw Monnat zum ersten Mal unter dem Malm bervor. Auf der linken Talseite bildet der HR noch ein ge- schlossenes Gewölbe mit saigerem N-Schenkel, söhliger Scheitel- platte und sanft (20°) abfallendem S-Schenkel. Im Bachbett sind auf wenige Meter eben noch die Blagdenischichten aufge- schlossen. Ganz anders auf der rechten Talseite, hier steigt der S- Schenkel als starre Platte (50° S) zu P. 981 empor, vom N- Schenkel dagegen ragen nur ruinenartige Felsköpfe mitten aus dem Mattland heraus, an denen sich 60° S messen lässt. Die schon links vom Bach auffallend schmale n Oxfordcombe spitzt E-wärts immer mehr aus und in dem auffallenden Waldzipfel auf Kurve 810 liest der obere Dogger, 50° S fallend, auf den Köpfen des saigeren Malmes (Prof. 3). Von hier zu P. 981 auf- steigend, quert man zunächst das verkehrte, in seiner Mächtigkeit stark reduzierte Profil bis zum Opalinuston des Kerns und dann dieselbe Folge in normaler Lage als S-Schenkel, Hof Monnat liest in der Sohle der den Passwangkern vom Envelierkern tren- nenden Mulde von OHR. b) Der Malmmantel. Der Malmsüdschenkel der Raimeuxkette ist e der Gabiare sehr einfach gebaut, von les Schanz bis Klein-Karlisberg fällt er unten am Bach, wie oben am Grat ca. 55° S (Prof. 1—6). Die auf den ersten Blick befremdende Tatsache, dass der Ruisseau d’Elay und der Bach von Bechlet jeder für sich das Kimmeridge queren und sich erst auf der Sequangrenze treffen, findet ihre Er- 72 R. Elber. klärung darin, dass das Tertiär des Muldenkerns bei den Punkten 702, 749 und 743 nach N rutschend, die Bäche in die Malmflanke gedrängt hat. Der Malmscheitel ist vollständig abgetragen. Der Malmnordschenkel der Stammkette und der S-Schenkel der im N auftauchenden Tête aux Courbois-Passwang-Zweigkette - sind zwischen Gabiare und P. 999 aufs engste miteinander ver- - schweisst (Prof, 6, 7 und Tafel III). Dabei wird der Gesamtbau beherrscht vom weiteren Ansteigen der Passwang-Antiklinale nach E zu. Ihr steiler N-Schenkel ist in seinen basalen Partien deut- lich überkippt und wird, wie in der Gabiare-Schlucht sichtbar, von einer N-wärts ansteigenden Flankenüberschiebung durchschert und die obere Hälfte über die Köpfe der untern weg nach N vorge- schoben (Prof. 7). Der Scheitel ist steil-giebelförmig, der S- Schenkel fällt auch hier relativ flach maximal mit 50° S. Der Malmnordschenkel der Raimeuxkette überschreitet 70° S fallend die Grabiare. Bei riere Buchwalder, wo sich der Facies- wechsel Rauracien-Argovien schon vollzogen hat, tritt das Argovien orographisch als Combe hervor, das Sequan aber ist — sich auf- richtend — bis zwischen P. 840 und P. 999 hinauf verfolgbar. In der W-Wand des Felskessels ob Sonnenberg bildet es eine zer- knitterte, spitz nach S einstechende Mulde, die die direkte Fort- setzung der bei der Brücke P. 596 konstatierten bildet. Auf der kaum 1 km betragenden Distanz hat sie sich um 300 m gehoben. Ihren Kern bilden die weithin sichtbaren steilstehenden Kimme- ridgeplatten zwischen den Punkten 754 und 999. Diese Mulde hat nach E keine direkte Fortsetzung, sie endet vielmehr an der Störung, die tiefer unten im Hang die Bresche im HR erzeugt. Diese Störung lässt sich oben am Grat zwischen den Punkten 999 und 979 fassen, wo scheitelförmig gelagertes Se- quan im W und ebenso gelagertes Argovien im E aneinander- stossen. Erweckt sie somit auf den ersten Blick den Eindruck einer reinen Verwerfung mit abgesunkenem W-Schenkel, so ist doch auch die verschiedene Gestalt der tektonischen Aquivalente e und w derselben zu beachten. Besonders gilt dies für die Synklinale, indem an die Stelle der spitz einstechenden Sequan- mulde e P. 999 eine ganz breite flachsohlige Birmensdorfermulde tritt, deren Tiefstes nicht in Fortsetzung der Sequanmulde liegt, son- dern nach SE verschoben (SE P. 979). “ Der den Schönenbergkern schief durchschneidende Roches du Creux-Bruch streicht am E-Rande meines Gebietes in die Malm- mulde w obere Muolte und lässt sich, immer ca. N 50° E streichend, Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 73 gegen die hohe Winde zu verfolgen (Prof. 5 und 6). Die Bedeu- tung der Störung wird im allgemeinen Teil besprochen werden. Der ganze Abhang n Bambois, P. 999 und Hof Montaigu ist dermassen verschuttet, dass sich auch nicht die geringsten Anhalts- punkte für seinen Bau finden lassen. Als einziger Aufschluss sind n vom m von Bambois bei 720 m Höhe saigere Verenaschichten zu erwähnen, deren Köpfe nach N zurückgekämmt sind, was aut die in der Schlucht angetroffene Flankenüberschiebung zurückzu- führen sein dürfte. Der Monnat-Bach quert bei P. 718 den senk- rechten Malm, der am linken Talhang zu Hof Montaigu aufsteigt und im Scheitel mit dem von P. 979 zusammenschliesst, auf der rechten Seite aber nach 200 m bereits in der Tiefe verschwindet, indem sich der Doggerkern darüberschiebt (Prof. 3 und 5). | Bei Monnat ist der Malm im Muldenkern auf 500 m Länge ausgeräumt (Prof. 3). Von P. 813 an setzt er wieder ein und bildet am Muoltenberg als flache Oxford-Argovienmulde die Fort- setzung derjenigen zwischen P. 912 und P. 979. Ihr S-Rand ist nun aber nicht einfach gebaut, wie das Rollier (Lit. 24, Taf. II, Prof. 2) darstellt, sondern das Argovien bildet im Bache 400 m e P. 878 zunächst einen Antiklinalrücken, sticht hierauf als Mulde S-wärts ein und biegt dann erst definitiv nach S um (Prof. 1). Der kleine Antiklinalrücken umhüllt den oben erwähnten sekundären Doggerkern, der im N-Schenkel des abtauchenden Envelierkerns sich heraushebt. Velleratkette. a) Doggerkern. Schon 1897 ist von Fr. Jenny (Lit. 13) eine Doppelung des : Doggerkerns bei Choindez in eine n Hauptfalte und eine s Se- kundärfalte erkannt worden. A. Buxtorf (Lit. 4) hat dann 1909 die Bedeutung dieser zwei Kerne klargelest und den s Fouchies- kern, den n Velleratkern genannt. W von Ja Montagne (s Chätillon) ist nur der Fouchieskern gut entwickelt und aufge- schlossen. Dabei haben meine Aufnahmen ergeben, dass derselbe bedeutend komplizierter gebaut ist als bisher angenommen wurde. Bei /es Fouchies bildet der e auftauchende Doggerkern nur ein schmales, ca. 170 m breites Band zwischen den beiden Malm- flanken. Stärker entblösst ist er schon zwischen Mont dessus und Püturage des Fouchies, wo der Bachriss einen ausgezeichneten Quer- schnitt des Gewölbes geschaffen hat. Den Bachriss hinaufsteigend findet man auf 810 m Höhe die Varians-HR-Grenze, hierauf folgen . mit 75° N fallen OHR und HM, worauf dann der UHR einen 74 R. Elber. 100 m hohen unübersteigbaren Plattenschuss bildet. Oberhalb des- selben ist der allmähliche Übergang des UHR in die Blagdeni- schichten zu konstatieren, auf welche als innerster Kern die obersten Sauzeischichten auf kurze Strecke folgen. Wie die Blagdeni- schichten sich wieder nach S zu neigen beginnen, werden sie in 935 m Höhe von einer Verwerfung haarscharf abgeschnitten, die prachtvoll aufgeschlossen ist. S von ihr finden wir OHR, der durch steiles N-fallen (70°), das allerdings durch Schleppung gesteigert sein mag, sich auszeichnet und somit wieder einem N-Schenkel an- gehört. Der Bach hat ihn beinahe durchsägt. Die untersten Bänke überkletternd, trifft man auf die den G@ewölbescheitel aus- machenden HM, über denen dann im S der OHR flach S fällt und gefolgt von oberem Dogger und Oxfordcombe den normalen S-Schenkel bildet. Die Verwerfungskluft streicht N 60° W und steht senkrecht, die Sprunghöhe beträgt im Bach ca. 70 m. Im Kartenbild erzeugen der zum allgemeinen Streichen des Kerns spitzwinklige Verlauf der Verwerfung und das Absinken der w Kernhälfte das Bild einer durch E-W gerichtete Zerrung ent- standenen Transversalverschiebung, in Wirklichkeit handelt es sich aber um das Herausheben des Kerns längs eines Bruches. Nördlich P. 996 biegt die Verwerfung leicht E-wärts ab, streicht durch P. 1095 und scheint 150 m jenseits desselben zu erlöschen. Dagegen strahlen w P. 1095 eine Reihe kleiner Be- gleitbrüche aus, die unter sich und mit dem w Teile der Haupt- verwerfung parallel laufend, den Scheitel staffelförmig durchsetzen und am EW verlaufenden Teil der Hauptverwerfung enden. Sie kommen in stufenartigem Ansteigen der HM nach E zu und in kleinen Felsabsätzchen in der stark verschutteten Halde s P. 1090 deutlich zum Ausdruck. Die Summe ihrer Verstellungsbeträge schätze ich auf 40 m, sodass für das ganze System der respektable Betrag von 110 m resultiert. In der Forét des vieux Ponts (s Châtillon) erreicht der Velle- ratkern seine höchste axiale Erhebung und ist bis auf die Opa- linustone aufgerissen. Leider ist der Erosionszirkus derart ver- schlipft und verschuttet und zum Teil von Sackungsmassen. (HR des P. 903) eingenommen, dass wir über die auch hier vorhandenen Unregelmässigkeiten im Bau nicht zu völliger Klarheit gelangen können. Von den Weiden la Montagne dem Bache aufwärts folgend, finden wir auf Kurve 760 unter Variansschichten 15° N fallenden OHR, der sich in 890 m Höhe knickartig aufrichtet. Der UHR steht senkrecht und e vom Bach stösst man in seinem Liegenden auf 80° S fallenden, unteren Dogger. Dieser Sockel des N- Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 75 Schenkels wird beidseitig des Baches in 880-390 m Höhe abge- schnitten durch eine flach S fallende, den steilstehenden Schenkel fast senkrecht querende Flankenüberschiebung (Prof. 23, 24), welche bedingt, dass nach W zu der UHR des Sockels an vorge- schobene Blagdenischichten stösst und im E der HR an einer schutterfüllten Bresche endet. Es liegen analoge Verhältnisse vor, wie sie oben aus der Malmflanke des Raimeux bei Verrerie de Roches beschrieben wurden. Der Rogensteinnordschenkel wird links vom Bach in 920 m Höhe abermals von einer Störung betroffen, an der der W-Flügel leicht nach N verstellt ist Wesentlich ist, dass auch der S- Schenkel in derselben Höhe durch eine Querstörung zerschnitten wird, deren Streichen (N 50° W) auf den Unterbruch im N- Schenkel hinweist. Dabei äussert sich hier im S-Schenkel die Störung darin, dass der W-Flügel um ca. 120 m nach NW ver- stellt ist. Leider verhindert die starke Schuttbedeckung zu ent- scheiden, ob es sich um eine längs lotrechter Fläche erfolgte Blattverschiebung handelt, oder aber um eine Uberschiebung des sw Abschnittes über den ne längs einer nach SW geneigten Fläche. Die beiden Arten von Störungen ergeben eben dasselbe geologische Kartenbild. Von P. 988 steigt der HR-Südschenkel regelmässig zu P. 1070 empor und 600 m e vom Forêt des vieux Ponts-Bach schliesst der HR im Scheitel wieder. Der Fouchieskern beginnt nun rasch E-wärts zu tauchen (Prof. 21, 22). Südlich Dorf Vellerat ist er nur noch etwa 150 m breit und im N-Schenkel stark zerrüttet. Wenn die starke Schuttbedeckung nicht täuscht, so ist weiter e vom Gewölbe eigentlich nur noch der S-Schenkel vorhanden (Prof. 20). Rechts der Birs verschwindet er 200 m nw P. 478 als zer- knittertes kleines Gewölbchen von OHR (Lit. 4 und 13, Taf. II und Pro 19). Von l’Ordon Noé an entwickelt sich nach E aus der n vorge- lagerten Doggertafel der Velleratkern. Er bildet bei Choindez ein schönes rundes Gewölbe, dessen Schenkel mit 55—60° unter die Birsalluvionen tauchen (Prof. 19, 20 und Taf. 3). Sein Scheitel sinkt ebenfalls von seiner Ablösungsstelle bei l’Ordon Noé E- wärts?). 5) Das HR-Profil, das Rollier (Lit. 30, S. 64) gibt, ist irreführend und entspricht darin den Tatsachen nicht, dass er auf den HR-Schenkel des Velle- ratkerns direkt oberen Dogger und Oxford folgen lässt, während in Wirklich- keit das OHR-Gewölbe des Fouchieskerns s anschliesst. 76 6 R. Elber. b) Der Malmmantel. Links der Birs schliesst der Malm der Velleratkette, soweit dieselbe noch in mein Untersuchungsgebiet fällt, nirgends mehr im Scheitel zusammen. Der S-Schenkel wird im W in Droit de He durch eine auf Kurve 900 fallende Knickzone zweiteilig. Die obere Hälfte … besteht aus 40° S fallendem Rauracien und Sequan, die untere aus steilem Kimmeridge (Prof. 26—28). Nach E zu gegen P. 815 (sollte heissen 915) verwischt sich die Knickzone (Prof. 25), dafür richtet sich der N-Rand der oberen flachen Partie immer stärker auf und steht etwas n P. 1116 senkrecht (Prof. 24). Von P. 1116 an fällt das Sequan auf 2 km Länge mit rund 60° S und erreicht end- lich, saigergestellt, die Birs, während das hangende Kimmeridge sich gegen die Muldensohle der Combe Pierre flacher lest. Rechts der Birs ist infolge Absinkens der Kette der Gewölbeschluss des Malms erhalten. Der S-Schenkel ist an der Strasse Verrerie-Re- beuvelier gut aufgeschlossen; die Strasse verläuft zum grössten Teil auf der Kimmeridge-Tertiärgrenze, nur bei sur le Biel ist der Bach durch die N-wärts rutschende Elsässermolasse des Muldenkerns ın den Malmschenkel der Velleratkette gedrängt worden. 3 Auch der Malmnordschenkel w der Birs zeigt eine Zwei- teilung in einen oberen flacheren Teil, der die nach S vor- ee Rauracienplatten mit den ehiakien 954, 964 und 1053 bildet und in scharfem Gegensatz steht zu einer Steilzone, die sich unterhalb Kurve 750 einstellt und von den Bächen in engen Schluchten gequert wird (Prof. 23—28). Am Weg n Les Fouchies sind 200m w P. 722 die obersten Köpfe der 60° N fallenden Steilzone nach N zurückgekämmt, was ich darauf zurückführe, dass die Sequanplatte der oberen flacheren Schenkelpartie wahrschein- lich darüber weg nach N abgeglitten ist, wie bei P. 1033 (Lit. 4). Die Steilzone wird nach E immer deutlicher, s Châtillon steht das Kimmeridge senkrecht und überkippt wahrscheinlich in der Tiefe. Es entwickelt sich die von A. Buxiorf (Lit. 4) beschriebene Flankenüberschiebung, die aber infolge der Schuttbedeckung erst an der Strasse Courrendlin-Vellerat erkennbar wird (Prof. 21—23). Kurz vor dem scharfen Wegrank, den diese auf 610 m Höhe macht, werden zu 45° S fallen abgedrückte Kimmeridgeköpfe sichtbar, dar- über erscheinen an der Wegbiegung selbst wenige Meter oolithische Spatkalke des Mittelsequans und hierauf das ganze Rauracien zu 78° S fallen überkippt. Dieses Rauracien reicht aber nur etwa 100 m nach E bis zum alten Weg, der mehr oder weniger auf der Überschiebungsfläche verläuft. Seine Fortsetzung nach der Birs ge Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 77 liegt 150 m weiter im S, in ihr wird der grosse Steinbruch der Eisenwerke Choindez betrieben. Die Uberschiebungsfläche, von der die Sockelpartie oben abgeschnitten wird, ist jedesmal dann schön zu sehen, wenn vor weiterem Vortrieb des Steinbruches das überschobene Oxford abgeräumt wird (Abbildung in Lit. 3). Sie fällt mit ca. 10° N und wird unten im Steinbruch von zwei weiteren kleinen, parallelen Überschiebungen begleitet. In der seitlichen Verlängerung des überschobenen Rauracien liest unterhalb des alten Weges die Sequancombe; die nördlich folgenden Köpfe des Kimmeridge sind an der Wegbiegung ob P. 463 ebenfalls zu S- fallen abgedrückt. Beidseitig der Birs ist schön zu erkennen, wie der Malm des Sockels sich nach N zu rasch flach legt, sodass die Sequan-Kimmeridgegrenze nur noch mit 30° N fällt. Noch weiter talauswärts zwischen dem Elektrizitätswerk der Eisenwerke und den letzten Häusern von Courrendlin stellen sich im Kimmeridge auf Stauchung zurückzuführende Fältelungen und Zerknitterungen ein, die in der Literatur schon oft erwähnt worden sind (Lit. 21, Pl. 5, Fig. 4 und Lit. 4). Die Flankenüberschiebung steigt im Streichen nach E zu leicht an und nimmt im Ausmass ab. Auf der rechten Seite der Birs springt am Westunnel bei 640 m Höhe das Rauracien sporn- artig nach N vor, der Zusammenhang mit der Sockelpartie bleibt aber durch eine stark verzerrte und reduzierte, flach S fallende Serie bewahrt (Prof. 18, 20 und Taf. II). Das Sequan des Sockels ist hier ebenfalls stark reduziert, sodass Kimmeridge der unteren und Rauracien der obern Partie sich beinahe berühren. Im übrigen verweise ich auf die Angaben von A. Buxtorf in Lit. 3 und 4. Mulde von Soulce-Rebeuvelier-Vermes. Über das westlichste Stück, Pré dessous Folpotat bis la Combe ist wenig nachzutragen. Es wurde bereits oben bei Besprechung . der Ketten gezeigt, dass der s tertiär-freie Teil der Mulde auf den w aufgeschoben ist. L, Rollier bespricht eine ähnliche irrégularité tectonique im Muldenkern bei Undervelier (Lit. 24, S. 130) und stellt sie auf der Carte tectonique de Bellelay dar. Möglicherweise entspricht das kleine Kimmeridgevorkommen se P. 537 dem der Punkte 841 und 822 von Pr& dessous Folpotat und steigert sich die Uberschiebung daselbst wieder in den zwei Delsbergerkalk- schuppen von le Mentois. Gegen /a Combe hebt sich die Mulde rasch heraus, auf Kurve 820 liegt die Tertiär-Malmgrenze (Prof. 24—26). Bei P. 1044 er- reicht die Sohle ihre Kulmination (Prof. 23), dann senkt sie sich 78 R. Elber. wieder und spaltet bei P. 932 den s Seitenzweig ab, der 150me von Trondai ein kleines Tertiärrelikt birgt (Prof. 20—22). Die Hauptmulde senkt sich als Combe Pierre axial rasch zur Birs, unterhalb Kurve 820 wird ihr Kern wieder von Elsässermolasse gebildet. An der Birs dürfte die Mulde am tiefsten eingeklemmt sein, nach E zu wird sie wohl breiter, aber dafür auch seichter, trog- förmiger (Prof. 11, 12). S der Mühle von Rebeuvelier konstatiert man zum ersten Male Delsbergerkalk in ihrem Kern. Bei Rebeu- velier scheint die Mulde ziemlich flach zu sein (Prof. 13), doch verhindern die gewaltigen Schuttmassen Beobachtungen am Tertiär selbst und man kann nur aus den Messungen am Malm Schlüsse ziehen. Sicher ist, dass die Mulde überall unter die Raimeuxkette einsticht. E von Rebeuvelier begrenzt der Malmsüdschenkel der Tiergartenkette die Mulde im N; er richtet sich von Mon Désir bis Vermes von 15°—80° auf, und damit wird das Tertiärbecken wieder tiefer und breiter. Von Berchenaux an bildet Miocän den Kern (Prof. 11). Bei Landoye gabelt die auftauchende Tête aux Courbois-Pass- wangzweigkette die Mulde. Ein schwächerer s Zweig steigt zu P. 770 empor und sogar rechts der Gabiare lässt sich noch Bolus in ihrem Kern nachweisen. Der Stamm der Mulde streicht bei Vermes auf Blatt Erschwil hinüber und kommuniziert über devunt la Melt-Mervelier mit dem Becken von Delsberg. Er sticht, wie das am S-Ende von Dorf Vermes konstatiert werden kann, eben- falls nach S unter die Kette ein (Prof. 8), Wo der Monnatbach Blatt Welschenrohr verlässt, taucht in seinem Bette die Trogberg- kette auf, als ein von Delsbergerkalk gebildetes Gewölbe (Prof. 4). II. Gesamttektonik. 1. Kerntektonik. Fast alle bis jetzt erschienenen Arbeiten, die sich mit der Kerntektonik der Juraketten befassen (Lit. 1, S. 447. 5, S. 250. 13, 8. 22. 21, S. 194), verweisen auf die Raimeuxkette als etwas Aussergewöhnliches, weil im Birsdurchbruch unter einem einheitlichen Malmdache ein mehrfach gefalteter Doggerkern auf- tritt. Meine bisherigen Ausführungen scheinen auf den ersten Blick (s. Taf. I. u. II) dies bestätigen zu wollen, bei näherem Zusehen stellt sich aber die Sache als bedeutend einfacher heraus (s. Taf. I, u. IT). In den Birsklusen von Roches lösen sich zwei grosse Doggerkerne, der von Münsterberg I und der von En- velier II ab. In den einander zugekehrten Schenkeln der Geologie der Raimeux- und der Velleratkette, 19 abtauchenden Hauptkerne entstehen sekundäre Falten und zwar im N-Schenkel des Münsterbergkerns diejenige von Roches ès Corbets (La), und im S-Schenkel des En- velierkerns die von Vevay (lla). Das Resultat ist, dass - diese sekundären Kerne eine Brücke vom einen Haupt- kern zum andern bilden. Das Material, das infolge der abnehmenden Höhe des Hauptkerns übrig wird, wird in eben diesen Sekundärkernen angelegt. Der Münsterbergkern I taucht, soweit er im Untersuchungs- gebiet verläuft, wellig E-wärts ab. Kurve 1110 liest am E-Rande des Aufrisses von le Coulou in der Untergrenze, am W-Rande der Birskluse von Roches aber in der Obergrenze des UHR, die Scheitellinie senkt sich also an der 2 km langen Montagne de Moutier um 65 m d.h. mit ca. 2° nach E. Auf 4 km fehlt in der Birskluse der HR-Scheitel; wo er am oberen Ende des Méchal- tälchens (e Roches) wieder erhalten ist, liegt die HR-Variansgrenze bei 930 m Höhe. Es scheint aber nicht gerechtfertigt, die beiden Erosionsränder durch eine gleichmässig E-wärts abfallende Linie zu verbinden, denn auffälligerweise liegt der doch eine gewisse Kulmination verratende Keuperanriss nicht im Birsniveau, sondern hat seine grösste Breite 1 km w vom Fluss bei Hautes Roches auf 700 m Höhe. Ich stelle mir vor, dass hier eine axiale Aufpressung vorhanden ist, nach welcher erst sich der Scheitel gegen Mechal senkt. Im E setzt nun die Malmbedeckung ein und verhindert direkte Beobachtung des axialen Verhaltens. Ein kleiner, isolierter Aufschluss in oberem Dogger findet sich ca. 1 km e der Bergerie auf 990 m Höhe und gehört wahrscheinlich noch dem N-Schenkel an. Im weiteren streicht der Münsterbergkern unter den Malmrücken von Petit Cerneux, auf dessen höchstem Punkte die Sennhütten von Raimeux de Grandval liegen. Der eben erwähnte vereinzelte Doggeraufschluss sowohl als Be- rechnungen aus der Mächtigkeit der Schichten machen ein weiteres leichtes „bombement axial“ unter P. 1292 wahrscheinlich. Unter Raimeux de Gremines dürfte der Kern sein Minimum erreichen. Es ist möglich, dass auch der sekundäre Roches ès Corbets- kern la, gleich nach seiner Ablösung, bei Hautes Roches eine leichte Aufpressung erfahren hat; in jedem Fall taucht er dann rasch E-wärts ab und verschwindet bereits ca. 600 m rechts der Birs, Als Ersatz des Münsterbergkerns tritt auf der N-Seite des Raimeux der Kern von Envelier II auf. Zwar fehlt auf über 7 km Länge der HR-Scheitel und damit jegliches sichere Kriterium, immerhin halte ich dafür, dass das Maximum der Auf- 80: R. Elber. faltung bei les Terras liegt, weil hier der Opalinustonkern topo- graphisch am höchsten hinaufreicht und der N-Rand der Malm- platte von les Raimeux das stärkste Einfallen nach S zeigt. Für seinen Scheitel dürfen wir am Raimeux ziemlich gleichbleibende Höhe vorraussetzen; im W beginnt dann aber zwischen den Punkten - 942 und 1278 ein ungemein starkes Axialgefälle. Zwischen den Kurven 700 und 800 löst sich aus dem S-Schenkel des Envelier- kerns der Vevaykern Ila ab und taucht ebenfalls, wenn auch kaum merklich nach W ab, sodass er die Birs noch überschreitet, während der n Hauptkern schon 400 m e des Flusses verschwunden ist. Der N-Hauptkern ist aber auch noch links der Birs durch den zu ihm gehörenden Malmrücken n Trondai ausgezeichnet, Während also die äusseren Hauptkerne I und II auch im Malm in dem Rücken von Petit Cerneux (1) und dem n Trondai (2) zur Geltung kommen, beeinflussen die inneren, sekundären Kerne Ia und Ila den Malm wahr- scheinlich nicht. Er bildete vermutlich eine einheitliche, breite Mulde, die von /e Trondai nach P. 1278 streicht und sich im Synklinaltälchen von le Bambois fortsetzt. Als Relikt dieser Ver- bindung möchte ich die Birmensdorferschichten am Weg Roches- Bergerie auf dem Scheitel des Vevay-Gewölbes deuten. Für die Strecke Terras-Envelier vermute ich leichtes e Axial- gefälle des Envelierkerns. Eine tektonische Eigentümlichkeit des Kerns besteht darin, dass sowohl unten im Tal bei Envelier- Wüst- matt als oben bei les Terras die Breite der Opalinustonzone bei- nahe konstant ca. 150 m beträgt (Prof. 7—10). Es resultiert da- raus ein Zurückbleiben des Lias in der Tiefe, mit andern Worten, es hat sich auf dem Opalinustone ein Abgleiten der Hangendserie vollzogen, sodass nur die Opalinustone in den obersten Kern einbezogen worden sind. Rechts der Gabiare setzt stärkeres Axialgefälle ein. Es äussert sich zwar zunächst rein negativ darin, dass der Kern das allgemeine Ansteigen aller übrigen tektonischen Elemente nicht mitmacht, positiv zu beob- achten ist es erst von P. 1060 an, wo der HR sich im nun rasch abfallenden Scheitel wieder schliesst. Auch hier an seinem E-Ende löst sich, nur diesmal aus der N-Flanke, ein sekundärer, kleiner Kern (IIb) ab, der nach E zu sogar in einem eigenen Malm- rücken da noch zum Ausdruck kommt, wo der Hauptkern bereits verschwunden ist. | An Stelle des untertauchenden Envelierkerns tritt wieder ein südlicherer Kern, der des Schönenbergs III. Er entwickelt sich aus der Doggertafel Ramboden-long Pre. Man könnte ihn als wiederauftauchenden Münsterbergkern auffassen, ich Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 2288 ziehe es aber vor, ihn als etwas Neues zu betrachten. Das Um- biegen des Malmsynklinaltälchens von le Bambois gegen P. 1104 scheint mir eher dafür zu sprechen, dass hier der Münsterbergkern vereint mit dem zwar nirgends aufgeschlossenen, aber doch sicher in der Tiefe vorhandenen HR-Kern der Basse Montagne aufhört. . Der Malm von Pre Christat und Raimeux de Corcelles ist ja frei von jeglicher Wellung und eher als flache Partie im S-Schenkel des Envelierkerns aufzufassen (Prof. 9 u. 10). Erst bei P. 1117 senkt sich wieder eine seichte Synklinale ein und prägt sich sofort auch im HR aus als Mulde, die vom ÂÆ/ein-Rambodenbach und vom Æostülchen. benützt wird und Envelierkern und Doggerplatte vom Ramboden-long Pré trennt. Von long Pre bis P. 1193 steigt der Schönenbergkern konti- nuierlich an, von hieran scheint er sich nach Rollier’s Carte tec- tonique und einer cursorischen Begehung zu urteilen, bis nach Rotlachen leicht zu senken, dann verschwindet er unter dem Malm des Matzendorfer-Stierenberges. Damit hört die eigentliche Stammkette des Raimeux auf, ihre Fortsetzung zur Hohen Winde aber ist ein mehr oder weniger selbständiger n Seitenzweig (IV). Der Kern dieser Tête aux Courbois-Passwangzweig- kette IV fällt nur noch auf ca. 1 km Länge in mein Gebiet; so- weit ich ihn aber kenne, liegt er stark nach N über oder ist so- gar überschoben (cf. Lit. 24 Pl. II Prof. 2 und 3). I Was die Velleratkette anbetrifit, so möchte ich im Gegen- satz zu A. Buxtorf (Lit. 4) das Verhältnis zwischen Fouchieskern V und Velleratkern VI nicht als Kernaustausch auffassen, sondern für jeden der Kerne grössere Selbständigkeit annehmen. Als Hauptkern ist jedenfalls der von Fouchies zu bezeichnen, derjenige von Vellerat entwickelt sich erst da aus dem N-Schenkel des Fouchieskerns, wo die ganze Kette bereits abtaucht. S von Dorf Vellerat ist der Fouchieskern an den Velleratkern ange- presst, event. sogar auf ihn aufgeschoben (Prof. 20). Im Forêt des vieux Ponts ist der N-Schenkel des Fouchieskerns von einer Flankenüberschiebung durchschnitten. Es scheint mir nicht ausge- schlossen, dass die die beiden Kerne im E trennende Störung mit der Flankenüberschiebung zu verbinden ist, in welchem Falle die Ueberschiebungsfläche, sich nach W hebend, aus der Mulde in den N-Schenkel des Südkernes rücken müsste. 2. Unharmonische Faltung. Die Definition dieser Erscheinung wurde bereits in der Ein- leitung zur tektonischen Einzelbeschreibung gegeben, sodass nur 6 82 R. Elber. noch die Differenzen im Bau von Kern und Mantel von diesem einheitlichen Gesichtspunkte aus zusammenfassend zu betrachten sind. Ein deutliches, unharmonisches Verhalten zeigt die Oxford- combe im S-Schenkel der Montagne de Moutier auf der Strecke Noire Combe-le Raie (Prof. 26 und 28); die Tone werden in den Raum zwischen dem plattenförmigen, oder doch nur leicht ge- wellten HR und dem S-wärts ausbauchenden Kalkmalm hinein- gepresst. Wohl die stärksten Differenzen im Bau der Liegend- und Hangendserie der Oxfordtone sind im Birsdurchbruch von Roches erschlossen (Taf. II und Abb. in Lit. 31). Über dem in vier Gewölbe aufgelösten Doggerkern dürfen wir, wie schon erwähnt, eine nur zweifache Aufwölbung des Kalkmalmes : voraussetzen. Anhaltspunkte hiezu geben uns die Tatsachen, dass sowohl die tiefste Sohle der Malmmulde von Trondai, als auch die Birmensdorferschichten am Weg Roches-Bergerie ziemlich genau über dem Scheitel des Vevay-Kerngewölbes liegen (Prof. 17—19). Von solchen Stellen mit entgegengesetzt serichteter Wölbung der Hangend- und der Liegendserie wurde das zwischenliegende Oxford- material weggepresst nach Stellen geringeren Druckes und so ent- standen die gewaltigen Oxfordaufpressungen, die wir links der Birs bei la Garde und bei le Vevay den Malmrücken über das normale Mass vom zugehörigen Kern ab- und emporheben sehen (Prof. 19). Über das Verhalten der Doggerkerne unter dem Malmblatt von les Raimeux lässt sich nichts Bestimmtes aussagen, doch ist an- zunehmen, dass nach erfolstem Kernaustausch (I und II) die Fal- tung von Dogger und Malm annähernd konkordant wird, wie wir das dann mit Sicherheit in der Gabiarekluse konstatieren können (Prof. 12). Dafür springt hier mit dem N-wärtsausbiegen des Envelierkerns die unharmonische Faltung auf den tieferen Opalinuston über, denn wie oben bemerkt, ist auf der Strecke Chäteau-Envelier der Lias wahrscheinlich in der Tiefe zurückgeblieben. Von grosser Wichtigkeit ist hiebei der Umstand, dass die Au f häufung toniger Massen gerade im dl llalsten der Kerne stattfindet, gleichviel, ob es sich um Oxfordien, wie bei la Garde-le Vevay, oder um Opalinustone, wie bei le Chäteau- les Terras handelt. Es ist das eine Erscheinung, die mit dem N-wärts gerichteten Schub, der den KO auffaltete, aufs beste übereinstimmt. Ein ausgesprochener Fall von unharmonischer Faltung findet sich auch im saigeren N-Schenkel der Passwangzweigkette, wo an der Oberfläche die Oxfordcombe E-wärts ausgequetscht wird Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 83 und der Dogger sich allmählich dem Malm nähert und sich schliess- lich über ihn wegschiebt. Die Erscheinungen der unharmonischen Faltung in der Velleratkette hat schon früher A. Matthey berührt, später sind sie von A. Buxtorf (Lit. 4) beschrieben worden und ich brauche deshalb nicht mehr darauf zurückzukommen. Unharmonische Faltung ist natürlich nicht nur auf Oxford und Opalinuston beschränkt, sondern findet sich mehr oder weniger in jedem tonig-mergeligen Horizont. Dass sie unter Umständen sogar auf den wenig mächtigen HM vor sich gehen kann, wurde bei Besprechung der Verwerfung im Roches ès Corbetskern er- wähnt. Eine damit verwandte Erscheinung ist die isolierende Wir- kung der Ton- und Mergelhorizonte gegenüber Störungen. Von den Störungen im Fouchieskern hat keine eine sichere Fort- setzung im Malm, von den beiden Blattverschiebungen im Tremblebez erlöscht die w in der s Oxfordcombe, die e im Opalinuskern; die e der beiden Blattverschiebungen n Wüstmatt ist auf den HR beschränkt. N Ebenso klingen die meisten Uberschiebungen in Ton- oder Mergelhorizonten aus, was direkt an den Flankenüberschiebungen von Choindez und Verrerie de Roches beobachtet werden kann. 3. Anpassung der Ketten an ihr Vor- und Hinterland. Der wechselvolle Bau der Raimeuxkette, wie er sich aus der Profilserie ergibt, wird von ganz bestimmten Grundzügen beherrscht, deren Ursache in den rasch ändernden Verhältnissen des Vor- und Hinterlandes zu suchen ist. Namentlich treten Wechselbeziehungen zwischen Ketten und Mulden deutlich in Erscheinung. Im W bei le Coulou herrscht, wie dies schon Kemmerling be- tont hat (Lit. 15), fächerförmiger Bau der Raimeuxkette, wo- durch eine gewisse Ahnlichkeit mit der Weissensteinkette bei Günsberg entsteht. Freilich betrifft hier die fächerförmige Anord- nung mehr nur bestimmte Abschnitte der Malmflanken, ausserdem gestattete die relativ grosse Breite der Mulde von Soulce die Ent- stehung der Uberschiebung der Pré de Folpotat, während dem S-Schenkel wegen der Nähe der Moronkette eine entsprechende Bewegungsmôglichkeit fehlte. Nach E (Prof. 26) ändert sich die Sache; mit dem Absinken der Moronkette erweitert sich im S das Petit Val, im N dagegen verschmälert und hebt sich‘ die Mulde von Souwlce mehr und mehr, der N-Schenkel wird zur einfachen Platte und die Kette liest einseitig nach S über. | 84 R. Elber. Bei Moutier taucht im S die Basse Montagne empor und be- einflusst die Stammkette auf gleiche Art, wie dies die Moronkette im W getan hat. Da aber direkt nördlich die Synklinale von Soulce ihre grösste Enge aufweist, so kann die eingeklemmte Raimeux- Kette nach keiner Seite überkippen (Prof. 21—23), es erfolgt hier die höchste Aufpressung, die im Kerne von Roches den Keuper zutage treten lässt. Sobald nun im N sich die Mulde von Soulce in der Combe Pierre wieder vertieft und verbreitert, biegt die Kette nach N aus, wobei sich im Malmschenkel eine Flankenüber- schiebung einstellt. Mit dem Auftauchen der Basse Montagne wird diese s Zweig- kette zur n Begrenzung des Beckens von Moutier. Ihr S-Schenkel überkippt nirgends, dafür bildet er aber die eigentümliche Stauchungs- falte der Roches pleureuses. Es erscheint auf den ersten Blick befremdlich, dass sich im N von Belprahon und Crémines der S-Schenkel der Kette so regel- mässig gegen das weite Becken von Moutier verflacht, ohne irgend- wie zu überkippen. Das erklärt sich aber daraus, dass hier auch das Becken von Aebeuvelier im N eine ‘bedeutende Breite besitzt und damit Raum bot zur natürlicheren Entspannung nach N. Für die lokale Uberkippung des S-Schenkels bei Corcelles ist schon oben eine Erklärung versucht worden, sodass wir hier nicht noch- mals darauf einzutreten haben; sie bedingt den fächerförmigen Bau der Kette in den Profilen 9 und 10. Der Malmnordschenkel erscheint auf das Becken von Rebeuvelier überkippt, der gleichfalls überliegende Doggerkern springt in leicht geschwungenem Bogen nach N vor und trägt auf seinem flachen Rücken die breite Malm- platte von les Raimeux. Die auftauchende Tête aux obs: Passwangzweigkette lässt die Stammkette von S her gewissermassen auf sich auflaufen und weicht selber, mit den Sockelpartien überkippend, N-wärts gegen das Becken von Vermes aus (Prof. 6—8). Die Blattverschiebungen von Tremblebez-la Montagne erklären sich aus dem westlichen Aufhören des Tête aux Courbois-Gewölbes. 1 km e Corcelles verengert sich das Becken von Moutier sehr rasch zur Synklinale von Seehof (Elay) und die südlich folgende Graiterykette ragt im Harzberg ebenso hoch auf als die Raimeux- kette. Dadurch wird eine Entspannung nach S unmöglich, sodass die Kette nur nach N auszuweichen vermag; der Schönenbergkern überkippt, derjenige der Passwangzweigkette wird über den Sockel des Malmschenkels weggepresst (Prof. 8—10). Die Velleratkette zeigt nirgends Rückfaltung nach S. Sie hatte ja im N gegen das weite Becken von Delsberg: hinreichend Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 85 Raum zur Entfaltung, alle Überschiebungen konnten sich gegen N auslösen. Das gilt sowohl für die Störungen des Kerns im Forêt des vieux Ponts, als auch für diejenigen des Malmmantels. Dabei mag auch betont werden, dass die Flankenüberschiebung im Fouchieskern gerade da liegt, wo die Mulde von Soulce- Rebeuvelier ihre Kulmination erreicht und der Widerstand im Sam stärksten war (Prof. 23, 24). Wie weit W-wärts die Flanken- überschiebung anhält, kann wegen Schuttbedeckung nicht fest- gestellt werden, ich nehme aber an, dass sie im Walde la Cendre (se Chätillon) aufhört, von hier an ostwärts biegt dafür der Malm- schenkel N-wärts aus und zeigt bei Choindez die bekannte Flanken- überschiebung. Auffallend ist der gebogene Verlauf der Raimeux- und der Velleratkette zwischen le Coulou und Chätillon. Steinmann (Lit. 32, S. 6) hat versucht, diese Verhältnisse auf seine rheinische Mittellinie, also auf Höhendifferenzen in der Unterlage desKetten- jura zurückzuführen. Ich kann mich aber dieser Meinung nicht anschliessen, da mir tangentiale Ursachen wahrscheinlicher sind. Diese Anderung im Streichen findet in der Raimeuxkette bei le Coulou statt, in der Velleratkette erst 2,5 km westlicher in der Forêt des vieux Ponts. Der Ablenkungswinkel beträgt 20—25° und seine Spitze kommt in den Aufriss von le Coulou zu liegen. Die Raimeuxkette nähert sich der Velleratkette, das Becken von Soulce verschmälernd, und wo dieses auf seine geringste Breite reduziert ist, beginnt sie bei P. 1116, die Velleratkette aus ihrer Richtung zu drängen. Im Raume südlich des abgebogenen Haupt- stammes der Raimeuxkette taucht die Basse Montagne auf; begreift man diese mit in der Kette ein, so resultiert für die N-Genze des Beckens von Moutier von E nach W zu ein ziemlich gerad- liniger Verlauf (Taf. I, Fig. 1). Als Ganzes betrachtet spiegelt der geschwungene Verlauf der Raimeux- und der Velleratkette die gegenseitige Beeinflussung der Ketten untereinander und ihre Anpassung an die Beschaffenheit der n und s folgenden tektonischen Einheiten wieder. Wir wissen, dass der den Jura faltende Schub aus SE er- folgte; das zeigt sich auch im Untersuchungsgebiet im Vorherrschen der nach N gerichteten Überschiebungen. Wo S-wärts gerichtete Bewegung sich einstellt, trägt dieselbe den Charakter von Rück- faltung, die namentlich da auftritt, wo weite Tertiärbecken ein Ausweichen der oberen Schenkelteile gestattet haben. Aus den deutlichen Anpassungserscheinungen der Raimeux- kette an die sie im N begleitenden Elemente: abtauchende Vellerat- kette, weite Mulde von Rebeuvelier und auftauchende Passwang- 86 R. Elber. zweigkette, glaube ich auch schliessen zu dürfen, dass die Anlage dieser Einheiten schon vorhanden war, als sich die Raimeuxkette im S aufzuwölben begann. Ich möchte deshalb eine Ent- stehungsfolge der Ketten von N nach S für wahrschein- lich halten. | 4. Einflüsse älterer Störungslinien auf die Raimeuxkette. In der Erforschung des nordwestschweizerischen Juras hat in den letzten Jahrzehnten immer die Frage im Vordergrund ge- standen, ob seine Anlage und sein Faltungsmechanismus nicht unter dem Einflusse praeexistierender Störungen erfolst sei und welcher Art die Beziehungen zwischen den älteren rheintalischen Störungen und dem Bau des Kettenjuras seien. Sieinmann hat als erster diese Zusammenhänge einer Betrachtung unterworfen (Lit. 32); im Sinne seiner Darlegungen würde unser Untersuchungs- gebiet zum Rheintaler Kettenjura gehören und unter dem Ein- flusse der „Schwarzwaldlinie“ und der „Mittellinie“ stehen. Konnten wir oben für das Vorhandensein einer Mittellinie in unserem Gebiete keine Bestätigung finden, so treten umso deut- licher die Einflüsse der Schwarzwaldlinie hervor. Schon Albrecht Miller (Lit. 17, S. 386) beschreibt sie als eine Linie, die ein höheres e Gebiet von einem tieferen w scheidet; über ihre Natur herrschen seither vollkommen einheitliche Ansichten. Von der Rheintalflexur Basel-Aesch quert sie in SSW-Richtung den ganzen Kettenjura, bedingt den E-Rand der Becken von Laufen und Delsberg und die Kommunikation des letzteren mit der Mulde von Rebeuvelier-Vermes bei Mervelier. Auf gleiche Weise wie dies A. Buxtorf (Lit. 3, S. 357) von der Weissensteinkette beschreibt, äussert sie sich im Gebiete der Gabiare in einem starken axialen Ansteigen der Raimeux- stammketteunddessichhierablösenden Passwangzweiges. Die Störung von Sonnenberg kann eine Folge des raschen Auf- tauchens des Passwangzweiges sein, falls sie nicht als ältere Ver- werfung rheinthalischen Charakters aufzufassen ist; dies wird sich durch die Untersuchungen auf Blatt Erschwil entscheiden lassen. 5. Faltungsphasen. Wenn wir uns zum Schlusse noch die Frage vorlegen, ob im Untersuchungsgebiet bestimmte Phasen der Jurafaltung auseinander- gehalten werden können, so kommt hiebei den als mutmassliches Pliocän bezeiehneten Geröll- und Lehmbildungen entscheidende Bedeutung zu. Schon Kemmerling hat hierauf hingewiesen. Zwei , Tatsachen sind dabei von besonderer. Wichtigkeit: Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 87 ihr ches Auflagern auf Malm, meist Sequan, ohne dass älteres Tertiär (Molasse und Bohnerz), wie es die an- srenzenden Mulden erfüllt, sich dazwischen schaltet. 2. Ihre topographisch meistens hohe Lage, weit über den heutigen Talsohlen. Zur Erklärung des ersten Punktes muss man annehmen, dass das Juragebiet schon zur Zeit der Ablagerung dieser „pliocänen“ Bildungen bis zu einem gewissen Grade gefaltet und zum Teil wohl wieder eingeebnet war. Die fluviatile Geröllüberstreuung erfolgte wahrscheinlich längs bestimmten, die heutigen Ketten querenden Stromstrichen, sowohl auf den Rücken der Falten, als auch in den angrenzenden Muldenzügen; nur ist sie in den letzteren in meinem Gebiet nicht nachweisbar, weil die wenig widerstands- fähige Molasseunterlage durch die quartäre Erosion stark abge- tragen ist. Dabei ist selbstverständlich die Möglichkeit vorhanden, dass diese alte Wellung schon in oligocäner Zeit einsetzte, wie das Grahmann für den Jura der Pfirt postuliert. Aus dem zweiten Punkt ist dagegen ohne weiteres ersichtlich, dass die Hauptfaltung der Ketten zur heutigen Höhe erst nach der Schotterüberstreuung hat stattfinden können. Sie erst hat aus den Wellenzügen die hohen Ketten mit ihren intensiv gefalteten Gewölben und Mulden geschaffen, deren Bau wir in alle Einzel- heiten verfolgt haben. Man kann also aus dem Gesagten auf zwei zeitlich scharf getrennte Faltungsphasen schliessen, doch ist auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der Faltungs- vorgang trotz seiner zeitlichen Erstreckung über lange Abschnitte des Tertiärs ein kontinuierlicher war. Ohne der ersten Deutung ihre Berechtigung absprechen zu wollen, möchte ich die zweite Erklärung vorziehen, weil sich daraus meines Erachtens Beziehungen zur Entstehung der Klusen ableiten lassen; wir werden unten darauf zurückkommen. Jedenfalls aber kann ich Brückner (Alpen im Eiszeitalter, S. 475 ff.) nicht beipflichten, wenn er gerade in meinem Gebiet morphologische Beweise für die Zweiphasigkeit der Jurafaltung erkennen .will: die Nordseite des Raimeux zeigt in ihrer Gliederung so jugendlichen Charakter, dass es ganz ausgeschlossen ist, sie als Rest einer verstellten Peneplain zu deuten. Als letzte Auswirkung der faltenden Stauung haben wir die weitere Ausprägung der gegenseitigen Anpassungserscheinungen zwischen den Gewölben unter sich und den eingeschlossenen Mulden zu bezeichnen, die in einzelnen Fällen bis zur Rückfaltung ge- führt hat. | 88 R. Elber. C. Bemerkungen zum Problem der Entstehung der Birsklusen. Die landschaftlicbe Schönheit der Birsklusen und die von ihnen geschaffenen klaren Querschnitte der Juraketten bringen es mit sich, dass sie in der Diskussion über die Entstehung der Durch- bruchtäler einen breiten Raum einnehmen. Ich erinnere an die Arbeiten von Foerste (Lit. 7), Jenny (Lit. 13), Kemmerling (Lit. 15), Penck (Lit. 18), Machacek, Rollier (Lit. 21)) Schlee (Lit. 31), Tietze (Lit. 33). Es kann nicht meine Aufgabe sein, näher auf diese geomorpho- logischen Probleme einzutreten, da deren Lösung die Berücksichti- gung sämtlicher Quertäler des Juragebirges voraussetzt, darf aber wohl meine Ansichten darüber hier kurz skizzieren. Was die Birsklusen betrifft, so bin ich bei meinen Auf- nahmen zum Gedanken geführt worden, wie sie erstmals Aug. F. Foerste vor 25 Jahren ausgesprochen hat, d. h. ich schliesse mich denen an, die für die Birs Antecedenz und für ihre las hohes Alter nen. Für die Auffassung F. Jenny’s, es sei das Birsbett im wesen- lichen bestimmt durch tektonische Unregelmässigkeiten und Störungen habe ich keinerlei Anhaltspunkte finden können, die Ketten weisen im Gebiet der Klusen durchaus nicht mehr oder grössere Komplikationen auf als anderwärts. Der retrograden Erosion kann ich ebenfalls keine so o hohe Bedeutung beimessen, denn wo hätte sie ein besseres Wirkungs- feld gehabt, als im Staffelbruchgebiet von Mont dessus, oder in der Forêt des vieux Ponts, und doch hat sie daselbst nur enge Gräben ausgearbeitet. Auch der namentlich von Kemmerling und zuletzt von Schlee vertretenen Ansicht, es seien die Klusen des Bernerjura an axiale Depressionen der Faltenscheitel geknüpft, kann ich nicht vor- behaltlos beipflichten, steht doch der Verlauf der Birs in der Basse Montagne- und Velleratkette damit im -Widerspruch und auch für die Raimeuxstammkette lässt sich höchstens geltend machen, dass im grossen Ganzen der Birslauf in der Zone des Kernaustausches liegt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der Münster- bergkern noch in einem Abschnitt hoher Aufpressung gequert wird und erst einige km e der Birs endgültig abtaucht. Endlich müsste dabei auch der unharmonischen Faltung insofern Rechnung ge- tragen werden, als man aus dem Kernbau nicht ohne weiteres auf den Faltenwurf des Malmmantels schliessen darf. Wenn es auch nicht wahrscheinlich ist, dass Minima des Doggers mit Maxima des Malms zusammenfallen, so braucht doch eine Depression im Malm Geologie der Raimeux- und der Velleratkette, 89 nicht so tief gewesen zu sein, als man heute aus dem Doggerkern schliessen möchte. Stellen wir uns auf den Boden der Antecedenztheorie, so scheint es mir aber doch nicht angängig, einfach Antecedenz der heutigen Birs anzunehmen. Wir haben oben ausgeführt, wie wahr- scheinlich während des Altpliocäns das Gebiet des jetzigen hohen Kettenjura zur Südabdachung des Schwarzwaldes und der Vogesen gehörte und von dorther in bestimmten Stromstrichen mit fluviatilen Geröllen überstreut wurde. (Geht man von der begründeten Voraussetzung aus, die Jura- falten seien von N nach S entstanden, so ist denkbar, dass im Ge- biet des heutigen Birslaufes ein N-S gerichteter Fluss sein Bett in dem Masse einschnitt, wie die Ketten sich aufwölbten und mit dem Entstehen neuer Ketten im S jeweils auch diese vorzu durch- talte. Für die Lage der Entwässerungsrinnen mögen Depressionen der Faltenaxen bestimmend gewesen sein. Je mehr die Faltung weiterschritt, umsomehr lokalisierte sich die Erosion auf diese be- stimmten Rinnen, dadurch wurden die auf den Kettenscheiteln liegenden etwas älteren Schotter stellenweise der abtragenden Wir- kung entzogen. Diese primäre, nach S gerichtete Entwässerung, hat später nach und nach eine Umkehr nach N erfahren. Die Ur- sachen hiefür dürften in zwei Richtungen zu suchen sein: einerseits im Emporwachsen immer höherer Ketten im S, die zu durchsägen die Urbirs nicht vermochte, andrerseits — und dies scheint mir das Massgebende — im weiteren Einsinken der oberrheinischen Tiefebene und des im Süden derselben liegenden Juraabschnittes. Auf die Möglichkeit derartiger junger Senkungsvorgänge hat auch A. Buxtorf vor kurzem hingewiesen (Verhandlg. naturforsch. Ges. Baselland, Tätigkeitsber. 1911/16, Fussnote S. 186—87). Sobald aber einmal die Abflussrichtung nach N gegen den Rheintalgraben erfolgte, setzte ein weiteres Vertiefen der schon vorhandenen Quer- talstrecken ein und so entstanden die Birsklusen in ihrer heutigen Gestalt. Es scheint mir, dass das Klusenproblem ohne Annahme einer Umkehrung der Entwässerungsrichtung nicht gelöst werden könne und es ist mir wichtig, dass auch Foerste zu ähnlichen Vor- aussetzungen gelangt ist. Ganz allgemein gesprochen aber dürften auch für die Durchbrüche der Birs die Worte Tietze’s gelten: „Einem Fluss im dislocierten Terrain ist sein Lauf jedenfalls genauer vorgezeichnet, als einem Fluss in der Ebene. Allerdings handelt es sich bei unserer Betrachtung darum, den Anfang der Quertalbildung durch eine Gebirgskette hindurch jedes Mal in eine 90 R. Elber. Zeit zu verlegen, wo diese Kette eben noch kein Gebirge, sondern flaches Vorland eines älteren Festlandes und nur in der Anlage vorhanden war. Man wird aber doch die Hebung einer Kette sich nicht in der Weise zu denken haben, dass sie ihrer ganzen Er- streckung nach mit absolut gleicher Intensität und ohne ursprüng- liche Höhendifferenzen aufstieg, Diejenigen Teile der Kette also, bei denen jene Intensität am geringsten war, werden von Anfang an den Lauf der Flüsse und die ungefähre Lage des künftigen Quertals bestimmt haben. Der Spielraum, den der Fluss beim Beginne der Erhebung der Kette noch haben konnte, musste im Masse der Zunahme dieser Erhebung immer mehr eingeschränkt werden. Eine Verstärkung der Erosionswirkung ergibt sich als notwendige Folge dieser Einschränkung, welche das Einschneiden der Gewässer in das Gestein einer stets enger und enger be- grenzten Linie oder Zone zuweist.“ Etwas andere Verhältnisse als bei der Birs finden wir in der Kluse der Gabiare im Abschnitt von Envelier. So nimmt auch schon Machaceck eine andere Entstehungsweise als für die Birs- klusen an. Die Schlucht ist nicht nur viel weniger tief, sondern weist auch viel stärkeres Gefälle auf. Auch bei ihr sind Spalten- theorie und reine Antecedenz nicht anwendbar und auch Xemmerlings Hypothese vom Zusammenfallen der Quertalsstrecken mit axialem Minima der Faltenscheitel ist nur insofern zutreffend, als auch hier ein Kernaustausch stattfindet. Da die Passwangzweigkette von der Grabiare, wie die Basse Montagne von der Birs, nur im abtauchenden Ende, nicht aber an ihrer tiefsten Stelle gequert wird, scheint es mir, als ob die Anlage des Quertales sehr alt sei, die Aus- weitung und Vertiefung der Kluse zur heutigen Gestalt aber möchte ich namentlich der rückschreitenden Erosion der Gabiare zuschreiben. Dabei ist möglicherweise ein ehemals von Seehof nach dem Becken von Moutier fliessender Bach angezapft worden, wo- durch die Tiefererosion in der Kluse eine bedeutende Verstärkung erfahren hätte. | | Zusammenfassung der Resultate. Als Hauptergebnisse der Arbeit betrachte ich folgende Punkte: A. Stratigraphie: 1. Es sind äusserst rasche und durchgreifende Facieswechsel in der Serie Murchisonae-Blagdenischichten in E-W-Richtung zu konstatieren, die sich sowohl auf die Gesteinsmächtigkeit als auch auf die lithologische Beschaffenheit erstrecken. DD “6 Qt Geologie der Raimeux- und der Velleratkette, 91 . Dalle nacrée fehlt in meinem Untersuchungsgebiet. . Das Oxfordien behält seine normale Mächtigkeit auch im E des Untersuchungsgebietes, wo die höheren Malmstufen bereits in argovischer Facies ausgebildet sind, noch bei. . Die Mächtigkeit des Rauracien-Argovien ist im Gebiet des Facieswechsels etwas kleiner als in Gebieten rein rauracischer und rein argovischer Ausbildung. . Es lassen sich auf Sequan und Rauracien der Ketten- und Muldenkulminationen zerstreute Schotterbildungen nachweisen, deren Alter höchst wahrscheinlich altpliocän ist und die wir vielleicht aus den Vogesen herzuleiten haben. Ähnlichen Alters sind wahrscheinlich auch Lehme, welche mit den Geröllbil- dungen vergesellschaftet sind. Geröllfreie Lehme (bloss Ver- witterungslehme?) sind auch auf Dogger (HR) zu beobachten. B. Tektonik: . Die Raimeuxkette weist im Dogger drei Hauptkerne auf: Der Münsterbergkern I hat seine Hauptentwicklung w der Birs, der Envelierkern II dominiert im Abschnitt zwischen Birs und Gabiare, e der Gabiare tritt an Stelle von II der Schönen- . bergkern III. Der Austausch zwischen I und II findet im 10. Gebiet des Quertals der Birs statt, der zwischen II und III in dem des Gabiaredurchbruches. In den abtauchenden Enden der grossen Kerne wird das Gesteinsmaterial, das durch abnehmende Höhe der Kerne bei ungefähr gleichbleibender Breite erübrigt, in sekundärer Fal- tung angelest. So erklären sich die vier Kerngewölbe bei Roches. . Das Ostende des Envelierkerns und der Schönenbergkern werden von einer streichenden Verwerfung durchschnitten, an welcher eine bedeutende Absenkung des Nordflügels stattfindet. Sie fällt auf 5 km Länge in mein Untersuchungsgebiet und lässt sich auch auf Blatt Erschwil noch weit gegen die Hohe Winde verfolgen. . Bei Vermes löst sich die Passwangkette als nördlicher Zweig von der Raimeuxkette ab; letztere findet ihr E-Ende im Matzen- dorfer-Stierenberg. . Der südliche Kern der Velleratkette, der Fouchieskern, weist bedeutend komplizierteren Bau auf, als bisher angenommen wurde; bei Mont dessus wird er von einem System von Staffel- brüchen, in Forêt des vieux Ponts von einer Flankenüber- schiebung betroffen. Da der vierfachen Faltung des Doggers bei Roches nur eine doppelte des Malms gegenübersteht, so weist auch die Raimeux- 92 IR 12. Die Schwarzwaldlinie bedingt e der Gabiare den Axialanstieg 13. R. Elber. kette die Erscheinung der unharmonischen Faltung auf, die von der Velleratkette schon bekannt war. Die Wechselbeziehungen zwischen den Ketten unter sich und den dazwischen eingeschlossenen Mulden lassen mich der Mei- nung beipflichten, wonach die nördlichsten Ketten ihrer ersten Anlage nach die ältesten sind. aller tektonischen Elemente der Raimeuxkette. C. Geomorphologie: Die Anlage der heutigen Birsklusen ist sehr alt, sie wurde wahrscheinlich schon vom jungtertiären, vom Schwarzwald bezw. den Vogesen aus nach Süden gerichteten Entwässerungssystem vorgezeichnet, als dessen Anzeichen die Pliocänablagerungen auf Münsterberg und les Raimeux zu betrachten sind. Später hat, vermutlich unter dem Einfluss des Einbrechens des Rhein- talgrabens und des Weiterschreitens der Jurafaltung successive eine Umkehr der Entwässerungsrichtung stattgefunden. 14. Auch die Anlage der Gabiarekluse mag älteren Datums sein, 10. ur. doch dürfte die heutige Schlucht das Werk rückschreitender Erosion, verbunden mit Anzapfung des Seehofbaches, sein. Zitierte Literatur. (Die Nr. 25, 26 und 27 sind geologische Karten.) . Amsler, A. Tektonik des Staffelegg-Gebietes. Ecl. geol. Helv. XIII. 4. 1915. . Buxtorf, A. Geologische Beschreibung des Weissensteintunnels und seiner Umgebung. Beitrag geol. K. Schw. N. F. XXI. 1908. . — Bemerkungen über den Gebirgsbau des nordwestschweizerischen Ketten- jura, im Besonderen der Weissensteinkette. Zeitschr. deutsche geol. Ges. Bd. 63, H. 3, 1911. . — Ueber den Gebirgsbau des Clos du Doubs und der Velleratkette im Berner-Jura. Ber. über d. Vers. d. oberrh. geol. Ver. 42.'Vers. Heidelbg. 1909. + — Prognosen und Befunde beim Hauensteinbasis- und Grenchenbergtunnel und die Bedeutung des letzteren für die Geologie des Juragebirges. Verh. naturf. Ges. Basel, XXVII. 1916. . Erni, A. Das Rhät im Schweizerischen eis Ecl. geol, Helv. XI. I. 1910. . Foerste, Aug. F. The Drainage of the Bernese Jura. Proceedings of the Boston Society of Natural History. XXV. 1892. . Fleury, E,. Le sidérolithique Suisse. Diss. Fribourg, 1909. . Gilliéron, V. Sur le calcaire d’eau douce de Moutier attribué au purbeckien. Verh. natf. Ges. Basel, 8. Teil, 2. Heft, 1887. Greppin, J. B. Notes géologiques sur les terrains modernes, quaternaires et tertiaires du Jura Bernois. Neue Denkschr. Schw. nat, Ges. XIV. 1855. — Description géologique du Jura bernois. Beitr. geol. K. d. Schw. VIII. 1870. 12: Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. 93 Gutzwiller, A. Die Wanderblôcke auf Kastelhöhe. Verh. natf. Ges. Basel, XXI. 1910. . Jenny, Fr. Das Birstal. Wissensch. Beil. Ber. Realsch. Basel, 1897. . Juillerat, EP. Relations entre le Malm du Jura central et celui du canton d’Argovie. Arch. d. Sc. phys. et nat. Genève, XXIII. 1907. . Kemmerling, G. L. Geologische Beschreibung der Ketten von Vellerat und Moutier. Diss. Freiburg i/Br. 1911. . Mühlberg, M. Vorläufige Mitteilung über die Stratigraphie des Braunen Jura im nordschweizerischen Juragebirge. Ecl, geol. Helv. VI. 4. 1900. . Müller, Albr. Ueber einige anormale Lagerungsverhältnisse im Basler Jura. Verh. natf. Ges. Basel, 2. Teil, 1.—4. Heft, 1860. . Penck, A. Die Bildung der Durchbruchtäler. 1888. . Rollier, L. Les Facies du Malm jurassien. Arch. Sc. phys. et nat. Geneve, XIX. 1888. . — Etude stratisraphique sur les terrains tertiaires du Jura Bernois (Partie merid.) Ecl. geol. Helv. III. 1892. — Structure et histoire geologiques de la partie du Jura central comprise entre le Doubs, le Val de Delémont, le lac de Neuchâtel et le Weissen- stein. Beitr. geol. K. Schw. VII, 1893. . — Coups d'œil sur les formes et les relations orographiques que détermi- nent les facies du Malm dans le Jura. Ecl. geol. Helv. V. 1. 1897. 3. — Défense des Facies du Malm. Ecl. geol. Helv. 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Bemerkungen über die tektonischen Beziehungen der ober- rheinischen Tiefebene zu dem nordschweizerischen Kettenjura. : Ber. natf. Ges. Freiburg i/Br. VI. 4, 1892. Tietze, E. Einige Bemerkungen über die Bildung von Quertälern. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt XXVIII, 1878. Geologisch-palaeontologische Anstalt der Universität Basel, Nov. 1919. Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten. Von Alfred Gigon, Basel. Die Tätigkeit des menschlichen Organismus ist derart, dass die Störung irgend einer Funktion oder eines Organs den ganzen Körper zu beeinflussen vermag. Dieser Satz ist ein Gesetz für die Pathologie ebensogut als für die Physiologie. Die Erkrankung eines Organs kann auf die Funktion des übrigen Organismus oder eines andern Organs auf sehr verschiedene Art und Weise einwirken. Die verschiedenen Mechanismusarten, wie sich die einzelnen Organfunktionen gegenseitig beeinflussen, können sehr häufig gleich- zeitig vorhanden sein. Spricht man jetzt von Organkorrelationen, so denkt man unwillkürlich fast nur an die Drüsen mit innerer Sekretion. Wir haben uns gewöhnt, für das Studium dieser Wechsel- beziehungen nur relativ grobe Symptome zu wählen: Akromesalie, Myxoedem, Basedow, Addison usw. Diese Symptome sind aber in der Praxis relativ seltene Erscheinungen. Die grösste Mehr- zahl der Patienten bieten weniger auffällige Symptome dar. Leider sind diese kleinen Symptome äusserst selten das Objekt einer exakten Untersuchung gewesen. Wir werden z. B. vergebens in den meisten Lehrbüchern und sehr selten in Publikationen Mitteilungen über die Beschaffenheit der Zunge bei verschiedenen Krankheiten finden. Es wird der uralte Schlendrian getadelt, sich bei allen Klagen über Verdauungs- störungen die Zunge zeigen zu lassen, und wenn sie belegt ist, daraus den Schluss auf eine Magen-Darm-Erkrankung zu ziehen (Schmidt). Es ist richtig, dass Magen-Darm-Störungen vorkommen, ohne dass die Zunge die Erkrankung spiegelt. Das Gegenteil ist aber viel häufiger der Fall. Allerdings sollte man sich nicht be- - gnügen, nur Dicke des Belages zu beobachten. Sitz und Farbe des Belages, ferner Schwellung der Zunge, Zahneindrücke, Grösse der Papillen, Feuchtigkeitsgrad der Zungenoberfläche können inter- Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten, 95 essante Indikationen geben über den Verlauf von Erkrankungen der verschiedensten Art. Abgesehen von der Beteiligung der Zunge an den lokalen Erkrankungen der Mundhöhle beteiligt sich die Zunge doch sicher auf nervösem oder humoralem Wege an den Erkrankungen des Verdauungstraktus. Wiederholt konnte ich bei einer frischen Blutung eines Ulcus des Magens oder Duodenums einen dünnen weisslichen Belag der Zunge beobachten. Die Zunge ist beim blutenden Ulcus fast immer geschwollen und weist Zahn- eindrücke auf. Bei Carcinom ist das Letztere meiner Erfahrung nach selten der Fall. Die Zunge beteiligt sich aber noch an vielen andern Erkrankungen. Bekannt ist die sog. Himbeerzunge bei Scharlach, die eigentümliche Typhuszunge. Die Nierenspezialisten kennen eine Harnzunge. Bei den verschiedensten Kreislauf- störungen verliert die Zunge sehr häufig ihre normale schmutzig- rote Farbe mit dünnem weissgrauem Belag an den hintern Par- tien. Die Zunge ist hochrot, es fehlt ihr jede Spur eines Belages. Besteht Retension von harnfähigen Stoffen, so verliert sie ihre feuchte Beschaffenheit, sie wird trocken. Der palpierende Finger fühlt nicht mehr eine samtartige Oberfläche, sondern eine von beinahe brettharter Konsistenz. Bessert sich der Zustand, so kann in wenigen Stunden Aussehen und Beschaffenheit der Zunge wechseln, bevor noch am Herzen oder im Harn objektive Erschei- nungen der Besserung nachweisbar sind. Das reichliche Trinken, das Kauen beeinflusst das Aussehen der Zunge kaum. Kreislauf- oder Nierenpatienten können in dem Stadium, wo sich quälender Durst und trockene Zunge einstellen, relativ noch grosse Mengen Speichel produzieren. Sehr charakteristisch ist die trockene mit braunem Belag verfärbte Zunge der akuten Bauchfellentzündung. Eine weitere Form der Zunge, die sog. atrophische oder Hunter’sche Zunge mit kleinen vielleicht fehlenden Papillen ist ein bisweilen sehr früh auftretendes Symptom der Magenachylie und der perniciösen Anämie. — Eine auffallend sehr reine Zunge beobachtet man weiter sehr häufig bei Diabetes und bei der Gicht. Die Obesitas geht sehr oft mit belester Zunge einher. — Zu erwähnen sei schliessslich, dass im Alter die Zunge ihr Aussehen ändert. Die Zunge ist stärker gerötet beim Greise, und seltener belegt als bei jüngeren Indi- viduen. Ein anderes Organ der Mundhöhle, das bei zahlreichen All- -gemeinerkrankungen in Mitleidenschaft gezogen wird, ist z. B. die Mandel. Neigungen zu Anginen, zur Bildung von Tonsillarpfröpfen findet man oft im Zusammenhang mit Magendarmstörung, nament- lich bei jugendlichen Individuen. Dasselbe beobachtet man bei beginnenden Phthisen, bei der Skrophulose usw. Dass Zahnfleisch 96 Alfred Gigon. und Zähne bei den verschiedensten inneren Erkrankungen Störungen aufweisen, ist allgemein bekannt. Sehr eigentümliche Beziehungen beobachten wir zwischen Magenleiden und Erscheinungen der verschiedensten Art an der Nase. Die sog. „rote Nase“ bei einem Manne weckt sofort bei Laien und Aerzten den Verdacht des chronischen Alkoholismus auf. Eine statistische Erhebung wird den Beweis erbringen, dass mindestens ebensoviel Nichtalkoholiker wie Trinker mit der roten Nase behaftet sind. Sucht man nach dem Grund dieser Erscheinung, so wird man meiner Erfahrung nach bei allen derartigen Indivi- duen folgendes Gemeinsames finden: 1. Diese sämtliche Patienten sind Erwachsene, mindestens über 30 Jahre alt; Kinder mit roter Nase beobachtet man fast nie. Selbstverständlich muss man die vorübergehenden mehr oder weniger dauernden Erscheinungen, die durch Kälteeinwirkung, lokale Erkrankungen usw. ihre Ursachen finden, ausschalten. . 2. Diese Leute sind alle magenkrank. Die Motilität des Magens ist bei ihnen in der Regel nicht wesentlich verändert. Ist es der Fall, so ist es fast immer in dem Sinne einer Verlang- samung der Magenentleerung. Regelmässig ist die Magensekretion gestört. Man findet eine verminderte Salzsäure-Produktion. Sehr oft besteht ein chronischer Magenkatarrh mit Schleimbildung. Ein chronisches Magenleiden ist ausserordentlich oft die Ursache der Rötung der Nase. Der Alkoholgenuss ist insofern an dem Auf- treten derselben schuld, als der Alkoholiker eben mit Magenkatarrh fast regelmässig behaftet ist. Das Magenleiden muss relativ lange bestehen, bis die Nasensymptome sich einstellen. Anderseits wissen wir, dass eine Magenstörung jahrelang bestehen kann, ohne dass dem Träger derselben sehr auffällige Magensymptome, Schmerzen, Druckgefühle zum Bewusstsein kommen. Der Patient glaubt sich gesund und erschrickt über die allmählich zunehmende Rötung seiner Nase. Dieses letzte Symptom kann dem Arzte auf die Spur der richtigen Diagnose und Therapie verhelfen. Die Magenerkrankungen, vielleicht auch die Darmerkrankungen können noch andere Erscheinungen an der Nase zeigen. Bekannt ist die volkstümliche Anschauung, dass Kinder, die sich die Nase kratzen oder in die Nase bohren, an Würmer leiden müssen. Die Beobachtung ist nicht ganz unrichtig. Ich habe wiederholt von Patienten mit Magendarmstörungen die Angaben erhalten, dass sie sehr häufig von lästigem Jucken an der Nase befallen sind. In zwei Fällen wurde das Jucken so stark, dass der Schlaf durch dasselbe gestört war. Bei einem einzigen Patienten bekam ich die eigentümliche Mitteilung, dass jedes Mal, wenn der Magen ge- Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten. 97 stört ist, die Aussenseite der Nase und ausschliesslich diese Haut- partie ganz profus schwitzte. Wir kennen allerdings Beziehungen zwischen Magendarm-Traktus und der Haut. Längst bekannt ist das Auftreten von Akne-Pusteln, Comedonen, Furunkeln bei Magendarmstörungen. Dieselben treten aber nicht nur an der Nase, sondern am übrigen Gesicht, am Rücken und an der Brust auf. Es handelt sich hier um Beziehungen zwischen Organen, die verschiedenen Systemen angehören. Solche gegenseitige Beziehungen kennen wir auch zwischen der Tätigkeit der Abdominalorgane und dem Herzen. Bei. zwei Patienten mit sichern Pankreasstörungen be- obachtete ich auf Fettzufuhr eine sehr beschleunigte Herzaktion. Eine Verlangsamung des Herzschlages, 40 Puls z.B. in der Minute beobachtet man nicht selten bei Magendarmerkrankungen. Eine Gastritis ist oft mit Bradykardie verbunden. Unregelmässigkeiten in der Herztätigkeit (Extrasystolen) werden oft durch Bekämpfung einer bestehenden Obstipation prompt beseitigt. Man kennt schon lange die Bradykardie bei der Gelbsucht und führt dieselbe auf die Resorption der Gallenbestandteile zurück. Bekanntlich ist die Cholsäure ein Nervengift; geringe Dosen beeinflussen den Vagus, grössere das Herz unmittelbar. Die Herztätigkeit wird verlang- samt, allein sind die Cholatmengen, die im Blute bei der Gelbsucht kreisen, äusserst gering. Man kann bei der stärksten Gelbsucht die erwartete Wirkung auf die Herztätigkeit ganz vermissen. Ander- seits beobachtet man, dass eine bei Gelbsucht zum ersten Mal aufgetretene Bradykardie nach Verschwinden des Ikterus jahrelang weiter bestehen bleibt. Ist es nicht mehr die Störung der Leber- tätigkeit selbst als die Cholsäure-Wirkung, welche die Bradykardie verursacht. Veränderungen in der Lage der Abdominalorgane vermögen ebenfalls das Herz zu beeinflussen. Patienten mit Magensenkung weisen in der Regel eine beschleunigte Herzaktion auf. Fordert man den Patienten auf, mit seinen Händen die untere Abdominal- hälfte zu komprimieren, so dass der Magen in die Höhe geschoben wird, was man am Röntgenschirm mit Leichtigkeit kontrollieren kann, so nimmt man sogleich eine Verlangsamung der Herztätig- keit wahr. Man spricht von einem abdominocardialen Reflex. Nicht nur zwischen Abdominalerkrankung und Herztätigkeit, sondern auch zwischen den abdominellen Organen und dem Gross- hirn bestehen noch sehr wenig erforschte Beziehungen. Im Ver- lauf einer Gallenstauung entwickeln sich nicht selten Hirnerschei- nungen, Schwindel, Benommenheit, Delirien, Krämpfe. Man hat dieselben bisher als Folgen einer Ansammlung der neurotoxischen Cholate im Organismus angesehen. Diese Hirnerscheinungen können 7 98 Alfred Gigon. aber auch bei schweren Leberaffektionen ohne Ikterus auftreten. Wir kennen ferner Erkrankungen des Zentralnervensystems, die sog. Wilson’sche Krankheit, die Pseudosklerose von Westfal- Strümbel, die, wie es scheint, regelmässig von Leberveränderungen begleitet sind. Durch eigene Beobachtung bei zwei Patienten bin ich auf wahrscheinliche Beziehungen zwischen Leberaffektion und der progressiven Paralyse aufmerksam gemacht worden. Prof. Bing. verdanke ich die Mitteilung, dass gewisse Beziehungen zwischen Leber und progressiver Paralyse schon 1904 Pilz aufgefallen sind. Unter 1896 Autopsien von Paralytikern fand Pilz 336 mal deut- liche Leberveränderungen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir im Grosshirn Zentren besitzen, die die Tätigkeit der verschiedensten Organe des Abdomens zu beeinflussen vermögen. Dies ist für die motorische Tätigkeit des Magendarmschlauches ziemlich allgemein anerkannt. Aber auch die Sekretion des Magens und wohl die Tätigkeit der übrigen Verdauungsorgane stehen mit dem Grosshirn in inniger Beziehung. Eine 62jährige Patientin bekam vor einigen Monaten zum ersten Mal einen Hirnschlag. Die Sprache ging vorübergehend verloren, der Schlag ereignete sich nachts; unmittel- bar nach dem Anfall nachts spürte sie plötzlich heftiges Magen- brennen, was sie früher niemals gehabt hatte. Seither sind Sprach- störungen und leichte paretische Erscheinungen am rechten Arm verschwunden, aber das Magenbrennen ist geblieben. Klinisch interessante Beziehungen beobachtet man ferner zwischen Organerkrankungen und dem Fettansatz im Körper. Im Anfangs- ‘ stadium von chronischen- Nierenleiden tritt nicht selten eine auf- fallend starke Fettsucht auf. Bei der progressiven Paralyse ist das Gegenteil der Fall. Es gibt wohl kaum eine Erkrankung, die imstande ist, eine derart extreme Abmagerung der Patienten trotz guter Ernährung zu verursachen. Ein ausserordentlich wertvolles Symptom ist der Blutdruck. Leider wird er noch zu wenig gewürdigt. Der Reiz peripherer sensibler Nerven ist gewöhnlich von Blutdrucksteigerung begleitet. Die Bleikolik, die von Pal als abdominelle Gefässkrise angesehen wird, ist regelmässig mit Hypertonie (Blutdrucksteigerung) ver- bunden. Es besteht m. E. kein Zweifel, dass manche Ursachen einer Hypertonie uns noch nicht genügend bekannt sind. Ich habe bei 2757 Patienten, ausschliesslich Erwachsenen, die wegen der verschiedensten chronischen inneren Leiden zur Unter- suchung und Behandlung kamen, Blutdruckbestimmungen gemacht und komme zu folgender Statistik. a 99 Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten. “OTINUIUNAY JUL ICH x » pr le ce | ea | ar l'oer | ag | er l'ore | arr] 861) res | o1r | rar CL UE dd a... 2,5 > (one) | | aruojodÂf} ‘@ nee le) Ch eee cp 0 ea 26 ee ggE © ‘ uoyouueay | uaaopuR Tod OTUOJaOdÄH ‘} Lai ru I == Be = — = = — — — Fr I G FT SPRINT ARR A RS UIOIAES 3) u 2, ie = = — — — — F & & | F9 82 98 89 er EWONIIENEEE ee ee er ee Gr 10 BL 92 : *° Moposeg SNALON ‘7 ee er in ng | IE ni ape | 072,8 FF (uPSuUNIOS ouPSTUBSIO 94045 ouuy0) SENSIAIO 'Z (1) (g) |(9) () |(9) (F) | (07) | +(9) He ke a 6 IE 108 | 2 |ET |1G | AT | re GOT | Er | 66 GLT © © © seympotu Sajoqui & 9 2 G |eL | 8 y 06 |9 Fr | GG | L sg 61 |7 CT 66 wer 2 SNUdONSEE | om ONE] | AALEN || EI, ONE. up [8307 | WOUtIT ou to] ONE | HUE | og UNE ET : wu 098 < | wu 098 —Tez | wu 085 -I8T | ww OST—IFT | Wu OPT—OTT LE f Yoyyueay — 49p je}o ; 6H ww ul Yonapynıg ee sn 100 Alfred Gigon. Als normaler Blutdruck bezeichne ich Werte von 110 bis 140 mm Hg. Bei 512 Patienten (18,6°%,) habe ich eine Hyper- tonie gefunden. Ich habe dieselben unter folgenden Rubriken ver- teilt. In Rubrik 1 der Tabelle sind klinisch sicher gestellte Fälle von Nephritis chronica. Rund 80% derselben haben einen er- höhten Blutdruck. Man weiss schon, dass gewisse Nierenverände- rungen regelmässig mit Hypertonie einhergehen. Bei Diabetes ist eine Blutdrucksteigerung keineswegs selten. Allerdings findet man dabei oft Nierenveränderungen. In der Rubrik Obesitas sind ausschliesslich Patienten registriert, die die Obesitas als wichtigstes pathologisches Symptom aufwiesen. In 5 und 6 sind nur sichere Carcinom- und Sarcomerkrankungen eingereiht. In 7 handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle um Verdauungsleiden, Herz- und Lungenleiden, nervöse Erkrankungen usw. In der letzten Rubrik habe ich 8 Fälle mit Hypotonie registriert. Man findet dieselbe bei chronischen Erkrankungen zumal in der Sprechstundenpraxis ausserordentlich selten. Folgende interessante Resultate gehen aus den Zahlen der Tabelle hervor. Unter den 68 Carcinom- und 4 Sarcomfällen sind nur 4 Patienten mit Hypertonie und zwar geringeren Grades (2 mal 150 mm Hg, 1 Fall 155 mm Hg, 1 Fall 170 mm Hg). Der Voll- ständigkeit halber sei erwähnt, dass unter den Nephritispatienten mit Blutdruck 181--220, sich ein Mann befindet, der 1909 wegen Mastdarmcarcinom operiert wurde, bis 1918 gesund blieb, und zurzeit 1919—1920 einen Blutdruck von 190—200 mm Hg auf- ' weist mit granulierten Zylindern im Harne. Patient klagt seit Mitte 1919 über heftige Kreuzschmerzen. Anhaltspunkte für Carcinom sind bisher keine vorhanden. Nach der Erfahrung, die die Tabelle ergibt, habe ich vorläufig bei dem Patienten ausschliess- lich eine chronische Nephritis angenommen. Ich möchte die Be- hauptung aufstellen, dass Carcinome und hoher Blutdruck sich mehr oder weniger gegenseitig ausschliessen. Ich muss allerdings zugeben, dass unter Rubrik 7 und unter den übrigen 2003 Patienten ohne Blutdruckveränderungen, die nicht in der Tabelle registriert sind, sich Fälle von Carcinomen befinden können, die ich nicht diag- nostiziert habe. Dieser Fehler lässt sich nicht beseitigen. Man “ kann aber wohl behaupten, dass eventuell derartige Fehler die Er- gebnisse der Statistik nicht ändern würden. Eine weitere Schwäche dieser Statistik liest darin, dass sie auf relativ kleinen Zahlen basiert. Sie hat aber den Vorteil, dass es sich fast ausschliesslich um ambulante Patienten handelt, d.h. um Individuen, bei welchen die Kachexie noch nicht eingetreten oder wenigstens keinen hohen Grad erreicht hat. Den Einwand, dass die Ergebnisse durch den er f Far. = = REN Ë 5 « DER ES EE E—) RSS ESS RE eZ LT US PC DE CR. Se = um, ‚Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten. 101 Marasmus, das Heruntergekommensein der Patienten mehr als durch die spezifische Einwirkung des Leidens bedinst wurden, glaube ich ablehnen zu können. Wird dieses Resultat aus meinen Zahlen durch grössere Statistiken bestätigt, so erhalten wir in der Blutdruckbestimmung ein wertvolles Mittel, das uns das Aus- schliessen eines Carcinoms im Zweifelfalle wesentlich erleichtern kann. Eine weitere interessante Beobachtung scheint mir aus den Zahlen der Tabelle hervorzugehen. Es ist die grosse Zahl von Hypertonikern in der Rubrik 7. In den Fällen mit 141—180 mm Hg kann relativ oft das Nervensystem eine ursächliche Rolle gespielt haben. Nicht selten wird es sich um eine transitorische Hyper- tonie gehandelt haben. Bei den anderen Fällen aber (104 Fälle mit Blutdruck 181—260 mm Hg) müssen organische Störungen zu- grunde liegen. Da in keinem dieser Fälle im Harne irgendwelche Symptome einer Nierenveränderung zu finden waren, so müssen Störungen in anderen Organen hier im Spiele sein. Die Arterio- sklerose kann, seit den Publikationen Romberg’s und seiner Schüler, kaum als alleinige Ursache ın Betracht kommen. Bei meinen Fällen handelt es sich keineswegs um Patienten im hohen Alter; sie befinden sich vielmehr zwischen 40—60 Jahren, weisen auf- fallend oft Magendarmstörungen, die man nicht durch schwere organische Veränderungen im Verdauungskanal erklären kann. Folgende Bemerkung sei schliesslich noch erwähnt. Es ist die auftallend grössere Zahl von Frauen als von Männern, die mit hohem Blutdruck behaftet sind. Bei einem Druck von über 220 mm Hs, 27 Frauen gegenüber 15 Männern. Diese Zahlen sind allerdings nicht gross, ich glaube aber doch, dass dieses Resultat nicht dem Zufall zuzurechnen ist. Diese Resultate am Lebenden habe ich versucht durch Ergebnisse der Autopsien zu kontrollieren. Dank der grossen Freundlichkeit von Prof. Hedinger habe ich das Material des pathologisch-anatomischen Institutes dazu verwenden können. Leider sind hier grosse Schwierig- keiten im Wege. Dem klinischen Symptom des gesteigerten Blutdruckes entspricht, so viel wir bisher orientiert sind, .kein sicherer pathologisch- anatomischer Befund. Die verschiedenen morphologisch differenzierbaren Formen von Nephritis können mit oder ohne hohen Blutdruck einhergehen. Avhaltspunkte haben wir nur folgende: ein hoher Blutdruck ist nach den neuern Untersuchungen ausserordentlich oft der Ausdruck einer organischen Nierenstörung. Andererseits wird hoher Blutdruck in weit- aus der Mehrzahl der Fälle eine Hypertrophie des Herzens, vor allem des linken Ventrikels, zur Folge haben. Letztere gibt sich am deut- lichsten durch Erhöhung des Herzgewichtes kund. Allerdings soll es, nach der Mitteilung von Prof. Hedinger, auch vorkommen, dass Blut- 102 Alfred Gigon. drucksteigerung mit einem autoptisch normalen Herzgewicht einher- gehen kann. Bisher habe ich im ganzen 1863 Protokolle durchgesehen. Es fanden sich: a) 199 Fälle von Nierenveränderungen (Nephrose, Nephritis) ohne Carcinom, davon 79 Fälle mit Herzgewichten gleich oder grösser als 400 gr. b) 117 Fälle mit Herzgewicht grôsser als 400 gr ohne Nierenverände- rungen und ohne Carcinom. c) 159 Fälle von Carcinom ohne Nierenveränderungen und mit Herz- gewichten kleiner als 390 gr. d) 11 Fälle von Carcinom ohne Nierenveränderungen aber mit Herz- gewichten grösser als 390 gr. e) 44 Fälle von Carcinom mit ia aneniin kennen Ad d) Ich habe als Grenze 390 gr hier gewählt, weil der Fall mit einem Herzgewicht von 390 gr (Magen ca.) der einzige ist, bei welchem eine leichte exzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels ange- geben wird. Es ist, nach dem pathologisch-anatomischen Befunde zu schliessen, sehr wahrscheinlich, dass in allen diesen 11 Fällen eine starke Hypertonie nicht bestanden hat. Ad e) Die 44 Fälle von Carcinom mit Nierenveränderungen ver- teilen sich wie folgt: 10mal hydronephrotische Schrumpfniere bei Ca. der Blase, Prostata, Portio oder des Uterus mit Cystitis u. s. w. 5mal Pyelonephritis bei Care. der Blase, Portio oder des Rectum mit Cystitis. lmal Nephritis purulenta. 1mal akute Glomerulo-tubulo nephritis. 23 mal arteriosklerotische Schrumpfniere. lmal senile atrophische Schrumpfniere. 1mal genuine Schrumpfniere. 3mal genuine senile Schrumpfniere, In keinem einzigen dieser Fälle wurde die Nierenstörung in der klinischen Diagnose angegeben. Es ist sehr plausibel, dass in allen diesen 44 Fällen ein hoher Blut- druck nicht vorgekommen ist, Die relativ grosse Zahl von Sn lee cn Schrumpfnieren bei Krebskranken wird dadurch erklärlich, dass beide Erkrankungen das höhere Alter bevorzugen, In diesem Fan seinen hal, sei noch erwähnt, dass im Gegensatz zu andern Krebsarten, die bekanntlich das höhere Alter bevorzugen, primäre Nierenkrebse hauptsächlich bei Kindern vorkommen, und dass sie zu den grossen Seltenheiten gehören. Bei der Entstehung von Nenn = das Trauma eine Rolle spielen. Von andern malignen Tumoren finden sich in den durchgesehenen Protokollen 1 Fall Endotheliom des Peritoneums, 16 Fälle von Sarcomen. 4, RE he M ef a ann nr Aa A She nn me Fur ne, RL a ae nr r Sa N Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten. 109 In allen diesen Fällen werden keine Nierenveränderungen und nirgends starke Herzgewichte oder Herzhypertrophie angegeben. Das Ergebnis der pathologisch-anatomischen Untersuchung be- stätigt somit die klinischen Resultate: Carcinom bezw. Sarcom und hoher Blutdruck scheinen sich mehr oder weniger auszu- schliessen. In unsern Lehr- und Handbüchern finden wir vortreffliche Be- schreibungen der ausgebildeten Krankheiten mit ihren pathogno- monischen Symptomen, wie wir sie in Kliniken und Spitälern aller- dings sehr häufig zu sehen bekommen. Dieselben bilden aber bei weitem nicht die Mehrzahl derjenigen pathologischen Zustände, welche die Patienten bewegen, die Hilfe des Arztes aufzusuchen. Wir wissen alle, dass der Beginn eines Krankheitsprozesses nicht mit dem ersten Auftreten der grob subjektiven oder objektiven Ausserungen im menschlichen Organismus zeitlich zusammenfällt. Ein kräftiger Mann, der auf seiner Geschäftsreise einem Schlag- anfall zum Opfer fällt, ist schon seit Jahren von einem heim- tückischen Leiden befallen worden. Von den Infektionskrankheiten ist uns ja die oft lange Inkubationsdauer zur Genüge bekannt. Bei der Lepra können zwischen dem Moment der Ansteckung und dem Krankheitsausbruch Jahre vergehen. Dieses Moment sollten wir bei der Aetiologie, Diagnose und Behandlung der Erkrankungen, die zu innern Medizin gehören, viel mehr würdigen. Die wenigen Beobachtungen, die im Vorhergehenden mitge- teilt sind, sollen nicht nur zur Illustration eigentümlicher Beziehungen . zwischen verschiedenen Organen und Funktionen im menschlichen Organismus dienen. Sie können mit manchen andern, scheinbar geringfügiger Natur, dem Arzte dazu helfen, pathologische Zustände in einer Entwicklungsphase zu diagnostizieren, in welcher die klas- sischen Symptome nicht deutlich zutage treten. In der Aufgabe, derartige scheinbar abgelegene Symptome zu deuten, liegt noch ein weites, wenig erforschtes, aber sehr fruchtbringendes Feld offen. Manuskript eingegangen 27. September 1920. Zur Stellung des Dezimalkommas in der Bürgischen Logarithmentafel. Von Otto Mautz. Die folgenden Bemerkungen sind als Ergänzung meiner Pro- srammarbeit: „Zur Basisbestimmung der Napierschen und Bürgischen Logarithmen“ aufzufassen. Die Basis der Bürgischen Logarithmen hängt von der Stellung des Kommas in der Reihenverbindung 0 10 20 DO Re CT Rene 8 8 a 8 1\2 3 MTS 10 10 1 +) Hs) 10 na) Be ab. Zur Bestimmung dieser Kommastellung benützte ich: 1. das Titelblatt des Danziger Exemplares der Bürgischen Logarithmentafel, das in meinem Programm reproduziert ist, 2. den „gründlichen Unterricht“ Bürgis, der im „Archiv für Mathematik und Physik“ (1856) publiziert wurde, 3. die Angaben in den Werken des ie Astronomen R. Wolf, Wolf hatte 1847!) auf der Bibliothek in München ein weiteres Exemplar der äusserst seltenen Bürgischen Tafeln entdeckt. Auffallenderweise können die Aussagen Wolfs weder mit dem Danziger Titelblatte noch mit dem „gründlichen Unterrichte“, den Wolf?) ebenfalls kannte, in Übereinstimmung gebracht eme In allen Werken vertritt Wolf den Standpunkt, dass in den Bürgischen Tafeln keine Auskunft über die Stellung der Dezimalkommas ge- geben werde. Diese Ansicht vertrat auch ich in meinem Programme, da ich annahm, dass Wolf einen Hinweis auf die Kommastellung im Münchner Exemplar unmöglich übersehen hätte. Nun stellte es sich aber nachträglich heraus’), dass auch auf dem Titelblatte 1) Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz: Joost Bürgi, p. 72. 2) Ebenda p. 76. 3) Prof. Koppe in Berlin liess in München nachsehen und schrieb mir, dass das Ringlein vorhanden sei. Stellung des Dezimalkommas in der Bürgischen Logarithmentafel. 105 der Münchner Tafel über der „gantzen Rothen Zahl“ ein Ringlein steht, das bei Bürgi die Stellung des Dezimalkommas angibt. Wolt hat also dieses Ringlein übersehen und ich muss meine frühere Folgerung, dass es auf dem Danziger Blatte eine nachträgliche Beifügung sei, fallen lassen. Noch auffallender wird dieses Uber- . sehen des Ringleins, da im „gründlichen Unterricht“ dieser Hin- weis auf das Komma etwa siebzigmal vorkommt. Endlich erwähnt Wolf ebenfalls das Dezimalringlein, aber nur in Beziehung auf die „Byrgii Arithmetica“'), in welcher es nicht über, sondern unter die Einer gesetzt vorkommt. Für Wolf, der alles tat, um die wissenschaftlichen Leistungen Bürgis in das hellste Licht zu stellen, hatte das Ubersehen des Ringleins die angenehme Folge, dass er über die Kommastellung eine entsprechende Annahme’) treffen konnte. Bürgi schreibt er dann die Reihenverbindung: 1 2 2 104 104 L EN? 1 14 (a) zu und erreicht damit, dass die Basis des Bürgischen Logarithmen- systemes die Zahl (142) = 2,71814593 wird, also eine Annähe- 104 rung an die Basis e der natürlichen Logarithmen. Es ist über- haupt ein Lieblingsgedanke Wolfs, Bürgi als Erfinder der natür- lichen Logarithmen hinzustellen. Schon in Bürgis Biographie (1858) und ebenso im „Handbuch der Astronomie“ (1890) finden wir eine Hypothese, welche die Abweichung der Bürgischen Basis von der Basis der natürlichen Logarithmen erklären soll. Bürgi habe nämlich viel praktischen Sinn dadurch bewiesen, dass er als Quotienten seiner geometrischen Reihe die bequeme Zahl 1,0001 genommen habe und nicht die unbequeme Zahl 1,000100005, die zwar seine Logarithmen zu natürlichen gestempelt hätte. Diese Hypothese muss m. E. ganz abgelehnt werden. Denn Bürgi hätte nur unbewusst den natürlichen Logarithmen näher kommen können und selbst in diesem Falle hätte er einfach seinen Quotienten der geometrischen Reihe der Zahl 1 näher gebracht und wäre auf einen der Werte 1,00001, 1,000001 usw. gekommen. Der Quotient 1,000100005, der eine angenäherte Lösung der Gleichung q!"=e darstellt, zielt schon auf die Basis e hin oder er verlangt Betrachtungen, wie sie Napier anstellte, aber niemals 1) Geschichte der Astronomie, p. 349. 2) Biogr. J. Bürgis, p. 75. 106 Otto Mautz. Bürgi, der rein arithmetisch überlegte und einfach zwei bequem zu berechnende Reihen im Auge hatte. Es sei hier besonders“betont, dass Bürgis Verdienst in nichts geschmälert wird, auch wenn er in seinen Logarithmentafeln un- bewusst eine Basis wählte, die keine Annäherung an e ist. Ebenso wie Napier hat er eine Logarithmentafel berechnet und zeigte ein restloses Verständnis für ihre praktische Benützung, wie die geniale Verwendung der „ganzen schwarzen Zahl“ und der „ganzen roten Zahl“ beweist. Zu bedauern ist nur, dass die späte Publikation der Bürgischen Tafel (1620) und das Nichtdrucken des „gründ- lichen Unterrichts“, das die Verwendung der Tafel fast verunmög- lichte, die Bedeutung Bürgis für die Erfindung der Logarithmen in einem ungünstigen Lichte erscheinen lassen. Die „Byrgii Arithmetica“ und der „gründliche Unterricht“ lassen fast mit Sicherheit den Schluss zu, das das Bürgische Ring- lein die Rolle unseres Dezimalkommas spielt. Als Basis des 10 Bürgischen Logarithmensystems muss somit Y 1,0001 angesehen wer- den entsprechend der Reihenverbindung: 0 10 20 | . il 1 + es (1 + 2 fe LIN WBasıse q'= (1 + N 10* Manuskript eingegangen 5. Dezember 1920. Ü % Mn a ni a à Zweigipflige Assimilationskurven. Mit spezieller Berücksichtigung der Photosynthese von alpinen phanerogamen Schattenpflanzen und Flechten. (Mit 4 Textfiguren.) Von Marguerite Henrici. ' Einleitung. Nachdem in neuester Zeit der Nachweis erbracht worden ist, dass in den Alpen neben typischen Sonnenblättern auch Schattenblätter vorkommen (Lohr 1919), schien es mir von Interesse zu untersuchen, wie sich die beiden anatomisch verschie- denen Pflanzengruppen in physiologischer Beziehung, speziell hin- sichtlich der Kohlensäure-Assimilation, verhalten. Es handelte sich zunächst darum, den Einfluss des Lichtes auf die Photo- synthese zu studieren; erst später ergab sich die Notwendigkeit, auch die Wirkung der Temperatur eingehender zu verfolgen. Vorliegende Untersuchung führte ich teils im alpinen Labora- torium von Herrn Prof. Senn auf Muottas Muraigl (Engadin 2456 m), teils im botanischen Institut in Basel aus. Ich möchte nicht unterlassen, Herrn Prof. Senn für die gütige Überlassung eines Arbeitsplatzes, sowie für die vielen Anregungen und das stete Interesse, das er meiner Arbeit entgegenbrachte, meinen besten Dank auszusprechen. Einige wenige Versuche hatte ich schon im Sommer 1916 an- gestellt, die meisten dagegen führte ich im Sommer 1918 auf Muottas Muraigl aus. Gleichzeitig untersuchte ich auch die Photosynthese von Flechten. Die Resultate, die an Phanerogamen und Kryptogamen unter dem Einfluss des Alpenklimas im Freien sewonnen wurden, waren zum Teil recht schwer zu deuten; es er- gab sich daher die Notwendigkeit, Versuche bei konstanten, resp. genau kontrollierbaren, Licht- und Temperaturverhältnissen durch- zuführen. Ich tat dies in Basel vom Herbst 1918 bis zum Früh- ling 1919. Dabei traten bei phanerogamen Schattenpflanzen und Flechten so viele Übereinstimmungen in der Abhängigkeit der CO,- Assimilation von den äussern Faktoren hervor, dass es möglich 108 Marguerite Henrici. schien, die Ergebnisse in einer Arbeit zu veröffentlichen, in der zuerst das Gemeinsame, dann die Besonderheiten der phanerogamen Schattenpflanzen und der Flechten besprochen wird. Vorliegende Arbeit bildet gleichzeitig die Fortsetzung meiner Untersuchungen über die CO,-Assimilation von Alpen- und Ebenenpflanzen (1918), aus der hervorging, dass die Pflanzen der sonnigen Alpwiese sich gegenüber den Ebenenindividuen derselben Spezies und desselben Standortes als Sonnenpflanzen verhalten. A. Das Untersuchungsmaterial. 1. Phanerogame Schattenpflanzen: Alle meine Schatten- pflanzen stammen aus der Umgebung von Muottas Muraigl und zwar die meisten aus der alpinen Region bei ca. 2500 m, nur wenige aus dem subalpinen Lärchen- und Arvenwald des Roseg- tales oder aus den Wäldern um St. Moritz (ca. 1800 m). Es sind dies Linnea borealis, Pyrola rotundifolia und Viola biflora. | In der alpinen Region finden sich Schattenpflanzen in Schnee- tälchen, an steilen Nordhängen, die nur während kurzer Zeit von der Sonne beschienen werden, und in den nach Norden gerichteten Felsspalten. Dabei kommen auch einzelne Spezies in Betracht, die ebenso gut wie an diesen schattigen Stellen auch auf der sonnigen Alpwiese gedeihen, die also nur in physiologischer Hin- sicht, nicht aber vom pflanzengeosraphischen Standpunkt aus, als ae Haas anzusehen sind. Gerade diese Pflanzen sind für meine Untersuchimaen beson- ders wichtig, weil man nur bei diesen gleichzeitig je ein Individuum vom sonnigen und vom schattigen Standorte aus gleicher Höhe untersuchen kann. Ich tat dies mit Sibbaldia procumbens, Soldanella alpina, Saxifraga stellaris, Veronica belli- dioides, Chrysanthemum alpinum und Homogyne alpina. Als typische Pflanzen des Nordhangs untersuchte ich Car- damine alpina. Saxifraga Seguieri fand ich ausschliesslich in nassen, schattigen Felsspalten, Primula integrifolia, Belli- diastrum Michelii, Viola biflora und Salix herbacea teils unter Felsen, teils in Schneetälchen. Da durch Lohr (1919) der Nachweis erbracht worden war, dass für die anatomische Gestaltung des Blattes ein Optimum der Meereshöhe, resp. der durch sie bedingten äussern Faktoren existiert, lag der Gedanke nahe, dass ein solches auch in physiologischer Beziehung für die Pflanzen der Alpwiese vorhanden sei. Es ist also die Frage zu beantworten, ob sich Vertreter der Gipfelflora SR Se Dei na a Eee 3 a PT GR Par NS OST OS TS Dee = PSE VE NE RS NO rs. ns D De PAR FA no PRE Zweigipflige Assimilationskurven. 109 gegenüber Individuen derselben Spezies von der alpinen Wiese (aus Höhen bis zu ca. 2500 m) physiologisch als Schattenpflanzen erweisen, während die Individuen der alpinen Wiese gegenüber den Individuen der Ebenenwiese als Sonnenpflanzen zu bezeichnen sind (Henrici 1918). Ich untersuchte deshalb einige Pflanzen von Standorten um 3000 m, wie Fhyteuma pedemontanum und Taraxacum officinale. Für Taraxacum standen mir ja ge- nügend Zahlen aus meiner frühern Untersuchung (1918) zur Ver- fügung; Phyteuma untersuchte ich bei verschiedenen Lichtinten- sitäten, um entscheidende Resultate zu erhalten. Um Winterversuche ausführen zu können, brachte ich die Pflanzen nach Basel, wo ich sie eintopfte und im Freien stehen liess. Manche, wie Veronica bellidioides, Saxifraga stellaris, Soldanella alpina, Sibbaldia procumbens, legten fast wäh- rend des ganzen Winters junge Blätter an, so dass ich immer ge- nügend Untersuchungsmaterial zur Verfügung hatte. Sehr früh- zeitig trieben auch Saxifraga Seguieri, Primula integrifolia und Homogyne alpina aus. Pyrola rotundifolia behielt den ganzen Winter über ihre Blätter; doch wurden sie mit der Zeit tiefrot. Mit Ausnahme von Salix herbacea verwendete ich in meinen Versuchen stets ganze Pflanzen. Bei der Gletscherweide musste ich mich mit einzelnen Zweigen begnügen. Zur Beantwortung von Fragen, die von allgemeiner Bedeutung sind und viel Versuchs- material erfordern, zog ich auch einige gewöhnliche Wiesenpflanzen, wie Bellis perennis und Hieracium Pilosella heran, so z. B. um festzustellen, ob sich abgeschnittene Blätter unter bestimmten Bedingungen anders verhalten als ganze Pflanzen. 2. Flechten: Die meisten untersuchten Flechten sammelte ich auf Muottas Muraigl, woher ich auch Material nach Basel brachte. Leider hielt sich dieses nur etwa 6 Wochen, so dass ich genötigt war, für weitere Untersuchungen auch Flechten aus dem Jura zu verwenden, da die vorgeschrittene Jahreszeit verbot, frisches Material aus den Alpen kommen zu lassen. Herr Dr. Lettau aus Lörrach hatte die Güte, alle meine Flechten zu be- stimmen; ich möchte ihm für seine Mühe meinen besten Dank aussprechen. In der Nomenklatur folge ich Lindau (1913) und, wo dieses Werk nicht ausreicht, Harmand, Lichens de France. Aus der alpinen Region kamen zur Untersuchung: Alectoria ochroleuca, Cetraria islandica und C. nivalis, Cladonia gracilis und Cl. silvatica, Gyrophora deusta und Gyro- phora eylindrica, Haematomma ventosum, Letharia vul- pina, Lobaria linita, Parmelia eucausta, Peltigera aphthosa 110 Marguerite Henrici. und P. polydactyla, Solorina crocea und Stereocaulon al- pinum. Aus der subalpinen Lärchenwaldregion untersuchte ich Alectoria iubata, Letharia vulpina und Usnea barbata var. dasypoga. Aus der Umgebung von Basel untersuchte ich Collema hydrocharum, Evernia prunastri, Parmelia ca- perata, Peltigera canina, Ramalina pollinaria und Xan- thoria parietina. Dabei untersuchte ich nebeneinander Flechten sonniger und solche schattiger Standorte. So sind z. B. Alectoria ochroleuca, Lobaria linita und das untersuchte Haematomma ventosum typische Flechten des Nordhangs. Gleich gut im Schatten wie in der Sonne gedeiht Solorina crocea, von der ich deshalb gleichzeitig Individuen beider Standorte untersuchen konnte. Wieder andere, wie Parmelia encausta, fand ich ausschliesslich auftrockenen, bei schönem Wetter den ganzen Tag besonnten Felsen. Einige Tage vor der Ausführung der Versuche löste ich die Flechten sorgfältig von ihrer Unterlage und liess sie im diffusen Licht auf einem feuchten Teller stehen. Krustenflechten wie Haematomma untersuchte ich auf kleinen Gesteinsstücken, da bei ihnen ein Ablösen ohne Verletzung des Thallus unmöglich war, und da ich Verletzungen wegen der durch sie hervorgerufenen starken Atmungssteigerung tunlichst vermeiden wollte. In diesem Falle löste ich den Thallus erst nach Durchführung des Versuchs vom Gestein ab, um sein Gewicht bestimmen zu können. B. Bisherige Untersuchungen über die CO,-Assimi- lation von alpinen, phanerogamen ealen bla und Flechten. Über die Photosynthese alpiner Schattenpflanzen existieren keine Literaturangaben. Ich kann daher nur die Resultate von Ebenenschattenpflanzen zum Vergleich heranziehen und an die von Lubimenko (1908 S. 296) künstlich gezogenen Schattenpflanzen erinnern, deren Assimilation dieser Forscher als Funktion der Lichtintensität durch eine Kurve darstellt, welche bei mittlerer Lichtintensität ein Optimum besitzt. Eine Temperaturerhöhung steigert die OO,-Aufnahme dieser Pflanzen stark. Czapek (1913 S. 535) weist auf den geringen Gaswechsel typischer Schatten- pflanzen z. B. von Olivia und Aspidistra hin. Auch Lamarliere (1892 S. 494) gibt an, dass die Assimilation und die Atmung bei Schattenblättern bedeutend geringer ist als bei Sonnenblättern derselben Spezies. Hier erhebt sich nun die Frage, ob diese an Schattenpflanzen der Ebene gewonnenen Resultate auch für die- jenigen der alpinen Region Gültigkeit besitzen. Zweigipflige Assimilationskurven. 111 Über die Assimilation der Flechten existiert eine grössere Arbeit von Jumelle (1892), der im Gegensatz zu frühern Autoren (Bonnier und Mangin 1884, deren Arbeit mir leider nicht zugäng- lich ist) im Licht einen Überschuss an aufgenommener Kohlensäure feststellen konnte. Jumelle (S. 114—121 und 159 —168) unter- suchte vor allem die Abhängkeit des Gasaustausches der Flechten von ihrem Feuchtigkeitssehalt. Es gelang ihm, eine Kurve zu konstruieren, deren Optimum vor der völligen Sättigung der Flechten mit Wasser lag (S. 165); bei lufttrockenen Thalli dagegen fand er überhaupt keinen Gasaustausch (S. 114—117). Im weitern führte Jumelle seine Versuche meist bei Extrembedingungen aus, z. B. bei ganz niederer Temperatur, ohne jedoch die Abhängigkeit der Photosynthese von der Temperatur vollständig zu verfolgen (S. 305—314). Andrerseits konstatierte er ein rasches Aufhören der Atmung bei Temperaturen unter 0° (S. 269—272). Nachdem aber die Thalli hohen Temperaturen von 50—60° ausgesetzt wor- den waren, zeisten Assimilation und Atmung unter den in seinen Versuchen realisierten optimalen Bediugungen ein abweichendes Verhalten: Die Assimilation hörte schon nach wenigen Stunden auf, während die Atmung bedeutend längere Zeit anhielt (S. 172 bis 175; 220-231; 259—266). Bei den hohen Temperaturen selbst wurden dagegen keine Versuche angestellt. Die Untersuchung Jumelles enthält somit. sehr viele interessante Angaben; sie bedarf aber dringend einer Ergänzung. C. Eigene Untersuchungen über die CO,-Assimilation alpiner, phanerogamer Schattenpflanzen und Flechten. a) Methodik der Versuche. I. Bestimmung der Assimilation. Bei der Beschreibung der Methodik meiner Versuche kann ich mich kurz fassen, da ich sie in der Hauptsache in meiner frühern Arbeit dargestellt habe (Henrici 1918 8. 68ff.). Ich führe deshalb hier nur einige Abänderungen an, die sich bei diesen Ver- suchen als notwendig erwiesen. An Stelle des zur Absorption des CO, verwendeten Ba(OH), benützte ich in den meisten Fällen Natronkalk, der in U-Röhren eingeschlossen war, da dieser viel leichter zu transportieren ist als grosse Laugenflaschen. Bei der Anwendung von Natronkalk ist vor allem darauf zu achten, dass der Luftstrom vor dem Eintritt in die Natronkalkröhren vollständig getrocknet ist, was durch die Vorschaltung von 2—3 CaCI,-Rôühren erreicht wird. Auch in die Natronkalkröhre selbst brachte ich _112 Marguerite Henrici. (und zwar in den vom Recipienten abgewendeten Schenkel) etwas CaCI,, um das bei der Absorption des CO, entstehende Wasser zu binden. Auch gegen den Gasometer hin sichert man am besten mit einer weitern CaCl,-Röhre ab. Es waren also bei meinen Versuchen hintereinander geschaltet: Recipient, 2—3 U-Röhren mit CaCI,, 2 U-Röhren mit Natronkalk, 1 U-Röhre mit CaQl,, der Präzisionsgasometer und das Paar von Aspiratoren. In den Alpen untersuchte ich in einem Versuch die Assimi- lation nur bei einer Temperatur und einer Lichtintensität. In Basel dagegen veränderte ich beieiner gegebenen Temperatur die Licht- intensitäten oder bei einer gegebenen Lichtintensität die Tem- peratur und bestimmte jeweilen die Assimilation. Diese Versuche nahmen daher bedeutend mehr Zeit in Anspruch als die in den Alpen ausgeführten. Am Ende der lang dauernden Basler-Versuche über- zeugte ich mich davon, dass die Pflanzen noch normal reagierten, indem ich sie mittleren Bedingungen aussetzte. Mit Ausnahme eines einzigen Falles erhielt ich bei dieser Schlusskontrolle für die Assimilation den ‘gleichen Wert wie im Laufe des Versuchs unter denselben Bedingungen, was beweist, dass die Pflanzen durch den Versuch nicht geschädigt worden waren. In dem erwähnten Ausnahmefall hatte ich längere Zeit starkes Licht auf eine typische Schattenpflanze einwirken lassen (Versuch 270, 258 Tab. 3), die dadurch, wie die Kontrolle ergab, dauernd geschädigt wurde. Um durch solche Schädigungen die Resultate nicht zu trüben, liess ich die hohen Lichtintensitäten immer am Ende eines Versuchs einwirken. II. Berechnung der Assimilationswerte auf die Einheiten von Gewicht und Fläche. Ich berechnete die auf die Dauer einer Stunde reduzierten Assimilationswerte der phanerogamen Schattenpflanzen auf 100 cm? Blattfläche (über die Methode vergl. Henrici 1918 S. 74). Dass dies eine sehr brauchbare Einheit ist, beweisen die Zahlen aus Versuch 1 und 2, Tabelle 16, sowie meine frühern Kontroll- versuche (Henrici 1918 Tab. 14). Hier wie dort haben die auf- tretenden Schwankungen bei gleichen Aussenbedingungen ihre Ur- sache in den den Versuchen vorangehenden Witterungsverhältnissen (Henrici 1918 S. 75). Bei der krausen Gestalt der meisten Flechten ist es nicht möglich, die Oberfläche der Thalli auch nur annähernd genau zu bestimmen. Um festzustellen, ob auf andere Einheiten berechnete Assimilationswerte brauchbare Zahlen liefern, ermittelte ich zu- £ Zweigipflige Assimilationskurven, 113 nächst, ob verschiedene Individuen derselben Spezies unter den- selben Bedingungen bei Berechnung ihrer Assimilationswerte auf die Einheit des Frisch- und des Trockengewichts annähernd über- einstimmende Zahlen ergeben. Wie Tabelle 1 zeigt, sind bei den Flechten sowohl Frisch- als Trockengewicht als Einheiten sehr gut brauchbar, viel besser als bei den Phanerogamen, bei welchen das Trockengewicht als Einheit unbrauchbar ist, da es infolge der Bildung und Ableitung der Assimilate in die Wurzeln beständig schwankt. Bedenkt man, dass die Assimilate bei den Flechten im Thallus verbleiben, so erscheint die grössere Konstanz des Trockengewichts bei den Flechten durchaus verständlich. Unter dem Frischgewicht der Flechten verstehe ich das Ge- wicht des völlig mit Wasser imbibierten Thallus. In den Flechten- tabellen gebe ich, wo nichts anderes bemerkt wird, die Assimi- lationswerte pro 1 gr Frischgewicht an. Tabelle 1. Kontrolltabelle der Flechtenassimilation. I. und IL. Individuum. Schatten 60,-Gehalt Assimiliertes 60, in | Abwei- x | der Luft Witterungs- | mgr. pro1 Std. pro | chung „o. Zain u A in mer. verhältnisse Igr Frischgewieht | in 00 „ pro 1 Liter I m ‚[=4Wert 210, 3. VII. 18 | Cetraria islandiea [0 0,6 | Klarer blauer Himmel | 6,2 6,3 | -2,0 Bewölkung 1. 208] 2. VIIL 18 | „ x 60 0,3 | Bedeckt 6,3 6,3 0 244 | 3. VIII. 18 | Cladonia silvatica 1—80| 0,6 | Bewölkt 5,5 5,9 0 243 | 16. VIII. 18 | Gyrophora eylindriea 120 1,3 | Klarer blauer Himmel | 5,8 5,7 | +1,0 Auch bei den Flechten kommen trotz ähnlichen Aussenbe- dingungen grössere Schwankungen der Assimilationswerte vor, als sich nach der Kontrolltabelle 1 erwarten liessen. Es sind ver- schiedene Gründe dafür verantwortlich zu machen. So bemerkte ich hin und wieder bei Material, das ich erst Ende September gesammelt und zum Teil nach Basel mitgenommen hatte, bei höherer Temperatur eine deutliche Abnahme der Assimilations- fähigkeit; ob diese auf die schon vorgerückte Jahreszeit zurück- zuführen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Im weitern mussten die auf den verschiedenen Thalli einer Spezies in ungleicher Zahl und Grösse vorhandenen Apothecien, hauptsächlich bei Solorina crocea, eine starke Ungleichheit der Assimilationsgrösse bewirken. Ferner werden wohl, wie bei den Phanerogamen, auch bei den Flechten die ms hen Witterungsverhältnisse einen Einfluss auf die Grösse der Assimilation on 8 114 Marguerite Henrici. III. Bestimmung der äussern Faktoren. 1. Temperatur und Licht. Bei meinen Versuchen im Freien bestimmte ich die Luft- temperatur mit einem meteorologischen Stationsthermometer. Da ich als Lichtquelle Sonnen- oder diffuses Tageslicht verwendete, wurde zur Messung seiner Intensität ein nach Arago-Davy von Fuess konstruiertes Aktinometer benützt; dabei kann die Differenz zwischen seinem geschwärzten und seinem blanken Thermometer (aktinometrische Differenz) als angenähertes Mass für die Wärme- strahlung der Sonne angesehen werden. In meinen ersten Ver- suchen, bei denen mir das Æuess’sche Thermometer noch nicht zur Verfügung stand, gab ich nur die Bewölkung des Himmels an. Im Laboratorium in Basel verwendete ich verschiedene Osram- lampen als Lichtquellen. Sie haben den grossen Vorteil, viel rote Strahlen auszusenden, was für Assimilationsversuche zweckmässig ist. Ich benützte solche von 75, 100 und 2000 Kerzen Stärke. Indem ich den Abstand zwischen der Lampe und dem die Pflanze enthaltenden Recipienten variierte, gewann ich eine grössere Stufen- leiter von Lichtintensitäten, die ich in den nachfolgenden Tabellen in Lux ausdrücke (Kohlrausch 1914 S. 363), welche Grösse nach der Formel K =", berechnet ist, in welcher K die Beleuchtungstärke einer im Abstande von d Metern liegenden Fläche und J die Kerzenstärke der Lichtquelle bedeutet. Ich verwendete haupt- sächlich die Intensitäten 75, 100, 225, 400, 900, 2000, 3500, 8000, 32 000 Lux. Da die Lampen ihre Intensität bei längerem Gebrauch etwas ver- mindern, sind diese Zahlen nicht absolut genau; doch genügen sie für meine Zwecke. Ich arbeitete gewöhnlich mit Lichtintensitäten, bei denen keine starke Erwärmung der Pflanze infolge der Nähe der Lichtquelle eintrat. In 25—30 cm Abstand von der Lampe mit 2000 Kerzen- stärke (32000 Lux, meine stärkste Lichtintensität) ist die Er- wärmung selbst dunkler Gegenstände über die Temperatur der . Umgebung unbedeutend, wenigstens wenn mit Wasser gekühlt wird. In einem allseitig geschlossenen Raum ist es allerdings nicht leicht, die Temperatur konstant zu halten, wenn während langer Zeit starke Lampen brennen. Immerhin gelang es mir, die Tem- peraturschwankung während eines Versuches auf 2° herabzudrücken, obwohl die Lampe über 10 Stunden brannte. Zu diesem Zwecke benützte ich für Versuche bei mittleren Temperaturen zuerst Er HE TR ET u ÿ de i: #7, PPT ET TRES À N 1 or MS EURE EE si x Zweigipflige Assimilationskurven. 115 schwache Lampen und einen kleinen Ofen, bis die gewünschte Temperatur von 15—17° erreicht war. Sobald die starke Lampe in Betrieb gesetzt wurde, schaltete ich den Ofen aus, um eine Temperaturerhöhung zu vermeiden. 1—2 Stunden später liess ich dann noch den Ventilator laufen, der kühle Luft aus dem Freien brachte. Auf diese Weise blieb die Temperatur des Raumes ziemlich konstant. Um den Einfluss verschiedener Lichtintensitäten bei höherer Temperatur zu erhalten, verwendete ich mehrere Öfen, schaltete dann während der Wirkung des starken Lichts einen nach dem andern in passenden Zeitabständen aus und liess den Ventilator entsprechend später spielen, Um die Assimilation auch bei konstant niederer Temperatur zu untersuchen, brachte ich den Recipienten in Leitungswasser, das beständig erneuert wurde (6—8°), in Eis und Wasser (4°), in schmelzendes Eis oder Schnee (0° C.), sowie in Kältemischungen aus Eis oder Schnee mit Kochsalz (-4° bis —21°).- Durch bestän- digen Zusatz von Eis und Salz und durch Absaugen des Schmelz- . wassers liessen sich die Temperaturen einige Stunden konstant halten. Damit sich die Recipienten möglichst schnell abkühlten, wählte ich solche von geringer Grösse. Bei etwa -3° fror das der Pflanze dargebotene Wasser (Henrici 1918 S. 72) vollständig und bei weiterem Sinken der Temperatur beschlug sich die Innen- wand des Recipienten mit einem klaren Eismantel. Wegen der durch die Kältemischung verursachten starken Lichtabsorption gelangte in diesen Versuchen im Gegensatz zu den bei höherer Temperatur ausgeführten in der Hauptsache nur direktes und kein von der Umgebung reflektiertes Licht zu den Pflanzen. Dieser _ Lichtverlust wird einigermassen dadurch kompensiert, dass der den Recipienten auskleidende Eismantel weniger Licht absorbiert, als der Belag von kleinen Tröpfchen, der sich bei höherer Tem- peratur bildet. Bei diesen Kälteversuchen war es wichtig, die Temperatur zu kennen, welche die Pflanze in einer bestimmten Kältemischung annahm. Aus praktischen Gründen war es mir jedoch nicht möglich, während des Assimilationsversuchs die Innentemperatur der Pflanze zu bestimmen. Daher mass ich die Temperatur einiger Pflanzen in blinden Versuchen bei verschiedenen Lichtintensitäten auf thermoelektrischem Wege, wobei sich der Recipient in einer Kältemischung von —5° bis —6° C. befand. Aus den Zahlen der Tabelle 2 geht hervor, dass schwache Belichtung keinen wesent- lichen Einfluss auf die Pflanzentemperatur ausübt, dass diese also ohne Korrektur der Temperatur der Kältemischung gleichgesetzt werden kann, dass jedoch bei mittelstarker Belichtung die Pflanze 116 Marguerite Henrici. Tabelle 2. Temperatur der Pflanzen in der Kältemischung bei wechselnder Beleuchtung. Homogyne alpina in Kältemischung von -50 C. À it N Temperatur- Bemerkungen ne Bohn er ee) in Lux tung Pflanze | so 000! 900 | 400 I. Pflanze in abgeschlossenem 900! 10#a | +2,7 ruhendem Luftvolumen. 900 | 1040a | +1,0 Pflanze 1018a in den Reci- 900 | 105a | -2,9 pienten gebracht. 900 | 11%a - 3,5 900 | 1110a | -3,5 1111a der stärkeren Beleuch- | 32000) 112a | +0,2 tung ausgesetzt. 32000 | 1141a | +4,2 32000 | 12%a | -+4,7 II. Pflanze im Luftstrom. Seit 400 | 2%5p | -4,0 2%p läuft d. Luftstrom durch 400 |, 210p | -4,0° d. Recipienten. Pflanze vorher 400 213p - 4,0 -1,0 2 Stunden lang bei - 4%stehen 900 21p — 2,4 gelassen. Von 216p an stärkere 900 | 22p | -2,4 Beleuchtung von 900 Lux. 900 ı 23%0p | -2,4 - 2,6 231p Beleuchtung 32000 Lux | 32000 | 235p | -1,2 32.000 | 240p | 1,1 240p Luftstrom abgestellt. | 32 000 250p | +3,2 254p läuft der Luftstrom | 32000 | 256p | -0,55 wieder. 32 000 | 3%p | -1,00 32000 | 319p | -1,00 32 000 | 32%p | -1,00 | -4,0 Sibbaldia procumbens in Kältemischung von — 60 im Luftstrom Versuchsbeeinn 33%p 900 32p +02 900 | 337p | - 0,5 900 | 3%2p | -15 900 | 410p 2,8 900 | 415p — 2,8 - 3,2 415p stärkere Beleuchtung. 32000 | 42p | -1,7 32000 | 4%p | -1,9 32000 | 435p | -2,0 82 000 | 435p | -2,0 32 000 50n | -2,0 !-40 Seit b01p 400 Lux. 400 | 51%p | -40 400 | 52p | -55 400 | 5%p | - 5 400 | 54p | -5, 0,3 *) d. h. die erst gegen das Ende des Versuchs konstant gewordene Differenz zwischen Kältemischung und Pflanze. ca. 2° wärmer ist als die Kältemischung, bei starker Belichtung sogar um 5°, vorausgesetzt, dass die Versuche im Luftstrom aus- geführt werden. Diese Korrektur habe ich bei der Diskussion der bei niederer Temperatur erhaltenen Resultate berücksichtigt. Nur Zweigipflige Assimilationskurven. 117 nebenbei sei bemerkt, dass die Differenzen zwischen Temperatur der Kältemischung und Innentemperatur der Pflanze im allseitig geschlossenen Gefäss sehr viel grösser waren als im Luftstrom. Meine Resultate zeigen auch, dass die Pflanze eine gewisse Zeit braucht, um sich in der Kältemischung abzukühlen und sich dann infolge von Belichtung wieder langsam zu erwärmen, was etwa ' eine halbe Stunde erfordert. Deshalb darf in den Assimilations- versuchen bei niederer Temperatur erst nach Ablauf dieser Zeit mit der Messung der Assimilation begonnen werden. 2. Luftfeuchtigkeit und der dadurch bedingte Wasser- gehalt der Pflanzen. Wie für die Phanerogamen, so ist auch für die Flechten der bei der Assimilation herrschende Wassergehalt von der grössten Wichtigkeit. Nach Jumelle (1892 S. 166—68) findet bei den Flechten im lufttreckenen Zustand kein Gaswechsel statt, mit steigendem Wassergehalt nimmt die Assimilation zu, allerdings nicht völlig proportional, indem ihr Maximum vor der völligen Sättigung der Flechten mit Wasser eintritt. Jumelle’s Unter- suchungen (1892 S. 159—169) über diesen Gegenstand sind so ausführlich, dass ich in dieser Hinsicht keine speziellen Versuche anstellte. Immerhin schien mir nicht nur der Wassergehalt der Flechten allein, sondern auch die relative Feuchtigkeit der Luft die in den Alpen gewonnenen Resultate stark zu beeinflussen, so dass ich diese in den Tabellen 18 und 19 angebe. Sie wurde mittels eines Assmann’schen Aspirations-Psychrometers und ersatz- weise mittels eines Haarhygrometers gemessen. Im Laboratorium in Basel (Keller) betrug die relative Feuchtigkeit der Luft ziem- ‚ lich gleichmässig ca. 65 °/o, so dass ich den Einfluss dieses Faktors nicht mehr weiter studierte. In allen Fällen, bei denen in den Tabellen nichts anderes bemerkt ist, untersuchte ich die Flechten im wassergesättisten Zustand. - Mit den phanerogamen Schattenpflanzen verfuhr ich gleich wie in meiner frühern Arbeit (Henrici 1918 S. 85). 3. Nährsalze. In einigen Versuchen bot ich den Phanerogamen statt reinen Wassers die Detmer’sche Nährlösung, und zwar in der Konzen- tration '/s nach Chodats (Mendrecka 1913 S. 178) Terminologie. Ich brachte die Wurzel der Pflanze 1—2 Tage vor dem Versuch in die Nährlösung, die Kontrolle in reines Wasser; die Pflanzen blieben auch während des Versuches darin. “UNIT ‚to 001 Out usw ur 209 SAMSITIUISSE yoıpunıg 118 Marguerite Henrici. - ‘ b) Ergebnisse der eigenen Untersuchungen. I. Übereinstimmende Resultate bei phamerogamen, alpinen Schattenpflanzen und Flechten. 1. Einfluss der Lichtintensität bei konstanter Temperatur. Tabellen 3 und 4. Kurve 1 und 2 S. 118 und 121. Um die Abhängigkeit der Photosynthese von der Lichtinten- sität festzustellen, verwendete ich zunächst Pflanzen, die vorher bei niederer Temperatur im diffusen Tageslicht gestanden hatten oder die Nacht hindurch verdunkelt gewesen waren. Alle so vorbehandelten Pflanzen liefern, wenn man die Assimilation als Funktion der Lichtintensität darstellt, nicht die gewohnte ein- gipfelige, sondern eine zweigipflige Kurve. (Fig. 1). Vom Lichtschwellenwert an — dieser kann unter Umständen niedriger sein als die schwächste von mir verwendete Lichtintensität von 75 Lux — nimmt die CO,-Assimilation bei steigender Lichtinten- sität bis zu einem Maximalwert zu; hierauf erfolgt ein meist steiler Abfall der Kurve zwischen 100 und 400 Lux und dann steigt bei mittelstarkem Licht (400-2000 Lux) die CO,-Assimilation von neuem. Ein zweiter Maximalwert tritt an der Grenze der 400 900 2000 3500 Lichtintensität in Lux Fig. 1. Kurve 1. Cardamine alpina. Assimilation a) der stärkefreien, b) der stärkehaltisen Pflanze bei verschiedener Lichtintensität und 150 C. Zweigipflige Assimilationskurven. 119 mittelstarken oder erst im Gebiet der hohen Lichtintensitäten auf, und zwar bei den Schattenpflanzen meist bei geringerer Licht- intensität als bei den Flechten. Vom zweiten Maximalwert an ‚sinkt die CO,-Assimilation unter dem Einfluss der höchsten von mir verwendeten Lichtintensitäten mehr oder weniger schnell, Tabelle 3. Abhängigkeit der CO,-Assimilation der Flechten von der Liehtintensität bei konstanter Temperatur. Luft- CUs- Assimilationswerte in mgr. CO, pro 1 gr 2 N Pflan: Datum des | tempe- Gehalt Frischgewicht in 1 Std. es ae Versuchs ra N eu Lichtintensitäten in Lux MU) tel 75 | 100 | 225 | 400 | 900 20003500 |8000 | 32.000 | I | 270| Alectoria ochroleua |8. XI. 18| 2309| 0,6 123,8 17,9 | 3,3| ZZ1| 2,7| 0 2691 À 28. X.18| 140 | 1,0 | 94| 62| 90| 74| 6,9] 6,4| 3,8| 22| 0 2OS 5 » Le nn Le 28 3,380 0: 1.2,9,1.051.1 x0 > ns ae Box tel 140) 111] 75) 23) 231 =) 00) - 1053| 9110 TES 24. x. 18| 140| 06 | 723) 31| 21| 26| 20| 06| 0 die 25. X. 18| 140| 29 21| 0 265, Cetraria nivalis Sex 8 100 11 | 72) 24) 2008) 24132 96.94 99 PORN... Ser er Cle) EU AE 0 0) ON O0 GERS 7 AE 9 PPS Aer TT Babies hykoctanım | 8.1.19 120) 001 53) 08/1141) © |178 260) | 1153 262| Gyrophora eylindria |28. X. 18| 140 | 1,3 | 3,8| 4,3| 4,0| 3,5| 49| 43| 39\ 38| 38 260| Haematomma ventosum |26. X. 18| 140 | 13 | O 30| 8,1! 5,4| 61| 69| 5,5| 6,6| 4,5 956| Lobaria linita 93. x. 18 140| 1,1 | 5,8| 72| 91| 65| 30|2/5|122|11,8|12,0 268) Peltigera polydactyk |4. XL 18| 230| 1,8 |z8,5| 92 |108| 9,1 | 172 & 5 5.xX1.18| 230| 0,7 33.0 Ba . "og x. 18| 140| 10 | 1a 22| 67| 14| 34| 52| 44) 27| 24| 272) Peltigera aphthosa |13.X1.18| 140 1,0 | 5,6| z7| 0,7| 43| 831125) 54| 0 9B3| Solorma crûcea 92, x. 18| 140) 5,3 | 5.4 | 251120,5 | 19.3 | 10.8 13.8 143 22,4| 2,9 ea alex TS 120% 21.111,92231 1,408. 3.710244 1723| 23:10 LEE (Schattenexemplar) |8. XI. 18| 230 | 1,4 |29,2| 11,9|12,9| 78,4, 9,0! 7,6| 2,9| 0 267, Stereoeaulon alpinum |4. XI. 18] 230 | 1,8 | 82| 7,5 | 6,9 | 4,0! 62| 82 5 5 5. XI..18| 230| 0,7 34| 2,2, 0 255 = 5 23.X1.18| 1409| 33 | 3,8] 81| 26,1] 0,6| 52| 5,4| 87| 87| 0 Die ganze Kurve weist also im Prinzip zwei Maximalwerte und drei Minimalwerte auf; während ia meinen Versuchen die beiden Maximalwerte immer vorhanden waren, mussten der erste und der dritte Maximalwert etwa einmal mit Hilfe der Richtung der vorhandenen Kurvenstücke ergänzt werden. Um jedem Missverständnis vorzubeugen, definiere ich im Folgenden die mathematischen Begriffe der Minimal- und der Maximalwerte unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung in der bis jetzt bekannten eingipfligen Assimilationskurve, soweit eine solche Definition überhaupt möglich ist. Allerdings werden die Begriffe meist nur für Versuche mit verschiedenen Temperaturen, seltener für solche mit verschiedenen Lichtintensitäten gebraucht. Marguerite Henrici. 120 Tabelle 4 Abhängigkeit der CO,-Assimilation der phanerogamen, alpinen Schattenpflanzen von der Lichtintensität. Yorbehankllune Luft- a, = |Assimilation in MET: Cros pro 100 au” Blattfläche in 1 Std; ‚|Nr.| Datum Pflanze temperatur|. | & Lichtintensität in Lux Bemerkungen NO ENDE SELS im lite | | 75 | 100 | 225 | 400 | 900 | 2000 | 3500| 8000 |32 000 142 3. III. 19 | Cardamine alpina | Schattenexemplar 20 0,9 67,2 67.2 101,0] Z18,7| 96,2 — | 862| — — 2450 m | 105 13. I. 19 | Cardamine alpina | Pflanze I 3 Tage ver- | 170 1,6 | I |182,7/788,2| 193,9,/792,0 505,1! 0 — — 0 2450 m dunkelt, II d.Tages- IL | 76,4| 137,1] 36,9| 580) 92,2] 79,1 — | — | 79,1 licht ausgesetzt Schattenpflanzen 106! 15.1. 19 | Saxifraga stellaris | Pflanze I 2Tage ver- | 170 0,8 | I [190,1] 241,9|293,7| 198,7| 164,1| 155,5) — | 86,6| — 2300 m dunkelt, Il d.Tages- II] O | 29,8 37,0) 15,8 105,31722,9 — | 682 — licht ausgesetzt Schattenpflanzen Ende Januar 109: 1919 Sibbaldia pro- Pflanze I = Sonnen- | 170 0,9 | I |794,9| 169,3) 322,7|338, 7| 293,9] 231,0) — 12300! — cumbens, 2500 m pflanze, Pflanze IL IT | 148,6! 411,0] 266,7) 341,01376,0| 157,7; — |131,1| — = Schattenpflanze, beide vorher dem diffusen Licht ex- poniert 137| 96. IL. 19 | Sibbaldia pro- Dem diffusen Tages- | 150 0,8 56,9! 91,4| 64,9) 180,0] 786,9 180,0 — | — |144,0 cumbens, 2500 m licht ausgesetzt, ( Schattenexemplar 143) 3. III. 19 | Sibbaldia pro- dito —20 0,9 26,01 26,0 30,6, 48,7] 45,3) — | 39,5) — = cumbens, 2500 m | 156 26.11.19 | Soldanella alpina | -Schattenexemplar 150 0,8 60,0 260,0! 110,0| 745,0) 115,0) 115,0) 95,0! — — 2400 m Zweigipflige Assimilationskurven. 121 Erster Minimalwert = Minimum (für Assimilation und Licht- intensität — Lichtschwellenwert). Zweiter Minimalwert hat in der bisher bekannten Kurve kein Homologon. Dritter Minimalwert entspricht dem Gebiet zwischen dem Maximum (der Assimilation und der Lichtintensität) und dem völligen Aufhören der Funktion. Das eigentliche Maximum im Sinne Blackmans (1905 S. 284) ist in meinen Versuchen nirgends vorhanden; denn immer ist der Wert nach Erreichung des Opti- mums schon in der ersten darauffolgenden Stunde kleiner als der Optimalwert, selbst wenn die Pflanzen zuerst der dem Maximum und dann erst der dem Optimum entsprechenden Lichtintensität ausgesetzt wurden. Nach Pfeffers (1904 S. 78 ff.) Definition würde allerdings mein dritter Minimalwert dem Maximum entsprechen, da Pfeffer nach dem Argument, dem bedingenden Faktor (Licht- intensität), Blackman dagegen nach der Funktion (Assimilation) definiert. Die Maximalwerte würden dem Optimum entsprechen, wobei vorderhand unentschieden bleibt, welcher meiner beiden Maximal- werte dem bis jetzt bekannten Optimum entspricht. Eine Ausnahme von den zweigipfligen Kurven machen die bei niederer Temperatur ausgeführten Versuche 142 und 143 in Ta- belle 4, in denen ich für Cardamine alpina und Sibbaldia procumbens eine eingipflige Kurve erhielt. Die Gründe für das Zustandekommen der verschiedenen Kurvenformen werde ich im Zusammenhang mit den Versuchen über den Einfluss der Tem- peratur besprechen. 50 Stündlich assimiliertes 0! 100 400 900 2000 3500 225 Lichtintensität in Lux. Fig. 2. Kurve 2. Sibbaldia procumbens. Eingipflige Assimilationskurve * bei -20 C. und verschiedener Lichtintensität. 2. Einfluss der Temperatur bei konstantem Licht. Tabellen 5, 6, 7, 8. Kurven 3 und 4 S. 126 und 152. a) Lage des Gefrierpunktes der Blätter und Flechtenthalli. Vor der Besprechung der Temperaturkurven muss der Ein- fluss der unter dem Gefrierpunkt liegenden Temperaturen auf die untersuchten Pflanzen erörtert werden. Gewöhnlich stellt man sich 122 Marguerite Henrici. vor, dass wenige Grade unter 0° C. die Pflanzen steif gefroren seien (Mez 1905). Nun hat aber schon Müller-Thurgau (1880, 1886) nachgewiesen, dass gewisse Pflanzen (z. B. Ficus repens 1886 S. 490) einen sehr tiefen Gefrierpunkt haben, dass ferner alle Pflanzen vor der Eisbildung in ihren Geweben unter ihren Gefrierpunkt abgekühlt werden müssen, und zwar manche sogar recht tief (z. B. Fuchsia alpestris, Phajus grandifolius 1886 S. 491). Dabei gefriert nicht schon beim Gefrierpunkt der be- treffenden Pflanze alles in den Geweben enthaltene Wasser, son- dern es bedarf dazu viel tieferer Temperaturen; so ist in einem Apfel bei —15,2° erst 79,3 °/0 des Zellsafts gefroren (1886 S. 472). Speziell das Protoplasma setzt dem Gefrieren des in ihm ent- haltenen Wassers grossen Widerstand entgegen, so dass dieses bei sinkender Temperatur am längsten flüssig bleibt. Sogar Mez (1905 S. 95) nimmt das vom Plasma „absorbierte“ Wasser von seiner Theorie aus, nach welcher bei —6° der gesammte Zellsaft gefroren sein soll. Dieses nicht gefrierende Wasser des Protoplasmas ist aber für die Pflanzen von eminenter Wichtigkeit, da die meisten Stoffwechselvorgänge an das Vorhandensein von flüssigem Wasser gebunden sind. Ÿ | Am häufigsten tritt der Fall ein, dass zuerst oder über- haupt nur in den Interzellularen Eis gebildet wird (Molisch 1897 S. 27 bis 29, Müller-Thurgau 1880, 1886). Das Blatt wird da- durch durchscheinend (Müller-Thurgau 1886 S. 449), nimmt aber beim Tauen, sofern es wenigstens eisbeständig ist, wieder seine natürliche optische Beschaffenheit an. Die Transparenz kann so- _ mit als Anzeichen für die Eisbildung gelten; ein genaues Kri- terium aber besteht in der Erhöhung der Temperatur im Momente der Eisbildung. Erst in Kältemischungen von unter —10° konnte ich mit Sicherheit das Transparentwerden der von mir untersuchten Blätter beobachten, also auf Eisbildung in den Interzellularen schliessen. Berücksichtigt man die Korrekturen, welche für die durch Beleuchtung verursachte Erwärmung der Blätter ermittelt worden sind (S. 116), so tritt die Eisbildung zweifellos erst bei einer Blattemperatur von etwa -6° auf. Wenn unterhalb dieser Temperatur noch assimiliert wird, was tatsächlich der Fall ist, so folgt daraus, dass die Pflanze trotz dem grossen Wasserverlust, welcher durch die in den Interzellularen erfolgende Eisbildung be- dingt wird, noch CO, assimilieren kann, somit in physiologischer Beziehung an Trockenheit angepasst ist (Schröter 1904 S. 658). Die Eisbildung in der Pflanze setzt die CO,-Assimilation allerdings stark herab; wenn bei sinkender Temperatur immer mehr Eis ent- steht, verursacht es schliesslich das völlige Aufhören der Assi- a PP nn ZZ A are A a ade EN PTE ni ee Te UE: 4 ‘né Y'A v Ce . à I NE LE SOS Zweieipflige Assimilationskurven. 125 milation. Da die Eisbildung hauptsächlich in den Interzellularen erfolgt, hindert sie die Luftzirkulation und dadurch die CO,-Zu- fuhr. Ich versuchte deshalb in den Interzellularen künstlich — also über dem Gefrierpunkte der Pflanzen — Eisbildung hervor- zurufen, um dadurch lediglich die CO,-Zufuhr zu unterbinden, ohne gleichzeitig die Chloroplasten durch Wasserentzug aus dem Zellinnern an der Assimilation zu verhindern. Es gelang dies sehr leicht dadurch, dass ich die Pflanzen, Phanerogamen und Flechten, deren Assimilation ich bei tiefer Temperatur, jedoch in ungefrorenem Zustand bestimmt hatte, kurze Zeit in unterkühltes Wasser tauchte, dann sofort in den in der Kältemischung befind- lichen Recipienten brachte und hierauf die CO,-Assimilation bei derselben Temperatur wie vorher bei der ungefrorenen Pflanze mass. Das Resultat dieser Versuche (Tabelle 7) ist folgendes: Bei den Phanerogamen sinkt die Assimilation infolge der auf Tabelle 7. Einfluss der Eisbildung auf die CO,-Assimilation. a) Eisbildung in den Interzellularen und auf der Oberfläche der Pflanzen. (02-Ge- | halt der Stündlich assimiliertes resp. ausgeatmetes CO, Nr.|Datum Pflanze Luft in in mgr pro 100 cm? Blattfläche m 1919 m En Temp. |mgr CO>| Temp. \mgr C0, | Temp. |mgr (0, | Temp. | mer (0, 144 5. III. | Cardamine alpina. | 0,6 | Assi- H 40! 88 |-120| 32,5 |-60| 86,2 | 00 | 115,0 2500 m - milation nicht Eis in getaut gefroren |: den Inter- zellularen Atmung |+ 40 | 48,0 |- 129) 25,2 |-60| 38,4 | O0 | 76,8 145) 5. II. | Sibbaldia procum- | 0,6 | Assi- |+401104,0,-120| 54,0 |-6°| 24,0 | 00 | 48,0 bens. Schatten- milation ohne Bis- Eis in getaut pflanze, 2450 m bildung den Inter- zellularen 6 Atmung |+ 40 | 80,0 |- 120! 40,0 48,0 | 00 | 52,0 156|15.IIL.. Saxifraga Seguieri | 1,4 | Assi- |—90 332,0 | - 90! 196,0 2300 m milation nicht Eis in gefroren den Inter- zellularen Atmung | — 90 | 88,0 88,0 bl Eisbildung auf der Oberfläche der Pflanzen. C0,-Gehalt Stündlich assimiliertes resp. ausgeatmetes Nr. Datum Pflanze der Luft in CO, in mer pro 1 gr Frischgewicht 1919 mgr im Liter Temp. | mer 00 | Temp. | mer 00, 155115. III.) Xanthoria parietina| 1,4 |Assimilatin] — 90 12,6 — 90 12,6 c aus Basel ohne Eis mit Eis Atmung — 90 10,1 | — 90 5,1 124 Marguerite Henrici. diese Weise erzeugten Verstopfung der Interzellularen stark, die Atmung jedoch viel weniger, Bei den Flechten hat diese Be- handlung jedoch, wohl wegen des Fehlens der Interzellularen, keinen Einfluss auf die Assimilation, während bei ihnen die Atmung sinkt. Letzteres ist durchaus begreiflich, da nach Jumelle’s An- gaben (1892 S. 269—72) die Atmung dieser Pflanzen bald unter 0° aufhört, speziell bei länger dauernder Kältewirkung. Oberfläch- _ liche Eisbildung z. B. auf der Epidermis der Blätter, hindert bei den alpinen Schattenpflanzen die Photosynthese durchaus nicht; ich konnte in den meisten Fällen kleine Eiskriställchen auf den Blättern bemerken, die wohl aus dem bei der ausgeschiedenen Wasserdampf entstanden waren. Aus dem Dargelegten geht hervor, dass der Gefrierpunkt der untersuchten Phanerogamen und Flechten tief liest. Auf seine spezielle Lage für Flechten einerseits, für Phanerogamen andrer- seits werde ich im zweiten Abschnitt dieser Arbeit eingehen. Hier soll zunächst nur die allgemeine Frage erörtert werden, worauf die tiefe Lage des Gefrierpunktes beruht. Der einzige in Betracht kommende rein physikalische Faktor ist die Kleinheit der Zellen, die dem Gefrieren ein starkes Hindernis entgegensetzt. Gegen die Möglichkeit einer rein physikalischen Erklärung der tiefen Lage des Gefrierpunktes spricht die Tatsache, dass totes Gewebe schon bei höherer Temperatur gefriert als lebendiges (Maximow 1914 S. 364ff.). Die Konzentration des Zellsafts ist zur Erklärung un- zureichend, da selbst ein solcher, der beispielsweise einer 30 ‘/igen Rohrzuckerlösung isotonisch ist, den Gefrierpunkt gegenüber reinem Wasser nur um 0,9° erniedrigen würde. Immerhin würde ein hoher osmotischer Druck einen gewissen Schutz gegen Gefrieren bieten. Nach den Untersuchungen Meiers (1916 8.53) haben tat- sächlich alpine Individuen einen höhern osmotischen Druck als Individuen derselben Spezies aus der Ebene. Besonders auffallend sind aber die Zahlen von Arrhenius und Söderberg (1917), die bei rein alpinen Pflanzen noch viel höhere Werte als Meier erhielten. Ich selbst habe einige Bestimmungen des osmotischen Druckes an Mesophyil- und Epidermiszellen alpiner Pflanzen ausgeführt und zwar so, dass ich ihn zunächst bei +15°, dann bei 0° resp. —10° bestimmte. Nachdem die Pflanzen niederen Temperaturen aus- gesetzt worden waren, verweilten sie noch einige Zeit bei +15°, bevor ich den osmotischen Druck bestimmte. Aus Tabelle 9 geht hervor, dass der osmotische Druck speziell der Mesophylizellen bei nederen Temperatur ausserordentlich wächst und zwar schon bei Temperaturen, bei den die Pflanzen noch nicht gefroren sind. Babe en an Zweisipflige Assimilationskurven. 125 Tabelle 9. Osmotischer Druck der Mesophyll- und Epidermiszellen der Blätter bei verschiedener Temperatur. Beleuchtung 900 Lux. Dauer der | Osmotischer Wert in N Datum Pflanze Temperatur- Mol. KNO, in Stunden | _ 100 09 + 150 159|18.11.19 | Saxifraga Seguieri Palissaden 2 2/3 Ua Epidermis Us 1/4 161] 18.IIL. 19 | Sibbaldia procumbens Palissaden 2 4/5 1/4 Epidermis 1/3 1/3 160 | 18. III. 19 | Veronica bellidioides Palissaden 3 la 1/3 1/4 Epidermis 1/3 1/4 1/4 Die drei angeführten Faktoren haben zweifellos Bedeutung für die niedere Lage des Gefrierpunktes der Alpenpflanzen, ob- schon die Wirkung jedes einzelnen klein ist, Indessen genügt auch die summierte Wirkung der drei Faktoren nicht, die tiefe Lage des Gefrierpunktes zu erklären. Ohne die Möglichkeit des Einflusses anderer noch unbekannter Faktoren zu verneinen, könnte die Beobachtung Müller-Thurgaus (1880, 1886), dass vor dem Ein- tritt der Eisbildung eine Unterkühlung von mehreren Graden not- wendig ist, die tiefe Lage des Gefrierpunktes verständlich machen. Der schon lang bekannten Tatsache, dass die Alpenpflanzen einen sehr tiefen Erfrierpunkt besitzen (Schröter 1904 8. 650), kann beigefügt werden, dass wenigstens die untersuchten Schatten- pflanzen einen ganz besonders tief gelegenen Gefrierpunkt auf- weisen. Es ist ja allerdings wahrscheinlich, dass im Experiment der Zustand der Unterkühlung länger dauert als in der freien Natur, in welcher die Luft gewöhnlich stärker bewest ist. Auf die Ursachen des tiefen Erfrierpunktes werde ich später noch zu sprechen kommen (S. 134 ff.). 6) Die CO,-Assimilation phanerogamer alpiner Schattenpflanzen und Flechten bei verschiedenen Temperaturen. Tabellen 5, 6, 8, 10. Kurven 3 (S. 152) und 4. Die bei verschiedenen Temperaturen gewonnenen A ssimilations- werte lassen sich in 2 Gruppen scheiden: | 1. Zweigipflige Assimilationskurven, die erhalten werden, wenn Flechten oder Phanerogamen in der kalten Jahreszeit bei schwachem Licht verschiedenen Temperaturen ausgesetzt werden. Marguerite Henrici. 17 “aU2EUII8IS ‚Wo 001 oud adw ur 2099 Saluaılwıssg yoııpur -12° 0° 6° 150 Temperatur in °C. Fig. 3. Kurve 4. Cardamine alpina. Zweigipflige Assimilationskurve bei verschiedener Temperatur und 900 Lux. 2. Eingipflige Assimilationskurven, die erhalten werden, wenn bei den verschiedenen Temperaturen starkes Licht wirkt. . Da ich in den Versuchen bei schwachem Licht den ersten aufsteigenden Ast der Kurve öfters nicht traf, stellte ich spezielle Versuche bei ganz tiefen Temperaturen an, um den Temperatur- schwellenwert der CO,-Assimilation festzustellen (Tabelle 8). Bei Sibbaldia procumbens gelang es mir, diesen für das Sonnen- exemplar genau festzustellen; bei den andern untersuchten Pflanzen Tabelle 5. Abhängigkeit der CO,-Assimilation und Atmung der Flechten von der Temperatur. *) Der ausnehmend geringe Wert wurde nach der Nacht gefunden. Nachdem die Pflanze wieder assimi- we liert hatte, betrug die Atmung auch bei dieser Temperatur wieder 9,0 mgr. Eu | COz-Assimilation in mer in 1 Std. | Atmung in mgr CO2 pro 1 Std. Eu S- pro 1 gr Frischgewicht pro 1 gr Frischgewicht Nr. ‚Datum Pflanze Ss zPl.=s AR: à } .|= 5 ANG À L Be 2s %.=|88 mer |bei bei | bei | bei | bei SE mer bei | bei | bei| bei | bei |" 1919 R 8$]j=25| c0:|0% |+60| 150 | 240| 300 |& | co2| 0° |460|150| 240 |300 283| 7.II.| Xanthoria parietina 12000/1,0 | -6°| 1,011,1| 1,2) 2,5| 4,1 -6° 0,6 10,8 1,0| 1,1) 2,3 282,31. I. | Peltigera eanna . |200010,6 [-120| 2,312,9| 3,4| 3,6| 3,4 |-120) 0,8 11,2) 1,9] 2,4| 2,6 284| 7. IL.| Evernia prunastri . 12000/1,0 | -90| 0,411,2| 1,4| 2,7| 3,6 -90| 0 11,2| 1,5] 2,2] 3,2 287117. IL.| Xanthoria parietina | 400 11,0 |-160| 3,812,6| 2,4 5,3] 8,5 -169 1,1 10,3 0 | 4,1, 0,7 | 285|14. IL] Evemia prnastri | 400/1,0 |-120! 9,219,1) 8,0/10,7/47,6| 821-120! 9,0 9,0! 9,0! 9,3 se) 90 286 17. II.| Parmelia eaperata | 40011,0 |-160174,9|7,7 12,819,9|19,8 -160| 9,2 15,0! 7,9| 7,9) 8,7 | g 127 Zweigipflige Assimilationskurven. UST — | — | — [0%91\0°88 |0‘09 |o‘or 081 | — | — | — |0'orr 0971081 |0eS 081 | 90 |00F Lomaag CAES |GLIIL"TZ 29T Be 008 Hr (ass 198 96r | o bar | 0 | 00e k‘rrr z'osrlo'ecc| 0 |z'ercoer- ee, 6 € ( ‘ € € € ? { ç € VI 006 ar jduroxouauog GE IT SL TI Tr |008 ‘ee [CECI L'T9 OFrR 0 bel -|[r'ecr) 008 2 7SE 8'228 |L'AST 20720/077027 - SO UN À CECI rar u 0SE — 1072 1098 [0‘001|0'07 var - — 1009 10'822 0'038 |0'38T oa -| 90 1007 alle) etre 89T ; supqumoord Bıppeggt 9,92 086 ‘ 6 € € 0 088 4 € 0 c € u (CE 0‘OST | o#8 l0‘OST |S 902 1 E17 999 | O oO -|8‘Er | 008 10/06 00FZ|0 08T 098 |0'OZI 001 - iu | z È ; 5 : R : ; Ge E A OT ‚006 arjdumxousuuog ( GT IT OT IT 2'861 086 SO 96F TEE 008 | 0 vor -S20F| 066 10 6079 Igor 0'8er|008 LOF 086 006 6 6 c nas : ; à : ur OS Per lorg rer 226 log gr | O 021 -| O | oIE [T6 |000FT 0787, 0 096 oct | OT 006 vucdje aumepte) GT IL PEBTT — )—)0 we pe eue Iorernar-| = | — we ug leo és ke ber-| 90 oo ns | OR LET ç ‘ € < € ç € c epdurox do oe B'rr Isze loor or [oe bo- ner | oge ‘er He Ivar ja‘er |rer bo- | 9% 000% | spupg uonan, JE I TE|PTT € € (4 € € (2 € € [4 | 001 — | — 008 10087 0'007 ‘00T [008 09 - | — | — | 0 10'992\0'978 0'GES 0081 09 — | 90 0008 wurde RUES |GE ‘I '68 ET | u (0H — | 088 (vos pe va |8a09- | — | — 6101 lo Or en. 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Atmung in 1 Std. pro 100 cm’Blatt- fläche in mer CO2 Bei Minimaltemperaturen von [120 00 [190 0° | 144 | 5.IIL.19| Cardamine alpina 148 8.11.19 Xanthoria parietina 260 m 0,8 19,7 |15,7110,8 | 3,8 6,8) 3,8 149 8.11.19) Ramalina pollinaria 260 m | 0,8 |28,8| 31,714,0 | 16,2| 11,8 66 | konnte ich wenigstens konstatieren, dass bei weiterem Sinken der Temperatur die Kohlensäure-Assimilation immer schwächer wird. Bei den Temperaturversuchen musste ausser der Assimilation auch die Atmung bestimmt werden; da bis jetzt über die Atmung der Alpenpflanzen nur sehr wenig bekannt ist (Bonnier 1895 S. 341—343), führe ich in den Tabellen auch die von mir be- stimmten Atmungsgrössen an. Diese sind speziell im Gebiet der niederen Temperaturen von Interesse. In manchen Fällen findet, nachdem die Atmung einen Minimalwert erreicht hat, wie bei der Assimilation auch wieder ein Anstieg statt; die gebrochene Kurve tritt allerdings bei der Atmung nicht so regelmässig auf, wie bei der Assimilation. Man spricht wohl überhaupt bei niederer Tem- peratur besser von einer CO,-Entbindung und nicht von eigent- licher Atmung. Müller-Thurgau (1880 S. 142), Molisch (1897 8. 29) und Mez (1905 S. 102) konstatierten nämlich, dass während der Eisbildung aus dem Zellsaft reichlich Gas austritt, das sie als. Luft bezeichnen. Nach meinen Beobachtungen muss CO, darin enthalten sein, da eine starke CO,-Abgabe stattfand. Eine solche beobachtete ich aber nur bei den tiefsten von mir angewendeten Temperaturen. Da diese starke Gasausscheidung von den ge- 2500 m Schattenpfl. . . 0,6 | 32,5 115,0 25,2| 76,8 145 5.111.19) Sibbaldia procumbens kr Schattenpfl. 2450 m . . 0,6 |34,0| 48,0 40,0) 52,0 Bei Minimaltemperaturen von |-150 -10,0| -30 [15 0 .100| -30 jSibbelais procumbens 1477 11119/ Schattenpfl. 2450 m . .| 0,8 [88,0 140,0 2638] O | 40,100 | en 2480.10. 2.» | O 1400 11025] O 0 |32,5 COz2-Assimilation | Atmung in 1 Std. in 1 Std. pro 1 gr pro 1 gr Frischgewicht in | Frischgewicht in : mgr CO2 mgr CO2 Bei Minimaltemperaturen von | 150 -30 Fi 20] -15 0 -30 + 20 a en SEE L Te LATE A ÈS Zweigipflige Assimilationskurven. 129 nannten Forschern als Charakteristikum für die beginnende Eis- bildung angesehen wird, ist meine Beobachtung nach dem früher Gesagten (S. 122) leicht verständlich. Die bei ganz niederer Tem- peratur erfolgende CO,-Entbindung dauert im Gegensatz zur Atmung nur kurze Zeit. Dagegen ist bei niederer Temperatur die Atmung mehrere Stunden, wenigstens bei meinen Phanerogamen, konstant; ich konnte sie in meinen Versuchen allerdings erst nach dem Auf- hören der CO,-Entbindung bestimmen. Um ihren Unterschied von der Atmung zu charakterisieren, führe ich in Tabelle 10 einige Zahlen an, die zeigen, wie diese Kohlensäure-Entbindung die Atmung um ein mehrfaches übertrifft. Tabelle 10. CO,-Entbindung und Atmung bei niederer Temperatur. Aus verschiedenen Versuchen zusammengestellt. Stündlich abgegebenes (0, pro 100 em? Blattfäche _120 _G0 09 ent- aus- ent- aus- ent- aus- bunden |geatmet | bunden |geatmet | bunden | geatmet = | | Cardamme alpin... .. | 9280 0 | 24,5 27,0 5 D nd 80,0 | 44,3 | Sibbaldia procumbens . . . |220,0 | 40,0 | | 292,0 | 100,0 3500 2200 | 250,0 | 33,1 | 0%] 15,5 26,6 | 5 5 En | 40,0. 48,0 Veronica bellidioides . : . . |178,0 | 12,8 140,0 | 25,6 | Tritt jedoch eine schwache Erhöhung der Atmung zwischen — 6° und +4° auf, so muss sie eine andere Ursache haben, weil in diesem Temperaturgebiet die Pflanze noch nicht gefriert. Wie später näher ausgeführt werden soll (S. 134), ist bei diesen Tem- peraturen in der Pflanze viel Zucker vorhanden, der ein besseres Atmungsmaterial ist, als die bei höherer Temperatur vorhandene Stärke, und deshalb wohl schneller veratmet wird. 3. Vorkommen und Ursache der zweigipfligen Assimilationskurve. Während ich bis jetzt nur konstatierte, dass, entgegen den bisherigen Erfahrungen, zweigipflige Assimilationskurven vorkommen, behandle ich im folgenden die Bedingungen und die Ursachen ihres Auftretens. Anfangs stand ich meinen Versuchsresultaten äusserst misstrauisch gegenüber’ und vermutete immer wieder unbekannte 9 Marguerite Henrici. 130 C0-Ge- Assimiliertes CO, in mgr pro 1 gr. Frischgewicht Lufitem- halt der Nr.) Datum Pflanze Vorbehandlung RE Luft in in 1 Std.; Lichtintensitäten in Lux in OC mer li] 75 | 100 | 225| 400 | 900 | 2000| 3500| 8000/32000 271112.X1.18| Lobaria linita . . .| 21/2 Tage verdunkelt . 140 | 04 | 45 | 1,1 | 0,3 | 1,0 | 55, 4.020935 Am Tage 8 Stunden belichtet, in der Nacht verdunkelt . 00228 0% 725080 0 0 276125.X1.18| Lobaria linita . Vor dem Versuch 4 Tage | verdunkelt 180 | 1,4 | 2,5 | 8,6 | 42 | 42 | 43) 3,0 | 29 | 1,55} 1,2 4 Tage konstant belichtet 4.02, 4.22 9772..8.32 8.3) 2395,92 22.0 273 114.X1.18| Peltigera aphthosa 12 Stunden belichtet . 1402,.0,38 98746 552,21 65| | 6,02) 5,7| 1,6 12 Stunden verdunkelt . 4,5 | 9,2 | 641138 109| — | 9,1 | 5,2) 3,1 48 Stunden verdunkelt . 1,8 | 2,2 | 6,4 113,8110,9) — | 9,1 | 52) 31 27419.XI.18) Haematomma ventosum | 4 Tage verdunkelt . 6 140,202) 0.04.05 TSI NOUS) ER 0e EC 4 Tage konstant belichtet 2:0 0552 2e) 50) 4939120220 275 20.X1.18| Solorina erocea 4 Tage verdunkelt 149 0,9 | 3,2 1,7268 55 551033 2 boy gt 4 Tage tagsüber belichtet, nachts verdunkelt 8,6 16,6 114,1 | 32 | 6,0) 7,9 | _ | 2110| 0,9 290,22. XI.18) Stereocaulon alpinum Während 48 Std. dauernd be- . lichtet Es 170 | 12|02| 21.0809 | 18) 1,4 | 0,4% 0,2* 48 Stunden verdunkelt GO OA OA ON 77.0.6 2.08 0 4 Tage verdunkelt . . 13 098007 11.06 08% TE 281, 8.1.19 | Xanthoria parietina. .| 3 Wochen verdunkelt 2022. 0,0.110,02 200.0 2150 932 270, 22 *) COz-Gehalt sinkt plötzlich auf 0,3 mer i. L. 131 Zweigipflige Assimilationskurven. yyayunp 00 077 1009 098 0701/0721 | LO | oc 1Bapoyayıs | -10A OFEL 8 2 ; 6T III 67) 891 oyunp 0'093 0'866 088 | 0095 0'988 0085 | 0% | oST | Sneyonaejs | -a0A ode] ÿ à x 6T III FT SGT oyunp 0.093 0'268 1000F| 096 |0'eL 0881 | FT | osT 1917941BJS | -10A 0881 g | Momdog eSeuyIxes |GT III IL, UT eyunmp 097 03 088 or 08 | — |20°| 09 19AJO1B)S | -A9A OSBL 8 S 5 6L 'IIL'6T | POI YONUunp O‘OLT 0‘Or& 0.008 |0'88L |0‘O8E | OSSI | 0% | oGE | Sumeyoyaeıs | 9A 96e } x z GTI PT) PSI oyunp 9291 196 Yes |J'er |ce9g 076 | FI | or | royomes | -104 oseLz suoqumond PUIS | GT TIL TE) FOI 0008 | 0008 | 006 | 00P | «ze 007, & [mm ; SERIE es OU sunjpueyag xNnT ur uopensusyumyatT {PIS T ur our] ur ug. myendum)) puejsnz on 9ZUe]J A uunyecl] ‘IN -JJeIS zu O0 o1d asw ur 809 SoMemruIssy nn u "JEeJIsu9jJunyalT A9aU9PpalyU9sa9A 194 UoNeJlwıssy-209 9Ip Jne uazueyduayyeyas uauIde uewesoaeueyd doap Sunjpueyagaoy Aap SSNHUIH ‘GI OITDAeL Tabelle 13. Abhängigkeit der 00. Assimllation von den dargebotenen Nähr- 132 Marguerite Henrici. Versuchsfehler, Natürlich wurde dabei auch die Vorbehandlung der Pflanzen in Betracht gezogen. Ich änderte zunächst diese, indem ich die Pflanzen (Flechten) vor dem Versuche kürzere Zeit verdunkelte, anstatt sie im diffusen Licht stehen zu lassen; jedoch : ohne Erfolg: die Kurve blieb zweigipflig (Tabelle 11). Erst nach längerem Verdunkeln bei 15° C. erhielt ich einzelne eingipflige. bei noch längerer Verdunkelung jedoch wieder zweigipflige Kurven. Für die phanerogamen Schattenpflanzen erhielt ich ein ähnliches Resultat (Tabelle 4 und 12); immerhin fiel mir auf, dass ich nach verhältnismässig kurzer Verdunkelung schon die eingipflige Kurve erhielt. Es hatte also den Anschein, als ob nach dem Ver- dunkeln dreierlei Kurven existieren, nämlich 1) nach kurzem Verdunkeln die zweigipflige Kurve, die noch nicht von der Kurve derjenigen Pflanzen abweicht, welche im diffusen Tages- licht gestanden hatten; 2) die eingipflige Kurve nach etwas längerer an kan 3) die zweigipflige Kurve nach sehr langer Verdunkelung. Eine genaue Untersuchung (Tabelle 12) ergab die Richtigkeit dieser Vorstellung und liess somit vermuten, dass die Form der Kurve vom Vorhandensein oder Fehlen der Assimilationsprodukte abhänge. Es gelang mir auch, durch Darreichung von Nährsalzen (Detmer’sche Lösung) die Kurvenform abzuändern (Tabelle 13), ohne allerdings, wie ich gleich bemerken will, dieses Resultat be- salzen bei versehiedener Liehtintensität. Pflanze I mit Nährsalzen. : Pflanze II ohne Nährsalze. Ten © ce Assimiliertes CO, in mgr pro 100 cm? ln es Vorpe at Blattfläche in 1 Std,; D a en a handlung | = a Di Lichtintensitäten in Lux d | 1919 proliter| 75 | 100 | 225 | 400 | 900 | 2000 10717.1.| Bellis peremis | 200! 2 Tage im | L 1,7 |123,8|124,5| 96,8) 74,51120,1| 167,5 | 141,5 aus Basel diffusen | = | Tageslicht | IT) 1,7 | 31,0|153,8|229,1 156,0 |179,0| 139,6 108/20. 1. 2 Tage 1/04 | 4,5, 135| 1891) 22,5| 35,1) 37,0 ; verdunkelt | IL | 0,4 | 69,6| 93,61126,2| 87,1|144,8| 127,3 \ ] = 7 ' BE MER LS TUSE ES 110/24.1., Hieracium Pilosella| 170 | 2 Tage im | [| 0,9 | 212) O | 37,2| 55,7, 56,4) 56,4 aus Basel diffusen Tageslicht | IL} 0,9 | 18,6| 17,1] 27,2| 30,6| 21,8) 17,1 1111271. 2 Tage 1| 13 | 27,1) 380) 38,5) 46,6| 50,4| 57,5 verdunkelt IT| 1,3 | 38,1, 50,0) 69,4, 34,4, 40,6, 46,9 Zweigipflige Assimilationskurven. 133 friedigend deuten zu können. Ich erhielt bei den Pflanzen, die ich im diffusen Tageslicht gelassen hatte, bei Nährsalzzufuhr nur eine Verschiebung der Minimal- und Maximalwerte gegenüber der Kontrollpflanze in Wasser. Bei den vorher verdunkelten Pflanzen hingegen erhielt ich mit Nährsalzzufuhr eine eingipflige Kurve, während die Kontrollpflanze in Wasser noch die zweigipflige Kurven- form zeigte. In beiden Fällen — bei Pflanzen, die im Dunkeln und Pflanzen, die im diffusen Tageslicht gestanden hatten — ver- lief bei denjenigen Individuen, welchen Nährsalze zur Verfügung standen, der Abfall der Kurve bei steigender Lichtintensität weniger steil als bei den im Wasser stehenden Kontrollpflanzen. Diese Resultate sind recht schwer oder überhaupt nicht zu deuten, so lange man den Einfluss der Nährsalze auf die Kohlensäure-Assi- milation nicht kennt. Bis jetzt liegen solche Untersuchungen nur für Wasserpflanzen vor (Literatur bei Czapek 1913 S. 545; Treboux 1903 S. 55ff ; Pantanelli 1904 S. 199ff.), in denen aber relativ hohe Salzkonzentrationen zur Anwendung kamen, die fast alle zu einer Herabsetzung der Photosynthese führten. Nur K,PO, begünstigt die CO,-Assimilation, solange es noch nicht Plasmolyse verursacht; andere Kaliumsalze wirken weniger hemmend als die entsprechenden Natriumsalze (Pantanelli 1904 S. 210f., 215). Schwächer konzentrierte Lösungen haben nach Treboux bei Wasser- pflanzen keine Wirkung. Immerhin gibt der Autor in einer An- merkung (S. 55) an, dass er damit nicht den Einfluss von Nähr- salzen auf die Photosynthese überhaupt bestreiten wolle; vielmehr nimmt er an, dass sich dieser Einfluss fühlbar mache, sobald die Pflanzen Mangel an Salzen litten, was bei Wasserpflanzen in Wirk- lichkeit kaum der Fall sei, weil sie Nährsalze in reichlicher Menge aufspeicherten. Ausserdem können Salzlösungen wieder ganz an- ders wirken als Lösungen einzelner Salze (Pfeffer 1904 S. 336). Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass gewisse Salze bei der Assi- milation nur als Reizstoffe wirken ohne am Prozess selbst mitzu- wirken (Uzapek 1905 S. 889; 1913 S. 160). Wenn es sich be- stätigen sollte, was jetzt eine ungenügend gestützte Ansicht ist (Pfeffer 1897 8. 424), dass nämlich das Kalium bei der Trans- lokation von höher molekularen Kohlehydraten eine Rolle spiele, so würden auch meine Nährsalzversuche für die Abhängigkeit der Kurvenform von der Art der vorhandenen Assimilationsprodukte sprechen. Ich halte es übrigens für wahrscheinlich, dass das Kalium die ihm zugeschriebene Rolle spiele, da auch im Reagenz- glas minimale Mengen von Kaliumsalzen die Hydrolyse der Stärke durch Diastase erheblich fördern, wovon ich mich selbst überzeugen konnte, und was in der Literatur schon länger bekannt ist (Kübel 154 Marguerite Henrici. 1899, die Angabe ist allerdings nicht ohne Widerspruch geblieben, weitere Literatur siehe Oppenheimer 1913 8. 293; die Original- abhandlung ist mir leider nicht zugänglich). Angesichts der Resultate dieser orientierenden Versuche schien es mir von Bedeutung, die auf ihre Kohlensäure-Assimilation unter- suchten Pflanzen auch auf ihren Gehalt an Assimilationsprodukten zu prüfen. Zur Beurteilung meiner Resultate ist die Tatsache von . Bedeutung, dass ich diese Versuche im Herbst und Winter aus- führte. Die Pflanzen wuchsen im Freien, waren völlig turgeszent, obwohl der Boden meist leicht gefroren war. Ich stellte nun fest, dass in dieser Jahreszeit keine meiner Versuchspflanzen — Bellis perennis, Sibbaldia procumbens, Cardamine alpina, Vero- nica bellidioides — in ihren Blättern Stärke oder Maltose ent- hielten, dagegen reichliche Mengen von reduzierenden Zuckern, besonders von Fruktose. Einzig in den Schliesszellen von Sib- baldia procumbens und Cardamine alpina fand ich hin und wieder kleine Stärkekörner. Den Stärkenachweis führte ich mit Jod-Jodkalium in durch Chloralhydrat aufgehellten Blättern, den Nachweis von Maltose mit der von Rosenthaler 1914 S. 218 angegebenen Methode; die Hexosen wies ich durch das für sie charakteristische Osazon (Rosenthaler 1914 S. 193) nach, die Fruktose im besondern mit der Probe von Seliwanoff und Pinoff (Rosenthaler 1914 S. 206-207). Auch Rohrzucker scheint in grösserer Menge vorhanden zu sein, doch konnte ich ihn nicht isolieren, da mir Strontianhydrat nicht zur Verfügung stand. Kochte ich nämlich den Blattextrakt längere Zeit mit Essigsäure, so fiel bei erneutem Zusatz von Phenyl- hydrazin wieder Osazon aus, das offenbar aus den Spaltprodukten des durch die Säure hydrolysierten Rohrzuckers entstanden war. Zum Verhalten der von mir untersuchten Pflanzen fand ich Parallelen in zahlreichen Arbeiten, die sich speziell mit dem Ver- schwinden der Stärke in überwinternden Laubblättern beschäftigen . (Mer 1876, Fliche und Grandeau 1874, Schulz 1888, Miyaké 1902, Badalla 1910, Lidforss 1907). Wichtig ist für meine Unter- suchungen Overtons (1899 S. 175) Angabe, dass im Oberengadin die Pflanzen schon im Herbst stärkefrei sind. Lidforss (1907) wies das Fehlen der Stärke im Winter für nordische, überwinternde Blätter nach; gerade für diese ist die Umwandlung der Stärke in Zucker von eminenter Bedeutung, da dadurch osmotisch wirksame Substanz produziert wird, die ihrerseits als Schutzstoff gegen das Erfrieren wirkt (Lidforss 1907; Bartetzko 1910; Maximow 1912 I und II). Eine Proportionalität zwischen der Menge des Schutz- stoffes und der Erniedrigung des Erfrierpunktes der Pflanzen be- Zweigipflige Assimilationskurven. 135 steht allerdings nicht; vielmehr ruft schon eine sehr geringe Menge von Zucker eine starke Erfrierpunktserniedrigung hervor (Maximow 1912 S. 57). Da äquimolekulare Mengen sehr verschiedener Stoffe (Zucker — Salze — Alkohole), sofern sie nicht giftig sind, die- selbe Schutzwirkung ausüben (Maximow 1912 I, IL, 1ID), kann man den Erfrierpunkt einer Pflanze aus dem osmotischen Druck ihrer Mesophyllzellen angenähert ermitteln. Dies tat ich mit Hilfe der mir aus eigenen Untersuchungen zur Verfügung stehenden Zahlen (Tabelle 9), indem ich die von mir gefundenen osmotischen Drucke mit den Zahlen Maximows in Beziehung setzte und die von ihm (S. 57) empirisch ermittelten Werte der Erfrierpunktserniedri- gung benützte. So fand ich für Veronica bellidioides eine Erfrierpunktserniedrigung von 13°, für Sibbaldia procumbens eine solche von 19°. Um nun den Erfrierpunkt zu finden, der unter dem Einfluss der Assimilation (resp. der Zuckerbildung) zu- stande kommt, müssen die angeführten Werte der Erfrierpunkts- erniedrigung von den, bei Ausschluss der Assimilation gefundenen Werte der Erfrierpunkte subtrahiert werden. Diese Berechnungs- weise haben in neuester Zeit Arrhenius und Söderberg (1917) auf nordisch alpine Pflanzen angewandt und ähnliche. Werte wie ich erhalten. Diese Tatsache liefert eine restlose Erklärung für die tiefe Lage des Erfrierpunktes der Alpenpflanzen. Bringt man die zuckerreichen Pflanzen in höhere Temperatur, so tritt mehr oder weniger schnell die Kondensation zu Stärke ein. Bei einigen Pflanzen, wie Hieracium Pilosella und Veronica bellidioides, wiesen die Pflanzen noch nach 4tägigem Verweilen bei + 15° jene Brüchigkeit auf, die bei niederer Temperatur an ihnen so auf- fallend ist und die mit dem hohen osmotischen Druck Hand in Hand geht. Die Blätter werden erst allmählich wieder weich und biegsam, wobei sie gleichzeitig Stärke speichern. Die Umwandlung von Stärke in Zucker und Fett bei Bäumen liegt mit dem hier beschriebenen Vorgang jedenfalls auf gleicher Linie; um nicht Allbekanntes zu wiederholen, verweise ich auf die umfangreiche einschlägige Literatur (siehe Fischer 1891). Ob die Identität der beiden Vorgänge so weit geht, dass im Winter in einigen Blättern an Stelle von Stärke auch fettes Öl gebildet wird (Schulz 1888), bleibt noch zu untersuchen. Da ja das Fett nicht als Assimilationsprodukt, sondern aus- schliesslich als Speicherstoff aufzufassen ist, fällt für meine Ver- suche nur die Tatsache in Betracht, dass ich stärkefreie Pflanzen verwendete. Die Vermutung lag nun nahe, dass im Experiment bei höherer als der im Freien herrschenden Temperatur Stärke gebildet werde, und dass diese die 136 Marguerite Henrici. Kurvenform beeinflusse. Diese Vermutung hat sich als richtig erwiesen (Tabelle 12). Für die Licht- sowie für die Temperatur- kurve der Assimilation konnte ich feststellen, dass vom Schwellen- wert an bis und mit dem ersten Maximalwert im Laufe der Ver- suchszeit wohl Kohlensäure-Assimilation stattfindet, niemals aber Stärkebildung. Zwischen der Licht- und der Temperaturkurve besteht jedoch insofern ein gewisser Unterschied, als bei Licht- intensitäten, die unter dem ersten Maximalwert liegen, bei längerer Versuchszeit Stärke entstehen kann, wie ja die Pflanze auch im Dunkeln aus dargebotenem Zucker Stärke zu bilden vermag. Bei Temperaturen, die unterhalb der dem ersten Maximalwert ent- sprechenden Temperatur liegen, konnte ich, selbst bei langdauernder Exposition, nie Stärkebildung konstatieren. Bei der Temperatur resp. Lichtintensität, bei welcher die erste Stärkebildung auftritt, beginnt die Temperatur- wie auch bei Lichtkurve der CO,-Assi- milation zu sinken, steigt aber bei zunehmender Temperatur resp. Lichtintensität von neuem bis zum zweiten Maximalwert. Dass ein mit Stärke vollgepfropftes Blatt selbst bei starkem Licht oder mittelhoher Temperatur wenig assimiliert, ist schon längst bekannt (Ewart 1896 8. 429—38, Pantanelli 1904 S. 184). Diese Tatsache ist aber insofern wichtig, als bei geringer Lichtintensität (100 bis 400 Lux) resp. bei niederer Temperatur schon eine kleine Stärke- menge zur Inaktivierung der Chloroplasten genügt, die aber durch Steigerung der Lichtintensität resp. der Temperatur wieder über- wunden wird. Natürlich kann die Inaktivierung durch Erhöhung der Lichtintensität resp. der Temperatur nur so lange aufgehoben werden, als Licht und Temperatur noch hindernde Faktoren im Sinne Blackman und Matthaeis (1905 S. 448) sind. Deshalb finden wir in den meisten Fällen bei hohen Lichtintensitäten oder höherer Temperatur einen starken Abfall der Assimilationskurve. Dann ist, eben speziell für Schattenpflanzen, das Lichtoptimum schon überschritten, und es gesellt sich zur eventuellen Inaktivierung der Chloroplasten durch viel Stärke noch die Inaktivierung durch zu starkes Licht. Kommt die Lichtinaktivierung allein in Betracht, so kann sie dadurch aufgehoben werden, dass die Pflanze in schwächeres Licht zurückversetzt wird. Lässt man sie darin etwas „ausruhen“, so tritt nach kurzer Zeit völlig normale Assimilation ein, wie ich ja schon bei der Methode meiner Versuche erwähnt habe (S. 112). Die durch starkes Licht erzeugte Inaktivierung tritt umso schneller und stärker ein, je niedriger der CO,-Gehalt der Luft ist. Man vergleiche speziell die Versuche mit Alectoria ochroleuca Tabelle 3. Die Lage des Lichtoptimums, denn diesem entspricht der zweite Maximalwert, wird also durch den CO,-Ge- «Zweigipflige Assimilationskurven. 137 halt der Luft bedingt, wie dies übrigens schon Treboux (1903 S. 65) und Pantanelli (1904 S. 192) angeben. In kohlensäurearmer Luft kann es sogar vorkommen, dass eine Schattenpflanze wie die Flechte Alectoria durch das starke Licht dauernd geschädigt wird und auch bei optimalen Bedingungen nicht mehr assimilieren kann. Bei der Besprechung der speziellen Resultate von Phanerogamen und Flechten werde ich auf ähnliche Verhältnisse zu verweisen haben (S. 150). Mit dem Einsetzen der Stärkebildung geht in den untersuchten Blättern eine bedeutende Erhöhung des Trockengewichts Hand in Hand, woraus hervorgeht, dass die Ableitung der Assimilate nicht mehr so prompt erfolgt, wie vorher. Doch scheint die Stärkebildung das primäre, die Trockengewichtserhöhung das sekundäre zu sein. Da ich bei meinen früheren Versuchen (1918 S. 87ff.) keine Stärke- bestimmungen ausführte, konnte ich damals nur die Trockengewichts- erhöhung für die gebrochene Kurvenform verantwortlich machen. Mit Ausnahme der ersten Versuche bestimmte ich das Vor- handensein oder das Fehlen der Stärke jeweilen gleichzeitig mit den Assimilationsversuchen an Kontrollpflanzen, die ich den gleichen Lichtintensitäten resp. Temperaturen wie die Versuchspflanze aus- setzte; da diese Versuche nur qualitative Resultate lieferten, führe ich die ausführlichen Protokolle nicht an, sondern betone nur, dass bei der zweigipfligen Kurve die Stärkebildung jeweilen gleich nach dem ersten Maximalwert eintrat, und dass sie im intensiven Licht viel stärker war als im schwachen. Wo ich eingipflige Kurven erhielt, werde ich die Stärkebildung in jedem speziellen Fall be- sonders besprechen (S. 141). Wie ich feststellen konnte, beginnt bei Schatten- und Sonnen- individuen derselben Spezies die Stärkebildung nicht bei derselben Temperatur. Im Winter setzt beispielsweise bei Sibbaldia pro- cumbens vom schattigen Standort die Stärkebildung bei ca. 0° ein, beim Sonnenexemplar bei 4°—6°. Noch höher liegt die Temperatur- schwelle der Stärkebildung für Ebenenpflanzen. Es ist möglich, dass gegen den Sommer zu die untere Temperaturgrenze der Stärkebildung nach oben verschoben wird; ich glaube allerdings, dass die Differenz nicht gross ist. Die gefundenen Temperatur- grenzwerte stimmen mit den von Kraus (1868 8. 523ff.), sowie von Winkler (1898 S. 529) gefundenen gut überein, der für Ebenen- pflanzen unseres Klimas die erste Stärkebildung im Sommer bei 6—8° feststellte, im Winter bei Primula bei + 3°. Besonders zu beachten sind dabei Czapeks (1901 S. 120ff.) Angaben, dass bei niederer Temperatur die Zuckerkonzentration viel höher sein muss als bei + 15°, damit überhaupt Stärkebildung eintritt. 138 Marguerite Henrici. Aus praktischen Gründen führte ich die Stärkebestimmungen meist nur bei Phanerogamen aus. Da die Flechten mit Jod-Jod- kalium die verschiedensten Farbenreaktionen geben, ist es schwer festzustellen, ob sie wirklich Stärke enthalten. Immerhin schien dies bei den meisten nur bei Temperaturen über +6° der Fall zu sein; doch ist es möglich, dass bei einzelnen Flechten ein anderes unlösliches Kohlehydrat die Rolle der Stärke übernimmt. Das Trockengewicht der Flechten zeigt mit steigender Lichtintensität eine allmähliche Zunahme, da ja keine Ableitung der Assimilate aus dem Thallus stattfindet. Wenn auch die Kurvenform in erster Linie durch die Stärke- bildung bedingt wird, so ist doch nicht ausgeschlossen, dass noch andere Einflüsse dabei mitspielen. Speziell bei sehr niederer Temperatur wird das von Willstätter und Stoll (1918 S. 174— 225) beobachtete Phänomen der starken CO,-Absorption die CO,-Assi- milation begünstigen. Der aus den bisherigen Beohachtune gezogene Schluss, dass die Stärkebildung die Hauptursache der Zweigipfliskeit der Assi- milationskurve ist, muss nun noch unter möglichst verschiedenen Bedingungen, nallalhe die Stärkebildung fördern oder hemmen, auf seine Richtigkeit geprüft werden. Dh stelle ich jeweilen zwei Versuchsgruppen einander gegenüber, in welchen extreme Be- dingungen realisiert sind, und in welchen sich die Pflanzen unter sonst gleichen Bedingungen nur durch ihren Stärkegehalt unter- scheiden. a1) Stärkefrei: sogenannte Zuckerpflanzen. Sogenannte „Zuckerpflanzen* müssen, wenn obiger Schluss richtig ist, eingipflige Assimilationskurven ergeben. Nach Parkin (1912 S. 39) ist Galanthus nivalis eine solche Zuckerpflanze; der englische Forscher konnte nur in ihren Schliesszellen Stärke nachweisen. Tabelle 14. Assimilation einer Zuckerpflanze. (Galanthus nivalis.) Versuch 158. 28. II. 1919. Wirkung verschiedener Lichtintensitäten, übrige Einflüsse konstant. CO,-Gehalt der Luft: 2,8 mg. i. L. Temperatur 150 C. | Beleuchtung in Lux 75 100 225 400 900 4500 Assimiliertes CO, in mgr e 2 = ro 100 ms Blatttiäche, | 245 | 970 | 106,0 | 111,0 | 150.0 | 165,5 | D- à | ‘4 Zweigipflige Assimilationskurven. 139 Versuch 157. 17. III. 1919. : Wirkung verschiedener Temperaturen, übrige Einflüsse konstant. CO,-Gehalt der Luft: 0,6 mgr i. L. Beleuchtung 900 Lux. | Br ae Temperatur in © C. 260 — 20 80 | 150.1, 240 Assimiliertes CO, in mgr | d | e | | pro 100 cm? Blattfläche | 3,9 = 16,9 | ie | a | Aus beiden Versuchen geht hervor, dass diese stärkefreie Zuckerpflanze tatsächlich eine eingipflige Assimilations- kurve liefert. a2) Stärkereich: infolge künstlicher Zuekerzufuhr. Pflanzen, die vorher bei einer Temperatur, die Stärke- bildung gestattet, mit Zucker ernährt wurden, dürfen nach den bisherigen Resultaten nur eine eingipflige oder, ent- ‚sprechend der Trockengewichtserhöhung, eine nur schwach zwei- gipflige Kurve aufweisen. Dieses Resultat wird durch folgenden Versuch (Nr. 150) unzweideutig erfüllt. Versuch 150. 10. III. 1919. Bellis perennis. Die Pflanze A tauchte vor dem Versuch mit ihren Wurzeln während zweier Tage in eine Lösung von 10°/, Rohrzucker, die Pflanze B in Wasser im Dunkeln. Wie die Untersuchung eines Blattes ergab, war A vor dem Versuch mit Stärke vollgepfropft. Um in Pflanze B die Stärkebildung vor dem Versuch mit Sicher- heit zu vermeiden, musste sie vor dem Versuch bei einer Tem- peratur von weniger als + 8° verdunkelt werden, während A bei + 15° ebenfalls im Dunkeln gehalten wurde. Temperatur: 15%; CO,-Gehalt der Luft: 1,0 mgr i. L. = I I | Beleuchtung in Lux: 75 | 100 | 225 | 400 | 900 12000 ou | A Assimiliertes CO, pro 100 cm? Blattfläche| 84,0! 84,0| 81,0 92,0 92,0 94,0 94,0 IB EN à 44,6| 53,0/105,0| 48,0 46,0! 72,0! 44,0 Die Richtigkeit meiner früheren Folgerung geht aus diesem Versuch klar hervor, indem die mit 100%, Rohrzucker ernährte Pflanze nach Erreichung des Maximalwertes’ eine Kurvensenkung von nur etwa 30/, die Kontrollpflanze dagegen eine solche von etwa 96%), zeigt. Bei diesem Versuch fällt übrigens auf, dass die mit Zucker sefütterte Pflanze stärker assimiliert als die in Wasser gehaltene stärkearme Kontrollpflanze. Was dieses Resultat einigermassen 140 Marguerite Henrici. erklären kann, ist die Tatsache, dass die Atmung der mit Zucker ernährten Pflanze 6mal so gross ist als die der Kontrollpflanze. Infolge dessen befindet sich in den Interzellularen der mit Zucker ernährten Pflanze eine höhere CO,-Konzentration, dank welcher auch bei schwachem Licht mehr assimiliert werden kann. Diese Erscheinung stimmt mit der bei meinen Versuchen öfters be- obachteten Tatsache überein, dass ungleich vorbehandelte Indivi- _ duen einer Spezies trotz gleichen Aussenbedingungen verschieden stark assimilieren. Ausserdem wird die intensivere Assimilation der stärkereichen Pflanze dadurch leichter verständlich, dass längeres Verdunkein die Assimilationsfähigkeit der Pflanzen herabsetzt, be- sonders wenn ihnen nur Wasser geboten wird. 81) Stärkefrei: niedere Temperatur. Exponiert man Pflanzen verschiedenen Lichtintensitäten bei Temperaturen unter 0°, so erhält man eingipflige Lichtkurven, da unter diesen Umständen erst bei starkem Licht Stärke gebildet. wird (vergl. Versuche 142 und 143, Tabelle 4). Dieses hier auf- tretende Optimum entspricht dem ersten Maximalwert. #2) Stärkehaltig: Infolge Erwärmung dureh intensive Beleuchtung. Aus ähnlichen Überlegungen ergibt sich, dass bei verschie- dener Temperatur, aber dauernd intensiver Beleuchtung eingipflige Kurven entstehen müssen, da die Pflanzen selbst bei niederer Aussentemperatur infolge der starken Beleuchtung, die zur Stärke- bildung nötige Innentemperatur erreichen, wenigstens bei Tempera- turen zwischen — 6° und 0°, wobei Assimilationswerte, die unter — 6° erhalten wurden, von vornherein kleiner sind, als die zwischen - 6° und 0° erhaltenen, da sie sich schon dem Temperaturschwellen- wert der Photosynthese nähern. Das in diesen Kurven gefundene Optimum entspricht dem zweiten Maximalwert der zweigipfligen Kurve (Tabelle 5 und 6). y) Stärkefrei: Winter; stärkehaltig: Sommer. Die meisten der oben erwähnten Versuchsresultate erhielt ich im Spätherbst und Winter. Ahnliche Zahlen bekam ich auch im Sommer, jedoch nur in den Alpen (Henrici 1918 S. 87—88, Kurven 5, 6, 7, sowie diese Arbeit, Tabelle 16), nie aber in der Ebene. Hier lieferten nur die im Winter erhaltenen Assimilations- werte zweigipflige Kurven (1918 Kurve 4). Schon aus theore- tischen Gründen können im Sommer in der Ebene nur eingipflige Kurven erwartet werden, da die Pflanzen schon vor dem Versuch Artus. TE TORTE Ur. Ce TR ES pare ae ds né + Zweigipflige Assimilationskurven. 141 Stärke enthalten und deshalb in schwachem Licht nur wenig assimi- lieren. So erhielt ich in Basel im Frühling und Sommer 1918 bei Bellis perennis, Hieracium Pilosella und Anthyllis Vulne- raria immer die bis jetzt bekannte eingipflige Assimilationskurve; nur an zwei kalten Apriltagen assimilierten die Pflanzen im schwachen Licht bedeutend mehr als im mittelstarken. Dass bis jetzt nur eingipflige Assimilationskurven konstruiert wurden, wird durch die Tatsache verständlich, dass man die Assimilationsver- suche gewöhnlich im Sommer und in der Ebene ausführte. Einzig Matthaei (1905 S. 82—83) gibt für Prunus Laurocerasus an, dass die Blätter an kalten, trüben Maitagen mehr assimilieren als an warmen Sommertagen. Zweifellos gab auch in diesem Fall die Verschiedenheit der Assimilationsprodukte den Ausschlag. In meiner ersten Arbeit (Henrici 1918 S. 87#.) führte ich Matthaeis Resultate auf die Erhöhung des Trockengewichts zurück. Dies ist insofern richtig, als die Stärkebildung eine solche Erhöhung zur Folge hat. Es fiel mir auf, dass Pflanzen, die im Winter aus dem Freien geholt wurden, bei hoher Temperatur und günstiger Beleuchtung zur Stärkebildung etwas mehr Zeit brauchten, als solche, die schon einen Tag bei etwa 8° im diffusen Tageslicht gestanden hatten, obwohl diffuses Tageslicht in dieser Zeit nicht äusreicht, um Stärke- bildung zu bewirken. Ich konnte allerdings nicht : mit Sicherheit entscheiden, ob den Pflanzen eine gewisse Beharrungstendenz zur Zuckerbildung eigen ist, so etwa, dass ein Enzym die Kondensation des Zuckers zu Stärke bewirkt, das aber im Winter im Freien nicht oder in zu geringer Menge vorhanden ist, als dass es sofort, wenn für die Stärkebildung günstige Aussenbedingungen einsetzen, in Aktion treten könnte. Bei etwas längerer Wirkung günstiger Bedingungen könnte dann dieses Enzym regeneriert werden. Diese Auffassung findet in der Beobachtung eine Stütze, dass im Sommer auch im diffusen Licht schon nach 2—6 Stunden Stärke gebildet wird (Kraus 1868 S. 517 und 521). Übrigens konnte ich ganz junge Blätter, wie sie zu Ende des Winters bei Soldanella alpina und Sibbaldia procumbens vorhanden waren, nie zur Stärke- bildung bringen (siehe auch Czapek 1913 8. 484). Zu Assimilations- versuchen benützte ich solche Blätter nie; doch ist aus theo- retischen Gründen zu erwarten, dass sie eine eingipflige Kurve ge- liefert hätten. ö) Einfluss des Liehtes und des CO,-Gehaltes der Luft auf die Stärkebildung. Wenn ich vom Auftreten .oder Fehlen der Stärke bei be- stimmten Lichtintensitäten spreche, so geschieht dies mit einem 142 Marguerite Henrici. gewissen Vorbehalt. Es ist ja eine allbekannte Erscheinung, dass selbst im Dunkeln Stärke gebildet wird, sobald der Pflanze genügend Zucker geboten wird. Liegen die Blätter in einer Lösung von 10°/o Rohrzucker, so wird man nach 24—48 Stunden unfehlbar Stärke darin finden (Deimer S. 34). Bei niedrigerer Konzentration der Zuckerlösung dauert es entsprechend länger, bis sich Stärke bildet, und ebenso verzögert niedere Temperatur deren Bildung (Winkler 1898 S. 528—29). Im Dunkeln ist also die Stärkebildung von der Dauer der Zufuhr und von der Konzentration des Zuckers abhängig, sobald eine geeignete Temperatur gewählt wird. Diese beiden Faktoren werden auch im Lichte ihren Einfluss beibehalten. Indessen bin ich durch folgende Beobachtung zu der Auffassung genötigt worden, dass auch das Licht als solches, ganz abgesehen von seiner assimilatorischen Wirkung, eine Beschleunigung der‘ Stärkebildung hervorruft. Ich beobachtete nämlich, dass meine Schattenpflanzen in schwachem, aber für ihre CO,-Assimilation optimalen Lichtintensität trotz starker Assimilation erst nach vielen Stunden Stärke bildeten, während dieselbe Pflanze in starkem, für ihre CO,-Assimilation schon ultraoptimalen Lichtintensität nur noch schwach assimilierte, jedoch nach kurzer Zeit Stärke bildete (Tabelle 4 Versuch 137 und 142) Dieses Resultat, dass Stärke- bildung durch Licht beschleunigt wird, .steht allerdings im Wider- spruch mit den Befunden Winklers (1898 S. 530), nach welchen die Stärkebildung bei mit Zucker ernährten Pflanzen vom Licht unabhängig ist; doch glaube ich, dass Winklers Befunde durch seine Versuchsanordnung (künstliche Zufuhr) bedinst sind. Für die von mir vertretene Auffassung sprechen die Versuche von Kraus (1868 S. 517, 521), der im stärkeren Licht ebenfalls viel schnellere Stärkebildung konstatierte. Während bei den Versuchen über Stärkebildung im Dunkeln den Pflanzen von Anfang an der Zucker in relativ hoher Konzen- . tration geboten zu werden pflegt, muss in meinen Assimilations- versuchen die Pflanze den Zucker wenigstens zum Teil erst bilden; einen gewissen Prozentgehalt enthält sie ja immer, wie schon Parkin (1912 S. 36—37) nachgewiesen hat, und wie ich auch an meinem Versuchsmaterial feststellen konnte. Auf Grund des relativ hohen osmotischen Druckes der Mesophyllzellen glaubte ich sogar, dass ihr Zuckergehalt recht erheblich ist. Da nun höherer CO,-Gehalt, bis zu ungefähr 6 Volumpromille der Luft, den Lichtschwellen- wert für die CO,-Assimilation stark herabsetzt, wie ich bei anderer Gelegenheit für Bellis perennis und Hieracium Pilo- sella wiederholt konstatieren konnte, erscheint es nicht ausge- schlossen, dass hoher CO,-Gehalt auch den Lichtschwellenwert für SA SA j EEE a ; Br aa a D TS ee NPC I a ee anna Zweigipflige Assimilationskurven. 145 die Stärkebildung herabsetze. Versuche konnte ich darüber nicht mehr anstellen, da die Jahreszeit schon so vorgeschritten war, dass die Pflänzen schon vor dem Versuch Stärke enthielten. Es wäre also möglich, durch Darbietung grôsserer CO,-Mengen, als sie in meinen Versuchen zugeführt wurden, schon bei schwächerer Lichtintensität, vielleicht auch bei niederer Temperatur Stärke- bildung zu erzielen. Der Umstand, dass bisher die Assimilations- versuche (speziell die neuesten von Willstätier und Stoll 1918) meist _ bei hohem CO,-Gehalt ausgeführt wurden, ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass bisher nur die eingipflige Assimilationskurve zur Beobachtung kam. e) Kurven ausgehungerter Pflanzen. Wenn die Pflanzen im Sommer in der Ebene nur eingipflige Kurven ergeben, weil sie schon vor dem Versuch Stärke enthalten, so muss man von Pflanzen, die im Sommer durch lange Ver- dunkelung entstärkt worden sind, zweigipflige Kurven erwarten, da bei solchen Pflanzen im Laufe des Experiments wieder Stärke- bildung eintritt. Dies ist auch tatsächlich der Fall, wie ich an Bellis perennis beobachten konnte. Ganz anders verhalten sich verdunkelte Pflanzen im Winter. Brachte ich stärkefreie, zucker- haltige Sibbaldia procumbens aus dem Freien ins Dunkle in die zur Stärkebildung genügende Temperatur von + 15°, so konnte ich nach drei Tagen Stärke nachweisen. Dass es bis zu deren Bildung relativ langsam dauerte (vgl. Winkler 1898 $S. 528), ist sehr wohl verständlich, da der Zucker in Sibbaldia vermutlich in niedrigerer Konzentration enthalten war, als in Deimers (1912 S. 34) Schulbeispiel. Verdunkelte ich die Pflanzen noch länger, so ver- schwand die Stärke allmählich wieder, da sie wohl hydrolysiert und der dabei entstehende Zucker zum Teil als Atemmaterial an Ort und Stelle verbraucht, zum Teil in die unterirdischen Teile abgeleitet wurde. Dieser Vorgang entspricht der im Sommer bei Verdunkelung einsetzenden Entstärkung der Pflanzen. Bei der be- schriebenen Stärkebildung im Dunkeln fällt auf, dass nicht der primär vorhandene Zucker als solcher abgeleitet wird, sondern dass erst Stärke gebildet, diese wieder hydrolysiert, und erst die sekundär entstehende Hexose abgeleitet wird. Ich betone noch, dass man bei täglicher Beobachtung der verdunkelten Pflanzen die drei Stadien — stärkefrei, stärkehaltig, stärkefrei — leicht feststellen kann. So kam ich dazu nach. den drei verschiedenen von der Ver- dunkelung beeinflussten Assimilationskurven zu suchen. Die dabei erhaltenen Resultate (Tabelle 11 und 12) lassen sich nach dem Gesagten leicht deuten. Bei ganz kurz dauernder Verdunkelung 144 Marguerite Henrici. ist die vorher in der Kälte gehaltene Pflanze noch stärkefrei, so- dass sie wie eine Pflanze aus dem diffusen Licht die zweigipflige Kurve liefert. Bei längerer Verdunkelung tritt Stärkebildung ein, der zufolge im Licht eine eingipflige Assimilationskurve entsteht. Währt die Verdunkelung noch länger, so tritt infolge der Wieder- auflösung der Stärke wieder die zweigipflige Kurve auf. Um die eigentliche Versuchspflanze vor dem Assimilationsversuch nicht ver- letzen zu müssen, bestimmte ich das Vorhandensein oder Fehlen von Stärke jeweilen an gleich behandelten Kontrollpflanzen. &) Kurven abgeschnittener Blätter. Nachdem ich dargelegt habe, dass im Sommer und eventuell (bei hohem CO,-Gehalt der Luft) auch im Winter in der Ebene nur eingipflige Assimilationskurven zu erhalten sind, dass somit die Ausführung der Assimilationsversuche im Sommer und in der Ebene das Auftreten der zweigipfligen Assimilationskurve unbekannt bleiben liess, musste noch untersucht werden, ob vielleicht das Ab- schneiden der Blätter die Gestalt der Assimilationskurve beein- flusse. Meine Versuche sind in Tabelle 15 zusammengestellt. Die untersuchten Pflanzen waren vor dem Versuch stärkefrei; in Ver- such 158 war auch nach dem Versuch keine Stärke nachweisbar. Die mit abgeschnittenen Blättern ausgeführten Assimilationsversuche ergaben Resultate, die mit den an intakten Pflanzen gewonnenen vollkommen übereinstimmen, indem vor dem Versuch stärkefreie Pflanzen eine zweigipflige Assimilationskurve liefern, sobald Tem- Tabelle 15. CO,-Assimilation abgeschnittener Blätter. a) Bei verschiedenen Temperaturen. b) Bei verschiedenen Lichtintensitäten. Tem- | Stündlieh assimiliertes C0 in mgr pro 100 em? No.| Datum Pflanze peratur Blattfläche ; Liehtintensitäten in Lux | in 00. | 75 | 100 | 225 | 400 | 900 3500 13928. IL. 19 Beine Der, | 150 [108,0 ne 57,3 Basel | | | 86,6 [100,0 73,3 Be- Stündlich assimiliertes CO, in No. Datum Pflanze lenehtung mer pro 100 cm? Blattfläche in Lux | -60 | 00 |+60/+150|+ 240 15817.III.19 Potentilla aurea 33 2500 m 400 0 | 28,7, 80,6, 30,0) 13,6 ee Sonnenpflanze 25 166/20. IIT.19 > 900 |107,5 100,0 120,0 117,51280,0 [3 = TE RENT RE VUSEINSCHEAEHGERS rs ÈS Zweigipflige Assimilationskurven. 145 peratur und Belichtung während des Versuchs Stärkebildung zu- lassen (166 und 139). In Versuch 158 war die Beleuchtung zu schwach, als dass sie trotz der höhern Temperatur innerhalb der gegebenen Zeit Stärkebildung ermöglicht hätte, daher die Ein- sipfliskeit der Kurve. Die entsprechenden Versuche mit inakten Pflanzen sind in Tabelle 6 enthalten. Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die zweigipflige Kurve ebensogut an abgeschnittenen Blättern, wie solche bis jetzt fast allgemein zur Untersuchung der Photosynthese verwendet wurden, wie an inakten Pflanzen be- obachtet werden kann. 11. Spezielle Resultate über die Photosynthese der phanerogamen, alpinen Schattenpflanzen. Am Anfang dieser Arbeit habe ich die Literatur über die Assimilation von Schattenpflanzen kurz besprochen; im Folgenden werde ich nun untersuchen, ob die bisherigen Resultate auch für die alpinen Schattenpflanzen gelten. Nach den Untersuchungen von Lubimenko (1908) sind die Schattenpflanzen durch den tiefen Lichtschwellenwert und auch dadurch charakterisiert, dass Temperatursteigerungen eine starke Erhöhung der Assimilation ver- ursachen. Die von mir untersuchten alpinen Schattenpflanzen werde ich nach ihrem Verhalten unter dem Einfluss dieser Faktoren ge- sondert besprechen. 1. Einfluss der Lichtintensität. Tabellen 4; 16; 17. Die CO,-Assimilation der Schattenpflanzen, auch der alpinen, ist durch den tiefen Lichtschwellenwert charakterisiert. Mit Aus- nahme von Saxifraga stellaris konnte ich OO,-Assimilation je- weilen schon bei der niedrigsten von mir verwendeten Lichtintensität von 75 Lux konstatieren, gleichgültig, welchen Partiärdruck das CO, der Luft aufwies. Demgegenüber assimilieren Ebenenindivi- duen von Bellis perennis oder Hieracium Pilosella nach un- veröffentlichten Versuchen des Jahres 1918 bei dieser niederen Lichtintensität nur in der Hälfte der Fälle, durchgängig erst bei höherem CO,-Gehalt der Luft. Einige interessante Einzelbeispiele mögen hier Erwähnung finden. So liegt der Lichtschwellenwert der Assimilation für Pflanzen aus dem Lärchenwald höher als für Pflanzen des alpinen Nordhangs. Dies beweist ein Vergleich der assimilatorischen Leistung von Linnea borealis und Viola biflora mit der viel Marguerite Henrici. 146 MES PSN | UN aoneq uen | 80 ST ue a UOMIOM UOSSIOM JUL JOUUUIH JONBI | gg = ob & S 2 söeynu Hope | CO o0L 3 = > SU9SIOUL uosey 119p94 | 70 02 u 0076 uaınbag vheyixes | spuoge | “IA ‘6 Fr : a \ 5 PO |o0968) 09T umnprarpup[ “ ne ssenw [II ES 16 2 ee or ME + : spuoqe \IIIA 28) 68 - Be : ‘ go |o978 | 078 2 x 5 ssenu | IA GT | T8 UOMIOM SIUOM u [OUI aonepg aareıy | CO oLF = à = spuoqe | 'IIIA "TE, 08 5 \ - x El ae oh ; \ - s&eyttu III CT | 59 x ; - ö 90 |o8‘9T | on ; 2 5 suostow |IIIA2T EL 29 uoNToM UOSSIOM JU jowung donerg | 9% 08 | 08 uunnprarpuf 5 $ & SU9SIOU | 'IIIA 08 | 08 0 Sueslsjunuguuog ‘UOMIOM UOSSIOM Ju [OUI aonerg | GO ober | 02/rOF Sa |< = © spuage "IIIA '6T | 62 L'LG : 80 |o8T | 06 x 2 = spuoqe | 'IIIA 9 | 66 LA) HIOMOG HBIS | € og 2 à 2 suosıour | IIIA "FL| 94 0 SUBSJNEUQUUOS yoeu opeıaon ‘JAIOMOU HIS | EQ 0962 | of u 0093 ‘euide auruvepie9 suaSrou TIA ‘LG | ZOL 9'ET É { ee i \ co | 009 |o8‘er tu 0098 “ “ | spuoge | IIIA 'GE| #8 L'PE 5 x er 2 < 2 co oFT wu 0083 à 5 spuoge | "INA IT| 6F Le UOHIOM UOSSIOM SIUOM JIUL [OUI donefg aaaeıy | CO od ur.00€2 # x spuoqe | ‘IIIA ‘8 | LS 0'98 PIOMO HIS ayos | gQ DAS w 0098 N “ |suodıowm | IIIA'IZ| 96 6, PUIMpPNS ‘J199p9q FO 06 u 0083 e3dequ4ay xIeS soeytur | 'IIIA ‘9 ® pepmeig HIT 8TGT = zo (07 ut ao | ZIP | Joul = up IM ISSTUNBUISASTUNISHLM É ji . 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Das Lichtoptimum der alpinen Schattenpflanzen liegt im schwachen (400 Lux) oder mittelstarkem Licht (von 900—2000 Lux) keinenfalls höher. Der Abfall zum Maximum (im Sinne Pfeffers 1904 8. 78) erfolgt meist sehr rasch, besonders bei Pflanzen, die vorher verdunkelt waren. Interessant sind die Resultate der in Tabelle 17 zusammen- gestellten Versuche, in welchen jeweilen ein Sonnen- und ein Schattenexemplar derselben Spezies untersucht wurde. Sie zeigen, dass bei direktem Sonnenlicht und klarem blauen Himmel die Schattenindividuen wenig oder gar nicht assimilierten, während die Sonnenindividuen mit ihrer kräftigen Assimilation den Schatten- individuen stets überlegen waren. Bei starker Bewölkung oder bedecktem Himmel hingegen war die Schattenpflanze im Vorteil. Bei diffusem vom klaren blauen Himmel reflektiertem Licht war der Unterschied in der Assimilation der beiden Individuen nie so gross wie im direkten Sonnenlicht, wenn nicht überhaupt in manchen Fällen das Schattenexemplar im diffusen Licht mehr assimilierte als das Sonnenexemplar. Es ist denkbar, dass da, wo im diffusen Tageslicht das Sonnenindividuum mehr assimilierte als das Schatten- individuum, das Temperaturoptimum der Schattenpflanzen schon überschritten war. Auffallende Resultate erhielt ich bei Morgen- oder Abend- beleuchtung, kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang, indem dabei öfters sehr geringe Assimilationswerte festgestellt wurden (Linnea borealis, Cardamine alpina, Saxifraga stellaris). Diese Erscheinung ist umso überraschender, als ich seinerzeit (1918 S. 111) festgestellt hatte, dass diese Beleuchtungen für die Photosynthese alpiner Sonnenpflanzen sehr günstig sind. Vielleicht ist dies ein Hinweis darauf, dass die OO,-Assimilation der Schattenpflanzen an das diffuse, an blauen Strahlen reiche Licht angepasst ist, und dass sie die roten Strahlen des Dämmer- lichts nicht ausnützen können. Die endgültige Entscheidung über diese Fragen können erst Versuche mit monochromatischem Lichte bringen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Gipfelflora sich durchaus wie eine Sonnenflora verhält. Versuche mit Taraxacum officinale aus verschiedenen Meereshöhen zeigten, dass die Pflanzen 151 Zweisipflige Assimilationskurven. u 0096 70086 620 0‘G9 | Z'6I 1499p94 co | or purdo ouhbowog sussaow | "IITA ‘68 | FOI : ; u 009670085 90% L'ST | L'88 | UONIOM UOSSIOM run JOUE donerg | 80 | 08 puidn Dyjauvpios spuoge | "IITA 26 | E01 : w 0092-0096 € en | L'‘CY [Pwwı AONBIE JOICI M FO | 091 purdin oulibowuoyr söeyyu |"IIIA TG | 28 ; } w 00930088 . 90 T'r8 | Pas JAIOMOU HARIS 9‘O lol uimuidin wunmuayrunshiuyr) sSeyu |l'IITA ‘92 | 86 Jyovr sosnflip | FPT 608 | BI = > 2 OR DEE nn x saeyw IIIA Tg | GG aUUOS, ns ur 009670085 — 0 879 | UOHIOM UOSSIOM Yu JOUE aonerg co lohG | PP | sopiorpıyjag poruow 1 SU9SIOU |"IIIA FG | FG qyovr sosnıp | OT el | el [Sowtun donerg dadey FO o2l = À spuoqu |'ITIAEG | 66 AUUOS, u 009-0088 — 0 GS JOUIUUIH. aonejd JO FO |o2I SUuaquunooud DIp10qqS sseyww l'IIIA | 88 1 = pluogeyag "gduoyyeyog|"pduauuog ru | SIGL Jp JM rs Hi I y No ut JUL pduapeyog N Id 310 u 9SSTUMEUIIASSUNIHONIIOY à | anyerod GATE 1197 une | -SEUS epduauuog | 2 PIS TUE zoll DEL roy | cn | UE 09 Soırussy 37-0) IsIeanyy seyyonm JV ‘soZeds UEATaSAEP UenpIATpuTuegIeyag pun -U9UUOS UHWEZOAAULUd UOA UONEJIWISSY-°09 ‘LT STIOQUT, 152 _ Marguerite Henrici. vom höchsten Standort, 2900 m, bei starkem Licht am besten assi- milierten (Henrici 1918 Tab. 33).. Ebenso wies Phyteuma pede- montanum von 3100 m einen sehr hohen Lichtschwellenwert auf und assimilierte nur im starken Lichte gut. 2. Einfluss der Temperatur. Tabellen 6 und 16. Kurve 3. Wie schon aus dem ersten Teil dieser Arbeit hervorgeht (Tabelle 6), liegt der Temperaturschwellenwert der Photosynthese von phanerogamen Schattenpflanzen der Alpen recht tief. Das Temperaturoptimum liegt zwischen + 8° und 15°, also auf- fallend niedrig, weit unter der Temperatur von 25—35°, die wir für Ebenenpflanzen nach Blackman und Matthaei (1905) als optimal zu betrachten gewohnt sind. In der zweigipfligen Kurve entspricht das Optimum dem zweiten Maximalwert. Die Resultate sind be- sonders instruktiv, wenn Sonnen- und Schattenindividuen derselben 50 Stündlieh assimiliertes C0> in mgr pro 100 cm? Blattfläche. [0] - -60 0° 80 150 Da 351 Temperatur in 2 C. Fig. 4. Kurve 3. Veronica bellidioides. Assimilation bei verschiedener Temperatur und 2000 Lux. Ausgezogen Schattenexemplar, gestrichelt Sonnenexemplar. Spezies gleichzeitig untersucht werden. So liegt beispielsweise das Optimum für das Schattenexemplar von Veronica bellidioides bei +8°, für das Sonnenexemplar bei +24° (Versuch 114). Dabei ist noch zu bedenken, dass in meinen Versuchen, um die Schatten- pflanzen nicht durch zu starkes Licht zu schädigen, für die Sonnen- individuen ungünstig niedrige Lichtintensitäten gewählt werden mussten; denn alpine Sonnenpflanzen zeigen bei hoher Temperatur starkes Assimilationsvermögen, vorausgesetzt, dass die Lichtintensität genügend hoch ist (Henrici 1918 S. 95). Das ungleiche Verhalten der Sonnen- nnd Schattenindividuen gegenüber mittleren und höheren Temperaturen ist so augenfällig, dass es zur Charakteri- sierung der Alpenschattenpflanze in erster Linie benützt werden kann. Während z.B. bei Sibbaldia procumbens die Lichtkurve der beiden Exemplare nicht stark verschieden ist, kennzeichnet die Temperaturkurve die beiden Individuen scharf. Da Schröter (1904 S. 500) Sibbaldia procumbens als Schneetälchenpflanze anführt, während sie auf Muottas Muraigl hauptsächlich in der Südlage Zweigipflige Assimilationskurven. 155 vorkommt, ihre Lichtkurve jedoch einer Schattenpflanze entspricht, so ist sie vielleicht auf Muottas Muraigl erst sekundär auf die Südlage eingewandert und hat noch die Lichtansprüche der Schnee- tälchenpflanze beibehalten, hingegen schon die Temperaturansprüche der Sonnenpflanze angenommen. In anatomischer Beziehung ist sie jedenfalls als Sonnenpflanze zu bezeichnen (Lohr 1919 Haupttabelle Nr. 127), Das Temperaturoptimum der Atmung liegt bei diesen Pflanzen entweder gleich hoch oder höher als dasjenige der Photosynthese. Hingegen liegt der Temperaturschwellenwert für die Atmung höher ‘ als für die Assimilation; denn die Atmung ist bei Temperaturen unter 0° nur noch ausnahmsweise beträchtlich, und ich glaube, dass diese Ausnahmen wohl eher als zeitlich verlängerte CO,-Ent- bindung denn als eigentliche Sauerstoffatmung aufzufassen sind. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Optima für Assimilation und Atmung im Sommer gegen etwas höhere Tem- peraturen verschoben werden. Nach Tabelle 16 zu schliessen, scheint die Verschiebung bei den verschiedenen Pflanzen verschieden gross zu sein. Während z.B. Viola biflora und Saxifraga Seguieri bei + 7° am besten, Saxifraga also ähnlich wie im Winter assimilieren, verschiebt Cardamine alpina ihr Optimum von 8° im Winter auf +14° im Sommer. Bei den meisten übrigen Pflanzen, für die nur Sommerwerte vorliegen (Salix herbacea, Linnea borealis, Soldanella alpina) liegt das Optimum zwischen 9° und 11°. Bei diesen Zahlen ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf Muottas Muraigl wenige Versuche bei höherer Tem- peratur ausgeführt werden konnten. Doch ist die Anzahl der mit subalpinen Waldpflanzen angestellten Versuche ziemlich gross, so- dass der Schluss, das Optimum liege bei ihnen nicht über 11°, wohl berechtigt scheint. Ofters ist die Herabsetzung der Assimilation durch hohe Temperatur nicht allein durch diese bedingt, sondern auch durch die gleichzeitig wirkende hohe Intensität des für die Schattenpflanzen schädlichen Alpenlichts. Ein eigenartiges Resultat lieferte ein Versuch mit zwei Exem- plaren von Veronica bellidioides, bei dem zunächst für das erste die CO,-Assimilation, für das zweite die Stärkebildung bei 25°, sodann für das zweite die CO,-Assimilation und für das erste die Stärkebildung untersucht wurde. Eine Kohlensäure-Assimila- tion war überhaupt nicht zu konstatieren, dagegen wurde Stärke gebildet. Vorher hatten die Pflanzen bei der niederen Temperatur von — 6° gestanden, welche ihnen die CO,-Assimilation, nicht da- gegen die Stärkebildung erlaubt hatte; diese trat nun bei höherer Temperatur ein. Die Kondensation der löslichen Kohlehydrate 154 Marguerite Henrici. wird somit durch höhere Temperatur nicht gestört, wohl aber die CO,-Assimilation. Übrigens muss ich betonen, dass die Grösse der durch starkes Licht oder höhere Temperatur hervorgerufene Schädigung jeweilen individuell, nicht spezifisch war, dass also. bei- spielsweise bei + 24° bei einem Individuum die Assimilation schon vollständig ausgeschaltet, bei einem andern dagegen nur verringert war. Aus meinen Kurven geht also hervor, dass die von Lubimenko (1908 S. 285—86) für die Schattenpflanzen der Ebene festgestellte Förderung der CO,-Assimilation durch Temperaturerhöhung bei den alpinen Schattenpflanzen nicht eintritt. 3. Spezifisches Assimilationsvermögen der phanerogamen Schattenpflanzen. Für typische Schattenpflanzen, wie Aspidistra und Olivia wird in Handbüchern der Pflanzenphysiologie und der Biochemie (z. B. Gzapek I 8. 535) der Gaswechsel als träge geschildert. Diese Angabe stützt sich auf Untersuchungen von (ailletet (1911) und Maquenne (1911). Cailletet konnte bei Aspidistra keine CO,- Assimilation feststellen bei „stärkerem Licht, als der Pflanze ge- wöhnlich zur Verfügung steht.“ Diese Angabe ist natürlich zu unbestimmt, als dass man sich von der verwendeten Licht- intensität eine klare Vorstellung machen könnte. Jedenfalls möchte ich aber diese Angabe nicht wie Maquenne deuten, der glaubt, dass die von Cailletet verwendete Lichtintensität zur Assimilation nicht genügt habe; er selbst konstatierte bei trübem Wetter eine ziemlich starke CO,-Assimilation. Ich glaube deshalb viel eher, dass in Qailletel’s Versuchen die Lichtintensität schon zu hoch war, um dieser typischen Schattenpflanze noch CO,-Assimilation zu er- lauben. Waquenne scheint dagegen gerade das Lichtoptimum für die Photosynthese getroffen zu haben. Nach seiner Ansicht, der ich mich durchaus anschliesse, ist die Assimilation von 3 cm? CO, = 6,0 mgr in einer Stunde pro 100 cm? Blattfläche keineswegs als gering zu bezeichnen. Vergleiche ich diese Angabe mit Assi- milationswerten meiner Sonnenpflanzen (1918), so ergibt sich, dass Primula farinosa höhere, Anthyllis Vulneraria dagegen in den meisten Fällen viel geringere Werte lieferte. Es gibt also Sonnenpflanzen, die ein viel geringeres Assimilationsvermögen als Aspidistra aufweisen. Der Satz vom „trägen Gaswechsel der Schattenpflanzen“ wird sich daher in dieser allgemeinen Form nicht halten lassen, sondern gilt wohl nur für höhere Licht- intensitäten, wie auch aus den Versuchen dieser Arbeit hervor- geht. Dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass die Ansicht ee Br a nn de nn el nur nn ni Zweigipflige Assimilationskurven. 155 Lamarliere’s (1892 S. 494) zu Recht besteht, dass Schattenindivi- duen weniger assimilieren als Sonnenindividuen derselben Spezies. Diese Tatsache könnte sogar eine Erklärung für meine Beobach- tung (Tab. 17) liefern, dass das Schattenindividuum im diffusen Licht nicht durchgängig mehr assimiliert als das Sonnenindividuum. . Auch in meinen Versuchen ist, absolut genommen, das Assi- milationsvermögen der Schattenpflanzen unter für sie optimalen Bedingungen nicht klein; es ist in den meisten Fällen grösser als beispielsweise bei Anthyllis (Henrici 1918), selten hingegen so gross, wie bei Primula farinosa. Unter ultraoptimalen Bedingungen, also unter Umständen schon bei Temperaturen über 8°, assimilieren allerdings die alpinen Schatten- pflanzen recht wenig. 4. Einige Angaben über den CO,-Gewinn der Blätter. Für den Haushalt der Pflanze ist nicht nur die Grösse ihrer Assimilation wichtig, sondern auch das Verhältnis der Assimilation zur Atmung. In dieser Beziehung stehen die phanerogamen, alpinen Schattenpflanzen recht günstig da. Schafft man ihnen Be- dingungen, wie sie ihrem natürlichen Standort entsprechen, so über- trifft die Assimilation der Blätter die Atmung der ganzen Pflanze um ein Mehrfaches. Hingegen ist die CO,-Bilanz (Verhältnis von Assimilation zur Atmung) bei höherer Temperatur oder stärkerem Licht ungünstig, also unter Bedingungen, die am natürlichen Stand- ort der Pflanze nicht realisiert sind. Unter optimalen Bedingungen ist die CO,-Bilanz der Schattenpflanzen viel günstiger, als ich es (1918) für alpine Individuen von Ubiquisten feststellen konnte; dagegen ist sie für Sonnenexemplare rein alpinen Standortes recht günstig. Möglicherweise ist diese Tatsache darauf zurück- zuführen, dass ausschliesslich in alpiner Lage vorkommende Pflanzen zwar unverhältnismässig grosse, aber schwach atmende unterirdische Organe haben, hingegen kleine, stark atmende Blätter; die alpinen Individuen von Ubiquisten haben dagegen meist noch recht grosse, stark atmende Blätter. 5. Biologische Betrachtungen über die CO,-Assimilation der alpinen, phanerogamen Schattenpflanzen. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass die Photosynthese der alpinen Schattenpflanzen an deren natürlichen Standort aufs beste angepasst ist. Ihr tiefer Temperaturschwellenwert ermöglicht den Blättern bei Temperaturen noch zu assimilieren, bei welchen viele Blätter von Ebenenpflanzen längst erfroren sind. Bis tief 156 Marguerite Henrici. unter den Nullpunkt findet in den Blättern der alpinen Schatten- pflanzen keine Eisbildung statt; so dass die CO,-Aufnahme unge- hindert vor sich gehen kann. Selbst wenn im Blatt Eisbildung auftritt, hört die CO,-Assimilation nicht sofort, sondern erst all- mählich auf. Dabei wird wohl eher durch das in den Interzellu- laren befindliche Eis die CO,-zufuhr, als durch den Wasserverlust — als der sich ja die Eisbildung geltend macht — die CO,-Assimi- lation gehindert; denn ich konnte konstatieren, dass, selbst wenn die unterirdischen Teile der Pflanze in einem Risklötzchen steckten, - und von aussen kein Wasser in die Pflanze kommen konnte, noch. sehr starke Assimilation stattfand. Diese Tatsache ist von höchster Bedeutung für Pflanzen eines Bodens, der während der Vege- tationszeit oberflächlich öfters gefriert, wodurch der Wassertrans- port nach den oberirdischen Teilen stellenweise gehemmt werden kann. Der Umstand, dass bei niederer Temperatur von den Chloro- plasten nicht Stärke, sondern Zucker gebildet wird, ist nach den Untersuchungen von Lidforss (1907) und Maximow (1912) ein vor- trefflicher Schutz gegen den Kältetod der Blätter bei den Tem- peraturen, welche überhaupt während der Vegetationszeit vor- kommen. Mit dem tiefen Temperaturschwellenwert für die Photo- synthese ist wohl auch ein sehr niedriges Temperaturminimum des Wachstums verbunden, das den Pflanzen ermöglicht, bei sehr nie- deren Temperaturen Blätter anzulegen, ja selbst zu blühen. So hatte ich während des ganzen Winters 1918/19 Sibbaldia pro-. cumbens, Cardamine alpina und Saxifraga Seguieri mit jungen Blättern zur Verfügung. Höhere Temperatur ist für die alpinen Schattenpflanzen durchwegs schädlich; da sie die Atmung viel weniger hemmt als die Assimilation (8. 127), zehrt die Pflanze ihre Reservestoffe rasch auf und geht vorzeitig zu Grunde. So starben nach ein paar heissen Apriltagen (1919) meine alpinen Schattenpflanzen in Basel fast ausnahmslos ab. Auch die Lichtansprüche der alpinen Schattenpflanzen lassen sich aus den Bedingungen ihres natürlichen Standortes verstehen. Die Pflanzen des Nordhangs und des Schneetals, die nur wenig direktes Sonnenlicht, und dieses nur unter sehr schiefem Einfall, erhalten, weisen einen noch tiefern Lichtschwellenwert auf als die Pflanzen des allerdings lichten Lärchenwaldes der Talsohle, in welchen die Sonnenstrahlen mit steilerem Einfall eindringen können. Die Lage des Lichtoptimums der alpinen Schattenpflanzen bei mittelstarkem Licht ist wohl durch den hohen Chlorophyligehalt bedingt, den ich für einige der untersuchten Pflanzen schon früher festgestellt habe (Hemrici 1918 Tabelle 9). Ausserdem wird wohl auch die anatomische Struktur der Blätter eine grosse Rolle Zweigipflige Assimilationskurven. 157 spielen. Jedenfalls ist dieses tiefgelegene Lichtoptimum für die Alpenpflanzen der Nordhänge vorteilhaft. Die Kohlensäurebilanz gestaltet sich am natürlichen Standort sehr günstig, wenn man die unter diesen Verhältnissen geringe Atmungsgrösse berücksichtigt. Grossen Kohlensäureverlust bedingt allerdings die Entbindung dieses Gases bei niederen Temperaturen. Doch dauert sie — worauf ich schon oben hinwies — nur kurze Zeit und bedeutet jedenfalls keinen Verlust an organisch gebun- denem Kohlenstoff. Bei Belichtung wird das entbundene CO, sofort wieder assimiliert. Durch die angeführten Tatsachen ist ein prinzipieller Gegensatz.nachgewiesen zwischen den Alpensonnen- pflanzen (Henrici 1918) und den Alpenschattenpflanzen, sowiezwischen diesen und den Schattenpflanzen der Ebene (z. B. Lubimenko, Revue 1908). Folgende Übersicht möchte dies illustrieren. | Licht- Ha | ! : NE | sehwellen- | Liehtoptimum Temperaturschwellenwert sn | vert | ‚optmum | Alpensonnen- hoch im starken Licht |höher als bei Alpen-| hoch | pflanze schattenpflanzen Alpenschatten- tief im schwachen bis | tief tief pflanze mittelschwachen Licht | Ebenenschatten- tief im schwachen bis | hoch hoch pflanze | mittelschwachen Licht III. Spezielle Resultate über die Kohlensäure- Assimilation der Flechten. 1. Einfluss des Wassergehaltes. (Tabelle 18, 19). Jumelle (13892 S. 114—121 und 159—169) hat seinerzeit die Abhängigkeit der CO,-Assimilation der Flechten von ihrem Wasser- gehalt so ausführlich behandelt, dass ich mich kurz fassen kann, zumal sich meine Resultate mit den seinen im grossen und ganzen decken. Im lufttrockenen Zustande assimilieren die von mir unter- suchten Flechten viel weniger, als wenn sie mit Wasser gesättigt sind (Tabelle 18). Doch ist der Unterschied in der Assimilation in feuchtem und trockenem Zustand durchaus spezifisch, was wohl darauf beruhen mag, dass der Wassergehalt der einzelnen Spezies sehr verschieden ist, und dass die eine Spezies zur Photosynthese mehr Wasser notwendig hat als die andere. Werden die Flechten in trockenem Zustande dem direkten Sonnenlicht exponiert, so Marguerite Henrici. 158 Tabelle 18. Abhängigkeit der CO,-Assimilation der Flechten vom Feuchtigkeitsgehalt. I. Pflanze in feuchtem Zustand. IL Pflanze in trockenem Zustand. .Schatten-| Aktino- ne hal & IE nn en hl Nr. | Datum Versuchspflanze aba nus tigkeit in n nn Witterungsverhältnisse | n Mischgeyicht ie gr 3 nn 1918 ee ae 1 ere ee I |I:II 209| 3. IX. Alectoria iubata 79 | 23,9 72 | 0,6 | Klarer blauer Himmel mit wenig weissen Wolken | 7,0! 0 |— 15,5| 0 | — 201|30.VII.| Cetraria islandica 40 99) 73 | 04 Sehr stark bewölkt AP LEO 20 202) == 252| 21. IX. Gyrophora deusta 90 924,753 105 Sonnig. Bewölkt 17,5 | 3,6|14,16 6,4 10,0 | 0,64 251| 18. IX. © = 11/90/2029 561%: 205 Diffuses Licht Nachmittags 12,5 | 44|2,6 115.0 | 6,2 | 2,4 202/31.VIIL| Gyrophora cylindrica | 40 | 28,3| 21 | 0,8 Klarer blauer Himmel 34,1 114,3 12,37) 8,2 | 45 | 1,8 246| 17. IX. 5 5 130 | 24,5| 36 | 12 Klarer blauer Himmel 16,5 | 9,617,6 111,8 | 6,5 | 1,8 247| 17. IX. = 14-150! 29,7 | 40 | 1,2 Diffuses Licht. Nachmittags 16,5 | 7,4\2,2 12,0 | 2,1| 5,7 2072| 2. IX. Letharia vulpina 80 6,1 Dr 0,3 Bedeckt. Zeitweise Regen 8217017272, .051.02 2 250| 18. IX. 5, à 130 | 1350| 53 | 0,3 Stark bewölkt, doch direktes Sonnenlicht 7,1| 0| — | 801 4,0| 1,9 [2 18. IX. Lobaria linita 13021861 2912 209 Stark bewölkt, doch direktes Sonnenlicht 10,6 0,9111,2| 68 | 6,3 | 7,08 \248 tz. ID, ” Do 130 | 24,5| 36 | 1,2 | Klarer blauer Himmel, dem diffusen Licht ausgesetzt [22,4 18,0 | 1,25) 6,8 | 6,3 | 1,68 1310 3.IX.| Cetraria islandica 69 | 14,6| 39 | 0,3 Bedeckt. Malojawind 6,3 63 12.28 00, = Zweigipflige Assimilationskurven. 159 wird die Assimilation meist besonders stark herabgesetzt; nur Gyrophora cylindrica verhält sich anders; sie ist eben unter den untersuchten Flechten die typische Sonnenpflanze. Meist wird durch den Wassermangel auch die Atmung herab- gesetzt, was ja für die Flechten von grossem Vorteil ist. Die Ausnahme in Versuch 252 kann ich mir nicht erklären. Ist die Luft, wie unter dem Einfluss des auf Muottas Muraigl oft wehenden Malojawindes, sehr trocken (Versuch 208, 210), so kann es vorkommen, dass feuchtes und trockenes Indi- viduum gleich stark assimilieren, da dann die feuchte Flechte vom Wind so stark ausgetrocknet wird, dass sie nach dem Ver- such wie das von vornherein lufttrockene Exemplar brüchig ist. Aus Tabelle 19 geht ohne weiteres hervor, dass Lufttrockenheit die Assimilation der feuchten Flechte herabzusetzen vermag. 2. Einfluss der Lichtintensität. Tabelle 3, 19, 20, 21. Dass man unter den Flechten typische Sonnen- und Schatten- flechten unterscheiden kann, erscheint einleuchtend, wenn man be- denkt, dass die Flechtenvegetation eines Nordhangs gewöhnlich aus ganz anderen Spezies besteht, als die eines Südhangs. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass diese Verschiedenheit auch in der Photosynthese zum Ausdruck kommt. Nach Tabelle 19 er- weisen sich folgende Flechten in physiologischer Beziehung als Sonnenpflanzen: Alectoria iubata, Oladonia gracilis, Letharia vulpina, Parmelia eucausta, Stereocaulon alpi- num, darunter also zwei Flechten des Lärchenwaldes (Letharia vulpina und Alectoria iubata). Schattenpflanzen dagegen sind Usnea barbata var. dasypoga und vor allem Alectoria ochroleuca (Tab. 3). Bei der Betrachtung der Assimilation bei verschiedenen Lichtintensitäten fällt es auf, dass die CO,-Assi- milation in starkem Licht, das keineswegs ultraoptimal ist (Tab. 19), ausserordentlich rasch abnimmt. Leider hatte ich zur Unter- suchung dieses Phänomens nicht mehr viel alpines Material zur Verfügung und musste deshalb zum grössten Teil Flechten aus dem Jura verwenden (Tabelle 20). Unter optimalen Lichtver- hältnissen assimilieren die Flechten in der ersten Stunde relativ stark, aber schon in der zweiten Stunde sinkt die Menge des assi- milierten OO, unter Umständen ganz gewaltig (auf 50°), bei Stereocaulon) und nimmt mit zunehmender Dauer des Versuchs ab. Diese in den lang dauernden Versuchen deutlich hervor- tretende zeitliche Abnahme der Assimilation (Tabelle 3) ist also Marguerite Henrici. 160 8°G Tony SEE DIE gp | ST | 76 Er = 3 ; ‘XI 9T 678 L'G LOUE MOTS AE IT sg 20 008 | 08-89 | uoworeonmpurpho erogdoaäs) | ‘XI FI 68% 96 Ppopoq cg go | gr 09 = 5 XI @ 1908 ge 6 Funyomag 6 so ON 08 È 5 XI '3T 082 008 UONTOA U9SSIOM WU Jowunpg donerg ge 80 008 e&I ejsnop waoydosnÄn IHA T6 1806 Er 6 Sunyiomog gg Fr ger 00 8 a x XL dee 08 HILOMO 99 0 GNT 08 BOLJBAIIS BIUOPET) ‘XI OT (FC ei IUT donejg 1OTETM GG ST | dogs | 0dor 2 5 : ‘XI OT |GFG p'e poapog 8 go | I 09 = 5 = XI & (608 0 U9SOY CG ro 00 08 uonopog SIL98IS BIUOPE[) 092902 19 Jy21UEUUOS SHOP U20p ‘JHIOMOY 29 70 67% 08 BOIPUBIST BLIEUNON NTSC OZ g'eg OUI donerq TE GG ,| EL | 998 brOrrel A = "XI OT Pre 186 mwuwrg donefd IOI8TM 17 L'O L'9 or 6 2 = "XI FI 1960 g'ca 6 Zunyomag ec © LOGE we > $ ‘XI 2 188 (eo Suesioqunuauuos Tod Spuoqy ‘J421] Sesnyl( 89 A) FIL ob JEUN BHOPOOTY Se CZ NE Ta | ln OSSIUNEULOASTUNAS AA an en a a Zur [JA n 1 l'ON nit Lu un #00 LUTEU: eh ARE Jp JEU DU -OEIDN — > SONIOLTLLLISSY -09-809 [Sean SUJJONN Jne U9JU98IX aap uomyejrwissy-°09 ‘GI 21e AL I _— 161 Zweisipflige Assimilationskurven. jpwmuwnp) Aonefg A9aeıı söeytwuydeN ‘HOIUOAX9 JUOIT U9SNJJIP WP yDop ‘Stuuos SIUUOS FHIOMOT OUI JON 4941 pwwıg danejq JOEY OUI aonefq a9deıy TD49N pun u9$oy )ZJ91n7 '6 Sunylomnog fpwwıg donefg 194181 uayTfoM U9SSIOM JU JOUUIH JONVI PIIOMIG TOUUUIF donejq dodeıy 7 Sunyfonag ‘OUI aonejq Jade] Pwwıg donejq Aaaeıy TOUT aonejq doaeıy spuoqy "PT0A9I [9wunp done]g Aoae]y - SuvSIaqUnuauuos yaeu ‘JULY sosnyig ‘JAIOMOG UNO Brequeq vous ce 6e wunuIdye U0NE2094198 [20 6 eu ertegor] [77 te eurdinA eHeu)9T WnsOJU9A EUUOEUUOR FH onupurrio Baoydoakn XI PI "XI "G "XI G "XI FI RXIEIT "XI OF ‘XI TG ‘XI OI 866 11 162 Mareuerite Henrici. Tabelle 20. „Zeitfaktor‘ bei der CO.-Assimilation der Flechten. | C02-Ge- Assimiliertes 00, in mer | Prozentuales Verhältnis der Lnfttem- halt der, Be | pro 1er Frischgewicht | assimilierten C0,-Mengen No. Datum Pflanze peratur | Luft in |euchtang in 1 Std. 1 Std. = 100 0/0 in °C Mgr pro in Lux A > 5 a > Ë 5 EN 5 ma 1 Liter Std. Std. |Sta.| Sta.] sta. | sta. | sta. 27723.X11.18 Parmelia caperata = vorher verdunkelt 149 | 0,6 | 2000 | 4,2| 4,2] 4,2 1009/0| 10000 He am Tageslicht: 1,3) 1,3) 1,3 100%0|100%%0 278| 6.1.19 | vorher 3 Tage verdunkelt 170 | 2,1 | 8000 |38,5|30,9'16,3' 6,4 ! 8000) 420! 17% vorher belichtet 24,0 23,0 97 0/0 vorher 3 Stunden verdunkelt 31,2130,8 980/0 20 20.22.19 aus dem Freien 179 | 0,7 | 8000 114,1.11,3 8,8 | 800% 620/0 1280! 7.1.19 | Xanthoria parietina Vorher verdunkelt 170 | 0,7 | 8000 116,3|16,3| 8,7 11000/o 53,9 0/0 1255)22. X. 18 | Stereocaulon alpinum | aus dem Freien 140 | 3,3 | 3500 | 8,7| 4,4| 0 50,5%/0| 09/0 durch die lange Versuchsdauer und nicht etwa durch das starke Licht als solches bedingt. Es ergibt sich ‚somit eine ähnliche Kurve, wie sie Blackman und Matthaei (1905) für die Abhängigkeit der Photosynthese von der Temperatur erhielten. Die Kurve der Flechten ist ihrer Entstehungsweise, nicht ihrer Form nach durchaus verschieden von der Lichtkurve der phanerogamen Schattenpflanzen (S. 145 ff.); denn diese zeigen nie, auch bei noch so kurz dauernden Versuchen, hohe Assimilations- Die Kurve der Flechten ist jedenfalls werte bei starkem Licht. bedingt durch die komplexe Natur dieser Pflanzen. Bei mittel- starkem Lichte, in welchem auch bei langer Versuchsdauer keine Abnahme der Assimilation zu bemerken ist, assimiliert die Alge sut und leitet offenbar der Pilz die Assimilate fortwährend ab. In starkem Licht assimiliert die Alge anfänglich noch mehr als in mittelstarkem Licht; doch scheint der Pilz mit dem Ableiten der Assimilate, vermutlich der grössern Stärkemengen, nicht nach- zukommen, so dass schliesslich die Chloroplasten der Alge inakti- viert werden. Wenn es sich tatsächlich um die Bildung von Di- und Polysacchariden handelt, so wäre die langsame Ableitung durch die Tatsache zu erklären, dass der Pilz im intensiven Licht die Enzyme, welche die Hydrolyse der nicht diosmierenden Kohle- hydrate besorgen sollten, nur in ungenügender Menge produziert. FC ER di di de + x NP EEE TEEN Zweieipflige Assimilationskurven. 165 Bei mittelstarkem Lichte, in welchem überdies infolge gerin- gerer Stärkebildung noch mehr Hexosen vorhanden sind, die un- verändert abgeleitet werden können, wirkt das Licht offenbar noch nicht schädlich auf die Enzymproduktion. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei Alectoria ochro- leuca, die bei geringem CO,-Gehalt der Luft durch starke Be- leuchtung so sehr geschädigt wurde, dass sie bei keiner Licht- intensität mehr zu assimilieren vermochte, während die Atmung konstant blieb; demnach wäre die Alge durch das starke Licht geschädigt, eventuell getötet worden, der Pilz hingegen unversehrt geblieben, Alle andern Flechten erwiesen sich dagegen bei den nach Abschluss der Versuche ausgeführten Stichproben nach längerem Ruhen als völlig normal; dech musste ich bei den Flechten mit den Stichproben länger warten als bei den Phanerogamen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Ableitung der Assimilate längere Zeit beansprucht als bei den Blütenpflanzen. Interessant ist die Beobachtung, dass Solorina crocea wie manche Phanerogamen Sonnen- und Schattenindividuen aufweist (Tabelle 21). Die auf Muottas Muraigl gewonnenen Resultate Tabelle 21. CO,-Assimilation von Sonnen- und Schattenexemplaren von Solorina erocea auf Muottas Muräjig]. I. Sonnenexemplar; II. Schattenexemplar. C03-Ge-! Relative Amen Ver- Sehatten- | Aktino- | halt der|Fenchtig- 005 À MET |hältnis Nr.| Datum |temperatur| metrische | Luft in | keit der Witterungsverhältnisse In Std. | ger in OC. | Differenz | mgr pro! Luft in D 1 ST | Werte 1 Liter| 0/0 Frischgewicht 1918 See Tr EISEN 233113. 12409 29:9..,.0.020.42 Starke Sonne. Bewölkung 4. Nach- mittags 32,9125,4| 13 25413. 1X.! 20 9,5 1,0: 42 Im künstlich diffusen Licht bei Be- wölkung 6 17,0,23,3|0,73 212| 5. IX.110-120) 24,6 | 0,4 | 62 Sonnig. Vormittags —| 0 | — Nach dem Versuch Thallus völlig gebleicht 2) 6. IX.| 59 0 0,4 | 93 | Regen — | 22 — 22002 IX: 10001258 2,161: 49 Im künstlich diffusen Licht beiblauem, später stark bewölktem Himmel — 1123| — 225110. Ix.| 80 | 20,3 | 0,5 | 67 | Bewölkt a0 | 164 Marguerite Henrici. decken sich so vüllig mit den Befunden bei Phanerogamen, dass ich sie nicht ausführlich zu besprechen brauche (siehe 8. 150); wie bei diesen wirkt starkes Licht günstig auf die Assimilation der Sonnenexemplare, schwaches Licht günstig auf die der Schatten- exemplare. Ob dieser Unterschied rein physiologisch ist, oder ob auch eine anatomische Verschiedenheit mitspielt, habe ich nicht untersucht. 3. Einfluss der Temperatur. Tabellen 5, 19. Aus Tabelle 19 geht unzweideutig hervor, dass Temperatur- steigerung die Assimilation der Flechten fördert; allerdings sind die in den alpinen Versuchen beobachteten Temperaturen nicht hoch. So war es von Wichtigkeit, dass dieses Resultat durch Versuche in Basel bei höherer Temperatur geprüft wurde (Tab. 5). Abgesehen von der starken Assimilation unter 0° nimmt die photo- synthesische Leistung der Flechten von 0° bis +24° mit wenigen Ausnahmen zu; bei mancher Spezies scheint 24° noch nicht ein- mal die. optimale Temperatur zu sein. Die Tatsache, dass die Flechten auch bei hohen Temperaturen noch gut assimilieren, ist deshalb von Interesse, weil sie zeigt, dass die bei starker Beleuch- tung erfolgende Abnahme der Assimilationstätigkeit nicht auf der starken Erwärmung des rasch austrocknenden Flechtenthallus beruht. . Bei einigen Spezies nimmt auch die Atmung von 0°—24° annähernd gleichmässig zu. Bei andern Spezies scheint sie aber unter Umständen von der Temperatur so wenig abhängig zu sein, dass sie nicht durch eine Kurve, sondern durch eine horizontale Gerade dargestellt werden kann (Evernia Vers. 285 Tab. 5). 4. Spezifisches Assimilationsvermögen der Flechten. Im allgemeinen wird den Flechten ein geringes Assimilations- vermögen zugeschrieben (Fünfstück 1907 in Engler und Prantl S. 37) und damit ihr langsames Wachstum erklärt. Wie aus den Tabellen 1, 3, 5, 18, 19 hervorgeht, finden sich tatsächlich nirgends hohe Assimilationswerte, wie wir sie etwa bei Phanerogamen son- niger Standorte antreffen. Doch zeigt ein Vergleich der für die Flechten gefundenen Zahlen mit Tabelle 22, dass es auch Phanero- gamen gibt (z. B. Anthyllis Vulneraria), die nicht stärker als die Flechten assimilieren. Bedenkt man, dass auf 1 gr Frisch- gewicht von Flechten sehr viel. weniger assimilierende Zellen kommen als auf 1 gr Frischgewicht von Phanerogamenblättern, so Zweigipflige Assimilationskurven. 165 Tabelle 22. Grössenordnung der C0O,-Assimilationswerte bei Phanerogamen. Pro 1 gr Blatt-Frischgewieht pro Stunde. Pflanze | Assimiliertes CO, in mer | Anthyllis Vulneraria (1700 m). : . : . . _. 1,6— 6.9 Bellisiperenns, 2000 m) 2.2.0.2 12,1— 108,7 Primula farnosa, (1700 m) :: . . „u... 12,2—67,5 | Taraxaeum ofieinale (2450 m) . . .... 5,9--53,7 muss man den flechtenbildenden Algen ein relativ starkes Assi- milationsvermögen zuschreiben. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass die Atmung der untersuchten Laubflechten meist recht klein ist, dass also unter günstigen Umständen die CO,-Bilanz vorteil- haft ist. D) Zusammenfassung. 1. Die Kohlensäure-Assimilation der alpinen phanero- gamen Schattenpflanzen und Flechten ergibt nicht immer die bis jetzt bekannte eingipflige Assimilationskurve, wenn sie einerseits als Funktion der Temperatur bei konstanter Lichtintensität, andrer- seits als Funktion der Lichtintensität bei konstanter Temperatur untersucht wird. Sie liefert vielmehr eine zweigipflige Kurve, wenn man stärkefreien Pflanzen — wie sie in unserm Klima im Winter die Regel sind — während des Versuchs Gelegenheit bietet, Stärke zu bilden. 2. Bedingungen, welche auch im Winter der Stärkebildung während des Versuchs ermöglichen, sind höhere Temperatur oder stärkeres Licht als im Winter herrschen. Während beispielsweise unter 0° C. von alpinen Schattenpflanzen unter keinen Umständen Stärke gebildet wird — es sei denn, dass die Pflanzen ganz starker Beleuchtung ausgesetzt werden, die eine starke Erhöhung der Innentemperatur der Pflanzen bewirkt — ist der Beginn der Stärke- bildung bei schwachem Licht von der Dauer der Exposition ab- hängig. Beobachtungen über die CO,-Assimilation phanerogamer Schattenpflanzen in ultraoptimaler Lichtintensität beweisen, dass das Licht einen fördernden Einfluss auf die Stärkebildung ausübt. Der Einwand, dass die fördernde Wirkung des Lichtes auf die Stärkebildung einfach auf der Steigerung der Assimilation und 166 Mareuerite Henrici. damit auf der Vermehrung des vorhandenen Zuckers beruhe, wird dadurch entkräftet, dass die Pflanzen vor Beginn der Stärke- bildung mehr assimilieren als während derselben. 3. Gerade diese Tatsache hat die Zweigipfligkeit der Assi- milationskurve zur Folge. Der Licht- resp. Temperaturschwellen- wert für die. CO,-Assimilation liegt bedeutend tiefer als der Schwellenwert für die Stärkebildung. Mit steigender Temperatur resp. Lichtintensität nimmt die Kohlensäure-Assimilation von ihrem Schwellenwert an bis zu einem ersten Maximalwert zu; während dieses ganzen Intervalls wird keine Stärke, sondern nur Zucker gebildet. Bei weiter steigender Temperatur resp. Lichtintensität setzt Stärkebildung ein, wodurch die CO,-Assimilation stark herab- gesetzt wird; die Erscheinung ist auf die durch die Stärkebildung verursachte Inaktivierung der Chloroplasten bei der noch immer niedrigen Temperatur resp. Lichtintensität zurückzuführen. Bei weiter steigender Temperatur resp. Lichtintensität geht die Assi- milationskurve durch einen zweiten Minimalwert und steigt dann nochmals bis zu einem zweiten Maximalwert, dem bis jetzt be- kannten Optimum, und fällt schliesslich ziemlich schnell ab. Dass das Auftreten der Stärke die Kurvenform bedinge, wurde durch zahlreiche Versuche erwiesen. So zeigen habituelle Zucker- blätter eine eingipflige Kurve, ebenso Blätter, denen durch Zucker- fütterung bei höherer Temperatur vor dem Versuch Gelegenheit zur Stärkebildung gegeben worden war. 4. Die Lage des zweiten Maximalwertes ist spezifisch und wird ausserdem durch den Standort der Pflanze bedingt. Die alpinen, phanerogamen Schattenpflanzen haben ihr Lichtoptimum bei Intensitäten von 400—2000 Lux; ihr Temperaturoptimum liegt zwischen +8° und 15°, während es für Sonnenindividuen derselben Spezies, sowie für die untersuchten Flechten bedeutend höher, meist zwischen 24° und 30°, liegt. 5. Der on ae der CO,-Assimilation liegt bei alpinen Schattenpflanzen und Flechten weit unter 0°, was für Flechten schon von Jumelle (1892) festgestellt wurde. Die Photo- synthese der alpinen Sonnenpflanzen beginnt erst bei höherer Tem- peratur als die der Schattenindividuen derselben Spezies; doch liegt auch der Schwellenwert für Sonnenpflanzen unter 0°. 6. Die tiefe Lage des Temperaturschwellenwertes wird wohl hauptsächlich durch den tiefen Gefrierpunkt der Alpenpflanzen be- ding. Während sich auf ihrer Oberfläche schon zahlreiche Eis- kristalle befinden, ist das Innere des Blattes z. B. noch unge- froren, allerdings vielleicht unterkühlt. Die gleichzeitig zu beob- achtende Sprödigkeit der Blätter wird durch sehr hohen osmotischen Land ee de = Zweisipflige Assimilationskurven. 167 Druck (bis */; Mol. KNO,) bedingt; die dadurch bedingte Brüchig- keit der Blätter kann, wenn die Pflanze sehr niederen Tempe- raturen ausgesetzt worden war, auch bei Temperaturen von bis +8° noch tagelang bestehen bleiben. 7. Die Vergrösserung des osmotischen Druckes bei niederer Temperatur wird sehr wahrscheinlich durch den bei der Assimi- lation gebildeten Zucker verursacht, der ja bei niederer Tempe- ratur nicht zu Stärke kondensiert werden kann. 8. Der bei der Assimilation gebildete Zucker wirkt wohl auch als Schutzstoff im Sinne von Lidforss. (1907), der den Erfrierpunkt einer Pflanze schon bei relativ geringer Konzentration herabsetzt, 9. Die im Innern der phanerogamen Schattenpflanzen und Flechten auftretende Eisbildung setzt die CO,-Assimilation stark herab, hemmt sie aber zunächst nicht völlig. Erst bei weiterem Sinken der Temperatur hört die Photosynthese ganz auf. Für ein- zelne phanerogame Schattenpflanzen konnte die Lage des Schwellen- werts ungefähr zu —16° Lufttemperatur bestimmt werden; für die Flechten scheint er unter —20° zu liegen. Das schliessliche Auf- hören der Assimilation lässt sich wohl dadurch erklären, dass in- folge der Eisbildung in den phanerogamen Blättern Wassermangel eintritt, der die Einstellung der Assimilation bedingt. Da die Flechten weitgehenden Wasserentzug vertragen können, verhindert ein solcher ihre Photosynthese nicht vollständig; sie sind daher imstande, auch bei sehr tiefen Temperaturen, also bei Gegenwart von viel Eis im Thallus, noch relativ kräftig zu assimilieren. Literaturverzeichnis. 1917. Arrhenius, O. und Söderberg, E. Der osmotische Druck der Hochgebirgs- pflanzen. Svensk botanisk Tidskrift. Band 11. S. 373—380. 1910. Badalla, Lina. Lo svernamento di alcune sempreverdi nel clima di Piemonte. 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Abhängigkeit der CO,-Assimilation der a nes Shan pflanzen von der Lichtintensität . . . . 120 5. Abhängigkeit der CO,-Assimilation und mens ler Flechten von ar Temperatur . . . 126 6. Abhängigkeit der CO, ae no nal une der en alpinen Schattenpflanzen von der Temperatur. . ...:. À. 127 7. Einfluss der Eisbildung auf die CO,-Assimilation . . . . . . . 123 8. Lage des absoluten Nullpunktes der CO,-Assimilation . : . 128 9. Osmotischer Druck der Mesophyll- und Epidermiszellen der Blätter ie verschiedener Temperatur , . RAR 20) 10. CO,-Entbindung und Atmung bei ee D RE “4129 11. Einfluss der Vorbehandlung der Flechten auf die CO,-Assimilation bei verschiedenen Lichtintensitäten . . . . 130 12. Einfluss der ‘Vorbehandlung der ones, elle San pflanzen auf die CO,-Assimilation bei verschiedener Lichtintensität 131 13. Abhängigkeit der CO,-Assimilation von den dargebotenen Nährsalzen bei, verschiedener: Lichtintensität 22 20. 0. ne 152 142.00,-%ssımilatien einer Zuckerpllanze re une a2 22.2 108 15. CO,-Assimilation abgeschnittener Blätter . . . . . . . À . . 144 16. CO,-Assimilation von phanerogamen, alpinen Schattenpflanzen auf Muottas Muraigl .. . … . ë . 146 17. CO,-Assimilation von essen Sonnen. and Schar nnd den derselben Spezies auf Muottas Muraigl . . . . ala 18. Abhängigkeit der CO,- Assimilation der Flechten von ben Feuchtig- keitsgehalt . . . . N a er D OI) 19. CO,-Assimilation der Flechten au nes. Ma EIER ER END) 20. „Zeitfaktor“ bei der CO,-Assimilation der Flechten . . . . 162 21. CO,-Assimilation von Sonnen- und Schattenexemplaren von one crocea auf Muottas Muraigl . . . . RR 3} 22. Grössenordnung der CO;- Ne nellehiane wants Le Mn tan Do LOD) Marguerite Henrici, Inhalts-Verzeichnis. © Seite Einleitung ° . .. I Ne We ER ae AR LION: A. Das renoue CE MERE SE M OU SNS SR TER SEE LOS B. Bisherige Untersuchungen über die CO,-Assimilation von alpinen, phanerogamen Schattenpflanzen und Flechten. . . . 2. . . . . 110 OS ETS SRE PC TE RER VE SEEN Zweigipflige Assimilationskurven. C. Eigene Untersuchungen über die CO,-Assimilation alpiner, phanerogamer Schattenpflanzen und Flechten a) Methodik der Versuche I. Bestimmung der Assimilation II. Berechnung der Assimilationswerte auf de Einheiten. von Ces che und Fläche III. Bestimmung der äussern Ealdoren 1. 2. Temperatur und Licht Luftfeuchtigkeit und der dadurch bedingte erhal der Pflanzen . Nährsalze . b) be der eigenen Dabenennanen I. Uebereinstimmende Resultate bei Phanerogamen alpinen Se pflanzen und Flechten 1. 2 © Einfluss der Lichtintensität hei ar Me aperalur Einfluss der Temperatur bei konstantem Licht a) Lage des Gefrierpunktes der Blätter und biechienthall B) Die CO,-Assimilation phanerogamer alpiner Schatten- pflanzen und Flechten bei verschiedenen Temperaturen . . Vorkommen und Ursache der zweigipfligen Assimilationskurve a!) Stärkefrei: sogenannte Zuckerpflanzen a?) Stärkereich: infolge künstlicher one 81) Stärkefrei: niedere Temperatur 82) Stärkehaltig: infolge Erwärmung durch one e bons dr y) Stärkefrei: Winter. Stärkehaltig: Sommer 6) Einfluss des Lichtes und des CO,-Gehaltes der Luft emo die Stärkebildung RS RE e) Kurven ausgehungerter Pilzen &) Kurven abgeschnittener Blätter II. Spezielle Resultate über die Photosynthese de hen onen, alpinen Schattenpflanzen O2 ND) . Einfluss der Lichtintensität . . Einfluss der Temperatur . . Spezifisches een er nome Schattenpflanzen Einige Angaben über den CO,-Gewinn en Blätter : . Biologische Betrachtungen über die CO,-Assimilation der phanerogamen alpinen Schattenpflanzen II. Spezielle Resultate über die CO,-Assimilation der Flechten : 1 2. 3. 4. Einfluss des Wassergehaltes Einfluss der Lichtintensität Einfluss der Temperatur Spezifisches ae os > Elechien D. Zusammenfassung Literaturverzeichnis . Manuskript eingegangen 21. Mai 1920. Beiträge zur Fiora des Rheintals zwischen Basel und Schaffhausen. Von A. Becherer. In der vorliegenden Arbeit gebe ich eine Zusammenstellung eines Teils!) der Beobachtungen, die ich, mit einer Studie über die Flora des Rheintals zwischen Basel und dem Schaffhauser Becken’) beschäftigt, in den Jahren 1919 und 1920 gemacht habe. Dabei berücksichtigt die Liste stärker das westliche, näher Basel liegende Rheingebiet und hier wieder besonders stark die floristisch sehr bemerkenswerte Gegend von Rheinfelden und Möhlin. Zudem habe ich, was Basel betrifft, auch z. T. aus früheren Jahren stam- mende Funde aus der übrigen Umgebung der Stadt (Jura, elsässisch- badische Rheinebene) verwertet, ebenso advene Vorkommnisse von Pflanzen der engern urbanen Flora, weil die Veröffentlichung dieser Funde angezeigt erschien. Die Arbeit stellt deshalb in erster Linie einen Beitrag zur Basler Flora dar. Da ich auf pflanzengeographische Fragen an anderer Stelle eintreten werde, beschränke ich mich hier ganz auf die für die Floristik in Betracht kommenden Daten. Neben meinen eigenen Beobachtungen habe ich in das Verzeichnis auch solche aufgenommen, die mir von verschiedener Seite freundlich mitgeteilt worden sind. So bin ich zu Dank verpflichtet: für die Basler Gegend hauptsächlich den Herren N. Abderhalden, P. Aellen, Dr. A. Binz, Dr. F. Heinis und W. Weber in Basel, sowie Herrn Dr. Hermann Christ in Riehen, meinem hochver- ehrten Meister, ferner Herrn Dr. G. Lettau in Lörrach und, ganz besonders, Herrn Max Gyhr in Neu-Allschwil; für den Aargau und den südlichen Schwarzwald in hohem Masse Herrn 1) Weiteres Material wird eine andere Arbeit bringen, die ein spezielles kleineres Gebiet (Naturschutzreservat der Rheinhalde bei Basel) behandelt. 2) Meine Beobachtungen erstrecken sich rheinaufwärts bis Kaiserstuhl und Hohenthengen, d. h. bis an die Grenzen des genugsam durchforschten zürche- rischen Teils des Schaffhauser Beckens. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 175 Walo Koch in Zürich. Ausserdem enthält die Liste zahlreiche Angaben, die dem Herbarium helveticum der Botanischen Anstalt Basel entnommen sind. Ich möchte auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. G. Senn und Herrn Dr. A. Binz, die mir die Benützung dieser Sammlung in weitgehender Weise gestatteten, aufrichtig danken. Ich habe aus dem alten Grundstock des Herbars (wie auch aus der älteren Literatur) mit Absicht manches herangezogen, um gelegentlich zu zeigen, wie sich unsere Flora verändert hat, wie das eine verschwunden, das andere geblieben ist, und um daran zu erinnern, wie vieles wir unsern Vorläufern verdanken?). Mehrere Autoritäten und Spezialisten hatten die Freundlich- keit, kritische Arten meines Herbarmaterials zu bestimmen oder zu revidieren, nämlich: Dr. E. Baumann in Zürich (Potamogeton), G. Beauverd in Genf (Melampyrum), Dr. J. Briquet in Genf (Mentha, Galium, Knautia), A. Keller in Zürich (Cerastium), Dr. ‚A. Thellung in Zürich (Verschiedenes), Prof. Dr. E. Wilczek in Lausanne (Eguisetum) und C, H. Zahn in Karlsruhe (Hieracium). Ferner übernahm das Botanische Museum der Universität ' Zürich (Vorsteher: Prof. Dr. Hans Schinz) einige Bestimmungen. All den genannten Herren möchte ich auch hier meinen besten Dank aussprechen. Pteridophyta.‘) Dryopteris Phegopteris (L.) GC. Christensen — Möhliner Forst mehrfach; Olsberger Wald: Binz 1917 (cf. Lüscher 1918 8. 204) auch!, Gyhr, vielfach; Bärenfelserholz. Baden: Riedmatt--Dossen- bach (Dinkelberg), Schwarzwaldrand bei Kiesenbach. 5) Ich denke hiebei vor allem an Carl Friedr. Hagenbach (1771-—1849), Professor der Medizin und Botanik in Basel, Sein Herbar wird man stets gerne konsultieren, denn es wird sich meist als wertvolle Fundgrube erweisen. Noch mehr gilt dies für sein ganz vorzügliches Werk: »Tentamen Florae basileensis«. Der erste Band dieser Flora, der ersten kritischen Basler Flora, erschien 1821, also genau vor hundert Jahren — im selben Jahr wie Peter Merian’s für die baslerische Naturforschung gleichfalls grundlegenden »Beiträge zur Geo- gnosie« (I). 4 Bemerkungen zur Liste: Systematische Anordnung und Nomenklatur mit wenigen Ausnahmen nach der „Flora der Schweiz“ von Schinz u. Keller, Il. Teil, 3. Aufl. (1914). — Alle Angaben, bei denen kein Beobachter genannt ist, stammen von mir. Bei Funden, die auf gemeinsamen Exkursionen mit Andern gemacht wurden, habe ich meinen Namen durch ein ! wiedergegeben, ebenso in denjenigen Fällen, wo meinen Funden entsprechende Angaben sich schon in der älteren Literatur finden, oder, wo in jüngster Zeit Andere dieselbe Beobachtung wie ich — teils vor, teils nach mir — gemacht haben. — Die Namen mit Jahres- und Seitenzahlen weisen auf das Literaturverzeichnis am Schlusse der Arbeit. — Unter »Olsberger Wald« verstehe ich das ganze Waldgebiet m 174 A. Becherer D. Linnaeana C. Christensen — Aargau: Möhliner Forst, Ols- berger Wald. | D. Oreopteris (Ehrh.) Maxon — Im Buholz („Erli“) bei Pratteln, ca. 320 m, wieder 1919 (cf. Christ 1900 S. 148); Möhliner Forst: schon Bruhin sec. Lüscher 1918 S. 205, wieder! 1919/20, viel- fach; Olsberger Wald: schon J. Fr. Wieland sec. Lüscher l.c. („Frauenwald“), wieder!, Gyhr 1920, mehrfach. Dinkelberg: Ried- matt—Dossenbach. D. austriaca (Jacq.) H. Woynar (D. spinulosa O. Kuntze) — Ssp. spinulosa (Milde) Sch. u. Th.: „Hintere Allmend“ bei Allschwil, Buholz bei Pratteln, Heimenholz bei Ryburg; Möhliner, Olsberger und Bärenfelser Wald, vielfach; Magden-Olsberg, Sisseler Hard; im Herb. helv. auch: Bruderholz (©. R. Preiswerk 1833) und Basler Hard (W. Bernoulli 1856). Baden: Herthen-Warmbach nahe am Rhein; Dinkelberg mehrfach, z. B. bei Eichsel; Mühle- berg bei Waldshut. Ssp. dilatata (Hoffm.) Sch. u. Th. : Sehr ausgeprägt im Möhliner (!) und Olsberger Wald (!, Gyhr); hier auch häufig Annäherungs- formen, wie auch im Bärenfelserholz und auf dem Dinkelberg. D. Lonchitis (L.) O0. Kuntze — Aargau: Rheinhalde zwischen der Murger Fähre und Laufenburg 1920, ca. 300 m. Blechnum Spicant (L.) With. — Möhliner Forst; Olsberger Wald: schon Mühlberg 1880 S. 207 („Frauenwald“), wieder J. Kunz 1917, ! 1920, an einer Stelle reichlich; Bärenfelserholz. Phyllitis Scolopendrium (L.) Newman —- Aargau: Möhliner Forst, Nordhang des Zeiningerbergs; an der Rheinhalde Stein— Sisseln mit bis 8,5 cm breiten Spreiten. Asplenium Ceterach L. — An alten Mauern, Baden: Beuggen. Aargau: Stein. Equisetum silvaticum L.°) — Aargau: Möhliner Forst, in der var. capillare (Hoffm.) Milde; Olsberger Wald (schon Mühlb. 1880 S. 204: Frauenwald), in der var. vulgare Klinge. E. ramosissimum Desf. — Var. pannonicum (Kit.) Ascherson : Kiesige Stelle beim Kraftwerk Bad.-Rheinfelden 1920. — Var. procerum (Pollini) Ascherson: Am Rhein bei Grenzach (Bad.), Courvoisier 1880 im Herb. helv. (sub: E, varieg.; so auch in der Basler Flora von Binz), wieder ! 1919. Eine Annäherung an Augst-Rheinfelden-Olsberg (excl. das Bärenfelserholz auf der linken Seite des Violenbaches, Kt. Baselland). — Unter »Herb. helv.« ist stets das Herbarium helveticum der Basler Botanischen Anstalt verstanden; diese Sammlung enthält auch die ebenfalls öfters zitierten Herbarien Bernoulli, Courvoisier, Hagen- bach, Linder-Hopf.und Uebelin. 5) Die Arten und Formen von Equisetum bestimmt von Prof. E. Wilczek. ‘4 u 1 1 Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u: Schaffhausen, 175 diese Form stellt auch die Pflanze von Rheinfelden (cf. Lüscher 1918 S. 200) dar. — Unterhalb Basel auch: Kiesgrube an der Strasse nach Grosshüningen (Els.), in der var. elegans Milde, Herb. Linder 1896 (sub: E. varieg.; so auch in der Flora von Binz). E. variegatum Schleicher — Am Rhein. Baden: Zwischen Beuggen und Riedmatt (var. caespitosum Döll)°), bei Niederschwör- stadt (var. virgatum Döll), Hauenstein-Alb. Die Fries’sche An- gabe in den Basler Floren (Schneider 1880, Binz 1901 u. später) „vom Rothaus bis Basel“ scheint mir zweifelhaft. Die für die Aaremündung (Lüscher 1891 S. 126 und 1918 S. 199) angegebene var. elatum Rabenh. ist zu streichen (die Pflanze ist nach Wilczek’s Bestimmung E. hiemale L. var. Doellii Milde), — Um Basel auch: Sandige Stelle beim Allschwiler Weiher (E. Frei 1919). Lycopodium elavatum L. — Frauenwald bei Olsberg: J. Kunz und Dr. ©. Disler 1917 (hierauf die Angabe Lüscher’s 1918 S. 198 zu beziehen). Monocotyledones. Sparganium erectum L. — Ssp. neglectum (Beeby) Sch. u. Th. und ssp. polyedrum (A. u. G.) Sch. u. Th.: Zurzach „im See“ (Koch und |). Potamogeton nilens Weber (verus!) — Um Basel: Neudorf (Els), A. Suter 1906, in der var. salicifolius Fries (det. E. Bau- mann u. G. Fischer).’) P. pusillus L.— Basel: In Gräben gegen Riehen, mehrfach Aargau: Tümpel am Rhein zwischen Augst und Rheinfelden. Jura: Bogentalweiher beim Passwang, var. mucronulatus Fischer (det. E. Baumann). P. gramineus > X perfoliatus (P. nitens auct. non Weber) — Aargau: Im Rhein bei Rietheim (Koch u. ! 1920, teste E. Bau- mann). Auch in der Schaffhauser Gegend°) und im Gebiet des Untersees (Baumann 1911 S. 102). Alisma Plantago aquatica L. em. Michalet — Var. latifolium (Gilib.) Kunth und var. lanceolatum Schultz: Zurzach „im See“ (Koch und !). Die Landform der var. latifolium um Basel z. B.: Burgfelden (Els.), Seewener Weiher. 6) Dies die um Basel vorherrschende Form; z. B. auch bei Neudorf im Elsass (G. Bernoulli Herb. 1856, wieder Gyhr 1920). 7) Mitteilung von Dr. E. Baumann (Zürich); cf. Berichte Schweiz. Bot. Ges. XIX (1910), 129. 8) Bei Büsingen; die andere Angabe Kelhofer’s (1920 S. 28) ist zu streichen (Koch). 176 : A. Becherer. Butomus umbellatus L. — Um Basel: Gräben an der Strasse zwischen Dornach und Aesch, „vor ca. drei Jahren“, reichlich?) (G. Heiz [Zürich], comm. 1920). Unterhalb der Stadt in der Rheinebene auch zwischen Istein und Kleinkems, mehrfach (Dr. Lettau und ! 1920). Panicum Ischaemon Schreber — Um Basel: St. Johannbahnhof, Ruchfeld, Aecker bei Muttenz und Birsfelden (Weber); Lösshügel bei Alert Oryza oryzoides (L.) Brand — Aura Gräben bei Möhlin (Koch 1917, !). Alopecurus pratensis L. — Vers. ssp. ventricosus (Pers.) Thell. (teste A. Thellung): Am Rhein bei Mumpf; ob Stein gegen die Mumpferfluh. Calamagrostis varia (Schrader) Host — An den Uferhalden des Rheins von Basel aufwärts vielfach, ausser an den bekannten Orten: Bei Birsfelden, Hard, Schweizerhalle, Augst, oberhalb Rheinfelden, Ryburg, Möhlin-Wallbach; Koblenz-Rietheim. Baden: Rheinhalde zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon. Auch im Jura um Basel weiter verbreitet: Gempen-Nuglar, an der Strasse Seewen-Bretzwil, Ramstein, Bürten-Lauwil, Aleten, Ulmet—Bogen- tal, häufig im Bogental und gewiss noch anderwärts; auch: Raimeux (Hagenb. 1834 S. 480, mit Beleg). C. arundinacea (L.) Roth — „Auf der linken Seite [des Rheins] zwischen Zurzach und Basel an mehreren Stellen“: Döll 1843 S. 113 (ohne Gewährsmann); gewiss Verwechslung mit der vorigen Art! Deschampsia flexuosa (L.) Trin. — Um Basel: Lange Erlen (Herb. Hagenbach 1830), Weiler Rain (Herb. Courvoisier 1881), bei Liestal (Dr. Heinis). Aargau: Bei Möhlin auch im Heimen- holz, Sisseler Hard (auch am Rhein), Etzgen-Schwaderloch, Nurren— Mellikon; ferner: Olsberger Wald beim Görbelhof (Gyhr), ob Koblenz mehrfach (Koch u. !). Baden: Dogern-Eschbach, bei Waldshut gegen Gurtweil und am Rhein unterhalb Hof Ettikon. Sieglingia decumbens (L.) Bernh. — Um Basel: Auch Löchli (Els.) (Weber). Sesleria coerulea (L.) Ard. — Am Rhein: Bei Rheinfelden und Möhlin, wo die Pflanze schon Hagenbach (1821 S. 70) sammelte, noch jetzt reichlich; ebenso noch bei Laufenburg. Baden: Küssaberg. Eragrostis minor Host — Aargau: Auf Schutt beim Görbelhof bei Rheinfelden. (Gyhr); Bahnhof Effingen (Koch). 9) Standort später vernichtet. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 177 Festuca heterophylla Lam. — In der Basler Hard auch bei Muttenz und Pratteln; Möhliner Forst, reichlich; Frauenwald bei Olsberg: schon Pfr. J. A. Müller (sec. Mühlb. 1886 S. 196), wieder Gyhr 1920. Bromus inermis Leysser — Basel: Uferbord St. Johannrhein- weg 1916ff.; Rheinufer in der Hard (Gyhr 1919). — Var. aristatus Schur: Am Kanal bei Rosenau (Els.) (Gyhr 1920). Nardus stricta L. — Baden: Am Rhein zwischen Albbruck und Dogern. Elymus europaeus L. — Baden: Nach Hagenbach (1821 S. 123) auch bei Hasel; wieder aufzusuchen ! Cyperus flavescens L. — Hotzenwald: Auch bei Schweikhof, mit Veronica seutellata L. C. fuscus L. — Basel: Lange Erlen an der Wiese (Hagen- bach, Fr. Bernoulli, Christ im Herb. helv.; wieder Gyhr 1920). Baden: Am Rhein unterhalb Warmbach. Elsass: Bei Michel- felden (!, Gyhr), Weiher in Burgfelden. Isolepis selacew (L.) R. Br. — Lange Erlen im Gebiet der Wiese wieder 1920, an zwei Stellen (Gyhr); Olsberger Wald, mehrfach (!, Gyhr); Bärenfelserholz. Baden: Egg ob Säckingen (Koch), Schweikhof und im Albtal zwischen Albbruck und Hohenfels. Carex vulpina L. — Aargau: Möhliner Forst, Kyms Hof — Sonnenberg. C. paniculata L. — Um Basel: Linkes Birsufer !) bei Rütihart (Gyhr); im Birstal auch: Roches-Moutier '1). C. elongata L. — Um Basel: Im Gebiet der Wiese in den Langen Erlen, schon Hagenbach (1834 S. 397), wieder Gyhr 1920; Hard (E. Merz); im Olsberger und Bärenfelser Wald noch jetzt reichlich. C. gracilis Curtis ssp. corynophora (Peterm.) A. u. G. — Am Rhein z. B. bei Herthen, Mumpf; Basler Hard (E. Merz). 10) Schon Hagenbach (1834 S. 389) sagt: Ad ripas Birsae. 1) In dieser Gegend 1916 und 1917 auch: Festuca amethystina L. (Fels- kamm b. „Mechal“, vielleicht weiter verbreitet), Ophrys Arachnites (Scop.)Murray („La Garde“ b. Roches), Cephalanthera rubra (L.) Rich. (b. Roches), Epipogium aphyllum (Schmidt) Sw. (b. Roches, Dr. A. Heitz, R.Elberu. ! 1916), Goodyera repens (L.) R. Br. (mehrfach), Corallorrhiza trifida Chätelain („La Meusatte“), Rumex arifolius All. (Raimeux, schon Hagenbach 1834 S. 504), Aconitum Napellus L. (an der Birs b. Courrendlin u. Choindez-Roches), Alchemilla Hoppeana (Rehb.) Dalla Torre (Klus, Prof. A. Buxtorf, !, schon Friche-Joset u. Mon- tandon 1856 S. 259), Pyrola minor L. (Raimeux), Cynoglossum montanum L. (Roches-Moutier, für die „Cluses de Moutier“ schon von Thurmann 1849 S. 163, auct. Friche-Joset, angegeben), Salvia verticillata L. („La Garde“ b. Roches), Cirsium eriophorum (L.) Scop. (Raimeux) und Cicerbita alpina (L.) Wallr. (Raimeux, schon Thurmann 1849 S. 142). 12 178 A. Becherer. : C. ornithopoda Willd. — Am Rhein: Bei Ryburg, Mumpf- Stein, Laufenburg. Um Basel ferner z. B.: Reinach, Bärenfels, Tschäpperli, Blauen (Weber). C. humilis Leysser — Baden: Küssaburg. C. pilosa Scop. — Zum Standort Dinkelberg bei Basel (Binz, Christ): Die erste Angabe aus dieser Gegend (Grenzacher Horn) finde ich in Döll’s „Rhein. Flora“ (1843 S. 152, äuct. Zeiher). C. alba Scop. — Schon in der Basler Hard: Hagenbach 1854 S. 408, Courvoisier Herb. 1879, ! mehrfach. Baden: Am Rhein bei Rheinfelden, zwischen Säckingen und Murg; bei Waldshut. C. pallescens L. — Var. elutior A. u. G.: Frauenwald bei Olsberg (Gyhr); hier auch (. Hostiana DC. (idem). C. distans L. — Um Basel: Lörrach-Tüllmgen (Bad.) (Dr. Lettau); bei Arlesheim. ©. strigosa Hudson — Im Möhliner Forst an mehreren Stellen, auch nahe Wallbach; Olsberger Wald: schon Hagenbach 1834 S. 417 („Frauenwald“, mit Beleg), wieder !, Gyhr. 1920, an zahl- reichen Stellen (auch nahe Rheinfelden) und meist reichlich; eben- so mehrfach im Bärenfelserholz. Baden: Dinkelberg mehrfach, : z. B. Riedmatt-Dossenbach, Karsau-Nordschwaben. Um - Basel ferner: Bruderholz bei Therwil (Dr. Heinis 1920). C. diversicolor Crantz (©. flacca Schreber) — Var. (vix ssp. !) cuspidata (Host)®): Asprain bei Münchenstein (nahe Basel) (Gyhr 1919). C. vesicaria L. — Basler Hard (E. Merz); Ryburger Hölzli bei Möhlin, Bärenfelserholz. Juncus conglomeratus L. — Var. typicus A. u. @.: Möhliner Forst, Bärenfelserholz; ob Koblenz bei „Bünten“ (Koch u. !). — Var. subuliflorus (Drejer) A. u. G.: Möhliner Forst. *) J. effusus L. — Var. subglomeratus Lam. u. DC.: Möhliner Forst (mehrfach), Egelsee bei Wallbach, Bärenfelserholz; ob Koblenz. bei „Bünten“, mit J. congl. (Koch u. !); am Rhein bei Warm- bach (Bad.). Wird gelegentlich für J. congl. gehalten, so: Bott- mingen (Herb. Hagenbach), Langenbruck (Herb. Courvoisier). — Var. prolifer Sonder : Bärenfelserholz. J. tenuis Willdl. — Olsberger Wald, auf nassen Wegen: Gyhr 1920 (mehrfach), !. 12) = GC. glauca Rasse cuspidata Aschers. u. Graebn., Syn. IP, 138: (1902) = C. flacca var. arrecta Brig., Fl. Corse I, 206 (1910) = C. flacca ssp. cuspidata Schinz u. Keller, Fl. Schweiz I, 3. ed., 55 (1914). 13) Lüscher (1918 S. 167) bezweifelt das Vorkommen des „echten“ J. con- glomeratus im Aargau. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 179 -J. capitatus Weigel — Feuchte Äcker Möhlin-Wallbach: Koch 1917, 20 (cf. Lüscher 1918 S. 168), auch Gyhr u. !, anscheinend spärlich; Bruderholz bei Basel: Gyhr 1920, auch Binz, Heinis, !, reichlich; beim Schlatthof bei Aesch: Heinis 1920. — Die An- gabe von der Wiese bei Basel (Hagenb. 1821 S. 326, auct. La Chenal) beruht nach Ausweis des La Chenal’schen Herbars auf Verwechslung mit kleinen Exemplaren von J. articulatus L. J. alpinus X articulatus!*) — Baden: Am Rhein bei Warm- bach 1920, mit den Eltern. Luzula nemorosa (Poll.) E. Meyer — Aargau: Am Rhein bei Kaisten, bei Mellikon; „Frittelhölzli“ ob Koblenz (Koch u. !). L. silvatica (Hudson) Gaudin — Aargau: Am Rhein bei Ryburg, Möhliner und Olsberger Wald. Tofieldia calyculata (L.) Wahlenb. — Aargau: Nurren ob Rekingen, Anthericum Liliago L. — Baden: Albtal zwischen Albbruck und Hohenfels; Rheinhalde zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon. A. ramosum L. — Am Rhein oberhalb Rheinfelden, Sonnen- berg, Rheinhalde Eitzgen— Schwaderloch und Koblenz- Red Nurren ob Rekingen; Mumpferfluh (Linder 1903 S. 305); Frittele hölzlii* ob Koblenz (Koch u. !). Baden: Waldshut-Eschbach, Rheinhalde zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon (mit A. Lil. ) ; Felsenheide Rekingen-Lienheim, bei Küssnach, Griessen. Hemerocallis fulva L. — Am Rhein oberhalb Basel: Bei der Au (1919 ein Stock), bei Warmbach. Allium senescens L. — Baden: Felsenheide bei Hohenthengen, eine zwischen var. petraeum (Lam. u. DC.) und var. glaucum (Schrader) Regel stehende Form. Lilium Martagon L. — Dinkelberg: Auch bei Wyhlen, Herthen, Degerfelden, Riedmatt. Tamus communis L. — Am Dinkelberg sehr verbreitet (auch bei Eichsel, Riedmatt usw.). Aargau: Mumpferfluh (Linder 1903 S. 303). Galanthus nivalis L. — Baden: Albtal unterhalb Tiefenstein, anscheinend wild (E. Hockenjos 1914, comm. Binz), Orchis ustulatus L. — Baden: Am Rhein bei Kadelburg, mit O0. militaris L. Ophrys apifera Hudson — Aargau: „Bergbrunnen“ ob Rekingen (Koch); nach einer älteren Angabe (cf. Lüscher 1918 S. 155) 4) Det. Bot. Mus. Univ. Zürich. 180 A. Becherer. auch bei Olsberg, wie auch 0. Arachnites (Scop.) Murray und 0. sphecodes |„sphegodes“]|'?) Miller. Gymnadenia odoratissima (L.) Rich. — Aargau: Etzgen- Schwaderloch; Nurren ob Rekingen, hier auch @. conopea X odora- tissima (Koch). Baden: Bannholz bei Waldkirch (M. Baum- gartner). Helleborine pulustris (Miller) Schrank — Baden: Sumpfwiesen am Rhein bei Kadelburg. HA. atropurpurea (Rafin.) Sch. u. Th. — Aargau: Rheinhalde bei der Murger Fähre; hier auch Cephalanthera longifolia (Hudson) Fritsch. H. microphylla (Ehrh.) Sch. u. Th. — Um Basel: Homburger- wald zwischen Lörrach und Brombach (Bad.) (Dr. Lettau). Spiranthes. spiralis (L.) @. Koch — Baden: Bei Degerfelden (Koch). Dicotyledones. Salix aurita L. — Dinkelberg: Karsau gegen Nordschwaben, feuchte Waldstelle. S. nigricans Sm. — Am Rhein zwischen Mumpf und Stein, nach den Kätzchen f. coaclanea Fries. Populus alba L. — Am Rhein: Bei Grenzach, Rothaus, Schweizerhalle, unterhalb Waldshut. Kultiviert ferner im Möhliner und Bärenfelser Wald. An der Birs in der Nähe von Basel auch bei Angenstein. Belula cf. pubescens Ehrh. — a Wald (Koch 1917, !), Bärenfelserholz. Castanea saliva Miller — Kultiviert und sich ausbreitend: Möhliner, Olsberger und Bärenfelser Wald. Quercus pubescens Willd. — Unterhalb Basel bei Istein auch im Rheinvorland. Eine gegen Qu. sessilifiora Salisb. neigende Form: Röthelsteinfels zwischen Grenzach und Wyhlen. Qu. rubra L. — In Wäldern: Möhliner, Olsberger und Bären- felser Wald. Cannabis sativa L. — Baden: Rheinhalde Warmbach-Rhein- felden 1920, mit Borago officinalis L. Auch sonst um Basel nicht selten verwildert. Urtica urens L. — Zu Hagenbach’s Zeiten ,ubique“ (1834 S. 427), seither offenbar zurückgegangen! Um Basel: Brüglingen; Allschwil (Gyhr). Baden: Beuggen, Oberlauchringen, Griessen. 15) Die Schreibart „sphegodes“ ist unrichtig (das Wort heisst: opnn@öns). Die Korrektur betrifft einen „orthographischen Irrtum“ (Art. 57 der Internat. Regeln). [Schinz u. Thellung (Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXVI/XXIX [1920], 186) schliessen sich meinem Vorschlag an.] Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 181 Thesium Linophyllon L. — Um Basel: Auch Löchli (Els.) (Herb. Courvoisier 1884). Aargau: Nurren ob Rekingen (Koch 1920 . bavarum Schrank — Baden: Ob Waldshut beim Pavillon. Th. pyrenaicum Pourret — Um Basel: Bei der „Platte“ ob Pfeffingen und ob dem Dorf Blauen. Baden: Am Rhein unter- halb Kleinhüningen, nach Hagenbach (1834 $S. 494) auch an der Wiese bei Lörrach und Steinen; Triften zwischen Rheinheim und Dangstetten. Polygonum amphibium L. — Baden: Unterhalb Basel zwischen Märkt und Kirchen (Dr. Fr. Bernoulli im Herb. helv., Land- form); im Wiesental auch bei Schopfheim. P. minus Hudson — Um Basel: Acker auf dem Bruderholz +. Heinis); Egelsee bei Wallbach (Gyhr, !, auch var. latifolium A. Br.). Polycnemum arvense L. ssp. majus (A. Br.) Brig. — Basel: Bad. Güterbahnhof; St. Johannbahnhof-Lenzgasse (Gyhr). Aargau: Bahnhöfe Eiken, Frick, Hornussen (Koch). Baden: Bahnhöfe Säckingen und Kleinlaufenburg. | Chenopodium hybridum L. — Aargau: Zurzach (Koch u. !). Ch. serotinum L. em. Hudson — Um Basel: Bei Birsfelden (cf. Aellen 1916 S. 70) wieder 1919, auch f. integrifolium (Murr) (Aellen u. !)} Elsass: In den fünfziger Jahren einst von Herrn Dr. Christ bei Neudorf gesammelt; wieder: Sumpfgraben zwischen St. Louis und Burgfelden, reichlich und sehr gross (Aellen u. | 1918, nach A. hier auch die Hybride Ch. album X serotinum). Amarantus angustifolius Lam. var. silvester (Vell.) Thell. — Um Basel: Ausser bei Birsfelden (hier in Menge) und St. Jakob - Neue Welt auch: Lysbüchel (Gyhr 1920), ferner im Elsass bei Neudorf (Aellen und ! 1918). A. hybridus L. ssp. eruentus (L.) Thell. var. paniculatus ( Uline u. Bray) Thell. — Verwildert. Um Basel z. B.: Birsbett (!) und „Unter Loog“ bei Neue Welt (Gyhr); Allschwil, zwischen Zwingen und Laufen (Gyhr); Liestal mehrfach (Dr. Heinis). Aargau: Zelglihof zwischen Augst und Giebenach (Gyhr); am Rhein bei Wallbach, mit Malva crispa L., Althaea officinalis L., Chrysanthemum coronarium L. (prob.) und Lactuca sativa L. (A. Huber u. ! 1919). [Auch bei Aarau 1912.] .... Montia fontana L. s. 1. — Ssp. verna (Necker) ): Feuchte Acker Möhlin-Wallbach (Koch 1919, ! 1920); Bruderholz bei Basel (Gyhr 1920, anscheinend sehr spärlich). 16) = M. verna Necker 1768, M. minor Gmelin 1805, M. fontana Ascherson 1864; die weitern Synonyme s. Aschers. u. Graebn., Syn. Vi, 433 (1915). 182 A. Becherer. Ssp. rivularis (Gmelin)): Im südlichen Schwarzwald z. B. beim Lehenhof ob Harpolingen. Portulaca oleracea L. ssp. silvestris (DQ.) Thell. — Um Basel neuerdings: St. Johannbahnhof, Bad. Güterbahnhof, Wiesendamm ; beim Kannenfeld (Gyhr); Schaffhauserrheinweg (Dr. A. Jermstad). Lychnis Flos cuculi L. — In feuchten Wäldern: Möhliner Forst, Olsberger Wald; Karsau-Nordschwaben (Dinkelberg). Melandrium dioecum (L.) Simonkai — Auch um Basel an- scheinend nur in der drüsigen Form (var. glandulosum [Brügger]); am Rhein z. B. bei der Albmündung. ° Gypsophila muralis L. — Nicht nur auf Ackern, wie meist in den Floren angegeben, sondern auch sonst an sandigen und lehmigen Stellen, an Ufern, in Wäldern, so um Basel: An der Wiese und im Weiler Wald (Herb. Hagenbach), „Mühlerain“ bei Allschwil (Gyhr), Heimenholz bei Ryburg (Gyhr und !), Eggberg ob Säckingen (Linder 1903 S. 326), Burghügel Hauenstein. Dianthus barbatus L. — Verschleppt Am Rhein: Schaff- | hauserrhemweg Basel (Aellen 1918); unterhalb der Stadt bei Neudorf (Els.) 1913. Stellaria media (L.) Vill. ssp. pallida (Dumort.) Béguinot — Basel: St. Albanrheinweg, Uferbüschung. Im Gebiet der Basler Flora bisher nicht unterschieden. St. holostea L. — Um Basel: Bottmingen-Bruderholz (Abder- halden). Baden: Im Rheingebiet oberhalb der Stadt von mir nirgends beobachtet; im Wiesental aufwärts bis über Maulburg (Dr. Lettau). Cerastium pumilum Qurlis'®) — Ssp. obscurum (Chaub.) (die bei uns vorherrschende Form), um Basel ausser an den bekannten Orten: Odland an der Rührbergstrasse; Wiesendamm bei Riehen, bei Reinach (Herb. Courvoisier), bei St. Jakob (Herb. Ohrist 1857), gegen St. Louis (Herb. Linder). — Vers. ssp. pallens (Schultz): Baden: Am Rhein bei Kadelburg; unterhalb Basel bei Märkt (Herb. Christ 1851). Sagina apelala Ard, s. 1. — Um Basel (wie normal für Mittel- europa) die ssp. erecla (Hornem.) Herm. (= S. apetala Ard. s. str.) fast ausschliesslich drüsenlos (= var. glabrata F. W. Schultz), die ssp. ciliata (Fr.) J. Ball allermeist drüsig (= var. glandulosa [F. W. Schultz] Dosch u. Scriba). Beide Unterarten im Gebiet der Basler Flora auf Ackern an vielen neuen Stellen nachgewiesen; fast stets zusammen vorkommend, so: Basel-Binningen „im Langen Lohn“, 17) M. fontana *rivularis Drude, Herc. Fl. bez. (1902), 256, 265; M. fontana ssp. rivularis J. Braun, Sched. Fl. raet. exsicc. I (1918), sep. 14. 18) Material zum grössten Teil revidiert von A. Keller. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 183 Binningen-Oberwil, bei Therwil, bei Biel gegen Witterswil, bei Allschwil; im Elsass bei Hegenheim, Buschweiler, Wenzweiler, Volkensberg, Attenschweiler'”), Häsingen (soweit Gebiet begangen), an zahlreichen Stellen und meist in Menge; Möhlin- Wallbach (Aarg.), auch hier beide Subspecies reichlich (Koch 1919, Gyhr, !); Stadenhausen—Luttingen (Bad.), von ssp. ciliata hier auch sehr armdrüsige Exemplare; weiter rheinaufwärts bei Koblenz westlich „Buck“ (Koch und !), hier ebenfalls ssp. ciliata in einer drüsen- losen Form. [Weitere Vorkommnisse im Aargau: Ssp. erecta: Eggenwil, Wohlen (Koch); ssp. ciliata: Turgi, Bl (Koch), Sulz (Frl. A. Thuraheer, Per Anis Schweiz. Bot. Ges. XXVI/XXIX [1920], 197).] Alsine segetalis L. — Um Basel: Im Elsass auch zwischen Wenzweiler und Attenschweiler. Bei Möhlin noch nicht gefunden. Nach Hagenbach (1821 S. 292) auch bei Muttenz (ob noch?). [Die nn » Lange Erlen“ (auct. ?) bei Hegi (Ill. Fl. M.-Bur. III, 425 f1911]) ist gewiss irrig.]| Herniaria hirsuta L. — Basel: Areal der Bad. Bahn, mehr- fach; im Elsass auch: Neudorfer Heide (Weber), Hüningen— Michelfelden (Gyhr). Ceratophyllum demersum L. — Basel: Im Rhein beim Wald- haus, einzelne angeschwemmte Stücke auch bei der Au und bei Birsfelden. Helleborus foetidus L. — Baden: Dinkelberg, z. B. bei Grenz- ach im Buxetum (Christ 1913 8. 55, !), auch bei Herthen und Degerfelden; am Rhein bei Grenzach, Wyhlen, Herthen. Actaea spicata L. — Aargau: „Bachthal“ bei Rietheim (Koch und !). Baden: Bechtersbohl-Küssaburg, Küssnach-Dangstetten. Anemone Hepatica L. — Aargau: Am Rhein zwischen der Murger Fähre und Laufenburg, Koch 1915 (cf. Lüscher 1918 S. 207), ! 1920. Baden: Rheinhalde bei Riedmatt; um Waldshut mehrfach, auch lobulöse Formen (f. multiloba Hartm.).”°) A. ranunculoides L. — Am Rhein: Beim Rothaus (Gem. Muttenz); Beuggen-Riedmatt (H. Zeller). Im Wiesental auch bei Steinen (Dr. Lettau). A. silvestris L. — Baden: Unterhalb Basel auch im Rhein- vorland bei Istein; ferner einst bei Haltingen (Brenner sec. Hagenb. 1834 8. 53, mit Beleg). 1) Hier auch ssp. erecta in einer drüsigen (= var. glanduloso-ciliata F./W. Schultz) und ssp. ciliata in einer armdrüsigen Form (= vers. var. glaberrima [F. W. Schultz] Gürke). 20) Hartm. 1858 ! Hierher var. rhaetica Brügger 1886: 184 A. Becherer. A. Pulsatilla L. — Aargau: Bei Hellikon sehr bedroht (Gyhr); Nurren ob Rekingen (Prof. A. Buxtorf 1908, Koch). Baden: Zwischen Dangstetten und Rheinheim (Dangstetten: Lüscher 1891 8. 56). | 5 | Myosurus minimus L. — Baden: Feuchte Acker Luttingen— Stadenhausen. Um Basel ehemals auch „in graminoso loco“ an der Wiese beim Zoll (J. R. Zwinger sec. Hagenb. 1821 S. 298). : Ranunculus Lingua L. — Aargau: Bei Zurzach „im See“ auch die var. hirsutus Wallr. (Koch u. !). Diese Form auch: bei Hallwil (Prof. Dr. E. Hagenbach-Burckhardt 1916 im Herb. helv.). R. Flammula L. — Var. ovatus Pers.: Sisseler Hard (Aarg.), feuchter Waldweg. R. reptans L. — Am Rhein: Bei Grenzach bei der Fähre „in glareosis*, Labram 1842 im Herb. Hagenbach (cf. Hagenb. 1843 S. 102), typisch! Von den Neueren nie mehr gesammelt. R. aconitifolius L. ssp. aconitifolius (L.) — Baden: Mit den Schwarzwaldbächen herabsteigend, z. B. an der Alb bis zur Mün- dung; auch am Rhein zwischen Niederschwörstadt und Riedmatt. Um Basel: Einstmals auch „in salicetis“ bei der Birsbrücke (Herb. Preiswerk 1839). Adonis flammeus Jacqg. — Basel: Gegen Reinach noch 1917 (G. Weiss). | | | | A. aestivalis L. — Auch verschleppt: Wolfbahnhof Basel 1916. Papaver Argemone L. — Wolfbahnhof, Bad. Güterbahnhof " Basel. Coronopus procumbens Gilib. — Um Basel: Schänzli bei St. Jakob, Neue Welt. Iberis umbellata L. — Verschleppt. Im Rheinkies unterhalb der Wiesenmündung bei Basel 1918; im selben Jahr hier auch Anthemis ruthenica M. Bieb. Thlaspi montanum L. — Aargau: Nurren ob Rekingen (Koch). Diplotaxis tenuifolia (L.) DO. LE Aargau: Bahnhöfe Augst und Möhlin. - Baden: Beim Kraftwerk Wyhlen. Um Basel ferner z. B.: Bei Grellingen im Birstal; im Elsass zwischen Hüningen und Neudorf (Gyhr) und in St. Louis (Aellen und ! 1918, auch f. integrifolia Koch). Erucastrum nasturtüfolium (Poiret) O. E. Schulz (E. obtus- angulum Rchb.) — Basel, da und dort: Rheinhafen (Aellen 1916), St. Johannbahnhof 1918, Birsfelden (Aellen und ! 1919). — Der Standort „Laufenburg“ in den Floren von Schneider (1880), { Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 185 Binz (1901 u. später) und Neuberger (1912)°!) ist zu streichen (es handelt sich bei Hagenbach 1843 S. 137 nicht um diese Art). Hirschfeldia incana (L.) Lagrèze-Fossat (Brassica incana F. Schultz) — Am Rhein oberhalb Basel von mir nirgends gesehen. Basel: St. Johannbahnhof 1920, bei St. Jakob auch bei der Tram- endstation (Gyhr 1920). Brassica juncea (L.) Cosson — Basel, wieder mehrfach: Am rechten Rheinufer, Niederholzstrasse; bei der Schützenmatte (Gyhr). Baden: Am Rhein unterhalb Kleinhüningen (Aellen). B. elongata Ehrh. ssp. armoracioides (Ozern.) A. u. @. — Basel: Wolfbahnhof 1919. Barbaraea intermedia Bor. — Um Basel: Am Bahndamm beim Grenzacher Horn (Schweiz) 1916 und beim Eisenbahnweg 1920 (teste A. Thellung); Wolfbahnhof (Aellen 1916). B. verna (Miller) Ascherson — Basel: Wolfbahnhof (Aellen 1916); St. Johannbahnhof 1920 (teste A. Thellung). Roripa prostrata (Bergeret) Sch. u. Th.**) — Var. stenocarpa (Godron) Baum. u. Thell.: Am Rhein unterhalb Kleinhüningen *) bei Basel auch in der f. riparia (Gremli) Baum. u. Thell. Baden: Unterhalb Basel auch bei Kleinkems (Dr. Lettau u. N. Aargau: Am Rhein bei Rietheim (Koch u. !). R. amphibia (L.} Besser — Am Rhein. Basel: Schaffhauser- rheinweg (1920 eine Gruppe). Aargau: Möhlin-Wallbach (A. Huber u. !), bei Mumpf; bei Rietheim, mit R. prostr. (Koch u. !). Baden: Bei der Albmündung; unterhalb Basel auch zwischen Istein und Kleinkems (Dr. Lettau u. N. Cardamine hirsuta L. ssp. flexuosa (With.) Forbes u. Hemsley — Möhliner Forst, mehrfach (schon Hagenb. 1843 8. 132); eben- so vielfach im Olsberger Wald; Sisseler Hard. C. amara L. — Am Rhein an vielen Stellen, z. B. bei Birs- felden, Stein, Murg, Waldshut, Kadelburg. — Var. erubescens Peterm.: An einem Bächlein südlich Niedermumpf. C. pentaphylla (L.) Orantz — Baden: Küssnach—Dangstetten. Camelina sativa (L.) Crantz s. 1. ssp. sativa (L.) Hegi*) — Verwildert. Baden: Rheinhalde bei Herthen, unterhalb Basel bei Efringen. x Vogelia paniculata (L.) Hornem. — Baden: Unter Getreide zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon. Um Basel auch bei Arlesheim und Therwil (Dr. Binz). 21) Auch übergegangen in Hegi, Ill. Fl. M.-Eur. IV!, 223 (1918). 22) Ich führe diese Pflanze hier nur vorläufig als Art auf. 23) Standort jetzt (1920) vernichtet (Rheinhafenbau !). 24) Ill. Fl. M.-Eur. IVL, 370 (1919) (incorr.: „Grantz“). 186 A. Becherer. Arabis alpina L. ssp. eu-alpina Brig. — Basel: Am Rhein bei der Au (1920 eine Gruppe); auch an alten Mauern bei der Saline Schweizerhalle. A. hirsuta (L.) Scop. — Der Typus an den Uferhalden des Rheins vielfach, z. B. bei Grenzach, Rheinfelden, Säckingen. Ssp. sagittata (Bertol.) Rchb.: Rheinhalde bei Birsfelden 1919. Eine ganz ähnliche Pflanze sammelte Herr Dr. Christ 1913 bei Liestal. Auch schon Hagenbach (1834 S. 174) hat eine offenbar hierher gehörende Form (,„foliis caulinis basi subsagittato-cordatis“) und gibt als Fundort „z. B. beim Steinentor“ an; später (1845 S. 136) nennt er die Pflanze freilich wieder eine „dubia civis“! (Belege fehlen.) A. arenosa (L.) Scop. — Aargau: Rheinhalde bei Möhlin 1920 reichlich; einst auch: auf der Augster Rheininsel (Hagenb. 1834 S. 174), sowie am Rhein bei Rheinfelden und Zurzach (sec. Lüscher 1918 S. 10). Um Basel neuerdings adven, so: Bad. Güterbahnhof (Aellen, E. Merz, !), in der f. albiflora Rchb.; so auch schon 1892 Bahnhof Kleinlaufenburg (Lüscher 1893 8. 82). Conringia orientalis (L.) Dumort. — Um Basel: Wolf bahnhof (Weber, !), Uferstrasse (Weber), auch unter Hafer am Westrand des Reinacher Waldes (Gyhr). Reseda odorata L. — Um Basel: Verwildernd an der Nieder- holzstrasse 1920; bei der Station Augst 1920. Sedum Telephium L. ssp. purpureum (Link) — Baden: Rhein- halde Wallbach-Säckingen und Hauenstein-Albbruck, Felsen bei Luttingen und Hauenstein, Albtal. S. rupestre L. — Baden: Hauenstein, Albtäl (Koch, !); Dogern-Waldshut, beim Fahrhaus Waldshut am Rhein (schon Lüscher 1891 S. 59) und am Bahndamm, bei Thiengen, Lienheim, Hohenthengen. Saxifraga granulata L. — Baden: Rheinheim—Dangstetten. Chrysosplenium alternifolium L. — Basel: St. Alban am Rhein 1 Stock (Dr. H. Reese 1920); Bruderholz gegen Reinach (Gyhr), Möhliner und Bärenfelser Wald. Baden: Am „Sägbächle“ ob Riedmatt. Im Gebiet der Wiese auch: bei Riehen und im Weiler Wäldchen (Herb. Courvoisier), bei Steinen (Herb. Christ 1851). Ch. oppositifolium L. — Basel: In den Langen Erlen wieder 1920 (Gyhr). Ribes nigrum L. — Aargau: Am Rhein zwischen Mumpf und Stein. Zu Hagenbach’s Zeiten (1821 S. 214) um Basel „in sepibus passim“! — Nach Christ (1879 S. 181) in der Waadt epiphytisch auf alten Weiden: ebenso bei Basel R. alpinum L. zwischen Neubad und Allschwiler Weiher. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 187 Cotoneaster integerrima Medikus — Baden: Felsenheide bei Hohenthengen. Sorbus Aria (L.) Crantz — Var. longifolia Pers.: Hornfelsen bei Grenzach, mit var. obtusifohia (DO.) Briq.”’) Um Basel ferner z. B.: Bei Münchenstein (G. Müller), beim Schloss Thierstein (Kt. Sol.) (Dr. Binz). S. torminalis (L.) Orantz — Baden: Käferholz bei Tüllingen, auf dem Dinkelberg auch bei Eichsel und Karsau; Rheinhalde zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon. Aargau: Magden- Sonnenberg. In der elsäss. Rheinebene unterhalb Basel auch bei der Fischzuchtanstalt. Amelanchier ovalis Medikus — Baden: Rheinhalde zwischen Wutachmündung und Hof Ettikon. Aargau: Nurren ob Rekingen (Koch). Potentilla praecox F. Schultz — Eine hierher gehörende Form: Felsenheide bei Hohenthengen. P. intermedia L. — Verschleppt. Basel: Hardstrasse (Gyhr 1920). P. anserina L. — in sericea Hayne: Z. B. Karsau—Nord- schwaben (Dinkelberg), Möhliner Forst mehrfach; Westhang der Mumpferfluh (Gyhr). Im Jura: Talkessel zwischen Sonnenwirbel und Kluserroggen bei Balsthal (Gyhr). Sanguisorba officinalis L. — Baden: Bei Schwörstadt, mehr- fach; im Rheinkies unterhalb Kleinlaufenburg; Sumpfwiesen am Rhein beim Hof Ettikon oberhalb Waldshut. Genista germanica L. — Aargau: Rheinhalde bei der Murger Fähre, Etzgen-Schwaderloch; bei Koblenz (Koch u. !). G. tinctoria L. var. vulgaris Spach — Aargau: Rheinhalde bei der Murger Fähre, Etzgen-Schwaderloch, Koblenz-Rietheim, Rümikon-Kaiserstuhl; „Frittelhölzli“ ob Koblenz (Koch u. !). Cytisus nigricans L. — Baden: Bei Griessen. Melilotus indicus (L.) All. — In und um Basel wieder an vielen neuen Stellen, z. B.: Adlerstrasse, St. Johannbahnhof, gegen Leopoldshöhe; beim Kannenfeld, gegen Hüningen (Gyhr); auch: bei Läufelfingen an der Strasse nach Ramsach 1918, bei Laufen im Birstal (Gyhr 1920). Trifolium rubens L. — Baden: Bei Waldshut gegen Eschbach. Aargau: Rheinhalde Koblenz-Rietheim; bei Böbikon (Koch). T. fragiferum L. — Nach Hagenbach (1834 S. 228) bei Basel am Rhein „passim frequens“; so unterhalb der Stadt bei 3) Dies die bei uns häufige typische Form (= var. typica et var. incisa C. K. Schneider). 188 A. Becherer. Märkt (Herb. Hagenb. 1835), Istein (Dr. Lettau u. ! 1920); um Basel ferner: bei Therwil (Dr. Binz), bei Biel. Aargau: Bei Ryburg (Koch), ob Koblenz (Koch u. !. Baden: Kiesenbach, Dogern, Waldshut, Dangstetten. T. resupinatum L. — Um Basel: Wolfbahnhof?®) 1920, Pire, strasse 1920. T. montanum L. — Baden: Am Rhein bei Kadelburg, in der _ Gegend Dangstetten-Lienheim mehrfach. Um Basel auch: Tüllinger- berg, Käferholz, Hornberg, Grenzacherberg (im Herb. helv. belegte Standorte); an der Wiese (Hagenb. 1834 S. 229, mit Beleg: Labram 1833). T. aureum Pollich (T. agrarium L.?7) — Aargau: Heimenholz bei Ryburg am Rhein (Gyhr u. !), Frauenwald bei Olsberg, Etzgen— Schwaderloch am Rhein, Nurren gegen Mellikon. Baden: Albtal unterhalb Tiefenstein, mehrfach. Um Basel ferner: Rheinbord beim Schlachthaus (Aellen 1915), am Rhein bei Hüningen (Els.) (Herb. Linder 1895). Lotus uliginosus Schkuhr — In feuchten Wäldern: Basler Hard (Binz); Bruderholz gegen Reinach (Gyhr); Rüchewald bei Rheinfelden, in der var. villosus (Thuill.) Lamotte (Koch), Möhliner, Olsberger und Bärenfelserwald. Auf Ackern: Bruderholz (Gyhr, !), beim Stift Olsberg (Gyhr). Ornithopus perpusillus L. — Baden: Waldschlag beim Säckinger- see, mit Carex pilulifera L. (Koch 1913). O. sativus Link — Verschleppt. Um Basel: Wiesenufer bei Riehen (Gyhr 1920). Coronilla coronata L. — Wartenberg bei Basel, Südhang (Dr. E. Baumberger, Binz). Baden: Bei Griessen. Vieia dumetorum L. — Aargau: Bei Wallbach, bei der Station Mumpf, Koblenz-Rietheim am Rhein, Wald Nurren-Mellikon ; ob Rietheim gegen „Rappen“, mit V. silvatica (Koch u. !). Baden: „Fastnachtbuck“-Seltenbach bei Waldshut. V. silvatica L. — Aargau: Bei Rietheim mehrfach {L Koch). Baden: Wald südöstl. Küssnach. V. villosa Roth ssp. dasycarpa (Ten.) Cavillier — Um Basel: Wolfbahnhof, alljährlich (Aellen, Weber, !), Militärstrasse (Weber), Bad. Güterbahnhof, Tramtrac bei Münchenstein usw. Baden: Güterbahnhof Kleinlaufenburg. Elsass: Felder Hüningen— Neudorf (Herb. Bernoulli 1861) und gewiss noch anderwärts in dieser Gegend. 26) Hier 1919 auch T. pallidum W. u. K. und T. angustifolium L. 2) Nomen confusum „dans le sens le plus complet du terme“ (Briquet). Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 189 V. sativa L. ssp. obovata (Ser.) Gaudin — Forma (nova) pedun- culata Becherer, inflorescentia pedunculata (pedunculis 5 —8 cm longis); eine der f. racemosa Beck (Rehb. Ic. XXII [1903], 183) der ssp. angustifolia entsprechende Form. Basel: Unter Getreide bei Brüglingen (M. Gyhr 20. Juli 1920). Lathyrus tuberosus L. — Baden: Küssaberg. Um Basel auch: Bahndamm bei St. Jakob (Weber 1914). L. silvester L. — Var. platyphyllus (Retz.) Ascherson, im Ge- biet der Basler Flora neuerdings, sehr ausgeprägt: Bei Pratteln (Gyhr) und zwischen Hochwald und Seewen (Kt. Sol.). L. paluster L. — Um Basel: Einst auch am Rhein bei Augst (Dr. Christ). L. montanus Bernh. — Aargau: Heimenholz und Forst bei Möhlin, bei Mellikon; bei Koblenz, am Rhein bei Zurzach (Koch u), L. vernus '(L.) Bernh. — Um Basel: Am Dinkelberg bei Bettingen (Schweiz) (Dr. Christ), ferner bei Wyhlen und Ried- matt (Bad.). — F. albiflorus (Rchb.) W ohlf., scheint um Basel recht selten: Am Rhein oberhalb im Birstal dei Reichen- stein (Dr. Heinis). Geranium sanguineum L. — Aargau: Nurren ob Rekingen, bei Koblenz (Koch, !). Baden: Mehrfach um Waldshut, bei Kadelburg, Rekingen-Lienheim. G. palustre L. — Um Basel: Am Violenbach auch bei Ols- berg (so schon Hagenb. 1834 S. 186). Am Rhein zwischen Zurzach und Rekingen. Baden: Bei Griessen. ' @. pratense L. — Baden: Im Wiesental bei Lörrach gegen Haagen und Brombach (Dr. Lettau); bei Waldkirch (M. Baum- gartner). — Lus. albiflorum Opiz: Einmal (1912) verschleppt beim Zoologischen Garten Basel. G. silvatieum L. — Baden: Bei Alb; an der Wutach beim Fahrhaus Waldshut, bei Lauchringen. Bechtersbohl, Dangstetten, Küssnach, Stetten usw. Linum tenuifolium L. — Aargau: „Iberich“ bei Böbikon (Koch). Baden: Felsenheide Rekingen-Lienheim. Polygala vulgaris L. ssp. vulgaris (L.) var. genuina Chodat — Aargau: Heimenholz und Forst bei Möhlin am Rhein (!, Gyhr), Olsberger Wald, Rheinhalde bei der Murger Fähre. Baden: Rand der Rheinhalde Wallbach-Säckingen, Dogern-Eschbach beim Ziegel- hof. Um Basel ferner: „Im Ramstel“ ob Dornach (Gyhr); Nenz- linger (E. Frei) und Plattenweide (Dr. W. Bernoulli Herb.) am Blauen; Kaltbrunnental-Helgenmatt (Gem. Breitenbach, Kt. Sol.) (Dr. Binz); Balsthaler Roggen (Kt. Sol.) (Gyhr). 190 A. Becherer. Euphorbia duleis Jacq. — Var. purpurata (Thuill.) Koch: Auch im Basler Gebiet soweit beobachtet (ausschliesslich im Herb. helv.) in dieser Form. — Subvar. chloradenia (Boiss.): Z. B. am Rhein beim Waldhaus bei Birsfelden; Käferholz bei Tüllingen (Bad.) (Dr. Lettau). Callitriche palustris L. — Ssp. stagnalis (Scop.): In feuchten Wäldern. Bruderholz gegen Reinach (Gyhr), Möhliner, Olsberger und Bärenfelser Wald vielfach, Olsberg-Magden. Ferner: Im Rheinsand unterhalb der Wiesenmündung bei Basel. Ssp. androgyna (L.) Sch. u. Th.: Bärenfelserholz, mit ssp. stagnalıs. Buxus sempervirens L. — Baden: Am Dinkelberg auch noch vereinzelt am „Augstberg“; subspontan beim Schloss Schwörstadt. lex Aquifolium L. — Baden: Bei Dogern und mehrfach noch bei Waldshut, verschwindet auf der Ostseite des Mühleberges; am Rhein beim Hof Ettikon unterhalb Kadelburg. Staphylea pinnata L. — Am Rhein bei Wyhlen, sonst am rechten Ufer nicht beobachtet. Um Basel auch: Westrand des Reinacher Waldes. Impatiens Roylei Walpers — Basel: St. Albanrheinweg 1919, Uferbord. An der Birs auch bei St. Jakob. Althaea hirsuta L. — Um Basel: Birsfelden 1915. Hypericum pulchrum L. — Rüchewald bei Rheinfelden (Koch), Heimenholz bei Ryburg; im Möhliner Forst (hier zuerst: Lüscher 1918 8. 26) mehrfach und reichlich, wie auch an den längst be- kannten Standorten Olsberger Wald und Bärenfelserholz; Sisseler Hard. Baden: Schwarzwaldrand bei Kiesenbach, Dogern, Walds- hut. — Bei Liestal: erloschen (Dr. Christ). H. acutum Mönch — In feuchten Wäldern: Möhliner, Ols- berger und Bärenfelser Wald, Sisseler Hard. Viola mirabilis L. — Aargau: Beuggerboden bei Rheinfelden ; bei Rietheim (Koch u. !). Um Basel ferner: Reinacher Wald (Gyhr). Hippophae Rhamnoides L. — Aargau: Am Rhein bei Riet- heim (Koch u. )). Elaeagnus angustifolius L. — Verschleppt. Am linken Rhein- ufer in Basel (Dr. Heinis 1917). Kult.: Schaffhauserrheinweg Basel. Peplis Portula L. — Möhliner Forst (!, Gyhr); im Olsberger Wald (Hagenb. 1821 S. 339) wieder 1920 (Gyhr). Um Basel auch: Bei Eimeldingen (Bad.) (Herb. helv., leg.?); wiederaufzu- suchen! \ Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 191 Lythrum Hyssopifolia L. —- Einst auch bei Möhlin (cf. Lüscher 1918 S. 63), neuerdings bis jetzt nicht wiedergefunden. Um Basel ferner: Beim Schlatthof bei Aesch (Dr. Heinis), bei Biel gegen Witterswil. Epilobium Dodonaei Vill. — Aargau: Augst-Rheinfelden nahe der Bahnlinie (!) und um Rheinfelden (Koch). Baden: Bei Lut- tingen. E. palustre L. — Ehemals im Weiherfeld bei Rheinfelden (Hagenb. 1821 S. 361), längst erloschen! Um Basel auch in der elsäss. Rheinebene: Fischzuchtanstalt (Gyhr) und gewiss auch anderwärts. E. obscurum Schreber — Verbreitung um Basel noch näher festzustellen. Aargau: Am Egelsee bei Wallbach, Möhliner und Olsberger Wald (Gyhr); „Eichhalde* ob Koblenz (Koch u. !). Epilobium-Bastarde — Um Basel noch wenig studiert. — E. montanum X obscurum: Säckingersee (Thellung, Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV [1916], 220). — E. montanum X parviflorum: Riehen bei Basel (K. Baumer, ibid.). — E. par- viflorum X tetragonum: Wolfbahnhof Basel 1919 (teste Thellung). Circaea alpina L. — Möhliner Forst, 330—335 m (Gyhr, !). — Im Jura auch: Raimeux (Hagenb. 1843 S. 2, mit Beleg). C. canadensis Hill (C. intermedia Ehrh.) — Möhliner Forst (Gyhr, !). Baden: Dinkelberg ob Schwörstadt (Linder 1905 8. 48). Eryngium campestre L. — Um Basel: Bei Birsfelden und St. Jakob gegen Muttenz (Aellen, Weber, Binz). Baden: Rhein- halde Grenzach-Wyhlen°®). Zu Hagenbach’s Zeiten um Basel „frequens“ (1834 S. 498), noch in Herrn Dr. Christ’s Jugend (um 1850) beim Steinentor und am Erdbeergraben. Chaerophyllum aureum L.— Von den Basler Floristen (Hagen- bach usw.) nur für den Jura angegeben. Auch: Alter Bad. Bahn- hof (Weber), an der Wiese bei Riehen (!, Gyhr), im Rheinvör- land zwischen Istein und Kleinkems (Dr. Lettau u. !) und gewiss noch anderwärts. : Chaerefolium Cerefolium (L.) Sch. u. Th. — Ruderal. An der Grenzacherstrasse in Basel. Baden: Obertüllingen, am Rhein bei Grenzach, Rheinhalde Warmbach-Rheinfelden, in Hauenstein, Rheinhalde bei Waldshut. Caucalis latifolia L. — Um Basel: St. Jakob-Neue Welt unter Getreide 1915, Wolfbahnhof 1920; auf Schutt am Kanal Liestal— Schönthal (Dr. Heinis 1905). 28) Unterhalb Basel auch bei Haltingen gegen den Rhein. 192 A. Becherer. Trinia glauca (L.) Dumort. — Baden: Die Angabe „Grenz- acherberg“ bei Basel (so noch Klein 1905 S. 281) ist fallen zu lassen (cf. Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXVI/XXIX [1920], 232). Falcaria vulgaris Bernh. — Elsass um Basel: Acker ob Häsingen an der Strasse nach Volkensberg; bei Bartenheim (A ellen u. Weber); nach Hagenbach un S. 269) auch bei Hegenheim und Buschweiler. Bunium Bulbocastanum L. — Basel: Eiisabsikeninkıeen (Gyhr 1920). Foeniculum vulgare Miller — Basel: St. Albanrheinweg 1917, Uferbord. Auch sonst um Basel öfters verschleppt; in Rebbergen auch zwischen Binzen und Fischingen (Bad.). Peucedanum Oreoselinum (L.) Mönch — Baden: Felsenheide bei Hohenthengen. P. Cervaria (L.) Lapeyr. — Baden: Am Rhein bei Beuggen, Wutachmündung-Hof Ettikon, Rekingen-Lienheim. Pyrola uniflora L. — Baden: Bei Olsberg (Hagenb. 1821 S. 387) wieder aufgefunden im Bärenfelserholz. P. secunda L. — Möhliner Forst. Baden: Herthen-Warm- bach; Hornberg (Dr. Fr. Bernoulli im Herb. helv.), Grenzacher- berg (Hagenb. 1821 8. 387). Lysimachia nemorum L. — Buholz bei Pratteln, Möhliner, Olsberger und Bärenfelser Wald, Sisseler Hard. Um Basel ferner: Bruderholz gegen Therwil und Reinach (Dr. Heinis, Gyhr), zwischen Asp und Muttenz am Weg gegen „Rothalden“ (Prof. A. Buxtorf). Baden: Mühleberg ob Waldshut. Centunculus minimus L. — Aargau: Acker Möhlin-Wallbach . (Koch 1912ff., I, Gyhr, in Menge) und bei Olsberg (Hagenb. 1821 S. 150, wieder Gyhr 1920); Olsberger Wald (1920, schon von Mühlb. 1880 S. 134 für den Frauenwald angegeben). Um Basel auf Ackern ferner: Binningen-Oberwil, Biel-Witterswil; bei Therwil (Binz, Heinis). Elsass: Bei Hegenheim, Buschweiler, Wenzweiler, Volkensberg, Attenschweiler, Häsingen (soweit Gebiet begangen) an vielen Stellen. Baden: Luttingen—Stadenhausen. Menyanthes trifoliata L. — Um Basel: Im Wiesental auch bei Steinen. Blackstonia perfoliata (L.) Hudson — Um Basel: Im Elsass auch zwischen Neudorf und Rosenau (Gyhr). Gentiana Cruciata L. — Um Basel: Auch auf der Reinacher Heide (Binz, !) und „im Kägi“ bei Dornachbrugg (Binz). Pharbitis purpurea (L.) Voigt — Aargau: Auf Schutt bei der Kapelle Obermöhlin (Gyhr 1920). Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 193 Phlox Drummondii Hooker — Basel: Auf Schutt am Rhein- ufer unterhalb der Wiesenmündung 1918 (det. A. Thellung). Lappula echinata Gilib. — Um Basel: Wolfbahnhof 1915, Muttenz-Pratteln unter Getreide (Gyhr 1919). Elsass: Auf Schutt bei Neudorf 1914. Myosotis micrantha Pallas — Basel: St. Johannrheinweg, Ufer- bord; bei Riehen 1920 reichlich (Dr. Christ). Baden: Bei Märkt. Lithospermum purpureo-coeruleum L. — Baden: Bei Riedmatt, mehrfach. Teucrium montanum L. — Um Basel: Birsvorland St. Jakob-- Neue Welt, an beiden Ufern (!, Binz); zu Hagenbach’s Zeiten auch bei St. Margarethen (1834 8. 79). T. Botrys L. — In und um Basel vielfach auf Schuttplätzen und Bahnhöfen. Seutellaria galericulata L. — Um Basel: Am Rhein oberhalb Birsfelden, an der Ergolz bei Augst; am Birsig zwischen Bott- mingen und Oberwil nl An feuchten Waldstellen: Brennet-Säckingersee. Nepeta catarıa L. — Basel: Wiesendamm, Riehenring. Prunella vulgaris L. — Var. pinnatifida (Pers) Godron: Reinacher Heide bei Basel (Gyhr); Olsberger Wald (Hagenb. 1834 8. 111, mit Beleg; cf. Lüscher 1918 S. 121). — FI. albo: Beim Erlenpumpwerk Basel (Gyhr), bei Olsberg (!, Gyhr); Neu- hüsli beim Passwang (Kt. Sol.) (G. Bernoulli 1847 im Herb. helv.). . P. grandiflora CL) Jacq. em. Mönch — Var. pinnatifida Koch u. Ziz: Reinacher Heide resp. R. Wald bei Basel, schon ©. R. Preiswerk 1844 u. 1846 im Herb. helv., wieder neuerdings: Weber (in Binz 1915 S. 199 sub: P. vulgaris), Gyhr; ferner um Basel: „im Einschlag“ bei Reinach und „im Kägi“ bei Dornachbrugg (Gyhr), einstmals auch bei St. Margarethen (Herb. Uebelin) und bei Gundeldingen (Herb. Hagenbach). Galeopsis Ladanum L. — Ssp. angustifolia (Ehrh.) Gaudin : Die var. glabra (Deset.) Brig. und var. canescens (Schultes) Rchb. (approx.) auf dem St. Johannbahnhof Basel (Weber, Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV [1916], 228); auf Formen ist im Gebiet der Basler Flora weiter zu achten. — Die ssp. intermedia (Vill.) Brig. ist für Basel zu streichen. Lamium album L. — Um Basel: St. Johannbahnhof (Weber 1916). Baden: Leopoldshöhe (Weber), Kleinkems (Dr. Lettau u. !), Bahnhof Müllheim (Dr. W. Bernoulli Herb. 1898); Hauen- stein; oberhalb Waldshut in vielen Dörfern: Oberlauchringen, Dangstetten usw. 13 194 A. Becherer. Salvia glutinosa L. — Baden: Bei Waldshut. -Satureia hortensis L. — Um Basel vielfach verschleppt. Schon Hagenbach (1834 S. 79) sagt: beim Bläsitor „quasi sponte“! Z. B. Kleinhüningen, Ruchfeld, Wolfbahnhof. Aargau: Bahnhöfe Mumpf, Stein, Hornussen (Koch). S. Calamintha (L) Scheele ssp. Son (Bromf.) Brig. — Baden: Mehrere Standorte bei Linder (1905 S. 41, 48); auch: Grenzach, Hauenstein, Dogern, Waldshut. X Mentha piperita L. — Um Basel: Ruchfeld 1918 (var. citrata Brig.); Weiher in Burgfelden (Els.) 1918 (var. officinalis Sole) ?*). X M.villosa Hudson — Anais Weiherfeld bei Rheinfelden (Gyhr), bei Möhlin gegen den Forst (Gyhr u. !) Um Basel auch: Im Birstal an mehreren Stellen, z. B. hinter Aesch und zwischen Laufen und Bärschwil (Gyhr). — Eine zur var. Lamarckii (Ten.) Brig. gehörende Form: „Sous les Cerneux“ bei Lajoux (Fr. Montagnes), ca. 1020 m (Gyhr 1920). Atropa Belladonna L. — Baden: Südhang des Dinkelbergs zwischen Herthen und Degerfelden. Verbascum nigrum L. — Var. albiflorum Murith: Andelsbach- tal bei Kleinlaufenburg (Koch). Um Basel einst beim Wiesenteich (Labram sec. Hagenb. 1843 S. 39). Linaria Elatine (L.) Miller — Aargau: Bei Ryburg (Gyhr u. !), Möhlin-Wallbach (Gyhr), ob Koblenz (Koch u. !. Antirrhinum majus L. — St. Albanrheinweg Basel, Uferbord 1917ff.. (auch /l. pallido). Um die Stadt auch: Bei der Friedmatt (Gyhr), Bahnhof Pratteln usw. A. Orontium L. — In und um Basel häufig ruderal, z. B. auf : allen Bahnhöfen. Baden: Hauenstein. Serophularia alata Gihib. var. Neesü (Wirtgen) — An Rhein: Augst-Rheinfelden, Mumpf-Stein; bei Rietheim (Koch u. !). Um Basel ferner: Allschwil, mehrfach; an der Birs bei St. Jakob (Abderhalden); Wenkenhof-Bettingen, Violenbach Giebenach— Olsberg, Frauenwald bei Olsberg, “Buus, Ostfuss des Pfeffinger Schlossberges, Herbetswil- Welschenrohr (Gyhr); im Birstal ferner bei Roches. Baden: Schopfheim. Elsass: Burgfelden— —St. Louis, Häsingen; Michelfelden (Gyhr). Veronica latifolia L. em. Scop. — Am linken Rheinufer dd in dessen Nähe an bewaldeten Hängen an vielen Stellen (cf. Lüscher 1918 S. 109); in der Basler Hard und oberhalb Augst (Hagenb. 1821 S. 11) noch jetzt mehrfach, bei Rheinfelden, Ry- 29) Die Formen bestimmt von Dr. J. Briquet. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 195 burg und Möhlin vielfach, bei Laufenburg auch nahe unterhalb des Kraftwerks; im Hügelland auch ob Koblenz (Koch u. !) und zwischen Rümikon und Kaiserstuhl. V. montana L. — Aargau: Kyms Hof-Sonnenberg, Olsberger Wald, Kiesholz bei Wallbach, Sisseler Hard. V. Teucrium L. s.1. — Ssp. typica (Beguinot) (V. Teuer. «@ typica Béguinot): Am Rhein da und dort, z. B. Grenzach, Bad.-Rhein- felden, Stein, Waldshut. — Ssp. prostrata (L.) (V. Teuer. ß pro- strata Béguinot): Im Basler Gebiet auch Übergangsformen zu ssp. typica, z.B. Dornacher Schlossberg (Gyhr). . V. triphyllos L. — Aargau: Ob Koblenz, Acker westl. „Buck“, mit Valerianella dentata (L.) Pollich (Koch u. !). V. praecox All. — Um Basel: Brüglingen (Gyhr). — Auf das Vorkommen dieser Art und der ähnlichen V. acınıfolia L., sowie von V. verna L., im aargauischen Rheingebiet (Augst, Rheinfelden, Möhlin usw.) ist erneut zu achten (alte Belege!)). Digitalis ambigua Murray — Am Rhein ausser an den be- kannten Stellen: Oberhalb Rheinfelden (Gyhr u. !). Baden: Grenzach-Wyhlen-Herthen, Wallbach-Säckingen. Melampyrum pratense L. s. 1. ssp. vulgatum (Pers) — Die Formen des Basler Gebietes sind noch zu wenig gesammelt, als dass schon jetzt ihre Verbreitung festgestellt werden könnte. Einige Angaben findet man in der Monographie von Beauverd (1916). — Var. (nova) argoviense Beauverd (in sched. oct. 1920), differt a var. commutato (Tausch) Beck (cf. Beauverd 1916 S. 498) in- florescentia magis congesta, bracteis minutissimis, corolla laete aureo-lutea; durch die goldgelben Korollen auffällig!’®) Aargau: Waldrand östl. „Rütenen“ ob Koblenz (W. Koch u. ! 7. August 1920). Euphrasia Odontites L. ssp. serotina (Lam.) J. Braun?‘) — Aargau: Olsberger Wald (Gyhr). Um Basel ferner: Bei Ettingen segen die „Platte“ (Dr. Binz, Gyhr). Rhinanthus major Ehrh. ssp. eumajor (Stern.) Sch. u. Th. — Um Basel: Erstmals nachgewiesen von Aellen u. Weber 1914 am 30) Solche dunkelgelb blühende Formen dürften indes weiter verbreitet sein. So von mir auch im „Frittelhölzli* bei Koblenz beobachtet (mit Koch) und am Rhein zwischen Koblenz und Rietheim; vel. ferner z. B. Klein 1905 S. 346 und A. Däniker im XIV. Bericht d. Zürch. bot. Ges., 1918—1920 (1920), S. 16, 18. 31) Sched. Fl. raet. exsicc. III (1920), sep. 88 (incorr.: „Hayek“). — Wird die Sektion Odontites von Euphrasia generisch getrennt, so hat in unserm Fall (E. Odontites), bei gleichzeitiger Unterordnung von Lamarck’s E. serotina als Sub- species, die (erweiterte) Art Odontites rubra Gilib. zu heissen und nicht, wie Hayek in Hegi (Ill. Fl. M.-Eur. VIL 101 [1913]) will, O. serotina Rchb. 196 A. Becherer Rhein bei Istein (cf. Binz 1915 S. 201); im selben Jahr von Aellen und mir auch im Elsass im Rheinvorland gesammelt: zwischen Rosenau und Kembs (gegenüber Istein). 1920 an folgenden Stellen am Rheinufer und im Vorland konstatiert: Kleinhüningen— Märkt-Istein-Kleinkems (soweit Gebiet begangen) ; Riedmatt-Nieder- schwörstadt (auch f. albidens Ostenfeld), beim Schloss Schwörstadt, nahe Murg, Hauenstein-Albbruck, Dogern- Waldshut. °?) Globularia vulgaris L. ssp. Willkommii (Nyman) — Baden: Triften zwischen Rheinheim und Dangstetten, Felsenheide bei Hohen- thengen. | Asperula arvensis L. — Basel: Wolfbahnhof (Weber 1916). A. tinctoria L. — Baden: Rheinhalde zwischen Wutachmün- dung und Hof Ettikon. Aargau: Nurren ob Rekingen (Koch, ! 1920, reichlich). A. glauca (L.) Besser — Basel: Rheinufer beim Schlachthaus 1916#. Im Birstal auch bei Arlesheim an der Bahnlinie nach Münchenstein (Dr. Binz 1919). Galium parisiense L. — Var. leiocarpum Tausch (um Basel - anscheinend nur in dieser Form): Wolfbahnhof Basel (Weber, 11920). G. uliginosum L. — Aargau: Feuchte Stelle im Olsberger Wald. G. boreale L. — Um Basel: Wolfbahnhof (Aellen, ! 1919). Unterhalb der Stadt im Elsass auch: Löchli (Weber). G. rotundifolium L. — Aargau: Möhliner Forst, mehrfach, G. Mollugo < verum (ssp. verum) — Um Basel: Südhang des Blauen bei Dittingen 1919, in der Kombination Mollugo = < verum : (teste J. Briquet). | Lonicera Periclymenum L. — Aargau: Heimenholz bei Ryburg (Gyhr u. |), Möhliner Forst. Baden: Bei Albert. Knautia silvatica (L.) Duby — Auf die Verbreitung der Formen im Gebiet der Basler Flora ist zu achten. In der Umgebung der Stadt die var. praesignis (Beck) Brig. (die in der Schweiz häufigste Form), z. B.: an der Birs bei St. Jakob, bei Allschwil, Pfeflingen °°). Jasione montana L. — Einst um die Stadt Basel mehrfach, auch in der (auch z. B. im Wallis nicht seltenen) var. glabra Peterm. (Hagenb. 1821 S. 224 u. Belege). Jetzt um Basel ganz verschwunden und erst im südl. Schwarzwald. 32) Zum angeblichen Vorkommen dieser Art am Grencher Stierenberg (Kt. Sol.) (cf. Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXVI/XXIX [1920], 247): Herr Dr. R. Probst (Langendorf b. Solothurn) hatte die Freundlichkeit, mir Herbarexemplare dieses Standortes (leg. Probst u. Lüscher 1904) zur Prüfung zu senden. Ich halte die Pflanzen entschieden für Rh. Crista galli L. H 33) Einige Proben meines Materials hat Dr. J. Briquet revidiert. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 197 Campanula Cervicaria L. — Im Olsberger Wald (Fred. Nees, Hagenbach et omn. post.) mehrfach. C. cochlearüfolia Lam. var. typica (Beck) Brig. u. Cavill. — Basel: St. Albanrheinweg, Uferbord; Nagelfluhfelsen am Rhein beim Waldhaus (!, Gyhr). Ageratum Houstonianum Miller — Verschleppt. Basler Hard zwischen Muttenz und Pratteln, Waldschlag (Gyhr 1920, det. A. Thellung). Adenostyles Alliariae (Gouan) Kerner — Aargau: Frauenwald bei Olsberg, ca. 380 m (Gyhr). Solidago graminifolia (L.) Elliott — Aargau: Am Rhein bei Rietheim (Koch u. ! 1920). Bellidiastrum Michelii Cass. — Am Rhein: Zwischen Augst und Rheinfelden (Hagenb. 1834 S. 333) jetzt nach der Stauung wohl erloschen, dagegen noch reichlich oberhalb Rheinfelden und gegen Wallbach; bei der Murger Fähre (E. Suter, Binz, !) und von hier bis Laufenburg. Aster novi belgii L.°‘) — Am rechten Rheinufer in Basel 1918. — Ssp. floribundus (Willd.) Thell.: Am Rhein bei Ryburg 1919; angenähert auch zwischen Mumpf und Stein 1919, mit A. lanceolatus Willd. A. salignus Willd. — Aargau: Am Rhein bei Rietheim (Koch u. ! 1920). Filago germanica (L.) Hudson — Aargau: Waldschlag im Möhliner Forst, in einer zur ssp. germanica (L.) Fiori gehörenden Form. F. arvensis L. — Baden: Albtal, an der Strasse unterhalb Tiefenstein. Gnaphalium luteoalbum L. — Basler Hard bei Muttenz 1920, Waldschlag; in der Hard schon: Labram 1846 (cf. Hagenb. 1847 S. 117), ferner C. R. Preiswerk 1847 und E. Sandoz 1862 (Be- lege im Herb. helv.). G. uliginosum L. — In Wäldern: Z. B. Basler Hard, Möhliner Forst, Olsberger Wald. -@. silvaticum L. — Var. citrinum Gaudin: Möhliner Forst, mit dem Typus (A. Huber u. |). Inula salicina L. — Baden: Sumpfwiesen am Rhein unterhalb Kadelburg. Um Basel auch: Westrand des Reinacher Waldes (!, Binz). Buphthalmum salieifolium L. — Baden: Bei Waldshut gegen Eschbach, am Rhein bei Kadelburg, Felsenheide Rekingen-Lien- 3) Diese und die folgenden Aster-Arten bestimmt von Dr. A. Thellung. 198 ö A. Becherer. heim. Um Basel: In der elsäss. Rheinebene auch bei Michelfelden (Ad. Fischer 1836 im Herb. Hagenbach, sub: Inula britannica! Cf. Hagenb. 1843 S. 176), auch jüngst (1920) wieder in dieser Gegend gesammelt (Gyhr, bei der Fischzuchtanstalt). Xanthium spinosum L. — Um Basel: Strassenrand bei Muttenz (Dr. Binz 1919). 2X. strumarium L. — Um Basel: Kiesgrube Ruchfeld (a ellen u. ! 1918). Achillea Ptarmica L. — Basel: Kommt bei uns (wie auch im Wallis: an der Simplonstrasse ob Brig 1915) auch auf trockenem Boden vor, so am Wiesenufer bei Riehen. Am Rhein: Unter- halb der im andnns, oberhalb Birsfelden; um Basel ferner bei Äsch (Dr. Binz). Baden: Bei Schopfheim, Eichener See. Matricaria suaveolens (Pursh) Buchenau — Im Gebiet der Basler Flora nachweislich erstmals 1905 (Bahnhof Stein, Linder). Jetzt im Rheingebiet oberhalb Basel an vielen Stellen. Basel (zahl- reiche Standorte bei Binz 1915 S. 217; auch Stachelrain, Grenz- acherstrasse, St. Johannbahnhof usw.); Bahnhöfe Muttenz, Pratteln, Augst (Binz, !), Rheinfelden, Möhlin (Thellung, !), Mumpf, Stein (auch Dorf), Laufenburg, Koblenz; Wyhlen, Herthen (nur Dorf), Bad.-Rheinfelden, Brennet (auch Dorf), Säckingen, Murs, Kleinlaufenburg, Waldshut, Thiengen, Oberlauchringen. Auch in Dörfern im Elsass: Niffer (Weber sec. Binz I. c.), Burgfelden (Aellen u. ! 1918), Wenzweiler 1920. Um Basel ferner: Neu- Allschwil, Neue Welt; Eimeldingen (Bad.); Liesberg im Birstal (Dr. Binz); Mae n (E. Mantz). Chrysanthemum maritimum (L.) Pers. (ampl.) var. agreste (Knaf)*°) (Ch. inodorum L.) — Um Basel z. B.: Am Rhein unterhalb der Wiesenmündung. Ch. corymbosum L. — Aargau: Rheinhalde Koblenz-Rietheim. Baden: Waldshut, Griessen. Um Basel schon am Asprain bei Rütihart (G. Weiss u. ! 1912). Artemisia Absinthium L. — Am Rhein bei Kleinlaufenburg. Um Basel auch: Bahnhöfe Wolf und Haltingen; Neu-Allschwil (Gyhr), bei Burgfelden (Aellen u. ). Petasites albus (L.) Gärtner — Aargau: Möhliner Forst ah Wallbach. Senecio paludosus L. — Am Rhein: Bei Rietheim (Mühlb. 1880 S. 90) mehrfach (Koch u. !), auch am badischen Ufer bei Kadelburg. 35) — Matricaria inodora L. var. agrestis Weiss 1895 = Tripleurospermum maritimum Koch var. agreste Brig. u. Cavill. 1916. Beiträge zur Flora des Rheintals zw. Basel u. Schaffhausen. 199 S. nemorensis L. ssp. Fuchsii (Gmelin) Durand — Um Basel: Schon in der Hard: Herb. Fr. Bernoulli, Herb. Linder 1899, wieder ! 1920; an der Birs bei St. Jakob (Abderhalden), Bruder- holz (Dr. Heinis); häufig im Möhliner und Olsberger Wald, Bären- felserholz, Sisseler Hard. S. silvaticus L. — Basler Hard (Labram sec. Hagenb. 1847 S. 117), Möhliner, Olsberger und Bärenfelser Wald. Rudbeckia hirta L. — Basel: Am Rhein beim Schlachthaus (Gyhr 1918). Silybum Marianum (L.) Gärtner — Um Basel: Bruderholz (Weber u. !); unter Getreide beim Lysbüchel, Strassenbord bei den Langen Erlen (Gyhr). . .. Centaurea dubia Suter — Baden: Fahrhaus Waldshut 1920, Odland, in der Form): ssp. eu-dubia Gugler u. Thell. var. nigrescens (Willd.) Gugler u. Thell. vers. var. smolinensis (Hayek) Gugler. C. nigra L. Ssp. nemoralis (Jordan) Gugler — Im Möhliner Forst mehrfach. Baden: Bei Dogern. Elsass: Lôchli, Kembs (Weber). Cichorium Intybus L. — FT. roseo: Ebeneberg bei Laufenburg (Koch). Picris echioides L. — Um Basel: Am Rhein beim Waldhaus (Aellen, Berichte Schweiz. Bot. Ges. XXIV/XXV [1916], 246); ferner z. B.: unter Luzerne an: der Reinacherstrasse (Gyhr), Weg- rand bei Münchenstein (Dr. Heinis u. !), im Elsass bei Michel- felden (Aellen u. !). Sonchus arvensis L. — Var. major Neilr.: Muttenz-Pratteln (Gyhr 1920). — Var. levipes Koch: Bei Baselaugst, zahlreich ohne den Typus, vollständig drüsenlos (Gyhr 1920). Hieracium Schultesii F. Schultz — Baden: Bei Murg (cf. Binz 1915 S. 204) in den ssp. megalophyllum N. P. und: Schultesii (F. Schultz) (Dr. Binz, det. Zahn). H. pratense Tausch — Basler Flora: Bei Müllheim in der ssp. colliniforme N. P. (so im Herb. Hagenbach, leg. Lang)’”). H. Bauhini Schultes ssp. Bauhini (Schultes) — Liegt im Herb. Hagenbach; leider ist nicht bemerkt, woher die Pflanzen stammen (vermutlich aus der Basler Gegend). H. adriaticum N. P. ssp. caricinum (A.-T.) — St. Albantal Basel (Herb. Hagenbach 1834, hierher die Angabe Hagenbach’s 1834 S. 263). HA. bifidum Kit. — Basler Gebiet: Stürmenkopf ob Wahlen (Kt. Bern) (ssp. caesüflorum Almg., det. Zahn); Roches-Moutier #6) Det. Bot. Mus. Univ. Zürich. 37) Die Hieracien der alten Herbarien der Basler Botanischen Anstalt sind in jüngster Zeit (1913—19) von Herrn C. H. Zahn (Karlsruhe) bestimmt worden. 200 A. Becherer. (ssp. cardiobasis Zahn, det. Zahn). Vielleicht in unserm Jura weiter verbreitet. Nachträge (März 1921): Corydalis cava (Miller) Schw. u. K. — Baden: Kleinlaufenburg. Viola alba Besser — Baden: Rheinhalde Säckingen—Murg (var. violacea Wiesb.), Kleinlaufenburg (var. albiflora u. var. violacea - Wiesb.). Literaturverzeichnis. 1916 Aellen, P., Beiträge zur Basler Adventivflora. — Allg. bot. Zeitschr., Jahrg. XXI. 1911 Baumann, E., Die Vegetation, des Untersees (Bodensee). — Archiv f. Hydrobiol. u. Planktonk., Suppl. - Bd. I. Stuttgart. „1916“ (ersch. 1917) Beauverd, G., Monographie du genre Melampyrum L. — Mem. Soc. Phys. et Hist. nat. Geneve, vol. 38, fasc. 6. 1901—11 Binz, A., Flora von Basel und Umgebung. — Aufl. 1 (1901), 2 (1905) u. 3 (1911). Basel. 1915 — Ergänzungen zur Flora von Basel. — Verh. Naturf. Ges. Basel, Bd. XXVI. 1879 Christ, H., Das Pflanzenleben der Schweiz. — Zürich. 1900 — Die rannte der Schweiz. — Beitr. z. Krypt.fl. d. Schweiz, Bd. I, H..2.2 Bern. 1913 — Ueber das Vorkommen des Buchsbaums (Buxus sempervirens) in der Schweiz und weiterhin durch Europa und Vorderasien. — Verh. Naturf. Ges. Basel, Bd. XXIV, . 1843 Döll, J. Ch., Rheinische Flora. — Frankfurt a. M. 1856 Friche-Joset (père) u. Montandon, F. J., Synopsis de la Flore du Jura septentrional et du Sundgau. — Mülhausen. 1821—43 Hagenbach, C. F., Tentamen Florae basileensis. — Vol. I (1821), I (1834) u. Suppl. (1843). Basel. 1847 — Nachtrag zur Flora basileensis. — Ber. Verh. Naturf. Ges. Basel, Bd. VIT. 1920 Kelhofer, E. +, Die Flora des Kantons Schaffhausen. — Beil. z. Jahrber. d. Kant.sch. Schaffh. 1919/20. Schaffhausen. 1905 Klein. L., Exkursionsflora für das Grossherzogtum Baden. — Aufl. 6. Stuttgart. 1903 Linder, Th., Ein Vegetationsbild vom Oberrhein. — Mitt. Bad. Bot. Ver., Nr. 185 ff. 1905 — Bemerkenswerte Pflanzenstandorte. — Ibid., Nr. 205 ff. 1891 Lüscher, H., Neue Beiträge zur Flora der Nordschweiz, mit besonderer Berücksichtigung der Umgebungen von Zofingen. — Deutsche bot. Monats- schr., Jahrg. IX. 1893 — Sarnige zur Flora des Cantons Aargau. — - Ibid., Jahrg. XI. 1918 — Flora des Kantons Aargau. — Aarau. 1880 Mühlberg, F., Die Standorte und Triviamamen der Gerespianzen des Aargau’s. — Aarau. x 1912 Neuberger, J., Flora von Freiburg im Breisgau. — Aufl. 3/4. Freiburg i. Br. 1880 Schneider, Be Taschenbuch der Flora von Basel. — Basel. 1849 Thurmann, J., Essai de Phytostatique appliqué à la chaine du Jura et aux contrées voisines, — Vol. Il. Bern. Botanisches Institut der Universität Basel, 14. Dezember 1920. ch Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt. (Mit einem Porträt.) Von ‘Th. Niethammer. Am 28. Februar 1921 ist Prof. Albert Riggenbach gestorben, vom Jahre 1880 an Mitglied unserer Gesellschaft und ihr Sekretär von 1880 bis 1894. In den achtziger und neunziger Jahren, zum Teil auch noch nach 1900, hat Riggenbach lebhaft die Bestrebungen der natur- forschenden Gesellschaft unterstützt sowohl durch Vorträge in ihren Sitzungen als durch die Veröffentlichung seiner Arbeiten in ihren Verhandlungen. Sichtet man die Publikationen nach ihrem Inhalt, so zeigt sich, dass etwa zwei Drittel meteorologische Fragen behandeln. Da solche Untersuchungen in der Regel die zeit- raubende Verarbeitung eines grossen Zahlenmaterials erheischen, wird man seine wissenschaftliche Arbeit vorwiegend als meteorolo- gisch einschätzen. Der nicht meteorologische Drittel verteilt sich auf physikalische, astronomische und astronomisch-geodätische Ab- handlungen. Die Beschäftigung mit so verschiedenartigen Fragen hängt zusammen mit dem Wechsel in Stellung und Amt, die Riggenbach im Laufe der Zeiten bekleidet hat. Albert Riggenbach wurde am 22. August 1854 in Basel ge- boren als erstes Kind seiner Eltern, des Albert Riggenbach und dessen Ehefrau Marie, geb. Iselin. Schon mit 16 Jahren verliess er als Abiturient die damalige Gewerbeschule, an der Kinkelin als Lehrer wirkte, und bezog die Universität Basel. Seiner Veranlagung, einem lebhaften Sinn für die Schönheiten der Natur und einem klaren, auf das Erfassen der Naturvorgänge gerichteten Verstande entsprechend, wandte er sich dem Studium der Mathematik und der exakten Naturwissenschaften zu. Dass seine Vorliebe für diese Gebiete nicht an einen allzu engen Kreis gebunden wurde, dafür bürgen die Namen seiner damaligen Lehrer: Ed. Hagenbach, Fr. Burckhardt, L. Rütimeyer, u. a. In Tübingen, in München und besonders in Berlin fand er später die gesuchte Ergänzung und 202 Th. Niethammer. Erweiterung seiner Studien; in Berlin scheint ihn neben Förster, Helmholtz. Kronecker und Dubois-Reymond namentlich der Mathe- matiker Weierstrass gefesselt zu haben, wie aus den im Nachlass vorgefundenen Kollegienheften hervorgeht, die eine sorgfältige Aus- arbeitung der bei Weierstrass gehörten Vorlesungen verraten. Seine Studien schloss . Riggenbach in Basel ab, wo er sich, 26jährig, im Jahre 1880, nach einem mit dem Prädikat summa cum laude bestandenen Examen den Doktorgrad an der philo- sophischen Fakultät erwarb. Der Wunsch, den seine Examinatoren nach der Prüfung aussprachen „es möge insbesondere der histo- rische Teil der Dissertation (Uber die Verbreitung der Wärme) durch den Druck veröffentlicht werden“, wurde vier Jahre später verwirklicht, indem Riggenbach, der 1882 als Lehrer am Oberen Gymnasium war angestellt worden, die wissenschaftliche Beilage zum Bericht dieser Anstalt für das Schuljahr 1883—84 schrieb; sie enthält unter dem Titel „Historische Studie über die Ent- wicklung der Grundbegriffe ‚der Wärmefortpflanzung“ offenbar den wesentlichen Teil seiner Doktorarbeit. Zur Bearbeitung meteorologischer Probleme würde Riggenbach zunächst geführt durch seine Ernennung zum Assistenten für Astronomie und Meteorologie an der physikalischen Anstalt im Jahre 1881. Dieser lagen damals auch die Verpflichtungen ob, die später der selbständig gemachten und 1895 unter Riggenbachs Leitung gestellten astronomisch-meteorologischen Anstalt zufielen. Als Assistent wie als Vorsteher hatte Riggenbach die Aufgabe, den meteorologischen Dienst zu überwachen und das gewonnene Zahlenmaterial fortlaufend zu verwerten. Da seit der Einrichtung dieses Dienstes an der physikalischen Anstalt im Bernoullianum im Jahre 1874 sich schon ein umfangreiches und wertvolles Be- obachtungsmaterial angesammelt hatte, war es natürlich, dass Riggen- bach seine Arbeitskraft hauptsächlich meteorologischen Unter- suchungen widmete. Praktisch-astronomisch betätigte er sich nur sporadisch, so zum Beispiel, wenn ein besonderes Ereignis, wie ein Erdbeben, die Bestimmung der genauen Zeit nötig machte. Zur Bevorzugung der Meteorologie vor der Astronomie mochte neben dem Umstand, dass. die Anstalt nur über verhältnismässig be- scheidene astronomische Instrumente verfügte, ein aus einer ‚per- sönlichen Veranlagung entspringender Grund mitbestimmend sein: seine stark weitsichtigen und astigmatischen Augen waren ihm wohl bei der Ausführung astronomischer Beobachtungen und Messungen hinderlich. Die Früchte seiner systematischen Beschäftigung mit meteoro- logischen Fragen liegen uns vor in einer Reihe von Abhandlungen. Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt +. 203 Alljährlich, von 1882 bis 1894, hat Riggenbach in unseren Ver- handlungen „Witterungsübersichten“ veröffentlicht, die neben den aus den meteorologischen Aufzeichnungen gewonnenen Resultaten mancherlei Angaben über einzelne, besondersinteressante Witterungs- erscheinungen enthalten. Heute, wo ein vorzüglich organisiertes. Netz von Stationen das Material zu statistischen Betrachtungen in Fülle herbeischaftt, sind wir geneigt, solchen Registrierungen weniger Bedeutung beizulegen. Sie sind aber für die Zeitepochen, wo keine systematisch ausgeführten Beobachtungsreihen vorliegen, ein vorzügliches Mittel, den Witterungsverlauf festzustellen und zur Entscheidung der Frage, ob Klimaänderungen eingetreten seien, beizutragen. Von diesem Gesichtspunkt aus sind wertvoll die beiden - Publikationen Riggenbachs „Oollectanea zur Basler Witterungs- geschichte“, 1891 und „Geschichte der meteorologischen Beobach- tungen in Basel“, 1892. Neben der Würdigung der historischen Seite vernachlässigte - Riggenbach die Behandlung aktueller Fragen nicht. Es sind drei spezielle Gebiete der Meteorologie, die sein Interesse vorzugsweise erregten, nämlich optisch-meteorologische Phänomene, die Nieder- schlagsverhältnisse und endlich Fragen, die mit der Klassifizierung der Wolkenformen zusammenhangen. Die Veranlassung zur Beschäftigung mit optisch-meteoro- logischen Erscheinungen waren die intensiven Dämmerungsfarben — das Purpurlicht — und der Bishopsche Ring, welche von Ende 1883 an in Europa sichtbar waren als Folgen der Staubmassen, die nach dem Ausbruch des Vulkans Krakatau allmählig in die Atmosphäre der ganzen Erde eingedrungen waren. Riggenbach verfolgte die Erscheinungen sowohl messend in Bezug auf ihre Ausdehnung und Lage gegenüber der Sonne als physikalisch untersuchend mittels Spektroskop und Polariskop, und stellte die Ergebnisse seiner Be- obachtungen zusammen in der 1886 als Habilitationsarbeit einge- reichten Abhandlung: Die Dämmerung, insbesondere das Purpur- licht und seine Beziehungen zum Bishopschen Ring. Das Resultat der Untersuchung lässt sich dahin zusammenfassen, es sei das Purpurlicht im Wesentlichen nur eine Fortsetzung der Ring- erscheinung nach Sonnenuntergang und wie diese zu erklären durch die Beugung, welche das Sonnenlicht in einer Schicht feiner Staub- teilchen erleidet. Die Verwertung der Niederschlagsmessungen hat Riggen- bach während einer Reihe von Jahren beschäftigt. Wohl kaum zufällig, sondern charakteristisch für die Art Riggenbachs, wissen- schaftliche Fragen zu behandeln, ist es, dass sich die erste Ver- öffentlichung auf diesem Gebiet mit der Grenze der Genauigkeit, = 204 Th. Niethammer. die bei solchen Messungen wünschbar und erreichbar ist, ausein- andersetzt. Die folgenden Untersuchungen benützen das aus lang- jährigen Beobachtungreihen gesammelte Material, um einerseits die tägliche Periode des Niederschlages für Basel zu bestimmen und andrerseits, um die Frage nach der Erhaltungstendenz im Witterungsverlauf zu diskutieren, d. h. ob sich aus der besonderen Gestaltung der Witterung eines bestimmten Tages oder einer be- stimmten Epoche mit Wahrscheinlichkeit etwas erschliessen lasse auf die Gestaltung der Witterung einer bestimmten, späteren Zeit. Eine besondere Erwähnung verdient auch Riggenbachs Mit- wirkung bei der Erstellung und Veröffentlichung des internatio- nalen Wolkenatlas. Dass die Wolkenformen sein Interesse in Anspruch nahmen, äusserte sich zum ersten Mal in der 1889 be- kannt gemachten Beobachtung, wonach man den Umstand, dass der blaue Himmelsgrund stark, die Wolken schwach polarisiertes Licht aussenden, benützen kann, um mittels eines reflektierten Bildes beim Photographieren die sonst mit gleicher Intensität auf, die Platte wirkenden Zirruswolken neben dem blauen Himmel sichtbar zu machen. Während der Sommerferien des Jahres 1890 hat er längere Zeit auf dem Säntisgipfel verweilt, um planmässig die Wolkenformen zu studieren und unter möglichst günstigen Ver- hältnissen photographisch festzuhalten. Ein Teil dieser wie der später in Basel aufgenommenen Photographien sind in den inter- nationalen Wolkenatlas als Illustrationsbeispiele übergegangen. Neben diesen wertvollen, meteorologischen Arbeiten sind die Veröffentlichungen astronomischen Inhaltes mehr als Gelegen- heitsarbeiten zu betrachten, wie zum Beispiel eine Mitteilung in unseren Verhandlungen über die Instrumente zur Zeitbestimmung im Bernoullianum, oder seine Mitarbeit an einer kleinen Schrift über die totale Sonnenfinsternis des Jahres 1900, die er gemeinsam mit zwei schweizerischen Fachkollegen in Algier beobachtet hat, ferner die Bekanntgabe der ersten astronomischen Längenbestimmung für Basel, die gewonnen wurde durch Chronometerübertragung nach Strassburg anlässlich einer Studentenfahrt zur Besichtigung der dortigen Sternwarte, und endlich die Durchrechnung der Polhöhen- bestimmung von Basel, welche die geodätische Kommission im Jahre 1893 hatte ausführen lassen. In diesem Zusammenhang sei schliesslich auch der kleinen Veröffentlichung über die Erdbeben- aufzeichnungen des Seismometers im Bernoullianum gedacht. Riggenbach, der sich 1886 als Privatdozent habilitiert hatte und der 1889 zum ausserordentlichen und 1899 zum ordentlichen Professor war ernannt worden, hat die grosse Mehrzahl seiner Arbeiten vor dem Jahre 1900 verfasst, das heisst zu einer Zeit, Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt +. 205 wo eine Ueberfülle von Verpflichtungen, die seine Stellungen als Vorsteher der astronomisch-meteorologischen Anstalt, als Dozent an der Universität und als Lehrer am Gymnasium mit sich brachten, auf ihm lastete. Die geringe Anzahl der nach 1900 erschienenen Ver- öffentlichungen ist bei seiner grossen Arbeitsfreude umso auffälliger, als er in diesem Jahre seine Tätigkeit an der Schule aufgegeben hat. Die Verminderung der nach aussen sichtbaren Produktivität ist indessen nicht äuf ein Erlahmen des Interesses zurückzuführen ; sie hat ihren Grund vielmehr in der Berufung Riggenbachs zum Mitglied verschiedener Kommissionen, infolge deren sich seine wissenschaftliche Betätigung in einer andern Form äusserte, 1894 wurde er in die schweizerische geodätische Kommission, 1905 in die eidgenössische meteorologische Kommission gewählt; der seis- mologischen Kommission gehörte er von 1896 an während der Dauer ihres Bestehens an und von 1914 an hat er die Schweiz als Delegierter in der permanenten Kommission der internationalen seismologischen Assoziation vertreten. Den Pflichten, die aus solchen Mitgliedschaften erwachsen, hat sich Riggenbach nie entzogen. Es ist namentlich die geodä- tische Kommission, deren Ziele er bis zu seinem Tode mit be- sonderer Vorliebe gefördert hat. Wie sehr ihm hier die Mitarbeit Befriedigung gewährte, äusserte sich unter anderem darin, dass er sich mit jugendlicher Freude zur Verfügung stellte, wenn er nicht nur beratend, sondern durch die Tat helfend einer Untersuchung nützen konnte, so z. B. als die geodätische Kommission die Schwere- beschleunigung im Innern des Simplontunnels bestimmen liess und hiebei die Vergleichung der Uhren an der Tunnel- und an der Aussenstation die Mitwirkung eines zweiten Beobachters nötig machte, oder als die Messung der Länge des Simplontunnels ein zahlreiches Beobachtungspersonal erforderte; hier übernahm Riggen- bach die Leitung einer der drei Messgruppen, die sich nach je achtstündiger Arbeitszeit ablösten. Diese Teilnahme an den astro- nomisch-geodätischen Arbeiten der Schweiz ist unserer Gesellschaft in Form verschiedener Vorträge zu gute gekommen; in den Jahren 1904—1906, während der Amtsdauer seines Freundes Dr. Chappuis als Präsidenten, hat er drei Mal über solche Arbeiten, wo er selbst Gelegenheit hatte einzugreifen, berichtet. Im Jahre 1914 ist Riggenbach von seinem Lehrauftrag für Astronomie, Meteorologie und physikalische Geographie und von der Vorsteherschaft der astronomisch-meteorologischen Anstalt zurückgetreten. Die Musse, die ihm dadurch zu Teil wurde, be- nützte er zu umso intensiverer Mitarbeit im Schosse der verschie- denen Kommissionen. Ein Zeugnis legt hievon ab seine letzte 206 Th. Niethammer. wissenschaftliche Veröffentlichung aus dem Jahre 1918: „Die An- ziehung eines Hohlzylinders auf einen Punkt seiner Axe“, Der Titel scheint zwar auf die Beschäftigung mit einem neuen Gegen- stand hinzuweisen, in Wirklichkeit steht auch diese Arbeit in engem Zusammenhang mit Problemen astronomisch-geodätischer Natur. Dem Leser der Riggenbachschen Abhandlungen fällt die sorg- fältig gestaltete Form auf sowohl in Bezug auf die klare Heraus- arbeitung des sachlichen Inhaltes ais in Bezug auf die sprachliche Redaktion. Wenn er sich — was früher öfters geschah — in populärer Weise an ein Laienpublikum wandte, wie etwa in Zeitungs- artikeln oder in öffentlichen Vorträgen, so weiss er immer den Gegenstand anziehend und für Leser oder Zuhörer fesselnd zu be- handeln. Einige seiner populären Aufsätze können geradezu als vorbildlich gelten; ihm selbst schwebten offenbar als gute Beispiele die naturwissenschaftlichen Beschreibungen in Hebels Rheinländischem Hausfreund vor. In den letzten Jahren seines Lebens, besonders seit dem Tode seiner Lehrer Fritz Burckhardt und Eduard Hagenbach und seines Freundes Pierre Chappuis lockerten sich die Beziehungen zwischen Riggenbach und unserer Gesellschaft — aber doch nur äusserlich; beim Schreiber dieser Zeilen hat er sich regelmässig nach dem Inhalt der in den Sitzungen gehaltenen Vorträge erkundigt und dadurch, sich selbst wohl kaum bewusst, zum Ausdruck gebracht, wie sehr seine innere Teilnahme am wissenschaftlichen Leben der naturforschenden Gesellschaft wach geblieben sei. Auch der astronomisch - meteorologischen Anstalt hat er bis zuletzt ein lebendiges Interesse bewahrt und sich ihr ferneres Gedeihen an- gelegen sein lassen. Eine bleibende Erinnerung an die wissen- schaftliche Tätigkeit Riggenbachs hat seine Familie dadurch ge- schaffen, dass sie der Anstalt, die so lange unter seiner Obhut gestanden, die aussergewöhnlich reichhaltige Bibliothek des Ver- storbenen überwiesen hat. Publikationen von Prof. Dr. Albert Riggenbach. 1. Witterungsübersicht des Jahres 1881. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 7, p. 217. 1882. NN, . Witterungsübersicht des Jahres 1882. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 7, p. 257. : 1883. . „Meteorologische Beobachtungen“ im Prosramm zur Rektoratsfeier der Uni- versität Basel von L, Rütimeyer über „Ratsherr Peter Merian“, p. 41. 1883. . Witterungsübersicht des Jahres 1883. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 7, p. 561. 1884. . Historische Studie über die Entwicklung der Grundbegriffe der Wärmefort- pflanzung. Wissenschaftliche Beilage zum Bericht über das Gymnasium, Schuljahr 1883—84. 1884. a BR © DD oo I © Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt +. 207 . Étude historique sur le développement des notices fondamentales relatives à la propagation de la chaleur. Arch. des sc. ph. et nat.; 12, p. 207. 1884. Zum Klima der Goldküste. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 7, p. 753. 1885. . Witterungsübersicht des Jahres 1884. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 7, p. 795. 1886. . Beobachtungen über die Dämmerung, insbesondere über das Purpurlicht und seine Beziehungen zum Bishop’schen Sonnenring. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 1. 1886. . Die hrenanmete zur Zeitbestimmung der astronomischen Anstalt in Basel. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 591. 1886. . Regenbeobachtungen von Dr. E. Mähly zu Aburi an der Goldküste. Met. Zeitschr.; 3, p. 80. 1886. . Witterungsübersicht der Jahre 1885 und 1886. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 509. 1887. . Witterungsübersicht des Jahres 1887. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 546. 1888. . Die bei Regenmessungen wünschbare und erreichbare Sul Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 579. 1888. . Resultate der 112- jährigen Gewitteraufzeichnungen in Basel. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 8, p. 802. 1889. . On a method of photographing cirrus clouds. Quat. Journ. of the R. met. Societv; XV, No. 69, p. 16. 1889. . Photographie der Cirruswolken. Met. Zeitschr.; 6, p. 30. 1889. . Methode pour photographier les nuages. Arch. des sc, ph. et nat.; 21, p. 441. 1889. . Genauigkeit bei Regenmessungen. Met. Zeitschr.; 6, p. 156. 1889. . Die unperiodischen Witterungserscheinungen auf Grund 111-jähriger Auf- zeichnungen der Niederschlagstage. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 9, p. 63. 1890. . Witterungsübersicht der Jahre 1888 und 1889. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 9, p. 124. 1890. . Collectanea zur Basler Witterungsgeschichte. Wissenschaftliche Beilage zum Bericht über das Gymnasium, Schuljahr 1890—1891. 1891. . Witterungsübersicht des Jahres 1890. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 9, p. 533, 1891. . Die Niederschlagsverhältnisse von Basel. Neue Denkschr. der Schw. Nat. Ges.; 32, 3. Teil. 1891. . Höhenmessung von Gewitter-Cumuluswolken. Met. Zeitschr.; 8, p. 96. 1891. 26. Zur Wolkenphotographie. Met. Zeitschr.; 8, p. 480. 1891. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 9, p. 893. 1892. . Sur la photographie des nuages. Arch. des sc. ph. et nat.; 28, p. 336. 1892. . Die Geschichte der meteorologischen Beobachtungen in Basel. Basel, L. Reinhardt, Universitäts-Buchdruckerei, 1892. . Witterungsübersicht des Jahres 1891. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 10, p. 166. 1892. . Witterungsübersicht des Jahres 1892. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 10, p.278. 1893. . Sur le rapport existant entre la moyenne annuelle d’eau tombée et la con- figuration du sol. Arch. des sc. ph. et nat.; 30, p. 356. 1893. . Die Niederschlagsverhältnisse des Kantons Basel und ihre Beziehung zur Bodengestalt. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 10, p. 425. 1894. . Witterungsübersicht des Jahres 1893. Verh. der Naturf. Ges. Basel; 70, p. 434. 1894. . Tägliche Periode des Niederschlages in Basel, Met. Zeitschr.; 11, p. 419. 1894. . Atlas international des nuages (gemeinsam mit H. Hildebrandsson und L. Teisserenc de Bort), 1896. . Ergebnisse siebenjähriger Niederschlags-Registrierungen in Basel. Karlsruhe, Braunsche Hofbuchhandlung, 1897. 208 37, 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. OLDIS O1 CN M Th. Niethammer. Précipitations atmosphériques. Arch. des sc. ph. et nat. 4, p. 455. 1897. Perlschnurblitz in Davos. Met. Zeitschr.; 14, p. 62. 1897. Beobachtungen der Leoniden. Astr. Nachrichten; 142, p. 353; 145 p. 201. 1897 u. 1898. Weisser Regenbogen. Met. Zeitschr.; 15, p. 72. 1898. Das Klima der Landschaft Basel, in: Die forstlichen Verhältnisse. im Kanton Baselland. Liestal 1898. Das Klima der Landschaft Basel. Met. Zeitschr.; 16, p. 36. 1899. L’eclipse totale de soleil du 28 mai 1900 (gemeinsam mit R. Gautier und A. Wolfer). Arch des sc. ph. et nat.; 10, p. 193. 1900. Zum Klima von Obermesopotamien. Met. Zeitschr.; 18, p. 538. 1901. Bestimmung der geodätischen und der astronomischen Polhöhe der astro- nomisch-meteorologischen Anstalt in Basel. Separatabdruck aus: Schweize- risches Dreiecknetz; 9, p. 77. 1901. Die Organisation der Erdbebenbeobachtungen in der Schweiz. Bericht der I. Internationalen seismolog. Konferenz, 1902. Die Erdbebenaufzeichnungen im Bernoullianum zu Basel. 1903. Determination de la longitude de Bäle, Arch. des sc. ph. et nat,; 16, p. 467. 1903. Die tägliche Periode des Niederschlages in Basel. Hann-Band der Met. Zeitschr.; p. 276. 1906. Relative Lotabweichungen gegen Bern, in Bd. 10 der astron.-geod. Arbeiten in der Schweiz; p. 260. 1907. Telephonische Uhrvergleichungen am Simplon, in Bd. 10 der astron.-geod. Arbeiten in der Schweiz; p. 273. 1907. Klimatische Normalwerte für Basel, abgeleitet aus Beobachtungen von 1826 bis 1911. Statistische Vierteljahrsberichte des Kantons Basel-Stadt, 2. Jahrgang 1912, Nr. 1. De l'attraction d’un cylindre creux pesant. Arch. des sc. ph. et nat.; 44, p.346, 1917. Formeln zur Berechnung der Anziehung eines Hohlzylinders auf einen Punkt seiner Âxe. Annexe au proc.-verb. de la 64ème séance de la comm. géod. suisse. 1918. Publikationen in Tageszeitungen: . Der zweite Komet des Jahres 1881. (Allg. Schw. Ztg., 1881.) . Alte Kometen. (Allg. Schw. Ztg., 1881.) . Birs und Birsig. (Allg. Schw. Ztg., 1881.) . Aus dem Tagebuch von Rhein und Birsig. (Allg. Schw. Ztg., 1881.) Was man aus den täglichen Wetterkarten der Schw. met. Zentralanstalt er- sieht. (Allg. Schw. Ztg., 1882.) Die neuen Regenmesser. (Landschäftler, 1882.) . Die Maifröste. (Volksstimme von Baselland, 1883.) . Die Sonnenfinsternis vom 19. Aug. 1887. (Allg. Schw. Ztg., 1887.) . Der Winter 1890—91. (Allg. Schw. Ztg., 1891.) . Die mitteleuropäische Zeit und ihre Vorgeschichte; Vortrag bei der Eröffnungs- feier des obern Gymnasiums zu Basel am 21. April 1893. (Allg. Schw. Ztg., 1893.) . Prof. Rud. Wolf +. (Allg. Schweiz. Ztg. 1893.) . François Arago; Rede gehalten an der Promotionsfeier des obern Gymnasiums, 22. April 1898. (Allg. Schw. Ztg., 1898.) | Manuskript eingegangen 22. April 1921. Sete es Über Swastika und Triquetrum als Symbole des Sonnenkultes. (Mit 13 Textfiguren.) Von Paul Sarasin. Das Thema, worüber ich einige für die Wissenschaft neue Gedanken mitteilen möchte, bedarf einiger kurzen einleitenden Worte. Ich hatte mir schon öfter die Frage vorgelegt, wie wohl die uns so seltsam anmutende Vorstellung der Trinität, d. h. der Dreiheit des Gottes in der Einheit, psychologisch kausal zu er- klären sein möchte, als mir mit einem Mal aus der Tatsache Licht kam, dass wir es bei allen Kulturreligionen mit der Sonne als ursprünglichster Gottheit zu tun haben, dass dieser, schon in der jüngeren Steinzeit emporgekommene Sonnenkult (18, p. 185) auch für den Begriff der Dreiheit in der Einheit eine restlos befriedigende Erklärung geben kann. Indem ich in weitere religionsgeschicht- liche Studien mich vertiefte, gelangte ich zu der Vorstellung, dass zwar am Anfang, bei Beginn des Sonnenkultes, die Sonne als Gottheit mit einem einzigen Gesicht aufgefasst wurde, dass aber sehr bald ein weiterer Gedanke sich aufdrängte, nämlich der, dass beim Aufgang die Sonne uns mit dem vorderen Gesicht betrachte, beim Untergang aber mit einem andern, einem zweiten rückwärts schauenden, und so wurde die Vorstellung von einer zweigesichtigen Gottheit, die aber doch nur ein und dieselbe war, gewonnen, die Vorstellung also von einer Dyas des Sonnengottes, wie sie z. B. durch den allbekannten römischen Gott Janus uns vergegenwärtigt wird. Darauf musste mit kausaler Notwendigkeit im Sinne psycho- logischer Gesetze der weitere Gedanke folgen, dass am Mittag der Sonnengott, um uns erblicken zu können, noch ein drittes Gesicht haben müsse, und es wurde so die Vorstellung von der Trias oder Dreieinigkeit gewonnen. Endlich für südlich wohnende Völker, sowohl in der alten als in der neuen Welt, musste ein nach Süden schauendes viertes Antlitz den Sonnengott zur Tetras oder Vier- einigkeit gestalten. 14 210 Paul Sarasin. Diese Auffassung habe ich schon in einem Vorberichte etwas weiter ausgeführt, der unter dem Titel: „Versuch einer Erklärung der Trias in der Religionsgeschichte* vor zwei Jahren (17) er- schienen ist. Weitere ununterbrochen fortgesetzte Studien liessen mich eine Fülle von Bestätigungen des a Erklärungs- versuches zutage fördern, die ich später in einer ausführlichen Ab- handlung zu veröffenklichen gedenke. Die verschiedenen Gestaltungen der Urgottheit als Monas, Dyas, Trias und Tetras nenne ich, meiner Erklärungsart folgend, die verschiedenen Aspekte des Sonnengottes, und die vier Aspekte zusammenfassend spreche ich von der Multiplizität der ursprüng- lichen Einheit oder auch von der Tetramerie derselben. Im weiteren Verlauf meiner Untersuchung kam ich nun auch zu der Erkenntnis, dass der Sonnengott in künstlerischen Darstel- lungen nicht nur als menschlich gebildetes Wesen die Multiplizität erkennen lässt, sondern dass es auch Symbole für diese Urgottheit gibt, welche ebendieselbe Multiplizität erkennen lassen, und damit gelange ich unmittelbar zu dem Gegenstand, der uns jetzt be- schäftigen soll, nämlich zu der Swastika oder dem Hakenkreuz, ‚sowie dem vielfach damit identifizierten Triguetrum. 4. Beginnen wir mit dem ersteren Symbol, so gibt es sich kund als ein Kreuz mit vier gleich langen Armen, als ein sogenanntes griechisches Kreuz also, deren Enden rechtwinklig umgebrochen sind, sämtlich nach einer Seite hin, und zwar entweder nach links oder nach rechts. Dieses Swastikakreuz findet sich seit der neo- litischen Zeit auf dem ganzen Erdball verbreitet, und noch heut- zutage spielt es, besonders in Indien, als heiliges Zeichen, das natürlich auch apotropäischen Charakter hat, d.h. als Zaubermittel gegen den bösen Blick dient, eine grosse Rolle; die Inder unter- scheiden auch diejenige Form, deren Enden nach rechts schauen, als Suastica von der mit nach links weisenden Enden, die sie Sauastica nennen (Max Müller in 19, p. 389); die erstere gilt ihnen als Symbol für den Gott Ganesa oder das männliche Prinzip, die letztere für das der Göttin Kali oder das weibliche Prinzip, und zwar gilt ihnen die rechts weisende männliche Suastika für das Symbol der Sonne, des Lebens und des Lichtes, die nach links weisende Sauastica für das der Nacht und Zerstörung (Sir G. Birdwood, old records of the India office, London, 1391, zitiert nach 4). Hier tritt uns also der auf dämonistischer Anschauung - beruhende Gegensatz zwischen rechts und links besonders grell und zugleich als sexueller Gegensatz vor Augen, und er hat, wie ich schon in einer früheren Abhandlung gezeigt habe, seinen Ur- sprung im Sonnenkult (18, p. 182#.). ‘ Swastika und Triquetrum. 211 Über die Deutung des Hakenkreuzes ist schon ausserordent- lich viel geschrieben worden; beim Überblick über die einschlägige Literatur gewinnt man den Eindruck, dass sich im Lauf der Jahre die Überzeugung, es handle sich hier um ein Symbol der Sonne, resp. des Sonnengottes, immer mehr befestigt hatte, und in der Tat, in dem griechischen Kreuz dürfen wir ebensowohl wie in den anderen Formen des Kreuzes ein Symbol des Sonnengottes, näm- lich die kreuzweis aufeinander gelegten, oder genauer ausgedrückt, durcheinander gesteckten Feuerhölzer erblicken; aber wenn dieses Kreuzsymbol an und für sich uns keine Schwierigkeit der Erklärung bietet, so ist dies nicht der Fall mit den rechtwinklig umgeknickten Enden der Swastika. Diese zu erklären hat schon viel Kopf- zerbrechens gemacht; man gelangte dabei meistens zu der Vor- stellung, sie entsprächen, mit den Kreuzbalken vereinigt, den ge- bogenen speichenartigen Gebilden des Triquetrum oder Triskeles, speziell in seiner vierspeichigen Form des Tetraskeles, und stellten also die Speichen des als rollend gedachten Sonnenrades dar. Figur 1. Die Frage trat aber in ein ganz neues Licht, als Karl von den Steinen (21) die Beobachtung bekannt machte, wonach auf troischen Spinnwirbeln aus den Funden Schliemann’s die umge- knickten Enden in zwei Teilstücke gespalten erschienen nach Art eines geöffneten Storchschnabels, sodass von den Steinen zu der Auffassung gelangte, es sei überhaupt der Storch das Urbild der Swastika gewesen, und er vermochte auf Darstellungen hinzuweisen, auf denen einzelne solche Hakenkreuze in die Form von Störchen oder überhaupt von Stelzvôgeln gebracht waren. Ich gebe hier die betreffende Abbildung wieder (Figur 1). Diese Beobachtung erhielt eine sehr merkwürdige Bestätigung durch Salomon Reinach (16), der auf einem altgriechischen Henkel- kruge Swastikas von der Doppelform, also achtstrahlige Haken- kreuze, aufgemalt fand, deren umgebrochene Enden ebenso, wie auf jenen troischen Wirbeln schnabelartig gespalten erschienen und unterhalb von denen zwei Stelzvögel dargestellt waren. Ich gebe hier auch dieses Bild zum Vergleiche wieder (Figur 2). 212 Paul Sarasin. Reinach kommt zu dem Schlusse, dass erst dann eine Ab- leitung der Swastika von einem Vogel angenommen werden dürfe, nachdem aufgezeigt wäre, dass das in geometrischen Linien aus- geführte Zeichen jünger sei, als das an den Vogel erinnernde, was aber bis jetzt nicht gelungen sei; im übrigen lässt Reinach die Frage dahingestellt sein; auch wird von ihm die ältere Anschauung, wonach das Hakenkreuz ein Sonnensymbol sein könnte, nicht der. Diskussion unterworfen. Wie von den Steinen zieht er die Swastika mit dem Triquetrum zusammen, welch letzteres Zeichen ich aber, : aus unten vorzubringenden Gründen, hier zunächst ganz beiseite lasse. Figur 2. Indem ich der Frage weiter nachging, ob sich vielleicht die Deutung der Swastika zugleich als Sonnen- und als Vogelsymbol vereinigen lassen könnte, geriet ich auf die sehr wichtige Abhand- lung von W. H. Holmes (9), worin sich Darstellungen von Gehängen abgebildet und beschrieben finden, die präkolumbischen Indianer- gräbern, hauptsächlich im Mississippigebiete enthoben und an das Museum in Washington eingeliefert worden waren, und auf diesen aus Muschelschalen gefertigten Gehängen in Gestalt runder Scheiben zeigten sich symbolische Darstellungen, über deren Deutung als Sonnensymbol nicht der geringste Zweifel obwalten kann, kombi- niert mit Vogelköpfen, deren Schnabel geöffnet ist, wie es auf den DR Swastika und Triquetrum. 213 von v.d. Steinen und Reinach gegebenen Darstellungen schematisch linear ausgeführt erscheint, und die gleich den umgeknickten Swastika-Endstücken alle nach derselben Seite gerichtet sind und zwar durchgehends nach links. Ich gebe hier die für meine Unter- suchung wichtigste Figur wieder (Figur 3). Wenn wir uns in diese Bilder, wie es wohl gerechtfertigt ist, vertiefen, so müssen wir fürs erste uns daran erinnern, dass sie aus der amerikanischen Steinzeit stammen, welche als neolithisch bezeichnet werden muss, und zwar aus einem Distrikte, dem Staate Mississippi, wohin die Bronzezeit, welche die präkolumbischen Kulturnationen des westlichen Küstengebietes schon oberflächlich berührt hatte, noch nicht vorgedrungen war. Diese Gehänge, von denen Holmes noch zwei weitere, gleichartige abbildet, sind zweifel- los der symbolische Ausdruck einer religiösen Anschauung, wahr- scheinlich Gehänge von Priestern; sie wurden auf der Brust von Skeletten liegend aufgefunden. Sehen wir dieselben näher an, so erkennen wir das folgende: Das Zentrum des Symboles bildet die Sonne, durch acht oder zwölf Strahlen aufs deutlichste charakterisiert. Im Sonnenkreis selbst zeichnet sich ferner ein gleicharmiges, also griechisches, Kreuz aus, nach moderner W appenbezeichnung einem Schweizer- oder Savoyischen Kreuze entsprechend. Dieses Kreuz stellt, wie an anderem Orte näher auszuführen sein wird, das Sonnensymbol in Gestalt der rechtwinklig gekreuzten Feuerhölzer dar. Dieses zentrale Sonnenbild wird umschlossen von einem qua- dratischen Rahmen, dessen vier Teilglieder an den Ecken sich 214 Paul Sarasin. spiralig einrollen oder eine Schlinge bildend ineinander übergehen; das Zentrum einer jeden Schlinge ist durch ein Grübchen gekenn- zeichnet. Diese rahmenartige Umschliessung fasse ich aus Gründen, die ich unten entwickeln werde, als eine symbolische Darstellung des Blitzes auf, der in allen Mythologien mit der Sonne aufs engste verschwistert erscheint. Endlich finden wir den Seitenästen des Bandquadrates Vogel- köpfe aufgesetzt, meist von einer langschnäbligen Art. Diese Vogel- köpfe können irgend eine der zahlreichen Species der dem Sonnen- gott geheiligten Ornis darstellen, zu welcher schon in der ameri- kanischen Mythologie sehr verschiedene gehören, wie z. B. der Adler, der Truthahn, der Schwan, der Specht, die Taube, der Quesal, der Kolibri u.a.m. Die Grundanschauung, mit der diese heiligen Vögel verknüpft sind, ist aber von der Zeit an, nachdem der Sonnen- kult erworben worden war, die Sonne selbst, die man sich allge- mein als geflügeltes Wesen dachte; weiterhin ist die Erscheinung der Sonne in Gestalt des Blitzes ebenfalls geflügelt, der Sonnen- vogel wird zum Blitzvogel, er identifiziert sich mit ihm. Die vier Vogelköpfe auf dem dargestellten Brusttäfelchen gehören also eben- sowohl dem zentralen Sonnen- als dem rahmenartigen Blitzsymbole an, und, wenn letzteres fehlte, würden sie den Enden des Sonnen- kreuzes angefügt erscheinen. Führen wir in Gedanken diese Kon- struktion aus, so gewinnen wir ein Kreuz innerhalb von einer Scheibe, dessen vier Enden je ein Vogelkopf mit langem, geöffnetem Schnabel aufsitzt. Damit gelangen wir aber, bei entsprechender Reduktion der Bilder auf einfache Linien, zu einer Swastika, deren umgeknickte Enden die Gestalt eines geöffneten Vogelschnabels repräsentieren, und zwar von einem langschnäbeligen Vogel. Ein solcher aber erinnert an den schon im alten Agypten als Sonnen- vogel auftauchenden reiherartigen Bennu, den Phönix von Helio- polis, der mit Osiris identifiziert wurde. Osiris ist aber ursprüng- lich auch wiederum nichts anderes als der Sonnengott, die Sonne. So repräsentiert der Phönix die Sonne selbst, er ist der Geist des Sonnengottes in Vogelgestalt, und da er periodisch in seinem eigenen Feuer verbrennt, so stellt er nur eine Variante des vielgestaltigen Sonnenmythus dar, nämlich die zur Winterszeit im eigenen Feuer ersterbende und im Frühling in Jugend wieder erstehende Sonne, entsprechend ihrer anthropomorphen Einkleidung im Mythus des sich verbrennenden und sodann zum Olymp in Jugendglanz ent- schwebenden Herakles. Kehren wir zu unserem neolithischen Brustschilde zurück, so erkenne ich darin noch eine weitere Symbolik: es erscheint das- selbe nämlich beherrscht von der Zahl 4, die Sonne selbst im rk in Swastika und Triquetrum. 215 Zeichen des gleicharmigen Kreuzes, ihre Strahlen entweder in der doppelten oder dreifachen Vierzahl, das Blitzband als Quadrat mit vier Eckschleifen und der Vogel, als Einheit gedacht, vierköpfig, und als Einheit haben wir uns denselben zu denken, da bei Fehlen des Blitzrahmens sein Leib die Sonnenscheibe selbst wäre. Wir haben also in diesem Sonnensymbol erstlich die Sonne selbst als Tetras, durch das Kreuz als solche bezeichnet; sodann den Blitz, der ihre Erscheinung auf Erden, ihr geistiger Doppelgänger ist, als Quadrat mit Eckschleifen und somit ebenfalls als Tetras, und den Sonnenvogel, den Phönix mit all seinen Verwandten bis zum Wundervogel im Mährchen vom Wachholderbaum, den ornitho- morphen Geist der Sonne, oder den Heiligen Geist, als Vogeltetras, der zugleich auch der Blitzvogel sein kann. Es fällt auf, dass die Vogelköpfe der Swastika ohne Ausnahme den Schnabel weit offenstehen haben, ein Umstand, der ja eben von den Steinen darauf geführt hat, in den umgeknickten Enden des Hakenkreuzes, resp. in einem derselben, einen Vogelkopf zu erkennen; auf dem von Reinach abgebildeten Krug sind alle um- geknickten Enden des Doppelhakenkreuzes gespalten. Nun könnte ja aber ein solches Endstück auch ganz wohl einen geschlossenen Vogelschnabel darstellen; aber das ist nicht der Fall; ich sehe deshalb in dem geöffneten Schnabel eine besondere Bedeutung und glaube sie darin finden zu dürfen, dass der Sonnenvogel schreiend dargestellt ist und dass also, da er zugleich den Blitz symbolisiert, durch seinen zum Schrei geöffneten Schnabel der Donner repräsen- tiert werden soll. Nun erinnert freilich die Stimme keiner Vögel an den Donner — die Rohrdommel dürfte vielleicht genannt werden, „deren Paarungsruf ein Gebrüll ist, das dem der Ochsen ähnelt und in stillen Nächten 2—3 Kilometer weit vernommen werden kann“ (1, p. 163) oder man müsste an das gewaltige Geschrei gewisser Papageien denken — aber es handelt sich hier um einen mythischen Vogel, einen Phönix, und als die Stimme eines solchen konnte schon der Donner aufgefasst werden. Ich erinnere auch an die Stelle in J. Grimm’s Deutscher Mythologie (6, p. 168), wonach die Schnepfe, die freilich eine zarte Stimme hat, auch Donnerziege genannt wird; wir haben eben ursprünglich, um mit Grimm zu reden, einen „mythischen Wettervogel“ vor uns, und es darf dabei nicht an eine bestimmte Species gedacht werden; war doch dem Sonnengotte Huitzilopochtli der winzige Kolibri heilig; aber einem indianischen kosmogonischen Mythus zufolge schwebte am Anfang über der wasserbedeckten Erde ein gewaltiger, all- mächtiger Vogel, dessen Augen Feuer, dessen Blick Blitze und dessen Flügelschläge der Donner waren; nach einer Variante hatte er ein 216 Paul Sarasin. einziges rotes Auge, was noch deutlicher auf seine Eigenschaft als Sonnen- und Blitzvogel hinweist. Würde nun von der Stimme dieses Wesens die Rede sein, so wäre zweifellos diese zum Donner geworden; denn „den Donner halten die Odjibwäs für die Stimme belebter Wesen, die nach den einen Menschengestalt haben, nach den andern die der Vögel“ (11, p. 121). Wir haben gesehen, dass das Kreuz im nordamerikanischen Symbol und das in der Swastika zu ein und demselben Zeichen, nämlich dem der Sonne, zusammenfällt; die umgeknickten Enden der Swastika sind gleich den Vogelköpfen des amerikanischen mystischen Täfelchens. Das Blitzquadrat des letzteren fehlt der Swastika; wir werden es aber bei dem mit der Swastika bisher stets vermengten Triquetrum in anderer Form wieder finden. Die Entdeckung von den Steinens, die von Reinach bestätigt wurde, besteht also durchaus zu Recht als solche; aber die weiteren Folge- rungen des verdienten Forschungsreisenden, wonach die Swastika das Bild eines fliegenden Storches darstelle, muss ich ablehnen, wenn auch von den Steinen darauf hinweisen konnte, dass auf der von ihm veröffentlichten Darstellung die Arme des Hakenkreuzes zu flügel- und beinartigen Anhängen zurechtgebogen erscheinen — und zwar, wie die Figur 1 zeigt, augenscheinlich gewaltsam von seiten desjenigen, der, mit dem wahren Ursprung der Swastika nicht mehr bekannt, dieses Zeichen als ganzes zu einem fliegenden Vogel umformte, ein Irrtum, dem der Bemaler des griechischen Kruges (Figur 2) nicht anheimgefallen war; und dieser Ursprung wurde offenbar leicht vergessen, sah sich doch die chinesische Kaiserin Wu (684—704) veranlasst, ausdrücklich zu befehlen, dass die Swastika als Zeichen für die Sonne verwendet werden solle (26, p. 800 und tab. 2). Ich kann die Swastika nicht verlassen, ohne auf den folgenden Umstand noch aufmerksam zu machen. Nachdem die Erfindung des Wagens und damit des Wagen- rades gemacht worden war — und sie fällt erst in die Bronzezeit — bildete sich die mythologische Variante aus, derzufolge die Sonne das Rad am Wagen des Sonnengottes sei, und zwar wurden dann die Aste des gleicharmigen Kreuzsymboles zu den vier Speichen des Sonnenrades. In der Sage von Ixion wird dieser Gott, der ursprünglich wiederum der Sonnengott, ja Zeus selbst ist (25, p. 275) an das vierspeichige Sonnenrad geschmiedet, von Pindar (zweiter pythischer Gesang, v. 40) als „rergdxauvog deouds“, als vierspeichige Fessel bezeichnet, und darauf wird dieses Sonnen- rad in Bewegung gesetzt. Auf einer antiken Darstellung dieser Exekution (12, tab, 69, fig. 863) fehlen zwar die Speichen am a 2 ee 1. * Se 1 2 WEL TE Swastika und Triquetrum. 217 Sonnenrade; aber sie erscheinen durch die Extremitäten des auf dem Rad Gekreuzigten bezeichnet, und aus dieser Anschauung heraus wurde das rollende Rad ebenso zum Sonnensymbol, wie das Kreuz in der Swastika. Wie ferner die Hinrichtung am Kreuze stattfand, und zwar nach ursprünglicher Auffassung als ein Opfer an den Sonnengott, so fand schon früh, längst vor der christlichen Zeit, eine entsprechende Hinrichtung auf dem Rade statt, ursprüng- lich ebenfalls als ein Opfer an den im Rad und weiterhin im Vier- speichenkreuz symbolisierten Sonnengott. Ixion ist ein Kruzifixus, bei dem das Kreuzsymbol durch das Radsymbol des Sonnengottes vertreten ist, und der Roue resp. Geräderte ist selbst wieder Sonnengott. In den Fällen, da die Swastika zum vollenden Rad geworden war, kamen oh die umgeknickten Enden des Hakenkreuzes, die Vogelköpfe, in Wegfall, oder wahrscheinlich richtiger: sie wurden miteinander zum Kreise, der Radfelge, verbunden. Nachdem wir nun erkannt haben, dass die Swastika in ihrer ursprünglichen, mit Vogelköpfen versehenen Form schon in der amerikanischen Steinzeit, der neolithischen Zeit also, vorkommt, um dann, und zwar auch schon im präkolumbischen Amerika, zu einem nur aus Linien zusammengesetzten Symbol zu werden, ent- sprechend wie die Buchstaben der späteren ägyptischen, der hiera- tischen Schrift aus der ursprünglichen als Symbole leicht verständ- lichen Bilderschrift hervorgegangen sind, des ferneren, dass die Erfindung des Wagenrades in der Bronzezeit die Swastika mitunter auch zum Bilde des rollenden Sonnenrades werden liess, wenden . wir uns nun einem andern und wegen seiner oberflächlichen Ahn- lichkeit mit der Swastika allgemein verwechselten Symbole zu, nämlich dem sogenannten Triquetrum. Es ist, um jeder Verwirrung von vornherein vorzubeugen, un- umgänglich, uns an Hand der am allgemeinsten bekannten Dar- stellung eines solchen mit diesem Zeichen vertraut zu machen, nämlich mit dem Sinnbild für das dreieckige Sizilien, wie es im Jahre 317 a. C. durch Agathokles i in Aufnahme kam (Figur 4, nach 2, _p. 290). Wir sehen im Zentrum des dargestellten Schildes ein Gorgo- neion in der späteren veredelten Form, mit zwei Schlangenköpfen nach oben, zwei nach unten gerichtet, und mit einem Flügelpaar an der Stelle der Ohren. Von diesem Haupte gehen die bekannten gebeugten Beine aus, hier rechtsläufig angeordnet und in rascher Bewegung begriffen. Das Ganze ist ein ächtes Triquetrum, ein Dreibein oder Triskeles. Die in Bewegung befindlichen Beine sollen ohne jeden Zweifel eine rasch drehende Bewegung der Scheibe dar- 218 Paul Sarasin. stellen, und so ist es sehr natürlich, dass schon frühe der Gedanke ar es handle sich hier um die Sonnenscheibe in Form eines Rades, dessen Speichen durch die Beine dargestellt würden, und in diesem Sinne falle das Triquetrum mit der Swastika zusammen; vergleicht doch schon Aischylos (Sept., v. 371) die Beine des eilig laufenden Boten mit den Speichen eines sich drehenden Rades, und auf gewissen sizilischen Münzen erscheinen die Beine an den Fersen geflügelt (23, p. 188). So nahe eine solche Zustammenstellung liegt, so ist hier Asch Vorsicht geboten; denn fürs erste: würde das M die Sonne darstellen, so träte sie uns hier in Gestalt des Gorgonenhauptes Figur 4. entgegen, das, als weibliches Antlitz gebildet, ja in der Tat an unsere heutigen Sonnenbilder in Ländern germanischer Sprache erinnert, auf denen die Sonnenscheibe als ein weibliches Gesicht erscheint; aber der Sonnengott ist fast ausnahmslos ein männ- licher Gott, und so kann schon deshalb die Gorgo nicht sein un- mittelbares Abbild sein. Greifen wir vielmehr auf ältere Dar- stellungen derselben zurück, über die noch keine veredelnde Künstler- hand gegangen ist, so nähert sich das Gorgoneion immer mehr dem Kopf der Schlange, insbesondere der Giftschlange: eine häss- liche Zunge bleckt hervor, die in seltenen Fällen eine Längsfurche trägt (z. B. 2, p. 182), die Zähne des geöffneten Maules sind hakig gekrümmt, nach dem Bild der Giftzähne, die Augen rücken nahe Swastika und Triquetrum. 219 zusammen, die Nase ist von einem Schild bedeckt (siehe z. B. 12, Tab. 72, Fig. 906), und wir gelangen zum Bilde der furchtbaren Uräusschlange, die als Schreckmittel den ägyptischen Sonnengöttern beigegeben ist. Daraus schliesse ich mit Sicherheit, dass die Gorgo nicht sowohl die Sonne darstellt, als vielmehr ihre Personifikation in Gestalt des tötlich treffenden Blitzes. Wenden wir uns nun den scheinbaren Speichen des Gorgonen- rades zu, so gewinnen wir weiteren Aufschluss darüber in den lykischen und pamphylischen Münzen, die das Zeichen des Tri- quetrums auf sich tragen (Figur 5 a—d). Auf pamphylischen (Figur 5a) haben diese Speichen noch die Gestalt von im Knie gebeugten Beinen, wie auf dem sizilischen Symbol; aber auf lykischen Münzen erscheinen die menschlichen Figur 5 a—d. Beine in bogenförmige, radial angeordnete Ausstrahlungen einer im Mittelpunkt befindlichen Scheibe dargestellt, in deren Zentrum sich ein Grübchen befindet, und in diesem kann sich, wie auf nach- stehender Figur 5c, selber wieder ein winziges Triquetrum be- finden (nach 8, No. 4202 und 4246). | In diesem Triquetrum erkenne ich, um dies aus den folgenden Auseinandersetzungen vorauszunehmen, das Symbol der Dreiheit, welche auch für das vom Triquetrum umwirbelte Gorgoneion von Sizilien zu gelten hat; auf diesem stellen die Beine die der Gorgo dar, und die Dreiheit ist in dieser Gestalt der Trias, statt wie sonst durch Verdreifachung der Gesichter oder Köpfe, so durch Verdreifachung der Beine symbolisiert; die Gorgo, die Blitzgöttin, ist dargestellt als Dreiheit in der Einheit, der Blitz, als Doppel- gänger des Sonnengottes, zeigt gleich diesem die Multiplizität, und 220 Paul Sarasin. er erscheint weiblich, wenn in der Sprache eines Volkes die weibliche Bezeichnung überwiegt, er kann aber auch sehr wohl männlich auf- treten wie z. B. im Griechischen statt dorganıı als xeçauvos, analog im Französischen als l’eclair und la foudre. Auf lykischen Münzen tritt uns aber das rad- oder besser spiralförmige Gebilde des Triquetrums auch vierzählig entgegen, wie Figur 5d dartut (8, No. 4197); damit gewinnen wir die Vor- stellung der Einheit in der Vierheit, die Tetras. Eine solche Dar- stellung wird als Tetraskeles im Gegensatz zum Triquetrum oder Triskeles bezeichnet, wir können sie auch Quadriquetrum nennen, Aber auch die Zweizahl, das so zu nennende Biquetrum oder Bi- skeles fehlt nicht, wie Figur 5b (nach 26, p. 871) beweist, auf Figur 6 der offenbar durch Nebeneinanderstellung von Bi- und Triquetrum die Identität beider Symbole ihrem Sinne nach dargetan werden soll, der Grösse nach mit Ueberwiegen des Triquetrum über das Biquetrum. Damit aber finden wir auch für das allgemein als Triquetrum bezeichnete Symbol die lückenlose Multiplizität oder Tetramerie Dyas, Trias und Tetras wieder, lückenlos, insofern sich. auch in seltenen Fällen die Monas durch ein einzelnes Bein dar- gestellt findet wie auf mitfolgender Figur von einer graeco-italischen Vase, womit wir ein eigentliches Uniquetrum oder Monoskeles, einen Einschenkel, erhalten (Figur 6, nach 12, 1, Figur 98). Ausserdem werden wir die Monas in einer einfachen Spirale ausgeprägt finden; denn es ist ohne weiteres einleuchtend, dass wir in den Uni-, Bi-, Tri- und Quadriquetren nichts anderes vor uns sehen als ein-, zwei-, drei- und vierschenkelige Spiralen ; Swastika und Triquetrum. 221 brauchen wir doch die Schenkel nur beliebig zu verlängern, um uns von der Richtigkeit dieser Auffassung, die wir noch an japa- nischen Vasen bestätigt finden werden, zu überzeugen. Die Spirale wird aber bei Mehrschenkligkeit zu dem, was wir Wirbel nennen. So finde ich z. B. ein fünfschenkeliges Multiquetrum auf einer macedonischen Münze (3, p. 313); die Bedeutung der Zahlen- symbolik ist hier ausser Acht gelassen worden; es sollte nur eine wirbelartige Figur zum Ausdruck kommen. Die wirkliche Bedeutung des Symbols des Triquetrums oder allgemeiner Multiquetrums, wie ich es hinfort bezeichnen will, er- fuhr ich aus einer ganz unerwarteten Quelle, nämlich ebenso, wie schon bei der Swastika, aus den neolithischen Gräbern des prae- Figur 7. Figur 8. columbischen Amerika. Es haben sich nämlich in den dortigen Tumuli neben jenen Gehängen, welche die Swastika in ihrer Ur- form zeigen, auch solche gefunden, die ein wirbelartiges Bild uns vor Augen führen. Ich gebe hier zwei solche in Kopien wieder (Figur 7 und 8 nach 9, Tab. 54 und 55, 1). An diesen Täfelchen fällt im Zentrum eine kleine Scheibe mit Grübchen auf, um welche bei der ersteren Figur drei rechts ge- wundene Voluten sich wirbelartig herumlegen, bei der zweiten vier links gewundene. Da bei diesem letzteren Gehänge die Voluten vermittelst durchgebrochener Spalten von einander getrennt sind, so haben wir die drei, resp. vier Glieder des Wirbels als selbst- ständige Gebilde aufzufassen, weshalb ich sie eben als Voluten und nicht als Spirallinien bezeichne. Diese Volutenwirbel aber stellen zweifellos den Blitz dar, die kleine Scheibe in der Mitte 222 Paul Sarasin. das Auge des Blitzes, woran das Grübchen im Zentrum die Pupille bezeichnet; und dieses Blitzauge ist in letzter Beziehung wieder ident mit dem Sonnenauge, aus dem nach gewisser Mythologie die Blitze hervorschiessen; denn es kann eine kleine Scheibe mit Grübchen in der Mitte auch das durch ein Kreuz mit Strahlen gekennzeichnete Sonnenbild vertreten, wie aus anderen Gehängen ersichtlich ist. Die obigen Täfelchen aber zeigen uns den Blitzgott — denn der Blitz wurde auch selbst als Gott verehrt (24) — in zwei verschiedenen Aspekten, nämlich als Trias und Tetras, als Doppel- gänger, als Geist des dreieinigen oder viereinigen Sonnengottes. Diese Voluten entsprechen nun genau den Beinen oder bogen- f‘rmigen Gebilden des Multiquetrums, wie aus der Vergleichung un- mittelbar hervorgeht, und wie diese können sie laeo- oder dexio- trop, d.h. links- oder rechtsgewunden sein. Beide Sorten von Multi- quetren ferner, die alt- und neuweltlichen, enthalten im Zentrum des Wirbels ein Scheibchen mit zentralem Grübchen, beim Multiquetrum oft für die Radnabe erklärt, es ist aber überall das Blitzauge. Dass der Blitz einen Wirbel bildet, war für die Alten eine geläufige Vorstellung; so spricht Aischylos vom Blitz als von einer. Spirale, &Aı&, oder Locke, Boorevxos (Prom. v. 1082; 1044), neben welcher Vorstellung auch die der Schlange Bestand hatte. So möchte ich auch die griechische Bezeichnung für Blitz doroasın oder oregosch -etymologisch auf einen Wirbel zurückführen, da dieses Wort durch orodnro von oTgspw abzuleiten ist „wegen der gedrehten, gewundenen, geschlängelten oder zickzackigen Bewegung des Blitzstrahles“ (15), und diese griechische Etymologie führt mich auch auf die germanische Schicksalsgöttin Wurt, ein Name, der durch die idg. Wurzel uert (vertere) mit Wirtel verwandt ist (5, p. 105). Der Blitz ist aber ursprünglich auch, wie mich weitere Studien gelehrt haben, das Schicksal, und so wird aus der den Wirtel drehenden Göttin die Spinnerin des Geschickes der Menschen. Ich frage mich auch, ob zöxn, das Geschick, nicht durch das Ver- bum zvyydvo, treffen, mit der Vorstellung des einschlagenden Blitzes ursprünglich verbunden sein könnte, der Blitzschlag würde so zum Schicksalsschlag, und hier wäre endlich @vdyxn, das Ver- hängnis beizuziehen, wenn man dies Wort wirklich von dyxo, sehr ängstigen, erdrosseln ableiten darf, und Aischylos scheint auch wirklich von der Tradition einer alten Identifikation von dvayan und Blitz beeinflusst gewesen zu sein, wenn er den Prometheus sein Schicksal, vom Blitz getroffen und in die Erde versenkt zu werden, mit den Worten voraussagen lässt, dass Zeus ihn mit den Wirbeln der Ananke, ,,dv@yxns Ölvaıs‘“ in den Tartaros schleudern werde (Prom. v. 1050 ff.). Swastika und Triquetrum. 223 Ich erinnere daran, dass wir selbst ganz allgemein bei einem Schicksalsschlag, der uns oder uns Nahestehende trifft, ausrufen: Potz (Gotts) Blitz oder Potz (Gotts) Donnerwetter, womit wir noch heutzutage, unbewusst oder bewusst, den Begriff Gott mit der Vorstellung des Gewittergottes verbinden und den Blitz und Donner- schlag mit dem Schicksalsschlag identifizieren. K. von den Steinen (21, p. 276) und Th. Wilson (26, p. 871, f. 224) geben das Bild eines Triquetrums auf einer lykischen Münze wieder, woran die Voluten in Hahnenköpfe endigen. Es ist dies wiederum das Symbol des Blitzvogels, der Hahn steht bekanntlich mit der Sonnen- und somit auch der Blitzmythologie in besonders enger Beziehung, die Volutenköpfe entsprechen den Vogelköpfen auf dem amerikanischen Gehänge, der Hahn stellt auf diesem Triquetrum eine Trias des Blitzvogels dar, einen dreiköpfigen Figur 9a und b. Blitzhahn, wie der Vogel auf jenem Gehänge einen vierköpfigen. Wir gewinnen so eine sehr bedeutungsvolle Ergänzung der Multi- plizität des Blitzes in Vogelgestalt, und alle diese Vögel gehen zurück auf die uralte Phönixvorstellung, die den Sonnen- und Blitz- vogel zugleich umfasst. Dass das Triquetrum aus dem Hahn hervorgegangen sei, als eine schematische Darstellung seiner Gestalt, wie von den Steinen annimmt, kann ich nicht zugeben, erwähnt er doch selbst, dass die Hahnenköpfe äuch an Ses ersetzt sein men (21, p. 276, A. 1), was nun eben die Blitzschlangen sind, eine Blitztrias in Schlangengestalt, und ich erinnere hier an die Triquetrum- darstellung auf einem Schwert aus der Latene-Zeit, die ich hier wiedergebe (Figur 9a, nach 7, f. 346). Auf dieser bestehen die einzelnen Voluten aus Pferdchen, die hier selbständig geworden sind, in genauer Analogie zum ent- 224 Paul Sarasin. sprechenden Vorgang mit anthropomorphen Triaden, wo ebenfalls aus einem ursprünglich dreiköpfigen Körper drei Einzelpersonen später sich loslösen; es ist eine Trias des Blitzpferdes, des Pegasos also, und eine gallische Münze, deren Abbildung ich gleichfalls hier beigebe (Figur 9b nach 3, p. 322), zeigt uns ein Quadri- quetrum mit vier Pferdeköpfen, woran noch der Umstand beson- ders auffällig ist, dass die überlangen Zungen der Pferdeköpfe die Zickzackform des Blitzes erkennen lassen; die Pferdeköpfe werden so gewissermassen zu feuerspeienden Drachenköpfen. Weiter ist es ganz plausibel, wenn von den Steinen (21, p. 251 £.) einige Tri- und Quadriquetren aus der Vorstellung von Tinten- Figur 10. fischarmen entwickelt, erinnert doch der Mundtrichter des Octopus, umgeben von den acht schlangenförmigen Armen, besonders von der Rückseite her betrachtet, wo zugleich die grossen Augen sicht- bar werden, entschieden an ein Gorgorneion mit acht Haarschlangen und damit an eine Blitzvolute als Doppeltetras, und die Fähig- keit des Tieres, sich in eine dunkle Wolke zu hüllen, musste den Gedanken, dass es eine Inkarnation des Gewittergottes sein könnte, nur umso näher legen. Wie Reinach (16, p. 245) erinnert, war der Octopus, speziell in Trözene, ein heiliges Tier. Endlich war es einem Künstler aus dem christlichen Mittel- alter vorbehalten, die Dreieinigkeit als ein Triquetrum von drei Hasen uns vor Augen zu führen, welches Bild ich zum Vergleich mit dem Pferdetriquetrum von Latene hier wiedergebe (Figur 10). Swastika und Triquetrum. 225 Diese Darstellung findet sich an der Friedhofkirche zu Paderborn.') | Wir können nun aber natürlich nicht das Multiquetrum aus verschiedenen Tierarten sich entwickeln lassen, wie ich deren einige aufgezählt habe, und so den Ursprung dieses Symbols auf ganz ver- schiedene Quellen zurückführen, vielmehr ist die einheitliche Quelle dafür die Vorstellung des Blitzes in der Form einer Volute oder einer Spirale oder eines Wirbels. Die Swastika ist also ursprünglich hervorgegangen aus dem Kreuz, das Triquetrum aus der Spirale, und dass diese beiden Zeichen durchaus nicht nur Symbole arischer Völkerschaften sind, wie Manche glauben, haben wir schon bei der Behandlung der entsprechenden nordamerikanischen Zeichen gesehen (siehe dazu auch Wilson, 26). Ich lasse hier die Abbildungen einiger sehr inte- Figur 11. Figur 12. ressanter Blitzspiralen folgen, die sich auf mexikanischen prae- columbischen Töpfen im Basler Museum für Völkerkunde (Samm- lung Lukas Vischer) dargestellt finden; sie stellen Spiralen dar, die geflügelt sind, also Symbole des geflügelten Blitzgottes, des Blitz- vogels, und zwar besteht die eine aus zwei Schenkeln, die andere stellte eine einfache Spirale dar; die erstere ist also eine Dyas, die letztere aber eine Monas des geflügelten Blitzgottes (Figuren 11 und 12). Werden bei der oe (Figur 11) die beiden Endpunkte mit einander verbunden, so erhalten wir das weltweit verbreitete und bis zur Gegenwart in der dekorativen Kunst eine überwiegende Rolle spielende Ornament des Mäander, und zwar speziell des spiraligen Mäander; aus der Swastika aber hat sich das Ornament des eckigen 1) Den Hinweis auf dieses merkwürdige Triquetrum verdanke ich Herrn Professor Dr. E. A. Stückelberg. 15 226 Paul Sarasin. Mäander entwickelt (26, p. 784). Diese Ableitung ist als solche bekannt; aber man vermengte dabei als Ursprung des Mäander Swastika und Triquetrum, während ich nicht anstehe, den eckigen als Sonnen-, den spiraligen als Blitzmäander zu bezeichnen. Die Spirale in Monasform endigt im Zentrum entweder blind oder mit einer scheibenartigen Verbreiterung, dem Blitzauge. So besitze ich eine japanische Bronze, auf deren Untergestell die Blitzspirale als breite Volute erscheint, von Wolken umrahmt. Das Gefäss selbst ruht auf einem Drachen, dem Blitzdrachen, der in der Klaue eine Kugel hält, offenbar die Sonne hier als Kugel aufgefasst, darum wohl genauer das Sonnenauge; der Blitzdrache schützt die Sonne. So deute ich auch die von Olshausen (14, p. 279) abgebildete Spirale von einer japanischen Bronze, die aus drei Voluten oder Spiralen zusammengesetzt ist, mit W. Schwartz (20, p. 302) als Blitzsymbol; doch, wie ausgeführt, trenne ich vom Multiquetrum als dem Symbol des Blitzes die Swastika, das Haken- kreuz als das Symbol der Sonne. In China gilt der Drache als Sinnbild der überirdischen Kraft, „an unheimlichen Orten bei Blitz und Donner sieht der Gläubige in den dunkeln Wolken am Himmel stets den Drachen“ (13, pag. 101). Ich weise hier darauf hin, dass die Vorstellung von einer geflügelten Schlange, von einem Drachen also, eine rein mytho- logische und dass sie aus dem Begriff des geflügelten Blitzes her- vorgegangen ist; die Versuche, für ein solches Wesen lebende oder palaeontologische Vorbilder ausfindig zu machen, sind völlig eitel. Wohl gab schon früh die Giftschlange das lebende Bild für den Blitz; aber der geflügelte Drache hängt ausschliesslich mit der Vorstellung zusammen, dass die Blitzschlange, weil sie sich durch die Luft bewegt, notwendig Flügel haben müsse. Der Drache, d. h. also die geflügelte Giftschlange, die, indem sie auch Feuer aushaucht, eben nichts anderes als der Blitz ist, identifiziert sich mit den Blitzvögeln und mit den geflügelten Löwen, Stieren, Pferden und Menschen, diesen Engeln oder Götterboten, die alle ihrem Ursprung nach den Blitz vergegenwärtigen und damit die diesseitige, epichthonische Personifikation, resp. Inkarnation, des jenseitigen, uranischen Sonnengottes, Nun noch ein Wort über ostasiatische Wappen. Ich habe neben dem Triquetrum, Quadriquetrum und Uniquetrum auch das Vor- - kommen des Biquetrum feststellen können. Dasselbe bildet nun auch das Wappen von Korea, welches durch eine Sförmig ge- schweifte Linie in ein rotes und blaues Feld geteilt erscheint, „das männliche und weibliche Prinzip darstellend“ (Meyers Conv. Lex. Wappen), also eine androgyne oder hermaphroditische Dyas. In Swastika und Triquetrum. 227 China heisst das Zeichen Tae-heih und gilt dort für den Ursprung aller Dinge (F. Davis, the Chinese, 2, p. 147, zitiert nach 10, p. 137). Auf japanischen Wappen spielt das Multiquetrum eine hervorragende Rolle, wie ein Blick auf die von Siröhl (22, p. 149 ff.) gegebenen Bilder beweist; von besonderem Interesse ist das Wappen- emblem der Kuge-Familie, das ich hier wiedergebe (Fig. 13a); es stellt das Blitzvolutentriquetrum innerhalb der durch das griechische Kreuz gekennzeichneten Sonnenscheibe dar, völlig an die ameri- kanischen Gehänge erinnernd und also zweifellos als kombiniertes Sonnen-Blitzsymbol auf uralter Tradition beruhend. Der Unterschied ist nur der, dass in diesem japanischen Wappenzeichen das Blitzsymbol vom Sonnensymbol umschlossen wird, während es beim amerikanischen Gehänge einen viereckigen Rahmen um das letztere bildet, und während bei diesem durch een, Figur 13a und b. den Blitzrahmen, sowie durch die Vogelköpfe eine Tetras des Sonnengottes symbolisiert wird, bezeichnet das innerhalb des Sonnen- kreuzes liegende Triquetrum beim japanischen Zeichen eine Trias des Sonnengottes; denn das Kreuz an und für sich kann natürlich höchstens eine Tetras, nicht aber eine Trias, Dyas oder Monas erkennbar machen. Aber auch die einfache Spirale kommt auf japanischen Wappen vor und zwar in viereckiger Form, wie das hier wiedergegebene Wappen der Familie Ito dartut (Figur 13b), und gerade dieses bildet zu meiner Auffassung der Spirale als Symbol des Blitzes ein eigentliches Corollarium, indem diese Spirale auf japanisch als inazuma bezeichnet wird, was übersetzt lautet: Blitz. — Um zum Schlusse keiner Unklarheit Raum zu lassen, füge ich noch die folgenden Sätze bei. Wir haben drei Symbole zu unterscheiden: das Kreuz, die Spirale und das Hakenkreuz. Das erste ist das Symbol des Sonnen- 228 Paul Sarasin. gottes, das zweite des Blitzgottes, das dritte ist ein kombiniertes Sonnen-Blitzsymbol. Diese drei Symbole haben sich seit der jüngeren Steinzeit bis zur Gegenwart nebeneinander im Gebrauch erhalten. Das Hakenkreuz aber ist der Ausdruck der Grundanschauung, dass der Sonnengott zugleich Gewitter- und also Blitzgott und dass Sonnen- und Blitzgott, die zu Anfang des Sonnenkultes noch ge- trennte Gottheiten waren, zu ein und derselben Wesenheit ver- schmolzen wurden und zwar durch die gemeinsame Eigenschaft des Feuers. Der Sonnenphönix ist dann zugleich Blitzphönix, und es kann dann sehr leicht das Hakenkreuz später als Symbol des Sonnengottes allein betrachtet werden, der sich eben im Volks- bewusstsein mit dem Blitzgotte identifizierte. Darum konnte von der Kaiserin Wu das seiner Entstehung nach kombinierte Sonnen- Blitzsymbol der Swastika als das heilige Zeichen des Sonnen- und damit des höchsten Gottes überhaupt offiziell erklärt worden. Wenn wir endlich die ethnographischen Erzeugnisse der jetzt lebenden Völkerschaften von niedriger Kultur auf diese Symbole hin prüfen, so werden wir erstaunt sein zu erkennen, dass sie sich allenthalben an den Gegenständen angebracht finden, besonders die Spirale des uralten Blitzkultes, aber auch das Kreuz als Merk- mal des Sonnenkultes, der von einer höheren Kulturwarte sich ausbreitend auf die Erzeugnisse von Völkern niedrigerer Kultur gewissermassen seinen Stempel aufgedrückt hat, und die Swastika als kombiniertes Symbol des Sonnenkreuzes mit dem schreienden Blitzvogel findet noch jetzt globale Verbreitung. Diese Zeichen wirken zugleich als Zauber- und Schutzmittel, da sie apotropaeische Wirkung haben; darum findet man sie besonders auch auf Waffen und Schilden angebracht. Mit dieser ethnographischen Unter- suchung werde ich mich an einem anderen Orte näher zu befassen haben; hier sollte nur angedeutet werden, welche reiche Ernte in dieser Hinsicht aus ethnographischen Museen noch zu bergen sein wird. Literatur. . Brehm’s Tierleben, 4. Aufl., Vögel, 1, 1911. . Elworthy, F. Th., the evil eye, London, 1895. . Goblet d’Alviella, Eug., de la croix gammée ou svastika, Bull. Acad. Roy. des sciences de Belgique (3), 18, 1889. . — article Cross in Hastings, J., Encyelopaedia of Religion and Ethies, 4, Edinburgh, 1911. . Golther, W., Handbuch der germanischen Mythologie, Leipzig, 1895. Grimm, J., deutsche Mythologie, dritte Aufl.. Göttingen, 1854. . Heierli, J., Urgeschichte der Schweiz, Zürich, 1901. . Hirsch, J., Auktions-Katalog griechischer Münzen, München, 1905. e Po womH @ I © Swastika und Triquetrum. 229 . Holmes, W. H., art in shell of the ancient Americans, Reports of the Bureau of Ethnology, Washington, 2, 1883. . 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Schliemann, H., Ilios, Leipzig, 1881. . Schwartz, W., Triquetrum, Verh. Berliner Anthropol. Gesellschaft, 1886, 0 Sal. . Steimen, K. von den, prähistorische Zeichen und Ornamente, Festschrift für Adolf Bastian, Berlin, 1896. . Ströhl, H. G., japanisches Wappenbuch, Wien, 1906. . Usener, H., Dreiheit, Rheinisches Museum für Philologie, N.F., 58, 1903. — Keraunos, Kleine Schriften, 4, 1913. . — göttliche Synonyme, ib. . Wilson, Th., the swastika, Smithsonian Institution, U.S. National Museum, Report for 1894, Washinston, 1896. Manuskript eingegangen 23. Januar 1921. Johann Bernoulli’s Differentialrechnung. Von Paul Schafheitlin. Von Johann Bernoulli, der 1667 bis 1748 lebte, erschien wenige Jahre vor seinem Tode ein grösseres Werk unter dem Titel: Lectiones mathematicae de methodo integralium!); trotz seines späten Erscheinungsjahres (1742) handelt es sich um eine der ersten mathematischen Arbeiten Bernoullis, die im Jahre 1691 entstanden ist. Es beginnt in deutscher Uebersetzung mit den Worten: „Wir haben im Vorhergehenden gesehen, wie die Differentiale der Grössen zu bilden sind.“ Ein merkwürdiger An- fang für ein Werk, dem nichts vorangeht! Eine Fussnote sucht eine Aufklärung zu geben: „Die Vorlesungen über Differential- ı rechnung, die yorangingen, glaubte der: Verfasser unterdrücken zu müssen, weil sie völlig in dem weitverbreiteten Buche des Marquis de l’Hospital: Analyse des infiniment petits enthalten sind.“ Es hat sich nun ein lebhafter Streit darüber entsponnen, ob die im Jahre 1696 erschienene Analyse geistiges Eigentum des Marquis de l Hospital oder vielmehr Johann Bernoullis sei. Montucla”) hat sich auf Bernoullis Seite gestellt, während Bossut?) sich sehr energisch zugunsten seines Landsmannes äussert, und auch Cantor“) ergreift für Hospital Partei. Ænestrüm”’) suchte in mehreren No- tizen Klarheit in die Angelegenheit zu bringen durch die Ver- wertung des in Stockholm aufbewahrten Briefwechsels zwischen Bernoulli und Hospital. In seiner ersten Notiz stellt Eneström fest, dass Bernoulli die Absicht Hospitals, die Analyse zu veröffent- 1) Joh. Bern. Opera omnia Bd. 3 Seite 385—558; deutsch unter dem Titel: Die erste Integralrechnung, herausgeg. v. Kowalewski, Leipz. 1913 Ostwalds Klassiker Nr. 194. 2) Histoire des Mathem. Bd. 2. Paris 1758 Seite 359. 3) Histoire generale des Math., deutsch von Reimer. Bd. 2. Hamburg 1804 Seite 186. 4) Geschichte d. Math. Bd. 3. Leipzig 1901 Seite 222—226, 244—250. 5) Bibliotheca Mathematica 1894 Seite 65—72, 1900 Seite 514, 1901 S. 150. 1908/9 Seite 335 und 1914 Seite 177. Johann Bernoullis Differentialrechnung. 231 lichen, kannte und billigte und nach Empfang des Werkes zu Be- ginn des Jahres 1697 sich beim Marquis bedankte, ohne dabei irgend welche Einwendungen, die seine Person betrafen, zu machen. Erst nach Hospitals Tode (1704) trat Bernoulli öffentlich!) mit der Behauptung hervor, dass verschiedene Entdeckungen der Analyse sein geistiges Eigentum wären; schärfer, unter Angabe von Belesstellen, lässt er in einem offenen Brief an Taylor?) erklären, dass die Grundlagen und der Stoff der Analyse zum grössten Teil von ihm herrührten. Schliesslich ist dahin jene oben erwähnte Fussnote zu zählen. In allen diesen Verôffentlichungen wird nirzends Hospital selbst verunglimpft; in seinen privaten Briefen dagegen lässt Bernoulli seinem Unmut über den Marquis freien Lauf und zwar nicht erst nach dessen Tode, wie Eneström meint, sondern bald nach Empfang seines Exemplars der Analyse. Nach- dem er in einem Briefe vom 8. Februar 1698 an Leibniz?) darüber geklagt hat, dass der bekannte Mathematiker Ozanam sich mit fremden Federn früher einmal geschmückt hat, fährt er fort: „Das aber ist die löbliche Angewohnheit fast aller Franzosen; auch ich habe (unter uns gesagt) etwas derartiges bei dem Marquis de l’Hospital erfahren, der vor einigen Jahren bei Huygens aus meinen Unter- suchungen eitlen Ruhm ergatterte. Ich hatte es etwas später er- fahren; ich verzieh es gern und zwar so, dass es schien, als ob ich gewusst hätte, was er Huygens geschrieben hatte. Nicht viel aufrichtiger handelte er mir gegenüber, als er kürzlich seine Analyse herausgab. Zugegeben, dass er in der Vorrede bekennt, mir vieles zu schulden, aber dieses Bekenntnis ist allzu unbestimmt und wird dadurch nicht besser, dass der Rezensent des Werkes im Pariser Journal des Scavans jenes Bekenntnis aus einer gross- mütigen Bescheidenheit hervorgegangen ihm unterstellt; wäre er wirklich bescheiden gewesen, hätte er Erasmus Bartholinus nach- ahmen sollen, der offen aussagte, dass er alles in seinem Werk aus Schooten’s Mathematik gelernt habe. Hospital ist nicht mit grösserem Rechte als Verfasser seines Werkes anzusprechen ; denn alles mit Ausnahme weniger Seiten (das sage ich Dir ins Ohr und keinem andern) hat er teils von mir geschrieben bekommen, teils in die Feder diktiert, teils auch, nachdem ich Paris verlassen hatte, durch Briefe, worüber von mir Beweise in Fülle bewahrt werden und zu geeigneter Zeit veröffentlicht werden können, die auch vor der Veröffentlichung des Werkes verschiedene Freunde 1) Acta Eruditorum. Leipzig 1704, Bern. Opera. Bd. 1 Seite 403. 2) Acta Erud. 1721, Opera. Bd. 2 Seite 508—511. 3) Leibnizens mathematische Schriften, herausgeg. von Gerhardt. Bd. 3. Halle 1856 Seite 480. 232 Paul Schafheitlin. gesehen und einen guten Teil davon abgeschrieben haben und be- sonders besitze ich Briefe von Hospital an mich, die bezeugen, wieviel mir zuzusprechen ist. Sein Hauptverdienst ist, dass er in Ordnung brachte und säuberlich französisch verfasste, was ich ihm unordentlich teils lateinisch, teils französisch auseinandergesetzt hatte. Aus eigenem, wie gesagt, hat er nicht mehr hinzugefügt, als was 3 oder 4 Seiten füllt. Aber ich möchte nicht, dass Du ihm etwas mitteilst darüber, was ich im Vertrauen auf Deine Ver- schwiegenheit Dir übermittelt habe; sonst würde seine freund- schaftliche Gesinnung gegen mich ins Gegenteil zweifellos um- schlagen.“ Auf die Frage Eneströms, wie der Widerspruch in Bernoullis Dankbrief mit diesen Vorwürfen zu erklären sei, möchte ich fol- sendes anführen. In der Vorrede zur Analyse sagt Hospital: „Uebrigens erkenne ich an, viel den Aufklärungen der Herren Bernoulli zu schulden, besonders des jungen, der jetzt Professor in Gröningen ist. Ich habe mich ohne weiteres ihrer Entdeckungen und derer des Herrn Leibniz bedient. Daher bin ich damit ein- verstanden, dass sie alles, was ihnen beliebt, für sich in Anspruch nehmen, indem ich mich damit begnüge, was sie mir gütigst lassen wollen.“ Durch diese lobende Erwähnung war zunächst jedenfalls Bernoulli befriedigt und schrieb darauf den erwähnten Dankbrief. Inzwischen war im Journal des Scavans!) eine begeisterte Lob- preisung der Analyse erschienen, in der es zum Schluss heisst: „Schliesslich ist der Verfasser weit entfernt von jener Sorte Schriftsteller, die dem Publikum nur verhüllt die Gedanken anderer geben ohne jemanden zu zitieren ausser vielleicht einige Alte, die niemals mehr Ansprüche erheben können. Was ihn anbetrifft, so lässt er in seinem Vorwort allen denen Gerechtiskeit wider- fahren, die über die behandelten Gegenstände Entdeckungen ge- macht haben mit solcher Aufrichtigkeit und Bescheidenheit, dass er sich von seinem ganzen Buche nur das zuschreibt, was sie selbst ihm zugestehen wollen.“ Besonders auffällig ist beim Vergleich dieser Schlussworte der Besprechung mit Hospitals entsprechender Bemerkung im Vorwort, dass geflissentlich der Name Bernoulli vermieden worden ist. Während in der Besprechung die Leistungen von Huygens, Leibniz und anderen namentlich erwähnt werden, fehlt auch sonst völlig der Name Bernoulli. Das musste den von seinem Werte sehr überzeugten Johann empfindlich kränken und darauf erfolgte der empörte Brief an Leibniz. Warum aber die dringende Bitte, ver- 1) Année 1696, Seite 424—428, Paris. Johann Bernoulli’s Differentialrechnung. 233 schwiegen zu sein und die Sorge vor des Marquis Feindschaft ? Zu jener Zeit tobte zwischen Johann und seinem älteren Bruder Jakob ein lebhafter wissenschaftlicher Streit, der leider auch das familiäre Verhältnis beider Brüder sehr trübte, und der zuerst in den Leipziger Akten, dann vorwiegend im Journal des Scavans seführt wurde und dieser Zeitschrift stand Hospital und sein Freundeskreis nahe. Da Johanns Stellung in diesem Streite durch seine Prahlerei und Heftigkeit etwas erschüttert war, so musste ihm daran liegen, die Pariser Mathematiker nicht gegen sich ein- zunehmen und da der Streit erst mit dem Tode Jakobs (1705) endete, der kurz nach dem des Marquis erfolgte, so ergibt sich ungezwungen sein Schweigen, das nicht darin gesucht werden muss, dass nach Hospitals Tode keiner die Vorwürfe Bernoullis wider- legen konnte, wie Cantor meint und wie Eneström sich ähnlich in seinem ersten Artikel äussert. Die mehrfach bewiesene Eitelkeit und Prahlerei Bernoullis gibt zweifellos dieser Möglichkeit Nah- rung; dagegen aber sprechen die wörtlich zitierten Aeusserungen Hospitals in vielen Briefen an Johann, die dieser in dem Schreiben an Taylor anführt. In seiner Notiz von 1901 kommt Eneström auf den Taylorbrief zu sprechen und es müssen daher diese Zitate als unbedingt richtig angenommen werden, sonst hätte Eneström, dem der Briefwechsel zur Verfügung stand, sicher auf ihre Unge- nauigkeit hingewiesen. | Was nun den Inhalt der Analyse anbetrifft, so ist sie in 10 Abschnitte geteilt: der erste enthält die Regeln der Differentiation algebraischer Ausdrücke, der zweite Tangentenkonstruktionen, der dritte die Bestimmung der Maxima und Minima, der vierte die Ermittelung der Wende- und Rückkehrpunkte, der fünfte die Eigen- schaften der Evolventen, der sechste und siebente die Auffindung der Kata- und Diakaustiken, der achte die Enveloppen, der neunte die Ermittelung unbestimmter Formen und der letzte Anwendungen zur Auffindung mehrfacher Gleichungswurzeln und ähnliches. Aus dem Briefwechsel ergibt sich nun, dass grössere Teile von Abschnitt 2, 4 und 5 und völlig Abschnitt 8 und 9 von Bernoulli herrühren, die Abschnitte 6, 7 und 10 geben nur An- wendungen der Differentialrechnung auf Dinge, die schon durch Tsehirnhaus, Descartes und Hudde grösstenteils bekannt waren. Daher gibt Eneström auch in seiner letzten Notiz das geistige Eigen- tamsrecht an den letzten 140 Seiten der Analyse für Hospital preis und will ihm nur noch das der ersten 40 Seiten retten, Darüber nun könnte nur Bernoullis Differentialrechnung Auf- schluss geben, die er nach der eingangs erwähnten Bemerkung zur Integralrechnung unterdrückt hat. „Wo ist, fragt Cantor, die 234 Paul Schafheitlin. Handschrift von Bernoullis unterdrückten Vorlesungen über Diffe- rentialrechnung? Hat er Sorge dafür getragen, dass die Hand- schrift der Integralrechnung erhalten blieb, trotzdem sie unter seinem Namen gedruckt ist, so hätte er doppelt für die Erhaltung der ihm entwendeten Differentialrechnung sorgen müssen, wenn sie wirklich vorhanden war.“ Aus der letzten Wendung geht hervor, dass Cantor der Eitelkeit Bernoullis eine direkte Unwahr- _ heit zutraut. Nun ist aber durch Eneström schon 1901 festgestellt worden, dass diese Differentialrechnung tatsächlich vorhanden war und ich kann jetzt hinzufügen, dass sie noch existiert. Durch die Liebenswürdigkeit des Vorstehers der Manuskripten- sammlung, Herrn Dr. Roth, erlangte ich einen Einblick in die mathematischen Handschriften der Basler Universitätsbibliothek und fand darin eine Schrift: Johannis Bernoullii Lectiones de calculo differentialium. In diesem in lateinischer Sprache ab- gefassten Manuskript, im Format eines gewöhnlichen Schreibheftes, umfasst die Differentialrechnung 38 Seiten. Ich habe eine wört- liche Abschrift angefertigt und sie mit der Analyse verglichen und nach Prüfung beider Schriften muss ich gestehen, dass Bernoulli mit seinen Ansprüchen im wesentlichen recht hat. Hospitals durch- aus nicht zu unterschätzendes Verdienst ist ein pädagogisches; wie Bernoulli an Leibniz schrieb, hat der Marquis das, was ihm Bernoulli in nicht immer einwandfreier und krauser Form darbot, durch klare und gewählte Ausdrucksweise und geschickte Umar- beitung dem Verständnis nahe gebracht. In der Bernoullischen Handschrift erkennt man sofort das Skelett, das Hospital in den ersten vier Abschnitten seines Buches mit Fleisch und Blut umgeben hat. Die im ersten Abschnitt der Analyse gegebenen Regeln sind, abgesehen von einigen Umstellungen, denen des Manuskripts entlehnt, einige Beispiele sogar buchstäblich 3 genau, so die Berechnung von d —., im zweiten Teil bei den Beispielen zur Tangentenbestimmung sind wesentliche Abweichungen in der Darstellungsart vorhanden, aber die behandelten Kurven sind in beiden Schriften dieselben mit geringen Ausnahmen. Aehn- lich ist es im dritten Abschnitt bei der Bestimmung der extremen Werte. Abgesehen von der ganzen Anlage zeigen in diesem Ab- schnitt 3 Beispiele die völlige Abhängigkeit Hospitals von Bernoulli, nämlich Beispiel 11, 12, 13, die der Handschrift, auch was die Reihenfolge anbetrifft, entnommen sind. Das Entsprechende gilt für die Ermittelung der Wendepunkte in Abschnitt 4. Johann Bernoulli’s Differentialrechnung. 235 Aus alledem ergibt sich, dass neben manchem inhaltlich Neuem die Abhängigkeit Hospitals von Bernoulli unzweifelhaft feststeht, sodass man begreift, wenn dieser mit der allgemeinen Wendung in der Vorrede der Analyse nicht einverstanden war und die be- kannten Proteste erhob. Da die Basler Handschrift keinerlei Datum aufweist, so könnte jemand den Einwurf machen, dass sie erst nach dem Erscheinen der Analyse (1696) angefertigt worden sei. Abgesehen davon, dass obige Bemerkung in der Vorrede der Analyse dagegen spricht, lassen sich verschiedene andere Gründe angeben, die die Ent- stehungszeit der Handschrift vor dem Erscheinen der Analyse, ja wohl vor 1694, notwendig machen. Darüber aber kann ich mit grösserer Bestimmtheit und im Zusammenhang erst berichten, nach- dem ich noch einmal gründlich die Handschrift und deren Fort- setzung durchgearbeitet haben werde, wozu ich in den kommenden Sommerferien Gelegenheit zu haben hoffe. Manuskript eingegangen 21. Mai 1921. Als Vortrag gehalten in der Ber- liner Mathematischen Gesellschaft am 23. Februar 1921. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1920. Von H. G. Stehlin. Das Jahr 1920 ist für das Naturhistorische Museum ein ereignis- volles gewesen. Vor allem ist zu erwähnen, dass vergangenen Sommer Herr Dr. Fritz Sarasin sich veranlasst gesehen hat, vom Amte eines Präsidenten der Naturhistorischen Kommission, das er seit 1899 bekleidet hatte, zurückzutreten. Wir dürfen wohl sagen, dass die nun abgeschlossene Periode seiner Präsidentschaft, trotz mannig- fachen aus der chronischen Raumnot resultierenden Hemmungen, für unsere Anstalt eine Zeit des Aufschwunges und der Blüte ge- wesen ist, wie sie seit ihrem Bestehen keine erlebt hat und dass das Hauptverdienst daran Herrn Dr. Sarasin zufällt. Gleichzeitig mit dem Präsidenten ist auch unser Vizepräsident, Herr Dr. Th. Engelmann, zurückgetreten. Wir sind den beiden ‚Herren sehr verpflichtet dafür, dass sie sich bereit erklärt haben, auch weiterhin in der Verwaltung mitzuwirken, Herr Dr. F\. Sarasin als Vorsteher der Wirbeltiersammlung, Herr Dr. Engelmann als Vor- steher des mineralogischen Kabinetts und als Kassier. Durch Beschluss des Erziehungsrates vom 29. Juni wurde der Berichterstatter zum Präsidenten ernannt, in der Sitzung vom 9. Juli durch die Kommission Herr Dr. Greppin zum Vizepräsi- denten und Herr Dr, Tobler, an Stelle des Berichterstatters, zum Protokollführer gewählt. Die Ende des Vorjahres schon weit fortgeschrittenen Installa- tionsarbeiten im „Weissen Bären“ sind im Berichtsjahre stetig, aber infolge verschiedener Hemmungen, etwas langsam fortgeschritten. Gegenwärtig fehlen noch die Fertigstellung der elektrischen Be- leuchtung im ersten Stock und einige Einrichtungen im Labora- torium. Beides ist jedoch durch einen Nachtragskredit im Budget pro 1921 gesichert. Wie schon im letzten Bericht erwähnt, sind pro 1920 unsere regulären staatlichen Kredite erhöht worden, derjenige für Assi- Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920, 237 stenz auf Fr. 3000. —, derjenige für Anschaffungen auf Fr. 3500. —. Wir sind den Behôrden für diese Fôrderungen besonders auch darum sehr verpflichtet, weil die aus den Eintrittsgeldern flies- senden Zuschüsse der allgemeinen Museumskommission, obwohl sie sich seit Kriegsende etwas gehoben haben, immer noch weit unter der vor dem Kriege gewohnten Norm bleiben. Wir haben im Be- richtsjahre ausserdem einen staatlichen Extrakredit von Fr. 1000. — für Montierungen und kleine Installationsbedürfnisse bezogen. Auf Anfang 1920 ist ferner für den seit 1917 provisorisch am Museum beschäftigten Herrn Fritz Zimmermann die Stelle eines technischen Gehilfen zweiter Klasse geschaffen worden, was für unsern Betrieb gleichfalls eine sehr schätzenswerte Erleichterung . darstellt. : Die regulären Beiträge des Freiwilligen Museumsvereins und der Gemeinnützigen Gesellschaft sind die nämlichen geblieben wie bisher. Dem Freiwillisen Museumsverein verdanken wir ausserdem einen ausserordentlichen Beitrag von Fr. 1400. — zur Anschaffung einer Fossiliensammlung aus Trias und Perm der Insel Timor, einer Anzahl von Gönnern einen solchen von Fr. 3600, — an die Anschaffung eines Gorilla (Haut und Skelett). Zoologische Sammlung. a). Wirbeltiere. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Säugetiere. Diese Abteilung hat sich in den letzten 20 Jahren um 194 Arten vermehrt; sie stieg von 1901 bis heute von 630 auf 824 Species an. Den wichtigsten Zuwachs des Berichtsjahres bildet ein sehr schönes Exemplar, Balg und Skelett, eines männ- lichen Gorilla der Subspecies castaneiceps Slack aus dem Gebiet des französischen Kongo. Das Museum hatte bisher bloss ein Skelett, aber keinen Balg eines Gorilla besessen. An die An- schaffungskosten von 8000 Fr. sind uns bisher 3600 Fr auf frei- willigem Wege zugeflossen (die Namen der verehrlichen Donatoren sind in der Anhangsliste aufgeführt); für die andere Hälfte werden wir uns noch nach Hilfsquellen umsehen müssen. Ein anderer Anthropoide, der uns in diesem Jahre zukam, ist der im Zoolo- gischen Garten kurz nach seiner Ankunft eingegangene erwachsene männliche Orangutan, den uns sein Eigentümer, Herr Dr. ©. @. Weiss, zurzeit in Schwyz, der ihn aus Sumatra mitgebracht hatte, freund- lichst geschenkweise überliess. Vier weitere Affen- und eine Halbaffenart überwies uns der Zoologische Garten. Neben den 238 H. G. Stehlin. Primaten haben die Raubtiere den interessantesten Zuwachs er- halten durch 3 argentinische Katzenarten, die wir den Herren Dr. Th. Engelmann und C. Behrens verdanken; 2 davon sind für die Sammlung neu, Felis colocolo Smith und eine noch nicht sicher be- stimmbare, braccata Cope verwandte Art. Einen schönen Balg des Riesengürteltiers, Priodontes giganteus E. Geoffr., übermachte uns Herr Dr. E. Hassler aus Paraguay, eine für uns neue Fledermaus- art aus Ceram Herr Ing. J. M. Kampmeinert. Eine Anzahl von Arten aus Holländisch Neu-Guinea wurden angekauft, neu darunter für uns Sus papuensis Less. Als Donatoren einheimischer Säugetierarten seien genannt die Herren @. v. Burg, Olten, E. Fäsch, E. Huber, Dr. $. Schaub und J. Stuber, alle in Basel, sowie der Zoologische Garten. Montiert wurden Solenodon paradoxus, Crocidura russula, Pu- torius putorius und Mustela nivalis; von 17 Arten wurden durch Herrn Zimmermann Bälge angefertigt. Vögel. Die Vogelsammlung hat im Berichtsjahr um 50 bisher nicht vertretene Gattungen und 58 neue Arten zugenommen; sie umfasst heute 1520 Genera mit 3004 Species, was seit 1901, also im Lauf von 20 Jahren, einen Zuwachs von 672 Arten bedeutet. Die im Verhältnis zur Anzahl der Gattungen geringe Specieszahl rührt daher, dass wir bei Ankäufen vornehmlich die fehlenden Gat- tungen berücksichtigen, von denen nach Sharpes Handlist of the genera and species of birds in unserem Museum immer noch 1088 ihrer Vertretung harren. Durch Kauf konnten in diesem Jahr auch Repräsentanten dreier noch fehlender Familien der Sammlung zu- geführt werden, nämlich der amerikanischen Catamblyrhynchidae und Ohamaeidae und der afrikanisch-asiatischen Indicatoridae. Von den 164 Vogelfamilien der Handlist sind nur noch drei species- arme Familien nicht vertreten: die amerikanischen Eurypygidae, australischen Atrichornithidae und neuguineensischen Paramythüdae. Die wesentlichste Vermehrung im Berichtsjahr beruht auf An- käufen, worüber. die Anhangsliste Auskunft gibt. Geschenke an einheimischen Arten gingen ein von den Herren Dr. A. David, Dr. L. Greppin, H. Haller und W. Schindelholz, Nester von solchen von Herrn F. Zimmermann. Sehr willkommen, im Hinblick auf die geplante Ausstellung einer schweizerischen Fauna, war eine Gabe der Basler Ornithologischen Gesellschaft, Gruppe von Fulica atra L. mit Nest und Eiern. Von Geschenken ausländischer Formen seien 13 amerikanische Arten erwähnt, wovon 2 für uns neu, welche Herr Dr. K. Forcart seiner Zeit von seiner Reise mitgebracht hat, 3 Arten, wovon gleichfalls 2 neu, aus Ost-Ceram, von Herrn J. M: Kampmeinert a Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 239 eingesandt, einige weitere aus Holländisch Neu-Guinea von Herrn Dr. P. Wirz und 15 von der Direktion des Zoologischen Gartens, darunter gleichfalls 2 noch nicht vertretene. Mit besonderem Danke gedenken wir einer Schenkung des Herrn Dr. HZ. Danneel in Basel, der uns eine umfangreiche und wohl gepflegte Sammlung von Eiern von 255 palaearktischen Vogel- arten überwies; nicht weniger als 144 davon hatten uns bisher gefehlt, Herr F. Zimmermann hat 81 Vögel, meist Vertreter neuer Genera, für die Schausammlung montiert und von 32 weiteren Bälge angefertigt, ferner 5 Gruppen von Vögeln mit ihren Nestern zusammengestellt. | Reptilien und Amphibien. Diese Abteilung hat zwar im Be- richtsjahr nur um 5 neue Arten zugenommen. Wenn wir aber die Zusammenstellung betrachten, welche Herr Dr. J. Roux, der diese Sammlung seit seinem Antritt mit Liebe und Sachkenntnis ver- waltet, über den Zuwachs im Lauf der letzten 20 Jahre gemacht hat, so zeigt sich, dass die Zahl der vertretenen Reptilienarten von 1260 auf 1765, also um 505 gestiegen ist, die der Amphibien- arten von 400 auf 569, somit um 169, ein Ergebnis, das den Be- gründer dieser Museumsabteilung, Herrn Ratsherrn Fritz Müller, sicherlich in höchstem Masse erfreuen würde. In Zukunft wird nun die Vermehrung der Sammlung viel langsamer vor sich gehen, da es sich bei den uns noch fehlenden Arten mehr und mehr um schwer erhältliche Seltenheiten handelt. Als Donatoren der Abteilung im verflossenen Jahre seien ge- nannt die Herren R. Graber, europäische Reptilien, Dr. W. Hotz, 3 Ophidier aus N.-O.-Borneo, 1 für uns neu, Prof. P. N. van Kampen, 1 Amphib aus Holländisch Neu-Guinea, J. M. Kamp- meinert, Reptilien aus Ost-Ceram, das Naturhistorische Museum in Freiburg, chinesische Arten, 1 für uns neu und der Zoologische Garten, Arten verschiedener Provenienz. Angekauft wurden Rep- tiien und Amphibien aus Holländisch Neu-Guinea, S.-W.-Afrika, S.-Europa und Kordofan. Fische. Unsere Fischsammlung ist keine reiche, indem ange- sichts des enormen Artenreichtums dieser Gruppe die vertretene Artenzahl von 1206 eine sehr bescheidene ist. Die Zunahme in den letzten 20 Jahren beträgt bloss 290 Arten. Der Sammlung übergeben wurde dieses Jahr die von den Herren Prof. M. Weber und de Beaufort bearbeitete Ausbeute der Neu-Caledonien-Reise des Herrn Dr. J. Roux und des Vor- _ stehers, 34 Arten umfassend; 2 Genera und 25 Species waren bisher nicht vertreten. Die Sammlung enthält die Typen von 2 240 H. G. Stehlin. neuen Arten: Galaxias neo-caledonicus und Sicyopterus sarasini. Durch Herrn A. Sondermann erhielten wir 2 für uns neue vorder- indische Species, durch Tausch 1 aus dem Weissen Nil. Die Hauptarbeiten des Kustos, des Herrn Dr. J. Roux, an der Wirbeltierabteilung, bestanden ausser der Besorgung der laufenden Geschäfte und Eingänge in der Bearbeitung von Rep- tilien- und Amphibiensammlungen aus Neu-Guinea und China und. in der Ordnung und Katalogisierung einer umfangreichen Samm- lung von Vogeleiern. Er veröffentlichte eine Arbeit: Note sur la présence du genre Crinia en Nouvelle Guinee, Revue Suisse de Zoologie, 1920. Herr Dr. O. de Beaux von Genua hat das Schinz’sche Typus- exemplar von Sus penicillatus (Potamochoerus porcus L.) einer neuen Bearbeitung unterzogen. Sammelkisten wurden nach Neu- Guinea, Java und Trinidad gesandt. b) Wirbellose Tiere. (Bericht des Vorstehers, Prof. F. Zschokke.) Über die Geschenke und Ankäufe gibt die diesmal umfang- reiche Liste Auskunft. Einiges mag noch besonders hervorgehoben werden. Mollusken. Herr Dr. A. Tobler hat der Museumssammlung eine Anzahl derselben noch fehlende Stücke aus seiner Privatsamm- . lung überlassen. Herr Dr. H. Schnitter hat derselben in sehr verdankenswerter Weise seine grosse Sammlung schweizerischer Najaden geschenkt. Dieselbe umfasst ein sorgfältig ausgewähltes und wissenschaftlich genau bestimmtes und bearbeitetes Material; in ihr liegen auch die Typen zu Schnitters schöner und in mancher Beziehung grundliegender Arbeit: „Die Najaden der Schweiz“. Crustaceen. Bei Anlass der Bestimmung zweier Decapoden- sammlungen durch Herrn Dr. J. Roux überliessen uns Herr Dr. . L. F. de Beaufort eine Anzahl Doubletten aus Oeram und die Direktion des Naturhistorischen Museums in Amsterdam solche aus Holländisch Neu-Guinea. Herr Prof. F. Speiser schenkte Krebse von den Neuen Hebriden, die Herren Dr. F\. Sarasin und Dr. J. Roux Krabben aus Neu-Caledonien. Alle diese Gaben zusammen mit einem aus Neu-Guinea stammenden Ankauf, bringen der Samm- lung höherer Crustaceen eine recht ansehnliche Vermehrung. Myriopoden. Eine erwünschte Ergänzung zu der schon reichen Museumssammlung bildet das Geschenk holsteinischer Diplopoden von Prof. A. Thienemann und besonders der Ankauf der Sammlung Verhoeff. | À Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920, 241 Spinnen und Insekten aus Nord-Borneo schenkte Herr Dr. W. Hotz, afrikanische und amerikanische Schmetterlinge Herr H. Honegger-Rosenmund, Perliden, Planipennen und Ephemeriden der Schweiz Herr Z. Liniger. Neben dem Ankauf javanischer In- sekten gebührt ein besonderer Hinweis dem Erwerb der umfang- reichen Trichopterensammlung Ziniger. In ihr ist die Grosszahl der schweizerischen Köcherfliegen in. gut erhaltenen und zuverlässig bestimmten Exemplaren vereinigt. Durch Tausch mit dem Zürcher Museum gelangten wir in den Besitz einer Reihe für uns neuer Orthoptern. Endlich erhielt auch die Abteilung der Coelenteraten und Eehinodermen durch Geschenke und Ankäufe einigen Zuwachs in Corallen und einem Tiefseeigel. Herr Dr. J. Roux hat die oben erwähnten Crustaceensamm- lungen von Neu-Guinea, Ceram und aus der Südsee bestimmt und einen Zettelkatalog der Opilioniden angelegt. Herr Dr. A. Bollinger, der wegen starker Inanspruchnahme durch die Schule in der Regel nur einen Nachmittag in der Woche dem Museum widmen konnte, war vor allem mit der Einreihung der Sammlung Schnitter beschäftigt, die noch längere Arbeit er- fordern wird. Herr Dr. A. Huber hat die Neuordnung der Orthoptern weiter- geführt und nach Erledigung der Locusten mit der Bearbeitung der Grillen begonnen. Um Raum zu gewinnen ist die Spezial- sammlung celebensischer Käfer aufgelöst und in die Hauptsamm- lung eingereiht worden. Bei dieser Gelegenheit wurde eine kata- logisierte zum Tausch geeignete Doublettensammlung angelegt. Die ‘ Ephemeriden- und Trichopterensammlung Ziniger ist provisorisch ergänzt worden. ; Herr H. Sulger war auch dieses Jahr in gewohnter Weise an der entomologischen Abteilung tätig. Herr Dr. W. Bigler hat die von Herrn Thienemann geschenkte Diplopodensammlung aus Holstein bearbeitet, und seine Resultate veröffentlicht: Uber einige Diplopoden aus Holstein und über einen Fall von Gynandromorphismus bei Ophiiulus fallax. Festschrift für Zschokke 1920. Die Sammlung enthält 4 für das Museum neue Arten. Die gekaufte Sammlung Verhoeff, die dem Museum 48 bisher fehlende Formen aus den Ostalpen, Ost- und Südeuropa eingebracht hat, ist katalogisiert und eingereiht worden. . Herrn Dr. Biglers Bearbeitung der Juliden Graubündens mit besonderer Berücksichtigung des Nationalparkes steht vor dem Abschluss. 16 242 H. G. Stehlin. Den Herren Drs. Bollinger, Huber und Bigler sowohl als Herrn Dr. Roux gebührt für die Sorgfalt und Hingabe, mit der sie im Berichtsjahre wieder die ihnen anvertrauten Sammlungen verwaltet haben, aufrichtiger Dank. Osteologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.) Der Jahreszuwachs der osteologischen Sammlung hat so ziem- lich wieder den Umfang angenommen, den wir vor dem Kriege als normal betrachteten. Vieles hat zu diesem erfreulichen Ergebnis die Verwertung unserer umfangreichen Doublettenvorräte beige- tragen. Ein Tausch mit dem Museum in München hat uns be- sonders viele erwünschte Ergänzungen gebracht. Eocän. Einige Fossilien aus dem Lutetien von Egerkingen verdanken wir Herrn Lehrer E. Kuhn in Oberbuchsiten. Herr Direktor Schneider beutet seit zwei Jahren mit schönem Erfolg die Ludienfundstätte von Obergösgen aus; er ist so freundlich gewesen, uns eine beträchtliche Zahl von Fundstücken, welche unsere eigene Belessammlung von diesem Fundorte ergänzen, zu überlassen. Es befinden sich darunter Zähne von drei Fleischfressern, welche bisher in Gösgen überhaupt noch nicht nachgewiesen waren: Hyae- nodon Requieni Gerv., Pterodon dasyuroides Blainv. und Cynodictis spec. Einige weitere Fossilien von Obergösgen sind von Herrn Dr. Helbing geschenkt worden. Aus den Phosphoriten des Quercy, in welchen bekanntlich die Faunen einer Reihe eocäner und oligo- cäner Horizonte vermischt sind, ist eine grössere Sammlung er- worben worden, die uns namentlich einen erfreulichen Zuwachs an Extremitätenknochen gebracht hat. Oligocän. Aus dem Sannoisien sind Eingänge von den Lokali- täten Ronzon (Haute-Loire) und Sainte Marthe (Dordogne) zu ver- zeichnen. Demselben Horizonte gehôren Pseudosciurusreste aus dem Bohnerzgebilde von Ulm und eine Arsinoitherium-Mandibel aus dem Fayum (Münchner Tausch) an. Eine kleine, aber wertvolle Fossilienserie aus dem Stampien von Vaulruz bei Bulle verdanken wir Herrn cand. geol. H. Buess in Freiburg. Neben Belegstücken von Anthracotherium spec. und Rhinoceros sp. enthält sie den fast vollständigen Beckenknochen einer Seekuh, eine grosse Rarität. Einige Rhinoceridenreste von der in früheren Berichten erwähnten Lokalität Mümliswyl überliess uns das Museum in Solothurn. Besonders stark sind die Materialien aus dem Aquitanien ver- mehrt worden. Aus einem Posten von fossilführender Erde von Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 243 Paulhiac (Lot et Garonne), die wir Herrn Zéopold Malbert ver- danken, hat Präparator Huber eine interessante Microfauna ge- wonnen, die u.a., als Novum für die Sammlung, einige Zähne von Rhodanomys spec. enthält. Besonders reichlich ist eine bisher erst mangelhaft bekannte Oricetodon-Art vertreten, die Herr Dr. Schaub beschreiben wird. Die Fauna von Paulhiac scheint dem unteren oder mittleren Aquitanien anzugebôüren. Aus dem oberaquitanischen Phrygänidenkalk des Allier sind, namentlich dank den Bemühungen der Herren Drs. 7. Helbing und S. Schaub, welche vergangenen Herbst die Gegend bereist haben, wieder interessante Dokumente eingegangen, Unser Beleg- material von der gleichalterigen Lokalität Laugnac (Lot und Garonne) haben wir durch Tausch mit dem geologischen Institut in Marseille und mit Herrn Gustave Dollfus in Paris ergänzen können. Durch Tausch mit München sind endlich auch unsere Bestände aus dem oberen Aquitanien der Ulmer Gegend namhaft verbreitert worden. Miocän. Den Hauptzuwachs an miocänen Fossilien verdanken wir dem Münchner Tausch, der uns solche aus dem Burdigalien von Solenhofen, aus dem Vindobonien von Georgensgmünd, Atten- feld, Günzburg, aus dem Pontien von Samos, Veles (Macedonien) und Polgardi (Ungarn) eingebracht hat. Die Sandgrube von Charmoille, bis jetzt der einzige sichere Fundort pontischer Säuge- tiere auf Schweizerboden, ist unter freundlicher Beihilfe von Herrn Prof. Buxtorf, Direktor Schneider und cand. geol. Ziniger weiter überwacht worden. Ein Dinotheriumfemur, das dort zutage ge- fördert wurde, ist leider unvollständig. Als neues Glied können wir in die Charmoillefauna Steneofiber Jaegeri Kaup einreihen. Pliocän. Endlich hat uns Herr Pfarrer Iselin die breiten Materialien aus Val d’Arno, die er während des Krieges in Florenz ausgestappelt hatte, zusenden können. Als besonders wichtige Stücke sind daraus hervorzuheben: Ein Maxillarfragment von Hyaena topariensis Major (neu für die Sammlung), Fussmaterialien von ÜOanis etruscus Major, eine Mandibelhälfte von Mastodon arvenensis Cr. und Job, Mandibularmaterialien von zwei jungen Individuen des Elephas meridionalis Nesti, einem neugeborenen und einem etwas älteren, eine gewaltige Geweihstange von Üervus ctenoides Nesti, ein leider plattgedrückter Schädel eines männlichen Bos etruscus Fale. und ein Stirnstück mit Hornzapfen eines zweiten. Von Senèze ist neben vielem andern der Schädel einer neuen Antilopenart eingegangen. Ungefähr gleichaltrig mit unserem europäischen Oberpliocän dürften die Hipparionschichten von China sein, aus denen wir mit der Münchner Sendung ein reiches, 12 Arten repräsentierendes 244 H. G. Stehlin. Zahnmaterial erhalten haben. Die genaue Herkunft dieser Fossilien ist nicht bekannt; sie werden massenhaft für die chinesischen Apo- theken aufgesammelt, da fossile Zähne in der chinesischen Pharma- copoe eine grosse Rolle spielen. Pleistocän. Auch im alten Pleistocän von Val di Chiana hat Herr Pfarrer Iselin während des Krieges interessante Materialien gesammelt, von denen zwei Schädel der italienischen Rasse des Cervus megaceros Aldr., ein Kiefer von Canis lupus L., ein Schädel von Sus scrofa L., ein gewaltiges Bovidenbecken, sowie eine Emys- Schale besondere Erwähnung verdienen. Die letztere stammt nicht aus den Schottern und Sanden, in denen so viele Tierreste ge- funden werden, sondern aus einer denselben eingeschalteten Lignit- schmitze, welche auch Reste von Capreolus capreolus L., Castor fiber L., und Coprolithen, die wahrscheinlich von einer Hyäne her- rühren, geliefert hat. Herrn Jselin ‘verdanken wir ferner ein Geweihfragment von Alces machlis, von Sera in Maremma, Provinz Grosseto, einer weit ausserhalb des bisher bekannten italienischen Verbreitungsgebietes des pleistocänen Elches gelegenen Lokalität. Aus den Pithecanthropus-Schichten von Trinil in Java haben wir durch den Münchner Tausch Artiodactylenmaterialien erhalten, in denen namentlich ein kleiner Hirsch, Cervus Lydekkeri Dub., durch bemerkenswerte Stücke vertreten ist. Herrn Dr. W. Hotz verdanken wir Proboscidierreste von Kedinding, aus einer ähnlichen Ablagerung. | Einige Fundstücke aus dem Schieferkohlengebiet von Gondiswil sind von Herrn Dr. Helbing und vom Vorsteher geschenkt worden. Aus dem Pleistocän unserer nächsten Umgebung sind neben den von Herrn Dr. Rittmann und den Herren Schafir und Müller überwiesenen Gaben (s. Geschenkliste), sowie zwei Mammutbacken- zähnen aus der Niederterrasse (s. Ankaufsliste) namentlich die um- fassenden Knochenmaterialien zu erwähnen, welche bei den Grab- arbeiten für das Reservoir beim Wenken im dortigen Löss zutage gefördert wurden. Sie verteilen sich auf Equus caballus L., Rangifer tarandus L., Cervus elaphus L., Elephas primigenius Bl., Rhino- ceros tichorhinus Cuv. Von letzterer Species konnte etwa der dritte Teil eines Skelettes in vorzüglicher Erhaltung geborgen werden, bei weitem der bemerkenswerteste Fund, der uns bisher aus dem Löss unserer Umgebung zugekommen ist. Sowohl dem verehrlichen Wasserwerk, das uns diese wichtige Bereicherung unserer Sammlung überwiesen hat, als der bauleitenden Firma Züblin & Co. und Herrn ‘ cand. geol. Heusser, der die Grabarbeiten ständig überwacht hat, sind wir zu verbindlichstem Dank verpflichtet. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 245 Eine andere sensationelle Entdeckung ist letzten Frühling von vier jungen Leuten: Herbert Bitterli, Otto Meyer, Alphons Keck und Albert Bonnet gemacht worden. Sie fanden in einer Höhle beim Vogelberg am Passwang einen prachtvoll erhaltenen Stein- bockschädel nebst diversen Knochen derselben Species und einiger anderer. Durch freundliche Vermittlung von Herrn Dr. O. Kleiber, Redaktor der National-Zeitung, dem sie den Fund vorlegten (s. N.Z. vom 15. April 1920) konnte dieser für das Museum erworben werden. Nachgrabungen, welche teils von den Herren Drs. Schaub und Helbing in Verbindung mit Herrn Dr. Kleiber und den Ent- deckern, teils von Herrn Direktor Georg Schneider veranstaltet wurden, haben dann das Material wesentlich erweitert und dank der Liberalität von Herrn Schneider befindet sich jetzt die ganze Ausbeute im Besitz des Museums. Es sind 5—6 Steinbockindividuen belest, wovon 2 durch den grösseren Teil ihres Skelettes. Die Begleitfauna besteht aus Edelhirsch, Bär und neun Arten der noch gegenwärtig in unserer Gegend wohnenden Fauna. Leider fehlt jeder Anhaltspunkt zur Entscheidung der Frage, ob diese Stein- böcke in prähistorischer oder in historischer Zeit gelebt haben. Endlich sei auf die in der Geschenkliste aufgeführten Gaben der Herren Ed. Harlé und Dr. P. Vouga hingewiesen. Rezente Osteologica. Angekauft wurden Skelette von: Oreamnos montana Ord., der amerikanischen Schneeziege, von einigen andern Säugetieren und einigen Vögeln. Von dem für die zoologische Sammlung erworbenen Gorilla fällt der osteologischen Sammlung das Skelett zu. Der Direktion des Zoologischen Gartens verdanken wir die lange, unten aufgezählte Reihe von Säugetieren und Vögeln. Auch der Kadaver des von Herrn ©. G. Weiss geschenkten Orangs ist uns überlassen worden. Beim Ausbau der Vogelhandsammlung sind wir wie in den Vorjahren von Herrn Dr. Leopold Greppin unter- stützt worden, wobei sich das Solothurner Museum wieder freund- lichst der Speditionen annahm. Weitere Gaben für denselben Zweck erhielten wir von den Herren: A. Bay, A. Greder, Dr. Ed. Greppin, R. Pfister, A. Richard, A. Schifferli, W. Schindelholz ; Schädel und Kadaver einheimischer Säugetiere von den ‚Herren A. Brogli, E. Faesch, G. von Burg. Herrn Präparator Zollikofer verdanken wir drei Schädel von Canis aureus, Herrn ©. Behrens einen solchen von Felis aff. braccata Cope, Herrn Dr. Pfister in Langkat Kadaver einiger sumatranischer Säugetiere (s. Geschenk- liste). Verwaltung. Im Zusammenhang mit der Installation einzelner Teile der Sammlung im weissen Bären sind fast unsere gesamten ' Bestände umgeordnet worden, was sehr viel Zeit und Arbeit er- 246 H. G. Stehlin. forderte. Im Erdgeschoss des weissen Bären ist nun das von Herrn Dr. Helbing eingerichtete Skelettmagazin untergebracht; im ersten Stock desselben befinden sich, von Herrn Dr. Schaub geordnet, die Serien der pliocänen und pleistocänen Säugetiere, der tertiären Vögel, der tertiären Reptilien und Amphibien, der tertiären Fische, der paläo- und mesozoischen Wirbeltiere, sowie die Vogelhand- sammlung; der durch stark vermehrtes Mobiliar bis aufs äusserste ausgenützte Raum im Museum dagegen dient ausschliesslich den eocänen bis miocänen Säugetierresten, die in eine schweizerische und eine auswärtige Serie geordnet sind, und der Säugetierhand- sammlung. Von der Montierung weiterer grosser Objekte ist angesichts der geringen Aussicht auf eine baldige Erweiterung unserer Schau- stellung Umgang genommen worden. Dagegen wurde eine grosse Anzahl von Objekten mittlerer Grösse, für welche die Fixierung auf einem Sockel einen Schutz bedeutet, montiert. Mit Eifer und Geschick hat Präpafator Huber die Präparation von Rohmaterialien gefördert. Ständig ist auch am Ausbau der beiden Handsamm- lungen weiter gearbeitet worden, namentlich derjenigen für Säuge- tier-Osteologica, welcher erst jetzt der erforderliche Raum ange- wiesen werden konnte. Die vortreflliche Organisation dieser Sammlung ist eines der vielen Verdienste von Herrn Dr. Helbing. Wir sind den Herren Drs. Helbing und Schaub für das reiche Mass von Arbeit, das sie in diesem kritischen Jahre am Museum geleistet haben, zu sehr warmem Dank verpflichtet. Der zweite Teil von Herrn Dr. Revilliods Arbeit über tertiäre Fledermäuse, die Genera Rhinolophus, Megaderma, Vespertiliavus, Nyctinomus umfassend, ist im Berichtsjahr erschienen (Contribution à l’etude des Ohiropteres des terrains tertiaires. Deuxième partie, Mém. Soc. pal. suisse XLIV (1919) 1920); der dritte und Schluss- teil wird anfangs 1921 in Druck gehen. Herr Dr. Lebedinsky, der einen Ruf an die Universität Riga angenommen hat, hat leider die Bearbeitung unserer tertiären Vögel vorderhand abbrechen müssen. An der Naturforscherversammlung in Neuenburg haben die Herren Schaub und Helbing vorläufige Mitteilungen gemacht, jener über die Cricetodontiden des schweizerischen Oligocäns und Mio- cäns, dieser über den Skelettbau von Potamotherium Valetoni E. Geoffroy (Verhandl. d. S.N.G. 1920). Herr Dr. Schaub hat ferner eine Notiz über das neue Nagergenus Melissiodon veröffentlicht, dessen Typus in der hiesigen Sammlung liegt (Senckenbergiana Bd. IT, 1920). Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 247 Geologische Sammlung. A. Petrographische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. C. Schmidt.) a) Sammlung alpiner Gesteine. Herr Prof. A. Preiswerk hat die Aufnahmen im Tessin, als Fortsetzung seiner veröffentlichten Untersuchungen, wieder aufgenommen. Seine neuern Aufsamm- lungen stammen aus dem mittleren Maggia- und dem unteren Verzascatal. Die Untersuchungen der Herren C. Schmidt, H. Preiswerk, W. Grenouillet, H. Tschopp und P. Kelterborn über Ofensteine von Peccia (Maggiatal) im Kanton Tessin und bei Verdabbio (Val Misox) im Kanton Graubünden wurden fortgesetzt und abgeschlossen. Die Belegsammlungen hiezu umfassen ca. 60 Handstücke und 30 Schliffe. Ferner hatte C. Schmidt Gelegenheit, bei einem neuen Besuch in den Asbestgruben von Poschiavo interes- sante Ergänzungsaufsammlungen zu machen. Herr O. Wilhelm hat die umfangreichen Sammlungen der Herren C. Schmidt, W. Hotz und H. Preiswerk aus dem Splügen- gebiet, sowie diejenigen von F. Zyndel aus Mittelbünden nach den vorhandenen Tagebüchern geordnet und etikettiert. Die ganze Samm- lung umfasst ca. 1500 Handstücke. Von ausserschweizerischen Gesteinen erwähnen wir ©. Schmidt’s Aufsammlungen von Predazzo, Fassatal (Südtirol), ca. 80 Hand- stücke und von Herrn Ing. Æggenberger geschenkte interessante Glaucophangesteine von den griechischen Inseln. b) Lagerstättensammlung. Von den vereinigten schweizerischen Rheinsalinen sind seit Februar 1918 acht Bohrungen ausgeführt worden (Riburg 7 und 8, Rietheim 2—4, Zurzach 5—7). Von diesen neuen Bohrungen sind, wie von den älteren, typische Spül- - proben und Kernstücke unserer Sammlung einverleibt worden. Wir besitzen somit von sämtlichen seit 1908 ausgeführten 21 Salz- bohrungen die typischen Kernmuster; sie füllen 64 Schubladen. Im November dieses Jahres ist die bedeutend erweiterte Neu- bearbeitung des Textes zur Karte der Fundorte von mineralischen Rohstoffen in der Schweiz von C. Schmidt in französischer Sprache erschienen. Nach diesem Text wurden die umfangreichen Beleg- sammlungen (ca. 4 Schränke) neu geordnet und ebenso die Aus- stellungssammlung von Kohlen, Bitumina, Salzen und Erzen im Museum ergänzt und definitiv aufgestellt. Proben von ausserschweizerischen Lagerstätten wurden ge- schenkt von den Herren Prof. C. Schmidt und Dr. P. Christ (s. Ge- schenkliste). 248 H. G. Stehlin. B. Indische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Aug. Tobler.) a) Wissenschaftliche Arbeiten. Indien Festland. Die Bearbeitung der Pannekoek van Rhedenschen Aufsammlungen aus dem Zinn- erzdistrikt Kinta (Perak, Malakka) ist durch Herrn cand. phu. M. Romang im mineralogisch-geologischen Institut weiter geführt worden. Die untersuchten Gesteine sind interessant als typische Greisengesteine, verbunden mit normalen Kontaktmarmoren und Chiastolithschiefern. Die Vollendung der Arbeit kann im Verlauf des kommenden Jahres erwartet werden. Sumatra. Die geologische Beschreibung von Djambi mit Atlas, die den Berichterstatter seit mehreren Jahren beschäftigt hat, ist fertiggestellt worden. de Von den Untersuchungen der fossilen Gefässpflanzen von Sumatra ist der erste Teil, die Bearbeitung der tertiären Hölzer, durch Herrn Privatdozent Dr. R. Kräusel, nunmehr in Frankfurt a. Main, zum Abschluss gekommen. Der zweite Teil, die Bearbei- tung der permocarbonen Farne usw., ist noch im Gange. Von Herrn Privatdozent Dr. ©. E. Meyer in Breslau ist die Untersuchung der permocarbonen Brachiopoden von Djambi abge- schlossen worden. Es liest ein druckfertiges Manuskript mit zwei Tafeln vor. Eine vierte, unser Sumatramaterial betreffende Arbeit, die im Berichtsjahr vollendet wurde, ist diejenige des Herrn Dr. Æ. Kugler über die Geologie des Sangir-Batangharigebietes im Padanger Oberland. Schliesslich mag hoch. erwähnt werden, dass die im Jahrgang 1918 des Jaarboek van het Mijnwezen in Nederlandsch Oost-Indië erschienene Arbeit A. Tobler en medewerkers, „Korte beschrijving van het petroleumgebied in Midden-, Noord- en Noord-Beneden Djambi“ endlich in Europa angekommen ist. Sie bildet die Fort- setzung der im Jahrgang 1911 der genannten Zeitschrift erschienenen Arbeit A. Tobler, „Korte beschrijving der petroleumterreinen van Zuid-Oost-Djambi“. Die Belegmaterialien zu beiden Arbeiten sind in unserer Djambisammlung eingereiht. Kleine Sundainseln und Timorarchipel. Die in den Berichten über die Jahre 1918 und 1919 aufgeführten Untersuchungen der Eruptivgesteine von Sumbawa und Flores sind zum Abschluss ge- bracht worden. Die Resultate sind niedergelegt in zwei Manuskripten, verfasst von den Herren cand. phil. M. Hünerwadel (Gesteine des nördlichen Teiles von Mittel-Sumbawa) und cand. phil. X. Dr a (Gesteine von Flores). Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 249 Die Gesteine von Mittel-Sumbawa sind Kalkalkaligesteine: Dacit, Andesit und Basalt; sie treten in einem ca. 40 km langen Streifen auf zwischen Vulkanen im Westen und Osten, die Alkali- gesteine liefern. Besonderes Interesse verdienen Pseudomorphosen von Heulandit nach Hypersthen und Plagioklas in den Hyper- sthenandesiten und in den Hypersthenbasalten, ferner die Umwand- lung der Hornblende in Opacit in den Hornblendeandesiten. Die Gesteine von Flores gehören ebenfalls der Dacit-Andesit- Basaltreihe an. Bemerkenswert ist die propylitische Ausbildung der Dacite, ferner das Auftreten von Andalusit, der in Chlorit- pseudomorphosen nach Plagioklas eingeschlossen ist. Die in grösster Zahl vertretenen Andesite zeigen interessante Verwachsungen der Augit-Hornblendemineralien. In den Basalten ist der Olivin häufig durch pseudomorphen Iddingsit ersetzt. Die Herren Prof. C. Schmidt und H. Preiswerk haben diese Untersuchungen wie diejenigen des Herrn Romang (Malakkamaterial) und des Herrn Kugler (Sangir-Batangharimaterial) geleitet und auf diese Weise die Interessen unserer Abteilung in verdankenswertester Weise gefördert. Herr cand. phil. M. van der Vlerk, nunmehr in Holland, hat die Bearbeitung der foraminiferenführenden Tertiärgesteine von Sumbawa, mit Ausnahme der vom Berichterstatter schon früher (Zeitschrift für Vulkanologie Bd. IV 1918) beschriebenen der Halbinsel Sanggar, fortgesetzt. Als wichtigstes Resultat seiner bisherigen Untersuchungen ist hervorzuheben die Feststellung, dass sämtliche Foraminiferengesteine unserer Sumbawasammlung miocän oder jünger sind. Paläogene nn konnten nicht nachgewiesen werden. Im Hinblick auf die Streitfrage, ob auf Flores nur tertiäre oder auch mesozoische Sedimente vorkommen, hat der Bericht- erstatter eine vorläufige Prüfung der uns seinerzeit von Herrn Dr. J. Pannekoek van Rheden geschenkten Fossilien von Flores vor- genommen. Es hat sich dabei gezeigt, dass eine von der Halb- insel Batoe Assahan (Manggarei, West-Flores) stammende Faunula in der Tat auf Mesozoikum deutet. Sie besteht im Wesentlichen aus Korallen (Thamnastraea) und Bivalven (Ostraea cf. Nicaisei Coqu., Pecten usw.), während von Nummuliten und Orbitoiden keine Spur zu finden ist, Mesozoische Sedimente scheinen übrigens auch auf der westlich. benachbarten Insel Sumbawa zu Tage zu treten. Unter unserem Sumbawamaterial befindet sich eine Fossil- suite, die ebenfalls aus Korallen (Montlivaultia) und Bivalven zu- sammengesetzt ist. Sie liegt wie diejenige von Batoe Assahan in einem dunkelgrauen Kalkstein, in dem vergebens nach Nummuliten 250 H. G. Stehlin. und Orbitoiden gesucht wird. Der Fundort ist Poeloe Ngali, eine kleine Insel in der Salehbucht, die Mittel-Sumbawa von der Halb- insel Sanggar trennt. Zum Schlusse ist zu berichten, dass im abgelaufenen Jahre eine reich illustrierte Arbeit aus der Feder unseres Günners Dr. Pannekoek van Rheden erschienen ist: Einige Notizen über die Vulkane auf der Insel Flores, Zeitschrift f. Vulkanologie Bd. V. Sie enthält zahlreiche Angaben über Art und Fundort der uns seinerzeit vom Autor geschenkten Floresmaterialien. Borneo. Prof. A. Buxtorf hat im Jahre 1902 in Südost-Borneo am Riam Kiwa (Distrikt Pengaron) und am Sungi Popo (Distrikt Amoentai) in Kalkstein eingeschlossene Orbitolinen entdeckt. Zahl- reiche Proben dieser Kalksteine sind von ihm seinerzeit mit seinen übrigen Aufsammlungen aus Indien unserer Abteilung überwiesen worden. Diese neuen Vorkommen sind von den früher bekannt gewordenen Vorkommen Seberuang und Boven-Kapuas in Zentral- Borneo, die übrigens in unserer Sammlung auch vertreten sind, über 400 km entfernt. Herr cand. phil. M. van der Vlerk hat die Orbitolinen der Buxtorfschen Sammlung untersucht und kommt zum Resultat, dass sie zur Spezies Orbitolina subconcava Leymerie (Form A und Form B) gehören, während diejenigen von Zentral- Borneo bekanntlich zur Art Orbitolina concava Lam. gerechnet werden. Die Sammlungen Niethammer und Hotz aus Britisch Nord- Borneo haben ebenfalls Material zu wissenschaftlicher Untersuchung abgegeben. Herr Dr. 7. Rutten, der früher bereits einen Teil des von Dr. Hotz gesammelten Britisch Nord-Borneomateriales auf Foramini- feren untersucht und beschrieben hatte („Tertiäre Foraminiferen von den Inseln Balambangan und Banguei*, Sammlgn. d. geol. Reichsmus. Leiden Bd. X), hat sich in dankenswerter Weise bereit erklärt, auch die übrigen alttertiären Foraminiferengesteine der genannten Sammlungen in Bearbeitung zu nehmen. Für eine von Dr. Hotz geplante Publikation über die Geologie von Britisch Nord-Borneo hat Herr Dr. H. Tschopp über 100 Dünn- schliffe von Eruptiv- und Contaktgesteinen der Sammlungen Niet- hammer und Hotz untersucht. Diese petrographische Arbeit ist ihrem Abschlusse nahe. Oelebes und Molukken. Herr Dr. W. Hotz hat in Gemein- schaft mit Herrn Dr. H. Tschopp die Bearbeitung eines Teiles seiner im Jahre 1913 uns geschenkten Sammlung aus Ost-Oelebes an Hand genommen. Es handelt sich um die granatführenden Peridotitgesteine aus dem Distrikt Nord-Bongka, die Dr. Hotz seinerzeit signalisiert hat in der Notiz „Vorläufige Mitteilung Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 251 über geologische Beobachtungen in Ost-Celebes“, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Jahrg. 1913, Monatsberichte p. 333—334. Herr Reallehrer W. Ris hat begonnen, die uns von Herrn Hotz im Berichtsjahr geschenkten Gesteine von den im Westen von Ceram gelegenen Inseln Kellang und Manipä zu untersuchen (vgl. L. Rutten en W. Hotz, „De geologische expeditie naar Ceram, Negende Verslag“, Tijdschr. Kon. Ned. Aardr. Gen. 1919 p. 564 ff.). b) Benützung. Die Herren Drs. Brändlin, Elber, Kugler und Lehner haben sich zur Vorbereitung ihrer überseeischen Geologen- tätigkeit an Hand unserer Sammlungen in die Geologie und Palä- ontologie von Indien und Amerika eingearbeitet. Von den Ge- nannten sind namentlich die reichen Bestände von Tertiärsedimenten und Foraminiferenpräparaten durchstudiert worden. An das geologisch-paläontologische Institut wurden die Perm- ammoniten aus dem Timorarchipel für kurze Zeit zu Vergleichs- zwecken ausgeliehen. c) Zuwachs. Die Vermehrung unserer Abteilung ist im abge- laufenen Jahr eine sehr beträchtliche gewesen. In erster Linie ist zu nennen die Schenkung umfangreicher Suiten von Gesteinen und Fossilien aus Mittel- und Ost-Java, aus Serawak und Britisch Nord-Borneo, aus Holländisch Ost-Borneo sowie aus Ceram und Umgebung, die Hr. Dr. W. Hotz auf seinen in den Jahren 1914-1918 unternommenen Reisen zusammengebracht hat. Sie bilden eine hocherfreuliche Ergänzung seiner im Jahr 1913 gemachten Schenkungen, die Materialien aus Mittel-Java, Ost-Borneo und Ost-Celebes umfasst hatten. Eine zweite ebenso bedeutsame Vermehrung verdanken wir der Munificenz des Freiwilligen Museumsvereins, dessen Spende von 1400 Franken den Ankauf der ersten Hälfte einer Sammlung von Topotypen zu dem Werke „Paläontologie von Timor“, heraus- gegeben von J. Wanner, ermöglichte. Diese erste Hälfte umfasst das Topotypenmaterial zu folgenden in dem genannten Sammel- werke enthaltenen Abhandlungen: I. Die obertriadischen Ammoniten und Nautiliden von Timor von 0” A. Welter. III. Die Foraminiferen des jüngeren Paläozoikums von Timor von R. Schubert. IV. Die Heterastridien von Timor von AH. Gerth. V. Die Fauna der obertriadischen Nuculamergel von Misol von E. Jaworski. VI. Die Cephalopoden der Dyas von Timor von ©. A. Hamel. VII. Die Orthoceren und Belemnitiden der Trias von Timor von E. v. Bülow. 252 H. G. Stehlin. X. Die Ammonitiden und Nautiliden der ladinischen und ani- sischen Trias von Timor von O. À. Welter. XI. Die permischen Echinodermen von Timor, I. Teil, Crinoidea, von J. Wanner. XII. Die permischen Brachiopoden von Timor von F. Broili. Eine ebenso überraschende wie erwünschte Gabe ist uns von Seiten des Herrn Dr. M. Blumenthal in Chur zugekommen in Gestalt einer von ihm in den Jahren 1915—1918 zusammenge- brachten sehr schönen Sammlung von Gesteinen und Fossilien aus Mittel-Java, aus Timor und aus en Herr Dr. E. M. M. Paravicini in Buitenzorg hat uns eine Suite von prachtvoll erhaltenen Pliocänfossilien (Bivalven und Gastropoden) von der bekannten Fundstelle Tji Djadjar bei Parungdjaja (Res. Cheribon, Java) zukommen lassen. Sie bilden eine recht wertvolle Ergänzung unserer Bestände von Javamaterial. Herr M. van der Vlerk hat uns eine kleine aber sehr instruk- tive Suite von Gesteinen der „Zinnformation“ und einige natür- liche Glasbomben von der Insel Billiton verehrt; Herrn Prof. A. Wichmann in Utrecht verdanken wir Topotypenmaterial zu der Ar- beit K. Martins „Untersuchungen über den Bau von Orbitolina von Borneo“, Sammlgn. d. geol. Reichsmus. Leiden, Bd. IV und Herrn Dr. P. Wirz eine Probe von schwefelhaltigem Tuffgestein von der Vulkaninsel Banda, x Allen Gebern sei der wärmste Dank ausgesprochen. d. Ordnungs- und Präparationsarbeiten. Die notwendigste Unternehmung des Berichtsjahres war die Umgruppierung und systematische Anordnung unserer Sammlungen, die endlich dank den verbesserten Raumverhältnissen bewerkstellist werden konnte. Die Nummerierung und Katalogisierung de Djambisammlung wurde bis auf den stratigraphisch-paläontologischen Teil, dessen Bearbeitung noch im Gange ist, fertig gestellt. Der Rae um - fasst heute 1822 Nummern eos done seordnete Belesgstücke, 681 Nummern petrographisch geordnete polierte Gresteinsproben mit den dazugehörenden Dünnschliffen, 36 Nummern Kohlenproben, 52 Nummern Erzproben und 44 Nummern Mineralien. Das Material aus dem Sanggir-Batangharigebiete ist ebenfalls katalogisiert worden. Die geographisch geordnete Belegsammlung umfasst 68, die petrographische Sammlung 48 Gesteinsproben mit dazugehörenden Dünnschliffen. Von den foraminiferenführenden ee von West- und Mittel-Sumbawa sind zur Vorbereitung der Untersuchung, die Herr van der Vlerk durchzuführen gedenkt, 332 Dünnschliffe her- gestellt worden. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 253 Ausser den genannten, von den Herren A. Kugler und A. Masbakal unter Leitung des Vorstehers ausgeführten Arbeiten, sind im abgelaufenen Jahre noch folgende Ordnungs- und Präparations- arbeiten verrichtet worden: Herr Dr. W. Hotz hat die von ihm gestifteten Aufsammlungen aus Java, Ost-Borneo und Britisch Nord-Borneo etikettiert und definitiv nach geographischen, resp. tektonisch-morphologischen Ge- sichtspunkten geordnet. Von über 120 Gesteinsproben der Britisch Nord-Borneosamm- lungen und der Celebessammlung hat Dr. Hotz auf seine Kosten Dünnschliffe herstellen lassen. Herr cand. phil. M. Hünerwadel hat die sämtlichen petro- graphischen Materialien von West- und Mittel-Sumbawa nach geo- graphischem Prinzip neu geordnet und katalogisiert. Beide Herren haben sich durch ihre Mühewaltung um unsere Abteilung sehr verdient gemacht. Zum Schlusse bleibt zu erwähnen, dass uns durch die Be- schaffung einer Schneide- und Schleifmaschine unsere Präparationen für die Zukunft wesentlich erleichtert sind, C. Alpin-sedimentäre Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. A. Buxtorf.) Die alpin-sedimentäre Abteilung, im grossen Rollerhof in den Räumen des geologisch-palaeontologischen Institutes untergebracht, hat im Berichtsjahr Proben gestreckter Nummulitenkalke aus Val Frisal (Bündner Oberland) durch Herrn Dr. W. Hotz und den Vorsteher sowie Fossilien aus dem Oxfordien der Erzegg (Kt. Ob- walden) durch den letzteren erhalten. Materialien der Sammlung sind zu Studienzwecken ausgeliehen worden an Herrn Dr. F. Raboski in Lausanne (Gesteinsproben und Fossilien aus Val Ferret) und an Herrn Dr. Æugster in Bern (Fossilien vom Aelplihorn bei Arosa). D. Mesozoisch-jurassische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Greppin.) Als willkommenes Vergleichsmaterial sind im Berichtsjahre eine Anzahl Ammoniten aus dem fränkischen Jura angeschafft worden. Auch ist eine Fossiliensendung aus der Normandie ein- gegangen. Verschiedene auserlesene Stücke einheimischer Prove- nienz konnten aus Privatsammlungen erworben werden. Herr cand. geol. Wiedenmayer hat im Auftrag des Museums einige wichtige 254 H. G. Stehlin. Jurahorizonte systematisch abgesucht, wodurch die in der Samm- lung vertretene Artenzahl dieser Horizonte eine beträchtliche Er- höhung erfuhr, Von den in der Liste aufgeführten Geschenken seien diejenigen der HH. Petitelere, Imhof und Schneider besonders hervorgehoben. Die Gabe von Herrn Petitelere brachte uns einen Zuwachs von 20 Arten; sie umfasst etwa 100 Fossilien, meistens Ammoniten aus dem Callovien der Umgebung von Niort (Dept. des Deux-Sè- vres) und aus dem obern Lias des französischen Jura. Herrn Dr. @. Imhof verdanken wir ca. 50 Belegstücke von grösstenteils sel- tenen und bisher weniger gut vertretenen Arten aus verschiedenen Horizonten unserer Umgebung; Herrn Direktor G. Schneider ca. 100 Fundstücke aus den Humphriesischichten des Hauenstein-Basistunnels und 20 Spongien aus den Bimammatenschichten von Rümikon. Den Belegsammlungen zur geologischen Aufnahme des Sieg- friedatlasses hat Herr Z. Braun die Belege zu seiner Inaugural- dissertation: Geologische Beschreibung von Blatt Frick im Aar- gauer Tafeljura, Verhandl. der Naturforsch. Gesellsch. in Basel, Bd. XXXI übergeben. Palaeontologisch sind darunter namentlich die Murchisonaeschichten gut vertreten (24 Arten). Einzelne Belege zu Blatt Riehen gingen ein durch die Herren Dr. A. Tobler, Dr. S. Schaub und den Vorsteher; zu Blatt Bretzwil durch Herrn Dr. E. Baumberger. Präparator Huber hat mit Geschick eine grosse Zahl von Fossilien für die Abteilung präpariert und insbesondere einige neu eingegangene, stark inkrustierte Ammoniten aus der Normandie in wahre Schaustücke verwandelt. Es ist ihm auch gelungen, das in früheren Jahrzehnten ausgestellte, aber längst in die Brüche ge- gangene, geologisch kolorierte Birstal-Relief von Amanz Gressly wiederherzustellen, das ungefähr das Gebiet der Siegfriedblätter Blauen, Soyhières und Movelier umfasst. Dieses historisch hoch- interessante Dokument, über dessen Entstehung Gressiy in einem Brief von 1859 an Prof. Lang in Solothurn (Amanz Gressly’s Briefe, ed. L. Rollier, Moutier 1913, p. 254) einlässlich berichtet, soll nun in der Schaustellung wieder zu Ehren gezogen werden. Die meiste verfügbare Zeit des Vorstehers ist auf Bestim- mungsarbeit verwendet worden. Neu erschienene Publikationen gaben Anlass zur Revision der Cosmoceratiden, Cardioceratiden und Oppelien des Callovien und des Divésien. Unter den vielen noch unbestimmten Perisphinctenarten konnten einige mit Sicher- heit identifiziert werden. Im ganzen sind 572 Eintragungen in den Zettelkatalog vor- genommen worden; bei einem Jahreszuwachs um 285 umfasst der- nF Ba Zn Zn aba az ee DNS ET EPP Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 255 selbe Ende 1920 12025 Nummern. Die Sammlung hat sich im Berichtsjahre um 107 neue Arten vermehrt, nämlich 42 Cephalo- poden, 17 Gastropoden, 23 Acephalen, 11 Brachiopoden, 2 Echi- niden, 2 Korallen und 10 Spongien. An das Naturhistorische Museum in Bern sind eine Anzahl Sonninien und Sphaeroceraten zu Studienzwecken ausgeliehen worden. E. Mesozoisch-cretacische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Ausser einem Geschenk der Herren Drs. $. Schaub und H. Helbling ist aus dieser Abteilung, die jetzt im Parterre des Weissen Bären Unterkunft gefunden hat, nichts zu melden. F. Tertiäre und quartäre (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Eocaen. Dem Vorsteher bot eine Untersuchung über die Bohnerze des Juragebirges Gelegenheit, im Klettgau und Reyath (Schaffhausen), am Hungerberg bei Aarau, im Galmis nordöstlich Solothurn, in Lengnau bei Biel, im Tal von Mümliswil-Ramiswil, sowie — in Verbindung mit Herrn A. Liniger — im Delsberger- becken, reiche Belegmaterialien zu sammeln. Als Schaustücke sind zu erwähnen eine Erzconcretion mit über 1 dem Durchmesser von Stetten (Schaffhausen) und wunderbar feine Corrosionen von der Wand einer Erztasche aus dem Steinbruch Gallismoos bei Solo- thurn. Fossilien vom Lenzberg bei Aesch schenkte Herr cand. geol. Richard Koch. Oligocaen. Erworben wurden einige bisher in der Sammlung nicht vertretene Acephälen aus den Cyrenenmergeln am Stutzweg bei Therwil. | Herr Ingenieur J. Rapp hat uns durch Vermittlung von Herrn Prof. A. Buxtorf Gesteinproben von verschiedenen Sondierbohrungen übergeben: Tüllingerkalk von einer Lokalität bei St. Jakob, Sand- stein von Aesch, Septarienton von Dornach. Als ausgezeichnetes Schaustück ist eine von Herrn Fritz Karle ausgehobene und dem Museum übergebene Sandsteinplatte aus dem Rheinbett zu erwähnen, deren Oberfläche sehr schöne Wellen- furchen, sog. Rippelmarken zeigt. Sie hat nahe dem rechten Rhein- ufer, ca. 120 m oberhalb der mittleren Brücke gelegen, die Furchen ziemlich genau ostwärts orientiert. Herrn H. Liniger verdanken wir Proben stampischer Molasse aus dem westlichen, schon 1919 256 H. G. Stehlin. wegen starkem Wasserandrang aufgegebenen Erzschacht Prés roses bei Delsberg. Der neue Schacht Prés roses, mit dessen Abteufung im Juli 1920 begonnen worden ist, hat wieder oligocaene Molasse in Ca. 20 m Mächtigkeit durchfahren. In ihrem unteren Teil, der hier kalkiger als sonst war, haben Herr Zäniger und der Vorsteher eine Fossilienassociation aufgesammelt, die bisher kaum in dieser Zusammensetzung bekannt war. Eine im ganzen ähnliche Fauna wurde durch die genannten und Dr. 7. @. Stehlin von einer an- deren neuentdeckten Fundstelle mit noch abweichenderer Gestein- facies beigebracht. Diese neuen Funde sind geeignet, die Tertiär- geologie des nördlichen Jura in vielen Punkten aufzuklären. Fossilien und Belegstücke von diversen weiteren einheimischen und auswärtigen Oligocaenfundstellen schenkten die Herren cand. geol. Wiedenmayer, Dr. F. Heinis, Drs. S. Schaub und H. Helbing, Dr. H. @. Stehlin, cand. geol. Liniger und der Vorsteher (s. Ge- schenkliste). Miocaen. Neben einigen in der Geschenkliste aufgeführten Gaben der Herren Prof. Buxtorf, Dr. H. @. Stehlin und des Vor- stehers, ist namentlich eine interessante Molluskenfauna aus den pontischen Sanden von Charmoille hervorzuheben, welche von den Herren cand. geol. Liniger, Dr. H. G. Stehlin und dem Vorsteher aufgesammelt wurde. Eine vorzüglich erhaltene Fauna von 20 Arten aus dem Untermiocaen von Alt-Gleiwitz in Schlesien ist uns von Herrn Direktor Schneider auf dem Tauschwege überlassen worden. Pleistocaen. Mollusken aus der Schieferkohle von Fuchsmatt bei Gondiswil sind von Dr. Helbing, solche aus dem Löss von Wyhlen und Wenken, sowie aus Kalktuff westlich Grellingen von Herrn Präparator Huber geschenkt worden. Verwaltung. Durch Verlegung eines Teiles der phytopalaeon- -tologischen Sammlung in den Weissen Bären ist es möglich ge- worden, das Arbeitszimmer des Vorstehers nach dem benachbarten Saal zu entlasten. Bei der Präparation und Einrechnung der neuen Eingänge ist der Vorsteher unterstützt worden durch Herrn cand. geol. H. Liniger. Diesem konnte auch der weitere Ausbau der im letzten Bericht erwähnten Handsammlung übertragen werden, in welche noch die Faunen des marinen Tertiärs einzureihen waren, So wurde es dem Vorsteher möglich, den grössten Teil seiner ver- fügbaren Zeit den Bestimmungsarbeiten zuzuwenden. Durchgear- beitet wurden namentlich unsere Materialien von Vaulruz, Ralligen und Horw unter Beiziehung von solchen des Berner Museums und einer reichen, neuerdings von Herrn cand. geol. Buess in Cham- potey bei Vaulruz gesammelten Suite. Es hat sich dabei ergeben, dass eine ausgesprochene Brackwasserfauna stampischen Alters + PEER EP EN A Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 257 vorliegt, was für die Tektonik der dem Deckenrand der Alpen zu- nächst folgenden Molassezone von grosser Bedeutung ist. Eine vor- läufige Mitteilung darüber ist in den Verhandl. d. Schweiz. Natur- forsch. Gesellsch. 1920 erschienen. Erfreulicherweise werden die Sammlungen stetsfort von den Studierenden des geologisch-palaeontologischen Institutes zu Rate gezogen, wodurch viele-alte Bestände eine fruchtbare Verwertung und neues Interesse gewinnen. G. Phytopalaeontologische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Herr Dr. Oes hat den in sein Arbeitszimmer im Weissen Bären überführten Teil der phytopalaeontologischen Sammlung nach regionalen Gesichtspunkten neu gruppiert. Durch Herrn Dr. Tobler wurde der Sammlung eine Serie von Sandsteinplatten mit Pflanzenabdrücken aus Caisson Nr. 29 der Kleinhüninger Rheinhafenmauer übergeben. Weitere Geschenke gingen ein von Herrn cand. geol. Richard Koch und Dr. H. G. Stehlin. Mineralogische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Th. Engelmann). Im Berichtsjahre bot sich Gelegenheit, einige Einzelkrystalle des seltenen Minerals Danburit vom Piz Vallatscha, einem Vor- berge des Scopi in Graubünden, zu erwerben. Der Vorsteher hat dazu sämtliche in seinem Privatbesitz befindlichen Danburite ge- fügt, so dass die Museumssammlung nunmehr 50 gut ausgebildete Einzelkrystalle und, was besonders wertvoll ist, eine Anzahl mit kleinen Danburit-Krystallen besetzte Chloritstücke und Rauch- quartze enthält. Die Danburite des Piz Vallatscha, die einzigen bis jetzt aus der Schweiz bekannten, sind im Sommer 1882 von zwei Strahlern entdeckt und zuerst von dem damals in Basel ansässigen Händler Hoseus in ihrem Wert erkannt worden. Ein Teil der Ausbeute gelangte in den Besitz des Vorstehers, ein anderer in denjenigen des Sammlers Seligmann in Koblenz; ein dritter Teil wurde durch Hoseus in den Handel gebracht. Hoseus glaubte es mit einem neuen Mineral zu tun zu haben, nannte es Bementit und verkaufte die 14 schönsten Krystalle an den Amerikaner Bement in Phila- delphia, Eine vom Vorsteher im Herbst 1882 vorgenommene Analyse, über die Prof. J. Bachmann in den Mitteilungen der Berner Naturforschenden Gesellschaft berichtet hat, ergab ein 17 258 H. G. Stehlin. Kalksilikat mit starkem Borsäuregehalt (ca. 30°»). Spätere Unter- suchungen von Tschermak und Schuster in Wien, von Hintze in Bonn und anderen haben dann zu der Erkenntnis geführt, dass der Bementit mit dem schon 1839 durch Dana von Danbury im Staate Connecticut signalisierten Danburit identisch ist, der in die nächste Verwandtschaft des Topases gehört. Die schweizerischen Danburite zeichnen sich durch besondere Schönheit der Krystall- formen aus. Einige der in unserem Museum befindlichen stehen den durch Hoseus nach Amerika gelansten in keiner Hinsicht nach. Von weiteren Erwerbungen sind zu erwähnen Anatas aus dem Maderanertal und Brookit und Sphen aus dem Riedertobel bei Andeer. Vor 15 Jahren wurde im Mineralogischen Saale auf einem Lesepult ein Exemplar des Lehrbuches von Naumann-Zirkel, nach welchem die Sammlung aufgestellt ist, aufgelegt. Dasselbe ist im Laufe der Zeit stark abgegriffen worden, so dass es dieses Jahr neu gebunden werden musste, aber mutwillige Beschädigungen waren daran nicht zu konstatieren; ein Zeichen, dass unser Publikum diese Einrichtung zu schätzen weiss. Bibliothek. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin). Die Bibliothek hat im Berichtsjahre Geschenke erhalten von den Herren: Prof. A. Buxtorf, Dr. Ed. Greppin, Dr. H. Helbing, Dr. R. Menzel, Frau Müller-Mechel, Herrn Pallary, Dr. $. Schaub, Drs. P. und F. Sarasin, Dr. A. Tobler und dem Vorsteher. Angekauft wurden einige Werke für die Zoologischen Ab- teilungen. Da Frau Dr. Schaub keine Zeit fand, die grossen, meistens noch vom Vorjahre her der Katalogisierung harrenden Bestände zu bewältigen, musste für diese Arbeit anderweitige Beihilfe gesucht werden. Fräulein Mahler wird dieselbe, unter Leitung von Frau Dr. Schaub, bis zum Jahresschluss im wesent- lichen erledigt haben. Wir sagen allen denjenigen unsern wärmsten Dank, welche im Berichtsjahre, durch Geschenke oder sonstwie, das Natur- historische Museum gefördert haben und empfehlen dasselbe dem Wohlwollen der Behörden und der Einwohnerschaft Basels. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 259 Verzeichnis des Zuwachses des Naturhistorischen Museums im Jahre 1920. Zoologische Sammlung. Säugetiere. a) Geschenke. Herr ©. Behrens z. Z. Basel: Felis = braccata Cope, Ch Ar- gentinien, neu für uns. G. von Burg, Olten: Säugetiere, Sciurus vulgaris L. und Putorius ermineus L., aus dem Münstertal, Graubünden. Dr. Th. Engelmann, Basel: Felis pajeros Azara und colocolo Smith, Argentinien, letztere neu für uns. Dr. E. Faesch, Basel: Mustela nivalis nivalis Li, juv,, Frohburg. Dr. E. Hassler, Paraguay: Priodontes giganteus E. Geoffr,, Paraguay. E. Huber, Basel: Apodemus sylvaticus sylvaticus, Rhein- hafen. Basel. Ing. J. M. Kampmeinert, Holland: Rhinolophus rufus Ptrs. Ceram, neu für uns. J. Stuber, Basel: Crocidura russnla russula (Herm.), Allschwil. Dr. 5. Schaub, Basel: Sorex minutus minutus L., Fontannes, H#e-Loire, Dr. ©. @. Weiss, z. Z. Schwyz: Simia satyrus L., Sumatra. . Zoologischer Garten, Direktion: Epimys rattus (L.) und nor- wegicus L., Basel, Lemur coronatus Gray, Madagaskar, Cer- copithecus pygerythrus F. Cuv. und patas Schr., Afrika, Cercocoebus fuliginosus E. Geoffr-, Afrika, Cynomolgus fas- cicularis Raffl., Asien. b) Ankäufe. Gorilla gorilla castaneiceps Slack, Hinterland von Vernan Vaz, Französ. Congo (G. Schneider) mit Hilfe von Geldbeiträgen von Prof. A. Buxtorf, Dr. P. A. Chappuis, Dr. E. Greppin, Dr. H. Helbing, Dr. K. R. Hoffmann, Dr. R. Merian, Dr. J. Roux, Tit. Chemische Fabrik vorm. Sandoz, Dr. m Sa- rasın, Ch. Schlumberger, Ch. Schreiner, A. v. Sen. Dress G. Stehlin, Prof. F. Zschokke. Macropus agilis Gould, Pe- taurus breviceps papuanus Ths., Sus papuensis Less., einige Mäuse und Fledermäuse, Holländ. Neu-Guinea (Dr. P. Wirz), die Sau neu für uns. Putorius putorius (L.), Genf (H. Larsen). 260 H. G. Stehlin. Vögel. a) Geschenke. Herr Dr. H. Danneel, Basel: Umfangreiche Eiersammlung, 255 Tit. Herr ” Ti. palaearktische Vogelarten. wovon 144 bisher nicht vertreten. Dr. A. David, Basel: Buteo buteo (L.), Aargau. Dr. K. Forcart, Basel: 13 amerikanische Arten, 2 für uns neu. Dr. L. Greppin, Solothurn: 2 einheimische Arten. 5 H. Haller, Basel: 1 einheimische Art. Ing. J. M. Kampmeinert, Holland: 3 Arten aus Ost-Ceram, 2 für uns neu. . Naturhistorisches Museum, Neuenburg: 2 einheimische Arten (Tausch). Ornithologische Gesellschaft, Basel: Gruppe von Fulica atra L. mit Nest und Eiern. W. Schindelholz, Basel: 1 einheimische Art. Dr. P. Wirz, Basel: 2 Arten aus Holländisch Neu-Guinea. Fr. Zimmermann, 3 Nester einheimischer Arten. Zoologischer Garten, Basel, Direktion: 15 Arten, 2 für uns neu. b) Ankäufe. Stercorarius pomarinus (Temm.), Genfersee (H. Larsen, Genf); 3 Herr für uns neue Arten (G. Schneider, Basel), neue Genera: Laletes und Rhodophoneus; 21 für uns neue Arten (K. Fritsche, Bremerhaven), neue Genera: Anuropsis, Arses, Bernieria, Cinclodes, Dendranthus, Drymocataphus, Erythro- cichla, Heliochera, Heteranax, Macronus, Margarornis, Mi- croeca, Orthotomus, Pipreola, Poliomyias, Prionochilus, Pseudo- colaptes, Rhinocichla, Rhinomyias, Sasia, Stachyris; 27 für uns neue Arten (W. F. H. Rosenberg, London), neue Ge- nera: Aburria, Alethe, Bradyornis, Callene, Catamblyrynchus, Catharus, Cenotrichas, Chamaea, Chimarrhornis, Cichladusa, Ephthianura, Eupsychortyx, Gallicrex, Hydrocichla, Indicator, Larvivora, Lipoa, Melaenornis, Microcichla, Myiedestes, Myr- mecocichla, Neocossyphus, Notodela, Talegallus, Trichixus, Zeledonia, Zoothera. Reptilien und Amphibien. a) Geschenke. R. Graber, Basel: 5 Reptilienarten aus dem Tessin, Basel und Cannes. Dr. W. Hotz, Basel: 3 Schlangenarten aus N. O. Borneo, 1 für uns neu. Basler. Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 261 Herr Prof. P. N. van Kampen, Leiden: 1 Amphibienart aus Holl. Neu-Guinea. Ing. J. M. Kampmeinert, Holland: 4 Reptilienarten aus Ost- Ceram. Tit. Naturhistorisches Museum, Freiburg: 2 Reptilien- und 1 Am- phibienart aus China, 1 für uns neu. Tit. Zoologischer Garten, Basel, Direktion: 2 Reptilienarten aus Australien, 1 Schildkröte aus W.-Afrika. 71 b) Ankäufe und Tausch. 8 Reptilien-Arten aus Holl. Neu-Guinea, 2 für uns neu, 6 Am- phibien-Arten ebendaher, 1 für uns neu (Dr. P. Wirz); 1 für uns neue Reptilienart aus S.-W.-Afrika (G. Schneider) ; 5 Reptilienarten aus S.-Europa und Kordofan, 5 Unterarten für uns neu (Prof. F. Werner, Wien, Tausch). = Fische. a) Geschenke. Herr H. Sondermann, Basel: 2 vorderindische Arten, für uns neu. Herren Drs. F. Sarasin und J. Roux, Basel: 34 Arten aus Neu- Caledonien, 2 Genera, Cestraeus und Doryichthys und 25 Arten für uns neu. b) Tausch. 1 für uns neue Art aus dem weissen Nil (Prof. F. Werner, Wien). Wirbellose Tiere. a) Geschenke. Direktion des Naturhistorischen Museums in Amsterdam: 10 De- capodenarten aus Holländisch-Neu-Guinea (1 Gattung, 6 Arten für uns neu). Herr Dr. Z. F. de Beaufort, Holland: 9 Decapodenarten von Ce- ram und Waigeoe (3 für uns neu). » Dr. P. A. Chappuis, Basel: Bathynella Chappuisi Delachaux. Grotte de Vert, Neuenburg. ; » H. Honegger-Rosenmund, Basel: Afrikanische und ameri- kanische Schmetterlinge. | | » Dr. W. Hotz, Basel: Spinnen und Insekten von Nordost- Borneo. Frl. Kuczera, Basel: Madreporen aus dem indischen Ozean, ca. 20 Gattungen (6 Gattungen für uns neu). 262 H. G. Stehlin. Herr cand. geol. MH. Liniger, Basel: Eine Sammlung von Per- liden ; schweizerische Planipennen und Ephemeriden. Herren Dr. F. Sarasin und Dr. J. Roux, Basel: 7 marine Deca- podenarten von Neu-Caledonien und den ey non; 2 Gattungen (5 Arten für uns neu). Herr Dr. K. Schnitter, Basel: Eine umfangreiche Sammlung schweizerischer N ajaden. » Prof. F. Speiser, Pasel: 4 Decapodenarten von den Neuen Hebriden (2 für uns neu). » Prof. A. Thienemann, Plön: 5 Diplopodenarten aus Holstein (4 für uns neu). „ Dr. A. Tobler, Basel: Mollusken aus dem indischen Archipel. b) Ankäufe. Sechs Decapodenarten aus Holländisch Neu-Guinea (1 Gattung, 3. Arten für uns neu). Afrikanische Lepidoptern. Javanische Orthoptern. Umfangreiche Sammlung schweizerischer Trichop- tern. Pourtalesia jeffreysi, ein für uns neuer Seeigel. Eine Diplopodensammlung aus verschiedenen europäischen Ländern (48 Arten für uns neu). ©. Tausch. Fünf Arten Phasmiden, fünf Arten Mantiden, eine Art Steno- pelmatide, alle für uns neu (Museum in Zürich, durch Ver- mittlung von Herrn Dr. A. Schulthess-Schindler). Osteologische Sammlung. a) Geschenke. Herr ©. Behrens, z. Zeit Basel: Schädel von Felis aff. braccata Cope. | » Alfred Bay, Bipp: Schädel von Pernis Ben L. Kadaver von Muscardinus avellanarius L. (2). Dr. Hd. Bloesch, Laufenburg: Halswirbel und Zahn von Bison bison vom S.-E. Plateau Winnett, Montana. » Alfred‘ Brogli, Wittnau: Schädel von Meles meles L. „ Prof. A. Buxtorf, Basel: Fossilien aus dem Pontien von Charmoille. se » Cand, geol. 7. Buess, Freiburg i./U.: Fossilien aus dem Stampien der Gegend von Vaulruz (Kt. Freiburg). „ A. von Burg, Olten: Schädel von Sciurus vulgaris L. (4) von Putorius ermineus L. Herr Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 263 Dr. A. David, Basel: Ibismumie aus einem ägyptischen Grabe. E. Faesch-Schloeth, Riehen, Kadaver von Talpa europaea L. A. Greder, Solothurn: Kadaver von Alcedo ispida L. Dr. Ed. Greppin, Basel: Kadaver von Parus caeruleus L. Dr. L. Greppin, Solothurn: Kadaver von Dendrocopus major L., Loxia curvirostra L (2), Spinus spinus L, Troglodytes troglodytes L. Edouard Harle, Bordeaux: Ein Posten Rohmaterial aus dem Aurignacien von La Ferrassie (Dordogne). Dr. H. Helbing, Basel: Fossilien aus dem oberen Ludien von Obergösgen und aus der Schieferkohle von Gondiswil. Dr. W. Hotz, Basel: Proboscidierreste von Kedinding, Resi- denz Rembang, Java. cand. phil. Heusser, Riehen: Säugetierreste aus dem Loess beim Reservoir: Wenken. Dr. @. Imhof, Basel: Kieferfragment von Hyotherium Söm- meringi Myr. aus Braunkohle. Alt-Lehrer Æ. Kuhn, Oberbuchsiten: 2 Zähne aus dem Lu- tetien von Egerkingen. Leopold Malbert, Paulhiac (Lot et Garonne): ein Posten fossilführende Erde aus dem Aquitanien von Paulhiac. Robert Pfister, Pontresina: Kadaver von Turdus viscivorus L. (2), Alauda arvensis und Nucifraga caryocatactes L. Dr. Rud. Pfister, Langkat, Sumatra: Kadaver von Galeop- terus peninsulae Thom., Pteromys nitidus Desm., Felis. spec. Richard, Neuchätel: Zwei Kadaver von Podiceps cristatus L. Dr. Rittmann, Basel: Renntierzähne aus dem Löss von Allschwil. Herren Bauunternehmer Schafir u. Müller, Basel: Pferdekiefer aus Herr der Rheinniederterrasse im Rheinhafen. Dr. S. Schaub, Basel: Kadaver von Jynx torquilla L. A. Schifferli, Sempach: Kadaver von Hydrochelidon nigra L. W. Schindelholz, Reinach: Kadaver von Accipiter nisus L. und Upupa epops L., Schädel von Scolopax rusticola L. und Putorius putorius L. Dir. Georg Schneider, Basel: Suite von Säugetierresten aus dem oberen Ludien von Obergösgen. Steinbockreste aus der Höhle beim Vogelberg am Passwang. Fossilien von Char- moille. it. Naturhistorisches Museum, Solothurn: Rhinoceridenreste aus dem Stampien von Mümliswyl. Prof, P. Vouga, Neuenburg: Wirbeltierreste aus dem neo- lithischen Pfahlbau von Auvernier. 264 H. G. Stehlin. Tit. Wasserwerk und Firma Züblin & Cie., Basel: Säugetierreste aus dem Löss beim Reservoir Wenken, worunter ein nam- hafter Teil des Skelettes eines Rhinoceros tichorhinus. Herr €. @. Weiss, Schwyz: Kadaver von Simia satyrus L. Präparator Zollikofer, St. Gallen: 3 Schädel von Canis .. aureus, L. Tit. Zoologischer Garten, Direktion: Kadaver von Limnotragus 7 gratus Sclat. et T'hom., Agouti paca L., Marmota marmota L., Lepus medius varronis Miller (2), Eliomys quercinus L., Muscardinus avellanarius L., Dyromys nitedula intermedius Nehring, Putorius nivalis vulgaris Erxl., Felis (Uncia) leo L., Meles meles L., Cercocebus fuliginosus E. Geoffr. (2), Lemur macaco L. (2), Pithecus fascicularis EF. Cuv., Cercopithecus py- gerythrus F. Cuv., Cebus capucinus Raffl., Charadrius apri- carius L. (2), Anser anser L. (Toulousergans) (2), Casarca casarca L., Larus argentatus Gm., Aquila chrysaëtus L., Cacatua galerita Lath., Accentor collaris Scop., Hypolais icterina (V.), Loxia curvirostra L., Pratincola rubetra L., Sternothaerus derbianus Gray, Coluber longissimus Laur. b) Ankäufe. Säugetierreste aus dem Eocaen von Castres; aus dem Eocaen-Oli- gocaen des Quercy; aus dem Oligocaen von Marseille; aus dem Oligocaen des Allier; aus dem Miocaen des Orléanais und von La Grive-Saint-Alban (Isère); aus dem Miocaen des Klettgaus und der Ajoie; aus dem Pliocaen von Val d’Arno, aus dem Pliocaen von Senèze und einigen andern auvergna- tischen Lokalitäten; aus dem Pleistocaen von Val di Chiana; Mammuthzähne aus der Niederterrasse von Neu-Allschwil und vom Ruchfeld, Ibexreste aus der Höhle beim Vogelberg am Passwang. Skelette von Phascolarctos cinereus Goldf., Arctomys bobac Pall., Hystrix cristata L., Herpestes ichnenmen L., Oreamnus on tanus Ord., Gorilla (Gorilla) castaneiceps Slack (s. Ankäufe Zoologie), Aquila chrysaëtus L., Anthropoides virgo Schu., Caccabis rufa L., Branta bernicla L., Anser ferus L. Schädel von Babirussa babirussa L., Chelonia mydas L., Croco- dilus porosus Schn. Skeletteile von Crocodilus porosus Schn. c) Tausch. Herr @. Dollfuss, Paris: Fossilien aus dem oberen Aquitanien von Laugnac (Lot et Garonne). | À Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 265 Palaeontologische Sammlungen des Bayrischen Staates: Fossilien aus dem Sannoisien und Aquitanien von Ulm; aus dem Bur- digalien von Solenhofen ; aus dem Vindobonien von Günzburg, Attenfeld, Georgensgmünd; aus dem Pontien von Samos, Polgardi (Ungarn), Veles (Macedonien); aus dem Sannoisien des Fayum (Aegypten); aus den Hipparionschichten von China; aus dem Pleistocaen von Trinil (Java). Laboratoire de géologie de l’université de Marseille: Fossilien aus dem oberen Aquitanien von Laugnac (Lot et Garonne). Geologische Sammlung. a) Geschenke. Herr Dr. E. Baumberger, Basel: Belegstücke zu Blatt Bretzwil; Belegstücke aus der Bohnerzbildung von verschiedenen Lo- kalitäten; Mergelproben mit Cardium sociale von Bütten- hardt (Schaffhausen). Herren Dr. Æ. Baumberger und cand. geol. A. Liniger, Basel: Belegstücke und Fossilien aus dem Stampien des östlichen Erzschachtes von Prés roses, von Courgenay und anderen Stampienlokalitäten des Berner Juras; Mollusken aus dem Pontien von Charmoille (Ajoie). Herr Dr. M. Blumenthal, Chur: Gesteine und Fossilien aus Mittel- Java, Timor und Coran. pbs T Braun, Basel: Belegmaterial zu seiner nn Aufnahme von Blatt Frick. » Prof. A. Buxtorf, Basel: Fossilien aus dem Oxfordien der Erzegg (Oberwalden); Süsswasserkalkproben aus dem Burdi- galien von Schwarzenberg (Entlebuch). „ Ing. Eggenberger: Glaucophangesteine von den griechischen Inseln. » Dr. Th. Engelmann, Basel: 2 Ammoniten aus der Umgebung von Ulm. „ Dr. F. Heinis, Basel: Fossilien aus dem Süsswasserkalk an der Brochnen Fluh bei Waldenburg. „ Dr. W. Hotz, Basel: Gesteine und Fossilien aus Mittel- und Ost-Java, aus Sarawak und Britisch Nord-Borneo, aus Hol- ländisch er aus Ceram und Umgebung. Herren Dr. W. Hot: und Prof. A. Buxtorf, Basel: Proben ge- streckter Nummulitenkalke aus Val Frisal (Bündner Oberland). Herr Präparator Æ. Huber, Basel: Lima tumida aus dem Sequanien - ‘ von Zwingen, „ Dr. @. Imhof, Basel: ca. 50 Fossilien aus verschiedenen Horizonten der Umgebung von Basel. | Tit. Herren Drs. S. Schaub und A. Helbing, Basel: Crinoidenstielglieder | Herr H. G. Stehlin. " Dr. F. Jenny, Basel: 2 für uns neue Brachiopodenarten aus dem Hauptrogenstein und dem Terrain à chailles. Kritz Karle, Basel: Sandsteinplatte mit lens aus dem Rheinbett. Dr. Keller, Basel: Neue ee aus dem mittleren Lias von Barcchwil cand. geol. Rich. Koch, Basel: Fossilien aus dem eocaenen Süsswasserkalk am Lenzberg bei Aesch. . Schweizerische Kohlenbohrgesellschaft: Bohrkerne von Buix und Allschwil. cand. geol. Æ. Liniger: Molasseproben aus dem jose er von Prés-roses bei Delsberg. . A. Oes, Basel: Riesenexemplar von Cidaris florigemma aus dem Glypticien von Liesberg. Dr. E. M. M. Paravicini, Buitenzorg: Bivalven und Gastro- poden aus dem Pliocaen von Mittel-Java. Petitelere, Vesoul: Ca. 100 Fossilien aus dem Callovien von Niort (Deux-Sèvres) und aus dem oberen Lias des franzö-. sischen Juras. Prof. H. Preiswerk, Basel: Gesteine aus Maggia- und Ver- zascatals. Ing. Joach. Rapp, Basel: Gesteinsproben aus Sondierboh- rungen von Sankt Jakob, Aesch, Dornach. Vereinigte Schweizerische Rheinsalinen und Schweiz. Soda- fabrik: Bohrkerne Riburg 7—8, Rietheim 2—4, Zurzach 5 —7. und Echinidenstacheln von sekundärer Lagerstätte im Bolus von La Grive-Saint Alban (Isöre); Acephalen und Gastro- poden aus der Kreide von Sainte-Croix (Waadt), Helixstein- kerne von Noirvaux (Waadt). Fossilien aus dem oberen Aqui- tanien von Trézelles und Chavroche (Allier). Prof. C. Schmidt, Basel: Gesteine und Mineralien aus dem Fassathal (Predazzo); Erze vom Monte Mulat bei Predazzo; Oelsande und Erdölproben aus dem Apennin bei Bologna und aus Val una bei Rom; Asbest und Nephrit von Pos- chiavo. Herren Prof. ©. Schmidt, Dr..W. Grenouillet, H. Kelterborn, Basel: Ofensteine aus Magsiatal und Val Misox. Herren Prof. C. Schmidt und Dr. P. Christ, Basel: Bituminöse Schiefer Herr und Kohlen aus der Gegend von Monte Bolca (Vicentin). Direktor G. Schneider, Basel: 20 Spongien aus den Bimam- matenschichten von Rümikon (Aargau); ca. 100 Fossilien aus den Humphriesischichten des Hauensteinbasistunnels. ee nn Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1920. 267 . Herr Dr. H. @. Stehlin, Basel: Fossilien aus dem Pontien von Charmoille, aus dem Pleistocaen von Gondiswil und von ver- schiedenen ausländischen Tertiärfundstätten, „ Dr. A. Tobler, Basel: Sandsteinplatten mit Pflanzenresten aus Caisson Nr. 29 der Rheinhafenmauer bei Klein-Hüningen. Herren Drs A. Tobler, Ed. Greppin, S. Schaub, Basel: Belegstücke zu Blatt Riehen. Herr cand. phil. M. van der Vlerk, Basel: Natürliche Glasbomben und Gesteine der „Zinnformation“ von der Insel Billiton. „ Prof. A. Wichmann, Utrecht: Orbitolinen von Borneo. „ cand. geol. Wiedenmayer, Basel: Gastropoden aus dem Süss- wasserkalk am Stutzweg bei Therwil. „ Dr. P. Wirz, Buitenzorg: Probe von schwefelhaltigem Tuff- gestein von der Insel Banda. b) Ankäufe. Acephalen aus dem Oyrenenmergel am Stutzweg bei Therwil. Am- moniten aus dem fränkischen Jura. Auserlesene Fossilien einheimischer Provenienz aus verschiedenen Privatsamm- lungen. Fossilien aus Perm und Trias der Insel Timor, ge- sammelt von Prof. J. Wanner (Eigentum des freiwilligen Museumsvereins). c) Tausch. Fossilien aus dem Untermiocaen von Alt-Gleiwitz in Schlesien. Mineralogische Sammlung. a) Geschenke. Herr Dr. Th. Engelmann, Basel: Danburitkristalle vom Piz Val- latscha, Graubünden. b) Ankäufe. Danburitkristalle vom Piz Vallatscha, Graubünden. Anatas aus dem Maderanertal. Brookit und Sphen aus dem Riedertobel bei Andeer. Eingegangen 10. Januar 1921. PET A fr, Ê a À Ra À ; / R Bericht über das Basler Museum für Völkerkunde für das Jahr 1920. Von Fritz Sarasin. Das verflossene Jahr ist seit dem Bestehen der Sammlung eines der fruchtbarsten gewesen, indem noch selten die Eingänge einen so gewaltigen Umfang erreicht haben. Wir verdanken dies nach guter alter Basler Tradition vor allem freiwilliger Leistung, wobei wir die Besorgnis nicht unterdrücken können, dass diese Quelle in Zukunft nicht mehr so reichlich fliessen werde. Unser Dank gilt in erster Linie dem Freiwilligen Museumsverein, der uns aus grosser Verlegenheit geholfen hat. Im Jahre 1914 hatten wir in Japan durch freundliche Vermittlung von Herrn Dr. 7. Reidhaar : drei Buddha-Statuen im Werte von 5150 Fr. angekauft. Wenige Tage vor Ausbruch des Weltkrieges verliess die Sendung Japan auf dem norddeutschen Lloyd-Dampfer „Kleist“. Dieser rettete sich in den neutralen Hafen von Padang auf Sumatra und blieb. dort während der ganzen Dauer des Krieges liegen. Hiedurch und später durch die Umladung auf einen andern Dampfer in Singapore wurde die Fracht so sehr mit Hafen- und anderen Spesen belastet, dass die Transportkosten bis zur Ankunft in Basel im vergangenen Frühling auf 4515 Fr. anstiegen. Mit grosser Libera- lität erliess das Speditionshaus Danzas & Co. von diesem Betrage 2000 Fr., und die Kommission des Freiwilligen Museumsvereins entschloss sich, den Rest der Ankaufs- und Transportkosten in zwei Jahresraten zu übernehmen. Dem Museumsverein und den Herren Danzas & Co. sind wir zu grossem Danke verpflichtet. Anderseits hat uns der Geburtstagsfonds, welcher dem Unter- zeichneten letztes Jahr zu Gunsten des Museums überreicht worden ist, eine ungewohnte Bewegungsfreiheit gestattet. Ausser einer ersten Rate von 3000 Fr. zur Bestreitung der Transport- und anderen Unkosten der von Herrn Dr. E. Hassler geschenkten Paraguay-Sammlung haben wir ihm: ca. 4000 Fr. entnommen, die ET SEAT RE PONS DE na STE nr ee ne Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 269 zum guten Teil zur Deckung der Frachtauslagen der Neu-Guinea- Ausbeute des Herrn Dr. P. Wirz verwendet wurden. Die regulären Beiträge des Staates, des Museumsvereins und der Gemeinnützigen Gesellschaft sind dieselben geblieben wie im Vorjahr; ausserdem haben wir vom Erziehungsdepartement einen Extrakredit von 500 Fr. für Etikettierung erhalten. Mit Chemikalien haben uns die @esell- schaft für chemische Industrie und die Chemische Fabrik, vormals Sandoz, bedacht. Unsere Kommission ist durch die zuständigen Behörden auf eine weitere Dauer von drei Jahren bestätigt worden. Da Herr Prof. Ed. Hoffmann-Krayer das während langer Jahre von ihm vor- trefflich geführte Sekretariat niederzulegen wünschte, wurde an seiner Stelle Herr Pfr. Sam. Preiswerk gewählt. Für die Freunde unseres Museums, die Behörden, den Frei- willigen Museumsverein und den Fünfliberklub, sind in unserem Bibliothekzimmer zwei Spezialausstellungen veranstaltet worden, deren eine der Hassler’schen Sammlung der Indianerstämme Para- guays und der angrenzenden Gebiete galt, die andere der Aus- beute des Herrn Dr. P. Wirz aus Holländisch Neu-Guinea und derjenigen des Herrn Dr. W. Hotz aus dem malayischen Archipel, Beide Veranstaltungen hatten sich eines lebhaften Besuches zu er- freuen. Zwei Ausstellungen sind von uns mit Objekten beschickt worden, einmal die von Herrn Dr. Kienzle im hiesigen Gewerbe- museum veranstaltete „Das Tier in der angewandten Kunst“ und dann eine Ausstellung von Marionetten und Schattenspielfiguren im Zürcher Gewerbemuseum. Öffentliche Führungen sind von Herrn Prof. F. Speiser fünf, von Herrn Prof. Z. Rütimeyer zwei, von den Herren Prof. Ed. Hoffmann und Dr. .J. Roux je eine veranstaltet worden. Ausserdem wurden verschiedenen Vereinen und Schulen auf Wunsch die Sammlungen erklärt. - Die bedeutenden Eingänge der letzten Jahre haben zu einem sehr bedenklichen Mangel an Ausstellungsmobiliar geführt, so dass sehr wichtige Bestände magaziniert werden mussten, was sowohl im Interesse des Publikums, als auch mit Rücksicht auf die Dona- toren bedauerlich ist. Wir haben daher an den hohen Regierungs- rat eine Eingabe mit der Bitte um einen Mobiliarkredit von 25,000 Fr. gerichtet. Der Regierungsrat hat sich bereit erklärt, diesen Posten ins Budget von 1921 einzusetzen, wonach wir hoffen dürfen, dass diesem Übelstand in Bälde werde abgeholfen werden. Hiefür und für alle andere Förderung sind wir den hohen Behörden zu ‚lebhaftem Dank verpflichtet und empfehlen aufs Neue unser Museum ihrem Wohlwollen und dem Interesse der Einwohnerschaft unserer Vaterstadt. 270 Fritz Sarasin. Wir gehen nun zu den Berichten der verschiedenen Abtei- lungen über. Polarvölker. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. Leop. Rütimeyer.) Dieser Abteilung kommt mit 64 Nummern eine der grössten Zuwachszahlen zu seit ihrem Bestand und jedenfalls ihr wertvollster. Er besteht vor allem in den 54 Nummern der schon im letzten Jahresbericht angekündigten Sammlung von sibirischen Naturvölkern, welche in den Jahren 1907—1913 auf Anregung des anthropol. Museums in Petersburg von Herrn Alexander auf Expeditionen, die gemeinschaftlich mit der kaiserl. russ. Akademie der Wissen- schaften unternommen wurden, gesammelt worden sind. Es ist diese grosse, viele tausende einzelner Objekte umfassende Samm- lung. wohl die letzte grosse ethnographische Ausbeute, die aus Sibirien nach Europa kam und von Naturvölkern stammt, die heute teilweise gar nicht mehr als solche existieren. Es gelang uns, dank dem Entgegenkommen der Witwe des Sammlers, aus dem sanzen Bereich des ungeheuren Landes vom Ural bis nach Sachalın, wenn auch nur einzelne, doch noch sehr gute und typische Objekte jener so überaus interessanten materiellen Ethnographie zu er- werben, die in so mancher Beziehung Relicte aus alter prähistorischer Zeit enthält; ich erinnere nur an die Geräte aus Knochen, Sehnen, Fellen und aus Birkenrinde in ihrer so überaus mannigfachen Verwendungsweise. Fangen wir bei unsern Sammlungsobjekten im Westen an, so sind zuerst die Samojeden zu nennen, deren Wohnsitze nach Alexander zwischen dem weissen Meere im europäischen Russland bis zur Chatanga-Bucht am Eismeer sich erstrecken. Von diesem rentierzüchtenden nomadisierenden Jäger- und Fischervolk findet sich eine Nähnadel aus Knochen, ebenso ein Pulvermass aus Knochen, eine pelzgekleidete Kinderpuppe und ein sehr inter- essantes Stück, ein Kerbholz, also eine Tessel, in Form eines 111/2 cm langen vierkantigen Holzstückes, von dem zwei Seiten Ein- kerbungen aufweisen. Nach Alexander benützen die Samojeden, die auch wie unsere Alpenbewohner Haus- und Eigentumszeichen haben, die sie auf dem rechten Vorderfuss ihrer Rentiere ein- brennen, Kerbhölzer für rechtliche Vereinbarungen, indem auf einem gespaltenen Stock, von dem jede Partei die Hälfte besitzt, gemeinsame Kerben eingeschnitten werden, wobei jeder Betrug ausgeschaltet ist. Welche Bedeutung gerade die Kerben unseres ne besitzen, lässt sich leider nicht au M ng 7 7 2 en EEE SE WE) WERE SEES Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 271 Weiter östlich als wenigstens die West-Samojeden, wohnt das Volk der Wogulen, welche nach Alexander der ugrischen Gruppe der finnischen Völker angehören und die Höhen des nördlichen Urals bewohnen, von wo sie sich ostwärts bis zum Irtysch aus- breiten, wo sie mit den Ostjacken zusammentreffen; westwärts wohnen sie bis zur Tura und Kama. Es sind heute nur noch Reste dieses ehemals viel stärkeren nomadisierenden Jägervolkes erhalten, die in einzelnen Gruppen und Sippen die Jagdreviere ab- gelegener sumpfiger Wälder bewohnen. Wir besitzen von diesen Wogulen ein über 1 m langes kahnförmiges Saiteninstrument, einen Vogelpfeil, eine Kinderwiege aus Birkenrinde mit geschmackvollem Dekor in Form hübscher in die Rinde eingekratzter Muster, Eben- falls aus Birkenrinde sind eine Schale und Schöpfkelle, ein Band mit ausgeschnittenem schwarz gefärbtem Dekor, sowie eine originelle Maske, deren Löcher für Mund und Augen mit schwarzen Kreisen umrandet sind. Sie erinnert an zwei Masken unserer Sammlung, ebenfalls aus Birkenrinde, aus Nordschweden. Weiter nach Osten im nördlichen Zentral-Sibirien kommen wir zu den Jakuten, einem Turkvolk, das auch Viehzucht und Ackerbau betreibt, welche von der Chatanga nördlich bis zum Eismeer und östlich bis zur Kolyma wohnen. Zu nennen sind hier ein „Matartschach“, ein rundes Holzgefäss zur Aufbewahrung des Kumys, mit einem bandförmigen Dekor in Wolfszahnornament, genau gleich wie wir dies an einem hölzernen Salzgefäss aus dem Val d’Herens unserer Sammlung sehen. Aus Knochen sind gefertigt ein Lichtstock und ein Schnapsbecher, aus Birkenrinde ein Milchgefäss „Tschabytschach“, ein konisches (refäss mit Dekor aus Rosshaarnäherei. Eine kleine sehr inter- essante Gruppe bilden einige Ackerbaugeräte, die, obschon sie in den grossen Alexanderschen Sammlungen Unica sind, doch er- worben werden konnten. So eine Sense, deren Klinge nicht wie bei unsern Sensen rechtwinklig oder spitzwinklig, sondern stumpfwinkligan « dem 71 cm langen recht kurzen Handgriffe befestigt ist. Form und Befestigungsweise der Klinge, sowie die Kürze des Stiels er- innern ganz auffällig an eine Form von Sensen der La Tene Zeit, wie sie im Museum von Neuenburg zu sehen ist. Ähnliches gilt von einer Sichel, deren Klinge nicht gezähnt ist und deren Stiel aus Knochen besteht. Auch hier ist die viel weniger ausladend vom Stiel aus abgebogene Klinge in ihrer steilen Form viel ähnlicher einer La Tène Sichel als einer unserer gewöhnlichen modernen Sicheln. Originell ist auch eine leichte, höchst primitive Egge, bestehend aus einem 88 cm langen Querholz, an dem vier hackenförmige Astgabeln befestigt sind. Ein Heurechen „Gyabyl“, weist auf 272 Fritz Sarasin. dem Querstab, an dem die 13 Zinken sitzen, hübschen Dekor auf in Kerbschnitt (Rauten, Rosetten, Wolfszahnornament). Von künst- lerischem Sinn zeugt auch eine reich mit Kerbschnitt ornamentierte Holzschachtel mit Deckel. Zum Kultus des Schamanendienstes gehôren zwei Schamanen- vôgel „Eksseky“, einen Adler und ,Ssuor“, einen Raben dar- stellend in höchst roher Form eines Brettes mit zackenförmigem Ausschnitt. Von hohem vergleichend ethnographischem Interesse sind wieder drei Spielzeugtiere, einen Ochsen und zwei Kühe dar- stellend, geschnitzt aus einem berindeten walzenförmigen, unten flachen 141/:—20 cm langes Holzstück, dessen Rinde teilweise in Flecken oder Streifen abgeschält ist (Fleckviehdarstellung ?) und an deren Ende zwei Fortsätze als Hörner angeschnitzt sind. Sie sind in ganz auffallenderweise analog gewissen Typen unserer schweizerischen Spielzeugkühe, wie solchen von Vrin und Filisur im Kanton Graubünden, während die unberindeten Flecke wieder an den Typus des Simmentales erinnern. Noch weiter östlich bis an die pazifische Küste Sibiriens, bis zu den Amurländern und der Insel Sachalin enthält unsere Sammlung Objekte der von Schrenck so genannten paläasiatischen Völker der Giljaken, Golden und Oroken, deren ganze Lebensweise, im Winter in Erdgruben, Mardellen, im Sommer auf Pfahlhäusern des festen Landes wohnend, die auf 4-5 Fuss hohen Pfählen stehen, durchaus an SRE RON prähistorische Wohnweise erinnert, Von den Golden, die am untersten Amur und Sungari wohnen, sei vor allem hervorgehoben ein reich ornamentierter Mantel aus Fischhaut, auf dem neben bunten, blau und roten Bordüren ele- gante Muster in Spiralen und Arabesken in Form schmaler fein aufgenähter roter und blauer Streifen als Dekor befestigt sind. Auch auf einem Stück schwarzen Taffet sind solche ausgeschnittene Ornamentmodelle angebracht !). | Zum Kultus gehört eine Schamanentrommel mit Holzklöppel, welch letzterer mit Fell überzogen ist. Die Trommel besteht aus einer über einen länglich ovalen Holzreif gespannten unbehaarten Haut (Reh, Hirsch, Elch oder Rentier), auf deren Rückseite vier Schnüre mit zen- tralem Eisenring zum Halten dienen. Die Trommel wird von den Schamanen jener Völker unter Gesang und rhythmischen Tänzen gerührt, wobei schliesslich der Schamane, dessen reicher Metall- behang an Gewand und Gürtel dabei zum lautesten Klirren ge- bracht wird, in Ekstase verfällt. Der ganze Apparat dient vor- nehmlich zur Krankenbehandlung; durch Gesang und Trommel- 1) V. Schrenck, Amurlande, Bd. II, 3. Lieferung, Taf. XXI. Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 273 klang soll sich ein guter Geist „Kägn“ einfinden, der die Krank- heit vertreibt. Auch einige Idole aus Holz in roher Form, wo- runter ein 41 cm hoher Götze, der ebenfalls zur Vertreibung von Krankheiten dient, auch mehrere andere Hausgötzen, worunter zwei in Form eines Bären und eines Tigers sind vorhanden. Zu den kultischen Objekten gehört auch ein kleiner Bogen aus Holz, an dessen Sehne neun einfache Holzfiguren, teilweise rot bemalt, ange- bracht sind, welche die in den Himmel gekommenen Seelen dar- stellen „Gurki“. Von Birkenrindegeräten sind zwei Schachteln und ein Trinkgefäss vorhanden „Munwa“. Ein 87 cm langer orna- mentierter Holzlöffel, an dessen Stiel eine Kröte ausgeschnitzt ist, wird beim Bärenfest gebraucht. Zum Fischfang gehört ein ge- kerbtes Klötzehen aus rotem Lehm als Netzsenker. Nach Sachalin führen uns weiter östlich die mit den Giljaken verwandten Rentiernomaden, die Oroken. Von diesen besitzen wir eine Satteltransporttasche aus Birkenrinde mit Lederüberzug, einen Rentiersattel, dessen Gerüste aus Knochen hergestellt ist, ein aus Birkenrinde ausgeschnittenes Rentier als Kinderspielzeug, eine Satteldecke aus dem Fell von Rentierköpfen ee und eine hübsche Frauenhaube aus Seehundsfell. Die östlichste Gruppe dieser Paläasiaten unserer ie sind die Giljaken, welche namentlich das Flusstal des Tym, so- wie die Ostküste von Sachalin bewohnen. Bei ihnen, wie bei den andern Gruppen dieser Völker, machen sich auch chinesisch-mand- schurische Kultureinflüsse bemerkbar. Von den Giljaken besitzen wir eine viereckige Tasche aus Fischhaut, einen geschnitzten Holz- teller zu Festessen mit zwei Esstäbchen, einen hölzernen Fisch- löftel, ein 55 cm hohes, roh aus einem Stück berindetem Baum- stamm geschnitztes Idol, welches die Seele eines Schamanen dar- stellen soll „Krygrys“ und ein kleines Holzidol „Pitsch-Tschzai“ in Form einer Holzbüste, an dessen Kopf ein Bastbündel aufge- bunden ist. Das Idol stellt den Boten dar, durch welchen der Schamane die Krankheit des durch ihn geheilten Kranken weg- schickt. So gibt diese kleine Kollektion, die lauter authentische und vom Sammler selbst an Ort und Stelle gut bestimmte Objekte ent- hält, mit ihren über die ganze Breite von Sibirien, vom Ural bis zum stillen Ozean, zerstreuten Belegstücken uns doch ein gewisses Bild der jetzt wohl fast völlig verschwundenen, so überaus inter- essanten ursprünglichen Ergologie jener Naturvölker. Zum Schluss seien noch die aus Birkenrinde hergestellten Objekte zusammengestellt, die uns, mit andern unserer Samm- lung, die yon den Lappen, Finnen, Schweden und Norwegern 18 274 Fritz Sarasin. stammen, zeigen, welch ungemeine Bedeutung die Birke für die Ergologie jener nördlichen Völker hat, vergleichbar mit gewissen Palmen und dem Bambus bei tropischen Völkern. Eine Menge der wichtigsten Geräte, auch Haus- und Zeltdach, werden von jenen Nordvölkern aus Birkenrinde hergestellt. In unserer sibirischen Sammlung ist die Birkenrinde als Material vertreten bei den Jakuten: Schachtel und Milchgefäss; » Wogulen: Kinderwiege, Schale, Schöpfkelle, Mae Band wi - Ornamenten; „ Oroken: Satteltasche, Kinderspielzeug, Trinkgeliss; Golden: zwei Seen Aus Westgrönland schenkte uns Frau Dr. Ringier, Kärchdort das von Grönländern angefertigte Modell eines Kajaks mit dem Kajakmann und eines Frauenbootes. Weiter erhielten wir durch die freundliche Vermittlung von Herrn Prof. de Quervain und Frau Dr. Hüssly in Zürich das s. Z. von dem leider zu früh verstorbenen Dr. H. Hössly für uns von Ostgrönland für unser Museum mit- gebrachte Kajak. Es unterscheidet sich in Grösse: 5m 62 cm lang, 48 cm breit und 15 cm hoch, kaum von einem solchen aus Westgrönland, ist aber wichtig als Arbeit der reinen unvermischt gebliebenen Eskimos von Ostgrönland. Angeblich ebenfalls aus Ostgrönland stammen drei gekaufte gute alte Schnitzereien aus Elfenbein, zwei Walrossköpfe und einen Menschenkopf darstellend, wohl als Amulette gebraucht. Auch zwei etwas rätselhaft gebliebene Objekte: zwei ca. 9 cm lange, 2!/s cm breite und ca. 1 cm dicke, leicht konkav konvex geformte Knochenbügel, deren untere konvexe Seite je zwei Reihen konischer aus dem Knochen geschnittener Buckel zeigt und die mit Leder- riemen zur Befestigung versehen sind. Vielieicht handelt es sich hier um eine Art von ,Steigknochen“, statt unserer „Steigeisen“, um, nachdem diese an die Stiefel angeschnallt sind, besser auf dem Eise gehen zu können. Endlich soll von den Eskimos von Labrador stammen ein Fos daran ähnlich solchen der Feuer- länder. Afrika. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. Leop. Rütimeyer.) Die afrikanische Sammlung weist pro 1920 mit 134 Nummern einen, wenn auch gegenüber den Vorkriegsjahren bescheidenen, doch immerhin etwas grössern Zuwachs auf, als in den letzten Jahren. Ganze Originalsammlungen wie früher etwa fehlen dabei Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 275 leider, mit Ausnahme der koptischen Altertümer. Immerhin gelang es, manche einzelne gute Stücke zu erwerben. Alt-Aegypten weist nur eine katalogisierte Nummer auf, eine 12!/2 cm hohe, elegant gearbeitete gehenkelte Alabastervase aus dem mittleren Reich (Geschenk von Herrn Dr. 8. Fluri). Doch harren der Katalogisierung pro 1921 einige sehr gute alte Stücke, so Grabreliefs aus der 4. und 6. Dynastie, die Herr Dr. K. Forcart mit einer grössern Schenkung altarabischer Objekte aus Kairo mit- gebracht hat. ‚Aus der grossen, bekannten Achmim-Sammlung des Herrn Dr, Forrer in Strassburg konnten wir 28 Objekte erwerben. Der genannte Forscher hat seine Sammlung anfangs der 1890er Jahre durch eigene Ausgrabungen in Achmim-Panopolis zusammengebracht. Sie umfasst Grabfunde des berühmten Gräberfeldes von Achmim in Mittelägypten, welches Gräber mit ihren Beigaben birgt vom 1. Jahrh. n. Chr. bis zum Beginn der arabischen Invasion in Aegypten, also aus hellenistisch-römischer, koptisch-byzantinischer und alt- arabischer Zeit, etwa sieben Jahrhunderte umfassend. Zu den ältesten Stücken unserer Erwerbung, der römischen Kaiserzeit des I. und IL. Jahrhunderts angehörig, sind 2 Mumienmasken, wie sie, wie bei den bekannten Mumienporträts in Malerei auf Holz, über das Gesicht des Toten in die Mumienbinden eingewickelt wurden und als Porträt desselben dienen sollten’). Die eine Maske aus weissem Gyps mit Spuren -alter Bemalung stellt den Kopf eines jungen Mädchens dar in feiner Ausführung, wohl unter hellenisti- schem Einfluss. Die zweite ist aus gefärbter Papiermache-Masse hergestellt als Porträt eines Mannes mit goldenem Stirnschmuck. Leider ist die eine Gesichtshälfte defekt. Zu den Totengebräuchen gehört ebenfalls der obere Teil eines Leichenbrettes mit Kopfausschnitt, sowie eine Totenstange. Toten- brett und Totenstange wurden, indem die Mumien statt eines Sarges auf diese gelegt wurden, beim Leichentransport zur Versteifung der Leiche gebraucht°), ferner eine Mumienbinde als Schlusstück der Mumienverschnürung mit demotischer Aufschrift, eine Totenetikette in Form eines Holztäfelchens mit demotisch-ägyptischer und grie- chisch-koptischer Inschrift (diese Etiketten enthalten meist Angabe -über Name und Herkunft des Toten), zwei Weihbrotstempel für Weihbrote, die als solche oder in Nachbildungen den Toten bis in : die christlich-koptische Zeit ims Grab beigegeben wurden, ebenso eine Totendattel und -Feige aus Holz. ?) Vergl. R. Forrer, Reallexikon der prähist., klassischen und frühchristl. Altertümer, 1907, p. 500. 3) Vergl. L. c. Taf. 126, Fig. 4 und 5. 276 Fritz Sarasin. Einer spätern Zeit, dem IV.—VII. Jahrhundert, gehört an eine Menasflasche, gehenkelt, in kreisrunder Form, aus gepresstem Ton mit dem Bild des Heiligen. Diese Fläschchen waren ein weitver- breites Andenken der Pilger, die zum Grabe des Märtyrers in der in den Jahren 1905—1908 von der Expedition Falls neu entdeckten Menasstadt südwestlich von Alexandrien wallfahrteten und sie dort mit Öl füllten, das am Grabe des Heiligen gebrannt hatte. Weitere Grabbeigaben sind eine zylindrische Holzbüchse und Deckel, ein Weberkamm, ein Strohkôrbchen, eine Getreideschaufel mit Handgriff für einen Linkshänder, eine Anzahl Ollämpchen ver- schiedener Form, ein sog. Ostrakon, eine Topfscherbe mit grie- chischer Aufschrift in schwarzer Tusche, wie sie oft für Steuer- quittungen und andere Dokumente gebraucht wurden. Zur weib- lichen Toilette — auch wieder in neuester Zeit von den Damen gebraucht! — ist ein halbmondförmiges Polster, wie es, auf den Vorderkopf gebunden, als Unterlage für einen hier aufgebauschten Wulst des natürlichen Haares der Frauen diente. Schmuckgegen- stände sind ein Armring aus Bronce und zwei Ohrgehänge, von: denen eines mit dem christlichen Kreuze (V.—VI, Jahrhundert). Als Vertreter der in Achmim reichlich gefundenen, teilweise von grosser technischer Vollkommenheit und Schönheitssinn zeugenden Gewebe figuriert ein Clavus einer antiken Toga*) in Form eines runden Stückes dunkelbrauner Purpurwolle, wie solche als aus- zeichnende Kleidzier bei Vornehmen und andern aufgenäht wurden (ca. III. Jahrhundert), sowie ein Leinwandstück mit aufgenähten farbigen Flicken aus byzantinischer Zeit (ca. V. Jahrhundert). End- lich schliesst eine allerdings sehr zerschlissene arabische Mütze aus einem altarabischen Männergrab von Achmim-Stadt die kleine Reihe dieser Dokumente, welche uns als Belegstücke einer wechselnden Kultur im Bereich vom 7.—8. Jahrhundert vorliegen. Es würden sich hier nun anschliessen eine Anzahl von alt- arabischen Objekten, von denen namentlich teilweise sehr schöne Scherben in Fayence und Glasmalerei genannt seien aus dem 9. bis 15. Jahrhundert, die uns Herr Dr. Forcart schenkte und im nächsten Jahresbericht näher aufgeführt werden sollen. Aus dem modernen Nordafrika sind nur drei hübsch ver- zierte Pfeifenrohre aus Mogador, Marokko, zu verzeichnen. Aus Westafrika hat uns das Berichtsjahr ziemlich reichen Zuwachs gebracht mit einigen guten Stücken. Aus Togo stammen ein Lippenpflock, eine Nackenstütze, schwarzgefärbtes Baumwolltuch mit aufgedruckten weissen Mustern, 4) Vergl. 1. c. p. 151, Fig. 148. OP AU] BEP STEP CS Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 211 eine Häuptlingsmütze mit rot gefärbten Grasfasern und drei Idole resp. Amulette aus Holz geschnitzt (Schutz gegen Diebe). Aus Dahome eine bemalte Holzmaske der bekannten Form, aus Süd- nigeria ebenfalls eine Holzmaske mit eigentümlichem, an eine Jakobinermütze erinnerndem Aufsatz. Ein sehr interessantes Stück, nach welchem der Vorsteher schon seit Jahren vergeblich ge- fahndet hatte, konnten wir durch Tausch mit der Berner-Sammlung erwerben, nämlich eines jener ca. 2'!/s m langen, aus einem vier- kantigen Balken mit vorderem Knauf bestehenden Schwimmhölzer, wie sie zum Verkehr zwischen den Inseln des Tschadsees gebraucht werden, indem der Eingeborene darauf liegt oder reitet und mit den Händen rudert. Das interessante Stück nimmt in der Ent- wicklungsreihe des Schiffsbaus wohl die unterste Stufe ein. Aus Kamerun kamen uns ebenfalls einige gute Stücke zu, so eine 62 cm lange Messingpfeife, welche der Vorsteher schenkte. Das schöne Stück gehörte dem Häuptling Jojabe von Bamenda, | der es einem deutschen Ingenieur schenkte. Es ist 62 cm lang und erinnert mit seinem reichen Dekor in Messingguss lebhaft an Stücke von Alt-Benin, von dem es wohl auch ein kunsttechnischer Ab- leger sein mag. Ebenso gehört dem Banjo-Bezirk an ein alter Elfenbeinzahn mit schön goldbrauner Patina und Ose zum Auf- hängen, der als Amulett oder Fetisch ebenfalls einem Häuptling angehörte (Geschenk von L. R.). Ein Janus-Idol, dessen Doppelkopf ausläuft in einen walzenförmigen, mit weissem Haar und Baumwoll- stoff bekleideten Leib, kommt aus einer Fetischhütte von Baful und soll das Führerzeichen des dortigen Häuptlings gewesen sein (Ge- schenk von L. R.); von gleicher Provenienz ist ein alter Fetischring aus Elfenbein mit schöner Patina (Geschenk von L. R.). Von Kleidungsstücken erwarben wir eine Balimütze von konischer Form mit rot und blauen Mustern bestickt und einem Kranze von roten Federn, sowie ein Paar sehr geräumige Balihosen mit einer Taillenweite von 82 cm. Eine alte, braunschwarz patinierte Elfenbein- flöte kommt aus Osidinge; von den Duala stammen zwei Kinder- spielzeuge in Form von Ente und Trog, aus Adamaua eine aus einem Stück hübsch geschnitzte Holzschale von 35 cm Länge und ein Dolch. Aus dem Lande der Fan stammt ein sehr schön ge- arbeitetes Wurfmesser, dessen Klingen grösstenteils umwickelt sind mit Messing- und Kupferdraht; aus Angola ein 85 cm hohes weib- liches, bemaltes Holzidol, welches auffallend einem männlichen unserer Sammlung gleicht, als dessen Herkunft angegeben ist Bonny, Beninküste. Aus Zentralafrika erhielten wir einen Dolch und einen eisernen Armring von Muata Kumbana, Oongostaat, eine Streit- 278 Fritz Sarasin. axt vom Kassai, Körbe und Speisedeckel aus Ruanda, ferner ein Spielzeug der Mombuttu in Form zweier kleiner, hübsch ge- schnitzter Holztrommeln, ein Saugrohr aus Uganda mit Dekor aus roten und gelben Grasfasern, am untern Ende ein Haarsieb, welches beim Saugen feste Bestandteile nicht durchlässt, also das gleiche Prinzip, wie die Saugröhrchen für Maté und wie es schon römische Saugröhrchen aus Metall aufweisen. Relativ sehr reichlich ist Südafrika vertreten. Von Herrn Prof. E. Fischer in Freiburg i. B konnten wir einen gut gearbeiteten konischen Holzmörser der Buschmänner erwerben, wie er zum Zer- stampfen von ausgegrabenen Wurzeln, Lauch und Zwiebelpflanzen dient, sowie einen Grabstock in Form eines oben mit natürlichem Knauf versehenen Spazierstocks, mit dem sich leicht Wurzeln aus- stechen lassen. Dazu schenkte er uns noch fünf Lederbracelets. Diese Buschmannobjekte wurden von ihm selbst von einem Trupp von Buschleuten erworben nördlich vom Objikotosee, südliche Etoschapfanne im Jahre 1908. Von den Basutos der Umgebung von Senekal erwarben wir eine kleine Kollektion von Perlenarbeiten und solchen in Geflecht von feinem Zinn- und Kupferdraht, wie Bracelets, Fibeln zum Mantelschluss auf der Schulter, Halsschmuck, Gürtelschnüre, Haar- pfeil, Spiegel mit Perlenbehang, Büchschen aus Flaschenkürbis. Zwei originelle Puppen, 29 und 38 cm hoch, in Form eines mit Perlen überzogenen konischen Holzstückes, wobei Gesicht und obere Extremitäten besonders markiert sind (Geschenk von L. R.). Von den Ovambo kommt ein Dolch, eine Tabakpfeife aus Bambusrohr, zwei Schöpfgefässe aus Holz geschnitzt, ein kelchförmiger Holz- becher; von den Herero ein Halsschmuck aus Holz mit Eisen- garnitur, von den Zulu ein Zauberlôffel, aus Holz geschnitzt, mit einem Krokodil am Stilende, welcher angeblich dem Leibzauber- doktor des Königs Ketewayo angehört hatte, eine mit Eisendraht umwickelte F'etischkeule, eine Schamschürze einer Häuptlingsfrau aus Leder mit Glasperlendekor, ein Armschmuck, je drei aus Holz geschnitzte Spielzeugtiere, von denen zwei ein Nilpferd und einen Papagei darstellen. Auch unsere bis dahin nur sehr bescheidene ostafrikanische Abteilung erhielt einige Bereicherung, so ein guitarrenartiges Saiten- instrument, eine Schleuder und einen Armring aus dem bei uns noch nicht vertretenen Ufipa. Von den Makonde kamen zwei Tanzmasken, von denen der Vorsteher eine schenkte, wie sie zu den Unyago-Tänzen gebraucht werden, wobei junge Burschen bei den Mannbarkeits- und Beschneidungsfesten (Unyago) der Mädchen und Knaben mit diesen Masken auftreten und in furchterregender ER iss ” 5. 5 a % CRE ER TT RS PP PTE Din een nn Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 279 Weise die sexuellen Beziehungen der zwei Geschlechter in diesen Maskentänzen vorführen °). Ebenso sind von den Makonde eine Tabaksdose und zwei Deckel solcher mit hübschem Kerbschnittdekor. Originell ist eine topfförmige Maske aus Flechtwerk, dicht mit Kauri besetzt, vom Kilwasee, am Südende des Nyassasees. Weitere, teilweise den Sammlungen des Grossherzogs Ad. v. Mecklenburg entstammende Objekte sind ein Holz- und Tonbecher, ein Holzbecher aus Wa- niamwesi, ein kleiner Holzschild, 43 : 13 cm. aus Usukuma, Dolch und Schwert aus Urundi, endlich ein alter bogenförmiger Kopfschmuck der Massai aus Leder mit Besatz von schwarzem Haar und Hahnenfedern. Aus dem Ostsudan kommt ein Kolfläschehen der Bedja, zwei Schmuckringe der Beduinenfrauen aus Kordofan, eine Haarpinzette aus Abyssinien und ein eiserner Armring der Bongo vom weissen Nil. Vorderasien ist dieses Jahr nur vertreten mit einem schönen Yatagan, dessen nähere Herkunft leider unbekannt ist (Geschenk des Hist. Museums Basel). China-Japan. (Bericht des Vorstehers, Pfr. Sam. Preiswerk.) Wer heute durch den chinesisch-japanischen Saal unsere Samm- lung betritt, den begrüssen gleich beim Eingang drei mächtige, hoheitsvolle Gestalten. Uberschattet vom hochragenden Nimbus thronen sie mit halbgeschlossenen Augenlidern in unnahbarer Feierlichkeit auf ihren reichen Lotospostamenten. So hätten sie schon im Juni 1917 bei der Einweihung und Eröffnung des neuen Hauses den Festgästen einen stimmungs- und weihevollen Willkomm bieten sollen, was aber, wie eingangs erwähnt, durch den Ausbruch des Weltkrieges vereitelt worden ist. Es sind drei Holzstatuen, mit Lack und Vergoldung geziert, von denen die kleinste volle Lebensgrösse aufweist. Ihr Alter darf auf 200 bis 300 Jahre an- genommen werden. Zwei davon stellen Buddha dar, die dritte Kwannon, die Gottheit der Barmherzigkeit, welche meist in Frauen- gestalt, in unserem Falle aber als Mann gebildet ist. 5) Vergl. Weule, Mitteilg. aus d. deutschen Schutzgebieten, Ergänzungs- bericht No. 1, p. 112 ff. -280 Fritz Sarasin. Vorderindien und Persien. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Der Eingang ist sehr spärlich: eine persische Frauenjacke, Geschenk von Herrn Dr. S. Fury, ein indisches Kinderspielzeug, Ochsenwagen, von Frl. M. Ganz, und ein gewobenes Band, ver- mutlich Brettehenweberei, von Herrn P. Sarasin-Alioth. Malayischer Archipel. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Der Zuwachs der Abteilung beträgt 272 Gegenstände, die sich auf die Inseln Ambon, Bali, Borneo, Celebes, Ceram, Java, Lombok und Sumatra verteilen. Um mit letztgenannter Insel zu beginnen, verdanken wir unserem alten Gönner, Herrn G. Forrer, zwei voll- ständige Webstühle und eine Reihe aus Horn geschnitzter Kugel- halter nebst Patrontaschen der Battak; drei höchst originelle Battak- lampen in Form menschlicher Figuren überwies uns ebenderselbe als Deposita. Aus den Padang’schen Bovenlanden stammt ein grosses Modell eines Ochsenwagens, das Herr Æ. Schiess schenkte. Sehr erfreulich ist der Zuwachs aus Java, da einige fühlbare Lücken ergänzend. Dies gilt zunächst für die Wajangpuppenspiele. Von Wajangfiguren gibt es mehrere Arten, bekleidete Vollfiguren, Marionetten also, mit beweglichen Armen, ferner aus Lederplatten ausgeschnittene und bemalte, endlich flach aus Holz gearbeitete. Von Marionetten hatten wir bisher nur zwei isolierte Stücke be- - sessen. Herr Dr. P. Wirz schenkte nun dem Museum ein voll- ständiges Puppenspiel (die damit aufgeführten Stücke sind alt- indischen Heldengedichten entlehnt) von 41 Marionetten, mythische Fürsten und Fürstinnen, Gottheiten und dämonische Figuren, sowie einige komische Volkstypen darstellend ; hiezu eine Anzahl aus Leder seschnittener Zubehörartikel, wie Pferd und Drache, sowie diverse Waffen. Weiter verdanken wir sechs sehr gute, aus Holz gearbeitete und bemalte Wajangfiguren Herrn Dr. W. Hotz. Zum Wajangspiel sehört als begleitende Musik der Gamelan, dessen vornehmste Be- standteile grosse Schlagklanggeräte mit Reihen von Holz- oder Metallplatten und mit beckenförmigen Bronzeglocken bilden. Ein vollständiger Gamelan aus der Sammlung des Herrn Dr. P. Wirz wurde angekauft; er besteht ausser aus drei grossen Schlagklang- geräten aus einem mächtigen Bronzegong, diversen Trommeln, Flöten, geigenartigen Instrumenten und einer sehr umfangreichen Zither. Alle diese Dinge mussten einstweilen wegen Mobiliarmangel maga- re nn ug San de a a Dann ana Se Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 281 ziniert werden. Einen Angklong, das javanische Bauernmusikinstru- ment aus Bambusröhren, schenkte Herr @. Forrer. Eine andere typisch javanische Betätigung ist die Battiktechnk, d. h. das Färben der Stoffe mit Abdeckung durch aufgetragenes Wachs der Stellen, welche in den verschiedenen Farbbädern keine Farbe annehmen sollen. Sehr willkommen war daher eine von Herrn Dr. Hotz geschenkte Serie von Stoffmustern, welche die verschie- denen Stadien des Entstehens der Ornamente durch Abdecken mit Wachs zur Darstellung bringen. Hiezu der Thonherd zur Erwärmung der Wachskanülen. Falsche Battiks werden nicht durch Abdecken, sondern mit Druckstöcken hergestellt, von denen ein eiserner gleich- falls vorliest (Sammlung Wirz). Einige Hausgeräte und ein Haus- modell komplettieren die Schenkung des Herrn Dr. Hotz. Aus der javanischen Sammlung des Herrr Dr. P. Wirz seien noch als Haupt- gegenstände erwähnt: Fanggabel für Amokläufer, Signaltrommel, Messingbecken und Spucknäpfe, Tragkörbe mit Tragstange, Reusen und andere Fischereigeräte, Spielzeug, Backwerkmodel und Be- schneidungsgeräte. ‘Aus Bali wurden erworben eine hölzerne Dämonenstatuette, eine noch unfertige Wajangfigur, ein bunter Speisedeckel und ein Körbehen, aus Lombok eine alte Tiermaske (Sammlung Dr. P. Wir2). Borneo. Herr Dr. W. Hotz hatte uns schon in früheren Jahren von seinen Studienreisen in Borneo wertvolle Objekte mitgebracht und hat uns nun aufs Neue mit einer sehr reichen Sammlung von dort bedacht, 120 Gegenstände ohne die Dubletten umfassend. Diese stammt aus Britisch Nordost-Borneo, und zwar sowohl aus den Küstengebieten, als aus dem Innern von den Dajak, welche die höchste Erhebung der Insel, den Kinabalu, umwohnen. Die primi- tive Kultur dieser letztern ist repräsentiert durch Kriegsmützen, aus Rotang geflochten, deren Dach eine alte chinesische Porzellan- tasse bildet, während aufgebundene Eberhauer die Schläge ab- schwächen sollen, weiter eine aus einem Kürbis sehr roh her- gestellte Gesichtsmaske, Zaubermittel zum Beschwören böser Geister und Abwehr von Krankheiten, Feuerzeugdosen mit Eisen- stab und Silex, auch Feuerzeuge, nur aus einer gegen einen Bambus geschlagenen Porzellanscherbe bestehend. Von Musikinstrumenten sind Bambuszither, Pansflôte und Maultrommel zu nennen, von Kleidung und Schmuck dicke Baststoffjacken, Hüte, davon einer aus Holz, Gewebe aus Pisangfasern (hiezu der Webstuhl mit Zu- behör), Armspangen und Halsring aus Messing, Gürtel äus Rotang mit aufgereihten Metallzylinderchen und Ringen oder von einer Drahtspirale umgeben, Brustbänder aus Glasperlen, Hüftbänder aus 282 Fritz Sarasin. bunten Rotangspiralen, Kämme aus Knochen und Holz, Haarnadel aus Knochen etc. Weiter von Hausrat diverse Dosen und Holz- gefässe, Körbe und anderes Flechtwerk, Thongefässe und die Geräte zu ihrer Herstellung: Klopfbrettchen und Töpferstein ; hiezu einige Fallen. Höher steht die Kultur der Küstenstämme. Die Holzschilde der Orang Illanun erinnern durchaus an philippinische Formen, die Schwerter an solche der Sulu-Inseln. Die Lanzen zeigen malayischen Typus, wobei es auffallend, dass die Ornamente der Metalleinfassungen chinesischen Charakter zeigen. Eigenartig sind lange, dicht ge- wobene Bänder, die von Kriegern um Oberleib und Schultern ge- wickelt werden, offenbar als Ersatz eines Panzers. Ein solches 41) m langes und 8 cm breites, starkes, mit Stofftroddeln ge- schmücktes Band trägt die Aufschrift: „Kampfschärpe des Sherif Mohammad, gebraucht beim Aufstand April 1915, der Träger ist gefallen bei Randassan, 27. April 1915, Westküste Britisch Nord- Borneo“. Sehr schön sind die gewobenen Stoffe, zu denen auch der Webstuhl nicht fehlt. Hiezu Ruder, Reusen, Körbe etc. Als be- merkenswert sind noch Schmuckketten der Frauen von Kotabelud zu nennen, bestehend aus durchbohrten weissen oder auch violetten, bläulichen oder hellgrünen Muschel- oder Schneckenschalen-Scheib- chen von ca.3 mm Durchmesser, durchaus erinnernd an die Muschel- geldschnüre Melanesiens und vermutlich auf einer alten Tradition beruhend. Die berühmte Metallindustrie von Brunei ist in der Hotz’schen Schenkung reich vertreten. Ein hervorragendes Prachtstück ist ein Gong von 44 cm Durchmesser, mit Rankenmustern dekoriert und auf der Aussenfläche drei in erhabener Arbeit ausgeführte vier- beinige Drachen (Nagas) tragend, interessant ein reich ornamen- _ tiertes Kanonenrohr, eine eingeborene Imitation einer portugiesi- schen oder holländischen Schifiskanone. Durch gefällige Formen erfreuen eine Reihe von Kannen, Dosen und Deckelkästchen, mehr als Spielzeug sind vermutlich in Rundfiguren eines Krokodils und eines Drachen anzusehen. Die Insel Ceram ist bisher so gut wie gar nicht in unserem Museum vertreten gewesen. Um so erfreulicher war daher eine Sammlung aus West-Ceram, die wiederum Herr Dr. W. Hotz an- lässlich einer geologischen Forschungsreise für uns angelegt hat. Sie besteht aus zierlich geschnitzten Kämmen mit Perlmuttereinlagen, Stirnschmuck aus Conusscheibchen, Kopf- und Lendenschmuck- bändern aus schwarz und gelbem Flechtwerk, Haarnadel aus Knochen, hübsch ornamentierten Bambusdosen, Körbchen, Kalkkürbis, Haut- kratzer aus Horn und sieben ineinander passenden Schachteln aus _Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 283 Pandanusblattstreifen in Holzrahmen, bunt bemalt und mit Orna- menten aus Cypraeaschalen geschmückt; die grösste ist 52 cm hoch und lang, die kleinste 17 cm lang und 12 cm hoch. Aus Celebes erhielten wir von Herrn V. Jenny in Makassar einen Kindergürtel aus Metalldraht von Sidenreng, aus Ambon von Herrn Dr. P. Wirz einen Sagoklopfer aus Bambus. Melanesien. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Der diesjährige Zuwachs stand völlig unter dem Zeichen des gewaltigen Materials, das Herr Dr. P. Würz von seiner Forschungs- reise in Holländisch Neu-Guinea mitgebracht hat und das die im letzten Jahresbericht erwähnte erste Sammlung von dort nach allen Richtungen hin vervollständigt und äusbaut. Herr Dr. Wirz hat in liberalster Weise dem Basler Museum alle Stücke, die es wünschte, gegen Vergütung der Transportkosten als Geschenk überlassen. Von den Wirz’schen Forschungsergebnissen ist bis jetzt erst einer der vier Teile erschienen, unter dem Titel: „Die Marind-anim von holländisch Süd-Neu-Guinea, Die religiösen Vor- stellungen und Mythen der Marind-anim und Herausbildung der totemistisch-sozialen Gruppierungen“, Die meisten Objekte der Wirz’schen Sammlung stammen von den genannten Marind, sowohl aus der Küstengegend, als von weiter inlands gelegenen Gebieten, einiges auch vom Stamm der Jee-anim, die ostwärts an die Marind grenzen und vom Digulfluss westlich davon. Der Wert der Samm- lung wird sehr wesentlich erhöht durch den Umstand, dass wir durch Herrn Wirz die Erklärung der Bedeutung aller Objekte — die Sammlung zählt 617 Nummern — erfahren konnten. Es gilt dies namentlich für die Dema-Figuren, Darstellungen der mythischen Vorfahrengeister, die als die Urheber alles Bestehenden in der lebenden sowohl, als der leblosen Natur gelten. Diese Demas werden bei gewissen Festlichkeiten in bizarren Kostümen mit ihren Attributen dargestellt. Wir besitzen die vollständige Ausrüstung des Bogen-Dema mit Bogen und Känguruh als Jagdtier auf dem Rücken, des Riesenstorch-Dema, der auf dem Rücken einen Riesenstorch mit seiner Fischtochter trägt, der Kormoran-, Krabben-, Schlangen-, Schwein- und Meer-Demas, des Areca-Dema mit dem Areca-Fruchtstand und des Sago-Dema mit einem Tausend- fuss auf dem Rücken. Die Kopfmaske dieses Dema bildet eine 3 Meter hohe aus leichtem Holz hergestellte Sagopalme, von Vögeln umflattert; am Stamm klettern ein Roche und ein Sägehai. Sechs dieser Dema-Repräsentationen sind montiert worden und bilden 284 ‘ Fritz Sarasin. nun einen bedeutenden Schmuck unseres melanesischen Saales. Hiezu kommen eine grosse Zahl, über 40, aus Holz, Faserwerk, einige auch aus Vogelbälgen, gefertigte, zum Teil sehr umfangreiche Figuren, wohl hauptsächlich Dema-Embleme, die bei Zeremonien auf dem Kopf oder Rücken getragen werden. Darunter sind Vögel, wie Tauben, Ibis, Reiher, Storch, Kakadu, Seeadler, Nas- hornvogel und Casuar, Fische, mit Vorliebe der fliegende Fisch, Schlangen, Krokodile, Eidechsen, Schwein, Kokosratte, seltener - vegetabilische Objekte, Jamsknollen und Kawapflanzungen. Er- wähnen wir noch eine mehrere Meter lange und hohe Dar- stellung der Meereswellen und gewaltige, bunt bemalte, bis 2 m 50 hohe Tanzschirme, Objekte, die wegen ihrer Grösse im Treppen- haus mussten untergebracht werden. In diesen Zusammenhang gehören auch der Festschmuck für Jünglingsreigen verschiedener Einweihungsgrade, Tanzrasseln, Tanzschürzen, Federstäbe, Zere- monialstäbe und -Keulen und anderes mehr. Zwei Ahnenstatuen aus Holz und eine auf ein Palmholzbrett in impressionistischer, an moderne Kunst erinnernder Manier, aufgemalte Halbfigur dienen nach Angabe des Sammlers dazu, in Kokospflanzungen Verstorbener aufgestellt zu werden. Erwähnt sei auch die Maske eines Toten- geistes. Ungemein reich vertreten sind die Zauberhölzer und Zaubersteine mannigfacher Bedeutung. Ein leicht kahnförmig aus- gehöhltes Stück Brauneisen genoss als Kanu-Dema Verehrung. Ein eigentümliches hohlzylinderförmiges Holzstück wird bei Kopf- jagden mitgeführt. Zu den schon im letzten Bericht erwähnten Kopfjagdtrophäen sind noch einige weitere, aus Schädeln und Knochen bestehende hinzugekommen, sowie die Vorrichtungen, um die Schädel aufzuhängen. Die Musik ist durch riesige, sanduhr- förmige Trommeln, Holztrompete, Flöte, Pansflöte, Maultrommel und Schwirrhölzer repräsentiert. Eine hübsche Gruppe bildet das Kinderspielzeug: Keulen, Pfeilbogen, Kanu usw. in Miniatur- ausgaben. Die Waffen sind vertreten durch prächtige Holzschilde vom Digulfluss, Speere und Speerwerfer, Kopfjagdkeulen, aus Holz oder mit Steinscheiben, isolierte Keulensteine, Bogen und Pfeile für Jagd und Krieg, Armschutzvorrichtungen beim Bogen- schiessen und ein eigentümliches, an Australien erinnerndes Holz- schwert. Ungemein zahlreich ist der Körperschmuck repräsentiert für beide Geschlechter und ihre verschiedenen Altersstufen. Fast das ganze Tierreich, besonders reichlich marine (Nautilus) und Landmollusken, sowie die Vogelwelt und unter diesen wieder mit Vorliebe Kasuar und Paradiesvogel, sind hiefür in Kontribution gesetzt worden. Kopf, Stirne, Nase, Hals, Arme und Brust werden mit Schmuckstücken bedeckt, die Haare durch künstliche Ver- Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 28 längerungen in stattliche Perücken verwandelt. Die bei Trauer- fällen übliche Kleidung beider Geschlechter ist durch viele Stücke belegt. Zum Hausrat übergehend, erwähnen wir Steinbeile und viele lose Klingen, Knochennadeln, Bohrer mit Haifischzahnspitze, chirurgische Geräte, Kokosnussöffner aus Knochen, Kalkspatel und Kalkkürbisse, Rauchröhren und Tabak, Feuerhölzer, Sagoklopfer, Wassergefässe aus verschiedenem Material, Kokosbecher, Holz- schalen, Holzmörser, zahlreiche zum Teil bunt ornamentierte Taschen, Säcke und Körbe, Kindertragkorb und Schlafmatte. Die Fischerei ist illustriert durch Netze, Reusen, Fischkorb, Angelhaken und Ruder. Zum Hausbau gehört ein 3 m hoher, bemalter und mit ausgeschnitzten Eberhauern dekorierter Pfosten einer Hütte, in der die Festschweine getötet werden. Bemerken wir noch zum Schluss, dass zur Illustration einer Reihe von Techniken und Farb- methoden auch die Rohmaterialien von Dr. Wirz gesammelt wor- den sind. Aus anderen Teilen Neu-Guineas sind eine Anzahl Objekte angekauft worden, darunter bemerkenswert eine Maske vom Sepik- fluss und ein sitzendes Idol von der holländischen Nordküste. Ubergehend zu den Neu-Guinea vorgelagerten Inseln erwähnen wir von Neu-Irland zwei präparierte Menschenschädel, deren Gesicht mit Wachs aufmodelliert ist; darüber ist eine buntbemalte Kalkschicht aufgetragen; sie entsprechen den von Schlaginhaufen in den Verhandlungen des Dresdener Museums, Bd. 13, beschriebenen Stücken. Ihre Bedeutung scheint noch unbekannt zu sein; nach einer mitgesandten Notiz werden diese Schädel in einem Toten- haus aufbewahrt und beim Totenfest neu bemalt. Nach vielem Suchen gelang es, dieses Jahr die für Neu-Irland charakteristische Reibtrommel zu beschaffen, „Numut“ genannt, deren Ton an das Geschrei eines Esels erinnert; ebendaher stammt eine viele Meter lange Geldschnur aus Muschelscheibehen, mit Schweineschwänzen verziert; nach Parkinson dient dieses Geld zum Schweinekauf (beide Stücke Geschenk von F. S.). Eine Geldschnur aus feinen Glimmer- plättchen wurde mit der Herkunftsbezeichnung Mioko eingeliefert. Auf Neu-Britannien kommt, wie auf den Neuen Hebriden Schädeldeformation vor. Ein sehr charakeristisches Stück wurde angekauft; ebendaher stammen Brustzierrate von Kriegern, be- stehend aus rot bemalten Oberschenkel- und Oberarmknochen, ver- ziert mit Haarlocken des Erschlagenen und anderem Beiwerk, weiter ein beim Fischen angewandtes Zaubergerät, ein mit Federn und einer weissen Geldschnur geschmücktes Stück Orgelkoralle, ferner ein flaches, bemaltes, stabförmiges Idol, das aus einem Totenhaus stammen und frisch mit Federn geschmückt worden 286 Fritz Sarasin. sein soll bei Gelegenheit eines mit grossen Verlusten für den Feind abgewehrten Überfall. Von diesem Gefecht soll auch ein als Amulett dienender, hübsch verzierter Unterkiefer eines gefressenen Kindes herrühren. Vereinzelte Stücke wurden erworben von den . Admiralitätsinseln, Holzdolch,- St. Matthias-Gruppe, Beil mit Tridacnaklinge, Maty, Kamm und Louisiaden, Brustschmuck. Der Gesamtzuwachs der melanesischen Abteilung beträgt 644 Nummern. Australien. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Von den eingegangenen 16 Gegenständen mögen erwähnt sein ein über 2 m hoher bemalter Pfahl, nach Angabe Grabpfahl der Aranda, Zentralaustralien, 2 Phallusartige Steine (Grabsteine?), Tanzgerät, 2 gravierte Steintschuringas, Steinmesser und Halskette, alle gleichfalls von den Aranda, Haifischzahnmesser, Kerbholz und Nasenstab von Nord-Queensland. Polynesien. (Bericht des Vorstehers, Prof. Felix Speiser.) Diese Abteilung hat nur durch den Kauf einiger kleinerer Objekte zugenommen. Es sind dies ein durchbohrter Potwalzahn, der in den Marshallinseln von Männern als Schmuck getragen wird, ferner ein Stück alter Tapa, Rindenstoff, aus Samoa, der- jenigen Südsee-Insel, auf welcher die Herstellung dieses Stoffes wohl zur höchsten Vollkommenheit gebracht worden ist. - Aus der Carolinen-Insel Nauru wurden erworben ein Halsband und eine Steinschleuder mit einem spindelförmigen Schleuderstein, der durch seine Form an melanesische Schleudersteine erinnert. Amerika. (Bericht des Vorstehers, Dr. F. Speiser.) Leider hat der bisherige. Vorsteher der Abteilung Amerika Basel verlassen, so dass der Unterzeichnete die Verwaltung zu über- nehmen hatte. Herr Dr. Forcart hatte mit grossem Eifer an der Erweiterung der amerikanischen Sammlung gearbeitet, und seinen Anstrengungen sind wertvolle Erwerbungen zu verdanken. Wir hoffen, dass er auch fernerhin unser Museum nicht vergessen werde. Die wichtigste Arbeit in der Abteilung Amerika war in diesem Jahre die Beendigung der Katalogisierung der Sammlung Hassler. Es ergab sich als Gesamtzahl der katalogisierten Objekte rund Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 287 2500 Nummern. Da im letzten Berichte die wichtigsten Stücke der Sammlung schon besprochen worden sind, so haben wir hier nichts weiteres beizufügen. Es ist nur die Hoffnung auszusprechen, dass es uns bald möglich sei, über die nötigen Schränke zu verfügen, damit die Sammlung den zahlreichen Besuchern unseres Museums sichtbar gemacht werden kann, Von Herrn Carlos Behrens in Argentinien erhielten wir eine Tabakspfeife, zwei geflochtene Schnurtaschen und einen Thonkrug von den Tobas-Indianern aus dem Gran Ohaco zum Geschenk. Diese Stücke sind den entsprechenden aus der Sammlung Hassler sehr ähnlich und sind als für die kulturelle Verwandtschaft der in viele kleinere Stämme zersplitterten Chacostämme von Wert. Ge- schenkt von Herrn #, Vonder Mühll-Vischer wurden uns zwei mexi- kanische Wachsfiguren, aus der Sammlung von Lukas Vischer stammend. Durch Kauf erwarben wir zwei Holzmasken aus Bolivia. Sie sind wegen ihrer Ähnlichkeit mit afrikanischen Masken sehr auf- fallend id darum interessant, weil sie vom Typus der ameri- kanischen Masken im allgemeinen abweichen. Europa. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer.) Das Berichtsjahr steht in Bezug auf den quantitativen Zu- wachs hinter seinen Vorgängern erhohlich zurück, indem nur 145 Nummern neu hinzugekommen sind. Das hat seinen Grund einer- seits in der gebotenen Sparsamkeit, anderseits in dem wohl zu- fälligen Rückgang von Angeboten grösserer Kollektionen. Als solche sind zu nennen: 34 Objekte verschiedener Art, die der Vor- steher im Toggenburg erworben hat, und eine Sammlung von Gegenständen aus Finnland, die Herr Konietzko aus Ham- burg im Sommer dieses Jahres auf einer Reise in die dortigen Gegenden für unsere Abteilung zusammengebracht und Ende Dezember eingesandt hat. Da letztere im Berichtsjahr nicht mehr katalogisiert werden konnte, soll sie am Schlusse dieses Berichtes gesondert Erwähnung finden. Wie üblich, teilen wir die Eingänge, mit Auswahl des Wich- tigeren,. in sachliche Gruppen auf. In das Gebiet der Landwirtschaft im weitesten Sinne ge- hören zwei toggenburgische Bienenkörbe aus Strohstricken, ein bisher nicht vertretener Typus; ferner ein von Herrn Prof. Rüti- meyer geschenkter Kastanienenthülser (spadigia) aus Miglieglia, wodurch dieses Gerät, von dem nur ein Exemplar aus Italien vor- 288 Fritz Sarasin. handen war, auch für die Schweiz nachgewiesen ist. Demselben Donator verdanken wir zwei Käseformen von ebendort, während eine Zigermühle und ein irdenes Stossbutterfass im Toggenburg gekauft wurden. Zu den Beförderungsmitteln rechnen wir einen Hock- schlitten, der, von einem Bauernbuben aus der Nähe von Leuk in primitiver Weise hergestellt, als reines Sportzeug gedient hat, und zwar, wegen der Niedrigkeit der aus Bengeln bestehenden Kufen, nur zum Gleiten über die Grashalden, eine Verwendung, die der Referent selbst beobachtet hat. Ein Ocbsenjoch mit an- gebundenem Zugstück stammt aus dem Toggenburg, ein reich ver- zierter eiserner Deichselaufsatz aus Italien (Leihgabe. des Host. Museums). Von Fischereigerät sind 16 steinerne Netzsenker prähisto- rischer Form aus Locarno zu nennen, die Herr Prof. Rütimeyer geschenkt hat, als Handwerksgerät eine Seilwinde mit Holz- md (Toggenburg). Die Steintechnik ist durch zwei von Herrn Prof. E. A Stückelberg geschenkte Töpfe aus dem Bedrettotal vertreten, von Holztechnik der Kerbschnitt durch eine mit altertümlichen Ornamenten versehene Wiege und eine Holzschachtel aus dem Jura, sowie einen reich geschnitzten Sennenkappenmodel aus dem Appenzell, die Intarsie durch eine Brente mit eingesetztem Blumen- dekor aus dem Emmental, die Plastik durch eine aus einem Holz- block bäurisch geschnitzte Kreuzigungsgruppe aus Wil bei St. Gallen. Von Keramiken sind erwähnenswert eine Créminer und eine Heimburger Platte, letztere geschenkt von Antiquar Bourgnon, eine Matzendorfer Bartschüssel, ein Giessfass aus Steinhausen (Kt. Zug), ein Tavetscher Krug (Geschenk von Herrn Prof. Z. 4. Stückelberg) und verschiedene Teller mit bäurischem Dekor, von denen eine von Herrn Bourgnon geschenkt worden ist. Zum Textilgerät gehören zwei vollständige Spulräder verschiedener Konstruktion aus dem Toggenburg und von ebendaher ein Paar Leineweberbürsten. Volkstümliche Kunst zeigt ein elsässisches Pulverhorn mit primitiven Einritzzeichnungen, ein bemaltes Kästehen aus dem Jura, zwei Gedenkbildehen mit künstlichen Blumen aus dem Toggen- burg und eine komplizierte Papierausschnittarbeit aus dem Appenzell. ne Zum Hausrat übergehend, nehmen wir die Beleuchtung voraus. Von Steinlampen wurden zwei aus Lü, eine aus dem Wallis von Herrn Prof. Riütimeyer geschenkt, eine Oellampe, em Kerzenstock und Kerzenmodelgestell im Toggenburg gekauft. Eben- Sg - E EHE FREE OLE ARETIE SPP TEEN Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 289 falls Herrn Prof. Rütimeyer verdanken wir einen bisher unbe- kannten Typus von Kerzen aus Hanfstengeln, sowie von weiterem Hausrat eine birkenrindene Schnupfdose aus Grono, vier tessinische Kürbisflaschen, eine Backglocke nebst Brotfladen aus Miglieglia. Erworben wurde teils aus dem Jura, teils im Toggenburg ein kegelförmiger Gebäckmodel, ein Tabakmesser, eine Schnupftabak- reibe, ein grosser hölzerner Pfeifenkopf, zwei altertümliche Bein- löffelchen mit Darstellung eines Hahns am Griff. Aus dem Kapitel Spiel sind zu erwähnen eine Holzpuppe von primitiver Form aus Cierfs (Geschenk Æ.-X.) und neun Spiel- tiere aus Conters, wovon sechs aus Knochen, drei aus Holz, ge- schenkt von Herrn Dr. 5. Flury. Von Tesseln haben wir erhalten 28 Alptesseln aus Cierfs, acht ebensolche aus Eischoll, letztere als Geschenk von Herrn Prof. Rütimeyer, der uns auch zwei Milchmesstäbe aus Miglieglia übermittelte. Eine grosse Kehrtessel aus Ulrichen erhielten wir als Leihgabe vom Historischen Museum. Ein mit Hausmarke ver- sehener Holzstempel wurde im Toggenburg erworben. In die Volksreligion wie in die Volkskunst sind einzu- reihen jene Andachtsbilder in Glasgehäusen, wie sie in katholischen Gegenden überall in Gebrauch waren und als typische Zeugen echt bäuerlichen Kunstgeschmackes gelten können. Zwei solcher Stücke aus dem Jura, das Jesuskind in künstlichen Blumen dar- stellend, sind von dem Vorsteher geschenkt worden. Erworben wurden: ein Andachtsbildchen mit Reliquien aus Ebikon, ein kleines Anhängtäschehen mit dem Marienmonogramm aus dem Kt. Zug, zwei Skapuliere und ein gemaltes Votivbild von 1748 aus dem Toggenburg. Das jüdische Kultgerät wurde vermehrt durch eine „Mesille“ (Buch Esther), welche auf einen Pergamentstreifen von 3 m Länge geschrieben ist. Das Stück wurde uns nebst einem zugehörigen hölzernen „Deuter“ von Herrn V. Wyler-Wyler schenkweise über- macht, zwei Gebetsriemenkapseln („Tephillin“) von veralteter kleiner Form für die Stirn und für den Arm, sowie eine kleine beinerne Mesusa für die Uhrkette schenkte der Vorsteher. In das Gebiet des Aberglaubens gehört ein Täschchen zum Umhängen mit Allermannsharnisch, dem bekannten Abwehrmittel gegen Hieb und Stich. Endlich seien unter Varia zwölf Kriegsmünzen erwähnt, die uns Herr Oberst P. Sarasin-Alioth schenkweise übergeben hat. Die finnische Sammlung des Herrn Konietzko enthält fol- gende Gegenstände: 1 Pflug, 1 gezähnte Sichel, 1 Milchbrente, 1 Fassreifzange, 2 Holzzirkel, Netzschwimmer, 2 Angelhaken, 19 290 Fritz Sarasin. Netzsenker, 1 Fuchsfalle, 1 Schlittschuh, Schuhnähegerät, 1 Flachs- kamm, 1 Garnwickler, 1 Birkenrindenkorb, verschiedenes Tauwerk und zugehöriges Gerät, Beleuchtungsgerät, 2 Scheuerschwämme aus Birkenrinde, 1 Salzmörser, 1 hölzerne Schnapsflasche, 1 Birken- _rindenflasche, 1 Plätteisen, 1 Schweinezahn zum Ausplätten der Falten an den Frauenhauben, 1 Tabaksieb aus Birkenrinde, 1 Kukukspfeife aus Thon, 2 Spielkühe aus Knochen und aus Holz. Als Ergänzung zu der letztjährigen Kollektion aus Jämtland (Schweden) war den obigen Gegenständen beigefügt ein Holz, auf dem die Webegatterschlingen für den grossen Webstuhl geknüpft werden. Verzeichnis der Geschenke an das Museum für Völkerkunde im Jahre 1920. Polarländer. Frau Dr. Hüssly, Zürich: Ostgrönländisches Kajak, gesammelt von Herrn Dr. H. Hössly 7. „ Dr. Ringier, Kirchdorf: Kajakmodell. Afrika. Herr Prof. Æ. Fischer, Freiburg i. Br.: 5 Lederbracelets der Busch- männer. » Dr. $. Flury, Basel: Alabastervase des Mittleren Reiches, Aegypten. „ Prof. L. Rütimeyer, Basel: Messingpfeife, Elfenbeinzahn (Amulet), Janus-Idol, Fetischring aus Elfenbein (Kamerun), Maske der Makonde, 2 Puppen der Basutos. Vorderasien. Tit. Historisches Museum, Basel: Yatagan. China-Japan. Tit. Freiwilliger Museumsverein, Basel: 3 japanische Statuen, 2 Buddhas und eine Kwannon. | Herren Danzas & Co.: 2000 Fr. an die Transportkosten der japa- nischen Statuen. Herr Dr. P. Wirz, Basel: Ausstattung eines chinesischen Altars aus Zinn; 3 chinesische Kartenspiele und 2 Masken, alles in Sumatra erworben. Herr Frl. Herr Herr Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920, 291 Vorderindien und Persien. Dr. S. Flury, Basel: Frauenjacke, Persien. M. Ganz, Basel: Ochsenwagen, Kinderspielzeug, Vorderindien. P. Sarasin-Alioth, Basel: Gewobenes Band, Vorderindien. Malayischer Archipel. Ambon. Dr. P. Wirz, Basel: Sagoklopfer. Borneo. Herr Dr. W. Hotz, Basel: 120 Gegenstände (ohne die Dubletten), Herr aus Britisch Nord-Borneo: Schilde, Schwerter, Lanzen, Kriegs- mützen, Schmucksachen, Zaubermittel, Maske, Hausgerät, Töpferei, Dosen und Holzgefässe, Körbe und Tragkörbe, Feuerzeug, Ruder, Reusen, Fallen, Hüte, Kleider aus Baumbast und Gewebe, Webstühle, Musikinstrument, Bronzen von Brunei. Celebes. V. Jenny, Makassar: Gürtel von Sidenreng. Ceram. Herr Dr. W. Hotz, Basel: 28 Gegenstände: Kämme und Schmuck- Herr Herr Herr sachen, Dosen und Körbchen, Hautschaber, Kalkkürbis, in- einandersteckende Schachteln. Java. G. Forrer, Sumatra: Musikinstrument, Angklong. Dr. W. Hotz, Basel: 11 Gegenstände: hölzerne Wajangfiguren, Illustration zur Battiktechnik, Hausmodell, Hut und Haus- geräte, Dr. P. Wirz, Basel: 41 Wajangpuppen, 8 lederne Wajang- figuren und Zubehör. Sumatra. G. Forrer, Basel: Webstühle der Battak, Kugelhalter und -Taschen, 3 hölzerne Lampenfiguren (letztere Deposita). E. Schiess, Basel: Wagenmodell aus den Padang’schen Boven- landen. Melanesien. Dr. Fritz Sarasin, Basel: Reibtrommel und Geldschnur (Neu- Irland). 292 Fritz Sarasin. Herr Dr. P. Wirz, Basel: Umfangreiche Sammlung von 617 Gregen- ständen (siehe den Bericht) aus Holländisch Neu-Guinea. Amerika. Herr C. Behrens, Argentinien: Tabakpfeife, Taschen und Thonkrug der Tobas-Indianer. F. Von der Mühll-Vischer, Basel: 2 mexikanische Wachsfiguren. N Europa. Geschenke. a) An Gegenständen. (Die Zahl der geschenkten Gegenstände ist dem Namen des Donators beigefügt. Wichtigere Geschenke sind im Bericht eigens aufgeführt. Donatoren ohne Orts- bezeichnung sind in Basel wohnhaft.) Herr G. Baumberger, Bütschwil: 1. — Herr Antiquar Bourgnon: 2. — Herr Dr. $. Flury: 9. — Herr Prof. Dr. E. Hoffmann- Krayer: 7. — Frau Ochsner, Cham: 6. — Herr Prof. Dr. L. Rüti- meyer. 27. — Herr Prof. Dr. F. Speiser: 3. — Frau Prof. Speiser : 2. — Herr Prof. Dr. E. A. Stückelberg: 3. — Frau Wisner: 1. — Herr V. Wyler-Wyler: 2. b) An Leihgaben. Historisches Museum: 2. c) An Beiträgen in bar. Herr Prof. Dr. Dan. Burckhardt: Fr. 10. — Frau A. Forcart- Bachofen: Fr. 20. — Herr À. Gemuseus-Passavant: Fr. 20. — Herr Fritz Hoffmann: Fr. 500. — Herr Dr. K. R. Hoffmann: Fr. 50. — Herr @. Krayer-La Roche: Fr. 20. — Herr M. Krayer-Freyvogel: Fr. 20. — Herr Jacques Marx: Fr. 30. — Frau A. Sarasin-Vonder- Mühll: Fr. 20. — Herr E. R. Seiler-LaRoche: Fr. 10. — Herr A. Vischer-Krayer: Fr. 20. — Herr @. Zimmerlin-Boelger: Fr. 10. Anthropologische Sammlung. Herren Prof. F. Speiser und F. Sarasin, Basel: Vollständiges männ- liches, europäisches Skelett. Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1920. 295 Photographien-Sammlung. Herr G. Forrer, Sumatra: Photos von Sumatra. Dr. P. Revilliod, Genf: Bilderserie aus Süd-Amerika. Prof. L. Rütimeyer, Basel: Photos der Wakamba und Kabylen. P. Staudinger, Berlin:. Wertvolle Serie von Buschmann-Pho- tographien. 1 n Bibliothek. Herr Dr. K. Forcart, Basel: Globus von 1865 an; Kaufmann, Aegyptische Terracotten; Koch, Kaukasusländer; Maspero, Guide du Musée du Caire; Matthews, Hidatsa Indians; Nordenskiöld, Indianerleben; Schlagintweit, Indien; Schmidt, Indianerstudien; Stratz, Rassenschönheit des Weibes. Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer, Basel: Anthropos, Bd. I—XI; Boelsche, Mensch der Vorzeit; Caland, Totenverehrung; Cop- cevic, Albanien; Förderreutner, Allgäuer Alpen; Heierli und Öchsli, Urgeschichte Graubündens; Hellwald, Welt der Slaven; Hoffmann, Volkskundliche Bibliographie; Maurizio, Getreide- bearbeitung; Meringer, Stampfer; Pessler, Sachgeographie ; Rudnyckyi, Ukraina; Schmidt, Natur und Mensch; Schurtz, Tracht; Schwantes, Deutschlands Urzeit; Steinmann, Eiszeit; Volkart, Webesitter. Dr. P. Revilliod, Genf: Goeldi, Excavacoes archeologicas. Dr. J. Roux, Basel: Compton, String-figures New Caledonia ; van Kampen, Zeevisscherij Java. Prof. L. Rütimeyer. Basel: Anthropos, Bd. XIII; Geo- graphische Nachrichten, I—IV; Forrer, El Achmim; Bauern- farmen der Steinzeit; Matthes, Schleifwerkstätten. Alfred Sarasin-Iselin, Basel: von Luschan, Altertümer von Benin. Herren Dr. P. und F. Sarasin, Basel: Fortsetzungen Anzeiger für schweiz. Altertumskunde; Archiv f. Volkskunde; Praehist. Zeitschrift; Zeitschrift f. Ethnologie. Herr Dr. P. Wirz: Wirz, Marind-anim. n Tauschverkehr. Jahresberichte verschiedener Museen, Manuskript eingegangen 7. Januar 1921. Zweiundvierzigster Bericht | über die J. M. Ziegler’sche Kartensammlung | 1920. I. Geschenke. Prof. Eberhard Vischer: Andrees Handatlas. 2. Aufl. 1890. Kieperts Handatlas. 2. Aufl. 1871. Frl. M. E. Pümpin: Verkehrsplan der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien 1:15,000. 21. Bezirk: Floridsdorf. 1909. 1 Bl. Erben Th. Vischer-Vonder Mühll: Flemming, Kriegskarte No. 23 1: 320,000, No. 43 1:250,000. DE Helbing & Lichtenhahn: Exkursionskarte von Basel. 1 Bl. Erben von Dr. med. Paul Spiess: Karten 17 Bl., Stadtpläne 10 Bl., Panoramen 4 Bl. Prof. L. Rütimeyer (aus dem Nachlass von Prof. Ludw. Rütimeyer): (Geographische und topographische Karten der Schweiz, Deutsch- lands, Frankreichs, Italiens und der Türkei. 28 Bl. Geo- logische Karten. 16 Bl. II. Anschaffungen. Europakarte, Kümmerly & Frey. 1 Bl. Siegfriedatlas, 1 : 25,000 und 1:50,000, nachgetragene Karten von 19192257 Bl. Topographische Karte von Deutschland, 1:200,000. 12 BI. Messtischblätter von Deutschland, 1 : 25,000. 73 BI. Carte de la France, 1: 50,000. 52 Bl. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. 295 Magnetische Karte für Deutschland, 1 : 1,000,000, hrsg. v. d. preuss. Landesaufnahme nach Angaben des magnet. Instituts Pots- dam. 7 BI. Fliegerkarte. Ueberdruck der Karte des Deutschen Reiches 2 :200,000. Bl. 185: Freiburg'i. Br. 1 Bl. Rechnung für das Jahr 1920. Einnahmen. Altivsaldo voriger Rechnung. . - . .. . ,. Er 1,159.25 Jalıreshenträge. 2 nee 190. — Zinsen. See en 982. 50 Fr. 2,325..75 Ausgaben. Anschatangen; ed ur Er. 247. 40 Honorar N N EE 15. — Sallorauı neue,Rechnung... + „nn sn. 22.063.383 Fr, 2,323. 15 Status. Beelenlagen!)) © Nr 18,500. BASS 00.2 0 u a ee N 2,063.99 Vermögensbestand am 31. Dezember 1920 . . . Fr. 20,563. 35 5 „ 31. Dezember 1919... ...7.,.19,653225 10 Zunahme 0. Br 910. Basel, den 19. Januar 1921. Dr. C. Chr. Bernoulli. Für den Vorstand der Naturf. Ges.: Felix Speiser, Bibliothekar. 1) Die angelesten Kapitalien sind beim Schweizerischen Bankverein deponiert. Chronik der Gesellschaft. Geschäftsjahr 1920—21. Vorstand. Herr Prof. E. Hedinger, Präsident. » Dr. A. Tobler, Vizepräsident. Dr. E. Banderet, ab März 1921 Dr. P. Ruggli, Sekretär. » Dr. A. Gansser, Kassier. » Prof. A. Buxtorf, Redaktor. » Prof, F. Speiser, Bibliothekar. Das abgelaufene Geschäftsjahr ist in der Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft als ein normales Jahr ruhiger Arbeit zu verzeichnen. Leider hat die Gesellschaft wieder den Verlust einer Reihe hervorragender Mitglieder durch den Tod zu betrauern, der Herren Dr. Paul Spiess, Prof. Dr. von Bunge, Dr. G. Finsler, Dr. H. Schumacher, Prof. Dr. A. Riggenbach, Dr. Rud. Merian, Dr. E. Grossmann und Dr. Karl Hagenbach- Burckhardt. Anderseits hat sich durch Aufnahme einer Reihe neuer Mit- glieder der Bestand ungefähr auf gleicher Höhe erhalten. Die Herren Prof. E. de Margerie in Strassburg und Prof. E. Nölting in Mülhausen konnte unsere Gesellschaft als Ehrenmitglieder be- srüssen, Herrn Prof. Jules Piccard zum 80., Herrn B. Plüss und Herrn Prof. E. Nöliing zum 70. Geburtstag die besten Glück- wünsche aussprechen. Durch private Sammlung unter den Mit- gliedern konnte die österreichische Gesellschaft für Meteorologie mit einem Beitrag unterstützt werden. Ordentliche Sitzungen haben 15 stattgefunden; ferner folgte die Gesellschaft einer Einladung zu einer Sitzung des Vereins der Architekten und Ingenieure. Die öffentliche Schlussitzung fand am 6. Juli statt. Die laufenden Geschäfte wurden in 3 Sitzungen des aktiven und 3 Sitzungen des erweiterten Vorstandes erledist. Der Vorstand für 1921—1922 wurde am 22. Juni wie folgt bestellt: 12. 26. 27, LL? : Chronik der Gesellschaft 1920—21. 297 Herr Dr. A. Tobler, Präsident, Augustinergasse 5. Prof. Th. Niethammer, Vizepräsident, Heuberg 1. Dr. P. Ruggli, Sekretär, Burgunderstrasse 13. Dr. A. Gansser, Kassier, Grellingerstrasse 77. Prof. A. Buxtorf, Redaktor, Grenzacherstrasse 94. Prof. F. Speiser, Bibliothekar, St. Albanvorstadt 108. Jan. April. Mai. Verzeichnis der Sitzungen und Vorträge. Herr Herr 1920. Dr. 0. Mautz: Zum 300jährigen Jubiläum der Bürgischen Logarithmentafel. Dr. C. Disier: Die grösste Vergletscherung im Aargauer und Basler Tafeljura. Dr. E. Ludwig: Die Richtung der Haare, eine Wachstumsstruktur. Prof. 0. Spiess: Das Relativitätsgesetz. Dr. P. Sarasin: Swastika und Triquetrum als Sym- bole des Sonnenkultus. 1921. Prof. Dr. G. Hotz: 1. Untersuchungen über Para- biose; 2. Untersuchungen über Bluttransfusionen am Menschen. Dr. 0. Schüepp: Geometrische Gesetze im Bau des Pflanzenkörpers. Prof. Dr. H. Zickendraht: Ueber neue Hilfsmittel und Aufgaben der Radioversuchsstation im Ber- noullianum. Dr. A. Conzetti: Rohstoff — Endprodukt, natur- wissenschaftlich betrachtet. Prof. Dr. Th. Niethammer : + Prof. A. Riggenbach. Prof. Dr. G. Senn: Die Pflanzenkunde des Theo- phrast von Eresos. Prof. Dr. F. Lewandowsky : Die Rolle der pyogenen Coccen in der Atiologie der Hautkrankheiten. Dr. A. Vischer: Ueber Knochenveränderungen bei menschlichen Skeletten von Neu-Caledoniern. Dr. E. Steiger: Das Moosbild der Reservation an der Rheinhalde. 298 Chronik der Gesellschaft 1920—21. 25. Mai. Herr A. Becherer: Die Flora des Naturschutzreservates an der Rheinhalde bei Basel. ((refässpflanzen, Flechten.) \ 8. Juni. „ Prof. Dr. A. Buxtorf: Neue geologische Beobach- tungen im untern Birstal (Kessiloch, Birseck und Kraftwerk Birsfelden). Dr. A. Tobler: Der Baugrund des A Rheinhafens. Da „ Prof. Dr. F. Fichter: Ueber biochemische und elektrochemische Oxydation und über neue Ver- suche zur Luftstickstoffbindung. 6. Juli (Schlussitzung): Herr Prof. Dr. R. Metzner: Die Funktionen des Vestibular-Labyrinths. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. 1. Juni 1920 bis 31. Mai 1921. Einnahmen. Jahresbeiträge : ; 1 ordentlicher pro 1919 à Fr. 12 Fr. 12.— is/ordentliche ,.1920aA , 19 „225. — 329 5 OO aD Zee 21 erhöhte loi = AA Er 5,909. Ausserordentliche Eingänge: Keine. Zinseingänge: Kapitalzinsen Fr. 2,845. — Konto-Korrentzinsen à Li. m 195.65 , 3,040.65 Erlös aus Verhandlungen: Keiner. Verschiedenes . N 10.05 Fr. 8,629.70 Die Mehrausgaben belaufen sich daher au at Fr. 9,443.10 Ausgaben. Kosten von Band XXXI der Verhandlungen . Fr. 6,406.95 Verwaltung der Gesellschaftsbibliothek NM » 1,200.— Drucksachen (Rechnungen von 1919, 1920, 1921) » 1,581.50 Vorträge und Beihilfe “ 40.— Einzugs- und Portospesen der Beses à 19.80 Beitrag an Bund für Naturschutz pro 1920 . 5 30 Verschiedenes . n 14485 Fr . 9,443.10 300 Jahresrechnung 1920—21. Status des Vermögens per 31. Mai 1921. Das unantastbare Kapital hat sich in diesem Jahre nicht vermehrt. Unantastbares Vermögen. 31/,°/, Obligationen Schweiz. Bundesbahnen, 1899/1902 Serie Ak 3 . . . Fr. 25,000.— AU à Kanton Basel- Stadt von 1910 - » 10,000.— An S Kanton Basellandschaft von 1912 ,„ 10,000.— ARTS A Kanton Schaffhausen von 1915 . „ 10,000.— ZU B Schweizer Zentralbahn von 1880 . 3,000.— Ho je VIII. Eidgenössische Mobili- sationsanleihen von 1917 ... . „ 11,000.— Nominalwert total: Fr. 69,000.— Verfügbares Vermögen. Guthaben bei der Schweizer. Kreditanstalt, Basel . Fr. 4,962.15 Guthaben auf Postcheck- a NV AO8 Br N, 902.98 Barschaftt nn: Ne ARE RZ IN BT. 39.68 Total Fr. 5,904.81 Basel, den 31. Mai 1921. Der Kassier: Dr. A. Gansser. Geprüft und richtig befunden: Basel, den 16. Juni 1921. Die Rechnungsrevisoren: Dr. O0. Schüepp. Dr. A. Conzetti. | | 1 1. Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1920 (vgl. Bd. XXXI, S. 310-322). | Seit 7. Juli 1920 sind als ordentliche Mitglieder in die Gesell- schaft aufgenommen worden: il; 2 5) 4, d. 6 7 8 9 Herr Doerr, R., Prof. Dr. med. Kinzler, G., Sekundarlehrer. Faust, E. S., Prof. Dr. phil. et med. Wirz, H., Dr., Sekundarlehrer. Zwick, K., Dr. med. v. Bidder, F., Ingenieur. Becherer, A., cand. phil. Voltz, Th., Dr. phil., Chemiker. Schuler, Jos., Dr. phil. Nager, G., Dr. med. Bosshard, M. Schweizer, Ernst. Schweizer, Jos., Dr. phil. Herkert, Arthur, Dr. phil. Karrer, W., Dr. phil. 'Wüest, H., Dr. phil. Ritz, H., Dr. med. Rapp, J., Oberst. Schenk, H., Obergärtner. Streckeisen, Alb., stud. phil. Ulrich, L., stud. med. Als Ehrenmitglieder: 1. Herr de Margerie, E., Prof. Dr., Strasbourg. Nölting, E., Prof. Dr., Mulhouse. Seit Veröffentlichung des Nachtrags zum Mitgliederverzeichnis für 1919—20 im Band XXXI, pg. 321—322, sind aus der Gesell- schaft ausgetreten: 1. Herr Obermiller, J., Dr. phil. Martin, H., Dr. med. Gemuseus-Passavant, Rud. 202 1. Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1920. 4. Herr Huber, Joh., Dr. phil. 5. , Oswald-Fleiner, ©., Dr. phil. 6. „ Refardt-Sarasin, Arnold. % ,„ Grob, Armin‘ Dr phil. 8. , Gremuseus-Schmidlin, Aug. 925. Paul los Dr) pail. 10. , Christ-Merian, H. lie, . Bassavant, BD, Durch Tod hat die Gesellschaft verloren die ordentlichen Mitglieder: | 1. Herr Spiess, Paul, Dr. med. 2. 5. Bunse, G., Dr. med. Brot. 3. „ Schumacher, El, Dr phil: 4. , Merian, Rud., Dr. med. 5. , Riggenbach-Burckhardt, H., Prof. Dr. 6. „ .Finsler, Georg, Dr. phil. hr C. la en, Eugen, Dr. phil., Chemiker, Su Hagenbach-Burckhardt, Carl, Dr. med. 1 Uebersicht über den Mitgliederbestand am 20. Juli 1921. Ehrenmitglieder . . el) Korrespondierende Mitglieder 35 Ordentliche Mitglieder . . 399 Total 453 Uebersicht der Mitgliederbewegung im Geschäftsjahr 1920—21. bestand am | Ernennungen Verluste durch Bestand am | Zu- | Ab- Ehrenmitglieder .| 17 | 2 En 19 Dr le Korresp. Mitglieder 30 — — 35 | — — Ordentl. Mitglieder 398 20 19 399 1 — 3 Me Total 450 22 MONO 453 7. Juli 1920 | Eintritte Tod u. Austritt 20. Juli 1921 nahme/nahme! - RN ie NA pet M rs AE à : Verhandlungen der Naturf: Gesellschaft in Basel Bd. XXXI Tafel I. 09 ee 8000 0 SRE > S (o] © 9 (6) % 7 as s Css LIT 2 RER. Un | à _ RHandschin. Die Onychiurinen der Schweiz. à 06000 000000000° 600000000000000, 290% Sao © ra 600, 20 16 0% 10 00005° ‚oo. oo 909, EIN 09 © à a ° EN CAIN 0000000090 27 Oo 9020009 5000 Se er 066 0087 à Bor > © DOTE 90 à Le] E.Handschin. del Schweizerische - Onychiurinen. Natel» PE A Lt DOTE Verhandlungen der NaturË£ Gesellschaft in Basel tm E.Handschin. Die Onychiurinen der Schweiz. Bd. XXXI Tafel I. o0°° 0000 000000000009 % 200 à ‚po 2660 000009 09 9 0 o 0000 ML i \ /f EE TEC EE el Te oo c°°0°%060 AIT SA 200 2 7 Sz0oasauessesoe © 3 oo 0000000009 60 j | O0 O = Q ENS Abd.V. Abd.IY. Th.I .: cephal E.Handschin. del Schweizerische - Onvchiurinen. { Tafel IL » x » na vs Bee 2 Kt 5 = B ’ 4 a = « %; > LES | ï “ Pe. x : & * ; À I x 7 « 4 7 x 4 P 4 K FR 4 Ë 3 4 # : x i ; x à 7 £ 3 à f z t | R Elder, Geologie der Raïmeur- und der Velleratiette. Tr = 4 #., Vorhandlungen der Naturforschendon Gesellschaft in Basel, Band XXHII, Tafel II. Mulde von Soulce-Vermes Trogbergkette Passwan : À : : tulde von Soulce- Vermes, Trogbergk g Tafel I. Geologische. Kartenskizze und Profilserie der Raimeux- und der Velleratkette. = LEE N 13 12 auaybianz Raimeux Stammkette r "SvonTrondsi A jet 5 von le Bam, es SS il — es 200 ie Bameoy, Tektonische Skizze der Raimeux-uVelleratkette Masstab1:37500 —> ziales Tauchen » Maximum >< ” Minimum beobachtet vermutet Raim® /lulde von Soulce: ‚Rebeuvelier-Vermes : 2 cz? elle at ee UE AR Antiklinalrücken 12. AK. Antiklınalkern LI. 5. Synklinale Antiklinale re Tertiäi Synklinale —— tiärterniocin) à BE] Hater Knickzonen _—— fiacher Flügel EI Arien, Überschiebung 2 7 Yufichgebliebener " ri => gehobener Elingger Verwerfung Con ferseekder g 9: —- zurückgebliebener „ MM] Las-Heuper | Blettverschiebung 5 rene —ı = 2 3 = Er o m 2 oi © © m u. ® A 9 m = 5 Fi LIRE Een a à si: a er ae ? 335 Se Rn = gas! 7 3 E m ges: 8 3 = a 5 Fit < ttes = > 9; RE = =) FES = = ga» m En 4 2 m Zanannagay en voyeudiag inanapn ANST KÜMMERLTA ALT. SERA EUR dE] net mt ai ERTL ur ee 2. ee linge de 0 BE er EN ac ma a Dar FE We ans, à : À 7 à MS 2 a Pr En my. en A en 1 9 en + ® & } j 5 , + 1 # } Yy R | 2 j + 3 J 5 - 3 2 = : x IR \ Re 2 - - B 4 H = ; y : À 2 M vs ï 3 12 Ku : 1} 4 7 2 Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschañ In Basel, Band XXXIl, Tafel IV. R Elber, Geologie der Raimeux- und der Velleratketie. Les Raimeux P1305 py = 1200 a Sole Profilansicht Piosz mo r . = ol Nord 2 —_— beider Talseiten der Birskluse Ostseite 5 Combe au ron? = Nordrand des Beckens 1000 moo nn R: / r ombe du ebeuvelie von Moutier Vellerat-Hette Mulde von - N Pe —— Mourier - CourrenDLin. 1000, l, —n RE rent Raimeux sol. Südrand des GRECE SAN >= gr PS | 200 1:12.500. Bach etw Deleberg = er N InCharrue Entworfen von R.Elber 800 a 7 NE mit Benützung von Beobachtungen von Prof A.Buxtorf Verrerie de F- 1 00! Courrendiin ee Roches 1 lehtr Werl ! 5 : F 4 Le Legende : Tektonische Einheiten: 600 N ee = -| L : 7 3 ik am = 3 “0 Quartär Raimeuxkette (inkl. Basse Montagne) 9 7 u Choindez =| —— = a. E z L m CE Gehänge- & Bergsturz- Antiklinalkerne ( Dogger) Antiklinalrücken | Malm) 5 1300 =] Birsscnoper echu L COTES Ta I flünsterberg 1 Petit Cerneux 300 | As Gor ges de Moutier Pl Pliecängerölle I Roches ès Corbets 14 Roches es Corbets zapuıoy9 4,2Muası7 EI NS: FE 24sbianzgy KEEP LEERE Ale Oligocäne Molasse 18 Basse Montagne 10 Basse Montagne 211845) 3 Ei 00€ ‚gi 9 1g' Rz E 3 E jo | Eocen T Envelier ZI Em Trondsi u ee Combe Pierre | Kimmeridge Vellerathette 007 F z 7 CAR Y Fouchies ; ö 4 SIE. 4 AT Rauracien -Argovien 5.6. Hontchemin ee : à “4 = Okferdien Y1. Vellerat 00. Il F5 4 I Dogger yauanb 52 443557 99594 orne Überer Dogger IE UOIAEZ RR LR rogensteins Homo- 481/n0)} myenmer: il Fe H À 06 un Unterer Dogger — 3% Pr lepeg 4214n0H | Opalinuston 006 | sap PUEJpnS aubeyuoyjosseg Sueypeg sep PUEAPION | ei \ TES cout sn CE) [= 2771 LA JO y > CL PNEEM Trias 24204 ju2) q oeu f (E1eqisuny ) png = #4 Heuper on F syayzeallaA 22/nog von apıny sj29J0) se saypoy) Jelnopy ap aubezuog, & 002 7 ‘PJON ® GLOGRAPI ANT MUMMEACES FRET Eh x : 2 PO ne ve SANTE ET RER MMOG „ ad RP met) vi PT (és 1070 Ad mr our) Mag de or a og ta rt ae re se Ste D pre No TER rg Pd, oa carie on ii it at brenner pn urine ind ee Verhandii der Naturforsch, IL I, R Elber, Geologie der Raimeux- und der Volleratketie. erhandiungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXXII, Tafel V. Raimeux-Kette Pns3 Schönenberg on) Profilansicht Passwang-Zweigkette SEE) Süd 100 Pass Sonnenberg - N en ums 1000 beider Talseiten der Gabiarekluse = 7 = Ps 2 EIN | Ostseite x >= : 900 Pa = € 7 Ar \\\ SN —— ENVELIER - VERMES. — ımbois / I, Le à 800 Vermes = TA) — - \ \ & 1:12.500. Entworfen v R. Elber. Legende: Tektonische Einheiten : Quartar © Gehänge-#Bergsturzschurr Raimeuxkeite und Passwang-Zweigkelle rar] Pliocangerölle Antiklinalkerne { Dogger) Antiklinalrücken { Halm) „ mi Miocäne Molasse Tertiar = Oligocäne Holasse L Envelier Eocan, Bolus IL Doggerpistte Ramboden - long Pre - Schônenber. Himmeridge A $ Sequan 4. Tête aux Courbois L 4 \ Z Z = Rauracien -Argovien saw = 4 LC r 44 z Oxfordien ES > TH, Oberer Dogger s10q1n0) ; f? ? - e + Hauptrogenstein a Homomyenmergel x0E #42] Heunsony — 1 'rogı gi Unterer Dogger 27125] S0M Zog2)qu81] Opalı sawuay - JaljaAnagay UOA apınW jpslinuston PERS = Lias PON Heuper xnawiıey MOGRAPK.ANST KÜNMERLT A FRET BERN Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft | In Basel Band XXXII 1920—21 Mit 1 Porträt, 5 Tafeln und 17 Textfiguren. 22 Basel Georg & Cie, Verlag 1921 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I—II zu Eduard Handschin : Die Onychiurinen der Schweiz. Tafel III—V zu R. Elber: Geologie der Raimeux- und der Velleratkette. Porträt zu Th. Niethammer: Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt 7. GEORG & C?, Verlag, Basel. Separat-Abdrücke aus den . Denkschriften der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft. Bärtschi, Ernst. Das westschweize- rische Mittelland. Versuch einer morphologischen Darstellung, 1915, VIII und 157 Seiten, 1 Karte und 19 Textfiguren Fr. 10.— Becker, W. Die Violen der Schweiz, 1910, VIE 8228, Bra Fr. 6.— Braun, Josias. Die Vegetationsverhält- nisse der Schneestufe in den Rätisch-Lepontischen Alpen. Ein Bild des Pflanzenlebens an seinen äussersten Grenzen, 1913, VIT und 347 Seiten, 4 Tafeln, 1 Isochionen- karte und Textfiguren Fr. 25.— Bretscher, Dr. K. Der Vogelzug im schweizer. Mittelland in seinem Zusammenhang mit d. Witterungs- verhältnissen, 1915, 45 S. Fr. 4.— Ganz, Ernst. Stratigraphie der mittleren Kreide (Gargasien, Albien) der oberen helvetischen Decken in den nördlichen Schweizeralpen, 1912, VII u. 149S., 11 Taf., 20 Textfig. und 2 Kartenskizzen Fr. 15.— Gockel, Alb. Luftelektr. Beobachtungen im Mittelland, Jura und Alpen, 1917, 76 Seiten, 9 Textfig. Fr. 6.— Gruner, P. Beiträge zur Kenntnis der Dämmerunsserscheinungen u. d. Alpenglühns. I. Histor.-chronolog. Uebersicht der schweizer. Beob- achtungen und Veröffentlichungen über Dämmerungsfärbungen und Alpenglühen. Band LVII der Denk- schriften der Schweiz Naturf. Ges. 1921. 245 S. mit einer farb. Tafel und einer Abbild. im Text Fr. 45.— Hössiy. Kraniolog. Studien aus Ost- Grönland, 1916, 54 S., 3 Taf. Fr. 6.— Keller, Dr. Conrad. Studien über die Haustiere d. Mittelmeer-Inseln. Ein Beitrag z. Lösung d. Frage nach der Herkunft der europäischen Haustierwelt, 1911, 87 S., 8 Taf. und 20 Textfiguren Fr. 10. Keller, Dr. Conrad. Studien über die Haustiere der Kaukasusländer, 1913, 61 Seiten, 8 Tafeln und 21 Textfiguren Kr210 > Küpfer, Max. Beiträge zur Morpho- logie der weiblichen Geschlechts- organe bei den Säugetieren, 1920, 128 Seiten, 27 Tabellen, 28 farb. lithographische Tafeln und 8 Fig. im Text [Ries 2, — Rollier, Dr. Louis. Revision de la Stratigraphie et de la Tectonique de la Molasse au Nord des Alpes en general et de la Molasse sub- alpine suisse en particulier, 1911, 101 Seiten, 2 Tafeln Fr. 7.— Sarasin, Fritz Die steinzeitlichen Stationen des Birstals zwischen Basel und Delsberg, 1918, 210 Seiten, 32 Tafeln und 21 Text- figuren Fr. 25.— Schaub, Samuel. Das Gefieder von Rhinochetus jubatus und seine postembryonale Entwicklung, 1914, 120 Seiten, 1 Tafel und 12 Text- figuren I, Schwerz, Franz. Versuch einer anthro- pologischen Monographie des Kts. Schaffhausen speziell, des Klett- gaues. Von der philos. Fakultät Il. Sektion der Universität Zürich mit dem ersten Preise gekrönt, 1910, VII und 210 Seiten, 89 Textfisuren, 1 Karte und 87 Tabellen Fr. 14, — Tröndle, Arthur. Untersuchungen über die geotropische Reaktionszeit und über die Anwendung variations- statistischer Methoden in der Reiz- physiologie, 1915, 84 Seiten und 2 Textfiguren Fr. 5.— Vermessungen am Rhonegletscher, 1874 bis 1915. 1916, 191 Seiten, 10 Pläne und 26 Textfiguren Fr. 35.— Inhalt. Eduard Handsehin. Die Onychiurinen der Schweiz R. Elber. Geologie der Raimeux- und der Velleratkette im Gebiete der Durchbruchtäler von Birs und Gabiare (Berner Jura) . Alfred Gigon. Gegenseitige Beeinflussung verschiedener Organe bei Krankheiten Otto Mautz. Zur Stellung des Dezimalkommas in der Bürgischen Logarithmentafel Marguerite Henriei. Zweigipflige Assimilationskurven . A. Becherer. Beiträge zur Flora des Rheintals zwischen Basel und Schaffhausen Th. Niethammer. Prof. Dr. Albert Riggenbach-Burckhardt Paul Sarasin. Ueber Swastika und Triquetrum als Sym- bole des Sonnenkultes Paul Sehafheitlin. Johann Bernoullis Differentialrechnung H. G. Stehlin. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1920 . Fritz Sarasin. Bericht über das Basler Museum für Völker- kunde für das Jahr 1920. C. Chr. Bernoulli. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Zweiundvierzigster Bericht 1920 Chronik der Gesellschaft 1920/21 . Jahresrechnung der Gesellschaft 1920/21 1. Nachtrag zum Mitgliederverzeichnis von 1920 . Seite vw}. ie ï FA E LE | NIEREN HT ) LP HAT PA PEN HAL AR À Hi f ICh \ LE A 5 HAL Mt R ih Kan HAUTES de En Mrs Rene TE Re 3 1 H fl ; CPE Hr We A AL 102 RAS en “à et A * TA Qui , 2 RAR it ) ) | M 2 h | ju | as are N REM, * ; ; 4 + Hire pr ré DCE dater LR pute Ye i MEN 1 1 7 We oil 3 5 (ic IA Hi N m Fi ; "+ ! 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