a Fe Ne or ON emp 5 EIA Re I EH Vere ES Pe HARVARD. UNIVERSITY.» LEBRBRBARYN OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. \Q, IM Sea 0, a Oben una et Nam RR ee + Pay ' } A 4 i u os N En ie En Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft auf der dreiundzwanzigsten Jahresversammlung zu Bremen, vom 13. bis 15. Mai 1913. Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. A. Brauer Schriftführer der Gesellschaft. Mit 1 Tafel und 87 Figuren im Text. Berlin In Kommission bei W. Junk 1913. nn ne ne men EEE EO De eEw 1b BEM gre Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft auf der dreiundzwanzigsten Jahresversammlung zu Bremen, vom 13. bis 15. Mai 1913, Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. A. Brauer Schriftführer der Gesellschaft. Mit 1 Tafel und 87 Figuren im Text. — lien Berlin In Kommission bei W. Junk 1913. Anwesende. Vorstand: Prof. Korscuenr (Marburg), Vorsitzender, Prof. Zscnoxkz (Basel) und Prof. Hrıper (Innsbruck), stellvertretende Vorsitzende, Prof. Braver (Berlin), Schriftführer. Mitglieder: Dr. Arverpes (Marburg), Dr. Brcurr (Gießen), Prof. van Bemmeten (Groningen), Prof. Boreerr (Bonn), Prof. Bresszau (Straßburg), Prof. Bruen (Halle), Prof. v. BurreL-Reeren (Oldenburg), Dr. L. Cosy (Bremen), Prof. Drrsexer (Berlin), Dr. Drmors (Gießen), Dr. Duncker (Bremen), Dr. Ersarp (München), Prof. Escherıca (Tharandt), Dr. Friese (Schwerin), Prof. Frrrze (Hannover), Prof. Harrnave (Helgoland), Dr. Harımeyer (Berlin) Dr. Hass (Jena), Prof. Humcxs (Helgoland), Dr. Hzxrscaer (Hamburg), Dr. Hırcer (Essen), Dr. Hmscan (Jena), Dr. Horrmann (Basel), Hourzincer-Trnever (Bremen), Prof. Hrymoss (Berlin), Prof. Janson (Cöln), Dr. Jornos (Berlin), Prof. Krarrzum (Hamburg), Dr. Krterr (Berlin), Dr. Köm (Freiburg), Prof. Lisr (Darmstadt), Prof. Lommann (Hamburg), Prof. Lupwie (Bonn), Prof. Lürz (Königsberg), Dr. Marcus (Hamburg), Dr. Marrmı (Hamburg), Prof. Meıseneeimer (Jena), Dr. Merron (Heidelberg), Prof. Mic#arssen (Hamburg), Dr. Nepen (Berlin), Dr. Parrzxsem (Berlin), Dr. Peru (Tharandt), Dr. Res (Hamburg), Prof. Reısısch (Kiel), Dr. Rorwer (Bremen), Prof. SchaumsLanp (Bremen), Dr. Scuröper (Heidelberg), Dr. Scausorz (Hamburg), Dr. Scauzze (Berlin), Prof. Scawanearr (Neustadt-Hardt), Prof. Speseen (Gießen), Prof. Sremeerz (Münster), Dr. Sterer (Lübeck), Dr. Srroprmann (Wilhelmsburg), Dr. Tsreyemann (Münster), Prof. ‘ Vansörren (Berlin), Prof. VersLuxs (Gießen), Dr. Voss (Göttingen), Dr. Weser (Cassel), Prof. Wızsermr (Berlin). Gäste: Aurken (Bremen), Borckervine (Bremen), Prof. Borkmann (Bremen), Braxennorr (Bremen), Brımkmann (Bremen), Dr. Bückwer (Bremen), Frau Dererner (Berlin), Prof. Exrexsaum (Hamburg), Prof. G. Enrz jr. (Budapest), Dr. Forester (Gießen), Frl. G. Frırze (Hannover), Dr. Hancxen (Bremen), Prof. Hirrr (Bremen), Dr. Hasprr (Altona), Prof. Harra (Tokio), Hemzz (Berlin), Dr. Hrurer (Bonn), 1* 4 Prof. Here (Bremen), Frau Hermons (Berlin), Dr. Kosuwee (Bremen), Dr. Krue (Bremen), Dr. Lemvermann (Bremen), v. Lexeerken (Berlin), Frau Merron (Heidelberg), Messer (Bremen), Frl. Pavıy (Berlin), Frl. Printer (Göttingen), Praxxucn (Bremen), Frl. v. Proypzynsxr (Berlin), Screcurer (Lemberg), Frau Schröper (Heidelberg), Dr. Schürze (Bremen), Vrers (Bremen), Dr. Weser (Bremen), Dr. Weıssungorn (Bremen), Worrr (Bremen), Frl. Dr. Zusrzer (Berlin). Tagesordnung, zugleich eine Übersicht über den Verlauf der Versammlung. Montag, den 12. Mai, 6'/, Uhr: Vorstandssitzung. 8 Uhr: Begrüßung und gesellige Zusammenkunft der Teil- nehmer in der Jacobi-Halle. Dienstag, den 13. Mai, 9—11'/, Uhr: Erste Sitzung. 1. Eröffnung der Versammlung durch den Herrn Vorsitzenden. 2. Begrüßung durch Herrn Prof. Scuaumszanp im Namen E. H. Senats und des Städtischen Museums. 3. Geschäftsbericht des Schriftführers. . Wahl der Revisoren. 5. Referat des Herrn Prof. Meısexasmmer: Äußere Geschlechts- merkmale und Gesamtorganismus in ihren gegenseitigen Beziehungen. 11*/,—1 Uhr: Besichtigung des Städtischen Museums unter Führung des Herrn Prof. ScHAuInsLanD. Nachmittags 3—4'/, Uhr: Zweite Sitzung. Vorträge der Herren Dr. Tarenemans, Prof. Speneer, Dr. Hart- MEYER und Dr. Krüger. 5 Uhr: Fahrt auf der Weser bis Vegesack und zurück. Nachher Spaziergang durch den Bürgerpark und Zusammen- kunft in der Meierei. Mittwoch, den 14. Mai, 9—121/, Uhr: Dritte Sitzung. 1. Wahl des nächsten Versammlungsorts. . Provisorische Vorstandswahl. . Beratung über die Anträge des Vorstandes auf Abänderung der Statuten. 4. Vorlage des Berichts des Herausgebers des „Tierreichs“, Herrn Prof. F. E. Sckurze. . Vorträge der Herren Prof. Escrericr, Prof. van BeMMenen, Dr. Voss und Prof. Wirken. Hs ww bo or shank ae aig spl Bear Ale 2 5 Nachmittags 3—4'/, Uhr: Vierte Sitzung. Vorträge der Herren Prof. Lommass, Dr. Scrurzz und Prof. Hiper. 5 Uhr: Besichtigung des Weserwehrs und der Fischpässe. 81, Uhr: Zusammmenkunft im Ratskeller auf Einladung E. H. Senats. Donnerstag, den 15. Mai, 9—12'/, Uhr: Fünfte Sitzung. 1. Bericht der Rechnungsrevisoren. 2. Beratung über die Anträge des deutschen Ausschusses für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht. 3. Beratung über den. Antrag des Vorstandes der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 4. Abstimmung über die Anträge auf Änderung der Statuten. 5. Vorträge der Herren Dr. Eruarp, Prof. BressLau, Dr. Marrını und Prof. G. Enrz jr. 6. Demonstration von Proturen durch Herrn Dr. Pkerı. Nachmittags 6 Uhr: Gemeinsames Essen im „Essighaus“. Freitag, den 16. Mai: Fahrt nach Geestemünde-Bremer- haven: Besichtigung der Fischereihäfen und -anlagen und einer Klipp- und Stockfischfabrik in Geestemünde; Besichtigung der Hafenanlagen und eines Lloyddampfers und Frühstück an Bord des Dampfers „Kronprinz Wilhelm“ in Bremerhaven. Die Sitzungen wurden im Hörsaal des Städtischen Museums abgehalten. Erste Sitzung. . Dienstag, den 13. Mai, 9—11'/, Uhr. Der Vorsitzende Herr Prof. Korsc#err eröffnete die Versamm- lung mit folgender Ansprache: Hochansehnliche Versammlung! Es liegt in der Natur der Sache, daß die Deutsche Zoologische Gesellschaft zu ihren Tagungen solche Städte wählt, welche die wissenschaftlichen Hilfsmittel für ihre Versammlungen bieten. Dies ist hauptsächlich in den Universitätsstädten der Fall; nur ver- hältnismäßig selten konnte von dieser Gepflogenheit abgegangen werden. Aber diejenigen Versammlungen, bei denen es geschah, boten uns in jeder Beziehung reichen Gewinn und gehören zu unseren schönsten Erinnerungen. So begrüßten wir denn auch die im vergangenen Jahr an die Gesellschaft ergangene Einladung 6 Bremens, hier zu tagen, mit lebhaftem Dank und großer Freude. Hat doch Bremens Städtisches Museum für Natur-, Handels- und Völkerkunde durch seine reichen Schätze und die Art ihrer Auf- stellung, wie auch durch die Namen der an ihm früher und jetzt wirkenden Männer, von denen wir zu unserer Freude nicht weniger als drei Direktoren unter uns sehen, einen ausgezeichneten Klang in der zoologischen Welt. Aber außer dem vortrefflichen Museum sind es die hohen Reize der altberühmten Hansestadt, welche uns Ihrer Ein- ladung mit großer Freude Folge leisten ließen. Wissen wir doch, daß neben dem altbewährten Sinn für Handel und Gewerbe auch die Wissenschaft bei Ihnen stets eine würdige Stätte fand. Als Sinn- bild dafür nehmen wir es, daß uns der hochverdiente jetzige Direktor des Museums gleichzeitig als Vertreter des Hohen Senats begrüßt. Indem ich im Namen der Versammlung dafür danke, begrüße ich meinerseits die Teilnehmer an der Versammlung, Mit- glieder der Gesellschaft und Gäste, die, zum Teil von weit hierher geeilt wie bei früheren Versammlungen, gewiß die von ihnen ge- suchte Belehrung hier finden werden. Damit eröfine ich die 23. Jahresversammlung; ehe ich jedoch Herrn Prof. Scuaurysnanp das Wort erteile, habe ich noch einer recht erfreulichen Pflicht zu genügen. Aus den Berichten unseres um die Vermehrung und Konsolidierung der Finanzen der Gesell- schaft eifrig bemühten Herrn Schriftführers ist Ihnen bekannt, daß sie sich nicht gerade in einem glänzenden und unserer Gesell- schaft besonders würdigen Zustand befinden. Daher war es mit besonderer Freude zu begrüßen, als im vergangenen Jahr Herr Franz Pocue in Wien der Gesellschaft die Summe von 2500 Kr. zur Verfügung stellte. Hierfür sei ihm auch an dieser Stelle ganz offiziell unser herzlichster Dank ausgesprochen. Unwillkürlich knüpft sich daran der Wunsch, daß noch andere Mitglieder oder Gönner der Gesellschaft dem bisher leider ganz vereinzelten, sehr nachahmens- werten Beispiel folgen und die Gesellschaft dadurch in den Stand setzen möchten, ihren Aufgaben besser als bisher gerecht zu werden. Herr Prof. ScuAvmmsuanp: Seine Magnifizenz, der präsidierende Bürgermeister, Herr Dr. Barkmausen hat mich beauftragt, da er selbst heute leider durch Senatsgeschäfte daran verhindert ist, Sie in seinem Namen und dem der Stadt Bremen willkommen zu heißen und Ihren Arbeiten Erfolg zu wünschen, indem er sich der Hoffnung hingibt, dab für Sie der Aufenthalt in Bremen ein angenehmer werden möge. 7 Ich selbst beehre mich, Ihnen im Namen unseres Instituts unseren herzlichsten Dank dafür auszusprechen, daß die Wahl Ihres diesjährigen Versammlungsortes auf Bremen gefallen ist. Ich kann dabei allerdings nicht ganz verhehlen, daß neben der Freude über Ihren Besuch mich auch ein gewisses Gefühl der Besorenis drückt, ob es uns, die wir hier doch etwas in der Diaspora wohnen, auch möglich sein wird, Ihren Anforderungen und Erwartungen auch nur einigermaßen gerecht zu werden. Fast ausschließlich haben Sie bisher in Universitätsstädten getagt, an Plätzen mit zahlreichen alten und glänzenden wissenschaftlichen Instituten, in denen Sie neue Eindrücke und Anregungen in Fülle empfangen konnten. Etwas anderes ist es bei uns. Ich will dabei allerdings nicht etwa gesagt haben, daß nicht auch Bremen Anteil genommen hätte an unserer Wissenschaft und seinen Kräften ent- sprechend zu ihrer Förderung beigetragen hätte. Wenn Sie mir gestatten, darauf noch mit wenigen Worten einzugehen, könnte ich damit gleichzeitig auch einen kurzen Über- blick über die Geschichte unseres Museums geben. In einer Zeit, es war 1774, als es in Deutschland noch wenig üblich war, sich mit naturwissenschaftlichen Dingen zu befassen, es sei denn im engen Kreise von Fachgelehrten, traten in einer Stadt wie Bremen, der man in Anbetracht ihrer hauptsächlichsten Erwerbstätigkeit geneigt ist, Interessen abzusprechen, die jenseits des Verkehrs und Handels liegen, eine Anzahl Männer — es waren meistens Kaufleute — zusammen, um mit Hilfe eines Lese- zirkels, namentlich aber durch Vorträge und Diskussionen, die Kenntnisse der Erd- und Naturkunde in ihrem Kreise zu fördern. Nicht lange darauf legte man auch eine kleine Sammlung von Naturalien an, die später, anfangs des- verflossenen Jahrhunderts, als die Gesellschaft sich an der Ecke des Domshofes ein eigenes Vereinshaus geschaffen hatte, in dies übergeführt wurde, das fürder- hin davon den Namen „Museum“ erhielt. Dies winzige Naturalien- kabinett ist somit als die embryonale Anlage des Instituts, in dem wir heute uns befinden, zu betrachten. Eine Reihe von Jahren hat die „Museums-Gesellschaft“ ein reges wissenschaftliches Leben geführt, und Männer wie OLskrs, Herexen, Merrens und Ausers gehörten ihr an; besonders habe ich aber Gorrrrıen Reımaornn Treviranus zu gedenken, dessen Name man als einen Begründer der Biologie als Wissenschaft nie ver- gessen wird. Seine 6bändige Biologie erschien 1802—1822 und die „Erscheinungen und Gesetze des organischen Lebens“ 1831—1833. 8 Aber die Zeiten änderten sich. Der wissenschaftliche Charakter der Museums-Gesellschaft verschwand allmählich, und aus ihr wurde ein Verein, der sich allein der Pflege der Geselligkeit widmete. Das Naturalienkabinett fand kaum mehr Beachtung, und daß es nicht ganz verkam, sondern sich auf einigen Spezial- gebieten sogar bedeutend vervollkommnete, war nur einigen wenigen ‚interessierten Männern zu verdanken. So vor allem dem vortreii- lichen und als Ornithologen so bedeutenden Dr. Gustav Harrnavs. 1875 wurden die Sammlungen von der Gesellschaft dem Bremischen Staat als Geschenk angeboten unter der Bedingung, daß dieser ihnen ein anderes gutes Unterkommen gewähre sowie für die Anstellung eines wissenschaftlichen Leiters Sorge trage. Der Staat nahm das Geschenk an, das Kabinett wurde nach den oberen Räumen des Domanbaues überführt und erhielt den Namen: Städtische Sammlungen für Naturgeschichte und Ethnographie. Die ersten Direktoren Fiıssch, Lupwie und Speneen nahmen sich der ihnen übertragenen Aufgaben mit Eifer und bestem Erfolge an. Das Jahr 1890 brachte dann wieder einen entscheidenden Wendepunkt. Gelegentlich einer in diesem Jahre veranstalteten Gewerbe- und Industrieausstellung waren wertvolle ethnographische Gegenstände nach Bremen gekommen, und es wurde der Wunsch rege, dab sie nicht wieder in alle Winde zerstreut würden. So kam man zu dem Entschluß, sie mit den städtischen Sammlungen zu vereinigen und ein neues Museum zu schaffen: Das Städtische Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde am Bahnhof (eröffnet 1896). Die damit gestellte Aufgabe war keine ganz einfache, da es sich darum handelte, die verschiedenartigsten naturwissenschaft- lichen Disziplinen, ethnographische und prähistorische Sammlungen sowie Objekte der Handels- und Warenkunde nicht etwa nur zu magazinieren, sondern nach einem einheitlichen Gesichtspunkte so aufzustellen, daß sie sich möglichst zu einem harmonischen Ganzen verbanden. Wieweit das gelungen ist, mögen Sie selbst ent- scheiden. Ich bitte Sie, dabei nur berücksichtigen zu wollen, daß, weil sich in Bremen keine Universität oder ähnliche Lehr- institute befinden mit ihren besonderen Anforderungen an spezielle Sammlungen, es in erster Linie unser Bestreben war, das Museum möglichst für jedermann verständlich und nutzbringend zu gestalten. Es soll zunächst anregen, dann aber auch demjenigen, der tiefer in einzelne Gebiete eindringen will, die Möglichkeit dazu bieten 9 und endlich auch dem Fachmann Material fiir seine Studien ge- währen. Anschaulichkeit mußte sich somit mit strenger wissen- schaftlicher Exaktheit verbinden. Manche der dabei angewendeten Methoden sind mittlerweile mehr oder weniger Gemeingut vieler anderer Museen geworden, doch sind sie, meines Wissens wenigstens, in Bremen wohl zum ersten Male zur Ausführung gebracht. Der Umfang der Sammlungen hatte sich mittlerweile nament- lich durch die vom Museum aus unternommenen Reisen derartig vermehrt, daß ein Erweiterungsbau notwendig wurde, zu dem die recht bedeutenden Mittel wiederum zur einen Hälfte vom Staat bewilligt, zur anderen durch freiwillige Beiträge zusammengebracht wurden. 1911 war die schwierige Umgestaltung des Museums innerhalb seines auf das Doppelte erweiterten neuen Rahmens, unter Beibe- haltung derselben leitenden Gesichtspunkte wie früher, im großen und ganzen durchgeführt, wenn auch selbst heute noch mancherlei der Vollendung harrt. Unsere Hilfskräfte sind leider im Vergleich zum Umfang unserer Aufgabe — beispielsweise beträgt die Ansichts- fläche der Schränke in gerader Linie fast 41/2 km — nicht bedeutend, so daß wir beim besten Willen mehrere Lücken noch nicht ausfüllen konnten. Der verschiedenartige Inhalt des Museums verlangt ja von uns auch eine gewisse Verallgemeinerung des Wissens und die Beherrschung mannigfaltiger Gebiete. Notwendig war es aber vor allem, mit möglichster Objektivität jeder der verschiedenen Diszi- plinen gleiches Recht angedeihen zu lassen; trotzdem hoffe ich jedoch, dab auch die auf dem Gebiete der Zoologie aus dem Museum her- vorgegangenen Arbeiten zur Systematik, Anatomie und Embryologie, oft auf Grund sehr seltenen Materials, der Wissenschaft zugute gekommen sind und bleibenden Wert behalten werden. Doch ich fürchte, ich habe Sie schon zu lange mit diesen internen Dingen aufgehalten, Ihrer harrt ja reichliche Arbeit. Wie hat sieh doch das Gebiet der Biologie im allgemeinen und der Zoologie im besonderen in den letzten Jahren erweitert! Wie zahl- reich sind die neu eingeschlagenen Forschungsbahnen, wie maunig- faltig die Versuche, mit neuen Methoden, ja mit neugeschaffenen Disziplinen alten Problemen näherzukommen! Sie alle wahrlich tragen zur Verjüngung und zur Vertiefung der Wissenschaft bei. Welch ein Gewinn für diese, welch ein Vorteil aber auch für den Forscher selbst, wenn er sich nur freihält von der Überschätzung seines eigenen Spezialgebietes, und nicht alles darum für besser und richtiger ansieht, nur weil es neu ist, und jede ältere Richtung 10 für dauernd überwunden erklärt, weil sie augenblicklich zufällig nicht modern ist. Auch hierbei wieder muß ich an das schon oft gebrauchte und doch so schöne Wort C. E. v. Barr’s denken: „Die Wissenschaft ist ewig in ihren Quellen, unermeßlich in ihrer Aufgabe, unerreichbar in ihren Zielen.“ Und mir will es immer erscheinen, daß gerade die Unendlichkeit der Wissenschaft etwas Herrliches für den Forscher ist, daß die Erkenntnis, daß jede kausale Wissenschaft nie an ein bestimmtes Ziel kommen kann, weil hinter einer gefundenen Ursache sofort die Frage nach einer neuen, die diese wieder ver- anlaßt hat, sich einstellt, nicht etwa Resignation erzeugt, sondern den Wissensdrang nur verstärkt, rastloses Ringen und Streben nach neuen Wegen erzeugt und die reine und reiche Freude schafft, die Grenzen immer weiter stecken zu dürfen. Neben jener expansiven Entwicklung macht sich aber, unstreitig auch mehr wie früher, vielfach eine spekulative Betrachtungsweise, die überwiegend mit Theorie und Hypothese arbeitet, in unserer Wissenschaft bemerkbar, so daß man schon die Befürchtung aus- gesprochen hat, daß die Tage der alten Naturphilosophie sich wiederholen könnten. Im allgemeinen liegt ja allerdings den Forschern auf dem Gebiete der Empirie, und merkwürdigerweise den Biologen mehr wie etwa den Physikern, philosophisches Denken etwas ferner; sagt doch selbst Darwıs, daß bei ihm die Fähigkeit, rein abstrakten Gedankengingen zu folgen, sehr beschränkt gewesen wäre. Daraus erklärt sich vielleicht zum Teil auch manches unnötige Mißver- ständnis, das sich zwischen den biologischen und anderen Wissens- gebieten bisweilen eingestellt hat; denn wie man mit einem Farben- blinden nicht über Raphael, mit einem Tauben oder Amusikalischen nicht über Beethoven reden darf, so kann man auch nicht abstrakte Fragen erörtern mit jemandem, dem der Sinn oder das Interesse für sie mangelt. Genug, eine Änderung ist hierin jedenfalls eingetreten und das Interesse an philosophischer Betrachtungsweise hat zweifellos zu- genommen. Vielleicht ist es daher nicht ganz unangebracht, darauf hinzuweisen, daß dabei auch Gefahren mit unterlaufen könnten. Schon Bwrscutr warnte vor einer Reihe von Jahren auf einer unserer Versammlungen vor den „umschreibenden Hypothesen“, die eine unbekannte Größe nur durch eine andere ersetzen und somit eine Kausalmechanische Erklärung nicht geben, sondern nur vor- täuschen. Es wäre gerade so, sagt er, als ob jemand, der ohne Kenntnis der wirksamen Kräfte bei einer abgefeuerten Kanone durch 11 ‘ vielfache Beobachtungen zu der sicheren Uberzeugung gelangt wiire, daß die Tätigkeit des Kanoniers die Ursache des Hervorschießens des Geschosses sei, und damit nun auch eine kausalmechanische Erklärung der wirklichen Entstehung der Geschoßbewegung ge- funden zu haben wähne; und Rıczarn Herrwie gab in einer anderen Versammlung unumwunden zu, daß der Nachweis morphologischer Gesetzmäßigkeit noch keine kausale Erklärung sei, und dab es somit besser wäre, stattdessen nur von einem erlangten Ver- ständnis der Organisation zu sprechen. Wir alle wissen, von welch ausschlaggebender Bedeutung für jede Forschung die Fiktion der Erklärbarbeit der Welt ist, und welch große Erfolge im besonderen mit der Annahme der Möglich- keit einer rein mechanistischen Erklärungsweise erreicht sind; und trotzdem sollte es doch nicht vergessen werden, daß diese Erklär- barkeit doch nur eine Fiktion, eine Arbeitshypothese und kein Axiom ist, und daß man das Problem auch von einer anderen Seite wohl in Angriff nehmen kann; wie ja auch schon Kant den materia- listischen Rationalismus des 18. Jahrhunderts in seine Schranken zurück wies. Logisch ist es jedenfalls auch nicht richtig, wenn ein ausge- sprochener Mechanist ohne weiteres nicht nur von einer Entwick- lung, sondern auch von einem Fortschritt von einer Höherent- wicklung der organischen Welt redet; und es wäre Gedanken- temperenz, wenn wir uns nicht daran erinnerten, daß schon allein der Begriff des Seins und Werdens, das Problem, daß etwas überhaupt ist und wird und sich entwickelt, das schwerste, tiefste und unfabbarste ist, das je den menschlichen Geist bewegt hat und in alle Zukunft hin bewegen wird. Man könnte einwenden, dab im Grunde genommen dadurch der Fortschritt unserer Spezialwissenschaft an sich nicht berührt wird; das mag richtig sein, wenn es sich nur um das mehr Hand- werksmäßige bei ihr oder allein um eine weitere Erringung von Tatsachen handelt. Wie aber das Wort „L’art pour l’art“ sich auf die Dauer nicht als stichhaltig erwiesen hat, so auch seine Variante „La science pour la science“. Wir sind ja im Gegenteil stolz auf den Einfluß, den unsere Wissenschaft auf die Allgemeinheit, auf unser Leben, auf seine ganze Denkrichtung gehabt hat und in steigendem Maße noch gewinnt. Daher ist es nicht ganz belanglos, wie weit die Verwertungen ihrer Ergebnisse auch von philosophi- schem Geiste durchtränkt und namentlich logisch unanfechtbar sind. 12 Auf der vorjährigen Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte wurde unter anderem auch auf das oft Bedenkliche einer sensationellen, populärnaturwissenschaftlichen Literatur hingewiesen, und es ist wohl kaum zu leugnen, daß sich an die ernste Arbeit der Naturerkenntnis oft Anschauungen anknüpfen und sich auf sie berufen, die damit wirklich nichts zu tun haben. Den gloriosen Hinweis am Schlusse fast aller populärer entwicklungsgeschicht- licher Darstellungen auf die Höhe, die entsprechend der allgemeinen Weiterentwicklung der Organismen, auch der Mensch in leiblicher und geistiger Hinsicht einst erklimmen wird, kann man wohl ruhig dahingehen lassen und sich auch abfinden mit dem naiven Trost, den man so oft dem durch Leid niedergebeugten modernen Menschen für seine Leibes- und Seelennöte zurufen hört: er möge sich auf- richten in dem Gedanken, daß seine Pein ja nur ein notwendiger Übergang sei zu den herrlichen Höhen der zukünftigen glücklichen Menschheit. Mir fällt dabei allerdings immer die reizende Frage Houxtey’s ein, ob man wohl meine, daß einem notleidenden Eohippus viel damit gedient worden wäre, wenn man ihn darauf hingewiesen hätte, daß als Ersatz für seine Qualen nach Millionen von Jahren einer seiner Nachkommen als Sieger im Derbyrennen hervorgehen würde. Ä Bedenklicher in der Wirkung auf die Allgemeinheit ist es aber schon, wenn selbst von Laien über chemische Ethik als von einer gesicherten Tatsache geredet und geschrieben wird, oder wenn der Patriotismus, die Vaterlandsliebe, als ein Fehler in der chemischen Konstitution der Eiweißmoleküle seiner Bekenner ernsthaft hin- gestellt wird. | Ich führe das alles nur an, weil ich der Meinung bin, daß derartiges besser wie durch lange Abhandlungen oder Streitschriften im engeren Kreise, im persönlichen Verkehr, z. B. auch bei unseren Tagungen — ich denke dabei namentlich an die jüngeren Mitglieder — besprochen und nötigenfalls reguliert werden könnte. Gegenüber mancherlei Miseren des politischen und öffentlichen Lebens wird es für den Deutschen stets ein Gefühl der Freude und Erhebung sein, wenn er an die Höhe und den Glanz der deutschen Wissenschaft, an die alleemeine Wertschätzung, die sie in der ganzen Welt erfährt, denkt. Unser Stolz aber ist es, daß in der Reihe dieser Wissenschaften als eine der angesehendsten unsere Zoologie — in weitestem Sinne gesprochen — dasteht. Daß sie das geworden ist, dazu hat die Deutsche Zoologische Gesellschaft unter ihrer weitsichtigen und zielbewußten Führung seit nun fast einem Viertel- 13 jahrhundert im hohen Grade beigetragen; dab das immer so bleiben möge, ist mein herzlichster Wunsch! Empfangen Sie nochmals meine besten Wünsche, daß diese Tage Ihnen angenehm sein mögen, daß Ihre Arbeit gedeihlich, Ihr Meinungs- austausch gewinnbringend, Ihr persönlicher Verkehr herzlich sein möge. Nachdem der Vorsitzende gedankt hatte, verlas der Schrift- führer den Geschäftsbericht. Die 22. Jahresversammlung fand vom 28. bis 31. Mai 1912 unter Leitung des ersten Vorsitzenden, des Herrn Prof. Dr. KorscHkur im Zovlogischen Institut in Halle statt. Sie war von 77 Mitgliedern und 50 Gästen besucht. Ein Ausflug nach Naumburg und der Rudelsburg schloß sich der Tagung an. Der Bericht über die Verhandlungen der 22. J pe en wurde Anfang August 1912 ausgegeben. Die Zahl der Mitglieder betrug am 1. April 1912 292. Es ist Herr Prof. Dr. Lenz, Direktor des Naturhistorischen Museums in Lübeck, gestorben. 23 Mitglieder sind neu eingetreten, so dab am 1. April 1913 die Zahl der Mitglieder 314 beträgt (311 ordent- liche und 3 außerordentliche). | Herrn Prof. Dr. Grexacher wurde zu seinem 70. Geburtstage am 18. März 1913 die folgende Adresse übersandt: Hochgeehrter Herr Kollege! Die. Feier Ihres 70. Geburtstages dürfen auch wir als Ver- treter der Deutschen Zoologischen Gesellschaft nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen unsere herzlichsten Glückwünsche darzubringen. Um so weniger möchten wir dies versäumen, als wir auf das leb- hafteste die Verhältnisse bedauern, welche es mit sich brachten, daß wir älteren und jüngeren Zoologen nur so selten Gelegenheit fanden, Ihnen persönlich näher zu treten und aus Ihrem überaus reichen Erfahrungsschatz auf zoologisch-wissenschaftlichem Gebiet auch unsererseits Nutzen zu ziehen. Wir wissen es alle, welche hervorragende Forschergabe Ihnen eigen ist und wie Sie diese an den verschiedensten Objekten mit so ausgezeichnetem Erfolg betätigten. Mit großer Treffsicherheit fanden Sie stets das Wesentliche heraus; mochte es sich dabei um die minutiösen Strukturen kleinster einzelliger Lebewesen oder um 14 gröbere anatomische Formverhältnisse handeln; es sei nur an die Feststellung des Verlaufs der Axenfäden und das Zentralkorn der Heliozoen, sowie an Ihre wichtigen Darlegungen des Baus der Gordiiden und Rhizostomeen erinnert. Bei diesen wie bei anderen Ihrer Forschungen — wir denken noch an die schönen entwicklungs- geschichtlichen Beobachtungen über die dotterlosen Cephalopoden- Embryonen — waren es stets Feststellungen von größter Genauigkeit und Zuverlässigkeit, welche in unserer Wissenschaft dauernden Bestand haben werden. Außer diesen und anderen hier nicht namhaft zu machenden Untersuchungen brachten Ihnen aber vor allem Ihre grundlegenden Untersuchungen an den Arthropodenaugen Ruhm und Ehre ein. Mit großem Scharfsinn und unter Anwendung der feinsten Methoden gelang es Ihnen, diese schwierigen Objekte zu bewältigen und ihren Bau in einer Weise zu klären, daß diese Arbeiten, an welche sich diejenigen über die Augen der Cephalopoden und Heteropoden würdig anschlossen, für die Ausführung derartiger feinster Untersuchungen mit vollem Recht geradezu vorbildlich geworden sind. Wenn wir Sie, hochverehrter Herr Kollege, als Meister der zoologischen Methodik feiern, so dürfen wir einer zunächst weniger wichtig erscheinenden Tatsache, nämlich Ihrer Erfindung des Borax- karmins, nicht vergessen. Sie schenkten uns damit eines der ersten und vorzüglichsten Kernfärbemittel, welches seit seinem Bekannt- werden Ende der siebziger Jahre nicht nur in der Hand jedes zoo- logischen Anfängers, sondern auch des wissenschaftlichen Forschers ist, sich also durch beinahe ein Menschenalter als wichtiges Hilfs- mittel zoologischer Forschung erfolgreich behauptet und zu ihrer Förderung in nicht zu unterschätzendem Maße beigetragen hat. Zwar kann es hier nicht unsere Aufgabe sein, der großen Ver- dienste zu gedenken, welche Sie sich in Ihrem Lehramt erwarben, aber unerwähnt darf es nicht bleiben, wie freudig Anfang der achtziger Jahre Ihre Berufung nach Halle begrüßt wurde. Als ein moderner Vertreter der aufblühenden morphologischen Wissen- schaft wurden Sie mit der Errichtung eines hauptsächlich diesem Gebiet gewidmeten Instituts beauftragt. Sie unterzogen sich dieser Aufgabe mit rastlosem Eifer und lösten sie in höchst anerkennens- werter Weise, wovon wir uns bei der Abhaltung der vorjährigen Zoologenversammlung zur Genüge überzeugten. Daß wir Sie damals nicht unter uns sehen konnten und schwere körperliche Leiden Sie wie an der Weiterführung mancher Ihrer Pläne, so auch am Verkehr mit den Fachgenossen hinderten, war uns stets 15 ein großer Schmerz. Wie damals bei der Versammlung in Halle erlauben Sie uns, Ihnen auch heute mit unseren herzlichen Glück- wünschen unseren Dank für das darzubringen, was Sie unter leider so erschwerenden Umständen in Ihrem arbeitsreichen Leben für unsere Wissenschaft geleistet haben. Der Vorstand der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. I. A.: E. Korscharr. Die auf der Jahresversammlung in Halle angenommenen An- träge zur Einschränkung des Prioritätsgesetzes, welche dem Inter- nationalen Zoologenkongreß in Monaco 1913 vorgelegt werden sollten, haben die Zustimmung von 680 Zoologen gefunden und sind Mitte Juli an den Präsidenten der Internationalen Nomenklatur- kommission, Herrn Prof. Dr. BrancHAarn gesandt worden. Auf dem diesjährigen Internationalen Kongreß in Monaco zeigte sich sehr bald, daß eine erdrückende Majorität für die Einschränkung des Prioritätsgesetzes war. In der Sektion für Nomenklatur wurden folgende Anträge, die zwar nicht dem Wortlaut, wohl aber dem Sinn nach im wesentlichen mit den Anträgen der Deutschen Zoo- logischen Gesellschaft übereinstimmten, einstimmig bei einer Stimm- enthaltung der Internationalen Nomenklaturkommission zur Vorlage im Plenum empfohlen: „Den Nomenklaturregeln ist folgender Artikel hinter Art. 31 einzufügen: Ausnahmen von dem Prioritätsgesetz sind gestattet: 1. wenn ein Gattungs- oder Artname auf eine andere bestehende - Gattung oder Art übertragen werden muß; 2. wenn ein Name für nur eine Gattung 50 Jahre lang bis 1890 in wissenschaftlichen Arbeiten z. B. Monographien, wissenschaftlichen Abhandlungen, wissenschaftlichen Kata- logen u. a. gebraucht worden ist; 3. wenn der Name, der nach dem Prioritätsgesetz der älteste ist, 20 Jahre keinen Eingang in die wissenschaftliche Systematik gefunden hat. Jede Ausnahme ist der Internationalen Nomenklaturkommission zu unterbreiten. Diese hat jeden Fall zu veröffentlichen und gleich- zeitig zur Prüfung einer der Subkommissionen von Spezialisten, die vom Kongreß ernannt werden und das Recht haben sich zu ergänzen, zu überweisen. Auf Grund der Entscheidungen der Subkommissionen hat die Internationale Nomenklaturkommission Beschluß zu fassen, ihn zu veröffentlichen und unter Vorlage der 16 Entscheidungen der Subkommissionen dem nächsten Kongreß zur Genehmigung vorzulegen.“ Am letzten Tage des Kongresses stellte die Internationale Nomenklaturkommission, die in ihrer Mehrheit bis dahin für die strikte Durchführung des Prioritätsgesetzes eingetreten war, zur großen Überraschung folgenden, einstimmig von ihr angenommenen Vermittlungsvorschlag: 1. Der Internationalen Nomenklaturkommission wird Vollmacht gegeben, in solchen Fällen, in denen nach ihrem Urteil die strikte Anwendung der Nomenklaturregeln eher zu einer Verwirrung als zur Gleichförmigkeit führen würde, die Regeln außer Kraft zu setzen '). Es wird indessen dabei vorausgesetzt, 1. daß mindestens ein Jahr vorher jeder Fall in zwei oder mehreren der folgenden Zeitschriften, nämlich Bulletin de la Société Zoologique de France, Monitore Zoologieo, Nature, Science N) une Zoologischer Anzeiger bekanntgegeben wird, damit die Zoologen, besonders die Spezialisten der in Frage kommenden Gruppe den Fall prüfen und ihre Gründe für oder gegen die Außerkraftsetzung äußern können, 2. daß der Beschluß der Kommission für die Außer- kraftsetzung einstimmig ist und 3. daß, wenn der Beschluß nur mit ?/, Majorität erfolgt ist, die Kommission den Fall dem nächsten Internationalen Kongreß zur Entscheidung vorzulegen hat. 2. In dem Fall, daß die Annahme der Außerkraftsetzung der Regeln in der Kommission nur mit 2/3 Majorität erfolgt ist, ist der Vorsitzende der Sektion für Nomenklatur verpflichtet, ein Schieds- gericht für die Entscheidung zu ernennen, das aus drei Mitgliedern besteht, und zwar aus einem der Internationalen Kommission, das für die Außerkraftsetzung der Regeln und einem, das dagegen ge- stimmt hat und aus einem früheren Mitglied der Internationalen Kommission, das bisher öffentlich zu dem Fall noch keine Stellung genommen hat. Dieses Schiedsgericht soll das ihr vorgelegte Material prüfen, und sein Urteil, einerlei ob es einstimmig oder mit 2/3 Majorität erfolgt, soll für den Kongreß bindend und ohne Einspruch gültig sein. 3. Die unter 1. genannte Vollmacht betrifft in erster Linie und ganz besonders die Fälle, in denen es sich um Namen von Larven- stadien und um eine Übertragung eines Gattungs- oder Artnamens auf eine andere Gattung oder Art handelt. !) Auf Antrag von Herrn Prof. SPENGEL ist das Wort „suspend“ des englischen Textes, um Irrtümer auszuschließen, nicht, wie es vom Schriftführer geschehen war, mit „aufheben“ übersetzt, sondern mit „außer Kraft setzen“. 17 4. Der Kongreß gibt seine volle Zustimmung zu dem bisherigen Vorgehen der Internationalen Nomenklaturkommission, sich mit Spezialkommissionen der in jedem einzelnen Fall in Frage kommen- den Gruppe in Verbindung zu setzen, und ermächtigt und beauftragt die Internationale Kommission, auch weiterhin dieses Verfahren an- zuwenden und zu erweitern. | Wenn dieser Vorschlag auch nicht so weit ging wie die von der Sektion für Nomenklatur angenommenen und besonders an Stelle von Subkommissionen von Spezialisten die Internationale Nomen- klaturkommission als die entscheidende Instanz einsetzte, so wurde doch im Interesse der Einigkeit und weil er das Wesentliche, die Zulassung von Ausnahmen vom Prioritätsgesetz, enthielt, diesem Vorschlag die Zustimmung erteilt. Es wurde vorher aber noch festgestellt, dab „suspend“ dauernde und nicht vorübergehende Aufhebung heißen soll. Im Plenum wurde er mit allen gegen vier Stimmen angenommen. Es kommt jetzt darauf an, 1. daß in der Internationalen Nomen- klaturkommission die Freunde der Einschränkung des Gesetzes die Mehrheit gewinnen und 2. daß die Spezialisten der verschiedenen Tiergruppen sich über die gewünschten Ausnahmen vom Gesetz einigen und ihre Wünsche mit der nötigen Begründung der Inter- nationalen Nomenklaturkommission überweisen. Entscheidet diese trotzdem gegen die Wünsche der Spezialisten, so würde notwendig sein, auf dem nächsten Kongreß an Stelle der Internationalen Nomen- ‘klaturkommission besondere Subkommissionen von Spezialisten als die entscheidende Instanz einzusetzen. Entscheidet sie dagegen im Sinne der Vorschläge der Spezialisten, so würden wir die ge- wünschten Listen von Nomina conservanda erhalten. Im letzten Jahre ist der Gesellschaft eine große Freude dadurch zuteil geworden, daß unser Mitglied Herr F. Pocrs ihr die Summe von 2500 Kr. = 2115 M. zur Vermehrung des Kapitalvermögens überwiesen hat. Es sei ihm auch hier für diese hochherzige Stiftung bestens gedankt. Möge sie reiche Nachahmung finden! Nur wenn unsere Gesellschaft ein größeres Vermögen erlangt, was nur durch Stiftungen geschehen kann, wird sie die ihr zukommende Bedeutung unter den wissenschaftlichen Gesellschaften gewinnen und auch größere wissenschaftliche Aufgaben durchführen können. Der Rechenschaftsbericht schließt in folgender Weise ab: Einnahmen . ... 2... 7244,02 M. ae aay do os at. 5962,97 _, bleibt Kassenvorrat . . . . 1281,05 M. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 2 18 In diesem Kassenvorrat sind 650 M. enthalten, welche durch Ablösungen von den Beiträgen gewonnen sind, welche eigentlich dem Kapital zugeschrieben werden sollten, wegen der ungünstigen finanziellen Lage der Gesellschaft aber für die jährlichen Ausgaben verwandt werden müssen. Es kommen hinzu: Ausstehende Mitgliederbeiträge . . . . 90,00 M. Wertpapiere a) Deutsche Reichsanleihe . 11600,00 „ b) Rheinprovinz-Anleihe . . 2100,00 ,, Also Gesamtvermögen 15071,05 M. Ich bitte den Bericht durch zwei Revisoren prüfen zu lassen und mir Entlastung erteilen zu wollen. Zu Revisoren wurden die Herren Prof. Micuarnusen und Dr. Harruevyer gewählt. Der Vorsitzende dankt dem Herrn Schriftführer für die im Laufe dieses Jahres geleistete nicht unerhebliche Arbeit und hebt aus dem erstatteten Bericht besonders die Erfolge hervor, welche in der uns alle so nahe berührenden Nomenklaturfrage bei dem Internationalen Kongreß in Monaco neben der Tätigkeit einiger ausländischer Zoologen hauptsächlich auch durch die aufopfernden Bemühungen unseres Herrn Schriftführers erzielt wurden. Der Vorsitzende glaubt im Sinne der Versammlung zu sprechen, wenn er dem Herrn Schriftführer auch dafür noch besonders warmen Dank abstattet. Dann folgte das Referat von Herrn Jonannes MEISENBEIMER (Jena): Äußere Geschlechtsmerkmale und Gesamtorganismus in ihren gegenseitigen Beziehungen. Das Thema, welches ich zum Gegenstande meines heutigen Referates gewählt habe, führt uns hinein in eines der augen- blicklich am lebhaftesten diskutierten Probleme der Biologie. Dabei ist das Problem an sich keineswegs neu, im Gegenteil, es gehört die Frage nach der Bedeutung und nach dem Wesen der sekundären Geschlechtscharaktere zu denen, die im Zusammenhang mit Darwıss Lehren immer und immer wieder von neuem besondere Beachtung forderten und fanden. Die intensive Neubelebung, welche dieses Thema gerade jetzt erfahren hat, verdankt es in erster Linie der te konsequenten Anwendung jener Methode, die überall in unserer modernen Biologie so vielfach fördernd wirkt, des Experiments. Und heute möchte ich nun, Altes und Neues miteinander verbindend, Ihnen klarlegen, wieweit die Lösung des alten Problems durch die neuen Erfahrungen gefördert ist, wieweit, um bescheidener zu sein, die Problemstellung dadurch geklärt erscheint. Mit Altem, Ihnen allen wohl größtenteils durchaus Geläufigem, will ich beginnen. Worauf es mir dabei ankommt, das ist die besondere Form, in der sich mir diese bekannten Tatsachen mit- einander verknüpft darstellen, eine Form, die mir besonders geeignet erscheint. eine klare Grundlage für das Weitere zu ge- winnen. — Der niedersten Stufe geschlechtlicher Fortpflanzung begegnen wir bei den einzelligen Protisten, etwa bei Flagellaten, darin bestehend, daß zwei Individuen, die sich äußerlich in nichts von ihren sonstigen vegetativ dahinlebenden Genossen unterscheiden, unter vorbereitenden Umlagerungen ihrer Kernsubstanz miteinander zu einem neuen einzigen Individuum verschmelzen. Nach zweierlei Richtungen hin bewegt sich von diesem Ausgangspunkt aus die fortschreitende Entwicklung. Einmal tritt eine Arbeitsteilung in den Funktionen der beiden zunächst geschlechtlich völlig gleich- artigen und gleichwertigen Geschlechtsindividuen ein, das eine über- nimmt die Funktionen des Aufsuchens des Partners, das andere führt die zur ersten Ernährung des neuen Individuums dienenden ‘ Nährstoffe mit sich. Aus den ursprünglichen Isogameten werden Anisogameten, und zwar entsprechend den eben angedeuteten Funktionen leicht bewegliche Mikrogameten und häufig ganz be- wegungslose, von Nährstoffen überladene Makrogameten. Nicht weniger wichtig ist eine zweite, hiermit häufig gleichzeitig ver- laufende Differenzierung. Zunächst gehen die Geschlechtsindividuen unmittelbar aus irgendwelchen vegetativen, wie wir annehmen müssen, geschlechtlich völlig indifferenten Zellen hervor. Dies ändert sich aber sehr bald, indem auch die Mutterzellen, welche den Geschlechtsindividuen den Ursprung geben, bereits von den sich vorbereitenden geschlechtlichen Zuständen ergriffen werden. Bei reiner Isogamie macht sich dies dadurch bemerkbar, daß die betreffende Mutterzelle in eine größere Zahl kleinerer Elemente zerfällt, welche dann erst die eigentlichen Geschlechtsindividuen darstellen. Aber ebensowenig wie bei den Gameten selbst ist sonst irgendeine dimorphe Ausbildung dieser Mutterzellen erkennbar, wenn wir von der physiologischen Differenzierung hier absehen Q* z0 daß in der Regel Abkömmlinge der gleichen Mutterzelle nicht miteinander kopulieren. Eine dimorphe Ausbildung der Mutter- zellen tritt uns erst bei der Anisogamie entgegen, und zwar in so hohem Maße, daß dieselben sich schon lange vor der Bildung der eigentlichen Geschlechtsindividuen deutlich unterscheiden lassen. Als Beispiel mögen die Coceidien dienen. Die einen wachsen zu ziemlich ansehnlichen, von stark glänzenden Reservestofikörnchen erfüllten Kugeln heran, sie werden zu Makrogameten, die anderen zeichnen sich durch ein dichter gefügtes Protoplasma aus und vermehren ihre Kerne aufs vielfache, sie liefern die Mikrogameten. Es sind damit zwei Generationen in den Dienst der Geschlechts- funktionen einbezogen, die Gameten und ihre Mutterzellen, die Gametocyten. Auf beide hat bereits die in den Gameten schließlich in Wirksamkeit tretende Arbeitsteilung eingewirkt, die Anhäufung von Reservestoffen deutet schon in der Makrogametocyte die spezifisch weibliche Tendenz an, die lebhafte Vermehrung der Kerne in der Mikrogametocyte die spezifisch männliche Tendenz. Die nächst höhere Stufe erläutern uns die Algen, und zwar die Formen, welche bereits zu Zellverbänden zusammengetreten sind. DBereiten sich hier geschlechtliche Erscheinungen vor, so kann die Gesamtheit der zu einer Einheit verbundenen Zellen zu Gametocyten, bzw. Gameten werden, es kann aber auch eine weitere Arbeitsteilung stattfinden, ein Teil der Zellen des Verbandes besorgt zeitlebens die vegetativen Funktionen der Bewegung, Ernährung, andere treten ausschließlich in den Dienst der Fortpflanzung, werden zu Gametocyten und liefern als solche schließlich die Gameten, die sich nun in der Regel, ganz wie übrigens auch die Gametocyten, als ausgesprochene Mikro- und Makroformen darstellen. Wir können nun auf dem Wege der Gametenproduktion bereits drei Generationen unterscheiden, die Gameten selbst, die Gametocyten und als dritte den Gametocytenträger, wie wir ihn nennen wollen, die Gesamtheit der ungeschlechtlich gebliebenen Zellen des Ver- bandes umfassend. Und diese drei Generationen bilden die Grund- lage der geschlechtlichen Differenzierung aller niederen Pflanzen und fast aller mehrzelligen Tiere. Bei den niederen Pflanzen stellen sich die Gametocyten in der Regel in den besonderen Formen von Antheridien und QOogonien dar, der Gametocytenträger ist die Algenpflanze, mag sie nun kugelig oder fadenförmig, oder mag sie ein hoch spezialisiertes verästeltes Gebilde sein, wie es viele höhere Algen darstellen. Bei den mehrzelligen Tieren schließen sich die Gametocyten zu den Gesehlechtsdrüsen zusammen, zu Spermarien 21 und Ovarien; dieselben sind in ihrer ursprünglichen Form völlig gleich- wertig einem Antheridium, bzw. Oogonium, ebenso wie das tierische Geschlechtsindividuum in diesem Zusammenhange völlig gleichwertig dem von einer Algenpflanze repräsentierten Gametocytenträger ist. Aber damit ist die Endstufe dieses Differenzierungsvorganges noch nicht erreicht. Bei den Moosen beginnt ein regelmäßiger Wechsel geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Generationen sich anzubahnen, ein solcher tritt ferner auf bei den Farnen, wo die ungeschlechtliche Generation durch die Farnpflanze, die geschlecht- liche durch das Prothallium dargestellt wird. In letzterem finden wir den Gametocytenträger mit seinen Oogonien und Antheridien wieder. Es kann nun bei einzelnen Gruppen, bei den Marsiliaceen und Salviniaceen, diese ganze Generation in engstem Zusammen- hange mit der ungeschlechtlichen Generation, im besonderen mit deren Sporangium bleiben, und nun tritt diese letztere ursprünglich ungeschlechtliche Generation mit in den Verband von Gametocyten- träger, Gametocyt und Gamet als eine vierte Generation ein; nennen wir sie den (rametocytenträger 2. Ordnung. Solche Gameto- cytenträger 2. Ordnung sind alle höheren Pflanzen, insofern Wurzeln, Stamm, Äste, Blätter, Blumenblätter, Antheren und Fruchtknoten der ungeschlechtlichen Generation der Farne entsprechen, und männlicherseits nur die aus dem Pollenkorn (= Mikrospore), weib- licherseits nur die aus dem Embryosack (= Makrospore) hervor- gehenden Elemente der geschlechtlichen Generation der Farne an- gehören. Im besonderen sind beide Generationen dann noch durch die normale, bzw. halbierte Chromosomenzahl (diploide und haploide Generation) voneinander unterschieden, indessen muß ich es mir versagen, bei diesen Verhältnissen länger zu verweilen. Ich begnüge mich mit der Feststellung, daß auch im Zusammenhange der ge- schlechtlichen Differenzierung, als Geschlechtsperson das Pflanzen- individuum etwas ganz anderes vorstellt als das Tierindividuum. Nur ganz vereinzelt finden sich direkt entsprechende Zustände auch im Tierreiche, und zwar dann, wenn zahlreiche Individuen sich zu Tierstécken vereinigen. Ein solcher Tierstock, wie ihn beispielsweise die Hydroidpolypen in hoher Ausbildung zeigen, ein solcher würde, ganz wie eine Pflanze, als ein Gametocytenträger 2. Ordnung zu bezeichnen sein, die an ihm entstehenden und sich loslösenden Medusen wären die Gametocytenträger, deren Geschlechts- organe die Gametocyten. Nach diesen ganz allgemeinen Feststellungen wende ich mich nun zunächst der besonderen geschlechtlichen Differenzierung dieser 22 einzelnen Generationen zu. Die Gameten zeigen unter dem Einfluß der zweifachen Tendenzen zur Nährstoffanhäufung und zur Er- Figur 1. Pflanze von Oedogonium mit Oogonien (0) und Antheridien (an). (Vereinfacht nach N. Pringsheim, 1858.) as Andro- spore, vz vegetative Zellen. langung größerer Beweglichkeit die Diffe- renzierung in Makro- und Mikrogameten, ihr begegnen wir dann in den homologen Ge- schlechtsprodukten der Tiere und Pflanzen, in Ei- und Samenzellen fast überall wieder. Die Gametocyten sind zumeist nur inso- fern geschlechtlich differenziert, als die eben besprochenen Formen der Gameten auch bei ihnen rückwirkend schon ihren gestaltenden Einfluß geltend machen. Selb- ständige, sozusagen aus der Higenexistenz, aus der Eigenfunktion der Gametocyten sich ergebende geschlechtliche Differen- zierungen sind nicht allzu häufige. Eins der schönsten Beispiele dieser Art scheint mir OVedogomium zu sein?) (Fig. 1). Diese zu den Grünalgen gehörige Form bildet unverzweigte Zellreihen, die auf einer Unterlage festgeheftet sind. An ihnen ent- stehen die kugeligen Oogonien durch Anschwellung einzelner Fadenzellen, die reichlich Chlorophyllkérner in sich anhäufen und eine feste, mit einer Öffnung versehene Membran um sich abscheiden. Es ent- spricht dies durchaus dem normalen Ver- halten zahlreicher Algen, gänzlich ab- weichend dagegen verläuft der Bildungs- vorgang der Antheridien. Ein solches löst sich nämlich als eine Schwärmzelle, sog. Androspore, von dem Ende eines Fadens los, schwimmt mit Hilfe eines Wimper- kranzes frei umher, setzt sich dann auf einem Oogonium fest und bringt nun erst die eigentlichen Mikrogameten zur Aus- bildung. Letztere treten ebenfalls als Schwärmer auf und dringen in das Oogonium zur Befruchtung der Eizelle ein. Das Prinzip der Arbeitsteilung in Nährstoii- ') N. PRINGSHEIM, Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Jahrb. wissensch. Botanik. I. Bd. 1858. 23 anhäufung und freie Beweglichkeit ist hier unmittelbar an Gameto- cyten wirksam geworden und hat zu einem hoch ausgeprägten Dimorphismus derselben geführt. Die Besprechung der geschlechtlichen Differenzierung des Ga- metocytenträgers möchte ich zunächst zurückstellen, von ihm wird ja im Hauptteil meines Vortrages besonders zu handeln sein, da- gegen sei einiges noch über geschlechtlichen Dimorphismus der Gametocytenträger 2. Ordnung vorgebracht. Bei den Tieren ist ein solcher nur spärlich nachweisbar. So sind bei den Hydroid- -polypen zunächst die männlichen und weiblichen Gonangien, welche Figur 2. Männliche (Z) und weibliche (2) Corbulae von Aglaophenia diegensis. (Nach Torrey & Martin, 1906.) ja noch gänzlich der ungeschlechtlichen Generation angehören, häufig sehr verschieden in beiden Geschlechtern gestaltet, zuweilen mit besonderen Vorrichtungen zum Schutze der Brut im weiblichen Geschlecht versehen (Sertularia). Weiter auf die ungeschlechtliche Generation greift der Dimorphismus dann bei der zu den Plumu- lariiden gehörigen Gattung Aglaophenia über, wo die Gonangien in besonderen Behältern, sog. Corbulae, welche modifizierte Zweige darstellen, geborgen werden’). Und diese Corbulae (Fig. 2) treten nun in zwei Formen auf, von denen jeder Stamm nur eine Sorte trägt. Bei den männlichen sind die einzelnen Blättchen frei und stehen getrennt voneinander, bei den weiblichen verschmelzen die 1) H. B. TORREY and ANN MARTIN, Sexual dimorphism in Aglaophenia. Univ. Calif. Public. Zool. vol. 3. 1906/07. 24 Blättehen zu geschlossenen Behältern, welchen die Aufgabe zukommt, die jungen Schwärmlarven nach dem Ausschlüpfen eine Zeitlang zu beherbergen. Es sind also hier am weiblichen Gametocytenträger 2. Ordnung Einrichtungen zum Schutze der Brut getroffen. Und einen noch weiteren Schritt in der Ausbreitung des sexuellen Dimorphismus auf die Person des Gametocytenträgers 2. Ordnung bedeutet es, wenn bei Hydractinia polyelina die Hydranten der männlichen Kolonien von denen der weiblichen durch einen längeren Rüssel unterschieden sind’). Häufiger sind naturgemäß derartige dimorphe Zustände bei den höheren Pflanzen anzutreffen, die ja eben stets Gametocyten- träger 2. Ordnung darstellen. Ein Übergreifen des sexuellen Di- morphismus auf diese Person ist zunächst bei den Farnen festzu- stellen, welche zur Erzeugung männlicher und weiblicher Prothallien Mikro- und Makrosporangien bzw. -sporen entwickeln, und findet sich dann in der gleichen Form bei allen Phanerogamen wieder. Im weiteren Ausbreiten ergreift der Dimorphismus sodann bei letzteren zunächst die Teile der ungeschlechtlichen Generation, welche zu den eigentlichen Trägern der Geschlechtsgeneration ge- worden sind, die Blüten. Gosen°) hat neuerdings die hierher ge- hörigen Fälle zusammengestellt, von ihnen will ich nur einige wenige anführen. Das auffallendste Beispiel bietet wohl die Orchideen- gattung Catasetum. Männliche und weibliche Blüten sind hier vielfach so verschieden gestaltet, daß man sie lange verschiedenen Gattungen zuschrieb. So ist bei Catasetum barbatum (Fig. 3) in den männlichen Blüten das Labellum nach unten gekehrt, in den weiblichen nach oben, es ist ferner das Perigon bei beiden ganz verschieden geformt. Es scheint dieser Dimorphismus in unmittel- barem Zusammenhang mit der geschlechtlichen Tätigkeit zu stehen, insofern durch die Richtung des männlichen Labellums nach unten das Ausschleudern der Pollinien erleichtert wird. In zahlreichen anderen Fällen sind es die Blütenstände, die je nach dem Geschlecht ihrer Blüten verschieden gestaltet sind, so beim Mais, bei Urticaceen (Proeris), wo sich die weiblichen Blütenachsen durch eine fleischige Verdickung auszeichnen. Sie enthalten Reservestoffe zur Ernährung des späteren Keimes. Recht spärlich sind aber dann die Fälle, wo noch weitere Teile der Pflanze in den sexuellen Dimorphismus ein- 1) G. J. ALLMAN, A monograph of the gymnoblastie or tubularian Hydroids. London 1871. 2) K. GOEBEL, Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biolog, Central- blatt. 30. Bd. 1910. 25 bezogen werden. Goxseu zählt sie alle auf. Bei Restiaceen von Australien und Südafrika soll die Verschiedenartigkeit der Ge- schlechter eine so große sein, daß es fast unmöglich ist, die zu- sammengehörigen männlichen und weiblichen Pflanzen zu bestimmen. Beim Hanf (Cannabis satwa) sind die männlichen Pflanzen gegen- über den weiblichen kleiner und schlanker, sie besitzen längere Internodien, schmalere und weniger reich gegliederte Blätter, ihr Wachstum schliebt früher durch. Blütenbildung ab. Es soll ferner bei Ailanthus glandulosa der männ- liche Baum schlanker und reichlicher ver- zweigt sein, er soll bei Gingko eine länger gestreckte Krone und weiter ab- stehende Zweige haben. Dies ist so gut wie alles, was bisher bekannt ist. Diese hochgradige geschlechtliche Indifferenz des Pflanzenindividuums möchte Gozger auf die vorherrschende Monoecie zurückführen, so- wie auf den Umstand, daß Trennung der Geschlechter bei den Pflanzen zumeist aus monoecischen Zuständen hervorgegangen ist. Nun, es mag dies zweifellos seine Berechtigung haben, nicht minder bedeut- sam für die Erklärung dieses Verhaltens scheint mir aber weiter zu sein, daß wir es eben hier mit einem Gametocytentriger 2. Ordnung zu tun haben, der den eigent- lichen Geschlechtsgenerationen recht ferne steht, von ihnen und ihrer Tätigkeit kaum Figur 3. berührt wird. A weibliche, B männliche Blüte Es sind die meinen bisherigen Aus- ‘°" ee gen führungen zugrunde liegenden Tatsachen seit langem gesichertes Allgemeingut der Wissenschaft, wie häufig aber gegen ihr klares Auseinanderhalten gefehlt wird, das zeigt schon ein oberflächlicher Blick in die Literatur. Sexueller Dimorphismus, wie er bei Prothallien von Farnen häufig ist, und solcher, wie ich ihn eben von höheren Pflanzen anführte, wird für durchaus gleichwertig erachtet; die Begriffe der Monoecie und Dioecie, die in richtiger Erkenntnis des Gegensatzes von tierischer und pflanzlicher Geschlechtsperson für letztere geprägt wurden, sie werden hundertfach auch für niedere Pflanzen und für die Tiere 26 verwendet, wo eben doch nur die Ausdrücke Zwittertum und Gonochorismus zu gebrauchen wären'). Wie berechtigt die Auf- fassung von einer Selbständigkeit der geschlechtlichen Diiferen- zierungsvorgänge in jeder der genannten vier Generationen (Gameten, Gametocyten, Gametocytenträger 1. und 2. Ordnung) ist, wie aber andererseits die Vorgänge geschlechtlicher Diiferenzierung daselbst bei aller Selbständigkeit durchaus parallel verlaufen können, das möchte ich noch an einem besonderen Beispiel zeigen. Ihnen allen ist bekannt, wie bei Trematoden aus typischer ursprünglicher Zwitterorganisation sich die Getrenntgeschlechtlich- keit von Bilharzia (Schistosomum) mit hoch ausgeprägtem Dimor- phismus der Geschlechter ausgebildet hat. Das Männchen ist kleiner und breiter, seine Hautoberfläche ist mit Papillen besetzt, seine Bauchfläche zum Canalis gynaecophorus eingerollt. Das Weibchen ist dagegen von langer und dünner Körperform. Im Inneren ist beim Männchen nur noch der männliche, beim Weibchen nur noch der weibliche Genitalapparat entwickelt. Ähnliche Erscheinungen sind durch Oonxer’) von Wedlia bipartita bekannt geworden. Man findet von diesem an den Kiemen des Thunfisches schmarotzenden Wurm stets je ein Pärchen in eine besondere Cyste eingeschlossen, beide Geschlechter voneinander unterschieden durch die Ausbildung nur eines Genitalapparates, des männlichen oder des weiblichen, wobei aber die Ableitung aus ursprünglichen Zwitterformen sich noch deutlich in den Rudimenten des entgegengesetzten Genital- apparates ausprägt. | Nun, genau den gleichen Vorgang einer Ausbildung von ge- schlechtlichem Dimorphismus aus Zwittertum heraus, wie wir ihn soeben von einem Gametocytenträger kennen lernten, können wir auch bei Gametocyten verfolgen, und zwar bei den ciliaten Infusorien. Hier produziert ja jedes in geschlechtliche Tätigkeit eintretende Individuum aus einer Teilung seines Mikronuclens zwei geschlecht- lich sich zum mindesten äußerlich verschieden verhaltende Gameten- kerne, woraus in konsequenter Anwendung meiner früheren Dar- !) Die klare Scheidung dieser Begriffe hat schon seit langem E. HAECKEL in seiner ,,Generellen Morphologie (1866) durchgeführt und neuerdings (Gonochorismus und Hermaphroditismus, 1913) wiederum scharf betont, auch eine Reihe einzelner Sexualitätsstufen (Sexualität der Zelle, des Prosopon, des Stocks) unterschieden, von denen die erste Gamet und Gametocyten enthalten würde, die beiden letzten meinen beiden Gametoeytenträgern gleich zu stellen wären. | *) T. ODHNER, Zur Anatomie der Didymozoen. Zool. Studier Tullberg. Uppsala 1907. 27 legungen der Wert eines solchen Infusors als der eines zwittrigen Gametocyten sich ergibt. Und nun kann auch dieser Zustand sich in Getrenntgeschlechtlichkeit verbunden mit sexuellem Dimorphismus verwandeln. Die Vorticellen sind festsitzende Infusorien. Zur Zeit der Konjugation, also der geschlechtlichen Fortpflanzung, behält ein Teil der Individuen seine normale Form bei, daneben treten andere auf, welche viel kleiner sind, denen der Stiel fehlt, und die an Stelle des eingezogenen Mundfeldes im Bereich des hinteren Körper- abschnittes einen neuen Wimperkranz herausgebildet haben. Mit Hilfe dieses letzteren schwärmt der Konjugant frei umher, sucht einen festsitzenden Partner auf, heftet sich an ihm fest, läßt seinen Körperinhalt in jenen überfließen und bewirkt so Kernverschmelzung zur Bildung eines neuen Indivi- duums auf der Grundlage des festsitzenden Geschlechtstieres. Dieses muß als weiblich emp- fangend angesehen werden, das frei umherschwärmende als männ- Ss — er lich befruchtend, auch hier haben wir, ganz wie bei Oedogonium, geschlechtlich dimorphe Gameto- cyten vor uns, nur hier hervor- , männliche, B weibliche Blüte von Vale- gegangen aus Zwittertum. riana montana. (Nach K. Goebel, 1910.) Und endlich begegnen wir ee a durchaus Analogem auch bei den Gametocytentragern 2. Ordnung — um nun auch die jenseitige Entwicklungsstufe zu betrachten —, und zwar dann, wenn bei Pflanzen aus Monöeie (entsprechend Zwittertum) Diöcie (entsprechend Gonochorismus) hervorgeht und damit sexueller Dimorphismus ver- bunden ist. Ich will mich mit der Anführung eines Beispieles be- gniigen, der Blüten von Valeriana-Arten (Fig. 4). Es sind hier die männlichen Blüten mit bedeutend größeren Blumenkronen versehen als die weiblichen. Aber die Ableitung aus Blüten mit vereinigten Ge- schlechtern ist noch deutlich an Rudimenten von Griffeln in der männlichen, von Staubblättern in der weiblichen Blüte nachweisbar. Diese Vorgänge der sexuellen Differenzierung sind wiederum durchaus in Parallele zu stellen mit denen bei Trematoden und Vorticellen; wie dort an Gametocytenträger und Gametocyten, so haben sie sich nun hier an einem Gametocytenträger 2. Ordnung abgespielt. Ich glaube, damit die Stellung der Geschlechtsperson, der wir nun unsere besondere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, genügend St, / Figur 4. 28 scharf präzisiert zu haben. Es soll dies der Gametocytenträger sein, der also in die Erscheinung tritt bei allen mehrzelligen Algen und Pilzen, bei der geschlechtlichen Generation der Moose und Farne sowie bei allen Tieren, wenn wir jetzt von der besonderen Individualitätsstufe der Stockbildung absehen. Dieser Gametocyten- träger ist zunächst geschlechtlich völlig indifferent. Er ist der Träger von Oogonien und Antheridien, von Ovarien und Spermarien, nichts weiter. Es ist zunächst fast allenthalben gänzlich gleich- gültig, ob die beiderlei Organe zur Produktion von Geschlechts- zellen auf dem gleichen Gametocytenträger als Geschlechtsindividuum oder auf getrennten sich entwickeln. Das sehen wir zunächst auf der niedersten Stufe, bei den Algen'). Schon bei Volvox haben wir Formen, welche wie aureus Antheridien und Oogonien auf verschiedene Kolonien verteilt zeigen, neben solchen, welche wie globator in zwittrigem Verhalten Antheridien und Oogonien an demselben Individuum vereinigen, ohne daß indessen jeweils bei der betreifenden Form der genannte Zustand absolut fest fixiert wäre und keine Ausnahmen zutrifen. Dem gleichen begegnen wir bei höheren Typen. Bei der zu den Schlauchalgen (Siphonales) gehörigen Gattung Vaucheria ist dichotoma gonochoristisch, sind die übrigen Arten zwittrig. Ähnliches gilt von der Gattung Bryopsis aus der gleichen Gruppe, ähnliches von manchen Braun- algen (Phaeophyceen), wo Fucus platycarpus zwittrig, F\. vesiculosus dagegen gonochoristisch ist, ähnliches von Rotalgen (Rhodophyceen), wo die Arten der Gattung Batrachospermum teils zwittrig, teils gonochoristisch sind. Dem gleichen Schwanken in der Verteilung der Geschlechter begegnen wir bei Characeen, dem gleichen bei den Geschlechtsgenerationen der Moose und Farne, zuweilen wechselnd auch hier bei Arten derselben Gattung. Ganz ebenso steht es bei den Tieren. Die niedersten Gameto- cytenträger wären hier die Spongien, von ihnen sind die einen, wie Ephydatia fluviatilis, Aplysiella getrennten Geschlechts, andere wie Sycandra, viele Hornschwimme zwittrig. Unter den Hydroiden ist das schwankende Verhalten besonders auffällig bei unserem Süßwasserpolypen, der Gattung Hydra. H. fusca ist stets gonocho- ristisch, viridis stets zwittrig, bei grisea scheint beides vorzu- kommen. Am drastischsten aber wird der Wechsel geschlechtlichen Verhaltens wohl charakterisiert durch die Edelkoralle, Corallium ') Vgl. zum folgenden: FR. OLTMANNS, Morphologie und Biologie. der Alzen. 1. u. 2. Bd. Jena 1904/05. 29 rubrum'). Hier kann ’ein Korallenstock bald nur männliche, bald nur weibliche Individuen zeigen, dann können beiderlei Geschlechts- personen auf demselben Stock, aber auf getrennten Zweigkomplexen sich finden, dann können sie am gleichen Stock bunt durcheinander gemischt sein, es können endlich Ovarien und Spermarien am gleichen Polypen nebeneinander auftreten. Gewiß alle nur denk- baren Zustände bei der gleichen Tierart. Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, wie die Art der Verteilung der Geschlechtsprodukte auf dem Gametocytenträger zunächst völlig gleichgültig ist. Derselbe ist eben geschlechtlich zunächst völlig indifferent; worauf es ankommt, das ist nur die Produktion zweier verschieden gestalteter Geschlechtszellen, die aus ihrer Verschiedenheit heraus allein das differente Aussehen ihrer zugehörigen Gametocytengeneration — Oogonien und Anthe- ridien bei den Pflanzen, Ovarien und Spermarien bei den Tieren — bedingen. Alle Spekulationen, welche bald den Gonochorismus, bald Zwittertum am Gametocytenträger als das Primäre hinstellen wollen, sind gänzlich hinfällig, beide Begriffe bedeuten zunächst absolut keinen Gegensatz, können unmittelbar nebeneinander be- stehen. Zwar beim Übergang zu den höheren Tieren gewinnt Zwittertum zunächst das Übergewicht, die Ctenophoren und die eigentlichen Plattwürmer sind durchaus zwittrig veranlagt. In ihnen steckt ja zweifellos die Wurzel der höheren Formen, aber - wie wenig selbst von hier aus gerechnet Zwittertum als solches ein fixierter Zustand dieses Metazoenstammes im besonderen ist, das zeigt uns seine Fortführung in den Nemertinen, wo neben Zwittertum Getrenntgeschlechtlichkeit vorherrscht. Und so ließe sich die Nebeneinanderstellung durch alle höheren Tiergruppen hin durchführen; wohl kann der eine oder der andere Zweig vor- wiegend den einen Zustand aufweisen, es kann der eine Zustand aus dem anderen sich zur konstanten Erscheinung herausbilden, und dann dieser oder jener als der primäre erscheinen. Aber nicht geht es an, in ganz allgemeinem Zusammenhange den einen Zustand vor dem anderen als den primären anzusprechen. Der ursprüngliche Zustand geschlechtlicher Indifferenz prägt sich an dem Gametocytenträger ferner darin aus, daß er vorerst zumeist keinerlei selbständige Differenzierungen nach der Richtung geschlechtlicher Betätigung hin aufweist. Bei Algen und Pilzen 1) H. LAacAazE-DUTHIERS, Histoire naturelle du corail. Paris 1864. 30 fehlen solche so gut wie ganz. Bei heterothallischen Mucor-Mycelien *) hat man bei den (+) Rassen eine größere Uppigkeit der vegetativen Wachstumsformen gegenüber den geschlechtlich gegenteiligen (—-)Rassen festgestellt. Bei Moosen und Farnen finden sich zuweilen Unterschiede in den Trägern von Antheridien und Oogonien, insofern die ersteren kleiner und einfacher organisiert sein können als die weiblichen. Unter den Tieren sind bei den Spongien am Schwammkörper noch keinerlei Anzeichen geschlecht- licher Differenzierung nachweisbar, recht spärlich sind solche bei Coelenteraten (Dichromatismus bei einigen Medusen °), Einrichtungen zum Schutze der Brut bei der Medusengattung Zleutheria?) sowie vor allem bei arktischen und antarktischen Aktinien *)). Erst bei den höher differenzierten Metazoen begegnen wir dann in steigendem Maße einer Einbeziehung der Geschlechtsperson vom Werte eines Gametocytenträgers in die direkte geschlechtliche Betätigung und damit ihrer besonderen geschlechtlichen Weiter- und Umbildung. Ganz allgemein gesprochen haben die daraus hervorgehenden neuen Eigenschaften in irgendeiner Weise die Förderung des Zusammentrefiens der Geschlechtsprodukte oder die Sicherung der Weiterentwicklung des aus diesem Zusammen- treffen sich ergebenden neuen Individuums zu leisten. Treten derartige neue Eigenschaften bei Zwittern auf, so besitzen sie durchaus in allem den Charakter von Artmerkmalen, welche sämt- lichen Individuen der betreffenden Art zukommen. Es würde dies beispielsweise gelten für die Bruteinrichtung des zwittrigen Röhren- wurms Spirorbis?), wo der zweite Kiemenstrahl der rechten Seite zu dem die Embryonen beherbergenden Operculum umgebildet ist. Oder, um eine andere Gruppe von Merkmalen heranzuziehen, es würde dies Geltung haben, wenn bei Turbellarien besondere ge- schlechtliche Reizorgane auftreten, wenn ebensolche bei Land- pulmonaten sich in den mannigfachen Bildungen der Liebespfeile und verwandter Organe zeigen. Überall gehören diese ausschließlich im Dienst geschlechtlicher Betätigung stehenden Organe durchaus allen Individuen der betreffenden Art an, ja können, wie gerade 1) A. FR. BLAKESLEE, Sexual reproduction in the Mucorineae. Proceed. Americ. Acad. Arts and Sci. vol. 40. 1905. ?) A. G. MAYER, Medusae of the world. Publicat. Carnegie Instit. 1910. 3) CL. HARTLAUB, Über den Bau der Eleutheria. Zool. Anzeiger. 9. Bd. 1886. 4) OÖ. CARLGREN, Die Brutpflege der Actiniarien. Biol. Ctrbl. 21. Bd. 1901. 5) E. ELSLER, Deckel und Brutpflege bei Spirorbis. Zeitschr. wiss. Zool. 87.. Bd. 1907, ol in dem zuletzt erwähnten Beispiel, eine sehr hohe Bedeutung für die Unterscheidung der einzelnen Arten gewinnen, stellen also typischste Artmerkmale dar. Komplizierter gestaltet sich dann aber das Problem bei den getrennt geschlechtlichen Formen. Hier sind die neu auftretenden, im Dienst der Geschlechtlichkeit stehenden Organe an die Gegenwart der einen oder der anderen Geschlechts- drüse geknüpft, treten also jeweils nur an der einen Hälfte der Gesamtheit der Artgenossen auf, es bildet sich ein sexueller Dimorphismus heraus. Und dieser Dimorphismus kann schließlich über den ganzen Körper sich ausdehnen, kann alle Teile und Organe desselben durchdringen, so daß beispielsweise bei Schmetterlingen, wie Srecar!) und nach ihm Gerrer?) gezeigt haben, sogar die Haemolymphe und die Darmzellen sexuell differenziert sind. Dieser Dimorphismus bringt es mit sich, daß im allgemeinen die sexuell differenzierten Merkmale in einen bestimmten Gegensatz zu den der ganzen Art angehörenden Artmerkmalen treten. Man pflegt sie im Gegensatz zu letzteren wie zu den primär dem Gameto- cytenträger zugeteilten Geschlechtsdrüsen als sekundäre Geschlechts- merkmale zu bezeichnen, neuerdings wohl auch nach dem Vorgange von Porn?) als accidentale gegenüber den essentialen Keimdrüsen. Mit ihnen werden wir uns nun im besonderen zu befassen haben. Die allgemeine Vorstellung von der allmählichen Herausbildung dieser Merkmale am Gametocytenträger, wie ich sie bis jetzt ent- wickelt habe, läßt es zunächst als ganz selbstverständlich erscheinen, ‘ daß dieselben ihrer Entstehung nach durchaus an die Gegenwart derjenigen Geschlechtsdrüse gebunden sind, welche die betreffende Geschlechtsperson in sich trägt. Dies lehrt uns ja auch ohne weiteres die tägliche Beobachtung, welche uns stets bestimmte Merkmale mit dem Besitze einer bestimmten Geschlechtsdrüse verknüpft zeigt. Das zeigten ferner die Beobachtungen an natür- lichen anormalen Zwittern, im besonderen an halbseitigen Zwittern, ) O. STECHE, Beobachtungen über Geschlechtsunterschiede der Haemo- lymphe von Insektenlarven. Verhandl, Deutschen Zoolog. Gesellsch. 22. Ver- samml. 1912. QO. STECHE, Die sekundären Geschlechtscharaktere der Insekten und das Problem der Vererbung des Geschlechts. Zeitschr. indukt. Abstamm.- und Ver- erbungslehre. 8. Bd. 1912. °) K. GEYER, Untersuchungen über die chemische Zusammensetzung der Insektenhaemolymphe und ihre Bedeutung für die geschlechtliche Differenzierung. Zeitschr. wissensch. Zool. 105. Bd. 1913. 3) H. Pott, Zur Lehre von den sekundären Sexualcharakteren. Sitzber. Gesellschaft Naturforsch. Freunde Berlin. Jahrgang 1909. 32 bei denen Geschlechtsdrüse und sekundäre Geschlechtsmerkmale in genauester Korrelation zueinander standen. Diese halbseitigen Zwitter sind dadurch ausgezeichnet, daß bei ihnen äußerlich die eine Körperhälfte rein männlich, die andere rein weiblich ist, während im Inneren dann entsprechend auf der männlichen Seite ein Hoden nebst männlichen Leitungswegen, auf der weiblichen ein Ovarium nebst weiblichen Ausführgängen sich findet. Es sind derartige Zwitter besonders von Schmetterlingen und einzelnen Singvögeln (Buchfink, Blutfink) bekannt geworden'). Und drittens demonstrierte die enge Verknüpfung von Geschlechtsdrüsen und entsprechenden Geschlechtscharakteren die einfachste Form des hier möglichen Experiments, die Kastration, insofern die Wegnahme der Geschlechtsdrüse einen gleichzeitigen Verlust der zugehörigen Sexualcharaktere zur Folge hatte. Dies galt für lange Zeit, bis dann sowohl Beobachtung wie Experi- ment auf Erscheinungen stießen, die in diametralem Gegensatz zu diesen zunächst so selbstverständlich erscheinenden Zusammenhängen standen. Da fanden sich Schmetterlingszwitter, die äußerlich genau halbiert waren, innerlich aber durchaus nur die weiblichen Geschlechts- drüsen aufwiesen, es fehlte also die korrelative Keimdrüse der männ- lichen Körperhälfte. Zahlreiche Fälle von Zwittertum wurden vom Menschen bekannt, wo ebenfalls die geforderte Korrelation aufs empfindlichste gestört war, mit dem Besitz von Hoden konnten sich weibliche äubere Genitalien, weiblicher Gesamthabitus verbinden. Noch sehr viel widersprechender gestalteten sich die Ergebnisse der experimentellen Kastration. Neben die Fälle, welche ganz zweifellos innige Beziehungen zwischen äußeren Geschlechtsmerk- malen und spezifischer Geschlechtsdrüse dartun — kastrierte Frösche entwickeln keine Daumenschwielen im männlichen Geschlecht, kastrierte männliche Wassersalamander unterlassen die Ausbildung von Rückenkamm und Schwanzsaum, kastrierte Hähne zeigen eine Schrumpfung der häutigen Kopfanhänge, kastrierte männliche Hirsche setzen kein Geweih mehr auf —, neben solche Fälle treten andere, die das genau gegenteilige Ergebnis hatten. Auf jüngsten Entwick- lungsstadien kastrierte Raupen beiderlei Geschlechts lieferten Falter, 1) Vergleiche dazu: J. MEISENHEIMER, Experimentelle Studien zur Soma- und Geschlechtsdifferenzierung. I. Jena 1909. M. WEBER, Über einen Fall von Hermaphroditismus bei Fringilla coelebs. Zoolog. Anzeiger. 13. Jahrg. 1890. O. HEINROTH, Ein lateral hermaphroditisch gefärbter Gimpel. Sitzber. Gesellsch. Naturforsch. Freunde Berlin. Jahrgang 1909. 33 die keinerlei Veränderung ihres so hochgradig an Fühlern, Flügeln und Körperbehaarung ausgeprägten Geschlechtscharakters erkennen ließen, kastrierte Grillen behielten völlig ihren ursprünglichen Ge- schlechtshabitus bei '). Einen weiteren Ausbau erfuhr diese einfachste Experimentier- methode dann durch Einführung der Gonadentransplantation, indem nach vollzogener Kastration die Geschlechtsdrüsenanlagen des ent- gegengesetzten Geschlechts in den Kastraten überpflanzt und hier zur Weiterentwicklung gebracht wurden. Um die Resultate gleich vorwegzunehmen, die soeben bei der Kastration charakterisierten Gegensätze im Ausfall der Reaktionen blieben die gleichen. Ich greife die prägnantesten Versuchsreihen heraus. Es gelang Srzınaca ?), bei jugendlichen Männchen von Ratten und Meerschweinchen eine erfolgreiche Ovarialtransplantation durchzuführen, derart, daß die überpflanzten Ovarien im kastrierten männlichen Körper anheilten und bis zur Reifung normaler Eizellen weiterwuchsen. Auf die sekundären Geschlechtscharaktere war diese Operation von ein- ereifendster Wirkung. Die in Entwicklung begriffenen männlichen Merkmale, wie Geschlechtsanhangsdrüsen und Penisschwellkörper, wurden nicht nur, wie es auch bei einfacher Kastration der Fall ist, in ihrem Wachstum verlangsamt, sondern blieben unmittelbar auf der jeweiligen jugendlichen Entwicklungsstufe stehen. Ja, die Wirkung ging noch weiter, indifferente Anlagen des Männchens konnten sich unter dem Einfluß des überpflanzten Ovariums zu typischen weiblichen Organen umgestalten. Die Mammarorgane ent- wickelten Brustwarzen, Warzenhöfe und Milchdrüsen in Form und Größe normaler weiblicher Organe von strotzender Fülle. Auch der Gesamthabitus des Körpers wird verändert. Das normale stärkere Wachstum des männlichen Körpers wird aufgehalten, es entstehen Tiere mit schmächtigerem Kopf, schlankerer Gestalt, geringerer Körperlänge, alles spezifisch weibliche Merkmale, die sich besonders klar am Skelett der operierten Tiere nachweisen lassen. Die männ- lichen Implantationstiere zeigen weiter an Stelle des rauhen, oft !) Siehe die ältere Literatur über diesen Abschnitt bei J. MEISENHEIMER, l. e. (1909); ferner: GIOVANNI BRESCA, Experimentelle Untersuchungen über die sekundären Sexualcharaktere der Tritonen. Arch. Entwickl.-Mechan. Organismen. vol.29. 1910. J. REGEN, Kastration und ihre Folgeerscheinungen bei Gryllus campestris. Zoolog. Anzeiger. 34. 35. Bd. 1909. 1910. ?) E. STEINACH, Willkürliche Umwandlung von Säugetier-Männchen in Tiere mit ausgeprägt weiblichen Charakteren und weiblicher Psyche. Archiv ges. Physiologie. 144. Bd. 1912. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 3 32.” struppigen Haarkleides der Männchen das glatte und seidenartige Haar der Weibchen, sie weisen ferner lokale Fettbildung auf, ein ausgesprochen weibliches Geschlechtsmerkmal. Kurz, die jungen Männchen haben unter dem Einfluß der ihrem Körper einverleibten Ovarien einen durchaus weiblichen Charakter angenommen, erscheinen feminiert. Dieser angenommene Charakter erstreckt sich sogar auf die psychischen Geschlechtsmerkmale. Es fehlt. den feminierten Männchen jegliche Spur männlichen Geschlechtstriebes, ja noch mehr, sie lassen Anzeichen weiblichen Geschlechtsempfindens erkennen, wie es sich in dem Benehmen gegen zudringliche Männchen aus- prägt. Alles dies kann nur auf die besondere direkte Wirkung der implantierten Ovarien zurückgeführt werden, da reine Kastraten diese Umstimmung des Geschlechts nicht zeigen. Und nun ein zweites, nicht weniger genau analysiertes Beispiel erfolgreicher Gonadentransplantation, Untersuchen an Schmetter- lingen, deren Grundlagen ich ') selbst zuerst von Lymantria dispar gegeben habe und die dann vollinhaltlich von KoPEc?) bestätigt worden sind. Die Transplantation von Hoden und Ovarien in Körper des entgegengesetzten Geschlechts gelingt auch hier schon auf ganz jungen Entwieklungsstadien, auf Raupenstadien zwischen zweiter und dritter Häutung. Auch hier wachsen die jung übertragenen Ovarial- oder Hodenanlagen im Körper des entgegengesetzten Ge- schlechts zu vollentwickelten Organen aus, so daß sie von normalen bis in die feinsten Einzelheiten des histologischen Aufbaus hinein nicht zu unterscheiden sind. Aber das Verhalten der sekundären (seschlechtsmerkmale gegenüber den geschlechtsfremden Gonaden ist hier ein ganz anderes als bei den vorhin besprochenen Säuge- tieren. Männchen, welche vollentwickelte Ovarien in ihrem Innern trugen, waren absolut unveränderte typische Männchen in ihrem Äußeren, in Körpergestalt und -behaarung, in Flügelform und Flügel- färbung wie in Fühierbildung. Das gleiche gilt für Weibchen mit überpflanzten Hoden im Inneren, auch sie waren unveränderte Weibchen geblieben. Selbst bei so hochgradig dimorphen Faltern wie Orgyia gonostigma, bei welcher Art der weibliche Falter nur ganz rudimentäre Flügel aufweist, selbst hier war keinerlei Einfluß transplantierter geschlechtsfremder Gonaden auf die äußeren Ge- schlechtsmerkmale nachweisbar. Und ganz entsprechend blieben auch die Sexualinstinkte völlig unbeeinflußt. Männchen des Schwamm- 1) J. MEISENHEIMER, |. c. 1909. ?) St. KoPEG, Untersuchungen über Kastration und Transplantation bei Schmetterlingen. Archiv f. Entwickl.-Mechan. der Organismen. 33. Bd. 1911. 35 spinners, deren Hinterleib von den im Inneren entwickelten Eiern stark aufgetrieben war, zeigten unveränderten starken männlichen Geschlechtstrieb, suchten sofort die beigesetzten Weibchen auf und gingen eine stundenlang dauernde Kopula ein, obwohl jede Möglich- keit einer Samenejakulation fehlte. Operierte Weibchen setzten die Wolle ihres Hinterleibes wie bei einer normalen Eiablage ab, obwohl sie zu einer solchen nicht mehr fähig waren. Das sind zwei Gegensätze, wie sie schärfer kaum gedacht werden können, überall und in allem das genaueste Gegenteil bei Säugetieren und Schmetterlingen. Für sich betrachtet müssen diese Gegensätze unüberbrückbar erscheinen, es wird also zunächst unsere fernere Aufgabe sein, nach weiterem Tatsachenmaterial zu suchen, um eine ausgedehntere vergleichende Basis zu gewinnen. Solches Material haben uns bis jetzt vor allem entsprechende Experimente an anderen Wirbeltieren geliefert. Ganz mit den an Säugetieren gewonnenen Ergebnissen stimmt es überein, wenn bei Kapaunen die Wirkungen der Kastration durch erneute Zufuhr von Hodensub- stanz (auf dem Wege der Verfütterung oder der Transplantation) aufgehoben werden konnten und ein verstärktes Wachstum der vorher rückgebildeten Kämme und Bartlappen erzielt wurde '); wenn ferner bei Hennen durch subkutan injizierten Hodenextrakt männ- liche Charaktere, wie starkentwickelte Kämme und Bartlappen, ausgesprochene Streitlust, hervorgerufen werden konnten’). Wozu freilich bemerkt werden muß, daß Surra?) bei einer Nachprüfung dieser letzteren Experimente zu einem negativen Ergebnis kam. Von besonderer Bedeutung sind aber in diesem Zusammenhange die Experimente an Fröschen. Ich erwähnte vorhin schon, daß kastrierte Froschmännchen die charakteristischen zur Brunstzeit auftretenden Daumenschwielen zurückbilden. Nusspaum*) zeigte aber dann weiter, daß in die Hautlymphsäcke kastrierter Frösche implantierte Hoden- substanz ein erneutes Wachstum der Daumenschwielen zur Folge hatte, womit zum wenigsten eine positive Leistung der Geschlechts- drüse in der Hervorbringung eines zugehörigen Geschlechtsmerkmals 1) A. LoEWY, Neuere Untersuchungen zur Physiologie der Geschlechts- organe. Ergebn. der Physiol. 1903. 2) ©. E. WALKER, The influence of the testis upon the secondary sexual characters of fowls. Proceed. Royal Society of Medicine. 1908. 3) G. SMITH, On the effects of testis-extract injections upon fowls. Quart. Journ. micr. sc. N. S. vol. 56. 1911. *) M. NussBaum, Hoden- und Brunstorgane des braunen Landfrosches (Rana fusca). Archiv ges. Physiologie. 126. Bd. 1909. 3% 36 bewiesen schien. In der Folge wurde dieses Verhalten durch einige Schüler Nusspaum’s!) sowie durch mich selbst”) bestätigt, zugleich aber auch die Versuchsreihe insofern noch weiter ergänzt, als den kastrierten Fröschen an Stelle von Hoden Ovarialsubstanz in die Hautlymphsäcke implantiert wurde. Bei meinen eigenen Unter- suchungen mit dem Erfolge, daß die im Laufe des monatelang dauernden kastrierten Zustandes völlig rückgebildeten Daumen- schwielen ebenfalls von neuem zur Entwicklung angeregt wurden, wenn auch nicht in dem gleich hohen Maße wie bei Hodensubstanz. Des weiteren haben übrigens derartige Versuchsreihen recht be- merkenswerte Gegensätze des Erfolgs zu verzeichnen. Während SteınacH ?) in voller Harmonie mit meinen Ergebnissen bei kastrierten Froschmännchen den spezifischen männlichen Umklammerungsreflex durch Hoden- wie Ovarialsubstanz erneut auszulösen vermochte, kam Harms bei ähnlichen Versuchen zu keinerlei entscheidenden Ergebnissen, und sind neuerdings alle eben erwähnten Reaktionen (an Fröschen) von Smrra und Schuster ') auf Grund eigener Beob- achtungen gänzlich geleugnet worden. Ganz neuerdings hat Sure?) dann besonders aus dem Grunde Einspruch gegen meine Befunde erhoben, weil-er an einem Froschkastraten nachträglich eine Re- generation der Daumenschwiele beobachten konnte. Indessen liegt das Entscheidende meiner Versuchsreihen darin, dab eine bestimmte Anzahl unter gleichen Verhältnissen gehaltener kastrierter Frosch- männchen bei den zu einer bestimmten Zeit vorgenommenen Im- plantationen nach wenigen Wochen deutlich die drei verschiedenen, präzise abgestuften Reaktionsausfälle von völliger Indifferenz (bei Kastraten), schwacher (bei Ovarial-) und stärkerer (bei Hoden- implantation) Ausbildung der Daumenschwielen zeigte. Ich möchte diese Reaktionen mit der Bildung von Niederschlägen bei einem 1) W. Harms, Hoden- und Ovarialinjektionen bei Rana fusca-Kastraten. Archiv ges. Physiologic. 182. Bd. 1910. R. Meyns, Uber Froschhodentransplantation. Archiv ges. Physiologie. 132. Bd. 1910, 2) J. MEISENHEIMER, Experimentelle Studien zur Soma- und Geschlechts- differenzierung. II. Jena 1912. 3) E. STEINACH, Geschlechtstrieb und echt sekundäre Geschlechtsmerkmale als Folge der innersekretorischen Funktion der Keimdrüsen. Zentralblatt für Physiologie. Bd. 24. 1910. *) G. SMITH and E. SCHUSTER, On the effects of the removal and trans- plantation of the gonad in the frog. Quarterly Journ. mier. se. N. S. vol. 57. 1912. 5) G. SMITH, On the effect of castration on the thumb of the frog. Zoolog. Anzeiger. 41. Bd. 1913. ot chemischen Experiment vergleichen. Ihre Beweiskraft wird dadurch nicht beseitigt, daß von dem komplizierten Komplex der hier wirk- samen Faktoren zuzeiten auch noch andere in Wirksamkeit treten können, worüber später noch zu sprechen sein wird. Eine Abhängigkeit sekundärer Geschlechtsmerkmale von der zugehörigen spezifischen Geschlechtsdrüse hat aber dann noch ein ganz anderes Beobachtungsgebiet ergeben, nämlich das Studium der parasitären Kastration. Bei der von einer Sacculina befallenen Krabbe Inachus mauretanicus bildet sich nach den neueren ein- gehenden Untersuchungen von Smrrx') im weiblichen Geschlecht das Ovarium vollständig zurück ohne gleichzeitige oder nachfolgende Veränderung des spezifischen äußeren weiblichen Habitus. Im Gegen- satz dazu ist bei der männlichen Krabbe mit dem Schwinden der Gonade eine tief eingreifende Umgestaltung des äußeren Habitus verbunden, insofern derselbe weiblichen Charakter annimmt, wie es sich besonders in der veränderten Gestalt des Abdomens und der Abdominalanhänge ausprägt. Und diese Veränderungen stehen nun in ganz bestimmten Beziehungen zu inneren physiologischen Vor- eängen. Surra glaubt nämlich den Nachweis erbracht zu haben, daß die im Körper der Jnachus-Krabbe verbreiteten Wurzelfäden der Sacculina im Blute der Krabbe die gleichen Dottersubstanzen niederzuschlagen vermögen, wie sie normalerweise im Eierstock sich finden. Diese Dotterpartikelchen hält Smrrx dann weiter für gleich- bedeutend mit den geschlechtlichen, hier spezifisch weiblichen Bildungssubstanzen, und sie sollen nun, während sie im Blute der Männchen zirkulieren, ihre entsprechenden, also weiblichen äußeren (seschlechtsmerkmale hervorrufen. Ja, wenn der Parasit dann schließlich abgestorben ist, so entsteht nicht selten im Körper der ursprünglich männlichen, dann äußerlich weiblich gewordenen Krabbe auch noch ein Ovarium, gebildet aus den vom Parasiten im Blut des Wirtes erzeugten, aber nun nicht mehr zur eigenen Ernährung aufgebrauchten Dottersubstanzen. Hier hätten wir also, wenn die ganze Deutung der physiologischen Vorgänge richtig ist, ebenfalls einen ganz unzweifelhaften spezifischen Einfluß primärer Geschlechts- drüsensubstanz auf die Ausbildung der entsprechenden äußeren Ge- schlechtsmerkmale vor uns. Wie läßt sich nun eine einigermaßen einheitliche Auffassung dieser so sehr miteinander in Widerspruch stehenden Tatsachen ge- winnen? Auf einen möglichen Weg zum Verständnis habe ich schon 1) G. SMITH, Further observations on parasitic castration. Quarterly Journ, microse. science. N. S. vol. 55. 1910. 38 bei einer früheren Gelegenheit!) hingewiesen. Die Unabhängigkeit von sekundären Geschlechtsmerkmalen und Gonaden, wie sie sich bei Schmetterlingen zeigt, zum Ausgangspunkt wählend, betonte ich mit besonderem Nachdruck, daß die bis damals bekannten Fälle eines entgegengesetzten Verhaltens, also einer Abhängigkeit beider Organ- komplexe, im wesentlichen solche Organe betrafen, die, wie die Daumenschwielen der Frösche, die Bartlappen der Hähne, die Ge- weihe der Hirsche, periodisch als Brunstorgane auftreten oder wenigstens periodisch eine erhöhte Entfaltung und Betätigung zeigten, mithin in besonders hohem Maße zu dieser Zeit einen un- gestörten, ja gesteigerten Stoffumsatz des ganzen Organismus er- ‚forderten. Da nun ferner rein physiologische Untersuchungen eine sehr starke Herabsetzung des Stoffwechsels unter dem Einfluß der Kastration festgestellt haben, so lag es nahe, diesen herabgesetzten Stoffwechsel für die Ausfallerscheinungen, die bei Kastration an den sekundären Geschlechtsmerkmalen auftreten, verantwortlich zu machen. Andrerseits wäre die positive Reaktion der genannten männlichen Sexualcharaktere auf die erneute Zufuhr von Hoden- substanz auf den dadurch wiederum angeregten erhöhten Stoffum- satz zurückzuführen. Es ginge also dann in diesen Fällen nicht eine spezifische, entwicklungsauslösende oder formerhaltende Wirkung von den Geschlechtsdrüsen aus, sondern diese wirkten mehr indirekt durch ihre Beeinflussung des gesamten Stoffwechsels, durch ihre Eigenschaft als integrierender Bestandteil des ganzen Organismus, dessen Fehlen so gut wie das jedes anderen Organes den Gesamt- organismus und damit auch die Brunstorgane in ihrer Entwicklung schädigen mußte. Eine Stütze erfuhr diese physiologische Deutungs- weise dadurch, daß, wie ich vorhin schon auseinander setzte, bei kastrierten Froschmännchen nicht nur Hoden-, sondern auch Ovarial- substanz die Entwicklung männlicher Brunstorgane und männlicher Geschlechtsinstinkte von neuem auszulösen vermag. Männliche und weibliche Geschlechtsdrüsen wirken eben dann hier nicht als spezifische Organe des einen oder des anderen Geschlechts, sondern als physiologisch gleichwertige Bestandteile des Körperganzen. Nun, so unzweifelhaft derartige Wirkungen bestehen, ich bin heute selbst überzeugt, daß sie keineswegs ausreichen, um die Gegen- sätze völlig auszugleichen. Es kommt noch etwas anderes hinzu, und dies liegt in der Natur der jeweiligen sekundären Geschlechts- merkmale selbst begründet, in ihrer phyletischen Entwicklungsstufe, ') J. MEISENHEIMER, 1. c., 1909, 1912. 39 sei es in Rücksicht auf das Verhältnis zu ihrem Träger, sei es in Rücksicht auf das phyletische Alter des Trägers selbst. Die An- nahme ist gar nicht zu umgehen, daß sekundäre Geschlechtsmerk- male bei ihrer ersten Entstehung in engster Korrelation zu einer bestimmten Geschlechtsdrüse stehen mußten, da eine dem Wesen des Geschlechtscharakters entsprechende sinngemäße Funktion ja eben nur an dem Träger einer bestimmten Geschlechtsdrüse möglich war. Vorrichtungen zur Förderung der Spermaübertragung, sie haben naturgemäß nur Sinn an einem spermaproduzierenden Individuum, Vorrichtungen zur Förderung der Eiablage nur an einem zum Eier- legen befähigten Individuum, um einige besonders sinnfällige Beispiele herauszugreifen. Es mögen diese neuen Merkmale auf der Grundlage älterer, geschlechtlich indifferenter Körpermerkmale sich ausgebildet haben, ihre Sonderumbildung in ein spezifisches Geschlechtsmerkmal ist von vornherein nur unter dem Einfluß einer Geschlechtsdrüse denk- bar. Es muß in einem solchen Zustand phyletischer Anfänge durch- aus ein formativer Reiz von den Geschlechtsdrüsen ausgehen. Und genau nach den gleichen Gesetzen, wie wir sie von typischen Art- merkmalen kennen, wird dann die Fixierung dieser neuen Eigen- schaft sich vollziehen, unter Beibehaltung der besonderen Eigen- tümlichkeit, dab diese Eigenschaft nur an dem Träger der Gonade des einen Geschlechts in die Erscheinung tritt. Allmählich wird dann die Bindung der Determinantenkomplexe von sekundären Ge- schlechtsmerkmalen und entsprechender Geschlechtsdrüse eine immer festere werden, sie wird schließlich im Vererbungsmechanismus derart fixiert sein, daß eine Reizauslösung von seiten der Geschlechts- drüsen nicht mehr nötig ist, sondern die sekundären Geschlechts- charaktere sich auch losgelöst von jenen in den ihnen bei der allge- meinen geschlechtlichen Bestimmung des Eies zugewiesenen Bahnen weiterentwickeln. Kurz gesagt, je Jünger, phylogenetisch gedacht, an einem Organismus ein Geschlechtsmerkmal ist, um so abhängiger wird es von der unmittelbaren Gegenwart seiner zugehörigen Ge- schlechtsdrüse sein. Die erbliche Bindung zwischen beiden wird dafür noch eine lose sein. Aber je älter ein solches Organ wird, je zahlreichere Generationen die Vererbung an seiner Fixierung wirkte, um so fester wird diese erbliche Bindung werden, um so mehr werden die sekundären Geschlechtsmerkmale mit in die sich bereits im Ei vollziehende Geschlechtsbestimmung einbezogen werden, um so unabänderlicher müssen sie diesen einmal festgelegten Ent- wicklungsweg einschlagen, auch wenn ihnen dann einmal die ur- sprünglich reizauslösende Geschlechtsdrüse fehlt. ne Te ee u 40 Den Anfang des eben angedeuteten Entwicklungsweges zeigen uns die Ratten und Meerschweinchen, mit denen StemacH experl- mentierte, bei denen als Vertretern der Säugetiere, also eines jungen Tierstammes, die ursprünglichen Beziehungen zwischen Geschlechts- drüsen und sekundären Geschlechtsmerkmalen sich noch in ihren Ausgangsformen erhalten haben, wo die Geschlechtscharaktere selbst noch zum Teil auf einer sehr niederen Entwicklungsstufe stehen, man denke an die sexuellen Unterschiede in Körperhabitus und Behaarung. Wie wenig gefestigt gerade bei Säugetieren sekundäre Geschlechtsmerkmale noch sein können, dafür möchte ich als ein besonders klares Beispiel noch die von Taxprer und Kerrer!) bei der Kastration männlicher und weiblicher Rinder erzielten Erfolge anführen. Ganz im allgemeinen besteht die Wirkung der Kastration hier in einem längeren Festhalten der Jugendform, verbunden mit bestimmten Veränderungen, die durch ein über die Norm hinaus fort- gesetztes Wachstum herbeigeführt werden. Was aber von besonderer Bedeutung in diesem Falle ist, ein Vergleich der männlichen und weiblichen Kastraten untereinander ergab, daß dieselben einander fast bis in die kleinsten Einzelheiten hinein glichen. Fehlen der Geschlechtsdriisen, ihrer anregenden Tätigkeit hatte die Tiere ge- wissermaBen ihres sexuellen Charakters entkleidet. Wichtiges Beweismaterlal für die Wirksamkeit des phylogene- tischen Alters sekundärer Geschlechtsmerkmale liefern uns des weiteren unsere bisherigen Erfahrungen an Amphibien. Wir haben hier in den Daumenschwielen männlicher Frösche, in dem Rücken- kamm und dem Schwanzsaum männlicher Tritonen typische Brunst- organe vor uns, die nur zur Zeit des Höhepunkts ‘geschlechtlicher Tätigkeit sich entwickeln, in der Zwischenzeit aber ganz oder bis auf Spuren zurückgebildet werden. Sie alle sind zweifellos solche Sekundärcharaktere, die erst auf dem Wege einer Fixierung als dauernder Eigenschaft des männlichen Geschlechts begriffen sind, sie alle sind, wie wir schon sahen, in ihrer vollen Ausbildung ab- hängig von der Gegenwart der homologen Geschlechtsdriise. Daß sie auf dem Wege einer fortschreitenden Fixierung, eines allmählichen Unabhängigwerdens von den Geschlechtsdrüsen begriffen sind, dafür scheinen auch die oben besprochenen Unstimmigkeiten im Ausfall der Experimente zu sprechen, wobei freilich gleichzeitig auch noch ungleiche Stoffwechselzustände eine Rolle spielen mögen. Nun be- sitzen aber die Salamander neben diesen beweglichen Brunstorganen 1) J. TANDLER und K. KELLER, Die Körperform der weiblichen Früh- kastraten des Rindes. Archiv Entw.-Mech. Organismen. 31. Bd. 1911. 41 auch bereits dauernd fixierte sexuelle Sekundärcharaktere, bestehend in bestimmten Färbungsunterschieden zwischen beiden Geschlechtern. Und diese bleiben unter dem Einfluß der Kastration, wie Brusca (l. c., 1910) gezeigt hat, völlig unverändert, sowohl im männlichen wie im weiblichen Geschlecht. Hier haben wir eben in dem vor- hin definierten Sinne phylogenetisch alte, bereits fixierte und mit- hin unabhängige Sexualcharaktere vor uns. Wie die Säugetiere für den Anfang, so würden uns dann die Schmetterlinge für das Ende derartiger Entwicklungsvorgänge zum Beispiel dienen können. Bei ihnen ist die zur Zeit der Geschlechts- bestimmung erfolgende Bindung von Gonade und zugehörigen Sekundärcharakteren zu einem fast unerschütterlichen, fest fixierten Verhältnis geworden, das keinerlei Eingriff in den Bestand der Gonaden aus dem einmal bestimmten Entwicklungsgang heraus- zudrängen vermag. Ich sagte soeben mit Absicht „fast“ uner- schütterlich. Denn vollständig ist es selbst diese Bindung nicht. In einigen neueren Ausführungen Stecke’s (l. c.) — in denen übrigens die von mir bisher entwickelten Gedankengänge gestreift zu werden scheinen, wie solche auch sonst in der neueren Literatur (Sremace, Kammerer und besonders Gryer (1. c.)) gelegentlich be- rührt, aber nirgends konsequent durchgeführt werden — von StEcHE (und ebenso von Geyer) also wird die Meinung ausgesprochen, dab wir bei den Insekten eigentlich nur noch primäre Sexualcharaktere zu unterscheiden hätten, da eben das ganze Soma von der primär vollzogenen Geschlechtsbestimmung völlig durchdrungen sei. Nun, das ist durchaus nicht der Fall. Auch hier gibt es noch eine Möglichkeit, die so fest fixierte Bindung zwischen primären und sekundären Geschiechtsmerkmalen zu sprengen — durch Bastar- dierung. Es ist eine seit langem bekannte Tatsache, daß bei Bastardierungen nahe verwandter Arten verhältnismäßig häufig der sog. Gynandromorphismus auftritt, d. h. die Erscheinung, daß bei unverändertem inneren Genitale äußerlich die Merkmale beider Geschlechter sich zeigen. Es war zunächst Sranpruss!), der durch seine Bastardierungsversuche an Saturnia-Arten nachwies, daß bei abgeleiteten Hybriden Gynandromorphen ganz auffallend häufig auftreten. Schon bei primären Bastarden sind solche Zwitter häufiger als bei_normalen Individuen, bei abgeleiteten Bastarden aber stieg ihre Zahl bis auf 10% aller Individuen. 1) M. STANDFUSS, Experimentelle zoologische Studien mit Lepidopteren. Neue Denkschr. allgem. schweiz. Gesellsch. ges. Naturwiss. 36. Bd. 1899. 42 Von besonderer Bedeutung für diese Stelle der hier entwickelten (sedankenreihe sind aber die von Gorpschmipr!) durchgeführten Bastardierungen zwischen Lymantria dispar und japonica. Kreuzt man japonica-Weibchen mit dispar-Männchen, so erhält man normale Bastardweibchen und -männchen, welche die Charaktere der Eltern gemischt zeigen. Aus der reziproken Kreuzung (dispar-Weibchen x japonica-Männchen) gehen zur Hälfte normale Männchen, zur anderen Hälfte gynandromorphe Weibchen hervor, welche durchaus normal entwickelte Ovarien besaßen, die sämtlichen sekundären Geschlechtsmerkmale dagegen in einer wechselnden Mischung von bald männlichem, bald weiblichen Aussehen zeigten. Um die Ver- wendung dieser Ergebnisse für unsere Zwecke schärfer zu be- leuchten, muß ich etwas ausführlicher auf die Interpretation ein- sehen, welche Goupschmivr diesen Tatsachen gegeben hat. Nach ihm sind an der gesamten Geschlechtsvererbung vier mendelnde Merkmalspaare beteiligt: | | F = weiblicher Geschlechtsbestimmer | | £=sein Fehlen. | M = männlicher Geschlechtsbestimmer | m—sein Fehlen | G = Erbfaktor der weiblichen Sekundärcharaktere | g= sein Fehlen | A = Erbfaktor der männlichen Sekundärcharaktere | a=sein Fehlen. Ihr gegenseitiges Aufeinanderwirken basiert Gonpscummr auf einer Reihe von Voraussetzungen. Erstens besitzen die männlichen Faktoren, also M und A, eine höhere Wirkungskraft oder Potenz als die weiblichen, F und G, so daß also M über F, A über G dominiert. Zweitens dominieren zwei hypostatische Faktoren über einen epistatischen, also FF über M, G G über A. Und drittens endlich besitzen bei sonst gleichem Verhalten die Faktoren der japonica- Falter eine höhere Potenz als die dispar-Falter. Die Formeln, wie sie Goroscanmipr dann für beide Geschlechter aufgestellt hat, deren Begründung im einzelnen ich aber hier nicht geben will, lauten dann: für das männliche Geschlecht: (FF)MM (GG) AA, für das weibliche Geschlecht: FF (Mm) GG (Aa). !) R. GOLDSCHMIDT, Erblichkeitsstudien an Schmetterlingen. I. Zeitschr. induktive Abstammungslehre. 7. Bd. 1912. 43 Das Männchen liefert dann nur eine Sorte von Gameten, nämlich FMGA, das Weibchen aber deren zwei, nämlich FMGA und Fm Ga. Nehmen wir nun die erste Kreuzung vor, nämlich japonica- Weibchen X dispar-Männchen, so würden zunächst die Formeln für die Geschlechter lauten: japonica Q = FF (Mm) GG (Aa), dispar 3 = (FF)MM(GG) AA; weiter würden dann Gameten gebildet werden vom japonica 2 = FMGA und Fm Gea, vom dispar d= FMGA. Und daraus ergäbe sich dann eine erste Tochtergeneration mit den Formeln: (FF) MM (GG)AA und FF(Mm)GG (Aa). Die ersteren stellen normale Männchen dar, da MM und AA nach unseren Voraussetzungen dominieren müssen, die letzteren normale Weibchen, da GG dem einfachen A von dispar überlegen ist. Nehmen wir aber jetzt die zweite Kreuzung (dispar-Weibchen x japonica-Männchen), so lauten jetzt die Formeln für dispar © = FF (Mm) GG (Aa), für japonica d= (FF) MM (GG) AA, und die daraus gebildeten Gameten wären für dispar Q = FMGA und FmGa, für japonica d= FM GA. Die erste Tochtergeneration weist dann zur Hälfte die Formel (FF)MM(GG)AA auf, zur anderen Hälfte die Formel FF (Mm) GG Aa. Die ersteren bilden wiederum die Männchen, sie müssen normal sein, da AA ja GG überlegen ist. Die letzteren stellen die Weibchen dar, sie sind gynandromorph, da ja nun die eigentliche Geschlechts- bestimmung weiblich ausfallen muß (FF ist epistatisch über Mm), in den sekundären Erbfaktoren aber das epistatische A dem Faktor GG gegenübersteht, und somit an einem Weibchen sich eine höhere männliche Potenz bemerkbar machen muß. Hier fallen also die beiden sonst stets so fest gebundenen Komplexe auseinander, weib- licher Bestimmung der Geschlechtsdrüsen steht männliche Be- stimmung der sekundären Charaktere gegenüber. Indem dann gleichzeitig gegenüber dem überlegenen männlichen Erbfaktor sich die daneben bestehende größere oder geringere Wirksamkeit der weiblichen Faktoren bemerkbar macht, entstehen eben die Misch- formen, die wir als Gynandromorphe bezeichnen. Sie lassen sich 44 des weiteren auch aus der ersten der soeben diskutierten Kreuzungen erzielen, wenn man die Individuen der ersten Tochtergeneration zur Bildung einer zweiten Tochtergeneration verwendet. Ich habe dieses Beispiel etwas ausführlicher besprochen, ein- mal weil es uns eben zeigt, wie die durch experimentellen Eingriff in die Gonadenkomplexe völlig unerschütterliche Bindung der Faktoren der Geschlechtsbestimmung und der sekundären Sexual- charaktere schließlich doch wieder zerstört werden kann, und dann, weil uns die von Gorpschmipr durchgeführte Analyse auch ganz im allgemeinen eine Vorstellung gibt, wie diese Verknüpfung inner- halb der Erbsubstanz etwa gedacht werden kann. Denn viel mehr als eine Vorstellungsweise darf wohl in diesen Formeln nicht er- blickt werden, die doch immerhin auf Grund einer ganzen Anzahl hypothetischer Voraussetzungen gewonnen worden sind. Anch über die Art dieser Bindung können wir bis jetzt kaum mehr als Ver- mutungen äußern. Am nächsten liegt es natürlich. die Bindung durch Zusammenlagerung der beiderlei Determinanten in einem (seschlechtschromosom verwirklicht zu sehen, doch stehen dem, wie neuerdings namentlich R. Herrwie!) und O. Srtecaz (1. ec. 1912) aus- einandergesetzt haben, mancherlei gewichtige Bedenken entgegen. Andere, wie ganz kürzlich L. Puarn?), haben daneben an eine chemisch-physikalische Koppelung, verbunden mit Anziehung der zugehörigen, AbstoBung der entgegengesetzten Sexualcharaktere gedacht, indessen, wie gesagt, Sicheres wissen wir eben darüber noch nicht. Die Stärke der Bindung ist ganz zweifellos in den einzelnen Fällen außerordentlich variabel, nicht aber ist ihr Grad ein durch- aus gegensätzlicher, wie neuerdings R. Hrrrwıc!) annahm, wenn er zweierlei Arten von sekundären Geschlechtsmerkmalen unter- schied. Einmal solche, die als von ihm so genannte echte Sekundär- charaktere Folgeerscheinungen der Anwesenheit der Geschlechts- drüsen wären und sich unter deren Einfluß entwickelten, und dann eine zweite Kategorie (konkordante Geschlechtscharaktere). die unabhängig von den Geschlechtsdrüsen aber in Harmonie mit den- selben sich entwickelt haben, beide bedingt durch einen gemein- samen Faktor. Zu ihnen gehören die, welche durch Kastration und ähnliche Eingriffe nicht beeinflußbar sind. Nun, ich glaube, dab aus meinen bisherigen Ausführungen ohne weiteres hervorgeht, ') R. HERTWIG, Über den derzeitigen Stand des Sexualitätsproblems nebst eigenen Untersuchungen. Biolog. Zentralblatt. 32. Bd. 1912. ?) L. PLATE, Vererbungslehre. Leipzig. 1913. 45 daß diese beiden Kategorien eben nur Ausgangs- und Endpunkt einer kontinuierlichen Entwicklungsreihe sind. Nur ganz kurz zu sprechen kommen will ich hier noch auf ein anderes, mit den bisher behandelten Fragen in Zusammenhang stehendes Problem, nämlich auf die Art und Weise, wie sich bei vorhandenem Einfluß der Geschlechtsdriise auf die sekundären Sexualcharaktere deren Wirksamkeit tatsächlich vollzieht. Man hat bestimmte Stoffe, sog. Hormone, angenommen, welche durch eine Art innerer Sekretion von den Geschlechtsdriisen gebildet und in den ‚Körper abgegeben werden, wo sie dann zirku- lieren und an den verschiedensten Orten als Entwicklungserreger sekundärer Charaktere auftreten können. Ich muß gestehen, dab mir diese Vorstellungsweise immer etwas grob erschienen ist, immer- hin will ich kurz das Wesentlichste darüber noch sagen. Sehr verschieden sind die Meinungen über die Herkunft dieser Stoffe. Die einen schreiben die innere sekretorische Tätigkeit mehr all- gemein dem gesamten inneren Genitalkomplex zu, andere wollen sie — und das ist zweifellos das Plausiblere — auf die Geschlechts- drüse als solche beschränkt wissen und dann wieder bald die Zwischensubstanzzellen derselben, bald die Geschlechtszellen selbst zu dieser Tätigkeit heranziehen. Verschiedene Meinungen bestehen auch über die Wirkungsweise der Hormone. Im allgemeinen neigt man dazu, wie ich rein referierend bemerken will, eine primäre Reizung nervöser Zentren anzunehmen, die dann erst durch Peripher- _ wirkungen die entsprechenden Stoffwechsel- und Formveränderungen anregen sollen *). Damit wäre wohl alles Wesentliche, das sich bis heute über das Verhältnis der sekundären Geschlechtsmerkmale zu den Geschlechts- drüsen sagen läßt, erörtert. Im wesentlichen sind es also zwei Momente, die zur Erklärung der wechselvollen Beziehungen zwischen beiden Organkomplexen heranzuziehen sind, Stoffwechselzustände und Ver- schiedenartigkeit phyletischer Entwicklungsstufen. Sie reichen aus, um ein Verständnis der bisher bekannten Tatsachen zu ermöglichen. Zur Weiterführung unserer Betrachtung müssen wir zurückgreifen auf einen Punkt, den ich früher nur flüchtig berührte, der aber noch einer eingehenderen Beleuchtung bedarf. Bei der Auseinander- setzung über die phyletischen Anfänge sekundärer Geschlechts- merkmale wurde darauf hingewiesen, daß diese neuen Merkmale auf der Grundlage älterer, geschlechtlich indifferenter Körper- 1) Die Literatur über diesen Abschnitt siehe bei J. MEISENHEIMER, eek, 1919: +6 merkmale sich entwickeln müssen, und daß ihre weitere Fixierung genau nach den gleichen Gesetzen, wie sie bei typischen Art- merkmalen festzustellen sind, erfolgt. In dieser Hinsicht würden sich also dann die Geschlechtsmerkmale in keiner Weise von den Artmerkmalen unterscheiden. Als einer der ersten hat v. Kennet eine direkte Identität von Art- und Geschlechtsmerkmalen ausgesprochen, ihm sind neuerdings besonders Tanpter und Kammerer gefolgt, und zwar bis zu einem Extrem, das woll der Einschränkung bedarf. Es scheint mir eine Übertreibung dieser Gedankengänge zu sein, wenn Tanner’) schlechtweg alle sekundären Geschlechtsmerkmale ursprünglich Speziescharaktere sein läßt, die erst sekundär nach Aufgabe einer ursprünglich anderen Funktion in den Dienst des Geschlechts getreten sind. Es ist ganz zweifellos, daß ein solcher Vorgang stattfinden kann. An Stelle der ungünstig oder sogar. falsch gewählten Beispiele Tanprer’s (Milchdrüsen, Gehörnbildungen der Huftiere) möchte ich etwa die Umbildungen an den Glied- maßen der Gliedertiere anführen, wenn Extremitäten, die ursprüng- lich zum Tasten oder zur Fortbewegung dienten, bei männlichen Krebsen zu Klammerorganen zum Festhalten der Weibchen während der Begattung werden, bei Pantopoden zu Eierträgern sich ent- wickelten. Aber nicht kann dies als ganz allgemeine Regel gelten, vielfach sind zweifellos die sekundären Geschlechtsmerkmale von ihren ersten Anfängen an geschlechtsbegrenzt gewesen, wie gerade etwa die Gehérnbildungen der Hirsche, deren Ausbildung wohl von dem beiden Geschlechtern gemeinsamen Kopfbezirk der Stirnbeine ausging, auf der Grundlage der hier gelegenen Körperelemente er- folgte, die aber im übrigen in ihrer spezifischen Ausgestaltung schon von den allerersten Anfängen an durchaus auf das männ- liche Geschlecht beschränkt waren. Fast noch weiter geht. Kammerer”), der Geschlechtsunterschiede genau wie Spezies- charaktere erworben werden läßt. Nach ihm machen die funktio- nellen Verschiedenheiten der männlichen und weiblichen Keim- zellen aus ihren Trägern funktionell verschiedene Individuen, die sich gegenüber den Lebensbedingungen abweichend einstellen und somit in divergierendem Sinne beeinflußt werden müssen. Die Aus- bildung der sexuellen Anpassungen vollzieht sich alsdann genau in 1) J. TANDLER, Uber den Einfluß der innersekretorischen Anteile der Ge- schlechtsdrüsen auf die äußere Erscheinung des Menschen. Wiener klinische Wochenschrift. 23. Jahrg. 1910. 2) P. KAMMERER, Ursprung der Geschlechtsunterschiede, Fortschritte naturwiss. Forschung. 5. Bd. 1912. 47 der gleichen Weise wie die sonstiger Art- und Rassenmerkmale, die Annahme einer Abhängigkeit von den Geschlechtsdrüsen ist dabei durchaus überflüssig. Nun, dieser Schlußfolgerung kann natürlich nach allem, was ich bisher gesagt habe, in keiner Weise zugestimmt werden. Es ist doch in allererster Linie eben die be- sondere Eigenschaft des betreffenden Gametocytenträgers als des Trägers einer besonderen Geschlechtsdrüse, welche die entsprechenden an dem besonderen Geschlecht in Bildung begriffenen Anpassungen hervorruft. Diese Eigenschaft, der Besitz, die Gegenwart einer bestimmten Geschlechtsdriise ist das primär Wirkende, welches irgendwie jene Neubildungen leiten, kontrollieren muß. Unter dem Vorbehalte dieser besonderen, zum mindesten bei den Anfängen mitwirkenden Einflüsse zeigen sich aber im übrigen die sekundären Geschlechtsmerkmale ihrem Wesen nach durchaus den Artmerkmalen gleich, so in ihren Anpassungs-, ihren Regene- rations-, ihren Vererbungserscheinungen. Das diesbezügliche Material findet sich bei Kammerer (1. c., 1912) übersichtlich zusammengestellt, ich will hier etwas näher nur auf die Vererbungserscheinungen ein- gehen, da diese uns zugleich mancherlei weitere Besonderheiten in dem Verhalten der Geschlechtscharaktere enthüllen. Die Vererbungsmodi bei Bastardierungen sind ganz die gleichen wie bei Artmerkmalen. Der Liebespfeil unserer Schnecken läßt nach Lane!) bei Bastardierungen zwischen Helix hortensis und _nemoralis in seinen Eigenschaften bald intermediäre, bald Mosaik- vererbung erkennen, bald folgt er nur dem einen der beiden Eltern, verhält sich also ganz wie ein beliebiges anderes Körpermerkmal, wie etwa die Länge der Schalenspindel oder der Durchmesser des letzten Schalenumgangs. Dimorph ausgebildete Geschlechtscharaktere zeigenähnliches. Häufig ist hierintermediäre Vererbung. Der Rücken- kamm des Triton blasiv steht in seinen Eigenschaften zwischen denen seiner Stammeltern, des Triton cristatus und marmoratus, in der Mitte. Oder, um ein Beispiel aus den Schmetterlingen heraus- zuwählen, die Flügelform des Weibchens der aus der Kreuzung von Biston hirtarıa und pomonaria hervorgehenden Bastardform Biston pilzii hält in ihrer lanzettförmigen schmalen Gestalt genau die Mitte zwischen den voll ausgebildeten Flügeln der hirtaria- Weibchen und den ganz kurzen Flügelstummeln der pomonaria- Weibchen. 1) A. LANG, Uber die Bastarde von Helix hortensis und Helix nemoralis. Jena 1908. 48 In anderen Fällen treten die Mexper’schen Spaltungsgesetze hervor. So bei dem Kamm unserer Hühnerrassen, der allerdings nur noch in beschränktem Sinne als besonderer Geschlechtscharakter gelten kann. Der einfache Kamm des Wildhuhns und der gewöhn- lichen Landrassen stellt ein hoch aufgerichtetes, mit tiefen Ein- schnitten versehenes Hautstück dar. Von den mannigfachen Um- bildungen dieser einfachen Urform wird eine als Erbsenkamm bezeichnet; er ist ausgezeichnet durch geringere Höhe, Verstreichen der Einschnitte und Auftreten einer Höckerkante zu beiden Seiten der Mediane. Kreuzt man nun eine Rasse mit Erbsenkamm (etwa Brahma) mit einer Rasse mit einfachem Kamm (etwa Minorka), so zeigen sich in der ersten Tochtergeneration durchweg Erbsenkämme, letztere sind also dominant. In der zweiten Tochtergeneration findet aber dann weiter die typische Aufspaltung statt, neben je drei Erbsen- kämmen tritt ein einfacher Kamm auf'). Typische Menput’sche Regeln liegen dann ferner der Vererbung des Geschlechtspolymorphismus von Schmetterlingsweibchen zu- erunde. Ich will hier wiederum nur einen Fall, den des Papilio memnon, herausgreifen?). Während die Männchen hier alle stets vollkommen gleich schwärzlich gefärbt sind, tragen die Weibchen drei verschiedenartige Kleider, zeigen also dreierlei verschiedene Geschlechtscharaktere. Die eine Weibchenform (laomedon) ist dem Männchen in der schwärzlichen Flügelfärbung ziemlich ähnlich; die zweite (agenor) besitzt eine breite weiße Binde über die Mitte der Hinterflügel; die dritte (achates) weicht am stärksten ab, ihre Hinterflügel sind in der basalen Hälfte größtenteils weiß, dazu noch am Hinterrande stark geschwänzt. Schon längere Zeit wußte man, daß diese Formen derart miteinander verbunden sind, daß aus einem und demselben Eigelege mehrere Weibchenformen gleichzeitig her- vorgehen können. Planmäßige Züchtung über mehrere Generationen gab dann neuerdings genaueren Aufschluß und führte zu vererbungs- theoretischen Deutungen, von denen uns hier im besonderen die von DE Mrwnre gegebene beschäftigen soll. Wiederum sind dazu einige der mehr oder weniger theoretischen Annahmen erforderlich, denen wir schon gelegentlich der Goupschuipr’schen Interpretation der Lymantria-Gynandromorphen begegneten. So einmal, daß jedes Geschlecht latent die Charaktere des entgegengesetzten Geschlechts ') Zitiert nach H. PRZIBRAM, Experimental-Zoologie. 3. Phylogenese. 1910. 2) J. ©. H. DE MEIJERE, Über Jacobsons Züchtungsversuche bezüglich des Polymorphismus von Papilio memnon usw. Zeitsch. indukt. Abstammungs- lehre. 3. Bd. 1910. 49 enthält, daß ferner die Determinanten der sekundären Merkmale, hier also der Flügelfarbe und -form, in jedem Individuum zu Paaren vereinigt auftreten. Hinsichtlich der drei weiblichen Charaktere kann dann weiter ein solches Determinantenpaar entweder aus gleichen oder aus ungleichen Determinanten sich zusammensetzen. In Formeln ausgedrückt würde dies also heißen (wenn wir nun nur die sekundären Geschlechtsmerkmale berücksichtigen), daß es Männchen gibt von der Struktur: AA (Ach. Ach.) | AA (Ach. Ag.) AA (Ag. Ag.) | AA (Ag. Lao.) und so fort, und weiter Weibchen von der Struktur:. Ach. Ach. (AA) Ach. Ag. (AA) Ag. Ag. (AA) Ag. Lao. (AA) und so fort’). Nun sind eine Reihe von Kombinationen der weiblichen Deter- minanten bei der Befruchtung möglich, so beispielsweise: Ach. Ach. (des 3) >< Ach. Ach. (des 9) = Ach. Ach. Ach. Ach. (des 9) x Ach. Ag. (des 9) = 1/, Ach. Ach. + 1/, Ach. Ag. Ag. Lao. (des 3) x Ag. Lao. (des 9) = 4 Ag. Ag. + 1/, Ag. Lao, + 1/, Lao. Lao. Das definitive äußere Aussehen reguliert sich nach Dominanz- regeln. Ist im zweiten Beispiel Ach. dominant, so sehen alle weib- lichen Falter wie Achates aus, ist im dritten Beispiel Ag. dominant, so sehen 3/, der Falter wie Agenor, */, wie Laomedon aus. Und das hat eine Berechnung der Zuchtergebnisse tatsächlich ergeben, indem Achates dominiert über die beiden anderen, Agenor über Laomedon. (Gerade dieses letztere Beispiel der Geschlechtsvererbung von Papilio memnon gibt uns den Anknüpfungspunkt für die weitere Fortführung unserer Betrachtung. Die gegebene Erklärung setzte voraus, daß im einen Geschlecht die Faktoren des anderen latent enthalten seien. Wir müßten also unsere bisher gewonnene Vor- stellung insofern modifizieren und ergänzen, als zwar äußerlich, - wenn es sich um ein normales Individuum handelt, nur die Ge- schlechtscharaktere des einen Geschlechts an demselben hervor- treten, latent aber auch die des anderen Geschlechts in ihm ent- halten sind, oder, vorsichtiger ausgedrückt, enthalten sein können. Dafür gibt es tatsächlicher Hinweise genug. Ich weise hin auf 1) A = Männchen-Determinant. — Ach. = Achates-Determinant. — Ag. = Agenor-Determinant. — Lao. = Laomedon-Determinant. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 4 50 die anormalen Zwitterbildungen, wo plötzlich beiderlei Geschlechts- merkmale an demselben Individuum nebeneinander auch äußerlich sichtbar auftreten, ich erinnere an die Hahnenfedrigkeit und an die mit ihr verwandten Erscheinungen. In typischer Weise äußert sich dieselbe darin, daß etwa bei Hühner- oder Entenvögeln das weibliche Geschlecht in vorgeschrittenem Alter das Gefieder und Benehmen der Hähne, bez. Erpel annimmt. Kastration kann die gleiche Wirkung haben, wie neuerdings besonders einwandfrei Goopatn!) an Enten gezeigt hat. Ähnliches ist vielfach von Säuge- tieren bekannt, kastrierte Ricken setzen ein Gehörn auf, und so fort. Auch mancherlei Erscheinungen der parasitären Kastration gehören hierher, so die Erscheinung, daß bei Bienen der Gattung Andrena, wenn sie von Strepsipteren befallen sind, die Männchen weibliche und die Weibchen männliche Charaktere annehmen?). Und endlich wird einer der wichtigsten Belege für das Vorhandensein dieser Latenz dadurch geboten, daß ein Geschlechtsindividuum die Charaktere des entgegengesetzten Geschlechts, welche an ihm offensichtlich in keiner Weise hervortreten, erblich auf seine Nachkommen zu über- tragen vermag. So dann, wenn bei der Kreuzung zwischen einem Haushahn und einer Fasanhenne bei der männlichen Nachkommen- schaft Merkmale des männlichen Fasans auftreten, welche die Bastarde dann nur durch Vermittlung des weiblichen Fasans er- halten haben können. Oder um ein Beispiel vom Menschen heran- zuziehen, wenn eine Mutter auf ihren Sohn die Hypospadie, also eine nur beim Manne mögliche Mißbildung, vererbte, welche ihr eigener Vater, also der mütterliche Großvater des Sohnes besessen hatte *). Ob dieser Latenzzustand freilich so allgemein überall anzutreffen ist, wie es pe Mrvern*) annimmt, der meint, daß in jedem Indi- viduum eines getrennt geschlechtlichen Tieres ein vollständigeı Determinantenkomplex des zugehörigen entgegengesetzten Ge- schlechtsindividuums vorhanden sei, das muß dahingestellt bleiben. ") H. D. GOODALE, Some results of castration in ducks. Biol. Bulletin. vol. 20. 1911. ?®) J. Perez, Des effets du parasitisme des Stylops sur les apiaires du genre Andrena. Soc. Linn. Bordeaux. 1886. — W. M. WHEELER, The effects of parasitic and other kinds of castration in insects. Journ. experim. Zool. vol. 8. 1910. 3) Die Beispiele zitiert nach: W. HE, CASTLE, The heredity of sex. Bull. Mus. Comp. Zool, Harvard Coll. vol. 40. 1908. 4) J. C. H. DE MEIJERE, Uber getrennte Vererbung der Geschlechter. Biolog. Zentralblatt. 30. Bd. 1910. 51 Wahrscheinlicher ist es nach unserem bisherigen Wissen, daß auch hier Abstufungen bestehen. Wir könnten uns vorstellen, daß neben dem allmählich verlaufenden Prozeß der Ausbildung der Geschlechts- charaktere an einem Geschlechtsindividuum und ihrer Verkoppelung mit dem Gonadenkomplex noch ein anderer Vorgang einherging, der aus dem im entgegengesetzten Geschlechtsindividuum zunächst völlig negativen Determinantenwert des betr. Sekundärcharakters zuerst einen wenig starken und ganz latent bleibenden positiven Wert schuf, dann aber diesen immer mehr erstarken ließ, so daß er gelegentlich wohl sichtbar in die Erscheinung treten konnte, wenn äußere oder innere Zustände diesem Durchbruch sekundär förderlich waren. Nun, und dieser wachsende Positivwert der Determinanten einer ursprünglich nur mit dem einen Geschlecht verbundenen Eigenschaft kann schließlich auch im anderen Geschlecht so stark werden, dab diese Eigenschaft konstant und regelmäßig auftritt. Wir sprechen dann von der Übertragung eines Geschlechtsmerkmals auf das entgegengesetzte Geschlecht. Hierher gehörige Tatsachen sind zum Teil schon lange bekannt, einige der wichtigsten will ich auf der Grundlage neuerer Untersuchungen hier darlegen. Bei der Beurteilung dieser Tat- sachen muß stets vor allem der möglichst exakte Beweis erbracht werden, daß das betreffende Merkmal sicher zunächst nur dem einen Geschlecht angehörte, in seinen Diensten stand, da nach dem Ab- schluß des Übertragungsvorgangs keinerlei Kriterium mehr dafür vorhanden ist, daß man es hier wirklich mit einem ursprünglichen Sexualcharakter und nicht vielmehr mit einem Artcharakter zu tun hat. Als gutes Beispiel miissen immer wieder in erster Linie die Gehoérnbildungen der Huftiere gelten. Niedere Formen wie Moschus und Aydropotes sind noch gänzlich hornlos. In der Entwicklungs- reihe der Hirsche tritt dann die besondere Gehörnbildung auf, welche wir als Geweihe bezeichnen. Wir kennen ihre phylogene- tische Entwicklung vom Miocän bis zur Jetztzeit als eine kontinu- ierlich sich komplizierende Reihe, sie treten überall nahezu aus- nahmslos nur im männlichen Geschlecht auf. Eine einzige Ausnahme findet sich, und das ist der uns hier besonders interessierende Fall, das Rentier, wo Männchen und Weibchen Geweihe tragen, ohne daß indessen der Übertragungsprozeß hier schon vollständig abge- schlossen wäre. Es können bei einzelnen Rassen die weiblichen Geweihe ebenso groß werden wie die männlichen, bei anderen, wie den skandinavischen, sind sie aber noch viel kleiner, und bei einer _ Wildrasse aus den Wäldern des kasanischen Gouvernements wurden 4* 52 im Jahre 1840 Weibchen beobachtet, die noch vollständig der Ge- weihe entbehrten’). Anders stellt sich uns die Gruppe der Antilopen dar. Viele Formen, wie die Neotraginen, Cervicaprinen, viele Tragelaphinen besitzen nur im männlichen Geschlecht Hörner; bei anderen treten Hörner im weiblichen Geschlecht nur gelegentlich auf (Antilope cervicapra) oder sind bei den Weibchen bedeutend schwächer ent- wickelt, so bei Antidorcas, Hippotragus, Addax; und endlich bei einer dritten Gruppe sind die Hörner in beiden Geschlechtern kaum verschieden, so bei Connochaetes, Cephalophus, Oryx. Ja, eine einzige Gattung, die Gattung Gazella, weist in dem Gesamt- komplex ihrer zahlreichen Vertreter sämtliche drei Übertragungs- stufen vereinigt auf”). Bei den am höchsten stehenden Wiederkäuern ist der Prozeß so gut wie abgeschlossen. Bei allen heute lebenden Wildformen der Bovinen sind Männchen und Weibchen mit Hörnern versehen. Was aber in einer weiter zurückliegenden geologischen Periode keineswegs der Fall war, insofern die ältesten bekannten fossilen Vorfahren der Rinder aus dem Pliocän nur im männlichen Geschlecht Hörner trugen’). Ganz ähnliche Entwicklungsreihen enthüllen die Sporen- bildungen der Hiihnervégel*). Es kann wohl kaum bezweifelt werden, daß die Sporen von den Hähnen erworbene Waffen sind, wir treffen sie als solche an bei Gallus, Pavo, Phasianus, Gennaeus, Lophura und so fort. Es kann die Zahl der Sporen sich erhöhen auf zwei und drei Paare, so bei Polyplectron, Galloperdix, Ithagenes, einzelnen Francolinus und anderen. Alles zunächst nur bei den Hähnen, dann aber begegnen wir Formen, wo auch die Hennen Sporenbildungen aufweisen. In Knopfform treten Sporen bei den Hennen von Meleagris ocellata auf, wo übrigens auch das Gefieder sich dem des Hahnes nähert, in fast gleich starker Ausbildung wie am Hahn bei den Hennen von Rhizothera und Acomus. Von 1) R. LYDEKKER, The deer of all lands. London 1898. — ED. EvERS- MANN, Mitteilungen über einige neue und einige weniger gekannte Säugethiere Rußlands. Bullet. Soc. Impér. des Natural. de Moscou. 1840. » 2) Vgl. hierzu: Ph. L. SCLATER and O. THomas, The book of antelopes. London 1894— 1900. >) C. J. FORSYTH MAJOR, On the evidence of the transference of secon- dary sexual characters of mammals from males to females. The Geolog. Magazine. N. 8. Dec. IV. vol.:8. 1901. 4) Vgl. hierzu: W. R. OGILVIE-GRANT, Catalogue of the game birds in the collection of the British Museum. London 1893. 99 besonderem Interesse ist ferner, dab gerade bei solchen Formen, bei denen mehrere Paare von Sporen bei den Hähnen sich finden, wo also deren Bildungstendenz eine besonders starke ist, daß gerade da auch die Hennen häufiger Sporen tragen, so bei /thagenes, Galloperdix, einigen Francolinus-Arten. Auf einen hierher gehörigen Fall aus unserer unmittelbaren Umgebung bin ich selbst aufmerksam geworden. Es fiel mir vor einigen Jahren in der Umgebung Jenas auf, daß ein hoher Prozentsatz der gewöhnlichen Haushennen mehr oder weniger große Sporen trug. Wie schon lange bekannt ist und wie der aufmerksame Besuch jeder Hühnerausstellung zeigt, sind es besonders die Italienerrassen, welche zur Sporenbildung im weiblichen Geschlecht hinneigen. Hier handelt es sich aber um eine auf den Bauernhöfen ohne reine Rassenzüchtung gehaltene Mischrasse, welche Sporen als ein Merkmal des weiblichen Geschlechts anzunehmen beginnt. Es spricht übrigens schon Becasrem') in seiner alten Naturgeschichte Deutschlands aus dem Jahre 1793 von derartigen sporentragenden, gut eierlegenden Hennen, eine Stelle, auf die ich durch ein Zitat Darwty’s hingelenkt wurde. Ich beobachtete die gleiche Erscheinung weiter im ganzen Thüringer Lande, im Fichtelgebirge, in Hessen, im Harz, wenn auch in den zuletzt genannten Bezirken nicht ganz so häufig. Ich ging schließlich selbst an die Züchtung heran und erzog mir aus stark bespornten Hennen, die alle ganz vorzügliche Eierlegerinnen waren, also nicht etwa als hahnenfedrig angesprochen werden können, einen jungen Hühnerstamm, der jetzt noch unter meiner Beobachtung steht. Die Entwicklung der Sporen geht viel langsamer bei den Hennen vor sich als beim Hahn. Während der Hahn meiner Zucht im Alter von jetzt zwei Jahren Sporen von 21/, cm Länge aufweist, sind die größten Sporen der Hennen von gleichem Alter erst etwas über 1/, cm lang. An mancherlei anderen Merkmalen der Vögel, an Merkmalen des Gefieders, an Hautlappen und ähnlichem lassen sich vielfach die gleichen Erscheinungen nachweisen, ich beschränke mich hier nur noch auf ein besonders klares Beispiel. Es betrifft dies die gewundene Trachea einiger Paradiesvégel”). Bei einigen Formen wie Manucodia atra bildet die Luftröhre eine kurze Schlinge 1) JoH. MATTHÄUS BECHSTEIN, Gemeinnützige Naturgeschichte Deutsch- lands nach allen drey Reichen. 3. Bd. Leipzig 1793. 2) P. PAVESI, Studi anatomici sopra aleuni uccelli. Ann. Mus. Civ. Stor. nat. Genova. vol. IX. 1876—77. — W. A. FORBES, On the convoluted trachea of two species of Manucode. Proceed. Zool. Soe. London 1882. 54 zwischen den beiden Furculaästen. Sie tritt präclavicular über der Furcula aus, verläuft ganz äußerlich unter der Haut in Schlingenform, biegt dann wieder nach oben um und läuft parallel dem absteigenden Ast der Schlinge zurück. Bei Manucodia atra ist die Schlinge nur kurz, bei Manuc. comrw reicht sie bis zur Bauchhöhle, bei Manuc. chalybata und jobiensis erstreckt sie sich über zwei Drittel des großen Brustmuskels. Aber alles dies findet sich stets nur bei den Männchen, bei den Weibchen ist die Luft- röhre einfach gerade gestreckt. Den Höhepunkt in der Entwicklung SE IK SEHR Figur 5. Gewundene Trachea von Phonygammus gouldi, A des Männchen, B des Weibchen. _ (Nach P. Pavesi, 1876/77.) dieser Schlinge zeigt das Männchen von Phonygammus gouldi (Fig. 5). Die Trachea tritt hier ebenfalls über der Furcula aus und legt sich sodann in acht bis neun spiralig aufgerollte Win- dungen, welche den größten Teil der Brustmuskel bedecken. Es vermögen diese Vögel ganz außerordentlich laute und tiefe Töne von sich zu geben, deren Stärke in keinem Verhältnis zur Größe des Vogels steht. Und nun weist bei diesem Paradiesvogel zwar ein Teil der Weibchen eine gerade gestreckte Trachea auf, bei anderen aber ist ebenfalls eine, wenn auch nur einfache Schlingen- bildung festgestellt worden, ganz so, wie sie junge Männchen 55 zeigen. Um an unsere früheren allgemeineren Betrachtungen an- zuknüpfen, bei der Form, wo der Positivwert des vom Männchen erworbenen Geschlechtscharakters am stärksten ist, beginnt er auch beim Weibchen sich durchzusetzen. Andere Tiergruppen bieten nicht weniger überzeugende Bei- spiele. Ich greife nur noch die Lautorgane der Heuschrecken heraus. Die Männchen der Grillen besitzen auf beiden Vorder- flügeln je eine Schrillader und eine Schrillkante, die gegeneinander gestrichen unter Vibration der Flügel die bekannten zirpenden Töne hervorrufen. Dieselben dienen zweifellos zum Anlocken der Weibchen, denen solche Lautorgane mit einer einzigen Ausnahme, der Maulwurfsgrille, völlig fehlen. Auch bei den Feldheuschrecken (Acrididen) sind vorzugsweise die Männchen die Träger solcher Organe, sie bestehen hier aus einer vorspringenden Ader der Vorderflügel, die von einer mit Schrillzäpfchen versehenen Leiste der Hinterschenkel angestrichen wird. Wenn diese Organe auf Weibchen übertragen sind, so sind sie meist erst schwach aus- gebildet. Bei den Laubheuschrecken (Locustiden) endlich ist diese Übertragung eine vollständige geworden, hier besitzen auch die Weibchen Schrillapparate, wenn auch in etwas veränderter Form’). Es ist ganz selbstverständlich, daß die biologische Bedeutung der ursprünglichen Geschlechtscharaktere mit ihrer Übertragung auf das andere Geschlecht allmählich eine andere werden muß. Wohl dienen sie in den zuletzt genannten Fällen dem Männchen noch zum Anlocken der Weibchen, da es zumeist über stärkere Organe, kräftigere Laute verfügt, aber daneben gewinnen sie die Bedeutung von Arterkennungsmerkmalen. Zuweilen kann dieser Funktionswechsel noch schärfer präzisiert werden, so dann, wenn beim Rentier die Schaufelgeweihe nicht mehr allein als Waffen der Männchen dienen, sondern zugleich für beide Geschlechter zu einem wichtigen Handwerkszeug beim Ausgraben der Pflanzen- nahrung aus dem Schnee geworden sind. Rein morphologisch be- trachtet sind aber diese Erscheinungen deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie uns einen besonderen Weg zeigen, wie eine Art um ein Merkmal bereichert werden kann, das zunächst im spezielleren Dienst der Geschlechtlichkeit nur einem Teil der Art- individuen zukam, nun aber ein allen gehöriges Gemeingut ge- 1) Vgl. hierzu besonders: J. REGEN, Neue Beobachtungen über die Stridu- lationsorgane der saltatoren Orthopteren. Arb. Zool. Inst. Wien. tom. 14. 1903. — A. PETRUNKEWITSCH und G. von GUAITA, Über den geschlechtlichen Dimor- phismus bei den Tonapparaten der Orthopteren. Zool. Jahrb. System. 14. Bd. 1901. 56 worden ist. Und die Möglichkeit derartiger Vorgänge zeigt zugleich nochmals recht klar, wie keinerlei Verschiedenheit in dem Wesen von Geschlechts- und Artmerkmalen besteht. Wir haben damit die Entwicklung eines sekundären Geschlechts- charakters in allen möglichen Phasen verfolgt. Wir lernten seine Anfänge kennen, wie er in engster Beziehung zu einer Geschlechts- drüse sich schärfer und schärfer ausprägte, wie er dabei einen stetig zunehmenden Gegensatz der Geschlechter hervorrief und wie er sich immer unlöslicher mit dem Begriff und dem Wesen des einen Geschlechts verband. Wir lernten die allmähliche Wiederauflösung dieses geschlechtlichen Gegensatzes kennen, nicht dureh Reduktion des neuen Charakters, sondern durch seine schärfere Einprägung in das Artbild hinein, durch seine Übertragung auf das andere, zunächst ihm gegenüber indifferente Geschlecht. Die Geschlechtsperson vom Werte eines Gametocytenträgers steht nun in ihrer äußeren geschlechtlichen Differenzierung wieder auf einer einfacheren Stufe, in ihrem Artbild aber um ein neues Merkmal bereichert. Zweite Sitzung. Dienstag, den 13. Mai, 3—4'!/, Uhr. Dr. A. Termenemann (Münster i. W.): Die Salzwassertierwelt Westfalens. Trotz des gewaltigen Aufschwungs, den in den letzten Jahren die Erforschung der verschiedenen Lebensgemeinschaften der Fauna unserer Binnengewässer genommen hat — ich erinnere nur an die eingehenden Untersuchungen über das Seenplankton, über die Tier- welt der Bäche und Quellen, der Tiefe der Binnenseen, der organisch verunreinigten Gewässer, der Thermen usw. —, ist die Fauna der Salzgewässer des Binnenlandes bisher noch nicht der Gegen- stand eingehenderen Studiums geworden. Was Karu Semper vor 33 Jahren in seinem Buche über „Die natürlichen Existenz- bedingungen der Tiere“ (I. p. 279) bemerkte, daß eine Zusammen- stellung und genaue Beschreibung der in den Salinen Europas vorkommenden zahlreichen Insekten nicht vorhanden sei, das gilt auch noch heute, und nicht nur für die Insekten, sondern überhaupt für alle in den Salzquellen, Salzgräben, Salzsümpfen und Salinen des Binnenlandes lebenden Tiere. Nur der Fauna der salzigen Seen Osteuropas, Asiens und Afrikas haben einige Forscher ihre Aufmerksamkeit gelegentlich gewidmet. 57 Und doch könnte die Erforschung der Tierwelt dieser Salz- gewässer ein über das spezielle und lokale hinausgehendes allge- meineres Interesse gewinnen. Denn von vornherein liegt der Ver- gleich dieser Lebensgemeinschaft mit der marinen Fauna nalıe; dazu kommt vor allem das physiologische Interesse, das die Fest- stellung der Salzkonzentrationen, die die einzelnen Tierformen ver- tragen können, bietet; und nicht minder könnte es wissenschaftlich bedeutungsvoll werden, die anatomisch-histologischen Eigentümlich- keiten jener in hochkonzentrierten Salzsolen lebenden, aber oft ebenso in einem normalen Süßwasser auftretenden Tiere zu unter- suchen und aus solchem Studium vielleicht ein Verständnis für ihre ungeheure Anpassungsbreite in bezug auf den Salzgehalt ihres Wohnwassers zu gewinnen. — Erste Grundlage aber für alle solche Untersuchungen muß die genaue Feststellung der verschiedenen, im Salzwasser des Binnenlandes lebenden Tierarten und der Salz- konzentrationen sein, bei der sie im Freien, unter natürlichen Ver- hältnissen, vorkommen. Ich habe deshalb vor 5 Jahren die Tierwelt der Salzquellen und Salinen Westfalens zu studieren begonnen; die zuerst mehr gelegentlichen Exkursionen wurden schließlich zu einer planmäbigen, eingehenden Untersuchung, die ich besonders in den letzten beiden Jahren zusammen mit Herrn Roserr Scumrpr durchführte. Hier, an dieser Stelle, will ich nur über die allgemeinen Ergebnisse unserer Untersuchungen berichten; die Einzelheiten, die naturgemäß z. T. ein mehr lokales, heimatkundliches Interesse haben, bringt die umfangreichere Arbeit Roserr Scaumpr’s?). Wir haben unsere faunistischen Untersuchungen nach Kräften auf fast alle im Salzwasser vorkommende Tiergruppen ausgedehnt. Nicht berücksichtigt wurden nur die Protozoen und Nematoden, Gruppen, die nur ganz gelegentlich vereinzelte Vertreter in unsere Salzgewässer entsenden; im übrigen wurde Vollständigkeit erstrebt, wenn auch natürlich — vor allem bei der Microfauna — noch lange nicht erreicht wird. Besonderen Wert haben wir auf die Aufzucht der in außerordentlich großer Arten- und Individuenzahl auftretenden Dipterenlarven gelegt?). !) „Die Salzwasserfauna Westfalens“. Inaug.-Dissert. Münster i. W. 1912. (Sonderdruck aus 41. Jahresbericht Zool. Sekt. Westf. Prov.-Ver. f. Wiss. u. Kunst f. 1912/13. Münster i. W. 1913.) 2) Von ihnen werden die Chironomiden in einer besonderen Arbeit be- handelt werden [in „Vorarbeiten für eine Monographie der Chironomidenmeta- morphose“. Supplementband zum Archiv für Hydrobiologie und Planktonkunde.] 58 Das Untersuchungsgebiet. Unser Untersuchungsgebiet waren die hauptsächlich aus triasi- schen Steinsalzlagern entspringenden Salzquellen und die sich an sie anschließenden Salinen im Kreidebecken von Münster; im Süden des Gebietes die Salzgewässer von Sassendorf, Salzkotten, Western- kotten, Werl, Unna-Königsborn, in der Mitte ein salziges Zechen- abwasser bei Hamm (Zeche Maximilian), im Norden die Saline (ottesgabe bei Rheine, die Salzquellen und -sümpfe bei Hörstel und die Salzquellen am Rothenberge bei Ochtrup. Viele dieser Salzvorkommnisse sind schon seit dem frühesten Mittelalter bekannt und ausgebeutet; schon ein arabischer Schriftsteller, der im zehnten Jahrhundert Westfalen bereiste, erwähnt die Salzquellen in der Umgebung von Soest. Andere Salzgewässer jedoch sind erst in allerjüngster Zeit entstanden. So führt der Geithebach bei Hamm erst seit dem Jahre 1904, als die Zeche Maximilian beim Ausbau ihrer Grube auf Salzquellen von großer Mächtigkeit stieß, ein stark salziges Wasser. | Das Aussehen der Salzgewässer. Das Aussehen der einzelnen Salzstellen ist ein recht ver- schiedenes. Nirgends zeigen sie sich mehr ganz in ihrem ursprüng- lichen Zustand, denn überall hat die Menschenhand regulierend, eindämmend und damit den Salztieren die Lebensmöglichkeit be- schränkend eingegriffen. Während es wohl ursprünglich meist aus- gedehntere Sumpfgelände mit einzelnen Wassertümpeln waren, in denen sich oft Eisenocker in dicken Flocken ablagerte und deren Ränder von den halophilen Pflanzen besiedelt und besonders von der Salzaster umkränzt waren, ist heute das Salzwasser auf die nächste Umgebung der Quellen und Bohrlöcher beschränkt und in kleine Gräben eingedämmt, in denen es über den roten Eisenschlamm langsam dahinfließt oder zuzeiten ganz stagniert. Wo Salinen errichtet sind, bieten die hölzernen Leitungsrinnen und die Gradier- becken den allerwiderstandsfähigsten Salzbewohnern günstige Lebens- bedingungen, ebenso wie die Sickerlachen unter den Gradierwerken und die oft ziemlich tiefen Sparteiche oder Reservoirs. Alle Salz- stellen liegen im offenen, freien Gelände, zwischen Wiesen, Äckern und sonstigem Kulturland. Wälder fehlen in der Umgebung dieser Stellen. Der Pflanzenwuchs. Von höheren Pflanzen tritt nur Zannichellia pedicellata in den schwachsalzigen Gräben auf; in ihnen, sowie in den Quellen flottieren 59 häufig Fadenalgen in langen Strähnen oder bilden dicke Polster, zwischen denen sich Diatomeen in großer Menge ansiedeln. Wo die Konzentration eine höhere ist, treffen wir nur Diatomeen und Oscillatorien an, oft allerdings in ungeheurer Massenentwicklung. Und in den Salzteichen können zeitweise Euglenaceen das Wasser in eine undurchsichtige, grüne Brühe verwandeln. Die Zusammensetzung der westfälischen Salzwasserfauna. Rund 120 Tierarten haben wir in den Salzgewässern West- falens nachgewiesen; mehr als die Hälfte davon entfallen auf die Dipteren und Coleopteren. Nur ganz einzelne Vertreter — und zwar leben sie meist nur in schwach salzigem Wasser — zählen in unserer Lebensgemeinschaft die Gastropoden, Nematoden, Cladoceren, Trichopteren und Protozoen; gänzlich vermißten wir von den sonst im Süßwasser vertretenen Gruppen im Salzwasser die Hydroiden, Spongien, Hirudineen, Bryozoen, Bivalven, Ephemeriden, Perliden und Amphibien. Im allgemeinen macht man bei dem Studium der einzelnen Lebensgemeinschaften die Beobachtung, daß in einer jeden Lebens- gemeinschaft, durch welche besonderen Lebensbedingungen sie auch charakterisiert sei, sich drei verschiedene Elemente unterscheiden lassen. Wir treffen in ihr einmal Organismen an, die sie mit vielen anderen Biocoenosen gemeinsam hat. Eine zweite Gruppe wird von den Tieren gebildet, die wohl auch anderwärts auftreten, die aber eine besondere Vorliebe für die untersuchte Lebensgemeinschaft zeigen und deshalb in ihr eine Massenentwicklung erlangen. Und schließlich enthält sie eine Anzahl von Tierarten, die charakteristisch für diese Biocoenose sind, an anderen Stellen nur gelegentlich in einzelnen Exemplaren sich finden — denn einzelne Individuen einer jeden Gemeinschaft können wohl stets auch einmal in einen anderen Lebensbezirk versprengt werden — die aber ihre eigentlichen Lebens- bedingungen, auf die ihre_Lebensbedürfnisse abgestimmt, an die sie angepaßt sind, nur hier finden. Je exklusiver die Bedingungen eines Lebensbezirkes, je ein- seitiger sie entwickelt sind, um so mehr tritt die erste der genannten Gruppen nach Zahl der Arten und Individuen zurück und macht der zweiten und dritten Gruppe Platz, ja wird schließlich, wenn die Einseitigkeit in der Ausbildung der Lebensbedingungen ein Maximum erreicht, ganz von diesen verdrängt. Und so ist es denn 60 verständlich, daß die bionomische Forschung jene erste Gruppe als „Gäste“ bezeichnet und ihr die Anhängesilbe „-xen“ gibt (z. B. Trogloxen, Krenoxen, Haloxen), die zweite Gruppe „Liebhaber“ dieser Lebensgemeinschaft nennt, und daher z. B. von Troglophilen, Krenophilen, Halophilen spricht, während sie die letzte Gruppe als „eigentlichen Bewohner“ dieser Stätte auffaßt, und ihnen daher die Namen Troglobien, Krenobien, Halobien usw. vorbehält. Haloxene Formen, salzwasserfremde Elemente, Gäste aus dem Süßwasser bilden der Artenzahl nach einen Hauptbestandteil der Salzwasserfauna Westfalens, treten aber der Individuenzahl nach stark zurück. Außer vielen Wasserkäfern haben wir u. a. die folgenden haloxenen Arten im westfälischen Salzwasser gefunden): Wais elinguis MULL... ... . 5,38 Limnaea ovata DRAP. . . » . 25,370 Limnophilidenlarven - - . » » 6,809 | Asellus aquaticus L.. . . . . 25,370 Cyclops serrulatus FISCHER . 6,309 | Musca vomitoria L. . . . 57,803 Sralis gp). = 5. . . +. 7,319 | Chydorus sphaericus O. FMUzt. 59,408 Notolea striata anne! . + . 9,484 | Simocephalus vetulus O. F. Melusina (Simulium) maculata MULE.) Fae ae eee ; 59,408 DIE ee SL ee 21,709 17 Oulex- pipiens re er 104 „687 Agrionidenlarven .... - . 24,317 | Psychoda phalaenoides L. . . 154,918 Notolca acuminata EHRBG. . 24,317 | Lathryophthalmus (Eristalis) Diglena_catellina MULL, . . . 24,317 | aeneus Scop... <2... =) oe. ipa Gammarus pulex L.. . - . . 25,370 | Eine besondere Stellung unter den Haloxenen nehmen die subterranen Formen Niphargus puteanus Koch und Haplotazıs ‚gordiordes Harrm. ein, die in einer Salzquelle (9,193—13,98 im Liter) von Sassendorf leben. Halophile Formen, d.h. solche Arten, die auch im Süßwasser vegelmäßig vorkommen, aber bei uns doch eine solche Vorliebe für das Salzwasser zeigen, daß sie auch bei ziemlich hohen Konzen- trationen noch eine Massenentwicklung erlangen. Hierhin ge- hören außer den beiden Stichlingsarten Gasterosteus aculeatus CUV. var. Gasterosteus pungitius L. var. GUNES Se ea 58,9 YYMRUTUS a. 0 20 Ss eee / den Krebsen Cyclops bicuspidatus CLAUS . 24,009 | Cyclops bisetosus REHBERG . 49,775 und dem Oligochaeten / Lumbricillus lineatus MÜLL. . 61,831 1) Die hinter jedem Namen stehende Zahl bedeutet hier wie im folgenden die Höchstkonzentration des Wassers (g Salz im Liter), bei der die betreffende Art von uns bisher gefunden wurde. 61 vor allem die folgenden. Dipterenarten: Dicranomyia modesta WIED . 23,21 | Nemotelus notatus ZEIT. . . 104,637 Symplecta stictica M6.. . . . 44,350 | Limosina limosa FALL. . . . 112,310 Symplecta similis SCHUM. . . 21,709 | Limosina fontinalis FALL . . 101,870 Culex dorsalis Me. . . . . » 101,870 | Scatophaga litorea FaLL . . . 23,21 Stratiomyia riparia Me.. . . 28.781 | Limnophora litorea FALL . . 104,637 Hoplodonta viridula. FaBR.. . 28,781 | Caenia palustris FALL. . . . 44,35 Scatella stagnalis FALL . . . 112,310 Halobien, typische Salztiere, kommen in Menge und regel- mäßig nur im Salzwasser, im Süßwasser höchstens in einzelnen versprengten Exemplaren vor. Hierher mit Sicherheit: die Fliegen: Ephydra micans HAL.. . . . 28,781 | Ephydra riparia FALL. . . . 209,35 Ephydra scholtzi BECKER. . 124,370 die Käfer: Philydrus bicolor FABR. . . . 104,637 | Ochthebius marinus PAYK.. . 23,890 Paracymus aeneus GERM, . . 104,637 die Schlupfwespe: Urolepis maritima WALK aus Ephydra riparia der Harpacticide: Nitocra simplee SCHMEIL . . 21,541 das hädeıtier: Brachionus müllerı EHRBG. . 43,330 | Vielleicht sind auch die Wassermilbe Thyopsis cancellata Prorz (5,615) der Ostracode Cyprinotus (Heterocypris) salina Brapy (59,408), sowie das Rädertier Oolurus (Monura) loncheres Ense. (13,86) zu den Halobien zu rechnen. | Die Herkunft der westfälischen Salzwasserfauna. Hinsichtlich ihrer Herkunft stehen die aus den subterranen Ge- wässern ausgespülten Arten Niphargus und Haplotaxis allen übrigen Salztieren gesondert gegenüber. Diese alle müssen, da natürlich die Annahme früherer zusammenhängender größerer Binnensalzwasser- gebiete, deren Reste unsere heutigen Salzstellen seien, von vorn- herein abzuweisen ist, in aktiver Wanderung (Flug) oder in passiver Verschleppung zu ihren jetzigen Wohnplätzen gelangt sein. Haloxene und halophile Arten sind aus dem benachbarten Süßwasser einge- drungen, die Halobien jedoch aus dem Salzwasser. Wie schnell diese Besiedelung vor sich gehen kann, zeigt das Beispiel des Geithe- baches bei Hamm, der erst seit 1904 Salzwasser führt und an Reichtum des Organismenlebens hinter den schon Jahrhunderte lang 62 vorhandenen Salzstellen nicht zurücksteht. Erleichtert wird der Organismentransport vor allem durch die offene Lage aller Salz- stellen. Aber immerhin bleibt es recht bemerkenswert, wie die Halobien die einzelnen oft nur Quadratmeter großen Salzwässer zu | finden verstehen, und dies auf Entfernungen von 20, 30, ja 100 km!); | und in dem ganzen großen dazwischenliegenden Gebiete trifft man diese Halobien nicht an. Die meisten der Halobien sind charakteristisch für das Salz- wasser des Binnenlandes; nur für Brachionus Müllerı (und eventuell Colurus (Monura) loncheres) kann man vielleicht eine Ver- schleppung vom Meere her annehmen. Von den Faktoren, die das Auftreten der einzelnen Arten an den Salzstellen beeinflussen, treten Temperatur, Nahrungsverhältnisse, Wasserstand, Wasserbewegung, Beschaffenheit des Untergrundes usw. an Bedeutung bei weitem zurück hinter der Stärke der Konzentration des Salzwassers. Nur der Einfluß, den die Höhe des Salzgehaltes auf die Zusammensetzung der Fauna ausübt, soll daher an dieser Stelle behandelt werden. Der Einfluß des Salzgehaltes auf die Zusammensetzung der Fauna. Bei der Wirkung, die die Konzentrationsverhältnisse auf die Wassertiere ausüben, muß die Einwirkung der absoluten Höhe des Salzgehaltes und der Einfluß der Größe der Schwankun- gen des Salzgehaltes unterschieden werden. Bei den uns hier inter- essierenden salzigen Binnengewässern Westfalens läßt sich indes diese Unterscheidung in praxi nicht durchführen, da hier der Steigerung der Konzentration auch stets eine Steigerung der Schwankungsamplituden parallel geht. Denn starke Regengiisse können hier in so gut wie allen Salzwasseransammlungen den Salz- gehalt im höchsten Grade zeitweise herabsetzen, während lang- dauernde Sommerhitze die Konzentration des Salzwassers zunehmen läßt. Ob der Einfluß des Salzgehaltes auf die Fauna mehr der absoluten Höhe oder der Größe der Schwankungsamplituden in Rechnung zu stellen ist, läßt sich nicht entscheiden. Wahrschein- lich ist es, daß beide Komponenten des einen Faktors gemeinsam die biologischen Verhältnisse beeinflussen. ") Dies ist die ungefähre Entfernung der Salzstellen am Nordrande des Beckens von Münster von der nächsten südlicher gelegenen (Hamm). 63 Schon eine geringe Erhöhung des Salzgehaltes beeinflußt die Fauna eines Gewässers beträchtlich. So schwanktel) in der Werse, einem normalen Flüßchen nahe bei Münster i. W., der Gehalt des Wassers an gelösten Stoffen in der Zeit vom September 1908 bis 1909 zwischen 0,302 g im Liter (19. Oktober 1908) und 0,463 g (15. August 1909); im Dortmund- Ems-Kanal bei Münster, der hauptsächlich aus der durch salzreiche Abwässer verunreinigten Lippe gespeist wird, betrugen dagegen die Schwankungen im Salzgehalt zur gleichen Zeit 0,266 g (8. März 1909) bis 1,805 g (14. Oktober 1909); und in dem dürren Sommer 1911 stieg im September der Salzgehalt hier sogar auf etwa 1% %. Aber diese relativ kleinen Unterschiede im Chemismus beider Ge- wässer prägen sich doch deutlich in der Fauna aus. Weniger aller- dings in qualitativer Beziehung: das Plankton des Kanals enthält eine nur unbedeutend geringere Artenzahl als die Werse; sehr klar aber in quantitativer Beziehung: die Planktonmenge ist im Dortmund- Ems-Kanal stets eine bei weitem kleinere als in der Werse. So fanden ‚wir z. B. zur Zeit des Planktonmaximums (am 24. Juni 1909) in einem Liter Wersewasser etwa 6800 Organismen, in derselben Menge Kanalwasser zur gleichen Zeit jedoch nur 380 Tiere und Pflanzen. Wesentlich höhere Konzentrationen und damit auch Salzgehalts- schwankungen weisen die jetzt von uns studierten Salzwässer Westfalens auf, und so kann es nicht wunder nehmen, daß der Einfluß des Salzgehaltes auf die Zusammensetzung der Lebewelt hier auch in qualitativer Hinsicht klarer in die Erscheinung tritt. Bis zu einem Salzgehalt von etwa 21% ist die Tierwelt in den westfälischen Salzgewässern noch eine recht mannigfaltige; das Hauptkontingent stellen die Haloxenen in reicher Artenzahl. Aber auch halophile Arten sind vertreten, so Gasterosteus, Culex dorsalis, Dieranomyia, Stratiomyia, Nemotelus, Cyclops bicuspidatus und bisetosus; und selbst von den Halobien kommen die Käfer Philydrus, Ochthebius und Paracymus, ferner Lumbricillus und gelegentlich auch Ephydra häufig vor. Nimmt der Salzgehalt zu — bis zu mittleren Kon- zentrationen von etwa 10% —, so sinkt die Artenzahl der Fauna beträchtlich. Von Haloxenen treffen wir nur noch ganz !) Vgl. QUIRMBACH, Studien über das Plankton des Dortmund-Ems-Kanals und der Werse bei Münster i. W. Archiv f. Hydrobiol. und Planktonkunde. Bd. VII. THIENEMANN, Fischereibiologisches aus dem Dortmund-Ems-Kanal. Jahres- bericht des Fischereivereins für Westfalen und Lippe 1911. 64 einzelne Arten an!) (bis ca. 6%, Musca vomitoria, Chydorus sphae- ricus, Simocephalus vetulus, bis 10% Culex pipiens). Vorherrschend sind die Halophilen und Halobien, die sich in ungeheurer Individuen- zahl entwickeln können. In Wasser von 12 bis 16% ist die Fauna äußerst monoton. Von den Haloxenen wurden nur einmal im Wasser von 151% die Larven von Psychoda phalaenoides und Lathryophthalmus (Eristalis) aeneus gefunden, beides Arten, die sich auch gegen Fäulnis sehr resistent verhalten. Halophile Arten fehlen ganz, und die Halobien sind nur vertreten durch die Ephydralarven; diese allerdings können auch bei diesem Salzgehalte noch in ganz unglaublichen Mengen vorhanden sein. Bei 20% Salzgehalt ist die Individuenzahl der Ephydralarven bis auf wenige Exemplare reduziert; und bei etwa 22% ist das Salzwasser völlig azoisch. Wenigstens unser westfälisches Salz- wasser: daß anderorts auch konzentriertere Wasser noch von Organismen bewohnt sein können, geht z. B. aus einer Mitteilung von Suworow ?) hervor, der im Schlamme eines asiatischen Salzsees, . dessen Wasser 28,53% Salze enthielt, neben einigen niederen Algen noch einzelne Oligochaeten, Canthocamptus sp., Diaschiza sp. und etwa 5 mm große Chironomidenlarven fand. Allgemeinere Bemerkungen über den Zusammenhang zwischen Chemismus und Besiedelung eines Gewässers. Es mag gestattet sein, hier einige allgemeinere Bemerkungen über den Zusammenhang zwischen dem Chemismus und der Be- siedelung eines Gewässers einzuschalten. Untersucht man innerhalb eines geographisch einheitlichen Teiles des fluvialen Lebensbezirkes Gebiete, an denen sich der chemische Faktor der Lebensbedingungen nach bestimmter Richtung einseitig entwickelt — z. B. durch Zunahme des Kochsalzgehaltes, des Gehaltes an organischen fäulnisfähigen Stoffen, an Humus- substanzen, an anorganischen giftigen Stoffen?) u. dgl. —, so beobachtet man Folgendes: 1) Die hartschaligen Wasserkäfer können gelegentlich einmal in allen möglichen Konzentrationen gefunden werden. 2) SUWOROW, Zur Beurteilung der Lebenserscheinungen in gesättigten Salzseen. Zool. Anz. 32 1908 p. 676. 8) Auch große „biologische Reinheit“ eines Wassers — d. h. Abwesenheit größerer Mengen organischer Stoffe jeder Art beim sonstigen „normalen“ Gehalt an anorganischen Salzen — kann als „Einseitigkeit“ im Chemismus aufgefabt werden. Typus der Katharobien ist der Strudelwurm Planaria gonocephala. 65 1. Entwickelt sich das Charakteristische dieser Lebens- bedingungen nur in schwachem Maße — z.B. geringer Salzgehalt, geringe Fäulnis, geringe anorganische Verunreinigung —, so werden alle empfindlichen Formen normalen Wassers ausgemerzt und es bleiben überall die gleichen, widerstandsfähigen Orga- nismen in großer Arten-, aber meist geringer Individuenzahl erhalten. So finden wir die oben als haloxen bezeichneten Tiere des Salzwassers mit ganz geringen — zufälligen — Aus- nahmen in der Liste der Mesosaprobien ') im Sinne von Koukwrız- Marsson wieder, und ein Teil von ihnen (Wasserkifer, Sialhs -sp., Limnaea ovata, Asellus aquaticus, Nepa cinerea) tritt auch da auf, wo ein Wasser durch anorganische Stoffe (Gifte) mäßig ver- unreinigt wird”). Hier handelt es sich um Organismen, die vielen Biocoenosen gemeinsam sind, vor allem solchen mit nicht allzu exklusiv entwickelten Lebensbedingungen, um die sog. Ubiquisten, die oft auch Kosmopoliten sind. Wenn man die Eigenschaft eines Organismus, unter qualitativ sehr verschiedenen Lebensbedingungen gedeihen zu Können, quali- tative Anpassungsbreite oder Anpassungsbreite im speziellen nennt, und davon als quantitative Anpassungsbreite oder An- passungsstärke die Eigenschaft eines Organismus unterscheidet, bei sehr variablen Intensitäten oder Quantitäten einer Lebens- bedingung sich entwickeln zu können, so muß man den eben genannten Tieren eine grobe Anpassungsbreite, nicht aber allen eine große Anpassungsstärke zusprechen. . 2. Prägen sich die chemischen Eigentümlichkeiten der einzelnen Stellen stärker aus, nimmt also die Einseitigkeit ihrer Lebens- bedingungen zu, so werden auch die Unterschiede der einzelnen Biocoenosen stärker. Von den vorher gemeinsamen Formen bleiben an der einen Stelle die einen, an der anderen die anderen übrig, so daß vielleicht schon hier gemeinsame Formen ganz oder fast ganz fehlen. Zugleich beginnen die für die bestimmte Eigenart des Wasserchemismus charakteristischen Arten aufzutreten. Die Elimination der vielen einzelnen Arten aber schafft für die wenigen übrigbleibenden Platz und Konkurrenzlosigkeit, und so können diese eine Massenentwicklung erlangen. Es sinkt also die Arten- 1) KOLKWITZ und MARsson, Ökologie der tierischen Saprobien. Int. Revue d. ges. Hydrobiol. u. Hydrograph. II 1909 p. 126—152. 2) Vgl. THIENEMANN, in: J. KÖNIG, Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe. Berlin 1911, p. 1039. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 5) 66 zahl beträchtlich, die Individuenzahl der wenigen Arten aber steigt (vgl. das oben über die Halophilen Gesagte). Die auf dieser Stufe vorhandenen Formen zeichnen sich vor allem durch ihre Anpassungsstärke aus. 3. Entwickeln sich aber die Lebensbedingungen noch stärker in ihrer Einseitigkeit, so wird das Faunenbild noch monotoner. Es treten alle anderen Arten völlig zurück gegenüber den jeweilig charakteristischen — Halobien, Polysaprobien usw. —, die nun allein oft in großer Individuenzahl das Feld beherrschen. Da diese Arten höchstens in einzelnen versprengten Individuen einmal in einem normalen, nicht einseitig charakterisierten Wasser vor- kommen, so kann man sagen, dab bei ihnen die Anpassungs- stärke des Individuums wohl groß sein kann, die der Art jedoch im allgemeinen geringer ist als bei den Organismen der vorigen Stufe (z. B. Halophilen). 4. Endlich aber kann die Einseitigkeit der Entwicklung der „Lebensbedingungen“ so stark werden, daß auch die hochspeziali- sierten Formen die Intensität dieser Einseitigkeit nicht mehr ertragen können; ihre Individuenzahl sinkt zuerst, und schließlich wird die betreffende Stelle azoisch („Vernichtungszone“ der Ab- wasserbiologie). Wir fassen das Ergebnis der vorstehenden allgemeinen Dar- legungen so zusammen: DieEigentümlichkeiteiner bestimmten Biocoenosetritt erst hervor, wenn sich die Eigenart der sie charakteri- sierenden Lebensbedingungen über eine bestimmte Mini- malgrenze hinaus entwickelt hat. Dies prägt sich besonders klar aus beim Chemismus des Wassers, gilt aber wohl auch für alle anderen ver- breitungsregulierenden Faktoren. Vergleich der Salzwasserfauna Westfalens mit der anderer Gegenden. Da über die Tierwelt der Salzquellen und Salinen anderer Gegenden nur spärliche Notizen vorliegen, so läßt sich nur schwer beurteilen, inwieweit die westfälische Salzfauna mit der anderer Länder übereinstimmt, oder wodurch sie sich unterscheidet. In den Salinen am Strande der Adria, über die Srevrr in seinem „Biologischen Skizzenbuch für die Adria“ (p. 32—44) be- richtet, finden sich bei niederem Salzgehalt naturgemäß Meerestiere; 67 wird das Wasser konzentrierter, so treten die typischen Salinentiere auf, die Zphydra-Arten (Ephydra macellaria Eee., micans Hat.., Halmopota salınarum Bovcut) und die Käfer Philydrus halophilus, Paracymus aeneus und Ochthebius corrugatus. Man erkennt hier deutlich die große Ähnlichkeit der adriatischen und westfälischen Halobienfauna. Aber es besteht doch auch ein großer Unterschied zwischen beiden: in den adriatischen Salinen lebt Artemisia (Artemia) salina in großen Mengen und mit diesem bekannten Phyllopoden ein Flagellate, Dunahella salina, der durch sein Massenauftreten die Mutterlauge of ganz rot färbt. Beide fehlen in Westfalen ganz; die sonst so weit verbreitete Artemia salına ist in Deutschland überhaupt noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden. Worauf das beruht, können nur ausgedehntere gründliche biologische Studien an den Salinen verschiedener Gegenden vielleicht erklären. Eine gewisse Ähnlichkeit mit unserer Salzwasserfauna zeigt auch die Fauna der in der Felsküste der Adria gelegenen „Spritz- wasserlachen“ oder „rock pools“ (vgl. Srmver |. c. p. 54—56). In den höhergelegenen dieser „intralitoralen Meerwasserbassins“, in die die marine Fauna nicht mehr eindringt, findet sich eine kleine, aber charakteristische Lebensgemeinschaft, die den stark wechselnden Salzgehalt ertragen kann; wir kennen sie vor allem durch Srevers und van Douwes Untersuchungen. Hier leben neben dem Copepoden Tigriopus fulvus var. adriatica, Ostracoden, Asellus, die Käfer . Ochthebius steinbühleri und adriaticus, die Larven von Culex dorsalis und annulipes sowie rote Chironomuslarven der Plumosus-Gruppe (s.1.) All diese, oder doch nächstverwandte Arten treffen wir auch - in unserem Salzwasser an. Besonders charakteristisch für die Rockpools aber ist das häufige Vorkommen von Dasyhelea halophila Kıerr., einer eigenartigen Chironomide aus der Subfamilie der Ceratopogoninae. Und die zweite Dasyhalea-Art, die im Larvenstadium bekannt ge- worden ist, D. longipalprs Kierr., stammt aus einem Salzgraben an der Saline Sassendorf, wo sie im Frühjahr die flutenden Algensträhne in großer Menge bevölkert. Aber mit diesen beiden kurzen Ver- gleichen ist auch das bisher vorliegende Vergleichsmaterial erschöpft. Schluß. Es wäre uns eine besondere Freude, wenn die hier gegebenen Ausführungen zur Untersuchung der salzigen Binnengewässer anderer Gegenden anregen würden. Wir sind überzeugt, daß solche Unter- suchungen, schon in unserem engeren deutschen Vaterlande, sicher interessante Ergebnisse zeitigen müssen. Und nicht nur der Fauni- 5* 68 stiker und Hydrobiologe werden dabei ihre Rechnung finden. Vor allem auch dem Physiologen kann ein eingehenderes Studium der typischen Halobien nur empfohlen werden. Daß Artemia lange Zeit auch in starken Giftlösungen munter umherschwimmen kann, ist bekannt. Aber auch die Ephydralarven leisten in Resistenz gegen äußere chemische Einflüsse Beträchtliches. Lebten doch diese Larven in 40°/,igem Formalin noch 9 Minuten, in 4°/oigem 21 Minuten, in absolutem Alkohol 29 Minuten, in 50°/,igem Alkohol fast 2 Stunden, in 25°/igem 23/ Stunden; ja sogar in Chrom-Osmium-Essigsäure der gebräuchlichen Konzentration bewegten sie sich noch fast eine Stunde lang. Sache anatomischer und feinster histologischer Untersuchung wird es sein, die morphologischen Grundlagen dieser geradezu un- erhörten Widerstandsfähigkeit aufzufinden. Herr Prof. J. W. Speneen (Gießen): Zur Organisation und Systematik der Gattung Sipunculus. Im Anschluß an die Mitteilungen, die ich im vorigen Jahre über meine zusammen mit Herrn Dr. Maser angestellten Unter- suchungen an Sipunculiden gemacht habe, welche die Notwendig- keit ergeben hatten, aus der bisherigen Gattung Sipunculus eine Anzahl von Arten auszuscheiden und diese unter dem Namen Siphonosoma zu einer neuen Gattung zu vereinigen, möchte ich heute einige Ergebnisse vorlegen, zu denen ich und mein jetziger Mitarbeiter, Herr Dr. Exit Foerster, in bezug auf die nach dieser Trennung verbleibende Gattung Sipunculus s. str. gelangt sind. Daß die darin zusammengefaßten Arten eine natürliche Einheit bilden, kann keinem Zweifel unterliegen. Schon äußerlich gleichen sie der typischen Art S. nudus in dem Besitz eines Rumpfes, dessen Haut mit parallelen Längswülsten ausgestattet ist, die unter rechtem Winkel von Ringfurchen durchschnitten werden, und eines Rüssels, der mit zahlreichen schuppenförmigen, ihre Spitze nach hinten kehrenden Papillen besetzt ist, während den Mund ein Tentakelapparat umstellt, der meist eine trichter- förmige Membran mit wechselnd tief eingekerbtem Rande darstellt. (Auf Abweichungen von letzterer Regel soll heute nicht eingegangen werden.) Von den inneren Organen seien nur einige berührt. Die Ringmuskuiatur ist im Gegensatz zu Siphonosoma immer in Bündel zerlegt, die durch bindegewebige Myosepten voneinander getrennt 69 sind. Diese entsprechen den erwähnten Ringfurchen der Haut. Der Darmkanal, der eine einfache oder eine doppelte Spira bilden kann, ist im Bereiche dieser durch zahlreiche Befestiger am Haut- muskelschlauch angeheftet, und ihre Achse durchzieht ein Spindel- muskel, der am hinteren Ende nicht aus der Spira heraustritt, also sich nicht wie bei Siphonosoma am Ende der Eichel anheftet. Auf dem Ösophagus verlaufen zwei Cölomgefäße. Ein Rectum mit drüsiger Wand wie bei Siphonosoma findet sich nicht. Die vier Rüsselretractoren entspringen auf gleichem Niveau. Das Bauch- mark, das gegen sein hinteres Ende stets zu dem sog. Schwanz- ganglion angeschwollen und das von einer mächtigen, kompliziert gebauten Hülle umschlossen ist, aber keine Muskelscheide besitzt, ist nur im Bereiche des Rumpfes dem Hautmuskelschlauch dicht angelagert, rückt aber von der Basis des Rüssels an weit davon ab, so daß es nur durch sehr verlängerte Nervenpaare damit ver- bunden ist, und ist auf letzterer Strecke von zwei Muskeln begleitet, die sich vom Hautmuskelschlauch abspalten. Zwei lange Com- missuren verbinden es mit dem Gehirn. Dieses trägt an seinem Vorderende eine in das Cölom vorspringende, bei S. nudus gefingerte, bei anderen Arten oft anders gestaltete Fortsetzung. Augen sind nicht vorhanden, ebensowenig ein Nuchalorgan; das Fehlen des letzteren dürfte mit der meist sehr beträchtlichen Tiefe und Enge des Cerebraltubus in Zusammenhang stehen. Die einzigen bisher bekannten Sinnesorgane sind Hautkörper und treten als solche meist neben den Drüsen auf. Unter diesen sind zweierlei, zwei- _und vielzellige, vorhanden. Neben diesen allen Arten gemeinsamen Merkmalen sind nun gewisse mehr oder weniger weitgehende Verschiedenheiten vor- ‘ handen, die eine Unterscheidung der Arten viel sicherer gestatten, als es die bisher zu diesem Zweck benutzten Verhältnisse (Ursprung der Retractoren aus bestimmten Längsmuskelbündeln usw.) tun, so dab nicht nur Species, deren Abgrenzung gegen andere (z. B. von S. robustus und phalloides gegen nudus) unsicher erschien, dadurch ermöglicht wird, sondern daß auch mehrere der bisher angenommenen Arten sich als Komplexe von solchen erwiesen haben, die nicht einmal in allen Fällen einander sehr nahe stehen. Einige dieser Merkmale verhalten sich so, daß die Gattung Sipun- culus sich an ihrer Hand in zwei Gruppen zerlegen läßt, deren An- gehörige in diesen Punkten untereinander übereinstimmen. Als ein solches sei erwähnt die zwar schon beobachtete, aber nicht in ihrer systematischen Bedeutung gewürdigte abweichende Lage des 70 Afters, der bei S. nudus und der Mehrzahl der Arten, die eben die eine Gruppe bilden, in erheblichem Abstande von der Rüssel- basis auf der dorsalen Seite des Rumpfes gelegen ist, bei S. indicus aber und den sich an diesen anschließenden Arten ganz dicht an die Rüsselbasis herangerückt ist. Dementsprechend findet sich bei letzteren Arten ein den ersteren fehlender, in seiner ganzen Aus- dehnung dem Hautmuskelschlauch angehefteter verlängerter End- darm, und die Nephridien, die sonst vor dem After ausmünden, bleiben hinter diesem um ein beträchtliches Stück zurück. Anderer- seits weisen diese Organe bei den kurz als indicus-Gruppe be- zeichneten Arten insofern eine Besonderheit auf, als sie sehr lang, aber mit Ausnahme ihres ganz kurzen hintersten Abschnittes dem Hautmuskelschlauch dicht angeheftet sind, während sie in der nudus-Gruppe verhältnismäßig kurz, nichtsdestoweniger aber ent- weder ganz frei oder nur zu einem kleinen, übrigens bei verschiedenen Arten in charakteristischer Weise wechselnden Teil angeheftet sind. Ein weiteres Merkmal der indicus-Gruppe bildet ein bis- weilen fast die Größe des Gehirns erreichender bindegewebig- muskulöser Knoten von unbekannter Funktion, der unmittelbar vor jenem liegt; ferner ein Paar akzessorischer Retractoren, die etwa vom Gehirn zur Rüsselbasis hinziehen. Endlich ist bei allen Arten dieser Gruppe die Darmspira einfach, in der »nudus-Gruppe aber doppelt, indem noch eine sekundäre Schlinge des absteigenden Darmes in die Spira mit aufgenommen ist. Mit der Verlagerung des Afters steht es offenbar in Zusammenhang, daß der Spindel- muskel, der in der nudus-Gruppe ventral vom Enddarm ver- läuft und dicht vor dem After entspringt, in der zweiten aus der Muskelscheide des verlängerten Enddarmes auf der dorsalen Seite hervorgeht. | Dazu kommt endlich ein sehr eigentümliches Verhalten der Haut, das sich nur in der indicus-Gruppe findet; es ist gegeben in Gebilden, die Wırnerm Fischer in seinen „Weiteren Beiträgen zur Anatomie und Histologie von Sipunculus indicus“ 1893 p. 4 als Haftfasern beschrieben und von denen er erklärt hat, sie seien die wenn auch sehr viel feineren bei S. nudus vorhandenen Fasern der Cutis oder des Coriums. Das ist nun keineswegs richtig, sondern sie sind eine Eigentümlichkeit der indicus-Gruppe und von ganz anderer, völlig unerwarteter Natur. Ich muß sie kurz be- schreiben. Gegenüber den immer sehr feinen Coriumfasern, wie sie neben den Haftfasern auch in der indicus-Gruppe vorhanden sein können, sind sie stets sehr dick und ziehen von der Haut aus 71 ins Corium hinein. An jener entspringen sie an ganz bestimmten Stellen, nämlich am Grunde der Längs- und Ringfurchen, besonders zahlreich der letzteren, was eben Fischer veranlaßt hat, sie Haft- fasern zu nennen. In ihrem Verlauf nach innen tritt eine Auf- spaltung in feinere Äste ein, die aber auch dann noch viel gröber bleiben als die Bindegewebsfasern. Bisweilen begeben diese Äste sich ins Corium und verflechten sich dort zu einem ungemein dichten Filz. In anderen Fällen durchziehen sie dieses gerades Weges und dringen durch die Myosepten in die Muskulatur ein, um sich zwischen Diagonal- und Längsfasern, erstere und die Ringmuskel- bündel umspannend, nach vorn und hinten zu wenden, wobei sie gelegentlich bis in die Längsmuskelbündel hinein zu verfolgen sind. Wie sie hier aufhören, war nie sicher zu erkennen. Im einzelnen ist das Verhalten nicht nur bei verschiedenen Arten verschieden, sondern wechselt auch nach den Körperregionen in so mannig- faltiger Weise, daß sie schon für sich allein brauchbare Kennzeichen für die Artunterscheidung bieten, deren Darstellung aber der aus- führlichen Beschreibung vorbehalten bleiben muß. Was aber sind nun diese Haftfasern? Schnitte durch die Haut lassen keinen Zweifel darüber, daß sie unmittelbare Fortsetzungen der Cuticula sind. Sie stehen nicht nur im ununterbrochenen Zusammenhang mit dieser, färben sich genau in der gleichen Weise wie sie, sondern durchbrechen auch an ihrem Ursprung die Epidermis, die sich um jede Faser und über alle ihre Äste als ein geschlossener Mantel fortsetzt, der nahe der Haut noch aus hohen Zellen besteht, weiter nach innen jedoch dünn wird und schließlich nur noch eine feine protoplasmatische Scheide darstellt, in der man hier und da einen Kern erkennt. Jede Haftfaser bildet, mit anderen Worten, die . euticulare Auskleidung eines engen Epithelschlauches, der sich unter mehr oder weniger reicher Verästelung von der Epidermis aus in die Tiefe senkt. Die Sache ist also sehr eigenartig, und ich kenne kein rechtes Analogon dazu bei irgendeinem anderen Tiere. Man muß die Gebilde schon verästelten schlauchförmigen Drüsen ver- gleichen, die aber nicht von flüssigem Secret erfüllt sind, sondern von starrer Cuticula, die in die der Epidermis übergeht. Ob ihre physiologische Bedeutung sich mit der Benennung als Haftfasern völlig erschöpft, muß ich dahingestellt sein lassen. Wie man sieht, sind die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen so zahlreich und z. T. so groß, daß der Gedanke nahe- — liegt, beide sogar zu Gattungen zu erheben, also auch die nach Abtrennung von Siphonosoma verbleibende Gattung Sipunculus auf- 12 zulösen in die Gattung Sipunculus mit dem Typus S. nudus und eine zweite, die dann neu zu benennen wäre. Obgleich nun, wie wir gleich sehen werden, auch noch in einem weiteren Punkt eine wesentliche Übereinstimmung aller Vertreter der indicus-Gruppe hinzukommt, halte ich doch diese Zerlegung nicht für ausführbar, weil eine von Ssneyxa neu beschriebene Art, S. mundanus von der Ostküste Australiens, sich in den meisten oben erwähnten Merkmalen dieser Gruppe anschließt, jedoch mit Ausnahme der Haftfasern, von denen sich bei ihr auch nicht die geringste Spur findet. Aber selbst wenn man darauf, weil es sich um einen negativen Charakter handeln würde, kein großes Gewicht legen wollte, so würde dennoch in einem anderen Punkte, auf den ich nunmehr zu sprechen kommen werde, noch ein positiver dazutreten. Seine Besprechung habe ich des- halb bis zuletzt zurückgestellt, weil gerade in diesem für die Fest- stellung der Sipunculus-Arten besonders wichtigen Punkte unsere Untersuchungen viel Neues zutage- gefördert haben. Wie in der Gattung Siphonosoma Fortsetzungen des Cöloms, die sich zwischen den Muskeln hindurch in das Corium hinein erstrecken, eine große Rolle auch in systematischer Richtung spielen, indem sie eine für jede Art charakteristische Gestalt aufweisen, so ist das auch für Sipunculus der Fall. Wie schon geraume Zeit bekannt, kommt dem S. nudus ein System von intracorialen cölomatischen Längs- kanälen zu, die jeweils über dem Zwischenraum zweier Längs- ” muskelbündel den Rumpf in seiner ganzen Länge von der Rüssel- basis bis in die Eichel durchziehen, an den Schneidepunkten zwischen Ring- und Längsmuskelbündeln durch Stomata mit dem allgemeinen Cölom in offener Verbindung stehen und sich von diesem aus mit der an zelligem Inhalt reichen sog. Blutflüssigkeit füllen. In soweit macht man den gleichen Befund bei den sämt- lichen Arten, die der nudus-Gruppe angehören, während in der indicus-Gruppe auch in dieser Hinsicht wieder wesentlich ab- weichende Verhältnisse vorliegen. Aber in der besonderen Aus- bildung der Hohlräume zeigen die einzelnen Arten Eigenheiten, die in sehr brauchbarer Weise zur Charakterisierung dieser dienen können. In sehr vielen Fällen haben wir die Hauptzüge durch das gleiche Verfahren feststellen können, das wir bei Siphonosoma mit Erfolg angewendet hatten, nämlich durch die im vorigen Jahre beschriebene Füllung zuvor stark gepreßter Hautstücke mit ge- färbten Flüssigkeiten, wozu wir auch jetzt hauptsächlich lösliches Berliner Blau benutzt haben. Zunächst ist es nun von Wichtig- keit, zu ermitteln, wie die fortlaufenden Längskanäle ontogenetisch 73 entstehen, durch die sich Sipunculus nudus so auffallend von Siphonosoma unterscheidet, bei dem ja von jedem Stoma ein eigenes System blindgeschlossener Fortsätze abgeht. Es genügen dazu kleinere Exemplare der genannten Art, von etwa 10 cm Länge oder auch etwas darüber. An diesen sieht man leicht, wenn man nach der Füllung ein Hautstück aus dem hintersten Rumpfabschnitt untersucht, daß hier statt der Längskanäle mehrere kurze getrennte Abschnitte vorhanden sind, deren jeder aus zwei Blindsäckchen be- steht, die sich von einem Stoma aus eines nach vorn und eines nach hinten erstrecken. Es bedarf nur eines Zusammenstobens dieser eine Längsreihe bildenden Systeme und ihrer Verschmelzung, so entstehen die Längskanäle Es sind danach bei Sipunculus ebenso wie bei Siphonosoma anfangs von den Stomata ausgehende Blindsäcke vorhanden, die aber von diesen nicht nach rechts und links sich ausziehen, sondern nach vorn und hinten. Zu der Ver- schmelzung aber kommt es, wie wir weiter sehen werden, nur in der nudus-Gruppe; nur diese also haben Längskanäle Bleiben wir zunächst einmal bei diesen, so konstatieren wir, daß diese wieder allerlei Modifikationen unterliegen können. Bei einer An- zahl von Arten, wie S. nudus, norvegicus, um nur die einzigen zu nennen, bei denen sie bis jetzt wirklich untersucht worden sind, bleiben sie zylindrisch. Bei anderen nehmen sie eine kompliziertere Gestalt an, indem sie innerhalb des Coriums außen, rechts und links mit zahlreichen kurzen Blindsäckchen besetzt sind, die in jedem der durch die Furchen begrenzten Hautfelder eine kleine Gruppe bilden. So ist es z. B. bei S. robustus und phalloides, 2 Arten, die Avgrxer nicht von S. nudus zu trennen vermocht hatte, die aber durch das erwähnte Merkmal ihrer Längskanäle scharf davon unterschieden sind und ferner voneinander durch das sehr ungleiche Verhalten der pigmentierten Bestandteile ihrer Haut; dies sind bei S. robustus in regelmäßigen Querreihen über die Längskanäle hinüberziehende Hautkörper, bei S. phalloides zu deren beiden Seiten angebrachte locker verteilte Massen, die mit den Hautkörpern nicht in Zusammenhang stehen (Näheres darüber später). Untersucht man nun gefüllte Hautpräparate von der Fläche her, so gewinnt man bei gewissen Arten den Eindruck, daß außer den das Corium durchziehenden Längskanälen noch ein zweites System von solchen vorhanden sei, das parallel mit ihnen die Länge des Rumpfes durchzieht, aber tiefer gelegen ist. Dieses erscheint oft nicht glattwandig, sondern mit bald reichlicheren, bald spär- 74 licheren, bei der einen Art kürzeren, bei einer anderen längeren, hier ziemlich regelmäßig, dort recht unregelmäßig nach rechts und links abgehenden Aussackungen ausgestattet. Diese Erscheinung, deren Aufklärung uns anfangs gewisse Schwierigkeiten bot, hängt folgendermaßen zusammen. Die vermeintlichen tieferen Längs- kanäle entbehren einer gegen das Körperinnere gekehrten Wand und sind nichts als die von außen gesehenen Rinnen zwischen den Längsmuskelbündeln, und die Aussackungen sind Fortsätze dieser Rinnen, die sich zwischen die Längsmuskelbündel und die Diagonal- faserschicht hinein erstrecken, also im wesentlichen Intermuskular- cöca, wie wir sie bei Siphonosoma, hier aber oberhalb der Stomata abgehend, ebenfalls gefunden haben. Erst Schnittpräparate gaben uns den nötigen Aufschluß. Diese Angaben über die intracorialen Cölomkanäle der nudus- Gruppe mögen für diesmal genügen. Auf einen besonderen Fall gelie ich nachher noch ein. Zunächst wenden wir uns zur indicus- Gruppe Hier sind, wie bereits bemerkt, keine kontinuierlichen Längskanäle vorhanden, sondern in jedem Hautfeld des Rumpfes findet sich ein eigener Hohlraum, und dieser hat bei verschiedenen Arten verschiedene Gestalt, ist z. B. bei S. indicus von der Fläche gesehen etwa rechteckig mit je zwei kurzen Aussackungen an den vorderen und hinteren Ecken, bei S. discrepans Sturrer oval, aber ringsum mit kurzen, verästelten Blinsäckchen besetzt, bei S. graviert Hervsen sind letztere ebenfalls vorhanden, aber der Hohlraum ist V-förmig gestaltet. Bei S. branchiatus (= S. mundanus branchiatus W. Fıscrer) sind statt dessen schräg angeordnete längliche Schläuche vorhanden, von denen je einige blinde Ästchen abgehen, die über die Hautoberfläche sich erheben (Fiscuer’s Kiemen). Auch in allen diesen Fällen steht der Hohlraum mit dem Cölom in Zusammenhang; aber die einzelnen Hohlräume stehen nicht mit- einander in Verbindung, sondern jeder empfängt aus einem Stoma einen Kanal, der von vorn in ihn einmündet, und ein zweiter geht von seinem Hinterende — bei S. gravierı vom Grunde zwischen den beiden Schenkeln des V aus und ist dementsprechend erheblich länger als der vordere — aus und öffnet sich in das hintere Stoma, wobei zu bemerken ist, daß also von jedem Stoma 2 Kanäle aus- gehen, ein zuführender des dahinter und ein abführender des davor gelegenen Hohlraumes, die beide in der Regel etwas seitlich gegen- einander verschoben sind. Nun finden sich die geschilderten Ver- hältnisse nicht in der ganzen Ausdehnung des Rumpfes, sondern sind in dessen hinterem Abschnitt und in der Eichel durch andere 75 ersetzt. Hier sind die von den Stomata ausgehenden Kanäle baum- förmig verästelt und durchziehen die mächtigen Muskelschichten bis in das Corium hinein, wo sich ihre Endverästelungen, ohne größere Hohlräume zu bilden, reich entfalten, übrigens wieder in verschiedener Weise je nach Körperregionen und Arten, was alles hier nicht näher ausgeführt werden kann. Aber auch im Rumpf sind außer den vorhin geschilderten an beiden Enden mit dem Cölom kommunizierenden Hohlräumen andere vorhanden, die mehr oder minder reich baumförmig verästelt und an den Enden blind ge- schlossen sind. Sie entspringen nabe den Stomata, also weit nach innen, und folgen vorzugsweise den Zügen der Diagonalmuskulatur, also in schräger Richtung, bisweilen nach vorn und hinten zu, bisweilen nur in einer Richtung. All dies ist von solcher Mannig- faltigkeit, dab hier die wenigen kurzen Bemerkungen genügen müssen, zumal da auch die Beobachtungen wegen der Schwierigkeit, gute Füllungen zu erzielen, lückenhaft haben bleiben müssen. Während sich nun, wie gesagt, im ganzen die nudus- und die indıcus-Gruppe auch nach dem Verhalten ihrer Integumentalhöhlen gut gegeneinander kennzeichnen lassen, gibt es in jeder dieser beiden je eine Art, die sich dem Schema nicht fügt. Eine habe ich schon wegen der ihr fehlenden Haftfasern erwähnt: es ist S. mundanus, ein Tier, das nach den meisten übrigen Merkmalen (nach vorn verlagertem After usw.) nur der indicus-Gruppe eingeordnet werden kann. Dabei hat es aber einfach zylindrische kontinuier- liche Längskanäle, die sich in keinem Punkte wesentlich von denen der nudus-Gruppe unterscheiden. Andrerseits weist ein Tier, das Lancuester 1905 als 5. titubans beschrieben hat, aus der Nähe von Sansibar, das zwar in allen übrigen Merkmalen wie der eigentliche S. titubans ein charakteristischer Repräsentant der nudus-Gruppe ist, aber eine andere Art darstellt, die wir S. incongruens nennen wollen, intracoriale Hohlräume auf, die sich in gewissen Punkten denen der indicus-Gruppe nähern, aber doch sehr eigenartig sind und in ihrer ungemein reichen Verästelung innerhalb jedes Haut- feldes geradezu an Siphonosoma erinnern. Es ist uns leider nicht gelungen, davon ganz vollständige Füllungen zu erhalten. Soweit wir sehen, gehen auch hier in ein Hautfeld von dem davor und dem dahinter gelegenen Stoma je ein Kanal hinein, vereinigen sich aber nicht in einem zentralen Hohlraum, sondern verästeln sich beide reich innerhalb des dicken Coriums, und zwar so, daß alle Äste dicht unter der Epidermis liegen; wir haben aber nicht sicher feststellen können, ob zwei getrennte Astgruppen vorhanden sind 76 oder ob diese miteinander in Verbindung treten. In letzterem Falle würde sich der Zustand als eine durch die baumartige Verästelung des Hohlraumes charakterisierte Modifikation des indicus-Typus ansehen lassen. Leider wissen wir auch über die Ontogenie der intracorialen Hohlräume dieser Gruppe nichts aus unseren Beob- achtungen, doch darf man vermuten, daß die auch hier vorhandene doppelte Verbindung jedes Hohlraumes mit einem vorderen und einem hinteren Stoma kaum in einer anderen Weise entstanden sein kann, als daß einer der beiden Kanälchen, wahrscheinlich der als zu- führender gedeutete vordere, sich zum Hohlraum ausgebildet und dann mit dem zweiten (hinteren) sekundär in Zusammenhang ge- treten sein wird. Wenn diese Auffassung zutrifft, so würde das Kanalsystem von S. incongruens auch dann, wenn seine beiden Astgruppen tatsächlich getrennt sein sollten, sich leicht daran an- schließen lassen. Trotzdem besitzt dieses Tier keine anderen Merkmale der indicus-Gruppe, auch keine Haftfasern, sondern muß in allen anderen Beziehungen zur nudus-Gruppe gestellt werden. S. mundanus und S. incongruens stellen sich danach, und zwar jede dieser beiden Arten in anderer Weise, so zwischen diese Gruppen, die sonst so scharf voneinander gesondert erscheinen, daß es unmöglich ist, sie als Gattungen voneinander zu trennen. Endlich sei es mir gestattet auf einen Punkt einzugehen, der allen Sipunculus-Arten zukommt, von dem man aber bisher sehr ungenügende Kenntnis hatte. Bei äußerlicher Betrachtung z. B. des S. nudus kann der Eindruck entstehen, daß das Tier außer seinem weit nach vorn an der dorsalen Seite gelegenen After an der Spitze der Eichel noch eine Körperöffnung habe, was schon seit langem den Beobachtern aufgefallen ist. Wie jedoch durch ANDREAE festgestellt worden ist, führt diese, die ein querer, von einer dorsalen und einer ventralen Lippe eingefaßter Spalt ist, nicht ins Innere, sondern ist die Öffnung eines Blindsackes. Über dessen Natur womöglich etwas zu erfahren, schien mir um so wünschenswerter, als alle Sipwnculus-Arten diesen besitzen, während er Sıphonosoma und, soviel bekannt, auch allen übrigen Sipunculideen abgeht. Sagittalschnitte zeigten nun deutlich, daß dem Gebilde eine komplizierte Struktur zukommt. Der Sack ist von einer Fort- setzung der Epidermis ausgekleidet, deren Cuticula zwar gegen den Grund zu allmählich an Dicke abnimmt, aber doch in seinem größten Teile eine ziemliche Stärke behält. Ganz nach innen wird sie rasch sehr fein, so daß sie schließlich nur noch mit starker Ver- größerung zu erkennen ist, und gleichzeitig hat sich auch die Be- 77 schaffenheit des Epithels wesentlich verändert. Die Kerne der augenscheinlich sehr schmalen Zellen liegen in verschiedenem Niveau, so daß ein an ein mehrschichtiges Epithel erinnerndes Bild entsteht, wie es bei wirbellosen Tieren häufig ist und namentlich in Sinnes- epithelien meist auftritt. Daß es sich tatsächlich um ein Sinnesepithel handelt, kann kaum zweifelhaft sein, wenn an dem bisher allein untersuchten konservierten Material auch keine Sinneshaare haben nachgewiesen werden können. Einstweilen muß zur Bestätigung dieser Auffassung der Nachweis einer reichen Nervenversorgung genügen. Das Bauchmark der Sipunculus-Arten ist bekanntlich gegen sein hinteres Ende immer stark keulenförmig verdickt zu dem, was Lryvıs das Schwanzganglion genannt hat. Dieses läuft in zwei kräftige Nerven aus, die zu beiden Seiten des Blindsackes gegen die Muskulatur verlaufen und auch Äste in diese entsenden, nach deren Abgang aber sich bis an die Wand des Blindsackes fortsetzen, nämlich gerade an die Stelle, wo sein oben erwähnter abweichend gebauter Grundabschnitt anfängt. Hier angelangt biegt der Nerv, indem er einen dort den Sack kreuzenden Muskel durchbricht, scharf nach vorn zu um und zieht bis an den Grund des Sackes, wo er in dessen Wand eindringt und sich in eine Anzahl von Ästen auflöst. Der rechte und linke Schwanznerv verhalten sich ganz gleich und versorgen also beide das Sinnes- epithel. Was nun die physiologische Bedeutung dieses Sinnesorgans anbetrifft, so kann ich einstweilen auch nur eine Vermutung aus- sprechen. Ich glaube, dab ihm kaum eine andere Funktion zu- gesprochen werden kann als die eines statistischen Organs, einer durch eine weite Öffnung mit der Außenwelt in Verbindung stehenden Statocyste. Ein solches Organ, das jedoch am Vorderende des Bauch- marks gelegen ist und dessen Kanal am Grunde der Tentakel nach außen ausmündet, habe ich Ihnen im vorigen Jahre von Siphonosoma geschildert und zugleich angegeben, ein gleiches sei auch bei Physcosoma vorhanden, fehle aber sicher bei Sipunculus am entsprechenden Orte. Nun glaube ich eine Statocyste auch bei dieser Gattung gefunden zu haben, aber nicht am Vorderende des Körpers, sondern am Hinterende, wie auch bei Crustaceen die Statocysten sowohl in den Antennen als auch im Telson ge- legen sein können. Im Schwanzblindsacke von Sipunculus findet man nicht selten Sandkörnchen. Ob sie nur als zufällige Ver- unreinigungen hineingekommen sind oder als Statolithen dienen, wofür wir ja ebenfalls Analogien haben würden, vermag ich nicht zu entscheiden. 18 Diskussion: Herr Dr. Marrmı, Prof. Speneer, Dr. Terenemann und Prof. Speneer. Herr Dr. Tarmsemann weist auf eine gewisse Analogie der Haftfasern mit dem Endoskelett der Insekten hin. Herr Dr. R. Harınzyer: Über eine mehr als 2 m lange Ascidie (Demonstration). Dr. Pıun Krücer (Berlin): Demonstration zu einer elektiven Färbung der Bindesubstanzen. Die Schnitte, am besten von Sublimat-Eisessig-Material, kommen bis zu 24 Std. in 80% Alkohol, dem so viel Jod-Jodkalium zugesetzt ist, daß er ungefähr die Farbe von Kognak besitzt. Sie nehmen hierin eine hellgelbe Färbung an und kommen, nachdem sie flüchtig mit Aqua dest. abgespült worden sind, in eine Hämatoxylin-Lösung, die im wesentlichen der Denarrenvy’schen gleicht. Das Rezept wird im Zool. Institut der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin schon seit langer Zeit gebraucht. 1. Kristallisiertes Hämatoxylin lösen in Alkohol absolutus bis zur Sättigung, so daß stets ein Bodensatz bleibt. Die Lösung muß mehrere Tage stehen, ehe sie verwendet werden kann. 2. Ammoniakalaun in der Wärme lösen in Aqua dest. Der Überschuß kristallisiert aus. 3. Glyzerin, dick wie es in den Handel kommt. 4. Methylalkohol. Von :1.:zu nehmen... 2r 32.57 70." SEO A : Bir» 71. 9 3. 99 „ 625 9 4, 625 9 ” 2 : 7 Alle vier Flüssigkeiten werden zusammen in eine Flasche gegossen und, ohne zu filtrieren, 2—3 Monate offen stehen gelassen. Erst dann schließt man die Flasche. In dieser Farblösung bleiben die Schnitte gleichfalls bis 24 Std., wobei sie sehr dunkelrotbraun werden. Sie werden wiederum mit. Aqua dest. abgespült und mit Salzsäurealkohol (80% iger + 1% HCl) differenziert. Die überschüssige Säure wird mit 80%igem Alkohol, dem 0,5—1% konzentriertes wässriges Ammoniak zugesetzt ist, neutralisiert. Das Endresultat bei richtiger Differenzierung ist, daß nur noch die Kerne blau sind und die Bindesubstanzen eine 79 braune bis schwarze Färbung angenommen haben. Eine Nach- färbung mit Eosin läßt Plasma, Muskulatur usw. stärker kontrastieren. Die ältesten Präparate sind ein halbes Jahr alt, ohne sich verändert zu haben. Genaueres folgt an anderer Stelle. Dritte Sitzung. Mittwoch, den 14. Mai 9—12!% Uhr. Erster Gegenstand war die Wahl des nächsten Versamm- lungsortes. Es lagen Einladungen des Herrn Prof. Dr. Dorzem für Freiburg und der Internationalen Ausstellung für Buch- gewerbe und Graphik und des Rates der Stadt Leipzig für Leipzig vor. Es wurde Freiburg einstimmig gewählt. Darauf verkündete der Vorsitzende, daß der Vorstand für die. nächste Vorstandswahl Herrn Prof. Hurer als ersten, die Herren Prof. Korscheur, Prof. Braun und Prof. Kürentean als stellver- tretende Vorsitzende und Herrn Prof. Bravrr als Schriftführer empfehle. Es folgte alsdann die Beratung der Anträge des Vorstandes aut Abänderung der Statuten. Diese sind folgende: l. Der § 5 erhält folgende Fassung: 85, „Jedes Mitglied zahlt zu Anfang des Geschäftsjahres, welches mit dem 1. Januar beginnt und mit dem 31. Dezember endet, einen Jahresbeitrag von 15 bzw. 10 M. (s. § 12, Abs. 3) an die Kasse der Gesellschaft. Die Jahresbeiträge können durch eine einmalige Bezahlung von einhundertfünfzig Mark abgelöst werden. Wer im Laufe eines Geschäftsjahres eintritt, zahlt den vollen Jahresbeitrag. Mitglieder, welche der Gesellschaft mindestens 10 Jahre an- gehört und während dieser Zeit jährlich einen Beitrag von 15 Mark entrichtet haben, können für die Zukunft ihre Beiträge durch eine einmalige Zahlung von einhundert Mark ablösen.“ 80 2.8 12, Absatz 3 erhält folgende Fassung: „Über jede Versammlung wird ein Bericht veröffentlicht. Von diesem erhält jedes Mitglied, welches einen Jahresbeitrag von 15 Mark entrichtet oder gemäß § 5 Abs. 2 und 4 die Jahresbeitrage durch eine einmalige Zahlung abgelöst hat, ein Exemplar unentgeltlich.“ Die Anträge werden vom Schriftführer in folgender Weise begründet: Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen folgende beiden Punkte: 1. Das Geschäftsjahr beginnt nicht mehr am 1. April und endet am 31. März, sondern beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember. 2. Die Jahresbeiträge werden um 5 Mark, die Summe zur Ab- lösung der Beiträge um 50 Mark erhöht. Punkt 1. Da der Wechsel des Vorstandes am 1. Januar erfolgt, so fällt er nicht mit dem Abschluß des Geschäftsjahres zu- sammen. Eine Änderung in dem Sinne, daß beide zusammenfallen, ist empfehlenswert, 1. weil sonst beim Wechsel des Schriftführers der neue Schriftführer auch über das letzte Viertel des Geschäfts- jahres, für das der Vorgänger ganz verantwortlich sein sollte, Rechnung ablegen muß, und 2. weil dadurch mehr Aussicht gegeben ist, dab die Beiträge der Mitglieder frühzeitiger eingesandt werden, und die Gesellschaft imstande ist, die großen Rechnungen für den Druck der Verhandlungen, die gewöhnlich im August eingehen, rechtzeitig zu bezahlen. Punkt 2. Die Erhöhung der Beiträge ist durch die ungünstige finanzielle Lage der Gesellschaft notwendig. geworden. In den letzten „Verhandlungen“ ist sie auf S. 211ff. dargelegt. Es sei nur hervor- gehoben, daß die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken. Sieht man von dem Kassenvorrat ab, der nur dadurch entstanden ist, dab im Jahre des letzten Internat. Zoologen-Kongresses keine Verhandlungen gedruckt wurden, und der durch das ständige Defizit in wenigen Jabren wieder aufgebraucht sein wird, und rechnet man weiter die 100- und 50-Mark-Beiträge (— 750 M.), die zur Ablösung der Beiträge bezahlt sind, nicht mit, weil sie eigentlich dem Kapital überwiesen, nicht aber für die jährlichen Ausgaben verwandt werden sollten, und die im voraus für 1912/13 bezahlten Beiträge (150 M.) nicht mit, so haben die Einnahmen im letzten Jahre 1911/12 betragen: Mitgliederbeiträge -...%. Hr Se ZINSEN |. ics) 5 et aad ee ee Be er (Gewinn aus dem Verkauf der Verhandlungen. 526,10 2337,24 sl Die Ausgaben haben dagegen betragen 3425,54 M., d. h. sie haben die Einnahmen um 1088,30 M. überschritten. Im letzten Jahre betragen die Einnahmen nach Abzug der oben bezeichneten Beiträge: Miclegerbenrase 2°, Se ae are: 1605,— BR ni. 450,92 Gewinn aus dem Verkaut der Verhandlungen. 723,80 2779,72 Die Ausgaben haben dagegen 3838,82 M. betragen, d. h. sie haben die Einnahmen um 1059,10 M. überschritten. Im August waren die Einnahmen aus den Mitgliederbeiträgen und aus dem Kassenvorrat noch nicht ausreichend, um die Rechnungen für den Druck der Verhandlungen bezahlen zu können. Eine Besserung der finanziellen Lage unserer Gesellschaft er- scheint deshalb dringend notwendig. Hierfür scheinen dem Vor- stande nur zwei Wege möglich, solange der Gesellschaft nicht größere Stiftungen zufallen, nämlich: 1. eine Erhöhung der Ein- nahmen aus dem Verkauf der Verhandlungen, indem der Verlags- buchhandlung für den Kommissionsverlag nicht 50° Gewinn, sondern nur 331/3°/ gewährt wird, woraus sich ein Gewinn von 200—250 M. ergeben würde, und 2. die vorgeschlagene Erhöhung der Mitgliederbeiträge. Da die Gesellschaft im Jahre 1911/12 155 Mitglieder, die 10 M., und 20 Mitglieder, die 5 M. Beitrag zahlten, hatte, so würde sich durch die Erhöhung der Beiträge um 5 M. eine Ver- größerung der Einnahmen um 775 M. ergeben. Diese Erhöhung und weiter die aus dem besseren Verkauf der Verhandlungen ent- stehende würde voraussichtlich genügen, um die Ausgaben zu decken und die 150 bzw. 100 M. Beiträge der sich ablösenden Mitglieder dem Kapitalvermögen der Gesellschaft zufügen zu können, d.h. also um dauernd die finanzielle Lage gesund zu gestalten. Eine Erhöhung der Beiträge ist begründet: 1. Durch den bedeutend größeren Umfang und die reichere Ausstattung der Verhandlungen als in früheren Jahren. Im letzten | Jahre z. B. kostete die Herstellung eines Exemplars 8 M. (bei nur 10 M. Beitrag). 2. Durch die seit der Begründung der Gesellschaft sehr ge- stiegenen Unkosten für den Druck, die Herstellung der zahlreichen Figuren usw. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 6 82 Die „Verhandlungen“ weniger umfangreich zu gestalten, würde sich nach der Ansicht des Vorstandes nicht empfehlen, 1. weil sie die einzige Publikation ist, durch welche die Bedeutung der Gesell- schaft nach außen hervortritt und 2. weil sonst die Verhandlungen wertlos werden und dann sich die Höhe des Beitrages nicht be- seründen läßt und wahrscheinlich viele, die jetzt 10 M. zahlen, auf die Verhandlungen verzichten und künftig nur 5 M. zahlen werden. | An der Beratung beteiligten sich die Herren Dr. Hass, Dr. Srropr- MANN, Prof. Spexeer, Prof. Hemere, Dr. Marrımı, Prof. MicHAELSEN, Prof. v. Burret-Reeren, Prof. Lupwie, Dr. Küm, Prof. Brussxav, Prof. Korscrevr und der Schriftführer. Es wurde beschlossen, die Anträge, die von verschiedenen Seiten gestellt waren, bis zur Sitzung am Donnerstag genau zu formulieren und dann (nach dem Antrage von Prof. Ltse) ohne erneute Diskussion darüber und nach dem Antrage der Herren Dr. Kürx und Prof. Bresstav über die einzelnen Abschnitte des § 5 der Statuten getrennt abzustimmen. Vom Schriftführer wird darauf folgender Bericht des Heraus- gebers des „Tierreichs“, Herrn Prof. F. E. Schuuze vorgelegt: Seit meinem letzten Berichte (29. Mai 1912) in Halle sind folgende Lieferungen vom „Tierreich“ fertig gestellt: | 31. Lieferung: Ostracoda von Prof. G. W. MULLER, Greifswald. 467 Seiten, 92 Abb. > 34. Fs Amathusiidae von H. STICHEL, Berlin. 270 Seiten, 42 Abb. Fast fertig gestellt sind: 36. Lieferung: Pteropoda von Dr, J. J. Tescu, Helder. Bi. nn Gymnophiona von Dr. FR. NIEDEN, Berlin. Im Druck befinden sich: 35. Lieferung: Turbellaria II. Rhabdocoelida von Prof. L. von GRAFF, Graz. 38. 5 Solenogastres von Prof. J. THIELE, Berlin. 39. R Cumacea von Rev. R. R. T. STEBBING, Tunbridge Wells. Mehrere Arbeiten stehen noch für das Jahr 1913 in Aussicht und auch für die folgenden Jahre ist für reichliches Material gesorgt. 83 Herr Prof. K. Escuerica (Tharandt): Der gegenwärtige Stand der angewandten Entomologie, und Vorschläge zu deren Verbesserung. M. H.! Nachdem ich vor ca. 6 Jahren berufen ward, den Lehr- stuhl für angewandte Zoologie an der Forstakademie in Tharandt, der in der Hauptsache der angewandten Entomologie gilt, zu über- nehmen, da wurde es mir in kurzer Zeit klar, daß der Wissen- schaftszweig, dem ich dienen sollte, in einer recht schlechten Lage sich befand. Dieser erste Eindruck verlor sich in der Folgezeit nicht, sondern er verstärkte sich vielmehr von Jahr zu Jahr, so daß ich mich dazu veranlaßt sah, vor kurzem einen ausführlich begründeten Notschrei in die Öffentlichkeit zu senden), und daß ich heute vor das Forum der Deutschen zoologischen Gesellschaft, als der vornehmsten zoologischen Gesellschaft Deutschlands trete, um vor ihr in wenigen Worten den gegenwärtigen Stand der an- gewandten Zoologie, speziell der Entomologie, zu schildern und ihre Unterstützung für meine Reformbestrebungen zu erbitten. Vielleicht führe ich Sie am besten gleich in medias res, indem ich Ihnen meine gegenwärtige Arbeit und meine gegenwärtige Situation darlege: Seitdem ich in Tharandt bin, wütet in Sachsen und auch in vielen anderen Bundesstaaten einer unserer schlimmsten Waldfeinde, die Nonne, die in bedenklicher Weise unsere Wälder bedroht. Natürlich nahm ich an, daß ein so wichtiges Tier schon recht eingehend erforscht und dab wenig neues in dieser Beziehung noch zu erwarten sei. Als ich nun nach einiger Zeit, nachdem ich mich in meinem neuen Beruf eingearbeitet hatte und auch mit der Nonne etwas mehr vertraut geworden war, begann, die Nonnen- . literatur, die einen enormen Umfang besitzt, eingehend Satz für Satz durchzustudieren, um ein eigenes Bild von unserem gegen- wirtigen Wissen über die Nonne zu erhalten, da erfuhr ich zu meiner Überraschung, daß unsere positiven Kenntnisse über dieses wirtschaftlich so überaus bedeutungsvolle Tier noch sehr lückenhafte waren und kaum über die gröbsten Züge der Lebensgeschichte, wie die Entwicklung der einzelnen Stadien usw. hinausgingen. Ja, selbst bez. der wichtigsten Fragen, die tief in die Praxis einschneiden und von deren Beantwortung die Ausgaben 1) ESCHERICH, K., Die angewandte Entomologie in den Vereinigten Staaten. Eine Einführung in die biologische Bekämpfungsmethode. Zugleich mit Vorschlägen zu einer Reform der Entomologie in Deutschland, Mit 61 Ab- bildungen. Berlin 1913. Paul Parey. OF 84 von vielen Hunderttausenden, ja Millionen Mark abhängen, waren noch kaum Ansätze zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung vor- handen. So wurde z. B. seit 20 Jahren in der heftigsten Weise über die Leimfrage gestritten, ohne daß aber irgendwelche spe- ziellen Versuche, die einigermaßen bestimmte Anhaltspunkte über die Wirkung des Leimrings geben konnten, angestellt wurden. Erst in der letzten Zeit ist darin etwas getan worden. — Ebenso sind wir über die Wirksamkeit der Parasiten sehr schlecht unterrichtet; selbst bez. der Tachine, dem wichtigsten Feind der Nonnenraupe, waren wir bis vor kurzem großenteils auf Ver- mutungen, resp. Analogieschlüsse angewiesen betr. der Eizahl, der tatsächlichen Vermehrungsgröße, der Hyperparasiten usw., obwohl das Dinge sind, die für die Praxis, vor allem für die Prognose der Kalamität von der allergrößten Bedeutung sind. Wir haben denn auch schon manche trübe Erfahrung in dieser Beziehung gemacht: So nahmen wir bisher an, dab wenn einmal 50% der Nonnenraupen tachiniert sind, die Kalamität durch die Tachinose (im Verein mit der Wipfelkrankheit usw.) in absehbarer Zeit beendet wird. In den meisten Fällen traf dies auch zu, in einigen Revieren jedoch machte die Tachinose nicht nur keine Fortschritte, sondern ging von Jahr zu Jahr zurück, von 50 % auf 25 und im folgenden Jahr gar auf 10%. Was war die Ursache? Es waren einige Hyperparasiten, Räuber und Pilze aufgetreten (Anthrax, Chalcidier, Elateridenlarven usw.), die ihrerseits stark überhand nahmen und die Tachinen in ihrer Vermehrung beschränkten und zurückbrachten. So können wir hier die lange Dauer der Kalamität mit dem Auf- treten der Hyperparasiten usw. in Zusammenhang bringen. Sie sehen aus diesem Beispiel, wie wichtig ein eingehendes Studium der Parasiten unserer Schädlinge ist. — Auch über die Wipfel- krankheit wußten wir bis vor einigen Jahren sehr wenig, erst in der neueren Zeit sehen wir darüber infolge der Arbeiten, die in Wien, in Tharandt und in Hamburg gemacht sind, etwas klarer. — Oder nehmen wir die Raubinsekten her, die ebenfalls eine wichtige Rolle im Kampfe gegen die Schädlinge spielen, so müssen wir auch hierüber wieder dasselbe Lied singen. Selbst über unseren bekannten Puppenräuber, Calosoma sycophanta, wußten wir bis in die neueste Zeit hinein kaum die allergröbsten Lebenszüge. Erst in der jüngsten Zeit sind wir über dieses wichtige Tier gut unterrichtet worden: Wir wissen heute, daß der Käfer 3 Jahre lebt, daß das Weibchen in dieser Zeit durchschnittlich 300 Eier legt, daß der Käfer zirka 3—400 erwachsene Schwammspinnerraupen pro Jahr, also während — 85 seines ganzen Lebens ca. 1000 Raupen vertilgt, daß beim Verzehren von Puppen die weiblichen den Vorzug erhalten und viele andere Dinge mehr. Wem aber verdanken wir diese schöne Bereicherung unserer Kenntnisse? Nicht der deutschen, sondern der amerikani- schen Entomologie! Die Amerikaner haben den genannten Käfer zur Bekämpfung des Schwammspinners in Amerika eingeführt und zu diesem Zwecke das Tier einer gründlichen biologischen Erforschung unterworfen. Es war eine große Überraschung für die amerikanischen Entomologen, als sie seinerzeit erfuhren, daß das so auffallende und wirtschaftlich so wichtige deutsche Tier von der deutschen Ento- mologie bisher noch kaum studiert worden war. — Ganz ähnlich stand es mit den verschiedenen Parasiten, welche die Amerikaner gegen den Schwammspinner einführten. Sie glaubten anfangs, sie könnten die notwendigen biologischen Daten einfach in der vor- handenen Literatur aufsuchen. Doch groß war das Erstaunen, als sie nur sehr wenig und ungenaue Angaben in unserer Literatur fanden und als sich gar später von diesem wenigen noch manches als unrichtig herausstellte Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als alle in Frage kommenden Parasiten von Grund auf neu zu erforschen, und so kommt es, daß wir heute über keinen unserer Forstschädlinge und seiner Parasiten so vorzüglich unterrichtet sind wie über den Schwammspinner. Fast möchte man unter diesen Umständen wünschen, daß auch die Nonne eines Tages in Amerika eingeschleppt würde, damit uns die Amerikaner - auch über dieses Insekt eine gründliche Kenntnis ver- schaffen. | M.H.! Ich könnte noch lange fortfahren, um Ihnen zu zeigen, wie traurig es um die Kenntnis unserer wichtigsten Forstschädlinge bestellt ist; es wäre mir ein leichtes, Ihnen noch 50 ungelöste Nonnenprobleme zu nennen; und bekanntlich treten stets wieder neue Probleme auf, sobald man die Lösung eines Problems einmal in Angriff nimmt. Turmhoch türmen sie sich vor einem auf‘)! Nun versetzen Sie sich, bitte, einmal in meine Situation: auf der einen Seite ein Berg ungelöster Probleme, deren jedes einzelne zur Bearbeitung lange Zeit, zum Teil viele Jahre beansprucht — ich erinnere nur an die Wipfelkrankheit, die einen ganzen Stab von Forschern viele Jahre beschäftigen kann, oder an die Parasiten, von denen jeder einzelne vielfach ein langwieriges '!) Vgl. auch EscHERICH, K., Nonnenprobleme. — Nat. Zeit. f. Forst- u. Landw. 1912. 86 über Jahre sich hinziehendes Studium erfordert usw. — also wie gesagt auf der einen Seite der Berg von Problemen, auf der anderen Seite die Praxis, die natürlich eine möglichst rasche und befriedigende Erledigung aller Fragen wünscht. Wie oft mußte ich hören: unser Zoologe kommt mit seiner Weisheit erst dann, wenn die Kalamität zu Ende ist. Man lernt allerdings schnell diese Vorwürfe nicht mehr tragisch zu nehmen und sie aus der Unkenntnis der betreffenden Tadler vom Gange wissenschaftlicher Arbeit herzuleiten. Wir alle wissen ja auch, daß solche Vorwürfe stets und überall, wo die Praxis und Wissenschaft sich berühren (vor allem auch bei medizinischen und hygienischen Problemen), erhoben werden. Wenn mich also auch derartige Vorwürfe nicht tief berühren, so überkommt mich aus einem anderen Grund bis- weilen eine recht mutlose Stimmung, nämlich deswegen, weil ich mich so einsam, d.h. ohne geeignete Hilfskräfte, diesem riesigen Berg von Problemen gegenübersehe, zu dessen Bewältigung die ganze mir noch zur Verfügung stehende Lebenszeit nicht ausreichen dürfte. Ich komme mir oft vor, wie ein einsamer Feuerwehrmann, der vor einem ungeheueren Brand steht und mit einer kleinen Spritze am Rücken den Brand löschen soll. Man spritzt wohl instinktiv sein bischen Wasser in die Flammen hinein, wird aber bald, wenn man sich einmal der Erfolglosigkeit bewußt geworden, des Spieles müde werden und mit den Händen in der Tasche den ~ Brand sich selbst überlassen. Aus dieser Situation heraus, die ich hier geschildert habe, ist meiner Ansicht nach der große Pessimismus geboren, von dem gegenwärtig die angewandte Entomologie in Deutschland befallen ist und an der sie so sehr krankt. Denn was ich hier von der Nonne gesagt, gilt ebenso für die meisten übrigen Forstschädlinge, ebenso für die landwirtschaftlichen Schädlinge, für die Obst- und Weinbauinsekten und vor allem auch für die kolonialen Insekten. Überall besteht das gleiche krasse Mißverhältnis zwischen der Größe und der wirtschaftlichen Bedeutung der Probleme einerseitsund der Zahl und der Ausstattung derForschungs- stätten und der Zahl der Forscher und Hilfskräfte anderer- seits! Lassen Sie uns einen kleinen Rundgang durch diejenigen Arbeitsstätten Deutschlands machen, in denen angewandt ento- mologische Fragen bearbeitet werden: Da haben wir zunächst die Zoologische Abteilung der Kaiserlich Biologischen Anstalt in Dahlem, die als Zentralstätte für das gesamte Gebiet 87 der land- und forstwirtschaftlichen Zoologie (also nicht nur der Ento- mologie!) gedacht ist und deren Personalbestand trotz des großen Gebietes außer dem Leiter nur noch 4—5 Hilfskräfte aufweist. Dann das Kaiser-Wilhelm-Institut für Landwirtschaft in Brom- berg, deren zoologische Abteilung, wie dies auch bei der obigen Anstalt der Fall ist, der botanischen Abteilung untersteht. Bis vor kurzem war nur ein einziger Zoologe da beschäftigt, ganz neuerdings hat man diesem noch einen Assistenten bewilligt. Ferner die Landwirtschaftlichen Hochschulen: an den meisten der- selben ist landwirtschaftliche Zoologie als Lehrfach eingestellt, bei der doch die Insekten eine hervorragende Rolle spielen; trotz- dem aber finden wir an keiner landwirtschaftlichen Hochschule Deutschlands eine speziell entomologische Professur oder ein ento- mologisches Institut, an dem die zahlreichen landwirtschaftlich- entomologischen Fragen eine wissenschaftliche Bearbeitung erfahren könnten. Ebenso steht es mit den vielen landwirtschaftlichen Versuchsstationen, die teils staatlich sind, teils den Landwirt- schaftskammern zugehören. An den allerwenigsten derselben ist ein Entomologe und dann nur in untergeordneter Stellung. Dann die Obst- und Weinbaustationen. Welche gewaltige entomologischen Probleme sind hier zu lösen! Ich erinnere nur an die Blutlaus oder an den Heu- und Sauerwurm, welcher in ‘ den schlimmen Jahren der kleinen Pfalz allein einen Verlust von -20 Millionen Mark pro Jahr beibrachte, und der geradezu eine Lebensfrage für die Bevölkerung mancher Weindistrikte bildet. Heute steht diesem Riesenproblem ein einziger Zoologe gegenüber, der in Neustadt stationiert ist. Die Station für Pflanzenschutz in Hamburg stellt in der Hauptsache eine Quarantänestation dar zum Schutz gegen Ein- schleppung von auswärtigen Schädlingen, vor allem der San-Jose- Schildlaus. Sie besitzt einen entomologischen Assistenten. Die forstlichen Hochschulen haben zwar je eine Professur für angewandte Entomologie (resp. Zoologie), doch leiden die meisten an einem sehr empfindlichen Mangel an Hilfskräften und an Geld. Am schlimmsten ist es mit der Entomologie in den Kolonien bestellt. Hatten wir doch bis vor kurzem in unserem gesamten kolonialen Besitz nur eine einzige entomologische Stelle (Amani). Jetzt haben wir es glücklich bis auf zwei gebracht. 88 Einen Kommentar zu diesen hier mitgeteilten Zuständen halte ich für völlig überflüssig. Ich glaube, es wird keiner von Ihnen danach noch im Zweifel sein, wie mangelhaft unsere entomologische Organisation ist. Und es ist daher auch nicht zu verwundern, daß Deutschland im Konzert der europäischen Großmächte heute jedenfalls das bescheidenste Instrument spielt in bezug auf die angewandte Entomologie. Und ziehen wir gar Amerika zum Ver- gleich heran, so kann Deutschland überhaupt kaum genannt werden. Ich frage nun, wollen wir in diesem Fahrwasser weiter- fahren und damit immer noch mehr in das Hintertreffen geraten, oder wollen wir danach streben, eine gründliche Änderung herbeizuführen, so daß wir wenigstens einigermaßen mit den anderen Kulturnationen konkurrieren können? Ich denke, für eine Nation, die in wissenschaftlicher Beziehung immer noch an erster Stelle steht, kann die Antwort nicht zweifelhaft sein. Wir können und dürfen nicht zugeben, daß wir in bezug auf einen so wichtigen und so tief in das menschliche Kulturleben einschneidenden Zweig der Wissenschaft an letzter Stelle in den Reihen der Kulturnationen stehen Es ist, meine ich, geradezu die Pflicht der wissenschaftlichen und vor allem der zoologischen Welt Deutschlands, sich des bisher so arg vernachlässigten Zweiges der Zoologie anzunehmen und ihn nach Kräften zu heben. Es muß also in dieser Richtung etwas geschehen, wir müssen unbedingt gründlich reformieren, und zwar nicht nur die Organisation, sondern auch die bisherige zum Teil recht geringschätzige Anschauung über das Wesen der angewandten Entomologie. Wir brauchen dabei nicht alles neu zu erdenken. nicht voll- ständig neue Wege zu ersinnen, da wir ja Vorbilder haben, von denen wir lernen und denen wir manches entnehmen können. Das klassische Vorbild für angewandte Entomologie ist heute zweifellos Amerika, es marschiert heute in dieser Beziehung an der Spitze der Nationen. Dort ist die angewandte Entomologie neu geboren worden und wenn unsere Wissenschaft heute ein ganz anderes Bild zeigt wie vor zwanzig Jahren, und wenn sie viel hofinungsfrohere Ausblicke gestattet wie damals, so ist dies in erster Linie der Um- wandlung zuzuschreiben, die sie unter dem eminent praktischen, zielbewußten und energischen Geiste der Amerikaner erfahren hat. Ich hatte vor zwei Jahren Gelegenheit, dank des Entgegen- kommens Üarseeıes, die amerikanischen Einrichtungen kennen zu lernen. Unter L. ©. Howarns persönlicher Leitung machte ich eine 89 Rundreise durch die ganzen Vereinigten Staaten, westlich bis San Franzisko, südlich bis an die mexikanische Grenze und nach New Orleans. Diese Reise war ungemein lehrreich für mich, sie zeigte mir klar und deutlich, worin der große Fortschritt und der große Vorsprung, den Amerika auf angewandt entomologischem Gebiet einnimmt, begründet ist. Lassen Sie mich mit einigen Worten die dortigen Einrichtungen schildern: Wir haben in der Hauptsache drei getrennte entomo- logische Organisationen zu unterscheiden: 1. Das „Bureau of Entomology“, das im Dienste der Bundesregierung steht, 2. die Staatsentomologen und die State Agriculural Experiment Stations, die von den Einzelstaaten unterhalten werden und 3. die Universitäten, die allerdings zum Teil, sofern es sich um staat- liche Universitäten handelt, mit den ebengenannten Versuchsstationen in Zusammenhang stehen. Weitaus die wichtigste und größte Institution ist das Bureau of Entomology, welches dem Department of Agricultur unterstellt ist. Die Direktion dieser über die ganzen Vereinigten Staaten verzweigten Organisation hatihren Hauptsitzin Washington. Hier ist das Verwaltungsgebäude, in dem der Chef und die Leiter der verschiedenen Sektionen ihre Arbeitsräume haben, während die eigentlichen Forschungsstätten, wo dieSchädlinge studiert werden, die sog. „Field Stations“ zum größten Teil draußen inmitten der jeweiligen Schädlingsgebiete, gelegen sind. Diese Stationen sind gewöhnlich nur temporärer Natur, d. h. sie bleiben nur so lange bestehen, als das Studium und die Bekämpfung des betr. Schidlings es nötig macht. — Die Aufnahme der Be- kämpfung eines Schidlings geht meist folgendermaßen vor sich: Wenn irgendwo sich ein Schädling zeigt, wird dieser an das Bureau eingesandt. Dort wird derselbe bestimmt und wenn er einigermaßen bedenklich erscheint, so entsendet die zuständige Sektion einen ihrer Entomologen hinaus, um an Ort und Stelle sich über die Größe des Schadens und der eventuell drohenden Gefahren zu unterrichten. Besteht eine tatsächliche Gefahr, so wird vom Bureau unverzüglich eine „Field Station“ eingerichtet. Es wird ein Gebäude in unmittel- barer Nähe des befallenen Gebietes gemietet, es wird das nötige Instrumentarium und die nötige Literatur hingeschafft, es werden ferner einige Zuchträume gebaut, — und fertig ist die Feldstation. Die Personalbesetzung richtet sich nach der Größe und Schwierigkeit der zu lösenden Aufgabe. Handelt es sich um ein Insekt, das keine akute Gefahr in sich birgt, und dessen biologische 90 Erforschung keine allzu großen Schwierigkeiten darzubieten scheint, so begnügt man sich mit 2 bis 3 Entomologen und einigen Hilfs- kräften. Liegt aber eine größere Gefahr vor, welche ein rasches Eingreifen nötig macht, so wird gleich ein ganzer Stab von Ento- mologen, natürlich mit entsprechenden Hilfskräften, hinausgesandt, die nach einem vorher ausgearbeiteten Plane sich in die Bearbeitung des Problems zu teilen haben. — So ist, um Ihnen ein Beispiel zu nennen, vor wenigen Jahren ein aus Europa eingeführter Rüssel- käfer (eine Phytonomus-Art) in Utah, dem Staate der Mormonen, ungeheuer schädlich in den Luzernefeldern aufgetreten, so daß in manchen Gegenden statt 3 bis 4 Ernten nur eine Ernte eingebracht werden konnte, was natürlich Millionenverluste bedeutet. Sobald die Gefahr des Käfers erkannt war, errichtete das Bureau in Salt Lake City eine Versuchsstation, die mit einer Anzahl (5 bis 6) Entomologen und Hilfskräften ausgestattet wurde. Und unverzüglich ward die Arbeit nach dem oben genannten Prinzip aufgenommen, indem der eine das Verhalten der Imago, der andere das Ver- halten der Larve usw. gegenüber den verschiedenen äußeren Ein- flüssen studiert, wieder andere die Parasiten erforschten usw.; und so wird die Biologie des Schädlings in wenigen Jahren weit mehr gefördert werden können als es einem einzelnen in 10 Jahren und mehr kaum möglich sein würde. — Oder sehen wir zu, wie das Parasitenstudium des Schwammspinners betrieben wird. Sobald das Bureau mit der Bekämpfung des Schädlings betraut war, errichtete es inmitten des Schwammspinnergebietes, in Melrose Highlands Mass., ein besonderesParasitenlaboratorium,in welchem lediglich die Parasitenfragen bez. des Schwammspinners bearbeitet werden. Es sind hier zeitweise 30 Entomologen mit entsprechendem Hilfspersonal beschäftigt, so daß eine ausgedehnte Arbeitsteilung durchgeführt werden kann. Es existieren 3 Abteilungen in dem Laboratorium: eine für die Schlupfwespen, eine für die Tachinen und eine für die Raubinsekten. Jede dieser Abteilungen hat ihren besonderen Leiter, dem eine größere oder kleinere Zahl von Assistenten und technischen Hilfsarbeitern zur Verfügung stehen, so daß auf jede einzelne Parasiten- oder Raubinsektenart meistens mindestens ein, wenn nicht mehrere Bearbeiter entfallen. Daß bei einer solchen Einrichtung und intensiven Bearbeitung unsere Kenntnisse über die Biologie und die wirtschaftliche Bedeutung der Parasiten in den wenigen Jahren des Bestehens der Station ganz ungewöhnlich bereichert werden konnten (mehr als in der ganzen vorhergegangenen Zeit), kann uns kaum Wunder nehmen. a Um einen Begriff von der Größe des Bureaus of Entomo- logy zu geben, sei noch kurz erwähnt, daß der Personalbestand im Jahre 1910 nicht weniger als 623 Angestellten, darunter 131 wissenschaftliche Entomologen betrug, und daß der Jahresetat heute ca. 2 Millionen Mark pro Jahr ausmacht! Ich weiß wohl, daß solche Zahlen allein keine Gewähr für die Höhe der Leistungen geben; deshalb sei ausdrücklich hervorgehoben, daß hier die Leistungen in vollem Einklange mit dem Aufwand an Menschen und Geld stehen, wie die Erfolge sowohl in wissenschaft- licher als auch in praktischer Hinsicht beweisen. Ich nenne hier nur die klassischen Arbeiten von Hunter und Pierce über den Baum- wollkapselkäfer, die jedem angewandten Entomologen als Vorbild in bezug auf Gründlichkeit und Methodik dienen sollten; und ich er- innere ferner an die großen praktischen Erfolge, die durch die Arbeiten des Bureaus bei der Bekämpfung der verschiedenen Schildlauskalamitäten usw. erzielt wurden und durch welche dem Lande jährlich ungezählte Millionen Dollar erspart werden. Zahlreich und zum Teil auch von allgemeinstem wissenschaftlichen Interesse sind die Entdeckungen, welche bei dem Studium der verschiedenen Schädlinge gemacht wurden und in den „Bulletins“ des Bureaus ver- öffentlicht sind. Letztere stellen denn auch eine wahre Fundgrube . für den biologisch arbeitenden Entomologen dar, auf die nicht nach- drücklich genug hingewiesen werden kann. In keiner modernen entomologischen Bibliothek sollten heute diePublikationen . des „Bureaus“ fehlen. Gehen wir nun zu der zweiten der oben genannten entomo- logischen Institutionen, den Staatsentomologen und den land- wirtschaftlichen Versuchsstationen. Dieselben sind gänzlich unabhängig vom „Bureau“, arbeiten aber trotzdem, wo es vorteil- haft erscheint, mit dem Bureau zusammen. Sie haben sich speziell mit den entomologischen Fragen der Einzelstaaten zu befassen. In zirka 50 Staaten existieren heute diese Einrichtungen. Vielfach ist der Staatsentomologe zugleich auch der Leiter der entomo- logischen Versuchsanstalt; in einigen Staaten sind die beiden Ämter auch getrennt, so dab die betreffenden Staaten zwei entomo- logische Institutionen besitzen; ja einzelne Staaten haben sogar mehrere Versuchsstationen und mehrere Staatsentomologen. Der Staatsentomologe ist in erster Linie der Berater der Regierung in entomologischen Dingen, resp. der Vermittler zwischen Farmer und Regierung. Von den Versuchsstationen werden die in den betreffenden Staaten vorkommenden Schädlinge studiert und vor 92 allem Versuche über die Bekämpfung angestellt und endlich auch der Farmer in der Anwendung der Mittel unterrichtet oder durch Demonstrationen von der Wirksamkeit der Bekämpfung zu über- zeugen gesucht. Auch hier entstehen manche schöne Arbeiten, wenn sich dieselben, als ganzes genommen, auch nicht mit den Arbeiten des Bureaus vergleichen lassen. Was endlich die Universitätsentomologie betrifft, so be- sitzt eine ganze Reihe der angesehendsten Universitäten (Havard, Cornell, Standford, Berkeley, die University of Illinois und andere) besondere entomologische Departements, welche aus einem Institut und einer oder mehreren Versuchsstationen bestehen. Als Leiter fungiert ein Ordinarius, dem mehrere Extraordinarien (Assistant- Professors) und eine Reihe von Assistenten und technischen Hilfs- kräften zur Verfügung stehen. Die Universitätsentomologie be- schäftigt sich mit allen Zweigen der Entomologie, sowohl den rein theoretischen als auch den angewandten. Vor allem ist dafür Sorge getragen, daß den Studierenden eine möglichst gründliche und viel- seitige Ausbildung zuteil wird. Wer Entomologe werden will, hat gewöhnlich vier Jahre zu studieren, von denen das erste allerdings lediglich auf allgemeine Fächer entfällt; auch während der übrigen drei Jahre sind neben den entomologischen Kollegien und Übungen noch andere allgemeine Fächer vorgeschrieben. Alle Zweige der Entomologie werden in den Kollegien und Übungen behandelt, wie Anatomie und Morphologie, Histologie, Embryologie, Biologie, Schädlingskunde, Systematik, die Insekten als Krankheitsüberträger usw., so daß derjenige, der dem Lehrplane entsprechend die Univer- sitätszeit richtig ausgenutzt hat, als allseitig beschlagener, sattelfester Entomologe gelten kann, der jeder an ihn herantretenden Aufgabe ge- recht werden kann. Vergleichen wir nun diese amerikanischen Verhältnisse mit den oben geschilderten deutschen, so können die Gründe für die Überlegenheit der amerikanischen Entomologie keinem ver- borgen bleiben. Sie lassen sich etwa in folgenden Sätzen zusammen- fassen: 1. Amerika sorgt für eine den tatsächlichen Bedürf- nissen entsprechende Zahl von Arbeitsstätten, die meist inmitten des Befallgebietes errichtet werden und die eine mög- lichst selbständige und freie Verfassung besitzen. 2. Diese Arbeitsstätten sind mit genügendem Personal besetzt, so daß eine möglichst weitgehende Arbeits- 95 teilung durchgeführt werden kann, was die Bearbeitung der betr. Schädlingsfragen vertieft und beschleunigt. 3. Amerika besitzteine Anzahltrefflicher Ausbildungs- stätten an den Universitäten, an denen tüchtige theoretisch und praktisch gründlich geschulte Entomologen herangezogen werden können. M. H.! Diese drei Punkte sind es in der Hauptsache, welche dem Amerikaner den großen Vorsprung gegeben haben, und sie sind es auch, welche wir als die Grundlage für unser Reform- werk anzusehen haben. Tun wir das und folgen wir in diesen Punkten dem Beispiel der Amerikaner, so zweifle ich nicht im geringsten, dab wir nicht nur das Versäumte bald nachgeholt haben werden, sondern daß wir in nicht allzulanger Zeit auch in bezug auf die angewandte Entomologie uns in den Reihen der führenden Nationen befinden werden, wie man es von Deutschland doch auf fast allen anderen wissenschaftlichen Gebieten gewohnt ist. Was die Einzelheiten des Reformwerkes betriäit, so kann man darüber recht verschiedener Meinung sein und es wird wohl längerer Zeit bedürfen, bis wir darüber uns geeinigt haben werden. Es soll daher auch nicht meine Absicht sein, mit einem festen Detailprogramm hier vorzutreten, sondern ich will nur in kurzen Zügen einige der vielen möglichen Wege hier anzudeuten ver- suchen, auf denen ev. eine Besserung zu erzielen sein dürfte, in der Hoffnung, dadurch zu Gegenvorschlägen Anlaß zu geben. Beginnen wir mit der landwirtschaftlichen Entomologie, so müßte der erste Schritt meiner Ansicht darin gelegen sein, dab an den landwirtschaftlichen Hochschulen (wenigstens an den bedeutenderen) besondere Lehrstühle für Phytopathologie mit einer botanischen und entomologischen Abteilung und einer botanischen und entomologischen Professur errichtet werden. Zweifellos würde dann bei den zukünftigen Landwirten mehr Interesse für die Schädlinge erweckt werden können als es jetzt der Fall ist, und als es durch Aushilfsdozenten, die sich natürlich, nachdem sie ihre Vorlesungen gehalten, nicht mehr viel um ihre Schüler kümmern können, möglich ist. Das wäre der erste Schritt zu einer Besserung der landwirt- schaftlichen Entomologie. Mit ihm müßte aber notwendigerweise eine Vermehrung der entomologischen Arbeitsstätten „draußen in der Praxis“ Hand in Hand gehen. Deutschland hat bekanntlich sehr abweichende klimatische Boden- und Kultur- 94 verhältnisse in den verschiedenen Landesteilen und damit verbunden ein sehr verschiedenes Auftreten der Schädlinge. Nicht nur, daß hier andere Schadinsekten sich einstellen als dort, so verhalten sich auch die gleichen Arten hier ganz anders als dort: Was hier ungeheuren Schaden verursacht, ist dort vielleicht ziemlich harmlos. Dem muß notwendigerweise Rechnung getragen werden, und zwar dadurch, daß man eine größere Anzahl Entomologen („Landes- entomologen“) anstellt, die an verschiedenen Plätzen (mit möglichst abweichenden klimatischen usw. Bedingungen) stationiert werden. Vielleicht ließe sich dies in der Weise durchführen, daß an einer Anzahl der ländwirtschaftlichen Versuchsstationen entomologische Stellen (mit möglichster Selbständigkeit) geschaffen würden. Beinahe noch dringlicher ist die Reform der kolonialen Entomologie! Heute existieren nur zwei koloniale Entomologen, von denen der eine in Ostafrika, der andere in Samoa stationiert ist. Was kann aber ein Entomologe in einer so großen Kolonie wie Ostafrika, wo so verschiedenartige klimatische Verhältnisse herrschen, ausrichten, zumal es sich doch vielfach um völliges Neu- land handelt, und zumal auch der Verkehr nach den verschiedenen Gebieten weit schwerfälliger ist als im Heimatland. Er kann höchstens die eingesandten oder selbst beobachteten Schädlinge bestimmen resp. bestimmen lassen, registrieren und event. auch noch die Lebensgeschichte oberflächlich erforschen; zu einem tieferen Durchdringen der Probleme kann er aber unmöglich ge- langen. Und gerade darauf kommt es doch an, wenn man grob- zügige angewandte Zoologie mit Dauererfolgen betreiben will. Der Insektenschaden in unseren Kolonien ist heute schon ein ganz beträchtlicher (man denke nur an die verschiedenen Baumwoll- schädlinge, an die Kräuselkrankheit, an die Kaffeebohrer usw.), und es besteht kein Zweifel, dab derselbe mit zunehmender Kultur noch bedeutend wachsen wird. Was bedeutet diesen schweren Gefahren gegenüber ein einziger Entomologe! Es besteht hier ein offenbares Mißverhältnis zwischen effektivem Schaden und drohenden Gefahren einerseits und Ver- sicherung andererseits, das so bald als möglich zu beseitigen ist. Alle kolonialen Kreise haben starkes Interesse daran; sie mögen daher ihren Einfluß in dieser Richtung so kräftig als möglich geltend machen! | Es erscheint also unbedingt erforderlich, daß die koloniale Entomologie wesentlich reformiert wird. Was wir als Mindest- forderung aufstellen, ist folgendes: 95 Jede unserer Kolonien soll ein Institut fiir angewandte Zoologie erhalten, welches ja an verwandte Institute angeschlossen werden kann (z. B. in Kamerun der Versuchsanstalt fiir Landeskultur in Viktoria). Mit der Leitung desselben ist ein Zoologe, der eine gründliche entomologische Vorbildung, auch nach der praktischen Seite hin, genossen hat, zu betrauen. Ihm sind mehrere Assistenten zur Seite zu stellen, welche die verschiedenen Bezirke zu bereisen, die dort auftretenden Schädlinge festzustellen, und darüber an das Institut zu berichten haben. Stellt sich irgendwo ein bedenklicher Schädling ein, so ist inmitten des befallenen Gebietes eine provi- sorische Station zu errichten, wa einer der Assistenten sich aus- schließlich der Erforschung des betreffenden Schädlings hinzugeben hat. Die Assistenten könnten zugleich auch als Wanderlehrer wirken, um die Farmer auf die drohenden Gefahren und deren Begegnungsmöglichkeiten, oder auch auf die Ausnützung nützlicher Tiere (Bienenzucht) aufmerksam zu machen. Die Ausarbeitung der draußen gewonnenen Ergebnisse könnte dann (nach Beendigung der Feldstudien) im Institut geschehen. Doch kann natürlich ein Institut in den Kolonien niemals so vollkommen mit Vergleichsmaterial, Literatur usw. ausgestattet sein, wie es im Interesse einer prompten und sicheren Arbeit wünschenswert ist. Deshalb erscheint es notwendig, in Deutschland eine Zentrale zu schaffen, die in diese Lücken eingreifen kann. Diese „Zentrale für koloniale Zoologie“ müßte natürlich an einem Platze errichtet werden, wo große Vergleichssammlungen, Biblio- _theken usw. vorhanden sind, und wo ein möglichst reicher direkter Gedankenaustausch mit Kolonialkreisen (offiziellen und inoffiziellen) stattfinden kann. Welch unglaublich zerfahrenen Zustände herrschen gegenwärtig in dieser Beziehung! „Wenn jetzt ein Gouvernement, ein Arzt, ein Tierarzt, ein Farmer, ein Institut oder wer sonst über ein schädliches oder nützliches Tier Auskunft haben will, so wendet sich der eine an die biologische Reichsanstalt, der andere an das zoologische Museum in Berlin, der dritte an das Reichsgesundheits- amt oder an das Institut für Infektionskrankheiten oder an das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten oder an eine tier- ärztliche Hochschule oder an das kolonialwirtschaftliche Komitee oder an ein Landesmuseum oder an eine noch andere Stelle. Die meisten von diesen Instituten müssen aber die Antwort schuldig bleiben, weil an ihnen kein Zoologe tätig ist, oder weil ein solcher keine Vergleichssammlung und Literatur zur Verfügung hat. Das 96 zoologische Museum in Berlin ist zwar dazu imstande, und zu ihm gelangen dann auch auf mehr oder minder großen Umwegen die meisten Anfragen. Dieses Museum ist aber als eine Preußische Anstalt nicht verpflichtet, Auskunft zu geben. Es hat sie zwar im Interesse unserer Kolonien nach besten Kräften stets gegeben, es liegt aber auf der Hand, daß es als eines der großen Welt- museen durch andere Aufgaben so stark belastet ist, dab eine befriedigende und rasche Erledigung aller Anfragen einfach nicht möglich ist.“ (Braver.) Solche Zustände, wie sie hier von Braver geschildert werden, sind direkt unwiirdig einer Nation, die auf anderen Gebieten orga- nisatorisch so hoch steht! Schon unser nationales Ehrgefühl darf nicht dulden, daß wir in dieser Beziehung so gänzlich desorganisiert dastehen, abgesehen von den großen praktischen Vorteilen, welche eine Systemänderung in obigem Sinne unserer Kolonialwirtschaft einmal bringen wird. In welcher Weise die Zentrale auszugestalten ist und wo der geeignetste Ort hierfür ist, mag Gegenstand späterer Überlegung sein; vorläufig Kommt es nur darauf an, die Behörden zur Schaffung einer solchen Zentrale überhaupt zu gewinnen. Die hier vorgeschlagene Reform der kolonialen Entomologie, deren Einführung auf die Dauer nicht zu umgehen sein wird, ist keineswegs derart, dab ihrer Verwirklichung große Schwierigkeiten verwaltungstechnischer oder finanzieller Natur entgegenstünden. | Die dadurch verursachten Mehrausgaben, die durchaus nicht un- erschwinglich hoch sein dürften, als Einwand vorzubringen, wäre kurzsichtig. Denn es könnte sehr bald die Zeit kommen, da wir angesichts großer Verheerungen schwer bereuen müßten, daß wir es unterlassen haben, eine im Verhältnis zu den Verlusten so geringe Versicherungsprämie zu bezahlen. Der erfreulichste Teil der angewandten Entomologie in Deutsch- land ist wohl die Forstentomologie, indem wenigstens eine Anzahl Institute hierfür existieren. Doch an einem schweren Übelstande krankt auch sie, wie ich bereits eingangs ausgeführt habe, nämlich an dem Mangel an Hilfspersonal (Assistenten und technische Hilfsarbeiter), der besonders beim Eintritt von Kalamitäten sich fühlbar macht. Und solange dieser Mangel nicht beseitigt wird, so lange sind keine Großtaten von der Forst- entomologie zu erwarten!). !) Vgl. auch K. EscHErRIcH, Ein Vorschlag zur Hebung der Forstento- mologie, — Nat. Zeitschr. für Forst- und Landwirtschaft. 1912. Dasselbe gilt für die übrigen Zweige der angewandten Ento- mologie, wie vor allem auch für die Obst- und Weinbau- versuchsstationen. Was kann z. B. ein einziger Zoologe ohne Assistenten und ohne jede andere Hilfskraft gegenüber dem Riesen- problem des Heu- und Sauerwurmes ausrichten? Zumal noch hinzu kommt, daß der angewandte Zoologe nicht mit jener herrlichen Gemütsruhe wie der theoretische Zoologe arbeiten kann, sondern die fortwährende Unruhe, die von der Praxis aus in die Studier- stube hineingeschleudert wird, an die Nerven mitunter große An- forderungen stellt. (Man denke nur an die in schlimmen Wurm- jahren aufs höchste gereizte Weinbaubevölkerung, die die Vorschläge der Zoologen meist als Schikanen betrachtet.) Die Leistungen des angewandten Zoologen sind im Hinblick darauf wohl auch etwas anders zu bewerten als die Leistungen des ohne jede Störung und seelische Beunruhigung arbeitenden theoretischen Zoologen. Überall also herrscht ein empfindlicher Mangel an Hilfs- kräften — besonders in den Zeiten großer Kalamitäten. Und so geht eine Kalamität nach der anderen vorüber, ohne daß wir die Gelegenheit zu einem gründlichen Studium wahrnehmen können. — Man möge in dieser Hinsicht endlich etwas weitsichtiger werden und möge sich vergegenwärtigen, wie lächerlich klein die Summe für die Gehälter des Hilfspersonals ist gegenüber den Millionen- verlusten, die durch die großen Insektenseuchen verursacht werden. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, auf eine mir mitgeteilte Berechnung eines Obstfarmers von San José hinzuweisen, wonach der Gewinn, den er allein in seiner Pflanzung durch An- wendung der vom Bureau of Entomology empfohlenen Bekämpfungs- methoden gegen den „Pear Thrips“ in einem Jahr erzielt hat, größer war, als die gesamten von der Regierung für die Erforschung dieses Schadinsektes bisher aufgewandten Kosten betragen haben (dabei war eine besondere Station zur Erforschung des „Pear Thrips“ errichtet worden, an welcher mehrere Entomologen jahre- lang arbeiteten)! Ich komme nun zum letzten Punkt meines Vortrages: Woher sollen wir die vielen Entomologen, die durch die Ver- mehrung der Arbeitsstätten und Hilfskräfte notwendig werden würden, nehmen? Die Frage ist von der allergrößten Wichtigkeit. Denn wir werden nur dann Erfolge haben, wenn wir die geeigneten Leute zur Verfügung haben, die eine gründliche entomologische Vorbildung, auch nach der praktischen Richtung hin, genossen haben, und die vom Geiste der angewandt- Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 7 98 entomologischen Wissenschaft erfüllt sind und in der Betätigung derselben ihre Lebensaufgabe erblicken. Wo aber sind solche Zoologen in Deutschland zu finden? Sie sind jedenfalls sehr selten. Und so oft ich nach solchen gefragt werde, komme ich in nicht geringe Verlegenheit. Wo soll auch in Deutschland heute ein Zoologe eine allseitige entomologische Ausbildung sich verschaffen? An den Universitäten ist dies aus Gründen, die Ihnen allen bekannt sind, nicht möglich. Es werden zwar an manchen Universitäten von Extraordinarien oder Privatdozenten einzelne entomologische Vorlesungen und Übungen gehalten, doch genügen diese bei weitem nicht zu einer geschlossenen entomologischen Ausbildung. Und so kann also der Zoologe, der sich zum Entomologen ausbilden will, dies zum großen Teil nur auf autodidaktischem Wege tun. Die meisten Entomologen, die heute tätig sind, sind denn auch in der Tat „aus sich selbst“ heraus geworden, ohne einen ge- ordneten Unterricht genossen zu haben, in der Jugend gewöhnlich angeleitet von einem Insektensamnler, später durch eigene Weiter- bildung. Doch dies hat natürlich auch seine Grenzen. Je größer mit dem Fortschreiten der Wissenschaft das Gebiet wird, desto schwieriger wird es werden, dasselbe auf autodidaktischem Wege gründlich kennen zu lernen. Ich denke, die Entomologie ist heute längst an dem Punkte angelangt, wo ein Selbststudium nicht mehr ausreichen kann. Sie ist heute eine Wissenschaft geworden von solcher Ausdehnung und zugleich auch von so großer und vielseitiger, zum Teil tief in das Wirtschaftsleben und die Gesundheit des Menschen eingreifenden Bedeutung, daß sie nicht mehr länger eine so untergeordnete Rolle an unseren Universitäten spielen darf. Die Zeit ist gekommen, daß entomologische Professuren dringendes Bedürfnis geworden sind. Amerika besitzt eine ganze Reihe entomologischer Lehrstühle an den größeren Universitäten mit ausgezeichnet eingerichteten entomologischen Instituten, wo die Zoologen nach einem gut durchdachten Lehrplan in allen Sparten der Entomologie (auch nach der praktischen Seite hin) unterwiesen werden. Auch Italien besitzt ähnliche Lehrstühle und ebenso Frankreich und England. Sollten wir es da nicht auch in Deutschland wenigstens zu einer Professur für Entomologie und zu einem gut ausgestatteten Institut bringen? Das wäre wirklich nicht zuviel verlangt; und sicher würden die Ausgaben, die darauf verwendet werden, reichlich wieder-hereinkommen. Wir würden 39 dann eine Anzahl tüchtiger Entomologen erhalten, was nicht nur der Land- und Forstwirtschaft, sondern auch der Medizin, Tier- heilkunde usw. (sowohl der heimischen wie der kolonialen) zum Segen gereichen würde). Solange diese wichtige Bedingung nicht erfüllt ist, möge man wenigstens zu folgendem Notbehelf greifen: man mache dem Zoologen, der sich der angewandten Entomologie widmen will, zur Pflicht, nach Abschluß der zoologischen Studien noch mindestens zwei Semester an einem oder mehreren der bestehenden angewandt- entomologischen Institute zu praktizieren. Im Hinblick auf die große Verantwortung, die dem angewandten Entomologen aufliegt, halte ich dieses für eine der dringendsten Forderungen. Wenn ein theoretischer Zoologe einen Fehler in seiner Beobachtung macht, so hat das gewöhnlich weiter keine Folgen für die Allgemeinheit; wenn aber ein angewandter Zoologe falsch beobachtet, und diese Beob- achtungen seinen Ratschlägen zugrunde legt, kann damit ev. ein enormer Schaden angestiftet werden. Es muß daher unbedingt dafür gesorgt werden, daß der von der Universität kommende theoretisch vorgebildete Zoologe, bevor ihm das Amt eines an- gewandten Entomologen anvertraut wird, eine Art Quarantäne durchmacht, so daß er die praktischen Probleme nicht mehr mit den Augen des reinen Theoretikers betrachtet, und daß er sich auch der hohen Verantwortung seiner Arbeit der Allgemeinheit gegenüber bewußt geworden ist. Wir lassen ja heute auch nicht ‚mehr die Mediziner auf die Menschheit los, bevor sie nicht ein praktisches Jahr durchgemacht haben! Warum sollen wir nicht das gleiche auch für die angewandte Entomologie fordern, um die Forst- und Landwirtschaft usw. vor unerfahrenen Ratgebern zu schützen? Eine sehr wünschenswerte Ergänzung dieses praktischen Jahres an den verschiedenen deutschen Instituten wäre ein längerer oder kürzerer Aufenthalt in Amerika, dem klassischen Land der angewandten Entomologie. Das Bureau of Entomology würde sich gerne dieser Praktikanten annehmen und dafür sorgen, dab sie einen guten Einblick in den gesamten Betrieb erhalten. Die Betreffenden würden dadurch nicht nur ihr praktisches Wissen in hohem Maße bereichern, sondern zweifellos auch etwas von dem 1) Als besonders erstrebenswert erscheint mir außerdem die Schaffung eines freien Forschungsinstitutes zur Erforschung der Ursachen der organischen Gleichgewichtsstörungen (Übervermehrung von Schäd- lingen usw.). TE 100 amerikanischen gesunden Optimismus mit herüberbringen. Und das wäre vielleicht noch mehr wert für ihr zukünftiges Wirken als die Erlernung der verschiedenen dort angewandten Methoden. Eine Reise nach Amerika kostet aber ziemlich viel Geld, und es ist nicht jeder in der glücklichen Lage, eine solche Summe aufzubringen. In solchen Fällen möge der Staat eingreifen und wenigstens diejenigen angewandten Zoologen, die er auf besonders wichtige und exponierte Stellen zu schicken beabsichtigt, vorher auf Staatskosten eine Studienreise nach Amerika machen lassen. Der Staat würde davon jedenfalls nur Vorteile haben. Übrigens könnten auch die verschiedenen Akademien und gelehrten Gesell- schaften Beiträge hierzu geben. Als Schlußwort sei mir folgendes gestattet: Mein Optimismus ist nicht so groß, daß er mich hoffen läßt, dab auf die Anregungen, die ich mir vorzubringen erlaubte, gleich eine Reaktion erfolgen werde. Ich bin mir vielmehr wohl bewußt, daß es viele Arbeit und Enttäuschungen kosten wird, um unsere Sache nur einen kleinen Schritt vorwärtszubringen. Ich habe, um den Reform- vorschlägen mehr Nachdruck zu verschaffen und um das Reform- werk kräftiger zu fördern, in meinem Amerikabuch den Aufruf zur Gründung einer „Gesellschaft für angewandte En- tomologie“ veröffentlicht, und ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dab diese Anregung auf günstigen Boden gefallen ist, so daß die Gründung dieser Gesellschaft heute oder morgen hier stattfinden kann’). Die Gesellschaft wird stets den größten Wert darauf legen, in inniger Verbindung mit der Deutschen Zoologischen Gesellschaft zu bleiben, und wird daher voraussichtlich auch eine ihrer Sitzungen, wenn möglich, zu gleicher Zeit mit der „D. Z. G.“ abhalten. — Die Hauptarbeit der Gesellschaft soll vorerst darin bestehen, das Reformprogramm in seinen Einzelheiten durchzu- beraten und dann mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die Durchführung des Reformwerkes zu agitieren. Da es eine 1) Die Gesellschaft hat sich inzwischen konstituiert unter dem Namen „Deutsche Gesellschaft für angewandte Entomologie“. „Der Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der angewandten Entomologie. Die Ge- sellschaft erstrebt zunächst die Durchführung einer zweckdienlichen staatlichen Organisation an, ferner Sammlung und kritische Sichtung des vorhandenen Materials, Hebung des Verständnisses für angewandte Entomologie und Wahrung des Ansehens ihrer Vertreter in der Öffentlichkeit.“ Die Gesellschaft wird Jahresversammlungen abhalten und Verhandlungsberichte herausgeben. Der gegenwärtige Vorstand setzt sich folgendermaßen zusammen aus: Prof. K. ESCHERICH, Prof. FR. SCHWANGART, Prof. HEYMONS und Dr. MARTINI. 101 notwendige und gesunde Sache ist, für welche die neue Gesellschaft hampers 50 Gare ich (wohl hoffen, dab die „D. Z. G.“ der: ,G. f. ang. Ent.“ ihre Sympathien und, wenn es nottut, auch ihre tat- kräftige Unterstützungen nicht versagen wird. Dann wird der Erfolg unserer Bestrebungen sicher nicht ausbleiben. Diskussion: Herr Prof. Heymoxs (Berlin) stimmt den Darlegungen von Eschericn bei. Die Heranbildung von angewandten Entomologen ist nicht nur für das Inland von Bedeutung, sondern vor allen Dingen für die deutschen Kolonien von Wichtigkeit. Würde jetzt eine größere Insektenkalamität in einer unserer Kolonien ausbrechen, so sind wir zurzeit, weil es bei uns an geeigneten Organisationen fehlt, fast: ganz auf die Hilfe des Auslands angewiesen. Das ist ein unwürdiger Zustand, der dringend Abhilfe verlangt. Im übrigen würde eine Förderung der angewandten Insektenkunde auch der rein wissenschaftlichen Entomologie in vieler Hinsicht zugute kommen. Herr Prof. Scuwanearr (Neustadt a. d. Haardt): Auch ich kann den Ausführungen des Kollegen Escusricn aufs lebhafteste zustimmen. Nicht nur die Lage der deutschen ange- wandten Entomologie im allgemeinen, auch unsere spezielle Situation im Traubenwicklergebiet hat er so treffend geschildert, daß wenig zu ergänzen übrig bleibt. Den Mangel einer unsern Aufgaben gerechten Organisation der angewandten Entomologie empfinden wir schwer; besonders hat uns das Fehlen einer Zentralanstalt als direkt beratender Stelle der Landesregierung Schwierigkeiten bereitet, und aus der Ver- waltung der angewandten Entomologie im Nebenamt, wie sie an den allermeisten Staatsanstalten eingeführt ist, sind uns sachliche und sogar schlimme persönliche Unannehmlichkeiten er- wachsen. Es handelt sich dabei nicht nur um Verwaltung durch die näher verwandte Botanik: Außer Botanikern werden auch Techniker, Chemiker, Mediziner mit entomologischen Aufgaben betraut; wie es der Zufall fügt, könnte man sagen. Infolge irriger, ohne die nötige Vorkenntnis gefällter Urteile über den Wert von Bekämpfungsmitteln oder durch aufmunternde Teilnahme solcher Staatsstellen an privaten Versuchen werden Erfinder und Unter- nehmer in ihrem Widerspruch gegen den Entomologen bestärkt; sie werden in die Lage versetzt, in ihrem Kampf gegen seine Kritik „Autorität gegen Autorität“, den „Professor gegen den Professor“ auszuspielen. 102 Ich möchte weiter darauf hinweisen, daß uns nunmehr auch Frankreich überholt hat, indem es sich dem amerikanischen Vor- gehen anschloß; zunächst durch Schaffung einer entomologischen Zentrale am Landwirtschaftsministerium, die unabhängig neben einer botanischen Zentrale, gegebenen Falles im Benehmen mit ihr arbeitet. Leiter der entomologischen Zentrale (Station entomologique de Paris) ist P. Marcaar, dessen wundervolle Arbeiten über die Entwicklung kleinster Schlupfwespen ja auch bei theo- retisch arbeitenden Zoologen in hohem Ansehen stehen und vielen unter Ihnen jedenfalls gegenwärtig sind. Marcwan leitet auch die gesamte Bekämpfung des Traubenwicklers; seinem Versuchsplan ordnen sich mehrere Stationen draußen im Weinbaugebiet unter. Und wenn auch diese Versuche gerade in ihrem interessantesten Teil, der Erforschung der Lebensbedingungen natürlicher Be- kämpfungsfaktoren, zugegebenermaßen dem Vorgange des Trientiner Forschers Caroxı und meiner Station folgen, so ist doch kaum zu bezweifeln, dab die bessere Organisation den Franzosen in kurzem einen Vorsprung vor uns sichern wird. — Ferner hat man in Frankreich, gleich den Amerikanern, eine Vereinigung für an- gewandte Entomologie geschaffen (Société d’etudes et de vul- garisation de la Zoologie agricole, Sitz in Bordeaux), die der staat- lichen Organisation beratend und mit ihrem Einfluß auf die ge- bildeteren Interessentenkreise zur Seite steht und die, eben zur Sicherung dieses Einflusses, ein Organ herausgibt, das in volks- tümlicher Form die exakten Ergebnisse der angewandten Ento- mologie vermittelt. — Endlich hat, wie ich schon angedeutet habe, die „biologische Bekämpfung“ jetzt in Frankreich volle Würdigung erfahren, während man modernen Versuchen auf dem (sebiet bei uns noch immer widerstrebt. Gerade Versuche dieser Art aber sind es, die unserer an- gewandten Wissenschaft einen über ihr spezielles Gebiet hinaus- wirkenden Reiz verleihen, die das Interesse der gesamten Zoologie wecken sollten. Seit Jahren bin ich in Wort und Schrift und mit der Tat bestrebt, den Kleinmut und die üblichen Vorurteile gegen solche Versuche zu zerstreuen und jenen verhängnisvoll verall- gemeinernden Lehrsätzen zu begegnen, die zu der Behauptung führen, daß für Vermehrung und Verbreitung nützlicher Organismen „Imponderabilien“ ausschlaggebend seien, daß daher eine Einwirkung des Menschen auf sie undenkbar sei. Ich will hier nicht wieder auseinandersetzen, weshalb diese Annahmen, welche pathogene Mikroorganismen, Pilze, Schlupfwespen und Raupenfliegen nach 103 ihren Verbreitungsgesetzen in Gegensatz zu bringen zu dem, was fiir beliebige andere Organismen gilt, von vornherein unhaltbar wären, auch wenn keine Tatsachenbeweise dagegen vorliegen würden; die Untersuchung dieser Verhältnisse von Fall zu Fall, die ja allein den Forderungen der Naturwissenschaft entspricht, hat bei uns wie in Amerika diese Annahmen durch positive Ergebnisse widerlegt: Schon der Nachweis, daß es mit Sicherheit gelingt, durch eine bestimmte Kulturmethode pathogene Pilze, „Isarien“, in den Wein- bergen so zu vermehren, dab 90—95 % der Winterpuppen des Wicklers durch sie vernichtet werden, und das auf weiten Flächen, zeigt, daß wir den rechten Weg gegangen sind; weitere Unter- suchungen haben erwiesen, daß das von den Amerikanern auf die Schlupfwespen angewandte „Importsystem“ auch für Pilze in Betracht kommt. Die natürliche Verbreitung scheint auch hier in bestimmten Fällen durch Barrieren aufgehalten zu werden, die sich mit künst- licher Übertragung der Krankheitserreger überwinden lassen. Umgekehrt haben für Schlupfwespen und Raupenfliegen unsere Untersuchungen zu dem Ergebnis geführt, daß auch zu ihrer Ver- mehrung in bestimmten Fällen Kulturmaßnahmen angezeigt sind. Wir fußen dabei auf der Erkenntnis, daß unter Umständen die andauernd geringe Vermehrungsfähigkeit dieser Insekten in be- stimmten Gegenden — während sie in andern, wo derselbe Schädling auftritt, eine befriedigende Vermehrungsfähigkeit zeigen — mit dem Mangel an Zwischenpflanzungen bestimmter Art zusammenhängt. Mit diesen Zwischenpflanzen sind nämlich dann Insekten unter- drückt, die auf ihnen leben und die andrerseits Zwischenwirte für bestimmte Generationen jener Schmarotzerinsekten bilden; um die Zeit, in der diese Generationen erscheinen, ist kein geeignetes Stadium des Schädlings, der bekämpft werden soll, vorhanden. — Es würde sich also darum handeln, die richtigen Zwischenwirte durch Anlage geeigneter Zwischenpflanzungen heranzuziehen, und wenn wir in diesem Falle auch noch recht weit davon entfernt sind, unsere Erkenntnis der Praxis zunutze zu machen, so ist doch wiederum ein Weg gewiesen, und die ganze Frage ist im Laufe weniger Jahre aus dem Stadium der angeblichen „Imponderabilien“ — in Wahrheit aus dem der Unkenntnis, des unerforschten herausgerückt. Bieten nun schon diese rein praktischen Ergebnisse und Folgerungen nebenbei allgemein biologisches Interesse, so sind mit der Bearbeitung solcher Fragen, solcher Einzelfälle auch zahlreiche zunächst rein theoretische Beobachtungen und Fragestellungen ver- 104 knüpft, die ganz speziell den theoretisch arbeitenden Zoologen angehen; diese Fragestellungen haben oft den Vorzug, daß sie als unabhängig von den Zeitfragen der Wissenschaft, als gewissermaßen zufällig erscheinen, zu unerwarteten Ausblicken und Aufschlüssen und zu einer Korrektur herrschender Meinungen führen. Als Beispiele theoretisch wichtiger Ergebnisse bei praktischer Forscherarbeit führe ich vielleicht am besten wieder die Marcuat- schen an: Der genaueren Untersuchung der Gallmückenparasiten durch diesen Forscher haben wir die Entdeckung des wunderbaren freibeweglichen ,,Cyklopidembryo“ und haben wir tiefe Einblicke in das Wesen der „Polyembryonie“ zu verdanken. Ferner möchte ich Ihnen auch einige der nächstliegenden Themata aus meinem Forschungsbereich nennen, um Sie zu überzeugen, daß es sich wirklich lohnen könnte, von meinem Anerbieten in Fachzeitschriften, u. a. im „Zoologischen Anzeiger“, betr. Annahme technisch vor- gebildeter Praktikanten an unserer Anstalt, einmal Gebrauch zu machen. Ich nenne, was mir gerade einfällt: Bearbeitung der Entwicklungsgeschichte von Kleinschmetterlingen verschiedener Art, Untersuchung der Sinnesorgane bei den Traubenwicklern und andern, z.B. auf das Vorhandensein, bzw. den Bau der sogenannten „Tympanal- organe“, wie sie bei Spannern und Pyraliden gefunden worden sind; Vergleich des Baues der Augen von Tag-, Dämmerungs-, Nacht- fliegern; Entwicklung, Ernährung, Wirtswechsel von Schlupfwespen _ und Raupenfliegen; Ursachen des örtlichen Farbenwechsels bei gewissen Käfern, usw. Zu berücksichtigen ist, daß uns für solche Untersuchungen eine Fülle von Material zu Gebote steht, wie sie sonst der Zoologe am Meere findet. Der direkte Zweck der Aufnahme von Praktikanten aber wäre, nach Kräften zu sorgen für Schaffung eines Stammes praktisch vorgeschulter wissenschaftlicher Entomologen, zum Dienst in der angewandten Entomologie, nachdem leider an den natürlich gegebenen Lehrstätten, den deutschen Hochschulen, noch keine Möglichkeit einer solchen Vorbildung gegeben ist. Und ich gebe mich mit dem Kollegen Escrericr der Hoffnung hin, daß Sie uns nach den Ausführungen von heute in dieser Richtung, in der Förderung unserer wichtigen und dabei jetzt noch so schweren Aufgabe, unterstützen werden, als diejenigen Forscher, die unserm praktischen Streben am nächsten stehen. Herr Prof. Escrzricr: Es ist vollkommen richtig, daß die an- gewandte Entomologie in Deutschland größtenteils in den Händen der Botaniker liegt, die die Schädlingsfragen nebenbei mit zu be- 105 sorgen haben (worin die Grundursache dieses Zustandes liegt, habe ich in meiner Amerikaschrift darzulegen versucht). Daß dabei die Entomologie nicht zu ihrem vollen Rechte kommen kann, ist jedem, der die Schwierigkeit entomologisch-biologischer Probleme kennt, ohne weiteres klar. Es wurde mir zwar von mancher Seite eingewandt, die Botaniker könnten ganz gut die schädlichen Insekten mit erledigen, denn die Lebensgeschichte der meisten Schädlinge sei doch in der Hauptsache schon erforscht. In dieser Beziehung habe ich, wie gewib auch die Mehrzahl der wissenschaftlichen Entomologen, die gerade . entgegengesetzte Meinung: wir stehen auf dem Standpunkt, daß von einer wissenschaftlichen Durchdringung bei den wenigsten unserer Schädlinge heute die Rede sein kann. — Die Anschauung, dab die entomologischen Schädlingsfragen recht gut von den Botanikern mit bearbeitet werden können, scheint auch in höchsten Regierungs- kreisen auf festem Boden zu wurzeln; man scheint sich da keine rechte Vorstellung zu machen von der gänzlichen Verschiedenheit der beiden Wissenschaften. An diesen Stellen aufklärend zu wirken, dürfte in erster Linie notwendig sein. Herr Aurken (Bremen): Es ist notwendig, . daß nicht nur eine Zentrale zur Förderung der angewandten Entomologie ge- schaffen wird. Angebracht will es mir erscheinen, wenn nach den geologischen und klimatischen Verhältnissen mehrere Auskunfts- stationen gebildet werden. Nicht nur in bezug auf die angewandte Entomologie, sondern auch in der Systematik können uns die Amerikaner vielfach als Lehrer dienen. Herr Prof. Braver (Berlin): Der Beifall und die Diskussion haben gezeigt, daß wohl alle den Ausführungen des Herrn Kollegen Esc#ericH beistimmen und alle wünschen, daß seine Vorschläge auch erfüllt werden. Es scheint mir aber nötig, unsere Sympathie hier nicht nur in Worten auszudrücken, sondern ihn auch in der Weise kräftig unterstützen, daß die Deutsche Zoologische Gesellschaft in Verbindung mit dem neuen Verein für angewandte Entomologie Eingaben an die in Frage kommenden Behörden, also in erster Linie an die Ministerien für Forst- und Landwirtschaft und an das Reichs- kolonialamt macht. Die Formulierung der Eingaben möge man dem Vorstande der Gesellschaft und des Vereins überlassen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. Herr Prof. Esckericr: Ich danke dem Herrn Vorredner herzlich für sein warmes Eintreten für unsere Reformbestrebungen. Nach- dem die Deutsche Zoologische Gesellschaft so einmütig hinter uns steht, dürfen wir mit froher Zuversicht in die Zukunft blicken. 106 Herr Prof. Dr. J. F. van Bemmeten (Groningen): Die phylogenetische Bedeutung der Puppenzeichnung bei den Rhopaloceren und ihre Beziehungen zu derjenigen der Raupen und Imagines. In seiner Abhandlung: „The external Morphology of the Lepidopterous Pupa“ gibt Pounron eine klare Auseinandersetzung Figur 1. Puppe von Papilio Machaon in drei Ansichten. Photographisch vergrößert. der Bedeutung des Puppenstadiums und seines Verhaltens zu Larve und Imago. Er hebt hervor, wie die Puppe als ein unbeweglich gewordenes Subimaginalstadium aufzufassen sei, das sich von der Imago nur in unbedeutenden Merkmalen unterscheidet, während 107 dagegen zwischen Larve und Puppe eine gewaltige Kluft gähnt, die nur durch die Annahme zahlreicher ausgefallenen Stadien über- brückt werden kann. Gänzlich in Einklang mit dieser Auffassung ist die von mir schon im Jahre 1889 hervorgehobene Tatsache, dab auf den Flügel- scheiden der Vanessidenpuppen eine Farbenzeichnung vorkommt, die mit der von mir entdeckten primären Zeichnung auf den noch in diesen Scheiden verborgenen imaginalen Flügelanlagen überein- stimmt. Bei der Wiederaufnahme dieser Untersuchungen versteht es sich, daß diese Beobachtung mich veranlaßte, die Puppenzeichnung der Vanessiden nicht nur mit derjenigen der aus diesen Puppen ausschlüpfenden Imagines zu vergleichen, sondern auch mit der- jenigen anderer Tagfalterpuppen. Dabei stellte sich heraus, dab auf den Flügelscheiden von Papilioniden- und Pieridenpuppen Farbenmuster vorkommen, die mit denen der Nymphaliden eine gemeinsame Grundlage besitzen. Dieses Resultat habe ich in meinem Beitrage zu der Festschrift zu Ehren Sreyent’s veröffentlicht. Den natürlichen Gedankengang weiter verfolgend, lag es auf der Hand, anzunehmen, daß, was für die Flügelscheiden gilt, auch für die übrige Körperbedeckung der Puppen zutreffend sein könnte. Eine einfache Vergleichung des Farbenkleides in seiner Gesamtheit bei den Puppen verschiedener Pieriden, Papilioniden und Nympha- liden ergab ohne weiteres, daß diese Übereinstimmung in der Tat besteht. Puppen, welche in Habitus und Farbenton so sehr ver- schieden erscheinen wie die von Aporia crataegi, Pieris brassicae und P. napi, Euchloe cardamınes und Gonepteryx rhamni, zeigen bei genauerem Zusehen eine bis in Einzelheiten gehende Ähnlich- keit, und solches ist ebenso der Fall bei Papilio machaon, Papilio podalirvus und Thais polyxena, oder bei Pyrameis atalanta und cardur, Vanessa 10 und wrticae, sowohl in jeder Gruppe für sich als bei Vergleichung der Gruppen untereinander. Aber bei diesem Resultat braucht man es nicht bewenden zu lassen, es ist im Gegenteil selbstverständlich, daß man eine Vergleichung des Farben- musters der Puppen mit dem der anderen Stadien der Metamorphose anstellt, also mit dem der Imagines einer-, mit dem der Raupen anderseits. Bei der Ausführung der erstgenannten Aufgabe stößt man auf die Schwierigkeit, daß weder die Mehrzahl der bestehenden Ab- bildungen von Faltern noch die eingetrockneten Sammlungsexemplare für eine genauere Analyse des Farbenmusters auf den Leibern der 108 Schmetterlinge irgendwie tauglich sind, ebensowenig wie die auber- dem noch recht spärlichen Abbildungen von Puppen und Raupen in den entomologischen Bilderbüchern. ar, SA a Men’ 3 w= "te - R sak “a ry nis as an ome: En an = Ld be ~ 2 eA zur 22. eae Wt ae ——= Ex - es Er £ Ts A oa SER er, 2 x + “> Be: gly N: > Figur 2. Puppe von Vanessa io in drei Ansichten. Photographisch vergrößert. Zur Erforschung der Farbenzeichnung auf Kopf, Thorax, Abdomen und (Gliedmaßen der Tagschmetterlinge sowie ihrer Raupen und Puppen, ist es unumgänglich notwendig, die frischen 109 Tiere selbst zu studieren. Dabei tut man m. E. gut, die in der Puppe herangereiften Imagines kurz vor dem Augenblick des Aus- schlüpfens aus der Puppenhaut heraus zu präparieren, weil ihr Körper dann noch in stark angeschwollenem Zustande ist, und Figur 3. Puppe von Pieris brassicae in drei Ansichten. Photographisch vergrößert. deshalb die Verteilung der Farben über die Leibesoberfläche sich besser beobachten läßt. Außerdem kann man dabei die Entwicklung des Farbenkleides auf dem Leibe des Imago innerhalb der Puppen- umhüllung studieren, und wird dabei in Erfahrung bringen, daß 110 diese Zeichnung ebensogut wie diejenige auf den Flügelanlagen eine Stufenleiter von Entwicklungsstadien durchläuft, die eine phylogenetische Bedeutung besitzt. Bis jetzt konnte ich nur bei Puppen von Pieris brassicae und Papilio podalırıus einige dieser Stadien zu Gesicht bekommen, aber diese genügten, mir die Über- “8 8 \ » 2s \ © \% \ Bw & \ ei) \ a \v ei 5 0 \» RN er u en F % 6 Mi w % 0 f Figur 4. Linke Hälfte der Puppenhaut von Pieris brassicae (A) und Aporia crataegi (B) in eine Fläche ausgebreitet. zeugung beizubringen, dab es sich in der Tat um Farbenmuster handelt, die mit denen der betreffenden Puppen mehr Überein- stimmung aufweisen als mit den betreffenden Imaginalzeichnungen, in die sie übergehen. Höchstwahrscheinlich wird sich, wenn es gelingt, die voll- ständige Stufenleiter der Entwicklungsstadien zur Beobachtung zu 111 bringen, herausstellen, daß am Anfang dieser Serie eine Zeichnung auftritt, welche phylogenetisch älter ist als die auswendig auf der Puppenscheide vorkommende, ebenso wie: dies für die Flügel- zeichnung der Imagines sich ergab. Auch bei einer Vergleichung nach der eutgegengesetzten Seite, derjenigen der Raupe hin, findet man Übereinstimmung, aber auch > “Ss EN De ip Sam; Figur 5. Linke Hälfte der Puppenhaut von Euchloe cardamines (A) und Pieris napi (B) in einer Fläche ausgebreitet. ° hier macht man die nämliche Erfahrung, n. 1. daß das Farbenkleid der erwachsenen Raupe sich weiter von dem allgemeinen Grund- plane entfernt als dasjenige der Puppe. Dennoch besteht zwischen beiden in manchen Fällen eine un- verkennbare Übereinstimmung: das Farbenmuster der Raupe geht zum größeren oder geringeren Teil in dasjenige der Puppe über. Dieser Übergang läßt sich besonders deutlich beobachten, wenn 112 man einige Zeit vor der Puppenhäutung die Raupenhaut öffnet, und die in Ausfärbung begriffene Puppe herauspräpariert. Ich konnte dies bei Pieris brassicae beobachten. Dabei stellte sich heraus, daß im Anfang ein großer Gegensatz besteht zwischen dem Farbenmuster auf Thorax und Abdomen der Puppe und demjenigen auf ihren Flügelscheiden, Beinen, Antennen, Sauger und Kopf. Während die ersteren eine komplizierte und mehrfarbige Zeichnung aufwiesen, die mit derjenigen der entsprechenden Raupenteile über- einstimmte, waren die letztgenannten einfarbig grün. Es besteht also ein auffälliger Gegensatz zwischen denjenigen Teilen, die aus dem Raupenstadium ziemlich unverändert auf die Puppe übergehen, und den sich neubildenden oder wenigstens stark umgestaltenden Organen: die letzteren bekommen erst nachträglich ein mit den letzteren übereinstimmendes Farbenkleid. Daraus ergibt sich, dab der einheitliche Eindruck, den die Zeichnung der fertigen Puppe auf den Beobachter macht, bis zu einem gewissen Grade ein irre- führender ist: die Zeichnung setzt sich aus Teilen zusammen, die nicht notwendigerweise bei ihrem phylogenetischen Entwicklungs- lauf denselben Weg genommen zu haben brauchen. Doch wird sich wahrscheinlich in vielen Fällen herausstellen, daß dennoch auch auf Thorax und Abdomen die Puppenzeichnung einen ursprüng- licheren Charakter besitzt als die entsprechende Zeichnung der erwachsenen Raupe Denn vergleicht man z. B. einerseits die Puppen von Pieris brassicae und Aporia crataegi miteinander, und andererseits ihre Raupen nach der letzten Häutung, so besteht zwischen den ersteren eine viel größere Übereinstimmung als zwischen den letzteren. Und diese Ähnlichkeit der Puppen unter- einander ist ebenfalls größer als diejenige einer jeden Puppe mit der Raupe, aus welcher sie hervorgegangen ist, was sich wohl am besten in der Weise erklären läßt, daß die Puppen auf ein ursprüng- licheres und allgemeineres (d. h. der ganzen Gruppe zukommendes) Farbenmuster zurückgehen. Diese letztere Behauptung ist nur scheinbar in Widerspruch mit der vorangehenden Bemerkung über den Zusammenhang zwischen Raupenzeichnung und Farbenmuster auf Thorax und Abdomen der frischgehäuteten Puppe. Dieser Zusammenhang besteht unzweifelhaft, aber nicht in dem Sinne, daß die letztere ein ein- facher Abklatsch der ersteren wäre. Im Gegenteil: nur gewisse Bestandteile der Raupenzeichnung gehen in das Farbenkleid der Puppe über, und überdies geschieht dieser Übergang nicht plötzlich und unvermittelt, sondern die Farben, welche auf der noch nicht 123 aus der Raupenhaut geschlüpften Puppe vorübergehend sichtbar sind, zeigen eine gröbere Übereinstimmung mit dem Raupenmuster als die nachträglich durch Umbildung aus ihnen hervorgehende bleibende Zeichnung. Povurrox, der das mit der Raupenzeichnung übereinstimmende Farbenmuster auf den frisch ausgeschlüpften Puppen gleichfalls beobachtet hat (aber besonders die Sphingiden auf diese Erschei- nung untersuchte) schreibt diesen Farben: „keine morphologische Bedeutung“ zu, weil sie „nur durch das noch in den Zellen der Chrysalidenhypodermis verharrende larvale Pigment verursacht sind“. Mir scheint die Frage nach der Bedeutung dieser Farben mit dieser abweisenden Bemerkung nicht erledigt. Jede Färbung der Arthropodenhaut muß von der sog. Hypodermis ausgehen. Dringen die Farbstoffe aus dieser in die Cuticula durch, so bekommen sie dadurch einen permanenten Charakter, aber deshalb braucht man einer sich noch in der Hypodermis befindlichen Farbenzeichnung nicht jegliche morphologische Bedeutung abzusprechen. Bei denjenigen Arten, die ihr Puppenleben an verborgenen Stellen fristen, wird die Chitinhaut braun oder schwarz, und dem- zufolge verschwindet jede Spur eines Farbenmusters. Stellt man sich aber die Frage, welche dieser beiden Puppenarten uns ein genaueres Bild von dem Subimaginalstadium, woraus die unbeweg- liche Chrysalide der heutigen Lepidopteren hervorgegangen ist, bewahrt haben mag, so muß die Antwort m. E. wohl sicher zu- gunsten der farbengeschmückten Rhopalocerenpuppen lauten. Die einfarbig chitinbraunen Puppen sind in der Spezialisierung weiter vorgeschritten als die mehrfarbig gezeichneten, denn sie haben ihre Zeichnung durch Anpassung an die verborgene Lebensweise nach- träglich verloren, und sich deshalb weiter von den Stammformen der Schmetterlinge entfernt. Aber unter diesen mehrfarbig gezeichneten Puppen gibt es wieder solche, die sich mehr, und andere, die sich weniger von dem ursprünglichen Zustand entfernt haben. Um diese voneinander zu unterscheiden, darf man m. E. dieselben Grundsätze anwenden, wie die, welche sich bei der Beurteilung der Imaginalzeichnung als brauchbar erwiesen haben: Grundsätze, die ich in meiner Abhandlung in Spexezv's Festschrift und in meiner Mitteilung auf dem Cambridger Internationalen Entomologenkongreß hervorgehoben habe. Nur können selbstverständlich bei den Puppen die Unter- seite der Vorderflügelscheiden, sowie die beiden Oberflächen der- jenigen der Hinterflügel nicht in Betracht gezogen werden. Aber Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 8 114 auch mit dieser Einschränkung läßt sich mit gutem Recht be- haupten, dab regelmäßige Widerholung eines und desselben Farben- musters auf der Reihe der Leibesringe, sowie in den Zellen der Flügelscheide, als ursprüngliches Merkmal aufgefaßt werden darf, daß hingegen Einfarbigkeit als ein durch sekundäre Modifikation zuwegegebrachter Endzustand zu betrachten ist. Nach dieser Auf- fassung hat sich die Pieris-napi-Puppe viel weiter von dem ge- gemeinsamen Grundplan entfernt als die der Pieris brassicae, und muß die Puppe von Gonepteryx rhamni aus einem primitiveren Zustand abgeleitet werden, so wie er uns bei Buchloe cardamınes vor Augen tritt. Als Beweis für diese Behauptung sei auf die Spuren von dunklen Flecken und Makeln bei den übrigens egal grünen Puppen der an erster Stelle genannten Arten hin- gewiesen, welche Spuren nur als letzte Andeutungen der viel größeren Flecken bei den damit vollständig ausgeschmückten Ver- wandten zu deuten sind. Der Grund dieser Rückbildung und Ver- färbung läßt sich in diesen Fällen, wie bei den entsprechenden Raupen, leicht verstehen: die Puppen fallen dadurch. weniger in die Augen, es liegt also schützende Nachahmung der Umgebung vor. Durch die vergleichende Untersuchung der Puppenzeichnung bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß als primitives Zeichnungs- muster für die Ringe des Körpers, die in regelmäßigen Längsreihen geordneten, sich auf jedem Ring wiederholenden Flecken gelten müssen. Die Zahl dieser Längsreihen ist bei verschiedenen Arten nicht dieselbe, aber als Grundzahl kann man deren sechs annehmen, die man als dorsale, dorsolaterale, epistigmale, stigmale, hypostigmale, ventrolaterale und ventrale unterscheiden kann. Die erstere und die letztere verlaufen in der Medianlinie, die anderen sind gepaart. Die Zahl der Flecken einer jeden Reihe auf jedem Ring beträgt eins, zwei oder höchstens drei, doch kann an Stelle eines einzelnen Fleckens eine Gruppe kleinerer vorkommen. Die zu einer Reihe gehörigen Flecken können zu einem Streifen verschmelzen, und in dieser Weise kann eine Längsstreifung ent- stehen. Oder es verschmelzen die korrespondierenden Flecken be- nachbarter Reihen zu größeren, dunkelgefärbten Stellen, oder zu Querbändern. Wenn nun aber diese bei den Imagines ermittelten Grundsätze sich als für den Charakter der Puppenzeichnung gültig herausstellen, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie auch auf das Farben- muster der Raupen anwendbar sein werden. Dieser Auffassung gemäß wären also diejenigen Raupen, die eine sich auf jedem 115 Leibesring wiederholende Fleckenzeichnung aufweisen, als die am ursprünglichsten gezeichneten aufzufassen. Eine solche Art der Zeichnung besitzt z. B. die Pieris brassicae-Raupe, im Gegensatz zu ” ” ” ventrale Fleckenreihe dorsale ventrolaterale hypostigmale epistigmale dorsolaterale stigmale Figur 6. Fleckenzeichnung auf dem achten Leibesring. Aporia crataegi, Puppe Pieris brassicae, Puppe Pieris brassicae, Raupe Pieris brassicae, Imago in der Puppe kurz vor dem Ausschlüp- fen jener der Aporia crataegi und der Pieris napi, bei welchen Längsstreifung mehr in den Vordergrund tritt. Diese letztere gilt bei den Forschern, die sich bis heute mit der vergleichenden Unter- suchung der Raupenzeichnung beschäftigt haben, als die Grundform, 8* die 116 aus welcher sich eine andere Zeichnung, im besonderen die Schräg- streifung der Sphingidenraupen, durch die Annahme einer Auflösung der longitudinalen Streifen in Fleckenreihen, mit nachträglicher Ver- schmelzung der Componente benachbarter Reihen auf jedem Segment, herleiten lassen. Für die Schrägstreifung scheint mir in der Tat diese Erklärung die richtige, aber die Längsstreifung selbst möchte ich nicht als Grundform betrachten, sondern als durch Verschmelzung segmental sich wiederholender, in Längsreihen geordneter Flecken entstanden denken. Wenn bei zahlreichen Raupen aus dem jüngsten, einfarbigen, ungezeichneten Stadium unmittelbar ein Jangsgestreiftes hervorgeht, so dürfte dies meines Erachtens durch die Annahme einer Überspringung des gefleckten Zustandes zu erklären sein. Den längsgestreiften Raupenformen kann man ja andere gegenüber- stellen, die nie longitudinale Zeichnung aufweisen, sondern von An- fang an gefleckt sind. Und bei vielen scheinbar der Länge nach gestreiften Raupen ergibt eine nähere Betrachtung, daß die Streifen nichts als Längsreihen dichtgedrängter Flecken sind. So ist es z. B. der Fall bei der Raupe von Aporia crataegi, deren Zeichnung also große Ähnlichkeit besitzt mit der von Pieris brassicae. Besonders bemerkenswert scheint mir in dieser Hinsicht die regelmäßig gefleckte Raupe von Zeuzera pyrina, weil sie in Ästen von Fruchtbäumen verborgen lebt und deshalb, was ihr Farbenkleid betrifit, wahrscheinlich keine sekundären Veränderungen erlitten hat. | Denn die durch jene Lebensweise hervorgerufenen Umbildungen | laufen auf Farbenverlust hinaus, aber führen nicht zur Weiterent- wicklung der Zeichnung. Auch die verwandten Hepialiden und Cossiden haben keine längsgestreiften sondern streng segmental ge- fleckte Raupen, bei denen die Zeichnung mehr oder weniger im Verschwinden begriffen ist. Aber wie dem auch sei, jedenfalls hat man m. E. a priori das Recht zu behaupten, daß die Puppenzeichnung primitiver sein kann als diejenige der betreffenden Raupe, weil ja das Larvenstadium als solches sich weiter von der Urform der Gattung entfernt hat als die Chrysalis. Zusammenfassend glaube ich behaupten zu dürfen: 1, Die Puppen von Pieriden, Papilioniden und Nymphaliden weisen nicht nur auf den Flügelscheiden, sondern auch auf dem ganzen übrigen Körper eine aus selbständigen Flecken zusammen- gesetzte Farbenzeichnung auf, der eine phylogenetische Bedeutung innewohnt, insoweit sie sich aus einem Grundplan herleiten läßt, der nicht nur diesen drei Schmetterlingsfamilien gemeinsam ist, Ley sondern sich auch in dem Farbenmuster ihrer Raupen und Imagines wiederfindet. 2. Bei den von mir näher untersuchten Arten stand sogar die Zeichnung der Puppen diesem gemeinschaftlichen Grundplan näher als diejenige ihrer Raupen und Imagines. 3. Die farbengeschmückten Lepidopterenpuppen geben uns in ihrer Zeichnung wahrscheinlich ein Bild des Farbenkleides bei den Ahnen der heutigen Tagschmetterlinge, und vielleicht selbst bei jenen noch flugfähigen Subimaginalformen, aus denen durch Immo- bilisation das Chrysalidenstadium, wie es heute allen Lepidopteren zukommt, hervorgegangen ist. Sie sind, was ihre Farben betrifit, auf einem ursprünglicheren Standpunkt stehengeblieben als die ungezeichneten, gleichmäßig chitinfarbigen Puppen der meisten Heteroceren und vieler Rhopaloceren. Diese haben m.E. ihre ur- sprüngliche Farbe infolge der verborgenen Lebensweise verloren. 4. Vor und während der Puppenhäutung zeigt sich bei allen Puppen, auch bei den ebengenannten chitinfarbigen, vorübergehend ein Zeichnungsmuster, das auf den Leibesringen einen anderen Charakter besitzt als auf den Körperanhängen, aber wahrscheinlich auf beiden Abschnitten nicht ohne phylogenetische Bedeutung ist. 5. Wohl zweifellos ist dies letztere der Fall bei der Entwicklung der Imago innerhalb der Puppenhaut. Nicht nur auf den Anlagen der Flügel, sondern ebensogut auf den Ringen von Thorax und Abdomen zeigt sich bis sehr kurz vor dem Ausschlüpfen eine provisorische Fleckenzeichnung atavistischer Natur, die selbst einen noch ursprünglicheren Charakter als die auf der Puppenhaut aus- wendig sichtbare besitzen kann.. Diese provisorische Zeichnung steckt in der Haut und wird auf dem Imaginalleib durch die an- fangs farblosen, sich schließlich ausfärbenden Schuppen und Haare überdeckt und verdrängt. Diskussion: Herr Prof. Hrıycxe (Helgoland) macht darauf aufmerksam, daß die von dem Vortragenden dargelegte phylogenetische Bedeutung der Flecken- und Farbenzeichnung bei Schmetterlingen und die Möglichkeit sie auf einen Grundplan zurückzuführen, wohl als eine allgemeine Erscheinung bei allen Farbenzeichnungen von Tieren anzusehen sei. Er selbst hat dieselbe Erscheinung bei der Ent- | wicklung der Flecken- und Farbenzeichnung verschiedener Fisch- familien, namentlich der Gadiden und Pleuronectiden, nachweisen können. 118 Herr Dr. Fr. Voss (Göttingen): Vergleichende Untersuchungen über die Flugwerkzeuge der Insekten. Einleitendes. In den nachfolgenden Ausführungen soll ein Gebiet von viel- seitigen und großen Zusammenhängen berührt werden, an welche sich weitgehende Folgerungen anschließen lassen. Die Kenntnis vom Flugapparat der Insekten ist seit einiger Zeit in ein Stadium getreten, welches gestattet, einheitliche Gesichtspunkte aus zahl- reichen Einzelbeobachtungen heraus zu gestalten und die prinzi- pielle Grundlage der in großer Formenmannigfaltigkeit vorliegenden Einzelkonstruktionen festzustellen. Eine Gesamtdarstellung über den Stand unserer Kenntnisse auf diesem Gebiete würde lohnend sein. Die Aufgabe an dieser Stelle ist es nicht, die erschöpfende Zusammenfassung einer Fülle von Einzelheiten zu einem Gesamt- bilde zu geben; sie beschränkt sich vielmehr auf zwei Punkte: a) Durch die Erörterung prinzipieller Dinge soll die allgemeine Lage des Problems nach seinem heutigen Stande entworfen, und es sollen somit die Wege an- gedeutet werden, welche eine weitere Erforschung des Tierfluges, speziell des Insektenfluges, zu gehen hat. Die Rückständigkeit einer tiefergehenden Zusammenfassung | der Erscheinungsformen des Insektenfiuges gegenüber dem der | Vögel beruht zunächst auf dem Mangel an einer vergleichenden Durcharbeitung der bisher schon vorliegenden Erkenntnisse, dem der Mangel einer Grundlage für die Ableitung allgemein gültiger Prinzipien entspricht. Gibt doch die Vergleichung der Flugwerkzeuge der Insekten untereinander, wie auch mit denen der Vögel, trotz aller Verschiedenheiten im einzelnen eine überraschende Übereinstimmung der Hauptfaktoren des Fluges. Indem dieser Vergleich von den beiden wohl großartigsten Kon- vergenzerscheinungen handelt, welche die Natur — und zwar durch aerodynamische Beziehungen — auf einer so überaus verschiedenen morphologischen Grundlage hervorgebracht hat, gibt er gerade bei näherem Eingehen auf die spezifischen Abweichungen der ver- schiedenen Systeme einen Einblick wiederum in die Grundelemente der Mechanik des Schwingenfluges nach der aerodynamisch-physi- kalischen Seite hin bis zu den technisch-konstruktiven Grund- lagen. Die Einzelausführungen des Prinzips, welche ich in der nachfolgenden Darstellung als Modelle bezeichne, sind überall ver- 119 schieden. Das überall gleiche Grundprinzip führt zur begrifflichen Feststellung von drei Typen, Hauptformen von Flugapparaten bei Insekten. Dieselben möchte ich mit dem nachfolgenden (vgl. S. 137) provi- sorischen Schema einführen, welches bezüglich des Insektenfluges heute bereits durchführbar erscheint. Sodann bedarf es eines Hinweises darauf, in welcher Weise die gegenüber einer allgemeineren Durchdringung des Tatsachen- materials vorerst noch klaffenden Lücken zunächst ausgefüllt werden müssen. Ein nicht zu allerletzt bedeutsames Ziel bei der Fortführung solcher Arbeiten muß sein, zwei bisher ziemlich unvermittelt gegen- überstehende Gruppen von Forschern einander näherzubringen: ‘Der Biologe versteht die Gedankengänge und die Sprache des Technikers zu wenig, um den von dieser Seite bestehenden Bedürf- nissen gerecht zu werden; der Techniker wiederum vermag sich nicht den vorliegenden anatomischen Sachverhalt der tierischen Konstruktionen zugänglich zu machen, welcher bei dem Mangel an zusammenfassenden Darstellungen in zahlreichen, der Natur der Sache nach oft umfangreichen, schwer lesbaren und ein längeres Detailstudium voraussetzenden Einzeldarstellungen vorliegt. Wie fruchtbar eine solche Bezugnahme beider Gruppen werden kann, haben die Nachahmung der Tragflächenverwindung durch Wrieut, die Anwendung des Zanoniaprinzips bei Drachenflugzeugen und die ‚verbesserten Heckkonstruktionen bei Zeppelin-Luftkreuzern mit dem Erfolge einer beträchtlichen Erhöhung der Schnelligkeit — beides letztere auf eine Anregung Antsorn’s (Hamburg) hin — gezeigt; in Frankreich bestehen seit einiger Zeit bereits lebhaftere Beziehungen zwischen beiden Gruppen. Zwei Wege der Forschung eröffnen sich dem Zoologen in diesem Zusammenhange: Untersuchungen, welche bis ins einzelnste gehen, welche die Konstruktion eines einzigen tierischen Flugapparates erschöpfend behandeln und welche mit der morphologisch-topographischen Er- kenntnis zugleich ein funktionelles Verständnis übersichtlich an- bahnen. Sodann die Darstellung allgemeingültiger Fluggesetze bei Tieren auf dem Wege der Vergleichung morphologisch-topographischer und morphogenetischer Erkenntnisse in ihren morphokinematischen Be- ziehungen. 120 Dem Physiker ferner ist es anheimgegeben, die aerodynamischen (ualitäten der verschiedenen Flugflächen in den verschiedenen Phasen der Bewegung zu analysieren (Modellversuche), und der Techniker wird die gegebenen Konstruktionseinzelheiten auf ihre praktische Anwendbarkeit zu prüfen haben. b) Das Wesen der Sache, um welche es sich in diesem Zu- sammenhange handelt, möge an einem einzelnen Beispiel dargelegt sein, an dem Vergleich zweier moderner Spezialarbeiten, welche die Analyse der Flugwerkzeuge zweier sehr verschiedener Insektentypen bis in feinste Einzelheiten durchgeführt und so für sich eine ein- heitliche Darstellung des Flugmechanismus angestrebt haben. Eine solche vergleichende Analyse nach morphokinematischen Gesichts- punkten setzt ein restioses Eindringen in die Einzelelemente der Konstruktion voraus. Die eine dieser Arbeiten handelt vom Flug- mechanismus der Hausgrille, eines primitiven Geradflüglers als dem Vertreter einer morphologisch tiefstehenden Flugorganisation mit vielseitigster Komplikation der Einzelelemente'). Die Analyse des Flugapparates der Hautfliigler anderseits, welche nach verschiedenen Vorarbeiten älterer Autoren (an der Ameise Myrmica, an Bombus, Aylocopa Polistes u. a.) neuerdings von SreLuwaae”) an der Biene durchgeführt ist und von mir zurzeit einer Nachuntersuchung unter- zogen wird, gibt Anhaltspunkte zur Beurteilung eines im morpho- logischen Sinne vereinfachten, abgeleiteten „höheren“ Typs. Wie- wohl meine Arbeiten in dieser Hinsicht noch keineswegs abgeschlossen sind, ermöglicht es ein solcher Vergleich dennoch schon jetzt, bei aller verschiedenartigen Vielgestaltigkeit der Einzelkonstruktionen eine prinzipielle Gleichheit dieser Einzelheiten bei beiden Typen festzustellen. Diese Feststellung auf morphologischer Grundlage allein erlaubt den homologen Teilfunktionen nachzugehen und die Analogien, welche ein völlig verändertes Flugbild uns dadurch vor- führt, zu verstehen. Die Möglichkeit hierzu beruht aber auf der spezifisch kinematischen Natur und auf dem exoskelettalen Charakter der Gelenke bei den Insekten. Mit diesen Worten soll die allgemeine Lage des Problems ge- kennzeichnet sein. 1) Fr. Voss, 1904/05: Über den Thorax von Gryllus domesticus mit be- sonderer Berücksichtigung des Flügelgelenks und dessen Bewegung. Zeitschr. f. wiss, Zoologie. Bd. 78. *) FR. STELLWAAG 1910: Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 95. — FR. Voss 1912: Referat der Arbeit STELLWAAGS im Zoolog. Zentralblatt Nr. 1058, S. 852 ff. 121 Allgemeine Übersicht. Im besonderen dürften für die Wege, welche neue Arbeiten einzuschlagen haben, folgende ältere und neuere Arbeiten als Grund- lage bzw. als Ausgangspunkte und Anregung zu gelten haben: a) Die Arbeiten Amans’-Montpellier über die allgemeinen Homologien im Flugapparate der Insekten und über die allgemeinen Übereinstimmungen im Flugcharakter der Insekten und Wirbeltiere; ferner über die Geometrie der tierischen Flächen „Zooptere“, im speziellen der Begriff des Zweiflächensystems, „diedre“. Hierzu kommen zahlreiche morphologisch-anatomische Arbeiten, wie u. a. die von Reprensacher und Comstock über das Flügelgeäder der Insekten. b) Die zahlreichen Arbeiten Artzorv’s über den Flug der Wirbeltiere, insbesondere über den Vogelflug, über die Stabilität der Flugapparate, den Schwebeflug, über die physikalische, speziell aerodynamische Wirkung der Flächengestalt und die Erkenntnis des „Schranken“prinzips. Die hier gegebenen Anregungen müssen der Erforschung des Insektenfluges dienstbar gemacht werden. c) Feststellungen der speziellen Homologien in den äußeren thorakalen Bezirken der Insekten, welche auf einer Durcharbeitung und Verwertung der gegebenen Einzelheiten in morphokinematischem Sinne beruhen. Meine dahingehenden Arbeiten!) suchten als Vor- arbeiten zunächst durch Aufdeckung bestimmter Gesetzmäßigkeiten im engeren Rahmen einer einzelnen bestimmten Organisation den Boden zu bereiten für eine allgemeinere Übertragbarkeit dieser (resetzmäßigkeiten auf fernerstehende Organisationsverhältnisse, wie sie z. B. Beruese”) sodann durchzuführen versucht hat. d) Analysen der Flugapparate im einzelnen auf vergleichender Grundlage wie sie beispielsweise in den soeben genannten Ar- beiten über Gryllus domesticus und Apis vorliegen. In dieser Richtung dürfte zünächst die Notwendigkeit einer gründlichen Durcharbeitung der einzelnen Typen und Modelle — die eben genannten nicht ausgenommen — liegen. e) Untersuchungen physiologischer Art, welche seinerzeit von Marey begonnen und in umfangreichem Maße durchgeführt wurden, 1) Fr. Voss 1904/05, 1912: Über den Thorax von Gryllus domesticus, I.—V. Teil. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 78 u. 95. — FR. Voss 1911: Morphologisches und Kinematisches vom Ende des Embryonalstadiums der Geradflügler in: „Verhandlungen der Deutschen Zoolog. Gesellschaft zu Basel“. ?) A. BERLESE 1909: Gli Insetti, Vol. I, Kap. VIII, S. 395 ff. 122 und wie sie noch neuerdings im Institut Marey in Boulogne sur Seine ausgeführt werden. f) Mit Nachdruck muß auch die Bearbeitung der aerody- namischen Seite des Problems gefordert werden, welche auf dem Wege des Versuchs und der Berechnung den mechanischen und dynamischen Qualitäten der tierischen Flächen nachgehen soll. Es würde sich hierbei um Modellversuche handeln, welche durch die neuerdings geschaffenen Modellversuchsanstalten er- möglicht sind; ferner z. B. um Überlegungen solcher Art, wie sie neudings E. Asramowsxy') über die aerodynamische Drucklinie im Insektenflügel angestellt hat; ohne allerdings vorerst zu genügend sichergestellten und ausreichend begründeten Ergebnissen gelangt zu sein. Bei der Zusammenfassung aller genannten Gesichtspunkte liegt jedoch vor allem die Notwendigkeit einer einheitlichen Begriffs- bildung, neuer Definitionen, der Schaffung einer einheitlichen Nomen- klatur vor. Vergleichende Betrachtungen über die tierischen Flug- werkzeuge. Von jenen drei Faktoren des Fluges, welche als Energie- quellen für die Flugbewegung dem fliegenden Tier zur Ver- fügung stehen, wird von den Vögeln wie von den Insekten die motorische Kraft des Flugapparates in hervorragendem Maße be- nutzt. Demgegenüber treten die bei Vögeln erheblicher wirksamen beiden anderen Faktoren bei den Insekten infolge ihrer geringen Masse in den Hintergrund, die Schwerkraft (Erdkraft) wird bei ihnen wenig, die lebendige Kraft des Windes (Luftkraft, Segelflug) fast gar nicht benutzt. Bei der speziellen Betrachtung des erstgenannten Faktors läßt sich folgendes sagen: Wir unterscheiden ein aerodynamisches Problem, ein mechanisch-technisches Problem, sodann die Kraftquelle als energetisches Moment. Bei der Behandlung des aerodynamischen Problemes im engeren Sinne kommt es auf die Analyse der Flächenform an nach der prinzipiellen Seite, Geometrie der Fläche, und nach der kon- struktiven Seite, Materialfrage, anatomische Konstruktion. Sodann müssen hier die Schwerpunktsfragen u. a. behandelt werden. 1) Die dynamische Drucklinie am Insekten- und Vogelflug. Bericht f. d. k. Akademie d. Wissenschaft Stockholm; Deutsche Luftfahrer-Zeitschrift 1913, Jahrg. 17, Nr. 4. 125 Das mechanisch-technische Problem handelt von der Konstruktion des Bewegungsmechanismus, des motorischen Teiles der Maschine, und betrachtet zunächst die Gelenkkonstruktion hin- sichtlich ihrer prinzipiellen und konstruktiven Seite mit der Förderung des funktionellen Verständnisses für dieselbe; damit im Zusammenhang sodann die Beziehung zur Muskulatur und die Ver- teilung derselben. Hier kommt es schließlich darauf an, den Ge- samtapparat nach seinem allgemeinen kinematischen Verhalten zu verstehen, die allgemeine Kinematik des Thorax überhaupt. den Ausdruck derselben im Verhalten des Exo- und Endoskeletts. Die Kraftquelle, beim Tierflug ein vitales Element, bedeutet ein physiologisches, speziell physiodynamisches Problem. Sie er- fordert ein Studium der anatomischen Grundlagen, auf welchen sich die energetischen Leistungen der lebenden Muskel- und Nerven- substanz vollziehen, und der verschiedenartigen Äußerungen derselben je nach den Bedingungen verschiedener Beanspruchung, z. B. der Belastung, Luftströmung, nicht zuletzt der Psychologie des Fluges. Es sollen an dieser Stelle die nur z. T. berechtigten Gründe nicht untersucht werden, welche zu der bisherigen Überschätzung der Bedeutung des Flugapparates der Vögel für praktische Zwecke gegenüber dem der Insekten geführt haben. Unberechtigt ist es jedenfalls, sich mit SchlyBfolgerungen zu begnügen, welche auf einer mangelhaften Klarlegung der bereits vorhandenen Grundlage und auf einer mangelnden Perspektive für die Zukunft beruhen. Bei einem Vergleich der Flugwerkzeuge der Vögel mit dem der Insekten läßt sich wie gesagt eine Übereinstimmung der fundamentalen funktionellen Tatsachen und Begriffe feststellen. Im einzelnen mögen von diesen die folgenden genannt sein: Die allgemeine Geometrie der Flugflächen und die prinzipielle Zusammensetzung der letzteren aus einzelnen Bausteinen, welche das Prinzip des Zweiflächensystems „diedre“ vorführen. Es wird ein großes ,diédre“ von einem System kleinerer unterschieden, welches letztere bei den Insekten im Faltensystem des Flügels, einer kontinuierlich zusammenhängenden Fläche gegeben ist, bei den Vögeln in den isolierten Federn wiederkehrt. Die Unterscheidung von Regionen führt in beiden Fällen zu gleichbedeutenden Analogien: das Kostalfeld (f#,) der Insekten ist in seiner Bedeutung als vorwiegend terminal wirkende propulsive Schlagfläche und als in hohem Maße aktiver Teil den Handschwingen der Vögel gleichzusetzen. Das Analfeld in seiner vorwiegenden Bedeutung der Gleit- bzw. Tragfläche (fl,) kehrt bei den Vögeln im 124 System der Armschwingen wieder. Die mit letzteren gegebene basale Schlagwirkung ist bei schlechten Fliegern erheblich, ist aber bei guten Fliegern allmählich auf eine mehr passive Rolle beschränkt). Die Trennung beider Flächenarten, welche im Flügel der Insekten durch eine scharf ausgeprägte Depression der Flügeloberfläche im Bereiche der konkaven VIII. Ader, Subeubitus anatomisch konstant ausgeprägt ist, läßt sich auch im Vogelflügel begrifflich feststellen. Schließlich ist der 3. Flügelabschnitt der Anallobus /, bei den In- sekten dem Schulterfittich der Vögel auch hinsichtlich seiner geringen funktionellen Bewertung gleichzustellen. Das System der „Schranke“ in Autgory’s Sinne, welches sich schon in den Teilbezirken des Flügels (Feder- bzw. Faltensystem) feststellen läßt, zeigt sich im ganzen durch die funktionelle Gleich- wertigkeit des Schränkfittichs (= Daumenflügels) der Vögel mit der mittleren bis basalen Pronation des Kostalfeldes der Insekten dargestellt. Die Elastizität des Materials an sich und in der Anordnung der Zweiflächensysteme, der Bau und die Biegung der Flügelrippen bzw. Federschäfte, die konstante, d. h. anatomisch gegebene Torsion des Ganzen und der Teile sind in beiden Fällen einander durch- aus entsprechende Dinge. Die mit der Bewegung der Fläche gegebene veränderliche Torsion, welche u. a. zu der Erscheinung der Achtfigur im Flügel- schlag führt, ist sowohl bei Vögeln wie bei Insekten ein Haupt- charakter der Flügelbewegung. In allem zeigen sich die in beiden Gruppen der Schwingen- flieger gleichartigen Äußerungen der aerodynamischen Bedingungen für bewegte Fläche und Widerstand in ihrem Verhältnis zueinander. Dies läßt den Versuch berechtigt erscheinen, die von AntBorn Auf- gestellten vier Typen des Vogelfluges auch auf die Flugarten der Insekten zu übertragen. Auf der anderen Seite wiederum sind die zwischen Vögeln und Insekten bestehenden mehr mechanisch funktionellen Verschieden- heiten der anatomischen Grundlage von Interesse und für eine Beurteilung ihrer Beziehungen zu den Bewegungsarten in beiden (sruppen bedeutsam. Die stereotype (obligatorische) Bewegungsart der Insektenflügel tritt in auffälligen Gegensatz zur fakultativen Flügelhaltung und 1) Vgl. G. LILIENTHAL, Der geheimnisvolle Vorwärtszug. 1913. Zeitschr. f. Flugtechnik u. Motorluftschiffahrt, Jahrg. IV, Heft 11. 125 zur Flügelbewegung bei Vögeln, welche sich höchst willkürlich und wechselnd gestalten kann. Die gegenüber derjenigen der Vögel ganz anders geartete Be- wegungsart der Insektenflügel, welche hinsichtlich der Frequenz als Schwirrflug eine höchst gesteigerte Flatterbewegung bedeutet, läßt sich eben aus der Notwendigkeit ihrer stereotypen Wiederkehr mit dem spezifischen Gelenkbau des Insektenflügels in Einklang bringen. Führt ferner einerseits der Mangel an Schwebevermögen bei den Insekten infolge des geringen absoluten Gewichts und in- folge der mangelhaften Stabilisierung zugleich mit der Kleinheit der Flugflächen zu motorischen Höchstleistungen nach Kraft, Frequenz und Amplitude des Flügelschlages und zu äuberster Materialbeanspruchung, so bleibt dieser Schwirrflug der Insekten hinsichtlich des Flugbildes andererseits nicht ohne Berührungs- punkte mit dem Flug bei Wirbeltierfliegern, wie z. B. die Fälle der Flatterbewegung mit geringer Frequenz bei einem Teil der Lepidopteren (Rhopoloceren u. a.) zugleich mit einer mehr oder weniger ausgesprochenen Fähigkeit zum Gleitflug und die Fälle des Schwirrfluges mit gesteigerter Frequenz bei dem Kolibri im Vergleich mit dem Flugbilde der Sphingiden zeigen. Innerhalb des soeben angedeuteten Rahmens allgemeiner Be- ziehungen mögen nun die hauptsächlichen Gesichtspunkte angeführt werden, welche insbesondere bei einem Studium des Insektenfluges auf dessen anatomischer Grundlage maßgebend sind. Allgemeine Betrachtungen über den Flugapparat der Insekten. Die Insekten zeigen als} Schwingenflieger die Einheit von Propeller und Tragfläche. Abweichungen von diesem Grundsatz sind bei Coleopteren bis zu einem gewissen Grade angestrebt. Bei dem Versuche einer aerodynamischen Definition in aerodynamisch-mechanischem Sinne mag ein durch Arızorx bei dem Studium der Vögel hervorgehobenes Moment hier für die Insekten besonders betont werden: Kleinflügelige Tiere mit hoher Bespannungszahl und grober Frequenz der Flügelschläge, selbst bei hoher Fluggeschwindigkeit. Als motorische Besonderheit muß die auf der exoskelettalen Natur des Flügelgelenks der Insekten beruhende Zwangläufigkeit der Scharniergelenke betont werden. Dieselbe bedeutet, daß ein Teilmechanismus bzw. die mit ihm verknüpfte Teilbewegung b nicht eintreten kann, bevor die Funktion des Teilmechanismus a 126 voraufgegangen ist; sie gestattet also eine Ablesbarkeit der Teil- mechanismen in ihrer gegenseitig sich bedingenden Aufeinander- folge an den Einzelheiten des Skeletts. Dieses Prinzip, welches bei niederen Flugtypen im höchsten Maße ausgeprägt ist, erleidet bei den höheren Typen das Prinzip selbst nicht einschränkende Veränderungen bzw. Vereinfachungen. Die bei niederen Typen ge- gebene morphologische Grundlage enthält eine Summe vielfacher und vielseitiger Einheiten bzw. Teilmechanismen, an welche die Ausgestaltung der höheren Typen gemäß der aerodynamisch-mecha- nischen Beanspruchung elektiv ankniipft. Niemals werden dabei die einheitlich bleibenden allgemeinen Grundzüge der Organisation und des Mechanismus verwischt, wie man es vielfach annehmen zu müssen geglaubt hat. Aufgabe der speziellsten vergleichend- anatomischen Methodik ist es, dies zu zeigen, nicht minder auch, wie sich bis in die kleinsten Einzelheiten hinein bei mannigfachen Abänderungen aus dem Widerspiel zäh festgehaltener morpholo- gischer Gestaltung der Teile mit den Anforderungen spezieller kinematischer Vorgänge ein Rückschluß auf die funktionellen Be- sonderheiten der Teile machen läßt: Die Übereinstimmungen (Kongruenzen) erscheinen als Kon- vergenzerscheinungen auf dem Boden der einheitlichen aero- dynamischen und motorischen Grundlage, die Verschiedenheiten in den Abweichungen der einzelnen Typen bzw. Modelle. Es ergibt sich also für die Betrachtung der verschiedenartigen Flugapparate der Insekten eine Stufenfolge von niederen Orga- nisationen aus: | a) Niedere Typen. Der morphologische Charakter liegt in der Komplikation der Einzelmechanismen, wie sie im Skelett und in der Muskulatur ver- anschaulicht wird. Er gestattet aber anderseits eine Durch- sichtigkeit der Mechanismen etwa zu Zwecken der Rekonstruktion. Als weitere Eigentümlichkeiten mögen u. a. ein gewisser Mangel an Massenkonzentration, die relativ geringe Flügel- bespannung, die vergleichsweise geringe Frequenz und Amplitude des Flügelschlages, die relativ zur Fläche große Last hervor- gehoben werden. Die im Vergleich zu den höheren Typen im allgemeinen er- heblichere absolute Größe der Flächen in ihrer Beziehung zur geringen Frequenz und Amplitude läßt die Wirkung der Fläche als Trag- und Gleitfläche mit besonderer Ausbildung des proximalen 127 basalen Teiles vorherrschen, und der ganze Apparat nimmt als ein System bewegter Gleitflächen die niedere Stufe des Motor- gleitfliegers ein. Von dieser Stufe aus ergeben sich zwei Wege: b) Höhere Typen. Der morphologische Charakter der mit diesen hervorgebrachten Flugwerkzeuge lautet: Vereinfachung der Gelenke und der Muskulatur. Dieselbe hat eine Vereinfachung, aber auch eine geringere Durch- sichtigkeit der Mechanismen zur Folge. Jede dieser beiden speziellen Richtungen nimmt je für sich Teilmechanismen auf, welche in der allgemeinen morphologischen Grundlage des niederen Typs neben- einander lagen, und gestaltet sie in einseitiger Richtung aus. Es war bisher üblich, alle Erscheinungen des Insektenfluges mit der Unterscheidung direkter und indirekter Flügelbewegung in zwei Schemate zu pressen. Daß eine solche unvermittelte Gegenüberstellung das Wesen der Sache nicht erschöpfend trifft, sondern daß sie nur teilweise, und auch dann nur mit gewissen Einschränkungen Gültigkeit hat, zeigen das Verhalten der Gerad- flügler, bei welchen beide Mechanismen gleichwertig nebeneinander gehen, das Verhalten der Biene, bei welcher sich u. a. ein großer direkt wirkender Muskel vorne am Kostalgelenk (vgl. -Fig. 4, bei msl dessen Sehne) am Flügelschlag beteiligt, das Verhalten schließlich der Libellen, bei denen zum Teil der dorsale indirekte Flügelsenker nicht fehlt und bei denen die mediale Dorsoventral- ~muskulatur morphologisch den indirekt wirkenden Flügelhebern der übrigen Insekten entspricht. Während nun die Libellen eine mit einem gewissen hohen Grade der Vervollkommnung verknüpfte spezielle Entwicklungs- richtung einhalten, welche an sich und auch in palaeontologischer Hinsicht von Interesse ist, bahnt sich in der großen Stufenfolge der Organisationsverhältnisse bei der Mehrzahl der übrigen Insekten - von den Geradflüglern aus die Ausgestaltung des höchsten Typs der Flugwerkzeuge an, welcher bei den Hymenoptera und Diptera zur Vollendung kommt. Der morphologische Charakter dieser höchsten Typen liegt außer den vorgenannten Merkmalen in der Vorherrschaft des indirekt wirkenden Flügelsenkers. Als weitere Besonderheiten mögen genannt sein: hohe Massen- konzentration, große Flügelbespannung mit höchster Kraft, Frequenz und Amplitude des Flügelschlags, als deren Korrelat die geringe 128 absolute Flächengröße erscheint. Bei der Abnahme der absoluten Größenzahlen für Last und Flächeninhalt trifft im allgemeinen eine relativ geringere Flächenbelastung mit absoluter Gewichts- abnahme, d. h. Abnahme der Körpergröße zusammen, so daß also für die motorische Höchstleistung nicht etwa die Notwendigkeit des Ausgleichs einer erhöhten Belastung der Flächeneinheit, also verminderter Tragkraft der Fläche, geltend gemacht werden kann. In noch keineswegs geklärtem Zusammenhange mit allen diesen Faktoren und unter vorherrschender Beteiligung des distalen terminalen Flügelabschnittes ergibt sich im „Schwirrflug“ eine hohe Stufe der Propellerwirkung; die nur auf sehr äußerlichen Analogien beruhende, bisher fälschlich angewandte Bezeichnung als „Schrauben“flug muß als unwissenschaftlich verworfen werden. Der Typ ist daher sinngemäß als ,Schwirrflieger“ zu bezeichnen. Daß unter allen angedeuteten Verhältnissen die einheitliche morphologische Grundlage auch in Einzelheiten als der Ausdruck der überall gleichartig wirksamen Hauptbedingungen des Fluges überall wiederkehrt, und daß in den Abweichungen der Detail- konstruktion unschwer die spezifischen Besonderheiten des Flug- mechanismus sich verfolgen lassen, läßt sich — als Erweiterung und Vertiefung der bereits von Amans (1885) gegebenen ‘allgemeinen Übersicht — an einem bis in letzte Einzelheiten durchgeführten Vergleich des Flugapparates von Apis mit Gryllus zeigen. Auf diesen beziehen sich die beigegebenen Figuren mit einer meinen früheren Publikationen entsprechenden gleichlautenden Bezeichnungsart. Bei allen solchen Vergleichen ist eine strenge Beachtung der morphologischen Anforderungen an die topographische Ausgestaltung der Organisation gegenüber dem umgestaltenden Streben funktioneller Beanspruchung geboten. Eine allgemeine in der Längsrichtung des Körpers angestellte Betrachtung der Chitinbezirke des flügeltragenden Thorakalsegmentes und des Flügels, welche bei ausgebreitet ge- dachtem, horizontal vorgeführtem Flügel vorn beginnt und nach hinten fortschreitet, ergibt vier gesondert aufzufassende Bezirke: a) Das Kostalfeld /,, mit den zugehörigen vorderen Bezirken des tergalen und pleuralen thorakalen Stammteiles und des Gelenk- bereichs pha (phı), tı, te, 4ı, cg, ep, pls. b) Die Kinematische Linie der dem Konkavadersystem zuge- hörigen VIII-Ader, Subcubitus im Sinne Reprensachers, welche als der Ausdruck wichtiger funktioneller und kinematischer Vorgänge und Beziehungen überall mit größter Zähigkeit festgehalten wird 129 und welche nicht nur dem Flügel, sondern auch dem gesamten angeschlossenen Thorax ein festes Gepräge gibt. Dieser kinematischen Hauptzone der Flügelbewegung gehören spezielle Flügelgelenkteile db, do, th, eine ausgeprägte tergale Depressionszone ed und die Pleuralleiste /p, pk der thorakalen Seitenwand an. c) Das Analfeld fl, mit den zugehörigen hinteren Bezirken des tergalen und pleuralen Stammteiles des Thorax und des Gelenk- bereichs ¢(scutellum) mit dt], @s, 49, Pı, Po, Plo. d) Der Anallappen, Anallobus f/3, gelenklos mit schmalen, ihm angeschlossenen Zonen des hinteren Thorax verbunden, an sich ohne kinematische Besonderheiten; in einzelnen Fällen tritt der tergale Abschnitt durch eine besondere Ausprägung hervor. Der Gesamt- bezirk führt als thorakaler Hinterrandsbezirk in die Intersegmental- haut über, als deren bedeutsames tergales Teilstück allerdings das durch hervorragende kinematische Beziehungen ausgezeichnete hintere Phragma pho (phs) in oft mächtiger Entwicklung vorherrscht. Funktionell gehört es aber dem an das Analfeld fiz angeschlossenen hinteren Tergalbezirk an. II. In der Querrichtung des Körpers trifft man 6, begrifflich zunächst gesondert zu betrachtende Bezirke des Pitigapparates an. 1. Die pleuralen-pleurotergalen Stammbezirke der thorakalen Seitenwand, das Episternum p/,, die Pleuralleiste /p, das Epimeron plo. 2. Den pleurotergalen, nicht als Duplikatur auftretenden Gelenkbezirk der thorakalen Seitenwand, das Episternalgelenk ep, den Pleuralgelenkkopf pk, die vordere und hintere Epimeralgelenk- platte pi, Po. 3. Die Gelenkzone der Fligelduplikatur. Das Kostal- gelenk cg, das Mittelgelenkstück b, das Analgelenk ag. Die Gelenke _ treten demgemäß als Duplikaturen auf. 4. Die Flächenzone der Flügelduplikatur. Kostalfeld /,, das Gebiet der VIII-Ader, Analfeld /., Anallobus >. 5. Den tergalen, nicht als Duplikatur auftretenden Gelenk- bezirk der Rückenplatte, die isolierten Tergalgelenkplatten «@,, Mo, 43 vordere, mittlere, hintere. 6.Dentergalen Stammteil des Thorax mit seinem speziellen kinematisch begründeten Relief und seinen seitenrandständigen, kontinuierlich angeschlossenen Gelenkvorsprüngen; im einzelnen: Scutum Z,, Scutellum ¢, Praescutum ?, (vorderer Scutalhaken), Post- scutum tp, Tergalhebel th (hinterer Scutalhaken), der Vor nr ung der Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 130 seitlich-tergalen Depression bei dt,, des Scutellum (Scutellarfortsatz), der Vorsprung, auf welchen sich die hintere Tergalgelenkplatte a3 stützt, die Depressionszone bei dt, und in ed. Schließlich die beiden Phragmen phı(s) und pha (3). Daneben kommen noch weitere unter- geordnete Teilmechanismen in Betracht, denen wir hier nicht weiter nachgehen. Diesen Unterscheidungen läßt sich auch die Muskulatur in einer durch ihre Natur beschränkten Weise zuordnen. Das sind also zunächst theoretisch 24, im Bauplan des Skeletts gegebene Einzelfaktoren, von denen praktisch nur 20 in Betracht kommen. Dieselben haben als morphologisch begründete, prinzipielle funktionelle Grundelemente für den Aufbau eines Flugapparates der Insekten zu gelten, von deren Unterscheidung in jedem Einzelfalle zunächst ausgegangen werden muß. Unter den verschiedenartigsten Spezialfällen ist in jedem Einzelfall nachzuforschen, ob sämtliche Teilmechanismen vorhanden sind; sollte dies mehr oder weniger nicht der Fall sein, so liegt die Notwendigkeit vor, den einzelnen Teilausfall oder die Umänderung des jeweilig gegebenen Einzel- moments funktionell zu begründen. Die nachstehende Tabelle gibt eine Ühersicht über diese 20 (24) in Betracht zu ziehenden Einzel- faktoren der Flugerscheinungen, die motorischen (Gelenke) bzw. aerodynamischen (Flugfläche) Teilmechanismen, über deren Verhalten zueinander, über deren Aufeinanderfolge in der Gesamtheit des Flugbildes Rechenschaft abzulegen ist. II quer Mee res 2 : a | l e & fl bs y p 1 Pp (I a III) 1 1 phi (2) u. te b lp pk b Lae aa.) thera I lings $ —— t+dt, e ple pit pe ug fie = Se: on ‚tel tp mit d Intersegmentalhaut fis gelenklos pho(s) Tabelle für die kinematischen Grundelemente, die hauptsächlichen Teil- mechanismen in den Flugwerkzeugen der Insekten. Die unter Ia—c genannten Elemente sind die wichtigsten; sie ' müssen sich überall nachweisen lassen, bzw. wenn Vereinfachungen durch den Zusammenschluß einzelner Teilelemente vorliegen, prinzipiell 131 verfolgen und in ihrem veränderten Verhalten begründen lassen. Die an den Anallobus fi, angeschlossenen Elemente können mit Ausnahme des 6. (vgl. oben S. 129) vernachlässigt werden, da sie für das Wesen des Fluges nicht von Bedeutung sind und als Rest- bestände ehemaliger, am Thorax gelenklos ansetzender, aktiv nicht beweglicher Gleitflächen einen Hinweis darauf enthalten, welche Wege die phylogenetische Entwicklung gegangen sein mag. Gelangt man in solcher Weise zu einem Vergleich der Typen und Modelle untereinander, so haben dabei hinsichtlich des Chitin- skeletts folgende Gesichtspunkte zu gelten: Die morphologische Konstanz der Chitinteile ist unter veränderten funktionellen Bedingungen sehr gering. Man kann daher in kinematisch ver- änderten Bezirken eine Wiederkehr bestimmter Chitinteile an sich überhaupt und nach ihrer speziellen Form nicht ohne weiteres erwarten. Ein Beispiel dafür bietet der Flugapparat der Libellen. Dagegen zeigt es sich, daß bei homologen Funktionen in weit- gehendem Maße die Homologie der chitinösen Einzelelemente gewahrt bleibt, wenn auch nach Maßgabe der funktionellen Energie und Richtung derselben in der speziellen Ausmodellierung der Teile beträchtliche Abweichungen festgestellt werden müssen. Dies soll in folgendem gezeigt werden. Das Chitinskelett ist eben eine Folgeerscheinung unmittelbarer Muskelwirkung und mittelbar ihm durch solche übertragener kinematischer Beziehungen *); es muß daher nach diesen beurteilt werden. Dementsprechend - finden bei erhöhter Leistungsfähigkeit der Flugwerkzeuge folgende allgemeine Veränderungen im Exoskelett statt: Änderungen nach Maß- gabe der Konzentration des Schwerpunktes und der des motorischen Effektes; stärkere Chitinisierung im allgemeinen Aufbau des Thorax, insbesondere aber in solchen Bezirken, welche speziell in erhöhtem Maße mechanisch beansprucht sind. Im Endoskelett treten nach gleichen Bedingungen weitgehende innere Verwachsungen der Segmente, Ausbildung starker Leisten und Vorsprünge, besonders der Phragmen, ferner der dem Muskelansatz dienenden Chitinsehnen und der Ligamente auf. Die Muskulatur als bedingender Ausgangs- punkt solcher vergleichender Betrachtungen soll in vorliegendem Zusammenhange, welcher es mit den Endprozessen der Muskel- wirkung zu tun hat, vernachlässigt werden; sie gilt natürlich als gleichlautende Voraussetzung. 1) Vgl. die bereits von mir in den „Verhandlungen der Deutschen Zoolo- gischen Gesellschaft“ zu Basel 1911 1. c. aufgestellten Grundsätze. 9*r 132 Nun zeigt es sich, daß die allgemeinen funktionellen Vor- bedingungen bei den verschiedenen Typen gleichartig — wenn auch im einzelnen verändert — wiederkehren und daß dementsprechend auch die Bezirke des Flügels und die einzelnen Teile der Gelenk- konstruktion im allgemeinen übereinstimmen. Wir betrachten dies an einem Vergleich der Flugwerkzeuge der Typen, dem der Grille und dem der Biene. Spezieller Vergleich zweier Typen. [Typ I Gryllus domesticus (campestris) und Typ Il Apis mellifica.]} Der nachfolgende Vergleich ist allgemein gehalten; er bezieht sich durchaus auf die beigegebenen Abbildungen, welche bei der dem Vortrag nebenhergehenden Demonstration durch besondere schematische Darstellungen erläutert waren. Die Abbildungen stellen die bei Apis einerseits, bei Gryllus domesticus und campestris anderseits gegebenen Verhältnisse dar. Obwohl der Vergleich speziell von zwei flugfähigen Tieren handelt (Apis und Gryllus domesticus), so wurde die bildliche Darstellung des zerlegten Gelenkbezirkes der flugunfähigen Gryllus campestris (Fig. 2) gegeben, da dort die in natürlicher Färbung dunkel schwarzbraunen Gelenkteile ohne besondere Färbemittel scharf hervortreten und sich für die photo- graphische Aufnahme besser eignen, als die schwach gelblichbraunen von Gr. domesticus. Der Flugapparat ist zwar rückgebildet, was sich in der Reduktion der Phragmen und in veränderten Proportionen der einzelnen Teile zeigt. Die Veränderungen sind aber nur quantitative und geben, da sie die prinzipielle Grundlage nicht berühren, zu Bedenken für die Vergleichung keinen Anlaß. Bereits der Vergleich des Gesamtbildes der Typen läßt eine allgemeine Ähnlichkeit der beiden Flugapparate auffallen. Ins- besondere erscheint die Übereinstimmung der Gesamtkonfiguration bei einem Vergleich des Elytron der Grille mit dem Vorderflügel der Biene infolge der bei ersterem vorliegenden Rückbildungen bzw. Konzentration des Gelenks gesteigert (vgl. hierzu Voss 1904 l. c. Tafel XVI, Fig. 11 mit Srertwaac 1910 |. c. Tafel XX, Fig. 16). Unterschiede im Bau des Thorax ergeben sich nach den voran- gestellten Gesichtspunkten zwischen beiden Typen bei der Biene in der massigeren Entfaltung des Chitinskeletts als Begleiterscheinung der sehr erhöhten mechanischen Beanspruchung. Imsbesondere das scharf und federnd beweglich gegen den vorderen Teil der Rücken- platte, das Scutum ¢,, abgesetzte Scutellum, ¢, zeichnet sich mitsamt 133 dem enorm entfalteten hinteren Phragma ph, (vgl. mit ph, bei Gryllus) durch seine kräftige Entwicklung bei der Biene aus, und beide Teile sind stark gewölbt. Der ventrale und seitliche Thorax ist bei der Biene ein fest- verbundenes Ganze, während bei Grylius die freie Beweglichkeit intersegmentaler Verbindung tv vorherrscht (vgl. 1. c. 1912, S. 592). Die verschiedenen Gruppen der einzelnen Gelenkteile und Flügel- bezirke lassen sich nun leicht unter Benutzung der auf S. 130 gegebenen Tabelle nach den vorangestellten Grundsätzen in Überein- stimmung bringen. Folgendes mag ganz besonders hervorgehoben sein. Im tergalen Thorax ist der Gegensatz des auf das Kostal- gelenk a, cg bezüglichen skutalen Teiles ¢,, zu dem auf das Anal- gelenk a3 bzw. ag bezogenen skutellaren Teiles ¢ bei der Biene scharf ausgeprägt. Die bei Gryllus durch eine endotergale Leiste ed angedeutete und in der seitlichen Depressionszone zu dt, fort- seführte Unterscheidung ist bei Apis durch einen scharfen tergalen Einschnitt und eine seitliche, nur membranöse Trennungszone voll- endet. Dies erlaubt bei der Biene die in der Präparation (vgl. Abb. 4) durchgeführte Abtrennung beider Bezirke voneinander. Beide tergalen Bezirke wirken bei Gryllus zwar je für sich auf die angeschlossenen Bezirke des Flügels cg, fly bzw. ag, flo ein, nicht aber ohne Vermittlung des zwischengestellten Mittelgelenk- stückes b über a». Bei der Biene erfolgt die Übertragung der durch den tergalen Thorax gegebenen Funktionen von beiden Be- zirken (ft, und ¢) aus ausschließlich über den entsprechenden Teil, den Wurzelstift a,-+ b+ a,; dies bedeutet eine Konzentration der vergleichsweise enorm erhöhten motorischen Energie auf einen Punkt, von welchem aus sich die Einzelfunktionen wieder auf die beiden Flügelbezirke verteilen. Aus allem dem geht die hohe Bedeutung des Skutellar- mechanismus bei der Biene hervor, zumal demselben die gleich- zeitige Mitbewegung des ganzen Hinterflügels sekundär übertragen ist (vgl. die Flügelhaken bei der Biene). Der Skutellarfortsatz dt, verbindet sich bei der Biene an gleicher Stelle mit dem Wurzel- stift b, an welcher bei der Grille der entsprechende seitliche Fort- satz des Tergits mit der mittleren Tergalgelenkplatte «, zusammen- trifit (Ligament). Diese, die vordere Tergalgelenkplatte a,, nebst dem Mittelgelenkstück 5 bei der Grille sind gleichbedeutend, d. h. homolog dem Wurzelstift der Biene. Die Übereinstimmung zwischen beiden geht so weit, daß im Wurzelstift der Biene nicht nur die nach vorn angeschlossene, zum Kostalgelenk cg überleitende vordere 134 Tergalplatte a, der Grille wiederkehrt, sondern im Stiftfortsatz der Biene auch der zum Skutum (¢,) in charakteristischer Weise bezugnehmende seitliche Fortsatz von ad». Letzterer wird bei Gryllus von 3 tergalen Vorsprüngen umschlossen: Zwei derselben geben am vorderen bzw. hinteren Ende der mittleren Tergalgelenk- platte a, von unten her 2 Unterstützungspunkte ab, und zwar ruht die Platte hinten auf dem soeben besprochenen Skutellarfortsatz dt,, vorn auf einem präskutalen Vorsprung ft, (vorderer Skutal- haken der Biene), welcher als Endpunkt einer seitlich tergalen Vorderrandsdepression erscheint. Der dritte Vorsprung, der Tergal- hebel th (hinterer Skutalhaken der Biene), greift derart über den Fortsatz von «ds (Stiftfortsatz der Biene), daß sich die mittlere Tergalgelenkplatte a, mitsamt dem angeschlossenen Mittelgelenk- stück 6 bei einem Druck von oben in einer Art Schaukel- bewegung in ihren beiden Unterstützungspunkten ?, und dt, dreht und am Außenrande (Flügelhebung) gehoben wird. Bei der Biene erkennt man, daß das entsprechende Gelenk- stück, der Wurzelstift (b + a,, a2), wie er hinten auf dem Skutellar- fortsatz (dt,) ruht, vorn in ähnlicher und homologer Weise von den beiden Skutalhaken umgriffen wird, deren unterer vorderer ts, gleichfalls am Ende einer präskutalen Seitendepression, dem oberen th, dem Tergalhebel bei Gryllus, gegenübersteht. Dieser Mechanismus spielt sich in beiden Fällen innerhalb einer tergalen Gelenkbucht (tb, 1904. Gryllus !. c.) ab. Die Gesamterscheinung der verglichenen Bezirke beider Typen läßt bei der Biene zweierlei deutlich hervor- treten: Einmal die Konzentration des bei Gryllus auf eine lang- gestreckte tergale Seitenrandslinie verteilten Gelenkbezirks, sodann die Massenentwicklung des tergalen Thorax gegenüber diesem kon- zentrierten Flügelgelenk, in welcher sich leicht die Ansprüche der Energie und der Frequenz der Schlagwirkung veranschaulichen lassen. Ein zweiter wichtiger Gesichtspunkt bei der allgemeineren vergleichenden Beurteilung des Gelenkmechanismus beider Typen knüpft an die Flugflächen selbst mit ihren Gelenken an. In beiden Fällen, bei der Biene noch mehr als bei der Grille, wird die Be- wegung des Flügels von dem soeben betrachteten Mechanismus der Rückenplatte aus über das Mittelgelenkstück (Wurzelstift) > (mit angeschlossener mittlerer Tergalgelenkplatte a2) hinaus eingeleitet. Schon bei der Grille erfolgt durch geeignete Vorrichtungen die Übertragung der motorischen Energie auf diesem Wege zu einem großen Teile auf das Kostalgelenk cg des Kostalfeldes fl. In viel höherem Maße ist dies bei der Biene der Fall, bei welcher 135 der Antagonismus des Skutalmechanismus ¢, (Flügelhebung) mit dem Skutellarmechanismus ¢ (Flügelsenkung) in höchstem Maße auf das Kostalfeld übergeleitet wird. Unter diesem Gesichtspunkte ist die Vorherrschaft der Mechanik des Kostalfeldes ein gegenüber der Grille hervorragend ausgeprägter Charakterzug des Bienenflügels, welcher durch viele Einzelheiten erläutert werden könnte; folgende seien hervorgehoben: Neben der im Vergleich zum schmalen Analfeld fl, des Bienen- flügels distal sehr erheblichen Flächenentwicklung des Kostalfeldes flı (vgl. Fig. 3) tritt die Bedeutung desselben ganz besonders im Kostalgelenk selbst hervor. Dasselbe ist im Vergleich mit dem der Grille nicht nur räumlich sehr stark entwickelt und äußerst kräftig chitinisiert; entsprechend der bereits bei Gryllus gegebenen Zwei- teilung gemäß der vereinigten Kostalader I und Radialader I], sodann entsprechend der bei der Biene hervorragenderen Beteiligung der VII. Ader, des Kubitus, ist es zudem in zahlreiche, zum Teil kom- pliziert gebaute Teilstücke differenziert (vgl. Fig. 4). Alle diese Stücke aber sind dem Wurzelstift 5 angeschlossen, was durchaus dem Verhalten des Kostalgelenks cg zu dem Mittelgelenkstück 5 bei Gryllus entspricht. Ein weiterer charakteristischer Umstand im Bienengelenke gegenüber dem der Grille ist die nach hinten übergeneigte Schräglage des Wurzelstiftes und die damit zum Ausdruck kommende besondere Beziehung des Skutellarmechanismus zum Kostalgelenk, deren Einzelheiten Srernwaac geschildert hat. Eigentümlich ist hierbei die Tatsache, daß der hintere, d. h. ‘skutellare Tergalbezirk die sogleich zu besprechende kinematische Hauptlinie der VIII. Ader kreuzt, um seine Kraft nicht auf den ihm morphologisch angeschlossenen hinteren, sondern auf einen vorderen Gelenkbezirk zu übertragen. In dieser besonderen Kon- zentration der Energiewirkung nach vorn auf das Kostalgelenk liegt eben das charakteristische Merkmal der indirekten Flug- mechanik und der Unterschied des Typs derselben (Hymenopteren- typ) gegenüber den beiden anderen Typen (Orthopterentyp und Libellentyp); die beiden letzteren mit zahlreicher oder vorherrschender Beteiligung von sog. direkt wirkenden Flugmuskeln, d. h. außerdem von Flugmuskeln, welche auch am äußeren Hebelarm des Flügels angreifen, während bei der Biene die Gelenkmechanismen sich auf den inneren, kurzen Hebelarm konzentrieren. Es mag aber besonders betont werden, daß ein kräftiger direkt wirkender Flugmuskel (Fig. 4 bei ms,) an einem vorderen Teilstück des Kostalgelenkes cg angreift und hierdurch eine beträchtliche, noch nicht genügend (ee er in 136 eeklärte Mitwirkung direkter Flugmuskeln bei der Biene verrät. Dadurch wird die Schärfe des Unterschiedes zwischen direkter und indirekter Flugbewegung bei Insekten erheblich verwischt. | Die Bedeutung der bei der Grille so sehr vorherrschenden Analfeldmechanik fl, vermittels des bei beiden Typen homolog auf- tretenden Analgelenks ag ist bei der Biene auf eine mehr passive Rolle eingeschränkt. Dem Verbleib der in dieser Beziehung bei Gryllus im Zusammenhang mit kräftigen direkten Muskeln auf- tretenden epimeralen Gelenkplatten p, und ps soll hier nicht nach- gegangen werden, ebensowenig der Verwendung des mit ep im Episternalgelenk gegebenen Teilmechanismus. Es bleibt zum Schluß noch übrig, auf die Bedeutung jener kinematischen Trennungszone hinzuweisen, welche an die VIII. Ader, den Subkubitus anknüpft. Ihre Bedeutung ist im Anschluß an die S. 128f. gegebene Charakterisierung ohne weiteres gegeben. Sie ist die Zone, auf welche sich die genannten Einzelmechanismen be- ziehen, durch welche sie morphologisch getrennt und in welcher sie wiederum kinematisch vereinigt werden. Sie macht das Wesen des Gegensatzes der im Zweiflächensystem des großen „diedre“, der Schranke im Sinne Anrtsorss, zusammengetretenen ärodyna- mischen Grundfaktoren aus, aus deren mannigfaltigster Kombination, sei es im Einflächenpaar oder im Zweiflächenpaar, sich die ver- schiedenen zahlreichen Modelle und Typen des Insektenflügels ergeben. Infolgedessen kehrt sie überall konstant wieder, wie ein Vergleich der Fig. 2 mit 4 zeigt. Insbesondere bei Gryllus ist ihre funktionelle Bedeutung in der kräftigen Ausbildung der Pleural- leiste Jp mit dem Pleuralgelenkkopf pk dargestellt, dem die sehr erhebliche Chitinisierung des artikulierenden Mittelgelenkstiicks b entspricht. Bei der Biene geht dieser Bezirk ganz im endoskeletal versteiften, gewölbten oberen Grenzrand der thorakalen Seitenwand auf; er wurde in der Fig. 4 nicht besonders dargestellt. Aus allen diesen Einzelheiten lassen sich nunmehr die verschiedenartigen Teilfunktionen nach Stärke und Richtung ableiten. Das kann an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. Es mag aber foloendes betont sein: Bei der Grille ist im antagonistischen System des Tergalhebels th in seiner Bezugnahme auf die mittlere Gelenkzone (a,, b, pk) d.h. also im Skutalmechanismus ein vertikal wirkender, auf beide Flügel- bezirke ff, und ff, annähernd gleichmäßig verteilter Bewegungs- faktor gegeben, welcher durch die Mitwirkung direkter Flugmuskeln verstärkt bzw. ergänzt wird; im Analfeld /, sind solche die 137 direkten Flügelsenker /ldum, (pm,), pm,/, im Kostalfeld direkte Vorzieher /Idvm,, ‚a, 3/ des Flügels, letztere mit gewisser Be- ziehung zur Torsion des Flügels. Bei der Biene bedeutet die Funktionseinheit des Skutalmecha- nismus einen Bewegungsfaktor auf das Kostalgelenk von oben und vorn her, bedeutet die Funktionseinheit des Skutellarmechanismus einen Bewegungsfaktor von unten und hinten her. Gegenüber der Grille mit ihrer vertikalen Tendenz in den Hauptfaktoren des Flügelschlages ergibt sich hieraus eine mehr horizontal gerichtete Gelenkverschiebung bei der Biene mit besonderer Übertragung eben auf das Kostalgelenk cg. Mit der spezifischen Schräglage des Wurzelstiftes (b-+-a.-+a,) kommt es dann auf Grund eines ver- einfachten Gesamtmechanismus zu jener ausgeprägten Pronation und Supination des Kostalfeldes bei der Biene, welche im tordierten Flügel- schlag die vom Gesamtflugbild bekannte8-Figur zur Anschauung bringt. Es erhellt aus diesen Ableitungen die Art, in welcher die gegebenen Teilmechanismen des Flügelschlags in vereinfachte, aber deswegen nicht weniger stereotype und feste Bahnverhältnisse gelenkt werden, wie sie den erhöhten Ansprüchen der Funktion nach Frequenz, Amplitude und Kraft des Flügelschlages genügen. Daß selbst das dem Gelenkbezirk der Grille vorgelagerte Hautpolster Ap in der Tegula der Biene wiederkehrt, mag der Vollständigkeit halber erwähnt sein. Vorstehende Ausführungen, welche keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller Einzelheiten und Beziehungen machen, müßten auf dem Wege der speziellen Vergleichung näher ausgeführt werden. Eine derart gegebene Erläuterung und Begründung der Vorgänge muß einer Analyse der Einzelmechanismen anheimgestellt bleiben, die ich mir für die Biene und Libelle vorbehalte. Die Flugtypen der Insekten. Die nachfolgende Zusammenstellung (vgl. auch 1. c. 1904/05 Teil IV, S. 731) soll ein provisorisches Schema dafür abgeben, in welcher Weise sich die Flugwerkzeuge der Insekten nach den er- örterten Gesichtspunkten schon heute etwa unterscheiden lassen. Die Tabelle gibt keine phylogenetische Anordnung. Die nachfolgenden Flugtypen und Modelle haben mit dem sog. Flugbilde, dem Habitus der Flugbewegung nichts zu tun; solche einzelnen Flugformen können innerhalb der verschiedenen Typen selbständig anknüpfen. A. Flügellosigkeit: a) primäre, b) sekundäre. B. Flugfähigkeit: Schwingenflug (Zooptere). 138 Urtyp des Flügels, hypothetisch. I. Orthopterentyp, Typus der Geradflügler (vgl. S. 126), Kombination der Kostalfeldmechanik mit der Analfeld- mechanik. Niederer Typ. | Vielheit der Einzelmechanismen, direkte und indirekte Flugmuskeln in gleichwertiger Beteiligung. Vorherrschende Entwicklung des Analfeldes im Hinter- flüge, bzw. des Hinterflügels selbst gegenüber dem Vorderflügel. Flügelpaare mehr oder weniger kinematisch und anatomisch vereinigt. Flatterflug: Geringere Schlagfrequenzen. Mehr oder weniger Gleitflieger mit Motor; sog. „Motor-Gleitflieger“. Modelle: 1. Modellgruppe: Orthoptera genuina, Plecoptera, Embidarıa, Corrodentia. Besonderheiten: Zirpflügel. Bei diesem Modell dürften die aerodynamischen und motorischen Verhältnisse im Bau der Fläche, Amplitude, Frequenz, Kraft, mechanische Beanspruchung des Gelenks, Durchsichtigkeit der Teilmechanismen, Gewicht u. a. für die technische Nachbildung noch am günstigsten liegen. 2. Modellgruppe: Dermaptera (vgl. Coleoptera und Strepsiptera). 3. Modellgruppe: Vorderflügel mehr oder weniger deckenartig. Rhynchota (Hemiptera, Homoptera). Coleoptera (sog. „Doppeldecker, Drachenflieger“). Besonderheiten: Intraalare Charniergelenke, Flug der Cetonia mit in Ruhelage zusammengelegten Deckflügeln. Trichopterygidae, Anklang an die sog. „Haarflieger“ (vgl. IV. Haupttypus Dmerers) bei Pflanzen. — Charakteri- sieren die „Schwebefauna der Luft“. Anhang: Strepsiptera. Vgl. auch Forficulidae. 4. Modellgruppe: | Neuroptera a), Ephemeroidea (z. T. Schwebefallflug). | Trichoptera, Schwebefallflug bei den Leptoceridae. Fliigelhaken, Clavus. Ubergang zum Typ III. 139 b) Rhynchota (Phytophthires). Ganz provisorisch. Innere Anatomie?! c) Anhang: Thysanoptera (vgl. mit den Trichoptery- gidae und Pterophoridae) charakterisieren die „Schwebefauna der Luft“; vgl. den Haupttypus IV pflanzlicher Haarflieger Dmevers. II. Odonatentyp, Typus der Libellen (vgl. S. 127). | Flügeltyp der Adervermehrung (by addition Comstock). Rücktritt der Analfeldfunktion in der Flügelfläche, nicht im Gelenk. Besondere Umgestaltungen im Gelenkbezirk, Vor- herrschen direkt wirkender Flugmuskeln. Flügelpaare: getrennt wirksam. Flatterflug: geringe Schlagfrequenzen. Doppelflatterflieger, sog. Doppel,,schrauben“flieger, (der Begriff „Schraube“ ist unstatthaft). Besonderheiten: Rüttelflug (Flatterschweben). Ill. Hymenopterentyp, Typus der Hautfliigler (vgl.S. 127). Fliigeltyp der Aderverminderung (by reduction Comstock). Riickbildung des Analfeldes oder des Hinterfliigels in der Fläche und im Gelenk; Kostalfeldmechanik! Vorherrschen der indirekten Flugmuskeln, mit be- trächtlicher Nebenwirkung direkter Flugmuskeln. Beide Flügelpaare als kinematische Einheit, oder Fehlen des hinteren Flügelpaares. Schwirrflug: hohe Schlagfrequenzen. Schwirrflieger, sog. einfacher „Schrauben“flieger (die Bezeichnung Schraube muß vermieden werden). Modelle: — . Modeligruppe: Lepidoptera: Frequenz größer oder geringer. Discoidal- zelle. Frenulum (Haftborste) oder Jugum. Wechselnde Flugformen. a) Pieridae, (Geometridae?) u. a. Niedere Stufe: Flatter- flug, geringe Frequenzen. b) Papihonidae u.a. Ausgeprägte Fähigkeit zum Schwebe- flug. c) Sphingidae u. a. Schwirrflug, steigende Frequenzen, Hinterfliigel! —- Schwirrschweben, Riittelflug bei Sphingidae, Noctuidae u. a. 140 Besonderheiten: Pterophoridae, Analogie zu den Haarfliegern der vorigen Gruppen, aber wohl kaum im aerodynamischen Sinne. Schwebefallflug bei Langhornmotten (Adela, Nemo- phora, Nemotois). 2. Modellgruppe: Hymenoptera: Steigende bis hohe Frequenzen, Flügel- haken, Flugform einheitlich: Schwirrflug. Vgl. den Rüttelflug (Schwirrschweben) einzelner Formen. 3. Modellgruppe: Diptera: Höchste Frequenzen, Tragflächen nur Vorder- flügel, Halteren-Steuerung. Einheitliche Flugform: Schwirrflug. Vgl. den Rüttelflug (Schwirrschweben) bei Bombylius, Syrphidae, Chironomidae u.a. (Schwebe- fallflug?). Figur 1. Gryllus domesticus. Chitinskelett in der ventralen und dorsalen Medianlinie aufgeschnitten und ausgebreitet, linke Körperseite vom Metathorax bis zum 4. Hinterleibssegment. Der Gelenkbezirk in situ, der Flügel ist abgetrennt derart, daß seine basalen Gelenkteile eq Kostalgelenk, b Mittelgelenkstiick, ag Analgelenk erhalten blieben. Das Phragma ph, wurde eingezeichnet. Das Präparat ist künstlich gefärbt, infolgedessen die Einzelheiten scharf . hervortreten; vgl. hierzu Voß, 1904/05, 1. c. Tafel XV, Fig. 2, 3 u. 6. Figur 2. Gryllus campestris. Der Flügel mit seinenGelenken und mit denGelenkbezirken des Tergits und der thorakalen Seitenwand in seine Teilstücke zerlegt. Die Teile sind in solcher Weise angeordnet, daß die natürlichen Lagebeziehungen der Teile an- gedeutet sind; vgl. die Erklärung der Zeichen auf S.128f. Die Phragmen sind rückgebildet; die Lage des fehlenden Metaphragma ph, (vgl. domesticus in voriger Figur) ist angedeutet; vgl. hierzu Voß, 1. c. 1904/05, Tafel XV, Fig. 3-9, Tafel XVI, Fig. 10 und Voß, 1. c. 1912, Tafel XXVII und Tafel XXIX, Fig. 47 u. 48. Über die Linien vgl. Fig. 4. 2S eae = B : = 5 De Figur 3. Apis mellifica. Vorder- und Hinterflügel mit seinen Gelenkenin situ, vgl. hierzu Stellwaag 1910, 1. c. Tafel XX, Fig. 22 u. 24. Der Wurzelstift a,+b-+-a, ist im Vorderflügel nur durch sein Teilstück a, vertreten. 142 Die Begründung und nähere Ausführung dieses Schemas ist die Aufgabe zahlreicher Einzelarbeiten, welche die Zukunft zu liefern haben wird. Es ist hiermit die besondere Aufgabe gestellt, einen Ausbau des Gebietes nach der physiologischen Richtung hin anzu- streben und die genannten Typen und Modelle in ihren aero- dynamischen Beziehungen zu klären und zu fixieren. Auf diesen Wegen können die Möglichkeiten nachgeprüft werden, welche in dem Formenreichtum der Insektenflugwerkzeuge verborgen ruhen, und es würden Lehren erhalten werden, welche der Technik zur Verbesserung ihrer Einrichtungen oder als Ver- anlassung zur Nachbildung tierischer Flugapparate nahegelegt werden können. Figur 4. Apis mellifica. Der Flügel mit seinen Gelenken und mit den Gelenkbezirken des Tergits und der thorakalen Seitenwand, zerlegt; vgl. mit Fig. 2. Die einzelnen Teilstücke sind in solcher Art geordnet, daß die natürlichen Lagebeziehungen der Teile ge- wahrt blieben. Die mittlere einfache Strichlinie VIII deutet wie in Fig. 2 die kinematische Hauptzone an, die übrigen Linien verbinden die Teile der Kostalgelenkzone bzw. der Anal- gelenkzone je für sich untereinander, über das Mittelgelenkstück 5 hinweg. Die Zeichen entsprechen denen bei Gryllus, vgl. Fig. 2 u. S. 128f. Das mächtig entwickelte Mesophragma ph, ist nur an seinem lateralen Endteil sichtbar und kann im übrigen bei Stellwaag, l. c. 1910, Tafel XX, Fig. 12 verglichen werden. Im übrigen vgl. ebendort die Fig. 12, 13, 16, 17, 18 u. 24 auf Tafel XX. Der am Gelenkstück unmittelbar ansetzende Teil der Sehne ms, wurde etwas nachgezeichnet, da er im Präparat sehr blaß gefärbt ist. 143 Prof. Wırsermı (Berlin): Instrumentarium zur Entnahme biologischer Wasserproben, Planktonpumpen usw. (Demonstration.) Vierte Sitzung. Nachmittags 3—4'/, Uhr. Prof. H. Lonmann (Hamburg): Über Coccolithophoriden. Zwei Erscheinungen sind es, die mich veranlassen, hier die Coccolithophoriden eingehender zu besprechen. Einmal stellt sich mit dem Fortgange der Untersuchungen immer mehr und mehr heraus, daß diese kleinen Flagellaten im Meere eine dominierende Rolle unter den produzierenden Organismen einnehmen. Im Plankton der Tropen machen sie die Hälfte aller Pflanzen aus und auch in den kühlen Meeresgebieten beläuft sich ihre Zahl noch immer auf ein Fünftel aller Produzenten. Nahm man ferner früher an, daß sie im polaren Wasser gänzlich fehlten, so hat vor einiger Zeit Ostenrerpt) nachgewiesen, daß eine Pontosphaera noch im kalten Ostgrönlandstrome zwischen 73 und 76 Grad nördlicher Breite in großer Menge lebend vorkommt. Ihre Häufigkeit ist ferner in der Flachsee gerade des kühlen Gebietes zuweilen eine ganz enorme. So fand ich selbst am Ausgange des Kieler Hafens in jedem Kubikzentimeter Wasser nicht weniger als 77 Zellen, und Gran?) konnte im Fjord von Christiania im Sommer 1911 sogar 5000 Zellen in der gleichen Wassermasse oder fünf Individuen in jedem Kubikmillimeter nachweisen. Das sind Zahlen, wie sie größer auch nur in ganz seltenen Fällen für die Diatomeen ge- funden werden. Beriicksichtigt man ferner, daß diese kleinen Organismen ihrer leichtlöslichen Kalkskelette wegen eine außer- ordentlich günstige Nahrung für viele Planktontiere bilden und der weitaus größte Teil der biogenen Meeressedimente aus ihren Skeletten sich aufbaut, so erhellt zur Genüge die außerordentlich 1) Marine Plankton from the East-Greenland Sea, 1 List of Diatoms and Flagellates by ©. H. OSTENFELD, Danmark-Expeditionen til Grgnlands Nordostkyst 1906—1908, B. III Nr. 11 p. 284/85. 1910. ®) In: J. Murray and Joh. Hjort, The Depths of the Ocean, 1912. 144 wichtige Rolle, welche die Coccolithophoriden im Haushalte des Meeres spielen. Hierzu kommt aber als weiterer Grund, daß die Coccolitho- phoriden systematisch dadurch eine sehr merkwürdige Stellung ein- nehmen, daß unter ihnen sowohl Formen vorkommen, die nur eine Figur 1. Coccolithophoriden mit 1 Geißel. 1. Pontosphaera huzleyi, junges Individuum, dessen Coceolithen noch unmittelbar der Zellmembran aufliegen; der Unterfläche der Discolithen (c) liegen je 2 stark lichtbrechende Körper an. (2000 mal.) — 2. Pontosphaera haeckeli, Schale im optischen Schnitt, aus becherförmigen Discolithen gebildet, ch Chromatophoren, k Kern, ik stark lichtbrechende, den Chromatophoren angelagerte Körper. (2000 mal.) — 3. Pontosphaera inermis, Individuum mit alter und neuer Schale, die Geißel durchsetzt beide Schalen (s’ und s‘‘). (2000 mal.) — 4. Coccolithophora wallichi, eiförmiges Individuum mit weiter Schalenmündung, die großen Trehmalithen sind in Spirallinien angeordnet. (2000 mal.) Geißel, wie andere Formen, welche zwei Geißeln besitzen. Nun hat aber Sexnv den Grundsatz aufgestellt, daß die verschiedenen Familien der Flagellaten sich nach der Zahl ihrer Geißeln konstant unterscheiden, und so meinen denn auch Harrmann und SchüssLer ’) 1) Handwörterbuch d. Naturwissenschaften, herausgegeben v. KORSCHELT, LINCK, OLTMANNS u. a. Liefg. 41 u. 42, Flagellata, p. 1179—1226. 145 in der neuesten Bearbeitung der Flagellaten im Handwörterbuch der Naturwissenschaften, daß die Familie der Coccolithophoriden keine phylogenetisch einheitliche Gruppe, sondern nur eine durch Anpassung an die gleichen Existenzbedingungen aus verschiedenen Ursprüngen gebildete biologische Gruppe wäre. Man würde daher, ihrer Ansicht nach, wissenschaftlich am richtigsten ver- fahren, wenn man die Familie der Cocco- lithophoriden nach der Anzahl ihrer Geißeln in zwei Gruppen teilte. Diese Ansicht ist nach meinen Beobachtungen völlig unhaltbar, weil eine genaue Unter- suchung des Aufbaus der Kalkschale auf das Unzweideutigste zeigt, daß die Familie sich zwar aus zwei natürlichen Unter- familien zusammensetzt, diese aber völlig unabhängig von der Anzahl der Geibeln sich abgrenzen; nur in der einen Familie, die wir so dem Skelett nach unterscheiden müssen, finden sich einige wenige Arten, die von allen übrigen Coccolithophoriden dadurch abweichen, daß sie statt nur einer Geißel zwei gleich lange Geißeln, die von derselben Stelle des Zellkörpers entspringen, besitzen. Um die Manniefaltigkeit der Organi- sationsverhältnisse und die große Zahl interessanter Probleme, sowie endlich die Gestaltung eines natürlichen Systems der Coccolithophoriden Ihnen zu zeigen, will ich mich im folgenden im wesentlichen beschränken auf einzelne eigentümlich ge- formte Arten, deren Schale mit besonderen Schwebeapparaten versehen sind. Sehr bemerkenswerter Weise machen im Ozean diese hoch organisierten Formen kaum 4% a & 9” sa ee De EEE ee | Sa Figur 2. Discolithen und Trehma- lithen, schematisch, um die wesentlichsten Umbildungen beiderFormen zu demonstrieren. a—f Discolithen, a’—e’ Trehma- lithen. a Discolith von Ponto- sphaera hualeyi, b von Ponto- sphaera syracusana, c von Scypho- sphaera apsteini, d von Thoro- sphaera elegans, e von Syraco- sphaera pulchra, f Discolith von Pontosphaera huxleyi von der Fläche gesehen. — a‘ Trehmalith von Umbilicosphaera mirabilis, b‘ von Coccolithophora pelagica, ce’ von Coccolithophora fragilis, ad’ von Rhabdosphaera claviger, e‘ von Discosphaera tubifer. der Volksstärke aller Coccolithophoriden aus, die man fängt, während die einfach gestalteten Arten, denen alle besonderen Schwebeapparate fehlen, fast 3/4 der Gesamtzahl stellen. Im Kampfe ums Dasein sind also diese einfachen Formen jenen komplizierten Formen gegen- Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. über durchaus im Vorteil; sie beherrschen die Flora des Meeres, 10 146 während die anderen mit ihrer schwachen Volksstärke nur als seltene Arten erscheinen. In Fig. 1 sind zunächst unter 2 und 4 Pontosphaera haeckeli (mit Discolithen) und Coccolithophora wallichı (mit Trehmalithen) abgebildet. Sie sehen eine kugelige resp. eiförmige Zelle, in der zwei Chromatophoren liegen. Jedem dieser diatomin-farbenen Chro- matophoren liegt je ein Öltropfen an; zwischen den Chromatophoren liegt der Kern, und am vorderen Ende der Zelle entspringt die faden- förmige Geifel. Der Durchmesser der Zelle beträgt 13 resp. 20 u. Auf der Oberfläche von | (Pontosphaera huxleyi) sehen Sie ferner die kleinen elliptischen Coccolithen. Dieselben haben die Gestalt einer einfachen Kalkscheibe, deren Rand aber wulstig verdickt ist. Ich werde sie Diskolithe nennen. Demgegenüber zeigt Ihnen Cocco- lithophora wallichi (4) grobe, ovale, von einer weiten, unregelmäß gestalteten Pore durchbohrte Coccolithen, die mit ihren verdünnten Rändern sich gegenseitig dachziegelartig oder nach Art von Schuppen decken. Wenn Sie einen idealen Querschnitt, wie er in Fig. 2 unter b dargestellt ist, betrachten, so sehen Sie, daß diese Coccolithen einen viel komplizierteren Bau be- sitzen, als die vorher besprochenen Diskolithen. Das Element dieser Form bildet ein kurzes Röhren- stück, das an den beiden Enden je eine Kalkplatte aufgesetzt trägt, die nach dem Rande zu sich stark ee, erdünnt. Diese zweite Form der Coccolithophora leptopora. Zellenach Coccolithen soll Trehmalithen a eng, genannt werden nach dem griech Kugeln, die den Chromatophoren anliegen, schen Worte TOT UA, das Loch. Die seem, ie Br Fasma Zelle, welche derartige Schalen ausbildet, ist ebenso gebaut, wie die der Pontosphären. Fig. 3, welche eine Zelle von Coccolitho- phora leptopora nach Auflösung der Schale darstellt, zeigt, dab die Neubildung der Trehmalithen im Innern der Zelle vor sich geht, während die Discolithen stets an der Oberfläche der Zelle gebildet zu werden scheinen. Wenn ich nun zuerst diejenigen Arten bespreche, welche durchbohrte Coccolithen bilden, so mag Ihnen zunächst Fig. 4 die Schale der eben besprochenen C. leptopora vorführen in den ver- 147 schiedenen Formen, in denen ich sie auf der Fahrt durch den Ozean beobachtete. Die Umbildung der Trehmalithen zu Schweb- apparaten erfolgt in der Weise, daß das Roéhrenstiick sich zu einer langen stab- oder keulenförmigen Bildung auszieht. Während die Basalscheibe, mit der der Coccolith auf der Schalenmembran fest- sitzt, wohl erhalten bleibt, geht bei allen in Fig. 5 abgebildeten Formen (thabdosphaera) die distale Kalkscheibe vollständig verloren. Bei Rh. stylifer sind die so entstehenden Fortsätze einfach stab- formig, bei Rh. claviger sind sie keulenférmig und bei Lh. hispida WV, 2 ML! HH UL Gta eS ag iG Figur 4. Coccolithophora leplopora. 1. aI—alIV. Kette von 4 kleinen Zellen in der typischen Weise gelagert, wie sie in den Zentrifugenfängen gefunden wurden, 15 u Durchmesser, Brasilstrom. — 2. Große kugelige Einzelzelle von 24 » Durchmesser aus demselben Stromgebiet. — 3. Un- regelmäßig eiförmige Zelle von 18 » Durchmesser, rings geschlossene Schale. Brasilstrom. kurz fingerförmig. Bei allen drei Formen bedecken sie die ganze Oberfläche der Schale. Am stärksten entwickelt ist die Umbildung der Trehmalithen zu; Schwebfortsätzen bei Discosphaera tubifer (Fig. 6). Hier über- trifft bei den längsten Fortsätzen das Röhrenstück ganz erheblich den Durchmesser der Schale, und am distalen Ende ist die Kalk- scheibe zu einem trompetenförmigen Aufsatze umgebildet. Die Fortsätze stehen ferner so dicht, daß die Endscheiben sich gegen- seitig berühren und die Schale, die unter diesen Fortsätzen ver- borgen ist, fast völlig verdecken. Es wird also die Zelle durch 10* 148 diese Schwebfortsätze nicht nur in den Stand gesetzt, sich viel leichter als andere Arten im Wasser schwebend zu erhalten, sondern zugleich werden ihre Chromatophoren auf das Wirksamste gegen zu intensive Besonnung geschützt. Sehr auffällig erscheint, dab die Schwebfortsätze nicht alle von gleicher Länge sind, sondern C Figur 5. a. Rhabdosphaera stylifer Lohm. (Mittelmeer, Schalendurchmesser 8 p). — 6. Rhabdo- sphaera claviger Murray (Atlantischer Ozean, Schalendurchmesser 10 p). — c. Rhabdo- sphaera hispida n. sp. (6. Juni, 0—50 m, Schalendurchmesser 12 p). an zwei einander gegeniiberliegenden Punkten der Schale alle iibrigen Coccolithen an Linge iibertreffen. Betrachtet man einen optischen Querschnitt (c), so erkennt man, daß an dem einen Pole der Schale drei abnorm lange Fortsätze, am gegenüberliegenden Figur 6. Discosphaera tubifer Murr. a. Bl. a. Seitenansicht einer Schale, rechts oben Pol mit 3 langen Fortsätzen, links unten Pol mit 2 etwas kürzeren, aber doch die übrigen Fortsatze ‘ deutlich überragenden Anhängen. 6. Einzelner Rhabdolith im optischen Längsschnitt und ohne Basalplatte. Mittelmeer bei Syrakus. c. Schnitt durch eine Schale, der durch den Äquator gelegt ist; Schalendurchmesser 7 p, längste Rhabdolithen 7 p, kürzeste 4 u lang. Pole aber nur zwei große Fortsätze stehen; im ganzen sind drei- zehn Coccolithen auf einen solchen Schnitt verteilt und streng symmetrisch so angeordnet, daß sechs Paar rechts und links von einer Linie stehen, die durch die Längsachse des unpaaren langen Coccolithen gelegt wird. Wir haben demnach eine bilaterale An- tet! A N A Bin ‘(qe ng) vapuniyvs ‘TT UZ syyooI UO.MSLT we1eqo Z otp pun (04 ‘az ‘ve yoryuasıe ‘¢ ‘qe ve) vorgowwhsy ‘yy nz S}YOOI USINSTLT WoleyuN loIp oIp ‘suapuards “pr nz u91gy93 (G7 'n VT Youyuesto ‘a5 m v7) syum Wetnsrq Uepleq eIq "4249893 YosTry SUNUQIIEZ Lop une wasunuyorezequeansty arp PpuUIS yorpjusyeasaaA (1 " GI—G@*, OTOYUOTLYOS !PALM yoprqes UETITTO000/) wszyoor\s08 top SNe TOP ‘TeIspung Ioulszule qe 'z ur OTA WaSUNUYOIEZeg OSYSUOS ‘MEqYI[09009 "0900 ‘aeg “yos 'wwselg 7d :ueslez nz e[]07 ap Wn ‘MeYIOIGLe vpVyog ‘e[[ez Leute Iy9Isue “Ua}T9S VE (BJOLL m 0c—o “Sony 'cı) "ds u vDorpunıy10J/ vısapsjanyaım *g — “a FI—6 OSur[uofegds {Ist JPPIrq93 UOLNITO990Q uogo4je4sedum TaMZ SN¥ Lop ‘[yeLIspun Aoufozurs og ‘Tyeagspunm T anu FLUL VTVYOS 9479919599 Qe “PUIS J1adeJosjne usyyI[00009 eIp Jep UEeIqWEWUI[BUIS “uqu "wneipyoyusjeyos 'y “usrdory]o 'Q "us1oydoyewoayg "yo fuestez nz (2) eT19Z Ip un ‘usyoorq19 Sfeyads :-usjyergspunn ¢ pun oTeyag LISI[ISNY Aw o]I9Z vs “(eJorL W og “Sny ‘1z) ‘ds u DIIAJIWWASY DISAVS)ADYII °*% — ‘d ZI esuyluereyog fuesiez nz USYNTO9909 uaJoye4sasum STYLVUOpSTyOsSIeA pun Ud}Yloles LepuURuloUR F SHY JunzIasuamures nz Uessep um ‘[YVlyspun]_{ Leujezute qr ‘a[VYOS IOULS JOISURUEYIES VT ‘(mo “Sny 'cz) ‘ds u SudpUus ds DISAYS)aDYIIAT "I ‘(2 mar DS. A MA MAAT OWN ZT GP 150 ordnung: der unpaare Coccolith bezeichnet die Dorsalfläche, ihm gegenüber liegt die Ventralfläche. Auch hier finden sich, wie bei Lhabdosphaera, die Schwebcoccolithen über die ganze Oberfläche der Schale verteilt, und alle Coccolithen haben die gleiche Um- bildung erfahren. Anders geartete und anders verteilte Schwebe- apparate, die durch Umbildung der Coccolithen entstanden wären, sind bisher bei den Coccolithophoriden mit Trehmalithen überhaupt nicht beobachtet worden. Diese Unterfamilie, die ich nach der Hauptgattung „Coccolithophorinen“ genannt habe, ist also in dieser Beziehung sehr einförmig entwickelt. Ganz anders verhalten sich die „Syracosphaerinen“, deren Coceolithen undurchbohrte Diskolithen bilden. Hier haben sich die verschiedensten Wege gefunden, um die Schale durch die Cocco- lithenausbildung immer mehr schwebfähig zu machen. Auch hier gibt Ihnen zunächst Fig. 1 auf Seite 144 in 1 und 3 das Bild von Coccolithophoriden mit Diskolithen, denen jede Schwebanpassung fehlt und die einfache Scheiben darstellen. Vielleicht die schönste und komplizierteste Anpassung sehen Sie in den umstehend abgebildeten Arten, die der Gattung Michaelsarsia (Fig. 7) angehören. Bei M. asymmetrica ist die Schalenmündung von einem schräg aufwärtsstehenden Saume von Diskolithen umgeben, der an der einen Seite drei ganz merkwürdig umgebildete Coccolithen trägt, die weit über den Mündungsrand hinausragen. Diese Coccolithen sind nämlich distalwärts zu einer langen starren Kalkborste ausgezogen, die als Schwebapparat dient. Bei den beiden anderen Formen (falklandica und splendens) finden sich derartige Schwebborsten auf dem ganzen Mündungsrand gleich- mäßig verteilt; während aber jede einzelne Schwebborste bei der vorigen Art von nur einem einzigen Coccolithen gebildet wurde, nehmen hier an der Zusammensetzung eines Strahles nicht weniger als drei Coccolithen teil. Dem Mündungsrande zunächst bildet bei splendens den Basalteil der Schwebborste ein kleiner, aber im übrigen normal gebauter Coccolith (ce). Ihm schließt sich distal- warts ein zweiter Coccolith an, der aber zu einem langen Bande ausgezogen ist und den Hauptbestandteil der ganzen Borste aus- macht. Ihm aufgesetzt ist schließlich ein dritter Coccolith, der die Form einer spitz auslaufenden Nadel hat. Diese verschiedenen Coccolithen sind gegeneinander in einem stumpfen Winkel geneigt, so dab die ganze Borste mehrfach geknickt erscheint. Den Michaelsarsien reiht sich eine merkwürdige Form an, die in Fig. 8 abgebildet ist. Die Zelle selbst ist eigentümlich kegel- 151 förmig gestaltet und die Schale hebt sich nicht vom Zelleibe ab, sondern ist als Verdickung der Zellhaut selbst ausgebildet. Im Zelleibe* liegen vorn, nahe dem abgestutzten Ende zwei diato- minfarbene Chromatophoren. Hier findet sich ferner eine N Schalenmündung, die von | einem Kranze von Schweb- borsten umstellt wird. Diese A Borsten haben dieselbe Zu- sammensetzung wie bei Michael sarsia, und vor allem stimmt die Gestalt des Basal- gliedes, das dem Mundsaume eingefügt ist, vollständig mit einem Diskolithen überein; Halopappus vahseli Lohm. (5. August, 0 m). im übrigen aber ist auf der 1. Seitenansicht der Zelle, 2. einzelner Mundstrahl. ganzen Schale nichts Von 5,” pasatstück, mo. Mittelstück, eg. Endstück des Coccolithen ZU. entdecken. Mundstrahles; jedes Stück entspricht einem Cocco- Wir müssen also annehm en, lithen des as, et Zelle daß bei dieser Form (Halo- pappus vahseli) die Coccolithenstruktur der Schale gänzlich verloren- gegangen ist und sich nur noch in den Schwebborsten erhalten Figur 8. Figur 9. Ophiaster hydroideus (= Meringosphaera hydroidea Lohm. 1903 = Ophiaster formosus Gran 1911). Zelle mit abstehender kugeliger Schale (sch), die Verdickungen erkennen läßt (Cocco- lithen nach Gran’s Untersuchungen) und am vorderen Pole 7 starre, unbewegliche, aber wellige und aus einer Reihe von knotenartigen Verdickungen gebildete, fadenförmige Fort- sätze (str) trägt, die nach Gran gleichfalls aus Kalk bestehen. Wahrscheinlich entspricht daher jeder Knoten einem Coccolithen. Die Zelle (z) maß nur 3!/, ». im Durchmesser, während die Fortsätze ca. 13 » lang waren. Nahe den Fortsätzen waren in der grün gefärbten Zelle zwei kleine Plättchen bemerkbar, die vielleicht als Chromatophoren chr zu deuten sind. Mittelmeer, Syrakus, 18. Jan. 1901, 0 m. hat. Das Gewicht der Zelle wird selbstverständlich verringert, je weniger Kalk in der Schale abgelagert wird, und so werden wir hierin ebenfalls eine Steigerung der Schwebefähigkeit zu er- kennen haben. 152 Aber noch nach zwei weiteren Richtungen hin läßt sich von Michaelsarsia aus eine Höherentwicklung dieser Anpassungen naclı- weisen. So finden wir bei Ophiaster hydroideus (Fig. 9) sieben Schwebborsten von der Mündung ausstrahlen, die viel länger als der Schalendurchmesser sind und eine große Zahl knötchenförmiger Verdickungen tragen, deren jede höchstwahrscheinlich einem Cocco- lithen entspricht. Es würden sich hier demnach nicht drei, sondern eine viel größere Anzahl von Diskolithen an der Bildung eines ein- zigen Schwebfortsatzes beteiligen, doch bedarf diese seltene Art noch eingehenderer Untersuchung. Nur in einem einzigen Exemplare wurde endlich die in Fig. 10 skizzierte Art im Atlantischen Ozean von mir beobachtet. Leider ging sie während der Untersuchung ver- loren, so daß ich nur die flüchtige Skizze aus meinem Tagebuche hier veröffentlichen kann. Jedoch zeigt schon diese sehr deut- lich, daß der Mündungsrand der krug- Figur 10. Faialosuhaera. - Grane förmigen Schale von einem flach ausge- n.8.n.sp. Nord-Aquatorial- breiteten dünnen Schirme umgeben wird, strom, 30. Juni 1911. a : oo en. . der eine feine, radiäre, astig verzweigte Streifung aufweist, beim Rollen der Zelle unter dem Deckglase voll- ständig steif und unbeweglich sich erwies und die Länge der Schale um mehr als das Doppelte im Durchmesser übertraf. Es scheint mir nun das Wahrscheinlichste, daß diese Streifung davon herrührt, daß der Schirm aus der Verschmelzung einer großen Anzahl eng neben- einanderliegender Schwebborsten, wie sie Michaelsarsia und Ophiaster besitzen, hervorgegangen ist und wir hier demnach die höchste An- passung an das Schwebvermögen vor uns haben, die bisher bei Coceolithophoriden durch Ausbildung von Mundsäumen beobachtet wurde. Sie mag Petalosphaera grani n. gen. n. sp. genannt sein. Dieser Ausbildung von Schwebapparaten durch reihenförmige Aneinanderordnung von Diskolithen stehen nun noch zwei andere Umgestaltungen von Diskolithen gegenüber. Bei Acanthoica (Fig. 11) hat die Schale Kugel- oder Eiform und ist jedenfalls bei der Mehr- zahl der Formen (a—c) an dem einen Pole von einer Mündung durchbrochen. Die Gestalt der Coccolithen konnte noch nicht genau festgestellt werden, jedenfalls aber sind es Diskolithen. An beiden Polen kann es nun zur Entwicklung von Schwebborsten kommen; dieselben sind aber völlig ungegliedert und haben die Gestalt von feinen scharf zugespitzten Kalknadeln, die entweder divergierend an beiden Polen der Schale stehen, oder wie bei Michaelsarsia auf 153 den Mündungsrand beschränkt sind. Im Zelleibe findet sich diatomin- farbene Masse, aus deren Anwesenheit auf Chromatophoren ge- schlossen werden kann. Auch konnte ich die charakteristischen Öltropfen, die den Chromatophoren anliegen, nachweisen, und ganz kürzlich hat Osrenrern!) an Material aus dem Skagerak das Vor- kommen einer Geißel beobachtet, die zur Schalenmündung hervor- tritt. Diese Schwebborsten würden also nichts anderes sein, als stark borstenförmig ausgezogene zentrale Verdickungen der Disko- Figur 11. Acanthoica. a. Ac. coronata Loh., Seitenansicht einer Schale, 6'/, ». (Mittelmeer, Syrakus, 6. März und 1. April 1901.) — b. Ac. acanthifera n. sp., Seitenansicht der Schale; am oberen Pole neben dem Kalkstachel die Öffnung in der Schale, 12 p (4. Sept., 0 m). — c. Ac. acan- thifera, kleineres Individuum 9 u (4. Sept., 0 m). — d. Ac. quattrospina Lohm., optischer Längs- schnitt; die Zelle füllt die Schale aus; chr gelbgefärbter Chromatophor, / lichtbrechende Körper; 16 u. lang (Mittelmeer, Syrakus, XI—V). _ lithen, wie sie als kleine dornenartige oder auch stäbchenförmige Fortsätze auf den Diskolithen einer ganzen Anzahl anderer Arten gleichfalls vorkommen; während dort aber (Syracosphaera spinosa und mediterranea z. B.) diese Fortsätze ganz kurz bleiben, sind sie hier zu bedeutender Länge entwickelt. Eine dritte sehr interessante Umgestaltung zeigt Ihnen endlich Figur 12. Hier sind die Coccolithen auf dem größten Teile der ) De Danske Farvandes Plankton, I Aarene 1898—1901. Phytoplankton og Protozoer, 1913, p. 339—340, 154 Schalenfläche völlig unverändert geblieben und stellen einfache Scheiben mit verdicktem Rande dar. Nur ein äquatorialer Ring von Coccolithen hat dadurch eine sehr merkwürdige Umwandlung erfahren, daß ihr Rand nach außen vertikal emporgezogen ist, wo- durch naturgemäß jeder Coccolith zu einem kleinen Becher umge- wandelt werden mußte. Aber diese Umwandlung erfolgt nun bei Figur 12. Scyphosphaera apsteini Lohm. a. und 5. Individuen aus dem Atlantischen Ozean, ce und d. Schalen aus dem Mittelmeer. — a. Polansicht einer Schale mit regelmäßig aus- gebildetem lückenlosem Gürtel (19. Aug., 100 m Tiefe, Schalendurchmesser 21 p.). — b. Polansicht einer Schale mit abnormem lückenhaftem Gürtel (30. Aug., 100 m Tiefe), Schalendurchmesser 15 u. — c. Polansicht einer Schale mit vollständigem Bechergürtel (Syrakus), Schalendurch- messer 20 u. — d. Seitenansicht einer Schale, um die Becher von vorn zu zeigen. Auf der Becherwandung ist die eigenartige Strukturierung angegeben. — sc Bechercoccolith, md Mündung des Bechers, coc normaler Coccolith der becherfreien Schalenfläche, sc’ abnorm kleine Becher, die nicht selten zugleich eine abnorme Stellung außerhalb der Gürtellinie haben. 1. der unpaare Becher, zu dem die übrigen Becher (2a, 2b usw.) symmetrisch und paarweise angeordnet sind. Scyphosphaera apsteini in einem derartigen Grade, daß Becher ent- stehen, die im exstremsten Falle höher als der Durchmesser der ganzen Zelle selbst werden. Indem diese Becher sich bauchig er- weitern, nimmt unter Umständen auch ihr Umfang derartig zu, daß ihr Volumen etwa dem der ganzen Schale gleichkommt. Das Merk- würdigste hierbei ist, daß die einzelnen Becher, welche den Ring zu- sammensetzen, die allerverschiedenste Ausbildung besitzen können und neben einem sehr großen Becher ein ganz kleiner Zwergbecher 155 sich finden kann (in b). Ferner zeigt fast jedes Individuum, das man von dieser seltenen Art findet, eine ganz verschiedene Anord- nung der Becher, so daß es mir. zuerst völlig unmöglich schien, irgend ein Gesetz in dieser Anordnung zu finden. Wählt man jedoch Figur 13. 1. Deutschlandia anthos n. sp. (14. Juli, 100 m Tiefe). 1a Schale mit Zelle schräg von oben gesehen, 1b Seitenansicht, um die Linsenform der Schale und die ringförmige An- ordnung der Schwebcoccolithen zu zeigen, 1c Schale in der Polansicht. chr. Chromatophoren, k. Kern, g. Geißel, coc. zungenförmige Randcoccolithen, sch. Schale. Schalendurchmesser 9 u. 2. Thorosphaera elegans Ost. (Mittelmeer). 2a Zelle in Polansicht, 2b Schematischer Durchschnitt, um die Form der Schale und die Einfügung der Schwebcoccolithen zu zeigen, 2c Zelle mit Kern, Chromatophoren und zwei lichtbrechenden Körpern, 2d röhrenförmiger Schwebcoccolith, 2e scheibenförmiger Coccolith in Seiten- und Flächenansicht. Schalen- durchmesser 30—35 p. (nach: Ostenfeld Ber. d. Deutsch. Botan. Gesellsch., 1910, S. 399). zunachst nur solche Individuen aus, bei denen der Giirtel von Schwebe- bechern vollständig geschlossen erscheint, so findet man sehr bald, daß hier dieselbe symmetrische Anordnung vorliegt, wie wir sie vor- her bei den Schwebfortsätzen von Discosphaera tubifer (S. 147) ge- 156 funden haben: ein unpaarer Becher gibt mit seiner Längsachse die Lage der Symmetrieebene an, zu welcher die übrigen paarig ange- ordneten Becher rechts und links symmetrisch verteilt sind. In Fig. 12 habe ich diese Verteilung durch Zahlen anschaulich gemacht und gleichzeitig nachgewiesen, wie jedenfalls auch ein Teil der an- scheinend ganz unregelmäßig gebildeten Individuen sich dieser An- ordnung ohne Schwierigkeit fügt. Zugleich zeigt die Figur, daß bei den im Atlantischen Ozean gefangenen Formen die Schwebe- becher ganz bedeutend viel größer entwickelt sind, als bei den aus dem Mittelmeer stammenden Formen. Dies aber ist eine Erscheinung, die auch bei ganz anderen Planktonten wiederkehrt und daraus ver- ständlich wird, daß in dem salzreichen Wasser des Mittelmeeres weniger hochentwickelte Schwebeinrichtungen nötig sind, als im salz- ärmeren Wasser des Ozeans. Worauf aber die außerordentliche in- dividuelle Variabilität dieser Form zurückzuführen ist, ist vollständig unverständlich. Der Scyphosphaera schließt sich auf das engste Thorosphaera an, die bisher nur im Mittelmeer gefunden worden ist und bei der gleichfalls nur ein Gürtelring von Coccolithen zu Schwebapparaten umgebildet wurde (Fig. 13°). Aber während bei Scyphosphaera Becher gebildet wurden, entstanden hier lange kelch- oder tüten- förmige Fortsätze, die ganz an die Schwebfortsätze von Rhabdo- sphaera und Discosphaera erinnern, jedoch wie bei Scyphosphaera auf die Umwandlung von Diskolithen zurückzuführen sind. Auch hier ist nur der Rand der Diskolithen membranartig emporgezogen und in diesem Falle so stark, daß nicht eine Becherform, sondern eine Röhrenform entstand. Übertroffen werden all diese Anpassungen endlich von der nebenstehend abgebildeten Form, die ich Deutschlandia anthos genannt habe (Fig. 13°). Hier haben die Schwebcoccolithen, die den Gürtelring bilden, die Form langgestreckter Blumenblätter, die sich auch wie bei einer Blüte kelchartig zusammenneigen. Aber während bei Scyphosphaera und Thorosphaera nur eine einzige Reihe von Coccolithen an der Bildung des Schweberinges teilnimmt, wird hier der Schwebegürtel aus mindestens 3 Reihen von Coccolithen gebildet. Wie im einzelnen der Diskolith zu dem zungenförmigen Schwebcoccolithen umgestaltet worden ist, habe ich nicht feststellen können. Auf der ganzen übrigen Schalenfläche war ferner von Coccolithen überhaupt nichts zu erkennen; es scheint also, als ob bei Deutschlandia eine Beschränkung auf die Gürtelzone eingetreten ist, und dies wird um so wahrscheinlicher, wenn wir sehen, wie 157 statt der Kugelform die Schale hier Linsenform angenommen hat und die Schwebcoccolithen auf den äußersten Rand dieser Linse beschränkt sind. Diese einzig dastehende Umgestaltung kann nur die Bedeutung haben, daß diejenigen Teile der Schale, welche vermöge des Schwebegürtels horizontal im Wasser liegen, das auf sie fallende Licht infolge ihrer geringen Wölbung möglichst un- geschwächt passieren lassen, so daß die Chromatophoren, welche von der Schale umschlossen werden, möglichst intensives Licht erhalten. Würde diese Abflachung der Schale noch weiter getrieben werden können, so würde sie schließlich zu einer Scheibenform führen, wie sie bei den Coscinodiscen unter den Diatomeen zur Ausbildung gekommen ist. Nun ist von großem Interesse, dab sowohl Deutschlandia wie Scyphosphaera Formen sind, die ihre Hauptentwicklung in der Tiefe von 100 und 200 Metern haben und also der Dämmerflora des Ozeans angehören'). Die Valdivia- Expedition hat aber nachgewiesen, daß diese Region, in die das Licht nur in sehr geringer Intensität hinabgelangt, durch eigen- tümliche Diatomeenarten charakterisiert wird, welche dadurch aus- gezeichnet sind, daß der Rand ihrer Zelle einen Schwebegürtel entwickelt, der die Zelle horizontal im Wasser schwebend erhält (Planktoniella, Gossleriella). Das ist aber genau dieselbe Schwebe- anpassung, wie sie hier bei den Coccolithophoriden, wenn auch mit ganz anderen Mitteln, zur Ausbildung gekommen ist, und wir werden nachher sehen, wie sogar bestimmte Diatomeen dieser Tiefenzone Coccolithophoriden benutzen, um von ihnen sich Schwebegürtel bilden zu lassen. Überblicken wir noch einmal die im vorhergehenden be- sprochenen Formen der Coccolithophoriden, so tritt sehr deutlich hervor, daß nach der Ausbildung des Skelettes die ganze Familie zweifellos in zwei natürliche Unterfamilien zu trennen ist. Die eine ist ausgezeichnet durch den Aufbau ihrer Schalen aus undurch- bohrten einfach scheibenförmigen Discolithen (Syraco- sphaerinen), die andere hingegen baut ihr Skelett aus durch- bohrten Trehmalithen auf, die sich aus einem kürzeren oder längeren Röhrenstück und ein oder zwei nach den Rändern zu sich verdünnenden Kalkscheiben zusammensetzen (Coccolithophorinen). Die Geißelzahl schwankt zwischen 1 und 2, aber zwei Geißeln wurden bisher nur bei drei bis vier Arten der Syracosphaerinen gefunden, die keine Schwebapparate ausgebildet haben und in ihrem ganzen Zell- 1) Siehe die Tabelle auf Seite 159. 158 aufbau in keiner Hinsicht von den anderen Arten, welche nur eine — Geißel besitzen, abweichen (Syracosphaera mediterranea, tenuis, dentata, sp.) (Fig. 14). Die beiden Geißeln waren stets von gleicher Länge und entsprangen nebeneinander dem gleichen Pol. Besonders bemerkenswert ist, daß diese Arten ein und derselben Gattung angehören und zu dieser selben Gattung auch S. pulchra zu rechnen a may, A Wi yA: Dar ry 24 740} EM ig; 7 Zo Us ely HAM RAE 4, %, ee Hr os AR 7. LEED 7, Vy, a, Be dy tence fone = 7 Figur 14. Coccolithophoriden mit 2 Geißeln. a. Syracosphaera mediterranea, Mittelmeer, 15 u. — b. Syracosphaera mediterranea aus dem Brasilstrom (11. Aug. 1911); 18:21 u. — ce. Syracosphaera dentata, Mittelmeer, 7 p.. — d. Syracosphaera sp., Mittelmeer, 11 p. ist, die im Gegensatz zu ihnen nur eine Geißel hat wie die Mehrzahl aller übrigen Coccolithophoriden. Es ist also nicht möglich, die Coccolithophoriden nach der Zahl ihrer Geißeln in natürliche Unterabteilungen zu zerlegen. Senn’s Anschauung von der syste- matischen Bedeutung der Geißelzahl bei den Flagellaten hat daher für die Coccolithophoriden augenscheinlich keine Gültigkeit und dadurch wird sie nun auch bedenklich für die übrigen Flagellaten. Sie ist sicherlich ein sehr bequemes Mittel, systematische Ab- 159 teilungen zu machen, kann aber hinfort nicht mehr als ein zuver- läßliches Merkmal gleicher Abstammung betrachtet werden ?). Im Anschluß an die Besprechung der verschiedenen Schwebe- anpassungen mag hier ganz kurz noch die vertikale Verteilung der hauptsächlich in Betracht kommenden Gattungen angeführt werden. Es wurden in den verschiedenen Tiefen folgende Prozentsätze der Gesamtzahl von Individuen einer jeden Gattung gefunden: Tiefe | om | 5% m | 100 m | 200 m | 400 m Pscosplaera 2 2 cei. 55 1: 66% 18% 14% 2% | ie Tehabdosphaera .:= >... 29% 48% 22%, 1% Sn Seyphösphaera = . « » 8% 31% 61% = we Deutschlandia- . .... Lor | BR 0 70% 31% a Es erhellt aus dieser Tabelle sofort wie Discosphaera, deren Schwebefortsätze am mächtigsten entwickelt sind, und die ganze Schale bedecken, an der Oberfläche des Meeres am häufigsten ist, während Rhabdosphaera mit ihren einfach stabförmigen Fortsätzen in 50 m Tiefe ihr Maximum erreicht und Scyphosphaera mit den auf einen äquatorialen Ring beschränkten Schwebebechern erst in der Tiefe von 100 m die größte Volksstärke erreicht. Dasselbe ist der Fall, bei der am meisten dem Dämmerlichte angepaßten Deutschlandia; aber diese Form ist auch noch in 200 m Tiefe relativ zahlreich, während alle anderen Arten unterhalb 100 m gar nicht mehr oder nur noch in ganz wenigen Prozenten auftreten. ‘In 400 m wurde dann allerdings auch von dieser charakteristischen Dämmerform kein Exemplar mehr gefunden. Zum Schluß will ich noch auf eine Reihe von Vorkommnissen hinweisen, die ein besonderes Interesse beanspruchen und vor allem zu weiteren Untersuchungen anregen mögen. Zunächst habe ich in Fig. 15 einen kleinen Organismus abgebildet, dessen kugeliger Körper in ganz unregelmäßiger Weise von locker gelagerten großen Trehmalithen bedeckt ist?). Er war an der brasilianischen Küste zeitweise nicht selten. Ich habe nie im Zelleibe Chromatophoren gesehen. Außerdem waren die Trehmalithen in höchst auffälliger Weise stets so gelagert, daß die distale Scheibe mit ihrer konkaven Fläche nach außen gewandt war, während sie bei allen anderen 1) Es soll hier noch ausdrücklich betont werden, daß ich selbstverständlich pur Individuen berücksichtigt habe, bei denen keine Teilungsvorgänge sich zeigten. *) Ich nenne diese Form, deren Stellung vorläufig unbestimmt bleiben muß, Heyneckia barkowi. 160 Coccolithophoriden der Zelle zugewandt ist, deren kugeliger Ober- fläche sie sich auf diese Weise eng anlegt. Nur dadurch wird es eben möglich, daß die Coccolithen sich zu einer geschlossenen kugeligen Schale zusammen ordnen. Hier verhindert dagegen diese merkwürdige abnorme Lagerung die Bildung einer solchen, und aus diesem Grunde hat sich mir die Vermutung aufgedrängt, daß wir es hier überhaupt nicht mit einer echten Coccolithophoride zu tun haben, sondern daß die Zelle tierischer Natur ist und sich nur mit Coccolithen bekleidet, die sie aus dem Meere herausfischt. Die Schale wäre daher aus Fremdkörpern gebildet. Eine ähnliche Deutung verlangen vielleicht auch die in der Fig. 16 wiedergegebenen krug- und phiolenförmigen Schalen. Zwar zeigte sich hier der Zellinhalt 8 mehrfach diatominfarben gefärbt; aber der kugelige Hohlraum der © Schale setzt sich in einen langen spiralig gedrehten röhrenförmigen Ansatz fort, der den Durchmesser b | der Schale, wie Fig. C zeigt, er- heblich übertreffen kann. Dab pi kabel hier eine Geißel nach außen hin- Heyneckia barkowi n. g.n. sp. R Protozoe (?) mit Skelett aus Trehmalithen, durchtreten soll, ist sehr un- deren Basalscheibe nach außen gewandt wahrscheinlich: und ich glaube ’ ist. Guineastrom und Siidtropen des Atlan- < A tischen Ozeans. 6 u Durchmesser. z Zell- daher, daß es vorsichtiger 1st, alle leib, cocc Trehmalithen; a Zelle mit Skelett diese Formen. die man immer nur im optischen Schnitt; b Trehmalith im ? L Schnitt; ¢ derselbe von der Fläche gesehen. selten und ganz zerstreut Im Plank- ton findet, zunächst nicht den Coccolithophoriden einzuordnen, sondern ihrer Stellung nach zweifel- haft zu lassen. Es kann sich auch hier sehr wohl um Protozoen handeln, die sich aus Coccolithen eine Schale bilden. Provisorisch mögen sie als Aeimiella excentrica bezeichnet werden. Ob die in d und e abgebildeten tutenförmigen Schalen ebenfalls den phiolenförmigen ihrem Ursprunge nach zuzuordnen sind, ist aller- dings zweifelhaft. Gran stellt sie in die Gattung Syracosphaera. Bemerkenswert ist, daß bei allen diesen Formen die Schalen aus Discolithen gebildet werden. Daß eine derartige Benutzung von Coccolithen zur Herstellung oder zur Verstärkung von Skeletten durch andere Organismen vorkommt, zeigen nicht nur verschiedene Tintinnen, sondern be- merkenswerter Weise auch zwei Coscinodiscen der Dämmerzone. Zwei Tintinnenarten, deren eine ausschließlich Trehmalithen, deren 161 andere ebenso ausschließlich Discolithen zur Bekleidung ihres eigenen Skelettes benutzt hatte, traf ich im Brasil- und Falkland- strom (Fig. 17 und Fig. 18). In welcher Weise diese Ciliaten es Figur 16. Coceolithen tragende Planktonten, deren Natur noch nicht näher fest- gestellt werden konnte. a. PhiolenfOrmige Schale aus Discolithen (Heimiella excentrica n. g. n. sp.), Seitenansicht; Mittelmeer; Zellinhalt diatominfarben; md Mündung, d Schale, h Hohlraum derselben, z Zelle, die keine Details erkennen ließ. — b. Dieselbe Form von unten gesehen. — c. Phiolenförmige Schale aus dem Nordaquatorialstrom (5. Juli 1911), die kugelige Schale trug einen sehr langen röhrenförmigen Fortsatz und umschloß eine relativ sehr kleine Zelle. 18 u. — d. Syracosphaera prolongata, von Gran im Nordatlantischen Ozean gefunden; Mündung mit kurzen Stäbchen umsäumt. 37 u. — c. Der vorigen Form sehr nahe stehender Organismus aus dem Guineastrom (14. Juli 1911); kleine, gelb gefärbte Zelle von 6 » Durchmesser nahe der breiten Mündung der 45 u. langen, tutenförmigen Schale liegend; Mündung ohne Stäbchensaum. — f. Krugförmige Schale von den Azoren (6. Juni 1911); 24 u Durchmesser. fertig bringen, die von ihnen gefangenen Coccolithen so regelmäßig und dicht auf der Außenfläche ihres Gehäuses zu befestigen, ist völlig rätselhaft. | | Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 11 162 Das merkwürdigste Vorkommen fand ich bei zwei Diatomeen (Brenneckella lorenzeni und kohli, Fig. 19). Beides sind kleine Coseinodiskenarten von 20—40 » Durchmesser, die sich auf irgend- Figur 17. 1. Dictyocysta coccolitholega Loh. (28. Aug., 200 m Tiefe), vor der Behandlung mit ver- dünnter Salzsäure, a. Coccolith von Coccolithophora wallichi, b. von C. pelagica, c. von C. lepto- pora, d. eine Platte, die nicht von Coccolithophoriden herrührt; 2. dasselbe Exemplar nach Auflösung der Fremdkörper durch verdünnte Salzsäure. — Das Gehäuse ist 75 u. groß. eine uns unbekannte Weise lebende Coccolithophoriden ein- fangen und veranlassen, sich an ganz bestimmten symmetrisch verteilten Punkten ihres Gürtel- bandes anzusiedeln. Während Dr. kohlı sich mit drei Coccolitho- phoriden begnügt, nimmt lorenzeni deren sechs. Es ist wahrschein- lich, daß das Gürtelband dieser Arten, ähnlich wie es Karsten für Gossleriella und Planctoniella nachgewiesen hat, an drei resp. sechs Punkten durchbrochen ist und dem Plasma oder vielleicht Pier ab als Anlockungsmittel dienenden Codonella-ähnliches Tintinnus- Sekreten zum Austritt dient. So- we ae a bald die Coecolithophoriden auf Mündungsrand zerfetzt; 36 u lang. dem Gürtelbande sich festgesetzt haben, beginnen sie in patho- logischer Weise eine enorme Menge von überzähligen Coccolithen zu bilden, so daß sehr bald das ganze Gürtelband mit einer dichten Lage von Coccolithen ringförmig bedeckt ist. Diese Lage kann 163 dem Durchmesser des ganzen Coscinodiscus an Dicke gleichkommen, und es bauen so die Coccolithophoriden der Diatomee, auf der sie ruhen, einen Schwimmgürtel aus kleinen Discolithen auf. Durch Auflösen dieser letzteren in Salzsäure konnte ich nachweisen, dab die Coccolithophoriden noch leben und wohl ausgebildete Chroma- thophoren besitzen, wenn der Schwimmgürtel bereits eine sehr bedeutende Dicke erreicht hat. Sie gehen also nicht zugrunde, 6. mx‘ AN: SOON i SPARTA tas As a N EEE a n u : d hi Ny ; % Figur 19. Brenneckella lorenzeni und kohli n. gen. n. sp. (la vom 7. Aug., 200 m Tiefe; 1b vom 9. Aug., 200 m; 2 vom 17. Aug., 100 m Tiefe). ia Br. lorenzeni mit 3 Siedelungspunkten am Gürtelbande, an denen je 1 Pontosphuera sessilis [ohm. sich angesiedelt und mit der Bildung überzähliger Coccolithen begonnen hat. Dadurch ist es zur Ausbildung eines noch sehr schwachen Schweberinges gekommen. — 1b Br. lorenzeni mit 3 Siedelungspunkten, an deren jedem aber 2 Coccolithophoriden sitzen und bereits eine Coccolithenmasse von bedeutender Dicke gebildet haben. — ic Br. lorenzeni, eine einzelne Coccolithophoride mit ihrer Schale und den überzählig gebildeten Coccolithen, aus dem Schweberinge von 1a bei stärkerer Vergrößerung. — 2a Brenneckella kohli mit mächtigem Coceolithengürtel; 2b dasselbe Indi- viduum nach Auflösung der Coccolithen; man sieht die 6 Zellen von Pontosphaera sessilis die Schale der Brenneckella umliegen; 2c einzelne dieser Zellen stärker vergrößert, um die Chromatophoren zu zeigen. — C. Zelle von Pontosphaera sessilis, Ce. die von ihr gebildeten überzähligen Coccolithen, Cd. Schale der Diatomee, Chr. Chromatophoren der Brenneckella. — Schalendurchmesser von Br. lorenzeni 35—42 »; Schalendurchmesser von Br. kohli 28 u; Schalendurchmesser von Pontosphaera sessilis 5 p. sondern sind ihrem Wirte eben durch ihre Lebenstätigkeit von Nutzen. In allen Fallen fand ich ein und dieselbe Art von Cocco- lithophoriden auf diesen Brennekellen angesiedelt. Sie ist 5 v groß und steht der frei im Meere. lebenden Pontosphaera huxleyi sehr nahe, von der sie nur die dicht aneinanderliegenden Discolithen unterscheiden. Das in Zeichnung 1° abgebildete Exemplar ist dadurch sehr merkwürdig, daß sich an jedem Punkte des Gürtelbandes 11* 164 nicht ein, sondern zwei eng aneinanderliegende Pontosphaeren finden. Ob diese eigenartige Lagerung dadurch entstanden ist, daß jede der drei ursprünglich angesiedelten Coccolithophoriden sich später geteilt hat, oder ob von vornherein an jedem Ansiedlungspunkte sich zwei Pontosphaeren niedergelassen haben, konnte ich nicht entscheiden, da der Zellinhalt keine genauere Untersuchung zulieb. Es ist aber von vornherein wahrscheinlicher, daß hier eine Teilung eingetreten ist. Beide Drenneckella-Arten unterscheiden sich ab- gesehen von der Größe und der Struktur ihrer Schalenfläche noch sehr auffällig dadurch, daß die neugebildeten Coccolithen bei Dr. kohli vollständig auf das Gürtelband beschränkt sind, während bei lorenzenı auch die Schalenfläche von Coccolithen bedeckt wird. Aber die Anzahl der Coccolithen, welche vom Gürtelbande her auf diese Fläche übertritt, ist ganz außerordentlich gering und es liegt überall nur eine einzige Lage von Coccolithen dem Panzer der Diatomee auf. Auch das zeigt wieder, wie die ganze Tätigkeit der Pontosphaeren nach ihrer Ansiedelung im Dienste der Kiesel- alge steht. Denn da der Schalenfläche die plattenförmigen Chroma- tophoren anliegen, so darf der Durchtritt des Lichtes möglichst wenig gehemmt werden, und jede stärkere Auflagerung von Cocco- lithen würde daher dem Leben der Drenneckella schädlich werden. Auch hier ist es uns vorläufig völlig unmöglich einzusehen, auf welche Weise bei Dr. kohli die Schalenflächen ganz coccolithenfrei gehalten werden, und bei lorenzeni die Zahl der Coccolithen auf der Schalenfläche auf eine dünne Lage beschränkt wird. Alle diese Fälle verdienen also noch eine eingehende weitere Untersuchung. Diskussion: Herr Prof. Korscuerr (Marburg). Herr Prof. Loumann. 165 Herr Dr. Pavt Scuunze (Berlin): Chitin- und andere Cuticularstrukturen bei Insekten. Die beiden letzten Arbeiten, die sich mit dem feineren Bau der Insektencuticula beschiftigen, kommen zu ganz verschiedenen Resultaten. Während Brepermann im Chitin eine deutlich fibrilläre Struktur sieht, findet Kapzov, ein Schüler Bürscarr’s, es ausgesprochen wabig gebaut. Beiden diente als Hauptuntersuchungsobjekt die Flügeldecke des Hirschkäfers (Lucanus cervus L.). Da in ihren Arbeiten die Literatur über den Gegenstand ausführlich berück- sichtigt ist, und vor kurzem Brepermann in Winterstems Handbuch Bd. III p. 814—887, noch einmal ausführlich die ganze Chitin- literatur besprochen hat, brauche ich hier nicht mehr darauf einzugehen. Wenn ich heute in der Lage bin, über die feineren Strukturverhältnisse des Insektenchitins genauere und, wie ich hoffe, richtigere Angaben zu machen als meine Vorgänger, so liegt dies in der Hauptsache darin, daß ich ein Verfahren anwandte, welches es mir ermöglichte, dicke Chitinlagen in ihre einzelnen morpho- logischen Bestandteile zu zerlegen und diese dann einzeln in Aufsicht zu untersuchen und zu photographieren. Ich legte die zu behandelnden Objekte in eine Mischung von 80°, Alkohol, Glycerin und Salz- säure und stellte sie 3—10 Tage in den Thermostaten. Als sehr zweckentsprechend erwies sich eine Mischung, die GRENAcHER (Abh. Nat. Ges. Halle 16. 1886 p. 214; Z. wiss. Mikr. 2. 1885 p. 244) zu einem ganz anderen Zwecke, nämlich zum Entpigmentieren von Cephalopodenaugen benutzte, bestehend aus 2 Teilen 80°/, AIK., 1 Teil Glycerin und 3 Teilen käufl. (25 "/,) Salzsäure. Ein stärkerer HCl-Gehalt hatte keine bessere oder beschleunigendere Wirkung. Nachdem die zu studierenden Chitinstücke (in einer Größe bis zu etwa 2 qcm) mehrere Tage im Wärmeschrank verweilt hatten, ließen sich die einzelnen Schichten mehr oder weniger leicht mit feinen Nadeln voneinander isolieren; es zeigte sich hierbei besonders die Notwendigkeit des Glycerinzusatzes, der die Objekte weich und elastisch erhielt. Wie Kontrollpräparate lehrten, traten durch die eben erwähnte Behandlung keine erkennbaren Ver- änderungen der Strukturen ein, ebensowenig eine Entpigmen- tierung. Ohne zunächst von den schon vorliegenden Unter- suchungen Bievermann’s und Karzov’s Kenntnis zu haben, begann ich meine Untersuchungen ebenfalls an den Elytren des Hirsch- käfers, die sich in der Tat als ein wahrhaft klassisches Objekt für die hier in Frage kommenden Verhältnisse erwies. Bevor ich 166 mit der Schilderung der Chitinstrukturen beginne, muß ich zunächst den Bau der Käferflügeldecke im allgemeinen besprechen, über den die beiden obengenannten Autoren ganz im unklaren waren, was sie zu verschiedenen Mißdeutungen und falschen Analogieschlüssen verleitete. Im Jahre 1885 stellte Beaurecarp, wie es scheint zum ersten Male fest, daß die Flügeldecken der Käfer aus zwei verschiedenen dicken Chitinlagen bestehen, einer dorsalen festeren und einer dünneren ventralen, die beide durch chitinige dorsoventral ver- laufende Quersäulen verbunden werden und am Deckenrand mit- einander verlötet sind. Er fand ferner, dab diese Säulchen — die wir Columnae nennen wollen — einen wesentlichen Einfluß auf die Festigkeit der Elytren haben, da z. B. bei Geotrupes im (segensatz zu den weichen Cantha- riden neben der größeren Dicke Figur 1. Melasoma XX punctatum Scop. Einfacher Typus der Flügeldecke. a quer (350: 1), b in Auf- sicht (160: 1)%). der oberen Lamelle auch die Strebepfeiler dicker, vor allem aber auch zahlreicher vorhanden sind. Später hat dann Horsaver eine große Anzahl von Decken (hauptsächlich auf ihren Drüsengehalt hin) untersucht und den von Braureecarp beschriebenen Bau bei allen untersuchten Spezies wiedergefunden. Krüscer verfolgte die Ent- stehung der Käferflügel während der Metamorphose besonders bei einigen Chrysomeliden (Lema) und gibt uns Auskunft über die Herkunft der Columnae. Sie stellen in der Tat, wie schon HorsAvzr vermutete, Einsenkungen der oberen Deckenplatte dar, die sich immer mehr der unteren nähern und schließlich mit ihr verschmelzen. Bestätigt wurden diese Angaben dann von Tower. An der ventralen Platte sitzen regelmäßig, wie ich früher gezeigt habe, kleine Dörnchen (Spinulae) oder Chitinperlen (Perlae); wir nennen !) Die Vergrößerung -ist die, bei der die Aufnahme gemacht worden ist, bei der Reproduktion wurden sämtliche Figuren um !/, verkleinert. 167 sie deshalb Dornenschicht. An der Stelle, wo die Säule von den beiden Platten abgeht, entsteht eine schüsselförmige Einsenkung (Patina). Zwischen der oberen und unteren Bedeckung der Elytre bleibt nun entweder ein Hohlraum bestehen, in dem dann z. B. bei den Chrysomeliden das von mir entdeckte Karotingewebe liegt, oder aber der ganze Raum wird allmählich vollständig oder so gut wie vollständig durch sekundäres Chitin ausgefüllt, wie z. B. bei vielen Carabiden. Die obere Elytrenplatte ist endlich noch mit einer dünnen farblosen Membran bedeckt, die ich nach dem Vorgange Bürscatr’s bei Krustern als Grenzlamelle bezeichnen will. Als Beispiel einer solchen Elytre habe ich in Fig. la diejenige des Blattkäfers Melasoma XX-punctatum Scor. im Schnitt und in der Aufsicht dargestellt; auf letzterer sieht man deutlich die Patinae der oberen Platte und die durchscheinenden Perlae der unteren. Unbekannt scheint es bisher gewesen zu sein, daß es besonders, was die Entstehung der Säulen anbetriftt, Figur 2. Lucanus cervus L. Komplizierterer Typus der Flügeldecke. a quer (350:1), 6 in Aufsicht (100:1). (An der inneren Balkenlage finden sich Tröpfchen anscheinend unverbrauchten Chitins von einer festeren Membran umgeben.) einen zweiten Deckentypus gibt, der hauptsächlich bei den La- mellicorniern weit verbreitet ist. Als Beispiel für diesen kom- plizierteren Fall will ich den Hirschkäfer wählen. Sehen wir uns einen Schnitt durch eine seiner Flügeldecken (Fig. 2a) an, so finden wir alle uns schon bekannten Elemente wieder: Grenzlamelle, obere Platte (allerdings, wie es scheint, viel komplizierter gebaut; wir wollen sie von nun an, dem Vorgange Karzov’s folgend, als Hauptlage bezeichnen), Säulchen und untere Platte, die aber nicht mit Perlae, sondern, wie bei den meisten Käfern, mit Dörnchen (Spinulae) besetzt ist. Als ein neuer sofort auffallender Bestandteil der Decke tritt nun aber hier eine braungefärbte Schicht von sehr abweichender 168 Struktur und Beschaffenheit zwischen Grenzlamelle und Hauptlage auf. Brepermann taufte sie „Emailschicht“, ich möchte aber lieber die allgemeinere Bezeichnung „Lackschicht“* vorziehen. Zwischen ihr und der Grenzlamelle liegt dann endlich noch eine an günstigen Schnitten deutlich in die Erscheinung tretende Schicht von senkrecht zur Oberfläche stehenden Stäbchen, der Alveolar- saum, auf den wir noch zurückkommen. Besteht also eine Flügeldecke nach dem einfachen Typus aus: Grenzlamelle, Hauptlage, Dornenschicht, so zeigt der zweite Typ: Grenzlamelle | Alveolarsaum !| Außenlage, Lackschicht Hauptlage, Dornenschicht. Die ersten drei Schichten fassen wir analog der Bezeichnung Bürscazr’s an anderen Objekten als Außenlage zusammen. Auffallend bei dem Lamellicorniertyp ist die geringe Anzahl der Columnae. Auf dem Photogr. 20 ist nur der größere Kreis in der Mitte ein Pfeiler, während die kleineren andere später zu be- sprechende Gebilde darstellen. Wie schon erwähnt geht beim Typus I die Bildung der Co- lumnae durch Einsenkung der oberen Lamelle schon frühzeitig im Puppenstadium vor sich. An denjenigen Stellen, wo eine Einsenkung der Epidermis zum Zwecke einer Pfeilerbildung erfolgen soll, differenzieren sich die Zellen etwas, sie werden vor allem größer. Infolgedessen heben sich die später um die primäre Achse gebildeten Chitinlamellen der Columnae besonders bei Aufsicht eben als die konzentrisch geschichteten Patinae deutlich von der übrigen Decke ab. Die einzelnen Lamellen der Flügeldecke gehen aber kontinu- ierlich in die der Säulen über, nur scheinen sie beim Umbiegen etwas kräftiger zu werden. Brevermann sind die Säulen ebenfalls aufgefallen, da er aber ihre Entstehung und Bedeutung nicht kennt, sind sie für ihn ziemlich rätselhaft. Er sagt darüber (c., p. 831): „Sehr verbreitet, aber in sehr verschiedengradiger Ausbildung finden sich bei Käfern konzentrisch geschichtete Lamellensysteme, deren Struktur in auffallender Weise an jene der Haver’schen Systeme der Knochen erinnert. Dieselben gruppieren sich in der Regel um senkrecht die Schichten durchsetzende haarähnliche Chitinzapfen.“ 169 Da die Säulen fest mit der oberen und unteren Flügeldecken- platte verbunden, gewissermaßen aus einem Stück geschweißt sind, sind sie als T-Träger für die Festigung der Decke von höchster Bedeutung. Die zwischen ihnen gelegene Partie der Elytren kann als für Druckbelastung, die ja für die Decken hauptsächlich in Be- tracht kommt, indifferent, von der Chitinbildung verschont bleiben und der so gewonnene Raum für A andere wichtige Funktionen, wie | etwa die Carotinspeicherung, aufbe- wahrt bleiben. Ganz anders dagegen die Ver- hältnisse beim Typus Il. Hier ent- stehen die Columnae erst nach dem Schlüpfen des Käfers. Charakteristisch für sie ist, daß ihr zentraler Teil ganz aus der Sub- stanz der Lackschicht besteht. Fig. 3 zeigt einen Schnitt durch die Elytre eines noch unausgefärbten (gelben) .Hirschkäfers. Die im Schnitt ge- troffene Säule ist erst in ihrem oberen Teil gebildet und zwar, wie | es scheint, weit weniger von in die | | TER Tiefe gerückten Epidermiszellen, als an Vy vielmehr durch indifferente Spindel- \ X KL 4 or Ree : ZN zellen, die ja bei der Insekten- | % \ | metamorphose eine so große Rolle Figur 3. spielen und die hier in Nestern der ‘ = ; Lucanus cervus L. Geiber, unausgefarb- ventralen Deckenplatte genähert in ter Käfer. Schnitt durch die Decke. der Flügeldecke liegen (Fig. 3). (Ich Links ein (Sinnes-?) Haar,- rechts die 3 : a R Bildung einer Säule. 350:1. muß hier darauf hinweisen, daß ich, wie in der Abbildung dargestellt, immer nur eine Mittelmembran fand (sowohl hier als auch bei Melasoma), in der die Fortsätze der Epi- dermiszellen der dorsalen und ventralen Platte zusammenstoßen, ganz ähnlich wie es Brepermayn (¢., p. 893 Fig. 225 d) nach Mayer von dem entstehenden Flügel von Pieris rapae L. abbildet. Tower dagegen zeichnet (Taf. 18, Fig. 49, 50) 2 Lamellen, die ihrerseits wieder durch Fortsätze verbunden sind.) Auf Flachschnitten sieht man die die Säule bildenden Zellen in kreisrunder Anordnung (oder besser gesagt einen kreisförmigen Kernhaufen bildend, da von dem Plasma meist wenig zu sehen ist), der scharf von den Epidermiszellen abgesetzt ist. 170 Die Säulen bei der zweiten Deckenbauart sind nun gegenüber der ersten viel hinfälliger. Da sie an der oberen und unteren Deckenplatte sozusagen nur angekittet sind, lösen sie sich leicht ab. Sie stehen auch nicht genau senkrecht auf den Platten, ver- laufen gewöhnlich etwas schief, bisweilen sogar schwach spiralig und sind, wie schon erwähnt, nur spärlich vorhanden. Wahrschein- lich steht hiermit, um trotzdem die Festigkeit der Flügeldecken zu Figur 4. Lucanus cervus L. 2. Flügeldecke zerlegt. a Lackschicht, b lederartige Schicht, e äußere Balkenlage, d innere Balkenlage, e Dornenschicht. 350:1. gewährleisten, die mächtige Beschaffenheit und der komplizierte Aufbau des Chitins in Zusammenhang. Zu erwähnen wäre noch, daß die Säulen des Typus II infolge ihrer Entstehung keine Ein- senkung auf der Decke hervorrufen und ferner bei Aufsicht nicht die deutliche konzentrische Schichtung zeigen wie die des ersten, da hier die Lackschicht über sie hinwegzieht. Nachdem wir nun Klarheit über den Bau der Käferflügeldecken gewonnen haben, gehen wir zur Betrachtung der nach der oben 171 angegebenen Methode isolierten Lamellen einer Elytre von Lucanus cervus über. Zunächst lösen sich 2 Schichten von den übrigen ab, die Außenlage, die etwa !/, der oberen Deckenplatte darstellt und aus Lackschicht, Alveolarsaum und Grenzlamelle besteht, und die unterste Begrenzungsplatte, die Dornenschicht. Die Außenlage (Fig. 4 a). Von der Grenzlamelle ist in Aufsicht nichts zu sehen, da sie als homogenes farbloses Häutchen über der Lackschicht liegt, ebensowenig vom Alveolarsaum. Ich komme später noch auf diese beiden Gebilde zu sprechen. Die Lackschicht besteht aus einer homogenen körnigen, bei auf- fallendem Licht rötlich braun, bei durchfallendem mehr dunkel gelb gefärbten Masse. Sie zeigt bei etwa 50facher Vergrößerung schwache, wellige, längs der Decke verlaufende Erhöhungen. In den dazwischen liegenden etwas helleren Partien finden sich ein- gestochene Punkte, in denen die später zu besprechenden Haare sitzen. Man kann sie als Ganzes nicht mehr in einzelne Lagen spalten, wohl aber gelingt es bisweilen, wenn man ein Stück derselben unter dem Deckglas zerdrückt, an den Bruchstellen einzelne übereinanderliegende Zonen zu erkennen, die offenbar nacheinander gebildet wurden. Was nun besonders an dieser Schicht auffällt, ist ihre „Waben- struktur“, und sie ist es denn auch gewesen, die Karzov ver- leitete zu erklären: „daß die Cuticula der Insekten, wie kompliziert sie auch sein mag, durchweg aus einem zusammenhängenden Waben- werk mit lockeren und dichteren Partien bestehe“. Daß es sich nicht um Waben im Bürscrıi'schen Sinne handeln kann, zeigt schon die Größe dieser sechsseitigen Gebilde an; untersucht man ihre Entstehung, so sieht man mit aller Deutlichkeit, daß sie einen genauen Abklatsch der darunterliegenden Bildungszellen darstellen. Die Seiten der Sechsecke liegen nun nicht in einer Ebene mit dem von ihnen eingeschlossenen Teil, sondern sind vielmehr erhaben, sie stellen also ein Sechseckrelief dar, und zwar besitzt nicht nur die oberste Lage ein solches, sondern auch die tiefer liegenden. Diese eigentümliche Bildung kommt dadurch zustande, daß die Epidermiszellen in der Umgebung des zentral gelegenen Kernes die betreffende Substanz meist spärlicher abscheiden als an der Peri- pherie oder wie mir scheint richtiger ausgedrückt, am apikalen Teil der Zelle wird besonders das periphere Plasma in die Lack- schicht umgewandelt, während der Kern mit seiner Umgebung, 172 nachdem einmal eine dünne Lage gebildet ist, davon verschont bleibt und in die Tiefe rückt, da ja die Zelle noch beim Aufbau anderer wichtiger Cutieulargebilde mitzuwirken hat. Ähnliche Ver- hältnisse sind von Korschnerr bei der Bildung des Chorions von Insekteneiern beobachtet worden — das aber, wie Wxsrer neuerdings behauptet, nicht aus Chitin bestehen soll — und von mir für eine andere Substanz bei der Carotinbildung in den Flügeldecken von Gonioctena viminalis L., f. calcarata F. (d, p. 10). Hatten wir in den bisherigen Lagen ein Relief, dessen Er- habenheiten dorsad gerichtet waren, so zeigt die Grenzschicht, welche die Lackschicht von der ersten Lamelle der chitinigen Hauptlage trennt, merkwürdiger- weise nach innen, also ventral gerichtete Erhabenheiten. Es be- steht ebenfalls in der Hauptsache aus Sechsecken, die aber weit unregelmäßiger und mehr in die Länge gezogen sind, als die der übrigen Lagen (Fig. 5). Was deren Färbung anbe- trifft, so sind die äußersten und innersten am intensivsten braun Figur 5. gefärbt, während die inneren Li or eller, mehr gelblich, tingiert von unten mit Innenrelief. In der Mitte eine Sind. Nach SrAarer (p. XXXHD) Säule, umgeben von 4 Haarporen, neben soll dieses braune Pigment ein diesen die nierenförmigen Öffnungen für die ¥ } die Grenzlamelle bildenden Drüsen. 350:1. Tanninderivat sein. Besonders instruktive Bilder über die Zu- sammensetzung der Außenlage der Flügeldecke von Lucanus ‘cervus lieferten mir Schnitte durch die Decke eines gelben Käfers, der durch einen günstigen Zufall gerade in dem Augen- blick abgetötet worden war, als die Abscheidung der Grenz- lamelle erfolgte. Um diese Zeit hat nur erst die Bildung der ersten Chitinschicht der gleichzusprechenden Hauptlage begonnen, s. Fig. 6, alles andere stellt nur Außenlage dar. Der mittlere später gelblich gefärbte Teil der Lackschicht hat sich mit Häma- toxylin blau gefärbt, erscheint also im Photogramm dunkel, die äußere und innere später braune Begrenzung besitzt dagegen gelb- liche Eigenfarbe. Die Lackschicht weist eine dorsoventral ver- laufende fibrilläre Struktur auf. Nach außen davon ist sehr deutlich 173 ein Alveolarsaum im Sinne Bürscahrr’s oder die Stäbchenschicht BrepeRMANN’s zu sehen. Er besteht aus dicht nebeneinanderstehenden stark lichtbrechenden, mit Pikrinsäure sich gelb färbenden Stäbchen. ~ =k 3 Ay > “ther sin re} Nr BETEN | we re Heleat er oem a ae , a Ee mh, sh GO ome Grenzlamelle Alveolarsaum Lackschicht Anlage der leder- artigen Schicht Figur 6. Lucanus cervus L. Schnitt durch die Flügeldeckenrand eines gelben (unausgefärbten) Käfers. Delafield-Van Gieson. 450:1. Als äußerste dorsale Begrenzung finden wir dann die Grenzlamelle, die auf Schnitten durch fertige Decken als dünne farblose Membran erscheint (s. Fig. 2a), hier aber, da sie noch nicht erhärtet, sondern eben erst ab- geschieden war, durch die plötzliche Kon- servierung in ganz unregelmäßiger Weise erstarrt ist, und infolgedessen besonders klar zur Anschauung kommt. Sie tritt uns in diesem Stadium als basophiles Sekret entgegen, das bei Aufsicht bei seiner Aus- breitung auf dem obersten Sechseckrelief der Lackschicht, als mit Hämatoxylin ge- bläutes Häutchen, in dem die Partien, die ae a i - Lucanus cervus L. Gelber, un- über den Sechseckwänden liegen, einen ausgefärbter Kafer. Das die dunkleren blauen Ton angenommen haben, Grenzhaut liefernde Sekret hat 2 2 RE sich soeben über die Decke er- auffällt (Fig.7). Bei einigem Zusehen findet gossen. Es ist basophil. (Mit man auch diejenigen Stellen der Decke, en SEN.) aus denen die Flüssigkeit fließt, Poren, die es an dem fixierten Material durch einen blauen Pfropf verstopft sind. Und zwar liegt je eine nierenférmige Öffnung neben einem Haargebilde, auf das ich noch kurz zuriickkommen werde; beide Gebilde sind über die ganze Decke verbreitet und in großer 174 Anzahl vorhanden und täuschen bei flüchtigem Hinsehen eine Säule vor (s. Fig. 5, wo 4 der Haare mit den Poren um eine Säule an- geordnet sind). Auf dem Querschnitt finden wir näheren Aufschluß über diese Elemente. Die Öffnung ist der intrazelluläre Ausgang Figur 8. Figur 9. Lucanus cervus L. Gelber unausgefarbter Lucanus cervus L. Gelber, unausgefärbter Käfer. Rand der Flügeldecke. Außenlage mit Käfer. Decke quer. (Sinnes-?) Haar. 450:1. Haar un. Drüse. Delafield-Gieson. 450:1. einer einzelligen länglichen Drüse mit langgestrecktem Kern (Fig. 8). Das Haar stellt allem Anschein nach ein Sinneshaar dar. Es ist ziemlich breit, meist etwas gekrümmt und spitzt sich allmählich zu. Der in die Lackschicht einge- senkte Teil besteht aus einem hohlen Chitinzylinder, der in der Mitte eine kuglige An- schwellung zeigt, diese Stelle wird umgeben von einer an der eigentlichen Basis des Haares befestigten Chitinglocke In den hohlen Teil des Haares tritt eine oft deutlich sichtbare Fibrille ein (Fig. 8, 9) und die unter ihm liegenden Zellen zeichnen sich durch größere Kerne aus. Näheres konnte ich leider an meinem nur mit Alko- hol konservierten Material nicht ermitteln, besonders nicht über den weiteren Verbleib der Fibrille. Mir erscheint es ziemlich wahrscheinlich, daß es sich hier um ein Sinneshaar handelt, daß die Chitinglocke und der Zylinder zum Schutze des zentralen Teiles während des Erhärtungsprozesses ee te * .* > . ben*® £ ‘ - vg ; ' * ® ; seers ° une Figur 10. Anachalcos cupreus F. Lackschicht. 100:1. 175 dienen — bei dem auch die Grenzhautdrüse ganz zugrunde zu gehen scheint bis auf die nierenförmige Öffnung — und daß bei Zer- rungen des Haares der Reiz der Nervenfibrille mitgeteilt wird. Die Bedeutung der kugligen Anschwellung im Innern der Glocke wäre dann aber noch unklar. Die Lackschicht macht in ihrer ganzen Beschaffenheit und auch in ihrem Aufbau — wie es schon Brepermann hervorhebt — einen ganz anderen Eindruck als das Chitin, wie wir es in der Hauptlage antreifen, wenn es auch gegen Säuren und Alkalien, wie es scheint, ebenso widerstandsfähig ist wie dieses. Bei Wesrer (Taf. 11, Fig. 1), der die Arthropoden auf das Vorkommen von Chitin nach der komplizierten van Wısseumen schen Chitosanreaktion nach- prüfte, zeigen die Schichten der Hauptlage deutlich die Violett- färbung, die das Vorhandensein von Chitin vor der Umwandlung in Chitosan anzeigt, die Lackschicht dagegen ist auch hier gelb gefärbt, besteht also offenbar nicht aus Chitin. Welch komplizierte Ornamente die Lackschicht bisweilen auf- weisen kann, möge diejenige des afrikanischen Scarabaeiden Anachalcos (Chalconotus) cupreus F. demonstrieren (Fig. 10). In allen Fällen scheint für sie das Sechseckrelief charakteristisch zu sein; selbst wenn man es an der einen oder anderen Stelle nicht deutlich sehen kann, tritt es an einer anderen um so klarer hervor, und zwar auch bei ganz glatten Formen wie etwa Oryctes Pyrrhus Burm. Die Hauptlage (Fig. 4) (b—d). Unmittelbar unter der Lackschicht liegt eine Lamelle, die ich wegen ihrer Konsistenz und Farbe die „lederartige Schicht“ (Fig. 4b) nennen will. Sie ist wie die vorhergehende ebenfalls meist braun pigmentiert, von sehr zäher Beschaffenheit und weist in der Längsrichtung der Decke verlaufende, bisweilen durch spitzwink- lige Queranastomosen in Verbindung tretende schwache Erhöhungen auf, zwischen denen sich eine helle, bei der nächsten Schicht aus- führlich zu besprechende Substanz befindet. Im ganzen macht diese Lage den Eindruck wie etwa die Rinde mancher Bäume oder noch besser, wie gewisse Arten Leder. Sie ist oft sehr schwer zu iso- lieren; und ich vermochte sie nicht in allen Fällen von den übrigen Schichten zu trennen. In der in Fig. 4b dargestellten typischen Ausbildung scheint sie sich hauptsächlich beim © zu finden. Jetzt folgen, wenn wir weiter ventrad gehen, diejenigen Elemente, die von Brepermann und Karzov schon eingehend studiert und von letzterem „Balkenlagen“ genannt wurden. Sie sind es, welche 176 die bei Aufsicht auf eine Hirschkäferdecke charakteristische netz- artige Streifung vortäuschen. Im Querschnitt sind sie auf Fig. 2a, in Aufsicht in Fig. 4 ec, d, dargestellt. BıspermAann sagt im Hand- buch der Physiologie p. 825 von der Hauptlage des Chitinskelettes, daß sie bestehe „aus durchsichtigen von der Seite her etwas flach- gedrückten Stäben (Balken) oder dicken Fasern, die im allgemeinen parallel verlaufend und stellenweise miteinander anastomosierend ihrerseits wieder aus sehr feinen Fibrillen bestehen“... Man er- kennt, „daß jene Balken nur selten auf längere Strecken hin un- verzweigt verlaufen, sondern sich stellenweise spalten oder durch kurze Anastomosen verbunden sind ... Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß sich die Richtung der Chitinfasern oder Balken in benachbarten Schichten in der Regel annähernd rechtwinklig kreuzt.“ Figur 11. Figur 12. Lucanus cervus L. Eine Lamelle der äußeren Lucanus cervus turcicus Strm. 3 Lamellen der Balkenlage. Zwischen den Balken die helle äußeren Balkenlage mit anastomosierenden Zwischensubstanz. 700:1. Balken und Kreuzspalte. 350:1. Der Autor nimmt also an, daß es sich hier um dicht nebenein- ander liegende Balken handelt. Und in der Tat kann dieser Ein- druck sowohl auf Schnitten als auch bei Anblick von oben leicht vorgetäuscht werden. Gelingt es aber eine einzelne Lamelle der Hauptlage zu isolieren, wie sie Fig. 11 zeigt, so zeigt sich klar und deutlich die wahre Natur dieser Gebilde. Es handelt sich um glas- helle, nur in den obersten Lamellen bisweilen etwas gelbliche Platten, in denen, und zwar der ganzen Tiefe nach durchgehend deutlich- fibrilläre Chitinsubstanz mit einer stärker lichtbrechenden noch halb plasmatisch erscheinenden nichtfibrillären von unregelmäßiger Struktur abwechseln, und zwar sind die Balken etwa doppelt so breit wie die „Zwischensubstanz“, wie ich sie nennen will. Das Auffallende ist, daß diese keinerlei Farbstoffe annimmt; während sich 177 die Balken mit Jod, Hämatoxylin, Eosin usw. färben, bleibt die Zwischensubstanz von der Färbung stets ausgeschlossen; was noch mehr den Eindruck vortäuscht, als ob sich an ihrer Stelle ein Hohl- raum befinde. Die einzelnen Balken sind, wie ich Brevermann gegen Kapzov durchaus bestätigen kann, besonders in manchen Lagen deutlich aus feineren Fibrillen zusammengesetzt. Balkenanasto- mosen habe ich in diesen Schichten nur selten gefunden, dagegen scheinen sie die Regel bei L. cervus turcicus Strm. (Fig. 12) zu sein. Auf Querschnitten durch die Flügeldecke sah ich neben der lederartigen Schicht 8 Balkenlagen. Außerordentlich schwer war es aber bei Aufsicht, die Reihenfolge der verschieden verlaufenden Balkenlagen festzustellen, ich hoffe jedoch, daß die folgende Dar- stellung richtig ist. Zunächst ergab sich die wichtige Tatsache, daß je 4 Lagen enger zusammengehören. Die 4 oberen besitzen bei weiten breitere Zwischensubstanzzonen und die Balken anastomosieren kaum, die unteren dagegen zeigen ein häufiges Kommunizieren der Balken und weniger ausgebildete Zwischensubstanz oder anders ausgedrückt, sie machen weit mehr den Eindruck von homogenen Lamellen, in denen sich schlitzförmige mit der Zwischensubstanz gefüllte Aus- sparungen finden. Ich trenne infolgedessen eine „äußere Balken- lage“ (Fig. 4c) von einer „inneren Balkenlage“, jede besteht, wie gesagt aus 4 Schichten. Der Balkenverlauf der ersten Lage der äußeren Schicht bildet mit den in der Längsrichtung der Elytre verlaufenden Erhöhungen der lederartigen Schicht einen : Winkel von ca. 80° und den gleichen mit dieser die auf sie folgende. Der Winkel zwischen ihr und der dritten beträgt ca 60° (56°), während die letzte auf ihr wieder fast senkrecht stelt. Die ersten Lamelle der inneren Balkenlage steht in dem Verlauf ihrer Balken zu der letzten der äußeren wieder in einem Winkel von etwa 60°. Die beiden nächsten weichen nur um einen sehr spitzen Winkel von deren Faserverlauf ab, während die unterste, sehr dünne Lage auf der vorletzten senkrecht steht. Auf der Fig. 4d sind ein höher und ein tiefer liegendes fast miteinander paralleles Balkensystem und links unten (durch einen Pfeil markiert) ein dazu im spitzen Winkel stehendes zu sehen, ferner die abschließende Querlamelle Es erhebt sich nun die Frage nach der Ursache dieses komplizierten Baues. Die Aussparungen dienen wohl der Materialersparnis, weshalb ist aber der Wechsel im Balkenverlauf notwendig? Verliefen alle Chitinstäbe in den einzelnen Lamellen in derselben Richtung, so würden auch jedesmal die Zwischensubstanzstreifen aufeinander- treffen und in der Weise Stellen von geringer Widerstandskraft Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 12 178 geschaffen werden. Durch den Wechsel der Winkel wird diese Gefahr in glücklichster Weise vermieden. In der unteren Balkenlage, die nur geringere Aussparungen aufweist, ist die Winkeländerung kaum noch nötig, nur die letzte abschließende Lamelle steht daher senkrecht auf der vorhergehenden. Die Kreuzung der Fibrillen in aufeinanderfolgenden Schichten findet sich nun aber auch, wie wir noch sehen werden, in fast homogenem Chitin; die eigentliche primäre Ursache dieser Erscheinung ist also noch dunkel. Es muß hier noch erwähnt werden, daß die einzelnen Lamellen, wenn sie an einer Säule herabsteigen, ihre charakteristische Struktur verlieren und dünne homogene Häutchen darstellen, die ventrad jenseits der inneren Balkenlage, alle ineinander übergehen (Fig. 2a). Brepermann konstatierte dagegen bei Cybister Owas, dab die Balkenlagen an den Säulen ihre charakteristische Struktur beibehielten. Karzov beschreibt dorsoventrale, zwischen den einzelnen Balken verlaufende Fasern, die er Zwischengerüst nennt und auf Taf. XV Fig. 18 ab- bildet. Ich habe diese Gebilde nicht auffinden können, anscheinend handelt es sich um Mißdeutung der Zwischensubstanz. Somit hätten wir dann alle diejenigen Gebilde besprochen, die auf vorerst noch ziemlich rätselhafte Weise aus der einen Reihe dorsalen Epidermiszellen hervorgehen. Ich hoffe später auch über die Entstehung der hier behandelten Elemente Auskunft geben zu können. Zur Besprechung bleibt uns nun nur noch die untere Platte der Elytre, die Dornenschicht (Fig. 4e). Sie liegt, wie Fig. 2a zeigt, der unteren Balkenlage nicht direkt an, sondern ist nur durch die Säulen mit ihr verbunden, so daß sie auch bei Mazeration sich zuerst abhebt. Sie besteht aus mehreren sehr feinen Chitinlamellen, deren unterste kleine Dörnchen trägt; in ihrer Anordnung zeigen sie bisweilen Wirbelbildung (Fig. 4e). Interessant ist, dab diese Gebilde mit den entsprechenden der häutigen Flügel korrespondieren. Sind an der Elytre Spinulae vorhanden, trägt auch die Ala solche, runden sie sich zu perl- förmigen Gebilden ab, so besitzt der Flügel auch solche, wie ich es für Melasoma vigintipunctatum Scor. gezeigt habe (c, p. 190). An diesen Dornen läßt sich, wie hier nebenbei bemerkt sei, der Chitinierungsprozeß sehr gut verfolgen. Ohne die theoretische Wichtigkeit des Vorganges zu kennen, berichtet schon Krüser über die Bildung der Spinulae folgendes (p. 33): „Ich beobachtete ihre Bildung bei Lema asparagi im Anfang des Puppenstadiums. 149 Die Zellen des Hinterflügels zeigen alsdann kurze spitzige Fort- sätze über die Oberfläche der Flügeldecke, an der vorerst eine Chitinausscheidung nicht wahrzunehmen ist, hervorragend. Sie sitzen wie Kegel oder Flammen den Zellen auf und bestehen an- fänglich nur aus Protoplasma. Auf ihnen scheidet sich dann nach und nach Chitin aus, und zwar im selben Verhältnis wie das Plasma schwindet). Der fertige Stachel besteht nur aus Chitin.“ Ein ähnliches Entstehen einer Spitzencuticula durch direkte Um- wandlung von Plasma habe ich bei Raupen festgestellt (a,p.191, Fig. 4). Lackschicht und Balkenlagen finden sich nun in ganz ähn- licher Ausbildung auch in allen übrigen festeren Teilen des Panzers, in den Beinen, dem Kopf- und Halsschild, den Mandibeln des JS usw. und auch in den Bauchsterniten, nur sind oft wie etwa in der Kopfplatte die einzelnen Schichten in größerer Anzahl vorhanden. Eine besonders interessante Bildung weisen die inneren Schichten des Thorax auf. Hier zeigt sich nämlich eine deutlich geflechtartige Anordnung des Chitins (Fig. 13). Wie man aber an ein- und derselben Lamelle konstatieren kann, die |. nk an den Rändern noch typische Balken- Anordnung des Chitins in den konstruktion aufweist und allmählich in vertraten Seiuchten ces Hals - die eben besprochene übergeht, entsteht die neue Bildung, die ganz auffallend an gewisse bindegewebige Fasern erinnert, dadurch, daß die Balken stärker miteinander ana- stomosieren und die Zwischensubstanz ganz schwindet. Die für die Hauptlage charakteristische Zwischensubstanz ist auch da vorhanden, wo man sie wegen ihrer Feinheit als solche nur erkennen kann, wenn man sie vorher in typischer Ausbildung gesehen hat. So kann man sie z. B. in den inneren, sehr feinen Lamellen der Decke von Melasoma vigintipunctatum Scor. (Fig. 14) und populi L. durch Färbung der Balken mit Eosin sehr gut zur Darstellung bringen. Der Faserverlauf ist zwar in den einzelnen Lagen ebenfalls verschieden, aber bei weitem unregelmäßiger als beim Hirschkäfer und verläuft mehr in gebogenen Linien. In dem Augenblick, wo die Zwischensubstanz in den einzelnen Chitinplättchen nicht mehr kontinuierlich in einer Richtung ver- Figur 13. 1) Von mir gesperrt. 12* 180 läuft, sondern ganz unregelmäßig bald hier bald da auftritt, wie wir es schon bei der inneren Balkenlage von Lucanus angedeutet sehen, geht natürlich die Balkennatur der Schichten, und damit auch deren äußeres Kennzeichen, die Kreuzstreifigkeit der Decke Figur 14. Figur 15. Melasoma XX punctatum costellum Mars. Xyloryctes satyrus F. Hauptlage der Flügel- Fliigeldecke in Aufsicht mit den sehr feinen decken mit unregelmäßigen Aussparungen. Balkenlagen. 350:1. 350:1. bei Aufsicht verloren. Einen weiteren Schritt auf diesem Wege macht die Hauptlage von Xyloryctus satyrus F. (s. Fig. 15). Bei unserem Nashornkäfer endlich und vielen anderen Arten führt die Reduktion der Zwischensubstanz zur Bildung der sogenannten „Kreuzporen“. Hier sind in den Lamellen nur ganz kurze, strichförmige Stellen mit dieser Masse ausgefüllt. Der Winkelwechsel in dem Fibrillenverlauf der La- mellen ist ebenfalls vor- — a b handen, es deckt sich hier ~ Figur 16, aber immer die Zwischen- aan Kate fer Menue nee tk zus Stbstanz, anf diese Wei Natur der Kreuzspalten als ausgesparte Stellen. 350:1. entsteht das, was die Au- toren als „Kreuzporen“ beschrieben haben, Gebilde, die auch einzeln in den typischen Balkenlagen des Hirschkäfers vorkommen (s. Fig. 12). Ich betone aber ausdrücklich, daß es sich hier nicht um Öffnungen im Chitin handelt, wie man bisher annalım (s. Fig. 16). Man bezeichnet sie daher besser als „Kreuzspalten“. Erwähnt sei noch, daß in der inneren Balkenlage von ZLucanus die hier rundlich ovalen Aus- sparungen, die zur Bildung der Kreuzspalten Veranlassung geben, 181 in einen Chitinrahmen eingespannt sind (s. Fig. 13a), und daß ihr zentraler Teil aus einer mit Jod stärker färbbaren Substanz besteht. Der Gedanke liegt sehr nahe, daß dieses verschiedenartige Auftreten der Zwischensubstanz auf mechanische Ursache zurück- zuführen sei. Dem scheint aber nicht so zu sein. Wenn auch im allgemeinen gesagt werden kann, daß die betreffenden Teile im ganzen möglichst fest gebaut sind, so wird sich wohl kaum die Zweckmäßig- keit im Bau jeder einzelnen Lamelle nachweisen lassen, warum hier gerade soviel Schichten, da mehr oder weniger vorhanden sind, warum bei in Habitus, Größe und Lebensweise ähnlichen Tieren, bei denen auch die Lackschicht über- einstimmend gebildet ist, der eine Balkenlagen, der andere Lamellen mit Kreuzspalten aufweist (wie etwa bei Figur 17. fercen- und Nashornkäfern). And:rer- rin Kgustri L. Intersegmental- E 3 R i haut der Puppe mit Hohlröhren- seits zeigen wieder Käfer mit ganz ver- System. . 126 21, schiedener Inanspruchnahme der Flügel- decken dieselben Strukturen. Cetonia aurata L. fliegt bei. ge- schlossenen Decken, Oryctes nasicornis L. benutzt sie zum Fliegen, und beide weisen in der Hauptsache denselben Deckenbau auf. Figur 18. Wie Figur 17. a Lackschicht von oben, db von unten, ce unterliegende Chintinlamelle mit Aussparungen. 350:1. Endlich kommen auch bei systematisch nahestehenden Formen die verschiedenartigsten Bildungen vor. Unter den Ruteliden, einer Familie der Lamellicornier, besitzt z. B. Chrysina macropus FrancıLon Balkenlagen, Bradysternus viridis Guertin Kreuzspalten- 182 lagen und Adoretus vestitus Bow. hat homogene Platten, in denen nur eine schwach fibrilläre Struktur nachzuweisen ist. Eine sechseckige Felderung im Chitin, wie normalerweise in der Lackschicht, fand Brepermann bei Anachalcos (Chalconotus) cupreus F. (Scaras.). Ich kann diese An- gaben bestätigen mit der Einschränkung, daß auch hier die untersten Lagen fibrillär gebaut sind. Während wir also für die Lack- schicht als typisch eine sechs- eckige Felderung, entsprechend der Form der Bildungszellen kon- statieren konnten, zeigt das Chitin eine solche nur ausnahmsweise. Figur 19. Dieses stellt vielmehr Platten mit Papilio podalirius L. Intersegmen- einem mehr oder weniger deut- Seed m lichen fibrillären Bau dar, in dem Luft. 13521. sich verschiedenartige Ausspa- rungen, die mit einer nichtfibril- lären, weniger differenzierten Zwischensubstanz ange- füllt sind, finden. Der Fibrillenverlauf ändert sich mehr oder weniger in aufeinanderfolgenden Schichten. A b Figur 20. a. Cuticula des Kopfschildes der Larve von Hydrophilus piceus L. b. Cuticula des Cephalo- thorax von Argiope Coquerelli Vinson. Jedes sechseckige Kästchen entspricht einem an- setzenden Muskelbündel. 350:1. Ich will hier noch auf einige besonders charakteristische Strukturen hinweisen. Die Intersegmentalhaut der Lepidopteren- puppen weist eine sehr merkwürdige Bildung auf (Fig. 17. 18a). Auf der Lackschicht findet sich nämlich ein zierliches Netzwerk 183 von hell gefärbten, im Leben mit einer Flüssigkeit gefüllten Hohl- röhren, die zwischen denselben. gelegene Partie springt ventral pflugscharähnlich vor (Fig. 18b). Unter ihr liegt eine ziemlich dünne Chitinlamelle, die mit körnlicher, bräunlicher Masse gefüllte Aussparungen aufweist (Fig. 18c). Diese Strukturen sind bei den verschiedenen Arten ziemlich übereinstimmend. Nach dem Schlüpfen des Falters dringt Luft in die Kanäle ein (Fig. 19), weswegen die Intersegmentalhiute der Exuvien gewöhnlich weiblich erscheinen. Die physiologische Bedeutung dieser Bil- dungen müßte erst noch ermittelt werden, vielleicht haben sie etwas mit der Atmung zu tun. Charakteristisch für den Kopf vieler Insektenlarven und den Cephalothorax mancher Spinnen sind Komplexe, mit einem stark hervortretenden Sechseck- relief in einer fasrigen Grundmasse. Wie man sich leicht überzeugen kann, ent- spricht jedes Kästchen einem ansetzenden Figur 21. Muskelbündel (Fig. 20a, b). Endlich sei Argiope Coguereiti Vinson. Ab- noch auf eine andere Form der Chitin- me ee ee lamellen, wie sie sich z. B. am Abdomen der Spinne Argiope Coquerelli Vınsonx findet, hingewiesen. Hier ist das Chitin offenbar zur Versteifung in wellige Falten gelegt (Fig. 21). Das Sekretrelief der Cicindelen und anderer Coleopteren. Bei meinen Untersuchungen über die Käferflügeldecken, die ich auf die Vertreter der verschiedensten Familien ausdehnte, machte ich die merkwürdige Entdeckung, daß bei vielen Elytren mit besonders ausgeprägter Oberflächenskulptur sich diese in ver- dünnter Kalilauge im Thermostaten völlig auflöste. Dies führte zur Auffindung des dritten Typus des Deckenbaues, der direkt von den beiden ersten abzuleiten ist, in dem nämlich an Stelle der Grenz- lamelle ein mächtiges etwa 7/, der ganzen Decke ausmachendes „Sekretrelief“ getreten ist. Tritt dieses bei einer Decke des Typus II wie etwa bei der Rutelide Chrysina macropus Fr. auf, so fehlt die Lackschicht. Besonders typisch ist es bei den Cicindeliden ausgeprägt, ich will daher die betreffenden Verhältnisse bei unserer gemeinen Cicindela hybrida L. besprechen. Was die Decke von Cicindela gegenüber etwa der von Mela- soma charakterisiert, ist einerseits die stärkere Entwicklung des 184 Chitins und andererseits besonders das Auftreten des neuen Ele- mentes, einer Reliefskulptur, die der Hauptsache nach aus er- habenen Leisten besteht, die nicht ganz regelmäßige sechseckige, oben offene Kästchen bilden; daneben kommen noch buckelförmige Erhebungen vor (Fig. 22 u. 27). Zwischen dorsaler und ventraler Lamelle ist es zur starken Chitinentwicklung gekommen, so daß nur ganz kleine Hohlräume zwischen ihnen übrig bleiben, die an vielen Stellen auch völlig schwinden können. Von der oberen Platte gehen Figur 22, > Figur 23. Cieindela hybrida maritima Latr. d. Cicindela hybrida L. Ein Skulptursystem Sekretrelief der Flügeldecke. 60:1. der Decke. 350:1. auch hier die Columnae ab, und zwar von seichten, den Patinae ent- sprechenden Einsenkungen, die aber bei Aufsicht von oben kaum. in Erscheinung treten, da über sie noch das Kästchenrelief hinwegzieht. Zwei Elemente der Skulptur sind von besonderer Wichtigkeit: l. je nach der Spezies mehr buckel- oder schuppenförmige Er- hebungen, für die ich den Namen „Uyrtome“ (von xuproua der Schildbuckel) in Vorschlag bringe; 2. die den Patinae entsprechenden Stellen der Decke, von wo aus die hier ziemlich starken Columnae zur unteren Lamelle ziehen. In der Breite der primären Columna (an die sich später nach und nach neue Chitinlagen anlegten) fehlen die Kästchen. Diese Stelle will ich als den „Kurvenanfangs- punkt“ bezeichnen, da von hier aus die Sechsecke in kreis- spiraliger Anordnung ausgehen. Cyrtom, Kurvenanfangspunkt und die von diesen ausgehende Spirale von Sechsecken stellen ein „Skulptursystem“ dar (Fig. 23). Über die Elytren verlaufen meist noch eine große Anzahl hellerer Linien, die ich „Nahtlinien“ nennen will (Fig. 22). Bei stärkeren 185 Vergrößerungen konstatiert man, daß es an den betreffenden Stellen beim Aufeinanderstoßen zweier Sechseckreihen nicht zur Bildung einheitlicher normaler Leisten gekommen ist, sondern daß die skulpturbildende Masse in einigen unregelmäßigen fädigen Strängen liegt, etwa so, als wenn Fäden einer zähflüssigen Substanz auf der Decke haften geblieben wären (Fig. 24). Die Nahtlinien stellen nicht die Grenzen verschiedener Skulptursysteme dar, wie man vermuten könnte, sondern verlaufen ganz unregelmäßig. Über ihre Bedeutung und die Ursache ihres Entstehens habe ich bis jetzt Figur 24. Figur 25. Cicindela hybrida maritima Latr. Q. Cicindela hybrida maritima Ltr. Flügeldecke „Nahtlinien.* 350:1. nach Behandlung mit HKO. 150:1. genaueres nichts ermitteln können. Wie es scheint, treten sie bei den 3 CG deutlicher hervor. Die weißen Stellen der Decken weisen dieselbe Skulptur auf wie die pigmentierten, nur fehlen ständig die Cyrtome, wie schon Lene richtig erkannte. Stellt man eine Cicindeladecke in verdünnter Kalilauge etwa 8 Tage lang auf den Thermostaten, so gelit mit ihr eine merk- würdige Veränderung vor. Sie entfärbt sich ganz, jedoch sind die weißen Stellen von den ehemals braunen noclı deutlich abgesetzt. Die gesamte Reliefskulptur löst sich in Kalilauge, sie be- steht also nicht aus Chitin. Betrachtet man jetzt eine Elytre, so sind Cyrtome und Sechsecke völlig geschwunden, dafür treten aber die sehr dicht stehenden großen Patinae deutlich hervor. In einigen Fällen zeigen sich außerdem farblose Kristalldrusen, die möglicherweise einen aus der Verbindung von HKO mit dem skulpturbildenden Stoff hervorgegangene Verbindung angehören (Fig. 25). Von den Anhangsgebilden der unteren Lamelle sieht man infolge der Dicke der Decke bei Aufsicht nichts. Um die Entstehung des Reliefes eingehend zu studieren, müßte man den 186 „Erhärtungsprozeb“ der Decken nach dem Verlassen der Puppe studieren. Größeres Material hierzu stand mir nicht zur Verfügung, doch konnte ich dank dem Entgegenkommen von Herrn Dr. Kuxtzen vom Mus. für Naturk. 2 frisch geschlüpfte, unausgefärbte Tiere, eine Cicindela hybrida L. und eine C. silvatica L. untersuchen. Es ergab sich, daß bei ihnen von einer Reliefskulptur noch nicht ‘geredet werden kann, es findet sich nur eine dünne Chitinlage, die offenbar als Abklatsch der unterliegenden Epidermiszellen sechs- eckig gefeldert ist, von Cyrtomen ist noch nichts zu sehen (Fig. 26). Will man einen weiteren Einblick in den Aufbau der Skulptur gewinnen, so empfiehlt es sich, die fertigen Flügeldecken etwa 2 Tage lang der Einwirkung von Kalilauge auszusetzen. Das Relief wird dadurch nicht völlig zer- stört, sondern nur die oberflächlichen Schichten etwas abgetragen, wobei aber die charakteristischen Bestand- teile durchaus erhalten bleiben (Fig. 27). Es zeigt sich dann, daß an der Basis der Cyrtome je 4 bis 5 feine Poren liegen, durch die offenbar das skulptur- erzeugende Sekret herausfließt und sich auf den chitinig vorgebildeten Sechs- eckkanten ausbreitet. Nach dem Sekret- erguß staut sich anscheinend die Masse Cieindela silvatica L. Frisch geschlüpt. m den Poren und bildet über der auch ter Käfer. Decke in Aufsicht. 150:1. dort vorhandenen Sechseckskulptur (Fig. 27x) eine höckerförmige Er- höhung, das Cyrtom (cyrt.). Deutlich treten an so behandelten Decken die an pigmentierten Stellen derselben ebenfalls und zwar sehr dunkel gefärbten Columnae als schwarze Kreise in die Erscheinung (col.). Ferner finden sich auf den Flügeldecken unregelmäßig zerstreut kleine Foren (Fig. 33 por.), die gewöhnlich von 4 Sechsecken um- stellt sind, in denen wohl in frischem Zustande ein Haar stand, wie bei der noch unausgefärbten Decke auf Fig. 26 zu sehen ist. Bei den im Freien gefangenen Tieren fand ich Haare nur noch in den großen Randporen. Sie sind bedeutend größer als die eben be- sprochenen und mit einem wulstigen Chitinrand versehen (Fig. 28). In ihnen steht ebenfalls ein einfaches aufrechtes Haar, das aber bei alten Tieren gewöhnlich abgebrochen ist. Diese Elemente stehen längs der Naht in einer unregelmäßigen Reihe, die an der Basis der Decke sich mit etwa 3—4 Poren hakenförmig nach Figur 26. — U 187 innen oder außen umschlägt, ein weiterer Komplex von ihnen gegen den Außenrand hin aus 2--3 der Naht parallelen Reihen aus etwa je 2—5 Poren bestehend; und endlich zieht eine Reihe von ihnen sich dicht am Außenrand entlang. Ihre Zahl und Anordnung ist aber fast bei jedem Exemplare ver- schieden. Die gerandeten Poren treten immer in Begleitung eines Cyrtomes auf und stehen etwa so wie ein Kurvenanfangspunkt zum Cyrtom (Fig. 28). An den nichtpigmentierten Stellen der Decke fehlen sie ebenso wie die Ciese. Schiebt sich einmal weiße -Cyrtom Columna Figur 27. Cicindela hybrida maritima Latr. Sekretrelief etwas mit HKO behandelt. 160:1. Zeichnung in die Porenlinie an der Naht und müßte dem Abstand nach an der betreffenden Stelle ein Porus stehen, so fällt dieser aus; oder aber — wie es z.B. an der Apikallunula von Cic. cam- pestris L. öfter der Fall ist — die Grundfarbe schickt einen lappen- formigen Fortsatz in die weiße Mondbinde, der auch völlig ab- “ geschnürt in dem Weiß liegen kann und in ihm steht dann der „Borstenpunkt“ der Systematiker (Fig. 29, 30). Wie schon oben erwähnt, ist die Entwicklung des Chitins zwischen den beiden Deckenlamellen eine sehr mächtige, der größte Teil der Elytren ist ganz massiv geworden. Die primären Columnae sind meist noch deutlich zu erkennen, in ihrem Bereich gehen die einzelnen Chitin- schichten bogenförmig um sie herum. Die Grenzen der ursprüng- lichen dorsalen und ventralen Lamellen sind gegenüber dem sekun- dären Füllchitin kaum noch festzustellen. An der Ventralseite der Decke finden sich verhältnismäßig Kleine Chitindornen, die schräg 188 gegen die Deckennaht gerichtet sind (Spinulae). Nur an der Schulterbeule treten die (fiir Melasoma XX-punctatum fir die ganzen Elytren charakteristischen) Perlae auf, die allmählich gegen den Apex und den Suturalrand hin in die Spinulae übergehen. Ganz Figur 28. Figur 29. Cicindela hybrida riparia Latr. Randporus Cicindela campestris pontica Motsch. der Decke. 340:1. Vorsprung des braunen Flügelteils mit Porus in die weiße Apikallunula. 125:1. besonders wichtig ist der Umstand, daß die farblosen und die pigmentierten Teile der Elytren einen abweichenden Bau zeigen, trotzdem sie nicht scharf voneinander getrennt sind, sondern all- mählich mit gebuchteten unregel- mäßigen Begrenzungen ineinander übergehen. An den weißen Stellen sind auf Schnitten die Columnae noch deutlich als solche zu erkennen und das Füllchitin liegt in sehr gleich- mäßigen feinen Schichten, imübrigen Teil der Elytren dagegen sind die Säulen sehr unscharf abgesetzt und die Lagen des Zwischenchitins weit unregelmäßiger. Wie schon Krüger (p. 30) hervorhebt, sind an dieser Figur 30. Stelle als Zeichen für ihre Herkunft ee pea von der oberen Lamelle auch die primären Columnae pigmentiert. („Der axiale Teil ist als ursprünglich äußerer Teil ebenfalls wie die oberste Schicht des Flügelchitins pigmentiert.“) Nach den Untersuchungen Gorrxers (p. 754) entsteht bei den Coleopteren das schwarze Pigment infolge der Oxydation eines Chromogens durch ein Enzym, die Tyrosinase. Diese ist überall 5 Se 189 in der Hämolymphe vorhanden, während das Chromogen an be- stimmten Stellen lokalisiert ist. Nach dem eben Mitgeteilten muß die Abscheidung des Chromogens für die schwarzen Zeichnungs- elemente der Elytren schon recht zeitig in der Puppe geschehen, bevor die beiden Deckenlamellen in Verbindung getreten sind, da sonst die Columnae, die im Bereich pigmentierter Stellen liegen, nicht durch ihre Schwarzfärbung die Herkunft von der oberen dorsalen Flügelplatte dokumentieren könnten. Allem Anschein nach entspricht das Pigment der Cicindelen mehr dem der Käfer, die wie etwa Melasoma auf hellem Grunde schwarze Zeichnung zeigen, und ist ganz verschieden- von dem des Hirschkäfers und ähnlicher Formen. Oben war schon erwähnt worden, daß sich die Strukturen der Balkenlagen bei ZL. cervus typ. und L. cervus twreicus unterscheiden, Figur 31. Melasoma XX punctatum Scop. Aufsicht auf die Decke. a typ. b Subspezies costellum Mars, 160:1. ebenso sind die Spinulae bei der asiatischen Form viel feiner als bei deutschen Tieren. Ferner hatte ich früher gezeigt (b p. 146), daß bei Aufsicht betrachtet die absolute Größe von Patinae und Perlae und ihr Größenverhältnis zueinander bei Mel. X X-punctatum ein gutes Unterscheidungsmerkmal für die europäische und die japa- nische, sonst schwer auseinanderzuhaltenden Unterarten (Fig. 31 a b) ist. Es war zu erwarten, daß bei Arten, die eine so komplizierte Ober- flächenskulptur haben wie die Angehörigen der Gattung Cicindela, Lokalitätsunterschiede noch deutlicher in die Erscheinung treten würden. Diese Vermutung hat sich im vollsten Umfange bestätigt; und zwar sind besonders Cyrtom und Kurvenanfangspunkt für die geographische Rassenforschung der Cicindelen von Bedeutung. Ich will dies an einem Beispiel demonstrieren. Gleich hervor- gehoben muß werden, daß die Cyrtome in betreff ihrer Größe und 190 Form besonders bei schwachen Vergrößerungen oft zu Täuschungen Anlaß geben, je nach dem Gesichtswinkel, unter dem man sie betrachtet (vgl. auch die Photogr.). Daher sind diese Eigenschaften für unsere Zwecke wenig brauchbar, sie scheinen auch nicht sehr beträchtliche Verschiedenheiten aufzuweisen. Als wichtig ist viel- mehr ihre Anzahl und die Entfernung der Cyrtome vom Kurven- anfangspunkt, gemessen durch die Zahl der zwischen beiden liegenden Kästchenreihen. Diese Angabe läßt sich mit absoluter por Figur 32. Cicindela hybrida L. Das Sekretrelief auf den Flügeldecken dreier Rassen. a hybrida typ., b hybrida maritima, c hybrida riparia, 100:1. Genauigkeit gewöhnlich nicht machen, da die schräg stehende Schuppe immer einige Reihen verdeckt. Wir sind also auf die Zählung der bei direkter Aufsicht von oben sichtbaren angewiesen. Für die 3 Rassen unseres braunen Sandläufers Cicindela hybrida hybrida L. (untersuchte Tiere aus Finkenkrug b. Spandau), ©. hybr. maritima Larr. (aus Steegen, Westpr.) und C. hybr. ryparia (aus Mendel, Tirol) ergab sich folgendes (Fig. 32): Riparia besitzt das stärkste, maritima das hinfälligste Chitin (cfr. auch v. LencerKen 4 € i 191 p. 23), hybrida steht in der Mitte. In der Anzahl der Cyrtome verhält sich C. hybr. hybrida: hybr. maritima: hybr. riparia etwa wie 1:1,6:1. Die von riparia sind mehr schuppenförmig, die von maritima höckerartig, während die hybrida-Cyrtome etwa die Mitte zwischen beiden halten. Zwischen Kurvenanfangspunkt und Cyrtom sind bei Aybr. hybrida 2—3, bei hybr. maritima 1,5— 2, bei hybr. rıparıa 3 oder mehr Sechseckreihen sichtbar. Im übrigen verweise ich auf die Photo- gramme. Die durch die verschiedene Skulptur und Dicke des Chitins bedingten Unterschiede treten nun auch besonders bei Betrachtung der Decken im auffallenden Licht in die Erscheinung. Man begreift vollauf das Entzücken des alten Descaam»s, wenn man diese wunder- vollen gesättigten Farben und gegeneinander unvergleichlich schön abgetönten Ornamente, welche oft an alte Kirchenfenster, durch die die Sonne scheint, erinnern, zum ersten Male bei hellem Lichte unter dem Mikroskop zu sehen bekommt, und man wird nicht müde, sie immer von neuem anzuschauen. Die originellsten und wirksamsten Vorlagen für den Kunstgewerbler liegen hier offen zutage. Es treten bei Aufsicht bei starker Beleuchtung (bei diffusem Licht sind die Farben etwas anders) infolge des durch ihre ab- weichende Chitinstruktur hervorgerufenen Farbeffektes die Patinae deutlich in die Erscheinung; gemäß dem über die Stärke der Elytren Gesagten sind sie bei hybr. riparıa am größten. Relativ am wenigsten farbenprächtig ist die Decke von C. hybr. riparia. Die Patinae erscheinen braun, umringt von Grün, das allmählich zwischen den Patinae in Gelbgrün übergeht. Auf den Sechs- ' ecken liegen einige blaue Lichter. Die Cyrtome erscheinen gelbrot, gegen den Flügelrand hin mehr kupferrot. Bei hybr. hybrida sind dagegen die Patinae blau, bläulichgrün umringt. Die Zwischen- räume zwischen ihnen gelblichgrün. An den kleinen Poren der Decke leuchten einige rote Lichter auf. Cyrtome goldfarben. Hybr. maritima endlich weist blaue grün umsäumte Patinae auf, die Zwischenräume sind kupferrot, die Cyrtome von einem leuchtenden tiefen Rot. — Ich gedenke später an einer weit verbreiteten Art, der Cic. campestris, die Bedeutung des Sekretreliefs für die Rassen- forschung eingehender zu behandeln. Bei der sehr primitiven, ganz unpigmentierten Platychila pallida F. findet sich ein nur sehr schwach entwickeltes gleich- mäßiges Sechseckrelief, das aber die Patinae deutlich hindurch- schimmern läßt. In der Decke liegen um die Säulen herum große Räume, die mit Luft angefüllt sind. In ausgedehntem Maße finden 192 wir diese Erscheinung zwischen den einzelnen Schichten der Flügel- decke bei der Rutelide Areoda Leachi Mc. Leay und zwar offenbar auch beim lebenden Tier. Oraus (p. 251) berichtet nämlich folgendes: „Das lebende Tier gewährt einen prachtvollen Anblick; milchweiß wie ein großer Opal glänzt es in kupfrigen, goldigen und erzgrünen Reflexen — die, wie man sich leicht überzeugen kann, ausschließlich durch die hier sehr dünne Lackschicht hervorgerufen werden (P. S.) — erst nach dem Tode tritt die schal gelbe Farbe mit überwiegend grünen Schiller auf.“ Pseudochyla bipunctata Lave. (Fig. 33) weist nur Sechsecke sowohl auf pigmentierten als auch unpigmentierten Stellen auf; Phaeoxantha (Megacephala) Klugi Cup. zeigt an den gelblichen und bräunlichen Teilen der Decke durchgängig Sechs- ecke und Cyrtome, während letztere an unpigmentierten Stellen in der Regel fehlen. Es scheint so, als ob bei den Cicindelen das Vorhandensein einer einfachen Sechs- eckskulptur und der Mangel an Pigmen- tierung das Ursprüngliche ist, abgesehen von so abgezweigten Formen wie Mantıca und Mantichora, die kein Sekretrelief, sondern eine Lackschicht mit Dörnchen besitzen. Bei den Genera, die auch noch Peeudochyla tipunctata. Sekret yTtome haben, stehen diese oft "über relief der Elytre. 100:1. den Columnae selbst und nicht neben ihnen; z. B. bei Tetracha distinguenda W. Horn, über dem Hocker liegt hier noch wie ein Augenlid ein brauner Längskiel (Fig. ::4). Ähnlich, doch ohne letzteres Gebilde, ist die Skulptur von Theretes labiatus F., nur weist sie außer den normalen kleinen Sechsecken noch große Pentagone auf, die immer ein Cyrtom in sich einschließen. Die Decke von Metriochila nigricollis (Rcre.) zeigt neben dem Cyrtomen sehr deutlich die Öffnungen, aus denen wohl das Sekret herausfloß (Fig. 35) (an dieser Stelle noch innerhalb der Patinae findet sich dieser Porus gewöhnlich bei den Decken des Typus I); besonders interessant ist sie aus dem Grunde, weil sie den Übergang vermittelt zu dem ganz ähnlich gebauten Sekretrelief der Gattung Carabus (Fig. 36), während die Costae usw. dieses Genus nur sekundäre Auffaltungen darstellen, unter denen die auf der übrigen Decke dicht nebeneinanderstehenden Säulen fehlen. Dagegen besitzt Calosoma sycophanta L. keine Sekretlage, sondern eine ziemlich dicke braune Lackschicht, der auch die grüne Ober- flächenfarbe zukommt. In einem Falle konnte ich sehr schön die Figur 33. 193 Bedeutung der Sekretschicht für das Zustandekommen der Elytren- färbung konstatieren. Die brasilianische Rutelide, Chrysina ma- cropus Fraxc., weist eine in HKO lösliche Reliefskulptur auf, die % Figur 34. Figur 35. Tetracha distinguenda W. Horn. Sekretrelief Metriochila nigricollis Rche. Sekretrelief der der Elytre. 250:1. Elytre. 250:1. sich im Gegensatz zu der anderer Spezies in einzelne Blättchen zerspalten läßt, die alle ähnlich wie bei der Lackschicht jedes einzeln die Sechsecke aufweisen (Fig. 37). Die oberen sind gelblich, Figur 36. Figur 37. Carabus hortensis L. Sekretrelief der Elytre. Chrysina macropus Francillon. Sekretrelief 250 20. der Elytre, Bruchstück. 350:1. die unteren farblos. Unter der Sekretschicht folgt eine dunkel- braune Lederschicht. Die untersten unpigmentierten zuerst ge- bildeten Lagen sind trübweißlich und erscheinen isoliert, bei durch- fallendem Licht betrachtet leicht bläulich, durch die darunter- Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 13 194 liegende braune Schicht wird dieses Blau verstärkt; die oberen gelben Sekretlagen verwandeln endlich dieses in das schöne helle Grün, das der Käfer aufweist. Schabt man vorsichtig die oberste Schicht ab, so kommt unter ihr die intensiv blaue Färbung zum Vorschein. Hiermit stimmt sehr gut die Beobachtung von Onavs (p. 394) an einer anderen Rutelide Macraspis pantochloris Buancn. überein, er sagt von ihr: „Beim frisch entwickelten Käfer glänzt alles spätere Grün violett oder blau, erst mit dem Dickerwerden und Erhärten des Chitinpanzers stellt sich die grüne Färbung ein.“ Einen ähnlichen Fall vom Zustandekommen von Grün durch Überlagerung von optischem Blau durch Pigmentgelb hat Brevermann bei Smaragdisthes beobachtet (0, p. 243). Ich will hier nicht auf das schwierige Kapitel der Oberflächenfarben bei den Käfern ein- gehen, soviel ist sicher, daß für ihr Zustandekommen faßt nie das Chitin, sondern nur die Außenlage verantwortlich zu machen ist; daß der Alveolarsaum dabei eine große Rolle spielt, wie BIEDERMANN annimmt, möchte ich bezweifeln. Zum Schluß sei allen den Herren, die mich bereitwilligst mit Material unterstützt haben, besonders Herrn Prof. Kotze und Herrn Dr. Kuszzen vom Museum für Naturkunde, Herrn Dr. Horn vom Deutsch. Entom. Mus., sowie Herrn Dr. Oxnavs und Herrn H. v. Lencerken auch an dieser Stelle mein herzlichster Dank aus- gesprochen. Ich hoffe in einiger Zeit Näheres über die Ent- stehung der hier besprochenen Strukturen Mitteilung machen zu können, während von anderer Seite im Berl. Zool. Inst. das Chitin der übrigen Arthropoden untersucht wird. Literaturverzeichnis. BEAUREGARD, H.: Recherches sur les Insectes vésicants. Journ. anat. et phys. 21, 1885. BIEDERMANN, W.: a) Geformte Sekrete. Z, f. allg. Physiol. 2, 1903. b) Die Schillerfarben bei Insecten und Vogeln. Denk. med. naturw. Ges. Jena 11, Festschr. f. E. Häckel 1904. e) in H. WINTERSTEIN, Lehrbuch der vgl. Physiologie. Bd. III, p. 814—887. BÜTSCHLI, O.: Untersuchungen über Strukturen. Leipzig 1898. 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Damit würden aber die Ufergrundstücke und Außendeichsländereien trocken- gelegt, die nur durch einen Aufstau bis zu 5,5 m über N.N. ihre frühere Fruchtbarkeit behalten konnten. Der Bremische Staat hat daher mit einem Aufwande von mehr als zehn Millionen Mark in sechs Jahren die Wehranlage durch die Herren Baurat Oxurızsen, Baumeister Korie und Ingenieur Prarz erbauen lassen. Die vor- _ geführten Werkzeichnungen des Wehrs mit den Fischpässen hatte die Bauleitung gütigst zur Verfügung gestellt. Das Werk hat zwei 13* 196 Öffnungen von je 54m Weite, in die ein eiserner Kreissektor sich durch Wasserdruck heben oder sich in die unter dem Wehrkörper liegende Kammer senken läßt. Mittels der aufgestauten Wasser- kraft werden jetzt 5 Turbinen betrieben, deren jede bis zu 750 PS. zu leisten vermag. Ihre Zahl kann später noch um 10 Stück ver- mehrt werden. Die Turbinen treiben Dynamos, welche die Stadt mit elektrischer Energie an Licht und Kraft versorgen. Um die Nachteile des Wehrs von den Fischereiberechtigten abzuwenden und der Weser die Wanderfische zu erhalten, sind mit ca. 300000 Mark Kosten 4 Fischpässe in das Wehr eingebaut: der Wildpaß, die Fischtreppe, die Fischschleuse und das Aalgerinne. 1. Der Wildpaß ist auf dem Vorlande am rechten Weserufer nach dem System des Belgiers Dexın angelegt. Er besteht aus 7 kreisförmigen Ruhebecken von 3 m Wassertiefe und ca. 100 qm Flächeninhalt. Sie sind miteinander verbunden, so daß jedes Becken das vorhergehende um 40 cm überragt. Der Pab dient sowohl dem Aufstieg von Lachs und Stör, als auch der kleinsten Aalbrut, die im Sommer an den feuchten Wänden oft sichtbar wird. Ein breiter Kanal führt die Fische vom obersten Becken ins Ober- wasser. Nach Absperren des letzteren zeigten sich Brassen, Hechte und größere Aale, am Tage zuvor auch zwei Lachse in der Zuleitung. 2. Die Fischtreppe ist in dem mächtigen Pfeiler ein- gebaut, der das Wehr vom Turbinenhause trennt. Sie hat 10 tiefe Kammern links und 6 rechts von je 5m Länge und 4m Breite, deren Scheidewände treppenartig emporsteigen und mit Schlupf- löchern und Sperren versehen sind. Beim Besuch der Zoologischen Gesellschaft am 14. Mai nachmittags von 51/;,—6!/, Uhr wurden in einer abgesperrten Kammer zahlreiche Fische verschiedener Art sichtbar. 3. Die Fischschleuse, eine Erfindung des Geh. Baurat Reckex, liegt neben der Fischtreppe. Zwei kleine Elektromotoren öffnen und schließen periodisch die Schützen. 4. Das Aalgerinne liegt hinter dem Turbinenhause und be- steht aus einer 28 m langen eichenen Röhre von 40,2 cm Quer- schnitt, die rampenartig vom Unter- zum Oberwasser führt. Schon 1909 wurde hier bei Ebbe am Eingange Aalbrut (montée) in großer Menge beobachtet, die sich in den folgenden Jahren bei jedem Besuche steigerte. Als in dem trockenen Jahre 1911 in der Aal- leiter eine Lücke klaffte, schlüpfte die Montée hindurch und be- \ a Lot. deckte den Boden auf mehreren Quadratmetern. Dieses beständige und massenhafte Aufsteigen der Aalbrut von 7,5 bis 8,5 cm Länge, das bis Anfang Oktober dauerte, ist in Deutschland bisher noch niemals beobachtet worden. 1912 wurden die ersten Steigaale am 27. April angetroffen, was sich genau am selben Datum dieses Jahres wiederholte. Am Schluß des Vortrags wurden 5 Präparate der Montée von verschiedener Herkunft vorgelegt sowie ein Exemplar des Leptocephalus-Morisit vom Conger. Fünfte Sitzung. Donnerstag, den 16. Mai, 9—12!/, Uhr. Nachdem die Rechnungsrevisoren ihren Bericht erstattet haben, wird dem Schriftführer Entlastung erteilt. Dann folgt die Beratung über die folgenden Anträge des Deutschen Ausschusses für den mathematischen und natur- wissenschaftlichen Unterricht: el. 2. 3. Die Gesellschaft wolle beschließen, sich wie bisher auch für fünf weitere Jahre an den Beratungen des Deutschen Ausschusses durch Entsendung eines ständigen Vertreters zu beteiligen. Die Gesellschaft wolle beschließen, wie bisher auch weiter- hin die ihrem Vertreter aus der Teilnahme an den Sitzungen erwachsenden Kosten zu übernehmen. Die Gesellschaft wolle beschließen — sofern das ihre finanzielle Lage gestattet —, einen festen Jahresbeitrag zu einem Fonds zu leisten, aus dem die dem Deutschen Ausschuß durch die Geschäftsführung, durch Druckkosten, Kommissionssitzungen usw. erwachsenden Kosten bestritten werden sollen.“ Nach kurzer Empfehlung durch den Schriftführer werden die Anträge angenommen und als fester Jahresbeitrag die Summe von 50 M. festgesetzt. 198 Der Vorstand der Gesellschaft Deutscher Natur- forscher und Ärzte hat an den Vorstand ein Schreiben gerichtet, in dem er bittet, über die Frage, „ob es rätlich wäre, daß die Deutsche Zoologische Gesell- schaft und andere wissenschaftliche Gesellschaften, die jetzt getrennt tagen, ihre Jahresversammlungen in je einem Jahre für sich allein, im zweiten Jahre aber in Gemeinschaft mit den andern Gesellschaften auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte abhielten, wobei dann in dem einen Jahre hauptsächlich die Sonderfragen einer jeden Einzelwissen- schaft zur Beratung zu stellen seien, in jedem zweiten Jahre auf der dann nur alle zwei Jahre tagenden Naturforscher- Versammlung die Fragen beraten würden, an denen die Ge- samtheit aller Naturforscher und Ärzte oder größere Gruppen Interesse haben,“ im Schoße der Gesellschaft zu beraten und „einen Abgeordneten zu ernennen, der auf der 85. Naturforscher-Versammlung zu Wien am Samstag, den 20. September 1913, in einer Sitzung mit dem Vorstande die angeregte Frage besprechen könnte.“ Diskussion: Herr Prof. Heer (Innsbruck). Herr Prof. Braver (Berlin) erkennt die Vorteile, die der Vor- redner in einem gemeinsamen Tagen der D.Z.G. und der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte wohl an, aber auf der anderen Seite sieht er so viele Nachteile für erstere Gesellschaft, daß er sich ablehnend gegen den Vorschlag aussprechen muß. Die Zoologen haben sich ja gerade von der Naturforscherversammlung getrennt, weil ihre Interessen nicht in genügender Weise auf ihr befriedigt werden konnten. Die Naturforscherversammlung hat sich seitdem in keiner Weise geändert, um hoffen lassen zu können, daß ein Anschluß jetzt der Deutschen Zoologischen Gesellschaft besondere Vorteile bringen könnte. Er fürchtet, daß die Gesellschaft sehr stark darunter leiden würde, daß unsere Versammlungen nicht mehr so gut besucht und fruchtbringend sein werden, daß die Mit- glieder wahrscheinlich nur alle zwei Jahre auf ihre Versammlungen kommen werden, daß die „Verhandlungen“ schlechter werden, weil die Referate wahrscheinlich in den Berichten der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte erscheinen werden, daß der jetzt so erfreuliche rege Verkehr unter den Mitgliedern auf der großen Naturforscherversammlung nicht möglich, jedenfalls stark beein- Be +99 trächtigt werden wird u.a. Weiter hebt er noch hervor, daß die Mitglieder außer ihrem Beitrag für ihre Gesellschaft auch noch mindestens den Beitrag als Teilnehmer der Naturforscherversamm- lung zahlen müssen und daß die letztere im Herbst, die der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in der Pfingstwoche stattfindet, also die Versammlungen der letzteren nur durch ein halbes Jahr getrennt sind. Für die Zoologen liege nicht der geringste Grund vor, ihre Selbständigkeit aufzugeben oder zu vermindern. Es möge jedem überlassen bleiben, an der Naturforscherversammlung teilzunehmen. Herr Dr. Kun (Freiburg) erhebt das Bedenken, daß die Vor- träge der allgemeinen Sitzungen und der fachverwandten die Mit- glieder der Deutschen Zoologischen Gesellschaft so stark in Anspruch nehmen werden, daß die speziellen zoologischen Vorträge kaum mehr auf regen Anteil rechnen können, wenn sie sich am Ende der Verhandlungstage anschließen. Herr Prof. Hemer (Innsbruck). Herr Prof. Bresszau (Straßburg). Herr Dr. Marrmı (Hamburg). Herr Dr. Srroprmann (Wilhelmsburg). Herr Prof. Braver (Berlin). Herr Prof. Srenezn (Gießen) weist darauf hin, daß für die Wahl des Versammlungsortes in beiden Gesellschaften sehr ver- schiedene Gesichtspunkte maßgebend seien und daß leicht der Fall eintreten könne, daß die Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte an einem den Interessen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft durchaus nicht entsprechenden Orte tage. Herr Prof. Korscuzur (Marburg) schlägt vor, Herrn Prof. Hrıwer zu bitten, als Abgeordneter der Gesellschaft an der Sitzung des Vorstandes der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien teilzunehmen. Der Antrag wird angenommen. Darauf folgt die Abstimmung über die in der Beratung am Mittwoch gestellten Anträge auf Abänderung der Statuten. Zum Absatz 1 des § 5 sind folgende Anträge eingegangen: 1. Antrag des Herrn Dr. Hass: Jedes Mitglied zahlt zu Anfang des Geschäftsjahres, welches mit dem 1. Januar beginnt und mit dem 31. De- zember endet, einen Jahresbeitrag von 20 M. an die Kasse der Gesellschaft. 200 2. Antrag der Herren Küss, Bresstav und Marrmt: Jedes Mitglied zahlt zu Anfang des Geschäftsjahres, welches mit dem 1. Januar beginnt und mit dem 31. De- zember endet, einen Jahresbeitrag von 15 bzw.5 M. (s. § 12, Abs. 3) an die Kasse der Gesellschaft. Der Vorstand zieht seinen Antrag, nach welchem der 5 M.- Beitrag auf 1U M. erhöht werden sollte, zurück und schließt sich dem letzteren Antrag an. Die Abstimmung ergibt die Ablehnung des Antrags Hass, da- gegen die Annahme des Antrags Ktxy, Bresstau und Marrısı mit mehr als °/, Majorität. Zum Absatz 2 des § 5 sind folgende Anträge eingegangen: 1. Antrag des Herrn Dr. Hasr: Ablösungen der Beiträge durch Zahlung eines einmaligen Beitrags fallen in Zukunft weg. 2. Antrag des Herrn Dr. Srever: Die Jahresbeiträge können durch eine einmalige Be- zahlung von mindestens 300 M. abgelöst werden. 3. Antrag des Herrn Prof. Hrmeke: Die Jahresbeiträge können durch eine einmalige Be- zahlung von mindestens 250 M. abgelöst werden. 4. Antrag des Vorstandes: Die Jahresbeiträge können durch eine einmalige Be- zahlung von mindestens 200 M. abgelöst werden. Die Abstimmung ergibt die Ablehnung der drei ersten Anträge und die Annahme des Antrages des Vorstandes mit mehr al ?/, Majorität. | Zum Absatz 4 des § 5 liegt nur der Antrag des Vor- standes mit einem Zusatz von Prof. Spencer vor: Mitglieder, welche der Gesellschaft mindestens 10 Jahre angehört und während dieser Zeit jährlich einen Beitrag von 15 M. (bzw. 10 M. nach der alten Bestimmung) ent- richtet haben, können für die Zukunft ihre Beiträge durch eine einmalige Zahlung von mindestens 100 M. ablösen. Der Antrag wird mit mehr als ?/, Majorität angenommen. Zum Absatz 3 des § 12 liegt nur der Antrag des Vor- standes vor: Über jede Versammlung wird ein Bericht veröffentlicht. Von diesem erhält jedes Mitglied, welches einen Jahres- beitrag von 15 M. entrichtet oder gemäß § 5 Abs. 2 und 4 201 die Jahresbeiträge durch eine einmalige Zahlung abgelöst hat, ein Exemplar unentgeltlich. Der Antrag wird mit mehr als °/, Majorität angenommen. Ferner ist von den Herren Marrmı, Kvnn und Bressrau noch folgender Antrag eingegangen: Der Vorstand möge an diejenigen Mitglieder, die ihre Beiträge bereits durch eine einmalige Zahlung von 100 bzw. 50 M. abgelöst haben, die Bitte richten, nachträglich diesen Beitrag auf die jetzt beschlossene Höhe von 200 bzw. 100 M. freiwillig zu erhöhen. | | Der Antrag wird angenommen. Dr. H. Erxarp (München): Der Flug der Tiere. M.H.! Sie wissen, es gibt zwei Prinzipien des Flugs: Leichter als die Luft, Aerostatik; und schwerer als die Luft, Aerodynamik. Die Aerostatik findet im Tierflug soviel wie keine Anwendung, denn der Auftrieb, den ein Vogel durch die Erwärmung der in ihm befindlichen Luft erhält, beträgt pro kg Tiergewicht nur ca. 0,1 g 20,21, 27, 37, 72. 75, 76, 92, 131, 166, 179, 190). Der Flug „Schwerer als die Luft“ ist die wundervollste Energie- umwandlung, die die Natur kennt. Bis 30% beträgt der Nutz- effekt des menschlichen Muskels in Bewegung, über 60% der des Vogels (nach Giupemeister, 198). 62% aller tierischen Organismen 75% aller Landtiere können fliegen (Pürrer, 156, 157). Für den Flug „Schwerer als die Luft“ ohne Antriebsmittel (Flügelschlag, Motor) gelten folgende Regeln (nach den Unter- suchungen von Rarxzıen, (183), O. Livmeneuan 94, 97, 98, 100, 101 und anderen (9, 10, 11, 12, 14, 47, 83, 84, 104, 128, 154): Ein beliebiger spezifisch schwererer Körper als die Luft fällt in unbewegter Luft, wenn ihm keine Beschleunigung erteilt wird, senkrecht herab (Fall), wenn er eine Beschleunigung hat, in Parabel- form herab (Projektilflugbahn, Fig. 1I). Besitzt dieser beliebige Körper Tragflächen, so werden im einfachsten Falle beide Fälle ver- langsamt!). 1) Es sind hier nur die einfachsten Fälle erwähnt. In Wirklichkeit können bei ungleichartigen Schwerpunktsverlagerungen die kompliziertesten Fall- richtungen entstehen, wie dies besonders DINGLER (44) auseinandergesetzt hat. 202 Ein „ausbalancierter“ mit Tragflächen versehener Körper!), der spezifisch schwerer als die Luft ist, verhält sich folgender- maben: 1. Bei Windstille gleitet er in einer erst steilen, dann sich verflachenden Kurve zu Boden (Fig. 11I). 2. Bei aufwärts gegen den Körper strömender Luft bleibt er ganz in gleicher Höhe bzw. wird gehoben. 3. Wird der Körper von ungleich starken, wage- rechten Luftströmungen von hinten bzw. vorne getroffen, so nützt er den relativ zu seiner eigenen Vorwärtsbewegung gleichartigere Wind (von vorne den sehwächeren, von hinten den stärkeren) zur Vorwärts- und Abwärtsbewegung, den relativ ungleichartigeren Figur 1. I. Projektilllug. II. Gleitflug einer ausbalancierten Fläche. III. Gleitflug einer aus- balancierten Fläche bei ungleicher Windstärke. (Die Pfeile geben die Richtung des Windes, die Länge der Pfeile die Stärke desselben an.) (von vorne den stärkeren, von hinten den schwächeren) zur Verlang- samung und Hebung aus. Er beschreibt dann eine sich allmählich verflachende, doch von Wellen unterbrochene Kurve nach abwärts (Fig. 1 IL). Die Ausbalancierung der Flugfläche erfolgt dabei nach Livrenteaun (101) und Movmuarp (128) dadurch, daß die Resultante des Druckes der Luft (Auftriebsmittelpunkt) nicht durch die Mitte der Flugfläche geht, sondern ihrem Vorderrande genähert ist. Die automatische Stabilisierung erfolgt, indem bei zu flacher Neigung der Tragflächen der Auftriebsmittelpunkt nach vorne vor den Massen- 1) Beispiele dafür liefert die Natur in den Samen der Pflanzen Zanonia und Bignonia. (Vgl. DINGLER 44!) 203 schwerpunkt rückt und den Hinterrand hebt. Erhöht wird der Auftrieb ferner nach Linentuan (97, 100) bei dorsal gewölbten Flächen gegenüber ebenen. Damit ist die Erklärung gegeben, daß ausbalancierte gewölbte, nach vorwärts bewegte Flächen, die abwärts gleiten, wie sie der Vogelflug im Gleitflug darstellt, eine im Vergleich zu ihrer Größe riesige Tragkraft haben, denn bei ihnen kann nach Pranptn (154) der Anprall eines wagrechten Luftstromes Figur 2. Flugsamen von Zanonia. bis zum 12- oder 13fachen des wagrechten Widerstandes oder Rücktriebs betragen. Nach Lanchzster (83, 84) gelten diese für den passiven Flug hier entwickelten Grundgesetze im wesentlichen auch für den aktiven Flug. Die primitivsten Flugeinrichtungen besitzen (27, 72, 199, 43) Galeopithecus der Flattermacki, Anomalurus, die Flugbilche, ferner die Flughörnchen Sciwropterus und Pteromys und der Flugbeutler Petaurus. Die Hautanhänge des Körpers dienen dazu, den Fall zu verlangsamen. Da der Auffall dieser Baumtiere in stumpferem Winkel zum Erdboden er- folgt als ihr Absprung — im Gegensatz zum eigentlichen Gleitflug —, so ist ihr Flug lediglich als Fallschirmflug zu bezeichnen. Das gleiche gilt vom „fliegenden“ Geko, Ptychozoon, und vom ae un Er B : acophorus Reinwardtii. »liegenden“ Drachen, Draco fimbriatus (Nach Siedlecki.) _ (43, 72), bei denen die Haut durch die Rippen angespannt gehalten wird, und endlich vom „fliegenden“ Frosch, Racophorus Reinwardtis (173, 191) (Fig. 3). Letztere beiden blähen die Flughaut auf (43, 173). Bei allen diesen Tieren scheint zum eigentlichen Gleitflug der Schwerpunkt nicht weit 204 genug nach vorne gelagert zu sein. Da der Flugfrosch nach Srepreori (173) bisweilen mit den Hinterbeinen in der Luft schlägt, um sich in der richtigen Schwebestellung zu erhalten, stellt er den Beginn des Schwebe- und Ruderflugs dar. Einen typischen Gleitflug vollführen die Flugfische (3, 4, 6, 27, 39, 40, 46, 47, 72, 126, 127, 171), Exocoetus, Pantopoden und — Dactylopterus. Durch einen Schwanzschlag heben sie sich aus dem Y) = HN) N NY 4 > Ay > \ 4 E \ i % a af \ sl) > Figur 4. Rhamphorhynchus nach der Rekonstruktion von v. Stromer. (Nach v. Stromer.) Wasser, breiten die Flossen aus und gleiten in der Luft dahin. Nach Du Bors-Reymonn (46, 47) erhalten sie sich eine Zeitlang in der Luft entweder dadurch, daß sie die über einen Wellenkamm aufsteigende Luft durch Änderung der Flossenstellung zur Hebung ausnützen oder mit in einen Wellenkamm geführtem Schwanzschlag sich heben. Aktive Flügelruderschläge in der Luft finden nicht statt. Dazu ist die Flügelmuskulatur zu schwach, und dagegen 205 spricht, daß auf Schiffe gefallene Tiere nicht weiterfliegen können, so wenig wie nach Daru (39, 40) an Schnüren in der Luft be- festigte oder aus der flachen Hand herabgeworfene Tiere. Die primitivste Form des Ruderflugs, der Flatterflug der Fledermäuse, geschieht durch Ausbreiten der Flügeldecken beim Abwärts- und Zusammenfalten beim Aufwärtsschlag. Als Steuer und Stabilisierung dient die Verbindung der Hinterbeine mit dem Schwanze (45, 47, 72, 106, 107). Unter den Flugsauriern (4, 13, 70, 79, 80, 86, 87, 121, 124, 170, 181, 182, 196), die in kurz- und langschwänzige eingeteilt Figur 5. Pteranodon nach der Rekonstruktion von Eaton. (Nach Eaton.) werden, muß der trefflichste Flieger Rhamphorhynchus (181, 182) gewesen sein (Fig. 4). Lange schmale Flügel und eine weit zurück- liegende an einem langen Hebelarm befestigte Fläche, die nach v. STROMER (mündliche Mitteilung) mehr als Stabilisierungsfläche als als Höhensteuer wirken mußte, sind bezeichnend. Die Längs- fältelung der Flügel ist nach meiner Ansicht nach Beobachtungen am Material der Münchner paläontologischen Sammlung nicht allein auf Zusammenfaltung beim Tode zurückzuführen, sondern dient dazu, die einstreichende Luft gegen die Punkte größten Wider- standes, die Flügelspitzen auszuleiten. Die Luft würde ohne die- selben gerade zu dem gar nicht versteiften und deshalb passiv flatternden Flügelhinterrand streichen müssen. 206 Von den kurzschwänzigen Flugsauriern hat der phylogenetisch jüngste bis 9 m Spannweite besitzende Pteranodon (48) (Fig. 5) sein Seitensteuer wahrscheinlich in Form eines Fortsatzes am Kopfe, wozu noch ungelenkige Halswirbel und Drehbarkeit im Altlasgelenke dienten. Die viel zu hoch gelegene, keinerlei Stabilität gewährende Steuerung stellt etwas recht Unvollkommenes dar?). Die Insekten besitzen mannigfaltige, kaum unter einen Ge- sichtspunkt zu bringende Flatterflugarten, die trotz der hohen Ver- dienste Marer’s (109, 110, 112, 118, 119, 120) und seiner Schule (33, 34) teilweise noch nicht geklärt sind. (Vgl. ferner: 5, 19, 27, 35, 47, 53, 65, 70, 72, 91, 92, 93, 106, 144, 145, 146—148, 150, 156, 157, 163!) Asramowsky (5) hat ganz allgemein nach der Rippung der Unterseite der Flügel die Insekten in gute und schlechte Flieger einteilen wollen. Gute Flieger sollen nach dem Turbinenprinzip angeordnete starke, die Luft zweckmäßig komprimierende Rippungen haben. Das ist nach meinen eigenen, über viele hundert Arten sich erstreckenden Feststellungen sicher in dieser Form unrichtig (vgl. auch 19, 27, 93). Nur drei allgemein geltende Gesetze konnte ich ausfindig machen. Gute Flieger haben lang ausgezogene Flügel, gut fliegende Schmetterlinge haben den Hinterrand des Hinterflügels gezackt oder ausgespitzt, gut fiiegende Libellen im inneren Drittel des Flügels auf der Unterseite eine tetraederförmige Vertiefung. Daß, wie ich es tat, nur Tiere einer Familie untereinander ver- glichen werden dürfen, lehrt schon die verschiedene Frequenz des Flügelschlages, die nach Hesse (72) bei der Libelle 28, dem Kohl- weißling 9, dem Taubenschwanz 72, der Biene 190 und der Stuben- fliege 330 in der Sekunde beträgt. Im einzelnen erfolgt nach Burn (31—84) (Fig. 6) bei den Libellen, bei denen nach Hesse (72) ein direkter Flügelmuskelansatz besteht, der Schlag metachron, und zwar von oben hinten nach unten vorne. Der Hinterleib dient als Steuer. 1) Diese Deutung ist freilich nicht ganz sicher. Sie gründet sich haupt- sächlich auf die Tatsache, daß das Schwanzsteuer unverhältnismäßig klein ist. Eaton (48) hält den Kopffortsatz lediglich für eine Art Windfahne, bestimmt, dem seitlichen Luftanprall auf den unverhältnismäßig großen Schnabel ent- gegenzuwirken. Jedenfalls könnte er nur so und nicht als „Gegengewicht“ biologisch in Beziehung zum Schnabel treten, denn der papierdünne Schnabel braucht kein Gegengewicht. Aus der Tatsache, daß ganz nahe Verwandte des Pteranodon von vollkommen analogem Knochenbau diesen Kopffortsatz gar nieht oder nur sehr mäßig entwickelt haben, folgt jedenfalls, daß er zum Flug nicht unbedingt nötig war. é 3 ae 4p Pel fet eel u — pte wl 207 Die übrigen Insekten, die zwei senkrecht aufeinander wirkende Muskelsysteme besitzen, teilen sich in Schwirrflieger (Beispiel die Fliegen), Flatterflieger (Beispiel die Schmetterlinge) und solche Flieger mit starren vorderen Flügeldecken (Beispiel die Käfer). Der propellerartig erfolgende Schwirrflug der Dipteren stellt den ungünstigsten Nutzeffekt dar. Wie hier zu kleine Flügeldecken hinderlich sind, so sind bei den meisten Schmetterlingen zu große, wie Dv Boıs-Reymonn (47) vortrefflich ausführt, der Grund, dab diese zum Ideal des Fluges, dem Segelflug, nicht fähig sind. Ihr Körper ist näm- lich im Verhältnis zu leicht und kann „deshalb in- folge des verhältnismäßig großen Luftwiderstandes an der großen Flügelfläche seine Geschwindigkeit nicht bewahren. Indem die Geschwindigkeit nach- läßt, nimmt aber die Trag- fähigkeit der Flügel sehr schnell ab, und trotz seiner großen Fläche sinkt daher der Schmetterling zwischen zwei . Flügelschlägen um ein beträchtliches Stück.“ Da aber die großen Flügelflächen den Körper immer wieder leicht emportreiben, resultiert die Wellenlinie des Gaukelfluges des Schmetterlings. Figur 6. Schema der Libellenflügelbewegung. (Nach Bull.) Um zu ergründen, ob die aktiv nicht bewegten Flügeldecken der Käfer nur zum Schutze der Flugflügel dienen oder zum Fluge selbst von Vorteil sind (157, 163), hat man sie gestutzt und ge- funden, daß die Tiere noch bei weitgehender Verkleinerung fliegen können (163). Dazu kommt, daß ein so guter Flieger wie Cetonia die Flügeldecken beim Fluge geschlossen hält. Immerhin glaube ich, daß die Flügeldecken bei den meisten Arten, wenn auch nicht zur Geschwindigkeit, doch zur Flugsicherheit beitragen. Daß die Hauptrolle aber den häutigen Flügeln zukommt, erhellt daraus, daß durchweg harte Flügel besitzende Arten, wie Carabus und Peritelus, nicht fliegen können. Einen tieferen Einblick in den Insektenflug werden wir erst erhalten, wenn die alle‘Übergänge vom gewöhnlichen Sprung bis zum trefflichsten Überlandfluge vermittelnden Heuschrecken in dieser Hinsicht näher untersucht sind. 208 Die anatomischen Eigenschaften (5, 7, 15, 20, 21, 22, 29, 30, 37, 47, 60, 62, 63, 66, 68, 72, 75, 76, 77, 78, 101, 103, 108, 120, 122, 123, 130, 131, 132, 134, 135, 140, 155, 157, 161, 162, 166, 169, 174, 179, 180, 184, 187, 188, 190, 198), die die Vögel zu den Meistern des Fluges prädestinieren, sind besonders: Hohle Knochen und Luftsäcke und damit Verringerung des spezifischen Gewichtes und treffliche Versorgung mit Sauerstoff und das einzigartige Prinzip der Feder, das bei geringstem Widerstand gegen den Flugwind größten Nutzeffekt gewährt. Dieser wird noch erhöht durch stärkere Einpflanzung der vom Ansatzhebel weiter entfernten Handschwingen im Vergleich zu den Armschwingen. Da- gegen ist die oft behauptete Ansicht nicht richtig, daß ein Hauptmoment in der Öffnung der Spalten zwischen den Federn für durchstreichende Luft bei Aufwärts-, Schließung bei Abwärtsbewegung des <> Figur 7. Figur 8. Schema eines Fliigels zur Veranschaulichung des Abwärtsspirale ohne Flügel- Verklebens. (Nach Abramosky.) schlag bei ruhender oder ab- wärts gerichteter Luft. Flügels beruhe (72). Asramowsxy (5) hat nämlich gezeigt, daß ein’ Verkleben der ganzen Flügeloberseite von keinem Einfluß auf die Flugfähigkeit ist, und Liumnrean (101) hatte bereits festgestellt, daß ein solcher Jalousienflug auch rein physikalisch unzweckmäßig sei. Es hat aber die Unterseite der Feder und ihre automatische Verstellung für die Einleitung der Luft höchste Bedeutung, wie nach Apramowsky (5) (Fig.7) daraus hervorgeht, daß bei Verkleben von Serie I mäßiger, II sehr schlechter, III kein Flug möglich sei. Von besonderen Eigenschaften sei erwähnt: Die einen Vögel besitzen rote Flugmuskeln, die langsam, aber ausdauernd’), die 1) Die Maximalflugleistung weist der amerikanische Regenpfeifer auf, der 5000 km ohne Unterbrechung zu fliegen vermag. 209 anderen blasse Flugmuskeln, die schnell, aber bald ermüdend arbeiten. Ferner besitzen im allgemeinen gute Flieger lange schmale, geringe Krümmung aufweisende Flügel, schlechte Flieger kurze, breite stark gekrümmte Flügel (72). Die aerodynamischen Grundgesetze gelten selbstverständlich auch für den schlaglosen Segelflug der Vögel (8, 9, 17, 15, 23, 24, 25, 26, 27, 38, 41, 47, 51, 61, 69, 70, 72, 74, 83, 84, 85, 96, 98, 99, 101, 104, 118, 120, 137, 138, 139, 143, 146, 147, 148, 155, 168, 175, 178, 193, 195, 198), und es muß einfach als unrichtige Beobachtung bezeichnet werden, wenn Guwpenzister (198) z. B. angibt, ein Albatros könnte ohne Flügelschlag bei horizontalem Wind gegen denselben sich stundenlang in gleicher Höhe halten. — Figur 9. Spiralschwebeflug ohne Flügelschlag bei horizontaler starker Windrichtung. Sinken mit der Windrichtung. Steigen gegen dieselbe, Die Pfeile geben die Windrichtung an. Gleiche irrige Angaben finden sich für das Kreisen ohne Schlag, _ nur mit Hilfe von Verstellung („Verwindung“) der Flügel und des Schwanzsteuers vor. Hier sind nur drei Möglichkeiten gegeben: Bei ruhender oder absteigender Luft sinkt der Vogel in einer Spirale (Fig. 8). Bei horizontalem Wind kann er seine während des Fluges mit dem Wind erzielte Fluggeschwindigkeit!) — die abwärts geneigt stattfinden muß — bei der Wendung gegen den Wind zu einem kürzeren Aufstieg nutzen, er wird also abgetrieben ?) (Fig. 9); nur bei aufsteigender Luft kann er ohne aktiven Flügelschlag in die Höhe kreisen (Fig. 10). Ich bin mir dessen bewußt, daß mancher von Ihnen mir einwenden wird, er habe auch bei vollkommener 1) Es muß dabei natürlich eine Differenz zwischen der Eigengeschwindigkeit und der Windgeschwindigkeit vorhanden sein. Bei gleicher Geschwindigkeit wäre ebensowenig ein Lenken in der Kurve möglich wie bei einem (mit dem Wind in annähernd gleicher Schnelligkeit schwebenden) Ballon durch Aus- spannen eines Segels. 2) Diese meine Theorie steht im Widerspruch mit AHLBORN (7). _ Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 14 210 ' Luftstille einen Vogel sich ohne den geringsten Flügelschlag auf- wärts schrauben sehen. Abgesehen davon, dab man Raubvögel, bei denen dieses Phänomen am besten zu beobachten ist, nie so nahe sieht, daß man mit Sicherheit jeden leisesten Flügelschlag leugnen könnte, ist vom Menschen die Wirkung vertikaler Luftströmungen vor Entwicklung der Aviatik bedeutend unterschätzt worden. Auf ihre Bedeutung für den Vogelflug hat wohl zuerst Amy (10) hin- gewiesen (vgl. auch 2, 38, 41, 56, 109). Wenn Sie in dem wunder- Figur 10. Spiralschwebeflug’ ohne Flügelschlag bei aufsteigender Luftströmung. Rechts und Links ein Wald. In der Mitte Stoppelfeld. Die Pfeile geben die Luftrichtung an. vollen Buche unseres besten deutschen Fliegers Hrrımurs Hirte (73) lesen, daß ein Flugapparat, der bei Windstille am Morgen erst über einen feuchten Wald geflogen ist (vgl. auch Fig. 10), im Augenblicke, da er über ein von der Sonne erwärmtes Stoppelfeld kommt, plötzlich 100 m emporgerissen wird, so werden Sie die kolossale Wirkung solcher vertikaler Ströme erkennen. In diesem Falle entstehen sie dadurch, daß die trockene Luft über dem Felde sich rascher erwärmt und ausdehnt als die feuchte über dem Walde (vgl. Fig. 10). Die stärksten vertikalen Luftströme entstehen bei Wind über kupiertem Terrain. So berichtet Hira (73), daß sein Apparat bei 211 seinem Fluge über den Spessart plötzlich Hunderte von Metern mit solcher Wucht herabgeschleudert wurde, daß er halb aus der Karosserie fiel. Am schönsten läßt sich die Wirkung vertikaler Luftströme im Hafen von Monaco (Fig. 11), der nach Osten offen, nach den übrigen drei Richtungen von steil aufsteigenden Felswänden um- geben ist, beobachten. Geht starker horizontaler Ostwind von etwa 15 Sekundenmetern, so sieht man an den Möven, die sich alle gegen den Wind stellen, folgendes: Die über dem offenen Meere oder am Hafeneingang befindlichen müssen starke Flügel- Figur 11. Hafen von Monaco vom Hafenende aus gegen Osten zu gesehen. Man sieht das offene Meer, den Hafeneingang und die ankernden Jachten. >< Die Stelle, an der sonst die Wasserflugzeuge verankert sind. Links vom Hafen aufsteigend (im Bilde oben) Monte Carlo und Berge. (In gleicher Weise wird der Hafen rückwärts — auf dem Bilde nicht mehr sichtbar — (Condamine) und rechts (Monaco) von steil aufsteigenden Felswänden eingeschlossen.) schläge ausführen, um sich an Ort und Stelle zu halten, die in der Nähe der Wasserflugzeuge befindlichen schlagen schwächer, diejenigen, die über den Jachten stehen, führen nur etwa alle 1/, Minute einen Schlag aus. Dagegen stehen oft mehrere Minuten lang diejenigen ohne jeden Flügelschlag still in der Luft, die hinter den Jachten sich befinden. Der erst horizontale Wind beginnt im hinteren Teile des Hafens an den Wänden emporzustreichen und die Tiere hier vollführen nichts anderes, als einen ständigen schlag- losen Gleitflug gegen die aufsteigende Strömung. Erfolgt derselbe in der gleichen Schnelligkeit nach vorne, die die entgegengesetzte Luftströmung hat, so ergibt dies ein „Stillstehen“ der Tiere in der Luft für den Beschauer. : 14* 212 Es können auch endlich Stellen verschiedener Luftdichte, z. B. „Luftlöcher“, d. h. Stellen stark verdünnter Luft, entstehen (2). In diesem Fall z. B. muß ein Vogel plötzlich stark nach abwärts gezogen werden. Ein Flugapparat stürzt, wie wir wissen, in diesem Falle plötzlich wie ein Sack herab, er „sackt durch“. Das schwierigste Flugproblem, der Ruderflug der Vögel (7, 27, 49, 55, 58, 64, 71, 82, 83, 84, 85, 90, 94, 109a, 112—118, 120, Figur 12. Modell eines Flügels. Hergestellt mit Metzeler-Fliegerstoff von Eduard Rabs. Die punktierte senkrechte Linie zeigt die Richtung des gewollten Schlages an. Die ausgezogene Linie die des tatsächlich ausgeführten. (Schema. In Wirklichkeit ist die letztere Linie eine Parabel infolge der sich immer stärker komprimierenden Luft.) 125, 135, 141, 146—148, 148a, 155, 157, 159, 186, 193, 195), wurde besonders durch die großartigen Untersuchungen Marzy's. und seiner Schule zwar nicht gelöst, aber doch unserem Ver- ständnisse näher gebracht. Widersinnig erscheint auf den ersten Blick, daß der Vogel, um vorwärts zu kommen, nicht von oben vorne nach unten hinten schlägt, sondern umgekehrt, von oben hinten nach unten vorne. Nehmen wir zur Erklärung ein Modell eines Vogelflügels zur Hand (Fig. 12) und wollen rein senkrecht schlagen, also uns eine senkrechte Hebung geben, so weicht das- | | | | 213 selbe in der Richtung der Vorderkante, also nach vorne gegen unseren Willen aus. Dies kommt daher, weil die Luftkompression an der starren Vorderkante größer ist als an der elastischen Hinterkante, an letzterer also durch Ausdehnung Kompetenten nach vorwärts erzeugt werden. Da der Schlagwinkel zur reinen theoretischen senkrechten Hebung des Vogels sehr spitz ist, der zur reinen Vorwärtsbewegung aber dienende vermöge der spezifischen Struktur des Flügels nicht wagerecht nach hinten, sondern schräg abwärts gerichtet ist, ergibt sich eine nach abwärts und vorn gerichtete Kompetente (Fig. 13). Im einzelnen findet ferner nach Marry (113—115, 118, 120) folgendes statt: Die Dauer des Niederschlages ist größer als die | | /; ‘ ‘ ! 1 ‘ l I I t { j i | ~ ee ee N “ ~~ Figur 13. Links das Kräfteparallelogramm, das nötig ist, um einen beliebigen Körper nach vorwärts rechts und aufwärts zu bringen. Die Resultante geht von oben rechts nach unten links. Rechts das infolge des „Ausweichens‘‘ des Vogelflügels veränderte. Die Resultante geht von oben links nach unten rechts. (Der Vogelflügel schlägt nach vorwärts, abwärts.) der Hebung, da bei letzterer der Flügel etwas geknickt und durch- gezogen wird. Am Ende des Niederschlages wird die Flügelspitze zurückgezogen, am Ende der Hebung vorgeschnellt. Beim Nieder- schlag ist besonders die Fläche der Armschwinge nach vorne, die der Handschwinge dagegen eher nach. hinten gerichtet, erstere besorgt also vornehmlich die Hebung, letztere die Vorwärtsbewegung. Bei der noch nicht ganz geklärten Aufwärtsbewegung des Flügels wird nie die Kante voran aufwärts geführt. Aus der etwas nach unten vorne geneigten 8, die die Flügelspitze beschreibt, resultiert beim Vorwärtsflug eine Wellenlinie mit nach hinten konkaven Schenkeln. Beim Niederschlag erfolgt eine Hebung und Be- schleunigung, beim Aufschlag eine Verzögerung. 214 Aus der wundervollen Anpassung der Richtung und Intensität des Schlages in verschiedenen Luftströmungen resultiert in Ver- bindung mit den anatomischen Besonderheiten der riesige Nutz- effekt der besten Ruderflieger unter den Vögeln. Ein Hauptmoment des Vogelflugs ist die automatische Stabi- lisierung (83—85, 101). Sie ist, wie ich glaube, das Moment, das in erster Linie gute und schlechte Flieger unterscheidet. Eine durch rasche Schläge ihrer kurzen Flügel sich fortbewegende Wildente fliegt, wenn wir Rücksicht auf ihren im Verhältnisse zur Flügelfläche außerordentlich schweren Körper nehmen, an sich nicht schlechter als die viel günstiger gestellte Möve. Nur gestattet. bei ihr die Kürze des Flügels keine solche Stabilität wie bei der Figur 14. Möwen im Flug. Links eine Möwe an Ort und Stelle „rüttelnd* verharrend. Der linke | Flügel ist nach vorne gerichtet. Rechts eine Möwe im Schwebeflug in der Linkskurve. Breites Schwanzsegel. Spitzenkrümmung der Flügel. Möve, die lange, zur Erhöhung der Stabilisierung noch dazu an den Enden etwas aufwärts gekrümmte Flügel hat (Fig. 14 rechts). Die Möve vermag deshalb auch im Gegensatz zu ihr rasch aus der momentanen Stabilisierung herauszugehen, scharfe Kurven zu beschreiben oder sich förmlich zu überschlagen. | Bei der Möve spielt nach meinen eigenen Beobachtungen und Kinematographien dazu noch die Stellung des Schwanzsegels die größte Rolle. Gerader Ruderflug bei Windstille erfolgt mit schmalem wagerechten, ebensolcher bei Seitenwind mit schmalem Schwanzsteuer, dessen Seiten aufgekrümmt sind. In die Kurve gehen die Tiere, indem sie mit einer wellenförmigen Bewegung des Steuerendes sich aus der horizontalen in die Kurvengleich- gewichtslage versetzen. Beim Kreisen ist der Schwanz sehr breit auseinandergefaltet (Fig. 14 rechts). 215 Eine ebenso wichtige Rolle spielt der Schwanz bei Stabi- lisierung in der horizontalen Längsrichtung und der Vertikal- richtung. Erstere ist durch die leichte Winkelstellung seiner Fläche zu dem dem Körper entlangstreichenden Flugwind bedingt. Letztere ist besonders aus den aktiven Schlägen ersichtlich, die der Schwanz ausführt, um den Mövenkörper aus dem Wasser hochzuheben oder demselben im Ruderflug plötzlich zu bremsen, ja förmlich zu über- schlagen. Der Flug der Purzeltaube (83—85) (vgl. auch 160!), der Wellenflug kleinerer Vögel (200), das steile Herabstoßen und plötzliche Aufwärtsschießen mancher Raubvögel im Gleitflug (83—85) glaube ich, erklärt sich durch ebensolches aktives Mitwirken der Schwanzfläche. Daß der Wellenflug, bei dem nach einigen Flügelschlägen jeweils ein schlagloses bolzenförmiges Dahinschießen bezeichnend ist, nur kleinen Vögeln eigen sei, wie manchmal behauptet wird, ist nicht richtig. Man kann ihn auch an Amseln z. B. beobachten. Das Wesentliche bei ihm ist, daß bei der Ruhe die Flügel nicht ausgespannt wie beim Gleitflug gehalten werden, sondern entweder nach rückwärts gelegt dem Körper genähert (Schwalben) oder ihm fast ganz angelegt werden. Bei ganz kleinen Vögeln, die ja nach MürLen#orr (130) unverhältnismäßig große Tragflächen haben müssen, ist damit erreicht, daß sie nicht einen zu großen Stirn- widerstand gegen den horizontalen Gegenwind haben. Die physiologische Bedeutung des Wellenflugs auch für etwas größere Vögel ist noch wenig geklärt. Man könnte daran denken, -daB er den Zweck hätte. leichter den Verfolgungen gerade dahin- schießender Raubvögel zu entziehen. Ich habe deshalb Beobachtungen angestellt, ob er seltener in der Stadt als auf dem flachen Lande ausgeübt wird, konnte aber keinen Unterschied finden. Auch kommt es in München bisweilen vor, daß mitten in der Stadt Singvögel von Sperbern angegriffen werden (vgl. 201!)}). Dagegen glaube ich, kommt folgende Erklärung der Wirklich- keit näher. Nur ganz kleine Vögel bedienen sich fast regelmäßig des Wellenfluges, was nach dem oben geäußerten Verhalten für sie von Vorteil ist. Bei größeren sieht man ihn nur zuweilen. An Amseln sah ich ihn z.B. nur dann, wenn sie sich anschicken, auf 1) Dagegen hat der vom Wellenflug wieder abweichende Winkelflug der Schnepfen und Bekassinen (vgl. 201) sicher nur die biologische Bedeutung, die Tiere vor Verfolgung zu schützen. Diese Tiere bedienen sich nämlich, wenn sie nicht verfolgt werden oder wenn sie an keine Verfolgung denken (zur Paarungszeit), nicht dieser Flugart, sondern streichen geradeaus dahin. 216 einen höher gelegenen Haltepunkt (z. B. ein Hausdach) zuzufliegen. Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig, die Tiere zu diesem Zweck im Flug mit angelegten Schwingen sich herabstürzen zu sehen. Aber bald erkennt man, von welch kolossaler Wirkung die jeweils dann intermittierenden Flügelschläge für die Hebung des — Tierkörpers sind, und der Winkel, unter dem die Tiere dann auf- wärts fliegen, ist ein größerer, als man ihn jemals bei einem ge- wöhnlichen Aufwärtsflug beobachten kann. Dies kommt daher, daß durch den vorherigen Abwärtssturz und das dann plötzliche Ausbreiten und Schlagen der Flügel eine sehr komprimierte Luft unter diesen entsteht, die wie ein festes Widerlager wirkt. Das. gleiche Prinzip gilt, glaube ich, für das Emporstoßen der Raub- vögel und das Überschlagen der Purzeltauben. Gerade die rein physikalische Betrachtung des Verhaltens der Luftkompression wird, glaube ich, manche Momente des Vogelflugs erklären, und es muß als aussichtslos angesehen werden, wenn Harerave und andere vollkommen gleiche Prinzipien im Flug und im Schwimmen im (ja nicht komprimierbaren) Wasser (vgl. 153!) erkennen wollen. Mit dem Schwirrflug der Kolibri, die sich an Ort und Stelle halten können, und der in der Tat nach Art der schwirrenden Libellen zu erfolgen scheint (27, 47, 72), ist das Stillstehen an Ort und Stelle (besonders der kleinen Raubvögel) verglichen worden. Exner (50, 51) (vgl. auch 62, 63, 83—85, 138, 139, 168, 198) hat es so weit gebracht, daß er nur so — man möchte sagen im Vorübergehen — Raubvögel hoch über sich stillstehen sah und Vogelflügel „schwirren“ hörte, die Theorie aufzustellen, daß auf aktiven Schwirrbewegungen die Leistung gerade der besten Segel- flieger beruhe. Ich muß diese Theorie als klassisches Beispiel einer Verirrung hier anführen, weil sie leider Anhänger gefunden hat. Sie alle wissen, daß es bei den jetzigen Hilfsmitteln uner- läßlich ist, nicht nur mit den Augen zu beobachten und daß, wenn das Hören eines Schwirrgeräusches ein Beweis für aktive Tätigkeit sein soll, sich auch die Telegraphendrähte aktiv bewegen müßten (vgl. auch 192). Auch ist, wie Ginpemeister (63, 198) gezeigt hat, die künstlich erzeugte frequente Reizung des Vogelmuskels analog der Schwirrbewegung um das Vielfache unrationeller als die wenig frequente Reizung gleicher Wirkung. Aber noch mehr: die ganze Naturbeobachtung Exxer’s (50, 51) ist total falsch, denn eine Rundfrage bei Jägern ergab mir, dab diese Vögel beim „An-Ort-und-Stelle-Stehen*“ im Falle ruhiger Luft sehr starke 217 Bewegungen mit Flügel und Schwanz gegeneinander nach abwärts machen (sog. Riitteln). Das gleiche Phänomen habe ich oft mit dem Auge, der Photographie und Kinematographie (vgl. dazu: 31, 32, 136) bei 5m Entfernung an Möven, die sich an Ort und Stelle halten wollten, gesehen. Dadurch, daß die Flügel nicht nach vorne abwärts, sondern fast senkrecht nach abwärts geführt werden, wird die Luft nach rückwärts, durch heftiges Abwärtsschlagen mit dem ganz verbreiterten Schwanzsteuer nach vorne geschlagen, so daß aus beiden Schlagrichtungen eine Resultante nach oben entsteht. Die Gewalt des Schlagens oder die Schwierigkeit der Stabilisation führt dabei zu so merkwürdigen Bildern wie Fig. 14 links, bei dem der Flügelhinterrand an einem Flügel nach vorne gerichtet ist. Die Vollendung des Vogelflugs und die Größe des ganzen Flug- problems überhaupt kann man daraus ermessen, daß nach meinen ungefähren Berechnungen — auf die ich hier nicht näher eingehen kann — unsere menschlichen Flugzeuge z. 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Bei einem Vergleich des Kolibrifluges mit dem der Insekten dürfte der Vergleich mit dem der Libellen auf der vom Dis- ‘ kussionsredner gestern angeführten Grundlage (Flugtyp) nicht auf- recht erhalten werden Können. Herr Dr. Ersarp (München): Die von Herrn Dr. Voss er- wähnten Oszillationen der Käferdeckflügel beim Flug sind, wie auch Herr Dr. Voss erwähnt hat, gerade wegen der für die Seitenstabilisierung so ungünstigen Form der Käferdeckflügel — ich meine dabei besonders die relative Kürze zur Breite und die Spitzenkriimmung nach abwärts — von großem Vorteil. Jeden- falls kann es sich aber nur um ,,Oszillationen“ und nicht um ein „Schlagen“ handeln, Oszillationen, die lediglich zur Ausstabilisierung nach Art des „Verwindens“ bei unseren Flugapparaten dienen, und ich glaube recht verstanden zu haben, daß auch Herr Dr. Voss in diesem Sinne das Wort ,,Oszillation“ gebraucht hat. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 15 226 Die Arbeit „Arusorv’s, besonders aber Diserer’s, über Zanonia betrachte auch ich als grundlegend für das Stabilisierungsproblem. Ich habe bereits in Monaco bei meinem Vortrag ausgeführt, wie der Zanonia-Samen auch für die Entwicklung unserer mensch- lichen Flugtechnik vorbildlich gewesen ist. Was den Vergleich des ,Schwirrflugs“ der Kolibri mit dem der Libellen betrifft, so sind eingehende wissenschaftliche Beob- achtungen darüber noch nicht gemacht worden. Er gilt nur insoweit, als an Ort und Stelle (z. B. über einer Blüte) bleibende Kolibri solch rasche Flügelschläge ausführen, daß die Flügel selbst nicht mehr sichtbar sind (vgl. Hrsse-DorLem!), ähnlich in der Luft stillstehenden Libellen. Aus dem Umstand aber, daß die Libellen zwei Paar gesetzmäßig zueinander wirkende Flügel haben und besonders aus den Untersuchungen von Dr. Voss über die Ein- gelenkung des Insektenflügels geht hervor, daß ein weiterer Ver- gleich falsch wäre. Herr Dr. Hase (Jena) berichtet ergänzend zum Vortrag, dab nach Versuchen mit Maikäfern dieselben nach Entfernung der Flügeldecken noch gut fliegen konnten. Nach Entfernung der häutigen Flügel war ein Fliegen nicht mehr möglich. Prof. E. Bressrau (Straßburg): Über das spezifische Gewicht des Protoplasmas und die Wimperkraft | der Turbellarien und Infusorien. In allen zoologischen!) und physiologischen Werken?), selbst in denen aus neuester Zeit?), wird, soweit sie überhaupt darauf eingehen, das spezifische Gewicht des lebenden Protoplasmas®) gleich 1,25 angegeben. Diese Zahl stammt von P. Jensen) her, der sie für Paramaecıum aurelia dadurch bestimmte, daß er die 1) Vgl. A. Lane, Lehrb. d. vgl. Anatomie. II. Aufl. 1901. 2. Lief. Protozoa, p. 59 u. O. HERTWIG, Allg. Biologie. IIl. Aufl. 1909, p. 14. 2) Vgl. M. VERWORN, Allgem. Physiologie. V. Aufl. 1909, p. 139. 3) Vgl. BOTAZZI in WINTERSTEINS Handb. d. vergl. Physiologie. 15. Liefg. 1911.’ 9:28. 4) Gemeint ist hier und im folgenden nur das Protoplasma der lebenden tierischen Zelle. Aus der botanischen Literatur sind mir en über das spez. Gewicht des Protoplasmas nicht bekannt. 5) P. JENSEN, Die absolute Kraft einer Flimmerzelle, Pflügers "Archiv 54, 1893, p. 543. 227 Tiere in verschieden starke, wässerige Pottaschelösungen brachte und diejenige Konzentration beobachtete, in der die Tiere eben nicht mehr untersanken. Das spez. Gewicht der Infusorien wurde dann gleich dem aräometrisch leicht feststellbaren spez. Gewicht dieser Lösung (s = 1,25) angenommen. Der Umstand, dab die von Jensen ermittelte Zahl die einzige ist, die, soweit mir bekannt, für das spez. Gewicht des lebenden Protoplasmas zitiert zu werden pflegt, läßt darauf schließen, daß bisher Zweifel an ihrer Richtigkeit nicht aufgestoßen sind. Und doch muß sowohl die schon a priori ganz unwahrscheinliche Höhe dieser Zahl — 1,25 ist das spez. Gewicht der PreBkohle (Brikette)! — als auch die Methode, durch die sie ermittelt wurde, von vornherein die schwersten Bedenken erregen. Eine Ky CO,-Lösung von 1,25 spez. Gewicht entspricht einer Konzentration von über 25% und einem osmotischen Druck von mindestens 50 Atmosphären, außerdem ist sie stark alkalisch; das Protoplasma der in sie hineingebraehten Paramaecien muß also darin momentan durch Schrumpfung so be- ° deutend verändert werden, dab danach Rückschlüsse auf sein Ver- halten im lebenden Zustande ganz unmöglich sind. Merkwürdig ist, dab Jensen selbst daran keinen Anstoß genommen hat, obwohl er nicht nur das augenblickliche Absterben der Tiere „beim Ein- bringen in diese verhältnismäßig konzentrierten Lösungen“, sondern auch die an ihnen auftretenden „Veränderungen, welche vorwiegend in Schrumpfungen bestanden“, beobachtete '). So erscheinen erneute Untersuchungen zur Feststellung des spez. Gewichts der lebenden tierischen Substanz wohl geboten. Wie ich selbst dazu kam, mich mit dieser Frage zu beschäftigen, ergibt sich aus den folgenden Überlegungen, die an Beobachtungen über die Lokomotion der Turbellarien anknüpfen. Bekanntlich sind die Trikladen bei ihrer Fortbewegung durch- aus an das Kriechen auf einer Unterlage gebunden, während sich unter den Rhabdocoelen zahlreiche Schwimmer finden. Die Schwimm- 1) JENSEN gibt an, daß diese Schrumpfungen „meist sehr gering‘ waren, „zumal im Beginn der Einwirkung des Kaliumkarbonats, so dab zu dieser Zeit, in welcher auch die Untersuchung vorgenommen wurde, die Veränderung des spezifischen Gewichts der Versuchstiere jedenfalls nicht erheblich gewesen sein wird“. Demgegenüber lehrten mich Messungen, die ich zu diesem Zwecke vor- nahm, daß die Überführung der Tiere in derart hochprozentige Kz CO;-Lösungen eine augenblickliche Schrumpfung zur Folge hat, deren Stärke sich schon nach Bruchteilen einer Minute in einer Reduktion von Länge und Breite der Tiere auf 4/5 bis 3/, des vorherigen Betrages zu erkennen gibt. 15* 228 fähigkeit hört aber bei Formen von über 2—3 mm Länge auf, und die größeren Rhabdocoelenarten können sich nur trikladen- artig kriechend fortbewegen!). Schon danach ist wahrscheinlich, daß diese Verschiedenheit in der Art der Fortbewegung wesent- lich von der Körpergröße abhängig ist. Noch bezeichnender hier- für ist indessen die Tatsache, daß auch die Jungen der größeren Rhabdocoelenarten, z. B. von Mesostoma ehrenbergi, imstande sind, in den ersten Stunden nach ihrer Geburt munter nach allen Rich- tungen das Wasser zu durchschwimmen, — so lange nämlich als sie noch kleiner als 2—3 mm sind?). Erst einige Zeit nachher, sobald sie jene Länge überschritten haben, geben sie das Schwimmen auf und gehen zum Kriechen über. Wie bereits Hessr*) auseinandergesetzt hat, erklärt sich dieser Wechsel in der Fortbewegungsweise daraus, dab der Wimperschlag nur zu einer beschränkten Kraftleistung fähig ist und daher bei Tieren von einer gewissen Größe an nicht mehr ausreicht, sie frei- schwebend durch das Wasser zu bewegen. Denn da die Kraft der Flimmerung bei zunehmender Größe entsprechend der Wimperzahl, d. h. also der Körperoberfläche, nur im Quadrat, die Körpermasse dagegen in der dritten Potenz der Länge wächst, so muß sehr bald der Zeitpunkt kommen, wo die Wimperkraft der aus der schnelleren Zunahme der Körpermasse resultierenden stärkeren Beanspruchung nicht mehr gewachsen ist. Die Folge wird daher sein, daß die Tiere vom Schwimmen zum Kriechen übergehen. Über die Größe der Wimperkraft, welche die Turbellarien zu entwickeln vermögen, sind direkte Messungen bisher nicht an- gestellt worden. Wohl aber hat Jensen sie bei Paramaecıum zu 1) Anders lautende Angaben, die auch den großen Rhabdocoelenarten Schwimmvermögen zuschreiben, sind durchweg falsch. Eine Ausnahme bildet vielleicht — ich habe diese Form ‚bisher lebend nicht zu Gesicht bekommen und die diesbezüglichen Angaben daher nicht kontrollieren können — nur Mesostoma tetragonum. Hier würde es sich indessen nur um eine sekundäre Wiedererlangung der Schwimmfähigkeit durch die für diese Art charakteristische Flossenbildung handeln. 2) Die aus den Subitaneiern ausschlüpfenden Jungen von Mes ehrenbergi haben eine Länge von 1,5—1,7 mm, wachsen aber unter günstigen Verhältnissen so rasch, daß sie schon nach 24 Stdn. 2,6—2,8 mm, nach 48 Stdn. 3,9—4,2 mm messen, Ihre Schwimmfähigkeit dauert also meist nur kurze Zeit. Länger schwimmfähig sind dagegen z. B. die Jungen vom Mes. lingua und Bothromes. personatum. 5) R. Hesse, Der Tierkörper als selbständiger Organismus (HESSE-DOFLEIN, Tierbau und Tierleben Bd. I). 1910, p. 118, 177. 229 ermitteln versucht, indem er die Infusorien in einseitig zuge- schmolzenen Röhren auf die horizontale Scheibe einer Zentrifugal- maschine brachte und die Stärke der Zentrifugalkraft bestimmte, der die Paramaecien mit ihrem Wimperapparat gerade noch ent- gegenzuarbeiten vermochten. Aus seinen Versuchen berechnete Jensen die „absolute Kraft“ des Wimperapparates von Paramaecıum a= 0,00158 mg!). Zugleich stellte er durch Division von a mit dem Gewicht der Tiere im Wasser p = 0,0001:5 mg?) fest, das Wievielfache ihres eigenen Körpergewichts die Tiere im Wasser gerade noch zu heben vermögen. Der Wert für diese Rekordkraft, F a. 8 wie man sie nennen kann, w wert etwas größer als 9. Von diesen drei ebenfalls viel zitierten Zahlen) sind nun die beiden ersteren, a und p, durchaus problematisch, da bei ihrer Berechnung das spez. Gewicht der Tiere eine Rolle spielt, und der von Jensen dafür angenommene Wert s = 1,25, wie wir sahen, viel zu hoch ist. Anders steht es dagegen mit der Zahl w. Da in der Formel für a (s. Anm. 1) das Gewicht p im Zähler steht, w aber a ist, hebt sich bei ihrer Berechnung p weg, und der Wert von w 1) Die Versuchsanordnung JENSENS griindet sich auf den negativen Geo- tropismus der Paramaecien, vermöge dessen die Tiere die Orte des geringsten hydro- statischen Druckes aufsuchen. Wenn ein Paramaecium dem peripher gerichteten Zuge der Zentrifugalkraft eben noch das Gleichgewicht zu halten vermag, ist die absolute Kraft seines Wimperapparates a gleich der Zentrifugalkraft k vermehrt um ‘ das Gewicht des Tieres im Wasser p, dessen im Sinne der Schwerkraft wirkender Zug durch die Cilientatigkeit ebenfalls zu kompensieren ist. Die Zentrifugal- fig? 7,D en des zentrifugierten Körpers vom Rotationsmittelpunkt, t die Umlaufszeit der Scheibe, g die Beschleunigung durch die Schwere und p das Gewicht des 2 Körpers bedeutet. Es ist also a=k+p=p z = +1), Fiir r ergab sich kraft k wird berechnet nach der Formel k = , wobei r die Entfernung aus JENSENS Versuchen bei t= 0,2 Sekunden der Wert von 80 mm. 2) Das Gewicht des Paramaecienkörpers bestimmte JENSEN aus s.v, worin s das mit 1,25 angenommene spez. Gewicht, v das Volumen bedeutet; v berechnete er aus der durchschnittlichen Länge Il = 0,25 mm und dem Breitendurchmesser p= (0,06 mm von Paramaecium, als 1.p?.r =0,0007 cbmm, und danach s.v also = 0,000 875 mg. Diese Zahl gibt aber das Gewicht des Tieres im luftleeren Raum an; um sein Gewicht im Wasser p zu erhalten, ist davon nach dem ARCHIMEDES’schen Prinzip noch das Gewicht eines seinem eigenen Volumen gleichen Volumens Wasser abzuziehen: also p = 0,000 875 — 0,0007 = 0,000 175 mg. 3) Vgl. außer den in Anm. 1—3 auf S. 226 zitierten Werken z. B. noch S. v. PROWAZEK, Rinführung in die Physiologie der Einzelligen. 1910, p. 85. 230 ist daher unabhängig von jedem etwa bei der Bestimmung des spez. Gewichts gemachten Fehler!). Ihn einwandfrei ermittelt zu haben, ist das bleibende Verdienst der Jexsen’schen Untersuchung, wenn sie sich auch, wie ihr Titel (s. Anm. 5, S. 226) anzeigt, das Ziel anders gesteckt hatte. Aus dieser Zahl w ergibt sich nun weiter — und diese Über- legung ist wiederum schon von Hesse angestellt worden —, dab, wenn die Paramaecien ad libitum wachsen könnten, bei ungefähr 9facher Längenzunahme der Moment kommen muß, wo die Kraft ihrer Cilien nicht mehr imstande ist, sie freischwebend im Wasser zu halten’). Das heißt also: da die Paramaecien eine durch- schnittliche Länge von 0,25 mm besitzen, würde 2,25 mm die äußerste Länge bilden, bei der sie gerade eben noch des Schwimmens mächtig sein könnten. Weitere Längenzunahme würde dagegen den Verlust des Schwimmvermögens nach sich ziehen müssen. Dieser Grenzwert von 2,25 mm ist nun auffälligerweise un- sefähr derselbe, bei dem auch, wie die Beobachtung lehrt, die Rhabdocoelen ihre Schwimmfihigkeit einbüßen. Und da diese Würmer im großen und ganzen eine den Paramaecien ähnliche Körperform und Bewimperung besitzen, so beruht die Überein- stimmung dieser Grenzwerte vielleicht nicht bloß auf einem Zufall. Vielmehr läßt sich danach vermuten, daß die Kraft des Wimper- apparates der Turbellarien im Verhältnis ungefähr von derselben Größenordnung ist wie bei den Infusorien. | Diese Erwägung ließ es mir nun wünschenswert erscheinen, auch das spezifische Gewicht der Turbellarien festzustellen, um daraus wiederum einen ungefähren Rückschluß auf die Größen- ordnung des spez. Gewichts der Paramaecien ziehen zu können. Als Versuchsobjekte wurden dafür Planaria lugubris und Mesostoma ehrenbergi gewählt. Die Größe dieser Tiere ermöglichte es, eine Methode anzuwenden, bei der die in Jensen’s Versuchen störende Fehlerquelle nicht in Frage kommt, nämlich die einfache Wäge- methode mit Hilfe des Pyknometers. 1) Demzufolge ergibt sich w nicht nur durch Division der für a und p gefundenen Zahlen (siehe Anmerkung 1 und 2, S. 229), sondern direkt als An?.r 4.5,14°.80 en Re ?) Wenn bei Paramaecium die Kraft des Wimperapparates a gleich dem Neunfachen des eigenen Körpergewichts, also = 9p ist, so würde sie bei einem 9 mal so langen Tier = 9?.9p sein, also gerade dessen auf 9% p angewachsenem (Fewicht die Wage halten. 231 Die Ermittlung des spez. Gewichts der Tiere mit der Pykno- metermethode setzt die Kenntnis folgender Gewichte voraus?): G1 — Gewicht des Pyknometers mit Wasser. eat 3 nach Beschickung mit einer bestimmten Anzahl (b) Würmer. G3 == absolutes Gewicht der b Würmer. G1 und G? lassen sich jeweils durch direkte Wägung erhalten. Zur Feststellung von G? müssen die Würmer aus dem Pyknometer nach sorgfältiger Abtrocknung mit Fließpapier auf ein Uhrschälchen von bekanntem Gewicht G4 gebracht und nach gründlicher Beseitigung des ihnen dann etwa noch anhaftenden Wassers mitsamt dem Uhr- schälchen gewogen werden (G°). Dann ist G? = 6° — G* und das spez. Gewicht der Würmer: G3 G8 — (G2? — G!) Bei den Wägungen kommt es wesentlich darauf an, die Differenz G?— G! richtig zu bestimmen, die angibt, um wieviel die Würmer schwerer sind als das gleiche Voiumen Wasser. Um größere Zahlen dabei zu erhalten, empfiehlt es sich, b nicht zu klein zu nehmen, d. h. nicht zu wenig Würmer für jede Wägung zu benutzen?). Andererseits wächst, je mehr Würmer man zugleich verwendet, die Schwierigkeit, sie alle zwecks Bestimmung von G5 ohne Verletzung abgetrocknet auf das Uhrschälchen zu bringen. Manchmal bleibt dabei ein oder das andere der Tiere am Fließpapier haften und zerplatzt, was dann natürlich zur Folge hat, daß man eine neue Wägungsserie beginnen muß. Nur von untergeordneter Bedeutung sind die Fehler, die dadurch entstehen, daß beim Abtrocknen der Würmer vielleicht noch Spuren von Wasser an ihnen haften bleiben. Natürlich wird G* deshalb leicht etwas zu groß ausfallen, aber der Fehler wird dadurch, daß dieser Faktor in der Formel für s sowohl im Zähler wie im Nenner steht, stark ausgeglichen. Die Brauchbarkeit der Methode ergab sich daraus, daß die Resultate, die bei den verschiedenen Wägungen mit ganz ver- schiedenen Individuenzahlen erhalten wurden, ausgezeichnet mit- Sr 1) Für freundliche Hilfe bei den Wägungen, die mit liebenswürdiger Er- laubnis von Herrn Prof. BRAUN im Physikalischen Institut der Universität aus- geführt wurden, bin ich den Herren Dr. BURR und Dr. ROHMANN zu lebhaftem Dank verpflichtet. *) Wir benutzten zu unsern Wägungen gleichzeitig 6—20 Individuen von Plan. lugubris und 40 bzw. 58 Individuen von Mes. ehrenbergi, die selbst- verständlich vorher durch längeres Hungern nahrungsfrei gemacht worden waren. 232 einander iibereinstimmten. Die Werte, die gefunden wurden: 1,055 für Plan. lugubris und 1,02 fiir Mes. ehrenbergi dürften danach das spez. Gewicht der Tiere mit ziemlicher Genauigkeit angeben ?). Natürlich können diese Zahlen keinen Anspruch darauf er- heben, ohne weiteres als Mabe für das spez. Gewicht des Proto- plasmas angesehen zu werden. Immerhin aber dürften sie insofern von Bedeutung sein, als sie die Größenordnung erkennen lassen, der die Zahl für das spez. Gewicht des Protoplasmas jedenfalls angehört. Auch stellen sie m. E. Grenzwerte dar, zwischen denen die gesuchte Zahl liegen dürfte: denn 1,02, der für Mes. ehrenbergi mit seinem zarten, von wäßriger Flüssigkeit erfüllte, große Schizocoel- räume enthaltenden Körper gefundene Wert — der ungefähr mit dem der im Meere treibenden Fischeier korrespondiert*) — ist aller Wahrscheinlichkeit nach hierfür zu niedrig, 1,055 dagegen, der Wert, der Plan. lugubris mit ihrem kompakten Bau kennzeichnet, jeden- falls zu hoch. Unter allen Umständen illustrieren diese Zahlen klar und deutlich, wie wenig die zurzeit allgemein anerkannte Jexsev’sche Zahl den wirklichen Verhältnissen entspricht. Nicht um Zehner, sondern nur um Einer von Prozenten größer als 1 ist die Zahl, die den Betrag für das spezifische Gewicht der lebenden tierischen Substanz angibt. Diskussion: Herr Dr. Srroprmann (Wilhelmsburg) stimmt dem Vortragenden zu, daß die spez. Gewichtszahl 1,25 viel zu hoch für Protoplasma sei. Das spez. Gewicht der Fischeier sei etwa 1,026 bis 1,01. Doch sei hier nicht nur reines Protoplasma, sondern vor allem auch Fett und Wasser vorhanden, immerhin könne das spez. Ge- wicht für ersteres auf keinen Fall über die zweite Dezimale hinaus- gehen. Herr Dr. Tarnemann (Münster). 2) In 4 Wägungsserien mit 6, 7, 10 und 20 Pl. lugubris wurden als Resultat erhalten: s—= 1,048, 1,058, 1,055 und 1,056. Bei Mes. ehrenbergi ergaben 2 Serien mit 40 und 58 Exemplaren 1,02 und 1,018. 3) Vgl. E. EHRENBAUM & S. STRODTMANN, Eier- und Jugendformen der Ostseefische. Wiss. Meeresunters. Kiel & Helgoland, N. F. VI, 1 1904, p. 110. 233 ° Herr Dr. E. Marrmı (Hamburg): Über die Stellung der Nematoden im System. Im wesentlichen ist es Opposition gegen eine neuerlich vor- gebrachte Anschauung über die phylogenetische Ableitung der Nematoden, die mich veranlaßt, mich über diesen Gegenstand aus- zusprechen. Besonders die mir von Herrn Kollegen BresszLAau liebenswürdigst übersandte Zusammenstellung über die Organisation der Plathelminthen hat meine schon früheren nach dieser Richtung gehenden Vermutungen sehr bestärkt und mir die engen Beziehungen zwischen beiden Gruppen deutlich gemacht. Bei näherem Studium der Literatur fand ich den Arbeiten von v. Grarr und VEJIDOVSKY weitere auffallende Übereinstimmungen. Um Ihrer Skepsis gleich den rechten Weg zu weisen, sage ich schon jetzt, daß ich bei meiner Spekulation über die Vor- fahren der Nematoden auf die rhabdocoelen Turbellarien heraus- komme. Dabei dürfen Sie aber nicht gleich an Ascarıs megalo- cephala und Mesostomum ehrenbergii denken, zwischen denen ein Vergleich natürlich recht kühn erscheinen muß. Es handelt sich aber bei beiden um hochdifferenzierte Angehörige ihrer Gruppen. Stellen Sie sich die kleinen Nematoden Plectus, Rhabditis oder Oxyuris und die kleinen Mikrostomen und Makrostomen vor, dazu noch einige Gastrotrichen und Sie haben eine Gesellschaft, in der gemeinsame Organisationsmerkmale schon eher zu vermuten sind. Ehe wir den Vergleich beginnen, stelle ich die Anatomie von . Oxyuris curvula voran, die m. M. nach in vielen Fällen primitivere Verhältnisse zeigt als die von Ascaris und sich deshalb besser zum Vergleich eignet. Der Darm. Der Vorderdarm, Pharynx oder Oesophagus, besteht aus 22 Epithelzellen und 28 Muskelzellen. Die Epithel- zellen greifen in eigenartiger Weise mit ihren Fortsätzen zwischen den kontraktilen Fasern der Muskelzellen hindurch, besonders auf der Außenfläche sich ausbreitend, so daß die den Vorderdarm außen umhüllende Membran als eine von den Epithelzellen und Bindegewebe gebildete Basalmembran erscheint (die Verhältnisse liegen hier also ähnlich, wie sie Prof. Spencer vorgestern bei Sipunculiden geschildert hat). Ferner finden wir Nervenzellen und mehrere Nervenringe sowie Drüsengewebe im Vorderdarm. Die Zahl der Ganglienzellen beträgt 20, die Drüse enthält 7 Kerne, eine beachtliche Abweichung von den sonst bei Nematoden beobachteten. Das ganze Gewebe ist aiso nach außen durch die erwähnte Membran abgeschlossen. Das 234 Lumen zeigt bekanntlich eine dreistrahlige Grundform. Es schließt sich ein kurzes Zwischenstück an, von 5 Zellen mit Stäbchensaum gebildet, die wir daher wohl als Drüsenzellen aufzufassen haben. Dies Stück ist nach Rauruers Angaben bei anderen Nematoden stärker entwickelt. Im Mitteldarm finden wir ein einschichtiges Epithel in zweierlei Ausbildung, indem am Hinterende sehr schmale und viel längere Zellen einen deutlich abgesetzten Abschnitt des Darmes auszeichnen. Zellkonstanz ist im Epithel jedenfalls nicht vorhanden. Der Mitteldarm und der hintere. Teil des Vorderdarms werden von einem Bindegewebe umhüllt, das Ausläufer an die Leibeswand entsendet. An einer solchen Mesenterium ähnlichen Platte liegt im Bereich des Vorderdarms der einzige große Kern. Die Muskularis ist neunzellig, 4 große Muskelkerne finden wir nicht weit hinter der Mitte des Darmes, 4 weitere nahe seinem Hinterende, 1 ventrale Zelle liegt einem Sphinkter am Übergang in den Enddarm an. Letzterer besteht aus 7 Epithelzellen, 3 Drüsen- und 3 Muskelzellen beim Weibchen, beim Männchen haben wir 6 Drüsenzellen und zahlreichere Muskeln. Die Leibeswand enthält im ganzen 65 Muskelzellen, in jedem subdorsalen Feld 179 äußeren +8 inneren, im rechten sub- ventralen Feld 16= 9 außen 4 7 innen, links dagegen nur 15 =% außen + 6 innen. Im Epithel fällt jederseits eine Reihe von 16 großen Zellen auf, die die Mitte der Seitenlinien einnehmen, die Cuticula aber nur in geringer Ausdehnung erreichen und den auch sonst bei Nematoden beobachteten mittleren Zellreihen der Seiten- felder entsprechen. Der dorsale und ventrale Teil des Seitenfeldes ist als ein vielkerniges Synzitium ausgebildet, in dem sich Zell- konstanz nicht nachweisen läßt. Die Epidermis des Vorderendes ist zellulär gegliedert geblieben, es herrscht hier völlige Zellkonstanz. Bezüglich der Einzelheiten dieser Gegend sowie des männlichen Schwanzendes verweise ich auf die demnächst erscheinende ein- gehende Darstellung. Im Nervensystem herrscht ebenfalls völlige Zellkonstanz, vom Nervenring gehen wie gewöhnlich 6 vordere Sinnesnerven ab, nach hinten die Medial- und Lateralnerven, erstere mit je 2 deutlich getrennten Wurzeln. Bindegewebszellen finden wir im Vorderende 10, 4 schon von Ascaris bekannte am Nerven- ring, 6 weitere davor. Das Exkretionsorgan besteht aus 4 Zellen, 2 derselben eine mediane vordere und ebenfalls mediane hintere bilden den ventralen Teil der Harnblase, 1 sehr großer hinten median gelegener Kern gehört zweifellos zum dünnwandigen, die. Kanäle bildenden Teil. Einen etwas kleineren vorderen, ebenfalls 235 median gelegenen Kern muß ich nach meinen bisherigen Bildern ebenso auffassen. Die Exkretionskanäle liegen in deh großen oben geschilderten Zellen des Seitenfeldes nahe deren innerer Oberfläche, von einem Drüsengewebe kann hier nicht die Rede sein, ebensowenig übrigens bei Askariden. Der Genitalapparat läßt nirgends Zellkonstanz erkennen und erscheint dadurch dem Soma gegenüber vollständig fremdartig. Er besteht beim Weibchen aus dem an seinem Ende von einer Kappen- zelle gedeckten Ovar, einer Ansammlung kleiner gleichartiger Zellen, der Dotterregion, in der sich diese Zellen in ein äußeres dotterbildendes Epithel und innere Keimzellen differenzieren, einer Tubarregion, die im obersten Teil leer ist oder ein Ei enthält, im unteren Teil mit Sperma gefüllt ein Zeceptaculum seminis re- präsentiert. Dann folgt die Schalendrüse, d. h. der Kanal erweitert sich, die Epithelzellen nehmen wieder drüsigen Charakter an, auf dieser Strecke entsteht die Schale des Eies. Weiter abwärts verliert sich der drüsige Charakter, beide Schenkel des Genitalkanals ver- einigen sich zum Uterus. Die Epithelzellen desselben sind sehr olykogenreich. Es schließt sich eine kurze, aus Zellen zweierlei Art gebildete Vagina an. Der ganze Apparat ist vom Bindegewebe eingehüllt, das besonders in dem unteren Teil reichlich Kerne zeigt, die Muskulatur erstreckt sich von der Schalendrüse aus abwärts. Der männliche Apparat ist ähnlich, aber einfacher gebaut. Wenn wir jetzt die Ableitung dieser Organisation von niederen Typen versuchen, so finden wir in der Literatur bereits eine ganze Anzahl einschlägiger Hypothesen. Nur einige seien erwähnt: Anton SCHNEIDER!) stellt die Nematoden mit den Chätognaten zusammen, eine Anschauung, die jetzt wohl kaum noch geteilt wird. Bürsckuı?) leitet die Nematoden durch Vermittlung der Gastrotrichen von den Rotiferen ab, von denen auch die Aneliden und. Arthropoden selb- ständig ihren Ursprung genommen haben sollen. Ähnliche An- schauungen finden wir auch bei Harcker?) und anderen. In einer ‚späteren Publikation weist Bürschzı*) auf die Ubereinstim- mung zwischen Trematoden und Nematoden im Nervensystem hin, hält aber eine phylogenetische Ableitung letzterer von ersterem 1) A. SCHNEIDER 1866, Monographie der Nematoden. 2) O. BUTSCHLI 1876, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Z. wiss. Zool. Bd. 26. 3) HAECKEL 1895, Systematische Phylogenie. Bd. 2. 4) OÖ. BUTSCHLI 1885, Zur Herleitung des Nervensystems der Nematoden. Morph. Jahrbuch, Bd. 10. 236 nicht für möglich, die auch Harscueck !) besonders in Rücksicht auf den komplizierten Genitalapparat der Trematoden ablehnt. Der schon früher von Perkıer?) vertretene Versuch, die Nematoden als degenerierte Arthropoden aufzufassen, wurde neuerdings wieder lebhaft befürwortet. Bei unserer Diskussion dieser Theorien stellen wir zunächst die Nematoden einerseits mit den Arthropoden, andererseits mit den Trematoden in Parallele. Bei den Arthropoden werden wir die Verhältnisse bei Peripatus häufiger besonders zu erwähnen haben. Die Tardigraden, deren Stellung im System durchaus noch unbestimmt ist, werden wir nur hier und da heranziehen. Was die allgemeine Entwicklungshöhe betrifft, sind folgende Punkte zu erwähnen: Der Enddarm ist bei Arthropoden vorhanden, bei Nematoden vorhanden, bei Trematoden fehlt er. Die Leibes- höhle bei Arthropoden wenigstens entwicklungsgeschichtlich vor- handen (bei Tardigraden fehlen uns ausreichende Angaben), fehlt bei Nematoden, fehlt auch bei Trematoden. Sigmentierung: Bei Arthropoden vorhanden, wenigstens entwicklungsgeschichtlich, bei Tardigraden wohl noch nicht sicher nachgewiesen, fehlt bei Nema- toden und Trematoden. Die Exkretionsanlage sind bei Arthropoden Nephridien oder malpighische Schläuche; die bei den Nematoden sind in ihrer Bedeutung noch nieht sichergestellt (siehe unten). Die Trematoden besitzen Protonephridien, gegliederte Extremitäten sind bei den Arthropoden überall vorhanden oder zum mindesten entwicklungsgeschichtlich angelegt. Sie fehlen den Nematoden und Trematoden. Eutelie, damit bezeichne ich die Zusammensetzung des Tierkörpers aus wenigen großen, der Zahl und Lage nach be- stimmten Zellen, fehlt bei Arthropoden wohl meist. Sicher zeigt sich bei Milben oder Formen wie Pentastomum keine Spur davon. Bei Nematoden finden sie sich stark ausgeprägt, bei Trematoden finden wir sie ebenfalls. „Bei Tempocephalus scheint die Zellen- zahl konstant zu sein; wenigstens konnte ich diese Konstanz bei dem Exkretionssystem, dem Nervensystem, den Parenchymzellen und den Ootypdrüsen nachweisen“, teilt mir Prof. Merron mit. Die wenigen großen Zellen im Pharynx der Fasciola hepatica deuten wohl ein gleiches Verhalten an. Diese allgemeinen Verhältnisse sprechen zweifellos bei weitem mehr für eine Zusammengehörigkeit der Nematoden und Trematoden, ') HATSCHECK 1888, Lehrbuch der Zoologie. ?) PERRIER 1887. — Uber weitere Literatur siehe RAUTHER in SPENGELS Ergebnissen u. Fortschr. d. Zool. Bd. J, 237 während sich den Arthropoden gegenüber eigentlich nur fundamentale Unterschiede finden lassen. Die Betrachtung der einzelnen Organ- systeme wird uns zu einem ähnlichen Resultat führen. Die beträchtlichsten Unterschiede bietet wohl der Genital- apparat, der bei Nematoden außerordentlich einfach ist, bei Trema- toden dagegen hoch kompliziert erscheint, auch bei Arthropoden liegt eine komplizierte Bauart in der Regel vor, indem sowohl Anhangsgebilde meist reichlich entwickelt sind, als auch der Keim- stock selbst durch Follikel- und Nährzellenbildung eine höhere Differenzierung erfahren hat. Relativ einfach und den Verhältnissen bei Nematoden nahestehend erscheinen die Verhältnisse bei Per- patus. Bei den Trematoden jedoch dürfen wir nicht vergessen, daß es sich in der Mehrzahl um zwitterige Formen handelt; bei Bilharzia finden wir dementsprechend wesentlich einfachere Organe; beim männlichen Apparat fehlt der Cirrhus, er besteht nur aus Hoden, dem Ductus deferens, der sich zur Samenblase erweitert, und Ductus ejaculatorius. Beim Weibchen bestehen allerdings ge- sonderte Dotterstöcke und haben eine sehr mächtige Entwicklung erlangt. Der übrige Apparat, bestehend aus Eierstock, Eileiter, Schalendrüse und Uterus, würde eine leidliche Parallele mit den Verhältnissen bei Nematoden zulassen. Bezüglich der Nephridien haben wir die Übersicht oben gegeben. Was die Deutung des Exkretionsorgans bei den Nematoden betrifft, so sind wir der Meinung, daß eine Ableitung von Protonephridien wohl denkbar wäre. Andererseits können wir Raurser nicht beistimmen, wenn er es für unwahrscheinlich hält, daß hier eine Hautdrüse phylo- . genetisch das Exkretionsorgan ersetzt haben könnte. Finden wir doch beim Menschen, daß die Hautdrüsen zum Teil die gleichen Stoffe wie die Nieren abscheiden und bei Erkrankung der letzteren dies in erhöhtem Maße tun, so daß geradezu von einem vikariierenden Eintreten gesprochen werden kann. Bei diesen Verhältnissen bei Wirbeltieren ist die Möglichkeit der Übernahme exkretorischer Funktion durch eine Hautdruse bei Wirbellosen zweifellos nicht a limine abzuweisen. Andererseits finden wir ein eigentümliches Organ bei Nematoden, das uns eine bemerkenswerte Parallele erlaubt, die Enddarmdrüsen, beim Weibchen eine dorsale, eine rechte und eine linke subventrale Zelle, beim Männchen an jeder Stelle zwei, fordern sie geradezu zum Vergleich mit Macrobiotus macronyx auf, der an den gleichen Stellen je drer Drüsenzellen hat. Diese sind nun das Homologon, der bei anderen Tardigraden hier einmündenden malpighischen Schläuche, so daß wir zu einer Beziehung zwischen 238 den Enddarmdrüsen der Nematoden und den malpighischen Gefäßen der Arthropoden kämen, eine der wenigen Parallelen, die ich zwischen beiden Gruppen auffinden konnte. Der Darm zeigt, wie gesagt, bei Nematoden einen Enddarm und steht dadurch höher als der der Trematoden. Im Bau der Pharynx dagegen stimmen Nematoden und Trematoden bemerkenswert überein, während sie zu den Arthropoden in einen Gegensatz treten. Die radiäre, den Pharynx erweiternde Muskulatur ist nämlich bei Trematoden auf den Pharynx selbst beschränkt, der nach außen durch eine Membran abgeschlossen ist; ebenso bei den Nematoden, während sie bei den Arthropoden sich zwischen Pharynxwand und der äußeren Haut ausspannt. Wenn bei Fliegenlarven einige vordere Segmente eingestülpt sind, so kann dies wohl die Klarheit des Befundes trüben, an der Auffassung der Sachlage aber nichts ändern. Bei Peripatus finden wir in der Wand des Pharynx selbst eine reich entwickelte radiäre Muskulatur, aber dieselbe besteht aus einzelnen Muskelfasern, während es sich bei den Nematoden und Trematoden um verzweigte Muskelzellen handelt. Ferner ist bei letzteren beiden Gruppen das Epithel versenkt, während es bei Peripatus oberflächlich liegt. Auch die Lage der Speicheldrüsen unterscheidet die beiden letzten Gruppen von der ersten. Über den Mitteldarm ist nicht viel zu sagen. Was die Körperwand betrifit, so ist das Epithel bei Nematoden und Trematoden meist versenkt. Bei Arthro- poden, auch Peripatus deutlich in oberflächlicher Lage. Die Cuticula besteht bei Arthropoden aus Chitin, während dieses bei Nematoden und Trematoden völlig fehlt. Warum degenerierende Arthropoden ihr Chitin verloren haben sollten, das wir bei den Pentastomen doch noch wohlerhalten finden, ist nicht einzusehen. Die Muskulatur ist bei den Arthropoden durchweg die quergestreifte Faser, bei Peripatus die glatte Faser. Der Platodentyp der Leibeshöhlen- muskulatur, wie ihn Brochmann für Trematoden ermittelt hat, scheint überall zu fehlen. Bei Nematoden und Trematoden haben wir entweder einfache Muskelzellen oder eben jene verzweigten Myoblasten mit zahlreichen kontraktilen Fibrillen. Außer Längs- muskulatur finden wir bei den Arthropoden noch starke, schräg gerichtete Faserzüge entwickelt, bei Peripatus kommt noch eine äußere Ringmuskulatur hinzu. Bei Trematoden und Nematoden ist die Längsmuskulatur stark entwickelt, die Ringfasern bei ersteren schwach, fehlen bei letzteren völlig. Dorsoventralmuskel bei ersteren reichlich vorhanden, sind bei letzteren auf die Enddarmgegend beschränkt. Das Nervensystem der Arthropoden ist ein Strick- 239 leiternervensystem mit dorsalen Schlundganglien und mehr oder weniger deutlich in Ganglien gegliedertem Bauchmark. Bei Nema- toden und Trematoden finden wir eine Mehrzahl hinterer Nerven- stränge. Auf die Übereinstimmung zwischen dem Nervensystem der Trematoden, speziell Distomum isostomum und den Nematoden, hat bereits Bürscaur hingewiesen. Die neueren Untersuchungen der Nematoden lassen diese Übereinstimmung noch frappanter er- scheinen, so daß wir das von Bürscauı konstruierte Zwischenglied gut entbehren können. Die beiliegende Figur illustriert das Not- wendige. Bei Distomum (ich beziehe mich hier teilweise auf meine eigene Erfahrung an Fasciola haepatica) liegt über dem Schlund eine sehr faserreiche Kommissur, der nur wenige Ganglienzellen anliegen. Sie geht jederseits in stärkere und zellreichere Teile des Nervensystems über. Vorher jedoch treten ein paar Nerven ans, die sich dorsal wenden und in einiger Entfernung unter der dorsalen Haut hinziehen. Von der gleichen Stelle treten einige feine Nerven zum Vorderende Aus den dickeren Seitenteilen des zentralen Nervensystems entwickeln sich zwei vordere Nerven und zwei hintere Nerven, die seitwärts gewendet in einiger Entfernung unter der Körperhaut hinziehen. Vordere und hintere Nerven sind durch einen am Ganglion vorbeiziehenden Faserstrang verbunden. Nach Abgabe des Seitennerven wendet sich die Fasermasse, mit Ganglienzellen reich besetzt, weiter ventral und etwas median und geht nun in die beiden mächtigsten nach hinten verlaufenden Nerven über, die höchstens durch eine schwache untere Schlundkommissur an dieser Stelle miteinander verbunden sind. Fast genau dieselben Verhältnisse zeigt uns Oxyurıs curvula. Auch hier liegt die Hauptansammlung von Ganglienzellen in der Lateralgegend. Die sogenannten Ventralganglien bestehen, wie schon GorpscHhuwipr fand, aus unipolaren Ganglienzellen, deren zum Teil ziemlich langer Nervenfortsatz schräg seitwärts gerichtet in den Nervenring eintritt, und zwar bereits in der Subventrallinie. So finden wir also auch bei Oxywris curvula eine faserreiche zellarme dorsale Kommissur, von der mit zwei Wurzeln der dorsale Nerv entspringt. Beide Wurzeln bleiben bei unserer Form eine ziemliche Strecke lang selbständig, erst wo die Verengung des Rückenfeldes es ihnen aufzwingt, vereinigen sie sich zu einem Nervenstrang. Am Übergang der Dorsalkommissur in die Seitenteile treten vom Nervenring die beiden subdorsalen Sinnesnerven nach vorne. Aus der Lateralgegend entwickelt sich einmal der stärkste Sinnesnerv des Tieres, doch zieht die größte Zahl seiner Faser am Nervenring 240 vorbei, eine Beobachtung Goxpscumipr’s die ich bestätigen kann, und geht direkt in den Lateralnerv über, der außerdem eine Anzahl Fasern aus den seitlichen Ganglien erhält. Einzelne Nerven lassen sich hier bis in die Rektalgegend verfolgen. Die Ventralnerven, die bei unserer Form bis hinter den Genitalporus getrennt bleiben, entwickeln sich ebenfalls aus der Seitengegend des Nervenringes, und zwar verlassen sie denselben noch außerhalb der ventralen Schema des Nervensystems, A eines Trematoden, B von Oxyuris curvula. bn Bauchnery, de Dorsalkommissur, dn Dorsalnerv, @ Gegend der stärksten Ansammlung von Ganglienzellen, In Lateralnerv, ve ventrale Kommissur, vn vordere Nerven. — A ist ent- worfen unter Zugrundelegung der Figur von Gaffron über das Nervensystem von Distomum isostomum bei Breslau: Handwörterbuch der Naturwissenschaften mit Berücksichtigung dessen, was ich selbst für Fasciola hepatica gesehen habe, besonders: der Ursprung der drei Hauptnervenpaare ist getrennt. Der Ventralnerv ist die direkte Fortsetzung der Lateral- ganglien. Die hinteren Kommissuren sind, als für unseren Zweck unwesentlich, weggelassen. Ganglien. Eine relativ zellarme ventrale Kommissur bildet den unteren Abschluß des Ringes. | Wenn unser Vergleich richtig ist, müssen wir erwarten, dab die ventrale Kommissur bei Oxywris außerordentlich viel schwächer ist als die dorsale. Ein Medianschnitt läßt nun in der Tat erkennen, daß sie höchstens ein Drittel so viel Fasern enthält als die dorsale. Die Übereinstimmung, die hier im Nervensystem hervortritt, ist eine so präzise, daß wir sie wohl kaum allein. auf konvergente Züchtung zurückführen können, vielmehr innige pbylogenetische 241 Beziehungen zwischen Trematoden und Nematoden annehmen müssen. Diese Beziehungen brauchen aber nicht als eine Abstammung der Nematoden von den Trematoden aufgefaßbt zu werden. Von den Arthropoden dagegen zeigen sich in allen Organen sehr wesentliche Unterschiede, so daß eine Ableitung der Nematoden von diesen unmöglich erscheint. Wenn sich mit Peripatus einige Über- einstimmungen ergeben, so trifit das Punkte, in denen Peripatus den anderen Arthropoden gegenübersteht (primitiver ist), nämlich die Ausbildung des Vorderdarms und des Geschlechtsapparats. Funda- mentale Unterschiede, wie Muskelbau und -anordnung, Morphologie des Nervensystems und des Exkretionsapparats, sowie Vorhandensein von Chitin, schließt aber eine enge phylogenetische Beziehung zwischen Onychophoren und Nematoden aus. Gegenüber den Tardi- graden bietet deren Nervensystem, Muskelanordnung und ihr Ovarialbau scharfe Grenzen gegen die Nematoden. Unter den Unterschieden zwischen Nematoden und Trematoden würde wohl die Entwicklung des Enddarms bei ersteren einer direkten Ableitung nicht im Wege stehen; dagegen scheinen letztere durch die Anwesenheit von Haftapparaten die Komplikation des Genitalapparats, die sich selbst bei diözischen Formen in der mächtigen Entwicklung der Dotterstöcke ausprägt, sowie in der hohen Entfaltung des Exkretionsapparats den Nematoden gegenüber als die höher differenzierten Formen, so daß wir sie wohl nicht in die direkte Stammreihe der letzteren einreihen dürfen. Wir müssen also die Vorfahren der Nematoden unter den Vorfahren der Trematoden suchen, und hier weisen uns die übereinstimmenden Anschauungen von von Grarr und BressLau auf die rhabdocoelen Turbellarien hin. Ehe wir hier weitergehen, ist es vielleicht zweckmäßig, ein paar Worte über die Gastrotrichen zu sagen, welche ja von Botscutr als die nächsten Vorfahren der Nematoden angesehen werden. Im ganzen ist ihre Organisation noch zu wenig erforscht, um ein abschließendes Urteil zu erlauben. Der Bau des Pharynx, des Mitteldarmes mit seinen zwei Zellreihen, wie wir sie auch bei Strongyliden und Rhabditiden wiederfinden, das Vorhandensein eines Enddarmes, das Fehlen der Ringmuskulatur, der paarige Genital- apparat, sprechen im ganzen für Beziehungen zu den Nematoden. Die dorsale Ausmündung des Enddarmes, sein feinerer Bau, der ' Bau der Muskulatur, und was wir vom Nervensystem wissen, scheinen einer solchen Ableitung ungünstig. Sehr eng schließt sich zweifellos der Bau dieser Tiere an den der Rädertiere an, mit Verh. d. Dtsch. Zoo!. Ges. 1913. 16 242 denen auch der feinere Muskelbau und die nur wenigen Unter- brechungen in der Längsmuskulatur auffallend übereinstimmen. Die Rotiferen selbst aber dürfen wir nach der Anschauung ihres besten Kenners pre BerAucHamp nicht als ursprüngliche Form ansehen, sondern als eine Endgruppe, welche sich mit deu Gastrotrichen von gemeinsamen tubellarienähnlichen Vorfahren ableitet. Jeden- falls, wenn wir die Abstammung der Nematoden von den Gastro- trichen nicht geradezu ablehnen, bleibt uns nur ein non liquet über, da einzelne Punkte der Organisation noch nicht genügend geklärt sind. Das letztere gilt nun leider auch von derjenigen Gruppe unter den rhabdocoelen Turbellarien, auf die uns die Entwicklung des Genitalapparates ohne weiteres verweist, nämlich den Hystrophoren. Besonders ist es auch hier das Nervensystem, das sich einer Ab- leitung nicht günstig erweist, da als höchstes erst zwei Paar hintere Stämme aufgefunden sind, in anderen Fällen dagegen, die von großem Interesse wären, eine genügende Kenntnis der hinteren Nerven- stämme nicht vorliegt (vgl. Vespovskr's Angabe über Prorhynchus). Andere Schwierigkeiten sind das Fehlen des Enddarms, die Reduktion des Exkretionsapparats, der Drüsen und Flimmermangel in der Haut der Nematoden. Betrachten wir zunächst das Ver- halten dieser Merkmale im Bereich der rhabdocoelen Turbellarien und die Erklärungsmöglichkeit der Differenzen. Da wir unter den Rhabdocoelen bei den Aloeocoelen noch 3—5 hintere Nervenpaare finden und ebenso der Gruppe der Acoelen und Polycladen mehrfache hintere Nervenstämme eignen, müssen wir dieselben auch wohl für die Urrhabdocoelen annehmen, die wir wohl nach hysterophorem Typus gebildet uns denken würden. Der Enddarm ist vielleicht überhaupt polyphyletisch ent- standen und dürfte der Ableitung wohl die geringste Schwierigkeit bieten. Wenn wir endlich mit Husrecur den Parasitismus als primär bei den Nematoden annelımen wollen, so würde derselbe uns weitere Bildungseigentümlichkeiten erklären. Finden wir doch durch den- selben bei Rhabdocoelen den Exkretionsapparat stark reduziert, so daß in manchen Fällen Wimperflammen nicht nachgewiesen werden konnten, ebenfalls die Rhabditen geschwunden, und das Flimmerkleid zum mindesten etwas verkürzt’), während uns die Trematoden lehren, daß der Übergang von Turbellarien zum Parasitismus einen völligen Verlust der Bewimperung herbeiführen kann. | 1) Vgl. v. GRAFF p. 2582. 243 Nach diesen Vorbemerkungen gehen wir die einzelnen Organ- systeme vergleichend durch und untersuchen, wie weit sich überein- stimmende Verhältnisse mit denen bei Nematoden bei hysterophoren Turbellarien oder sonst wenigstens im Bereiche der Rhabdocoelen auffinden lassen. Der Pharynx der Nematoden ist wie der der Trematoden mit der Turbellarienterminologie als Pharynx bulbosus zu bezeichnen, den von Grarr dadurch charakterisiert, daß bei ihm der Binnenraum durch ein Muskelseptum vom Mesenchym abgeschlossen ist. Wie diese enthält der Nematodenpharynx außer Muskulatur und Epithel auch Drüsen- und Nervenringe. Bei den Turbellarien kommt der Pharynx bulbosus nur bei den Rhabdocoelida und einigen Aloeocoelen vor, unter den Hysterophoren bei Prorhynchiden. Die Pharynxtasche zieht sich nach von Grarr bald weit am Pharynx nach hinten, bald inseriert sie sich bereits dicht an seiner vorderen Öffnung '), ein Verhalten, das dem bei Nematoden entsprechen würde. Die Länge des Pharynx bulbosus schwankt nach von Grarr außerordentlich, sie kann °/, von der des Tieres erreichen. In einigen Fällen, so auch bei Prorhynchus hygrophilus ist ein drei- strahliges Lumen beobachtet?). Eine Epithelversenkung, wie sie für den Nematodenpharynx charakteristisch ist, dürften wir auch bei Rhabdocoelen vielfach finden, wenigstens konnte Vespovsxy bei genanntem Prorhynchus oberflächliche Epithelkerne nicht nach- weisen. Bei dieser Form überwiegt auch die Radiärmuskulatur in auffallender Weise. An den Pharynx schließt sich bei Rhabdocoelen ein Oesophagus an, dessen Zeilen flimmerlos und den Epithelzellen des Pharynx dem Habitus nach ähnlich geschildert werden. Auch bei Nematoden läßt sich ein solcher Oesophagus nachweisen, s. p. 234 oben. Dann folgt der Mitteldarm, der zwischen beiden Gruppen beachtliche Differenzen nicht bieten dürfte. Über den Enddarm ist bereits mehrfach gehandelt*). Die Muskulatur der Nematoden erscheint 1) Derselbe p. 2100, 2107. *) Die Darstellung habe ich an diesem Punkt etwas anders gefaßt als in Bremen, da Herr Kollege BRESSLAU die Liebenswürdigkeit hatte, mich auf einen Irrtum aufmerksam zu machen. 3) Über die Enddarmdrüsen ist bereits oben eine Homologisierungsreihe aufgestellt. Wir möchten hier noch zwei weitere Hypothesen loswerden. Wäre es nicht einerseits denkbar, daß wir am Exkretionsorgan mehrere Ausmündungen ursprünglich gehabt hätten, wie sie ja im Bereich der Turbellarien vielfach beob- achtet werden, in unserem Falle eine unpaare hintere Blase, in die mehrere Räume einmündeten, und paarige oder unpaare vordere? Durch die ektodermale Kinstiilpung der Kloake wären dann hinten Verhältnisse ala Rädertiere entstanden, daneben 16* 244 auf den ersten Blick von der der Rhabdocoelen sehr abweichend. Ich war daher selbst sehr überrascht, als ich bei meinen Ent- deckungsreisen bei von Grarr, nur der Vollständigkeit wegen, mich auch mit der Muskulatur der mich so sehr interessierenden Pro- rhynchiden bekannt machend, auf Verhältnisse stieß, die geradezu zum Vergleich mit den Nematoden herausfordern. Eine Ring- muskulatur ist hier von Vespovsky !) nicht eingezeichnet und wird auch nicht im Text erwähnt. Die Längsmuskulatur liegt in einer Schicht und grobe Myoblasten liegen den Fasern innen auf, so dab ein Bild entsteht, das an meromyare Muskulatur, wenigstens äuber- lich, gemahnt. Transversalmuskulatur finden wir nicht abgebildet, dagegen reichlichere dorsoventrale Züge, die ja bei Nematoden auf das Hinterende beschränkt sind. Auf die histologische Über- einstimmung der Leibeshöhlenmuskulatur bei Nematoden und Plathel- minthen überhaupt, also auch mit Rhabdocoelen wurde schon oben hingewiesen. Das äußere Epithel ist, wie bei Nematoden, so auch bei Rhabdocoelen häufig synzitial. Ein solches Syznytium gibt VeEspovsky’) auch für Prorhynchus hygrophilus an. Kerne konnte er in denselben nicht nachweisen, dagegen fand er einwärts von der Muskulatur einige große Zellen, die mit einem peripheren Fortsatz aber die vordere Ofinung geblieben, Zerlegung des Gesamtsystems, die bei Plathelminthen ja vorkommt, würde dann einen hinteren, nur aus dem drüsigen Anteil bestehenden Abschnitt, an der Kloake belassen haben, der als Ausgang für die Enddarmdrüsen der Nematoden und vielleicht auch (analog) für die malpighischen Gefäße der Arthropoden gelten könnte, während der vordere, aus beiden Anteilen bestehende Teil in das jetzige Exkretionsorgan der Ne- matoden übergegangen wäre. Eine ganz andere Überlegung ist die: Bei den Vorfahren der Nematoden hat die männliche Geschlechtsöffnung wohl weit hinten gelegen. In den hintersten, wohl ektodermalen Abschnitt ist der Darm durchgebrochen, vor dem Penis, der somit, wie bei den Nematoden, vom eigentlichen Genitalkanal entfernt erscheint. (Diese Verhältnisse mögen auch die Reduktion des letzteren, sei es als ein dorsales, sei es als zwei laterale Spikula, begründen.) Die Enddarmdrüsen der Nematoden wären dann den akzessorischen oder Körnerdrüsen der Rhabdo- coelen homolog. Beim Auftreten des Gonochorismus blieben sie beim Weibchen erhalten, vielleicht durch Funktionen, die über die einer Hilfsdrüse des männ- lichen Apparates hinausgehen, oder vielleicht nach dem Prinzip, nach dem sich auch sonst im Tierreich ursprünglich rein männliche sekundäre Sexualcharaktere bei beiden Geschlechtern finden können. Daß sie beim Männchen in der doppelten Zahl ausgebildet sind, spricht vielleicht auch für ihre ursprüngliche Bedeutung als männliche Anhangsdrüsen. 1) VEJDOVSKY 1895, Zur vergleichenden Anatomie der Turbellarien. Zeitschr. f. wiss. Zoll. Bd. 60, 1895. 2) Derselbe, ebenda p. 144. 245 das Epithel erreichen. Es dürfte sich hier also um ein versenktes Epithel handeln, wie es auch für Nematoden charakteristisch ist, ferner ist bei genanntem Prorhynchus der Drüsenreichtum gering (einzellige Hautdrüsen finden sich ja auch bei vielen Nematoden. Beachtlich ist, daß nach Abbildung (Fig. 75 und 77) Verspovsxys die Drüsen besonders die Seitenlinie einnehmen, auf die sie bei Nematoden beschränkt sind. Rhabditen werden von ihm für Prorhynchus hygrophilus nicht erwähnt. Die eigenartigen von Haswerv für Prorhynchus putealis angegebenen Drüsenverhältnisse lassen vielleicht auch noch weitere Aufschlüsse erwarten. Die Rückenhaut bei Prorhynchus hygrophilus ist flimmerlos, gleicht also in dieser Hinsicht der der Nematoden. Das erscheint besonders beachtlich, da die Spezies nicht parasitiert. Das Exkretionsorgan bietet bei Rhabdocoelen bezüglich Anordnung und Ausmündung allerlei Verschiedenheiten, u. a. kommt auch gemeinsame Aus- mündung auf der Ventralseite vor, von je 2 vorderen und 2 hinteren Längsstämmen, die sich rechts und links zu einem querverlaufenden Gang vereinigen, also eine den Nematoden durchaus entsprechende Anordnung, z. B. bei Rhynchomesostoma, vgl. von GRAFF p. 2118. Auch die Exkretionsverhältnisse bei Prorhynchus stangnalis zeigen eine gewisse Übereinstimmung, doch münden die beiden Quergefäße noch getrennt aus. Was den feineren Bau des Exkretionssystems der Turbellarien betrifit, so zeigen die Hauptstämme ein dickeres drüsiges Epithel, das vielfach flimmerlos ist, während die Wimper- trichter in ein dünnwandiges Gefäßsystem einmiinden!). Ersteren Anteil können wir vielleicht in den dickwandigen, die Harnblase der Nematoden bildenden beiden Zellen wiederfinden. Die eigent- liche Exkretionszelle würde dem dünnwandigen System entsprechen. Die von ihr gebildeten Kanäle zeigen ebenfalls außerordentlich dünne Wandung, die erst dicht am blinden Ende, also der Stelle, die dem Flimmerursprung bei Rhabdocoelen entsprechen würde, eine gewisse Mächtigkeit gewinnt. Über das Nervensystem wurde oben bereits eingehend gehandelt, über Prorhynchus hygrophilus wissen wir durch Vssnovskv, dab eine faserreiche dorsale Kommissur zwei zellreiche Seitenteile ver- bindet, während eine ventrale Kommissur zellig geschildert wird, ein Bild, das dem aligemeinen Eindruck der a bei Ne- matoden ungefähr entspricht. 1) Daß hier eine sehr genaue Übereinstimmung mit Kädertieren vorliegt, brauchen wir wohl nicht erst zu unterstreichen. 246 Als ich schon einmal auf die großen Übereinstimmungen zwischen Rhabdocoelen und Nematoden aufmerksam geworden war, salı ich auch bei den Sinnesorganen nach. „Man kann ja nie wissen.“ Auch hier fand sich einiges Bemerkenswerte. Augen und Otocysten fehlen ja auch vielen Rhabdocoelen. Unter der Überschrift „Grübchenflecken“ finde ich nun für Mesostoma nach Luruer folgende Angabe: (von Grarr p. 2197) „Vorn nahe der Körper- spitze findet sich bei Mesostoma ehrenbergii, links und rechts dorsal dem Seitenrand stark genähert, je eine Stelle, wo das Epithel der Rhammiten sowohl wie der Rhabditen gänzlich entbehrt (XV, 10 wgr.). Die Zellen scheinen hier elastischer zu sein als in der Umgebung; sie sind zuweilen (selten) etwas höher, in der Regel aber flacher als das umgebende Epithel. An Quer- nnd Sagittal- schnitten sind diese Stellen meist etwas eingesenkt, was der Kon- traktion von dorsoventralen Muskelfasern (m,) zuzuschreiben ist, die von hier ventral- und medianwärts ziehen. Innen tritt an diese Stelle ein starker Zweig der unteren vorderen Nerven. Dort. .wo er das Epithel erreicht, verbreitert er sich brausenförmig und legt sich dem Integument dicht an (n,). Es lassen sich Fasern bis zum Epithel verfolgen.“ Diese Schilderung würde für einige Nervenendigungen im Vorderende von Oxyuris recht gut passen. Leider ist die Abbildung bei Lurser nicht sehr deutlich. Die Wimpergrübchen der Rhabdocoelen könnte man sehr wohl mit den seschmacksorganen der Nematoden vergleichen. Von den Prorhyn- chiden sagt von Grarr, daß die Wimpergrübchen bei ihnen zumeist sehr tief eingesenkte Säcke darstellen. Bei Prorynchus putealis öffnen sie sich dicht hinter dem Vorderende des Körpers. Sie entltalten Wimperzellen, Drüsenzellen und Nervenendigungen. Die gleichen Elemente, abgesehen vielleicht vom Flimmern, lassen sich auch im Geschmacksorgan der Nematoden nachweisen, das ja auch bei vielen freilebenden Formen und den Mermitiden, bei denen es als Seitenorgan auftritt, eine recht weite Öffnung hat. Bezüglich des Geschlechtsapparates finden wir wiederum, was die Ausmündung betrifft, allerlei verschiedene Verhältnisse ver- wirklicht. Die für die Nematoden charakteristische Lage der weiblichen vor der männlichen Öffnung kommt u. a. auch vor bei Hysterophoren. Ebenso paarige oder unpaarige Ausbildung. Der Bau des weiblichen Geschlechtsapparates bei Prochynchus hygrophilus gleicht, abgesehen von seiner Unpaarigkeit, wieder auffallend dem von Ozyuris. An den aus undifferenzierten Zellen zusammen- gesetzten Eierstoff schließt sich eine Zone, in der die äußeren 247 Zellen zu Dotterzellen differenziert sind. Weiter abwärts ändert der Bau dieses äußeren Epithels seinen Charakter zweimal, was der Schalendrüse und Uterus bei Nematoden entsprechen würde '). Die Deckzellen Vespovsx1’s entsprechen vielleicht dem Binde- gewebe und der Muskulatur des Genitalapparates bei Oxyuren. Über den männlichen Apparat ist mir wenig bei Prorhynchiden be- kannt. Die Folge von Hoden, ductus deferens, vesicula seminalıs, ductus ejaculatorius, wie wir sie bei Rhabdocoelen weit verbreitet finden, stimmt durchaus mit dem Bau der Nematodengenitalien. Ob die Spicula der Nematoden auf den Cirrhus der Turbellarien zurück- zuführen sind, läßt sich wohl zurzeit nicht entscheiden, unmöglich erscheint es mir nicht. Daß das Ei bei Nematoden und Hystenophoren einfach ist, sei hier noch betont. Erstere dürfen wir daher wohl sicher nicht von Formen mit zusammengesetztem Ei, also Rhabdo- coelida-Trematoden resp. Alloeocoela-Triclada ableiten. Sehr auffallend und durchgreifend erscheinen die Unterschiede zwischen Plathelminthen und Nematoden im Parenchym, vor allem hielt ich die büschelförmigen Organe für ein unerklärliches Charakte- ristikum der Nematoden. Nichtsdestoweniger las ich auch über das Bindegewebe der Prorhynchiden nach und fand hier, dab Vespovskı in demselben zweierlei Elemente unterscheidet, einmal Bindegewebs- zellen, vor denen eigentlich nur der Kern nachweisbar ist, und die im Vorderende zahlreicher, im Hinterende spärlicher vorkommen. Es scheint mir zunächst die Hypothese gerechtfertigt, daß diese Elemente dem eigentlichen Bindegewebe der Nematoden homolog sind, dessen Kerne ja sehr deutlich sind, während das eigentliche Gewebe lange Zeit nicht erkannt ist. Auch sie sind im Vorderende reichlich (10 Stück bei Oxyuris) vorhanden, während hinter dem Nervenring nur noch wenige vorkommen. Die andere Art binde- gewebiger Elemente schildert Vespovsxi als braune, verzweigte Zellen mit grobkörnigem Inhalt. In ihnen können wir wohl auch nach den Abbildungen leicht das Homologon der büschelförmigen Zellen der Nematoden erblicken, die ja auch verzweigt sind. Auch sie besitzen grobkörnigen Inhalt. Von ihrer bräunlichen Farbe kann man sich leicht an der frischen Ascaris überzeugen. Die Verzweigung der Zellen ist ja allerdings bei Nematoden eine viel hochgradigere. Immerhin muß ich wieder darauf hinweisen, daß die Differenzierung bei Oxyuren noch keine so auffällige ist wie bei Ascariden. Die Bindegewebsarmut der Nematoden ist es ja vor allem, was ihren 1) Vgl. VEspovsky 1895: Z. wiss. Zool. Bd. 60, Taf. VII, Fig. 84—88. 248 Querschnitt in so auffallender Weise charakterisiert, aber dieser Endeffekt scheint gerade das Ziel der eutelischen Reihe zu sein, finden wir doch auch ähnliches bei Rädertieren und bei Copelaten, wo auch z. B. bei Oikoplewra longicauda nur mehr eine Bindege- webszelle nachweisbar bleibt. Im ganzen finden wir also, daß sich alle Organe der Nematoden in ihrer Topographie und Histologie recht gut auf die der Rhabdo- coelen, speziell der Hystorophoren Turbellarien beziehen lassen. Am nächsten unter den jetzt lebenden Formen scheint ihnen die Gattung Prorhynchus zu stehen, wenigstens nach dem, was wir bisher über die Anatomie dieser Tiere wissen. Wie aber immer in solchen Fällen unsere schönsten Spekulationen durch unfreundliche Tat- sachen gekreuzt werden, besitzen die Prorhynchiden doch einige Merkmale, welche mit unserer Überlegung nicht recht stimmen wollen. Dahin gehört vor allem die unpaare Ausbildung des weib- lichen Geschlechtsapparats und die Ausmündung des männlichen ganz nahe am Vorderende. Auch sei hier nochmals auf die Unstimmig- keit im Nervensystem verwiesen. Wenn wir uns also auch die Vor- fahren der Nematoden nicht als Angehörige der Gattung Prorhynchus denken können, so würden wir sie doch wohl als primitive hystero- phore Turbellarien denken, die dieser Gattung im Bau nahestehen’). Aber es sei noch darauf hingewiesen, daß, wenn wir uns durch Ent- wicklung eines Enddarms bei primitiverer Gestaltung des Genital- apparates eine Zwischenform zwischen jenen Hystorophoren und den Nematoden konstruieren wollen, wir zu fast ganz der gleichen Form kommen, wie sie de Beaucnanr nach seinen Überlegungen über Räder- tiere und Gastrotrichen aufgestellt hat. Diese Übereinstimmung ganz verschiedener Wege scheint doch darauf hinzuweisen, daß es sich hier nicht um reine Phantasie handelt. Jedenfalls schienen mir diese Überlegungen wert, sie einmal auf dem Zoologenkongreß der Diskussion zu unterbreiten. ı) Ein primitives Verhalten möchte sich aussprechen in Paarigkeit der Geschlechtsorgane und Ausmündung derselben nach Art von Macrostomum, ferner vielleicht im Besitz reicherer (5 Paar) hinterer Nervenstämme. Natürlich kann man die Nematoden nicht unter die Turbellarien einreihen im System, und so scheint vorläufig ihre Stellung hinter den letzteren, vielleicht neben andern Turbellarienabkömmlingen (wie z. B. bei Claus-Grobben) durchaus gerechtfertigt. 249 Herr Prof. G. Enrz jun.: Cytologische Beobachtungen an Polytoma uvella. (Vorläufige Mitteilung.) Die cytologischen Verhältnisse der Volvocineen — und speziell von Polytoma wvella — wurden schon wiederholt untersucht. Nach Enrenserc, Stern und anderen älteren Beobachtern hatte die Teilung zuerst Brochmann (1894) eingehender studiert, welcher diese als mitotisch erkannt hat. Danezarn (1901), der die Mitose so vieler Protisten nachgewiesen hat, beschrieb auch die Teilung von Poly- toma, fand bei ihr bald 4, bald 6 Chromosomen und glaubt, dab ihre Zahl auf 6 festzustellen sei. Er konnte keine Centrosomen auffinden und glaubt, daß solche überhaupt nicht vorhanden sein können. Prowazex (1903) untersuchte sowohl die Struktur der ruhenden Zelle, als auch die Teilung, ohne jedoch in die Einzel- heiten sich näher zu vertiefen. Von anderen Volvocineen haben wir auch manche mit moderner Technik gemachte Untersuchungen. Der erste war Harrmann (1904), der für Volvox die in geringer Zahl anwesenden, schleifenförmigen Chromosomen und das Vorhandensein von Centrosomen angab, seine ausführliche Arbeit ist aber leider nicht erschienen, so daß wir außer dieser kurzen Mitteilung keine Details seiner Beobachtungen besitzen. Merron (1908) beschrieb die mitotische Teilung von Pleodorına ulinoisensis, bei welcher ungefähr 12 Chromosomen auftreten. Ein Centrosom konnte er nicht nachweisen. Eingehend beschäftigte sich Reıchaznow (1910) mit Haemua- tococcus pluvialis, stellte die mitotische Teilung und 32 Chromo- somen fest, fand aber auch kein Centrosom. Meine auf Polytoma wvella bezüglichen Untersuchungen, welche ich in dem Institut für Infektionskrankheiten Roserr Kock bei _ Prof. Harrmann ausgeführt habe, wurden an gezüchtetem Material gemacht und beziehen sich auf den Bau der Polytoma-Zeile, sowie auf die Teilung. Die Resultate dieser Untersuchungen möchte ich hier kurz mitteilen. Vom Bau der ruhenden Zelle will ich die Geißelinsertion be- sprechen. Die beiden Geißeln entspringen aus zwei Basalkörnern, welche seitlich miteinander verbunden sein können. Die Basal- körner können nun auch mit dem Kern in verschiedener Weise zusammenhängen, und zwar können von den Basalkörperchen feine 250 Fibrillen entspringen, welche alle an die Oberfläche des Kernes sich anheften und so eine Art Fibrillenkegel bilden. Zweitens kann von beiden Basalkörperchen ein ziemlich dicker Plasmastrang entspringen, welcher daun auch in einen ähnlichen Fibrillenkegel wie der obengenannte übergeht. Beide Modi werden von Prowazex geschildert. Bei einem dritten Modus geht von einem der beiden Basalkörner eine ziemlich starke Fibrille — Rhizoplast -—- aus, welche dann mit dem Kern, und zwar meistens mit einem der Kernmembran von innen anliegenden und mit dem Kernkörperchen durch ein gerades Bindeglied verbundenen Kügelchen in Zusammen- hang steht. Dieses Kügelchen ist nach der Harrmann’schen Deutung als das aus dem Nucleolus ausgewanderte Centriol aufzufassen. Bei einem vierten Modus legt sich der Kern sozusagen direkt an die Basalkörner an; endlich kann zwischen Kern und Basalkörnern eine Verbindung überhaupt nicht mehr vorhanden sein. Im bläschenförmigen Kern ist das Außenchromatin verschieden angeordnet. Eine deutliche Kernmembran ist vorhanden. An ihrer Innenseite liegt ein Centriol, das durch eine gerade Verbindung mit dem Nucleolus zusammenhängt. Im Plasma fand auch ich Stärkekörner, Volutinschollen, so wie all die Bestandteile der Zelle, welche andere Autoren bereits genau beschrieben haben, so dab ich auf eine eingehendere Schilderung verzichten kann. Die Teilung scheint durch eine Zerschnürung des obenerwähnten intranucleären Centriols eingeleitet zu werden, dessen Hälften aus- einanderrücken, aber durch eine Desmose verbunden bleiben. Nun folgt eine mitotische Teilung, wobei sich das Außenchromatin und der Nucleolus zu einem spiremähnlichen Gebilde umwandeln. Der Nucleolus bleibt während dieses Stadiums zunächst unverändert und konnte nur dann nicht mehr aufgefunden werden, als schon die Chromosomen gebildet waren. Chromosomen fand ich in der Äquatorialplatte 16, in den Polplatten 8. Doch war dies nicht immer der Fall. DanckArnp traf — wie oben erwähnt — bald 4, bald 6 und glaubt ihre Zahl als 6 an- nelımen zu müssen. Ich habe nun außer solchen, welche 16 in der Äquatorialplatte und 8 in den Polplatten hatten, auch solche beob- achtet, bei welchen 8 Chromosomen in der Äquatorialplatte und 4 in den Polplatten aufzufinden waren. Ob diese interessante Tat- sache, daß in diesen Fällen eben die Hälfte der normalen (?) Chromosomenzahl vorhanden ist, mit einer Reduktion etwas zu tun hat, oder ob wir bei Polytoma mehrere Rassen mit verschiedenen (haploidalen, diploidalen) Chromosomengarnituren haben, konnte ich Bie om ORI bis jetzt nicht entscheiden, doch möchten Dancrarn’s Angaben mit einer dritten Modifikation mit 6 Chromosomen für verschiedene Rassen sprechen. Zwischen den beiden Centriolen ist eine Centrodesmose sowie Lininfäden oft sehr deutlich zu bemerken. Die Kernmembran bleibt zum Teil ziemlich lange erhalten, verschwindet aber endlich doch. Die Chromosomen sind meist bohnenförmig, doch hatte ich in einigen Fällen auch U- und V-förmig gebogene und dann längere, aber auch schmälere beobachtet. Die Entstehung der neuen Geißeln beginnt damit, daß sich das Centriol meist noch vor Ausbildung der Kernmembran teilt. Die beiden Hälften bleiben gewöhnlich durch eine Desmose verbunden. Während aber das eine Tochtercentriol stets innerhalb der Kern- membran bleibt und späterhin bei der Teilung als intranucleäres Centriol wirkt, scheint das andere noch eine Reihe weiterer Teilungen durchzumachen, aus denen die eingangs erwähnten Basal- körner, Rhizoplaste und Geißelfibrillen hervorgehen, wie dies bereits für die verschiedensten Flagellaten eingehend beschrieben ist (Schaupınn, Prowazex, Harımann usw.). Interessant ist bei diesen Untersuchungen bezüglich der Geißel- insertion, daß sie bei ein und derselben Art so verschieden sein kann, wie sonst nur in abweichenden Gruppen (Harrmann 1913). Die verschiedene Zahl der Chromosomen in einer Art ist mit oder ohne Reduktion auch bemerkenswert, von allgemeinerem Interesse ist aber wohl der klare Nachweis von Centriolen und Centrodes- -mosen auf sämtlichen in Frage kommenden Stadien. Da ferner von Harrmann schon vor etwa zehn Jahren (1904) für Volvox analoge Zentren angegeben worden sind, so dürften sie in der ganzen Gruppe der Volvocineen in ähnlicher Weise vorhanden und mit geeigneter Technik nachweisbar sein. Literatur. 1894. BLOCHMANN, F.: Kleine Mitteilungen über Protozoen. Biol. Zentralblatt. Bd. 14.- 1901. DANGEARD, P.-A.: Etude sur la structure de la cellule et ses fonctions. | Le Polytoma wvella. Le Botanist. Bd. 8. 1903. PROWAZER, S. v.: Flagellatenstudien. Archiv für Protistenkunde. Bd. 2. 1904. HARTMANN, M.: Die Fortpflanzungsweise der Organismen, Neubenennung und Einteilung derselben erläutert an Protozoen, Volvocineen und Dicyemiden. Biologisches Zentralblatt. Bd. 24. 1908. Merton, H.: Über den Bau und die Fortpflanzungsweise von Pleodorina illinoisenni KoFOID. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. 90. 252 1910. REICHENOW, E.: Untersuchungen an Haematococcus pluvialis nebst Be- merkungen über andere Flagellaten. Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte. Bd. 33. 1913. HARTMANN, M.: Flagellata. Handwörterbuch der Naturwissenschaften. Bd. 3. Erklärung der Figuren auf der Tafel. Figur 19. Geteiltes Individuum; im unteren abermalige Teilung des Centriols. Figur 2. Spindel mit zweimal 4 Chromosomen. Centriolen an beiden Enden der Spindel, das obere ist mit einem Basalkorn durch eine Fibrille verbunden. Figur 3. Spindel mit zweimal 8 Chromosomen. Centriolen nicht sichtbar. Figur 4. Spindel. Centriolen mit Desmose verbunden, die Desmose zieht durch die Polplatten. Figur 5. Geteiltes Individuum, die obere Zelle zeigt die Aquatorialplatte von der Spindelseite. Des- mose gut sichtbar, die untere Zelle zeigt zweimal 4 Chromosomen, in der Aquatorialplatte vom Pole gesehen. Figur 6. Geteiltes Individuum, die obere Zelle zeigt die Aquatorialplatte von der Spindelseite, die untere vom Pole mit zweimal 8 Chromosomen. Figur 7. Geteiltes Individuum, die obere Zelle zeigt die Aquatorialplatte von der Spindelseite, an den Polen deutliche Centriolen und Linien-Fäden, die untere Zelle von der Polseite, mit zw ei- . mal 8 Chromosomen. Figur 8. Geteiltes Individuum, die obere Zelle von der Spindelseite, die untere vom Pole, mit 4 Chromo- somen in den Polplatten. Im oberen ist auch die Desmose sichtbar. Figur 9. Geteiltes Individuum, das obere von der Spindelseite, das untere von der Polseite mit 8 Chromosomen in den Polplatten. Figur 10. In beiden Zellen Centrolesmose im Polplattenstadium, Vorbereitnng zur Vierteilung. Figur 11. Vorbereitung zur Vierteilung, in beiden Zellen zweimal 4 Chromosomen in der Äquatorial- platte. Die obere Zelle vom Pole, die untere von der Seite, in dieser sind auch die Centriolen zu erkennen. Figur 12. Zwei aus der Teilung hervorgegangene Zellen, in beiden ist die Geißel in Entwicklung be- griffen, weshalb an ihrem Ende ein kleines Körperchen zu beobachten ist. Das Basalkorn verbindet mit dem Centriol ein Rhizoplast. *) Alle Figuren beziehen sich auf Teilung von Polytoma uvella, sind nach mit Heiden- hains Eisenhämatoxylin gefärbten Abklatschpräparaten, mit Abbéschem Zeichenapparat entworfen. Vergrößerung: Zeiß Apahr. 2 mm, n. A. 1.3, comp. Acular 18. Plasmastruktur etwas schematisch, Geißeln zum Teil weggelassen, oder nur angedeutet. 253 Herr Dr. Pre (Tharandt): Deutsche Proturen (Demonstration). Aus Deutschland sind Proturen schon kurz nach der Ent- deckung der interessanten Gruppe in Norditalien bekannt geworden. Während aber Beruese bereits im Jahre 1908, also zwei Jahre nachdem Sizvestrri’s erste Proturenarbeit erschienen war, für Italien nicht weniger als 10 Spezies beschreiben Konnte, sind bis jetzt in Deutschland erst 4 aufgefunden worden. Von diesen gehören 2 dem Genus Hosentomon (Fam. Hosentomidae) und je 1 den Genera Acerentomon und Acerentulus (Fam. Acerentomidae) an. Nur aus Deutschland bekannt ist Hos. germanicum Pr., welches dem tiroler Eos. Ribagat Berr. nahe verwandt ist; sein Vorkommen ließ sich für Hamburg, Marburg a. L., Freiburg i. B. nachweisen. Bemerkens- wert ist, daß diese sonst recht seltene Art in dem heißen Sommer von 1911 bei Marburg sehr häufig auftrat und seither wieder fast völlig verschwand, ein Hinweis vielleicht darauf, daß es sich hier um eine südliche Form, möglicherweise sogar nur um eine Lokalrasse von Eos. Ribagar handelt. Das etwas kleinere Hos. transitorium Bert. ist das bei. uns häufigste Protur: von Norwegen und Finnland im Norden bis nach Oberitalien und Korsika im Süden ist es gefunden worden; an manchen Orten (z. B. in der Umgebung von Dresden) ist es an ihm zusagenden Stellen so zahlreich vertreten, dab es an Volksdichte alle mit ihm gemeinsam vorkommenden kleineren Arthropoden (Collembolen, Milben) weit übertrifft; gelegentlich muß man aber tagelang suchen, ohne ein einziges Exemplar zu finden. Acerentomon Doderoi Strv. hat etwa dasselbe Verbreitungsgebiet, ist aber im Norden recht selten, um dann im Süden die vorherr- schende Art zu werden. Von Acerentulus ist nur München als deutscher Fundort bekannt. Was die Fundstellen selbst anlangt, so kommen als solche alle feuchten Lokalitäten in Frage, an denen vegetabilische Reste ohne wesentliche Mitwirkung mycelbildender Pilze zerfallen. Da die Tiere außerdem sich mit Vorliebe in enge Spalten verkriechen, so sind sie am häufigsten unter flachen auf Moos oder Humus ruhenden Steinen, unter der Rinde modernder Baumstümpfe und in deren ‘Rinde selbst, wobei die spaltenreiche Borke von Kiefern einen be- sonders günstigen Aufenthaltsort abgibt. Gegen Trockenheit sind alle Proturen sehr empfindlich; sie scheinen sich daher bei ein- tretender Dürre tiefer in den Boden zurückzuziehen, während der kühlen und feuchten Jahreszeit mehr oberflächlich zu leben. Gegen 254 Nässe sind sie durch ihren undurchlässigen Chitinpanzer recht gut geschützt; kann man sie doch in Wasser und besser noch in Rıneer’scher Flüssigkeit länger als eine Woche lebend erhalten, während sie in der feuchten Kammer meist rasch eingehen. Diese Undurchlässigkeit des Exoskelettes ist bei der Fixierung und Färbung von Proturen selır hinderlich. Im allgemeinen empfiehlt sich daher die Verwendung erwärmter Fixationsmittel — Sublimat- eisessig oder Fiemmurne’s Gemisch. Für Totalpräparate ist es zweck- mäßig, wenn man die Tiere vorher mit Kokain lähmt, um sie völlig ausgestreckt zu erhalten. Die aufgestellten Präparate von Ac. Ribagar und os. germanicum sind teils nach Sublimat-Fixation mit Alaun- karmin (wobei ein vorheriges Anstechen erforderlich ist) unter wiederholtem Wechsel mehrtägigen Färbens und Differenzierens in salzsaurem Alkohol tingiert, teils in Firemuine’scher Lösung osmiert. Die Skelettpräparate sind mit Wasserblau gefärbt oder mit Silber imprägniert. Zur Anfertigung von Übersichtspräparaten eignen sich nur erwachsene Individuen, da bei jüngeren der stark ent- wickelte Fettkörper fast alles verdeckt. An derartig behandelten Präparaten läßt sich Organisation der Proturen recht gut verfolgen. Das Darmsystem besteht aus einem einfachen, den Körper in gerader Linie vom Mund zum After durchziehenden Darme, an welchem sich unschwer der sehr dünne Vorderdarm, ein von hohem, sroßzelligem Epithel ausgekleideter Mitteldarm, welcher beim | lebenden Eosentomon olivbraun gefärbt ist, bei Acerentomon durch | seinen Inhalt weiß erscheint, und ein Hinterdarm unterscheiden läßt, welcher aus einem etwas kürzeren Dünndarme und dem längeren und schlankeren Enddarme besteht. Als Vasa Malpighii fungieren 6 Gruppen von je 2 großen Drüsenzellen, welche durch stark reduzierte Ausführungsgänge mit dem proximalen Ende des Hinterdarmes in Verbindung stehen. Sie sind am Totalpräparate mit Leichtigkeit zu sehen. Von sonstigen Drüsen sind zunächst die Kopfdrüsen zu erwähnen, von denen 2 maxillare und 1 labiale vorhanden sind; die letztgenannte ist bei Eosentomon besonders auffällig durch ihre Auflösung in zahlreiche, . zum Teil in den Prothorax verlagerte Acini mit oft dunkelgefärbten Einschlüssen (Korsaxow). Außerdem besitzen alle Proturen noch große, am 8. Abdominalsegmente mündende „Wehrdrüsen“, deren ‚zähklebriges, fadenziehendes Sekret unter Hochschlagen des Abdomens über den Kopf zur Verteidigung nach Staphylinenart abgegeben wird. Das dorsale Herz beginnt im 8. Abdominalsegment und läßt sich als Aorta bis in den Thorax hinein verfolgen. 255 Am zentralen Nervensystem lassen sich deutlich ein großes Oberschlundganglion, ein mit dem Prothorakalganglion verschmolzenes Unterschlund- ganglion und weitere 8 Rumpf- ganglien unterscheiden, deren letztes eine Verschmelzung aus 3 Ganglien erkennen läßt. Die Erscheinung, daß die Nerven- fasern nuräußerst schwer Farb- stoffe annehmen, scheint zu einer irrtümlichen Deutung ge- führt zu haben: Korsaxow be- schreibt für den Thorax von Eosentomon je 2 Ganglien, während eines der aufgestell- ten Präparate zeigt, dab es sich dabei nur um einzelne Anhäufungen von Nervenzellen in einem gemeinsamen großen Ganglion handelt. Von den Ganglien des sympathischen Systemes ist am Totalpräparat das Ganglion frontale zu er- kennen. Von Sinnesorganen fehlen die Augen völlig; gut sichtbar dagegen sind, be- ‚sonders an den Skelettpräpa- raten, die zierlichen Sensillen am Tarsus des ersten Bein- paares, sowie die paarig an den Seiten des Kopfes ge- legenen „Pseudoculi“, welche mit dem Postantennalorgan der Collembolen homologisiert werden. Die d GC besitzen ein Paar einfacher tubulöser Hoden mit kurzen blasenförmigen Vasa deferentia und lang aufge- wundenen, fein mit Chitin aus- gekleideten Ductus ejacula- Gof RN es Figur 1. Acere..tomon Doderoi Silv., 2 (Marburg, V. 12), kaum schematisiert. Dd Dünndarm, Ed Enddarm, Fk Fettkörper, Ga abdominale Wehrdriise, Ggf Ganglion frontale, Ggi Urterschlundganglion, Ggs Oberschlund- ganglion, Gl Labialdriise, Gm Maxillardriise, H Herz, Lg Legeapparat, Md Mitteldarm, Mm Muskulatur, Mp Vasa Malpighii, Od Ovidukt, ov Ovarium, Pm Maxillartaster, Ps Pseudoculus, St Stylopod, Vd Vorderdarm, Vg Vagina. 256 torii, die getrennt in den Spitzenteilen des Penis münden; dieser selbst kann zwischen dem 11. Segment und dem Telson aus- gestreckt werden. Beim O0 besteht der Sexualapparat aus zwei großen panoistischen Ovarien, welche ventral an der Basis des Abdomens liegen. Die anfangs paarigen Ovidukte vereinigen sich später zu einer gemeinsamen Vagina, welche durch einen komplizierten, dem männlichen Kopulationsorgane recht ähnlich gebauten Legeapparat hinter dem 11. Segment nach außen mündet. Gewöhnlich findet sich ein großes, durch dichte Dotter- anhäufung undurchsichtiges Ei im Uterus; das abgelegte Ei ist bisher noch nicht aufgefunden worden. Irgendeine Periodizität in der Fortpflanzung scheint nicht vorzuliegen, da man 9 Q mit legereifen Eiern sowie Jugendformen in allen Stadien zu jeder Jahreszeit antrifft. Das sehr komplizierte Muskelsystem tritt an den Totalpräpa- raten nur in Gestalt einiger fächerförmig von den Präsegmental- leisten ausstrahlender Bündel, sowie der langen Tergocoxalmuskeln hervor. Der Fettkörper erwachsener Tiere besteht aus zwei lateralen Längsstreifen, von denen segmental und in den Kopf Läppchen abgehen. Betrefis des Rumpfskelettes, welches nur an Mazerations- präparaten klar zu erkennen ist, sei erwähnt, daß sich daran eine Rückenschuppe und eine Bauchschuppe, sowie eine dorsale und eine ventrale Pleure unterscheiden lassen, deren jede wiederum in vier Unterabschnitte gegliedert zu sein pflegt. Das Telson besteht aus einer Dorsal-, einer Ventral- und zwei Lateralschuppen, welche den After umschließen. Die Extremitäten des Kopfes ähneln — An- tennen fehlen gänzlich — den Mundteilen der Collembolen außer- ordentlich. Von den thorakalen dient das verlängerte erste Paar als Tastorgan; wie bei den anderen lassen sich daran die ge- wöhnlichen Abschnitte des Insektenbeines unterscheiden, die Vorder- tarsen sind bei Zosentomon zweigliederig. Die abdominalen Ex- tremitäten, Stylopoden, schließlich, welche an den ersten 3 Hinter- leibssegmenten auftreten, sind bei den Eosentomiden sämtlich zwei- gliederig, während die beiden letzten Paare bei den Acerentomiden einfache Stummeln sind. Die terminal an den zweigliedrigen | Beinen befindlichen Bläschen dienen wahrscheinlich der Respi- ration. Cerci oder sonstige distale Abdominalextremitäten fehlen. Das vielverzweigte, commissurenlose Tracheensystem, das in seinem Vorkommen auf die Eosentomiden beschränkt ist, läßt sich am Dauerpräparat nur in den beiden Stigmen am Meso- und Meta- thorax nachweisen. 257 Sehr eigentümlich ist die Tatsache, daß das jüngste Stadium der Proturen nur 9 Abdominalsegmente besitzt, deren Zahl sich im Laufe der postembryonalen Entwicklung auf 12 vermehrt. Es ist diese Anamerie zweifellos ein phylogenetisch primitives Merkmal und spricht, da sie bei anderen Insekten nicht vorkommt, dafür, daß man die Proturen (zusammen mit den wohl in einem oligomeren Jugendstadium neoten gewordenen Collembolen) als „Anamerentoma“ den übrigen, holomeren Insekten gegenüberstellen darf. Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 17 Statuten der Deutschen Zoologischen Gesellschaft mit den Beschlüssen der Versammlungen vom 9. April 1894, vom 29. Mai 1896, vom 10. Juni 1897, vom 11. August 1901, vom 2. Juni 1909 und vom 15. Mai 1913. a 4: Die „Deutsche Zoologische Gesellschaft“ ist eine Ver- einigung auf dem Gebiete der Zoologie tätiger Forscher, welche den Zweck verfolgt, die zoologische Wissenschaft zu fördern, die gemein- samen Interessen zu wahren und die persönlichen Beziehungen der Mitglieder zu pflegen. § 2. Diesen Zweck sucht sie zu erreichen a) durch jährlich einmal stattfindende Versammlungen zur Ab- haltung von Vorträgen und Demonstrationen, zur Erstattung von Referaten und zur Besprechung und Feststellung ge- meinsam in Angriff zu nehmender Aufgaben. b) durch Veröffentlichung von Berichten und anderen, in ihrem Umfange vom Stande der Mittel der Gesellschaft abhängigen gemeinsamen Arbeiten. § 3. Die Mitglieder der Gesellschaft sind ordentliche und auBer- ordentliche. Ordentliches Mitglied kann jeder werden, der als Forscher in irgendeinem Zweige der Zoologie hervorgetreten ist. Außerordentliches Mitglied kann jeder Freund der Zoolo- gie und der Bestrebungen der Gesellschaft werden, auch wenn er sich nicht als Forscher betätigt hat. Die außerordentlichen Mit- glieder haben in allen Angelegenheiten der Gesellschaft nur be- ratende Stimme. § 4. Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt der Schriftführer entgegen. Von der erfolgten Aufnahme durch den Vorstand macht er 259 dem Betreffenden Mitteilung. Der Vorstand entscheidet in zweifel- haften Fällen, ob-die Bedingungen zur Aufnahme erfüllt sind. 8 5. Jedes Mitglied zahlt zu Anfang des Geschäftsjahres, welches mit dem 1. Januar beginnt und mit dem 31. Dezember endet, einen Jahresbeitrag von fünfzehn bzw. fünf Mark (s. § 12 Abs. 3) an die Kasse der Gesellschaft '). Die Jahresbeiträge können durch eine einmalige Bezahlung von mindestens zweihundert Mark abgelöst werden. ‚Wer im Laufe eines Geschäftsjahres eintritt, zahlt den vollen Jahresbeitrag. Mitglieder, welche der Gesellschaft mindestens 10 Jahre angehört und während dieser Zeit jährlich einen Beitrag von 15 Mark (bzw. 10 Mark nach der alten Bestimmung) entrichtet haben, können für die Zukunft ihre Beiträge durch eine einmalige Zahlung von mindestens einhundert Mark ablösen. SG Der Austritt aus der Gesellschaft erfolgt auf Erklärung an den Schriftführer oder durch Verweigerung der Beitragszahlung. SR Die Geschäfte der Gesellschaft werden von einem Vorstande versehen. Derselbe besteht aus: 1. einem Vorsitzenden, welcher in den Versammlungen den Vorsitz führt und die Oberleitung der Geschäfte hat, 2. drei stellvertretenden Vorsitzenden, welche in schwierigen und zweifelhaften Fällen der Geschäftsführung gemeinsam mit den beiden anderen Vorstandsmitgliedern durch einfache Stimmenmehrheit entscheiden, 3. einem Schriftführer, welcher die laufenden Geschäfte besorgt und die Kasse der Gesellschaft führt; er wird nach Ermessen des Vorstandes honoriert. § 8. Die Amtsdauer des Vorstandes erstreckt sich auf zwei Kalenderjahre. Während ihrer Amtszeit ausscheidende Vorstandsmitglieder werden vom Vorstande auf die Restzeit der Amtsdauer durch Zu- wahl ersetzt. 1) Zu zahlen an die Filiale der Mitteldeutschen Kreditbank in Gießen, Hessen. ; 17* 260 89. Der Schriftführer ist unbeschränkt wieder wählbar. Der Vor- sitzende kann nach Ablauf seiner Amtszeit während der nächsten zwei Wahlperioden nicht wieder Vorsitzender sein. § 10, Die Wahl des Vorstandes geschieht durch Zettelabstimmung der ordentlichen Mitglieder. Die Aufforderung dazu, sowie der Vor- schlag des Vorstandes für das Amt des Schriftführers, haben recht- zeitig durch den Vorstand zu erfolgen. Die Wahl geschieht in der Weise, dab jedes Mitglied bis zum 31. Dezember seinen Wahlzettel an den Vorsitzenden einsendet. Zettel, welche nach dem 31. Dezember eingehen, sind ungültig. Der Wahlzettel muß enthalten: 1. einen Namen für das Amt des Vor- sitzenden und 2. drei Namen für die Ämter seiner drei Stellvertreter; 3. einen Namen für das Amt des Schriftführers. Diejenigen Mit- glieder, auf welche die meisten Stimmen fielen, sind zum ersten bzw. zweiten und dritten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Bei Stimmengleichheit für zwei oder mehrere der gewählten ent- scheidet über deren Reihenfolge das Los. Lehnen einer oder mehrere der Gewahlten die Annahme der Wahl ab, so ist sofort für die Stelle der Ablehnenden eine Ersatz- wahl anzuordnen, die innerhalb 6 Wochen vorzunehmen ist. Das Wahlergebnis stellt der Vorsitzende in Gegenwart eines oder mehrerer Mitglieder der Gesellschaft fest; es wird unter An- gabe der Stimmenzahlen im Vereinsorgan bekanntgemacht. 8:11. | ‘Der neugewählte Vorstand übernimmt die Leitung der Geschäfte, sobald seine Wahl entsprechend den Vorschriften des $ 10 vollzogen ist. Bis dahin bleibt der frühere Vorstand im Amt. § 12. Die Jahresversammlung beschließt über Ort und Zeit der nächstjährigen Versammlung. In Ausnahmefällen, wenn unüberwind- liche Hindernisse das Stattfinden der Versammlung an dem von der vorjährigen Versammlung beschlossenen Orte oder zu der von ihr fest- gesetzten Zeit unmöglich machen, kann der Vorstand beide bestimmen. Die Vorbereitung der Versammlungen und die Einladung dazu besorgt der Vorstand. Er bestimmt auch die Dauer der Ver- sammlungen. 261 Über jede Versammlung wird ein Bericht veröffentlicht. Von diesem erhält jedes Mitglied, welches einen Jahresbeitrag von 15 Mark entrichtet oder gemäß $ 5 Abs. 3 die Jahresbeiträge durch eine ein- malige Zahlung abgelöst hat, ein Exemplar unentgeltlich. § 13. Die Jahresbeiträge dienen zunächst zur Bestreitung der Un- kosten, welche aus den in den vorhergehenden Paragraphen auf- geführten Geschäften erwachsen. Das übrige wird auf Antrag des Vorstandes und nach Beschluß der Jahresversammlung im Sinne des § 2, unter b, verwendet. 8 14. Der Rechnungsabschluß des Geschäftsjahres wird von dem Schriftführer der Jahresversammlung vorgelegt, welche auf Grund der Prüfung der Rechnung durch zwei von ihr ernannte Revisoren Beschluß faßt. § 15. Als Organ für alle geschäftlichen Veröffentlichungen der Ge- sellschaft dient der „Zoologische Anzeiger“. 8 16. Anträge auf Abänderung der Statuten müssen mindestens zwei Monate vor der Jahresversammlung eingebracht und spätestens einen Monat vor der Jahresversammlung den Mitgliedern besonders bekanntgemacht werden. Zur Annahme solcher Anträge ist ?/,-Ma- jorität der Anwesenden erforderlich. Sf. Wird ein Antrag auf Auflösung der Gesellschaft gestellt, so ist er vom Vorsitzenden zur schriftlichen Abstimmung zu bringen. Die Auflösung ist beschlossen, wenn °/, aller Mitglieder dafür ‚ stimmen. Die darauf folgende letzte Jahresversammlung entscheidet über die Verwendung des Gesellschaftsvermögens. Verzeichnis der Mitglieder 1912/13?). . * — lebenslängliches Mitglied. Die hinter dem Namen stehenden Zahlen bedeuten das Jahr des Eintritts. (Etwaige Fehlersowie Änderungen von Adressen sind dem Schriftführer mitzuteilen.) A. Ordentliche Mitglieder. 1. *Alverdes, Dr. Er 119. Marburg (Bez. Cassel), Zoolog. Institut. 2. *v. Apäthy, Professor Dr. St. (1890) . . . Kolozsvär (Klausenburg), Ungarn. 3. Apstein, Professor Dr. C. (1897) . . . . . Berlin N. 4, Zoolog. Institut, Invalidenstr. 43. 4. Assmuth, P. Jos., S.J. St. Xaviers College (1909) Bombay, Indien. 5. Auerbach, Professor Dr. (1911) . . . . . . Karlsruhe, Großh. Museum. 6. Augener, Dr. Hermann (1906) ...... Hamburg, Bürgerweide 40. 7. Balss, Dr.H., Assistentam Zool. Museum (1909) München, Alte Akademie, Neu- hauserstr. 8. Baltzer, Dr. F., Privatdozent (1908) . . . . Würzburg, Zoolog. Institut. 9.;*Barthels,. Dr. Ph. 1890) Zara Königswinter a. Rh., Hauptstr. 10. Becher, Dr. S., Privatdozent (1912) . . . . Gießen, Zoolog. Institut. 11. van Bemmelen, Prof..Dr. (2912) ae 2 Groningen, Holland, Zoolog. Institut. 12.: *Bergmann, Dr. 7W. (190537 22 Zr bee ee Eigenheim bei Wiesbaden. 13. Berndt, Dr. Wilh., Abteilungsvorsteher am Zoolog. Institut (1906) ....... Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. 14: Blanc; Pro&: De ERG i) ar are Lausanne, Schweiz. 15. *Blanchard, Professor Dr. Raphael (1893) . Paris, 226 Boulev. St.-Germain, Frankreich. 16. *Blochmann, Professor Dr. Fr, (1891) . . . Tübingen. 17. *Böhmig, ‘Professor Dr. ib: 1891)... 272.2. Graz, Morellenfeldg. 33, Steier- mark. 18. Börner; Dr. 'G(I308) ss eo ee ee St. Julien bei Metz. 19. *Borgert, Professor’ Dr. -A.7(1896) 775: «a Bonn, Kaufmannstr. 45. 20. *Boyeri, Professor Dr: Th I a Würzburg. 21. *Brandes, Professor Dr. G., Direktor des Zoolog. Gartens (1891)... 2. >. Dresden. 22. *Brandt, Geh. Regierungsrat Professor Dr. K. (1804): m 2 ee Kiel, Düppelstr. 3. 23. *Brauer, Professor Dr. Aug., Direktor des Zoologischen Museums (1891) . . . . Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. 1) Abgeschlossen am 1. Juli 1913. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 263 Braun, Geh. Regierungsrat Professor Dr. M. (2 ee eee Fa *Bresslau, Professor Dr. Ernst (1902) Beret ee rot cir. 11800) ke wee werben: Pro. Drs ME - (1699) 9... 2 2 Buchner, Dr. P., Privatdozent (1911) *Bütschli, Geh. Hofrat Professor Dr. O. (1890) *v. Buttel-Reepen, Professor Dr. H. (1902) . *Chun, Geheimer Rat Professor Dr. C. (1890) Bonn Dr dudwig Gi Sls} 2.2. Collin, Professor Dr. Anton (1890) .... *Cori, Professor Dr. ©. J., Zoolog. Station (1891) aban. Erotessor sor, Br.(1S92) 6°... os *y, Dalla Torre, Professor Dr. K. W. (1890) Dampt, Dr. A., Assistent (1912) ._.. 2 se Daudt, Dr. Wilhelm, Oberlehrer (1901) Deegener, Professor Dr. P. (1902) Demoll, Dr., Privatdozent u. Assistent am Zoolog. Institut (1909) ...+«... Dieefenbach, Dr: (1912). -. 2. >. A tee pincer Dr Max’ (1908). . 2 = rn u win *Döderlein, Professor Dr. L. (1890) . . . . *Doflein, Professor Dr. Franz (1898)... . Dohrn, Professor Dr. Reinhard (1907) . . . "Dreyer, Dr’ Ludwio (1895). 9. 2 u. . tDriesch, Prof. Dr: Hans (18%) :: . .- «+ Duncker) DE.,G. (1899). .-: .» -. Eee Cae Duncker, Dr. H., Oberlehrer (1912)... . *Bckstein, Professor Dr. K. (1890) .... Ehlers, Geh. Regierungsrat Professor Dr. E. ER are anne Ehrmann, P., Seminaroberlehrer (1912). . . Basie, Protssor Dr. HE. 3891), +... 2% « Entz, Dr., Géza jr., Privatdozent (1912) . . Prümann,.-Dri Bh. Mri: 1910, <0. cs es Ug oo ees lear 0 7 § 2 2. Sen: Escherich, Dr. K., Professor an der Forst- dicademioe (ISIN nie 2-0, . *Field,; Dr. Herbert H. (1892) ...:.. Königsberg i. Pr., Zoolog. Mu- seum. Straßburg i. E., Zoolog. Institut. Halle a. S., Zool. Institut. Hamburg, Naturhist. Museum. Miinchen, Zoolog. Institut Alte Akademie. Heidelberg. Oldenburg, Gr, Leipzig, Zoolog. Institut. Bremen, Städtisches Museum. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Museum fiir Naturkunde. Triest, Passeggio S. Andrea, Osterreich. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zool. Museum. Innsbruck,Claudiastr. 6 II, Tirol. Königsberg i. Pr., Zool. Mus. Mainz, Bingerstr. 15. . Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Institut. GieBen. Leipzig, Zool. Instit., Talstr. Murnau a. Staffelsee, Post Eich- holz, Oberbayern. Straßburg i. E., Illstaden 30. Freiburg i. Br., Zool. Instit. Neapel, Acquario, Italien. Wiesbaden, Schubertstr. 1. Heidelberg. Hamburg, Naturhistor. Museum. Bremen, Rheinstr. 6. Eberswalde bei Berlin. Göttingen. Leipzig-Gohlis, Eisenacher Straße 15. Neapel, Acquario, Italien. Budapest, Zoologisches Institut Ungarn. Berlin-Wilmersdorf, Nassauische Str. 171. München, Haydnstr. 6II. Tharandt. Ziirich-Neumiinster, Schweiz. 264 . *Fleischmann, Professor Dr. A. (1903). . . Erlangen. : *Prans Dir, Viktor (O0: 2 4 2 Sea 9 Leipzig-Marienhöhe, Daun- hoferstr. 27. . Freund, Dr. Ludwig, Privatdozent u. Assistent am K. K. Tierärztlichen Institut der Deutschen Universität (1906) . . . . Prag II, Taborgasse 48, Österreich. . Friederichs, Dr. Karl, Zoologe und Phytologe beim: Kais:- Gäuyemn. us, ra Apia, Samoa. . “Friese, Dr. H. 1180) cos Sr ee: Schwerin i. M., Kirchenstraße, Friesenhaus. . Frisch, Dr. K. v., Privatdozent (1911) . . München, Zoolog. Institut Alte Akademie. . *Fritze, Prof. Dr. Ad., Abteilungsdirektor des Museums (1306) "au ya ioe eben ee Hannover, Rumannstr. 13. . *Eullazton,. I. (BI) =. re ee Edinburgh, Fishery Board of Scotland, Schottland. . *Gaupp; Professor’ Des Mo (E00 2 122 2 Königsberg i. Pr., Anatomie. . Gebhardt, Prof. Dr. F. A. M. W. (1912) . Halle a. S., Stephanstr. 11. . Gerhardt, .. Prof. Dr: Ulrich (1905) , "+... Breslau, Zoolog. Institut. Gerne’ De Gustal (182) 7 Seen Königsberg i. Pr., Zoolog. Museum. . Glaue, Dr. Heinrich, Korvettenkapitän a.D. HIIOBY 2 xe) er ee DEE Kiel, Zoolog. Institut. . *Goette, Professor Dr. A. (1890) . . . . . Straßburg i. E., Spachallee. . *Goldschmidt, Professor Dr. R. (1902). . . München, Alte Akademie. Ktander; Dr. BIT arse ee Frankfurt a. M., Speyerhaus. . *v. Graff, Hofrat Professor Dr. L. (1890) . Graz, Attemsgasse 24, Steier- mark. . *Grobben, Professor Dr. C. (1890) . . . . Wien XVIII, 1, Sternwarte- straße 49, Österreich. . *Gruber, Professor Dr. A. (1890) ..... Freiburg i. B., Stadtstr. 3. . Gruber, Dr. K., Privatdozent (1911). . . . München, Zoologisches Institut, Alte Akademie. Grünberg, Dr. EB. GOOG). oho a eee Berlin N. 4, Zoolog. Museum, Invalidenstr. 43. . *de Guerne, Baron Jules (1893) ..... Paris, rue de Tournon 6, Frankreich. . *Guenther, Prof. Dr. Konrad (1903) . . . . Freiburg i. Br., Lorettostr. 36. . *Haeker, Professor, Dr: V. (1895 . wa.) 2: Halle a. S., Zoolog. Institut. . Haempel, Dr. Oskar, Privatdozent, Assistent an der K. K. Landw. Chem. Versuchs- station Abt. für Fischerei (1908). . . Wien II, Trunner Straße 3, Osterreich. . *Hagmann, Dr. Gottfried (1909) ..... Para, Nordbrasilien, Caixa postal 31. . Hamann, Professor Dr. O. (1890) . . . . . Berlin-Steglitz. . *Hamburger, Dr. Clara Frl., Assistent am Zoolog. Institut (1906) ....... Heidelberg. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. E18. 110. >11, 112. 113. 114. 115. . Hammer, Dr. Ernst (1906) . Hanitzsch, Dr. P. (1912) . . v. Hanstein, Professor Dr. R. (1902) . . . . *Hartmeyer, Dr. Robert (1899) . *Heider, Professor Dr. K. (1892) . v. Heider, Professor Dr. Arthur R. (1894) . . Harms, Dr. W., Privatdozent (1908) . . . . Hartert, Dr. Ernst, Zoolog. Museum (1890) . *Hartlaub, Professor Dr. Cl. (1890)... . . *Hartmann, Professor Dr. M., Institut für In- fektionskrankheiten (1902) . Hase, Dr. A., Privatdozent (1912) . Hasse, Geh. Medizinalrat Professor Dr. C. (1890) , *Hatschek, Professor Dr. B. (1891)... . BE EW CLOGS cw cece en) wre he, *Heintke, Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Fr., Direktor der K. Biolog. Anstalt (1891) Heine, Ferdinand, Amtsrat (1906) Heinroth, Dr. O., Kustus des Aquariums LEN eae oe og el ec le Beller, Erofessor Dr. ©. .1897) sss -; *Hempelmann, Dr. F., Privatdozent (1905) *Henking, Professor D. H. (1890) Hemschel, Dr--G. (1912) %. 2... .. Herold, Dr. W., Kais.-Wilh.-Inst. f. RE wirtsch. (1912) a *Hertwig, Geh. Hofrat Professor Dr. (1890) Hess, Professor Dr. W. (1890) Hesse, Professor Dr. R. (1898) ae ae Dane ne OT DE Pen | v. Heyden, Professor Dr. L., Major a. D. (1890) *Heymons, Professor Dr. Richard (1892) Fe nO. ABIT TE San Hilzheimer, Dr. M., Privatdozent a. d. Tech- nischen Hochschule (1906) . Kloster Hadmersleben, Berlin W. 15, Konstanzer Straße 81 II. Leipzig, Zool. Instit., Talstr. 33. Dahlem (Post Gr.-Lichter- felde, 3), Werderstr. 24. Marburg (Bez. Cassel), Zoolog. Institut. Tring, Herts., England. Helgoland, K. Biolog. Anstalt. Frohnau b. Berlin. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum. Jena, Zoolog. Institut. Breslau, Anatom. Institut. Wien IX, Maximilianplatz 10, Österreich. . Innsbruck, Falkstr. 14, Tirol. Graz, Maiffredygasse 2, Steier- mark. Poecking b. Possenhofen (Bayern), „Sonneck“. Helgoland. Reg.- Bez. Magdeburg. Berlin W. 62, Zoolog. Garten, Kurfürstendamm 9. Innsbruck, Fischergasse 22, Tirol. Leipzig, Zoolog. Institut. Berlin-Gr.-Lichterfelde, Belle- vuestraße 13. Hamburg,Naturhistor.Museum. Bromberg. München, Schackstr. 2. Hannover. Berlin N. 4, Invalidenstr. 42, Landwirtsch. Hochschule. Bockenheim-Frankfurt a. M. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum. Essen, Chausseestr. 12/14. Stuttgart, Naturalienkabinett. 116. 417. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. . 149. Hirsch; Dr ire (VOLS) ee *Hofer, Professor Dr. Bruno (1894)... . Hoffmann, or. 1. R= (1908). 6), eu sees *Hoffmann, Prof. Dr. R. W. (1899) .. . *Holtzinger-Tenever, Hans (1913) .... Hoyle, William E., Direktor of the National Museum of Wales (1908) ...... Hiieber, Dr. Th., Generaloberarzt a. D. (1903) Imhof,- Dr. 0, Mima (9800) < Finn Jacobi, Professor Dr. Arnold, Direktor des Kgl. Zoolog. Museums (1901) . . . *Jaekel, Professor Dr. O. (1898) ..... * Janet, Charles, Ingenieur des Arts et Manu- factures (1SO)) cr it Goan m Janson; Prof» Dr? O. 20900) Ar arn ee Japha, Dr. Arnold, Privatdozent (1907) . Jollos, ‘Dr Victor (1911) =. 28 ee Jordan, Prot, Dre 7102) saves aw a Jordan, Dr. K., Zoolog. Museum (1901) Kaiser, Dr. «Joh. 11830). nennt Kathariner, Professor Dr. L. (1902) Kautzsch, Dr. G. Privatdozent (1910). . . *y, Kennel, Professor Dr. J. (1891) *Klinkhardt, Dr. Werner (1907) ..... *Klunzinger, Professor Dr. ©. B. (1890) Kobelt, Professor Dr. W. (1890). ... . *y. Koch, Professor Dr. G. (1890) Kohl Dr. SO: [ABGT). Sy N ees *Köhler; Dr. Aug. (1892), m 77272: * 8 7% Köhler, Professor Dr. R. (1897) . . .. . *Kolbe, ‚Professor; H..J.1(182) 2.7225 *Kollmann, Professor Dr. J. (1890) *König, Professor Dr. A; (IBW) 2 22% *Korschelt, Geh. Regierungsrat, Professor Dr. Es ISSR he re + eee ear BEER Kraepelin, Professor Dr. C., Direktor des Naturhistorischen Museums (1897) . . Krauß, Dy. DE As ise 7 ee Krimmel, Dr. Otto, Professor am höheren Lehrerinnen-Seminar (1908) . . . . . Jena, Zoolog. Institut. München, Veterinärstr. 6. Basel, St.-Alban-Anlage 27, Schweiz. Göttingen, Zoolog. Institut. Tenever bei Hemelingen (Bremen). Cardiff, England. Ulm, Heimstr. 7. Windisch- Aargau b. Brugg i. Schweiz. . Dresden-Altstadt, Zwinger. Greifswald, Geolog. Institut. Beauvais-Oise, Villa des Roses, Frankreich. Cöln a. Rh., Naturhist. Museum. Halle a. S., Zoolog. Institut. Berlin, Institut für Infektions- krankheiten. Tübingen, Mühlstraße 14. Tring, Herts., England. Leipzig-Lindenau, Merseburger Straße 127. Freiburg, Schweiz. Kiel, Zoolog. Institut. . Jurjew (Dorpat), Rußland. Leipzig, Turnerstr. 22. Stuttgart, Hölderlinstr. Schwanheim a. M. Darmstadt, Victoriastr. 49. Stuttgart, Kriegsbergstr. 15. Jena, Löbdergraben 11. Lyon, 29 rue Guilloud, Frank- reich. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Museum für Naturkunde. Basel, St. Johann 88, Schweiz. Bonn, Koblenzer Str. 164. Marburg (Bez. Cassel). Hamburg, Lübecker Str. 29. Tübingen, Kaiserstr. 6. Stuttgart, Neckarstr. 39 A“ > Ken EIN 2.5 2 .. » » Berlin N.4, Landwirtsch. Hoch- schule, Zoolog. Institut. . *Kühn, Dr. A., Privatdozent (1908) . . . Freiburg i. B., Reiterstr. 10. . Kükenthal, Professor Dr. W. (1893) . . . Breslau, Zoologisches Institut, Sternstraße. . Künkel, Carl, Schulkommissär (1900) . . . Mannheim, Karl-Ludwigstr. 3u. . *v. Künssberg, Dr. Katharina Freifrau (1910) Heidelberg, Bergstr. #Kutker Dr. Oleg Frl. (1911)... : - Halle a. S., Zoolog. Institut. . Lameere, Professor Dr, Aug. (1896) . . . Brüssel, 10 Avenue du Haut Pont, Belgien. . Lampert, Oberstudienrat Prof. Dr. K. (1895) Stuttgart, Naturalienkabinett. = band Professor’ Dr. A. (1880): ...% Zürich IV Oberstraß, Rigistr. 50, Schweiz, . Langhoffer, Professor Dr. Aug. (1901) . . Zagreb (Kroatien), Österreich. . *Lauterborn, Professor Dr. R. 1. Heidelberg NE Nee SNE OP: Si esa ae eae Ludwigshafen a. Rh, . Lehmann, Professor Dr. Otto, Museums- TER IODI | ee de ee Altona. aber, Dr, A. (1903). es ee Breisach i. B. . v. Lendenfeld, Professor Dr. R. (1892)1) . Prag, Österreich. . v. Linden, Professor Dr. Maria Gräfin (1902) Bonn a. Rh., Quantiusstr. 13. . List, Professor Dr. Th., Landesmuseum und Technische Hochschule (1903) . . . . Darmstadt, Stiftstr. 29. . *Löhner, Dr. med. et phil. Privatdozent, Beopeld (VOU). ea sae ww es Graz, Physiolog. Institut der Universitat, Steiermark. . Lohmann, Professor Dr. H. (1907) . . . . Hamburg, Naturhist. Museum. 100534, Frofessor Dr. A. (1891) .... . . Cairo,. School of Medicine, Ägypten. . “Ludwig, Geh. Regierungsrat Professor Dr. H. N N en ie gk Se Bonn, Colmanstr. 32. eolume:, Professor Dr. M. (1895): ..-.2'- « Königsberg i. Pr., Tragheimer Pulverstr 4a. Maas, Brotessor Dri, (1891) .. i063. München, Zoolog. Institut, Alte Akademie, . *Malsen, Dr. Hans Freiherr von (1906) . . Malseneck, Post Kraiburg, Bayern. ensreuse tn i (1912) 9. 5.2. 02... Hamburg 22, Richardstr. 45. . *y. Marenzeller, Dr. Emil (1890)... .. » Wien VIII, Tulpengasse 5, Österreich. . Mark, Professor Dr. E. L. (1911) . . . . Cambridge, Mass. Harvard Univ. Zool. Labor., U. S. A. . Martin, Dr. Paul, Professor der Tieranatomie an der Universität (1902) ...... Gießen. es DW (1906) nee Hamburg, Tropenhygienisches Institut. . Matschie, Paul, Professor (1899) . .. . » Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum, 1) Gestorben Anfang Juli 1913. 268 . *Matzdorff, Dr. C., Direktor der V. Real- SEG COMO) 4:4 8 u, oo le eee Berlin NW. 5, Stephanstr. 2, . *Meisenheimer, Professor Dr. Joh: (1897) . Jena, Zoolog. Institut. ‚‚%Merton,. Dr: Hugo: (1907)... rer Heidelberg, Zoolog. Institut. . Metzger, Geh. Regierungsrat Professor Dr. A. (ESOO) x. 01 jel mile ee et ee Pe Hann.-Münden, Bismarckstr. 7. “Meyer, Dr. Werner (1910) 2,36 sue we Hamburg 11, Hopfenmarkt 16. . *Michaelsen, Professor Dr. W. (1897) . . Hamburg, Naturhist. Museum. . Milani, Oberförster Dr. Alfons (1893). . . Eltville. 186. Moser, Dr. F. Hoppe-, Frau (1911) . .:. Berlin-Wilmersdorf, Kaiser- . allee 222. 187. *Mrazek, Professor Dr. Alois (1896), Zool. Inst. d. Böhm. Universität ..... Prag II, Karlov, Österreich. 188. *Müller, Professor Dr. G. W. (1892) . . . Greifswald, Brinkstr. 3. 189. Müller, Dr. K., Meereslaborat. (1912). . . Kiel, Karlstr. 42. 190. Nachtsheim, Dr. EB (19818) 27472 202% München, Alte Akademie, 192. 193. 194. 195. 196. 197. 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. Zoolog. Institut. . *Nalepa, Regierungsrat, Professor Dr. A. (1891) Baden b.Wien, Epsteingasse 3, Österreich. Neresheimer, Dr. Eugen, Abteilungsvorstand an der K. K. Landwirtschaftl. Chem. Versuchsstation (1903) 92... 8-2. 8 Wien II, Trunner Str. 3, Österreich. Neubauer; "Dr. Re (EM2) =... u 20 Krosigk, Saalkreis. *Nieden, Dr. Fritz GW 7 Auer Er ar Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum. Nüßlin, Hofrat Professor Dr. O. (1895) . . Karlsruhe, Parkstr. 9. *Obst,: Dr, PREA IWF TE Berlin W. 57, Winterfeldstr. 12. Odhuer; “Prof Dr. BiG one), oo oe eae Upsala, Universitat, Schweden. *Oka, Professor Dr. Asajiro (1896) . . . . Tokyo, Japan, Koto Shihan- Gakko. *Ortmann, Dr. Arnold E. (1890). .... Pittsburg, Pa., Carnegie Mu- seum, Shenley Park, U.S. A. *Pappenhemmy Dr; IWF Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoologisches Museum. Pauly, Professor Dr. A. (1894)'. . . . 2°. München, Öttingenstr. 36 II. *Ponther, Dr; "A:.(1808y 7. 77.2. Wien I, k. k. Hofmuseum, Burgring 7, Österreich. *Petersen, Mag. Wilh., Direktor der Petri- Reslschule. 41893). as 3.27 Fass Reval, Rußland. *Petrunkewitsch, Dr. Alexander, (1903) . . New Haven, Connecticut, 266 Livingston Str., U.S. A. *Pfeffer, Professor Dr. Georg (1893) . . . Hamburg, Naturh. Museum. Piesberger, Sanitätsrat Dr. med. F., (1908) Stuttgart, Schellingstr. 19. Pintner, Prof. Dr’ Thy, 44912). . 2.2 Wien, 1. Zoolog. Inst. Univer- sität, Österreich. *Plate, Professor Dr. L., Direktor des Zoolog. Institute (IBURG. 27 KR Jena. 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227, 228. 229. 230. “201. 232. 233. 234. 235. 256. 237. 238. 239. 240. 241. 242. Pocher ritsall) ese ee ale eater ow tem VL] Schlosselgasse rh Th. 11, Österreich. Popofsky, Dr. Oberlehrer (1912) .... . Magdeburg, Bötticherstr. 36. Be at. (LOUSY) 2 Tharandt, Forstakademie. Priemel, Dr. Kurt, Direktor des Zoolog. Bene WEN IE een Frankfurt a. M. Prowazek, Dr. StanislausEdlerv. Lanov (1903) Hamburg, Institut für Schiffs- u. Tropenkrankheiten. Pütter, Professor Dr. A. (1900) . . . . . Bonna.Rh., Physiolog. Institut. Banther Dr. Max (I30B).ı 3... 2.24% 4 Neapel, Acquario, Italien, Bawıtz. Professor Dr: B: (18%) . . . ... Charlottenburg, Waitzstr. 7. Bene HIER ng Hamburg, Naturhistor. Museum. Reibisch, Prof. Dr. J., Zoolog. Institut (1907) Kiel, Adolfstr. 59 I. Reichenow, Dr. Eduard (1912) ..... z. Z. Ajoshöhe b. Akonolinga, Kamerun. *Reichensperger, Dr. A., Privatdozent (1911) Bonn a. Rh., Zoolog. Institut, *Rengel, Professor Dr. C. (1900) . . . . Berlin-Schoneberg, Stierstr. 19. Reuß, Dr. Hans, Biologe am Hygienischen el 1a AL), 11 NC ee ean et re bes Bremen. *Rhumbler, Professor Dr. L. (1893) . . . Hann.-Münden, Forstakademie. Richters; Prot. Dr.-Ferd. (1890)... . ... Frankfurt a. M., Wiesenau 22. Roewer, Oberlehrer Dr. ©. Fr. (1913) . . Bremen, Am Weidedamm 5. Rohde, Professor Dr. E. (1905) .-. ... Breslau, Zoolog. Institut. *y. Rothschild, Baron Dr, W. (1900) . . . Tring, Herts., England, Roux, Dr. Jean, Custos am Naturhist. Mu- N eee Se leer er Basel, Schweiz. *Roux, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Wilh. (1895) Halle a. S., Anat, Institut. Sachse, Dr. R.,(1912) Kgl. Bayr. Teichwirtsch. Mensuchsstation "sa 2 se ee es Wielenbach b. Weilheim, Ober- Bayern, Samster. ar MO (1900) lee Berlin - Halensee, Friedrichs- ruher Str. 21. erasin.’ Dr: Britz (1890): 2... 0.20% te Basel : : *Sarasin, Dr, Paul sie Marah ee nen ohh ise | ee ees, Bekalom. Prot: II. (1912). 6.40.) Se Berlin-Grunewald, Hohen- zollerndamm 50. *Schaxel, Dr. Jul., Privatdozent und Assistent am Zoolog. Institut (1910) ..... Jena. *Schauinsland, Prof. Dr. H., Direktor (1890) Bremen, Humboldtstr. u Ss 2213101 Oe MS FE ae Berlin-Gr.-Lichterfelde- West, Reichsgesundheitsamt. Schleip, Prof. Dr. Waldemar (1906) . . . Freiburg i. Br., Zoolog. Institut. Schmeil, Professor Dr. O. (1906). .... Heidelberg, SchloB Wolfs- brunnenweg 29. “Schmidt, Privatdozent Dr. W. J. (1909) . Bonn a. Rh., Zoolog. Institut. Schalt E70. Wr 2 (1902)... ot Miinchen, Tierarztl. Hochsch., Veterinärstr, 6. "Schröder, Dr. Olaw (1906) . : . : . : . Heidelberg, Blumenthalstr. 26. 243. 244. 245. 246. 247. 248. men 249. 250. 251. 252. 253. 254. 255. 256. 257. 258. 259. 260. 261. 262. 263. 264. 265. 266. 267. 268. 270 Schuberg, Regierungsrat Professor Dr. A. Be aperiodic ea e-waste *Gelinbotes Dr. Hl. (1918) - . ar. ee *Schuckmann, Dr. W. v. (1909) ..... Schultze, Professor Dr. L. S. (1897) *Schulze, Geh. Regierungsrat Professor Dr. F.:E.. (S90) 5 ens ee Som ice Schulze, Dr. P., Assistent am Zoolog. Institut Schwalbe, Professor Dr. G. (1890) . . . » Schwangart, Prof. Dr. F. (1903), Leiter der Zoolog. Station der Kgl. Versuchsan- stalt für Wein- und Obstbau in Neu- Berlin-Gr.-Lichterfelde-W est, Knesebeckstr. 7. Hamburg, Naturhistorisches Museum. Berlin-Lichterfelde- W., Reichs- Gesundheitsamt. Marburg (Bez. Cassel), Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Institut. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Institut. Straßburg i. E., Schwarzwald- straße 39. stadt a. d. H., Privatdozent in Karlsruhe Neustadta. Haardt (Rheinpfalz). *Seitz, Professor De A7TISID.N Fee *de Selys Longchamps, Dr. Mare (1911). . *Semon, Professor Dr. R. (1893).°. . . . *Simroth, Professor Dr. H. (1890) Soldaneki, Hl. (1912, Serr. oe gee Spemann, Professor Dr. Hans (1900) .. . *Spengel, Geh. Hofrat Professor Dr. J. W. (SIT AR Be, cana rat eee *Spuler;. Professor Dr: A. (1892)... .27 2 *Steche, Dr. med. et phil., Privatdozent (1907) Stechow,' Dr. Ei (hQ1@)) 22, esse Steier, Dr. Marl( Pols )ou Arne en *Steindachner, Hofrat Dr. Franz (1890). . Steinhaus, Dr. Otto, Assistent am Naturhist. Museum (1839). 1%, 245 San Steinmann, Prof. Dr. Paul (1908) *Stempell, Professor Dr.. W. (1899) *Steuer, Professor Dr. Adolf, k. k. Zoolog. Institut der Universität (1906). . . - *Stiles, Prof. Dr. Charles Wardell (1894) . *Stitz, Herm;, Lehrer 100). 4 ds Darmstadt, Bismarckstr. 59. Brüssel, 61 AvenueJean Linden, Belgien. München, Hohenzollernstr. 130. Leipzig-Gautzsch, Kregelstr.12. Berlin N. 4, Zoolog. Museum, Invalidenstr. 43. Rostock, Zoolog. Institut. Gießen. Erlangen, Heuwaagstr. Leipzig, Zoolog. Institut. München, Zoolog. Sammlungen, Alte Akademie. Lübeck, Hüxtertor-Allee 23. Wien J, Burgring 7, k. k. Hof- museum, Osterreich. Hamburg, Naturhist. Museum, Steinthorwall. Aarau, Kantonschule, Schweiz. . Minster i. W. Innsbruck, Tirol. Washington, D. C., U. S. A. Publie Health and Marine Hospital Service Hygienic Laboratory. Berlin NW., Essener Str. 4. 269. 270. 271. 272. 273. 274. 275. 276. 277. 278. 279. 280. 281. 282. 283. 284. 285. 286. 287. 288. 289. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 271 *zur Strassen, Professor Dr. O., Direktor des Senckenbergischen Museums (1895) *Strodtmann, Direktor Dr. S. (1897) . . » *Strohl, Dr. Hans (1909) Fur Sat te! ye" Strubell, Professor Dr. Ad. (1891) .... Studer, Professor Dr. (1911). .....-. *v. Stummer-Traunfels, Prof. Dr. Rud. (1896) Sturany, Dr. R., Kustos am k. k. Natur- histor. Hofmuseum (1900). ..... SuBbaeh, Dra ‘phil. (1905) .: 03. 6. 00. Taschenberg, Professor Dr. O. (1890)... Teichmann, Dr. E. (1902) Bhesme, r,- Cart (1906) .- sk we *Thiele, Professor Dr. Joh. (1891) .... *Thienemann, Privatdozent Dr. Aug. (1912) *Thorsch, Dr. Emil, Assistent am Anatom. Institut der Deutschen Universitat (1909) Tonuiges, Prof. Dr. Carl, Assistent am Zoolog. Institut (1902) . ... . . « Former, Professor’ Dr. G. (1905)... « Ude, Prof. Dr. (1911) IE *Vanhöffen, Professor Dr. E. (1897) ... Vejdovsky, Professor Dr. F. (1900)... . Versluys, Professor Dr. J., Zoolog. Institut (1907) Tc ee Nectwwnow, Prof. Dro A: (1911)... oo. % PY olet, Professor Dr. W. (1890) 2. . .'. Voß, Dr. Friedrich, Privatdozent, Assistent am Zoolog. Institut (1906) ..... Y- Voß, Dr. H: (1911) er Vosseler, Professor Dr. J., Direktor des Zoologischen Gartens (1900) .... Wagner, Dr. K. (1911) es *y. Wagner, Professor Dr. Fr. (1890) .. *Wahl, Professor Dr. Bruno, k. k. Land- wirt.-bakteriol. Pflanzenstation (1900) *Wasmann, E, S. J. (1891) . Frankfurt a. M., Senckenbergi- sches allee 7. Wilhelmsburg a. Elbe. Zürich, Zoolog. Institut, Schweiz. Bonn, Niebuhrstr. 51. Bern, Zoolog. Anstalt. Graz, Zoolog. Institut, Steier- mark. Museum, Vietoria- Wien I, Burgring 7, Österreich. Breslau, Alexanderstr. 23. Halle a. S. Frankfurt a. M., Steinlestr. 33. . Leipzig, Verlag Veit & Co. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum. Münster i. W., Landwirtschaft- liche Versuchsstation. Prag, Österreich. Marburg (Bez. Cassel). Berlin N. 4, Zoolog. Museum, Invalidenstr. 43. Hannover, Lavesstr. 28 III. Berlin N. 4, Zoolog. Museum, Invalidenstr. 43. Prag, Zoolog. Instit. Böhm. Universität, Österreich, Gießen, Wilhelmstr. 41. Berlin W. 30, Luitpoldstr. 3 IIT. Bonn, Maarflachweg 4. Gottingen. StraBburg i. E., Zoolog. Instit. Hamburg, Zoolog. Garten. Riga (Rußland), Mühlenstr. 60. Graz, Steiermark, Zool, Institut. Wien II, Trunnerstr. 1, Österreich. Valkenburg (L.) Holland, Ignatius-Kolleg. 298. 299. 300. 301. 302. 303. 304. 305. 306, 307. 308. 309. 310. 311. 312. 313. 314. 315. 316. 317. 318. 219. 320. 321. 322. 323. 272 Weber, Dr. L., Sanitätsrat, Leitender Arzt am Krankenhaus vom Roten Kreuz (1904) Kassel. *Weber, Professor Dr. Max (1890) . . . . Eerbeck, Holland. *Weismann, Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Professor Dr. A. (1890). Zw Freiburg i. B. *Weltner, Professor Dr. W. (18%). . . . Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Museum. Wenck, Prof. Wilhelm (Löbbecke-Museum, Naturhistorische Sammlung der Stadt Düsseldorf), Oberlehrer (1906) . . . Düsseldorf-Grafenburg, Burg- müllerstr. 16. Wilhelmi, Prof. Dr. J., wiss. Mitglied d, Kgl. Landesanstalt für Wasserhygiene (1906) Berlin-Dahlem. Will,..Professer’ Dr. u. (Saas. 2. 27 Rostock. *W inter; #: -Dri 0, Fa ee Frankfurt a. M., Lithogra- phische Kunstanstalt Werner und Winter. Wolf. Dr. Magen 1908) Fe 3 ene Süßen, Württemberg. Wolf Br. Max (1910, 7 Ser Bromberg - Schöttersdorf, Promenadenstr. 121. *Woltereck, Professor Dr. Rich. (1897) . . Leipzig-Gautzsch, Weberstr. *Wolterstorff, Dr. W., Kustos (1890) . . . Magdeburg, Domplatz 5. Walker: Dr: GI) a ee Heidelberg, Institut für Krebs- | forschung. * Wunderlich, Dr. Ludw., Direktor des Zoolog. Gartens (1897)? 3. are, Koln- Riehl. Zacharias, Professor Dr. O. (1907) . . . . Plön-Holstein, Biolog. Station. *Zarnik, Dr. Boris, Privatdozent (1909) . . Würzburg, Zoolog. Institut. *Zelinka, Professor Dr. K. (1890) . . . . Czernowitz, Österreich. *Ziegler, Professor Dr. H. E. (1890) . . . Stuttgart, Techn. Hochschule. *Zimmer, Prof. Dr. Carl, 2. Direktor (1902) München, Alte Akademie, Zoolog. Staatssammlg. *Zschokke, Professor Dr. Fr. (1890) . . . Basel, Zool. Anstalt, Schweiz. *Fapmayer, Dr. Brieb. (1909) Fra a: München, Alte Akademie, Zoolog. Staatssammlung. B. Außerordentliche Mitglieder. Junk, W., Verlagsbuchhändler (1913). . . Berlin W.15, Sächsische Str. 68. Nägele, Erwin, Verlagsbuchhändler (1904) Stuttgart, Johannesstr. 3. Sproesser, Dr. Th., Verlagsbuchhändler (Schweizerbartsche Verlagsbuchhandl. IWI:. ET Stuttgart. Kgl. Universitätsbibliothek (1911) . . . . Bonn a. Rh. Kgl, Universitätsbibliothek (1913) . . . . Göttingen. Inhaltsverzeichnis. Verzeichnis der anwesenden Mitglieder und Gäste . x 2 2... 0... Kurze Übersicht über den Verlauf der Versammlung. .......--. Eröffnung der Versammlung und Begrüßungen .......-.4.-.-. Geschäftsbericht des Schriftführers und Wahl der Rechnungsrevisoren . . Referat des Herr Prof. Meisenheimer: Äußere Geschlechtsmerkmale und Gesamtorganismus in ihren gegenseitigen Beziehungen ..... . Vortrag des Herrn Dr. Thienemann: Die Salzwassertierwelt Westfalens Vortrag des Herrn Prof. Spengel: Über die Organisation und sa ar, der Gattung Sıpuneulus .-. 2 2... 2... NIE ots Peete: tet Dr, Thienemann +. 6 wann a nun a Demonstration des Herrn Dr. Hartmeyer: Uber eine mehr als 2 m Br avcsiien(nar, Titel) + eine a Re ee Es Demonstration des Herrn Dr. Krüger: Eine elekiive Färbung der Binde- ee a ek. AIR Be en ant des machsten Versanmlungsortes . 2 2 use ea den Eomgehe' Vorstandswahl 2. 2... a Pe a a ea Beratung über die Anträge des Vorstandes auf Kiänderune des Statute - > Bericht des Herausgebers des „Tierreich“, Herrn Prof. F.E. Schulze. Vortrag des Herrn Prof. Escherich: Die gegenwärtige Lage der an- gewandten Entomologie in Deutschland und Vorschläge zu ihrer ee a een Diskussion: Herr Prof. Be Schwangart, Alfken, Escherich BE ee Areas ee ef 2 Moye age wie tee Vortrag des Herrn Prof. van Bemmelen: Die Puppenzeichnung bei Rhopa- loceren in ihren Beziehungen zu derjenigen der Raupen und Ima- een ee Ina enione Herr Prof. Heincke...... » =... .. A er Vortrag des Herrn Dr. Voss: Vergleichende klauen über die Piumwerkzenpe der Insekten „.. 6.06 605 eos nn at Demonstration des Herrn Prof. Wilhelmi: Instrumentarium zur Entnahme biologischer Wasserproben, Planktonpumpen usw. (nur Titel) Vortrag des Herrn Prof. Lohmann: Über Coccolithophoriden...... Vortrag des Herrn Dr. Schulze: Uber Chitinstrukturen . ....... Vortrag des Herrn Prof. Häpke: Die Fischpässe am Weserwehr bei Bremen: und: Aqanee der Aalbrut. =. ...2.... eee PR Desielip dev Rechnungstemwören . . 20. wee ee ne one an. Beratung über die Anträge des Deutschen Auschusses für den mathema- tischen und naturwissenschaftlichen Unterricht... . . Bee Verh. d. Dtsch. Zool. Ges. 1913. 18 101 106 117 118 143 143 165 195 197 197 274 Seite Beratung über den Antrag des Vorstandes der Gesellschaft Deutscher Natur- "Fordeher und, Arete . 2. ss: sy apne ee ee 198 Abstimmung über die Anträge auf Abänderung der Statuten ...... 199 Vortrag des Herrn Dr. Erhard: Der Flug der Tiere ......... 201 Diskussion: Herr Dr. Hase, Voss. und Erhard. 22 Geo ee 225 Vortrag des Herrn Prof. Bresslau: Über das spezifische Gewicht des Protoplasmas und die Wimperkraft der Turbellarien und Infusorien 226 Diskussion: Herr Dr. Strodtmann und Thienemann ........ 232 Vortrag des Herrn Dr. Martini: Über die systematische Stellung der Nematoden.:.... 244 Me Ps visa Denke WIE Mar En Er HERE RE 233 Vortrag des Herrn Prof. G. Ertz jun.: Cytologische Beobachtungen an Polytoma. ee. WE ar ee a Cee en ee. 249 Demonstration des Herrn Dr. Prell: Proturen. 0.5. „2. 220er 253 Schluß der Versammlung 1.777 ara. «to ok vt et kak tae Me oa 257 Statuten der Gesellschaft) =. 72 = 1 Ao sso he ae ae a 258 Mitglederverzeichnis - ....=..0.2 2.2 ae Sepa) Oo te ee 262 AB CZ ERNST MAYR LIBRARY 3 2044 118 635 Date Due 17 Is R 4 1962 De in mer mn nenne nn nimm nen an en a ATe > er ¥ zn ” - Oo gO ne “ ee op nt > ET een na arena an Se nan a > = u u \ \ rn iat ats Sie