Wins FR P-2 WE An 0: mr BA REREND YA PRNERERET CAB-L f | ARE . HARVARD UNIVERSITY. BTEBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. aaıa um ad, WS — Morch 1,08 a VERHANDLUNGEN DES NATURHISTORISCH-MEDICINISCHEN VEREINS ZU HEIDELBERG. NEUE FOLGE. BI NETER BAND. % Alle Rechte, besonders das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen, werden vorbehalten. . messen en FE Pa vr. Inhalt. Andreae, A., Vorläufige Mittheilung über die Ganoiden ae und Amia) des Mainzer Beckens . — Ueber die Nachahmung verschiedener Gesatepen End über Me geysire BE EN 9 een EEE Le — Das fossile V orkorhnen ka ch ae, Bathysiphon M. Sars 2 Her — und A. Osann, jefencontäcte an ae hkensiten Drabnsen von New-Yersey Askenasy, E., Ueber das Sattsteiten. Ä R — Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens . R s Beck, B. von, Ueber zwei interessante Mapenchitarpieiälle Bütschli, 0., Ueber die künstliche ee der karyokinetischen Figur . c ® — Ueber die Schonmstrdekir geronnener Suhstänzen — Ueber den feineren Bau der Stärkekörner . PER — Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuehun en an Ge rinnängs- schäumen, Sphärokrystallen und die Structur von Cellulose- und Chitinmembranen . — Ueber Structuren künstlicher und haturlieher quellhärer Subraunken, — Ueber die Herstellung von künstlichen Stärkekörnern oder von Sphärokrystallen der Stärke . 3 Cramer, E., Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger rtnkarassers — Die beiden a Tiefbrunnen und ihr Verbältniss zum Neckar ; Dittrich, M., Das Wasser en Eeilelbserer Wasserleitung in ehemiseh- geologischer und bacteriologischer Beziehung Erb, W., Vorstellung eines neuen Falles von Akromegalie . Goldschmidt, V., Einige Versuche über Krystallisation aus dem Schmelzfluß ‚ — Schatten-Goniometer . ‚ Gottlieb, R., Zur Physiologie und DRauaenldgie Pe er "Sarahiön Be B., Betrachtungen, über die Nieren von Oneidium celticum | Cuvier e II Seite. IV Inhalt. Heuck, 0., Ueber einen Fall von Aktinomykose der Wirbelsäule und Brustwandungen mit Propagation auf die Lunge. ...... Hippel, E. von, Ueber Keratitis parenchymulosa . -.. 2... ..x Kehrer, F. A., Zur Phylogenie des Beckens . -. . 2... 2.2 2.. Kraatz, K. von, Krystallographische Beziehungen im periodischen System ‘der Elamente = 35.7. un Lee ee J 5 — Der geologische Bau der Serra de Monchique in der Bean) Aa (Süd-Portueal) » "22 200% ze Bee u _ rn zur Bildungsgeschichte der Golilagerriätten ee Krafft, F., Ueber das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser . Tanlerhers, R., Ueber Periodieität im Auftreten und in der Fort- pflanzung einiger pelagischen Organismen des Rheins und seiner Altwassen D-82370. Se ee Eh SE ee — Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen . . .». .» ...2 °,.. Möbius, M., Ueber den Habitus der Pflanzen. ...... re Quincke, @., Ueber Wirbelbewegungen der Luft . . . 2. .2... — Ueber die Messung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten in Gapillarzöhren“.- 4°. „2 Case ee Ze ee Samassa, P., Ueber die Entstehung der Genitalzellen bei den Oteno- Dhorenf»2e 22....22. 0 0 U Der ie a Dre, 2 SIE RR: — Bemerkungen über die Chromatophoren der Cephalopoden.. . . . Schewiakoff, W., Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des ’Süsswassers" . = ns Renee rs Schuberg, A., Die Coccidien aus dem Darme de en : Feet Vereinsnachrichten .. «ze sr er Ne I 209 315 Vierzeichniss von Druckschritten 1‘ 210.320 44 369 449 451 ig, ar An JUN 24.189 VERHANDLUNGEN SE DES RS Er BE ZU“, HEIDELBERG. 4 [2 ——— NATURHISTORISCH-MEDICINISCHEN VEREINS | NEUE- FOLGE. ee TÜNFTER BAND. ERSTES HEFT. MIT ZWEI TAFELN. “ HEIDELBERG. CARL WINTER’S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG, Im 1898, | nen m m ee ne na nnn ne n RZ! De Ye BR JUN 20 1893 Vorstellung eines neuen Falles von Akromegalie. Von W. Erb. Sitzung der medieinischen Sektion vom 24. Mai 1892. Derselbe betrifft eine 44jährige Bauersfrau, die früher gesund war, gesunde Kinder hat und aus gesunder Familie stammt. Beginn des Leidens vor ca. 8 Jahren mit Parästhesieen und vasomotorischen Störungen der Hände, dann mit Schmerzen in Händen und Füssen. Dann Grösserwerden des Gesichts und Kopfes, Ver- änderung der Züge; zunehmende Vergrösserung der Hände und Füsse, zunehmende allgemeine Mattigkeit. Menopause im Alter von 39 Jahren. Kopfschmerzen, Abnahme des Sehvermögens. Seit Herbst 1891 Auftreten eines Diabetes mellitus (6--7 °/, Zucker). Der Vortragende demonstrirt dann an der Frau die typische Ver- änderung der Gesichtszüge, die grosse breite Nase, wulstigen Lippen, das Hängen der verdickten Unterlippe, das Vorstehen des Unterkiefers, die Verdickung des Alveolarfortsatzess am Oberkiefer und die enorm breite und massige Zunge. Dann die grossen, breiten, tatzenartigen Hände mit den enorm dicken Fingern, die Verdickung der Handgelenke und der dis- talen Enden der Vorderarme, und die analogen Veränderungen an den grossen und breiten Füssen, Zehen und Fussgelenken. Ferner die rundliche Kyphose im Halstheil der Wirbel- säule, die gebückte Haltung der Kranken, die Verdickung der Olavi- culae, des Sternum und der Rippen. Verhandl, d. Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins, N, Serie, V. 3 9 W. Erb: Ein neuer Fall von Akromegalie. Ueber dem Manubrium sterni findet sich die von dem Vortragen- den in 4 andern Fällen gefundene percussorische Dämpfung hier nicht. In einem zur Section gekommenen derartigen Fall (Hagner), dessen Befund von Geh. Rath Arnold genau beschrieben ist, fand sich als Ursache dieser Dämpfung nur die enorme Verdickung des Sternum und der angrenzenden Knochentheile vor, aber keine persistirende, ver- grösserte Thymus. Daraus geht hervor, dass diese Dämpfung nicht, wie der Vortr. seinerzeit vermuthete (— aber zunächst nur als möglich, nicht als sicher bezeichnete, wie ihm manche Autoren im- putiren —), die Folge der Persistenz und Vergrösserung der Thymus zu sein braucht. Uebrigens ist diese Vergrösserung in einem neueren Falle (von Duchesneau) wieder constatirt worden. In dem vorliegenden Falle fehlt die Schilddrüse fast ganz, nur rechts ist ein rundlicher Knoten erhalten, der dem r. Lappen der- selben entsprechen könnte. Rechts am Halse finden sich 2 grössere ge- schwollene Lymphdrüsen. Der Augenbefund ist normal. Es finden sich keine sicheren Zeichen von Hypophysistumor. — Die innern Organe zeigen keine erheblichen Veränderungen. Dia- betes mellitus besteht noch fort, doch in sehr gemindertem Grade (2—1°, Zucker). Der Vortr. hält diesen Fall für ein ganz typisches Beispiel von Akromegalie und macht noch einige Bemerkungen über sein Verhältniss zu dem secirten Falle Hagner, welcher ihm nach dem Sectionsbefund ebenfalls sicher zur Akromegalie zu gehören scheint. Heuck: Aktinomykose d. Wirbelsäule u. Brustwandungen etc. 3 Ueber einen Fall von Aktinomykose der Wirbelsäule und Brustwandungen mit Propagation auf die Lunge. Von Dr. Heuck. Sitzung der med, Sektion vom 14. Juni 1892. Es handelt sich um einen Fall von Aktinomykose, über den Herr Prof. Erb vor einem Jahre, Sitzung vom 12. Mai 1891, hier bereits berichtet hatte: Siehe Verh. d. Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg, N. F. IV. Bd. 4. Heft. Der Fall kam zur Sektion und wurde vom Vortragenden anatomisch untersucht. Eine Schilderung des Krankheits-Verlaufes findet sich an obiger Stelle. Derselben ist über die Zeit bis zu dem am 1. Juni 1891 er- folgten exitus letalis nur noch hinzuzufügen, dass die Anschwellung links hinten und seitlich beständig zunahm, und es in der Nacht vom 20. bis 21. Mai zu einem spontanen Durchbruch des Abscesses kam, wobei sich eine beträchtliche Menge grauröthlichen, fade süsslich riechenden Eiters entleerte, der eine Unmenge Körnchen von Grieskorn- bis Steck- nadelkopfgrösse enthielt. Die Anschwellung fiel darauf deutlich zu- sammen und die Beschwerden wurden etwas geringer. In den ersten Tagen bestand reichliche Seeretion, die dann allmählich etwas nachliess. Von Seiten der Lungen traten ebenfalls bemerkenswerthe Erscheinungen ein, derart, dass die Schleimsecretion erheblich zunahm, und der Gehalt an Drusen sich enorm steigerte; auch elastische Fasern- und Cylinder- Epithelien wurden mehrmals gefunden. Das Fieber und die übrigen Symptome blieben wie vorher. Ein letzter Versuch mit Tuberkulin ergab wieder keine Reactions-Erscheinungen. Der Tod erfolgte unter den Zeichen allgemeiner Entkräftung und Herzschwäche. « 4 Heuck: In der Anamnese ist noch nachzutragen, dass Patientin am 1. Mai 1890 ein Trauma — Fall in eine tiefe Grube mit dem Kopf voran — erlitten, von welcher Zeit an sie über Schmerzen und Par- ästhesieen in der linken Seite geklagt hatte. Die Sektion ergab eine ausgedehnte Erkrankung der IV. bis VII. Rippe und des XI. und XII. Brust- sowie des I. und II. Lenden- wirbels; alle Wirbel vorwiegend linksseitig affieirt; der linke Unter- lappen stark comprimirtin eine fleischige Gewebsmasse umgewandelt. Der Raum zwischen der Brustwand und unterem Lungenlappen durch schwammige Granulationen ausgefüllt, die sich zum Theil continuirlich in den letzteren hinein fortsetzen; von dem linken Oberlappen zeigen die unteren Partieen eine ähnliche Beschaffenheit; im Uebrigen ist der- selbe durch pleuritische Adhäsionen an die Brustwand befestigt. In der linken hinteren Seite des Herzbeutels an einer Stelle gelbe, knötchen- förmige Einlagerungen. Das Pericardium mit Fibrinmassen belegt. Rechts kein aktinomykotischer Herd weder in der Lunge noch der Pleura. Verdrängungs-Erscheinungen von Milz und linker Niere. Rechtsseitige Skoliose des unteren Theils der Brust- wirbelsäule. Mikroskopisch wurden, ausser einer aktinomykotischen Er- krankung der linken Lunge in ihren peripheren, an die Granulationen angrenzenden Partieen und dem Nachweis von Drusen in Bronchien, einzelne Drusen in Lungenarterien-Aesten der rechten Lunge, sowie eine aktinomykotische Erkrankung der Zähne nachgewiesen; die Knochen wurden nicht untersucht. Um die in den Gefässen Ge- fundenen keine ausgedehnte Thrombose und keine entzündliche Reaction des perivasculären Gewebes. Keine Embolien in anderen Organen. Das Bild der Drusen im Einzelnen stimmt, wie an Drusen- Querschnitten zu beobachten, mit den von Boström gegebenen Be- schreibungen (Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allgemeinen Pathologie. IX. Bd.) überein. Es wird dann dargethan, dass als Ausgangs-Punkt der Er- krankung und primärer Sitz derselben die Wirbel zu betrachten sind. Auf eine Erkrankung der Wirbel müssen die im Anschluss an den s Aktinomykose d. Wirbelsäule u. Brustwandungen mit Propagation ete. 5 Fall am 1. Mai 1890 aufgetretenen localen Symptome: Schmerzen und Parästhesieen in der linken Seite, zurückgeführt werden. Ferner spricht dafür der anatomische Befund: die »hochgradige Com- pression des linken Unterlappens, die verhältnissmässig geringe Aus- breitung der Aktinomykose im Lungengewebe, das Fehlen grösserer Höhlenbildungen und Verwachsungen zwischen den Pleurablättern, so- wie andererseits die ausgedehnten Knochen-Processe. Dass die Er- krankung im Wesentlichen auf die linke Seite der Wirbelkörper und die linke Pleurahöhle beschränkt war, ist kein absoluter Gegengrund, sondern muss vielmehr als ein Beweis für das langsamere Fortschreiten der Aktinomykose in den Knochen und der Lunge gegenüber dem Pleuraraum und dem interstitiellen Gewebe zwischen den Muskeln sowie dem Unterhautzellgewebe betrachtet werden. Auffallend ist das Freibleiben der rechten Lunge; zumal dass, trotzdem das Sputum so enorm viele Körnchen enthielt, keine Weiter- verbreitung auf dem Wege der Aspiration erfolgte. Der Umstand, dass um die in den Blutgefässen der rechten Lunge gefundenen Drusen keine Thrombenbildung und keine Entzündungserscheinungen sich fanden, sowie dass keine Metastasen in anderen Organen sich nach- weisen liessen, kann wohl nur durch die Annahme erklärt werden, dass der Durchbruch in die Blutbahn erst sub finem erfolgt ist. Je- doch kann man diesen Befund wohl als Beweis für die Entstehung der Metastasen betrachten, die von anderen Autoren häufig in den späteren Stadien der Aktinomykose beobachtet worden sind. In klinischer Beziehung ist namentlich interessant, dass, wie Herr Prof. Erb in dem oben citirten Vortrag bereits hervorhob, der Verlauf des Falles viel Aehnlichkeit mit einem chronisch tuberkulösen Processe hatte, und die Diagnose ‘deshalb lange unklar blieb. Auffallend war allerdings das negative Resultat der Probe-Punktion im December 1890 und das Nichtergriffensein der Lungenspitzen; letzteres ist namentlich auch differential-diagnostisch wichtig. Aetiologisch hat sich nichts Sicheres ermitteln lassen. Die Zähne kommen in dieser Hinsicht jedenfalls nicht in Betracht, da Patientin angab, dass dieselben erst während des Bestehens der Er- 6 Heuck: Aktinomykose d. Wirbelsäule u. Brustwandungen ete, krankung, im Winter 1890—-1891, cariös geworden seien; sie sind somit wohl durch das Sputum erst inficirt worden. Der Fall lehr& uns demnach: 1. Dass die Aktinomykose chronisch und torpide verläuft. 2. Dass die Ausbreitung des Leidens in dem interstitiellen und Unterhautzellgewebe sowie dem Pleuraraum schneller geschieht als in dem Knochen und der Lunge. 3. Dass die Aktinomykose im Beginne unter dem Bilde einer chronisch-tuberkulösen Affection verlaufen kann; dass als differential- diagnostisch wichtig die Localisation in den unteren Lungenlappen und das Vorkommen der Drusen im Sputum zu bezeichnen ist. 4. Dass Drusen in Blutgefässen eirculiren können, und auf diesem Wege wohl die Metastasen zu Stande kommen. 5. Dass die aktinomykotische Erkrankung der Zähne secundär durch das Sputum erfolgen kann. — A. Andreae: Ueber d. Ganoiden (Lepidostens u. Amia) d. Mainzer Beckens. 7 Vorläufige Mittheilung über die Ganoiden (Lepidosteus und Amia) des Mainzer Beckens. Von A. Andreae. Mit zwei Figuren im Text. Gesammtsitzung vom 1. Juli 1892. Vor mehreren Jahren wurden in der bituminösen Schieferkohle von Messel'), unweit Darmstadt, welche dem untermiocänen Cor- bieulahorizont angehören dürfte, einzelne Schuppen, sowie grössere zusammenhängende Stücke des Schuppenpanzers der nordamerikanischen Ganoidengattung Lepidosteus gefunden. Einige gute Stücke davon werden in dem Senkenbergischen Museum in Frankfurt a.M. auf- bewahrt, andere gelangten in andere Museen, Göttingen etc., sowie in Privatsammlungen. — Später fanden sich dann Schuppen des gleichen Fisches in den Corbicula-Mergeln der Schleusenkammer zwischen Frankfurt a.M. und Niederrad und wurden von Herrn Dr. F. Kinkelin?), als Lepidosteus Strausi beschrieben. — Es liegt mir jetzt, durch die Güte des Herrn Hofraths Kehrer hier, ein Kieferfragment des Messeler Lepidosteus vor, welches er- möglicht, den betreffenden Fisch sicher als zur Gattung Lepidosteus gehörig anzusprechen, indem die nahestehende Gattung ClastesCope°), welche sich im Alttertiär des amerikanischen Westens (Bridger- Eocän v. Wyoming und New-Mexik.o) findet, gerade nach den ') Ueber die geologischen Lagerungsverhältnisse der Kohle von Messel vergl. Chelius, Blatt Messel, Erläut. z. geol. Karte des Grossherz. Hessen. pg.25. ?) Bericht. d. Senkenberg. naturf. Ges. Frankfurt a. M. 1884. pg. 244. Tf. III. Fig. 1. 3) The vertebrata of the tertiary formation of the West. pg. 53. Taf. I und II. Rep. U. 8. G. Sr. of the Territories. Vol. III. 1384, 8 A. Andreae: Merkmalen des Unterkiefers sich leicht von Lepidosteus unter- scheiden lässt, was nach den Schuppen allein nicht möglich ist. Beistehend gebe ich statt umständlicher Beschreibung den schematischen Querschnitt des Unterkiefers von Lepidosteus und von Clastes, angefertigt nach einem recenten Exemplar von Le- pidosteus, sowie nach den Be- schreibungen und Abbildungen der Schematischer Mandibula-Querschnitt, Gattung Clastes von Cope. I von Lepidosteus, II von Clastes. — Das betreffende Kieferstück von Messel ist 7, cm lang und gehörte dem vorderen Theil der Schnauze an; auf der Unter- seite sieht man, etwas übereinandergeschoben, die beiden Man- dibula-Aeste, deren Breite je 10 mm und deren Höhe 8 mm. beträgt. Auf der linken Seite sind Reste, der deutlich aus hintereinanderliegenden Stücken zusammengesetzten Maxilla, oben fest gegen die betreffende Mandibula angepresst. Die Zähne, namentlich die Fangzähne, sind gross und kräftig gebaut (bis 7 mm lang), an der Basis stark gefaltet und zeigen genau den gleichen Bau wie bei dem lebenden Lepidosteus. Die Knochen beider Kiefer sind ungemein kräftig grubig-strahlig sculpturirt. — Lepidosteus StrausiKink. wurde, nach den bisher bekannten Resten zu urtheilen, etwa doppelt so gross als der gewöhnliche recente Lep. osseus (Gar-Pike), welcher die Gewässer des gemässigten Nord- Amerika sowie Centralamerikas bevölkert, und hatte eine etwas plumpere und stärker seulpturirte Schnauze als dieser. Die anderen lebenden Arten, Lepid. ferox( viridis), der grosse Alligator Gar des Mississippi und L. platystomus, waren allerdings plumper und breitschnauziger als unsere Messeler Art. L. ferox ähnelte wohl den noch 2 bis 3 mal grösseren Clastes')-Arten des amerikanischen Eocän unter den lebenden Formen 1) Cope l. c. pg- 53 unterscheidet mehrere Clastes-Arten aus dem Bridger Eocän Cl. anax Cp., der 2 bis 3 mal so gross wurde als der lebende Alligator Gar, Clastes atrox Leid. sp., Cl. cyceliferus Cp. und aus den Manti Shales in Central-Utah den kleinen Clast, cuneatus Cp. mit lauter glatten Schuppen. 4 Ueber die Ganoiden (Lepidosteus und Amia) des Mainzer Beckens. 9 ‘am meisten. Andere fossile Reste von Knochenhechten!) sind recht selten, so fanden sich wahrscheinlich hierher gehörige Schuppen im mitteleocänen Grobkalk von Paris?), und vielleicht gehören auch die von Graf Münster°) aus dem Oligocän von-Osterweddingen als Naisia apicalis beschriebenen Zähne nach Ansicht von Dames) und Hilgendorf zu Lepidosteus. Das europäische Neogen hat bisher ausser L. Strausi meines Wissens keine Reste von Lepidosteus geliefert. | Amia Kehreri nov. sp. Als ich vor einiger Zeit die Gruben von Messel gelegentlich besuchte, sammelte ich mehrere Fischschuppen, die mir schon an Ort und Stelle wegen ihrer Aehnlichkeit mit Amia- Schuppen sofort auffielen. Ein genauerer Vergleich zu Hause, eben- so wie die mikroskopische Untersuchung, welche in den betreffenden Schuppen die sehr characteristisch gestalteten Knochenkörperchen, neben allen übrigen Details, der Amia-Schuppe erkennen liessen, be- | stätigten die gehegte Vermuthung. Beistehend ist ein solches Knochenkörperchen der Amia- Schuppe, statt aller Beschreibung, stark ver- grössert, abgebildet. — Bei weiterem Sichten und Studiren des Materials fanden sich, nament- lich in der Kehrer’schen Sammlung, noch zahlreiche verschiedene Skeletttheile von Amia, und ich verfehle nicht, dem betreffenden Herrn für die freundliche Ueberlassung dieser Stücke meinen verbindlichsten Dank hier abzustatten. ; ki i R Knochenkörperchen der Es liegen mir vom Schädel vor: Theile ver- Amia-Schuppe. 1) ef. Zittel, Handbuch d. Pal. III. pg. 222. Lepid. suessoniensis Lemoine, Bull. soc. g@ol. de Fr. 1878—79. pg. 558. aus dem Untereocän von Dormans bei Reims wurde auf einen Kiefer von Champsosaurus hin auf- gestellt cf. Dollo, I. Note sur les Simoedosauriens d’Erquelines Bull. M. Roy. d’hist. nat. Belg. III. 1884. pg. 152. 2) Agassiz, Poissons fossiles. Bd. II. pg. 268. Taf.29 c. Fig. 8—11. Einige isölirte Schuppen, die wohl zu Lepidosteus od. Clastes gehören, werden als Lepidotus Maximiliani erwähnt. ®) Beiträge z. Petrefactenk. VII. pg. 34. Taf. 2. Fig. 23. *) Zeitsch. d. d. geol. Ges. 1883. pg- 669. 10 A. Ändreae: schiedener, z. Th. schön sculpturirter Knochen, namentlich Abdrücke der Opercula, der ? Postorbitalien, das Basioceipitale, Fragmente des Parasphenoid, sowie Kieferreste. Diese lassen erkennen, dass wir es mit der Gattung Amia selbst und nicht mit der Gattung Pappichthys Cope') aus dem Alttertiär von Nord- Amerika und auch ? Europa zu thun haben. Pappichthys, der von Amia einerseits durch kleine Differenzen in der Form der Wirbel abweicht (diese sollen flacher und breiter sein als bei Amia) unter- scheidet sich ferner dadurch, dass er nur eine einfache Zahnreihe auf den Kieferknochen trägt, während bei Amia neben den grossen Zähnen, die auf dem Kieferrande stehen, noch weiter einwärts gelegene, “durch einen Zwischenraum getrennte Reihen kleinerer Zähnchen vor- handen sind. Einige Kieferfragmente von Messel lassen Spuren mehrerer Zahnreihen erkennen. Diverse isolirte Wirbel, die mit den Schädelresten, sowie Ami a-Schuppen zusammen auf der gleichen Platte lagen, sind auch sehr characteristisch, es sind tief biconcave, in der Mitte deutlich durchbohrte Wirbelkörper von auffallend breiter und flacher Gestalt, z. Th. mit kräftigen Parapophysen versehen. Am deut- lichsten geben sich jedoch diese Wirbel als Amia-Wirbel zu erkennen durch die 8 förmig gestalteten Ansätze der Neurapophysen auf ihrer Oberseite, welche zeigen, dass je 2 Wirbelkörper einen oberen Bogen trugen, resp. dass diese zwischen den Wirbeln standen und mit ihrem vorderen Theil dem vorn, mit dem hinteren Theil dem hinten gelegenen Wirbelkörper aufsassen. Ausserdem fanden sich mehrere, mangelhaft erhaltene Abdrücke von Rumpffragmenten und 3 Abdrücke der Schwanz- region, welche die Aufwärtsbiegung der Wirbelsäule und die versteckt heterocerke Beschaffenheit des Schwanzes erkennen lassen. Das beste dieser Stücke verdanke ich der Güte des Herrn Ankelein in Frank- furt a. M.; es gehört einem kleinen, resp. jugendlichen Exemplar an und zeigt 18—? 19 Flossenstrahlen im Schwanz, welche genau den- selben Bau erkennen lassen wie bei der lebenden Amia calva (bei einem recenten, aus der Sammlung des hiesigen zoologischen Institutes !) Cope, The verteb. tert. form. of the West. pg.56. Taf. III und IV. Rp. U. S. G. Sv. Territories. Vol. III. 1884. Ueber die Ganoiden (Lepidosteus und Amia) des Mainzer Beckens. 11 entliehenen Exemplar zählte ich nur 17 Flossenstrahlen). Der Ab- - stand der Rückenflosse und ebenso der Afterflosse von der Schwanz- flosse bei unserer Amia von Messel ist etwas kleiner als bei ent- sprechend grossen Individuen der Amia calva. Im Uebrigen herrscht die grösste Uebereinstimmung. Die lebende Amia calva aus den südlichen Vereinigten Staaten von Nord-Amerika scheint mir überhaupt von allen bekannten Amia- Arten unserer neuen Amia am nächsten zu stehen. Ausser den oben genannten geringfügigen Unterschieden im Schwanz und Flossenabstand weichen einige Kopfknochen in ihrer Gestalt ein wenig ab, ferner sind die Schuppen bei Amia Kehreri etwas dicker und haben eine mehr breit viereckige Gestalt, auch scheint es, dass der freie Schuppen- theil kürzer war!). — Man kennt von fossilen Amien: Aus dem Eocän von Nord-Amerika mehrere Arten von Papp- ichthys°); P. sclerops Cope, P. laevis Cope, P. plicatus Cope, sie stammen meist aus dem Bridger Eocän von Wyoming, P. Corsoni Cope stammt vom Upper Green River und ist wohl etwas älter. Einige der erstgenannten Formen wurden beträcht- lich grösser als die lebende Amia. Die von Leidy°) schon früher als Protamia und Hypamia auf ungenügende Reste hin auf- gestellten Gattungen meist vom Dry Creek Canon aus den gleichen Schichten sind wohl mit der Cop’schen Gattung identisch. — Im Eocän von Europa soll nach Angabe von Cope und Lemoine (Rech. s. 1. oiseaux foss. tert. inf. des envir. de Reims 1878. pg. 65) die Gattung Pappichthys ebenfalls vorkommen und zwar in älteren Schichten als in Amerika, in der bekannten untereocänen Fauna von Reims. !) Alle die oben erwähnten A mia-Reste, ebenso wie gute Stücke des Lepidosteus hoffe ich in der nächsten Zeit ausführlicher zu beschreiben und abzubilden in einer Monographie der Fische des Mainzer Beckens, die ich seit Jahren vorbereite. 2) Copel.c. pg. 56. 3) Leidy, Ext. Vert. Fauna of the W. Territories. Rp. U. 8. G. Sv. of the Territ. 1873. pg. 185. Taf. XXXII. 12 A. Andreae: Im Oligocän findet sich, wie es scheint, die Gattung Amia selbst. In Europa in dem unteroligocänen Gyps vom Montmartre bei Paris. Die hier vorkommende Art Amia laticaudata Ag. sp.!) war eine kleine gedrungene Form mit dickem Kopf und breitem Schwanz, sie wurde etwa halb so gross wie Amia calva; nach der von -Agassiz gegebenen oberen Figur auf Tf. 46. Bd. V. scheint es eine ächte Amia und kein Pappichthys zu sein. — In Amerika fällt das Auftreten ächter Amien, wie es scheint, auch in das Oligo- cän, wo Cope?°) 2 Arten, A. scutata und A. dietyocephala aus den Amyzon-shales von Florissant im South Park von Colo- rado erwähnt. Von beiden Arten ist jedoch weder Kopf noch Schwanz bekannt, weshalb ihre Stellung bei Amia oder Pappichthys noch nicht ganz sicher ist. Ihre Grösse entsprach ziemlich derjenigen der lebenden Amia. — Die wohl zum Oberoligocän gehörigen Polierschiefer von Kutschlin in Böhmen haben auch eine Amia geliefert, von welcher H. von Meyer?) Reste von 8 Individuen vorlagen, diese Amia macrocephala Rss. sp. gehört einer recht kleinen, dickköpfigen Art an, die etwa nur '/, der Grösse der recenten Amia erreichte; die Zahl der Strahlen in der Schwanzflosse war eine sehr grosse. Aus dem Untermiocän ist ausser unserer Amia Kehreri noch eine Form A. Valenciennesi Ag. sp.*) aus den Ligniten von Menat (Puy de Döme) und von Armissan (Aude) bekannt, diese erreichte etwa die Grösse der lebenden Art und unterschied sich von dieser ebenso wie von unserer neuen Art durch die breite hinten gerundete Form der Schwanzflosse, welche 20 Strahlen enthielt. — Im !) In Agassiz, Poissons foss. Bd. V. II. Th. pg. 127. Tf. 46 ist diese Art als Notaeus laticaudatus beschrieben. Vergl. auch Zittel, Handb. d. Pal. pg. 235, wo sie als Amia longicaudata eitirt ist. Ferner Heckel, Bemerkungen über die Chondrostei und die Gattungen Amia, Cyelurus und Notaeus. Sitzbr. d. W. Ak. 1881. pg. 219. 2) Cope Il. ce. pg. 745. Tf. LX. Fig. 1 und Tf. LIX. Fig. 1. 3) H. v. Meyer, Palaeuntographica. Bd. II. 1852. pg. 61. T£. VIII. Fig. 5, 6. Tf. IX. Fig. 1, 2, 3 als Cyelurus macrocephalus Rss. #) Agassiz, Poissons foss. Bd. V. Th. II. pg. 44. Tf.53. Fig. 2, 3, als Cyelurus Valenciennesi. «Ueber die Ganoiden (Lepidosteus und Amia) des Mainzer Beckens. 13 Obermiocän von Oeningen fand sich dann noch eine kleine Amia, welche Agassiz A. minor') nannte, sie ist nicht grösser als A. macrocephala, hatte wenig Flossenstrahlen im Schwanz und ist ausgezeichnet durch einen verhältnissmässig weiten Zwischenraum zwischen der Rücken- und Schwanzflosse; der Kopf und vordere Theil des Rumpfes sind unbekannt. — Der nordamerikanische Habitus der Messeler Fauna spricht sich nicht nur deutlich in dem ziemlich reichlichen Zusammenvorkommen der beiden recent auf Nord- und Central-Amerika beschränkten Ganoiden- formen Lepidosteus und Amia aus, sondern findet auch seinen Ausdruck in den massenhaft bei Messel gefundenen Alligator-Resten?), dem Diplocynodon Darwini Ludw. sp. und Dipl. Ebertsi Ldwg. sp., welch letzteres wohl mit dem Dp. gracilis Vail. von St. Gerand-le-Puy (Alliers) nach Lydekker ident ist. Die von Messel öfters erwähnten Schildkröten-Reste sind noch nicht‘ näher untersucht worden, was ich davon gesehen habe, scheint mir zur Gattung Testudo zu gehören. — Die eigenartige bituminöse Schieferkohle von Messel ist wohl am besten als ein rein limnischer Absatz aus einem Altwasser-See zu betrachten, der in Verbindung mit einem grösseren Flusse stand; die Verbindung muss eine ziemlich flache Barre gewesen sein, welche kein gröberes Material passiren liess, ganz in der Weise, wie es Ochsenius (Bildung von Kohlen- flötzen Z. d. d. g. G. 1892. pg. 84) uns neuerdings geschildert hat, der gerade seine Beispiele auch z. Th. aus dem faunistisch so nahe verwandten Stromgebiete des Mississippi entnahm. Die Thiere, deren Reste wir finden, Alligatoren, Ganoiden und namentlich die als Schlamm- fische bekannten Amien, lebten und starben an Ort und Stelle, so dass sich häufig die Theile eines Individuums beisammen finden; diese liegen jedoch nicht ruhig und ungestört‘ neben einander, sondern sind oft !) Aggassiz, Poiss. foss. Bd. V. Th. II. pg. 45. Tf.53. Fig.1 als Oyclu- rus minor. ?) Vergl. Ludwig, Palaeontogr. Suppl. III. 1877, hier als Alligator Darwini und als Crocodilus Ebertsi beschrieben. — Lydekker, Cat. foss. Rep. Brit. Mus, I. 1888. pg. 46 und 50. 14 A. Andreae: gewaltsam in und durch einander geschoben, auch oft durch Pyrit zu einer Breccie verkittet (cf. Chelius 1. c. Blatt Messel). Die Messeler Kohle bildet jetzt eine wie es scheint von Verwerfungen rings um- schlossene kleine eingesunkene Scholle, welche in die nördliche Ver- längerung des grossen rechtsseitigen Rheinthalspaltensystemes fällt. Es mag sein, dass diese späteren tectonischen Vorgänge die gewaltsame Zusammenpressung und somit den traurigen Erhaltungszustand der fossilen Reste bewirkten. — Aus dem, was wir bisher über ‘das Vorkommen der tertiären Ga- noiden von nordamerikanischem Gepräge wissen, lassen sich folgende allgemeine Schlüsse ziehen. Beide Gruppen, sowohl die Gingly- moiden (Lepidosteus) wie die Halecomorphen (Amia) stammen wohl von marinen Vorfahren ab, erstere wohl von irgendwelchen meso- zoischen Saurodonten, letztere von Megalurus-artigen Formen des oberen Jura oder Amiopsis-artigen Formen der unteren Kreide. — Während die Amien im Tertiär schon reine Süsswasserfische waren, wofür ihr ausschliessliches Vorkommen in Süsswasserablagerungen spricht, kommen Lepidosteus-Reste noch gelegentlich in marinen Ablagerungen vor (Pariser Grobkalk, Osterweddingen und Wester- egeln), es sind dies allerdings gerade hier sehr dürftige Reste wie einzelne Schuppen und Zähne, die eine ganz sichere Be- stimmung nicht zulassen oder auch eingeschwemmt sein können. — Den Höhepunkt ihrer Entwicklung haben beide überschritten, er iag wahrscheinlich schon im Eocän, wo sich die grössten und stattlichsten Formen Clastes und Pappichthys finden. Die im Tertiär weite Verbreitung über das nearctische und palaearctische Gebiet hat sich in der Jetztzeit sehr beschränkt. Die Zahl der lebenden Arten ist eine geringe: 3 bei Lepidosteus, 1 bei Amia. — Die ältesten Formen sind bisher aus Europa bekannt (Unt. Eocän von Reims), doch zeigt sich auch bald eine reiche Entwicklung im höheren Eocän des Ameri- kanischen Westens. Die oligocänen Formen erreichen sowohl in Europa wie in Amerika nicht mehr die bedeutenden Dimensionen der Ueber die Ganoiden (Lepidosteus und Amia) des Mainzer Beckens. 15 eocänen Arten. Im Miocän scheinen schon keine generischen Unter- schiede von den recenten Formen mehr vorhanden zu sein. Lepi- dosteus lebte noch mindestens bis zum Untermiocän (Messel) und Amia bis zum Obermiocän (Oeningen) in Europa. Die ganze Ten- denz der Entwicklung führt bei beiden Gruppen dahin, dass die Formen seit dem Eocän etwas kleiner geworden sind, aber dafür eine etwas complicirtere und reichlichere Bezahnung erwarben, bei Amia sind auch im Laufe der Zeit die Schuppen dünner geworden. — 16 A. Andreae und A. Osann: Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. Von A. Andreae und A. Osann. Mit einer Tafel in Lichtdruck. Gesammtsitzung vom 1. Juli 1892. Bei unserem Aufenthalte in New-York im Herbst 1891 be- suchten wir auf mehreren Excursionen, z. Th. unter gütiger Führung des Herrn F. Braun, die schönen Aufschlüsse in New-Jersey, welche in Weehawken, an der West-Shore-Railroad und in Hoboken die Beziehungen zwischen den gewaltigen intrusiven Diabas- massen der Hudsonriver-Pallisaden und ihren Liegendschichten, einem Theil der Newark Shales, erkennen- lassen. — Gleich bei unserem ersten Besuche fielen uns die ausgezeichneten Contact- erscheinungen auf, welche diese Schichten im Liegenden der Diabase zeigen, doch waren wir erstaunt, schon bei makroskopischer Betrachtung dieser Contactgesteine wahrzunehmen, dass dieselben ihrem ganzen Habitus nach sehr an Hornfelse erinnerten. Einzelne Varietäten, so namentlich die Hornfelse von Hoboken, liessen mit der Lupe einen ausserordentlichen Reichthum an Biotitschüppchen und grosse 2 bis 3 mm messende Turmalin-Krystalle erkennen. Es schienen also hier Contactgesteine vorzuliegen, wie man sie in der Umgebung von Tiefen- gesteinsmassen (Graniten, Dioriten und Gabbro’s) antrifft, während wir vergeblich nach den üblichen Gesteinen der Diabascontacte, wie Spilositen (Fleckschiefern), Desmositen (Bandschiefern) oder Adinolen suchten, dementsprechend sah man auch nichts von den an Diabasen sonst häufigen endomorphen Contacterscheinungen, wie Variolitbildung, sondern nur ein sehr deutlich zu verfolgendes Feinerwerden des Kornes im Diabas gegen die Contactfläche hin. — Als wir die zahlreichen Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 17 gesammelten Proben zu Hause näher mikroskopisch untersuchten, bestätigte sich unsere anfangs gehegte Auffassung, doch waren wir erstaunt, in der ziemlich umfangreichen Literatur, soweit uns dieselbe zugänglich war, nichts Ausführlicheres über diese interessanten Contact- gesteine zu finden!) und mag desshalb eine kurze Mittheilung über dieselben hier gerechtfertigt erscheinen, schon um das Interesse der Geologen von Neuem diesen schönen Aufschlüssen zuzuwenden. — Einige wenige Worte mögen zur allgemeinen, geologischen Orien- tirung über das Auftreten der Diabase hier vorausgeschickt werden. Eingehendes darüber findet man in dem zusammenfassenden Werke von N. H. Darton „The relations of the traps of the Newark System in the New-Jersey region“ Bull. N°. 67. U. 8. @. 8. 1890. — Die wahrscheinlich zum grösseren Theile der oberen Trias angehörigen Schichten des Newark-System bedecken im Staate New-Jersey einen breiten etwa von NW nach SO verlaufenden Streifen Landes, zeigen im Allgemeinen ein schwaches (3—15° be- tragendes) westliches Einfallen und erreichen eine Mächtigkeit von mehreren 1000 Fuss. Sie bestehen aus Sedimenten der flachen See oder des Ufers, wie rothen Sandsteinen, Conglomeraten, Arkosen und dunklen Schiefern; letztere haben namentlich in den höheren Lagen des Systemes bei Boonton N. J. zahlreiche Fische geliefert °). Aber auch in den unmittelbar unter dem Pallisadendiabas gelegenen schwarzen Schiefern bei Weehawken, die einen mehrere 1000 Fuss tieferen Horizont einnehmen als die Fischschiefer von Boonton, gelang es dem rastlosen Eifer von F. Braun, Fischabdrücke zu finden, die Newberry (l. c. pg. 43) als Ischypterus Brauni beschrieben hat, und die zu einer Ganoidenform gehören, welche mit unserem 1) N. H. Darton in der nachstehend eitirten zusammenfassenden Arbeit sagt Folgendes über den Contact der Diabase (traps): „At its contacts with inelosing strata the palisade trap becomes fine grained, very dense, and bedded in structure, and the sedimentary rocks are darkened and hardened often to a considerable distance‘. ?) ef. J. S. Newberry ‚Fossil fishes and fossil plants of the triassie rocks of New Jersey and the Connecticut Valley“, U. 8. G. S. Monograph. Vol. XIV. 1888. Verhandl, d, Heidelb Naturhist.-Med, Vereins. N. Serie, V. 2 18 A. Andreae und A. Osann: europäischen Seminotus aus dem oberen Keuper verwandt ist!) — Diesem gewaltigen Sedimentcomplex der Newark Shales sind Erup- tivgesteine und zwar Diabase eingelagert. Dieselben treten etwa dem Streichen der Schichten folgend meist als mauerartige Steilabstürze oft von 3—400 Fuss Höhe zu Tage und sind zwischen die Schicht- flächen eingeschaltet. — Man unterscheidet die in höherem Niveau gelegenen, namentlich im Westen in den Watchung-Mountains verbreiteten sog. „Watchung traps“, welche ihrem ganzen Auf- treten nach effusive Ergüsse darstellen, was schon W. M. Davis überzeugend nachgewiesen hat. Ferner die im Osten auftretenden, den tieferen Schichten des Newark-System angehörigen . sog. „Palisade traps“, welche die berühmten Pallisaden am rechten Ufer des Hudson River bilden, diese stellen, wie das schon. früh- zeitig erkannt worden war, intrusive Lagergänge dar. Es scheint jedoch, dass diese Lagergänge schon in geringer Entfernung von ihrem Ausgehenden sich abwärts biegen und in wahre grosse Gänge übergehen (ef. Darton ]. ce. pg. 37 Fig. 13 und 14°). — Der normale Diabas, welcher in Steinbrüchen an der West Shore R. R. in Weehawken gebrochen wird, ist ein graues, mittelkörniges Gestein, das sich wesentlich aus Plagioklas, einem Diallag ähnlichen 1) Ueber dieses Fischvorkommen vergleiche auch P. L. Gratcap „Fish remains and tracks in the triassic rocks at Weehawken N. J.‘“ Am. Nat. vol. 20. 1886, pg. 243 —246, pl. 12, 13. *) Darton characterisirt in seinem genannten Werke (pg. 71) die geo- logischen Verhältnisse der effusiven Watchung-Diabase und der intrusiven Pallisaden-Diabase kurz folgendermassen: The extrusive sheets are characterized by their perfect eonformity to the underlying strata, the deep vesicularity and alteration, or slag-like aspeet of their upper surfaces, the unaltered and undisturbed condition of the inclo- sing strata, the presence of trap breccias at the contaets, the altered and frequently vesieular condition of the rock at their bases, the evidence of successive flows, their relation to anterior tuff deposits, and their distinctive columnar structure and petrography. — The intrusive sheets are characterised by irregular lower eontacts in which the trap cuts across the ragged edges of the strata for greater or less distances, the intense alteration in the inclo. sing strata, the inereased density and fineness of grain and the bedded structure in the trap near the contacts, and the absence of vesicularity and. breceias. Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 19 monoklinen Pyroxen und Hypersthen zusammensetzt, während ein dunkel- rothbrauner Glimmer, Quarz und opake Erze nur sehr untergeordnet auftreten. Der in den Diabasen des Connecticutthales und der Um- gebung von New-Haven verbreitete als Salit bezeichnete Pyroxen, der durch seine Farblosigkeit im Schliffe, hohe Licht- und Doppelbrechung, sehr kleinen optischen Axenwinkel und seine leichte Umwandlungs- fähigkeit ausgezeichnet ist, fehlt in den gesammelten Handstücken ganz. Ophitische Structur tritt makroskopisch nur sehr wenig bervor, ist da- gegen mikroskopisch in typischer Weise entwickelt; zuweilen macht sie einer porphyrischen Platz, es werden dann die Zwischenräume zwischen den Plagioklasen von einem mikropegmatitischen Quarzfeldspath-Aggregat ausgefüllt, während der Pyroxen dann nicht selten idiomorphe Be- grenzung zeigt. Der Plagioklas besitzt die nach a verlängerte für diese Gesteins- gruppe gewöhnliche Leistenform. Sein spec. Gew. bestimmt ihn als Labrador. Von dem. den gewöhnlichen Pleochroismus zeigenden Hyper- sthen unterscheidet sich der monokline Augit unschwer durch seine graue Farbe und fast vollständigen Mangel an Pleochroismus; seine zuweilen recht gut entwickelte Spaltbarkeit nach © P stellt ihn dem Diallag nahe. Ausserordentlich verbreitet bei diesem Pyroxen ist eine feine Streifung parallel OP, die, wie man zuweilen beobachten kann, auf einer feinen Zwillingslamellirung nach dieser Fläche beruht. Augit und Hypersthen treten in nahezu gleichen Mengen auf; im Allgemeinen erweist sich der letztere als der ältere von beiden, doch beweisen ihre eigenthümlichen Verwachsungen, dass ihre Bildungsperioden theilweise über einander greifen. Der monokline Pyroxen ist dann dem Hyper- sthen in feinen Lamellen eingewachsen; am häufigsten liegen dieselben mit ihrer Längsrichtung | c des letzteren, seltener kreuzen sich ver- schiedene solcher Lamellensysteme. Wie die Pyroxene, erweist sich auch der spärliche Biotit jünger als die Feldspathe, seine Umrisse werden durch die ihn umgebenden Leisten dieses Minerales bestimmt. Quarz tritt nur in vereinzelten Körnern und den oben erwähnten mikropegmatitischen Verwachsungen mit Feldspath auf; letztere beweisen seine primäre Natur als Gesteinsgemengtheil. 9%# 2 90 A. Andreae und A. Osann: Seiner mineralogischen Zusammensetzung und Structur nach ist demnach der beschriebene Diabas ein typischer Vertreter der quarz- führenden Hyperstheudiabase und schliesst sich eng an die von Camp- bell und Brown!) beschriebenen ebenfalls triadischen Hypersthen- diabase Virginiens an, während die gleichalterigen Diabase des Connec- ticutthales sich von beiden durch das reichliche Auftreten des Salit und das Zurücktreten des rhombischen Pyroxenes unterscheiden. Nach dem liegenden Contact zu nimmt das Korn dieses Diabases stark ab, und 1—2 cm von demselben ist das Gestein vollständig dicht von splitterigem Bruch und lässt nur vereinzelte Pyroxeneinspreng- linge erkennen. Mikroskopisch hat sich neben einer sehr starken Verfeinerung des Kornes eine Aenderung in der Structur und der mineralogischen Zusammensetzung vollzogen. Die Structur ist voll- ständig porphyrisch geworden: Einzelne grössere Pyroxen- und Feld- spatheinsprenglinge heben sich scharf aus der sehr dichten, aber holo- krystallinen Grundmasse hervor, die ebenfalls im Wesentlichen aus diesen beiden Mineralien besteht. In mineralogischer Beziehung ist eine bedeutende Anreicherung von Biotit, sowie das Verschwinden des rhombischen Pyroxens zu beobachten; an die Stelle des Metasilikates (MgFe)SiO, ist das Orthosilikat (MgFe),SiO, der Olivin getreten, der zwar stets serpentinisirt ist, aber an seiner typischen Krystallform leicht erkannt wird. Die von uns gesammelten unveränderten Schiefer, sowie eine Schiefer- platte, welche einen gut erhaltenen Ischypterus Brauni enthält und die wir Herrn Fr. Braun verdanken, sind sehr feinkörnig und fast schwarz; sie erhalten ihre Färbung durch ein fein vertheiltes, kohliges Pigment, das durch Glühen entfernt werden kann, wobei das Gestein eine schmutzigbraune Farbe annimmt. Vor dem Löthrohr schmilzt der Schiefer leicht zu einem grüngrauen. Glase, Unter dem Mikroskop erkennt man farblose eckig begrenzte Scherben, die bei den zur Beobachtung nöthigen sehr dünnen Schliffen nur sehr schwache Doppelbrechung zeigen, und deren Natur als Feld- !) Bull. Geol. Soc. Amer. Vol. II. pg. 339, Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 91 _ spath oder Quarz sich bei ihren sehr geringen Dimensionen nicht mit Sicherheit bestimmen lässt. Bei Weitem reichlicher als diese sind grüne und grüngelbe, faserige und blätterige Aggregate, welche zum Theil als Glieder der Glimmerfamilie, zum Theil als Chlorit angesprochen werden müssen, erstere sind stark doppelbrechend und werden von verdünnten Säuren kaum angegriffen, während letztere bei schwacher Doppel- brechung leicht mit verdünntem HCl gelatiniren. Die in Schiefern besonders älterer Formationen so verbreiteten Turmaliukryställchen und Thonschiefernädelchen fehlen ganz. Die durch Contact veränderten Gesteine lassen sich in folgende Gruppen theilen: 1. Normale Hornfelse; von durch Contact an Tiefen- gesteinen entstandenen Hornfelsen nicht zu unterscheiden. 2. Hornfelse mit reichlichem Turmalin. 3. Contactgesteine, welche aus Arkosen entstanden sind und sich durch die Bildung einer 'faserigen, grünen Horn- blende auszeichnen. 4. Kalksilikathornfelse. Nr. LT und 2. Da sich die beiden ersteren Gruppen nur durch die Anwesenheit oder das Fehlen des Turmalin unterscheiden, mögen sie hier zusammen beschrieben werden. Es sind dunkelgraue Gesteine, welche alle durch ihren reichlichen Biotitgehalt einen Stich in’s Braune zeigen. Grösstentheils sind sie sehr dicht und von splitterigem Bruch, selten von so grobem Korn, dass man die einzelnen Biotitblättehen mit der Lupe erkennen kann. Die ursprüngliche Schichtung ist zum Theil vollständig verloren gegangen, zum Theil ist sie noch durch einen Wechsel hellerer glimmerarmer und dunkler glimmerreicher Lagen zu erkennen. Der Turmalin tritt stets einsprenglingsartig in bis 3 mm langen und 1 mm breiten gut begrenzten schwarzen Prismen auf; mikroskopisch kleine Krystalle fehlen ganz. Sein Auftreten im Gestein ist voll- ständig regellos. er liegt eben so oft mit seiner Längsrichtung in der Schichtfläche als quer zu derselben. Jeder dieser Turmaline ist in sehr zierlicher Weise von einem hellen Hofe von etwa '/, mm Breite 32 A. Andreae und A. Osann: umgeben, der, wie das Mikroskop zeigt, durch das Fehlen des Biotites entsteht. Fig. 1 zeigt diese Höfe, sie erklären sich durch den Verbrauch von Eisen und Magnesia zur Turmalinbildung. Die nach dem makroskopischen Aussehen zu schliessen sehr scharf begrenzten Krystalle zeigen im Schliff durchweg zerrissene und lappige Contouren, wie dies bei neugebildeten Mineralien in Contactgesteinen z. B. dem Andalusit so häufig der Fall ist. Der Turmalin wird mit grauer bis rostbrauner Farbe durchsichtig; in der Regel tritt durch die verschiedene Färbung ein ausgesprochen zonarer Bau hervor, die centralen Partieen pflegen grau, die peri- pherischen braun zu sein, oft wechseln verschieden gefärbte Zonen schalen- artig ab. Manche Krystalle zeigen hemimorphe Ausbildung, der eine Pol der C-Axe ist durch die Basis, der andere durch ein Rhomboeder begrenzt. Biotit ist mit Ausnahme der hellen Höfe um den Turmalin und helleren glimmerarmen Gesteinslagen sehr reichlich vorhanden und fast ausnahmslos mit seiner Tafelfläche der Schichtfläche parallel an- geordnet. Selten zeigt er regelmässige Umrandung, gewöhnlich rund- liche oder gelappte Formen. Die Hauptmasse des Hornfelses, in der Biotit und Turmalin ein- gebettet sind, bildet Feldspath zum Theil mit Zwillingsstreifung, zum Theil einheitlich orientirt; leider liess sich des feinen Kornes wegen keine nähere Bestimmung dieses Feldspathes ausführen. Qnarz fehlt in den typischen Turmalinhornfelsen merkwürdigerweise ganz, eine Thatsache, welche auf ein ursprünglich sehr kieselsäurearmes, thonerdereiches Sedi- ment schliessen lässt. Von solchen, schon für die Lupe deutlich krystallinen Hornfelsen finden sich Uebergänge zu ausserordentlich dichten Gesteinen, welche selbst bei starken Vergrösserungen eine sichere Bestimmung der ein- zelnen Gemengtheile mit Ausnahme des Biotites nicht erlauben. Der Turmalin wird weit seltener oder fehlt ganz. Andere Hornfelse lassen mikroskopisch erkennen, dass das ursprüngliche Sediment einen brec- cienartigen Charakter besessen hat; scharfkantige Fragmente von Quarz und Feldspath werden von einer, in der oben beschriebenen Weise um- gewandelten Grundmasse verkittet. Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 23 Die Contactgesteine, welche mit grosser Wahrscheinlichkeit ur- sprünglichen Arkosen ihre Entstehung verdanken, sind durchweg von gröberem Korn und zeigen makroskopisch Aehnlichkeit mit manchen durch Contact an Basalten veränderten Sandsteinen, sogenannten Buchiten. Es sind feste, weisse Gesteine, in denen putzenweise ein schwarzes Mineral angehäuft ist, das sich unter dem Mikroskop als eine grüne faserige Hornblende zu erkennen gibt. Feldspath, der zu nicht unbeträchtlichem Theil triklin ist, sowie Quarz bilden die Haupt- masse des Gesteines; beide bilden ein regellos körniges Aggregat und greifen mit zackigen Rändern in einander, ein Beweis dafür, dass das ursprünglich klastische Material umkrystallisirt ist. Zirkon findet sich vereinzelt in Körnern. Die Kalksilikathornfelse sind hellgraue bis grüngraue, sehr dichte, harte Gesteine, die unter dem Mikroskop das bekannte Bild eines regel- losen'Aggregates sehr kleiner, stark licht- und doppelbrechender Körner geben, deren Natur sich erst bei grösserem Korn bestimmen lässt. Es finden sich dann die für diese Gesteine gewöhnlichen Mineralien: Ein im Schliff farbloser, jedenfalls dem Diopsid nahestehender Pyroxen, grüne Hornblende, farbloser Tremolit in faserigen und radialstrahligen Aggregaten, Granat, Vesuvian, Epidot, während Feldspath in den meisten Fällen stark zurücktritt. Auch diese Kalksilikathornfelse zeigen häufig einen Wechsel heller und dunkler gefärbter Lagen, in ersteren pflegt der Diopsid, in letzteren grüne Hornblende und Biotit zu herrschen. Titanit von rothbrauner Farbe und kräftigem Pleochroismus findet sich vereinzelt in Krystallen und Körnern. Häufig ist noch Caleit in grob- späthigen - Massen vorhanden, wie denn auch alle diese Kalksilikat- hornfelse mit Säure brausen. Diabascontacte anderer Gebiete, welche eine gewisse Ueberein- stimmung mit den oben beschriebenen zeigen und gleichfalls von den gewöhnlichen abweichen, werden in der Literatur nur spärlich erwähnt. Brögger (Die Mineralien der Syenitpegmatitgänge der sädnorwegischen Augit- und Nephelinsyenite. Zeitschr. für Kryst. 16. Bd. pg. 20—23) beschreibt Gesteine von Brandbokampen und Solosberg, nördlich Christiania, welche ihrer mineralogischen Zusammensetzung nach mit 94 A. Andreae und A. Osann: Proterobasen und Olivindiabasen übereinstimmen und an deren Contact die Silurschichten bis zu einer Entfernung von 60 m hin eine Um- wandlung zu Hornfelsen und Kalksilikathornfelsen erfahren haben, welche von analogen Contactgesteinen an Granit- und Syenitstöcken kaum zu unterscheiden sind. Wie aber Brögger speciell hervorhebt, sind diese Eruptivgesteine echt abyssische, zum Theil Lakkolithe bildende Massen, welche in ihren centralen Partieen eine vollständig eugra- nitische Tiefengesteinsstructur besitzen und daher auch Gabbroprotero- base und Olivingabbrodiabase genannt werden. Cohen beschreibt (Geognostisch-petrographische Skizzen aus Süd- Afrika II. Neues Jahrbuch. V, Beil.-Bd. pg. 251—266) Contact- metamorphosen an Olivindiabasen, welche Lager in der Karooformation an dem Berg Vollkranz im Oranje-Freistaat bilden. Am Contact finden sich hier dichte, schwarze, Iyditähnliche Hornfelse, in welchen eine reich- liche Biotitneubildung stattgefunden hat, ohne dass indess die Umwandlung der ursprünglichen Sedimente eine so weitgehende als bei normalen Tiefen- contacten und wohl auch bei den oben beschriebenen Metamorphosen von Jersey City ist. Soweit Cohen’s Beobachtungen reichen, sind es in Südafrika stets sandige Schiefer, welche eine Umwandlung erlitten haben, dagegen bleiben mergelige und thonreiche unverändert im Gegensatz zu den oben beschriebenen Turmalin führenden Hornfelsen, welche jedenfalls aus sehr quarzarmen und thonreichen Schiefern ent- standen sind. Endlich beschreibt Verbeek aus W. Sumatra (Topographische en geologische Beschrijving van een gedeelte van Sumatras West Kust. Batavia 1883 und Rosenbusch Phys. Il. pe. 344) Kalksilikathorn- felse, welche aus Culmkalk am Contact mit Diabas hervorgegangen sein sollen. — Sehr interessant sind die Verbandverhältnisse der Schiefer- hornfelse mit den Kalksilikathornfelsen, die Figuren 2, 3 und 4 geben nur eine annähernde Vorstellung von der Mannigfaltigkeit der- selben. Die Schieferhornfelse setzen stets die Hauptmasse der be- obachteten Contactgesteine zusammen, die Kalksilikathornfelse bilden in den meisten Fällen schmale Bänkchen, deren Mächtigkeit bis zu Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 95 Papierdünne herabsinken kaun; diese Bänke liegen unter sich und mit der ursprünglichen Schichtung der Schiefer parallel. Häufig lösen sie sich in kleinere linsenförmige Massen auf, welche perlschnurartig in der Schichtfläche sich aneinanderreihen; es finden sich so Ueber- gänge zu Gesteinen, bei welchen der helle Kalksilikathornfels nur rundliche Augen und Knoten im dunklen Schieferhornfels bildet, wodurch makroskopisch ein an Variolithe ausserordentlich erinnerndes Aussehen entsteht. Eine solche Gesteinsvarietät zeigt Fig. 3. — Fig. 2 endlich zeigt einen eigenthümlichen Hornfels, bei welchem die helleren, kalk- reicheren Partieen ader- und bandartig den dunkleren Schieferhornfels in den verschiedensten Richtungen zur ursprünglichen Schichtung durch- ziehen. Bei der sehr ruhigen; nahezu ungestörten Lagerung des ganzen Schichtencomplexes ist nicht an eine secundäre Zertrümmerung der Schiefer und eine spätere Infiltration von Kalk zu denken. Aller Wahr- scheinlichkeit nach hat man in diesen Adern kalkreiche Ausfüllungen zu erblicken. Diese bildeten sich ursprünglich, kurz nach Absatz des schlammartigen Materiales, dem die Schiefer ihre Entstehung verdanken, auf Contractionsrissen; sie wurden dann später zusammen mit dem sie umgebenden Gestein metamorphosirt. Aehnlich entstandene, jedoch unveränderte Pseudo-Breccien mit kalkigem Bindemittel, finden sich auch im oberen Buntsandstein, so z. B. in den Steinbrüchen von Rohrbach bei Heidelberg, nicht selten. Es ist nun von besonderem Interesse, dass bei allen diesen ver- schiedenen Verbandverhältnissen der beiden, jedenfalls chemisch sehr verschieden zusammengesetzten Hornfelsen die Grenzen derselben nicht nur makroskopisch, wie dies ein Blick auf die beigegebenen Figuren zeigt, sondern auch mikroskopisch ‚sehr scharfe sind. Es bestätigt diese Thatsache die Ansicht, dass während des Processes der Metamor- phosirung irgend welche Wanderung des Materiales der ursprünglichen Sedimente nicht stattgefunden hat oder mit anderen Worten, dass sich dieser Process in festem oder nur sehr wenig plastischem Zustand voll- zogen hat. Bei den in vieler Beziehung so grossen Analogieen, welche Gesteinsumwandlungen durch Contact- und Regionalmetamorphose zeigen, ist diese Thatsache auch für letztere von hoher Bedeutung, auf welchen 26 A. Audreae und A. Osann: Umstand kürzlich Rosenbusch in seiner Arbeit über die chemische Natur des Grundgebirges hingewiesen hat'). Fasst man kurz die Hauptresultate dieser Arbeit zu- sammen, so sind dieselben folgende: 1. Der Diabas von Jersey City gehört seiner Structur und mineralogischen Zusammensetzung nach der Gruppe der quarzführenden Hypersthendiabase an. Er bildet nach Angabe der amerikanischen Geologen ein intrusives Lager; der hangende Contact desselben ist meist durch Erosion entfernt, der liegende dagegen durch eine für Diabase eigenartig ausgebildete Contactmetamorphose ausgezeichnet. 2. Der Diabas zeigt an seiner unteren Grenze eine sehr aus- geprägte Verfeinerung des Kornes, womit zugleich eine Aenderung in der Structur und mineralogischen Zusammensetzung verbunden ist. _ Die dem normalen Diabas eigene ophitische Struktur geht in eine typisch porphyrische über, der Hypersthen verschwindet und wird durch Olivin ersetzt. Biotit, welcher im normalen Diabas nur sehr spärlich vorkommt, reichert sich nach dem Contact zu bedeutend an. 3. Die dem Newark-System angehörigen Sedimentgesteine, welche eine Umwandlung durch den Diabas erlitten haben, waren ur- sprünglich Thonschiefer mit bank- oder linsenförmig zwischengelagerten Kalken und Arkosen. Die daraus entstandenen Contactgesteine sind Schiefer- und Silikathornfelse, ganz wie sie in der Umgebung von Tiefengesteinen auftreten und weichen gänzlich von den gewöhnlichen Diabascontacten ab. Die von den amerikanischen Geologen bisher wesentlich aus stratigraphischen Gründen gefolgerte Auffassung des Pallisaden-Diabases als ein intrusives Lager erfährt hierdurch eine weitere Stütze. 4. Die makroskopisch und mikroskopisch scharfen Grenzen der aus verschiedenen Sedimenten entstandenen Hornfelse, ebenso wie die vollständige Erhaltung der ursprünglichen Verbandverhältnisse der betreffenden Sedimentgesteine, wie Wechsel des Materials nach der Schichtung, Kluft und Pseudo-Breccienbildung, bestätigen die Ansicht, !) Tschermak M. P. M. Bd. XII. pg. 52. NE PERIEEEES Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen von New-Jersey. 97 dass die Umwandlung bei der Contactmetamorphose sich hier in festem oder nur wenig plastischem Aggregatzustande vollzogen hat. Tafelerklärung. Fig. I. Ansicht des Turmalin führenden Schieferhornfelses, von der Schicht- fläche gesehen, '/ı n. Gr., von Hoboken, N. J. Fig. II. Adern von Kalksilikathornfels in Schieferhornfels, von der Schicht- fläche gesehen, etwa '/2 n. Gr., von Weehawken, N. J. Fig. II. Putzen von Kalksilikathornfels in Schieferhornfels, von der Schicht- fläche gesehen, etwa ?/s n. Gr., von Weehawken, N. J. Fig. IV. Schichten von Kalksilikathornfels in Schieferhornfels, senkrecht zur Schichtung gesehen, etwa ?/s n. Gr. In der Mitte und rechts eine ursprünglich kalkige, jetzt aus Kalksilikathornfels bestehende Kluftausfüllung. Von Weehawken, N. J. (Die Tafel wurde als Lichtdruck angefertigt bei Werner und Winter in Frankfurt a. M.) 98 0. Bütschli: Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. Von 0. Bütschli. Mit zwei Figuren im Text. Gesammtsitzung vom 5. August 1892. Im Anhang zu meiner kürzlich erschienenen Arbeit über die mikroskopischen Schäume und die Structur des Protoplasmas theilte ich mit, dass der Verlauf meiner Studien naturgemäss zu eingehenderen Beobachtungen über die Gerinnungserscheinungen führte, wobei sich schon mancherlei Interessantes ergeben habe. Ohne hier auf die Frage nach dem Wesen der Gerinnung colloidaler Körper näher ein- zugehen, betone ich nur, dass, wie schon an oben erwähntem Ort an- gegeben wurde, der Bau aller untersuchten geronnenen Körper (Gelatine in Chromsäure [0,3°/,], in Gerbsäure [2°/,] oder in absol. Alkohol; Hühnereiweiss in Pikrinschwefelsäure, Hitze etc.; arabischer Gummi in absol. Alkohol) stets ein schaumiger ist, wesshalb die Gerinnungsproducte ganz vorzüglich geeignet sind, die mikroskopische Schaumstructur, wie ich sie von Oelseifeschäumen ausführlich geschildert habe, zu studiren. Bei günstigen Gerinnungs- verhältnissen ist die Schaumstructur ebenso fein wie jene der feinsten Oelschäume und wie die Structur des Protoplasmas; unter Umständen kann der Bau der Gerinnungsschäume jedoch auch gröber werden. Letztere Vorkommnisse sind besonders geeignet, die Schaumstructur zu Studiren und das Verständniss der sehr feinen, schwieriger zu entziffernden Structuren zu erleichtern. — Diese Gerinnungsschäume zeichnen sich gegenüber den Oelschäumen natürlich dadurch aus, dass ihr Gerüstwerk fest ist. Dagegen ist der Inhalt ihrer Schaumwaben gleichfalls wässerig-flüssig, wie sich durch ver- Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 29 schiedene Erfahrungen beweisen lässt. Zunächst dadurch, dass es bei geeignetem Verfahren gelingt, mittelst Austrocknen solcher Gerinnungs- schäume den Flüssigkeitsinhalt der Waben durch Luft zu ersetzen. Dieser Versuch ist bei den drei oben genannten Körpern unter ge- wissen Bedingungen ausführbar, und beweist sicher, dass der Waben- inhalt eine wässerige, leichtverdunstende Flüssigkeit sein muss. Bei derartigen Versuchen - bleiben jedoch in der Regel Partieen der Ge- rinnungsschäume nach dem Eintrocknen luftfrei und erscheinen daher glasartig durchsichtig, während die lufthaltigen Strecken milchweiss und undurchsichtig werden. Diese Erscheinung kann man nur so deuten, dass sich die Waben bei langsamerer Austrocknung, respective bei bieg- samerer Beschaffenheit des Gerüstwerkes, durch Aufeinanderpressen ihrer Wände schliessen, während sie an den lufthaltigen Stellen resistenter sind und daher ihre Form bewahren, wobei natürlich Luft eindringen muss. Die Richtigkeit dieser Deutung ergibt sich zunächst aus der Erfahrung, dass die eingetrockneten, glashell durchsichtigen Gerinnungs- schäume sofort wieder trübe werden, wenn sie in Wasser (z. B. Ei- weiss) oder Alkohol (Gelatine, Gummi) gebracht werden. Die ge- schlossenen Waben füllen sich dann von Neuem mit Flüssigkeit an, was sofortige Trübung erzeugt. Dies beweist denn auch, dass die Waben in den getrockneten Gerinnungsschäumen sich erhalten, wenn auch in einem durch Zusammenpressen ihrer Wände ganz oder nahezu ganz geschlossenen Zustand. Dass dies der Fall, folgt übrigens auch schon aus der mikroskopischen Betrachtung solch’ eingetrockneter Gerinnungsschäume, welche die Structur noch kenntlich, wenn auch sehr blass zeigen. Der Nachweis, dass der Wabeninhalt der Gerinnungsschäume flüssig ist, lässt sich jedoch auch erbringen, indem man die Flüssig- keit aus diesen Schäumen direct herauspresst. Aus Hühnereiweiss, das in einer Pfeffer'schen Thonzelle durch Hitze zur Gerinnung gebracht wurde, liess sich mittelst der Wasserluftpumpe eine grosse Menge Flüssig- keit abziehen, welche 1,76°/, Eiweiss gelöst enthielt. Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dass sich auch erstarrte gewöhnliche (nicht etwa geronnene) Gelatinegallerte ganz ebenso verhält. Die wässerige 30 OÖ. Bütschli: Flüssigkeit, welche sich auf die angegebene Weise aus 2'/, °/, Gallerte abziehen liess, enthielt nur 0,085°/,, die aus 5°/, Gallerte gewonnene dagegen 0,46 °/, gelöste Gelatine; sie war also fast reines Wasser. Aus diesem wie aus anderen Gründen, welche im Verlaufe dieser Mit- theilung z. Th. noch angedeutet werden sollen, schliesse ich daher, dass mindestens die erstarrte Gelatinegallerte dieselbe Schaumstruetur besitzen muss, wie die Gerinnungsschäume, auch wenn das Mikroskop davon nichts Deutliches zeigt. — Dass übrigens anscheinender Mangel solcher Structuren bei mikroskopischer Betrachtung keineswegs deren wirkliches Fehlen anzeigt, lässt sich auch durch folgenden Versuch erweisen. — Gelatine (ca. 15 °/,) wird auf ein Deckglas aufgestrichen und mit absolutem Alkohol zur Gerinnung gebracht. Das Deckglas wird dann auf dem Objectträger in Alkohol mittelst Paraffın fest aufgekittet. Man sucht dann eine günstige Stelle, welche die Schaum- structur characteristisch zeigt und photograpbirt dieselbe womöglich. Hierauf öffnet man den Paraffinverschluss an zwei entgegenstehenden Stellen vorsichtig und verdrängt den Alkohol durch Wasser. Die Structur verschwindet nun vollständig oder ist doch nur noch in so schatten- haften Andeutungen zu bemerken, dass sie ohne Kenntniss der früher bestandenen Structurverhältnisse nicht als solche zu erkennen wäre. Leitete man nun wiederum absoluten Alkohol durch das Präparat, so tritt die frühere Structur in allen ihren Details sofort wieder hervor und lässt sich mit Hülfe der Photographie auf's Be- stimmteste als identisch mit der früheren nachweisen. Als Hülfsmittel zum Studium der mikroskopischen Schaum- structuren habe ich neuerdings auch die Herstellung von Gelatine- ölschäumen benutzt. Sehr dicke Gelatine wird mit einer geeigneten Menge Olivenöl anhaltend zusammengerührt, auf welche Weise man gröbere bis sehr feine Schäume erhält, deren Gerüstwerk Gelatine, der Inhalt dagegen Olivenöl ist. Zum genaueren Studium streicht man diese Schäume in dünner Lage auf den Objectträger oder das Deck- glas und untersucht dann entweder in Oel oder Luft. An solchen Schäumen kann man zunächst die verschiedenartigsten Grade der Fein- heit beobachten und daher die entstehenden Bilder viel leichter be- | | | | Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 31 urtheilen; ferner gewähren sie den Vortheil, dass man bald das Bild eines Schaumes, dessen Gerüstwerk schwächer wie der Inhalt bricht, bald das eines solchen mit stärker brechendem Gerüstwerk erhält, ja eine und dieselbe Stelle in diesem verschiedenen Verhalten unter- suchen kann. — Ursprünglich ist nämlich das Oel, welches den Inhalt der Waben bildet, stärker lichtbrechend wie das Gelatinegerüst, wir haben daher einen Schaum mit stärker brechendem Inhalt. Steht ein solcher Schaum jedoch einige Zeit an freier Luft, so trocknet das Gelatine- ‘gerüst allmählich ein und wird stärker brechend als das Oel. Auf diese Weise sieht man häufig an einem Präparat gleichzeitig die beiden Schaumbilder, von welchen man das letztere als das positive, das erstere hingegen als das negative bezeichnen könnte, dicht neben einander. Natürlich kann man das positive Bild dadurch noch schöner herstellen, dass man das Oel mit Alkohol und Aether auflöst und hierauf in Alkohol untersucht. Wie bemerkt, sind diese Gelatineölschäume zum Studium der mikroskopischen Schaumbilder sehr geeignet und gaben mir Aufschlüsse über einige Punkte, welche ich früher noch etwas im Zweifel lassen musste. Einmal zeigen sie auf das Klarste, dass die dunklen Knoten- punkte der Schaummaschen rein optischen Ursprungs sind. Jeder solche Knotenpunkt verhält sich in einem positiven Schaum wie eine kleine Linse, wird daher bei Senkung des Tubus zu einem dunklen Knoten, bei Hebung dagegen zu einem leuchtenden hellen Punkt. — Ganz in derselben Weise verhalten sich übrigens auch die Maschen- kanten; auch diese erscheinen bei tiefer Einstellung dunkel, bei hoher dagegen hell leuchtend. — Bei hoher Einstellung ergibt dann ein solch’ positiver Schaum auf das Schönste das falsche Netzbild, welches in meiner erwähnten Arbeit (p. 136 ff.) schon eingehender geschildert wurde, — Ein negativer Schaum verhält sich in allen angeführten Punkten genau umgekehrt wie der positive. Seine Knotenpunkte werden bei hoher Einstellung dunkel, bei tiefer hell, also auch die Kanten, und das falsche Netzbild tritt bei tiefer Einstellung auf. Aus diesen 39 0. Bütschli: Erfahrungen folgt auch, dass sehr feine positive Schaumstructuren, z.B. jene des Protoplasmas, nicht bei ganz scharfer, sondern bei etwas tiefer Einstellung am deutlichsten erscheinen, weil die Schaumkanten unter diesen Bedingungen am dunkelsten hervortreten. Sowohl mit diesen Gelatineölschäumen wie auch mit den Gerinnungs- schäumen habe ich zahlreiche Versuche über die Einlagerung von feinen festen Partikeln (Carminkörnchen) gemacht und stets gefunden, dass dieselben fast ausnahmslos in den Knotenpunkten der Schäume liegen. Da wenigstens bei erstarrter Gelatinegallerte, welche mit Al- kohol zur Gerinnung gebracht wird, kein Grund vorliegt, eine vorüber- gehende Verflüssigung bei der Entstehung der Schaumstructur an- zunehmen, so glaube ich, dass diese Einlagerung der Carminpartikel in die Knotenpunkte auf das Bestehen der Structur in der erstarrten Gallerte hinweist. Die geschilderten Gelatineölschäume lassen ferner die faserig-fibrilläre Schaumstructur vortrefflich darstellen. Wenn man solche Schäume im Moment ihrer Erstarrung auf den Objectträger streicht, so erhält man häufig ganz prächtige Faserstructuren. Auch Gelatine, auf ähnliche Weise aufgestrichen, gibt bei der Gerinnung dieselben faserigen Structuren vortrefflich. Bei der Untersuchung der Gelatineölschäume fiel mir häufig auf, dass um zufällig eingeschlossene Luftblasen eine sehr characteristische radiäre Strahlung hervortrat. Die Erklärung dieser Erscheinung lag nahe. Da diese Schäume erwärmt aufgetragen wurden, so mussten sich die Luftblasen bei der Abkühlung zusammenziehen und auf die erstarrende umgebende Schaummasse einen allseitig zum Centrum der Blasen gerichteten Zug ausüben, welcher die Schaumstructur radiär- strahlig umgestaltete. Dieselbe Erscheinung war mir schon früher in den Gerinnungs- schäumen von Eiweiss (durch Hitze) und Gelatine vielfach aufgefallen. Hier zeigt sich häufig um jede Luftblase auf das Prächtigste eine Strahlen- sonne, welche, da es sich um sehr feine gleichmässige Schäume handelt, viel schöner hervortritt und den Durchmesser der Luftblase häufig um das Mehrfache übertrifft. Die Erklärung für das Entstehen dieser Ey Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 33 Aster ist nun ganz die gleiche wie die oben erwähnte. Da die Gelatinegallerte erst nach ihrem Erstarren mittelst 0,3%, Chromsäure, die sich am Besten bewährte, zur Gerinnung gebracht wurde, so scheint auch diese Erscheinung wieder bestimmt auf die Existenz der 2 “ her Re Structur in der festen Gelatinegallerte vor der Gerinnung hinzuweisen. Dieselbe Strahlung, nur von geringerer Ausdehnung, tritt auch um Oeltröpfehen in der Gelatine auf. Verhandl. d. Heidelb, Naturhist.-Med, Vereins, N, Serie. V. 3 34 O. Bütschli: Dabei zeigt sich jedoch in der Gelatine um Luftbläschen mit starker Strahlung häufig noch eine besonders merkwürdige Erscheinung. Jedes solche Bläschen liegt dann in einem hellen Hofe eingeschlossen, welcher bei sehr kleinen Luftbläschen häufig relativ recht gross ist. Dieser Hof geht ohne scharfe Grenze in die umgebende Strahlensonne über; er lässt sich daher auch nicht etwa dadurch erklären, dass sich die Luftblase nach der Erstarrung der Gelatine noch weiter verkleinert habe (auch durch Absorption, was häufig vorkommt). Vorkommnisse, wie sie die letztere Deutung voraussetzt, sind nämlich nicht gar selten ebenfalls zu beobachten; dann sieht man jedoch immer deutlich, dass die Luftblase in einer scharf begrenzten Höhle liegt, welche von Flüssigkeit erfüllt ist. Gegen die erwähnte Deutung spricht schliesslich die Thatsache, dass sich häufig auch in dem hellen Hof noch die strahlige Zeichnung beobachten lässt, sie ist hier nur weit blässer und verschwommener wie in der eigentlichen Strahlensonne, Wenn wir bedenken, dass bei der Verkleinerung der Luftblase die zunächst umgebende Gelatinemasse, welche den ehemals von der Luftblase eingenommenen Raum ausfüllt, ‚stark zusammengepresst werden muss, so dürfte sich daraus wohl eine Erklärung für die Undeutlich- keit der Structur in der nächsten Umgebung der Luftblase und die Entstehung des hellen Hofes ergeben. Etwas seltsam bleibt es nur, warum dessen Ausbildung zuweilen fehlt. Von ganz besonderem Interesse ist nun aber die Erscheinung, welche auftritt, wenn zwei etwa gleichgrosse Luftblasen in passender Entfernung liegen, um bei der Zusammenziehung auf einander wirken zu können. Zunächst bemerkt man, dass die Luftblasen auf einander einen Zug ausüben, der sich je nach ihrer Grösse und Entfernung mehr oder weniger deutlich ausspricht. Die Blasen verlieren nämlich ihre Kugelgestalt und nehmen die Gestalt von Thränen an, indem sie in der Verbindungslinie ihrer Centra mehr oder weniger spitz gegen einander ausgezogen sind. Bei kleinen, ziemlich genäherten Blasen kann dies sogar soweit gehen, dass sie in gegen einander gerichteten Fädchen auslaufen. Weiterhin wirken jedoch die beiden Blasen auf den zwischen ihnen befindlichen Schaum und rufen so zwischen sich die Entstehung Dh a Emm dl U sn oa ul U nn m Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 35 einer tonnen- bis spindelförmigen Figur hervor, indem die Strahlen der Sonnen durch die Wirkung der gegenüberstehenden Luftblase abgelenkt werden. Auf den beiden dieser Mittheilung beigegebenen Abbildungen sind zwei characteristische derartige Figuren nach Photographieen reprodueirt worden. Die ganz auffallende Aehnlichkeit dieser Bildungen mit der sog. karyokinetischen Figur bedarf kaum einer besonderen Betonung. Es lässt sich diese Aehnlichkeit sogar bis in Einzelheiten durchführen. Wir haben einerseits als verursachende Theile unserer künstlichen Figur die beiden Luftblasen, deren Stelle in der karyokinetischen Figur nach den neueren Erfahrungen die Centrosomen einnehmen; diese liegen in den sog. Attractionssphären (oder dem Archoplasma), welches wir in unserer Figur als den geschilderten hellen Hof um die Luft- blasen wiederfinden. Einen eigentlichen Kern vermisssen wir natürlich, dagegen finden wir eine spindel- bis tonnenförmige Figur an dessen Stelle, welche Diejenigen, denen die Spindelfasern als identisch mit den Strahlen der Aster gelten, wohl anstandslos der Kernspindel ver- gleichen werden. Die weitgehende Uebereinstimmung der auf künstlichem Wege, unter bekannten Bedingungen entstehenden Figur mit der karyo- kinetischen gibt uns wohl das Recht, aus ersterer gewisse Schlüsse über die mechanische Entstehung der letzteren zu ziehen. Diese Vergleichung würde nun zuerst darlegen, dass die Centrosomen nicht die Rolle von Stützorganen für die angeblich contractilen Fibrillen der Sonnen spielen, wie van Beneden, Boveri, Rabl und Andere annehmen; die Gentrosomen wären vielmehr als die eigentlichen Verursacher der Sonnen aufzufassen, wie ich dies vor Kurzem betonte '). Ich habe dort, gestützt auf meine Erfahrungen über die strahligen Erscheinungen an den Oelseifeschäumen und auf Anderes, die früher schon von mir ausgesprochene Ansicht vertreten, dass die Strahlung von Diffusionsvorgängen veranlasst werde, welche das Centrosom hervor- rufe. Indem letzteres Flüssigkeit aus dem umgebenden Plasma auf- ») 1. e. p. 159— 160. 3* 36 0. Bütschli: nehme, entstünden Diffusionsströme, welche die Strahlung bedingten. Das Wesentliche dieser Auffassung muss ich auf Grund der in dieser Mittheilung geschilderten Erfahrungen für richtig und besser begründet halten. Das Centrosom kann sich zwar nicht wie die Luftblase der künstlichen Figuren einfach verkleinern und auf solche Weise durch Zugwirkung die Sonnen erzeugen; im Gegentheil dürften alle Er- fahrungen beweisen, dass die Centrosomen bei der Asterbildung an Volum zunehmen. Diese Volumzunahme wurde schon früher von mir betont und als Beweis der von den Centrosomen bewirkten Diffusions- vorgänge erachtet. Die Vergrösserung der Centrosome kann nämlich nur auf Flüssigkeitsaufnahme aus dem umgebenden Plasma beruhen. Ist nun unter diesen Bedingungen dennoch das Entstehen einer Strahlung möglich, entsprechend derjenigen um die sich zusammen- ziehende Luftblase? Diese Möglichkeit scheint mir thatsächlich vor- handen, sobald wir voraussetzen, dass das Oentrosom die aufgenommene Flüssigkeit z. Th. chemisch binde, so dass das Volum dieses Körpers weniger zunehme, als das Volum der dem umgebenden Plasma ent- zogenen Flüssigkeit beträgt. Unter diesen Umständen wird zwar das Centrosom selbst sein Volum vergrössern, das umgebende Plasma da- gegen beträchtlicher an Volum abnehmen, so dass das Centrosom den Mittelpunkt einer sich zusammenziehenden, verkleinernden Plasmapartie bildet, die auf das übrige Plasma radiär gerichtete Zugkräfte aus- übt und daher eine Strahlung hervorruft, welche jener um die Luft- blase entspricht. Es soll hier nicht näher untersucht werden, ob die früher von mir geschilderten Strahlungserscheinungen in Oelseifeschaum- tropfen etwa gleichfalls auf Zugwirkungen zurückgeführt werden können, welche durch Diffusionsvorgänge, die mit Volumschwankungen verknüpft sind, hervorgerufen werden; immerhin halte ich dies nicht für un- möglich. f Dagegen möchte ich noch betonen, dass ich mich bemühte, Strahlungen in den Gerinnungsschäumen hervorzurufen nach dem eben für die Wirkungsweise der Centrosomen vorausgesetzten Princip. Der Erfolg war jedoch bis jetzt ein geringer. Als wasseranziehende Substanz verwendete ich bis jetzt nur Partikelehen von gebranntem u ar Ba ee u nn dm Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 37 Gyps. Bei Gelatine erzielte ich auf diese Weise bis jetzt noch keine Resultate; dagegen liess sich in durch Hitze geronnenem Eiweiss um die Gypspartikel zuweilen deutliche Strahlung bemerken. Wenn wir sehen, dass von den beiden Centrosomen Zugkräfte auf die Umgebung ausgeübt werden, so dürfte damit auch verständlich werden, dass ein in der Mitte ihrer Verbindungslinie befindlicher _ plastischer oder zähflüssiger Körper unter dem Einfluss des beiderseitigen Zuges in zweie auseinandergezogen, respect. eine Gruppe von Kern- schleifen in zwei Gruppen zerlegt werden kann. Dabei scheint es unwesentlich, ob die sog. Spindelfasern der karyokinetischen Figur plasmatische sind oder dem Kern selbst angehören. In letzterem Falle sind sie aber, was ich überhaupt für das Wahrscheinlichste halte, ein achromatisches Wabengerüst des Kernes, welches unter dem Einfluss der entgegengesetzten Zugkräfte zu einer Spindel ausgezogen wurde. Man hat bekanntlich schon sehr frühzeitig nach der Entdeckung der karyokinetischen Figur auf ihre grosse Aehnlichkeit mit der An- ordnung der Eisenfeile zwischen den Polen eines Magnets hingewiesen und daraus geschlossen, dass auch an den Polen der karyokinetischen Figur Attractionskräfte wirken müssten. Ich habe mich gegen diese Erklärung durch fernwirkende Kräfte stets ablehnend verhalten, da mir die Einführung solcher Kräfte bedenklich und von vornherein un- wahrscheinlich erschien. Durch die vorliegenden Erfahrungen wurde nun gezeigt, dass durch Volumveränderungen thatsächlich Zugkräfte entstehen können, die in einem zähflüssigen Schaum Figuren hervor- zurufen vermögen, welche der karyokinetischen noch viel ähnlicher sind wie etwa die Anordnung der Eisenfeile nach den magnetischen Curven zwischen den Magnetpolen. Die Aehnlichkeit ist hier insofern eine vollkommenere, als die feineren Structurverhältnisse der Aster jenen der karyokinetischen Figur vollkommen entsprechen, ferner die sog. Attractionssphären repräsentirt sind und die gesammte Erscheinung in einem Medium hervorgebracht wurde, das nach seinen Eigenschaften der lebenden Substanz viel näher steht. — Andererseits dürfte aber die Möglichkeit der Erzeugung solcher Figuren in feinschaumig structurirten Colloiden eine sehr wesentliche Stütze der von mir 38 O. Bütschli: vertretenen Ansicht von der Schaumstructur des Plasmas und deren Bedeutung für das Verständniss der wichtigsten Vorgänge in dem- selben bilden. Bekanntlich sind die wesentlichen Verhältnisse der karyokinetischen Figur, insbesondere der Aster, auch in lebenden Zellen (speciell Eizellen) deutlich zu erkennen; es lässt sich daher auch nicht der Einwand erheben, dass die Figur eine Folge der Gerinnung sei und dies etwa die mittelst Gerinnungen zu Wege gebrachten künstlichen Figuren gerade bewiesen. Noch Niemand ist es eingefallen, gerade die karyokinetische Figur als ein durch Gerinnung hervorgerufenes Kunstproduct zu deuten. Wenn wir nun aber sehen, dass die von mir vertretene Schaum- structur des Plasmas uns die Möglichkeit einer einfachen mecha- nischen Erklärung des Entstehens der karyokinetischen Figur und zwar auf Grundlage von Versuchen eröffnet, so dürfte dies für die Richtigkeit der von mir in der Plasmafrage eingenommenen Stellung wohl ernstlich sprechen. Gleichzeitig aber mag in diesen auf Grundlage der Schaumtheorie gemachten Erfahrungen auch eine Antwort an jene Gegner meiner Auffassung und Bestrebungen enthalten sein, die sich, wie Wiesner und Hamann, um so absprechendere Urtheile gestatten, je bescheidener ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiete sind. Der eine ( Wiesner) bedient sich des bekannten und schon so oft als nichtig erkannten Auskunftsmittels: an Stelle natürlicher Erklärungen kleine Theilchen (Plasomen) zu hypothesiren, welchen eben die Eigen- schaften beigelegt werden, deren Erklärung vergeblich gesucht wird und hält diese Anschauung für einen wichtigen wissenschaftlichen Fortschritt, der ihn so begeistert, dass er meine Ansicht von der Struetur und Beschaffenheit des Plasmas als eine „n och ungleich rohere“ Vorstellung als die Berthold’sche bezeichnen zu dürfen glaubt '). Es ist seltsam, dass Wiesner sich nicht einmal die Zeit nahm, meine vorläufigen Mittheilungen von 1889 und 1890 aufmerksam 1) Wiesner, J., Die Elementarstructur und das Wachsthum der lebenden Substanz, Wien 1892, p. 66. nn > 2. re ee u — - Ueber die kirnstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 39 zu lesen, weshalb er seinen Lesern über meine Beobachtungen Dinge beriebtet, welche völlig unrichtig sind. So behauptet er p. 67, dass es mir „durch Mengung eines auf besondere Weise dargestellten Gemisches von Koch- salz- und Zuckerlösung mit altem Olivenöl Schaum- bildungen zu erzeugen“ gelungen sei, wovon ich nirgends etwas berichtet habe. Weiter heisst es, „manche dieser Schäume zeigen einen wabenartigen Bau“; seltsam genug, da doch alle Schäume einen wabenartigen Bau besitzen müssen; ferner: „anscheinend sind die Wabenwände zähflüssig“, während ich auf das Be- stimmteste zeigte, dass sie sicher flüssig sind. Irgend etwas wie eine Widerlegung meiner Ansichten findet sich bei Wiesner nicht; er hält eine Widerlegung sogar für unnöthig, da nach seiner Meinung eine auf die Molecularkräfte der Flüssig- keiten basirte Protoplasmamechanik „unzulässig* sei und weil meiner Auffassung der Protoplasmastructur nur die äussere Aehnlichkeit (d.h. wohl die zwischen den künstlichen Schäumen und dem Protoplasma) zu Grunde liege. „Diese beweise aber nicht die innere Gleichheit.“ Was das letztere Argument angeht, so habe ich es schon früher (s. Mikrosk. Schäume ete. p. 120 ff.) gegen Künstler, der ungefähr denselben Einwand vorbrachte, zurückgewiesen; überhaupt muss ich die Wiesner’sche Argumentation für ganz unrichtig erklären. — Zwar klingt die Phrase „innere Gleichheit“ recht gut, gewinnt jedoch dadurch nicht an Klarheit und Bestimmtheit. Innere Gleichheit in strengem Sinne besteht auch nicht zwischen einer Thier- und einer Pflanzenzelle, ja streng genommen nicht zwischen zwei Zellen desselben Individuums, es handelt sich hier nur um innere Aehnlichkeit. Dass aber äussere Aehnlichkeit nicht berechtige, auf innere zu schliessen ist durchaus ungerechtfertigt, solange nicht das Gegentheil bestimmt erwiesen wird. Jedermann schliesst aus der äusseren Aehnlichkeit von Krystallen auch auf gewisse innere Aehnlichkeiten, ja ohne diesen Grundsatz wäre jede Naturwissenschaft geradezu unmöglich. Nicht durch dergleichen von Vorurtheilen befangene apodictische Behauptungen wird sich der von mir verwerthete Vergleich zwischen 40 O0. Bütschli: der Structur der Oelseifenschäume und dem Protoplasma, der in voller und bestimmter Kenntniss der sonstigen tiefen Verschiedenheiten zwischen dem Verglichenen aufgestellt wurde, entkräften lassen, sondern nur durch den thatsächlichen Nachweis, dass das Protoplasma die von mir angegebenen Structurverhältnisse nicht besitzt. Was uns jedoch Wiesner’s Buch über die Structur des Protoplasmas Neues lehrt, dürfen wir ruhig gleich Null setzen. Warum aber sollen nach W. die Moleeularkräfte der Flüssig- keiten zur Erklärung der Protoplasmamechanik unzulässig sein? Wesentlich nur deshalb, weil es gar viele morphologische und physio- logische Erscheinungen in den Organismen gibt, welche sich mit Hülfe dieser Factoren vorerst nicht erklären lassen (s. p. 63). Hat denn aber, frage ich, W. auch nur ein Minimum der von ihm als Beispiele an- geführten beiden Erscheinungen, nämlich „den constanten Bau und die relativ constante Grösse der Gefüsstüpfel einer bestimmten Pflanze oder den gesetzmässigen Ablauf der Karyokinese“ durch seine Plasom- theorie erklärt, oder auch nur zu erklären versucht? Nicht im Mindesten ist dies der Fall. Ueberhaupt wird in dem gesammten Buch nicht ein auch noch so specieller Einzelvorgang durch die Plasomtheorie erklärt. Warum also diese ganz ungerechtfertigte Forderung, welche mit demselben Recht wohl gegen jede naturwissenschaftliche Theorie er- hoben werden könnte, da kaum eine alle zugehörigen Erscheinungen vollständig erklärt? In den organischen Wissenschaften ist dies ja auch bei weitem anders wie in den anorganischen, wo es sich fast stets um einfache durch das Experiment festgestellte Bedingungen handelt. Wo diese nicht derart controlirbar sind wie in der Geologie und Meteoro- logie, wird die Erklärung schon viel schwieriger. Gerade deshalb wird man bei der Untersuchung der Lebensvorgänge zuerst zu einem Ver- ständniss der einfachsten Erscheinungen vordringen müssen und sich nicht dadurch künstlich den Weg versperren, dass man’ sofort die Forderung erhebt, damit solle auch das Complicirte, zu dessen Entstehung noch x unbekannte Bedingungen mitwirken mögen, erklärt sein. ET SALE Ar ri Fig ale Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. 41 Der zweite der erwähnten Gegner, Hamann, glaubt einem ge- bildeten Publicum verkünden zu dürfen, dass ich durch mein Be- streben, die Plasmastructuren und die Bewegungserscheinungen ein- fachster Plasmakörper nachzuahmen, die mechanischen Erklärungsver- suche dieser Vorgänge „ad absurdum“ geführt hätte‘). Da dieser plötzliche Widersacher des Darwinismus sich nicht bemüht hat, meine Beobachtungen und Erklärungen ernstlich zu widerlegen, ja wie aus seiner Bemerkung hervorgeht, meine Arbeiten nicht einmal, gelesen oder verstanden hat, so fühle ich keine Beunruhigung wegen seines harten Urtheils; doch dürfte es nicht unnöthig erscheinen dasselbe hiermit etwas tiefer gehängt zu haben. Bemerkungen zu den beiden Figuren auf p. 33. Beide Figuren sind Reproductionen von Mikrophotographieen (Zeiss Apo- chrom. 4 mm. Proj.-Oc. 4) der künstlichen karyokinetischen Figur in durch 1,3°/ Chromsäure geronnener Gelatine mittelst Autotypie. Natürlich liess sich auf diese Weise die Schärfe und Deutlichkeit der Originalphotographieen nicht erreichen. Dennoch treten die Strahlung um die Luftblasen, der homogene Hof, in welchem dieselben liegen, und auf der oberen Figur auch die etwa tonnenförmige Spindel zwischen den beiden Luftblasen deutlich her- vor. Leider kam dagegen auf der unteren Figur die bier sehr hübsche, jedoch recht feinfaserige Spindel weniger deutlich zum Ausdruck, obgleich sie angedeutet ist. Die Vergrösserung beider Figuren ist, soweit ich dies augenblicklich, wo mir die Originale nicht zu Gebote stehen, feststellen kann, ca. 600, ') Hamann, O., Entwicklungslehre und Darwinismus. Jena 1892. p. 265. 49 ©. Bütschli: Ueber die Schaumstructur geronnener Substanzen, Von 0. Bütschli. (Gesammtsitzung vom 4. November 1892.) Der Vortrag besprach im Allgemeinen die Beobachtungen und Ergebnisse, welche schon in der Sitzung vom 5. August d. J. erwähnt, der vorgerückten Zeit wegen aber nur kurz berührt werden konnten, die jedoch in dem über jene Sitzung veröffentlichten Referat genauer dargelegt wurden, wesshalb eine Wiederholung unnöthig erscheint. Nur ein Punkt, welcher heute etwas eingehender zur Sprache kam, möge daher hier kurz hervorgehoben werden. Er betrifft die Frage nach der Quellung und deren Bedingungen. Alle die besprochenen ge- ronnenen Körper sind ja auch in hohem Grade quellungsfähige. Nun wurde schon betont, dass durch Hitze geronnenes und hierauf getrock- netes, glasartig durchsichtiges Eiweiss beim Eintauchen in Wasser in kurzer Zeit trübe und schliesslich wieder so undurchsichtig und weiss wird wie anfänglich vor der Austrocknung. Dabei quillt es natürlich sehr stark unter Wasseraufnahme. — Schon früher wurde nachgewiesen, dass diese Wasseraufnahme hauptsächlich darauf beruht, dass die im eingetrockneten Zustande ganz oder nahezu geschlossenen Waben sich von neuem mit Wasser füllen. Dass schaumartig structurirte Körper Volum- schwankungen zeigen können, welche Quellungserscheinungen durch- aus ähnlich sind, hat der Vortragende ja auch schon früher erwiesen, indem er für die von ihm dargestellten Oelseifenschäume zeigte, dass sie unter Einwirkung des wasserentziehenden Glycerins schrumpfen und bei Ueberführung in Wasser wieder aufschwellen oder quellen. Ueber die Schaumstruetur geronnener Substanzen. 43 Im Hinblick auf die oben betonte Veränderung des getrockneten geronnenen Eiweisses bei der Quellung in Wasser scheint es nun sehr beachtenswerth, dass trockene, glasartig durchsichtige Gelatine oder Leim beim Quellen in Wasser in entsprechender Weise trübe und opak werden wie jenes Eiweiss, wenn, auch nicht in dem gleichen Maasse undurchsichtig und weiss. Agar-Agar, welches in trockenem Zustande ebenfalls glasig durchsichtig ist, zeigt beim Quellen in Wasser diese Trübung noch viel auffallender und entschiedener. Dies über- einstimmende Verhalten genannter quellender Körper berechtigt wohl ohne Zweifel, auf einen identischen Vorgang bei der Quellung zu schliessen und daher auch für Gelatine wie Agar-Agar eine schon in trockenem Zustande vorhandene feine Schaumstructur anzunehmen, deren Hohlräume bei der Quellung mit Wasser gefüllt werden. Das wahrscheinliche Vorhandensein einer solchen Structur in erstarrter Gelatinegallerte hat Vortragender schon in seinem Referat über die Sitzung vom 5. August mit anderen Gründen nachzuweisen versucht. In gequollenem Agar-Agar konnte jedoch diese feine Structur sogar direct wahrgenommen werden. Wenn es nach diesen Erfahrungen auch ganz sicher erscheinen dürfte, dass die Quellung der genannten und wohl noch vieler anderer quellbarer Substanzen auf der Anwesenheit der geschilderten Structur beruht, so soll damit vorerst doch nicht behauptet werden, dass dies für alle quellungsfähigen Substanzen in gleicher Weise gilt. Auf die Bedeutung, welche der Nachweis einer wabigen Structur der geronnenen Körper für seine Ansicht über die entsprechende Structur des Protoplasmas besitzt, ging Vortragender nicht näher ein. Doch glaubte er darauf hinweisen zu sollen, dass gerade eines der Reagentien, welches zu Verdeutlichungen feiner Plasmastructuren viel- fach angewandt wurde, die Ueber-Osmiumsäure nämlich, nach seinen Erfahrungen Eiweisslösungen nicht zum Gerinnen bringt, was auch gelegentlich schon von Anderen bemerkt wurde. 44 W. Schewiakoff: Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Sisswassers. Von W. Schewiakoff, Assistent am zoologischen Institut zu Heidelberg. Mit einer lith. Tafel, Gesammtsitzung vom 4. Nov. 1892. In den Schlammproben aus dem Neuhofer Altrhein'), welche Herr stud. R. Zauterborn behufs seiner Diatomeen-Untersuchungen auf dem hiesigen zoologischen Institut verarbeitete, fand sich ein eigen- thümlicher Organismus in grosser Menge vor. Dieser bacterienähn- liche Organismus, welcher im Grossen und Ganzen dem Chromatium Ökenii Ehrbg. sp. nicht unähnlich ist, fiel durch die grossen, stark lichtbrechenden Inhaltskörper, von denen er vollkommen erfüllt war, ganz besonders auf. Sowohl diese Inhaltskörper als auch der morpho- logische Bau, besonders hinsichtlich der von Bätschli”) bei anderen Süsswasserbacterien ermittelten Organisationsverhältnisse, liessen eine genauere Untersuchung des Organismus erwünscht erscheinen. Die Vergleichung des zu beschreibenden Organismus mit anderen gegenwärtig bekannt gewordenen bacterienähnlichen Organismen ergab, dass derselbe bis jetzt noch nicht beschrieben und unter keiner der bekannten Gattungen unterzubringen ist. Es liegt demnach eine neue Gattung vor, für welche ich den Namen Achromatium noy. gen. vorschlagen möchte; der Speciesname oxaliferum ist wegen der in den Inhaltskörpern enthaltenen Oxalsäure gewählt worden. !) Der Neuhofer Altrhein mit einem Flächeninhalt von etwa !/s Quadrat- kilometer liegt 6 Kilometer oberhalb Mannheim’s auf dem linken Ufer des Rheins, etwa '/a Kilometer vom letzteren entfernt. ?) 0. Bütschli. Ueber den Bau der Bacterien und verwandter Organismen. Leipzig 1890, R“ h 5 & f. r Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 45 Nach Beobachtungen des Herrn Lauterborn ist dieser Organis- mus das ganze Jahr hindurch im Neuhofer Altrhein, wenn auch nicht immer in gleich grossen Mengen, anzutreffen. Er fand ihn ausserdem, wenn auch mehr vereinzelt, in Torf- und Lehmgruben bei Maudach und Ludwigshafen am Rhein. Die an den ersteren Ort unternom- menen Excursionen zeigten auch, dass Achromatium daselbst ziemlich allgemein verbreitet ist und sogar in einer Tiefe von 5—6 Meter vorkommt. Es ist immer im Schlamme anzutreffen, welcher an man- chen Stellen den Boden des Altrheins ganz dick bedeckt. Daher konnte das Material nach Bedarf in hinreichender Menge immer be- schafft werden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich es nicht unterlassen, Herrn ZLauterborn für die freundliche Hülfe bei der Beschaffung des Materials meinen besten Dank auszusprechen. Die Gestalt sowie die Grösse dieses bacterienähnlichen Organismus sind ziemlich verschieden und schwankend; dies hängt zweifellos mit dem Wachsthum und der Vermehrung zusammen, welche in gleich- hälftiger Quertheilung besteht. Normale, erwachsene und meist zur Theilung schreitende Exemplare sind eylindrisch mit gleichmässig ab- gerundeten Enden (Fig. 2 und 3); ihr Querschnitt (Fig. 4) ist kreis- rund. Jedoch finden sich auch ellipsoidische (Fig. 1), ja sogar kugel- förmige Exemplare; die letzteren, gewöhnlich sehr kleine Formen, scheinen direkt aus der 'Theilung der ellipsoidischen hervorzugehen, wie man aus den in Theilung begriffenen Exemplaren (Fig. 9) ersehen kann. Die Länge der zur Theilung schreitenden Exemplare beträgt 0,015 bis 0,043 mm bei einer Breite von 0,009 bis 0,022 mm. Man findet aber auch zuweilen ganz abnorm lange Exemplare, die dann meist nach der einen Seite schwach gekrümmt sind und somit etwa wurstförmig erscheinen. Aehnliche Formen fand auch Bütschli bei Chromatium Okenii. Die kleinsten, gewöhnlich kugelförmigen Exemplare haben 0,009 mm im Durchmesser. Zwischen diesen und den langen cylindrischen findet man alle möglichen Uebergänge sowohl in Grösse wie in Gestalt. Wie bereits erwähnt, kommt Achromatium im Grundschlamm zusammen mit anderen Bacterien und Diatomeen vor. . Auch in den 46 W. Schewiakoff: Culturgläsern, in welchen ich Schlammproben aufbewahrte, war der Organismus immer auf dem Grunde anzutreffen, und ich konnte den- selben nie an der Oberfläche des Wassers vorfinden. Er vermehrt sich sehr energisch und bildet dann einen Anflug kleiner grauweisser Flecke auf der Schlammoberfläche oder ist noch häufiger auf dem Boden der Gläser unterhalb des Schlammes anzutreffen. Letzteres liess sich besonders gut in kleinen Uhrschälchen beobachten, die mit einer vom Grunde des Glases entnommenen Probe ruhig an einem sonnigen Orte 24—48 Stunden gestanden hatten. Entfernt man in solchen Uhrschälehen mit einem Pinsel oder einer Präparirnadel den Schlamm, so sieht man auf dem Boden einzelne Ansammlungen (50 bis 100 Exemplare beisammen) liegen. Betrachtet man die Achromatien unter der Lupe oder bei schwachen Vergrösserungen (Zeiss Oc. 2 Obj. B), so scheinen sie ganz bewegungs- los dazuliegen. Untersucht man sie dagegen unter dem Deckglase mit stärkeren oder stärksten Systemen, so bemerkt man, dass sie durchaus nicht unbeweglich sind, sondern Ortsveränderungen zeigen, wenn auch ganz unbedeutende und äusserst langsame. Am deutlich- sten verrathen dies die cylindrischen, ausgewachsenen Individuen; auch die kleineren, sowie die in Theilung begriffenen Exemplare liegen nicht bewegungslos da. Die Bewegungserscheinungen, welche nicht ständig andauern, sondern nur von Zeit zu Zeit auftreten, bestehen in äusserst langsamen, meist ruckweise erfolgenden Vorwärts- und Rückwärts- bewegungen. Sie lassen sich am besten mit den Bewegungserschei- nungen mancher Diatomeen und ÖOseillarien vergleichen, nur dass sie bedeutend langsamer und blos auf geringe Entfernungen erfolgen. Zuweilen führen die Organismen auch wackelnde Bewegungen mit dem einen Körperpole aus und zwar immer dann, wenn nach eingetretener Ruhepause die Locomotionsrichtung verändert wird. Oefters bemerkt man auch langsame Rotationsbewegungen um die Längsachse des Körpers, so dass das Achromatium sich wälzend fortbewegt. Alle diese Bewegungserscheinungen sind durchaus keine passiven, wie sie durch etwaige beim Verdunsten des Wassertropfens entstehende Strö- mungserscheinungen erzeugt werden. Dass sie von dem Organismus Wi Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 47 selbst hervorgebracht werden, geht schon daraus hervor, dass öfters bei mehreren, ganz nahe bei einander liegenden Exemplaren gleich- zeitig verschiedenartige Bewegungen nach verschiedenen Richtungen zu beobachten sind. Trotz aller Bemühungen gelang es mir weder an lebenden, noch an abgetödteten und gefärbten Exemplaren eine Spur von Bewegungs- organen nachzuweisen. Ich verfolgte einige hundert bewegliche Exem- plare bei den stärksten Vergrösserungen (Obj. homog. Immers. Apochrom. 2 mm Oe. 12 und 18), ohne etwas von Geisseln oder andersartigen Bewegungsorganen wahrzunehmen. Auch die Beobachtungen im Wasser, das reichlich mit aufgeriebener Tusche oder Carmin versetzt wurde, führten zu keinem Resultate. Ebenso erfolglos erwiesen sich die Be- obachtungen an abgetödteten und gefärbten Exemplaren. Ich bediente mich der verschiedensten Fixirungsflüssigkeiten, wie Alkohol (abs. und verdünnt), Osmiumsäure, Osmiumsäuredämpfe, Sublimat (alkohol. und wässrige Lösung), Pikrinschwefel- oder -essigsäure mit und ohne Zusatz von ÖOsmiumsäure, Jodalkohol, Chromessigsäure, Chromosmiumessig- säure und siedendes Wasser; eine nachherige Behandlung mit Jodtinetur oder 10°/, Sodalösung, deren Einwirkung gewöhnlich die Cilien und Geisseln der Protozoön besonders deutlich hervortreten lässt, versagte hier. Als Tinctionsmittel benutzte ich Hämatoxylin, verschiedene Anilinfarben, Anilinwasser mit Anilinfarben, essigsaures Eisenoxyd und Hämatoxylin u. dgl. Auch die Anwendung der Zöffler’schen!) und Trenkmann’schen ?) Färbemethoden, welche bekanntlich speciell zum Nachweis der Bacteriengeisseln dient, liess nichts von Geisseln erkennen. Doch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es mir an einigen mit Pikrinschwefelosmiumsäure abgetödteten Exemplaren gelungen ist, eine eirca 0,003 bis 0,004 mm dicke, hyaline und unregelmässig be- !) Löffler. Eine neue Methode zum Färben d. Mikroorganismen, im Be- sonderen ihrer Wimperhaare und Geisseln. Centralbl. für Bacteriologie und Parasitenkunde. Bd. VI. Nr. 8/9. p. 209—224. — Weitere Untersuchungen über die Beizung und Färbung der Geisseln bei den Bacterien. Ibid. Bd. VII. Nr. 20. p. 625—639. ?) Trenkmann Die Färbung der Geisseln von Spirillen und Bacillen. Centr. f. Bacter. u. Parasitenkunde. Rd. VI. Nr. 16/17. p. 4335—436. 48 W. Schewiakoff: grenzte Schicht nachzuweisen, welche den Körper allseitig umgab und die begierig Farbstoffe (Anilinfarben insbesondere) aufnahm, um sie dann recht bald an das Körperplasma abzugeben. Diese structurlose Schicht ist der sogenannten Gallerthülle nicht unähnlich, welche Klebs') bei einigen Algen und Flagellaten und ich?) seinerzeit bei Nassula elegans nachgewiesen haben. Auch bei einigen lebenden, in mit Tusche versetztem Wasser untersuchten Exemplaren konnte ich eine dünne, hyaline und gallertartige Schicht beobachten, die aber bedeutend schmäler war als die der abgetödteten Exemplare. Ich glaube jedoch kaum, dass diese Gallertschicht etwas mit der Bewegung der Organis- men zu thun hat. Dies umsomehr, da die betreffende Schicht durch- aus nicht bei allen in Bewegung begriffenen Individuen, sondern nur bei einigen wenigen nachgewiesen werden konnte. Ich wende mich nun zur Schilderung meiner Untersuchungen über den feineren Bau des Organismus und möchte von vornherein be- merken, dass dieselben das bestätigen, was Dütschli®) seinerzeit an verschiedenen Bacterien und einigen CGyanophyceen ermittelt hat. Gegenüber Fischer‘), welcher die von Bütschl! erkannte wabige Plasmalage (Rindenschicht) und den grossen wabigen Centralkörper (Kern) als das bei der Plasmolyse zusammengezogene, an gewissen Stellen der Zellwand noch haften gebliebene Zellplasma deutet, möchte ich bemerken, dass unser Object aus vielen Gründen besonders in- structiv ist, um die Richtigkeit der Dütschli’schen Auffassung zu be- weisen, und es soll an den entsprechenden Stellen darauf noch kurz hingewiesen werden. Besonders betonen möchte ich, dass alles, was im Nachstehenden über den feineren Bau gesagt wird, durchaus nicht an einem Präparat. [4 !) @. Klebs. Ueber d. Organisation der Gallerte bei einigen Algen und Flagellaten, Unters. aus d. bot. Inst. zu Tübingen. Bd. H. 1886. ?) W. Schewiakoff. Beiträge zur Kenntniss der holotrichen Ciliaten. Bibliotheca zoologica. Heft 5. 1889. pag. 27. . 3) O0. Bütschi. Bau der Bacter. 1. c. *) A. Fischer. Die Plasmolyse der Bacterien. Ber. d. k. sächs. Ges. d. Wissensch. Math.-phys. Cl. 1891. “ k > ‚ % ÜVeber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 49 ohne Weiteres beobachtet werden kann. Im Gegentheil bedarf es eines anhaltenden Studiums ‘sehr vieler Präparate, die nach verschie- denen Methoden behandelt (fixirt und tingirt) worden sind, um an einem Präparate bald das Eine, am anderen das Andere von Structurverhält- nissen mit genügender Sicherheit zu ermitteln. Betrachtet man den Organismus bei schwachen Vergrösserungen, so erscheint er vollkommen undurchsichtig wegen der ziemlich grossen und stark lichtbrechenden Inhaltskörper, welche den ganzen Körper bis auf eine schmale Randzone (Rindenschicht Dütschlv’s) ausfüllen. Bei starken Vergrösserungen gewahrt man ganz deutlich, dass das Achromatium nach aussen von einer verhältnissmässig dicken Membran . oder Hülle umschlossen ist, welche die äusserste Grenze der Rand- zone bildet. Die Existenz der Membran lässt sich auf’s Klarste und Bestimmteste durch die bekannte Abhebung oder Isolirung derselben nachweisen. Behandelt man den Organismus mit absolutem Alkohol oder mit anderen stark Wasser entziehenden Flüssigkeiten, so zieht sich der plasmatische Inhalt des Organismus in Folge des raschen Wasser- verlustes zu einem Klumpen zusammen und die Membran hebt sich streckenweise oder in günstigen Fällen allseitig ab. Die Membran lässt sich auch vollkommen isoliren, wenn man auf das mit Wachs- füsschen unterstützte Deckglas einen genügenden Druck ausübt, wobei die Hülle gewöhnlich an irgend einer Stelle aufplatzt und der zäh- flüssige Inhalt des Organismus ganz oder theilweise herausfliesst. Ein nachheriges vorsichtiges Durchleiten von Wasser ermöglicht zuweilen, vollkommen leere und inhaltsfreie Membranen zu erhalten. An lebenden, sowie an mit verschiedenen Fixirungsflüssigkeiten vorsichtig abgetödteten Exemplaren (an denen also die Membran nicht abgehoben worden ist) erscheint die Hülle homogen und structurlos. Sie nimmt ziemlich begierig Farbstoffe auf und lässt sich demnach, je nach der Art und Einwirkungsdauer der Tinctionsmittel, verschieden stark färben. Alauncarmin bewirkt keine Färbung der Membran. Auch an lebenden Exemplaren lässt sich die Membran mit einer wäss- rigen schwachen Methylenblaulösung schwach blau färben. Verhandl. d, Heidelb, Naturhist,-Med. Vereins, N. Serie. V. 4 50 W. Schewiakoff: An abgehobenen oder isolirten leeren Hüllen lässt sich zuweilen eine Structur mit ziemlicher Deutlichkeit nachweisen, die an mit Anilin- farben gefärbten Objecten (Anilinwasser-Methylviolett oder -Gentiana- violett) noch besser hervortritt. Man gewahrt auf der Oberfläche der Hülle kleine punktförmige Erhebungen, die durch äusserst feine Fädchen (Fig. 11) miteinander verbunden sind. Diese Zeichnung repräsentirt dem- nach ein ziemlich engmaschiges Netz- oder Wabenwerk, wobei die punkt- förmigen Verdickungen den Knotenpunkten des Netzwerks entsprechen. Was die chemische Beschaffenheit der Membran betrifft, so be- steht sie sicher nicht aus Cellulose, da die betreffende Reaction nicht gelang. Mit Millon’s Reagenz nimmt sie beim Erhitzen eine schwach röthlich gelbe Farbe an, so dass auch diese Reaction nicht als be- sonders charakteristisch sich erweist. Mit schwacher wässriger oder alkoholischer Jodlösung färbt sie sich gelb mit einem Stich in’s Bräun- liche. In verdünnter (5°/,) Kalilauge ist. sie unlöslich, dagegen löslich in concentrirter Kalilauge und Schwefelsäure. Demnach besteht die Membran des Achromatiums gleich den Membranen gewisser Bacterienarten aus einer eigenthümlichen Eiweiss- substanz, wie es Nencki und Schaffer‘) bei einigen Bacterien er- mittelt haben. Ferner ist aus dem oben geschilderten Verhalten der Membran zu ersehen, dass sie zweifellos demselben Gebilde ent- spricht, welches Dütschli?) bei Chromatium Okenii und anderen Bacterien nachgewiesen hat. Ich glaube daher mit Bätschli annehmen zu können, „dass sie ein echtes Plasmaproduct ist, eine äusserste, fester gewordene, aber auch chemisch veränderte Plasmaschicht“. Sie würde demnach den sogenannten Plasmamembranen oder Pelliculae der Protozoön entsprechen, welche durch chemische Umbildung der äusser- sten Grenzschicht entstehen. Unmittelbar unterhalb der Hülle ist eine eirca 0,001 mm dicke Rindenschicht (Fig. 3—4 u. 6—10R) gelegen. Dieselbe besteht aus ') M. Nencki u. F. Schaffer. Ueber die chemische Zusammensetzung der Fänlnissbacterien. Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 128. N. F. Bd. XX. 1879. p. 461—463. ?) O0. Bütschli. Bacterien l. c. p. 8—9. 3 ü s | BEN Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 51 iner einfachen, radiär zur Oberfläche gestellten Wabenlage und ist der von Dütschli') bei verschiedenen Protozoön und Bacterien und später von mir?) bei Ciliaten-Infusorier beschriebenen Alveolarschicht ähnlich. Im optischen Querschnitte (Fig. 3—4 und 6—10) erscheint nämlich die Rindenschicht fein radiär gestreift, wobei die einzelnen Streifen anscheinend feine Plasmabälkchen repräsentiren, welche senk- recht zur Oberfläche gerichtet sind. Aus der Flächenansicht (Fig. 12) ist zu ersehen, dass diese Bälkchen, welche als dunkle Punkte sich projieiren, durch zarte Fädchen untereinander netzartig verbunden sind. Durch Combination dieser beiden Bilder ist zu erschliessen, dass die zarten Fädchen dünne Wände und die Plasmabälkchen die radiären Kanten einer Lage von Waben sind. Die beschriebene Structur der Rindenschicht ersieht man am besten an abgetödteten und gefärbten Exemplaren, obgleich sie auch an manchen lebenden Exemplaren, die nicht zu stark mit den erwähnten Inhaltskörpern angefüllt waren, wenigstens zuweilen streckenweise zu erkennen ist. Ich muss bemerken, dass an allen mit den oben er- wähnten Fixirungsflüssigkeiten abgetödteten Exemplaren die Structur der Rindenschicht selbstredend erst bei den stärksten Vergrösserungen zu erkennen ist, obgleich sie am deutlichsten bei den mit einer halb- verdünnten frisch bereiteten Flemming’schen Lösung (Chromosmium- essigsäure) abgetödteten hervortrat. Auch die mit Wasserdampf ab- getödteten oder nach der bekannten Antrocknungsmethode von Bac- terien hergestellten Präparate zeigten die beschriebene Structur der Rindenschicht. Diese alveolär oder wabig gebaute Rindenschicht, welche Bütschli bei vielen Bacterien und einigen Cyanophyceen mit Sicherheit nach- wies, deutet A. Fischer °) als ein Kunstproduct, welches durch die Contraetion des plasmatischen Inhalts bei der Plasmolyse der Zelle 1) O. Bütschli. Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Protozoa p- 1258 ff. u. a. a. St. ?) W. Schewiakoff.. Ciliata ]. e. p. 4. 3) A. Fischer. 1. c. p. 68—69. 4* 59 W. Schewiakoff: erzeugt werde. Die radiären Plasmabälkchen, d.h. Wabenkanten, seien weiter nichts als „einzelne sehr feine Protoplasmafäden‘‘, welche bei der Contraction oder Ablösung der Hauptmasse des Protoplasmas von der Zellwand „nicht mit contrahirt werden, sondern erhalten bleiben“, Obgleich Bütschli seinerseits die Fscher’sche Deutung und die von ihm aufgestellten Einwände genügend widerlegt hat'), halte ich für angezeigt, an der Hand meiner an Achromatium angestellten Beobachtungen noch einiges hinzuzufügen. Die oben angeführte Deu- tung Füscher’s scheint mir aus folgenden Gründen vollkommen un- haltbar zu sein: 1. lässt es sich bei vorsichtigem Abtödten direet verfolgen, dass durchaus keine Contractionen des Zellinhaltes erfolgen; 2. spricht der regelmässige Bau der Rindenschicht und speciell die immer constanten Abstände (circa 0,001 mm) zwischen zwei radiären Plasmabälkchen resp. Wabenkanten gegen die künstliche Erzeugung derselben und 3. werden bei der wirklichen Zurückziehung des Zell- inhaltes, wie es bei Einwirkung der stark und schnell wasserentziehen- den Mittel bei der Abhebung der Membran der Fall ist, ganz andere Bilder erzeugt, indem einige der radiären Wabenkanten der Rinden- schicht an der Membran haften bleiben, die anderen (was allerdings seltener der Fall ist) dagegen mit dem Zellinhalt sich zurückziehen und nun radiär von ihm ausstrahlen. Würde man die Zrscher’sche Deutung der alveolären Rinden- schicht zugeben, so wäre man ferner, meiner Meinung nach, verpflichtet, diese Deutung auch auf die sog. Alveolarschicht der meisten Proto- zoön, welche der Rindenschicht der Bacterien morphologisch vollkommen entspricht, auszudehnen und diese gleichfalls für ein Kunstproduct zu erklären. Gerade bei diesen Formen und besonders bei einigen grös- seren Infusorien tritt aber die Alveolarschicht mit einer Deutlichkeit hervor, dass kein Histologe und kein halbwegs geübter Mikroskopiker ihr wirkliches Vorhandensein bezweifeln würde. Jedoch abgesehen ') 0. Bütschli. Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig. 1892. p. 76—78. ee TTeber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 53 davon lässt sich die Alveolarschicht, wenn vorhanden, immer auch an allen lebenden Exemplaren wahrnehmen, bei denen von einer Plasmo- lyse keine Rede sein kann. Ich muss zugeben, dass die beschriebene Structur der Rinden- schicht nicht an allen, sondern nur an einigen wenigen lebenden Achromatien zu sehen war und erst an fixirten Exemplaren mit Deut- lichkeit hervortrat. Diese Erscheinung wäre aber meiner Meinung nach ganz anders zu erklären. Im lebenden Zustande muss nämlich eine ganz minimale Differenz im Lichtbrechungsvermögen der Waben- wände und des Wabeninhalts der Rindenschicht bestehen, wesshalb auch von den Structurverhältnissen derselben so gut wie nichts wahrzu- nehmen ist und die Rindenschicht meist homogen (Fig. 1) erscheint. Wird aber bei der Fixirung d. h. Wasserentziehung unter Gerinnung sozusagen dieses annähernd vorhandene Gleichgewicht im optischen Verhalten aufgehoben, so kommen die feineren Structurverhältnisse zum Vorschein. Sie werden demnach nicht künstlich etwa durch Plasmolyse erzeugt, wie es Fischer meint, sondern blos wahrnehmbar oder deutlich gemacht. Eine entsprechende Erklärung gab ich seinerzeit für den Kern der Euglypha '), welcher im lebenden Zustande vollkommen homogen und structurlos erscheint, bei fixirten oder abgestorbenen, sowie bei den lebenden zur Theilung sich anschickenden Exemplaren dagegen einen feinmaschigen Bau zeig. Wenn man die eben erwähnte Er- scheinung gleichfalls als Kunstproduct deuten will, so steht auch nichts im Wege, alle karyokinetischen Figuren als solche zü erklären. Nach dieser kurzen Abschweifung wende ich mich wieder zum Bau der Rindenschicht. Das Wabenwerk derselben ist etwas weit- maschiger als die netzartige Zeichnung der Membran, wie man. das aus den Flächenansichten auf Fig. 11 und 12 ersehen kann. Dagegen sind aber bei unserem Organismus die Waben der Rindenschicht eng- maschiger als diejenigen des weiter unten zu besprechenden Central- körpers. Die Rindenschicht ist von jeglichen Einlagerungen vollkommen ') W. Schewiakoff. Ueber die karyokinetische Kerntheilung der Eu- glypha alveolata. Morph. Jahrb. Bd. XII, p. 198-200. 54 W. Schewiakofl: frei und ganz farblos. Sie wird von den verschiedenen angewandten Tinetionsmitteln ziemlich intensiv, jedoch schwächer als die Membran gefärbt. Am geeignetsten erwies sich stark verdünntes Delafield’sches Hämatoxylin, welches durch eine Spur von Essigsäure angesäuert wurde. Dieser Farbstoff ergab nach einer Einwirkung von circa 4— 6 Stunden eine distincte blaue Färbung mit einem Stich in’s Violette. Nach innen von der Rindenschicht und von ihr allseitig um- schlossen liegt der Centralkörper (Fig. 3—4 und 6—10c), welcher den hauptsächlichsten Bestandtheil des Organismus bildet. Dieser Centralkörper ist gleichfalls farblos und besitzt einen deutlichen schön wabigen Bau. Der Binnenraum der Waben wird vollkommen von den bereits erwähnten grossen, stark lichtbrechenden Inhaltskörpern aus- gefüllt, wobei jede Wabe immer nur einen Inhaltskörper beherbergt. Da die letzteren gewöhnlich die Waben ganz prall ausfüllen und die Wabenwände ausserordentlich dünn sind, so lässt sich auch das wabige Gefüge des Centralkörpers an lebenden Exemplaren wohl vermuthen, aber nicht mit Sicherheit nachweisen. An etwas gepressten Exem- plaren (Fig. 1) sieht man deutlich die Grenzlinien der dicht neben- einander liegenden Inhaltskörper, welche nicht geradlinig, sondern meist sphärisch gekrümmt sind. Nur die zuweilen scharf hervortre- tenden Knotenpunkte geben Veranlassung, auf das Vorhandensein des Wabengerüstes zu schliessen. Behandelt man Achromatium mit verschiedenen Fixirungsflüssig- keiten, wie Pikrinschwefelsäure, Chromosmiumessigsäure, Jodalkohol etc., oder lässt man die auf eine andere Weise (mit Osmiumsäure, absol. Alkohol, Sublimat oder durch Hitze) abgetödteten Exemplare einige Zeit (1—2 Stunden) in Wasser liegen, so werden die Inhaltskörper aufgelöst und der wabige Bau des Centralkörpers kommt auf das Schönste und Deutlichste zum Vorschein. Dass dieses wabige Gefüge nicht einfach durch Auflösen der Inhaltskörper erzeugt wird, kann man an solchen (obgleich selten anzutreffenden) Exemplaren ersehen,’ in denen einige Waben nicht vollkommen von Inhaltskörpern ausge- füllt sind oder welche sogar derselben entbehren. Einen ferneren Beleg dafür liefert das sogenannte Zerfliessenlassen der Organismen. Fun Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 55 Wird ein genügender (jedoch nicht zu starker) Druck ausgeübt, so platzt: die Membran gewöhnlich an einer Stelle auf, der zähflüssige Inhalt wird herausgepresst und zeigt nun auf’s Deutlichste einen wabigen Bau (Fig. 13), wobei der Binnenraum jeder Wabe von den erwähnten Inhaltskörpern eingenommen wird. Der Bau und die chemische Beschaffenheit dieser Inhaltskörper sollen weiter unten eingehend geschildert werden. Zuerst will ich beschrei- ben, was ich über den Bau des Centralkörpers, sowie seine anderen Einlagerungen ermitteln konnte. An guten, mit den obenerwähnten Fixirungsmitteln behandelten und der Inhaltskörper beraubten Präparaten ist auf’s Deutlichste zu erkennen, dass der Centralkörper eine ausgesprochene Wabenstructur besitzt. Diese Waben sind bedeutend weitmaschiger als diejenigen der Rindenschicht und zwar unterscheidet man (Fig. 3—4 u. 6—10) eine periphere Lage von grösseren Waben und 2 bis 3 innere Waben- reihen, die meist um das Doppelte kleiner sind. Bei hoher oder tiefer Einstellung (Fig. 2 und 5) gewahrt man nur die periphere Wabenlage des Centralkörpers, bei mittlerer Einstellung dagegen, d.h. im optischen Durchschnitt (Fig. 3—4 und 6—10) sieht man 2—3 Längsreihen von. engmaschigeren Waben, welche von den grösseren, peripheren, un- mittelbar nach innen von der Rindenschicht gelegenen Waben um- geben werden. Dieselben Verhältnisse zeigen auch die optischen Quer- schnitte (Fig. 4). Behandelt man gut fixirte und ausgewaschene Präparate mit den verschiedensten, bereits erwähnten Färbungsmitteln, so wird der Central- körper bedeutend intensiver als die Rindenschicht und die Membran gefärbt. Am besten erwies sich wiederum mit Essigsäure angesäuertes Delafield’sches Hämatoxylin, obgleich auch Methylenblau und Methyl- violett ganz gute Dienste leisteten. Bei den mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten zeigte der Centralkörper einen violettblauen Ton, wobei das ganze Wabengerüst ohne Unterschied der Grösse der Waben schön dunkel violettblau erschien. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, besonders für diejenigen, welche das Achromatium eventuell nachuntersuchen werden, dass die 56 W. Schewiakoft: Herstellung der Präparate grosse Sorgfalt verlangt. In erster Linie müssen die Fixirungsflüssigkeiten vorsichtig und nicht in starken Con- centrationen angewendet werden, damit die Inhaltskörper nicht zu rasch, sondern allmählich aufgelöst werden. Bei Einwirkung starker Lösungen von Pikrinschwefelsäure oder Chromosmiumessigsäure werden die Inhaltskörper zu rasch aufgelöst, so dass öfters Zerreissungen der dünnen und ganz besonders der im Innern gelegenen Wabenwände eintreten. Infolgedessen erhält man dann meist Bilder, die zu falschen Auffassungen des Baues des Centralkörpers führen können. Am ge- eignetsten erwiesen sich halb- oder zum Drittel verdünnte Flemming- sche Flüssigkeit oder 75°, Jodalkohol (weingelb), welche die Inhalts- körper nur sehr allmählich auflösen, so dass der gelöste Inhalt langsam durch die Wabenwände hindurchdiffundiren kann, ohne den allgemeinen Bau des Centralkörpers zu beeinträchtigen. Ebenso vorsichtig muss man beim nachherigen Auswaschen, Färben und Einschliessen der fixirten Präparate verfahren. Durch das be- schriebene Auflösen der Inhaltskörper entstehen relativ grosse, mit der betreffenden Fixirungsflüssigkeit erfüllte Hohlräume, die an den dünnen Plasmawänden des Wabenwerks eine geringe Stütze haben. Findet nun beim Färben oder Durchleiten von Alkohol ein zu reger Aus- tausch der Flüssigkeiten statt, so können wiederum Zerreissungen der . Wabenwände eintreten oder es kann gar der ganze Organismus auf einmal collabiren und zusammenschrumpfen. Ich suchte diesem Um- stande dadurch vorzubeugen, dass ich durch längeres Einwirken (2 bis 3 Stunden) der Fixirungsflüssigkeit die Präparate gehörig härtete und dann die betreffenden Flüssigkeiten sehr vorsichtig in allmählich stei- genden Concentrationen durchleitete. Selbstredend wurde die ganze Manipulation unter dem Mikroskop ausgeführt und fortwährend con- trollirt. Trotz aller dieser Vorsichtsmassregeln collabiren die Präparate zuweilen doch und wenn sie auch später ihre ursprüngliche Gestalt wieder annehmen, so sind sie zum Studium der feineren Structur- verhältnisse untauglich, weil bei diesem Vorgang gewöhnlich Zer- reissungen der Wabenwände stattfinden. Die oben beschriebenen und Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 57 weiter unten bei der Theilung noch zu schildernden Strueturverhält- nisse des Centralkörpers wurden nur an tadellosen Exemplaren gemacht. Eine besondere und fast unüberwindliche Schwierigkeit bietet die Her- stellung von Dauerpräparaten in Damarlack oder Canadabalsam, da namentlich Nelkenöl oder Terpentinöl trotz der sorgfältigsten Abstufungen (mit Alkohol) immer schädlich einwirken und Schrumpfungen oder Zerreissungen verursachen. Ich begnügte mich daher mit dem Stu- dium der in Wasser oder Glycerin (das sehr vorsichtig und allmählich zugesetzt wurde) eingeschlossenen Präparate. In jedem Centralkörper finden sich mehr oder weniger zahlreich kleine, runde Körperchen eingelagert, welche sich mit Hämatoxylin rothviolett färben zum Unterschied von dem sich immer blauviolett färbenden Gerüstwerk des Centralkörpers. Es sind dies die sogenannten rothen Körner Bütschlv’s, welche von diesem Forscher im Central- körper der Bacterien und Cyanophyceen, sowie in manchen Kernen der Protozo@n (Euglena), sowie in andern thierischen und pflanzlichen Zellkernen nachgewiesen wurden. Wie bereits Dütschli!) bemerkt, sind diese Gebilde zweifellos mit den Körpern identisch, welche Ernst?) in den Bacterien und Oscillarien als stark tingirbare Körner nachwies und die er als Kerne deutete. Diese rothen Körperchen sind bei unserem Organismus nur im Centralkörper anzutreffen. Sie liegen gewöhnlich in den Knoten- punkten des Wabengerüstes und zwar der peripheren, sowie der in- neren centralen Waben; zuweilen sind sie auch in den Wabenkanten anzutreffen. In der Rindenschicht habe ich sie nie beobachtet, wohl aber an der Grenze derselben und des Centralkörpers und dann immer in den Knotenpunkten des Wabenwerks des letzteren. Ihre Zahl und Grösse ist bei verschiedenen Exemplaren sehr schwankend; je weniger von ihnen vorhanden sind, desto grösser sind sie in der Regel und umgekehrt. Wie weiter unten bei der Vermehrung des Organismus '!) 0. Bütschli. Bacterien |. c. p. 13. 2) P. Ernst. Ueber Kern und Sporenbildung bei Bacterien. Zeitschrift für Hygiene. Bd. V. 1888. 58 W. Schewiakoff: gezeigt werden soll, können sich die rothen Körner durch Zweitheilung vermehren. In lebenden etwas gepressten Exemplaren (Fig. 1) erscheinen die rothen Körner als schwach lichtbrechende, matt bläuliche Gebilde; viel deutlicher treten sie in dem ausgepressten Inhalt hervor (Fig. 13). Ebenso deutlich erkennt man sie in den fixirten Exemplaren. Sie nehmen recht begierig verschiedene Farbstoffe auf und zeigen dann bei gewisser Behandlung und bei Anwendung einiger Tinctionsmittel eine vom Gerüstwerk des Centralkörpers abweichende Färbung. So färben sie sich, nach Abtödtung, mit Methylenblau schön purpurroth, wogegen das Gerüstwerk des Öentralkörpers dunkelblau, die Rinden- schicht und Membran hellblau erscheint. Desgleichen färbeu sie sich mit Delafield’schem Hämatoxylin oder noch besser mit demselben Hämatoxylin, dem eine Spur von Essigsäure zugesetzt wurde, roth- violett, der Gentralkörper und die Rindenschicht blauviolett, letztere jedoch schwächer. Die letztere Färbung gelingt am besten an mit Jodalkohol oder siedendem Wasser abgetödteten oder nach der An- trocknungsmethode angefertigten Präparaten. Auch bei mit anderen Fixirungsflüssigkeiten (namentlich Chromosmiumessigsäure) abgetödteten und gründlich ausgewaschenen Exemplaren lässt sich eine Farben- differenz der Körnchen und des Gerüstwerks bemerken, nur dass sie bei dieser Behandlung nicht so scharf hervortritt wie bei der ersten. Was die chemische Beschaffenheit der Körnchen angeht, so lässt sich vorläufig über dieselbe nichts Sicheres sagen. Die rothen Körner sind‘ unlöslich in Wasser, Alkohol und Aether, sowie in Schwefel- kohlenstofl. Sie sind unlöslich in verdünnten Mineralsäuren und schwacher Kalilauge. Desgleichen werden sie nicht vom künstlichen Magensaft bei 24stündiger Einwirkung aufgelöst. Sie lösen sich in 10°, Soda. Mit Millon’s Reagenz färben sie sich röthlich gelb und mit alkoholischer oder wässriger Jodlösung braungelb. Mit 0,1°% essigsaurem Eisenoxyd, sowie schwacher Eisenchloridlösung nehmen sie einen bläulichen Ton an. Nach dem geschilderten Verhalten wären demnach diese Gebilde als sog. Chromatinkörnchen anzusprechen, die von verschiedenen Forschern besonders in der letzten Zeit in ä > Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers, 59 verschiedenen pflanzlichen und thierischen Zellkernen nachgewiesen wurden. Was nun die Deutung des Centralkörpers und der Rindenschicht anbetrifit, so möchte ich mich der Dütschlv’schen Auffassung über analoge Gebilde der Bacterien und Cyanophyceen vollkommen an- schliessen. Zu den von Bütschli ‘) angeführten Beweisgründen hätte ich nichts wesentlich Neues hinzuzufügen. Demnach würde der Cen- tralkörper einem Zellkerne und die Rindenschicht dem Zellkörper entsprechen. Ich komme nun zur Beschreibung der in mancher Hinsicht inter- essanten Inhaltskörper. Wie bereits mehrfach erwähnt wurde, sind sie stets nur im Centralkörper anzutreffen und füllen meist den Binnen- raum der Waben des letzteren vollkommen aus. Ihre Gestalt und Grösse hängt demnach von jener der betreffenden Wabe, welcher sie eingelagert sind, ab. Diese Inhaltskörper sind meist mehr oder weniger kuglig oder ellipsoidal bis ganz unregelmässig conturirt, was an isolirten Inhaltskörpern (Fig. 14) zu sehen ist; ihre Grösse schwankt von circa 0,002 bis 0,004 mm im Durchmesser. Bei schwachen Vergrösserungen erscheinen sie stark glänzend und undurchsichtig, so dass der von ihnen erfüllte Organismus auch voll- kommen undurchsichtig erscheint. Betrachtet man das Achromatium bei starken Vergrösserungen, so zeigen die stark glänzenden Inhalts- körper einen schwach gelblichen Ton, wogegen sie im isolirten Zustand ganz farblos erscheinen. Sie sind ziemlich stark lichtbrechend und zwar stärker als Wasser, Schwefeläther und Aethylalkohol (abs. Alkoh.), dagegen schwächer als Schwefelkohlenstoff, so dass ihr Brechungsindex zwischen 1,367 (abs. Alk.) und 1,626 (Schwefelkohlenstoff) liegen muss. Die Inhaltskörper liegen nicht frei in den Waben des Central- körpers, sondern sind nach aussen von einem äusserst dünnen Häufchen umschlossen. Vom Vorhandensein dieses Häutchens überzeugt man sich mit Leichtigkeit, wenn man die isolirten Inbaltskörper sehr vor- sichtig mit Wasser oder 5°/, Kalilauge oder noch besser mit 0,1 bis 1) O. Bütschli. 1. e. p. 26-35. 60 W. Schewiakoff: 0,2 °/, Salzsäure behandelt. Dabei schwindet der Inhalt durch Auf- lösung vollkommen und es bleibt ein dünnes Häutchen von der Gestalt der Inhaltskörper zurück, welches sich mit verschiedenen Anilinfarben färbt. Am besten erwies sich Congoroth (alkoholische und wässrige Lösung), welches das Häutchen rosenroth färbte. Bei 'den mit Jod- alkohol vorsichtig behandelten isolirten Inhaltskörpern bleibt ebenfalls nach der Auflösung des Inhalts das Häutchen zurück und nimmt eine bräunlichgelbe Farbe an. Cellulosereaction zeigte das Häutchen nicht. Nach ihrem optischen Verhalten zu urtheilen, müssen die Inhalts- körper eine ziemlich feste Consistenz besitzen, wovon man sich auch an isolirten Inhaltskörpern überzeugt. Drückt man nämlich vorsichtig auf das mit Wachsfüsschen unterstützte Deckglas, unter welchem die isolirten Inhaltskörper liegen, so entstehen Risse (Fig. 15) in dem Häutchen, ohne dass ihr Inhalt nach aussen austritt, was also gegen einen tropfbar flüssigen Zustand derselben spricht. Bei stärkerem Druck werden die Inhaltskörper vollkommen zerquetscht. Im pola- risirten Lichte erweisen sie sich einfach brechend. Diese Inhaltskörper sind den Schwefelkörnern nicht unähnlich, welche, wie die Untersuchungen Winogradsky’s!) und später Dütschlx’s?) gezeigt haben, im Plasma der sog. Schwefelbacterien anzutreffen sind und zuweilen in so grosser Menge, dass der ganze Organismus un- durchsichtig erscheint. Die Aehnlichkeit geht sogar so weit, dass ich die Inhaltskörper des Achromatiums zuerst für Schwefelkörner hielt, bis ich mich durch die entsprechenden chemischen Reactionen über- zeugte, dass sie nicht aus Schwefel bestehen. Nicht uninteressant ist es, dass die Inhaltskörper des Achromatiums gleich den Schwefelkörnern nur im Centralkörper sich vorfinden, wogegen die Rindenschicht immer frei von ihnen bleibt. Sie erinnern am meisten an die Schwefelkörner von Ophidomonas jenensis, bei welcher dieselben, wie Bütschli?) gezeigt hat, zuweilen recht ansehnlich sind und in grossen vacuolen- ) S. Winogradsky. Beiträge zur Morphologie u. Physiologie der Bac- terien. Heft 1. Zur Morphologie der Schwefelbacterien, Leipzig. 1888. ?) O. Bütschli. Bacterien, 1. c. 3) 0. Bütschli. 1. ec. p. 15—16. Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 61 artigen Hohlräumen des Centralstranges resp. Centralkörpers (Kern) eingelagert sind. N Was die chemische Zusammensetzung der Inhaltskörper anbetrifft, so hat es mir sehr viel Mühe und Zeit gekostet, bis ich ihre Natur mit einiger Sicherheit ermitteln konnte. Beiläufig möge bemerkt werden, dass die im Nachstehenden zu schildernden Ergebnisse sowohl an ganzen mit Alkohol oder durch Hitze abgetödteten Exemplaren, als auch an durch Zerquetschen isolirten Inhaltskörpern gewonnen wurden. Behandelt man den Organismus mit Fixirungsflüssigkeiten, welche Mineralsäuren enthalten, so werden die Inhaltskörper sehr rasch auf- gelöst. Sie lösen sich demnach in 0,5—1°/, Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure und stark verdünnter Chromsäure; auch in organischen Säuren, wie Oxalsäure und Essigsäure (concentrirte wie verdünnte), werden sie aufgelöst. Mit anderen Fixirungsflüssigkeiten, wie Alkohol (in verschiedenen Concentrationen), Osmiumsäuredämpfe, Sublimat, oder ‚durch Hitze abgetödtete Exemplare bleiben zuerst unverändert. Bringt man letztere aber darauf in Wasser, so werden die Inhaltskörper in eirca 1—2 Stunden vollkommen aufgelöst. Dabei bemerkt man, dass ' zunächst (in eirca 15 Minuten) die Inhaltskörper der peripheren Wabenschicht des Centralkörpers und erst später diejenigen der inneren Waben aufgelöst werden. Die Auflösung wird beschleunigt, wenn man durch das Präparat fortwährend Wasser durchleitet, welches am an- deren Ende des Deckglases mit Fliesspapier vorsichtig abgesaugt wird. Auch an frisch zerdrückten Exemplaren, deren Inhaltskörper isolirt wurden, bemerkt man, dass die letzteren in Wasser mit Leichtigkeit aufgelöst werden. Die Auflösung beginnt nach ca. 5 Minuten unter Corrosion (Fig. 16) der Inhaltskörper und verläuft sehr rasch, so dass nach 15—20 Minuten sämmtliche isolirte Inhaltskörper bis auf das Häutchen vollkommen aufgelöst sind. Viel energischer geschieht die Auflösung in oxydirenden Mitteln, wie alkoholische und wässrige Jod- lösung in verschiedenen Concentrationen, Wasserstoffsuperoxyd und übermangansaures Kalium (schwach violette Lösnng). 62 W. Schewiakoff: In verdünnten Alkalien (KHO und NaHO), sowie verdünntem Ammoniak sind die Körper gleichfalls löslich, wobei, bei Anwendung einer 5 °/, Aetzkalilösung, die Auflösung der Inbaltskörper allseitig und centripetal vor sich geht (Fig. 17). Der stark lichtbrechende Inhalt der Körper schmilzt zu einem kleinen Korn zusammen, welches nach circa 10 Minuten völlig verschwindet, während das Residuum (ein dünnes Häutchen) etwas aufquillt. Gegen verschiedene Salzlösungen verhalten sich die Inhaltskörper recht verschieden. So sind sie un- löslich in Sublimat und gesättigter Lösung von phosphorsaurem Na- trium Na,PO,, dagegen löslich in kohlensaurem Natrium, doppeltchrom- saurem Kalium, Eisenchlorid und übermangansaurem Kalium. Mit einer Ferrosulfatlösung behandelt nehmen sie eine braungrüne Farbe an, welche zuerst in eine braungelbe und dann nach etwa 15 Minuten in eine goldgelbe übergeht; die Körper wurden somit von FeSO,-Lösung nicht aufgelöst, sondern blieben darin während 3 Tagen erhalten. In absolutem Alkohol lösten sich die Inhaltskörper nicht und blieben darin 5 Tage unverändert. Bringt man sie aus dem absol. Alkohol in Wasser, so werden sie in circa 1 Stunde aufgelöst. In 30, 50 und 70 °/, Alkohol sind die Inhaltskörper löslich, jedoch lang- samer als in Wasser. In Schwefeläther, sowie in einem Gemisch von absolutem Alkohol und Aether sind sie unlöslich, selbst bei sieben- tägiger Behandlung in diesem Gemische bei einer Temperatur von 40° C. Desgleichen unlöslich sind sie in Schwefelkohlenstofl. Bringt man sie aber aus diesen Flüssigkeiten in Wasser, so lösen sie sich vollkommen auf. Fassen wir nun die Resultate dieser Versuche zusammen, so er- gibt sich, dass die Inhaltskörper löslich in Wasser, verdünntem Alkohol, schwachen und starken Mineralsäuren, sowie organischen Säuren, Alkalien und oxydirenden Flüssigkeiten, dagegen unlöslich in absolutem Alkohol, Aether, Schwefelkohlenstoff, sowie einigen Salz- lösungen (HgCl,, Na,PO, und FeS0,) sind. Lässt man nun die mit absolutem Alkohol, Osmiumsäuredämpfen, Sublimat oder einfach durch Hitze abgetödteten Exemplare oder die durch Zerdrücken isolirten Inhaltskörper ruhig im Wasser liegen, so KEF ; “ 4 % 4 R Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 63 bilden sich nach eirca /, Stunde in der unmittelbaren Nähe der Organismen schöne, meist rhombo@derähnliche Krystalle. Bei isolirten Inhaltskörpern erfolgt die Krystallbildung selbstredend bedeutend rascher (etwa nach 10 Minuten) und zwar immer in der nächsten Nähe (neben oder unterhalb) der isolirten Körper, dagegen seltener in den Inhalts- körpern selbst. Die sehr kleinen Krystalle sind, wie gesagt, zum Theil rhombo&der- ähnlich (Fig. 19a), zum Theil dagegen tafelförmig (Fig. 19b und c); zuweilen lassen sich noch Wachsthumsformen und Zwillinge (Fig. 19d) beobachten. Im polarisirten Lichte erweisen sich die Krystalle stark doppelbrechend (anisotrop) und zeigen sehr lebhafte Farben. Liegen die Krystalle auf der scheinbaren Rhomboöäderfläche, welche die Basis der tafelförmigen bildet, so erfolgt die Auslöschung zwischen den ge- kreuzten Nikols in den Diagonalen der Rhomboöderfläche. Diese rhomboöderähnlichen Krystalle (Fig. 19a) gehören zum monoklinen System und stellen eine Combination von monoklinem Prisma &P und basischem (schiefen) Pinakoid OP dar. Die tafel- förmigen Krystalle zeigen entweder einen rhombischen (Fig. 19b) oder sechsseitigen (Fig. 19c) Querschnitt. Die ersteren wären durch Ver- kürzung der Hauptaxe des scheinbaren Rhomboäders entstanden zu denken, indem sie nach der Fläche des basischen Pinakoids tafelförmig sind; die letzteren lassen noch auf die Anwesenheit eines Klinopina- _ koids “Po schliessen. Holzner '), welcher die in verschiedenen Pflanzenzellen vorkom- menden Kalkoxalatkrystalle untersuchte, ermittelte zuerst, dass die früher irrthümlich für Rhomboöder gehaltenen Krystalle dem mono- klinen Systeme angehören und sog. Hendyoöder sind, d. h. eine Combination von OP, “P und »P&. Von dieser Stammform leitet Holzner alle übrigen Formen, zumal die tafelförmigen, ab. Die bei unserem Organismus gewonnenen Krystalle sind denselben in hohem Grade ähnlich und zweifellos mit ihnen identisch. ') @. Holzner. Ueber die Krystalle in den Pflanzenzellen. Flora. XXIN. Jahrg. 1864. Nr. 18—19. p. 273—283 u. 289—304. 64 W. Schewiakoff: Ich versuchte auch Messungen‘) der Winkel anzustellen, muss jedoch bekennen, dass dieselben bei der Kleinheit der Kanten nicht genau auszuführen sind. Eine Reihe von Messungen ergaben, dass der ebene (spitze) Winkel der rhombischen Endfläche, welche die Basis der rhomboe@derähnlichen und der rhombisch tafelförmigen Krystalle bildet, eirca 70° beträgt. Diese Winkel schwanken aber gewöhnlich zwischen 60° und 80°. Nach Holzner (1. ce. pag. 293—296) beträgt das Hauptmittel dieses Winkels etwa 70°34‘, obgleich er bei Krystallen verschiedener Pflanzen zwischen 69°56‘ und 72°14' schwankt. Die eben beschriebenen Krystalle entstehen nicht nur bei vor- sichtiger Behandlung der abgetödteten oder zerdrückten Exemplare mit Wasser, sondern bilden sich auch bei Einwirkung von wässrigen und besonders alkoholischen Jodlösungen. Die Krystalle entstehen jedoch gleichfalls nur in dem Falle, wenn man die Flüssigkeit nicht fortwährend durchleitet, sondern ruhig einwirken lässt. Bei der letz- teren Behandlung gelang es mir zuweilen, statt der oben erwähnten rhomboäderähnlichen und tafelförmigen Krystalle typische Raphiden, d. h. prismatische Nadeln (Fig. 20a) oder Drusen (Fig. 20b) zu be- kommen. Die ersteren bildeten sich direct auf dem Organismus, indem sie bei ihrer Entstehung von der Körperoberfliche des Organismus nach allen Richtungen des Raumes hervorschossen und denselben bald vollkommen bedeckten ; die letzteren bildeten sich gewöhnlich in der unmittelbaren Nähe des Organismus. Diese Krystalle sind gleichfalls anisotrop und gehören dem mono- klinen Systeme an; viele von ihnen lassen sich deutlich als monokline Prismen erkennen, deren rhombische Endflächen mit der Hauptaxe einen kleinen Winkel bilden. Ich kann nicht mit Sicherheit behaupten, wodurch die Bildung der rhomboäderähnlichen und tafelförmigen Kry- stalle einerseits und der prismatischen Nadeln andererseits bedingt wird. Aus den angestellten Experimenten glaube ich aber schliessen zu dürfen, dass bei rascher Einwirkung der Flüssigkeit, also schneller !) Herrn Prof. Dr. Osann, welcher mich bei den Messungen, sowie beim Bestimmen der Krystalle freundlichst unterstützte, bin ich zu grossem Dank verpflichtet, welchen ich auch an dieser Stelle aussprechen möchte. Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 65 ® Krystallisation die ersteren, dagegen bei langsamer Einwirkung (70%, Alkohol) die letzteren gebildet werden. E Sämmtliche eben beschriebenen und auf die eine oder andere ; Weise erhaltenen Krystalle zeigen folgendes chemische Verhalten: { Sie sind unlöslich in kaltem und heissem Wasser, sowie in Alko- 5 Er hol, Aether und Schwefelkohlenstof. Desgleichen sind sie unlöslich - in Kochsalz, Chlorkalium, Barium- und Caleiumchlorid, in concentrirter a ER und verdünnter Essigsäure, sowie gesättigter und verdünnter Oxal- x säurelösung: Dagegen sind sie leicht und ohne Aufbrausen löslich in Mineral- 'säuren (bis zu 1°/,), wie Salzsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure. Setzt man zu den Krystallen concentrirte oder halbverdünnte Schwefel- säure hinzu, so entweichen grosse Gasblasen und es entstehen nadel- förmige Krystalle, die sich aber im Ueberschuss von H,SO, sofort - lösen. Verfolgt man diese Reaction unter dem Polarisationsapparat so sieht man ganz deutlich, wie die im Moment der Einwirkung von Schwefelsäure entstehenden nadelförmigen Krystalle stark aufleuchten, um sofort wieder zu verschwinden. Nach den angeführten chemischen Reactionen, sowie den krystallo- graphischen Eigenschaften der beschriebenen Krystalle kann es keinem - Zweifel unterliegen, dass dieselben aus oxalsaurem Caleium bestehen. Da aber diese Krystalle sich immer bei der Auflösung der Inhalts- körper bilden, so liegt es auf der Hand, dass die letzteren Oxalsäure oder ihre Derivate enthalten müssen. Diese Annahme wird auch durch folgende Versuche bestärkt. Isolirte Achromatien wurden nach gründ- Y licher Auswaschung mit destillirtem Wasser im Kalkwasser zerdrückt, - worauf sehr bald (und zwar schneller als im gewöhnlichen Wasser) nach Auflösung der Inhaltskörper die beschriebenen Calciumoxalat- - krystalle entstanden. Dieselben Krystalle bildeten sich auch bei gleicher Anwendung von schwachen Lösungen von salpetersaurem Calcium. Auch das von Schimper ‘) als Reaction auf Oxalsäure empfohlene 1) A. Schimper. Zur Frage der Assimilation der Mineralsalze durch die grüne Pflanze. Flora. N. R. XLVII. Jahrg. 1890. p. 215. Verhandl, d. Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins. N, Serie. V. 5 66 W, Schewiakoff: Uranylacetat UrO,(C,H,0,), bewährte sich zum Nachweis dieser Ver- bindung in den Inhaltskörpern. Zu diesem Zwecke wurden mehrere Exemplare isolirt und mit destillirtem Wasser ausgewaschen, worauf das Wasser bis auf einen kleinen Tropfen eingedunstet wurde. Bei Zusatz von Uranylacetat lösten sich die Inhaltskörper schnell auf und es entstanden beim Verdunsten nach einiger Zeit sehr kleine, dünne, gelbliche und doppelbrechende Lamellen von Uranyloxalat, welche den von Haushofer‘) auf Fig. 115 abgebildeten Krystallen ähnlich waren. Desgleichen spricht auch die oben angeführte Reaction mit Ferro- sulfatlösung (pag. 62) für das Vorhandensein der Oxalsäure in den Inhaltskörpern. Wenn es demnach keinem Zweifel mehr unterliegen konnte, dass die Inhaltskörper Oxalsäure enthalten, so schien es mir wenig wahr- scheinlich zu sein, dass dieselbe in freiem Zustande vorkommen sollte Dies umsomehr, da die Oxalsäure, soweit ich die betreffende Literatur beherrsche, in den Pflanzenzellen nie in freiem Zustande angetroffen wurde, sondern immer als ein Salz und zwar meist in Verbindung mit Caleium oder seltener in Verbindung mit Kalium. Da die Inhaltskörper im Wasser relativ leicht löslich sind, so dachte ich zunächst, dass sie aus einem in Wasser löslichen oxalsauren Salze und zwar saurem oxalsaurem Kalium bestehen würden, obgleich die feste, amorphe Beschaffenheit der Inhaltskörper gewisse Bedenken erregte. Zum Nach- weis von Kalium bediente ich mich einer schwachen Lösung von Platin- chlorid ?) und verfuhr dabei folgendermassen: Die Achromatien wurden in gehöriger Menge isolirt und gründlich mit destillirtem Wasser aus- gewaschen. Darauf wurde der Tropfen mässig eingedunstet und mit einem Deckglase bedeckt. Durch ausgeübten Druck wurden die Orga- nismen zerdrückt und eine PtCl,-Lösung vorsichtig durchgeleitet. Die Inhaltskörper lösten sich ziemlich rasch, und nachdem das Präparat unter dem Deckglas vorsichtig auf dem Wasserbade erhitzt und die ') K. Haushofer. Mikroskopische Reactionen. Braunschweig 1885. p. 133, ?) Das nach der Schimper’schen Methode (Schimper 1. ce. p. 213) unter- suchte Platinchlorid erwies sich kaliumfrei. Er Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Stsswassers. 67 Flüssigkeit auf diese Weise verdunstet war, bildete sich eine grosse Menge von sehr kleinen K,PtCl;-Krystallen. Dieselben besassen eine gelbe Farbe und bestanden aus kleinen Würfeln und Octaödern, die im polarisirten Lichte einfachbrechend sich erwiesen. Wenn nun auf diese Weise auch Kalium in dem Organismus nachgewiesen wurde, so ist es durchaus noch nicht gesagt, dass es an die Oxalsäure gebunden in den Inhaltskörpern vorkommen sollte, da es ebenso gut auch im Plasma des Wabengerüstes vorhanden sein konnte. Würden demnach die Inhaltskörper KHC,O, oder ein anderes in Wasser lösliches, oxalsaures Salz enthalten, so kann die Bildung der Caleiumoxalatkrystalle nur dadurch erklärt werden, dass die beim Auflösen der Inhaltskörper nach aussen durch die Wabenwände diffun- dirende KHC,0,-Lösung in eine Wechselzersetzung mit einem gleich- falls in Wasser löslichen Kalksalze treten muss. (Bei lebenden Orga- nismen muss diese Diffussion aus irgend welchen Gründen unmöglich sein.) Betreffs der Anwesenheit des zur Bildung von CaC,0,-Krystallen unentbehrlichen Caleiumsalzes sind zwei Möglichkeiten vorhanden: ent- weder muss es im umgebenden Wasser oder im Organismus selbst ent- halten sein. Obgleich das erstere mir sehr wahrscheinlich erschien, hielt ich auch das letztere nicht für ausgeschlossen und suchte mir durch folgende Versuche darüber einige Gewissheit zu verschaffen. Da das Wasser, in welchem der Organismus vorkam, sich als kalkhaltig erwies, zerdrückte ich einige Exemplare in destillirtem Wasser und konnte in demselben die Bildung der Kalkoxalatkrystalle (immer in der unmittelbaren Nähe der Organismen) feststellen, obgleich dieselbe viel langsamer als sonst vor sich ging. Da aber auch das destillirte Wasser Spuren von Kalk enthalten konnte, welche zur Bildung der mikroskopisch kleinen Krystalle von CaC,O, ausreichen würden, so suchte ich Caleium im Organismus selbst nachzuweisen. Zu diesem Zwecke wurden ganze, lebende Exemplare isolirt und gründlich mit destillirtem Wasser aus- gewaschen. Darauf wurden sie in eine schwache Ammoniumoxalatlösung übergeführt und darin zerdrückt. Nach einiger Zeit konnte man im isolirten Wabengerüste und unmittelbar um die Inhaltskörper herum äusserst kleine Kryställchen von CaC,O, wahrnehmen, die aber in der 5* 68 W. Schewiakoff: übrigen Flüssigkeit fehlten. Dieselben waren so klein, dass nur bei etwa 2500facher Vergrösserung die krystallinische Gestalt einiger der- selben ermittelt werden konnte. Dafür aber konnte bei Betrachtung im polarisirten Lichte kein Zweifel über ihre krystallinische Natur bestehen, da dieselben sich anisotrop erwiesen und sehr stark glitzerten. Die Inhaltskörper blieben aber in der (NH,),C,0,-Lösung während einer Stunde vollkommen unverändert. Darauf wurde das Präparat mit destillirtem Wasser ausgewaschen und durch dasselbe eine schwache Lösung von Caleiumnitrat durchgeleitet. Nach etwa 5 Minuten be- gannen die Inhaltskörper sich aufzulösen und es entstanden in ihnen oder in der unmittelbaren Nähe derselben grosse, rhomboä@derähnliche und tafelförmige Krystalle von oxalsaurem Calcium. So sehr auch diese Versuche dafür zu sprechen scheinen, dass die Bildung von CaC,O,-Krystallen durch eine Wechselwirkung des in den Inhaltskörpern enthaltenen KHC,O, und eines im Wabengerüste des Centralkörpers vorhandenen Kalksalzes') verursacht wird, lassen sich dagegen folgende Einwände erbringen: Vor allen Dingen muss die Quantität des im zarten Wabengerüste des Centralkörpers vorhandenen Caleiums so ausserordentlich gering sein, dass es unmöglich das K und H des in den relativ grossen und zahlreichen Inhaltskörpern ent- haltenen KHC,O, ersetzen kann. Das ungleiche Verhältniss von Massen des plasmatischen Wabengerüstes und der Inhaltskörper ist sofort zu ersehen, wenn man nur ein beliebiges der abgebildeten Achromatien betrachtet. Noch mehr bestärkt wird man darin, wenn man die Quan- tität der kleinen, bei Zusatz von (NH,),0,0, im Wabengerüste ent- stehenden CaC,0,-Krystalle mit derjenigen der aus den Inhaltskörpern bei Zusatz von Ca(NO,), entstehenden vergleicht. Ferner sprechen folgende angestellte Versuche entschieden gegen die Annahme der geschilderten Wechselzersetzung. ' Eine Anzahl von Achromatien wurde in destillirtem Wasser iso- 1) Nicht uninteressant wäre beiläufig zu erwähnen, dass nach Löw (Bot. Centralbl. Bd. L, 1892. p. 73) die Gerüstsubstanz des Zellkerns wahr- scheinlich aus Caleiumverbindungen des Plastins resp. Nucleins bestehen soll. +; a h 3 Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers,. 69 lirt, auf dem Deckglas angetrocknet und über einer Flamme schwach geglüht. Betrachtet man nun auf diese Weise behandelte Exemplare im Wasser, so sieht man, dass sie ihre allgemeine Gestalt beibehalten haben, dass dagegen die Membran, Rindenschicht, sowie das plasma- tische Gerüst des Centralkörpers bis auf die Inhaltskörper vollkommen verschwunden (verbrannt) sind. Im polarisirten Lichte erscheinen die etwas opaker gewordenen Inhaltskörper jetzt doppelbrechend und bleiben im Wasser unverändert. Bei Zusatz von concentrirter oder schwacher (2—5°/,) Salzsäure, sowie concentrirter (bis 1%/,) Essigsäure lösen sich dieselben sofort und vollkommen unter Gasentwicklung auf. Wurde ein auf dieselbe Weise hergestelltes Präparat sehr stark über der Flamme geglüht, so blieben gleichfalls die Inhaltskörper zurück, welche in ihrer Gesammtheit noch die Gestalt des Organismus beibehielten. Sie erscheinen gleichfalls anisotrop und waren in Salzsäure und Essigsäure, aber ohne Gasentwicklung, löslich. Diese Versuche scheinen mit Bestimmthgit darauf hinzudeuten, dass die Inhaltskörper Calcium und zwar höchst wahrscheinlich oxal- saures Calcium enthalten müssen. Bei schwachem Glühen würde das CaC,0, unter Kohlenoxydabgabe zu kohlensaurem Calcium sich ver- wandeln, welches bei Behandlung mit Essigsäure oder Salzsäure unter Kohlensäure-Entwicklung sich lösen muss. Bei stärkerem Glühen würde das CaC,O, zunächst in CaCO, und dann unter Kohlendioxyd- abgabe in Caleiumoxyd übergehen, welches in Essigsäure oder Salz- säure sich auflöst. Wenn demnach das oxalsaure Calcium in den Inhaltskörpern ent- halten ist, so ist es nicht annehmbar, dass die letzteren nur aus dieser Substanz zusammengesetzt sind. Dagegen sprechen nämlich die oben beschriebenen Reactionen auf die Inhaltskörper und zumal die amorphe und feste Beschaffenheit derselben, sowie ihre Löslichkeit im Wasser. Man kann vermuthen, dass das Calciumoxalat in den Inhaltskörpern durch irgend eine organische Verbindung in Lösung gehalten sei und erst beim Abtödten des Organismus nach Entfernung der betreffenden Verbindung nach aussen diffundirt und auskrystallisirt. Da nun da- Calciumoxalat auch im gelösten Zustande im Safte einiger Pflanzens 70 W. Schewiakoff: zellen vorkommt und nach Scheibler’s') Untersuchungen sich in Runkel- rübensaft leicht löst, so vermuthete ich, dass die Inhaltskörper aus irgend einem festen, in Wasser löslichen Kohlenhydrate bestehen würden, welches seinerseits das Calciumoxalat in Lösung hielte. Aus diesem Grunde wurden Reactionen zum Nachweis der Kohlen- hydrate unternommen, die aber zu keinem erheblichen Resultate führten. So wandte ich vor allem die beiden von Molisch?) empfoh- lenen, vielen Kohlenhydraten gemeinsamen Reactionen mit 15—20 9, alkoholischer Lösung von &-Naphtol resp. Thymol und nachheriger Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure an — jedoch ohne Spuren von Zuckerarten nachweisen zu können. Auch die Anwendung von nach Dragendorf°) bereiteter Fehling’scher Lösung führte zu keinem Resultate. Nur eine Reaction ist mir gelungen und zwar die von Sachs *) vorgeschlagene zum mikrochemischen Nachweis des Rohrzuckers. Iso- lirte und mit destillirtem Wasser ausgewaschene Exemplare, sowie durch Druck isolirte Inhaltskörper wurden auf eine kurze Zeit in eine gesättigte wässrige Lösung von Kupfersulfat gebracht, darauf mit Wasser ausgewaschen und schliesslich durch das Präparat eine zum Sieden erhitzte Lösung von gleichen Theilen Aetzkali und Wasser durchgeleitet. Die Inhaltskörper nahmen dabei eine schön himmel- blaue Farbe an, welche nach Sachs auf das Vorhandensein von Rohr- zucker schliessen lässt. Immerhin besagt diese eine gelungene Reaction noch nicht viel, obgleich andrerseits erwähnt sein möge, dass selbstredend das Miss- lingen der anderen Reactionen durchaus nicht ausschliesst, dass die Inhaltskörper aus irgend einem Kohlenhydrate bestehen können. Be- [4 !) Scheibler. Zeitschrift für Chemie. °) J. Molisch. Zwei neue Zuckerreactionen. Sitzungsber. der k. Acad. d. Wissensch. in Wien. Math,-nat. Kl. Bd. XCIII, Abth.II. 1886. p. 912. - ?) @. Dragendorff. Die qualitative und quantitative Analyse von Pflanzen und Pflanzentheilen. Göttingen 1882. p. 70. *) J. Sachs, Ueber die Stoffe, welche das Material zum Wachsthum der Zellhäute liefern. Pringsheim’s Jahrb. f, wiss. Botan. Bd. II. p. 187. | % > F & | “ Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 71 kanntlich sind die Farbenreactionen im Mikroskope und zumal bei solch kleinen Objeeten und so starken Vergrösserungen sehr schwierig wahrzunehmen, so dass das Misslingen derselben nur ein scheinbares sein kann und durchaus keinen strengen Beweis für das Nichtvorhan- densein des nachzuweisenden Körpers liefert. Wenn demnach die oben erwähnte Annahme nicht ausgeschlossen ist, so ist doch eine andere Möglichkeit vorhanden, um die Bildung der Calciumoxalatkrystalle bei der Auflösung der Inhaltskörper zu erklären. Die beobachteten Erscheinungen, welche auftreten, wenn man das Achromatium mit Säuren (Essigsäure), Alkalien oder Wasser behandelt, machen die Annahme nicht unwahrscheinlich, dass das Cal- cium in Form des Kalksalzes einer halbseitig esterificirten Oxalsäure vorhanden sei. Dieser Ester würde durch die Behandlung mit Alka- lien, kohlensaurem Natrium, Säuren sehr schnell, durch blosses Be- handeln mit Wasser langsamer verseift werden. Die nun zurück- gebildete Oxalsäure geht dabei mit dem Calcium die unlösliche Ver- bindung des oxalsauren Kalkes ein, die sich bei der Verseifung mit Salzsäure oder anderen Mineralsäuren selbstredend nicht zeigt, wohl aber bei der Verseifung mit Essigsäure oder Alkalien, in welchen Substanzen der oxalsaure Kalk nicht löslich ist. Das sind nur Annahmen, die als mehr oder weniger wahrschein- lich betrachtet werden können. Sicher ist, dass die Inhaltskörper sowohl Oxalsäure wie Kalk, aber nicht in Form des krystallisirten oxalsauren Kalkes enthalten. Es ist allgemein bekannt, 'dass die Oxalsäure durch das ganze Pflanzenreich sehr verbreitet ist und zwar viel allgemeiner, als irgend eine andere Pflanzensäure. Dabei tritt sie meist in der Gestalt von Caleiumoxalatkrystallen im Innern der Pflanzenzellen oder in den Zellhäuten auf, obgleich sie unter gewissen Umständen und in einigen Fällen auch als lösliches Salz an Kalium gebunden anzutreffen ist. Nach den Untersuchungen Palladin’s') soll die Oxalsäure als ein 1) W. Palladin. Bildung der organischen Säuren in wachsenden Pflanzen- theilen. Ber. der deutsch. botan. Gesellsch. Bd. V. 1887. p. 325—326. 79 W. Schewiakoff: Nebenproduct bei der Bildung des$Nucleins aus Amiden und Glycose erzeugt werden. Desgleichen meint auch Schimper'), dass dieselbe als Nebenproduct bei der Nucleinbildung, sowie der Bildung anderer Eiweisskörper aus organischen Stoffen zu betrachten sei. Dabei wird die Oxalsäure an Kalium gebunden, welches bei der Assimilation ab- gespalten wird, als lösliches Kaliumoxalat ausgeschieden. In den meisten Fällen tritt dieses Salz in eine Wechselzersetzung mit einem anorganischen Kalksalze, so dass Krystalle von oxalsaurem Calcium gebildet werden. Weniger verbreitet als bei den Cormophyten ist nach Kohl?) das Auftreten von Kalkoxalatkrystallen bei den Thallophyten. Diese Krystalle wurden nur bei einigen Algen und Pilzarten nachgewiesen. Aus den Untersuchungen von de Bary?), Zopf*) und Kohl (I. ce.) geht aber hervor, dass recht viele Pilze, welche keine Caleiumoxalat- krystalle enthalten, gleichfalls Oxalsäure produciren, welche sie, an Kalium gebunden, als lösliches Kaliumoxalat nach aussen diffundiren. Ferner weisen die beiden ersten Forscher nach, dass in den Zellen dieser Pilze die Oxalsäure auf dem Wege der Oxydation aus Kohlen- hydraten und verwandten Kohlenstoffverbindungen erzeugt wird und in Form des Kaliumsalzes ausgeschieden wird. Als Materialien für diese Oxydations- oder Oxalsäuregährung können nach de Bary und Zopf dienen: Glycose (Traubenzucker), Galactose, Saccharose (Rohrzucker), Milchzucker, Maltose, Dextrin, Glycerin, Mannit und Duleit. Bei den Bacterien ist bis jetzt, soweit ich aus der bezüglichen Literatur ermitteln konnte, die Oxalsäure noch nicht nachgewiesen worden. Um so interessanter ist der beschriebene bacterienähnliche !) A. Schimper. 1. c. pag. 241—254. °) F. Kohl. Zur physiologischen Bedeutung des oxalsauren Kalkes in der Pflanze. Botan. Centralbl. Bd. XLIV. 1890. pag. 327—344. 3) A. de Bary. Ueber einige Selerotinien und Selerotienkrankheiten. Botanische Zeitung. Jahrg. XLIV. 1886. Nr. 22—27. *) W. Zopf. Oxalsäuregährung bei einem typischen Saecharomyceten. Bericht. d. deutsch. botan. Gesellsch. Bd. VII. 1889, pag. 94—97; sowie in Schenk’s Lehrbuch d. Botanik. 1890. Bd. IV. W. Zopf. Die Pilze. pag. 445—463, Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 73 Organismus, welcher Oxalsäure oder vielmehr ihr Derivat in den Waben des Centralkörpers resp. Kerns enthält. Was die Bildung dieses Salzes anbetrifft, so muss es vorerst unentschieden bleiben, auf welche Weise dieselbe erfolgt. Zum Schluss möchte ich noch die Ergebnisse meiner Untersuchungen über die Vermehrung des Achromatiums in aller Kürze mittheilen. Wie bereits am Anfang der Arbeit erwähnt, vermehrt sich der Orga- nismus recht energisch, so dass man Theilungsstadien sehr häufig findet. Lässt man eine kleine Schlammprobe, in der einige Achromatien vor- handen sind, in einem Uhrschälchen ruhig am Licht 2—3 Tage stehen, so bemerkt man, dass der ganze Boden des Uhrschälchens von den Organismen vollkommen bedeckt ist. Darunter findet man Exemplare in allen möglichen Vermehrungsstadien. Die Vermehrung besteht in einer gleichhälftigen Quertheilung. Nur ein einziges Mal traf ich unter hunderten von mir gesehenen, in Theilung begriffenen Achromatien ein Individuum, das sich viertheilte und welches auf Fig. 10 abgebildet ist. Diese Erscheinung kommt jedenfalls so zu Stande, dass die Theilsprösslinge sich zu einer neuen, weiteren Tbeilung angeschickt haben, bevor die begonnene Zweitheilung zu Ende gekommen war. Dass dies zutrifft, ersieht man daraus, dass die mittlere Einschnürung bedeutend weiter vorgeschritten ist als die beiden anderen, den Polen genäherten. Die Zweitheilung verläuft anscheinend ziemlich rasch, jedoch nicht so schnell, dass man den ganzen Vorgang unter dem Mikroskop in einem Zug verfolgen könnte. Wenigstens habe ich öfters in Theilung begriffene Exemplare unter dem Mikroskope während zwei Stunden beobachtet, ohne dass erhebliche Fortschritte zu constatiren waren. Ueberhaupt möchte ich bemerken, dass sämmtliche zu schildernden Ergebnisse an fertigen, nach oben beschriebenen Methoden fixirten und gefärbten Präparaten gewonnen wurden. Eine Untersuchung von leben- den, in Theilung begriffenen Exemplaren erwies sich zum Studium der feineren Sträcturverhältnisse wenig geeignet, da das Erkennen derselben durch die Einlagerung der grossen, stark lichtbrechenden Inhaltskörper sehr beeinträchtigt wurde. 74 W. Schewiakoff: Die zur Theilung schreitenden Individuen sind meist grosse, länglich cylindrische Exemplare mit gleichmässig abgerundeten Polen; jedoch findet man auch kleine, ellipsoide, vermuthlich erst aus der Theilung hervorgegangene Exemplare, welche sich von Neuem theilten. Die Quertheilung vollzieht sich nicht ganz in der Weise, wie es nach Bütschli’s') Untersuchungen bei Chromatium Okenii der Fall ist. Bei letzterem Organismus entsteht zunächst in der Aequatorialebene dicht unter der Membran ein Ring, welcher allmählich durch das Rindenplasma hindurch nach innen auswächst und bis zur Oberfläche des Centralkörpers reicht. Mit dem Auswachsen des Ringes beginnt gleichzeitig eine äussere ringförmige Einschnürung in der Aequatorial- ebene aufzutreten. Diese Einschnürung wird allmählich immer tiefer und dementsprechend der äussere Durchmesser des Ringes sowie der Durchmesser seiner inneren Oeffnung immer kleiner, bis eine voll- kommene Durchschnürung des in Theilung begriffenen Individuums ver- bunden mit der mittleren Spaltung des als Scheidewand dienenden Ringes stattfindet. Bei unserem Achromatium bemerkt man nichts von einem solchen Ringe, sondern es tritt in der mittleren Körperregion zunächst eine allseitige Einschnürung auf (Fig. 5 und 6), welche immer tiefer wird. Dabei streckt sich der ganze Körper in die Länge und nimmt eine bisquitförmige Gestalt (Fig. 7) an. Die Einschnürung geht immer weiter (Fig. 8 und 9), bis die gleichbälftige Zweitheilung des Körpers erfolgt. Was nun die feineren Structurverhältnisse betrifft, so verhält sich die äussere Hülle und die Rindenschicht des Organismus bei der Theilung genau ebenso, wie die ihnen morphologisch entsprechenden Pellieula und Alveolarschicht der in Theilung begriffenen Infusorien. Es finden nämlich in ihnen durchaus keine Structurveränderungen statt, sondern sie werden einfach in der Acquatorialebene durchgeschnürt. Auch der Centralkörper zeigt gewisse Anklänge an die typischen in Theilung begriffenen Zellkerne. Die periphere Wabenlage des Gentralkörpers erleidet keine Structurveränderungen oder wenigstens nur insofern, 1) 0. Bütschli, 1. c. pag. 14—15. Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers, 75 x als die Waben, besonders die in der mittleren Körperregion gelegenen, : ‚etwas in die Länge gestreckt werden. Dagegen lassen sich an den inneren Wabenreihen des Centralkörpers nicht unerhebliche Ver- f änderungen wahrnehmen. “ Untersucht man nämlich die zur Theilung schreitenden und meist © etwas in die Länge gezogenen Exemplare, welche äusserlich auch bei } ‚schwachen Vergrösserungen durch eine seichte, jedoch kaum bemerk- & bare Einschnürung zu erkennen sind, so sieht man (Fig. 6), dass die Waben der inneren oder centralen Reihen ihre frühere, mehr oder _ weniger regelmässige, sechseckige Gestalt aufgeben und nun länglich - erscheinen. Sie werden sozusagen in einer senkrecht zur Theilungs- ebene des Organismus stehenden Richtung in die Länge gezogen, was besonders deutlich an den in der mittleren Körperregion gelegenen _ Waben zu erkennen ist. Diese Längsstreckung der Waben wird noch _ ausgesprochener an Exemplaren, die in der Theilung weiter vorge- schritten sind (Fig. 7), bei welchen fast sämmtliche innere Waben eine längliche Gestalt annehmen. Sobald die Einschnürung recht weit fortgeschritten ist (Fig. 9) und die Theilsprösslinge wieder eine Ge- stalt annehmen, die der ursprünglichen näher kommt, so beginnen g auch die Waben ihre frühere hexagonale Form anzunehmen. Und zwar gehen diese Gestaltsveränderungen zunächst an den Waben vor sich, welche den beiden Polen näher liegen (Fig. 8), wogegen die der Theilungsebene näher gelegenen noch die langgestreckte Form besitzen. Endlich nehmen kurz vor der Durchschnürung des in Theilung be- griffenen Organismus — wo die Theilsprösslinge nur noch durch ein Schmales Verbindungsstück, welches aus der Rindenschicht besteht, zusammenhängen (Fig. 9) — sämmtliche Waben ihre frühere sechsseitige - Gestalt an. Nicht minder interessant ist das Verhalten der rothen Körnchen oder der sogenannten Chromatinkörnchen bei der Theilung des Organismus. Bei normalen, nicht in Theilung begriffenen Exemplaren sind sie gewöhnlich ziemlich gleichmässig durch das ganze Wabengerüst des Centralkörpers vertheilt und liegen meist in den Knotenpunkten, sowie in den Kanten des Wabenwerks. Wenn sie in den inneren 76 W. Schewiakoff: Wabenreihen auch etwas zahlreicher sind, so rührt dies wohl daher, dass, da die betreffenden Waben etwas kleiner sind, daher auch mehr Knotenpunkte oder mit anderen Worten mehr Einlagerungsstellen für sie vorhanden sind. Schreitet der Organismus zur Theilung, so be- | geben sich die meisten Chromatinkörnchen in die inneren Wabenreihen | und vertheilen sich daselbst theils in den Knotenpunkten, theils längs den Kanten des Wabenwerks. In der peripheren Wabenlage bleiben. nur sehr wenige von ihnen zurück. Dieses Verhalten wird. sofort ein- | leuchtend, wenn man normale, ruhende Exemplare mit in Theilung begriffenen bei hoher und mittlerer Einstellung hinsichtlich der Ver- theilung der Chromatinkörnchen vergleicht (Fig. 2 u. 3 und Fig. 5 u. 6). Hand in Hand mit dieser Verlagerung der Chromatinkörnchen vermehrt sich deren Zahl, wobei die Körnchen gleichzeitig an Grösse abnehmen. Diese Vermehrung geschieht höchst wahrscheinlich durch Zweitheilung der Chromatinkörnchen. Obgleich ich diese Zweitheilung | nicht direct an lebenden Exemplaren verfolgen konnte, so sprechen doch die zahlreichen von mir beobachteten, zweifellosen Theilungsstadien derselben, welche auf Fig. 18 abgebildet sind, entschieden dafür. Die geschilderte Verlagerung und Vermehrung der Körnchen scheinen die Prophasen der Theilung des Centralkörpers resp. des Organismus zu bilden. Wenigstens konnte ich öfters die beschriebene Verlagerung der Chromatinkörnchen verbunden mit ihrer Vermehrung durch Zweitheilung an Exemplaren verfolgen, die noch keine sichtbare Einschnürung besassen, aber nach ihrer Gesammtgestalt zu urtheilen - kurz vor der Theilung standen. Selbstredend dauert die Verlagerung und Vermehrung der Körnchen auch während der Anfangsstadien der Theilung fort. Namentlich sind die in Theilung begriffenen (bisquit- förmigen) Chromatinkörnchen während der ganzen Theilung des Orga- nismus anzutreffen, wogegen sie in normalen, ruhenden Organismen ziemlich selten vorkommen. In den inneren Wabenreihen vertheilen sich die Chromatinkörnchen derart, dass sie in den Knotenpunkten oder längs der längeren Kanten des Wabenwerks sich anordnen. Hierdurch erscheinen die längeren (parallel der Längsaxe des Organismus verlaufenden) Kanten der Waben 4 Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers. 77 _ dicker und dunkler als ihre kürzeren Kanten. Der ganze Central- _ körper erweckt in seiner Gesammtheit den Anschein eines längs- faserigen Baues, wobei die in einer gebrochenen Linie gelegenen ‚von eingelagerten Chromatinkörnchen erfüllten Wabenkanten gewisser- _ massen an Chromatinfäden verschiedener in Theilung begriffener Kerne _ erinnern. Eine ähnliche Anordnung der Chromatinkörnchen beobachtete : Hieronymus!) bei einigen Phycochromaceen-Zellen. Hieronymus be- zeichnet diese Chromatinkörnchen als Kyanophycinkörner und ist der - Meinung, dass dieselben nicht in den Knotenpunkten oder Kanten des - Wabenwerks liegen, da er letzteres überhaupt nicht nachweisen konnte. Nach ihm sollen die Chromatinkörnchen resp. Kyanophyeinkörner in ihrer Anordnung Fibrillen bilden, aus welchen der Centralkörper auch bestehen soll. Diese Fibrillen sind bei einigen Gattungen (Aphano- thece und Aphanocapsa) in der Einzahl vorhanden und stellen dann meist einen „hin- und hergewundenen Faden“ dar; bei anderen Gat- tungen (Chroococeus, Phormidium, Tolypothrix) dagegen kommen mehrere aus Chromatinkörnchen bestehende Fibrillen vor, welche dann gewöhn- lich zu einem Art Knäuel aufgewickelt sind. Da ich die betreffenden Formen nicht untersucht habe, so halte ich mich auch nicht für be- rechtigt, die Befunde Hieronymus’ anzuzweifeln, möchte aber bemerken, dass nach der Analogie mit anderen verwandten Organismen auch bei diesen Algen ein wabig structurirter Centralkörper zu erwarten wäre. “ Die längsfaserige Structur des Centralkörpers wurde auch von - Bütschli?) bei in Theilung begriffenen Chromatium Okenii und | einigen Oscillarienzellen beobachtet, obgleich ihm leider nicht ge- glückt ist, den ganzen Theilungsvorgang zu verfolgen, der wohl "in derselben Weise wie bei Achromatium verlaufen wird. Die - Entstehung der faserigen Structur erklärte Dütschli?) gleichfalls durch 1) @. Hieronymus. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Algen. Cohn’s Beitr. z. Biol. der Pflanzen. Bd. V. 1892. ?) 0. Bütschli. Bacterien 1. c. p. 12, 14—15 und 20. 3) O0. Bütschli. Einige Bemerkungen über gewisse Organisationsverhält- nisse der sog. Cilioflagellaten u. d. Noctiluca. Morphol. Jahrb. Bd. X. 1885. 7g W. Schewiakoff: Längsstreckung der Waben und verglich sie mit der Structur der von ihm früher beschriebenen Kerne der Dinoflagellata. Zum Schluss möchte ich nicht unbetont lassen, dass der bei der Zweitheilung des Achromatiums auftretende Bau des Centralkörpers der gleichfalls während der Theilung auftretenden feinfaserigen Structur (Knäuelform) der Makronuclei der Infusorien nicht unähnlich ist, nur dass bei Achro- matium die Abstände zwischen den vermeintlichen Chromatinfäden grösser, resp. die Waben breiter sind. Heidelberg, im October 1892. Erklärung der Abbildungen. Die Untersuchungen wurden mit einem Zeiss’schen Instrumente zum grössten Theil mit Apochrom. Obj. 2 mm homog. Immers. Apert. 1,30 Oc. 12 und 18 angestellt. Bei diesen Vergrösserungen wurden auch die Zeichnungen mit dem Abbe’schen Zeichenapparate ausgeführt, wobei die Waben, sowie die Vertheilung der rothen Körnchen getreu wiedergegeben wurden. Die bei- gegebenen Figuren sind bei eirca 2200facher Vergrösserung gezeichnet, mit Ausnahme von Fig. 10 und 19, welche ungefähr 1600mal vergrössert sind; für Fig. 18 beträgt die Vergrösserung jedoch circa 3000. Bedeutung der Buchstaben. 0 = Centralkörper oder Kern. R — Rindenschicht oder radiär wabig gebautes Protoplasma. M = Membran oder plasmatische Hülle. I = Inhaltskörper. r. K, = rothe Körnchen oder sog. Chromatinkörnchen, Fig. 1. Achromatium oxaliferum n. gen. et sp. Lebendes Exemplar von stark lichtbrechenden Inhaltskörpern (T) erfüllt und mit dazwischen liegenden rothen Körnchen (r. K.). Fig. 2. Abgetödtetes und mit angesäuertem Delafield’schen Hämatoxylin gefärbtes Exemplar bei hoher Einstellung — die periphere Waben- schicht des Centralkörpers zeigend. Fig. 3. Dasselbe Exemplar im optischen Längsschnitt (Einstellung auf die Mitte); man sieht die peripheren und inneren Wabenschichten des Centralkörpers. Fig. 4, Dasselbe Exemplar im optischen Querschnitt (Polaransicht). Fig. 5—9. 4 successive Theilungsstadien. Fig. 5 und 6 dasselbe Exemplar, Fig. 5 bei hoher Einstellung, Fig. 6 im optischen Längsschnitt. Ueber einen neuen bacterienähnlicher Organismus des Süsswassers., 79 . 10. mE 12 -. 13. =.15, Ein abnormes, in Viertheilung begriffenes Exemplar, Isolirte Membran von A. oxaliferum in Oberflächenansicht, die feinere Structur der Membran zeigend. Rindenschicht in Oberflächenansicht. Theil des ausgepressten Inhalts von A. oxaliferum — den wabigen Bau des Centralkörpers mit eingeschlossenen Inhaltskörpern (I) sowie die in den Knotenpunkten des Wabenwerks liegenden rothen Körn- chen zeigend. Isolirte Inhaltskörper. Isolirte durch ausgeübten Druck zerdrückte Inhaltskörper mit ge- rissener Hülle. 16a—e. Suceessive Stadien der Auflösung von isolirten Inhaltskörpern in Wasser: a eben herausgepresster Inhaltskörper; b Beginn der Auflösung unter Corrosion: c—d weitere Stadien der Auflösung e die übrig gebliebene leere Hülle des Inhaltskörpers. 17a—e. Dasselbe bei Behandlung mit 5°/o Kalilauge, 18, 19. Suecessive Theilungsstadien derrothen Körnchen (Chromatinkörnchen). Krystalle von oxalsaurem Kalk, welche bei der Auflösung der In- haltskörper in Wasser entstehen; a rhomboederähnliche, b und e tafelförmige Krystalle; d Wachsthumsformen und Zwillinge. a Ein mit 70° Jodalkohol abgetödtetes Individuum, mit prisma- tischen Nadeln von oxalsaurem Kalke bedeckt; b eine Druse von denselben Krystallen in der nächsten Nähe des auf dieselbe Weise behandelten Individuums, 80 P. Samassa: Ueber die Entstehung der Genitalzellen bei den Ctenophoren. Von Dr. P. Samassa. Mit einer Figur im Text. Gesammtsitzung vom 2. Dezember 1892. Bezüglich der Herkunft der Genitalzellen bei den ÜÖtenophoren stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Während Chun!) dieselben aus dem Entoderm ableitet, kam Zt. Hertwig?) zu der Ansicht, dass dieselben ectodermalen Ursprungs seien. Hertwig kam zu dieser Auffassung hauptsächlich durch das Studium von Callianira, wo er an den flügel- förmigen Fortsätzen dieser Form eigenthümliche Säckchen fand, welche von der Körperoberfläche aus gegen die Radiargefässe zu vorspringen, und wenn es ihm auch nicht gelang, die Umwandlung des Epithels dieser Säckchen zu Genitalzellen nachzuweisen, so konnte er dies doch durch verschiedene Gründe wahrscheinlich machen. Ich selbst bin in einer kürzlich erschienenen Arbeit®) auf die Bildung der Geschlechts- producte nicht näher eingegangen und habe mich mit der kurzen Bemerkung begnügt, dass ich die Angaben Hertwigs über Callianira bestätigen könne, wobei ich hauptsächlich die eetodermalen Genital- säckchen im Äuge hatte. Mittlerweile ist diese Frage durch eine interessante Abhandlung Ühun’s?) in ein neues Stadium getreten. In dieser Arbeit stellt Chun seine frühere Angabe über die ectodermale Entstehung der Geschlechtsproducte als bewiesen hin: Die von Hertwig beschriebenen ectodermalen Säckchen seien in ihrem Vorkommen auf die flügelföürmigen Fortsätze von Callianira beschränkt, stünden mit 1) Chun C. Die Ctenophoren. I. Monographie der Fauna und Flora des Golfs von Neapel. 1880. 2) Hertwig R. Ueber den Bau der Ctenophoren, 1880. 3) Samassa P. Zur Histologie der Ctenophoren. Arch. f, mikr. Anat. Bd. 40. 1892. *) Chun C. Die Dissogonie. Festschr. f. Leuckart. 1892. sr Ueber die Entstehung der Genitalzellen bei den Ctenophoren. sl der Bildung der Geschlechtsorgane. in keinem Zusammenhange und - seien wahrscheinlich. Sinnesorgane. | Ich habe daraufhin meine Präparate von Neuem durchgesehen, kam hierbei jedoch zu Resultaten, welche mit der Auffassung Ohun’s “nicht in Einklang zu bringen sind. So fand ich zunächst an zwei Querschnittserien keine ectodermalen Säckchen; in beiden Fällen waren jedoch die Geschlechtsstreifen unter dem Epithel des Radiärcanales in weit vorgeschrittener Thätigkeit und erstreckten sich bis in die Spitze der flügelförmigen Fortsätze. Hingegen konnte ich in einem andern Falle auf Sagittalschnitten die Säckchen nachweisen, wobei ich als auf- fallend hervorhebe, dass der Boden derselben niemals an Geschlechts- zellen anstösst, sondern immer direct an das entodermale Epithel des Radiärcanals (s. beistehende Figur). Hingegen beginnt gleich unter dem am tiefsten gelegenen Säckchen der Ge- schlechtsstreifen (UE), wie aus der bei- stehenden Figur zu entnehmen ist. Ich bemerke hierbei, dass die Umrisse der- selben mit dem Zeichenapparat auf- genommen sind und nur die Ausführung schematisirt ist. So lückenhaft nun auch diese Be- obachtungen sein mögen, so geht doch jedenfalls das eine aus denselben her- vor, dass es sich hier nicht um ein Sinnesorgan, wie C'’hun meint, überhaupt ee ine Eängsshlinitt duhreh um kein ständig vorkommendes Organ einen flügelförmigen Fortsatz von von Callianira handeln kann und dass Callianira. Ece — Ectoderm, En = Entoderm, } : & — Gallerte, G8 — Genitalsäck- Säckchen zur Genitalanlage doch un- chen, UE = UrEier. verkennbar sind. Welcher Art die- selben sein mögen, will ich hier ganz unerörtert lassen, da es mir eben- sowenig wie R. Hertwig gelang, die Umbildung des Säckchenepithels zu Ureiern nachzuweisen. Verhandl. d. Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins, N.Serie, V. gewisse Beziehungen der fraglichen P.Samassa: Ueber die Entstehung der Genitalzellen bei den Ctenophoren. Es könnte demnach das im Vorstehenden Angeführte nicht ent- scheidend in’s Gewicht fallen, wenn es Chun in der That gelungen wäre, die entodermale Entstehung der Geschlechtszellen bei andern Ctenophoren mit voller Bestimmtheit nachzuweisen. Ich finde aber diesen Nachweis von Chun keineswegs erbracht; denn in den frühesten Stadien, welche dieser Forscher in seiner neuesten Arbeit abbildet und beschreibt, liegen die Urgeschlechtszellen bereits unter dem Epithel des Radiärgefässes, welches in seiner characteristischen Beschaffenheit continuirlich über dieselben hinwegstreicht. Mit diesem Stadium ist aber für die Herkunft der Geschlechtszellen natürlich nichts bewiesen; sie könnten ebensogut wie vom Entoderm auch vom Eetoderm oder vom Mesoderm in die geschilderte Lage gekommen sein, ohne dass wir nach den Lagebeziehungen des Radiärcanals complicirte Wande- rungen hiezu anzunehmen brauchten. Wir stehen demnach, wie ich glaube, in der erörterten Frage noch genau auf demselben Standpunkte, wie nach dem Erscheinen der Hertwig’schen Arbeit: ein Beweis für die ectodermale Entstehung der Geschlechtszellen bei Callianira kann nicht erbracht werden; es sprechen aber immerhin verschiedene Gründe dafür, andererseits ist bei andern Ctenophoren über diesen Punkt bis jetzt nichts Sicheres bekannt. Ich halte es für nothwendig, auf diesen Stand der Frage nachdrücklichst hinzuweisen; denn es ist gewiss nichts misslicher, als wenn — wie dies im vorliegenden Falle durch C'hun geschieht — eine Frage als erledigt dargestellt wird, die noch vollkommen unentschieden ist. € A. Andreae: Nachahmung verschiedener Geysirtypen. Gasgeysire. 83 Ueber die Nachahmung verschiedener Geysirtypen und P über Gasgeysire. Von A. Andreae. Gesammtsitzung vom 13, Jan. 1893, Vor einem Jahre (Sitzung vom 15. Jan. 1892) erwähnte ich in einem Vortrage beiläufig, dass man die verschiedenen in der Natur vorkommenden Eruptionstypen von Geysiren vermöge verschieden ge- bauter Geysirapparate nachahmen könne. Seither habe ich den be- treffenden Gegenstand eingehender verfolgt; gestatten Sie mir deshalb, heute nochmals kurz darauf zurückzukommen. Ein normaler Geysirapparat besteht aus drei Theilen: erstens einem Dampfkessel, zweitens einem Steigrohr und drittens einer Rückfluss- oder einer Zuflussvorrichtung. Fehlt einer dieser 3 Theile, so kommt die Geysirthätigkeit nicht in der richtigen Weise zur Erscheinung. Fehlt die Rückfluss- oder Zuflussvorrichtung, so er- ‚halten wir z. B. nur eine einmalige Eruption, aber keine Intermittenz. — Indem man das Steigrohr in verschiedener Weise mit dem Dampfkessel verbindet, erhält man verschiedene Eruptionstypen. 1) In dem einfachsten Falle bildet das Steigrohr die directe - Verlängerung von dem oberen Theil des Dampfkessels. Man erhält dann Eruptionen, welche sehr plötzlich eintreten und eine sehr kurze Dauer haben; dieselben bestehen zu Anfang aus einer Wasserperiode, auf welche eine mehr oder weniger ausgesprochene Dampfperiode folgt. Lässt man das Steigrohr etwas in den Dampfkessel hineinragen, so dass ein Dampfreservoir ensteht, so kann hierdurch die Dauer der Eruptionen sowie der Intervalle zwischen den Eruptionen erhöht werden. Derartige Modelle ahmen den Geysirtypus Nr. II von Peale') nach, !) ef. Peale in Hayden, U. $. G. S. of the Territories, Rep. XII. Th. II. 1883. pag. 423. 6* 84 A. Andreae: welehem in der Natur der Castle-Geysir im Yellowstone-Gebiet entspricht. !) 2) Verbinden wir das Steigrohr nicht direct, sondern durch ein heberförmig gebogenes Rohr mit dem Dampfkessel, so erfolgt die Eruption derart, dass Wasser und Dampfperiode nicht in der vorhin geschilderten Weise geschieden sind. Die Eruption beginnt mit kleineren Stössen, welche sich steigern, ihr Maximum erreichen und alsdann wieder abnehmen. Die Ursache dieser etwas verlängerten Eruption beruht darin, dass wenigstens zeitweilig im oberen Theil des heber- förmigen Rohres eine Dampfschicht zwischen dem Steigrohr und Kessel eingeschaltet ist, welche eine ganz plötzliche Entlastung (Druck- aufhebung) des im Dampfkessel befindlichen Wassers verhindert; ferner wird das Wasser im Steigrohr weniger erhitzt, und die Bewegungs- hindernisse sind überhaupt grösser als bei den unter 1) erwähnten Apparaten, Dass diese Bewegungshindernisse in einer erhöhten Siede- punktsverzögerung des Wassers im Dampfkessel ihren Ausdruck finden, geht daraus hervor, dass ein Sieden des Wassers erst bei etwa 107° C. stattfindet, während es, bei der dem Druck äquivalenten Spannung von 870, schon vor 104° C. eintreten sollte. Die Eruptionen dieses Apparates entsprechen dem Peale’schen Geysirtypus Nr. I, dessen bekanntestes Beispiel im Park der Old Faithful ist. °) 3) Wenden wir den oben geschilderten Apparat an, erhöhen aber noch dadurch die Bewegungshindernisse, dass wir durch eine Klemm- schraube irgendwo den unteren Theil des Steigrohres oder auch irgend einen Theil des heberförmigen Rohres verengern, so können wir die vorhin erwähnten Vorgänge etwas verstärken; es tritt aber, wenn die Verengerung einen gewissen Grad erreicht hat, eine neue Erscheinung hinzu, Die bei jedem Rückschlürfen des Wassers zum Schluss der Eruption eingezogene Luft wird dann zurückgehalten und bildet ein elastisches Polster zwischen Steigrohr und Dampfkessel. Dieses Polster, 1) Vergl. d. Geysirapparate von G. Wiedemann. (Wiedem, Ann. B. XV. 1882, pag. 173) und von K. Antolik (Zeitsch. f. d. phys. nnd chem. Unter- richt 1890—91. p. 279). ?) Vergl. d. Geysirapparat von J. Petersen. N. Jhb, f. Min. 1889 Bd. II. pag. 65. y nt EEE 7 # ‘ Nachahmung verschiedener Geysirtypen. Gasgeysire. 85 welches die Stösse bei dem Aufwallen im Dampfkessel abschwächt, verhindert, dass ein vollständiges Ausschleudern des Wassers aus dem Steigrohr und somit eine völlige Entlastung stattfindet. Auf die am "Anfang ganz normale Eruption folgt alsdann statt des Rückschlürfens eine verlängerte, ja oft andauernde Eruptionsphase mit kürzeren Intermittenzen. Die mit den Ruhepausen wechselnden Stösse voll- ziehen sich fast ohne Dampfausströmung. Der Abschluss der ganzen Eruptionsphase ist stets deutlich durch ein heftiges Rückschlürfen ge- kennzeichnet. Fast die gleiche Erscheinung dieser sehr verlängerten, unterbrochenen Eruptionen erhält man auch, wenn man die unter 1) beschriebenen Apparate im unteren Theile des Steigrohres durch Klemm- schrauben verengert. An dieser Stelle muss auch der durch Laugenzusatz verlängerten Eruptionen gedacht werden. Durch einen Zusatz von sehr geringen Mengen von Kalilauge, so dass etwa eine Lösung von 1°/9— 3°. entsteht, erreicht man genau die oben geschilderten Eruptionen und hat es in der Hand, durch geringeren oder reichlicheren Zusatz der Lauge alle Abstufungen hervorzubringen. Die Erklärung ergibt sich, wenn man einen möglichst aus Glas be- stehenden Apparat zusammenstellt; man erkennt alsdann, dass der Laugenzusatz ein schaumiges Aufkochen bewirkt und hierdurch Luft zurückgehalten wird, welehe das oben erwälnte elastische Polster bildet. Eine solche Veränderung der Eruption durch Laugenzusatz tritt jedoch nur ein, wenn das Steigrohr durch ein heberartig gebogenes Rohr mit dem Dampfkessel verbunden ist; in den anderen Fällen kann die Luft zu leicht entweichen und die Erscheinung bleibt aus. Die vor- stehend geschilderten Eruptionen entsprechen dem Typus Nr. III von Peale, für welchen der Grand-Geyser und die Giantess Beispiele im Park sind. Ausser diesen drei genannten Eruptionsformen führt Peale noch einen vierten Typus an, bei welchem auf eine verlängerte Eruptions- periode noch eine Dampfphase folgt, Diesen Typus konnte ich genau in der geschilderten Weise nicht nachahmen; es lassen sich jedoch ähnliche Eruptionen erzeugen. Wenn man einen verhältnissmässig sehr grossen Dampfkessel, bei einem ziemlich engen und im unteren Theil 86 A. Andreae: auch etwas gebogenen und verengerten Steigrohr, anwendet, so ent- stehen Eruptionen, welche zu Beginn aus einer normalen Wasser- eruption bestehen, auf welche eine verlängerte, vorwiegende Dampf- phase folgt. } Alle diese Eruptionstypen sind durch Abstufungen und Uebergänge , in der Natur verbunden, und solche können wir auch mit den Apparaten herstellen. Die Grösse und Beschaffenheit der verschiedenen Theile eines Geysirapparates ist natürlich von Einfluss auf die Eruption. So ist die Intensität (Eruptionshöhe etc.) in erster Linie abhängig von der Höhe des Steigrohres resp. dem Druck im Dampfkessel. Die ausgeworfene Wassermenge entspricht der Grösse des angewendeten Dampfkessels, und diese ist auch von Einfluss auf die Eruptionsdauer. Die Länge der Intervalle zwischen den Eruptionen ist vor Allem be- 1 dingt durch die Wärmezufuhr und die Abkühlung bei der Eruption Die durch engere Rohre oder Biegung der Rohre hervorgebrachten Bewegungshindernisse finden einen Ausdruck in einer erhöhten Siede- punktsverzögerung im Dampfkessel. Eingeschaltete Luft oder Dampf- polster beeinflussen sowohl die Art wie die Dauer der Eruption. Die : Aufstellung einer Geysirformel, in welcher das gegenseitige Verhältniss dieser verschiedenen Factoren zum Ausdruck gelangt, ist mir bisher noch nicht gelungen. Neben den intermittirenden heissen Springquellen oder eigentlichen Geysiren finden wir auch in der Natur kalte oder lauwarme intermitti- rende Springquellen, bei welchen aber stets Gase (meist Kohlenwasser- stoffgase oder Kohlensäure) dem Wasser als treibendes Agens beigemengt erscheinen und die wir daher als Gasgeysire bezeichnen können. Derartige Gasgeysire sind allerdings insofern theilweise künstliche Fontainen, als dieselben auf Bohrlöchern auftreten, ihnen also das für die Geysirthätigkeit erforderliche Steigrohr erst geschaffen wird. Ein schönes Beispiel eines derartigen Geysirs ist die Kane-Geyser-Well im Petroleumsgebiete des westlichen Pennsylvaniens, 4 Meilen südlich von Kane gelegen. Ein 2000‘ tiefes Bohrloch lieferte in Intervallen, die im Sommer 1879 etwa 13 Minuten betrugen, einen aus leichten Kohlenwasserstoffgasen der Grubengasreihe und aus Wasser bestehenden Nachahmung verschiedener Geysirtypen. Gasgeysire. 87 Springbrunnen von 100—150° Höhe. Ein schönes Schauspiel soll dieser Geysir gewähren, wenn die austretenden Petroleumgase entzündet werden und dann die feindlichen Elemente Wasser und Feuer, im Kampfe miteinander ringend, emporsteigen. — Nach der „Anti- klinal theory of natural gas“ wird angenommen, dass in Petroleumgebieten auf einer und derselben zusammenhängenden, per- meablen Schicht sich die dort gebildeten, nicht mischbaren Stoffe dem Gewicht nach sondern. Eine derartige Sonderung wird namentlich da stattfinden, wo die betreffende Schicht einen Sattel resp. eine Antiklinale bilde. Wir hätten auf dieser oben Petroleum oder Petroleumgase, darunter Salzwasser; nach dem Eintreffen eines Bohr- Joches würden wir ‚entsprechende Quellen erhalten. Tritt nun der immerhin seltene Fall ein, dass ein Bohrloch ungefähr auf die Grenz- schicht einer solchen Oel- oder Gas- und einer Wasseransammlung trifft so sind die Bedingungen für das zeitweilige Eintreten einer Geysirquelle gegeben. Weitere Bedingung ist dabei noch, dass es sich bei dem, Oel um leichte Kohlenwasserstoffe handelt, die unter dem hohen Druck verdichtet sind. Nehmen wir ein Eintreffen des Bohrloches im untern Theil der Gasansammlung an, so wird Gas gewaltsam austreten, es ensteht eine locale Druckverminderung; ausserdem expandiren_ die Gase im Rohr und kühlen sich dabei noch sehr bedeutend ab. Die ' locale Druckverminderung bewirkt aber ein locales Steigen des Wasser- spiegels; dieser erreicht das Bohrloch, füllt dasselbe mit Wasser und stellt so einen hydraulischen Druck von 2000 Fuss resp. etwa 58 Atmosphären her. Mit der Zeit wird aber sowchl die Temperatur- erniedrigung wieder ausgeglichen, als auch durch neues Zuströmen von verdichtetem Gas aus den ferneren Theilen des Flötzes der Wasser- spiegel herabgedrückt, bis das Oel resp. Gas wieder Zugang zum Bohrloch erhält, aufsteigt, expandirt und eine Eruption erfolgt. Dieser Vorgang würde sich bei der Kane-Geyser-Well alle 13 Minuten wiederholen. Auch ohne Annahme einer Antiklinale wäre das Zustande- kommen einer solchen Geysirquelle möglich, wenn man voraussetzt, dass auf dem betreffenden Flötz sich oben eine relativ dünne Oelschicht (verdichtete Petroleumgase) auf dem Wasser befände. Diese würde 88 A, Andreae: Nachahmung verschiedener Geysirtypen. Gasgeysire. dann zeitweilig zerreissen, beim Eintreffen des Bohrloches und der ersten Eruption, der Wasserspiegel würde sich local heben und Wasser das Bohrloch erfüllen und erst nachdem die Oelschicht ihre Continuität wieder erlangt hat könnte eine neue Eruption eintreten. Eine ähnliche laue Naturfontaine (von 23° C.) trat vor etwa 15 Jahren bei Rank!) unweit Kaschau in N.-Ungarn auf einem 1457’ tiefen Bohrloch auf. Der Wasserstrahl war 80—90' hoch und wiederholte sich etwa alle 9 Stunden. Bei der Eruption trat mit dem Wasser ein noch grösseres Volumen von Kohlensäure aus. Die regel- mässige Intermittenz dieses artesischen Brunnens würde für das Vor- handensein eines Gasreservoirs auf einer unterirdischen Wasserader, das durch irgend eine Kluft oder Höhlung gebildet wird, sprechen. Der CO%Zufluss erfolgt wohl durch eine Mofette und hat in dem an jungvulkanischen Gesteinen reichen Gebiete nichts Auffallendes. Der aufgestellte Apparat zeigt Ihnen, wie sich eine derartige durch CO°- Zufluss bedingte, intermittirende Quelle leicht nachahmen lässt. !) F, Tietze. Monatsblätter des Wiss. Club. in Wien; ausserordl. Beilage Nr. 9. 1892. pag. 11. ; { 2 n E. O. Bütschli: Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 89 Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. Von 0. Bütschli. Mit einer Figur im Text. Gesammtsitzung vom 13. Januar 1893. Die Mittheilungen, welche ich Ihnen heute kurz vorzutragen ge- denke, schliessen sich eng an die Beobachtungen der Structurverhältnisse geronnener Substanzen an, über die Ihnen zu berichten, ich vor einiger Zeit die Ehre hatte!). Der Verlauf meiner Untersuchungen musste mich natürlich auch auf den Stärkekleister hinweisen, welcher das Vermögen zu gelatiniren in ausgesprochener Weise besitzt. Schon einige orien- tirende Versuche zeigten recht deutlich, dass gerade diese Substanz jene früher geschilderten Eigenthümlichkeiten der geronnenen und quellbaren Stoffe besonders schön und leicht verfolgen lässt. Mässig dicker Stärke- kleister zeigt bei mikroskopischer Untersuchung in frischem, nicht ge- latinirtem Zustand eine homogene, d. h. nicht structurirte Grundmasse, der eine Anzahl sehr stärk verquollener Stärkekörner eingebettet sind. Wird solcher Kleister eingetrocknet, so nimmt die Grundmasse eine schön wabige Structur an, welche überall da, wo sich beim Ein- trocknen Zugwirkungen geltend machen, zur faserigen wird. Diese Erfahrungen zeigen also, dass Stärkekleister schon bei einfachem Eintrocknen jene wabige Structur annimmt, welche bei den eigent- lich gerinnbaren Körpern durch die auf verschiedene Weise hervor- zurufende Gerinnung erzeugt wird. In gelatinirtem Stärkekleister ist die Structur ebenfalls ausgebildet und wird, wie zu erwarten, natürlich auch bei der Gerinnung des flüssigen Kleisters durch Alkohol hervorgerufen. !) Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur. Verhandl. des Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg. N. F. V. Bd. 1. Heft, Sitzung vom 5. August und Nachtrag, Sitz. v. Nov. 1892. 90 O. Bütschli: Diese Beobachtungen gaben den Anstoss, durch Untersuchung von Stärkelösung der Sache etwas näherzutreten. Die benutzte Lösung wurde stets in der Weise zubereitet, dass 2 gr. Stärke (und zwar in der Regel reine Weizenstärke, die bei mikroskopischer Untersuchung keinerlei Verunreinigungen zeigte) mit 100 gr. Wasser auf dem Wasser- bad, unter häufigem Schütteln, ca. 1 Stunde erhitzt und darauf durch einen Heisswassertrichter filtriert wurden. Das Filtrat war meist voll- kommen klar, im durchfallenden Licht etwas gelblichbraun, im auffallen- den ein wenig opalescirend.. War die Lösung etwas trübe, so wurde sie nochmals auf gewöhnliche Weise filtrirt, was sehr leicht vor sich ging, und so stets ganz klar und frei von jeglichen gequollenen Stärke- körnern erhalten. Es scheint hier nicht der geeignete Ort, die Frage zu erörtern, ob eine solche Lösung in jedem. Sinne als eine echte Lösung zu» betrachten ist; bekanntlich wurde diese Frage in verschie- denem Sinne beantwortet. Ich persönlich bin durchaus der Ansicht, dass sie von einer wirklichen Lösung nicht unterschieden ist. Eine auf die geschilderte Weise zubereitete Lösung enthielt in 100 Theilen 0,34 Theile bei 100° getrockneter Stärke. Wird ein Tropfen solcher Lösung auf dem Objectträger ein- getrocknet, so bleibt eine glasig-durchsichtige Masse zurück, welche sich bei mikroskopischer Untersuchung schön wabig structurirt erweist. Gibt man zu der eingetrockneten Masse Wasser, so wird sie unter beträchtlichem Aufquellen sofort milchig trübe und löst sich selbst bei längerem Erhitzen auf dem Wasserbade nicht mehr vollständig in Wasser auf. Diese Erscheinung ist natürlich besser zu verfolgen, wenn man grössere Mengen der Lösung verwendet. Auf solche Weise wurde z. B. festgestellt, dass von dem durch Eintrocknen erhaltenen Rückstand bei längerem Erhitzen auf dem Wasserbad nur 57°, in Lösung gingen; der durch Eindampfen dieser Lösung erhaltene Rück- stand gab an Wasser unter den gleichen Bedingungen wiederum nur 73°/, ab. Hieraus folgt also, dass die gelöste Stärke bei jedem Ein- trocknen theilweise unlöslich wird, womit ja auch das Verhalten der. natürlichen Stärkekörner insofern übereinstimmt, als sie bei Kochen mit Wasser nur theilweise gelöst werden. Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 91 Wird eine Stärkelösung auf dem Wasserbad hinreichend stark eingedampft, so gelatinirt sie beim Erkalten nach einigen Stunden. Auf diese Weise erklärt sich also das Gelatiniren des gewöhnlichen Stärkekleisters beim Erkalten, da wir uns den Kleister als eine con- centrirte Stärkelösung denken müssen, in welcher die ungelösten, stark aufgequollenen Theile der Stärkekörner aufgeschwemmt sind. Unter diesen Umständen war von vornherein zu vermuthen, dass sich der Stärkekleister wie die früher untersuchten gelatinirenden und gerinnenden Substanzen verhalten werde. Die Untersuchung bestätigt dies vollständig; 5°/,iger Stärkekleister, der sehr gut gelatinirt, liess in der Thonzelle vor der Wasserluftpumpe eine ansehnliche Menge wässriger Flüssigkeit absaugen, die nur 0,24°, festen Rückstand ergab. Dass darunter auch Stärke war, zeigte die schwache Reaction mit Jod. Die mitgetheilten Erfahrungen über die Wabenstructur der ein- getrockneten Stärkelösung mussten mich naturgemäss dazu führen, auch dem so viel erörterten eigenthümlichen Bau der natürlichen Stärke- körner einige Aufmerksamkeit zu schenken. Es schien keineswegs un- möglich, dass der geschichtete Bau dieser Körner mit einer wabigen Structur im Zusammenhang stehe, da ja hierfür Beispiele aus dem Bereiche der Cuticulae der thierischen Organismen vorlagen, wo Schichtung und Wabenbau innigst verknüpft sind‘). Die Untersuchung erwies denn auch bald die Richtigkeit dieser Vermuthung,. Zwar ge- lang es nicht, bei einfacher Betrachtung der Stärkekörner in Wasser entscheidende Bilder eines solchen Wabenbaues zu erhalten, wenn- gleich namentlich die inneren Schichten und der sogen. Kern Spuren hiervon zeigten. Da es wahrscheinlich war, dass eine solche Structur, wenn vorhanden, an gequollenen Körnern deutlicher werde, sowohl wegen der Vergrösserung der Wabenräume als auch vielleicht wegen der Veränderung der Brechungsverhältnisse, so schlug ich diesen Weg ein und gelangte auf ihm erfreulicher Weise bald zu positiven Ergebnissen. Da die Art der Stärkekörner voraussichtlich einigen Einfluss auf 1) Siehe hierüber mein Werk über die mikroskopischen Schäume etc. p. 89. 92 O. Bütschli: das Gelingen der Untersuchungen haben mag, so betone ich, dass die zu schildernden Beobachtungen über die Structurverhältnisse bis jetzt aus- - schliesslich an Körnern des käuflichen Arrow-root angestellt wurden. Werden diese in Wasser allmählich erwärmt, bis die Kleisterbildung gerade beginnt, d. h. auf ca. 60—70° C, so findet man die meisten Körner noch sehr wenig verändert vor. Ein Theil jedoch ist in sehr verschiedenem Grade gequollen und bietet daher die beste Gelegenheit zum Studium der Structuren bei mässiger Aufquellung. Unter den wenig gequollenen Körnern wird man nun stets eine Anzahl finden, welche bei Untersuchung mit starken Vergrösserungen nicht nur die Schichtung vortrefflich zeigen, sondern gleichzeitig auch eine ganz regelmässige Structur, der Schichten selbst aufweisen. Jede Schichte ist deutlichst radiär gestreift, d. h. sie besteht nach meiner Auffassung aus einer ein- fachen Schicht von Waben, deren Wände aus fester Stärkesubstanz, deren Inhalt dagegen aus Wasser oder schwacher Stärkelösung be- steht (siehe die nebenstehende Figur). Die Richtigkeit dieser Deutung ergibt sich nicht nur aus den früher mitgetheilten Erfahrungen über den wabigen Bau der ein- getrockneten Stärkelösungen, sondern auch bei genauerer Untersuchung der eben erwähnten Bauverhältnisse der mässig gequollenen Stärke- körner. Ich habe von denselben recht gute Photographieen bei sehr starken Vergrösserungen herzustellen vermocht, und sowohl an diesen wie auch bei directer Beobachtung lässt sich sicher erkennen, dass die radiäre Zeichnung der einzelnen Schichten nicht etwa durch das ganze Korn oder durch eine grössere Zahl der Schichten hindurchgeht, sondern dass die Radiärbälkchen der aufeinanderfolgenden Schichten 4 'y \ .4 “ ' 4 .] “ Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 95 alterniren ‚ oder doch nicht direct ineinander fortsetzen, Ferner zeigen namentlich die Photographieen an guten Stellen ganz deutlich, dass die concentrischen dunkleren Grenzlinien der aufeinander- folgenden Schichten nicht einfach gekrümmte Linien sind, sondern ziekzackförmig gebrochene, indem jedem Radiärbälkchen der beiden zusammenstossenden Schichten ein aus- oder einspringender Winkel der Grenzlinie' entspricht,. wie dies mit dem vorausgesetzten Wabenbau harmonirt. Schliesslich zeigt die Beobachtung bestimmt, dass der hellere Inhalt der Waben schwächer lichtbrechend ist wie das Gerüst, da er bei höherer Einstellung zu einem dunklen Punkte wird. Letztere Erscheinung ist auch, wie hier noch ausdrücklich bemerkt werden mag, an dem Wabenwerke der eingetrockneten Stärke deutlich fest- zustellen, da dies bei höherer Einstellung recht schön das von mir schon früher mehrfach geschilderte falsche Netzbild zeigt. Auf diese Erfahrungen gestützt, scheint es mir daher ganz sicher, dass die natürlichen Stärkekörner gleichfalls einen wabigen Bau besitzen, d. h. dass sie aus zahlreichen concentrischen Schichten bestehen, von welchen jede einwabig ist. Den sogen. Kern der Körner fand ich nach der Aufquellung meist nicht deutlich geschichtet, sondern von einem unregelmässig netzigen Wabenwerk gebildet. Wie ich schon vorhin erwähnte, findet man in der Regel nur verhältnissmässig wenige Körner, welche den geschilderten Bau deutlich zeigen. Dies rührt daher, dass er bei stärkerer Quellung verändert wird. Zunächst wird die Structur der weiter quellenden Körner eine etwas unregelmässig radiärfaserig-wabige, um schliesslich bei starker Quellung in eine ganz unregelmässig wabige überzugehen. Meist ist an den beiden erwähnten Quellungszuständen der Körner eine äusserste, deutlich radiäre einschichtige Wabenlage gut zu erkennen, welche ganz das Aussehen der von mir vielfach geschil- derten Alveolarschicht besitzt. Ich glaube, dass die Zerstörung der ursprünglichen Structur der Stärkekörner bei stärkerer Quellung nicht gar schwierig zu erklären ist. Die stärkere Quellung der äusseren Schichten muss ein beträchtliches Streben derselben nach Volum- vergrösserung hervorrufen, welches auf die inneren Theile wie ein 94 O. Bütschli:: nach Aussen gerichteter Zug wirkt und daher bei intensiverer Quellung bald zu einer Zerstörung der anfänglich deutlich concentrischen Structur führt, die unter dem Einfluss des radiär gerichteten Zugs in eine unregelmässig radiäre übergeht. Bei noch stärkerer Quellung wird die Ursache dieses Radiärbaues allmählich aufhören, da auch die inneren Theile sich dem Maximum der Quellung nähern; gleichzeitig wird aber auch die Gestalt der Körner dann meist so unregelmässig, dass die radiäre Faserung nicht wohl fortbestehen kann. Nur gelegentlich sei bemerkt, dass die Quellung der excentrischen Arrow-root-Körner in der Regel nicht gleichmässig verläuft, sondern in dem Bezirk des längsten Radius zuerst beginnt, weshalb diese Region in der Quellung gewöhnlich vorangeht. Man trifft daher nur selten Körner, welche die concentrische Wabenstructur im ganzen Umkreis deutlich zeigen, und sieht recht häufig die verschiedenen Quellungsstadien gleichzeitig an einem und demselben Korn. Beim Eindampfen der oben erwähnten Stärkelösung bildet sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit stets eine feste Stärkehaut, welche, wie zu erwarten, den früher erwähnten Wabenbau vortreftlich zeigt. Diese Haut ist stets sehr deutlich einaxig doppelbrechend und zwar in der Regel einaxig negativ, d. h. die Axe der grösseren Klastieität steht auf der Fläche der Membran senkrecht. Ich habe je- doch auch solche Häute erhalten, die in verschiedenen Schichten optisch verschieden wirkten, d. h. deren eine Schicht positiv, die andere negativ war, z. B. eine solche Membran, die innen und aussen eine negative Schicht besass, während sich die mittlere Partie positiv verhielt. Fast stets findet man nun, dass sich unter der eigentlichen fein- wabigen Eindampfungshaut eine mehr oder weniger dicke Schicht von Körnern befindet, die aus Stärke bestehen. Zuweilen besteht diese tiefere Lage ausschliesslich aus solch’ kugligen bis ellipsoidischen und unregelmässigen Körnern; ‚häufig wird jedoch diese Lage zum Theil aus einem anastomosirenden Netzwerke ziemlich grober Balken gebildet, das in seiner Bildung sehr an das Spongingerüst eines Horn- schwamms erinnert und dessen Maschenräume von Unmassen von Körnern dicht erfüllt sind. Das geschilderte Balkenwerk ist durchaus ‚35% U Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 95 - feinwabig structurirt und an der Oberfläche mit deutlicher Alveolar- schicht versehen. Manchmal sind die Balken auch etwas faserig-wabig. Die Grösse der Körner ist recht verschieden, von minimalem Durch- messer bis etwa zu einigen Hundertel Millimeter ansteigend. Auch sie sind durchaus wabig structurirt und zeigen vielfach ganz deutlich einen concentrisch wabigen Bau, welcher jenem der natürlichen Stärke- körner völlig entspricht. Ich habe auf die Feststellung dieses Um- standes viel Zeit und Mühe verwendet, da seine sichere Entscheidung mit grossen Schwierigkeiten verknüpft ist. Die Gefahr einer Täuschung liegt nämlich hier sehr nahe, da kleine Tröpfehen homogener, stark _ liehtbrechender Substanz, wie Oel, bei etwas höherer oder tieferer Einstellung wegen der auch nach Innen zu auftretenden Beugungs- ringe ein concentrisches Schichtensystem zu zeigen scheinen, das leicht zu Irrthümern verleiten kann. Ich war daher über die Realität der beobachteten Schichtung jener künstlichen Stärkekörner lange im Zweifel. Da die Körner jedoch in der Regel nur schwach licht- brechend sind und daher äusserlich gar keine Beugungsringe zeigen, und da ferner ihr concentrischer Wabenbau auch bei ganz scharfer Einstellung häufig deutlich zu sehen ist, so muss ich jetzt das wirk- liche Bestehen der erwähnten Structur für sicher erachten. Bis jetzt gelang es nicht, die Doppelbrechung dieser Körner bei Untersuchung in der Stärkelösung oder in Wasser nachzuweisen, was bei ihrer Kleinheit und ihrem jedenfalls sehr beträchtlichen Wasser- gehalt nicht sehr überraschend erscheint. Werden die Körner jedoch gut mit Wasser ausgewaschen und darauf auf dem Deckglas ein- getrocknet, so zeigen sie sämmtlich zwischen gekreuzten Nicols das charakteristische Kreuz der natürlichen Stärkekörner. Obgleich ihre Farbenwirkung beim Einschalten eines Gypsplättchens erster Ordnung eine sehr schwache ist, so konnte ich mich doch bei grossen Körnern sicher überzeugen, dass auch die Elastieitätsaxen dieser künstlichen Stärkekörner ebenso orientirt sind wie jene der natürlichen. Noch auf einem zweiten Wege kann man ganz ähnliche Stärke- körner künstlich erzeugen. Es ist eine lange bekannte Thatsache, dass 96 O, Bütschli: beim Gefrieren einer Stärkelösung der grösste Theil der Stärke als ein in kaltem Wasser unlösliches Gerinnsel ausgeschieden wird. Lässt man eine verdünnte Stärkelösung, wie sie oben beschrieben wurde, gefrieren, so erhält man nach dem Aufthauen eine Menge zerfetzter Lamellen, verzweigter und unverzweigter Fäden und ver- hältnissmässig wenige Körnchen. Wie zu erwarten, zeigen alle diese Gebilde die feinwabige Structur auf das Prächtigste. Insbesondere die Lamellen, welche häufig nur eine einzige Wabenlage dick sind, gehören zu den schönsten Bei- spielen der Wabenstructur. Der optische Durchschnitt einer solchen Lamelle gewährt genau den Anblick einer der Schichten der natür- lichen Stärkekörner, da die Wände der einwabigen Schicht senkrecht -zu den beiden Flächen der Lamelle stehen, wie dies aus ihrer Bildung erklärlich ist. Man hat sehr häufig Gelegenheit, optische Durchschnitte solcher Lamellen zu sehen, da sich vielfach von der Fläche einer Lamelle eine andere senkrecht erhebt. Dieser Umstand, wie auch das zerrissene Aussehen der Lamellen, deutet darauf hin, dass sie ursprünglich ein zusammenhängendes Fachwerk in der gefrorenen Masse bildeten. Diese Vermuthung wird bestätigt durch das Verhalten einer durch Eindampfen stark concentrirten Lösung beim Gefrieren. Auch hier bilden sich die gleichen Lamellen aus, jedoch viel dichter zu- sammenstehend, so dass sie ein zusammenhängendes Fachwerk bilden, das ziemlich an Hollundermark erinnert und bald grobmaschiger, bald feiner ist. Da sich dieses Fachwerk nach dem Aufthauen zusammen- hängend erhält, so lässt sich sein Bau hinreichend feststellen. Natürlich haben die einzelnen, das Fachwerk aufbauenden Lamellen eine viel geringere Flächenausdehnung wie die oben beschriebenen aus der verdünnten Lösung. Sie sind ferner meist sehr dünn; soviel ich bis jetzt ohne sehr eindringendes Studium bemerken konnte, in der Regel nur einwabig oder doch nur wenige Wabenlagen dick. Diese Ergebnisse stellen es daher wohl sicher, dass auch die Lamellen, welche beim Gefrieren der verdünnten Lösung entstehen, ein ähnliches Fachwerk bilden, das sehr weite Maschenräume einschliesst. Beim R j) 2 he r Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 97 Aufthauen kann sich dies gebrechliche Fachwerk natürlich nicht erhalten, sondern zerreisst. Die geschilderten Lamellen der beiden Lösungen sind stets einaxig doppelbrechend und zwar positiv, was sich sowohl an feuchten wie getrockneten Lamellen leicht fest- stellen lässt. Wie gesagt, erhält man beim Aufthauen der gefrorenen Stärke- lösung auch Fäden und Körner. Namentlich die durch Eindampfen _ eoncentrirte Lösung gibt Körner in grosser Menge. — Diese ver- - halten sich nun in Hinsicht ihres Baues und ihrer optischen Eigen- schaften ganz ähnlich wie die durch Eindampfen dargestellten Körner. Vor allen Dingen- zeigen auch sie nach dem Trocknen zwischen gekreuzten Nicols das Kreuz sehr deutlich. Interessant sind auch die Fäden, deren feine, etwas kolbig angeschwollene Enden ebenfalls das Kreuz häufig ganz gut erkennen lassen. | Noch eine dritte Methode gibt gleichfalls Stärkekörner von eigen- thümlicher Beschaffenheit. Bekanntlich wird eine Stärkelösung durch Gerbsäure gefällt unter Ausscheidung von unveränderter Stärke. Bringt man auf dem Objectträger in einen grösseren Tropfen eirca 10 %,iger Gerbsäurelösung mittelst eines Capillarrohrs einen Tropfen der Stärke- lösung, so tritt sofort Ausscheidung ein. Diese erfolgt zunächst, wie zu erwarten war, in Form einer feinwabigen Niederschlagsmembran auf der Grenze der beiden Flüssigkeiten. In verhältnissmässig kurzer Zeit erleidet diese Membran jedoch zum grossen Theil eine Verände- rung, indem sie in tröpfehenartige oder mehr körnige Bildungen zerfällt, die sich in grosser Menge im Umkreis des ursprünglichen | Stärketropfens ansammeln. Diese Körner oder tropfenartigen Bildungen sind sehr weich bis wohl zähflüssig und ziemlich stark lichtbrechend. Man erkennt die ersterwähnte Eigenschaft namentlich daran, dass die Gebilde bei Druck zu unregelmässigen Massen zusammenfliessen - oder verbacken. Sie erscheinen ferner in der Regel homogen, wenigstens muss ich annehmen, dass die Structuren, die ich zuweilen an ihnen beobachtete, erst durch nachträgliche Veränderungen, die gleich zu erwähnen sind, hervorgerufen wurden. Werden diese Körner nämlich mit Wasser oder Alkohol behandelt, so tritt sofort eine P3 Verhandi. d Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins. N. Serie, V. ‘ 98 0. Bütschli: Gerinnung ihrer Substanz auf, welche eine wabige Structur annimmt, ganz ähnlich jener der Eindampfungs- oder Gefrierungskörner. An den so veränderten Körnern liess sich vielfach auch concentrische Schichtung deutlich beobachten. Aus diesen Ergebnissen scheint mir hervorzugehen, dass die durch Gerbsäurewirkung entstehenden homogenen Körner keine reine Stärke sein können, sondern vermuthlich eine Art Lösung von Stärke und Gerbsäure, die durch Wasser oder Alkohol unter Ausscheidung der Stärke entmischt wird, was die Entstehung der wabigen Structur zur Folge hat. Ueber diese Vermuthung können jedoch nur genauere Untersuchungen entscheiden. Ich will nicht unterlassen, noch besonders zu betonen, das ich die Reaction der geschilderten, künstlich dargestellten Stärke- körner ete. mit Jod vielfach geprüft habe und daher kein Zweifel über ihre chemische Natur besteht. Die mit Gerbsäure dargestellten gchen bei der Prüfung natürlich in den veränderten Zustand über, in dem sie die Reaction vortrefflich zeigen. Da mir gelegentlich auch mündlich eingeworfen wurde, dass eventuell Stärkekörner, welche das Filter passirt hätten, in der ursprünglichen Lösung gewesen sein könnten, so will ieh nochmals besonders betonen, dass die Lösungen ganz klar sind und unter dem Mikroskop durchaus nichts zeigen. Doch verdient dieser eventuelle Einwand auf Grund der gesammten Sachlage keine ernstliche Widerlegung. Wenn wir das über die Structur der natürlichen Stärkekörner und das Verhalten der künstlich dargestellten überblicken, so lässt sich nicht verkennen, dass die Uebereinstimmung beider so innig ist, dass der Schluss auf ihre volle Identität auch in morphologischer Hin- sicht gerechtfertigt erscheint. Leider ist es bis jetzt noch nieht geglückt, die künstlichen Stärkekörner zu weiterem Wachsthum zu bringen und auf solchem Wege Körner darzustellen, welche den natürlichen noch ähnlicher sind. Bei dieser Gelegenheit sei noch speciell darauf aufmerksam gemacht, dass die kleinsten natürlichen Stärkekörner bezüglich Aussehen und Bau durchaus den künstlich dargestellten gleichen. em 7 A u re EBD A ee Ze U ie er ir | ri in u Pe Du eine Ueber den feineren Bau der Stärkekörner, 99 Die Frage nach dem Wachsthum der Stärkekörner ist trotz vieler umfangreicher Untersuchungen noch nicht zu einem. befriedigenden Abschluss gelangt. Sie hat um so grösseres Interesse, als sich die Speculationen über das Wachsthum der lebenden Substanz auf dieser Grundlage erhoben. Die Entscheidung des Streitpunktes, ob die Stärkekörner durch Intussusception oder durch Apposition waclısen, besitzt daher jedenfalls eine ganz hervorragende Bedeutung. Wenn es nun auch hier nicht meine Absicht sein kann, diese Frage auf Grund meiner Erfahrungen über die Structur der Stärkekörner ein- gehend zu erörtern, da hierzu eine ausführliche Besprechung der ver- schiedenen Ansichten und der zu ihrer Unterstützung vorgebrachten Gründe nothwendig wäre, so muss ich doch betonen, dass mir die Structur der Körner, wie ich sie nach den geschilderten Befunden auffassen muss, mit der Hypothese des Intussusceptions-Wachsthums un- vereinbar erscheint, dass sie dagegen mit einem Wachsthum durch Ap- position sehr wohl harmonirt. Dieselbe Ansicht wird dann wohl auch für die Zellmembran geltend gemacht werden müssen, da ich über- zeugt bin, dass dieser eine entsprechende Structur zukommt und ihre Schichtung auf den gleichen Bedingungen beruht wie jene der Stärke- körner. Schichtungsstrueturen, welche lebhaft an jene der Stärkekörner erinnern, habe ich beim Eintrocknen von dünnem Stärkekleister auch künstlich erhalten. Die Schichtung entsteht in diesem Fall an dem äussersten Rand des eingetrockneten Kleistertropfens und rührt daher, dass sich successive einwabige Schichten bilden. Die äusserste Schicht ist natürlich in diesem Falle die zuerst entstandene. Man vergleicht die Stärkekörner häufig direet mit den als sogen. Sphärokrystalle gedeuteten Inulinkörpern, was ja auch von vornherein recht wahrscheinlich ist wegen der nahen chemischen Verwandtschaft der beiden Stoffe. Ich zog daher auch das Inulin neuerdings zur Beobachtung heran. Obgleich nun die Untersuchung dieses in vieler Hinsicht besonders interessanten Körpers erst in den Anfängen begriffen ist, so kann ich doch ein positives Resultat mittheilen, das für die Frage nach der Structur der Stärkekörner von grosser Tragweite ist. T* 100 O. Bütschli: Wenn man nämlich, wie dies bei einem gewissen Verfahren gelingt, ganz flache, dünne Inulinsphären auf dem Objectträger herstellt, so überzeugt man sich nicht nur, dass dieselben auf das Schönste ge- schichtet sind wie die Stärkekörner, sondern man beobachtet auch unschwer ganz die gleiche Structur der Schichten, welche ich für die Stärkekörner oben geschildert habe. Hieraus folgt sicherlich, dass. die Inulinkugeln dieselbe Structur wie die Stärkekörner besitzen, wofür ich jedoch auch auf anderem Wege noch genügende Anzeichen erhielt. Jedenfalls ist daher der Bau beider Gebilde vollkommen identisch. Den- noeh müssen die Untersuchungen am Inulin noch weiter fortgesetzt wer- den, um zu genügender Klarheit über den Aufbau der sogen. Sphäro- krystalle zu gelangen; sicher verspricht aber gerade dieser Körper eine endgültige Lösung der Frage auch für die Stärkekörner, da hier die Verhältnisse klarer liegen und Versuche leichter gelingen. Wenn auch die Untersuchungen, über die ich Ihnen im Vorher- gehenden berichten durfte, noch länger fortgesetzte Anstrengungen erfordern werden, um zu einem gewissen Abschluss zu gelangen, so eröffnen sie doch jetzt schon einen interessanten Einblick in die feineren Vorgänge bei der Bildung weitverbreiteter Erzeugnisse des lebenden Organismus. Gleichzeitig dürften sie aber einen weiteren Beweis für die grosse Verbreitung der eigenthümlichen Waben- oder Schaumstructur im Organismus und der von ihm hervorgebrachten Substanzen liefern. Um so mehr scheint es mir geboten, bei dieser Gelegenheit hervorzuheben, dass jene Structuren, wie der Gang meiner Untersuchungen schon mit verhältnissmässig grosser Sicherheit voraus- sehen liess, keineswegs auf organische Stoffe, welche im Organismus eine hervorragende Rolle spielen, beschränkt sind. Sehon die Er- fahrungen an Gummiarten, namentlich jedoch die an den Stärke- lösungen, wiesen darauf hin, dass wohl den gallertigen Substanzen eine entsprechende Structur allgemein eigenthümlich sein dürfte. Diese Ver- muthung fand denn auch bald ihre Bestätigung, indem es sich zeigte, dass auch Kieselsäuregallerte, welche aus löslicher Kieselsäure durch spontane Gerinnung entsteht, die gleiche Structur besitzen muss. Zwar gelingt es nicht, sie in der wasserhaltigen frischen Gallerte wahr- Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. 101 _ zunehmen, was auch nach Analogie mit der Gelatine-, Agar-Agar- und _ Traganthgallerte unwahrscheinlich war. Trocknet man jedoch die Br Kieselgallerte langsam ein, so sieht man die Structur an vielen Stellen deutlich hervortreten. Bei stärkerer Austrocknung wird sie aber in E der Regel wieder undeutlich. Zuweilen dringt jedech in die aus- _ trocknende Gallerte Luft ein und erfüllt die Wabenräume in gleicher Weise, wie ich dies früher für die Gallerte zahlreicher Substanzen beschrieben habe. Solche lufterfüllten Stellen der Gallerte zeigen - die Structur ganz vortrefflich und genau ebenso, wie ich sie von den seither besprochenen Substanzen schilderte. In gleicher Weise hat sich auch meine Vermuthung, dass die - sogen. Niederschlagsmembranen wabig structurirt sein müssten, bestätigt. Dass dies für die aus Leim und Gerbsäure hergestellten gelten _ muss, war von vornherein anzunehmen und wurde auch durch Be- obachtung als richtig erwiesen. Das Gleiche gilt aber auch für die Membranen, welche aus Ferrocyankalium und Eisenchlorid oder essig- saurem Kupfer dargestellt werden. Namentlich die mit dem Kupfer- - salz erzeugten Membranen sind für das Studium der Structuren geeignet - und auch am leichtesten zu erhalten. Die Membran besteht, wenigstens anfänglich, aus einer einzigen Wabenlage und erscheint daher auf dem optischen Durchschnitt gestrichelt, entsprechend den oben geschilderten - einwabigen Stärkelamellen. Allmählich erfahren jedoch solche Mem- branen Veränderungen, indem sich auf ihrer Aussenfläche körnige Niederschläge bilden. Doch bedürfen diese Vorgänge noch genaueren Studiums. | Das Entstehen der wabigen Structur müssen wir uns in diesen Fällen etwa so denken, wie es auch für die eintrocknende Stärkelösung angenommen werden muss. Bei einer gewissen Concentration der Stärkelösung, die sich in diesem Falle wohl einer übersättigten ver- gleichen lassen darf, tritt plötzlich eine Entmischung ein, indem sich Wasser, resp. sehr verdünnte Stärkelösung in dichten Mengen kleinster Tröpfchen ausscheidet, in einer wasserärmeren jedoch ursprünglich noch flüssigen Stärkelösung, die jedoch bei weiterem Wasserverlust rasch er- 109 O. Bütschli: Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. u. starrt. Bei der Bildung der Niederschlagsmembranen muss gleichfalls zuerst eine übersättigte Lösung des Membranstoffes ausgeschieden wer- den, welche dann unter ähnlichen Vorgängen zu der wabigstructurirten Haut erstarrt. Ich gebe diese Erklärung der Vorgänge als eine vor- läufige, wie sie sich auf Grund meiner augenblicklichen Erfahrungen dar- bietet, ohne zu verkennen, dass sie etwas gewagt erscheint. Ich hoffe jedoch, dass namentlich das weitere Studium des Inulins, welches in vieler Hinsicht wichtig erscheint, zu bestimmteren Aufschlüssen und gesicherteren Ansichten führen wird. (Sonderabzüge ausgegeben den 20. März 1893.) R, Lauterborn: Auftreten u. Fortpflanzung ein. pel. Organismen d. Rheines. 103 Ueber Periodicität im Auftreten und in der Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen des Rheines und seiner Altwasser, Von Robert Lauterborn. (Aus dem Zool. Institut zu Heidelberg.) Mit einer Figur im Text. (Vorgelegt in der Gesammtsitzung vom 3. Februar 1893.) Die Thier- und Pflanzenwelt des festen Landes ist in unseren Breiten durch den Wechsel der Jahreszeiten und durch den damit auf das Innigste verknüpften Wechsel der äusseren Existenzbedingungen fortwährenden Wandlungen in ihrer Zusammensetzung unterworfen. Nur sehr wenige Organismen bleiben von diesen Einflüssen unberührt; die Hauptmasse unserer heimischen Fauna und Flora setzt sich viel- mehr aus Arten zusammen, welche die Bedingungen einer regen Ent- faltung und Entwicklung nur zu bestimmten Zeiten des Jahres vor- finden und die, nachdem sie für die Erhaltung der Art gesorgt haben, wieder verschwinden, um nach Verlauf einer längeren oder kürzeren Ruheperiode dem Kreislauf ihres Daseins von Neuem zu beginnen. Es ist die Aufgabe eines besonderen Wissenszweiges, der Phänologie, die Gesetze dieser regelmässigen periodischen Erscheinungen im Leben der Pflanzen und Thiere zu ergründen, und bei einer Reihe besonders auffallender Vorgänge dieser Art (Blüthe, Belaubung, Fruchtbildung der Gewächse, Ankunft unserer Zugvögel etc.) haben sich hierbei besonders auf botanischem Gebiete bereits interessante Resultate ergeben. Es sind derartige Untersuchungen auch für die Klimatologie von nicht zu unterschätzender Bedeutung: bringt doch nach Kerner (4) der jährliche Entwicklungsgang der Pflanzen in vielen Fällen das Klima einer Gegend weit anschaulicher zum Ausdruck als der Gang der an dem betreffenden Orte aufgestellten Instrumente. Rn 104 Robert Lauterborn; Bei der Thier- und Pflanzenwelt des süssen Wassers dagegen macht sich wegen der relativen Gleichmässigkeit des umgebenden Mediums der directe Einfluss der Jahreszeiten im Allgemeinen nicht so auffallend bemerkbar wie bei den Landorganismen. So giebt es hier eine ganze Anzahl besonders grundbewohnender Organismen wie die meisten Diatomeen und Protozo@n, viele Rotatorien etec., welche sich in gleicher Häufigkeit das ganze Jahr hindurch vorfinden und die sich zu allen Zeiten, selbst unter einer dicken Eisdecke, leb- haft vermehren. Eine Abhängigkeit von den genannten äusseren Factoren hat sich bei ihnen noch nicht nachweisen lassen. Im Gegensatz hierzu konnte ich für eine Reihe „pelagischer“ Organismen des Rheines und seiner Altwasser feststellen, dass ihr jähr- licher Entwicklungsgang in einer ganz gesetzmässigen Weise verläuft. Sie erscheinen zu bestimmten Zeiten des Jahres und erlangen all- mälig ein Maximum der Häufigkeit, worauf sie wieder an Zahl be- deutend abnehmen oder ganz verschwinden, um an ihre Stelle andere Arten treten zu lassen, deren Lebensgang sich in ähnlicher Weise ab- spielt. Dabei tritt das Maximum der Häufigkeit bei den verschiedenen Species zu sehr verschiedenen Zeiten ein und wird von einzelnen Formen im Laufe eines Jahres nur einmal, von anderen dagegen zwei- mal und zu verschiedenen Monaten erreicht. Die in dieser Hinsicht mitzutheilenden Beobachtungen beruhen auf jetzt beinahe zweijährigen regelmässigen Untersuchungen, welche ich der Fauna und Flora des Rheines und seiner Altwasser angedeihen liess, und deren Resultate später in einer grösseren Arbeit nieder- gelegt werden sollen. Als Ausgangspunkt für diese Studien diente mir der zwischen Ludwigshafen und Speyer gelegene Altrhein bei Neuhofen, ein grosses, seeartiges Wasserbecken mit reicher Vegetation und ausgedehnten freien Wasserflächen, welche einen grossen Reich- thum „pelagischer“* Organismen aufweisen‘). Von diesen letzteren kommt ein Theil das ganze Jahr hindurch ziemlich gleich häufig vor;' !) Ich fand hier bis jetzt in freiem Wasser ca. 90 Arten, darunter eirca 25 Protozoön, 34 Rotatorien etc. Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d, Rheines. 105 ein anderer Theil aber lässt sowohl in seinem Auftreten wie in der Individuenzahl der einzelnen Arten eine ganz gesetzmässige Perio- dieität erkennen, ähnlich wie eine solche schon früher von Hensen, Schütt (5) etc. für eine Reihe mariner Planctonbionten der Ostsee constatirt worden ist. Am Auffälligsten trat dieser Wechsel in der Häufigkeit bei drei der verbreitetsten Formen, nämlich bei der Diatomee Asterionella gracillima Heib., sowie den Mastigo- phoren Dinobryon und Ceratium hirundinella ©. F. Müller hervor: diese drei Organismen erscheinen nämlich abwechselnd periodisch in einer so riesigen Individuenmenge, dass sie dem Auftrieb ein gänz characteristisches Gepräge verleihen, während sie zu anderen Zeiten entweder vollständig fehlen oder doch auf ein Minimum reducirt sind. Die folgenden Schilderungen ihres jährlichen Entwicklungsganges, wie sich derselbe am Altrhein bei Neuhofen 1891 und 1892 abspielte, werden dies näher erläutern. Zunächst Dinobryon'). Die bäumchenförmigen Colonieen dieser Flagellate sind den ganzen Winter über neben Copepoden etc. ziemlich reichlich im freien Wasser vertreten. In den ersten Monaten des Jahres nimmt ihre Zahl rasch bedeutend zu, so dass sie bald alle gleichzeitig mit ilınen vorkommenden Organismen an Individuenmenge überflügeln. Das Maximum des Auftretens fällt in den April und den Beginn des Mai: zu dieser Zeit treten sie im Auftrieb in so gewaltigen Massen und so dominirend auf, dass man beinahe von einem „Dinobryon- plancton“* sprechen könnte. Etwa von Mitte Mai ab nimmt die Zahl der Dinobryoncolonieen beträchtlich ab, ohne dass die Art jedoch gänz- lich verschwindet; im Juni, Juli und August ist sie, wenn auch keineswegs immer häufig, doch ziemlich regelmässig anzutreffen. Der September bringt ein zweites Maximum der Häufigkeit, worauf im October der Bestand wieder ‚geringer wird und in den folgenden Wintermonaten sich ziemlich auf derselben Stufe hält. ') Die Beobachtungen beziehen sich auf zwei Formen, nämlich Dino- bryon divergensimh. und D, elongatum Jmh., au welchen die erstere im Frühjahr, die andere im Herbst überwog. Ob sie wirkliche „Arten“ sind, ist mir noch etwas zweifelhaft, 106 Robert Lauterborn: Aehnlich wie bei Dinobryon lässt sich auch bei der Diatomee Asterionella gracillima /leib. ein regelmässiger Wechsel der Häufig- keit erkennen. In den ersten Monaten des Jahres sind die zierlichen stern- förmigen Verbände dieser Art nur verhältnissmässig spärlich vorhanden. Erst von Mitte März ab werden sie immer häufiger, bis sie dann im Juni ihr Häufigkeitsmaximum erreichen, also zu einer Zeit, wo Dinobryon den einen Höhepunkt seiner Entwicklung bereits weit hinter sich liegen hat. In den folgenden Monaten tritt Asterionella gegen die anderen pelagischen Organismen gänzlich in den Hintergrund; erst im September beginnt sie wieder zahlreicher zu erscheinen, um dann etwa von Mitte October ab zum zweiten Male dominirend auf- zutreten, wie denn überhaupt während des Winters diese Diatomee zu den häufigsten Vorkommnissen gehört. Am Interessantesten und am Schärfsten begrenzt von allen Arten ist jedoch der Entwicklungsgang von Ceratium hirundinella OÖ. F. Müller. Während der ganzen kälteren Jahreshälfte fehlt diese Flagellate in unsern Altwassern vollständig. Gegen Ende März kommen die ersten Exemplare, wenn auch immer noch sehr vereinzelt, zum Vorschein. Von diesem Zeitpunkt ab nimmtihre Zahl aber stetig zu, so dass gegen Ende Juni der grösste Procentsatz der im Auftrieb überhaupt vorkommenden Organismen von dieser Art gebildet wird. Das Maximum der Häufigkeit fällt bei Ceratium hirundinella auf den Juli und August, und während dieser zwei Monate ist die Zahl der Individuen eine so ungeheuer grosse, dass sämmtliche anderen gleichzeitig vorkommenden Arten, und mögen sie noch so häufig sein, dagegen in den Hintergrund treten. Von Mitte September an macht sich eine bedeutende Abnahme bemerkbar und mit Ende October verschwinden auch die letzten vereinzelten Exemplare vollständig. Es scheint mir nun, dass diese auffallende Beschränkung des Vor- kommens auf die wärmere Jahreszeit bei Ceratium hirundinella weiter verbreitet ist, da auch Apstein (1) bei seinen interessanten Planctonstudien in einer Reihe norddeutscher Seen constatiren konnte, dass diese Art daselbst von April bis October häufig war, dann aber vollkommen verschwand. 4 Q Be A ee TE, - Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 107 Auch nach einer anderen Richtung hin bot Ceratium hirundi- nella des Altrheins bei Neuhofen ein grosses Interesse dar, indem sich feststellen liess, dass bei ihm in inniger Verknüpfung _ mit dem jährlichen Entwicklungsgange auch die Ge- ‚stalt desPanzers bestimmten Wandlungen unterworfen ist. An der Hand der beigegebenen Skizzen der verschiedenen Panzer- umrisse, deren Zahl sich beliebig vermehren liesse, da alle Ueber- gänge vorkommen, dürften diese fortschreitenden Veränderungen am Anschaulichsten zu verfolgen sein. = b Die ersten Individuen, welche im Frühjahr erscheinen, sind in der Region der Querfurche sehr breit und besitzen hinten drei ver- schieden lange, divergirende Hörner (Fig. a von der Dorsalseite), welche Gestalt bis etwa gegen den Juli hin beibehalten wird. Bei den von diesem Zeitpunkte ab auftretenden Exemplaren lässt sich fast ausnahms- los die Tendenz zu einer allmäligen Verkümmerung des linken hinteren Hornes verfolgen; dasselbe wird immer kleiner und kleiner (Fig. b und c), um schliesslich vollständig zu verschwinden. Hand in Hand mit dieser Reduction geht eine fortwährende Ver- schmälerung des Querdurchmessers, sowie eine stetige Abnahme des Winkels, welchen das rechte hintere Horn mit der Längsachse bildet. Das Endresultat all dieser Veränderungen ist eine schlanke und lang- 108 Robert Lauterborn : | gestreckte, hinten mit zwei fast parallelen Hörnern versehene Form, ii die vollständig dem Ceratium furca Ehrb. spec. gleicht (Fig. d). Sie ist es auch, die im Juli und August in so grosser Menge auf- * tritt, und ihr gehören auch die letzten im October verschwindenden Exemplare an. Dass dieser auffallenden Erscheinung wirklich eine tiefere Gesetz- mässigkeit zu Grunde liegen muss, geht daraus hervor, dass ich sie in beiden Beobachtungsjahren in ganz derselben Weise verfolgen konnte. Ich bemerke noch, dass auch mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor Bütschli, sich von der Richtigkeit der im Vorstehenden gegebenen Darstellung überzeugen konnte; ich kann hierbei nicht unterlassen, ihm für das dieser Arbeit entgegengebrachte Interesse meinen herzlichsten ’ Dank auzusprechen. | Fassen wir nun noch einmal den jährlichen Entwicklungsgang von Dinobryon, Asterionella und Ceratium zusammen, so wird nachfolgende Tabelle, die sich auf beinahe zweijährige Beobachtungen im Altrhein bei Neuhofen stützt, am meisten dazu geeignet sein, ein übersichtliches Bild von der wechselnden Häufigkeit der einzelnen Formen zu geben. Ali Dauchle Pa | ln hirun- gracillima Heib. | dinella 0. FM. Januar ? | ? _ Februar Sehr häufig. Einzeln. = März Sehr häufig. | Einzeln. ' Sehr vereinzelt. April Weitüberwiegen EN Nicht selten. Einzeln. Mai Nicht selten. Ziemlich häufig. Häufig. Juni Häufig. Weit überwiegen d. Sehr häufig. Juli Nicht selten. Einzeln. ‚Weitüberwiegend. August Nicht selten. | Einzeln. Weit überwiegend. Septbr. |Weitüberwiegend. Häufig. | Häufig. | October Einzeln. 'Weitüberwiegend. Einzeln. Novbr. Häufig. ' Ueberwiegend. ei Dechr. Häufig. Sehr häufig. Sr PZ EEE ” Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 109 EEE Es braucht bei dieser Darstellung wohl kaum noch besonders her- u - vorgehoben zu werden, dass die verschiedenen Phasen im Entwicklungs- gange der genannten Arten sich keineswegs in jedem Jahre zu ganz _ genau derselben Zeit wiederholen. Wie ja auch auf dem Lande die - Blüthe oder die Belaubung unserer Bäume und Sträucher in dem einen ; Jahre etwas früher, in dem andern etwas später eintritt, so kann auch 'im Wasser, um nur ein Beispiel herauszugreifen, Asterionella in dem einen Jahre schon Ende Mai, im andern dagegen erst Anfang Juni zur höchsten Entfaltung gelangen. Diese kleinen zeitlichen Schwankungen vermögen aber nicht der Gesetzmässigkeit im Grossen Abbruch zu thun; denn wie aus obiger Tabelle hervorgeht, erreicht in der ersten Jahreshälfte Asterionella das Maximum der Häufig- keit stets später als Dinobryon und früher als Ceratium. Das Gesetzmässige im periodischen Auftreten spricht sich aber auch noch in einer anderen Weise aus. In der grossen Mehrzahl der übrigen untersuchten Gewässer des Gebietes, welche überhaupt Dino- -bryon, Asterionella und Ceratium enthalten, verläuft der Jährliche Entwicklungsgang dieser Formen parallel demjenigen ihrerArtgenossen imAltrhein beiNeuhofen. Besonders scharf tritt dieses Verhalten bei Dinobryon und Ceratium hervor, welche ich beide nebst zahlreichen andern „pela- gischen‘ Organismen auch in kleineren Teichen, sowie in künstlich ge- schaffenen und zum Theil sehr vegetationsreichen Lehmgruben antraf, und zwar in einer Individuenmenge, die derjenigen der grossen Alt- wasser in keiner Weise nachstand. Wie bereits bemerkt, ist Dino- bryon im Altrhein bei Neuhofen etwa von Februar ab sehr zahlreich vorhanden und erreicht hier das Maximum seiner Häufigkeit im April und Anfang Mai. Um dieselbe Zeit (14. April) fand ich die Art auch sehr häufig im Altneckar bei Feudenheim !), sowie besonders in einer Reihe von Lehmgruben bei Ludwigshafen, wo im März und April die Zahl der Dinobryoncolonieen eine ganz gewaltige Höhe erreichte. t) Oestlich von Mannheim und vom Altrhein bei Neuhofen durch Neckar and Rhein getrennt. 110 Robert Lauterborn : Dagegen verschwanden sie an den letztgenannten Oertlichkeiten im Laufe des Sommers fast vollständig, als Ceratium hirundinella F hier in üppigster Fülle zur Entwicklung gelangte; erst im September traten sie wieder dominirend auf. Um dieselbe Zeit (am 14. September 1892) bestand auch in einer stillen Bucht des Rheines der quantitativ äusserst reiche Auftrieb zum weitaus grössten Theil aus Colonieen von Dinobryon, von welchen fast durchgängig mehrere Individuen eine kugelige Cyste an der Mündung der becherförmigen Gehäuse trugen, eine Er- scheinung, die sich, wenn auch nicht so allgemein, gleichzeitig im Altrhein bei Neuhofen beobachten liess. Von Ceratium hirundinella habe ich überall, wo ich diese weit- verbreitete Art antraf, kein einziges Exemplar vor Ende März und nach Ende October gesehen. Es wurden bisher nur diejenigen Arten berücksichtigt, welche, gleichsam tonangebend, der Organismenwelt des freien Wassers unserer Altrheine ein characteristisches, nach Monaten wechselndes Gepräge verleihen. Daneben gibt es aber unter den ca. 90 im Gebiete bis jetzt nachgewiesenen Arten eine ganze Reihe, deren Entwicklungsgang ebenfalls eine gewisse Periodieität erkennen lässt, wenn auch die einzelnen Formen meistens nicht gerade in so grosser Zahl auftreten wie Dinobryon, Asterionella und Ceratium. Es würde zu weit. führen, wollte ich diese Organismen alle aufzählen; ich beschränke mich daher auf diejenigen, welche in grösserer Häufigkeit vorkommen. Dazu gehören in erster Linie jene Cyanophyceen, die während der wärmeren Jahreszeit durch ihr massenhaftes Auftreten dem Wasser manchmal eine spangrüne Färbung verleihen und dadurch eine „Wasserblüthe‘ verursachen. Im Altrhein bei Neuhofen geschieht dies vorherrschend durch Clathrocystis aeruginosa Henfr., dann durch Anabaena und Coelosphaerium. Die erstere ist während des Winters sowie im Frühjahr nur in vereinzelten Flöckchen anzu- treffen, nimmt aber dann im Sommer bis in den October hinein sehr bedeutend zu. Dennoch entwickelt sie sich hier niemals so massenhaft wie im Altrhein bei Roxheim (südlich von Worms), wo alle anderen pelagischen Organismen gegen die enormen Massen von Clathrocystis Br - Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 111 + und Sphaerozygain den Hintergrund treten müssen. Anabaena ist besonders von Juni bis September häufig. Von Diatomeen des freien Wassers sind ausser Asterionella besonders: noch die dünnen Fäden von Melosira crenulata var. Binderiana Äg. im Juli, August und September recht häufig anzu- treffen. Fragilaria virescens Aalfs, die sich auch zwischen Wasserpfianzen findet, beginnt erst von October ab sehr zahlreich auf- zutreten, steht dann aber zeitweise (z. B. 22. October 1892) selbst Asterionella kaum nach; sie gehört zu den auch im Winter immer anzutreffenden Organismen. Andere Arten, wie z.B. Surirella biseriata, Campylodiscusnoricus,CymatopleuraSolea u. C. elliptica etc., welche man manchmal vereinzelt im Auftrieb findet, dürften wohl kaum als „‚pelagisch“ bezeichnet werden, da sie in grossen Massen und üppig vegetirend den Bodenschlamm bedecken, von wo sie nur zufällig in das freie Wasser gelangen. Die Protozo&n stellen ein grösseres Contingent zu den Arten, die mehr oder weniger häufig das ganze Jahr hindurch vorkommen und auch im Winter unter einer starken Eisdecke ausdauern; es ge- hören hierzu besonders die Gattungen Synura, Mallomonas, Uroglena, Eudorina, Peridinium, sowie Codonella und Epistylis (auf Copepoden ete.). Mehrere neue Infusorien, über welche später ausführlicher berichtet werden soll, traf ich bis jetzt nur von Juli bis September. Unter den Rotatorien, welche im freien Wasser unserer Alt- rheine durch 34, meist auch in grösserer Individuenzahl auftretende Arten vorkommen, konnte ich bis jetzt nur für einen relativ geringen Bruchtheil eine gesetzmässige Periodieität im Erscheinen und Wieder- verschwinden feststellen. Eine besonders scharfe zeitliche Begrenzung des Auftretens zeigt in erster Linie diesinteressante, von v. Daday zuerst in der Umgebung von Budapest entdeckte Schizocerca diversicornis v. Daday. Im Altrhein bei Neuhofen scheint die Art zu fehlen; dagegen findet sie sich sehr häufig in dem grossen Altrhein bei Roxheim, sowie in einem kleinen flachen Teiche bei Maudach (westlich von Ludwigshafen. An beiden Localitäten be- 113 Robert Lauterborn: ginnt diese Art Anfangs Mai in vereinzelten Individuen zu erscheinen, nimmt dann aber an Zahl ziemlich rasch zu, so dass sie, besonders bei Roxheim, bald alle anderen Räderthiere an Menge übertrifft. Gegen Ende October wird sie merklich seltener, und von Anfang November ist auch kein einziges Exemplar mehr aufzufinden. Diese ausgesprochene Beschränkung auf die wärmere Jahreszeit theilt Schizocerca mit Ceratium hirundinella, welche Art aber merkwürdiger Weise sowohl im Altrhein bei Roxheim als auch in dem Teiche bei Maudach vollständig fehlt, obgleich beide Ge- wässer die günstigsten Existenzbedingungen darzubieten scheinen. Der Grund für das Fehlen dieser sonst allenthalben im Gebiete vorkommenden Species dürfte vielleicht darin zu suchen sein, dass, wie erwähnt, während der Vegetationsperiode vonCeratium beide Wasserbecken mit ganz enormen Massen von Clathrocystis, Sphaerozyga ete. erfüllt sind, die wohl die kräftige Entfaltung der sich holophytisch ernährenden Dinoflagellate vollständig unterdrücken könnten. Wohl aus gleichen Ursachen treten auch Dinobryon und Asterionella im Altrhein bei Roxheim lange nicht so häufig auf wie im Altrhein bei Nenhofen, wogegen diejenigen Thiere, die sich von Glathroceystis etc, er- nähren, wie die Mehrzahl der pelagischen Daphniden sowie viele Rotatorien, gerade im Altrhein bei Roxheim sich in einem besonderen Reichthum an Arten und Individuen entwickeln. Von anderen Räderthieren, die in beiden Beobachtungsjahren nur zu bestimmten Monaten aufgefunden werden konnten, dürften noch folgende seltene zu erwähnen sein: Pedalion mirum Huds. Diese seltsame und durch ihre wahr- scheinlichen Beziehungen zu den Arthropoden besonders interessante Form gehört in vielen Wasserbecken der weiteren Umgebung von Ludwigshafen keineswegs zu”den Seltenheiten, doch ist hier, soweit meine Beobachtungen reichen, ihr Auftreten stets auf August und September beschränkt. > Floseularia mutabilis Bolton fand ich bis jetzt ebenfalls nur im August und September zuweilen ziemlich häufig in den Alt- wassern des Rheins bei Neuhofen und Roxheim. x ih Zah inne un 2) rn os TÜRE Dt ea ee ut Kab Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 113 Mastigocerca eylindrica /mh., von Imhof (3) bis jetzt nur im Bergsee bei Säckingen im Schwarzwalde gefunden, ist in beiden ‘ Altwassern von Juli ab ziemlich häufig anzutreffen und verschwindet hier Mitte October; ein ähnliches räumliches und zeitliches Vorkommen besitzt eine neue Art der Gattung Mastigocerca (M. hudsonii Lauterb.). Zu denjenigen Rotatorien, welche in keinem Monate des Jahres gänz- "lich vermisst werden, gehören in erster Linie folgende: Asplanchna / priodonta Gosse, Polyarthraplatyptera Ehrb., Synchaeta pectinataZhrb.,SynchaetatremulaZhrb., Triarthralongi- seta Ehrb.,, Brachionus angularis Gosse, Anuraeacochle- aris Gosse, Anuraea aculeata Zhrb., Notholca longispina Kell. Diese Arten traf ich auch zu allen Zeiten und selbst mitten im Winter unter der dicken Eisdecke unserer Altwasser und Teiche in lebhafter Bildung parthenogenetischer „Sommereier“. Im Gegensatz dazu erfolgte die Bildung von Dauereiern bei den wenigen Formen, wo ich diesen Vorgang bis jetzt beobachten konnte, nur zu bestimmten Zeiten des Jahres und dann ziemlich gleichzeitig an den verschiedensten Localitäten. Allerdings sind meine Beobachtungen über diesen Gegenstand noch ziemlich lückenhaft, indessen hoffe ich dieselben in den nächsten Jahren nach verschiedenen Richtungen hin noch erweitern und ver- vollständigen zu können. Hier an dieser Stelle beschränke ich mich lediglich auf die Constatirung der Thatsachen und behalte mir die Behandlung der sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen für eine spätere Gelegenheit vor. Als Beleg für die gleichzeitige Bildung der Dauereier gebe ich im Folgenden nach meinen Aufzeichnungen zunächst eine Darstellung dieses Vorganges bei Asplanchna priodonta Gosse, da gerade diese Art bei der relativ ziemlich beträchtlichen Anzahl hieher gehöriger Beobachtungen am Meisten geeignet sein dürfte, die Gesetzmässigkeit der betreffenden Erscheinung hervortreten zu lassen. Verhandl. d. Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins. N. Serie, V. 3 114 | Robert Lauterborn: Bildung der Dauereier bei Asplanchna priodonta Gosse in den Altwassern des Rheines 1891 und 1802. 1891. 30. September. AltrheinbeiRoxheim. Sehr häufig; die Männ- chen nicht selten, die meisten Weibchen mit Dauereiern. 22. October. Altrhein beiNeuhofen. Häufig, auch die Männ- chen. Einige Weibchen mit Dauereiern. 25. October. Teich bei Maudach. Häufig, Anni Weibchen mit Dauereiern. 31. October. Altrhein bei Roxheim. Häufig, auch die Männ- y chen; die meisten Weibchen mit Dauereiern. 1. November. Altrhein bei Neuhofen. Häufig, auch die Männ- chen; die Mehrzahl der Weibchen mit. Dauereiern. 20. November. Altrhein beiRoxheim. Häufig, die Männchen nicht selten; nur einige Weibchen mit Dauereiern beobachtet. 5. December. Altrhein bei Neuhofen. Häufig, kein Männ- chen und keine Dauereier beobachtet, Alle Weibchen. mit Embryonen! 1892. 7. April. Teich bei Maudach. Häufig, auch die Männchen; die meisten Weibchen mit Embryonen, nur wenige Dauer- eier gesehen. 26. April. Altrhein bei Roxheim. Sehr häufig, auch Männ- chen nicht selten. Dauereier nicht beobachtet. Während des Mai, Juni und Juli 1892 und 91 sah ich nie auch nur ein einziges Männchen öder ein Dauerei dieser Art, trotzdem gerade um diese Zeit Asplanchna priodonta @osse in allen Ge- wässern des Gebietes recht häufig war; alle untersuchten Weibchen (und es waren deren mehrere hunderte!) enthielten Embryonen! 5. August. Altrhein bei Neuhofen. Sehr häufig; Männchen: sehr vereinzelt. Dauereier ? 16. September. Stille Bucht des Rheines bei Mannheim. Sehr häufig; die Männchen nicht selten. Neben vielen 1 en. Auftreten u, Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d.Rheines. 115 FEN, Weibchen nur mit Embryonen und anderen nur mit einem Dauerei fanden sich auch einige, die gleichzeitig ein Dauerei und mehrere Embryonen ') im Uterus enthielten. - 19. September. Altrhein bei Roxheim. Ziemlich häufig, - auch die Männchen. Viele Weibchen: mit Dauereiern. 23. September. Altrhein bei Neuhofen. Nicht selten; einige Weibchen mit Dauereiern. 14. October. Altrhein bei Roxheim. Sehr häufig, auch die Männchen; die meisten Weibchen mit Dauereiern. 22. Oetober. Altrhein bei Neuhofen. Nicht selten, Dauer- eier nicht beobachtet. 26. November. Altrhein bei Roxheim. Sehr häufig, die Männchen mehr einzeln. Viele Weibchen mit Dauereiern, einzelne gleichzeitig mit einem Dauerei und Embryonen im Uterus. 3. December. Altrhein beiNeuhofen. Nichtselten. AlleWeib- chenin Bildung parthenogenetischer „Sommer- eier“ begriffen. Kein Männchen oder Dauerei beobachtet ! 17. December. Altrhein bei Neuhofen. Ebenso! 31. December. Altrhein bei Roxheim. Häufig. Alle Weib- chen mit „Sommereiern® und Embryonen im Uterus, kein einziges Dauerei oder Männchen beobachtet! Ebenso die oben aufgezählten Rotatorien mit „Sommereiern“, Bosmina longispina mit Embryonen im Brutraum. Eisdecke ca. 10 cm dick! Asplanchna Brightwellii @osse, die im Altrhein bei Rox- heim etc. häufig ist, verhielt sich im Herbst 1392 bezüglich der Dauereibildung und des Auftretens von Männchen in vieler Beziehung ähnlich wie Asplanchna priodonta Gosse. Der Zahl der Beobachtungen nach schliesst sich an Asplanchna priodonta Gosse zunächst an 1) Zusatz b. d.Corr. Bei einer wiederholten Durchsicht meines conser- virten Materiales scheint es mir, als ob sich diese Embryonen zu Männchen entwickelten. 5* 116 Robert Lauterborn: Triarthra longiseta Zhrb. Bei dieser Art scheint sich die Bildung von Dauereiern in zwei Perioden zu vollziehen, wie sich aus folgender Zusammen- stellung ergiebt. 1891. 23. April. Altrhein bei Neuhofen. Sehr häufig, der grösste Theil der Weibchen mit den characteristischen Dauereiern. 1892. 7. Mai. Teich bei Ludwigshafen. Einzelne Dauereier neben vielen Sommereiern beobachtet. 21. Mai. Altrhein bei Neuhofen. Einige Dauereier gesehen. 15. September. Kleiner Hafen des Rheines bei Mannheim. Neben vielen Sommereiern einige Dauereier. 16. September. Stille Bucht des Rheines. Sehr viele Weib- chen mit Dauereiern. 14. October. Altrhein bei Roxheim. Neben vielen Weibchen mit Sommereiern auch einige mit Dauereiern. In allen übrigen Monaten fand ich bei Triarthra longiseta Ehrb. nur Sommereier. | Anuraea aculeata Zhrb. Ich fand diese Art bis jetzt nur im April 1892 in der Bildung von Dauereiern begriffen: 7. April. Teich bei Maudach. Nicht selten, fast alle Exem- plare mit Dauereiern. 14. April. Altneckar bei Feudenheim. Schr häufig. Neben einem Theil mit Sommereiern auch viele Dauereier. 17. April. Teich bei Ludwigshafen. Viele Individuen mit Dauereiern. Besonders auffällig ist bei dieser Species das ziemlich gleichzeitige’ Auftreten der Dauereier an drei ganz verschiedenen Oertlichkeiten. Weitere hieher gehörige Arten sind: Synchaeta pectinata Ehrb. am 15. September 1892 in einem kleinen Hafen am Rheine TURBINE 4 E Az er re A ie Pe Ze | u” mn 5 a na nr ar 7 RE. Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 117 beijMannheim mit Dauereiern '); Polyarthra platyptera Ehrb. am 23. September 1892 im Altrheiu bei Neuhofen häufig mit Dauereiern sowie Männcheneiern, dann am 14. October 1892 im Altrhein bei - Roxheim mit Männcheneiern (Dauereier nicht beobachtet). Doch sind diese letzten Beobachtungen noch viel zu vereinzelt, um irgend welche sichere Schlüsse aus ihnen ziehen zu können. — Die Crustaceenfauna unserer Altrheine zeigt ebenfalls im Laufe eines Jahres eine wechselnde Zusammensetzung ihres Bestandes an pelagischen Arten; wie auch anderwärts schon früher gefunden wurde, überwiegen im Sommer die Daphniden, im Winter weitaus _ die Copepoden (Diaptomus, Cyclops). Von den ersteren fand ich Leptodora hyalina Zallj., bis jetzt nur von April bis gegen den November hin, am Häufigsten aber von Juni bis September. Die beiden Varietäten der Hyalodaphnia cucullata Sars.. nämlich _ H. Kahlbergensis Schödl., sowie H. Cederströmii Schödl. traten im Sommer oft massenhaft auf, kamen aber im eigentlichen Winter noch nicht zur Beobachtung. Dagegen ist Bosmina longispina Leyd. so ziemlich durch alle Monate des Jahres verbreitet; besonders häufig traf ich diese Art am 26. November 1892 im Altrhein bei Roxheim und hier neben den zahlreichen Weibchen mit Embryonen auch einige der so sehr seltenen Männchen. Von Mollusken ist die interessante freischwimmende Larve der Dreyssensia polymorpha Pallas zu erwähnen, welche in unseren Altwassern von April ab recht verbreitet ist; ich fand von ihr noch am 23. September ganz junge Stadien. Die in Vorstehendem mitgetheilten Beobachtungen über die Perio- dieität im Auftreten und in der Fortpflanzung einiger pelagischen Süss- wasserorganismen sind nun, wie ich mir wohl bewusst bin, nach ver- schiedenen Seiten hin noch unvollständig und lückenhaft; zur Klarlegung der in Rede stehenden Erscheinungen werden noch viele regelmässige und gleichzeitig an verschiedenen Orten angestellte Untersuchungen nöthig sein. Trotzdem glaube ich aber schon jetzt auf Grund meiner Befunde 1) Dieselben sind rund und allseits mit ziemlich langen borstenförmigen Haaren bedeckt. 118 Robert Lauterborn: an den Altwassern des Rheines, sowie einer grossen Anzahl sonstiger Wasserbecken in der Umgebung meines Wohnortes annehmen zu dürfen, dass auch anderwärts, wo Dinobryon, Asterionella und A Ceratium etc. häufiger vorkommen, der Entwicklungsgang dieser Arten sich mit entsprechenden localen Modificationen in i ähnlicher Weise vollziehen wird, wie er hier für eine Reihe Gewässer der Oberrheinebene geschildert wurde. Mit dieser Auffassung lassen sich auch einige Beobachtungen in Einklang bringen, die von anderen Forschern bei Gelegenheit faunistischer Studien in verschiedenen Gegen- | den gemacht wurden. Schon oben wurde der auffallenden Uebereinstimmung gedacht, welche der Entwicklungsgang von Ceratium hirundinella ©. F. Müller in den Altwassern des Rheines und in einer Reihe holstei- nischer Seen darbietet. Für eine Anzahl der tiefen Schweizer Seen scheint die Sache etwas anders zu liegen, da Asper und Heuscher (2), sowie /mhof (3a) Ceratium hier auch im Winter antrafen, wenn auch viel seltener als im Sommer. Für Dinobryon fand Heuscher (2), welcher neun Monate hindurch (Mai 1886—Mitte Februar 1887) den Wechsel der freilebenden Thierwelt des Zürichsees verfolgte, dass das Gebiet Mitte Mai an Colonieen des Dinobryon divergens /mA. und D. elon- satum J/mA. wimmeite, während in den folgenden Monaten die Zahl derselben bedeutend redueirt war. Erst mit dem Beginn des Septembers stellte sich auch wieder eine riesige Zunahme von D. elongatum und später von D. divergens ein, welche ungefähr bis gegen die Mitte des Monats anhielt.e. Zum Vergleich mit der Fauna unserer Altwasser gebe ich Zleuscher’s Zusammenstellung der Organismen, welche den Character der mikroskopischen Fauna im Zürichsee be- stimmen. Im Mai Dinobryon und Diatomaceen, im Juni Ceratium (Juli fehlt); im August Anabaena eircinalis, Ceratium und Difflugia (!) '), im September Dinobryon und Ceratium; im !) Eine Difflugia, welche als Aufenthaltsort das offene Wasser und zwar speciell die obersten Schichten desselben wählt und die hier zu un- gezählten Tausenden gefangen wurde, wie Asper und Heuscher be- richten, scheint mir doch äusserst problematisch! Sicher hat hier die im = Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheine. 119 October Heliozoön, Anabaena; von November bis Mitte Februar N 7 A, (wahrscheinlich bis Mai) Diatomaceen. Wie man sieht, ist eine weit- > ) * * ® ” _ gehende Uebereinstimmung mit den in unseren Altwassern herrschenden — Formen nicht zu verkennen. Ein weiteres massenhaftes Auftreten von & im = b4 j ] 'Dinobryon constatirte Weltner (6) für den Tegelsee bei Berlin, wo die Art am 7. und 15. September 1885 und am 15. Mai 1886 sehr häufig vorkam. Durch diese Befunde wurde zugleich auch die frühere Hypothese von Zacharias (7) berichtigt, nach welcher Dinobryon in den norddeutschen Seen überhaupt fehlen sollte, weil es bei einer von Juni bis August vorgenommenen Durchforschung einer grösseren - Anzahl von holsteinischen, mecklenburgischen und westpreussischen Seen nicht zur Beobachtung kam. Gerade diese letzterwähnte Thatsache dürfte am Schlagendsten darthun, wie überaus misslich es immer ist, aus dem Fehlen irgend einer Art zu einer bestimmten Zeit gleich auf das Nichtvorkommen derselben in den untersuchten Gewässern überhaupt schliessen zu wollen. Die Fauna und Flora des freien Wassers ist ja, wie wir gesehen haben, im Kreislauf des Jahres einem solchen fortwährenden Wechsel in ihrer Zusammensetzung unterworfen, dass nur eine regelmässige, durch alle zwölf Monate hindurch betriebene Untersuchung über das Vorkommen der einzelnen Species. entscheiden kann; erst dann wird man auch wagen dürfen, die gewonnenen Thatsachen für Hypothesen über Ver- breitung etc. zu verwerthen. Um nun auch wirklich zu zeigen, wie verschieden die Angaben über das Vorkommen und die Häufigkeit der einzelnen Organismen in ein und demselben Gewässer je nach der Jahreszeit der Untersuchung lauten können, will ich in Folgendem nach meinem Tagebuche die Ergebnisse zweier beliebiger Excursionen nach dem Altrhein bei Neuhofen mittheilen, aus welchem gleichzeitig auch der Reichthum dieses Gewässers an Arten und In- dividuen hervorgehen dürfte. freien Wasser oft häufige Tintinnoidee Codonella, cratera Leidy. (C. lacustris Enz.) durch ihr inerustirtes Gehäuse den Grund zu der auffallen- den Verwechslung mit der grundbewohnenden Rhizopodenart abgegeben, 120 Robert Lauterborn: Altrhein bei Neuhofen, 20. Juni 1892. Im freien Wasser ergab sich: Algen. Clathrocystis aeruginosa Henf. häufig. Anabaena spec. nicht selten. Asterionella gracillima Heib. sehr häufig, aber gegen den 6. Juni bedeutend zurückgegangen. ö Fragilaria virescens Zalf’s. nicht selten. Pediastrum pertusum Kg. nicht selten. Pediastrum Boryanum Menegh. nicht selten. Protozo&n. Volvox minor Stein. sehr häufig, mit Parthenogonidien, Spermatozoön und Oosporen. a Endorina elegans Ehrb. häufig. Mallomonas spec. nicht selten. Dinobryon (divergens Imh.) häufig. Ceratium hirundinella ©. F. M. sehr häufig, hinten drei- hörnig, breit. Rotatorien. Polyarthra platyptera Zhrb. häufig. Synchaeta pectinata Ehrb. einzeln. Anuraea cochlearis @osse nicht selten. Anuraea aculeata Ehrb. einzeln. Crustaceen. Leptodora hyalina Zilljeb. einzeln an der Oberfläche, sehr häufig in 53—4 m Tiefe; nur wenige mit Eiern. Hyalodaphnia cucullata Sars. einzeln an der Oberfläche, sehr häufig in 3—4 m Tiefe. var. Kahlbergensis Schödl. einzeln an der Oberfläche, sehr häufig in 3—4 m Tiefe. var. Cederströmii Schödl. einzeln an der Oberfläche, sehr häufig in 3—4 m Tiefe. Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 121 Ceriodaphnia spec. nicht selten. Bosmina longispina Leyd. nicht selten. Cyelops spec. nicht selten. Diaptomus spec. nicht selten. Mollusken. Dreyssensia polymorpha Pall. Larven häufig. Damit vergleiche man die Ergebnisse vom Altrhein bei Neuhofen, 23. September 1892. Algen. Clathrocystis aeruginosa Henf. recht häufig. Anabaena spec. häufig. Asterionella graeillima Herb. häufig. Melosira erenulata. var. Binderiana Ätzg. häufig. Fragilaria virescens Ralf’s. häufig. Pediastrum pertusum Ätzg. nicht selten. Pediastrum Boryanum Menegh. nicht selten. Botryococcus Braunii Ätzg. nicht selten. Cosmarium spec. nicht selten. Fa N: 2 Span „ar etc > 07 Oman te a el Protozo&en. Dinobryon sehr häufig, weit überwiegend, in riesigen Massen. Einige Colonieen mit Cysten. Eudorina elegans Zhrb. häufig. Mallomonas spec. ziemlich häufig. Synura uvella Ehrb. nicht selten. Peridinium tabulatum ZArd. häufig. Ceratium hirundinella ©. F. M. nicht’ selten, gegen den August ganz bedeutend zurückgegangen. Salpingoeca spec. häufig auf Asterionella. Rotatorien. Floseularia mutabilis Bolton einzeln. Conochilus Volvox Ehrb. nicht selten. So in al u Halar u) ln 2 ma Da a u r “r 22 122 Robert Lauterborn: Asplanchna priodonta @osse nicht selten, einzelne Dauereier. Synchaeta pectinata Ehrb. häufig. | Polyarthra platyptera Ehrb. häufig, meist sehr grosse In- 1 dividuen mit breiten Flossen. Männcheneier sowie Dauer- eier häufig. Triarthra longiseta Ehrb. nicht selten. Mastigocerca ceylindrica /mh. nicht selten. Mastigocerca hudsonii nov. spec.') häufig. ? Diurella tigris Dory. nicht selten. ? Gastropus stylifer /mh. ziemlich häufig. | Sacculus hyalinus Äellic. nicht selten. Chromogaster testudo nov. gen. nov. spec. nicht selten. 4 Dietyoderma hypopus nov. gen. nov. spec. häufig. Pompholyx sulcata Fuds. nicht selten. Anuraea cochlearis @osse sehr häufig, kurzdornig, Panzer mit kleinen Höckerchen besetzt. Anuraea cochlearis var. tecta (Gosse sehr häufig. Anuraea aculeata Ehrb. einzeln. CGrustaceen?). Leptodora hyalina Zillj. einzeln. Hyalodaphnia spec. nicht selten. Geriodaphnia spec. nicht selten. Bosmina longispina Leyd. häufig. Uyclops spec. nicht selten. Diaptomus spec. nicht selten. ') Die Beschreibung und Abbildung dieser und der folgenden neuen Arten habe ich in einer im Druck befindlichen Arbeit über die Rotatorien- fauna des Rheines und seiner Altwasser gegeben (Zool. Jahrbücher, herausg. von ‚Spengel). ständig und werden jedenfalls noch manche Erweiterungen erfahren, da ich 2) Die hier gegebenen Aufzählungen der Crustaceen sind noch unvoll- in diesem Jahre besonders die Cladoceren eingehender zu untersuchen gedenke. ‚Auftreten u. Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen d. Rheines. 123 Mollusken. Dreyssensia polymorpha Pall. Noch ganz junge Larvenstadien! Nach diesen Aufstellungen dürfte es wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dass für die Frage nach der Verbreitung der Organismen !) - der bis auf unsere Zeit so beliebten Methode der Abfischung einer - möglichst grossen Zahl von Gewässern (die in mancher Beziehung doch as an die Gipfeljagd unserer modernen Hochtouristen erinnert!) y eigentlich doch nur ein bedingter Werth zuerkannt werden darf, da durch sie naturgemäss nur ein sehr unvollständiges Bild des faunistischen Characters eines Wasserbeckens gewonnen werden kann. Mit auf- x richtiger Freude wird daher jeder Biologe die Errichtung lacustrischer "zoologischer Stationen begrüssen, die auch ein bequemes Verfolgen aller in dieser Arbeit angeregten Fragen gestatten. Trotzdem möge - man nicht vergessen, dass zur Lösung biologischer Probleme, welche ja die Organismenwelt des süssen Wassers in reicher Fülle darbietet, gewissauch regelmässige und zu allen Jahreszeiten unter- _nommene Excursionen nach einer ganz beschränkten Anzahl _ von Gewässern das Ihrige beitragen können. Gerade auf einem Gebiete, auf welchem in der Gegenwart durch das unermüdliche Forschen einer - grossen Reihe von Männern bereits so viele interessante Resultate erzielt worden sind, thut ja ein planmässiges Zusammenwirken aller , Mitarbeiter besonders Not! Litteraturverzeichniss. 1) Apstein, Quantitative Planctonstudien im Süsswasser. Biol. * Centralblatt. Bd. XII. pag. 484. | 2) Asper und Hewscher, Zur Naturgeschichte der Alpenseen. j Bericht über die Thätigkeit d. St. Gallischen naturw. Gesellschaft. 1887. pag. 145. | 3) /mhof, Ueber die pelagische Fauna einiger Seen des Schwarzwaldes. Zool. Anzeiger. 1891. pag. 33. | !) Besonders wenn es sich um Angaben über das Fehlen einer Art handelt. 1 124 R.Lauterborn: Auftreten u. Fortpflanzung ein. pel. Organismen d. Rheines 3a) Imhof, Ueber das Leben und die Lebensverhältnisse zu- gefrorener Seen. Mittheilungen der Aargauischen Naturf. Gesellschaft. 1892. pag. 43. 4) Kerner v. Marilaun, Pflanzenleben. 1888—91. 5) Schütt, Analytische Planctonstudien. 1892. 6) Weltner, Zur pelagischen Fauna norddeutscher Seen. Zool. Anzeiger. 1886. pag. 632. E: 7) Zacharias, Zur Kenntnis der pelagischen Fauna nord- deutscher Seen. Zool. Anzeiger. 1886. pag. 564. Ludwigshafen a. Rhein. 7. Januar 1893. (Sonderabzüge ausgegeben den 28. Februar 1893,) REN VEREET Vereinsnachrichten. In der Sitzung vom 1. November 1892 wurde die statuten- gemässe Neuwahl des Vorstandes vorgenommen. Nachdem Herr Hofrath Pfitzer erklärt hatte, dass er eine Wiederwahl nicht ‚annehmen könne, wurden gewählt: Herr Hofrath Bütschli als Vorsitzender, Herr Prof. Horstmann als Schriftführer, Herr Buchhändler G. Köster als Rechner. Herr Hofrath Bütschli sprach darauf dem bisherigen Vor- ‚sitzenden, Herrn Hofrath Pfitzer, den aufrichtigsten Dank des ' Vereins aus für die Mühe und Sorgfalt, mit welcher er während so langer Zeit die Geschäfte geleitet habe. In die sieben Jahre seiner Amtsführung seien wichtige Ereignisse gefallen, wie die | fünfhundertjährige Jubelfeier der Universität 1886 und die Ver- "sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Heidelberg 1889, an welchen der Verein unter der umsichtigen Führung seines "Vorsitzenden lebhaften Antheil genommen. Aber auch in gewöhn- ‚lichen Zeiten sei das Amt des Vorsitzenden nicht ohne Sorgen und Beschwerden; namentlich sei es häufig nicht leicht, für jede Sitzung bereite Redner aufzufinden. Aber alle solche Schwierig- keiten habe Herr Hofrath Pfitzer stets mit Glück und Umsicht | zu überwinden gewusst, wodurch er den Verein dauernd zu Dank und Anerkennung verpflichtet habe. — Die Mitglieder ehrten ‚den abtretenden Vorsitzenden durch Erheben von den Sitzen. - In der medieinischen Sektion ist Vorsitzender Herr Professor "Vierordt und Schriftführer Herr Professor Fleiner. Als ordentliche Miiglieder sind neu aufgenommen worden: die ‚Herren Dr. Dr. Paul Askerasy, von Adelung, Tromms- dorff, Salzer, Gottlieb, von Hippel, R. Leimbach, von raatz und Herr Baron von Bernus; ferner als ausserordentliche Mitglieder: die Herren Stud. Lauterborn und J. Locke. 126 Vereinsnachrichten. Herr Dr. Wagenmann folgte einer ehrenvollen Berufung nach Jena, und Herr Prof. Osann übernahm für die nächsten. zwei Jahre geologische Arbeiten in Texas. Ferner sind aus- getreten: die Herren Dr. Andr&e, Dr. Hilger, Dr. Fehr, Stadtrath Leimbach und Dr. Rindfleisch. i Folgende Zusätze zu den Statuten wurden beschlossen: Zu $ 2. Studirende der hiesigen Universität können als „Ausserordentliche Mitglieder“ aufgenommen werden. Die- selben nehmen an den Abstimmungen nicht Theil und beziehen nicht die „Verhandlungen“ des Vereins. Zu $ 14. Jedes ausserordentliche Mitglied zahlt einen jähr- lichen Beitrag von 2 Mark, aber kein Eintrittsgeld. Zu $ 16. Die Aufnahme neuer Mitglieder kann nur vor- genommen werden, nachdem sie in der Tagesordnung angekündigt wurde. Hinsichtlich der Aufnahme ausserordentlicher Mitglieder gelten dieselben Bestimmungen, welche in diesem $ für die ordentlichen vorgeschrieben sind. Die im folgenden Verzeichniss aufgeführten Druckschriften, welche seit Ausgabe des letzten Heftes der Verhandlungen im Tauschverkehr eingelaufen sind, hat der Verein mit bestem Danke ° entgegengenommen und bestätigt hiermit den Empfang. Alle uns ferner zugedachten Sendungen beliebe man einfach an den „Naturhistorisch-Medicinischen Verein Heidel- berg“ zu adressiren und durch die Post zu verschicken, (la dies der billigste und beiderseits bequemste Weg ist. Heidelberg, im März 189. Der Schriftführer. RE Be 127 Verzeichniss der von März 1892 bis Februar 1893 eingegangenen Druckschriften (Zugleich als Empfangsbescheinigung.). Aarau. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen VI. " Altenbu rg. Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes: Mittheilungen E v, 1892. _ Amsterdam. Koninglijke Akademie van Wetenschappen: Verslagen en Mededeelingen, III Reeks, 8. | Auxerre. Soeidt& historique et naturelle de l’Yonne: Bulletin 43, II; 44; 45, " Bergen. Bergens Museum: Aarsberetning 1891. _ Berlin. Deutsche geologische Gesellschaft: Zeitschrift XLIV, 1—3, — K. geologische Landesanstalt und Bergakademie; Jahrbuch 1889; 1890, - — Verein für innere Mediein: Verhandlungen IX. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mittheilungen 1891. - — Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- schaften: 74. Versammlung in Freiburg 1891, - Bonn, Naturhistorischer. Verein für die preussischen Rheinlande und | Westphalen: Verhandlungen 48, II. - — Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungsber, 1891, 1892. Bordeaux. Soeidt& des sciences physique et naturelles: M&m. 4 Ser. ° T.Inmit App. - Boston. American Academy of arts and seiences: Proceedings XVIH. — Society of natural history: M&m, IV, 7, 8, 9. Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen XII, 2. Breslau. Schles, Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresbericht 69 mit Ergänzungsheft. Buy 128 Verzeichn. d. v. März 1892 bis Februar 1893 eingeg. Druckschriften. Brünn, Naturforschender Verein: Verhandlungen. 29, 7 Budapest. K. ungar. naturwissenschaftliche Gesellschaft: Math. physik. b Ber. VIIL—IX. } Catania. Accademia Gioenia: Boll. mens. 26—28; Atti III; IV. ' Chapel Hill, Elisha Mitchel seientifie Society: Journ. VIII, 1; IX, 1. Cherbourg. Societ& nationale des seiences naturelles et mathem.: Mem. XXVIL, XXVII. N Christiania. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Danielssen, : Crinoidea und Dchinida. Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens: Jahresb. 35. Colmar. Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Bull. N. F. I. Cordöba. Accademia nazional di Ciencias: Boll. X, 4; XI, 4. Danzig. Naturforschende Gesellschaft: Schriften VIH, 1; Festschrift zum 150jährigen Jubiläum. Dorpat. Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsberichte IX, 3. Dresden. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Jahresbericht 1891/92. — Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis: Jahresber. 1891, II. Dublin. _D. Royal Society: Transactions IV, 9—13; Proc. VII, 3—4. Dürkheim. Pollichia, Naturwissenschaftlicher Verein der Rheinpfalz: 3 Festschrift zum 50jährigen Jubiläum 1892. Düsseldorf. Naturwissenschaftlicher Verein: Mittheilungen I, II. Edinburg. E. geologieal Soc: Trans. VI, 3. Ekaterineburg. Soci6t@ ouralienne de me&deeine: Mem. II, 1. Emden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 76. Erlangen, Physikalisch-medieinische Soeietät: Sitzungsber. XXIV, 1892. Florenz. Soeietä entomologiea italiana: Bull. XXIV, 1-3. — Nuovo Giornale botanico italiano: XXIV, 2—3; XV, 1. — Societä botanica italiana: Boll. 1892, 1—9; 1893, 1. Frankfurt a.M, Physikalischer Verein: Jahresber. 1890/91. — Senkenbergische naturforschende Gesellschaft: Jahresber. XVII, 1/2. — Aerztlicher Verein: Jahresber. für 1891. ü Frankfurt a. ©. Naturwissenschaftlicher Verein: Mitth. X, 1—9. % Frauenfeld. Thurgauische naturforschende Gesellschaft: Mitth. X. EEE Tee BE enge En ee » Verzeichn. d. v. März 1892 bis Februar 1893 eingeg. Druckschriften. 129 e Freiburg. Naturforsehende Gesellschaft: Ber. N. F. IV, 1—4. Genf. Institut national genevois: Bull. XXXI. Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Be- richte 28. - Glasgow. Natural history Society: Proc. and Trans. III, 2. * Göttingen. Königliche Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten 1892. Granville. Denison University: Bull. VI, 1, 2. Graz. Verein für Aerzte in Steyermark: Mittheilungen 1891. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern und: Rügen: Mitth. 23. - Groningen. Naturkundig Genootschap: Verslag 91. Güstrow. Naturwissenschaftlicher Verein für Mecklenburg: Archiv 45. Haarlem. Soei6t6 Hol. des sciences exactes et naturelles: Arch. XXVL DES, Halifax. Nova Scotian Institute of natural sciences: Proc. and Trans. 2 Ser. L1. | Halle. Leopoldina 1892. _ — Naturforschende- Gesellschaft: Sitzungsber. 1888/90; 1891. — Zeitschrift für Naturwissenschaften: 65, 1/5. “r. Hamburg. Deutsche Seewarte: Monatl. Uebersicht der Witterung 1891. Hannover. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. 40—41. — Fondation P. Teyler van der Hulst: Arch. VII. Kassel. Verein für Naturkunde: Ber. XXXVIIL 1891/92: Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig - Holstein: Schriften 9,2: - Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 31, 32. Landshut. Botanischer Verein: Berichte XII. Lausanne, Soeiet& vaudoise des sciences naturelles: Bull. 106—-109, Leipzig. K. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften: Ber. phys.-math. Kl. 1892, I—IH. — Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsber. XVII, 1891/92. _ London. Royal Society: Proceedings 306—317. Luxemburg. Institut royal Grand-Ducal de L.: Publ. XXI, Verhandl. d. Heidelb Naturh,-Med. Vereins. N. Serie V. 9 130 Verzeichn. d. v. März 1892 bis Februar 1893 eingeg. Druckschriften. Madison. Wisconsin Academy of sciences, ‚arts and letters: Transactions VII. Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. 1891. Mailand. Reale Institute lombardo dei scienzi e lettere: Rend. XXIV, A Manchester. Litterary and philosophical Society: Mem, and Proc, V, 1, 2. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissen- schaften: Sitzungsber. 1891. Schriften XII, 4. Marseille. Faecult& des Sciences: Annales I; Il, 1—6, Melbourne. Royal Society of Victoria: Trans. N. S. IV, 1. | Montpellier. Acadömie des sciences et des lettres: Mem, 1891, VI, 2, ; Moskau. K. Gesellschaft der Naturforscher: Bull. 1892, I, II. München. K. Bayer. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsber. der math.-physik. Kl. 1892, II. — Gesellschaft für Morphologie und Physiologie; Sitzungsber, VII, 2/3; VILLL: 21: — Aerztlicher Verein: Sitzungsber. I. Münster. Westphälischer Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst: Jahresber. XX, Neuchätel, Societ& murithienne du Valais: Bull. XIX, XX., New-Cambridge. Museum of comparative Zoology at Harvard College: Bull. XXIII, 1—4. Ann, Report 1891/92. New-York. N-Y. Academy of Science: VI, 1—6; Trans, X, 7/8; XI, 1/2, 3/4. : Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. 1891. Odessa. Naturforschende Gesellschaft von Neu-Russland: Ber. XVII, 2, Offenbach. Verein für Naturkunde: Ber. 29/32. Paris. Ecole polytechnique: Journal 61, 62, — Soeiete zoologique de France: Bull: XVII, 3—8. | Petersburg. Botanischer Garten: Acta IX, 2; X, 1. — Physikalisches Centralobservatorium: Annalen 1891, I, II; | Repertorium für Meteorologie XV. u Philadelphia. Academy of Natural Science: Proceedings 1892, I, | ‚Prag. Naturwissenschaftlicher Verein „Lotos®: Jahrbuch XIII, Pressburg. Verein für Naturkunde: Verhandlungen 1887/91, h e | Verzeichn. d. v. März 1892 bis Februar 1893 eingeg. Druckschriften. 131 Regensburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Ber. III, 1890/91. Reichenberg: Verein der Naturfreunde: Mittheilungen 23. _ Riga. Naturforscher-Verein: Correspondenzblatt 35. Rochester. R. Academy of natural Sciences: Proceedings I, 2, Rom. Accademia dei Linceei: Rendiconti 1892, — — Soeietä per gli Studi zoologiei: Bolletino 1892, I, 1—6. Salem. American Soeiety for the advancement of Sciences: Meeting 40 at Washington 1891. | ; Santiago di Chile. Deutscher wissenschaftlicher Verein: Verh. II, 4. — Soeiet& seientifique de Chile: Actes II (1892), 12. Sidney. Royal Society of New-South-Wales: Journ. 25, St. Louis. Academy of Seiences: Transact. V, 3/4; VI, 1. Stuttgart. Verein für vaterländische Kultur in Württemberg: Jahresh. 48. Toronto. Canadian Institute: Transactions EI1,1. Toulouse. Acaddmie des sciences, inscriptions et belles löttres: Mem. Ser. 9, IH. Turin, Accademia reale delle seienze: Atti XXVIL, 3—15; Osservationi | meteorol. 1891. - Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften: Jahreshefte IV. * Washington. Smithsonian Institution: Ann. Rep. für 1890, I. E uws. Geological Survey: Mineral Resources 1389/90. R Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes: Schriften VII. } Wien. K.K, geologische Reichsanstalt: Verhandlungen 1892, — K. K. Akademie der Wissenschaften: Anzeiger 1892. BE _KK. Zoologisch-Botanische Gesellschaft: Verhandlungen 42, I, II. R — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse: Schriften Ba. sı. | x — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen VII, 1—4. 5 Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 45, Würzburg. Physikalisch-medieinische Gesellschaft: XXVI, 1—5. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift XXXVI, 3—4; XXXVI, 1—2, und Generalregister. Zwickau. Verein für Naturkunde: Jahresbericht 1891. 9%* LER 2 ” L Bi in ee By os * Seite. W. Erb, Vorstellung eines neuen Falles von Akromegalie ... . . Heuck, Ueber einen Fall von Aktinomykose der Wirbelsäule und Brustwandungen mit Propagation auf die Lunge. ...... A. Andreae, Vorläufige Mittheilung über die Ganoiden (Lepidosteus „und. Amaa)vdes-Mainzer "Beckens'.". un . rer en A. Andreae und A. Osann, Tiefencontacte an den intrusiven Diabasen .. von New-Jersey . .. . TEE 0. Bütschli, Ueber die künstliche Nachahuins er karyokinetischen Karlur sine va a Eee NER TR 0. Bütschli, Ueber die Serge geronnener Substanzen . ... W. Schewiako#, Ueber einen neuen bacterienähnlichen Organismus des Süsswassers . =: . . N ne P. Samassa, Ueber die Fintabehiine, der ‚Genitalzellen bei den Cteno- phoren ne, ee EN A. Andreae, Ueber die Nachährttaie verschiedener Geysirtypen und über Gasgeysire ... . ee ER ER 0. Bütschli, Ueber den feineren Bau der Stärkekörner ET Robert Lauterboru, Ueber Periodieität im Auftreten und in der Fortpflanzung einiger pelagischen Organismen des Rheines und ae DleBmaa Sn 1 Sa er Vereinsnachriehten : . . . EN > 205 Verzeichniss der von März 1892 bis Februar 1893 eingegangenen Druckschriften. . Ju =. 22 5-0 ee Ä j €, F. Wintgs'sche Buchdruckerei. er DES _ NATURBISFORISCH-MEDICINISCHEN TEREINS ZU HEIDELBERG. > E NEUE FOLGE. a FÜNFTER BAND. .. ZWEITES HEFT. # y | ; - MIT EINER TAFEL. HOp- E> = HEIDELBERG. Be n CARL winter Ss UNIVERSITÄTEBUCHNANDTUN G» Fras9a, SS ö ar pA x ES Fe Bemerkungen über die Chromatophoren der Cephalopoden. Von P. Samassa. Mit einer Figur im Text. Gesammtsitzung vom 5. Mai 1893. Ich berichte im Nachstehenden über einige Beobachtungen, die ich über die Chromatophoren der Cephalopoden angestellt habe; die- selben sind etwas fragmentarisch, da mein Material beschränkt und nicht besonders für diesen Zweck conservirt und weiter behandelt war. Ich hoffe, bei meinem nächsten Aufenthalt am Meere den Gegenstand eingehender zu behandeln und dann auch die Litteratur genauer zu berücksichtigen. Mein Untersuchungsobject war hauptsächlich Sepiola Ronde- letii und Loligo marmorata; besonders letztere Form, welche bisher bezüglich der Chromatophoren noch nicht berücksichtigt wurde, ergab mir sehr werthyolle Aufschlüsse über die Verbindung der Nerven mit den Chromatophoren. Diese letzteren bestehen, wie bekannt, aus einer Pigmentzelle, an die sich eine grössere Zahl (20 u. mehr) radiär gestellter Fasern ansetzen. Von älteren Autoren wurden diese Fasern für muskulös gehalten; sie sollten durch ihre Contraction die Ausdehnung der Pigmentzelle und derart den eigenthümlichen Farben- wechsel der Cephalopoden bewirken. Dem gegenüber stellte Girod !) die Ansicht auf: die Radiärfasern seien bindegewebiger Natur und die Bewegungserscheinungen durch die Pigmentzelle selbst bedingt. Vor !) Girod, P. Recherches sur la peau des Cephalopodes. Archives d. zoolog. experim. (2) T. I. 1883. Verhandl. d; Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie V. 10 134 P. Samassa: Kurzem sprach Joubin ?) die Meinung aus, die Radiärfasern seien in der Jugend contractil, hingegen beim ausgebildeten Thiere bindegewebig, ohne übrigens, wie mir scheint, für dieses histogenetische Unicum einen genügenden Beweis beizubringen. Meine eigenen Beobachtungen führen mich zu der alten An- nahme, dass die Radiärfasern muskulös seien. Das, was Girod für die einzelnen Bindegewebsfasern hält, welche die Radiärfaser zusammensetzten, ist weiter nichts als eine Längsstreifung, die ja bei glatten Muskeln so verbreitet ist. Ueberdies müsste die Radiärfaser zwischen diesen Streifen unterbrochen sein, wenn .dieselben wirklich Bindegewebsfasern wären; davon ist aber nicht die Rede, und man müsste also die unwahrscheinliche Annahme machen, dass die Fasern durch eine besondere Kittmasse mit einander verbunden seien. Ent- scheidend für die muskulöse Natur der Radiärfasern ist aber ihre Form während der Expansion und Contraction der Pigmentzelle, wie ich dies bei Sepiola beobachten konnte. Die Radiärfasern sind hier nämlich während der äussersten Expansionsphase viel breiter und kürzer als während der Contraction; die Streifen in denselben sind immer gerade und nicht geschlängelt, wie man doch annehmen müsste, wenn es sich um bindegewebige Fasern handelte. Der Kern der Radiärfasern, der direct an die Pigmentzelle stösst, zeigt eine Ver- änderung, die bereits von G@irod gesehen wurde, wenn auch nicht in ihren extremen Punkten; der Zweifel Joubin’s an dieser Beobachtung ist daher nicht berechtigt. Während der Contraction der Pigment- zelle steht der langgestreckte Kern nämlich radial zur Chromato- phore, und wird während deren Ausdehnung allmählich rund; bei der äussersten Expansion bekommt er dann wieder langgestreckte Gestalt, liegt aber nunmehr tangential der Pigmentzelle an. Girod hielt die runde Mittelform bereits für die Contractionsstellung und beschreibt überdies einen Protoplasmakörper um den Kern herum, dessen Existenz ich entschieden in Abrede stellen muss. Ich brauche 2) Joubin, L. Coloration du T&gument chez les Cephalopodes. Arch. d. zool. experim. (2) T. X. 1892. \ N3 Bemerkungen über die Chromatophoren der Cephalopoden. 135 wohl nicht hervorzuheben, wie sehr diese Veränderungen des Kerns - für die contractile Natur der Radiärfasern sprechen und wie wenig sie mit der Annahme eines bindegewebigen Charakters derselben in Einklang zu bringen sind. Ich muss daher mit Rücksicht auf die angeführten Thatsachen für SepiolaRoudeletii und Loligo marmorata die muskulöse Natur - der Radiärfasern annehmen. Doch will ich diese Behauptung nicht ver- allgemeinern; denn ich finde z. B., dass Scaeurgustetracirrusim Bau der Chromatophoren von den oben geschilderten Formen beträchtlich ab- weicht. Die Zahl der Fasern, die sich an die Pigmentzelle ansetzen, ist hier gering; dieselben sind dünn und auch an ihrer Ansatzstelle nicht verbreitert; nur gelegentlich stösst ihr Kern an die Pigmentzelle an. Diese Fasern machen durchaus bindegewebigen Eindruck und haben gar keine Aehnlichkeit mit denen von Sepiola oder Loligo. Es wäre aber gewiss verkehrt, daraus weitergehende Schlüsse zu - ziehen; denn es wäre erst noch zu untersuchen, ob der Farbenwechsel bei Scaeurgus ebenso ausgebildet ist wie bei den oben genannten Formen; es ist gewiss sehr wohl denkbar, dass erst auf einer gewissen Stufe der physiologischen Ausbildung dieses Phänomens Muskelfasern entstehen, welche nunmehr die Expansion der Chromatophoren be- wirken. Nachdem ich im Vorstehenden versucht habe, nachzuweisen, dass die Radiärfasern muskulös und nicht bindegewebig sind, so tritt die Frage an uns heran, in welcher Weise diese Muskeln innervirt werden, da ja, wie bekannt, das Spiel der Chromatophoren dem Ein- flusse des Nervensystems des Thieres unterworfen ist. Man kann sich nun mit Bestimmtheit davon überzeugen, dass an die einzelnen Radiär- ’fasern Nerven nicht herantreten. Hingegen gelang es Joubin, mit Hülfe der vitalen Methylenblaureaction!) Nervenfasernsichtbar zu machen, welche je eine Pigmentzelle versorgen. Da Joubin aber Genaueres über die Art ihrer Endigung nicht ermitteln konnte, überdies seine !) Sehr merkwürdig ist es, dass Joubin die vitale Methylenblaureaction für etwas völlig Neues hält! 10* 136 P. Samassa: Abbildungen stark schematisch sind, so dürfte die Mittheilung meiner Beobachtungen über diesen Punkt nicht ohne Interesse sein. Ich habe dieselben an Loligo marmorata angestellt; beobachtet man die Chromatophorenschicht dieser Form, so sieht man ausser den aus- gebildeten Pigmentzellen eine grosse Zahl von Entwicklungsstadien, welche ein vollkommenes Bild der Bildung der Chromatophoren geben. Die Zahl dieser jungen Pigmentzellen ist so gross, dass es mir nicht möglich erscheint, dieselbe, wie es Girod thut, lediglich auf Rechnung des Wachsthums des Thieres zu setzen; es ist mir vielmehr wahr- scheinlich, dass die Chromatophoren nur eine bestimmte Zeit functioniren, dann zu Grunde gehen und durch nachrückende junge Elemente ersetzt werden; ich habe auch Bilder gesehen, welche sich als degenerirende Chromatophoren deuten lassen. Es gelang mir nun, einige Präparate von der dorsalen (vorderen) Kopfhaut zu erhalten, an denen gerade nur die unterste Schichte mit den Anfangsstadien der Chromatophorenbildung isolirt war. Die Nervenfasern sind zwar an diesen Präparaten, die ich mit Haemotoxylin gefärbt habe, sehr blass; sie sind aber leicht an ihren langgestreckten Kernen kenntlich; da überdies die kreuz und quer verlaufenden Bindegewebsfasern, die in höheren Schichten der Be- obachtung sehr hinderlich sind, hier fehlen, so konnte ich mir leicht über das Verhältniss der Nervenfasern zu den jugendlichen Pigment- zellen Aufklärung.verschaffen. Man sieht (vgl. beistehende Abbildung) einige embryonale Pigmentzellen von beträchtlicher Grösse (PZ,), welche von einer grösseren Zahl dicht gestellter Kerne umgeben sind (RF); die letzteren stellen die Anlage der Radiärfasern vor. Man sieht nun, wie an die Pigmentzelle eine Nervenfaser (N) herantritt und mit derselben verschmilzt, ohne ein besonderes Endorgan zu bilden. Bei zwei Zellen (a) hat es den Anschein, als ob die Nervenfaser neben einen verdickten Fortsatz der Pigmentzelle zu liegen käme; doch kann ich dies nicht mit Sicherheit entscheiden, und möchte mit Rücksicht auf den Befund bei;den andern Zellen lieber annehmen, dass auch hier die Nervenfaser direct in die Pigmentzelle übergeht und bloss in hrem Endtheile etwas verdickt erscheint. Neben den beschriebenen Pe = us ne re a Bemerkungen über die Chromatophoren der Cephalopoden. 137 Zellen, welche bereits ein weiter entwickeltes Stadium vorstellen, finden sich auch Pigmentzellen im Anfange der ‚Entwicklung (PZ,); dieselben zeigen in ihrer Grösse alle Uebergänge, von den indifferenten Zellen (iZ), welche den Zwischenraum zwischen den Chromatophoren einnehmen, zu den bereits geschilderten, späteren Stadien. Eine Vergrösserung ca. 60. iZ = indifferente Zellen, K = Kern, N = Nerv, PZı =Pigmentzellen (jüngeres Stadium), PZ2— Pigmentzellen (älteres Stadium), RF = Anlage der Radiärfasern. Verbindung mit dem Nerven ist an ihnen nicht zu sehen, und dieselbe erfolgt offenbar erst später, was ja auch bei der ganzen Lage der Dinge kaum anders möglich ist. Dafür spricht auch eine mit einer leichten Anschwellung endigende Nervenfaser (x), welche meiner An- sicht nach gegen die in Bildung begriffenen Chromatophoren zu vor- wächst. Schreitet die Entwicklung weiter fort und rücken die Chromatophoren in höhere, Schichten, so ist die Nervenfaser aus den oben erwähnten Gründen nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen; doch lässt sich, so lange die Ausscheidung des Pigmentes noch nicht statt- gefunden hat, leicht feststellen, dass ein besonderer Nervenendapparat nicht vorhanden ist. 138 P. Samassa : Ueber die Chromatophoren der Cephalopoden. Da ich im Vorstehenden geschildert habe, dass Nerven nur mit der Pigmentzelle selbst in Verbindung stehen, nicht aber mit den einzelnen Radiärfasern, so könnte es scheinen, als ob dies gegen die 1 muskulöse Natur der Radiärfasern spräche; doch scheint mir eine der- | artige Annahme gegenwärtig sehr verfrüht. Wir wissen noch viel zu wenig über die Art der Einwirkung der Nerven auf den Muskel, als dass es auszuschliessen wäre, dass die Erregung von der Nervenfaser auf die Pigmentzelle und von dieser auf die Radiärmuskeln übertragen werde. (Sonderabzüge ausgegeben den 18. Mai 1893.) . ee Be „os 1 ZU 5 DE 0 3 Be. ee V. Goldschmidt: Versuche über Krystallisation aus d. Schmelzfluss. 139 Einige Versuche über Krystallisation aus dem Schmelzfluss. Von V. Goldschmidt. Gesammtsitzung vom 3. März 1893. Die Versuche waren zweierlei Art: l. Krystallisation aus gesättigtem Glasfluss (Borax, Phosphorsalz). Die Krystallisation gelingt vollkommener, wenn man sie nicht in der Perle am Platindraht bewirkt (Rose, Wunder), sondern indem man ein kleines Theilchen der gesättigten Perle auf einem Glas- stückchen, das man auf Kohle legt, erhitzt und langsam abkühlen lässt. Dies Verfahren hat ausser der besseren Ausbildung der Krystalle den Vortheil, dass man manche Reaktionen ausführen kann, die den Platin- draht angreifen würden, z. B. metallische Ausscheidungen; auch lassen sich die störenden Sprünge vermeiden. 2. Krystallisation homogener Substanzen aus der eignen Schmelze. Auf einem Glasplättchen vor dem Löthrohr, bei leicht schmelzbaren Substanzen über der Spirituslampe. Erstarren ent- weder in Tröpfehen oder in dünner Schicht zwischen Objectträger und Deckgläschen. Die Erscheinungen werfen bei Beobachtung unter dem Mikroskop Licht auf manche krystallogenetische und petrographische Fragen, sie geben Anzeichen für die Reinheit der Substanz und erklären manches eigenthümliche Verhalten in der Nähe des Schmelzpunktes und des Erstarrungspunktes. Sie sind so mannigfaltig und so characteristisch verschieden, dass es sich empfehlen dürfte, diesen einfachen Versuch, der sich in kürzester Zeit und mit einem Minimum von Substanz aus- führen lässt, als qualitative Reaction zur Unterscheidung organischer 140 V. Goldschmidt: Versuche über Krystallisation aus d. Schmelzfluss. Verbindungen zu benutzen. Wird es auch nicht gelingen, alle unzersetzt schmelzbaren Verbindungen unter sich zu unterscheiden, so wird man sie doch in Gruppen trennen können, in denen eventuell eine Schmelz- punktbestimmung oder eine Verbrennung zur genauen Bestimmung ausreicht. Der Vortragende erläutert das Gesagte an einer Anzahl von Beispielen und legt bezügliche Präparate vor. Eine ausführlichere Publication folgt nach. (Sonderabzüge ausgegeben den 29, April 1893.) | | A. Andreae: Vorkommen d, Foraminiferengattung Bathysiphon M.Sars. 141 Das fossile Vorkommen der Foraminiferengattung Bathysiphon M. Sars. Von A. Andreae. Eingereicht am 5. Mai 1893. Herr Prof. F. Sacco in Turin sandte mir kürzlich ein aus dem Flysch Liguriens von Valle del Taro (Prov. di Parma) stammendes Stückchen eines grauen, glimmerreichen Sandsteines, dessen Oberfläche ganz von den dunkeln Röhrchen eines fraglichen Fossils bedeckt ist, zur näheren Untersuchung und Bestimmung. Das mir vorliegende Fossil besteht aus ziemlich gleichmässigen, fast glatten, unverzweigten und wirr durcheinanderliegenden Röhrchen, welche etwa 1,5—2 mm Breite und bis zu 20 mm Länge haben, aber wohl noch beträchtlich länger wurden, da sie in zerbrochenem Zustande vorliegen. Diese Röhrchen sind meist gerade oder wenig gebogen, an den beiden Enden etwa gleich breit und zeigen in nicht sehr regel- mässigen Abständen nahtartige, wenig markirte Einschnürungen und auch schwach angedeutete Wülste. Zuweilen sind sie zusammengedrückt und dann auch manchmal in der Mittellinie eingeknickt. Die Wand- stärke der Röhrchen ist beträchtlich und erreicht 0,5 mm, das Lumen ist überall deutlich sichtbar in den Durchschnitten, Scheidewände im Inneren sah ich nirgends und sind die Röhrchen offenbar mono- thalam. Von HCl werden die Röhrchen gar nicht angegriffen, und ihre Schalensubstanz erweist sich als eine überaus dicht und fein agglu- tinirte. Das fragliche Fossil gehört offenbar zu den agglutinirten Fora- miniferen aus der Familie der Astrorhiziden und zeigt schon bei äusser- lichem Vergleich die allergrösste Aehnlichkeit mit der Gattung Bathy- 142 A. Andreae: the Challenger 1884, Taf. XXVI, Fig. 15—20) abgebildet wurde. ' Ein Vergleich mit agglutinirenden Wurmröhren, wie Sabellaria | Pectinaria u, a., erscheint ausgeschlossen, da sich diese schon durch | ihre beträchtlichere Grösse, ihr regelmässiges Wachstbum, Mangel an Einschnürungen, ihre dünnere Röhre mit weiterem Lumen und ihre | „meist an Dentalien erinnernde, gebogene und conische Gestalt unter- | scheiden. | Die Untersuchung im Dünnschliff bestätigt den makroskopischen Befund und die Schale erweist sich als eine ungemein fein agglutinirte. ' In der Aggregatpolarisation zeigenden, cryptokrystallinen Grundmasse | erkennt man einzelne kleine Sandkörner und ferner in allen Richtungen | zerstreute, kurze, trübe Striche, deren Substanz durch etwas Brauneisen | gefärbt erscheint. Wir haben es hier wohl mit den Ausfüllungen der | erweiterten Kanäle von Spongiennadelfragmenten zu thun, welche nach der fast völligen Zerstörung der Nadeln selbst, bei der hier nachträglich eingetretenen Chalcedonisirung, noch übrig geblieben sind. Die An- nahme völliger Zerstörung ist nicht nötbig, um die Nadeln unsichtbar | zu machen, es genügt schon ein ceryptokrystalliner Zerfall ihrer ur- sprünglich amorphen Kieselsäure und ihre Einbettung in Chalcedon bei der Fossilisirung. Diese reichliche Verwendung von Schwamm- nadelfragmenten zum Aufbau ihrer Schale ist aber gerade eine Eigen- | thümlichkeit der meisten Pilulinen und besonders auch der Gattung Bathysiphon. Sollten diese von Sacco übersandten Fossilien, wegen ihrer secun- dären Chalcedonisirung, vielleicht noch irgend einen Zweifel ihrer Zu- gehörigkeit zu Bathysiphon lassen, so wollte ein glücklicher Zufall, ' dass ich dieselben agglutinirten Röhrchen etwa gleichzeitig und mit noch besserer Erhaltung ihrer Structur von anderem Orte erhielt. .4 Ich sammelte sie in Begleitung von Prof. Deperet auf einem geologischen \ Spaziergang von Turin nach der Supergain den dortigen harten, grauen ri und sandigen Mergeln des Schlier (Langhien), wo sie mit Pteropoden, Phyllopoden und anderen Fossilien zusammen vorkommen. Hier zeigen diese Röhrchen noch auf ihre Bruchfläche die bezeichnende, feinkörnige Das fossile Vorkommen der Foraminiferengattung Bathysiphon M. Sars. 143 weisse Schalensubstanz und sind äusserlich von einem dünnen, sehr widerstandsfähigen, schwarzen Ueberzug bedeckt; die grösseren Exemplare ‚sind fast stets zusammengedrückt, was auf eine gewisse Elastieität ihrer Schale hindeutet. Nachstehend citire ich zum Vergleich, was Brady (l. c. pg. 248) bezüglich des recenten Bathysiphon sagt: „Externally the tube is smooth and as already stated, nearly pure white, but in ‚old speeimens of large dimensions it is often partially coated by a superficial brownish deposit. The test is more or less flexible and its consistence is such that it is easily cut with a sharp knife.* — Im Schliff zeigen die miocänen Bathysiphonröhren reichlich ziemlich gut erhaltene, in der ganzen Schalenmasse gleichmässig zerstreute Spongiennadelfragmente. Die Uebereinstimmung der beiden fossilen Formen mit dem lebenden Bathysiphon filiformis M. Sars ist eine so grosse, dass ich keine specifische Abtrennung vornehmen möchte. Prof. Sacco theilt mir brieflich mit, dass er sich doch, nach directem Vergleich mit der leben- den Art, entschlossen habe, die fossilen Formen mit eigenen Namen zu belegen und als B. appenninieum und B. taurinense zu beschreiben. Der wesentlichste Unterschied, den die beiden tertiären Formen gegenüber den recenten aufweisen, besteht darin, dass die Spongiennadeln nicht nur zum Aufbau des inneren Schalentheiles verwendet wurden, sondern ziemlich gleichmässig die ganze Schalenmasse erfüllen. Die früher von mir aus dem Mitteloligocän von Lobsann (U.-Elsass) beschriebene Rhabdammina annulata (Mitth. der geol. Landes- anstalt v. Els.-Loth., Bd. III, pg. 114, fg. 5) hat auch eine gewisse - Aehnlichkeit mit Bathysiphon, muss aber wohl wegen ihrer gröber ‘ agglutinirten Schale und dem Mangel an Spongiennadelfragmenten im ‘ Schliff derselben noch bei Rhabdammina belassen werden. Die von Dr. E. Ficheur im Tongrien von Algerien gefundenen agglutinirten Röhrchen, welche ich in Algier vor 2 Jahren sah, erinnerten sehr ' an Bathysiphon, sind jedoch noch nicht eingehend untersucht und ' beschrieben. Bathysiphon war bisher meines Wissens fossil unbekannt und gehört auch nicht gerade zu den häufigen recenten Formen. Sie fand 144 A. Andreae: Vorkommen d. Foraminiferengattung Bathysiphon M. Sars. sich reichlich im Hardanger-Fjord, lebt in tiefem Wasser in der Bucht von Biscaya und wurde bei Banda, Amboyna in 1425 Faden | Tiefe gedredscht. Fossil findet sie sich im Flysch Liguriens (unbe- | stimmten Alters, nach Sacco eretaceisch, nach früheren Autoren unter | oligocän), sowie in den weit jüngeren, aber der Facies nach re miocänen Schlierbildungen der Superga bei Turin. (Sonderabzüge ausgegeben den 30. Mai 1893.) v. Hippel: Ueber Keratitis parenchymatosa. 145 Ueber Keratitis parenchymatosa. Von v. Hippel. Sitzung der Medicinischen Section am 7. Februar 1893. Der Syphilis wird im Allgemeinen unter den der Keratitis par- enchymatosa zu Grunde liegenden ätiologischen Momenten eine ganz dominirende Stellung zuerkannt, Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass in einer recht erheblichen Anzahl von Fällen weder anamnestisch noch objectiv ein Anhaltspunkt für das Bestehen von Lues zu gewinnen ist. Schon früher wurde eine „scrophulöse“ von der luetischen Form “unterschieden. Ein Beweis, dass die Keratitis parenchymatosa auf Tuberculose beruhen kann, fehlt bislang. Unentschieden ist ferner, ob sie eine selbstständige Erkrankung darstellt oder immer von einer primären Affection des Uvealtractus abhängt. Ebensowenig ist uns Genaueres über die anatomischen Veränderungen bekannt, die der Horn- hauttrübung in den verschiedenen Stadien zu Grunde liegen. Der Grund für die Unvollkommenheit unserer Kenntnisse liegt in dem ausserordentlich spärlichen Material an Sectionsbefunden. Der Vortragende hatte Gelegenheit, zwei mit Keratitis parenchymatosa und - Iritis behaftete Augen anatomisch zu untersuchen. Dieselben stammten ' von einem Knaben, der mehrere Wochen an einer besonders hartnäckigen Form jenes Leidens in hiesiger Klinik behandelt war und in wenigen Tagen an einem intercurrirenden Kehlkopferoup zu Grunde ging. Die Untersuchung ergab: Sehr verschiedene Dicke der Hornhäute beider Augen, ungleichmässige Dicke der einzelnen Hornhäut an ver- schiedenen Stellen. Mässig starke Vascularisation und zellige Infiltration, besonders in den tieferen Schichten. Knotige, zellige Einlagerungen in das Lig. pectinatum, die sich in die hinteren Hornhautschichten vom Rande her erstrecken. Dieselben haben stellenweise den histo- logischen Bau von Tuberkelknötchen mit epithelialen und mit typischen 146 v. Hippel: Ueber Keratitis parenchymatosa. Langhans’schen Riesenzellen. Solche Knötchen finden sich spärlich in der Sclera, in der Iris, ferner kommen sehr typische vor in dem vorderen Abschnitt der Choroidea. Entzündliche Veränderungen älteren und frischeren Datums finden sich in sämmtlichen Membranen vor. Bacillen konnten in den Riesenzellen haltigen Knötchen nicht nach- gewiesen werden. Der Vortragende kommt zu folgenden Schlüssen: Zur Erklärung der Hornhauttrübung muss in dem durch Vas- cularisation gekennzeichneten Rückbildungsstadium ausser der zelligen Infiltration noch eine Veränderung der fibrillären Grundsubstanz heran- gezogen werden; denn nur so ist die enorm verschiedene Dicke der beiden Hornhäute (Verhältniss ca. 2:3) und die ungleiche Dicke der einzelnen Cornea zu verstehen, da die zellige Infiltration viel zu unbedeutend war, um solche Unterschiede bedingen zu können. Welcher Art diese Veränderung ist, war nicht festzustellen. Dem klinischen Krankheitsbilde der Keratitis parenchymatosa N entsprach anatomisch eine Erkrankung sämmtlicher Membranen des ; Bulbus. Auf Grund des histologischen Befundes muss trotz des fehlenden 3 Nachweises der Bacillen die Erkrankung des Auges mit sehr grosser — Wahrscheinlichkeit als auf einer tuberculösen Infection beruhend auf- gefasst werden. Zweifellos syphilitische Erkrankungen des Auges haben bei anatomischer Untersuchung niemals ähnliche histologische Befunde, Hi wie der vorliegende Fall, ergeben. Die Auffassung, dass es sich um tubereulöse Erkrankung der Augen handelte, erhielt noch eine sehr werthvolle Stütze durch die nachträglich gewonnene Mittheilung, dass ein Bruder des verstorbenen Patienten an recidivirender Tubereulose des einen Ellenbogengelenkes leidet und dass die Mutter an Tuberculose + gestorben ist. Eine ausführliche Mittheilung des Falles wird in v. Gräfes Archiv erfolgen. (Autoreferat.) (Sonderabzüge ausgegeben den 30. Mai 1893.) M. Möbius: Ueber den Habitus der Pflanzen. 147 Ueber den Habitus der Pflanzen. Von M. Möbius. Gesammtsitzung vom 5. Mai 1893. Alle Theile, die wir an einer Blüthenpflanze unterscheiden können, sind entweder Stammgebilde oder Blätter oder Wurzeln oder schliess- lich Haargebilde, welch’ letztere an jedem von den drei erstgenannten Organen auftreten können. So gering nun also die Anzahl der an einer Pflanze wirklich morphologisch unterscheidbaren Theile ist, so gross ist die Mannigfaltigkeit, in der dieselben sich ausbilden können. Dadurch kommt es, dass wir eine so ungeheure Menge verschiedener Pflanzenformen vorfinden und dass jede Pflanze nach ihrem äusseren Bau als bestimmte Art erkannt werden kann. Freilich ist diese Er- kennung oft nicht leicht, weil sich verschiedene Pflanzenarten zum Verwechseln ähnlich sehen und die unterscheidenden Merkmale nicht in die Augen fallen. Dass nahe verwandte Arten oft schwer zu unter- scheiden sind, ist eine bekannte Thatsache; aber auch zwei Pflanzen, die verschiedenen Gattungen, ja sogar verschiedenen Familien angehören, können sich so ähnlich sehen, dass man sie im nicht blühenden Zustand und ohne genauere Untersuchung leicht verwechselt. Als ein Beispiel _ einer überraschenden habituellen Aehnlichkeit zwischen zwei systematisch ganz entfernt stehenden Pflanzen, die sich, selbst wenn sie blühen, so ähnlich sehen, dass sie bei oberflächlicher Betrachtung verwechselt werden können, sei angeführt die Composite Schlechtendalia luzulifolia Less. und die Umbellifere Eryngium eriophorum Cham. Merkwürdig ist dabei noch, dass beide Pflanzen auch stark vom Habitus ihrer Familie abweichen und an Binsengräser erinnern. (Vergl. die Abhandlung über die genannten Arten von Urban und Verf. in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft, 1884, p. 100—107, Taf III.) Solche 148 M. Möbius: Pflanzen sind nach demselben Plane aufgebaut, und dieser zu Grunde liegende Plan ist es eben, welcher den Habitus oder die Tracht der | Pflanzen bedingt. Es ist dies also kein scharf begrenzter Begriff und die Erkennung einer Pflanze nach ihrem Habitus beruht gewöhnlich mehr auf einer unmittelbaren Anschauung als auf einer in ihre Begriffe zergliederten Ueberlegung. Ein geübter Forstmann erkennt von Weitem einen Baum an seinem Habitus und ein erfahrener Landmann unter- ı scheidet auf den ersten Blick das eben erst auf dem Acker aufwachsende | Getreide, wenn es dem studirten Botaniker noch nicht oder nur nach „ genauerer Untersuchung möglich ist. Dagegen ist es die Sache des | Botanikers, mit bestimmten Ausdrücken bezeichnen zu können, wag der Pflanze den ihr eigenthümlichen Habitus verleiht, und er wird in | vielen Fällen sagen können, inwiefern der Habitus zu den Verhältnissen, unter denen die Pflanze lebt, in Beziehung steht. Dies letztere ist von ganz besonderem Interesse und eine wirklich wissenschaftliche Auf- gabe, wenn auch die in dieser Hinsicht gegebenen Erklärungen nicht | immer streng beweisend sind, sondern nur als einwandfreie Vermuthungen hingestellt werden. Wir wollen uns also im Folgenden damit beschäftigen, dass wir die Pflanzen auf ihren Habitus hin betrachten, untersuchen, worauf derselbe beruht, und wenn möglich eine biologische Erklärung 5) für denselben finden. ; Die einfachste Unterscheidung der Pflanzen nach ihrem Habitus ist die in Kräuter, Sträucher und Bäume, eine Eintheilung der Pflanzen, die vor der Aufstellung wissenschaftlicher Systeme die allgemein gültige | war, wie sie auch jetzt noch die beim Volke beliebte ist. Das Prineip der Eintheilung soll dabei die Grösse und Dauer bilden, doch lässt sich dies nicht immer mit der sonst üblichen Auffassung der Begriffe vereinigen. Denn bekanntlich gibt es Kräuter, die viel höher als manche | Sträucher sind, und ferner gibt es unter ihnen mehrjährige, wodurch sie sich auch wieder den Sträuchern nähern. Die letzteren und die i Bäume besitzen den Sträuchern gegenüber eine holzige Beschaffenheit ihrer oberirdischen Stammorgane, unterscheiden sich von einander aber eigentlich mehr durch die Art ihrer Verzweigung als durch die Grösse und Lebensdauer. Auf die Grösse kann man überhaupt selbstverständlich In Ueber den Habitus der Pflanzen, 149 keine wissenschaftliche Eintheilung begründen, während die Lebensdauer ‘ schon eher ein Eintheilungsprineip abgeben kann, wobei man. dann aber zu einer anderen Gruppirung kommt. Denn man darf nicht die Lebensdauer allein, sondern man muss ihr Verhältniss zur Entwicklung der Pflanze berücksichtigen. Von diesem Gesichtspunkte aus theilt man dann die Pflanzen ein in solche, die ihr Leben abschliessen, wenn sie in ihrer Entwicklung bis zur Blüthe und Frucht gekommen sind, und in solche, die in wiederholten Perioden diesen Entwicklungszustand erreichen. Es ist also bei der biologischen Haupteintheilung wenig - Rücksicht auf den Habitus genommen, während in den Unterabtheilungen die habituellen Eigenschaften mehr hervortreten. Die mehrmals blühenden oder ausdauernden Pflanzen zerfallen nämlich in solche, bei denen nur die unterirdischen Triebe ausdauern, und in solche, bei denen auch ausdauernde, d. h. melırmals blühende oberirdische Triebe gebildet werden. Die Triebe der Pflanzen von ‚letzterer Art verholzen dann und wir können hier wie früher Sträucher und Bäume unterscheiden, zu denen noch die Halbsträucher, z. B. der Heidelbeerstrauch, hinzukommen: hier (bei den Halbsträuchern) ist ein oberirdischer, holziger und verzweigter Stamm vorhanden, aber die jüngeren Aeste sterben nach einem oder wenigen Jahren immer wieder ab. Den eigentlichen Sträuchern wiederum sind habituell ähnlich die Büsche oder Virgulta, denn auch diese können holzige, oberirdische Triebe ausbilden, wie z. B. die Himbeere; doch sterben dieselben nach dem Blühen im ersten oder zweiten Jahre ganz ab, und eigentlich _ ausdauernd ist nur der unterirdische Theil. Rein habituell ist der Unterschied zwischen Sträuchern und Bäumen. Bei ersteren ist be- kanntlich der holzige Stamm von unten an verzweigt, es lässt sich ' kein eigentlicher Hauptstamm unterscheiden, da die unteren Aeste dem ursprünglichen Hauptstamm und ebenso einander an Stärke gleich- kommen, ungefähr in gleichem Maasse nach oben weiterwachsen und mit blühenden Trieben abschliessen. Bei den Bäumen dagegen bilden ‘sich an dem Hauptstamm anfangs nur schwächere Zweige, die später wieder abgeworfen werden, und erst in gewisser Entfernung vom Boden entstehen stärkere und ausdauernde Aeste und Zweige, welche die Verhandl, d., Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie. V. 11 150 M. Möbius: Krone bilden im Gegensatz zu dem einfachen Baumstamm oder Baum- schaft. Wie schon in der Natur manche Arten sowohl in der Strauch- form als auch in der Baumform auftreten, so kann man auf künstlichem Wege durch entsprechendes Schneiden manche Sträucher in Form von kleinen Bäumen ziehen, z. B. Stachelbeer- und Johannisbeersträucher, wodurch sie eben ihren ursprünglichen Habitus verlieren und etwa den eines Rosenbäumchens annehmen. Bei den Bäumen kann der Habitus wiederum ein ganz verschiedener sein und selbst der Ungeübte unterscheidet schon von Weitem einen Nadel- von einem Laubwald, wenn er auch die Form der Blätter noch gar nicht erkennen kann. Es ist nicht schwer zu sagen, worauf der characteristische Habitus der bei uns waldbildend auftretenden Nadel- bäume beruht. Diese besitzen einen hohen, durchgehenden, an der Spitze fortwachsenden Hauptstamm, von dem die weit schwächeren Aeste in ziemlich horizontaler Richtung ausgehen; je näher der Spitze, um so jünger und folglich um so kürzer und kleiner sind die Aeste, wodurch der regelmässig pyramidale Wuchs, wie wir ihn besonders an der Fichte, Tanne und Lärche bewundern, zu Stande kommt. Bei unseren Laubbäumen dagegen sehen wir, dass entweder gar kein durch- gehender Hauptstamm vorhanden ist, oder wenn dies doch der Fall ist, dass die Aeste ihm ähnlicher sind an Stärke und in spitzerem Winkel von ihm abgehen. Unter den Laubbäumen hat nun jede Art wieder ihren eigenthümlichen Habitus, den zu erkennen und zu verstehen auch für den Landschaftsmaler von grosser Wichtigkeit ist. Der Habitus beruht hier besonders auf der Verzweigung, während die Blattbildung viel weniger massgebend ist. Natürlich ist sie für die Darstellung des Baumschlages auch zu beachten, aber die ganze Form der Krone wird durch die Verästelungsweise bedingt. Deswegen kann ein einiger- massen geübter Beobachter auch im Winter, wenn die Blätter fehlen, von unseren gewöhnlicheren Forst- und Obstbäumen leicht die Art nach dem blossen Aussehen bestimmen. So ist zunächst characteristisch die Richtung, welche die von dem. Stamme entspringenden Aeste einschlagen. Wenden sie sich sogleich dem Stamme parallel nach oben, so erhalten wir eine sehr spitze Ueber den Habitus der Pflanzen. 151 Kegelform, wie sie in Gestalt der Pyramidenpappel auftritt. Wenn da- gegen die Aeste erst in aufstrebender Richtung wachsen und sich dann nach aussen neigen, so ergibt sich die gefällige Garbenform, in der uns zur Winterszeit die Linde erscheint. So unterscheiden wir ferner den Birnbaum mit seinen in spitzen Winkeln aufsteigenden Hauptästen leicht von dem Apfelbaum, bei dem schon von unten an die Aeste weit nach auswärts abgehen. Nicht minder als durch die Hauptäste wird auch durch die dünneren Zweige die Form der Krone und somit der Habitus des Baumes bedingt. Es ist dabei sowohl deren Richtung wie auch .die Länge und die Dicke, welche das Aussehen beeinflusst. Welcher Unterschied herrscht hier z. B. zwischen der Eiche und der Weide! Dort kurze, dicke, in fast rechtem Winkel auseinander entspringende Aeste, hier dagegen lange, dünne, spitzwinkelig aufstrebende Zweige; bei der Trauerweide sogar in zierlicher Weise überhängende, ruthenförmige Zweige. Auf dieser Zweigbildung beruht die merkwürdig sperrige und geknickte Form der Verästelung bei der Eiche und die mehr besenartige Form der Krone bei der Weide. Bei der Linde, Rothbuche und Ulme scheint die Krone aus einzelnen getrennten Schichten zu bestehen, und als Ursache davon finden wir, dass die Zweige in ungefähr horizontaler Richtung abwechselnd zweizeilig von den stärkeren Aesten entspringen. Diese Beispiele also sollten zeigen, dass der Habitus von Baum und Strauch und das für die einzelnen Bäume characteristische Aus- sehen auf dem Verhältniss des Stammes zu seinen Aesten und dieser zu ihren Zweigen beruht in Bezug sowohl auf die Richtung als auch auf die Stärke der Ausbildung in der Länge und Dicke. Was nun die biologische Bedeutung der erwähnten Wachs- thumsverhältnisse betrifft, so lässt sich sehr wenig darüber sagen. Dass eine Pflanze mit ausdauernden, oberirdischen Trieben baum- oder strauch- artig wird, ist zu erwarten. Denn wenn dieselben immer fortwachsen, so wird der obere Körper der Pflanze immer grösser und schwerer und zu seiner Stütze müssen die Hauptstämme und -äste immer dicker und fester werden, was eben zur Ausbildung in die Dieke wachsender, verholzter Pflanzentheile führen muss. Die Art der Verzweigung steht 11% 152 M. Möbius: dann offenbar. im Zusammenhang mit der Blattgestalt; denn es kommt darauf an, dass alle Blätter möglichst dem Licht und der Luft aus- gesetzt sind. So dürfen natürlich grosse Blätter nicht so dicht stehen wie kleine, und Blätter von verschiedener Form beanspruchen auch eine verschiedene gegenseitige Lage, damit sie einander nicht be- einträchtigen. Man kann aber schwerlich sagen, dass nun hier die Verästelung sich nach der Blattgestalt gerichtet habe, indem man diese als das zuerst gegebene betrachtet, sondern man muss annehmen, dass sich das eine mit dem andern in gegenseitiger Harmonie ausgebildet hat. Wir sind überzeugt, dass jede Pflanze so wächst, wie es für alle ihre einzelnen Theile am vortheilhaftesten ist; warum aber die eine Pflanze dieses ihr Ziel auf dem einen, die andere auf dem andern Wege erreicht, das ist ein Räthsel, dessen Lösung die Naturwissenschaft wohl vergeblich zu erlangen sucht. Wir können nur sagen, dass die Wachsthumsthätigkeit der lebendigen Zellen in einer Pflanze nach einem einheitlichen, für jede Art feststehenden Plane geleitet wird und dass auf diese Weise ein bestimmter Pflanzenwuchs entsteht geradeso, wie der Körper eines Thieres sich zu einer ganz bestimmten Gestalt entwickelt. Eine andere Frage ist nun die, ob die Aehnlichkeit und Verschieden- heit im Habitus in Beziehung steht zu der systematischen Verwandt- schaft der betreffenden Pflanzen, welche. sich ja hauptsächlich in dem Bau der Fortpflanzungsorgane ausspricht. Wir hatten gesehen, dass die Laubbäume einen ganz anderen Habitus besitzen als die Nadel- bäume, welche in dieser Hinsicht einen sehr deutlich ausgesprochenen Typus vertreten. Diese gehören nun bekanntlich zu einer Ordnung, der der Coniferen, und die von uns erwähnten auch zu einer Familie, der der Abietineen. Wirklich kommt den hierhergehörigen Pflanzen allgemein der oben von uns angedeutete Habitus zu, wie überhaupt den meisten Coniferen. Hier haben wir also eine grosse Pflanzen- gruppe, welche nicht nur durch die eigenthümliche Bildung ihrer Blüthen und Früchte characterisirt ist, sondern sich auch schon durch eine grosse äussere Aehnlichkeit ihrer Vertreter erkennen lässt. So gibt es eine ganze Reihe anderer Familien, deren Angehörige nach einem Ueber den Habitus der Pflanzen. 153 gemeinsamen Plane gebaut sind, einen übereinstimmenden Habitus zeigen oder wenigstens doch so, dass die krautartigen oder baum- artigen Vertreter oder Glieder anderer solcher Gruppen äusserlich unter- einander ähnlich sind. Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Art bieten uns die Palmen, eine Familie, deren meiste Arten zu Bäumen werden. Der Typus eines Palmenbaumes ist allgemein bekannt: Das Wesentliche desselben ist der unverzweigte Stamm, der an seinem Ende eine Krone von verhältnissmässig wenigen, aber grossen Blättern trägt. Dadurch tritt der Habitus eines Palmenbaumes in scharfen Gegensatz zu dem der immer reich verzweigten Bäume unserer Flora. Nur gelegentlich kommt bei den Palmen eine Verzweigung im oberen Theil des Stammes vor, abgesehen von zwei Arten der Gattung Hyphaene, bei denen regel- mässig eine wiederholt gabelige Theilung des Stammes eintritt, die aber der Verzweigung eines der anderen Laubbäume sehr unähnlich ist. Wie wir nun gesehen haben, dass bei letzteren durch die Art der Verzweigung ein sehr verschiedener Habitus entstehen kann, so kann auch bei den Palmen immer noch eine grosse Verschiedenheit im Habitus auftreten, die dann natürlich von anderen Verhältnissen bedingt ist, nämlich von der Form des Stammes und der Blätter. Was erstere betrifft, so stehen sich gegenüber die kaum über den Erdboden ragenden Stämme von Phytelephas microcarpa und die hohen Säulen der Mauritia-Arten einerseits, die rohrartigen Stämme einer Chamae- dorea und die gewaltigen Schäfte einer Corypha andererseits. Was dagegen die Blätter betrifft, so unterscheiden wir besonders Fächer- und Fiederpalmen, die natürlich einen sehr ungleichen Eindruck machen. Eine vom Palmentypus abweichende Gruppe bilden in dieser Familie die kletternden Rotange, deren Stämme seilartig an den als Stütze dienenden Bäumen hängen. Der Typus aber, nach dem die gewöhnlichen Palmenbäume gebaut sind, ist nicht auf diese Familie beschränkt, sondern er findet sich auch bei den Cycadeen, welche in ihren Blättern die bei Begräbnissen üblichen sogenannten Palmenzweige liefern und bei den Baumfarnen, die in der tropischen und subtropischen Zone, be- sonders in Neuseeland, als Bestandtheile des Waldes auftreten. Die 154 M. Möbius: Erscheinung eines unverzweigten Stammes mit endständiger Blattkrone ist für den Laien so eng mit dem Begriff Palme verbunden, dass er jeden Baum, der diesen Habitus zeigt, als eine Palme bezeichnet, so auch eine Dracaena oder Cordyline, obgleich dieselben sich leicht durch ihre ungetheilten Blätter von den Palmen unterscheiden. Nicht minder characteristisch wie der Habitus der Palmen ist der der Gräser, so dass also die grosse Familie derselben (etwa 3800 Arten) in ihren meisten Vertretern leicht erkannt werden kann. Im Gegensatz zu den durchgängig holzigen Palmen haben wir es hier, mit wenigen Ausnahmen, nur mit krautigen Pflanzen zu thun, wie sie uns in unseren Getreidearten und Wiesengräsern entgegentreten. Wenn wir uns prüfen, woran wir ein Gras als solches erkennen, so finden wir, dass es schon der Bau des Stammes und der Blätter ist, der sie genügend characterisirt, dass aber auch die Blüthenrispe mit den kleinen unscheinbaren Blüthen ein gutes Merkmal abgiebt. Der Stamm der Gräser ist ein sogenannter Halm, d. h. ein dünner Stengel, der aus langen, scharf abgesetzten Gliedern besteht, zwischen denen die an- geschwollenen Knoten liegen. Die Blätter der Gräser sind schmal linealisch und gehen nach unten in die stengelumfassende Blattscheide über. Von ganz abweichendem Habitus ist das Bambusrohr durch die Bildung hoher, holziger Stämme mit breiteren Blättern, so dass es von den Unkundigen nicht leicht als ein Glied der Familie der Gräser er- kannt werden wird. Diesen dagegen werden die von den Botanikern wegen des abweichenden Blüthenbaues als besondere Familie unter- schiedenen Cyperaceen von den Nichtbotanikern wegen des überein- stimmenden Habitus zugerechnet und als Riedgräser bezeichnet. Ferner schliessen sich die Binsen oder Simsen (Juncaceen) im Habitus den Gräsern an, obgleich sie in eine ganz andere Ordnung wie diese ge- hören; selbst manche Nelken besitzen, wenn sie keine Blüthen tragen, ein durchaus grasartiges Aussehen. Nur wenige Familien sind es, die wie die Coniferen, Palmen und Gräser am Habitus so leicht zu erkennen sind, wenigstens wenn sie einigermassen umfangreich sind; denn natürlich finden wir bei kleinen, nur aus wenigen Arten und Gattungen bestehenden Familien weit Ueber den Habitus der Pflanzen. 155 eher eine Uebereinstimmung im Habitus. Von solehen grossen Familien sei noch die der Lippenblüthler (Labiatae), mit circa 2600 Arten, erwähnt. Die hierhergehörigen Pflanzen sind krautig, strauchig oder halbstrauchig; aber auch dem Ungeübten wird es leicht, ihre Familienzugehörigkeit zu erkennen, nämlich an dem vier- kantigen Stengel, der die Blätter paarweise gegenüberstehend, wo- bei sich die aufeinanderfolgenden Paare kreuzen, und die Blüthen büschelweise in den Achseln dieser Blätter trägt: der Salbei und Thymian, die Minze und Taubnessel sind bekannte Beispiele von Pflanzen aus dieser Familie. Hier beruht also der Habitus auf einer Erscheinung, die wir bisher noch nicht als denselben bestimmend kennen gelernt hatten, nämlich auf der Blattstellung. Sie wird bei den Labiaten als decussirte bezeichnet, weil die Paare der sich gegenüberstehenden Blätter nicht übereinanderstehen, sondern kreuzweise angeordnet sind; hierauf beruht auch die vierkantige Gestalt des Stengels. Gewisser- massen eine Nachahmung des Habitus der Taubnessel finden wir bei der systematisch ihr ganz entfernt stehenden Brennnessel, auf deren äussere Aehnlichkeit schon die Aehnlichkeit der Namen hinweist. Manche haben hier eine Art Mimicry sehen wollen, indem die Taub- nessel der Brennnessel darum ähnlich sein sollte, damit sie von weiden- den Thieren mit dieser verwechselt und wie diese gefürchtet und geschont wird. Diese Anschauung scheint mir wenig berechtigt, da ja die Taubnessel dem Habitus ihrer Familie folgt, ein Grund aber, warum die wohlbewehrte Brennnessel die harmlose Taubnessel nachahmen soll, schwerlich anzugeben ist. Auch die Beschaffenheit der Blätter kann den Habitus ganzer Familien bestimmen, wie wir dies bei den Bromeliaceen und Musaceen, zwei tropischen Familien, schen. Die Bromeliaceen umfassen etwa 600 Arten, zu denen die bekannte Ananas gehört. Man kennt die Vertreter dieser Familie leicht an den starren, meist stechenden, am Grunde scheidigen, dornig gezähnten, oft fleischig-saftigen Blättern, die gewöhnlich zu einer grundständigen Rosette vereinigt sind, seltener die Krone eines einfachen oder verzweigten Stammes bilden. Freilich gibt „ es auch hier durch besondere Anpassungen bedingte Ausnahmen einer- 156 M. Möbius: seits und Wiederholungen des Typus in anderen Familien andererseits. Als Beispiel für letzteres seien die schmalblättrigen Eryngien aus der Familie der Umbelliferen, besonders Eryngium bromeliifolium, ge- nannt. Von den Ausnahmen ist am Bemerkenswerthesten die Tillandsia usneoides. Diese bietet wieder ein besonderes Interesse, weil sie im Habitus ausserordentlich unserer bekannten Bartflechte, Usnea barbata, nach der sie genannt ist, gleicht; wie diese hängt sie von den Zweigen der Bäume herab in Gestalt fadenförmiger Stengel und Blätter, welche durch die Behaarung auch eine graue Färbung erhalten haben. Die Musaceen sind eine weit kleinere, nur aus etwa 25 Arten bestehende Familie: ihre Mitglieder sind nach dem Typus der Banane gebaut, die auch bei uns vielfach als Zierpflanze in den Gärten wegen ihrer schönen grossen Blätter gezogen wird. Dieselben sind breit bandförmig mit parallelen Rändern, werden von einem starken Mittel- nerven durchzogen, von dem aus zahlreiche, unter sich parallele Seiten- nerven nach dem Rande verlaufen, und werden vom Wind leicht in der Richtung dieser Seitennerven eingerissen. Eigenthümlich ist ferner bei Musa, dass die ineinandersteckenden Blattscheiden sehr hoch werden und einen scheinbaren Stamm darstellen, während der wirkliche Stamm nur ein im Boden kriechendes Rhizom ist. Wenn sich auch die verwandten Zingiberaceen und Marantaceen im Habitus den Musaceen nähern, so ist er doch bei den letzteren für die Familie ganz besonders characteristisch und die hier herrschende Grösse der Blätter wird bei jenen nicht erreicht. In fernerstehenden Familien wiederholt sich der Musa-Habitus überhaupt nicht. Vielleicht könnten wir hier noch die Familie der Begoniaceen erwähnen, weil ihre Vertreter durch die Blattgestalt so ausgezeichnet sind, dass man sie sofort daran erkennt. Es sind dies nämlich die sogenannten Schiefblätter, von denen zahlreiche Arten als Zierpflanzen eultivirt werden. Ihre Blätter sind einfach oder getheilt, aber immer unsymmetrisch, besonders dadurch, dass die Spitze des Blattes nicht in der Verlängerung des Blattstieles liegt. Doch ist bei dieser übrigens | nur aus einer Gattung mit etwa 350 Arten aus den wärmeren Zonen Ueber den Habitus der Pflanzen. 157 bestehenden Familie der Habitus, soweit er auf dem Wachsthum des Stammes beruht, ein ziemlich verschiedenartiger. Wir könnten noch einige andere Familien erwähnen, die einen characteristischen Habitus besitzen, wie die Nymphaeaceen oder See- rosengewächse, die Crassulaceen oder Fettpflanzen und die Cactaceen; allein bei ihnen können wir die Beziehungen zwischen Bau und Lebens- weise verfolgen und wollen sie deshalb erst erwähnen, wenn wir über diesen Gegenstand sprechen. Bevor wir dieses thun, sei nur noch darauf hingewiesen, dass ge- wisse Familien sich im Gegensatz zu den oben erwähnten durch die Mannigfaltigkeit des Habitus ihrer Vertreter auszeichnen, wie die grosse Familie der Compositen, in der wir Kräuter, Sträucher und Bäume, Schlingpflanzen und cactusartige Gewächse finden. Um so auffallender st die grosse Uebereinstimmung in der Blüthenbildung, sowobl im Bau der einzelnen Blüthe als in der Vereinigung der Einzel- blüthen zu köpfchenartigen Blüthenständen. Die Compositenfamilie ist die grösste im Pflanzensystem, sie wird auf 12000 Arten geschätzt; die zweitgrösste Familie bilden die Orchideen mit etwa 10000 Arten. Auch diese Familie ist eine äusserst natürliche durch den characteristischen Blüthengrundriss; die Blüthen selbst dagegen sind in Form und Grösse, Stellung und Ver- einigung sehr verschieden. Das Aussehen der vegetativen Theile, also der Habitus, ist noch wechselnder, obschon innerhalb engerer Grenzen als bei den Compositen, denn Bäume und grössere Sträucher fehlen bei ihnen. Die trotzdem herrschende Mannigfaltigkeit, selbst wenn wir nur die krautigen und staudenartigen Gewächse vor uns haben, zeigt ein Gang durch ein reichhaltiges Orchideenhaus, wie wir es hier im Heidelberger Botanischen Garten besitzen. Der Stamm ist bei den Orchideen aufrecht, krautig oder holzig, oder kriechend, dann wieder kurz gestaucht, zu Knollen von verschiedener Form angeschwollen, dann schlank und kletternd wie bei der Vanille; die Blätter sind theils breit und dünn, theils flach und dickfleischig, theils ceylindrisch, ja sie können sogar ganz fehlen. Diese Verschiedenheiten der Stämme und Blätter eombiniren sich nun noch. Von den abnormen Formen seien besonders 158 M. Möbius: erwähnt die grasähnlichen, die, welche einer Iris gleichen, und die, welche wie ein Moos der Rinde eines Baumes angeschmiegt wachsen. Dazu kommen dann noch jene in Cultur selten gesehenen riesigen Formen, die mit 5 Meter hohen Stengeln ganze Gebüsche bildenden Sobralia-, Selenipedilum- und Corymbis-Arten und die Grammatophyllen. Diese grossen Formen sind Erdorchideen, während bekanntlich ein grosser Theil der Orchideen epiphytisch auf Bäumen wächst und durch die Bildung von Luftwurzeln schon eine gewisse Eigenthümlichkeit im Habitus zeigt. Schliesslich seien noch die Proteaceen genannt, die von ihrer proteusartigen Vielgestaltigkeit den Namen erhalten haben. Ihre eirca 1100 Arten leben meist in Australien und dem südlichen Afrika und Amerika und sind Sträucher oder kleinere Bäume, seltener krautartige Pflanzen. Die Blätter sind zwar immer mehr oder weniger lederartig, sonst aber von der verschiedensten Beschaffenheit, ja es kommen so- gar schmale und breitere, getheilte und ungetheilte Blätter auf dem- selben Strauche vor. So haben wir denn gesehen, dass es einerseits Familien mit ein- heitlichem, andererseits mit sehr ungleichem Habitus ihrer Vertreter gibt. Im Allgemeinen kann man wohl sagen, dass nur in den selten- sten Fällen aus dem Habitus mit Sicherheit bestimmt werden kann, welcher Familie eine Pflanze angehört, wenn nicht auch die characte- ristische Blüthenbildung, wie z. B. bei den Umbelliferen, das Erkennen erleichtert. Vielfach ist nämlich der Habitus ein Product der An- passung der Pflanze an die Verhältnisse, unter denen sie lebt. Pflan- zen, die unter gleichen Verhältnissen leben, können sich ihnen auf dieselbe Weise so anpassen, dass sie sich zum Verwechseln ähnlich werden, obschon sie ganz verschiedenen Familien angehören. So wird z. B. eine cactusähnliche Euphorbiacee, wie die offieinelle Euphorbia eanariensis, der Unerfahrene unbedenklich für einen Cactus ausgeben. Hier bieten sich uns die interessantesten Verhältnisse dar, von denen wir wenigstens einige zur Besprechung auswählen wollen. Beginnen wir mit der schon zweimal erwähnten Cactusform, in welcher die Anpassung an Trockenheit des Standortes auf's Deut- Ueber den Habitus der Pflanzen, 159 lichste ausgeprägt ist. Die betreffenden Gewächse bewohnen Gegenden, welche nahezu drei Viertheile des Jahres hindurch gänzlich ohne Regen sind und zu den trockensten der Erde gehören; sie wachsen auf dürren, sandigen und steinigen Ebenen, wüsten, felsigen Plateaus und in Ritzen des zerklüfteten Gesteins ohne Dammerde. Um sich gegen die unter solchen Verhältnissen natürlich grosse Gefahr des Austrocknens zu schützen, haben sie die verdunstende Oberfläche möglichst verkleinert, was durch Unterdrückung der Blattbildung und massige Ausbildung des Stammes geschieht, abgesehen von anderen Einrichtungen, welche zur Verminderung des Wasserverlustes getroffen sind. In der neuen Welt, d. h. in Amerika, treffen wir die Cactaceen, welche zum Theil, wie die Cereus-Arten, säulenförmige Stämme bilden oder, wie die Opuntien, flache, blattartige Stammglieder oder mehr oder weniger sich der Kugelform nähern, wie die Echinocactus-, Melocactus- und Mammillaria- Arten. Nur in wenigen Gattungen, wie bei Peireskia, finden wir wirkliche Baumformen mit Krone und Aesten und ächten flachen Blättern, wodurch der Uebergang zu den gewöhnlichen Laubgewächsen gewonnen wird. In Afrika und Ostindien wird diese Familie vertreten durch die dickfleischigen Euphorbia-Arten aus der Section Euphorbium. Bei ihnen fehlen die Blätter oder sind doch hinfällig, und die Stämme werden cereusartig, candelaberförmig mit runden oder kantigen Aesten, bei manchen stellt der Stamm auch kugelige oder ellipsoidische, blattlose Körper dar. Vollständig cactusartige Formen finden wir ferner in einer wieder ganz entfernt stehenden Familie, nämlich bei den Asclepiadeen und zwar in der Gattung Stapelia, deren Arten das Capland bewohnen, sowie auch in den Gattungen Virchowia und Piaranthus. Sie zeichnen sich durch blattlose, saftige, eckige Stengel aus, welche candelaber- artig wie ein Cereus oder eine Euphorbia verzweigt sind. Im Gegen- satz zu der Uebereinstimmung im Habitus der Vegetationsorgane steht die Verschiedenheit der Blüthen bei den Angehörigen der drei genannten Familien. Die Cactaceen zeichnen sich durch einzelne grosse, trichter- förmige, weiss oder schön lebhaft gefärbte, manchmal angenehm duftende Blüthen aus, von denen ja diejenige der sogenannten Königin der Nacht (Cereus nycticalus) berühmt ist. Die Euphorbien haben viele kleine un- 160 M. Möbius: scheinbare Blüthen und die Stapelien wiederum grosse, aber flache Blüthen von meist dunkler Farbe und oft unangenehmem Aasgeruch. Bei einer nichtblühenden Gewächshauspflanze, von der man zweifelhaft ist, ob sie ein Cactus oder eine Euphorbie ist, kann man dies durch Anschneiden entscheiden: bei letzterer fliesst dann ein weisser Milchsaft heraus, bei ersterem aber nicht. — Auch unter den Compositen kommen cactus- ähnliche Formen vor und zwar in der grossen Gattung Senecio bei der Untergattung Kleinia. Wie die Stapelien wachsen diese fleischigen Kräuter und Sträucher auf den Hochebenen des Caplandes. Eine Art ist, weil sie einer der vorhin genannten Euphorbien ähnelt, Senecio Anteuphorbium genannt worden. Hier fehlen aber die Blätter nicht, sondern sind zu ebenfalls fleischigen Schuppen geworden, und so führen uns diese Compositen über zu den Dickblättern, die be- sonders durch die Crassulaceen und Mesembryanthemaceen repräsentirt werden. In ihrem Aufbau ist eine möglichste Verkleinerung der Blattober- fläche bei grosser Gewebemasse des Blattes erstrebt: dadurch entstehen die dickfleischigen, oft cylindrischen Blätter, wie wir sie in geringerer Grösse bei unseren Sedum- und Sempervivum-Arten, in ansehnlicher Grösse bei einigen Mesembryanthemum-Arten sehen. Der Stamm ist hier sehr häufig verkürzt und die Blätter bilden eine grundständige Rosette. Zu den Formen, deren Habitus durch die dickfleischige Be- schaffenheit der Blätter bestimmt wird, gehören aber nicht bloss die systematisch ziemlich entfernt stehenden Crassulaceen und Mesembryan- themaceen, sondern noch Vertreter aus verschiedenen Familien, wie Orchideen, Compositen, Umbelliferen, Portulaccaceen, Salsolaceen und Proteaceen; auch die Aloegewächse sind hierher zu rechnen, bei denen ja ebenfalls eine Rosette dickfleischiger Blätter gebildet wird. Die Gärtner fassen die Gewächse vom Habitus der Dickblätter und Cacteen unter dem Namen Succulenten zusammen, d. h. solche mit saftigem, massigem Gewebe, mag dasselbe nun den Blättern oder Stämmen oder beiden zugleich angehören. Die biologische Einrichtung ist dieselbe, aber der Habitus wird je nachdem etwas anders, obgleich auch hier Uebergänge vorhanden sind, wie die erwähnten Senecio-Arten zeigen. EEE EEE Ueber den Habitus der Pflanzen. 161 Unter den Pflanzen, deren Organisation an das Leben in Trocken- heit und Dürre angepasst ist, begegnen wir nun noch einem anderen Habitus, dessen Eigenthümlichkeit dadurch zu Stande kommt. dass die Organe der Pflanze in möglichst geringer Masse entwickelt sind im Gegensatz zu dem von der Natur bei den Succulenten befolgten Prineip: es sind dies die Distelgewächse. Dieselben sind characterisirt durch die Form ihrer Blätter, welche mehr oder weniger gelappt, ge- theilt oder zerschnitten sind und an den Enden der Lappen, Zipfel und Abschnitte in starre, stechende und abstehende Dornen ausgehen. Es bleiben dadurch von dem grünen Gewebe neben den Hauptrippen nur schmale Streifen übrig, von denen allein die Verdunstung aus- geht. Am Reichlichsten finden wir die Distelgewächse in der Mittel- meerflora vertreten und zwar besonders in den rauhen und felsigen, der Sonne stark ausgesetzten Landschaften Spaniens, Algeriens, Griechenlands und der Insel Kreta. Pflanzen mit dem Distelhabitus sind zunächst die ächten Disteln, nämlich Compösiten aus den Gattungen Carduus und Cirsium nebst verschiedenen anderen Mitgliedern dieser Familie; ihnen schliessen sich gewisse Doldenpflanzen (Umbelliferen) an, wie die Männertreu (Eryngium amethystinum), Eehinophora spinosa und Cachrys spinosa, ferner einige Solanaceen und zwar Solanum- Arten, also Verwandte unserer Kartoffel, von Acanthaceen besonders Acanthus spinosissimus, auch Cycadeen, nämlich Arten aus den Gattungen Zamia und Encephalartos. Also auch hier finden wir den- selben Habitus in mehreren Familien vertreten, wenn deren Mit- glieder in derselben Richtung der Lebensweise angepasst sind. An den Compositen z. B. sehen wir, dass die einen den Habitus der Suceulenten, speciell der fleischigen Euphorbien, die anderen den der Distelgewächse annehmen, um die Gefahr des Austrocknens bestehen zu können. Sehen wir uns nun im Gegensatz zu diesen Gewächsen jene an, welche an das Leben im Wasser angepasst sind, so finden wir auch bei ihnen, dass ein bestimmter Habitus bei Pflanzen verschiedener Familien wiederkehrt und dass ganze Familien einen der Lebensweise im Wasser angepassten Habitus besitzen. Die Wasserpflanzen 162 M. Möbius: können entweder ganz untergetaucht wachsen oder sie sind mit auf dem Wasser schwimmenden Blättern versehen. Unter die ersteren gehört die Familie der Armleuchtergewächse oder Characeen, die eine unter den Kryptogamen an die Algen sich an- schliessende Gruppe bilden. Sie besitzen einen durchgehenden Stengel, von dem die mit Quirlen von Blättern versehenen Aeste wirtelig ent- springen. Einen ganz ähnlichen, durch die quirlige Verzweigung und die eylindrische Form aller Organe bedingten Habitus finden wir bei manchen Blüthenpflanzen, wie bei Myriophyllum unter den Halorhagi- daceen und bei Ceratophyllum unter den mit jenen nicht näher ver- wandten Ceratophyllaceen. Auch Hottonia palustris unter den Primu- laceen nähert sich diesem Typus, unterscheidet sich aber dadurch, dass die Blätter keine scharf getrennten Quirle bilden. Unter den Algen finden wir den Habitus der Armleuchtergewächse mehrfach vertreten, und zwar sowohl bei den grünen Algen (z. B. Draparnaldia) als auch bei den rothen (z. B. Batrachospermum) und bei manchen braunen Meeresalgen (z. B. Styetyosiphon adriaticus). Dass überhaupt ihr Körper sich in reichverzweigte fadenförmige Theile auflöst, ist eine bei den grünen, rothen und braunen Algen sowohl des Süsswassers wie des Meeres sehr häufig zu beobachtende Erscheinung. Dass dieser Bau für die Lebensweise vortheilhaft ist, leuchtet ein; denn erstens wird dem Pflanzenkörper dadurch eine grosse Oberfläche gegeben, mit der er die im Wasser gelösten Stoffe aufnehmen kann, zweitens bietet er dadurch den Bewegungen des Wassers weniger Widerstand und ist also deren zerstörenden Wirkungen weniger ausgesetzt. Auch‘ die Colonieen einzelliger Algen, wie die fadenbildenden Diatomeen (z. B. Homoeocladia- und Schizonema-Arten) nehmen diesen Habitus an, so dass sie im getrockneten Zustand bei oberflächlicher Betrachtung für eine Cladophora-Art gehalten werden können. Beiläufig sei hier bemerkt, ‘dass wir auch noch von anderen Pflanzenformen bei den untergetauchten Gewächsen nachweisen können, dass sie sich bei Phanerogamen und Kryptogamen unter verschiedenen Familien wiederholen, z. B. der Binsenhabitus bei den Juncagineen (Liliifloren) und der Sporenpflanze Isoötes, während der Habitus der SEEN Fe un GR TE or u Ueber den Habitus der Pflanzen, 163 bekannten Alge Sargassum von gewissen Najas-Arten, also Monokotylen, auffallend wiederholt wird. Doch wollen wir uns hier nicht weiter mit der Aufzählung solcher Beispiele aufhalten, sondern übergehen zu den schwimmenden Wasserpflanzen. Hier möchte ich besonders auf zwei Wuchsformen aufmerksam machen, deren eine durch die kleinsten und deren andere durch die grössten Schwimmpflanzen vertreten wird. Der erstere Habitus ist uns bekannt von den Wasserlinsen (Lemnaceen) her, deren Sprosse kleine, blattartige, auf dem Wasser frei flottirende, aneinanderhängende Scheiben bilden. Ganz ebenso sieht ein Lebermoos aus, Riccia natans, dessen Körper auch ein flacher Spross ist. Blätter fehlen bei den Wasserlinsen ganz, bei Riccia sind sie durch die schmal linealischen violettrothen Schuppen auf der Unterseite des schwimmenden Sprosses ersetzt. Dagegen sind die flachen Gebilde, mit denen die dritte hier- hergehörige Pflanze, die Gefässkryptogame Azolla (in verschiedenen Arten), auf dem Wasser schwimmt, eigentliche Blätter, was aber im Habitus wenig Unterschied macht. Es ist eine überraschende Aehnlich- keit vorhanden bei diesen drei aus so verschiedenen Verwandtschafts- kreisen stammenden Pflanzen, nämlich den Lemna-Arten, die den Monokotylen angehören, den Azolla-Arten, die mit den Farnen ver- wandt sind, und dem Lebermoos Riceia natans. Doch müssen wir sagen, dass, wenn die betreffenden Arten sich zu frei schwimmenden Wasserpflanzen ausbilden, es uns nicht wundern kann, einen solchen Habitus an ihnen zu beobachten, da der aus kleinen, flachen Scheiben bestehende Körper für diese Lebensweise ausserordentlich gut an- gepasst ist. Ein anderer Habitus der Schwimmpflanzen wird repräsentirt durch die Angehörigen der Familie der Nymphaeaceen, vor allem die Teich- rosen, und entspricht dem Bedürfniss von Pflanzen, welche am Grund des Wassers wurzeln und doch ihre Blätter der Luft aussetzen wollen. Die Teichrosen haben demgemäss einen kurzen, am Boden festwurzeln- den Stamm, der am Ende ein Bündel langgestielter Blätter treibt. Dieselben wachsen so lange, bis sie an die Oberfläche kommen, dann entfaltet sich die schildförmige Blattspreite, welche mit der Unterseite 164 M. Möbius: dem Wasser aufliegt und ihre vom Wasser nicht benetzbare Oberseite der Luft aussetzt. Die Blätter haben eine lederartige Beschaffenheit und können bedeutende Dimensionen erreichen, wie die riesigen Blätter der berühmten Victoria regia, bei denen das Untersinken noch erschwert ist durch den senkrecht aufwärtsgebogenen Rand. Die schönen grossen Blüthen ragen über das Wasser empor und gehören auch zu den Zügen, die den Habitus dieser Pflanzen bilden. Denselben in etwas verkleinertem Maassstabe finden wir bei der mit den Ennzianen verwandten Pflanze Limnanthemum, die deswegen auch den Beinamen nymphaeoides erhalten hat; doch unterscheidet sie sich durch ihre im Wasser empor- wachsenden langen Stengel. Dagegen haben wieder manche Nymphaeaceen einen von dem der Teichrosen etwas abweichenden Habitus, wie die Cabomba-Arten, bei denen ausser den Schwimmblättern auch feinzertheilte Wasserblätter vorhanden sind, und die Nelumbium-Arten, bei denen die schildförmigen Blätter nicht auf dem Wasser schwimmen, sondern über dasselbe in die Luft emporgehoben werden. Bei ersteren ist ausserdem der Stamm dünn und gestreckt, während er bei letzteren, wie bei den Teichrosen, kurz und dick ist. Nachdem wir jetzt bei den im Wasser untergetauchten wie bei den schwimmenden Pflanzen bestimmte Wuchsformen, die sich in ganz verschiedenen Familien wiederholen, kennen gelernt haben, wollen wir noch kurz einer Formation gedenken, die von gewissen am Wasser wachsenden Pflanzen gebildet wird, einer Strandformation, welche sich an den tropischen Küsten findet, nämlich der Rhizophorawaldung. Ich erwähne sie hier, nicht weil der Habitus in verschiedenen Familien wiederkehrt, sondern weil er eine so grosse, räumliche Ausbreitung besitzt. Denn in allen feuchten, tropischen Gebieten der alten wie der neuen Welt ist die Küste in Buchten und Flussmündungen, über- haupt da, wo die Brandung nicht zu stark ist, von einem Wald- oder Gebüschgürtel umsäumt, der sich noch ganz im Gebiet der Fluthbewegung befindet. Zur Fluthzeit also wird der Boden und der untere Theil dieses Waldes vom Meer überschwemmt und dies veranlasst besondere. Anpassungen. _ Bei den Rhizophora-Arten bestehen dieselben darin, dass sich die Stämme auf zahlreichen Stelzenwurzeln erheben und aus Ueber den Habitus der Pflanzen. 165 den Zweigen Luftwurzeln herabsenden, die mit ihren Enden ebenfalls in den Schlamm eindringen. Eigenthümlich ist ihnen ferner die Keimentwicklung. Da die Samen in den Schlamm untersinken und nicht keimen würden, so treiben sie bereits in der Frucht am Baum eine lange Wurzel und befestigen sich mit dieser nach dem Herab- fallen im Grunde: also auch die aus den Früchten hervorwachsenden Keimwurzeln können wir zum Habitus jener eigenthümlichen Gewächse rechnen. In dieser Hinsicht, nämlich der Keimung aus den Früchten, schliessen sich ihnen auch noch andere Bäume an, die einen Theil des Mangrovewaldes bilden, im Uebrigen aber einen anderen Habitus als die Rhizophoren zeigen. Ein ähnliches Wurzelgestell wie letztere, aber in kleinerem Maassstabe, zeigt merkwürdiger Weise in Ostindien ein unter ihnen wachsendes krautiges Gewächs, der Acanthus ilieifolius, dessen Sprossen dagegen mehr den Distelhabitus besitzen. Ebenfalls in den Tropen findet sich am Reichlichsten vertreten eine weitere biologische Gruppe, auf die wir hier noch einen Blick werfen wollen, ich meine die kletternden Pflanzen. Der ihnen gemein- same Habitus liegt darin, dass sie ihre Stämme nicht selbstständig auf- richten, sondern sich anderer Bäume oder fester Wände als Stütze be- dienen. Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist aber so verschieden, dass auch unter den Kletterpflanzen der Habitus wechselt, je nachdem es windende oder rankende oder mit Zweigen, Wurzeln, Dornen u. dergl. klimmende Pflanzen sind. Die eigentlichen Lianen, nämlich die holzigen Schlingpflanzen, aus so verschiedenen Arten verschiedener Familien sie auch bestehen, zeigen doch entschieden eine ziemlich grosse Ueberein- stimmung im Habitus: der untere Theil des Stammes ist fast unverzweigt und um die Stütze gewunden, erst oben, wenn Licht und freie Luft erreicht sind, tritt reichlichere Verzweigung und Blüthenbildung ein. Selbst in der Blattgestalt herrscht eine gewisse Gleichmässigkeit, in- dem nicht nur bei den windenden, sondern auch einigen rankenden Pflanzen die Blätter sich mehr oder weniger der Herzform nähern; welche Beziehung dies zu der Lebensweise hat, vermögen wir allerdings nicht zusagen. Es würde uns zu weit führen, die Habitusbilder, welche bei den Kletterpflanzen auftreten, zu schildern und nachzuweisen, wie sie sich in Verhandl. d. Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins, N.Serie. V. 12 166 M. Möbius: verschiedenen systematischen Abtheilungen des Pflanzenreichs wieder- holen, wir wollen uns vielmehr mit diesen Andeutungen begnügen. Die Lianen werden von den Laien oft als Schmarotzerpflanzen betrachtet, sie sind es aber nicht im eigentlichen Sinne; denn wenn sie auch die umwundenen Bäume schädigen können, so entziehen sie ihnen doch keine Nahrung, sondern bereiten sich diese selbst aus den Bestandtheilen des Bodens und der Luft. Aber allerdings gibt es solche Gewächse, welche sich vollständig von anderen Pflanzen ernähren, sei es von lebenden, sei es von bereits abgestorbenen. Darnach richtet sich dann ihre ganze Organisation und dies drückt sich wiederum im Habitus aus, so dass wir denselben Habitus bei Pflanzen ganz ver- schiedener Familien wiederfinden, wenn sie Schmarotzerpflanzen sind. Als einen Typus derartiger Gewächse möchte ich die Orobanchen aufstellen, die eine mit den Labiaten verwandte Familie bilden. Die verschiedenen Orobanche-Arten parasitiren auf verschiedenen anderen lebenden Pflanzen, mit deren Wurzeln sie verwachsen. Ihr unter- irdischer Stammtheil ist knollenförmig und oberirdisch sind nur die blühenden Triebe, welche unten Schuppenblätter und oben die Blüthen in einer Aehre tragen; sie besitzen eine bräunliche Farbe und nur die Blüthen sind lebhafter, bisweilen blau gefärbt. Verwandt mit der Orobanche ist die ebenfalls auf Wurzeln schmarotzende Lathraea, bei welcher sich dieselben Züge im Habitus wiederholen. Dasselbe ist der Fall bei dem mit den Haidekräutern verwandten Fichtenspargel, Monotropa Hypopithys, der nur saprophytisch lebt, und bei den eben- falls saprophytischen Orchideen Neottia, Corallorhiza und Epipogium, Ueberall haben wir angeschwollene, unterirdische Theile (in geringem Masse bei Monotropa), Schuppenblätter, die Blüthen in endständiger Aehre und eine Farbe, die vom Weissen in’s Gelbe, Grüne oder Braune übergeht, rothe und blaue Farben aber nur an den Blüthen. Etwas von diesem Habitus abweichend, aber doch ihm nahestehend sind die mit den Orchideen verwandten, saprophytischen Burmanniaceen und die mit den Enzianen verwandte Voyria. Bei den parasitischen Balanophoraceen, Hydnoraceen und Raff- lesiaceen geht die Unterdrückung der vegetativen Theile noch weiter, JS r Ueber den Habitus der Pflanzen. 167 indem dieselben ganz oder fast ganz im Innern der Wirthspflanze leben. Es wird dann aussen nur ein aus dieser und dem Parasiten bestehender sogenannter Zwischenkörper gebildet, aus dem ein Blüthenstand oder eine grosse Blüthe hervorbricht. Dadurch entsteht in den extremen Fällen ein Habitus, der sich nicht nur von dem der sich selbständig ernährenden grünen Pflanzen, sondern auch von dem der eben betrach- teten, nach dem Orobanche-Typus gebauten Saprophyten und Parasiten weit entfernt und vielmehr an manche grössere Pilze erinnert, sowohl in der Gestalt als auch in der Färbung, welch’ letztere sich besonders in den gelben, braunen und rothen Tönen hält. So sieht das im äquatorialen Amerika wachsende Scybalium fungiforme, wie schon sein Name andeutet, mit seinem fleischfarbigen, oben den Blüthenboden tragenden Strunk einem Hutpilz ähnlicher als einer Blüthenpflanze. Die Hydnora-Arten erinnern in ihrer Gestalt und bräunlichen Farbe an eine Morchel, während sie mit einer gewöhnlichen Blüthenpflanze dem Habitus nach kaum verglichen werden können. Wir haben also hier den bemerkenswerthen Fall vor uns, dass Blüthenpflanzen und Pilze äussere Aehnlichkeit zeigen, weil sie ähnlichen Lebensbedingungen, besonders in Betreff der Ernährungsverhältnisse, ausgesetzt sind. Ueber die Pilze selbst seien auch noch einige Worte gesagt. Denn auch bei ihnen bemerken wir eine merkwürdige Wiederholung der äusseren Form in verschiedenen Abtheilungen. Die zwei grössten und am Besten characterisirten Abtheilungen der Pilze sind die Basi- diomyceten und Ascomyceten, die zwei nebeneinander entspringende und parallel verlaufende Reihen darstellen. Bei den Basidiomyceten werden die Sporen auf Basidien genannten, keulenförmigen Zellen äusserlich abgeschnürt, bei den Ascomyceten entstehen sie im Innern von Schläuchen. Die Vereinigung der Schläuche oder Basidien heisst das Hymenium, und dasselbe ist meist auf besonderen Fruchtträgern entwickelt. Ein solcher Fruchtträger ist der gestielte Hut des Cham- pignons, des Steinpilzes und anderer Agaricus-, Boletus-, Polyporus-, Hydnum-Arten und dergl., die sämmtlich Basidiomyceten sind. Der Habitus dieser Hutpilze wiederholt sich aber ganz auffallend unter den Ascomyceten bei den Morcheln, Lorcheln und verwandten Formen, 12* 168 M. Möbius: so den Arten von Morchella, Helvella, Verpa, Mitrula u. a. Einen anderen Habitus zeigen uns die annähernd kugligen, oberirdischen oder halb oder ganz unterirdischen Fruchtkörper, deren bekannteste die Trüffel (Tuber) und Hirschtrüffel (Elaphomyces) aus der Abtheilung der Ascomyceten sind. Die als falsche Trüffeln bekannten Scleroderma- und Bovista-Arten dagegen sind Basidiomyceten. Im Habitus sehen sie sich täuschend ähnlich und bei beiderlei Pilzen liegt das Hymenium im Innern der mit fester Rinde umgebenen Knollen. Schliesslich möchte ich ein Beispiel dafür anführen, dass auch bei mikroskopisch kleinen Pflanzen ein gewisser, von der Lebens- weise bedingter und von der systematischen Stellung unabhängiger Habitus entwickelt sein kann. Ich denke dabei an gewisse Algen, die einen der Unterlage aufliegenden scheibenförmigen Thallus besitzen, welcher der epiphytischen Lebensweise dadurch sehr zweckmässig an- gepasst ist. Eine solche einschichtige Scheibe wird dadurch aus- gebildet, dass sich die Randzellen immer weiter theilen durch Wände, parallel und senkrecht zum Rande, und so der Umfang ausgedehnt wird, während die Zellen in der Mitte unverändert bleiben; oder die Scheibe wird aus radial ausstrahlenden nebeneinanderliegenden Fäden gebildet. Dieser Wachsthumsmeodus ist nur ein der Lebensweise an- gepasster Habitus und kann durchaus nicht als systematisches Merkmal verwendet werden. Wir finden diesen Typus, der als Coleochaete-Typus bezeichnet werden kann, zunächst bei grünen Algen aus verschiedenen Familien, so manchen auf Blättern lebenden Luftalgen und im Wasser wachsenden Arten der Chaetophoraceen und Mycoidaceen, ferner bei den durch ihre Fortpflanzung von diesen weit abweichenden Coleochae- taceen. Aber auch unter den rothen Algen ist der Habitus vertreten bei den Melobesien, und etwas ganz Aehnliches finden wir unter den braunen Algen bei Ascocyclus. Zu den Beispielen, welche ich im Vorstehenden für den ver- schiedenen Habitus der Pflanzen gewählt habe, liessen sieh natürlich leicht noch weitere hinzufügen, aber ich glaube, dass die gegebenen zu den characteristischsten gehören. Eine Vollständigkeit in dieser Beziehung zu erreichen, kann überhaupt nicht beabsichtigt werden, Dan. Ueber den Habitus der Pflanzen. 169 da es Sache der Willkür ist, wie weit man den Begriff einer Habitus- form fassen will, ob man z. B. die Succulenten zu einem Habituskreis rechnet oder darunter noch verschiedene Formen unterscheidet. Es handelt sich hier eben, wie ich schon sagte, nicht um streng wissen- schaftliche Begriffe. Auch sind wir noch weit entfernt von dem Auf- finden einer Gesetzmässigkeit in der Ausbildung des Habitus, sowohl was die systematische als auch die biologische Verwandtschaft der Pflanzen betrifft. Wir wissen nicht, warum in der einen Familie des Systems ein gewisser Habitus vorherrscht, in der anderen dagegen eine so grosse Mannigfaltigkeit im äusseren Ansehen; denn die Anpassung an die äusseren Verhältnisse gibt uns nicht überall die Erklärung da- für. Was aber das biologische Moment der Pflanzen betrifft, so ver- stehen wir wohl, dass ein gewisser Habitus einer bestimmten Lebens- weise angepasst ist; warum jedoch gerade dieser gewählt ist und nicht ein anderer, der nach unserer Erfahrung der gleichen Lebensweise ebenso gut angepasst sein würde, vermögen wir nicht zu sagen. Ich bin mir deshalb wohl bewusst, dass eine Betrachtung solcher Verhältnisse, weil sie noch des inneren Zusammenhangs entbehrt, ein unbefriedigtes Gefühl erzeugt und hinterlässt. Da aber dieser Gegenstand meines Wissens noch nicht eingehender behandelt worden ist, wollte ich wenig- stens einen Versuch wagen, wie weit überhaupt das, was man die Tracht, das Aussehen, den Habitus der Pflanzen nennt, einer botanischen Betrachtung fähig ist. Auch das Bekannte, unter einem neuen Ge- sichtspunkte betrachtet, kann Interessantes bieten und zu neuen Fragen und Forschungen anregen. (Sonderabzüge ausgegeben den 20. Juni 1893.) 170 K. von Kraatz-Koschlau : Krystallographische Beziehungen im periodischen System der Elemente. Von K. von Kraatz-Koschlau. (Gesammtsitzung vom 2. Juni 1893.) „Das bedeutendste Resultat, zu welchem die Vergleichung der Krystallform verschiedenartig zusammengesetzter Verbindungen führte“, sagt Tschermak, „ist die Wahrnehmung, dass chemisch analog zusammen- gesetzte Verbindungen häufig eine gleiche oder ähnliche Krystallisation zeigen. Diese Beobachtung wurde zuerst von Mitscherlich an phosphor- sauren und arsensauren Salzen, hierauf an mehreren anderen Körpern gemacht, und es wurde jener Zusammenhang als Isomorphismus bezeichnet. * In dieser Definition des Isomorphismus liegt schon eine weitgehende Verallgemeinerung des ursprünglichen Satzes von Mitscherlich, der es für die Isomorphie als bedingend hinstellte, dass die analogen chemischen Verbindungen homogene Mischungen in beliebigen Ver- hältnissen bilden könnten. Nachdem man die von Mitscherlich fest begrenzte Bahn verlassen, wurde der Begriff der Isomorphie mehr und mehr erweitert. Indem man von der im Ganzen richtigen Voraussetzung ausging, dass chemisch analog constituirte Verbindungen isomorph krystallisiren müssten, wurde auch vielfach da, wo eine Aehnlichkeit in Krystallform und Habitus für das nicht voreingenommene Auge fehlte, eine solche nachzuweisen unternommen. Wenn die Axenverhältnisse, die sich aus den gemessenen Winkeln errechnen liessen, sich einer isomorphen Auffassung nicht fügen wollten, so multiplieirte man eine oder die andere Axe mit 1Y,, 2 oder 3, bis das gewünschte Axenverhältniss mehr oder weniger erreicht war. Bei dieser Voreingenommenheit blieben characteristische Eigen- Krystallographische Beziehungen im periodischen System der Elemente. 171 schaften, wie Krystallhabitus, Spaltbarkeit u. s. w., sobald sie einer isomorphen Auffassung widersprechen konnten, unberücksichtigt. Die Praxis der Krystallmessungen hat des Oefteren gezeigt, dass da, wo man chemisch mit Sicherheit eine Analogie der Form erwarten durfte und eine solche nur durch künstliche Manipulationen herzu- stellen war, die Natur nicht gegen ihre Gesetze sündigte; die fehlende Analogie erklärte sich durch Vorhandensein mehrerer verschiedener Krystallformen für ein und denselben Körper, durch Di- oder Poly- morphie, und in vielen derartigen Fällen dürfte eine solche Aufklärung noch in Zukunft erbracht werden. !) Ein Gutes hat die Verallgemeinerung des Begriffes „Isomorphismus“ gehabt, man wurde auf alle etwa vorhandenen Krystallähnlichkeiten aufmerksam und fand so, dass sich häufig nicht nur einzelne Element- atome,'sondern auch Moleculargruppen der gleichen Werthigkeit isomorph vertreten konnten. “ Ein Anderes aber wurde ganz übersehen — die Isomorphie im engsten Sinne der Mitscherlich’schen Definition, die engeren Beziehungen der chemischen Untergruppen in den Hauptgruppen des periodischen Systems der Elemente. Es dürfte Ihnen allen bekannt sein, dass wir im natürlichen System der Elemente, in den einzelnen, ihrem Atomgewicht und ihrer Verwandt- schaft gegen Wasserstoff und Sauerstoff nach angeordneten Gruppen, nicht einen gleichartigen Complex von Körpern vor uns haben. Chemisch sind in jeder Gruppe gewöhnlich zwei Unterabtheilungen zu unterscheiden, deren jede in sich nähere Beziehungen zeigen als zu den Elementen der anderen Untergruppe. Zu diesen Unterabtheilungen kommen dann noch das erste und letzte Glied jeder Hauptgruppe, die bald zu der einen, bald zu der anderen Unterreihe nähere Beziehungen zeigen. Diese Verhältnisse kommen nun in den Krystallformen der Salze der Elemente wenn möglich noch klarer zum Ausdruck als in den bei ') So wurde z. B. an Stelle der länger bekannten monoklinen Schwefel- modification, welche nur gezwungen eine isomorphe Auffassung mit Selen zuliess, durch Muthmann eine labile, mit Selen vollkommen isomorphe, mono- kline Form gefunden. 172 K. von Kraatz-Koschlau: den Salzen meist nicht sehr genau untersuchten sonstigen chemisch- physikalischen Eigenschaften. Um diesem Verhalten der Elemente in ihren krystallisirten Ver- bindungen weiter nachzugehen, wurde es versucht, das bisher vorhandene, einigermassen zuverlässige krystallographische Material — gleichgültig, ob es sich dem natürlichen System fügen wollte oder nicht — rein nach den krystallographischen Beziehungen anzuordnen. Es stellten sich dabei Thatsachen heraus, die, wenn zum Theil auch in ihrer Verknüpfung bekannt, doch meines Wissens noch nie eine ganz folge- richtige Anordnung erfahren hatten. In jeder Hauptgruppe des periodischen Systems von den Alkalien zu den Halogenen lassen sich krystallographisch mindestens zwei Untergruppen ausscheiden; zu diesen Untergruppen kommen dann in nahe krystallographische Beziehung noch Elemente anderer Gruppen des periodischen Systems in solchen Verbindungen, in welchen sie eine der betreffenden Obergruppe entsprechende Werthigkeit besitzen. Die so erhaltenen Untergruppen zeigen in ihren Gliedern Be- ziehungen, welche man wohl auch da, wo practische Mischungsversuche bisher nicht vorliegen, wegen ihrer weitgehenden Aehnlichkeit in Krystallform, Habitus, Spaltbarkeit u. s. w. unter der Bezeichnung „Isomorphismus“ zusammenfassen darf. Die Parallelreihen zeigen nun zwar auch in krystallographischer Beziehung Aehnlichkeiten, aber dieselben sind nicht so weitgehend wie die innerhalb einer Untergruppe. Ein gutes Kriterium kommt noch dazu. Es zeigt sich nämlich, dass innerhalb der einzelnen Untergruppen ein regelmässiges Wachsen oder Abnehmen der Winkel und somit der Axenverhältnisse in der Reihenfolge der Atomgewichte stattfindet. Eine consequente Durch- führung dieser letzteren Beobachtung ist bis jetzt bei den mangelhaft vorliegenden Messungen ganzer isomorpher Reihen nicht möglich gewesen; doch zeigten gerade die am Vollständigsten und Besten untersuchten Salze ein der eben aufgestellten Regel folgendes Verhalten. Krystallographische Beziehungen im periodischen System der Elemente. 173 Die am Vollständigsten untersuchten Gruppen sind die Sulfate und Tartrate der Alkalien der Kalireihe. Es zeigt sich bei diesen, dass die einzelnen Winkel wie die Axenverhältnisse fortlaufende Reihen bilden, welche der Anordnung der eingeführten Elemente im periodischen System folgen. Nur das 'Thalliumsalz fällt, obgleich dem Habitus und den Winkeln . nach den anderen Salzen isomorph, aus der Reihe und würde seinen krystallographischen Eigenschaften nach vor das Ammonium, welches in dieser Reihe sich auch krystallographisch immer wie ein Element verhält, zu stellen sein; diese Stellung des Thalliums wiederholt sich auch in anderen Salzreihen, muss also eine Gesetzmässigkeit zum Grunde haben. Die Salze der Natriumreihe Li, Na, Ag sind den TI-, Am-, K-, Rb-, Cs-Salzen winkelähnlich, doch sind sichere isomorphe Mischungen zwischen Natrium und Kaliumsalzen in einfacheren Verbindungen nicht bekannt und vielleicht überhaupt nicht vorhanden. Wir haben es viel- mehr mit zwei parallellaufenden Reihen zu thun, die in sich isomorph wahrscheinlich in wechselnden Verhältnissen zusammen krystallisiren, jedenfalls aber im Krystallhabitus, Spaltbarkeit u. s. w. hochgradige Uebereinstimmung zeigen; zwischen den Reihen des Am, K u. s. w,, des Li, Na, Ag aber ist eine Isomorphie im Sinne Mitscherlich’s, vor Allem aber eine Einordnung der Axenverhältnisse nach dem Atom- gewicht zwischen die Am-, K-Reihe nicht möglich, sondern es ist nur eine Uebereinstimmung im System und eine Winkelähnlichkeit, die wir nach dem Vorgange von Ketgers als Isogonie bezeichnen wollen, vorhanden. Wie die Reihe des Am, K mit wachsendem Atomgewicht in derselben Richtung eine Aenderung der Axenverhältnisse zeigt, so kann dies auch für Li, Na, Ag zum Beispiel bei den Perjodaten dar- gethan werden. (NH,),SO, rhomb. 0,5643: 1: 0,7310. LiSO, tetrag. 1: 1,5272. K,S0, M 0,5727:1: 0,7464. NaSO, „ 1:1,5900. Rb,SO, > 0:373,213 0,747 A805 15. :,,2:.156318; Die sauren weinsauren Salze der Am-Reihe lassen das gleiche Verhalten erkennen. 174 K. von Kraatz-Koschlau: bei TIH : C,H,0& = 0,9589 „. NHH::G,H,05:= 0,9762 2..C 9 KH: 7 C[HR0; > 0,9773 \orhombisch. ac BBHR: GE O 09797 2:6 ...088876H,0;:==.1,0499 Das Gleiche zeigen auch die Perchlorate: TICIO, rhomb. a:b:ce = 0,7978:1: 0,6449. NH,00, = 5 a,b: 0 ==.0,7926% 1 20,641. KCI0, Ye abe, =H0,78177,14,0,6396: Es zeigen sich also in den einzigen vollständig untersuchten Reihen so verschiedener Salze, wie der Sulfate, Tartrate, Perjodate und Perchlorate, die gleichen gesetzmässigen Beziehungen. Die nahen krystallographischen Beziehungen von Am, K, Rb und Cs könnten durch eine grosse Anzahl von Beispielen illustrirt werden. Ebenso zeigen die Lithium- und Natriumsalze wie die nicht so gut kry- stallisirten Silbersalze enge Beziehungen untereinander. In den krystallo- graphischen Aehnlichkeiten der Salze der Lithiumreihe zu denen der Elemente der Kaliumreihe tritt es jedoch überall hervor, dass nur isogone Beziehungen, kein wirklicher Isomorphismus vorhanden ist, und das ab- weichende Verhalten zeigt sich zugleich darin, dass die Salze der beiden Reihen leicht mit ganz verschiedenem Wassergehalt krystallisiren. Wenn man die zweite Gruppe des periodischen Systems nach den- selben Principien ordnet wie die erste, so lassen sich innerhalb der- selben mehrere gleichwerthig nebeneinander stehende Untergruppen erkennen. Die Salze des Berylliums sind wenig untersucht; doch zeigen die- selben, so weit bekannt, die nächsten Beziehungen zu denen des Zinks, wie dies zum Beispiel das als Phbenakit bekannte Mineral Be,SiO, zeigt: Phenakit Be,SiO, hex. a:ce = 1:0,6611. Willemit Zn,Si0Q, „ a:c = 1:0,669. Doch lässt sich etwas Sicheres über die Stellung des Berylls bis jetzt: nicht sagen. Mit Bestimmtheit aber lassen sich folgende Untergruppen aufstellen: Krystallographische Beziehungen im periodischen System der Elemente. 175 Mg Mn Ca Dabei muss darauf aufmerksam gemacht Ca Fe Sr werden, dass Caleium bis jetzt im engsten Zn CoNi Pb Sinne nicht als mit Ba, Sr, Pb isomorph Ip) Ba betrachtet werden darf, da sichere isomorphe Ru Er Mischungen nicht festgestellt sind. In der Gruppe des Mn, Fe, CoNi stehen Cu Ne sich Cobalt und Nickel sehr nahe, ihnen zu- nächst das Eisen und das Mangan. Der isogone Character der Hauptgruppe prägt ‘sich deutlich in den Carbonaten aus, doch bleiben auch hier die Sondercharactere der Untergruppen bemerkbar: CaCo, Kalkspath. Rhomboöderwinkel 74°55'. MnCO, Manganspath. R. 73°9'. MgCO, Magnesit. R. 72°40'. FeCO, Eisenspath. „ 73°. ZnCO, Zinkspath. „ 72°20'. Die rhombischen Carbonate zeigen die in gleicher Reihenfolge wie die Atomgewichte fortlaufende Aenderung der Axenverhältnisse; dasselbe kommt bei den Molybdaten zum Ausdruck. Aragonit CaCO, 110:110 63°50° 011:011 71°34. Strontianit SrCO, N 62041’ LNTERRABN Witherit DBaCo, r Baur2) E 73%16%, CaMo0, = tetrag. pyr. hem. 1: 1,5457. SrMo0, = R War? 1,3738. BaMo0, = di 0 4 466232. Das Blei, welches aus der vierwerthigen Gruppe seinen zwei- werthigen Verbindungen nach hierher versetzt werden muss, folgt nicht nach seinem Atomgewicht, sondern steht als Molybdat wie als Sulfat zwischen Barium und Strontium. In die dritte Gruppe des periodischen Systems reihen sich ausser den früher dahin gestellten Elementen in ihren dreiwertbigen Ver- bindungen als isomorph, resp. isogon das Cr, Mn, Sr und Rh ein. Das Bor ist in zu wenigen, den übrigen analogen, krystallisirten Verbindungen bekannt, als dass man über die krystallographische Stellung Bestimmtes aussagen könnte. Die krystallographischen Beziehungen liessen sich etwa folgendermassen ausdrücken. 176 K. von Kraatz-Koschlau: B Er, Y einerseits und Ce, La, Di andererseits Sc? Mn Al sind in den meisten ihrer bekannten Salze iso- Pa Ti? morph. Die Stellung von Mn und Au muss als Y Br lc ziemlich unsicher gelten, während Al, Fe, Cr Er = Fe und Ga, In, TI sicher isomorph sind. Die iso- morphe Reihe Al, Fe, Cr ist zur Genüge aus den Spinellen und Granaten bekannt, während uns die Alaune ein Beispiel für die Reihe Al, Fe, Cr, Ga, In, TI bieten. Die Unterschiede, welche etwa zwischen Al, Fe, Cr und Ga, In, TI bestehen könnten, lassen sich an den Alaunen, da alle regulär, mit Hülfe der Form nicht bestimmen. Man müsste zu diesem Zwecke isomorphe Mischungen darstellen und an diesen specifische Gewichtsbestimmungen ausführen. Zu, den in der vierten Hauptgruppe isomorphen Si, Ti, Zr, Th tritt im isogonen Verband Mn. Ueberhaupt treten in der ganzen vierwerthigen Hauptgruppe die isogonen Beziehungen sehr gut hervor, wenn man gewisse ihrer Oxyde betrachtet: ZrSiO, = tetrag. 1:0,6404. Polianit MnO, tetrag. =1:0,6647. BRuil’ BO; 2=%, 1: 0,6442. ZrO, rerteh,67u ZrO, seit 5.000,60 Zinsen EnO; x =] 20,6724, Möglicher Weise haben wir hier zwei isomorphe Reihen vor uns und es mag an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sich bei wachsender Werthigkeit die Unterschiede der Untergruppen im periodischen System zu verringern scheinen. Das erste Glied der fünften Gruppe der Stickstoffe zeigt nahe Be- ziehungen zum Phosphor. Dann aber sind wiederum zwei Gruppen zu unterscheiden. As einerseits und V andererseits. Sb er Au R Bi ? 90ER s Es zeigen As, Sb und Bi in den gleichartigen Verbindungen ähnliche Verknüpfungen, wie dieselben bei früheren Untergruppen er-. wähnt wurden. Wir können uns deshalb sogleich zu der genauer bekannten sechsten Gruppe wenden. In derselben sind, wie zu er- Krystallographische Beziehungen im periodischen System der Elemente. 177 warten, S, Se und Te isomorph in ihren bekannten Salzen. Als Bei- spiel seien genannt: K,SO, rhomb. 0,5727 :1: 0,7464. K,Se0, ,„ 0,5724:1:0,7296. K;Te0, „ 0,5566:1:0,7293. Wie S, Se, Te vertreten sich Cr und Mn in den entsprechenden Verbindungen isomorph. K,CrO, = rhomb. 0,5695 : 1: 0,7297, IE MV, —- *.;: 0.3638: 1::0,797, und ebenso verhalten sich Mo und Wo. (NH,).MoS, rhomb. 0,7845 :1: 1,384. (NH,),WoS, , 0,7783 :1:1,1350. PbMo0, tetrag. = 1:1,5771. PbWo0, er ==. 1: 1507; Die Isomorphie schliesslich des Fl, Cl, Br, Iin der letzten Gruppe ist allgemein bekannt und ebenso die nahen Beziehungen, welche das Mn in den übermangansauren Salzen zu den Perchloraten zeigt. NH,CIO, rhomb. 0,7926 : 1: 0,641. NH,MnO, 0,814 :1:0,656. KCIO, » 0,7817:1:0,6396. KMnO, 0,7974 :1:0,6492. KIO, 7,20,7854 21.0.6502 Es ist das nur ein kurzer Ueberblick über die bekannteren und besser studirten Verbindungen, den ich hier geben konnte. Einige Schlüsse, glaube ich jedoch, darf man daraus schon jetzt ziehen, und ich möchte dieselben etwa folgendermassen formuliren. Die analogen Verbindungen von Elementen gleicher Werthigkeit sind isogon. Innerhalb dieser grösseren isogonen Gruppen lassen sich zwei oder mehr parallellaufende isomorphe Reihen verfolgen. Innerhalb dieser isomorphen Gruppen folgen sich die Winkelgrössen in der Reihenfolge des Atomgewichts der Elemente. Sind jedoch Elemente einer andern Hauptgruppe des periodischen Systems in Folge ihrer Werthigkeit in einzelnen ihrer Verbindungen hierher versetzt, so folgen sie nicht nach der Höhe ihres Atomgewichts; sie nehmen vielmehr eine 178 K. von Kraatz-Koschlau: Krystallographische Beziehungen der Elemente. andere, jedoch für verschiedene Salze, in denen sie dieselbe Werthigkeit besitzen, gleiche Stellung ein. Ein scharfer Unterschied zwischen Isogonie und Isomorphie muss vom Experiment der isomorphen Mischungen abhängig gemacht werden. Als Leitfaden hierfür werden jedoch die nach der Höhe ihres Atom- gewichts sich regelmässig folgenden Verbindungen zu dienen haben. Möglicher Weise ist sogar diese Reihenfolge ein besseres Merkmal für die nahe Verwandtschaft als das Vorhandensein oder die Möglichkeit isomorpher Mischungen, welche nicht immer leicht zu constatiren sind. Nach ihren krystallographischen Beziehungen liessen sich die Elemente, soweit die bisher sicheren Beobachtungen reichen, etwa folgendermassen gruppiren: I: I. II. Li Be B Tl. Na Mg Mn Ca Sc? Mn Al Am Cu Zn Fe Sr y Rh Or K Ag Cd CoNi Pb Er Ir FeTi? Rb Hy K Ba Ve Ar Cs Hg Pt La In Au Ag, Ru Di Tı Cu l IV V VI vn C N 0) F Ge Zı As Nb Se Mo Br | | Sn x Th Sh Ta Te W I Pb Bi U | (Sonderabzüge ausgegeben den 30. Juni 1893.) Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 179 Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. Von Robert Lauterborn. (Vorläufige Mittheilung aus dem Zool. Institut zu Heidelberg.) Mit einer Figur im Text und einer Tafel in Lichtdruck. (Gesammtsitzung vom 7. Juli 1893.) Während die Systematik und daran anschliessend die geographische Verbreitung der Diatomeen schon seit Langem immer wieder zum Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gemacht wird, hat der eigent- lich lebendige Inhalt der Diatomeenzelle im Allgemeinen weit weniger Beachtung gefunden als die zierlichen Skulpturen des umgebenden Kieselpanzers. Die Zahl der Arbeiten, die seit Pfitzer’s (13) grundlegenden „Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Bacillariaceen (Diatomeen)“ sich gerade mit diesem Gegenstande specieller befassen, ist eine relativ sehr geringe, besonders wenn man dabei in Betracht zieht, wie intensiv doch sonst in unserer Zeit das Studium der einzelligen Organismen von den ver- schiedensten Seiten in Angriff genommen ist. Unter diesen Umständen war zu hoffen, dass gerade bei den Diatomeen eine mit Berücksichtigung der Ergebnisse der modernen Zellenlehre durchgeführte Untersuchung nach manchen Richtungen hin interessante Resultate zu Tage fördern würde. Als daher im Sommer 1890 mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor Dütschli, mir vorschlug, die Beziehungen des von ihm zu- erst bei Surirella calcarata Pfitzer nachgewiesenen Centrosoms näher zu verfolgen, entsprach ich dieser Anregung um so lieber, als ich selbst die genannte prächtige Diatomee in einem Altwasser des Rheins 180 Robert Lanterborn: bei Ludwigshafen entdeckt hatte und folglich auch annehmen durfte, die- selbe immer in genügender Anzahl zur Verfügungzu haben. Leider erfüllte sich diese Hoffnung nur zum Theil, denn schon im Herbst verschwand Surirella bald vollständig, um erst mit Beginn der wärmeren Jahres- zeit wieder in grösserer Menge zum Vorschein zu kommen. Um nun während des Winters die einmal begonnenen Studien nicht unter- brechen zu müssen, zog ich nach einander auch eine Reihe Vertreter der Gattungen Navicula, Pinnularia, Pleurosigma, Nitzschia, Cymbella etc. in den Kreis meiner Untersuchungen, wodurch die bei Surirella erhaltenen Resultate in mehreren Beziehungen noch vervoll- ständigt und erweitert werden konnten. Die auf diese Weise im Laufe zweier Jahre gewonnenen Ergebnisse hoffe ich in nicht allzuferner Zeit in einer grösseren von mehreren Tafeln begleiteten Arbeit niederlegen zu können; in den folgenden Zeilen möchte ich vorläufig nur „über einige Punkte berichten, die ein allgemeineres Interesse in Anspruch nehmen dürften. Es ist mir hierbei ein Bedürfniss, meinem hochver- ehrten Lehrer, Herrn Professor Dütschli, der mir in allen zweifel- haften Fällen mit Rath und That helfend zur Seite stand, auch an dieser Stelle meinen innigsten Dank abzustatten. Ich beginne zunächst mit dem feineren Bau der verkieselten Zellmembran, wobei ich mich in erster Linie auf eine Reihe mit Hilfe des Mikrotoms hergestellter Schalenquerschnitte stütze. Seit langer Zeit besteht ja, wie bekannt, in der Frage nach der räthsel- haften Bewegung eine lebhafte Controverse darüber, ob die Zellwand der Diatomeen wirkliche Durchbrechungen besitzt, durch welche Be- standtheile des weichen Zellleibes nach aussen hervordringen können, oder ob dieselbe vollständig geschlossen ist, in welchem Falle die Fort- bewegung die Resultante osmotischer Kräfte wäre. Besonders viel um- stritten ist in dieser Beziehung die Raphe oder Längslinie von Pinnularia. Während Pftzer (13) dieselbe als einen im Querschnitt öfters winkelig gebrochenen nach innen offenen Spalt auffasste, stellte Flögel (7) auf Grund von Schnitten und Collodium-Abdrücken der Schale eine wirkliche Durchbrechung in Abrede, da der Spalt nach innen durch eine feine Membran abgeschlossen sei. ©. Müller (11), Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 181 der diesen Gegenstand zuletzt in einer gründlichen Arbeit behandelt hat, hält ebenfalls einen inneren Abschluss für wahrscheinlich, obwohl er einen solchen trotz sorgfältigen Suchens nie hat nachweisen können. Auch ich habe mich nirgends mit Sicherheit von dem Vorhandensein einer abschliessenden Membran überzeugen können: im Gegentheil zeigen gerade die gelungensten Schnitte durch fixirte und gefärbte Exemplare von Pinnularia maior die Raphe als engen.aber offenen Spalt, der die verdickte Zellmembran in winkelig gebrochenem Verlaufe von aussen nach innen durchsetzt. In einigen Fällen freilich verschmälert sich der Spalt gegen das Zellinnere so bedeutend, dass er hier nur noch als dunkle Linie erscheint, die aber nirgends eine Unterbrechung erkennen lässt. Mit diesen Befunden harmoniren übrigens auch sehr ‚gut die Bilder, welche man bei Betrachtung der Raphe von der Fläche erhält und wie sie von Müller (l. c.) abgebildet worden sind. Was mich nun aber weiterhin veranlasst, für das Offensein der Raphe einzutreten, ist der Umstand, dass es mir gelang, bei der Gattung Surirella eine wirkliche Durchbrechung der Zellwand längs der Flügelränder nachzuweisen, also gerade an den Stellen, an welchen, wie längs der Raphe von Pinnularia, anhaftende Fremd- körper etc. oft lebhaft hin- und hergeschoben werden! Die genannten flügelförmigen Verlängerungen der Seitenkiele kommen bei Surirella in der Vierzahl vor; sie enthalten am Rande einen Längskanal, der durch eine grössere Anzahl querverlaufender Kanäle mit dem Innern der Zelle in Verbindung steht, und der nach Flögel’s (l. c.) Zeichnungen eine nach aussen abgeschlossene Röhre darstellt. Aus meinen Schnitten geht jedoch mit Sicherheit hervor, dass der Längskanal in seiner ganzen Aus- dehnung nach aussen spaltenförmig durch- brochen ist und dass diesem Spalt noch eine sehr niedere und sehr enge Rinne aufsitzt, durch welche also eine directe Communication des Zell- innern mit der Aussenwelt möglich ist, wie ausneben- stehender Zeichnung des Flügelquerschnittes von Surirella hervorgehen dürfte. In dieser Figur ist ZI Verhandl d. Heidelb, Naturhist.-Med. Vereins, N.Serie, V. 13 182 Robert Lauterborn: das Innere der Zelle, @ der Querkanal, LK der Querschnitt des Längskanales und R die äussere aufsitzende Rinne. Diese Rinne ist auch bei Flächenansicht der ganzen Schale sichtbar, sobald die Diatomee nur so orientirt ist, dass der Blick des Beschauers parallel der Richtung der Querkanäle senkrecht auf einen der vier Flügel fällt; bei hoher Einstellung erscheint die Rinne dann als sehr zarte doppeltconturirte Linie. Ich brauche bei dieser Gelegenheit wohl kaum besonders zu betonen, dass bei solchen durch allerlei optische Erscheinungen der Schale sehr erschwerten Beobachtungen die Anwendung stärkster Systeme (Apochromate), sowie sorgfältigste Regulirung der Beleuchtung eine unerlässliche Bedingung ist. Bezüglich der „Riefen“ der Pinnularia-Schale stimmen meine Beobachtungen mit denen Flögel’s überein: Die Riefen sind also nicht, wie man früher annahm, Einsenkungen auf der Aussen- fläche der Schale, sondern Kammern im Innern derselben, welche durch ziemlich weite Oeffnungen in den Binnenraum der Zelle münden. An mehreren meiner Schnitte lässt sich sehr schön erkennen, dass die Kammern während des Lebens mit Protoplasma ausgekleidet sind. Nach diesen Ausführungen wäre es eigentlich am Platze, im An- schluss an den Schalenbau auch über die Bewegung der Diatomeen zu berichten. Doch kann ich mir hier wohl ein näheres Eingehen auf diesen so interessanten Gegenstand ersparen, da ja einerseits Herr Professor Bütschli früher an dieser Stelle (5 c) bereits über die diesbezüglichen Untersuchungen Mittheilung gemacht hat, und da andererseits in meiner grösseren Arbeit eine ausführlichere Behandlung der Frage unter Bei- gabe mehrerer gerade hier unumgänglich nothwendiger Abbildungen erfolgen soll. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, dass es mir auch gelang, bei den sich bewegenden Oscillarien die Existenz eines Schleimfadens nachzuweisen, ähnlich wie ein solcher bei den Desmidiaceen durch Älebs schon länger bekannt ist. Bringt man nämlich Osecillarien') in stark mit fein zerriebener Tusche versetztes- !) Um dem Einwand zu begegnen, als sei der von mir geschilderte Schleimfaden vielleicht nur eine gallertige Scheide, die ja mehreren Os- Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 183 Wasser, so beginnt bald um den Algenfaden ein sehr schmaler hyaliner Saum zu erscheinen, entlang welchem oft die Tuschekörnchen und -brocken in spiraligen Bahnen nach hinten geführt werden. So- bald nun die Oseillarie anfängt, langsam vorwärtszugleiten, tritt an ihrem Hinterende ein heller Schleimstreifen auf, der sich immer mehr verlängert, je weiter sich die Oscillarie von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Uebrigens scheint dieser Schleimfaden keineswegs solid zu sein, sondern vielmehr eine gallertige Röhre, die in ihrem Verlaufe oft spiralig gedreht erscheint und deren Länge schliesslich diejenige des sie secernirenden Oseillarienfadens oft um das fünf- bis sechsfache übertreffen kann. Dass es sich hierbei wirklich um Ab- scheidung einer gallertartigen Substanz handelt, geht daraus hervor, dass der Schleimstreifen in seiner ganzen Ausdehnung öfters mit Tuschebrocken besetzt ist und dass er sich in verschiedenen Anilinfarben lebhaft tingirt; auch nach der Einlagerung eines Eisen- oxydsalzes und nachträglicher Behandlung mit Ferrocyankalium nimmt er eine deutlich blaue Färbung an. ') Das Protoplasma, welches das Innere der Schale auskleidet und das sich besonders um den Kern sowie öfters auch an den Enden der Zelle in grösseren Massen angesammelt findet, liess an günstigen Ob- jeeten schon im Leben einen netzig-wabigen Bau erkennen. In mehreren Fällen (Strahlung um das Centrosom, Plasma der Flügel- Querkanäle bei Surirella etc.) erscheint es sehr deutlich fibrillär. Bei einigen grösseren Formen wie Surirella calcarata und S.splendidasowie Pinnularia nobilis und P. maior zeigte sich daneben das Protoplasma ausserhalb der Chromatophoren und bei Surirella auch zwischen denselben in ein unregelmässiges Geflecht feiner Fäden differenzirt. Diese Fäden besitzen die Fähigkeit, langsam schlängelnde oder pendelnde Bewegungen auszuführen, sowie auch eillaria-Arten zukommt, bemerke ich, dass ich ausschliesslich scheiden- lose Formen untersuchte. !) Es mag hier beiläufig erwähnt werden, dass auch der Schleimstreifen der Desmidiaceen sich in Tuschelösung sehr schön zur Anschauung bringen lässt. 13 * 184 “Robert Lauterborn: theilweise ihre gegenseitige Lage zu verändern, indem z. B. an irgend einer Stelle eine Anastomose eingezogen oder an einer anderen eine solche neu gebildet wird. Bei Pinnularia liess sich noch fest- stellen, dass diese oberflächlich verlaufenden Fäden sich bei Beginn der Kerntheilung gegen den Kern und das Centrosom centriren und mit jenen eigentümlichen Doppelfäden in.Verbindung stehen, welche bei der genannten Art in der centralen Plasmamasse um den Kern gruppirt liegen. Von den Einschlüssen des Protoplasmas habe ich besonders die sogenannten „rothen Körnchen‘ näher verfolgt, die von Dütschli (5a) schon früher bei einigen Diatomeen nachgewiesen wurden und die einst von diesem Forscher wegen der Uebereinstimmung ihrer rothen Färbung als identisch mit den Chromatinkörnchen des Kerns be- trachtet wurden. Diese ‚rothen Körnchen‘“, welche ihren Namen davon führen, dass sie sich besonders nach Fixirung mit 45 °/, Jod- Alkohol in Delafield'schem Hämotoxylin sehr intensiv roth-violett färben, fand ich nun bei vielen Diatomeen recht verbreitet; zu ihnen gehören sicher auch viele Gebilde, die früher einfach als „Oeltropfen‘ bezeichnet wurden, obwohl sie sich in einem Gemisch von Ale. absol. und Aeth. sulph. selbst nach längerem Verweilen nicht lösen und in Osmiumsäure kaum eine Bräunung erfahren. !), Ihre Grösse sowie besonders ihre Anordnung innerhalb der Zelle ist bei den verschiedenen Diatomeenspecies sehr verschieden, bei den einzelnen Arten aber meist sehr : constant und oft recht charakteristisch, wofür ich einige Beispiele anführen will. Bei Navicula cuspidata Küftz. finden sich zu beiden Seiten der centralen den Kern einschliessenden Plasmamasse zwei grosse, im Leben mattglänzende Kugeln, welche fast ausnahmslos genau in der Medianlinie liegen. Nach Abtödtung mit Jodalkohol und Färbung mit Delafield’schem Hämatoxylin nehmen diese Kugeln (sowie einige Körnchen in dem Plasma an den Zell- !) Natürlich soll damit nicht behauptet werden, dass Oeltropfen über- haupt fehlen. Sie finden sich im Gegentheil bei den verschiedensten Arten sehr häufig und kommen besonders bei längere Zeit cultivirten Diatomeen zur Beobachtung. ae, : Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 185 enden) rasch eine stark roth-violette, bei künstlicher Beleuchtung schön rubinrothe Farbe an, während der Kern sich langsamer und mehr bläu- lich tingirt. Auch Pinnularia oblonga Kütz. zeigt ebenfalls zu beiden Seiten der centralen Plasmabrücke stets zwei grosse matt- glänzende Kugeln, die aber hier noch von einer vacuolenartigen Hülle um- schlossen sind; gegen die Zellenden zu ist jede dieser Vacuolen noch von einem eigenthümlichen kappenförmigen Aufsatz bedeckt, der ein sehr wechselndes Aussehen zeigt. Während bei den eben genannten Arten die röthlichen Kugeln gegen die Mitte der Diatomeenzellen hin liegen, finden sich dieselben bei der Gattung Cymbella nahe den verschmälerten Zellenden und auch hier von einer Vacuole umschlossen. Bei Nitzschia sigmoidea W. Sm. liegen an der Stelle, wo die Chromatophoren gegen die Zellenden hin aufhören, regelmässig beider- seits zwei kleine Kügelchen, die hier bei keinem untersuchten Exemplare fehlten. Sehr lebhaft roth-violett färben sich auch bei Surirella calcarata Pftz. und Surirella splendida Kütz. jene zahlreichen dunklen Körnchen, welche so rastlos im Zellinnern der genannten grossen Diatomeen hin und her gleiten. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass bei Pinnularia oblonga, Nitzschia sigmoidea, Cymbella neben den genannten regelmässig vorkommenden Gebilden ineinigen Fällen aber auch noch zahlreiche sich röthlich färbende Körper von wechselnder Grösse zur Beobachtung kamen; doch waren dies, wie gesagt, Ausnahmefälle. Ausser den Diatomeen konnte ich die rothen Körperchen auch bei einigen Rhizopoden (Amoeba villosa Wall, Gromia mutabilis Bail., Arcella vulgaris Ahr.) sowie bei Desmidiaceen (Closterium spec.) nachweisen, doch hier immer nur bei einzelnen Individuen. Recht interessante Thatsachen ergab fernerhin die Lebend- färbung der Diatomeen mit Methylenblau. Bringt man nämlich Diatomeen, z. B. die oben erwähnte Navicula cuspidata, in eine sehr verdünnte wässerige Lösung des genannten Farbstoffes, so beginnen nach einiger Zeit dieselben Kugeln, welche sich in Dela- field’schem Hämatoxylin so stark roth-violett tingiren, 186 Robert Lauterborn: sich hier ebenfalls intensiv roth-violett zu färben, während der Kern einen rein blauen Farbenton an- nimmt, ohne eine Spur von Roth! Auch bei allen anderen untersuchten Diatomeen, die „rothe Körnchen‘“ enthielten, färbten sich diese in Methylenblau ebenfalls roth-violett im Gegensatz zum Kern, dessen Gerüstwerk und Nucleolus intensiv blau wurde. Der Beweis, dass man hierbei mit vollem Recht von einer Lebendfärbung sprechen darf, ergiebt sich aus der Thatsache, dass die Diatomeen mit röthlich gefärbten Kugeln sich ebenso rasch bewegen, als wenn sie sich in reinem Wasser befänden; ja in einigen Fällen sah ich Navicula cuspidata längere Zeit noch anscheinend unverletzt dahingleiten, als schon der Kern einen deutlich blauen Farbenton angenommen hatte! Immer liess sich bei dieser Gelegen- heit beobachten, dass die „rothen Körnchen“* einerseits den Farbstoff viel rascher und intensiver speichern als der Kern, dass sie anderer- seits aber auch sich oft wieder entfärben, wenn man die Diatomeen in reines Wasser überführt. Eine Speicherung des Methylenblaus im Zellsaft, wie sie von Pfeffer (12) bei seinen ausgedehnten Unter- suchungen an verschiedenen Pflanzenzellen nachgewiesen wurde, habe ich in meinen Objecten nie beobachten können, immer waren es präformirte ‘Körper (aber keine Gerbstoffbläschen), welche den Farbstoff speicherten. ') Methylenblau in wässeriger Lösung ist übrigens auch ein aus- gezeichnetes Mittel zum Nachweis des Kerns bei den so lange als kernlos betrachteten Cyanophyceen oder Schizophyceen. Das Verfahren, das sich hierbei am besten bewährte, besteht darin, dass man die zu untersuchenden Arten (ich verwendete besonders Osceillaria, Merismopedia etc.)-zuerst in einer sehr schwachen Lösung (etwa 0,001 °/,) ungefähr einen Tag lang cultivirt und sie dann in eine stärkere Lösung von 0,1%, bringt. Hier nimmt der Kern oder „Centralkörper“ eine prächtig blaue Farbe an, !) Auch die Zellmembran färbt sich bei verschiedenen Arten (besonders bei Pinnularia) sowohl in Hämatoxylin als auch in Methylenblau roth- violett, besonders die jungen neugebildeten Schalen. Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 187 während die umgebende „Rindenschicht* ungefärbt bleibt. Diese scharfe Differenzirung findet sich aber nur an un- verletzten Zellen; sie fehlt dagegen bei abgestorbenen, die nur ganz schmutzig blau gefärbt erscheinen. An einigen auf diese Weise behandelten Oscillariafäden konnte ich sogar noch eine schwache Be- wegung wahrnehmen. Pyrenoide liessen sich in den von mir untersuchten Süss- wasser-Diatomeen nur in wenigen Fällen nachweisen. Ihr durch Pfitzer und Schmitz für Frustulia und Cymbella bekanntes Vor- kommen konnte ich bestätigen; ausserdem fand ich sie nur noch bei Surirella calcarata Pfitz. Bei dieser Art erscheinen die Pyrenoide im Leben als helle ovale oder spindelförmige Gebilde, welche in ziemlicher Zahl in den gelappten Chromatophoren nahe der Oberfläche liegen; nach passender Fixirung nehmen sie verschiedene Anilinfarben recht begierig auf. Der Kern der Diatomeen fand sich bei allen untersuchten Arten stets in der Einzahl vor. Gewöhnlich liegt er inmitten einer centralen Plasmamasse, in einigen Fällen jedoch mehr der Gürtelseite der Zelle genähert (Cymbella). Seine Gestalt ist recht wechselnd: meist ist er sphäroidal, oft mehr oder weniger abgeplattet, manchmal nieren- oder bohnenförmig wie bei Surirella oder Cymbella oder endlich in die Länge gestreckt wie bei Nitzschia. Die Structur des Kerns lässt sich auch schon im Leben stets mit mehr oder weniger Deutlichkeit erkennen: immer findet sich als Grundlage ein aus Linin bestehendes netzig-wabiges Gerüstwerk, in dessen Knotenpunkten das Chromatin in Gestalt grösserer oder kleinerer Körnchen eingelagert ist. Nucleolen sind stets vorhanden und treten entweder in Einzahl auf oder sie finden sich in grösserer Zahl (bis zu zehn bei Surirella calcarata Pfitz.) vor. Diese drei eben genannten Bestandtheile des Kerns lassen sich an gelungenen Präparaten, die z. B. mit Jodalkohol und Delafield’schem Hämatoxylin behandelt wurden, meist schon an dem Farbenton erkennen, der ihnen durch das Hämatoxylin mitgetheilt wird: das Liningerüst erscheint mehr bläulich, die eingelagerten Chromatinkörner röthlich, während die 188 Robert Lauterborn: Nucleolen eine schmutzig-bläuliche Farbe annehmen. In wässeriger Lösung von Methylenblau fehlen bei allen untersuchten Arten, wie bereits erwähnt, Färbungsdifferenzen innerhalb des Kerns vollständig, indem Linin, Chromatin sowie besonders das Pyrenin der Nucleolen alle in gleicher Weise rein blau tingirt werden. Die wechselnde Ausbildung des Linin-Gerüstes bedingt in erster Linie das verschiedene Aussehen, welches die Kerne der einzelnen Arten sowohl im lebenden wie auch im conservirten Zustande darbieten. Bei einer Reihe von Formen — ich nenne von den untersuchten besonders Nitzschiasigmoidea W. $., Pinnularia oblonga Kätz., Cymbella Ehrenbergii Kätz., C. gastroides Kätz., Stauroneisacuta W. 8. — durchsetzt den ganzen Kernraum ein sehr engmaschiges und regel- mässiges netzig-wabiges Gerüstwerk, in dessen Knotenpunkten die kleinen Chromatinkörnchen in annäherend gleichen Abständen vertheilt sind. Im Leben erscheinen derartige Kerne „körnig*, da die Linin- brücken, welche die einzelnen Chromatinkörner mit einander verbinden, nur bei starker Vergrösserung deutlicher hervortreten und ausserdem die Nucleolen hier keine sehr bedeutende Grösse erreichen. Bei andern Arten, wie Pleurosigma attenuatum und Pl. angulatum, ist das Gerüst gegen die Peripherie des Kernes hin sehr engmaschig, während gegen die Mitte zu, wo der Nucleolus liegt, grössere Lückenräume auftreten. Die grossen Formen, wie Surirella calcarata Pftz., S. splendida £hrb., auch S. biseriata Dreb., besitzen einen Kern, der im Leben gewöhnlich ein mehr schwammiges Aussehen darbietet, was dadurch hervorgerufen wird, dass hier Partieen mit eng- und weit- maschigem Gerüste mit einander abwechseln und dass gegen das Centrum hin um die sehr zahlreichen Nucleolen herum Chromatinkörnchen von wechselnder Grösse sehr dicht gehäuft sind. Neben dem Kern findet sich bei einigen grössern Diatomeenarten auch ein deutliches Centrosoma-oder Centralkörper ausgebildet. Seit van Beneden (1.2) zuerst die Hypothese aufgestellt hat, dass dieses Gebilde gleich dem Kerne ein permanentes Organ aller Zellen sein dürfte, ‘haben zahlreiche Forscher sowohl in thierischen als auch in pflanzlichen Zellen ein Centrosom nachgewiesen und über dessen Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 189 Beziehungen zur Karyokinese sowie zu den Befruchtungsvorgängen bereits die wichtigsten und interessantesten Ergebnisse zu Tag gefördert. Für die Diatomeen wurde ein typischer Centralkörper zuerst von Bütschli bei Surirella calcarata nachgewiesen; es darfdieser Befund ein besonderes Interesse noch dadurch in Anspruch nehmen, da es der erste Fall war, in dem dieses Gebilde auch schon am lebenden Objecte scharf und charakteristisch hervortrat. Ich selbst habe dann einen Centralkörper auch noch bei Surirella splendida und S. biseriata, sowie bei Pinnularia maior gefunden, wo derselbe ebenfalls schon im Leben recht deutlich wahrzunehmen ist. Bei andern Formen, wie Nitzschia sigmoidea und Pleurosigma attennatum gelang dagegen der Nach- ‚weis nicht mit voller Sicherheit, doch sprechen die Vorgänge bei der karyokinetischen Kerntheilung sehr für ein constantes Vorkommen. An allen zuerst genannten Objecten liess sich zweifellos feststellen, dass nur ein einziges Centrosom vorhanden ist, so lange der Kern im Ruhezustand verharrt. Es mag dies besonders hervorgehoben werden, da Guignard (8) doppelte Centralkörper als Regel betrachtet, eine Ansicht, der auch Flemming (6) nicht abgeneigt scheint. Die Lage des Centralkörpers ist bei den nierenförmigen Kernen der Surirella eine sehr charakteristische, indem derselbe hier stets in der Einbuchtung liegt, einVerhalten, das bei ganz verschiedenen andern ähnlich gebauten Kernen wiederkehrt, so nach Flemming (6) bei Leukocyten des Salamanders und nach Bürger (4) bei flottirenden Zellen aus dem Rhynchocölom der Nemertinen. Eine Strahlung des umgebenden Plasmas fehlt im ruhenden Zustande; erst wenn der Kern sich zur Theilung anschickt, bilden sich auch um den Centralkörper jene prächtigen Strahlungsfiguren aus, die gerade bei Surirella calcarata im Leben mit so wundervoller Deutlichkeit zu beobachten sind. Damit wären wir nun bei der Kerntheilung angelangt. Dieselbe verläuft bei allen untersuchten Diatomeenarten auf karyo- kinetischem Wege, allerdings mit einigen sehr interessanten Modi- ficationen, für welche in der ganzen so ausgedehnten diesbezüglichen Litteratur nur sehr wenige analoge Fälle zu finden sind. Das Haupt- object für diese Untersuchungen bildete Surirella calcarata mit 190 Robert Lauterborn: ihrem grossen Kern, an dem ich die wichtigsten Phasen des Processes auch intra vitam verfolgt habe. An Präparaten wurde daneben noch der ganze Verlauf der Kerntheilung festgestellt bei Nitzschiasigmoidea, Pleurosigma attenuatum und Pinnu- lariaoblonga, die mit Surirella im Allgemeinen übereinstimmten, im Einzelnen aber doch einige nicht uninteressante Abweichungen dar- boten, die später näher hervorgehoben werden sollen. In Folgendem gehe ich bei der Schilderung der Kern- und Zelltheilung von den bei Surirella calcarata hierbei zu Tag tretenden Erscheinungen aus. Wie bereits oben bemerkt wurde, liegt der Kern von Surirella calcarata in einer mittleren, von Schale zu Schale verlaufenden Plasmamasse von H- oder X-förmiger Gestalt, deren Schenkel nach den vier Ecken des keilförmigen Zellinnern ausstrahlen. Das erste Anzeichen der beginnenden Theilung besteht gewöhnlich darin, dass die Diatomee auf der Gürtelseite breiter wird, indem die über- einandergreifenden Gürtelbänder auseinanderrücken. Gleichzeitig be- ginnt auch die mittlere Plasmamasse Fortsätze gegen das breitere Ende hin auszusenden, also nach einer Richtung hin, die durch die Lage des Centrosoms vorgezeichnet ist. Entlang dieser Fortsätze fliesst dann später die ganze centrale Plasmamasse mit dem Kern ab, denn bei Surirella calcarata vollzieht sich merkwürdigerweise die Kerntheilung am breiteren Zellende, wie dies schon früher von Pfitzer (l. e.) bervorgehoben wurde. Am Kern selbst lassen sich auf diesem Stadium (Fig. A. Tafel ID!) noch keine tiefer greifende Veränderungen der Structur nachweisen, dagegen beginnt sich um das aus der Kernbucht herausgerückte Centrosom jetzt eine sehr deutliche Strahlung auszubilden, welche sich durch alle Plasmazüge bis an die Zellenden hin fortsetzt. Schon um diese Zeit lässt sich aber zwischen Kern und Centrosom noch ein anderes Gebilde beobachten, welches im späteren Verlauf der Karyokinese eine sehr bedeutsame Rolle spielt, nämlich die Anlage der Centralspindel (Csp.). Es hat mir bis jetzt noch nicht gelingen wollen, mit aller. !) Eine ausführliche Tafelerklärung findet sich am Schlusse. Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 191 Sicherheit die Herkunft dieses Körpers klarzulegen, doch kann derselbe nur aus dem Kern oder — was ich für wahrscheinlicher halte — vom Centrosom stammen, da im ruhenden Zustande sich nichts dergleichen wahrnehmen lässt. Anfangs ein rundliches schwach tingirbares Gebilde (etwa von Farbe der Nucleolen!) streckt sich die Centralspindelanlage baldin die Länge, um dann eine etwas sichelförmige Gestalt anzunehmen; bei gewisser Einstellung erscheint sie einfach als stabförmiges Gebilde. Wenn nun die Plasmamasse mit dem Kern nach vorn gleitet, beginnt der letztere auch allmählich seine Gestalt in charakteristischer Weise zu verändern: die Einbuchtung verschwindet, er wird mehr rundlich, schliesslich fast dreieckig, wobei eine Ecke stets gegen das Centrosom hinschaut. Auch im Innern sind die Veränderungen jetzt deutlicher geworden. Die zahlreichen Nucleolen verblassen und verschwinden; das Gerüstwerk wird grobmaschiger, die einzelnen Chromatinkörnchen und -brocken treten reihenweise hinter einander und verschmelzen mit dem Liningerüst, so dass sich streckenweise bereits typische Knäuelstructur findet. Indem dieser Process immer weiter fortschreitet, ist schliesslich der ganze Kernraum von einem vielfach gewundenen knäueligen Gerüstwerk durchsetzt; trotzdem scheint auch jetzt der netzige Bau noch gewahrt, da sich zwischen den stark gefärbten Strängen überall auch noch blassere Verbindungen nach- weisen lassen. Auf diesem Stadium hat der Kern ungefähr das Aussehen der Fig. B. Die verzweigte Plasmamasse hat jetzt etwa den halben Weg zu ihrem Bestimmungsort, das breitere Zellende, zurückgelegt. Nach vorn, gleichsam die Richtung der ganzen Bewegung bestimmend, liegt das deutliche Centrosom (C.), gegen welches alle Plasmazüge strahlig convergiren. Auch der Kern selbst unterliegt diesem richtenden Ein- flusse: seine ganze gegenwärtige Gestalt und zum Theil auch die An- ordnung des Gerüstes im Innern dürfte sich nur unter Annahme einer vom Centrosom ausgehenden Zugwirkung erklären lassen. Die Central- spindelanlage (Csp.), welche zwischen Kern und Centrosom liegt, zeigt im optischen Durchschnitt noch ihre stabförmige Gestalt und trägt am Vorderende rechts und links dunkelgefärbte Ansammlungen. 192 Robert Lauterborn: Sobald die Plasmamasse am breiten Zellende angelangt ist, schmiegt sie sich demselben dicht an, während sie nach der entgegengesetzten Richtung rechts und links zwei fibrilläre Plasmazüge entsendet. Vorn hart am Schalenrand liegt das Centrosom, dann folgt die Centralspindel und schliesslich der Kern. Dieser hat seine dreieckige Gestalt allmählich wieder aufgegeben und erscheint jetzt mehr oval, wobei sein Längs- durchmesser von Schale zu Schale verläuft. Das Gerüstwerk in seinem Innern hat weitere charakteristische Veränderungen erlitten. Das viel- fach gewundene dichte Knäuelwerk des vorhergehenden Stadiums ist weit lockerer geworden, die Fäden dicker und ohne die früheren zahl- reichen Windungen und Biegungen — kurz, wir haben hier bereits das typische Bild des loekeren Knäuels vor uns. Die merkwürdigsten Wandlungen der äusseren Gestalt macht aber von jetzt ab die Centralspindel durch. Wir verliessen sie im Stadium des dichten Knäuels als ein im optischen Durchschnitt stab- förmiges Gebilde mit zwei dunkelgefärbten Ansammlungen an den Seiten. Nun beginnt die Centralspindel allmählich breiter zu werden und damit im Durchschnitt eine mehr stempelförmige Gestalt anzunehmen; zu gleicher Zeit erscheint sie in der Richtung des von Schalenseite zu Schalenseite erfolgenden Auswachsens zart ge- streift. Durch entsprechendes Heben und Senken des Tubus lässt sich feststellen, dass sie jetzt annähernd die Gestalt eines sehr niederen Cylinders angenommen hat, dessen Manteifläche den Gürtel- seiten zugekehrt ist. Die Höhe des Oylinders vergrössert sich immer mehr, die Centralspindel wird infolgedessen (bei Ansicht von der Gürtelseite) immer breiter; gleichzeitig tritt auch im Innern in der Richtung der Längsstreckung die Streifung immer deutlicher hervor. Sobald der Kern dann in das Stadium des „segmentirten Knäuels“ tritt, erhalten wir ein Bild, wie es uns Fig. C vor Augen führt. Vorn hart am Schalenrand ist das Centrosom (C.) noch ziemlich deutlich wahrzunehmen. Weiter nach innen folgt dann mit auffallend dicken Begrenzungslinien die Centralspindel (Csp.), die auch, im Leben und bei relativ schwacher Vergrösserung sehr scharf und distinct hervortritt und die an ihren ‚‚Polen‘“ vorn nahe dem Centrosom Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 193 beiderseits dunkelgefärbte Ansammlungen erkennen lässt. Der Kern, dessen Membran allmählich undeutlich zu werden beginnt, zeigt den Knäuel in einzelne Segmente zerfallen, von denen einige deutlich nach dem etwas eingebuchteten „‚Polfeld‘ hin centrirt sind. Im umgebenden Protoplasma finden sich zahlreiche Doppeltstäbchen (Dst.), welche besonders in den nach hinten ausstrahlenden Plasmazügen öfters reihen- weise hinter einander angeordnet erscheinen; sie sind wohl nur eigen- artige Difterenzirungen des Plasmas, ähnlich wie die bereits früher erwähnten ganz ähnlichen Gebilde, welche bei Pinnularia maior, viridis etc. um den Kern gruppirt sind. Auf diesem Stadium beginnt nun das bis hierher stets deutliche Centrosom unsichtbar zu werden. Ueber sein Schicksal kann ich vorläufig noch nichts Sicheres berichten: ob es sich auflöst, oder ob vielleicht nicht doch seine Substanz an den Polen der Centralspindel sich ansammelt, hoffe ich im Verlauf meiner hierüber noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen klarlegen zu können. Im weiteren Verlaufe streckt sich die Centralspindel immer mehr und rückt schliesslich, wie ich mehrere Male an lebenden Exemplaren direct beobachten konnte, in den Kernraum hinein, Fig. D. Dieser ganze Vorgang spielt sich verhältnissmässig rasch ab, denn zwischen dem Stadium von Fig. C und dem von Fig. D liegt nur ein Zeitraum von etwa zehn Minuten! Im Kerne wächst die Centralspindel bald zu ihrer definitiven Grösse heran und orientirt sich so, dass ihre Längs- achse genau senkrecht auf beiden Schalenseiten steht. Erst wenn dies erreicht ist, beginnen auch die Chromosomen, die bis dahin ziem- lich regellos den Kernraum erfüllten, sich am Aequator der Central- spindel in Gestalt eines immer breiter werdenden Ringes anzusammeln, und, wie es scheint, mit einander zu verkleben. Nach Verlauf einer halben Stunde ungefähr sehen wir ein Bild, wie es in Fig. E nach dem Leben dargestellt ist. / Im Centrum des Kernraumes liegt die garbenförmige allseitig scharf conturirte Centralspindel'), deren Fasern ununter- ‘) Obwohl die garbenförmige Central,,spindel‘“ mit einer „Spindel“ gar keine Aehnlichkeit hat, möchte ich doch den Namen vorläufig beibehalten. 194 Robert Lauterborn: brochen von Pol zu Pol verlaufen und hier etwas divergiren, wäh- rend die Chromosomen als dicker, an Präparaten sehr intensiv gefärbter Ring den verschmälerten Aequator umschliessen. Auf diesem „Monaster- stadium® (wenn dieser Ausdruck hier überhaupt noch anzuwenden ist!) lassen sich die einzelnen Chromosomen höchstens nur in sehr schattenhaften Umrissen erkennen. Es mag hierbei noch besonders betont werden, dass ich „Halbspindeln* im Sinne von van Beneden (2) und Doveri (3) bei Surirella nicht mit Sicherheit nach- weisen konnte; hier findet sich nur eine Üentralspindel, entlang welcher später nach der Theilung die beiden Kernhälften auseinander- gleiten. In dem soeben geschilderten Zustande verharrt der Kern der lebenden Surirella etwa eine Stunde, während welcher Zeit die Längsspaltung der Segmente erfolg. Der Beginn der Metakinese giebt sich dadurch zu erkennen, dass in der Mitte des Kernringes eine helle Linie auftritt, die sich immer mehr verbreitert, je mehr die Tochtersegmente — immer noch ringförmig die Centralspindel umgebend — nach den Polen hin auseinanderrücken. Das Resultat dieses Auseinanderweichens ist schliesslich das „Dyasterstadium* der Fig. F, bei welchem auch die einzelnen Chromosomen deutlicher hervortreten als am Aequator. Zu gleicher Zeit tritt jetzt auch eine sehr deutliche Polstrahlung auf, die schon im vorhergehenden Stadium zu beobachten war, wenn auch nicht so deutlich wie jetzt. Aus der Abbildung lässt sich ferner noch ersehen, dass die 30- genannten „Verbindungsfäden“* hier nichts anderes sind alsdie Fasernder Centralspindel. Interessante Veränderungen gehen mit den beiden Kernen von jetzt ab vor, indem nämlich das Loch der beiden Chromosomenringe sich allmählich immer mehr verengt, bis schliesslich die terminalen Theile der Centralspindel, also die beiden breiten „Pole“, förmlich von dem äquatorialen Theil abgeschnürt erscheinen. Diese abgeschnürten Spindelenden runden sich bald ab und liegen schliesslich als etwas. glänzende Körper in einer Finsenkung der beiden Tochterkerne; aus ihnen gehen dann die Centrosome hervor. Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 195 Wir haben bis hierher unser Augenmerk ausschliesslich auf die Kerntheilung gerichtet; es dürfte jetzt angebracht sein, auch einen Blick auf die Zelltheilung zu werfen, die mit der Meta- kinese des Kerns ihren Anfang nimmt. Wie wir schon früher sahen, ist die Gürtelansicht der sich zur Theilung anschickenden Surirella verbreitert. Dabei ziehen sich die oberflächlichen braunen Chromatophoren, welche im ruhendem Zustande mit ihren zahlreichen Lappen dicht ineinandergreifen, mehr gegen die Schalenseiten hin zurück und lassen so in der Mitte eine farblose Längszone frei, bis auf eine von Schale zu Schale verlaufende mittlere Chromatophoren- brücke. Beim Auseinanderrücken der Tochterkerne beginnt nun auch am schmäleren Zellende sich Protoplasma anzusammeln, und es scheint auch, als ob die immer lebhaft hin- und hergleitenden „rothen Körnchen“ gerade gegen diese Stelle hin sich in grösserer Zahl be- wegten. Wie schon früher Pfitzer (1. e.) beobachtete, erscheint hier hart am Schalenrande des schmäleren Zellendes zuerst eine ringsum einschneidende Ringfalte, die als dunklere Linie langsam gegen das breitere Zellende hin vorschreitet. In der Mitte der Zelle angelangt, zieht sie das quere Chromatophorenband in einem immer. spitzer werdenden Winkel nach vorn bis hart an die grosse den Kern ein- schliessende Plasmamasse und durchschnürt dasselbe hier. Inzwischen hat der Kern das „‚Dyasterstadium“ erreicht und beginnt sich in der oben geschilderten Weise zurückzubilden; in diesem Stadium erfolgt die Zerklüftung der ganzen Plasmamasse durch die einschneidende Ringfalte. Die Verbindungsfäden «(oder die mehr äquatoriale Partie der Centralspindel) sind bis zur Theilung voll- kommen scharf und deutlich zu sehen; unmittelbar vor der Halbirung erscheint ihr mittlerer Theil verdickt und ihr Verlauf öfters etwas wellig. Sie werden sehr wahrscheinlich durch das noch nicht ganz geschlossene Loch der Tochterkerne nach den Polen hin in das Centrosom eingezogen. Die weiteren Veränderungen in der Structur der Kerne sind von nun ab schwieriger zu verfolgen, da dieselben sich von der Mitte mehr gegen die Ecken der Zelle hin zurückziehen, wo sie durch 196 Robert Lauterborn: oberflächliche Chromatophorenlappen verdeckt werden. Dazu gesellen sich noch Wandlungen in Gestalt und Lage, die auch nicht dazu an- gethan sind, den Einblick in das Innere zu erleichtern. Doch konnte ich hierbei wenigstens feststellen, dass ein typischer Tochterknäuel — etwa entsprechend der Fig. C — nicht zur Ausbildung zu kommen scheint. Jeder Tochterkern bietet auf diesem Stadium vielmehr ein anderes, aber recht charakteristisches Aussehen dar: von der jetzt wieder deutlicher werdenden Membran aus strahlen nämlich wie die Speichen eines Rades allseitig Chromatinbalken gegen die innere Partie, welche mit dichtgedrängten Chromatinkugeln erfüllt ist. Ganz im Centrum aber und die äussere Begrenzung des gekrümmten Kerns ungefähr wiederholend findet sich ein länglicher, von Gerüstwerk etc. freier heller Raum, den ich nicht anders als einen Spalt deuten kann. Ich glaube hierbei kaum fehlzugehen, wenn ich diesen Spalt mit dem früheren Loch der Tochterkerne im Dyasterstadium in Verbindung bringe. Das Centrosom liegt jetzt in seiner gewöhnlichen Grösse in einiger Entfernung vom Kern gegen die Ecken der Zelle zu. Aus der einschneidenden Ringfalte gehen nun die beiden neuen Tochterschalen hervor. Anfangs noch fest aneinanderliegend, weichen sie sehr bald auseinander und runden sich ab, wobei bereits die ersten Anlagen der späteren Flügel als zarte Falten der Zellhaut zu be- obachten sind. Zu gleicher Zeit beginnt auch die Plasmamasse mit dem Kern wieder den Rückweg gegen die Mitte der Zelle hin an- zutreten, währenddessen im Kern der Spalt verschwindet und sich überhaupt die Structur mehr derjenigen des ruhenden Zustandes nähert. In der Mitte angelangt, liegt der Kern mit seinem grössten Durchmesser zunächst parallel dem Längsdurchmesser der ganzen Zelle und wendet hierbei seine Einbuchtung mit dem Centrosom der Mitte, also den neugebildeten Schalen zu; dann erst stellt er sich in seine definitive Lage, also Einbuchtung und Centrosom gegen das breite Zellende hin gerichtet, ein. Inzwischen ist auch der Bau der neuen Schalen vollendet und die Flügel sind vollständig ausgebildet; dann theilen sich noch die Chromatophoren der Fläche nach, wie Pfizer zuerst ermittelt hat, und rücken an ihre Plätze. Damit ist Ueber Bau und Kerntheitung der Diatomeen. 197 auch die ganze Zelltheilung beendet, die beiden Tochterzellen weichen auseinander und jede beginnt ihr gesondertes Dasein. Nach dieser Schilderung der Kern- und Zelltheilung von Surirella calcarata erübrigt es mir noch, im Anschlusse daran auch kurz den Verlauf der Karyokinese bei den drei andern untersuchten Formen Nitzschia sigmoidea, Pinnularia oblonga und Pleuro- sigma attenuatum zu schildern. Ich kann mich hierbei hauptsäch- lich auf Nitzschia beschränken, da die beiden andern Arten ganz entsprechende Verhältnisse darbieten. Wie oben bereits erwähnt, besitzt der abgeflachte Kern der Nitzschia eine langgestreckte, in der Mitte gewöhnlich etwas ver- breiterte Gestalt. Das Liningerüst in seinem Innern ist im ruhenden Zustande sehr feinmaschig und regelmässig und enthält in den Knotenpunkten die kleinen Chromatinkörnchen eingelagert. Beim Beginn der Theilung verkürzt sich der Kern etwas und nimmt mehr ovale Umrisse an, wobei sich die Chromatinkörnchen perlschnurartig hintereinander aufzureihen beginnen, so dass bald sich solche Züge auf grössere Strecken hin verfolgen lassen. Indem dieses Aneinander- reihen immer weiter fortschreitet, ist schliesslich der ganze Kernraum erfüllt von einem vielfach gewundenen perlschnurartigen Knäuel, dessen Fäden aber stets noch zärtere Verbindungen untereinander erkennen lassen. Nun beginnen die Chromatinkörnchen (und wohl auch die Substanz der jetzt langsam verschwindenden Nucleolen) mit dem Liningerüste zu ‘verschmelzen, wobei die Fäden glatt werden und keine Differenzirungen zwischen Chromatinscheiben („Pitzer’schen Körnchen“) und trennenden Lininscheiben mehr erkennen lassen — wenigstens ist an meinen Präparaten nichts Derartiges mit Sicherheit nachzuweisen. Dann verkürzen sich die Fäden und werden dicker, wobei sie sich mehr an der Peripherie des Kerns ansammeln. Auf diesem Stadium beginnt im umgebenden Protoplasma bereits die An- lage der Centralspindel sichtbar zu werden, was besonders bei Pleurosigma mit vollendeter Deutlichkeit zu beobachten ist. An- fänglich von ovaler Gestalt, nimmt die noch recht kleine Central- spindel bald die von Surirella her bekannte garbenförmige Verhandl, d. Heidelb, Naturhist.-Med, Vereins, N. Serie. V, 14 198 Robert Lauterborn: Figur an und rückt in das halbkreisförmig in den Kern eingesenkte „Polfeld“, gegen welches jetzt alle Knäuelfäden hin verlaufen, genau so wie dies ÄKadl (13) früher von Sala- manderkernen berichtet hat. Nach ihrem Eindringen in den Kern streckt sich die Centralspindel so, dass ihre Längsachse senkrecht von Schale zu Schale verläuft, worauf sich die Chromosomen zum „Mutter- stern“ anzuordnen beginnen; auf diesem Stadium ist bei Nitzschia die Kernmembran noch vollständig erhalten und zeigt an beiden Polen eine Delle. Sowohl bei Nitzschia als auch kei Pinnularia oblonga und Pleurosigma kommt es hierbei zur Ausbildung einer tonnenförmigen Spindel, welche die direct von Pol zu Pol verlaufende garbenförmige Centralspindel') allseitig um- schliesst. Dann ordnen sich die einzelnen Chromosomen, ohne aber mit einander zu verkleben wie bei Surirella, im Aequator der tonnen- förmigen Spindel an, wobei jedoch, wie sich aus späteren Abbildungen ergeben wird, von einer regelmässigen Sternform nicht die Rede sein kann, eine Erscheinung, die in der Gestalt und in dem Quer- schnitt der Nitzschiazelle ihre Erklärung findet. Es folgt hierauf die Längsspaltung der Segmente sowie deren Auseinanderweichen, wobei die Fasern der Centralspindel als „Verbindungsfäden“ im Innern erhalten bleiben. An den beiden breiten „Polen“ angelangt, gruppiren sich die Segmente zu schönen Tochtersternen, woraus sich nach Passirung eines undeutlichen Knäuelstadiums der Kern reconstituirt. Die Zelltheilung durch eine von beiden Zellenden her einschneidende Ringfalte erfolgt auch hier mit Beginn des Dyasterstadiums. — Zum Schlusse sei es mir gestattet, in aller Kürze noch auf die Beziehungen der Centralspindel, der zweifellos interessantesten und auffallendsten Erscheinung in der ganzen Karyokinese der Dia- tomeen, mit einigen Worten einzugehen. Ihr frühes Auftreten zu einer Zeit, wo die Structur des Kerns noch kaum tiefergreifende Veränderungen erfahren hat, die auffallenden Formveränderungen, die sie erleidet, ihr Hineinrücken in den Kern, sowie schliesslich ihre im !) Die Centralspindel lässt auf diesem Stadium im Aequator immer ein dunkelgefärbtes Band erkennen. Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen, 199 ausgebildeten Zustande so vollständig von einer typischen „Spindel“ abweichende Gestalt — alles das sind neben anderen Eigenthümlich- keiten doch Erscheinungen, für die es recht schwer hält, in der riesen- haft angeschwollenen Litteratur über Kerntheilung entsprechende Fälle aufzufinden. Am ehesten damit in Parallele zu setzen sind jedenfalls die interessanten Beobachtungen Hermann’s (9) über die bei der Theilung von Samenmutterzellen des Salamanders auftretende „Central- spindel“, welche sich zwischen den auseinanderrückenden Polkörperchen zuerst sehr klein anlegt, dann aber allmählich auswächst und deren Fäden auch im ausgebildeten Zustande ununterbrochen von Pol zu Pol verlaufen. Ferner dürften sich jedenfalls Beziehungen der Central- spindel der Diatomeen zu dem sogenannten „Nebenkern“ ver- schiedener samenbildender Zellen ergeben. Schon der Entdecker des letztgenannten, so vielgedeuteten Gebildes, v. la Valette St. George, hat in einer späteren Arbeit (10) es für wahrscheinlich erklärt, dass sich der „Nebenkern* bei der Bildung der Spindelfasern betheiligt. Nach ihm gelangte dann auch Platner (14) bei Untersuchung der samenbildenden Zellen der Pulmonaten zu dem Resultate, dass sowohl die achromatische Spindel als auch die Centrosomas aus dem Neben- kern hervorgehen, in welch letzteren dann nach der Theilung wahr- scheinlich auch die Substanz der Spindelfasern wieder übergeht — also Verhältnisse, welche doch in mebr als einer Hinsicht an die Centralspindel der Diatomeen erinnern! Sollte sich dann weiterhin noch die Abstammung der Centralspindel vom Centrosom bestätigen, so liesse sich darin, wie ich glaube, wohl eine Stütze für die von Bütschli (5b) angedeutete Verwandtschaft der Centralkörper mit den Mikronuclei der Ciliaten erblicken. Durch eine solche Annahme würde auch das anscheinende immerhin räthselhafte Ver- schwinden des Centrosoms der Surirella kurz vor dem Eindringen der Centralspindel in den Kern vielleicht eine Erklärung finden, da ja bekanntlich bei der Conjugation der Infusorien von den durch Theilung aus einem einzigen Mikronucleus hervorgegangenen Spindeln nur eine, die „Hauptspindel*, erhalten bleibt (der bei Surirella die Centralspindel gleichzusetzen wäre), während die übrigen, die sogenannten 14* 200 Robert Lauterborn: „Nebenspindeln“, zu Grunde gehen. Zu Gunsten dieser Ansicht liessen sich vielleicht ferner auch noch gewisse Structurverhältnisse der Central- spindel anführen, so besonders das dunkelgefärbte Band im Aequator, welches ja an gewisse ähnliche Erscheinungen bei den Spindeln der Mikronuclei erinnert. Indessen muss ich mir hier in dem engen Rahmen einer vorläufigen Mittheilung ein näheres Eingehen auf diese gewiss interessanten Fragen versagen; ich behalte mir aber eine aus- führliche Behandlung derselben für die hoffentlich in nicht allzuferner Zeit erscheinende grössere Arbeit vor! Litteratur. 1) van Beneden, Recherches sur la maturation de. l’oeuf, la fecondation et la division cellulaire. 1883. 2) van Beneden und Neyt, Nouvelles recherches sur la f6condation et la division mitosique chez l’ascaride mögalocephale. 1887. 3) Boveri, Zellenstudien. 18837—90. 4) Bürger, Ueber Attraktionssphären in den Zellkörpern einer Leibesflüssigkeit. Anat. Anz. 1891. pag. 484—489. 5a) Bütschli, Ueber den Bau der Bakterien und verwandter Organismen. 1890. 5b) Bütschli, Ueber die sog. Centralkörper der Zelle und ihre Be- deutung. Verhandl. d. Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg. N. F. IV. Bd. 5. Heft. (1891.) 5c)Bütschli, Mittheilungen über die Bewegung der Diatomeen. Vor- trag in der Gesammtsitzung des Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg vom 4. März 1892. 6) Flemming, Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle. II. Th. Archiv für. Mikr. Anatomie. Bd. XXXVII. pag. 685—751. (1891.) 7). Flögel, Researches on the Structure of the Cell-walls of Diatoms. Journal of the Royal Microscopical Society. 1883. 8) Guignard, Sur l’existence des „sphöres attractives“‘ dans les. cellules. vegetales. Comptes rendus de l’Academie francaise. Mars 1891, pag. 539—542. 9) 10) 11) 12) 13) Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. 201 Hermann, Beitrag zur Lehre von der Entstehung der karyo- kinetischen Spindel. Archiv für Mikr. Anatomie. Bd. XXXVI. pag. 569. v.la Valette St. George, Spermatologische Beiträge. Vierte Mittheilung. Archiv für Mikr. Anatomie. Bd. XXVII. pag. 1—13. Müller, Durchbrechungen der Zellwand in ihren Beziehungen zur Ortsbewegung der Bacillariaceen. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Bd. VII. pag. 170—180. 1889. Pfeffer, Ueber Aufnahme von Anilinfarben in lebenden Zellen. Untersuchungen aus d. Bot. Institut zu Tübingen. II. Bd. pag. 179 - 332, Pfitzer, Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Bacillariaceen (Diatomaceen). 1871. Platner, Beiträge zur Kenntniss der Zelle und ihrer Theilungs- erscheinungen. Archiv für Mikr. Anatomie. Bd. XXXIII. pag. 125— 152. Rabl, Ueber Zelltheilung. Morph. Jahrb. Bd. X. pag. 214. 1885. (Ausführliche Litteraturangaben folgen in der Hauptarbeit.) Erklärung der Abbildungen auf Tafel III. Karyokinetische Kerntheilung der Surirella calcarata Pfitz. Allgemeine Buchstabenbezeichnungen. C. _ Centrosom. Chr. Chromatinkörner. Ch-R. Chromosomenring. Csp. Centralspindel. Dst. Doppeltstäbchen in Plasma. Fig. A. Nach dem Leben, Kernstructur z. Th. nach Präparaten ergänzt. Fig. Kern anscheinend noch in Ruhe, Im Innern das netzige Linin- gerüst mit zahlreichen Chromatinkörnchen (Chr.) in den Knoten- punkten. Im Centrum mehrere grosse Nucleolen. Das Centrosom (C.) ist aus der Bucht herausgerückt und zeigt bereits eine aus- geprägte Strahlung des umgebenden Protoplasmas. Zwischen ihm und dem Kern beginnt die Anlage der Centralspindel (Csp.) deutlich zu werden. B. Nach Präparaten. Die verästelte Plasmamasse etwa auf halbem Wege zwischen Mitte und breitem Zellende. Vorn das deutliche 202 Robert Lauterborn: Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen. Fig. C. Fig. D. Fig.E. Fig. F% Centrosom (C.), gegen welches die Plasmazüge convergiren. Dann die Anlage der Centralspindel (Csp.) im optischen Durchschnitt ge- zeichnet mit dunklen Ansammlungen an beiden Seiten, den späteren Polen. Hinten der fast dreieckige Kern, im Innern mit dichtem fein- fädigem Knäuel, dessen Fäden aber noch durch (auf der Figur nicht gezeichnete) blasse Stränge mit einander in Verbindung stehen. Dst. die eigenthümlichen, oft reihenweise hinter einander an- geordneten Doppeltstäbchen. Nach dem Leben, Kernstructur nach Präparaten ergänzt. Die Protoplasmamasse ist am breiten Zellende angelegt. Vorn hart am Schalenrande das Centrosom (C,) mit Strahlung. Dann die Central- spindel (Csp.) mit ihren dieken Wandungen; dieselbe streckt sich rasch in der Richtung der Streifung, in der Abbildung also von rechts nach links! Der Kern wieder oval, mit leichter Einsenkung am „Polfeld“, im Innern mit lockerem Knäuel. Doppeltstäbchen (Dst.) im Plasma sehr zahlreich. Nach dem Leben, die Chromosomen nach Präparaten ergänzt. Die Centralspindel (Csp.) ist in den Kern hineingerückt, dessen Membran inzwischen undeutlich geworden ist. Hier liegt sie zunächst noch einseitig, wächst aber bald aus; ihre „Pole* dunkler gefärbt. Vollständig nach dem Leben. Einstellung auf die Mitte der Centralspindel (Csp.), diese hat ihre definitive garbenförmige Gestalt erlangt; von ihren Polen aus Strahlung des umgebenden Plasmas. Chromosomen (Ch-R.) umgeben als dieker Ring den Aequator der Centralspindel; einzelne Chromosomen kaum zu erkennen. Um das Ganze ein heller Hof. Nach dem Leben, Chromosomen der Tochtersterne nach Präparaten ergänzt. Dyasterstadium. Die Tochterkerne fast an den Polen an- gelangt beginnen ihre centrale, von der Centralspindel durchsetzte Oeffnung zu verengern, wodurch die terminalen Spindelenden ab- geschnürt werden; diese wandeln sich zu den späteren Centrosomen um. Um das Ganze ein heller Hof; sehr deutliche von den Polen ausgehende Strahlung. Sämmtliche Figuren') wurden mit Apochromat 2 mm, 1,30 Ap. von Seibert und Ocular 12 unter Zuhilfenahme des Zeichenapparates entworfen. r NN Ausser den hier gegebenen Abbildungen der einzelnen Stadien be- sitze ich auch alle dazwischenliegenden in Präparaten; die lückenlose Serie aller Phasen der Kerntheilung wird in der Hauptarbeit gegeben werden. Ludwigshafen a. Rhein, 8. Juli 1893. (Sonderabzüge ausgegeben den 21. August 1893.) R. Gottlieb: Zur Physiologie u. Pharmakologie der Panereas-Seeretion. 203 Zur Physiologie und Pharmakologie der Pancreas- Secretion. Von R. Gottlieb. (Sitzung vom 7. November 1893.) Durch Heidenhain ist es bekannt, dass die Pancreas-Seeretion des Kaninchens durch Anlegung einer Fistel keine Störung erleidet und dass temporäre Fisteln normales Secret liefern. Hierdurch bietet die Beobachtung der Secretion und ihrer Aenderungen durch arznei- liche Eingriffe an Kauinchen gewisse Vortheile vor der an Hunden, bei denen die Absonderung unmittelbar nach Anlegung der Fistel oft genng stockt. Eine andere Angabe Heidenhain’s dürfte aber spätere Experi- mentatoren von der Verwendung des Kaninchens als Versuchsthier ab- geschreckt haben, dass nämlich der Ausführungsgang der Drüse sehr eng sei und nur die Einführung sehr feiner Kanülen gestatte; durch zufällige Verstopfung derselben würde dann der Abfluss des Secrets leicht gestört. Diese Schwierigkeiten lassen sich aber sehr gut über- winden, und es gelingt in den meisten Fällen ein ungestörtes Fort- schreiten des Secrets in einer mit der Kanüle verbundenen Glasröhre zu erreichen, wenn nur die Thiere tief genug narcotisirt sind und wenn man für eine genügende Fixirung der Kanüle sorgt, durch deren Ver- lagerung am häufigsten Stockungen im Abflusse des Secretes entstehen. Die Pancreas-Secretion des Kaninchens ist im Gegensatze zu der mit der Nahrungsaufnahme schwankenden Absonderung des Hundes continuirlich (Heidenhain). Bei gut gefütterten Thieren darf man demnach einen annähernd stationären Zustand der Secretion erwarten, in welchem die Wirkung pharmakologischer Agentien deutlich hervortritt. Die Ausflussgeschwindigkeit ist aber keineswegs vollkommen constant. Sie zeigt vielmehr geringe Schwankungen, z. B. mit der Athmung, und periodische Steigerungen, die man versucht wäre, auf rhythmische 204 R. Gottlieb: Contractionswellen des Ausführungsganges zurückzuführen, wie es Langendorff an Tauben beobachten konnte. Diese steten Schwankungen stören die Beobachtung schnell vorübergehender Veränderungen, welche einem experimentellen Eingriff folgen; wird aber durch den Eingriff die Secretionsgeschwindigkeit auf längere Zeiträume verändert und dehnt man die Beobachtungszeit auf etwa 5 Minuten aus, so gleichen sich diese Schwankungen innerhalb der einzelnen Beobachtungsperioden fast völlig aus. Das Fortschreiten der Secretion wurde in einer mit der Kanüle verbundenen, eingetheilten Glasröhre abgelesen; jeder Theil- strich entsprach "/,oo Ce. In derartigen Normalversuchen waren z. B. die innerhalb je 5 Minuten secernirten Mengen während 1 Stunde 40 Minuten: 9,1— 8,9 —9,8—9,6—11,0—11,0—11,0—11,4—11,2--9,8 —10,0—10,9— 10,8—11,2—11,2—10,9— 10,8—10,5—10,0—9,0. Mit der geschilderten Methode suchte ich zunächst die Abhängig- keit der Secretion von der Blutversorgung des Organes näher zu ver- folgen. Der innige Zusammenhang der Drüsenthätigkeit mit Aende- rungen der Circulation ist ja wie für andere Drüsen auch für das Pancreas seit langer Zeit bekannt (Ül. Bernard, Kühne und Lea). Durch pharmakologische Beeinflussung der Gefässweite der Abdominal- gefässe lässt sich dieser Zusammenhang auch experimentell erweisen. Injieirt man einem curarisirten Kaninchen Strychnin, so tritt gleich- zeitig mit der plötzlichen Blutdrucksteigerung in Folge der Verengerung der Abdominalgefässe eine Verminderung der Secretion bis nahezu 0 ein, die so lange andauert, als der Blutdruck durch den Gefässkrampf gesteigert ist. Beseitigt man den Gefässkrampf durch Injection von Chloralhydrat und erweitert die Gefässe durch dieses Gift ad maximum, so nimmt die Secretion wieder zu und überschreitet den ursprünglichen Werth. Dabei zeigte es sich, dass die Absonderung auch bei einem durch Chloralhydrat auf 10—12 mm Hg herabgesetzten Blutdrucke stundenlang ungestört vor sich gehen kann, also bei einem Blutdrucke, der niedriger steht als der Absonderungsdruck des pancreatischen Secrets (16—17 mm nach Heidenhain). In einer weiteren Versuchsreihe wurde der Einfluss einiger Drüsen- gifte auf die Pancreas-Secretion des Kaninchens untersucht. Pilocarpin Zur Physiologie und Pharmakologie der Pancreas-Secretion. 205 und Physostigmin bewirken eine nur geringe Steigerung der Secret- menge. Neben dieser gesteigerten Secretionsgeschwindigkeit machte sich aber ein interessanterer Einfluss auf die Beschaffenheit des Secretes geltend; während das normale Secret sich beim Kochen nur trübte oder feine Flocken ausschied, liessen die während der Pilocarpin- oder Physostigmin- Wirkung secernirten Proben grobe Flocken ausfallen oder gerannen gallertig, so dass sie beim Umkehren des Gläschens nicht mehr ausflossen. Unter dem Einflusse dieser Gifte näherte sich demnach die Beschaffenheit des Kaninchensecrets mehr der des Hundes. Der Gehalt an festen Bestandtheilen war dementsprechend bis auf das Doppelte gesteigert. Eine nähere pharmakologische Analyse, wo der Angriffspunkt dieser Giftwirkungen in der Drüse liegt, ob nervöse Elemente in der Drüse oder die Drüsenzellen selbst betroffen werden, wird dadurch unmöglich, dass Atropin auf die Pancreas - Secretion des Kaninchens ohne Einfluss bleibt. Weit bedeutendere Steigerungen der Secretmenge erhält man unter dem Einflusse örtlich reizender Substanzen im Magen- Darminhalte. Trotz mancher Hinweise auf die Bedeutung des sensiblen Reizes, den der Magen-Darminhalt für die Pancreas-Secretion ver- mittelt, ist die Wirkung pharmakologischer Agentien vom Magen und Darm aus bisher nicht näher untersucht. Ja Neumeister konnte sich auf Grund des vorhandenen Materials vor kurzem dahin aussprechen, künstliche mechanische und chemische Reize vermöchten die normale Secretion nicht anzuregen. Der Versuch aber ergibt das überraschende Resultat, dass die Beimischung einer reizenden Substanz, z. B. 1 Tropfen Senföl, zum Mageninhalte eine Steigerung der Secretmenge auf das 4—5fache bewirkt. Die Zunahme tritt nach 10—15 Min. ein, und dauert meist '/;, bis 1 Stunde lang an; die Drüse entleert dabei in einer Stunde ein Mehrfaches ihres eigenen Gewichts an normalem Secret. Als normal erweist sich das Secret dabei durch seine dige- stiven Eigenschaften. Es ist in der Litteratur bisher nur ein ähnlicher Versuch be- schrieben. (07. Bernard konnte an Hunden mit temporärer Pancreas- fistel, bei denen die Secretion nach Anlegung der Fistel stillstand, 206 R. Gottlieb: durch Injection von Aether in den Magen Absonderung hervorrufen. Er erhielt dabei aber kein normales Secret, sondern dünnflüssige, für den Hund abnorme Absonderung. Die Anwendung einer so eminent flüchtigen Substanz wie der Aether in diesem Versuche lässt aber ver- schiedene Deutungen des Vorganges zu, indem der Aether nicht allein reflectorisch durch seinen Reiz auf die Magenschleimhaut die Ab- sonderung bewirkt haben konnte, sondern auch nach seiner raschen Resorption durch eine Reizwirkung auf die Drüsenzellen selbst. Auch die locale Gefässerweiterung durch den Aether würde nach dem früher Erwähnten genügen, eine dünnflüssige Absonderung zu erklären. Auch der Versuch mit Senföl erscheint in dieser Beziehung nicht einwands- frei. Ich untersuchte deshalb die Einwirkung anderer Gewebsreize vom Magen und Darm aus, bei denen eine Reizwirkung nach der Resorption weniger wahrscheinlich erschien. Wenige Cubikeentimeter Säure (5%, bis 0,5°, H,SO,) oder kohlensauren Alkalis (10— 20% Na,C0,) in das Duodenum injieirt, wirken nun ebenso secretions- steigernd wie Senföl. Bei diesen so verschiedenen Substanzen kann die gleiche Wirkung nur von der einen, ihnen allen gemeinsamen Eigenschaft bedingt sein, nämlich starke örtliche Reizung des Gewebes zu erzeugen. Die Steigerung der Paucreas-Secretion ist somit als eine refleetorische Wirkung des Schleimhautreizes anzusehen, den diese Subztanzen ausüben. Durch künstlich eingeführte, chemische Darmreize entsteht also beim Kaninchen in ganz analoger Weise ein Zustand gesteigerter Secretion, wie er nach den Versuchen von Bernstein und Heidenhain am Fistelhunde durch Nahrungsaufnahme erzeugt werden kann; beim Kaninchen, dessen Darm sich immer im Zustande mässiger Füllung befindet, wird derselbe Effect durch Zusatz einer reizenden Substanz zum Magen-Darminhalte erzielt. Es entsteht nun die Frage, welcher Art die Nervenbahnen sind, die durch den Schleimhautreiz refleetorisch erregt werden; ob es sich nur um einen Gefässreflex handelt, der zu gesteigerter Wasserausscheidung führt, oder ob auch solche Nerven- - bahnen erregt werden, die den Stoffumsatz in den Drüsenzellen be- herrschen. Die Bestimmung der Trockensubstanz ergibt hierfür An- Zur Physiologie und Pharmakologie der Pancreas-Secretion. 207 haltspunkte. Das Resultat der Trockensubstanzbestimmungen lässt sich nun dahin zusammenfassen, dass auch die Ausscheidung der festen Bestandtheile unter dem Einflusse des Reizes gesteigert ist, aber nicht in dem Maasse wie die des Wassers; in einem Falle z. B., in dem eine Steigerung der Secretmenge von 1:3,5 erfolgte, stieg die gleichzeitige Ausscheidung der festen Bestandtheile nur von 1:2,5. Bedenkt man aber die Kleinheit des Organs und die Grösse seiner Leistung unter dem Einflusse des Reizes, so wird es begreiflich, dass das vorhandene Absonderungsmaterial bald erschöpft ist und dass die Neubildung der körnigen Innenzone in der Drüse nicht Schritt hält mit der gesteigerten Wasserausscheidung. Stets wird aber auch die Aus- scheidung fester Secretbestandtheile durch die reflectorische Wirkung des Schleimhautreizes gesteigert. Es liegt in diesem Verhalten eine weitere Bestätigung der von Heidenhain begründeten An- schauung, dass die chemischen Umsetzungen in den Drüsenzellen auch in der Bauchspeicheldrüse unter dem Einflusse des Nervensystems stehen. Auch für andere Verdauungsdrüsen sind Beziehungen der Ab- sonderung zu sensiblen Reizen des Verdauungstracts experimentell er- wiesen. Für das Pancreas wurden sie seit langer Zeit vermuthet, und Kühne konnte schon 1868 aussprechen, „dass das, was die Drüse zur Secretion veranlasst, wahrscheinlich in Reizvorgängen sensibler Apparate der Magen- und Darmschleimhaut zu suchen sei, die reflec- torisch die Absonderung anregen“. Die mitgetheilten Versuche sind geeignet, die Bedeutung solcher Reizvorgänge in das hellste Licht zu setzen. Sie weisen aber auch auf die Bedeutung hin, welche den Ge- würzen und scharfen Arzneistoffen durch ihre örtlich reizende Wirkung auf der Magen- und Darmschleimhaut für den Verdauungs- vorgang zukommen könnte. In der That kann man durch geringe Menge von Senfpulver oder Pfefferextract eine sehr bedeutende Steigerung der Pancreasabsonderung hervorrufen. Bis vor Kurzem war kaum eine Wirkung dieser Substanzen experimentell festgestellt, die den günstigen Einfluss hatte erklären können, die sie erfahrungs- 208 R. Gottlieb; Zur Physiologie u, Pharmakologie der Pancreas-Seeretion, gemäss auf die Verdauung ausüben. Man hatte zwar ihre Bedeutung immer auf die örtlich reizenden Eigenschaften zurückgeführt und war von jeher geneigt, ihnen in Analogie mit der Erregung der Speichel- secretion einen befördernden Einfluss auf die Secretion auch der anderen Verdauungssäfte, besonders des Magensafts zuzuschreiben. Diese Anschauung blieb aber ohne jeden experimentellen Beweis. Die Ver- suche von Buchheim an Magenfistel-Hunden ergaben sogar eine geringe Störung der Eiweisverdauung durch diese Substanzen. Der Nachweis nun, dass die scharfen Stoffe durch ihre örtlich reizenden Eigenschaften reflectorisch die Absonderung der wichtigsten Verdauungsdrüse an- regen, dürfte geeignet sein, die Rolle dieser Substanzen bei der Er- nährung dem Verständniss näher zu bringen. Ueberdies haben die Versuche von Brandl in jüngster Zeit auch den in hohem Maasse fördernden Einfluss kennen gelehrt, den die Gewürze und scharfen Stoffe auf die Resorption im Magen ausüben. Der Nachweis ihrer Wirkung auf die Secretion des Pancreas schliesst sich dieser Beobachtung an, um die allgemeine Anwendung der Stoffe zu begründen. Die Untersuchung wurde im pharmakologischen Institut zu Heidel- berg ausgeführt. Die ausführliche Publication erfolgt im Archiv für experiment. Pathologie und Pharmakologie. 209 Vereinsnachrichten. In der Sitzung vom 3. November 1893 wurden durch die statutenmässige Wahl wiederum Herr Hofrath Bütschli zum Vorsitzenden, Herr Pröf. Horstmann zum Schriftführer und Herr Buchhändler Köster zum Rechner ernannt. Als ordentliche Mitglieder sind neu aufgenommen worden: die Herren Dr. Kaiser, Dr. Cramer, Dr. Braun, Dr. Jordan und Prof. Kräpelin. Die im folgenden Verzeichniss aufgeführten Druckschriften, welche seit Ausgabe des letzten Eleftes der Verhandlungen im Tauschverkehr eingelaufen sind, hat der Verein mit bestem Danke entgegengenommen und bestätigt hierdurch den Empfang. Alle uns ferner zugedachten Sendungen beliebe man einfach an den „Naturhistorisch-Medicinischen Verein Heidel- berg‘ zu adressiren und durch die Post zu verschicken, da dies der billigste und beiderseits bequemste Weg ist. Heidelberg, im Februar 1894. Der Schriftführer 210 Verzeichniss der von Februar 1893 bis Februar 1894 eingegangenen Druckschriften. (Zugleich als Empfangsbescheinigung.) Amsterdam. Koninglijke Akademie van Wetenschappen: Zittingsver- slagen 1892/93; Verslagen en Mededeelingen IX mit Reg, Auxerre. Socist® des sciences historique et naturelles de l’Yonne: Bull. 46, I. Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen X, 1. Bergen. Bergens Museum: Aarsberetning 1892. Berlin. Medieinische Gesellschaft: Verhandlungen XXIII. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg: Verhandlungen 35, 34. — D. Geologische Gesellschaft: Zeitschrift 45, I, U. — K. geologische Landesanstalt und Bergakademie; Jahrbuch 1891. — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. 1892, — Verein für innere Medicin: Verhandlungen XII. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mittheilungen 1892. —- Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- schaften: Verhandlungen 75. Bologna. Accademia delle scienze del’ Istituto: M&m, Ser. 5, T.I, II. Bonn, Naturhistorischer Verein für die preussischen Rheinlande und Westphalen: Verhandlungen 50, I. — Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungsber, 1892. Bordeaux. Societ@ des sciences’ physique et naturelles: M&m. Ser. 4 be RER Boston. American Academy of arts and sciences: Proceedings 18, 19.. — Society of natural history: Mem, X; Proceedings III, IV. Braunschweig. Verein für Naturwissenschaften: Jahresber. VII. Verzeichn. d. v. Febr. 1893 bis Febr. 1894 eingeg. Druckschriften. 911 Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen XI, 3 mit Beilage. Breslau. Schles. Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresbericht 70 mit Ergänzungsheft. Brünn, Naturforschender Verein: Verhandlungen 30, Berichte der meteorologischen Commission, 1890. Brüssel. Acad&mie royale des sciences: Bull. 22—24; Annuaire 1892, 1893. — Soeiet® entomologique de Belgique: Annales 34, 35, Catania. Accademia Gioenia: Boll. 30—32; Atti V. Chapel Hill, Elisha Mitchel scientific Society: Journ, IX, 2. Christiania. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Forhandlingar 1891, 1892. Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens: Jahresb. XXVI. Darmstadt. Verein für Erdkunde und verwandte Wissenschaften: Notizblatt 13. Donaueschingen. Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar: Schriften XII. Dorpat. Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsberichte X, 1. Dresden. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Jahresbericht 1892/93. — Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Jahresber,. 1893, I. Edinburg. E. geological Society: Trans. VI, 5. Ekaterineburg. SocietE ouralienne de medeeine: Mm, III, 1. Emden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 77. Florenz. Soeietä entomologiea italiana: Bull. XXV, 1, 2, — Nuovo Giornale botanico italiano: XXV, 2, 3. — Societ4 botaniea italiana: Boll. 1893, 1—7. Frankfurta.M. Senkenbergische naturforschende Gesellschaft: Jahresber, 1893; Abhandl. XVIII, 1. — Aerztlicher Verein: Jahresber, 36, Frankfurt a. OÖ. Naturwissenschaftlicher Verein: Monatl. Mitth, XI, 1—9; Soe. litt, VI, 1—12. Freiburg i. B. Naturforschende Gesellschaft: Berichte VII, 1, 2. 919 Verzeichn. d. v. Febr. 1893 bis Febr. 1894 eingeg. Druckschriften. Genua. R. Accademia medica: Boll, VIII, 1—4, Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Be- richte 29. Glasgow. Natural history Society: Proc. III, 3. Göttingen. Königliche Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten 1892. Graz. Naturwissenschaftl. Verein für Steiermark: Mitth. 1892: — Verein für Aerzte in Steyermark: Mittheilungen XXXIX, 1892. Granville. Denison University: Bull. VII. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern und Rügen: Mitth. 24. Groningen. Naturkundig Genootschap: Verslag 92. Güstrow. Naturwissenschaftlicher Verein in Mecklenburg: Archiv 46. Halle. Leopoldina 1893. — Zeitschrift für Naturwissenschaften: 66, 1—4, Hamburg. Jahrbuch der Naturwissenschaftl. Anstalten X, 1, 2 mit Beiheft. Hanau. Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde: Ber. 1889/92. Haarlem. Archives neerlandaises XXVIL, 1—3. — Fondation Teyler van der Hulst: Archives IV, 1. Innsbruck. Naturwissenschaftlich-medicinischer Verein: Ber. XX. Kharkow. Soeiet& des sciences exp6rim.: Trav. 1892. Kiel. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig -Holstein: Schriften Ru, Kiew. Naturforscher -Gesellschaft: M&moires XII, 1, 2. Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum für Kärnthen: Jahrbuch XXI, Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 33, Lausanne, Soci6t6 vaudoise des sciences naturelles: Bull. 110—112, Leipzig. K. Gesellschaft der Wissenschaften: Sitzungsber. math.-phys. Kl. 1893, I—VI. Linz. Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Ens, Jahresber. XXI. Verzeichn, d. v. Febr. 1893 bis Febr. 1894 eingeg. Druckschriften. 913 London. Royal Soeiety: Proceedings 318—328. Luxemburg, Institut Grand-Dueal de L.: See. des sciences nat, et math. Publ. XXII. — Soeiete des sciences med.: Bull. 1893. Lüneburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. XII. Lyon. Soeiete d’agrieulture, hist. nat. et arts utiles: Ann. 1889—92. Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. 1892, Manchester. Litterary and philosophical Society: Proceedings VII, 1—3. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissen- schaften: Sitzungsber. 1892. Schriften XII, 5. Melbourne. Royal Society of Victoria: Trans. and Proc. N. S. IV, 2. Montpellier. Academie des sciences et des lettres: Me&m. de la Seect. med. VI, 23; Sect. des sciences XI, 3. Moskau. K. Gesellschaft der Naturforscher: Bull. 1893, I—II. München. K. Bayer. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsber, der math.-physik. Kl. 1892, I—III; 1893 I—II. — Gesellschaft für Morphologie und Physiologie: Sitzungsber. IX, 1, 2. New-Cambridge. Museum of comp. Zoology: Bull. XXIV, XXV, XXVI. New-York. Academy of Seiences: Ann. VII, 1—5. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. X, 1. Odessa. Naturforschende Gesellschaft von Neu-Russland: Berichte XVII, 2, 3. Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresb. IX. Ottawa. Geologieal und natural history Sarvey of Canada: Ann, report V, 1, 2, Padua. Societä veneto - trentina di scienze naturali: Atti 1893; Boll. V, 3, Paris, Soeiete zoologique de France: Bull. XVII, 7, 8. Petersburg. Botanischer Garten: Acta XII, 2. Philadelphia. Academy of Natural Science: Proceedings 1892, II, III; 1893 I, Prag. Lese- und Redehalle deutscher Studenten: Jahresber. 1892, Reichenberg: Verein der Naturfreunde: Mittheilungen 24, Verhandl. d. Heidelb. Natur.-Med. Vereins. N. Serie V. 15 914 Verzeichn. d. v. Febr. 1893 bis Febr. 1894 eingeg. Drückschriften. Riga. Naturforscher-Verein: Correspondenzblatt 36. Rochester. R. Academy of Sciences: Proc. II, 1. Rom. Societä romana per gli Studi zoologiei: Boll. II, 1—6. Salem. American Apociation for the advancement of Sciences: 41, Meeting .at Rochester-. 1892, Santiago di Chile. Deutscher wissenschaftlicher Verein: Verhandlungen U,. 5/6. — Soeiet& scientifique de Chile: Actes III, 2/3. St. Gallen. Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Ber, 1890/91. Sidney. R. Society of New-South-Wales: Journ, und Proc. 24. Stavanger. St. Museum: Aarsberetning 1892. Stuttgart. ‘Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg : Jahres- heft 49, Tokio. Medieinische Fakultät der Universität: Mittheilungen Bd. II, LT. Toronto. Canadian Institute: Trans. III, 2. Toulouse. Academie.des sciences, inseriptions et belles l&ttres: M&m. 2 Ser. Al Vi Triest. . Soeidt6 Adriatico di scienze naturali: ‘Boll. XIV. Turin. Accademia reale delle scienze: Atti 28, 1—15. Ulm. Verein für Mathematik und: Naturwissenschaften: Jahreshefte V., Upsala. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Nova acta XV, 1, Washington. Smithsonian Institution: Rep. 1890, II. — U. S. Geologieal Survey: Monographs XVII, XVII, XX; -Mineral Resources 1891; Bull. Nr. 82—86, 90—96, Wien.: K.K. Zoologinei- Roienidchl Gesellschaft" Verh. 43,-I, II. — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse: Schriften 2825 33; dr Mal i0oR. uber — K.K, Naturhistorisches Hofmuseum: Ann. VIII, 1, 2." Wiesbaden, Naässäuischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 46.' Würzburg. Physikalisch- id Gesellschaft: N 1895; Verh. XXVIL, 1—4. u". N ve Ko. v Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift 38, T, 2, Walt; NEE P Inhalt. - P. Samassa, Bemerkungen über die Chromatophoren der Cephalopoden V. ‚soldschmidt, Einige Versuche über Krystallisation aus dem Schmelzfluss ....... Be een et A. Ändreae, Das fossile Vorkommen der Foraminiferengattung Bathy- BIphon: M PSaLE 1... 2.2.0. Eee ae en v. Hippel, Ueber Keratitis parenchymatosa .- .. 0... .... M. Möbius, Ueber den Habitus der Pflauzen .......... K. von Kraatz-Koschlau, Krystallographische Beziehungen im perio- dischen System der Elemente . .. 22.2000 Robert Lauterborn, Ueber Bau und Kerntheilung der Diatomeen R. Gottlieb, Zur Physiologie .und Pharmakologie der - Pancreas- SOUwPIORe N DET En re Verzeichniss der von Februar 1893 bis Februar 1894 eingegangenen Druckschriftens-.- 22.2.8. 2 Ra Een C. F. Winter'sche Buchdruckerei, - Seite. 133 139 141 145 147 170 179 203 209 210 rer „+ % 3 A ee u } TER ai ss a ati ln u ja pi au a au Al Ze nat a nd ae a = VERHANDLUNGEN | DES NARUREISTORISCH-MEDICINISCHEN VEREINS ZU HEIDELBERG. ten NEUE FOLGE. FÜUNFTER BAND. DRITTES HEFT. POP Der geologische Bau der Serra de Monchique in der Provinz Algarve (Süd-Portugal). Von K. v. Kraatz-Koschlau. (Gesammtsitzung vom 12, Jan. 1894.) Litteratur: Ch. Bonnet: Algarve, Description geographique et geologique de cette province. Ouvrage approuve et imprime par 1’ Academe royale des Sciences de Lisbonne. Lisboa. 1850. R. Blum: Foyait, ein neues Gestein aus Süd-Portugal. Neues Jahr- buch für Min. u. s. w. 1861. 8. 426—434. Ch. P. Sheibner, Dr.: On Foyaite, an Elaeolitic-Syenite oceuring in Portugal. Quart. Journ. of the geol. Soc. 1879. S. 42—47. K. von Seebach: Vorläufige Mittheilung. über den Foyait und die Serra de Monchique. Neues Jahrb. für Min. u. s. w. 1879. S. 270—271. Dr. Leop. van Werveke: Ueber den Nephelin-Syenit der Serra de Monchique im südlichen Portugal und die denselben durchsetzenden Gesteine. Neues Jahrb. f. Min. 1880. II. S. 141—186. M. Hunter und H. Rosenbusch. Ueber Monchiquit, ein camp- tonitisches Ganggestein aus der Gefolgschaft der Eläolithsyenite. Tschermaks min, u. petrograph. Mitt. N. F. XI. 1890. S. 445 bis 466. Ueber Tinguäit cf. Rosenbusch: Mikroskopische Physiographie. 2. Auflage. S. 627—628. Stelzner: Foyait von Portugal und von San Vicente. N. Jahrb. für Min. 1881. I. 260. P. Jannasch: Analyse des Foyaits von der Serra de Monchique (Cerro da Posada). N. Jahrb. f. Min. 1884. I. 11. Verhandl, d. Heidelb, Naturhist.-Med. Vereins. N, Serie. V, 16 316 K. v. Kraatz-Koschlau: Die nachfolgenden Zeilen sind als ein vorläufiger Bericht über eine Excursion, die mein Freund Victor Hackman und ich im Herbst vergangenen Jahres zum geologischen Studium der Serra Monchique unternahmen, zu betrachten. Eine eingehendere geologisch- petrographische Beschreibung des besuchten Gebietes wird demnächst, von uns beiden bearbeitet, an anderer Stelle erscheinen. Charles Bonnet hatte in einer geographischen und geologischen Beschreibung der Provinz Algarve (Süd-Portugal) im Jahre 1850 das Gestein, welches die Serra Monchique aufbaut, als Granit bezeichnet. Als solcher galt dasselbe, bis im Jahre 1859 Dr. W. Reiss an Ort und Stelle eine grössere Anzahl Handstücke sammelte, nach welchen Professor AR. Bium den neuen Gesteinstypus der Foyaite, nach dem höchsten Berg der Serra Monchique benannt, aufstellte. Es. ergab sich bei Dlum’s Untersuchung für das Gestein nicht nur eine ab- weichende mineralogische Zusammensetzung von Granit, sondern auch von Syenit; denn obwohl es letzterem bei weitem näher stand, so fand doch Blum als wesentlich neuen Bestandtheil den Eläolith, wonach wir die Gesteinsgruppe heute als Eläolithsyenite bezeichnen, welchen Namen blum neben Foyait schon anwandte. Seit jener Zeit sind eine ganze Reihe weiterer Gebiete von Eläolith- syenit aufgefunden, welche das Gestein als weit verbreiteter erscheinen lassen, als man bis vor 3—4 Jahren annehmen zu dürfen glaubte. Wir kennen heute Eläolithsyenite von Grönland, in Europa von der Halbinsel Kola, Berg Jivaara in Finland, Süd-Norwegen, Fünfkirchen und Ditrö in Ungarn, Pouzac in den Pyrenäen, der Serra Monchique (Süd-Portugal), Miask (Ural); in Amerika von Litchfield in Maine, Hotsprings und zwei anderer Localitäten in Arkansas, Salem Mass., West-Texas, Montreal (Canada), Prov. Rio und Minas Geraös (Brasilien), ausserdem von Teneriffa (in Auswürflingen), Viti-Archipel, Timor und Süd-Afrika. Daneben tritt der Eläolithsyenit und die ihm angehörigen Ganggesteine in der Form von Einschlüssen in verschiedenen Phono- lithen und Basalten auf. Der geol. Bau der Serra de Monchique in der Prov. Algarve. 217 De Eines der erst kürzlich bekannt gewordenen Gebiete, das des Lujawr Urt und Umptek auf der Halbinsel Kola hatte bei der Unter- suchung durch W. Ramsay und V. Hackman, ebenso wie der grönländische Eläolithsyenit eine grössere Anzahl seltener Mineralien geliefert. Nun war zwar seit Dlum’s Arbeit die Serra Monchique zu verschiedenen Malen zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht worden. Sheibner lieferte 1879 eine petrographische Beschreibung verschiedener Gesteinsvarietäten nebst einer geologischen Kartenskizze und L. van Werveke untersuchte 1880 die von Ä. v. Seebach ge- sammelten Handstücke mikroskopisch; aber die Sheibner’sche Arbeit enthält geologisch wenig Bedeutsames und K. von Seebach hat nur eine kurze Mittheilung über die Beobachtung von Hornfels am Contaet des Eläolithsyenits mit Schiefer gegeben. Eine geologische Aufnahme des Gebietes also, ein genaueres Studium des Auftretens der zahlreichen Gänge, eine Untersuchung auf seltene Mineralien und die Beobachtung der Contacterscheinungen an dem umgebenden Culmschiefer fehlte fast ganz, und so zog uns die Hoffnung, in dieser. Hinsicht einiges Neue zu ermitteln, nach Süd-Portugal. Die Reiseverhältnisse im Süden der iberischen Halbinsel sind auch heute noch nach unseren Begriffen nicht sehr bequem. Man kann mit der Bahn die Serra Monchique nicht erreichen, sondern ist darauf angewiesen, zu Pferd oder Maulesel ins Gebirge einzudringen, um in das grösste Dorf der Gegend, Monchique, zu gelangen. Zwar führt von Süden, vom Hafenort Villanova de Portimao, eine gute Chausee in die Serra, aber Dampfer gehen nicht oft, und deshalb wählten wir den Zugang von Norden her. Aus der portugiesischen Hauptstadt mit ihrem herrlichen Klima und ihrer fast tropischen Vegetation fährt man mit einem altmodischen Raddampfer über den breiten Tejo; noch eine halbe Stunde die Aussicht auf die Stadt mit ihren 7 Hügeln, das Kloster Belem und den Hafen, dann führt die Bahn durch trocknes, sandiges Land, in dem nicht viel mehr als Opuntien und Aloön und hier und da kümmerliche Pinien gedeihen, nach Süden. Die Station Saboia de Monchique ist noch etwa 5 Wegstunden vom Dorfe Monchique entfernt, Auf schmalem Saumweg durch ödes Land, das von halb 16 # 318 K. v. Kraatz-Koschlau: vertrocknetem Buschwerk und Gras bedeckt war, aus dem hier und da eine alte Olive aufragte, steigt man zu niederen Schieferhöhen auf- wärts. Auch diese sind nur mit trocknem Gestrüpp bestanden, und erst da, wo der Weg vom Schiefer aus in den Eläolithsyenit führt, gewinnt das Landschaftsbild einen anderen Character. Die Strasse verbreitert sich, die Maulthiere brauchen nicht mehr so vorsichtig zu treten und der Weg führt an kleinen Gehöften vorüber. Hier und da wird Mais angebaut, und bald steigt man hinab in das Erosions- thal, welches die beiden Hauptberge der Serra Monchique, Foia und Picota, von einander trennt. An der Nordwestseite des Thales klettert das Dorf Monchique mit seinen freundlichen weissen Häusern am Abhang der Foia hinauf. Das Thal ist von mittelhohem Buchenwald beschattet, in der Nähe des Dorfes wiegt die Edelkastanie vor und nach Süden zu wachsen reichlich Oliven und Korkeichen. Die Wald- bäume ziehen sich nur wenig über das ca. 400 m hoch liegende Dorf hinauf, dann folgen grössere Felsblöcke, zwischen denen noch hier und da kleine Maiskulturen angelegt sind, und die Gipfel der Berge sind nur von dichtem, grünem Gestrüpp (viel Ericaceen) bedeckt. Die Serra Monchique gehört zu den alten, abradirten Ketten- gebirgen im Süden der Pyrenäischen Halbinsel, welche im Grossen und Ganzen O.-W. streichen oder wenigstens ihre grösste Ausdehnung in ost-westlicher Richtung besitzen. Sie werden von Swess zur spanischen Masse gerechnet; die Zeit ihrer Faltung soll interearbonisch sein. Die Serra erhebt sich aus dem umgebenden Hügelland, welches von Culmschiefer gebildet wird und dessen Höhen nur an wenigen Stellen mehr als 300 m über den Meeresspiegel aufragen, in zwei Hauptbergzügen, der Foia (902m) und der Picota (718m); beide Berge sind durch das Erosionsthal, in welchem Monchique liegt, und weiter nach Süden durch ein anderes, in dem das kleine Bad Caldas de Monchique liegt, getrennt. Das Gebirge, soweit es aus Eläolithsyenit besteht, besifzt eine unregelmässig längliche Form und hat eine Längenausdehrung von ungefähr 15 Kilometer in ost- westlicher Richtung, und seine grösste Breite in N.-8, -Richtung beträgt . etwa 6 Kilometer. Die Bergformen sind ganz ähnlich denen in granitischen Gebirgen; Foia und Picota beherrschen mit langgestreckten ee a a u un " Der geol. Bau der Serra de Monchique in der Prov. Algarve. 219 Rücken, die der Hauptsache nach SW.-NO. streichen, das Land- schaftsbild und alle kleineren Kegel stehen in directer Verbindung mit ihnen. Die Verwitterungs- und Absonderungserscheinungen ent- sprechen denen granitischer und syenitischer Gesteine; so sind z. B. die Hochflächen der Foia und Picota bedeckt von einem Meer woll- sackförmiger und kugliger Gesteinsblöcke, die nur da in mehr eckige Formen übergehen, wo das Gestein ein feineres Korn annimmt. Die Blöcke bilden zuweilen kegelartige Erhöhungen auf den Bergrücken; auch zeigt sich an ihnen häufig bei der Verwitterung kuglig-schaliger Aufbau; dort, wo die Frühlingswässer solche kugligen Blöcke gerade angeschnitten haben, kann man zuweilen eine ganze Reihe zwiebel- schalig übereinanderliegender Gesteinspartieen unterscheiden. Nicht nur die Rücken, auch die Abhänge der Haupt- und Nebenberge sind von einer grossen Zahl meist ziemlich mächtiger Blöcke bedeckt, unter denen stellenweise namentlich rundliche — von der Ausdehnung kleiner Häuser — aufragen; nur im Thal tritt eine reichliche Ver- grussung auf, so dass ganze Hohlwege 10—20 Fuss tief im Eläolith- syenitgruss eingeschnitten sind. Wo die Strasse an tieferen Stellen der Abhänge stark vergrusste Stellen angeschnitten hat, bemerkt man häufig die beginnende Bildung von Felsenmeeren, indem grosse rund- liche Blöcke im zersetzten oder aufgelockerten Gestein eingebettet liegen. Nach dem Contact mit dem Schiefer zu ist das Gestein so stark zersetzt, dass man einen gelblichen Sandstein vor sich zu haben glaubt’ und erst der Schiefer bietet wieder festeres Material. Soweit bis ‚jetzt bei .makroskopischer und summarischer mikro- skopischer Prüfung beobachtet werden konnte, finden sich im Eläo- lithsyenit des Serra Monchique keine der in anderen Gebieten häufiger beobachteten, seltenen Mineralien, wie z. B: Eudialyt und Eukolit. Der Mineralbestand variirt im Ganzen nicht sehr, von ziemlich allgemein auftretenden Mineralien wurden nachgewiesen: Augit, Hornblende, Glimmer, monokliner und trikliner Feldspath, Eläolith, Titanit, Magnet- eisen, Titaneisen, Apatit, Sodalith, ferner secundär Zeolithe, Leucoxen, Quarz. Die verbreitetste Gesteinsvarietät im ganzen Gebirge ist ein grob-mittelkörniger Eläolithsyenit von granblauer, grauer, weisser oder 990 K. v. Kraatz-Koschlau: röthlicher Farbe. Die Farbe des Gesteins ist der Hauptsache nach auf den Grad der Zersetzung von Feldspath und Eläolith zurück- zuführen; der röthliche Farbenton wird durch röthlich gewordenen Eläolith, die anderen Nuancen durch Feldspath hervorgerufen. Mit blossem Auge unterscheidet man Feldspath in langen Leisten oder Tafeln (häufig Zwillinge), Eläolith in unregelmässig begrenzten Körnern, Titanit in honiggelben, scharf ausgebildeten Krystallen, Magnetit- körner und dann Augit, Glimmer oder Hornblende Von den drei letzteren wiegt bald eines, bald das andere vor; es wäre jedoch ziem- lich willkürlich, hiernach Trennungen einzuführen, da der Wechsel kein scharfer und ausgesprochener ist. Die Feldspäthe überwiegen mit mehr oder weniger Eläolith meist bedeutend die dunklen Bestand- theile, so dass diese häufig nur putzenartig erscheinen; Titanit ist fast immer reichlich vorhanden. Bei gröberem Korn wird das Gestein häufig porphyrisch in seiner Structur; zwischen grossen, meist leisten- förmigen Feldspäthen liegen die übrigen Mineralien als feinkörnige Ausfüllungsmasse. Eine fluidale Structur durch parallele Anordnung der Feldspäthe ist nichts Seltenes; man kann dies oft an grossen Platten mitten im Gestein beobachten und die Feldspäthe zeigen dabei sogar strudelförmige oder andere dem Fluss zuzuschreibende Stellungen. Aus der eben skizzirten Hauptvarietät besteht der grösste Theil des ganzen Gebirges. Wie schnell die basischen Mineralien schein- bar beliebig wechseln, ist bemerkenswerth. Combinationen wie Feld- späthe, Eläolith, Glimmer, — Feldspäthe, Eläolith, Hornblende, — Feldspäthe, Eläolith, Augit, — Feldspäthe, Eläolith, Hornblende, Glimmer, — Feldspäthe, Eläolith, Hornblende, Augit, — zu diesen Bestandtheilen die accessorischen Mineralien in wechselnden Mengen — gehen schnell in einander über; namentlich an der Foia, auf der Kammhöhe, zeigt sich ein schneller Wechsel, während der grösste Theil des Picota-Zuges aus der Mineralcombination Feldspäthe, Eläo- lith, Augit, Biotit nebst den accessorischen Gemengtheilen aufgebaut ist. Demnach ist im Mineralbestand das einzig Constante Feldspäthe _ und Eläolith, doch tritt auf kürzere Streeken auch der Eläolith mehr oder minder zurück. Scharfe Grenzen zwischen den angeführten Ge- eV WE er Der geol. Bau der Serra de Monchique in der Prov. Algarve. 921 steinsvarietäten sind nirgends zu bemerken, und der Wechsel in der Zusammensetzung fällt überhaupt erst bei genauerer Betrachtung auf. Zwischen den Bergen Foia und Picota ist eine Grenze, ausser der durch die nach Nord und Süd laufenden Erosionsthäler markirten, nicht vorhanden, es können also mit Wahrscheinlichkeit beide Berge ihrer Entstehung nach auf eine Eruption zurückgeführt werden. Im Grossen und Ganzen ist das Gestein an den Thalhängen zwischen Foia und Picota am grobkörnigsten; dem Gipfel der Picota zu wird das Korn ein wenig feiner und auf dem Foia-Kamm kann man es, da es noch etwas feinkörniger geworden, als mittelkörnig bezeichnen. Es kommt dies Verhalten den Vorstellungen über die Abkühlung des Gesteins zu Hülfe. Das Thal zwischen Foia und Picota stellt offenbar das tiefste Niveau im Gesteine dar, und dort muss sich also das gröbste Korn finden, während nach den Gipfeln zu ein etwas feineres Korn zu er- warten ist. Anschliessend an die Hauptmassen der Foia und Picota soll hier die einzige pegmatitische Ausbildung des Gesteins, welche in der Serra beobachtet wurde, besprochen werden. Dies pegmatitisch entwickelte Gestein tritt in wenig mächtiger Verbreitung direct oberhalb des Dorfes Monchique an der Foia auf; zur Zeit war es durch einen Steinbruch behufs der Gewinnung von Baumaterial aufgeschlossen. Das Gestein zeigt grosse, bis 5 cm lange tafel- und leistenförmige Feldspathkrystalle, 2—3 em grosse, zuweilen langgezogene Biotittafeln, Augit und Aegirin in idiomorpher Be- grenzung, Titanitkrystalle von honiggelber Farbe und Eläolith als Aus- füllungsmasse. In Hohlräumen, die wohl als miarolithische aufzufassen sind, finden sich auskrystallisirtee Mineralien, namentlich Analeim und Galeit. Neben dem erstbeschriebenen Gesteinstypus erscheinen alle übrigen auftretenden Gesteinsvarietäten verhältnissmässig untergeordnet. Doch sollen hier die verbreitetsten eingefügt werden, da sie der Art ihres Auftretens nach von Interesse sind. Ein feinkörniger Eläolithsyenit ist sehr verbreitet; er tritt, soweit man beurtheilen kann, anscheinend regellos in dem gröber krystallinen Gestein auf, bald in nicht scharf 399 K. v. Kraatz-Kosehlau, abgegrenzten Partieen, die allmählich in gröbere Facies übergehen und schlierig durch das Gestein vertheilt sind, bald in gangartig, ziemlich scharf begrenzten Bildungen, die sich jedoch nie sehr weit verfolgen lassen. Ein ähnliches Auftreten zeigt ein porpbyrisch entwickelter Eläolithsyenit: in einer feinkörnigen Grundmasse liegen grosse Individuen von Feldspath; auch dies Gestein erscheint bald gang- bald schlierenartig. Während die ebengenannten, feinkörnigen bis dichten und die por- phyrischen Varietäten auch dem unbewaffneten Auge als Bläolithsyenit erscheinen, kommt an verschiedenen Stellen im Gebirge einen grösseren Flächenraum bedeckend ein dunkles Gestein vor; dasselbe zeigt zahl- reich die Durchschnitte porphyrischer Hornblende, und dazwischen eine Füllmasse aus vorwiegend dunklen und nur wenig hellen Mineralien. Würde man das Gestein nicht mitten im Eläolithsyenit finden, mit dem es durch Uebergänge verbunden erscheint, so könnte man dem Aus- sehen nach an ein gabbroid struirtes, dioritisches Gestein denken. Bemerkenswerth ist es, dass sich im Basalt von Öber-Wiesenthal (Sachsen) nach Herrn Dr. Sawer’s Untersuchungen neben anderen Einschlüssen, welche der Eläolithsyenit-Reihe angehören, auch Brocken eines mit dem Monchiquer dunklen Eläolithsyenit identen Gesteins finden. Auf solche basische Schlieren resp. sehr alte Ausscheidungen im Nephelinsyenit hat zuerst J. FH. Sears (Geol. and Min. Notes Bull. Essex-Inst. Vol. XXIII) hingewiesen. Er belegte sie mit dem Namen Essexit (nach Essex-County) und hob hervor, dass dieser sich vom Monchiquit mineralogisch durch den Mangel an Olivin und geologisch durch sein Auftreten unterscheidet. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass hier in Algarve, dem klassischen Gebiet der ersten basischen Monchiquit-Gänge, auch basische alte. Ausscheidungen wieder vor- kommen. Bemerkt sei hier noch, dass, das Hauptgestein der Picota mit seinem röthlichen Eläolith von einem Eläolithsyenit, der von der Kirche von Kvelle im Laagenthal (Süd- Norwegen) stammt, nicht zu unter- scheiden. ist. Auch in dem Nephelinsyenit von Laagenthal kommen dunkle basische Eläolithsyenit-Varietäten vor, die hier ‚besonders reich Der geol. Bau der Serra de Monchique in der Prov. Algarve. 993 an Mosandrit sind. Ich war in der Lage, diese sowohl wie den Typ. Essexit zu vergleichen. (Ueber die Resultate soll später berichtet werden.) Nur die bisher skizzirten Varietäten nehmen einen irgendwie bedeutenden Flächenraum ein, und es wären nun nur noch die, die Massen der Foia und Picota in einer grossen Anzahl von Gängen durchsetzenden, Felsarten zu betrachten. Im Jahre 1890 beschrieben M. Hunter und H. Rosenbusch den Monchiquit, ein camptonitisches Ganggestein aus der Gefolgschaft der Eläolithsyenite. Das Gestein stammte zwar von gangartigen Auftreten verschiedener Vorkommen in der Provinz Rio de Janeiro (Brasilien); da es sich jedoch ident erwies mit schon früher aus der Serra de Monchique gesammelten Gesteinshand- stücken, wurde es von den Autoren Monchiquit benannt. Neben diesem Ganggestein treten in der Serra de Monchique zahlreiche grünliche Gänge auf, welche mit früher von der Serra de Tinguäa als Tinguäite beschriebenen Gängen ident sind. Diese Gänge nun gehören, wie das von Rosenbusch überzeugend dargethan, zur Gefolgschaft der Eläo- lithsyenite, das heisst, sie stellen nichts weiter dar als einerseits gangartig erstarrte Theile, andererseits basischere Spaltungsproducte des Eläolithsyenitmagmas. Wenn dem nicht so wäre, könnte man es logisch nicht verstehen, warum Monchiquite und Tinguäite immer in Verbindung mit Eläolithsyeniten, dieselben durchsetzend, auftreten, wie dieses von den Gebieten in Brasilien, Kola, Norwegen, Monchique u. s. w. bekannt ist. Die entsprechenden Ganggesteine der verschiedenen Ge- biete sind oft überhaupt nicht von einander zu unterscheiden. Die Gänge der Serra de Monchique folgen einem Spaltensystem, welches den Eläolithsyenit in den Richtungen N.-S., NO.-SW., NW.- S.-O. durchsetzt. Es wurde nur ein Gang mit der Streichriehtung O.-W. beobachtet, während die anderen Streichrichtungen mit ziem- lich gleicher Häufigkeit sich fanden. Da die Bergrücken der Foia und Picota mit ihren Abzweigungen sich in SW.-NO.-Richtung (Picota) und in W.-O. (Foia) ausdehnen, so ist häufig die Streichrichtung der Gänge senkrecht oder annähernd senkrecht auf der Längserstreckung des Gebirges. Oft folgten auf eine kurze Strecke zwei, drei und mehr Gänge parallel auf einander; einmal wurde beobachtet, dass sich zwei 224 K. v. Kraatz-Koschlau: Monchiquitgänge unter einem Winkel von ca. 45° schnitten. Die Grösse der Gänge variirt von Fingerdicke bis über 2 Meter, doch sind solche von /,—1 Meter am häufigsten. Man darf das gangartige Auftreten wohl so auffassen, dass das Gestein bei der Abkühlung durch Contraction Risse und Klüfte nach den Hauptgangrichtungen erhielt, und dass in diese das Magma der Gänge nachgepresst wurde. Es finden sich auch Klüfte von denselben Streichrichtungen wie die Gänge, die grossen Theils wohl ausgewitterte Gänge darstellen dürften. Ein Uebergreifen der Gänge in den den Eläolithsyenit umgebenden Schiefer wurde nicht beobachtet. Der Schiefer, welcher den Eläolithsyenit seiner ganzen Ausdehnung nach umgrenzt, ist kaum jemals ganz unverändert; ebenso hat das ihn durchbrechende Gestein endomorphe Contactwirkungen aufzuweisen. Nähert man sich dem Schiefer-Contact im Eläolithsyenit, so kommt man in eine fast immer mehrere Meter breite Zone eines gelblichen, stark zersetzten, dichten oder feinkörnigen Eläolithsyenits. An einigen Stellen des Contacts ist das Gestein frisch und gleicht hier voll- kommen einem feinkörnigen Eläolithsyenit von Marblehead bei Salem Mass. U.-S.-A. Verschiedentlich wird der Eläolithsyenit dem Contact zu basischer und reicher an dunklen Mineralien. Die Contactzone im Schiefer weicht von der eines Granites makroskopisch kaum ab. Der Schiefer ist entweder in schwarzen Hornfels oder Knotenschiefer um- gewandelt. Die Knotenschiefer zeigen nie sehr grosse Knoten, wie z. B. die der Granitcontactzone von Andlau-Hohwald (Vogesen). Eine regelmässige Folge im Auftreten von Hornfels und Knotenschiefer ist nicht zu bemerken; bald findet sich der eine, bald der andere oder beide nach einander am Contact. Die Breite der Contactzone ist sehr verschieden, doch beträgt sie zum mindesten immer mehrere Meter. Ein vicariirendes Auftreten von Hornfels und Knotenglimmerschiefer für einander am Contact ist wohl darauf zurückzuführen, dass Knoten- glimmerschiefer, wie das von sächsischen Granitcontaeten bekannt, zu- weilen am innern Contact für Hornfels eintreten kann; an der äusseren Contactzone sind wohl in Folge der Zersetzung des Schiefers im letzteren Falle keine Contactwirkungen mehr wahrnehmbar. An einzelnen Stellen des Gebietes tritt Grauwacke im Contaet mit Eläolithsyenit auf; Der geol. Bau der Serra de Monchigne in der Prov. Algarve. 99 or dieselbe zeigt makroskopisch keine Veränderung. Es bleibt immerhin bemerkenswerth, dass eine so grosse Breite der Contactzone wie bei Graniten von ähnlicher Mächtigkeit nur an wenigen Stellen beobachtet wurde. Es ist nicht auffällig, dass die Contactwirkungen des Eläolith- syenits denen des Granits so gleichen, da wir es in beiden Fällen hauptsächlich mit Veränderungen zu thun haben, welche durch die Temperatur des Eruptivgesteins bedingt sind. Vergegenwärtigen wir uns im Ganzen noch einmal das Bild der Serra Monchique, so werden wir zu der Anschauung gelangen, dass der Eläolithsyenit den blossgelegten Theil eines unterirdisch in den Culmschiefer erfolgten Ausbruches darstellt; der Schiefer wurde hierbei . am Contact in Hornfels oder Knotenschiefer umgewandelt, und der Eläolithsyenit erstarrte dem Contact zu feinkörnig. In den Eläolith- syenit drangen nach seiner Abkühlung die Ganggesteine nach. Später wurde durch die Erosion das Tiefengestein blossgelegt, und wir haben nun in den Gipfeln der Foia und Picota die höchsten erhaltenen Theile der in den Schiefer erfolgten Intrusion vor uns. Die Ver- witterung ging den ursprünglich durch die Krystallisation vorgebildeten Stellen des geringsten Widerstandes nach und schuf so Felsenmeere, bestehend aus kugligen und wollsackähnlichen Blöcken von Eläolith- syenit, auf denen sich dann bei weiterer Verwitterung die Vegetation ansiedelte. (Sonderabzüge ausgegeben den 16. März 1894.) 996 G. Quincke: Ueber Wirbelbewegungen der Luft. Von G. Quincke. (Gesammtsitzung vom 2. Februar 1894.) In der Sitzung des Naturhistorisch-Medicinischen Vereins vom 7. Februar 1890 habe ich die Bewegung fallender Oelkugeln in Wasser besprochen, deren specifisches Gewicht durch Zusatz von Chloroform etwas grösser als das des Wassers war. Eine solche Oelkugel fällt in freiem ruhigen Wasser vertikal. Lässt man aber zwei Oelkugeln gleichzeitig neben einander herabfallen, so nähern und entfernen sie sich von einander beim Herabfallen. Bahn und Fallzeit hängen von Abstand und Geschwindigkeit der fallenden Oelkugeln ab. Der Grund dieser eigenthümlichen Bewegung liegt in den Wirbeln, welche die fallenden Oelkugeln in dem umgebenden, bisher ruhigen Wasser er- zeugen. Die Wassertheilchen der zwischen beiden fallenden Oelkugeln gelegenen Symmetrie-Ebene bleiben dabei in Ruhe. Statt 2 Kugeln kann man eine Oelkugel in der Nähe einer ver- tikalen ebenen Wand fallen lassen, die dann die Rolle der Symmetrie- Ebene spielt. Die eine Oelkugel fällt gleichsam zusammen mit ihrem Spiegelbild in der vertikalen ebenen Wand und nähert oder entfernt. sich von diesem. Diese Fallversuche von schweren Oelkugeln im Wasser sind zeit- raubend und nur einem kleinen Zuhörerkreise zu zeigen. Man kann aber ganz analoge Erscheinungen einem grösseren Zuhörerkreise vorführen, indem man 2 mit Leuchtgas gefüllte Seifen- blasen neben einander oder eine Seifenblase in der Nähe der ver- tikalen Zimmerwand aufsteigen lässt. Bei dem Aufsteigen wird der Abstand der beiden aufsteigenden Seifenblasen von einander oder der einen Seifenblase von ihrem Spiegel- cn. u u Jr Ze Ueber Wirbelbewegungen der Luft. 397 bild in der vertikalen Zimmerwand bald grösser, bald kleiner, und der Grund liegt wieder in den Wirbelbewegungen der Luft, welche die aufsteigenden Seifenblasen erzeugen. Um zwei Seifenblasen gleichzeitig mit Leuchtgas zu füllen, lässt man sie an den Enden eines T-Stückes aus Glas entstehen, die zu 2 horizontalen Schalen ausgeblasen sind, und denen von dem Mittel- rohr aus durch einen T-förmig durchbohrten Glashahn das Leuchtgas zugeführt wird. Aehnliche Erscheinungen treten auf, wenn kleine Staubtheilchen in ruhender Luft oder Flüssigkeit fallen oder wenn ein Luft- oder Flüssigkeitsstrom auf ruhende Staubtheilchen trifft. Die Bewegung der kleinen Staubtheilchen wird durch die Gegenwart und Form der festen Wand in ihrer Ruhe beeinflusst. 2283 G. Quincke: Ueber die Messung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten in Capillarröhren, Von G. Quincke. Die Oberflächenspannung & einer Flüssigkeit lässt. sich aus der mittleren Steighöhe % der Flüssigkeit vom speeifischen Gewicht o in einer Capillarröhre vom Radius r berechnen, wenn der Randwinkel © bekannt ist, unter welchem die Flüssigkeitskuppe die feste Wand der Capillarröhre schneidet. Man hat dann hr 6 c08s 0 2 Bei benetzenden Flüssigkeiten ist der Randwinkel ® = o und c0o8@ = 1. Zu diesen benetzenden Flüssigkeiten rechnet man ge- wöhnlich auch Wasser und wässerige Salzlösungen in Capillarröhren aus Glas. Ich habe seit 1877 die Ansicht vertreten, dass diese Annahme unrichtig, der Randwinkel von Wasser gegen Glas im Allgemeinen grösser als O0 sei und dass deshalb die Messung der Steighöhe in Capillarröhren aus Glas zu kleine Werthe der Oberflächenspannung liefere. Da diese Erklärung mehrfach bezweifelt worden ist, habe ich gleichzeitig mittlere Steighöhe, Randwinkel und Röhrenradius für die Stelle der Flüssigkeitskuppe bei Capillarröhren aus verschiedenem Glas für reines Wasser gemessen. Der Randwinkel war bei ganz frisch vor der Lampe gezogenen Röhren O0 oder sehr klein. Aber selbst bei diesen Röhren betrug er häufig 3 bis 10° und mehr. Die Oberflächenspannung & wurde im Allgemeinen um so grösser gefunden, je grösser der Durchmesser der Capillarröhre ist. Sie an Oberflächenspannung. 3239 betrug bei 18° für das sehr reine Wasser der Heidelberger Wasser- leitung in Capillarröhren aus mm mm mgr/mm Jenaer Normalglas von0,3 bis1,4 Durchm. 7,4 bis 7,85 Englischem Flintglas s 0,4 51,6 a A rne, Schwer schmelzbarem Jenaer Glas „ 0,5 „ 0,9 an Br ER 0 Thüringer Glas .. 0,46 :z 0,93 „un47,22 7,48. Die einzelnen Messungen sind etwa bis auf '/;ooo genau; grösser als die Werthe, welche andere Beobachter mit Capillarröhren für die Ober- flächenspannung des Wassers gefunden haben, und nähern sich den Werthen 7,8 bis 8,4 mgr/mm, welche ich und Andere mit Adhäsions- ringen, flachen Luftblasen oder Steighöhen an einem vertikalen Plan- glas gefunden haben. Es scheint, dass das Glas der Capillarröhren oder Bestandtheile desselben sich im Wasser auflösen, die Oberfläche verunreinigen und die Oberflächenspannung verkleinern. Aehnliche Messungen der mittleren Depression und des Rand- winkels von reinem Quecksilber in Capillarröhren ergaben die Ober- flächenspannung dieser Flüssigkeit zu 54,08 mgr/mm, während meine Messungen an flachen Quecksilbertropfen im Jahre 1858 ergeben hatten im Mittel 53,1 mgr/mm. (Sonderabzüge ausgegeben den 26, Februar 1894.) 230 O. Bütschli: Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen und die Structur von Cellulose- und Chitinmembranen, Von 0. Bütschli. Mit 3 Tafeln. 1) Weitere Fälle schaumiger Gerinnung. a) Lösliche Stärke. b) Collodium. ce) Harze. 2) Beobächtungen über Strueturen eingetrockneter Kieselsäure. 3) Untersuchungen über die Sphärokrystalle und Krystalle des Inulins sowie anderer Körper. a) Inulin. b) Sphärokrystalle anderer Verbindungen (phosphors. Natron, essigs. Bleioxyd, kohlens. Kalk etc.) c) Salmiak. d) Zonare Structur von Plagioklas-Krystallen aus Andesit. e) Einige Bemerkungen über die sog. Phytovitellinkrystalle. {) Allgemeine Beurtheilung der im Vorhergehenden besprochenen feinen Strueturverbältnisse der Sphärokrystalle und Krystalle. 4) Untersuchungen über die Struetur der Cellulosemembranen. 5) Versuche über die Abscheidung der Cellulose aus der Lösung in Kupferoxydammoniak. 6) Sphärokrystalle aus Celluloselösung. 7) Ueber die feinere Structur des Chitinpanzers von Astacus fluviatilis. 3 8) Allgemeine Bemerkung. . H . 2 4 NE Untersuchungen au Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 231 ad Seit der Veröffentlichung meiner letzten Berichte über Unter- suchungen der Gerinnungs- und Quellungserscheinungen, sowie die feinere Structur gewisser sehr quellbarer Gebilde, der Stärkekörner nämlich (2—4), habe ich diese Fragen weiter verfolgt und darüber gelegentlich auch in den Sitzungen des Vereins Einiges vorgetragen. Im Allgemeinen scheint es wichtig, hervorzuheben, dass die anhaltende Beschäftigung mit solchen Problemen immer klarer hervortreten lässt, wie grosse Schwicrigkeiten hier zu überwinden sind. Nur die Ueber- zeugung, dass es sich um Fragen handelt, deren Lösung für das Verständniss der Organismen und der Lebenserscheinungen über- haupt von besonderer Bedeutung sind, kann immer wieder von Neuem anspornen, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, soweit dies mög- lich ist. Wie die folgenden Mittheilungen zeigen werden, bestehen diese Schwierigkeiten wesentlich in der Lösung gewisser Cardinalfragen, deren Entscheidung selbst mit den optischen Hülfsmitteln der Neu- zeit kaum völlig erreichbar scheint. Dazu tritt weiterhin der Umstand, dass dergleichen Untersuchungen sich nothwendig auf Ge- biete ausdehnen müssen, welche dem Biologen ferner liegen und die daher nicht ohne Zagen von demjenigen betreten werden, der aus Er- fahrung weiss, wie leicht Irrthümer sich einstellen, wenn nicht lange Vertrautheit mit dem Gegenstand und den Untersuchungsmethoden vor- handen ist. Im Folgenden werde ich nun über die weiteren Ergebnisse meiner Arbeiten, im Anschluss an das früher Mitgetheilte, berichten. 1. Weitere Fälle schaumiger Gerinnung.') Nachdem ich früher (2) schon gezeigt habe, dass bei der Gerinnung von Eiweiss, Gummi arabicum nnd Gelatine feinschaumig structurirte !) Ich begreife hier unter „@erinnung‘ sowohl solche Processe, bei welchen das Gerinnungsproduct dauernd verändert, z. B. unlöslich wird, als auch solche, wo dies nicht der Fall ist, die Unrlöslichkeit vielmehr nur für das betreffende Gerinnungsmittel besteht. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins, N.Serie. V. 17 9393 O. Bütschli: Gerinnungsproduete gebildet werden, möchte ich hier zunächst über einige ähnliche Fälle berichten. a) Lösliche Stärke, Sehr schön zeigt solche Gerinnungsvorgänge die sog. „lösliche Stärke“, wie sie von Kahlbaum in Berlin zu beziehen ist, bei der Ueberführung in Alkohol. Deckgläser mit etwas eingedickter wässeriger Lösung bestrichen und darauf in Alkohol gebracht, liefern bald ganz zusammenhängende, bald dagegen plasmodienartig netzige Ueberzüge von feinschaumig geronnener Stärke, die zu den schönsten derartigen Beispielen gehören, welche ich bis jetzt beobachtete. Gewöhnlich finden sich in den Lücken der plasmodienartig geronnenen Stärke auch zahlreiche gröbere bis feinere feinschaumige Kügelchen vor, d. h. Tröpfehen, die sich während der Gerinnung abgelöst haben oder durch theilweisen Zerfall des Netzwerkes entstanden sind. Diese Kügelchen besitzen stets eine sehr wohl ausgebildete Alveolarschicht von der früher (1) beschriebenen Beschaffenheit. Bei der Eintrocknung füllen sich die Waben solcher Stärkeschäume häufig streckenweise mit Luft an. Aehnlich wie bei der früher besprochenen flüssigen Gelatine lässt sich die Realität der Schaumstructur leicht und gut durch das Ver- halten gegen verdünnten Alkohol nachweisen. Bei dessen Ein- wirkung auf die geronnene Stärke wird die feste Gerüstsubstanz wieder verflüssigt und der flüssige Inhalt der Waben fliesst theils zu grösseren Tröpfehen zusammen, theils wird er von der umgebenden verflüssigten Stärke allmählich aufgenommen, wobei die Tröpfehen unter steter Ver- kleinerung schliesslich schwinden. — Natürlich lässt sich durch er- neuten Zusatz von Alkohol wiederum Gerinnung hervorrufen. Wenn die geronnene Stärke bei der Eintrocknung keine Luft auf- nimmt, so wird die Schaumstructur sehr undeutlich oder verschwindet auch ganz; die eingetrocknete Masse erscheint dann glasartig homogen. Die oben erwähnten geronnenen Kügelchen nehmen beim Aus- trocknen stets diese homogene Beschaffenheit an. In solchem Zustand u u ı Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 9233 geben sie bei der Untersuchung in Luft (an der Unterseite des Deck- glases besfestigt) zwischen gekreuzten Nicols stets ein sehr deutliches Kreuz und bei Einschaltung eines Gypsblättchens 1. Ordnung die Farben der natürlichen Stärkekörner. Die genauere Untersuchung lehrt je- doch, dass diese Polarisationswirkung nicht von der Substanz der Kügelchen ausgeht, da sie in Damar verschwindet. Sie gehört jeden- falls zu den an der Oberfläche fester und flüssiger Körper auftretenden Polarisationserscheinungen; doch soll hier auf diese leicht zu Irr- thümern führenden und daher wichtigen Erscheinungen nicht näher eingegangen werden, obgleich mir hierüber eine Reihe recht inter- essanter Erfahrungen zur Verfügung steben. b) Collodium. Sehr schöne, äusserst feine Gerinnungsschäume erzielt man ferner mit Celloidin- oder Collodiumlösungen (sog. Collodium duplex), wenn man dieselben auf das Deckglas oder den Objectträger fein aufstreicht und in Wasser zur Gerinnung bringt. Je nach der Goncentration der ver- wendeten Lösung erhält man wie bei der Stärkelösung zusammenhängende oder netzig-plasmodienartige Gerinnungsproducte. Diese Gerinnungs- schäume sind in der Regel sehr fein und zeigen wie alle übrigen die Erscheinung, dass die Structur an den Rändern immer feiner wird. Die äussersten, also auch dünnsten Ränder erscheinen fast immer ‘ structurlos, glasartig. Es wiederholt sich demnach an den Gerinnungs- schäumen die Regel, welche ich schon früher für die am Glase haf- tenden Oelseifenschäume festzustellen vermochte. Ich vermuthete daher schon damals für die letzterwähnten Schäume, dass die scheinbar homogenen Ränder doch in derselben Weise structurirt seien wie der übrige Schaum, nur zu fein, um durch unsere Hülfsmittel erkannt zu werden. Auch für die Gerinnungsschäume muss ich diese Annahme als die wahrscheinlichste erachten und finde eine weitere Stütze derselben in folgendem Verhalten der Collodiumschäume, Werden diese aus- getrocknet, so dringt Luft überall und sehr gleichmässig in sie ein. Der hierdurch vermehrte Unterschied in der Lichtbrechung zwischen 17* 934 O. Bütschli: Gerüstwerk und Wabeninhalt (Luft) macht natürlich die Structur viel deutlicher, insofern nicht etwa an dickeren Stellen die Durchsichtigkeit zu sehr vermindert wird. Die Ränder solch’ lufterfüllter Collodium- schäume zeigen nun im Allgemeinen dasselbe Verhalten, welches eben für die in Wasser untersuchten erörtert wurde, doch bemerkt man, dass sich die deutliche, wenngleich sehr feine Schaumstructur bedeutend näher an die äussersten Ränder verfolgen lässt, d. h., dass Partien des Randes, welche im Wasser anscheinend homogen waren, jetzt deutlich structurirt erscheinen. Hieraus folgt sicherlich, dass sie dies auch schon anfänglich waren, ihre sehr feine Structur aber wegen der Blässe der Zeichnung bei geringerem Unterschied in der Lichtbrechung nicht er- kennbar war. Dass häufig auch schön faserige Structuren im geronnenen Collodium und in den oben erwähnten Stärkeschäumen vorkommen, bedarf kaum der Erwähnung, da sich Derartiges in allen solchen Gerinnungspro- ducten unter geeigneten Umständen ausbilden muss. Für wichtig halte ich folgende Beobachtung, welche ich an der Collodiumlösung mit aller Sicherheit anstellen konnte. Es fiel bald auf, dass beim Eintrocknen einer auf dem Objectträger oder Deckglas befindlichen dünnen Schicht der Collodiumlösung ein Moment eintritt, wo sich die Schicht weisslich trübt, während sie später wieder durch- sichtiger wird. Spätere Erfahrungen, über die ich gleich berichten werde, liessen mich vermuthen, dass das Collodium auch schon bei ge- wöhnlicher Eintrocknung an der Luft in Form eines feinen Gerinnungs- schaumes erstarrt. Die genauere Prüfung hat diese Vermuthung voll- kommen bestätigt; die eingetrocknete dünne Collodiummembran ist ganz deutlich schaumig structurirt, wie die in Wasser geronnene, nur noch feiner. Ich habe früher schon bemerkt (4), dass eine Lösung von Weizen- stärke feinschaumig eintrocknet; demnach läge bei dem Collodium ein entsprechender Fall vor, wenn nicht, wie ich weiter unten erörtern werde, gewisse Zweifel hinsichtlich der richtigen Deutung der Structur - eingetrockneter Stärkelösung möglich wären, wogegen ich bezüglich‘ der wirklichen Schaumstructur des eingetrockneten Collodiums keine Zweifel habe, Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 9235 e) Harze. Es lag nahe, zu vermuthen, dass mit Harzlösungen leicht Ge- rinnungsschäume zu erhalten sein werden, da namentlich auch schon Frank Schwarz auf Entmischungsvorgänge in Harzen hingewiesen hatte. Bis jetzt habe ich namentlich mit Damarharz und gebleichtem Schellack, wenig dagegen mit Colophonium operirt. Zu den Versuchen mit Damar wurde der in unseren Laboratorien gebräuchliche Damar- lack (eine Lösung von Damar in gleichen Volumtheilen Xylol und Terpentinöl) verwendet, von dem Schellack und Colophonium dagegen alkoholische Lösungen. Durch Einlegen von mit der Harzlösung bestrichenen Deckgläsern oder Objeetträgern in Wasser erhält man schöne Gerinnungsschäume. Bei Verwendung von Damarlack geht jedoch die Schaumbildung recht langsam vor sich; man muss ein bis mehrere Tage warten, bis die doch nur dünne Schicht durch und durch schaumig geworden ist. Der Process verläuft also ähnlich langsam wie bei der Bildung der von mir beschriebenen Oelseifenschäume. Die alkoholischen Lösungen von Schellack und Colophonium dagegen gerinnen in Wasser sehr rasch. Diese Verschiedenheit erklärt sich leicht aus dem Umstand, dass der Alkohol, welcher als Lösungsmittel für Schellack und Colophonium - dient, rasch viel Wasser aufnimmt, was einen schnellen Entmischungs- process mit Ausscheidung feinster Tröpfchen wässrigen Alkohols her- vorrufen muss, während das Lösungsmittel des Damarharzes nur wenig und langsam Wasser aufnimmt, weshalb der Entmischungsvorgang auch entsprechend langsam verläuft. Dieselbe Bedingung, in Gemein- schaft mit dem Umstand, dass der Damarlack unter solchen Verhält- nissen längere Zeit flüssig bleibt, bewirken jedenfalls auch, dass der Damarschaum niemals sehr fein und gewöhnlich auch nicht sehr dicht wird, während die beiden anderen Harze, besonders aber das Colo- phonium, sehr fein structurirte Gerinnungsschäume gaben. Dennoch gelang es, gerade an den Damarschäumen einige inter- essante und in gewisser Hinsicht wohl nicht unwichtige Beobachtungen zu machen. Den beiden genauer studirten Harzschäumen, denen des Damars und des Schellacks, ist es, wie zu erwarten, eigen, dass sie 936 0. Bütschli: sich bei der Austrocknung mit Luft füllen. Ich betone, dass die Damar- schäume, wenn sie längere Zeit in Wasser gelegen haben, ganz hart und fest geworden sind, wovon man sich leicht mit der Nadel über- zeugen kann. An diesen meist ziemlich groben Damarschäumen kann man sich nun unter dem Deckglas ganz bestimmt vergewissern, wie die Erfüllung der Waben mit Luft vor sich geht. Vorauszuschicken dürfte noch sein, dass die Lufterfüllung dieser Schäume nie eine vollständige ist, dass sie vorzugsweise die grösseren Waben und die randlich gelegenen ergreift, während die übrigen bei der Austrocknung entweder ganz verschwinden oder doch viel undeut- licher werden. Bei der Füllung der Wabenräume mit Luft sieht man nun sehr klar, wie die Luft zuerst als ganz kleines Bläschen fast stets randlich in der Wabe auftritt; das Bläschen wächst rasch heran und erfüllt schliesslich die Wabe unter Verschwinden der Flüssigkeit voll- ständig. Man könnte einwenden, dass die Füllung der Wabe mit Luft durch das Platzen der oberen freien Wabenwand hervorgerufen werde, namentlich da es direct zu sehen ist, dass hier und da einige grössere Waben auf diese Weise geöffnet worden sind. Ich habe diesen Punkt daher mit besonderer Sorgfalt untersucht und mich bestimmt überzeugt, dass die ganz geschlossenen Waben von Luft erfüllt werden, die in dem Maasse eindringt, als die Flüssigkeit der Wabe verdunstet. Weiterhin liess sich auch eventuell vermuthen, dass die in den Waben auftretenden Gasbläschen nicht Luft seien, sondern Dampf der Wabenflüssigkeit. Mir scheint dies aber sehr unwahrscheinlich, weil wir sehen, dass die Flüssigkeit der geschlossenen Waben meist sehr rasch, häufig geradezu momentan verdunstet, ihre Dämpfe also durch die dünne Harzmembran müssen austreten können, was auf der andern Seite natürlich erscheinen lässt, dass die Luft durch die Wabenwand wird eindringen können. Dazu gesellt sich noch folgende Thatsache. Bringt man solch’ lufthaltige ausgetrocknete Damarschäume in ca. 25°/,igen Alkohol, so füllen sich die lufthaltigen Waben wieder . mit Flüssigkeit, wobei man verfolgen kann, wie vom Rande der Wabe aus die Luft allmählich, meist jedoch sehr rasch, absorbirt Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 9257 wird. Der 25 °/,ige Alkohol durchdringt also sehr rasch die Harz- membranen. Ganz dieselben Erscheinungen lassen sich übrigens in demselben Verlauf an den früher (2) von mir beschriebenen feinen Gelatine- schäumen, welche durch Emulsionirung von Gelatine und Olivenöl her- gestellt wurden, beobachten. Ist aus solchen Schäumen durch Alkohol und Aether das Oel entfernt worden, so sieht man beim Verdunsten des Alkohols die Anfüllung der Waben mit Luft ganz in der oben beschriebenen Weise vor sich gehen und ebenso bei Wiederzusatz von Alkohol das Schwinden der Luft und die neue Füllung der Waben mit Flüssigkeit. Irgendwelche Sprünge oder Oefinungen der Waben sind nicht aufzufinden. Wie vorhin bemerkt wurde, füllen sich nicht sämmtliche Waben des austrocknenden Damarschaumes mit Luft an, sondern zahlreiche verschwinden ganz und die Umrisse vieler werden undeutlicher; es scheint, dass diese lezteren beim Austrocknen in ihrem Centrum häufig eine gewisse Menge Luft aufnehmen, welche jedoch hinter dem ur- sprünglichen Volumen der Waben sehr zurückbleibt. Die genauere Ver- folgung der letzterwähnten Waben beim Eintrocknen zeigt, dass der flüssige Inhalt allmählich schwindet, ohne gleichzeitiges Eindringen von Luft. Das Bläschen oder die Wabe sinkt daher zusammen und wird häufig deut- lich faltig bis runzelig, zuweilen werden auch seine Umrisse eckig bis zackig. Dieses Verhalten dürfte sich wohl am richtigsten dadurch er- klären, dass die Harzmasse an solchen Stellen noch etwas weich und nachgiebig ist, weshalb beim Verdunsten des flüssigen Inhalts der Waben deren noch biegsame Wände einsinken und faltig werden. Führt dieser Vorgang schliesslich zur vollständigen Verdunstung der Flüssig- keit der Wabe, so legen sich deren obere und untere Wand dicht aufeinander, womit die in der Regel so deutliche Wabe ganz unsichtbar wird. Doch kann auch, wie ich aus gewissen Gründen schliesse, nach Beginn der Eintrocknung zuweilen noch Luft in die centrale Partie der Waben eindringen und diese daher offen und sichtbar bleiben, während die periphere Partie undeutlich wird. Immerhin ist zu be- rücksichtigen, dass auch die grösseren, ganz zusammengesunkenen, ober- 238 OÖ. Bütschli: flächlichen Waben verschwommen sichtbar bleiben können, indem sie zu concaven Einsenkungen zusammenfallen, Es erhob sich nun die wichtige Frage, ob dieses scheinbar völlige Schwinden der Waben oder Bläschen wirklich deren Untergang herbeiführt, d. h. ob die zusammenfallenden Wabenwände etwa zu einer homogenen Masse mit einander verschmelzen. Dies ist nun von vornherein unwahrscheinlich und die genauere Untersuchung spricht denn auch mit Bestimmtheit für das Gegentheil. Hiermit gelangen wir zu dem meiner Ansicht nach wichtigsten Punkt dieser Beobachtungs- reihe. Wie ich vorausgesetzt hatte, gelingt es nämlich leicht, die beim Austrocknen völlig verschwundenen Bläschen oder Waben genau an derselben Stelle und in der früheren Grösse wieder hervorzurufen, wenn man die ausgetrocknete Damarschicht unter 25 °%, Alkohol bringt. Da dieser Gegenstand für die Vorgänge bei der Quellung schein- bar homogener Substanzen sehr wichtig ist, so will ich hier den best- gelungenen und ausführlichsten dieser Versuche etwas genauer beschreiben. In einem auf dem Objectträger befindlichen, ziemlich lockeren, emulsions- artigen Damarschaum wurde eine charakteristische Stelle aufgesucht, auf dem Objecttisch festgestellt und hierauf frisch, wie sie im Wasser sich darstellt, photographirt. Darauf wurde das Deckglas abgehoben und die Damarschicht in Luft ausgetrocknet. Dabei füllten sich eine Anzahl der grösseren Bläschen mit Luft; die kleineren dagegen wurden sehr undeutlich oder verschwanden ganz, so dass der grössere Theil der früheren Structur nur noch bei hoher oder tiefer Einsenkung schatten- haft zu erkennen war. Wurde darauf das Deckglas wieder aufgelegt (natür- lich unterstützt) und alsdann 25 °/,iger Alkohol zugesetzt, so trat naclı verhältnissmässig kurzer Zeit (ca. '/, Stunde) die frühere Structur und Beschaffenheit wieder in allen Einzelheiten hervor, Bläschen für Bläschen. Austrocknung und Wiederhervorrufung wurde nun mit dem gleichen Erfolg noch zwei Mal vorgenommen, wobei allmählich auch die Reste der früheren Structur im trockenen Zustand bis auf die An- deutung einer beschränkten Zahl grösserer Bläschen fast ganz ver- schwand. Darauf wieder ausgetrocknet und die Nacht über ohne Deckglas neben den geheizten Öfen gesetzt; den anderen Morgen war Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 239 jede Spur der ehemaligen Structur bis auf die oben erwähnten grössten Bläschen, welche jetzt meist sicher von Luft erfüllt sind, verschwunden. Abgesehen von diesen Bläschen und hie und da eingestreuten Staub- theilchen, erschien die Damarschicht ganz homogen. Darauf wie früher mit 25 %/,igem Alkohol behandelt, tauchte die ehemalige Structur rasch wieder auf. Die völlige Uebereinstimmung der Anordnung lässt sich mit Hülfe der Photographieen streng nachweisen. Nach gelegentlicher Wiederaustrocknung und Hervorrufung im Lauf dieses Tages wurde das Präparat schliesslich ohne Deckglas 24 Stunden in dem Wärm- schrank bei 54°C getrocknet, worauf die anscheinend homogene Be- schaffenheit wieder eingetreten war. Als nun das so behandelte Präparat unter 25 °/yigen Alkohol gebracht wurde, war nach etwa Y, Stunde die frühere Structur nicht wieder erschienen. Wurde jedoch nun 50 °/,iger Alkohl zugesetzt, so trat sie wiederum sehr rasch in allen Details hervor; doch zeigten sich bald stellenweise Zerstörungen durch Zu- sammenfliessen von Bläschen, da das Damargerüst durch den 50 ?/,igen Alkohol jedenfalls zu stark erweicht wurde. Besonders zu betonen ist noch, dass die Bläschen nicht nur an denselben Stellen und in derselben Grösse wieder erscheinen, sondern auch in ihrer charakteristischen Form, was leicht daran zu’ erkennen ist, dass viele von Anfang an nicht kugelig, sondern elliptisch bis un- regelmässig gestaltet waren. Natürlich ist nicht zu erwarten, dass eine mathematisch genaue Uebereinstimmung der Form bei dem wieder- holten Austrocknen und Wiederhervorrufen bestehen bleibt, doch ist die charakteristische Gestalt der verschiedenen Bläschen auf den Photo- graphieen stets leicht wieder zu finden. Der eben geschilderte Versuch dürfte sicher beweisen, dass die Waben im ausgetrockneten Damarschaum nicht völlig schwinden, sondern nur colla- biren und deshalb unsichtbar werden, dass also die ursprüngliche Structur anch in dem scheinbar homogen gewordenen Schaum erhalten geblieben ist. Diese Erfahrungen dürften noch vielsichererals die früher (2) mitgetheilten über das Verschwinden und die Wiederhervorrufung der Structur in Gelatine, welche durch Alkohol geronnen war, erweisen, dass in an- scheinend homogenen, quellbaren Körpern recht wohl feinste Hohlräume 940 O. Bütschli: vorhanden sein können, ja ich möchte sagen, müssen, welche sich bei der Quellung mit Flüssigkeit füllen und ausdehnen. Wir fanden oben, dass Alles dafür spricht, dass die Waben oder Bläschen sich beim Eintrocknen nicht etwa allseitig verkleinern wie eine schrumpfende Kugel, sondern flach zusammensinken und ihre beiden Flächen sich schliesslich dicht aufeinanderlegen, ohne dass die Durch- messer der nun gewissermassen geschlossenen Waben wesentlich ver- kleinert werden. Für diesen Verlauf scheinen mir auch die sonstigen Bedingungen durchaus zu sprechen, indem die auf Glas adhärirende Damarschicht sich in der Fläche nicht zusammenziehen kann und die Verdunstung des Wabeninhalts einseitig nach ihrer freien oberen Fläche geschieht. Bei dem Wiederaufquellen des Damars in 25 °/,igem Alkohol, unter Wiedererscheinen der Structur, tritt denn auch keine bemerkbare "Ausdehnung in der Fläche auf, vielmehr muss, wie die obige Voraus- setzung über das Collabiren der Bläschen erfordert, im Wesentlichen nur eine Zunahme der Höhe oder Dicke der Damarschicht stattfinden. Ganz dieselbe Erfahrung machen wir auch an quellbaren Sub- stanzen, welche unter ähnlichen Verhältnissen eingetrocknet wurden; auch diese quellen unter solchen Bedingungen ganz vorwiegend in der Richtung der Dicke, d. h. senkrecht auf die Flächenausdehnung, wogegen die Vergrösserung in der Fläche viel geringer ist. Eine Gelatine- oder Leimtafel, bei deren Eintrocknung sich dieselben Be- dingungen wenigstens theilweise geltend machen müssen, zeigen ja dies vorwiegende Quellen in der Dickenrichtung sehr ausgesprochen. Diese Erscheinungen machen es also auch recht wahrscheinlich, dass bei quellbaren Körpern, wie Gelatine, geronnenes Eiweiss u. a., welche sich den quellbaren Damarschäumen in dieser Beziehung ähnlich verhalten, auch die gleichen Bedingungen hierzu Veranlassung geben. Hierdurch erhält die von mir schon früher ausgesprochene Vermuthung, dass auch das Homogenwerden des trockenen geronnenen Eiweisses auf dem Collabiren der Waben beruhe, eine Stütze und weiterhin die bekannte Thatsache des verschiedengradigen Quellungs- . vermögens in verschiedenen Richtungen des Raumes eine gewisse Er- klärung. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 241 Erscheinungen von ziemlichem Interesse bietet die alkoholische Schellacklösung dar. Wird dieselbe in dünner Schicht auf dem Ob- jecträger oder Deckglas an der Luft getrocknet, so wird die Schicht rasch trübe und schliesslich ganz weiss. Die Feuchtigkeit der Luft ist dabei ohne Einfluss, da die Erscheinung im Exsiccator ebenso vor sich geht. Genauere mikroskopische Untersuchung der getrockneten Schellack- schicht ergibt, dass sie in der Hauptsache in zweierlei Weise ge- bildet sein kann. Entweder als eine zusammenhängende feinwabige Schicht oder in Gestalt sehr kleiner, dicht gelagerter Kügelchen, d.h. Globuliten, wie diese Gebilde von den Forschern, die sich mit der Krystallbildung beschäftigt haben, seit langer Zeit bezeichnet werden. Die mannigfaltigen Gruppirungen und Vereinigungen dieser Globuliten werden später noch zu betrachten sein, wenn ich über meine Beob- achtungen an Globuliten sprechen werde. Hier interessirt uns hauptsäch- lich die Thatsache, dass beim Eintrocknen der Schellacklösung auch wabig structurirte Producte entstehen können, ähnlich wie vorhin schon für die Collodiumlösung berichtet wurde. Wurde das Ein- trocknen einer an der Unterseite des Deckglases befindlichen dünnen Schicht der Lösung direct verfolgt, so liess sich in der Mitte der Schicht wahrnehmen, dass die schaumige Beschaffenheit zu einer ge- wissen Zeit ganz plötzlich wie auf einen Schlag auftritt und daher ganz ebenso wie ein plötzlicher Entmischungsvorgang erscheint. An den Rändern der Schicht dagegen bilden sich bei der Eintrocknung stets heftige Strömungen, welche die nähere Einsicht in die Verhältnisse sehr er- schweren. Die auf solche Weise entstandenen Schellackschäume füllen sich sofort mit Luft; häufig lässt sich aber auch deutlich verfolgen, dass die entstandene Schaumstructur bei fortdauernder Austrock- nung stellenweis wieder rasch verschwindet und einem homogenen Aussehen Platz macht. Dass jedoch dieser anscheinend homogene Schellack dies thatsächlich ebenso wenig ist wie der oben beschriebene Damar, geht daraus hervor, dass die betreffenden Stellen bei Zusatz von verdünntem Alkohohl sofort wieder ihre schaumige Structur an- nehmen. Wenn auch die angestellten Beobachtungen durchaus dafür sprechen, dass die von dem verdünnten Alkohol hervorgerufene Structur 949 OÖ. Bütschli: dieselbe war, die früher existirte, so habe ich dies doch bei den Schellackschäumen nicht auf die exacte und genaue Weise, die vorhin bei den Damarschäumen geschildert wurde, verfolgt. 2. Beobachtungen über Structuren eingetrockneter Kieselsäure. Da das Sichtbarwerden von verborgenen Structuren in anschei- nend structurlosen Substanzen besonders für die Erzeugnisse des Or- ganismus von grosser Wichtigkeit ist, so möchte ich hier noch auf einen interessanten derartigen Fall hinweisen. Früher (4) erwähnte ich, dass lösliche Kieselsäure oder Kieselsäuregallerte beim Eintrocknen auf dem Objeetträger vorübergehend feinwabige Structur zeigt, die stellenweis auch nach dem Eintrocknen durch Eindringen von Luft dauernd sichtbar bleibt. Eine grössere Menge solcher Kieselgallerte, die unbeachtet sehr langsam eintrocknete, lieferte eine etwas weisslich trübe, hornartige, sehr spröde Substanz, welche sich durch folgende bemerkenswerthe Eigenschaft auszeichnet. Bringt man ein Stückchen der lufttrockenen Substanz in Wasser, so entweicht aus ihm reichlich Luft in kleinen Bläschen und das Stückchen wird unter Wasserauf- nahme glasartig durchsichtig. Es verhält sich also ähnlich wie die unter dem Namen Hydrophan bekannte natürliche Kieselsäure. Häufig ist mit der Wasseraufnahme ein Zerspringen in kleinere Stückchen verbunden. Wieder an der Luft getrocknet, werden die Stücke so trübe und weisslich wie früher. Die trockene Kieselsäure lässt, abgesehen von einigen Verun- reinigungen und ziemlich reichlich anwesenden stärker lichtbrechenden Körnchen keine Structur erkennen. Wurde die in Wasser glasig ge- wordene Substanz unter dem Mikroskop langsam eingetrocknet, so trat in einem gewissen Zeitpunkt plötzlich eine feinwabige Structur auf, die jedoch nur wenige Minuten sichtbar blieb und dann unter Verblassen wieder gänzlich verschwand. Ganz dasselbe habe ich viel- fach an einem Präparat verfolgt, welches dadurch erhalten worden war, dass kleine Tröpfchen der ursprünglichen Kieselsäurelösung auf dem Ob- jeetträger eingetrocknet worden waren. Die meist sehr zersprungene Kieselsäure war grossentheils ganz durchsichtig glasig, nur hie und da Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 245 an den Rändern wabig structurirt. Haucht man nun dieses Präparat einige Male an und verfolgt dann die Austrocknung unter dem Mikroskop, so kann man die oben beschriebene Erscheinung regelmässig wahrnehmen. Ob bei der Wasseraufnahme der Kieselsäure eine schwache Quellung stattfindet, lässt sich nicht sicher erkennen, jedenfalls müsste dieselbe sehr geringfügig sein. Dass jedoch Volumenveränderungen und in Folge davon Spannungen bei dem Wassereintritt stattfinden, darauf weist das gewöhnliche Zerspringen der in Wasser gebrachten lufttrockenen Kieselsäurestücke hin. Aus obiger Schilderung folgt, dass hier ein hübsches Beispiel vorübergehend deutlicher Structuren vorliegt; ob diese Structuren aber, wie ich sie eben und früher bezeichnete, als rein wabige aufzu- fassen, oder ob sie als globulitisch-wabige anzusehen sind, in dem später genauer zu besprechenden Sinne, lasse ich vorerst unentschieden. Ebenso bin ich ausser Stand, ein. plausibele Erklärung für den ge- sammten Verlauf der Erscheinung zu geben. Die weisslich-trübe Be- schaffenheit im lufttrockenen Zustand beruht auf Lufthaltigkeit der Structur, wie das Austreten von Luft im ‚Wasser bestimmt zeigt. Dieser Schluss wird ferner noch dadurch bestätigt, dass lufttrockene Kieselsäurestücke bei längerer Erhitzung auf 120° C. ganz weiss, porzellan- artig werden; sie haben demnach noch Wasser verloren und Luft aufgenommen. In Wasser gebracht, werden sie auch jetzt wieder rasch glasig durchsichtig. Bei längerem Liegen an der Luft gehen sie wieder in den weisslich-trüben Zustand der lufttrockenen Stücke über. Die glasartige Durchsichtigkeit im wassererfüllten Zustand beruht jedenfalls auf dem geringeren Brechungsunterschied zwischen Wasser und dem Kieselsäuregerüst. Wie kommt es aber, dass die Structur beim Austrocknen kurze Zeit so deutlich hervortritt und darauf wieder verschwindet? Ein Zusammenschrumpfen der Hohlräume, wodurch diese kleiner und daher unsichtbar würden, lässt sich nicht annehmen, da eine Quellung fehlt oder doch sehr geringfügig ist, auch die nach- weisliche Lufthaltigkeit dagegen spricht. Man könnte daher zur Er- 944 O. Bütschli: klärung nur zu einer wechselnden Brechbarkeit des Kieselsäuregerüst- werks Zuflucht nehmen, ‘was möglich, jedoch nicht sehr wahrschein- lich ist. Genaueres Studium der näheren Bedingungen und Umstände dürfte aber die gewünschte Aufklärung wohl ergeben. 3. Untersuchungen über die Sphärokrystalle und Krystalle des Inulins sowie anderer Körper. a) Inulin, Meine früher geschilderten Beobachtungen über den feinen Bau der Stärkekörner veranlassten mich, auch die Structur der sog. Sphärokrystalle des Inulins zu untersuchen. Schon 1893 (4) konnte ich berichten, dass letzteren nach meinen Ergebnissen ganz derselbe Bau wie den Stärkekörnern zukomme, also ein concentrisch geschicbtet-wabiger. Ich will nun versuchen, die ziemlich zahlreichen Beobachtungen, welche ich an dem Inulin ausführte, ein wenig darzu- legen, soweit dies ohne eingehendere bildliche Erläuterungen mög- lich ist. Eine ziemlich concentrirte wässerige Inulinlösung verhält sich bei der Eintrocknung auf dem Objectträger etwas verschieden. Auf dem Wasserbad in mässig dicker Schicht bei 100 ° eingetrocknet, erscheint der Rückstand in der Regel ganz homogen glasartig ohne erkennbare Struc- turen. Nur an den Rändern finden sich häufig einige mehr oder weniger ausgebildete ganz flache Sphären und im Innern der homogenen Inulin- masse nicht selten ganz kleine Anfänge solcher. Bei der Schilderung dieser letzteren, wie auch der grösseren, werde ich zunächst aus- schliesslich das Bild, welches man bei tiefer Einstellung erhält, berück- sichtigen und erst später auf eine Discussion über die richtige Deutung dieses Bildes zurückkommen; vorerst möge es als ein in allen Theilen reelles der Schilderung zu Grunde’ gelegt werden. Die erwähnten kleinsten Anfänge von Sphären erscheinen als ein minutiöses centrales Bläschen oder eine Wabe mit hellem Inhalt und dunkler Wand, um welche als Centrum i. d. R. 6 ebensolche Waben concentrisch herumgelagert sind. Die Umrisse des so ge- Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 945 bildeten Körperchens sind etwa kreisförmig bis schwach sechseckig. Jedenfalls finden sich gelegentlich auch derartige kleinste Sphären, deren Centrum von einem stärker lichtbrechenden Kügelchen gebildet wird, um das sich 6 oder annähernd diese Zahl von Waben herum- ordnen; denn bei den grösseren Sphären ist das Centrum zuweilen so gebaut und bei den Sphärokrystallen anderer Stoffe kann man dies noch häufiger beobachten. Grössere bis sehr ansehnliche, ganz flache Sphären erhält man, wie ich, durch obige Erfahrungen geleitet, fand, wenn man die Inulinlösung in ein flaches Schälchen thut, in sie einige Objectträger oder flache Deckgläser vertikal stellt, so dass dieselben theilweise aus der Lösung herausragen, und nun auf dem Wasserbad zur Trockne eindampft. Auf diese Weise erzielt man auf den eingestellten Gläsern meist zahlreiche, sehr schöne Sphären verschiedenster Grösse, die wegen ihrer Dünne — sie erscheinen wie Durchschnitte kugeliger Sphären — die Structuren vortrefflich zeigen. In der Regel sind diese Sphären, wie es dem Inulin üblich ist, mehr oder weniger von radiären Sprüngen durchsetzt, welche von den eigentlichen Structuren sorgfältig unterschieden werden müssen. Der Aufbau der grösseren Sphären geschieht nun ganz entsprechend den vorhin geschilderten ersten Anfängen, indem sich um die innerste con- centrische Schicht von Bläschen oder Waben eine zweite, darauf eine dritte u. s. f. herumlegt, bis schliesslich auf diese Weise recht umfang- reiche und prächtig geschichtete Sphären entstanden sind (s. Fig. 2 u. 3). Diese grösseren Sphären sind entweder wie die kleinsten in einer homogen scheinenden, zuweilen jedoch auch stellenweise wabig struc- turirten Inulinmasse zerstreut eingebettet, oder stossen, wenn sie dichter neben einander gelagert sind, unter Ausbildung polygonaler Figuren, zusammen. Nicht selten findet man auch zwei oder mehrere benachbarte Sphären zusammengewachsen und hierauf zum Centrum einer grösseren Sphäre geworden, Alles Dinge, welche von anderen Sphärokrystallen und namentlich auch Stärkekörnern schon bekannt sind. Nicht uninteressant ist, dass die concentrische Schichtung in der äusseren Region der Sphärokrystalle zuweilen undeutlich wird oder 246 O. Bütschli: ganz schwindet und dafür eine unregelmässig wabige Structur auf- tritt. Wo die Sphären in scharfer Grenzlinie zusammenstossen, ist dann deutlich zu bemerken, dass die Grenzwaben senkrecht auf dieser Linie stehen, ebenso wie die Grenzwände der Waben eines con- centrischen Ringes stets radiär gerichtet sind. Uebrigens ist die concentrische Schichtung nicht stets so deutlich wie bei den zunächst besprochenen Sphären, im Gegentheil ist sie vielfach nur wenig oder gar nicht ausgeprägt. In diesem Fall sind nämlich die Waben vorwiegend radiär geordnet, wobei ihre radiär gerichteten Wände sich auf grössere Strecken zu radiären Bälkchen oder Fasern hinter einander reihen. Es ist leicht einzusehen, dass zwischen diesen beiden Extremen die verschiedenartigsten Uebergänge vorkommen. Oben wurde schon betont, dass die kleinsten Anfänge der Sphären häufig einen hexagonalen Umriss haben; auch etwas grössere, die aus mehr concentrischen Wabenschichten bestehen, sind zuweilen sehr schön und regulär sechseckig. Bei weiterer Entwicklung gehen die Sechsecke aber i. d. R. in Sphären über. Wird nun durch diese Zustände zweifellos ein Bestreben des Inulins zur Ausbildung wirklich krystallinischer Zustände angezeigt, so deutet darauf weiter hin, dass ich in einem der Präparate ein ganz prächtiges Gebilde fand, das, von einer kleinen sechseckigen Anfangssphäre ausgehend, zu einer concentrisch geschichteten grossen krystallskeletartigen Formation aus- gewachsen war, welche sehr an gewisse Krystallskelete des Eises bei Eisblumen oder Schneekrystallen erinnerte. Ferner fanden sich in einem der Präparate auch kleine wetzsteinförmige Körperchen vor, die zu sechseckigen Gebilden auswachsen konnten und häufig zu Vier- lingen verwachsen waren. Ein Punct in dem Bau der Sphären ist noch zu erwähnen. Nicht selten sind nämlich solche, deren concentrische Ringe nicht aus gleich grossen Waben bestehen, sondern wo z. B. auf eine Anzahl Ringe kleinerer Waben ein aus grösseren gebildeter folgt, was sich in ähn- licher Weise mehrfach wiederholen kann. Da nun die gesammte Zone der Ringe feinerer Waben dunkler erscheint, wie die zwischenge- schaltete Zone der Ringe grösserer, so wechseln in solchen Sphären Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 947 hellere und dunklere Zonen von gewöhnlich verschiedener Breite mit einander ab, und man bemerkt deshalb auch bei schwächerer Ver- grösserung eine concentrische Schichtung, welche nicht mit jener ersterwähnten zu verwechseln ist. Endlich begegnet man auch Sphären, welche nur die letzterwähnten gröberen hellen und dunklen Zonen zeigen, dagegen nicht mehr oder doch nicht mehr deutlich deren feinere Structur. Wer die meist so klaren Structuren der Sphären verfolgt hat, wird nicht daran zweifeln, dass sie auch den letzterwähnten nicht fehlen, sondern nur wegen besonderer Kleinheit unsichtbar bleiben. Die ebenerwähnte Ausbildungsstufe der Inulinsphären entspricht nach ihrer Beschaffenheit jener der nicht gequollenen Amylumkörner; denn was man an diesen von Schichtung sieht, bezieht sich jedenfalls nicht auf die Schichten feiner Waben, welche bei der Quellung her- vortreten, sondern auf solche Zonen verschieden grosser Waben, die in ihrer Gesammtheit verschiedene Dichte und daher einen verschiedenen Helligkeitsgrad besitzen. Wären die entsprechenden Inulinsphären quell- bar, so würde sicherlich ihre feinere Structur durch Quellung ebenso sichtbar zu machen sein wie die der Stärkekörner. b) Sphärokrystalle anderer Verbindungen. Um zu einem genaueren Verständniss der Sphärokrystalle des Inulins und damit auch der Stärkekörner zu gelangen, erschien es wünschens- werth, auch solche zu untersuchen, welche sich gelegentlich aus gut krystallisirenden Substanzen bilden. Bei den im Nachfolgenden kurz zu schildernden Beobachtungen ging ich zunächst von dem Studium der Globuliten aus, indem sich bald die Nothwendigkeit herausstellte, zu ermitteln, ob sich die geschilderten Structuren des Inulins eventuell auf besondere Zusammengruppirung von Globuliten zurückführen lassen. Bei diesen Studien fand icb denn auch sehr hübsche Beispiele sphäro- krystallinischer Bildungen, welche sich in fast allen Punkten jenen des Inulins anschliessen. Ich gedenke hier zunächst der Versuche mit gewissen Salzen. Am besten erwies sich das gewöhnliche phosphorsaure Natron Na, H, PO, + 12H, O0. Eine 5 °/,ige Lösung, in sehr dünner Schicht auf dem Verhandl, d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins, N, Serie, V. 18 248 O. Bütschli: Objectträger eingetrocknet, ergibt i. d. R. zahlreiche mehr oder weniger langgestreckte glasige Krystallblätter (monoklin), zuweilen aber auch eine vollkommen unkrystallinische glasige structurlose Schicht. Nach kürzester Zeit beginnen die Krystallblätter oder die erwähnte glasige Masse sich zu verändern, indem Verwitterung auftritt. Dabei gehen nach den darüber vorliegenden Angaben 5 Moleküle Wasser verloren, es bildet sich das Salz Na,H, PO, + 7H,0. Dieses Salz nun tritt innerhalb der Krystallblätter oder der glasigen Masse in schönen Structuren auf, und zwar, in Kürze bemerkt, in dreierlei Formen: 1. Entweder geht das gewöhnliche phosphorsaure Natron bei dieser Umwandlung in eine unregelmässig feinwabige Masse über, oder 2. diese wabige Masse zeigt eine mehr oder weniger regel- mässige Anordnung dadurch, dass sich parallele Reihungen der Waben ausbilden und damit also Streifungen, welche jedoch in einem und demselben ehemaligen Krystallblatt in sehr verschiedenen Richtungen und, wie es scheint, ohne bestimmte Beziehungen zu den Umrissen des Blattes verlaufen; 3. bilden sich die schönsten Sphären von z. Th. sehr beträcht- licher Grösse aus, welche in allen wesentlichen Puncten jenen des Inulins entsprechen. Viel seltner wie bei diesen haben die Sphären ganz kreisföürmige Umrisse, i. d. R. sind sie mehr oder weniger elliptisch bis ziemlich langgestreckt. Auch solche, die vierblättrigen Kleeblättern in ihren Umrissen gleichen (Fig. 5), bisquitförmige und durch mehrfache Verwachsungen vielgestaltige finden sich vor. Ebenso sind auch unvollständige Sphären nicht selten. Wie gesagt, ist die feinere Structur dieser Sphären sehr ähnlich der beim Inulin beobachteten; Wechsel dunkler und lichter Zonen ist sehr gewöhnlich (Fig. 4); strahlige Ausbildung an Stelle der concentrischen tritt häufig auf; namentlich ist bei den langgestreckten Sphären in der Regel die axiale Partie strahlig gebaut, so dass die Längsaxe von einem etwa stundenglasförmigen Strahlenbüschel durchzogen erscheint. Doch gibt die kurze Schilderung natürlich nur ein sehr unvollständiges Bild der grossen Mannigfaltigkeit der Sphären. Verfolgt man die Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 249 Entstehung der Sphären, so bemerkt man als ihre erste Anlage zum Theil ähnliche kleine Sphären, wie sie oben beim Inulin geschildert wurden und zwar kann deren Centralpunct entweder von einer Wabe oder von einem stärker lichtbrechenden Knotenpunct gebildet werden, ebenso wie bei dem Inulin. Die erste Anlage der langgestreckten Sphären bildet dagegen ein stark lichtbrechendes, feines, nadelförmiges Gebilde, dessen Längsaxe die der späteren Sphäre vorzeichnet. Man kann dessen Auswachsen zur Sphäre unter dem Mikroskop verfolgen. In der ersten Zeit nach ihrer Entstehung sind die Structuren der Sphären sowohl, wie die oben unter 1und 2 beschriebenen Structur- verhältnisse blass und wenig deutlich, erst allmählich werden sie klarer und schärfer. Dies beruht jedenfalls darauf, dass das ausgeschiedene Krystallwasser anfänglich die Wabenräume erfüllt; nachdem es ver- dunstet und durch Luft ersetzt worden ist, wird die Structur wegen der grösseren Brechungsdifferenz natürlich viel schärfer. Ganz ähnliche Verhältnisse wie das gewöhnliche phosphorsaure Natron zeigt das essigsaure Blei (Bleizucker). In der Regel bildet es jedoch bei der Verwitterung nur unregelmässiges oder in mannig- faltiger Weise streifiges Wabenwerk. Sphären entwickeln sich nur selten; doch beobachtete ich gelegentlich recht hübsche, von etwa eitronenförmiger Gestalt. Ganz besonders schön fanden sich jedoch z. Th. die kleinsten Anfänge von Sphären, wie sie oben beim Inulin beschrieben wurden, in umgebendes unregelmässiges Wabenwerk ein- gelagert (Fig. 9). Kleine Sphärenbildungen liessen sich ferner noch beim Eintrocknen der Lösungen von doppelchromsaurem Kali und Picrinsäure beobachten, doch würde es hier zu weit führen, darauf näher ein- zugehen. Besonders bekannt wegen seiner Neigung zur Bildung von Sphäro- krystallen ist der kohlensaure Kalk. Sowohl in der Natur, als nament- lich auch in Organismen und auch künstlich bilden sich sog. Calcö- sphärite sehr leicht. Die Analogie dieser Gebilde mit andersartigen Vorkommnissen im Organismus hat denn auch schon mehrfach Ver- anlassung gegeben, sich gerade mit diesen Calcosphäriten genauer zu 18° 250 OÖ. Bütschli: beschäftigen, wie es namentlich von ZHarting (6), Famintzin (7) und Hansen (8) geschehen ist. Eine genauere Darstellung dieses Gegen- standes lässt sich bei der unvollkommenen Lage unserer Kenntnisse in Kürze kaum geben; daher beschräuke ich mich auf eine Anzahl Be- merkungen. Die künstliche Darstellung solcher Calcosphärite gelingt sehr leicht, wenn man auf einen Objectträger dicht neben einander je einen Tropfen halbeoncentrirter Lösungen von Chlorcalcium und kohlensaurem Kali bringt, darauf ein genügend unterstütztes Deck- glas legt, so dass beide Tropfen nur zur Berührung kommen und das Präparat dann mit Paraffin verschliesst. Bei der Berührung der beiden Tropfen bildet sich sofort eine feine Niederschlagsmembran von kohlen- saurem Kalk, welche der raschen Vermischung beider Lösungen ein Hinderniss bereitet. Indem ich eine Reihe interessanter Erscheinungen übergehe, bemerke ich weiter, dass nun i. d. R. die Lösung des kohlen- sauren Kalis langsam den Rand des Chlorcaleiums zu umkriechen beginnt, _ wobei sich ein äusserst fein structurirter blasser Niederschlag bildet. Schon Harting hat diesen gelatinösen Niederschlag beschrieben und auch erkannt, dass er bei der Bildung der weiteren Erzeugnisse z. Th. eine wichtige Rolle spielt. Ob dieser Niederschlag äusserst fein glo- bulitisch oder wabig ist, dürfte kaum sicher zu entscheiden sein, doch halte ich das erstere für wahrscheinlicher. Nach einiger Zeit beginnt in dem randlichen Niederschlag oder dicht neben ihm, in der Chlor- calciumlösung, die Bildung von Calcosphäriten, als zuerst ganz minutiöse Körperchen, die jedoch meist so rasch wachsen, dass in: verhältniss- mässig kurzer Zeit schon ziemlich ansehnliche vorhanden sind. Bei der Bildung von Calcosphäriten an der genannten Stelle wird der feine Niederschlag allmählich aufgezehrt, wie man am besten beobachtet, wenn sich inmitten desselben Sphäriten bilden. Dabei zehrt jeder in seinem Umkreis den Niederschlag auf, so lange er weiter wächst und liegt daher in einer sich stetig vergrössernden hellen Flüssigkeitshöhler Es vollzieht sich demnach hier ganz derselbe Vorgang, welcher so häufig bei dem Wachsthum von Kırystallen inmitten von Globuliten derselben Substanz beobachtet wurde; dass sie nämlich die umgebenden Globuliten aufzehren. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 951 Eigenthümlicher Weise hat Hansen behauptet, dass die Calco- sphärite und andere Sphärokrystalle im festen Zustand überhaupt nicht wüchsen. Sie bildeten sich zuerst in Form flüssiger Tropfen und nur in diesem Anfangszustand nähmen sie an Grösse zu. Ich halte diese Ansicht für unrichtig. Der Hauptgrund für die Behauptung, dass die Sphärite ursprünglich Tropfen seien und nur in dieser Form wüchsen, wird jedenfalls darin gesucht, dass sich nach Hansen’s und Famintzin’s Erfahrungen die Schichtung sowohl wie die übrigen Structurverhältnisse der Sphäriten erst nachträglich, nachdem sie ihre volle Grösse erreicht hätten, ausbildeten. Ich werde weiter unten diese Ansicht eingehender zurückzuweisen suchen; hier sei nur bemerkt, dass man geschichtete Sphäriten deutlichst durch Auflagerung neuer Schichten wachsen sieht, was dieser Meinung widerspricht. Obgleich meinen allgemeinen Vorstellungen über Bau und Entstehungsweise der Sphäro- krystalle die Ansicht über ihren ursprünglichen Tropfenzustand sehr sympathisch wäre, so vermag ich sie doch mit den thatsächlichen Beobachtungen nicht zu vereinigen. Das energische Wachsthum der Sphärite ist, wie gesagt, vortrefflich zu verfolgen. Ebenso lässt sich leicht nachweisen, dass alle zusammen- gesetzten Sphärite durch Zusammenwachsen ursprünglich dicht neben- einandergelagerter, isolirter entstanden sind. Ja, man findet sogar gelegentlich Sphärite, welche einen kleineren ganz umwachsen und eingeschlossen haben, was dann eintritt, wenn der kleinere nicht weiter wächst, wohl aber der grössere, ihn allmählich einschliessende. Ausser an der oben angegebenen Stelle bildeten sich jedoch all- mählich in der Chlorcaleiumlösung auch Calcosphärite längs der Scheidewand der beiden Tropfen aus, ohne dass hier ein dem oben beschriebenen ähnlicher Niederschlag als Vorläufer zu beobachten gewesen wäre. Je weiter von der Scheidewand entfernt, um so kleiner werden die Calcosphärite, ein deutlicher Beweis dafür, dass es die durch die Scheidewand eindringende Lösung des kohlensauren Kalis ist, welche die Bildung der Sphärite hervorruft. Ueber die feinere Structur dieser Calcosphärite möchte ich hier, ohne in Einzelheiten einzugehen, bemerken, dass ich zahlreiche fein 353 O. Bütschli: geschichtete beobachtet habe, deren Bau in allen wesentlichen Punkten jenem der Inulinsphären gleich war. Daneben finden sich jedoch auch recht viele, bei welchen die concentrische Schichtung sehr zurücktritt oder vollständig fehlt, dagegen die radiärstrahlige Beschaffenheit aus- geprägt ist. Am häufigsten sind jedoch Sphären ohne deutliche Structur, mit mehr oder weniger zahlreichen dunkleren und lichteren Zonen, wie es auch schon für die Inulinsphären beschrieben wurde. Dabei findet sich aber nicht selten, dass einzelne Zonen deutlich structurirt sind; namentlich schiebt sich häufig zwischen zwei dunkle Zonen eine schmale lichte Grenzzone ein, die sehr klar aus einer einzigen Schicht von Waben gebildet wird. Zuweilen treten in der äusseren Region der Sphären ziemlich dicke und grob structurirte Schichten auf, die aus verhältnissmässig breiten Waben oder Lücken- räumen bestehen, welche von ebenfalls relativ dicken Radiärwänden oder -bälkchen getrennt werden. Das Centrum der Mehrzahl der Sphären, auch häufig das der nicht deutlich structurirten, wird von einem kleinen kugeligen Hohlraum, einer Centralwabe, gebildet; doch findet sich statt deren auch gar nicht selten ein centrales, stärker lichtbrechendes Kügelchen. Die äussere Oberfläche der Sphären bedeckt sich allmählich mit feinen zackigen Rauhigkeiten und an grossen Kugeln, welche diese Bedeckung meist sehr stark ausgebildet zeigen, lässt sich erkennen, dass diese Spitzen wirklich krystallinisch sind, wie es scheint, die Ecken von kleinen Rhomboedern darstellen. Nicht selten sind excentrisch geschichtete Sphären, welche in ihrem Aussehen manchen Stärkekörnern zum Verwechseln ähnlich sehen. In soleben Fällen gelang es z. Th., ganz bestimmt nachzuweisen, dass die Exeentrieität auf einseitig reicherer Zufuhr von Baumaterial be- ruht, indem z. B. zahlreiche grosse solche Sphärite, die mit der Scheide- wand zwischen den beiden Tropfen verwachsen waren, ihre stärkere Wachsthumsseite sämtlich gegen den Tropfen des kohlensauren Kalis gerichtet zeigten. Entsprechendes beobachtet man auch bei der Bildung von Sphäriten aus dem feinen, oben erwähnten Niederschlag ; wenn nur einseitig von einem Sphäriten ein Rest desselben übrig Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 9253 bleibt, so wächst diese Seite stärker heran und der Sphärit wird mehr oder weniger excentrisch. Famintzin und Hansen haben übereinstimmend angegeben, dass die Calcosphärite anfänglich ganz homogen, structurlos seien und die Schichtung sich erst nachträglich in ihrem Innern ausbilde. Ich kann dieser Ansicht nicht beistimmen, obgleich ich es für sehr schwierig halte, darüber ganz sicher zu urtheilen und wohl wünschte, dass meine Gegengründe noch schlagendere wären. Einmal gelang es mir nie, in einem nicht deutlich geschichteten Sphäriten nachträglich eine Schichtung auftreten zu sehen. Ferner habe ich das Wachsthum von zonenschichtigen Sphäriten verfolgt und dabei gelegentlich bestimmt gesehen, wie sich um regulär concentrisch geschichtete Sphären schliess- lich eine äusserste einseitig verdickte, excentrische Schicht ausbildete, was beweisen dürfte, dass diese durch Apposition dem regulären Kern aufgelagert wurde. Noch beweisender aber scheint mir die Thatsache, dass zuweilen Sphärite vorkommen, deren äusserste Schicht unvoll- ständig ist, z.B. nur eine Hälfte oder weniger der Kugel überzieht. Dass die feineren Structuren in den Sphären einige Zeit nach deren Bildung deutlicher werden können wie anfänglich, schien mir gelegentlich so; doch wurde diese Möglichkeit nicht bestimmter er- wiesen. Ausser den Sphären bilden sich in der Chlorcaleiumlösung nach einiger Zeit auch Kalkkrystalle und zwar gewöhnlich an der Rand- stelle des Tropfens, welche von der Lösung des kohlensauren Kalis etwas weiter entfernt ist wie die Bildungsstätte der Sphären. Diese Krystalle sind i. d. R. mehr oder weniger deutliche Rhomboeder, theils unvollständige, theils vollständige, theils mit noch anderen Flächen. Im Centrum dieser Rhomboeder war nicht selten ein kleiner Hohlraum zu sehen, grade so wie er sich gewöhnlich in dem Sphären- centrum findet. Gelegentlich war die centrale Region des Rhomboeders um dieses Centralbläschen schön radiärstrahlig, ganz ebenso wie es die Sphären häufig zeigen. Reichlicher noch finden sich Rhomboeder mit mehr oder weniger ausgeprägter Schichtung, der sog. zonaren Structur der Krystallographen. Die Zonengrenzen zeigten nun viel- 254 OÖ, Bütschli: fach ganz die Beschaffenheit, wie sie auch die undeutlich structurirten Sphärite nicht selten aufweisen: die Grenze wird nämlich gebildet von einer Schicht äusserst kleiner Hohlräumchen, die bei hoher Ein- stellung dunkel, bei tiefer hell erscheinen, also, wenn man die seither gebrauchte Ausdrucksweise verwendet, von einer Schicht sehr feiner Waben. Sowohl diese Beobachtungen an jenen Krystallen von kohlen- saurem Kalk als auch die früher geschilderten über die hexagonalen Umrisse kleiner Inulinsphären liessen die schon von Harting aus- gesprochene Vermuthung, dass ein Sphärit in gewisser Hinsicht einem wirklichen Krystall entspreche, nicht unbegründet erscheinen und ebenso die schon längere Zeit von mir erwogene Möglichkeit, dass die Schichtung oder zonare Structur der Krystalle in letzter Instanz auf ähnlichen feinsten Structurbedingungen beruhen müsse, wie sie die Sphärite aufweisen. Diese Vermuthungen erlangten schliesslich durch ein glückliches solches Kalkpräparat eine sehr wesentliche Unterstützung. Es war dies ein nach obiger Angabe hergestelltes Präparat, das schon etwa 2 Monate gestanden hatte und dabei eingetrocknet war. Umgekehrt wie gewöhnlich hatte die Chlorcaleiumlösung den Kalitropfen um- krochen. In dieser Randschicht haben sich zahlreiche sechsseitige Tafeln gebildet von theils etwas unregelmässigen Umrissen, theils sehr regel- mässigen. Mehr im Innern des ehemaligen Tropfens dagegen finden sich zahlreiche sechsseitige Prismen mit abgestutzten Enden. Die Höhe dieser Prismen ist sehr verschieden und sinkt z. Th. bis zum tafel- förmigen herab, woraus wohl geschlossen werden darf, dass auch jene hexagonalen Tafeln, welche dem Objectträger flach aufgewachsen sind, Bildungen gleicher Art darstellen wie die Prismen. Die erwähnten Tafeln zeigen nun grossentheils vortrefflich eine den Inulinsphären ganz entsprechende Structur, welche durchaus den Character der ge- schichtet wabigen besitzt (Fig. 8).‘ Entsprechend den krystallinischen Umrissen verlaufen die Schichten vom Centrum, das i. d. R. von einer Centralwabe gebildet wird, den Umrissen parallel; doch finden sich auch Tafeln, deren Centraltheil ähnlich einer Sphäre concentrisch geschichtet ist, während die äusseren Schichten allmählich den sechsseitigen Ver- Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 955 lauf annehmen. Interessant ist ferner das Vorkommen regelmässiger Verwachsungen solcher Tafeln; das Verwachsungsproduct besitzt ein einheitliches Centrum und geht erst peripherisch allmählich in mehrere Tafeln aus einander, ist also nicht durch eigentliche Verwachsung, ent- standen, sondern durch Auswachsen einer einheitlichen Anlage in mehrere unvollständige Tafeln. Von besonderer Wichtigkeit scheint mir nun weiterhin zu sein, dass sich neben den Tafeln mit der so deutlichen Structur auch zahlreiche andere finden, deren Structur feiner und undeutlicher ist und schliesslich auch anscheinend ganz homogene. Zuerst wird die wabige Structur undeutlich, während die Schichtung noch gut sichtbar bleibt, endlich ist auch diese nicht mehr zu bemerken. Alle Uebergänge zwischen diesen verschiedenen Zu- ständen sind zu verfolgen. Hieraus darf man wohl schliessen, dass auch den letzterwähnten Zuständen die gleiche Structur zukommt, dass sie nur feiner und feiner wird und daher schliesslich nicht mehr wahrnehmbar. Auch die oben erwähnten Prismen lassen eine analoge Structur häufig erkennen. Man sieht sie stets von der Seite und bemerkt viel- fach in ihrem Innern einen centralen oder auch etwas gegen das eine Ende verschobenen, tafelförmigen Kern, um den sich eine bis mehrere parallele Schichten herumlagern, in welchen auch die Wabenstructur hie und da ziemlich kenntlich hervortritt. Dieser Bau scheint mir deshalb noch von besonderer Bedeutung zu sein, weil diese Prismen keinen Zweifel darüber lassen, dass eine im Inneren des Krystalls befindliche Structur vorliegt, nicht etwa nur eine oberflächliche. c) Salmiak. In ähnlicher Weise, wie oben schon beschrieben wurde, habe ich vielfach Beobachtungen über das Eintrocknen sehr dünner Schichten von Salmiaklösung auf dem Objectträger oder Deckglas angestellt, um mich über den Bau der sog. Krystallskelete, die Globuliten und über deren Zusammengruppirung zu Skeleten zu belehren. Mancherlei Bemerkenswerthes, das hierbei beobachtet wurde, übergehe ich an dieser Stelle, um nur gewisse Erscheinungen, die mit den oben be- 256 O. Bütschli: rührten Dingen in Zusammenhang stehen, kurz zu erwähnen. Unter den Krystallskeleten des NH,Cl, die sich in der oben angegebenen Weise vortrefflich erhalten lassen, finden sich häufig Partien mit sehr schöner feiner Schichtung. Je nach der Configuration der betreffenden Theile der Skelete ist diese Schichtung entweder eine mehr. parallelstreifige oder eine concentrische; letzteres in rundlichen oder elliptischen Partien der Skelete, die sich häufig finden. In gewissen Präparaten fanden sich nun an manchen Stellen sehr schön wabig structurirte Partien, i. d. R. als dünne Ausfüllungsmassen zwischen dickeren leistenförmigen Theilen der Skelete. Diese gar nicht so überaus feinwabig gebauten Stellen waren entweder unregel- mässig Structurirt oder parallelstreifig, wobei die Streifung entweder parallel den angrenzenden Leisten des Skelets oder auch querbogig zu demselben verlief. Bestimmt festzustellen war, dass es sich nicht um eine Oberflächenzeichnung handelte, sondern um eine in der Tiefe gelegene Structur. Dass dieselbe wirklich den Character einer wabigen besitzt, war ferner mit voller Sicherheit daraus zu entnehmen, dass sich auch vereinzelte lichte Wabenräume in der Krystallsubstanz häufig vorfanden, welche keinen Zweifel darüber liessen, dass sie schwach lichtbrechende Hohlräume sind. Später stiess ich in einem Präparat auf die inter- essantesten und schönst entwickelten derartigen Structuren. Es handelte sich auch hier wieder um die dünne Verbindungsmasse zwischen benachbarten parallelen Leisten der Krystallskelete. Diese Ausfüllungs- masse war nun entweder schön parallel streifig wabig, wie schon er- wähnt, aber noch viel regelmässiger structurirt, oder von folgendem interessantem Bau. In der Mittellinie des Zwischenraumes zwischen den benachbarten Leisten zog eine Reihe rundlicher bis elliptischer oder auch etwas spindelförmiger Gebilde hin, welche ganz den all- gemeinen Character kleiner Sphären besassen, wie wir sie mehrfach besprochen haben, die jedoch höchstens Andeutungen von feinerer Structur aufwiesen (Fig. 7). Z. Th. hingen die benachbarten Gebilde auch an den Polen etwas zusammen. Dass nun diese Körperchen wirklich kleine Sphären von dem früher beschriebenen Bau sind, dürfte wohl aus dem Verhalten der sie umgebenden Masse bestimmt hervorgehen. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 957 Letztere ist schön wabig gebaut und so geordnet, dass die Längswaben- züge zunächst jede Sphäre concentrisch umfassen; jedoch wird die da- durch verursachte Ausbiegung der Wabenreihen oder Schichten mit der Entfernung von der Sphäre immer flacher, so dass schliesslich die äussersten Wabenreihen nahezu oder ganz gradegestreckt, parallel den anstossenden Krystallleisten hinziehen. Das Ganze erscheint dem- nach etwa wie ein System längsgestreckter, feiner Sphären, welche durch gemeinsame Umwachsungsschichten zu einem Ganzen vereinigt wurden, wie ja dergleichen bei Sphärenbildung öfter zu beobachten ist. Zwischen den oben erwähnten, deutlich gereihten Wabenstrukturen des Salmiaks und der früher erwähnten einfachen Schichtung finden sich ganz allmähliche Uebergänge, so dass die Vermuthung begründet erscheint: die Schichtung beruhe auf derselben, nur feineren und daher undeutlicheren Structur. d) Sog. Zonare Structur von Plagioklaskrystallen in Andesit. Da die im Vorhergehenden geschilderten Erfahrungen es ziemlich wahrscheinlich machten, dass auch die sog. zonare Structur der Krystalle auf denselben Structurverhältnissen beruhe, welche die Schichtung der Sphärokrystalle bedinge, so wünschte ich sehr, diese Frage durch Schliffe natürlicher Krystalle, an welchen diese Verhältnisse seither haupt- sächlich untersucht wurden, zu prüfen. Erst in letzter Zeit wurde mir hierzu durch die Freundlichkeit meines verehrten Collegen Rosenbusch Gelegenheit geboten; doch konnte ich einstweilen nur wenige Dünnschliffe untersuchen. Unter diesen ergab ein Präparat von Andesit mit sehr schönen Plagioklaskrystallenüberzeugende Resultate. Die Untersuchungdieserz.Th. sehr feingeschichteten Krystalle mit starken Vergrösserungen liess an nicht wenigen Stellen die vermuthete Structur der zarten Schichten genügend deutlich, wenngleich blass und fein erkennen. Es handelt sich, wie gesagt, ganz um die gleiche feinwabige Structur der Schichten, welche im Vorhergehenden schon mehrfach besprochen wurde. — Öbgleich diese Beobachtungen vorerst nur als orientirende an- zusehen sind, so dürften sie doch erweisen, dass, wie schon bemerkt, 358 ©. Bütschli: die sog. zonare Schichtung der Krystalle auf denselben feinen Structur- verhältnissen wie jene der Sphären beruht. Damit ist eine Schwierigkeit, deren sich die früheren Untersucher der Krystallschichtung z. Th. wohl bewusst waren, beseitigt, nämlich die Frage, wie die aufeinanderfolgenden stärker brechenden Schichten, welche durch schwächer brechende getrennt werden, unter einander zusammenhängen. Denn dass ein solch’ direeter Zusammenhang der Schichten bestehen müsse, dass diese nicht etwa zusammenhangslos über einander liegen, scheint von vornherein sicher. Bei den Krystallographen ist die Meinung sehr verbreitet: die zonare Structur der Krystalle beruhe hauptsächlich auf geringen Verschiedenheiten der Substanz der Schichten, hervorgerufen durch Beimischungen. Ob- gleich nun dieser Umstand zweifellos zonare schichtenartige Zusammen- setzung vieler Krystalle verursachen kann und thatsächlich bewirkt, so handelt es sich in diesen Fällen in der Regel doch um gröbere Schichtung, wogegen die feine, mit regelmässigem Wechsel von stark und sehr schwach lichtbrechenden Schichten und ohne sonstige An- zeichen einer Verschiedenheit der eigentlichen Krystallsubstanz, meiner Ansicht nach, unmöglich auf diese Ursache zurückführbar erscheint; abgesehen davon, dass dieselbe in allen den Fällen, wo es sich um die Krystallisation reiner Substanzen handelt, von vornherein aus- geschlossen erscheint. e) Einige Bemerkungen über die sog. Phytovitellinkrystalle. Gelegentliche Untersuchungen der von Grübler aus Kürbis- samen dargestellten Phytovitellinkrystalle, welche ich dem hiesigen physiologischen Institut verdanke, ergaben wenigstens so viel, dass auch diese und ebensowohl auch die übrigen quellbaren Eiweiss- krystalle denselben Bau besitzen wie die Sphärokrystalle und, wie wir wohl zu schliessen berechtigt sind, auch die eigentlichen ge- schichteten Krystalle. Das von mir untersuchte Material bestand theils aus mehr oder weniger gut ausgebildeten Krystallen, theils dagegen aus kugeligen Gebilden, welche sich sowohl im äusseren Aussehen, wie auch hinsiehtlich der feineren Structur wie Sphärokrystalle verhielten. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 259 Bekanntlich ist eine Schichtung der Eiweisskrystalloide schon mehrfach beobachtet worden und namentlich hat Schimper (16) darüber Ge- naueres mitgetheilt. Beim Quellen wird die Schichtung i. d. R. viel deutlicher oder tritt in dem zuvor scheinbar homogenen Krystalloid erst hervor. Ich habe daher die Krystalle gleichfalls in ge- quollenem Zustand untersucht, indem ich sie theils einfach in Wasser brachte, theils darin etwas erwärmte, oder auch in Wasser, dem eine Spur Essigsäure zugesetzt war, der Quellung unterwarf. Auf diese Weise findet man unter den Krystalloiden stets einige, welche die i. d. R. sehr feine und gleichmässige Schichtung deutlichst zeigen. Im Centrum des Krystalls liegt sehr gewöhnlich ein ungeschichteter cen- traler Kern, der an den der Stärkekörner erinnert. Was ich durch meine nur wenig ausgedehnten Beobachtungen dem seither Be- kannten mit Sicherheit zufügen kann, ist nur das, dass die feinen Schichten, ebenso wie bei den Stärkekörnern und den übrigen geschilderten Sphärokrystallen, von zarten Radiärbälkchen durchsetzt werden, dass also die feine Structur der Schichten im Wesentlichen ganz dieselbe ist, die wir im Vorstehenden bei den analogen Gebilden antrafen. Der erwähnte Kern ist jedenfalls wie der der Stärkekörner un- regelmässig wabig, so dass Schimper ganz richtig einen spongiösen Bau desselben vermuthet hat. Neben den sehr deutlich geschichteten Krystalloiden finden sich jedoch auch solche, die mehr zum radiär- strahligen hinneigen. Die strahlige Ausbildung tritt aber namentlich an den kugeligen sphärokrystallinischen Gebilden hervor, welche z. Th. noch einen gemischt geschichteten radiärstrahligen Bau besitzen (8. Fig. 6), z. Th. aber ganz radiärstrahlig ohne Andeutung von Schichtung sind. Stets kann man jedoch bemerken, dass die feinen Radiär- strahlen durch Querbälkchen unter einander zusammenhängen, dass also dieser Bau nur eine Modification des geschichteten ist und sich, wie ja auch die allmählichen Uebergänge beweisen, aus diesem ableiten lässt. Als einziges Resultat meiner, wie gesagt, nur geringfügigen Studien über die Eiweisskrystalloide betone ich daher nochmals, dass diese Krystalle hinsichtlich ihrer feineren Structur mit den Sphärokrystallen und den geschichteten sonstigen Krystallen übereinstimmen. Da sie 960 O. Bütschli; quellbar sind und in Folge dessen ihre Structuren deutlicher zur Ansicht zu bringen sind, möchten sie sich grade zum Studium dieser Verhältnisse besonders empfehlen. f) Allgemeine Beurtheilung der im Vorhergehenden besprochenen feinen Structurverhältnisse der Sphärokrystalle und Krystalle, Im Vorstehenden wurden die Structuren stets so geschildert, wie sie bei tiefer Einstellung erscheinen. Wie ich schon bei früherer Gelegenheit erörterte und ja auch ohne Weiteres selbstverständlich ist, wird das Bild einer solchen Structur wesentlich durch die Ein- stellung bedingt. Jede schwächer lichtbrechende Wabe erscheint bei hoher Einstellung dunkel, die umgebende stärker brechende Substanz, das Gerüstwerk, dagegen hell, während sich bei der tiefen Einstellung das Umgekehrte zeigt. Bei genauer mittlerer Einstellung feiner der- artiger Structuren zeigt sich das Eigenthümliche, dass jede Spur der Zeichnung verschwindet. Zur Beurtheilung der Structur ist man daher auf die tiefe und die hohe Einstellung angewiesen. Für die früher beschriebenen wabigen Structuren der geronnenen Substanzen und flüssigen Schäume, welche Entmischungsvorgängen ihre Entstehung verdanken, lässt sich die Realität der schaumartigen Structur im Allgemeinen bestimmt nachweisen und auch ihre Ent- stehung begreifen. Für die ähnlichen Structuren der beschriebenen krystallinischen Substanzen dagegen ist die Frage, ob sie ebenfalls auf einem wirklich schaumartigen Bau beruhen, trotz ihrer anscheinend so grossen Uebereinstimmung mit den erstgenannten, recht zweifelhaft. Dass zu dieser zweiten Kategorie auch die Structuren der Stärke- körner gehören ist ganz sicher, da ihre Uebereinstimmung mit jenen des Inulins und der übrigen Sphärokrystalle so vollständig ist, dass über ihre Deutung als Sphärokrystalle kein Zweifel sein kann. Ich darf dies um so bestimmter aussprechen, als ich bei Beginn meiner Studien diese Ansicht keineswegs für richtig hielt. Die krystallisirten Körper haben nun bekanntlich die Neigung, . bei der Verdampfung ihrer Lösung, namentlich wenn die eigentliche Krystallbildung irgendwie behindert ist, sich in Gestalt kleiner bis e Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 261 kleinster Kügelchen, den schon früher erwähnten Globuliten, aus- zuscheiden. Diese Globulite werden i. d. R.,, und zwar sicherlich mit Recht, als Tröpfehen einer sehr übersättigten Lösung der betreffenden Substanz betrachtet, welche mehr oder weniger rasch in den festen Zustand übergehen können. Auf die oben schon mehrfach geschilderte Weise, d. h. durch Eintrocknen sehr dünner Schichten der Lösungen von Salmiak, doppel- chroms. Kali, übermangans. Kali, Pierinsäure, Bleizucker etc., auf dem Objeetträger oder Deckglas erhält man vielfach sehr hübsche Globu- liten, häufig in sehr grosser Menge. Schon oben wurde auf die ganz ähnlichen Globuliten der eingetrockneten alkoholischen Schellack- lösung hingewiesen. Wie bemerkt, sind diese Globuliten stets sehr klein, ja ihre Grösse sinkt allmählich zu äusserster Kleinheit herab, was die Ueberzeugung hervorruft, dass auch eine Menge Globuliten gebildet werden müssen, deren Kleinheit nicht mehr gestattet, sie wahrzunehmen. Wie die Untersuchungen früherer Forscher, so namentlich die Vogel- sang’s (9), zeigten, sind Zusammengruppirungen solcher Globulite, unter theilweisen Verschmelzungen, sehr häufig und in recht mannig- faltiger Weise zu beobachten. Besonders häufig sind reihenförmige Anordnungen in graden oder gebogenen oder mehrfach verzweigten Linien; auch dicht zusammengeordnete mehrfache Reihen finden sich nicht selten. Ebenso konnte ich mich mit aller Bestimmtheit davon überzeugen, dass sich die feineren Krystallskelete des Salmiaks aus solch’ unvollständig verschmolzenen Globuliten aufbauen, deren Um- risse vielfach noch ganz deutlich zu erkennen sind. Aehnliches war zum Theil bei dem übermangansauren Kali noch schöner zu verfolgen. Die Globulitenreihen laufen hier sehr häufig in eine kleine, rhombisch umgrenzte Krystalltafeln aus, deren Aufbau aus theilweis verschmol- zenen Globuliten vielfach sehr gut zu erkennen ist. Andererseits bilden sich bei verschiedenen Substanzen auch Zu- sammengruppirungen von Globuliten, welche sehr an kleine Sphären erinnern, indem sich die Globuliten zu kleinen Kreisen ordnen, in deren Centrum auch ein einzelner Globulit liegen kann und wozu sich 362 ©. Bütschli: gelegentlich noch weitere äussere concentrische Kreise gesellen können. Sehr hübsche derartige Bildungen habe ich aus Schellacklösung er- halten, doch auch bei doppelchromsaurem Kali und Picrinsäure beob- achtet. | Ferner trifft man zuweilen auch ganze Schichten flächenhaft dicht zusammengelagerter Globuliten (so z. B. bei Salmiak), die natür- lich bei hoher Einstellung ein schön netziges Bild geben, das voll- kommen dem eines wirklichen Wabenwerks, bei tiefer Einstellung entspricht. Dennoch lassen sich aber diese globulitischen Formationen, wenn die Globuliten nicht gar zu klein sind, nicht allzuschwer von wabigen Structuren unterscheiden, wenn man das hohe ‚und tiefe Bild sorgfältig vergleicht. Denn bei den von dicht zusammen- gelagerten Globuliten erzeugten Structuren tritt das, was ich früher (1) das falsche Netzbild nannte, bei tiefer Einstellung auf, das Globulitenwerk verhält sich wie ein Wabenwerk, dessen Waben von stärker brechendem Inhalt erfüllt sind, wogegen bei dem echten Wabenwerk das falsche Netzbild bei hoher Einstellung erscheint. Natürlich wird diese Unterscheidung sehr schwierig, ja schliesslich unmöglich, wenn die Structurelemente sehr klein werden. Natürlich erhebt sich nun die Frage, ob die früher beschriebenen und als wabenartig bezeichneten Structuren krystallisirbarer Sub- stanzen nicht auch durch besonders geartete Vereinigungen von Glo- buliten entstehen könnten, da es doch unwahrscheinlich — wenn auch, wie der Schellack zeigt, nicht unmöglich ist —, dass eine und dieselbe Substanz bald in globulitischer, bald dagegen in wabig- schaumiger Structur in den festen Zustand übergehe. Die Lösung dieser Frage halte ich für eine sehr schwierige, und ich bin vorerst nicht im Stande, mich mit Sicherheit nach der einen oder andern Seite zu entscheiden. Zunächst ist nochmals zu betonen, dass die be- schriebenen Structuren den zweifellos wabenartigen so ähnlich sind, dass ihre Deutung als solche sehr verlockend ist — namentlich aber geht es nicht an, sie als gleichmässig dichte Zusammenlagerungen theilweis verschmolzener Globuliten anzusehen, Untersuchungen au Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 263 Eine ganz sichere Entscheidung über die Natur solch’ einer netzigen Structur, als wabig oder globulitisch, gibt jedoch nur die vor- hin erwähnte Lage des falschen Netzbildes, das sich von dem reellen Bild durch engere Maschen auszeichnet. Nun ist es bei den feineren Structuren häufig sehr schwer, das falsche Netzbild als solches von dem wahren mit Schärfe zu unter- scheiden; dennoch habe ich bei den Inulinsphären und dem essig- sauren Bleioxyd mit Sicherheit ein hohes engeres Netzbild wahrge- nommen. Auch konnte ich mich bei dem letzterwähnten Salz vielfach überzeugen, dass die Wabenräume das Bild eines in der Irisblende angebrachten Stäbchens bei tiefer Einstellung entwerfen, und daher wie schwächer lichtbrechende Kügelchen (resp. wie concave Linsen) wirken. Dies war sowohl bei Betrachtung des Präparates von der oberen wie von der unteren Seite der Fall, so dass sie Vollkügelchen sein müssen, nicht etwa concave Grübchen. Diese Erfahrungen würden also dafür sprechen, dass es sich thatsächlich um eine waben- artige Structur handelt, wobei aber die Möglichkeit nicht ausge- schlossen wäre, dass die benachbarten Waben wenigstens theilweise in einander geöffnet sein könnten, die Structur also einen mehr schwammigen Character hätte. Dennoch ist aber auch in diesem Fall die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass solch’ eine wabenartige Structur sich aus feinen Globuliten aufbaue. Wir sahen vorhin, dass die Globuliten geneigt sind, sich unter theilweiser Verschmelzung zu kleinen Kreischen zusammenzugruppiren, die sich auch zu hohlen Halbkügelchen und Ganzkügelchen ergänzen können. Unter solchen Umständen lässt sich wohl vermuthen, es möge der wabige Bau der betreffenden kry- stallinischen Substanzen darauf beruhen, dass sich um ein solch’ hohles aus Globuliten entstandenes Kügelchen successive weitere anlagerten, entweder in unregelmässiger oder concentrischer oder auch radiär- strahliger Zusammenordnung und dass auf solche Weise die wabige Structur entstehe. Eine dritte Möglichkeit wäre die, dass die feinen Globuliten unter theilweiser Verschmelzung direct zu einem schwammigen Netzwerk zu- Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N, Serie, V. 19 964 O. Bütschli; sammenwüchsen, dessen Maschen sich entweder unregelmässig oder in der regelmässigen Weise, die wir bei Sphären oder Krystallen fanden, anordneten. Auch für die letztere Möglichkeit lässt sich Mancherlei anführen, so namentlich die Beschaffenheit der peripherischen Region vieler Calcosphäriten mit ihren z. Th. relativ dicken Radiär- balken, sowie die Thatsache, dass sich auch Calcosphärite finden, die wenigstens in ihrem peripherischen Theil sicherlich aus langgestreckten feinen Krystallnadeln bestehen, welche durch feine Zwischenbrücken gitterartig verbunden sind. Gewisse andere Beobachtungen, welche gleichfalls in dieser Richtung weisen, werde ich später noch anführen. Eine ganz scharfe Grenze zwischen den beiden letzterwähnten Entstehungsmodalitäten wäre nicht wohl zu ziehen, da es sich ja bei beiden um eine Zusammengruppirung und theilweise Verschmelzung von Globuliten handelt und daher ein Uebergang von einem zu dem andern Modus leicht möglich sein wird. Ebenso wird auch der oben- erwähnte Uebergang zu wirklich krystallinisch-strahliger Beschaffenheit unter diesen Umständen erklärlich erscheinen, da wir ja allen Grund haben, die Krystallnädelchen selbst als das Vereinigungsproduct feinster Globuliten aufzufassen. Ueberhaupt wären die beiden letzterwähnten Bildungsweisen der Structuren den Krystallskeletbildungen im weiteren Sinne unterzuordnen. Wenn ich mich jedoch bei dem zeitigen Umfang meiner Er- fahrungen darüber aussprechen soll, welchen der eventuellen Bildungs- vorgänge ich für den wahrscheinlichsten halte, so muss ich mich für den an zweiter Stelle besprochenen erklären. Ich habe beim Inulin sogar recht bestimmte Anzeichen dafür gefunden, dass sich wirklich solch’ hohle Kügelchen an dem Aufbau der Sphären betheiligen. Anderer- seits ist jedoch zuzugeben, dass das Wachsthum der Sphärokrystalle in das der gewöhnlichen Krystalle übergehen kann, wofür die vorhin aufgezählten Erfahrungen sprechen. Wenn ich also auch diesen Ent- stehungsprocess der Structuren für den gewöhnlichsten halte, so möchte ich damit doch nicht völlig ausschliessen, dass möglicherweise auch echt wabige vorkommen, da es einstweilen nicht völlig abzuweisen ist, dass die Structuren z. Th. gemischte sein könnten, d.h, sich theils wabig, theils Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 965 dagegen globulitisch verhielten. Diese Möglichkeit wird noch dadurch unterstützt, dass ja die ursprünglichen Globuliten selbst als Tröpfehen übersättigter Lösung anzusehen sind und daher nicht ausgeschlossen erscheint, dass in ihnen, resp. in einem durch ihre Vereinigung ent- standenen ansehnlicheren Tropfen, ein weiterer Entmischungsvorgang zu echt wabigen Structuren führen könnte. Dass diese Erwägung nicht ganz hypothetisch ist, kann ich durch eine interessante Beobachtung belegen. Zu den häufigst studirten Globu- liten gehören die des Schwefels, welche sich leicht durch Verdunsten der Lösungen in Alkohol, Schwefelkohlenstoff oder Terpentinöl auf dem Objeetträger erhalten lassen. Ich habe namentlich die aus Terpentinöl dargestellten, welche durch Verschmelzung häufig recht gross werden, untersucht. Dieselben sind, wie gesagt, eine übersättigte Lösung von Schwefel in dem Oel, resp. wenn man will, als eine Lösung des Oels in überschmolzenem Schwefel anzusehen. Wenn man ein Präparat mit solchen Globuliten durch ein vorsichtig aufgelegtes, natürlich genügend unterstütztes Deckglas schützt, so bleiben die Globuliten mehrere Wochen flüssig und nur wenige Schwefelkrystalle treten zwischen ihnen auf. Sehr interessant ist aber, dass man nach einigen Wochen in den grossen Globuliten eine sehr deutliche wabig-concentrische Structur bemerkt. Diese Structur entsteht sicher durch einen Entmischungs- vorgang, indem sich schwächer lichtbrechende, feinste Tröpfchen in dem Globulit ausscheiden. Dies ist sicher, weil man auch Globuliten findet, welche noch relativ wenige zerstreute Tröpfchen einschliessen. Die wabig structurirten Globuliten sind noch flüssig. Demnach kann in den Schwefelglobuliten unter Umständen ein weiterer Entmischungs- process vor sich gehen mit Ausbildung einer wabigen Structur. Leider ging das Präparat nach einiger Zeit durch Zufall zu Grund, weshalb es nicht möglich war, festzustellen, ob solch’ wabige Globuliten auch in dieser Form zu erstarren vermögen, ‚was nicht unwahrscheinlich sein dürfte. Um kein Bedenken auszuschliessen, welches eventuell gegen die Verwerthung dieser Erscheinung erhoben werden könnte, so möchte ich selbst darauf hinweisen, dass bei der langen Einwirkung von Ter- pentinöl auf Schwefel die Möglichkeit der Bildung neuer chemischer 19*# 266 O. Bütschli: Verbindungen, welche die Angelegenheit complieirten, nicht ausser Acht zu lassen ist. 4. Untersuchungen über die Structur der Cellulosemembranen. Schon in der vorläufigen Mittheilung meiner Beobachtungen über die Structur der Stärkekörner betonte ich (4, p. li d. S. A.) die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Cellulosehäute ähnlich structurirt seien. Durch die im Vorstehenden dargelegten Erfahrungen wurde diese Vermuthung befestigt. Zur eigenen Prüfung der Angelegenheit wurde ich aber um so mehr veranlasst, als, wie ich schon in einer früheren Mittheilung erwähnte (3, p. 11 d. S. A.), meine Untersuchungen und Betrachtungen über das Protoplasma von Wiesner sehr abfällig beurtheilt wurden, der ihnen seine Plasomtheorie gegenüberstellte. Die schwache thatsächliche Grundlage, auf welche diese Theorie sich fast ausschliesslich stützt, bildet jedoch der von Wiesner auf Grund seiner Untersuchungen (10) angenommene Bau der Cellulosehäute der Pflanzen, wonach diese aus eigenthümlichen Elementartheilchen, den sog. Dermatosomen, beständen, die selbst wieder aus den Plasma- theilchen oder Plasomen hervorgegangen und wenigstens ursprünglich durch zarteste Plasmastränge unter einander zu einem Ganzen ver- bunden seien. Wiesner erschloss diesen Aufbau der Zellhäute haupt- sächlich aus der Erfahrung, dass sie sich durch gewisse Manipulationen in feinste, die Cellulosereaction zeigende Körnchen, eben die sie aufbauenden Dermatosomen, zerfällen lassen. Die Plasomen und ebenso auch die ursprünglichen Dermatosomen sind aber für Wiesner die eigentlich lebendigen Elementartheile, auf deren besonderen, von nicht organisirten Elementartheilchen verschiedenen Eigenschaften die besonderen Thätigkeiten und morphologischen Verhältnisse der Or- ganismen und ihrer Theile beruhen sollen. Schon Pfeffer (11) hat nun gegen Wiesner darauf hingewiesen, dass feine Collodiummembranen, welche durch Reductionsmittel (Eisenchlorür) denitrirt, d. h. in Cellulose rückverwandelt worden waren, bei Anwendung des Wiesner’schen Zerstäubungsverfahren s Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 267 (sog. Carbonisirung) gleichfalls in solch’ feine Körnchen oder Derma- tosomen zerfallen. Da ich nun gefunden hatte, dass solche Collodiumhäute, und daher natürlich auch die aus ihnen wieder hergestellten Cellulosehäute, einen feinwabigen Bau besitzen, so lag es nahe, zu vermuthen, dass ihre Zerlegung in Körnchen mit dieser Structur zusammenhänge. Die genauere Verfolgung der Angelegenheit ergab die Richtig- keit dieser Vermuthung. Sehr schöne dünne feinwabige Collodium- häute, welche durch Gerinnung einer dünnen Collodiumschicht auf Glasplatten in Wasser hergestellt und nach dem Baranetzkıy’'schen Verfahren (12) denitrirt worden waren, wurden theils einige Zeit in concentrirter Salzsäure (30°%,), theils in Eau de Javelle, theils nach dem Wiesner’schen Carbonisirungsverfahren behandelt und darauf unter dem Deckglas zerklopft (die carbonisirten z. ‘Th. auch in CIH oder KHO). Dabei zerfielen die Membranen in kleine Bruch- stücke und diese schliesslich noch weiter in kleinste Stäbchen und Körnchen. Es liess sich nun sicher feststellen, dass diese Körnchen und Stäbchen nichts weiter sind wie die zertrüämmerten kleinsten Theilchen des Gerüstwerks, namentlich dessen Knotenpuncte, welch’ letztere ja auch etwas grösseren Durchmesser besitzen und bei der Zertrümmerung und Zerstörung des Gerüsts den kräftigsten Wider- stand leisten. Man sieht dies auch besonders gut, wenn man eine solche Membran mit sehr schwach verdünnter Schwefelsäure behandelt, wobei sie langsam durch Lösung zerstört wird. Man bemerkt dann die recht mannigfaltig gestalteten Trümmer des Wabenwerks bis zu feinster Körnchengestalt herab und kann sich gut überzeugen, dass diese Körnchen i. d. R. die am längsten widerstehenden Knotenpuncte des Gerüstwerks sind. Ganz dieselbe Beobachtung kann man an der gewöhnlichen, nicht denitrirten Collodiummembran bei Behand- lung mit unverdünnter concentrirter Schwefelsäure anstellen, welche langsam zerstört, während selbst Kochen mit concentrirter Salzsäure kaum auf diese Membranen wirkt. Aus den obigen Erfahrungen geht demnach hervor, dass der körnige Zerfall der Membranen eine Folge ihrer feinwabigen Structur 268 O. Bütschli: ist, Diese Beobachtungen führten naturgemäss auch zur Untersuchung der organischen Cellulosehäute. Es ist dies aber eine so umfangreiche Aufgabe, an welcher schon lange Zeit eifrigst gearbeitet wird, dass sie wohl ein jahrelanges ausschliessliches Studium erforderte, um hin- reichend gelöst zu werden. In der kurzen Zeit, welche ich bis jetzt diesem Gegenstand widmen konnte, war es natürlich nur möglich, einige Blicke in die hier vorliegenden Verhältnisse zu thun. Dennoch glaube ich, dieselben werden genügen, um zu zeigen, dass hier im Wesentlichen die nämlichen Structurverhältnisse vorliegen müssen, wie bei den Stärkekörnern und den Sphärokrystallen. Ich beginne den Bericht mit einem Object, welches ich vorerst nur unvollständig untersuchte, das jedoch die betreffenden Verhältnisse sehr gut zeigt. Dies ist die Zellhaut der Alge Caulerpa prolifera (Alkoholmaterial). Bis jetzt habe ich sie nur auf sehr dünnen Quer- schnitten untersucht, welche in Gummi arabicum (eingetrocknet) ge- schnitten und nach Lösung des Gummis durch Wasser in Kupferoxyd- ammoniak untersucht wurden. Die erwartete Quellung durch die Zusatzflüssigkeit trat nicht oder doch nur in sehr geringem Grade auf. Bekanntlich erscheint die Caulerpamembran auf dem Quer- schritt sehr schön geschichtet; stellen- und schichtenweise etwas gröber, meist jedoch sehr fein, bis zur grössten Feinheit herab. Die sorg- fältige Untersuchung der Schnitte ergab nun, dass die Schichten viel- fach sehr schön den wabigen Bau zeigen, wie er im Vorhergehenden für die Sphärokrystalle und gewisse Krystalle geschildert wurde. Jede Schicht war nur aus einer Wabenreihe gebildet (Fig. 14). Die Dicke der Einzelschichten ist trotz ihrer allgemeinen Feinheit ziemlich ver- schieden und damit auch die Grösse der Waben. Hie und da finden sich auch relativ recht dicke Schichten, deren Waben von dickeren pfeilerartigen Radiärwänden geschieden sind, was etwas an die ähn-. lichen dicken Schichten in der Aussenwand mancher Calcosphärite erinnerte. Andererseits werden die Waben vielfach so klein und blass, dass ° sie nur mit grosser Mühe und an vielen Stellen überhaupt nicht mehr zu erkennen sind. Die Waben sind jedoch vielfach so klar und Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 269 deutlich, gehen ferner bei hoher Einstellung so bestimmt in dunkle Punkte über und zeigen dabei auch Andeutungen des falschen Netz- bildes, dass ich an der Wabennatur der Structur nicht zweifeln kann, obgleich zur Vervollständigung der Beweisführung noch die Untersuchung von Längs- und namentlich auch Flächenschnitten noth- wendig wäre. Schon vor der Untersuchung der Caulerpamembran habe ich mich ziemlich eingehend mit den Baumwollfasern (Haarzellen), den Leinenfasern (Bastzellen) und den Bastzellen von Nerium Oleandri beschäftigt. Zunächst stellte ich in der Wiesner’schen Art Versuche über die sog. Zerstäubung der Baumwoll- und Leinenfasern an. Ich fand dabei, dass die nach dem eigentlichen Carbonisirungsverfahren be- handelten Fasern keineswegs so leicht und sicher durch Quetschen und Klopfen zu zerlegen sind wie solche, die einige Tage mit con- centrirter Salzsäure (30°/,) behandelt waren. Noch viel geeigneter erwies sich jedoch eine mehrtägige Behandlung der Fasern mit Eau de Javelle auf dem Wärmschrank bei etwa 30—40°. Derartig vor- bereitete Fasern werden schon durch mässiges Klopfen auf das Deck- glas zertrüämmert und schliesslich in feinsten Grus zerlegt, eben die Wiesner’schen Dermatosomen. Da es mir jedoch weniger auf das Studium der isolirten Dermatosomen als auf die Structur der Mem- branen in nicht zerlegtem Zustand ankam, so wurde die Aufmerksam- keit hauptsächlich auf die Beschaffenheit der kleinen und möglichst dünnen Zerfallspartikel gerichtet, welche noch nicht ganz zerlegt waren, sondern die zusammenhängende Structur noch erkennen liessen. Da die Structurzeichnung solch’ stark verkleinerter Membrantheile sehr zart und blass ist, empfiehlt sich vorherige möglichst intensive Färbung. Mit Vortheil dient hierzu die Eisenhämatoxylintinction, welche ich früher (1) empfohlen habe, doch gab auch Congoroth vielfach gute Resultate. Obgleich die nach der genannten Hämatoxylinmethode gefärbten Fasern absolut schwarz und undurchsichtig werden, besitzen die feineren Partikel nach der Zerlegung doch nur eine kaum bemerkbare blasse Färbung. 270 OÖ. Bütschli: Beim Zerklopfen der so vorbereiteten Fasern tritt zunächst die bekannte schraubenspiralig verlaufende Faserung oder Streifung der Membranen sehr schön hervor. Bei genauer Untersuchung dünnerer Bruchstücke der Haut ist nun sicher festzustellen, dass die benach- barten Fasern oder Streifen durch zahlreiche, in regelmässigen kurzen Abständen aufeinanderfolgende Querverbindungen unter einander zu- sammenhängen (Fig. 19). Dabei ist natürlich sorgfältig darauf zuachten, dass nicht Bruchstücke über einander liegen und auf diese Weise durch | Kreuzungen ihrer Streifen Täuschungen verursachen. — Bei tiefer Einstellung erhält man das Bild eines längsgerichteten Wabenwerks mit rechteckigen oder auch etwas rhombischen Waben, wenn die (uerverbindungen etwas schief gerichtet sind. Bei hoher Einstellung werden die Wabenräume dunkel und das Bild erscheint bei einer Ein- stellung, welche die mittlere ganz wenig übersteigt, noch wabig, jedoch mit dunklen Maschen. Wird der Tubus noch etwas mehr gehoben, so nimmt das Bild ein globulitisches Aussehen an, indem nun jeder Knotenpunkt des Maschenwerks ais helles Körnchen erscheint und die dunklen Wabenräume kleiner geworden sind. Ganz dieselben Structuren habe ich mittels des gleichen Ver- fahrens auch in den Zellwänden des Hollundermarks sehr gut nach- zuweisen vermocht. Leider konnte ich bis jetzt weder ein hohes falsches Netzbild deut- lich erkennen, noch sicher feststellen, ob das beschriebene tiefe wabige Bild eventuell als solch’ ein falsches Netzbild aufzufassen ist, weshalb ich die Beurtheilung der Structur, ob wabig -oder globulitisch, vorerst unentschieden lassen muss. Beides ist ja wohl denkbar und möglich. Im letzteren Fall wäre natürlich das hohe Bild das reelle; die Fasern setzten sich dann aus Globuliten zusammen, welche inniger in Längsreihen vereinigt, gleichzeitig, aber auch die nebeneinander- stehenden Globuliten der Nachbarreihen zum Theil verschmolzen sind, so dass zwischen je 4 Globuliten eine minimale Lücke bleibt. Folgende Beobachtung könnte in diesem Dilemma einigermassen zu Gunsten der wabigen Structur entscheiden. Wenn man das Präparat sehr energisch unter dem Deckglas zerklopft, so erhält man Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 271 vielfach kleine Partien der Membranen, welche nicht mehr faserig netzig erscheinen, sondern bei tiefer Einstellung unregelmässig wabig und zwar viel deutlicher, sowie etwas gröber wie die erstbeschriebene Structur. Dass diese Partieen wirklich wabig structurirt sind, geht mit ziemlicher Sicherheit daraus hervor, dass sie bei hoher Einstellung ein engmaschigeres falsches Netzbild zeigen. Da selbst bei stärkster Färbung die fein zerklopften Partieen der Membranen wegen der Zartheit der Structuren ungemein blass und schwer zu studiren sind, so habe ich auch folgendes Verfahren ver- wendet, welches bei vorsichtigem Gebrauch gute Resultate geben kann. Nach dem Zerklopfen in destillirtem Wasser wird das Präparat eingetrocknet und hierauf in Luft untersucht. Die Structurelemente sind nun wegen der stärkeren Lichtbrechung viel deutlicher. Nachtheile dieses Verfahrens sind jedoch, dass durch Uebereinanderlagerung oder Zusammenkleben von Partikeln leicht Zusammenhänge und Structuren vorgetäuscht werden, welche nicht wirklich bestehen. Bei vorsichtiger Untersuchung zerklopfter Leinenfasern habe ich auf diese Weise dennoch viele recht klare Bilder erhalten, welche für die wabige Structur sprechen. Als weitere Untersuchungsmethode der genannten Membranen kommt die Quellung in Betracht, welche ja auch die feinere Structur der Stärkekörner sichtbar werden liess. Dieses Ver- fahren leistet denn auch hier viel. Man erhält vorzügliche Quellungen, wenn man die Fasern in wirksames Kupferoxydammoniak bringt, in dem schon Cellulose in ziemlicher Menge aufgelöst wurde. — In den mehr oder minder stark gequollenen Fasern tritt sofort die schraubige Streifung prächtig und meist sehr fein hervor. Wenn die Quellung einen gewissen Grad erreicht hat, sieht man stets zwei sich kreuzende Streifensysteme (Fig.12), während bei dem früheren Verfahren ein zweites System nur hie und da angedeutet war. Durch die sorg- fältigste Untersuchung dieser gekreuzten Streifensysteme, welche bei allen Einstellungen stets deutlich zu sehen sind, kam ich zu keiner anderen Ansicht, als dass sie durch den oben beschriebenen wabigen oder globulitischen Zusammenhang der Fasern und Streifen hervor- gerufen werden, nicht jedoch durch eine Kreuzung verschieden- “ 2372 O. Bütsehli: gerichteter, sich überlagernder Streifungen. Damit will ich jedoch keineswegs in Abrede stellen, dass dergleichen überhaupt nicht vor- komme; vielmehr hat mich die Untersuchung der Membranen des Hollundermarks und der Bastzellen von Nerium überzeugt, dass der stärker hervortretende Streifenverlauf in verschiedenen Höhen oder Schichten der Membran verschieden sein kann und so wirkliche Kreuzungen auftreten. Ein solch’ vorwiegender, zuerst und deutlicher hervortretender Streifenverlauf erklärt sich meiner Ansicht nach leicht dadurch, dass längs ihm die einzelnen Structurelemente, seien dies nun Waben oder Globuliten, regelmässig zu graden Linien hinter einander gereiht sind, während die Querverbindungen, welche das zweite Streifensystem bedingen, sich keineswegs immer auf grössere Strecken zu regelmässigen Linien anordnen, sondern häufig mehr oder weniger gegen einander verschoben sind, was natürlich dieses System weniger deutlich hervortreten lässt. Die aufgequollenen Fasern zeigen noch eine Anzahl Besonderheiten, so namentlich eigenthümliche Erscheinungen, welche durch die Gegen- wart eines oberflächlichen, dünnen, wenig quellbaren Häutchens be- dingt werden. Dieses besitzt eine ähnliche Structur wie die geschil- derte Hauptmasse der Membran, mit dem Unterschied, dass sein Hauptstreifensystem quer ringförmig verläuft. Da dieses Häutchen der Quellung stellenweise grossen Widerstand leistet, so erhalten die gequollenen Fasern häufig ein mehr oder weniger perlschnurartiges Aus- sehen. Ich habe diese Verhältnisse hier nur angedeutet, auch nicht eingehender studirt, da ihre genauere Erforschung für meine eigent- lichen Zwecke unwesentlich erschien. Von besonderem Interesse erscheint die Feststellung des Structur- bildes auf dem optischen Längsschnitt, was sich auch bei günstig ge- quollenen Fasern erreichen lässt. Ich habe diesen Punkt hauptsächlich an der Baumwollfaser untersucht) doch verhält sich die Leinenfaser ähnlich. — Zunächst lässt sich auf dem optischen Längsschnitt hin- reichend gequollener Fasern eine sehr schöne und gleichmässig feine - Längsstreifung als Ausdruck einer feinen Schichtung trefflich wahr- nehmen. Günstige Stellen zeigen jedoch ferner regelmässige Quer- Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 273 En verbindungen der dunklen Schichtstreifen unter einander, also ganz dasselbe wabige Bild, welches schon auf den Querschnitten der Caulerpa be- obachtet wurde. Die Deutlichkeit der Structur liess an geigneten Stellen nichts zu wünschen übrig (Fig. 10). Besser und klarer würde sie jedenfalls noch hervortreten, wenn man feine Längsschnitte der Quellung unterwürfe. Ich habe dies vorerst nicht ausgeführt, dagegen zur Be- stätigung und Erweiterung des Beobachteten feinste Querschnitte in dieser Weise untersucht. Zu diesem Zweck wurden die Fasern in Gummiglycerin eingebettet und nach hinreichendem Eintrocknen Quer- schnitte von ca. 3—4 w hergestellt, die nach Entfernung des Gummis durch Wasser unter dem Deckglas mit Kupferoxydammon gequellt wurden. Bei mässiger Quellung tritt die feine concentrische Schichtung in der Wand des Querschnitts höchst deutlich hervor und, wie zu erwarten, zeigen sich an günstigen Stellen auch die Querverbindungen der Schichten ganz klar (Fig. 15). Das Gesammtbild eines solchen Querschnitts ist daher, abgesehen von dem centralen Zelllumen, ganz ähnlich dem eines gequollenen Stärkekorns, wie ich es früher (4) schilderte, oder auch dem eines gut geschichteten Sphärokrystalls. Wenn aber die Quellung stärker wird —* und die Querschnitte besitzen wie die ganzen Fasern eine sehr bedeutende Quellungsfähigkeit — ‚so verändert sich das Bild wesentlich (Fig. 16). Zwar bleibt es in den Grundzügen gleich, indem dunklere und hellere concentrische Schichten abwechseln und bei tiefer Einstellung auch die Querverbindungen als dunkle Bälkchen hervortreten. Bei etwas weniger tiefer Einstellung aber bemerkt man, dass nun die dunklen Schichten und ebenso auch die Radiärbälkchen noch eine feine wabige Structur aufweisen. Das gesammte Structurbild wird auf diese Weise bedeutend unregelmässiger wie zuvor. — Aus diesen Erfahrungen geht demnach hervor, dass das bei mässiger Quellung auftretende scheinbar einfache Gerüstwerk selbst wieder eine noch unsichtbare Structur besitzt, welche erst bei starker Quellung sichtbar wird. Ob diese Structur jedoch feinstwabig oder globulitisch ist, lässt sich vorerst schwerlich sicher entscheiden; ich kam in dieser Hinsicht über ein beständiges Schwanken nach der einen oder der anderen Seite nicht hinaus. 974 OÖ. Bütschli: Einer Erläuterung bedarf es noch, warum, wie eben angegeben wurde, auch an den stark gequollenen Schnitten bei recht tiefer Einstellung die frühere einfache Structur hervortritt, natürlich in einem der stärkeren Quellung entsprechenden vergrösserten Massstab. Dies beruht auf einem Umstand, dessen Beachtung bei Untersuchungen dieser Art recht wichtig ist, auf welchen ich jedoch erst verhältnissmässig spät aufmerksam wurde. Wenn man nämlich ein feines Wabenwerk, z. B. einen der früher geschilderten Harzschäume oder dergleichen zuerst bei wenig tiefer Einstellung betrachtet und darauf den Tubus senkt, so bemerkt man, dass das Wabenwerk gröber wird. Man kann daher gewisser- massen zwei tiefe Einstellungen unterscheiden, eine obere oder erste, bei welcher das Wabenwerk in voller Feinheit und eine zweite oder tiefere, bei welcher es beträchtlich weitmaschiger erscheint. Diese Erscheinung beruht nun darauf, dass bei tieferer Einstellung die kleineren Wabenräume undeutlicher werden und nun in dem dunklen Gerüstwerk, das sich gleichzeitig entsprechend verbreitert, unterdrückt werden. Für die oben geschilderten Schnitte ergibt sich demnach, dass die feineren, bei der stärkeren Quellung sichtbar gewordenen Structuren bei der Einstellung auf die zweite Tiefe verschwinden müssen und an deren Stelle ein stärkeres dunkleres Gerüstwerk auf- tritt, welches ungefähr dasselbe Bild zeigt wie das bei schwächerer Quellung allein sichtbare. Mit dieser Deutung der verschiedenen Bilder harmoniren meine Erfahrungen am Besten. Zufügen möchte ich noch, dass eine solche Verschiedenheit der Netzbilder keineswegs nur für reelle gilt, sondern in gleicher Weise bei den falschen wahrzunehmen ist; von diesen wird das tiefe der globulitischen Structur bei noch tieferer Einstellung gröber, wogegen das hohe falsche Netzbild der wabigen Structur bei höherer Einstellung dieselbe Veränderung erleidet. Mit den oben erwähnten Erfahrungen über das Verhalten der Querschnitte bei der Quellung stimmt auch das der ganzen Fasern überein. Bei fortgesetzter starker Quellung beobachtet man nämlich auch bei ihnen das Eigenthümliche, dass die früher geschilderte Streifung bedeutend feiner und gleichzeitig reicher wird, während man im Gegen- Untersuchungen an’ Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 275 theil berechtigt wäre zu erwarten, dass mit zunehmender Quellung die Streifung lockerer und gröber werde. Das Verhalten der Querschnitte dürfte hierfür die gewünschte Erklärung geben, da es zu schliessen gestattet, dass die bei schwächerer Quellung structurlos erscheinenden dunklen Streifen bei stärkerer eine feinere Structur erkennen lassen, ebenso wie die concentrischen dunklen Streifen oder Schichten des Quersehnitts. Diese neu auftretende Structur wird sich nothwendiger Weise als eine Verfeinerung der Gesammtstreifung darstellen. 5. Versuche über die Abscheidung der Cellulose aus der Lösung in Kupferoxydammoniak. Ich beginne den Bericht über diesen Theil meiner Studien, der als der jüngste der Vertiefung in mancher Hinsicht noch ermangelt, mit der Schilderung einer eigenthümlichen Beobachtung, welche, wie mir scheint, besonderes Interesse beansprucht. An einem der oben erwähnten Präparate der Querschnitte von Baumwollfasern, die in Kupferoxydammon gequollen waren (das Präparat war mit Paraffin verschlossen), hatte sich nach einigen Tagen auf einigen Schnitten eine Auflagerung von Cellulose gebildet, welche sich aus der um- gebenden Lösung niedergeschlagen hatte. Diese Auflagerung war stärker lichtbrechend wie die Substanz der Schnitte und schwach blau gefärbt. Obgleich ich versäumt habe, ihre Reactionen zu prüfen, zweifle ich doch nicht, dass es sich thatsächlich um abgeschiedene Cellulose handelte, da wir später noch sehen werden, dass sie sich in ganz ähnlicher Form aus der Lösung ausscheidet. Die Auflagerungen bedeckten die Oberfläche gewisser Schnitte nur theilweise. Was nun aber diese aufgelagerte Schicht ganz besonders interessant machte, war, dass ihr feinerer Bau ganz vollkommen jenen des unterlagernden Schnitts wiederholte. Geradezu frappant war dies bei der Einstellung auf die zweite Tiefe (Fig. 13), wo die aufgelagerte Schicht wie der Schnitt die deutlich weitmaschige, concentrisch geschichtete Structur zeigten; und zwar entsprach jeder dunklen concentrischen Schicht des Schnitts auch eine solche der Auflagerung. Bei höherer Einstellung zeigten Schnitt wie Auflagerung die feinmascbigere Structur, wie sie für die 976 0. Bütschli: stark gequollenen Schnitte geschildert wurde. Der stärkeren Licht- brechung wegen war natürlich die Structur der Auflagerung viel deutlicher. Aus diesem interessanten Ergebniss müssen wir schliessen, dass der Schnitt durch Anlagerung abgeschiedener Cellulose gewachsen ist und dass diese neuzugetretene Cellulose ganz dieselben Structurver- hältnisse angenommen hat, welche die schon vorhandene, vom Organismus gebildete, besass. Aus diesen Erfahrungen scheint mir aber mit genügender Sicherheit hervorzugehen, dass auch die Cellulosemembran, wie sie der Organismus hervorbringt, ihre Entstehung nicht besonderen eigenthümlichen und dem Organismus ausschliesslich zukommenden Bedingungen verdankt, sondern in ähnlicher Weise aus einer Cellulose- lösung durch Abscheidung gebildet werden kann. Wenn man eine dünne Schicht einer Lösung von Üellulose (Baum- wolle) in K.-O.-A. auf dem Objectträger bei gewöhnlicher Temperatur eintrocknet, so bildet sich ein blauer Ueberzug, aus welchem durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure das Kupfer unter reichlicher Entwicklung von Kohlensiure ausgezogen wird. Die zurückbleibende Cellulose bildet eine zusammenhängende Membran, die so cohärent ist, dass sie sich auch im abgelösten Zustand gut erhält. Sie färbt sich mit Congoroth intensiv und besitzt einen durchaus globulitisch-wabigen feinen Bau, d.h. ihre Zusammen- setzung scheint von sehr feinen Globuliten bewerkstelligt zu sein, die sich unter theilweiser Verschmelzung derartig aggregirt haben, dass eine Menge feinster bis etwas grösserer wabiger Hohlräume umschlossen wurden. Im Allgemeinen wird daher der Character dieser gemischten und deshalb sehr schwer zu entziffernden Structur wohl als ein schwammiger zu beurtheilen sein. Verlief die Eintrocknung langsamer, indem das Präparat mit einer Schale bedeckt wurde, so bildete sich ein ent- sprechender Rückstand auf dem Objectträger, doch ohne den festen membranösen Zusammenhalt. Wurde eine grössere Quantität der Celluloselösung in einer Schale auf dem Wasserbad eingedampft, so bildete sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit bald eine schwarze, etwas glänzende Membran von ziemlich brüchiger Beschaffenheit, jedoch a Be ne ee re ee ee Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et« 977 von durchaus festem häutigem Zusammenhang. Der Unterseite dieses dünnen Häutchens lag eine dickere und lockere Schicht von ganz weisser Cellulose an. Die schwarze Farbe rührte jedenfalls von Kupfer- oxyd her, das sich unter Entweichen von Ammoniak gebildet hatte. Wird die Membran herausgenommen und das Kupferoxyd durch schwache Salzsäure entfernt, so erhalten sich beide Schichten der Haut sehr gut und sind nun ganz ungefärbt resp. weiss. Die genauere mikroskopische Untersuchung ergibt, dass das äussere feste Häutchen, welches durchschnittlich 4—5 u dick ist, auf dem optischen Durchschnitt zart, jedoch ganz deutlich geschichtet erscheint. Meist finden sich etwa 5 solch’ feiner Schichten, an gewissen Stellen zählte ich jedoch auch bis 8. Jede der Schichten erscheint bei tiefer Einstellung wiederum aus einer Wabenreihe bestehend; die äussere Fläche des Häutchens wird von einem dunkleren und wohl etwas dichteren Grenzsaum gebildet, der das Aussehen einer Pellicula be- sitzt. Stellenweise ist die Schichtung auch etwas gröber, aus ab- wechselnd dunkleren und helleren Schichten zusammengesetzt. und die genauere Untersuchung zeigt, dass die helleren Schichten aus gröberen, die dunkleren dagegen aus feineren Waben bestehen. Solch’ dickere Schichten können aus mehr wie einer Wabenreihe bestehen (Fig. 11). Die oben erwähnte tiefere, dickere und löckere Celluloselage er- scheint ähnlich wabig structurirt, wohl etwas weitmaschiger und mit ein wenig dickerem Gerüstwerk, welches daher deutlicher und be- stimmter hervortritt. Eine besondere Eigenthümlichkeit der äusseren geschichteten Haut ist, dass sie nach sorgfältiger Entfernung der tiefen Lage und Färbung mit Congoroth eine ziemliche Zahl heller, schon dem blossen Auge sichtbarer, rundlicher Flecke zeigt. Die genauere Untersuchung ergibt, dass diese Flecke sehr regelmässig gebildete, verdünnte Stellen der Haut sind. An diesen Stellen sinkt nämlich das geschichtete Aussenhäutchen i. d. R. bis zur Dicke einer einzigen Wabenlage herab. Es liegt keineswegs in meiner Absicht, dem Vor- kommen dieser eigenthümlichen Membranstellen eine besondere Be- deutung beizulegen; dennoch muss ich darauf hinweisen, dass sie unwillkürlich an die Tüpfelbildungen der Pflanzenzellhäute erinnern. 978 O. Bütschli:; Bei Flächenbetrachtung erscheint das äussere geschichtete Häutchen sehr feinwabig und an manchen Stellen etwas undeutlich streifig. Die tiefere Lage zeigt in dieser Ansicht dasselbe Bild wie im op- tischen Durchschnitt. Hervorzuheben ist noch, dass die gesammte Membran von Jod nur sehr schwach gefärbt, mit Jod und Schwefelsäure dagegen sehr intensiv blau wird, dass sie also die Cellulosereaction recht ausgesprochen zeigt. Die concentrirte Schwefelsäure greift sie dabei recht wenig an. Sie polarisirt und zwar optisch negativ, d.h. die Axe der grösseren optischen Elastieität steht auf der Fläche der Haut senkrecht. Wenn in obiger Beschreibung die feinere Structur der künst- lichen Cellulosehaut als wabig bezeichnet wurde, so gilt dies mit der Einschränkung, welche schon früher bei der Schilderung der natür- lichen Cellulosegebilde und der Sphärokrystalle gemacht wurde, da es auch hier unmöglich war, über den wahren Character ins Reine zu kommen. Auf Grund des Mitgetheilten darf ich wohl die Meinung vertreten, dass trotz der Schwierigkeiten, welche die ganz sichere Deutung solch’ feiner Structur bietet, und der Unsicherheit, welche daraus folgt, wir doch zu gewissen begründeten Schlüssen über den feineren Bau der natür- lichen und künstlichen Cellulosehäute berechtigt sind. Einmal finden wir, dass auch die künstlichen wenigstens einen Theil der feineren Structureinzelheiten besitzen, welche die natürlichen kennzeichnen und dass namentlich die Elemente, aus welchen sich die Structuren beider Kategorieen aufbauen, jedenfalls die gleichen sind. Seien dies nun in letzter Instanz Waben, weiche ein zusammenhängendes Cellulose- gerüst durchsetzen oder Globuliten, die sich zu einem solchen Gerüst vereinigt haben, oder sei, was ich auch nicht für ganz ausgeschlossen halte, eine Mischung dieser beiden Structurelemente gleichzeitig vor- handen. Jedenfalls dürfen wir aber, auch ohne eine bestimmte Ent- scheidung dieser Structurfragen, wohl behaupten, dass das Entstehen solcher Structuren keineswegs die lebendige Thätigkeit besonderer organisirter Elementartheilchen erfordert, etwa besonderer Plasmosomen im Wiesner’schen Sinne. Zwar wird nicht zu leugnen sein, dass der PONTER a a a el a EI u a Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 279 plasmatische Zellleib, welcher eine spezielle Membran erzeugt, in besonderer, uns noch nicht näher bekannter Weise, die eigenthümliche Ausbildung der Structuren beeinflussen könne. Doch sind wir vorerst nicht zur Annahme gezwungen, dass dieser Einfluss sich über das Bereich physikalischer und chemischer Wirkungen hinaus erstrecke, wie sie etwa auch die Krystallform und Krystalistructur beein- flussen. Die Wiesner’schen Dermatosomen aber können sicherlich nicht den Anspruch erheben, als organisirte Elementartheilchen und ehemals lebendige, später umgewandelte Plasmosomen zu gelten. Sie sind entweder die zertrümmerten Partikel, hauptsächlich die Knotenpuncte eines wabigen oder die auseinandergesprengten Globuliten eines globu- litischen Cellulosegerüstes. Eine andere Deutung dürfte nach den mitgetheilten Erfahrungen nicht möglich erscheinen. 6. Sphärokrystalle aus Celluloselösung. In neuester Zeit ist es E. Gilson (13) gelungen, unter gewissen Be- dingungen sphärokrystallinische Bildungen aus der Lösung von Cellulose in Kupferoxydammon zu erhalten. Auch ich habe aus der Lösung von Baumwolle nach einem anderen Verfahren und unabhängig von der Gilson’schen Arbeit sehr schöne Sphärokrystalle hergestellt. Das Verfahren ist dasselbe, welches ich schon beim Inulin ver- werthet habe. Die Celluloselösung wurde in einem kleinen Schälchen, in das einige grosse Deckgläser vertikal gestellt waren, auf dem Wasser- bad eingedampft. Der Rückstand auf den Deckgläsern zeigte bei der mikroskopischen Betrachtung innerhalb der blauen Masse farblose sphärische Gebilde. Wurde aus dem Rückstand durch verdünnte Salz- säure das Kupfer vorsichtig entfernt, so blieb auf dem Deckglas ein Ueberzug zurück, der zum grossen Theil aus kleineren bis grösseren Sphärokrystallen bestand. Diese Sphäriten haben im Allgemeinen grosse Aehnlichkeit mit denen des kohlensauren Kalks; wie diese sind sie z. Th. sehr deutlich und gleichmässig geschichtet, doch war die Zahl der Schichten nie sehr erheblich. Dabei sind die hellen Schichten vielfach von Radiärbälkchen durchsetzt, so dass die früher geschilderte Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med, Vereins. N. Serie, V. 20 380 O. Bütschli: wabige Structur sehr schön hervortritt (Tf. II, Fig. 18). Die centrale Region grösserer Sphärite ist aber nicht selten unregelmässig wabig. Neben den geschilderten fanden sich aber nicht selten auch solche von strahligem Character und schliesslich auch anscheinend ganz homogene. Einen ganz besonders schön geschichteten Krystall erhielt ich einmal am Rand einer bei gewöhnlicher Temperatur auf dem Objectträger langsam eingetrockneten Lösung. Seine genaue Unter- suchung bei tiefer (Tf.IIT, Fig. 17) und hoher Einstellung bestätigte ganz das, was ich früher an Sphären des Inulins über den wabigen Aufbau gefunden hatte, da namentlich das hohe Netzbild engmaschiger war. Was sich dagegen an den ersterwähnten, bei höherer Temperatur dargestellten Sphäriten feststellen liess, bestätigte zwar im Allgemeinen den wabigen Bau der Schichten; doch führten die beobachteten Einzelheiten andererseits auch zur Befestigung der Ansicht über das wahrscheinlich globulitische Wachsthum der Sphärite. Neben vielen, die eine glatte oder doch wenig unebene Oberfläche besitzen, finden sich auch stellen- weise zahlreiche, deren Oberfläche radiärstachelig ist. Die Stacheln oder Bälkchen scheinen frei zu endigen, was bei der Blässe ihrer Enden und dem Umstand, dass die Sphärite, ähnlich den oben beschriebenen des Inulins nicht frei, sondern in einer fein globulitisch-wabigen Cellu- losemasse liegen, schwierig zu entscheiden ist. Diese Stacheln oder Bälkchen machen nun ganz den Eindruck der Radiärbälkchen, welche die Wabenräume in den concentrischen Schichten der Sphärite scheiden, woraus hervorgehen dürfte, dass bei der Auflagerung einer neuen Schicht zuerst diese Bälkchen als radiäre stachelartige Gebilde hervorwachsen und erst später ihre freien Enden durch Querver- bindungen zu einer ringförmigen concentrischen Lage abgeschlossen werden. Aehnliche Zustände hatte ich früher, wenn auch selten, schon bei Calcosphäriten beobachtet. Die Oberflächenbetrachtung der be- treffenden Cellulosesphärite scheint mir jedoch dafür zu sprechen, dass es sich nicht um isolirte Bälkchen oder Stacheln handelt, sondern dass die benachbarten auch seitlich zusammenhängen, wodurch ein solches Wachsthum zu kämmerchenartigen kleinen Hohlräumen in den con- centrischen Schichten führte. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete.. 981 Verwachsungen der Sphärite zu 2, 3 oder mehreren unter einander sind sehr häufig. An manchen Stellen sind sie auch so dicht gelagert, dass sie unter Abplattung zusammenstossen und eine membranartige Lage bilden. Es wurde schon oben erwähnt, dass zwischen den Sphäriten, in- sofern sie nicht direct zusammenstossen, noch eine Cellulosemasse sich findet, welche bei schwächerer Vergrösserung hyalin, bei stärkerer dagegen fein globulitisch-wabig erscheint. Die Sphäriten geben zwischen gekreuzten Nicols ein schönes dunkles Kreuz und erweisen sich bei der Untersuchung mit dem Gyps- blättchen optisch negativ; die Farben sind also umgekehrt wie bei den Stärkekörnern vertheilt. Ob nun die geschilderten Sphärokrystalle ganz unveränderte Cellu- lose sind, möchte ich vorerst nicht mit aller Bestimmtbeit behaupten, da sie die characteristische Jodreaction nicht ganz so vollkommen zeigen wie die oben beschriebene, durch Eindampfen erhaltene Cellu- losehaut. Mit Jodtinetur oder durch Einlegen eines Jodkrystalles in das Präparat färben sich die Sphärite sehr schwach oder nicht; nur die centrale Partie grösserer zeigte zuweilen. eine deutliche Braunfärbung. Wenn man sie mit Jodtinctur eintrocknet, so werden sie stark rothbraun; wurde hierauf concentrirte Schwefelsäure zu- gesetzt, so trat da, wo die Säure die reichlich zusammengehäuften Sphären erreichte, unter Lösung starke Bläuung auf, wogegen sich die von der Säure nicht gelösten Sphären schön wein- bis violettroth und zum Theil auch schwach, jedoch deutlich veilckenblau färbten. Auch bei gleichzeitiger Einwirkung von Jodlösung und concentrirter Schwefel- säure gelang es, braun- bis violettroth und schwach blau gefärbte Sphärite zu erhalten. Starke Blaufärbung wurde jedoch, wie bemerkt, nur bei gleichzeitiger Lösung der Sphären erzielt. Wenn diese Erfahrungen es, wie gesagt, noch etwas unsicher lassen, ob die Sphären ganz echte Cellulose sind, so geht doch aus dem Mitgetheilten hervor, dass es sich jedenfalls nur um eine Modi- fication der Cellulose handeln kann. Bemerken möchte ich noch, dass die Celluloselösung, aus welcher die Sphärokrystalle dargestellt 20° 282 O0. Bütschli: wurden, schon einige Tage gestanden, während diejenige, welche zur Bereitung der Cellulosehaut gedient hatte, ganz frisch dar- gestellt war. Ebenso verdient wohl erwähnt zu werden, dass die Cellulose- lösung im Gegensatz zu der Stärke beim Gefrieren keine Cellulose ausscheidet; beim Aufthauen bleibt die Lösung klar. 7. Ueber die feinere Structur des Chitinpanzers von Astacus fluviatilis. Ich habe schon früher berichtet (1, p. 89), dass die Cuticula von Branchiobdella und Phascolosoma auf dem Querschnitt wabig ge- schichtet erscheint. Die oben kurz mitgetheilten Erfahrungen über die feinere Structur der Üellulosegebilde und die nahen Beziehungen zwischen Cellulose und Chitin (vergl. hierüber 14 und 15) machten es erwünscht, auch eine typische Chitinhaut zu untersuchen. Zu diesem Zweck habe ich einige Studien über die Chitindecke des Flusskrebses begonnen, über welche in aller Kürze noch Einiges bemerkt werden möge. Der Chitinpanzer von in Alkohol konservirten Krebsen wurde durch Kochen in verdünnter Salzsäure und Kalilauge, sowie durch nachfolgende Extraction mit Alkohol und Aether von Kalksalzen, Fetten und Pigment befreit. In dieser Form gelangte er dann zur weiteren Untersuchung. Man kann nicht behaupten, dass grade dieses Object sich be- sonders dazu eigne, die prinzipiellen feineren Structurverhältnisse der Chitinhäute zu ermitteln, da die Structur sich als sehr complieirt er- weist und dem Studium daher Schwierigkeiten bereitet, welche an ein- facheren, dünnen Chitinmembranen kaum vorkommen werden. Auf die früheren Untersuchungen über diesen Gegenstand werde ich in dieser vorläufigen Mittheilung nicht eingehen, sondern wende mich gleich zu der Schilderung meiner Ergebnisse. Auf: feinen Querschnitten durch die Chitinhaut der Beine und der Schwanzflosse kann man 4 Lagen unterscheiden, die sich wohl in ähnlicher Weise über den Gesammtkörper ausbreiten dürften. cz u Ge ee Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 283 Die äusserste Lage (a) ist eine sehr dünne Membran, welche mit der sie unterlagernden Hauptmasse des Panzers ziemlich lose ver- bunden ist, weshalb sie sich an den Querschnitten leicht ablöst. Sie zeichnet sich durch bedeutend stärkeres Tinctionsvermögen in Vesuvin, Gentianaviolett und Eisenhämatoxylin vor der Hauptmasse des Chitin- panzers aus, von der sie sich auch sicher chemisch unterscheidet. Während sich nämlich die letztere in rauchender Salzsäure leicht löst, ist das äussere Häutchen (a) darin unlöslich. Cellulosereacetion mit Jod und Schwefelsäure zeigt es nicht, färbt sich vielmehr tief braun. Auf diese Lage (a) folgt eine dickere b, welche bald mehr senkrecht feinstreifig, bald dagegen mehr horizontal streifig ist. Die Hauptmasse des Panzers wird von der Lage c gebildet, welche aus ziemlich groben Horizontalschichten besteht, die durch bogig verlaufende auf- ‚steigende Balken in Verbindung stehen. Diese Lage geht schliesslich über in die tiefste d, die sich aus feinen horizontalen Schichten zu- sammensetzt. Die Lagen b bis d gehen direct in einander über und sind, wie gesagt, chemisch identisch. Die Bemerkungen über die feinere Structur beginne ich mit der tiefsten Schicht d. Dieselbe zeigt auf dem Querschnitt (in Wasser untersucht) den wabig geschichteten Bau, wie wir ihn oben z.B. bei Caulerpa kennen gelernt haben, ganz vorzüglich (Tf. III, Fig. 21). Der Nachweis eines hohen falschen Netzbildes macht die wirklich wabige Structur wohl ganz sicher. Etwas complicirter, jedoch nicht allzu schwierig erkennbar, ist die Structur der Schicht b. Sie zeigt ein sehr deutliches Waben- werk, dessen Waben bald recht bestimmt senkrecht übereinandergereiht sind, was eine senkrechte Streifung hervorruft (Tf. III, Fig. 22), bald dagegen unregelmässiger bis horizontalschichtig angeordnet sind. Doch ist der Character dieser horizontalen Schichtung von dem der Schicht d ver- schieden, indem das Gerüstwerk gleichmässig dick ist, nicht die hori- zontalen Lamellenzüge stärker, wie dies in der Schicht d und bei den früher beschriebenen ähnlichen Structuren in der Regel der Fall ist. Viel grössere Schwierigkeiten bietet die Entzifferung der Structur der Lage ce. Was ich darüber im Folgenden bemerke, gibt daher mehr 284 O. Bütschli: die allgemeine Vorstellung wieder, welche ich mir bis jetzt über deren Structur gebildet habe, als ein durch völlige Aufklärung der Einzel- heiten ermitteltes Ergebnis. Die Lage besteht, wie oben be- merkt wurde, aus ziemlich dicken und dichten Horizontal- schichten, welche durch bogig aufsteigende Brücken, die zwischen je 2 der ersteren Schichten eine Zwischenschicht bilden, zusammenhängen. Häufig sind die horizontalen Schichten wie die Brücken ganz structur- los, doch tritt in ihnen stellenweise eine deutliche Structur hervor. Dann erscheinen beide deutlich faserig-wabig und zwar biegen die Faserzüge aus den Horizontalschichten in die Brücken um und um- gekehrt. Ich kann daher auch diese mächtigste Lage nur als durch eigenthümliche Modification eines Wabengerüstes entstanden be- urtheilen. Was endlich die dünne Aussenmembran a betrifft, so zeigt sie im isolirten Zustand bei Flächenbetrachtung eine sehr interessante Be- schaffenheit. Sie weist nämlich eine Menge dicht gestellter poly- gonaler, etwas dunklerer Bezirke auf, die durch lichte, mässig breite Zwischenräume verbunden sind. Das Bild ist vollkommen das eines Epithels und es lässt sich auch wohl nicht bezweifeln, dass diese Aus- bildung ın letzter Instanz von den abscheidenden Epithelzellen direct veranlasst wurde. Jeder dieser Zellbezirke zeigt eine sehr schöne, etwas feinwabige Structur, während die hellere Zwischensubstanz grob- wabiger erscheint. Eine sorgfältige Untersuchung günstiger Quer- schnitts- oder Umschlagsstellen der Membran bestätigt die wabige Structur und zwar zeigt sich jeder der zellenartigen Bezirke i. d. R. nur eine Wabenreihe dick, selten 2 bis 3. Die verbindende Zwischen- substanz oder, wie wir sagen könnten, die Intercellularbrücken bestehen nur aus einem äusserst dünnen Häutchen, wie sich an Umschlagsstellen nachweisen lässt. Dieses Häutchen zeigt auf dem Querschnitt keine Structur, jedoch auch keine Lücken oder Durchbrechungen. Die grob- maschige Structur dieser Zwischensubstanz lässt sich daher nur etwa darauf zurückführen, dass es sich dabei um Waben handelt, welche bei der Ablösung der Membran a von der Lage b zerrissen wurden, da sie mit dieser inniger zusammenhängen. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 985 Die zellbezirkartigen Abgrenzungen in der Membran a lassen sich bei Flächenbetrachtung hie und da noch tiefer in die Lage b verfolgen; über diese Schicht hinaus dürften sie sich nicht mehr erstrecken. Der wabige Bau der Schicht b lässt sich auf feinen Flächen- schnitten sehr schön wahrnehmen und zwar zeigt sich bald ein mehr gleichförmiges unregelmässiges, bald dagegen ein mehr streifiges Wabenwerk. Die Untersuchung der Lagen ce und d auf Flächen- schnitten wurde bis jetzt noch nicht genügend durchgeführt, wesshalb ich hier nicht näher darauf eingehe. Der wie oben angegeben behandelte Chitinpanzer lässt sich leicht in einzelne Schichten zerzupfen, resp. auch in feinere Elemente zer- klopfen. Dabei zerlegt sich namentlich die Lage c in feine Fasern, welche bei der Untersuchung in Wasser anscheinend isolirt verlaufen, wenigstens sind Verbindungen zwischen ihnen selbst nach vorheriger Färbung (die jedoch nie sehr intensiv wird) kaum deutlich zu sehen. Wird jedoch in destillirtem Wasser zerklopftes Material eingetrocknet und in Luft untersucht, so bemerkt man bei der nun sehr erhöhten Deutlichkeit der Structurelemente an zahlreichen isolirten Fasern ganz bestimmt, dass sie mittels Querverbindungen zusammenhängen, also der wabige Bau wirklich besteht. Auch feine Schnitte, hauptsächlich die Flächenschnitte, lassen die be- schriebenen Structuren nach der Eintrocknung an zahlreichen Stellen mit viel grösserer Klarheit erkennen. Es finden sich an solchen Flächenschnitten durch die Lage b vielfach Stellen, welche an Klarheit der Bilder mit den feinen durch Oelemulsion hergestellten Gelatineschäumen wetteifern (Tf. III, Fig. 20). Beim Eintrocknen dringt nämlich, ebenso wie bei diesen undanderensolchen Schäumen beschrieben wurde, auch indie Chitingerüste Luft ein und erhöht die Deutlichkeit der Structur sehr. Es zeigt sich dabei sogar in Einzelheiten ein ganz ähnliches Verhalten wie bei den erwähnten Schäumen, indem die Lufterfüllung häufig nur stellenweise auftritt und man deutlich zu erkennen vermag, dass sich 'hie und da nur einzelne isolirte, zerstreut liegende Wabenräume mit Luft erfüllen. Die ungemeine Deutlichkeit, welche die Structur an solch’ eingetrock- neten Schnitten vielfach zeigt, lässt sich durch einfache Lufterfüllung 286 O. Bütschli: der Waben nicht wohl allein erklären, indem die Schnitte doch immerhin dicker wie eine einzige Wabenschicht waren, wogegen sie nach der Eintrocknung nur eine einzige Wabenlage deutlich zeigten. Demnach scheint die Annahme naheliegend, dass sich beim Eintrocknen häufig nur die oberste Wabenlage mit Luft erfüllt, die darunterliegenden dagegen einfach zusammentrocknen, wodurch die Klarheit der Bilder sehr erhöht würde. Wenngleich nun die in Kürze mitgetheilten Beobachtungen über die feinen Structuren des Krebspanzers vorerst nur einen orientirenden Einblick in die vorliegenden, z. Th. ziemlich complieirten Verhältnisse erlauben, so dürfte doch das für die hier erörterten Fragen prinecipiell bedeutungsvollste Ergebniss daraus wohl mit genügender Sicherheit hervorgehen: dass nämlich die Grundstructur der Chitinmasse eine wabige ist, und dies Resultat kann andererseits auch für die Be- urtheilung der feinen Structuren der Cellulosegebilde nicht bedeutungs- los sein. 10. Allgemeine Bemerkungen. Indem ich diesen vorläufigen Bericht über die Ergebnisse meiner Studien — welche sich in ihrem weiteren Verlauf den feineren Structur- verhältnissen gewisser Erzeugnisse des Plasmas zugewendet haben, wie früher dem Erzeugenden selbst — schliesse, möchte ich noch Folgendes bemerken. Im Vorstehenden bin ich dazu gelangt, der Auffassung der feinen Bauverhältnisse der untersuchten organischen Producte einen neuen . leitenden Gedanken zu Grunde zu legen und bin überzeugt, damit im Allgemeinen auf dem richtigen Weg zu sein; sei es nun, dass die betreffenden Structuren bei noch weiter eindringendem Studium sich entschiedener als dem rein wabenartigen Typus oder dem globulitisch- krystallinischen angehörig erweisen dürften. — Die Durchführung einer solchen Aufgabe machte zunächst eine Orientirung auf verschiedenen Punkten des weiten Gebiets erforderlich, um festzustellen, ob die vermuthete Auffassung dortselbst Gültigkeit besitze. Vorerst musste ich mich mit dieser Feststellung begnügen, ohne natürlich die be- rührten Verhältnisse in ihrem ganzen Umfang durcharbeiten zu können. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen et. 987 Dennoch hielt ich es für angezeigt, über die allgemeinen Ergebnisse zu berichten, da die Aufgabe zu umfangreich ist, um von einem Einzelnen bewältigt zu werden und weil ich auch nicht vorauszusehen vermag, wann es mir gelingen wird, eine ausführlichere Darstellung des Berichteten und weiterer nicht uninteressanter Einzelheiten, welche sich daneben noch auffinden liessen, zu geben. Meine Deutung der erörterten Structuren hat jedoch noch eine Consequenz, über welche Folgendes zu bemerken sein dürfte. Faserig- netzige Structuren von Oellulose- und Chitinmembranen wurden schon früher nicht selten bemerkt und häufig als Beweis dafür verwerthet, dass jene Gebilde durch directe chemische Umwandlung der ent- sprechenden Structuren des sie erzeugenden Plasmas entständen. Auch ich neigte mich 1892 (1, p. 156) einer solehen Ansicht zu. Auf Grund meiner jetzigen, viel weiter ausgedehnten Erfahrungen kann ich diese Ansicht weder für begründet, noch für wahrscheinlich halten. Vielmehr lässt sich die Entstehung der fraglichen Structuren eben sowohl oder meiner Ansicht nach noch besser und ungezwungener begreifen, unter der Voraussetzung, dass das Plasma nur eine Lösung des membranbildenden Stoffes hervorbringt, welche dann an der Ober- fläche des Plasmas (resp. auch gelegentlich in dessen Inneren), in Berührung mit dem umgebenden Medium, gerinnt oder ausgefällt wird, eventuell auch einfach wegen Uebersättigung zur Ausscheidung des Gelösten kommt. Abgesehen davon, dass eine directe Umwandlung von Plasma in Cellulose oder Chitin, selbst auf der niederen Stufe unserer zeitigen Kenntnisse von der Chemie der lebenden Plasmasub- stanz, recht bedenklich erscheint, so lässt sich auch, wie gesagt, auf die Structurverhältnisse eine solche Annahme nicht länger begründen. Heidelberg, im April 1894. 288 O. Bütschli: Litteratur. 1) Bütschli, 0O., Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig 1892. 2) Bütschli, O., Ueber die künstliche Nachahmung der karyo- kinetischen Figur. Verhandl. des Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg. N. F. Bd. V. 1892. p. 28—41. 3) Bütschli, O., Ueber die Schaumstructur geronnener Substanzen. Ibid. Bd. V. 1892. p. 42—43. 4) Bütschli,O., Ueber den feineren Bau der Stärkekörner. Ibid. 1893. p. 89— 102. 5) Schwarz, Fr., Die morphologische und chemische Zusammen- setzung des Protoplasmas. Beiträge z. Biologie d. Pflanzen. Bd. V. 1887. 6) Harting, P., Recherches de Morphologie synthetique etc. Naturk. Verhandelingen d. Koninkl. Akademie Amsterdam. Afd. d. Nat. Deel XIV. 7) Famintzin, Ueber amylumartige Gebilde des kohlensauren Kalks. Verh. des Naturhist.-Med. Vereins Heidelberg. 1869. Sitz. v. 26. Febr. 8) Hansen, A., Ueber Sphärokrystalle Arbeiten des botanischen Instit. Würzburg. Bd. III. 1894. p. 92— 122. 9) Vogelsang, H., Die Kırystalliten. : Herausgeg. v. F. Zirkel. Bonn 1875. 10) Wiesner, J., Untersuchungen über die Organisation der vege- tabilischen Zellhaut. Sitzb. d. Ak. Wien. Bd. 93. Abth. 1. 1886. p. 17. 11) Pfeffer, W., Studien zur Energetik der Pflanzen. Abhandl. der k. sächs. Ges. der Wiss. Bd. 18. 1892. p. 252. Anm. 2. 12) Baranetzky, J., Diosmotische Untersuchungen. Annalen d. Chemie und Phys. Bd. 147. 1872. p- 220. 13) Gilson, E., La erystallisation de la cellulose et la composition . chimique de la membrane cellulaire vegetale. La cellule. T. IX. 1893. p. 397—446. 1. Tf. Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen etc. 289 14) Bütschli, O., Einiges über das Chitin. Arch. f. Anatomie und Physiologie 1874. 15) Ambronn, Cellulosereaction bei Arthropoden u. Mollusken. Mit- theilungen d. zool. Station zu Neapel 1890. 16) Schimper, A. F. W., Ueber die Krystallisation der eiweissartigen Substanzen. Zeitschr. f. Krystallogr. u. Mineralogie. Bd. V. 1891. p. 131—168. Erklärung der Tafeln. Im Laufe meiner Untersuchungen habe ich einige Hundert Mikro- photographieen aufgenommen, welche für fast alle im Obigen geschilderten Verhältnisse Belege liefern. Hier lasse ich nur eine beschränkte Zahl derselben reprodueiren, um wenigstens eine objective Vorstellung von der Art der geschilderten Structuren zu ermöglichen und gleichzeitig die Gewähr zu liefern, dass die Phantasie des Beobachters nicht mehr in die Präparate hineingetragen hat. Ich wählte dazu eine Anzahl besonders gelungener Photographieen aus und gleichzeitig nur solche, deren Reproduction durch Lichtdruck mit genügender Deutlich- keit erreichbar ist. Bei manchen sonst ganz gelungenen ist dies nicht zu erwarten, wesshalb ich dieselben weggelassen habe. Ich glaube kaum betonen zu müssen, dass die Structuren häufig so blass und fein sind, um mit schwierigen Diatomeen rivalisiren zu können. Die Herstellung guter Photographieen gehört daher auch nicht zu den allerleichtesten Aufgaben. Dazu kommt, dass ich die Photographie i. d. R. nur als ein Hülfsmittel bei der Arbeit verwerthet habe und mich daher meist begnügte, bei bestimmter Einstellung eine Aufnahme des betreffenden Präparats zu machen, mich jedoch nicht damit bemühte, durch eine Reihe wiederholter Aufnahmen die grösstmögliche Schönheit der Photo- graphie zu erreichen. Dennoch befinden sich darunter eine ganze Anzahl, die in Anbetracht der Schwierigkeit der Objecte als recht ge-’ lungen bezeichnet werden dürfen. Sämmtliche Photographieen sind von mir mit einem kleinen auf- rechten photographischen Apparat und bei Zirkonlicht aufgenommen worden. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. O. Bütschli: Stärkekorn (Arrow-root) in Wasser bei 62° C. etwas gequollen. Zeigt die wabige Structur der Schichten sehr schön, Zeiss Apochr. 2 mm, Oc. 6. Vergr. 1400. Inulin. Wöässerige Lösung in Schälchen auf dem Wasserbad eingedampft, darin vertical Deckglas aufgestellt, auf dem sich Inulinsphären bildeten. Theil einer sehr dünnen grossen Sphäre. Z. Obj. 2 mm, Oc. 8. Einstell. tief. Vergr. 1730. Inulin. Wässerige Lösung in Uhrglas eingedampft, wobei sich am Rande eine grosse Menge dicht stehender, sehr schöner Sphären bildeten. Einige solcher Sphären, die polygonal zusammenstossen. Obj. 4 mm, Oe. 6. Einst. ein wenig tief (1. Tiefe). Vergr. 775. Phosphors. Natron. Auf Öbjectträger eingetrocknet und darauf verwittert. Theil eines ovalen schönen Sphäriten. Obj. 2 mm, O«. 8. Einstell. ein wenig tief. Vergr. 1730. Phosphorsaures Natron. Sehr schöner, etwas strahliger, klee- blattförmiger Sphärit. Obj. 2 mm, Proj. Oe. 4. Einst, ein wenig tief. Vergr. 800. ® Phytovitellin. Sphärokrystallinisches Gebilde. In Wasser ge- quollen. Obj. 2 mm, Oc. 8. Einstellung tief. Vergr. 1730. Salmiak. Auf Deckglas eingetrocknet. Zwischen 3 Krystall- skeletleisten sehr hübsch längsgereihte wabige Masse und darin sehr kleine Sphärenbildungen. Obj. 8 mm, Oe. 8. Einst, tief. Vergr. 433. Kohlensaurer Kalk. Krystallblatt aus CaCle und K2 CO; er- halten. Sehr schön geschichtet, wabig. Obj. 2 mm, Oc. 8. Ein- stell. tief (2. Tiefe). Vergr. 1730. Essigsaures Bleioxyd. Auf Objectträger eingetrocknet und verwitter. Feinwabige Masse und darin die Anfänge kleiner Sphären durch regelmässige Gruppirung der Waben sehr deutlich. Obj. 2 mm, Oc. 6. Einstellung ein wenig tief. Vergr. 1400, 10. Baumwollfaser in Kupferoxydammon gequollen, etwas gepresst. 11 Optischer Längsschnitt durch die Wand der Zellhaut. Schön ge- schichtet wabig. Obj. 2 mm, Oc. 6. Tief. Vergr. 1400. Künstliche Cellulosemembran, die sich auf der Oberfläche der Lösung in Kupferoxydammon beim Eindampfen auf dem Wasserbad bildete. Feiner Durchschnitt, in Vesuvin gefärbt und in Wasser unter- sucht. Die tiefere lockere Lage ist zum grössten Theil entfernt, so dass nur noch Reste von derselben auf dem Schnitt sich finden. Die äussere feste Haut ist an dieser Stelle grob geschichtet, indem hellere und dunklere Schichten abwechseln, die beide aus mehr wie einer Wabenanlage zusammengesetzt sind. Obj. 2, Oe. 8. Einst, tief, Vergr. 1730, { i £ Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. 99] Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Baumwollfaser in Kupferoxydammon gequollen. Ansicht der Oberfläche, sehr schön und fein gekreuzt streifig., Obj. 2 mm, Oc. 4, Einstell. auf die Structur tief. Vergr. 800. Baumwollfaser, Querschnitt, in Kupferoxydammon gequollen. Es ist nur ein Theil des Querschnittes sichtbar, auf dem sich aus dem Kupferoxydammon Cellulose abgeschieden hat, die eine deut- liche plattenartige Auflagerung bildet. Das Bemerkenswertheste ist die völlige Uebereinstimmung der Structur dieser Auflagerung mit der des Schnittes. Obj. 2 mm, Oe. 8. Einstell. tief (2. Tiefe). Vergr. 1730. Caulerpa prolifera. Feiner Querschnitt durch die Zellmembran; in Kupferoxydammon untersucht. Stelle, wo die wabig-geschichtete Structur etwas gröber und daher deutlicher zu beobachten ist. Obj. 2 mm, Oc. 8. Ein wenig tief. Vergr. 1730. Nerium oleandri. Feiner Querschnitt durch eine Bastzelle. Im Wasser untersucht und darin etwas gequollen. Die Structur deutlich geschichtet wabig. Obj. 2 mm, Oc. 8. Einstellung auf die mittlere Dicke des Schnitts. Vergr. 1730. Baumwollfaser. Feiner Querschnitt. Im Kupferoxydammon sehr stark gequollen. Concentrisch wabig geschichtet. Obj. 2 mm, Oe. 8. Ansicht der Unterfläche des Schnitts. Einstellung ein wenig tief, Vergr. 1730. Sphärokrystall von Cellulose beim Eintrocknen von Lösung in Kupferoxydammon (gewöhnliche Temperatur) auf dem Öbjectträger entstanden; in Luft untersucht. Obj. 2, Oc. 8. Einstell. ein wenig tief (1. Tiefe). Vergr. 1730, Kleine Sphärokrystalle von Cellulose auf Deckglas durch Eintrocknen von Lösung und Kupferoxydammon bei 100° C. ent- standen. In H2O untersucht, Obj. 2, Oc. 8. Einstell. tief. Vergr. 1730. Hollundermark. Einige Tage in Eau de Javelle, hierauf in Eisen- hämatoxylin gefärbt und in Wasser unter Deckglas zerklopft. Dünn faserig-wabige Partie. Obj. 2, Oc. 8. Ein wenig tief. Vergr. 1730. (Leider ist die Reproduction dieser etwas schwierigen Photographie nicht genügend ausgefallen; dennoch ist die Structur andeutungsweise zu erkennen.) Chitinpanzer von Astacus fluviatilis. Flächenschnitt aus der äussern Lage b; in H2O unter dem Deckglas eingetrocknet und dabei Luft eingedrungen, welche das Wabenwerk sehr deutlich und scharf hervortreten lässt. Obj. 2, Oc. 8. Einstellung ein wenig tief (1. Tiefe). Vergr. 1730. \ 392 O.Bütschli: Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen ete. Fig. 21. Chitinpanzer vom Bein des Astacus fluviatilis. Quer- schnitt durch die tiefste Schicht (d), durch Eisenhämatoxylin schwach gefärbt. In Wasser untersucht. Sehr schön geschichtet wabig. Obj. 2 mm, Oc. 8. Ein wenig tief (1. Tiefe). Vergr. 1730. Fig. 22. Chitinpanzer vom Bein des Astacus fluviatilis. Feiner Querschnitt durch die äussere Lage b. Eisenhämatoxylin schwach gefärbt. Sehr schön vertical streifig-wabig. Ansicht der Unter- fläche des Schnitts. Obj. 2, Oc. 6. Einstellung ein wenig tief (1. Tiefe). Vergr. 1400, (Sonderabzüge ausgegeben den 5. Juli 1894.) DE nn Dr. Bernh. v. Beck jun.: Zwei interessante Magenchirurgiefälle. 993 Ueber zwei interessante Magenchirurgiefälle von Dr. Bernhard von Beck jun., Privatdocent und Assistenzarzt der chirurgischen Klinik. (Sitzung vom 17. Juli 1894.) 1. Stichverletzung der Leber und des Magens; vier Stunden post trauma Laparotomie, Leber- und Magennaht. Heilung. Bei dem allgemeinen Interesse, welches zur Zeit in Folge der anarchistischen Dolchattentate in Lyon, Livorno und Turin den Stich- verletzungen der Oberbauchgegend entgegengebracht wird, lohnt es sich wohl, folgenden Leber-Magenverletzungsfall zur Kenntniss zu bringen. Es handelt sich um: einen jungen 17jährigen Menschen P. R. von Wieblingen, der in der Nacht vom 25. zum 26. Februar 1894 beim Nachhausegehen vom Wirthshause mit seinem Bruder in Streit gerieth und von diesem mit einem kräftigen Stellmesser einen Stich in die linke Oberbauchgegend erhielt. Der Verletzte vermochte noch in sein nahe gelegenes Elternhaus zu gehen, brach aber beim Betreten der Stube ohnmächtig zusammen. Bei dem in das Bett gebrachten Patienten bemerkten die Eltern Heraussickern des Blutes aus den Kleidern in der Bauchgegend und ein herbeigeholter Bader constatirte eine stark blutende Wunde in der linken Oberbauchregion und schloss dieselbe mit drei Seidennähten. In der Zwischenzeit war mehrmals Erbrechen aufgetreten, zuerst nur reichlicher Mageninhalt, dann aber zweimal theils dunkles, theils helleres Blut in grosser Menge. Wegen 994 Dr. Bernhard von Beck jun.: zunehmender Schwäche wurde der Verletzte noch in der Nacht nach Heidelberg in die chirurgische Klinik verbracht. Gegen Nachts 11 Uhr hatte die Verletzung stattgefunden und gegen 3 Uhr Morgens, also nach vier Stunden, erfolgte der Eintritt des Patienten in die chirurgische Behandlung. Der Verletzte bot das Bild der acuten Anämie dar, fahles, spitzes Aussehen des Gesichtes, Pupillen ad maximum erweitert, Apathie, Puls fliegend, kaum fühlbar. Im linken Epigastrium 1 cm einwärts von der Spitze der neunten linken Rippe befand sich eine 3,5 em lange querverlaufende, durch Seidennähte vereinigte Wunde, aus welcher noch ständig dunkles Blut sickerte. Der Leib war aufgetrieben, druckempfindlich und er- gab bei der Percussion in den Lumbalgegenden und Hypogastrien Dämpfung. Es bestand fortwährender Singultus und von Zeit zu Zeit Erbrechen von schwarzem Blut. Die Lage der Wunde, das Blut- erbrechen, die hochgradige acute Anämie liessen die Diagnose stellen auf: «Penetrirende Stichwunde des Bauches mit Verletzung des Magens und der Leber und starker intraperitonealer Hämorrhagie». Als einziges Rettungsmittel für den Verletzten erschien mir ein sofortiger operativer Eingriff, die Freilegung der Quelle der Blutung und ihre Stillung zur Verhütung der drohenden Verblutung und der Verschluss der Magenwunde zur Beseitigung der Gefahr eintretender Peritonitis, bedingt durch die aus dem Magen abfliessenden In- fectionsstoffe. Während der Reinigung des Öperationsfeldes wurde noch eine intravenöse Transfusion von 600 cem 0,6 °/,iger Kochsalzlösung in die Vena basilica dextra ausgeführt, um den durch die starke Blutung be- dingten Säfteverlust etwas zu ersetzen, die Circulationsverhältnisse zu bessern. Die Narkose geschah mit Aether. Erweiterung der Wunde bis zur Leibesmittellinie ergab nicht genügenden Einblick in die Bauchhöhle, weshalb noch ein Medianschnitt ausgeführt wurde vom Process. xiphoid. bis zum Nabel. Nach dieser breiten Eröffnung der Peritonealhöhle quoll dunkles Blut in Strömen aus der Tiefe unter der ee EEE ee ee er Zwei interessante Magenchirurgiefälle. 295 Leber hervor, und es wurde nun zur provisorischen Stillung der Blutung und zur Austrocknung des Bauchraumes dieser so weit und tief als möglich ausgefüllt mit langen sterilen Gazestücken. Nach einigen Minuten langsames Herausziehen jedes einzelnen Gazestreifens und Revision seines Lagers in Beziehung auf den Sitz der Blutung, wonach sich constatiren liess, dass die Hämorrhagie eine parenchy- matöse war und aus einer 2,5 cm langen queren Wunde der Unter- ‚Näche der Leber im Bereiche des linken Lappens, vier Finger breit central vom unteren Leberrand entfernt, stammte. Auf der oberen Leberfläche lag die fast 3 cm lange Einstichöffnung in der Höhe des linken achten Intercostalraumes. Die Tiefe des Leberwundcanales be- trug 6 cm. Die Blutung aus den Wunden war eine ständige und beträchtliche. Zur Stillung derselben wurde je eine tiefgreifende Leber- wundnaht vorgenommen mit sechs beziehungsweise fünf mittelstarken Seidenknopfnähten und dies mit sofortigem Erfolg. Die Besichtigung des Magens nach Hervorziehung desselben ergab auf dessen Vorderfläche in der Mitte zwischen grosser und kleiner Curvatur 6 cm median vom Pylorus gelegen eine quere Stichwunde von 2,5 cm mit ektropionirter Schleimhaut, in welcher eine kleinere Arterie spritzte. Schluss der Magenwunde durch sechs Mucosa-Serosa- nähte und darüber eine fortlaufende Serosa-Lambertnaht. Ausräumen der Blutmassen aus den Lumbalgegenden, Hypogastrien und Dou- glas’schem Raum, Auswaschen der Peritonealhöhle mit 0,6 °/,iger Koch- salzlösung, Versenkung des Magens, Einlegen eines Jodoformgaze- streifens zwischen Magen- und Leberwunde und zwischen oberer Leber- wunde und Bauchwand zur Tamponade der noch etwas blutenden Sticheanäle der Lebernaht. Schluss der Bauchwunde mit Spencer- Wells’scher Seidenknopfnaht, Herausleiten der Tampons an der Stelle der ursprünglichen Wunde. Aseptischer Verband. Der Heilverlauf war ein fieberfreier, die Tamponade wurde am dritten Tage entfernt. Die Ernährung geschah die ersten acht Tage nur mittelst nutritiver Klystiere, in der zweiten Woche mit flüssiger Nahrung per os. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie. V. 21 296 Dr. Bernhard von Beck jun. : In der vierten Woche bildete sich eine kleine Fistel an der Tam- ponadestelle und die Excochleation derselben förderte mehrere Leber- seidennähte zu Tage, worauf sich die Fistel rasch schloss. Nach acht Wochen sah der Verletzte blühend aus und konnte seiner ge- wohnten Arbeit und früheren Ikebensweise voll und ganz nachkommen. Zum Schutze der Bauchnarbe trägt Patient eine weiche elastische Binde. Das Vorkommen der combinirten Leberverletzungen ist kein häufiges, ihre Prognose ist meist schlecht, da ärztliche Hilfe meist zu spät kommt und dann die Verletzten ihrer Verblutung erliegen oder schon die Zeichen der Peritonealinfection aufweisen. Die Therapie darf keine exspectative sein; je früher der opera- tive Eingriff gemacht wird, die Stillung der Blutung, die Naht des verletzten Eingeweides stattfindet, um so eher wird man die Anämie bekämpfen können, die Peritonitis beschränken oder verhindern vermögen. Bei der hochgradigen Anämie durch den rapiden Blutverlust aus den Leberwunden ist es wohl stets angezeigt, einen Flüssigkeitsersatz zu liefern, das Gefässsystem wieder der normalen Füllung nahe zu bringen, so die Herzaction zu kräftigen, was am raschesten und besten durch die intravenöse Transfusion geschieht, und zwar von 0,6 °/,iger Kochsalzlösung bei Körpertemperatur. In neuester Zeit ist an Stelle der intravenösen Transfusion die subeutane Infusion be- sonders in der Geburtshilfe empfohlen worden; an hiesiger chirurgischer Klinik haben wir bei schweren acuten Anämien von dieser aber keine Erfolge gesehen, während die intravenöse Transfusion manchmal lebens- rettend gewirkt hat. Und es ist auch klar, warum. Die Transfusion in die Vene schaflt direct die neuen Flüssigkeitsmassen in die Gefässbahnen, in das Herz, und regt dieses mechanisch zur verstärkten Thätigkeit an, während bei der subcutanen Infusion erst noch eine Resorption der injieirten Flüssigkeit durch die Lymphbahnen statthaben muss, bevor sie zum Herzen gelangt. Die Resorptionsfähigkeit der Gewebe und Lymphgefässnetze ist aber natürlicher Weise herabgesetzt bei der geschwächten Herzkraft, welche die Folge des raschen Blut- - verlustes ist, und so gelangen nur geringe Mengen der unter die Haut eingespritzten Flüssigkeit zur Aufnahme in den Blutkreislauf und können A r B1 Zwei interessante Magenchirurgiefälle. 297 keinen annähernden Ersatz bieten für die verlorenen Blutmengen. Der Standpunkt, dass die subeutane Infusion eine leichter auszuführende Manipulation ist als die intravenöse Transfusion, kommt kaum in Betracht, da letztere keineswegs zu schwierigen operativen Eingriffen zu zählen ist, und was die Zeitdauer ihrer Ausführung betrifft, viel rascher vollendet ist als die erstere. Für den Patienten bietet ferner momentan wie auch für die nächste Folgezeit die nur an einem Orte vorgenommene intravenöse Transfusion weniger Schmerzen und Qualen als das häufige und an mehreren Körperstellen vorzunelmende Ein- stechen der Infusionsnadel unter die Haut, um die genügende Flüssig- keit dem Körper zuführen zu können. Eine Drainage des Bauchraumes in der Gegend der Verletzungs- stelle der betreffenden Eingeweide mit Jodoformgaze ist angezeigt wegen der Gefahr der Peritonitis durch den in Folge der Verletzung ausgetretenen Magen- oder Darminhalt und ferner zur Ableitung etwa aus den genähten Leberwunden nachsickernden Blutes. Zur Stillung der Blutung aus Leberwunden ist der tiefgreifenden Naht gegenüber der einfachen Tamponade der Vorzug zu geben. 2. Gastrotomie wegen drei verschluckten Taschenmessern. Grössere Fremdkörper, in den Magen aufgenommen, sei es un- willkürlich, wie beim Verschlucken fehlerhafter künstlicher Gebisse oder bei fehlgerathenen Zauberkunststücken, oder willkürlich bei Aus- übung von Bravour- und Wettkünsten, oder bei psychopathischen Zu- ständen, haben drei Wege, wieder aus dem Körper geschafft zu werden. Entweder gehen sie allmählich per vias naturales ab oder aber sie machen schwere Magenerscheinungen und fordern operative Hilfe oder drittens sie bahnen sich selbst langsam einen Weg durch die Magen- wand, führen zu entzündlichen Verwachsungen in der Umgebung ihrer Lagerstellen, zu abgesackten Abscessen mit Durchbruch und Fistel- bildung in der Bauchhaut und schliesslichem Zutagetreten des Fremdkörpers selbst nach aussen. Unser folgender Fall vertritt die zwei ersten Arten. 21* 298 Dr. Bernhard von Beck jun.: Jacob Furrer, 34 jähriger Tagelöhner aus Zürich, ist nicht psycho- pathisch belastet, aber Alkoholiker. Seit fünf Jahren hat er sich der sonderbaren Neigung hingegeben, ungeniessbare Körper zu verspeisen. Zuerst verschluckte er bei seiner Arbeit als Tapezirer kleine Stahl- nägel, später vor zwei Jahren als Former in einer Eisengiesserei ver- schlang er bei seiner Arbeit des Tags über 10—12 Stück 1,5 em lange Eisenstifte, nach einigen Tagen bekam er dann öfters Würgen und Magendruck, sah sich gezwungen, 1—2 Tage seinen Sport aus- zusetzen, um ihn dann stets wieder von Frischem in Scene zu bringen. Vor einem Jahre ahmte er einem Schwertschlucker nach und ver- schlang ein geschlossenes Taschenmesser, ohne nachtheilige Folgen für seine Gesundheit bemerkt zu haben. Ueber einen etwaigen Abgang des Messers wusste er nichts anzugeben. Im October 1883 verschluckte der Patient in Folge einer Wette um einen Liter Bier ein ein- und ein zweiklingiges Taschenmesser, beide geschlossen, und ferner ein an beiden Enden zugespitztes, etwa 7—8 cm langes Bleistift. Beim Essen von Brod will er dann zwei Tage lang einen stechenden Schmerz im Epigastrium verspürt haben, sonst aber ungestört seiner Arbeit nachgegangen sein. Auch über den Abgang dieser Fremdkörper wusste er nichts anzugeben. Am 2. April 1894 nun befand sich Patient wieder in eine solche Bierwette verwickelt und verschluckte in angezechtem Zustand um 3, 4 und 7 Uhr je ein Taschenmesser von 10, 7 und 6 cm Länge, alle in geschlossenem Zustande, was von verschiedenen Zuschauern bezeugt wurde. Die ersten zwei Tage traten keine Beschwerden auf, dann aber kam es zu Abgeschlagenheit, Schweiss und Frost, Appetitlosigkeit, Aufstossen mit metallischem Geschmack, gesteigertem Durst, Schmerzen im Epigastrium. Am 7. April 1894 stellte sich schleimig- blutig tin- girtes Erbrechen ein, Steigerung der Schmerzen, völlige Arbeitsunfähig- keit und kam Patient zur Aufnahme in die hiesige chirurgische Klinik. Der kräftig gebaute Mann klagte über spontan auftretende Schmerzen etwas links von der Mittellinie des Leibes zwischen Nabel . und linkem Rippenbogen, und zeigte sich auch diese Gegend. bei der Palpation sehr schmerzhaft, und man empfand unter dem unter- 0 Se ch Zwei interessante Magenchirurgiefälle. 399 suchenden Finger eine sich verschiebende, quer verlaufende, fingerlange derbe Resistenz. Bei Lagewechsel hatte der Patient das Gefühl des Hin- und Herfallens eines schweren Körpers in seinem Leibe. Die Magenuntersuchung ergab denselben etwas erweitert und schlaff, und die Schlundsonde schien im Magen auf einen festeren, sich verschie- benden Körper aufzustossen. Die Zunge war belegt, aber feucht, die Körpertemperatur war normal. In den Fäces fand sich nichts Äbnormes. Da nach zwei Tagen bei Abführkur die Beschwerden sich nicht besserten, sondern intensiver wurden, so war ein operatives Vorgehen indieirt. Es wurde die Laparotomie zwischen Proc. xiph. und Nabel aus- geführt (Dr. Jordan), und man constatirte beim Abtasten des Magens drei messerartige Fremdkörper in demselben. Vorziehen des Magens in die Bauchwunde und Eröffnung desselben dicht oberhalb der grossen Curvatur 4 cm vom Pylorus entfernt durch einen 3,5 cm langen Ver- ticalschnitt. Mittelst einer Polypenzange wurden die drei Messer nach einander herausgenommen, was etwas schwierig war, da sie sich am tiefsten Punkt des vorgezogenen Magens festgesetzt hatten. Gegen ausfliessenden Mageninhalt war die Bauchhöhle durch Compressen ge- schützt. Auswaschen des Magens mit Borwasser. Schluss der Magenwunde mit Seidennaht in dreifacher Etage. Versenken des Magens, Schluss der Bauchwunde mit Spencer- Wells’scher Seiden- knopfnaht. Die drei extrahirten Messer sind ungleich gross. Das grösste ist 11 cm lang, 2 cm breit, einklingig. Die Klinge ist schwarz und arrodirt. Der knöcherne Belag des Messers ist auf beiden Seiten diffus angefressen. Das zweite Messer hat eine Länge von 9 cm, eine Breite von 1,45 cm, eine grosse und eine kleine Klinge, zwischen welchen hämorrhagischer Schleim haftet, der knöcherne Belag ist stark arrodirt. Das dritte Messer, 8 cm lang, 2 cm breit, ist einklingig und hat einen schwarzen glatten Holzbelag. Der Heilverlauf war ein vollkommen fieberfreier, reactionsloser, so dass Patient nach Ablauf von fünf Wochen wieder arbeits- fähig entlassen werden konnte, 300 Dr. Bernh. v. Beck jun.: Zwei interessante Magenchirurgiefälle. Aber es dauerte keine sechs Wochen, so erschien Furrer wieder eines Nachts in der chirurgischen Klinik in angezechtem Zu- stand und brachte eine schriftliche Bescheinigung von Augenzeugen mit, dass er einige Stunden vorher wiederum zwei Taschenmesser verschluckt habe, von denen das eine drei Klingen, einen Haken und einen Korkzieher enthalte, während das andere einklingig sei. Patient wurde auf den nächsten Tag zur Aufnahme bestellt. Sein erstes Begehren war, baldigst operirt zu werden, weil er sterben wolle, ein Wunsch, den er hegte, um einer ihm drohenden gericht- lichen Bestrafung wegen kürzlich begangenen Diebstahls und Unter- schlagung zu entgehen. Dieser Wunsch wurde ihm nicht erfüllt, und da keinerlei erhebliche Magenstörungen vorlagen, so wurde zur exspectativen Therapie gegriffen. Patient erhielt kothmachende Kost, viel Schwarzbrod, Knödel, Kartoffelbrei und einen über den anderen Tag eine kräftige Dosis Rieinusöl. Am achten Tage klagte Patient über harten Stuhlgang und bei der genauen Untersuchung der Fäces fand sich in breiige Kotlimassen eingehüllt ein 10 cm langes, 1,5 cm breites, einklingiges Messer mit Holzbelag, und zu gleicher Zeit ergab die Untersuchung des Leibes des Patienten, dass die auch diesmal vorhanden gewesene resistente Stelle im Magen links oberhalb des Nabels verschwunden war und sich nun rechts und unterhalb des Nabels befand, was dafür sprach, dass auch das andere Messer auf der Wander- schaft begriffen sei und sich wahrscheinlich im Dünndarm befinde. Mit der Brei-Ricinusöltherapie wurde fortgefahren und am vier- zehnten Tage erschien auch das zweite Messer per rectum. 9,5 cm lang, 2,0 cm breit, 1 cm dick, führt es drei mittelgrosse Klingen, ein Hakenmesser und einen ziemlich spitzen, stark abstehenden Korkzieher. Der seitliche Belag des Messers ist aus. Schildpatt, die Enden tragen Messingbeschlag. Die einzelnen Theile des Messers sind kaum angegriffen. Nach Abgang des Messers hatte Patient keinerlei Beschwerden mehr und konnte einige Tage später in seine Haft entlassen werden: (Sonderabzüge ausgegeben den 12. September 1894.) KB Je Ko See ee ee Dr. Bela Haller: Die Nieren von Oncidium celticum, Cuvier, 301 % Betrachtungen über die Nieren von Oneidium celticum, Cuvier von Dr. Bela Haller. (Sitzung vom 3. August 1894.) Bekanntlich kommt bei den Oncidien ein paarig-sackförmiges Gepilde vor, das in dem hinteren Dritttheil des Körpers, jederseits zwischen dem Mantelrand und dem Fuss ‘in der Körperwand, lagert und mit einem gemeinsamen, kurzen Ausführungsgang oberhalb der Afteröffnung nach aussen mündet. Dieses in zahlreiche Fächer zer- legte Gebilde wurde von den Autoren entweder als eine Niere oder als eine Lungenhöhle gedeutet und im letztern Falle mit jener der Pulmonaten für homodynam erklärt. Cuvier') und Vaillant?) ver- traten die letzte Ansicht. Milne-Edwards®) möchte jenes Gebilde am ehesten für eine unpaare Niere halten (,parait etre aussi un apparail r&nal plutöt qu’un poumon“). H.v. Jhering*) und Joyeus- Laffwie®) sehen in demselben eine Niere, welche aber keine Oeff- 1) @. Cuvier. „Memorie sur l’Oncidie ete.* Annales du Musdum. Vol. V. 1804, 2) E. Vaillant. „Remarques anatomo-zoologiques sur l’Oncidium celticum.* Comptes rendues de l’Acad. d. Sc. de Paris. Vol. LXXXIIL 1871. 3) E. Milne-Edwards. „Lecon sur la physiologie et l’anatomie comparee de l’homme et des animaux.* Vol. VIII, pg. 382. *), H. von Jhering. „Ueber die systematische Stellung der Peronia und die Ordnung der Nephropneusten.* 1877. °) J. Joyeux-Laffuie. „Organisation et develloppement de I’Onceidie, Oneidium celticum, Cuv.“ Arch. d. Zool, exper. et gener. Vol. X. 1882. 302 Dr. Bela Haller: nung in das Pericardium besitzt. Semper') und Rud. Bergh?) fanden, dass die eigentliche, rechtsgelegene Niere mit dem fraglichen sackförmigen Gebilde nur insofern etwas zu schaffen hat, als sie in den rechten Schenkel desselben mündet. Ihrer Erfahrung nach ist nämlich die unpaare Niere ein langer Sack, der medianwärts von dem rechten Theile des bisher als Niere oder Lungenhöhle aufgefassten Gebildes liegend, von dessen Wand überdeckt wird. Auch fand Bergh, dass diese rechtsseitig gelegene, unpaare Niere ausser ihrer Oeffnung in die rechtsseitige Hälfte des sogenannten Lungensackes auch noch eine innere Oeffnung in das Pericardium besitzt. Somit vertreten Semper und Rud. Bergh die alte Cuvier’sche Auffassung, nach welcher jener oberhalb vom After nach aussen mündende Doppel- sack der Lungenhöhle der Pulmonaten entspricht. Plate theilt mit ?), dass die durch Semper und Rud. Bergh beschriebene unpaare Niere nicht in den rechten Abschnitt der sogenannten Lungenhöhle, sondern ver- mittelst eines kurzen Ganges in den Enddarm mündet. Gleich .Bergh hat auch Plate, entgegen den Ansichten von Jhering und Joyeux- Lafwi, die pericardiale Mündung der Niere beobachtet. Nach Plate’s Erfahrungen ist bei manchen Formen (Oneidiella) die Niere ein sehr weiter Sack, der vermöge seines Volumens beinahe die ganze rechtsseitige Hälfte der sogenannten Lungenhöhle ausfüllt. Bei On- eidiella ist die Wand der Niere „glatt oder höchstens von ganz niedrigen vereinzelten Falten bedeckt. Ganz anders ist die Niere bei Oncidium, Oncis, Oncidina und Peronella gebaut. Sie ist hier schmäler, so dass sie nur ungefähr die Hälfte des ursprünglich in der Mantelhöhle vorhandenen Raumes einnimmt. Sie zeigt den ge- wöhnlichen lamellösen Bau der Pulmonatenniere, indem die Wandungen dicht mit hohen Falten besetzt sind.“ -Somit ist auch Plate ein An- !) C. Semper. „Reisen im Archipel der Philippinen.“ Band II. 2) Citirt nach Plate. 3) Verhandlungen der deutschen zoolog. Gesellschaft 1892 und „Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen*. Spengel’s. Zoolog. Jahrbücher. Band V (Abth, für Morphol,), ee nr ee de Fass EEE Die Nieren von Onecidium celticum, Cuvier. 303 hänger jener Ansicht, nach welcher der über dem After nach aussen mündende Doppelsack eine Lungenhöhle sei. In vorliegender Schrift habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe eigener Beobachtungen die Ansichten der Autoren über jenen problematischen Doppelsack auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Meine Beobachtungen machte ich an Querschnittserien von On- eidium celticum, Cwvier, und stellte nach einer solchen Serie die Nierenverhältnisse auf untenstehender Abbildung schematisch zu- sammen. Von dem fraglichen Doppelsacke, welchen die Autoren für ein unpaares Organ halten, möchte ich im Vorhinein bemerken, dass er kein unpaares Gebilde, bestehend aus zwei bilateral angeordneten Abschnitten, sondern ein Organpaar ist. Da ich ferner diese Gebilde als Nieren deute, so möchte ich diese Benennung von nun an verwenden. 304 Dr. Bela Haller: Die beiden Nieren liegen jederseits neben der Körperhöhle in der lateralen Körperwand. Jede von ihnen ist eine vielfach aus- gebuchtete, mit einem Hauptlumen versehene Drüse, und somit ist es unrichtig, sie mit reticulirten Säcken zu vergleichen. Ihr Bau hat mit dem der Lungenhöhlenwand der Pulmonaten nicht die ent- fernteste Aehnlichkeit, was entschieden dagegen spricht, dass wir in diesen Gebilden mit dem Homologon der Lungenhöhle zu thun hätten. Jede Niere besitzt einen engen, mit Flimmerepithel über- zogenen, kurzen Ausführungsgang (g, g‘). Letztere begeben sich, mit einander convergirend, ventralwärts, um sich dort in einen gemein- samen, äusserst kurzen Endgang zu vereinigen. Dieser mündet in der bekannten Weise nach aussen. Die beiden Nieren erstrecken sich nach vorne zu nicht gleich weit, da die linke viel länger als die rechte ist, und ich muss hierin Joyeux-Laffwie widersprechen, der sie vorn in der gleichen Querebene aufhören lässt. Die rechte Niere beginnt sich an der hinteren Wand des Pericardiums zu verschmälern, doch erstreckt sie sich, ventralwärts vom Herzbeutel gelegen, in Form eines sehr engen Schlauches noch eine kurze Strecke weiter nach vorwärts (auf der Textfigur punctirt). An Querschnitten, welche von der rechten Niere nichts mehr erkennen lassen, gewahrt man von der linken Niere noch einen recht ansehnlichen Abschnitt. Plate scheint diese ungleiche Ausdehnung der beiden Nieren übersehen zu haben. Joyeux-Laffwie stellt auf der Abbildung eines Querschnittes der linken Niere den Nierenbau richtig dar, doch sind Beschreibung und Abbildung der feineren histologischen Zusammen- setzung der Nieren unrichtig. Er zeichnet nämlich ein mehrschich- tiges Nierenepithel. Nach meinen Beobachtungen werden die Nieren, und zwar sowohl ihr Hauptabschnitt als auch ihre zahlreichen Aus- buchtungen, von einem 0.67 mm hohen Cylinderepithel ausgekleidet, dessen Zellen sehr zarte Gebilde sind und weder eine Cuticula noch Flimmern aufweisen. Diese Zellen erinnern durchaus an die Nieren- zellen anderer Mollusken, und der einzige Unterschied bestände bloss in ihrer besonderen Höhe. Sie besitzen gleich den Nierenzellen anderer Mollusken einen basalwärts lagernden, kugelrunden, kleinen Die Nieren von Oneidium celticum, Cuvier. 305 Zellkern. Befinden sich die Nierenzellen in jenem Zustande der Ex- cretionsthätigkeit, in welchem sie hell erscheinen, so färben sich die Zellkerne mit Pikrokarmin hellrosa. In einem anderen Stadium ihrer Thätigkeit war der Zellleib stark granulirt und in noch weiter vorgeschrittenen Phasen war der Zellleib mit kleinen, gelben Kügelchen erfüllt. Letztere scheinen sich vor dem Austritte aus dem Zellkörper zu grösseren Tropfen zu ver- einigen, denn man findet Zellen, in denen sich bloss vier bis fünf grosse, gelbbraune Kugeln befinden. Diese Kügelchen hat nun Joyeux-Laffuie auf mikrochemischem Wege als Harnsäure erkannt‘). Feinere Gefässe kommen zwischen den fest aneinanderstossenden Drüsenaeini nie vor, und es fehlt somit jede histologische Einrichtung, die sich als eine Aehnlichkeit mit der Structur einer Lungenhöhle deuten liesse. Wie ich weiter oben angeführt habe, haben Semper und kud. Bergh eine Mündung der rechtsseitigen Niere in das Peri- cardium beobachtet. Dies wird durch einen bei Oncidium glatt- wandigen Sack besorgt. Plate hält diesen Sack für eine unpaare Niere und gibt an, dass er nicht in die rechte Niere (oder in den gleich- seitigen Abschnitt der „Lungenhöhle‘“, wie er diese nennt), sondern durch einen kurzen Gang direct in den Enddarm mündet. Die oben angeführte Beobachtung Plate’s kann ich nicht bestätigen. Der in das Pericardium?) mündende Nierenabschnitt (n) liegt, wie dieses Plate ganz richtig beschrieben hat, zwischen der rechten Leibeswand und dem medianen Theil der rechten Niere. In dieser Lage zieht er von hinten und unten nach vorn und oben. An der !) 1. e. pag. 63. ®2) Die Ausdehnung der Pericardialhöhle ist durch Joyeux-Laffwie für Oneidium celticum viel zu klein angegeben worden. Das Pericardium ist im Gegentheil auffallend geräumig, denn es beginnt, lateralwärts von der rechten Niere gelegen — wenn wir den Körper von Oncidium von binten nach vorne, also vom After zur Mundöffnung hin, uns in acht gleiche Theile zerlegt denken —, mit dem hinteren zweiten Achtel und hört erst mit dem fünften Achtel der Körperlänge auf. Es nimmt an Breite immer mehr zu, 306 Dr. Bela Haller: hinteren medianen Wand des Pericardiums angelangt (an der schema- tischen Textfigur ist dies nicht dargestellt worden), biegt er — median- wärts von der Aorta anterior in der dorsomedianen Körperwand ge- legen — nach aussen zu um und mündet, wie dieses ausser Semper und Aud. Bergh auch Plate beobachtet hat, in das Pericardium. Ich will diesen weiten Abschnitt als den drüsigen und den verengten, in das Pericard mündenden, als den primären Abschnitt des Trichter- ganges bezeichnen. Der drüsige Abschnitt verengt sich nach hinten und unten zu und mündet in den hintern Theil der rechten Niere (a). Er wird von einem cubischen 0,09 mm hohen Flimmer und cuticula- losen Epithel ausgekleidet. In gewissen Stadien der Excretionsthätig- keit, in denen die Zellen keine Exceretproducte in sich bergen, er- scheinen sie ganz hell, ähnlich den Cylinderzellen der Nieren. Diese Aehnlichkeit ist um so auffallender, als auch die runden Zellkerne denen der Cylinderzellen der Nieren durchaus gleichgestaltet sind und gerade so wie jene in den hellen Zellen, durch Pikrokarmin schön rosa gefärbt werden. Diese eben beschriebenen Zellen sind breiter als hoch, welches Verhalten besonders in dem nun zu be- schreibenden Excretionsstadium zum Ausdruck kommt. In diesem Falle scheinen die Zellen an Ausdehnung zugenommen zu haben; sie waren durch ein braungelbes, ganz homogen aussehendes Excretions- product gleichmässig gefärbt. Der Zellkern nahm durch Pikrokar- mintinetion nur eine schwache Färbung an. Die Wand des in das Pericard mündenden engen Trichterrand- stückes wird durch kleine helle Zellen gebildet, die einen gut tingir- bis es die rechte Niere vollständig verdrängt. Auf dem Querschnitte hat die Pericardialhöhle, ganz ähnlich wie der Querschnitt der Nieren, eine birn- förmige Gestalt. Sie nimmt auch dort, wo die rechte Niere aufhört, topo- graphisch denselben Platz in der rechten Körperwand ein, den die rechte Niere an ihrer grössten Ausdehnung ’einnimmt. Der dorsalen Körperwand zu ist auf dem Querschnitte die Pericardialhöhle nach oben zu convex, nach unten zu zugespitzt. Ihre grösste Weite ist beinahe der Hälfte der Weite der Körperhöble gleichzustellen. Von der Körperhöhle wird sie durch ein ' musculöses Septum, das sowohl dorsal- als auch ventralwärts mit der Körper- wand verwachsen ist, geschieden, Die Nieren von Oneidium celticum, Cuvier, 307 baren Kern besitzen. Sei es, dass ihre Flimmern durch die Con- servirung verloren gingen, sei es, dass sie überhaupt fehlen, ich konnte solche nicht beobachten. Von den Autoren wurde ein Gebilde übersehen, das sich an der linken Niere befindet und das Homologon des drüsigen Trichterganges der rechten Niere darstellt. Es ist ein längeres, drüsiges Gebilde (n‘), das auch bezüglich seiner Lage dem drüsigen Trichtergange der rechten Niere vollständig entspricht. Sich verengend, mündet es wie der drüsige Trichtergang an derselben Stelle in die linke Niere, an welcher jener in die rechte Niere sich ergiesst. Es zieht von unten nach oben und etwas nach vorne, biegt hier dorsalwärts von innen nach aussen über die linke Niere und endet, zuvor sich etwas er- weiternd, blind. Bezüglich seines histologischen Baues gleicht es durchaus dem drüsigen Trichtergangabschnitt der rechten Niere. Der Trichtergang besitzt auch bei manchen andern Mollusken (gewissen Chitonen), zum Theil wenigstens, eine drüsige Differenzirung. Jeden- falls ist bei Oncidium anzunehmen, dass sich dieser Abschnitt des Trichterganges bereits zu jener Zeit drüsig differenzirte, als das Herz und mit ihm das Pericardium noch eine symmetrisch dorsale Lage einnahmen. Bei der Verschiebung des Herzens und der Rückbildung der linken Pericardialmündung mag es dann in Folge der drüsigen Differenzirung geschehen sein, dass sich bloss der enge pericardiale Endabschnitt des Trichterganges rückgebildet hatte, der drüsige Ab- schnitt aber in seiner früheren Integrität forterhielt. Nach dem: Mitgetheilten fasse ich das bisher unter der Benennung „unpaare Niere“ und „Lungenhöhle“ aufgeführte Gebilde als paarige Nieren‘) auf, die sich jedoch secundär mit ihren Ausführungsgängen an ihrer Ausmündung vereinigt haben. !) Wie ich gefunden habe („Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less.“ Arb. a. d. Zool. Instit. zu Wien. Band. X. 1892), kommen paarige Nieren auch bei alten Formen der Opisthobranchier, wie die Siphonarien sind, vor. Aug. Köhler („Beitr. z. Anatomie der Gattung Siphonaria,* Zool. Jahrbücher. Abth. f. Anat. u. Ontogenie. Band VII. 1893) bestreitet das Vorhandensein einer linken Niere für mehrere Arten der Gattung Siphonaria. Da er nun 308 Dr. Bela Haller: Zum Schlusse möchte ich noch die Gründe prüfen, welche die Autoren veranlassten, in den Nieren der Oneidien eine Lungenhöhle zu erblicken. Meiner Ansicht nach ist der Hauptgrund dafür in der Lebensweise dieser Thiere zu suchen. Da die meisten Vertreter dieser Molluskengruppe amphibisch leben, so müsste für die Athmung auf dem Lande ein Organ gefunden werden'). Die Rückenpapillen würden die Atbmung im Wasser besorgen, und da für die Landes- athmurg kein anderes Organ vorhanden zu sein scheint, so wollte man eben hierfür die Nieren in Anspruch nehmen. Sollte diese An- nahme aber zutreffend sein, so müssten bei solchen Formen, die aus- schliesslich Landthiere geworden sind, wie die Philippinische Form Oncis montana, Plate, die Nieren an Umfang gegenüber jenen der amphibischen Formen zugenommen haben, worüber aber Plate, der doch die Lungenhöhlennatur der Nieren energisch vertritt, nichts mit- theilt, was er doch, wenn es so wäre, kaum unterlassen hätte. Wir erfahren von ihm bloss, dass bei Oneis die rechte Niere weiter nach vorne reicht als die linke und dass dieses Verhalten bei Oncidina australis, Semper, sich noch weit deutlicher ausspricht. Ferner theilt er mit, dass bei diesen zwei Gattungen die gemeinsame Ausmündung auch die Siphonaria gigas untersucht und somit seine Aufmerksamkeit hoffentlich auch auf Betrachtung von Totalpräparaten richten wird, will ich hoffen, dass er seine irrthümliche Ansicht über die Nieren, als auch über den Geschlechtsapparat erkennen wird. !) Absolut zwingend wäre freilich die amphibische Lebensweise nicht für die Ausbildung einer besonderen Einrichtung für die Luftathmung neben der für die Wasserathmung. Wenngleich bei den Mollusken solche ver- schiedene Einrichtungen auch anzutreffen sind, so sind bei anderen Thier- gruppen Beispiele vorhanden, wo die Landformen den wasserbewohnenden Verwandten gegenüber, keine besonderen Athmungseinrichtungen aufweisen und auch die amphibisch Lebenden nur die Athmungseinrichtungen der Wasser- lebenden besitzen. Ich erinnere an die Hirndineen, wo doch kiemenartige Organe bloss bei Branchellion beobachtet wurden, sonst aber die wasser- bewohnenden Formen denselben Mangel besonderer Athmungseinrichtungen zeigen, wie die amphibischen Formen oder die rein landbewohnenden Arten von Hämodlipsa ete. Es könnte sich somit auch bei den ÖOncidien so ver- halten. Die Nieren von Oneidium celticum, Cuvier. 309 der Nieren keine mediane, sondern eine rechtsseitige Lage einnimmt. Cuvier, der erste Vertreter jener Ansicht, nach welcher die Nieren eine Lungenhöhle seien, führt weiter keine physiologischen Beobachtungen zur Begründung seiner Auffassung an. Ebenso steht es mit den anderen Vertretern dieser Ansicht. ®. Jhering und Joyeux-Laffuie fassen die Nieren als unpaare Niere, homolog der einen Niere der übrigen Mollusken auf, scheinen aber für sie auch ein Athmungs- geschäft als eine neben der Excretionsthätigkeit erworbene secundäre Function anzunehmen. Gründe werden hierfür aber nicht angeführt und es scheint mir, dass der einzige Grund für ihre Annahme in der oben angeführten amphibischen Lebensweise der Oncidien liegt. In dem histologischen Bau liegt wenigstens bei Oncidium kein Grund vor, der der Annahme eines Athmungsprocesses der Nieren förderlich wäre. Mit meiner Annahme würde der Hauptgrund, warum die On- eidien in nächste Verwandtschaft mit den Pulmonaten gebracht werden, wegfallen. Ich für meinen Theil bin der Ansicht, dass die Oncidien sehr zeitig von den Opisthobranchiern, doch unabhängig von den möglicherweise zur selben Zeit sich von dört abgezweigten Pulmonaten trennten und nachher sehr eigen- artig entwickelten. Ich sehe in der genannten Anatomie der Oneidien!) mehr Verwandtschaft mit den Opisthobranchiern als mit !) Als ich bereits die vorliegende Untersuchung niedergeschrieben hatte, wurde ich durch Herrn Professor Bütschli, dem ich hierfür aufrichtig danke, auf die vor Kurzem erschienene ausführliche Arbeit Plate’s über die On- eidiiden (Zoologische Jahrbücher. Bd. 7. 1894) aufmerksam gemacht. In dieser Arbeit sucht Plate seine schon vorgetragene Ansicht durch weitere Einzelbeobachtungen zu begründen. Es gibt seiner Beobachtung nach bei den Oncidiiden eine unpaare, bei manchen Formen symmetrisch, bei andern asymmetrisch, im hintern Körperende gelegene Lungenhöhle, welche oberhalb des Afters nach aussen mündet. Bei vielen Formen ist die Wand dieser Lungenhöhle, theilweise wenigstens, von einem mit stark entwickeltem Gefäss- netz versehenen Lungengewebe gebildet, Bei Oncidiella celtica, wie Plate Oneidium celticum, Cuvier, nennt, sollen aber die Wände der Lungenhöhle ganz glattsein. Ein Flächenpräparat wird von jenem Gefässnetz der Plate’schen Arbeit nicht angefügt und darum ist es auch schwer zu entscheiden, ob ein 310 Dr. Bela Haller: Die Nieren von Oneidium celticum, Cavier. Pulmonaten. Ferner weisen auch die Larvenformen, wie dieses Korschelt in der obengenannten Sitzung bemerkte, mehr Aehnlich- keiten mit den Opisthobranchiern als mit Pulmonaten auf. Die Auf- fassung, nach welcher die Oneidien Uebergangsformen von den Opistho- branchiern zu den Pulmonaten vorstellen würden, entbehrt meiner Ansicht nach jeder Begründung. Heidelberg, im Juli 1894. solches thatsächlich vorhanden ist, da ein Gefässreichthum innerhalb der Nierenwände durchaus nichts Ueberraschendes ist. Die Niere ist nach Plate ein drüsiger Sack, der bruchsackartig in die Kiemenhöhle vorspringt. Die Niere liegt ziemlich symmetrisch in der Kiemenhöhle und kann sich darum mit einem Theil auch auf die linke Seite des Körpers erstrecken (!). Sie mündet in den Enddarm. Ich muss gestehen, dass mir Plate’s etwas schematisch gehaltene Ab- bildungen von Querschnitten des Oncidium celticum, Cuvier, unverständlich sind, da sie mit meinen Präparaten nicht übereinstimmen. (Sonderabzüge ausgegeben den 12. September 1894.) N a use ee ee F. Krafft: Ueber das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser. 3]1 Ueber das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser. Von F. Krafft. (Gesammt-Sitzung vom 3. August 1894.) Die neutralen Alkalisalze (Seifen) der höheren festen Fettsäuren, insbesondere der Stearinsäure und Palmitinsäure, verlieren beim Auf- kochen mit einer grösseren Wassermenge und Erkaltenlassen der milchig getrübten Lösungen das Alkali mehr oder weniger, unter Aus- scheidung fast unlöslicher, saurer krystallinischer Salze, wie (,3H;;0,K: C,sH;s0,. Oelsaure Alkalien verbleiben dagegen unter gleichen Um- tänden nahezu vollständig in der wässrigen Lösung, und daher kann man dieselben von den sauren Seifen der festen Fettsäuren, wenn letztere von Anfang an zugegen waren, durch Filtration annähernd trennen. Unter Benutzung dieser von ihm ermittelten Umstände ent- deckte Ohevreul (Recherches chimiques sur les corps gras, 1823) die nach ihm bei 70° schmelzende Stearinsäure, sowie die Margarin- oder Palmitinsäure (Smp. 62°, später beob.) und die bei gewöhnlicher Temperatur flüssige Oelsäure (Smp. 14°, später beob.). Da jedoch die Frage nach der Zusammensetzung der Fette und der Fettsäuren seine Hauptaufgabe war, so berücksichtigte der genannte Forscher den Einfluss der Wassermengen auf die mehr oder weniger weitgehende Zersetzung einer bestimmten Seife nur nebenher; bei Gelegenheit stellte er indessen fest, dass das oben formulirte Kalium- bistearat aus dem neutralen Salz durch Einwirkung von 1000 Th. Wasser entsteht und durch wiederholtes Ausziehen mit Wasser, unter Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie, V. 22 312 F. Krafft: weiterem Alkaliverlust, in eine feste Substanz übergeht, die viermal mehr Säure als das neutrale Stearat enthält. So gut wie gar nicht erörtert wurde dagegen der Einfluss verschiedener Tempe- raturen auf den Zustand, in welchem sich eine mit einer bestimmten Menge Wasser behandelte Seife je nach der Höhe der Temperatur befindet. Neuere Versuche mit neutralem palmitinsauren Natron haben nun zunächst gezeigt, dass der Alkaligehalt der unter obigen Be- dingungen abgeschiedenen sauren Seifen resp. Gemische ein um so kleinerer wird, jemehr Wasser man auf das NatriumpalmitatC, gH,, 0,Na hat einwirken lassen. Dieses letztere enthält 8,27°/, Na, während sich im sauren Salz, dem Natriumbipalmitat 0,6H,,0,Na-C, ;H,,0; nur noch 4,31°, Na vorfinden. Kocht man nun das neutrale Salz mit 200 Th. Wasser auf und lässt es erkalten, dann finden sich in der ausgeschiedenen Seife nur noch 7,01°/, Na; nach Einwirkung von 500 Th. Wasser enthält das Product 6,04°/, Na; 900 Th. Wasser geben eine saure Seife mit 4,20°/, Na, also von der Zusammensetzung des Natriumbipalmitats. Aus diesen und anderen Versuchszahlen ergibt sich, das man bei allmählicher Steigerung der zersetzenden Wassermenge aus den neutralen Salzen alle nur irgend denkbaren Gemische saurer Seifen erhält (vgl. Chem. Ber. 1894, p. 1751). Um nun zu untersuchen, inwiefern der Unterschied im Verhalten der Alkalisalze von Stearin- und Palmitinsäure einerseits und von Oelsäure andererseits in der Natur dieser Säuren begründet ist, wurden im Weiteren anstatt mit den Salzen der flüssigen Oelsäure Versuche mit dem Natronsalz von deren festem Isomeren, der bei 45° schmelzenden Elaidinsäure, unter Erwärmen mit wechselnden Wassermengen an- gestellt. Neutrales Natriumelaidat C,sH,,0,Na, das 7,56°, Na ent- hält, geht nach dem Aufkochen mit 300 Th. Wasser in eine saure Seife von 5,80°, Na, und nach dem Aufkochen mit 1500 Th. Wasser in eine solche von 3,24°/, Na über. Das letzte Product enthält also noch weniger Alkali als ein einfach saures Salz C,3H,,0,Na-C,;H,,0,,° das 3,92°/, Na verlangt. Aus diesem Verhalten des elaidinsauren Natrons ergibt sich, dass die Alkalisalze einer ungesättigten Säure Ueber das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser. 313 durch Wasser eine hydrolytische Spaltung in ganz derselben Weise erleiden, wie die Salze der höberen gesättigten Fettsäuren. Das ab- weichende Verhalten der Oelsäure erscheint dann als ein besonderer Fall, und dieser lässt sich sehr einfach aus den nachfolgenden Wahr- nehmungen erklären. Bei wiederholter Anstellung solcher Versuche beobachtete nämlich der Vortragende, dass während des Erkaltens die Ausscheidung der sauren Stearinseifen wesentlich rascher als diejenige der sauren Pal- mitinseifen erfolgt, und letztere wiederum bei höherer "Temperatur krystallinisch ausfallen, als die sauren Seifen der Elaidinsäure. Stets vollzieht sich die Ausscheidung der sauren Seifen oder Gemische bei einer ca. 15—25° unterhalb des Schmelzpunkts der freien Säure ge- legenen Temperatur. Indem nun das Auskrystallisiren der sauren Seifen ganz augenscheinlich von der Schmelztemperatur der freien Säuren, die in der Wärme als äusserst feine Oeltröpfchen suspendirt sind, mit bedingt wird, und bei der Elaidinsäure (Smp. 45°) erst bei Zimmertemperatur erfolgt, versteht man ohne Weiteres, dass saure Salze der schon bei 14° flüssigen Oelsäure sich nicht leicht in fester Form ausscheiden können, weil man auch hier wenigstens für eine annähernd vollständige Auskrystallisation merklich unter den Schmelz- punkt der freien Säure abkühlen müsste, jedoch das Wasser schon bei 0° gefriert. — Vorläufig dahingestellt bleibt, wieweit auch die, im Einzelfalle nicht sehr hoch über denjenigen der freien Säuren liegenden Schmelz- resp. Zersetzungstemperaturen der sauren Seifen selbst einen Einfluss auf die Ausscheidungstemperatur ausüben. Ausser den bereits erwähnten neutralen und einfach sauren Salzen, die sich durch ziemlich scharfe Schmelz- resp. Zersetzungstemperaturen charakterisiren, wurden bisher weitere saure Salze als chemische Individuen nicht mit Sicher- heit nachgewiesen, wonach man anders zusammengesetzte Ausscheidungen (s. 0.) einstweilen als Gemische oder lockere Molecularanlagerungen zu betrachten hätte. — Wie dem nun auch sei, so ist nach dem Obenstehenden das Ver- halten gegen Wasser für die Alkalisalze der höheren festen Fettsäuren einerseits und für diejenigen der Oelsäure andererseits ein abweichendes 22 * 314 F. Krafft: Ueber das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser. ‘nur (dann, wenn man die Einwirkung des Wassers auf diese Salze bei ein und derselben Temperatur, z. B. bei 15—20°, vergleicht; es wird aber sofort ein im Wesentlichen übereinstimmendes, sobald man die Versuche bei correspondirenden Temperaturen anstellt, d. h. bei Wärmegraden, die entweder stets oberhalb oder stets genügend unter- halb des Schmelzpunkts der betreffenden Säuren (resp. der sauren Seifen) liegen. ‘ Eine heisse Natriumpalmitatlösung hat demgemäss, wie man sich leicht durch den Vergleich überzeugen kann, ganz dieselbe Beschaffen- heit wie eine kalte Natriumoleatlösung: in beiden sind äusserst feine Tröpfehen von geschmolzener Fettsäure suspendirt und beide weisen eine stark alkalische Reaction auf. Der Unterschied besteht nur da- rin, dass man die erstere Lösung leicht bis zur Ausscheidung einer festen sauren Seife abkühlen kann, was bei der letzteren aus dem oben angegebenen Grunde (Gefrieren des Wassers) nicht der Fall ist. Für die theoretisch wie praktisch gleich interessante Beantwortung der Frage nach dem Verhalten fettsaurer Alkalien (Seifen) gegen Wasser ergibt sich aus dem Mitgetheilten ein ganz bestimmter Aus- gangspunkt: als primärer Vorgang erscheint die hydrolytische Spaltung der Seifen in freie Fettsäuren und freies Alkali, die bei einer genügend grossen Wassermenge zuletzt eine vollständige sein muss. Die Seifen- wirkung beruht demnach darauf, dass Säure und Alkali nebeneinander vorhanden und gleichzeitig verfügbar sind; sie äussert sich theils in der bekannten emulgirenden Fähigkeit, theils durch eine rein chemische, namentlich auflösende Wirkung der genannten Agentien. Die Aus- scheidung saurer Seifen, neben gelöst bleibendem Alkali, die bisher von Manchen als Hauptvorgang betrachtet worden ist, erfolgt erst bei genügend starker Abkühlung der mehr oder weniger hydrolytisch ge- spaltenen resp. milchig getrübten wässrigen Lösung: die Bildung dieser sauren Seifen resp. Gemische ist jedoch unter den angegebenen Bedingungen nur ein secundärer Process. (Sonderabzüge ausgegeben den 12. October 1894.) Vereinsnachrichten. Die erste Sitzung des Wintersemesters am 2. Novem- ber 1894 wurde von dem Vorsitzenden, Herrn Professor Bütschli, mit folgender Ansprache eröffnet: „Meine hochgeehrten Herren! Bevor wir in die heutige Tagesordnung eintreten, geziemt es uns, eine schmerzliche Pflicht zu erfüllen, einen Verlust zu beklagen, welcher während der Ferien- zeit des Vereines die Wissenschaft und das gesammte sie verehrende Menschenthum auf das Schwerste betroffen hat, einen Verlust, der unseren bescheidenen Verein innig und nahe berührt. Am 8, September d. J.'s ging das Forscher- und Denkerdasein Hermann von Helmholtz’ zu Ende; am Abend eines durch glänzendste wissen- schaftliche Thaten und durch entsprechende äussere Er- folge gekennzeichneten Lebens, aber dennoch zu frühe für alle, welche bewundernd zu den von Helmholtz errungenen wissenschaftlichen Fortschritten emporschau- ten, und dem Gedanken nicht Raum geben mochten, dass die Naturgesetze, deren Erforschung die Aufgabe jenes grossen Lebens bildeten, ihm leider auch eine Grenze setzen mussten. © {er} Vereinsnachrichten. Meine Herren! Die wissenschaftlichen Kreise aller Länder und Völker haben den Heimgang des grossen Gelehrten und Denkers einstimmig beklagt; seine un- sterblichen Leistungen sind schon vielfach besprechen und gefeiert worden, wenn auch eine ihrer Grösse an- gemessene biographische Würdigung erst in der Zukunft erstehen wird. Wir aber, die wir heute Abend im natur- historisch-medicinischen Verein Heidelbergs versammelt sind, wir betrauern den grossen Dahingegangenen doppelt, als einen Mann, der auch dem engeren Kreise unseres Vereins angehörte. Helmholtz war seit November 1871 Ehrenmit- glied unseres Vereins, ein Ehrenmitglied in höherem und höchstem Sinne. Nicht nur ein Ehrenmitglied, durch dessen Erwählung der Verein sich selbst eine Ehre zu erweisen suchte, sondern ein Ehrenmitglied, welches dem Verein lange Jahre hindurch als erster Vorsitzender, als unablässiger Förderer und eifrigster Mitarbeiter die höchsten Ehren erwiesen hat. Wie Helmholtz’ Wirksamkeit an unserer Hoch- schule, in Gemeinschaft anderer Naturforscher ersten Ranges, zweifellos die glänzendste Periode unserer Uni- versität in diesem Jahrhundert bezeichnet, so gilt dies auch für unseren Verein, welcher durch die unermüd- liche Theilnahme des Verstorbenen eine wahre Blüthe- zeit feierte. Helmholtz wurde im Jahre 1857 sofort nach seiner Hierherkunft thätiges Mitglied des Vereins, der in ihm sogleich seinen zukünftigen Führer und Leiter erkannte. Denn schon am 14.’December 1858 erwählte man ihn zum I. Vorsteher, welches Amt er in hingebendster und ruhmvollster Weise verwaltete, stets einstimmig wieder- gewählt, bis zu seinem Weggang von Heidelberg i. J. 1871. Vereinsnachrichten. Auch im Leben des grossen Gelehrten ist die Heidel- berger Zeit wohl die blühendste und früchtereichste. Namentlich führte er hier in unerreichter Weise seine Bearbeitung der physikalischen Physiologie des OÖhres und Auges zu Ende, während er gleichzeitig wieder, mit wunderbarer Vielseitigkeit, rein physikalische und erkenntnisstheoretische Probleme zu lösen begann. Wenn Sie die Verhandlungen unseres Vereins durchblättern, so finden Sie von 1358 bis 1870 kein Jahr, in welchem Helmholtz nicht durch mehrere Vorträge von seinem unermüdlichen wissenschaftlichen Streben Nachricht ge- geben hätte; einige dreissig von ihm gehaltene Vorträge geben davon beredtes Zeugniss. Es würde meine Kräfte übersteigen, wenn ich es versuchen wollte, Ihnen ein Bild von der Mannigfaltig- keit und der Schärfe des Denkens und Forschens zu entwerfen, das sich in diesen Vorträgen offenbart, in welchen vielfach die wichtigsten Resultate zum ersten Male in die Oeffentlichkeit traten. Die älteren Mitglieder des Vereins, denen es vergönnt war, jene Zeit mitzu- erleben, gedenken ihrer mit nie erlöschender Begeisterung. Wir hegen die Hoffnung, dass Ihnen im Laufe dieses Winters noch von einem unserer Mitglieder, wel- ches dem Arbeitsfelde Helmholtz’ näher steht, ein Bericht über den Inhalt dieses Forscherlebens entworfen werden wird. Heute aber, hochverehrte Herren, lassen Sie uns dem Gefühle der Dankbarkeit voll und ganz Ausdruck geben, mit welchem wir uns stets erinnern, was dieser grosse Mann einst unserer Hochschule und im Besonderen unse- rem Vereine gewesen ist. Wie in seinen populären Vorträgen sich das Bedürfniss äussert, von seinem Den- 317 318 Vereinsnachrichten. ken und Forschen auch grösseren Kreisen Rechenschaft zu geben, so hat dieses sein Bestreben auch unseren Verein zu seiner schönsten und bedeutendsten Epoche emporgeführt: Möchte das Vorbild des grossen Dahin- geschiedenen auch jetzt und in der Zukunft in dem Verein wirksam werden und bleiben, dann wird er seine schöne Aufgabe: anregend, zusammenschliessend und verstän- digend auf die gleichstrebenden Naturforscher und Aerzte Heidelbergs zu wirken, nicht verfehlen. Das wäre jeden- falls das würdigste Denkmal, welches der Verein H.von Helmholtz setzen könnte. Dem grossen Todten, dessen wissenschaftliche Leistungen, als leuchtende 'Thaten geistiger Grösse und unermüdlichen Strebens nach Wahrheit und Gesetz, glänzen werden für alle Zeiten, folgt unsere Bewunderung und Dankbarkeit über das Grab hinaus, dauernd und unauslöschlich ! Meine Herren! Erheben Sie sich von Ihren Sitzen als ein geringes Zeichen dafür, dass der Verein stets und dankerfüllt seines grössten und ruhmreichsten Vor- stehers gedenken wird.“ Der Aufforderung entsprechend erheben sich die Anwesenden feierlich. EEE IT Ben PR En 1 255 Vereinsnachrichten. 319 Durch die statutenmässige Wahl wurden wiederum Herr Hofrath Bütschli zum Vorsitzenden, Herr Prof. Horstmann zum Schriftführer und Herr Buchhändler G. Köster zum Rech- ' ner für das Vereinsjahr 1894/95 ernannt. Herr Professor A. Andreae, der als Direktor der natur- historischen Sammlungen nach Hildesheim berufen worden ist, wurde in dankbarer Anerkennung seiner regen und erfolgreichen Betheiligung an dem Vereinsleben zum correspondirenden Mit- _ gliede ernannt. Als ordentliche Mitglieder wurden neu aufgenommen die Herren Dr. Thürach, Dr. Haller, Dr. Meinecke, Dr. Aschaffenburg, Dr. Dehio, Dr. Kemmler, Dr. Sulzer, Dr. Katz, Dr. Schüle, Dr. Hegar, Dr. Öse. Schaeffer, Dr. O. Vulpius. Die im folgenden Verzeichniss aufgeführten Druckschriften, welche seit Ausgabe des letzten Heftes im Tauschverkehr ein- gegangen sind, hat der Verein mit bestem Danke entgegenge- nommen und bestätigt hierdurch den Empfang. Alle uns fernerhin zugedachten Sendungen beliebe man einfach an den „Naturhistorisch-Medicinischen Verein Heidel- berg“ zu adressiren und durch die Post zu verschicken, da dies der billigste und beiderseits bequemste Weg ist. Heidelberg, November 1894. Der Schriftführer. 320 Verzeichniss der von März bis October 1894 eingegangenen Druckschriften (Zugleieh als Empfangsbescheinigung.) Annaberg. Annaberg-Buchholzer Verein für Naturkunde: Jahresber. IX. 1888/93. Augsburg. Naturwissenschaftlicher Verein für Schwaben und Neuburg: Ber. 31. Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen IX, 1. Baltimore, Johns Hopkins University: Stud. biolog. Labor, V, 2—4; Cireulars 1894. Berlin. B. Medieinische Gesellschaft: Verhandlungen XXVI. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg: Verhandlungen 35. — D. Geologische Gesellschaft: Zeitschrift XLV, 3. — K. geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch 1892. — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. 1893. — Verein für innere Mediein: Verhandlungen XIII. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mittheilungen 1893. —- Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- schaften: 76. Versammlung in Lausanne, Bonn. Naturhistorischer Verein für die preussischen Rheinlande und Westphalen: Verhandlungen 50, I. — Aerztlicher Verein für Rheinland, Westphalen und Lothringen: Corr.- Blatt 53. — Niederrheinische Gesellschaft für, Natur- und Heilkunde: Sitzungsber, 1892. Boston. Society of natural history: Mem, IV, 11; Proceed. XXVI, 1. Bremen. Naturwissenschaftlieher Verein: Abhandlungen XII, 1 mit Extrabeilage. 4 i | Verzeichn. d. v. März bis October 1894 eingeg. Druckschriften. 321 Brünn, Naturforschender Verein: Verhandlungen 31, Brüssel. Societe entomologique de Belgique: Annales 37, Catania. Accademia Gioenia: Boll. 33—35; Atti, 4 Ser. VI. Chemnitz, C, Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Berichte XII, 1888/92. Darmstadt. Verein für Erdkunde und verwandte Wissenschaften: Notizblatt 14. Davenport. D. Academy of natural philosophy: Proc. V, 1, Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsbericht 1893, II. Dublin. RoyalD. Society: Trans. IV, 14 V, 1—4; Proe. VII, 5; VIL, 1.2. Ekaterinenburg. Soeiöt@ ouralienne de medeeine: Memoirs II, 2. Emden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 78. Erlangen. Physikalisch-medieinische Soeietät: Sitzungsber. 25. Florenz. Societ% entomologiea italiana: Boll. XXV, 3, 4; XXVL 1. — Nuovo Giornale botanieo italiano: XXV, 4, N. S. IL, 1, 2, 3. — Societd botanica italiana: Boll. 1894, 1—4, 5—7. Frankfurta.M. Senkenbergische naturforschende Gesellschaft: Abhand- lungen XVIII, 2. Frankfurt a. OÖ. Helios XI, 10—12; XII, 1—3. Soe. litt. 1894, 1—6. Freiburg. Naturforschende Gesellschaft; Berichte VIII. Genua. R. Accademia mediea: Boll. VIII, 5—6; IX, 1—2. Götheburg. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Handlingar XVI— XIX, Göttingen. Königliche Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten math.-physikal. Kl. 1894, I, II. Graz. Verein für Aerzte in Steyermark: Mittheilungen 30, Granville. Journal of comp. neurology IV, 1— 2. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern und Rügen: Mittheilungen 25. Güstrow. Naturwissenschaftlicher Verein in Mecklenburg: Archiv 47, 1:-X8; Halle. Leopoldina 1893. — Zeitschrift für Naturwissenschaften: 66, 1—6,. 322 Verzeichn. d. v. März bis October 1894 eingeg. Druckschriften. Halifax. Nova Scotian Institute of natural science: Proc. and Trans,, 2:8er. 1.23 Hamburg. _Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandl. III, F. I — Deutsche Seewarte: Jahresbericht XVI, 1893. Hannover. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. 42—43, Haarlem. Archives neerlandaises XXVIL 4—5; XVIIL 1. — Fondation P. Teyler van der Hulst: Arch. IV, 2. Kassel. Verein für Naturkunde: Ber. 39. Kharkow. Societ& des sciences experim.: Trav. 1893. Kiel. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig - Holstein: Schriften EM Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 34. Landshut. Botanischer Verein: Berichte XIII. Lausanne, Societe vaudoise des sciences naturelles: Bull. 113—114., Leipzig. K. Sächs. Gesellschaft der Wiss,: Ber. math.-phys. Kl. 1893, VII. IX; 1894, I London. Royal Soeiety: Proceedings Nr. 329—335. Madison, Wisconsin Academy of sciences, arts and letters: Transaction I) 1,02} Mailand. Reale Instituto lombardo dei scienze e lettere: Rend. XXYV, Manchester. Literary and philosophical Society: Mem, and Proc. VIII, 1,..2, Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissen- schaften: Sitzungsber, 1895. Marseille. Facult& des seiences: Ann. III, 4. Melbourne. Royal Society of Victoria: Trans. and Proc. V, VI. Middelburg. Zeeuw’sche Genootschap: Verslag 1885/93. Montevideo, Museo nacional: Annales I, 1394, Moskau. Kaiserl. Gesellschaft der Naturforscher: Bull. 1894, I. München. K. Bayer. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsber, der math.-physik. Kl. 1893, III; 1894 I, II. — ‚Aerztlicher Verein: Sitzungsber. III, 1893. New-York. N.-Y. Academy of sciences: Ann. VIII, 1—3; Trans, XI. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. X, 2. 4 A Zn As en Du Verzeichn. d. v. März bis October 1894 eingeg. Druckschriften. 393 Odessa. Naturforschende Gesellschaft von Neu-Russland: Berichte XVIII, 1. Paris. Societe zoologique de France: Bull. XVIIL, 1—6, Petersburg. Botanischer Garten: Acta XIII, 1. — Physikalisches Centralobservatorium: Ann. 1892. Reichenberg: Verein der Naturfreunde : Mittheilungen 25. Rom. Societä romana per gli Studi zoologiei: Boll. II, 7; III, 1—3. Santiago di Chile. Deutscher wissenschaftlicher Verein: Verhandlungen I, 5—6. — Soeiet@ seientifigque de Chile: Actes IV, 1. San Francisco. Cal. Academy of sciences: Proc. III, 2. St. Gallen. Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Ber. 1891/92. St. Louis. Academy of sciences: Trans, VI, 2—8. Sidney. Royal Society of New-South-Wales: Journ. and Proc. 27, Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- heft 50. Triest. Soeiet% ädriatica di scienze naturali: Boll. XV. Turin. Accademia reale delle seienze: Atti XXIX, 1—14. Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften: Jahresh. 6. Washington. Smithsonian Institution: Report 1891. Wernigerode, Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes: Schriften VIII, Wien. K.K. Zoologisch-Botanische Gesellschaft: Verh. 43, III, IV. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen VIII, 3, 4; IX, 1. Würzburg. Physikalisch-medieinische Gesellschaft: Sitzungsber, 1893. 7—11; 1894. 1—4 Verh. XXVIIL, 5; XXVII, 1. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift XXXVIII, 3-—4; XVXIX, 1. Zwickau. Verein für Naturkunde: Jahresbericht 1892/93. N EN a RM wo P ui DEP F I 8 I 2 6 F.Winterische Buchäruckeri. ar ® PR} pr ‘ ’ Den . h RR FaN “ B Inhalt. K. von Kraatz-Koschlau, Der geologische Bau der Serra de Monchique in der Provinz Algarve (Süd-Portugal). . - .. .. .. BR 6. Quincke, Ueber Wirbelbewegungen der Ba Krk 6. Quincke, Ueber die Meng der Oberflächenspannung von Flüssig- keiten in Capillarröhren . ... . PERERUE BANG 0. Bütschli, Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen und die Structur von Cellulose- und Chitinmembranen . . 2... 2 2 2.2. Dr. Bela Haller, Betrachtungen über die Nieren von Oncidium celticum, Cuvier. ....» ie TS F. Krafft, Ueber.das Verhalten fettsaurer Alkalien gegen Wasser . Veremssechrichten.. yet Sen a RHEIN SR Verzeichniss der von März bis October 1894 eingegangenen Druck- SCHTIHHEN N. Re RAN SR ee C. F. Winter’sche Buchäruckerei. 230 293 301 sll 815 a Er 9.1806 N “ Ben VERHANDLUNGEN ee Ke _NARUREISTORISCH MEDICINISCHEN VEREINS Il \ ll ZU Er HEIDELBERG. EN un NEUE FOLGE. FÜNFTER BAND. VIERTES HEFT. MIT SECHS TAFELN. Oo = | -“ HEIDELBERG. CARL’ WINTERY’S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG. 5 1396. \ r Sp) JUN 9 1896 Ueber das Saftsteigen von E. Askenasy. (Gesammtsitzung vom 7. Dez. 1894 und 1. Febr. 1895.) Die Frage, wie das Wasser in den Pflanzen aufsteigt, durch welche Kräfte es bis in die Spitzen der höchsten Bäume hinauf- gezogen wird, hat namentlich in neuerer Zeit viele Pflanzenphysio- logen auf das Eifrigste beschäftigt. Auch ich habe seit längerer Zeit diese Frage, allerdings fast ausschliesslich vom Standpunkte der Theorie aus, studirt und glaube zu einer einigermassen befriedigenden Lösung gelangt zu sein. Wenn dabei auch vielleicht nicht alle fraglichen Punkte vollständig klar gelegt sind, so sehe ich mich doch schon jetzt zu einer Veröffentlichung veranlasst, da neuerdings ein kurzer Aufsatz von Dixon und Joly') erschienen ist, aus dem ich ersehe, dass meine - Resultate in vielen Punkten mit den Ansichten übereinstimmen, zu denen die beiden englischen Gelehrten gelangt sind, obwohl ich bei meinen Studien von deren Arbeit keine Kenntniss hatte. Wenn ich zunächst von Experimenten abgesehen habe, so liegt dies daran, dass wir nach meiner Ansicht namentlich seit dem Er- scheinen von Strasburger’s Buch „Ueber den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen“?) ein so reiches Material von sorgfältig angestellten Versuchen über das Saftsteigen besitzen, dass !) On the ascent of sap by Henry H. Dixon and J. Joly. Proceedings Royal Soc. Vol. 57, Nr. 340, $S, 3—5; auch Annals of Botany. Vol. VIII, Nr. 32, Dec. 1894, $. 468. 2) Jena 1891. Dies Buch werde ich weiterhin als Lb. citiren. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med, Vereins. N, Serie, V. 23 326 E. Askenasy: es vorläufig wichtiger scheint, die richtigen Schlüsse aus den bereits angestellten Versuchen zu ziehen, als deren Zahl durch neue zu ver- mehren. Es ist bekannt, dass, nachdem Sachs ') das Saftsteigen durch die Bewegung des Wassers in den Membranen des Holzes zu erklären gesucht hatte, durch zahlreiche Versuche bewiesen worden ist, dass das Wasser in dem Lumen der Tracheen und Tracheiden strömt. Dann haben Hartig?), Böhm?) (ursprünglich) und Andere zur Erklärung dieser Bewegung den Luftdruck und daneben die Capillarität zu Hülfe genommen. Aber gegen alle diese Erklärungen sind sehr gewichtige Einwände erhoben worden. Später haben Westermurer *), Godlewski°) und Janse®) angenommen, dass bei dem Saftsteigen die lebendigen Zellen des Holzes, also Markstrablen und Holzparenchym wesentlich betheiligt sind. Doch haben diese Erklärungen neuerdings durch Strasburger’s Versuche über das Aufsteigen giftiger Flüssigkeiten”), sowie durch Hansen’s®), Böhm’s?) und Strasburger’s '') Versuche über das Saftsteigen in getöteten Pflanzentheilen einen starken Stoss erlitten. Da indessen die Beweiskraft von Strasburger’s Versuchen !) Sachs. Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Leipzig 1882, 8. 269. und in vielen anderen Aufsätzen. ?2) Hartig, R. Zur Lehre von der Wasserbewegung in transpirirenden Pflanzen. Unters. a. d. forstbotan. Inst. zu München. Berlin 1883. Derselbe. Die Gasdrucktheorie. Berlin 1883. ®) Böhm. Warum steigt der Saft in den Bäumen? Vortrag. Wien 1878 u. a. Schriften. _ *) Westermaier. Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen des lebenden Parenchyms. Berichte der deutschen bot. Ges. I. 8. 371. = 5) Godlewski. Zur Theorie der Wasserbewegung in den Pflanzen. Pringsheim’s Jahrb. XV. S. 569. | 6) Janse. Die Mitwirkung der Markstrahlen bei der Wasserbewegung im Holz. Pringsh. Jahrb. XVIII. 8.1. ?) Lb. 8. 607£. —- ®) Hansen. Ein Beitrag zur Kenntniss des Transpirationsstroms. Arb. d. bot. Inst. zu Würzburg. IIl. S. 305. ®) Ber. d. deutschen bot. Ges. VII. 8. (55). 10) Lb. 8.645 f. Ueber das Saftsteigen. 327 durch Schwendener !) bestritten worden ist, so ist es nöthig, diese Versuche etwas näher zu untersuchen. Ich will hier zunächst möglichst kurz einige besonders schlagende Versuche Strasburger’s anführen. Zuerst einige mit Stämmen, die durch kochendes Wasser getötet waren ?). Ein 15 Meter langer Ast von Wis- taria wurde auf 12 Meter Länge eine halbe Stunde in Wasser von 90°C. gebrüht. Dann wurde er mit dem unteren Ende 5 Tage in Eosinlösung gestellt, wobei er noch in der letzten Nacht von der Lösung aufnahm. Es zeigte sich, dass der Farbstoff bis 10,8 Meter gestiegen war. Aehn- liche Resultate ergaben Versuche mit Cucurbita- und Hopfenpflanzen. Wichtiger noch sind indessen die Ergebnisse, die Strasburger in Bezug auf das Aufsteigen giftiger Flüssigkeiten in Bäumen erhielt?). Ein 21 Meter hoher Stamm von Acer platanoides, der in 5°/,iger Kupfer- sulfatlösung stand, nahm in 14 Tagen etwa 30 Liter Flüssigkeit auf; sein Holz war bis zu 18 Meter Höhe vollständig mit Kupfer- sulfat getränkt. Eine 20 Meter hohe Buche, die am 17. September in 10 °,ige Kupfersulfatlösung gestellt wurde, nahm bis zum 3. October 35 Liter auf. Nach 9 Tagen bekamen die Blätter ein fahles Aus- sehen. Eine 18 Meter hohe Fichte wurde am 19. September in 5°/,ige Kupfersulfatlösung gestellt. Bis zum 15. November wurden 65,5 Liter der Lösung eingesaugt. Schon am 17. October bräunten sich die Nadeln und der Tod des Baumes wurde festgestellt. Trotz- dem nahm er vom 17. October bis 15. November noch 6,7 Liter Flüssigkeit auf. Besonders interessant ist folgender Versuch. Eine Schwarzkiefer von 14,42 Meter Höhe wurde am 19. September in 5°%,ige Kupfersulfatlösung gestellt und verblieb darin bis zum 17. März des folgenden Jahres; sie nahm bis zum 26. September 100,5 Liter, bis zum 1. October im Ganzen 134 Liter, bis zum 17. März des nächsten Jahres im Ganzen 158 Liter auf. Erst nach Neujahr färbten sich die Nadeln gelb. Der Baum zeigte sich bis zum 1) Schwendener. Zur Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saft- steigen. Sitzungsber. d. k. Preuss. Akad, d. Wiss. 1893, S. 932f. 2) Lb. S. 646. 9 Lb.7S. 617 ft. 25* 328 E. Askenasy : Gipfel überall bis auf das Mark mit der Kupfersulfatlösung durch- tränkt. Eine Betheiligung lebender Zellen ist sowohl bei den durch Brühen getöteten Pflanzen, sowie auch beim Aufsteigen giftiger Flüssigkeiten ausgeschlossen, da letztere sehr bald durch Diffusion die lebenden Zellen zum Absterben bringen. Da nun Luftdruck das Wasser nur bis zu 10 Meter heben kann, die Capillarität nach dem Durchmesser“ der hier in Betracht kommen- den Organe nur wenige Meter höher, so schloss Strasburger aus seinen Versuchen, dass hier physicalische Kräfte (d. h. solche, die nichts mit dem Leben zu thun haben) von unbekannter Natur wirk- sam sind. Schwendener bestreitet indessen die Richtigkeit dieses Schlusses. Unter der Annahme, dass die wasserleitenden Organe des Stammes von regelmässig abwechselnden Luft- und Wassersäulen von bestimmter Länge erfüllt sind, zeigt er'), dass bei einer am oberen Ende wirkenden Luftverdünnung das Wasser auch höher als 10 Meter gehoben werden kann. Steinbrinck ?) ist hierin Schwendener gefolgt und rechnet sogar eine Hebung bis zu 140 Meter heraus. Wenn man aber auch alle Annahmen Schwendener’s zugiebt, so kann diese Erklärung für die Versuche Strasburger’s nicht gelten, weil es sich bei der Wasser- hebung in der Jamin’schen Säule Schwendener’s um einen einmaligen Vorgang handelt. Bei öfterer Wiederholung der Verdünnung am oberen Ende wird die Bewegung des Wassers immer geringer werden und sich rasch der Null nähern. Ueberdies sind die Mengen, die ober- halb 10 Meter gehoben werden, wenn man Schwendener’s Rechnungen zu Grunde legt, gleich bei der ersten Verdünnung äusserst gering- fügig. Unmöglich kann man so Rechenschaft geben von den grossen Mengen von Flüssigkeit, die bei Strasburger’s oben erwähnten Ver- 1) A. a. O. 8. 934f. Ferner: Schwendener. Weitere Ausführungen über die durch Saugung bewirkte Wasserbewegung in der Jamin’schen Kette. Sitzungsber. d. k. Preuss. Akad. d. Wiss. 1893. XL. S. 835f. 2) Steinbrinck. Ueber die Steighöhe einer capillaren Luftwasserkette in Folge verminderten Luftdruckes. Ber. d. deutschen bot. Ges. XII. 8.120f. i | \ Ueber das Saftsteigen. 329 suchen, z. B. bei denen mit der Fichte und Schwarzkiefer, von toten Pflanzen und zwar lange Zeit hindurch aufgenommen und gehoben werden. Strasburger hat sich in Bezug auf die Theorie des Saftsteigens nicht weiter geäussert. BDöhm') schrieb in den letzten Jahren dabei der Capillarität die Hauptwirkung zu, ohne jedoch zu läugnen, dass noch unbekannte physicalische Processe mit hineinspielen, und in ähnlicher Weise hat sich Pfeffer?) ausgesprochen. Ich glaubte früher auch, dass wir es hier mit einer besonderen Art von Capillarität zu thun haben, die durch die eigenthümliche Beschaffenheit der Leitungs- bahnen des aufsteigenden Wassers modificirt ist. Eine nähere Ueber- legung brachte mich aber auf eine andere Meinung. Zur Hebung von Flüssigkeiten durch Capillarität ist nämlich ein concaver Meniscus unbedingt notwendig. Nun wird bei den Pflanzen der im Stamm gehobene Saft den lebenden Zellen der Blätter zu- geführt. Aber die an diese Zellen stossenden Tracheen und Tracheiden sind ganz gewöhnlich mit Wasser vollständig erfüllt; erst viel weiter nach unten zeigen sich darin Gasblasen. Es giebt daher hier keine Menisken, die durch ihren Zug Wasser heben können. So blieb denn nichts Anderes übrig, als anzunehmen, dass die Wassersäulen in den Leitungsbahnen durch Adhäsion festgehalten werden und dass die Hebung des Wassers durch die osmotische Kraft der lebenden Zellen erfolgt, indem die von ihnen ausgehende Wirkung durch die Cohäsion des Wassers nach unten zur Wurzel geleitet wird. Indessen musste ich auch diese Ansicht modifieiren, als ich mich erinnerte, dass ja auch Pflanzen mit vollkommen toten Blättern, wo also die Zellen keinerlei Turgor und keine osmotische Kraft mehr besitzen, im Stande sind, Wasser zu heben. Ich selbst stellte solche Versuche mit abgeschnittenen Zweigen von Taxus und von Viburnum Tinus an, die durch längeres Rintauchen in kochendes Wasser — 1) Böhm. Ursache des Saftsteigens. Ber. d. deutschen bot. Ges. VII. S. (46) f. 2) Pfeffer. Studien zur Energetik d. Pflanze. Abh. d. math. phys. Cl. d. Sächs. Acad. d. Wiss. XVIII. S. 262. 330 E. Askenasy: die Viburumzweige auch durch längeres Liegen in Alcohol — voll- ständig getötet waren, und ich war sehr überrascht über die Ge- schwindigkeit, mit der die Eosinlösung in solche durch Kochen getöteten Zweige aufstieg. Doch haben diese nur zur eigenen Be- lehrung angestellten Versuche keine Bedeutung; die Sache ist durch die Versuche von Strasburger‘) und Böhm?) vollkommen festgestellt. Schon aus den früher erwähnten Versuchen Strasburger’s, wobei Bäume in giftige Flüssigkeiten gestellt wurden, ergiebt sich, dass Pflanzen mit vollkommen toten Blättern noch Wasser heben können ; dies geht aus der Beschreibung der Beschaffenheit der Blätter bei der Buche, Fichte und Schwarzkiefer deutlich hervor, welche Bäume doch alle noch längere Zeit fortfuhren, Flüssigkeiten aufzunehmen und den Blättern zuzuführen. Ferner hat Strasburger noch eine Anzahl Versuche mit vollständig getöteten und ihres Gipfels sowie aller ihrer Blätter be- raubten Stämmen ausgeführt. Der höchste Aufstieg von Eosinlösung, der an so behandelten Cucurbita-Stämmen von 9—12 Meter Länge beobachtet wurde, betrug 9,2 Meter. Hieran schliesst sich eine Reihe von Versuchen mit getöteten, auch wohl getrockneten und nachher mit Wasser injieirten Stämmen, die alle Lösungen von Eosin in Wasser oder Alcohol zu Höhen von mehreren Metern (bis zu 5) aufsteigen liessen. Besonders wichtig ist ein später von Strasburger gemachter Versuch ?®). Gebrühte, aber mit ihrem Laub versehene, sowie frische Taxuszweige tauchten mit ihrem unteren Querschnitt in Eosinlösung, die in einem mit doppelt durchbohrtem Kautschukstopfen geschlossenen Gefässe sich befand. Durch die eine Oeffnung des Stopfens ging der Taxusstamm; durch die andere ging ein nicht bis zur Lösung reichendes Manometerrohr, dessen anderer Schenkel T-förmig gestaltet war. Der eine Theil dieses Schenkels tauchte in Quecksilber, der andere stand mit einer Wasserluftpumpe in Verbindung. Diese kam gleich bei 3) Lb. 8. 656f. ?) Böhm. Capillarität und Saftsteigen. Ber. d. deutschen bot. Ges. XI. S. 203f. 3) Strasburger. Histologische Beiträge. V. Ueber das Saftsteigen. S. 64. Jena 1893. Vgl. auch Lb, S. 785f£. 0 a Ueber das Saftsteigen. 331 Beginn des Versuchs in Thätigkeit, wodurch das Quecksilber im Mano- meterrohr auf 74 cm gehoben wurde. Trotzdem stieg die Eosinlösung im Laufe von 6 Tagen in den Taxuszweigen auf 2,75 bis 3,5 Meter Höhe. Strasburger bemerkt, dass hier bei dem Aufsteigen der Lösung weder Luftdruck, noch, da die Leitungsbahnen bis oben hinauf mit Flüssigkeit erfüllt waren, die Capillarität irgend einen Einfluss ausüben konnte. Ich will hier nun noch einige Versuche von Böhm kurz mit- theilen, die in seinem Aufsatze über Capillarität und Saftsteigen ') be- schrieben werden und die eine grosse Bedeutung für die Theorie des Saftsteigens besitzen. Ein gekochter, getrockneter und dann mit Wasser injieirter Ahornzweig vermochte, in ein Gefäss mit Mano- meterrohr, das oben Wasser, unten Quecksilber enthielt, eingesetzt, das Quecksilber 70,3 Centimeter hoch zu heben. Frische oder ge- kochte, mit Laub versehene Thujazweige, unter gewissen Vorsichts- massregeln mit einem Manometerrohr derselben Art verbunden, hoben zuweilen das Quecksilber auf eine Höhe, die beträchtlich grösser war als der Druck einer Atmosphäre, so in einem Falle auf 90,6 Centi- meter. Bei einem andern, etwas modifieirten Versuche mit Thuja- zweigen stieg das Quecksilber, gleichgiltig ob die Zweige lebend oder durch Kochen getötet waren, über Barometerhöhe; in einem speciellen Falle bis zu 86,4 Centimeter. Böhm erklärt dieses Steigen des Quecksilbers in folgender Weise: „Wenn das Quecksilber sinken soll, so muss die Cohäsion des (über dem Quecksilber befindlichen) Wassers überwunden werden. Der Binnendruck des Wassers entspricht ca. 2700 Atmosphären®). Im Vergleiche mit der in Folge der Cohäsion theoretisch möglichen 1 ) S. ob. ?) Diese Angabe entnimmt Böhm einem Aufsatze von @. Jäger. Sitzungs- ber. d. kais. Acad. d. Wiss. in Wien. 2. Abth. Bd. 101. 8.926. — Es handelt sich dabei um die Laplace’sche Constante K, welche die Anziehung ausdrückt, mit der die Oberfläche einer Flüssigkeit nach Innen gezogen wird. Vgl. van der Waal, Continuität des gasförmigen und flüssigen Zustandes. Leipzig 1881. 333 E. Askenasy: Länge eines Wasserfadens wäre selbst der höchste Baum der Erde ein fast verschwindender Zweig. Solche an den verdunstenden Blatt- zellen hängenden Wasserfäden, deren untere Enden mit dem Boden in Verbindung stehen, finden sich zweifellos in den Pflanzen.“ So ist es denn sicher, dass auch turgorlose, tote Zellen befähigt sind, Wasser bis in bedeutende Höhen aufzusaugen. Der Grund dieser Erscheinung fällt sofort in die Augen, wenn man die Art, wie das Wasser lebendiger Zellen verdunstet, näher ins Auge fasst. Das Wasser verdunstet an der Aussenfläche der Zellhaut, dort, wo diese an einen intercellularen Raum grenzt. Es kommt aus dem Innern der Zelle und gelangt durch den Plasmaschlauch in die Zellwand. Die Imbibitionskraft der Zellhaut übertrifft also die osmotische Kraft der im Zellsaft gelösten Stoffe. Da diese Imbibitionskraft durch den Tod der Zelle im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird, so ist es kein Wunder, dass auch tote Zellen, wenn sonst die Verhältnisse günstig liegen, im Stande sind, das an ihnen verdunstende Wasser ebenso hoch zu heben- wie lebendige. Es ist hierbei ohne Belang, was man für Ansichten in Bezug auf die Constitution der Zellhaut hat. Es kommt nur darauf an, dass die Zellwand eine bestimmte Anziehung zum Wasser besitzt, und darüber herrscht kein Zweifel. Aber noch eine andere Eigenschaft der Zell- membranen ist hier von wesentlicher Bedeutung. Es ist das die Im- permeabilität der feuchten Zellwand für Luft im gasförmigen Zustand. Wenn diese nicht vorhanden wäre, so würde bei negativem Druck im Innern der Leitungsbahnen sofort Luft von Aussen eingesogen und damit die Adhäsion des Wassers an die Wände aufgehoben werden. Aus den Versuchen von Strasburger und Böhm ergiebt sich, dass auch entlaubte Stämme, ja einzelne Theile von Stämmen, das Wasser zu bedeutenden Höhen zu heben vermögen. Ich habe mich davon überzeugt, dass man einen Blattstiel von Canna indica in beliebige Streifen zerlegen kann, und dass, wenn ein solcher Theil ein Gefäss- bündel enthält, auch Fosinlösung in dessen Tracheiden aufsteigt. Daraus folgt, dass auch andere Zellhäute als. die der lebenden Blatt- zellen die Fähigkeit besitzen, Wasser emporzuheben, selbst solche, Ueber das Saftsteigen. 333 die in der Regel kaum dazu kommen, Wasser zu verdunsten, da sie fast immer in dampfgesättigter Atmosphäre sich befinden, wie die Membranen der Elemente des Holzes. Wir haben es hier mit einer ziemlich allgemeinen Eigenschaft der Zellmembran zu thun, wie ja auch die Anziehung zum Wasser und die Impermeabilität gegen Luft, wenn nicht allen, doch den meisten Zellwänden zukommt. Natürlich ist für das Saftsteigen auch noch eine zweckmässige Beschaffenheit der Leitungsbahn ein nothwendiges Erforderniss. ' Man versteht jetzt auch, warum Strasburger an Querschnitten von Aesten kein Aufsteigen der Eosinlösung jenseits der die Tracheen und Tracheiden nach Aussen abschliessenden Wände beobachtet hat). Man darf aber nicht mit Böhm sagen, dass die Wassersäulen in den Leitungsbahnen der Pflanzen an den Wänden der Blattzellen auf- gehängt sind. Vielmehr findet im stationären Zustande eine Adhäsion an sämmtlichen, die Leitungsbahnen begrenzenden Wänden statt und diese, nebst der Cohäsion der Wassertheilchen, verhindert die Wasser- säulen am Sinken. Wohl aber geht die für die Hebung und Strömung des Wassers nöthige Kraft von den lebenden Blattzellen aus. Indem aber das Wasser den Blattzellen zugeführt wird, findet ein mehrfacher Kraftwechsel statt. Die Sonnenwärme bewirkt die Ver- dunstung an der Aussenfläche der Mesophylizellen, die Imbibitionskraft der Wand dieser Zellen saugt Wasser aus dem Innern auf und ver- mehrt dadurch die osmotische Kraft. Diese übt nun einen Zug aus, der sich vermöge der Cohäsion des Wassers (wir nehmen vorläufig an, dass die Leitungsbahnen zusammenhängende Wassersäulen ent- halten, was sicher für manche Fälle zutrifft) bis zur Wurzel fortsetzt und so an die lebenden Zellen der Wurzel gelangt. Hier setzt er sich wieder in osmotische Kraft um, die dann, wenn die Wurzeln an Wasser grenzen, zur Aufnahme desselben in die Pflanze führt ?). ') Lb. S. 666. °) Ueber die bei der Hebung und Verdunstung des Wassers in der Pflanze geleistete Arbeit findet man Berechnungen in Nägeli’s Vortrag: „Die Bewegung im Pflanzenreiche“. Nägeli. Beitr. zur wissensch. Botanik. Heft 2. S. 39. Leipzig 1860. 334 E. Askenasy: Man erkennt, in wie zweckmässiger Weise in den Pflanzen die Hindernisse umgangen werden, die der Saftleitung durch Capillarität entgegenstehen, auf welche Nägeli und Schwendener aufmerksam gemacht haben '). Die Höhen, zu denen Flüssigkeiten in capillaren Röhren gehoben werden, sind dem Durchmesser umgekehrt pro- portional; der Reibungswiderstand der sich bewegenden Flüssigkeiten wächst aber mit der Verringerung des Durchmessers und zwar in viel stärkerem Verhältniss. Bei den Pflanzen wird nun diese Schwierig- keit dadurch beseitigt, dass der verdunstende und hebende Apparat eine ganz andere Einrichtung hat als der mit der Wasserleitung betraute. Vielfach wurde bisher angenommen, das vermöge der osmotischen Kraft der lebenden Wurzelzellen aufgenommene Wasser werde von diesen (unter ziemlich verwickelten und noch nicht ganz klar gelegten Verhältnissen) in Folge der sogenannten Wurzelkraft in die Leitungs- bahnen der Pflanze gepresst. Die Wurzelzellen würden in diesem Falle als Saug- und Druckpumpen wirken. Nun ist ja nach den Er- fahrungen, die man in Bezug auf das Thränen abgeschnittener Stämme gemacht hat, sicher, dass eine solche Wirkung in manchen Fällen wirklich stattfindet. Aber viele Thatsachen sprechen dafür, dass bei der Aufnahme des Wassers durch die Wurzeln ein von oben her wirkender Zug, wie wir ihn oben angenommen haben, von wesent- licher Bedeutung ist. Zunächst beobachtet man an sehr vielen kräftig verdunstenden Pflanzen keinen oder nur einen ganz geringfügigen Saftaustritt, wenn ihr Stamm am Boden abgeschnitten wird. Und selbst bei den reichlich tbränenden Pflanzen ist die Menge des am Querschnitt über den Wurzeln ausgepressten Wassers in den meisten Fällen sehr viel geringer als die, welche der abgeschnittene, in Wasser gestellte, belaubte Stamm in gleichen Zeiträumen in Folge seiner Verdunstung aufnimmt?). Ferner sprechen dafür die Versuche, über !) Nägeli und Schwendener. Das Mikroskop. 2. Aufl. S. 378f. ?) Vgl. die Versuche von Sachs, die in de Vries’ Aufsatz: „Ueber das Welken abgeschnittener Sprossen“, Ark. d. botan. Instit. in Würzburg, I. S. 287, mitgetheilt werden. Ueber das Saftsteigen. 335 die Aufnahme des Wassers durch getötete Wurzeln, wie sie Hansen angestellt hat‘). Auch hat Kraus (eitirt von Strasburger, Ueber das Saftsteigen, S.36) beobachtet, wie die saugende Wirkung bestimmter Aeste, durch getrennte farbige Streifen markirt, sich bis auf eine oder mehrere in farbiger Lösung befindlichen Wurzeln erstreckt. Endlich kann ich die merkwürdig grosse Geschwindigkeit, mit welcher gewisse Lösungen z. B. von Lithionsalzen von bewurzelten Pflanzen aufgenommen und weiter geleitet werden?), nur unter Annahme einer sich bis auf die Wurzeln erstreckenden Saugwirkung des Laubes erklärlich finden. Indessen sind die Gründe, die für das Bestehen einer von oben her kommenden Saugung in den Wurzeln sprechen, von Strasburger?) in so gründlicher und klarer Weise erörtert worden, dass es nicht nöthig ist, hier näher darauf einzugehen. Da die Cohäsion des Wassers für die Saftleitung nach meiner Ansicht von grosser Bedeutung ist, so will ich Einiges darüber be- merken, um so mehr, als in den meisten Lehrbüchern der Physik nur wenig von ihr gesprochen wird*). Natürlich ist auch für die Capillaritäit die Cohäsion von wesentlicher Bedeutung, doch dürfen wir dies als bekannt voraussetzen. Man ist sehr geneigt, die Cohäsion der Flüssigkeiten, d. h. den Widerstand, den sie einer Trennung der Theilchen in der Richtung der wirkenden Kräfte ent- gegensetzen, zu unterschätzen, weil sie in der dazu senkrechten Richtung, also gegen eine Verschiebung oder Drehung, so gut wie keinen Widerstand darbieten. Um daher den Widerstand der Flüssig- keiten gegen Dehnung zu beobachten, muss man sie unter Verhältnisse bringen, die eine Verschiebung der Theilchen nicht gestatten; man !) Hansen. Ein Beitrag zur Kenntniss d. Transpirationsstroms. Arb. d. bot. Inst. in Würzburg. III. Bd. 8. 308f. ?) Sachs. Ein Beitr. zur Kennt. des aufsteigenden Saftstroms in transp. Pfl. Arb. d. bot. Inst. in Würzburg. II. S. 174. 3) Lb. S. 849f. *) Eine. Zusammenstellung der bis 1888 darüber gemachten Arbeiten findet man in Lehmann, Molecularphysik. 1. S. 243f. Leipzig 1888. 336 E. Askenasy: findet dann, dass dieser Widerstand sehr gross ist und vollkommen dem entspricht, den tropfbare Flüssigkeiten gegen eine Kraft leisten, die sie zusammenzudrücken sucht. Hierher gehörige Beobachtungen wurden schon im 17. Jahr- hundert gemacht. Eine genauere Untersuchung stellte Donny an'). Er brachte luftfrei gemachte Schwefelsäure in eine 1,2 Meter lange, oben geschlossene Röhre und setzte diese dann unten mit der Luft- pumpe in Verbindung, ohne dass die Schwefelsäure in dem oben ge- schlossenen Schenkel sank. Die Cohäsion der Säure widerstand also hier dem Zuge, der von etwa 1 Meter Säure ausgeübt wurde. Auch durch starke Stösse konnte die Säure nicht zum Abreissen gebracht werden. Ferner nahm Donny zwei gleiche meterlange, beiderseits ge- schlossene Glasröhren, die halb mit Wasser gefüllt waren, von denen die eine Luft von gewöhnlichem Drucke enthielt, die andere möglichst von Luft befreit war. Beide wurden, nachdem das Wasser in die obere Hälfte gebracht war, vertical aufgestellt und dann von oben her gestossen. Dann trennte sich in der lufterfüllten Röhre die Wassersäule sofort ab, auch wenn die Stösse sehr sanft waren, und obschon von unten die Luft mit dem Drucke einer Atmosphäre auf das Wasser drückte. In der luftleeren Röhre vermochten aber selbst die heftigsten Stösse keine Zerreissung der flüssigen Säule oder deren Loslösung von der Wand des Gefässes hervorzurufen. Berthelot?) füllte eine diekwandige capillare Röhre bei 28—30° mit Wasser vollständig an, liess dieses dann bis 18 ° erkalten, so dass ein geringes Quantum Luft eintrat; dann wurde die Röhre an der Spitze zugeschmolzen. Wird nun die Flüssigkeit wieder bis 28° er- wärmt, so verschwindet die Luft, indem sie sich im Wasser auflöst. Wenn man dann wieder auf 18° oder auch noch weiter abkühlt, so ’ 1) Donny. Ueber Cohäsion der Flüssigkeiten und deren Adhärenz an starren Körpern. Poggendorf. Annalen 67. Bd. 143. Bd. d. g. R. 1846. S. 562f. 2) Berthelot. Sur quelques phenomenes de la dilatation forc&e des li- quides. Annales de Chimie et de Physique. Serie 3. T. 30. 1850. S. 232f. Ueber das Saftsteigen. 337 behält das Wasser sein Volumen bei und füllt die Röhre vollständig aus. Die geringste Erschütterung aber bewirkt die Bildung einer Blase und die Rückkehr des Wassers zu dem Volum, das es ursprüng- lich bei 18° besass. Bei Berthelot's Versuch ist bemerkenswerth, dass er mit lufthaltigem Wasser vorgenommen wurde. Der Versuch gestattet auch, die Grösse der Volumzunahme des Wassers (und anderer Flüssigkeiten) unter diesen Umständen zu bestimmen. Berthelot fand diese gleich '/,..o des Volums bei 18°. Um eine entsprechende Volum- verminderung zu bewirken, wäre ein Druck von 50 Atmosphären erforderlich. Neuerdings hat Worthington‘) Versuche mit Alcohol in ähn- licher Art wie Derthelot angestellt, aber dabei eine Einrichtung ge- troffen, die gestattete, sowohl die Zugspannung, wie die Volumaus- dehnung der Flüssigkeit zu messen. Er fand, dass Zugspannung und Volumausdehnung bis zu 17 Atmosphären einander proportional sind; ferner, dass, wenn er die Flüssigkeit in demselben Gefässe einem Drucke von 12 Atmosphären aussetzte, bei gleichem Druck die Volum- abnahme durch Compression der Volumzunahme durch Zugspannung entsprach, so dass die oben erwähnte Annahme Berthelot’s sich als richtig erwies. Wir baben bisher angenommen, dass die Leitungsbahnen der Pflanzen continuirlich mit Wasser erfüllt sind, wie dies in vielen Fällen sicher der Fall ist. Andererseits ist es gewiss, dass in andern Fällen diese Continuität in den Tracheen und Tracheiden durch Gasblasen, die verdünnte, manchmal sehr verdünnte Luft und Wasserdampf ent- halten, unterbrochen ist. Zuweilen mag dabei die Continuität durch benachbarte tracheidale Elemente unterhalten werden; doch reicht diese Annahme nicht überall aus und ich stimme hier Strasburger zu, wenn er bemerkt?): „Wenn jede Luftblase innerhalb einer functio- nirenden Bahn den weiteren Aufstieg des Leitungswassers verhindern !) Worthinglon. On the mechanical Stretching of Liquids. Proceed. Royal Society, Vol. 50. 1892. 8. 423. 2) Ueber das Saftsteigen. Histol. Beitr. Heft V. 8.75. 338 E. Askenasy: würde, so wäre sicher dafür gesorgt, dass diese Bahnen völlig luftfrei bleiben“. Soll die früher dargestellte Ansicht über die Ursache des Saftsteigens als richtig gelten, so muss also nachgewiesen werden, wie trotz der Anwesenheit von Gasblasen in den Leitungsbahnen das Wasser in diesen festgehalten wird, und wie dabei der von oben kommende Zug wirksam bleibt und seine Wirkung bis an die Wurzeln erstreckt. Schon Donny hat gefunden, dass durch Adhäsion und Cohäsion festgehaltene verticale Flüssigkeitssäulen trotz Luftblasen bestehen können. Er sagt‘), dass, wenn in der mit Schwefelsäure gefüllten Röhre (s. 0.) grössere Blasen auftreten, die Flüssigkeit unterhalb der Blase abreisst und sinkt, wenn aber die Blase sehr klein ist, sich der capillare Einfluss des Meniscus derselben geltend macht und es von der Lage der Blase, d.h. von der Länge der verticalen Flüssigkeits- säule unter ihr abhängt, ob ein Abreissen erfolgt oder nicht. Man erkennt, dass in letzterem Fall die Oberflächenspannung der Flüssig- keitsoberfläche, welche die Blase begrenzt, statt der hier unier- brochenen Cohäsion der Flüssigkeit in Function tritt. Die Gasblasen in den Leitungsbahnen der Pflanzen mögen zu- weilen zufälligen Umständen ihre Bildung verdanken, hauptsächlich werden sie aber dann gebildet oder die schon gebildeten vergrössert, wenn die Menge des von der Wurzel aufgenommenen Wassers ge- ringer ist als die des durch die Blätter verdunstenden, was gewöhn- lich bei Sonnenschein und hoher Temperatur der Fall ist. Wenn die Verdunstung sehr schwach ist, so füllen sich die Leitungsbahnen mit Wasser, wobei in manchen Fällen, namentlich bei krautartigen Pflanzen, die Wurzelkraft mitwirken dürfte. Wenn eine kleine Luftblase in einer Trachee oder Tracheide entsteht, ist sie zunächst kuglig. Bei ihrem geringen Durchmesser ist die Oberflächenspannung an ihrer Innenwand sehr gross. Wenn sie’ sich dann vergrössert und an die Wand stösst, so erstreckt sich die Oberflächenspannung auch auf die der Membran adhärirende Flüssigkeitsschicht, und der von dieser aus- . geübte Zug muss auf das im Innern der Membran befindliche Wasser ee Ueber das Saftsteigen. 339 wirken und so die Dicke der adhärirenden Wasserschicht erhöhen. Bei solchen, überall an die Wand stossenden, cylindrischen Gasblasen tritt nun überhaupt die capillare Wirkung des Meniscus statt der Cohäsion als haltende Kraft ein, und man kann. desshalb mit Stras- burger sagen, dass die Wassersäulen an den Gasblasen aufgehängt sind. Auf die Theorie der Jamin’schen Röhre, die mir noch nicht vollständig klar gelegt zu sein scheint, will ich hier nicht näher eingehen. Wir kommen nun zur Frage, ob sich der Zug von den ver- dunstenden Blättern her, trotz der Anwesenheit von Gasblasen, über diese hinaus nach unten fortsetzen kann. (uincke‘) nahm zuerst an, dass eine dünne Schicht Wasser die innere Fläche der lufthaltigen Leitungsbahnen der Pflanzen bedeckt und für das Saftsteigen von Bedeutung ist. Eingehender hat Vesque die Sache verfolgt und mehrere gewichtige Gründe für das Vorhanden- sein einer solchen dünnen Wasserschicht zwischen den Gasblasen und der Wand aufgeführt?). Insbesondere bemerkt Vesque, dass die Tracheen und Tracheiden in den meisten Fällen keine regelmässig cylindrischen Röhren darstellen, sondern oft von unregelmässig eckigem Querschnitt sind, sowie dass Verdickungsleisten verschiedener Art in diesen Organen überaus verbreitet sind. Dadurch aber entstehen Rinnen, die eben so viele Sammelstellen für capillare Wasserfäden darbieten. Vesque stellt nun näher dar, wie unter dieser Annahme Wasser von dem unteren nach dem oberen Ende einer Tracheide an einer Luftblase vorbei sich bewegen kann. Er hat selbst durch Ver- suche mit Glasröhren die Richtigkeit seiner Ansicht zu stützen gesucht. So bringt er in eine Thermometerröhre ein schraubig gewundenes Haar, erzeugt dann in derselben eine Jamin’sche Kette von Luft und Wassersäulen und befestigt oben ein Stück Gyps. Dann wird die Röhre unten in Eosinlösung gebracht. Vesque findet nun, dass die !) Vgl. Sachs, Lehrbuch der Botanik. 4. Aufl. Leipzig 1874. 8. 653. ?) Vesque. La seve ascendante, in Revue generale des sciences. 1891, Nr. 17. S. 583. Der Originalaufsatz steht in den mir nicht zugänglichen Annales agronomiques. T. XI. 1885. 340 E. Askenasy: Eosinlösung sich an den Luftblasen vorbei nach oben bewegt. Aehn- liche Resultate erhielt er an ebenso behandelten Jamin’schen Ketten in Thermometerröhren, ohne Haar aber von elliptischem Querschnitt, wo sich dann die rothe Flüssigkeit in zwei Längslinien hinauf be- wegte, die an den Enden der grossen Axe der Ellipse lagen. Strasburger ') hat directe Beobachtungen unter dem Mikroskop über die Wasserbewegung in dünnen aus dem Splintholz von Coni- feren hergestellten Längsstreifen angestellt. An dem einen Ende tauchten diese Streifen in Eosinlösung, während an dem anderen Ende zuweilen, um eine stärkere Saugung zu bewirken, ein Stück Fliess- papier angebracht war. Aus diesen Versuchen folgert Strasburger, dass in der That die Eosinlösung bei nicht zu langen Luftblasen sich zwischen diesen und der Tracheidenwand bewegt. Die bewegende Kraft bei dieser Bewegung rührt nach ihm vom negativen Luftdruck her, der durch Verdunstung oder Aufsaugung des Wassers am einen Ende des Streifens in den Tracheiden hervorgebracht wird. Ferner fand Strasburger?), dass bei sehr geringem Ueberdruck Wasser aus solchen Gefässen verschiedener Stämme hervortrat, die in Folge besonderer Manipulationen Luftwasserketten enthielten. Er schliesst daraus, dass das Wasser an den Luftblasen vorbeifliessen kann, und zwar bei Druckdifferenzen, welche nicht ausreichten, um diese Luftblasen selbst in Bewegung zu versetzen. Dagegen läugnet Schwendener?) entschieden, dass eine Bewegung von Flüssigkeit zwischen Gasblasen und Membran in den Tracheiden oder Gefässen stattfindet. Nach ihm genügt die Annahme einer durch negativen Druck veranlassten, zuweilen auch von der Seite her statt- findenden, strömenden Wasserbewegung, um die Beobachtungen Stras- burger’s zu erklären. ) Lb. 8. 6998. 2) Lb. S. 819. 3) Schwendener. Untersuchungen über das Saftsteigen. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Berlin. Bd. 34. 1886. 8.591f. Derselbe. Zur Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. Sitzungsber. d. Akad, d. Wiss. zu Berlin. Bd. 44. 1892. S. 920f. Ueber das Saftsteigen. 341 Da ich selbst keine Versuche in dieser Richtung gemacht habe, so steht es mir nicht zu, irgend ein Urtheil über die thatsächlichen Vorgänge auszusprechen. Da indessen Schwendener auch auf theo- retische Betrachtungen ein grosses Gewicht legt, so will ich versuchen nachzuweisen, dass die Auffassung von Vesque und Strasburger mit den Lehren der Physik nicht in Widerspruch steht. Ich theile die Ansicht Strasburger’s, dass die imbibitionsfähige Wand einer Tracheide sich gegen Flüssigkeiten anders verhält als die Wand einer Glascapillare. Während bei Glas nur die äussersten Theile der Wand anziehend auf das Wasser wirken, thun dies bei imbibi- tionsfähigen Körpern auch die mehr nach innen liegenden Theile. Dies ergiebt sich schon aus dem Verhalten solcher imbibitions- fähigen Körper, insbesondere des Holzes, gegen gasförmiges Wasser, das von ihnen bekanntlich in grosser Menge aufgenommen und fest- gehalten wird. Darum hat man kein Recht hier anzunehmen, dass die Dicke der Wasserschicht, die an der Innenwand von Tracheiden durch Anziehung festgehalten wird, innerhalb der von (Quincke für ganz andere Körper bestimmten Grenze liegen muss‘). Dazu kommt die viel grössere Benetzbarkeit der tracheidalen Wände, die hier in der That ihr Maximum erreicht, da die äusseren Wasserschichten mit denen im Innern der Membran in directer Verbindung stehen, während die Benetzbarkeit des Glases aus verschiedenen Gründen mehr oder weniger mangelhaft ist. Bei der Beurtheilung der Dicke der Wasser- schicht ist auch der früher erwähnte, von der Oberflächenspannung der Luftblase bewirkte Zug zu berücksichtigen. Nun weiss ich keinen Grund, warum das Adhäsionswasser der Membran besonders unbeweg- lich sein soll. Ist ja doch auch das in der Membran befindliche Wasser zwar schwer- aber nicht unbeweglich. Auf kurzen Strecken (und die normalen Gasblasen der Leitungsbahnen erreichen keine grosse Länge) mag auch eine Bewegung des Wassers in der Membran oder in deren innersten an das Lumen grenzenden Schichten stattfinden und zur Leitung des Wassers an der Grenze der Luftblasen mitwirken. 1) Poggendorf’s Annalen. Bd. 137. 8. 402. Verhandl, d, Heidelb. Naturhist,-Med. Vereins, N, Serie. V, 24 342 E. Askenasy: Wie gross die Beweglichkeit des Wassers unter den hier be- schriebenen Umständen ist, dürfte wohl Niemand a priori bestimmen können. Nach den Angaben Strasburger’s') über die Luftwasser- ketten muss die Beweglichkeit ziemlich gross sein. Ich vermuthe, dass auch bei Strasburger’s Versuchen mit Holz- lamellen nicht bloss negativer Luftdruck wirksam war, sondern auch die durch die Verdunstung oder Fliesspapiersaugung veranlasste Im- bibitionskraft der Zellhaut, die sich durch die Cohäsion der Flüssig- keit bis zur Eosinlösung fortsetzt. Der Zug, den Schwendener in der lebenden Pflanze vermisst, rührt von der Verdunstung der Blätter her und wird durch die Cohäsion des Wassers nach unten geleitet. Wenn Strasburger fand, dass an längeren Luftblasen vorbei keine Bewegung mehr stattfand, so muss man nicht vergessen, dass der in seinen Versuchen wirksame Zug viel geringer war als der durch die Verdunstung der Blätter veranlasste. Ausserdem findet auch bei lebenden Pflanzen ein Welken statt, wenn die in den Leitungsbahnen vorhandenen Gasblasen zu lang werden. So erklärt Strasburger ?) sicher mit Recht, die von Janse?) und Scheidt*) gefundene Thatsache, dass abgeschnittene Pflanzensprossen, an deren unterem Querschnitt eine starke Saugung angebracht war, welken. Wahrscheinlich gehört auch die durch Sachs und de Vries näher untersuchte Erscheinung des Welkens mancher von der Luft abgeschnittener Sprossen, wenigstens theilweise, hierher. Es ist ferner leicht begreiflich, dass, wenn sich an der Wand der Tracheen oder Tracheiden rinnenartige Vertiefungen finden, diese auf die raschere Strömung des zwischen Wand und Gasblasen sich bewegenden Wassers sehr fördernd einwirken. Darauf hat Vesque zuerst hingewiesen und auch Strasburger erklärt so die allgemeine Verbreitung schraubenliniger Verdickungen in den Leitungsbahnen, [4 !) Lb. 8. 819. 2) Lb. 8. 7983. ®) Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. XVII. 8. Sf. *) Scheidt. Die Wasserbewegung im Holze. Jenaer Zeitschr. f. Naturw. Bd. 19. 1885. 8.694. Ueber das Saftsteigen. 343 sowie das nicht seltene Vorkommen äusserst zarter schraubenliniger Verdickungsbänder der tertiären Verdickungsmembran bei den Trache- iden von Taxus, Viburnum und anderwärts, welche doch für die Festig- keit der Membranen ohne Bedeutung sind. Dass durch Rinnen grössere Wassermengen auch bei geringem Zug fortgeleitet werden können, beweist z. B. die bekannte von Arendt!) zuerst beobachtete Erschei- nung, dass Wasser in der Rinne des Blattstiels von Urtica dioica und andern Pflanzen gehoben wird und dann an der Spitze des Blattstiels abtropft. Ich habe diese Thatsache genauer untersucht und werde anderwärts darüber berichten. Man wird es vielleicht als einen Widerspruch ansehen, dass das Wasser durch capillare Saugung in den Gefässen der Pflanzen nach den Versuchen Strasburger’s?) weniger hoch steigt als in den capil- laren Glasröhren, obwohl, wie wir annahmen, die Benetzbarkeit der imbibitionsfähigen Körper grösser ist. Man kann sich aber die Mög- lichkeit dieser Erscheinung dadurch veranschaulichen, dass man das Gefäss einer Pflanze als eine capillare Glasröhre ansieht, deren Innen- wand mit zahlreichen feinen Rinnen bedeckt ist. In einer solchen Glasröhre wird zwar in den Rinnen das Wasser recht hoch steigen, der Stand des Wassers im Rohr selbst wird aber niederer sein als in einem glatten Rohr von gleichem Durchmesser (d. h. wenn die Rinnen bei Berechnung des Durchmessers ausser Betracht bleiben). Doch bedarf der Gegenstand noch weiterer Untersuchung. Die geringe Spannung der Luft in den Leitungsbahnen der Pflanzen bedingt, dass auch das darin strömende Wasser Luft von geringer Spannung enthält. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Luftblasen und der Trennung einzelner Wasserpartieen von einander verringert. Wie diese geringe Spannung zu Stande kommt, ist noch unklar. Ich glaube, dass der Zug, der sich von den Blättern bis in die Wurzeln erstreckt, es bewirkt, dass in den Zellen der Wurzel, die an die tracheidalen Elemente grenzen, ebenfalls eine 1) Arendt. Ueber die Capillar-Activität der äussern Integumente einiger Pflanzen. Flora 26 J. d. g. R. I. Bd, S. 153£. 1843. 2) Lb. $. 806f. 24 # 344 E. Askenasy: geringere Luftspannung herrscht. Die Luft wird also abgeschieden, ehe das Wasser in die Leitungsbahnen kommt. Wie und wo dies ge- schieht, lässt sich aber nicht sagen. Vielleicht wirkt dabei mit, dass Salzlösungen im Allgemeinen weniger Luft absorbiren als reines Wasser. Zum Schlusse will ich noch Einiges über den Aufsatz von Dixon und Joly!) bemerken. Die Verfasser weisen, gestützt auf die Fähigkeit verdunstender Sprossen, auch gegen einen sehr starken negativen Druck Wasser aufzunehmen, darauf hin, dass die Verdunstung der Blätter vollkommen ausreicht, um das Wasser bis in die Spitzen der höchsten Bäume zu heben. Sie erklären die Fortleitung eines so starken Zuges ohne Reissen der Wassersäule durch die stabile Be- schaffenheit der Wassersäulen, die hier in Betracht kommen. Diese Stabilität rührt nach ihnen von zwei Umständen her: von der eigen- thümlichen stabilen Beschaffenheit einer gedehnten Wassersäule und von der besonderen Stabilität des in den Leitungsbahnen der Pflanzen befindlichen Wassers, die durch die gefächerte Structur dieser Lei- tungsbahnen bedingt ist, durch die nämlich bewirkt wird, dass sie auch bei Anwesenheit von freien Gasen fortbesteht. Die Verfasser untersuchten die Stabilität von Wasser, das grosse Mengen aufgelöster Luft enthielt, durch besondere Versuche. Wenn sie in Gefässe, welche Wasser unter 7'/, Atmosphären Zugspannung enthielten, Holz- stücke von Taxus baccata brachten, so gab deren Anwesenheit in keinem Falle Veranlassung zum Reissen der gedehnten Flüssigkeit, sondern diese reisst gewöhnlich irgendwo anders und namentlich an der Glasfläche ab. Die zweite Ursache der Stabilität liegt nach den Verfassern in der Eigenthümlichkeit der Tüpfelschliesshaut, die Gasen den Durchtritt nicht gestattet, während sie für Wasser vollkommen permeabel ist. So bleibt eine zufällige Entwickelung von Gasen in ihrer Wirkung auf den kleinen Behälter beschränkt, in dem sie ent- steht, und dieser wird dann als Nichtleiter von der Wasserleitung aus- geschlossen. 1) 8. die Notiz am Anfang des Aufsatzes. Ueber das Saftsteigen. 345 Ferner trägt auch nach den Verfassern die vollständige Abwesen- heit von Staubtheilchen zur Stabilität bei. Die übrigen Angaben der Verfasser sind zu kurz und allgemein gehalten, als dass ein näheres Eingehen auf dieselben hier am Platze wäre, Das Hauptverdienst ihrer Darstellung liegt darin, dass sie die physicalische Möglichkeit, dass das Wasser in den Leitungsbahnen der Pflanzen unter starker Zugspannung stehen und dadurch den von den verdunstenden Blättern herrührenden Zug nach unten fortleiten kann, nachgewiesen haben. Aus ihren Versuchen ergiebt sich auch, dass in der That das Wasser dem Holze stärker adhärirt als dem Glase. Von älteren Beobachtern wäre hier Elfving‘) zu nennen, der die Leitungsbahnen der Pflanzen mit wassergefüllten Röhrer vergleicht, an deren Ende eine thierische Blase gebunden ist, wobei das Aufsteigen des Wassers durch die Verdunstung der Blase bewirkt wird. Heidelberg, den 30. Januar 1895. !) Nach Scheidt. Die Wasserbewegung im Holze. Jenaer Zeitschr. f. Naturw. 19. Bd. 1886. S. 707. — Der Originalaufsatz in den Ann. Soc. Fenn. T. XIV stand mir nicht zur Verfügung. (Sonderabzüge ausgegeben den 12, Februar 1895.) 346 F. A. Kehrer: Zur Phylogenie des Beckens. Von F. A. Kehrer, Heidelberg. Mit 2 Doppeltafeln. (Gesammtsitzung vom 18, Januar 1895.) Diejenigen Wirbelthiere, welche der Extremitäten ganz entbehren, wie die Schlangen, Coecilien u. A., haben ebenso wie die nur mit Brustflossen versehenen Gymnoten keinerlei Beckenelemente aufzuweisen. Der Besitz von Beckenknorpeln oder -Knochen ist im Allgemeinen geknüpft andie Entwickelung vonHinterextremi- täten, seien dies Bauchflossen oder Hinterbeine. Aber nur im Allgemeinen. Denn sehen wir die Wale und Sirenen an, so finden wir mindestens bei vielen zwar relativ sehr kleine platte oder griffelartige Beckenknochen, aber einzelne besitzen nur im Foetal- leben kleine, bald verschwindende Hinterextremitäten, bei andern sind im Fleisch versteckte Femur-, selbst Tibia-Rudimente, bei noch andern überhaupt keine Extremitäten, sondern nur Beckenrudimente vorhanden und schliesslich fehlen selbst letztere. Wenn die Cetaceen ursprüng- lich Landbewohner gewesen, dann aber in Folge grosser Veränderungen der Erdoberfläche ins Meer gegangen, zu einem Seeleben gezwungen worden sind, dann dürften, nebenbei gesagt, die beckenlosen Formen die ältesten, die mit Becken- und versteckten Beinrudimenten ver- sehenen jüngere und die nur vorübergehend im Embryalleben Hinter- beine tragenden Formen die jüngsten sein. Durch Stammes-Rückbildung erklärt es sich also, dass Thiere existiren, die zwar rudimentäre Beckenknochen, aber nicht mehr die zugehörigen Hinterbeine besitzen. Anderseits ist auch bei gewissen Fischen, die unzweifelhaft paarige, vor dem Arm gelegene Bauchflossen besitzen, die Existenz von Becken- knorpeln oder -Knochen augenblicklich noch strittig. Zur Phylogenie des Beckens. 347 Zwar wird allseitig zugegeben, dass Rochen und Haie, sowie die meisten Ganoiden und Dipnoer Beckenelemente zur Anheftung der Knorpel- oder Knochenstrahlen der Bauchflossen tragen, den Knochen- fischen aber, welchen die älteren Anatomen noch Beckenknochen zu- erkannten, werden Beckenknochen neuerdings abgestritten ( Wieders- heim) und solche für Basalia, d. h. für vorderste Elemente der Extremitäten selbst erklärt. Ob dies mit Recht? —- das wird sich danach richten, wie man Beckenknorpel resp. -Knochen definirt. Eine Definition ist eine Art Grenzregulirung. Die Grenzen wechseln vielfach mit der Zeit und bedürfen bei jeder neuen Erweiterung unsres Wissens einer Revision. Das mag man zugeben. Trotzdem halte ich dafür, dass durch neuere Forschungen, insbesondere die Auffindung kleiner, von den sog. Basalia abgegliederter Knorpelstücke, die frühere Auffassung nicht zurückgewiesen sei, welche in diesen »Basalia« Beckenknorpel erblickte. Im Sinne früherer Anatomen möchte ich als Beckenplatten oder Stützplatten der Hinterextremitäten diejenigen paarigen und platten Knorpel oder Knochen bezeichnen, welche proximal von den ersten Kugel- oder Rollgelenken der Hinterextremi- täten, den Hüftgelenken, in die untere, seitliche, selbst dorsale Bauch- wand eingelagert sind, sich unter einander unten in der Mittellinie, zum Theil auch oben seitlich durch Bänder oder Knorpel, zuweilen auch knöchern, verbinden, und ebensowohl zur Stütze der säulen- artigen Extremitätenstücke (Knorpel oder Knochen), wie zum Ursprung der Extremitätenmuskeln dienen. In seiner vollen Ausbildung besteht das Becken aus einem unpaaren Rückenstück, der Kreuz- und Schwanzwirbelsäule, und den seitlich und unten gelegenen paarigen Hüftbeinen, welche ihrerseits sich aus den Darm-, Schooss- und Sitzbeinen zusammensetzen. Dementsprechend besitzen nach meiner Auffassung alle Fische mit Bauchflossen auch Beckenknorpel resp. -Knöchen, allerdings nur in Form ventraler, mit der Wirbelsäule nicht verbundner Platten oder Rinnen. Bei allen Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugern, welche zum Kriechen, Schreiten oder Springen bestimmte Hinter- 348 F. A. Kehrer: beine besitzen, existiren unzweifelhaft Beckenknochen, aber hier sind sie durch spangenartige Darmbeine den Flügeln der Kreuzwirbel angefügt: der ganze Complex hat sich zu einem Ring, dem sog. Beckengürtel, geschlossen. Versuchen wir nun an der Hand paläontologischer und zootomischer Präparate den Aufbau des Beckens von den einfachsten zu den com- plieirtesten Formen zu studiren. Welcher Fisch die ersten Beckenrudimente aufweist, können wir nicht bestimmt sagen, da die fossilen Reste aus dem ältesten Palaeozoicum, dem Silur und Cambrium, in Bezug auf unsere Frage vorläufig noch kein beweiskräftiges Material geliefert haben. Jeden- falls kennen wir aber aus dem Carbon, insbesondere der Gaskohle von Nyron in Böhmen durch Fritsch, ferner aus den Sphaerosideriten der Lebacher Schichten von Saarbrücken durch Goldfuss die Reste ältester Fische, der sog. Proselachier (Pleuracanthus Decheni [Fig. 1] und Xenacanthus). Das, was die Meisten bei diesen Fischen Becken- knorpel, Wiedersheim aber Basalia nennt, sind ungleich dreieckige oder abgerundet viereckige, mit den vorderen Ecken gegen einander geneigte, rückwärts divergente Platten, an deren distale Ränder sich gelenkartig die Flossenstrahlen angliedern. Auf diese, sagen wir Stamm- oder Urform lassen sich alle anderen ungezwungen zurückführen, und zwar kann man zunächst eine Haupt- reihe davon ableiten, welche durch die Fische, Amphibien und gewisse Reptilien zu den Säugern hinaufführt und auf Tab. I dargestellt ist, sowie eine zweite Nebenreihe, welche sich bei den Reptilien abzweigt, durch die Crocodilien, Dinosaurier und Pterodactylen zu den Vögeln hinführt und auf Tab. II in ihren typischen Formen vorgeführt ist. Die erste Reihe ist dadurch ausgezeichnet, dass sich die medianen Ränder der Stützplatten erst mit den vorderen, dann den vorderen und hinteren Ecken band- oder knorpelartig verbinden. In weiterer Ausbildung entsteht durch die Verwachsung der medianen Ränder eine längslaufende ventrale Knorpel- oder Knochenrinne, eine Art Bauchschild, gebildet von den Ischio-Pubesknorpeln. Nach vorn läuft die Rinne vielfach in einen unpaaren oder gabligen Fortsatz Zur Phylogenie des Beckens. 349 (Epipübis), vorn seitlich in die Processus praepubiei aus, zu den Seiten gehen mit dem Uebergang von Bauchflossen in Hinterbeine quere Fortsätze ab, die schliesslich mit den Kreuzbeinflügeln sich verbinden und zu Darmbeinen werden, unten und zu den Seiten finden sich Pfannen zur Aufnahme der ersten Extremitätenstücke, der Femora, und nach hinten entwickeln die Ischia starke Muskelfortsätze, gelegent- lich auch ein unpaares Hypoischium. Diese Art Becken möchte ich Rinnenbecken nennen. Ihre volle Entwickelung erreichen sie bei den Säugern. Eine zweite Reihe zweigt sich bei den Reptilien von der vorigen ab und führt durch die Crocodilier, Dinosaurier, Pterosaurier und Archaeopteryx zu den Vögeln. Hier verbinden sich die median- wärts wachsenden vorderen und hinteren Ecken der Stützplatten in der Mittellinie zu zwei Fugen, einer Schoossbein- und einer Sitzbein- fuge. Schooss- und Sitzbeine rücken von vorn nach hinten auseinander, und so entstehen zwei ventrale Knochenspangen, durch ein mächtiges Foramen cordiforme oder pubo-ischiadicum von einander getrennt. Dorsalwärts gehen diese Spangen in einander über und werden bei den Trägern von Hinterbeinen durch mehr oder minder breite Darmbeine mit der Wirbelsäule verknüpft. Wir haben hier Spangenbecken vor uns. Nach dieser Uebersicht führe ich einige typische Formen, sozu- sagen Stationen beider phylogenetischen Entwickelungsreihen, unter Hinweis auf die angeschlossenen Tafeln, vor. An die Proselachier reihen sich naturgemäss als nächst höhere Gruppe die Selachier, Rochen und Haie. Hier erscheint das Becken als Querspange, öfters querüber gewölbt, aus zwei durch eine mediane Fuge vereinigten, mit je einem Foramen obturatorium versehenen Knorpel- oder Knochenstücken bestehend. Von der Fuge entspringt bei Manchen ein kurzer vorderer Höcker, Epipubis, vorn seitlich ragen hornartig gebogene Proc. praepubici, bei Manchen ‘auch vorn seitlich Processus iliaci hervor, hinten seitlich finden sich Gelenkflächen für die Flossenstrahlen (s. Fig. 2: Becken von Raja clavata). 350 F, A. Kehrer: Während bei den Proselachiern die beiden Beckenknorpel unter einem caudalwärts offnen spitzen Winkel aufeinandertreffen, haben sie sich hier rechtwinklig zur Mittellinie gestellt, ihre vorderen Enden sind fugenartig in der Mittellinie vereinigt, die früher hinteren Enden mit den Hüftgelenken sind zu den Seiten gerückt. Betrachten wir nun die Knorpelganoiden. Bei einer Anzahl derselben, so bei dem Störe (Acipenser Sturio), sind die platten, vorn abgerundeten oder mit einem medianen zungenartigen Fortsatz ver- sehenen, in der Mitte leicht ausgeschnittenen und hinten mit Kugelgelenken versehenen Beckenknorpel ohne gegenseitigen Zusammenhang in die unteren seitlichen Bauchwände eingelagert, bei Anderen sind sie nur bandartig in der Mittellinie verbunden. Bei einer weiteren Gruppe gliedert sich ein plattenförmiger medianer Fortsatz von dem Haupttheile des dreieckigen Becken- knorpels, nach Wiedersheim durch ein ächtes Gelenk, ab und ver- bindet sich dies abgegliederte, viereckige Knorpelstück durch quere Bänder mit dem der andern Seite. So bei Scaphirhynchus (Fig. 3). Bei Polyodon liegt lateralwärts von dem Gelenk ein scheibenförmiger Knochenkern. Bei den Knochenganoiden, Polypterus (Fig. 4), Amia, Lepi- dosteus, ist ein aus zwei dreieckigen Hälften bestehender Knorpelkeil zwischen die vorderen Enden der Beckenplatten eingeschoben. Letztere divergiren nach hinten und bestehen aus je einem diaphysenartigen, knöchernen Mittelstück und dickeren epiphysenartigen Knorpelenden. An die distale Epiphyse legen sich mittelst Hüftgelenk die Flossen- strahlen an. Bei den Knochenfischen finden wir als einfachste Form ein Paar spitz-dreieckiger, dünner, mit ihren Längsachsen einander paralleler, in der Jugend Knorpel-, später Knochenplatten, welche ich im Gegen- satz zu Wiedersheim, der sie als Basalia auffasst, gleich den älteren Anatomen (Owen) als Beckenknochen betrachte. Die Basis derselben ist caudo-lateralwärts gerichtet, die Seitenränder convergiren nach vorn. und laufen in eine einfache Spitze zusammen oder in zwei, selten drei Spitzen aus, welche nach der Kopfseite gerichtet sind. Die hinteren, Zur Phylogenie des Beckens. 351 dickeren Basalstücke tragen hinten seitlich mehrere Gelenkhöcker oder bilden Rollen für die Flossenstrahlen und schicken zum Theil starke Quer- fortsätze medianwärts, mit quer verlaufenden Knochenstrahlen, und ver- binden sich durch jene jochartig mittelst einer eingelagerten Knorpel- scheibe nach Art einer Symphyse, zum Theil auch nur durch Querband unter einander. Die Hauptplatten sind dünn, mit radiärer, nach hinten aussen convergenter Knochenstrahlung versehen, flach oder der Länge nach ausgehöhlt oder mit einer oder zwei nach der vorderen Spitze convergenten Längsleisten versehen. Die inneren Ränder umschliessen ein verschieden breites Spatium interosseum, vielfach von der Form einer Längsspindel. Die vorderen spitzen oder abgerundeten Enden sind entweder durch quere Faserzüge oder durch einen keilartigen Knorpel vereinigt. Abbildungen der Becken des Rheinsalms s. Fig. 5, des Schellfisches Fig. 6 und des Barschs Fig. 7. Während so bei vielen Knochenfischen eine Art Spangenbecken, ähnlich wie bei den Krokodilen, entwickelt ist, finden wir bei gewissen Formen, so bei dem Surinam’schen Chaetostomus serratus, einen breiten Bauchschild mit einem Paar hinterer, in der Mitte zusammenfliessender Foramina obturatoria und zwei breiten, abgerundeten, vorderen Seiten- fortsätzen, welche eine nach vorn offene Incisur umfassen. Die Hüft- gelenke liegen hier zu beiden Seiten. Bei den Dipnoi, Lurchfischen, dieser Uebergangsform zwischen Fischen und Amphibien, ist ein einfacher ventraler Schildknorpel vor- handen (Protopterus, Fig. 8), hinten in einen kurzen, vorn in einen langen Fortsatz (Epipubis) auslaufend, hinten seitlich mit Gelenkflächen für die vielgegliederten, einem einfachen Flossenstrahl ähnlichen Hinter- extremitäten. Zu beiden Seiten kommen gebogene und zugespitzte Proc. praepubiei hervor, deren Spitzen in einem Myocomma endigen, ohne aber die Wirbelsäule zu erreichen. Bei dem ÜCeratodusbecken sind beiderseits zwei ganz kurze Seitenfortsätze entwickelt, die Hinter- extremität ist hier übrigens eine eigentümlich gestaltete Bauchflosse. Wiedersheim hat die gelenkartig abgeschnürten medianen Knorpel- stückchen der Knorpelganoiden und ebenso die dreieckigen Knorpel- 352 F. A, Kehrer: keile der Knochenganoiden als die ersten Anlagen von Beckenknorpeln, die Hauptmasse aber als Basalia bezeichnet und durch weitere Ent- wickelung dieser Knorpel das Becken von Protopterus entstehen lassen. Wollte man Wiedersheim’s Anschauung theilen, so bliebe zwischen den medianen Knorpelstücken der Ganoiden und dem schildförmigen Becken von Protopterus eine weite Lücke, welche durch keine der bekannten paläozoischen Formen ausgefüllt wird. Von einer phylogene- tischen Reihe könnte also bei dem dermaligen Stande unsres paläo- zoischen Wissens keine Rede sein. Betrachtet man dagegen die medianen, abgelösten Knorpelstückchen der Ganoiden etwa als die erste Anlage der Epipubis oder paarige Schoossfugenknorpel und Wiedersheim’s Basalia als Beckenknorpel, so erklärt sich die Sache in einfachster Weise. Während bei den Ganoiden bloss die vorderen Enden der Becken- platten durch besondere, abgegliederte Knorpelstücke zusammenhängen, vereinigen sich bei den Knochenfischen die Beckenplatten durch vordere und hintere mediane Querfortsätze zu einer Schooss- und Sitzbeinfuge. Bei den Dipnoern endlich verwachsen die medianen Ränder beider Beckenplatten zu einem unpaaren ventralen Bauchschild. Bei einer folgenden Gruppe der Urodelen, speciell den Sala- mandrinen, sehen wir (s. Fig. 9—15) einen knorpligen Bauch- schild (Cartilago sceutiformis) mit mancherlei Fortsätzen: einem spitzen Epipubis bei Menobranchus (Fig. 9 u. 10), einem gabligen Epipubis bei Amblystoma und Salamandra (Fig. 15), zwei kurzen Zacken bei Proteus (Fig. 11 u. 12), zwei kurzen Proc. praepubiei bei Proteus und Salamandra, ferner bei Manchen mit einem Processus hypoischiadicus, dann zu beiden Seiten gut ausgebildete Pfannen und darüber lange Darmbeine, deren obere knorplige Enden sich an die abgegliederten Rippenfortsätze des einfachen Kreuzwirbels anlenken (Fig. 10 u. 12). In diesem Schildknorpel treten nun zuerst paarige Knochenkerne auf. Bei gewissen Stegocephalen sind es nur zwei ischiadische Kerne, so bei Branchiosaurus (Fig. 13), einem froschäbnlichen Geschöpf aus dem . Perm, sowie bei Amblystoma, Salamandra u. A. unter den recenten Formen. Dazu kommen zwei weitere vordere Schoossbeinknochenkerne bei anderen Zur Phylogenie des Beckens. 353 fossilen Stegocephalen, Discosaurus (Fig. 14), Mastodonsaurus, Palaeo- hatteria, unter recenten Formen bei älteren Salamandern (Fig. 15) und Dactylethra. Alle Knochenkerne sind noch durch Knorpelstreifen von einander zeitlebens getrennt. Bei dem zu den Froschsauriern oder Stegocephalen gehörigen Eryops (Fig. 17 u. 18) und dem zu den Anomodonten (Theromorphen) gerechneten Reptil Dieynodon, sowie bei Platypo- dosaurus (Fig. 19) sind eine knöcherne Bauchrinne mit vorderer Spitze, zwei seitliche Pfannen und, wie seither immer, noch kleine For. ovalia zu sehen. Die Darmbeine sind schaufelartig, Kreuzwirbel bei Eryops vierfach, bei Platyopodosaurus fünf derselben mit breiten Flügeln. Das Becken gewinnt schon etwas Aehnlichkeit mit dem der Mammiferen. Ob die froschartigen Amphibien, die Anuren, die Besitzer langer Hinterbeine, sich von den Urodelen oder sonstwo abzweigen, ist noch nicht ganz sicher. Die Frösche haben bekanntlich im Larvenstadium einen fisch- artigen Ruderschwanz und noch gar kein Becken; später sprossen Hinterbeine hervor, und im Anschluss daran bilden sich lange Darm- beine, die sich an die Flügel des einwirbligen Kreuzbeins anschliessen, woran sich ein langgestrecktes Steissbein anschliesst, sowie ein scheiben- förmiges, sagittal gestelltes Mittelstück mit seitlichen Pfannen. Letzteres besteht aus den verbreiterten unteren Darmbeinenden und den ver- schmolzenen Schooss-Sitzbeinen. Ich möchte vermuthen, dass wir uns das Anuren-Becken durch medianes Zusammenklappen und nachträgliche Verschmelzung der beiden sonst in einer Schooss-Sitzfuge winklig zusammentreffenden Ischio-Pubis entstanden zu denken haben. Doch bedarf diese Vermuthung noch der Bestätigung durch Serienquerschnitte von Froschlarven in verschiedenen Stadien der Entwickelung von Hinterbeinen. Die als Emyden bezeichneten Schildkröten besitzen Becken, welche dem Säugethierbecken schon näher stehen. Stark entwickelte Ischio-Pubis mit ausgebildeten Fortsätzen umschliessen allerseits weite Foramina ovalia, indem sich jederseits die Schooss- und Sitzbeine durch ein Paar längslaufender medianer Knochenstreifen unter einander ver- 354 F. A. Kehrer: binden (S. Testudo, Fig. 20 u. 21). Bei gewissen Seeschildkröten sind die weiten Foramina obturatoria nur durch einen langen, medianen, vorn in ein Epipubis auslaufenden Knorpel getrennt, medianwärts aber nicht von Knochen umrahmt. Die Darmbeine sind lang gestreckt und verbinden sich mit den Flügeln zweier Kreuzwirbel. Die Becken- knochen sind mit Rücken- und Bauchschild theilweise fest verwachsen. Das Schildkrötenbecken scheint mir ein Glied zwischen Reptilien und Säugern darzustellen. Unter den Säugethierbecken, als Endglied dieser ersten Reihe, nehmen die mit Ossa marsupialia behafteten Becken von Echidna (Fig. 22), Wombat, Känguruh, Didelphys u. A. offenbar eine der niedersten Stufen ein. Die paarigen Beutelknochen sitzen mit breiten Basen den vorderen Rändern der Schoossbeine auf, sind von oben nach unten platt gedrückt und mit den Spitzen nach vorn gerichtet. Sie liefern Ansatzpunkte für die Bauchmuskeln und die Muskeln des Beutels. Man muss diese Beutelknochen wohl als die verknöcherten, paarigen Epipubis ( Wiedersheim), nicht aber, wie Owen wollte, als verknöcherte Sehnen der Bauchmuskeln betrachten. Bei den übrigen Säugern fehlen Beutelknochen, höchstens sind die Tubercula pubis noch als ihre verkümmerten Ueberreste zu betrachten. Die fünf Kreuzwirbel sind knöchern vereinigt, Darmbeine schaufel- artig, Schooss- und Sitzbeine zweischenklig, grosse For. ovalia umrahmend. Gehen wir zu der zweiten Reihe, den Spangenbecken, über. Typisch ist für diese das Becken der Krokodile (Fig. 23 u. 24 Becken von Alligator lucius). Man leitet es gewöhnlich von den Schildkröten- und Hatteria-Becken ab. Grade der Umstand, dass ein medianer durchlaufender Knorpelstreifen zwischen Sitz- und Schooss- beinen fehlt und das Foramen cordiforme bloss mit einer Membran ausgefüllt ist, scheint mir dafür zu sprechen, dass es einem anderen abgezweigten Typus angehört. Wir finden hier die beiden Sitzbeine durch einen medianen Knorpel . zu einer kurzen Rinne zusammengefügt, die dadurch gebildete hintere ventrale Knochenspange ungewöhnlich massig. Die Darmbeine, in der Zur Phylogenie des Beckens, 355 Achse des Thieres lang gestreckt, sind von hinten oben in den Knorpel zwischen Kreuzflügeln, Schooss- und Sitzbeinen hereingewachsen und stossen an zwei Kreuzwirbel. Darmbeine und Sitzbeine bilden allein die durchlöcherten Pfannen, an deren vorderen knorpligen Umfang die Schoossbeine mit besonderen Gelenken angefügt sind. Die schlanken Schoossbeine streben nach vorn unten, verbreitern sich an ihren vorderen Enden, sind hier bandartig unter einander und mit den Bauchrippen verbunden, denen sie sehr ähneln. Bei den fossilen Dinosaurieren, diesen phantastischsten aller Reptilien, die meist auf den Hinterbeinen und einem riesigen Schwanze einhergingen, rücken die vorderen und hinteren Beckenspangen noch weiter auseinander (s. Fig. 25—26, Becken von Morosaurus grandis). Ausserdem zweigt sich aber bei vielen, wie man durch eine ganze Entwickelungsreihe verfolgen kann, von jedem Schoossbeine unterhalb der Pfanne eine immer länger werdende Spange als „Postpubis“ ab (s. Fig. 27, von Iguanodon Bernissartensis), wodurch dann das erstere zur „Praepubis“ wird. Diese hintere Spange wächst dem Sitzbein entlang nach hinten, innen und unten und kann die Spitze des letzteren sogar überragen (Legosaurus, Laosaurus u. A.). Es ist wahrscheinlich, dass im letzteren Falle neben einer Symphysis praepubica und ischia- dica auch eine postpubica existirt hat. Die Ilea sind hier axial lang gestreckt, zum Theil vorn zugespitzt. Kreuzwirbel giebt es 3—6, ihre Querfortsätze sind senkrechte, an den Enden verbreiterte Platten. Bei den Pterosauriern, Flugsauriern (Seitenansichten von Pterodactylus medius in Fig. 28 und von ÖOrnistoma ingens in Fig. 29) sind Schooss- und Spitzbeinspangen weit auseinandergerückt, das Schoossbein mittelst einer Art Hals dem Ischium angelenkt, weiter vorn aber zu einer mächtigen Platte entwickelt, die Sitzbeine breite Platten, die sich zu einer Sitzbeinfuge median vereinigen, die Darm- beine axial lang gestreckt, nach vorn und zum Theil auch nach hinten zugespitzt, 5—6 Kreuzwirbel vorhanden. Bei dem berühmten, in den Eichstädter lithographischen Schiefern in zwei Exemplaren gefundenen Archaeopteryx sind die Schoossbeine ungenügend erhalten, die Sitzbeine nach hinten stachelartig verlängert, 356 F. A. Kehrer: ob in der Mitte verbunden, ist fraglich. Die Darmbeine erscheinen vorn verbreitert (s. Fig. 31). Das typische Vogelbecken endlich (Fig. 32 von Gallus) zeigt uns die Schoossbeinspange nach hinten unten gerichtet, der Sitzbein- spange genähert und an zwei Stellen mit dieser verbunden. Das Foramen cordiforme ist sehr reducirt. Die distale Spange ist als mächtige dorsale Halbrinne entwickelt, mit zwar dünnen, aber stark verflachten Knochen. Die Darmbeine und Sitzbeine bilden den Haupttheil des Beckens, an dessen vorderen Rand sich die Schoossbeine anlegen. Vor der Pfanne entspringt aus dem Darmbein ein starker Proc. pectinealis. Eine Vereinigung der distalen Schoossbeinenden zu einer Schooss- fuge ist nur beim Strauss nachzuweisen, bei allen übrigen Vögeln stecken diese Enden frei in den Bauchmuskeln: es besteht eine physio- logische Diastase der Schoossbeine. Bemerkenswerth ist noch die grosse Zahl von 9—20 Kreuzwirbeln mit breiten dünnen Flügeln. Die letzten Lenden- und die obersten Schwanzwirbel sind in den Bereich des Beckens hereingezogen, kreuzwirbelähnlich synostosirt und treten mit den Darm- und Sitzbeinen in ausgedehnte Knorpel- oder Nahtverbindung. Die drei ächten Kreuzwirbel haben Querfortsätze, aber keine Rippen, die urosaccalen Schwanzwirbel haben theilweise Rippen, die übrigen Schwanzwirbel sind beweglich, der letzte pflug- scharartig (Pygostyl). Anhangsweise möchte ich noch der durch Rückbildung verkümmerten Beckenknochen gedenken, welche wir bei den Ichthyosauriern, vor Allen aber bei Walen, Sirenen und Delphinen finden, also Thieren, welche in grauer Vorzeit vom Lande ins Wasser gegangen sind und statt der Hinterbeine Hinterflossen trugen (Ichthyosaurier), oder die nur in der Embryonalzeit vorübergehend kleine Hinterbeine aufweisen (gewisse Wale nach Goldberg), späterhin aber diese verlieren. Vom Ichthyosaurus wissen wir durch E. Fraas, dass die älteren, d. h. unterjurassischen Formen noch Schooss- und Sitzbeine besassen, die oberjurassischen aber nur ein Paar ventraler Spangen, d. h. nur Zur Phylogenie des Beckens. 357 Ischia, welche an relativ kleinen, steilen Darmbeinen hängen. Letztere endigen nach oben in der Muskulatur und sind nicht mit der Wirbel- säule fugenartig verbunden. Bei dem Halitherium Schinzi (Fig. 32) finden wir zwei lange, an den Darmbeinstücken verbreiterte, an den Sitzbeinen ver- dünnte, mit zugespitzten Schoossbeinfortsätzen versehene Beckenknochen. Jeder derselben trägt aussen eine flache Gelenkgrube mit Knorpelbelag. Der zugehörige zapfenartige Femur spitzt sich vom Gelenkkopf an konisch zu. Ob die Beckenknochen in der Mitte unter einander und seitlich mit den Querfortsätzen des Kreuzwirbels mittelst Bändern ver- einigt waren, scheint noch unentschieden. Bei einzelnen Walen (Balaena mysticetus, Fig. 33; Kyphobalaena, Fig. 34 junges, Fig. 35 erwachsenes Thier) sind ebenfalls noch kurze Femur- Reste nachgewiesen, welche auf dreieckigen oder langen Hüft- beinen sitzen. Bei Balaena sitzt dem Femur sogar noch ein dreieckiges, als Tibia gedeutetes Knochenstück auf. Bei andern Walen und Delphinen (Physeter macrocephalus, Fig. 36, Halicore Dugong, Fig. 37, Delphinus Tursio, Fig. 39, Globiocephalus melas, Fig. 38) fehlen jegliche Reste von Extremitäten- knochen und sind die Hüftbeine stab- oder halbmondförmig, bei Globio- cephalus melas durch eine quere Membran (Membrana interpelvina) vereinigt oder unregelmässig eckig, mit vorderem halbmondförmigen Aus- schnitt, wie bei Manatus australis (Fig. 40). Bei letzterem sind die beider- seitigen Knochen, ohne Zusammenhang mit der Wirbelsäule, frei in die Muskulatur eingebettet. Ob sie als Ischia zu deuten sind, muss ich unentschieden lassen, und möchte nur hervorheben, dass Herr Prof. E. Fraas-Stuttgart nach gütiger brieflicher Mittheilung bei einem 35cm langen Manati-Foetusein einfaches, durchaus einheitliches Knorpel- stück von 8 mm Durchmesser, eckig und mit Ausschnitt, aber ohne Knochenkerne gefunden hat. Bei Halicore Dugong (Fig. 37) sehen wir nach Fraas zwei rippen- ähnliche Beckenknochen rechtwinklig von der Wirbelsäure herabhangen. Ihre oberen Enden sind durch je ein fingerlanges Band an die starken Querfortsätze des Kreuzwirbels befestigt, die unteren Enden unter Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie, V. 25 358 “ F. A. Kehrer: einander durch ein starkes Querband vereinigt. Jeder Beckenknochen besteht aus zwei in der Jugend durch Knorpel getrennten Stücken, einem längeren oberen (Ilium), einem kürzeren und am freien Ende etwas verdeckten unteren (Ischium). Um endlich die Ontogenie des Beckens mit einigen Worten zu berühren, so entwickeln sich bei den Embryonen aller Wirbelthiere erst die Femora, dann die Knorpelkerne für Sitz-, Schooss- und Darmbeine, sämmtlich isolirt, paarig und durch indifferentes Mesoblast getrennt; hierauf fliessen alle Knorpelinseln zusammen und trennen sich erst secundär, unter Bildung der Hüftgelenke, der Kreuzhüftbeinfugen und der Schoossfuge.e Knochenkerne treten zuerst in den Darm-, dann in den Sitz- und zuletzt in den Schoossbeinen auf. Zur Phylogenie des Beckens. 359 Erklärung der Abbildungen. Die Figuren der Tab. I—II geben Beckenansichten, meist verkleinert, einzelne in natürlicher Grösse oder mässig vergrössert. Die Mehrzahl ist von der Bauchseite, rechtwinklig zur Längsachse des Körpers, einige sind von der linken Seite aus aufgenommen (Fig. 10, 12, 18, 21, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 39, 40), eine (Fig. 37) von dem Schwanzende aus gesehen. Die Mehrzahl ist dem Wiedersheim’schen Werke: Das „Gliedmaassen- skelet der Wirbelthiere‘, Text und Atlas, Jena 1892, einige (Fig. 24, 26, 27) dem Zittel'schen „Handbuch“ der Paläontologie‘, 1887 — 1890, B. III. entlehnt. Fig. 2, 6, 6, 7,16, 20, 21, 22 und 31 sind nach der Natur gezeichnet, Fig. 25 schematisch nach einem auf Grund einer Vorder- und Seitenansicht des Morosaurus- Beckens hergestellten Thonmodell. Fig. 28 stammt aus des Grafen v. Münster „Beitr. z. Petrefactenk.“ 1839. I; Fig. 29 aus Williston in Kansas Univ. Quart. 1893. II.; Fig. 30 aus einer Restauration von Andreae, Fig. 32 aus Lepsius „Hali- therium Schinzi“, Darmst, 1882; Fig. 34 u. 35 aus Eschricht „Nordische Wal- thiere‘‘, Leipz. 1849; Fig. 36 aus Flower (Tr. of zool. soc. of London, VI., Pl. 60, Fig. 5); Fig. 37 ist nach einer von Herrn Prof. Dr. E. Fraas- Stuttgart mir gütigst mitgetheilten Skizze gezeichnet; Fig. 38 aus Murie (Tr. of zool. soc. of London. VIII. Pl. 38, Fig. 45) entlehnt; Fig. 40 nach Gypsabgüssen des Stuttgarter Naturaliencabinets gezeichnet. Abkürzungen. A. gleich Acetabulum Ma.gleich Ossa marsupialia B. ,, Basale Mi. „ Membrana interpelvina C. ,„ Coceyx Op. ,„ Ossa pelvis E. ,, Epipubis PM Pubis F. „ Femur Pr. , Praepubis Fc. ,‚,, Foramen cordiforme Pp. ‚„ Postpubis Fl. ,„, Flossenstrahlen S „ Sacrum Fo. ,‚, Foramen ovale Si. ,„ $Symphysis ischiadica IE #42 -Ihum Sp. „ Symphysis pubis Isch. ‚, Ischium Tun’; Tibia, (Sonderabzüge ausgegeben den 23. März 1895.) 25* 360 O. Bütschli: Ueber Strueturen künstlicher und natürlicher quellbarer Substanzen. Von ©. Bütschli. (Vorgetragen in den Sitzungen vom 3. Mai und 2. August 1895.) Im Anschluss an seine früheren Mittheilungen ?) über den feineren Bau geronnener und quellbarer Substanzen berichtete der Vortragende über eine Reihe von Versuchen, welche er zur weiteren Aufklärung der- artiger Verhältnisse im Laufe des vergangenen Winters angestellt hat. Aus den früheren Erfahrungen ging hervor, dass die feinwabige Struc- tur geronnener Substanzen beim Eintrocknen an der Luft meist an- scheinend völlig schwindet, indem die Wabenräume dabei zusammen- sinken und schliesslich ganz unsichtbar werden. Eine nähere Ueber- legung der bei diesem Vorgang statthabenden Processe liess ver- muthen, dass hierbei wesentlich zwei Momente von Einfluss sind, nämlich einmal die Nachgiebigkeit der Wabenwände und zweitens der Druck der äusseren Luft beim Eintrocknen, wodurch das Zusammensinken der Wabenwände und daher das anscheinend völlige Verschwinden der Structur hervorgerufen wird. Wenn diese Anschauung richtig ist, so liess sich erwarten, dass durch Festigung der Wabenwände vermittels Wasserentziehung einer- seits und ferner durch Eintrocknen im luftleeren Raum das Zu- sammensinken der Wabenwände verhütet und damit die Structur auch im getrockneten Zustand, und zwar von Luft, respect. ursprünglich verdünntem Gas oder Dampf erfüllt, erhalten werde. 1) Siehe diese Verhandlungen. N. F. Bd. V., 8. 28, 42, 89, 230. Ueber Structuren künstlicher und natürlicher quellbarer Substanzen. 361 Diese Voraussetzungen haben sich denn auch durch die Versuche als richtig erwiesen, indem sowohl bei geronnenem Hühnereiweiss als bei Gelatine- und Agargallerte, die in Alkohol übergeführt und darauf unter der Luftpumpe ausgetrocknet werden, vollständige Lufterfüllung eintritt, so dass die betreffenden Stücke weiss wie Kreide werden und die schaumige Structur auch im trockenen Zustand deutlichst erhalten bleibt. — Noch besser ist es, die Stücke aus dem Alkohol in Xylol oder Chloroform überzuführen und hierauf unter der Luftpumpe zu trocknen. Auf diese Erfahrungen gestützt, die nebst anderen bald in aus- führlicherer Weise veröffentlicht werden sollen, machte Vortragender auch einige, wenngleich zunächst mehr orientirende Versuche über im Organismus vorkommende, anscheinend structurlose gallertartige Sub- stanzen, indem dieselben ebenfalls aus Alkohol, respect. einem Gemisch von Alkohol und Aether, unter der Luftpumpe ausgetrocknet wurden. Gleich die ersten Versuche mit hyalinem Rippenknorpel des Kalks ergaben ein sehr interessantes und positives Resultat. Der auf solche Weise ausgetrocknete Knorpel wird völlig kreide- weiss. — Feine Schnitte desselben zeigen, dass die Grundsubstanz durch und durch feinstwabig-faserig structurirt ist, bald gleichmässiger, bald ungleichmässiger, indem sich im letzteren Fall etwas dunklere gröbere Züge zwischen den einzelnen Knorpelkapseln ausspannen. Letztere Erscheinung beruht jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nur auf besonderen Anordnungsverhältnissen der allgemeinen wabig-fase- rigen Structur. — Bei Zusatz von Wasser oder Damarlack verschwindet die Structur fast völlig, indem diese Flüssigkeiten eindringen und der Lichtbrechungsunterschied zwischen Gerüst und Inhalt nahezu aufgehoben wird. Bei Wasserzusatz hängt dies jedenfalls damit zusammen, dass die Gerüstsubstanz selbst Wasser bindet und daher schwach licht- brechend wird. Die auf solche Weise in der Knorpelgrundsubstanz deutlich sichtbar gemachten Structuren sind zweifellos dieselben, welche auch frühere Beobachter schon theilweise und auf anderem Wege er- mittelt haben, sei es durch Behandlung und Untersuchung mit abso- lutem Alkohol, durch Versilberung, Vergoldung, Maceration oder 362 O. Bütschli : durch Einlagerung von Farbstoffen. Immer aber waren es nur Bruch- theile der Structur, welche durch diese Verfahren sichtbar gemacht werden konnten, und die Beurtheilung eine unrichtige. In der Regel deutete man die Structur nämlich als Fasern oder Fasernetze, die in eine hyaline Kittsubstanz eingelagert, respect. durch diese zusammen- gehalten sind. Eine andere Ansicht dagegen erklärte die faserig- netzigen Structuren der Grundsubstanz für protoplasmatische Ausläufer der Knorpelzellen, welche die gesammte Grundsubstanz durchziehen. Beide Ansichten halte ich für unrichtig. Die erste deshalb, weil die oben mitgetheilten Erfahrungen ergaben, dass von einer festen Kittsubstanz, in welche die Structur eingebettet sei, keine Rede sein kann, dass diese Kittsubstanz vielmehr eine wässerige Flüssigkeit ist, welche bei geeignetem Eintrocknungsverfahren gänzlich durch Luft ersetzt werden kann. Die zweite Ansicht kann ich zwar nicht direct widerlegen, doch fehlt auch für sie die vorausgesetzte feste Kittsub- stanz, in der sich die faserigen Protoplasmanetze verbreiten könnten, Da nun eine besondere Kittsubstanz, welche die bedeutende Festigkeit der Knorpelgrundsubstanz bedingen könnte, fehlt, diese Festigkeit vielmehr durch das wabig-faserige Gerüstwerk hervorgerufen werden muss, wir aber einem Protoplasmanetzwerk eine solche Festigkeit nicht zuschreiben können, so spricht dies sehr entschieden dafür, dass das wabig-faserige Gerüstwerk nicht aus Protoplasma, sondern aus Grund- substanz besteht. Dazu gesellt sich, dass derartige feinwabig-faserige Structuren ge- ronnenen quellbaren Körpern durchaus zukommen und, wie ich sehr wahrscheinlich machen kann und auch schon gemacht habe, den quell- baren Körpern schon in nicht geronnenem Zustand eigenthümlich sind. — Es liegt daher kein Grund vor, diese Structur der Knorpelgrund- substanz auf Protoplasmafortsätze, welche die Grundsubstanz durchsetzen, zurückzuführen, obgleich natürlich auch solche vorkommen können, welche die in der angegebenen Weise structurirte Grundsubstanz durchziehen. Ein schönes Beispiel hierfür ist ja der Cephalopoden- knorpel, in dem man, wie ich mich neuerdings überzeugt habe, bei der gleichen Behandlung die Protoplasmanetze, welche die Knorpel- Ueber Structuren künstlicher und natürlicher quellbarer Substanzen. 363 zellen verbinden, deutlich von der feinen faserig-wabigen Structur der Grundsubstanz unterscheiden kann. Auch bei einigen weiteren quellbaren Substanzen des Thierkörpers ergab die Untersuchung den erwarteten Bau. Die Hornfasern der Spongien (untersucht wurde vorerst nur Hircinia variabilis) aus Alkohol unter der Luftpumpe ausgetrocknet und darauf in Wasser untersucht, lassen auf dem optischen Längsschnitt den feingeschichtet- wabigen Bau, ähnlich wie ich ihn früher für Cellulose- und Chitin- membranen geschildert habe '), auf das Sicherste erkennen. Die innerste Region ist nicht deutlich parallel zur Oberfläche geschichtet, sondern längs- bis querfaserig-wabig und das Centrum der Knoten- punkt, d. h. da, wo drei Hornfasern sich vereinigen, ist in der Regel un- regelmässig wabig. — Besonders interessant aber ist, dass man bei der Oberflächenbetrachtung eine schief gekreuzte Streifung der Fasern sehr schön beobachtet, ganz entsprechend der der Cellulosemembranen der Bastzellen. Auch hier kann man sich bestimmt überzeugen, dass diese Streifung auf der Anordnung der Waben beruht, nicht etwa durch sich unterlagernde Fasern, die in verschiedenen Richtungen ver- laufen, hervorgerufen wird. Diese schiefe Kreuzung der wabig-fase- rigen Structur lässt sich durch die Dicke der Schwammfaser hindurch verfolgen, ist also nicht nur eine oberflächliche Zeichnung. In gleicher Weise liess sich auch auf feinen Querschliffen durch die Hornaxe von Antipathes und Paragorgia sehr schön nachweisen, dass ein sehr feiner, geschichtet-wabiger Bau der Horn- substanz vorhanden ist, welcher demjenigen durchaus entspricht, den ich für Cellulose, Chitin und Schwammfasern geschildert habe. Endlich wurde auch mit der Gallerte einer in Chromsäure gehärteten Pelagia noctiluca das gleiche Verfahren versucht, indem Schnitte derselben aus Alkohol und Aether unter der Luftpumpe ein- getrocknet wurden. Auch hier ergab sich ein prächtiges und relativ weitmaschiges Wabenwerk als Structur der Gallerte. Aus den hier mitgetheilten Erfahrungen lässt sich demnach er- schliessen, dass bei den quellbaren Substanzen des Organismus die 1) S. diese Verh. N. F. Bd. V., 1894, S. 230. 364 O. Bütschli: wabige Structur allgemein vorkommt und dass das geschilderte Ver- fahren geeignet ist, diese Structuren auch in anscheinend homogenen Substanzen sichtbar zu machen. Bei der weiteren Verfolgung der geronnenen und gallertartigen Substanzen gelangte ich zur Vermuthung, dass möglicher Weise durch die Verwendung anderer, langsamer wasserentziehender Mittel an Stelle des Alkohols bessere Erfolge zu erzielen seien. Namentlich der Aethyl- äther schien mir eines Versuches werth. — Es ergab sich denn auch, ‚ dass dessen Anwendung an Stelle des Alkohols für die Austrocknungs- versuche grosse Vorzüge besitzt. Erstarrte Gelatingallerte (10—50°,), direct in Aether übergeführt, wird bald trübe und schliesslich ganz weiss, indem sie eine feinschaumige Structur zeigt. Hierauf an der Luft oder im Wärmeschrank ausgetrocknet, bleibt diese Structur vor- trefflich erhalten, indem Luft in die Waben eintritt. Bei der Trock- nung bei niederer Temperatur wird jedoch nur ein Theil der Waben mit Luft erfüllt, zahlreiche, und besonders die tiefer gelegenen, zeigen auch nach dem Trocknen einen flüssigen Inhalt, in dem sich ein Gasbläschen befindet, dessen Grössenverhältniss zur Wabe alle mög- lichen Unterschiede zeigt. Die kleineren und kleinsten derartigen Gasbläschen sind innerhalb der Wabenflüssigkeit in rastloser moleku- larer Tanzbewegung, die grösseren dagegen ruhen oder zeigen nur sehr schwache Bewegungen. Am schönsten wurden diese mit tanzenden Gasbläschen versehenen Waben bis jetzt bei Verwendung 10°/,iger Gelatinegallerte erhalten, die, in dünner Schicht auf den Objectträger gestrichen, nach der Er- starrung auf etwa 24 Stunden in Aether eingestellt und darauf an der Luft getrocknet wurde. — Jetzt, nach etwa einem Monat, ist die Erschei- nung noch so schön erhalten wie ursprünglich. — Das Phänomen ist ganz das aus Mineralien und Gesteinen bekannte der Flüssigkeitsein- schlüsse mit tanzenden Libellen.” Die geschilderte leichte künstliche Herstellung derartiger Gebilde dürfte vielleicht für ihr Studium und ihre Erklärung nicht ohne Werth erscheinen. Soweit ich mir vorerst, _ ohne den Gegenstand näher verfolgt zu haben, von der Entstehung dieser Einschlüsse in der Gelatine Rechenschaft geben kann, vermuthe Ueber Structuren künstlicher und natürlicher quellbarer Substanzen. 365 ich, dass sie sich durch theilweise Verdunstung der Wabenflüssigkeit bilden, da man die verschiedengradigste Erfüllung der Wabenräume mit Luft antrifft. Die Festigkeit, welche die Gelatine in Aether erhält, sowie der Umstand, dass, im Gegensatz zu vorheriger Behandlung mit Alkohol, bei dem Eintrocknen die Structur, z. Th. lufterfüllt, erhalten bleibt, lässt vermuthen, dass das Gelatinegerüst durch den Aether noch energischer seines Wassergehaltes beraubt wird wie durch Al- kohol. Die Verdunstung der Wabenflüssigkeit, die ätherhaltiges Wasser, vielleicht auch nahezu reiner Aether sein muss, scheint unter diesen Umständen bald behindert zu werden und sich auf solche Weise die sehr verschiedengradige Erfüllung der Waben durch Luft oder Gas zu erklären. Aus verschiedenen Gründen wurden während dieses Sommers auch einige Untersuchungen mit sehr concentrirter Gelatinegallerte ange- stellt, die auf 50 Gelatine 50 Wasser enthielt. Aus derartiger, auch im geschmolzenen Zustand sehr zähflüssiger und rasch erstarrender Gela- tine lassen sich durch Herausheben eines grösseren Tropfens mit dem Glas- stab sehr schöne, gröbere bis sehr feine Fäden darstellen. Diese Fäden zeigen, wenn sie sofort nach dem Erstarren in Wasser zu weiterem Auf- quellen gebracht werden, keine Verkürzung in der Längsrichtung, sondern Ausdehnung, jedoch ist das Procentverhältniss der Ausdehnung in der Längsrichtuug geringer wie in der Dickenrichtung. — Werden diese sehr elastischen Fäden jedoch sofort nach der Herstellung gedehnt und in diesem Zustande getrocknet, so zeigen sie beim Aufquellen sehr energische Verkürzung, welche bei einem auf die doppelte Länge ge- dehnten Faden !/, der Länge betrug. Bringt man die Fäden in Aether, so werden sie durch und durch feinwabig. Auf der Oberfläche wurde eine schief gekreuzte Streifung, wenn auch nicht sehr deutlich, wahrgenommen. Werden endlich solche Fäden ganz kurze Zeit an der Luft ge- trocknet oder auch in Alkohol gehärtet (wobei sie ganz hyalin blieben) und darauf stark gezogen, so werden sie plötzlich an gewissen, sich stärker dehnenden Stellen kreideweiss. Die mikroskopische Unter- suchung ergibt nun, dass an diesen weiss gewordenen Stellen eine von 366 O. Bütschli: Gas erfüllte feine Wabenstructur besteht, die weder in Alkohol noch Damar verändert wird, da diese nicht eindringen. Das Bemerkens- wertheste ist aber, dass diese feinwabige Structur auf das Pracht- vollste schief gekreuzt-streifig ist, von einer ganz frappanten Aehnlich- keit mit der schief gekreuzten Streifung der Bastfasern, der Spongien- fasern oder den Cuticulae mancher Würmer. Den Winkel der Streifung fand ich zwischen 103—122° schwankend. Querschnitte ergaben, dass die Structur nur in der oberflächlichen Zone der Fäden sich aus- gebildet hat, während das Innere hyalin blieb. Da, wo die Structur gegen hyalin verbliebene Strecken des Fadens ausläuft, hat man Ge- legenheit zu sehen, dass zuerst nur eine äusserste dünnste Schieht des Fadens die Structur zeigt und deren Ausbildung dann in die Tiefe weiterschreitet. An den gleichen Stellen kann man sich fernerhin auf das Bestimmteste überzeugen, dass die Structur in der That eine wabige ist, indem sie sich schliesslich in Reihen mehr oder weniger isolirter feinster Waben (oder Hohlräumchen) auflöst, welche die hyalin gebliebene Gelatine zerstreut durchsetzen. Hieraus geht ganz zweifellos hervor, dass die dichte Structur auch nur eine enge Erfüllung der Gelatine durch solche Wabenräumchen ist, und namentlich auch die gekreuzte Streifung nicht auf Uebereinanderlagerung beruht, sondern auf Anord- nungsverhältnissen der Waben. Schon die Thatsache, dass die geschilderten eigenthümlichen Structuren beim Einlegen in Alkohol oder Damarlack nicht ver- schwinden, beweist, dass sie nicht durch Risse und Sprünge, welche sich mit Luft erfüllten, hervorgerufen werden. Diese Möglichkeit wird jedoch auch durch die gesammte Beschaffenheit der Structur und namentlich durch die oben hervorgehobenen Beobachtungen über das Verhalten der Structur an solchen Stellen, wo sie unvollständig ent- wickelt ist, widerlegt. Dazu gesellt sich die wichtige Thatsache, dass die Structur in ganz gleicher Weise gebildet wird, wenn man die Fäden unter Alkohol, Xylol oder Damarlack dehnt, also unter Luft- abschluss, woraus hervorgeht, dass die Wabenräume nicht mit Luft . erfüllt sein können, sondern leere, respect. mit Wasserdampf erfüllte Räumchen darstellen müssen. Ueber Strueturen künstlicher und natürlicher quellbärer Substanzen. 367 Eineähnliche Structur bildetsich jedoch auch aus, wenn man die etwas getrockneten Fäden stark biegt, wobei sie auf der convexen Biegungs- seite weiss und structurirt werden. Wenngleich in diesem Fall, wie zu erwarten, die schief gekreuzte Streifung weniger deutlich hervortritt, fehlt sie doch nicht, was sich bei genauerer Untersuchung erkennen lässt. Auch bei starker Pressung der Fäden zwischen Platten im Schraubstock tritt stellenweise Structurbildung und auch hier und da die schiefe Kreuzstreifung auf. Werden längere Zeit getrocknete Fäden zerbrochen, so erscheinen die Bruchflächen fast stets völlig weiss und struc- turirt. Werden Fäden mit schöner Ausbildung der kreuzstreifigen Structur in wasserhaltigem Alkohol gequellt, so wird die Structur undeutlicher und schwindet in Wasser schliesslich meist ganz. Austritt von Luft aus den Fäden ist dabei, in Uebereinstimmung mit dem oben Bemerkten, nicht zu beobachten. Da sich die Fäden bei der Aufquellung ver- kürzen, so vergrössert sich der Kreuzungswinkel der Streifung. Bringt man hierauf die gequollenen, anscheinend structurlosen Fäden in Aether, so tritt die Structur wieder hervor, wenn auch viel weniger deutlich wie früher. Aus diesen Ergebnissen muss ich schliessen, dass die auf die ge- schilderte Weise sichtbar werdenden Structuren der Gelatine nicht etwa durch Riss- oder Sprungbildungen in einer homogenen unstruc- turirten Masse hervorgerufen werden, sondern auf dem Sichtbarwerden einer schon in der scheinbar homogenen Gelatine vorhandenen Struc- tur beruhen. Das Deutlichwerden dieser Structur aber ist, soweit ich darüber bis jetzt zu urtheilen vermag, darauf zurückzuführen, dass bei der Dehnung eine Volumzunahme des Fadens stattfindet, in Folge dessen sich die geschlossenen Wabenräume der Structur öffnen und sich, da die Gelatine ja etwas wasserhaltig ist, mit Wassergas anfüllen. Da diese Volumzunahme, die auch bei der Biegung an der convexen Seite auftritt, nicht wieder zurückgeht, so bleibt die Structur dauernd bestehen. Den Grund aber dafür, dass es möglich ist, derartige Gelatinefäden von geringem Wassergehalt durch Dehnung bleibend zu verlängern, ohne dass die Elastieität eine Rückkehr zu dem ursprünglichen Zustand herbeiführt, haben wir wohl eben in der 368 O.Bütschli: Ueb. Structuren künstl. u. n atürl. quellbarer Substanzen, Existenz einer solchen Structur zu suchen, die es ermöglicht, dass die Wabenräume bei starker Dehnung sich öffnen und mit Gas anfüllen, was beim Aufhören des Drucks durch den äusseren Luftdruck nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Was nun ferner die Haupteigenthümlichkeit der durch Dehnung sichtbar werdenden Structur, nämlich die schief gekreuzte Streifung betrifft, so wäre man natürlich zunächst geneigt, sie auf eine Tordirung der Fäden bei ihrer Erzeugung oder bei der Dehnung zurückzuführen. Demgegenüber muss ich besonders betonen, dass bei der Dehnung nie eine Drehung der Fäden stattfand, diese vielmehr vollkommen gerade in ihrer Längsaxe gezogen wurden; auch lässt sich äusserlich an den Fäden von Tordirung nie etwas wahrnehmen, dagegen eine grobe ober- flächliche Längsstreifung, die schon an den ungedehnten Fäden vor- handen ist und ein Oberflächenrelief darstellt; ferner sind die Spiraltouren der Streifung bei einem Winkel von ca. 103—122° ja so kurze, dass es von vornherein ganz undenkbar ist, dass bei der Dehnung eine solche vielfache Tordirung der Fäden stattgefunden hätte. — Dazu gesellt sich, dass nach Aetherbehandlung auch an den nicht ge- dehnten Fäden schon Andeutungen der Spiralstreifung beobachtet wurden, und weiterhin die Thatsache, dass an den etwas in Wasser gequollenen ungedehnten Fäden durch Behandlung mit ca. 0,3 °/,iger Chromsäurelösung eine feinwabig-faserige Structur in vorzüglichster Weise sichtbar gemacht wird und dass diese die schiefe Kreuz- oder Spiralstreifung ganz bestimmt und schön zeigt. Hieraus folgt also, dass die doppelte Spiralstreifung schon bei der Erzeugung der Fäden durch Abfluss und Erstarrung der Gela- tine von dem Glasstab sich bilden muss; doch vermag ich bis jetzt das Nähere dieses Vorgangs, der ja im Hinblick auf die auffallende Aehnlichkeit der Spiralstreifung mit jener der Cellulose- und Chitin- membranen von hohem Interesse wäre, nicht zu verstehen. Heidelberg, den 30. Juli 1895. (Sonderabzüge ausgegeben am 26. August 1895.) Dr. A. Schuberg: Die Coccidien aus dem Darme der Maus. 369 Die Coceidien aus dem Darme der Maus. Von Dr. A. Schuberg. Mit 1 Tafel. Den ersten Anlass zu den nachfolgenden Untersuchungen gaben Beobachtungen, die ich vor drei Jahren an Coccidien aus dem Darme einer weissen Maus anstellte und die ich im Jahre 1892 vor- läufig publieirte. Bis dahin war aus der Maus nur die von Zimer unter dem Namen Gregarina falciformis beschriebene Coceidien- form genauer bekannt gewesen, die später von Schneider in das von ihm gegründete Genus Eimeria eingereiht wurde. Dieses Genus sollte diejenigen Formen enthalten, bei denen der ganze Cysteninhalt sich zu einer Spore umbildet, welche eine unbestimmte Zahl von Sichel- keimen einschliesst. Ich konnte nun bei Cultur der im Kothe ent- haltenen Coceidieneysten in der feuchten Kammer einen Entwicklungs- modus der Sichelkeime beobachten, welcher sich auf's Engste an den bei Coecidium oviforme Leuck. beobachteten anschloss, wo be- kanntlich in der aus dem Kaninchen entnommenen reifen Cyste vier Sporen mit je zwei Sichelkeimen gebildet werden. Diese Beobachtung, die auch theilweise Grassı (88, p. 86) schon gemacht hatte, schien mir aus dem Grunde besonderes Interesse zu verdienen, weil kurze Zeit vorher von R. Pfeiffer und von L. Pfeiffer umgekehrt beim Kanin- chen eine Eimeria ähnliche Form beobachtet worden war, bei welcher, wie bei der Eimeria der Maus, die Bildung der Sichelkeime inner- halb des Thierkörpers selbst vor sich geht. Beide Forscher hatten die Eimeria-Form und das Coceidium oviforme des Kaninchens 370 Dr. A. Schuberg: als zwei verschiedene Entwicklungsformen des gleichen Parasiten auf- gefasst, von denen die erste Form die Verbreitung innerhalb des Thierkörpers, die zweite dagegen die Neuinfection anderer Individuen vermitteln sollte. Diese Anschauung schien mir sehr viel für sich zu haben; daher war mein Hauptinteresse anfangs darauf gerichtet, zu ihrer weiteren Begründung Einiges beitragen zu können. Leider musste ich indessen bald einsehen, dass ich mit dem verfügbaren Material eine exacte Beweisführung zu Gunsten der Pfeiffer’schen Ansicht nicht durchzu- führen vermochte. Obwohl ich nun glaube, dass es noch gelingen wird, jenen Beweis zu erbringen, werde ich doch in der Darstel- lung meiner Untersuchungsergebnisse die innerhalb des Darmes der Maus beobachteten Formen von den im Kothe cultivirten getrennt be- handeln. In einem dritten Abschnitte werde ich dann die eventuellen Beziehungen beider zu einander zu erörtern versuchen. Nachdem der Text der vorliegenden Mittheilung im Wesentlichen abgeschlossen war, wurde mir eine kürzlich erschienene Arbeit von J. J. Olarke bekannt (95,2). Auch dieser Autor beobachtete den im Kothe vor sich gehenden Entwicklungsmodus nach dem Coceidien-Typus und weicht dabei von meiner früheren Darstellung in der Hauptsache nicht ab). Auf die Differenzen in unseren Beobachtungen werde ich in Nachstehendem noch im Einzelnen hinweisen. I. Die encystirten Coceidien im Kothe der Maus und ihre Vermehrung (Coceidium-Typus). Die Mäuse, von denen mein Material stammte, zeigten nicht alle deutliche Krankheitserscheinungen; immerhin aber waren solche bei einigen, und zwar gerade bei denjenigen mit starker Infection, wahr- zunehmen; bei einer Maus konnte sogar mit ziemlicher Sicherheit ge- schlossen werden, dass die Anwesenheit der Coceidien die Todesur- sache war. Die erkrankten Mäuse sind träge und verkriechen sich 1) Meine eigene Publication aus dem Jahre 1892 ist dem Autor anschei- nend völlig unbekannt geblieben; wenigstens erwähnt er dieselbe nirgends! Die Coccidien aus dem Darme der Maus. 371 gerne in ihr Nest; beim Gehen, das offenbar nur mit Anstrengung ausgeführt werden kann, fallen sie oft auf die Seite; von Zeit zu Zeit werden sie von Zittern befallen oder kommen in einen krampfartigen Zustand. Der Koth ist, bei stärkerer Infection, viel weicher als gewöhn- lich und enthält schleimige Massen; bei mikroskopischer Untersuchung lassen sich, ausser den Coccidieneysten, isolirte Epithelzellen, ja oft ganze Fetzen des Darmepithels, welche mit Coceidien durchsetzt sind, wahrnehmen. Diese Krankheitserscheinungen sind in ganz ähnlicher Weise schon von Eimer und Grassi beobachtet worden und erinnern sehr an diejenigen, welche für die an Coceidiose erkrankten Kaninchen an- gegeben werden '). Am heftigsten waren sie bei einigen noch nicht ausgewachsenen Thieren, die alle aus einer Cultur weisser Mäuse stammten. Eine andere Zucht weisser Mäuse und ebenso fast alle im Würzburger Zoologischen Institut zu jener Zeit gefangenen grauen Mäuse waren leichter infieirt und liessen demgemäss auch nichts von einer Erkrankung erkennen. Die im Kothe der Mäuse enthaltenen Cysten, deren Menge je nach dem Grade der Erkrankung wechselte, erinnerten sehr an die von Coceidium oviforme aus der Kaninchenleber, und noch mehr an die als C. perforans?) beschriebenen aus dem Darme des Kanin- chens. Im Darme konnten die Cysten stets nur analwärts von der Einmündungsstelle des Cöcums, also im Colon und Rectum, sowie auch im Cöcum aufgefunden werden; der Dünndarm war stets frei von ihnen. Ihre Gestalt ist oval oder rundlich und zeigt öfters an dem einen Pole eine Abflachung (Fig. 1 und 2), welche auch bei C. ovi- forme und anderen Coceidienarten mehrfach beobachtet und als !) Vergl. namentlich die Angaben bei Zürn (78, p. 13). ?) Ich habe kürzlich wieder Gelegenheit gehabt, Coccidium oviforme aus der Leber des Kaninchens, und aus dem gleichen Thiere C. perforans zu beobachten. Bei beiden waren bereitsam dritten Tage die Sporoblasten ge- bildet. Es kann daher die bisher als verschieden lang angegebene In- eubationsdauer beider Arten weiterhin nicht als Artunterschied aufrecht er- halten werden. 372 Dr. A. Schuberg: Mikropyle bezeichnet worden ist, sich indessen in der Dicke von der übrigen Cystenwandung nicht zu unterscheiden schien. Dass die Cyste sich unter gewissen Umständen an dieser Stelle öffnet, ist bis jetzt meines Wissens noch nicht festgestellt worden; da die Abflachung ausserdem nicht regelmässig vorkommt, möchte ich eher annehmen, dass es sich um eine mehr zufällige Bildung handelt, die vielleicht auf bestimmten Lagerungsverhältnissen der Cyste in der Epithelzelle beruht. Keines- falls kann man sicher behaupten, dass sie wirklich als Mikropyle functionirt '). Der bald rundliche, bald ovale Umriss der Cyste spricht überhaupt für eine gewisse Variabilität der Gestaltsverhältnisse, die wohl keine besondere Bedeutung beanspruchen dürfte. Auch bei C. oviforme, C. perforans und C, tenellum u. a. ist die gleiche Variabilität, insbesondere auch das gelegentliche Vorhandensein der Abflachung beobachtet worden. Dass man es hierbei nicht mit speci- fischen Unterschieden zu thun hat, hat zuletzt wieder Labbe (93, 1, p. 1300 und 93, 3, p. 270) besonders betont. Ebenso wie die Gestalt ist auch die Grösse der Cysten Schwankungen unterworfen; der Längendurchmesser schwankt zwischen 16 und 21 4, die Breite von 11 bis 17 u. Die Cystenmembran ist deutlich doppelt contourirt und besitzt eine Dicke von etwa 0,8 u. Der Cysteninhalt erfüllt nur in jüngeren Stadien die Cyste voll- ständig (Fig. 1—2); in den reifen Cysten ist er, wie dies ja für viele Coecidien schon bekannt ist, zu einer centralen Kugel zusammenge- zogen (Fig. 3). In der Mitte ist öfters eine hellere Partie bemerk- bar, die der Stelle, wo der Kern liegt, entspricht. Deutlich erkenn- bar ist der Kern erst in gefärbten Präparaten; er nimmt dann als eine kleine gefärbte Kugel die Mitte des Cysteninhaltes ein. — Das 1) Während ich in den früher von mir beobachteten Fällen von Leber- coccidien des Kaninchens niemals eine deutliche Verdünnung der Cystenwand an der „Mikropyle“ wahrnehmen konnte, habe ich neuerdings eine solche mit ziemlicher Deutlichkeit gesehen. Da Clarke (95, 2) auch für die Mauscoccidien eine verdünnte Stelle zeichnet, möchte ich daher nicht in Abrede stellen, dass auch bier eine solche gelegentlich vorkommen kann. Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 373 Protoplasma enthält stark lichtbrechende Körnchen, wie das ja bei vielen Coccidien der Fall ist. Die weitere Entwicklung der Cysten wurde auf die gleiche Weise erzielt, wie es zuerst bei C. oviforme gelungen ist: indem nämlich der die Cysten enthaltende Koth, mit einer geringen Wassermenge be- feuchtet, in die feuchte Kammer gebracht wurde. Der ganze Entwick- lungsprocess, der im Folgenden geschildert werden soll, spielt sich, bei Zimmertemperatur, in 4—6 Tagen ab. Die erste Veränderung, die ich wahrnehmen konnte, bestand darin, dass der Cysteninhalt vier flache Erhebungen bekam, die paar- weise einander gegenüberstanden, während gleichzeitig die Mitte etwas heller wurde (Fig. 4). Diese Erhebungen sind der erste Anfang der Theilung, aus welcher gleichzeitig vier Theilstücke hervorgehen. Die letzteren bilden, solange sie noch mit einander verbunden sind (Fig. 5), zwei Paare, die so gruppirt sind, dass die Linien, welche die Mittelpunkte je zwei zu einem Paare verbundener Kugeln mit einander verbinden, einander kreuzen. So kommt es, dass das Stadium mit vier noch verbundenen Theilstücken, von verschiedenen Seiten gesehen, verschiedene Bilder gibt, wie man sich leicht überzeugt, wenn man dasselbe Stadium durch Drehen bewegt. Geht man z. B. von einer Lage aus, wie sie Fig. 5 zeigt, so sieht man oben zwei Kugeln neben einander liegen, während bei genauerer Örientirung unten die eine Kugel durch die andere verdeckt wird; die Gegenwart der zweiten unteren Kugel wird erst bei tiefer Ein- stellung oder bei geringer Drehung des Objectes um die Längsaxe der Cyste sichtbar. Wird das Object um die gleiche Axe um 90° ge- dreht, so sieht man oben nur eine Kugel, unten dagegen deren zwei. Dreht man um die in der Bildebene gelegene Queraxe der Cyste, so erhält man ein Bild, wie es in Fig. 6 wiedergegeben ist; dreht man schliesslich um die dritte, noch übrig bleibende Axe, so stehen die Kugeln so, dass zwei davon, welche in der Längsaxe der Cyste hinter einander liegen, die zwei anderen quer dazu gestellten Kugeln z. T. verdecken. Es sind also drei verschiedenartige Bilder, welche man bei Betrachtung des Objectes von verschiedenen Seiten Verhandl, d. Heidelb, Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie. V. 26 374 Dr. A. Schuberg: erhält, vorausgesetzt, dass man eine der Hauptaxen in die Bildebene gelegt denkt. Schon in dem geschilderten Stadium, noch vor der völligen Trennung der einzelnen Theilstücke, bemerkt man, dass sie ihre Kugel- gestalt aufgeben, um die eines Rotationsellipsoides anzunehmen; so- bald sie völlig von einander getrennt sind, haben alle diese Form angenommen. Ihre Lage in der Oyste ist dann eine unbestimmte (Fig. 7). Einen Restkörper habe ich nur in einigen wenigen Fällen in Form eines sehr kleinen Kügelchens wahrgenommen; ob er sonst fehlte oder mir nur entgangen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Die durch Viertheilung entstandenen „Sporoblasten“ bilden sich nun weiterhin zu Sporen um. Zunächst zieht sich hierbei ihr eines Ende in die Länge, so dass sie eine annähernd spitz-eiförmige Form annehmen (Fig. 8—9). An der Spitze sind die Körnchen, welche sonst noch das Innere der Sporoblasten erfüllen, nicht vor- handen, es bildet sich vielmehr hier eine etwa dreieckige helle Zone. An der äussersten Spitze bemerkt man dann bald ein glänzendes Körnchen (Fig. 10). Das nächste Stadium, welches ich nun zu beschreiben vermag '), schliesst sich nicht unmittelbar an das letztgeschilderte an, sondern bildet bereits den Abschluss der Sporenentwicklung. In den reifen Cysten (Fig. 11) findet man jede Spore gebildet: von einer sehr feinen Membran, zwei Sporozoiten (Sichelkeimen) und einem ziemlich grossen Restkörper. An einem Pole der Sporenmembran bemerkt man ein plattes glän- zendes Gebilde, das sogenannte Stzeda’sche Körperchen, das zuerst von Stieda (p. 134, Tafel III, Fig. 8) bei C. oviforme beobachtet worden ist. Seine Lage, wie sein optisches Verhalten lassen es mir ') Ich habe zwar mehrfach Stadien beobachtet, bei welehen einzelne hellere Stellen den Beginn der Sporozoitenbildung anzudeuten schienen, doch war es mir mit den damals von mir benutzten Objectiven nicht möglich, die sich darbietenden Bilder zu verstehen; ich halte es deshalb für besser, sie hier zu übergehen, Die Coccidien aus dem Darme der Maus. 375 nicht zweifelhaft erscheinen, dass es mit dem glänzenden Körnchen identisch ist, welches man bei den an einem Pole zugespitzten Sporo- blasten bemerkt, und dass es aus diesem entsteht. Ob das Stieda’sche Körperchen eine Verdickung der Sporenmembran ist, wie in der Regel angenommen wird, oder ein selbstständiges Gebilde, das ihr nur sehr dicht anliegt, konnte ich nicht entscheiden; ich halte letzteres mindestens nicht für unmöglich. Die Sporozoiten sind in der Zweizahl vorhanden. Ihre Lage ist nicht leicht zu ermitteln; denn obwohl sie eine ganz bestimmte ist, erhält man doch, in Folge des Fehlens jeder Symmetrie in den Lage- rungsverhältnissen, bei Betrachtung von verschiedenen Seiten ausser- ordentlich verschiedene Bilder. Auch hier kann nur Drehen und Rollen des gleichen Objects zur Erkenntniss des Verhältnisses führen. Beide Sporozoiten sind länger als der Längsdurchmesser der Spore und demgemäss in ihr zusammengekrümmt. In welcher Weise dies der Fall ist, geht am besten aus den Figuren 11—13 hervor. (In Fig. 13a und b sind die beiden Sporozoiten der in Fig. 13 gezeichneten Spore jeder für sich dargestellt, um ihre Gestalt und Lagerung klarer zur An- schauung zu bringen ').) Beide liegen mit ihrer Oberfläche unmittel- bar unter der Sporenmembran und biegen sich je von den Polen der Spore in entgegengesetzten Richtungen herum. Nur mit dem einen Ende erreichen sie indessen jeweils den andern Pol, da ihre von den Polen nach verschiedenen Richtungen gehenden Theile nicht gleich gross sind. Das kürzere Stück des einen Sporozoites (a) legt sich nun so zwischen die beiden zurückgekrümmten Schenkel des andern b, dass es den ganzen Raum dazwischen ausfüllt; umgekehrt füllt das längere Stück des letzteren (b) den Zwischenraum zwischen den Schenkeln des ersteren (a) völlig aus. Zwischen dem kürzeren Schenkel des Sichel- keimes b und dem längeren von a bleibt dagegen ein ziemlich 1) Aehnliche Fälle, wo die Sichelkeime gleichfalls bedeutend länger sind als der Längsdurchmesser der Sporen und deshalb umgebogen in diesen liegen, sind von Thelohan (92,1, p. 154 u. 158) beschrieben worden (Coccidium eruciatum aus der Leber von Caranx trachurus und C. spec. aus der Leber des Härings und der Sardine). 26* 376 Dr. A. Schuberg: breiter Raum, an welchem kein Sichelkeim die Oberfläche der Sporen- membran berührt. An dieser Stelle liegt daher der zwischen den Sichelkeimen liegende grosse Restkörper theilweise unmittelbar unter der Sporenmembran zu Tage. Der Restkörper besitzt eine ellipsoide Gestalt und wird, mit Aus- nahme der eben erwähnten Stelle, von den Sporozoiten bedeckt. Während diese homogen und blass glänzend erscheinen, ist der Rest- körper ziemlich grobkörnig, er enthält offenbar den bei der Bildung der Sichelkeime ausgestossenen Rest der im Protoplasma des Coceidien- körpers und auch noch in den Sporoblasten enthaltenen Körnchen. Ueber die Art und Weise, wie die Sporozoiten und der Restkörper aus den Sporoblasten gebildet werden, stehen mir leider ebensowenig Er- fahrungen zu Gebote, wie über die Kernverhältnisse der Sporoblasten, Sporen und Sporozoiten. Die Ausbildung der beiden Sporozoiten und des Restkörpers stellt das Endstadium der Entwicklung dar; ich habe die gleichen Cysten mehrere Monate in dem nämlichen Zustande verharren sehen. Eine Veränderung tritt offenbar erst bei Aufnahme der reifen Cysten in ein neues Wirthsthier auf. Schon Eimer hat offenbar Einiges von der Weiterentwicklung des Inhaltes in der Cyste wahrgenommen (p. 14 ff.). Er hatte einige Stücke des Darmes von Mäusen in Chromsäurelösung gelegt und traf „hier eine eigenthümliche Furchung des Inhaltes der Psorospermien- kapseln: in der Kapsel lagen meist runde oder länglichrunde, aus körniger Masse bestehende Körper, welche sich in verschiedenen Stadien der Teilung in 3, 4, 6 und wahrscheinlich auch 12 kleinere Körperchen befanden“. Die von ihm in den Fig. 59—61 abgebildeten Stadien dürften wohl solchen mit schon ziemlich reifen Sporen ent- sprechen, wie sie etwa meine Fig. 11—15 zeigen; nur hat eben Eimer die genaueren Bauverhältnisse damals noch nicht erkennen können. Auch Grassi hat die Entwicklung der Cysten im Kothe — bei weissen Ratten — beobachtet, sie indessen nicht genauer be- Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 377 schrieben ; er sagt hierüber nur: „Il coceidio dei nostri ratti, con- trariamente a quanto si ammette pell’ Eimeria, per riprodursi ha bisogno di passare un certo tempo in vita libera, in cui entra colle fecie quando & incapsulato: in vita libera si segmenta e produce i corpi faleiformi*. (L. c. p. 86.) Clarke (95, 2) hat die Entwicklung der Cysten bis zur Bildung der Sporozoiten verfolgt, doch namentlich die Lage der letzteren nicht richtig erkannt, wie ich unten (vgl. S. 379) noch ausführen werde. Die Art und Weise, wie die vier Sporen aus dem zusammenge- zogenen, in der Cyste liegenden Coceidienkörper entstehen, ist bisher bei anderen, näher verwandten Formen wohl nicht immer in ganz richtiger Weise geschildert worden. So gab z.B. Stieda (p. 134) an, dass bei C. oviforme zuerst zwei und dann erst vier Theilstücke in der Cyste gefunden wurden. Balbiani (84, p. 104) stellte den Vorgang in gleicher Weise dar. Dagegen berichtet Leuckart (p. 267), dass „sich in den von ihm beobachteten Fällen an der Körnerkugel, auch wenn diese eine noch zusammenhängende Masse darstellte, immer schon die späteren vier Theilstücke gegen einander absetzten“. Er liess es daher „zweifelhaft, ob eine Zweitheilung vorausgeht oder die vier Ballen gleich von vornherein vorhanden sind“. Züeck (p- 56) sah bei C. oviforme ebenfalls niemals eine Zweitheilung, stellte eine solche indessen auch nicht in Abrede; bei C. perforans dagegen hielt er eine directe Viertheilung für wahrscheinlich. L. Pfeiffer spricht sich wiederum für eine vorhergehende Zweitheilung aus (88, p. 365, Fig. le). In einer späteren Schrift (91, p. 52 ff.) geht er auf diesen Punkt nicht näher ein; unter seinen Figuren entsprechen zwei (Fig. 16d und e) den von mir in Fig. 4—6 wiedergegebenen Stadien ; eine andere dagegen (Fig. 16c) scheint für eine Zweitheilung zu sprechen. In den von R. Pfeiffer (1892) veröffentlichten Photo- graphien findet sich nirgends eine Cyste mit zwei Kugeln, sondern nur Stadien, welche den von mir gesehenen recht genau entsprechen (vgl. Photogr. IV, VII und VIII); auch im Texte spricht der letztge- nannte Autor sich für eine sofortige Viertheilung aus („Die centrale Plasmakugel beginnt sich zu ballen und sendet vier flache Hervor- 378 Dr. A. Schuberg: ragungen aus“). Nach alledem ist wohl kein Zweifel, dass auch bei C. oviforme gleichzeitig vier Theilstücke gebildet werden, wie ich es oben für die vorliegende Form dargestellt habe‘). Man muss daher die Bildung der Sporoblasten als Theilung, wie dies zuletzt auch Labbe (93, 3, p.273) betont hat, und nicht als Knospung auffassen. Diese An- sicht stimmt überdies mit dem überein, was von verschiedenen anderen Coecidien?) bekannt ist, und schliesst auch näher an den Theilungsmodus der Gregarinen an, wo ja ebenfalls eine simultane Sporenbildung stattfindet. Die Zuspitzung, welche die Sporoblasten vor der Umbildung zu Sporen am einen Pole erfahren (Fig. 8—10), ist schon bei verschiedenen “anderen Coceidien beobachtet worden. So hat Schneider ähnliches be- schrieben bei Cyclospora glomericola (81, p. 395, Fig. 30—32), Isospora rara (Ibid. Fig. 69) und Coceidium proprium (Ibid. Fig. 8—10)?) und R, Pfeiffer bei Coccidium oviforme (p. 8, Photogr. III und IV). Ueber die Bedeutung der Zuspitzung bin ich nicht ganz sicher. Anfangs dachte ich, es könnte sich vielleieht um eine Bildung ähnlicher Körperchen handeln, wie sie zuerst Schneider bei Cyclospora glo- mericola beschrieben hat (79, p. 394), und die von diesem Forscher und von Dütschli (Protozoa, p. 561) mit den „Richtungskör- perchen“ verglichen wurden. Nach neueren Beobachtungen von Zabbe (93, 3, p. 409) scheint es, dass derartige Körperchen, die ich als „Schneider’sche Körperchen“ bezeichnen möchte, eine weitere Verbreitung haben; doch hebt Zabbe besonders hervor — was sehr !) Ich habe neuerdings — während des Abschlusses dieser Arbeit — Gelegenheit gehabt, mich davon zu überzeugen, dass auch bei C. oviforme directe Viertheilung vorhanden ist. 2) Vgl. z. B. Baroussia ornata (Schneider, Tabl. Zool., T. I, Taf. II, Fig. 5), Klossia dimidiata (Ibid. T. I., Taf. III, Fig. 3—4), Coceidium sphaericum (Ibid. T.IJ, Taf. V, Fig: 15, 19, 20), C. proprium (Ibid. T. II, Taf. V, Fig. 21) u. a. a. O. 3) In der früheren Arbeit hatte Schneider die Sporen als Sichelkeime beschrieben; später hat er selbst den Irrthum berichtigt und gleichzeitig ge- zeigt, dass die früher als Orthospora propria bezeichnete Form in das Genus Coceidium einzubeziehen ist (87, p. 12). Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 379 wichtig ist —, dass bei ein und derselben Art die Bildung der Körperchen nicht immer stattfindet. Es scheint mir nun aber zweifel- los, dass bei der von mir beschriebenen Form und bei Coccidium oviforme das zugespitzte Stadium den Bildungsprozess des Stieda- schen Körperchens andeutet. Wenn dieses aber eine Verdickung der Sporenhülle darstellt, wie es den Anschein hat, so kann natürlich eine Homologie mit den „Schneider’schen Körperchen* nicht vorhanden sein. Eine solche ist ausserdem aus dem Grunde nicht wahrscheinlich, weil die Schneider’schen Körperchen ausserhalb der Sporenhülle frei in der Cyste gelegen sind, und weil ferner, nach Schneider, bei Cycelospora glomericola das zugespitzte Stadium der Sporoblasten sich noch findet, wenn die Körperchen schon gebildet sind (l. ce. Fig. 30 und 31). Daraus geht hervor, dass dies Stadium mit der Bildung der Schneider’schen Körperchen nichts zu thun haben kann. — Es wäre wohl von Interesse, wenn über die feineren Vorgänge bei Bildung der Stieda’schen wie der Schnerder’schen Körperchen sich Genaueres ermitteln liesse, namentlich auch über das Verhalten des Kernes. Für Diplospora lacazii stellt Labd€E (93, 3, p. 409) eine Betheili- gung des letzteren bestimmt in Abrede, was auch gegen eine Homolo- gisirung der Schneider’schen Körperchen mit Richtungskörperchen sprechen würde. Den Bau der reifen Spore bei den Coccidien der Maus hat ausser mir nur noch Ularke (95, 2) beschrieben. Er behauptet, dass die Lage der Sporozoiten in der Spore die gleiche sei wie bei den Leber- coceidien des Kaninchens. Da er nun weiterhin angibt, dass ihm in einem Falle eine Uebertragung von Lebercoceidien in eine Maus ge- glückt sei, so könnte man glauben, dass es sich hier überhaupt um C. oviforme gehandelt habe. Indessen ist dies eine Experiment — zwei andere glückten nicht! — vielleicht doch nicht ganz einwandsfrei gewesen und überdies zeigt ein Vergleich seiner aller- dings etwas mangelhaften Figuren, dass er doch die gleiche Form, wie ich, vor sich gehabt hat. Die Zeichnungen der beiden Sporen, welche er in Fig. 5 (links unten) und Fig. 6 (rechts oben) dargestellt hat, lassen sich mit der Schilderung Balbianv’s von C. ovi- 380 Dr. A. Schuberg: forme nicht in Einklang bringen, stimmen dagegen mit meinen Fi- guren annähernd überein. Derartige Ansichten der Sporozoiten, wie sie Olarke wiedergegeben hat, erhält man, wenn man z. B. die in meinen Figuren 12 und 13 dargestellten Sporen um ihre Längs- axe um 180° gedreht denkt. Die in diesen beiden Figuren einge- zeichnete tiefere Einstellung entspricht spiegelbildlich den Figuren Clarke's ziemlich genau, was eben beweist, dass man die Spore nur in der angedeuteten Weise zu drehen braucht, um die von Ülarke gezeichneten Ansichten zu erhalten. Bei C. oviforme besitzen die beiden Sporozoiten nach Dalbiani eine kommaartige Gestalt und sind derartig an einander gelagert, dass ihre auf der gleichen Seite ge- legenen verdickten Enden den Restkörper zwischen sich lassen. Sie sind nur wenig umgebogen, also auch wenig länger als der Längs- durchmesser der Sporen, während sie bei den Coceidien der Maus die Länge der Sporen beträchtlich übertreffen. H. Die intracellulär sich vermehrenden Coccidien des Darmes (Eimeria-Typus). In zwei erwachsenen Mäusen fand ich ausser den im vorigen Abschnitte beschriebenen Coceidien auch die Formen, welche Eimer hauptsächlich beobachtet hatte und die später von Schneider Ei- meria genannt worden sind. Die jüngsten intracellulären Stadien, welche ich antraf'), waren rundliche, ovale, auch mitunter weniger regelmässige Körperchen (Fig. 17—18), welche innerhalb der Darmepithelzellen, zwischen deren freier Oberfläche und dem Kerne, gelegen waren und etwa die Grösse dieser Kerne besassen. Diese wurden häufig schon durch die jungen Coceidien 1) Nur bei der einen Maus konnte ich den Darminhalt in frischem Zu- stande einer kurzen Untersuchung unterziehen; im Wesentlichen war ich auf die Untersuchung von Schnitten angewiesen. Conservirt habe ich den Darm in concentrirter wässeriger Sublimatlösung. Gefärbt wurde meist auf dem Ob- jeetträger. Die Färbung der Kerne ist ziemlich schwierig, gelang aber schliess- lich in ziemlich befriedigender Weise mit Delafield’schem Hämatoxylin, Thio- nin, und vor allem mit Gentianaviolet (nach Ehrlich, vgl. Behrens, Tabellen z, Gebrauch bei mikroskop. Arbeiten, II. Aufl. p. 110). Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 381 etwas eingebuchtet. Das wenig körnige Protoplasma färbt sich ziem- lich stark. Der meist in der Mitte gelegene Kern des Coceidiums stellt ein relativ grosses Bläschen dar und enthält einen ebenfalls ziemlich grossen Nucleolus, der sich meistens nicht viel stärker färbt als das Protoplasma. Die grösseren Stadien erfüllen die Epithelzellen schliesslich so vollständig, dass von ibnen ausser dem flach zusammengedrückten Kern nur ein geringer Protoplasmarest zurückbleibt (Fig. 24). Unter den grösseren Stadien kann man zwei Formenreihen unterscheiden. Die Formen der einen Reihe unterscheiden sich von den jüngeren Stadien nur durch die Grösse und die Lage des Kernes. Die Be- schaffenheit des Protoplasmas und des Kernes ist die gleiche wie bei den jüngeren Zuständen, mit denen sie durch allmähliche Uebergangs- stadien verbunden sind; dagegen ist der Kern meistens nicht mehr in der Mitte gelegen, sondern dem einen Pole angelagert (Fig. 19). Die andere Reihe von Formen ist vor allem durch die allmäh- liche Entwicklung von Körnchen charakterisirt, welche in das Proto- plasma eingelagert sind. Die Körnchen sind zuerst nur undeutlich wahrzunehmen (Fig. 20), und von dem noch ziemlich stark tingir- baren Protoplasma wenig unterschieden. Je mehr sie an Deutlichkeit zunehmen, desto heller und weniger stark färbbar wird das Proto- plasma (Fig. 21). Sie färben sich mit Alauncochenille, Hämatoxylin, Eosin, Orange (in Diondi’s Gemisch) und sind unter der Oberfläche dichter gelagert. In gleichem Maasse, als die Körnchen besser sichtbar werden, wird die vorher ziemlich deutliche Begrenzung des Kerns gegen das Protoplasma, die den Eindruck einer besonderen Membran macht, all- mählich undeutlich, so dass es den Anschein hat, als ob nur eine cen- trale hellere und körnchenfreie Protoplasmapartie übrig bliebe, in deren Mitte der stärker färbbare Nucleolus gelegen ist (Fig. 20—21). Der Kern behält stets seine centrale Lage. Diese zweite Reihe von Formen, welche durch die Einlagerung von Körnchen charakterisirt ist, führt zweifellos zu denjenigen Zuständen, welche eine Cystenmembran abscheiden und dann, von dieser umhüllt, 382 Dr. A. Schuberg: in das Lumen des Darmes und von hier in’s Freie gelangen, um hier die im I. Abschnitt geschilderten Vermehrungsvorgänge zu durchlaufen. Die encystirten Formen enthalten nämlich stets die gleichen Körnchen und unterscheiden sich nur dadurch von den in den Epithelzellen liegenden cystenlosen und jüngeren Stadien, dass bei ihnen jede Spur der ursprünglichen Kernmembran geschwunden ist und dass man in ihrer Mitte nur noch einen centralen gefärbten Körper antrifft, der von keinem hellen Hof mehr umgeben ist und dem früheren Nucleolus vollständig gleicht. Auf Grund ähnlicher Beobachtungen bei Coccidium delagei ist Zabbe (93, 3, p. 271) zu der Anschauung gelangt, dass das, was man bei den Coceidien bisher meist als Nucleolus bezeichnet hat, und was ich selbst auch oben stets unter dem gleichen Namen an- geführt habe, in Wirklichkeit als Nucleus aufgefasst werden müsse. Es ist mir nun zwar nicht recht wahrscheinlich, dass der bei den en- eystirten Coceidien gefundene gefärbte Körper, der sich wie ein ächter Kern darstellt, einfach aus dem Nucleolus des früheren bläschenför- migen Kerns entsteht. Andererseits aber scheint es mir auch nicht zulässig, schon auf früheren Stadien das, was ich mit den andern Au- toren als Nucleolus bezeichnet habe, als Kern selbst zu deuten, da nicht nur die Abgrenzung des hellen Hofes gegen das Protoplasma ganz den Eindruck einer wirklichen Kernmembran macht, sondern da auch gerade das Gebilde, das ich als Kern bezeichnet habe, viel mehr mit dem übereinstimmt, was nicht nur sonst bei Coccidien, sondern auch bei Gregarinen zu beobachten ist, wo ja der Kern fast immer den gleichen bläschenartigen Bau mit einem eingelagerten grossen Nucleolus besitzt. Ich glaube, dass es sich empfehlen dürfte, zunächst noch genauere Untersuchungen über diese Verhältnisse bei einem gün- stigeren Objecte anzustellen, ehe man die bisherige Anschauung fallen lässt. Kehren wir nun wieder zu’ der ersten Reihe von Formen zurück, bei welchen eine Bildung von Körnchen unterbleibt und bei welchen der Nucleus an die Oberfläche gerückt ist. Für diese erscheint nun nicht zweifelhaft, dass sie als vorhergehende Stadien zu anderen intracellu- lären Formen gehören, bei denen eine Vermehrung des Kerns statt- Die Coceidien aus dem Darme der Maus, 383 gefunden hat. Schon bei einer ganzen Anzahl von Coeccidienarten ist beobachtet worden, dass der Beginn der Fortpflanzung durch eine Wanderung des Kerns an die Oberfläche angezeigt wird, so z. B. bei Baroussia ornata Schn. (Tabl. zool. I, p. 5), Adelea ovata (Ibid. II, p. 11), Klossia simplex (Ibid. II, p. 14) durch A. Schneider, bei Coccidium gasterostei durch Thelohan (90, p. 4, Pl. VIII, Fig. 4ff.), bei Coceidium delagei durch Labbe (93, 3, p. 271). Da nun der Kern bei den encystirten Formen stets deutlich in der Mitte liegend angetroffen wird, solange sie sich noch innerhalb des Darmes befinden, und da ich ausserdem bei Mäusen, welche nur Cysten, bezw. körnchenhaltige Stadien im Darme enthielten, niemals Formen auffand, bei denen der Kern an die Peripherie gerückt war '), so ist wohl als sicher anzunehmen, dass diese letzteren den innerhalb des Darmes sich abspielenden Vermehrungsprocess einleiten. Bei diesem Vermehrungsprocess unterbleibt die Bildung einer Cyste. Zwar hat Eimer angegeben, dass eine dünnwandige Cyste abgeschieden werde. Doch habe ich eine solche niemals wahrnehmen können und auch bei andern Eimeria-Formen stets vermisst. Ich möchte vermuthen, dass der Rest der Epithelzelle, in welchem das Thier liegt, und der oft ausserordentlich dünn wird, bisher fälschlicher Weise als Cyste gedeutet worden ist. — Auch LaÖdbe hat sich neuer- dings gegen das Vorhandensein einer Cyste bei den Eimeria- Formen ausgesprochen. Die Kleinheit des Objectes und das verhältnissmässig spärliche Material, das mir zur Verfügung stand, haben mir nicht erlaubt, die feineren Vorgänge der Vermehrung aufzuklären. Ich konnte nur feststellen, dass der Kern in etwa acht Kerne getheilt wird; ob dies aber auf dem Wege der Mitose erfolgt, vermag ich nicht anzugeben. Meist fand ich acht, doch auch sieben oder neun Kerne. !) Wie ich oben erwähnt habe, beginnt die Vermehrunginnerhalb der Cysten erst dann, wenn diese den Darm bereits verlassen haben; ob hierbei der Kern auch an die Oberfläche wandert, vermag ich nicht anzu- geben, da ich bei diesen Vorgängen die Kernverhältnisse nicht verfolgen konnte, 384 Dr. A. Schuberg: L. Pfeiffer hat bei C. oviforme (91, p. 52ff. u. a. a. O.) eine grössere Anzahl von Kernen beschrieben; doch hat A. Schneider (93, p. 24) gezeigt, dass Pfeiffer irrthümlicher Weise die Reserve- körnchen als Kerne gedeutet hat, und Pfeiffer selbst hat später (93, p. 24) seinen Irrthum verbessert. Ein Vergleich meiner Fig. 25 mit Fig. 21 zeigt deutlich, dass es sich in ersterer Figur um wirkliche Kerne handelt, und dass hier eine Verwechselung, wie sie Pfeiffer passirte, ausgeschlossen ist. Das eben erwähnte mehrkernige Stadium führt nun zur Bildung der Sporozoiten, die ich gleichfalls stets in der Zahl von etwa 7—9 antraf, was auch schon Zimer angegeben hat. Wie die Sichel- keime aus dem mehrkernigen Stadium gebildet werden, habe ich nicht selbst mit Sicherheit beobachten können, doch scheint es, dass ihre Entwicklung in ähnlicher Weise vor sich geht, wie sie Schneider von Eimeria nepae geschildert hat. Hier entstehen die Sporozoiten alle auf einer Seite, indem anscheinend von einem Pole her die Sporozoiten sich von einander trennen, während sie am entgegengesetzten Pole, wo der Restkörper zurück bleibt, noch länger zusammenhängen. Ich selbst habe bei der Maus zwar solche Stadien gefunden, wo die Sichelkeime ziemlich regelmässig in Gestalt der Theile einer Orange angeordnet waren, habe aber nie mit Sicherheit einen Rest- körper beobachtet. Dagegen ist er von Eimer mehrfach in der ent- sprechenden Lage abgebildet worden (l. c. Fig. 29a, 32, 33). Ich habe diese Dinge fast nur auf Schnitten untersuchen können, was vielleicht Schuld daran ist, dass mir der Restkörper nicht zu Ge- sicht kam. Die Zimer’schen Angaben dürften immerhin dafür sprechen, dass die Entwicklung der Sporozoiten in ähnlicher Weise wie bei Eimeria nepae vor sich geht. Mehrfach habe ich beobachtet, dass die Sporozoiten nicht genau meridional angeordnet, sondern dass ihre Contouren etwas spiralig ge- dreht waren (Fig. 22). Ihr Querschnitt ist rund, wovon man sich auf Schnittpräparaten öfter deutlich überzeugen kann. Der Kern ist bläschenförmig, mit grossem Nucleolus versehen und liegt in der- Mitte des Sichelkeimes. Sein Durchmesser ist nahezu so gross wie der quere Durchmesser des letzteren, so dass man auf den Quer- Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 385 schnitten um den Kern herum nur einen schmalen Protoplasmaring wahrnimmt. Häufig liess sich am einen Pole des Sichelkeimes eine hellere Zone wahrnehmen, die auch schon Eimer (1. c. Fig. 39, 40) gesehen hat (Fig. 22 und 23). Im Uebrigen färbt sich das Proto- plasma ziemlich stark. Schon innerhalb der Wirthszelle verändern die Sporozoiten ihre Lage, so dass man sie öfter auch schräg oder quer über einander liegend antrifft; auch dieses hat schon Zimer richtig dargestellt, so dass ich hierauf weiter nicht einzugehen brauche. Die freien Sporozoiten, die ich im Inhalte des Darmes lebend beobachtet habe, hatten ein glänzendes Aussehen (Fig. 14—16) und zeigten deutlich die sichelförmige, an beiden Polen zugespitzte Gestalt. Der Kern war mitunter in Form eines helleren Fleckes sichtbar (Fig. 16). Die Bewegungen der freien Sporozoiten hat Drmer (p. 6) folgender- maassen beschrieben: „Die Bewegungen bestanden zunächst in einem offenbar willkürlichen sich Beugen und Strecken des Körpers in der Art, dass die Beugung stets nach derselben Richtung, nämlich nach der concaven Seite des Viertelmondes hinging. Manchmal beugten sich seine beiden spitzen Enden gleichzeitig nach dieser Richtung hin, die Concavität vermehrend, so dass eine mehr G-förmige Figur ent- stand. Oefter bog nur das eine Ende des Körpers ein und es konnte auf diese Weise z. B. die Form einer 9 annähernd gebildet werden. (Vgl. Fig. 36, 41 und 42.) Die Biegungen und die verschieden- artigsten Modificationen, in denen sie auftraten, wechselten mit Streckungen ab; beide folgten mit grösster Unregelmässigkeit bald rasch, bald in längeren Zwischenräumen auf einander. Im Ganzen waren die Bewegungen selbst langsam, doch konnte sich ihre Ge- schwindigkeit bis zu fast plötzlichem Einschnellen steigern.“ Die Beschreibung Zimer’s kann ich im Wesentlichen bestätigen; nur habe ich nie eine so starke Herumkrümmung des einen Endes ge- sehen, dass die Form einer 9 entstanden wäre, und ferner fand ich die Bewegungen stets langsam. Andererseits kam es mitunter vor, dass die Bewegung doch nicht ganz genau in einer Ebene erfolgte, 386 Dr. A. Schuberg: sondern dass sich das eine Ende des Sichelkeimes etwas aus derselben herauskrümmte, doch fand dies nie in sehr erheblichem Maasse statt (Fig. 14). Eimer gibt weiter an (p. 7), dass „die Beugung des Körpers so weit gehen konnte, dass derselbe zu einem runden, glänzenden Kügelchen sich zusammenzog und zusammenrollte. Diesen Vorgang habe er selbst direct beobachtet. Es geschah aber dann das sich Einrollen und Zusammenziehen meist sehr langsam und allmählich, in einem speciellen Fall in Zeit von vielleicht einer halben Stunde — und es war dasselbe von keinem Wiederaufrollen, von keiner Streckung mehr gefolgt.“ Ebenso schreibt Z. Pfeiffer von den Coceidien (Eimeria) des Kaninchens (91, p.50): „Einige von diesen Sichelkeimen nehmen auf dem gewärmten Objectträger, wenn ohne Wasserzusatz unter- sucht wird, eine amöboide Contourveränderung an, erhalten langsam eine Umänderung zur unregelmässigen Scheibenform mit centralem Kern“. R. Pfeiffer dagegen gibt an, dass er bei den gleichen Sichelkeimen aus dem Kaninchen jede Eigenbewegung vermisst habe. A. Schneider (Tabl. zool.2, II., p. 8) beschreibt bei Eimeria nepae Contractionen, besser gesagt vielleicht „Metabolie“; amöboide Bewegungen konnte er keine beobachten. — Ich selbst habe ausser den obenerwähnten Krüm- mungen keine anderen Bewegungen gesehen und halte es für nicht ausgeschlossen, dass die von Eimer und L. Pfeiffer beschriebenen Contourveränderungen als pathologische, dem Absterben vorausgehende Erscheinungen gedeutet werden müssen. Nach L. Pfeiffer sollen die amöboid beweglichen Sichelkeime in die Epithelzellen eindringen. Hierüber stehen mir eigene Beobach- tungen nicht zu Gebote. Ausser den vorstehend gebildeten Eimeria-Formen, die im Wesentlichen mit den Darstellungen Eimer’s übereinstimmen, habe ich nun noch einige weitere intracelluläre Gebilde beobachtet und zwar von zweierlei Art. Die einen haben die Grösse der reifen, zur Sichelkeimbildung schreitenden Formen. Doch findet man nicht nur 7—10 Kerne in der Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 387 Peripherie des Körpers, sondern eine bedeutend grössere Anzahl von solchen. Zuerst glaubte ich, es handle sich um Vorbereitungsstadien zur Encystirung, und die an der Peripherie gelegenen gefärbten Körper seien die bekannten Reservekörnchen. Aber es ergab sich, dass dies doch nicht der Fall ist. Denn einmal sind diese auf solchen Stadien nie so aus- schliesslich auf die Peripherie beschränkt, und ausserdem konnte man in den gefärbten Körperchen eine Structur erkennen; es liegen näm- lich anscheinend etwa 4—6 dunkle gefärbte Körnchen in der Peripherie des Körperchens. Schliesslich aber — und dies ist ausschlaggebend — war nie in der Mitte ein Kern zu erkennen, wie das bei den körnchenhaltigen Vorbereitungsstadien zur Encystirung stets der Fall ist (Fig. 26). Die zweite Gruppe der in Rede stehenden intracellulären Gebilde war folgendermaassen beschaffen: Um eine ziemlich grosse centrale Kugel, die sich in ähnlichem Tone wie das Protoplasma der reifen intracellulären Eimeria-Formen färbt, liegt eine grosse Menge von kleinen Körpern, deren Natur nicht leicht zu erkennen ist. Soviel ich indessen bemerken konnte, handelt es sich um Elemente, die eine ähnliche Gestalt besitzen wie Sporozoiten und sich von diesen vor allem durch eine viel geringere Grösse unterscheiden. In der Mitte jedes dieser Körperchen befindet sich ein stark färbbares Gebilde, das die gleiche Lage hat wie der Kern eines Sichelkeimes und wohl auch als Kern anzusprechen ist (Fig. 27). Meine Auffassung dieser Dinge geht nun dahin, dass es sich wohl um eine zweite, kleinere Form von Sporozoiten handelt, die sich von den früher geschilderten Sporozoiten nicht nur durch bedeutend ge- ringere Grösse und durch eine bedeutend grössere Anzahl, sondern auch durch das Auftreten eines ziemlich grossen Restkörpers bei ihrer Entwicklung unterscheiden. In dem in Fig. 26 dargestellten Stadium sind die Kerne der zukünftigen kleinen Sporozoiten an die Oberfläche gewandert; anscheinend findet, wenn sie sich zur Bildung der Sporo- zeiten mit Protoplasma umgeben, eine Verkleinerung des Kernes statt. Vor einigen Jahren hat TZhelohan (92, 2, p. 163) aus dem Darme, der Niere und anderen Organen verschiedener Fische eigen- 388 Dr. A. Schuberg: thümliche Parasiten beschrieben, über deren Natur er zu keinem sicheren Resultate kam. Es waren ovoide Cysten, in welchen ausser einem „Kerne“ eine Anzahl kleiner stäbchenartiger Gebilde gelegen waren; diese endigten am einen Pole spitz, am anderen waren sie durch einen eingelagerten Kern abgerundet. Ueber ihre Entstehung konnte Thelo- han nichts ermitteln, wohl aber bei im Darme vorkommenden Formen feststellen, dass sie aus der Hülle in das Lumen des Darmes gelangen. Thelohan selbst vergleicht diese Parasiten mit Eimeria, von der sie hauptsächlich durch den „Kern“ unterschieden seien. Es fragt sich aber, ob dieser Kern nicht etwa doch ein grosser Restkörper ist, obwohl 7helohan sich dagegen ausspricht. In diesem Falle wäre — abgesehen von der Cyste — eine ziemlich grosse Aehnlichkeit mit den Körperchen vorhanden, die ich als eine kleinere Form von Sporo- zoiten deute. Für die Coceidien des Kaninchens gibt ZL. Pfeiffer (91, p. 50) an, dass die Sichelkeime in zweierlei Grössen vorkommen, doch äussert er sich nicht näher über die Grössenunterschiede; es ist daher sehr unsicher, ob diese durch die Grösse verschiedenen Sichelkeime mit dem oben konstatirten Funde etwas zu thun haben. Dagegen scheint Podwyssozki bei C. oviforme (1894, p.483) etwas Aehnliches gesehen zu haben. Er spricht von einem „ausser- ordentlichen Polymorphismus der endogenen Sporulation*. Neben „Sporoceysten ') mit 4—8—10 Sporen kommen solche mit einigen Hunderten von sichelförmigen Sporen vor“. „Die grösseren Sporen erreichen nicht nur den doppelten, sondern den zehnfachen Durchmesser der kleinsten: Solche kleinste Sporen sehen wie feine, gekrümmte, mit je einem Chromatinkörnchen versehene Würmchen aus, besitzen keinen Kopf- und Schwanztheil (? Schbg.) und sind nur mit stärksten Oelimmersionssystemen deutlich zu sehen... .* „Die ganze Sporocyste macht den Eindruck, als ob sie von einer grossen Anzahl von kleinen Vacuolen gebildet sei, und an der Peripherie jeder Vacuole gruppiren !) Verf. bezeichnet wie Pfeiffer u.a. die Cysten als „Sporocysten“, die Sichelkeime aber als „Sporen“; es wäre dringend zu wünschen, dass derartige falsche Ausdrücke aus der Litteratur verschwinden. Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 389 sich 2—4 und noch mehr halbmondförmig gebogene Würmchen. Die kleinen würmchenförmigen Sporen bilden sich folgenderweise: Sobald im Leibe der reifen Coceidie einzelne Centren resp. runde Sporen erschienen sind, wandeln sich diese letzteren nicht direct in eine grosse fischförmige Spore ') um, sondern ihr Nucleolus erleidet eine Theilung in 2 oder 4 Körnchen. Die gebildeten Chromatinkörnchen rücken von einander ab, bleiben aber an einem Centrum gruppirt und wandeln sich in würmchenartige Sporen um. So entstehen die Vacuolen mit den an der Peripherie derselben liegenden halbmondförmigen Würmchen.“ Ich möchte vermuthen, dass die „kleinen würmchenförmigen Sporen“ mit der kleineren Form von Sporozoiten identisch sind. Die „von einander abrückenden Chromatinkörnchen, welche an einem Centrum gruppirt bleiben“, könnten dagegen dem von mir in Fig. 26 wieder- gegebenen Stadium entsprechen. Was den von Podwyssozki ge- schilderten Entwicklungsmodus betrifft, so habe ich vor allem nie gesehen, dass die kleinen Körperchen um „Vacuolen“ herum liegen; ich vermag nicht anzugeben, ob hierin seine Angaben, die ja für C. oviforme gelten, der Wirklichkeit entsprechen oder auf Täuschung beruhen; doch möchte ich das letztere vermuthen. Denn ganz neuer- dings hat J. J. Clarke (95, 3, p. 248) von C. oviforme eine Ab- bildung (Fig. 5) gegeben, die mit der eben erwähnten Figur 26 von mir recht gut übereinstimmt. ÜUlarke zeichnet übrigens zwei weitere Figuren, wonach derartige Stadien in radiärer Richtung zertheilt werden sollen; derartige Stadien sind mir niemals zu Gesicht gekommen, und ich muss gestehen, dass mir die Abbildungen, welche Clarke gibt, doch etwas schematisirt zu sein scheinen. Dagegen hat Labbe (94, p. 538) bei Tritonen eine zweite Form von Sporozoiten beschrieben, die ganz mit den von mir ge- fundenen aus dem Darme der Maus übereinstimmt. Er bezeichnet sie, im Unterschiede von den gewöhnlichen „Macrosporozoiten“, als „Micro- sporozoiten“. Wie bei der Maus wird auch bei den Tritonen von den Macrosporozoiten das ganze Protoplasma des mütterlichen Körpers !) Hierunter versteht der Verf. die gewöhnlichen Sichelkeime des Ei- meria-Typus. Verhandl, d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins, N, Serie. V., 27 390 Dr. A. Schuberg: aufgebraucht und ein Restkörper daher nicht gebildet. Die Micro- sporozoiten dagegen bilden sich auch hier nur an der Oberfläche und es bleibt ein grosser Restkörper zurück. Ihre Zahl ist ferner sehr beträchtlich — sie kann gegen 100 betragen — und ihre Grösse ist etwa die halbe der der Macrosporozoiten. Ich kann die Beobach- tungen Labbe’s bei Tritonen auch an diesem Objecte aus eigener An- schauung vollständig bestätigen, und habe mich dabei überzeugt, dass die Verhältnisse hier ganz analoge sind wie bei der Eimeria der Maus. Man darf daher wohl vermuthen, dass die Bildung von zweierlei Sporozoiten eine in allgemeinerer Ausdehnung vorkommende Erscheinung bei den Eimeria-Formen darstellt. III. Ueber die Zusammengehörigkeit von Coccidium- und Eimeria-Formen zu einem gemeinsamen Entwicklungscyclus. Meine Untersuchungen haben gezeigt, dass bei der Maus drei verschiedene Formen von Coccidien vorkommen. Da erhebt sich natürlich die Frage, ob diese verschiedene Formen getrennten Arten angehören, oder ob sie in den Entwicklungskreis einer Art einzubeziehen sind. Bekanntlich haben L. Pfeiffer und R. Pfeiffer auf Grund der Entdeckung der Eimeria-Formen beim Kaninchen zuerst die An- schauung ausgesprochen, dass diese Formen mit den längst bekannten Coceidien des Kaninchens (C. oviforme) zusammengehörten und nur eine besondere „Wachsthumsrichtung“ derselben darstellten. Ich selbst habe, sobald ich in den im Darme gefundenen Cysten die vier Sporen und in diesen je zwei Sichelkeime zur Entwicklung bringen konnte, und damit ein eventuell zu der Eimeria der Maus gehöriges Dauer- stadium nachgewiesen hatte, die P’feiffer’sche Ansicht für sehr wahrscheinlich gehalten, andererseits aber auch betont, dass eine Entscheidung dieser ‘principiell sehr wichtigen Frage nur durch exact ausgeführte Experimente er- bracht werden kann. Auf diesem Standpunkte stehe ich auch heute noch, trotzdem sich verschiedene Forscher, namentlich Zabbe, dagegen ausgesprochen haben. Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 391 Zunächst steht fest, dass die oft ungeheure Masseninfection, z. B. mit Coceidium oviforme und ebenso auch mit dem cystenbildenden Coceidium des Mäusedarmes eine Vermehrung innerhalb des Thier- körpers nicht nur wahrscheinlich macht, sondern geradezu postulirt. Wenn man bedenkt, dass die Vermehrung vermittelst Sporenbildung in jeder Cyste nur acht Sichelkeime hervorbringt, so müssten bei so massenhaften Infectionen, wie man sie namentlich nicht selten in der Leber der Kaninchen antrifft, ganz ausserordentlich grosse Massen von Cysten von den Thieren aufgenommen worden sein. Ich glaube, dass schon allein dieser Umstand eine Vermehrung der Üoceidien auch innerhalb des Thierkörpers wahrscheinlich macht. Nun hat aller- dings kürzlich Zabbe angegeben, dass die noch nicht encystirten Coc- eidien sich im Darme des Kaninchens, des Huhns und der Sperlinge durch einfache Theilung vermehren (93, 3, p. 272). Da indessen eine ausführliche Mittheilung hierüber meines Wissens noch nicht vor- liegt, so vermag ich nicht zu beurtheilen, ob diese Angabe genügend begründet erscheint. Wenn sie sich als richtig erweist, so wäre ja allerdings die Vermehrung innerhalb des Wirthsthieres in anderer Weise, als A. Pfeiffer, L. Pfeiffer und ich meinen, vorhanden, und könnte daher dieser Punkt nicht mehr als ausschlaggebender Grund für unsere Anschauung vorgebracht werden. Aber gerade so, wie man bei den Formen vom Coccidien- Typus durch die Menge der Infectionen auf die Vermuthung einer Vermehrung innerhalb des Thierkörpers geführt wird, wird man um- gekehrt bei den Eimeria-Formen nothwendiger Weise zur Frage ge- führt werden, wie denn bei diesen Formen die Infection neuer Thiere vermittelt wird? Man muss doch wohl annehmen, dass, wie bei anderen parasitischen Protozoen, die Uebertragung in encystirtem Zu- stande vor sich gehen muss. Ein solcher Zustand ist aber nicht be- kannt, wenn man nicht eben die cystenbildenden Formen vom Cocci- dientypus als hierhergehörig betrachtet. An sich ist gewiss einer Vereinigung der Eimeria- und der Coceidium-Form, etwa bei der Maus, zu einem Entwicklungs- kreis mit Recht entgegenzuhalten, dass nicht selten nah verwandte 27 # 392 Dr. A. Schuberg: Arten von Parasiten bei dem gleichen Wirthsthiere vorkommen. Wenn aber noch aus anderen Gründen — die ich eben angeführt habe — angenommen werden muss, dass der Entwicklungseyclus so- wohl von Eimeria, wie von Coccidium, so wie er bekannt ist, für sich allein nicht als vollständig gelten kann, und wenn andererseits die Zusammenziehung dieser beiden verschiedenen Entwicklungsreihen die bestehenden Lücken befriedigend Ausfüllt, so wird nicht geleugnet werden können, dass ein solches Verfahren immerhin einige Berech- tigung haben dürfte. Aber andere Momente machen die Ansicht von der Zusammen- gehörigkeit der Eimeria- und Coceidienformen noch wahrscheinlicher, worauf namentlich schon L. Pfeiffer wiederholt hingewiesen hat. Ausser Kaninchen und Mäusen, wo je eine Eimeria und je ein Coceidium vorkommen, gibt es noch andere Thiere, bei denen Aehnliches nachgewiesen ist oder vermuthet werden kann. So findet sich im Darme von Lithobius ausser der Eimeria- schneideri Dütschli die Coceidienform Adelea ovata Schneider (87, p. 6), im Darme von Nepa ausser der Eimeria nepae Schneider (87, p. 5) die cystenbildende Baroussia ornata Schneider (85, p. 4), im Darme von Triton-Arten ausser einer Eimeria-Form, die von Steinhauss als Cytophagus tritonis beschrieben worden ist, das Coccidium proprium Schneider, schliesslich hat Labbe (94, p. 538) kürzlich gezeigt, dass bei jungen Distelfinken und bei Lamna cornubica Flem. nicht nur je eine polyspore (Coccidium), sondern auch eine monospore Form (Eimeria) sich vorfindet, und hat ferner das gleiche Verhalten für Tritonen auf’s Neue bestätigt"), und ich selbst habe am letztgenannten Objecte das Gleiche gefunden. In allen diesenFällen handelt es sich jeweils um eine Eimeria mit direeter Entwicklung und um eine eystenbildende Dauerform, welche die Sichelkeime erst in Sporen zur Entwicklung bringt. Das !) Labbe gibt an, dass die von ihm gefundene Monospore mit dem Cytophagus tritonis Steinh. nichts zu thun habe, doch fehlt eine genauere Begründung dafür, Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 393 ist doch eine Regelmässigkeit, die jedenfalls sehr zu Gunsten der Zu- sammengehörigkeit beider Formen spricht. Die Gründe, welche Zabde dagegen anführt, sind durchaus nicht schlagend. Die Verschiedenheit in der Grösse der, beiderlei Formen, die er an erster Stelle anführt, kann um so weniger ins Gewicht fallen, als auch bei einzelnen Coceidienformen die Grösse sehr variirt. Dass ferner die jüngeren Stadien der monosporen (Eimeria-) Formen keine Körnchen besitzen, könnte insofern erklärlich sein, als diese Körnchen doch wohl ein Reservematerial darstellen, das überhaupt nur bei den sich eneystirenden Formen Werth hat und deshalb nur bei diesen zur Abscheidung kommt. Die Verschiedenheit in der Cystenbildung beweist ebenfalls nur, dass die zwei verschiedenen Entwicklungscyklen sich hierin verschieden verhalten, keineswegs aber, dass diese Formen nicht zusammengehören können, und wäre dadurch erklärlich, dass eben nur bei den die Uebertragung vermittelnden und nach aussen gelangenden Formen eine resistente Cyste nothwendig und von Bedeutung ist. Was aber schliesslich die von Zabbe betonte Häufigkeit der polysporen Formen im Vergleich zu den Eimeria-Formen betrifft, so spricht das eher für die Zusammengehörigkeit als gegen dieselbe. Es ist namentlich beim Kaninchen gezeigt worden, dass die Eimeria ins- besondere bei jungen Thieren vorkommt und eine acute Erkrankung verursacht, dass dagegen die Dauerform keine wesentlichen Krankheits- symptome mehr hervorruft. Ebenso hat Labbe selbst angegeben, dass er die von ihm beobachtete Monospore von Triton cristatus vorwiegend bei Larven angetroffen hat. Darnach ist es nicht nur sehr leicht denkbar, dass der Entwicklungseyclus der Coceidien mit dem der zugehörigen Wirthsthiere in einer bestimmten Beziehung steht, sondern dies ist auch in Wirklichkeit so der Fall. Ich habe mich wiederholt selbst davon überzeugen können, dass Triton taeniatus und alpestris im Winter und Frühjahr nur Dauerformen im Darme enthielten (deren Sporenbildung übrigens im Darme selbst vor sich geht). Sobald die Tritonen nun im Frühling aus ihren Winterverstecken in’s Wasser gehen, werden die Dauercysten mit dem Kothe in’s Wasser entleert. Im Sommer findet man dann auch die Eimeria, Diese 394 Dr. A. Schuberg: Thatsachen scheinen doch sehr darauf hinzudeuten, dass die Eimeria in den Entwicklungsceyelus der polysporen Coccidien gehören und dass sie eben nur periodisch auftreten, bei den Tritonen also vielleicht nur oder hauptsächlich während des Fortpflanzungsgeschäftes.. Ob dann je eine Eimeria- und eine Dauercystengeneration regelmässig mit einander abwechseln. oder ob eventuell mehrere der letzteren mit je einer der ersteren abwechseln, wäre eine besondere Frage. Was schliesslich die von LabbE und von mir beobachteten kleinen Sporozoiten betrifft, so wäre es nicht unmöglich, dass diese wiederum eine besondere Phase in der Entwicklung der Coceidien darstellten; namentlich könnte man daran denken, dass die Formen eventuell eine Copulation vermitteln möchten. Ich gestehe vollkommen zu, dass dies grösstentheils nur Hypo- thesen sind; indessen muss doch betont werden, dass es eben mögliche Hypothesen sind, ja dass manche Thatsachen geradezu auf sie hin- zuführen scheinen. Aus diesem Grunde aber geht es nicht an, sie einfach abzuweisen oder durch solche Gründe abzuthun, wie es Zabbe versucht hat. Durch diese lässt sich jedenfalls nicht beweisen, dass die Eimeria- und Coccidium-Formen nicht zusammengehören. Aus den von mir angeführten Gründen lässt sich nun allerdings auch nicht das Gegentheil als richtig beweisen; aber immerhin kann man aus ihnen entnehmen, dass die mit einiger Berechtigung aufge- stellte und sicher mögliche Hypothese immer noch verdient, wenigstens auf ihre Richtigkeit geprüft zu werden. Dies kann natürlich in sicherer Weise nur auf einem Wege, nämlich durch Experimente geschehen. So lange Experimente nicht in positiver Weise einen andern Entwicklungseyclus bewiesen, den hier als möglich gezeigten Modus als unrichtig dargethan haben, muss die Frage als eine ungelöste be- zeichnet werden! Die Coceidien aus dem Darme der Maus. 395 Litteraturverzeichniss. 1884, Balbiani, G. Lecons sur les Sporozoaires, Paris, 80. Bütschli, ©., Protozoa. (Bronn’s Classen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. I, 2. Aufl.) Leipzig und Heidelberg 1880—89. . Clarke, J. J., Bemerkungen über Molluscum contagiosum und Coceidium oviforme. In: Centralbl, f. Bakteriol. und Para- sitenk, I. Abthlg. 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Imm. "/ı2. Zeichen- Apparat. Cyste aus frisch entleertem Koth. — Seib. Oc. I. H. Imm. !/ı2. Z.-A. 3. Cyste aus frischem Koth. — Seib. Oc. I. H. Imm. !ı. — Z.-A. 4. Cysteninhalt im Beginn der Viertheilung (4 Tage nach dem Beginn 13. der Kultur). — Seib. Oc. I. H. Imm. Yıa. Fortgeschrittene Viertheilung (7 Tage). — Seib. Oc.I. H. Imm. !/ıa Z.-A. . Dieselbe Cyste wie in Fig. 5, um 90° gedreht (um die Längsaxe der Cyste). — Seib. Oc. I. H. Imm. !ı.. Z.-A. Vollendete Viertheilung (7 Tage). — Seib. Oc. I. H. Imm. !/ıs. Z.-A. Längsstreckung der Sporoblasten (4 Tage). — Seib. Oc. I. H. Imm. !/ı2. Dieselbe Cyste wie in Fig. 8, gedreht. — Seib. Oc. I. H. Imm. !/ı2. . Bildung der Stieda’schen Körperchen (4 Tage). — Seib. Oc. I. H. Imm. Yız. Z.-A. . Cyste mit reifen Sporen (4 Tage). — Seib. Oc.I. H. Imm. !/ı2. Z.-A. Isolirte Spore. — Seib. Oc. II. H. Imm. !/ı2. Wie Fig. 12. — Seib. Oc. II. H. Imm. !/ı2. 13a, b. Die beiden Sporozoiten der Spore in Fig. 13 jeder für sich ge- zeichnet. 14—16. Drei freie Sporozoiten aus dem Darme, frisch in Kochsalzlösung. — Seib. Oc. I. H. Imm. !/ı2. Z.-A. 17—18. Intracelluläre Stadien. — Subl., Paraffineinbettung, Gentiana- violet, Canadb. — Zeiss, Apochr, Hom. Imm, 2 mm, Comp. Oec. 8. 26. 27. Dr. A. Schuberg: Die Cocscidien aus dem Darme der Maus. . Wanderung des Kernes an die Oberfläche. — Subl. Par. Thionin, Cdb. — Zeiss, Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oe, 8. . Intracelluläres Stadium, Beginn der Körnchenbildung. — Subl. Par. Gentianaviol. Cdb. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oc.8, . Intracelluläres Stadium, mit Körnchen. — Subl. Par. Gentianaviol- Cdb. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oc. 8. . Intracelluläre Sporozoiten. — Subl. Par. Gentianaviol, Cdb. — Zeiss, Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oc. 8. . Dieselbe Gruppe wie in Fig. 22, doch bei tieferer Einstellung. . Darmepithelzelle mit Sporozoiten, letztere quergeschnitten. — Subl. Par. Gentianaviol. Cdb. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. Comp. Oc. 8. . Intracelluläres Stadium mit mehreren Kernen; Vorbereitung zur Bil- dung der Macrosporozoiten (Labbe). — Subl. Par. Hämatox. Cdb. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oc. 8, Intracelluläre Stadien mit vielen kleinen Kernen; Vorbereitung zur Bil- dung der Microsporozoiten (Labbe). — Subl. Par. Thionin. Damar. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oe. 8. Microsporozoiten mit Restkörper. — Subl. Par. Thionin. Damar. — Zeiss. Apochr. Hom. Imm. 2 mm. Comp. Oe. 8. (Sonderabzüge ausgegeben am 16. December 1895.) Dr. E. Cramer: Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers. 399 Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers, Von Dr. E. Cramer. Mit drei Doppeltafeln. (Sitzung der med. Section vom 4. Februar 1896.) Ueber die Principien der hygienischen Wasseruntersuchung und Wasserbegutachtung bestehen bei Hygienikern und hygienisch gebildeten Aerzten keine Zweifel und Controversen mehr. In jedem der üblichen Lehrbücher ist darüber mehr oder minder ausführlich gehandelt und genaue Vorschriften angegeben. Wenn man aber in die Praxis kommt, sieht es mit Befolgung dieser Vorschriften scheu aus. Zwar mehren sich in Deutschland die Gemeinwesen, welche bei ihrer Wasserversorgung nicht nur nach streng hygienischen Principien verfahren, sondern die- selben auch dauernd bacteriologisch controliren, immer mehr, aber doch wird an manchen Orten noch viel gesündigt. Es war daher vollkommen gerechtfertigt, dass Flügge die Prineipien der Wasseruntersuchung auf dem letzten Verein für öffentliche Gesundheitspflege noch einmal scharf und klar präcisirtte.e Auch in unserer nächsten Umgebung bleibt in dieser Beziehung noch viel zu wünschen übrig. Die Behörden haben zwar eine volle Erkenntniss für die Wichtigkeit einer guten Wasser- versorgung und scheuen keine Kosten und Mühen zur Einrichtung einer zweckmässigen Einrichtung, aber es fehlt vielfach an dem rich- tigen Verständniss, wie die Güte einer solchen vom hygienischen Stand- punkte zu beurtheilen ist. Auf der einen Seite stehen Behörden, welche Jedermann zum warnenden Exempel und abscheulichen Beispiel einen Wasseringenieur in’s Gefängniss stecken, weil er Schmutzwasser und mit diesem wahrscheinlich Typhusbacillen in das Leitungswasser der Stadt gelangen liess.‘) Auf der andern Seite finden sich Behörden, !) Bei Gelegenheit einer Typhusepidemie in Pforzheim, 400 Dr. E. Cramer: welche sich bei Begutachtung von Wasserleitungen überall hinwenden, nur nicht dahin, wo sie richtige Auskunft erhalten können. Es wird immer noch dem alten Zopf gehuldigt, dass man das Wasser ausschliesslich nach seiner chemischen Beschaffenheit beurtheilt. Es gibt chemische Laboratorien, die allmonatlich bis zu einem Dutzend und mehr zum mindesten zu beanstandender Gutachten abgeben. Wenn man noch so milde urtheilen will, muss man sagen, dass derartige Institute nicht mit der Wissenschaft fortgeschritten sind. Sie recht- fertigen aber auch nicht das Vertrauen, das die Bevölkerung in sie setzt. Als Curiosum möge Folgendes erwähnt werden. Bei Gelegen- heit der Pforzheimer Typhusepidemie übersandte man auch unserem Laboratorium ein Dutzend Wasserproben zur Untersuchung. Keine einzige derselben war signirt. Sie liessen sich nur durch einen grösseren oder geringeren Schlammgehalt von einander trennen. Nach der schlam- migen Beschaffenheit hätte man einen reichlichen Keimgehalt erwartet. Es wuchs auf sämmtliehen 40 Platten nichts oder nur ganz verküm- merte und langsam sich entwickelnde Colonien. Die sämmtlichen Proben waren wahrscheinlich unabsichtlich durch Sublimat sterilisirt worden. Es dürfte daher wohl am Platze sein, die erwähnten Flügge’schen Resultate für unsere Zwecke etwas modifieirt noch einmal hier kurz zusammenzufassen. Dieselben lauten: 1. Eine einzige einwandsfrei entnommene Wasserprobe reicht unter Umständen, namentlich bei bekannter Anlage, bacteriologisch untersucht hin, um ein Wasser zu begutachten. 2. Die chemische Untersuchung ist unter keinen Umständen hier- zu ausreichend. Den Hygieniker interessiren von der chemischen Wasseruntersuchung nur der Härtegrad, der Eisengehalt und eventuell der Kochsalzgehalt. !) 3. In vielen Fällen reichen weder die bacteriologische, noch die chemische, noch beide Untersuchungsarten zusammen aus, um ein Wasser beurtheilen zu können. !) Im Uebrigen steht es mir fern, den Werth der Ammoniak- und Salpetrig- säurereaction zu einer vorläufigen Orientirung in Abrede stellen zu wollen, Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink wassers. 401 4. Unter allen Umständen ausreichend für eine Wasseruntersuchung ist die womöglich wiederholte bacteriologische Prüfung verbunden mit der localen Besichtigung, vorgenommen von einem mit dem Wesen der Infectionskrankheiten und den Thatsachen der Epidemiologie vertrauten Sachverständigen. Die grobsinnliche Prüfung, berücksichtigend vor allem Temperatur, Geschmack und Durchsichtigkeit des Wassers ete., ist dabei niemals zu entbehren. 5. Zur Controle einer Wasserversorgung eignet sich nar die bacteriologische Methodik. Was speciell die bacteriologische Untersuchung betrifft, so ist sie bei der Untersuchung von Quellen resp. von Grundwässern von durch- schlagendem Werthe. Das Grundwasser ist mit grossen Ausnahmen keimfrei. Wenn es in richtiger Weise durch Tiefbrunnen (Abessynier- brunnen) oder durch gut gefasste Quellen erhalten wird, muss es nahezu keimfrei sein. Thatsächlich stimmt hiermit die praktische Erfahrung gut überein. Es gilt als empirisch festgestelltes Resultat, dass gute Quellen nicht mehr als höchstens 50 Keime (herrührend vom Fassen der Quelle, oder durch Luftinfection hineingelangt) pro Cbem, ent- halten sollen. !) Viel weniger verwerthbar sind die bacteriologischen Resultate bei der Untersuchung von Kesselbrunnen. Selbst wenn derartige Brunnen bis in die keimfreie Grundwasserzone reicben, müssen beim Herstellen der Brunnen immer massenhaft Bacterien in das Wasser gelangen. Dieselben finden selbst im reinsten Wasser, noch mehr aber in dem am Boden sich unvermeidlich ansammelnden Schlamm, bei ihren be- scheidenen Ansprüchen Ernährungsbedingungen genügend, um sich dauernd in selbst tadellosen Kesselbrunnen zahlreich zu erhalten. Der Keimgehalt pflegt daher in solchen Brunnen in der Regel ein ziem- lich hoher zu sein. 300—400 Bacterien pro Cbem sind wohl die Regel. Aber, vorausgesetzt, dass der Keimgehalt uicht exorbitante Zahlen erreicht, ist er zur Beurtheilung des Wassers schlecht zu ver- werthen. Der Entscheid, ob nicht filtrirtes Oberflächenwasser in den ‘) Gärtner. Handbuch der Wasseruntersuchung. 402 Dr. E. Cramer: Brunnen gelangt, kaum zu treffen. Hier entscheidet nur die locale Besichtigung verbunden mit der grobsinnlichen Prüfung. Ehe ich nun die bacteriologischen Verhältnisse unseres Wassers beschreibe, will ich eine kurze Uebersicht über unsere Wasserver- sorgung geben. Heidelberg besitzt eine doppelte Wasserversorgung. 1) Quell- wasserversorgung durch die Wolfsbrunnen- und Rombach- quellen. 2) Grundwasserversorgung durch einen Schachtbrunnen und ein 50 m tiefes Bohrloch. Beide liefern Wasser, das aus dem Buntsandstein stammt, das Grundwasser speciell solches aus dem unteren Buntsandstein. Während eines Theils des Jahres reichen die Wolfsbrunnen- und Rombachquellen allein aus. Bei trockener Witterung wird aus den beiden Tiefbrunnen Wasser in das Reservoir gepumpt, in welche auch die Quellen laufen, und mit dem Mischwasser die Stadt versorgt. Entsprechend seiner geologischen Herkunft ist das H. L. in chemischer Hinsicht als ein tadellos reines zu bezeichnen. Es ent- hält keine salpetrige Säure, kein Ammoniak. Spuren von Salpeter- säure sollen gelegentlich beobachtet sein. So oft ich das Wasser untersucht habe, war es mir mittelst der empfindlichsten Reagentien nicht möglich, dieselbe im Wasser nachzuweisen. Der Härtegrad ist ein sehr geringer, er beträgt beim Quellleitungswasser nur '/, , beim Pumpwasser 1'1,—2 Härtegrade. Der Trockenrückstand beträgt nur 40—60 mgr. im Liter organische Substanz. Chlor und organische Substanz ist gleichfalls nur spurenweis vorhanden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn seiner chemischen Beschaffenheit nach das H. L. seiner Zeit für eines der besten und reinsten er- klärt worden ist. Gerade wegen dieser ausgezeichneten chemischen Beschaffenheit musste diebacteriologische Untersuchung vom grössten Interesse sein. Bezüglich der Methodik ist nicht viel zu bemerken. Das Wasser wurde unter aseptischen Cautelen entnommen, mit sterilisirter Pipette . wurden 1.0, 0,5, 0,3 Cbem. abgemessen und in Petrischalen mit Gelatine zu Platten ausgegossen. Die gewachsenen Colonien wurden mit blossem Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink wassers. 403 Auge, mit der Lupe, mit dem Mikroskop so lange gezählt, bis Constanz der Colonienzahl eintrat. Die bacteriologische Wasseruntersuchung hat gegenüber der chemischen den Nachtheil, dass man das Resultat ziem- lich spät, selten vor dem zweiten und dritten Tage, mitunter noch viel später (s. u.) erhält. Man hat sich daher nach Methoden umgesehen, welche ein rascheres bacteriologisches Urtheil erlauben. Man hat dazu z. B. die Gährungsprobe benutzt. Reines Quellwasser enthält keine gährungserregenden Bacterien, zeigt daher bei Gähbrungsversuchen keine Gasentwicklung. Verun- reinigtes Wasser zeigt schon allein wegen des meist vorhandenen B. coli!) starke Gährungserscheinungen. Ich habe auch diese Methode angewandt. Da meine Erfahrung sich aber erst auf circa drei Monate erstreckt, kann ich mir noch kein sicheres Urtheil erlauben. Wenn das Heidelberger Wasser tadellos rein ist, gährt es nicht. Sowie eine geringere oder stärkere Verunreinigung stattgefunden hat, tritt starke Gährung ein. Fast immer wurde Gährung beobachtet, wenn die Pumpstation in Thätigkeit war. Namentlich scharf und präcis war das im Januar und Februar zu beobachten. Ein Nachtheil der Methode ist der, dass Gährung ausbleiben kann, offenbar durch Con- currenz von manchen Wasserbacterien, welche die ächten Gährungs- erreger hindern, ihre Lebenseigenschaften ganz zu entfalten. Das Plattenverfahren, welches man aus diesem Grunde mit dem Gährungs- versuche verbinden muss, weist mit Leichtigkeit sichere Gährungs- bacterien nach. Dadurch ziehen sich die endgültigen Resultate auch beim Gährungsversuche bis auf den vierten Tag hin. Auch Agarplatten bei 37° C. zu halten, hat man vorgeschlagen, man wollte so einerseits die zahlreichen Wassersaprophyten, welche nicht bei Bluttemperatur wachsen, ausschliessen, andererseits durch das erheblich raschere Wachsthum bei der hohen Temperatur das Resultat rascher erhalten. Ich habe auch diese Methode versucht, sie gibt gute Resultate, erfordert aber ein äusserst subtiles Arbeiten, weil die Ausschläge sehr gering sind. Wenn das Leitungswasser sehr !) Von anderen Gährungserregern kamen noch drei oder vier Arten, aber höchst selten in Betracht. 404 Dr. E. Cramer: rein ist, erhält man sterile Platten, über 100 werden bei unserem Wasser wohl selten beobachtet. Thatsächlich erhält man das end- gültige Resultat auch nicht vor dem vierten bis fünften Tag, so dass die Vortheile auch dieser Methode gering sind. Es fehlt immer noch eine präcise rascharbeitende bac- teriologische Wasseruntersuchungsmethode. Im Uebrigen musste bei unserem H. L. sich die bacteriologische Untersuchung nothwendig in drei Theile gliedern: 1) Die des Lei- tungswassers im Institut täglich fortlaufend. 2) Die wieder- holte Prüfung der einzelnen Quellen. 3) Die Untersuchung der beiden Pumpwerke. Bevor ich die Resultate mittheile, will ich bemerken, dass die Untersuchung auf das Evidenteste die Ueberlegenheit der bacterio- logischen Methodik über die chemische ergibt. Schon die Veranlassung dazu ist dafür ein schlagender Beweis. Als im Mai d. J. mehrere heftige Regengüsse niedergegangen waren, war das Wasser während mehrerer Tage von modrigem Geruch und deutlich trübe. Das städtische chemische Laboratorium gab das zum mindesten einseitige Urtheil ab, dass ausser der Trübung sich in der bisherigen guten Beschaffenheit des Leitungswassers nichts geändert hat. Herr Dr. Dietrich war damals im Institut mit der Untersuchung der Bacterienflora des H. L. beschäftigt und verfügte bereits auch über eine Anzahl von quantitativen Wasseruntersuchungen. Dieselben ergaben an den genannten Tagen einen Keimgehalt von 3000—5000 pro Cbem. An den Tagen zuvor hatte der Keimgehalt im Mittel 20, an einem Tage selbst nur 7 Colonien pro Cbem. betragen. Es musste also eine ganz erhebliche Verschmutzung des Leitungswassers durch stark keimhal- tiges Oberflächenwasser stattgefunden haben. Das Wasser war an den genannten Tagen als ein verdächtiges zu bezeichnen. Thatsächlich hat sich das Hineingelangen von Oberflächenwasser in das Leitungswasser durch die tägliche Prüfung zu wiederholten Malen constatiren lassen. Zur besseren Uebersicht habe ich die Resul- tate der Untersuchung diagrammatisch dargestellt; die schwarzen Linien bedeuten die Keimzahl pro Cubikcentimeter, die punctirten die Regen- Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwasseıs. 405 höhe in Millimeter. Mit jedem erheblichen Steigen der Regenhöhen steigt auch die Keimzahl des Wassers unserer Leitung. Dies Hineingelangen von Oberflächenwasser findet auch dann noch statt, als im August auf unsere Veranlassung die drei schlechtesten Quellen geschlossen worden waren. Immerhin ist bei genauerer Betrachtung der Diagramme und in Erwägung, dassim Winter oder auch schon im Spätherbste, besonders aber am 13. und 14. November die meteorologischen Verhältnisse ausser- gewöhnlich ungünstige waren, eine gewisse Besserung doch zu con- statiren. Es kam in diesen letzten drei Monaten doch vor, dass ziemlich erhebliche Regenmengen keine so starke Verunreinigung her- vorrufen, wie namentlich im Frühjahr. Wie dem übrigens auch sei, die Thatsache steht fest, dass das H. L. zu wiederholten Malen und zwar immer nach starken Regengüssen durch Ober- flächenwasser verunreinigt gefunden wurde. Woher diese Verunreinigung stammte, musste die Untersuchung der Quellen und der Pumpbrunnen ergeben. Leider habe ich die locale Besichtigung der z. Th. äusserst engen und niedrigen Quellen- schächte in Folge meiner Körperbeschaffenheit nicht selbst in dem nöthigen umfangreichen Maassstabe vornehmen können. Herr Dr. Diet- rich hat sich dieser Aufgabe in dankenswerther Weise unterzogen. Dieselbe ergab durchweg günstige Resultate, nur im Spätsommer er- wies sich die Sickerquelle und die Wirthschaftsquelle als schlecht. Die erstere war sumpfig und stellte ein förmliches Aquarium von lebenden Thieren dar, auch in der letzteren fanden sich lebende Thiere. Die bacteriologische Untersuchung, deren Resultate beifolgende Tabelle enthält, ergab folgende Resultate: tadellos rein sind von den 13 Quellen nur 3: die Lange-Stollenquelle, die Küchenquelle und der Nordstollen der Kellerquelle. Diese 3 Quellen liefern jahraus jahrein nahezu keimfreies Wasser, unabhängig von allen meteorologischen Verhältnissen. Sämmtliche andere Quellen sind der Verunreinigung durch Oberflächenwasser ausgesetzt. Schlecht sind die Südstollen der Kellerquelle, die Strahlpumpe, die Sickerquelle. Diese 3 Quellen wurden schon im August ausser Function gesetzt. Die gleichfalls ver- unreinigte Wirthschaftsquelle wurde von Februar an nicht mehr ver- Verhandl, d, Heidelb, Naturhist,-Med, Vereins, N. Serie, V. 28 406 Dr. E. Cramer: wendet. Die anderen Quellen: die obere und die untere Rombach- quelle, die Felsenmeerquelle, die Laichgrabenquelle, die Gartenquelle, die Quelle hinter dem kleinen Sammler sind als gute zu bezeichnen. Zwar erfahren auch sie eine gelegentliche Verunreinigung, aber die- selbe ist relativ geringfügig, so dass sie ohne grosse Bedenken, nament- lich mit Berücksichtigung der Resultate der localen Besichtigung, zur Wasserversorgung verwendet werden können. Bei der Gartenquelle und der Quelle hinter dem kleinen Sammler ist allerdings unter den extremen Verhältnissen in der Mitte des November, wo nach der langen Trockenheit im September und October äusserst heftige Regengüsse niedergegangen waren, die Verunreinigung eine das zulässige Maass weit überschreitende. Aber die bisherigen wiederholten Untersuchungen machen es unwahrscheinlich, dass sich eine derartige Verunreinigung wiederholen dürfte. Bis auf Weiteres sind daher auch diese Quellen nicht zu beanstanden. Zum weiteren Beweise dafür, dass thatsächlich die meisten Quellen den Anforderungen, welche man an reine Quellen zu stellen berechtigt ist, nicht völlig entsprechen, möchte ich hier wenigstens ein paar Zahlenangaben von notorisch guten Quellen geben. Nach Gärtner (Handbuch der Wasseruntersuchung etc.) sollen reine Quellen höchstens 50 Keime pro Cbcm. enthalten. Die Wiener Hochquellenleitung ') ergibt in der Stadt einen Keimgehalt von 0— 180. Libbertz‘) fand im Monat Mai die Vogelsberger Quellenleitung keim- frei, im August nach starkem Regen in 3 Proben 60, 45 und 50 Colo- nien. Gärtner!) constatirte in dem 80 m. unter der Stadt Luxem- burg getriebenen Stollen in 11 Proben 0—8 Bacterien. Bei der Schlossbergleitung in Freiburg wurden von Scholtelius ?) in 47 während eines Jahres ausgeführten Proben je einmal 194, 87 und 57 Bacterien, 14mal zwischen 10 und I8, sonst immer unter 10 Bacterien gefunden. Frank®) fand in den beiden Wiesbadener Grundwasserleitungen bei wiederholter Prüfung 3mal über 200 Bacterien, 4mal zwischen 100 !) Arbeiten aus dem kaiserlichen Reichsgesundheitsamt I, 8. 560 a. 558. 2) Citirt nach Gärtner, Handbuch der Wasseruntersuchung ete., S. 493. 3) Wiesbadener Quellwasser 1886—1891. Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrgang 15. Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers. 407 und 200, 7mal unter 100. Mit diesen Zahlen halten nur die drei oben zuerst genannten Quellen den Vergleich aus. Doch dürften auch die andern sog. „guten“ Quellen nicht weit hinter den citirten Quell- wässern rücksichtlich ihres Keimgehaltes zurückstehen, da, abgesehen von kleinen Modificationen im Platten- und Auszählungsverfahren, es fraglich erscheint, ob die betreffenden Quellen wirklich auch unter denselben Verhältnissen (d. h. denselben ungünstigen meteorologischen Verhältnissen) untersucht worden sind wie die H. L. Bis zu einem gewissen Grade können die hier gefundenen weniger günstigen Verhältnisse den absichtlich extrem gewählten Ver- suchsbedingungen zur Last zu legen sein; thatsächlich muss aber das geäusserte Urtheil um so mehr an Werth gewinnen. Wie wir soeben gesehen haben, liefert die Wolfsbrunnen- und die Rombachquellenleitung kein völlig einwandfreies Wasser. Es fragt sich nun, wie ist das der beiden Tiefbrunnen, die während der trockenen Jahreszeit gleichfalls mit zur Wasserversorgung herangezogen werden, beschaffen. Beide Tiefbrunnen liegen am Fusse des Aukopfes. Man hat nach den ganzen Terrainverhältnissen den Eindruck, als wenn es am Fusse des Berges angestautes Gehängwasser sei, das durch die beiden Pump- werke zu Tage gefördert wird. Nach der Ansicht der Geologef, welche in diesem Falle die maassgebende sein dürfte, gehen beide Pumpbrunnen bis in den unteren Buntsandstein. Derselbe erstreckt sich mit nordost-südwestlichem Ge- fälle unter dem Neckar her, ist aber von demselben völlig abge- schlossen durch eine Wasser nicht durchlassende Schicht. Weiterhin ist derselbe von den Neckarbergen in hoher Schicht überlagert, erst hinter Neckarsteinach nach Schönau tritt er zu Tage. Wenn also dieser untere Buntsandstein in richtiger Weise erbohrt war, musste er ein tadellos reines, namentlich fast absolut keimfreies Wasser liefern. Thatsächlich erwies sich auch das Pumpwerk II von tadel- loser Beschaffenheit. Ein 22 m tiefer gut betonirter Schacht führt bis zu der wasserhaltigen Schicht und leitet durch einen horizontalen 28% 408 Dr. E. Cramer: Stollen das Wasser zum Pumprohr.') In der Tiefe entnommen war das Wasser fast völlig keimfrei, im Windkessel fanden sich bis zu 90 Colonien. Doch dürfte dieser mittlere Keimgehalt unschwer durch die Stagnation des Wassers im Windkessel bei verhältnissmässig günstiger Temperatur zu erklären sein. Für diese Vermehrung der Keime durch Stagnation spricht auch der Umstand, dass trotz ver- hältnissmässig zahlreicher Keime nur wenig, 2—3 verschiedene Arten beobachtet wurden. Die Platten sehen fast aus wie Reinculturen. Es stimmen also die bacteriologischen Resultate gut mit den Ergebnissen der localen Besichtigung überein. Sehr bedenkliche Verhältnisse lieferte Pumpwerk I. Zwar schienen die ersten untersuchten Proben ein nahezu keimfreies Wasser zu liefern. Die Platten blieben bis zum 4, 5. Tag nahezu steril. Als aber die Platten länger, so selbst 14 Tage beobachtet wurden, zeigten sie ziemlich reichliches Wachsthum. Es handelte sich um Wasser, das Keime enthielt, welche auf der verwendeten Gelatine äusserst langsam, erst am 6. bis 9. Tag makroskopisch sichtbare Colonien bildeten.?) Daraus ergab sich leider die Nothwendigkeit, sämmtliche Platten 12 bis 14 Tage aufzubewahren. Es betrug die Zahl der täglich auszuzählenden Platten mindestens 36, an Tagen, wo die einzelnen Quellen untersucht wurden, bis zu 60 und mehr. — Keine sehr angenehme Beschäftigung. — Bei einem Pumpbrunnen von 50 m Tiefe musste ein derartiger Keimgehalt von 60 bis 80 Colonien pro Cbem. äusserst auffallend erscheinen. Zu meinem grossen Erstaunen stieg nun an einem Tage der Keimgehalt bis auf 2—3000 pro Cbem. Das Resultat war mir so auffallend, dass ich zunächst an einen Ver- suchsfehler, an eine Verunreinigung der Wasserprobe beim Entnehmen dachte. Es liess sich aber nachweisen, dass das Wasser thatsächlich !) Ein Theil der Wasser stammt aus noch grösserer Tiefe (47 m) und teigt durch ein Bohrloch bis zur Schachtsohle empor. ?) Also eine ähnliche Erscheinung, wie sie Hochstetter (Arbeiten aus dem kaiserlichen Reichsgesundheitsamte II, 8. 6) bei der Prüfung des Selters- wassers beobachtete, welche auch in unserem Falle auf die entwicklungs- hemmenden Eigenschaften der CO2 zu beziehen sein dürfte. Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers, 409 so hochgradig verunreinigt war. Auf den betreffenden Wasserplatten wuchsen zahlreiche, ziemlich charakteristische Colonien, welche vorher nicht beobachtet waren — wahrscheinlich eine Proteusart —, die ich jedoch aus Mangel an Zeit nicht genauer "bestimmen konnte. In dem Windkesselwasser, wo Stagnation herrschte, fand sich eine einzige derartige Colonie pro Cbem. In Platten, welche mit Leitungswasser im Institut angesetzt waren, kamen zahlreiche Colonien zur Entwick- lung. Es war somit der sichere Beweis erbracht, dass es sich that- sächlich um keinen Versuchsfehler handelte, sondern dass dem Pump- wasser thatsächlich eine solch grosse Menge Keime beigemengt waren. Diese hohen Keimzahlen sind nicht anders zu erklären, als dass Schmutzwasser zwischen Bohrlochwandung und Eisenrohr in die Tiefe dringt und das an und für sich reine Grundwasser verunreinigt. Es zeigte sich bei der Besichtigung des ca. 16 m tiefen Schachtes, an den sich dann das Bohrloch bis auf 50 m Tiefe anschliesst, dass an den völlig undicht hergestellten Wänden Schmutzwasser herabtröpfelte, der Schachtboden selbst war sumpfig und gegen das Bohrloch völlig un- zureichend abgeschlossen. Noch ungünstiger gestalteten sich die Ver- hältnisse dadurch, dass in unmittelbarer Nähe des Schachtes sich die Wohnung des Maschinisten befindet. Die Abtrittsjauche und die Jauche aus der Oekonomie desselben fliessen in eine ca. 10 m ent- fernte, cementirte Grube, welche zur Zeit der Besichtigung 2'/, Cbm. Inhalt aufwies, im Uebrigen, je nachdem sich die Dungerfordernisse im Garten gestalten, entleert wird. Wenn nun auch nach von Kurth ') in Bremen gemachten Beobachtungen eine 10 m dicke Erdschicht zur hinreichenden Isolirung eines Brunnens von einer Jauchegrube aus- reichen mag, so muss doch hier namentlich mit Rücksicht darauf, dass die trennende Schicht zum grossen Theil aus lockerem, aufgeworfenem Boden bestand, ein Hineingelangen von Jauche in den Brunnenschacht als möglich zugegeben werden. Wenn auch zur Zeit der Pumpschacht nur Schmutzwasser aus der unmittelbarsten Umgebung, noch nicht aus der Jauchegrube erhält, so ist es schwer verständlich, wie die ge- schilderten Verhältnisse nicht früher oder später zu directen Unglücks- ‘) Kurth, Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten. Bd. 19, 410 Dr. E. Cramer: fällen führen sollen. Wenn man überhaupt eine Wohnung, Oekono- mie etc. in der ünmittelbarsten Nähe eines derartigen Brunnens zu- lassen will, dann ist jedenfalls das Tonnensystem am Platze. Auf alle Fälle müssen die Brunnenwandungen vollkommen dicht cemen- tirtt werden. Der Boden muss betonirt und gegen das Bohrloch sicher abgeschlossen werden. Das zeitweilige Hineingelangen von ÖOberflächenwasser in das H. L. wird ausser durch die Schwankungen der Keimzahl noch durch die qualitativen Veränderungen der Keimflora in demselben bewiesen. Wenn das Wasser verunreinigt ist, finden sich in demselben der B. coli communis und Proteusarten, wenn es allmählich wieder rein ge- worden ist, verschwinden sie wieder. Nun ist allerdings mit der- artigen Bacterienbefunden nicht viel anzufangen. Namentlich für den B. coli communis gilt der Ausspruch Gärtners, dass wir keine Merk- male kennen, welche für den B. coli communis hominis charakteri- stisch sind. Indess möchte ich doch für unser Wasser die Anwesenheit der genannten Bacterien für bedenklich halten und zwar aus folgenden Gründen: einmal habe ich sie in tadellos reinen Quellen stets ver- misst!) und dann treten sie eben nur zeitweilig auf. In dem reinen Wasser finden sie keine Existenzbedingungen. Weiterhin müssen zur richtigen Würdigung dieser Bacterienbefunde ebenso wie zu der Be- deutung des Oberflächenwassers die localen Verhältnisse berücksichtigt werden. Handelt es sich um relativ einsame, von Menschen selten betretene Gebiete, so wäre beiden Umständen kein besonderer Werth in sanitärer Hinsicht beizumessen. Nun sind aber Wolfsbrunnenhang sowohl wie das Rombachthal bis hinauf zum Königstuhl dem Verkehr im weitesten Maasse zugängig. Es finden sich an beiden Thälern Wirthschaften mit zahlreichem Verkehr, namentlich die Wolfsbrunnen- wirthschaft steht in unmittelbarer Nähe der Keller- und Küchenquelle. !) Sehr interessant in dieser Hinsicht erwiesen sich die Verhältnisse bei dem in den Felsen getriebenen Südstollen der Kellerquelle. 3 Adern des- selben, direct aus dem Felsen kommend, waren nahezu steril. In dem 'Tropf- wasser an der Decke fand sich neben anderen Bacterien B. coli. Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink wassers. 411 Mit dem reichlichen Verkehr und der Anwesenheit von Wohnungen steigert sich die Bedenklichkeit der genannten Bacterienbefunde sowohl wie die der hohen Keimzahlen. Des Interesses halber möchte ich noch erwähnen, dass der für unser Wasser specifische s. g. Heidelberger Leitungsprodigiosus mit zur Kritik verwendet werden kann. Es handelt sich um einen Sapro- phyten, der in allen Stücken dem B. prodigiosus gleicht, sich nur durch seine Gasbildung auf Traubenzucker von ihm trennen lässt. Von anderorts, z. B. von Fischer und Zimmermann, gefundenen rothen Wasserbacillen unterscheidet er sich durch die mangelnde Sporenbildung. Ich habe denselben in reinem Wasser noch nie gefunden, im ver- unreinigten fast nie vermisst. Charakteristisch für ihn ist der Umstand, dass er sich offenbar nicht lange im Wasser zu halten vermag. Er verschwindet viel früher aus demselben als B. coli. Nicht uninteressant gestalteten sich die Verhältnisse bei der Kellerquelle, namentlich weil sie als Beweis dafür gelten können, von welch grossem Werthe unter Umständen die bacteriologischen Resul- tate allein sein können. Die Quelle besteht aus einem Nord- ünd Südstollen. Beide sind 10 bis 15 m weit direct in den Felsen getrieben, von bis 10 und 15 m dicker Erdschicht überlagert. Das Wasser der beiden Stollen fliesst durch einen Sammler, der mit Seiher versehen ist, in den Hauptsammler. Die beiden Stollen, der Sammler, alles sieht voll- kommen tadellos aus, man wird bei der Besichtigung der Quelle wohl kaum auf die Idee kommen, dass eine Verunreinigung mit Ober- flächenwasser statt hat. Während früher sämmtliche Quellen ge- legentlich bei starken Regengüssen eine Trübung erfuhren, blieb die Kellerquelle vollkommen rein. Doch zeigte sich bei der bacteriologi- schen Untersuchung, dass die Kellerquelle mit am meisten verunreinigt war. Weitere Untersuchungen zeigten, dass der Nordstollen meist keimfreies Wasser lieferte, während der Südstollen verunreinigt war; 3 aus dem Felsen kommende Adern waren rein, das Tropfwasser an der Decke mit Keimen beladen. Nach Betonirung der Decke wurde 412 Dr. E, Cramer: nun auch der Südstollen rein, wenn gleich nicht so tadellos wie der Nord- stollen. Das Mischwasser aus beiden Stollen blieb nach wie vor keimhaltig. Es zeigte in 3 einwandsfrei entnommenen Proben 3—5000 Keime. Als einzige Ursache dieser Verunreinigung konnte nur das allerdings spärliche Tropfwasser an der Decke unmittelbar über dem Seiher angesehen werden. Wenn es gelingt, diese Verunreinigung zu beseitigen, was wohl für die Wassertechniker keine allzu schwierige Aufgabe sein dürfte, kann die Kellerquelle ohne die geringsten Be- denken wieder verwendet werden. Dass aber einzig und allein die bacteriologische Methode nicht nur der Verunreinigung und den Weg- weiser angegeben, wo zur Verbesserung die Hebel anzusetzen sind, steht ausser Zweifel. Wenn wir zum Schluss das Endresultat unserer Untersuchungen über das H. L. noch einmal kurz zusammenfassen wollen, so können wir Folgendes sagen: Das H. L. ist einer zeitweilig stärker werdenden Verunreinigung von Oberflächenwasser ausgesetzt. Dieselbe bat sowohl in dem Quell- gebiete am Wolfsbrunnen, als auch namentlich bei Pumpwerk I statt. Trotzdem von Seiten der Stadt die 3 schlechtesten Quellen geschlossen, dauert die Verunreinigung noch an. Höchst bedenklich sind die Zu- stände bei Pumpwerk I wegen der Nähe der Abtrittsgrube. Wenn somit die Heidelberger Wasserleitung kein hygienisch ein- wandfreies Wasser liefert, so muss man doch sagen, dass die genannten Missstände sich verhältnissmässig leicht beseitigen lassen. Es steht zu hoffen, dass bei der anerkannten Fürsorge der städtischen Behörden für das gesundheitliche Wohl der Stadt Heidelberg '), da geeignete Massregeln zur Zeit getroffen sind, binnen Kurzem sich bezüglich seiner Wasserversorgung mit Recht zu den ersten deutschen Städten wird zählen können. 1) Durch die nicht genug anzuerkennende Energie der städtischen Behörden sind mittlerweile die Arbeiten zur Verbesserung des H. L. zu Ende geführt. Der Erfolg hat sich im Laboratorium in erfreulichster Weise gezeigt. Es ist. aller Grund vorhanden, anzunehmen, dass das H. L. seine nunmehrige gute Beschaffenheit auch dauernd beibehalten wird. Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink wassers. Keimgehalt der Pumpwerke. Pumpwerk I. 413 Windkessel. Vor der Pumpe. 18. Sept. 36 Keime pro cm? 95. n 54 b>) br] n 9. Oct. ans - A 85 Keime pro cm ® 29. ” 56 » ” 2 58 » ” » 6. Nov le Ber u 2--3000 » I ) sn 65 > 2) >) 72 RL) N » 91. Dec. 118 9 ) » 78 b) 2 ” Pumpwerk II. Windkessel. Unten im Schacht. 9. Oct. 72 Keime pro cm?’ 3 Keime pro cm® 8. Nov. 89 n 2) 2) BE, ” ” 20. Juli ET ug Pr Wal Ten R Ri. Kellerquelle. Frostwetter, 3 Tage nach nach Betonirung. Schneeschmelze, 28. Nov. 9. Jan. 13. Jan. 22. Jan. 25. Jan. Nordstollen . . . 0 Keime pro cm? 0—2 Keime 0—2 — — Südstollen vorne . 0—2 „ „1 4 64 34 _ > hinten . Br et „0-3 1-3 — „ mitten . 20m 5, N WAR: % —_ 9 - ” Tropfwasser 152 „, He 4 _ — _ Mischwasser 530 3» 9m. 388 „ 3—40002—3000 3— 5000. !) Viele rasch verflüssigende Colonien, von denen sich eine im Wind- kessel, zahlreiche im Leitungswasser nachweisen lassen, Dr. E. Cramer: 414 Keimgehalt der Quellen des Heidelberger Leitungswassers pro 1 Cbem. ] | 5. Juni. 19. Juni. | 20. Juli. | 26. Juli. | 1. Aug. | 5. Aug. | 20. Sept. | 30. Sept. | 14. Nov. | 21. Dec. l Rombachquelle, obere. 300 22 30 27 10 12 12 — 146 16 $> untere —_ 10 — — = — 10 69 164 11000-140097 Rostquelle RUE — 8 16 48 ATa ie 150 — _ — —_ Felsenmeerquelle . . | 300 17 | IS) 138 14 30 34 144 = Laichgrabenquelle . . — 13 dal 12 Le + 10 10 —_ 255 —_ Kellerquelle. . . . 5 m. 1150)® Mo 9 330 13—400 7 N 69 rm | (0—1 n Südstollen . 2 -— — — — —_ — [|2—3000) 88 gr a5 Nordstollen — —_ = — — == — 2 6 er (0—3) (0—6) Strahlpumpe . . . oo 55 190 123 327 1580 18 14 — e Gartenquelle. . ; — zZ 16 23 6 11 — 6 2300 17 Hinter der kleinen Sammlerquelle . . —_ 8 11 8 — 10 5 — 12—3000| 24 Sickerquelle TE: — 42 53 880 37 ca.180 — —ı) _ —_ Küchenquele . . . 35 1 4 — 7 6 12 1 6 — (0-1) | (0-12) Wirthschaftsquelle. . | 230 17 _ — = — 40 28?) = _ Lange-Stollen-Quelle . — — — — — — 1 1 11 = | 04) es | Be 7 4@ | iuEl >2 = 2 2® 5 a. a | au. 2 re S = as= | SEE een ie 5, Fe Es | ES ae ee !) Sumpfig, zahlreiche lebende Thiere. 2) Lebende Thiere. Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink wassers. 415 Keimgehalt des Heidelberger Leitungswassers vom Mai bis August. Datum. | Regenhöhe 6. Mai. a 2, mm, Se Oo “ WO ol SWOSOSO Mu Sn &0 Keimzahl. 15 40 28 24 32 Datum. 95. Juni. 30m, mm, ur u SI ee NO. Na Fa m FIR | Regenhöhe Keimzahl. 416 Dr. E. Cramer: Keimgehalt des Leitungswassers im Laboratorium pro 1 Cbem. Datum. | Regenhöhe | Keimgehalt.| Datum. | Regenhöhe | Keimgehalt. mm. mm. 1895. 3. Sept. — 35 27. Oct. —— 62 4.00, _ 51 Day = 72 6.10 u 24 2d4 5 1,6 83 11.0» 5,1 16 305 u 1,6 57 12... 6,7 153 St 0,0 71 13.265 0,1 51 1. Nov. _ 44 14.Nıny 0,9 — Sr 12,2 72 15.908 0,1 23 du m Cl ca. 200 16.005 _ 20 Die» 0,1 ca.120 18.0, E 14 Burn 1,4 103 19. (1n — 18 dern 3,2 71 3 Ra — 26 BR v2 92 25.1 — 20 url 8,0 48 26. „ — 14 U 0,1 78 aM. n Z— 57 Pros 5,9 72 28. = 40 12: » 13,4 139 29m — 58 13. 37,3 258 2, Oct. _ 37 ag 0,1 ca. 2700 3.805 6,2 108 Idunen = ca. 400 4.004 5,5 62 1öen y — ca. 357 5.00% 0,1 110 eng _ 263 6.0 == 78 18, „ 2,8 237 7.008 0,1 85 19%: — 104 8.005 0,0 64 War y — | 7 10. dry 31 69 2luon — 67 1 SE 2,1 ca. 50 ern _ 52 12.09, _ 65 2dn 5 1, 48 13.00, = 76 2A, n _ 70 14. ((n _ 49 29: y — 56 15.Ayay _ 52 26; » — 43 16. |f -- 69 21. m IE 48 17.9 — 56 28.» —_ 74 18 0,0 70 29.; n — 63 19. 45» 69 30, 7, 1,7. 3 20. „ = 70 1.Dec. | 6,8 76 21.0 _ 58 Da (4 5,9 ca. 270 ar = 55 Bey ar ca. 300 23. 2,2 53 dr 2,0 148 24, „ 25,5 150 Din 0,7 135 25.» 0,2 160 6. n 22,0 81 26. 11% 0,7 90 Ten 1226 3—4000 Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers. 417 Datum. | Regenhöhe | Keimgehalt. Datum. Regenhöhe Keimgehalt. mm | mm. | 8. Dec. 0,0 2500 1896 . | 0873 _ 450 1. Jan. 21 ca. 430 10% , 0,6 | ca. 320 ai = 246 Reit 6,5 ca. 250 3. .- ca. 240 IDSER: — 237 Dr — ca. 115 Ir, 5,1 180 2 = 86 1A, 0,2 ca. 200 6; — 63 18. 00 \r 2.189 7a En 57 162... 7,0 115 Sun we] 50 aa — ca. 130 9.5 Nebel, | 60 18.05; _ 57 Schnee. 3: A = 77 er 3.%4; 0,3 62 10:55 Be 55 Bi , 0,1 49 TIHRS. R” 55 29.: „, 0,3 43 a 14 33. a 56 13004 1,1 19 DA; — 49 Andy Schnee 14 25. „ 5,9 60 15%, „m ) 20... Schnee. 92 N 2,0 62 29.08, en 80 17.108 0,1 101 DBun,, —_ 89 18. ,„ | Schnee- 440 24. _ 7 schmelze. | 561 ;; 1,2 82 19% 1; a 180 Hl, 12,3 296 Do a 220 Schnee- schmelze. 418 Prof. Goldschmidt: Schatten-Goniometer, Schatten-Goniometer. Von Prof. Goldschmidt. (Gesammtsitzung vom 7. Februar 1896.) Prof. Goldschmidt demonstrirt ein neues Goniometer, das er als Schatten-Goniometer bezeichnet. Er erläutert kurz das Princip der zweikreisigen Krystallmessung, bei der der Ort einer Fläche durch zwei coordinirte Winkel bestimmt wird, so wie ein Punkt auf der Erde durch Länge und Breite. Die Messung geschieht auf folgende Weise. Man setzt auf jede Fläche der Reihe nach ein Metallplättchen mit dazu senkrechter Nadel. Das Plättchen legt sich dicht an und haftet, je nach der Glätte der Fläche, durch Befeuchten oder durch ein Klebmittel. Die Nadel steht nun senkrecht zu der Fläche. Dem Instrument gegenüber stellt man eine Lichtflamme auf und richtet durch eine Linse die Strahlen parallel. Durch Drehen um zwei auf einander senkrechte Axen mit Theilkreisen bewirkt man, dass die Fläche zu der Richtung der Strahlen senkrecht steht, was man daran erkennt, dass der Schatten der Nadel verschwindet. Es ist das Princeip der Sonnen- uhr. Ist so die Fläche eingestellt, so gibt die Ablesung an den beiden Theilkreisen die zwei Winkelcoordinaten der Flächenposition. Das Instrument eignet sich für grosse Krystalle mit nicht spiegelnden Flächen. Es kann auch in der Weise verwendet werden, dass man spiegelnde Glasplättchen auf die Flächen auflegt und den Reflex der oben genannten Lichtquelle auf einem Schirm auffängt (Spiegel- Goniometer). K. v. Kraatz: Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten. 419 Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten. Von K. von Kraatz. (Gesammtsitzung vom 7. Februar 1896.) Trotz der vielfachen Aufschlüsse, welche der Goldbergbau der letzten 50 Jahre geliefert hat, und trotz des hervorragenden prak- tischen Interesses, welches ein immer neues Suchen nach den Quellen des Goldes veranlasste, sind wir auch heute noch über die Herkunft dieses Edelmetalles und über die Entstehungsbedingungen seiner Lager- stätten nicht sicher unterrichtet. Zwar die secundären Vorkommen in den Flusssanden und im sogenannten Seifengebirge bieten für die Er- klärung ihrer Entstehung keine Schwierigkeit, obgleich auch hier über einen Punkt die Meinungen weit auseinander gehen: Das ist die Er- klärung des Vorkommens der Nuggets und die behauptete Wiederan- reicherung schon früher ausgebeuteter Goldseifen. Selbstverständlich kann das Wasser grössere Goldklumpen nicht schwebend oder rollend transportiren, auch glaubten bisher die meisten Geologen, dass im festen Gestein viel zu selten grössere Nuggets gefunden würden, um die in den Alluvionen vorhandenen zu erklären. Seit man jedoch — wie namentlich HJowitt in Australien — eine genauere Statistik über das Vorkommen von Nuggets im Gestein geführt hat, zeigte es sich, dass ebenso grosse Stücke im Quarz eingeschlossen vorkommen (natür- lich in weiterer räumlicher Verbreitung), wie sie sich auf secundärer Lagerstätte finden, und somit die Grösse der Klumpen die Annahme von Lösung und Wiederausscheidung des Goldes auf secundärer Lager- stätte nicht nötig erscheinen liess‘). Es handelt sich dann immer 1) Auch die neu erschlossenen Goldfelder von Coolgardie in Süd-West- Australien haben eine verhältnissmässig grosse Anzahl von Nuggets geliefert. 420 K. von Kraatz: noch um die Erklärung des Transportes grösserer Stücke und um die Erklärung der Wiederanreicherung des Goldes. Nun ist es ein ge- wiss nicht unberechtigtes Vorgehen, wenn wir annehmen, dass die Goldklumpen nicht als solche, sondern verwachsen mit den Quarz- geröllen der betreffenden Flüsse an ihre jetzige Lagerstätte gelangten. Durch die Umschliessung des Metalls mit soviel leichterer Gesteins- masse würde die Transportfähigkeit natürlich eine sehr viel grössere. — Was nun die behauptete Wiederanreicherung schon ausgebeuteter Goldlagerstätten betrifft, so ist dieselbe bisher nur für Vorkommen aufgestellt worden, wo die Gewinnung wie im Ural und in den älteren californischen Wäschereien eine recht primitive war, so dass von dem wirklichen Goldgehalt der Sande vielleicht nur ca. 50%, gewonnen wurden. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn die Goldtheilchen in Folge des gleichen hohen spec. Gewichts auf dem gleichen Niveau durch die eirculirenden Wässer mechanisch wieder angereichert wurden und so (im Ural nach einem Zeitraum von ca. 25 Jahren) eine neue Aus- beutung namentlich mit fortgeschrittenen technischen Hülfsmitteln lohnend erscheinen liessen. Eine Thatsache bleibt immerhin be- achtenswerth: Man hat auf secundärer Lagerstätte mehrfach kleine, wohlausgebildete, scharfkantige Krystalle gefunden und für sie scheint die Annahme der Entstehung an der Stelle ihres Fundes das natür- lichste. Es kann durch die eben gemachten Andeutungen zwar keines- wegs erwiesen werden, dass das Gold auf secundärer Lagerstätte nicht gelöst und wieder ausgeschieden werden könne. Es lag mir aber daran zu zeigen, dass Jemand, der Lösungsvorgänge auf secundärer Lagerstätte nicht annehmen will, das Auftreten grosser Nuggets ver- hältnissmässig ungezwungen erklären kann. Anders verhält es sich auf primären Lagerstätten: Inwieweit man hier nothwendig auf Lösungs- vorgänge angewiesen ist, möchte ich im Folgenden zu zeigen versuchen. Wenn wir uns eine Vorstellung über die Bildungsverhältnisse des Goldes machen wollen, so müssen wir vor Allem auf seine Paragenesis Rücksicht nehmen. Henry Louis hat mit grosser Sorgfalt alle Mine- - ralien, welche mit Gold vergesellschaftet angetroffen wurden, zusammen- gestellt. Obgleich ihre Zahl eine ziemlich grosse ist, sind es doch nur Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten. 421 wenige, welche als charakteristische, immer wiederkehrende Begleiter des Goldes') zu betrachten sind; unter diesen steht an erster Stelle der Quarz und die gewöhnlichsten Sulfide, namentlich Pyrit, Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende, Antimonit, unter welch’ letzteren Pyrit der Häufigkeit und Allgemeinheit der Verbreitung nach die erste Stelle einnimmt. Es soll nun versucht werden, für die Häufigkeit und den nothwendigen genetischen Znsammenhang der Mineralcombination Gold, Quarz, Pyrit eine Erklärung zu geben. Da wir das Gold nur in seltenen Fällen in Eruptivgesteinen ein- geschlossen treffen?) und selbst dort Zweifel an seinem primären Vor- handensein der Art des Vorkommens nach berechtigt sind, müssen wir uns nach in der Natur vorkommenden Lösungen umsehen, aus denen das Metall krystallisiren oder ausgefällt werden konnte. Ein lösendes Agens, welches in universeller Verbreitung Gold ent- hält, ist das Meerwasser. Der Goldgehalt, welchen Sonnstadt ver- schiedentlich nachwies, ist jedoch nur qualitativ zu constatiren und so gering, dass die Lösung im Meerwasser für eine allgemein gültige Er- klärung der Goldvorkommnisse nicht herangezogen werden kann. Auch müssten wir das Gold dann wesentlich primär in marinen Sedimenten finden, was den thatsächlichen Verhältnissen durchaus nicht entspricht. Dass jedoch das Gold aus Lösungen, in denen es wahrscheinlich als Chlorid vorhanden war, abgeschieden werden kann, ist so gut wie sicher nachgewiesen. K. Johansson sprach in einer Abhandlung „Om Ryssland malmtillgangar och dess Berghantering“ ?) aus, dass auf ura- lischen Erzgängen bei Berjösowsk das Gold secundär aus Lösungen !) On the mode of oceurrence of gold. By Henry Louis. The mine- ralogical magazine and journal of the mineralogical society. Vol. X. Nr. 47, p. 241—247. ?) Die einzige mir bekannte Angabe derart rührt von Möricke her. Doch giebt Möricke auch das Zusammenvorkommen des Goldes mit Pyrit an, wo- bei er annimmt, dass das Gold ursprünglich im Liparit als gediegenes Metall vorhanden gewesen und erst später an Pyrit gebunden worden sei. cf. Dr. W. Möricke. Betrachtungen und Beobachtungen über die Entstehung von Goldlagerstätten. Zeitschr. für prakt. Geologie 1893, p. 143 u. 144, 3) K. Johansson in „Jernkontorets Annaler“ for Ar 1894, Verhandl, d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie, V. 29 492 K. von Kıraatz: auskrystallisirt sein könne. Er schreibt wie folgt: „Mit Quarz findet sich Pyrit und durch Umwandlung daraus entstanden Limonit; unter- geordnet Schwefelkupfer, Bleiglanz, Cerussit, Pyromorphit u. s. w. Das Gold scheint vorzugsweise an Pyrit und Limonit gebunden zu sein, deren Gehalt bis 200 gr per Tonne steigt. Der Gehalt wird jedoch gegen die Tiefe geringer, ein Umstand, welcher darauf hin- deutet, dass das Gold secundär sein kann. Für die secundäre Ent- stehung spricht auch das Auftreten des chlorhaltigen Pyromorphits unter den Gangmineralien. Es lässt sich nämlich denken, dass das Gold als Chlorid dem Gange zugeführt worden ist, und diese Voraus- setzung ist bei dem hohen Gehalt an Pyrit leicht zu verstehen, weil dieses Mineral, wie man durch Versuche ohne Schwierigkeit consta- tiren kann, das Gold aus Chloridlösung metallisch ausfällt.“ Johansson verwandte bei seinen Versuchen einen Trichter, dessen Rohr mit Quarzsplittern gefüllt war, während darüber Körner von Pyrit geschichtet wurden. Lösungen von verschiedener Concentration von Yıoooo bis Yıoooooo Wurden durch die Pyrite filtrirt und die ab- geflossene Lösung liess durch die Reaction mit Zinnchlorid (Goldpur- purprobe) kein Gold mehr nachweisen '). Dr. F. Stockhausen wieder- holte auf meine Bitte die Versuche von Johansson und erhielt das gleiche Resultat?), ausserdem schlugen auch Bleiglanz, Kupferkies, Antimonit das Gold aus einer Lösung von Chlorgoldchlornatrium metallisch nieder. Dass die Annahme Johansson’s von der Ausfällung des Goldes aus Chlorgold-Lösungen auch auf andere Fundorte Anwen- dung finden kann, ergiebt sich aus der Paragenesis des Goldes mit chlorhaltigem Pyromorphit in Wales, mit chlorhaltigem Mimetesit von Nevada und chlorhaltigem Vanadinit von Berjösowsk. So einfach aber auch diese Erklärung der Ausfällung des Goldes aus Goldchlorid- lösungen durch Pyrit sein mag, so kann sie doch auf die meisten Vorkommen keine Anwendung finden, weil einmal die chlorhaltigen Mineralien ganz fehlen, dann aber auch der Gehalt der Gesteine an ') Mündliche Mittheilung von K. Johansson. ?) Ich sage Dr. Stockhausen auch an dieser Stelle den herzlichsten Dank für seine Beihülfe. D. V. Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten. 493 Gold nach der Tiefe nicht schnell abnimmt, sondern häufig bis auf ziemlich bedeutende Tiefen annähernd constant bleibt. Hier müssen wir zur Erklärung an den regelmässigen Begleiter des Goldes, den Quarz, denken. Kieselsäurereiche Lösungen liegen uns heute besonders in deu Geysiren und heissen Quellen Nordamerikas vor. @. F. Becker unter- suchte die californischen Quellen namentlich auf ihren Gehalt an ge- lösten Metallen. Die von ihm beschriebenen Geysire im Steamboat Valley, Nevada, welche 11 km nordwestlich von Virginia City in 1560 m Meereshöhe auftreten, entspringen aus einem von Spalten durchzogenen, mit Andesiten und Basalten bedeckten grauen, grob- körnigen Biotithornblende-Granit. Eine Reihe von Spalten enthält kochendes, schwach alkalisches, z. Th. in meterhohen Strahlen mit Ge- töse ausgeschleudertes Wasser; eine weitere Reihe der Spalten, welche jetzt nur noch Wasserdampf mit Kohlensäure und Schwefelwasserstoff aushaucht, hat ebenso wie die erste Gruppe die Wände mit Hyalith, Chalcedon und krystallinischem Quarz bedeckt. In den Kieselsintern und dem zersetzten Granit finden sich Schwefel, Sulfate, Eisenoxyd, Zinnober, Mangan, Spuren von Zink, Kobalt, Nickel. In 403 gr Sinter wurden nachgewiesen '): Antimon und Arsensulfide 78,0308 gr Kisenosyd nid near Schwefelblei . » . . .» 0,0720 „ Zintobenwi.! 30V, Wann. mein 0,00700% Golalbndlı Seyl aomınk EM; Süber ullasulN. eo Bnbgnnuot OB, Dass das Gold zweifellos den heissen Quellen entstammte, ergiebt sich daraus, dass sich in 15 Pfund unzersetzten Granites Arsen, An- timon, Blei, Kupfer, aber kein Quecksilber und Gold nachweisen liessen. In welcher Form das Gold in Lösung war, ist nicht zu ent- scheiden, und es lässt sich ebensowohl an eine physikalische wie an eine chemische Lösung denken. !) Becker, Eighth annual report of the U. 8. geol. Survey. 1889. 985, 967. cf. auch J. Roth, Chem, Geologie. Bd. Ill. 309. 20* 494 K. von Kraatz: Die heissen Quellen von Nevada sind die letzten Nachwirkungen einer noch nicht lange abgeschlossenen eruptiven Thätigkeit. Sehen wir uns nun bei den bekannten Goldvorkommen nach Eruptivgesteinen um, so finden wir die bekannten grösseren Goldgebiete Californiens, Australiens und Südafrikas von zahlreichen Eruptivgängen aus der Reihe der Diorite und Diabase durchschwärmt. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass in den Kieselsäurelösungen, welche die Eruption dieser wie anderer Tiefen und Ergussgesteine begleiteten, Gold vor- handen gewesen sei und dass es im Nebengestein durch schon vor- handene oder in Folge der Eruptivthätigkeit sublimativ gebildete Sul- fide ausgefällt wurde. Diese Hypothese scheint mir den geologischen Verhältnissen in den bekannteren Goldgebieten zu entsprechen. In der letzten Zeit ist der Witwatersrand im Transvaal durch die Arbeiten von Schenck und Molengraaf und die gründliche Unter- suchung Schmeissers') näher bekannt geworden. Ich benutze im Fol- genden wesentlich die Angaben des Letzteren. Wir haben in Südafrika zwei Arten des Goldvorkommens zu unterscheiden: Die Goldquarzgänge und die Goldconglomerate. Die Goldquarzgänge gehören hauptsächlich den starkgefalteten und viel- fach durch Eruptivgesteine metamorphosirten Swasischichten an. Ihre Characteristica innerhalb der verschiedenen Goldfelder lassen sich etwa folgendermassen zusammenfassen. Die Quarzgänge sind zumeist ächte Lagergänge; sie werden vielfach von Grünsteingängen, meist Dioriten durchsetzt, theilweise auch von diesen parallel laufend be- gleitet. Neben Gold ist fast immer Pyrit, häufig stark zersetzt zu Brauneisen und Eisenocker, vorhanden. Einzelne Gänge enthalten das Gold vorwiegend am Ausgehenden und verarmen nach der Tiefe. In Folge der Pyritzersetzung treten gebräunte und geschwärzte Gänge wiederholt auf. Ein Gang ist reich an Antimonglanz, welcher Gold in Form linsengrosser Körner führt; wo der Antimonit verwittert ist, liegt das Gold gediegen im gelben Antimonocker. Zuweilen steigt der Goldgehalt an den Salbändern der Gangdurchsetzungen. !) Schmeisser. Ueber Vorkommen und Gewinnung der nutzbaren Mine- ralien in der Südafrikanischen Republik. Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten, 495 Die im Granit (unter den Swasischichten) anstehenden gold- führenden Gänge verarmen, selbst wenn sie im Ausgehenden reich sind, schnell nach der Tiefe. Für die Capformation, welche discordant den Swasischichten auf- lagert, sind goldführende Conglomerate charakteristisch. Die Con- glomeratflötze sind die Träger eines mehr oder minder grossen Gold- gehaltes.. Die Conglomerate bestehen wesentlich aus Quarzkieseln, welche mittels eines kieseligen Cements verbunden sind. Das Gold tritt fast ausschliesslich zwischen den Quarzkieseln auf; wenn es sich in den Kieseln selbst findet, so scheint es nur auf feinen Spalten ein- gedrungen zu sein. Die grünlichgraue Masse, welche die Quarzkiesel verkittet, lässt makroskopisch hauptsächlich Pyrite und kleine Quarz- bruchstücke, zuweilen etwas Chlorit erkennen. Selten ist Gold makro- skopisch wahrnehmbar ; aber auch u. d. M. gelingt es nur in Aus- nahmefällen in dem Bindemittel Freigold zu constatiren. Dr. Koch fand, dass sich an der Zusammensetzung des Bindemittels Pyrit, Mag- neteisen, Zirkon, Rutil, Muscovit, Chlorit, secundärer Quarz und Gold betheiligen. Der Pyrit ist meist kantengerundet, selten in scharfen Krystallen der gewohnten Combination & 02(210), oder ®02(210), »0w(100) auch O(111), vorhanden. Dr. Koch constatirte, was ich nur bestätigen kann, dass das Gold überall jünger ist als der Pyrit und meist mit diesem verbunden ihn zuweilen ganz umwächst. Da das Gold in geringen Mengen im Dünnschliff nicht immer sicher von den Sulfiden zu unterscheiden ist, wurde zum Studium der Verwachsun- gen von Gold und Pyrit eine grössere Menge der sogenannten Con- centrats '), d.h. der beim Pochen gewonnenen Pyrite vom Witwaters- rand angewandt. Betrachtet man dieselben unter dem Mikroskop, so bemerkt man häufig kleine Kryställchen aufsitzend, die sich theils deut- lich als Quarz erkennen lassen, theils möglicher Weise Goldkryställchen sind. Wenn man nun die Pyrite mehrere Stunden lang mit stark ver- dünnter Cyankalilösung behandelt, so sind die aufsitzenden, metall- !) Ich verdanke dieselben der Güte des Herrn Dr. Rössler, Direktor der Gold- und Silberscheideanstalt zu Frankfurt a. M., und spreche ihm auch hier meinen besten Dank aus. D. V. 496 K. von Kraatz! glänzenden Kryställchen verschwunden und an ihrer Stelle gewahrt man kleine, unregelmässige Hohlräume. Da nun goldfreie Pyrite selbst nach 24stündiger Behandlung mit Cyankalilösung der gleichen Concentration nicht angegriffen werden, so sind die oberflächlich auf- sitzenden, mikroskopischen Kryställchen als Gold zu betrachten. Dieser Lösungsprocess ist ja auch das Princip des heute am Witwatersrand im grossen Umfange verwertheten Cyanirungsverfahrens. — Es stimmt also hier der chemische Befund mit dem mikroskopischen ; das Gold sitzt auf dem Pyrit und ist jünger als dieser. Da nun Pyrit Gold aus all’ seinen Lösungen nahezu quantitativ ausfällt, ist es wohl natürlich, sich die Entstehung der goldhaltigen Conglomerate folgender- massen zu denken: Gerölle von Quarz und kleinen Pyritkrystallen wurden von kieselsäurereichen Lösungen, welche Gold führten, durch- flossen; das Gold wurde auf der Oberfläche der Pyrite — durch diese gefällt — ausgeschieden. Die Anwesenheit von Gold ausserhalb der unmittelbaren Nähe der Pyrite kann man sich vielleicht durch die Bildung geringer Mengen leichtlöslichen Eisen- vitriols erklären, welch’ letzteres Gold ebenfalls aus seinen Lösungen quantitativ fällt‘). Es beibt bei dieser Annahme immer noch zu erklären, woher die goldführenden Lösungen kamen. Bekanntlich sind die Eruptionen aller sauren Eruptivgesteine von Kieselsäurelösungen begleitet, die häufig eine weitgehende Verkieselung der von ihnen durchsetzten Ge- steine herbeigeführt haben. Dass solche Lösungen Erze führen können, beweisen die zahlreich bekannten Contactgänge und Contacterzlager- stätten; dass sie Gold führen können, wurde vorher durch die Gold- führung der Geysirabsätze bewiesen. Nun ist der Schichteneomplex der Swasischichten wie der Capformation von zahlreichen Gesteins- ') Es soll nicht verschwiegen werden, dass Gold auch ohne Pyrit im Quarz vorkommt. Man kann dann wohl nur an Ausfällen in Folge der Ver- dunstung der Lösung denken; in den meisten Fällen aber war, wie die hexa- edrischen Eindrücke oder die Bräunung des Quarzes zeigen, Pyrit dort früher vorhanden und wurde durch Verwitterung entfernt; so am Ausgehenden fast aller pyritischen Goldlagerstätten. Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten, 497 gängen durchsetzt, welche eine Mächtigkeit bis zu 30 Metern er- reichen. — Eine Anzahl der Gänge wurde von Dr. Koch petro- graphisch untersucht; er wies darunter Quarzhornblendediorit, Quarzdiabas bezw. Quarzproterobas (drei Gänge), Quarzenstatit oder Broneitdiabas, Olivindiabas, Olivinnorit und Tholait nach; Verwerfungen und Ueberschiebungen sind in dem ganzen goldführenden Gebiet nichts Seltenes. Es ist gewiss kein zufälliges Zusammentreffen, dass in weit von einander entfernt liegenden Theilen der Erde in der Zusammensetzung Diorit-ähnliche Gesteine im Gebiete der Goldlagerstätten vorkommen, und es ist höchst wahrscheinlich, dass es gerade diese Gesteine sind, welche als begleitendes Phänomen die Bildung von Goldlagerstätten bedingen. In Australien hat besonders Zowrtt!) die goldführenden Quarzgänge von Swifts Creek als mit der Eruption von Dioriten im Zusammenhange stehend erwiesen. Dort setzen die goldführenden Quarzgänge an der Grenze von Diorit und Schiefergebirge auf, und Howitt erklärt ihre Bildung als Begleiterscheinung der Dioriteruption. Aehnliche Verhältnisse scheinen, wie ich den mündlichen Mittheilungen von Dr. Chas. Ohewings entnehme, in den neu entdeckten Goldfeldern von Coolgardie bei Perth vorzuwalten. Das goldführende Gebiet ist von zahlreichen Eruptivgesteinen, unter denen Porphyre und Gänge von Diorit die Hauptrolle spielen, durchsetzt, und die praktische FEr- fahrung hat gelehrt, dass der Goldreichthum an die Nähe der Erup- tivmassen gebunden ist. Auch im Ural ist das Vorkommen von Gold, wie ich aus den mündlichen Mittheilungen von Professor Futterer entnehme, an das Auftreten von Eruptivgesteinen und an tektonische Störungen gebunden. Wir dürfen wohl die Goldführung der Neben- gesteine der Diorite als ein Analogon zu der Bildung von Zinn- steinlagerstätten an Granitmassiven auffassen?). Es ist natürlich, dass entsprechend saure, jüngere Eruptivgesteine ebenfalls von goldführenden ') A. W. Howitt. The diorites and granites of Swifts Creek and their eontact-zone with the auriferous deposits. Melbourne 1879. °) Ueber die Analogie zu Zinnsteinvorkommen vergleiche Rosenbusch, Mikrosk. Physiogr. Bd. II, p. 258. III. Aufl. 498 K.v.Kraatz: Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten, Lösungen begleitet sein können; es wären hierher die Gesteine der Andesit- und Trachytfamilie ') von Dilln in Ungarn und Guanaco in Chile zu rechnen. Auch hier ist das Gold an verkieselte Zonen des Gesteines oder an durch Quarz ausgefüllte Klüfte, sowie meist an die Gegenwart von Pyrit gebunden. Mit viel basischeren Gesteinen als denen der Dioritfamilie?) scheint das Vorkommen von Gold nie genetisch verbunden zu sein, wohl aber mit saureren: So steht das Auftreten von Gold zuweilen im Zu- sammenhang mit Quarztrachyten und Daciten. Fassen wir die Resultate unserer Betrachtungen kurz zusammen, so dürfen wir mit einiger Berechtigung Folgendes annehmen. Das Gold kommt meistens in Begleitung von Eruptivgesteinen vom Säure- grade der Diorite in kieselsauren Lösungen aus dem Erdinnern. In welcher Form das Gold in Lösung ist, lässt sich vorläufig nicht ent- scheiden. Bei der Ausfällung des Goldes aus seinen Lösungen spielen die Sulfide, namentlich der Pyrit, daneben Kupferkies, Arsenkies, Blei- glanz, Antimonit, eine hervorragende Rolle. Erwiesen sind diese Be- hauptungen durch die stete Paragenesis von Gold und Quarz, sowie durch das häufige Zusammenvorkommen von Gold und Pyrit und ihre Verwachsungen ; dass zuweilen auch organische Substanzen als Fällungs- mittel dienen, machen Gänge im Transvaal, deren bituminöse Theile besonders reich an Gold sind, wahrscheinlich. !) Cf. Möricke, Entstehung von Geldlagerstätten. Zeitschr. f. prakt. Geologie. 1893, p. 145 ff. ?) Die Diabase von Transvaal sind z. Th. Quarzdiabase. Cf. oben. (Sonderabzüge ausgegeben den 28. März 1896.) E. Askenasy: Beiträge zur Erklärang des Saftsteigens. 499 Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. Von E. Askenasy. (Gesammtsitzung vom 6. März 1896.) In einer im Februar 1895 erschienenen Arbeit!) suchte ich nach- zuweisen, dass das Saftsteigen durch die Imbibitionskraft der Zell- wände der Blätter und durch die Cohäsion des Wassers erfolgt. In ihrem Zusammenwirken vermögen beide das Wasser bis in die Spitzen der höchsten Bäume zu heben. Ich fasste meine Ansicht in dem Satze zusammen (a. a. O., S. 11 [333]): Die Sonnenwärme bewirkt die Ver- dunstung an der Aussenfläche der Mesophylizellen, die Imbibitions- kraft der Wand dieser Zellen saugt Wasser aus dem Innern auf und vermehrt dadurch die osmotische Kraft. Diese übt nun einen Zug aus, der sich vermöge der Cohäsion des Wassers (wir nehmen vor- läufig an, dass die Leitungsbahnen zusammenhängende Wassersäulen enthalten, was sicher für manche Fälle zutrifft) bis zur Wurzel fort- setzt und so an die lebenden Zellen der Wurzel gelangt. Hier setzt er sich wieder in osmotische Kraft um, die dann, wenn die Wurzeln an Wasser grenzen, zur Aufnahme desselben in die Pflanze führt. Dieser Satz bezieht sich auf unverletzte lebende Pflanzen. Bei getödteten Pflanzen, die, wie Böhm und Strasburger gezeigt haben, unter Umständen Wasser auf grosse Höhen heben können, wirkt die Imbibition der Zellwände der Blattzellen direct saugend als Zug und setzt sich durch die Leitungsbahnen bis auf die Wasser aufnehmen- den Theile fort. So wird auch bei in Wasser stehenden abgeschnittenen 1) S. dieses Heft 8. 325, besonders erschienen u. d. T. „Ueber das Saftsteigen®. Heidelberg. Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung. 430 EB. Askenäsy! todten oder lebenden Zweigen oder Stämmen das Wasser an der Schnitt- fläche unter allen Umständen direct angesaugt, und ähnlich verhalten sich Pflanzen mit getödteten Wurzeln. Weiterhin liegt dem obigen Satz die Annahme zu Grunde, dass in den lebenden Zellen der Blätter und Wurzeln stets ein posi- tiver hydrostatischer Druck besteht. Dies ist wohl gegenwärtig die herrschende Ansicht. Godlewski erklärt z. B.'), dass unter normalen Bedingungen in den lebenden Zellen niemals negativer Druck vor- kommt. Ich bin jetzt nicht ganz sicher, dass diese Ansicht absolut richtig ist, zumal der Turgor in lebenden Blattzellen wie in Wurzel- zellen der Natur der Sache nach starken Schwankungen unterworfen ist. Kommt negativer Druck in den Blattzellen vor, so kann die durch Imbibition der Wände bewirkte Saugung sich ganz oder zum Theil direct durch die Leitungsbahnen fortpflanzen, und kommt in den Wurzelzellen negativer Druck vor, so kann sie sich auch ganz wie bei todten Pflanzen bis auf die wasseraufnehmenden Zellen erstrecken. Dies muss durch besondere hierauf gerichtete Untersuchungen ent- schieden werden. Unter allen Umständen wird aber der von den Zell- wänden ausgehende Zug in lebenden Pflanzen durch lebende Zellen hindurchgeleitet und dies ist, wie bekannt, von wesentlicher Bedeutung für die stoffliche Zusammensetzung der von den Wurzeln der Pflanzen aufgenommenen Lösung. Auch für die Blätter ist es von Bedeutung, dass die Wände der Blattzellen, an denen die Verdunstung erfolgt, nahezu reines Wasser oder nur eine sehr verdünnte Lösung enthalten. Mehrfach ist mir bemerkt worden, das durch die Wurzeln auf- genommene Wasser könnte auch in den Zellwänden der Wurzelzellen weiter geleitet werden, bis es an die eigentlichen Leitungsbahnen ge- langt. Aber ich bin der Ansicht, dass die Bewegung des Wassers in den Zellwänden nur äusserst schwierig von Statten geht, während es durch die Zellen hindurch jedenfalls leichter und schneller sich bewegt. 1) Godlewski. Zur Theorie der Wasserbewegungen in der Pflanze. Pringsh. Jahrb. f. w. Bot. 15. Bd. 8. 575. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens, 431 Dixon und Joly treten dafür ein, dass die Wurzeln der Pflanzen auch gasförmiges Wasser aufnehmen können'). Sie berichten auch über einige Versuche, die sie angestellt haben, um diese Behauptung zu beweisen. Sie brachten nämlich die Wurzeln einer Pflanze in einen dampfgesättigten abgeschlossenen Raum und fanden dabei, dass die oberen Theile der Pflanze einigermaassen frisch blieben; doch sind diese Versuche nicht gerade sehr überzeugend. — Da die Wurzel- zellen der lebenden Pflanzen kein reines Wasser, sondern eine Lösung verschiedener Stoffe enthalten, so muss ihre Dampfspannung geringer sein als die reinen Wassers bei derselben Temperatur. Die imbibirte Zellhaut muss, weil im Gleichgewicht mit der inneren Lösung stehend, dieselbe Dampfspannung besitzen und so kann sie in einem dampf- gesättigten Raume wohl gasförmiges Wasser aufnehmen®). Bedenkt man aber, dass selbst für eine 10°),ige Kochsalzlösung die Dampf- spannung nur um 0,06 derjenigen des reinen Wassers bei gleicher Temperatur geringer ist, und dass dies weniger beträgt als die Ver- änderung der Dampfspannung, die bei 20° C. durch 1° Temperatur- unterschied bewirkt wird®), so folgt schon hieraus, dass die Aufnahme gasförmigen Wassers durch die Wurzeln für unsere Landpflanzen von keiner Bedeutung sein kann. Gerade bei trockenem und warmem Wetter werden die Wurzeln von Landpflanzen im Allgemeinen wärmer sein als ihre Umgebung. Sollte in den Wurzelzellen ein negativer Druck, der durch einen Zug von oben bewirkt wird, vorkommen, so könnte dadurch allerdings die Imbibition und damit die Dampfspannung an den äusseren Zellwänden herabgesetzt werden; doch lässt sich hierüber ohne weitere Untersuchungen nichts Bestimmtes sagen. Ich habe mich bemüht, die oben gegebene Erklärung des Saftsteigens durch Versuche zu verdeutlichen, bei denen keine lebenden oder todten Pflanzentheile, sondern lediglich Körper von einfachem und bekanntem ') Divon und Joly. On the ascent of sap. Proceedings Royal Soc. Vol. 57. 1895. S.5. Dieselben. Philosoph. Transact. Royal Soc. Vol. 186. 1895. S. 574. °) Vgl. Mayer. Lehrbuch der Agrikulturchemie. 4. Aufl. I. 8. 349. °) Wüllner. Lehrbuch der Physik. 4. Aufl. III, S. 685 u. 689. 432 E. Askenasy: Bau verwendet wurden. Man hat solche Versuche schon vor längerer Zeit angestellt und ich will, ehe ich meine eigenen beschreibe, kurz über die älteren Versuche berichten, deren erster vom Berliner Physiker Magnus herrührt. Magnus!) nahm ein Glasrohr, das oben mit feuchter Blase überbunden war, füllte es mit Wasser, goss etwas Quecksilber hinein und stellte es dann umgekehrt in ein Gefäss mit Quecksilber, so dass die Blase nach oben gerichtet war. Das Wasser im Rohr verdunstete an der Aussenfläche der Blase und das Queck- silber stieg in Folge dessen bis auf drei Zoll Höhe. Wie Magnus bemerkt, könnte die Verdunstung einen viel grösseren (negativen) Druck erzeugen, nur hört ihre Wirkung bald auf, da bei einem Drucke von drei Zoll Quecksilber die Poren der Blase schon Luft durchlassen. Derselbe Versuch ist später oft wiederholt worden, so von Liebig?), der bei Umbinden der Röhre mit einfacher Ochsenblase das Queck- silber 12 Zoll, bei Anwendung doppelter Blase dasselbe 22—24 Zoll über das untere Niveau steigen sah. Grössere Bedeutung haben die Versuche Jamin’s ®), die von vorn- herein mit der Absicht angestellt wurden, eine Erklärung des Saft- steigens zu finden. Jamin wies nach, dass feuchte poröse Körper Wasser leicht durchlassen, dem Eindringen von Luft aber einen sehr grossen Widerstand entgegensetzen. Er zeigte ferner, dass solche Körper (Kreide, gebrannter Thon, lithogr. Stein, Holz, mit Bleiweiss, Zinkoxyd, Stärke oder trockener Erde gefüllte Thonzellen) das Wasser mit grosser Kraft einsaugen. Werden sie in Wasser getaucht, so wird dieses mit solcher Kraft eingesaugt, dass die verdrängte Luft im Ma- nometer einen Druck von 3—6 Atmosphären erzeugen kann. Jamin wiederholte auch den Versuch von Magnus, nur dass er die Röhre oben durch einen porösen Körper abschloss; das Quecksilber stieg da- !) Magnus. Ueber einige Erscheinungen der Capillarität. Poggend. Ann, (10). 86. Bd. 1827. 8. 151. 2) Liebig. Ueber einige Ursachen der Säftebewegung im thierischen Organismus. Braunschweig. 1848. S. 61. 3) Jamin. Me&moire sur l’&quilibre et le mouvement des liquides dans les corps poreux. Comptes rend. de l’acad. T. 50. 1860. 8. 311f. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 433 bei auf eine Höhe von 72—74 cm. Er fertigte auch einen Apparat an, der das Aufsteigen des Saftes in der Pflanze veranschaulichen sollte. Zwei mit gestampftem Gyps gefüllte Thonzellen sind durch ein 1,20 m langes Rohr verbunden, das ebenfalls mit solchem Gyps ge- füllt ist, der nach Eindringen von Wasser einen festen porösen Körper bildet. Die eine Thonzelle wird in ein mit Wasser gefülltes Gefäss eingeschlossen, das nach oben in eine geschlossene Glasröhre ausgeht. Die andere Thonzelle saugt das von der ersten aufgenommene Wasser auf und lässt es verdunsten. Nach einigen Tagen sank das Wasser in der Glasröhre des ersten Gefässes unter die Höhe der verdunstenden zweiten Thonzelle; somit, bemerkt Jamin, steigt das Wasser in einem porösen Körper durch die Anziehung der Capillarität höher als in einem leeren Raum durch Luftdruck. Weiterhin!) beschreibt Jamin einen ähnlichen, mehr schematischen Apparat, der das Saftsteigen in einem Baume unmittelbar veranschaulichen soll. Die eine Thonzelle oder Alkarazza stellt die Wurzel vor, die poröse Verbindungssäule den Stamm oder dessen fibres serr&es, in denen nach Jamın das Wasser sich bewegt, die andere Thonzelle oder Alkarazza die Blätter, die das Wasser verdunsten. Die Versuche Jamin’s sind nur kurz beschrieben, die Schlüsse, die er daraus ableitet, sind nicht immer ganz klar dargestellt. Viel- fach wird auf eine grössere Arbeit über denselben Gegenstand ver- wiesen, die aber, soviel ich weiss, nie erschienen ist. Doch ist es sicher, dass Jamin’s Arbeiten einen sehr bedeutenden Fortschritt für die Frage nach der Ursache des Saftsteigens darstellen, und dass man durch Fortschreiten auf dem von ihm gebahnten Wege zu einer rich- tigen Lösung derselben hätte gelangen können. Wenn dies nicht ge- schehen ist, so lag dies daran, dass die Pflanzenphysiologen zu jener Zeit dem durch die Wurzelkraft bewirkten Auspressen von Saft, wie es an abgeschnittenen Stämmen von Pflanzen nicht selten beobachtet wird, eine übermässige Bedeutung zuschrieben. Da Jamin’s Versuche und Theorien diese Erscheinung nicht erklären konnten, so wurden sie 1) A. a. O. 8. 386. 434 E. Askenasy: überhaupt wenig beachtet‘). Erst in neuerer Zeit sind diese Versuche wieder aufgenommen worden. Strasburger?) fertigte einen Apparat an, der dem oben beschrie- benen Jamin’schen nahe kam. Dieser Apparat bestand aus zwei Al- karazzas, die durch ein 2 m langes vertikales Glasrohr von 2 cm Durchmesser verbunden waren. Die Alkarazzas wie das Rohr wurden mit gestampftem Gyps gefüllt. Die untere Alkarazza wurde bis an den Hals in Wasser gestellt, dem etwas Carbolsäure als Antisepticum beigefügt war, während die obere in Luft stand. Das Wasser stieg mit täglich abnehmender Geschwindigkeit um 1,4 m in 44 Tagen. Der Aufstieg des ersten Tages hatte ungefähr 7 cm, der des letzten etwa 2 cm betragen. Als die Höhe von 1,4 m erreicht war, wurde der Apparat umgekehrt, und der ganze noch trockene Theil in Wasser gestellt. Als der Apparat nach vier Wochen aus einander genommen wurde, zeigte sich, dass die Wasserzufuhr durch das 2 cm weite Glas- rohr wohl ausgereicht hatte, um den Inhalt des Rohrs im imbibirten Zustande zu erhalten, nicht aber um den Transpirationsverlust der 22 cm hohen, im Bauchtheil 10 cm dieken Alkarazza zu decken. Ein etwas besseres Resultat ergab ein Versuch mit einem vertikalen 3,8 ın langen, 2 cm weiten Glasrohr, das mit eingestampfter Kieselguhr ge- füllt wurde und in eine kleine mit derselben Substanz gefüllte Alka- razza dicht eingesetzt war. Diese wurde in Wasser gestellt. In 100 Tagen hatte das Wasser eine Höhe von 3,01 m erreicht, in 176 Tagen war es bis an das obere Ende, 3,8 m über dem Spiegel der gebotenen Flüssigkeit, gestiegen. Strasburger bemerkt dazu?): „Es ist klar, dass bei einem dem angegebenen Tempo entsprechenden Aufstieg das Wasser den Gipfel eines hohen Baumes nie erreichen würde“. Nachdem er noch über einen Versuch mit 15 m langen Seilen berichtet hat, der ähnliche Resultate ergab, bemerkt er*): „Die so ) Vgl. Hofmeister. Ueber Spannung und Ausflussmenge von Säften leb. Pfl. Flora 1862. S. 97£. ?) Strasburger. Ueb. Bau u. Verr. d. Leitungsbahnen d. Pflanzen. Jena 1891. S. 800. 3) A. a. 0. 8. 802. #) A. a. O. S. 804. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 435 überaus rasche und ausgiebige Thätigkeit des Wasserleitungsapparates in der Pflanze ist an cinen ganz bestimmten Bau derselben geknüpft“. Schon vor Strasburger hatte Nägeli gefunden'), dass die Hebung des Wassers in porösen Körpern nur äusserst langsam erfolgt. Er spricht sich darüber in folgender Weise aus: „Wenn eine Glasröhre mit Weizenstärkemehl vollgestopft und in Wasser gestellt wird, so steigt dasselbe nur wenige Fuss hoch. Und wenn man die Röhre mit nassem Stärkemehl füllt und dann in Wasser stellt, so trocknet das Stärkemehl oben in der Röhre aus und bleibt nur wenige Fuss hoch feucht.“ Nach dem Durchmesser der Stärkekörner berechnet Nägeli die Steighöhe des Wassers für ein mit Stärke angefülltes Rohr auf 15 m. Man sieht leicht ein, warum alle diese Versuche ein so ungün- stiges Resultat ergeben haben, und dies war auch Nägeli und Stras- burger nicht unbekannt. Um Wasser durch den Zug der capillaren Menisken möglichst hoch zu heben, bedarf man eines capillaren Systems von sehr engen Canälen. Mit der Enge der Canäle nimmt aber auch der Widerstand zu, den diese der Bewegung des Wassers entgegen- setzen, und da dies in viel stärkerem Verhältriss geschieht, als die Zugkraft der capillaren Menisken zunimmt, so muss die Menge des in der Zeiteinheit gehobenen Wassers mit der Enge der Röhren rasch abnehmen. Wie ich schon in meiner ersten Arbeit gesagt habe'), wird bei der Pflanze die eben dargelegte Schwierigkeit dadurch beseitigt, dass der verdunstende und hebende Apparat (die Zellhäute der Blatt- zellen) eine ganz andere Einrichtung hat als der mit der Wasserlei- tung betraute. Die Poren und Canäle der Zellhaut können gegen- über dem Durchmesser der Leitungsbahnen als zu einer andern Grössen- klasse gehörig bezeichnet werden; sie bleiben auch bei den stärksten Vergrösserungen unsichtbar. Wir müssen deshalb, wenn wir die Wasseraufnahme und Leitung der Pflanzen experimentell nachahmen wollen, Apparate anwenden, die den von der Pflanze benutzten einigermaassen ähnlich sind. Zu diesem Zwecke habe ich den Magnus’schen Versuch etwas modifieirt, worin !) Nägeli. Sitzungsber. Bayer. Akad, d. Wiss. 1866. Bd. I. S. 627. 2) A. a. O. $. 12 [334]. 436 E. Askenasy: übrigens schon Jamin vorangegangen war. Ich wählte als imbibiren- den und verdunstenden Körper den Gyps. Ich nahm ein Trichterrohr mit glockenförmigem Trichter'), dessen Trichter 3—4 cm lang war und 3—3,5 cm grössten Durchmesser hatte. An diesen Trichter wurde ein Glasrohr von ca. 90 cm bis 1 m Länge angeschmölzen, dessen Durchmesser je nach Umständen verschieden war. Vor der Verwen- dung wird die Röhre unten mit Kautschukrohr und Quetschhahn ver- schlossen und mit concentrirter Schwefelsäure gefüllt. Diese bleibt einige Stunden darin, dann wird die Röhre sorgfältig mit Wasser ge- reinigt. Der Gypspfropf wurde in zweierlei Art angefertigt, ent- weder so, dass er nur die Glocke des Trichters ausfüllte, oder so, dass über dem Trichter eine Gypskappe gemacht wurde, die ihn im Innern ausfüllte und aussen vollständig umhüllte. Im ersten Falle muss zunächst die Mündung des Rohrs in den Trichter zugestopft werden (damit später der Gyps nicht in das Rohr eindringt), wozu ich ausgekochte Watte, Thon, der später herausgewaschen wird, oder ein wenig halbfesten Gyps gebrauchte. Dann wird feines Gypspulver mit Wasser zu einem Brei angemacht und in den Trichter bis zur ge- wünschten Höhe eingegossen. Ich nehme dabei gerade nur so viel Wasser, als nothwendig ist, damit sich der Gyps leicht, eingiessen lässt und sich dicht an die Wand des Trichters anlegt, denn je weniger Wasser man nimmt, desto rascher erhärtet der Gyps und desto dichter wird er. Schon nach Verlauf einer Stunde kann ein so behandelter Gyps seine volle Festigkeit erlangen. Bei dem Anfertigen von Kappen verfahre ich so, dass ich mir aus plastischem Thon eine cylindrische Form mit Boden anfertige, wobei ein Glas von geeigneten Dimen- sionen als Formstück dienen kann. In diese Form wird der Gypsbrei gegossen. Unmittelbar darauf wird das Trichterrohr (umgekehrt) mit Hülfe eines Retortenhalters in den Gypsbrei getaucht, so dass die Einmündungsstelle des Rohrs in den Trichter von Gyps frei bleibt, und bis zum Erhärten des Gypses darin gelassen. Ein Stopfen an der !) Desaga. Preisverzeichniss. 9. Aufl. Nr, 1866. Solche Trichterröhren mit angeschmolzenem Rohr von 90 cm können von der Firma (. Desaga in Heidelberg bezogen werden. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 437 Mündung der Röhre ist hier nicht erforderlich, und das ist ein Vor- zug dieses Verfahrens. Man kann es auch anwenden, wenn man keine Kappe anfertigen, sondern nur das Innere des Trichters mit Gyps füllen will; nur muss man dann die Aussenfläche des Trichters mit einer Hülle umgeben, an der Gyps nicht haftet, z. B. mit Stanniol. Wenn der Gyps fest geworden ist, wird die Thonform entfernt und die Gypskappe mit dem Messer zu der gewünschten regelmässigen Form zugeschnitten. Für den Versuch selbst benutzte ich gewöhnlich statt reinen Wassers solches, das durch wiederholtes Schütteln mit Gypspulver und nachheriges Filtriren mit Gyps gesättigt war, um eine etwaige Lösung des Gypses zu vermeiden. Das Wasser wurde vor dem Versuch meist zu wiederholten Malen einige Zeit gekocht. Das Einfüllen des Wassers ge- schieht am einfachsten so, dass man mit Hülfe eines Trichters mit langer, etwas dünnerer Röhre, die in das andere Rohr bis nahe an den Gyps hinunterreicht, Wasser einlaufen lässt. Wenn man kein solches dünnes Trichterrohr hat, kann man auch Wasser durch den Gyps einsaugen, indem man das Rohr mit der Wasserluftpumpe in Verbindung bringt, wobei aber leicht Canäle durch Lösung im Gypspfropf entstehen, oder man verbindet den Trichter oben durch einen Kautschukschlauch mit einem weiten Glasrohr und giesst in dieses Wasser, das dann bei engen Röhren die Luft vor sich hertreibt und das Rohr anfüllt, so dass man es darauf unmittelbar in Quecksilber stellen kann. Bei dem anderen Verfahren, wo das Rohr die umgekehrte Stellung hat, hält man das Ende des Rohrs mit dem Finger zu, kehrt es um und stellt es in Quecksilber. Als Quecksilbergefäss benutzte ich eine flache gläserne Krystallisirschale. Vor Beginn des Versuchs muss man sich überzeugen, dass nirgends im Rohr eine Luftblase sich findet; wenn eine solche vorhanden ist, so muss das Rohr aus dem Quecksilber genommen und die Luftblase entfernt werden, was in vielen Fällen sehr oft wieder- holt werden muss. Ich habe Anfangs vor dem Versuche das Rohr lange mit der Wasserluftpumpe in Verbindung gelassen, ja selbst das Wasser darin zum Kochen gebracht, um möglichst jede Spur von Luft zu vertreiben, doch habe ich dies später unterlassen, weil ich keinen Verhandl. d. Heidelb, Naturhist,-Med. Vereins. N. Serie, V. 30 438 E. Askenasy: deutlichen Nutzen bemerken konnte. Allenfalls ist es zweckmässig, das Rohr vor dem Versuche eine Zeit lang mit einer Wasserluft- pumpe in Verbindung zu setzen, weil man so erkennen kann, ob der (feuchte) Gypspfropf wirklich für Luft undurchlässig ist. Der Apparat wird so aufgestellt, dass das Rohr unten in Queck- silber taucht und dicht unter dem Trichter durch eine Klammer an einem Retortenhalter, dessen Stange etwas über 1 m lang sein muss, festgehalten wird. Unmittelbar neben dem Rohr wird durch eine an- dere Klammer ein Maassstab von 1 m Länge in vertikaler Stellung gehalten. Wenn nur das Innere des Trichters mit Gyps erfüllt ist, so ist die Verdunstung in Folge der geringen Ausdehnung der Verdunstungs- fläche sehr schwach. Um sie zu befördern, wurde deshalb oben am Trichter mit Hülfe eines entsprechend weiten Kautschukschlauches ein kurzes Glasrohr befestigt, das durch einen doppelt durchbohrten Kaut- schukstopfen geschlossen war. In diesen Stopfen wurden zwei rechtwinklig umgebogene Glasröhren eingeführt, von denen die eine mit einem Chlor- caleciumrohr (das nach Bedarf erneuert wurde), die andere mit der Wasserluftpumpe durch einen Kautschukschlauch in Verbindung stand. Während des Versuchs wird nun ein schwacher Strom trockener Luft durchgesaugt, der an der oberen Gypsfläche des Trichters vorbeiströmt und die Verdunstung wesentlich fördert. Bei Apparaten mit Gypskappe ist eine solche Einrichtung unnöthig; vermöge der grösseren Gyps- fläche ist die Verdunstung ohne Weiteres stark genug. Von mehreren Versuchen, die ich angestellt habe, sollen hier nur wenige mitgetheilt werden. Ein Versuch, am 24. Januar 1896 begonnen, wurde mit einem Rohr, dessen Trichter mit Gyps gefüllt war, vor- genommen. Der glockenförmige Trichter war 3,5 cm lang mit etwa 3 cm grösstem Durchmesser. Das Rohr hatte einen Durchmesser von 6 mm. In der oben angegebenen Weise wurde trockene Luft durch- geleitet. Um die Dauer des Versuches abzukürzen, wurde Quecksilber, dann Wasser in das Rohr eingegossen, dieses dann umgekehrt und in Quecksilber gestellt. Später habe ich dies Verfahren nicht mehr an- gewandt, da mit dem Quecksilber leicht Luftbläschen in die Röhre Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 439 kommen, auch bei engeren Röhren das Steigen hinreichend rasch vor sich geht. In nächstfolgender Tabelle ist die Höhe des Quecksilbers in Centimetern angegeben, sie wurde jeweils durch Ablesen des oberen und unteren Quecksilberniveaus bestimmt. Ausserdem ist noch das Steigen des Quecksilbers pro Stunde in Millimetern angegeben. Datum, Zeit. Höhe d. @. pr. Stunde gest. em mm 24. Januar 1® V.-M. 53,5 = n n gh » 56,0 3,0 = a 12% Meg. 56,8 2,7 » 5 6° N.-M. 58,3 2,5 > 5 12% „Mn: 60,1 3,0 25. 5 9b V.-M. 63,0 3,2 ” ” 12h Mg. 64,1 al n „ zu N.-M. 66,7 3,71 26. B 1? V.-M. 68,9 3,7 = . gh c5 71,8 3,6. Das Barometer stand am 26. Januar 9" auf 76,0 cm. Bei der Beobachtung um 9" zeigte sich zwischen dem Wasser, das noch 5 cm der Röhre anfüllte, und dem Gyps eine Gasblase von etwa 1 cm Länge, die offenbar erst kurz vor der letzten Beobachtung entstanden war. Nach dieser Beobachtung wurde keine trockene Luft mehr durchgeleitet. Am 26. Januar 2430 N.-M. zeigte das Quecksilber die Höhe von 72,0 cm, war also noch ein wenig gestiegen; dann fiel es sehr lang- sam, so dass es am 27. Januar 10" V.-M. noch 71,4 cm hoch stand. Wenn, wie hier, der Versuch dadurch endet, dass sich zwischen Gyps und Wasser eine Luftblase bildet, so findet ‚gin sehr langsames Fallen des Quecksilbers statt, in dem Maasse als der Gyps durch allmähliches Austrocknen für Luft durchgängig wird. Giesst man aber gleich nach Beendigung des Versuches etwas Wasser auf den Gyps, wobei man das kurze Rohr benutzt, das zum Durchleiten der trockenen Luft über dem Trichter dient, so sinkt das Quecksilber mit ausserordentlicher Geschwindigkeit, so dass es in wenig Minuten ganz aus dem Rohre verschwunden und durch Wasser ersetzt ist. Dies zeigt sehr schön, 30* 440 E. Askenasy: wie der feuchte Gyps, der für Luft so schwer durchdringlich ist, doch Wasser mit Leichtigkeit durchgehen lässt; selbst kleinere Druckunter- schiede bewirken, dass das Wasser sich rasch durch den Gyps bewegt, Aus den oben angeführten Zahlen für das stündliche Steigen des Quecksilbers, das der verdunsteten Menge Wasser entspricht, er- kennt man auch, dass diese ziemlich gleich bleibt und durch die Höhe der Quecksilbersäule nicht wesentlich beeinflusst wird, was auch schon Dede gefunden hat.') Gleich der erste Versuch, den ich mit einer engeren Röhre an- stellte, hatte den bemerkenswerthen Erfolg, dass das Quecksilber be- trächtlich höher stieg, als dem Barometerstand entsprach. Bei diesem Versuch, der am 16. Februar begann, wurde wie bei dem erst erwähnten ein Trichterrohr verwendet, dessen Trichter nur im Innern mit Gyps erfüllt war; die Höhe des Gypspfropfes war 2,5 cm, dessen grösster Durchmesser 3 cm, die Länge des Rohres war 95 cm, dessen Durch- messer 2,2 mm. Nur unmittelbar unter dem Trichter hatte das Rohr auf eine Länge von 4 cm einen Durchmesser von etwa 6 mm. Das zu diesem Versuche benutzte Wasser war zwar vorher gekocht worden; da es aber vor dem Versuche einen Tag lang in einer offenen, nur mit Fliesspapier verdeckten Kochflasche stehen blieb, so muss es viel Luft enthalten haben. Trockene Luft wurde wie bei dem ersten Versuch durchgeleitet. Die nachfolgende Tabelle bedarf keiner weiteren Erläuterung. Datum. Zeit. Höhe d. Q. pr. Stunde gest. Bem. cm cm 16. Febr. 12% Mg. 0 = Beginn d. Vers. bill ge N.-M. 217 en add 1m, 27,5 23,9 T. 22°C. Barom. 76,5 cm. vr] Ss v.-M. 53,7° 2,9 Ta 20 3 are 55 — Luftdurchleitung z. Th. unterbr., !) Bede. Rech. sur la liaison entre l. phen. de capillarite et d’endos- mose. Me&m. couronn. Acad. Roy. de Belgique. T. 31. 1863. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 441 Datum. Zeit, Höhe d. Q. pr. Stunde gest. Bem. cm cm 7. Behr, .IE.N,-M.. 62.2 3,2 1.1590. RM EM 68,0 2,9 Euer. du. 70,7 2,7 „ » DB, 73,6 2,9 T. 15° C. Barom. 76,2 cm. n b>) 6 ” 75,8 2,2 n „ RR a! 1,9 n „ gb n 79,6 1,9 R 2 en 81,2 1,6 Geiler 930, 82,0 1,6 Barom. 76,2 cm. Ich las in den Abendstunden alle halbe Stunden ab, doch sind in der obigen Tabelle, bis auf die letzte Ablesung, nur die stündlichen Werthe angegeben. Bei der nächsten Ablesung um 10% N.-M. war das Queck- silber auf 72 cm gefallen ; unter dem Gyps hatte sich eine Luftblase von 1 cm Länge gebildet. (Man beachte dabei, dass der oberste Theil der Röhre einen grösseren Durchmesser hatte) Das Sinken der stünd- lichen Steighöhe des Quecksilbers bei diesem Versuch vermag ich nicht sicher zu erklären. Am 17. Februar Abends wurde dann das Durch- leiten von trockener Luft eingestellt. Das Quecksilber sank darauf nur sehr langsam. Am 18. Februar 9% V.-M. hatte es noch eine Höhe von 70 cm, am selben 'Tage 9® N.-M. stand es 68 cm hoch. Jetzt wurde in das Rohr oberhalb des Trichters Wasser eingegossen und in zwei Minuten sank die Höhe des Quecksilbers auf 0. Bei dem letzten Versuch, den ich hier mittheilen will, war das Rohr (ohne Trichter) 90 cm lang, von 3,2 mm Durchmesser; oben war es mit einer cylindrischen Gypskappe von 4 cm Höhe und 4 cm Durchmesser versehen. Das benutzte Wasser war vor dem Versuch einigemal aufgekocht worden. Der Versuch wurde am 6. März Abends 5 Uhr bei Gelegenheit dieses Vortrages im Heidelb. Naturh.-Medice. Verein begonnen, doch wurde der Stand des Quecksilbers erst am nächsten Tage, 7. März Morgens, aufgezeichnet. Die Verdunstung fand in freier Luft statt. Das Rohr hatte einen gleichmässigen Durchmesser, 443 E. Askenasy : der sich nur ganz in der Nähe des Trichters allmählich erweiterte. Die Ablesung fand alle 10 Minuten statt, doch wird hier nur die Höhe in jeder halben Stunde notirt. Datum. Zeit. Höhe d. @. Steighöhe pr. St. Bem.') cm cm 7.1Märzı "98 35 V.-M. 0,282,1 _ TS140B, a ie 3: a 83,8 4,1 Bar. 75,2 cm. NN TS SUNT ci; 86,0 4,4 NR 3 88,1 4,2 ee ra0N = 89,2 2,2 et OD AD NS 89,3 0,6 Bar. 75,3 em. Um 11" 40 war das Quecksilber ganz an den Gyps heraufgestiegen ; alles Wasser war verdunstet. Bei der nächsten Ablesung war das Quecksilber auf 74,3 cm gesunken und der Zwischenraum zwischen ihm und dem Gyps mit Gas erfüllt; keine Spur Wasser war zu bemerken. Weiterhin fiel das Quecksilber stetig und stand am nächsten Tage auf 0. Die rasche Abnahme in der Steiggeschwindigkeit, die sich gegen Ende des Versuches zeigt, beruht auf der Erweiterung der Röhre nach oben, die hier allmählich in den Trichter überging. Nach dem Verlauf dieses Versuches zweifle ich nicht, dass das Quecksilber noch höher gestiegen wäre, wenn das Rohr länger gewesen wäre. Wir sehen also, dass durch die Capillarität des Gypspfropfes das Quecksilber 14 cm über den Stand des Barometers gehoben werden kann, was für Wasser etwa einer Höhe von 2 m entspricht. Viele an- gefangene Versuche sind mir freilich auch missglückt, indem sich gleich am Anfang oder nach einigem Steigen des Quecksilbers Luftblasen unter dem Gyps zeigten. Um diese gleich erkennen zu können, ist es zweckmässig, dass man die untere Fläche des Gypspfropfes gut von aussen übersehen kann. Nur selten war Durchlässigkeit des Gyps- pfropfes für Luft die Ursache dieser Erscheinung, obwohl dies auch !) In dem Raume, wo ich diesen Versuch anstellte, hatte ich kein Baro- meter. Der Barometerstand ist nach der (eorrigirten) Curve eines ‚Richard- schen Barographen für diesen Tag angeführt, die mir durch die Freundlich- keit des Herrn Dr. Trommsdorff zur Verfügung stand. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 443 einigemal der Fall war; sondern es waren meist kleine Luftblasen bei dem Einfüllen des Wassers irgendwo stecken geblieben, die dann nach dem Steigen des Quecksilbers grösser wurden. Es mag auch zuweilen der Fall sein, dass, wenn die Glaswand des Rohres an einer Stelle nicht gut vom Wasser benetzt wird, sich dann dort leicht eine Luft- blase entwickelt. So zeigten sich auch früher angefertigte Röhren mit Gypspfropf oder Gypskappe, die ohne Entfernung des Gypses (was ein sehr mühsames Geschäft ist) schwer gut zu reinigen sind, als zu wiederholten Versuchen wenig geeignet. Dort, wo der Gyps am Glase anhaftet, bilden sich besonders leicht Luftblasen, wie sich ja auch Gyps hier leicht mit glatter Fläche vom Glase ablösen lässt. Ich habe darum später die Trichter vor dem Einfüllen des Gypses durch längeres Ein- tauchen in sogen. Diamanttinte (Fluorammoniumlösung) angeätzt, und es scheint in der That, dass der Gyps dann fester an der Fläche des Trichters haftet. Die Enge der Röhren ist für den guten Erfolg des Versuches von grosser Bedeutung, da in engen Röhren, wie es scheint, weniger leicht Gas- oder Dampfbildung stattfindet. Nägeli fand z. B.'), dass in engen Oapillarröhren bei gewöhnlicher Temperatur das Wasser unter der Luftpumpe nicht kocht, während in weiteren Gefässen gleich- zeitig ein Aufwallen stattfindet. Die von mir benutzten Röhren hatten noch einen verhältnissmässig recht grossen Durchmesser; engere Röhren werden wohl noch sichrere und bessere Resultate liefern. Wohl wächst mit der Enge des Rohrs auch die Schwierigkeit Wasser ein- zufüllen, doch zweifle ich nicht, dass dafür eine zweckmässige Methode zu finden sein wird. Immerhin sind meiner Ansicht nach die von mir erzielten Resul- tate vollkommen beweisend dafür, dass eine verdunstende poröse Sub- stanz Wasser auf Höhen heben kann, die beträchtlich die Länge einer dem Drucke einer Atmosphäre entsprechenden Wassersäule übertreffen. Da die Versuche nicht schwer anzustellen sind, können sie sehr wohl als pflanzenphysiologische Vorlesungsversuche, vielleicht auch als physi- kalische Versuche zur Demonstration der Cohäsion des Wassers benutzt ') Sitzungsber. d. Bayer. Akad. 1866. I. $. 366. 444 E. Askenasy:! werden. Man kann sich fragen, warum gerade unter den gegebenen Um- ständen es leicht gelingt, einen starken Zug auf das Wasser auszuüben, ohne dessen Losreissen zu bewirken. Wahrscheinlich wirkt dabei die sehr allmähliche Steigerung des Zuges durch die Verdunstung mit, vielleicht auch das sehr feste Anhängen des Wassers am Gyps. Im Folgenden will ich noch einiges Allgemeine und Historische über die Erklärung des Saftsteigens durch Imbibition der Zellwände und Cohäsion des Wassers anfügen. Wie ich in meiner ersten Ar- beit bemerkt habe, sind Dixon und Joly die ersten gewesen, welche die Bedeutung der Cohäsion für das Saftsteigen in klarer Weise er- kannt und ausgesprochen haben. In weniger klarer Weise hatte aller- dings schon Böhm auf die Betheiligung der Cohäsion des Wassers bei dem Saftsteigen hingewiesen. .J. Vesque, der im vorigen Jahre der Wissenschaft entrissen wurde, theilte mir in Erwiderung auf meine Arbeit mit, dass er auch an die Cohäsion des Wasserfadens gedacht hatte und führt folgenden Satz aus seiner Arbeit an (8. 581): „On a peut-&tre tort de faire intervenir la pression dans les affaires de capillarite. Il y a un fil d’eau suspendu... Si nous tirons sur un fil d’eau, il suit tout entier. La limite est donnde ... par la resis- tance & la traction de ce fil, r&sistance qui est d’autant plus grande, que l’eau est parfaitement purgee d’air dissout.“ Vesgue bemerkt noch, dass er diese Idee Prof. Lippmann verdankt. Merkwürdig ist es, dass, obwohl eine gewisse Grösse der Cohäsion des Wassers unbedingt nothwendig ist, damit es in capillaren Röhren ‘ bei gewöhnlichem Luftdruck über 10 m steigt und unter einer guten Luftpampe auch nur eine Höhe von einigen Centimetern erreicht, weder Physiker noch Pflanzenphysiologen hierauf aufmerksam gemacht haben. Auch Jamin spricht nirgends von Cohäsion des Wassers. Dem Scharf- Sinne Nägeli’s ist indessen dieser Umstand nicht entgangen. Nach den Angaben im Berichte über die gemeinsam mit Schwendener angestellten Versuche über die Capillarwirkungen bei vermindertem Luftdrucke') war er Anfangs der Ansicht, das Wasser könnte in capillaren Röhren ') Sitzungsber. d. Bayer. Akad. 1866. I. S. 3531. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 445 nicht höher als 10m steigen. Er stützte sich dabei auf die Versuche von Buys-Ballot, Gay-Lussac u. A. über das Abreissen von benetzten Platten von der Oberfläche des Wassers, woraus sich eine sehr geringe Grösse der Cohäsion des Wassers ergeben sollte. Ferner wies er da- rauf hin, dass in einer Capillarröhre, in der das Wasser über 10 m huch steht, die Spannung an der Oberfläche in gleichem Maasse vermindert ist wie in der Luftpumpe; es muss also in dieser Höhe Dampfbil- dung stattfinden und damit weiteres Steigen unmöglich werden. Diese Folgerungen wären richtig, wenn die angeführten Voraussetzungen richtig wären. Aber die zum Abreissen benetzter Platten von der Wasseroberfläche erforderliche Kraft ergibt keineswegs die Grösse der Cohäsion des Wassers, da es sich vielmehr dabei um allmähliche Ein- schnürung und Zerreissen einer gehobenen Wassersäule handelt, und die Dampfbildung des Wassers hängt nicht bloss von der Spannung, sondern auch von andern Umständen ab. In der That fand denn auch Nägeli weiterhin‘), dass ausgekochtes Wasser in capillaren Röhren im Vacuum bis zu 600 mm steigen kann, und dass solches Wasser bei gewöhn- licher Temperatur unter diesen Bedingungen nicht kocht. Er schloss daraus, dass die Cohäsion des Wassers bei gewöhnlicher Temperatur viel grösser sein muss, als sie (irriger Weise) aus den Versuchen von Gay-Lussac u. A. gefolgert wurde. Wenn Nägeli diese Schlüsse nur für luftfreies Wasser gelten lässt, so beweist doch unser zweiter Ver- such, sowie die Versuche von Dixon und Joly?), dass sich lufthal- tiges Wasser nicht wesentlich anders verhält. Ich komme nun zur Imbibition der Zellhaut, dem andern Haupt- factor beim Saftsteigen, von dem die eigentliche saugende Wirkung ausgeht. Die Imbibitionskraft der Zellhaut ist in der That die so lange vergeblich gesuchte Quelle?) für die Saugkraft bei dem Auf- steigen des Wassers in der Pflanze. Ich glaube der Erste zu sein, ') A. a. 0. S. 624—626. °) Philosoph. Transact. Royal Soc. Vol. 186 (1895). S. 569. °) Vgl. Strasburger. Leitungsbahnen. 8. 783. — Schwendener. Zur Kri- tik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. z. Berlin. 1892 (44). $. 923. 446 E. Askenasy: der auf die Bedeutung der Imbibition für das Saftsteigen in be- stimmter Weise hingewiesen hat, denn auch Dixon und Joly sprechen in ihrer ersten Mittheilung nur in ganz unbestimmter Weise davon, dass die Saugung von den Blättern ausgeht'): „Whether the draught upon the sap established at the leaf during transpiration be regarded as purely capillary or not, these experiments lead the authors to be- lieve, that it alone is quite adequate to effect the elevation by direct tension of the sap in tall trees“. Erst in der nach dem Erscheinen meiner ersten Arbeit veröffent- lichten ausführlichen Mittheilung?) heisst es: „The men;scuses are for- med in the membranous reseau of the evaporating cell walls, while the columns of liquid supplying the evaporation loss exist in the func- tioning conduits‘“. Dass die Grösse der Imbibitionskraft der Zellwände wirklich aus- reicht, um das Aufsteigen des Wassers in den Pflanzen zu bewirken, unterliegt keinem Zweifel?). Nägeli und Schwendener*) schliessen aus dem Widerstande, den ein quer durchschnittener Pfropf frischen Tannenholzes dem Durchgange der Luft darbietet, „dass die Capillar- anziehung die Zellwandungen wirklich bis zu einer Höhe von 100 Fuss mit Wasser versehen kann“. Die bedeutende Grösse der Imbibitions- kraft folgt aber auch schon aus der bereits in meiner ersten Ar- beit S. 10 [332] hervorgehobenen Thatsache, dass die Zellhaut trotz der grossen osmotischen Kraft der im Zellsaft gelösten Stoffe doch Wasser aus diesem an sich reisst und festhält. Die Undurchdringlich- keit der Zellwände für den Durchgang von Luft geht augenscheinlich parallel mit der Grösse ihrer Imbibitionskraft. Auf dieser Impermeabi- lität der Zellwände beruht auch die Fähigkeit des todten, aber wasser- haltigen Zellgewebes, das sich durch Verdunstung verkürzt hat, bei Zuführung von Wasser dieses aufzunehmen und sich dabei auszudehnen, da Wasser im Gegensatz zur Luft in solches Gewebe leicht eindringt. 1) Proceedings of the Royal Soc. Vol. 57. (1895.) 8. 3. ?) Philos. Transact. Roy. Soc. Vol. 186. (1895.) S. 563. 3) Vgl. Reinke. Untersuchungen über die Quellung. Hanstein. Bot. Ab- handl. IV. 1. 1879, *) Nägeli u. Schwendener. Mikroskop. 2. Aufl. S. 367. Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens. 44T Ueber die Natur der Kräfte, die bei der Imbibition thätig sind, habe ich hier keine Veranlassung mich näher auszusprechen. Jeden- falls handelt es sich wie bei der Capillarität um moleculare An- ziehungen zwischen festen Körpern und Flüssigkeiten. Ueber den feineren Bau der organisirten Körper sind ja sehr verschiedene An- sichten ausgesprochen worden. Wie es sich damit auch verhalten mag, so scheint mir, dass die Existenz zahlreicher mit einander in offener Verbindung stehender wasserführender Canäle in mit Wasser imbibirten organisirten Körpern nicht bezweifelt werden kann. Und nach dem bisher Bekannten liegt kein Grund vor anzunehmen, dass für die Aufnahme und Bewegung des Wassers in diesen Canälen wesentlich andere Gesetze gelten als diejenigen, die man für capillare Röhren ermittelt hat'). Von Einwänden gegen die hier dargestellte Ansicht ist mir nur folgende Bemerkung Noll’s bekannt geworden:?) „Wenn man in neuerer Zeit zur Erklärung des Saftsteigens die innere Cohäsion des Wassers heranzieht, um die unmittelbare Uebertragung der Saug- ung (wie sie durch die Transpiration der Blätter gegeben ist) auf die Wurzelzellen geltend zu machen, so ist mit dem versuchten Nachweis einer directeren Uebertragung der Saugung, als sie bisher angenommen wurde, selbstredend keineswegs der Beweis erbracht, dass jene Saugung zur Fortbewegung des Transpirationsstromes nun auch ausreicht‘. Wenn sich diese Bemerkung auch auf meine Darstellung bezieht, so muss der Verfasser Alles, was ich über die Bedeutung der Imbibition der Zellwände in meinem ersten Aufsatz bemerkt babe, übersehen haben. Wenn er aber der Ansicht ist, dass meine Angaben darüber unrichtig oder ungenügend sind, so hätte er, wie ich meine, seine Gründe anführen sollen. ') Vgl. Schwendener. Untersuchungen über das Saftsteigen. Sitzungsber. d. Kön. Pr. Akad. d. Wiss. 1886 (34). 8. 28f. °) Lehrbuch der Botanik für Hochschulen von Strasburger, Noll, Schenk u. Schimper. 2. Aufl, Jena. S. 158. A48 E. Askenasy: Beiträge zür Erklärung des Saftsteigens. Gewiss bleibt noch viel zu thun, um die Theorie des Saftsteigens vollständig klar zu legen. Manche hierher gehörige Fragen habe ich bereits in meinem ersten Aufsatze gestreift. So wäre noch zu er- mitteln, in wie weit in den Leitungsbahnen verdunstender Pflanzen continuirliche Wasserfäden vorhanden sind, und ob in Ermangelung dieser der von den Blättern ausgehende Zug sich auch über die durch Gas- blasen bewirkten Unterbrechungen hinüber erstreckt, ferner welche Be- deutung dabei die Verdünnung der Luft in den Leitungsbahnen besitzt, und wie diese Luftveränderung entsteht und erhalten wird. Es ist zu hoffen, dass wir durch weitere Arbeiten über diese Punkte mehr Licht erhalten werden; ich glaube aber nicht, dass dadurch die hier gegebene Darstellung über die Ursachen des Saftsteigens wesentliche Aenderungen erfahren wird. (Sonderabzüge ausgegeben den 30. April 1896.) 449 Vereinsnachrichten. Der;Vorstand des Vereins besteht nach der statutenmässigen Wahl vom 8. November 1895, wie bisher, aus den Herren Pro- fessor Bütschli als Vorsitzender, Prof. Horstmann als Schrift- führer und Buchhändler G. Köster als Rechner. Die regelmässigen Sitzungen des Vereins finden seit dem Sommer 1895 in einem Saale des zoologischen Instituts der Universität statt, welches der Vorstand dieses Instituts gütigst zur Verfügung gestellt hat. Zu dem in Berlin projectirten Helmholtz-Denkmal hat der Verein in dankbarer Erinnerung an sein früheres Ehren- mitglied zweihundert Mark beigesteuert. — An der Feier des siebzigsten Geburtstages von Professor Dr. Emil Erlenmeyer in Aschaffenburg, correspondirendes Mitglied des Vereins, be- theiligte sich der Verein durch einen Beitrag von fünfzig Mark zu einem dem Jubilar überreichten Marmormedaillon. Herr Hofrath Prof. Dr. Stengel ist wieder als Mitglied in den Verein eingetreten. Als ordentliche Mitglieder neu auf- genommen wurden die Herren Dr. Anselmino, Dr. von Beck, Privatmann Brunner, Dr. Dittrich, Dr. H. Fischer, Dr. Göp- pert, Dr. Gross, Dr. Hammer, Dr. Heddaeus, Dr. Henne- berg, Dr. Jung, Prof. Dr. Klaatsch, Dr. Lange-Helm- stadt, Dr. Marwedel, Dr. Petersen, Dr. Schieck, Dr. Schu- berg, Dr. Trömner, Dr. Georg Walz. — Ferner als ausser- ordentliche Mitglieder die Herren Dr. Lovatsch und Stud. Jukowsky. 450 Vereinsnachrichten. Die in folgendem Verzeichnisse aufgeführten Druck- schriften, welche seit Ausgabe des letzten Heftes der „Ver- handlungen“ im Tauschverkehr eingegangen sind, hat der Verein mit bestem Danke entgegengenommen und bestätigt hierdurch den Empfang. Alle uns fernerhin zugedachten Sendungen beliebe man einfach an den „Naturhistorisch-Medieinischen Verein in Heidelberg“ zu adressiren und durch die Post zu ver- senden, da dies der billigste und beiderseits bequemste Weg ist. Heidelberg, April 1896. Der Schriftführer. 451 Verzeichniss der von November 1894 bis März 1896 eingegangenen Druckschriften. (Zugleich als Empfangsbescheinigung.) Aarau. Aargauische Naturforsch.-Ges.: Verh. VII. Acireale. Accademia di scienze, lettere e arti: Atti e Rendiconti N. 8. VI 1894, Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes: Mitthei- lungen VI, Amsterdam. Koninglijke Akademie van Wetenschappen: Verslagen and Mededeelingen 1894/95. Aussig. Naturwissenschaftlicher Verein: Bericht 1887/95. Baltimore. Johns Hopkins University: Circulars 1895. Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen X, 2—3; XI, 1. Bergen. Bergens Museum: Aarsberetning 1894/95. Berlin. Medieinische Gesellschaft: Verhandlungen 25, 26. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg: Verhandlungen 36. — Deutsche Geologische Gesellschaft: Zeitschrift 46, 1—4; 47, 1-—3. — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. 1894, 1895. — Königl. Geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch 1893. — Verein für innere Mediein: Verh. XIII, XIV. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mittheilungen 1894. — Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- schaften: Verh. 77, Schaffhausen. Bologna. Accademia delle seienze del’ Istituto: Mem, Ser. 5, III, 1—2. Bonn. Naturhistorischer Verein für die preussischen Rheinlande und Westphalen: Verh. 51, 1—2; 52, 1. — Aerztlicher Verein für Rheinland, Westphalen und Lothringen: Correspondenzblatt 54—-56. 452% Verzeichn. d. v. Nov. 1894 bis März 1896 eingeg. Druckschriften. - Bonn. Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- bericht 1895. Bordeaux. Societ& des sciences phys. et naturelles : Mem. IV, V mit App. Boston. American Academy of arts and sciences: Proe. XXI, XXII. — Society of natural history: Proc. XXVI, 2—-4; Mem, V, 1—2, Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandl. XIII, 2. Breslau. Schles, Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresbericht 71, 22. Brünn, Naturforschender Verein: Verh. 32. Brüssel. Academie royale des sciences: Bull. 25, 26, 27, 28. — Soeiete entomologique de Belgique: Ann. 38, — Soeiete malacologique de Belgique : Proc. verb. 1891/94. Budapest. Ungar. Königl. naturwissenschaftl, Gesellschaft: Math.-naturw, Ber. X— XII, und div. Schriften, Catania. Accademia Gieonia: Boll, 38—41; Atti VII, VIII. Chapel Hill, Elisha Mitchell scientifie society: Journ. X; XI; XII, 1, Chemnitz, Naturwissenschaftl. Gesellschaft: Ber. 1888/92, Cherbourg. Soc. nat. des sciences nat. et math.: Mem,. XXIX, Christiania. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Forhandlingar 1893. | Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens: Jahresber,. 38. Colmar. Naturwissenschaftl, Gesellschaft: Bull. N, F. II. Cördoba. Academia nacional di Ciencias: Boll. XIV, 1—2, Danzig. Naturforschende Gesellschaft: Schriften VIII, 3—4. Darmstadt. Verein für Erdkunde und verwandte Wissenschaften: Notizblatt XV. Dorpat. Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsber. X, 3; Schriften XIII Dresden. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Jahresber. 1894/95. — Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsber. 1894, 1—2; 1895, 1. Dublin, Royal Society: Proc. VIII. Dürkheima:d.H. Pollichia, Naturwissenschaftlicher Verein der Rhein- pfalz: Jahresber. 51. Düsseldorf. Naturwissenschaftlicher Verein: Mittheil. II. hi Verzeichn. d. v. Nov. 1894 bis März 1896 eingeg. Druckschriften. 453 Edinburg. E. geological Society: Trans. VII, 1—2. Ekaterinenburg. Soeiet& ouralienne de medeeine: M&m. III, 2. Emden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 79. Erlangen, Physikalisch-medieinische Soeietät: Sitzungsber. 25, 26. Florenz. Societä entomologiea italiana: Boll. XVII, 1—2. — Soecietä botaniea italiana: Boll. 1895. — Nuovo Giornale botanico italiano: N. S. III, 1. Frankfurt a. M. Physikalischer Verein: Jahresber. 1892—95. — Senekenbergische naturforschende Gesellschaft: Abhandlungen 19, 1—4; Jahresber. 1894/95. — Aerztlicher Verein: Jahresber. 37: ' Frankfurt a. O. Naturwissenschaftlicher Verein: Helios XIII, 1—6; Soe. lit. IX, 1—9. Frauenfeld. Thurgauische naturforschende Gesellschaft: Mittheil, IX, Freiburg. Naturforschende Gesellschaft: Ber, IX, 1—3. Genf. Institut national genevois: Bull, 32, 33. Genua. Soc. di letture e conversazione seient.: Giorn. XVII, 1—4. — R. Accademia medica: Bolletino X. Giessen. Oberhess, Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Ber. 30. Göttingen. Königl, Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten 1895. Granville. Denison University: Bull. VIII, 1—2, Graz. Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark: Mittheilungen 1893/94, — Verein für Aerzte in Steiermark: Mittheil. 31. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern und Rügen: Mittheil. 26, 27. Groningen; Naturkundig Genootschap: Verslag 98. Güstrow. Naturwissenschaftlicher Verein in Mecklenburg: Archiv 48. Haarlem. Soeiete holl. des sciences exactes et nat.: Arch. XXIX, 1—5, — Fondation P. Teyler van der Hulst: Arch. IV, 3—4. Halifax. Nova Scotian Institute of natural sciences: Proc. and Trans. I, 3—4. ‚Halle. K.Leopoldinisch-Carolinische Akademie der Wissenschaften: 1895. — Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsber, 1892. — Zeitschrift für die Naturwissenschaften: 67; 68, 1—2. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N, Serie. V, al 454 Verzeichn. der v. Nov. 1894 bis März 1896 eingeg. Druckschriften. Halle. Verein für Erdkunde; Mittheilungen 1895. Hamburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandl. XII—XIV, — Verein für naturwissenschaftl. Unterhaltung: Verhandl, VIII, 1891/93. — Deutsche Seewarte: Ergebnisse der met, Beobacht., Jahrgang XVII. — Naturwissenschaftl. Museum: Jahrbuch der H. naturwissenschaftl, An- stalten XII, mit 2 Beiheften. Hanau. Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde: Be- richte 1892/95. Innsbruck. Naturwissenschaftl. Verein: N. Ber. XXI. Kharkow. Societ& des sciences experim.: Trav. med. 1895. Kiel. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen: N. F. I, 1. — Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften X, 2. Kiew. Naturforschende Gesellschaft: Mem, XIII, XIV. Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum für Kärnthen: Meteoro- logische Diagramme 1894, Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 35. Lausanne, Societ6 vaudoise des seiences naturelles: Bull. 115—118. Leipzig. K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften: Ber. math.-phys. Kl. 1895, — Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsber. 19/21. Linz. Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns. Jahresber. 23, 24, London. Royal Society: Proc. 335— 354. Lüneburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. XIII. Luxemburg. Institut Royal Grandducal de L. Publ.natur. et math. XXIII. — Soc, des sciences medicales: Bull. 1895. Lyon. Societe d’Agriculture, des sciences nat, etarts utiles: Ser. 7. 1,1893. Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. 1893/94 und Festschrift. Mailand, R, Istituto lombard, di scienze e lettere: Rendieonti 25—27 mit Ind. gen. ‚ Manchester, Literary and philosophical Society: IX, 1—6; X, I. Mannheim. Verein für Naturkunde: Jahresbericht 56/60. Marseille. Facult& des sciences: Annales III; IV; V, 1. Melbourne, R. Society of Victoria: Trans. and Proc. VI. Verzeichn. der v. Nov. 1894 bis März 1896 eingeg. Druckschriften. 455 Montpellier. Acad&mie des sciences et des lettres: M&m. med. Ser. 2.1, 1. Moskau. Kaiserl. Gesellschaft der Naturforscher: Bull, 1895, 1—3. München. K. Bayer. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsber. math.- physik. Kl. 1895, I-—IIl. — Gesellschaft für Morphologie und Anthropologie: Sitzungsber. X; XI, 1. —- Aerztlicher Verein: Sitzungsber,. 1894. Münster. Westphälischer Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst; Jahresber. 21—23. New-Cambridge. Museum of comparative Zoology: Bull. XXVII, 1—5. New-York. N.-Y. Academy of natural sciences: Ann. VII, VIII; Trans. XI, XIII, XIV. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. X, 3. Odessa. Naturforschende Gesellschaft von Neurussland: BerichteXIX, 1—2. Offenbach. Verein für Naturkunde: Ber. 33—36. Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. X. (Festschrift). Padua. Societä veneto-trentina di scienze naturali: Atti Ser. I, T. II. Boll! V}4;,. 01,2: Paris. Bibliothöque de l’&cole polyteehnique: Journal 63, 64. — Soeiete zoologique de France: Bull: XIX, XX, Passau. Naturhistorischer. Verein: Ber. XVI, 1890/95. Petersburg. Botanischer Garten: Acta XIII, 2. — Kaiserl. Akademie der Wissenschaften: Bull, II, 1—5; III, 1. Mem, I, DEn ln; 74,608; — K. Gesellschaft der Naturforscher: Trav. bot. XXI, XV; Trav. zool. XXV. Philadelphia. Academy of natural sciences: 1894, II, II; 1895, I, II. Posen. Naturwissenschaftlicher Verein: Zeitschrift I; II, 1. Prag. Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften: Sitzungs- bericht 1894; Jahresbericht 1894. — Naturhistorischer Verein Lotos: Jahrbuch XIV, XV, — Lese- und Redehalle deutscher Studenten: Jahresber. 1894. Pressburg. Verein für Naturkunde: Verhandl, 1892/93. Regensburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Ber, IV. Reiehenberg. Verein der Naturfreunde: Mittheil. 26. 31# 456 Verzeichn. d, v. Nov. 1894 bis März 1896 eingeg. Druckschriiten. Riga. Naturforschender Verein: Correspondenzblatt 37, 38. Rom. Societä rom. per gli studi zoologiei: Boll. IV, 1—6. Rochester. R. Academy of Sciences: Proc. II, 3—4, Salem. American for the advancement of sciences: 43 Meeting Brooklyn1894. San Francisco: Cal. Academy of Sciences: Proc, IV, 1—2. Sanjago de Chile. Wissenschaftlicher Verein: Verhandlungen III, 1/2. St. Gallen. Naturwissenschaftlicher Verein: Ser. 1893/94. St. Louis. Academy of Sciences: Trans. VI, 9—17; VI, 1. Sidney. R. Society of New-South-Wales: Journ. and Proc. 28. Sion, La Murithienne, Soeiete de botanique: Bull. XXI—XXI. Stavanger. St. Museum: Aarsber, 1883/94. Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- heft 51. Tokio. Medicinische Fakultät der Wissenschaften: Mittheil. III, 1—2, Toulouse, Academie des sciences, inscriptions et lettres: M&m, 9, Ser.!VyıVL Turin. Aceademia reale delle scienze: Atti XXX; XXXIL 1—5. Ulm. Verein für Mathematik und Naturkunde: Jahresheft VII, Upsala. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Noca Acta XV, XVE, Washington. United States Geological Survey: Mineral Resources 1892/93; Monographs XXIII, XXIV; Ann. Report 1892/93; Bull. 97—122, Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes: SchriftenIX, X, Wien. K.K. Geologische Reichsanstalt: Verhandlungen 1895. — K. K. Zoologisch-Botanische Gesellschaft: Verhandl. 45; 46, 1—2. — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse: Schriften 34, 39. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum:- Ann, IX, 2—4; X, 2. Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 47, 48. Würzburg. Physikalisch-medieinische Gesellschaft: Sitzungsber. 1895, 1—3; Verhandlungen XXIX, 1—7. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift 39, 40; Neu- jahresheft 1896, | Zwickau. Verein für Naturkunde: Jahresber, 1894. ınhalt- E. Askenasy, Ueber das Saftsteigen ...... REN F. A. Kehrer, Zur Phylogenie des Beckens... an Sa 0. Bütschli, Weber Structuren künstlicher und natürlicher quell- barer Substanzen. 8:7 3. 7 sen en en ET Te RR RE E. Cramer, Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trink- WASIERB RR een Te N | Goldschmidt, Schatten-Goniometer . . 2 2. 2 2. 2 nern K. von Kraatz, Beitrag zur Bildungsgeschichte der Goldlagerstätten E. Askenasy, Beiträge zur Erklärung des Saftsteigens N ZERUN. Vereinsnachrichten SH 2 SR a Verzeichniss der von November 1894 bis März 1896 eingegangenen Druckschritten u 2 a UL. at A C, F, Winter’sche Buchdruckerei, 399 418 419 429 449 5 VERHANDLUNGEN 1gn2 | Er ie HATORHISTORISCH-MRDICINISCHEN VEREINS HEIDELBERG. NEUE FOLGE. FÜNFTER BAND. .FÜNFTES HEFT. MIT EINER ABBILDUNG IM TEXT UND SECHS TAFELN. “ eG) Ce HEIDELBERG. CARL WINTER’S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNCG- m 1897. \ IN AUG 53 1897 Ueber die Herstellung von künstlichen Stärkekörnern oder von Sphärokrystallen der Stärke. Von 0. Bütschli. Im Jahre 1893!) berichtete ich kurz über besondere Bauverhält- nisse der Arowroot-Stärkekörner und gleichzeitig über die Beschaffen- heit der eigenthümlichen Lamellen, Fäden und Körner, welche man aus Lösungen von Stärke beim Eindampfen oder Gefrieren erhält. Mit diesen Angaben ist neuerdings (1895) von Arth. Meyer in seinem Buch „Untersuchungen über die Stärkekörner“ (p. 156—57) in ab- fälligster und gleichzeitig selbstbewusstester Weise „kritisch abgerechnet“ worden. Ich muss es bis zur Veröffentlichung der ausführlichen Dar- stellung meiner Beobachtungen, mit deren Ausarbeitung ich schon längere Zeit beschäftigt bin, aufschieben, meinerseits mit Herrn Meyer kritisch abzurechnen, kann jedoch schon hier betonen, dass ich hin- sichtlich des Baues der Stärkekörner, und der Sphärokrystalle über- haupt, den von mir 1894?) etwas ausführlicher erörterten Standpunkt durchaus aufrecht erhalte. Die Meyer’sche Auffassung der Bauver- hältnisse der Sphärokrystalle im Allgemeinen und der Stärkekörner im Besonderen ist ein Product schematisirender und theoretisiren- der Verallgemeinerung, die auf ungenügenden mikroskopischen Unter- suchungen basirt, was schon ein Blick auf die beigegebenen, kaum skizzenhaften Abbildungen lehrt. Die Schwierigkeiten, welche das ') Siehe diese Verhandlungen. N. F. Bd. V. Heft 1. ?) Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuchungen an Gerinnungs- schäumen etc, Diese Verhandlungen. 1894. N. F. Bd. V. Heft 3. 2. Taf. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med, Vereins. N. Serie. V. 32 458 O. Bütschli: richtige Verständniss ächter Sphärokrystalle, die natürlich von Krystall- drusen wohl zu unterscheiden sind, bietet und die mich zu vorsich- tiger und daher in einzelnen Punkten auch ein wenig schwankender Beurtheilung führen mussten, — diese Schwierigkeiten existiren für Herrn Meyer gar nicht, da er sie vollkommen unbemerkt liess, indem er seine unvollständigen Beobachtungen in das aufgestellte Schema von dem trichitisch-strahligen Bau der Sphärokrystalle mit mehr oder weniger Phantasie hineinpasste. Doch sollen diese Dinge, wie gesagt, erst später eingehender be- sprochen werden. Aehnlich wie hinsichtlich des Baues der Sphärokrystalle hat sich jedoch Meyer auch in anderen Dingen eine schematische, zunächst auf Vermuthungen gegründete Ansicht gebildet, die ihm unter der Hand zur sichergestellten Thatsache wird. Hierher rechne ich namentlich auch seine Lehre von der sogen. „amylosigen Wasserlösung*. Meyer vertritt die, auch früher schon häufig betonte Meinung, dass die, durch längeres Kochen von Stärke- körnern mit viel Wasser erhaltene und nach sorgfältigem Filtriren durch Papier schwach opaleseirende Flüssigkeit eine äusserst feine Emulsion von kleinsten zähflüssigen Tröpfchen sogen. „amylosiger Wasserlösung“ in Wasser sei. Unter amylosiger Wasserlösung ver- steht er eine Lösung von Wasser in seiner sogen. #-Amylose, welche den Hauptbestandtheil der gewöhnlichen Stärkekörner bilden soll. Ich bemerkte hingegen früher, dass ich geneigt bin, die durch längeres Kochen von Stärkekörnern mit Wasser erhaltene Flüssigkeit für eine wirkliche Lösung zu halten; und diese Ansicht scheint mir auch jetzt, trotz Meyer’s abweichender Meinung, die richtigere. Meyer sucht seine Auffassung von der emulsiven Natur dieser Flüssigkeit hauptsächlich damit zu beweisen (p. 17), dass durch „ein Thonfilter nur ganz im Anfang Spuren von’Amylose“ aus einer derartigen Lösung hindurchgingen. Mit dieser Angabe stehen meine Erfahrungen in Widerspruch; ich habe in neuerer Zeit die Filtration solcher Stärkelösungen durch ein Thonkölbehen bei mässigem Druck mehrfach ausgeführt und ge- Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 459 funden, dass dabei der Procentgehalt der Lösung nur wenig geändert wird. Ich theile hier die Resultate zweier Versuche mit, bei welchen es sich, wie bei meinen früheren Versuchen, stets um Lösungen handelte, die durch mehrstündiges leichtes Kochen von 2 gr Weizenstärke mit 100 gr Wasser erhalten waren. Das mit dem Thonkölbchen erhaltene Filtrat ist stets ganz wasserklar, ohne jede Spur von Opalescenz. 1. Von einer derart dargestellten Lösung, die ca. 3—4 Stunden gekocht worden war, wurde a) die eine Hälfte durch Filtrirpapier sorgfältigst und wiederholt filtrirt (sie opalescirte schwach) und hierauf die Trockensub- stanz (bei 115° getrocknet) bestimmt. Der Gehalt der Lösung war danach 0,79°/,; b) die andere Hälfte wurde durch ein Thonkölbchen filtrirt und ergab ein wasserklares Filtrat von 0,75°, Gehalt. 2. Von einer Lösung, die nur 1'/, Stunden auf freiem Feuer schwach kochend erhalten war, wurde der Haupttheil durch Filtrir- papier mehrfach sorgfältig filtrirt und hierauf: a) Der Gehalt wie oben zu 0,36°, bestimmt. Darauf b) von diesem Filtrat eine Portion vollständig durch ein Thon- kölbcehen filtrirt; der Gehalt des wasserklaren Filtrats war 0.23: c) Der Rest der ursprünglichen unfiltrirten Lösung, die jedoch über Nacht gestanden hatte, wurde kurz aufgekocht und darauf durch das Thonkölbchen filtrirt und dabei eine wasser- klare Lösung von 0,21°/, erhalten. Diese Versuche zeigen, dass der Gehalt der Lösung bei der Fil- tration durch porösen Thon nur wenig verändert wird. Aus einer solchen Lösung scheidet sich, wie früher gezeigt wurde, beim Gefrieren oder Eindampfen ein erheblicher Theil der Stärke in Form von Lamellen, Fäden und Körnern ab. Meyer vertritt nun die Ansicht, dass diese Ausscheidung nichts weiter sei als eine Aggregation, resp. auch ein Zusammenfliessen der unsichtbar feinen, zähflüssigen Tröpfehen der sogen. amylosigen Wasserlösung zu grösseren, „feinkörnigen“ Gebilden, welche daher 32% 460 Ö. Bütschli: gleichfalls zühflüssig sein müssten. Gegen diese Anschauung muss ich mich sehr bestimmt aussprechen. Die ausgeschiedenen Gebilde sind nach meinen früheren Erfahrungen zweifellos fest und nicht zähflüssig. Ihre bizarren und dabei ganz stabilen Formen beweisen dies schon zur Genüge. Ich habe bei vielfacher Untersuchung nicht das geringste Anzeichen von Zähflüssigkeit an ihnen wahrgenommen, wozu sich ge- stellt, wie ich schon 1893 mittheilte, dass sowohl die Lamellen wie die Fäden bei genügender Dicke deutlich, wenn auch schwach, doppel- brechend sind. Meyer lässt diese Erfahrung ganz unberücksichtigt, wohl in der Meinung, dass dies eine der vielen Täuschungen sei, die er mir zumuthet. Auf die feineren Structuren dieser Gebilde näher einzugehen, ist hier nicht der Ort; auch habe ich hierüber schon früher das Wich- tigste berichtet. Dagegen muss ich doch betonen, dass Meyer diese Structuren einfach mit dem Wort „feinkörnig‘“ erledigt (p. 17) und von den Gebilden Abbildungen liefert, welche beweisen, dass er sie nur flüchtig angesehen hat. Ich habe nun früher mitgetheilt, dass die auf solche Weise er- haltenen Körner in feuchtem Zustand nicht deutlich polarisiren, dass sie jedoch nach dem Eintrocknen sehr schöne orthogonale Kreuze zwischen gekreuzten Nicols geben und auch, obgleich schwieriger sichtbar, die Farbenvertheilung gewöhnlicher Stärkekörner bei Ein- schaltung eines Gypsplättchens erster ‚Ordnung. Meyer erledigt diese sogen. künstlichen Stärkekörner mit den Worten (p. 156), dass sie „nur die bekannten Tröpfchenaggregate“ seien, die er schon 1886 abgebildet habe. — Nun, dass sie schon früher bekannt waren, habe ich wohl gewusst, da sie schon W, Nägeli (1874)'), lange vor Herrn Meyer, dargestellt und abgebildet hatte. Dass sie jedoch in getrock- netem Zustand ein schönes Kreuz geben, war weder Nägeli noch Meyer bekannt und ist eigentlich ‘das einzig Neue, was ich, abgesehen von den Beobachtungen über die feinere Structur, zugefügt habe. Gerade diesen Punkt aber erwähnt Meyer wiederum mit keinem Wort, er . ') Nägeli, W. Beiträge zur näheren Kenntniss der Stärkegruppe. Inaug.- Diss. (München) Leipzig 1874. Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 461 sieht hierin wohl auch nur eine grobe Täuschung. — Gerade diese Erfahrung muss ich jedoch nach wiederholter Untersuchung als voll- kommen richtig aufrecht erhalten, wenn ich auch darüber jetzt etwas anders denke wie früher, wo ich über dergleichen Dinge weniger Er- fahrung besass. Aehnlich wie ich schon bei den, durch Alkoholzusatz aus der Kahlbaum’schen Stärkelösung (die nach dem Zulkowsi:y’schen Verfahren dargestellt ist) erhaltenen und im trockenen Zustand ent- sprechend polarisirenden Körnern gefunden habe (1894), wird näm- lich die, bei der Untersuchung in Luft so deutliche Polarisation der Körner durch Einschluss in Canadabalsam aufgehoben, weshalb es sich vermuthlich nur um Oberflächenpolarisation handelt, die nicht von der Substanz der Körner selbst bedingt wird. Wenn jedoch, wie Meyer meint, die Körner einfach Tropfen einer Lösung von Wasser in seiner sog. P-Amylose wären, die ja den Hauptbestandtheil der gewöhnlichen Stärkekörner bilden soll, so wäre es an und für sich gar nicht unverständlich, wenn beim Ein- trocknen aus solchen Tropfen wirkliche Stärkekörner entstehen könnten; denn was soll dann aus einer solchen Lösung beim Eintrocknen anders entstehen als $-Amylose? Ich verstehe daher nicht recht, was Herrn Meyer berechtigt, meine frühere Darstellung mit so auffallender Ge- ringschätzung zu brandmarken! — Die Möglichkeit, ja Wahrscheinlich- keit, aus wässerigen Stärkelösungen Stärkekörner herzustellen, d. h. Sphärokrystalle einer zu der Stärkegruppe zu rechnenden Verbindung, hat mich seither in Gedanken stets beschäftigt und zu verschiedenen Versuchen veranlasst, die jedoch erst in neuerer Zeit durch einen gewissen Erfolg belohnt wurden, womit gleichzeitig, wie mir scheint, ein Weg eröffnet wird, der über kurz oder lang auch zu der Her- stellung ganz richtiger Stärkekörner führen dürfte. Da ich die Meinung hegte, dass wohl bei der Lösung der Stärke in Wasser schon eine Spaltung, unter Anlagerung von Wasser, stattfinde, schien mir die Gewinnung krystallinischer Stärke wahrscheinlich, wenn es gelänge, in der Lösung einen umgekehrten Process herbeizuführen. — Dieser Gedankengang war es, wie gesagt, der mich, auf Grund gewisser Erwägungen über die starke Neigung von Gelatine zu Wasser, dazu 462 O. Bütschli: führte, Gelatine in die Lösung einzuführen. — Bevor ich jedoch das Ergebniss dieser Versuche mittheile, möge hervorgehoben werden, dass man bei dem Verdunsten der wässerigen Lösungen von Weizen- stärke, abgesehen von den oben schon erwähnten Körnern und Häuten, die man aber meist nur beim Eindampfen grösserer Partien erhält, in der Regel nur eine globulitisch-wabige Masse, jedoch keine krystallinischen Gebilde erzielt. Erst in neuester Zeit bekam ich durch häufig wieder- holtes, successives Eindampfen einer durch ein Thonkölbchen filtrirten Lösung auf dem Objectträger spärliche sphärokrystallinische Bildungen, darunter eine sehr schöne flache Sphäre, welche mit dem Gypsplätt- chen erster Ordnung die Farben der Stärkekörner sehr gut zeigt. Wenn man nun eine solche Stärkelösung — verwendet wurde bis jetzt nur die durch Papier filtrirte, schwach opaleseirende Lösung — mit etwa dem gleichen Volum 5%, sorgfältig filtrirter Gelatine- lösung versetzt und dann dieses Gemisch auf dem Wärmschrank bei etwa 40° langsam zur Trockne verdunstet, so erhält man eine be- deutende Menge schöner Sphärokrystalle, welche in ihrem Aussehen und ihren optischen Eigenschaften den gewöhnlichen Stärkekörnern vollkommen entsprechen. — Wird die eingetrocknete Masse mit Wässer bei 40—50° behandelt, um die Gelatine zu lösen, so erscheint die Flüssigkeit milchig trüb und setzt, wenn stark mit Wasser verdünnt wird, um das Gelatiniren zu vermeiden, nach einiger Zeit einen reichlichen weissen Bodensatz ab, der zum grössten Theil aus solchen Sphärokrystallen, zum kleineren dagegen aus unregelmässigen Fetzchen von feinwabigen Stärkelamellen besteht, derselben Art, wie man sie beim Gefrieren oder Eindampfen der Lösung erhält und von denen oben die Rede war. Da der Gehalt solcher Stärkelösungen stets ein sehr geringer ist, höchstens 0,5—0,9°/, beträgt, so geht daraus sicher hervor, dass der ‚grösste Theil der gelösten Stärke in dem Bodensatz enthalten ist und dass ferner der grössere Theil in Form der Sphärokrystalle ausgeschieden wurde. Quantitative Ver- suche, die sich unschwer anstellen lassen werden, konnte ich bis jetzt noch nicht vornehmen. Auf Form und Bau dieser Sphärokrystalle will ich hier nicht Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 463 genauer eingehen; es genüge zu bemerken, dass sie meist kuglig bis etwas ellipsoidisch sind, zum Theil einfach, zum grösseren Theil dagegen in der mannigfachsten Weise zusammengesetzt, bis zur Bil- dung von Häuten, die aus solchen mehr oder weniger dicht zusammen- stehenden Sphären aufgebaut sind. Ihr feinerer Bau entspricht durch- aus dem typischer Sphärokrystalle, wie ich ihn 1894 schilderte; doch ist gewöhnlich wenig davon zu sehen, da die meisten bei der Untersuch- ung in Wasser, Glyceringelatine oder Luft homogen und structurlos erscheinen. Schichtung ist jedoch auch unter diesen Bedingungen vielfach schon ganz gut wahrzunehmen; excentrische Schichtung jedoch im Allgemeinen selten. Das Lichtbrechungsvermögen entspricht dem gewöhnlicher Stärkekörner; in Canadabalsam werden sie fast unsichtbar. Die Grösse ist sehr verschieden, steigt jedoch auf etwa 0,04 bis 0,05 mm im Maximum. Die optischen Eigenschaften entsprechen durchaus denen gewöhnlicher Stärkekörner; es sind also positive Sphärokrystalle, die ein prächtiges orthogonales Kreuz zwischen ge- kreuzten Nicols geben und bei Einschaltung eines Gypsplättchens erster Ordnung Farben, welche in Vertheilung und ihren sonstigen Eigen- thümlichkeiten völlig denen gewöhnlicher Stärkekörner von gleicher Grösse entsprechen. Wie bei letzteren wird die Farbenwirkung bei der Untersuchung in Canadabalsam schöner und intensiver. Wie die gewöhnlichen Stärkekörner sind die Sphären ferner spröde und brüchig, so dass sie bei Druck auf das Deckglas zer- springen, indem sich radiale Risse bilden. Die Untersuchung ihrer weiteren Eigenschaften ergab nun, dass sich diese Sphären dennoch von gewöhnlichen Stärkekörnern in ge- wissen Punkten sehr wesentlich unterscheiden. Als eines der wichtigsten sei hier zunächst das Verhalten gegen Jod besprochen. Bei Behandlung mit sehr verdünnter, schwach gelber alkoholischer Jodtinctur, welche zu den in Wasser, unter dem Deck- glas befindlichen Körnern zugesetzt wird, bemerkt man folgende Ab- stufungen in der Färbung. Die erste Spur von Färbung zeigt sich als eine ganz schwach veilchenblaue; bei stärkerem Einwirken geht 464 O. Bütschli: die Farbe in’s Rothviolette und schliesslich Braunviolette über. Die Jodfärbung ist eine sehr energische. Bei vorsichtiger Färbung zeigt sich weiterhin, dass die Umrahmung des centralen Bläschens oder der centralen Bläschengruppe, welche die Sphären, ähnlich anderen Sphärokrystallen, gewöhnlich enthalten, sich intensiver und rein indigo- blau färbt, ähnlich wie die den Sphären beigemischten Fetzen der membranösen Stärke. — Es mag daran erinnert werden, dass auch die gewöhnlichen Weizenstärkekörner bei nicht zu intensiver Jodfärbung roth- bis blauviolett werden. Bringt man vorsichtig concentrirte Schwefelsäure zu den mit Jod gefärbten Sphären, so werden sie, unter ansehnlichem Aufquellen, sofort intensiv berlinerblau. Die meisten Sphären quellen dabei, wie gesagt, zu anscheinend hohlen blasen- artigen Gebilden auf, welche erst bei Zutritt der ganz concentrirten Säure gelöst werden. Bei Anwendung von Chlorzinkjod erhält man, wie zu er- warten, die gleiche intensiv berlinerblaue Färbung wie mit Jod und Schwefelsäure, unter entsprechendem Aufquellen. Ich schalte hier ein, dass ich auch das Verhalten der gewöhn- lichen, mit Jod gefärbten Weizenstärkekörner bei Zutritt concentrirter Schwefelsäure geprüft und dabei gefunden habe, dass es ganz das gleiche ist. Ihre blauviolette Farbe geht ebenfalls in ein intensives Berlinerblau über, indem sie gleichzeitig zu blasigen Gebilden auf- quellen. Ebenso wird die in Lamellen ausgeschiedene Stärke, die mit Jod eine indigoblaue Farbe annimmt, unter dem Einfluss der Schwefel- säure berlinerblau; doch bemerkt man, dass diese Farbenänderung später eintritt, wie bei den in der Nähe befindlichen Sphärokrystallen, dass sie also wohl eine höhere Concentration der Schwefelsäure er- fordert. l Bei Berücksichtigung der Erfahrung, dass die Jodfärbung der gewöhnlichen Stärkekörner innerhalb weiter Grenzen, von reinem Blau bis zu Braunroth schwankt, und weiterhin der Uebereinstimmung in dem Verhalten der jodgefärbten Körner bei Zusatz von Schwefelsäure, darf man wohl behaupten, dass die Sphärokrystalle hinsichtlich der Jodfärbung mit gewöhnlichen Stärkekörnern im Wesentlichen über- Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 465 einstimmen, dass wenigstens kein anderer Stoff bekannt ist, dem sie in dieser Hinsicht näher anzuschliessen wären. Um so auffallender erscheint jedoch das sehr abweichende Ver- halten der Sphärokrystalle beim Erhitzen in Wasser. Selbst anhaltendes, '—1 Stunde fortgesetztes Erhitzen in Wasser bei 100° auf dem Wasserbad bringt die Körner nicht zur Verquellung oder Verkleisterung. Dass hierbei eine mässige Quellung, ohne Deformation, stattfindet, halte ich zwar für wahrscheinlich, obgleich ich es nicht durch direete Messung feststellen konnte. Die gekochten Körner sind wesentlich blässer und lichter, d. h. schwächer lichtbrechend wie früher und zeigen namentlich die Schichtung und Structurverhältnisse viel schöner und häufiger wie zuvor. Besonders deutlich werden jedoch durch die Erhitzung die Centralvacuolen oder die kernartige Gruppe solcher. — Um den Einfluss höherer Temperatur zu studiren, wurden eine Reihe von Versuchen in zugeschmolzenen Röhrchen gemacht. Nach Erhitzung auf 113° waren die Körner nicht viel mehr verändert, vielleicht noch etwas blässer. Dagegen war bei dieser Temperatur jede Spur der lamellösen Stärke verschwunden, d. h. zweifellos vollständig in Lösung gegangen. Auf diese Weise bietet sich also eine Methode, um die Körner von jenen Beimengungen lamellöser Stärke zu befreien und ganz rein zu erhalten. Bei Erhitzung auf 125—130° wurde die Flüssigkeit, welche durch die suspendirten Körner getrübt war, sehr klar, so dass eine Verquellung oder Verkleisteruug eingetreten zu sein schien. Die Temperatur wurde hierauf noch weiter auf 135° ge- steigert und dann untersucht. Abgesehen von der vermehrten Blässe, d. h. der Verringerung der Brechung, zeigte sich jedoch keine wesent- liche Veränderung, namentlich keine Verquellung in der Art, wie sie die gewöhnlichen Stärkekörner darbieten. Eine auf 146° erhitzte Probe war vollkommen klar und durch- sichtig geworden; dennoch fanden sich bei näherer Untersuchung noch sehr viele ganz blasse Körner vor, die jedenfalls nur wenig vergrössert waren. Immerhin schien bei dieser Temperatur eine erheblichere Quellung eingetreten zu sein, da nicht wenige Körner zu blasigen Gebilden mit hellem Innern geworden waren, ohne aber dabei wesent- 466 O0. Bütschli: lich deformirt worden zu sein. Es schien übrigens, als ob die Körner bei dieser Temperatur schon theilweise geschwunden wären, da sie an Menge entschieden abgenommen hatten. Bei Erhitzung auf 167° schliesslich war die Flüssigkeit ganz klar, jedoch etwas gelbbräunlich geworden. Jetzt war jede Spur der Körner verschwunden. Die Lösung nahm bei vorsichtiger Jodbehand- lung eine indigoblaue Farbe an. — Auch beim Kochen der Körner mit Wasser zeigt die über ihnen stehende Flüssigkeit mit Jod eine schön blaue Farbe; wegen der Beimengung der lamellösen Stärke lässt sich daraus jedoch nicht sicher entnehmen, ob schon bei dieser Temperatur Substanz der Körner gelöst wird. Die Erhitzung der Körner mit Wasser ist nicht ohne Einfluss auf ihre Jodfärbung. Die mit Wasser gekochten Körner werden bei vorsichtiger Jodfärbung blauviolett, d. h. viel blauer wie die nicht ge- kochten; die auf 135° erhitzten Körner färben sich sogar sehr inten- siv und rein veilchenblau. Schwefelsäure verändert in beiden Fällen die Farbe in reines und intensives Berlinerblau, wie bei den nicht erhitzten Körnern. An den in Wasser auf 100° oder höher erhitzten Körnern tritt ferner die blaue Färbung der Centralbläschen nie mehr auf. Kalilauge von 35°, löst die Körner momentan auf. Eine Lauge von 2°/, dagegen ruft sofort in fast sämmtlichen Körnern die Bildung radiärer, vom Centrum ausgehender Rissbildungen hervor, so dass jedenfalls ein momentanes Aufquellen statthat. Dieselbe Er- scheinung tritt auch schon bei Zusatz von viel verdünnterer Lauge her- vor und ist daher in obigem Fall nur eine Wirkung der verdünnteren Lauge. Kommt die 2°/,ige Lauge zu voller Wirkung, so sieht man die äussere Schicht der Körner zu einem ganz blassen Mantel stark auf- quellen, der jedoch bald seine scharfe Grenze nach Aussen verliert und daher allmählich gelöst zu werden scheint. Der anfänglich un- veränderte Theil des Kornes, welcher von diesem Mantel umschlossen wird, erfährt fortschreitend die gleiche Umbildung, wird daher immer kleiner und schwindet schliesslich völlig. Immerhin kann ich auf Grund meiner, bis jetzt noch nicht ausreichenden Erfahrungen nicht bestimmt sagen, ob die Körner bei diesem Vorgang wirklich gelöst Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 467 oder nur bis zur Unkenntlichkeit verquellt werden. Die mit sehr ver- dünntem Kali behandelten trockenen Körner quellen um ca. '/, ihres Durchmessers auf. Mit Jod färben sie sich jetzt sehr schön blauviolett, viel blauer wie die unveränderten Körner. Salzsäure von genau 25°/, CIH löst die Körner sofort spurlos auf, Bei Zusatz von Jodtinctur zu der unter dem Deckglas befindlichen Lösung scheidet sich ein indigoblaues Gerinnsel aus, das jedoch hie und da etwas in’s Röthliche spielt. Eine starke Lösung von CaCl, (ganz concentrirte mit dem gleichen Volum Wasser verdünnt) bewirkt sofort sehr starkes Auf- quellen der äusseren Schicht der Körner zu einem sehr blassen Mantel, welcher den nicht gequollenen Theil des Korns einschliesst. Succes- sive geht alsdann auch dieser in Quellung über und schliesslich werden die völlig und sehr stark gequollenen Körner hohle blasenartige, mehr oder weniger unregelmässige Gebilde. Bei Behandlung mit schwacher Jodtinetur nehmen die Körner nun unter Schrumpfung eine sehr schön indigoblaue Farbe an, während sich gleichzeitig aus der um- gebenden Flüssigkeit blaues Gerinnsel reichlich ausscheidet. Sehr concentrirte Lösung von Chloralhydrat hat etwa ganz die gleiche Wirkung wie die Chlorcaleiumlösung. Das helle Innere der stark aufgequollenen, blasenartigen Körner ist schwächer licht- brechend wie die umgebende Chloralhydratlösung. Concentrirte, sowie Y, verdünnte Schwefelsäure lösen die Körner sofort, unter momentanem Aufquellen auf. /, verdünnte Schwefelsäure dagegen quellt nur wenig und lässt die Körner ziemlich intact. Mit Jodtincetur werden sie jetzt rothviolett bis braunviolett und bei Zusatz von concentrirter Schwefelsäure rein berlinerblau. Bei vorsichtigem Zusatz von concentrirter Schwefelsäure zu den in Wasser befindlichen Körnern kann man die vorübergehende Aufquellung der äusseren Schicht zu einer mantelartigen Umhüllung hie und da gut verfolgen, doch tritt ähnlich wie bei 2°, KHO die weitere Lösung rasch ein. Durch Zusatz von Jodtinctur lassen sich jedoch derartige Körner mit aufgequollenem Mantel färben. Ueberhaupt scheint die 468 O. Bütschli: Jodstärke durch die Schwefelsäure weniger angegriffen und gelöst zu werden wie reine Stärke. In filtrirtem, mit ein wenig Chloroform versetztem Speichel werden die Körner (bei 41°) allmählich sehr blass und schwach licht- brechend, indem gleichzeitig ihre Structur, d. h. sowohl die Schich- tung, als häufig auch der von mir bei Stärkekörnern, Inulin und sonstigen Sphärokrystallen nachgewiesene Bau, namentlich aber auch die Centralvacuolen, oder die kernartige Gruppe solcher, sehr schön her- vortreten. Die äusserste, dunkle und gewöhnlich sehr dichte Schicht der Körner scheint hie und da zerstört zu werden und ist nach 2—3tägiger Behandlung nirgends mehr deutlich zu sehen. Angefressene Körner fanden sich ganz vereinzelt vor. Die sehr blass gewordenen Körner färben sich bei Behandlung mit Jodtinectur nur schwach, jedoch gleichmässig weinroth, auch bei reichlichem Jodzusatz. Wird hierauf concentrirte Schwefelsäure zugegeben, so tritt die berlinerblaue Färbung auf, von derselben Intensität wie bei den unveränderten Körnern. Malzauszug (1 Th. Malz auf 3 Th. Wasser) wirkt bei 41°C. ganz ähnlich wie Speichel. Die Körner wurden in ca. 12 Stunden sehr blass, zeigten jedoch vielfach einer dunkleren, weniger ver- änderten Kern. Auch die Färbung mit Jod ist ähnlich, nämlich schwach weinroth bis bräunlichroth. Dabei färbt sich jedoch nur der erwähnte dunklere Kern etwas intensiver, die blasse helle äussere Partie dagegen sehr wenig bis gar nicht. Zusatz von Schwefelsäure wurde noch nicht versucht, dürfte jedoch voraussichtlich das gleiche Resultat ergeben wie nach der Speichelbehandlung. Die Körner wurden also weder von Speichel noch Malzauszug bei 3—4tägiger Behandlung gelöst, wenn auch ihr Blässerwerden wohl auf eine theilweise Herauslösung von Substanz hinweist. Im Hinblick auf die geschilderten Eigenschaften der Sphäro- krystalle und auf die Natur der Lösung, aus welcher sie erhalten werden, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass es sich um Sphärokrystalle einer Modification der Stärke handelt, dass demnach wirklich Stärke- sphären oder Stärkekörner vorliegen. Ebenso scheint auch sicher zu Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 469 Sein, dass die bei der Darstellung der Körner angewendete Gelatine nicht nur die Rolle eines zähen Mittels spielt, welches etwa allein die Bildung von Sphärokrystallen begünstigt. Die Gelatine muss chemisch verändernd auf die gelöste Stärke wirken, da die Eigen- schaften der Sphärokrystalle, speciell ihr Verhalten gegen erhitztes Wasser so wesentlich von gewöhnlicher Stärke abweichen und auch von der Stärke, die man beim Gefrieren oder Eindampfen der Lösung erhält. — Schwieriger gestaltet sich die Frage, ob die auf dem ange- gebenen Wege hergestellten Stärkesphären einer der bekannten Stärke- modificationen entsprechen. Jedenfalls scheint es sicher, dass sie derjenigen Modification am nächsten kommen, welche die Grundlage der sog. Stärkeskelette bildet, die man aus gewöhnlichen Stärke- körnern bei längerer Einwirkung verdünnter Säuren, Speichel oder Malzauszug erhalten kann; natürlich abgesehen von etwaigem, diesen Skeletten beigemischtem Amylodextrin. In neuester Zeit hat A. Meyer diese Modification der Stärke als «@-Amylose bezeichnet und die Annahme wahrscheinlich zu machen gesucht, dass sie neben der, den Hauptbestandtheil bildenden sogen. P-Amylose mehr oder weniger reichlich in den gewöhnlichen Stärke- körnern vorkomme. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Reac- tionen dieser &-Amylose, wie sie A. Meyer (p.83) angibt, nicht voll- kommen mit denen der von mir dargestellten Sphären übereinstimmen. Dies gilt namentlich von der Jodfärbung, von der es heisst: „Jodjod- kalium färbt die Substanz anfänglich kaum, bei längerem Liegen bräunlich“, während p. 13, wo über die Natur der &-Amylose gehandelt wird, die Bemerkung steht, dass die „Reste der Stärkekörner“ sich „mit Jodjodkalium nicht blau, sondern schwach röthlich“ färben und es auf p. 11 von der aus Arowroot-Körnern erhaltenen &-Amy- lose heisst, dass sie sich, frisch dargestellt, „augenblicklich roth oder braun“ färbe, nach tagelangem Auswaschen mit Wasser „dann kaum mehr röthlich* und dass „die Skelette mit etwas Jodjodkalium ein- getrocknet „intensiv blau“ werden. Die Erklärung, welche Meyer für die letzterwähnte Blaufärbung beim Eintrocknen der Skelette mit Jodjodkalium gibt, dass nämlieh „eine 470 O. Bütschli: Spur verquollener #-Amylose“ die Blaufärbung hervorrufe, scheint mir sehr gezwungen und unwahrscheinlich. Leider hatte ich diese Angabe bis jetzt übersehen und daher einen solchen Eintrocknungsversuch mit den von mir dargestellten Stärkesphären vorerst nicht probirt; augen- blicklich vermag ich dies nicht nachzuholen. Auch fand ich bis jetzt nur eine Angabe über das Verhalten der jodgefärbten &-Amylose oder der sogen. Stärkeskelette und -reste bei Zusatz von concentrirter Schwefelsäure. W. Nägeli bemerkt nämlich auf p. 98, dass die sogen. Rückstände oder Hüllen, welche durch lange Behandlung mit Säure in der Kälte und darauf folgendes Kochen mit 2°/,iger Schwefelsäure er- halten waren, mit Schwefelsäure und Jod „eine ziemlich rein blaue Farbe“ annahmen. Dagegen wurden sie durch Eintrocknen mit Jod (in Jodwasserstoffsäure gelöst) schön bräunlich roth (p. 97). Es scheint daher sehr wohl möglich, dass der sogen. &-Amylose die charakteristische Blaufärbung mit Jod und Schwefelsäure zukommt. Bekanntlich hat man diese &-Amylose lange Zeit als Cellulose oder als Amylocellu- lose bezeichnet; auch lässt sich ja nicht verkennen, dass sie sich in ihren Eigenschaften der eigentlichen Cellulose mehr nähert wie die sogen. P-Amylose. Wenn ich daher mein Urtheil über die Stärkemodification, welche die von mir dargestellten Körner bildet, vorerst nur mit einer gewissen Reserve ziehe, da ja auch ihre Untersuchung noch weiterer Vertiefung bedarf, so zweifle ich doch nicht, dass sich bei fortgesetzter Untersuchung ein scharfes Urtheil über sie erzielen lassen wird, da es sich um eine krystallinische Substanz handelt, welche sich bei geeig- neter Manipulation auch in grösserer Menge gewinnen lässt. Wenn man sich den von A. Meyer in seinem Buch entwickelten Anschauungen anschliesst, d. h. die gewöhnlichen Stärkekörner als Mischungen von sehr viel P-Amylose mit wenig «-Amylose (event. auch etwas Amylodextrin) betrachtet, so würden sich die von mir künstlich dargestellten nach ihren Eigenschaften umgekehrt als eine Mischung von sehr viel &-Amylose mit wenig #-Amylose auffassen lassen. Das. Verhalten gegen Speichel und Malzauszug scheint eine derartige Auf- fassung zu unterstützen. Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. 471 Ich habe das gleiche Verfahren der Mischung und Eintrocknung mit Gelatine auch mit einer Lösung der von Kahlbaum (Berlin) bezogenen sogen. löslichen Stärke versucht. Wie mir Herr Dr. Kahlbaum gütigst mittheilte, ist dieses Präparat nach Zulkowsky’s Angaben, also durch Erhitzen von Kartoffelstärke mit Glycerin auf 190° und Be- handlung mit Alkohol dargestellt. Nach der Ansicht A. Meyer’s (s. p. 28) besteht diese Zulkowsky'sche lösliche Stärke „sicher grössten- theils aus $#-Amylose, enthält aber wahrscheinlich auch Amylodextrin“. Wie sich dieses mit den Ansichten Meyer’s über die Eigenschaften seiner P-Amylose zusammenreimt, ist mir etwas unklar, da diese lösliche Stärke in kaltem Wasser in, wie es scheint, beliebiger, jeden- falls sehr grosser Menge zu absolut wasserklarer Flüssigkeit löslich ist und von dieser Löslichkeit auch bei wiederholtem Eindampfen zur Trockne nichts einbüsst. Aus der Lösung dieser Stärke lassen sich nun mittels des oben angegebenen Verfahrens ebenfalls kleine Sphärokrystalle reichlich herstellen, die sich optisch verhalten wie die erstbeschriebenen, die dagegen in ihren sonstigen Eigenschaften sehr wesentlich verschieden sind. Bei vorsichtiger Behandlung mit Jodtinetur färben sie sich bräunlichroth, entschieden mehr braun wie die ersterwähnten Körner. Bei Zusatz von concentrirter Schwefelsäure wird die Farbe viel dunkler und intensiver und schliesslich, unter Aufquellen, rothviolett bis höchstens veilchenblau, jedoch nicht berlinerblau wie bei den ersterwähnten Körnern. Auch ist die Bildung hohler Blasen bei dieser Behandlung mit Schwefelsäure nicht zu beobachten. — In kaltem Wasser sind die Körner nicht löslich, dagegen lösen sie sich beim Kochen sofort zu klarer Lösung, die beim Erkalten nichts ausscheidet. Die auf 85° erhitzten Körner sind ganz blass und durchsichtig geworden, jedoch nicht eigentlich verquollen. Mit Jod färben sie sich auch jetzt ähnlich wie früher, bei Zusatz von concentrirter Schwefelsäure werden sie nun aber ziemlich rein veilchenblau. Die Lösung wird bei Zusatz von Jod hübsch veilchenblau; darauf eingetrocknet, bleibt ein bräun- lichrother Rückstand, der jedoch bei Zusatz von Wasser sofort veilchen- blau wird. 473 O. Bütschli: Herstellung von künstlichen Stärkekörnern. Wie gesagt, sind demnach diese Körner wesentlich vor den ersteren verschieden und nähern sich jedenfalls dem Amylodextrin, namentlich aber auch den Körnern der Gregarinen, die ich bei Ge- legenheit einer früheren Untersuchung, durch welche ich ihre Zuge- hörigkeit zu der Stärkegruppe zuerst feststellte, als Paraglycogen bezeichnete, von denen ich jedoch schon lange eine nähere Beziehung zum Amylodextrin vermuthete. Erst die fortgesetzte genauere Unter- suchung wird aber festzustellen vermögen, ob die aus der Äahl- baum’schen Stärke erhaltenen Körner eigentliches Amylodextrin sind, was ich vorerst eher noch für unwahrscheinlich halte. Ein Versuch mit Lösung von Weizenstärke, welche mit einer Lösung von Kirschgummi vermischt und eingetrocknet wurde, ergab gleichfalls, wenn auch nicht sehr reichlich Sphärokrystalle, die in ihrer Jodfärbung und ihren optischen Eigenschaften mit den durch Gelatine- zusatz hergestellten übereinstimmen. Ihre übrigen Eigenschaften wurden noch nicht untersucht. Dagegen bilden sich beim Eintrocknen von Weizenstärkelösung mit filtrirtem Hühnereiweiss keine Sphärokrystalle von Stärke, wie auch schon ein vor mehreren Jahren angestellter Versuch gezeigt hatte. Man muss dabei zwar vorsichtig sein, da sich beim Eintrocknen dieser Mischung schöne kleine Sphärokrystalle bildeten, die sich aber optisch sofort von denen der Stärken sehr bestimmt unterschieden und wohl sicher aus phosphorsaurem Kalk bestehen dürften. Herrenalb, den 20. August 1896. r (Sonderabzüge, ausgegeben den 30. September 1896.) 473 Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. Von Eduard Cramer. Mit 4 Doppeltafeln und 1 Figur im Text. (Sitzung der med. Section vom 26. Januar 1897.) M. H. In dem heutigen Vortrage möchte ich über die weiteren Untersuchungen berichten, welche ich in dem Verlaufe des letzten Jahres namentlich über die Beschaffenheit der beiden Heidelberger Tiefbrunnen, aber auch über die der gesammten Heidelberger Wasser- leitung angestellt habe. Es handelt sich um die Frage: sind die Assanirungsarbeiten, welche seitens der Stadt mit aller Energie und zum Theil unter Aufwand richt unbeträchtlicher Kosten vorgenommen wurden, von Erfolg begleitet gewesen oder nicht? Dann werden wir uns allerdings im Anschluss daran mit der Trinkwasserbegutachtungs- frage nochmals kurz beschäftigen müssen. Was zunächst die Wolfsbrunnen- und die Rombachquellleitung betrifft, so möchte ich Sie daran erinnern, dass wir den Schluss der Sickerquelle, welche während der trockenen Jahreszeit überhaupt kein Wasser lieferte, die Neufassung der reichlich Wasser liefernden, aber in unmittelbarer Nähe des Wolfsbrunnenwirthshauses liegenden Keller- quelle und Strahlpumpe als wünschenswerth erachtet hatten.'‘) Wie aus den Diagrammen, welche den täglichen Keimgehalt und die 24stündige Regenmenge darstellen, hervorgeht, hat die Stadt allen Grund, mit dem Erfolg der vorgenommenen Arbeiten zufrieden zu sein. Die Besserung der Beschaffenheit der H. L. ist eine augenscheinliche. !) Späterhin wurde eine Neufassung der Wirthschaftsquelle, welche lediglich die Wirthschaft versorgt und für die städtische Wasserleitung nicht in Betracht kommt, angeordnet. Ueber deren Erfolg steht das Urtheil noch aus. Verhandl. d. Heidelb. Naturbist.-Med. Vereins. N. Serie. V. 33 474 Eduard Cramer: Selbst während der Hochwasserperiode im Frühjahr, während der wolkenbruchartigen Regengüsse des regenreichen Sommers — 44 mm Regenhöhe ist wohl selbst für Heidelberg eine nicht häufig vorkommende Regenmenge — ist eine Keimsteigerung über 300 pro cm? überhaupt nicht beachtet worden, während früher Anstiege auf 3—5000 pro cm? keine Seltenheit waren. Im October und im December finden sich höhere Keimgehalte, dieselben sind aber wohl auf Arbeiten an der Leitung: Verlegung der Rohre und Spülung, bez. Säuberung der Rohre, zurückzuführen. Ich möchte ausdrücklich hervorheben, dass ziemlich beträchtliche Regenhöhen (bis zu 18 mm pro 24 St.) und Regenperioden ohne Wirkung auf den Keimgehalt des Leitungswassers bleiben. Aber gerade diese tadellose Beschaffenheit der Wolfsbrunnen- Rombachleitung waren es, welche meine Aufmerksamkeit auf einen Umstand lenkten, welchen ich bisher hatte unberücksichtigt lassen können. Bei der Beobachtung der Leitung im Laboratorium drängten sich mir Wahrnehmungen auf, welche den Verdacht erwecken mussten, dass die beiden Tiefbrunnen einen zeitweiligen Zufluss von Neckarwasser erhalten. Die Frage ist bereits früher aufgeworfen worden und auf Grund von allerdings nicht ganz einwandsfreien pbysikalischen und sorgfältigen chemischen Untersuchungen dahin entschieden worden, dass die beiden Pumpbrunnenin keinerlei Communication mit dem Neckar stehen. Zur erneuten Prüfung stand mir das von Herrn Stadtrath Zeimbach bereitwilligst überlassene Material der alten Versuche zu Gebote, ferner die laufende Untersuchung der Institutsleitung, endlich eine Reihe von der Stadt in dankenswerter Weise ad hoc angestellter mehrtägiger Pumpversuche. Bevor ich Ihnen aber dies Material unterbreite, muss ich noch kurz auf die Einrichtung der beiden Pumpstationen und der Assanirungs- arbeiten bei Pumpstation I. zurückkommen. Die Lage derselben lässt sich aus nachstehender Skizze ohne Weiteres erkennen. Pumpstation II, der Stadt näher gelegen, besitzt Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältuiss zum Neckar. 475 ausser dem eigentlichen Förderschacht, der auch die Pumpe aufnimmt, einen zweiten ausserhalb des Gebäudes, der mit dem ersteren durch einen horizontalen Stollen communicirt. Beide Schächte — ihre Tiefe NORD Malsstab = 1:16000. nn, Chauss ee — m u Eisenbahn. 0ST „--—_ -.__ -——. N Pi SR Auerhahnen‘ \ x \ IR kopf } dürfte nach meinen Messungen 16 m nicht wesentlich übersteigen —, bis auf den anstossenden Felsen tadellos betonirt, sind, wie ich mich durch wiederholte genaue Besichtigung überzeugt habe, gegen Oberflächenwasser sicher abgeschlossen. Durch einen „Schieber“ kann das geförderte Wasser, für den Fall, dass das Reservoir gefüllt ist, in den Neckar geleitet werden. Dieser „Schieber“ diente späterhin zur Probeentnahme. 33* 476 Eduard Cramer: Pumpstation I besteht aus einem ca. 14 m tiefen gemauerten Schacht, an den sich bis auf ca. 50 m das 30 cm weite Bohrloch an- schliesst. Das Steigrohr der Pumpe taucht jedoch nur bis auf 20 m in das Bohrloch ein, so dass ca. 30 m des Bohrloches frei bleiben. Das geförderte Wasser stammt somit höchstwahrscheislich nicht aus 50 m Tiefe, sondern aus 16—20 m, etwa derselben Tiefe, wie bei Pumpe II. Auf Grund früherer Beobachtungen — der hohen Keim- zahl und des constanten Vorkommens des gewöhnlichen Bact. coli — hatte ich es für wahrscheinlich erklärt, dass Jauchebestandtheile ihren Weg in das Bohrloch fänden. Seitens der Stadt wurde die Ent- fernung bez. Ausfüllung der Abtrittgrube angeordnet. Unmittelbar, nachdem dies geschehen war, verschwand das Bact. coli aus dem Leitungs- wasser und ist bisher im Wasser der Pumpe I nicht wieder beobachtet worden. Wegen des hohen Grundwasserstandes konnte die gleichfalls angeordnete Cementirung des Schachtmauerwerkes nicht sofort vor- genommen und musste auf später verschoben werden. Als im Früh- jahr der Keimgehalt im Laboratorium bei sonst völlig trockenem Wetter anstieg, liess sich unschwer durch isolirte Untersuchung der Quellen am Wolfsbrunnen und des Pumpwassers der Nachweis liefern, dass immer noch Oberflächenwasser wahrscheinlich durch das undichte Schachtmauerwerk zu dem Bohrloch gelangen musste. Bei den un- verzüglich vorgenommenen Arbeiten war es interessant zu beobachten, wie, sobald in einem Wildwassergraben das Wasser durch Aufrühren getrübt wurde, auch an der Schachtwandung trübes Wasser herab- rieselte, um wieder klar zu werden, wenn das Wildwasser in dem Graben sich klärte. Ich möchte nicht unterlassen, auf die weite Ent- fernung, auf die diese Verunreinigung statt hatte, aufmerksam zu machen. Der Wildwassergraben war cä. 30 m vom Schacht entfernt, und doch fand das Schmutzwasser durch irgend ein zufälliges Rinnsal seinen Weg bis zum Schacht. Ich’glaube, dass der Fall bisher nicht einzig dasteht, namentlich da der Untergrund zum grössten Theil aus dichtem Lösslehm besteht, während in einiger Entfernung Baum- stämme in den sogenannt gewachsenen Boden eingelagert erscheinen und jedenfalls je nach Umständen Gelegenheit zu Rissen- und Spalten- Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. 477 bildungen geben können. Ein Analogon bietet der interessante von Jäger auf der Jahresversammlung des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Kiel berichtete Fall, wonach ein Brunnen in Ulm auf 115 m aller- dings durch eine Felsspalte einen Zufluss von Oberflächenwasser erhielt. Auch diese Quelle der Verunreinigung wurde durch sehr sorgfältiges Cementiren des gesammten Schachtes, sowie durch Ableiten des Wild- wassers beseitigt. Es war hiermit jeder letzten Spur von Ober- flächenwasser der Zutritt zum Bohrloch verwehrt. Wenn dem aber so war, dann muss nunmehr auch der Keim- gehalt absinken. Es mussten endlich auch die. früher erwähnten langsam wachsenden, so zu sagen verkrüppeltes Wachsthum zeigenden, erst vom 5.—6. Tage an sich entwickelnden, aber von Bact. coli grund- verschiedenen Colonien (der Windkesselbacillus I und II) verschwinden. Dies war aber nicht der Fall. Bei directer Probeentnahme an der Pumpe selbst liess sich ein mässiger, gelegentlich allerdings bis auf 300 Keime pro cm? ansteigender Keimgehalt constatiren, und auch im Laboratorium war, so oft die Pumpstation in Gang kam, die Keimzahl selbst bei völlig trockenem Wetter eine höhere, als wenn z. B. die Wolfsbrunnenleitung oder Pumpstation II allein functionirte. Es lässt sich das namentlich deutlich in den eirculirenden Diagrammen im Monat November und December, aber auch sonst erkennen. Hinzu- kam noch, dass einmal bei mässig hohem Wasserstande dieselben Keime auch bei Pumpstation II im Förderschacht, d. h. bei Probe- entnahme am Schieber nachgewiesen wurden und zwar der Art, dass der Aussenschacht noch tadellos sauber war, das Wasser nur durch das blosse Durchpassiren durch die Pumpentheile eine mässige Verunreinigung erlitt. Es erfuhren somit beide Pumpen unter Umständen eine und dieselbe, aber zunächst mässige Verunreinigung. Da Oberflächen- wasser mit Sicherheit auszuschliessen war, auch die Pumpen- schmiere sich als nahezu keimfrei erwies, so lag es nahe, dieselben auf unterirdische Zuflüsse seitens des Neckar zu beziehen. Ich habe mich nun zunächst umgesehen, ob sich dieser hypothetische Neckarzufluss nicht allein schon würde chemisch nachweisen lassen. Hierbei in Betracht zu ziehen ist der hohe Trockengehalt des Neckar, 478 Eduard Cramer: Pumpstation II. N | Trocken- +r. N,0, Aussenschacht akt Härte Mile. Cl NL, 23. IX. 96 | 0,074 2,23 0,155 0,0038 — YıRagı 84!) 0,130 5,60 ı — 10,01065| Spur 10.1. 84:)| 0,090 | 4,76 — = +? 23.1. 84:)| 0,120 | 5,32 + [0,0071 4 1. XI. 853) 0,120° | 5,88 0,589 0,0142 |- + 6. XI. 85')| 0,0875 + 0.0950 5,88 “ 0,01065 on | 4,48 — 0,01065 — 18: IX, ‚95.,1.0,1750.+ 6,73 0,20 0,0107 8. AVILl., 95. 10.2000 |. 5.6 0,32 10,0971 22. VI. 96 |0,1200 | 6,6 0,68 0,0142 304. N1.! 96. 1|0:3870 115,5 1,38 10,0128 Neckarw. Ball 13:8 0,800 0,0143 Dr. Dittrich. namentlich aber der hohe Kalk- und Schwefelsäuregehalt, auch Salpetersäure, Chlor und Magnesium waren nicht ohne Bedeutung; alle die genannten Substanzen durften bei einem Wasser, das wie das vorliegende aus dem hiesigen unteren Bunt- sandstein stammte, sich höchstens in Spuren finden, die Trockensubstanz durfte 70—80 mg nicht wesentlich überschreiten; dann mussten natürlich bei der grossen Nähe der Pumpwerke und der fast gleichen Tiefe der Schächte dieselben eine nahezu identische Zusammensetzung aufweisen, endlich musste die Zusammensetzung eine gewisse Constanz besitzen. In der obenstehenden Tabelle habe ich die Untersuchungsresultate für Pumpstation I und II zusammengestellt, ausserdem eine Art mittlere Zusammensetzung des Neckar und eine Analyse des Wassers aus dem unteren Buntsandstein beigefügt. Während man nun aus den Analysen bei Pumpe I keine Schlüsse ziehen kann, im Gegentheil aus der nahezu constanten Zusammensetzung einen gewissen Schluss auf seine Reinheit zu. ziehen berechtigt scheint, ist das bei Pumpe II nicht der Fall. Solch enorme Schwankungen in der Zusammensetzung kommen bei reinem Wasser (dazu noch aus dem hiesigen unteren Buntsandstein) nicht vor. Ein Wasser, das 1) Vorbohrungen, Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. 479 Pumpstation 1. Aussenschacht Be Härte ie Cl NH, | 17. IX. 84 | 0,078 | 3,86 | Spur [0,0023 | 0,0095 | Lehmgr. 17. IX. 84 | 0,0608 2,44 | Spur 10,0177 | 0,0015 |Schneider. 25. I. 8£| 0,0735 | 3,38 — 0,02059 0,0002 35. 1X. 84 10,0603| 224° |," — 0,0155.) "Spur Spätherbst 84 | 0,075 390 02 ODZER ZU gene. x 84 | 0,075 | 3,36 100077 ra „ 84 | 0,070 | 3,64 = 0,0177 ) Lehm- 2 84 | 0,070 | | 0,0142 | | grube. 97. VII. 85 | 0,080 | 3,92 | Spur 1|0,0165 SE BONE 8510:0703%2:69; | —— 10.0071 | 12. Xll2.85.:0,080 | 24,20: \=Spur' 0.010695 + BEI + 186: 140,0704. 053,36 71°, 0.0.0113, 27.X. 86 | 0,0800 | 3,64 Spuren |0,01065, — 362. 1X. 95. | 0,0900.1°°1,90 -). 0,40. 0,0071 |. — 22. VII. 96 | 0,0870 | 1,94 | — |[ooorı | — wie das vorliegende um das 5—6fache in seinem Trockenrückstande und analog in seinen anderen Bestandtheilen schwankt, kann unmöglich rein sein, sondern muss zeitweilig stärker werdende Zuflüsse erhalten. Der Kalk- und der Schwefelsäuregehalt (welch’ letzteren ich allerdings bis zu einem gewissen Grade anticipire) sprechen dafür, dass die Zu- flüsse aus dem Neckar stammen. Wenn somit ein Zufluss von Neckarwasser zunächst allerdings nur für Pumpe II mindestens höchstwahrscheinlich gemacht war, so handelt es sich darum, die sanitäre Bedeutung dieser Zuflüsse fest- zustellen. Dieselbe hängt lediglich von der mehr oder minder guten Filtration des Neckarwassers ab. Werden durch die filtrirenden Bodenschichten die Bacterien des Neckar zurückgehalten, dann kann Neckarwasser in das Pumpwerk fliessen, soviel als nur immer mag. Das Neckarwasser, genügend filtrirt, ist sanitär ohne Bedeutung, unschädlich. Die Frage kann so- mit endgiltig nur auf bacteriologischem Wege entschieden werden. Die bisherigen Beobachtungen geben darüber keine genügende Auskunft, einmal hatte ich eine Keimsteigerung über 120 Keime pro cm? ge- funden, sonst war in allerdings nicht sehr häufigen Untersuchungen der Keimgehalt im Aussenschacht immer ein äusserst niedriger gewesen, Eduard Cramer 480 ‘ nn | Ir ga ger | 7129 6170 | gsco 0L‘E 17°C F0r00°0 | F0F00°0 1700 | 9570'0 98100 | 08100 z8I1T‘0 | OTOT'O SIET'O | O6LITO a9gqaıqas | IIeTDS "XI '93 g 68 sers 9889 4820 GT1‘o 1g| Schieber | 31 415 5,85 7,95 | 10,58 | 13,21 Bac- Pumpst. I 15. 77 16 a2 82. | 110 1 SE terien |Aussenschacht | 4 | 3 | 7 | 6, 5352| 13 procm® | Schieber 80 17 27 DBiul WB 1NrSB 1) Im SO4 wurden 2,8 bis 3 Liter einwandsfrei eingedämpft. Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. 483 Die Bedeutung der einzelnen Curven ist wohl ohne Weiteres aus der beigeschriebenen Erklärung ersichtlich. Wichtig ist hier nun vor allen Dingen, dass zum ersten Male seit 2 Jahren, allerdings nur an den ersten beiden Probetagen, ein sozusagen „normal niedriger“ Keimgehalt bei Pumpe I beobachtet wurde. Die charakte- ristischen früher beschriebenen Culturen (Windkessel b. I und II) brauchen also nicht vorhanden zu sein. Die chemische Zu- sammensetzung ist wieder eine sehr constante und lässt durchaus nicht auf Verunreinigungen schliessen. Die bacteriologische Untersuchung dagegen ergibt mit Ausnahme des dreizehnten letzten Tages eine stetig zunehmende Keimzahl, wiederum vorwiegend Colonien der beiden mir wohlbekannten Windkesselbacillen. Wenn wir auch aus der Untersuchung der Keimzahl im Laboratorium den Schluss ziehen müssen, dass an den Tagen, wo nicht untersucht wurde, die Keimzahl noch mehr über 110 angestiegen sei, so ist damit nicht viel gewonnen. Wir sehen, dass an Pumpe I etwas nicht in Ordnung ist. Im Zusammen- halte mit den früheren Beobachtungen müssen wir wohl annehmen, dass auch jetzt wieder ein Zufluss von Neckarwasser stattgefunden hat. Aber weiter werden wir wohl nicht gehen dürfen. Sehr viel präciser und interessanter gestalten sich die Resultate für Pumpe II. Je mehr der Wasservorrat am unteren Buntsandstein abnimmt, desto mehr tritt Neckarwasser nach: Je mehr Grundwasser | abgepumpt wird, desto mehr wird in den beiden Pumpschächten, die allerdings beide wieder in dem Sinne differiren, dass der Förder- schacht verunreinigter erscheint wie der Aussenschacht, Neckarwasser angesaugt. Von Probeentnahme zu Probeentnahme — abgesehen vom ersten Tag,. wo noch Stagnation herrschte — steigt der Trocken- rückstand, und damit parallel geht der Gehalt an CaO und SO,, der beiden „specifischen“ Bestandtheile des Neckarwassers; das geht so weit, dass schiesslich /,—"/; verdünntes Neckarwasser resultirt. Aber was das Wichtigste in sanitärer Hinsicht ist: das zuge- flossene Neckarwasser ist bei dem beobachteten Wasserstande von 140 em und darunter tadellos filtrirt. Der beobachtete minimale Keimgehalt rührt nicht vom Neckar her. 484 Eduard Cramer: Ich kann nun den Vortrag nicht wohl beendigen, ohne die Frage der Trinkwasserbegutachtung noch einmal kurz zu streifen. Es wird nach dem bei uns gültigen Regulativ immer noch nach dem alten, leider wenig bewährten System der einmaligen ausschliesslich chemischen Untersuchungsmethode verfahren. Auf Grund einer einzigen meist eingesandten Probe, die ausschliesslich chemisch untersucht wird, wird fast immer ohne genügende locale Kenntniss das Wasser be- gutachtet. Dass dies zu Irrthümern führen .kann und muss, hat der Fortschritt der Wissenschaft seit etwa 10 Jahren genügend gelehrt. Selbst wenn aber nirgends woher ähnliche Resultate berichtet würden, enthielten unsere Untersuchungen Material genug, um dies veraltete System der Wasseruntersuchung als unzureichend zu charakterisiren. Das Heidelberger Leitungswasser ist fast noch sorg- fältiger untersucht worden, als sonst bei uns zu verfahren der Brauch ist. Das Wasser ist nicht einmal, sondern wiederholt chemisch peinlich genau untersucht worden; allmonatlich wurde daher dann begutachtet, dass sich in der guten Beschaffenheit des H. L. nichts geändert habe. Trotzdem sind durch unsere hygienischen Untersuchungsmethoden eine Reihe von Umständen aufgedeckt worden, welche gesundheitlich durchaus nicht ohne Bedeutung sind. So musste im Anfang unserer Untersuchungen auf Grund chemischer Untersuchung erklärt werden, dass sich ausser der Trübung des Wassers nichts an seinen bisherigen guten Eigenschaften geändert habe. Wir wiesen statt eines Keimgehaltes von 30—50 pro cm? einen solchen von 3—5000 pro cm® nach, mussten auf Grund der anderen vorliegenden Umstände (Lage der stark keimhaltigen Quellen etc.) das Wasser als verdächtig erklären. Im chemischen städtischen Laboratorium wurde beobachtet, wie bei Pumpstation I der Trocken- rückstand allmählich um 15—20 mg pro Liter zunahm. Dieser Um- stand an sich, namentlich da Ammoniak und Salpetrigesäure fehlten, war kein Grund zur Beanstandung. Wir beobachteten gleichzeitig einen mittleren Keimgehalt, ausserdem Bact. coli, welche beide aus 20—50 m Tiefe des Bohrloches stammen sollte. Wir hielten daher einen Zufluss aus der etwa 10 m entfernten Abortgrube des Maschinisten nicht für . Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. 485 unwahrscheinlich. Als die Grube entfernt wurde, verschwand, gleich- sam als Probe aufs Exempel, das Bact. coli, der Trockenrückstand sank wieder auf 60—:70 mg. pro Liter. Es war somit der Beweis geliefert, dass von den 80—90 mg Gesammttrockenrückstand 15—20 mg wohl weit eher aus der Grube herrührten als dem unteren Bunt- sandstein. Selbst wenn wir von der Unmöglichkeit, auf chemischem Wege die sanitäre Bedeutung des Zuflusses von Neckarwasser zu den Pumpen festzustellen, absehen, glaube ich, müssten diese beiden letzten Proben genügen zur Beleuchtung der Wasserbegutachtung auf Grund einer meist einzelnen ausschliesslich chemischen Untersuchung. Wenn es aber in dem fünfjährigen Berichte des städtischen Laboratoriums heisst, die bacteriologische Untersuchung des H. B. sei seitens des Stadt- rathes, da dem städtischen Institute ein geeigneter Raum zur bacteriologischen Untersuchung mangele, dem hygienischen Institute übertragen worden, so könnte das den Anschein erwecken, als sei das hygienische Institut quasi zur Ergänzung herangezogen worden. Man könnte vielleicht zu der Meinung veranlasst werden, das chemische Institut macht den chemischen, das hygienische den hygienisch-bac- teriologischen Theil. Um Missverständnissen vorzubeugen, muss ich bemerken, dass streng genommen die wirklichen Verhältnisse dieser Ansicht doch nicht ganz entsprechen. Es liegt ja selbstverständlich im Sinne des Betriebes und wird als eine Art Ehrenpflicht des Institutes betrachtet, die Stadt jederzeit, soweit Material und Arbeitskraft es erlauben, mit den Untersuchungen, die dem Gebiete der öffent- lichen Gesundheitspflege entstammen, zu unterstützen. Dass aber diese Beziehungen irgendwie eine amtliche oder definitive Form gefunden hätten, lässt sich aus dem bisher der Stadt zur Verfügung gestellten Material nicht wohl ableiten. Die weiteren vom chemischen Labora- torium bis in die letzte Zeit angestellten Trinkwasseruntersuchungen und vollzogenen Beanstandungen sind, wie ich wohl mit Recht annehme, ausschliesslich auf dem Wege chemischer Methodik erfolgt. Zum Schluss wollen wir unsere Untersuchungsresultate folgender- maassen abfassen: 1. Die Arbeiten am Wolfsbrunnen (die Neufassung der 4836 Eduard Cramer: Strahlpumpe und der Kellerquelle) sind von dem wünschens- werthen Erfolg begleitet gewesen. Die Wolfsbrunnen- und Rombachquellleitungmussalstadellos gelten. Ohne Optimist zu sein, kann man auch wohl hoffen, dass dem so bleiben wird. 2. DiePumpstation], chemisch anscheinend tadellos sauber, erhält einen zeitweiligen Zufluss von Neckarwasser. Das Wasser derselben entspricht in einer Anzahl von Fällen offenbar den Normen, welche Robert Koch für filtrirtes Flusswasser aufgestellt hat, soweit man die hierbei beizuziehen berechtigt ist, in einer Anzahl von anderen Fällen übersteigt es dieselbe. Striete in wenigen Worten lässt sich die Bedeutung dieser Zuflüsse nicht präcisiren. Man muss wohl diese Frage bis zu einem gewissen Grade als offen erklären. Immerhin glaubte ich auf die Befunde aufmerksam machen zu müssen. Es ist vielleicht doch an der Zeit, dass die Technik der Frage, wie diese Zuflüsse zu beseitigen, nahe tritt. 3. Die chemisch viel stärker mit Neckarwasser be- lastete Pumpstation Il ist, soweit man bis jetzt urtheilen kann, in bygienischer Hinsicht ganz unverdächtig. Den zweimal beobachteten Anstiegen der Keime auf 120 — 150 pro cem ist in Anbetracht der ziemlich zahlreichen Untersuchungen, welche selbst bei forcirter In- anspruchnahme nahezu völlige Keimfreiheit ergaben, kein Werth bei- zumessen. Selbst an den genannten Tagen functionirt das Pumpwerk immer noch so, wie die besten Sandfilter anderer Städte. Das einzig Nothwendige ist bei weiterem Gebrauch eine sorgfältige bacteriologische Controle. Datum Regenhöhe, Keimzahl. | _ Datum. Regenhöhe | Keimzahl. mm. mm. 1. Januar. 1,1 | ca. 430 | 9. Januar. 1,1 Schnee 60 2 5 | 246 und Regen. 5 ca. 240 |. „ 1.255 RE ca. 115, Mare 55 Ba 86 1230 15 14 6 5 63, 235 19 OEM Bu a re 2. 14 8. 2 50 |15. „» |12,3 Regen) 9 ‚und Schnee. Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältuiss zum Neckar. 487 Datum. |Regenhöhe | Keimzahl. Datum. Regenhöhe | Keimzahl. | mm. mm. 16. Januar. 7,9 Schnee 62 128. Februar. 63 ‚und Regen. 2 in 15,7 Sehnee) 70 17. „ ı2,0Schnee- 101 ‚und Regen. schmelze. 1. März. 2,2 Regen. 64 18. » ‚0,1 Regen. 44) an ar 5,6 Regen. 46 en “I en) SL pr, 6,0 55 U. 7, 200 A rn 5,0 33 FAN. ci, 142 5. 2,2 44 22. » | 45 6. n 1,0 40 BI 05 73 7.6 4,0 24. “ 30 8. 13,4 | 40 =, 33 9. | 90. |ea. 255 2 2.3 47 10 1, 162°, ca, 190 I. 2,3 59 allen, 0,1 84 88. Dr, a TER 12,2 160 Et, 47 3% .2 73 N, a | 38 1.Februar. 39 SE | 39 Be «| 46 16 url 29 3. 7 1 A 22 4. e 26 KEN 19 5. n 52 20, 2, 19 6. n 41 a 0, | 16 2 ;, 33 spare, 7 30 B.,,, 70 23 > 1,5 13 Br, 39’ 106, 50, 62 10. Sal 2060 35 I. 065 10,8 | 55 N, 0,1 A BB, | 56 13. n 30 29 “er 1 21 14. n 32 30 vr | 34 Ar Son ale re #58 5 59 { Regen u. +7. „ 45 1. April. |f Schnee- | 29 18. r 33 '\schmelze. 19. a 51 2 n ı7,2Schnee- 43 20. n 38 | schmelze. 9] E 43 3acys 1,0 Schnee. 43 22 n 37 dit hrs 0,2 «| 33 23. - 61 DZ, 52 B.»;, A658. 36 | 229 25. P 56 Ban 26V | 24 26. n 58 Ba 1,4 23 Br; a N 8,9 32 1) Alle schlechten Quellen geschlossen. 488 Eduard Cramer: Datum Regenhöhe Keimgehalt. Datum. | Regenhöhe| Keimgehalt. mm. mm. 10. April. 0,4 34 27. Mai. | 48 11-0), a 36 BEumE 41 II 10,8 7b. 1209 ER 42 19h, 13,9 7.230. 56 LA... , EOS, Bl 315,0 39 15.04, 1200 88 1. Juni. . 44 16 n 43 2 nn 60 IE Rh, 37 SM, 57 18:,DK, 9,7 40 4. (ih 20,2 53 ice m 0,9 | 25 Sn | 170 30T R: ON 24 Bl, 32 93 De #0, | 14 WE 1:30, 5) RN | 11 8:7, 50 | 57 33H RA 1,5 9 a 1 5,3 41 25 > 19 10 3,2 33 ah a, 14 LEHRE, 3,1 25 2T. > 14 12 11,8 49 SR, TER er 40 39.0, 10,5 %6 14.0000 4,4 31 0 I 5,5 AB: IEDN ch 0,3 57 1. Mai. 33, fe. 9% 48 Nil; 45°, TER 42 3. „ 1,5 30 18 = 14,9 40 ER 31° Lg. 9 39 BERL, 35; 6190:7 WE 3,4 56 6; 25... Mo]. WE 38 7 OIE: | 30, 49429. 00 65 9,u;, | Du: MD, 95 108: ee, 76 1], AU, 2102.005. u 2 73 12°4, na LT 244 131.042 1883); a7. Ne, 115 1403, 39332) 1v 98: ME 74 15.,@, 120%). |[29. ©, 91 16203, 1522)21302 I) "\ 92 174-4 158 126') | 1. Juli. 2,5 59 ISE 712.)0 KL O0up 5,0 58 19AUR; 1143 @ | 3,08, 5,0 52 50. Me, 4,1 gg) 4ER 51 31-02, 3,8 ER 9,5 55 942 Bi, 0,9 62: 55 SBEIBE,, 0,8 7.20%, 51 !) Pumpstation I in Betrieb. Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältuiss zum Neckar. 489 ; 7 r j Keimzahl, g Datum. |Regenhöhe Datum. |Regenhöhe | Keimzahl | mm. mm. 8. Juli. | 51 19. Sept. 2,0 44 Br 8 | 200, 34 EU: 60 en © 3,5 29 2 Pi 36 2 42 13,*., 0,1 Da 1,2 37 ı\e Fo 69 2 | 3.5 48 12 Fe 63 DEE. 42 Br), 59 AD 45 10,8 60 16. 5 2,4 51 Ile a 35 27... , 5,2 60 Bus 4,4 | SE A 81 BON | 62 14,05 18,4 49 St ee 1 NER; | 34 BB; 46 "| 4. October. 29 12 Ad 40 En a 10,5 2.5 Fe 2,3 45 Br 62 2: SA 0,3 34 SAM;; 48 BL... 79 Tune, | 57 Br, a 45 Be; 38 KL», #5; 7,0 52 Ba 9,9 64 Krane. 54 2 Aa 5% 56 fe I. 97 3) 7,0 52 IN A 67 er, | 31 le; 13:3 198!) 1. August | Er 7 1,0 184!) >. 2,3 35 a, 0,6 hm 49 DEE HR 1,5 3. Sept 7,4 80 DA nn 4,3 , .n 67 2 | 118!) u, 4,4 77 2 4,4 129°) Se 131 83 Tan, 3 10 92 2‘ 1,4 ae, N Fa Ben, BR 2 5,0 38 = pe 5,8 68 30 u 32 a0: ;, 2,3 52 En 46 Bi ‚uh;, 3,6 47 1. Novbr. 5,0 97?) ar „ 6,0 44 ge? 3:5 ee Be N 2 137 Mal 5,9 83?) RB, 4,1 73 EL 129?) 5 54 Dre 175°) I. 1,1 42 Ger 89°) Be 8,4 137 Me a 128?) ii „ 76 8 b 86°) 1) Rohre vom Wolfsbrunnen verlegt. ?) Pumpe I in Betrieb. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N, Serie. V. 31 490 Eduard Cramer: Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen etc. Datum. |Regenhöhe | Keimzahl. Datum. |Regenhöhe Keimzahl. mm. ı mm. | 9. Novbr. | 122?) |11. Dechr. 179 1007 145), 112.08 4,3 191 en 903% 1113: ee ar NT OR 752). 114. .., _180:Schnee) 170%. a ee 47°) und 14.0 2) 4 SB ANDI, 8,0 Regen. ca. 320°) Er 70°) |16._ ,„ [4,3Schnee.ca. 610°) ID. 20, 25 DISane nes ca. 450°) I SEN TO)ESAUS u 196) Sr. 80°) [|19. ,„ |4,2Schnee.| 225°) LI u. MB ae pn 111°) A Eee ae 95°) EN Fe 1.1 a, 895) SEN | 9 Date so 24. er | 61 24. E 90 ir a Ic 107 | | | 68 EN 114 '|27.. .„ 5,8 Schnee 54 29. os; 81 |, und 1. Dechr. 84 DS: Regen. 53 DR nn ER re | 46 BER, 54.2130. 0%, | 54 LSFEBER 5X 44 31.0, ss Dee 1,6 1897. | bar 159 147 1. Januar. | Schnee- 42 Dr | 11 125 schmelze. Su ER I. 5A Ira 127 SERNE, | 40 10. , | 172 4. =, | 31 Anmerkung. Während des Juli, August, September, October, No- vember, December war fast immer, namentlich an trockenen Tagen, Pumpe I oder II in Betrieb (vom 30./X1.—12./XII. z. B. ununterbrochen Pumpe I). !) Pumpe Iin Betrieb. *) Pumpe Il in Betrieb. ?) Pumpe I. *) Pumpe II in Betrieb. 5) Spülung der Rohre und dadurch bedingte Keimsteigerung. (Sonderabzüge, ausgegeben den 28. April 1897.) 491 Das Wasser der Heidelberger Wasserleitung in chemisch- geologischer und baeteriologischer Beziehung. Von Dr. Max Dittrich. Mit 2 Tafeln. (Gesammtsitzung vom 5. März 1897.) Die Wasserleitung, welche die Stadt Heidelberg versorgt, erhält ihr Wasser zum grössten Theil aus einem zwischen dem Schloss und dem Wolfsbrunnen, am Hausackerweg, am Nordabhange des Königs- stuhls, gelegenen Reservoir; nur den hochgelegenen Häusern am Schlossberg wird Wasser durch ein von der oberen Rombachquelle gespeistes, kleines Reservoir zugeführt; das Ueberlaufwasser desselben fliesst ebenfalls in das Hauptreservoir. Dies wird gespeist durch die Zuflüsse einer Anzahl am Berghange besonders in der Gegend des Wolfsbrunnens und westlich davon gelegener Quellen, welche ge- fasst sind und deren Wasser in das genannte Reservoir geleitet wird. Der ganze nördliche Bergrücken des Königsstuhles gehört haupt- sächlich dem Buntsandstein und zwar der mittleren und unteren Ab- theilung desselben an, die Decke bildet der obere Buntsandstein in geringerer Mächtigkeit. Unter dem Buntsandstein liegt Granit, auf der Grenze beider oberes Rothliegendes und Zechstein, die aber beide in dem Wolfsbrunnengebiet nicht zu Tage treten, während dies weiter westlich, nach dem Schloss zu, der Fall ist. In diesem Buntsandsteingebiet entspringen nun die oben erwähnten Quellen. Wie ein Blick auf die im vorigen Jahre erschienene geo- logische Specialkarte des Grossherzogthums Baden, Blatt Heidelberg, Aufnahme von A. Andreae und A. Osann (Maassstab 1 : 25000) —- die beiliegende Karte (Tafel XVII), welche sich nur auf das für diese Arbeit in Betracht kommende Quellengebiet beschränkt, ist nach obiger Auf- nahme unter Weglassung der hier weniger wichtigen Gliederung des 31% 492 Dr. Max Dittrich: mittleren oder Haupt-Buntsandsteines und des Granites auf den etwas grösseren Maassstab 1:16 000 übertragen !) — lehrt, ist besonders der west- liche Theil des Gebietes von grossen Verwerfungen durchsetzt, welche vermuthen lassen, dass auch das vorliegende Gebiet der Quellen da- durch bis zu einem gewissen Grade beeinflusst sein konnte, insbesondere in Bezug auf den Verlauf der unterirdischen Wasserzüge und deren Hervortreten als Quellen. Dahingegen hat die unmittelbare Beobach- tung gelehrt, dass unsere Quellen keineswegs an Verwerfungsspalten gebunden sind, sondern sich als echte Schichtquellen erwiesen haben, d. h. auf solchen Unterbrechungen des Gesteins hervortreten, die eoncordant mit der Schichtung verlaufen und als Schichtfugen be- zeichnet werden. In der Nähe des Wolfsbrunnens befinden sich nun folgende Quellen, abgesehen von denen, welche, wie die Sickerquelle, Rostquelle u. s. w., nicht mehr zur Wasserversorgung der Stadt herangezogen werden: 1°). Die Kellerquelle; dieselbe besteht aus drei nach ver- schiedenen Richtungen in den unteren Buntsandstein getriebenen Stollen, in deren nördlichem das Wasser besonders mächtig dem Ge- stein entströmt. I. Die Küchenquelle; diese ist ebenfalls in den Fels (unterer Buntsandstein) gehauen und, wie hier besonders deutlich zu sehen, nach oben hin gegen das Eindringen von Oberflächenwasser durch eine wasserundurchlässige Lettenschicht geschützt. III. Die Gartenquelle; ihre Zuflüsse erhält die Quelle aus zwei ver- schiedenen Richtungen, aus Süden und Westen, anstehendes Gestein ist in der Quelle nicht zu erkennen, sie ist vollständig ausgemauert. IV. Die Lange-Stollenquelle, ein 30 m langer, ausgemauerter Gang, führt in der Richtung nach dem Berge zur Quelle, welche tief unter der Erdoberfläche liegt; anstehendes Gestein ist hier nicht zu bemerken, nur Gehängeschutt. !) Als topographische Unterlage wurde hierzu die vor Kurzem von 0. Petters in Heidelberg herausgegebene Karte der Heidelberger Stadt- waldungen benutzt. ?) Die Nummern der Quellen stimmen mit denen der Karte überein. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol, u. bacteriol. Beziehung. 493 V. Quelle hinter dem kleinen Sammler; sie geht aus einer Sandsteinbank des unteren Buntsandsteins hervor. VI. Die Strahlpumpe; die Quelle ist neuerdings vertieft und nen gefasst, am Fuss des ca. 6 m tiefen Schachtes ist unterer Buntsand- stein zu erkennen. VII. Die Laichgrabenquelle; ihr Ursprung ist nicht erkennbar. In den Quellen I, II, V und auch in VI ist also das anstehende Gestein, aus welchem die Quellen zu Tage treten, unmittelbar zu be- obachten, bei den übrigen dagegen liegt die Fassung entweder noch im Gehängeschutt oder es verhindert die Vermauerung jede nähere Beobachtung, allein ein Vergleich mit dem tieferen geologischen Unter- grunde lehrt, dass die Quellen sämmtlich dem Niveau des unteren Buntsandsteins angehören. Ungefähr 70 m höher als die genannten Quellen, bereits im Gebiet des mittleren Buntsandsteins und zwar in dessen unterer Haupt- abtheilung, im Pseudomorphosensandstein, treten hervor VIII. dieFelsen- meerquelle und in einiger Entfernung davon, etwas höher, IX. die Wirthschaftsquelle; im Aufschluss der ersteren ist nur Gehänge- schutt, kein anstehendes Gestein zu bemerken. Der Stollen letzterer Quelle ist vollständig ausgemauert, ein Einsteigschacht von ca. 14 m Tiefe führt zu ihr hinab. In gleichem Gesteinshorizont, aber, weil 800 m westlich vom Woltfs- brunnen, ca. 130 m höher, liegen X. und XI. diebeiden Rombach- quellen; ihr Ursprung aus anstehendem Gestein, dem Pseudo- morphosensandstein, ist in beiden Quellen deutlich zu erkennen. Die beiden letzten Gruppen von Quellen gehören also ihrer geo- logischen Lage nach einem anderen Gebiet an als die in unmittel- barer Nähe der Wolfsbrunnenwirthschaft gelegenen und im unteren Buntsandstein zu Tage tretenden Quellen. Wir haben es also hier offen- bar mit zwei übereinanderliegenden Quellhorizonten zu thun. Da diese Quellen den Bedarf an Trinkwasser nicht immer decken — denn ihre Ergiebigkeit schwankt je nach der Jahreszeit zwischen 1000 und 4000 Tagesceubikmetern —, sind zu ihrer Aushilfe oberhalb von Schlierbach am Neckar zwei Bohrlöcher ausgeführt worden, aus 494 Dr. Max Dittrich: denen mittelst Pumpwerken ebenfalls Wasser emporgehoben und durch Röhrenleitung dem Hauptreservoir am Hausackerweg zugeführt wird. Im Pumpwerk I (XII), dem östlichen der beiden, im Anfang des Jahres 1884 begonnen, ist das Bohrloch ca. 45 m tief. Wie das Bohrregister ergiebt, sind zunächst die oberen lehmigen Deckschichten und hierauf Buntsandstein durchsunken worden; zu unterst befinden sich lettige Bänke, welche darauf schliessen lassen, dass das Bohrloch bis an die unterste Grenze des Sandsteingebirges getrieben wurde und vielleicht auch schon den darunter liegenden Zechstein berührt. Dies Bohrloch ist äusserst ergiebig, es liefert täglich 1800 cbm. Das Niveau des Wassers steht, selbst wenn gepumpt wird, wesentlich höher als der Neckarwasserspiegel, ein Beweis dafür, dass eine Communication mit dem nahen Neckar nicht vorhanden ist.‘) Die Temperatur des Wassers beträgt constant 11'/,° C.; diese Erhöhung der Temperatur gegenüber der mittleren Jahrestemperatur von Heidel- berg von ungefähr 9'/,° C. ist offenbar durch die zunehmende Erd- wärme bedingt, welche nach der geothermen Tiefenstufe von 1° C. Temperatur auf ca. 32 m um etwa 1,8° anwächst. In dem westlichen Pumpwerk II (XIII) wurde bei der Anlage zu- nächst ein 3 m weiter und 16 m tiefer Schacht abgeteuft und auscementirt, sodass das Eindringen von Oberflächenwasser vollständig ausgeschlossen ist. In seinem untersten Theil ist das Gestein und zwar unterer Buntsandstein anstehend zu sehen ; hier strömt das Wasser reichlich aus nordöstlicher Richtung in den Schacht. Um seine Ergiebigkeit zu erhöhen, ist von demselben von seiner Sohle aus sowohl nach Norden wie nach Süden ein Stollen getrieben. Ausserdem geht noch ein zur Zeit nicht benutztes Bohrloch 34 m tief unter das Niveau der Stollensohle hinab, welches ebenfalls wie im Pumpwerk I bis in die unterste Grenze des unteren Buntsandsteins reicht. Die gewonnene Wassermenge beträgt täglich 1000 cbm, die Temperatur des Wassers, entsprechend seinem höheren Ursprung, 10,5° C.; dieselbe schwankt jedoch. 1) Vergl. jedoch E. Cramer, Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen. Ver- handl, d, Nat.-Med. Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. V. Band, 5. Heft. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol, u. bacteriol. Beziehung. 495 Die geologischen Verhältnisse sind also in beiden Pumpwerken ziemlich dieselben; es sind die unter dem Neckar von dem gegenüber- liegenden nördlichen Ufer in schwacher Neigung von NW. nach SO. einfallenden Schichten des unteren Buntsandsteines durch den Schacht resp. die Bohrlöcher getroffen, und das in diesen Schichten zum Theil reichlich vorhandene Wasser wird durch die Pumpwerke gehoben. Dass man übrigens gerade an diesen Stellen nach Quellwasser suchte und hier die Pumpwerke anlegte, hat vielleicht seinen Grund darin, dass in früherer Zeit, wie mir durch eine mündliche, verbürgte Mittheiiung bekannt geworden, in der Gegend der heutigen Pumpwerke Quellen im Neckar zu Tage getreten sein sollen. Es hatte für mich nun Interesse, zu erfahren, ob das Wasser, welches diesen Quellen und den Pumpwerken entströmte, eine gleich- mässige oder schwankende Zusammensetzung zeige, und ob etwa in dem letzteren Falle die verschiedenen Jahreszeiten einen Einfluss ausübten; ferner schien es mir wünschenswerth, zu untersuchen, ob ihre chemi- sche Zusammensetzung in irgend welche Beziehungen zu dem Ur- sprungsort zu bringen sei. Es lagen zwar schon einige Analysen einzelner Quellen vor, welche zum Theil vor längerer Zeit ausgeführt waren, allein dieselben gaben keine befriedigende Auskunft über die gerade hier in Betracht kommenden Fragen, sodass sie für meine Zwecke nicht benutzbar waren. Auf obige Fragen wurde ich besonders hingewiesen, als ich im Jahre 1895 gelegentlich der Probeentnahme des Wassers für die bacteriologische Untersuchung Seitens des hiesigen hygienischen In- stitutes des Oefteren die Temperaturen der verschiedenen Quellen be- stimmte. Es zeigte sich, dass die Temperatur der Quellen und der Pumpwerke untereinander um mehrere Grade differirte, dass aber eine grosse Reihe Quellen stets eine constante Temperatur besass, während dieselbe nur bei wenigen um einen verhältnissmässig kleinen Betrag schwankte. Durch das liebenswürdige Entgegenkommen der städtischen Behörden wurde es mir auf meine Bitte hin gestattet, auch die chemische Analyse der einzelnen Quellen und der Pumpwerke zu ver- 496 Dr. Max Dittrich: schiedenen Jahreszeiten auszuführen, und gleichzeitig konnte ich die begonnenen Temperaturbeobachtungen fortsetzen. Da mir bekannt war, dass das Heidelberger Leitungswasser nur eine sehr geringe Menge fester Bestandtheile enthielt, kam es darauf an, diese möglichst genau zu bestimmen. Es wurden deshalb die Bestimmungen mit thunlichster Gleichmässigkeit gemacht, da Ab- weichungen in der Methode leicht störende Fehler ergeben und genaue Vergleiche illusorisch gemacht haben würden. In Bezug auf die chemischen Untersuchungen seien noch einige nähere Angaben gestattet. Derieste Rückstand wurde jedesmal durch Eindampfen eines halben Liters Wasser in Platinschalen und durch darauffolgen- des zweistündiges Trocknen bei 120° bestimmt. Zur Ermittelung des Glührückstandes wurde der Abdampfrückstand schwach geglüht, so- dann zur Rückverwandlung des durch ev. zu starkes Erhitzen ent- standenen Caleiumoxydes in Carbonat mit wenig Ammoncarbonatlösung durchfeuchtet und die Schale so lange auf einer Asbestplatte erhitzt, bis sämmtliche Ammonsalze verjagt waren, ohne dass dabei ein Glühen der Schale eintrat. Die Härte wurde nach der Methode von .Boutror und Boudet mittelst titrirter Seifenlösung bestimmt. Wenngleich diese Methode nicht allzu genaue Resultate liefert, so bietet sie doch den Vortheil rascher Ausführung und ermöglichte, wenig Wasser zu verbrauchen, denn da die Entnahme des Wassers nicht zu beliebiger Zeit erfolgen konnte und der Transport ins Laboratorium etwas beschwerlich war, musste darauf geachtet werden, möglichst viel Wasserproben an einem Tage zu entnehmen, aber auch an Menge der einzelnen Proben nur so viel, als für die gute Ausführung der Untersuchung unbedingt nöthig war. Immerhin giebt die erwähnte Methode, wie zu constatiren war, bei gleichmässigem Arbeiten gut untereinander überein- stimmende und vergleichbare Resultate. Nur einmal wurde CaO und MgO gewichtsanalytisch aus dem Glührückstand bestimmt, jedoch wurde in einzelnen Fällen die Bestimmung von MgO nicht erst aus- _ geführt, wie zum Beispiel bei dem Wasser der Gartenquelle, da das erhaltene CaO nur 1,1 mg wog, der entstandene Magnesianiederschlag Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol, u. bacteriol. Beziehung. 497 aber nur ein äusserst geringer war. Es zeigte sich, dass in den Fällen, wo CaO und MgO bestimmt waren, die daraus berechnete Härte des Wassers ziemlich gut mit den durch Titration gefundenen Zahlen über- einstimmte. Auf Ammoniak wurde mit Nessler’schem Reagens, auf salpetrige Säure mit einer Lösung von schwefelsaurem Metaphenylendiamin oder auch mit Jodzinkstärkelösung nach dem Ansäuern mit Schwefelsäure geprüft; beide, Ammoniak wie salpetrige Säure, wurden in den unter- suchten Wässern niemals aufgefunden. Bezüglich des Gehaltes an Nitraten erwähnt CUramer'), dass es ihm mittelst der empfindlichsten Reagentien nicht möglich war, die- selben im Wasser nachzuweisen. Erst später gelang ihm, nach einer mündlichen Mittheilung, der Nachweis derselben, als er Wasser im Vacuum eindunstete (durch Eindampfen an der Luft im offenen Gefäss wäre, auch bei vollständiger Abwesenheit von Salpetersäure in dem ursprünglichen Wasser, dieselbe doch nachzuweisen gewesen, da sie sich aus der Luft durch das Verbrennen des Gases gebildet hätte, und so in das Wasser gelangt wäre). Zur Bestimmung der Salpeter- säure benutzte ich die alte und ziemlich allgemein übliche Methode von Marx-Trommsdorf, indem ich zu je 25 ccm Wasser, welche mit 50 cem conc. Schwefelsäure versetzt waren, rasch Indigolösung hinzufliessen liess, bis eben die blaue Farbe der Indigolösung nicht mehr verschwand. In vielen Fällen betrug die Menge der zugesetzten Indigolösung nur 1—-2 Tropfen; es konnte somit in der That die fast völlige Abwesenheit von Nitraten festgestellt werden, bei einzelnen Quellen jedoch musste bis 1 cem Indigolösung zugefügt werden, bis die blaue Farbe erhalten blieb; es konnte also hier kein Zweifel darüber obwalten, dass wirklich Nitrate in dem betreffenden Wasser, wenn auch nicht in irgendwie erheblicher Menge, vorhanden waren, Sulfate wurden niemals bestimmt; dieselben sind auch in den Wässern direct mit Chlorbaryum nicht nachweisbar; erst beim Ein- !) E. Cramer, Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Trinkwassers. Verhandlungen des Naturhistorisch-Medieinischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. Fünfter Band, viertes Heft, pag. 402. 498 Dr. Max Dittrich: dampfen unter Ausschluss von Leuchtgas, bei dessen Verbrennen an der Luft durch den darin enthaltenen Schwefel selbst Schwefelsäure gebildet wird, lassen sich äusserst geringe Mengen nachweisen. Da die Bestimmung derselben für die vorliegende Arbeit nicht in Betracht kam, unterblieb dieselbe. Die Ermittelung des Chlorgehaltes geschah nach Mohr unter Verwendung von "oo Normal-Silbernitratlösung und Kaliumehromat als Indicator. Meist genügten von dieser verdünnten Lösung nur wenige Tropfen, um den Farbenumschlag hervorzubringen. Die daraus berechneten Mengen an Cl resp. an Chloriden sind so ver- schwindend kleine, dass sie zum Vergleich kaum mit herangezogen werden können. Die Bestimmung der organischen Substanz geschah nach Kubel- Tiemann; es wurden in den allermeisten Fällen nur ganz geringe Spuren davon aufgefunden, sodass diese Zahlen ebenfalls nicht in Betracht kommen. Die angegebenen Mengen bedeuten Theile in 100000 Theilen. Gleichzeitig wurden bei der Probeentnahme die Temperaturen der Quellen mit Hülfe eines in '/;-Grade getheilten genauen Quellen- Thermometers bestimmt. Chemische Zusammensetzung der Quellen und der beiden Pumpwerke im Jahre 15%. Datum |, g Glüh- |Härte in) | | der np] rück- | deutsch. |Ca 0 MO NO, | 0 Entnahme | ı stand Gr. | | | L Kellerquelle. Nordstollen. 10. II. 96 | 8,50 | 6,40 2,18 | -— | —_ | 0,59 | 0,604 20.11.96 1. 60. 4 la 22, ae ae "Mittel | 805 | 6,40 | 221 | — | — | 0,59 | 0,550 Südstollen. 30. II. 96 | 6,44 4,68 | 213 | — | — | 0,380 | 0,497 1. TV. 96 | 5,96 ah a a Ki a ee Mittel | 6,20 | 4,68 | 3,06 | — | — | 0,380 | 0,479 Das Wasser der Heidelb. Wasser]. in chem,-geol. u. bacteriol. Beziehung. 499 Datum | Abdampg| lüh- |Härte in] | pn der a rück- | deutsch. CaO MgO N,O, Cl Entnahme | ‚ stand | Gr. | | | Mischwasser sämmtlicher drei Stollen. I .NE96 |. 6,56 | 4,60 | 2,13 — | — 0,494 | 0,497 27. xI 36 | 6,66 Fr: 4,74 | 1,85 1,56 | 0,40 | 0,098 | 0,426 y Mittel 6,61 | 4,67 | 1.99 _ — 0,296 0,461 Gesammt- or | 9 | . ne 6,95 | 4.85 | og | 0,391 ı 0,497 Küchenquelle. 20: I. 96 | ‚6,00 „|. 3,85. 171,46. 11 — al: ==+.:j1.0,460: | 0,604 De — — I N — ie 19. VI. 96 | 6,06 4,12 2,07 u - 0,592 0,568 21.96 06.10 [4,107 |. 202°. |! 0,7502 1.0,497 27. X1.96 | 6,00 | 4,40 | 1,88 |1,58| 0,36 | 0,098 | 0,426 Mittel | 6,04 | 412 | 185 | — | — | 0,475 | 0,519 Strahlpumpe (nach der Neufassung). TV. 4 5,20 | — 2,46 | — — | 0,059 0,597 19. VI.96 | 5,40 230 2 LSn a 100992 170496 27. XI.96 | 5,42 | 4,48 | 1,62 | 1,40 0,22 | 0,049 | 0,390 Mittel | 5,37 | 419 | 198 | — | — [0,069 | 0,488 Laichgrabenquelle (später nicht mehr zugänglich). 20. II. 96 | 2,96 | 2,22 | 039 | — | — | 0,054 | 0,604 1. IV. 96 _- — 0,45 _ — —_ — 19. VI.96 | 2,82 | 2,12 | 0,455 | — | — | 0,074 | 0,515 Mittel | 2,89 | 218 | 043 | — | — | 0,064 | 0,560 Gartenquelle. Westlicher Zufluss. 20. I. 96| 220 | 172 | 04 | — | — | 0,054 | 0,604 2. VIL.96 | 212 | 1,64 | 0,86 | — | — | 0,074 | 0,408 27. X1.96 | 2,06 | 1,62 | 0,78 1092| — | 0,049 | 0,426 Mittel | 2,19 | 1,66 | 049 | — | — | 0,059 | 0,478 Südlicher Zufluss. 202.0) 36. \’8/20. |2,54 | 0,84% —-[ —: 0/0278 .0,568 2. vIL.96| 3,0 | 2,26 | 0,84 | — | — | 0,099 | 0,284 27. XL.96 | 3,14 | 2,66 | 0,84 |0,44| — | 0,049 | 0,390 Mittel | 3,11 | 249 | 08£ | — | — [0,058 | 0,414 | | 500 Dr. Max Dittrich: Datum u ) Glüh- Härte in | | Tem der np rück- |deutsch.|Ca0 MgO| N,0, (Cl stand) | | | Entnahme | ı stand Gr ee Bim. Lange Stollenquelle. 20.11. 96 | 6,300)| 5,26 | 151 | — | — | 0,054 | 0,568 1.W.96| — | — I 146 | — | — u 19. YL'96.) 4,80 | 3,64) 1,68.) — | | 0,0491) 0236 27. XI.96 | 4,90 | 3,90 | 1,68 |1,20|0,25| 0,049 | 0,355 Mittel 5,33 | 4,20 | ES 0,051 | 0,450 Quelle hinter dem kleinen Sammler. 20. II. 96 | 2,50 1,96 | 0,39 | — — 0,054 | 0,604 2. VIL96 | 2,66 1,83 0,48 — u 0,099 | 0,493 27. X1.96 | 2,28 | 1,84 | 0,39 |o22| — | 0,049 | 0,426 Mittel | 345 | 189 | 042 | — | — | 0,067 | 0,508 Felsenmeerquelle. 20. 1..96 | 2,60) |. 1,40. 1.0395 | 7] 2 Dos 70568 2 011.96 | 2,18, 1.258: 0728, || | Doz oa 27. X1.96| 2,44 | 1,94 | 0,39 |0,22] — | 0,050- | 0,426 Mittel | 241 | 1,64 | 050 | — | — | 0,068 | 0,466 Wirthsehaftsquelle (nach der Neufassung). 30. VI. 96 | 27. XL 96 | Mittel 1. IV. 96 | 19. VI. 96 | 27. XI. 96 | Mittel %.,1V.:96 19. VI. 96 aT. XI. 96 | Mittel | 3,16 or 3,12 2,60 3,38 2,96 2.98 3,08 2,62 2,46 BIT 2,69 | 2,60 | 0,84 | — | — | 0,099 | 0,355 | 3,10 | 0,84 | 0,62 | 0,07 | 0,050 | 0.390 2,855 | 084 | — | — | 0,075 | 0,572 Obere Rombachquelle. | .— 0110,90 210 = un oder 2,78 | 0,95 | — | — | 0,074 | 0,469 | 2,44 | 1,01 '| 0,54 | 0,07 | 0,050 | 0,462 | 2,61 | 0,95 | — | — [0061 | 0,476 [4 Untere Rombachquelle. 0 ee- |. ‚06a 100838 192 | 045 10.921 — | 0,050 | 0,426 1,97 | 050 | — | — 10,056 | 0,485 Das Wasser der Heidelb. Wasser]. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung, 501 Datum Io „| @lüh- |Härte in der |ckstang| rück- | deutsch. | Ca O Mg 0 N, 0, cl Entnahme | IhhStaBaN) AUGE | rn. le o a Pumpwerk 1. 20. II. 96 | 7,64 —_ 336 | — — 0,060 | 0,710 30. VI. 96 |» 7,53 5,10 3,19 | — — | 0,100 | 0,568 Ba Sr. 158 70,261 0075 18.0923 Mittel za 03 er =770078 7000 Pumpwerk 11. 30. VI.96 | 38,66 | 34,50 | 5,49 | — | — | 1,383 | 1,28 BIIIX. 961 010,98'10 8,34, | »4,51. 73,70 0,52 | 0,050 | 0,700 Die erhaltenen Zahlen geben in genügender Weise Antwort auf die oben (pag. 495) gestellten Fragen. Sie zeigen zunächst, dass die verschiedenen, die Heidelberger Wasserleitung speisenden Quellen nicht die gleiche chemische Zusammensetzung haben, sondern dass dieselbe, wenn auch nicht erheblich, so doch merklich verschieden ist. Betreffs der einzelnen Quellen und auch für Pumpwerk I hingegen erkennt man deutlich, dass die Mengenverhältnisse ihrer Bestandtheile zu den verschiedensten Jahreszeiten stets dieselben bleiben oder verhältniss- mässig äusserst geringen Schwankungen unterworfensind. Im Gegensätze hierzu steht Pumpwerk II; soviel durch die wenigen Bestimmungen, die gemacht werden konnten, festgestellt wurde, variirt die Zusammen- setzung seines Wassers nicht unbedeutend. Dass das Wasser von Quellen, die aus Buntsandstein stammen, wenn über diesem, wie am Königstuhl, keine kalkreichen Schichten, -etwa Muschelkalk, lagern, nur eine geringe Menge fester Bestand- theile enthält, ist durch einen Blick auf die chemische und mineralo- gische Zusammensetzung der betreffenden Gesteine leicht zu erkennen. In den vor einiger Zeit erschienenen Erläuterungen zu Blatt Heidel- berg der geologischen Specialkarte des Grossherzogthums Baden findet sich eine von Herrn Dr. Thürach ausgeführte Analyse des Pseudo- morphosensandsteins des mittleren Buntsandsteins, welche ich an dieser Stelle einfüge; die Analyse des unteren Buntsandsteins habe ich selbst ausgeführt, und zwar benutzte ich hierzu ein möglichst sandiges, nur schwach thoniges Stück, welches ich in der Kellerquelle schlug: Dr. Max Dittrich: SU =) D Mittlerer Unterer Buntsandstein. ' Kieselsäure 90,72 79,66 Zirkon- u. Titan- säure 0,203 — Thonerde 4,56 9,21 Eisenoxyd 0,36 3Ral Eisenoxydul 0,10 0,08 Manganoxydul 0,046 Spur Kalk 0,11 0,10 Magnesia 0,11 0,67 Natron 0,49 0,22 Kali 2,84 4,49 Glühverlust 0,42 1,84 Phosphorsäure 0,083 0,02 Baryumsulfat 0,015 i - 100,045 99,86 Aeusserlich betrachtet unterscheiden sich beide Arten des Bunt- sandsteins ziemlich deutlich, der Pseudomorphosensandstein besteht zwar ebenso, wie der untere Buntsandstein hauptsächlich aus Quarzkörnern, die durch ein schwach thoniges, durch Eisenoxyd gefärbtes Binde- mittel zu festem Gestein zusammengefügt sind. Der mittlere Bunt- sandstein ist aber heller röthlich und rein sandig, der untere Bunt- sandstein hingegen besitzt eine dunklere Farbe und enthält, wie deutlich zu erkennen, mehr thonige Bestandtheile, daneben besonders auf den Schichtflächen manchmal in ziemlicher Menge hellen Glimmer. Weit seltener sind in beiden Gesteinen Mineralien wie Zirkon, Apatit und Baryt, die nur mikroskopisch zu erkennen sind. Von diesen Be- standtheilen, besonders von Quarz, Glimmer und Eisenoxyd ist das Wasser im Stande, nur Spuren aufzulösen; die übrigen Mineralien, die von Wasser angegriffen werden können, sind jedoch in verschwindend geringer Menge vorhanden, wenngleich das Vorkommen von Apatit. beweist, dass der Buntsandstein immerhin auch noch werthvollere Nahrungsstoffe für Pflanzen enthält. Aus diesem geringen Gehalt an Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol, u. bacteriol. Beziehung. 503 durch Wasser auslaugbaren Substanzen erklärt sich die kleine Menge fester Bestandtheile des aus Buntsandstein stammenden Wassers. Allein trotzdem die Unterschiede in der chemischen Zusammen- setzung der einzelnen Quellen verhältnissmässig so gering sind, lassen sich doch aus den erhaltenen Zahlen interessante Beziehungen ab- leiten. Ordnet man die Quellen und Pumpwerke nach den durch- schnittlichen Mengen der Abdampfrückstände ihres Wassers und fügt auch die Durchschnittswerthe der areas Bestandtheile hinzu: Iran Name der Quelle dampf- rückstand & © Glüh- = N, 0: Cl jan} Gartenquelle, westl. Zufluss . | 2,19 | 1,66 | 0,49 | 0,059 | 0,478 Felsenmeerquelle . . . 2,41 | 1,64 | 0,50 | 0,068 | 0,466 Quelle hinter dem kleinen Sammler | | 2,45 | 1,89 | 0,42 | 0,067 | 0,508 Untere Rombachquelle . . . N 2,69 | 1,97 | 0,50 | 0,056 | 0,485 Laichgraben . . 2832,15 0.430,06 05 Obere Rombachguelle 7907 0.#9:93 2.01:10:95.:.0:.008. 0.476 Gartenquelle, südl. Zuflus. . . 3,11 2,49 | 0,84 | 0,058 | 0,414 Wirthschaftsquele -. - -» . -»| 3,42 | 2,85 | 0,84 | 0,075 | 0,372 Lange Stollenquelle . . . . .ı 5,33 | 4,20 | 1,58 | 0,051 0 450 hammer 2. 2.2.0.0... 19 | 198, 069 | 0,437 Küchenquelle . . . . 2. ..| 6,04| 4,12 | 1,85 | 0,475 | 9,519 Balferguelle , . „00 . 3 ...1.6,95:|.4,85:| 2,09 0,391 | 0,497 ERmpwerk>E!.. mu. % 0 0% 7,39 | 5,10 | 3,04 | 0,078 | 0,601 | 38 66 34,50 5,49 | 1,383 | 1,28 | 10,98 | 8,34 | 4,51 0.050 | 0.700 so erkennt man auf den ersten Blick folgende zwei verschiedene Gruppen: Pumpwerk II. 1) acht Quellen, deren Abdampfrückstand nur zwei bis wenig über drei Theile in 100000 Theilen beträgt und deren Härte unter 1° bleibt; 2) vier Quellen, in denen sowohl Abdampfrückstand wie Härte- grad wesentlich höher als bei den ersten sind. Pumpwerk I steht noch in einigem Zusammenhange mit dieser letzten Gruppe Quellen, während Pumpwerk II eine Sonderstellung einzunehmen scheint (leider gestattete die kurze Inbetriebsetzung des Pumpwerks II während des Sommers 96 nicht, öfters Proben zur Untersuchung zu entnehmen). In gleicher Weise wie die Abdampf- rückstände relativ verschieden sind, ist es auch der Gehalt an CaO 504 Dr. Max Dittrich: und MgO resp. die Härte. Die übrigen Bestandtheile, besonders Chlor, Salpetersäure, sind bei allen Quellen und auch bei Pumpwerk I nur in ganz verschwindend geringer Menge vorhanden und können hier nicht zum Vergleich herangezogen werden. Auffallend ist es freilich, dass die Keller- und Küchenquelle im Frübjahr einen erheblicheren Gehalt an Nitraten besitzen; dieser dürfte vielleicht auf die Nähe der Ackerfelder zurückzuführen sein, von denen aus Nitrate durch das Ge- stein hindurch in das Wasser gelangen, während dasselbe Bacterien, wie sich in diesen Quellen zeigt, nicht hindurchlässt. Auch die Temperaturen der Quellen blieben, wie folgende Tabelle zeigt, zu den verschiedensten Jahreszeiten constant oder schwankten nur innerhalb geringer Grenzen. Serie, V. N, Vereins, Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 505 me Eric, -> — — — | 01 9077 young FI — Cal GET Be 9° = > > : ‘I ztondung "IA/’Og 18 8 = E82 28 _— —_ 0'8 08 |... ojfenbypeqwoy axeyuf) 08 08 = 6% 08 _ — = 08 s ‘ opponbyoeqwoy 21aqO 98 — = 9'8 — — = = 777 a orronbsypegosyyur IANOS 8, 0'8 ‘8 — 7 — 08 — 8 | “ opppnbaoatmuospe g 908 08 68 — 18 —_ Po, — 18 | TuNIES u9uTro]y urap Aayury olfond) Ger. | OT — Bl E11 FI — = Sur eu ° opponbuajfo4g our] 86 —_ 0°6 == = 6 16 — = > “ - pns ofonbusyueg s'8 8 s'8 — — 0'8 Z—— = m "som Arfanbuanıed 1'8 = z ee | Bois g'8 = 0'6 16 | 07000 onenbusgeasuprer] 66 g0I = 96 5 00T 86 —_ = u sdundigens cror | goL g'oL Fol go Fol — = gor | “ opfonbuagonyy g01 ; x : 4 e ol SUT —— rom = 7 = erg 801 " zen Fol — —_ le z0l g'01 => _ Fol - png f Sranb.roıo} BE er or 4 zol a am we P-IoN | a Ixrıs | ara | are | ‘ar | 170R | 7or Si | ofen) op oueN d. Heidelb, Naturhist,-Med. Verhandl, 506 Dr. Max Dittrich: Setzt man nun in der Tabelle pg. 505 zu den nach den Rück- standsmengen geordneten Quellen auch noch ihre durchschnittlichen ee 3 | Name) der Quelle ' Rückstand Temperatur Gartengnelle, westl. Zufluss . . .| 2,19 | 8,2 Felsenmeerquele . . . . RR 2,41 | 7,8 Quelle hinter dem kleinen Sammler . 2,45 8,06 Untere Rombachquelle . . . ... 2,69 | 8,1 Bacheraben Main Die del, ah 2,89 | 8,7 Öbere Rombachquelle. . » ... . 2,98 8,0 Gartenquelle, südl. Zufluss 3,11 9,3 Wirthschaftsquelle . et 3,42 8,6 Lange Stollenquele . -. 2... | 5,38 11,38 Strablpumpe ao. |... 2 eten ei) 5,37 9,9 Kaehanquellet 2, Sc ar 6,04 | 10,45 Kellerquelle rs 1, va hr 6,95 | 10,3 Rumpwerk A TE u Senna a 7,39 11,4 Bumpwerk Is sw. en we | 8 10,6 so wird an der früheren Reihenfolge lines? wenig ge- ändert; diejenigen Quellen, welche den geringsten Rückstand und die geringste Härte besitzen, sind die kühlsten, während die Quellen, deren Rückstand und Härte grösser ist, etwas wärmer sind. Gleich- zeitig ist auch hier wieder die oben beobachtete Theilung der Quellen in zwei Gruppen deutlich zu erkennen; die Temperaturen der ersten Gruppe Quellen liegen zwischen S—9,3°, während die Temperatur der übrigen Quellen und auch der Pumpwerke über 10° beträgt. Stellt man nun diese Beobachtungen, welche»sich aus der che- mischen Zusammensetzung der Quellen und ihren Temperaturen er- geben, zusammen, so ist man in der That in der Lage, daraus An- haltspunkte zu gewinnen für den geologischen Ursprung der Quellen und der Pumpwerke. Die höher gelegenen Quellen, die beiden Rombachquellen, die Felsenmeer- und die Wirthschaftsquelle hinterlassen sämmtlich einen sehr geringen Abdampfrückstand und haben ziemlich die gleiche niedere . Temperatur; ihr Ursprung dürfte daher in dem gleichen Gebiet zu suchen sein. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 507 Anders liegt es bei den in der Nähe des Wolfsbrunnens zu Tage tretenden Quellen. Auch hier liegen Quellen von ziemlich gleicher Zu- sammensetzung vor, deren Temperatur ebenfalls annähernd gleich bleibt, nur ist hier der Rückstand und die Härte grösser und die Temperatur höher als bei den vorigen; sie bilden unzweifelhaft gleichfalls eine zu- sammengehörige Gruppe, und ihr Ursprung dürfte auf einen gemein- samen Quellhorizont zurückzuführen sein, der aber von dem vorigen verschieden anzunehmen ist. Neben diesen Quellen, der Langen-Stollenquelle, der sog. Strahl- pumpe, der Küchen- und der Kellerquelle, treten in diesem Gebiet Quellen zu Tage, die wieder einen geringeren Rückstand und eine niedere Temperatur besitzen; es sind dies die Gartenquellen, die Quelle hinter dem kleinen Sammler und die Laichgrabenquelle. Sie schliessen sich in ihren Eigenschaften vollständig den Quellen des oberen Horizontes an. An die Quellen mit grösserem Rückstand und höherer Temperatur sind auch die Pumpwerke anzureihen. Betrachtet man nun die bereits oben erwähnten Analysen des mittleren und unteren Buntsandsteins, so ersieht man daraus, dass der Pseudomorphosensandstein nicht unbeträchtlich kieselsäurereicher als der untere Buntsandstein ist. Im bei weitem grössten Theile ist in dem ersteren die SiO, als Quarz vorhanden, ein anderer kleinerer Theil ist an Basen gebunden in ebenfalls kaum angreifbaren Silicaten, wie z. B. heller Glimmer, Kaolin, so dass in Wirklichkeit nur ein äusserst geringer Antheil des Gesteins als veränderungs- und aus- laugungsfähig in Betracht kommen würde. Die Analyse des unteren Buntsandsteins dagegen lässt erkennen, dass in Folge des wesentlich niederen Kieselsäure- und entsprechend höheren Gehaltes an Basen die Sickerwässer mehr angreifbare Mineralsubstanz antreffen dürften. Im unteren Buntsandstein ist an Basen, Eisenoxyd und Thonerde über doppelt so viel vorhanden als im mittleren, auch von Kalk und Magnesia ist, trotzdem der Gehalt daran verhältnissmässig gering ist, in Summa im mittleren Buntsandstein nur etwa ein Viertel der Menge enthalten, wie sie im unteren Buntsandstein vorkommt, und endlich 35* 508 Dr. Max Dittrich: beträgt der Gehalt an Alkalien im unteren Buntsandstein fast um die Hälfte mehr als im mittleren, in beiden überwiegt aber das Kali be- deutend im Vergleich zum Natron. Durchströmt nun Wasser ein Gestein von der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung des mittleren Buntsandsteins, so wird es nur sehr wenig aufzulösen im Stande sein und daher beim Verdampfen nur einen äusserst geringen festen Rückstand hinterlassen. Den Wässern dieser Gattung entsprechen diejenigen der beiden Rom- bachquellen, der Wirthschafts- und der Felsenmeerquelle; sie liegen in dem höheren Niveau des mittleren Buntsandsteins und besitzen einen sehr geringen Trockenrückstand resp. Härte und eine niedrige Temperatur. Unbedingt gleichfalls hierzu zu rechnen sind auch die Gartenquellen, die Quelle hinter dem kleinen Sammler und die Laich- grabenquelle; sie liegen zwar in einem weit niedrigeren Niveau als die vorigen, aber ihre chemische Zusammensetzung und ihre Temperatur entspricht diesen vollkommen. Es ist vielleicht anzunehmen, dass ihr Auftreten so tief unter dem andern Quellhorizont durch geringe Ver- werfungen bedingt ist, wie solche z. B. in der Kellerquelle zu sehen sind, welche den Wasseradern einen von der Schichtenlage des Ge- steins unabhängigen Lauf gegeben haben, oder dass dieselben von der Höhe des Berges auf der Grenze zwischen Gestein und Gehängeschutt in das tiefere Niveau herabrinnen und dort zu Tage treten. Der Ur- sprung aller dieser bisher besprochenen Quellen dürfte daher mit Sicherheit im mittleren Buntsandstein zu suchen sein. Anders dagegen wird sich ein Wasser erhalten, welches tiefer in die Erde eindringen und ein Gestein durchströmen kann, welches, wie der untere Buntsandstein, zersetzbare Bestandtheile in etwas grösserer Menge als der mittlere Buntsandstein enthält; die Erdwärme und auch der längere Weg, den es zu durchlaufen hat, wirken in gleichem Sinne günstig für die Auflösungsfähigkeit. Es wird daher ein solches Wasser wärmer und reicher an Mineralbestandtheilen zu Tage treten. Dies ist der Fall bei der Langen-Stollenquelle, der Küchen- und der Kellerquelle; deren Wasser ist sämmtlich wärmer als das der vorigen und enthält verhältnissmässig grössere Mengen fester Bestandtheile. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 509 Die Temperatur dieser Quellen bleibt stets gleich oder ist nur geringen Schwankungen unterworfen, während, wenn dieselben oberflächlich ent- sprängen, ihre Temperätur eine mit den Jahreszeiten wechselnde, also im Winter eine relativ kältere und im Sommer eine relativ wärmere sein müsste. Die höhere Temperatur der Quellen gilt aber für das ganze Jahr gewissermaassen als Jabresmittel. Für Heidelberg beträgt die mittlere Jahrestemperatur 9'/;° C., der Wolfsbrunnen liest ca. SO m höher als der Neckarspiegel, in Folge dessen dürfte die mittlere Jahres- temperatur hier niedriger sein. Wenn nun Quellen, welche in dieser Gegend zu Tage treten, eine durchschnittliche Temperatur von 11° aufweisen, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass diese aus tiefen Schichten kommen. Diese Thatsache steht auch mit der Beobachtung im besten Einklang; denn der Buntsandstein verfällt schnell in grosse Tiefe und gestattet daher den Wässern auf seinen Schichtflächen leicht in das Innere des Gebirges einzudringen, sich dort zu erwärmen und als wärmere Quellen zu Tage zu treten. Die Pumpwerke stehen, wie schon erwähnt, der letzten Gattung Quellen nahe; auch für sie ist der Ursprung im unteren Buntsandstein anzunehmen. Auffallend freilich ist die zum Theil erheblich grössere Härte namentlich von Pumpwerk II. In Pumpwerk I geht das Bohr- loch ca. 50 m tief in das Gestein und endigt fast auf der Grenze zu dem unter dem unteren Buntsandstein liegenden Zechstein. Dieser enthält aber, besonders in seinen oberen Theilen, viel Dolomit; es ist in Folge dessen nicht zu verwundern, wenn das Wasser von Pumpwerk I aus diesem Gestein relativ weit mehr als aus Buntsandstein auszulaugen im Stande ist und daher einen grösseren Abdampfrückstand und einen grösseren Härtegrad als die Quellen am Wolfsbrunnen besitzt. Seine Temperatur entspricht der durch den tiefen Ursprungsort in Folge der Erdwärme bedingten Zunahme. Auffallend sind die Verhältnisse bei Pumpwerk II, dessen ebenfalls ca. 50 m tiefes Bohrloch nicht benutzt wird, welches daher sein Wasser ausschliesslich aus den beiden Seitenstollen erhält, zu welchen der 16 m tiefe ausbetonirte Schacht hinabführt. Die Temperatur dieses Pumpwerks ist nicht constant, sie schwankt, 510 Dr. Max Dittrich: wie schon aus den zwei Beobachtungen, welche bisher nur gemacht werden konnten, hervorgeht, ziemlich; dabei enthält es einen grösseren Trockenrückstand und einen entsprechend höheren Härtegrad; diese Werthe sind aber, wie aus den mitgetheilten Bestimmungen zu ersehen ist, so beträchtlichen Schwankungen unterworfen, wie sie an den Quellen beim Wolfsbrunnen und bei Pumpwerk I nirgends constatirt werden konnten. Hier ist die Vermuthung naheliegend, dass in dem Stollen Neckarwasser hinzutritt — freilich in gut filtrirtem Zustande —, denn die des öfteren seitens des hygienischen Institutes ausgeführte bacterio- logische Untersuchung des unten im Schacht entnommenen Wassers lieferte stets ein äusserst günstiges Resultat. Leider gestattete die kurze Dauer des diesjährigen Betriebs des Pumpwerks nicht, zu ver- schiedenen Zeiten Proben zu entnehmen und gleichzeitig auch die Temperaturen zu bestimmen. Die chemischen Untersuchungen, welche im Herbst vorigen Jahres Herr Professor Uramer angestellt und über die er vor Kurzem berichtet hat!), lassen einen bestimmten Schluss auf das Eindringen von Neckarwasser noch nicht mit Gewissheit zu. Ein sicherer Beweis hierfür dürfte aber vielleicht dadurch erbracht werden, wenn regelmässig die Temperaturen des Pumpwerkes und auch des Neckars bestimmt und in gewissen Zwischenräumen, besonders dann, wenn die Temperatur des Pumpwerkes eine auffallend niedere oder umgekehrt hohe sein sollte, das Wasser chemisch, hauptsächlich auf Trockenrückstand, Härte, Schwefelsäure, ev. auf Chlor untersucht würde. Denn wenn der Trockenrückstand in Pumpwerk II steigt, bei dem also nach den bisherigen Erfahrungen ein Eindringen von Neckar- wasser vermuthet wird, müsste, besonders wenn die Steigerung eine er- hebliche ist, die Temperatur zur Winterszeit inFolge der Vermischung des kalten Neckarwassers mit dem ca. 10° warmen Buntsandsteinwasser in bemerkenswerther Weise sinken, hingegen im Sommer um ein Erheb- liches steigen. Wenn dies der Fall’ wäre, dann dürfte mit Sicherheit auf das Eindringen von Neckarwasser in das Pumpwerk II geschlossen werden. ') E. Cramer, Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum Neckar. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie. V. pag. 473—490. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 511 Es wurde nun versucht, die auflösende Wirkung des Wassers auf die betreffenden Gesteine nachzuahmen; direct ev. durch Stehenlassen oder Schütteln von destillirtem Wasser mit Gesteinspulver in Glas- flaschen erschien völlig aussichtslos, da die entstehenden Fehler die vielleicht gewonnenen Resultate wieder zu nichte machen konnten. Dagegen hatte ein Versuch, die Gesteine mit Salzsäure auszulaugen, mehr Aussicht auf Erfolg, wenngleich man sich von vornherein sagen musste, dass ein solcher der Wirklichkeit nicht entspricht, indem einmal das ganz schwach kohlensäure- und lufthaltige Wasser ganz anders auf dem langen Wege zu wirken im Stande ist als die warme Salzsäure, die zum Theil viel energischer das Gestein an- greift, manchmal jedoch nicht die vom Wasser in einem langen Zeit- raum ausgeübten Wirkungen hervorzubringen vermag. Als ein Bei- spiel für diese verschiedene Wirkung sei der Orthoklas erwähnt; dieser widersteht der Einwirkung der Salzsäure und auch der Schwefel- säure, selbst wenn man ihn in feingepulvertem Zustande bei höherer Temperatur einige Stunden unter Druck erhitzt, vollständig; kohlen- säurehaltiges Wasser dagegen ist im Stande, ihn, freilich erst im Laufe eines beträchtlichen Zeitraumes, vollständig auszulaugen und in Kaolin überzuführen. Um nun die Einwirkung von Salzsäure auf Buntsandstein zu studiren, wurde das Gesteinspulver in Platinschalen je einen halben Tag auf dem Wasserbade mit 10°,iger Salzsäure digerirt und von dem Unangegriffenen abfiltrirt. Schon die Mengenverhältnisse der ge- lösten Substanz, welche beim Auszuge erhalten wurden, sind sehr ver- schieden; vom mittleren Buntsandstein ging verhältnissmässig wenig in Lösung, es mussten 30 gr Gesteinspulver ausgelaugt werden, um einigermaassen genügende Mengen für die Analyse zu erhalten; der untere Buntsandstein dagegen gab reichlich an Salzsäure ab; hier genügte der Auszug aus nur 10 gr vollständig zur Analyse. Der Rück- stand vom mittleren Buntsandstein war grau bis farblos, während derjenige vom unteren Buntsandstein noch schwach röthlich gefärbt war. Die Zusammensetzung des so erhaltenen Auszuges war nun folgende, auf 100 gr ursprüngliche Substanz berechnet: 512 Dr. Max Dittrich: Mittlerer Unterer Buntsandtsein. Kieselsäure 0,107gr 0,088 gr Thonerde 05199, 7 0.0,68917, Eisenoxyd 0,38? 17,859, Manganoxyd _ 0,067 ,, Kalk 0,0228, M20,0505 Magnesia 0:022:,00.05200%% Kali 0,07 10200 0,239 5 Natron 0,008 770,027, Phosphorsäure Spur 0,024 ,, Die Analysen ergeben ein ziemliches Abbild des ursprünglichen Gesteins; man beobachtet aber auch in den Auszügen allein einige wesentliche Verschiedenheiten. In beiden Fällen überwiegt, wie auch im Gestein, bei den Alkalien das Kali, während das Natron ganz zurücktritt; jedoch ist die Auslaugung aus unterem Buntsandstein ca. um das Doppelte grösser als aus mittlerem. Ebenso ist dem unteren Buntsandstein verhältnissmässig mehr Kalk und noch mehr Magnesia entzogen worden. Von Eisen ist aus Pseudomorphosensandstein die ganze darin enthaltene Menge, aus unterem Buntsandstein nur ca. die Hälfte in Lösung gegangen. Interessant ist ebenfalls der ver- hältnissmässig erhebliche Gehalt des Auszuges des unteren Bunt- sandsteins an Mangan, von dem im Gestein relativ wenig nachzu- weisen war. In schroffem Gegensatz zu diesem durch Auslaugung mit Salz- säure erhaltenen Resultat steht die quantitative Vertheilung der gelösten Stoffe im Wasser der Quellen und der Pumpwerke. Im Frühjahre 1896 waren die Pumpwerke längere Zeit ausser Thätigkeit; es war also anzunehmen, dass das städtische Leitungsnetz vollständig frei von dem Wasser der Pumpwerke war und nur solches der Quellen lieferte. Von diesem Wasser, wie es dem Hahn im Laboratorium entnommen war, wurden 25 Liter in einer grossen Platinschale unter Zusatz von Salz- säure eingedampft und analysirt; bei weniger Wasser wären in Folge des geringen Rückstandes die erhaltenen Resultate recht unsicher gewesen. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geo]. u, bacteriol. Beziehung. 513 Von dem Wasser der Pumpwerke mit ihrem höheren Rückstand wurden nur je vier Liter in gleicher Weise behandelt. In je 100 Liter der Wässer waren enthalten: Quellen. Pumpwerk I. Pumpwerk II. Kieselsäure 0,8492 1,4575 1,2175 Eisenoxyd u. Thonerde 0,0328 0,030 0,040 Kalk 0,7532 2,1375 3,750 Magnesia 0,1497 0,4673 0,479 Kali 0,1358 0,250 0,183 Natron 0,2281 0,340 0,316 Die Mengen der gelösten Kieselsäure und des Eisenoxydes mit der Thonerde — die übrigens, wie aus der Farbe der geglühten Oxyde zu schliessen war, zum überwiegenden Theile aus letzterer bestanden — kommen wenig in Betracht und sind auch ziemlich gleich. In dem Verhältniss der Alkalien und in dem von Kalk und Magnesia ist da- gegen eine auffallende Verschiebung eingetreten. Während in dem mittleren Buntsandstein Kalk und Magnesia gleich sind, im unteren sogar die letztere erheblich den Kalk überwiegt, wie sich dies auch in dem Salzsäureauszug wiederspiegelt, ist das Verhältniss beider im Wasser ein geradezu umgekehrtes. Hier tritt der Kalk bedeutend in den Vordergrund, die Magnesia dagegen wesentlich zurück, die Ver- hältnisse von Kalk zu Magnesia sind in den Quellen und im Pump- werk I ungefähr wie 5:1, im Pumpwerk II sogar 8:1. Noch sonder- barer ist die Verschiebung der Zusammensetzung bei den Alkalien. In den Gesteinen und ebenso in den Auszügen durch Salzsäure ist Kali bei Weitem vorherrschend vorhanden, Natron nur in ganz geringer Menge, im mittleren Buntsandstein ungefähr im Verhältniss von 5: 1, im Salzsäureauszug von 9: 1, im unteren Buntsandstein im Verhältniss von 20 : 1, resp. von 11:1; in den Wässern der Quellen wie der Pumpwerke hingegen wurde meist fast doppelt so viel Natron als Kali gefunden. Zur Erklärung dieser anfangs im höchsten Grade überraschenden Thatsache lag es nahe, die Umkehrung der Werthe von Kalk und Magnesia und von Kali und Natron in Zusammenhang zu bringen mit 514 Dr. Max Dittrich; den Erscheinungen, welche man auf dem Gebiete der bodenkundlichen und chemischen Geologie gemacht hat (cf. Knop-Sachsse, Agri- culturchemie). Lässt man nämlich die sehr verdünnte Lösung eines Kalisalzes von bekanntem Gehalt einige Zeit in Berührung mit Acker- boden beziehentlich in Verwitterung und Umsetzung begriffenem Gestein und bestimmt dann in dem Filtrat davon die Menge Kali wieder, so findet man eine beträchtliche Abnahme desselben. Wiederholt man den gleichen Versuch mit der Lösung eines Natronsalzes, so wird dasselbe nur unbedeutend im Vergleich zum Kali vom Boden zurück- gehalten. Das Vermögen verwitternder Gesteinsschichten, Natron seinen Lösungen zu entziehen, ist, wie Knop') sagt, im Vergleich mit der Kraft, mit der das Kali zurückgehalten wird, geringfügig. Dieser Vorgang der Absorption des Kali durch den Boden ist früher als ein rein physikalischer aufgefasst worden, allein in neuerer Zeit, insbesondere durch die Untersuchungen Lemberg’s?) ist mit Sicherheit nachgewiesen worden, dass hier ein chemischer Process vorliegt, in dem chemisch labile Verwitterungsproducte mit Alkalilösungen in Wechselwirkung treten und grosse Neigung haben, besonders wasserhaltige Kali- silicate zu bilden. Der Boden zerlegt nämlich die Salze der Alkalien auch mit stärkeren Säuren und hält die Alkalien und von diesen das Kali ganz ausserordentlich fest zurück, während die Säuren und die anderen Basen, gewöhnlich an Kalk und Magnesia gebunden, in das ‚Filtrat übergehen. In gleicher Weise ist auch die Absorption der Magnesia seitens des Bodens eine viel stärkere als die des Kalkes; dazu kommt, dass kohlensäurehaltiges Wasser Caleiumearbonat leichter zu lösen vermag als Magnesiumcarbonat. Wie die erhaltenen Zahlen der Analyse beweisen, muss für die Buntsandsteinschichten genau dasselbe Absorptionsvermögen für Kali und Magnesia angenommen werden, wie für den lockeren Ackerboden resp. die Gesteinsverwitterungsschichten. Auf dem weiten Wege, den !) 1. c. pag. 149. °) Vergleiche hierzu: Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Gesellschaft. 28. Bd. pag. 574. Das Wasser der Heidelb. Wasser]. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 515 das Wasser im Gestein zurücklegt, fliesst es nicht bloss auf den Spalten und Schichtfugen desselben, sondern dringt auch in seine Poren ein, und dabei vollziehen sich offenbar die Auslaugung und Umsetzung, wie sie kurz geschildert wurden. Um zu versuchen, ob es möglich sei, im Laboratorium diese Vor- gänge nachzuahmen, wurden ähnlich den Versuchen von P. bret- schneider und OÖ. Küllenberg ') äquivalente Mengen von Chlorkalium und Chlornatrium in wässriger Lösung mit dem Gesteinspulver be- handelt, und zwar wurden in je 250 cem Wasser 0,1863 gr = 74,5 58,5 400 400 100 gr des feinpulverisirten Buntsandsteins (zu dem Versuche wurde gr KÜl und 0,1463 = gr NaCl gelöst, hierzu jedes Mal unterer Buntsandstein verwendet) gegeben, und das Ganze in einem Kolben mehrere Tage bei gelinder Wärme digerirt. In den klaren Filtraten wurden sodann die darin gelösten festen Stoffe bestimmt. Je 25 cem hinterliessen nach dem Verdampfen und Trocknen 0,0254 gr KCl und 0,0226 gr NaCl, auf 250 cem berechnet 0,254 gr KCl und 0,226 gr NaCl. Es hatten sich also bei der obigen Behand- lung die festen Substanzen etwas vermehrt. Dies ist nicht gerade auffallend, wenn man berücksichtigt, dass das Gesteinspulver immerbin einige durch Wasser auslaugbare Bestandtheile enthält. Da die Ver- suche aber unter vollständig gleichen Bedingungen angestellt waren, mussten auch in beiden Fällen gleiche Mengen in Lösung gegangen sein. Dividirt man nun die gefundenen Zahlen durch die entsprechen- den Molekulargewichte, so verhalten sich die Mengen KÜCl: NaCl wie 1,564 : 1,545, während die ursprünglich gelösten Mengen KCl: NaCl, ebenfalls durch ihre Molekulargewichte dividirt, sich wie 1:1 ver- halten. Man ersieht aus diesem einen Versuch bereits, dass in der That auch der Buntsandstein ein grösseres Absorptionsvermögen für Kalisalze zeigt als für Natronsalze, obgleich dasselbe bei seinem niedri- gen Gehalt an thonigen Substanzen nur in verhältnissmässig ge- ringem Grade der Fall sein kann. 1) Knop-Sachsse, 1. c. pag. 149, 516 Dr. Max Dittrich: Als ein treffendes Beispiel dafür, wie Wasser auslaugend und gleichzeitig zersetzend wirkt, könnten die heissen Quellen angeführt werden; dieselben fördern in kurzer Zeit ganz bedeutende Mengen fester Bestandtheile gelöst zu Tage und setzen sie zum Theil, wie z. B. in Karlsbad, bald wieder ab. In diesen Wässern ist aber stets das Natron in bei Weitem grösserer Menge oder fast ausschliesslich im Vergleich zum Kali vorhanden. So enthält der „Ursprung“ in Baden nach Dunsen’s Analyse in einem badischen Pfund nur 0,017 gr schwefelsaures Kali und 1,250 gr Chlorkalium, dagegen 16,520 gr Chlornatrium, also dreizehn Mal mehr Natron als Kali, obgleich die Wässer aus granitischem Gesteinsmaterial kommen, in welchem in Folge des vorherrschenden Gehalts an Orthoklas das Kali bei Weitem das Natron an Menge übertrifft. Gerade die Badener Wässer lassen sich als Beispiel hier anführen, da sie, nach einer mündlichen Mittheilung des Herrn Landesgeologen Dr. Sauer in Heidelberg, lediglich von Meteorwässern abzuleiten sind, die auf durchlässigen Schichten bis in grosse Tiefe versinken, durch eigenthümliche Anordnung der Gebirgs- tektonik aber wiederum zum Aufstieg an die Oberfläche gezwungen sind, mit vulkanischen Erscheinungen jedoch, wie man vielleicht ver- muthen möchte, nichts zu thun haben. Wie aus den zu den verschiedensten Jahreszeiten ausgeführten Analysen der einzelnen Quellen und der Pumpwerke anzunehmen ist, liefert nun auch das Hauptreservoir am Hausackerweg ein Wasser, welches während des ganzen Jahres nur geringen Schwankungen unter- worfen ist; letztere sind vor Allem bedingt, wenn die Pumpwerke, namentlich Nr. II, in Thätigkeit sind, die etwas mehr Mineralsub- stanzen dem Wasser zuführen. Das Gesammtleitungswasser ist nach alledem, vom chemischen Standpunkte aus, als ein äusserst reines zu bezeichnen; es ist frei von schädlichen Bestandtheilen, wie salpetrige Säure und Ammoniak, die Menge der Nitrate und Chloride ist eine äusserst geringe, organische Substanzen sind nur in Spuren oder überhaupt nicht vorhanden, der geringe Rückstand bedingt eine geringe Härte und dadurch eine grosse Weichheit des Wassers. Das Wasser der Heidelb. Wasser]. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 517 Es lag nun nahe zu untersuchen, ob dieses chemisch fast als rein zu bezeichnende Wasser auch in bacteriologischer Hinsicht als rein, d. h. keimfrei resp. keimarm zu erklären sei. Mit diesen Unter- suchungen beschäftigte ich mich, ehe ich auf die chemische Beschaffen- heit des Wassers näher einging, im Sommer 1895 im hiesigen hygie- nischen Institute und beabsichtigte gleichzeitig die in dem Heidel- berger Leitungswasser auftretenden Bacterienarten zu isoliren. Während der Monate Mai bis Juli untersuchte ich damals fast täg- lich das Leitungswasser mittelst des gewöhnlichen Koch’schen Plattenver- fahrens, indem ich die jedesmalige Keimzahl im Cubikcentimeter Wasser ermittelte, und konnte, wie bereits von Herrn Prof. Cramer, welcher diese tägliche Controle des Leitungswassers auf Keimgehalt fortsetzte, berichtet ') ist, feststellen, dass zu jener Zeit das Wasser vom bacterio- logischen Standpunkt aus nicht als einwandsfrei zu bezeichnen sei. Bei normalem, d. h. trocknem Wetter entsprach zwar das Wasser den Anforderungen, welche an ein gutes Trinkwasser in bacteriologischer Hinsicht gestellt werden; es enthielt meist unter 50 entwicklungsfähige Keime im Cubikcentimeter. Diese Zahl sank auch unter besonders günstigen Verhältnissen ziemlich beträchtlich, z. B. bei andauernder Trockenheit. Nach heftigen und anhaltenden Regengüssen jedoch stieg andererseits die Keimzahi manchmal recht bedeutend; trat dann wieder regenfreies Wetter ein, so sank die Zahl bald wieder auf ihren früheren normalen Stand. Die folgende Tabelle gibt eine Uebersicht der Keimzahlen und der Regenhöhen in den Monaten Mai bis Juli 1895. Es bedeutet darin ein © in der Spalte: „Anzahl der Colonien nach zwei Tagen“, dass an diesem Tage keine Zählung stattgefunden hatte, ein „verfl.“ in der nächsten Reihe, dass ein Endresultat nicht ermittelt werden konnte, da die Platte inzwischen zerflossen war. Die tägliche Controle erfolgte in der Weise, dass 1 cem (bei zu erwartender hoher Keimzahl weniger, 0,5 bis 0,1 ccm) des Wassers, ') E. Cramer, Ueber die Beschaffenheit des Heidelberger Leitungs- wassers. Verhandl. d. Heidelberger Naturhist.-Med. Vereins. Neue Folge. V. pag. 415—417. 518 Dr. Max Dittrich: wie es dem Hahn im Institut entnommen war, nachdem dieser einige Zeit geöffnet gewesen war, mit zehnprocentiger vorher verflüssigter Fleischwasserpeptongelatine vermischt und in sterilen Petrischälchen bei 20° zur Entwicklung gebracht wurde; gewöhnlich wurden, um vor Versuchsfehlern geschützt zu sein, jedes Mal vier solcher Platten gegossen. Die Zählung der gewachsenen Culturen erfolgte mit Hülfe des Wo/fhügel’schen Apparates mittels Lupe und wurde so lange fortgesetzt, bis eine Zunahme der Bacterienzahl nicht mehr zu con- statiren oder die Platte in Folge Ueberwucherns einzelner stark ver- flüssigender Colonien verflossen war, wenngleich Keime, welche Neigung zur Verflüssigung der Gelatine zeigten, möglichst bald durch Aus- saugen mit einer Pipette und Auftropfen von concentrirter Sublimat- lösung abzutödten versucht wurden. Ein derartiges Verfahren zeigte, dass eine Zählung der Platten 48 Stunden nach der Aussaat, wie dies neuerdings von Seiten der Wasserwerke Deutschlands geschieht, zwar keineswegs ein endgültiges Resultat lieferte; denn, die Keimzahl wuchs in der Regel noch am dritten und vierten Tag um ein Beträchtliches, wie aus den in der Tabelle nebeneinander stehenden Zahlen zu ersehen ist, ja manchmal erfolgte noch eine Steigerung der Keimzahl nach acht Tagen, wenn die von Uramer!) beobachteten äusserst langsam wachsenden Bacterien auftraten. Immerhin gibt aber die Zählung nach 48 Stunden ver- gleichbare Resultate, besonders da es öfters, wenn zahlreiche ver- flüssigende Colonien vorhanden sind, nicht möglich ist, die Zählung fortzuführen, bis eine Zunahme der Keime nicht mehr stattfindet. | Regen- Anzahl der Colonienf Regen- Datum höhe in nach ı am Ende | höhe in | Keimzahl 5. mm [2 Tagen d.Zählung|| mm 1895 1896 | | 6. Mai a ed 1 ea 1 Wen Tells — 129 | 40 rt) BE. E- —ın 10ER u DR Ehre te (ie A ei: INN; | Or) ls his _ | 182°) )l. c. pag. 408. ?2) Pumpwerk I in Betrieb. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 519 Regen- Anzahl der Oolonienj Regen- | Datum höhe in | nach am Ende | höhe in | Keimzahl mm 2 Tagen |d.Zählung mm | 1895 1896 11. Mai — Ga MR —. 2,3103) 19... — _- _ — 21T) DE 0,2 18 27 — | 188}) Ta, 0,9 11 21 u In ee) ES: 33 10 22 — 2.2.1202) ibrr, 2,9 155 verfl. Zen) a 6,3 o m. 170 — 126!) KOrE,, 9,5 170 verfl E 112%) id. 19,8 — - N) 20. Ns 0,3 570 verfl. 4,1 99°) DIR SS _ o verfl. SS N DIE = 282 m. 366 — An — = — 0,9 — 2 — o 76 — — 25. 16,6 88 102 2 wi ab, I verfl, verfl. 0,8 — a — |1350 verfl. — 48 238.77, == 230 verfl. — 41 a Z— 368 verfl. — 71 2242 30%... _ — — 56 2 Fo JR > Te a ee — u 1. Juni 0,3 a — | 44 va 5,7 — _ — 60 Era == — — —_ El 2,23 9,7 — _ 20,2 53 I 15,8 22 45 — 170 BE as 3,6 | 275 345 32 93 Me — | 392 verfl 1,3 — ln Ze 350 5,0 57 %n zu 1055 229 5,3 41 Ur , 05 ar 732 3,2 33 ms; Be 38 3a 25 Tas... —_ 7 19 11,8 49 In, == 22 22 — 40 Fans, el 10 16 4,4 31 Kor 1 79 |, ; verfl. 0,3 57 16. 3; —_ 114 123 — 48 EL 1 — 7 19 Zr END 18. „ 0,9 25 33 14,9, 572 +40 19. N, 10,2 157,76 5°32 — 39 20: 75 0,9 15 25 3,4 56 ') Pumpwerk I in Betrieb. Dr. Max Dittrich: 'Regen- |Anzahl der Colonien Datum höhe in nach |am Ende mm 2 Tagen |d.Zählung 1895 2]. Juni _ 19 25 320 19 31 ARE == _ — DIE 45 —_ 13 29 29T. — 7 20 26. — 19 23 an N) 22 28. 8; ee 21 Dre, OR a u 1) ST eo —_— | — 1. Juli 10,7 SEI DK == verfl | verfl Bm — 103... 1. 203 Kara = 80, |,.93 Den 2,5 33 |. 30 625 — 25: 99 930 AED. — - — SA == 23 40 ER — 21 29 10. °% — 13 20 lung DE ID ERAER, 11,0 122 | ca. 400 13. —— 290 verfl laws, = 59 268 1942 En 74 127 16. 2 E= 102 172 EISaEn == 78 ca. 100 18H _ 152 ca. 300 ERS — 88 220 20 05 17. 50 115 21. 2 == = Darias 2,5 31 A 23: 5 6,5 46 92 24. m 1, 55 101 De — 18 verfl 26.008 13, 2 3l Die He — 47 48 28, 1,5 0,8 — u ee 0,7 21 65 SU. a 50 31 — 17 52 Regen- höhe in mm Keimzahl El ao DD SioEaı De Ne) we | | a@nw u ger | 18 (eb Bf) Erb Erb FH mD 0 Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. baeteriol. Beziehung. 521 In obiger Tabelle entspricht nun fast jedes Mal einer bedeuten- deren Regenhöhe ein erheblicheres Steigen der Bacterienzahl. Diese Thatsachen wiesen darauf hin, dass eine Verunreinigung des Wassers durch Hineingelangen von nicht genügend filtrirtem Oberflächenwasser zu Zeiten stattfand. Es wurden darauf hin von Seiten des Herrn Dr. Uramer im hygienischen Institut eingehende Untersuchungen darüber angestellt, und zu diesem Zweck die einzelnen Quellen und auch die Pumpwerke zu wiederholten Malen bei verschiedensten Witterungsverhältnissen bacteriologisch untersucht!). Eine Reihe von Quellen und besonders Pumpwerk II lieferten stets tadelloses keimfreies oder äusserst keim- armes Wasser, andere Quellen dagegen und Pumpwerk I enthielten manchmal recht erhebliche Mengen Bacterien. Durch die Fürsorge der städtischen Behörden war man nun in der Folgezeit eifrig bemüht, diesen Mängeln abzuhelfen; in Folge dessen wurden einige Quellen vertieft und neu gefasst oder gegen das Eindringen von verunreinigtem Wasser durch entsprechendes Aus- betoniren geschützt; andere Quellen dagegen, deren Wassermenge gering und dazu noch verdächtig war, wurden von weiterer Wasser- versorgung der Stadt ausgeschlossen. Auf diese Weise wurde das gesteckte Ziel glücklich erreicht, so dass jetzt die Stadt Heidel- berg ein in jeder Hinsicht allen hygienischen Anforderungen entsprechendes Trinkwasser erhält. In obiger Tabelle sind neben den Keimzahlen aus den Monaten Mai bis Juli 1895 diejenigen aus denselben Monaten des äusserst regen- reichen Jahres 1896, welche mir Herr Prof. Oramer gütigst hierfür zur Verfügung gestellt hat, gesetzt; man ersieht daraus deutlich, wie jetzt, nachdem die schlechten Quellen verbessert oder ausgeschaltet sind, die manchmal ganz erheblichen Regenmengen ohne wesentlichen Einfluss auf die Steigerung der Keimzahl sind, und wie vielmehr die Bacterienzahl sich innerhalb verhältnissmässig geringer Grenzen bewegt. Die Steigerung der Keimzahl im Mai ist darauf zurückzuführen, dass !) Vergleiche hierzu die oben pag. 497 erwähnte Arbeit von Dr. E. Cramer, pag. 405 —414. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie. V. 36 533 Dr. Max Dittrich: Pumpwerk I im Betrieb war, welches damals noch nicht ganz ein- wandsfreies Wasser lieferte. Diese Untersuchungen zeigen aufs Deutlichste, dass die chemische Analyse allein ein endgültiges Urtheil über die Güte eines Trink- wassers nicht gestattet, dass vielmehr auch eine bacteriologische Unter- suchung gleichzeitig unbedingt erforderlich ist. Beide Prüfungen sollen, wie Flägge‘) verlangt, von Zeit zu Zeit wiederholt werden, oder noch besser, die bacteriologische Untersuchung hat regelmässig, eine chemische von Zeit zu Zeit stattzufinden. Was die Untersuchung der im Leitungswasser auftretenden Bac- terien anbetrifft, so glaube ich dieselben fast vollständig isolirt zu haben. Dieser Theil der Arbeit wurde im Sommer 1895 ausgeführt, zu der Zeit, als das Wasser noch nicht als vollkommen einwandsfrei erklärt werden konnte. Es mögen daher vielleicht eine Anzahl Bacterien beschrieben sein, welche jetzt nicht mehr in dem Leitungswasser vorkommen; eine Controle darüber anzuführen, war mir jedoch nicht möglich. Denn es ist zu diesem Zweck nicht nur nöthig, Platten in gewöhnlicher Weise zu giessen und die auftretenden Colonien makro- skopisch und mikroskopisch zu betrachten, sondern man muss, um sicher zu gehen, dieselben isoliren, auf den verschiedenen Nährböden weiter züchten und ihr Verhalten sorgfältig vergleichen. Es kam des öfteren vor, dass ich eine neue Art gefunden zu haben glaubte; wenn ich aber die Lebensbedingungen der betreffenden Art in rationeller Weise studirte, so gewann ich, manchmal oft nach längerem Arbeiten, die Ueberzeugung, dass ich ein bereits längst bekanntes Individuum vor mir hatte. Zur Identificirung der gefundenen Bacterien mit bereits beschriebenen diente vornehmlich das Werk von Prof. Dr. 0. E. R. Zimmermann, Die Bacterien unserer Trink- und, Nutzwässer, insbesondere des Wassers der Chemnitzer Wasserleitung, Heft I und II, Chemnitz 1890 und 94, in welchem alle bisher bekannten Wasserbacterien aufgeführt sind. Es gelang mir mit Hülfe dieses Buches, eine Reihe von Bacterien mit !) Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Stuttgart vom 11.—14. September 1895. Das Wasser der Heidelb. Wasser]. in chem.-geol, u. bacteriol. Beziehung. 593 Sicherheit als schon bekannt bezeichnen zu können, während eine grosse Zahl mit den von Zimmermann angegebenen Arten nicht in Uebereinstimmung zu bringen war. Da mir die in dem erwähnten Werke aufgeführten Bacterienarten nicht selbst zur Verfügung standen, um vergleichende Züchtungsversuche anzustellen, erbot sich Herr Prof. Zimmermann in Chemnitz in liebenswürdigster Weise, diese mühe- volle Arbeit zu übernehmen. Bezüglich der Anordnung der aufgefundenen Bacterien habe ich mich in der Haupteintheilung der Arten derjenigen angeschlossen, welche Zimmermann in dem Schlüssel zur Bestimmung der Wasser- bacterien!) gibt. Bei jedem einzelnen Bacillus ist dann angegeben, ob die betreffende Art mit einer schon beschriebenen übereinstimmte, oder ob dieselbe als eine neue zu bezeichnen sei. In der speciellen Beschreibung der aufgefundenen Bacterienarten ist die Grösse angegeben, wie sie an Präparaten, welche mittelst Fuchsinlösung gefärbt waren, mit Hülfe des Ocularmikrometers fest- gestellt werden konnte. Die Beweglichkeit wurde im hängenden Tropfen steriler Bouillon, welche mit wenig Material aus einer Colonie versetzt war, geprüft und nur dann als solche angegeben, wenn deut- lich Fortbewegung nach verschiedenen Richtungen im Gesichtsfelde wahrzunehmen war. Die Culturversuche erstreckten sich auf Gelatine, schräg erstarrtes Agar-Agar, auf Kartoffel und auf Fleischwasser- peptonbouillon. Das Sauerstoffbedürfniss resp. das Weiterwachsen bei Sauerstoffabschluts wurde durch Einstechen einer langen und spitzen Platinnadel, an welcher nur sehr wenig Bacterienmaterial haftete, in frisch ausgekochtes und wieder erstarrtes 1'/, °/,iges im Reagenzglas befindliches Traubenzucker-Agar constatirt, der Abschluss der Luft wurde dann durch Aufgiessen von gleichem Agar in Höhe von einigen Centimetern bewirkt; gleichzeitig konnte auf diese Weise eventuelle Gasbildung bemerkt werden. Da einzelne Culturen auf Gelatine weit charakteristischer aus- sehen als die Bacterien selbst, wurden sie mit Hülfe eines Zeiss’schen apochromatischen Projectionssystems von 35 mm Brennweite (ohne 1 or ) 1. c. Heft II, pag. 74. = 594 Dr. Max Dittrich: Ocular) photographisch aufgenommen; auf der beigegebenen Tafel XVIII beträgt die Vergrösserung ungefähr das Vierfache des Originals. Trotz der im Allgemeinen geringen Keimzahl finden sich im Heidelberger Leitungswasser jedoch eine Reihe der verschiedensten Bacterien. Dieselben sind aber wenig widerstandsfähige Arten; denn wie Versuche zeigten, genügt kurzes Aufkochen des Wassers, um sämmtliche darin enthaltenen Keime abzutödten. Ob diese aufgefun- denen Bacterienarten schädliche Wirkungen auf den Organismus aus- zuüben vermögen, kann nicht gesagt werden, da Impfversuche an Thieren nicht angestellt wurden. Die Bacterien des Heidelberger Leitungswassers. A. Bacterien, welche ihre Colonien bezw. das Substrat, auf . dem sie leben, blau färben. IE Der von Zimmermann (Die Bacterien unserer Trink- und Nutz- wässer), Heft I, Nr. 12, angeführte Baeillus violaceus wurde auch im Heidelberger Leitungswasser aufgefunden; ein eingehender Vergleich durch verschiedene Culturverfahren war nicht nothwendig, da die Ge- latinecultur bereits alle bisher beschriebenen Merkmale aufwies. Er wurde bereits von Zopf (Die Spaltpilze, 3. Aufl., Dresden 1885, S. 33) erwähnt, beschrieben wurde er erst von Eisenberg (Bacteriolog. Dia- gnostik, Hamburg und Leipzig 1888, S. 8) und von Adametz (Die Bacterien der Trink- und Nutzwässer, Wien 1888, S. 45) u. a. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 525 EI: Form, Anordnung, Kürze an den Enden abgerundete Stäbchen, oft auch Grösse. längere, letztere sind meist schwach gekrümmt. Die Länge der Stäbchen schwankt vn 2,5—4 u, ihre Dicke beträgt ca. 0,6 u. Beweglichkeit. Zeigen zam Theil Bewegung, einzelne rotiren nur am Platze. Wachsthum ‚Plattencultur. Von der Gelatine umschlossen erscheinen auf Gelatine. | die Colonien nach 24 Stunden in Durchsicht als hell- bräunliche etwas länglich-rundliche Scheiben. Nach dem Durchbruch durch die Gelatine breitet sich die Colonie auf ihr langsam aus und erreicht nach einigen Tagen | einen Durchmesser von 4-5 mm. Dabei bleibt’ die | Durchbruchstelle deutlich als Nabel erhalten und ist dunkler, während der ausgebreitete Theil anfangs fein gekörnt und heller, der Rand gezähnt ist. Am dritten Tage irisirt die Colonie in den verschiedensten Farben und färbt sich allmählich intensiv bläulich violett, be- sonders manchmal stark am äusseren Rand. Die Colonie ‚ sinkt dabei etwas in die Gelatine ein, ohne sie zu ver- flüssigen, und es entstehen in ihr auf der Fläche radiäre gewundene Zeichnurgen, während der Rand gelappt wird. — Die ganze Colonie bildet eine zähe Masse und kann mit einer Nadel vollständig von der Gelatine abgezogen werden. ‚Sticheultur. Das Wachsthum im Stichcanal ist fein- körnig. An der Oberfläche entsteht eine dünne, anfangs ‚ weissliche Auflagerung, dieselbe färbt sich bläulich und ı schrumpft mit zunehmendem Alter, unter Dunkelfärbung ı und Ausbreitung bis an die Glaswand, zusammen. Nach | längerer Zeit (10—14 Tagen) beginnt die unter der Cultur liegende Gelatine ganz schwach verflüssigt zu werden. auf Agar-Agar. Anfangs dünner ungleichmässiger weisslicher Belag der ‚ Agar-Fläche; später färbt er sich bläulich-violett und \ wächst reichlicher. auf Kartoffel. Schmutzig violettbrauner schmieriger Belag der Kartoffel- ‚ fläche, welcher nur langsam wächst, Schwache Trübung nach 24 Stunden, allmählich setzt sich ein grauweisslicher Bodensatz ab, welcher sich beilängerem Stehen schwach blauviolett färbt. In der Nähe der Ober- fläche entstehen weissliche Bacterienwolken, einige Tage | darnach bildet sich ein leicht zerreissendes weissliches Häutchen, welches sich nach acht Tagen anfängt blau- violett zu färben. Temp. -Verhältn. Wächst nicht bei 35° auf Agar, wohl aber bei 20°, Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. ‚Keine, auf Bouillon, Luftbedürfniss. ‚Facultativ anaörob, wächst im Sticheanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. f zumdh A ERTTLHIEN Verhalten zu Verflüssigt die Gelatine anfangs nicht, später nur äusserst Gelatine. wenig. 35 8:0 UbEV 3) 7 ya BET Farbstoffbildung. Bildet einen blauvioletten Farbstoff. Bemerkungen. Der Bacillus ist identisch mit dem von Zimmermann (l. c. Heft I, Nr. 13) als Bacillus janthinus aufgeführten; letzterer wurde von Zopf („Die Spaltpilze‘‘, 3. Auflage, Breslau 1885, S. 68) entdeckt und beschrieben. Später fanden ihn Hueppe und Flügge wieder auf (Die Mikro- organismen, 2. Auflage, $8. 291). 526 Dr. Max Dittrich: B. Bacterien, welche ihre Colonien bezw. das Substrat, auf dem sie leben, roth färbeı. IT, Grösse. Die Länge der Stäbchen beträgt 1—2 u, ihre Dicke 0,6 u. Beweglichkeit. Eigenbewegung ist vorhanden; die Bacterien schwirren nach allen Richtungen durch das Gesichtsfeld. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. Temp.-Verhältn. Wachsthumstärke. Plattencultur. Nach 24 Stunden erkennt man in der Gelatine scharfrandige, leichtgekörnte, in Durchsicht hell- bräunliche Colonien. Wenn dieselben die Oberfläche der Gelatine erreicht haben, was meist nach 48 Stunden der Fall ist, verflüssigen sie dieselbe stark, und es bildet sich allmählich ein rother Farbstoff, welcher sich in der Tiefe der Colonie ansammelt. Die Colonien besitzen einen scharfen Rand und sind leicht gekörnt. Sticheultur. Im Stichcanal findet reiches Wachsthum statt, die Bacterien bilden darin grobgekörnte Colonien. An der Oberfläche tritt rasch schüsselartige Ver- flüssigung der Gelatine ein, welche nach 24 Stunden fast die Glaswand des Reagenzglases erreicht, später gleich- mässig erfolgt. Nach 48 Stunden beginnt der verflüssigte Theil sich schwach carminroth zu färben, die Färbung wird allmählich intensiver und schreitet mit der Ver- flüssigung der Gelatine fort. Später rückt der rothe Farb- stoff in den allmählich etwas erweiterten Stichkanal hinab. Schmierig-weisser Belag längs des Striches, daneben auch einzelne körnige Colonien. Nach einigen Tagen färbt sich der Belag anfangs rosa, später carminroth. Im Condens- wasser sammeln sich ebenfalls Bacterienmassen an. Reiches Wachsthum, schmieriger carminrother Belag, welcher sich rasch über die ganze Kartoffelfläche ausbreitet; später geht der Farbstoff ins Violette über. Auf den Kartoffeln entstehen Gasblasen in Folge Zersetzung der Stärke. Trübt Bouillon nach 24 Stunden, später setzt sich eine weissliche Bacterienmasse zu Boden. Nach drei Tagen tritt Rosafärbung der Bouillon ein und auch die zu Boden gesunkenen Bacterien färben sich ebenso. Wächst bei Bruttemperatur auf Agar sehr schwierig, reichlich bei 20°. Wächst sehr rasch. Sporenbildung. |Nicht zu bemerken. Luftbedürfniss. Gasproduction. \Facultativ anaörob; wächst im Sticheanal von Trauben- zueker-Agar, die Oberfläche carminroth färbend. ‚Bildet reichlich Gas auf Traubenzucker-Agar. Verhalten zu Gelatine. Farbstoffbildung. Bemerkungen. 'Verflüssigt Gelatine stark. Produeirt einen carminrothen Farbstoff. Die dort erwähnte Sporenbildung beruht nach einer Privat- mittheilung von Herrn Prof. Zimmermann auf einer Ver- | wechselung mit metachromatischen Körpern. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 527 Form, Anordnung, Grösse. Beweglichkeit. IV. Mittelstarke : an den Enden Shgermäbie Stäbchen von ver- | schiedener Länge; von diesen sind die grösseren öfters IR schwach gekrümmt; auch hängen manchmal zwei an- | einander. Die Länge der einzelnen Stäbchen schwankt zwischen 2—3 eu ihre Dicke zwischen 0,6—0,8 u. Besitzen lebhafte Eigenbewegung, die Bacterien schwirren nach allen Richtungen über das Gesichtsfeld. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. ‚Platteneultur. Nach zwei Tagen erkennt man in der Gelatine liegend kleine runde leicht gekörnte Colonien, die allmählich die Gelatine durchbrechen und an der | Oberfläche rundliche matt fleischfarbene Colonien bilden. Sie vergrössern sich sehr langsam, erreichen selten einen ı Durchmesser von 1 mm. Sticheultur. Im Stichcanal findet ein mässiges Wachs- thum unter feiner Körnelung statt, an der Oberfläche der Gelatine bildet sich eine rundliche fleischfarbene Auflagerung. Bildet einen schleimig unregelmässig über die Agarfläche vertheilten nicht allzudicken Belag, welcher später etwas ins Ziegelrothe spielt; im Condenswasser sammelt sich eine fleischfarbene Bacterienmasse an. Nicht allzustarker, anfangs schwach rosafarbener, später ziegel- bis orangerother Belag längs des Striches. ‚Trübt B. sehr langsam; es scheidet sich allmählich ein fleischfarbener Bodensatz ab, und die darüber stehende Flüssigkeit klärt sich später wieder. Temp.-Verhälto. Wächst nicht bei Bruttemperatur; wird aber durch Brut- temperatur nicht getödtet, sondern nur in der Entwicklung ' gehindert, Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. _ [Braucht Luftsauerstoff; wächst nicht im Stichcanal von Traubenzucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nicht oder erst nach längerer Zeit in Gelatine. ganz geringem Maasse. Farbstoffbildung. _|Bildet einen rosafleischfarbenen Farbstoff. Bemerkungen. Dieser Baeillus stimmt mit keinem der bisher beschriebenen überein und dürfte daher als neu anzusehen sein. 528 Dr. Max Dittrich: C. Bacterien, welche ihre Colonien bezw. das Substrat, auf dem sie wachsen, gelb bis braun färben. a. Bacterien, welche die Gelatine nicht verflüssigen. N Form, Anordnung, Kurze dicke Stäbehen, an den Enden abgerundet; eine Grösse. Theilung findet durch Abschnürung in der Mitte statt; manchmal hängen zwei Individuen zusammen. Die Länge der Stäbchen schwankt zwischen 1,8—2,5 u, ihre Dicke beträgt ca. 0,7—0,5 u. Beweglichkeit. Besitzen lebhafte Eigenbewegung. Wachsthum Platteneultur. Am dritten Tage erkenne, man auf der auf Gelatine, | Platte ganz kleine hellbräunliche granulirte Colonien, | welehe sich auch nach Durchbruch durch die Gelatine nur äusserst langsam vergrössern; selbst nach 14 Tagen hat die’ gelbbräunliche Colonie die Grösse eines kleinen ‚ Stecknadelkopfes. Mit einer Nadel lässt sich die ganze Colonie leicht von der Gelatine abheben. Verflüssigung der Gelatine findet nicht statt. Stichcultur. Im Stich findet ein sehr langsames Wachs- thum statt. An der Oberfläche breitet sich die Bacterien- masse mit gelblicher Färbung aus, die Mitte ist etwas dicker. Die Farbe wird allmählich etwas bräunlicher und setzt sich auch in die feinkörnigen Colonien im Sticheanal fort. auf Agar-Agar. Gelbbräunliche Auflagerung unter leiehter Körnelung. auf Kartoffel. |Es bildet sich ein äusserst spärlicher, anfangs canarien-, später ockergelber Belag. auf Bouillon. |Bouillon wird nur sehr langsam getrübt, an der Ober- Bäche sammeln sich die Bacterien an und bilden einen weisslichen Ring, manchmal auch ein Häutchen; auch scheidet sich ein weisslicher Bodensatz ab. Temp. -Verhältn. |Wächst nicht bei Bruttemperatur. Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. R Obligat aerob, wächst nicht im Sticheanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nicht. Gelatine. . Farbstoffbildung- Bildet einen gelbbraunen Farbstoff. Bemerkungen. Ist mit keiner der bisher beschriebenen Arten zu iden- | tifieiren und dürfte daher als neu anzusehen sein. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 529 b. Bacterien, welche die Gelatine langsam verflüssigen. VI. Form, Anordnung, Lange dünne "Stäbchen, a an den Enden abgerundet, von Grösse. | 2—3,5 u Länge und ca. 0,3 u Dicke, auch zu mehreren zusammenhängend zu Scheinfüden vereinigt. | Beweglichkeit. _ |Besitzen lebhafte Eigenbewegung. Wachsthum 'Plattencultur. Nach 48 Stunden entstehen in der Gelatine auf Gelatine. | grauweisse wolkig-trübe Flecke, einerschmelzenden Schnee- flocke ähnlich, welche sich nicht scharf von dem Substrat abheben und sich allmählich vergrössern, schliesslich sinken sie etwas in die verflüssigte Gelatine ein. Unter dem Mikroskop erkennt man darin ein pilzfädenähnliches dichtes Geflecht, in der Mitte wird dies später dichter, | am Rande greift dasselbe nach aussen weiter. Stieheultur. Im Sticheanal findet Wachsthum_ statt; manchmal ist derselbe nur wenig sichtbar. Mit ihm ı zusammenhängend oder scheinbar unabhängig vonihm ent- stehen in der umgebenden Gelatine wolkige Bildungen. | Die Oberfläche der Gelatine wird bald verflüssigt, und es sinkt in der entstandenen trüben Flüssigkeit eine schmutziggelbe bis gelbbraune Bacterienmasse unter. auf Agar-Agar. Anfangs gelblichweisser, schmieriger Belag, mit röthlichem Schimmer; später wird der Belag hellrothfarben, im , Condenswasser sammelt sich eine gelbbräunliche Bacterien- | masse an. : auf Kartoffel. Anfangs spärliches, später reichlicheres Wachsthum; es ı entsteht ein intensiv gelbbräunlicher Belag, welcher sich ‚ über die Kartoffelfläche ausbreitet. auf Bouillon. |Die Bouillon wird nach 24 Stunden nur schwach, später stärker getrübt, eine gelblichweisse Bacterienmasse sinkt | allmählich darin zu Boden. Temp.-Verhältn. Wächst nicht auf Agar bei 350, ‘wohl aber bei 20°. Frisch angesetzte und bei 35° 2 Tage aufbewahrte Culturen wachsen nachher bei 20° nicht weiter. Wachsthumstärke. (Wächst rasch auf Gelatine und Agar. Sporenbildung. 'Keine. Luftbedürfniss. |Wächst nicht im Sticheanal von T Tranbenzucker- -Agar, obligat aerob. Gasproduction. ‚Keine. Verhalten zu "|Verfüssigt Gelatine verhältnissmässig rasch. Gelatine. | Farbstoffbildung. Produeirt einen on schmutziggelben F arbstofl, Bemerkungen. |Diese Art ist vollständig identisch mit dem von Zimmermann (l. ce. Heft ], Nr. 9) beschriebenen Bacillus nubilus. 890 Form, Anordnung, Grösse. Beweglichkeit. Wachsthum auf Gelatine, auf Agar-Agar. | auf Kartoffel. auf Bouillon. | Temp.-Verhältn. Wächst nicht auf Agar bei 35°, wohl aber bei 20°. | Weiterwachsen frisch angelegter Culturen wird, wenn Dr. Max Dittrich: ee, N DANN ee: Dünne Stäbchen, an den Enden abgerundet, zu mehreren zu Scheinfäden vereinigt. Die Länge der einzelnen Fäden schwankt zwischen 2—4 u, ihre Dicke beträgt 0,3 u. Machen schlängelnde Bewegungen. Platteneultur. Erst nach 48 Stunden erscheint eine in Durchsicht dunkelgefärbte stark gekörnte und strahlig gefranzte Colonie, später wird die Körnelung noch gröber ı und der Rand undeutlicher. Die Colonie wächst sehr langsam und sinkt dabei etwas in die nur wenig ver- flüssigte Gelatine ein, sie bildet dann (auf der Gelatine) einen canariengelben Punkt. Sticheultur. Im Impfstich findet ein mässiges Wachs- thum statt, welches später aufhört. Die Oberfläche sinkt anfangs unter Verflüssigung trichterförmig ein, und es sammelt sich in dem verflüssigten Theile eine schmierig- gelbliche Bacterienmasse; dieselbe schwimmt theilweise an der Oberfläche, theils bildet sie in der flüssigen leicht getrübten Gelatine einen gelbbraunen Bodensatz. Bräunlichgelber schmieriger Belag, manchmal auch körnig, mit weissem Rand. Geringer gelblicher, später canariengelb werdender Belag längs des Striches. Trübt Bouillon nur sehr langsam, ohne Häutchen zu bilden. Das sie zwei Tage bei 35° aufbewahrt waren, nur etwas verlangsamt. Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Facultativ anaörob, wächst im Sticheanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. met ie, Verhalten zu Verflüssigt Gelatine langsam. RT Gelatine. | Farbstoffbildung. |Bildet einen gelben Farbstoff, i Bemerkungen. Sl in Ranch Parın mit dem von Zimmermann (l. c. Heft I, Nr. 21) beschriebenen Bacillus helvolus überein, scheint jedoch nicht mit diesem identisch zu sein; er dürfte desshalb als neu anzusehen sein. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u, bacteriol. Beziehung. 531 VI. Form, Anordnung, Grösse. Sehr kurze, etwa 0,5—1,0 u lange und 0,5 zu dicke, an den ' Enden abgerundete Stäbchen, oft zu zweien aneinander- hängend, in Folge vorhergegangener Theilung durch Ab- schnürung. Beweglichkeit. Unbeweglich. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. Platteneultur. Anfangs runde, später unregelmässig be- | grenzte grob gekörnte gelbliche Colonien. Der Rand wird später gefranzt und breitet sich etwas aus, während ‘ die Mitte ganz grob gekörnt wird und wie mit Buckeln | besetzt aussieht. Die Colonie bildet später einen röthlich- bräunlichen stecknadelkopfgrossen Fleck. Sticheultur. Anfangs findet im Sticheanal Wachsthum unter feiner Körnelung statt, später hört dasselbe auf. Die Oberfläche sinkt allmählich ein, und es scheidet sich in dem oberen Theile des etwas erweiterten und mit | verflüssigter Gelatine angefüllten Stichcanals ein gelb- brauner Farbstoff ab. Die Einsenkung erweitert sich später mehr trichterförmig, ihr Inhalt ist ganz leicht ge- trübt, am Boden lagert der Farbstoff. Geringer, dicker, schmieriger, bräunlichgelber Belag längs des Striches, derselbe breitet sich allmählich über die schräge Agarfläche aus. 'Dunkelbraungelber, schmieriger Belag längs des Striches, ziemlich reichlich sich entwickelnd. ‚Trübt Bouillon langsam unter allmählicher Abscheidung eines geringen gelblichweissen Bodensatzes. Temp.-Verhältn. Wächst nicht bei Bruttemperatur auf Agar, dagegen bes 20°; frischangesetzte Colonien, welche zwei Tage bei Bruttemperatur aufbewahrt wurden, wuchsen dann bei 20° nicht weiter. Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Obligat aörob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. . i Verhalten zu Verflüssigt Gelatine langsar. Gelatine. Farbstoffbildung. Bildet einen gelbbräunlichen Farbstoff. Bemerkungen. 'Stimmt mit keiner der bisher beschriebenen Arten über- | ein, ist daher als neu zu bezeichnen. | 532 Dr. Max Dittrich: IX! Form, Anordnung, Dünne Stäbchen, an den Enden abgerundet, zu mehreren Grösse. zu Scheinfäden vereinigt. Theilung der Stäbchen findet durch Abschnürung in der Mitte statt. Die Länge der einzelnen beträgt 2—2,5 u, ihre Dicke ca. 0,3 u. Beweglichkeit. Besitzen keine oder nur geringe Eigenbewegung. Wachsthum Platteneultur. Die in der Gelatine eingeschlosseue auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel, auf Bouillon. Temp.-Verhältn. Colonie erscheint anfangs als eine runde, leicht gekörnte in Durchsicht bräunliche Scheibe. Nach 2—3 Tagen erfolgt der Durchbruch durch die Gelatine unter gleich- zeitiger Ausbreitung der Colonie an der Oberfläche. Die Durchbruchstelle markirt sich anfangs als Nebel, erweitert sich aber bald unter Zerfall in eine gelbbräunliche Bacterienmasse, welche von einem dunklen, nach aussen sich vergrössernden Ringe umgeben ist; allmählich sinkt dieser Theil unter Verflüssigung der Gelatine ein. — Ausserhalb diesesRinges befindetsich eine dünne, weissliche, stark grünlich irisirende Auflagerung, deren Rand un- regelmässig gezähnt ist, und welche sich langsam in die Gelatine weiter erstreckt. (Vergleiche hierzu die Photo- graphie der Cultur, Tafel XVIII, Fig. 1, am dritten Tage.) Stieheultur. Im Sticheanal findet anfangs Wachsthum unter feiner Körnelung statt, später hört dasselbe auf. An der Oberfläche der Gelatine breitet sich die Cultur anfangs unregelmässig begienzt als weissgelblicher Belag aus. Wenn die Glaswand erreieht ist, findet eine gleich- mässige Verflüssigung der Gelatine unter Trübung und Abscheidung eines gelbbräunlichen Bodensatzes statt. 'Röthliehbräunlicher, anfangs nicht allzureicher, etwas ge- ı körnter, schmieriger Belag der Agarfläche. Canariengelber, später gelbbräunlicher bis chromgelber | Belag. Trübt Bouillon wenig und scheidet allmählich einen gelblichweissen Bodensatz ab. Wächst nicht bei 35°, wohl aber bei 20°. Frisch angesetzte Agar-Culturen zwei Tage bei Bruttemperatur aufbewahrt | wachsen dann schwer bei 20°. Wachsthumstärke. ıWächst mässig rasch. Sporenbildung. Keine. > Luftbedürfniss. Obligat aörob, wächst nicht = Sticheanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine) uulelf WR | er Verhalten zu Verflüssigt Gelatine mässig rasch. Gelatine. Farbstoffbildung. Bildet einen bräunlichgelben Farbstofl. j Bemerkungen. Dieser Bacillus dürfte als neu anzusehen sein, da er mit keiner der bisher beschriebenen Arten übereinstimmt. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 533 ce. Bacterien, welche die Gelatine schnell verflüssigen. nit: X. Form, Anordnung, urza. dis plampe. Stäbchen, anal zu zweien oder Grösse. mehreren aneinander hängend, Theilung erfolgt durch ABeurung in der Mitte; die Länge der Stäbchen be- | trägt 1,5—2 u, ihre Dieke 0,5—0,7 u. Beweglichkeit. [Besitzen lebhafte ‚Eigenbewegung. Wachsthum ‚Plattencultur. Nach 24 Stunden erscheinen von der auf Gelatine. | Gelatine umschlossene kleine unregelmässige grob ge- körnte bräunliche Colonien. Die Mitte wird bei weiterem Wachsthum dunkel, der Rand ganz unregelmässig wie mit Protuberanzen besetzt; die Colonie sinkt dabei unter ‚ allmählicher Verflüssigung der umgebenden Gelatine als gelber Punkt darin ein und vergrössert sich nun langsam. Von der Mitte gehen radiale Strahlen aus, welche sich an ihren äusseren Enden durch einen äusseren Ring ver- binden. Die Photographie, Tafel XVIII, Fig. 2, zeigt die Cultur am vierten Tage. Die Colonien verbreiten einen intensiv indolartigen Geruch (characteristisch). 'Sticheultur. Das Wachsthum im Sticheanal ist anfangs mässig und hört schliesslich auf. An der Oberfläche der Gelatine entstehteine unregelmässig begrenzte Auflagerung, welche sich nur wenig ausbreitet. Später sinkt dieselbe in die allmählich trichterförwig verflüssigte Gelatine ein, welche dabei gelblichgrau getrükt wird. In der Spitze des Trichters sammelt sich ein gelblicher, später bräun- lichgelber Farbstoff an. auf Agar-Agar. |Bildet einen schmierig gelbbräunlichen Belag, welcher theil- weise gekörnt ist. auf Kartoffel. |Ein ockergelber schinieriger Belag entsteht anfangs längs des Impfstriches, später färbt er sich chromgelb und | überzieht die ganze Kartoffelfläche. auf Bouillon. 'Trübt Bouillon langsam unter allmählicher Abscheidung eines grauweisslichen Bodensatzes. Temp-Verhältn. Wächst bei Bruttemperatur auf Agar. Wachsthumstärke. Wächst ziemlich rasch. Sporenbildung. keine Luftbedürfniss. ‚Obligat aörob, nee nick im Siichernan von Birken ı zucker-Agar. Gasprodustion. _ Verhalten zu Verflüssigt Gelatine. Liz? Gelatine. Farbstoffbildung. Bildet einen schmatziggelben Farbstoff. Bemerkungen. Der Bacillus ähnelt in manchen Stücken dem Bacillus ochraccus (Zimmermann 1. c. Heft I, Nr. 25), ohne | mit ihm vollständig übereinzustimmen, da die Platten- cultur ein anderes Aussehen hat; er ist desshalb als neu | zu bezeichnen. 534 Dr. Max Dittrich: Br KENREER BR xIger er KIE2E Form, Anordnung, Dünne Stäbchen von verschiedener Läuge, oft zu zweien Grösse. oder mehreren aneinander. Die Länge der einzelnen Individuen schwankt zwischen 1—4 u, ihre Dicke beträgt 0,5—0,4 u. Beweglichkeit. Eigenbewegung war nicht zu bemerken. Wachsthum Plattencultur. Makroskopisch erkennt man ziemlich auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. bald, schon am zweiten Tage, wolkige Trübungen, einer schmelzenden Schneeflocke ähnlich. Unter dem Mikroskop stellen dieselben sich als ein Gewirr von Fäden dar, in denen dickere haarzopfähnliche Gebilde hervortreten. Die Mitte wird bald verflüssigt, und es sammelt sich darin ein bräunlichgelber Farbstoff an; der äussere Rand der Colonie wird unregelmässig und färbt sich bräunlich; er ist mit dem zentralen Kern durch radiäre Fäden verbunden. Sticheultur. Das Wachsthum im Stich ist wolkig, es dringen radiäre, bürstenförmige Ausläufer in die umgebende Gelatine. Die Oberfläche wird allmählich verflüssigt unter Abscheidung eines braunen Farbstofis. Längs des Striches entsteht ein reichlicher braungelber Belag, der sich mit unregelmässigem Rande über die Agarfläche ausbreitet. Im Condenswasser sammelt sich Bacterienmasse an. Es entsteht ein schleimiger gelb- bis braunrother Belag. Bouillon wird langsam getrübt unter Abscheidung eines bräunlichweissen Bodensatzes, ohne dass sich ein Häutchen bildet. Temp.-Verhältn. X Wächst nur schwach bei Bruttemperatur, besser bei 20°. Wachsthumstärke. |Wächst ziemlich rasch. Sporenbildung. Ügee- Luftbedürfniss. Obligat aörob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu |Verflüssigt Gelatine ziemlich rasch. i Gelatine. Farbstoffbildung. Produeirt einen gelbbräunlichen Farbstoff. Bey Bemerkungen. = Dieser Bacillus besitzt manche Aehnlichkeit nit dem von Zimmermann (l. e. Heft II, Nr. 49) aufgeführten Baeillus arborescens,’ ohne jedoch vollständig mit ihm über- einzustimmen, er dürfte daher als neu zu bezeichnen sein. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 535 D. Bacterien, welche dem Substrat, auf dem sie wachsen, die Eigenschaft verleihen, zu fluoreseciren. a. Die Gelatine wird von der Colonie nicht verflüssigt. SE Xu. Form, Anordnung, Ganz kurze dicke an den Enden abgerundete Stäbchen; Grösse. ı die Länge eines Stäbchens beträgt en seltener bis 3 BEER | 1,5 u, ihre Dicke 0,7—0,8 u. Beweglichkeit. Nicht zu bemerken. Wachsthum Plattencultur. Anfangs erscheinen die Colonien in der auf Gelatine. Durchsicht dunkelbraun rundlich und feingekörnt. Nach Durchbruch durch die Gelatine breitet sich die Colonie ziemlich aus; es entsteht eine weissliche Auflagerung, in ı welcher anfangs noch keine Zeichnung erkennbar ist, sondern nur eine gleichmässige Körnelung, später aber strahlige und gewundene Stränge von der Mitte ausgehend sichtbar werden. Die Umrandung ist anfangs glatt, wird aber später gezähnt. (Vergleiche hierzu die Photographie ' Tafel XVII, Nr.3, derCultur nach zwei Tagen.) Die ganze Colonie, besonders die dünne Ausbreitung auf der Gelatine irisirtt im schräg auffallenden Licht prächtig in roth- braunen und blauen Farben. Nach drei Tagen beträgt der Durchmesser einer Colonie ca. 2 cm, derselbe ver- I« grössert sich oft noch ganz bedeutend. Sticheultur. Das Wachsthum im Stichcanal ist fein- | körnig. An der Oberfläche der Gelatine entsteht an der Einstichstelle eine dicke weissliche schmierige Auf- | lagerung, welche sich strahlig zur Glaswand ausbreitet | und ein opalfarbenes Aussehen annimmt. auf Agar-Agar. Anfangs dünner schmieriger grauweisslicher, später dickerer gelblichbrauner, theils noch schmieriger, theils auch grob- gekörnter Belag der Agarfläche. auf Kartoffel. Gelblichweisser, später intensiv gelber bis schmutzig gelb- brauner allmählich stärker werdender schmieriger Belag längs des Striches. auf Bouillon. 'Trübt Bouillon langsam; etwas stärker an der Oberfläche, woreichere Bacterienansammlungen stattfinden. Allmähblich ı scheidet sich ein grauweisslicher Bodensatz ab. Temp--Verhältn. Wächst nicht bei Bruttemperatur, dagegen bei 20°. Zwei- | tägige Einwirkung der Bruttemperatur auf frisch ange- | setzte Agareulturen verlangsamt eine nachherige Weiter- | entwieklung bei 20°. Wachsthumstärke. \Wächst rasch auf Gelatine, weniger rasch auf den anderen Nährböden. Sporenbildung. |Keine. Luftbedürfniss._ Obligat a&rob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- | zucker-Agar. Gasprodustiin. Keine. Bir = Verhalten zu ‚Verflüssigt Gelatine nicht. Gelatine. | Farbstoffbildung. _ |Produeirt auf Agar und Kartoffel einen gelbbraunen Farb- | stoff; irisirt prächtig auf Gelatine. Bemerkungen. |Diese Form ist mit früher beschriebenen nicht zu iden- | tifieiren, dürfte daher als neu zu bezeichnen sein. 536 Dr. Max Dittrich: XI. Form, Anordnung, Grösse. Dicke Stäbchen von ı verschiedener Länge, an den Enden abgerundet; der Durchmesser eines Stäbchens beträgt ca. 0,5 u, ihre Länge schwankt zwischen 1,8 und 2,5 a. Beweglichkeit. Besitzen lebhafte Eigenbewegung. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon., Bisttbnenlkur Nach drei Tagen bemerkt man in der Gelatine eingeschlossen rundliche, leicht gekörnte, im durchfallenden Licht dunkelbräunliche Colonien; dieselben brechen am 4. Tage durch die Gelatine und bilden einen schleimig weisslichen rundlichen Fleck von ca. 3 mm Durchmesser; die Colonie fluoreseirt schwach, ebenso das Substrat. Sticheultur. Im Anfang findet im Stich ein reiches Wachsthum statt, später wird dasselbe langsamer. — An der Oberfläche entsteht an der Einstichstelle eine nabelartige schleimig weissliche Erhebung, welche sich kreisrund ausbreitet und schwach blaugrünlich fluoreseirt. Grauweisslicher, sich aufangs nicht sehr von der Gelatine abhebender Belag, welcher später schleimig und stärker wird und gleichzeitig ebenso wie das darunter liegende Agar blaugrün fluoreseirt. — Im Condenswasser sammelt sich eine weisse Bacterienmasse an. Matt fleischfarbener Belag längs des Striches, später schleimig werdend und sich schmutzig bräunlichweiss färbend. Trübt Bouillon allmählich, aber stark und scheidet einen weisslichen Bodensatz ab; später bildet sich an der Ober- fläche ein Häutchen, und die Flüssigkeit beginnt in ihren oberen Theilen zu fluoresciren. Temp.-Verhältn. |Wächst bei 20° am besten; nicht aber bei Bruttemperatur, diese wirkt sogar tödtend. Wachsthumstärke. Mässig rasch. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Obligat a&rob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt nicht. Gelatine. Farbstoffbildung. Bildet einen n grünlich Auorescirenden Farbstofl. Bemerkungen. Diese Form stimmt im Wesentlichen mit dem von ı Zimmer- mann (l. c. Heft I, Nr. 3) beschriebenen Bacillus ‚, fluorescens tenuis überein, Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 537 b. Die Gelatine wird von der Colonie verflüssigt. u IRRE len. BEHERERIE, Form, Anordnung, Dicke, an den Enden abgerundete Stäbchen, 1,5—2, manch- Grösse. ı mal auch 3 « lang und ca. 0,8 wu breit, oft zu zweien ‚ aneinanderhängend, in Folge vorhergegangener Abschnü- rung und Theilung. Beweglichkeit. Eigenbewegung vorhanden; die Bacterien tanzen äusserst lebhaft hin und her und fahren nach allen Richtungen ‚ über das Gesichtsfeld. Wachsthum 'Platteneultur. Nach 24 Stunden erscheinen rundliche auf Gelatine. | hellbraune Colonien, welche bald die Gelatine unter Verflüssigung durchbrechen. In der Mitte der ver- flüssigten Colonie sammelt sich eine weissliche Bacterien- masse an und bildet dort unregelmässige Figuren; der Rand der Colonie ist ziemlich kreisförmig und fein- gekörnt. Nach 48 Stunden beginnt die Colonie sich grün ' zu färben und zu fluoreseiren, während sie sich unter ‚ Verflüssigung der Gelatine rasch vergrössert. Stieheultur. Das Wachsthum im Stiehcanal ist ziemlich schwach. An der Oberfläche wird die Gelatine rasch schalenförmig verflüssigt; wenn die Glaswand des Reagenz- ı glases erreicht ist, findet die Verflüssigung gleichmässig statt. Die verflüssigte Gelatine färbt sich grün und fluorescirt, eine gelblichweisse Bacterienmasse sinkt darin zu Boden; später färbt sich auch die noch feste Gelatine grünlichgelb und fluoreseirt. auf Agar-Agar. Schmierig weisser Belag mit geringer Körnelung, später ‚ färbt sich derselbe grünlich und fluoreseirt; im Condens- | wasser sammelt sich eine gelblichgrüne Bacterienmasse an. auf Kartoffel. Geringes Wachsthum; gelbbräunliche kugelige Colonien, | mit Stich nach orange; dieselben verwandeln sich später in einen röthlichgelben schmierigen Belag. auf Bouillon. |Anfangs mässiges Wachsthum, später bildet sich ein | reichlicher weisser Bodensatz von Bacterien. Die Bouillon ' färbt sich in der Nähe der Oberfläche intensiv grün und fluoreseirt, weiter nach unten ist die Flüssigkeit klarer. ' An der Oberfläche bildet sich ein lockeres weisses ' Bacterienhäutchen, welches allmählich in Flocken herab- | sinkt. Temp.-Verhältn. Wächst nicht auf Agar bei Bruttemperatur, wohl aber bei ı 20°. Die Entwicklung der Culturen wird durch zwei- tägiges Aufbewahren der Culturen bei 35° nicht gestört. Wachsthumstärke. Wächst rasch. Sporenbildung. Keine. BR Luftbedürfniss. Obligat a@rob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction.e Keine. Verhalten zu |Verflüssigt Gelatine stark. _ Gelatine. Bee na > PETE Farbstoffbildung. Producirt einen gelblichgrünen Farbstofl. Bemerkungen. Dieser Bacillus ist identisch mit dem von Zimmermann (l. e. Heft I, Nr. 6) beschriebenen Bacillus fluorescens liquefaciens. Verhandl. d. Heidelb, Naturhist.-Med. Vereins. N. Serie, V. 37 538 Dr. Max Dittrich: E. Bacterien, welche das Substrat, auf dem sie wachsen, nicht wesentlich färben und deren Colonien weiss bleiben. a. Die Colonien verflüssigen 10°/ Gelatine gar nicht oder erst nach mehreren Wochen. RT Form, Anordnung, | Kleine, pumpe an den Enden een von Grösse. 1 ‚226 m Länge und ca. 0,7—0,8 m Dicke. Beweglichkeit. Besitzen äusserst lebhafte Eigenbewegung. Wachsthum Platteneultur. Nach 24 Stunden erscheint in der Gela- auf Gelatine. | tine eine kreiszunde, grobgekörnte, in Durchsicht bräun- liche Colonie, welche bald kugelige Efflorescensen bildet und sich theilt. Nach Durchbruch durch die Ge- latine bildet sich an dem dunkleren Kern ein hellerer Hof, welcher unregelmässig gelappte Formen annimmt und auf der Gelatine einen verschiedenartig verzweigten, manchmal einen grossen Theil der Platte bedeckenden, bläulichweissen Belag bildet. Sticheultur. Im Impfstich findet anfangs ein äusserst reiches, später geringeres Wachsthum statt. An der Ober- fläche der Gelatine entsteht ein schmierig weisslicher porzellanfarbener Belag, dessen Umrandung unregelmässig wird. Dieser sinkt allmählich in die Gelatine ein, welche langsam verflüssigt wird und sich dabei trübt. auf Agar-Agar. |Schmierig weisser, theilweise gekörnter, manchmal baum- artig verästelter Belag; im Condenswasser sammelt sich eine weissliche Bacterienmasse an. auf Kartoffel. [Gelblichweisser schmieriger Belag längs des Striches. auf Bouillon. |Wächst rasch auf Bouillon unter Trübung, später scheidet sich ein weisslicher Bodensatz ab. An der Oberfläche entstehen Bacterienransammlungen, ohne dass dies als Häutchenbildung zu bezeichnen wäre. Temp.-Verhältn. |Wächst nicht bei 35°, wohl aber bei 20°. Bruttemperatur hindert selbst nach zweitägiger Einwirkung die spätere Entwicklung frisch angesetzter ‚Culturen bei 20° nicht. Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss.. Facultativ anaörob, wächse“ im Stichcanal von "Tranben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nur ganz langsam. Gelatine. r Farbstoffbildung. Keine. Bemerkungen. Herr Prof. Zimmermann hält nach einer freundlichen Privatmittheilung diesen Bacillus für identisch mit dem von ihm im Chemnitzer Leitungswasser aufgefundenen | und von ihm (Heft II, Nr. 51) beschriebenen Bacillus | azureus, wenngleich nicht in allen Punkten Ueber- einstimmung herrscht. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 539 Form, Anordnung, An den Enden abgerundete, dicke plumpe Stäbchen von Grösse. verschiedener Länge, welche sich durch Abschnüren in der Mitte theilen; manchmal sind auch Ketten vorhanden. Die Länge eines einzelnen Stäbchens schwankt zwischen 0,8—2 u, ihre Dicke beträgt ungefähr 0,7—0,8 u. Beweglichkeit. ‚Die längeren Ketten sind träge beweglich, die einzelnen Individuen lebhaft. Wachsthum Platteneultur. Nach 24 Stunden werden in der Gelatine auf Gelatine. | rundliche in Durchsicht bräunliche mittelstark gekörnte Colenien sichtbar, welche sich nach dem Durchbruch durch | die Gelatine mit einem weisslichen, unregelmässig be- ı grenzten Hof umgeben. In demselben ist besonders am Rande eine radiäre, manchmal auch verflochtene und ge- wundene Streifung erkennbar. Der Rand des Belages ı wird später ausgebuchtet und gezähnt, die Zeichnung ‚ darin tritt noch besser hervor, während nach der Mitte , zu eine mittelstarke Körnelung auftritt. Die Durchbruch- stelle durch die Gelatine ist noch als Nabel erkennbar. Grösse der Colonie nach 6 Tagen ca. 6-8 mm. |Sticheultur. Das Wachsthum im Stichcanal ist ziemlich ı reichlich, es entstehen gekörnte zusammenhängende Colonien. An der Oberfläche bildet sich nur ein geringer weisslicher unregelmässig begrenzter Belag, welcher sich langsam ausbreitet. In der Nähe des Sticheanals treten in der umgebenden Gelatine reichlich Gasblasen auf. auf Agar-Agar. Reichlicher schmierig- weisslicher, manchmalgrobkörnigsich N über die Agarfläche ausbreitender Belag; im Condens- wasser sammelt sich eine weisse Bacterienmasse an. auf Kartoffel. |Weissgelblicher nicht allzureicher Belag, später schwach ‚ hellbräunlich werdend. auf Bouillon. Reiches Wachsthum auf Bouillon; nach 24 Stunden tritt bereits starke Trübung ein, und allmählich scheidet sich ein weisser Beet ab. Temp.-Verhältn. |Wächst bei | Bruttemperatur und bei 20°. Wachsthumstärke. Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. |Faeultativ anaörob, wächst lebhaft im Sticheanal von Traubenzucker-Agar. Gasproduction. Bildet reichlich Gas auf Traubenzucker- -Agar; das Agar wird stark zerrissen. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nicht. Gelatine. Farbstof’bildung. Keine. Bemerkungen. Vermag Milchzucker nicht zu vergähren. Dieser Bacillus ist als neu anzusehen; nach gütiger Mittheilung des Herrn Prof. Zimmermann in Chemnitz ist ‚ derselbe auch von ihm aufgefunden worden und soll als Baeillus conglomeratus beschrieben werden. 37* 540 Form, Anordnung, Grösse. Dr. Max Dittrich: XV. BR. |Kurze dicke, an den Enden abgerundete Seäbrhew Theile erfolgt durch ‚Abschnüren in der Mitte. Beweglichkeit. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. Die Bacterien schwirren lebhaft nach allen Richtungen über das Gesichtsfeld. Platteneultur. Nach 24 Stunden. beobachtet man in der Gelatine dunkelbraungelb gefärbte, kreisrunde, grob- gekörnte Colonien mit scharfem Rande, letzterer wird | bald unregelmässig ausgebuchtet. Nach 48 Stunden er- heben sich die Colonien als weissliche Tröpfchen über die Gelatine; unter dem Mikroskop erscheinen diese ge- kröseartig gewellt, weissglänzend und grob gekörnt. Eine ‚ Vergrösserung findet nur langsam statt, manchmal erfolgt ‚ eine Ausbreitung auf die umgebende Gelatine unter Bildung eines geringen Hofes; die ursprüngliche äusserst eharacteristische Figur in der Mitte ist noch deutlich zu ‚ erkennen. Die Photographie (Tafel XVIII, Fig. 4) zeigt die Cultur am sechsten Tage. Ihr Durchmesser beträgt dann ı etwa 2 mm. ISticheultur. Im Impfstich findet reiches Wachsthum unter Körnelung statt. An der Oberfläche entsteht ein wulstiger, unregelmässig begrenzter, weisslicher Belag von geringer Ausdehnung, welcher allmählich in die nur , äusserst wenig verflüssigte Gelatine einsinkt. Gekörnter, schmierig weisser Belag, besonders stark längs des Impfstriches; allmählich findet eine Ausbreitung über ‚ die schräge Agarfläche statt. ‚Reichliches Wachsthum, körniger, weisslicher bis schwach ı gelblicher Belag längs des Impfstriches, sich allmählich , über die Kartoffelläche ausbreitend. |Trübt Bouillon bereits nach 24 Stunden stark, später | setzt sich darin ein weisslicher Bodensatz ab; an der | Oberfläche bildet sich ein weisses Bacterienhäutchen, welches leicht zerreisst und in einzelnen Flocken herab- | sinkt. Temp.-Verhältn. Wächst nicht bei Bruttemperatur, wohl aber hei 20°. "Durch Bruttemperatur wird das Wachsthum ziemlich beein- trächtigt. Wachsthumstärke. |Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Facultativ anaeırob, wächst im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasprodustion. |Keine. ? Verhalten zu |\Verflüssigt Gelatine anfangs gar nicht, späte er nur wenig. Gelatine. Farbstoffbildung. Helme: Bemerkungen. |Dieser Bacillus ist mit keinem der bisher beschriebenen zu ‚ identificiren und ist daher als neu zu bezeichnen. SE Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 541 En XVII. =: FR | RESART Form, Anordnung, Dicke, plumpe, sehr kürze, du den "Enden abgerundete Grösse. ' Stäbchen, welche sich dureh Abschnüren in der Mitte ' theilen; ihre Länge beträgt 0,8—1,2 u, ihre Dicke | 0,4—0,5 54 Beweglichkeit. Besitzen lebhafte Eigenbewegung. Ri Wachsthum Blalsenpultus Nach 24 Stunden en man in der auf Gelatine. Gelatine scharf begrenzte, in Durchsicht gelbbräunliche, ziemlich grob gekörnte rundliche Colonien, in denen schon eine strahlige Zeichnung zu bemerken ist. Später wird die Mitte dunkler, in dem hellen Rande tritt die radiale, manchmal auch wellige Streifung immer deutlicher her- vor. Die Colonien bilden nach einigen Tagen porzellan- farbene halbkugelförmige schleimige Erhebungen auf der Gelatine von 1—2,5 mm Durchmesser. Stieheultur. Im Impfstich findet starkes Wachsthum unter grober Körnelung statt, in der Umgebung des Stiches treten in der Gelatine Gasblasen auf. — An der Ober- Näche bildet sich ein schmierig weisslicher Belag, welcher sich langsam über die Gelatine ausbreitet. auf Agar-Agar. Reiches Wachsthum mit leichter Körnelung, sich rasch über die schräg erstarrte Agarfläche ausbreitend; im Con- denswasser sammelt sich eine weisse Bacterienmasse an. auf Kartoffel. Schmutzig weisslicher grobgekörnter schmieriger Belag längs des Striches, später sich über die Kartoffelfläche ausbreitend. auf Bouillon. Trübt Bouillon rasch unter Abscheidung eines weisslichen Bodensatzes. Temp. -Verhältn. Wächst bei 35° und bei : 20%. 0 Wachsthumstärke. Wächst mässig rasch. Sporenbildung. Keine. T Trauben- Luftbedürfniss. Facultativ. anaörob; ‚wächst im Stichcanal- von zucker- -Agar. Gasproduction. |Bildet reichlich Gas auf Gelatine und Traubenzucker-4 Agar. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nicht. Gelatine. Farbstoffbildung. Keine. Bemerkungen. Auch diese Form stimmt mit früher beschriebenen nicht überein, sie muss desshalb gleichfalls als neu angesehen werden. Form, Anordnung, Grösse. Dr. Max Dittrich: XIX. ‚Sehr kurze dicke, an den Enden abgerundete Stäbchen, oft zu zweien semmelartig in Folge Theilung aneinander- | hängend. Die Länge des einzelnen Stäbchens beträgt ı 0,8—1,0 u, ihr Durchmesser ca. 0,7 u. Beweglichkeit. Unbeweglich. } Wachsthum auf Gelatine, auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. |‚Platteneultur. Nach 24 Stunden erkennt man in der Gelatine lichtbräunliche grobgekörnte Colonien ;allmählich beginnt ihr Rand etwas grobgezähnt zu werden, während | die Mitte wie mit Höckern besetzt aussieht. Später ge- währt die Colonie den Eindruck einer Kugel, welche | rings mit abgerundeten Stacheln besetzt wäre. Sticheultur. Im Stich findet Wachsthum unter starker Körnelung statt; dasselbe setzt sich oft in die benach- barte Gelatine in radiärer Richtung etwas fort. An der Oberfläche der Gelatine entstehen wulstige weissliche Auflagerungen. Wächst längs des Impfstiches nicht allzu rasch unter Körnelung als weisser Belag. Schmutzig gelblichweisser schmieriger gekörnter Belag längs des Impfstriches. | ‚Trüb& nur langsam Bouillon unter Abscheidung eines weisslichen Bodensatzes. Temp.-Verhältn. "Wächst nicht bei Bruttemperatur, dagegen bei 20°. Längere , Einwirkung der Bruttemperatur beeinträchtigt die Weiter- entwicklung frisch angelegter Culturen wesentlich, ohne ı sie vollständig zu hindern, Wachsthumstärke. |Wächst langsam. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. ‚Obligat aörob, wächst nicht im Sticheanal von Trauben- | zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Gelatine. ‚Verflüssigt Gelatine nicht. | Farbstoffbildung. ‚Keine. Bemerkungen. Dieser Bacillus besitzt keine Aehnlichkeit mit früher be- schriebenen, er ist desshalb als neu zu bezeichnen. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. hacteriol. Beziehung. 543 XX. Form, Anordnung, ‚Kurze, an den Enden abgerundete Stäbchen, welche sich Grösse. ' in der Mitte Ahdennen und theilen; oft hängen mehrere Stäbehen noch zusammen. Die Länge einzelner Individuen schwankt zwischen 0,8 und 2,0 ı, ihre Dicke betr! igt 0, 0,5 5 Beweglichkeit. Die Banterien schwirren Tebhst direheinander Wachsthum Plattencultur. Nach 24 Sen orkanne man in der auf Gelatine. Gelatine eine ziemlich kreisrunde gekörnte, in Durchsicht hellbräunliche Colonie.e. Wenn dieselbe‘ durch die Gelatine durchgebrochen ist, gewöhnlich nach 48 Stunden, erhebt sie sich als weisser Punkt etwas über die Gelatine. Gleichzeitig breitet sich die Colonie etwas über die be- nachbarte Gelatine aus und bildet darauf einen milch- weissen rundlichen Fleck von ca. 1—1,5 mm Daurch- messer, welcker in der Mitte dieker und undurchsichtig, nach dem Rande zu heller und durchscheinend ist, Stieheultur. Im Stich findet feingekörntes Wachs- thum statt. An der Oberfläche entsteht eine mässig dicke, ‚ schmierig weissliche Auflagerung mit unregelmässigen ' Contouren und manchmal strahligen Ausläufern. auf Agar-Agar. \Diöker weisslicher, manchmal baumartig verzweigter, ge- ı körnter Belag längs des Striches; im Condenswasser ' sammelt sich eine weisse Bacterienmasse an. auf Kartoffel. (Gelblichweisser, später hellbräunlich-gelber grobgekörnter dicker Belag längs des Striches. auf Bouillon. [Reiches Wachsthum auf Bouillon unter Trübung; an der ' Oberfäche entsteht bald ein weisses Bacterienhäutchen, , während sich am Boden eine weissliche Bacterienmasse | abscheidet. Temp.-Verhältn. |Wächst nicht ber Bruttemperatur auf Agar, wahl aber BE | 20°, Frisch angesetzte Colonien, welche zwei Tage bei | Bruttemperatur aufbewahrt wurden, entwickeln sich nach- | her bei 20° ungestört. Wachsthumstärke. | Wächst langsam. Sporenbildung- Keine. Luftbedürfniss. i Obligat aörob, wächst nicht im Stichcanal von Trauben- zucker- -Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine nicht. Gelatine. Farbstoffbildung- Keine, Bemerkungen. |Dieser Bacillus stimmt mit keiner der bisher beschriebenen Formen überein, er ist desshalb als neu anzusehen. 544 Dr. Max Dittrich: b. Die Colonien verflüssigen 10°/o Gelatine sehr bald. XXI. Der von Zimmermann (l.c. Heft I, Nr. 10) beschriebene sog. Wurzelbaeillus, Bacillus radieiosus, wurde _ auch im Heidelberger Leitungswasser zu Zeiten Form, Anordnung, Grösse. Beweglichkeit. er angetroffen. e we Kurze dicke, an den Enden abgerundete Stäbchen von verschiedener Länge, durch Theilung in der Mitte sich vermehrend; öfters finden sich auch längere Bacterien- fäden. Die Länge eines einzelnen Bacillus schwankt zwischen 1—2 u, die Dicke beträgt ca. 1 u. Wachsthum auf Gelatine, auf Agar-Agar. auf Kartoffel, auf Bouillon. Temp.-Verhältn. 24 Stunden hellgelbbräunliche runde gekörnte Colonien, in denen manchmal eine Art Zeichnung von gewundenen Strahlen zu bemerken ist. Dieselben durchbrechen bald die Gelatine unter Verflüssigung; der Rand der Colonie ist radial fein gefranzt, in der Mitte der bläulichgrau verflüssigten Gelatine liegt ein weisser, anfangs scharf, später etwas unregelmässig rundlich begrenzter Kern. Die Colonie vergrössert sich sehr rasch, ohne dass die Mitte daran Theil nimmt. Stieheultur. Im Sticheanal findet reiches Wachsthum statt, die Colonien, welche kleine, weissliche Körner bilden, hängen zusammen. Die Oberfläche der Gelatine sinkt anfangs schalen-, später trichterförmig ein, die da- bei verflüssigte Gelatine färbt sich grauweiss, nach mehreren Wochen schwach rosa. Gleichzeitig erweitert sich der Stichcanal, und es sinkt darin eine weissliche Bacterienmasse zu Boden. — In der Umgebung des | Sticheanals treten sehr bald reichlich Gasblasen auf. 'Schräg erstarrtes Agar wird rasch von einem weissen, schmierigen Belage überzogen, welcher besonders längs des Striches ziemlich dick ist. Hell gelblich weisser, theilweise gekörnter, etwas schmieriger \ Belag längs des Striches. ‚Trübt Bouillon sehr rasch, unter allmählicher Abscheidung eines weisslichen Bodensatzes. Wächst bei Bruttemperatur sowie bei 20° auf Agar. Wachsthumstärke. Wächst sehr rasch. Sporenbildung. Keine. Bi - Luftbedürfniss. Facultativ aörob, wächst im Sticheanal von Traubenzucker- | Agar. Gasproduction. Bildet auf Traubenzucker-Agar reichlich Gas. , Verhalten zu ‚Verflüssigt Gelatine sehr schnell. Gelatine. Farbstoffbildung. Keine. 5 ” ü R Bemerkungen. Dieser Baeillus ist identisch mit dem von Zimmermann (1. c. Heft II, Nr. 64) beschriebenen Bacillus liquefaciens. Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u. bacteriol. Beziehung. 545 XXI. Form, Anordnung, 'An den Enden abgerundete dicke plumpe Stäbchen, welche Grösse. Beweglichkeit. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. sich durch Abschnüren in der Mitte theilen; die Länge beträgt 1,5—2,5 u, die Dicke ca. 0 8 12 Besitzen lebhafte Eigenbewegung. Platteneultur. Nach 24 Stunden erscheinen in der Gelatine liegend in Durchsicht hellgelbbraune scharf- randige rundliche feingekörnte Colonien, dieselben durch- , brechen nach ca. 48 Stunden die Gelatine und breiten , sich unter Verflüssigung derselben rasch aus. Der Rand der Colonie ist jetzt nicht mehr scharf, sondern fein radial gefranzt und auch etwas dunkler gefärbt. In der ver- tlüssigten Gelatine sammeln sich nach einigen Tagen un- regelmässig vertheilt dunklere Bacterienmassen an. Der Durchmesser der Colonie beträgt nach drei Tagen einen, manchmal auch zwei cm. Sticheultur. Längs des Impfstiches findet anfangs Wachs- thum unter feiner Körnelung statt, später nimmt dasselbe ab und hört schliesslich ganz auf. Die Gelatine wird sehr rasch anfangs trichterförmig, später gleichmässig verflüssigt; der verflüssigte Theil färbt sich ganz schwach gelblich mit einem Stich ins Grünliche und ist leicht ge- trüb. Am Boden lagert sich eine dichte weissliche | Bacterienmasse ab, während sich an der Oberfläche später ‚ ein dickes weisses Häutchen bildet. ‚Schmierig weisser Belag mit geringer Körnelung; im Con- , denswasser sammelt sich eine weissliche Bacterienmasse an, Anfangs mässig starke runde gelbbraune Colonien, später rötlich gelblicher schmieriger Belag. Die Bacterien entwickeln sich reichlich unter starker Fär- ' bung der Bouillon, an der Oberfläche derselben bildet sich später ein weissliches Häutchen, während sich am Boden eine grauweissliche Bacterienmasse ansammelt. Temp.-Verhälto. Wächst nicht bei Bruttemperatur auf Agar, wohl aber bei 20°. Wurden mit diesen Bacterien geimpfte Agarröhrchen zwei Tage bei 35° aufbewahrt, so fand nachher bei 20° kein Weiterwachsthum statt. Wachsthumstärke. Wächst sehr rasch. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Obligat aerob, wächst nicht im ı Stichcanal von Trauben- zucker- -Agar. Gasproduction. Keine, Verhalten zu Verflüssigt Gelatine rasch. Gelatine. Farbstoffbildung- Keine. Bemerkungen. Ist mit keiner der bekannten Formen völlig zu identifi- eiren, in einigen Stücken erinnert er an den vorigen und auch an B, centralis (Zimmermann 1. c. Heft II, Nr. 44), ı es dürfte daher dieser Baeillus als neu zu bezeichnen sein. 546 Form, Anordnung, Grösse. Dr. Max Dittrich: XXIV. Kurze, an den Enden abgerundete Stäbchen, in einer Kapsel Beweglichkeit. | liegend; ihre Länge beträgt 0,8—1,2 u, ihre Dicke 0,4 u. Eigenbewegung vorhanden. Wachsthum auf Gelatine. auf Agar-Agar. auf Kartoffel. auf Bouillon. Platteneultur. Nach 24 Stunden entstehen in der Ge- latine runde, grobgekörnte, in Durchsicht dunkelbräunliche Colonien, welche bald an die Oberfläche treten. Ihr ı Rand buchtet sich allmählich aus und ist auf der Fläche strahlig gezeichnet, Die Colonie umzieht sich mit einem lichteren Hof(ef. Photographie Tafel XVII, Nr.5,2 Tage alt), während die Mitte sich dunkler färbt, der äussere Rand wird später unscharf und bekommt in die Gelatine hin- ein sich erstreckende strahlige Ausläufer. In dem mitt- leren Theil der Cultur tritt allmählich Verflüssigung ein, ı und es sammelt sich darin eine dunkle Bacterienmasse ı an. (Photographie der Cultur am dritten Tage Nr. 6.) Sticheultur. Im Sticheanal findet reiches Wachsthum | unter feiner Körnelung statt, später verlangsamt sich das- selbe. Die Oberfläche der Gelatine sinkt schüsselförmig ein, und es sammelt sich darin eine weisse Bacterienmasse. Wenn der Rand des Glases erreicht ist, wird die Ver- flüssigung gleichmässig, und es senkt sich in der ver- flüssigten und dabei etwas getrübten Gelatine eine grau- weisse Baecterienmasse zu Boden. An der Oberfläche bildet sich später ein weisses Häutchen, welches leicht zerreisst. ‚Bildet anfangs einen matt grauweissen, sich wenig von der Agar abhebenden, später stärker werdenden weisslichen Belag, in dem Condenswasser sammelt sich eine weiss- liche Bacterienmasse an. Es entsteht ein hellbräunlicher, gekörnter, etwas schmieriger Belag längs des Impfstriches. Bouillon wird rasch getrübt unter allmählicher Abscheidung eines grauweissen Bodensatzes. Eine Häutchenbildung ‚ an der Oberfläche findet langsam statt. | Temp.-Verhältn. \Wächst nicht bei 35°, wohl aber bei 20%. Wurden frisch angesetzte Agarculturen zwei Tage bei 35° aufbewahrt, so entwickelten dieselben sich, wenn sie darauf in Tem- peraturen von 20° gebracht wurden, in normaler Weise. Wachsthumstärke. Wächst ziemlich rasch auf Gelatine, Bouillon, Kartoffel, | weniger rasch anfangs auf Agar. Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Facultativ anaörob; wächst im Sticheanal von Trauben- , zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine ziemlich rasch. Gelatine. Farbstoffbildung. ‚Keine. Bemerkungen. 'Dieser Baeillus stimmt mit keiner der bisher beschriebenen Arten überein, er ist desshalb als neu anzusehen. ne P Das Wasser der Heidelb. Wasserl. in chem.-geol. u, bacteriol. Beziehung. 547 RXV. Form, Anordnung, Kurze, an den Enden abgerundete Stäbchen, oe zu zweien Grösse. aneinanderhängend, durch Abschrürung in der Mitte sich theilend. Beweglichkeit. Die Bacterien besitzen lebhafte Eigenbewegung. Wachsthum Platteneultur. ‘Nach 48 Stunden erscheint die Colonie auf Gelatine. | grob gekörnt und wie mit Stacheln und Fasern besetzt. Letztere erstrecken sich in die benachbarte Gelatine, welche allmählich etwas einsinkt und verflüssigt wird, ‚ und machen den äusseren Rand unregelmässig. Der äussere Theil der Mitte zerfällt bald in einzelne grössere Massen, welche sich um den dunklen Kern in wulstigen | Strahlen manchmal symmetrisch herum lagern. Der | äussere Rand, welcher das Ganze umgiebt, bleibt strahlig erhalten und breitet sich in die umgebende Gelatine aus. Sticheultur. Im Sticheanal findet unter feiner Körnelung ‚ der Culturen rasches Wachsthum statt. Die Oberfläche ‚ der Gelatine sinkt rasch trichterförmig unter Verflüssigung ein; der entstandene Trichter erweitert sich und erreicht ı bald den Boden des Reagenzglases. In der verflüssigten Gelatine ist eine weissliche Bacterienmasse vertheilt, die- selbe senkt sich allmählich zu Boden und sammelt sich dort reichlich an. auf Agar-Agar. |Dünner grauweisslicher Belag längs des Striches, später | breitet sich derselbe über die ganze Agarfläche aus, und ı im Condenswasser sammelt sich ebenfalls eine grauweisse Bacterienmasse. auf Kartoffel. [Geringer weisslicher, später in der Mitte bräuulich gefärbter Belag längs des Striches. auf Bouillon. 'Trübt Bouillon nur sehr langsam und scheidet dabei einen weisslichen Bodensatz ab. Temp.-Verhältn. |Wächst nicht auf Agar bei Bruttemperatur, dagegen bei 20% Vorherige Einwirkung von Bruttemperatur ver- hindert auf frischangelegten Culturen Entwicklung bei 20°. Wachsthumstärke. |V Wächst mässig rasch auf Gelatine, langsam auf den übrigen Nährböden. I N” Sporenbildung. Keine. Luftbedürfniss. Faeultativ anaörob, wächst im Stichcanal von Trauben- zucker-Agar. Gasproduction. Keine. Verhalten zu |Verflüssigt Gelatine ziemlich rasch. i Gelatine. | Farbstoffbildung. Keine. EEE : Tr Bemerkungen. Auch diese Form muss als neu bezeichnet werden, da sie mit keiner anderen zu identificiren ist. 548 Dr. Max Dittrich: Das Wasser der Heidelb. Wasserl. etc. XXVI. Form, "Anordnung, Kurze, and den Enden \ abgerundete Stäbchen von. 0, 81,2 u Grösse. | Länge und 0,6—0,7 u Dicke. Beweglichkeit. Nicht zu bemerken, re Wachsthum kn Platteneultur. Nach 24 Stunden bemerkt man von der auf Gelatine. Gelatine umschlossene grob gekörnte mit eigenthümlichen ' gewundenen Zeichnungen versehene Colonien, welche in Durchsicht bräunlich erscheinen. Dieselben brechen bald ı durch die Gelatine an die Oberfläche hindurch und um- geben sich dort mit einem runden helleren Hof, welcher sich rasch ausbreitet und unregelmässige Conturen an- nimmt. Die Colonie bildet dann einen weisslichen schlei- migen Fleck auf der Gelatine. Sticheultur. Im Impfstich findet reiches Wachsthum unter starker Körnelung statt. An der Oberfläche bildet sich um den Stich ein weisslicher unregelmässig begrenzter Belag, welcher allmählich in die mässig rasch verflüssigte Gelatine einsinkt und auch zum Theil noch darauf schwimmen bleibt. Der verflüssigte Theil der Gelatine ist wolkig getrübt, am Boden sammelt sich eine gelblich- weisse Bacterienmasse an. auf Agar-Agar. Geringer leicht gekörnter weisslicher Belag, welcher sich allmählich über die Agarfläche ausbreitet. auf Kartoffel. Schmutzig weissgelblicher glänzender Belag, allmählich die Kartoffelfläche überziehend. auf Bouillon. 'Reiches Wachsthum unter Trübung der Bouillon; bereits nach 24 Stunden beginnt sich an der Oberfläche ein zähes Häutehen abzuscheiden, welches nicht leicht zer- reisst; am Boden setzt sich eine weissliche Bacterien- | masse ab. Temp.-Verhältn. 'Wächst nicht bei Bruttemperatur auf Agar, dagegen bei 20°. | Die Weiterentwicklung frisch angelegter Culturen wird | durch zweitägiges Aufbewahren bei Bruttemperatur nicht | gestört. Wachsthumstärke. Wächst müssig rasch. Sporenbildung- Keine. Luftbedürfniss. Facultativ Anaörch, wächst im Stieheanal von Trauben- zucker-Agar. | — —— Gasproduction. Keine. Verhalten zu Verflüssigt Gelatine mässig rasch. Gelatine. | Farbstoffbildung. Keine. Bemerkungen. |Diese Form stimmt mit keiner der früher beschriebenen | überein, sie dürfte desshalb als neu anzusprechen sein, Fe une A ee « 3 RT 5 Vereinsnachrichten. Der Vorstand des Vereins besteht nach der statutenmässigen Wahl vom 6. November 1896 aus den Herren Professor O.Bütschli als Vorsitzender, Professor A. Schuberg als Schriftführer und Buchhändler G. Köster als Rechner. Dem früheren lang- jährigen Schriftführer des Vereins, Herrn Professor Horstmann, der eine Wiederwahl ablehnte, wurde der besondere Dank des Vereins ausgesprochen. Die regelmässigen Sitzungen finden, wie früher, im zo0- logischen Institut der Universität statt. Als ordentliche Mitglieder neu aufgenommen wurden die Herren Dr. Bartsch, Dr. Bettmann, Dr. Jäger, Dr. Kellner, Prof. Landsberg, Prof. Lenard, Dr. Marschall, Dr. Nissl, Dr. van Oordt, Prof. Passow, appr. Arzt Plenge, Dr. Precht, Dr. Römer, Dr. Schütz, Stabsarzt Dr. Steudel, Stabsarzt Dr. Thiele, Dr. Wachter. — Ferner als ausserordentliches Mitglied Herr stud. med. Rosenschein. Die in folgendem Verzeichnisse aufgeführten Druck- schriften, welche seit Ausgabe des letzten Heftes der „Ver- handlungen“ im Tauschverkehr eingegangen sind, hat der Verein mit bestem Danke entgegengenommen und bestätigt hierdurch den Empfang. Alle uns fernerhin zugedachten Sendungen beliebe man einfach an den „Naturhistorisch-Medieinischen Verein in Heidelberg“ zu adressiren und durch die Post zu ver- senden, da dies der billigste und beiderseits bequemste Weg ist. Heidelberg, Mai 1897. Der Schriftführer. 550 Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften, Verzeichniss der vom 1. April 1896 bis 30. April 1897 eingegangenen Druckschriften. (Zugleieh als Empfangsbescheinigung.) Acireale, Accademia di seienze, lettere e arti: Atti e Rendieonti N. S. VII, 1895/96. Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Österlandes: Mitthei- lungen VII. Amsterdam. Koninglijke Akademie van Wetenschappen: Verslagen and Mededeelingen 1894/95, IV. Augsburg. Naturwissenschaftlicher Verein für Schwaben und Neu- burg: Bericht 32. Baltimore. John Hopkins Hospital: Bulletin, 1896/97, No. 70—72, — John Hopkins Hospital: Report, Vol. V. Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen XI, 2. Bergen. DBergens Museum : Aarsberetning 1896. — Account of the Crustacea of Norway: Vol, II, 1. 2. Berlin. Medieinische Gesellschaft: Verhandlungen 97. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg: Verhandlungen 37—38. — Deutsche Geologische Gesellschaft: Zeitschrift 47, 4; 48, 1-3. — Königl. Geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch 1894, — Verein für innere Mediein: Verh. XV. Bern. Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die »gesammten Natur- wissenschaften: Verh. 78, Zermatt; 79, Zürich, Bologna. Accademia delle scienze del’ Istituto: Mem. Ser. 5, IV, Bonn, Naturhistorischer Verein für die preussischen Rheinlande und Westphalen: Verh. 52, 2; 53, 1. Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. 551 Bonn. Aerztlicher Verein für Rheinland, Westphalen und Lothringen: Correspondenzblatt 57—58, — Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- bericht 1895, 2; 1896, 1. Boston. American Academy of arts and sciences: Proc. XXXI; ZIXL, 1. — Society of natural history: Proc. XXVII, p. 1—241, Bremen. Naturwissenschaftlieher Verein: Abhandl. XII, 3; XIV, 1. — Meteorologische Beobachtungen, VII. Breslau. Schles. Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresbericht 73, mit Ergänzungshetft. Brisbane, Australian Association for the Advancement of Sciences, XU, 1895. Brünn. Naturforschender Verein: Verh. 33, 34. Brüssel. Soeidte entomologique de Belgique: Ann. 39; M&moires III, BV, +V% Catania. Accademia Gioenia: Boll. 42—45; Atti IX. Chapel Hill, Elisha Mitchell Seientifie Society: Journ. XII, 2, Christiania. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Forhandlingar 1894; Skrifter 1894. Ä — Den Norske Nordhavs-Expedition 1876—1878: XXIII, Zoologi. Tunicata, Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens: Jahresber. 39, mit Beilage. Colmar. Naturwissenschaftl. Gesellschaft: Mittheil. N. F. III. Cördoba. Academia nacional di Cieneias: Boll, XIV, 3—4; XV, 1—-2, Danzig. Naturforschende Gesellschaft: Schriften IX, 1. Darmstadt. Verein für Erdkunde und verwandte Wissenschaften: Notizblatt 16. Donaueschingen. Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar: Schriften IX. Dorpat. Naturforscher-Gesellschaft: Sitzungsber. XI, 1. 2. — Archiv für die Naturkunde Liv-, Esth- und Kurlands: II. Ser., Band XI, 2. 552 Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. Dresden. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Jahresber. 1895/96. — Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsber. 1895, 2; 1896, 1. Dublin. Royal Society: Proc. VIII, 3—4; Transact. V, 5—12; VI, 1. Dürkheim .a:d.H. Pollichia, Naturwissenschaftlicher Verein der Rhein- pfalz: Jahresber. 51, 8—9. Ekaterinenburg. Soeciete ouralienne de medeeine: M&m. IV, 1—2. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresbericht VIII (Fest- schrift). Emden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 80. Erlangen. Physikalisch-medieinische Soeietät: Sitzungsber. 27. Florenz. Societä entomologiea italiana: Boll. XXVM, 3—4; XXVIIL 1—2. — Soeietä botaniea italiana: Boll. 1896, 1—9; 1897, 1—3,. — Nuovo Giornale botanico italiano: N. S. III, 2—4; IV, 1—2. Frankfurt a. M. Physikalischer Verein: Jahresber. 1394/95. — Senekenbergische naturforschende Gesellschaft: Abhandlungen 22, 23; Jahresber. 1896? — Aerztlicher Verein: Jahresber, 39. Tabell. Uebers. betr. d. Civil- stand 1896, Frankfurt a. ©. Naturwissenschaftlicher Verein: Helios XIII, 7—12; Soe. lit. IX, 10—12; x, 1—6, Frauenfeld. Thurgauische naturforschende Gesellschaft: Mittheil. XII. Genua. Soc. di letture e conversazione seient.: Giorn. XVIII, 1—2, 4; XIX, 1. — R. Accademia medica: Bolletino XI, 1—5. Giessen. Oberhess. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Ber. 31. Glasgow. Natural History Society: -Proceed. IV, 2. Götheborg. Königl. Gesellsch. d. Wissenschaften: Handlingar 30, 31. Göttingen, Königl. Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten 1596, 1—4. Granville. Denison University: Bull. IX, 1. — ‚Journal of Comparative Neurology: VI, 1-3. Graz. Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark: Mittheilungen 1895. Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. 553 Graz. Verein für Aerzte in Steiermark: Mittheil. 32, 33. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern und Rügen: Mittheil, 28. Groningen. Naturkundig Genootschap: Verslag 95. Güstrow. Naturwissenschaftlicher Verein in Mecklenburg: Archiv 49, 1—2, Haarlem. Soeci6t& holl. des sciences exactes et nat.: Arch. XXX, 1—5. — Fondation P. Teyler van der Hulst: Arch. V, 1—2. Halifax. Nova Seotian Institute of natural seiences: Proc. and Trans. IX (N. S. T), 1—2. Halle. Zeitschrift für die Naturwissenschaften: 68, 5—6. — Verein für Erdkunde: Mittheilungen 1896, Hamburg. Verein für naturwissenschaftl. Unterhaltung: Verhandl. IX. — Deutsche Seewarte: Jahrbuch 1895, Ergebnisse der met. Beobacht. 1891—95. — Naturwissenschaftl. Museum: Jahrbuch der H. naturwissenschaftl. An- stalten XIII, mit 2 Beiheften, Innsbruck. Naturwissenschaftl, Verein: N, Ber. XXI, Karlsruhe. Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandl, XT. Kassel. Verein für Naturkunde: Ber. 41. Kharkow. Societ& des seiences experim.: Trav. med. 1896. — Societe de medieine seientifique et d’hygiene: Travaux 1897. Kiel, Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen: N. F. I, 2; I, 1 (Abth. 1). Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 36, 37. Krakau. Akademie d, Wissenschaften: Anzeiger 1896, 1897 Januar bis Februar. Landshut. Botanischer Verein: Ber, XIV. Lausanne. Soci6t& vaudoise des seiences naturelles: Bull. 119—122. Leipzig. K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften: Ber. math.-phys. Kl. 1896, I—VI; 50jährige Jubelfeier, Reden und Register. — Fürstl. Jablonowskische Gesellschaft: Preisschrift 32. Linz. Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns: Jahresber. 25. London. Royal Soeiety: Proc. 355—367, 369— 370. Verhandl. d. Heidelb. Naturhist.-Med. Vereins, N, Serie. V. 38 554 Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. Luxemburg. Institut Royal Grandducal de L. Publ. natur. et math. XXIV, Lyon. Soeiete d’agrieulture, des sciences nat, et arts utiles: Ser. 7, II. III. Madison. Wisconsin Academy of seiences: Transact. X, Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. 1894/96, Mailand, R. Istituto lombard. di scienze e lettere: Rendiconti 28, Manchester. Literary and philosophical Society: Mem. and Proceed. 41, 1—2. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissen- schaften: Sitzungsber. 1894/95; Schriften XIL, 6. Marseille Faeult& des sciences: Annales V, 4; VI, VII. Melbourne. R., Society of Vietoria: Trans. and Proc. VIII. Moskau. Kaiser]. Gesellschaft der Naturforscher : Bull. 1895, 4; 1896, 1—3. München. K. Bayer. Akademie der Wissenschaften : Sitzungsber. math.- physik. Kl. 1896, I—III. — Aerztlicher Verein: Sitzungsber. V. Münster. Westphälischer Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst: Jahresber. 24. New-Cambridge. Museum of comparative Zoology: Bull. XXVII, 6—7; XXVII, 1—3; XXIX, 1—6; XXX, 1—5, New-York. N.-Y. Academy of natural seienees: Ann. IX, 1—3. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. X, 4. Odessa. Naturforschende Gesellschaft von Neurussland: Berichte XXI. Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresber. XI. Padua. Societä veneto-trentina di seienze naturali: Boll. VI, 2, Paris. Bibliotheque de l’&eole polytechnique: Journal 2, Ser, I. — Soeiete zoologique de France: Bull: XXI. Petersburg. Botanischer Garten: Acta XIV, 1; XV, 1, — Kaiserl. Akademie der Wissenschaften: Bull. III, 2—5; IV; V, 1—2; ‘VI, 1—2. M&m. II, 3. 4.7.9; V, 1. — K. Gesellschaft der Naturforscher: Trav. Bot. XXVI; XVII; Trav. Zool. XXVI; Ge£ol. et Min. XXIV. Philadelphia. Academy of natural seienees: 1895, III; 1596, I—IL Prag. Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften: Sitzungs- bericht 1895; Jahresbericht 1895. ö | ] . | Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. 555 Prag. Naturhistorischer Verein Lotos: Abhandl. I, 1. — Lese- und Redehalle deutscher Studenten: Jahresber. 1895. Regensburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Bericht V. Reichenberg. Verein der Naturfreunde: Mittheil. 27. Riga. Naturforschender Verein: Correspondenzblatt XXXIX. Rio de Janeiro. Archivos do Museu Nacional. VIII. Rom. Societä rom. per gli studi zoologiei: Boll. V, 1—6. — R. Accademia Medica: Boll. XXI, 5—6, Rochester. R. Academy of Sciences: Proc. III, 1. Salem. American Association for the advancement of sciences: 44 Meeting, Springfield 1895. San Francisco: Cal. Academy of Seiences: Proc, V, 1—2. Sanjago de Chile. Deutscher Wissenschaftlicher Verein: Verhand- lungen III, 3—4. St. Gallen. Naturwissenschaftlicher Verein: Ber. 1894/95. Sidney. R, Society of New-South-Wales: Journ. and Proc. XXIX. Stavanger. St. Museum: Aarsber. 1895. Stockholm. Entomologiska Föreningen: Entom. Tidskrift 16, 1—4; 17, 1—4. Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- heft 52. Tokio. Imp. University: Journal of the College of Se.: IX, 1. Toronto. Canadian Institute; Transaet. IV, 2; V, 1. Toulouse, Academie des sciences, inscriptions et lettres: Mem,. IX, Ser. VII. Turin. Accademia reale delle scienze; Atti XXXI, 6—15; XXXII, 1—6,. Verona. Accademia d’Agricoltura, arti e commereio: Mem. 68, 69, 70, 71, 1—3. Washington. United States Geologieal Survey: Ann. Report XV; XVI, 1; XVII, 3; Bull. 123—134, — Smithsonian Institution: Ann. Report to July 1894. Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes: Schriften XI, Wien. K.K, Geologische Reichsanstalt; Verhandlungen 1896. 38* 556 Verzeichn. d. v. April 1896 bis April 1897 eingeg. Druckschriften. Wien. K. K. Zoologisch-Botanische Gesellschaft: Verhandl. 46, 3—10. — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse: Schriften 36. — K. K. Naturhistorisches Hofmuseum: Ann, X, 3—4; XI, 1—4, Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 49. Würzburg. Physikalisch-medieinische Gesellschaft: Sitzungsber. 1896, 1—5; Verhandlungen XXX, 1—8. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift 41; Neu- jahrsheft 1897, Zwiekau. Verein für Naturkunde: Jahresber. 1895. Mitgliederverzeichniss, 557 Mitgliederverzeichniss des Naturhistorisch-Medieinischen Vereins zu Heidelberg. (10. Mai 1897.) CorrespondirendeMitglieder. Dr. Andreae, Professor, Hildesheim. Dr. Erlenmeyer, Professor, Aschaffen- burg. Dr. Knapp, Professor, New-York. Dr. Kussmaul, Geh.-Rath, Excellenz, Heidelberg. Dr. F. Schulze, Professor, Bonn. Ordentliche Mitglieder. Dr. Anselmino. Dr. Antoni, pract. Arzt. Dr. Arnold, Geh.-Rath u, Professor. Dr. Aschaffenburg, Privatdocent. Dr. Askenasy, Professor. Dr. Auwers, Professor. Dr. Bartsch, pract. Arzt. Dr. von Beck, Professor. Dr. Bekker, Geh. Rath u. Professor. Dr. Bernthsen, Professor, Mannheim. Dr. Bessel-Hagen, Professor, Worms. Dr. Bettmann, Assistent an der medicinischen Klinik, Königliche Bibliothek, Berlin. Dr. Bornträger, Professor. Dr. H. Braun, pract. Arzt. Dr. Brian, pract. Arzt. Dr. Brühl, Professor. Ph. Brunner. Dr. Bunsen, Geh. Rath u. Professor, Excellenz. Dr. Bütschli, Geh.Hofrath u. Professor. Dr. Cramer, Professor. Dr. Czerny, Geh. Rath u. Professor. Dr. Dilg, pract. Arzt, Dr, Dittrich. Dr. Fr. Eisenlohr, Professor. Dr. Elsasser, pract. Arzt. Dr. Erb, Geh. Rath u. Professor. Dr. Freiherr von Erlanger, Professor. Dr. Ernst, Professor. Dr. Ewald, Professor. Dr. Fink, Medieinalrath. Dr. H. Fischer, Assistent am botanischen Institut. Dr. L. Fischer senior, pract. Arzt. Dr. L. Fischer junior, pract. Arzt. Dr. Fleiner, Hofrath u. Professor. Dr. Gattermann, Professor. Dr. Glassner, Hofapotheker. Dr. V. Goldschmidt, Professor. Dr. Göppert, Privatdocent. Dr. Gottlieb, Professor. Dr. Gross, Assistent an der Irren- klinik. Dr. B. Haller, Privatdocent. Dr. Hammer, pract. Arzt. Dr. Heddaeus, Assistent an der chirurgischen Klinik. Dr. Henneberg, pract. Arzt, Ziegel- hausen. Dr. von Hippel, Privatdocent. Dr. Hoffmann, Professor. Dr. Horstmann, Professor. Dr. Jäger, Chemiker. Dr. Jannasch, Professor. Dr. Jordan, Professor. Dr. Jung, Lehrerder Zahnheilkunde an der Universität. Dr. Jurasz, Professor. Dr. Kaiser, Professor. Dr. Katz, Assistent a.d. Augenklinik. Dr, Kehrer, Geh. Hofrath u. Professor. 958 Dr. Keller, pract. Arzt. Dr. Kellner, Assistent am physika- lischen Institut. Dr. Klaatsch, Professor, München. Dr. Knauff, Hofrath u. Professor. Dr. L. Koch, Professor. Dr. Königsberger, Geh. Rath u. Professor. G. Köster, Buchhändler. Dr. von Kraatz-Koschlau, Assistent am mineralogischen Institut. Dr. Krafft, Professor. Dr. Kräpelin, Professor. Dr. Kühne, Geh. Rath u. Professor. Dr. Landsberg, Professor. Dr. Lange-Helmstedt, praet. Arzt Meckesheim. Dr. Leber, Geh. Rath u. Professor. Dr. Lenard, Professor. Dr. Lossen, Professor. Dr. Marschall. Dr. Marwedel, Assistent chirurgischen Klinik. Dr. Maurer, Professor. Dr. Mays, logischen Institut. Dr. Merx, Geh. Rath u. Professor. Dr. V. Meyer, Geh. Rath u. Professor. Dr. Middelkamp, Zahnarzt. Dr. C. Mittermaier, Medicinalrath. Dr. Nissl, Privatdocent. Dr. van Oordt. Dr. Oppenheimer, Professor. Dr. Baron von Osten-Sacken. Dr. Passow, Professor. Dr. Petersen, Assistent chirurgischen Klinik. Dr. Pfitzer, Geh. Hofrath u. Professor. E. Plenge, .approb. Arzt. Dr. Precht, Privatdocent. Dr. Quincke, Geh. Rath u. Professor. Dr. Reinhardt, pract. Arzt, Neuenheim. Dr. J. Riess. Dr. Rinck, pract. Arzt, Kaiserslautern. an der Assistent am pbhysio- an der | I | Mitgliederverzeichniss. A. Rodrian, Fabrikant. Dr.Rosenbusch,Geh. Rath u.Professor. Dr. Sack, pract. Arzt. Dr. Samassa, Professor. Dr. Sauer, Landesgeolog und Privat- docent. Dr. Schäffer, Privatdocent. Dr. Schalch, Landesgeolog. Dr. Schapira, Professor. Dr. Ad. Schmidt, Professor. Dr. B. Schmidt, Privatdocent. Dr. Schötensack. Dr. Schottländer, Professor. '. von Schröder, Professor. Dr. Schuberg, Professor. Dr. Schütz, Assistent an der medici- nischen Klinik. Dr. Stein, Medie.-Rath. Dr. Stengel, Hofrath u. Professor. Dr. Steudel, Stabsarzt. Dr. Stockert, pract. Arzt. Strübe, Kreisschulrath. Dr. Thiele, Stabsarzt, . Thürach, Landesgeolog. '. H. Trommsdorff. . Ullrich, pract. Arzt. '. Vierordt, Professor. . Vulpius, Medicinal-Assessor. . ©. Vulpius, Privatdocent. . Wachter, Chemiker. . Georg Waltz, Neuenheim. '. Gustav Waltz. . med. M. Wassermann, Paris. ". Weiss, Professor. Dr. Werner, pract. Arzt. Dr. Werner, pract. Arzt, Schwetzingen. Dr. Weydung, pract. Arzt. Dr. Wirth, pract. Arzt. Ausserordentliche Mitglieder. Joukowski, stud. rer. nat. Dr. Locke. A. Rosenschein, stud, med. €. F. Winter’sche Buchdruckerei. Sn Inhalt. 0. Bütschli, Weber die Herstellung von künstlichen Stärkekörnern oder. von Sphärokrystallen der Stärke... .. 22.2.2... E. Cramer, Die beiden Heidelberger Tiefbrunnen und ihr Verhältniss zum ANgekitr 1.200) 5 Huhn 6 Hann 25 Fi A M. Dittrich, Das Wasser der Heidelberger Wasserleitung in chemisth- geologischer und bacteriologischer Beziehung... x. u.0 2 VEREINSNEChICHbEN. 1: ea a N ae Nr ar RETTET, Verzeichniss der vom 1. April 1896 bis a April 1897 eingegangenen Drückschriften. 3077. Sa. 2.277 EL NA ic 78,52 €. F. Winter’sche Buchädruckerei, Seite Autor photogr. ne na, I u Au 0 GE nee IE Lu ag Sr en Ze Pr »_ Er un an ’ Wr ru E72 Tr ; Alfinter Frankfurt M. st.uWerner Idk'An. < ev önus Snstäuuunnannn®% Carl Winter's Universitätsbifthandjung in Heidelberg. 00a [I ar oO Se NE ER 15 | S = .) )S 5 —_ =) Pr: 5 s &@- N = 2 E E & &- iS Erle = 3 8:1) zx en - } = = E 1 | Verhandlungen des Naturhist.-Med. Vereins. N. F. V. Bd. R. Lauterborn gez. Chr. Csp. C. Tafel Ill. Tafel IV. Carl IXatawmas Tnmsvarcıtötchuchhanniinnae n KiaıfAelharo: Lichtdruck v. Julius Klinkhardt, Leipzig u | N. a Ne SE Zr SEE en Zu a . r. vr ra .- Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung in Heidelberg. Lichtdruck Tafel V. v. Julius Klinkhardt, Leipzig Verhandlungen des Naturhist.- Med. Vereins. N. F. TV. bad. Tafel VT. - . we Ft H R, U, ‚# r ER Ir 5 | Pa PS 7 A RER nF Dann SEN ERSTEN EINEN \ ee ARE 3 Y Ey - 4, ee; fi N) > SEAN az erhzi 2% P> >, 5 y em. , - > A { orte u Leipzig Carl Winter’s Universitätsbuchhandluns in Heidelbere. Lichtdruck v. Julius Klinkhardt, /erhandlungen des Naturhist -Med. Vereins. N.F. V. Bd. 5 Fiö.b. BE fies. 2 i Carl Winter's Universitätsbuchhandlung in Heidelberg. Taf. VI. Lith.Anst.v. F.Wirtz, Darmstadt. Verhandlungen des Naturhist.- Med. Vereins. N.F. V.Bd. n Be Carl Winter's Universitätsbuchhandluns in Heidelbers. Taf.VII. Lith.Anst..v.F.Wirtz Darmstadt Verhandlungen des Naturhist.-Med. Vereins. N. F, V. Bd. Tafel IX. A. Schuberg del, Carl Winter s Universitätsbuchhandlung in Heidelberg | | 1 1] Fet-g3edegt 16 ei | ) Ill 0 12 u 16 18 20 22 24 25 28 012 k 6 8 0 12 1% 22 24 26 28 3056 1 2 m. 18 I id nzahl| T 10 Kei I 10 MI etejmg| Ar N 1. ar | | I HE h | h Verflü t zählb For FR Istrie tri Wegen h nic l a Bi 1Teil: & Bi Teı 1 1 70.0 100 90 90 80 80 Juli Juni Carl Winter’s ‚Universitätsbuchhandlung in Heidelberg. 68 m m MET IB 20 ee, IE “5 . = _ Verhandlungen des Naturhist-Med. Vereins. N.E V.Bd. 3 | TEE ITE Kei l des Leitungswa 1Cbcem. ee een ge Fee u | F die - Fee ee ® ia | TRegenhö & in Mile) T | [| 1eilstrich| - 10 ai | Falsal | ] | | | Ze al! Zi & ee! = BE z + | 12 = ; N jEe A! aa z| | a Be T al T T mie i | + Bi u BE ‚u 1 1 I 4 Ir T in 1 & m | IE — 200. —_ | nn —- || a Ser 90 | | Bi il 70 | e + 4 ey 4 H \ | A pe” | | 1 1 I | | | 1 - _| ._ a) 2) | } = Tem - ii E | l I ' | | | ty IE 1 { t 7 a j = | 3 | | | | 1 | | | el | | | j If | | | | | | I 4 | l i | | N I: | | H N 1 | 'lı I | I I | | I} ||: 1 I Tılılı ill. l 46 8 0 12 Ik 16 18 20 22 24°26 28 012 4 6 8 ww 12 Ik 16 18 20 22 24 26 28 2031 12 4 6 8 WO 12 Ik 16 18 20 22 24 26 28 eptember Oktober Dpember Carl Winter's Universitälsbuchhandhung in Heidelberg. make A > .. Ey Ä N r en f Ne > | Verhandlungen des Naturhist-Med. Vereins. N.E Bd.V. 8 RL 3 SE 3 T, S f a Zus... = & S ur 440 | 70: ıL 70.0 100 | Bi a 90 90| | | | | 80 80 r. | | Te 60 60\ ||| I ||] 11 Te Jene ee EEE EEE l t ] | | | 2.0 20 IH | f In ulallıl |i | -|]1 l ] F 1 ll lıfıı ! 1]! {ll Il N HH | RB 262380 2468 MW 618 20 22 5 BT 35T 9 m 13.15 1 19 21.23 25 27 29.31 December Januar Carl Winter's Universitätsbuchhandlung in Heidelberg. a ee ’ NE > A, Bu R = ja u y . N rn r - . u e dh - cr 7 a N > m der s J .“ a "37 g BE: 9 r ee i A rw W; \ ar jr) ma mu ma me ms mL N9 mE IK me ms IKI Mor E Tasdumg nee E ai a N en EEE EEE El ED ER EEE ll pRByIg = — iur mandung | aaung i ee til "m oad BEIN "o Ss Fr a m a a a m im = TERN = 2 & | | Bu I'7sdung 7 I | EHER se pepg Tamm a eimen = Zi u u 11 3sdwng en a En. El II en aaqaıyag ie | 124 12 it ir SW IT oad g %) Eh id 08 | =] Sl ae L je \ Al N TUE i = n + Pal =; -(dOSSBMUuls}spuesjung Saulad) R Fr Pau, i E IR “| i 1 3sdumg _ AR = Bi. 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IR) eimzahl ih Juni, Juli, September 1896 Er | EERLLIL Pr eeunus BERARDE Ja E | | [iTenstrieh. Im. R gene e. is) il n- Ar zu 1 u 4 + = | | | 1 FE I] LEE) + ii =, 150 at ZZ . t 1 z zn r T | 7 I j I Ir 4 ul Ib + | L Zl | 10.0 100 u ALL! 93.0 9 l 10 10 a ee ill ji] I A | ! 1 ! Ipfllifilı 246 8 0 IE IR 1618 20 22 24 26 38 W126 8 m 12 IA 1618 20 22 24 26 28 3 € 2 4 uli Augus September Carl Winter's Universitätsbuchhandlung in Heidelberg, no 7 ;>) ° 8 = T Tat T ag 4 I 4 ze = + = 4 Je er Verhandlungen des Naturhist. Med. Vereins. N.F.Ba.V, Io Spalung d.Leitung 12 14 December Pumpe I in Betrieb HM EISEN 810 Pumpst U Pumpst.IT November Pumpst. I 2 272942 4 6 8 WI Mm 16_ 18 20 22 24 26 28 23 2 2.127 78 Oktober l 1 a a a N Er Carl Winter's Universitatsbuchhandlung in Heidelbers. _ Verhandlungen des Naturkist. Med. Vereins. N.F. Ba.V. nn \ \ Mi RERRUEDLAENDUHL INN) Taf. XVII. Geologische Uebersichtskarte des Quellengebietes der Heidelberger Wasserleitung. Oberes Roth- Ziegendes Il m Mittlerer Buntsandstein- der Si Malfsstab 1: 16,000, Carl Winter's Unfversitätsbuchhandlung‘, Heidelbers 2 77 pn ;serhandlungen des Naturhist.-Med, Vereins. N. F. V. Bd. Tafel XVIIL Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung Heidelberg. Er r Ar: IT