HARVARD UNIVERSITY I h WV FE LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY TERN 79,10% Ira 3 From SLI Ari FRE R ‚\ R IN ln Ai N N ” Koh 2, N n h} I 2 Yap Ri) M lea A A * in i F i #1 1, 3, A 7; \ Ei RT N | y Rn R,* Bu KERUNAER.; | a a" >» RE re , " t Bun - 59 ee a ” 2 b er i ’ % Dr i _ FEST R Sean? ur“ ‚ir DEC- 7 92 u WEL II Ne ee u = DT ‘> m = Ber a ee a a 4 =S 23,10% MEMOIRES PACADENIE INPERIALE DES scienoRS DE SP. „PETERSBOURG, VII: SERIE. Tome XXIV, N A. VERSUCH EINER MONOGRAPHIE DER } TICHORIINEN NASHÖRNER BEMERKUNGEN ÜBER RIIINOCEROS LEPTORHINUS (UV. U. 8, W. voN J. FE. Brandt. V Durch XI Tafeln erläutert. (Lu le 7 octobre 1875.) ‚Sr. -PETERSBOURG, 187 T. Commissionnaires de l’Academie Imperiale des sciences: a St-Petershourg: a Riga: & Leipzig: MM. EggersetC'®, J.Issakof r M.N. Kymme]; M. Leopold Voss. et Glasounof: To Prix: 2 Rbl. 10 Kop. = 7 Mark. “ a MEREN, J allESH TE LAUTE Be LANA HUIMIDAN A RENAULT AN De an “> dtüg D) MEMOIRES DE L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIT SERIE. Tome XAIV, N’ 4. VERSUCH EINER MONOGRAPHIE TICHORHINEN NASHÖRNER NEBST DENERKUNGEN UBER RINOCEROS LEPTORNINIS (UV. U. SW. VON J. FE. Brandt. Durch XI Tafeln erläutert. (Lu le 7 octobre 1875.) Sr.-PETERSBOURG, 1877. Commissionnaires de l’Acadömie Imp6riale des sciences: } St-Petershourg: a Rigaı MM. Eggerset C'®, J.Issakof M.N. Kymmel; et Glasounof: — Prix: 2 Rbl. 10 Kop. = 7 Mark. & Leipzig: M. Leopold Voss. Imprime& par ordre de l’Academie Impe£riale des sciences. Mars 1877. C. Vesselofski, Secretaire perp6tuel Imprimerie de l’Acad&mie Imp6riale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, N 12.) Inhalts - Verzeichniss. Seite Sn ee ee ee A oc. © > 10g NEE 1—2 Allgemeiner Charakter der Nashörner mit mehr oder weniger verknöcherter Nasenscheidewand SUDGENNS, TACHOHIIDUSSBGA. 2... 00200. es 3—6 Species1. Rhinoceros antiquitatis Blumenbach seu tichorhinus G.Fischer, Cuv. 6 SPS ee ee A RER oe EUREENE I" BEE SRE REEL ENE NIEEEEERIOR 6—8 2 EREEE DIIE SB ar are ee Er eG RR EEE REENSEEHIRR 8—12 ERDIOBIBEHEFREORRZBICHEN 0... 05 nee ad asienane en einen sn aa en ee 12—15 C. Schilderung des Skelettheile des Rumpfes und der Extremitäten im Allgemeinen......... 15 D. Spezielle Bemerkungen über den Bau der Skelettheile des Rumpfes und der Extremitäten... 18 EIEPRSGRRRUH RG LAU. ER LISRARRERIe SE ER BAD EEE N u enmenn sa 18—23 PICEe Tee De A ne ee a et te 23—24 ER TEGHREETISTIEDEN. N ee ee le ihn ee ee 25 GRERTEREHEIIE 2.0 EN dee e stala are Der A 25 N EL Eee RR TEEN ER SER PER ERGEBEN. 01 20H 26 NS BEATS Eee LE SAN ES PRE O AURBEE SE RE HIER NERRRFGER LER 26—27 EROBERTE ER 27 THE MO BEHRENS ne ne ae 28 BeBllbnzenbame..: Ka RT Eee 28—29 EEE DS ee ee ee ARME! EORE RCE ÜRRRE Ren. SE RES RIESE ze ERENTO Cr Or ESTER IENE RERE EHER AFUE DI ELFRCHREREC ARE LTR CC 32 nr FAnlannenmder Vordortünneme. a Be a 33 DE BOCHan ee a ee RE, 34 BER HONNGHBElEE lm... 2.21: Es ea. ie as Bee ae ee 35 Parrlienhoin. 2.2... 000 Bd RO RER EN 35 U LIRENENDEE oe en ER EHRE NER ER SE RER 35 EL RE a u RER Ve u EN 36 N ER cc Re 36—38 EEE ı. ne BER 1 > N RE 38—-39 u Phalanges digitorum pedum posteriorum . .. 2222 ces eeeeeeeeeeeenenenn 39 ST ee Ar 41 Ueber die Grösse des Bhinoceros antiquitalis -....=...-srccennonernneneunn nenne Geographische Verbreitung und Funde der Leichen oder Knochen desselben ........ ne ZurenkgBethiahte GBBBOlben . ...::... 0 a0 0 nn nina an ne. TE er ee - Artliche Constanz und Lebensdauer desselben . „+... elen een ons ehul die euere are BKANIONUNKPN-ZUr IMONRCHNOIE. , ».. rauen emasaue.a © STnhse Tann a re Lafer are ERROR EN ee BEREAE Pan halnz Anhang I. Rhinoceros Jourdani als Rh. antiquitatis nachgewiesen . 2... 2er een eeenne nenn Species 2. Rhinoceros Merckiüi J aeg. HORSIDIe 0. 0 ee a a a PIE PER Geschichte seiner allmälig erlangten Kenntniss .......:o.20 oem aereonunn 0 00. £ Muthmaassungen über das Verhalten einiger äussern Theile desselben .............. Osteologische Charactere desselben ....... cs .20200. rn aa ar er Bemerkungen über die zur Charakteristik vom Verfasser benuzten Schädel und Zähne..... Ueber wohl dem Rhinoceros Merckii angehörige Knochen des Rumpfes und der Extremitäten a: Wirbel‘; 0 en. 0 ee ee Sea RE: b Knochen. der. Extremitäten, sr.ssusr- terkin: len ete, Aller Meer Sr a RER Verwandtschaftliche Beziehungen des Rhinoceros Merckü .-.... sus nunseeer nen Grösse des Rhinoceros Merck. 2: «2.2... 2.2... lie ne Ye ale .e Geographische Verbreitung und Vorkommen seiner Reste in verschiedenen Erdschichten.. . Einige Worte zur muthmaasslichen Lebensgeschichte desselben .......... AR Zar artlichen Lebensdauer "desselben ; .... !........ een. 2 yes Ha ee er Anhang II. Bemerkungen über Rhinoceros etruscus Falconer und sein Verhältniss zu Rhinoceros Berckis Jaag. Zi... 2.0 „Non. 3 SB 0 VE Anhang ID BE Tichorhbinorum specierum characteres essentiales ..... 2.2220 eco neon dee nen Anhang IV. Ueber Rhinoceros leptorhinus Cuv. .. 2222222... mnae a 0 ann EEE >| raue Anhang V. Ueber. Rhinoceros de Philippi Balsamo Crivellis ........... es eer sense» Anhang VI. Einige Worte über Rhinoceros sivalensis, palaeindicus und platyrhinus Falconer's.. Erklärung der Tafeln 0886 088 08 0,@ Ba e Sure, Malerei m nehm ‚or 8) ei wa new un tan BaeHu un nn Seite" 41—45 45—61 61 62 63 65 66 66—67 68—77 77—78 78 81 89 89—93 93—95 95 95 96 104 104 105 105 120 120 130 131 133—135 Ob die Knochen eines bei Quedlinburg am Zeuniken- oder Zivikenberge 1663 ausge- grabenen Skeletes, welche der berühmte Physiker O. v. Guericke (Experimenta de Vacuo spatio Amstelodami 1672 p. 155) einem Unmicornu und später nach ihm Leibnitz (Proto- gaea ed. Scheidius Goetlingae 1749 p. 63 $ XXXV) einem Monoceros zuschrieb, wirk- lich einem Nashorn angehörten, und als erster bekannt gewordener Fund von Nashornkno- chen gelten können, geht weder aus den kurzen, schriftlichen Mittheilungen der beiden ge- nannten Gelehrten, noch aus der, dieselben in der Protogaea auf Tafel XII begleitenden, ganz absonderlichen Skelet-Figur unzweifelhaft hervor. Dieselbe stellt nämlich gewissermaas- sen das Knochengerüst eines Mischlings vom Pferd, Nashorn, Elephanten und einem walarti- gen Thiere dar, ist also offenbar als eine imaginäre Composition anzusehen. Da man indessen in demselben Berge, welcher die von Guericke und Leibnitz erwähnten Knochen lie- ferte, wenn auch viel später (erst 1728) von Zükkert (Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde II. 8.341) 1776 beschriebene und kenntlich (Taf. X) abgebildete Knochen, namentlich ein namhaftes, sehr charakteristisches Schädelfragment des Rhinoceros antiquitatis seu tichorhinus fand, ja nach Giebel noch in neuern Zeiten bei Quedlinburg zahlreiche Nashornreste entdeckt wurden, so könnten wohl auch vielleicht die bei Guericke und in der Protogaca besprochenen Reste derselben Art angehört haben. Bemerkenswerth erscheint übrigens, dass die Originale zu Zükkert’s Beschreibung in der Sammlung G. A. Müller’s sich befanden, der auch einzelne Knochen des von Leibnitz geschilderten Fundes besass, wie Zükkert berichtet. In England wurden beim Dorfe Charthem, 3 Meilen von Canterbury (Kent), 1668 ent- deckte, nach Owen (British foss. mamm. p. 325) derselben Art angehörige Reste bereits von Somner 1669, also einige Jahre früher als die deutschen, beschrieben. Etwa ein Jahrhundert nach den ersten Funden fossiler Nashornknochen, die man übrigens erst spä- ter als solche erkannte, wies indessen Pallas (Nov. Comment. Acad. Petropolit. T. XIII (1768) p. 448) nach: es hätte früher eine Nashornart gegeben, bei der, abweichend von allen andern Säugethieren, die Nasenscheidewand regelmässig verknöcherte. Seit den Mit- theilungen dieses grossen Naturforschers bis zum Jahre 1842 kannte man jedoch nur sehr zahlreiche Schädel oder Schädelreste der von ihm beobachteten, später als Rhinoceros an- Memoires del'Acad, Imp. des sciences, VIIme Serie. 1 “; 2 J. F. BrAnDr, \ tiquitatis seu tichorhinus bezeichneten Art, wo die ganze Nasenscheidewand eine perpendi- kuläre, auch noch unter den Stirnbeinen bemerkbare, Platte darstellt, die also als eine holo- toiche angesehen werden kann. Im genannten Jahre wurde aber zuerst in Deutschland von H. v. Meyer (N. Jahrb. f. Mineral. 1842 p. 587) und vier Jahre nachher in England von R. Owen (a. a. 0. p. 366) nachgewiesen, dass der von Jaeger aufgestellte Arhinoceros Merckii eine nur unter den Nasenbeinen, also etwa zur Hälfte, verknöcherte Nasenscheide- wand besass, mithin im Gegensatz zu Rh. antiquitatis ein hemitoichus war. Die Ueberreste beider Arten wurden mehrseitig mehr oder weniger eingehend bespro- chen, namentlich am häufigsten die Schädel des Rhinoceros antiquitatis. Da mir nicht blos eine sehr ansehnliche Anzahl der letztern, sondern auch die von der am Wilui 1771 gefun- denen Leiche geretteten Reste (der Kopf und zwei Hinterfüsse) zu Gebote standen, so be- theiligte ich mich, wie bekannt, im Betreff des Rhinoceros antiquitatis an diesen Mitthei- lungen. Leider aber war es zur Zeit der Abfassung meiner Observationes, aus Mangel an Materialien, nicht möglich, der ausführlichen Beschreibung des Schädels der genannten Art auch die der Knochen des Rumpfes und der Extremitäten hinzuzufügen und selbstständige Mittheilungen über Rlhinoceros Merckit zu machen. Die vor drei Jahren von einem polnischen Naturforscher, Namens Tscherski, an die hiesige Akademie der Wissenschaften eingesandte und auf meinen Vorschlag in ihren Rus- sischen Schriften (danueru T. XXV (1874) «un. 1 cmp. 65) veröffentlichte Beschreibung eines im Irkutzker Museum von ihm aufgefundenen, einer ihm unbekannten Art angehöri- gen, Nashornschädels, welcher meinen Untersuchungen zu Folge sich als der eines Rhino- ceros Merckii Jaeg. herausstellte, veranlasste mich, die Geschichte der Tichorhinen Nas- hörner eingehend vorzunehmen, wozu übrigens auclı neue, noch unbenutzte, theils im Mu- seum der hiesigen Akademie befindliche, theils von meinem geehrten Collegen Kokscharof gütigst zur Disposition gestellte, Materialien des hiesigen Kais. Berginstitutes aufforderten. Das Studium der Tichorhinen musste um so mehr Interesse erwecken, da es mir gelang, mit Hülfe sibirischer und aus dem östlichen Russland stammender Reste, Zrhinoceros Merckii als stetigen Faunengenossen des Rhinoceros antiquitatis, so wie des Mammuth u. s. w. von Sibirien bis Italien, England und Frankreich nachzuweisen. Sehr wesentlich wurden übrigens meine Studien von mehreren andern Seiten begün- stigt, so dass ich mich verpflichtet fühle, den Herren, welche sie beförderten, für ihre Güte meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Durch die aufopfernde Bereitwilligkeit des Hrn. Akademikers Prof. Dr. Zittel in München erhielt ich Gypsabgüsse der wichtigsten Theile des dort in der paläontologischen Sammlung des Staates befindlichen, fast vollständigen Skeletes des Rhinoceros antiquitatis nebst einer Chromolithographie desselben, welche die Gefälligkeit des Herrn Professors Giebel in Halle durch Mittheilung der Figur eines an- sehnlichen Fragmentes des Schulterblattes vervollständigte. — Materialien für die Charak- teristik des Arhinooeros Merckii wurden mir gleichfalls von mehreren Seiten mitgetheilt. In Folge der gewogentlichen Vermittelung der hiesigen Akademie hatte nämlich die Sibirische MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 3 Abtheilung der K. Geographischen Gesellschaft die Güte, den von Tscherski beschriebenen Schädel desselben zu schicken. Herr Prof. Meneghini theilte gewogentlichst aus Pisa Gyps- abgüsse zweier Schädel des dortigen Museums mit. Herr Geh. Ratlı Grotrian in Braun- schweig übersandte gefälligst Zeichnungen des fast vollständigen, trefflich erhaltenen Ober- kiefergebisses eines sehr grossen Exemplares. Herrn Professor Barbot de Marny ver- danke ich die Ansicht von Kieferbruchstücken und Zähnen. Der Besuch der Sammlungen Berlins, Wiens, Stuttgarts, Zürichs und besonders Karlsruhes lieferte ebenfalls beachtens- werthe Beiträge. Neue Arten von Tichorhinen gingen aus meinen Untersuchungen nicht hervor, wohl aber sah ich mich veranlasst zwei für sicher gehaltene (Rlünoceros etruscus Falc. und Rhinoceros Jourdami Lortet et Chantre) für unbegründet zu erklären. Obgleich Rhinoceros leptorhinus nicht zu den Tichorhinen gehört, so hielt ich es doch für nützlich, da er in die Geschichte derselben eingreift, in einem besondern Anhange ihm eine kurze Charakteristik zu Theil werden zu lassen. Uebrigens luden die Gypsabgüsse der Schädelreste des Rhinoceros sivalensis und angustirostris Fale. Cautl., welche die Akademie der Ostindischen Compagnie verdankt, dazu ein, auch hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Arten meine Ansicht auszusprechen. Allgemeiner Charakter der Nashörner mit mehr oder weniger verknöcherter Nasenscheidewand. Subgenus aut Genus Tichorhinus 3. F. Brandt (1849), Atelodus Pomel 1854 e. p.?'). Bereits in den Observationes über Rhinoceros tichorhinus p. 232—33 schlug ich vor, diese, allerdings richtiger als Rhinoceros antiquitatis zu bezeichnende, Art einem eigenen Sub- genus oder Genus mit Namen Tichorhinus einzuverleiben; ein Vorschlag, der bisher-unbeachtet blieb, sich aber um so eher erneuern lassen dürfte, da der genannten Untergattung mit Sicherheit als zweite Art Rhinoceros Mercköü Jaeg. Kaup zugeschrieben werden kann. Als Hauptcharaktere der fraglichen Abtheilung würden nachstehende gelten können. Der Schädel, namentlich der Schnautzentheil desselben, ist stärker als bei den andern Arten verlängert. Seine Nasenöffnungen sind vorn durch Knochenmasse geschieden, so dass die breiten Nasenbeine nicht frei über den Zwischenkiefern vorragen, da das 1) Bronn hat zwar bereits 1831 einer Gattung Coe- lodonta und Giebel 1847 einer Gattung Hysterotherium zu den Tichorhinen zu ziehende Reste zugeschrieben, die sich später als Rhinoceros antiquitatis angehörige Ju- gendzustände bekundeten, als solche jedoch keine zur Begründung einer Gattung erforderliche Merkmale dar- boten. Ich zog es daher schon 1849 vor, die mit einer theilweis oder ganz verknöcherten Nasenscheidewand versehenen, von den andern bekannten Arten mehrfach abweichenden, Nashörner als Subgenus oder, wenn man will, Genus Tichorhinus zu bezeichnen, da der Name Ate- lodus Pomel nicht bezeichnend und jüngern Datums ist, überdies auch, meines Wissens, Keiner die Abtheilung der Tichorhinen auf genügende Weise charakterisirte. 1* 4 J. F. BRANDT, vordere Ende der ganz, oder nur in ihrer vordern Hälfte, verknöcherten, das beträchtliche Nasenhorn unten nicht wenig unterstützenden, nur bei jüngern Individuen, so dem wiluischen, noch freien, Nasenscheidewand mit den Zwischenkiefern und den grossen, stärker nach: un- ten gebogenen Nasenbeinen vereint sich findet. — Auf der obern Fläche der Stirn- und Nasenbeine ist je eine erhabene, nach Maassgabe des Alters, mehr oder weniger rauhe, Stelle (Hornstuhl H.v. Meyer), worüber die horntragende Grube der sie bedeckenden, mit Papillen besetzten Haut sich findet, welcher die Basis je eines bei alten Individuen sehr an- sehnlichen Hornes inserirt war. Der Unterkiefer erscheint vorn höher, als bei den lebenden asiatischen, aber niedriger, als bei den afrikanischen Nashörnern, jedoch, wie bei den erst- genannten, mit einem ansehnlichern vordern Symphysenfortsatz versehen. Sein mittlerer Theil stimmt hinsichtlich seiner Höhe mehr mit dem der afrikanischen Nashörner überein. — Der Gelenktheil desselben ist in schräger Richtung etwas mehr nach hinten gewendet, als bei den lebenden Nashörnern. Die Schneidezähne verkümmern schon in der frühesten Jugend. — Die Wirbel, Rippen und Knochen der Extremitäten weichen durch ihre grössere Breite und Dicke von denen der lebenden und der andern untergegangenen, bisher bekann- ten Arten ab. Im Fussbau, namentlich der Dreizahl der Zehen, und der rudimentären Zehenknochen stimmen sie mit den dreizehigen lebenden und fossilen Arten überein. — Da beide Tichorhinen nicht blos eigenthümliche osteologisch-morphologische Uebereinstimmun- gen zeigen, sondern auch eine gemeinsame nordische Urheimath besassen, so dürfen wir wohl auch ihren beiden Arten, nicht blos dem Rhinoceros antiquitatis, als äusseres Merk- mal ein ihren Körper mehr oder weniger dicht bedeckendes Haarkleid zuschreiben, dessen Haare zahlreich in Büscheln, wie die Borsten der Schweine und die Vibrissen der Nilpferde, aus Poren sackförmiger Einstülpungen der Haut hervortraten, wenn auch Lartet, da er das Vorkommen der Reste des Rhinoceros Merckii inSibirien noch nicht kannte, demselben (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII. p. 190) eine Haardecke absprach'). Hinsichtlich ihrer Grösse überboten, wie es scheint, die Tichorhinen-Nashörner die grössern lebenden Arten wohl keineswegs. Nach Maassgabe der grössten bekannten Schädel dürfte Rhinoceros antiquitatis die grössere der bisher bekannt gewordenen Tichorhinen ge- wesen sein, Rhinoceros Merckit aber ihm an Grösse wenig nachgestanden haben. Die durch mehrere Charaktere unterscheidbaren Tichorhinen dürften demnach wohl als eine eigenthümliche, ausgestorbene, Gruppe von Nashörnern angesehen werden können, 1) Da die Tichorhinen in der Bildung des Schnautzen- theiles des Schädels und dem Verhalten anderer Skelet- theile sich dem Rhinoceros simus am meisten näherten, so könnte man fragen, ob nicht auch ihnen, wie nach Cu- vier beim Rhinoceros simus, der bewegliche Anhang der Oberlippe fehlte, eine Frage, die sich aber nur durch Entdeckung einer neuen Leiche beantworten liesse Dem im St. Petersburger Museum aufbewahrten, mit Haut be- deckten, Kopfe der am Wilui gefundenen Leiche fehlen nämlich leider die Lippen. Ebenso wird erst die Ent- deckung einer vollständigen Leiche die Entscheidung zu liefern vermögen: ob die Tichorhinen (wie man in Be- tracht ihrer dichten, mit Hautfalten nicht wohl in Zusam- menhang zu bringenden, Haardecke meinen möchte) auch durch den Mangel grosser Hautfalten des Rumpfes den afrikanischen Nashörnern ähnelten und auch hierin von den asiatischen abwichen. MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 5 welche zwar, trotz ihrer von Afrika weit entfernten Urheimath, den lebenden afrikanischen, zweihörnigen, faltenlosen, auch nur in frühster Jugend mit Schneidezähnen versehenen, merk- würdiger Weise näher als den südasiatischen standen, aber auch von den Erstgenannten, ebenso wie von den Letztgenannten, durch ihre mit den Nasenbeinen und einer in ihrem vordern Theile oder ganz verknöcherten, mit den Zwischenkiefern vereinten, Nasenscheide- wand, sowie auch wohl, wenigstens nach Maassgabe vom Ahinoceros antiquitatis, durch ein dichtes, die Körperhaut völlig bedeckendes Haarkleid unterschieden. Der Umstand, dass sie gerade durch die allgemeine Schädelgestalt, namentlich die breiten, nach unten ge- bogenen, Nasenbeine, so wie hinsichtlich des Verhaltens ihrer Schneidezähne, die starke Entwickelung ihrer beiden Hörner, so wie die muthmasslich faltenlose Haut, den noch le- benden afrikanischen Formen ähnlicher erschienen, als den noch lebenden südasiatischen, ebenso wie die Abweichungen von Beiden, weisen übrigens, wie mir scheint, auf eine ihnen eigen- “thümliche, von der der lebenden südasiatischen und afrikanischen Nashörnern verschiedene, ursprüngliche Heimath hin. Als eine solche Urheimath der Tichorhinen dürfen wir aber wohl nicht, wie Pallas hinsichtlich des beiläufig von ihm als Rhinoceros lenensis bezeich- neten, später Ahinoceros antiquitatis seu lichorinus benannten, Nashorns meinte, das gemäs- sigte Centralasien, sondern Nordasien mit Einschluss seines Hochnordens annehmen, von wo sie zur Eiszeit, in Folge der fortschreitenden Erkaltung des Nordens, wohl nach und nach, jedoch vielleicht nicht alle, mit mehreren ihrer ursprünglichen Faunengenossen, den Mammuthen, Moschusochsen, Bisonten, Renthieren, Elenthieren u. s. w. sich nach dem weniger kalten Süden zogen, und westlich bis zum Süden Europas, südlich bis Centralasien und China wanderten, indem sie dort als Glieder der als diluvial bezeichneten Fauna auftraten und gleichzeitig einen theilweisen Ersatz für die dort untergegangenen oder südlicher, so wie west- licher, gezogenen, früher dort vorhandenen Säugethierarten boten. Es lässt sich daher wohl ihr Wohngebiet als ein zu verschiedenen Zeiten verschiedenes betrachten, so dass mindestens zwei grosse Zeitabschnitte ihrer Existenz anzunehmen sein dürften. Als erster (ältester) würde ihr noch in mannigfaches Dunkel gehüllter Aufenthalt in ihrer nordasiatischen Urheimath gelten können, wo sie muthmaasslich auch aus ihnen eigenen, ihren Typus speciei erstrebenden, niedern, vielleicht mehrere Stufen durchlaufenen, wohl nie der nähern Kenntniss der Natur- forscher zugänglichen, Urformen sich entwickelten und vermuthlich eins der charakteristi- schen Glieder einer noch localisirten Urfauna bildeten. Als den zweiten darf man dagegen ihre, wohl allmälige, Auswanderung und südlichere Ansiedelung in Mittelasien und Europa ansehen. Da die auffallende morphologische Figenthümlichkeiten bietenden Reste der stets von Afrika sehr entfernt lebenden, also von den afrikanischen Nashornarten ähnlichen Grundformen wohl kaum ableitbaren, Töchorhinen nicht blos in ihrer wahrscheinlichen Ur- heimath, sondern auch an ihren spätern europäischen Wohnsitzen, in grosser Zahl und in verschiedener Tiefe gefunden wurden, so dürfen wir wohl annehmen, dass sie theils in Asien, theils in Europa sehr lange (muthmaasslich unbestimmbare Jahrtausende hindurch) gelebt haben, ohne, wie dies namentlich ihre Schädelreste nachweisen, ihre Gestalt wesent- 6 J. F. BrRAnDrT, lich zu verändern und in neue (als vermeintliche Arten betrachtbare) Formen überzugehen, ja es lassen sich, was übrigens auch von andern ihrer Faunengenossen, so den Elenen, Moschusochsen, Bisonten u. s. w. gilt, meinen Untersuchungen zu Folge selbst keine Racen derselben mit Sicherheit nachweisen. Die beiden bis jetzt bekannten Formen von Tichorhinen dürften daher wohl als Beispiele von Arten gelten können, welche, so weit ihre Reste sich verfolgen liessen, eine in constanter Form fortgesetzte, überaus, ja unberechenbar -lange, artliche Lebensdauer besassen, und einen Beitrag zu Gunsten der Annahme liefern möchten, dass es Arten gäbe, die, soweit man sie kennt, im Laufe der Zeit bis zu ihrem Aussterben, sogar auf ihren gewechselten, ungemein verschiedenen Wohngebieten, morphologisch sich nicht merkbar veränderten. -- Eine die Systematik eher erschwerende, als erleichternde und fördernde Eintheilung der tichorhinen Nashörner in solche, welche eine nur vorn verknö- cherte und andere, die eine völlig verknöcherte Nasenscheidewand besassen, wie sie in Falconer’s Palaeontological Memoirs Vol. II. p. 309 steht, erscheint um so entbehrlicher, da Rhinoceros eiruscus und Jourdani als Arten wegfallen. Charakteristik der Arten. Spec. 1. Rhinoceros (Tichorhinus) antiquitatis Blumenb. Rhinoceros Pallas Novi Comment. Acad. Petropolit. T. XIII. p. 447 Tab. 9,10, Acta Acad. Petrop. 1777. 1.1. p 210. Taf. 9. — Hollmann Commentarü Societat. Got- tingensis T. II. (1753) p. 215 Taf. I, II, ILI-(Ossa trunei et extremitatum). — Zükkert Beschäftigungen d. Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde Bd. 11 (1776) S. 340 Taf. X (Schädel und Oberarm). — Collini Acta Acade- miae Theodoro-Palatinae T. V. Physicum, Mannhemi 1784 p. 89 Tab. IV Fig.1, 2 (Schädel). — Merck Lettre 1. (1782), seconde (1782) et troisieme (1786). — Cuvier Ann. d. Muscum T. VII (1806) p. 19 Pl. VI. Rhinoceros lenensis Pall. ib. T, XVII (1772) p. 585 ed p. 595. Tab. 15 und 16'). 1) Obgleich bereits Pallas das mit einer vollständi- gen, knöchernen Nasenscheidewand versehene Nashorn Rh. lenensis nannte, so wurde doch zeither Rhinoceros antiquitatis Blumenbach für die älteste Bezeichnung ge- halten. Noch neuerdings drang Woodward, ohne Pal- las zu erwähnen, auf Annahme der letzteren statt der spätern, von G. Fischer vorgeschlagenen, irrthümlich Cuvier vindizirten, von den meisten Naturforschern als die anscheinend bezeichnendere angenommenen, Rh. ti- chorhinus. Genauer betrachtet kann aber auch nicht der Blumenbach’sche Name, sondern Rhinoceros lenensis Pal- las als der ältere gelten. Keiner der drei Namen ist übri- gens streng genommen ein bezeichnender. Rhinoceros antiquitatis könnten auch andere Arten fossiler Nashör- ner heissen, während Rhinoceros Merckii auch ein Rhi- noceros tichorhinus ist. Rhinoceros lenensis passt deshalb nicht, weil er einem localen Fundorte entlehnt wurde. Am passendsten würde Rhinoceros lenensis—= antiquitatis =tichorhinus wegen der vollständigen knöchernen Na- senscheidewand als Rh. holotoichus, im Gegensatz zum hemitoichen Rhinoceros Merckii, sich bezeichnen lassen. Da aber der Name Rh. lenensis bisher unbeachtet blieb und Rhinoceros antiquitatis als der zweitälteste erscheint, so dürfte man Woodward nach Maassgabe des Priori- MOoNOGRAPHIE LER TICHORHINEN. 7 Pallas Reise durch verschiedene Provinzen d. russischen Reiches Th. III. S. 97. Rhinoceros antiquitatis Blumenbach Naturgeschichte (1807). Specimen archaeologiae telluris Goettingae 1816. II. p. 11. — Bronn Lethaea 3te Aufl. Bd. III p. 850. — Faleoner Palaeontolog. Memoirs b. Ch. Murchison (1868) Vol. II p.399. — Woodward Geolog. Magaz. new Ser. Dec. II no. 9 p. 399. Rhinoceros sibiricus G@. Fischer Programme sur Ü’ Elasmotherium Moscow 1808. 9. 13... 2. Rhinoceros tichorhinus G. Fischer Zoognos. Vol. III Mosquae 1814. 8 p. 304; Öryctographie de Moscou 1857 fol. p. 114 Pl. II et III; Bullet. d. nat. de Moscou 1829 1. 178 Taf. 18 f. 1, 2 ebd. 1835 p. 618. — Cuvier Rech. sur 1. ossem. foss. nouv. ed. Paris 1822. 4. II. 1p. 43 ed. 8 T. VIII. T. III p. 84 et 136 Pl. 44—47 et 50—52. — H. v. Meyer Palaeontolog. p. 74; Jahrb. f. Mi- neral. 1837 p. 558; 1840 p. 582; 1842 p. 586; 1843 p. 583; 1844 p. 434; 1846 p. 521. — Eichwald Nov. Acta Acad. Caesar. Leop. T. XVII (1835) P. II p. 675 Taf. 61, 62. — Owen British foss. mamm. p. XLI und p. 325 Fig. 120—130; Odontograph. I. p. 138, II. p.34. Pl. 138. — Christol Ann. d. Sc. nat. 1835 V. 193 ib. 1837 p. 87. — Brandt Observationes ad Rhinoce- rotis tichorhini historiam spectantes Mem. de Acad. Imp. d. sc. de St.-Petersb. VIme ser. Sc. nat. T. V. 1849 c. tab. XXV, Bullet. sc. de l’ Acad. d. sc. de $t.- Petersb. T. VII (1848) p. 305, Bullet. sc. de l’ Acad. Imp. d. sc. de St.-Petersb. T. VIII (1849) p. 230, Melang. biol. T. I. p. 41. Neue Untersuchungen ü. al- taische Säugethierreste. Bullet. sc. de !’ Acad. Imp. d. Sc. de St.-Petersb. T. XV. 1870 p.190, Melanges biolog. T.VII. (1870) p. 420.— H.v. Meyer Palaeontogra- phica XI (1864) p. 233 und 243. — Dawkins and Sanford Palaeontogr. soc. Vol. XVIII (1864) p. XXIX. — Giebel Jahresber. d. naturwissensch. Vereins 2. Halle 1850 III. p. 72--157 Taf. 3, Giebel Abbild. u. Beschr. zweier colos- salen Rhinoceros-Schädel. Merseburg 1846. — P. Gervais Zool. et Paleont. fr. 2 ed. P. 89. — Duvernoy Arch. d. Mus. VII. p. 111. — Zittel, Aus d. Ur- zeit LI. S. 509. Fig. 165 (Abb. d. Skeletes). Rhinoceros Pallasii Desmarest. Mammal. p. 402. — J.B. Fischer Synops. Mamm. p. 416. Rhinoceros Cuvieri G. Fischer Keferstein’s Naturgesch. II. $. 223. Rhinoceros de Siberie (Rh. antiquitatis Blumenb. Rh. tichorhinus Fischer 1812, Cuvier 7821) Blainville Osteograph. Rhinoceros p. 97 Pl. 5, 10, 11, 13, 14. Coelodonta Bojei Bronn Jahrb. für Mineral. 1831. $. 51 (Jugendzustand). Hysterotherium Quedlinburgense Giebel Jahrb. f. Mineralogie 1847. S. 54, 450. (Jugendzustand). tätsprinzipes, unter Berücksichtigung des Usus est tyran- | quitatis als die am frühsten entdeckte und sicher fest- nus, um so mehr beistimmen können, da Rhinoceros anti- | gestellte, untergegangene Nashornart anzusehen ist. 8 J. F. BrRAnDT, Atelodus tichorhinus Pomel Calal. 1854 p. 76. Rhinoceros africanus P. Gervais Ann. d. sc. nat. 5° Ser. T. V. p. 156. Rhinoceros leptorhinus de Lunel-Viel Blainville Osteogr. Rhinoeeros Pl. 13. Gryphus antiquitatis Schubert Naturgesch. (1826) 302. Rhinoceros Jourdani Lortet et Chantre Archives du Museum d’histoire naturelle de Lyon. T. I. Livr. 3 (1874 p. 80 Pl. XV bis et Pl. XVter. Hinsichtlich der Synonymie wäre noch zu bemerken, dass, obgleich Gervais a. a. O. erklärte, sein Rhinoceros lunellensis, ebenso wie sein Rrhinoceros der Compt. rend.d. I’ Acad. d. Paris T. XXXVIII p. 550, gehörten zu Rhinoceros tichorhinus, Duvernoy a. a. O. p. 124 dem Rhinoceros lunellensis dennnoch ein eigenes Capitel widmet, worin er Gervais widerspricht und die Meinung äussert: die drei obern Milchbackenzähne, worauf sich der Zunel- lensis stützt, ähnelten denen des Ah. sumatranus und besonders bicornis. — Da nun die Zähne der letztgenannten Arten denen des Rh. leptorhinus und Merckii mehr ähneln, als denen des tichorhinus, so könnten sie möglicherweise auf leptorhinus oder Merckii zu be- ziehen sein. Jedenfalls erscheinen sie zur Bildung einer besondern Art unzureichend, wie Gervais selbst bemerkt. Lartet bezieht übrigens (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII p. 182) Rh. lunellensis ebenso wie (ebd. p. 181) Rhinoceros mimutus Marcel d. Serres, Dubreuil et Jeanjean (Oss. humat. d. Lunel-Viel (1834) p. 142) auf Rhinoceros Mercküi. Man darf in- dessen wohl die Frage aufstellen, ob nicht Rhinoceros minutus möglicherweise auf eine kleinere Form des Zrhinoceros Merck, so etwa auf diejenige zu beziehen wäre, welcher ich das in Pisa aufbewahrte, Taf. IV abgebildete, unter Rhinoceros Merckii beschriebene Schädelfragment zu vindiziren nicht ganz abgeneigt bin. Arhönoceros Merck könnte ja, da er, als ursprünglicher Bewohner des Nordens, in Italien und Frankreich nicht die ihm ganz angemessenen Lebensbedingungen fand, nach und nach verkümmert sein, indem ja auch bekanntlich die Renthiere (die ehemaligen Faunengenossen der Tichorhinen) in gemässig- ten Ländern nicht gedeihen. Morphologische Charakteristik des Zrhrnoceros antıquitatis. Aeussere Theile desselben. Wie bekannt, gehört Rh. antiqwitatis nebst dem Mammuth zu denjenigen untergegan- genen Thieren der sogenannten diluvialen Fauna, von denen man auch bedeutende Reste der Weichtheile, nicht blos Skelete, kennt. Im Jahre 1771 trat nämlich am Ufer des Wi- lui (eines namhaften Zuflusses der Lena) eine Leiche desselben zu Tage, der man, in Folge eines Regierungsbefehls, die in Sibirien vorkommenden Seltenheiten zu sammeln, den Kopf und ein Vorderbein nebst den beiden Hinterbeinen abschnitt. Der Kopf, ein Vorderfuss und der linke Hinterfuss wurde Pallas, der die Leiche selbst nicht sah, 1772 in Irkutzk übergeben. Der gewaltige Gestank, den die fauligen Reste verbreiteten, veranlassten ihn, dieselben in einem heissen Ofen trocknen zu lassen, wobei der Vorderfuss verbrannte, wäh- rend der linke Hinterfuss gleichfalls etwas Schaden litt. Der zweite (rechte) Hinterfuss MOoNnOGRAPHIE DER TIOHORHINEN. 9 war dagegen an die Regierungs-Kanzelei von Jakutzk (nicht Irkutzk) geschickt worden und scheint von Pallas nicht gesehen worden zu sein, da er sonst in seiner Beschreibung nicht ermangelt haben würde, denselben in Betracht zu ziehen. -— Der Kopf war zu Folge der von Pallas aus Irkutzk an die Petersburger Akademie eingesandten Beschreibung und Abbil- dung der erwähnten Reste (Nov. Comment. Acad. Petropol. T. XVII (1772) p. 589 sqq. Tab. XV) grösstentheils mit Haut überkleidet, welche zahlreiche Poren zeigte, aus denen aber nur noch an einzelnen Stellen, rechterseits in der Kiefergegend, 3—4 Linien lange, meist gleichsam abrasirte, graue , nach vorn und unten gerichtete, zu Büscheln gruppirte Haare hervortraten, denen vereinzelte schwarze, steifere zugesellt waren. Die Lippen, eben so wie auch die Ohrmuscheln, fehlten. Hörner hatte man an der Leiche gleichfalls nicht ge- funden, da dieselben, vermuthlich für technische Zwecke, von vorüberziehenden Sibiriaken bereits entfernt worden waren. Die Kopfhaut bot indessen eine eirund-rhomboidale Grube zwischen den Augen für das Stirnhorn und eine andere abgerundet-viereckige für das Na- senhorn. Die noch vorhandenen Augenlieder waren von kreisförmigen Runzeln umgeben. ‘ Im Innern des Kopfes fanden sich Reste der Kau- und Flügelmuskeln mit ihren Sehnen. Hinsichtlich des von ihm untersuchten linken Fusses bemerkt Pallas, dass die Haut desselben noch an vielen Stellen von nach unten gerichteten, ziemlich steifen, abgeriebenen, blassgrauen, ebenfalls büschelförmig vortretenden, 1—3 Linien langen, Haaren besetzt war, die dem Anscheine nach den ganzen Fuss bedeckten und nebst den Kopfhaaren ein Haar- “ kleid darstellten, das bei den lebenden asiatischen Nashörnern und auch wohl bei den afri- kanischen nicht vorhanden sei. Was diese Angabe über den Mangel der Haarbedeckung der lebenden Nashörner anlangt, so ist jedoch zu bemerken, dass Arhinoceros sumatranus wenigstens zerstreute Haare in Menge besitzt. Da ich nicht, blos den Kopf nebst dem Fuss der wiluischen Leiche im Museum der Akademie der Wissenschaften in demselben Zustande vorfand, wie sie Pallas schil- derte, sondern auch noch ein zweiter (rechter) von ihm weder beschriebener, noch abge- bildeter, weit besser erhaltener, vollständiger Hinterfuss (wohl ohne Frage der oben er- wähnte, vermuthlich von der Jakutzker Verwaltung an die Akademie gesandte) im genannten Museum vorhanden ist, war ich bereits im Stande, in meinen Observationes p. 3 bis p. 34 nicht nur den schon von Pallas beschriebenen und abgebildeten Kopf und linken Fuss, sondern auch den rechten zu schildern und, mit Ausschluss des linken, von Pallas abgebil- deteten, defectern Fusses, von neuem, bildlich darstellen zu lassen. Meine Untersuchung der Reste beschränkte sich übrigens nicht blos auf die äussern Theile, sondern berücksichtigte auch die histologischen Verhältnisse der verschiedenen anatomischen Systeme (ebd. Cap. VI p- 62 sqq. Tab. V, VI, XII), bei welcher Gelegenheit in den feinen Blutgefässen sogar noch röthliche Blutkörperchen gefunden wurden. Den Kopf des Rhinoceros antiquitatis (ebd. p. 12 Tab. I—III) finde ich nach Maass- gabe seiner Höhe, namentlich vorn, dem der afrikanischen Naskörner ähnlicher, als dem der asiatischen, jedoch ist er, besonders im Betreff des Schnautzentheils, mehr verlängert, Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Serie, 2 10 J. F. BrANDT, während seine Augen sich mehr nach hinten befinden. Von dem des Rhinoceros sumatramus weicht er, besonders vorn, durch grössere Höhe und von der Stirn entfernter und niedri- ger stehende Augen ab. Er gleicht zwar dem des Rhinoceros sondaicus hinsichtlich der Höhe mehr, als dem des sumatranus, ist aber doch höher, als bei Rlhinoceros sundaicus und unterscheidet sich, wie von dem des Rhinoceros sumatranus, durch die von der Stirn entfern- tern, niedriger stehenden Augen. — Die ihn umkleidende Haut ähnelt der der afrikanischen Nashörner, ist glatt und ohne Spur von grössern Warzen, bietet aber eine grosse Menge zahlreicher, zerstreut und ziemlich dicht stehender ansehnlicher Poren. Jede derselben liess, wie die mehrzähligen, die Poren häufig ausfüllenden, kurzen Haarstummel (als Reste von ab- gebrochenen Haaren) zeigen, früher je einen Büschel von Haaren heraustreten. Die Haare waren aber in ihrem normalen Zustande nicht, wie Pallas angab, nur 2—3 Lin. lang, sondern viel länger. Ich fand nämlich in zwei, den Seiten des Kopfes fest anhängenden, von Pallas nicht erwähnten, Erdklümpchen noch mittelst der Epidermis ihrer gemeinsamen, sackför- migen (d. h. durch Einstülpung der Haut entstandenen) Ursprungsstelle zu Büscheln ange- ordnete, längere und kürzere, dünnere und steifere Haare von hellröthlich-brauner Farbe, deren bis gegen 20 in den einzelnen Büscheln vorhanden waren, wovon die längsten eine Länge von 1 bis 1'/,” besassen. Auch zwei einzelne lange, steife, schwarze Haare, wie sie Pallas erwähnte, gelang es mir, zu entdecken. Dieselben dürften vielleicht als Homo- loga der langen, schwarzen, borstenähnlichen Haare gelten können, die vereinzelt aus dem Wollpelz des Mammuth (siehe meine Bemerkungen im Bull. sc. T. X (1866) p. 109 und Mel. biol. T. V p. 577) hervortraten. Die Höhe der Haardecke des Kopfes dürfte demnach gegen oder über einen Zoll betragen haben. Es steht daher zu vermuthen, die noch unbe- kannte Haardecke des Rumpfes sei noch beträchtlicher gewesen und habe sich der des Mammuth genähert, wenn sie auch kürzer gewesen sein möchte, da die Haare, welche den untersten Theil der Mammuthfüsse des Museums der Akademie bekleiden, weit länger sind, als die der Füsse der wiluischen Nashornleiche. Einer meiner frühern Zuhörer, der in Nord- sibirien lebt, erzählte mir übrigens von einer gemähnten Nashornleiche, deren Reste er ge- borgen habe. Er verliess indessen St. Petersburg, ohne dass es mir gelungen wäre, etwas Nä- heres über seinen Fund und das Schicksal desselben zu erfahren, was sehr zu bedauern ist. Die beiden, von Pallas erwähnten, mit Papillen besetzten, zur Insertion der beiden Hörner bestimmten Hautgruben sind am Kopfe (siehe Observ. p. 17 sgqqg. Tab. I und Tab. II. Fig. 1) noch wohl erhalten. Ihre Grundlage besteht aber keinesweges, wie Pallas meinte, aus blossem Periosteum, sondern aus verdünnter Lederhaut und einer sie deckenden Epi- dermis, die auf ihrer Aussenfläche mit aus der Cutis entspringenden Papillen dicht besetzt ist (Observ. p. 18 Tab. V. Fig. 14—16), welche offenbar die Ernährung und Be- festigung der Hörner vermittelten. Der schon von Pallas als defect bezeichnete linke Hinterfuss (Observ. p. 31— 33) bietet nicht nur auch jetzt die vom genannten Naturforscher geschilderten Spuren von Behaa- rung, sondern trägt auch zwischen zwei Zehen einige noch intacte, nur 1—2 Mm. lange, Br .” £ > ° ME, ’ = 4 Par * MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 11 Haarbüschel. Der erwähnte rechte, wie bereits gesagt, offenbar erst nach der Veröffent- lichung der Pallas’schen Beschreibung des Kopfes und linken Fusses der am Wilui ge- fundenen Nashornleiche, in das Museum der Akademie gelangte Fuss (Observ. p. 29 Tab. III. fig. 2, 3 et Tab. IV) besitzt, wie der Kopf, eine ganz glatte, von häufigen, für die Aussen- dung von büschelständigen Haaren bestimmten, Poren durchbrochene Hautdecke. Viele der Poren enthalten zwar eine Menge wie abrasirter, bündelförmig gruppirter Haarstummel; fest in ihren gemeinschaftlichen Säckchen (Einstülpungen der Haut) sitzende und in Bü- scheln daraus hervortretende, mehr oder weniger vollständige Haare bietet derselbe jedoch nur an einer einzigen Stelle in einer linkerseits über dem Hacken gelegenen Vertiefung, die vor meiner Untersuchung von Erde bedeckt war, welche die Haare verbarg und conser- virte. Auf einem noch kleinern Raume der genannten haartragenden Stelle stehen die der Haut mehr oder weniger anliegenden, mit nach unten gerichteten, freien Enden versebenen Haarbüschel sogar noch so dicht, dass sie die Haut völlig decken. Die Farbe sämmtlicher Haare ist (wenigstens gegenwärtig) eine schmutzig-gelbliche, ins Weissliche ziehende. Ob aber diese.Färbung eine natürliche war, oder eine verblichene sei, bleibt zweifelhaft. Die Länge der längsten, an Länge sehr verschiedenen, mehr oder weniger steiflichen und geraden, einzelnen Haare beträgt S—10 Millimeter. Viele der Haare erscheinen indessen keineswegs intact. Der Vergleich der eben geschilderten Haare des Unterfusses mit den oben beschriebenen des Kopfes beweist übrigens, dass die Füsse weit kürzere, wie es scheint, weit mehr anliegende, Haare trugen, als der Kopf. — Am beschriebenen Fusse fehlen übrigens sämmtliche Hufe, die auch Pallas am linken Hinterfusse bereits vermisste. Vermuthlich hatten sich dieselben schon von den Zehengliedern getrennt, als man die Füsse vom fauligen Cadaver abschnitt. Da, wie bemerkt, die Leiche des wiluischen Nashorns, als man zur Bergung ihres Kopfes und dreier ihrer Füsse schritt, leider keine Hörner mehr hatte, so kann man nach Maassgabe der Gestalt der, auf der obern Fläche des Kopfes für ihre Insertion bestimmten, oben erwähnten Hautgruben, nur annehmen, der Basaltheil des Nasenhorns sei am Grunde abgerundet-viereckig, der des Stirnhorns aber rhomboidalisch gewesen. — Im Museum der Akademie befinden sich zwei vollständige, einander ähnliche, am Grunde mehr oder weni- ger abgerundet-quadratische Hörner, die wohl als Nasenhörner betrachtet werden können. Das eine (Observ. ad Rhin. tichorhinutm p. 45 Tab. VILI. Fig. 1—3) bietet eine Länge von 2 Fuss 9 Zoll 10”, am Grunde von vorn nach hinten gemessen einen Durchmesser von 7'/,, von einer Seite zur andern aber von 6'/, Par. Zoll. Sein Durchmesser in der Mitte beträgt 3'/, Zoll. Die Gestalt desselben ist vom Grunde bis zum Ende kegelförmig. Seine allmählich, jedoch nur schwach, verdünnte Endhälfte erscheint nur mässig gebogen. Der Umstand, dass es mit einem Schädel des für Sibirien als überaus häufig nachgewiesenen Rhinoceros anti- quwitatis gefunden wurde, lässt dasselbe als ein dieser Art angehöriges Horn mit völliger Sicherheit ansehen. . Das zweite, 1 Fuss 10 Zoll lange (ebend. p. 47 Tab. VII. Fig. 4—6) gehört offenbar I* 12 J. F. BrAnNDT, derselben Art an, weicht jedoch durch eine stärkere Biegung und die etwas längliche, weniger streng quadratische, untere Fläche (Insertionfläche) ab. — Da ausser den beiden, so eben beschriebenen vollständigen Hörnern im akademischen Museum noch sechs durch Behauen von den Bewohnern Sibiriens künstlich abgeplattete, früher selbst von Naturfor- schern für normale gehaltene, Hörner (Observ. p. 52 etc. Taf. IX, X) aufbewahrt werden, die gestaltlich einander ähneln, so wie auf Aehnlichkeit mit den Nasenhörnern hinweisen; da ferner kein Grund für die mögliche Behauptung vorliegt: alle sechs seien Nasenhörner gewesen, so würde vielleicht die Vermuthung gewagt werden können: es fände sich darun- ter auch das eine oder andere Stirnhorn. Wäre eine solche Vermuthung zulässig, so dürfte wohl die Annahme gestattet sein: die Stirnhörner seien, mit Ausschluss ihres Basaltheiles, den Nasenhörnern nicht gar unähnlich gewesen. CGraniologische Kennzeichen. Der Schädel des Arhinoceros antiquitatis ist in meinen Observationes nach so umfassen- den Materialien ausführlicher, als sonstwo, beschrieben und auf mehrern Tafeln erläutert worden, dass es überflüssig scheint, eine neue ausführliche Charakteristik desselben zu lie- fern. Ich beschränke mich daher hier auf die Angabe der von mir daran wahrgenommenen Unterschiede von dem des Rhinoceros Merckii, obgleich selbst die Mittheilungen von Pal- las, Cuvier, Blainville, Giebel und H. v. Meyer ihn theilweis eingehender schilder- ten, als es nachstehend von mir geschah. Der Vergleich der zahlreichen Schädel des Rhi- noceros antiquitatis mit dem von Owen, so wie von-H. v. Meyer und neuerdings von W. Woodward, dann mit den in Florenz und Pisa aufbewahrten, meist von Falconer be- schriebenen und dem mir vorliegenden irkutzker des Rhinoceros Merckii, ergab, dass die Schädel der beiden genannten Arten im Habitus einander ähneln; eine Aehnlichkeit, welche auch hinsichtlich der unter den beiden vertieften, zur unmittelbaren Insertion der Hörner bestimmten Hautstellen (siehe meine Abhandlung Observ. ad Rhinocerotem tichorhinum spec- tantes Tab. I. und II. Fig. 1), befindlichen, eigenthümlichen Rauhigkeiten (Hornstühle H. v. Meyer) sich bekundet. Dieselben verhalten sich nämlich bei beiden genannten Arten im Ganzen fast gleich. Bei sehr alten Individuen ist die auf dem Stirntheil wahrnehm- bare, mit der auf dem Nasentheil befindlichen vereint, während ebenfalls beide sehr stark hervortrende Rauhigkeiten besitzen. Bei jüngern Thieren sind dagegen die Rauhigkeiten schwächer und mehr oder weniger durch einen glatten Raum geschieden, so dass sie bei den jüngsten am wenigsten rauh, jedoch am meisten getrennt, erscheinen, was natürlich mit der geringern Entwickelung und Annäherung der Basaltheile der Hörner derselben zusam- menhängt. Das Verhalten der rauhen Stellen als vom Alter abhängiger Unterschied kann also nicht als artliches Kennzeichen gelten, wie man wohl gemeint hat. Trotz der allgemeinen typischen Uebereinstimmung, welche sich an den Schädeln des Rhinoceros antiquitatis seu tichorhinus und Merckii wahrnehmen lässt, bieten dieselben indes- sen sehr auffallende Abweichungen von einander, namentlich hinsichtlich des Schnautzentheils. MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 73 Der Schädel des Rh. antiquitatis erscheint verhältnissmässig im Allgemeinen etwas weniger gestreckt, und besonders in seinem Schnautzentheil etwas niedriger, vorn breiter, und dort gleichzeitig, von oben gesehen, viereckig. Der Hinterhauptstheil ist ebenfalls et- was breiter und überragt nach hinten mittelst seines obern Theils die Condylen. Die Hin- terhauptschuppe neigt sich stark nach hinten. Die Schläfengruben sind schmäler und durch einen etwas breitern Zwischenraum getrennt. Der hintere Stirntheil des Schädels zeigt oben einen winkligen Eindruck. Die unter den für die Insertion der Hörner bestimmten Hautgruben befindlichen Stellen bieten, selbst auf den Schädeln sehr alter Individuen, etwas weniger ansehnliche Rauhigkeiten. Der von oben gesehen viereckige, wenig gewölbte, mässig nach vorn und unten gebogene, mit vorspringenden, oben nur mit einer Sehr kurzen Längsfurche durchzogenen, äussern Winkeln und geraden Seitenrändern versehene Nasen- theil besitzt auf seiner obern Fläche eine mehr oder weniger entwickelte, zum vordern Nasenrand verlaufende, sehr schmale, centrale Längsleiste. Der weit breitere vordere Na- senbeinsaum ist jederseits schwach, aber breit ausgerandet, wodurch er in zwei seitliche grössere, aussen geradrandige, Theile und einen mittlern kleinern, höckerartigen zerfällt, welcher meist. mit der oben über der Mitte der Nasenbeine verlaufenden Längsleiste sich vereint. Die nur etwas mehr als '/, der Schädellänge an Länge bietende, also kürzere, halbmondförmige, unten gerad-, oben bogenrandige, Nasenöffnung ist vorn viel niedriger und weniger überwölbt. Die knöcherne, vollständige, nicht blos die Nasenbeine, son- dern hinten auch den vordern Theil der Stirnbeine stützende, bis zum Vomer reichende Nasenscheidewand erscheint vorn noch nicht halb so hoch, als in ihrer Mitte und bietet einen vordern, niedrigen, schräg abgestutzten, von oben sehr schräg nach unten geneigten, breitern Rand. Der hinterste, noch vollständige, Theil der Nasenscheidewand liegt theil- weis noch unter dem horntragenden Theil der Stirnbeine und ist mit dem Vomer vereint. Das Foramen infraorbitale erscheint eiwas mehr nach hinten und vom Nasenloch entfernter. Der vordere Augenrand befindet sich über dem hintersten Backenzahn. Der vordere, zahn- lose Theil der Oberkiefer ist von einer Längsfurche durchzogen. Die vordersten Enden der Zwischenkiefer convergiren nicht unmittelbar (ohne Anschwellung ihrer Enden) in einen spitzen Winkel, sondern ihre verdickten, breiteren Endtheile bilden im Verein mit dem vordern Saume der knöchernen Nasenscheidewand eine Art querer, vorn tetraganer und in der Mitte mehr oder weniger kielartig vorspringender Knochenbrücke, deren unterer, in der Mitte bogenförmiger, winkliger oder etwas ausgeschweifter, Saum vorn die Foramina incisiva begrenzt. Der Grundtheil des Hinterhaupts zeigt unten eine Leiste. Die Flügelbeine sind etwas niedriger, stärker nach vorn geneigt und stehen, wie die Fora- mina pterygopalatina, von einander etwas weiter entfernt. Die Choanenöffnung bietet da- her eine grössere Breite. Die Jochbeine erscheinen schwächer und niedriger. Die etwas kürzeren Foramina ineisiva werden durch eine perpendiculäre Scheidewand meist auch un- ten völlig von einander geschieden. — Der Unterkiefer ist, namentlich vorn, dünner. Die Winkelfortsätze desselben sind kleiner, hinten weniger höckerig und schwächer nach aussen 14 J. F. BRAnDT, und unten gebogen. Die weniger angeschwollenen Aeste bieten aussen unter den Alveolar- rändern bis zur Mitte eine stärkere Vertiefung. Der freie, vordere, weit niedrigere,an den Seiten geradrandige Theil der Symphyse erscheint als dünnere, etwas längere, breitere, von oben nach unten zusammengedrückte, daher im Querdurchschnitt längliche, auf der untern, fast ebenen, Fläche eine centrale, mehr oder weniger umgekehrt-herzförmige Grube bietende Platte, von deren vordern Rande die Backenzähne etwas entfernter stehen. Bemerkenswerth er- scheint indessen, dass bei manchen Individuen, so bei einem am Westend bei Charlotten- burg gefundenen Kieferfragment des Berliner mineralogischen Museums (siehe Taf. III Fig. 1 und 2) die Kieferäste und die Symphyse als schwache Annäherung an ZRhinoceros Merckiti etwas dicker als gewöhnlich erscheinen. Hinsichtlich des Zahnbaues der Rhinoceroten bemerkt, wie mir scheint, H. v. Meyer, mit Recht: es wolle selbst bei den gründlichen Untersuchungen, die wir Pallas, Cu- vier, Fischer, Kaup, Christol, Owen, Blainville, Brandt, und wie noch hinzuzu- fügen ist, Giebel, so wie H. v. Meyer selbst darüber verdanken, nicht gelingen, sich des- selben mit Sicherheit als völlig ausreichendes Artkennzeichen zu bedienen. Wem ein grosses Material im Betreff des Zahnbaues der Nashornarten vorliegt, wird sich in der That der Wahrnehmung nicht entschlagen können, dass die völlig genaue Unterscheidung derselben nach dem Bau ihrer Backenzähne Schwierigkeiten bietet, die mit der Grösse des Materials, wegen ihrer häufigen Variationen, sich eher vermehren, als vermindern. Die genauere Untersuchung der obern Backenzähne, welche man vorzugsweise mit Recht in Betracht zog, ergiebt namentlich, dass ihre Thäler, eben so wie ihre Schmelzschichten, selbst bei homologen Zähnen desselben Individuums, Abweichungen hinsichtlich ihrer Ge- stalt und Grösse zeigen, welche in Folge der oft ungleichen Abnutzung ihrer Kronen zahl- reiche Variationen hinsichtlich des Verhaltens der Schmelzalveolen wahrnehmen lassen. Giebel (Jahresber. d. naturw. Vereins z. Halle 1850 (Berlin 1851 p. 90) bemerkt: der specifische Charakter der obern Zähne des Rh. tichorhinus liege in der Anwesenheit eines nach innen, bei den ersten beiden zugleich auch nach vorn, geöffneten, in Folge der Abnutzung früher, als bei den lebenden Arten, sich schliessenden Thales, in der Anwesen- heit einer mittlern, rundlichen, ovalen, drei- oder vierseitigen, meist vom Thale völlig ab- geschlossenen oder in dasselbe sich öffnenden Grube und einer ähnlichen hintern, anfangs nur als Ausschnitt vorhandenen, später aber weiter vom Rande sich entfernenden. H. v. Meyer, welchem wir in den Palaeontograph. Bd. XI Tafel XLI schöne, ergän- zende Mittheilungen und Abbildungen zur nähern Kenntniss des Zahnbaues des Rhinoceros tichorhinus verdanken, ist (a. a. O. 5. 248) anderer Meinung. Als Hauptmerkmale der Backenzähne werden nämlich von ihm folgende angeführt: 1) Die dicke Üementlage, welche die Kronen aller Backenzähne umgiebt, 2) die bei alten Thieren durch Abnutzung auf der Oberfläche der Krone der Backenzähne in der Dreizahl bemerkbaren, von Schmelz umge- benen Vertiefungen und 3) die deutlichere Entwickelung des mittlern und hintern, innern Hügels der untern Backenzähne. An einer andern Stelle bemerkt er übrigens: Rhinoceros MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 15 tichorhinus unterscheide sich vom Rhinoceros Merckii durch die geringere Grösse seiner Backenzähne, die weniger bedeutende Anschwellung ihrer Kronen und den am Grundtheil seiner Krone (wie bei Ah. simus) rechtwinkligen, hinten gefurchten, letzten obern Backenzahn. Obgleich ich bereits in meiner Arbeit: Observationes ad Rhinocerotis tichorhini histo- riam spectantes p. 225 bemüht war, auf Grundlage zahlreicher Materialien diejenigen Kenn- zeichen zu ermitteln, wodurch der Zahnbau der genannten Art von dem der andern leben- den und fossilen Arten sich im Wesentlichen unterscheidet, so konnte ich doch damals, weil die Selbständigkeit des Rhinoceros Merckii, namentlich seine Verschiedenheit vom echten Rhinoceros leptorhinus und Rh. antiquitatis, nicht gehörig nachgewiesen war, die erstgenannte Art nicht gebürend berücksichtigen. Ich sehe mich daher veranlasst, meine früheren Untersuchungen zu ergänzen. Es ergab sich hierbei, dass der Zahnbau des Rhi- noceros antiquitatis s. tichorhinus, mit dem des Mercki verglichen, folgende, wie es mir scheint, unterscheidende Charaktere von grösserem oder geringerem Werthe bieten möchte. Die in mehr oder weniger geraden Reihen stehenden Backenzähne des Rhinoceros an- tiquitatis sind kleiner, von einer ansehnlichern Cementlage umgeben, so wie aussen und innen weniger convex und mit dünnern Schmelzwänden und Schmelzfalten versehen, als bei Rh. Merckü. Die grossen Thäler der obern Backenzähne des Rh. antiqwitatis werden von Schmelzwänden gebildet, deren äusserer, innen zugerundeter, centraler Endtheil keine Zacken aussendet, wenigstens dies nur sebr ausnahmsweise, mittelst eines einzigen Zackens, thut. Bei den abgenutzten Kronen der obern Backenzähne sieht man, selbst auf dem letz- ten, meist drei, seltener nur zwei Schmelzringe. Die Krone des letzten obern Backenzahns erscheint bei starker Abnutzung rhomboidal. — Die schmälern und dünnern Zähne des Unterkiefers besitzen weit tiefere, innen bogenrandige Schmelzthäler. Die vordere innere Ecke der Krone des letzten Zahnes tritt nicht nach innen vor. Wenn nun aber auch Rhinoceros antiguitatis und seine Gattungsgenossen mehr oder . weniger beachtenswerthe Unterschiede im Zahnbau aufweisen, so treten dieselben doch nicht durchgreifend-charakteristisch so hervor, als die an Schädeln wahrnehmbaren Kenn- zeichen; wie dies auch schon der treffliche H. v. Meyer fühlte. Schilderung der Skelettheile des Rumpfes und der Extremitäten. Wie schon bemerkt, enthalten meine Observationes nur die ausführliche Beschreibung des Schädels, denn als sie verfasst wurden, fehlte es zu einer ähnlichen eingehenden Schil- derung der Skelettheile des Rumpfes und der Extremitäten an ausreichenden Materialien. Hollmann, Cuvier und Blainville haben zwar die Abbildungen und Beschreibun- gen vieler Knochen des Rumpfes und der Extremitäten geliefert, jedoch sind viele dersel- ben nur kurz geschildert worden, während manche ihrer Darstellungen nach defecten Exem- plaren gemacht sind. Wegen der nahen Verwandtschaft des Rhinoceros antiquitatis und Merckiüi und des nicht seltenen Zusammenvorkommens der Reste beider in gleichen Schich- 16 J. F. Branpır, ten ein und derselben Länder, ja nicht selten an denselben Orten, darf man übrigens, sogar an die Möglichkeit der Verwechselung der Reste beider Arten denken, selbst wenn man auch dieselbe nur auf einzelne Fälle zu beschränken haben dürfte. Giebel (a. a. O,) beschrieb zwar später die meisten Knochen des Rumpfes und der Extremitäten des Rhinoceros antiquitatis mehr oder weniger ausführlich und verglich sie ‘mit denen anderer Nashornarten, lieferte jedoch keine Abbildungen derselben, ohne welche, selbst wenn die gründlichsten Schilderungen vorliegen, eine völlig klare Vorstellung nicht ermöglicht wird. Es schien mir deshalb wünschenswerth, das im Museum zu München be- findliche, fast ganz vollständige, im Betreff seiner meisten Theile wohl erhaltene, ohne allen Zweifel dem Rhinoceros antiquitatis angehörige, Skelet zu benutzen, welches man in Batern im Innthale beim Kronberger Hof, unweit Aschau, mit Resten von Zquus, Elephas primige- nius, Bos priscus?, Cervus tarandus und elaphus ausgrub'). Ich wandte mich daher an Herrn Akademiker Professor Zittel, der die grosse Güte hatte, treue Gypsabgüsse der wichtigsten Theile des Rumpfes und der Extremitäten des genannten Skeletes nebst einer photographischen Darstellung desselben anfertigen zu lassen und mir für meine Arbeit zu übersenden, während Herr Professor Giebel, da, mit Ausnahme eines Fragmentes des Gelenktheiles, wovon ich Taf. VII fig. 13 eine Abbildung mittheilte, am Münchener Skelet die Schulterblätter fehlen, diesen Mangel durch Mittheilung der Zeichnung eines Schulter- blattfragmentes nach Möglichkeit zu ergänzen die Gewogenheit hatte. Zur vollständigen Kenntniss des Knochenbaues der Hinterfüsse verhalf mir übrigens die sorgfältige Heraus- nahme der bereits zum grossen Theil entblössten Knochen des linken Hinterfusses der am Wilui gefundenen Leiche?). Ich bin daher im Stande, als Ergänzung meiner craniologischen Mittheilungen, mit Ausnahme weniger Knochen, eine, wenn auch nicht völlig erschöpfende, doch ziemlich vollständige Beschreibung der Skelettheile des Rumpfes, ebenso wie der Ex- tremitäten des Rhinoceros antiquitatis zu liefern und dieselbe durch Abbildungen zu erläutern. Da selbst die trefflichsten, auf photographischem Wege entworfenen, Darstellungen _ viele Details nicht mit der wünschenswerthesten Schärfe wiederzugeben vermögen, so glaubte ich mich hierbei, hinsichtlich der Darstellung des ganzen Skeletes, nicht auf die Münchener Photographie beschränken zu können, sondern liess auf Grundlage derselben, unter Zu- ziehung der mir zu Gebote stehenden Knochen oder Gypsabgüsse derselben, eine zweite Abbildung des Skeletes entwerfen, welche auf Tafel X mitgetheilt wurde. Dieselbe bietet gleichzeitig durch den sie umgebenden lineären Umriss, wozu der Kopf, die beiden Füsse, und Haarreste der wiluischen Leiche, nebst Hörnern benutzt wurden, den Vortheil, eine, wenn 1) Die Knochen lagen über eine Fläche von unge- | dessenungeachtet, da seine Haut noch dehnbar war, mit fähr 10 Quadratmeter vertheilt in einem graublauen | Hülfe von Papiermasche wieder trefflich hergestellt, so Thon der Pflanzenreste enthält, die in eine 1,1 M. be- | dass die Knochen desselben, namentlich hinsichtlich der tragende Torfschicht übergehen (Zittel, Sitzungsber. | Vollständigkeit der Zehenglieder, ein zweites, ebenfalls der Münchener Akademie Jahrg. 1874 p. 273). bisher einziges, Präparat des Museums der St. Peters- 2) Die ursprüngliche äussere Gestalt des Fusses wurde | burger Akademie bilden. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 17 auch allerdings nur annähernd richtige Vorstellung vom Gesammtbau der fraglichen Art zu | vermitteln. Allgemeine Bemerkungeu über den Skeletbau. Die Vergleichung des Skeletes des Rhinoceros antiquitatis seu tichorhinus mit dem der lebenden Nashörner weist im Allgemeinen auf eine typische Uebereinstimmung hin, ob- gleich eine eingehendere Betrachtung seines Baues dafür spricht, dasselbe sei plumper und dicker als das der lebenden Arten gewesen. Der Schädel!) des Rhinoceros antiquitatis, wie der der bisher sicher feststellbaren zwei- ten Art der Gruppe der Tichorhinen (des Rhinoceros Merckit), erscheint aber, wie oben be- merkt, abweichend von dem der lebenden Nashörner, selbst von den ihm, wie es scheint, näher als die asiatischen gestandenen afrikanischen, gestreckter und verlängerter. Sein Schnaut- zentheil dacht sich vorn allmäliger und stärker ab, so dass er, namentlich ganz vorn, viel niedriger erscheint. Auch kennzeichnet sich derselbe noch besonders durch die vollständig verknöcherte Nasenscheidewand. Der Unterkiefer stellt eine Art Mittelform zwischen dem der afrikanischen und asiatischen Nashörner dar. Die namhafte Symphyse desselben, na- mentlich noch mehr die des Ahinoceros antiquitatis, erinnert an die asiatischen. Die Gestalt des Kopfes, in so weit sie sich mit Hülfe des wiluischen Kopfes (siehe meine Observationes Tab. I--III) und der natürlichen Hörner herstellen liess, erinnert stark an die afrikani- schen Nashörner, so dass also die Beziehungen zu den afrikanischen Nashörnern vorwalten. Die Wirbel erscheinen in allen ihren Theilen dicker und massiver, als bei den leben- den Nashörnern, vielleicht mit Ausnahme von Arhinoceros simus. Die Rippen sind höher, dicker und breiter. Die am meisten mit denen des Rhinoceros simus übereinstimmenden Schenkelknochen charakterisiren sich durch ihre Kürze, Dicke und Breite. Das Schulter- blatt erinnert an das von Rhinoceros bicornis. Der Umstand, dass Rhinoceros antiquitatis zwei mächtige Hörner besass, von denen wenigstens das bis jetzt, seiner unversehrten Ge- stalt nach, sicher bekannte vordere dem des Rrhinoceros bicornis ähnelte, deutet ebenfalls auf eine Beziehung zu dem letztern hin. Wenn nun einerseits der Skeletbau darauf hinweist, Ahinoceros antiquitatis sei kein eben grösseres, nur plumperes, dickeres Thier gewesen, als die meisten lebenden Nashörner, so unterschied es sich doch schon äusserlich ganz besonders von ihnen durch seine dichte, aus büschelständigen Haaren gebildete, auf den Unterfüssen nur kurze, auf dem Kopfe weit längere, auf dem Rumpfe also wohl noch längere, angeblich sogar eine Mähne darstellende Haardecke, abgesehen von so mannigfachen osteologischen, namentlich craniologischen, Kennzeichen. 1) Bemerkenswerth erscheint, dass der Schädel des ed. Pl. 45 Fig. 1) copirte, in meinen Observationes Tab. 5 münchener Skeletes zu den kurzköpfigeren gehört, wie | XIII Fig. 1, 2 von neuem dargestellte, am Flusse Tschi- z. B. der schon von Pallas, Nov. Comm. T.XVIIp.600 | koi gefundene. erwähnte, Tab. XVI abgebildete, bei Cuvier (Rech 4 Memoires de l’Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. 3 18 J. F. BrAnDTr, Halswirbel. Der Atlas. Tafel VI, Figur 4—7. Der Atlas wurde zuerst von Hollmann schon vor 125 Jahren (Comment. Soc. Gotting. T. 11.(1750) p. 250) ausführlich beschrieben und sehr kenntlich auf Tab. I. Fig. 3, 4,5, 10 abgebildet, so dass selbst Cuvier (Annal. d. Mus. VII. Rhinoceros Pl. VIII, dann Rech. s. I. ossem. foss. ed. 4. Fig. 78. T. III. p. 143. Pl. 46. Fig. 6—8) und Blainville (Osteogr. Rhinoceros Pl. V) seine Figuren zur Erläuterung ihrer kurzen Beschreibungen copirten. Ich vermag jedoch Blainville (p. 104) nicht beizustimmen, wenn er daran zweifelte: die Hollman’schen Wirbelreste gehörten einem Rhinoceros antiquitatis an, da sie nicht von den münchener Abgüssen desselben, wohl aber von denen anderer Rhinoceroten, abweichen. Später hat Giebel (Jahresbericht d. naturwissenschaftl. Vereins zu Halle. Jahrg. III. Ber- lin 1851 p. 91) eine sehr umständliche Beschreibung desselben veröffentlicht. Dessenunge- achtet schien es mir nicht überflüssig, auf Grundlage eines münchener Gypsabgusses fol- gende, von Abbildungen begleitete, Bemerkungen darüber mitzutheilen. Der Atlas zeichnet sich durch die kräftige Entwickelung, namentlich Dicke und Höhe seines unten gewölbten, wenig rauhen Körpers, ferner durch die ansehnlichen, breiten, innen von einander entfernt stehenden, Gelenkgruben für das Hinterhaupt, so wie durch die nicht sehr rauhen, dicken Flügelfortsätze aus. Durch die horizontale Richtung der genannten Fortsätze stimmt er mit dem des Rhinoceros indicus und javanus, weniger mit dem vom bicornis überein. Von den Atlanten der drei genannten Arten weicht übrigens der des Rhinoceros antiquitatis durch seinen viel breitern, oben mit einer nur unmerklichen, flachen Grube versehenen, diekern, rundlichen, höckerartigen, vorn nur schwache Leisten bietenden, Dornfortsatz ab. Hinsichtlich der einander genäherten Foramina vertebralia ähnelt er dem des Ih. indicus, durch den vorn jederseits zwischen dem Flügelgrunde und dem Gelenktheil befindlichen, beim Rh. indicus und bicornis durch keinen Canal ersetzten, Ausschnitt dem des Ah. javanus, welchem er auch sonst nicht unähnlich ist; obgleich er auch von ihm ab- weicht, so unter andern besonders durch den hinten und unten aus seinem Körper hervor- tretenden, vorn leistenlosen, dickern, rauhern, zitzenförmigen Fortsatz und die sehr schwach vertiefte obere Fläche der Flügelfortsätze. — Von einem aus Samara stammenden, sehr grossen Atlas (Tafel XI, Fig. 1,2), welchen ich dem Rhinoceros Merckii zuzuschreiben ge- neigt bin, unterscheidet sich derselbe: durch die kleinern, weniger tiefen, oben am Grunde weiter auseinanderstehenden, mit weit dünnern, obern Seitenrändern versehenen, etwas kürzern Gelenkgruben für das Hinterhaupt, die weniger nach aussen tretenden Flügelfort- sätze, deren oberer, etwas kürzerer Saum mit dem Körper einen spitzen, hinten gerunde- ten, Winkel bildet, und durch den unten schmälern, mehr comprimirten hintern, untern, zitzenförmigen Fortsatz. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 19 Der Epistropheus. Taf. VI Fig. 8—10. Auch der Epistropheus wurde zuerst von Hollmann (a. a. O. p. 222 — 23) be- schrieben und (Tab. I Fig. 6, 7) kenntlich abgebildet. Cuvier (a. a. O. p. 144) lieferte eine Beschreibung desselben nach Hollmann, dessen Figuren er auch (Pl. 45 Fig. 8, 9) copirte, und nach der Abbildung (Pl. 52 Fig. 9, 10) von Madem. Morland. — Giebel (a. a. ©. p. 95) hat denselben umständlich beschrieben. Da indessen Cuvier’s Mittheilungen auf unvollständigen Resten beruhen und Giebel gar keine Abbildungen lieferte, mir aber vom münchener Skelet ein schöner Abguss des Epistropheus zu Gebote steht, so dürfte eine neue, durch Abbildungen erläuterte, Beschreibung, besonders zum Vergleich mit dem ihm entsprechenden Wirbel des Rhinoceros Merckii, um so wünschenswerther erscheinen. Giebel unterscheidet ihn von dem des capschen Nashorns durch den enormen Kamm der untern Körperfläche (was nach meiner Ansicht auch im Betreff des Rhinoceros Javanus gilt), dann, dass er (wie auch bei Ah. javanus Br.) in keiner gelenkartigen Verbindung mit dem . hintern, frei herabhängenden, zitzenförmigen Forsatz des Atlasses steht. Die Atlasgelenk- flächen entsprechen, abweichend von denen der noch lebenden Arten, denen am Atlas. Der Zahnfortsatz ist wohl kurz und dick, aber nicht spitz. Die Querfortsätze finde auch ich kurz, aber quadratisch und gleich breit. Gegen die Angabe von Giebel erscheint die Basis der Querfortsätze beim münchener Gypsabguss von einem Gefässkanal durchzogen. Der sehr grosse, rhomboidale, kammförmige Dornfortsatz steigt allerdings, wie Giebel bemerkt, sehr steil nach oben, verdickt sich sehr stark nach hinten, bietet jedoch auf seiner obern, sehr rauhen, pyramidalen Fläche nur Spuren von zwei Längsfurchen, die drei Längskiele hervorbringen. Die hintere Fläche des Dorns finde ich quadratisch, stark vertieft und breit, so wie von einem hohen, centralen, Längskiele durchzogen, der sich bis zum Mark- kanal fortsetzt, in dessen oberer Wand er sich in zwei spitzwinklich divergirende, später verschwindende, niedrige Schenkel theilt. Die vordere, vom vordern Ende des Dornfort- satzes stark überragte, Oeffnung des Markkanals erscheint oben spitzwinklig. Die Gelenk- grube für den dritten Halswirbel ist herzförmig, in der Mitte stark vertieft. Die schiefen hintern Fortsätze stehen entfernt von einander, so dass zwischen ihnen ein sehr ansehn- licher Zwischenraum wahrgenommen wird. Von dem des Rhinoceros Mercki (Tafel XI Figur 3—5) weicht derselbe durch mehrere unten angegebene Merkmale ab. Dritter Halswirbel. Tafel IX Figur 1, 2. Als dritten Halswirbel hat Cuvier (a. a. O. p. 146) ebenfalls auf Grundlage der Mit- theilungen Hollmann’s (a. a. O. p. 221, Tab. I. Fig. 8, 9) einige Bemerkungen gemacht und auf Pl. 46 Fig. 9 die achte Figur desselben copirt. — Giebel, dem drei, individuell abweichende, beschädigte, Exemplare davon vorlagen, hat dieselben (a. a. O. p. 99) um- ständlich beschrieben. Da mir weder ein dritter Halswirbel, noch ein Gypsabguss dessel- 3%* 20 J. F. BRAnDT, ben vom münchener Skelete vorliegt, so erlaubte ich mir die von Giebel im Vergleich mit dem capschen Nashorn namhaft gemachten Differenzen des fraglichen Wirbels des Rhino- ceros antiquitatis nachstehend mitzutheilen. «Die Dornfortsätze erheben sich schneller und steiler, als bei dem capschen und ganz dem Epistropheus analog. Die Gelenkflächen der schiefen Fortsätze stehen unter einem spitzern Winkel gegen den Markkanal geneigt. Ausserdem ist der wulstige Knoten dieses Fortsatzes (? Fortsätze) in eine tief hinabgerückte, dem Gelenkrande entsprechende Kante verwandelt, welche sich unmittelbar am hintern Gelenkrande erhebt, dann über die Aussenseite des Fortsatzes hinabläuft und sich wieder gegen den untern Rand der Gelenkfläche biegt, jedoch verschwindet, bevor sie denselben erreicht hat. Die Länge des Bogens ist bei dem fossilen merklich geringer, als beim leben- den und wird bei ersterem durch überwiegende Breite desselben ersetzt, theilweis auch durch Rauhigkeiten, Höcker und Wülste. Der Gefässkanal in der Basis des Querfortsatzes ist schmal, hoch und vorn auffallend weiter. Der Querfortsatz selbst ist dicker, schmäler und kürzer. Uebrigens sind beide Aeste, in welche der Fortsatz sich theilt, durch einen tiefen Ausschnitt getrennt. Die Unterseite des Körpers ist entsprechend comprimirt mit hoher Mittelkannte. Der hintere Theil der Mittelkannte bildet dieselbe dreieckige Erha- benheit, wie der Epistropheus». Die individuellen Unterschiede der drei Wirbel sind nicht unbedeutend, so dass also demnach eine grössere Anzahl von Wirbeln und anderen Knochen nöthig erscheint, wenn eine erschöpfende Charakteristik des Skeletbaues geliefert werden soll. Die Länge und Breite des Bogens variirt. Die Dornfortsätze sind mehr oder weniger niedrig und mehr oder weniger schmal. Die Markröhre ist höher oder niedriger und mehr oder minder auch oben abgerundet. Die Querfortsätze erscheinen etwas schmäler oder breiter. Gleichzeitig mit den unten geschilderten, auf Tafel XI dargestellten, muthmaasslich dem Zrhinoceros Merckii angehörigen Wirbeln wurde, ebenfalls aus dem Gouvernement Sa- mara, dem hiesigen Berginstitute ein Wirbel übergeben, den ich nicht dem Rhinoceros Merckit zuschreiben möchte, da er mir viel besser mit dem von Cuvier als dritten be- zeichneten Hollmann’schen (Tafel IX, Fig. 1, 2) zu passen scheint, übrigens auch mit den genannten Resten auch solche vom Rhinoceros antiquitatis eingingen. Der fragliche Wirbel (Tafel IX Fig. 3, 4) möchte daher wohl einem grossen Individuum des Rhinoceros anti- quitatis als dritter Halswirbel angehören. Von dem ihm am meisten ähnlichen vierten Hals- wirbel des Zrh. Merckii weicht er durch folgende Kennzeichen ab. Alle Theile bieten eine geringere Dicke. Der Körper besitzt bei ziemlich gleicher Grösse unten einen schwächern, nur wenig ausgeschweiften Kiel, zu dessen Seiten er gleichförmig, aber nur mässig einge- drückt erscheint. Der Bogentheil ist schmäler. Die Oeffnungen des Rückenmarkkanals sind oben winklig. Die längeren hinteren, schiefen Fortsätze stehen perpendikulärer. Die vordern, noch längern, dickern und schmälern, schiefern Fortsätze bieten am Innenrande eine Liängsleiste und stehen ebenfalls perpendiculärer. Die obern Querfortsätze fehlen und erscheinen mit den untern mittelst ihres Basaltheiles verschmolzen. Die untern flügelförmi- MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. Al gen, fast beilförmigen, Querfortsätze sind an ihrem Endtheil gegen mehr als '/, breiter, als an ihrem Grunde, und enden vorn, wie hinten in einen kurzen, stumpfen Winkel, während ihr verdickter, nach unten gerichteter Aussenrand nicht nur gebogen, sondern etwas ge- wunden sich zeigt. Die Querfortsätze divergiren übrigens weit stärker vom Körper. Die weitern seitlichen Gefässkanäle münden mit grössern ovalen Oeffnungen. Von dem bei Cuvier als vierter bezeichneten Halswirbel (Tafel IX Fig. 5, 6) weicht der in Rede ste- hende, muthmassliche Dritte (Tafel IX Fig. 3, 4) durch den stark nach hinten gewende- ten, am freien Aussenrande nicht ausgeschweiften, untern Querfortsatz ab. Vierter Halswirbel. Tafel IX Figur 5, 6. Cuvier (Rech. 4 ed. III. p. 146) erwähnt eines vierten Halswirbels, dessen von Mademoiselle Morland erhaltene Abbildungen er (Pl. 52 Fig. 11, 12) veröffentlichte mit der Bemerkung, der dritte und vierte Halswirbel wichen nicht von den analogen der lebenden Nashörner ab. Giebel (a. a. OÖ. p. 101) kenuzeichnete den vierten Halswirbel, wovon ihm ein Exem- plar vorlag, im Vergleich mit dem der lebenden Nashörner (er meint Rhönoceros bicornis) auf folgende Weise: «Der Bogen ist kürzer und dicker, der Dornfortsatz höher und schmä- ler, aber dicker. Die hintern schiefen Fortsätze sind beträchtlicher, die Brücken über den umfangreichern, in der Basis der Querfortsätze befindlichen, Gefässkanälen schmäler, aber dicker. Die beilförmige, flache Erweiterung der Querfortsätze erstreckt sich viel weniger nach vorn, aber desto mehr nach aussen. Die untere Körperfläche erscheint zu beiden Sei- ten der Mittelkante etwas stärker zusammengedrückt. Die vordere Fläche des Körpers bietet eine auffallend stärkere Convexität, die Gelenkfläche desselben dehnt sich aber we- niger nach der Mittellinie des Körpers hin aus.» Vom fraglichen Wirbel liegt mir aber kein Gypsabguss des münchener Skeletes vor, woran er überdies, nach Maassgabe der Photographie des letztern, nicht vollständig erhal- ten zu sein scheint, wohl aber die von Cuvier mitgetheilten Abbildungen, welche ich auf Tafel IX Figur 5, 6 copiren liess. Die erwähnten Figuren veranlassen mich zu folgenden Bemerkungen. Der vordere Winkeltheil der fast beilföürmigen, aber gebogenen, als Abwei- chung vom dritten Wirbel, vorn horizontalen Querfortsätze erstreckt sich nicht nur weniger nach vorn, als beim capschen, sondern auch als beim javanischen Nashorn. Die Querfort- sätze erscheinen am Grunde sehr breit, breiter als bei Rhinoceros javanus. Ihre sehr breite Endhälfte endet, vorn wie hinten, in einen kurzen, abgerundeten Winkelfortsatz und bietet einen langen, zweimal schwach ausgeschweiften, äussern, verdickten, nach unten gewende- ten Rand. Fünfter Halswirbel. Giebel (a. a. ©. p. 102) verdanken wir die, nach einem etwas defecten Exemplar 22 J. F. BRANDT, entworfene, Charakteristik dieses Wirbels, wovon mir weder ein Original, noch ein Abguss oder eine bildliche Darstellung vorliegt. Nach den Mittheilungen Giebel’s nähert sich derselbe weit mehr dem des capschen, als dem des javanischen Nashorns. Besonders soll ihn die Dicke des Dornfortsatzes und der gerade, scharfe Vorrand der herabhängenden Querfortsätze charakterisiren. Der hori- zontale Ast desselben war leider weggebrochen. Der beilförmige besitzt nach ihm einen geringen Umfang, ist jedoch merklich dicker, als bei den lebenden Arten. Die Unterseite des Wirbelkörpers gleicht der des capschen Nashorns. Sechster Halswirbel. Giebel (a. a. ©. p. 104) charakterisirt denselben im Vergleich zu dem des capschen und javanischen Nashorns, nach einem Exemplar, dessen Fortsätze sehr beschädigt waren, auf folgende Weise: «Bei dem des javanischen Nashorns liegen die schiefen Gelenkflächen horizontal und neigen sich nur unter einem sehr kleinen Winkel gegen die Achse des Wir- bels, bei dem des capschen stehen sie viel steiler, beim Rhinoceros antiquitatis sind sie ganz steil. An der Aussenseite der vordern schiefen Fortsätze des javanischen Nashorns findet sich ein fast zolllang vom Rande der Gelenkfläche abstehender, breiter Höcker, an- statt dessen beim capschen eine dem Gelenkflächenrand parallel laufende, uneben-höckrige Leiste sich findet, während bei dem fossilen zwei ebene, breite, unter einander stehende Höcker erscheinen. Der Wirbelknochen des javanischen Nashorns ist am längsten, der des fossilen am kürzesten, der Dornfortsatz bei jenem am längsten, bei diesem am dicksten. Die obere Seite der hintern schiefen Fortsätze ist bei den lebenden Nashörnern fast flach und glatt, bei dem fossilen in der Nähe des Gelenkrandes mit einem Höcker versehen.» Einer gütigst vom Herrn Akademiker Zittel übersandten Contourzeichnung des genannten Wir- bels (Tafel IX Fig. 7) und der photographischen Abbildung des Skeletes zufolge wäre der vorstehenden Charakteristik noch hinzuzufügen: Der nach aussen den grossen seitlichen Gefässkanal schliessende Seitentheil des Bogens ist sehr dünn und zeichnet sich überdies durch seine geringe Breite aus. An der Contourzeichnung sieht man ferner, dass ein oberer Schenkel des Querfortsatzes gar nicht vorhanden oder nur durch einen kurzen Dorn ver- treten sei, während der untere, breite Schenkel des Querfortsatzes eine beilförmige Gestalt zeigt, jedoch einen wenig gebogenen untern Rand bietet. — Es erscheint daher der frag- liche Wirbel dem des Rhinoceros bicornis nicht unähnlich. Von dem ihm entsprechenden Wirbel des Rhinoceros Merckii (siehe unten) weicht er sehr bedeutend ab. Siebenter Halswirbel. Tafel IX Figur 8, 9. Cuvier sagt (a. a. O.) von ihm nur: er habe von Madem. Morland zwei Zeichnun- gen desselben erhalten, die er auf Pl. 52 Fig. 13. 14 mittheile. Giebel (a. a O0. p. 105) MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 233 machte Angaben nach einem Exemplar ohne Dornfortsatz und hintere Epiphyse. Hin- sichtlich der allgemeinen Form ähnelt derselbe dem der lebenden Nashörner durch seinen längern Dornfortsatz und den Mangel eines beilförmigen untern Theiles des Querfortsatzes. Ausserdem finden sich an ihm, nach Giebel, noch folgende Unterschiede: «An der untern Körperfläche fehlt ihm jede Spur eines Höckers. Der Körper erscheint etwas zusammen- gedrückt und die Mittelleiste tritt scharf hervor. Der Querfortsatz ist schwächer, als bei dem javanischen, neigt sich aber ebenso stark abwärts, als beim capschen Nashorn. Die convexe Körpergelenkfläche ist breiter und auffallend grösser, als beim javanischen, aber weit weniger gewölbt. Die Gelenkflächen der schiefen Fortsätze stehen viel steiler, als die der lebenden Arten. Die rauhe Stelle über der Gelenkfläche des hintern Processus obliquus fehlt. Der Dornfortsatz zeigt hinten, wie beim Ahinoceros javanus, eine mittlere Längsleiste.» Leider lag mir weder ein Exemplar, noch ein Gypsabguss des charakterisirten Wir- bels vor. Ich sahe mich daher veranlasst die von Cuvier gelieferten Abbildungen dessel- ben zu copiren. Rückenwirbel. Tafel VII. Figur 1—6. Sehr zu bedauern ist, dass Giebel a. a. ©. p. 106 ff. ausser Stande war, ganz voll- ständige Rückenwirbel des Rhinoceros antiquitatis zu untersuchen, sondern sich auf Mit- theilungen über die Fragmente einiger derselben beschränken musste. Ueber den zweiten, in zwei Resten ihm vorliegenden, Wirbel lieferte er nachstehende Bemerkungen. Er unterscheidet sich vom ersten durch einen längern Dornfortsatz, breitere, kürzere, dünnere Querfortsätze, deren kleinere Rippenfläche mehr nach aussen gewandt ist und grössere, tiefere Rippengelenkflächen am Wirbelkörper. Die Compression des Körpers ist bei einem geringer und die Rippengelenkflächen grösser, als beim capschen Nashorn. Die geringe Concavität der letzteren entfernt den Wirbel vom javanischen. Bei einem Exemplare sah er übrigens einen eigenen, dem andern und den lebenden Nashörnern feh- lenden, tiefen Ausschnitt der hintern Rippengelenkfläche in die concave Gelenkfläche des Körpers. Der dritte Wirbel bietet nach Giebel (ebd. 5. 708) einen noch längern, dickern, aber schmälern Dornfortsatz, etwas breitere, so wie kürzere, auf der obern Fläche mit einer ovalen Grube versehene Querfortsätze, deren Rippengelenkflächen weniger concav und noch mehr auswärts gerichtet sind. Die am Körper befindlichen Gelenkflächen für die Rippen sind tiefer und umfangreicher. An die vorderen Rippengelenkflächen soll oben in einer scharfen Kante, unter einem fast rechten Winkel, eine halbkreisförmige Gelenkfläche stos- sen, welche den lebenden Nashörnern fehlt. Der Körper ist weniger als beim capschen comprimirt. Der vierte Wirbel besitzt nach Giebel a. a. O. p. 109 einen noch dickern, schmä- 24 J. F. BRANDT, lern und kürzern Dornfortsatz, ebenso wie Querfortsätze deren Rippengelenkflächen sich auffallender nach aussen wenden. Alle Rippengelenkflächen sind grösser. Ein dem sechsten Rückenwirbel entsprechendes Exemplar unterscheidet sich nach Giebel.a. a. ©. p. 110 von dem ihm entsprechenden des capschen Nashorns durch merk- lich grössere Rippengelenkflächen und dickere, breitere Querfortsätze, welche vorn nicht mit einem Stachel, sondern mit einem grossen Wulsthöcker versehen sind. Meinen an zwei Gypsabgüssen unter Zuziehung der photographischen Darstellung des münchener Skelets angestellten, Giebel’s Angaben keineswegs widerstreitenden, Beobach- tungen zu Folge, kennzeichnen sich die 18 Rückenwirbel des Rhinoceros antiquitatis im Allgemeinen durch grösseres Volum, einen dickern Körper, einen breitern Bogentheil und dickere, breitere, kräftigere Fortsätze. Ihre hintern Gelenkfortsätze stehen steiler. Ein wohl dem zweiten der vordersten Rückenwirbel zu vindizirender, mir vorliegender Gypsabguss (Tafel VII Figur 1— 5) zeigt, mit dem ihm entsprechenden des Rhinoceros bi- cornis und javanus verglichen, folgende Abweichungen. Die Querfortsätze sind dicker, ebenso wie rauber und bieten sowohl über der Mitte ihres vordern Randes, als auch auf der Mitte des vordern Drittels ihrer obern Fläche einen warzenartigen Höcker. ‘ Der einem der mittlern Rückenwirbel entlehnte, mir gleichfalls vorliegende, Gyps- abguss (Tafel VII Figur 4-6) besitzt einen weniger comprimirten, dickern Körper, einen breitern Bogen, breitere, dickere, vorn vor der Rippengelenkfläche mit einem etwas höhern, fast halbmondförmigen, vorn und oben bogenrandigen, aussen convexen, innen concaven, Fortsatz versehene Querfortsätze. Der hintere Theil seines Dornfortsatzes erscheint beson- ders stark verdickt, was auch von seinem, durch grössere Rauhigkeit und einen tiefern, hintern Ausschnitt sich kennzeichnenden, obern Saume gilt. Von dem unten beschriebenen, wohl dem Rhinoceros Merckü, angehörigen Rücken- wirbel (Tafel XI Figur 12, 13) weicht der eben geschilderte des Rhinoceros antiquitatis mehrfach ab. Sein Körper ist oben schmäler, unten dünner und besitzt unten einen stum- pfern Kiel. Der Randsaum seines vordern, etwas schmälern und etwas weniger convexen, Gelenkhöckers erscheint weit weniger gerundet, besonders unten. Der schmälere Bogen- theil verläuft, besonders vorn, in seinem obern Theile, spitzwinklig und dacht sich vorn stark von oben nach unten ab, so dass seine Wirbelgelenkflächen schräg, ja oben fast per- pendikulär stehen. Die vordere, wie hintere Oeffnung des Rückenmarkkanals, namentlich ganz besonders die vordere, erscheint oben mehr oder weniger spitzwinklig. Die weit dün- nern Querfortsätze enden oben in einen, in der Mitte ausgeschweiften, vorn in einen Fort- satz auslaufenden, Höcker, der eine kleinere, schräge Rippengelenkfläche trägt. Die auf dem Basaltheil des Bogens befindlichen Gelenkgruben für die Rippenköpfe sind weit kleiner und stehen von einander weit weniger entfernt. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 95 Die Lendenwirbel. Bei Giebel vermisst man eine specielle Charakteristik des Verhaltens der Lenden- wirbel. Auch ich vermochte, wie er, aus Mangel an Material, keine solche zu liefern. Die genauere Betrachtung der Photographie des münchener Skeletes (Taf. V), so wie die Figur der Tafel X deutet auf vier Lendenwirbel hin, wie sie bei lebenden vorkommen, mit denen sie auch im Allgemeinen gestaltlich übereingestimmt und sich ausserdem durch die vielleicht etwas mehr verticalen Dornenfortsätze, so wie auch vermuthlich durch grössere Dicke ihres Körpers und breitern Bogentheils (nach Homologie mit den Rückenwirbeln) wohl kaum sehr wesentlich unterschieden haben möchten. Das Kreuzbein. Tafel VII. Figur 7, 8. Giebel (@. a. O. p. 111), der ein beschädigtes Exemplar vor sich hatte, fand daran drei Wirbel, woran die Dornfortsätze völlig, die Querfortsätze nur an der Basis verschmol- zen waren, wie beim capschen Nashorn. Ausserdem ähnelt das Kreuzbein nach ihm dem des Letztern durch die beträchtliche Grösse der Nervenkanäle, die geringe Breite und die starke Concavität der untern Fläche. Die sehr kräftigen, starken, sehr nach hinten geneig- ten Dornfortsätze erinnern aber nach ihm an die des Rh. javanus. Für Eigenthümlichkeiten desselben erklärt er die scharfe Mittelleiste der an den Seiten concaven untern Fläche des ersten Wirbels und die längern, steilern Gelenkflächen desselben für den ersten Lenden- wirbel. — Die Untersuchung des Abgusses des Kreuzbeins des münchener Skelets (Tafel VII Figur 7,8), wovon ebenfalls drei Wirbel erhalten sind, ergab, dass dasselbe, abgesehen von seiner grössern Breite und Dicke, mehr dem des Rhinoceros bicornis, als dem des ja- vanus ähnelt. Die untere Fläche seines ersten Wirbels (Figur 8) zeigt eine Längsleiste, wie bei Ah. sumatrensis. Die Dornfortsätze (Figur 7) bieten eine ansehnliche Dicke und Breite und erscheinen am obern Ende ungemein angeschwollen. Der vorderste, schmälste der Kreuzwirbel ist nur mit seiner Basis und dem Ende seines Dornfortsatzes hinten mit dem zweiten Wirbel verschmolzen. Der zweite (grösste) der Kreuzbeinwirbel besitzt einen am Ende ungemein verdickten, sehr breiten, zweilappigen Dornfortsatz, der fast die dop- pelte Breite des Dornfortsatzes des ersten Wirbels bietet, mit dem des dritten Wirbels völlig verschmolzen ist und linkerseits drei, rechterseits eine Gefässöffnung zeigt. Der dritte Wirbel übertrifft den ersten an Breite und hinsichtlich der stärkern Verdickung des Endtheiles seines Dornfortsatzes. Die Schwanzwirbel. Dem in München aufbewahrten Skelet fehlen sämmtliche Schwanzwirbel, so dass keine Gypsabgüsse davon gemacht werden konnten, und sie bei der Aufstellung desselben durch künstliche ersetzt wurden. Memoires del’Acad. Imp. des sciences, VIJmo Serie. 4 26 J. F. BrANDT, Giebel (a. a. ©. p. 111) spricht nur von einem Fragmente der Schwanzwirbel des Rhinoceros antiquitatis, indem er blos bemerkt: «das fossile Exemplar (von Quedlinburg) unterscheidet sich von dem siebenten am lebenden Skelet durch grössere Kürze und Dicke und deutet somit auf einen kürzern, kräftigern Schwanz.» Die Rippen. Tafel VII. Figur 9, 10. Die Rippen zeichnen sich, wie Giebel a.a. ©. p. 112 gleichfalls bemerkt, und ich durch zwei münchener Abgüsse bestätigen kann, wovon der eine (Fig. 9), wie es scheint, der zweiten, der andere (Fig. 10) einer der mittlern angehörte, durch ihre ansehnliche Grösse, namentlich durch ihre Breite, Dicke und ansehnliche Krümmung, im Vergleich mit denen des capschen und, wie ich hinzufügen möchte, auch denen des javanischen Nashorns, aus. Es gilt dies selbst von den untern Enden derselben. Besonders breit und dick erscheinen ihre obern Theile, so dass sogar, abweichend von denen der lebenden Arten, der innere Rippenrand an der Verdickung sich betheiligt. Die stark, besonders oben, verdickte, rand- artige äussere Fläche bietet bei den mittlern Rippen eine länglich-viereckige, eingedrückte örhabenheit. Die vordere Fläche derselben zeigt nur die Andeutung einer Furche, die hintere ist auch oben meist furchenlos. Die Gelenkköpfe sind gleichfalls dicker, breiter und gerundeter. Die Zahl der Rippen am münchener Skelet beträgt 18. Bemerkenswerth dürfte noch sein, dass die etwas stärker als bei den lebenden Arten nach aussen vortretenden Rippengelenkflächen auf eine grössere Krümmung der Rippen nach aussen, also auf einen breitern Rumpf und Bauch, hindeuten. Ein solches Verhalten lässt sich übrigens auch mit der so kräftigen Entwickelung aller andern Skelettheile in Ein- klang bringen. Das Brustbein. Giebel, ebenso wie seine Vorgänger und Nachfolger, die über Rhinoceros antiquitatis schrieben, schweigen über aufgefundene Reste vom Brustbein. Dem münchener Skelet fehlt ein solches nach Maassgabe der vorliegenden Photographie ebenfalls. Vordere Extremitäten. Das Schulterblatt. Tafel VII Fig. 12, 13 und Tafel X. Der erste, welcher Mittheilungen über das Schulterblatt des Rhinoceros antiquitatis nach einer aus Braunschweig von Wiedemann erhaltenen Abbildung (Rech. 4" ed. T. LIT. p. 147) machte, die er (ebd. Pl. 46 fig. 11) darstellen liess, war Cuvier. Später sprach zwar auch Blainville (Osteogr. Rhinoceros p. 104) über das Schulterblatt des fraglichen Nashorns, beruft sich aber, anstatt auf Cuvier, auf Hollmann, bei dem ich nichts dar- MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 97 über fand. Das von Blainville als aus England stammende, Pl X abgebildete, von ihm nicht gedeutete Fragment eines Schulterblattes dürfte indessen einem Rhäönoceros antiquitatis angehört haben. Giebel a. a. O. p. 114 hat das Schulterblatt des Rhinoceros antiquitatis ausführlich besprochen, ohne jedoch ein ganz vollständiges vor sich zu haben. Er äussert darüber Folgendes: «Dasselbe ähnelt durch den breiten Hals mit dem mehr hervorstehen- den Akromion, den geraden senkrechten Vorderrand, die kleine hintere Grube (welche kein grosser Fortsatz der Gräte überragt haben kann) und die Abplattung der Gelenkfläche am Aussenrande neben dem Akromion dem des capschen Nashorns. Es unterscheidet sich indessen davon auffällig. Seine Gräte steigt gleichmässiger auf und erreicht erst später ihre grösste Höhe, die wohl geringer als am capschen war, während die Gräte im obern Theil bis zum obern Rande dicker und höher erschien. In dem Grade als die Gräte niedriger ist, erhebt sich der hintere Rand stärker, so dass die hintere Grube tiefer als beim cap- schen Nashorn sich zeigt. Zugleich sei dieser Rand im untern Theile beträchtlich dicker und seine Fläche rechtwinklig, nicht spitzwinklig gegen die Aussenfläche geneigt.» Da dem münchener Skelet des Rhinoceros antiquitatis die Schulterblätter (mit Aus- nahme eines Fragmentes des Gelenktheiles des linken (auf Tafel VII fig. 12 dargestellten) fehlen, so bat ich Hrn. Professor Giebel um Mittheilung der Abbildung eines derselben, welcher in Folge meiner Bitte die Güte hatte, die auf Taf. VII fig. 13 gelieferte Darstel- lung zu senden. ‘Ich erhielt dadurch die Ueberzeugung, dass das von Cuvier a. a. O. be- schriebene und abgebildete Schulterblatt diesen Skelettheil am vollständigsten darstelle und dass Giebel’s Mittheilungen ganz gut darauf sich anwenden liessen. Es wurde daher der auf Tafel X gelieferten Skeletfigur ein Schulterblatt vindizirt dessen Hauptgrundlage das cuviersche bildet, wobei jedoch auch die Figur Giebel’s und der münchener Gyps- abguss des Basaltheils nicht unberücksichtigt blieb. Der Oberarmknochen. Tafel VII Fig. 1,4. Kein Knochen der Extremitäten des Rhinoceros antiquitatis ist wohl so häufig in ver- schiedenen Ländern gefunden, in den Sammlungen aufbewahrt, eben so wie beschrieben und abgebildet worden, als der Humerus, obgleich manche der dem Rhinoceros antiquitatis zuerkannten Exemplare desselben nicht dieser Art, sondern möglicherweise dem Rh. Merckü angehören könnten. — Bereits Hollmann (a. a. ©. p. 255) lieferte Beschreibungen und kenntliche Abbildungen mehrerer Fragmente desselben. — Cuvier (Rech. 4"* ed. T. IIl. ». 148. Pl.46 und 52) und Blainville (Osteogr. Rhinoceros p.104 Pl. XIV) veröffentlichten gleichfalls mehrere Abbildungen und Beschreibungen des Oberarmknochens. Am ausführ- lichsten wurde er aber von Giebel (a.a. 0.8. 117) geschildert. Mir selbst liegen mehrere theils dem Museum der hiesigen Akademie, theils dem hiesigen Berginstitute gehörige Exemplare des fraglichen Knochens nebst einem münchener Gypsabgusse desselben vor. — 4* 28 J. F. BranDr, Der Vergleich desselben mit dem der lebenden Arten ergab, dass sich der Oberarm des Rrhinoceros antiqwitatis hinsichtlich der Gestalt seines obern Endes dem des Rhinoceros bi- cornis, noch mehr aber dem des Rhinoceros simus nähere. Er weicht indessen wenigstens von den allermeisten, vermuthlich aber allen, bisher bekannten lebenden Rrhinoceroten durch grössere Kürze, Dicke und Breite, seine rauheren Fortsätze und kräftigeren Condylen, so wie seine ansehnlicheren, leistenartigen Vorsprünge und Höcker ab. Sein sehr grosser Schultergelenkkopf ragt stärker nach hinten vor. Seine Körperflächen sind glatt. Das Tu- berculum majus und minus erscheinen schwächer abgesetzt und sehr innig zu einer einzigen, länglichen, sehr dicken und rauhen, unten in einen schwächer gesonderten, diekern Haken geendeten, aussen nicht ausgeschweiften, Erhabenheit vereint. Von den sicher bekannten fossilen Nashörnern Europas steht der Oberarmknochen wegen seiner Kürze und Dicke dem des Rhinoceros leptorhinus, wie es scheint, am fernsten. | Die Speiche. Tafel VIII Fig. 2, 5. Cuvier (Rech. 4"” ed. III, p.151. Pl. 46 fig.12) kannte nur die Zeichnung eines im Harzgebiet gefundenen, sehr verstümmelten, Exemplares des Radius. Blainville (Osteogr. Rhin. p. 105. Pl. X) bezieht einen bei Abbeville und einen in der Kentshöhle gefundenen auf Rrhinoceros antiquitatis. Da indessen in der Kentshöhle auch Reste von Merckii vor- kamen, so ist Blainville’s Annahme etwas zweifelhaft. Dagegen dürfen wir die umständ- liche, nach mehreren Exemplaren entworfene Schilderung Giebel’s a. a. O. 8. 120 mit Sicherheit auf Radien des Rrhinoceros antiquitatis beziehen. Meinen Wahrnehmungen zu Folge ähnelt zwar der Radius des Rh. antiquitatis im Ganzen dem der lebenden Rhinoceroten, namentlich dem des Rhinoceros indicus, und nach Blainville besonders dem des Rh. simus, weicht aber ebenfalls durch seine grössere Kürze, Dicke, besonders aber die Breite seines Körpers und seiner Gelenkenden von dem aller le- benden Rhinoceroten, so wie dem des leptorhinus, ab. Rauher, dicker und breiter erscheint auch die Innenfläche seines untern Gelenkhöckers und die von ihm nach oben gehende ver- tiefte, längliche Stelle zur Aufnahme der untern Hälfte der Ulna. Als specifische Eigen- thümlichkeiten der Speiche des Zthinoceros antiquitatis hebt übrigens Giebel die abwei- chende Grösse im Verhältniss zum Oberarm, seine innigere Verbindung mit dem Oubitus und die stärkern Kapselbänder hervor. Das Ellbogenbein. Tafel VII Fig. 3. Auch die Ulna war Cuvier (Rech. 4” ed. III p. 153) nur durch Zeichnungen eines Fragmentes (Pl. 52 fig. 7,8) bekannt, welche er von Madem. Morland erhielt. — Blain- ville (Osteogr. Rhin. p. 105) vindieirt einen bei Abbeville gefundenen Cubitus (ob mit a MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 99 Recht?) dem Rhinoceros antiquitatis mit dem Bemerken: er ähnele dem des capschen Nas- horns, noch mehr aber dem des Rhinoceros simus, charakterisire sich aber sehr gut durch seine Kürze, die Breite des Oleocranums und die Dicke seiner Tuberosität. — Giebel (a. a. 0. p. 124) erwähnt nur dreier Fragmente der Ulna mit dem Zusatze, sie weiche mehr von der des javanischen, als der des capschen Nashorns ab. Nach meinen Wahrnehmungen charakterisirt sich dieselbe durch die grössere Dicke und Breite aller Theile, besonders ihrer obern Endtheile. Namentlich zeichnen sich aber die Basis und das Ende des Olecra- nums durch grosse Dicke aus. Die untere Hälfte des kammförmigen Innenrandes stellt zur Verbindung mit dem Radius eine, namentlich unten, sehr dicke und breite, eingedrückte rauhe, unten eine breite Grube bietende, Leiste dar. Dass sie hinsichtlich ihrer allgemeinen Gestalt, wie schon Blainville bemerkte, am meisten mit der von Rhinoceros bicornis und besonders Rhinoceros simus übereinstimme, finde ich ebenfalls. Knochen des untern Theiles des Vorderfusses. Wie bei den lebenden Nashörnern sind die Knochen des untern Theiles der Vorder- füsse, mit Ausnahme des Astragalus und Calcaneus, grösser als die des untern Theiles der Hinterfüsse. Es, gilt dies namentlich von den breitern und längern Mittelfussknochen zum geringern Theil auch von den Phalangen. Knochen der Handwurzel. Tafel IX Figur 10 a—f. Als dem Rhinoceros antiguitatis angehörige Handwurzelknochen werden von Cuvier (Rech. 4"* ed. III. p. 153) nur ein bei Abbeville gefundenes Os semilunare und ein bei Avaray entdecktes Os unciforme erwähnt. — Blainville (a. a. O. p. 105) sah nur ein Os semilunare von Abbeville, welches er dem des Rhinoceros simus ähnlich fand. Giebel (a. a. O. 9. 125 ff.) lieferte Beschreibungen vom Os naviceulare seu scaphoideum, dem Os semilunare, dem Os cuneiforme s. triquetrum, dem Os trapezoidale (d. h. dem Os multangu- lum minus), dem Os capitatum (seinem Os multangulum minus) und dem Os hamatum (sei- nem Os multangulum majus). Aus München erhielt ich Gypsabgüsse vom Os naviculare (= Os scaphoideum) , luna- tum und triquetrum, dann von Os capitatum und hamatum nebst einem Ossiculum appendi- culare des Os hamatum (Rudiment der fünften Zehe nach J. F. Meckel, System d. vergl. Anat. Th. IT Abth. 2 p. 383). Es fehlt daher dem münchener Skelet das beilförmige Os pisiforme, so wie das rudimentäre Os multangulum majus nebst dem Os multangulum minus. Im Allgemeinen zeichnen sich die eben genannten, von mir untersuchten Handwurzel- knochen, in Uebereinstimmung mit den übrigen Knochen der vordern Extremitäten, im Vergleich mit denen der lebenden Arten durch ihre Dicke aus. Auch scheinen sie etwas 30 J. F. BraAnDr, mehr in der Richtung der Breite, etwas weniger in ihrer Länge entwickelt. Am nächsten kommen sie im Ganzen denen des Rhinoceros bicornis, wie schon Giebel bemerkte. Das Os navieulare (Tafel IX Figur 10a). Als Abweichungen vom Rhinoceros bicornis möchte ich seine obere, etwas kürzere, stark gewölbte Fläche, dann seine breiter, und stark gewölbt, nach aussen vortretende, höckrige Aussenfläche und seine hinten fortsatzartige, diekere und breitere Innenfläche ansehen. Nach Giebel (a. a. O. p. 125) soll es sich von denen des capschen Nashorns durch nachstehende Kennzeichen unterscheiden: «An der hintern Seite ist die Fläche über der Gelenkfläche für das vielwinklige Bein weniger tief auszehöhlt. Der Knorren der hintern Seite erhebt sich plötzlich höher, aber die breite Ein- senkung, welche von der Aussenseite herzieht, verschmälert ihn auffallend. Die Fläche für das Os multangulum minus ist grösser, als die für das Multangulum majus und die untere Aussenecke plump, kurz, aufgetrieben, nicht verlängert.» Die Seitenflächen sind weniger durchlöchert und gefurcht. Das Os lunatum seu semilunare (Tafel IX Fig. 10b), worüber Cuvier (Rech. ed. 4"° T. III. p. 153) nach einem Abbeviller Exemplare bemerkt: es sei breiter als beim indi- schen und capschen Nashorn, während Blainville (Osteogr. 105) es dem des Rhinoceros bicornis und noch mehr dem des simus ähnlich fand, bietet eine verkürzte, stark convexe, rauhe, vordere Aussenfläche, einen sehr breiten, dicken, oberen Endtheil und eine obere und untere, stark nach oben steigende Gelenkfläche. Als Unterschiede vom capschen Nashorn führt Giebel (a. a. OÖ. p. 127), dem sechs Exemplare vorlagen, folgende an. Die Radial- fläche senkt sich an der vordern Seite tiefer herab und wird hier von einer sehr tiefen Rinne für das Kapselband begränzt. Die weitere Ausdehnung der Radialfläche spricht nach ihm für eine freiere Beweglichkeit des Radius. Die Cubitalfläche ist unter einem mehr oder weniger stumpfern Winkel abgesetzt. Von den vordern Berührungsflächen mit dem Os naviculare steigt die untere nicht so hoch nach oben. Die Berührung mit dem Os cu- neiforme ist viel geringer. Die unteren Doppelflächen für die beiden vieleckigen Beine bieten in ihrer hintern Erstreckung keinen gemeinschaftlichen Rand, der unter einem sehr stum- pfen Winkel auseinandergeht, indem er der äussern Gelenkfläche sich gerade abwendet. Das Os cumeiforme seu triquetrum (Tafel IX Figur 10c), welches bei den Nashörnern eher Os subquadratum heissen könnte, besitzt eine verschoben-viereckige Gestalt und bietet eine grössere Dicke und Breite, jedoch eine weniger längliche Form, als bei den lebenden Nashörnern. Auch erscheint seine vordere Aussenfläche eonvexer und rauher. Nach Giebel (a. a. O.p. 129) unterscheidet sich dasselbe ausserdem von dem des Rhinoceros bicornis durch nachstehende Kennzeichen: Die Cubitalfläche ist tiefer. An der Aussenseite hängt die Gelenkfläche tiefer hinab. Die obere, in der Mitte erhabene Semilunarfläche ist kleiner, reicht nicht bis in die Mitte des Knochens hinab, dehnt sich aber weiter von vorn nach hinten aus als beim capschen Nashorn und andern lebenden Arten. Die untere Randfläche ist niedriger als die obere und die sie trennende Furche breiter. Der untere Innenrand MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 31 des Knochenrandes erscheint bogenförmig, die Berührungsflächen an der Hinterecke sind über die hintere Kante gebrochen. Von einem Os pisiforme des Rhinoceros antiquitatis schweigen Cuvier, Blainville und Giebel. Auch mir liegt weder ein als solcher zu deutender Knochen, noch ein Gyps- abguss desselben vor. Da indessen die lebenden Nashörner einen fast beilförmigen, an- sehnlichen, oben verschmälerten, unten verbreiterten und bogenrandigen mit seinem obern, schmalen Ende mit dem Os triquetrum artikulirenden Knochen besitzen, der, wenn er auch noch mit dem Os hamatum artikulirt, wohl als Os pisiforme anzusehen ist, so dürfen wir wohl einen homologen Knochen auch beim Zrhinoceros antiquitatis erwarten. Da die lebenden Rhinoceroten an der Stelle, wo die fehlende Daumenzehe eingelenkt sein würde, einen mehr oder weniger zitzenförmigen, kleinen Knochen (Trapeze Blainv. Osteogr. p. 20) darbieten, der hinten und oben mit dem untern äussern Theile des Os na- vieulare, innen aber mit dem für den Metacarpialknochen der innern Zehe (der zweiten beim Menschen) bestimmten, also wohl als Homologon des Os multangulum minus anzusehenden, Knochen artikulirt, so dürfen wir auch wohl einen äbnlichen, das Os multangulum majus repräsentirenden, beim Rhinoceros antiqwitatis erwarten, falls wir den genannten Knochen nicht passender mit Blainville als Rudiment der Innenzehe ansehen. Als näherer Beweis, dass dieser kleine Knochen auch dem Zrhinoceros antiqwitatis nicht fehlte, ist die aussen und hinten an seinem Os naviculare, neben der Gelenkfläche für das Os multangulum minus be- findliche, besondere Gelenkfläche (Tafel IX Figur 10«) anzusehen. Bisher scheint aber ein solcher Rhinoceros antiquitatis augehöriger Knochen noch nicht entdeckt worden zu sein. Auch unter den münchener Abgüssen fehlt, wie schon bemerkt, ein Exemplar desselben. Der zur Artikulation mit dem Metacarpus der Innenzehe der lebenden Rhinoceroten (dem Homologon des zweiten menschlichen Fingers) bestimmte (mithin als Homologon des menschlichen Os multangulum minus zu betrachtende) Handwurzelknochen (Trapezoide Blainv. Os trapezoidale Giebel) wurde von Letzterem a. a. O. p. 130 als von dem ihm entsprechenden Knochen des capschen Nashorns abweichend geschildert. Er bemerkt na- mentlich, seine Hinterseite wäre flacher als beim capschen. Dieselbe erhebe sich ferner nicht nur kielartig, sondern senke sich zwischen beiden Seiten sogar noch etwas ein und sei schmäler. Von dem, von Blainville p. 20 als Grand os bezeichneten, von Giebel a. a. O. p. 131 als Os multangulum minus beschriebenen, oben mit dem Os scaphoideum, un- ten mit dem Os metacarpi der Mittelzehe articulirten, daher dem menschlichen Os capi- tatum homologen, Knochen (Tafel IX Figur 10d) liegt mir ein münchener Gypsabguss vor. Derselbe ähnelt zwar im Ganzen dem der lebenden Rhinoceroten, erscheint aber, nebst seiner hinteren, fast einem Hackenschuh ähnlichen, in einem schief von innen nach aussen gerichteten Haken auslaufenden, hintern Hälfte viel dicker und convexer. Uebrigens stimmt er am meisten mit dem des capschen Nashorns überein, womit ihn auch Giebel vergleicht. Als besondere Abweichung von dem des letzteren wird von Giebel der längere, tiefer her- 32 J. F. BrANDT, abgehende, dickere, knotige (nicht wagerechte und comprimirte) Haken angegeben, welche Unterschiede ich indessen auch bei Ahinoceros javanus finde. Zwei Gypsabgüsse aus München gehören demjenigen Handwurzelknochen (Tafel IX fig. 10e) an, dem der Metacarpialknochen der äussern Zehe eingelenkt war. Derselbe ist, wenn auch mit ihm ein Theil des Os metatarsi der Mittelzehe artieulirt, als Homologon des Os hamatum des Menschen anzusehen, obgleich er von Blainville als Os unciforme, von Giebel (p. 132) aber als Os multangulum majus bezeichnet wird. Cuvier (a. a. O.), der ein bei Avaray gefundenes Exemplar vor sich hatte, bemerkt: es nähere sich am meisten dem des capschen Nashorns. Auch dieser Knochen charakterisirt sich durch die Dicke aller seiner Theile, seine fast beilförmige, stark convexe und rauhe Oberfläche und seinen überaus dicken, breiten, nicht blos unten, sondern auch an den Seiten, gewölbten Haken. Mit der äussern untern Fläche des Os hamatum des Rh. antiquitatis artieulirt, wie bei den lebenden Rrhinoceroten, ein fast zitzenförmiger, ansehnlicher, stark angeschwollener Knochen (Rudiment der fünften Zehe (Tafel IX Figur 10f), der vorn und innen auch eine Gelenkfläche zur Verbindung mit dem äussern Os metacarpi besitzt. Zum Unterschied von dem des Arhinoceros javanus erscheint der Knochen, wovon mir ein Gypsabguss aus München vorliegt, dicker, höckriger und mit einer fast halbmondförmigen (nicht quadratischen) Ge- lenkfläche für das äussere Os metacarpi (Tafel IX Figur 10i) versehen. Die Deutung dieses Knochens als Rudiment einer äussern, der fünften der fünfzehigen Thiere homologen, Zehe scheint ansprechender, als die Annahme, er sei ein accessorischer, wenn wir in Betracht ziehen, dass es Nashörner mit einer äussern kleinen Zehe gab, wie z.B. dasjenige, wovon man Reste bei Sansan entdeckte und uns dabei der von Blainville (Osteogr. Rhino- ceros Pl. X) gelieferten Abbildung des Fusses desselben erinnern. Knochen des vordern Mittelfusses. Tafel IX Figur 10g,h,i. Blainville (Osteogr. p. 105) erwähnt eines ganzen kleinern Mittelfussknochens, von Abbeville und einer, einem viel grössern Thier angehörigen, obern Hälfte eines solchen aus der Kentshöhle. Der letztere könnte aber möglicherweise auch Rhinoceros Merckii ange- hört haben. — Von dem Knochen des Metacarpus hat Giebel (a.a.O. p. 152 und p. 154) nur den mittlern und innern, nach mehreren Exemplaren von verschiedener Grösse ausführ- lich beschrieben. — Zittel’s Güte verdanke ich aber Abgüsse aller drei Metacarpialkno- chen des Vorderfusses des münchener Skeletes. Von denen der lebenden Arten weichen die Metacarpialknochen des Rhinoceros anti- quitatis durch ihre grössere Breite, besonders aber Dicke, namentlich ihrer Gelenkenden, und ihre geringere Länge ab. Durch ihr Längenverhältniss scheinen sie am meisten mit denen des Rrhinoceros javanıs übereinzustimmen, überdies aber auch durch ihre Breite, demselben näher als die der andern Arten zu stehen. Das innerste Os metacarpi des Rhinoceros antiquitatis (Taf. IX Fig. 109) mit dem des MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 33 Rhinoceros javanus verglichen. bot mir folgende Unterschiede: Dasselbe ist breiter. Die stärker aufgetriebenen Gelenkköpfe desselben zeigen grössere Gelenkgruben. Seine vordere Fläche ist auf und unter ihrer Mitte convexer, seine untere tiefer. Der Saum der obern grossen Gelenkfläche erscheint stärker abgesetzt, während unter ihm eine starke, gürtel- förmige Erhabenheit bemerkt wird. Der innere Rand ist ungemein verdickt und oben schwach ausgeschweift. Der mittlere (grösste) der Metacarpialknochen (Taf. IX. Fig. 10h) nähert sich, na- mentlich durch seine Breite und Kürze, mehr dem des Rhinoceros javanus als bicornis, Von dem der beiden genannten Arten unterscheidet er sich durch folgende Merkmale. Der obere äussere, mit dem Os capitatum und hamatum articulirende Fortsatz mit seinen Gelenkflächen ist grösser. Die Seitenränder des Knochens, ganz besonders der innere, sind stark ver- diekt (nicht comprimirt). Die äussere (vordere) Fläche erscheint oben ziemlich deprimirt, die hintere aber ihrer ganzen Länge nach von einer hinten und unten breiteren Längsgrube durchzogen. Die Gelenkfläche des untern Gelenkkopfes ist ansehnlicher und hat eine tie- fere, fast halbmondförmige, Grube über sich. Die seitlichen Gruben des Gelenkkopfes sind länglicher. Der äussere Metacarpialknochen (Tafel IX fig. 10i) weicht von dem ihm entspre- chenden des Rhinoceros javanus durch den weit dickern, in seiner obern Hälfte als starker gesonderter Kamm vortretenden, innern Rand, durch den auf der Aussenfläche, unter dem Saume seiner centralen Gelenkfläche stark convexen, obern Gelenkkopf, durch die längli- cheren Seitengruben des untern Gelenkkopfes und durch die vertiefte hintere Fläche ab. Phalangen der Vorderfüsse. Tafel IX Figur 10 k,1,m,n. Phalangen der Vorderfüsse wurden meines Wissens noch nicht beschrieben. Aus München erhielt ich die Gypsabgüsse zweier basalen und zweier mittlern, dem linken Vor- derfuss angehörigen. Beide Basalglieder, wovon das eine (k) der Innenzehe, das andere (Il) aber der Aussenzehe angehörte, ähneln einander und weichen von denen des Rhinoceros ja- vanus durch geringere Länge, höckerartige Seitenflächen, stärkere obere Gelenksäume und ihre stark furchenartig eingedrückte obere Fläche ab. Das Basalglied der innern Zehe (k) ist merklich kleiner, als das der äussern (]). Das eine der erhaltenen Zehenglieder (m) darf entschieden als das der Mittelzehe gelten. Es weicht von allen basalen und den beiden übrigen Mittelgliedern durch seine Kürze und weit grössere Breite, seine fast zitzenförmigen vordern Seitenwinkel, so wie die ansehnliche Querfurche seiner obern Fläche ab und stimmt am meisten mit dem des Rhinoceros bicornis überein, entfernt sich daher wie dieses von dem der asiatischen Nashörner. Das andere der Aussenzehe angehörige mittlere Zehenglied (n) ähnelt zwar im Allge- meinen dem basalen derselben (l), weicht indessen durch seinen schmälern, niedrigern hin- Memoires de l'Acad. Imp. des sciences, VlIme Serie. 5 34 J. F. BRANnNDT, tern und obern Rand, seine hinten weniger höckrigen Seitenflächen, seine kürzere, tief aus- geschweifte vordere Gelenkfläche, so wie durch seine geringere Grösse davon ab. Die Endglieder der Zehen scheinen dem münchener Skelet zu fehlen, da ich keine Abgüsse davon erhielt. Uebrigens werden dergleichen weder von Cuvier und Blainville, noch selbst von Giebel erwähnt. Sesambeine. Von Sesambeinen der Vorderfüsse liegt mir nur ein Gypsabguss aus München vor, welcher dem innern Metacarpialknochen anzugehören scheint und sich von dem ihm ent- sprechenden Knöchelchen des javanischen Nashorns eben nicht unterscheidet. Becken und hintere Extremitäten. Viele Knochen der hintern Extremitäten, besonders die grössern, selbst auch die des Beckens, sind schon nach mehr oder weniger wollständigen Exemplaren von Hollmann, Cuvier, Blainville, am eingehendsten aber von Giebel besprochen und von den drei Erstgenannten abgebildet worden. Dessenungeachtet vermochten, theils die darauf bezüg- lichen, aus München erhaltenen, Gypsabgüsse, theils die blosgelegten Knochen des linken bintern Unterfusses der am Wilui gefundenen Leiche noch manche Ergänzungen zu liefern. Das Becken. Tafel VII Figur 11. Cuvier (Rech. ed. 4° T. III. p. 155) giebt nach Zeichnungen (Pi. 52 Fig. 1, 2) ei- nige Unterschiede des Beckens des Rhinoceros antiquitatis von dem der beiden einhörnigen Rhinoceroten an. Blainville (Osteogr. p. 105) bemerkt: ein aus Kent ihm mitgetheiltes Fragment unterscheide sich nur durch seine Grösse. Giebel (p. 135) theilte nach Frag- menten des Beckens einzelnes mit. Das Becken weicht nach Maassgabe des münchener Gypsabgusses seiner linken Hälfte von dem bei Cuvier a. a. O. befindlichen Darstellungen etwas ab. Mit dem der lebenden Nashörner verglichen kennzeichnet sich dasselbe nament- lich nicht blos durch seine Breite im Allgemeinen, sondern auch durch Dicke und Breite seiner meisten Knochen, so wie durch die stärker nach aussen gewendeten Darmbeine. Besonders dick und breit sind die Schaam- und Sitzbeine, die erstern namentlich an ihrem auf der untern Fläche, besonders vorn, in einen beträchtlichen Höcker vorspringenden Sym- physentheil. Die Ossa ilium sind oben und aussen stark vertieft und verbinden sich mit- telst einer sehr breiten, rauhen Fläche mit dem Kreuzbein. Die Gelenkpfanne ist sehr tief und breit, bietet aber einen im Verhältniss schmalen Ausschnitt, der sich nach oben in die fast birnförmige, ziemlich tiefe Grube für das Ligamentum teres fortsetzt. Die Foramina obturata seu ovalia sind etwas länglich-oval, noch nicht '/, länger als breit und daher weni- ger quer. Die schon von Giebel a.a.0. S. 135 hervorgehobene Aehnlichkeit des Beckens mit dem des Arhinoceros javanus finde ich ebenfalls im Allgemeinen zulässig. | MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 35 OÖberschenkelknochen. Tafel VIII Figur 6, 9. Auch er zeichnet sich durch seine ansehnlichere Breite und grössere Dicke seines Kör- pers, die stärkere Anschwellung seiner Condylen, Fortsätze und Leisten, so wie durch stärkere Gruben aus. Sein oberer Gelenkkopf entfernt sich von dem des Rh. javanus durch seine grosse Breite, seinen stumpflichen Randsaum und seine dreieckige Bandgrube. Der trochanterische abgerundete schief-herzförmige Höcker ist breiter, stärker angeschwollen und mehr gerun- det, als beim javanischen Nashorn, tritt auch nicht, wie bei diesem, hinten und oben haken- förmig vor. Der centrale äussere Hakenfortsatz biegt sich weniger nach innen. Uebrigens finde ich den Oberschenkel des Rhinoceros antiquitatis dem des bicornis ähnlicher, als dem des javanus, jedoch weicht auch er durch die im Verhältniss grössere Länge, seine gerin-. gere Breite und Dicke aller Theile, ferner seine mit kleinern untern Condylen und seinen kürzern, dünnern, leistenartigen Vorsprung der obern Hälfte des Innenrandes ab. Schienbein. Tafel VIII Figur 7, 10. Blainville zu Folge erinnert die Tibia am meisten an die des Zrh. somus. Nach meinen Beobachtungen weicht sie, ebenso wie der Oberschenkelknochen, von der der lebenden Rhinoceroten, ganz besonders aber von der des Rhinoceros leptorhinus Cuv. durch ihre ge- ringere Länge, ansehnlichere Dicke und Breite, besonders der Gelenkenden, ferner durch die weit breitere, von oben bis unten grubenartig vertiefte, äussere Hälfte ihrer vordern Fläche, vorzüglich aber durch ihre sehr ansehnliche Crista ab, die kammartig in schiefer Richtung bis zum Knöchel hinabgeht, was weder beim Ahinoceros javanus, indicus, suma- tranus, noch dem bicornis der Fall ist. Wadenbein. Tafel VIII Fig. S. Die Fibula ist leider, wie es scheint, am münchener Skelet nicht repräsentirt, wenig- stens erhielt ich davon keinen Gypsabguss. Sie wurde daher nach Blainville (Pl. XI) ergänzt, der (p. 106) dieselbe als sehr kurz, selbst als etwas kürzer, als die des Arhinoceros simus bezeichnet, welcher sie sonst nach ihm am meisten gleicht. Giebel p. 742 theilt folgende Bemerkungen über den fraglichen Knochen mit: «Zwei zu den ihnen entsprechen- den, bei Quedlinburg gefundenen, Schienenbeinen gehörige, vollständige Exemplare haben den scharfkantigen Körper des javanischen, aber die Enden des capschen Nashorns und unterscheiden sich von beiden sowohl durch ihre innigere Verbindung mit der Tibia, als durch ihre kleinere, fast senkrecht stehende Fläche für den Astragalus.» Am untern Ende einer im hiesigen Berginstitut aufbewahrten linken Tibia haftet übrigens mittelst seiner 5* 36 J. F. BRANnNDT, mit ihr verschmolzener Seitenränder noch das unterste dicke, fast abgerundet- viereckige, auf der Aussenfläche fast ebene, in der Mitte jedoch schwach längsgefurchte, Fragment der Fibula mit seiner senkrechten, halbmondförmigen astragalen Gelenkfläche und seinem freien untern Rande. Kniescheibe. Von der Kniescheibe liegt mir gleichfalls kein Gypsabguss des münchener Skeletes vor. QCuvier (Recherch. 4° ed. III. p. 158) erwähnt einer bei Abbeville gefundenen Knie- scheibe, die vielleicht Rhinoceros antiquitatis angehören könnte, ebenso wie des Fragmentes einer andern von Avaray. Die ersterwähnte besitzt nach ihm einen weniger als bei Rhino- ceros indicus verlängerten unteren Winkel und erscheint mehr viereckig, ist ihr aber sonst ähnlich. — Blainville (p. 106) fand die von Abbeville ganz der des capschen Nashorns ähnlich. — Nach Giebel (a. a. O. p. 143) entspricht dieselbe in der Form der des java- nischen Nashorns, nur ist die Querwulst auf der vordern Seite stärker entwickelt. In der Grösse übertrifft sie nach ihm die des capschen Nashorns bedeutend. Fusswurzelknochen der Hinterbeine. Die Fusswurzelknochen der Hinterbeine überbieten in Folge der Grösse des Astraga- lus und Calcaneus die Fusswurzelknochen der Vorderbeine. Der Astragalus (Tafel IX Figur 10a) soll nach Blainville p. 706 (Pl. XI) hinsicht- lich seiner Gestalt und die Breite seiner Cuboidfläche dem des Rhinoceros simus ähneln. Giebel p. 1745 zu Folge nähert sich derselbe, ausser manchen Aehnlichkeiten mit dem des Rehinoceros javanus, entschieden mehr dem des Rhinoceros bicornis. Wie er übrigens sagt: sind ihre von beiden (Exemplaren) abweichenden Eigenthümlichkeiten augenscheinlich in- dividuell.» Nach meinen an einem münchener Gypsabguss angestellten Beobachtungen un- terscheidet sich der Astragalus des Rhinoceros antiquitatis nicht sowohl durch seine von der der andern Rhinoceroten abweichende allgemeine Gestalt, sondern besonders durch das in Folge einer beträchtlichen Anschwellung bewirkte grössere Volum seines Körpers, so wie der einzelnen Theile desselben, namentlich auch der Condylen. Der vorn unter den Con- dylen befindliche Saum springt, ähnlich dem des Rhinoceros bicornis mehr nach vorn vor, als beim javanus und besitzt eine in der Mitte zwar breitere, aber plattere, quere, längliche Rinne. Seine cuboidale Gelenkfläche erscheint länger, aber schmäler. Dass der Calcaneus (Tafel IX Figur 10, 11, 12b) ebenfalls am meisten dem des Rhi- noceros simus gleiche, bemerkte schon Blainville p. 106 Pl. XI) nach einem Exemplar von Abbeville. — Giebel, der sechs Exemplare desselben vor sich hatte, sagt p. 147: «ihre Charaktere sprächen für die nächste Verwandtschaft mit Ahinoceros bicornis, von welchem sie im Allgemeinen durch plumpere Form unterschieden seien». Er deutet übri- gens auch auf individuelle Abweichungen seiner Exemplare hin. Der mir vorliegende Gyps- abguss bietet allerdings die von Blainville und namentlich Giebel angedeuteten Eigen- MOoNoGRAPHIE DER TICHORHINEN. 37 schaften, zeichnet sich aber, namentlich im Vergleich mit dem des Rhinoceros javanus, durch seine ansehnliche Höhe, Dicke und Breite aus, die sich am kürzeren, hinten stark angeschwollenen und unten sehr breiten und rauhen, oben an den Seiten nur schwach com- primirten, oben in der Mitte verbreiterten, sehr stumpfkieligen, Fersentheil besonders be- merklich macht. Der innere Gelenkfortsatz für den Astragalus ist breiter, stark gerundet, und wird vom obern durch eine fast hakenförmige, ziemlich rauhe Grube abgegrenzt. Sein vorderer quadratischer Fortsatz ist höher, als beim javanischen Nashorn. — Das Fersen- bein des linken Fusses des wiluischen Nashorns (Tafel IX Figur 11, 12) unterscheidet sich vom münchener Gypsabguss durch grössere Rauhigkeit seiner äussern, untern und hintern und die grössere Dicke des mehr gerundeten, als Ausrandung erscheinenden, mittleren Theiles seiner obern Fläche. Das Os naviculare (Tafel IX Figur 10c) giebt sich nach Giebel (a. a. O. p. 149) durch seine Dicke und Grösse als dem des Zhinoceros bicornis zunächst verwandt zu er- kennen. Es unterscheidet sich nach ihm durch völlige Zuspitzung der vordern Aussenecke, die völlige Vereinigung der Cuboidalflächen und den Mangel eines hintern Eckfortsatzes, der beim capschen am unterliegenden Keilbein herabhängt. — Zufolge des Vergleiches eines schönen, münchener Gypsabgusses mit dem des Rhinoceros javanus weicht das des Rhinoceros antiquitatis durch ansehnlichere Höhe, etwas grössere Dicke und grössere Ge- lenkflächen, so wie durch den breitern, subcentralen Vorsprung der untern Fläche ab. Unter den Knochen des wiluischen Fusses ist dasselbe leider nicht repräsentirt. Mittheilungen über das Os cuboideum (Tafel IX Figur 10, 11, 12f) wurden nach drei Exemplaren zuerst von Giebel (a. a. ©. p. 150) gemacht. Dieselben haben nach ihm, wie beim javanischen Nashorn, die schärfere Trennung der Flächen für den Calcaneus und Astragalus nebst der geringern Grösse des hintern Knorrens gemein. Von dem des cap- schen Nashorns unterscheiden sie sich ausserdem durch die grössern Flächen für das Os naviculare und cuneiforme, sowie durch die regelmässige Form des hintern Knorrens, wel- cher abgerundet, kurz und gleichmässig verdickt ist. — Der Vergleich eines münchener Gypsabgusses des Os cuboideum veranlasst mich zu folgenden Bemerkungen. Mit dem gleich- namigen Knochen des Rhinoceros javanus verglichen erscheint der fragliche Abguss des Os cuboideum des Rhinoceros antiquitatis (ebend. Fig. 10,f) breiter, dicker und mit grössern Gelenkflächen, besondess für den Astragalus, Calcaneus und den Mittelfussknochen der äus- sern Zehe versehen. Sein unter dem eben genannten Gelenk nach unten und vorn vortre- tender grosser Fortsatz ist nicht abgeplattet, sondern stärker angeschwollen und gerundet, am vordern Ende fast zitzenförmig, am Grunde abgerundet viereckig. Die obere Fläche des Os cuboideum des Rhinoceros antiquitatis ist übrigens etwas rauher, seine äussere Seiten- fläche höckriger. — Das Os cuboideum des linken Fusses des wiluischen Nashorn-Exem- plares (ebend. Figur 11, 12,f) erscheint ein wenig niedriger, oben kürzer, aber breiter und rauher, im Allgemeinen jedoch kaum kleiner, als der münchener Abguss. Das Os cuneiforme primum des Khinoceros antiquitatis (Tafel IX Figur 10, 11, 12,d) 38 J. F. BRANDT, wird, wie bei den lebenden Nashörnern, durch einen eigenthümlichen, fast schuhförmigen, nach vorn und unten in einen stumpfrandigen, von oben nach unten mässig comprimirten zugerundeten Haken geendeten, Knochen repräsentirt, der mit seinem hintern und obern, ziemlich quadratischen, verdickten, grössern Theile dem für die Innenzehe bestimmten Os cuneiforme secundum, ferner dem Os metatarsi der Innenzehe und dem Os naviculare durch je eine kleine Gelenkfläche eingelenkt war. Ob indessen der fragliche Knochen als blosses Os cuneiforme primum zu betrachten sei, scheint mir nicht sicher. Er könnte vielleicht eher als ein aus der Vereinigung des Os cuneiforme mit einem Zehenrudiment entstandener anzusehen sein. Es liegt mir vom genannten Knochen ein Exemplar vom linken Fusse der wiluischen Nashornleiche (Taf. IX Figur 11, 12d) und ein Abguss aus München vor. Der letztgenannte grössere, dickere, mit einem breitern Haken versehene (Tafel IX Figur 10,d) gehörte indessen kaum einem grössern Thiere an. Das, meines Wissens noch unbekannte, Os cuneiforme secundum ist unter den Knochen des Fusses des wiluischen Nashorns wohl erhalten. Es stellt einen der Quere nach länglich- viereckigen Knochen (ebd. Figur 11,12,e) dar, der oben mit dem Os naviculare unten und vorn mit dem Os metatarsi der Innenzehe, aussen mit dem Os cuneiforme primum durch je eine Gelenkfläche verbunden ist. Der Knochen ähnelt dem des Rhinoceros javanus, ist aber etwas grösser. Ein Os cumeiforme tertium ist weder unter den Knochen des wiluischen Fusses erhal- ten worden, noch findet sich ein solches unter den münchener Gypsabgüssen. Giebel, dem zwei Exemplare desselben zu Gebote standen, bemerkt (a. a. O. p. 151) darüber: «Sie ha- ben eine mehr concave Fläche für das Os naviculare, als beim capschen Nashorn. Die Fläche für den äussern Metatarsus ist bei beiden scharf abgesetzt, hervorstehend, während sie bei dem capschen über die Aussenseite des Knochens erhaben ist. Am hintern Fortsatze biegt sich die Naviculärfläche nicht nach innen herab, wie bei dem capschen, sondern neigt sich vom höchsten Innenrande gleichmässig und stark zur kleinen Cubiodalfläche hin. Die innere Seite hat bei einem seiner Exemplare und dem capschen dieselbe Fläche für das nebenlie- gende kleine beilförmige, bei dem andern dagegen zieht sich die obere Randfläche weit uach hinten mit zunehmender Breite.» Mittelfussknochen der Hinterfüsse. Tafel IX Figur 10, 11, 12g, h, i. Cuvier (Rech. 4° ed. III p. 161) sagt, die obern Gelenkköpfe von drei bei Abbeville gefundenen seien merklich schlanker, als die des indischen Nashorns. Blainville (Osteogr. p. 108 Pl. XI) fand drei von Abbeville denen des Rhinoceros simus ähnlich. — Giebel (P. 154, 155 und 156) beschrieb die drei Mittelfussknochen und meint, sie seien von denen der lebenden Arten denen des Ahinoceros bicornis und javanus am ähnlichsten, unterschie- den sich aber sowohl von denen der letzten Art, als auch von denen des Ahinoceros javanus. Nach meinem Dafürhalten ähneln sie auch denen des Rh. indicus, weichen aber durch grössere MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 39 Kürze, Breite und Dicke von denen der drei genannten Arten, so wie denen des Rhinoceros sumatranus ab. Nach Maassgabe eines münchener Gypsabgusses (Taf. IX Fig. 10) ist der innere Meta- tarsalknochen 9 dem äussern i ähnlich, unterscheidet sich aber von den andern ganz beson- ders dadurch, dass er oben, neben der Gelenkgrube für das cuneiforme secundum, eine Gelenk- grube für das cuneiforme primum besitzt. Seine obere und äussere Fläche erscheint gröss- tentheils etwas convex, seine innere oben, unter dem Gelenkkopfe, so wie auch unten über dem untern Gelenkkopf, etwas aufgetrieben, aber abgeplattet. Seine Seitenfläche ist in der Mitte eingedrückt. Von dem des Ahinoceros javanus weicht er nicht bloss durch weit grössere Dicke, sondern auch durch seine untere, convexere, mit einer breiten Grube ver- sehene Hälfte ab. Der innere Metatarsalknochen des wiluischen Nashornfusses (Tafel IX Figur 11, 129) ähnelt zwar im Wesentlichen dem münchener Gypsabguss, ist aber kürzer, und, besonders unten, etwas schmäler. Die Höcker und Gruben sind stärker. Der münchener Abguss des mittlern Metatarsalknochens (Tafel IX Figur 10h) ist fast um ”, breiter, als der der innern Zehe. Seine oberste Fläche bietet eine geringe Wölbung. Die starkverdickten Seitenflächen sind nicht gleichförmig zusammengedrückt und daher auch nicht scharfkantig wie beim Arhinoceros javanus. Seine untere Fläche zeigt eine fast flaschenförmige, vorn breitere, beim Rhinoceros javanus fehlende Längsgrube. Der mittlere Metatarsalknochen des wiluischen Nashorns (ebend. Figur 11, 12h) ist dicker, auf der Mitte seiner obern Fläche convexer, auf dem obern innern Seitentheil der- selben aber stärker eingedrückt. Der äussere Metatarsalknochen (ebend. Figur 10,t), als der kürzeste, bietet beim münchener Abguss eine in ihrem obern °/, grubig eingedrückten, unten in der Mitte stumpf- höckrig vorspringende, viel weniger als beim Ahuinoceros javanus abgeplattete und daher etwas schmäler erscheinende obere Fläche. Die Seitenflächen sind viel höher und dicker, als beim javanischen Nashorn, eben so wie die Gelenkenden, deren unteres eine oben schmälere Gelenkfläche besitzt. Die von der des Rhinoceros javanus sehr abweichende, stark ausgeschweifte, untere Fläche zeigt unter der obern Gelenkfläche eine fast pyramidale, starke Erhabenheit und über der untern Gelenkfläche eine tiefe, sehr breite Grube. — Der- selbe Knochen des linken Fusses des wiluischen Nashorns (ebend. Fig. 11, 12i) erscheint, abweichend vom münchener Abguss, auf seiner ganzen obern Fläche leicht convex, oben grubenlos und mit etwas breitern Gelenkenden versehen. Die über der untern Gelenkfläche befindliche Grube ist weniger tief. Der obere auf der innern Fläche befindliche Längs- höcker tritt etwas stärker vor. Zehenglieder der Hinterfüsse. Tafel IX Figur 11, 12. Die Zehenglieder der Hinterfüsse sind am mehrmals erwähnten, von der wiluischen Leiche herstammenden linken Hinterfusse ebenso vollständig, als trefflich erhalten, was um 40 J. F. BrAnpr, so erfreulicher ist, da mir keine Gypsabgüsse derselben vorliegen. Cuvier und Blainville kannten keine Zehenglieder. Giebel, welcher p. 137 nur einige davon kurz beschrieb, fand sie meist denen des capschen, theilweis aber auch denen des javanischen Nashorns ähnlich. Die Zehenglieder der Hinterfüsse des Ahinoceros antiquitatis bieten im Allgemeinen den bei den lebenden Z/?hinoceroten wahrnehmbaren Typus. Die basalen, ebenso wie die mittlern, scheinen indessen durch den obern, wie auch untern, mehr oder weniger stark auf- getriebenen Rand und die tiefere quere Grube ihrer obern Fläche und die höckerigeren Seitenflächen charakterisirt werden zu können. Die basale Phalanx der Innenzehe (ebend. Figur 11,12k) weicht von der der äussern Zehe (ebend. m) durch den bogenförmigen, schwach ausgerandeten obern und den eine an- sehnliche obere Fortsetzung der untern Gelenkfläche zeigenden, untern Rand ihrer obern Fläche ab. Die Seitenflächen der Innenzehe bieten, wie die der Aussenzehe, einen halb- mondförmigen Höcker. Die vordere Fläche der basalen Phalanx der äussern Zehe (ebend. Fig. 11 m.) besitzt einen weniger bogenförmigen, in der Mitte nicht ausgeschweiften, obern und einen untern etwas dickern, in der Mitte jedoch keine halbmondförmige Fortsetzung der untern Gelenk- fläche bietenden Rand. Die basale Phalanx der Mittelzehe (ebendas. Fig. 11,121) ist grösser, als die der Aussen- oder Innenzehe, hat eine quadratische Gestalt, bietet an den Seiten ihrer obern Fläche (Fig. 11,1) vier gleich grosse, winklige Vorsprünge und eine die ganze Mitte der genannten Fläche durchziehende, längliche Quergrube, deren oberer, bogenförmiger Rand stärker, als der in der Mitte eingedrückte untere, vortritt. Die untere, stark vertiefte, Fläche (Fig. 121) besitzt in der Mitte einen breiten, stumpfen Längskamm. Von den mittlern Phalangen stimmt die der innern Zehe (ebendas. Fig. 11,12 n) mit der der äussern (p) in gestaltlicher Beziehung im Wesentlichen überein. Die innere ist jedoch etwas kleiner und hat wie die äussere auf der innern ihrer Seiten einen äussern centralen Höcker. Die mittlere Phalange der Mittelzehe (ebend. 0) überbietet, wie die basale, an Grösse die Phalangen der genannten Zehen, erscheint der Quere nach länglich-viereckig, und besitzt eine furchenartig eingedrückte länglich-viereckige, quere, vordere (obere) und hintere Fläche, während jede ihrer beiden Seitenflächen höckerartig vorspringt. Der obere Rand der vordern Fläche bildet in der Mitte einen kleinen stumpfwinkligen Vorsprung, während der untere etwas aufgetrieben und ein wenig ausgeschweift erscheint. Die Endglieder der Zehen (Tafel IX Fig. 11,12) bieten ebenfalls im Allgemeinen die bei den lebenden Nashörnern herrschende Gestalt. Das der Innenzehe (q) ähnelt gleich- falls dem der äussern (s) bei beiden, sendet, im Gegensatze zur entsprechenden Phalanx der Mittelzehe (r), nur der äussere Rand einen flügelförmigen Fortsatz nach hinten, der nicht zugespitzt, wie beim Ahinoceros bicornis, sumatrensis und indicus, erscheint, sondern dem breitern, mit einem schräg abgestutzten Seitenrande versehenen, des Rhinoceros javanus ähnelt. Der des Prhinoceros antiquitatis besitzt aber, abweichend davon, auf der Mitte sei- MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 41 ner untern Fläche eine starke, fast’ viereckige, rauhe Hervorragung und an den Seitenrän- dern einen tiefen Ausschnitt, der bei Rhinoceros javanus fehlt, oder sehr schwach ist. Uebri- gens erscheint das Endglied der Innen- und Aussenzehe des Rhinoceros antiquitatis kürzer, dünner und auf der obern Fläche weniger gewölbt, als beim Ahinoceros javanus. Das End- glied der mittlern Zehe gleicht hinsichtlich seiner Kürze, seiner geringern Wölbung, und der Enden seiner beiden Seitenflügel, am meisten dem des Zrhönoceros bicornis, jedoch bietet beim Zhinoceros antiquitatis jeder Seitenflügel einen viel tiefern Einschnitt an seinem freien, perpendikulären Rande, wie am Vorderfusse des Rhinoceros javanus. Der untere Rand der Gelenkfläche des mittlern Endgliedes der Zehen springt übrigens in der Mitte etwas vor und besitzt einen länglichen Eindruck zur Articulation mit seinem eigenthümlichen, längli- chen, queren Sesambeinchen. Sesambeinchen. Hinten auf der untern Gelenkfläche jedes Metatarsalknochens bemerkt man je ein Paar von Sesambeinchen (Tafel IX Fig. 13), wovon jedes eine halbmondförmige Gestalt, wie beim Rhinoceros javanus, besitzt. Die Sesambeine der mittlern Zehe sind die grössten, die der innern und äussern die kleinern. Das von den andern Sesambeinchen entfernter lie- gende der Innenzehe ist das kleinste. Ausser den so eben geschilderten Sesambeinchen fand sich hinten zwischen der Ge- lenkfläche des mittlern (0) und letzten (endständigen) Gliedes (r) der Mittelzehe ein queres, längliches, am hintern obern Rande leicht gekrümmtes, am vordern (untern) zur Einlenkung mit dem in der Mitte etwas vortretenden untern Rande der Gelenkfiäche des Endgliedes der Mittelzehe leicht ausgeschweiftes, eigenthümliches Sesambeinchen (Fig. 13t und Fig. 13 A.t), dessen grösster querer Durchmesser 23 Mm. beträgt, während dasselbe nur 6 Mm. hoch ist. Anlebenden Nasbörnern wurde ein solches Knöchelchen bisher noch nicht wahrgenommen. Ueber die Grösse des Rhinoceros antiquitatis, Zur Bestimmung der Grösse des Ahinoceros antiquitatis stehen mir einerseits Maasse des Kopfes und der Hinterfüsse der wiluischen Leiche nebst einer Mittheilung Argunow’s über ihre Höhe und angebliche Länge zu Gebot, andererseits bin ich im Stande im Betreff der maasslichen Verhältnisse des münchener Skeletes mehrfache Angaben zu liefern, die ich theils der Güte des Herrn Akademikers Zittel verdanke, theils an von ihm mitgetheil- ten Gypsabgüssen vieler Theile des genannten Skeletes anstellen konnte. Auf einer gedruckten, eingerahmten, im Museum der Akademie der Wissenschaften den Resten der wiluischen Leiche beigefügten, in russischer Sprache abgefassten Nach- richt, ebenso wie bei Pallas (Nov. Comm. Petrop. T. XVII) findet man die Angabe, der Chef von Wiluisk (Argunow) habe die Leiche gemessen und dieselbe 3'/, russische Ellen (Arschinen) (= 2,31 M.) lang und 2'/, Ellen (= 1,78 M.) hoch gefunden. Der Schädel des, mit Ausnahme des Schnautzenendes, vollständigen, im Museum der Akademie aufbewahrten, noch in seinem frühern Zustande befindlichen, getrockneten Kopfes Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Serie. 6 42 J. F. BRANDT, (Observat. Tab. I, IT, III) der wiluischen Leiche hat, meinen Messungen zu Folge, one BEARBEITEN. a RR REDE JAHRE EIER 0,78 Seine Höhe von der Stirnmitte bis zum untern Rande des Unterkiefers beträgt 0,35 Die Entfernung vom Auge bis zum vordern Rande der Nasenscheidewand.... 0,35 Das Auge ist vom Gehörgang entfernt .........2.cnem en sn an 0,22 Der Umfang des Kopfes zwischen dem vordern und hintern Hornstuhl beträgt 0,97 Noch viele andere, auf den genannten Kopf bezügliche, Maasse sind bereits in meinen Observationes p. 25 und 26 enthalten, ihre Wiederholung scheint mir daher für den gegen- wärtigen Zweck nicht erforderlich. Der vollständige, im Museum der Akademie der Wissenschaften aufbewahrte, von Pallas nicht beschriebene, von mir in den Observationes p. 29 zuerst geschilderte und 7a- bula III et IV abgebildete, untere Theil des rechten Hinterfusses der wiluischen Leiche lieferte folgende Maasse, bei deren Angabe man jedoch zu beachten hat, dass er von stark eingetrockneten Weichtheilen umgeben ist. Die Länge desselben vom Calcaneus bis zum Ende des letzten Gliedes der mittlern Phalanx beträgt «. 3.4445 0... 2A ET BT Sein (grösster) oberer Umfang..........-: . aan SER Auen 0,50 M. ..Der Umfang seiner Mitte beträgt... a0. Klee ee 0,31 M. Die Breite des untersten Theiles des Fusses bietet.......2..2........ 0,13 M. Die Entfernung des hintern Endes des Calcaneus des linken, von Pallas beschriebenen, Hinterfusses vom Ende des äussern Os metarsi beträgt 0,285 M. Das Os metatarsi der äussern Zehe desselben Fusses besitzt eine Länge von 0,135 M. Im Betreff der Dimensionen des münchener Skeletes hatte Herr Akademiker Zittel die Güte mir folgende Mittheilungen zu machen. Die grösste Länge des Schädels vom obern Ende der Nasenscheidewand bis zum Hinterhäupt' beträgt .'. .. 2... MN 0,78M. Derselbe, vom untern Ende der Nasenscheidewand bis zum Hinterhaupt ge- messen, zeigt eine Länge von... 11... 2..... 2 AL RER I 0,64 M. Die Länge der Halswirbelsäule beträgt ... .. . „u. E AT ERER I DZ 0,48 M. Die der Rückenwirbelsäule bis zum Os sacrum..... 2... 2222222 c.2 02. 1,44 M. Die der ganzen Wirbelsäule bis zum Os sacrum .......2.2......2.... 1,92 M. Ausser den vorstehenden Mittheilungen Zittel’s Jiessen sich nach Gypsabgüssen, wel- che ich von ihm erhielt, noch nachstehende Maasse des münchener Skeletes liefern. Länge des Os sacrum. al nu 2.2.2 228 Er 0,17 M. Grösste: vordere Breite. desselben .»:...... .... aka EN 0,24 M. Ganze Länge des Skeletes von dem Ende der Nasenbeine zu dem des Os sacrum mit Ausschluss der fehlenden Schwanzwirbel ............ 2,87 M. Länge der Wirbelsäule bis zu Ende des Os sacrum. .......2222 2222. 2,09 M. Langerdes Oherarms - : 4.22: 1208 422.22 u RE 0,45 M. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 43 GrössteroßererBreiterdesselbenn. 2 N IRRE N 0,23 M. Breiteidesselbensunternder Mitten Inn an EINE Den. 0,08M. » » ER SHE SR HR I I en. 0,18 M. I IE ET IA OR I RR In een. 0,39 M. Een Br ertesde seen NE DE din. une anne dee. 0,12 M. NEE EEE A EN EN a re. 0,07 M. Ka ER Ele aa EEE 5 LEERE STR AEILEN PER RTELN PIIRERS IRRCRLIT IE OPER IBEEE 0,153 M. Pause dert Ulnalohne Oleeranum 2... 2.00. 05290, le en 0,40 M. Breite derselben oben, unter der Basis des Oleeranums .............. 0,13 M. » » dA irren Adam ale Bunt 0,06 M. Beiden Oberschenkels.r an Nm ne blasen Melt 0,51 M. Ber Bgeitesdesselben HER Ra IRRE On una an 0,23 M. Mittlere Breite desselben unter dem Hakenfortsatz............:...... 0,09 M. Bezanreitetlesselben MT eos 0,15 M. EEE ERDE RT ZN A HER T lrR 0,39 M. SnenenBreiter derselben... Mer. lan ren 0,14 M. EnlererBeitelderselhent: wu, 1a MDR nn ann et 0,075 M. BetenekBrestei derselben. Jiitinlis ill awlauele each Ban wi 0,12 M. Vom hintersten Ende des Calcaneus zum vordersten Ende des äussern Os TERARATRENAERNENTE SRB Gh ne er dt 0,285 M. Bmaerdestanssenn! Os metatarsi ! 2.m an. 2 Den er. Plant 0,135 M. Als ich an die Bestimmung der Grösse ging, welche Rhinoceros antıquitatis erreicht haben möchte, mussten natürlich genauere Vergleichungen der Dimensionen der Reste der wiluischen Leiche (dem Kopfe, namentlich dem Schädel derselben, so wie ihrer beiden Hinterfüsse) nebst den mit ihnen vergleichbaren Theilen des münchener Skeletes angestellt werden. Es ergab sich hierbei, dass die Länge des Schädels der wiluischen Leiche mit dem des münchener Skeletes im Ganzen dieselbe (= 0,78 M.) ist. Ferner wurde ermittelt, dass die vom hintersten Ende des Calcaneus zum vordersten Ende des äussern Os metatarsi des linken Hinterfusses gemessene Länge (0,285) mit der des münchener Skeletes auf Grund- lage von Gypsabgüssen übereinstimme. Dasselbe gilt hinsichtlich der Länge des äussern Os metatarsi (0,135). Endlich sprechen auch die Grössenverhältnisse des Oalcaneus, des Os cuboideum, so wie des innern und mittlern Metatarsalknochens der wiluischen Leiche für ein annähernd ähnliches Grössenverhältniss mit denen des Individuums, welchem das münchener Skelet angehörte. Wenn man indessen in Betracht zieht, dass nach Argunow die am Wilui gefundene Leiche (nicht das von ihm unbeachtet gebliebene, von Weichtheilen bedeckte, Skelet) nur 3'/, Arschin = 2,31 M. lang gewesen sein soll, während das vom Ende der Nasenbeine zu dem des Os sacrum gemessene münchener Skelet 2,87 M. lang ist, so steht offenbar die Angabe, welche Argunow über die Länge der wiluischen Leiche machte, mit den von mir 6* “ 44 J. F. BRANDT, auf Grundlage ihrer im Museum der Akademie vorhandenen Reste gewonnenen, auf nahezu gleiche Grösse des wiluischen und münchener Individuums hinweisenden, Ergebnis- sen in Widerspruch. Nach Abzug der Schädellänge (0,78 M.) würden nämlich von der von Argunow angegebenen Totallänge der wiluischen Leiche (= 2,31 M.) für die Länge des Rumpftheiles derselben nur 1,53 M. übrig bleiben, während das vom vordern Ende der Nasenbeine bis zum Ende des Os sacrum 2,87 M. lange münchener Skelet nach Abzug der 0,78 M. betragenden Schädellänge eine Wirbelsäule bietet, deren bis zu Ende des Os sa- crum gemessene Länge 2,09 M. beträgt, so dass also seine Wirbelsäule um 0,56 M. län- ger erscheint, als die der wiluischen Leiche nach der Angabe Argunow’s gewesen sein würde. Man darf daher wohl vermuthen, die Angabe desselben sei durch einen Schreib- oder Maassfehler entstellt und die Länge wenigstens um eine Arschin zu wenig angegeben worden. Ein solcher Irrthum Argunow’s ist um so wahrscheinlicher, als das Verhältniss der Schädellänge des münchener Skelets zum Gesammtskelet sich wie 1 : zu 3,7 verhält, während das entsprechende Verhältniss der wiluischen Leiche auf Grundlage der Argunow’- schen Maasse sich wie 1 : 2,6 gestaltet haben würde, was offenbar den Körperproportionen eines Nashorns widerspricht. ’ ürwägt man nun aber, dass der Schädel des Münchener Skeletes nur 0,78 M. lang ist und darin mit dem der wiluischen Leiche übereinstimmt, während der grösste von mir gemessene Schädel des Museums der St. Petersburger Akademie 0,93 M. zeigt, so geht daraus hervor, dass weder das wiluische, noch auch das münchener Individuum zu den grössten Exemplaren des Rhinoceros antiquitatis gehörten; es vielmehr solche Exemplare gab, deren vom Ende der Nasenbeine bis zum hintern Ende des Os sacrum gemessenes Skelet eine Länge annähernd von 3,5 M. zeigte. Die Länge des ganzen Thieres, wobei ein Stück der Schwanzwurzel und die dicken Lippen in Betracht kommen, musste aber natür- lich eine grössere sein. Da nun die Länge des Körpers der grössten Exemplare des Rhinoceros simus und in- dieus 12—13 englische Fuss, also etwa 3,66 bis 4,00 M. betragen soll, so dürften wohl die grössten Exemplare des Rhinoceros antiquitatis, wenigstens nahezu, eine ähnliche Körper- länge, wie die genannten lebenden Arten, besessen haben. Was die Höhe anlangt, so würde dieselbe, der Angabe Smith’s zu Folge, bei Ahino- ceros simus 5’ 7” engl. sein, also fast die Hälfte der von ihm angegebenen Körperlänge etwa = 12’1” engl. betragen haben. Mit dieser Annahme lassen sich auch, wenigstens an- nähernd, die Maasse ziemlich in Uebereinstimmung bringen, welche ein ansehnliches, aus- gestopftes Exemplar des Rhinoceros bicornis des Museums der St. Petersburger Akademie bietet, das eine Körperlänge von 3,20 M., eine Kopflänge von 0,79 M. und eine Höhe von 1,50 M. zeigt, wobei die Kürze des Kopfes im Verhältniss zur Länge (= 0,93) des grössten oben erwähnten Schädels des ih. antiquitatis, ebenso wie zur Körperlänge desselben auffält. Nach Argunow würde die Höhe der wiluischen Leiche 2’, Arschin, = 1,78 M., gewesen sein und sich also zu der von ihm angegebenen Länge derselben (2,31) wie 1,78 : . MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 45 2,31 =1:1,3 verhalten; ferner würde die Höhe die Länge nur um 53 Cm. übertroffen haben. Ein solches Verhältniss widerstreitet indessen nicht nur den oben angegebenen, an lebenden Arten beobachteten, Verhältnissen der Höhe zur Körperlänge, sondern lässt sich auch nicht mit der von Argunow, allerdings, wie bemerkt, nicht passend angegebenen Länge in Con- nex bringen. Darf man, was mir als zulässig erscheint, auf die Schädellänge im Verhält- niss zur Höhe der Photographie des münchener Skeletes (Tafel V und X) Werth le- gen, so würde die Schulterhöhe des genannten Skeletes annähernd um wenig mehr als das Doppelte seiner Schädellänge (= 1,156 M.) betragen, also annähernd um noch nicht 21 Cen- timeter niedriger sein, als die Höhe (= 1,78), welche Argunow der wiluischen Leiche zuschreibt. Die grössere Höhe der letztern lässt sich aber sehr wohl durch die Gegenwart der Weichtheile erklären, so dass man also dem Individuum, welchem das münchener Skelet angehörte, wenigstens nahezu eine gleiche Höhe mit der wiluischen Leiche zuschreiben und Argunow’s Höhenmaass derselben mit einer solchen Annahme in annähernde Ueber- einstimmung bringen kann. Aus den vorstehenden Mittheiluugen möchte also hervorgehen, Ahinoceros antiquitatis habe in Bezug auf Körpergrösse mit den grössten lebenden Nashornarten wenigstens nahezu ' übereingestimmt und sich nur durch einen gestrecktern, mit grössern Hörnern bewaffne- ten Kopf unterschieden. Geographische Verbreitung des Rhinoceros antiquitatis. Bereits im allgemeinen Charakter der tichorhinen Nashörner (S.5) wurde die Ansicht ausgesprochen, die geographische Verbreitung derselben dürfte zwei Phasen geboten haben. Als erste, ältere derselben liesse sich, wie schona. a. ©. bemerkt, ihr ursprüngliches Auftre- ten und Verweilen in der hochnordischen asiatischen, wärmern Urheimath als Glieder einer besondern, dortigen Urfauna ansehen. Als zweite jüngere darf man wohl ihre durch clima- tische Einflüsse bedingte, allmähliche Einwanderung und Ansiedelung in Europa zur jün- gern Tertiärzeit als theilweisen Ersatz damals dort verschwundener oder im Verschwinden begriffener Faunenglieder betrachten. Im Betreff der Annahme der ersten Phase herrschten unter den sibirischen Reisenden und den Naturforschern zwei einander entgegengesetzte Ansichten. Isbrand, Messer- schmidt, Gmelin u. s. w., ja sogar ein ausgezeichneter der Neuern (v. Middendorff) meinten, die Mammuthe und Nashörner hätten im Süden Sibiriens gelebt und die im hohen oder wenigstens höhern Norden entdeckten Reste derselben seien dorthin geschwemmt worden. Seit Buffon waren indessen andere Naturforscher, so Cuvier, H. F. Link (Urwelt), Lyell u. s. w. bereits der Ansicht: die genannten Thiere wären selbst im Hoch- norden an den Orten oder nicht weit davon vorhanden gewesen wo man ihre Ueberreste fand. — Obgleich ich mich nun der letztgenannten Ansicht deshalb anschloss, weil die Mam- muthe und Nashörner nach Art der nordischen Thiere dicht behaart waren, ferner als wohl- erhaltene Leichen, namentlich im noch behaarten Zustande, nicht hätten vom weiten Süden 46 J. F. BrANDT, nach den hohen Norden gelangen können, und man überdies dort Leichen derselben in auf- rechter Stellung gefunden hat, so erschien es mir doch wünschenswerth, einen neuen, wo- möglich noch stichhaltigern Beweis für die letzterwähnte Ansicht zu gewinnen. Ich gerieth daher auf den Gedanken, die Zähne des noch mit Haut überzogenen Kopfes der am Wilui entdeckten Nashornleiche nach Futterresten zu untersuchen, wofür der Bau der obern Backenzähne günstige Resultate versprach. Die etwas abgenutzten Kronen der obern Backen- zähne der Nashörner bieten nämlich, wie bekannt, längliche oder rundliche, zuweilen gegen 5", und mehr Millimeter tiefe, einige Millimeter breite, senkrecht stehende, von Schmelz umsäumte Höhlungen, die sich beim Kauen der Nahrungsstoffe mit Resten füllen, Es gelang mir auch in der That, aus den fraglichen Höhlungen sehr kleine, ein schwarzes oder braunes Anschn bietende, leider sehr zerbrechliche, Futter-Restchen herauszustochern, worunter nach meiner vorläufigen mikroskopischen Analyse Theilchen von Coniferen und ein kleines, von mir für das einer Polygonacee angesehenes, Früchtchen sich befanden. Die Resultate meiner Untersuchungen bewogen mich, eine briefliche Mittheilung über das ur- sprüngliche Vaterland der Mammuthe und des Ahinoceros antiquitatis an Hrn. Al. v. Hum- boldt zu machen, der die Veröffentlichung derselben in den Monatsberichten der Berliner Akademie 1846 p. 224 veranlasste. Sehr wünschenswerth wäre es gewesen, mein früherer College, der bekannte Botaniker ©. A. Meyer, dem ich die bereits herausgeförderten Fut- terreste mit neuen Zuthaten übergab, hätte die Untersuchung derselben gründlich vollenden können, leider aber wurde er daran durch seinen Tod verhindert. In seinem Nachlasse fanden sich nur von Zeichnungen begleitete Angaben über zweierlei Arten aus den frag- lichen Resten stammender kleiner Früchtchen. Die eine davon hielt er für die einer Zphe- dracee (also für die einer Conifere), was um so wahrscheinlicher ist, da Maack am Wilui (also an demselben Flusse, woran die Leiche des Nashorns lag, dem die Futterreste ange- hörten) nach Meyer’s Tode eine Zphedra fand. Hinsichtlich der Deutung der andern Art von Früchtchen war er im Ungewissen. — Eine kleine Ergänzung zu den erwähnten Beob- achtungen lieferte auf meine Bitte Hr. Professor Mercklin, indem er unter den Futter- resten Theilchen von Salicineen (Weiden) wahrnahm. Die Futterreste bestehen daher, so weit die wegen der Kleinheit und überaus geringen Festigkeit derselben, höchst schwieri- gen, bisherigen Untersuchungen reichen, aus Theilchen von Coniferen und Salicineen. Das fragliche Rhinoceros nährte sich also von Gewächsen solcher Familien, die noch jetzt selbst im Norden Sibiriens vorkommen. — Im Einklange mit diesen Thatsachen stehen die Mitthei- lungen, welche Fr. Schmidt (Bull. sc. d. Acad. Imp. d. sc. d. St.-Petersb.- T. XIII (1868) p. 97 und Mil. biol. T. VI (1868) p. 655, so wie besonders Mem.d. Acad. 7° ser. T. XVII (1872) no. 1 p. 31 ff.) über Pflanzenreste machte, welche man als Nahrungs-. pflanzen des Mammuth anzusehen hat. Er fand nämlich an der obern Gyda am See Jambu etwa 100 Werst von Jenisseisk eine 2—3 Fuss mächtige, aus Lehm und Sand gebildete, Süsswasserschicht, welche Reste des erwarteten Mammuth (Knochen, Haare und Haut- stücke), aber noch ausserdem Theile von Wassermoosen, sowie von Zweigen und Blättern a Nie MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 47 der Betula nana, Salix glauca und herbacea nebst 3—4 Zoll langen, 1—2 Zoll dicken Wur- zelstücken von Larix enthielt. Zur Zeit, als die Mammuthe und Nashörner den Norden Sibiriens bewohnten, war übri- gens das dortige Clima wohl noch etwas wärmer als jetzt und daher die Vegetation eine üppigere; worauf der Umstand hindeutet, dass die Waldgrenze früher viel weiter nach Norden ging, wie die Reste abgestorbener Wälder nachweisen (Schmidt, M£l. biol. a. a. O. p. 675), so dass, wie derselbe meint, zu jener Zeit das Mammuth, dessen Reste er barg (also auch Rkinoce- roten), in der alten Gyda-Tundra an verkrüppelten Lärchen und Weidengebüsch (auf, viel- leicht nach Art der Renthiere, von ihm unternommenen, sommerlichen, nordischen Excur- sionen) noch Nahrung genug habe finden können. Da nun aber die Futterreste der Leiche des Rhinoceros und die von Schmidt mit Mammuthresten gefundenen Pflanzenreste aus Theilen solcher Pflanzenfamilien bestehen, welche noch jetzt im hohen Norden repräsentirt sind, so kann man nicht annehmen, es habe zu den Lebenszeiten von dicht behaarten Arhinoce- roten, und Mammuthen an ihren nordischen Aufenthaltsorten ein sehr mildes Klima geherrscht. An ein solches kann schon deshalb nicht gedacht werden, weil es eine Periode der Eiszeit gab während welcher die Leichen der noch im Norden weilenden (vielleicht, wie die Ren- thiere und Moschusochsen, theilweis dort zurückgebliebenen) Rhinoreroten und Mammuthe in sie umhüllenden Erd- oder Eismassen einfrieren und darin theilweis Jahrtausende hin- durch sich erhalten konnten. So weit unsere in neuern Zeiten gewonnenen Kenntnisse reichen sind, bis Jetzt wenig- stens, bei weitem mehr Angaben von erhaltenen Mammuthleichen oder den Trümmern ihrer Weichtheile als von Rhinoceroten bekannt geworden. Wie gross namentlich die Zahl der in Nordsibirien aufgefuandenen Mammuthleichen oder der Reste ihrer Weichtheile und Skelete sei, bezeugen die Mittheilungen v. Baer’s (Bull. sc. d. !’ Acad. sc. d. St.- Petersb. T. X (1866) p. 258 und Mel. biol. T. V. p. 687 ff.), welche Hr. v. Maydell (Bull. T. XVI p. 155 — 56 und Mel. biol. T. VII p.731) durch drei in Sibirien ihm bekannt gewordene Funde ergänzte. Als älteste Kunde, welche auf das Vorkommen von Weichtheilresten von Rhinoceroten hinzudeuten scheint, dürfte eine Angabe Laptew’s (v. Baer, Bull. a.a. O. p. 260 Mel. biol. T. V. p. 688) anzusehen sein. Laptew, der 1739—43 die nördlichsten Küsten Sibiriens bereiste, spricht zwar von ganzen Mammuthen, die aus den Ufern einiger Flüsse der Tundra ausgegraben würden mit Hörnern auf dem pferdeähnlichen Kopfe. Die pferdeähnlichen ge- hörnten Köpfe lassen sich aber nicht blos auf Mammuthe beziehen, sondern deuten wohl auch auf Rhinoceroten, wie schon Hr. v. Middendorff und v. Baer bemerkten. — J. G. Gmelin (Reise durch Sibirien. Göttingen 1752. 8 Th. III. $. 148) erwähnt: es sei in ei- nem Torflande des untern Lenagebietes, 200 Werst vom Meere, ein dem eines Ochsen ähn- licher Kopf mit Hörnern über der Nase (also offenbar ein Nashornkopf) gefunden worden, der leider nicht näher beschrieben und geborgen wurde. — Als einziges, bisher näher be- kannt gewordenes, Beispiel einer, wie es scheint, mindestens ziemlich vollständig zu Tage gekommenen, Nashornleiche ist die bereits oben erwähnte, 1771 am Ufer des Wilui, einem 48 J. F. BRANDT, westlichen Zufluss der Lena, oberhalb Werchnoi - Wiljuisk gefundene, anzusehen, wovon Pallas den mit Haut bedeckten Kopf nebst zwei ebenfalls mit Haut bekleideten Füssen zu Irkutzk erhielt (Nov. Comm. Petropolit. T. XVII. p. 588 sqq.). Dass neuerdings einer meiner frühern in Sibirien lebenden Zuhörer ebenfalls eine sogar noch mit einer Mähne versehene Nashornleiche gefunden haben will, wurde oben S. 10 bemerkt. Wie die Conservation von Leichen der grossen Pachydermen in Sibirien bewirkt wor- den sein möchte, hat mehrere Naturforscher beschäftigt. Herr v. Baer (Bull. Se. T. X (1866) p. 230, Mel. biol. T. V. p. 694) äusserte, im Widerspruch mit den wiederholten Versicherungen von Adams, das von letzterem untersuchte Mammuth, dessen geborgene Reste als Unica das Museum der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften zieren, habe in reinem Eise gelegen, die Meinung, dasselbe wäre, wie auch die andern Mammuthleichen, im gefrorenen Boden eingebettet gewesen. J. F. Brandt theilte anfangs (Bull. sc. T. X p. 102; Mel. biol.T.V.p.581) diese Ansicht. Mehrere ihm bekannt gewordene Beispiele von stehend gefundenen Leichen oder Skeleten des Mammuth, namentlich die in Folge einer officiellen Anfrage aus Jakutzk erhaltene Antwort: die Mammuthleichen ständen stets aufrecht; ferner der Umstand, dass lebende Elephanten versinken (einsinken), ja als solche sogar schon in den altindischen Sprüchen eine Rolle spielen, leiteten ihn auf die Vermuthung, die wohl erhaltenen, versunkenen (er meinte nicht gerade völlig versunkenen), überdies bald von Flussschlamm bedeckten, dann aber in ihm eingefrornen Pachydermenleichen liessen auf eine solche Weise sich erklären und lieferten einen der Hauptbeweise für die Thatsache: die Mammuthe und tichorhinen Nashörner hätten im Hochnorden Sibiriens gelebt. Herr v. Middendorff (Sibirische Reise Bd. IV. Th. 1 p. 284. Bd. IV. Th. 2 Lief. 1 (1867) p. 1081), der in Sibirien die Skeletreste eines Mammuth nebst einer Erde fand, die er von verwesten Weichtheilen desselben herleitete, gleichzeitig aber auch in der Nähe Schaalen von Meeresmuscheln beobachtete, erklärte sich gegen meine Ansicht, und ganz besonders gegen die stehenden Leichen, indem er, wie manche ältere Naturforscher, die im Norden Sibiriens auftauchenden Mammuthleichen für aus dem Süden herabgeschwemmte hielt. Middendorff’s Mittheilungen gaben daher Veranlassung, im Bulletin d. naturalistes de Moscou 1867 no. 3 die Annahme stehender Mammuthleichen und die Entstehungsart conservirter Leichen der Mammuthe und Nashörner ausführlich zu besprechen. Fr. Schmidt machte nach seiner Rückkehr darauf aufmerksam, dass die Leichen nicht wohl blos durch Absatz von Fluss- oder Seeschlamm vor dem Aufthauen hätten geschützt werden können, da die Flüsse Sibiriens nur schwache Schlammschichten absetzen, es habe dies vielmehr eher durch auf dieselben niedergefallene Schlammströme und Uferabstürze geschehen können. — In Folge seiner Bemerkungen hielt ich es für zweckmässig (Bullet. sc. T. XV (1870) p. 198) Mel. biol. T. VII p. 432), meine frühere Ansicht: die Leichen der Pachydermen seien durch Schlammabsätze der Flüsse und Seen eingebettet worden, da- hin zu modificiren, dass ich Uferabstürze und Schlammströme an ihre Stelle setzte. MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 49 Die Enttäuschungen, welche zwei der Akademie, von Sibirien aus!, als ganze ange- kündigte Mammuthleichen herbeiführten, indem die mit Aufsuchung derselben beauftragten beiden Forscher (F. Schmidt und Gerh. v. Maydell) anstatt derselben nur Reste von Weichtheilen nebst Knochen!) trotz ihrer mühevollen Nachforschungen fanden, sowie die wichtige Beobachtung v. Maydell’s, dass im Hochnorden Sibiriens reines Eis als Felsmasse bis zu einer Mächtigkeit von 4 Faden sich finde, veranlassten meinen geehrten Collegen, den Hrn. Akademiker L. v. Schrenck, den Mittheilungen v. Maydell’s über die Mammuth- Expedition desselben (Bull. sc. d. I’ Acad. T. XV (1871) p. 147—73;, Mel. biol. T. VII p. 719) höchst beachtenswerthe Bemerkungen über den Modus der Erhaltung und die vermeint- liche Häufigkeit ganzer Mammuthleichen hinzuzufügen; Bemerkungen, welche die früheren Ansichten wie natürlich modificiren, da sie auf Erfahrungen fussen, die nach den Mitthei- lungen v. Baer’s und theilweis auch Brandt’s gemacht wurden. Dass.der gewöhnliche Weg, auf welchem uns zahllose Reste von Mammuthen und die wiluische Nashornleiche erhalten sind, die Einschliessung in Erdschichten sei, meint auch Schrenck. Es konnten jedoch, wie er sagt, die Leichen vor und während ihrer Einbet- tung (ich möchte hinzufügen ebenso wie nach ihrer Einbettung, ja selbst nach ihrer Ent- deckung’) (wie das Adams’sche Mammuth und wiluische Nashorn) mehr oder’ weniger star- ken Zerstörungen nicht entgehen. Das Adams’sche Mammuth litt von Raubthieren, die einen Theil desselben verzehrten, während seine Hauer von Menschen abgesägt wurden, ehe Adams es sah. Das wiluische Nashorn fand Argunow bereits ohne Lippen, Hörner und Ohren. Auffallende Beweise für die Annahme häufiger, wie auch mir scheint, sehr gewöhn- licher, ja wohl fast als Regel anzusehender, Leichenzertrümmerungen liefern überdies die von F. Schmidt und v. Maydell entdeckten Mammuthreste. Wenn ich nun aber auch durch die eben erwähnten Funde belehrt, mit meinen geehr- ten Collegen hinsichtlich der Seltenheit ganzer, mehr oder weniger wohl erhaltener, Leichen völlig übereinstimme, so scheint es indessen mir doch nicht unwahrscheinlich, dass in sel- tenen Fällen auch im gefrorenen Boden eingebettete Pachydermenleichen im mehr oder weniger intacten Zustande zum Vorschein gekommen sein könnten, ja, wiewohl sehr selten, durch glückliche, vereinzelte, Zufälle auch künftig noch beobachtet werden möchten, wobei indessen wohl freilich auch an die Möglichkeit der allmäligen Abnahme der Leichen zu denken wäre. Der noch im Museum der Akademie vorhandene Kopf nebst den beiden Hinterfüssen 1) Schmidt fand nur haarlose Hautstücke, viele lose | Hände von Naturforschern gelangen können, bietet, ist die Haare und Knochen, v. Maydell einen von Haut und | grosse Entfernung Sibiriens und seine beträchtliche Aus- Haaren bedeckten Fuss, eine Fussplatte, Haare und | dehnung. Die wenigstens in Aussicht gestellte Errichtung Knochen. Sämmtliche erwähnte Reste werden im Museum | einer Universität in Irkutzk und die Vermehrung der Te- der Akademie aufbewahrt. legraphen werden indessen diesem Uebelstande hoftent- 2) Einen Umstand, der ein wesentliches Hinderniss, | lich, mindestens theilweis, abhelfen. dass mehr oder weniger wohl erhaltene Leichen in die Memoires de l’Acad. Imp, des sciences. VIIme Serie, 7 50 J. F. BRANDT, der am Wilui entdeckten Leiche des Rhinoceros antiqwitatis zeigen wenigstens noch jetzt, wie oben ($. 8) ausführlich nachgewiesen wurde, einen solchen Zustand der Conservation, dass man annehmen kann, sie sei ursprünglich, als sie auftauchte, kaum schlechter erhal- ten gewesen, als das Lena-Mammuth. Dass die Nashornleiche im Eise gesteckt habe, wie letzteres, ist aber weder gesagt worden, noch nachweisbar. Der Umstand, dass sie halb im Ufersande lag, als man sie fand, scheint vielmehr eher dafür zu sprechen, sie sei durch die Gewalt des genannten Flusses aus dem Ufer desselben losgespült worden, worin sie wohl im gefrorenen Boden ruhte. Was die Art und Weise anbetrifft, wie die grossen, nordischen Pachydermen in die Erdschichten gelangten, welche manche von ihnen Jahrtausende im gefrorenen Zustande weniger oder mehr vollständig erhielten, bis sie von den Gewässern losgespült wurden oder durch Abstürze sie bergender Ufertheile zu Tage traten, so erklärt sich H.v.Schrenck zwar theilweis mit Recht gegen die vor Beendigung der Schmidt’schen Mammuthexpedition von mir (Bull. sc. T. X und Mel. biol. T. V. p. 598) gehegten, bereits oben erwähnten Ansichten. Ich glaube mir jedoch die Bemerkung gestatten zu dürfen, dass ich nicht, wie er anführt, die Meinung äusserte: «die Mammuthe seien plötzlich in den Schlamm bis zu solchen Tie- fen versunken, dass die Schlammschichten sie auf einmal einhüllten», sondern nur be- merkte, die Mammuthe wären versunken, nachher aber auch noch von Fluss- oder See- schlamm bedeckt worden und dann eingefroren. — Uebrigens hatte ich bald nach Schmidt’s Rückkehr, in Folge der Mittheilung desselben: «der so geringe Schlammabsatz der sibiri- schen Flüsse würde für eine mit Sicherheit gegen das Aufthauen schützende Hülle der Leiche nicht hingereicht haben, wohl aber könnte die Einbettung derselben durch Uferab- stürze und Schlammströme bewirkt worden sein» meine frühere, von Schrenck bespro- chene Meinung, wie bereits oben bemerkt, vor dem Erscheinen seiner Abhandlung (siehe Bull. sc. T. XV (1870). Mel. biol. T. VII p. 432) modificirt. Als die wahrscheinlichste unter Berücksichtigung der physikalischen, meteorologischen und terrestrischen Verhältnisse Sibiriens gewonnene Vorstellung, welche man sich hinsicht- lich der Art des Ursprunges der im gefrorenen Boden desselben vorkommenden Leichen, gegenwärtig machen könne, erscheint mir folgende: Die Mammuthe und tichorhinen Nashörner hielten sich, wie die Fundorte ihrer zahl- reichen Reste nachweisen, ähnlich ihren lebenden Gattungsverwandten, des reichlichern und üppigeren Pflanzenwuchses, so wie der Tränke und des Badens wegen, vorzugsweise an den Ufern der Gewässer, wo sie, möglicherweise zuweilen durch plötzliche und heftige Schnee- gestöber, überrascht wurden und theilweis ihren Untergang fanden, indem sie entweder lie- gend, oder auch, wenn der lehmige Boden der Ufer der Flüsse und Seen im Spätsommer und Herbst stark erweicht war, in Folge von Einsinken, selbst stehend verendeten, wie man dies (siehe oben) von den Elephanten Indiens sogar sprichwörtlich kennt. Senkten sich nun von den hohen Ufern losgetrennte Erdmassen oder Schlammassen in Form von Strömen so reichlich auf die Leichen herab, dass sie dieselben dicht umgaben und traten nach einer . MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 51 solchen Einschliessung derselben früh genug anhaltende, starke Fröste ein, so konnten die- selben, wenn ihre Hülle eine so dicke war, dass sie selbst von der Sommerwärme nicht er- reicht wurden, ja wenn vielleicht später die sie einschliessende Erdmasse durch neue Erd- massen, die ebenfalls gefroren, verstärkt wurde, besonders wenn kalten Wintern kühle Sommer folgten, Jahrtausende hindurch im gefrorenen Zustande verbleiben. Da indessen, wenn die Erhaltung ganzer Leichen auf die eben geschilderte Weise er- _ möglicht werden sollte, dieselbe nur durch das zufällige, glückliche Zusammentreffen meh- rerer günstiger Bedingungen zu Stande kommen konnte, so ist wohl, wie auch Herr von Schrenck meint, die Auffindung ganzer Leichen, ja selbst wohl hie und da beschädigter, als grosse Seltenheit anzusehen. Da übrigens die an den Lieblingswohnplätzen der nordi- schen Pachydermen befindlichen Leichen den Hochwassern und Eisgängen der Flüsse und Seen ausgesetzt waren und es noch sind, so wurden und werden offenbar nicht blos die frei liegenden, sondern selbst die in Erde eingebetteten, ungemein häufig, ja wohl meist zerstört, so dass von ihnen (wohl auch nur zuweilen) im gefrornen Boden liegende Trüm- mer, wie die von F. Schmidt und v. Maydell entdeckten, zum Vorschein kommen. Die Hoffnung, man werde häufig ganze, durch Einbettung im gefrorenen Boden erhaltene, Lei- chen auffinden, ist also eine sehr geringe. Am denkbarsten möchte wohl die Erhaltung ganz vollständiger Leichen in grossen Eismassen sein, wie sie Herr v. Maydell entdeckte; eine Entdeckung, welche Herr von Schrenck bestimmte, der Ansicht v. Baer’s gegenüber, die wiederholten Angaben von Adams: «sein Mammuth habe im reinen Eise gelegen», doch nicht für unglaublich zu hal- ten, da möglicherweise Mammuthe in tiefe Schneemassen versunken sein könnten, die in bleibendes Eis sich verwandelten. Bemerkenswerth erscheint übrigens, dass schon OÖ. Heer (Urweli d. Schweiz $. 545) die Ansicht aufstellte: die in Sibirien mit Haut und Haaren erhaltenen Mammuthe seien vielleicht auf dem Eise verunglückt, namentlich in Gletscherspalten gefallen, und in diesem Eiskeller durch Jahrtausende erhalten worden. Gletscher sind indessen bis jetzt in Sibirien noch nicht nachgewiesen. Das Versinken in Gletscherspalten dürfte man sich übrigens als noch viel seltener und schwieriger vorstellen können, als die Einbettung in grossen Schnee- massen, die sich in Eis verwandelten. Ausser den Leichen der Pachydermen, denen zur Berichtigung der Ansichten über ihren Ursprung und ihre Häufigkeit eine nähere Berücksichtigung geschenkt wurde, giebt es aber noch andere Thatsachen, die für eine nordische Urheimath des Rhinoceros antiqui- tatis sprechen. Im höchsten Norden Sibiriens werden, ausser sehr häufigen Knochen vom Mammuth, auch so wohl erhaltene zahlreiche Reste von Rhinoceroten gefunden, dass auch deshalb an einen durch Verschwemmung aus dem fernen Süden bewirkten Ursprung der- selben nicht zu denken sein möchte. | Wie schon (8. 47) erwähnt, spricht bereits Laptew von Thieren mit pferdeähnlichen Köpfen und Hörnern auf denselben (er meinte also Rhinoceroten), welche in den Tundern, 7# 52 J. F. BRANDT, (d. h. den sibirischen Eismeertundern) sich fänden. J. G. Gmelin (Reise III p. 148) be- richtet von einem dem eines Ochsen ähnlichen, auf der Nase mit Hörnern versehenen, also offenbar einem Nashorn angehörigen Kopfe, der in der Eismeer-Tundra Swaitoi-Nos gegen- über, 200 Werst davon, ebenso wie vom Meere, entfernt gesehen wurde. — F.v. Wrangel (Reise längs der Nordküste Sibiriens Th. I. $. 118) erwähnt, wie schon Laptew, des Vor- kommens von Nashornköpfen im Norden Sibiriens und bemerkt (Th. II. $. 3), am Aniuj, einem Nebenfluss der Kolyma, sei der Schädel eines Nashorns gefunden worden. Aus He- denstroem (Fragmente oder etwas über Sibirien. St. Petersburg 1842,8 p. 133") und Bull. d. nat. d. Moscou T. I. p. 205), sowie aus der Angabe von Pallas (Nov. Comment. Petrop. T. XVII p. 600): im Obgebiet nach dem Eismeer zu habe Sujew einen Schädel desselben angetroffen, geht ebenfalls hervor, dass in der Nähe des Eismeeres, ausser zahlreichen Mam- muthresten und Schädeln des Ovibos, auch Schädel und Hörner von Rhinoceroten nicht sel- ten vorkommen. Die frühere Gegenwart von Nashornresten auf dem Küstengebiet des sibi- rischen Eismeeres in der Richtung von Osten nach Westen, d. h. vom Gebiet der untern Kolyma bis zum untern des Ob, kann nicht bezweifelt werden. Aus dem Mündungsgebiet der Lena kennt man die berühmte Mammuthleiche, darf aber wohl dort um so eher auch wohl Reste des Rhinoceros antiquitatis erwarten, als man an einem Zuflusse des mittlern Lenalaufes (dem Wilui) die bereits mehrmals erwähnte Leiche desselben fand. Im Betreff des Vorkommens von Knochenresten auf der als Neu-Sibirien bezeichneten Inselgruppe muss man indessen erst noch wissenschaftliche Untersuchungen derselben für wünschenswerth halten, ehe die Polargrenze der Verbreitung des Rhinoceros antiquitatis auch auf dieses mit Sicherheit ausgedehnt werden kann, obgleich die von dort so häufig gebrachten, wohl erhaltenen, Stosszähne des Mammuth, namentlich aber die auf einer der Inseln der genannten Gruppe (der Kesselinsel, Kotelnoi) nach Hedenstroem (a. a. O. p. 137) von seinen Leuten gefundenen Rinder- und Schaafschädel, ebenfalls auf die dortige Gegenwart von Nashornresten hindeuten möchten, da besonders aus Hedenstroem’s Mit- theilungen hervorgeht unter Rinderschädeln meine er die von Bos moschatus, während man unter den Schaafschädeln wohl die von Ovis montana zu verstehen hat. Als Aequatorialgrenzen des Vorkommens der Reste der fraglichen Nashornart in Nord- asien sind die Baikalgegenden, die nördlichen Abhänge des Altai, die Baraba’sche Steppe und die Südhälfte des Uralsystems, anzusehen. Aus dem transbaikalischen Gebiet, vom Flusse Tschikoi, einem östlichen Zuflusse der in den Baikal fallenden Selenga, stammt der erste vollständige, schon von Pallas, Cuvier und neuerdings von mir beschriebene und abgebildete Schädel. — Die altaischen Höhlen enthalten mannigfache, gleichfalls schon von mir (Bulletin sc. d. l’ Acad. Imp. d. sc. de St.-Petersb.. 1870 T. XV) beschriebene 1) Hedenstroem meint zwar (offenbar in Folge der | dessen von Fischer von Waldheim in der Schrift Re- Mittheilungen der Jukagiren), die Schädel und für Kral- | cherches sur les ossem. foss. de la Russie I. Sur le Gryphus len gehaltenen Hörner der Rhinoceroten für Reste eines | antiquitatis. Moscou 1836.4 gründlich widerlegt. Biesenvogels halten zu können; seine Ansicht wurde in- _ N MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 53 Reste, welche indessen die Frage offen lassen: ob sie der ältern oder jüngern Periode der Existenz der Rhinoceroten in Sibirien angehörten. Wie es scheint, möchte man indessen eher für die jüngere oder eine mittlere zu stimmen haben. — Der durch die Baraba-Steppe fliessende Fluss Alei lieferte Pallas einen Zahn. Reste des Rhinoceros fanden sich auch am Irtisch, dem so mächtigen Zufluss des Ob, eben so wie am Uralfluss (Pallas), ferner unweit Jekaterinenburg und Slataust (Eichwald, Zethaea). Wie weit übrigens die Süd- grenze der Verbreitung des Rhinoceros antiquitatis während der ersten Periode seiner nor- dischen Existenz sich in Sibirien nach Süden ausdehnte; ob sie namentlich schon damals auch auf die so eben skizzirte sich erstreckte oder höher im Norden abschloss, lässt sich noch nicht bestimmen. Man hat übrigens hierbei auch wohl an die Möglichkeit periodi- scher, denen seiner Faunengenossen, der Rennthiere, ähnlicher Wanderungen desselben von Süden nach Norden und umgekehrt zu denken, denen zu Folge er im Winter südlicher, im Sommer nördlicher vorgekommen sein könnte. Als ein dritter Grund, dass Rhinoceros antiquitatis ursprünglich im Norden lebte, lässt sich der Umstand ansehen, dass er, wie die Thiere des Nordens, dicht behaart war und sich von auch im Norden vorkommenden Pflanzen nährte. Als vierter darf wohl sein stetes Zusammenleben mit solchen, jetzt als nordische be- trachteten Thieren gelten, die mit ihm im Norden Sibiriens und später auch noch in Eu- ropa vorkamen, wie das Rennthier, der Moschusochse, Ovis montana u. S. W. Als fünfter, besonders wichtiger, ist der Umstand zu berücksichtigen, dass nach Maass- gabe der Erdschichten, worin man seine Ueberreste fand, Rhinoceros antiqwitatis erst zur Pliocän- und Diluvialzeit in Europa auftrat. Was übrigens die, nach Maassgabe der bisherigen Funde seiner Reste, oben angenom- mene Nordgrenze der ursprünglichen Verbreitung des Rhinoceros antiquitatis anlangt, so möchte sie im Betracht des gegenwärtigen Standes der Paläontologie, namentlich der Phy- topaläontologie, des Hochnordens der nördlichen Erdhalbkugel wohl noch nicht gesichert sein, sondern früher möglicherweise weiter polwärts sich erstreckt haben. Für die Bejahung einer solchen Annahme würde die genauere Bestätigung des Vor- kommens der oben erwähnten Thierreste auf den nördlich von Sibirien liegenden Inseln zunächst wichtig sein, namentlich wäre festzustellen, dass die Thiere, welchen sie ange- hörten, dort wirklich lebten. Es fragt sich indessen, ob selbst Neu-Sibirien (wenn das dortige frühere Vorkommen lebender Mammuthe und tichorhinen Nashörner, wie zu vermuthen steht, künftig constatirt werden wird) als die Polargrenze ihrer Verbreitung während der ersten Phase ihrer Exi- stenz mit Sicherheit angesehen werden könne. Mit der Annahme, Neu-Sibirien habe einen Theil der frühern Nordgrenze der Verbreitung des Rhinoceros antiquitatis, ebenso wie der Mammuthe u. s. w. gebildet, lassen sich wenigstens folgende Thatsachen nicht wohl in Ein- klang bringen. Die Entdeckung zahlreicher Knochenreste weist nach, dass die Mammuthe und ticho- 54 J. F. Branor, rhinen Nashörner nicht blos früher im Norden Sibiriens, sondern auch nach ihrer (wohl nur theilweisen) Auswanderung nach Europa wit solchen Thieren, wie dem Moschusochsen, dem Rennthier, dem Polarfuchs und dem Schnecehasen zusammen vorkamen, welche noch jetzt lebend in Grönland oder Spitzbergen angetroffen werden. Die genannten Pachydermen lebten ferner noch im Norden Sibiriens als so manche ihrer Leichen einfroren und bis jetzt sich erhielten. Sie waren also, wie die Rennthiere, Moschusochsen u. s. w. echte Urbewoh- ner des Hochnordens. Es dürfte endlich vielleicht noch ein anderer Umstand eine selbst weiter als auf den höchsten Norden Sibiriens und seiner ihm nähern Inseln auszudehnende Polargrenze des Rhinoceros antiquitatis wenigstens als Möglichkeit erscheinen lassen. Die in den neuesten Zeiten auf Grönland, Spitzbergen u. s. w. angestellten Untersu- chungen führten zur dortigen Entdeckung der Reste einer tertiären (miocänen) Flora (O. Heer, Flora fossilis arctica, Die fossile Flora der Polarländer. Zürich 1868,4 m. L Tafeln), deren Bestandtheile nicht blos hinsichtlich der Classen, Familien, Ordnungen und Gattun- gen die Allgemeinheit des Charakters mit dem des noch gegenwärtig auf Europa, Nord- asien und Nordamerika ausgedehnten, so umfangreichen, im Laufe der Zeit allerdings man- nichfach veränderten Florengebietes, nachweisen, sondern denselben auch durch eine grosse Menge mit denen der Gegenwart identischer oder sogenannter homologer Arten bekunden. Einer solchen Flora dürfte demnach auch ein muthmaasslich homologer, ja selbst minde- stens theilweis identischer, Charakter der mit ihr gleichzeitig vorhandenen Fauna kaum abzusprechen sein. Von thierischen Resten dieser Fauna kennen wir freilich nur sehr we- nige, gleichfalls von O. Heer a. a. O. p. 129 ff. beschriebene, Bruchstücke von Insekten, die allerdings auf einen dem der Fauna Europas, Nordasiens und Nordamerikas homologen Charakter hindeuten. Reste von Säugethieren, welehe zur Zeit der Miocänflora mit der- selben vorkamen, sind dagegen meines Wissens noch nicht bekannt. Eine in ihrer Entwicke- lung so vorgeschrittene Flora vermochte indessen wohl ohne Frage selbst höher organisirten Pflanzenfressern reichliche Nahrung zu bieten. Sie dürften daher zur Miocänzeit des Hoch- nordens demselben kaum gefehlt haben. Es scheint deshalb die Vermuthung keineswegs widersinnig, dass schon damals, wie noch jetzt, Rennthiere, Moschusochsen. Eisfüchse, Schneehasen u. s. w. in solchen hochnordischen Ländern leben mochten, die noch weiter polwärts als Nordsibirien und seine Eismeerinseln liegen. Da wir nun die Rennthiere, Moschusochsen, Pisfüchse u.s. w. als Glieder ein und der- selben Fauna kennen, welche die Mammuthe und tichorhinen Nashörner von den Eismeer- küsten Sibiriens an begleiteten, so liesse sich annehmen, die beiden letztgenannten könnten, als die besprochene Flora des Hochnordens bestand, mit den drei erstgenannten Thieren und noch so manchen andern noch weiter polwärts als bis Sibirien, möglicherweise vorgekom- men sein '). 1) Die Ansicht, dass die Urheimath eines grossen | Norden Asiens und Amerikas zu suchen sein möchte, Theiles der quaternären Faunenglieder Europas im | habe ich bereits in meiner Monographie des Elens (Mem. * Perr> MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 55 Mit der Ansicht, die Urheimath der tichorhinen Nashörner, Mammuthe, Rennthiere, Moschusochsen u. s. w. sei im hohen Norden Asiens, ja vielleicht (theilweis) noch mehr polwärts in jetzt vereisten Ländern des Eismeergebietes, ja selbst vielleicht theilweis in den vereisten Polarländern, zu suchen, scheint der Umstand im Widerspruch zu stehen, dass man in Sibirien ganze Leichen von Mammuthen und Rhinoceroten oder Reste ihrer Weich- theile im jetzt stets gefrornen Boden oder auch wohl in Eis gehüllt entdeckte, während offenbar aus dem Norden eingewanderten Individuen angehörige Skeletreste derselben im Westen und Süden von Europa mit denen von Zippopotamen, die stets ein offenes Wasser bedürfen, und von Affen, die auf Fruchtnahrung angewiesen sind, merkwürdigerweise ge- funden wurden. Lartet (Ann. d. sc. nat. 1867 T. VIII p. 191) meinte, das Zusammenleben von ticho- rhinen Nashörnern und ihren Faunengenossen, den Mammuthen, Rennthieren, Moschusoch- sen u. s. w. dadurch erklären zu können, dass das Klima der Eiszeit ein weniger extremes (milderes), als gegenwärtig, gewesen sei. Zu Gunsten dieser Erklärung führt er nachste- hende, der Novara-Expedition entlehnte, Bemerkungen an. Auf der Südinsel Neuseelands, wo die Schneegrenze fast in einer Höhe von 2000 Metern beginne, in der Nähe der nur einige hundert Metres von der Küste entfernten Gletscher, fänden sich Palmen und Farren. Ferner bemerkt er: in Europa hätten die Meere der Eiszeit eine grössere Ausdehnung ge- habt und die Gestalt des Landes sei wohl eine mehr archipelagische oder peninsulare gewe- sen. Als nun aber die glacialen Meere sich zurückzogen, und das vergrösserte Europa ein mehr continentales Klima (mit wärmeren Sommern) erhielt, sollen das Rennthier und der Moschusochse nach Norden gewandert und die früher auch auf die Ebenen verbreiteten Gemsen, Steinböcke und Murmelthiere auf die Gebirge sich zurückgezogen haben, während die Hippopotamen und andere Thiere, denen die erforderlichen Lebensbedingungen fehlten, untergingen. In Bezug auf West- und Südeuropa, da dort das frühere Zusammenleben der Nilpferde und Affen mit den eingewanderten tichorhinen Rhinoceroten, Mammuthen u. s. w. durch zusammen an denselben Orten gefundene Reste sicher nachgewiesen ist, bin ich geneigt, ibm beizustimmen, jedoch für die Gegenwart mit der Modification, dass vielleicht anzuneh- men sein könnte, die fraglichen Zippopotamen und Affen wären ein Theil der letzten Reste einer gemässigt-europäischen, subtropischen Fauna gewesen, denen sich zu Anfange der Eiszeit die am frühsten aus dem Norden und Osten ausgewanderten Schaaren von Nashör- nern und Mammuthen nebst denen anderer ihrer Faunengenossen zugesellten. Für eine sol- che Ansicht spricht, dass, wenigstens bis jetzt, weder die diluvialen Schichten des Nordens von d. U’ Acad. d. St.-Pötersb. T. XVI (1870) p. 72— 81) be- | Versammlung deutscher Naturforscher zu Breslau am sprochen und dabei die tertiäre Flora Grönlands und | 22. September 1874 (siehe Tageblatt derselben $. 127) Spitzbergens näher in Betracht gezogen. In etwas er- | vorgetragen. Eine nähere, bereits begonnene Begrün- weiterter Gestalt wurde aber die fragliche Ansicht von | dung derselben hoffe ich später zu liefern. mir in der Sitzung der anthropologischen Section der 56 J. F. BrAnpr, Asien (der wahrscheinlichen Urheimath der tichorhinen Nashörner, Mammuthe u. s. w.) noch die der Osthälfte des europäischen Russlands Reste von Hippopotamen oder Affen im Verein mit denen der tichorhinen Nashörner und Mammuthe lieferten. Wenn wir nun aber die oben gemachten Bemerkungen im Betreff der miocänen Flora und Fauna des Hochnordens in Betracht ziehen und bedenken, dass der Hochnorden Asiens Nashörner und Plephanten ernährte, so scheint indessen die allerdings sehr hypothetische Annahme nicht gerade widersinnig: es habe, als sein Klima ein mehr oder weniger subtro- pisches (miocänes) war, als namentlich die Gewässer des Nordens nur wenig zufroren und dort kein Mangel an Früchten war, möglicherweise (wie noch jetzt Japan und früher wenig- stens auch Spanien) ebenfalls Affen, nebst Nilpferden, besitzen können, die (bei beginnender Ver- eisung der Polargegenden) wohl weit früher als die Zichorhinen Nashörner nach Westen oder Sü- den zogen oder ausstarben, weil es ihnen an den nöthigen Existenzbedingungen fehlte und ihnen überdies das Vermögen abging, sich den veränderten klimatischen Verhältnissen anzupassen. Dass ein solches Vermögen den tichorhinen Nashörnern und Mammuthen (ebenso wie auch den Rennthieren und Moschusochsen) nicht fehlte, sehen wir daraus, dass sie einestheils in einem Klima aushielten, worunter ihre Leichen im gefrornen Boden oder Eis eingebettet wurden und sich darin Jahrtausende conservirten, während sie andererseits durch ihre Auswanderungen in solchen südwestlichen Ländern sich einbürgerten, wo sie mit als Be- wohner des Südens geltenden Thieren (Affen, Nilpferden), also unter wärmern Temperatur- verhältnissen, zusammenlebten. Die Befähigung, sich so verschiedenen klimatischen Verhältnissen anzupassen, könnte indessen vielleicht weniger wirksam bei der Auswanderung gewesen sein, als der Mangel einer geeigneten, reichlichen Nahrung, wie man aus dem bereits angedeuteten Umstande schliessen zu können dürfte, dass Rhinoceros antiquitatis und das Mammuth (möglicherweise als zurückgebliebene Reste) noch im Norden verweilten, als ihre Leichen bereits dort einfroren. Im Betreff der Frage, wann die Auswanderung der grossen Pachydermen aus Nord- asien nach Europa begann, bemerkte Lartet (a. a. O. p. 175) ferner, dass nach dem ge- genwärtigen Standpunkte unserer Kenntnisse der Reste derselben enthaltenden Schichten man der Meinung sein könne, Rhinoceros antiquitatis wäre ım Westen Europas erst nach der Zeit der grössten Ausdehnung der Vergletscherung erschienen, welche nach mehreren Geologen mit dem grossartigen Erscheinen der erratischen Blöcke zusammenfalle. Dass die Auswanderung der Glieder der Hochnordfauna nach südlicheren Ländern um jene Zeit in vollstem Gange sein mochte, dürfte höchst wahrscheinlich sein, doch könnte sie wohl auch schon früher begonnen haben. Ob nun, wie schon H. v. Meyer und O. Heer und später Lartet annahmen, Arhinoceros antiquitatis erst später als Zhinoceros Merckiü in Europa auftrat, möchte deshalb jetzt nicht mehr als eine in allen Fällen sichere Thatsache anzu- nehmen sein, da ich das Vorkommen der Reste beider in Bezug auf Sibirien nachwies. - Im Betreff der als allgemeine Erscheinung angenommenen Rückwanderung mancher Thiere, wie der Rennthiere, Moschusochsen u. s. w. aus dem Süden nach Norden dürfte MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 57 noch die Bemerkung gestattet sein, dass eine solche sich kaum immer sicher behaupten lasse. Ein theilweises Zurückziehen mancher Thierarten aus südlicheren Gegenden in nördliche (z. B. in Folge menschlicher Nachstellungen oder sonstiger Einflüsse) dürften allerdings zulässig sein. In manchen Ländergebieten des Nordens könnten aber sehr wohl theilweis solche Thiere zurückgeblieben sein (z. B. Rennthiere, Moschusochsen, Eisfüchse in Grönland), welche sich dem Clima anpassen und wenn auch nur spärliche Nahrung finden konnten, wie dies selbst die Mammuthe und die tichorhinen Nashörner zeigen, die einestheils, wie schon bemerkt, in Westeuropa gediehen, andererseits in Sibirien noch .zu einer Zeit (allerdings wohl nur theilweis)’ lebten, als ihre eingefrornen Leichen sich erhielten. Die Einwanderung der grossen nordischen Pachydermen und ihrer Faunengenossen in Europa lässt sich als Beginn der zweiten Phase ihrer Existenz ansehen. Werfen wir nun einen Blick auf die vielen Ländergebiete Europas, in denen mehr oder weniger zahl- reich die Reste des Rhinoceros antiquitatis gefunden wurden, so ergiebt sich: dass derselbe westwärts vom Osten des europäischen Russlands an in Polen, Oesterreich, Deutschland, Belgien, England, Frankreich und in der Schweiz mehr oder weniger häufig vorkam. In Italien will man zwar gleichfalls Reste desselben gefunden haben (Cuvier Rech. 4”° ed. III. p. 142 und Owen Brit. foss. mamm. p. 359). Lartet (Annal. d. Sc. nat. 1867 T. VIII p. 175) und Forsyth Major (Atti d. !. Soc. Ital. Vol. XV p. 382) meinten indessen, dieselben seien theils auf Rrhönoceros Merckiti, theils auf Rhinoceros leptorhinus zu beziehen. Auch Dawkins und Sanford (Palaeontogr. soc. Vol. XVIII. p. XXX) sind noch zweifelhaft, ob Rhinoceros antiquitatis in Italien vorkomme. Da jedoch nicht nur deren vom Mammuth, sondern auch vom Rhinoceros Merckii die des Rhinoceros antiquitatis von Sibirien bis zum südlichen Frankreich und in die Schweiz begleiten, also auf die Mög- lichkeit des Vorkommens des letztgenannten in Italien hinweisen möchten, so dürften die Ansichten der letztgenannten Forscher eine nochmalige Untersuchung wünschenswerth machen. Vorläufig werden demnach als sichere Südgrenze der ehemaligen Verbreitung des Rhinoceros antiguitatis in Europa, die Pyrenäen, die Schweiz und Bessarabien sich geltend machen. — Im Betreff der europäischen, bisher als sicher annehmbaren, auf Deutschland und England beschränkten Nordgrenze seines Vorkommens scheint bemerkenswerth, dass das Gouvernement Archangel und Petersburg, ebenso wie manche Ostseeprovinzen Russ- lands noch keine Reste des Ahinoceros antiqwitatis lieferten, dass ferner in Schweden als einziger Rest nur ein Zahn bisher bei Hyllie unweit Malmoe gefunden wurde (Hisinger Lethaea suecica 1837 ». 5). Während der zweiten, mit der Vereisung des Hochnordens beginnenden, Phase seiner Existenz scheint übrigens Rhinoceros antiquitatis aus seinem ursprünglichen, wohl sehr weit ausgedehnten Vaterlande nicht blos in Europa allmählich nach Westen und Süden gewandert zu sein, sondern auch in Asien sich mehr nach Süden gezogen zu haben. Für eine solche Ansicht sprechen wenigstens die einerseits nach Gaudry (Bull. d.1. Societ& geolog. de France. Fevr. 19° annee 1872, P. Gervais Journ. de Zool. T. I. 1872 p. 300) in nn gefunde- Memoires de 1l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 58 J. F. Branptr, nen, andererseits die von Ad. Goebel in Persien entdeckten Reste (J. F. Brandt, Ueber die persischen von Ad. Goebel in der Provinz Aderbeidjan bei Maragha gefundenen Säuge- thierreste. Eine Festschrift zur fünfundzwanzigsten Jubelfeier des Naturforscher- Vereins zw Riga. Riga 1860. 4). Was das europäische Russland Aiaset, so kennt man bisher das Vorkommen mehr oder weniger zahlreicher Reste aus den Gouvernements Nowgorod, Wologda, Kasan, Sa- mara, Simbirsk, Raesan, Moskau, Orel, Kursk, Charkow, Jekaterinoslaw, Bessarabien, Wolhynien, Minsk und Lithauen. Aus den Ostseeprovinzen war bis 1874 nach Grewingk (Arch f. Aniobelh VII. p. 62) nur ein einziger Rest (ein Femur) des Rh. antiquitatis bekannt, der in Livland bei Ringmundshof am Dünalauf gefunden wurde. Selbst Mammuthreste wurden nach Gre- wingk in Ehst- und Livland spärlicher, häufiger jedoch in Kurland gefunden. Das Vor- kommen von Mammuthresten lässt indessen dort wohl auch die Entdeckung von Nashorn- resten erwarten. Im polnischen Theile Oesterreichs wurden Reste im Löss zwischen Krakau und ac Karpathen entdeckt (Zeuschner). In Oesterreich selbst fand man deren in Böhmen bei Adersbach und Lissa, so wie im Wiener Becken, ja sogar in einer der Vorstädte Wiens, der Rossau. Mehr oder weniger zahlreiche Ueberreste, darunter sogar einige zum grössern oder geringern Theil vollständige Skelete, wurden in verschiedenen Theilen Deutschlands ent- deckt. Zu ihren mir bis jetzt bekannt gewordenen Fundorten gehören im Königreich Preussen die Nähe von Berlin (namentlich der jetzt dazu gehörige Kreuzberg), Quedlin- burg, Egeln, Obergebra, Osterode, Hannover, die Baumanns-Höhle, so wie die Höhle von Balve in Westfahlen, ferner Portingssiepen an der Ruhr nebst Lünen und Schornbeck an der Lippe. Aus dem Herzogthum Braunschweig kennen wir Reste von Thiede, Wolfen- büttel und Harzburg, aus dem Gothaischen von Burgtonna und Ballstaedt, der Umgegend von Koestritz unweit Gera und Cumbach im Schwarzburg-Rudolstaedtschen. Als aus Baiern bekanute Fundorte sind der Kronberger Hof (siehe $. 16), das Schneiderloch, die Sund- wiger und kleine Heinrichshöhle, die Höhle von Hohlefels (Fraas, Zittel) und die Räuber- höhle im Rabthal in der bairischen Oberfalz (Fraas, Zittel) anzuführen. Das Königreich Württemberg, namentlich Kannstadt und Steinheim, das Grossherzogthum Hessen (Mainz und Worms) und das Grossherzogthum Baden (Oos bei Baden-Baden) nebst Mannheim lie- ferten ebenfalls namhafte Beiträge, denen sich bei Metz, Strassburg und Weissenau ge- machte Funde anreihen. In Belgien wurden in den Lütticher Höhlen und in der Grotte Monfat bei Dinant, Reste wahrgenommen. Auch werden deren von Morren im Allgemeinen als aus Brabant stam- mende erwähnt. Wie bereits (5. 1) gezeigt, hat man in England, wie in Deutschland, am frühsten Reste des Zrhinoceros antiquitatis entdeckt und beschrieben. Der älteste beschriebene Rest MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 59 stammte von dem 3 Miles von Canterbury entfernten Dorfe Chartham. Andere mehr oder weniger zahlreiche Theile des Skelets wurden bei Stonesfield in Oxfordshire, bei Lawford nahe bei Rugby, in der Dream-Cave, bei Wirksworth, den Oreswell Crags (Bask) in Der- byshire, in der Kirkdale-Höhle'), der Kent’s Höhle, in der Brixham Cave (Devonshire) bei Torquai, bei Thame in Oxfordhire, zu Oreston in der Nähe von Plymouth, in den Höhlen von Mendips und Durdham Down, Clefn in Denbigshire, auf Caldy Island, zu Bromwich Hill bei Worcester, im Avon-Thale bei Cropthorn in Worcestershire, im Themsethale, ebenso wie bei Cambridge und in Essex gefunden. Dawkins giebt die Wokey-Höhle bei Wells (Geol. Journ. 1863 no. 75) als Fundorte an, dem Dawkins und Sanford das Fo- rest-bed of Cromer nebst der Bemerkung hinzufügten: aus Irland kenne man noch keine Ueberreste. P. Gervais (Zool. et Paleontol. fr. 2° ed. p. 89) führt im Betreff Frankreichs viele Fundorte von Resten des Zrhinoceros antiquitatis an, die man besonders in den diluvialen Ablagerungen machte. Als die häufigern bezeichnet er Abbeville, Amiens, Achet-le Petit (bei Bapaume), Noyon, Paris, Issoire, Puy en Velay, Soute et Pons, bei Saintes etc. In den Höhlen sollen seine Knochen bisher häufiger als die des Mammuth gefunden worden sein, z. B. in®denen von Brengues (Lot), Villefranche (Pyren6es-orientales), Pondres (Gard) und Saint-Pons (Hörault). In den Knochenbreceien von Pedemar, Saint-Hippolyte du Fort (Gard), Bourgade bei Montpeiller und von Nizza bemerkte man ebenfalls Reste desselben. Den genannten Fundorten schliessen sich überdies das Some-Thal, das Saone- und Loire-Departement, Chevilly bei Orleans, Denise, Nirey-Noureil (Oisethal), die Gegend von Fontainebleau, die Bourgogner Grotten, die Grotte la Chaise, Lyon, Caen, die Auvergne und die Knochenhöhle von Argou in den Pyrenäen an. In der Schweiz wurden nach O. Heer (Urwelt S. 543) Reste desselben im Kies des Rheinthales und beim Isteinerklotz gefunden. Die eben aufgezählten, auf verschiedene Ländergebiete Europas vertheilten, zahlreichen Funde beweisen, dass Rhinoceros antiquitatis seit und während der jüngern Tertiärzeit ein häufiger Bewohner unseres Erdtheiles war. Im nördlichen Sibirien kommen, wie schon angedeutet, seine Ueberreste in den jün- gern und jüngsten Formationen häufig auch im gefrorenen Boden, oder auch wohl im Eise, als Trümmer von Leichen, sehr viel seltener als ganze Leichen, am allerhäufigsten aber als Skeletreste vor, die häufig vom Wasser aus Fluss- und Seeufern losgespült wurden oder es noch jetzt werden. In Europa und Südsibirien entdeckte man nur Skeletreste in post- pliocänen und diluvialen Schichten. Als solche sind Diluvialschutt, Löss, Schneckenmergel, 1) Die in der Kirdale- und Kentshöhle gefundenen | Hippopotamen, Ochsen und Hirschen gleichzeitig lebten, Knochen sollen nach Buckland Thieren angehört ha- | die der Ablagerung des unstratified drift unmittelbar ben, welche in England zu jener Zeit mit Mammuthen, | vorherging. 8* 60 J. F. BRAnNDT, Alluvionen, Torfschichten u. s. w. bekannt. Seine Knochen werden übrigens nicht blos in freien Erdschichten, sondern auch in Höhlen und in Breceien angetroffen. Bei der Erörterung der Verbreitung des Rhinoceros antiquwitatis können auch Mitthei- lungen über seine Faunengenossen nicht fehlen, da sie Blicke in die periodisch veränderte Zusammensetzung der Faunen eröffnen, denen er, nach Maassgabe der mit den seinigen vorgekommenen Resten derselben, in den verschiedenen Phasen seiner Existenz angehörte. Als Glied der nordasiatischen Urfauna, welche mit der ersten Phase seiner Existenz zusammenfällt, lebte er wohl (auf Grundlage sibirischer Reste!) aus der Ordnung der Raub- thiere mit Felis tigris (Fel. spelaea e. p.), Felis uncia (Felis spelaea e. p.) und Lynx, der ausgestorbenen Hyaena spelaea, ferner mit Canis lupus, Canis vulpes, Canis Corsac, Canis lagopus, vielleicht auch alpinus, dann mit Ursus Arctos (var. antiqua = Ursus spelaeus), Gulo borealis, Meles tarus, Mustela zibellina, Mustela putorius und Mustela sibirica zusam- men. Aus der Ordnung der Nager waren dort wohl Sciurus vulgaris, Tamias striatus, Pteromys volans, Arctomys Bobac, einige Spermophilen, namentlich Spermophilus Eversmanni ete., so wie Castor fiber, mehrere Mus und Arvicolen nebst Lemmus, Myospalax Laxmanni (= Siphneus Aspalax) und Lepus variabilis seine Faunen-Genossen. Als solche dürften endlich aus der Ordnung der Hufthiere Cervus tarandus, Cervus Alces, Ovis montana, Ovibos meschatus, Bos (Bison) bonasus, Equus caballus, Sus scrofa, Rhinoceros Merckii und Elephas primige- nius anzusehen sein, denen sich vermuthlich auch der in Sibirien weit nach Norden ge- hende Moschus moschiferus anschloss. | Uebrigens scheint Rhinoceros antiquitatis, wenn auch, wie es den Anschein hat, erst im mehr südlichen Theile seiner nordasiatischen Verbreitungeszone auch mit Oervus elaphus b* capreolus und euryceros, sowie mit Antilope Saiga, Antilope gutturosa, Capra sibirica, Ovis Argali und Bos primigenius schon in Nordasien in Verbindung getreten zu sein. Manche der oben genannten seiner Faunengenossen drangen bekanntlich mit ihm nach Maassgabe paläontologischer Funde entschieden vom hohen Norden Asiens nach Europa vor, namentlich Cervus tarandus, Ovibos moschatus, Canis lagopus, Lepus variabilis und Gulo borealis, ausserdem aber auch wohl noch viele andere, wie Antilope Saiga”) und zahl- reiche Nager. Als europäischer Einwanderer kam an seinen neuen Wohnorten Rhinoceros antiquitatis mit einer Zahl anderer in Nordasien weder noch jetzt heimischer, noch in Folge von Rest- funden als frühere Insassen desselben nachgewiesener, einer südwestlichern Ur-Fauna ange- höriger Thiere in Berührung. Während der ersten Zeit seiner Existenz in Europa lebte er nämlich, wie erwähnt, im Westen Europas, noch mit Affen und Hippopotamen, vielleicht den Resten einer frühern Fauna, zusammen, die aber, wie ich annehmen möchte, wohl frü- 1) Man vergleiche hierüber meine Untersuchungen 2) Ich halte es indessen, wie Rütimeyer, keineswegs über die Säugethierreste der altaischen Höhlen. Bullet. | für ganz sicher Antilope Saiga sei bis Frankreich vorge- sc. d. U Acad. Imp. d. sc. d. St.-Petersb. T. XV (1870) p. | drungen, wiewohl dies mir als möglich erscheint. 147 — 202. Dr MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 61 her, als er, ausstarben. Von seiner Einwanderung an bis zu seinem Aussterben war er ausserdem in Europa ein Faunengenosse solcher, noch jetzt vorhandener, Thierformen, wie Antilope rupicapra, Capra ibex, Capra pyrenaica, Lepus europaeus, Myozus sp. und Felis catus ferus, die weder jetzt in Nordasien leben, noch als frühere Faunenglieder desselben in Folge von Nachrichten oder durch Restfunde nachgeweisen sind. Einige auf die Lebensgeschichte des Rhinoceros antiquitatis bezügliche - Reflexionen. Wenn wir erwägen, Reste des Rhinoceros antiquitatis seien nicht blos zerstreut auf einem sehr beträchtlichen Ländergebiet, sondern auch an vielen Orten in Menge entdeckt worden, so dürfen wir wohl annehmen, derselbe wäre nicht vereinzelt, sondern in grössern oder geringern Schaaren aufgetreten. Da wir nun wissen, dass seine Reste besonders häufig an den Ufern der Flüsse und Seen in Folge von Losspülungen oder Uferabstürzen zu Tage treten, so lässt sich daraus folgern: er habe, wenigstens vorzugsweise, an Flüssen und Seen sich aufgehalten. Die Menge von Nahrung, der er zu seinem Lebensunterhalt bedurfte, musste ihm solche Wohnorte für besonders geeignet erscheinen lassen. Die Wassernähe bot nicht nur einen üppigern Pflanzenwuchs, sondern verschaffte ihm auch die Gelegenheit, mit Leichtigkeit seinen Durst zu stillen, so wie zum Baden oder sich im Schlamme zu wäl- zen. Seine so kräftigen Backenzähne gestatteten ihm, nicht nur weichere Pflanzentheile, sondern auch dünnere Zweige mit Leichtigkeit zu zermalmen, welche, wie schon (8. 46) angedeutet, während seines nördlichen Aufenthaltes nachweislich solchen Familien (Coni- feren, Salicineen und Betulaceen) angehörten, die noch jetzt in Nordasien häufig repräsen- tirt sind. Als er in wärmern Gegenden, so im gemässigtern Europa in Folge seiner, wie es scheint, nur theilweisen, wenn auch überaus beträchtlichen Auswanderung verweilte, bot übrigens seine Speiseliste wahrscheinlich eine weit grössere Mannigfaltigkeit an Pflanzenarten. Der Umstand, dass einerseits Rhinoceros antiquitatis, wenn auch möglicherweise nur auf seinen sommerlichen Wohnplätzen, noch in Gegenden leben konnte, wo seine Leichen einfroren und sich conservirten, während er im Westen Europas mit fruchtfressenden Affen und eines stets offenen Wassers bedürftigen Hippopotamen vorkam, setzt voraus: er habe eine ziemliche Accommodationsfähigkeit an elimatische Einflüsse besessen, also wohl zu denjenigen Thieren gehört, welche ich in meiner Abhandlung über die Verbreitung des Ti- gers als hemiklinische bezeichnete. Wanderungen vom Süden nach Norden und umgekehrt, wie sie die Rennthiere, seine Faunengenossen, unternehmen, ebenso wie seine Haardecke, mögen allerdings seine Anpassungsfähigkeit unterstützt haben. Das im Verhältniss zum Schädel, nach Maassgabe der zu seiner Aufnahme bestimmten so kleinen Höhle (Observat. Tabula XXI Figur 1, 2) sehr kleine Hirn lässt auf keine son- derliche psychische Befähigung schliessen. Sein Geruchsinn erhielt aber wohl, trotz der nur mässig-grossen, auf mässige Riechkolben hinweisenden Siebbeinplatte, durch die so 62 J. F. BRAnDT, bedeutenden, von den Stirnbeinen bis in das Hinterhaupt ausgedehnten Höhlen der Schädel- knochen (ebd. Tabula XVIIT— XX) eine namhafte Verstärkung. — Die im Verhältniss zum Kopf kleinen Augen lassen indessen auf kein sehr starkes Sehvermögen schliessen. — Sein massiger, plumper Körper konnte allerdings wohl keine so schnellen Bewegungen ge- statten, wie wir sie bei den Hirschen, Gazellen und Pferden wahrnehmen; dessen unge- achtet aber müssen dieselben mit grosser Kraft ausgeführt worden sein. Seine Hauptwaffe scheint, wenn es galt, Seinesgleichen oder die Mammuthe, ferner die sein Leben bedrohen- den Tiger, Irbise, Löwen u. s. w., ja selbst wohl die ihn verfolgenden Menschen (z. B. (Arimaspen?) zu bekämpfen, hauptsächlich in seinen beträchtlichen Hörnern bestanden zu haben. Dass er solche Kämpfe zu bestehen hatte, dürften die Verletzungen bezeugen, welche ich bereits an zweien seiner in den Sammlungen St. Petersburgs vorhandenen Schä- del wahrnahm (Observ. p. 236). Einige Worte über die artliche Lebensdauer und Beständigkeit des Rhinoceros antiquitatis, Ueber die Zeit, während welcher Ahinoceros antiquitatis zuerst in seiner nordischen Urheimath auftrat, also das wahre, nicht auf Europa bezügliche, mit dem Mammuthalter gleichzeitige, älteste Nashornalter begann, lässt sich nichts angeben. Die oben gelieferten, auf eine alte, durch die Vereisung des Hochnordens zerstörte, tertiäre, nordische Urflora und Urfauna hinweisenden Erörterungen scheinen auf ein hohes, vielleicht selbst auf die Miocänzeit auszudehnendes Alter der Art hinzudeuten. Der gegenwärtige, ja selbst der ihr mehr oder weniger zunächst vorhergegangene, Zustand des Hochnordens dürfte jedoch schwer- lich die geeigneten Bedingungen für die Entwickelung von Pflanzen und Thieren aus ihren Urtypen geboten haben. Als dieältesten Reste des Rhinoceros antiquitatis möchten daher wohl kaum die in den jüngern tertiären Schichten Sibiriens entdeckten anzusehen sein, sondern deren eher in tiefer gelegenen, vor der Vereisung des Hochnordens abgesetzten, ältern zu erwarten stehen. Die bisher in den verschiedensten-Ländern im Pliocän, wie im Diluvium, entdeckten Reste des Rhinoceros antiquitalis zeigen übrigens meinen zahlreichen Beobachtungen zu Folge eine so grosse morphologische, namentlich eraniologische, von Sibirien bis Frank- reich wahrnehmbare Uebereinstiumung, dass sie sich als einer streng begrenzten Form (Art im wahren Sinne) angehörige bekunden, indem sie nicht einmal als Racen zu bezeich- nende Abweichungen wahrnehmen lassen, obgleich es an in bestimmten Grenzen bleibenden Abweichungen einzelner Schädeltheile, so wie einzelner Knochen, keineswegs fehlt. Rhino- ceros antiquitatis zeigt sich daher als eine Thierform, welche während grosser, unberechen- barer, mindestens wohl auf viele Tausende von Jahren anzuschlagender, Zeiträume, so weit wir ihre Existenz auf Grundlage von Resten derselben verfolgen können, keine artlichen Veränderungen oder Abzweigungen zeigte; obgleich sie auf ihren grossen Wanderungen von ’ MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 63 Sibirien bis Westeuropa den mannigfachsten äussern Einflüssen, also auch wiederholentlichen Kämpfen um ihr Dasein, ausgesetzt war. Die Constanz ihrer Gestalt möchte übrigens auch darauf hinweisen, dass auf dieselbe, so weit wir sie kennen, die natürliche Zuchtwahl eben- falls keinen Einfluss übte. Beziehungen des Rhinoceros antiquitatis zur Menschheit. Wie bekannt, entdeckte Esper bereits vor hundert Jahren (1773) in der gailenreuther Höhle einen menschlichen Unterkiefer nebst einem Schulterblatt mit Knochen diluvialer ausgestorbener Säugethiere. Er trug indessen Bedenken, seine Entdeckung dahin zu ver- werthen, dass er daraus das Zusammenleben des Menschen mit denjenigen Thieren folgerte, deren Reste er mit den menschlichen fand. Viel spätere, in französischen Höhlen von Tournal und Christol, dann bald darauf von Schmerling in Höhlen Belgiens unweit Lüttich (Rech. s. I. oss. foss. Liege 1833 u. 1834) gemachte Beobachtungen wiesen noch entschiedener auf das Vorkommen von Knochen oder Utensilien des Menschen mit den Ueberresten untergegangener Säugethiere, namentlich denen des Mammuth, denen von Nas- hörnern, so wie von Höhlenhyänen u. s. w. hin. Selbst diese, obgleich schon von einzelnen gebührend gewürdigten Entdeckungen, vermochten indessen noch nicht die von angesehenen Naturforschern gehegte Ansicht zu verdrängen, dass in Höhlen gemachte Funde von Resten keinen Beweis für ihre Gleichzeitigkeit liefern könnten, weil die Reste in die Höhlen hinein geschwemmt worden seien. -Es galt also, den sichern Nachweis zu liefern, dass auch in Schichten, die ausserhalb von Höhlen sich befanden, menschliche Reste oder Erzeugnisse seiner Thätigkeit (wie Steinmesser, Steinbeile, Nadeln, Pfriemen, Pfeil- und Lanzenspitzen, durchbohrte Zähne, eigenthümlich gespaltene Markknochen u. s. w.) mit Knochen ausge- storbener Thierarten gleichzeitig vorkommen. Die Entdeckungen, welche Bouches de Perth’es im Somethal in den Abbeviller Di- luvionen und Rigollot südöstlich von Amiens machte, lieferten solche Nachweise und er- schütterten die gegen die Höhlenfunde gehegten Zweifel. Eine namhafte Zahl von franzö- sischen, theilweis auch von englischen und deutschen Höhlen, deren verschiedene Erdschich- ten je nach ihrem Alter und der Lage ihrer Einschlüsse genau untersucht wurden, erhoben es vollends zur völligen Gewissheit: der Mensch habe im mittleren und westlichen Europa mit den ausgestorbenen Nashörnern, Mammuthen, Höhlenhyänen u. s. w. zusammengelebt. Die östlichen Länder Europas, namentlich das Russische Reich, haben jedoch zu Gun- sten dieser Ansicht noch keine so sichern Belege, wie die westlichen, geliefert. Es dürfte indessen doch nöthig sein, einiger im europäischen Russland gemachten Funde zu erwäh- nen, die wenigstens andeuten möchten: der Mensch sei auch im europäischen Russland mit den Mammuthen, eben so wie auch mit ihren Faunengenossen, den tichorhinen Nashör- nern, u. S. w. zusammen vorgekommen. G. Fischer von Waldheim (Notice s. I. foss. d. Gowvernem. d. Mösc. Livr. I. p. 6; Oryctogr. d. Gouwv. de Moscou p. 119) spricht nämlich vom Unterkiefer eines Bibers, der mit Mammuthzähnen, einem kupfernen Beil und kupfer- 64 J. F. BRAnDT, nen Pfeilen nebst Lanzenspitzen aus Obsidian und Feuerstein im Moskauer Gouvernement bei Zagorie ausgegraben wurde. Grewingk (Archiv f. Anthropologie Bd. VII p. 63) be- richtet, Hr. Gontscharow habe ihm aus dem Gouvernement Samara das Scheitelbein eines jungen Menschen nebst Resten vom Mammuth, Rhinoceros, Htiesenhirsch, Bison, Equus und Camelus geschickt, die man im Kreise Stawropol beim Dorfe Chrätchtschewka ‚entdeckte. Aus Sibirien liegen meines Wissens gleichfalls noch keine direeten Beweise für die Ansicht vor: der Mensch sei auch dort ein Zeitgenosse der tichorhinen Nashörner, Mam- muthe, Höhlenhyänen u. s. w. gewesen. Man hat zwar von Menschenschädeln gesprochen, die in den altaischen, Knochen von Mammuthen, Nashörnern und Hyänen enthaltenden, Höhlen gefunden worden seien, von einem haltbaren Nachweise, die menschlichen Schädel und die genannten Thierreste stammten aus derselben Periode, ist aber nichts bekannt. Genauere Angaben über das gleichzeitige Alter des Scheitelbeins eines Menschen, welches mit den Bruchstücken des Unterkiefers eines jungen Rhinoceros Merck, aus Sibi- rien (Semipalatinsk) an das Museum der Petersburger Akademie geschickt wurde, fehlen leider gleichfalls. Es dürften übrigens vielleicht auch nachstehende nordasiatische Volkssagen mögli- cherweise an ein früheres, uraltes Zusammenleben des Menschen mit jetzt dort ausgestor- benen Säugethieren, wie grossen Stieren, Mammuthen und Nashörnern zu erinnern vermö- gen, wenn sie auch nicht als direete Beweise dafür gelten können. Radloff (Proben der Volksliteratur der südsibirischen Tataren. St. Petersburg 1866. 8 Th.I.p. 73 und p. 267 v.66) lieferte in einem dieser Volkslieder die Sage von einem gros- sen, schwarzen, mittelst einer Lanze erlegten, nur einhörnigen Stiere, dessen Trittspur einer Arschin Filz (an Grösse) gleichkam, während das als Trinkgeschirr angewandte Horn desselben so colossal war, dass es auf einem Schlitten transportirt werden musste. Be- trachtet man nun die eben angeführten, einem offenbar mythischen Stier zugeschriebenen Merkmale, so erscheinen uns dieselben als solche, die sich auf drei verschiedene Thierarten, nicht auf eine Art, beziehen lassen. Das als Trinkgefäss benutzte Horn lässt sich nur als das eines wirklichen Stieres deuten, Das einfache Horn könnte als ein dunkler Anklang an ein Nashorn betrachtet werden. Die Schwere des Horns und der enorme Fusstritt möch- ten eher auf ein Mammuth hinweisen. Der vermeintliche mythische Stier würde demnach vielleicht als das Erzeugniss der Vermischung von Sagen aus einem hohen Zeitalter sich ansehen lassen, wovon die auf Nashörner und Mammuthe bezüglichen Eigenschaften mögli- cherweise aus einer sehr fernen Zeit herüberklingen, zu welcher grosse Stiere nebst den beiden genannten Dickhäutern noch in Sibirien lebten und mittelst Lanzen von Menschen erlegt wurden. Die bei nordsibirischen Völkern wenigstens früher vorhandene (im Betreff der Jetzt- zeit vielleicht schon verklungene) Sage: dass die Mammuthe unter der Erde wohnten, je- doch bei Tagesanbruch an Flüssen und Seen sich sehen liessen und dem Beschauer Unglück MOoNOGRAPHIE DER TIOHORHINEN. 65 brächten, stammt wohl aus einer Zeit, als die Mammuthe und auch wohl die Nashörner schon untergegangen waren, oder wenigstens als Seltenheiten erschienen. Da bei den Jukagiren die Sage herrscht: ihre Vorfahren hätten mit riesigen Vögeln zu kämpfen gehabt, als deren Reste sie die als Schnäbel gedeuteten Schädel, als Krallen aber die Hörner der tichorhinen Nashörner ansehen, so darf man wohl annehmen, die Ge- genstände des Kampfes ihrer Vorfahren seien keine Vögel, sondern vermuthlich Nashörner gewesen. Dem als yov U, wie es scheint schon bei Hesiod und Aristaeus vorkommenden, später aber näher von Herodot III. 116, IV 13,27,79 und 752 beschriebene, fabelhaften Thier, welchem man einen Adlerkopf und einen geflügelten Löwenleib andichtete, könnte, wie es scheint, eine im Laufe der Zeit veränderte und entstellte, bis zu den Griechen in modifi- fieirter Gestalt gedrungene, sehr alte Sage von Nashörnern zu Grunde gelegen haben, wie Gotth. Fischer (Rech. s. les ossemens foss. d. I. Russie I. Sur le Gryphus antiquitatis Moscou 1836) zeigte. Für eine solche Ansicht spricht wenigstens, dass man den you oder Gryphus nach Nordasien in die rhipäischen Gebirge, also nach dem Ural, als von den Ari- maspen verfolgten Wächter des dort liegenden Goldes, versetzte, bei dessen Gewinnung dort noch jetzt, nicht gerade selten, die von manchen Völkern Sibiriens (so, wie erwähnt, von den Jukagiren) für Vogelreste erklärten Schädel und Hörner von Nashörnern zu Tage ge- fördert werden. Anhang I. Bemerkungen über Rhinoceros Jourdani. Zur genauern Sicherstellung der Synonymie des Rhinoceros antiquitatis sew tichorhinus, namentlich des Nachweises seiner Indentität mit der in der Ueberschrift genannten ver- meintlichen Art, gestatte ich mir folgende Bemerkungen. Unter dem Namen Rhinoceros Jourdani haben Lortet und Chantre in den Archives du Museum d’hist. nat. d. Lyon T. I. Liv. 3 (1874) p. 80 Pl. XV bis et Pl. XV‘ nach einem zu St. Germain am Mont-d’Or 1873 gefundenen Schädel eine neue Art Rhinoceros aufgestellt, welche sie durch nachstehende Kennzeichen vom Rhinoceros antiquitatis seu tichorhinus und Merckii unterscheiden zu können glauben: «Cette forme de Rhinoc6ros se distingue nettement du Ah. tichorhinus 1) par la saillie consid6rable des regions nasales et oceipitales comme l’a fait remarquer M. Gaudry (Mus. d’hist. nat. de Lyon. Revue scientif. no. 13,27 Sept. 1873) 2) Notre fossile de St. Germain a les dents du Rhinoceros tichorhinus 3) le nez du Rhinoceros Mercküi Jaeg. et 4) l’occipital du Rhinoceros megarhinus Christol.» Da mir eine sehr ansehnliche Reihe von Schädeln des Rhinoceros tichorhinus, über dreissig, zu Gebote steht, welche ich für meine Observationes ad Rhinocerotis tichorhini historiam spectantes (Mem. d. l’ Acad. Imp. d. Sc. de St.-Petersbourg VI Ser. Se. nat. T.V, 1849 c. tab. XXIV) benutzte, so fiel mir die überaus grosse Aehnlichkeit der Darstellun- gen des Schädels des Rhinoceros Jourdani mit dem des Rhinoceros antiquitatis sogleich auf. Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Serie. 9 Ed El u a 1 2 end Dunn Ad cl El Zu Zn Ü GE a u a ZZ ud SEE Bun SE Zn 2 u EZ u 66 J. F. BRanDr, Ich unternahm es daher, die oben als Eigenthümlichkeiten des Schädels des Rhinoceros ‚Jourdani von Lortet und Ohantre bezeichneten Merkmale näher zu prüfen und gelangte hierdurch zu folgenden Ergebnissen. Die unter M 1 angeführten Kennzeichen lassen sich als rein individuelle auch an manchen Schädeln des Ah. antiquitatis wahrnehmen. Das Kennzeichen NM 2 würde einen Werth haben, wenn die unter 3 und 4 aufgeführten fest ständen, was jedoch nicht der Fall ist. Der Schädel des Rhinoceros Jourdani besitzt näm- lich keineswegs einen dem des Rhinoceros Merckit ähnlichen Nasentheil, wie meine Dar- stellungen des Schädels des Arhinoceros Merckiüi auf Taf. I Fig. 1 und 2 und Taf. II Fig. 1, und die seines Schnautzentheiles Taf. II Fig. 3 u. 4 nachweisen. Der Nasentheil des Rhinoceros Jourdani stimmt im Gegentheil durch seine vorn breitere, mehr quadratische, Form, sowie durch die vorn weit breitere und dieckere knöcherne Nasenscheidewand völlig mit dem des Rhinoceros antiquitatis überein, wovon sich jeder überzeugen kann, der den Nasentheil der Schädelfiguren des Rhinoceros Jourdani mit den auf meiner Taf. II Fig. 4, 5, 6 darge- stellten des Rhinoceros antiquitatis vergleicht. Bemerkenswerth ist übrigens, dass sowohl der vordere Nasenbeinrand als auch ganz besonders die Nasenscheidewand am Lyoner Schädel, wie die Darstellungen desselben deutlich zeigen, nicht vollständig erhalten sind. Was endlich die nach meinen Erfahrungen bei Rh. antiquitatis sehr variabele, und deshalb in meinen Observationes besonders berücksichtigte, auf Tafel XVII erläuterte, Gestalt des Hinterhaupts anlangt, so lässt sich die des Ah. Jourdani ebenfalls sehr gut auf die eine oder andere Schädelform des Rrhinoceros antiquitatis zurückführen, welches letztere, wie ja Lortet und Chantre ausdrücklich bemerken, namentlich auch hinsichtlich des Zahn- baues mit ihrem Ah. Jourdani übereinstimmt. Ich vermag daher Rhinoceros Jourdani nur für einen Rhinoceros antiquitatis seu ticho- rhinus zu halten. Spec. 2 Rhinoceros Merckii Jaeger'), ? Rhinoceros Merck Troisieme lettre a Mr. Forster. Darmstadt 1786 p. 19,20. Taf. IIl. Fig. 2 (nach Kaup und Jaeger, nicht H. v. Meyer). 1) Wenn der nach unzulässigen Schädelkennzeichen und mir zweifelhaft erscheinenden Zahndifferenzen vom Rhinoceros Merckii abgetrennte, durch den Gesammt- schädelbau nach meiner Ansicht nicht unterscheidbare Rhinoceros etruscus, wie ich meinen möchte, (siehe den Auhang II) damit in der That zusammenfällt, so werden den nachstehenden Synonymen des Rhinoceros Merckii noch folgende in dem vom Rhinoceros etruscus handelnden Anhange II besprochenen Synonyme künftig hinzuzu- fügen sein: Rhinoceros etruscus Falconer Quart. Journ. geol. soc. Lond. Vol. XV. 1859 ». 602, und Palaeontol. Mem. by Ch. Murchison Vol. II. p. 354—367. Pl. 3>— 29; Dawkins and Sanford Pleistoc. Mammal. Intro- duct. p. XXXII in Palaeontogr. Soc. Vol. XVIII P. 1. for 1864. — B. Dawkins Quart. journ. geol. soc. Vol. XXIV, p. 207 (Dentition) — Lartet Ann. d. sc. nat. 1867, VIII. p. 189; Forsyth Major Verhandl.d.k. k. geol. Reichsanst. 1874. N 2p.30; H.Woodward Geolog. Magaz. 2 ser. Dec. II Vol. Ip. 399. — Rhinoceros lep- torhinus du Puy Gervais Zool. et Paleontol. fr. 1° ed. T. I p. 48. — Rhimoceros mesotropus Aymard Congres scientifique de France 1855 T. Ip. 270 e.p. — Gervais ib. 2° ed. p. 90. — Rhinoceros velaunus Aymard Ger- vais zb. 2. 90 — Rhinoceros Aymardi Pomel Cat. meth. p. 78 nach Gervaisebd. — Rhinoceros elatus Croizet nach Falconer Mem. II. p. 316 Note. MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. _ 67 Rhinoceros Parkinson Organic Remains 1 ed. (1804—11) III p. 371 und Pl. XXI Fig. 3; 2° ed. (1833) III. p. 384 Pl. XXI. Fig. 2. Rhinoceros (Zaehne) Whidby Philosoph. Trans. for 1817 p. 22. Rhinoceros tichorhinus Bronn Jahrb. f. Miner. 1831 $. 417. — Owen Rep. of Brit. Assoc. 1843 p. 222. — J. F. Brandt Observat. ad. hist. Rhin. tichorhini. Mm. d. l’Acad. d. St.-Petersb. 6" ser. Sc. nat. T. V. p. 103 Note. Rhinoceros Schleiermacheri H. v. Meyer N. Jahrb. für Min. 1839 8. 78. Rhinoceros minutus Marcel de Serres, Dubreuil et Jeanjean (1834) Ossem. humat. de Lunelviel p. 142. Rhinoceros kirchbergensis Jaeger Foss. Saeugeth. Würtemberg’s. Heft 2 1839 $. 140 und besonders $. 179 Taf. XVI Fig. 31 (Abbildung eines Backenzahnes). Rhinoceros Merckii Jaeger in Kaup’s Akten der Urwelt. Darmstadt 1841. 8 H. 1. p. 1—8 Taf. ITund III. — Jaeger N. Act. Acad. Caes. Leop. Vol. XXII. P. 2 1850 p. 896. — Bronn Lethaea Aufl. 3. Bd. III. 852. — H. v. Meyer Jahrb. f. Min. Jahrg. 1842 p. 587; Palaeontograph. Bd. XI (1864) p. 233— 283 Taf. Xten September 1874 in der Sitzung der geologischen Sektion der Versammlung. Deutscher Naturforscher zu Breslau (siehe Tageblatt derselben $. 123) die, mit Ausnahme zweier Zähne, vollständigen, durch enorme Grösse ausgezeichneten, trefflich erhaltenen, Öberkieferzähne eines Nashorns vor, die zwar, a. a. O., als Rhinoceros tichorhinus ange- hörige bezeichnet sind, nach meiner Ansicht aber vom Rhiönoceros Mercki abstammen. Hr. Geh. Grotrian hatte übrigens die Güte, mich einerseits durch Abbildungen der- selben in natürlicher Grösse, andererseits mit schönen Gypsabgüssen derselben zu erfreuen, die sich jetzt im Museum der K. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg befinden. Eine seiner Abbildungen habe ich im verkleinerten Maassstabe Tafel VII Figur 14 mit- getheilt. Fr. Molon: Sulle ossa fossili della caverna in Zoppega all monte S. Lorenzo, presso S. Bonifacio di Verona Atti del R. Istituto veneto di scienze etc ser. V Vol. I, Venezia 1875 beschrieb mehrere, durch Abbildungen erläuterte, in der quaternären Schicht der Höhle von Zoppega gefundenen Reste, namentlich der Kiefer, mehrere Zähne, sowie Theile des Rumpf- MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 77 skelets und der Extremitäten, die er mit Recht Rhinoceros hemitoechus Falc. d.h. Rh. Merckii zuschrieb. Rütimeyer Ueber Pliocän und Eisperiode der Alpen, 5.51 hält den Rhinoceros hemi- toechus Fale. einer noch weiteren Prüfung für bedürftig. Schliesslich ist noch bemerkenswerth, dass die oben erwähnte, an die hiesige Aka- demie von Hrn. Tscherski vor drei Jahren gesandte, in russischer Sprache verfasste, sehr umständliche Beschreibung eines von ihm im Museum zu Irkutzk, aufgefundenen auf einen Rhinoceros spec.? von ihm bezogenen, von mir aber als der des Rhinoceros Merckü er- kannten, später von der sibirischen geographischen Gesellschaft dem Museum der Akademie Wissenschaften zu St. Petersburg geschenkten Schädels in den russischen Schriften der Akademie (3anackn Uno. Akazemin Hayek. T.XXV, ku. 1 [1874] erp. 65— 74) nebst einer die Gestalt des Schnautzentheils erläuternden Tafel veröffentlicht wurde. Die Mittheilung einer Uebersetzung der eben genannten Arbeit schien nicht nöthig, da ich in Folge meiner Studien bemüht war nach umfassendern Materialien eine neue, übersichtliche, die wesentlichen Kennzeichen hervorhebende Charakteristik des Rhinoceros Merckii im Vergleich mit Rhinoceros antiquitatis zu entwerfen, indem mir vom ZRhinoceros Merckii, ausser dem genannten Schädel, ein fast vollständiger, noch mit einigen Zähnen ausgestatteter, grosser Unterkiefer aus Polen und die zahnlose Hälfte eines einem sehr kleinen Thier angehörigen sibirischen des Museums der St. Petersburger Akademie, ferner aus Samara stammende Reste des Schädels und der Wirbelsäule aus dem Museum des hiesigen Berginstitutes, sowie ein Unterkieferbruchstück mit zwei Zähnen und mehrere obere Backenzähne aus Podolien, die mir Hr. Prof. Barbot de Marny zur Benutzung gütigst anvertraute, nebst einer sehr beträchtlichen Reihe von Schädeln des Rhinoceros antiquitatis in St. Petersburg zu Gebote standen und ich ausserdem theils in Wien, theils in München und Stuttgart Gelegenheit fand, mehrere Schädelreste und Zähne des Rhinoceros Merckü zu sehen, in Carlsruhe aber den schönen von H. v. Meyer beschriebenen Schädel zu unter- suchen. Von wesentlichem Nutzen war mir überdies ein Gypsabguss des Schädelfragmentes aus Pisa, welches Falconer seinem Rhinoceros etruscus zuschrieb nebst Unterkiefer, sowie der Gypsabguss eines dort aufbewahrten Schädels des Rhönoceros Merckii aus Arezzo, welche Objecte ich der Güte des Hrn. Professors Meneghini verdanke, nebst den Ab- güssen der erwähnten braunschweiger Zähne. Einige Worte über das muthmassliche Verhalten einiger äusseren Theile des Khinoceros Mercku. Während bei der Charakteristik des Rhinoceros antiquitatis auch von der Beschaffen- heit mehrerer äussern Theile gesprochen werden konnte, woraus sich Schlüsse in Betreff der Gesammtgestaltung ziehen liessen, vermochte ich mich bei der Festellung der Unter- schiede des Arhinoceros Merckii vom Rhinoceros.antiquitatis hauptsächlich nur auf Schädel 78 J. F. BrAnDT, und andere Skelettheile zu stützen, da bis jetzt nur von der letztgenannten Art zwei aus dem gefrornen Boden Sibiriens loosgespielte Leichen mit Sicherheit nachgewiesen sind. Da meinen Untersuchungen zu Folge Rhinoceros Merckii als Begleiter des Rihinoceros antiquitatis und des Elephas primigenius von Sibirien an auftrat, welche beiden letztern Thiere sich einer namhaften Haardecke erfreuten, die sogar eine Mähne bildete, so könnte Rhinoceros Mercki als ursprünglicher Bestandtheil einer nördlichen Urfauna gleichfalls dicht behaart gewesen sein. Es dürfte sich indessen die Frage aufwerfen lassen, ob derselbe, als er in südlichere Länder, wie Frankreich und Italien, eingewandert war, dort ebenfalls eine so reiche Behaarung wie Rhinoceros antiquitatis in Sibirien besass. Lartet, dem Rhi- noceros Merckii als Begleiter des Rhinoceros antiquitatis und Elephas primigenius von Sibirien an bis ins südliche Europa noch unbekannt war, ist zwar geneigt, dem Rhinoceros Merckü eine Haardecke abzusprechen, dagegen meint Sandberger (Die Land- und Süsswasser- Conchylien der Vorwelt. Wiesbaden 1875 p. 828) in Uebereinstimmung mit meiner An- sicht: Es sei zwar nicht ermittelt, ob Elephas antiquus und Rhinoceros Merckii mit einem Haarkleide versehen waren, wie Elephas primigenius und Rhinoceros antiquitatis, indessen sei ihre Bekleidung mit Haaren wahrscheinlicher als das Gegentheil. Was die Hörner des Rhinoceros Merckit betrifft, so weist die sehr ansehnliche, so- wohl auf den Nasen- als auch auf den Stirnbeinen, befirdliche sehr rauhe, ansehnliche Erhabenheit des grossen irkutzker Schädels auf die Gegenwart eines Stirn- und Nasenhorns hin, welche mindestens denen des Arhinoceros antiquitatis hinsichtlich der Grösse nicht nachstanden. Für eine solche Annahme sprechen auch die knöchernen Hornhöcker des carlsruher Schädels, wenn sie auch auf ihm, wegen geringerer Grösse desselben, kleiner sind als am irkutzker. Abweichend von dieser Annahme sagt zwar Rütimeyer Ueber Pliocen- und Eisperiode der Alpen $S. 51: nach dem Schädel des Rhinoceros hemitoechus = Merckü in Florenz (er meint den von Arezzo) würde dasselbe nur sehr schwache Hörner, wenn überhaupt mehr als eines getragen haben. Da indessen der genannte Schädel mit dem unten beschriebenen auf meiner Tafel VI abgebildeten, 2 Hornhöcker bietenden Schädel speeifisch identisch ist, ferner einem jüngeren Thier angehörte und von demselben Fundorte stammt, so möchte ich dem Rthinoceros Merckii weder schwache Hörner, noch weniger ein einziges zuschreiben. OÖsteologische Charaktere. Zur exacten osteographischen Unterscheidung des Rhinoceros Merckii vom Rhinoceros antiquitatis vermag ich bis jetzt mit völliger Sicherheit fast nur craniologische Merkmale aufzuführen, da mir hinsichtlich anderer Theile des Skelets nur noch einige Wirbel zu Ge- bote stehen, die ihm angehört haben dürften. Der länglichere, mehr gestreckte Schädel (Tafel I, II, III, IV und VI Fig. 1—-3) er- reicht eine ansehnliche Grösse. Sein Schnautzentheil ist höher, vorn zugerundet und schmäler, sowie von oben gesehen, ziemlich oval. Der Hinterhauptstheil erscheint etwas MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 79 schmäler, Die Hinterhauptsschuppe zeigt eine etwas perpendikuläre Richtung. Die C n- dylen werden vom obern Theil des Hinterhauptes nicht überragt. Zu bemerken ist jedoch, dass der Hinterhauptstheil breiter oder schmäler sein und mehr oder weniger nach oben und hinten nach der Homologie mit Ah. antiquitatis vortreten kann, wie dies ausser den von mir untersuchten Schädeln auch die bei Falconer Pl. 24 abgebildeten Hinterhäupter nachweisen. Die Schläfengruben bieten eine grössere Breite, während der zwischen ihnen liegende Schädeltheil eine geringere besitzt. Der hintere Stirntheil zeigt oben keinen wink- ligen Eindruck. Die Rauhigkeiten, über denen die Hörner in der Haut befestigt waren, sind bei alten Exemplaren weit ansehnlicher. Der von oben gesehen fast ovale, sehr rauhe, vorn zugerundete Nasentheil, ist hinten gewölbt und in seiner Mitte mit einem ansehnlichern länglichen, breiten, höckerartigen, rauhen, Längskamm versehen. Der vor ihm liegende (mittlere) Nasentheil bietet eine halbmondförmige Gestalt und scheint niedergedrückt und rauh. Der vor diesem befindliche, ebenfalls halbmondförmige, sowie grubig eingedrückte, hinten in einen freien verdünnten Schenkel endende, nach unten geneigte, vorderste Nasen- theil besitzt in der Mitte eine tiefe Grube, welche sich nach vorn und unten als eine tiefe Rinne bis zum vordern Rand der knöchernen Nasenscheidewand fortsetzt. Die eben be- schriebene Rinne ist es, welche den vordern Schnauzenrand in zwei vorn dickere, gebogene, die Enden der Nasenbeine repräsentirende) Hälften trennt. — Die fast '/, der Schädellänge (an Länge) gleichkommende, also längere, länglich-ovale, vorn viel höhere, auch unten bogenwandige, Nasenöffnung ist vorn höher, breiter und stärker überwölbt. Die knöcherne unvollständige, vorn, namentlich in der Mitte, nur als schmaler Saum erscheinende, und darum so charakteristische, Nasenscheidewand stellt nur eine halbmondförmige, ihre glattrandige Ausrandung nach hinten kehrende und dort einen langen, obern (unter den Nasenbeinen ver- laufenden) so wie einen untern (hinten mit dem Vomer, vorn mit den Zwischenkiefern, vereinten) sehr niedrigen, leistenartigen Schenkel aussendende Platte dar, welche mit ihrem Haupttheil nur die Nasenbeine stützt, also als eine hemitoeche gelten kann. — Das Foramen infraorbitale liegt dem Nasenloch etwas näher. Der untere Rand des vordern Theiles der Oberkiefer ist furchenlöos. Der vordere Augenrand liegt über dem vorletzten oder drittletzten hintern Backenzahn. — Die vorn stark abgeplatteten (nicht angeschwollenen) Zwischenkiefer con- vergiren vorn in einen sehr spitzen Winkel. — Der Grundtheil des Hinterhaupts zeigt unten einen Höcker. Die Flügelbeine sind höher, weniger nach vorn geneigt und stehen, wie die Foramina pterygopalatina, einander näher. Die Choanenöfinung bietet daher eine geringere Breite. Die Jochbeine erscheinen kräftiger, namentlich höher und stärker abgeplattet. Die Foramina incisiva sind vorn etwas spitzer und werden nur oben durch eine knöcherne Scheidewand gesondert. — Der Unterkiefer (Tafel III Fig. 2—4) ist viel dicker, nament- lich vorn und unten, wie dies schon an den Kiefern sehr junger Individuen (Taf. III Fig. 5, 6) sich wahrnehmen lässt. Die Winkelfortsätze desselben sind ebenfalls dicker, breiter, hinten, besonders am äussern Rande seines untern Winkeltheiles, weit höckriger und diver- giren mit ihrem hintern Theile etwas stärker nach aussen, die Kaumuskelgruben derselben 80 J. F. BrAnDr, erscheinen tiefer, aber kürzer. Die, namentlich unten und an ihrem vordersten Ende, stark angeschwollenen Aeste sind unter den Alveolarrändern nur unmerklich der Länge nach ein- gedrückt. Die Symphyse ist am Grunde und in der Mitte viel höher und dicker, die innere Seitenflächen derselben sind schwach eingedrückt, während die Mitte der untern Fläche stumpfkielig vortritt. Der vorderste Saum derselben ist jedoch nach Falconer und H. v. Meyer etwas abgeplattet. Der mittlere Querdurchschnitt der Symphyse zeigt eine herzför- mige Gestalt. Ungeachtet der unten geschilderten, so mannigfachen Abweichungen der Kaufläche der Kronen der einzelnen, einander homologen, obern Backenzähne desselben Individuums ver- mag man indessen doch durch den-Vergleich der Backenzähne verschiedener Individuen einen gewissen Grundtypus, wenigstens annähernd, zu ermitteln, wenn er auch aus Mangel umfassender, alle hauptsächlichsten Alterszustände der Art noch mehrfacher nachweisender, Materialien, für jetzt noch nicht sich durchgreifend ermitteln lässt. — Am besten dürfte sich, wie es scheint, wenn man dabei das Verhalten der Zähne eines Individuums vom mittlern Alter im Auge hat, vorläufig das vollständige Oberkiefergebiss des carlsruher Schädels (siehe meine Tafel III Fig. 1), namentlich die rechte Seite desselben, von den bis- her bekannten als das am meisten typische, namentlich in Bezug auf Abnutzung der Zahn- kronen, ansehen lassen. Indessen möchte es, da die Kronen desselben nur einen gewissen variabeln Alterszustand bekunden, keineswegs als vollständige Norm gelten können. Unter Berücksichtigung aller mir bisher bekannt gewordeneu Gebisse und Zähne möchte ich für jetzt den Zahnbau des Rhinoceros Merckii zum Unterschied von dem des Rhinoceros anti- quitatis auf folgende Weise annähernd kennzeichnen. Die, denen der lebenden Arten etwas näher als die des Ahinoceros antiquitatis stehenden, Zähne des Rhinoceros Merckii scheinen eine ansehnliche Grösse zu erreichen und sind, besonders am Grunde ihrer innern Kronenfläche, stärker angeschwollen. Ihre Schmelzwände und Schmelzringe besitzen, der oben S. 15. Zeile 16 gemachten irrthüm- lichen Angabe entgegen, eine etwas geringere Dicke als die des Rhinoceros antiquitatis. — Die Schmelzwände sind runzlich, wie bei Ah. antiquitatis, aber weniger deutlich gestreift als bei Ah. leptorkinus Cuv. Die vordere Kronenfläche der obern Backenzähne zeigt eine schräge kammförmige, häufig erenulirte, bei Rhinoceros antiquitatis einigermaassen an Rhi- noceros africanus erinnnernde Erhabenheit. Die äussere Hälfte der hintern, das grosse, quere Thal begränzenden, Schmelzwand sendet häufig zwei oder drei, meist am Ende zugerundete Zacken aus, oft aber auch nur eine, oder bietet Schlängelungen anstatt der Zacken. Auf den mässig, nicht bis zum Grundtheil abgenutzten, Kauflächen der Kronen sieht man in der Regel nur zwei Schmelzringe, wie bei Rh. sumatranus und leptorhinus Cuv.; einen grösseren, vordern, in schräger Richtung vorlaufenden, meist länglichen, zuweilen jedoch abgerundet-dreieckigen und einen hintern, kleinern, runden oder rundlichen. Bisweilen be- merkt man jedoch auch (so bei Falconer Pl. 16 Fig. 1 p. m. 2) am vordern Saume des MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 81 vordersten Prämolaren einen sehr kleinen dritten. — Der hinterste, stärker abgenutzte, Backenzahn zeigt eine dreieckige Krone. — An den Unterkieferzähnen erscheinen die Thäler flacher und innen etwas spitzer. Die vordere, dickere, Ecke des hintersten Zahnes springt nach innen mehr oder weniger stark fortsatzartig vor. Die äussere Fläche der beiden Kronenhälften, von denen die vordere etwas schmäler ist als die hintere, ist stark gewölbt, während beim Rhinoceros antiquitatis die äussere Fläche der Kronenhälften weit weniger gewölbt erscheint und die vordere derselben breiter ist als die hintere. Bemerkungen über das Verhalten der zur Charakteristik des Rhinoceros Merckii benutzten Schädel und Zähne. Mittheilungen über die im natürlichen Zustande oder auf Grundlage von Abgüssen oder Abbildungen von mir benutzten Schädel dürften um so mehr am Platze sein, da sie Nachweise von den Abweichungen bieten, die sich auf das verschiedene Alter der Thiere beziehen, denen sie angehörten, und daher Kunde von den Entwickelungsstufen verschaffen, welche der Schädel nebst den bleibenden Zähnen!) von Jugend an bis zu ihrer letzten Ge- staltung erleiden. Ich beginne dieselbe mit Bemerkungen über den irkutzker Schädel (Tafel I, II), welcher trotz der ihm fehlenden Zähne der oben gelieferten allgemeinen craniologischen Charakteristik hauptsächlich zu Grunde gelegt wurde, weil er unter den bisher bekannten Schädeln die grössten Dimensionen besitzt, ja sogar hierin die meisten grössern (nicht alle) mir vorliegenden Schädel des Ah. antiquitatis übertrifft, also einem sehr alten Individuum angehörte. Die Länge des irkutzker, gegenwärtig im Museum der St. Petersburger Aka- demie befindlichen, Schädels vom vordern Rande der Nasenbeine bis zum obern Rand der Hinterhauptsschuppe in gerader Linie beträgt 830, die von der untern Vereinigung der Ossa incisiva bis zum untern Rande des Foramen magnum 740, die grösste Länge jeder seiner Nasenöffnungen 260 und die Breite seiner Nasenbeine über der Nasenscheidewand 160 M.-M. Im Gegensatz zu den eben bezeichneten Dimensionen des irkutzker Schädels des „Ihinoceros Mercküi bietet der grösste der zahlreichen, im Museum der St. Petersburger Akademie aufbewahrten Schädel des Rhinoceros tichorhinus folgende namhafte Abweichungen. Seine Länge vom vordern Rande der Nasenbeine bis zum obern Rande der Hinterhaupts- schuppe beträgt 850, die von der Vereinigung der Ossa ineisiva bis zum untern Rande der Hinterhauptsschuppe 790, die grösste Länge jeder seiner Nasenöffnungen 229, die Breite seiner Nasenbeine über der Nasenscheidewand (als spezifisches, abweichendes, bei der Grössenbestimmung nicht in Betracht kommendes, Merkmal) 165 M.-M. 1) Bedauern muss ich, dass mir vom Rhuinoceros Merckii und antiquitatis keine vollständigen Milchzahngebisse vorliegen. Memoires de l’Acad' Imp. des sciences, VlIme Serie. 11 82 J. F. BRANDT, Für die Annahme, der irkutzker Schädel sei der eines sehr alten und sehr grossen Thieres gewesen, sprechen übrigens ausser seiner allgemeinen Grösse auch die seiner Alve- olen, ferner die Dieke und innige Verbindung seiner Knochen, und besonders auch die sehr ansehnlichen, stark vortretenden, ungemein rauhwarzigen, gewissermassen viel gezackten, mit einander in der Mitte durch namhafte Rauhigkeiten auf den Nasenbeinen und Stirnbeinen befindlichen höhern Stellen, worüber die beiden Hörner sich inserirten (HornstühleMeyer’s). In Betreff der letzteren ist noch bemerkenswerth, dass beim irkutzker Schädel der Stirn- stuhl des Horns ebenso rauh wie der Nasenstuhl ist, während er sonst, besonders bei jüngern Thieren, weniger rauh zu sein pflegt, wie man dies namentlich auch bei Aihinoceros antiquitatis beobachten kann. Der von H. v. Meyer (N. Jahrb. f. Mineral. 1842) bereits kurz, aber treffend, charak- terisirte, und dem Rh. Merckii zuerkannte, von ihm später (Palacontogr. XI) ausführlich beschriebene und bildlich erläuterte, von Lartet zu Rhinoceros etruscus gezogene Schädel des carlsruher Museums, den ich dort selbst untersuchen und mit dem irkutzker vergleichen konnte, darf demnach mit H. v. Meyer als die vollständigste Grundlage des Bhinoceros Merckii betrachtet werden. Derselbe ist kleiner als der irkutzker und bietet folgende Di- mensionen. Seine ganze Länge vom hintern Rande der Condylen bis zum vordern Nasen- rand beträgt 0,691 (fast 2 F. 2 Zoll), die Höhe der Schnauze der Mitte des Nasen- loches gegenüber 0,067, die Länge vom vordern Ende bis zum hintern Nasenlochwinkel 0,226, von da bis zum vordern Augenwinkel 0,33 und die Entfernung des Nasenlochs von der Augenhöhle 0,104. Mit dem irkutzker Schädel in morphologischer Hinsicht verglichen erscheint der, am besten erhaltene, typische, carlsruher in der Profilansicht etwas kürzer und gedrungener, je- doch theilweis höher. Sein Hinterhauptstheil tritt stärker nach hinten vor, so dass auch die Condylen mehr nach hinten gerückt erscheinen. Die Nasenöffnungen sind etwas kürzer. Die knöcherne Nasenscheidewand bietet von vorn nach hinten einen geringern Durchmesser. Der vordere Saum der Nasenbeine sendet keine Seitenfortsätze nach hinten. — Von oben gesehen erscheint derselbe etwas breiter, besonders auch hinsichtlich des Schnauzen-, Stirn- und Hinterhaupttheils. Die Schläfengruben sind kürzer und niedriger, aber oben breiter und steigen weniger nach oben. Der oben die Schläfengruben begrenzende Schädel- theil lässt daher eine geringe Breite wahrnehmen. Die Insertionsstellen der Hörner sind weniger rauh und gezackt. Der Stirnhornstuhl ist gerundet, weniger rauh und vom weit rauhwarzigern, hinten ausgerandeten, daher fast herzförmigen, Nasenhornstuhle durch einen warzenlosen, gürtelförmigen, Zwischenraum getrennt. Das Grundbein des Hinter- haupts und Keilbeins, eben so wie die Choanenöffnungen und der knöcherne Gaumen, sind breiter. — Das Verhalten der Hornstühle und der Grad der Abnutzung der Zähne dürften wohl die Annahme gestatten: das Thier, welchem der carlsruher Schädel angehörte, sei vom mittlern Lebensalter gewesen und habe einer ähnlichen, kurzköpfigen Form angehört, wie wir sie auch beim Rh. antiquitatis finden. MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 83 Was die mannigfachen oben aufgezählten, auf gradweise verschiedene dimensionelle Verhältnisse zurückführbaren, Abweichungen des carlsruher Schädels vom irkutzker anlangt, so können sie nach meiner Ansicht um so weniger als spezifische angesehen werden, da bei Rhinoceros antiquitatis, nach Maasgabe der schönen Schädelreihe des hiesigeii Akademischen Museums, ähnliche abweichende Verhältnisse sich nachweisen lassen, wie man sie an den von mir auf Tafel XIII—XVIII meiner Schrift über Rhinoceros antiqwitatis gelieferten Dar- stellungen der drei Haupttypen seiner Schädelform wahrnehmen kann. Dem von H. v. Meyer beschriebenen, schönen, carlsruher Schädel gleicht in Bezug auf den Alterszustand des Individuums, dem derselbe wohl angehörte, ein im Museum zu Pisa aufbewahrtes, erst in neuerer Zeit bei Arezzo (Maspino) nebst einem zweiten besser erhaltenen, jetzt in Florenz befindlichen, gefundenes, von Falconer nicht gekanntes Schädel- fragment, wovon mir Hr. Professor Meneghini einen Gypsabguss zu senden die Güte hatte. Dasselbe (vergl. meine Tafel VI Fig. 1—3) weicht indessen vom carlsruher durch seine längere mehr gestreckte Gestalt ganz entschieden ab und stimmt darin mit dem ir- kutzker Schädel und dem owenschen Schädelfragmente im Ganzen überein. Vom irkutzker Schädel unterscheidet sich dasselbe durch seinen etwas breitern, vorn und oben mehr ge- wölbien, am vordern Rande schwächer ausgerandeten (dem des carlsruher Schädels ähneln- den) vorn an den Seiten mit weniger tief gefurchten, oben mit keiner centralen Längsleiste versehenen, Nasentheil und die weit weniger rauhen, kleinen Hornstühle, besonders des frontalen derselben. Abweichend vom carlsruher Schädel, woran der nasale Hornstuhl vom frontalen durch einen glatten Zwischenraum getrennt ist, erscheinen aber beim pisaner Fragment die Hornstühle, wie beim irkutzker, nicht getrennt. Seine Länge vom vordern Rande der Nasenbeine bis zum obern Rand der Hinterhauptsschuppe beträgt 700, die von dem vordern Rande der knöchern Nasenscheidewand bis zum hintern untern Rand der Hinterhauptsschuppe 630, die Breite seiner Nasenbeine über der knöchernen Nasenscheide- wand 140 M.-M. Rütimeyer (Pliocen und Eisperiode p. 51) bemerkt: Nach dem Schädel in Florenz würde Rh. hemitoechus Fale. nur schwache Hörner, wenn überhaupt mehr als eins ge- tragen haben, wofür der Abguss aus Pisa, eben so wie der Taf. VI Fig. 1, 2 dargestellte Schädel, nicht sprechen. Wenn aber der von H. v. Meyer geschilderte und von ihm mit Recht dem Rhineceros Merckiüt zugeschriebene, später mit Unrecht von Lartet!) (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII p. 180—181) dem Rh. etruscus zugewiesene, carlsruher Schädel als der eines Individuums von mittlerm Alter anzusehen sein möchte, so dürfte der zuerst von O wen (Brit. foss. mamm. 1) Wenn ich auch Lartet’s Ansicht hinsichtlich der mich, wie schon H. v. Meyer, bewogen, mit demselben spezifischen Identität des von H. v. Meyer beschriebenen | auch den von Owen beschriebenen Schädel von Clacton carlsruher Schädels mit dem von Falconer seinem | nach Maassgabe der grossen am Rhinoceros antiquitatis Rhinocerus etruscus zugeschriebenen florentiner zu | von mir beobachteten Schädelabweichungen gegen die theilen geneigt bin, so kann ich doch den carlsruher | Annahme Lartet’s spezifisch zu identifiziren. Schädel nur Rhinoceros Merckii zuschreiben und sehe 11* 34 J. F. BRANDT, ». 365) beschriebene und (ebd. Fig. 131, 133, 139 und 140) abgebildete, später von Falconer (Mem. II p. 351) seinem Rhinoceros hemitoechus zuerkannte und (ebd. Pl. 15) von neuem nach dem owenschen Originalzeichnungen dargestellte, namhafte, zur lang- streckigen Schädelform gehörige, unvollständige Schädel sehr wohl einem jüngern, wenn auch nicht sehr jungen, Thier des Rhinoceros Merckii zugeschrieben werden können. Für diese Ansicht spricht die, wie bei den. Schädeln jüngerer Individuen (des Rhino- ceros antiquitatis), schlankere, gestrecktere, schmälere (mehr zu der des irkutzker als der des carlsruher Schädels hinneigende) Gestalt des Schädelfragmentes. Auch erscheinen die Hornstühle nur wenig rauh, was besonders vom Stirnhornstuhle gilt, und sind überdies noch weit mehr durch einen ansehnlichern, warzenlosen Zwischenraum als beim carls- ruher Schädel von einander geschieden. Andeutungen von Knochennähten lassen sich aller- dings weder an den von Owen noch von Falconer gelieferten Abbildungen erkennen, je- doch dürfte man deshalb kaum Zweifel erheben können: das fragliche Fragment sei wirk- lich das eines jüngern Individuums gewesen. Wenn übrigens der von Owen (ebd. p. 373 Fig. 141) abgebildete fünfte obere Backenzahn einer von denen ist, welche nach ihm (p. 366) ganz in der Nähe des in Rede stehenden Schädelfragmentes gefunden wurden, so würde auch die nur wenig abgenutzte Krone des fraglichen Backenzahnes die Ansicht unterstützen, das genannte Schädelfragment sei das eines jüngern Thieres gewesen als der earlsruher Schädel. — Ebenfalls jüngern Individuen möchten auch wohl die bei Lartet a. a. O0. Pl. 9 Fig. 5, 6 abgebildeten Zähne angehört haben, wovon er den Fig. 5 von ihm dargestellten, p. 182 ff. ausführlich geschildert hat. — Das von Owen beschriebene Schädelfragment vermag ich daher, wie schon bemerkt, keineswegs mit Lartet a. a. O. 5. 181, und Dawkins für eine völlig geeignete und ausreichende craniologische Grund- lage des Prhinoceros Merckiüi anzusehen, sondern glaube, wie oben schon angedeutet, für eine solche vielmehr den carlsruher Schädel ansprechen zu dürfen, den H. v. Meyer schon einige Jahre vor der Veröffentlichung der von Owen (Brit. foss. mamm. [1846] p. 356) gelieferten Beschreibung des elactoner Schädels (N. Jahrb. f. Miner. 1842 p. 585) kurz charakterisirte und Rhinoceros Merckii Jaeg. zuschrieb, während er später (Palaeontogr. XJ) nach Owen auch den celactonschen Schädel darauf bezog. Der bei Woodward (Geolog. Magazine new ser. Dec. II. Vol. I. M 9 p. 400 etc.) neuerdings mit Recht dem Ahinoceros hemitoechus Fale. (= Rh. Merckii) vindizirte und ebendaselbst Pl. XV. abgebildete Schädel darf wohl als der eines Exemplares von mitt- lerem Alter und mittler Grösse gelten. Derselbe ist kleiner als der irkutzker, bietet weniger rauhe Insertionsstellen für die Hörner und weicht nicht nur von diesem, sondern auch vom clacton’schen Schädelfragment, dem carlsruher Schädel und dem pisaer Schädelfragment meiner Tafel VI Fig. 1, 2, 3 durch seinen ziemlich stark nach oben über dem Stirntheil gewölbt vortretenden Nasentheil und den daher tief eingesunkenen Stirntheil ab. Selbst die eben genannten Unterschiede können indessen natürlich nur als individuelle betrachtet werden, wofür sie auch bei Woodward offenbar angesehen wurden, Der fragliche Schädel EN VE MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 85 dürfte übrigens demnach ganz besonders darauf hinweisen, dass die obere Profillinie des Schädels des Rhinoceros Merckii variire, also kein Unterscheidungskennzeichen zu liefern vermöge. Der schon von Nordmann (Palaeontologie Südrusslands p. 258) erwähnte, aus Polen stammende, im Museum der St. Petersburger Akademie aufbewahrte, die meisten seiner wesentlichen Theile bietende Unterkiefer (Taf. III Fig. 2—4) ist meines Wissens unter den mir bisher bekannten Unterkieferresten im Ganzen der vollständigste. Er war offenbar der eines sehr alten Individuums, welches wohl eine solche Grösse besitzen mochte, wie das- jenige, dem der irkutzker Schädel angehörte. Er zeichnet sich durch die grosse Dicke seiner Aeste, sowie die seines aufsteigenden Theiles und seiner Symphyse aus. Die letztere ist indessen am Ende unvollständig, indem man den abgeplatteten bei H. v. Meyer (Palaeontogr. XI Taf. XL Fig. 1, 3) dargestellten Endsaum derselben ver- misst. Der äussere Rand seiner Winkel charakterisirt sich durch mehrere überaus rauhe Höcker. Die Gruben für die Insertion der Kaumuskeln sind sehr tief. Die Backenzähne, wovon vier vorhanden sind, zeigen eine mässige Abnutzung. Die äussere Fläche der beiden Kronenhälften, von denen die vordere etwas schmäler ist als die hintern, sind, als Ab- weichungen vom Rhinoceros antiqwitatis, weit convexer. Die linke Hälfte des polnischen Unterkiefers gleicht dem bei Falconer (Mem. II Pl. 26 Fig. 1) dem hemitoechus (= Merckü) vindizirten. Die rechte stimmt sehr gut zu der seinem eiruscus (Mem. II Pl. 27 Fig. 2 und 4) zugeschriebenen, während hinsichtlich der ebendaselbst Fig. 3 dargestellten hintern Backenzähne dasselbe gilt. Die von Owen (Brit. foss. mamm. Fig. 132 und 1735) ab- gebildeten Fragmente des Unterkiefers gleichen den homologen Theilen des polnischen. Die Gestalt der Symphyse des leztgenannten Unterkiefers lässt sich, mit Ausschluss des ihr fehlenden Endtheiles, sehr wohl auf die bei H. v. Meyer (Palaeontogr. XI Taf. XL Fig. 2, 3) wahrnehmbare zurückführen, während die in Falconer’s Memoiren Pl. 28 Fig. 2, 3 dargestellte, dem Rh. etruscus vindizirte, ebenfalls nur so unbedeutend abweicht, dass sie, nach meiner Ansicht, keine spezifischen Unterschiede bietet. Da auf den Bau des Gebisses zur Unterscheidung eines Rhinoceros etruscus vom Merckii hauptsächlich Werth gelegt wurde, so erscheint es nöthig dem der letztgenannten Art ebenfalls eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Den Bau des Gebisses des Rhinoceros Merckii haben H. v. Meyer (Palacontogr. Bd, XI. S. 255 Taf. XXXV, XXXVI, XXXIX, XL und XLI, dann Boyd Dawkins (Quart. Journ. of the geol. Soc. Vol. XXIII [1867] X 9, p. 213), ebenso wie Falconer (Memoires II p.324—345 Pl. 16, 17, 18, 19, 20) erörtert. Ich selbst hatte Gelegenheit, die genannten Mittheilungen durch von zwei verschiedenen Seiten mir zugekommere Mate- rialien ergänzen zu können. Durch die Güte des Hrn. G.-R. Grotrian erhielt ich Zeichnungen und Gybsabgüsse des im braunschweigischen gefundenen Öberkiefergebisses (Taf. VII Fig. 14), welches, ob- gleich es in Betracht der enormen Grösse der Zähne einem sehr grossen, alten Thiere ange- 86 J. F. Branot, hörte, durch wenig abgenutzte Zahnkronen sich auszeichnete. — Aus der Sammlung des Hrn. Professors Barbot de Marny standen mir ferner zwei vordere obere Backenzähne (Taf. III Fig. 7—9) zu Gebote. Die Benutzung der genannten Mittheilungen und sonstiger Materialien ergab: dass die als ein Hauptmerkmal angesehenen Backenzähne des Oberkiefers hinsichtlich ihrer Kauflächen, wie beim Ahinoceros antiquitatis, (vergl. S. 14) oft namhafte, sogar auf die einander homologen Zähne der beiden Kieferseiten ein und desselben Individuums sich er- streckende, Abweichungen im Betreff der Gestalt der Schmelzringe der Oberfläche der Krone in Folge der Abnutzung derselben, wahrnehmen lassen, wie sie nach meiner bereits oben ausgesprochenen Ansicht am übersichtlichsten der carlsruher Schädel (H. v. Meyer Palaeontogr. XI Taf. XXXVI und meine Taf. IIT Fig. 1) darbietet. Die Backenzähne der rechten Seite desselben scheinen mir überhaupt hinsichtlich ihrer Abnutzung als ein nahezu typischer Zustand des Oberkiefergebisses eines Individuums vom mittlern Alter an- gesehen werden zu können. Was die linke Seite der Zähne des Oberkiefergebisses des ge- nannten Schädels anlangt, so stimmt nur der vorderste Backenzahn (der zweite Prämolar) nebst den beiden hintersten echten Backenzähnen mit denen der rechten Seite nahezu überein. Der zweite und dritte Prämolar der linken Seite weichen durch Erhaltung des bei ihnen tiefern Querthales ab. Der linke echte Backenzahn unterscheidet sich durch die Gegenwart des hintern Thales vom rechten, der anstatt dessen einen Schmelzring zeigt. — Die beiden vordersten linken Prämolaren der Sammlung Barbotde Marny’s(Taf. III Fig. 7— 9) ähneln im wesentlichen denen der rechten Seite des carlsruher Schädels. Beim ersten Barbot de Marny’schen Zahn erscheint indessen der Schmelzring dreieckig, während der des zweiten Prämolarzahnes, mit dem des ersten rechten Prämolaren des carlsruher Schädels ziemlich übereinstimmt. Was die beiden hintersten echten Backenzähne des carlsruher Schädels anlangt, so sehen ihre Kronen einander sehr ähnlich und bieten nnr einen geringen Grad von Ab- nutzung. Wenn man erwägt, dass die Abnutzung der Backenzahnkronen bei sehr alten Indivi- duen eine weit geringere sein kann als bei jüngerern, so darf man vielleicht als Ursache dieser Erscheinung den anhaltenden Genuss einer weichern oder härtern Nahrung (weicherer oder härterer Pflanzentheile) ansehen. Vergleicht man die bei Falconer (Mm. Pl. 16 Fig. 1, 2) dargestellten, derselben (rechten) Seite angehörigen obern, Backenzähne mit einander, so ergiebt sich, dass sämmt- liche vier Hinterzähne verschieden gestaltete Kronen haben und dass die drei hintern so- wohl von denen des carlsruher Schädels als denen des braunschweiger Gebisses (Taf. VII Fig. 14) abweichen, dass indessen diese Abweichungen des Baues der Schmelzwände ihrer Thäler, theils aus unwesentlichen Modificationen, theils aus der verschiedenartigen Ab- nutzung ihrer Kronen sich erklären lassen. Was die beiden vordern Prämolaren der Fal- coner’schen Fig. 1 anlangt, so unterscheiden sich dieselben durch die Gestalt ihrer vordern MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 87 Schmelzringe nicht nur von denen des carlsruher Schädels, sondern auch von denen des braunschweiger Gebisses und dem Hrn. Prof. Barbot de Marny gehörigen (Taf. III Fig. 7—9). Der vorderste Prämolar bietet bei Falconer (Fig. 1 p. m. 2) zwar, wie häufig, einen hintern kleinen, runden Schmelzring, als Abweichung von dem ihm entsprechenden des carlsruher Schädels, aber nicht nur einen vordern, zwar dem des homologen Zahnes der Barbot de Marny’schen Zähne ähnelnden, dreischenkligen, jedoch vom spaltenförmigen Reste des Querthales nicht gesonderten, Schmelzring, dem sich als zweite Differenz vom vordern Rande ein dritter, kleiner Schmelzring zugesellt. — Der bei Falconer (ebendaselbst als p. m. 3) bezeichnete Backenzahn weicht von dem des carlsruher Schädels nur durch einen grössern, vordern, weniger gerundeten, hinten gezackten, Schmelzring ab. — Der bei Fal- coner Pl. 17 Fig. 1 abgebildete, als p. m. 4 bezeichnete, Zahn unterscheidet sich von dem ihm homologen auf Pl. 16 Fig. 1 p. m. 4 dargestellten, durch geringere, noch nicht auf das hintere Thal ausgedehnte Abnutzung, noch mehr aber von dem nur zwei Schmelzringe bietenden, also stark abgenutzten p.m. 4 der Fig.2 der Pl. 16. — Der rechte p.m. 4 des carlsruher Schädels stimmt durch seine beiden, wenn auch gestaltlich etwas verschiedenen, Schmelzringe im Wesentlichen mit p.m.4 bei Falconer Pl.16 Fig. 2 überein. Der der linken Seite des carlsruher Schädels unterscheidet sich davon durch die Gegenwart des grossen. Querthales. Die entsprechenden Prämolaren des braunschweiger Gebisses weichen von den bei Fal- coner dargestellten und denen des carlsruher Schädels durch das hinten noch nicht geschlos- sene hintere Thal und das bei allen vorhandene grosse Querthal, also durch Mangel an Schmelzringen ab. Der Pl. 17 Fig. 1 als m. 1 von Falconer abgebildete erste Backenzahn ähnelt dem homologen m. 1 der Pl. 16 Fig. 1, unterscheidet sich aber vom, 2 Schmelzringe bieten- den, homologen m. 1 der Fig. 2 derselben Tafel Faleconer’s, stimmt dagegen ziemlich zum rechten homologen Zahn des carlsruher Schädels. — Der zweite echte rechte Bachenzahn bei Falconer Pl. 16 Fig. 1 m. 2 harmonirt im Wesentlichen mit dem des carlsruher Schädels, jedoch erscheint beim erstern das hintere Thal breiter. Der letzte echte Backenzahn bei Falconer (Pl. 76 Fig. 1,2 m. 5) zeigt in beiden Figuren Verschiedenheiten, jedoch bietet ein, als intercolumnares von Falconer bezeich- netes, Höckerchen, welches auch dem Pl. 18 Fig. 5 bei Falconer abgebildeten, von den beiden Pl. 16 Fig. 1, 2 dargestellten hintersten durch die Kronengestalt sehr abweichen- den Backenzähnen, nicht fehlt. Von den hintersten mit einander hinsichtlich der Kronen- gestalt übereinstimmenden, von den falconerschen abweichenden, Backenzähnen des carls- ruher Schädels zeigt der rechte zwei intercolumnare Höckerchen, der linke nur ein deat- liches, wie beim Rhinoceros antiquitatis (J.F. Brandt Observ. Tab. XI Fig. 12, 13, 14, 16 h.). Die braunschweiger hintersten Backenzähne ähneln hinsichtlich der Kronengestalt denen des carlsruher Schädels. Es fehlt ihnen aber jedes intercolumnare Höckerchen, so dass also die letzteren nicht als charakteristisches Merkmal zu gelten vermögen. 88 J. F. BrRANDT, Durch ihre enorme Grösse übertreffen übrigens, wie erwähnt, die braunschweiger Zähne die aller mir bekannten Nashornarten, namentlich selbst die des Zrh. antiquitatis. Zum nähern Nachweis dieser bemerkenswerthen Grösse dienen folgende Maasse. Der vordere Prämolar zeigt am Grunde der Wurzel an der äussern Fläche gemessen einen Durchmesser von 0,040 M., von der innern Fläche aber gemessen 0,047. Der vorletzte bietet aussen am Grunde einen Durchmesser von 0,063 von der vordern Fläche aber von 0,070. Der erste echte Backenzahn lässt am Grunde der äussern Fläche einen Durchmesser von 0,061, an der vordern aber von 0,070 wahrnehmen. Der letzte Backenzahn besitzt aussen am Grunde einen Querdurchmesser von 0,069, vorn am Grunde aber von 0,063. Was die Gestalt der Kronen der zwei hintern Prämolaren und der zwei vordern echten Backenzähne der braunschweiger Zähne anlangt, so stimmeu sie auf beiden Kieferseiten durch die Gegenwart des queren, grossen offenen und des kleinen hintern nach innen und vorn theilweis noch erhaltenen, Thales überein. Die Kronen ihrer beiden vorletzten echten linken Backenzähne, ebensowie die Krone des vorletzten rechten, ähneln (wie dies schon vom hintersten bemerkt wurde) im Wesentlichen denen des carlsruher Schädels und ziem- lich auch der Krone des bei Falconer Pl. 16 Fig. 1 unter m. 2 dargestellten. Nur ihr vorderster Prämolar bietet die Spuren von zwei Schmelzareolen, wovon die hintere kleine, runde, weil undeutlich erschienene, in meiner Figur 14 ausgelassen ist. Das Individuum, welchem die riesigen braunschweiger Zähne angehörten, besass also trotz seiner, muthmass- lich überaus ansehnlichen, Grösse merkwürdig genug, im Gegensatz zu vielen anderen In- dividuen, nur wenig abgenutzte Kronen der Backenzähne, vielleicht, wie erwähnt, in Folge des stetigen Genusses weicherer Pflanzentheile. Das bei Faleoner Pl. 21 Fig. 3 abgebildete p. 552 beschriebene Milchzahngebiss bietet folgende Eigenthümlichkeiten. Der vorderste Zahn besitzt ein, besonders innen, un- gemein erweitertes und zugerundetes, fast flaschenförmiges, ansehnliches Querthal und ein das hintere Drittel der Krone einnehmendes hinteres Thal. — Der zweite Zahn lässt ein ansehnliches, an der vordern Schmelzwand mit zwei Zacken, an der innern nur mit einer Zacke, versehenes Querthal, ein fast nierenförmiges hinteres Thal und zwischen beiden einen herzförmigen Schmelzring wahrnehmen. — Beim dritten (hintersten) Milchzahn be- merkt man ein ziemlich weites Querthal, welches innen in zwei divergirende Schenkel aus- läuft, nebst einem fast warzenförmigen hintern Thal. Zwei von Falconer (II. p. 352) ebenfalls beschriebene und Pl. 25 Fig. 2 abgebildete, den zweiten und dritten darstellende, wegen des durch einen Schmelzring ersetzten hintern Thales, offenbar mehr abgeriebene Milchzähne, weichen durch das glattwandigere, in der Mitte breitere, Querthal und das mangelnde hintere Thal ab. Dem zweiten Zahne fehlt übrigens (der vielleicht nur accessorische) herzförmige Schmelzring. — Von den ent- sprechenden bleibenden, wenig abgenutzten, Zähnen, so denen des Abgusses des braun- schweiger Gebisses (Taf. VII Fig. 14) unterscheiden sich die beiden Zähne durch tiefere obere Eindrücke der äussern Kronenwand, weit breitere Querthäler und die Gegenwart MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 89 eines nierenförmigen Schmelzringes statt des hintern Thales. Ein anderer ebenfalls als dritter Milchzahn von Falconer bezeichneter und Fig. £ abgebildeter Milchzahn weicht durch sein kürzeres, hinten und innen durch zwei zahnartige Fortsätze verengtes Querthal und die Gegenwart eines abgerundet-dreieckigen, ansehnlichen, nach innen offenen, hintern Thales ab. Die Gestalt der Milchzähne scheint demnach gleichfalls zu variiren. — Der bei Falconer Fig. 3 abgebildete Zahnkeim, welcher dem zweiten Milchzahn angehören soll, besitzt ein innen sehr erweitertes Querthal und ein sehr grosses, das hintere Drittel der Kronenfläche einnehmendes hinteres Thal. Im Betreff der oben erwähnten, wie es scheint auch beim Rhiönoceros Merckii vorkom- menden, drei Haupttypen des Schädels des Rhinoceros antiquitatis, dürfte noch zu bemerken sein, dass die Uebergänge von den gestreckten Schädeln zu den kürzern, gedrängtern, so bedeutend sind, dass man, wie mir scheint, wohl weder genaue Racenunterschiede feststellen, noch an geschlechtliche Differenzen mit einiger Sicherheit denken kann. Die beiden Ge- schlechter der genannten Nashornarten scheinen überhaupt hinsichtlich ihrer Grösse, nach Maassgabe der vielen Schädel des Rhinoceros antıquitatis, welche ich zu beobachten Ge- legenheit hatte, vielleicht nicht eben sonderlich verschieden gewesen zu sein. Ueber die Knochen des Rumpf- und Extremitäten - Theiles des Skeletes, Ausser den vorstehend charakterisirten Schädeln oder Resten derselben sind auch Halswirbel, Fragmente des Os sacrum, eine Scapula, zwei Oberarmknochen, der Oberschenkel und eine Tibia nebst Fibula eines Rhinoceros theils in England, Deutschland und Italien, theils im südöstlichen europäischen Russland aufgefunden worden, die mit grösserer oder geringerer Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit wohl dem Rhinoceros Merckii zu vindiziren sein möchten. Es dürften übrigens noch manche dem Rhinoceros antiquitatis zugeschriebene, zur fraglichen Categorie gehörige, Reste Rhinoceros Mercki zu vindiziren sein. Halswirbel. Gleichzeitig mit Resten des Schädels und Unterkiefers des Rhinoceros Merckii sind, nebst Knochen des Rhinoceros antiquitatis, Cervus euryceros, Elephas primigenius, Bos bison var. anligua und Eqguus, im Gouvernement Samara auch mehrere Halswirbel eines grossen, offenbar nashornartigen, Thieres entdeckt worden, wovon die besser erhaltenen sich auf fünf verschiedene Halswirbel (den ersten, zweiten, vierten, fünften und sechsten) zurückführen lassen. Dieselben ähneln zwar denen des Rhinoceros antiquitatis, fallen aber nicht blos durch ihre grosse Massivität auf, sondern bieten im Vergleich mit denen der ge- nannten Art so mannigfache morphologische Unterschiede, dass ich sie nicht ihr zu- schreiben kann, sondern geneigt bin, dieselben dem Rhinoceros Merckü zu vindiziren. Ich Memoires do l’Acad. Imp. des sciences, VIlme Serie, 12 90 J. F. BRANDT, würde dies mit völliger Bestimmtheit thun, wenn nicht die unteren Querfortsätze der Wirbel von denen des Rh. antiquitatis etwas stark gestaltlich abwichen und im Gouvernement Samara ausser Resten des Ahinoceros Merckii auch Reste des den Rhinoceroten im Schädel- bau ähnlichen Zlasmotherium gefunden worden wären. Es wurde daher den Resten ein Fragezeichen beigefügt. ?Der Atlas. Der Atlas (Taf. XI Fig. 1, 2) zeigt zwar eine grosse Achnlichkeit mit dem des Rhi- noceros amtiquitatis, weicht aber, abgesehen von seiner grössern Massivität, durch mehrere Merkmale davon ab. Die Gelenkgruben für das Hinterhaupt stehen oben einander viel näher und bieten eine grössere Tiefe. Die flügelartigen Querfortsätze sind länger und ge- streckter, während ihr vorderer äusserer Winkelfortsatz einen, vorderen, niedrigeren Rand besitzt und mit dem Wirbelkörper einen stumpfen Winkel bildet. Die oben über dem Querfortsatz verlaufende Gefässfurche erscheint länger und weiter. Bemerkenswerth ist, dass der fragliche Atlas hinsichtlich seiner Grösse und seiner condylaren Gelenkgruben sehr gut für den irkutzker Schädel passt und gestaltlich dem von Cortesi (Sulla sco- perta etc.) abgebildeten ähnelt, wie dies besonders eine vom Hrn. Prof. Strobel aus Parma mir gütigst gesandte Abbildung desselben andeutet. ?Der Epistropheus. Als Unterschiede desselben (Taf. XI Fig. 3, 4, 5) von dem des Rh. antiquitatis be- merkte ich, ausser seiner grössern Dicke, folgende. Die Oeffinungen des Rückenmarkkanals sind oben stärker zugerundet. Die Gelenkgrube des Körpers für den dritten Wirbel ist kreisförmig und, besonders unten, breiter. Die hintern, schiefen Fortsätze sind dicker, so wie rauher, und nähern sich mit ihrem hintern Theile weit stärker. Der weit dickere Dornfortsatz ist in der Mitte seines Basaltheils jederseits furchenartig eingedrückt. Anstatt eines Gefässkanales findet sich eine breite Furche. Der Zahnfortsatz erscheint etwas kürzer, am Grunde breiter und am Ende stumpfer, eben so wie auch mehr zugerundet, ? Vierter Halswirbel. Ein grosser, dicker Halswirbel (Taf. XI Fig. 6, 7, 8), den ich wegen der Gestalt seines Körpers, namentlich des centralen untern, hinten stark verdickten, Kammes für den vierten Wirbel halten möchte, weicht von dem ihm entsprechenden des Rhinoceros anti- quitatis mehrfach ab. Alle Theile sind dicker. Der schmälere Körper erscheint auf seiner Unterseite grösstentheils als von den Seiten der Länge nach tiefgrubig eingedrückter, unten ausgeschweifter, hinten sehr stark verdickter Kamm. Die Oeffnungen des Rücken- MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 91 markkanals sind oben stark gerundet. Der Bogentheil ist ungemein breit. Die vordern _ schiefen, abgeplatteten, fast halbmondförmigen, dünnern, niedrigern Fortsätze stehen, eben so wie die hintern, horizontaler. Die Querfortsätze senden aus dem obern Theile ihres Grundes je zwei völlig getrennte Fortsätze aus, einen obern, kleinern, kürzern, horizontalen . (wie es scheint abgerundet viereckigen), aus dem untern Theil ihres Grundes aber einen viel grössern nach unten gewendeten, vorn verdickten und bogenrandigen, auf der obern Fläche mit einer tiefen Grube versehenen, am, leider abgebrochenen, Ende verschmälerten, der am Ende nur-etwa °/, so breit als an seiner Basis erscheint. Der Dornfortsatz scheint der übrig gebliebenen Spur zu Folge, ansehnlich gewesen zu sein. Der den Grund jedes Querfortsatzes durchziehende Gefässkanal zeigt eine mässige Weite. Der fragliche Wirbel bietet demnach solche eigenthümliche Kennzeichen wie der ihm homologe keiner andern mir bekannten Nashornart. ? Fünfter Halswirbel. Ein stark verletzter, der Querfortsätze entbehrender, grosser Wirbel kommt durch seinen breiten Bogen, die Gestalt und Richtung seiner schiefen Fortsätze, ferner das Ver- halten seines vordern Condylus, seiner hintern Gelenkhöhle, sowie der Oefinungen des Rückenmarkskanales und seine Gefässkanäle mit dem vierten Wirbel, so weit ich darüber zu urtheilen vermag, im Wesentlichen überein. Sein auf der untern Fläche des bogenförmig ausgeschweiften Längskammes entbehrender, hinten jedoch aufgetriebener, Körper deutet indessen darauf hin, derselbe sei am passendsten als fünfter anzusehen. ?Sechster Halswirbel. Ein grosser Wirbel (Taf. XI Fig. 9,10, 11), den ich nach Maassgabe des kammlosen vordern Theils der untern Seite seines Körpers im Verein mit stark entwickelten untern Querfortsätzen und einem ansehnlichen Dornfortsatz für den sechsten halte, kann gleich- falls nicht blos wegen seiner Massivität, namentlich Dicke, für einen dem Ahinoceros anti- quitatis angehöriger angesehen werden, da er auch im Vergleich mit dem ihm entsprechen- den der genannten Art mehrere augenfällige morphologische Abweichungen zeigt. Der ge- meinschaftliche Basaltheil der Querfortsätze ist ansehnlich breit. Der obere, völlig getrennte, Querfortsatz zeigt eine starke Entwickelung. Die untern längeren, auf der ganzen obern Fläche grubig eingedrückten und gerunzelten Querfortsätze sind nicht beilförmig, wie beim Rh. antiquitatis, sondern erscheinen, soweit sie intact sind, verlängert-viereckig und mit einem völlig geraden, stark verdickten, hintern und ebenfalls stark angeschwollenen, leicht gebogenen, äussern, kurzen, nach unten gewendeten, Rande versehen. Der erhaltene Basal- theil des vordern Randes ist gleichfalls gerade, wendet sich aber ein wenig nach vorn. Da indessen der übrige Theil desselben dem vorliegenden Wirbel leider fehlt, so kann über die 12* 92 J. F. BrANDT, Gestalt des untern vordern Theiles der untern Querfortsätze kein Urtheil abgegeben werden, Die äussere Hälfte des vordern Theiles könnte ja mehr oder weniger nach vorn vorge- sprungen sein, so dass sich vermuthen liesse, der untere Theil der Querforsätze hätte mög- licherweise als Annäherung an Ahinoceros antiquitatis wenigstens eine, wenn auch viel schmälere, Beilform besessen. Rückenwirbel. Aus der Zahl der im Gouvernement Samara gefundenen, vermuthlich dem Rhinoceros Merckii angehörigen, Wirbel lässt sich nur das Fragment eines einzigen als das eines Rückenwirbels (Taf. XI Fig. 12, 13), und zwar eines den mittlern angehörigen, betrachten. Demselben fehlt einerseits die hintere Gelenkgrube des Körpers, andererseits der Dornfort- satz. Mit dem oben beschriebenen Rückenwirbel des Ahinoceros antiquitatis verglichen ergaben sich mehrerere namhafte Unterschiede. Der Körper ist oben breiter und besitzt unten einen etwas breitern Kiel. Der Rand- saum seines vordern, etwas convexern und breitern, Gelenkhöckers erscheint gerundeter, der Bogentheil etwas breiter, und hinten horizontal, so dass die darauf befindlichen Gelenk- flächen ebenfalls eine mehr horizontale (keine perpendieuläre) Lage zeigen. Der vordere, wie hintere, obere Rand des Bogens ist bogenförmig ausgeschweift. Die der Quere nach länglichen Oeffnungen des Rückenmarkskanals sind daher oben, hinten wie vorn, zuge- rundet. Die kurzen, viel diekern Querfortsätze enden oben in einen viel dickern, oben ganz convexen (nicht ausgeschweiften) rauhen Knorren, der eine grössere, perpendiculäre, rundlich- ovale Rippengelenkfläche trägt. Die hinten auf dem Bogentheil befindlichen Gelenkgruben für die Rippenköpfe sind ansehnlicher. Lendenwirbel. Von Lendenwirbeln sind mir bisher weder Exemplare, noch Gypsabgüsse, noch genaue Beschreibungen bekannt geworden. Wenn indessen die $. 69 erwähnten bedeutenden Skeletreste, welche Cortesi viel zu kurz beschrieben und sehr roh abgebildet hat, wirk- lich dem Zhinoceros Merckii angehörten, so dürfen wir von Parma her durch Hrn. Prof. Strobel vielleicht näherere Mittheilungen darüber erwarten. _ Das Kreuzbein. Owen (Brit. foss. mamm. p. 377) beschreibt ein in den Süsswasserablagerungen von Claeton gefundenes Kreuzbein, welches er jedoch nieht mit dem entsprechenden Knochen des Rhinoceros antiquitatis vergleichen konnte, aber abweichend von dem des Rhinoceros sumatranus fand. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 93 Unter den aus dem Gouvernement Samara erhaltenen im hiesigen Kaiser]. Berginstitut aufbewahrten Resten befindet sich zwar das Fragment eines vordersten Theils eines Kreuz- beins, welches ich Tab. VII Fig. 15, 16 abbilden liess, weil ich es anfangs für das eines Nashorns (Rhinoceros Merckü?) hielt. Ich bin indessen von dieser Ansicht bald zurückge- kommen und möchte dasselbe eher einem grossen Wiederkäuer zuschreiben. Schwanzwirbel. Auch Schwanzwirbel des Rhioceros Merckii sind mir noch nicht bekannt geworden. Knochen der Extremitäten. Knochen der Extremitäten des Rhinoceros Merckiü standen mir gleichfalls nicht zu Gebote, obgleich man deren bereits nicht eben selten gefunden zu haben scheint, ohne dass sie jedoch genügend als solche charakterisirt wurden. Ein Schulterblatt, welches Kaup (Akten der Urwelt p. 7) als das eines Rhönoceros Merckii beschrieben und Tab. II Fig. 2 abgebildet hat (vergl. Taf. XI Fig. 14), weicht von dem des Rhinoceros antiquitatis durch seine ansehnliche Breite namhaft ab, indem es sich dem des Rhinoceros javanus und sumatranus nähert. Nach Kaup unterscheidet sich aber dasselbe von diesem durch seine Grösse und dass die hintere Fläche der Aussenseite fast eben ist und nicht am Rande sich emporhebt. Dem kaupschen Schulterblatt ähnelt im Wesentlichen die Contourzeichnung des Schulterblattes des cortesischen Skeletes, welche ich Hrn. Strobel verdanke (siehe meine Taf. XI Fig. 15), und deutet demnach wie der er- wähnte Atlas desselben, wie es mir scheint, darauf hin, dass das genannte Skelet auf Rhi- noceros Merckü zu beziehen sein möchte. — Das bei Blainville (Osteogr. Rhinoceros Pi. X) dargestellte, aus der Auvergne stammende, Fragment eines Schulterblattes ähnelt ebenfalls dem von Kaup abgebildeten. Was die andern, bisher aufgefundenen, Knochen der Extremitäten anlangt, die man zeither auf Rhinoceros Merckit bezogen hat, so gehört dahin das von Owen (Brit. foss. mamm. ». 378—379) beschriebene, im Verein mit dem Clacton-Schädel gefundene Frag- ment eines Oberschenkels nebst dem von H. v. Meyer (Palaeontogr. XI p. 275) erwähnten Fragmenten der untern Hälfte desselben Knochens (siehe seine Taf. XZIII) und dem gleich- falls von ihm erwähnten obern Ende eines Cubitus und dem untern eines Radius. Da man darauf hingewiesen hat, Rhinoceros Merckii sei schlanker als antiquitatis ge- wesen, so ist es nöthig, auf eine von Falconer gemachte Tagebuch-Notiz (Palaeont. Mem. II. p. 353) aufmerksam zu machen, die für das Gegentheil spricht und sowohl mit den oben von mir beschriebenen, riesigen Schädel des Rhinoceros Merckii, als auch mit den ihm von mir vindizirten (im Vergleich mit denen des Rhönoceros antiquitatis gleichfalls massigern) Halswirbeln im Einklange steht. — Falconer spricht nämlich von einem Oberschenkel des 94 J. F. BranDtr, Rhinoceros hemitoechus aus den Gowers-Höhlen, der im Vergleich mit dem des Rhinoceros antiquitatis viel kürzer war, also auf kürzere Beine hindeutet und eine steilere Gurve (bold curve) zwischen dem dritten Trochanter und äussern Condylus besitzt. Auch wird von einer ebenfalls mit der vom Arhinoceros antiquitatis verglichenen, auch von dort herstammenden, Tibia gesagt: sie sei kurz und stämmig, während die Fibula auf einer grössern Ausdehnung mit ihr verknöchert wäre als beim Rhinoceros amtiquitatis. — Ch. Murchison bemerkt da- zu in einem Verzeichniss von Nashornknochen des Museums zu Swansea: aus der Bacon- Höhle wurden folgende Knochen aufgeführt: ein rechter Humerus, die obere Hälfte des Radius mit der Gelenkfläche der Ulna, das Becken, Hals- und Rückenwirbel, nebst einem sehr dieken, kurzen Metatarsalknochen u. s. w. Murchison sagt indessen nicht, was zu wünschen wäre, dass auch diese Knochen als dem Rh. Merckiäi angehörige constatirt worden seien. Dass man bereits auch in Frankreich Fussknochen des Rhinoceros Merckii ausgrub, geht unverkennbar aus Lartet’s Mittheilungen über Rhinoceros Merckii (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII p. 181—182) hervor. Auch lässt sich Gervais’s Rhinoceros mesotropus (Zool. et Pal£ont. fr. 2° ed, p. 90), wie mir scheint, mindestens als ein ARhinoceros Merckü e. p. an- sehen. Ein Theil der Knochen der Extremitäten, die man in Frankreich fand, darf daher wohl ebenfalls ihm, nicht dem echten Rh. leptorhinus Cuv. zugeschrieben werden. Dass der Rhinoceros leptorhinus Cuvier’s vorzugsweise auf einem der knöchernen Nasenscheidewand entbehrenden, zuerst von Cortesi beschriebenen, bei Cuvier (Rhinoce- ros Pl. IX Fig. 7 und Rech. Pl. 47 Fig. 7) abgebildeten Schädel zu stützen sei, dass da- gegen nicht alle von ihm seinem leptorhinus zuerkannten Knochen demselben angehörten, lässt sich wohl mit Falconer und Lartet als sicher annehmen. Die Beziehung eines Theiles der fraglichen Knochen zu einem Rhinoceros etruscus erscheint mir indessen un- sicher, da die Existenz eines von Merckiü unterscheidbaren etruscus als echte Art kaum näher nachzuweisen sein wird. Ich möchte daher Falconer’s Angabe (Mm. p. 366—67) keineswegs für eine völlig begründete halten, dass der bei Cuvier (Recherch. Pl. 49 Fig. 1, 2) abgebildete Humerus, ferner eine Fibia nebst Tibula (ebd. Pl. 49 Fig. 15) nebst einem rechten Femur (ebd. Fig. 19) dem Rhinoceros etruscus wirklich angehören. Wenn ich nämlich erwäge, dass die oben mitgetheilte Tagebuchnotiz Falconer’s die Ansicht stützt: Rhinoceros Merckii habe kürzere, stämmigere Beine als Rhinoceros antiquitatis besessen, SO könnten sehr wohl die auf die Knochen der hintern Extremitäten bezüglichen Darstellungen bei Cuvier Pl. 49 Fig. 11, 15 und 27 eher dem Rhinoceros Merckii als dem leptorhinus Cuv. angehört haben. Mit sehr geringer Sicherheit scheint mir dagegen der bei Cuvier Pi. 48 Fig. 1, 2 abgebildete Humerus für den eines Rhinoceros Merckii gelten zu können, weil sein mittler Theil in der Abbildung etwas länger und schlanker als bei Ahinoceros an- tiquitatis erscheint und deshalb möglicherweise wie der bei Cuvier Pl. 48 Fig. 11, 12 ab- gebildete Radius nebst der Ulna Fig. 73, dann die Pl. 49 Fig. 10 dargestellte hintere Ex- tremität nebst dem Oberschenkel (Fig. 19, 20) und dem Becken (Fig. 18) dem echten MOoNOGRAPHIE DER TIOHORHINEN. 95 Rhinoceros leptorhinus Cuvier’s zuzuschreiben sein dürfte. Er könnte freilich auch nicht genau genug dargestellt worden sein. Cortesi hat mehrere Knochen der Extremitäten des von ihm 1834 beschriebenen Nashornskeletes, einen Humerus, eine Ulna nebst Radius und einen Oberschenkel sehr roh abgebildet und es will mir scheinen, dass seine Darstellungen nach Maassgabe ihrer ge- ringern Länge weit eher auf Theile des Rhönoceros Mercküi als auf die, wahrscheinlich schlankern, des Rhinocerus leptorhinus Cuv. hinweisen. Mit noch grösserer Sicherheit werden jedoch die von Molon beschriebenen, jedoch leider nicht alle abgebildeten, Reste des Rumpf- und Extremitäten-Skelets (siehe S. 76) dem Rhinoceros Merckii zuerkannt werden können. Zu Folge der vorstehenden Mittheilungen über den Rumpf- und Extremitäten-Theil des Skeletes des Rhinoceros Merckii ist man indessen bisher bei weiten noch nicht im Stande sich eine solche genaue Vorstellung zu machen wie vom Skelet des Rhinoceros antiquitatis. Ein wesentlicher Fortschritt liesse sich indessen, wie es scheint, ermöglichen, wenn die Reste des später gefundenen cortesischen Skeletes, ebenso wie die von Molon beschriebenen, mit entsprechenden Theilen des Ahinoceros antiquitatis und des Ahinoceros leptorhinus verglichen und treu abgebildet würden. Verwandtschaftliche Beziehungen des Rhinoceros Merckii. Obgleich Rhinoceros Merckii durch seine allgemeine Schädelform und seine wenigstens in ihrer vordern Hälfte knöcherne Nasenscheidewand, dann durch den plattenartigen Fort- satz der Unterkiefersymphyse dem Rhinoceros antiquitatis am nächsten steht, so bietet er doch auch solche Merkmale, durch deren Gegenwart er mehr mit manchen, eine völlig knorpliche Nasenscheidewand bietenden, Formen übereinstimmt als Rhinoceros antiquitatis. Den in der Mitte ausgeschweiften vorderen Rand des Nasentheils des Schädels hat Rh. Merckii mit den afrikanischen Nashörnern gemein. Sein Schädel gleicht aber bei weitem mehr dem des Rhinoceros simus als bicornis. Seine obern Backenzähne ähneln denen der genannten Nashornformen durch die dünnern Schmelzwände ihrer Kronen und die auf der innern Fläche derselben über der Wurzelhälfte bemerkbare häufig crenulirte, bei Rhinoceros anti- quitatis fehlende, Erhabenheit, während die zu zweien auftretenden Schmelzringe an Rhino- ceros sumatranus erinnern. Von den bisher bekannten fossilen Arten dürfte in eraniologischer Hinsicht (abgesehen vom gänzlichen Mangel einer knöchernen Nasenscheidewand und dem ganzrandigen vordern Nasenrand) Rhinoceros leptorhinus sich Rrhinoceros Merckii am meisten nähern. Grösse des Rhinoceros Mereküi. Ueber die Grösse des ARhinoceros Merckii lauten die zeitherigen Angaben verschieden. Nach Owen (Brit. foss. mamm. p. 382) soll er nicht so kräftig, namentlich schlanker und 96 J. F. BRANDT, weniger fürchterlich bewafinet als Ahinocevos antiquitatis gewesen sein. Molon schloss auf Grundlage der von ihm untersuchten, Reste rhinoceros Merckii habe hinsichtlich seiner Grösse die Mitte zwischen Rhinoceros africanus und sumatranus gehalten. Der, wie S. 81 gezeigt, die grössten Schädel des Rhinoceros antiquitatis an Länge nahezu erreichende, irkutzker Schädel des Rhinoceros Merckii spricht dagegen für die Ansicht, dass es Indivi- duen desselben gab, welche nicht nur die grossen Exemplare der lebenden Arten von Nas- hörnern, sondern selbst die des Ahinoceros antiquitatis an Grösse wenigstens nahezu er- reichten. Die so beträchtlichen, im Braunschweigischen gefundenen, Backenzähne scheinen übrigens selbst die Möglichkeit nicht auszuschliessen, dass manche Exemplare des Rh. Merckii die Grösse des Rh. antiquitatis erreichten oder selbst überboten. Bemerkenswerth ist indessen, dass man in Italien nur einige kleinere (allerdings auf Rh. etruscus bezogene) Schädel, ja darunter einen sehr kleinen nebst andern auf kleinere Individuen hinweisenden, gefunden hat, so dass man die hypothetische Frage aufzuwerfen geneigt sein könnte: ob nicht etwa die aus dem Norden, ihrer ursprünglichen Heimath, eingewanderten Individuen in Folge physikalisch-climatischer oder sonstiger, so nutritiver, Einflüsse nach und nach im Süden verkümmert seien und eine kleinere Race gebildet hätten. Zur nähern Begründung einer solchen Hypothese sind indessen noch zahlreiche, umfassende Beobachtungen in ver- schiedenen Ländern erforderlich. Geographische Verbreitung, Auf Grundlage der bis zum Jahre 1867 bekannt gewordenen Funde von Resten des Rhinoceros Merckii lässt Lartet (a. a. O. p. 189) denselben zwischen den 36° bis 51° n. Br. und 17 Längengraden vorkommen und bezeichnet als seine Wohngebiete England, Frankreich, Italien, Spanien und die Rheingegenden Deutschlands, während nach ihm Aki- noceros amtiquwitatis vom Nordabhange der Pyrenäen bis Sibirien auf 30 Breiten- und 150 Längengrade sich verbreitete, also auf einem weit ansehnlichern Ländergebiet vorkam. Was die südliche und westliche Verbreitungsgrenze des Rhinoceros Merckii in Europa an- langt, so kann man dem genannten trefflichen Paläontologen darin noch jetzt zustimmen. Anders verhält es sich aber hinsichtlich der östlichen, von ihm auf die Rheingegenden be- schränkten, indem dieselbe, meinen mehrfachen Erfahrungen zu Folge, ohne Frage viel weiter nach Osten, ja selbst auf Sibirien auszudehnen ist. Der erste aus Sibirien stammende, mir bisher bekannt gewordene, Rest eines Rhino- ceros Merckii ist die vor mehreren Jahren aus Semipalatinsk dem Museum der Kaiserl. St. Petersburger Akademie geschickte Hälfte des Unterkiefers eines jungen Thieres (siehe meine Tafel III Fig. 5, 6), deren Vorkommen auf den südwestlichen Theil der Südhälfte Sibiriens deutet. Der Fundort des von Tscherski im Museum zu Irkutzk aufgefundenen und von ihm, so wie von mir, beschriebenen, riesenhaften Schädels des Rhinoceros Merckii ist leider zwar ee EEE SE EEE ie EEE EEE Te rer MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 97 unbekannt; da indessen im genannten Museum vorzugsweise sibirische, namentlich ostsibi- rische, Gegenstände ihren Platz finden, so darf man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, er stamme aus Ostsibirien. Ist diese Vermuthung richtig, so würde seine Ur- heimath bis auf Ostsibirien auszudehnen sein, von wo er zur Zeit der allmäligen Vereisung des Hochnordens nach Westen wanderte. Da aber der fragliche Schädel nicht allzufern von Irkutzk möglicherweise gefunden sein könnte, so würde derselbe in diesem Falle, wie das semipalatinsker Kieferfragment in der (wenn auch östlicher gelegenen) Südhälfte Sibiriens vorgekommen sein können. Keiner der beiden, bisher einzig bekannten, sibirischen Reste vermag demnach für jetzt einen Anhaltungspunet für die Beantwortung der Frage zu liefern, wie weit Rhinoceros Merckit in Sibirien nach Norden gegangen sei, ob namentlich seine Reste (wie so häufig die des RrhönocerS antiquitatis) auch noch selbst an den Küsten des Eismeeres vorkommen, von wo man noch keine kennt, oder ob ARhinoceros Merckü vielleicht ein erst in einer südlichen Zone Sibiriens aufgetretener Bestandtheil der frühern nordischen Urfauna war und als solcher nach Maassgabe der bisherigen Fundorte erst von Südsibirien an als Faunengenosse des Rhinoceros antiquitatis erschien. Nur neue, umfassende, in Sibirien anzustellende Untersuchungen können die aufgeworfenen Fragen zur endgiltigen Entscheidung bringen. Als östlicher Fundort von Resten des Rhinoceros Merckii im europäischen Russland ist das Gouvernement Samara zu bezeichnen, von wo ein Hr. Gontscharow verschiedene Skeletreste (Schädelknochen, Unterkiefertheile, Zähne und Wirbel desselben) an die St. Petersburger mineralogische Gesellschaft nebst Knochen vom Rh. antiquitatis, Elephas pri- migenius, Bos bison und Cervus ewryceros sandte, die sich im hiesigen Berginstitut befinden. Herr Professor Barbot de Marny sammelte in der baltischen Etage Podoliens, un- weit Tultchin, ein Ober- und Unterkieferfragment nebst mehreren Zähnen der fraglichen Nashornart. Für das frühere Vorkommen derselben in Polen spricht ein im Museum der K. Aka- demie der Wissenschaften zu St. Petersburg vorhandener fast vollständiger, einem grossen alten Thier angehöriger, S. 85 beschriebener, bereits vonNordmann erwähnter, Unterkiefer (Tafel III, Fig. 2, 3, 4, Brandt Bullet. sc. d. l’ Acad. Imp. d. Sc. d. St. Petersb. |1875] T. XXI p. 81), der bei der Stadt Kamenez-Masowski, am Zusammenfluss des Bug und Liur, zwei Ellen unter der Erdoberfläche ausgegraben wurde. Im K.K. Hofmineralienkabinet zu Wien sah ich ein aus dem Löss Mährens stammen- des Ober- und Unterkieferfragment mit Zahnresten und im Museum der dortigen Geolo- logischen Reichsanstalt ein Ober- und Unterkieferfragment nebst Zähnen, welches man im Löss von Heiligenstadt bei Wien gefunden hat. Den beiden besprochenen Funden ist übri- gens auch wohl die von H. v. Meyer erwähnte, aus der zwei Meilen von Triest gelegenen Höhle von Cosima stammende, Zahnkrone anzureihen. Zahlreicher sind die Funde von Knochen des Rhinoceros Merckii, welche man bisher in verschiedenen Ländern Deutschlands gemacht hat. Der Vermuthung H. v. Meyer’s zu Memoires del’Acad. Imp. des sciences, VIImo Serie. 13 98 J. F. BRaAnDr, Folge würde ein unweit Berlin bei Rixdorf gefundener Zahn, den Beyrich (Zeitschrift d. geolog. Gesellsch. XII, 1860) beschrieb und nebst den von Ballenstaedt aus dem Go- thaischen stammenden Zähnen der schlotheimschen Sammlung einem Rhinoceros leptorhinus ı wohl Zeptorhinus Owen) zuerkannte auf Rhinoceros Merckii zu beziehen sein, In der palä- ontologischen Sammlung zu München sah ich eine Unterkieferhälfte nebst einem Metatarsal- knochen, welche Reste bei Westeregeln, unweit Magdeburg, gefunden wurden. — Das vom Hrn. G.-R. Grotrian in der Versammlung der Naturforscher zu Breslau vorgezeigte (keineswegs Rh. antiquitatis angehörige) schöne Gebiss wurde im Braunschweigischen in einem Einschnitte der von Serxheim nach Söllingen führenden Eisenbahn, nahe der letztge- nannten Station, unterhalb der Ackerkrume im Diluviallehm entdeckt. Süddeutschland lieferte jedoch bisher eine weit bedeutendere Menge von Resten als das nördliche und mittlere. Es gehören dahin: Der zu Daxland bei Carlsruhe ausgegrabene im Museum der genannten Stadt aufbewahrte, früher dem Rhinoceros tichorhinus vindizirte von H. v. Mever mit Recht dem Rhinoceros Merckii zuerkannte und genau (a. a. O.) be- schriebene und abgebildete ausgezeichnete Schädel. Die im rheinischen Diluvium zwischen Lussheim und Hockenheim gefundenen, von Bronn (@aea heidelbergensis) beschriebenen Zähne nebst den von Mosbach bei Wiesbaden stammenden, von Meyer 1839 untersuchten, ferner die von Jaeger (Foss. Säugeth. Würtembergs H. 2. 1839 $. 40 u. 179 und Nov. Act. Ac. Oaesareo-Leop. XXII. 2, 1850, p, 896) beschriebenen, anfangs einem Rhinoceros kirchbergensis (spätern Merckii) vindizirten, bei Kirchberg an der Jaxt gefundenen, Zähne, ein zu Blaubeuren 1840 ausgegrabener, von H. v. Meyer untersuchter Zahn, wie die im rheinischen Diluvium zu Wörth und Leimerheim, dann zu Mauer im Neckarthal entdeckten von demselben (Jahrb. f. Miner. 1842 $. 587) beschriebenen Reste und das nebst einem Schulterblatt im Rhein gefundene Unterkieferfragment, welche Kaup (Akt. d. Urw. 8. 6 und 7) beschrieb und ebendaselbst Taf. II darstellen liess. Sandberger (Land- u. Süss- wasserconchylien p. 948) fügte den erwähnten Fundorten Knielingen und Schroeck hinzu. Ich selbst sah übrigens im Museum zu Stuttgart ausser den kirchberger von Jäger be- schriebenen Zähnen einen Metatarsus, der im Ries, bei Goldberg unweit Nördlingen, mit Fenersteinen und andern prähistorischen Resten entdeckt wurde, nebst einem Metacarpial- und Metatarsalknochen von Canstadt. Dass auch in Belgien Reste des Rhinoceros Merckii vorkamen ersieht man aus Sand- berger’s Süsswasserconchylien der Vorwelt p. 910. Ueber die so häufige Entdeckung von Skeletresten des Z’hinoceros Merckii in England haben Owen (Brit. foss. mamm. p. 356), H. v. Meyer (Palaeontogr. XI. p. 276), Fal- coner (Mem. II p. 312 ff), besonders aber Boyd Dawkins (Palaeontogr. Soc. Vol. XVIII Pleistocene Mammal: p. XXXI und Quarterly Journ. geol. soc. Vol. XXIII p. 224 u. XXV P. I. 194) Mittheilungen gemacht, die folgende Fundorte bieten: Clacton im Themsethal (Essex), Ilford (ebendaselbst), Crayford, Peckham, Lexden bei Cholchester, Falkeston, Oreston, Brixham, mehrere Orte der Landschaft Gower (so die Bacons Hole, Crawley Rock, MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 99 die Crow Hole, die Long Hole, Minchin Hole und Ravenscliff), ferner Cefn (North Wales), Coygau Cave, Caemarithen, Durdham Down near Olifton, die Kirkdale und Woockey Hole, Brendford und Bielbecks (Yorkshire). Boyd Dawkins zeigte auf Grundlage des in England beobachteten Vorkommens der Reste desselben, es sei mit Ahönoceros antiquatatis und anderen Arten von Yorkshire an in den östlichen Gebieten, in Süd-Wales und dem südwestlichen Theile Englands aber weniger zahl- reich als die genannte Art vorgekommen, habe aber auch längs des Themsethales mit Rhino- ceros megarhinus, Elephas antiguus und Hippopotamus major gelebt. Die Uebereinstimmung des allgemeinen Charakters der quaternären Fauna Englands und Deutschlands mit der von Frankreich liess zwar erwarten, Rhinoceros Merckü habe auch im letztgenannten Lande Spuren seiner Existenz hinterlassen. Dieselben wurden je- doch dort erst später als in Deutschland nachgewiesen. Der erste, welcher auf die Wahr- scheinlichkeit ihres dortigen Vorkommens hindeutete, war P. Gervais, denn in der Be- schreibung seines Rhinoceros mesotropus (Zool. et paleont. fr. 2 ed. [1859] p. 90) sagt er: Rhinoceros Merckii, dessen Reste man noch nicht mit denen des Rhinoceros mesotropus ver- glichen habe, biete, wie der Ah. leptorhinus Owen’s und protichorhinus Duvernoy’s ho- mologe Charaktere. Da sich nun aber später ergab, sein viel später aufgestellter mesofropus, sei mindestens theilweis ein Rhrnoceros Merckii, so dürften die den Resten des erstgenann- ten zugeschriebenen Fundorte Velay, Du Puy (Haute Loire) wenigstens zum Theil als fran- zösische des letztgenannten anzusehen sein. Fünf Jahre später äusserte H. v. Meyer (Palaeontogr. XI p. 280), es sei möglich, dass die von Cuvier dem Rhinoceros leptorhinus beigelegten Zähne von Chanzy und Crozes, sowie die nach Laugel (Bullet. d. l. soc. geol. de France XIX p. 709) bei Prest unweit Chartres im Pliocän gefundenen Reste dem Rhiönoceros Merckii angehören könnten. Als sicher der letztgenannten Art zukommende bezeichnet Lartet noch später (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII. p. 177) die von Bourguignat in der Höhle von Mars entdeckten mit der Be- merkung (p. 189): in Frankreich hätten sich Reste des genannten Nashorns in den Allu- vionen mehrerer Thäler, sowie mit denen vom Rhinoceros leptorhinus, Mastodon, Semno- pithecus monspessulanus und Macacus priscus Gerv. im altpliocänen Meeressand von Mont- pellier, nur selten jedoch in Höhlen gefunden. Als specieller Fundort des Rhinoceros Merckii wird übrigens nach Sandberger a. a. ©. p. 949 von Lartet das Seine-Thal erwähnt. — Neuerdings bemerkte Gervais (Journ. d. Zool. I. p. 256), dass unter den Resten von Chagny des Museums zu Lyon sich vielleicht deren vom Rhinoceros Merckii fänden. In der Schweiz wurde, wie schon erwähnt, nach Oswald Heer (Urwelt der Schweiz. Zürich 1865, p. 498) im Letten der Schieferkohle von Dürnten, im Canton Zürich, ein fast vollständiges Skelet gefunden, welches leider die Arbeiter zertrümmerten, wie mir Heer gütigst mittheilte, so dass ich im Museum zu Zürich nur einige Zähne nebst kleinen Bruchstücken als schwache Ueberbleibsel desselben sah. Rütimeyer (Archiv f. Anthropol. Ba. VIII p. 133) berichtet, man habe in der Schweiz in einer von einer mächtigen 13* 100 J. F. BraAnDr, Gletscherablagerung bedeckten Kohle, Reste des Rhinoceros Merckii mit denen vom Elephas antiquus, Bos bison und COervus elaphus, nebst Spuren menschlicher Existenz, namentlich Stäbe, die einem Flechtwerk angehörten, entdeckt. Was Italien anlangt, so bemerkt schon Gaudin (Bullet. d. I. Soc. Vaudoise [1859] VI p. 131), dass im Museum zu Pisa Reste vom Ahinoceros Merckii vorhanden seien. Lartet (Ann. d. sc. nat. 5° Ser. VIII [1867] p. 175) erwähnt eines bei Rom gefun- denen, fülschlich dem Rhinoceros antiquitatis zugeschriebenen Zahnes und bemerkt (p. 189), dass Reste des Rhinoceros Merckii im Piazentesischen, Mailändischen und in Toscana vor- gekommen seien. — Ch. Murchison (Faleoner Palaeontol. Mem. II p. 332) spricht in einer Note von einem im Museum zu Pisa befindlichen, in Italien gefundenen, Unterkiefer, auch wies er darauf hin Falconer habe das Vorkommen seines hemitoechus in Italien er- wähnt. Die vor einigen Jahren, nach Faleoner’sTode, in der Nähe von Arezzo (bei Maspino) gefundenen beiden Schädel (Forsyth Major Verhandl. d. k.k. geol. Reichsanstalt zu Wien für 1874 N 1. p. 32) lassen sich offenbar nur dem Zrhinoceros Merckit zuerkennen. Auch bemerkt Forsyth Major: Die aus dem quaternären Ablagerungen Italiens von Nizza, Monte Tignosco, Ardenza (nahe bei Livorno), Val di Chiana bei Arezzo und der Umgebung Roms gefundenen Reste, welche Falconer dem Rhinoceros leptorhinus Cuv. pro parte zu- schrieb, wären, ebenso wie die aus der Höhle von Parignana (Monti Pisani), nicht der ge- nannten Art, sondern dem Rhinoceros Mercki zu vindiziren. Zahlreiche, aus dem Arnothal und Pothal gleichfalls stammende, Reste, die Falconer (Mem. II. p. 355—60) beschrieb und ebend. Pl. 25—-29 darstellen liess, glaubte er zwar einem Rh. etruscus zuschreiben zu können, worin ich ihm aber, bis jetzt wenigstens, wie schon bemerkt, keineswegs beistimmen möchte, wiewohl mehrere gewichtige, namentlich englische, Autoritäten die genannte Art für gesichert halten. — Rütimeyer (Ueber Pliocen und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen 5. 57) bezeichnet als Fundorte auch das obere Serchiothal, den Travertin von Or- vieto und die Höhlen bei Vincenza. — Die von Fr. Molon beschriebenen, aus der Höhle von Zoppega stammenden, Reste wurden mit Recht von ihm für die des Rhinoceros Merckü erklärt. — Schliesslich sei mir noch die Bemerkung erlaubt, dass ich im k. k. wiener Hof- mineralienkabinet (wie schon Lartet in Italien) einen Zahn derselben Art von Ponte Molle bei Rom sah. In Spanien hat man in Höhlen einzelne Zähne angetroffen (Lartet a. a. O. 189). Ob die bei Malaga entdeckten Oberkieferreste, die Falconer (Quarterl. Journ. geol. Soc. XV. p.602) dem Rh. etruscus zuschrieb, nicht eher dem Rh. Merckii angehörten, wie ich anzu- nehmen geneigt sein möchte, muss die Zukunft lehren. Selbst in einer der Höhlen der Umgegend von Algier will man übrigens kenntliche Ueberreste des Rhinoceros Merckii mit denen von Zlephas (africanus?), Phacochoerus, Hy- aena (H. spelaea? oder crocuta?), Panther, Hystrix u. s. w., sowie mit Menschenknochen und behauenen Kieseln angetroffen haben (Lartet a. a. O,, Renou, G£ologie d. U’ Algerie, MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 101 p. 81—83). Es möchte indessen diese Annahme, wie mir scheint, noch einer weitern, künftigen Bestätigung bedürfen. Der frühern, oben bereits angedeuteten, Meinung entgegen, Reste des Rhinoceros Merckii seien nur bis Deutschland, nicht östlicher, vorgekommen, würde daher das gegen- wärtig bekannte Wohngebiet des Rhinoceros Merckii schon von der Südhälfte Sibiriens an über das europäische Russland, Polen, Oesterreich, Deutschland, England, Frankreich, Ita- lien und Spanien, ja selbst, wenn Renou (G£ol.d.!’Algerie p. 81—83) Recht hat, auch auf Algerien auszudehnen sein. Im Vergleich mit dem bisher vom Rhinoceros antiquitatis be- kannten, südlich, so viel man jetzt mit Sicherheit weiss, erst bis zu den Pyrenäen und der Schweiz sich erstreckenden Verbreitungsgebiet erscheint daher das des Rhinoceros Merckü als ein weit beträchtlicheres, wenigstens in Bezug auf West- und Südeuropa. Möglich wäre es indessen, Rhinoceros antiquitatis habe sich dagegen, in Betracht seiner in Persien und China entdeckten Reste, von Sibirien aus mehr in südlicher Richtung in Asien ver- breitet; eine Möglichkeit, der freilich für jetzt nur der Umstand zu Grunde gelegt werden kann, dass man in Persien und China noch keine Reste des Ahönoceros Merckti gefunden hat, wo man deren vielleicht ebenfalls erwarten könnte. In Betreff der Häufigkeit der Ueberreste des Rhinoceros Merckii scheint noch be- merkenswerth, dass dieselben früher für seltener gehalten worden seien als die des Rh. antiquitatis. Die besonders in Deutschland, England, Frankreich und Italien gemachten so zahlreichen Funde von Resten desselben widerstreiten indessen, namentlich in Betreff Italiens, einer solchen Ansicht. Ueberdies dürften auch manche Theile desselben für die des Rhönoceros antiquitatis oder leptorhinus gelten. Rhinoceros Merckii könnte daher, wenn auch nicht in Sibirien, da von dort erst zwei Funde sicher bekannt sind, jedoch an andern Orten, ebenso häufig als Rhinoceros antiquitatis oder selbst noch häufiger vorgekommen sein. Reste des Rhinoceros Merckii hat man, wie die des antiquitatis, theils im offenen Boden, theils in Höhlen angetroffen. Nach Lartet (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII p. 174) würden die des Rh. Mercki, ebenso wie die des lZeptorhinus Cuv. und des als Art kaum gesicherten Rh. etruscus im obern Tertiär (pliocän Lyell’s), die des Rhinoceros antiquitatis aber im quaternären oder postgla- cialen Boden (er meint entschieden Europas) gefunden worden sein. Er giebt indessen auch zu, man habe die von Merckii, leptorhinus und etruscus auch im quaternären (postglacialen) theils mit denen bereits ausgestorbener, theils mit denen noch lebender Thiere angetroffen, während Woodward (@eol. Mag. new ser. Dec. II Vol. Ip. 399) Rhinoceros Merckü und etruscus als pliocäne Thiere, im Gegensatz zum postpliocänen Zhinoceros antiquitatis, ansieht. Es scheint in der That kaum möglich stets ganz genaue Grenzen zwischen den als ver- schieden angenommenen tertiären Bildungen zu ziehen. Die allmälige, möglicherweise an ein- zelnen fernen Localitäten zeitlich verschiedene, Entstehung derselben verhindert an sich schon, scharfe Trennungen anzunehmen. Bei der Verbreitung der tertiären Thiere möchte übrigens 102 J. F. BRANDT, auch der nicht immer gleichförmige Wechsel der celimatischen Verhältnisse eine Rolle ge- spielt haben, ebenso die Ansiedelung von Menschen u. s,. w. Ueberdies ist es ja constatirt, dass viele Reste von einer Formation in die andere übergehen. In Deutschland fanden sich die Reste des Arhinoceros Merckii im Diluvium von Kirch- berg, sowie dem der Norddeutschen Ebene, bei Ballenstaedt im Kalktuff, bei Mosbach un- weit Wiesbaden in einem bisweilen eisenschüssigen Sande und in der Gegend von Mauer im Neckarthale noch unter dem, Knochen vom Rhinoceros antiquitatis enthaltenden, Löss im kieshaltigen Sande. Die in England entdeckten Reste stammen aus der Ziegelerde und den Sandgruben der untern pleistocänen Terrasse des Themsethales, so den neupliocänen Schichten Clacton’s, aus dem Flussabsätzen zu Lexden bei Colchester, und aus den Lignitschichten des vorglaci- alen Forest-bed Norfolks. Das in der Schweiz bei Dürnten gefundene Skelet des Rhinoceros Merckii lag im Letten der dortigen auch Reste von Elephas antiquus, Bos primigenius, Cervus elephas u. Ss. w, enthaltenden Schieferkohle, deren Bildung eine glaciale Periode vorherging und folgte. Werfen wir einen Blick auf die Säugethiere, deren Reste, mit denen des Rhinoceros Merckii von Sibirien an bis zum westlichen Europa vorgekommen sind, so lässt sich folgen- des Verzeichniss derselben aufstellen, wodurch sie sich als gemeinsame Glieder ein und der- selben Fauna kundgeben. Es sind dies: Talpa europaea, Felis tigris, Felis uncia, Felis Iynz, Hyaena spelaca, Canis hıpus, Canis vulpes, Canis lagopus, Putorius vulgaris, Mus- tela zibellina, Meles vulgaris, Gulo borealis, Ursus arctos var. spelaea, Blephas primigenius, Rhinoceros antiquitatis, Eqwus caballus, Bos bison war. prisca, Bos primigenius, Ovibos moschatus, Oervus tarandus, Oervus Alces, Oervus euryceros, Cervus elaphus, Cervus capre- olus, Castor fiber, Arvicola amphibius, Lepus variabilis u. s. w. Mustert man diese Thiere näher, so ergiebt sich, dass die meisten derselben solche sind, die noch jetzt dem nördlichen oder mittlern Theil Europas und Asiens, theilweis auch dem Norden Amerikas, angehören oder wenigstens früher angehörten, indem bereits ein Theil derselben ausgestorben ist. Die Erkältung des Nordens, namentlich der Eintritt der Eiszeit, veranlasste die Glieder derselben ihre nordische Urheimath zu verlassen und nach den Westen und Süden Europas und Asiens zu ziehen, wiewohl einige von ihnen, wie die Renthiere, Moschusochsen, Schnee- hasen, Wölfe, Mammuthe und tichorhinen Nashörner wohl theilweise noch im Norden blieben. Im Westen und Süden Europas drangen, wenigstens theilweis, die Glieder der oben er- wähnten Fauna, darunter auch Rhinoceros Mercki, bis in die ursprünglichen Wohnplätze südlicher hausender, wohl einer andern dortigen Fauna angehörigen, Thiere vor, namentlich in die des Semnopithecus monspessulanus, Macacus priscus, Machaerodus, Elephas antiquus, Elephas meridionalis, Mastodon arvernensis und brevirostris, Rhinoceros leptorhinus, Hali- therium Serresü, Hippopotamus major, Capra ibex, Capra pyrenaica, Antilope rupicapra. Es Ze in “ u MOoNoGRAPHIE DER TICHORHINEN. 103 “ geschah dies wohl theilweis als Ersatz dort bereits verschwundener oder im Verschwinden begriffener, anderer. Rhinoceros Merck war also keine südliche oder westliche Form, sondern gehörte, wie Rh. antiquitatis, den Gliedern einer ursprünglich nordischen Fauna an, die in Folge ihrer Einwanderung in den Westen und Süden Europas mit den vielleicht mehr accommodations- fähigen, dort übrig gebliebenen, Genossen einer verkümmerten, südlichern Fauna sich ver- mischte und mit ihnen eine veränderte Fauna in Europa bildete, welche im Laufe der Zeit ebenfalls so manche ihrer Bestandtheile (Affen, Elephanten, Nashörner, Elasmotherien, Masto- donten, Nilpferde, Urstiere sowie Moschusochsen u.s. w,) verlor und in der Gegenwart nicht nur als eine verkümmerte, sondern durch den fortgesetzten Untergang oder die Vertilgung von Arten fortwährend verarmende erscheint. Da einige ausgezeichnete Paläontologen ‘über das erste Auftreten des Zrhönoceros Merckii in Europa eine abweichende Meinung äusserten, andere aber noch eine solche hegen dürften; so scheint es nöthig, noch folgende darauf bezügliche specielle Bemerkungen zu machen. Der bereits erwähnte Umstand, dass die Reste des ARhinoceros antiquitatis zu Mauer in einer obern Lösschicht, die des Rhinoceros Merckiü aber in einer tiefern, aus Sand und Kies gebildeten, Schicht vorkamen, dass ferner bei Mosbach nur Rhinoceros Merckii (nicht auch der blos aus dem Lahn-Thale erhaltene Rhinoceros antiquitatis) sich fand, veranlasste schon H. v. Meyer zu der von O. Heer wiederholten Annahme: Zhinoceros Merckü sei dem Rhinoceros antıquitatis im Alter vorangegangen, beide Arten könnten jedoch an ge- wissen Stellen noch zusammen gelebt haben. Die von O. Heer getheilte Ansicht H. v. Meyer’s dürfte jedoch sich kaum als eine allgemein für Europa giltige ansehen lassen, wenn man bedenkt, dass bei Packham (Boyd Dawkins Quart. Journ. geol. Soc. XXII, p.226) Zähne des Rhinoceros antiquitatis in einer Schicht sich fanden, die tiefer lag als die Thonschicht, worin die vom Ahinoceros Merckii wahrgenommen wurden. Erwägt man indessen, dass die Reste desselben häufig in Italien nachgewiesen wurden, während nach Forsyth Major und Lartet das dortige Vorkommen von Resten des Rhinoceros antiquitatis bis jetzt noch nicht constatirt ist, so gewinnt die Ansicht Meyer’s, wenigstens in Betreff Italiens, für jetzt eine, wenn auch nur lokale, Berechtigung. Der Ansicht Lartet’s (Ann. d. sc. nat. 1867, T. VIII p. 175), Rhinoceros Merckii habe mit Zeptorhinus und etruscus während und nach der Kisperiode in Westeuropa gelebt und sei, wie die genannten Nashörner, eine mehr südliche Art gewesen, da Reste derselben mit denen der beiden andern angeführten Arten nur in England, Frankreich, Italien und Spanien, in Deutschland aber nur noch in den Rheingegenden, sich fanden, kann man na- türlich nicht beistimmen, wenn man das oben von mir nachgewiesene Vorkommen der Reste des Zhinoceros Merckii in Sibirien, dem europäischen Russland, Oesterreich und in den verschiedensten Ländern Deutschlands in Betracht zieht. Es kann selbst dann nicht geschehen, wenn man nach Maassgabe der erst im Süden, aber noch nicht im Hochnorden Sibiriens, gefundenen Reste desselben möglicherweise annehmen könnte, er sei eine we- 104 J. F. BrAnNDT, niger nordische Form als Ahinoceros antiquitatis gewesen und bis zur Eiszeit früher als dieser nach Westen und Süden gewandert. Zur Annahme einer solchen Ansicht möchte wenigstens nicht wohl passen, dass er nicht blos bereits in Sibirien mit Zlephas primigenius, Rhinoceros antiquitatis u. s. w. zusammenlebte, sondern auch im Gouvernement Samara nicht blos mit den eben genannten Thieren, sondern auch mit Zquus, Cervus euryceros und Bos bison (priscus) vorkam. Als ein Glied der nordischen Fauna dürfte er übrigens auch deshalb angesehen werden können, weil er mit einem noch jetzt selbst den hohen Norden bewohnenden Thier, dem Cervus tarandus, nicht blos in Sibirien lebte, sondern auch in das mittlere und westlichere Europa mit ihm, ebenso wie mit Ovibos ete., einwanderte, wenn auch mit ihm in Italien (Forsyth Major Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1874 X 2 p. 32) weder Ovibos, G@ulo borealis, Saiga tatarıca, Cervus taramdus noch Myodes torquatus etc. er- schienen sein würde. Einige Worte zur Lebensgeschichte des Rhinoceros Merckii. Als dem nächsten morphologischen Verwandten des Rhinoceros antiquitatis dürfen dem Rh. Merckii wohl ähnliche Lebensverhältnisse zugeschrieben und die S. 61 im Betreff der erstgenannten Art gemachten Bemerkungen im Wesentlichen auch aufihn bezogen werden. Da indessen, wie schon bemerkt, die Reste des Ahönoceros Merckii nicht so hoch im Norden Sibiriens nachgewiesen sind als die des Rhinoceros antiqwitatis, in Europa aber zeither weit südlicher als die der eben genannten Art entdeckt wurden, so dürfte vielleicht die Frage zu- lässig erscheinen, ob Ah. Merckii nicht ein weniger nördliches Clima vorgezogen habe als Rh. antiquitatis, wogegen freilich der Umstand sprechen würde, dass vom Südosten Europas an bis zu den Alpen und Pyrenäen die Reste der beiden genannten Arten nicht selten an den- selben Localitäten wahrgenommen wurden. — Erwähnung scheint noch zu verdienen, dass Boyd Dawkins meint: den Hyänen, welche die Höhle von Kirkdale bewohnten, habe Rhinoceros Merckii zur Speise gedient. Eine solche Ansicht dürfte wohl dahin zu modifi- ziren sein, dass die Hyänen nur die Ueberreste der von Menschen, Machaeroden und andern grossen Katzen getödteten Nashörner oder anderer Thiere verzehrten und theilweis in die Höhlen schleppten, da selbst die Hyänen der Vorzeit schwerlich den Kampf mit so gewaltigen Thieren, wie tichorhinen Nashörnern, aufzunehmen und siegreich zu beenden vermochten. Zur artlichen Lebensdauer des Rhinoceros Merckii. Die Zeit seines ersten Auftretens als Glied einer muthmasslichen, nordasiatischen Ur- fauna lässt sich ebensowenig wie die auf Rhinoceros antiquitatis, seines Vaterlandsgenossen (S. 62), bezügliche angeben. Für jetzt findet sich übrigens kein Anhaltungspunct für die Erörterung der Frage: ob Rhinoceros antiquitatis oder Mercküi früher aufgetreten und als Stammart anzusehen sei. Da beide, so weit wir ihre zahlreichen Reste kennen, selbst in MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 105 Europa als gesonderte, trefflich charakterisirbare, Arten ohne Zwischenglieder erscheinen, so darf man sie deshalb wohl vorläufig als selbstständige, mindestens ein sehr hohes, unbe- rechenbares Alter beanspruchende, ansehen. Strenge übereifrige Anhänger der Trans- mutationstheorie könnten freilich schon jetzt geneigt sein Rhinoceros Merckü für eine jüngere Form, als Rh. antiquitatis, zu erklären, da er, wie bei der Erörterung seiner Ver- wandtschaften bemerkt wurde, den lebenden Arten näher stand als Rhinoceros antiquitatis. Eine solche Annahme würde aber doch nur eine hypothetische sein, da die Kenntniss der allmäligen Entwickelung und Veränderung der Faunen noch zu mangelhaft ist, namentlich unter andern hinsichtlich der so wichtigen des Hochnordens erst begonnen hat. Beziehungen des Rhinoceros Merckii zur Menschheit. Dass man Reste des Menschen, besonders solche, die seine Thätigkeit bekunden, mit denen des Rhinoceros antiquitatis fand, ja dass sogar dunkle Sagen auf seine Berührung mit Menschen hinzudeuten scheinen, wurde S. 64 erörtert. Vom Vorkommen von Resten des Rhinoceros Merckii mit menschlichen Werkzeugen kennt man ebenfalls Beispiele. Wie schon erwähnt, wurden im Ries nebst einem Metatarsus bearbeitete Feuersteine und andere menschliche prähistorische Reste entdeckt. Noch neuerdings hat ferner Rütimeyer, wie S. 99 erwähnt, einen darauf bezüglichen Fall besprochen. Endlich gehörten die nach Ca- selli mit paläolitischen Feuersteingeräthen bei Rom entdeckten angeblichen Reste des Rhi- noceros tichorhinus (Quart. Journ. geol. Soc. [1867] Vol. XXIII p. 213), wie die erwähnten, vermuthlich Rhinoceros Merckü an. Anhang II. Bemerkungen über Rhinoceros etruscus Faleoner und sein Verhältniss zu Rhinoceros Merckii. Jaeger. Bereits in der Einleitung zu den Tichorhinen und in der Geschichte des Rhinoceros Merckii sprach ich aus craniologischen Gründen die Ansicht aus, dass Rhinoceros etruscus Falconer keine sicher begründete Art sein möchte. Da indessen mehrere ausgezeichnete Paläontologen, so namentlich, ausser Falconer, Boyd Dawkins, Lartet, Woodward und Forsyth Major ihre Selbstständigkeit behaupten und ich dieselbe wegen Mangels eines umfassenden, namentlich auf den Zahnbau bezüglichen, Materials, zur Zeit noch nicht völlig erschöpfend zu widerlegen mir getraue, so schien es mir am zweckmässigsten, über Rhinoceros elruscus in einem Anhange ausführlich zu sprechen und meine Ansichten und Zweifel in Betreff seines artlichen Werthes darzulegen, Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 14 106 J. F. BRANDT, Zur Geschichte des Rhiuoceros etruscus. Wie bereits in der Geschichte des Rhinoceros Merckii bemerkt wurde, spricht Fal- coner (Quart. Journ. of the geol. Soc. of Lond. 1859 p. 602) nur erst beiläufig vom Rhi- noceros leptorhinus Owen’s (seinem spätern hemitoechus) und einem davon verschiedenen Rhinoceros etruscus, ohne jedoch die Unterschiede dieser Arten anzugeben. Dem letztge- nannten vindizirt er jedoch ein bei Malaga gefundenes Oberkieferfragment. Boyd Dawkins und Sanford in ihrer schönen Arbeit über die pleistocänen Säuge- thiere (Palaeontogr. Soc. Vol. XVIII P. 1. for 1864 Introduction p. XXXI]), denen die von Falconer als dem Rhinoceros etruscus angehörig bezeichneten Objecte des britischen und norwicher Museums, so wie der Sammlungen King’s und Gun’s, zu Gebote standen, führen den Rhinoceros leptorhinus Owen’s (also den Rhinoceros Merckü) als zwei verwandte, aber selbstständige, Arten auf. Als Abweichung des Arhinoceros etruscus vom Rh. Merckii und leptorhinus Cuvier’s (= megarhinus Christol) bezeichnen sie aber nur den small size, coupled with the lownes of the crowns of the uppermolars and basal excavation of the externel lamina und eine cusp a the valley-entrance am zweiten obern Backenzahn, führen also, nach meiner Ausicht, keine durchgreifenden Charaktere an. Wie schon in der Geschichte des Zrhinoceros Merckit bemerkt wurde, hielt zwar Lartet (Annal. d. sc. nat. 5” Ser. VIII [1867] p. 181) den Rhinoceros etruscus Falc. für eine vom Rhinoceros Merckii verschiedene Art, wies aber dem von H. v. Meyer beschriebenen und mit Recht dem Rhinoceros Merckii zuerkannten Schädel, weil er denselben als mit dem in Florenz aufbewahrten, von Falconer dem Rhinoceros etruscus vindizirten, identisch fand, dem Rhinoceros etruscus zu, ohne dabei an die Möglichkeit einer Identität des Rhino- ceros etruscus mit dem des Rhüönoceros Merckiü zu denken. Im Jahre 1868 erschien (Quart. Journ. geol. Soc. of Lond. Vol. XXIV. p. 207 ff.) von Boyd Dawkins eine Beschreibung des Zahnsystems des Arhinoceros etruscus mit der Bemerkung, sie sei bereits verfasst gewesen als Falconer’s Memoiren erschienen. Die echten obern Backenzähne desselben charakterisirt Dawkins p. 208 mit folgenden Worten: «The upper trues molars of Rh. etruscus are defined at sight from those of any other Bri- tisch species by the lowness of their crowns, the abruptly tapering form of the colles and the stoutness of the guard on the anterior aspect. The grinding furface of the crown is deeply excavated, as in the Leptorhine and Megarhine teeth, instead of being worn flat, as in the Tichorhine, and the enamel is remarkable for its smoothness». Diesen Angaben fol- gen p. 208 Mittheilungen über eine Reihe von obern Backenzähnen aus dem Forest-bed bei Pakefield, die er Pl. VII Fig. 1, 2 und Pl. VIII Fig. 4 darstellen liess. Dieselben wur- den indessen nur an sich, nicht mit Hinblick auf die entsprechenden Zähne des Rhinoceros Merckii, geschildert. Von den Backenzähnen des Unterkiefers sagt er im Vergleich zu denen des Ah. megarhinus p. 211: «The teeth are much smaller and the unworn crowns are much lower. In the true molars also, the guard before and behind is much more strongly MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. ; 107 marked. In true molars 1 and 2 it frequently crosses the base of the posterior area and dissappears in the median groove and is always represented more or less by a line of tu- bereles. This character is strongly exaggerated in the premolars, in wich there is a simu- lar prolongation of the anterior guard backwarts to meet the posterior in the middle of the median groove. The enamel structure throughout is also rougher than in the Mega- rhine teeth. — As compared with the Leptorhine and Tichorhine species, it is differentiated by the presence of guard on the external lamina, by the lowness of the crown, the thick- ness of the enamel, and by the absence of costae from the rounded anterior area». Die Beschreibung des Zahnsystems des Rhinoceros etruscus von Boyd Dawkins darf zwar als ein beachtenswerther Beitrag zur Kenntniss des Zahnsystems der Tichorhinen an- gesehen werden, jedoch wäre zur Feststellung der strieten Verschiedenheit des Zahnbaues des Rhinoceros etruscus von dem des Rhinoceros Merckii eine eingehende, vergleichende Schilderung der Abweichungen zu wünschen gewesen. In demselben Jahre (1868), worin die eben erwähnte, fleissige Arbeit von Dawkins veröffentlicht wurde, erschienen die von Falconer hinterlassenen, von Ch. Murchison her- ausgegebenen Materialien über die europäischen pliocänen und postpliocänuen Nashornarten in den Palaeontological Memoirs and Notes of Hugh Falconer Vol. II. p. 309 und p. 354 ff. Der Herausgeber eröffnet seine Mittheilungen mit Introductory remarks, die er Briefen entlehnte, welche Lartet und Wood an Falconer gerichtet hatten. Vom Rhino- ceros etruscus heisst es darin: «This species like the following (Rh. hemitoechus) had an in- complete bony nasal septum, but it had a comparatively slihgt and slender form». Den genannten Remarks folgen p. 354—370 Notizen, welche Falconer über die von ihm seinem Rhinoceros etruscus zuerkannten Reste hinterliess, die er in verschiedenen Sammlungen Englands, Italiens und Frankreichs untersuchte. Dieselben beginnen zunächst a. a. 0. p. 354 mit Mittheilungen über ein im Museum zu Oxford aufbewahrtes, aus Ve- nedig gebrachtes, 4 Zähne enthaltendes, aus der Sammlung Buckland’s stammendes Oberkieferfragment und mit einem in der Süsswasserbildung von Norwich entdeckten, Gunn gehörigen, Zahn, der mit dem entsprechenden des genannten Oberkieferfragmentes ver- glichen wird. Beiläufig erwähnt dann noch Falconer: er habe in Fitch’s Sammlung Kieferreste untersucht und das Fragment eines Oberschenkels gesehen. Keins der genann- ten Fragmente wurde indessen mit dem entsprechenden Theile des Rhinoceros Merckii in Vergleich gestellt. In einer dritten Mittheilung schildert Faleoner (p. 355 ff.) einen fast vollständigen (Pl. XXVI und XXVII abgebildeten) Schädel seines Rhönoceros etruscus des Museums von Florenz, nebst zwei Gaumenfragmenten junger Thiere desselben Museums, deren jedes vier Milchbackenzähne enthält. Der Schädel ist zwar an sich sehr umständlich beschrieben, als Abweichungen desselben von dem anderer Rhinoceroten werden indessen hauptsächlich nur die allerdings zahlreichen Unterschiede von dem des Rhinoceros tichorhinus und auch, jedoch 14* 108 J. F. BranDr, nur beiläufig, einige wenige Differenzen von dem des Rhinoceros megarhinus, sumatranus und bicornis angeführt. Wie sich aber der florentiner Schädel von dem seines hemitoechus = Mercki unterscheide ist nicht gesagt. Das von Owen beschriebene Schädelfragment von Clacton (eine der craniologischen Grundlagen seines Rhinoceros hemitoechus) zog er überdies auch nicht gehörig in Betracht. Ueber den carlsruher vollständigen Schädel des Ahi- noceros Mercküi, der mit dem florentiner zu vergleichen war, schweigt er, wie sein Heraus- geber, ganz. — Was die erwähnten Gaumenfragmente anlangt, so wurden sie, eben- falls nur ohne umfassenden Vergleich mit homologen Theilen anderer Nashornarten be- schrieben. Den besprochenen Mittheilungen Falconer’s folgt ein Memorandum über Reste des Rhinoceros etruscus im Museum zu Pisa. Die darin befindliche, so wohl erhaltene, vordere Hälfte eines Schädels wird zwar p. 359, jedoch keineswegs im Vergleich mit dem homo- logen Theile anderer Rhinoceroten, sondern nur kurz beschrieben und Pl. XXVIII Fig. 1 abgebildet. Es ist dieselbe, welche ich nach einem gütigst vom Hrn, Prof. Meneghini übersandten Gypsabgusse ausführlich mit homologen Resten des Rhinoceros Merckü vergleichen und auf meiner Taf. IV Fig. 1—7 nebst dem Unterkiefer abbilden lassen konnte. — Der kurzen Beschreibung des Schädelfragmentes folgen Angaben über eine in demselben Museum befindliche rechte Unterkieferhälfte mit 6 Zähnen. Die fünfte Note Falconer’s, p. 360, handelt von einem Symphysentheil des Unter- kiefers der Sammlung des Marquis C. Strozzi, der auf der Unterfläche einerseits mit 7, andererseis mit 9 Gefässöffnungen versehen ist. Unter Note VI wird ein fast vollständiger, bei Malaga gefundener, Oberkiefer be- sprochen. Die Note VII hat im Museum zu Bologna befindliche Reste eines Schädels nebst Zähnen, ferner einen Humerus, sowie eine Tibia nebst Fibula zum Gegenstande, wovon die beiderseits im Oberkiefer vorhandenen Zähne sehr ausführlich geschildert und Pl. XXIX ab- gebildet wurden. Als bemerkenswerthe Punkte der Beschreibung erscheinen folgende Angaben. Vom ersten echten Backenzahne heist es: «The erochet is emitted at a very open angle from the posterior barel, more open even than in Rhinoceros leptorhinus and totaly different from that seen in Rh. hemitoechus». Ferner sagt er in Betreff jedes dritten Backenzahnes: «The most striking character, as in Rhinoceros hemitoechus, is a distant rudiment of a pos- terior vally restricted to the base, but no forming a well-defined cup with a distinet rim as in that species», — Die Tibia mit der Fibula wurde nach ihm von Cuvier Rhinoceros Pl. XI Fig. 15, ein Femur ebendaselbst Fig. 19 abgebildet. Den Schluss der Aufzeichnungen Falconer’s bilden (p. 367) Angaben über die im Mu- seum von Le Puy aufbewahrten zahlreichen Skeletreste, die den in dem Museum von Pisa und Florenz aufbewahrten gleichen sollen. ee MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 109 Genau genommen lassen sich demnach die besprochenen Notizen Falconer’s nur als gesammelte Materialien für eine künftige Arbeit ansehen, deren alleinige Benutzung den Rhinoceros etruscus nicht als von seinem hemitoechus (= Merckit) verschiedene Art über- zeugend hinzustellen geeignet erscheinen möchten. Busc (Quart. Journ. geol. soc. Vol. 26 [1870] p. 468) betrachtet Rhinoceros etruscus als Synonym von Rh. Merckü Meyer, worin ihm Dawkins zustimmt, wobei jedoch zu be- merken ist, dass Ah. Merckü Meyer weit älteren Datums als etruscus sei. H. Woodward (G@eological Magazine new Ser. Dec. II Vol. I 4 9 p. 399 [Sept. 1874]) bezeichnet Rhinoceros etruscus (Rh. leptorhinus Cuv. p. parte) als vom Ahinoceros Merckü (= hemitoechus Falc.) verschiedene Art, führt aber als unterscheidenden Charakter der erstgenannten von der letztgenannten nur die «comparatively slight and slender» Form an, eine Angabe, die er wohl den Intreductory Remarks bei Falconer entlehnte. Dass Forsyth Major für die Existenz 'eines Rh. etruscus eintritt und Falconer, be- sonders aber Liartet, folgt, wurde bereits in der Geschichte des Rhinoceros Merckii erörtert. Nach Rütimeyer (Ueber Pliocen- und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen $. 46) wäre Rhinoceros etruscus Falconer ein Prototyp des lacustren Pliocen von Toskana, mit zweihörnigem Schädel und besässe (gegen die Annahme Falconer’s, der ihn ein partval bony septum zuschreibt) eine vollkommen knöcherne Nasenscheidewand. — In einer An- mnerkung (ebendaselbst) sagt er übrigens: «Der Besuch der Sammlungen Italiens habe ihn den Muth benommen über die dortigen Reste zu urtheilen. Bei der Vergleichung der dor- tigen zahlreichen Schädel verlören selbst die Andeutung von ein oder zwei Hörnern, die Gegenwart einer knöchernen oder knorpligen Nasenscheidewand, und die sogenannten Bourcelets und Sporne der Backenzähne allen Griff.» Bemerkungen über die dem Rhinoceros etruscus zngeschriebenen Reste. Da die vorstehenden Angaben Falconer’s über die dem Ahinoceros etruscus zu- geschriebenen Reste für die sichere artliche Feststellung desselben mir nicht ausreichend erscheinen und es an einer solchen Charakteristik seines Rhinoceros Merckü wie etrus- cus fehlt, worin die auf dem Wege der Vergleichung der Reste beider gewonnenen, die genannten Arten wahrhaft kennzeichnenden, Merkmale einander scharf gegenüber stehen, so hielt ich es für nöthig dieselben mit entsprechenden Skelettheilen des Rhino- ceros Merckii, namentlich Schädeln, zu vergleichen, um die Frage über die Selbstständig- keit oder Identität der beiden genannten Arten, wenn auch noch nicht mit völliger Sicher- heit, zu entscheiden, jedoch der Entscheidung wenigstens näher zu bringen. Ich beginne die Mittheilung der Resultate meiner Untersuchungen mit Bemerkungen über den von Falconer selbst für den eines typischen efruscus erklärten im Museum zu Florenz aufbe- 110 J. F. BRANDT, wahrten Schädel und der in dem von Pisa vorhandenen vordern, vollständigen Schädelhälfte als den wichtigsten Resten. Ich thue dies in Uebereinstimmung mit Rütimeyer der (Ueber Pliocen u. Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen, Basel 1876. 5. 40) bemerkt: es sei ihm der Muth benommen, aus einzelnen Zähnen oder selbst Zahnreihen besondere Nashornarten zu bestimmen, wenn nicht dieselben an typischen Schädeln controllirt sind. Uebrigens sagt auch Flower (Proceed. z. soc. 1876. p. 448), dass der Bau der obern Backenzähne allein keine aus- reichenden Kennzeichen liefere. Der florenzer Schädel wurde, wie bemerkt, in den Palaeontological Mem. p. 355 aus Falconer’s Nachlass beschrieben und ebendaselbst Pl. 26 Fig. 1—3 trefflich dargestellt. In der Beschreibung wird hauptsächlich nur auf die Unterschiede vom Rhinocerus ticho- rhinus und hie und da auf die von Rhinoceros megarhinus, sumatranus und africanus hin- gewiesen, aber nicht aufdie der ihm zunächst stehenden Art, die seines hemitoechus = Merckü, so dass man fast daraus schliessen könnte, Falconer sei über die Abweichungen des Rhinoceros etruscus von seinem hemitoechus noch nicht völlig im Klaren gewesen oder wohl gar später zweifelhaft geworden ob Rhinoceros etruscus vom hemitoechus verschieden sei. Der nach Falconer’s Angabe mehrfach restaurirte, am Schnauzenende sowie dem obern Saume der Hinterhauptsschuppe (Falconer Pl. 27 Fig. 1) sogar defecte, floren- tiner Schädel gehörte, nach Maassgabe seiner stark abgenutzten Backenzähne, keinem jungen Thiere an. So viel sich aus den Mittheilungen Falconer’s folgern lässt, bietet derselbe nicht nur hinsichtlich seiner allgemeinen Gestalt, sondern auch in spezieller Beziehung alle wesentlichen Kennzeichen, welche, nach Maassgabe des carlsruher Schädels, bei Rhinoceros Merckii sich finden und denselben von dem des Rhinoceros antiquitatis unterscheiden lassen'). Namentlich gilt dies von der Gestalt der Schnauze, dem Verhalten der Nasen- scheidewand und der Bildung der Insertionsstelle für das Nasenhorn. Er zeigt zwar durch die geringere Rauhigkeit der Insertionsstellen für die Hörner, ganz besonders für das Stirnhorn, den weniger nach oben steigenden, hinten und oben breitern Hinterhauptstheil und seine geringere Grösse Abweichungen vom sehr alten irkutzker und dem arezzoer Schädel des pisaer Museums, nähert sich aber hierin dem carlsruher, so dass der letztere in Bezug auf die genannten, namentlich auf den Hinterhauptstheil bezüglichen, Abweichun- gen annähernd als vermittelnde Form zwischen dem irkutzker und florentiner Schädel sich ansehen lassen dürfte. Dass jedoch die Gestalt des Hinterhauptes durch seine Höhe, sowie Form seiner Schuppe bei den Nashörnern individuell abweiche, zeigt der Vergleich der Abbildungen der hintern Schädeltheile des Rhinoceros Merckii bei Falconer Mem. Pl. 23 1) Uebrigens hat ja schon Lartet, indem er, wie oben , während Dawkins Quart. Journ. geol. soc. Vol. XXIV bemerkt, den carlsruher, dem echten Merckii angehöri- | P. 1p. 216 diese Vereinigung für möglich, wenn auch gen, Schädel zum florentiner des etruscus zog, ohne es | nicht für völlig sicher erklärte. zu wollen, beide genannte Arten zusammengezogen, MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 111 und 24, sowie der Vergleich mit dem Hinterhaupt des Rh. antiquitatis in meinen Observat. Tab. XIII— XVII. In der Falconer’schen Abbildung erscheint allerdings, abweichend vom irkutzker und carlsruher Schädel, beim florentiner die knöcherne Nasenscheidewand grösser, namentlich vorn höher und von vorn nach hinten breiter, da aber, wie Falconer bemerkt: the incisive bones are broken of, und der Schädel etwas restaurirt wurde, wie man dies ganz besonders am Schnauzenende seiner Fig. 3 wahrnimmt, so darf wohl das Ende der Nasenscheidewand in seiner Fig. 2 nicht als beachtenswerth angenommen werden. Die Grösse des verknöcherten Theils der Nasenscheidewand könnte indessen allerdings auch variiren und der florentiner Schädel möglicherweise eine geringe, individuelle Abweichung zeigen. Nach Falconer soll die Länge des florentiner Schädels 25,25 in. betragen. Uebrigens hat derselbe p. 357 ff. noch eine Menge anderer Dimensionen davon angeführt, denen nur ein individueller Werth beigelegt werden kann. Was die Oberkieferzähne desselben anlangt, so scheinen sie mir im Ganzen nicht von denen des Ah. Merckii namhaft abzuweichen. Der linke vorderste Prämolar bietet aller- dings 4 runde Schmelzringe, wie ich sie bei Merckii nicht kenne, der rechte aber nur 3, in welcher Zahl sie auch bei Merckii zuweilen (vgl. Falconer Pl. 16 Fig. 1 p. m. 2) vor- kommen, während der von ». m. 2 des Oberkiefergebisses des Rh. etruscus bei Dawkins Pl. VII wie beim carlsruher Schädel, den beiden podolischen Zähnen, und dem p. m. 2 des braunschweiger Gebisses des Rh. Merckii nur 2 Ringe zeigt. Am linken p. m. 2 des carls- ruher Schädels besitzt übrigens der vorderste Schmelzring eine kleine Neigung zur Thei- lung. — Die gestaltlich übereinstimmenden Prämolaren 3, 4 des florentiner Schädels lassen je zwei Schmelzringe wahrnehmen, die sich von denen der entsprechenden Prämo- laren der rechten Seite des carlsruher Schädels nur so wenig in formeller Beziehung unter- scheiden, dass ich keine wesentlichen specifischen Unterschiede an ihnen finden möchte. — Die beiden ersten, stark abgenutzten, echten Backenzähne weichen von dem ersten rechten Backenzahn des carlsruher Schädels des Rhinoceros Merckii durch den Mangel des hintern kleinen Schmelringes ab, der indessen dem M. I Tab. VII bei Dawkins keineswegs fehlt. — Dem zweiten linken echten Backenzahn des florentiner Schädels fehlt gleichfalls der hintere Schmelzring, : welchen der rechte besitzt, der aber, abgesehen von seiner etwas grössern Breite, durch die Gegenwart des grossen Querthales und eines hintern Schmelz- ringes mit dem ersten echten Backenzahn des carlsruher Schädels sowie mit dem bei Dawkins Tab. VII abgebildeten M. 7 und M. 2 im Wesentlichen übereinstimmt. — Der letzte rechte Backenzahn des florentiner Schädels passt sehr wohl zu den beiden hintern Backenzähnen des carlsruher Schädels, der linke florentiner ist etwas breiter. Im Wesentlichen dürfte demnach, so viel ich nach den mir vorliegenden Materialien zu urtheilen vermag, der Bau der obern Backenzähne keine namhaften, als sichere spezi- fische betrachtbaren, Unterschiede von den am carlsruher Schädel des Rhinoceros Mercku wahrnehmbaren erkennen lassen. 112 J. F. BrRANDT, Das im Museum zu Pisa aufbewahrte, aus dem Stirn- und Schnauzentheil des Schädels mit den Zähnen bestehende, von Falconer gleichfalls, obgleich erst später, dem Rhinoceros etruscus zuerkannte, Schädelfragment (Falconer a. a. O. p. 359 Pl. 28 Fig. 1), welches ich nach einem schönen Gypsabguss, den ich der Güte des Hrn. Professors Meneghini verdanke, näher zu charakterisiren und auf Taf. IV bildlich zu erläutern im Stande bin, gleicht im Wesentlichen dem ihm entsprechenden Schädeltheile des bei Falconer Mem. Pl. 26 Fig. 1—3 abgebildeten florentiner Schädels und den Schädeln des Rhinoceros Merckii, besonders auch hinsichtlich der Kürze der, nicht wie bei Rhinoceros antiquitatis, unter den Stirnbeinen fortlaufenden knöchernen Nasenscheidewand. Seine Länge vom vordern Schnauzenende bis zum vordern Orbitalrand beträgt 320, vom vordersten Rande der Nasenbeine zu dem hintern Rande der Nasenöffnungen aber 210 M.-M. Mit dem irkutzker und carlsruher Schädel, ebenso wie mit dem oben beschrie- benen pisaer Schädelfragment des Rihinoceros Merckii von Arezzo meiner Taf. VI Fig. 1,3, ja selbst mit dem florentiner Schädel verglichen, erscheint es daher kleiner, kann aber, wegen der im Verhältniss stark entwickelten, zur Insertion der beiden Hörner bestimmten, rauhen Stellen und der bereits stark abgenutzten Kronen der Backenzähne ebenfalls keinem jungen Individuum zuerkannt werden. Das fragliche Schädelfragment (Taf. IV.)'ist übrigens nicht symmetrisch gebildet, in- dem der Schnauzentheil desselben von links nach rechts gewendet erscheint (ebd. Fig. 2), also eine anomale Erscheinung bietet und wie seine Grösse an das eines verkümmerten Individuums denken lassen möchte. Als, ebenfalls wohl nur individuelle, Abweichungen des Fragmentes sind der vorn sehr schmale Nasentheil, die (fast wie beim florentiner Schädel) höhere und breitere knöcherne Nasenscheidewand mit den neben ihr befindlichen schief- herzförmigen und fast wie beim carlsruher Schädel des Rhönoceros Merckiüi gebildeten kürzern, vorn höhern, Nasenöffnungen anzusehen. Der vorderste seiner beiden Prämolaren bietet nur drei rundliche Schmelzringe (wie auch der homologe Zahn des Rhinoceros Merckiü bei Falconer Pl. 16 Fig. 1 p.m. 2), nicht vier, wie die des florentiner Schädels des Rh. etruscus Falconer’s Pl. 26 Fig.3. Von den genannten Prämolaren weicht aber der ihnen entsprechende, gleichfalls Rhinoceros etruscus vindizirte, bei Falconer (Mem. Pl. 27 Fig. 5) und Dawkins (Quart. Journ. geol. Soc. 1868 Pl. VII Fig. 1 unter Pm. 2) dargestellte Prämolar ab und stimmt mit den homo- logen des carlsruher Schädels des Rhönoceros Merckiü durch die Gegenwart nur zweier Schmelzringe überein, von denen der.vordere bei allen genannten einzelnen Zähnen gestalt- lich mehr oder weniger abweicht. Der dritte und vierte Prämolar des pisaer Fragmentes bieten je zwei Schmelzringe, die von denen der homologen Prämolaren der rechten Seite des carlsruher Schädels in gestalt- licher Hinsicht nur so unwesentlich sich unterscheiden, dass die unbedeutenden Differenzen, welche der vordere, längliche Schmelzring zeigt, wohl nicht als spezifische gelten können. — Die beiden vordern, linken, echten Backenzähne des pisaer Schädeltheiles lassen ihr MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 113 grosses Thal, ohne Spur des hintern kleinen, oder dasselbe als hintern Schmelzring er- setzenden, wahrnehmen. Die drei rechten, echten Backenzähne erscheinen im zertrüm- merten Zustande. Der linke letzte, durch eine dreieckige Krone ausgezeichnete, echte Backen- zahn fehlt ganz und wurde wohl irrigerweise durch einen der vorderen Backenzähne künst- lich ergänzt. Der sehr wohl erhaltene Unterkiefer (Taf. IV Fig. 5—7), wovon mir ebenfalls ein Gypsabguss vorliegt, ähnelt zwar im Ganzen, besonders durch die vollständige, unten mit einem centralen Längskiel versehene, Symphyse dem polnischen Unterkiefer des Rhhinoceros Merckü (Taf. III Fig. 3, 4). Die Aeste des pisaer sind indessen niedriger, besonders hinten weniger aufgetrieben und convergiren in einen spitzern Winkel. Die Symphyse ist länger, schmäler und dünner. Die Zähne des Unterkiefers sind, wie die des Oberkiefers, stark ab- geschliffen. Die einander entsprechenden variiren etwas in ihrer Gestalt. Die beiden hintersten gleichen im Wesentlichen denen des polnischen auf meiner Tafel III Fig. 3 dar- gestellten Unterkiefers. Die vorstehenden eraniologischen, wie ödontologischen, Erörterungen des florentiner Schädels und des pisaer Schädelfragmentes begünstigen, wie ich meinen möchte, die Ansicht, dass Rhinoceros etruscus nach Maassgabe des mir vorgelegenen Materials vom Rhinoceros Merckit so wenig abweiche, dass die beiden genannten Arten bis jetzt nicht als sicher unterscheidbare sich begründen lassen möchten. Da Italien die eraniologischen Hauptmaterialien lieferte, worauf Falconer seinen Rhinoceros etruscus begründete, und ich wusste, dass Hr. Dr. Forsyth Major sich mit der Untersuchung der dort gefundenen, so bedeutenden, Reste untergegangener Nashörner be- schäftigt habe und noch beschäftige, so sah ich mich veranlasst, mit ihm im Betreff des fraglichen Gegenstandes in brieflichen Verkehr zu treten. Derselbe hatte die Güte, mir nicht nur ausführliche Bemerkungen über den nach ihm vom Rhinoceros Merckü zu unter- scheidenden Rrhinoceros etruscus zu machen, sondern sogar eine Diskussion über seine Mit- theilungen zu gestatten. j In Betreff der Merkmale, welche nach ihm den Schädel desselben von dem des Rhi- noceros Merekii unterscheiden sollen, schrieb er mir Folgendes: «Bei Rhinoceros etruscus verläuft die obere Profillinie von der Höhe des Oceiput bis zur Schnauzenspitze in ziemlich gleichmässiger Flucht, beim Rhinoceros hoemitoechus fällt sie anfangs vom Hinterhaupt an steil ab und verläuft alsdann ziemlich horizontal. — Die Jochbögen sind bei Rrhinoceros hemitoechus niedriger, vertikaler. — Die Maxillargegend erscheint zwischen der Orbita uad der Nasalapertur in der Richtung der Längsachse des Schädels kürzer als bei dem viel grössern Rhinoceros hemitoechus. — Das Hinterhaupt ist bei Rhinocerus etruscus fast qua- dratisch (also wie bei Falconer Pl. XXVII Fig. 1) nicht wie beim leptorhinus (Owen Brit. foss. mamm. p. 369 Fig. 140). Weniger Gewicht lege ich darauf, dass die Ansatz- stellen der Hörner bei Ahinoceros hemitoechus fast keine Rugositäten zeigen.» Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Serie. 15 114 „od. F. BRanDr, Die Mittheilungen eines so treftlichen Paläontologen bestimmten mich natürlich dazu, meine Ansicht über die wahrscheinliche Identität der beiden genannten Arten einer noch- maligen Prüfung zu unterwerfen. Als Resultat derselben ergab sich, dass ich im Betreff der mitgetheilten Schädeldifferenzen aus nachstehenden Gründen ihm nicht wohl zustim- men könne. Die obere Profillinie des Schädels zeigt bei den Rhenoceroten individuelle Abweichun- gen, wie ich dies an den überaus zahlreichen Schädeln des Rrhinoceros antiquitatis sah, und auch bei Rhinoceros Merckii bemerkte. Beim carlsruher, offenbar einem echten Rhinoceros Merckii, nicht einem etruscus Falc. (wie Lartet wollte) angehörigen Schädel verhält sie sich im wesentlichen wie beim florentiner Schädel des falconerschen etruscus. Beim owen- schen Schädelfragment, dem von Arezzo und dem irkutzker Schädel weicht sie durch stärkere Einbiegung vor dem Hinterhauptstheil des Schädels ab. Die Jochbögen des carlsruher Schädels des Rhinoceros Merckü H. v. Meyer’s zeigen eine ähnliche Biegung wie die des florentiner des Rhinoceros etruscus Falconer’s. Die Biegung der Jochbögen variirt bei Rhönoceros antiquitatis, wie auch bei Merckis. Die Maxillargegend zeigt ebenfalls individuelle, gestaltliche Abweichungen. Wenn man die beträchtlichen Verschiedenheiten, welche ich in meinen Observationes über Rhinoceros antiquitatis in Betreff des Hinterhauptes nachgewiesen habe und auf Tafel XVII darstellen liess, in Betracht zieht, so dürfte man wohl nicht geneigt sein auf die Gestalt desselben einen wesentlichen, characteristischen Werth zu legen. Ebenso sind, wie ich bereits in der Geschichte des Zrhinoceros Merckii erörterte, die Abweichungen der, mehr oder weniger rauhen, Insertionsstellen der Hörner für individuelle zu erklären. Schliesslich möge noch die muthmassliche Frage erlaubt sein, ob sich nicht der treff- liche Forsyth bei Aufstellung seiner Charactere von Lartet habe bestimmen lassen den carlsruher Schädel des Zrhinoceros Merckii auf seinen Rhineceros etruscus Falconer’s zu beziehen. Die umfassenden Mittheilungen, welche Forsyth mir gewogentlich hinsichtlich des Zahn- baues des Rh. etruscus gemacht hat, wage ich nicht anzuführen um darüber zu discutiren, da ich, wie schon H. v. Meyer, Gaudry, Rütimeyer und Flower vom Bau der Backenzähne, wegen der enormen Variation ihrer Kronen, keine sichern Kennzeichen zur Unterscheidung der Arten ableiten möchte und mir weder Originale oder Gypsabgüsse noch Abbildungen der Materialien vorliegen, welche Forsyth für seine beachtenswerthen Untersuchungen. benutzte. Ich halte es indessen für nöthig die bei Gelegenheit der Beschreibung des floren- tiner Schädels und des Schädelfragmentes des Museums zu Pisa gemachten vergleichenden odontographischen Bemerkungen noch andere hinzuzufügen, welche sich auf die einzelnen bei Falconer und Dawkins erörterten Gebisse oder einzelne Zähne des Rhinoceros etruscus beziehen, da auch daraus noch manche Andeutungen hinsichtlich der so überaus grossen, mindestens an Identität streifenden, Verwandtschaft sich ergeben möchten, die zwischen der letztgenannten Art und Zhinoceros Merckii mir zu bestehen scheint. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 115 Vergleicht man den von Falconer Pl. 25 Fig. 7 abgebildeten und dem Zhinoceros etruscus vindizirten Backenzahn mit dem ihm entsprechenden seines hemitoechus Pl. 16 Fig. 1 m. 2, so bemerkt man eine grosse Aehnlichkeit. Auch lässt sich ohne sonderlichen Zwang eine namhafte Aehnlichkeit mit dem von Owen (Brit. foss. mamm. 9.373 Fig. 141) dargestellten des Rhönoceros Merckii wahrnehmen. — Der bei Falconer P!. 25 Fig. 6 als p. m. 4 dem Rhinocerus etruscus zugeschriebene Zahn möchte sich als ein in der Mitte stärker, hinten weniger abgeschliffenes Exemplar ansehen lassen, welches auf eine Aehn- lichkeit mit dem dritten Milchzahn des Rh. hemitoechus bei Falconer ebendaselbst Fig. 9 hindeutet. — Der ebendaselbst Fig. 5 dargestellte letzte Backenzahn des Rh. etruscus Fal- coner’s ähnelt im Allgemeinen dem linken obern Backenzahn des carlsruher Schädels des Rhinoceros Mercki. Betrachtet man die bei Falconer Pl. 27 Fig. 5 dargestellten, dem Rhinoceros etrus- cus zugeschriebenen, an die des Rh.leptorhinus seiner Pl. 31 theilweis erinnerden, Backen- zähne im Vergleich mit den von ihm dargestellten Backenzähnen seines Rh. hemitoechus, Pl. 16 Fig. 1, 2, so ergiebt sich folgendes: Der vorderste seiner Prämolaren Pl. 27 Fig. 5 ähnelt ohne Frage dem des hemitoechus seines Pl. 16 Fig. p. m. 2. — Der folgende seiner Pl. 27 Fig! 5, weicht durch die etwas, jedoch nicht allzu, verschiedene, Gestalt seiner Schmelzringe vom homologen des hemitoechus Falconer’s Pl. 16 Fig. 1 p. m. 3 nur wenig ab. — Der auf diesen folgende Prämolar der Pl. 27 Fig. 5 Faleoner’s unterscheidet sich durch die Gegenwart eines vordern Schmelzringes (dessen Gestalt jedoch auf ein früheres, ähnlich gebildetes, Thal hindeutet) vom entsprechenden p. m. 4 des Rhinoceros hemitoechus bei Faleoner Pl. 16 Fig. 1, welches letztere seinerseits vom p. m. 4 des Pl. 16 Fig. 2 bedeutend abweicht. — Der erste Backenzahn des Rh. etruscus (Fale. Pl. 27 Fig. 5) differirt nur wenig von dem von Falconer dem Rhinoceros hemitoechus vindizirten seiner Pl. 16 Fig. 1 m. 1 durch die Form des Querthales und steht überdies dem entsprechenden rechten des carlsruher Schädels sehr nahe. Das bei Faleoner Pl. 29 abgebildete, p. 363 beschriebene, sehr wenig abgenutzte, wohl einem jüngern Thier zuzuschreibende, Oberkiefergebiss zeigt selbst an allen Prämo- laren noch alle Thäler und keinen der als Reste derselben zu betrachtenden Schmelzringe, wohl aber sieht man auf den beiden hintersten und dem linken derselben einen sehr kleinen, centralen, rundlichen, accessorischen Schmelzring hinter dem Querthal. Die beiden vor- dersten erinnern mich einigermassen an den entsprechenden des braunschweiger Gebisses des Rhinoceros Merckiü. Die beiden hintern Prämolaren weichen im Wesentlichen nur durch die stark gezackten Wände der Querthäler von den braunschweiger Zähnen des Rhinoceros Merckit (wohl in Folge ihrer geringen Abnutzung) ab. Was die echten Backenzähne des bologneser Gebisses anlangt, so vermag ich sie nur durch ihre weit geringere Grösse von dem des braunschweiger Gebisses zu unterscheiden. Boyd Dawkins (Journ. geol. Soc. Vol. 24 p. 207 Pl. VII, VIII) scheint bei seiner Erörterung des Oberkiefergebisses des Rhunoceros etruscus Faleoner Mem. p. 359 und 15* 116 J. F. BRANDT, die Abbildung des Letztgenannten Forschers Pl. 27 Fig. 5, ganz besonders im Auge gehabt haben. In der That stimmt auch seine Abbildung Pl. VII Fig. 1, wenn man nicht auf minu- tiöse Abweichungen der gestaltlich oft so ungemein wandelbaren Schmelzringe und Schmelz- falten der Zahnkrone einen ganz besondern Werth legt, mit der angeführten Falconer’s im Ganzen in so weit überein, dass beide auf ein und dieselbe Art sich beziehen lassen. Vergleicht man nun aber die von Dawkins beschriebenen Zähne mit den ihnen ent- sprechenden von H. v. Meyer und Falconer dem Rhinoceros Merckit seu hemitoechus zu- geschriebenen, so sieht man folgendes: Der erste vorderste Prämolarzahn bei Dawkins Pl. VII Fig. 1 p. m. 2 unterscheidet sich durch die ansehnlichere Grösse und den zwei- zähnigen vordern Rand des Schmelzringes seines hintern Thales, sowohl von dem ihm ent- sprechenden kleineren runden Schmelzringe beim elruscus Faleoner’s Pl. 27 Fig. 5, als auch von dem gleichfalls kleinen, rundlichen des Rhinoceros Merkii bei Falconer Pl. 16 Fig. 1 p. m. 2, sowie dem des carlsruher Schädels meiner Tafel III Fig. 1. — Der dritte Prämolar bei Dawkins stimmt hinsichtlich der Gestalt der Schmelzringe mit dem bei Faleoner Pl. 27 Fig. 5, nicht völlig überein und weicht von dem des Rh. Mercküi Fal- coner’s Pl. 16 Fig. 1 p. m. 3 hinsichtlich des vordern Schmelzringes im wesentlichen kaum ab, bietet aber anstatt eines bei Merckü runden einen halbmondförmigen hintern Schmelzring. — Der p. m. 4 des etruscus bei Dawkins Pl. VII Fig. 1 weicht durch den länglichen, geraden vordern Schmelzring vom hakenförmigen, erenulirten der Pl. 27 Fig. 5 Faleoner’s ab und nähert sich dem des carlsruher Schädels des Zthinoceros Mercki, sowie dem bei Faleoner Pl. 16 Fig. 2 p. m. 4 dargestellten derselben Art angehörigen. Der hintere, halbmondförmige Schmelzring des erwähnten Zahnes ähnelt indessen dem bei Fal- coner Pl. 27 Fig. 5, während er beim rechten Zahn des carlsruher Schädels des Rh. Merckii eine runde Gestalt zeigt. — Wie man überdies die beiden vordersten echten Backen- zähne des Rh. etruscus Fale. von den ihnen entsprechenden braunschweiger Zähnen des Ithinoceros Merckii meiner Taf. VII Fig. 14 durch wesentliche Merkmale unterscheiden will weiss ich nicht zu sagen, Die drei echten Backenzähne des bologneser Gebisses des Rhinoceros etruscus bei Fal- coner Pl. 29 gleichen ebenfalls den braunschweigschen. — Es gilt dies auch im Ganzen von den hintern Prämolaren desselben, welche indessen beim bologneser Rh. etruscus etwas weniger abgeschliffen sind. Was den vordersten Prämolaren des letztgenannten Gebisses an- langt, so ist derselbe so wenig abgenutzt, dass beide Thäler erhalten sind und er sich da- durch sowohl von dem ilm entsprechenden Prämolar bei Faleoner Pl. 27 Fig. 5 und Dawkins Pl. VII Fig. 1, als auch von dem entsprechenden Zahn des Rhinoceros Merckü nach Maassgabe des carlsruher Schädels und den in der Sammlung Barbot de Marny’s aufbewahrten (Taf. III Fig. 7) wesentlich unterscheidet. Die vorstehenden Vergleichungen der obern, so variabel gestalteten, Backenzähne des Ahinoceros etruscus mit denen des Rh. Mercki, wie mit denen verschiedener Rhinoceroten überhaupt, möchten demnach nicht als solche anzusehen sein, welche mit Sicherheit MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 117 für die Verschiedenheit der beiden genannten Arten sprechen, sowie ja denn auch schon H. v. Meyer und Gaudry eine namhafte Variabilität der Nashornzähne anerkannten, denen sich Rütimeyer und Flower anschlossen. Der Letztgenannte sagt namentlich (Proc. z. soc. 1876 p. 453): «In fact the precise pattern of the enamel-folds of the molar- teeth, so much relied upon by palaeontologists to distinguisch Species, is a rather uncertain character». Man dürfte auch um so weniger für eine zweifellose Differenz derselben stim- men können, wenn man sich an folgende Thatsachen erinnern wird. Bereits Owen (Brit. foss. mamm. p. 378) erklärte die von Faleoner später dem Rhinoceros etruscus zuerkann- ten Reste des Arnothales, so (p. 365) einen Unterkiefer, für die des Merckü. Lartet hielt, wie ich bereits erörterte, den von H. v. Meyer mit vollem Rechte dem Rhinoceros Merckii zugeschriebenen carlsruher Schädel für identisch mit dem von Falconer seinem etruscus vindizirten florentiner. Falconer selbst (Mem. II p. 332 und 359) meinte anfangs, das zu Pisa aufbewahrte, für die Charakteristik so wichtige, Schädelfragment gehöre seinem hemitoechus (= Merckiü) an. Derselbe war überdies, da er nur das von Owen beschriebene Schädelfragment seinem Rhinoceros hemitoechus (— Merckiü) zu Grunde legte und weder die trefflichen Untersuchungen H. v. Meyer’s, noch den carlsruher Schädel des Rhinoceros Mercki aus eigener Anschauung kannte, nicht wohl im Stande ein vollständiges Urtheil über die Begrenzung der letztgenannten Art und ihr Verhältniss zu seinem ihr so nahe stehenden Zhinoceros etruscus zu fällen. Dazu kommt, dass auch abweichende zoogeogra- phische und geologische Ansichten, die er über das Alter der Arten hegte, ihn theilsweis zur Aufstellung des Rhinoceros etruscus ermuntert zu haben scheinen. Nicht im Einklange mit den vorstehenden Erörterungnn steht allerdings der Umstand, dass Boyd Dawkins (Quart. Journ. Geol. soc. Vol. XXIV p. 214) auf die Kürze der Backenzähne des Rhinoceros etruscus hinweist und so denselben, wie die miocänen Rhino- zeroten, deshalb in eine besondere Gruppe, die der Brachyodonten versetzt, der er die der Hypsodonten gegenüber stellt, worin nach ihm alle lebenden, ebenso wie pliocänen und pleistocänen Arten also Rhinoceros megarhinus, leptorhinus Ow. —= Merckii, antiquitatis u. S. w. Platz zu nehmen hätten. Es würde diese Ansicht von Dawkins allerdings mit der An- gabe Lartet’s harmoniren, dass die Zähne der Hufthiere älterer Perioden kürzer gewesen seien. Um die Annahme von Dawkins zu constatiren verglich ich indessen das Gebiss des Gypsabgusses des Schädelfragmentes des Rhinoceros etruscus aus Pisa mit drei Gebissen des Rhinocerus antiquitatis des Museums der Akademie, unter Berücksichtichung der ver- schiedenen Grösse der Schädel, welchen die Gebisse angehörten, ohne jedoch zwischen ihnen einen verhältnissmässigen namhaften Unterschied in der Grösse finden zu können. Was die Knochen der Extremitäten der Tichorhinen anlangt, so kennen wir nur die des Rhinoceros antiquitatis mit völliger Genauigkeit. Nur wenig wissen wir bis jetzt von denen des Rhinoceros Mercki, wie die oben über die Extremitäten dieser Art mitgetheilten Bemerkungen andeuten. Bei Falconer Note VII p. 366 ist zwar die Rede von einem Hu- merus (Cuv. Rech. Pl. X Fig. 1, 2), einem Femur (ebd. Pl. XI Fig. 16) und einer Tibia 118 J. F. BRAnDT, nebst Fibula (ebd. Fig. 15), die Faleoner, ohne sie mit andern homologen Knochen des Rhinoceros Merckii verglichen zu haben, unter Rhinoceros etruscus beschreibt. Aus seinen Mittheilungen geht daher keineswegs irgend ein Beweis hervor, dass die genannten Fuss- knochen gerade Zrhinoceros etruscus angehörten und nicht Zrhinoceros Merckit, dem ich (wenigstens vorläufig) sie mit grösserer Wahrscheinlichkeit zuzuerkennen bereits geneigt mich erklärte, da die Existenz des Rhinoceros etruscus mir noch als eine überaus zweifelhafte er- scheint. Wie übrigens die genannten Fussknochen auf eine slight and siender form des Rhi- noceros etruscus im Vergleich mit der des Rhinoceros Merck und antiqwiatis hindeuten könnten scheint mir nicht klar. T Schliesslich scheint mir noch bemerkenswerth, dass Rütimeyer (Ueber Pliocen und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen $. 36) von im Museum zu Mailand befindlichen Knochen der Extremitäten eines Rhinoceros aus dem Pianico-Thale spricht, die Forsyth Major dem Rhinoceros etruscus zuzuschreiben geneigt ist. Einige Worte über die verwandtschaftlichen Beziehungen des fraglichen Rhinoceros etruscus und sein Vorkommen. Dass der Rhönoceros etruscus mindestens der nächste Verwandte des Rhinoceros Merckii war, Ja, wie ich meinen sollte, mit ihm zu vereinen sein dürfte, geht aus den vorstehenden Mittheilungen hervor. Hegt man die Ansicht, er sei mit Merckii identisch, so könnte im Betreff seiner verwandschaftlichen Beziehungen auf den Abschnitt über die Verwandt- schaften der eben genannten Art verwiesen werden. Da ich dies aber zur Zeit noch nicht völlig wagen möchte, so gestatte ich mir die von Dawkins (Quart. Journ. of the geol. hoc. Vol. XXIV ». 214 ff.) mitgetheilten, auf die Verwandtschaften, das Vaterland und die Zeit- Epoche der Existenz des Rhinoceros etruscus bezüglichen Ansichten mitzutheilen, wenngleich dieselben für jetzt nur als provisorisch anzusehen sein möchten. Dawkins ist der Meinung, Rhinoceros etruscus lasse sich mehr mit .den miocänen als plio- und pleistocänen Formen vergleichen, namentlich den Acerotherien annähern. Er soll nach ihm in keiner der postglacialen Ablagerungen, auf dem italischen Theil des post- plioeänen Oontinents mit Zlephas meridionalis, Elephas antiquus, Hippopotamus major und Rhinoceros megarhinus vorgekommen, nordwärts aber mit dem grossen Bestandtheil der pliocänen Fauna Italiens über Frankreich und Spanien, sowie nördlich über das präglaciale Bette von Norfolk und Suffolk, gewandert sein. Die in Italien so häufigen, in den Museen von Florenz, Pisa, Bologna, Mailand und Turin aufbewahrten, Reste des etruscus sollen be- weisen, dass seine Hauptquartire in Italien waren. Als jedoch im präglacialen Frankreich und Britannien die Temperatur dermassen sich erniedrigte, dass sie sich der glacialen Epoche näherte, zog er sich südwärts und nahm wahrscheinlich seine letzten Standquartire in Italien und Spanien. Es existirt indessen, wie er meint, nicht die geringste Spur, dass MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 119 er mit dem Repräsentanten der postglacialen Fauna, dem Rhinoceros tichorhinus, südwärts vordrang und dort gleichzeitig lebte. Die Knochenablagerungen des Arnothales gehörten nämlich der präglacialen Zeit an, da sie nur Reste von Thieren südlicher Typen enthalten. Ueberdies fehle es an Beweisen, dass Rhinoceros etruscus zur Zeit der Einwanderung der postglacialen Säugethiere in Italien lebte. Durch Caselli sei nämlich festgestellt worden, dass die Höhlenhyäne, der Höhlenbär, dass Mammuth und der Vielfrass in der Mitte der pliocänen Fauna Italiens erschienen. Nicht wohl vereinbar mit den vorstehenden Mittheilungen von Dawkins scheinen mir indessen folgende Thatsachen zu sein. Der von Falconer aufgestellte Rhinoceros etruscus würde ohne Zweifel, wie Rhinoceros Merckii (der mindestens überaus nahe Verwandte des selben) nebst Rrhönoceros antiquitatis, der Abtheilung der Tichorhinen einzureihen sein. Die beiden letztgenannten, nach dem jetzigen Standpunkten unserer Kenntniss für gesicherte zu haltenden, Arten lassen sich vom Pliocän bis in die gegenwärtige geologische Epoche ver- folgen und gehörten ursprünglich, nach Maassgabe der von mir ausführlich geschilderten Verbreitung, einer nordischen Urfauna an, die in Folge der Eiszeit nach Westen und Süden wanderte, wie ich dies ausführlicher in der Geschichte des Rhinoceros antiqui- tatis und theilweis auch in der des Rhinoceros Merckit zu erörtern mich bemühte. Da indessen meine bisherigen eingehenden Untersuchungen keine durchgreifenden, nam- haften, eraniologischen Kennzeichen bis jetzt lieferten, welche zur Trennung des Rhinoceros etruscus vom Rhinoceros Merckit ausreichend erscheinen, so neige ich mich, wie erwähnt, wenigstens vorläufig, zur Ansicht, beide Arten seien unter dem ältern Namen Rhinoceros Merckii zu vereinen. Demnach würde dann auch der mit Rhinoceros Merckiüi verbundene Rhinoceros etruscus als Glied jener nördlichen Urfauna, nicht einer südlichen oder west- lichen, ältern europäischen sich betrachten lassen. Sollte jedoch, wie briefliche Mittheilun- gen Forsyth’s behaupten, Zahndifferenzen zwischen Rhinoceros Merckiüt und etruscus sich herausstellen, so dürften, wie ich im Betracht der so beträchtlichen Variabilität der Backenzähne der Tichorhinen meinen möchte, vor der Zulassung eines Rh. etruscus folgende Fragen zu erörtern sein: Sind die Zahndifferenzen bedeutend genug um beide Arten genau zu unterscheiden, namentlich so beträchtliche, welche die so wichtige Uebereinstimmung des Schädelbaues zwischen Arhinoceros Merckit und etruscus in den Hintergrund stellen lassen? Können ferner die dem Rhinoceros etruscus zuerkannten Zähne, welche bisher unter- sucht wurden, nicht solchen Individuen des Rhinoceros Merckit angehört haben, welche Nachkommen jener waren, die sehr früh nach Europa einwanderten und dort in Folge ver- änderter Lebensbedingungen, namentlich des Einflusses einer andern Ernährungsweise u. s. w. im Laufe der Zeit möglicherweise solche Umwandlungen im Zahnbau erlitten haben, welche Anlass zur Aufstellung eines, nach meiner Ansicht, vom Rh. Merckis nicht trennbaren Rh. etruscus gaben? Wäre dies der Fall gewesen, was nicht unmöglich erscheint, da man, viel- leicht durch veränderte Nahrung bewirkte, Veränderungen des Gebisses, die im Laufe der Zeit bei Pflanzenfressern erfolgen, bereits durch Lartet kennt, so würde dann sich, wie es 120 J. F. BRANDT, scheint, vielleicht gleichzeitig auch erklären lassen, warum die dem Ah. etruscus zuge- schriebenen Reste des Rh. Merckii in ältern Schichten gefunden wurden, die für die des echten Merckii erklärten aber in jüngern vorkamen, deshalb spätern, von Veränderungen des Zahnbaues noch verschonten, Einwanderern angehört haben können. Als Fundorte der jener vermeintlichen Art angehörigen Reste werden Italien, Eng- land, Frankreich und Spanien angegeben. Anhang III Tiehorhinorum Specierum characteres essentiales. Spec. 1. Rhinoceros antiquitatis Blumenb. Septum narium totum osseum, ossa nasalia et frontalia fuleiens, parte anteriore inter narium aperturas dilatatum, subquadratum. Ossium nasalium coalitorum margo anterior in medio prominens, lateribus emarginatus. Mandibulae symphyseos processus laminaeformis in faciei inferioris medio fossa excavatus. Spec. 2. Rhinoceros Merckii Jaeg. H. v. Meyer (1842). Rhinoceros etruscus Falconer (1859). Septum narium osseum semicompletum ossa nasalia tantum fuleiens, in parte sua media admodum angustatum, compressum. Ossium nasalium margo anterior in medio ex- eisus et juxta exeisuram in utroque latere processu dentis formam exhibente instructus. Mandibulae symphyseos processus laminam aemulans, facie inferiore subcompressus et sub- carinatus. Observ. Quum, ut in Tichorinorum Monographiae Appendice (Anhang II p. 105) de- monstravi, Rhinocerotis etrusci characteres essentiales tales a nemine hucusque sunt pro- positi, quibus species dieta a Rhinocerote Merckii pro certo distingui potest, eam ipsam hoc loco omisimus. Anhang IV. Ueber Rhinoceros leptorhinus Öuv. e, p. (1822!) — Rhinoceros de Montpeiller M. de Serres (1819!) — Rhinoceros megarhinus Christol (1834!) — Rhinoceros (Mesorhinoceros) leptorhinus Brandt (1876). Die von Cuvier als Rhinoceros & narines non-cloisonn6es, Rrhinoceros leptorhinus, be- zeichnete, in seinen Zecherches beschriebene, Nashornart gehört zwar nicht zur Gruppe der } MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 121 tichorhinen Nashörner, da indessen dieselbe einerseits früher von Eihigen ihnen zugezählt wurde, andererseits aber Cuvier ihr manche Reste, namentlich einige Knochen von Ex- tremitäten, zuwies, welche Tichorhinen (nach Falconer Rhinoceros etruscus) meiner An- sicht nach aber wohl Rhinoceros Merckiü) angehören möchten, so schien es für die nähere Kenntniss der Tichorhinen nicht ganz überflüssig auch Rihinoceros leptorhinus in den Kreis meiner Mittheilungen zu ziehen. Die Geschichte der Auf- und Feststellung der fraglichen Art dürfte auf folgende Weise sich zusammen fassen lassen. Obgleich es scheint, wie man nach Cuvier (Rech. 4"”° ed. T. III p. 137) und Blain- ville (Osteogr. Rhinoceros p. 117) vermuthen möchte, Faujas de Saint Fonds habe be- reits Reste des Rhinoceros leptorhinus Cuv. (aus Italien) vor sich gehabt, so darf man doch nur mit Sicherheit annehmen, dass dies mit Marcel de Serres hinsichtlich Frankreichs der Fall war. Derselbe machte nämlich (Journal de physique T. LXXVIIT, 1819, p. 382) und später in seinem Fssai pour servir a Phistoire, du midi de la France (1822) Mitthei- lungen über im Sande von Montpellier gefundene Reste eines Nashorns, die er einem Rh. de Montpellier (Rh. monspessulanus auct.) zuschrieb, worunter sich ein namhaftes Schädelfragment befand, welches im erzbischöflichen Palaste zu Montpellier aufbewahrt - wurde. Es ist dies dasselbe, welches Cuvier erst nachträglich (Rech. 4" ed. T. III [1834] p. 134) besprach und Pl. 201 Fig. 3 abbildete, aber mit Unrecht, in Folge einer schlechten Zeichnung, für das eines Arhinoceros antiquitatis erklärte, indem er es für verschieden von seinem, auf Grundlage eines von Cortesi und von ihm selbst beschriebenen Schädels auf- gestellten, Zhinoceros leptorhinus hielt. Cortesi hat nämlich in seiner Abhandlung Sulle osse fossili di grandi animali und in seinen Saggi geologieci 1819 p. 72 einen 1805 nebst andern Resten im Montezago in der Nähe des Monte Pulgnasco gefundenen, jetzt im Museum zu Mailand befindlichen Schädel beschrieben und Taf. VII etwas roh abgebildet, welchen er dem eines jungen Rhinoceros africanus ähnlich fand. Cuvier, der eine Copie der Abbildung des eben erwähnten Schädels durch Alexan- der Brongiart erhielt, besprach dieselbe in seinen Recherches nowv. ed. 4. 1822 Tom. II Pl.1 p. 71 und 4"”° ed Tom. III (1834) p. 137 und lieferte (ebd. Rhinoceros Pl. IX Fig. 7) eine Darstellung davon. In seiner Beschreibung bemerkte er, das cortesische Nas- horn ähnle zwar dem capschen Nashorn weit mehr als irgend einer andern bekannten Art, weiche aber in vielen näher bezeichneten Beziehungen davon ab. Er erklärte daher die Art, welcher der Schädel angehörte, da derselbe, wie schon Cortesi positiv behaup- tete, keine knöcherne Nasenscheidewand zeigt, für eine Form der Nashörner & narines non cloisonnees und nannte sie wegen ihrer dünnen Nasenbeine ZRhinoceros leptorhinus. Ausser dem Schädel bezog er übrigens auf dieselbe mehrere in Toscana gefundene Unterkiefer (Pl. IX Fig. 8 u. 9), ebenso wie mehrere aus Nesti’s 1811 erschienener Letiera al sign. Memoires de 1’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 16 122 J. F. BrRAnDr, Savi entlehnte Knochen des Vorderfusses, namentlich einen im Val d’Arno gefundenen Humerus (Pl. X Fig. 1—4), einen ebendaher stammenden Radius (Pl. X Fig. 11—14) nebst Cubitus (Pl. X Fig. 13', 14'), sowie einen Metacarpialknochen (Pl. X Fig. 15) nebst den Phalangen (Pl. X Fig. 16). Als bei Nesti beschriebene und abgebildete, aus der Lettera bei Cuvier copirte, Knochen der hintern Extremität seines Rrhinoceros leptorhinus finden wir übrigens ein Becken (Pl. XI Fig. 18), zwei hintere Extremitäten (Pl. XI Fig. 10, 11), den Oberschenkel (ebd. Fig. 19—21), einen Unterfuss (ebd. Fig. 22) und eine Tibia nebst Fibula (ebd. Fig. 15), wovon indessen, wegen abweichender Gestalt (Pl. XI p. 49 Fig. 11, 15 und 22), nicht auf Rhüönoceros leptorhinus sondern auf einen andern zu beziehen sind, wie man später, namentlich seit Falconer’s Mittheilungen, erkannte. Der- selbe erklärte deshalb auch den Rhinoceros leptorhinus Cuvier’s für einen Rhinoceros lep- torhinus p. parte. Christol in seiner zuerst zu Montpellier 1834 als Dissertation (these), dann in den Annales d. sc. nat. 2" ser. Zool. Tom. IV (1835) p. 44 ff. erschienenen Untersuchungen über die Charaktere der fossilen Nashörner theilte p. 65 ff. Bemerkungen über Rrhinoceros leptorhinus Cuvier mit, welche damit beginnen, dass er die von Cuvier Pl. IX Fig. 7 gegebene, von ihm selbst Pl. 2 Fig. 7 nicht eben treu copirte, Abbildung des cortesischen Schädels, worauf hauptsächlich der Zhinoceros leptorhinus Cuvier’s sich stützte, und die keine Spur einer knöchernen Nasenscheidewand wahrnehmen lässt, für die eines Rhinoceros fıchorhinus erklärte. Zu einer solchen Deutung veranlasste ihn eine andere aus Mailand er- haltene, auf seiner Pl. 2 Fig. 4 gelieferte Abbildung des cortesischen Schädels, woran eine knöcherne Nasenscheidewand (wie später sich ergab irrigerweise) angedeutet ist. Christol war daher, in der Voraussetzung seine (nicht die cuviersche) Abbildung sei die richtige, der Ansicht: ein bei Marseille gefundener Schädel, welchen er beschrieb und Pl.2 Fig. 5, 6 abbildete, gehöre nicht dem Rhinoceros leptorkinus Cuv., sondern einer neuen Art (Rhi- noceros megarhinus Chr.) an, der er übrigens auch noch andere, von ihm beschriebene, Reste, so ein Oberkiefergebiss (Pl. 2 Fig. 3) und mehrere Backenzähne (Pl. 3 Fig. 1,3, 4,6, 20, 11 und 12) zuerkannte. Bemerkenswerth ist übrigens, dass Christol nur den cortesischen Schädel, nicht aber auch das von Serres beschriebene Schädelfragment, mit dem Schädel seines vermeintlichen Rhinoceros megarhinus verglichen hat. Dass Owen’s Rrhinoceros leptorhinus (Brit. foss. mamm. p. 356) nicht dem Rhinoceros leptorhinus Cuvier’s, sondern Rhinoceros Merckii zuzuweisen sei, wurde oben in der Ge- schichte der letztgenannten Art näher nachgewiesen. Blainville (Osteogr. Rhinoceros p. 109—-127) lieferte einen besondern, umfassenden Abschnitt über den von ihm als Art anerkannten Rhinoceros a narines non cloisonnees Cu- vier’s und lässt die schon von letzterem als Grundlage desselben betrachteten, von Cortesi und Nesti beschriebenen, Reste nebst einigen andern, als solche gelten, indem er Ah. me- garhinus Christol als Ahinoceros leptorhinus pour moi bezeichnet. Derselbe wird ferner von ihm p. 143 unter Rhinoceros monspessulanus und p. 164 unter Rhinoceros megarhinus be- MOoNOGRAPHIE DER TICHOREMNEN. 123 schrieben. Im Betreff des zu Rhinoceros Merckiüi gehörigen Rhinoceros leptorhinus Owen’s meint er, ein Theil der ihm zugeschriebenen Reste könnte dem Rhinoceros tichorhinus, ein anderer aber einer andern Art angehört haben, worin man ihm jedoch wohl ebenso wenig beistimmen kann als in der Annahme, das von Cortesi 1834 beschriebene Skelet gehöre Rhinoceros leptorhinus an (siehe oben Rh. Merckü). P. Gervais (Annal. d. sc. nat. Zool. 3” Ser. Tom. XVI [1851] p. 135—149; Mem. d. l’ Acad. de Montpellier Sect. d. Sc. Tom. II 1851—54 Pl. 2 p. 59 und Zoologie et Pale- ontologie france. 1° ed. Tom. I. p. 45, 2° ed. p. 91 Pl. 1, 2 und 30) hat unter Rhinoceros megarhinus, besonders auf Grundlage von Resten aus der Umgegend von Montpellier sehr umfassende Beiträge zur nähern Kenntniss des Rhinoceros leptorhinus (Cuv. Blainv. Lartet Duvernoy) geliefert, wofür er indessen, um alle Zweideutigkeiten zu vermeiden, den Namen Rh. megarhinus vorzieht. Duvernoy (Archives du Museum d’hist. nat. Tom. VII |1854]p. 97 ff.) besprach in seinem Abschnitt über die Rhinoceroten des obern Tertiär oder Pliocen den Rrhinoceros leptorhinus Cuvier’s gleichfalls ausführlich und wies mit Hülfe Cornalia’s nach, dass der cortesische, zu Mailand aufbewahrte, Schädel keine knöcherne Nasenscheidewand besass, mithin Cuvier’s Rhinoceros leptorhinus eine vom Rhinoceros tichorhinus verschiedene Art sei, der auch das Nashorn von Montpellier angehöre, jedoch keineswegs der Rhinoceros leptorhinus Owen’s, welchen er vorläufig Rhinoceros protichorhinus nannte. Es ent- ging ihm freilich hierbei, dass H. v. Meyer denselben bereits zu Rhinoceros Merckü ge- zogen habe. A. Gaudry: Animaux fossiles de !Attique Paris 1862 p. 196, erklärt sich gegen die, specifische Identität des Arhinoceros megarhinus mit Rh. leptorhinus, der auch, wie er sagt, Cornalia nicht sicher zustimmen möchte, Boyd Dawkins lieferte (The natural history Review Tom. V [1865] p. 399) nach vorausgeschickter kurzer, einige, nach meiner Ansicht in synonymischer Beziehung nicht zulässige, Annahmen enthaltenden Einleitung über Rhinoceros tichorhinus, leptorhinus Ow. und megarkinus Christol im allgemeinen eine von zahlreichen Abbildungen begleitete, sehr ausführliche, werthvolle Schilderung des Zahnbaues des Rhinoceros leptorhinus Cu- vier’s unter dem Titel On the dentition of Rhinoceros megarhinus und bemerkt, dass Reste desselben im Forest-bed aufgefunden wurden. | Lartet (Annal. d. Sc. nat. 5" Ser. Tom. VIII |1867| p. 174 spricht in seinen Be- merkungen über Rhinoceros Merckii Jaeg. Kaup gelegentlich auch über Rhinoceros lep- torhinus Cuv. und erklärt sich gegen die Ersetzung dieses Namens durch Rhenoceros megarhinus. Gray: Proceed. of the Zoolog. Soc. (1867) p. 1023, sowie Catalogue of Pachydermata (1869) p.315, zählt diese Art, wie Rhinoceros sumatranus, theils (Catal.p. 315) zu seiner Gattung Ceratorhinus als Ceratorhinus monspellianus, theils zu seiner Gattung Rhinoceros als Rhinoceros leptorhinus, führt sie also unter 2 verschiedenen Gattungen und Arten auf. 16* 124 J. F. BRANDT, Falconer’s Palaeontological Memoirs Vol. IT (1868) p. 368 ff. enthalten fast 31 Seiten einnehmende, durch 3 Tafeln erläuterte, in verschiedenen Museen gemachte Beobachtungen, welche er aufReste des Rhinoceros leptorhinus Cuv. e. p. (wohl richtiger maxima ex parte!), namentlich auf die Abweichungen vom Rhinoceros hemitoechus, d. h. Rhinoceros Merckiüi und Ah. antiquitatis bezieht. Beachtenswerth sind seine p. 381 gelieferte, zu Mailand ge- machte, ausführliche Beschreibung des cortesischen Schädels und Unterkiefers, ferner die Abbildung eines Schädels nebst den Oberkieferzähnen des Museums zu Lyon, die der Ober- kieferzähne aus dem Museum von Imola (Pl. 31), ferner die eines Unterkiefers des Museums zu Montpellier (Pl. 30) und die zahlreichen Abbildungen von Zähnen (Pl. 32). Auch er hält übrigens Rhinoceros megarhinus (Christol) für identisch mit Rhinoceros leptorhinus Cuv., was auch mit Forsyth Major (Atti d. 1. Soc. italiana d. sc. natur. Vol. XV. p. 382 ff., sowie Atti della Societa Toscana di science nat. Vol. Ip. 11 und p. 224) der Fall ist. Stoppani (Corso di Geologia 1 ed. und 2. ed. Milano 1873. p. 664) rechnet Rhino- ceros leptorkinus zu den Thieren der Glacialepoche. Woodward (Geol. Magaz. new ser, Dec. II, Vol. 1 1874 p. 399) führt die fragliche Art als Rhinoceros leptorhinus Cuv. pro parte auf, zieht aber die ihr nicht zugehörigen, von Cuvier ihr vindizirten, Knochen zu Rhinoceros etruscus Fale., nicht zu Rhinoceros Merckit. Rütimeyer (Ueber Pliocen und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen $. 46) wagt über die Verbreitung des Rhinoceros leptorhinus Cuv. (Rh. megarhinus Christol) nicht zu urtheilen und übergeht ihn in seinem Verzeichniss der Faunenglieder des obern Arnothales (S. 45 ff.). Er bemerkt ferner in Note 2 selbst Faleoner führe Fundorte desselben auf, die nach Allem, was die Vertheilung der Säugethiere in Italien lehrt, a dasselbe Thier beherbergen konnten. - Uebersicht der Synonymie des Rhinoceros leptorhinus Cuvier maxima ex parte'). Rhinoceros de Montpellier Marcel de Serres Journal de physique T. LXXVIIL, 1819, p. 388. Rhinoceros bicornis juv.? Cortesi Saggi geologiei Piacenza, 1819, 4 p. 72 Tav. VII. Rhinoceros leptorhinus Cuv. (Cwv. rech. s. l. ss. foss. nouv. ed. 4. T. II P. I, 1822, ». 71 etc. Pl. IX. Fig.7, Pl. X et XT. %.; &d.2% 8. T. TIL, 78329. 150 e. exclusis nonnullis rehidhiis) Rhinoceros leptorhinus Cuv. Duvernoy Arche d. Museum Tom. VII (1854) 2:91: 1) Da nur einige der bei Cuvier beschriebenen | torhinus ebenfalls zuschreibt, ihn nicht angehören, er- Knochen dem Rh. leptorhinus Cuv. nicht angehören, | scheint mir übrigens als kein Grund ihm den Namen des so scheint mir es richtiger statt ex parte, demselben ein | mit ihm auch nach meiner Ansicht identischen Rhinoceros mazxima ex parte beizufügen. Der Umstand, dass einige | megarhinus beizulegen. wenige Knochen, welche Cuvier seinem Rhinoceros lep- . MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 125 Rhinoceros & narines non cloisonnees Blainville Osteogr. Rhinoceros p. 109 und Rhi- noceros leptorhinus ib. p. 126. Rhinoceros leptorhinus Cuv. p. parte Falconer Quart. Journ, geol. Soc. Lond. 1865 Vol. XX1.»p.365, Palaeontol. Mem. II (1868) p. 310 u. p. 368 Pl. 30, 31, 32. — Lartet Ann. d. sc. nat. 1867 T. VIII. p. 176.— Woodward Geol. Magaz. new Ser. Dec. II Vol. I Nr. 9 (1874) p. 399. — Forsyth Major Atti della Soc. ital. d. Sc. nat. T. XV (1872) p. 384 und Ati della Soc. Tosc. d. Sc. nat. Vol. I. fasc. 1. Pisa 1875 p. 124 und 126. Rhinoceros megarhinus Christol Annal. d. Sc. nat. Sec. Ser. T. IV (1845) p. 44. — Gervais Zool. et paleont. fr. 2 ed. p. 91 Pl.1. Fig. 1, 2, Pl. 2 u.30; Mem. d. !’ Acad. d. Monpellier Sect. d. Sc. T. II (1851—54) p. 59 Pl. 2. — Boyd Dawkins The nat. hist. Review 1865 T. V. p. 399 (Zahnbau) Rhinoceros tichorhinus de Montpellier G. Cuv. Rech. s. l. oss. foss. T. IV (1825) p. 496 Pi. 29 Fig. 4. Rhinoceros Cuvieri Desmarest Mammalogie (1820—22) p 402 et 546 ex parte. — Fischer Synops. Mamm. (1829) p. 416 (ex parte). Ceratorhinus monspellianus Gray Proceed. Zool. Soc. 1867 p. 1023 et Rhinoceros leptorhinus Cuv. Gray Catal. of Pachydermata (1869) p. 313. Rhinoceros de Philippi Balsamo Crivelli (Siehe meinen Anhang V). Zur Charakteristik des Rhinoceros leptorhinus Cuv. maxima e. p. Da mir von Resten des Rhinoceros leptorhinus weder Originalstücke noch auch Ab- güsse derselben, sondern nur Abbildungen und Beschreibungen vorliegen, so muss ich mich in den nachstehenden Bemerkungen über die Charaktere des Knochenbaues desselben auf die darauf bezüglichen Mittheilungen Cuvier’s, Christol’s, Blainville’s, P. Gervais’s, Duvernoy’s, Boyd Dawkins’s und Faleoner’s beschränken, jedoch wurde nicht unter- lassen auch die Osteologie der beiden Tichorhinen (Rhinoceros antiquitatis und Merckii) und die der lebenden Nashörner in Betracht zu ziehen. Der Schädel des Rhinoceros leptorhinus (siehe die Abbildungen bei Cortesi, Cuvier, Christol, Gervais und Falconer a. a. 0.) bietet im Allgemeinen einerseits Aehnlichkeit mit dem der lebenden zweihörnigen, einer knöchernen Nasenscheidewand entbehrenden, Nashörner, zeigt aber auch unverkennbar Anklänge an den der Tichorhinen. Derselbe erscheint indessen weniger massiv, sowie länglicher und schlanker als bei den Tichorhinen. Im Profil betrachtet lässt er aber einen stark vortretenden Höcker für das Stirnhorn wahrnehmen und ist nicht blos hinter dem genannten Höcker, sondern auch hinter dem für das Nasenhorn bestimmten, mehr oder weniger, jedoch nicht stark, ausge- buchtet. Die vordere Abdachung der Hirnpyramide bildet einen mehr oder weniger stumpfen Winkel mit der Stirnebene. Die Profillinie des Schädels ähnelt der des Zrhinoceros suma- 126 J. F. BRANDT, ' tranus. Der Seitentheil des Schädels zeigt eine längliche Schläfengrube, die gestaltlich der der Tichorhinen sich nähert. Das Hinterhaupt ragt nach oben mässig vor, während seine hintere Fläche sich etwas nach vorn neigt. Der vordere Theil der Augengrube liegt über dem vorletzten obern, wahren Backenzahn fast unter der Stirnmitte. — Der obere Saum der Jochbögen erscheint, abweichend von Christol’s Abbildung des Schädels seiner Pl. 2 Fig. 5, nach Gervais (Mem. d. Montp. II Pl. 2 Fig. 2) mehr nach aussen gewendet. — Die vordere Oeffnung des Canalis infraorbitalis ist, wie beim Zhinoceros Merckii, der Nasen- öffnung ungemein genähert und liegt über dem dritten und vierten Prämolaren. Die von oben gesehen, einen abgerundet-herzförmigen, in der Mitte seines vordern, gekrümmten Randes einen einzigen, stumpf-dreieckigen Vorsprung bietenden Nasentheil bildenden Nasenbeine sind an ihren seitlichen Rändern verdünnt. Die an ihrem oberen Rande, wegen des von Cuvier, Cornalia, Duvernoy, Gervais und Falconer constatirten Mangels einer knöchernen Nasenscheidewand, mit den Nasenbeinen durch keine Knochenmasse vereinten Zwischenkiefer sind, wie die Oberkiefer, länger als bei den afrikanischen zwei- hörnigen Arten und nähern sich denen der Tichorhinen. Die fast länglich - elliptischen Nasenöffnungen ähneln mehr denen der Tichorhinen als denen der lebenden Formen, bieten aber in ihrer vordern Hälfte eine grössere Höhe, in der hintern erscheinen sie niedriger als bei den Letztgenannten. Der von oben gesehene Schädel (Gervais Mem. d. Montp. Pl. 2, Fig. 2, Zool. et Pal. Pl. 2 und 30) ist abweichend von dem der Tichorhinen an der obern Hälfte des Hinter- hauptes breiter, ähnelt ihnen aber durch die Gestalt des zu dem des Rhinoceros simus und bicornis hinneigenden Scheiteltheiles. Die Hornstühle sind gesondert, aber, wie es nach den Schädel - Abbildungen scheint, weniger rauh als bei den Tichorhinen. Das herzförmige Schnauzenende erinnert am meisten an das des Rh. Merckii, besitzt aber, wie erwähnt, an- statt der bei diesem vorhandenen centralen Ausrandung seines vordern Randes, nur einen centralen, frei nach unten tretenden dreieckigen Vorsprung. Der gestreckte, unten ziemlich horizontale, Unterkiefer (Gervais M&m. d. Montp. II Pl. 2 Fig. 1, Zool. et Pal. fr. Pl. 2. Fig. 8; Falc. Mem. II Pl.30) ähnelt im Allgemeinen, besonders hinsichtlich seines langen, fast platten, ansehnlichen Symphysenfortsatzes, mehr dem der Tichorhinen als dem der mit entwickelten Schneidezähnen versehenen Nashörner, und weicht von dem überaus kurzen Symphysenfortsatz der afrikanischen Nashöner bedeu- tend ab. Hinsichtlich der Gestalt seines unten convexeren Symphysenfortsatzes stimmt übrigens Rhinoceros leptorhinus mehr mit Rhinoceros Merckiüi als mit Rhinoceros antiquitatis überein. Die kleinen, rudimentären, am Ende zugerundeten Schneidezähne scheinen im Wesent- lichen denen der ZTichorhinen und zweihörnigen afrikanischen Nashörner geähnelt zu haben, aber etwas grösser gewesen zu sein, obgleich sie, nach Duvernoy, aus dem Zahn- fleisch kaum hervorragten. F MOoNOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 127 Die im Betreff der verschiedenartigen Beschaffenheit der Kaufläche ihrer Kronen, in Folge der Variation ihrer Schmelzfalten und ungleichen individuellen Abnutzung, grosse Verschiedenheiten, wie bei andern Rhinoceroten, bietenden obern Backenzähne zeigen im Ganzen mit denen des Rhönoceros Merckiüi eine unverkennbare Aehnlichkeit und neigen, wie diese, mehr zu denen der lebenden Arten hin als die des Arhinoceros antiquitatis. Ausführ- liche Bemerkungen über den Zahnbau des Rhinoceros leptorhinus haben Duvernoy, Boyd Dawkins und Falconer geliefert, worin man jedoch eine strenger vergleichende Methodik wünschen möchte. Dawkins hebt als eines ihrer Kennzeichen ihre von feinen, meist pa- rallelen Streifen, nicht, wie bei Rhinoceros antiquitatis, von unregelmässigen Runzeln durch- zogene Schmelzoberflächen hervor mit der Bemerkung, die Struktur der Schmelzoberflächen der Zähne des Rhiönoceros Merckii böte Charaktere von beiden Arten, indem sie glätter und regelmässiger gestreift als bei Rrhönoceros antiquitatis, jedoch nicht so wie bei Rhino- ceros leptorhinus Cuv. seien. Bei letztern soll sich übrigens nicht selten der vorderste Zahn als siebenter erhalten, während Duvernoy ihn als caduque bezeichnet. Die abgeschlif- fenen Kronen der obern Backenzähne desselben bieten übrigens (wie bei Ah. Merckii) meist nur 2 Schmelzringe, nicht drei, wie bei Rhinoceros antiquitatis. Was die dem Rhinoceros leptorhinus angehörigen Knochen des Rumpfes anlangt, so sind bisher als solche, meines Wissens, noch keine ganz sicher nachgewiesen, namentlich nicht näher charakterisirt worden, obgleich deren wahrscheinlich auch schon entdeckt wurden. Wie bereits bemerkt gehören nämlich die allermeisten von Cuvier seinem Rhinoceros leptorhinus zugeschriebenen, oben bezeichneten, von den homologen des Rhinoceros anti- quitatis, sowie vermuthlich auch von denen des Rhinoceros Merckii, durch ihre verlängerte Form abweichenden, auf eine hochbeinigere Art hindeutenden, Knochen der Füsse höchst währscheinlich dem Rhiönoceros leptorhinus an, eine Ansicht, der offenbar auch Gervais (Mm. d. Montp. p. 70) insofern zustimmt, wenn er sagt: der Humerus und Femur seines Rhinoceros de Montpellier sei länger (plus &lanc&) als bei Rhinoceros tichorhinus. Was die bei Cuvier Zrhinoceros Pl. XI und Rech. 4"° ed. Pl. 49 Fig. 11, 15 und 22 abgebildeten dem Rrhinoceros leptorhinus vindizirten Fussknochen anlangt, so dürften sie aber, wegen ihrer grössern Kürze und Dicke wohl auf Rh. Merckii sich beziehen lassen. (Siehe oben.) Es ist jedoch zu wünschen, dass die Naturforscher Frankreichs und Italiens, wo man Knochen des Rhinoceros leptorhinus in grösserer Zahl entdeckte, der vergleichenden Be- schreibung und Abbildung der Knochen des Rumpf- und Extremitätenskeletes desselben eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden und die Unterschiede desselben von dem des Rhinoceros antiquitatis und Merckii genau feststellen möchten. Nach Gypsabgüssen der von Nesti beschriebenen Knochen des Rhinoceros leptorhinus sollen übrigens, Blainville zu Folge, die Knochen der Extremitäten desselben zwischen denen des Zhinoceros africanus und sumatranus die Mitte halten, mehr aber noch denen 128 J. F. BRAnDT, des javanus ähneln, während der Femur des Rrhinoceros leptorhinus dem des Rh. sansa- nensis gliche, eine Ansicht, die mir aber einer nähern Bestätigung zu bedürfen scheint. Ueber Verwandtschaften des Rhinoceros leptorhinus. Mit Recht meinte schon Duvernoy, Rhinoceros leptorhinus sei, wenn man Rhino- ceros antiquitatis voranstellt und ihm Rhinoceros Mercküi (seinen protichorhinus) folgen lässt, dem letztern anzureihen. Gervais (Mm. d. Montp. II. p.73) glaubte, die Verwandtschaften des Rh. leptorhi- nus dahin bestimmen zu können, dass er angiebt, derselbe scheine aus der Zahl der bisher bekännten Nashornarten zwischen den indischen und miocänen, mit grossen Schneidezähnen versehenen und den zweihörnigen afrikanischen seinen Platz einzunehmen. Er würde übri- gens als ein solcher eine Lücke zwischen Rhönoceros simus und den Tichorhinen ausfüllen, so dass Rhinoceros tichorhinus das eine Ende der Artenreihe die Untergattung Acerothe- rium aber das andere derselben einzunehmen haben würde. Nach meiner Ansicht steht Rhinoceros leptorhinus hinsichtlich seiner gestreckten, bei Gervais (Mem. d. l’ Acad. de Montpellier) am besten dargestellten Schädelform, der Bil- dung des Nasentheils desselben, besonders seiner verlängerten, niedrigern Nasenöffnungen, sowie der Gestalt des grössern Unterkiefersymphysen-Fortsatzes der Gruppe der Tichorhinen näher als den andern Rhinoceroten. Aus der Zahl der Tichorhinen ähnelt inzwischen Rhi- noceros Merckii dem Rhinoceros leptorhinus im Betreff der Form des Nasentheils seines Schädels und seiner Backenzähne mehr als Rihinoceros antiquitatis. Durch den Mangel einer knöchernen Nasenscheidewand entfernt sich allerdings Rhinoceros lepthorhinus von den Tichorhinen und stimmt mit den andern Nashörnern überein. Die verkümmerte Entwicke- lung der Schneidezähne hat er mit den 7ichorhinen und afrikanischen Nashörnern gemein, ebenso wie die Gegenwart zweier Hörner, eines Stirn- und eines Nasenhorns. — Uebrigens scheint derselbe höhere und schlankere Extremitätenknochen besessen zu haben als die andern Nashörner. Als eine an zwei andere Gruppen der Tichorhinen und afrikanischen Nashörner erin- nernde Form dürfte sich Rhinoceros leptorhinus zur Erzielung einer schärferen Charak- teristik der Nashorngruppen als eine von den bisher aufgestellten verschiedene, namentlich als Typus eines Subgenus Mesorhinoceros, bezeichnen lassen, eines Subgenus, welches, wenn die Tichorhinen den andern Rhinoceroten vorausgeschickt würden, unmittelbar den erstern zu folgen hätte, während dasselbe, wenn die 7ichorhinen die Reihe der Rhinoceroten be- schlössen, unmittelbar vor ihnen zu stehen kommen würde. Ein solches Verhältniss könnte möglicherweise die Ansicht veranlassen, Rhönoceros leptorhinus sei nicht als eigene Urart, sondern als eine solche Form anzusehen, welche viel- leicht einer hypothetischen Urform der Rhinoceroten am nächsten stand, wenn wir nicht nach dem jetzigen Zustande unserer paläontologischen Kenntnisse anzunehmen hätten, dass MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 129 die ihm verwandten Tichorhinen, so weit wir bis jetzt das Vorkommen der Reste des Rh. leptorhinus kennen, nicht ursprünglich mit ihm zusammen lebten, sondern in einer spätern Periode seiner Existenz als bereits selbstständige Arten einer alten nordasiatischen Fauna (Urfauna) vom Nordosten her in sein südwestliches, europäisches Wohngebiet eindrangen und dass sich noch keine wahren Zwischenstufen, weder zwischen den Tichorhinen und Rhinoceros leptorhinus noch zwischen ihm und den afrikanischen Nashörnern nachweisen lassen. Einige Worte über die Grösse des Rhinoceros leptorhinus. Nach Duvernoy (p. 102) beträgt die Länge des grössten, am besten erhaltenen, der bisher bekannten Schädel des Rhinoceros leptorhinus, die des bei Montpellier gefundenen, 0,820, während die Länge des grössten aus Irkutzk erhaltenen Schädels des Rh. Merckii des Museums der St. Petersburger Akademie 0,830, die des grössten Schädels des Rh. antiquitatis desselben Museums 0,360 beträgt. Rh. leptorkinus dürfte also, wenn, wie es wahrscheinlich sein möchte, der Schädel von Montpellier einem seiner grossen Individuen angehörte, vermuthlich eine etwas geringere Grösse als Rh. antiquitatis und Merckü er- reicht, der letztgenannten Art aber sich mehr angenähert haben als der erstgenannten, je- doch hochbeiniger gewesen sein. Geographische Verbreitung. Lartet zu Folge (Ann. d. sc. nat. 1867 VIII p. 175) würde man annehmen können, Rhinoceros leptorhinus hätte mit Rn. Merckii während und nach der Eisperiode in West- Europa gelebt. Ch. Murchison (Introductory rem. in Falconer’s Palaeontol. Mem. II p. 310) und Woodward a.a.O. p. 399 erklärten denselben für die einzige europäische plio- oder post- pliocäne Art. Als Länder, aus denen man mit Sicherheit seine Reste kennt, sind Italien, Frankreich und England zu nennen. Die meisten und gleichzeitig bedeutensten haben bis jetzt Italien und Frankreich geliefert. Als italienische Fundorte werden Ponte Molle bei Rom, Monte Sacro, Torre di Quinto, Ponte Mammolo, Montignoso, Val di Chiana, Parma, Ardenza und die Kohle von Leffe genannt. Nach Forsyth Major (Atti della Societa Italiana di Sc. nat. Vol. XV p. 384) soll man übrigens die Reste der fraglichen Art in Italien meist in post- tertiären Schichten gefunden haben '). 1) Falconer würde nach Rütimeyer (Ueber Pliocen und Eisperiode p. 46) italienische Fundorte anführen, die unmöglich dasselbe Thier beherbergen konnten. Memoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serio. 17 130 Er J. F. BrAnDTr, In Frankreich hat man deren bei Montpellier, Lenz Letang, Moras (Drome) und in der Auvergne entdeckt. England lieferte Reste aus dem Forestbed bei Ilford (Essex) mit denen von Elephas primigenius; ein Vorkommen, das auf ein periodisches Zusammenleben nicht nur des Rhi- noceros amtiquitatis, sondern auch des Rhönoceros Merckiüi mit leptorhinus hinweist. Aus Italien kennt man indessen ein Vorkommen mit Rhinoceros antiquitatis noch nicht, da Reste desselben bis jetzt dort noch nicht nachgewiesen sind. In Deutschland wurden, meines Wissens, noch keine Reste der letztgenannten Art sicher nachgewiesen, obgleich Falconer (Mem. II p. 398) die kirchberger Zähne des Rhönoceros Merckü zu Rh. leptorhinus Cuv. ziehen zu können vermeinte. Dies scheint auch von den östlich von Deutschland gelegenen Ländern, vielleicht je- doch mit Ausnahme Bessarabiens, zu gelten. Ein bei v. Nordmann (Palaeontol. Südruss- lands p. 260) beschriebener und ebendaselbst Taf. XIX Fig. 3 abgebildeter, einer dritten, kleinen, fossilen Nashornart Russlands zuerkannter, in Bessarabien gefundener Unterkiefer- rest, den ich durch die Güte des Hrn. Professors Mäklin zu untersuchen Gelegenheit hatte, könnte nämlich möglicherweise dem Ahinoceros leptorhinus angehört haben. (Siehe meine Note: Ueber die bisher in Russland aufgefundenen drei verschiedenen Arten angehö- rigen Reste ausgestorbener Nashöner Bull. d. "Acad. Imp. d. Sc. de St.-Petersbourg, Tom. XXI. p. 81). Schlieslich möchte ich mir erlauben, die wesentlichen Kennzeichen der oben vorge- schlagenen Untergattung Mesorhinoceros hinzuzufügen, welcher Rhinoceros leptorhinus als bisher einzige Art zur Grundlage dient. Snbgenus Mesorhinoceros Brät. Subgenus 2 Mesorhinoceros Brandt. Uebersicht der Nashornarten. Cranium satis elongatum. Partis nasalis ejus latae margo anterior integer, rotundatus, in medio tamen dentis forma prominens. Nares septo cartilagineo disjunctae. Narium aper- turae elongatae, oblongae, satis humiles. Mandibulae symphyseos processus anterior la- minae satis magnae similis. Dentes incisivi haud evoluti. Areae binae cornuum insertioni destinatae. Character speciei unicae characteri Subgeneris consentaneus. AnhangX%V. Ueber Rhinoceros de Philippi Balsamo Crivelli’s. Ein Hr. Botta fand in der ihm angehörigen Lignitgrube von Leffe fünf Zähne eines Thieres, die Hr. Prof. Balsamo für den 2ten, 3ten, 4ten, öten und 6ten Backenzahn des MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 131 linken Oberkiefers einer unbekannten Nashornart erklärte, und da sich nach ihm die Zähne von denen des Rhinoceros tichorhinus und leptorhinus unterschieden, einem Rh. de Phiyippi zuerkannte (Biblioteca Italiana T. 59, Giornale dell I. R. Istituto Lombardo T. I Milano 1844 ». 239 T. II p. 143, 144). In H. Faleoner’s Palaeontol. Memoirs and notes Vol. II p. 320 ist Rhinoceros de Philippi unter #9 zwischen Rhinoceros Merckii ünd Rhinoceros leptorhinus ohne Nachweis seiner artlichen Selbstständigkeit aufgeführt. Rütimeyer (Ueber Pliocen und Eiszeit $. 39) bemerkt, von den in der Kohle von Leffe häufigen Nashornresten trügen die in Mailand aufbewahrten die Namen Rhinoceros leptorhinus Cuv., der ihnen von Falconer gegeben wurde, und Rhinoceros de Filippi Bals. Criv. Sehe man von Letztern, als einem blossen Localnamen, ab, so leiste leider auch der erstere bekanntlich nur sehr zweideutige Dienste. Ferner lesen wir bei Rütimeyer: Dr. Forsyth schreibe die Ueberreste aus Leffe dem Rhinocero etruscus Fale. zu, worüber er nichts zu sagen wage, da einzelne Zähne oder Zahnreihen, wenn sie nicht mit Hülfe typischer Schädel controlirbar sind (wie er mit Recht bemerkt), keine Sicherheit geben. Uebrigens scheine in Leffe nur eine Nashornart vorzukommen. Das Letztere meint auch Dr. Forsyth in einem Schreiben, welches er kürzlich nebst der Abbildung eines hintersten obern Backenzahnes von Leffe an mich zu richten die Güte hatte mit dem Bemerken: wenn es sich um die Wahl zwischen leptorhinus Owen (also Rh. Merckii) und leptorhinus Cuv. (e.p.) handelt, würde man nicht lange anstehen, sich für den letzteren zu entscheiden. Die Abbildung des Zahnes von Leffe finde auch ich der des ihm entsprechenden Zahnes des Rhinoceros leptorhinus in Falconer’s Mem. Pl. 31 Fig. 1 m. 3 und Fig. 3 rechterseits, sowie Gervais’s inden Mem.d. Montp. Pl. 2 Fig. 3 einander im Wesentlichen so ähnlich, dass alle sehr wohl auf dieselbe Art (Rhinoceros leptorhinus Cuv. wie mir scheint) bezogen werden können, besonders wenn man bedenkt, dass der letzte obere Backenzahn, wie die andern, Variationen zeige, so z. B. bei Gervais Zool. paleont. 2° ed. Pl. 1 Fig. 1 und Pl. 2 Fig. 6,7 sehr auffallende. Anhang WV]l. Einige Worte über Rhinoceros sivalensis palaeindieus und platyrhinus Falconer et Cautley. In Falconer’s und Cautley’s Fauna antiqua sivalensis Part VIII Pl. 72, 73, 74 und 75 sind Nashornreste abgebildet, die drei verschiedenen Arten von ausgestorbenen Nas- hörnern, einem Rhinoceros sivalensis, einem Rhinoceros palaeindicus und einem Rhinoceros platyrhinus auf den eitirten, bis jetzt der wünschenswerthen Beschreibungen ermangelnden , Tafeln zugeschrieben werden, 17* 132 mid... Fi BRANDT, Gegen diese Deutung der fraglichen Reste aus den Sivalikbergen sind indessen, und wie es scheint nicht mit Unrecht, von mehreren Seiten Zweifel erhoben und sie als noch lebenden Arten angehörige betrachtet worden. | Bereits Baker und Durand (Journ. asiat. soc. of Bengal Vol. V [1836] p. 486—493 Pl. XVY—XIX), denen Blainville (Osteogr. p. 85, 203 et 213) zustimmt, machen Mit- theilungen über fossile Reste des Rhinoceros indicus, die in den Vorbergen des Himalaja gefunden wurden. Blyth (Journ. asiat. soc. of Bengal Vol. XXXI [1862] p. 157) be- merkte: The Rhinoceros sivalensis of Cautley and Falconer comes exceedingly close to the existing indicus with the narrow form of skull, and their Rhüroceros palaeindicus to the same with the broad form of skull. Er wirft dann noch die Frage auf: Can it be the iden- tical species which has lived down to the present time? Der er hinzufügt: The discrepaney is, at least, not greater than subsists between Dison priscus and the modern Zubr, wich are considered by Owen to be one and the same. Nach Maassgabe des Gypsabgusses eines Schädels des Rhinoceros palaeindicus, welchen die Akademie der ostindischen Com- pagnie verdankt, glaube ich Blyth um so so mehr beistimmen zu können, da ich in meinen Zoogeographischen Beiträgen, wie Owen, die specifische Identität des Bos priscus und Bos bison (Zubr) für sicher halte, die nördliche Verbreitungsgrenze des Rh. indicus aber noch jetzt mit den südlichen Abhängen des Himalaja beginnt, so könnte früher Rh. indicus dort in etwas veränderter Form existirt haben ohne eine eigene Art darzustellen. Was den Rhinoceros platyrhinus Gautley’s und Falconer’s (Fauna anltig. siwvalensis Part. VIII. Pl.72) anlangt, so erklärt denselben Blyth (Journ. of the asiat. soc. of Bengal Vol. XXXI/ [1862] p. 157) geradezu für einen sehr grossen Ahinoceros sumatranus, der also früher weit grösser wurde, wie dies auch vom Bos bison gilt. MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 133 Erklärung der Tafeln. Tafel I. Fig. 5. Das aus Semipalatinsk gesandte Fragment des Unterkiefers eines jungen Rhinoceros Merckii des akademischen Museums, '/, nat, Grösse, von unten gesehen. Fig. 6. Das vordere Ende des genannten Fragmen- tes, von oben betrachtet. Fig. 1. Der aus Irkutzk erhaltene Schädel des Rhi- noceros Mercküi, von der Seite gesehen, '/; nat. Grösse. Fig. 2. Derselbe von oben, '/, nat. Grösse. Tafel II. Fig. 7—9. Zwei obere Backenzühne des Rhinoceros Fig. 1. Der genannte Schädel von unten, '/, nat. Merckii aus der Sammlung des Hrn. Prof. Grösse. Barbot de Marny, '/, nat. Grösse. — Fig. Fig. 2. Derselbe von hinten, '/, nat. Grösse. 7 dieselben die abgeriebene Kronenfläche Fig. 3. Der Schnauzentheil desselben von vorn, '/, zeigend, Fig. 8 von der äussern und 9 von nat. Grösse, innern Seite gesehen. Fig. 4. Der Schnauzentheil des Schädels eines Rhi- noceros tichorinus seu antiquitatis von unten, Tafel IV. \/, nat. Grösse, Fig. 1. Schnauzen- und Stirntheil des Schädels des Fig. 5. Derselbe von oben, '/, nat. Grösse. Rhinoceros Merckii? nach einem vom Hrn. Fig. 6. Derselbe von vorn gesehen. Professor Meneghini erhaltenen Gypsabguss des im Museum zu Pisa aufbewahrten Origi- Tafel TIL. nales, /, nat. Grösse, im Profil. Fig. 1. Der Gesichtstheil des Schädels des Rhino- | Fig. 2. Derselbe von oben und Fig. 3 von unten ceros Merckii, mit den Backenzähnen, von gesehen. unten, '/, nat. Grösse, nach H. v. Meyer's| Fig, 4. Der Schnauzentheil desselben von vorn. Palaeontographica. Fig. 5. Der Unterkiefer desselben von oben, Fig. 6 Fig. 2—4. Der aus Polen erhaltene, im Museum von unten und Fig. 7 von der Seite gesehen. der St. Petersburger Akademie aufbewahrte, | Fig. 8 (nicht wie auf der Tafel steht Figur 5). Der Unterkiefer des Rhinoceros Merckiü. — Fig. im Westend bei Charlottenburg, unweit Berlin, 2 von der Seite, 3 von oben und 4 von unten gefundene, im berliner paläontologischen Mu- gesehen, '/, nat. Grösse, seum unter No, 640 aufbewahrte vordere Unter- 134 r kiefertheil eines Rhinoceros antiquitatis, von unten, '/, nat. Grösse. Fig. 9. Der vorderste Theil desselben von oben ge- sehen. Tafel V. Eine durch Hrn. Akademiker Zittel's Güte erhal- tene verkleinerte Darstellung des im paläon- tologischen Museum zu München befindlichen Skelets des Rhinoceros antiquitatis. Tafel VI. g. 1. Darstellung des im Museum zu Pisa befind- lichen, unweit Arezzo im Botro Maspino, vor 5 Jahren, gefundenen Schädels des Rhi- Fi etwa 5 noceros Merckii, nach einem vom Hrn. Prof. Meneghini gütigst erhaltenen Gypsabguss, von oben gesehen, '/, nat. Grösse. 2. Derselbe im Profil, Fig. 3. Der Schnauzentheil desselben von vorn. Fig. 4—7 der Atlas und Fig. S—10 der Epistro- pheus des Rhinoceros tichorhinus seu an- tiquitatis nach Gypsabgüssen vom münchener Skelet, die ich vom Hrn. Prof. Zittel erhielt, \/, nat. Grösse. Fig. 4 der Atlas desselben von oben, 5 von unten, 6 von vorn und 7 von hinten. . 8 der Epistropheus desselben von vorn, 9 von hinten und 10 von der Seite dargestellt. Fig. Tafel VII. Fig. 1—13 dem Rhinoceros tichorhinus und Fig. 14 dem Rhinoceros Mercküi angehörige Skelet- theile, '/, nat. Grösse. 1 einer der vordersten Rückenwirbel von vorn, 2 von hinten und 3 von der Seite. g. 4 ein mittlerer Rückenwirbel von vorn, 5 von hinten und 6 von der Seite. Fig. 7 das Kreuzbein von der Seite und Fig. 8 von unten. g. 9 und 10 zwei obere Rippenstücke. g. 11. Die linke Beckenhälfte. g. 12. Der Gelenktheil des linken Schulterblattes. — Die Figuren 1—12 nach münchner Gyps- abgüssen. Fig. F wi. Fi F Fi ee J. F. BRANDT, Fig. 13. Das Fragment des linken Schulterblattes derselben Art, nach einer von Giebel gütigst mitgetheilten Zeichnung. Fig. 14. Die im Braunschweigischen gefundenen Backenzähne des Oberkiefers des Rhinoceros Mercki, nach gewogentlich mitgetheilten Zeichnungen des Hrn. Geh.-Raths Grotrian. Fig. 15u.16. Ein anfangs von mir dem Rhinoceros Merckii (S. 93) zugeschriebener Theil des vordern Endes des Kreuzbeins aus dem sa- mara’schen. — Fig. 16 von vorn und 16 von unten gesehen. Tafel VII. Knochen des linken Vorder- und Hinterfusses des Rhinoceros tichorhinus, nach Gypsabgüssen des münchner Skeletes desselben, '/, nat. Grösse dargestellt. Fig. 1 der Oberarm, 2 der Radius und 3 die Ulna von vorn gesehen. Fig, 4 der Oberarm und 5 der Radius, die hintere Fläche zeigend. Fig. 6 der Oberschenkel und 7 die Tibia, denen nach Blainville ein Fragment der Fibula, Fig. 8 im Umrisse beigefügt ist. Fig. 9 der Oberschenkel und 10 die Tibia von der hintern Fläche gesehen. Tafel IX. Mehrere Halswirbel (Fig. 1—9) nebst den Knochen des vordern (Fig. 10) und des hintern untern Theiles des Fusses (Fig. 11, 12, 13) des Rhinoceros tichorhinus seu antiquitatis. Fig. 1. Der verkleinerte dritte Halswirbel nach Hollmann Commentarii Societ. Goettingens. T. II Tab. I Fig. 8 et 9. Fig. 1 derselbe von vorn und 2 von hinten gesehen. Fig. 3, 4. Ein nach einem im Museum des hiesigen Berginstitutes befindlichen, aus dem Gouver- nement Samara stammenden Exemplar ge- zeichneter Halswirbel, '/, nat. Grösse, den ich ebenfalls als dritten (?) ansehen möchte. Fig. 3, derselbe von der Seite und Fig. 4 von vorn gesehen. Fig. 5, 6. Ein aus Cuvier (Rech. Pl. 52 Fig. 11, MONOGRAPHIE DER TICHORHINEN. 12) copirter, von ihm für den vierten erklär- ter Halswirbel. Fig. 5 von hinten und 6 von der Seite dargestellt. Fig. 7. Contur des sechsten Halswirbels des mün- chener Skeletes, welchen ich vom Hrn. Akad. Zittel erhielt, von der Seite. Fig. 8, 9. Copieen des siebenten Halswirbels nach Cuvier (ebd. Fig. 13, 14). Fig. 8. Derselbe von hinten und 9 von der Seite gesehen. Fig. 10. Die nach Gypsabgüssen dargestellten am münchener Skelet vorhandenen Knochen des linken Vorderfusses, !/, nat. Grösse). a Das os naviculare mit seiner Gelenkfläche «& für das os multangulum majus, b das Os lunatum, e das Os triquetrum, d das Os capitatum, e das Os hamatum und f das Os accessorium ossis hamati, g der innere, h mittlere und i der äussere Metacarpialknochen, k das erste (basale) Zehenglied der innern und 1 äussern Zehe, m das mittlere Zehenglied der mittlern und n der äussern Zehe?). Fig. 11, 12 und 13. Knochen des linken Hinter- fusses. Fig. 11. Knochen des untern Theiles des linken Hinterfusses nach Gypsabgüssen des münchener Skeletes, von oben gesehen, '/, nat. Grösse. a Der Astragalus, b der Calcaneus, c das Os navi- eulare, d das os cuneiforme primum, f das os euboideum, g der innere, h der mittlere und ı der äussere Metatarsalknochen. Fig. 12 und 13. Knochen des linken hintern Fusses der wiluischen Leiche, '/, nat. Grösse. Fig. 12, dieselben von der vordern (obern), 13 von der untern Seite gesehen. b Der Calcaneus, d das Os cuneiforme primum, e das Os cuneiforme secundum, f das os cuboideum, g der innere, h mittlere, i der äussere Mittel- fussknochen, k das Basalglied der inneren, ] 1) Durch ein Versehen ist im Text auch die auf Taf. IX dargestellte Fig. 10, Seite 36, Zeile 18 und 31, ferner Seite 37, Zeile 12, 21, 30, 39, dann Seite 38, Zeile 11 und 32, sowie Seite 39, Zeile 5, 14 und 22; auch in der Be- 135 der mittleren, m der äussern Zehe, mit den unter ihnen befindlichen, auf Fig. 13 darge- stellten paarigen Sesambeinchen — n, 0, p die mittlern, und q, r, s die endständigen Zehen- glieder. — Zwischen dem mittlern Gliede der Mittelzehe (Fig. 13, 0) und dem Endgliede (ebd. r) derselben sieht man ein eigenthüm- liches queres Sesambeinchen t, welches unter Fig. 14 (nicht wie S. 41, Zeile 22, im Text steht, Fig. BA t) in nat. Grösse besonders dargestellt wurde. Tafel X. Verkleinerte Darstellung des ganzen Skeletes auf Grundlage der mit Tafel V gelieferten mün- chener, vom Hrn. Prof. Zittel gütigst mitge- theilten, Darstellung, unter Zuziehung der münchener Gypsabgüsse seiner Knochen. Tafel XI. Darstellungen verschiedener Wirbel und zweier Schulterblätter, welche ich dem Rhinoceros Merckii zu vindiziren geneigt bin. Fig. 1, der Atlas von hinten und Fig. 2 von oben gesehen, '/, nat. Grösse. Fig. 3—5, der Epistropheus, Fig. 3, von vorn, 4 von hinten und 5 von der Seite gesehen. Fig. 6—8. Wie es scheint, der vierte Halswirbel, Fig. 6 von vorn, 7 von hinten und 8 von der Seite gesehen. Fig. 9—11 möchte ich für den sechsten Halswirbel halten, der zu '/, nat. Grösse durch Fig. 9 von vorn, Fig. 10 von der Seite und Fig. 11 von seiner hintern Fläche dargestellt wurde. Fig. 12, ein Rückenwirbel von vorn und 13 von der Seite gesehen, '/, nat. Grösse. Fig. 14. Ein Schulterblatt nach Kaup. Eig. 15. Ein zweites Schulterblatt, dessen Darstel- lung ich Hrn. Prof. Strobel verdanke. schreibung der Fussknochen der Hinterbeine irrigerweise eitirt worden. Man bittet daher die Citate der Fig. 10 auf Seite 36—39 gänzlich zu ignoriren. Ru ir Dose Andale ig LO ku. BI A ya ;\, Bull Run U DruntasinN «hr aL i N un TEE ri | j Ei G ar, ki Fü Me rau alt ale nr. in Ram Ne} einhlar Ey HF Aal, 4% Sul im ' yeah | ur) hr .palne H) m vi I u a ae Nr: "aa RN Da er Mn BR nz | Fit) BaRaV. ar EN IEEINETNNO BR to Er ‚u udn ackanll "aba in Ka 1% La] Be | Nartab KEN ie! MEN Sn um | met : ER MT) var ae u \i Bin nal Kun. Er 4 F ' ef bau a iM, Dh Tin, a ji a ARIK: . * a 170 ST Tu er fir “ Br, “. Bulle of ah ur BI it on h ‚lan ku alyns | M Ntstsanukr saftig aa eihstunkasg: an tn nl to$ % | in Faro. m sd 4 Aha Te un ’ RT. RL m + Urn) I anal a ae. 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Figur 8,9 Rhinoceros fichorhinus. waoyunw " TETEM F MISONFI Wa ONLY] STUNPLOWOT) SOIDOLIUY AL unypıL Spoon Z WUVAag AL 438 la 98 p dp "pvop. 2 9P "WON Men.d Acad. Imp. d.se.VllSerie. LF Brandt: Tichorkini TVL. Dvsianikov del. Lith.Anst v. lvanson ‚St Petersburg. Figur4-8 Ahingeeros Merckii Figur 4-9 Rhinoceros tichorhnus Men dl Acad. Imp.d.sc VI Sri | | 17’Brand: Tichorhini PUT Lith. Anst. v. Ivanson S Pefersburs a Figur 1413 Rhinoceros fichorhinus. 14-16 Rhinoceros Merckn Mem. dl’Acad. Immp. d.sc. VII Serie. IF Brandf: Tichorhini T. VII. Lith Anst v. Ivanson St Pelersburg, Ovsianıkov del. Rhinoseros Ticharhinss. IF Brandt: Tichormni TI Rhinoceros fichorhinus. Lith. Anst.v. |vanson, S' Petersburg vsjanikov del. Bungsunpagıg vasuea| Agsuy I] ‚SNU TOOL) 80480 0UryY a ne Ya uunpt, pueag 1 | Aug jn asp Au peayy Ip way Mm. dlAcad.Imp. d.sc/Inerie. LF Brandt : Tichorhinn. TAT # Rhinoceros Merck Jasg.? Sianikov del Lih. Ansfiv. lvanson.S! Petersburs E HrosiaH ah NN, SU, Baus 1 FERN rat SHE ers MEI I ae Me Bar. ER ENTE re! } BE ACHRETTRE HR EEE. Kar} % ai ar BR OR DEN EM BEN HERR ET ENET. Bi DPEE tn, ER Ale EN RR RRa ISBE N a ne die = EN N TR rT re jr: ar DT , NE TIET E Mrd AR N NY Ra EL en1y RN NER Sao ei > Et De a a er Are WW. aloe, N u rat Fr OL. | EL e ae Er ie u Wi FE NEE 2 Rn IT AERTIERLT NETEHNE EIERN REN ET >” je. 37 per ee ie A a y Jun? 4 DD ca Fr As ! ? . I“ a a an nn EEE I) Gugw 0 0) SR BEKANNTMACHUNG der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Als im ‚Jahre 1847, bald nach Rückkehr des Herrn Dr. A. Th. von Middendorff v von seiner sibirischt seitens der Akademie der Wissenschaften die Herausgabe seiner Reisebeschreibung in deutscher Sprache wurde, einfacherer Berechnung wegen, für jeden Band derselben, ohne Rücksicht auf sein Umfang und der Zahl in ihm enthaltenen Tafeln, einförmig der Preis von 5 Rub. 40 Kop. (6 Thlr.) bestimmt. Gegenwärtig kann das W. ungeachtet einer Lücke im "zweiten Bande, als vollendet betrachtet werden, und zwar enthält dasselbe 16 Liefe die zu 4 Bänden zusammengestellt sind, Da jedoch der Inhalt des Werkes ein sehr Kr und fast jede d Lieferungen einer besonderen Specialität gewidmet ist, so hat die Akademie, um die verschiedenen Theile des den betreffenden Fachgelehrten zugänglicher zu machen, die Bestimmung getrofien, dass von nun an wie die und auch die Lieferungen einzeln im Buchhandel zu haben sein sollen, und zwar zu den folgenden, nach Umfang der Tafeln normirten Preisen. Dr. A, Th. v. Middendorff’s Reise in den äusserten Norden und Osten Sibiriens während d Jahre 1843 und 1844 mit Allerhöchster Genehmigung auf Veranstaltung der Kaiser lichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg ausgeführt und in Verbindu ; mit vielen Gelehrten herausgegeben. 4 B“* in4® (1847 — 1875). : Ba. I. Th. I. Einleitung. Meteorologische, geothermische, magnetische und geognostische Beobachtungen. Fossile Hölzer, Mollusken und Fische. Bearbeitet von K. | ___ _ E von Baer, H. R. Göppert, Gr. von Helmersen, Al. Graf Keyserling, E. | rtı. | ec. | Mr Lentz, A. Th. v. Middendorff, W. v. Middendorf, Johannes Müller, Ch. ums Peters; Mit. 15Iith. "Tafeln. TS28.7LVT U,2747 8: ey Bd, I. Th. IL Botanik. Lf, 1. Phaenogame Pflanzen aus dem Hochnorden. Bearbeitet von E. R. v.Trautvetter. 1847. Mit 8 lithogr. Tafeln. IX u. 190 S. Lf. 2. Tange des Ochotskischen Meeres. Bearb. von F. J. Ruprecht. 1851. - Mit 10 chromolithogr. Tafeln. (Tab. 9 — 18.) S. 193 —435..... Lf. 3. Florula Ochotensis phaenogama. Bearbeitet von E.R.v. Trautvetter und OÖ A. Meyer. Musci Taimyrenses, Boganidenses et Ochotenses nec non Fungi Boganidenses et Ochotenses in expeditione Sibirica annis 1843 et 1844 collecti, a fratribus E. G. et G. G. Borszezow disquisiti. Mit 14 lithogr. Tafeln. (19—31.) 1856. 148. S........ Bd. IH. Zoologie. Th. I. Wirbellose Thiere: Annulaten. Echinodermen. Insecten. Krebse. Mollusken. Parasiten. Bearbeitet von E. Brandt, W. F. Erichson, Seb. Fischer, E. Grube, E. Men&triös, A Th. v. Middendorff. Mit 32 lith. Tafeln. 1851. 5168. (Beinahe vergriffen). Th.II. Lf.1. Wirbelthiere. Säugetbiere, Vögel und Amphibien. Bearb. von Middendorff Mit 26 lithogr. Tafeln. 1853. 256 S......... (Vergriffen). Bd. IIL Ueber die Sprache der Jakuten. Von Otto Böhtlingk. Th. I. Lf. 1. Jakutischer. Text mit deutscher Uebersetzung. 1851. 96-8............cursconsnneee Lf.2. Einleitung. Jakutische Grammatik, 1851. S. LIV u. 97 — 397. Th. II. Jakutisch-deutsches Wörterbuch. 1851. 184 S........22ccr2220 Ba. IV. Sibirien in geographischer, naturhistorischer und ethnographischer Beziehung- Bearbeitet von A.v. Middendorff. Th. I. Uebersicht der Natur Nord- und Ost— Sibiriens. Lf. 1. Einleitung. Geographie und Hydrographie. Nebst Tafel II bis XVIII des Karten-Atlasses, 1859. 200 S. und 17 Tafeln des Atlasses.,.. Silber. Lf.2. Orographie und Geognosie. 1860, S. 201— 332. (Vergriffen...... L£.8. Klinie 1681. 8.388 — 523 u. KRV N MEET Lf.4. Die Gewächse Sibiriens. 1864. 8. 525 — 783 u. LVI........... Th. DO. Uebersicht der Natur Nord- und Ost-Sibiriens. Lf. 1. Thierwelt Sıbiriens. 1867.:8::785-— 1092 u. XUE 22 ..2.:. 0. Da >. Lf.2. Thierwelt Sibiriens (Schluss). 1874. 8. 1095 —1394........ Lf.3. Die Eingeborenen Sibiriens (Schluss des ganzen Werkes). 1875. S. 1395 — 1615. Mit 16 lith. Tafeln. ..........2..2...... NMNMIUMINLNN 2044 10