© LEOLSBOO en 1 FF | | | h VORLESUNGEN ÜBER DIE ZELLE UND DIE EINFACHEN GEWEBE DES THIERISCHEN KÖRPERS VORLESUNGEN ÜBER DIE ZELLE UND DIE EINFACHEN GEWEBE DES THIERISCHEN KÖRPERS MIT EINEM ANHANG: TECHNISCHE ANLEITUNG EINFACHEN HISTOLOGISCHEN UNTERSUCHUNGEN VON DR. R. S. BERGH DOZENT DER HISTOLOGIE UND EMBRYOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT KOPENHAGEN MIT 138 FIGUREN IM TEXTE WIESBADEN C. W. KREIDEL’S VERLAG 1894 FEB 171064 e %, Y ensry nr Tor 882021 Druck von Carl Ritter in Wiesbaden s WENTEN Uni. | HERRN PROFESSOR D*: WALTHER FLEMMING VORZÜGLICHER HOCHACHTUNG GEWIDMET Ro- . J% N: r NN R Buch. Erstes & Sn & N Fi & — = >) > he Zelle, ierise Bergh, Die th MEOTEWEON: L: Das vorliegende Lehrbuch hat den Zweck, eine Einleitung zum näheren Studium der thierischen Histologie oder Gewebelehre dar- zubieten; ich habe es versucht, die allgemeinsten histologischen Begriffe und Erscheinungen durch Beispiele und Illustrationen zu erläutern. Die Ausarbeitung hat mit Schwierigkeiten verschiedener Art zu kämpfen gehabt: erstens was die Begrenzung angeht, indem es unmöglich war, den Bau der Organe als solche ganz unberück- sichtigt zu lassen, und dieser Theil der Histologie doch möglichst wenig berührt werden musste; zweitens aber auch wegen der an vielen Punkten herrschenden Unsicherheit unseres Wissens. Grosse Kapitel der Histologie sind gegenwärtig in einer starken Strömung begriffen: Anschauungen, die noch vor 10—15 Jahren als fest be- gründet galten, sind in der neuesten Zeit wegen neuentdeckten That- sachen gänzlich verlassen worden, und es macht sich auf vielen Ge- bieten ein starker Bruch zwischen Altem und Neuem geltend, sodass es oft schwierig ist, auf der gegenwärtigen Erkenntnissstufe zu unter- scheiden, was wahr und richtig ist. Dieses sei zur Entschuldigung eventueller Missgriffe oder Mängel der Darstellung gesagt; ich hoffe trotzdem, dass meine Arbeit nicht ganz unnütz sein wird, da ein solches kurzes Lehrbuch der allgemeinen thierischen Histologie gegen- wärtig nicht vorhanden ist. VII Vorwort. Im November 1892 erschien dieses Buch in dänischer Sprache; etwa vierzehn Tage nach der Herausgabe desselben bekam ich als Neuigkeit vom Buchhändler die sehr wichtige Arbeit Oskar Hertwig’s: „Die Zelle und die Gewebe“. I. Theil. Hertwig hat die Lehre von der Zelle nach einem ähnlichen Grundplan, aber nach einem viel grösseren Massstabe als ich bearbeitet. Theils des- wegen, theils auch weil in Bezug auf viele wichtige allgemeine Fragen der von mir eingenommene Standpunkt gänzlich verschieden von demjenigen Hertwig’s ist, wird hoffentlich die Herausgabe meines Buches nicht überflüssig erscheinen. Verschiedene Abschnitte sind in der vorliegenden Ausgabe er- weitert oder umgearbeitet; eine Anzahl neuer Figuren ist hinzu- gekommen, wie denn auch der ganze technische Anhang hier zum ersten Male gediuckt wird: ich hoffe durch Beigabe desselben die Brauchbarkeit des Buches beim Selbststudium erhöht zu haben. Kopenhagen, Mitte Februar 1894. Inhatkt, Erstes Buch. Von der Zelle Einleitung £ Vom Bau der OLE kan Vom Bau des Zellkerns Bemerkungen über die Ginktiändlie Bedeknne ex Zellsuhktans Se des Zellkerns Bewegung Reizbarkeit Stoffwechsel Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen Direkte Kern- und Zelltheilung . Indirekte Kern- und Zelltheilung Befruchtung . Bemerkungen über Einlagerungen in der lesben De die Zell. haut und Intercellularsubstanzen Geschichtliche Bemerkungen Zweites Buch. Von den einfachen Geweben I. Das Epithelgewebe . E Einschichtige Epithelien Mehrschichtige Epithelien . Epitheliale Stützgewebe Das Drüsengewebe Il. Das Muskelgewebe ER Quergestreifte Muskulatur . Glatte Muskulatur Ä Herzmuskulatur der W tebelihiere Ill. Vom Nervengewebe . Ganglienzellen Nervenfasern 3 ; Nervenendigungen. se te ? R motorische j sensible Inhalt. Die Nerven- oder Sinnesepithelien . ar altes Schlussbemerkungen über den Aufbau des Nervensystems aus den nervösen Elementen und über die Verbindung dieser unter einander '. Die Stütz- und Füllgewebe (die bindegewebigen Substanzen) Das Schleimgewebe (Gallertgewebe) Das fibrilläre Bindegewebe Fettzellen und Fettgewebe . Das Knorpelgewebe Das Knochengewebe Entwicklung des Knochengew Be Bau der Zähne . Er s Entwicklungsgeschichte der Zähne : Das Blut und die Lymphe . Schlussbemerkungen Technische Anleitung zu einfachen histologischen Untersuchungen Allgemeine Bemerkungen Fixierung . Maceration Schnittmethode . Färbung Aufbewahrung Spezielle Technik Zum Kapitel Zelle Zum Kapitel Epithelgewebe (ünd Drüsen Zum Kapitel Muskelgewebe . Zum Kapitel Nervengewebe . e Zum Kapitel Stütz- und are : BT TR Sachregister Einleitung. Eine der hervorragendsten, durch die Anwendung des Mikroskops zu Tage geförderten Thatsachen ist diese, dass der Körper eines jeden höheren Thieres, einer jeden höheren Pflanze aus einer oft ganz kolossalen Anzahl kleiner, elementarer Einheiten, sogenannter Zellen aufgebaut ist. In Bezug auf diese Bezeichnung, das Wort Zelle, muss hier von vornherein die Bemerkung gemacht werden, dass es eine durchaus nicht glücklich gewählte Benennung ist, die irre leiten kann und die nur auf geschichtlichem Wege ihre Er- klärung findet. Die ersten Zellen, welche man näher kennen lernte, waren nämlich die Gewebszellen der höheren Pflanzen, und das, was bei der ersten Betrachtung eines Durchschnittes z. B. einer phanero- gamen Pflanze in die Augen springt, ist der gekammerte Bau (Fig. 1). Man sieht die festen, starren Zellhäute, welche Flüssigkeit oder Luft oder lebende Substanz enthaltende Räume oder Kammern umgeben, und dieser gekammerte Bau des Gewebes gab die Veranlassung, dass die einzelnen hRäume im Gewebe als Zellen (wie die Zellen in einer Bienenwabe) bezeichnet wurden. Der Ausdruck Zelle bezeich- nete also ursprünglich einen Hohlraum im Gewebe mit seiner um- gebenden Wand, und es ist insofern ein irreführender Ausdruck, als damit eigentlich vorausgesetzt wird, dass alle Zellen hohl sind und eine feste Wand haben, was bei Weitem nicht der Fall ist. Es giebt eine sehr grosse Anzahl Zellen, welchen eine feste Wand voll- kommen fehlt, die weich und formveränderlich sind, und die weitaus grö-sere Menge der Zellen sind ursprünglich nicht hohl, sondern von dichter, solider Beschaffenheit; erst auf einer späteren Stufe ihres 1* 4 Erstes Buch. Von der Zelle. Lebens ist es im Pflanzenreiche — nicht im Thierreiche — die Regel, dass sie sich aushöhlen und sich mit Luft oder mit klarer Flüssigkeit anfüllen. In früherer Zeit wurde denn auch die Zellhaut als der wesentlichste Bestandtheil der Zelle angesehen, und lange Zeit hindurch übersah man oder beachtete wenigstens nicht die bei Querschnitt eines Gefässbündels von einem Maisstengel. Aus Warming (Den almindelige Botanik). weitem wichtigeren, die eigentlich lebenden Bestandtheile: das, was heutzutage als Zellsubstanz (Protoplasma) und als Zellkern bezeichnet wird. Erst in einer verhältnissmässig sehr späten Zeit wurde man sich über die ausserordentliche Bedeutung dieser letzteren, besonders der Zellsubstanz klar und sah man ein, dass die Zell- - Einleitung. B) substanz und der Zellkern die Substanzen sind, auf welchen vor Allem die Lebensfähigkeit eines jeden Organismus beruht. Anm. Man hat denn auch vorgeschlagen, andere Bezeichnungen anstatt des Wortes Zelle oder neben demselben einzuführen: so hat Kölliker für alle Zellen, die einer festen Haut entbehren, die Benennung „Protoblasten“ vor- geschlagen; Haeckel wollte alle elementaren Einheiten unter dem Namen „Plastiden“ zusammenfassen. In der neuesten Zeit hat Sachs vorgeschlagen jede Lebenseinheit — d. h. jeden Zellkern mit der ihn umgebenden aktiven Zellsubstanz — als Energide zu bezeichnen. Aber trotzdem diese Bezeich- nungen entschieden glücklicher gewählt sind, hat doch keine derselben sich bis jetzt einer allgemeinen Verbreitung erfreuen können, und das nun einmal ganz populär gewordene Wort Zelle ist denn auch in diesem Buche beibehalten. Die elementare Zusammensetzung, durch welche ein thierischer Organismus in den Stand gesetzt wird, alle nothwendigen Lebens- funktionen zu erfüllen, kann äusserst verschieden sein, und in dieser Beziehung muss vor Allem hervorgehoben werden, dass dasjenige, was bei dem einen Thier durch Differenzirung in eine grosse Menge von Zellen und Zellenarten erreicht wird, bei anderen Formen durch Differenzirung innerhalb des Rahmens dieser einzigen Zelle zu Stande gebracht wird. Mit anderen Worten: während der zusammengesetzte Bau der höheren Organismen eben darauf beruht, dass sie aus einer ausserordentlich grossen Anzahl ganz verschiedenartig ausgebildeter Zellen bestehen, so giebt es eine Gruppe thierischer Lebewesen, deren ganzer Organismus nur eine einfache Zelle ist, deren sämmt- liche Funktionen von dieser einfachen Zelle ausgeführt werden: die sogenannten Urthiere oder Protozoön. Während bei den höheren Organismen die einzelnen Zellen sehr einseitig ausgebildet sind und meistens nur eine Funktion besorgen — eine deckende, resorbirende, absondernde, muskulöse, nervöse u. s. w. — so ist eine solche Zelle, die allein einen ganzen Organismus, z. B. ein Infusionsthier darstellt, ganz ausserordentlich allseitig ausgebildet, und wir finden innerhalb dieser einfachen Zelle geradezu Organchen (Organula) für die ein- zelnen Funktionen entwickelt. So hat die Infusionsthier-Zelle (Fig. 2) meistens einen Mund und einen Schlund, der sogar von komplieirterem Bau sein kann (7. B. kann seine Wand durch starre Stäbchen ge- stützt sein), und ebenso findet sich eine bestimmte Stelle an der Oberfläche, die als Auswurfsstelle fungirt; die Zelle kann sozusagen 6 Erstes Buch. Von der Zelle. ihr eigenes Muskelsystem en miniature haben (als eine ziemlich oberflächlich gelegene Schicht kontraktiler Fasern) und als Loko- motionsorgane ausserdem schwingende Haare (Wimperhaare) an der ganzen Oberfläche oder an einem Theil derselben; der centrale Theil der Zellsubstanz hat die Fähigkeit die eingeführten Nährstoffe zu verdauen, während eine von klarer Flüssigkeit erfüllte Blase, die rhyt- mische Kontraktionen ausführt, die Athmung und wahrscheinlich auch die Ausscheidung löslicher Exere- tionsstoffe besorgt (ein einzelner ausgezeichneter Forscher, Th. W. Engelmann, wollte noch dazu Fasern nervöser Natur nachweisen; doch ist die Richtigkeit dieser Behauptung noch sehr fraglich). Und nicht nur die Zellsubstanz ist so allseitig ausgebildet; auch in Bezug auf den Kern finden wir ähnliche Verhältnisse. Der Kern WE ui wird nämlich hier nicht — wie Ein holotrisches Infusionsthier. m Mund, } N der vegetative Kern, n Geschlechtskerne es sonst das normale Verhalten in rei solche si ichtbar), v di k- B , - (drei solche sind sichtbar), v die kontra der Zelle ist — durch einen ein- tileVakuole, umgeben von kleineren Bildungs- vakuolen. Links unten ist der Mund (von fachen Körper repräsentirt, son- ee dern beim Infusionsthier finden sich als allgemeine Regel zwei Kerne oder zwei Arten von Kernen, die als vegetative Kerne (Hauptkerne) und als Geschlechtskerne (Neben- kerne) bezeichnet werden, weil diese der Fortpflanzung, jene den vegetativen Funktionen vorstehen (Weiteres hierüber vergl. unten). Die Infusionsthiere bieten uns somit das schlagendste Beispiel da- für, eıne wie hohe, eine wie allseitige Ausbildungs- und Differen- zirungsstufe die einfache Zelle erreichen kann. Etwas anderes ist es aber, dass eine viel bedeutendere Organisationshöhe dadurch er- reicht wird, dass der Organismus mehrzellig wird, und dass jede der ihn zusammensetzenden Zellen in ganz einseitiger Richtung entwickelt wird. | er Br De ne BEE Einleitung. 7: Die beiden Hauptbestandtheile, aus welchen die thierische Zelle gebildet ist, sind wie schon flüchtig erwähnt: 1) die Zellsubstanz oder wie sie auch allgemein genannt wird, das Protoplasma und 2) der von jener allseitig eingeschlossene Zellkern (Nucleus cellulae). Diese beiden Theile, deren Bau in den folgenden Kapiteln ausführlich geschildert werden soll, sind wahrscheinlich als nothwendige Bestandtheile jeder lebenden Zelle anzusehen. Hinzu kommen kann noch eine Zell- haut oder Zellmembran, welche jedoch keineswegs ein nothwendiges Attribut einer Zelle ist: sie kann vorhanden sein, kann aber auch fehlen. Im Thierreich spie- len die Zellhäute bei wei- tem nicht die Rolle wie im Pflauzenreiche: während in den Geweben der höheren Pflanzen alle Zellen mit einer ansehnlichen Membran ausgestattet sind, welche aus Zellstoff (Cellulose) oder aus Umbildungsprodukten dieses Stof- fes besteht, so ist eine grosse Menge der Zellen, aus welchen der Thierkörper aufgebaut ist, voll- kommen nackt, entbehrt der Mem- bran. Dagegen scheinen, wie ge- sagt, soweit unsere Erfahrungen reichen, Protoplasma und Kern nothwendige Bestandtheile der le- benden Zelle zu sein. Nur wenn die Zellen alt werden und ihrem Untergang entgegen eilen, findet man in vereinzelten Fällen, dass Senkrechter Schnitt durch die Epidermis des Menschen. c die Hornschicht, aus kernlosen Zellen bestehend, m das Rete Malpighii (die tieferen Epithelschiehten) mit kernhaltigen Zellen; & Uebergangs- schicht (» Körnerschicht«); n Nerv, b dessen feinste Endverzweigungen. Nach Ran vier (Technisches Lehrbuch der Histologie). die Kerne schwinden, während etwa gleichzeitig die lebende Zell- substanz in eine leblose Masse umgebildet wird, so z. B. in den rothen Blutkörperchen und in den oberflächlichsten Schichten der 8 Erstes Buch. Von der Zelle. Oberhaut des Menschen und vieler höheren Thiere.. Die Ober- haut besteht hier aus vielen über einander liegenden Zellschichten (Fig. 3); die Zellen der tieferen Schichten sind kernhaltig und weich, ganz lebend und vermehrungsfähig, sie theilen sich und reprodueiren nach und nach neue oberflächliche Schichten, während die älteren oberflächlichen Schichten abgestossen werden. Die Zellen, die diese oberflächlichen Schichten zusammensetzen, sind nun sehr verschieden von jenen der tieferen Schichten: ihre Zellsubstanz hat eine bedeutende chemische Umwandlung durchgemacht, sie ist ver- hornt, und ihre Kerne sind vollkommen verschwunden. Diese Zellen sind nicht mehr lebend und nützen dem Organismus nur passiv, zusammen eine verhornte Decke bildend. Auch die rothen Blut- körperchen des Menschen und der Säugethiere sind, wenn vollständig entwickelt, (so wie sie im Blut gefunden werden) kernlos; in jüngeren Stadien ihrer Entwicklung waren sie aber kernhaltig, und die Neu- bildung der rothen Blutkörperchen findet immer durch kernhaltige Zellen statt. Die fertig gebildeten rothen Blutkörperchen führen denn auch nur ein kurzes, passives Dasein und gehen dann zu Grunde. Das Verschwinden des Kerns in den genannten Zellen- arten kann somit nur als ein Degenerationsphänomen betrachtet werden. Anm. Längere Zeit war die Ansicht allgemein verbreitet, dass es viele niedrig organisirte, einzellige Organismen gäbe, die eines Kerns vollkommen entbehren; Haeckel stellte seiner Zeit sogar eine eigene Gruppe von Organismen auf, dieer Moneren nanute, und die sich eben durch den Mangel des Kerns von den Amöben unterscheiden sollten ; solche kernlose Zellen nannte er Cytoden und er fasste diesen kernlosen Zustand als eine sehr ursprüngliche, primitive Örganisationsstufe der Zelle auf. Allein überall, wo man seither die Sache gründlicher untersucht hat, hat sich herausgestellt, dass sich in den Zellen Kerne finden, auch bei den Moneren, und diese Gruppe hat man jetzt den amöbenartigen Wurzelfüsslern (Rhizopoden) eingeordnet. Ueberhaupt ist die Anzahl der einzelligen Wesen, die man als kernlos angesehen hat, im Laufe der Zeit immer kleiner geworden; selbst bei solchen Formen wie bei Bakterien und verwandten winzig kleinen Wesen ist es in der neuesten Zeit gelungen, den typischen Bau der Zelle und damit auch die Existenz eines Kernes nachzuweisen. Es ist deshalb Grund zu der Annahme vorhanden, dass es kernlose, lebensfähige Zellen überhaupt nicht giebt, und dass der Mangel des Kerns ein Anzeichen der Degeneration der Zelle ist. TRITT un ET ee Er ie a Vom Bau der Zellsubstanz. 8) Vom Bau der Zellsubstanz. Die Zeit, in der man angefangen hat die Existenz von feineren Strukturen in der Zellsubstanz als allgemeine Erscheinung zu er- kennen, ist eine verhältnissmässig sehr neue. Noch vor etwa 15 Jahren hiess es mit Bezug hierauf ganz allgemein: das Protoplasma besteht aus einer homogenen Grundmasse von mehr oder weniger zähflüssiger oder festerer Konsistenz, in welche Körner eingelagert sind; von anderen geformten Elementen als Körnern war — mit Rücksicht auf die meisten Gewebszellen — keilıe Rede. Die neueren Untersuchungen haben nun aber in einer grossen Anzahl von Fällen eine feinere Zusammensetzung der Zellsubstanz nachgewiesen; die- selbe erweist sich jedoch in verschiedenen Fällen etwas verschieden. In den Gewebszellen der Wirbelthiere ist die Zellsubstanz Vier Leberzellen, sehr stark vergr, n Kern, g Gallenkapillar ; in dessen Umkreis strahlen Knorpelzelle, sehr stark vergrössert, In die Fasern der Filarmasse in die Zell- der klaren Interfilarmasse sind Fasern und substanz hinaus. Diese enthält ausserdem Körner sichtbar. Nach Flemming Fetttröpfchen in der Nähe der Kerne, (Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung). Nach Flemming a. a, 0, allgemein aus einer grösseren oder geringeren Anzahl feiner Fäden und aus einer zwischen den Fäden liegenden homogenen Grundmasse zusammengesetzt. Für die Summe der Fäden hat man verschiedene Bezeichnungen eingeführt: Filarmasse, Mitom oder Proto- plasma (im engeren Sinne), und die Grundmasse hat man dem entsprechend Interfilarmasse, Paramitom oder Paraplasma genannt. Die betreffenden Fäden sind in einer sehr bedeutenden Anzahl von Zellen nachgewiesen worden: so z. B. in Knorpelzellen (Fig. 4), in Leberzellen (Fig. 5; hier liegen sie jedenfalls in gewissen Zuständen der Zellen um die Gallenkapillare angesammelt, von wo 10 Erstes Buch. Von der Zelle. aus sie in den Zellenleib ausstrahlen) und in verschiedenen anderen Drüsenzellen, in Epithelzellen, Bindegewebszellen (Fig. 6), Blutzellen, Nervenzellen, Eizellen. Die Fäden sind immer ausserordentlich fein und dünn, von grösserer oder geringerer Länge; oft sind sie gewunden oder gekrümmt; man hat sie in lebenden Zellen beobachtet und hat sie in solchen Fällen langsame, träge Bewegungen ausführen sehen. Inwiefern diese Fäden vollkommen isolirt von einander sind oder ob sie ein zusammenhängendes Netzwerk bilden, darüber sind die ver- schiedenen Beobachter nicht ganz einig; die besten Forscher (be- sonders Flemming) behaupten jedoch, dass sie niemals im Stande Fig. 6. Bindegewebszelle mit Fasern und Körnern in der Zellsubstanz, sehr stark vergr. Nach Flemming a. a. 0. waren Verbindungen zwischen den einzelnen Fäden mit genügender Sicherheit nachzuweisen, und halten sie deshalb für ganz selbst- ständige, wohl individualisiıte Gebilde. — Die Interfilarmasse ist entweder ganz und gar eine Flüssigkeit oder sie enthält Flüssig- keitsräume (Vakuolen), die, was die Lichtbrechung betrifft, nicht von der sonstigen Interfilarmasse abweichen. Dass grössere oder kleinere Flüssigkeitsräume vorhanden sein müssen, kann daraus er- sehen werden, dass man in den Zwischenräumen zwischen den Fäden in lebenden Zellen häufig Körner in tanzender Bewegung gesehen hat. Solche Körner (Granula) sind immer in der Zellsubstanz vorhanden, entweder schon in der lebenden Zelle oder erst nach Einwirkung von Reagentien (Farbstoffen) sichtbar; über ihre Be- Vom Bau der Zellsubstanz. 19! deutung für die Organisation und das Leben der Zelle sind die An- sichten sehr getheilt. Anm. Das Obige ist, was sich in Kürze über den Bau der Zellsubstanz in den Geweben der höheren Thiere ganz im Allgemeinen sagen lässt. Ueber besondere Ausbildungen und Umbildungen derselben z. B. in den Muskel- und Nervenzellen, muss auf die speziellen Darstellungen dieser Gewebe im 2, Theil verwiesen werden. Der Bau der Zellsubstanz in den Gewebszellen der wirbellosen Thiere ist noch nicht so genau bekannt geworden, wie bei den Wirbelthieren; in einigen Fällen, besonders bei Insektenlarven hat man doch sehr übereinstimmende Verhältnisse nachweisen können: eine Sonderung in Filarmasse und Interfilarmasse, wobei die Fäden selbständige, isolirte Gebilde sind. In vielen anderen Fällen dagegen Fragment eines Tentakels von einem Hydroidpolypen. Im Innern ist eine der grossen, starren Achsenzellen (mit deutlicher Zellhaut) und die Hälfte einer ebensolchen sichtbar; ausserhalb derselben liegt jederseits das Ektoderm mit Kernen, Nesselkapseln und Sinnes- haaren (Cnidoeilien).. Nach F. E. Schulze (über Bau u. Entw. von Cordylophora lacustris). wurde eine Netzstruktur angegeben (die äusserst feinen Fäden der Filarmasse sollten das Netz bilden); doch muss dies wenigstens in den allermeisten Fällen als sehr unsicher betrachtet werden. In gewissen Fällen finden wir in den Zellen die Zellsubstanz ein viel gröberes Netzwerk bildend (etwas ganz verschiedenes von den er- wähnten feinen Strukturverhältnissen); die betreffenden Zellen bieten dann grosse Aehnlichkeit mit Pflanzenzellen dar: die Zellsubstanz 12 Erstes Buch. Von der Zelle. kann eine dünne Schicht innerhalb der Zellhaut bilden (den „Pri- mordialschlauch“ der Botaniker); von demselben können sich netzförmig anastomosirende Stränge durch einen mächtigen Flüssig- keitsraum (Vakuole), welche die Hauptmasse der Zelle ausmacht, hineinstrecken; etwa central vereinigen sich dann die Stränge in einer Protoplasmaansammlung, welche den Kern umgiebt (in einigen Fällen kann der Kern auch wandständig liegen). Auf seine feinere Struktur wurde dieses Protoplasma noch nicht genügend untersucht. Als Beispiele derartiger Zellen seien genannt: die Achsenzellen in den Tentakeln der marinen Hydroidpolypen (Fig. 7); ferner die grosse Achsenzelle bei den Dieyemiden (einigen höchst merkwürdigen kleinen Thieren, die in der Niere der Tintenfische schmarotzen) ; auch die Zellen, aus denen die Chorda dorsalis bei den meisten Wirbeithieren besteht, zeigen einen ähnlichen Bau. Besondere Bauverhältnisse der Zellsubstanz finden sich noch bei einigen der niedrigsten, einzelligen Thieren: Infusionsthieren und Wurzelfüsslern (Rhizopoden) und müssen hier kurz besprochen wer- den. Hier erweist sich die Zellsubstanz oft wabig gebaut: sie bildet ein Kammer- oder Wabenwerk, dessen Räume von klarer Flüssigkeit erfüllt sind, während die Wände von etwas festerer Be- schaffenheit sind. Dieses Wabenwerk ist immer von der äussersten Feinheit, es lässt sich nur bei den stärksten Vergrösserungen beob- achten; am deutlichsten tritt es in gewissen Schichten der Zellsub- stanz der Infusionsthiere auf, namentlich in der sogenannten Alveolär- schicht (einer der äusseren Schichten ihres Körpers); hier stehen die Waben senkrecht zur Oberfläche. Neben diesem feinwabigen Bau der Zellsubstanz treffen wir bei gewissen Wurzelfüsslern (den Sonnenthierchen, namentlich bei Actinosphaerium Eichhornii) einen viel gröberen Wabenbau (Fig. 8), schon bei schwacher Vergrösserung deutlich sichtbar: zwischen den Kammerwänden finden sich grosse Vakuolen eingeschlossen. Die Protoplasma-Wände, welche diese Kammern bilden, sollen selbst noch bei den stärksten Vergrösserungen einen äusserst feinwabigen Bau erkennen lassen; sie enthalten auch Körner, die immerfort bei den Bewegungen der Zellsubstanz Lage- verschiebungen erkennen lassen. — Bei den Urthieren findet sich meistens eine sehr deutliche Sonderung der Zellsubstanz in concen- m Vom Bau der Zellsubstanz, 13 trische Schichten: gewöhnlich lässt sich eine äussere Schicht (Ekto- plasma) von einer inneren Schicht (Entoplasma) unterscheiden, und diese können noch weiter differenzirt sein. Bei Actinosphaerium zeigt sich der Unterschied zwischen dem Ekto- und Entoplasma zu- nächst darin, dass die Kammern des groben Wabenwerks in jenem bedeutend grösser sind, als in diesem (Fig. 8). Bei den Infusions- Fig. 8. Ein Stück eines Actinosphaerium Eichhornii (das Thier ist etwa kugelförmig). Oben das Ektoplasma mit den Pseudopodien ; unten das Entoplasma mit vier Kernen (n) und einer Nahrungsvakuole, worin ein verschluckter Organismus sichtbar ist. Nach R. Hertwig und E. Lesser (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 10, Supplementheft). thieren zeigt das Entoplasma dagegen öfters einen grob-netzigen Bau: es finden sich Flüssigkeitsräume, die durch körnige Stränge nur unvollständig von einander getrennt sind, und diese Stränge bilden ein Netz. — In den Gewebezellen der höheren Thiere ist diese Differenzirung in eine Aussen- und Innenschicht bisweilen er- kennbar, aber meistens bei weitem nicht so deutlich, wie bei den Protozoön. In der neueren Zeit ist es gelungen in der Zellsubstanz vieler sehr verschiedener Zellenarten ein kleines Körperchen nachzuweisen, das einen leitenden, dirigirenden Einfluss auf die Bewegungen der 14 Erstes Buch. Von der Zelle. Zellsubstanz zu haben scheint, das sogenannte Polkörperchen oder Centralkörperchen (Centrosoma). Am deutlichsten manifestirt dieses Körperchen seine Bedeutung bei der Zellfheilung (wie es auch zuerst in Zellen, die in der Theilung begriffen waren, entdeckt wurde), und die nähere Erwähnung desselben wird daher am zweckmässigsten ihren Platz bei der Schilderung der Zelltheilung finden. Zunächst sei nur hervorgehoben, dass das betreffende Körperchen heutzutage auch in ruhenden Zellen der verschiedensten Art nachgewiesen wurde, und man hat Fig. 9. Grund anzunehmen, dass sein Vorkommen mit in den typischen Bauplan der Zelle ge- hört, wenn sein Nachweis auch in vielen Fällen mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Jedenfalls in vielen Fällen ist das Centrosoma schon während des Ruhe- zustandes der Zelle doppelt (Fig. 9): es sind zwei neben einander liegende Körper- chen da; ist das nicht der Fall, so ver- doppelt sich das einfache während der Thei- lung der Zelle Es liegt immer in der Nähe des Kerns; um dasselbe findet sich eine Ansammlung von besonders dichtem, activem Protoplasma (Archoplasma) ge- lagert, das auch während der Ruhe oft Kern einer Bindegewebszene einen strahligen Bau zeigt: von dem Cen- RL ru trosoma strahlen feine Fäden (Fäden der stark vergr. Das doppelte Cn- Filarmasse) nach allen Seiten aus. Auch ee rn ee in den Pflanzenzellen hat man kürzlich das Anat, Bd. 37). Vorkommen der Öentrosomen als allgemeine Erscheinung nachgewiesen. Was die chemische Zusammensetzung der Zellsub- stanz betrifft, so lassen die Untersuchungen hierüber noch sehr viel zu wünschen übrig; ja das, was man bis jetzt weiss, kann nur als ein erster Anfang der Erkenntniss betrachtet werden; bei der immensen Schwierigkeit der Sache und bei dem Fehlen feinerer mikrochemischer Methoden ist das nicht erstaunlich. Besonders für Be > Vom Bau der Zellsubstanz. 15 die thierischen Zellen sind die Untersuchungen noch sehr weit zu- rück; ein wenig weiter sind sie in Bezug auf die Zellsubstanz der Pflanzenzellen gediehen. Die Hauptbestandtheile der Zellsubstanz bilden immer verschiedene Proteinstoffe.. Man hat besonders in der Pflanzenzelle namentlich zwei Gruppen dieser Stoffe unterschieden: die Eiweissstoffe und die Plastinsubstanzen, die ver- schiedene Reaktionen und Löslichkeitsverhältnisse aufweisen (beispiels- weise werden die Eiweissstoffe in künstlich dargestellten Verdauungs- flüssigkeiten gelöst, während die Plastinsubstanzen unverdaut bleiben). Ausserdem enthält die Zellsubstanz immer sehr viel Wasser und verschiedene Salze und ebenso eine Anzahl Produkte ihrer Lebens- thätigkeit, des Stoffwechsels. Sie reagirt immer deutlich alkalisch. Anm. In der obigen Darstellung der Struktur der Zellsubstanz ver misst man eine einheitliche Auffassung. Nicht dass es an Versuchen gefehlt hätte, eine solche zu schaffen; im Gegentheil machten sich während der letzten Dezennien starke Bemühungen geltend, um eine Einheit iin Bau der Zellsubstanz für das ganze Thierreich zu finden. Diese Bemühungen sind bis jetzt als nicht gelungen anzusehen, verdienen aber eine kurze Erwähnung. Einige Verfasser meinten überall einen netzförmigen Bau der Zellsubstanz nachweisen zu können (so namentlich Heitzmann, Frommann und Leydig); indessen ist es, wie schon oben angeführt, äusserst zweifelhaft, ob die Fäden der Filar- masse in den Gewebezellen der höheren Thiere mit einander anastomosiren und Netze bilden. Besonders Heitzmann war in seinen Spekulationen, die auf ungenügenden Beobachtungen aufgebaut waren, sehr weitgehend: er nahm an, dass die Netze im Kern und in der Zellsubstanz in einander übergehen; ausser- dem sollten die Netze der Zellsubstanz verschiedener Zellen netzförmig ver- bunden sein, so dass die Hauptmasse des ganzen menschlischen und thierischen Körpers ein zusammenhängendes Netzwerk von Zellsubstanz wäre. — Anderer- seits hat es Bütschli versucht die wabige Struktur der Zellsubstanz, die er selbst und Andere als so ausserordentlich verbreitet unter den Protozo@n an- giebt, als typisch für das ganze Thierreich, für alle Gewebezellen nachzuweisen; auch dieser Versuch kann indessen nicht als geglückt bezeichnet werden. Sehr interessant sind aber die von Bütschli während der letzten Zeit ausgeführten Versuche, Strukturen auf künstlichem Wege zu erzeugen. Es gelang diesem Forscher die wabige Struktur der Zellsubstanz an leblosen Substanzen nachzu- machen. Er mischte zu diesem Zwecke Oel mit Zucker oder mit Kochsalz oder (am allerbesten) mit Pottasche und rührte dieses Gemisch zu einer breiartigen Masse zusammen; eine kleine Portion derselben kann dann unter Deckglas ge- bracht werden, worauf Wasser zugesetzt wird; es bildet sich dann eine „Schaum- struktur“, d. h. ein sehr feines Wabenwerk, dessen Wände vom Oel, dessen Inhalt 16 Erstes Buch. Von der Zelle. vom Zucker, resp. Salz oder Pottaschelösung gebildet werden (indem der Zucker oder die Salze vom eindringenden Wasser gelöst wurden). Die äusserste Schicht bildet eine förmliche Hautschicht, aus feinen, senkrecht gegen die Oberfläche gestellten Kammern, zusammengesetzt, ganz wie die Alveolarschicht bei den Infusionsthieren. Diese künstlichen, mikroskopischen Schäume zeigen sogar ähnliche strömende Bewegungserscheinungen, wie die Zellsubstanz namentlich gewisser Wurzelfüssler. Die eben erwähnten Versuche sind interessant und in- struktiv, genügen aber selbstverständlich nicht, um eine Erklärung der Be- wegungen der Zellsubstanz zu geben. — Auch den überall in der Zellsubstanz vorhandenen Körnern (Granula) hat man während der letzten Zeit eine ganz ausserordentliche Bedeutung für das Leben der Zelle beilegen wollen, als seien sie die eigentlichen Elementarorganismen; durch sie sollten die Assi- milation und die Absonderungen besorgt werden, und die Fäden (Fila) sollten aus sich zusammenlagernden Körnern gebildet sein. Diese Ansichten sind noch viel zu wenig begründet; jedenfalls von einer Anzahl der Granula-Hypothesen muss man sagen, dass sie verfrüht sind. — Sollte eine der genannten Ansichten über den Bau der Zellsubstanz eine allgemeinere Bedeutung haben, so müsste dies die Filartheorie sein, welche die Zusammensetzung jener aus individualisirten Fäden und einer Interfilarmasse behauptet; diese Ansicht verträgt sich ent- schieden auch am besten mit den Thatsachen, die sich während der Zelltheilung beobachten lassen (vergl. weiter unten). Das Hauptwerk über den Bau der Zellsubstanz ist: W. Flemming, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipzig 1882, ein mustergiltiges Werk. — Als Arbeiten, die abweichende Anschauungen vertreten, seien genannt: Leydig, Zelle und Gewebe. Bonn 1885; ferner Bütschli, Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig 1892. Ueber Granula: Altmann, Die Elementarorganismen. Leipzig 1890. Ueber Centrosomen in ruhenden Zellen: Flemming, Neue Beitr. z. Kenntn. d. Zelle. UI. Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 37, 1891, ferner M. Heidenhain, über Kern und Proto- plasma. Fes’ hrift zum 50jährigen Doctorjubiläum Kölliker’s. 1892. Ei Vom Bau des Zellkerns. 7 zweite Hauptbestandtheil der Zelle, der Kern (Nucleus) ist in sehr vielen Fällen gar nicht in der lebenden Zelle sichtbar; in anderen Fällen ist er undeutlich erkennbar, während er wiederum in anderen Fällen schon im lebenden Zustande der Zelle sehr leicht zu erkennen ist. In einigen Fällen ist nämlich die Lichtbrechung des Kerns und der Zellsubstanz genau die gleiche, während dieselben in anderen Fällen in dieser Hinsicht mehr oder weniger von einander 1 4 u a a u u ee er ee Ir Vom Bau des Zellkerns. 17 abweichen. Dass der Kern jedoch immer von der Zellsubstanz stoff- lich verschieden ist (wie er auch im Leben der Zelle eine ganz andere Rolle zu spielen hat) kann daraus ersehen werden, dass er gegenüber sehr verschiedenen chemischen Agentien in ganz anderer Weise als die Zellsubstanz reagirt. Während z. B. verdünnte Essigsäure eine Quellung der Zellsubstanz verursacht, ruft sie gleichzeitig eine Schrumpfung des Kerns hervor, und selbst wenn dieser nicht im Leben sichtbar war, tritt er jetzt nach dem Tode der Zelle mit grosser Deutlichkeit hervor; dieselbe Wirkung kann auch durch ver- schiedene andere Säuren erzielt werden. Ebenso giebt es eine grosse Anzahl organischer Farbstoffe, die vorzügliche Reagentien sind, um den Kern nachzuweisen, so z. B. das Karmin, das Hämatoxylin und viele Anilinfarbstoffe; während diese Stoffe die Zellsubstanz ganz ungefärbt lassen oder sie nur ganz schwach färben, werden sie (nach dem Tode der Zelle) von dem Kern sehr stark angezogen und färben denselben mehr oder weniger intensiv; es giebt besonders einen be- stimmten Stof im Kern, der sich sehr stark mit Farbe imbibirt und den man eben wegen dieser Eigenschaft als Chromatin be- zeichnet hat. Die Kerne liegen immer allseitig von der Zellsubstanz umgeben, entweder central oder excentrisch. Es können in einer Zelle einer oder mehrere Kerne vorhanden sein ; ersterer ist der weitaus häufigere Fall. Als Beispiele mehrkerniger Zellen seien genannt: zu- nächst verschiedene Urtliiere, so mehrere Amöbenarten, ferner Actino- sphaerium Eichhornii und unter den Infusionsthieren Loxodes rostrum und Opalina ranarum; insofern sind die Infusionsthierr igentlich durchweg mehrkernig, als sie die schon oben erwähnte D’renzirung in vegetative Kerne und Geschlechtskerne zeigen. Beı en Exemplaren von Actinosphaerium können einige Hunderte von zell- kernen vorhanden sein. Aber auch in den Geweben der hößlıen Thiere finden sich ausnahmsweise solche mehrkernige Zellen, so z. B. die sog. Riesenzellen (Myeloplaxen) im Knochenmark der Säugethiere (ähnliche Zellen treten auch bei gewissen Krankheits- formen auf); auch die bei Entzündungen auftretenden Puszellen oder Eiterzellen sind häufig mehrkernig. Bergh, Die thierische Zelle. 2 18 Erstes Buch. Vorticelle in normalem Zustand sowie in Längstheilung; der Kern ist bei dem nor- malen Individuum hufeisenförmig. Aus Claus (Lehrb. d. Zoologie) nach Stein. Ein Saug-Infusor (Podophrya gemmipara) mit verzweigtem Kern. Unten ist der Stiel, wodurch das Thier festsitzt, sichtbar; oben sind zwei Knospen in Entstehung begriffen ; der Kern setzt sich in sie hinaus fort. Nach R. Hertwig (Morphol. Jahrb. Bd. 1). Von der Zelle. Die Form der Kerne ist in den allermeisten Fällen rund, oval oder länglich. Die merkwürdig- sten Formen nimmt der Kern an bei vielen eiliaten Infusionsthieren (Infusorien im engeren Sinne); er (s. der vegetative Kern) kann hier bandförmig, hufeisenförmig (Fig. 10) oder rosenkranzförmig sein, während der Geschlechtskern immer ein- fachere Formen hat. In anderen Fällen, wie bei vielen saugenden Infusorien (Suctoria oder Acineti- nen) kann er stark verzweigt sein (Fig. 11), und dasselbe Verhält- niss treffen wir in verschiedenen Drüsenzellen bei Insekten und Krebs- thieren, so z. B. in den Zellen, welche die Spinndrüsen der Schmet- terlingsraupen zusammensetzen (Fig. 19). In Leucoeyten und in Spermatogonien des Salamanders hat man öfters ringförmige Kerne gesehen; möglicherweise hat aber diese Form eine Beziehung zur Zell- theilung und stellt nicht die eigent- liche Ruhephase des Kerns dar. _ Was nun den feineren Bau und die Zusammensetzung des Kerns betrifft, so besteht er immer aus mehreren, in morpho- logischer und chemischer Hin- sicht verschiedenen Bestandtheilen. Als den wesentlichsten geformten Bestandtheil betrachtet man heut- zutage das sogenannte Kernge- Vom Bau des Zellkerns. 19 rüst; dasselbe bildet an der Peripherie des Kerns eine zusammen- hängende Haut, von der körnige Stränge nach innen verlaufen, und diese Stränge können sich verzweigen und mit einander anastomo- siren (Fig. 12,c). bilden also ein Netz- werk. Mit grosser Deutlichkeit kann Be 2, dieses Kerngerüst in vielen Eizellen oft schon in lebendem Zustand beobachtet werden. Bei verschiedenen Urthieren F (Amöben, Dinoflagellaten und vielen n- ct fusionsthieren) ist übrigens in neuerer Zeit nachgewiesen worden, dass das Kern- gerüst in Wahrheit kein Netzwerk, sondern ein Wabenwerk bildet (wie &8 nema des en We ja auch für die Zellsubstanz behauptet mai en Membran, n wird). Das Kerngerüst besteht nicht Rn A a aus einer einzelnen Substanz, sondern es scheinen ganz allgemein in demselben zwei verschiedene Substanzen vorhanden zu sein (die übrigens bei weitem nicht immer mit Sicher- heit im ruhenden Kern unterschieden werden können). Die eine dieser Substanzen ist die schon früher genannte, die sich durch grosse Anziehungskraft für Farbstoffe auszeichnet und die bei der Zell- theilung (vergl. weiter unten) höchst merkwürdige und auffallende morphologische Umbildungen durchmacht: das sogenannte Chro- matin oder Nuclein (die chromatische Substanz); der andere Stoff, der als Linin bezeichnet wird, bleibt in den Farbstoffen un- gefärbt (ist achromatisch). Das Chromatin ist in der Form grösse- rer oder kleinerer Körner vorhanden, die durch eine Grundmasse von Linin, in welche sie eingelagert liegen, verbunden sind; in eini- gen Fällen hat dies direkt beobachtet werden können, in anderen Fällen? nimmt man es durch Analogieschluss an. Die relativen Mengen dieser beiden Stoffe können sehr verschieden sein, und da- von hängen die Verschiedenheiten in der Reaktion des Kerngerüstes verschiedener Kerne gegenüber Farbstoffen ab. Die Zwischenräume zwischen den Strängen resp. Wänden des erwähnten Netzwerks oder Wabenwerks werden von einer in lebendem Zustande glashellen Masse eingenommen, in der keinerlei geformte Strukturen erkannt 9% 8__\\.--72 20 Erstes Buch. Von der Zelle. werden können: dem sogenannten Kernsaft (Paralinin). Ausser- dem finden sich in den Kernen ein oder mehrere geformte, scharf umgrenzte, gewöhnlich kugelige oder ovale Körperchen, die sich mit verschiedenen Farbstoffen stark imbibiren: es sind dies die sogenann- ten Kernkörperchen (Nueleoli); sie scheinen in ruhenden Zellen immer vorhanden zu sein, verschwinden aber interessanter- weise, wenn die Zelle sich zur Theilung anschickt. Sie sind ge- wöhnlich stark lichtbrechend und können von relativ bedeutender Grösse sein, sodass sie in einigen Fällen die am meisten auffallen- den Bestandtheile des ganzen Kerninhaltes sind, so z. B. in Eizellen, wo sie den Namen Keimflecke führen, während der Kern als Keimbläschen bezeichnet wird. Bisweilen können die Kern- körperchen kleine Vakuolen enthalten. Sie sind gewöhnlich in das Kerngerüst eingelagert, mit dessen Knotenpunkten sie nicht ver- wechselt werden dürfen, indem die wirklichen Nucleolen immer scharf gegen das Kerngerüst abgegrenzt sind; es liegen jedoch Angaben vor, nach denen sie auch frei im Kernsaft suspendirt sein können. Die Substanz, aus welcher die Kernkörperchen bestehen, hat» wie gesagt, Anziehung für verschiedene Farbstoffe, aber meistens sind es nicht dieselben, in welchen das Kerngerüst sich imbibirt, und auch in ihren sonstigen chemischen Reaktionen zeigt sie Verschiedenheiten von dem Chromatin: so ist sie unlöslich in selır vielen Stoffen, die das Chromatin mehr oder weniger leicht lösen. Man hat sie des- halb von dem Chromatin unter dem Namen Pyrenin gesondert; doch ist es keineswegs als gesichert zu betrachten, dass alles, was als Kernkörperchen bezeichnet wird, aus demselben Stoff besteht, viel- mehr scheinen in der Beziehung Verschiedenheiten zwischen den Kernkörperchen vorzukommen. Der ganze Kern ist endlich gewöhn- lich von einer achromatischen Membran umgeben, die in grösseren Kernen eine deutlich doppelte Kontour hat. Von ihrer Unempfänglichkeit für alle Farbstoife abgesehen, gehen die Angaben über ihre chemischen Verhältnisse dahin, dass sie am nächsten mit dem Pyrenin übereinstimmt, und man hat der Substanz der Kern- membran den Namen Amphipyrenin gegeben. Die Existenz einer selbständigen Kernmembran ist jedoch für viele Zellformen sehr fraglich; oft ist in früheren Zeiten auch die äusserste Schicht des Kerngerüstes für eine Kernmembran gehalten worden. PEr> Vom Bau des Zellkerns. 21 Anm. Der oben geschilderte Bau der Kerne ist der typische, welcher in der bei weitem überwiegenden Anzahl der Gewebszellen gefunden wird. Einige besondere Verhältnisse bei einzelnen Zellarten müssen jedoch auch erwähnt werden. In sehr kleinen Zellen, namentlich in Spermatozoön können die Kerne selbst bei den allerstärksten Vergrösserungen vollständig homogen erscheinen; sie werden dann von den verschiedenen Farbstoffen mit der grössten Intensität gefärbt. In den Kernen der Stäbchenzellen der Netzhaut bei den Säugethieren ist die chromatische Substanz in der Form von einigen wenigen 23) Quer- scheiben vorhanden, die von einander durch achromatische Substanz geschieden sind (Fig. 13). In den Keimbläschen der Eier verschiedener niederer Wirbel- Kerne der Stäbchenzellen aus der Netz- haut eines Meerschweinchens. Kern einer Speicheldrüsenzelle der Chirono- Nach Flemming (Zellsubstanz, Kern und muslarve. Nach Balbiani (Zoolog. An- Zelltheilung). zeiger 1881). thiere, z. B. des Axolotl, findet sich eine Anzahl von Strängen, die bei starker Vergrösserung eine Zusammensetzung aus einer Menge chromatischer Quer- scheiben erkennen lassen und die mit einander durch ganz feine Fäden (wahr- scheinlich aus Linin bestehend) verbunden sind; ähnliche Verhältnisse finden sich in den Kernen der höchst merkwürdigen, durch kolossale Grösse ausge- zeichneten Speicheldrüsenzellen bei der Larve der Mückengattung Chironomus, und übrigens auch (wenn auch weniger deutlich) in den Kernen der sonstigen, kleineren Gewebszellen desselben Thieres.. In jedem Kern findet sich hier (Fig. 14) ein quergestreiftes, stark gewundenes Band, das bei jedem Ende an- stösst an eines der zwei Kernkörperchen, die hier gewöhnlich in jedem Kern gefunden werden. Die Querstreifung des Bandes ist wahrscheinlich der Aus- druck dafür, dass es aus chromatischen, durch Lininsubstanz verbundenen Quer- scheiben, aufgebaut ist. Es ist übrigens eine interessante und beachtenswerthe Thatsache, dass eine bestimmte Thierform in den Kernen aller ihrer Gewebs- zellen eine und dieselbe sehr ausgeprägte Struktur zeigt. — Beispiele von dem Vorkommen sehr zahlreicher Kernkörperchen innerhalb eines Kernes treffen wir in den Ovarialeiern von Amphibien (z. B. vom Frosch). In den Eiern der Teichmuscheln ist das Kernkörperchen aus zwei gesonderten Abschnitten von 23 Erstes Buch. Von der Zelle. verschiedener Grösse und Färbungsreaktionen zusammengesetzt: einem kleineren, der sich kräftiger, und einem grösseren, der sich schwächer färbt. — Die Unter- suchungen, die zur chemischen Unterscheidung der verschiedenen Stoffe des Kerns geführt haben, sind namentlich an Pflanzenzellen angestellt worden; die Kerne der thierischen Zellen zeigen höchst wahrscheinlich ganz gleiche Ver- hältnisse, sind aber in der Beziehung noch sehr wenig untersucht. Ueberhaupt sind derartige Untersuchungen noch in ihrem ersten Werden begriffen; es ist z. B. noch nicht gelungen auf makrochemischem Wege Stoffe darzustellen, die ihren Eigenschaften nach genau übereinstimmen mit den auf mikrochemischem Wege nachgewiesenen Kernbestandtheilen. Das Hauptwerk über den Kern der thierischen Zelle im allgemeinen ist ebenso wie für die Zellsubstanz das oben eitirte Werk Flemming’s Mit Bezug auf die Struktur und die chemischen Verhältnisse des pflanzlichen Zell- kerns vgl. die Arbeit F. Schwarz’s in Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Bd. 5, Heft 1. 1887. Bemerkungen über die funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. Das, was man heutzutage über die funktionelle Bedeutung der beiden wesentlichsten Bestandtheile der Zelle weiss, ist noch höchst unvollständig und fragmentarisch. Die Physiologie der Zelle ist ein noch wenig kultiviertes Gebiet, hauptsächlich deswegen, weil man, um die meisten hierher gehörigen Fragen zu lösen, noch nicht die passenden Methoden der Untersuchung gefunden hat. Ueberhaupt gehört die Histologie heutzutage noch hauptsächlich zu den morpho- logischen Disziplinen, und es lässt sich nur wenig Sicheres sagen über den Gegenstand, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben. Bewegung. Eine Funktion, die nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse allein von der Zellsubstanz be- sorgt zu werden scheint, ist die Bewegung. Die Fähig- keit der Bewegung, welche die Zellsubstanz inne hat, kann sich in sehr verschiedener Weise äussern, und wir können danach mehrere Arten der Protoplasmabewegung unterscheiden. Die häufigste Art der von den Zellen ausgeführten Bewegung ist die sogenannte amö- Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 93 boide Bewegung (so genannt nach den Amöben, einer bekannten Gruppe einzelliger Thiere, die diese Lebenserscheinung in typischer Weise zeigen). Was diese Art der Bewegung vor allem charakte- risiert, ist eine stetige Formveränderung der ganzen Zelle: die weiche, halbflüssige Zellsubstanz sendet Ausläufer (sog. Pseudopodien) aus und zieht sie wieder zurück, indem sie zur selben Zeit andere, neue Ausläufer an anderen Stellen der Oberfläche emporschiebt. In dieser Weise kann die Zelle über eine Unterlage fortkriechen; sie kann sich auch um Fremdkörper herumlegen, sie ganz in ihr Inneres Fig. 15. Eine Amöbe in zwei verschiedenen Momenten des Herumkriechens k Kern, v Vakuole, n aufgenommene Nahrung. Aus Boas (Lehrb. d. Zoologie). aufnehmen und verdauen, falls sie verdaulich sind. Eine Amöbe, in zwei verschiedenen Momenten ihrer Bewegung betrachtet, bietet also ein ganz verschiedenes Aussehen, eine verschiedene Form dar (vergl. Fig. 15). Die Pseudopodien können entweder (wie in Fig. 15) lappig, breit und plump sein, oder sie können äusserst fein, lang und dünn sein (wie bei den Sonnenthierchen, Fig. 8); hier ist dann die Bewegung langsamer und wird hauptsächlich an dem Strömen der Körner erkannt. — Die amöboide Bewegung findet sich nicht nur unter den einzelligen Organismen verbreitet, sondern auch bei vielen Gewebszellen der höheren Thiere; so haben die Fähigkeit in dieser Weise zu wandern die weissen Blutkörperchen, die Lymph- zellen, die Pus- oder Eiterzellen und die wandernden Bindegewebs- zellen, kurz alle die Elemente, welche unter dem Namen Leuco- cyten zusammengefasst werden; ausserdem sind als jugendliche Elemente (in embryonalen Stadien) viele Zellen dieser Bewegung fähig, eine Eigenschaft, die sie meistens später verlieren. So ist 34 Erstes Buch. Von der Zelle. z. B. in Hühnerembryonen die gewöhnlich als „mittleres Keimblatt* oder „Mesoderm* bezeichnete Schicht ursprünglich aus lauter solchen amöboid-beweglichen Zellen zusammengesetzt, und von dieser Zell- masse werden später ganz verschiedenartige Gewebe ausdifferenziert, von denen viele aus unbeweglichen Zellen bestehen. Die Zellen sind im allgemeinen als jünger sozusagen plastischer. — Schneidet man ein Stück Zellsubstanz von einer Amöbe ab, so ist dasselbe im Stande einige Zeit hindurch seine Bewegungen fortzusetzen, selbst wenn es keinen Kern enthält; es ist also wahrscheinlich, dass diese Funktion der Zellsubstanz nur in dieser selbst lokalisiert ist und nicht unter dem Einfluss des Kerns steht. — Noch zwei Arten der Zellbewegung kommen in thierischen Organismen ausserordentlich häufig vor und sind auch in der Zellsubstanz lokalisiert: die Flimmerbewegung und die Muskelkontraktion. Da diese Bewegungsformen je- doch nur in einzelnen bestimmten Gewebsarten zum Ausdruck kom- men, wird die nähere Besprechung derselben bei der Schilderung der betreffenden Gewebe stattfinden; hier soll zunächst nur Folgen- des bemerkt werden. Die Flimmerbewegung wird durch kürzere oder längere, gewöhnlich haarförmige Ausläufer der Zellsubstanz, sogenannte Wimper- oder Flimmerhaare ausgeführt; die Muskel- kontraktion wird bewirkt durch eine eigenthümliche kontraktile Substanz, die als eine modifizierte Zellsubstanz zu betrachten ist und die gewöhnlich faserige (fibrilläre) Differenzierung zeigt. Kern- lose Stücke der Zellsubstanz von Flinmerzellen können isoliert wer- den und können dann ungestört längere Zeit mit dem Flimmern fortfahren; dies kann sowohl an Stücken von Wimperepithelzellen wie von Infusionsthieren beobachtet werden. Und mit Bezug auf die Muskelkontraktion gilt höchst wahrscheinlich dasselbe. Aller- dings ist es kaum möglich (und ist bis jetzt jedenfalls nicht ausge- führt worden) bei höheren Thieren Muskelfragmente ohne die dazu- gehörigen Kerne so zu isolieren, dass sie am Leben bleiben; allein bei mehreren Infusionsthierchen, z. B. beim Trompetenthier (Stentor) und bei Spirostomum finden sich in der äusseren Schicht der Zell- substanz (dem Ektoplasma) Muskelfibrillen von ganz ähnlicher Natur wie in den Muskelzellen der höheren Thiere, welche sich auch in ganz ähnlicher Weise kontrahieren; an abgeschnittenen kernlosen Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 25 Stücken eines solchen Infusionsthieres geht nun die Kontraktion in ganz derselben Weise vor wie bei normalen, unverletzten Individuen. Im allgemeinen kann also gesagt werden, dass die in der Zellsub- stanz lokalisierte Funktion der Bewegung ganz unabhängig vom Kern ausgeführt wird. — Sehr selten finden sich in thierischen Zellen die beiden Arten der Bewegung, die so häufig in Pflanzen- zellen beobachtet werden können und die als Cireulation oder Rotation bezeichnet werden. Die Circulation findet namentlich in vakuolenreichen Zellen statt: es laufen hier Strömungen von der Hautschicht der Zellsubstanz nach dem centralen Protoplasma, das den Kern umschliesst, hinein und von hier laufen wieder andere Strömungen nach aussen (man sieht die Strömungen an den immer stattfindenden Lageveränderungen der mitgeführten Körner); eine solche Cireulation findet man im Thierreich z. B. in den starren Achsenzellen der Tentakel mariner Hydroidpolypen (Fig. 7) und in der grossen Achsenzelle von Dieyema. Unter Rotation versteht man in der Botanik eine kreisende, gleitende Bewegung der ganzen Zellsubstanz innerhalb der Zellhaut, sodass der ganze Inhalt der Zelle sich ununterbrochen an der Innenfläche der Zellhaut verschiebt. Aehnliche Verhältnisse können bei vielen Infusionsthieren beobachtet werden: hier kann das ganze weiche Entoplasma an der Innenfläche des festeren Ektoplasma in einer kreisenden Bewegung begriffen sein, bei einigen Formen geschieht das ununterbrochen und mit relativ bedeutender Schnelligkeit, wie sich z. B. bei der Gattung Nassula sehr schön beobachten lässt. Anm. Ob der Kern jemals im Stande ist seine Form selbständig zu ver- ändern und sich zu bewegen, ist äusserst zweifelhaft. Es ist zwar oft die Be- obachtung gemacht worden, dass die Form des Zellkerns einem Wechsel unter- worfen ist, und noch in neuerer Zeit hat man diese Erscheinung als amöboide Bewegung des Kerns innerhalb der Zellsubstanz als umgebendes Medium be- schrieben; aber es ist doch viel wahrscheinlicher, dass solche Formveränderungen passiv waren, hervorgerufen durch die Biegsamkeit des Kerns und seine Nach- giebigkeit den Bewegungen der Zellsubstanz gegenüber. Wenn z. B. eine Amöbe sich so ausstreckt, dass sie schliesslich ein langes, schmales Band bildet, was oft vorkommt, so wird auch der Kern länglich oder bandförmig; zieht sich die Amöbe wieder zusammen, bekommt der Kern auch wieder seine typische runde Form. — An Kernkörperchen, besonders an Keimflecken hat man auch 36 Erstes Buch. Von der Zelle, Formveränderungen gesehen, und man hat sie als sehr langsame und träge, selbständige amöboide Bewegungen deuten wollen; indessen erfordert diese Sache eine erneute Untersuchung. Reizbarkeit. Eine andere Grundfunktion der Zellsubstanz ist ihre Reizbar- keit, ihre Fähigkeit auf äussere Einflüsse und Einwirkungen zu reagieren. Die Reize können verschiedener Art sein (Wärmereize, Lichtreize, mechanische, elektrische und chemische Reize), und die Weise, in welcher die Zellsubstanz verschiedener Zellen auf diese verschiedenen Reize reagiert, ist eine so mannigfaltige und variierte, dass wir aus der Menge der Erscheinungen nur einige der prägnan- testen Beispiele auswählen müssen, die geeignet sind die Reizbar- keit besonders klar zu zeigen. Am deutlichsten manifestieren sich die meisten Reizwirkungen bei isolierten freilebenden Zellen, also z. B. bei Infusorien und Amöben, Schwärmsporen, Spermatozoen. Viele Schwärmsporen von Algen sind für das Licht sehr empfind- lich, sodass sie entweder das Licht suchen (photophil sind) oder das Licht fliehen (photophob sind). Hat man z. B. eine grosse Menge solcher Schwärmsporen in einem einseitig beleuchteten Wasser- tropfen, so sammeln sie sich alle an der Lichtseite resp. an der vom Licht abgekehrten Seite an. Aehnliche Erscheinungen hat man auch bei elektrischen Reizen unter Infusionsthierchen und Amöben gefunden. Wird ein kon- stanter Strom durch einen Wassertropfen geleitet, der eine ganze Anzahl Paramäcien (eine ciliate Infusorienform) enthält, so sam- meln sich beim Schliessen des Stromes alle Paramäcien bei dem negativen Pol an und bleiben da während der ganzen Dauer des Stromes. Beim Oeffnen des Stromes schwimmen sie nach dem positiven Pol hin; weil der Reiz nun aber schneller aufhört, sammeln sie sich doch nicht alle um denselben an. Andere ein- zellige Wesen zeigen dieselbe Erscheinung in umgekehrter Weise: sie sammeln sich beim Schliessen des Stromes an dem positiven, beim Oeflnen an dem negativen Pole an; man unterscheidet die Er- scheinung demnach als negativen und positiven Galvano- tropismus. re Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns, 27 Ebenso wirken auch viele chemische Stoffe anziehend oder ab- stossend auf die Zellsubstanz ein (positiver und negativer Chemotropismus oder Chemotaxis). So werden beispiels- weise die meisten einzelligen Organismen sehr stark vom Sauer- stoff angezogen; diese Reizerscheinung wurde geradezu benutzt um äusserst geringe Mengen von Sauerstoff nachzuweisen, indem sich z. B. Bakterien gleich in der Nähe der Sauerstoffquelle (z. B. einer assimilierenden mikroskopischen Pflanze) ansammeln. Ebenso wirken verschiedene andere Stoffe anziehend auf bestimmte Zellen; so wirkt z. B. die Apfelsäure in äusserst verdünnten Lösungen in hohem Grade anziehend auf die Spermatozoön der Farne; man ver- muthet deshalb, dass auch in der Natur von den Archegonien äusserst geringe Mengen von Apfelsäure ausgeschieden werden (in stärkeren Lösungen wirkt dieses Reagens im Gegentheil abstossend, und auf die Spermatozoön anderer Pflanzen bleibt es ohne Ein- wirkung). Die angeführten Thatsachen müssen als Beispiele für die Reiz- barkeit der Zellsubstanz bei freilebenden einzelligen Wesen genügen. Jedenfalls für einen Theil dieser Reizerscheinungen wurde nun nach- gewiesen, dass sie ebenso gut an kernlosen Theilstücken der Zell- substanz auftreten, wie am unverletzten Organismus; es ist also klar, dass das Protoplasma an sich ohne Beihülfe des Kerns reizbar ist. Für jeden einzelnen Fall wäre es schwierig, diesen Nachweis durch Experimente beizubringen; nach den vorliegenden Erfahrungen ist indessen der wahrscheinlichste Schluss der, dass die Reizbarkeit allein eine Funktion der Zellsubstanz ist. Während die so allseitig ausgebildeten freilebenden Zellen, welche jede für sich einen ganzen thierischen Organismus aus- machen, auf verschiedenartige Reize in verschiedenartiger Weise reagieren können, ist es bei den so einseitig entwickelten Gewebs- zellen der höheren Thiere anders: sie haben sozusagen auf jede Frage nur eine und dieselbe Antwort. Die Muskelzelle z. B. reagiert auf jeden Reiz, sei dieser mechanischer, chemischer, elektrischer oder nervöser Natur, durch Kontraktion. Werden die Drüsenzellen gereizt, sei es durch Elektrieität, sei es vom Nervensystem aus, so sezernieren sie. Und dasselbe gilt mit Rücksicht auf die Sinnes- 38 Erstes Buch. Von der Zelle. organe: die Sinneszellen kennen nur eine Weise auf einen Reiz zu reagieren, nämlich die spezifische Art, in der sie Sinneseindrücke produzieren: jeder Reiz des Sehorgans z. B. ruft einen Lichteindruck hervor. Stoffwechsel. Was den Stoffwechsel der Zelle und besonders die Frage betrifft, welchen Antheil die beiden Hauptbestandtheile der Zellen, Protoplasma und Kern daran nehmen, so hat man nicht übermässig viele Erfahrungen, und wir müssen zunächst einen kleinen Streifzug ins Gebiet der Botanik machen, da wir einige der sichersten und interessantesten Befunde in der Beziehung Untersuchungen an Pflanzen- zellen verdanken. Der Botaniker G. Klebs experimentierte mit Alsgenzellen (Zygnema). Wenn diese in eine konzentrierte Rohr- zuckerlösung gestellt wurden, löste sich die Zellsubstanz von der Membran ab und zerfiel in mehrere Stücke, von denen natürlich nur eines den Kern enthielt (dieser Vorgang wird als „Plasmolyse* be- zeichnet). Die Kulturen wurden dann ins Dunkle gestellt, und die in den Zellen vorhandene Stärke wurde im Laufe einiger Zeit ver- braucht, während wegen des Mangels an Licht keine Assimilation und keine Bildung neuer Stärke stattfinden konnte. War dies nun geschehen, und wurden danach die Kulturen wieder ans Licht ge- bracht. so stellte sich die interessante Thatsache heraus, dass alle Stücke der Zellsubstanz, kernlose ebensowohl wie kernhaltige zu assimilieren und Stärke zu bilden anfingen; die Assimilation und die Bildung von Stärke kann also hier durch die Zell- substanz allein ohne jede Mitwirkung des Kerns ver- richtet werden. Aber Entsprechendes ist mit der Bil- dung der Cellulose nicht der Fall; die kernlosen Stücke vermögen nicht ihre Stärke in Cellulose umzu- wandeln. Es bildete sich somit beim weiteren Verlaufe des Klebs’schen Versuchs keine neue Membran an den kernlosen Stücken, während die kernhaltigen Fragmente sehr bald eine neue Zellhaut zeigten; stand aber ein kernloses Fragment nur durch einen feinen Faden mit dem kernhaltigen Theil in Verbindung, so bildete es auch eine Membran. Hier ist also der Einfluss des Kerns v EEE Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 29 [#) auf die Bildung der Cellulose ganz klar ersichtlich. Bei höher stehenden Pflanzen, wie Moosen, vermag die Zellsubstanz ohne Mit- wirken des Kerns nicht einmal Stärke zu bilden; kernlose Bruch- stücke können aber nichts desto weniger vier bis sechs Wochen am Leben bleiben, und es ist hieraus sowie aus den Erfahrungen bei den Algen klar zu ersehen, dass die Athmung der Zellsub- stanz ganz unabhängig von der Anwesenheit des Kerns stattfinden kann. Ein besonderes Athmungsorgan kommt in den gewöhnlichen Gewebszellen nicht vor, aber bei Amöben und bei Infusorien, die ja besonders hoch und allseitig entwickelte Zellen darstellen, findet sich ein solches; jedenfalls wird heutzutage die kontraktile Blase oder pulsierende Vakuole als Respirationsorgan gedeutet. Es ist eine Vakuole, die ihren bestimmten Platz in der Zellsub- stanz des Thieres hat und die nach bestimmten Zeitintervallen mit rhyt- mischer Regelmässigkeit sich mit Flüssigkeit anfüllt und dann durch eine schnelle Kontraktion ihren Inhalt durch einen feinen Porus in das umgebende Medium austreibt. Um sie herum finden sich entweder lange /uleitungskanäle die sich Ein holotrisches Infusionsthier. m Mund, weit herum in die Zellsubstanz N der vegetative Kern, n Geschlechtskerne erstrecken und die Flüssigkeit nach _YjleYakuole umscbenvon kleineren Bildungs, der Vakuole hinleiten, oder esfinden vakuolen. Links unten ist der Mund (von der Oberfläche gesehen) dargestellt. sich kleinere „Bildungsvakuolen* | (vergl. Fig. 16), die im Umkreis der kontraktilen Vakuole auftreten, wenn diese etwa ihren höchsten Füllungsgrad erreicht hat, und die dann, wenn jene sich entleert hat, sich mit einander vereinigen und den Platz jener einnehmen. Diese kontraktile Vakuole wird als Athmungsorgan gedeutet, indem man annimmt, dass das sauerstofl- haltige Wasser überall durch die Oberfläche des Thieres hinein 30 Erstes Buch. Von der Zelle. diffundirt, und nachdem es verbraucht und seines Sauerstoffs beraubt worden ist, nach und nach in die kontraktile Vakuole geleitet wird, um dann wieder ausgestossen zu werden. Die kontraktile Vakuole kann sowohl an kernhaltigen wie an kernlosen Stücken von Amöben und Infusionsthieren fungieren, ja sogar neugebildet werden (Balbi- ani, Hofer); also wirkt dieses „Organ in der Zelle* auch gänz- lich unabhängig vom Kern. Anm. Mit dem Wasser zusammen werden wahrscheinlich auch Excretions- stoffe in gelöstem Zustande aus diesen einzelligen Organismen durch die kon- traktile Blase herausbefördert. Jedenfalls deutet darauf hin eine Beobachtung von K. Brandt, der bei Amöben nachwies, dass der Inhalt der pulsirenden Vakuole deutlich sauer reagirte. Man weiss zur Zeit noch sehr wenig über den Stoffwechsel der thierischen Zelle mit besonderem Bezug auf die Frage nach der Antheilnahme der Kerne und des Protoplasmas daran. Gruber fand kernlose Individuen von Sonnenthierchen (Actinophrys sol), von welchen er behauptet, dass sie im Stande wären, nicht nur sich zu bewegen, sondern auch sich zu ernähren und zu wachsen; doch erfordert diese Sache noch nähere Untersuchung. Sicherer sind die Ergebnisse, die bei künstlicher Theilung von Infusionsthieren ge- wonnen wurden, und diese Resultate führen zu ganz anderen Schlüssen als dem eben für Actinophrys erwähnten. Kleine Bruchstücke eines Trompetenthiers (Stentor), die durch Operation eines normalen Indi- viduums isolirt wurden, sind einer vollkommenen Regeneration fähig, sie bilden alle die bei den normalen Individuen vorkommenden Organula, Mund, Peristom u. s. w. neu, ernähren sich und wachsen wieder bis zur normalen Grösse heran, wenn sie ein Stück des Kerns (Hauptkerns) enthalten; fehlt dagegen ein solches, so sind die ab- geschnittenen Stücke gar nicht der Regeneration oder der Ernährung fähig (nur wird, wie oben erwähnt, die kontraktile Blase auch bei kernlosen Stücken neugebildet, und die kernlosen Bruchstücke be- wegen sich die erste Zeit lebhaft im Wasser herum, sie können oft mehrere Tage am Leben bleiben, bis sie schliesslich aus Nahrungs- mangel zu Grund gehen). Also wirkt hier der Mangel des Kerns in augenscheinlicher Weise hemmend auf die Funetion der Ernährung. Durch Versuche an Amöben hat Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 31 B. Hofer sehr klar nachgewiesen, dass kernlose Fragmente die Fähigkeit Verdauungssekret zu produzieren verloren haben und somit ausser Stande sind, die Nährsubstanzen, die sie schon vor der vor- genommenen Operation aufgenommen hatten, zu resorbieren; auch sind sie nicht im Stande, neue Nahrung aufzunehmen. Dass der Kern in Bezug auf die Assimilation von Nährstoffen eine Rolle spielt, auch bei höheren Thieren, darauf deuten verschiedene Beob- achtungen, beispielsweise diejenigen von Korschelt über das Keim- bläschen im wachsenden Ei des Ohrwurms. In den Eiröhren des genannten Thieres wechseln Kammern, die Eier enthalten, mit Kammern, die Dotterzellen enthalten, ab (Eikammern und Nähr- kammern); jede Eikammer enthält nur ein Ei; das Schicksal der Dotterzellen ist, von den wachsenden Eiern verzehrt zu werden. Wenn dies nun geschieht, legt sich der Kern des Eies (das Keim- bläschen) oft der Nährkammer dicht an und bleibt da, solange die Resorption der Dotterzellen andauert; oft wird er dabei sanz plattgedrückt (Fig. 17). Die Weise, in der die Nährstoffe von den thierischen Zellen aufgenommen werden, kann übrigens sehr verschieden sein, und wir können in der Beziehung namentlich zwei Typen unterscheiden, je nachdem die Nährsubstanzen in festem, geformtem Zu- stand in den Zellenleib eingeführt werden Li Abschnitt des Dranunn Ks oder ob sie nur in gelöstem, flüssigem Zu- Keimbläschen (Kı)sich der Nähr- 5 kammer (Nz) fest angelegt hat stand aufgenommen werden (intracellu- und dabei ganz abgeplattet lare und intercellulare Verdauung). A ers ee Ersteres ist zunächst meistens der Fall bei u. Ontog., Bd. 4). den einzelligen Urthieren, die grössere und kleinere Organismen verschlucken, die Amöben, indem sie sich um die- selben herumlegen und sie in ihr Inneres hinein befördern, die Infusions- thierchen, indem sie die betreffenden Thierchen durch den Mund aufnehmen und durch den Schlund in das Entoplasma hineinführen; hier wird dann um den aufgenommenen Organismus eine Nahrungs- vakuole gebildet, indem Wasser und ein verdauendes Sekret ausge- Fig. 17. 39 Erstes Buch. Von der Zelle. schieden werden; die unverdaulichen Theile werden später wieder von der Zelle ausgestossen. Aehnliche Verhältnisse trifft man bei den Zellen zahlreicher niederer mehrzelliger Thiere (Metazoön), bei- spielsweise bei Polypen und Medusen, bei Plattwürmern; die Darm- epithelzellen dieser Thiere zeigen amöboide Bewegungen (können Pseudopodien bilden) und nehmen feste Nahrungspartikel auf; wie diese weiter befördert werden, ist nicht festgestellt; aber auch die mesodermalen Wanderzellen bei jenen Thieren können Fremdkörper aufnehmen und verdauen. Dies ist auch der Fall bei den Wander- zellen der höheren Thiere, weshalb man diesen auch den Namen Phagocyten („Fresszellen“) gegeben hat, und dieses Verhalten spielt sicherlich, wie Metschnikoff entdeckt hat, eine sehr wichtige Rolle in Bezug auf die Verhütung und die Bekämpfung von Infek- tionskrankheiten, indem die Phagocyten von den krankheitsverur- sachenden Mikroorganismen gereizt werden und dieselben zu ver- zehren suchen. Dagegen sind bei den höheren Thieren die Darm- epithelzellen nur im Stande Nährstoffe in gelöstem Zustande aufzu- nehmen und weiter zu befördern, es seien die betreffenden Stoffe schon in gelöstem Zustande in den Darm eingeführt, oder sie seien daselbst in diesen Zustand durch die Sekrete der Darmdrüsen über- führt worden. Mit Rücksicht auf die Absonderungsvorgänge (Sekretions- vorgänge) wurde schon oben bemerkt, dass die Absonderung der Verdauungsflüssigkeit bei den Amöben aufhörte, wenn diese ihrer Kerne beraubt wurden. Auch über die Drüsenzellen bei den höheren Thieren hat man eine Anzahl Beobachtungen gemacht, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass nicht nur die Zeilsubstanz, sondern auch der Kern eine Rolle bei den Sekretionsvorgängen spielt. So können als Beispiel zunächst einige Beobachtungen von Korschelt über die Bildung der Chitinschale an den Eiern ge- wisser Insekten angeführt werden. Den typischsten Fall treffen wir bei einer Wasserwanze, der Gattung Ranatra. Bei dieser Gattung ist die Chitinschale des Eies an dem einen Ende mit zwei langen Anhängen, sog. „Eistrahlen* versehen. Jeder dieser Eistrahlen entsteht in einer Ausbuchtung der Eikammer (jenes Abschnitts der Eiröhren, welcher die Eier enthält); beim blinden Ende einer jeden Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 33 solchen Ausbuchtung findet sich eine sehr grosse sog. „Doppelzelle*, innerhalb welcher die Bildung des Chitinstrahls beginnt. Dieser letztere besteht aus zwei Schichten: einer inneren von schwammigem Bau und einer äusseren homogenen. Die äussere Schicht wird von den unterhalb der Doppelzelle liegenden Epithelzellen gebildet, die ganze innere schwammige Schicht wird aber allein von der Doppel- Fig. 18B. RE 123113 m HkE) Be rntere ITEM] T Bean Längsschnitt durch einen »Eistrahl« von Ranatra und seine Matrix. ep Epithel, ch2 äussere, von dem Epithel abgesonderte Stück einer Eiröhre von Ranatra. o Jie Chitinschicht; chi innere, von der Doppel- Eier, kk Kerne der Doppelzellen (vergl, zelle abgesonderte Chitinschicht. Der eine den Text. Nach Korschelt (Zeitschr. Kern (k) der Doppelzelle ist im Schnitt f. wiss. Zool., Bd 45). getroffen. Nach Korschelt a. a. 0. zelle abgesondert. Diese wird so genannt, weil sich in ihr zwei sehr grosse und charakteristische Kerne finden, zwischen welchen keine Zellgrenze nachgewiesen werden kann. So lange nun die Absonderung des Chitins vor sich geht, zeigen die Kerne eine höchst merkwürdige Form: nach aussen ist nämlich ihre Oberfläche glatt, nach innen aber, gegen den Raum zu, wo sich das Chitin ablagert, sind sie Bergh, Die thierische Zelle. 6 34 Erstes Buch. Von der Zelle. stark gelappt; sie haben an ihrer Oberfläche eine Menge ansehnlicher, unregelmässiger Hervorragungen. Bevor die Chitinbildung beginnt, und nachdem sie aufgehört hat, ist ihre ganze Oberfläche glatt. Durch die Bildung der erwähnten Hervorragungen an der Innenseite wird während des Sekretionsvorganges die Oberfläche des Kerns, ihre Berührungsfläche mit der Zellsubstanz vergrössert; es scheint daraus hervorzugehen, dass der Kern eine active Rolle bei der Bildung des Chitins zu spielen. hat (vergl. hierzu Fig. 13 A--C). Aehnliche Fig. 18 C. Querschnitt durch die zwei Eistrahlen (St) von Ranatra und die sie umgebenden Doppelzellen mit ihren gelappten Kernen (K). ep Epithel. Nach Korschelt.a.a. 0. Beobachtungen sind auch über botanische Objekte gemacht worden; Haberlandt hat nämlich nachgewiesen, dass die Kerne in den Epidermiszellen der Pflanzen, wenn eine bedeutende Verdickung der Aussenwand der Zellen stattfinden soll, von ihrer zentralen Lage in den Zellen dicht an die Oberfläche derselben heranrücken. — Wenn Zellen, in welchen ein lebhafter Stoffumsatz vor sich geht, eine sehr bedeutende Grösse erreichen, behält der Kern gewöhnlich nicht seine einfache, ursprüngliche, runde oder ovale Form, sondern bekommt andere Formen, wodurch seine Berührungsfläche mit der Zellsubstanz bedeutend vergrössert wird. So ist z. B. in grossen Infusionsthieren der Kern (s. der vegetative Kern oder Hauptkern) nicht rund, son- dern bandförmig, hufeisenförmig, rosenkranzförmig oder verzweigt; in vielen grossen Drüsenzellen bei Insekten und Insektenlarven ist er stark verzweigt (Fig. 19); diese Verzweigung kann sehr be- deutend sein und dahin führen, dass der Kern, z. B. in den Spinn- drüsen der Insektenlarven, sich in mehrere Stücke zerlegen kann und die Zellen also schliesslich mehrkernig werden; auch diese Verhält- nisse lassen sich am einfachsten in derselben Weise deuten, wie die Pr Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. 35 oben erwähnten Befunde Korschelt’s und Haberlandt’s. End- lich kann angeführt werden, dass auch bei den Wirbelthieren Verschiedenheiten des Aussehens der Kerne in den Drüsenzellen nachgewiesen wurden, je nachdem dieselben in Thätigkeit oder in Fig. 19. Eine Drüsenzelle aus der Spinndrüse einer Schmetterlingsraupe (Pieris) mit verzweigtem Kern. Nach Korschelt (Zool. Jahrb. Abth. f. Anat. u. Ontog., Bd. 4). Ruhe waren; nach R. Heidenhain, der zuerst diese Verhältnisse angegeben hat, sind sie im Ruhezustand von einem ziemlich homo- genen Aussehen; während des Absonderungsvorgangs werden sie aber heller und zeigen in ihrem Innern Kernkörperchen und Körner sehr deutlich. Sezernierende Epithelzellen aus der Magenschleimhaut des Menschen. p Protoplasma (mit dem Kern), s Sekret. In a ist fast kein oder gar kein Sekret in der Zelle ausgeschieden in d und e hat die Absonderung ihren grössten Höhepunkt erreicht. b und e sind Zwischenstufen zwischen a und d. Nach Stöhr (Lehrb. d. Histologie), Die Veränderungen der Zellsubstanz während des Sekretions- vorgangs können passender Weise auch an dieser Stelle be- sprochen werden; sie lassen sich in einigen Fällen sehr hübsch beobachten, so z. B. an den Epithelzellen der Magenschleimhaut des Menschen und der Säugethiere. Die Epithelzellen sondern hier Schleim ab und bestehen in der mittleren Phase ihrer Thätigkeit (Fig. 20c) aus einem unteren Abschnitt, der die Hauptmasse des 36 Erstes Buch. Von der Zelle. Protoplasmas und den Kern enthält, und aus einem oberen Abschnitt, der hauptsächlich aus Schleim besteht. Allmählich wenn die Zelle eine immer grössere Schleimmasse absondert, wird der obere Ab- schnitt vergrössert und der untere vermindert, so dass zuletzt nur sehr geringe Mengen von Zellsubstanz um den Kern an der Basis der Zelle vorhanden sind (d, e), wobei der Kern ganz plattgedrückt werden kann (d). Schliesslich findet eine Berstung an der freien Fläche statt und die Schleimmasse wird ganz ausgestossen; die Zelle regeneriert sich dann, indem der untere, protoplasmatische Abschnitt wieder zu ansehnlichen Dimensionen heranwächst (vergl. noch die Anfangsphasen des Prozesses, Fig. 20a, b). In den schleimabson- dernden Speicheldrüsen können in jedem Follikel gewöhnlich zwei Formen von Zellen unterschieden werden; grosse Zellen, die hellen Schema, die frühere Auffassung der Thätigkeit und der Ruhe der Zellen eines Schleim- drüsen-Acinus erläuternd. In I seien die Zellen a funktionierend (sekreterfüllt), b im Ruhezustand. In !I seien alle Zellen ziemlich gleich, weil a anfangen, in den Ruhezustand, b in den Funktionszustand überzugehen. In III seien a in der Ruhe, b in der Funktion begriffen. Nach Stöhr a. a. 0. Zellinhalt haben, und der Höhle des Follikels zugewandt sind, und kleine Zellen, die ein dichtes Protoplasma haben und am Rande des Follikels, von der Höhle abgewandt liegen (die „G@ianuzzi’'schen Halbmonde“; vergl. Fig. 21). In früherer Zeit wurden diese und jene als verschiedene Zustandsformen von Drüsenzellen einer und derselben Art aufgefasst: die Gianuzzi’schen Halbmonde wurden als schleimabsondernde Zellen während des ruhenden Zustandes be- trachtet. Indessen lässt sich eine solche Deutung heutzutage kaum aufrecht erhalten, da Ramön y Cajal und Ketzius nachgewiesen haben, dass feine Verzweigungen der Drüsengänge sich in die Gianuzzi’schen Halbmonde hinein fortsetzen (vergl. hierüber weiter # Funktionelle Bedeutung der Zellsubstanz und des Zellkerns. a unten). Die Zellen der Gianuzzi’schen Halbmonde stellen wahr- scheinlich eine in ihrer eigenen Art sezernierende Form von Drüsen- zellen — verschieden von den Schleimzellen — dar. — In vielen Fällen nimmt man übrigens an, dass die voll ausgebildeten sezer- nierenden Zellen nach einer sehr intensiven Sekretionsthätigkeit zu Grunde gehen und durch andere Zellen ersetzt werden müssen, welche sich bis dahin in einem mehr indifferenten Zustand erhalten hatten und jetzt erst ihre volle Ausbildung erreichen. Sicher ist es, dass das Sekret der Talgdrüsen beim Menschen geradezu aus unterge- gangenen (fettig degenerierten) Drüsenzellen besteht. Anm. In früherer Zeit war man bemüht, den Vorgang der Absonderung nicht zunächst als eine Thätigkeit der Drüsenzellen, sondern in rein physi- kalischer Weise aufzufassen: als einen Diffusionsvorgang; die Sekretionsstoffe und Exkretionsstoffe wurden als in dem in der Drüse eireulierenden Blute schon vorhanden angenommen und sollten also dann nur durch die beiden Häute, die Drüsenwand und die Capillarwände diffundieren. Eine Stütze für diese Annahme fand man in der Thatsache, dass der Harnstoff schon in den verschiedenen Ge. weben des Körpers gebildet wird und sich in sehr geringen Mengen im Blute findet (dasselbe gilt auch von der Harnsäure). Die Drüsenzellen der Niere bil- den also nicht selbst den Harnstoff und die Harnsäure, sondern lassen dieselben nur durch sich hindurchtreten, besorgen also nur die Ueberführung derselben vom Blut in den Harn. Indessen findet nur in den wenigsten Fällen die Ab- sonderung in dieser Weise statt. Als Regel empfangen die Drüsenzellen die Stoffe, die sie abzusondern haben, nicht fertig gebildet vom Blut her, son- dern sie verarbeiten die Stoffe, welche sie vom Blut empfangen, und bilden sie selbst in Sekretionsprodukte um, und selbst für die Niere reicht die blosse Diffusionshypothese nicht aus, sondern die Zellen spielen auch hier eine mehr aktive Rolle, als man früher annahm, sie sind mit auswählenden (elektiven) Eigenschaften ausgerüstet. Namentlich R. Heidenhain hat die Bedeutung der Drüsenzellen als eigentlich aktive Elemente beim Sekretionsvorgang her- vorgehoben. Die wenigen Erfahrungen, die man über die funktionelle Be- deutung der beiden Hauptbestandtheile der thierischen Zelle hat, lassen sich also folgendermassen zusammenfassen: die Funktionen der Bewegung und der Athmung scheinen in der Zell- substanz lokalisiert zu sein und ohne Mitwirkung des Kerns vor sich zu gehen; bei den Vorgängen der Assi- milation von Nährstoffen und der Absonderung schei- nen sowohl die Zellsubstanzals der Kern bethätigt zu 38 Erstes Buch. Von der Zelle. sein. Aber wie gesagt, man hat bis jetzt nur wenig positive Er- fahrungen hierüber, und es dürfte nicht zweckmässig sein, auf der gegenwärtigen Erkenntnissstufe allzu stark zu verallgemeinern. Anm. Mit Bezug auf die in diesem Kapitel abgehandelten Gegenstände sind namentlich folgende Schriften und Abhandlungen zu vergleichen: Gruber, über künstliche Theilung bei Infusorien. Biol. Centralblatt. Bd. 4 u. 5. 1885. — M. Nussbaum, über die Theilbarkeit der lebendigen Materie. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 26. 1886. — Balbiani, Rech. exper. sur la merotomie des Infusoires cilies. Recueil zoologique Suisse. Tom. 5. 1889. — Hofer, Experimentelle Untersuchungen über den Einfluss des Kerns auf das Proto- plasma. Jenaische Zeitschrift. Bd. 24. 1890. — G. Klebs, über den Einfluss des Kerns in der Zelle. Biolog. Centralblatt. Bd. 7. 1887. — Metschnikoff, Untersuchungen über die intracelluläre Verdauung bei wirbellosen Thieren. Arbeiten a. d. zool. Institut Wien. Bd. 5. 1883. — Korschelt, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns. Zoolog. Jahrbücher. Abth. t. Anat. u. Ontog. Bd. 4. 1889. — R. Heidenhain, Physiologie der Abson- derungsvorgänge in Hermann’s Handbuch der Physiologie. Bd. 5. 1883. — Verworn, Psycho-physiologische Protisten-Studien. Jena 1889, sowie: die physiologische Bedeutung des Zellkerns. Pflüger’s Archiv 1891. Noch von einer Function behauptet eine grosse Anzahl von Verfassern, dass sie allein im Kern localisirt sei und der Zellsub- stanz in der Beziehung gar keine Bedeutung zugeschrieben werden könne: der Function der Vererbung, der Uebertragung elterlicher Eigenschaften auf die Nachkommen, der Fortpflanzung der forma- tiven Thätigkeit von einer Zellgeneration auf der andere. Dass der Kern und allein der Kern mit dieser Function ausgerüstet sei, ist heutzutage eine ganz allgemeine Annahme und wird sogar in einigen Lehrbüchern fast als eine erwiesene Wahrheit gelehrt. Um indessen zu untersuchen, inwiefern eine solche Lehre berechtigt oder wahr- scheinlich ist, müssen wir zu einer näheren Betrachtung der Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen übergehen. Ueber diesen Gegenstand, über die Weise, in welcher die Zellen entstehen, haben sich die Anschauungen ganz fundamental verändert im Laufe des halben Jahrhunderts, das vergangen ist, seitdem Schleiden und Schwann mit ihren Theorieen hervor- traten. Ursprünglich meinte man, dass neue Zellen in dem Zellen- Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 39 inhalt (Cytoblast) älterer Zellen oder in einer mit vitalen Eigen- schaften ausgestatteten Grundmasse (Cytoblastem) zwischen den schon vorhandenen Zellen entstünden, und zwar durch eine Art Urzeugung oder freie Zellbildung, in ähnlicher Weise, wie Krystalle in einer Mutterlauge sich ausscheiden, ohne von schon vorhandenen Krystallen erzeugt zu werden. Erst sollte der Kern sozusagen auskrystallisieren und um ihn sollte sich dann die Zellsubstanz und die Zellhaut bil- den. Allein überall, wo diese Sache näher untersucht wurde, stellte sich heraus, dass die genannte Theorie auf Irrthümern beruhte; es wurde nachgewiesen, dass Zellen nur aus schon vorhandenen Zellen, und zwar durch einen Theilungsvorgang entstehen, so dass Virchow seinen bekannten Satz, dass jede Zelle aus einer Zelle entsteht, („omnis cellula e cellula“) aufstellen konnte. Nachdem nun die Theilung der Zellen allgemein anerkannt worden war, glaubte man anfangs, dass dieselbe in sehr einfacher Weise verlaufe, nämlich so, dass zunächst der Kern und dann die Zellsubstanz sich biskuitförmig einschnürten und schliesslich in zwei Hälften zerfielen (der Remak’- sche Modus der Zelltheilung mit directer oder amitotischer Kern- theilung). Ein solcher Modus der Zelltheilung existiert nun gewiss, aber nur in Ausnahmefällen; in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle, wo die Zelltheilung näher untersucht wurde, stellte sich heraus, dass dieser Vorgang sehr verwickelter Natur ist, dass wesent- liche Umlagerungen und Umordnungen namentlich der Substanzen des Kerns stattfinden (die sog. indirekte oder mitotische Kerntheilung). Wir werden uns nun mit diesen beiden Modi der Zelltheilung zu beschäftigen haben, zunächst mit der amitotischen, dann mit der mitotischen. Es mag gleich bemerkt werden, dass die beiden Modi einander ziemlich scharf gegenüberstehen; Uebergangsformen zwischen denselben hat man bis jetzt nicht kennen gelernt. Direkte (amitotische) Kern- und Zelltheilung. Diese geht, wie schon oben berührt wurde, in der Weise vor sich, dass sich der Kern biskuitförmig einschnürt und schliesslich in zwei Hälften zerfällt; diese Kerntheilung wird oft von einer Einschnürung und Theilung der Zellsubstanz begleitet, oder die letzteren Erschei- nungen treten etwas später auf. Eine Umlagerung der Substanzen 40 Erstes Buch. Von der Zelle. des Kerns nach bestimmten Gesetzen, eine Indivualisierung von „chromatischen Elementen“ oder „Chromosomen“, wie sie bei der indirekten Kerntheilung stattfindet, ist nicht bemerkbar, und der Drei Stadien der direkten Kern- theilung in der Embryonalhaut des Skorpions im Anschluss an Figuren von Blochmann (Morphol. Jahrb. Bd. 10). Kern ist gegen die Zellsubstanz während des ganzen Theilungsvorgangs ganz scharf und deutlich abgegrenzt. In der neuesten Zeit wurde von Flemming für ge- wisse Fälle der direkten Kern- und Zell- theilung nachgewiesen, dass bei der- selben keine Theilung des Polkörperchens oder Centrosomas stattfindet (während bei der indirekten Theilung entweder eine solche Theilung oder nur ein Aus- einanderrücken der schon vor dem An- fange der Kerntheilung vorhandenen Theilhälften des Centrosomas sich ab- spielt); doch hat Flemming darauf hingewiesen, dass das Centrosoma mit umgebendem Archoplasma bei stark ein- seschnürten Kernen gewöhnlich gerade an der dünnsten Stelle der Verbindungs- brücke zwischen den Hälften derselben gefunden wird, und dass dies auf einen Einfluss des Centrosomas auf die amito- tische Theilung hindeuten könnte. Uebri- gens ist zu beachten, dass die direkte Kerntheilung bei weitem nicht immer von einer Einschnürung der Zellsubstanz begleitet wird; eine solche kann zwar sehr wohl eintreten (z. B. bei Leukocyten), aber in sehr vielen Fällen führt die direkte Kerntheilung nur zur Bildung einer mehrkernigen Zelle (oder wie es oft ausgedrückt wird: einer Zelle mit fragmen- tiertem Kern). Es seien nım einige der wichtigsten Beispiele der direkten Kern- theilung genannt. Zunächst ist diese Erscheinung sehr häufig in in Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 41 Wanderzellen (Leukoeyten) bei höheren Thieren zu beobachten; wie erwähnt, kann Zelltheilung nach der Kerntheilung eintreten oder auch unterbleiben; treten nach einander mehrere Kerntheilungen ohne nachfolgende Zelltheilungen auf, so kann es zur Bildung von viel- kernigen Riesenzellen kommen. Ferner beobachtet man in der Em- bryonalhülle der Skorpione eine direkte Kerntheilung, bei welcher keine nachfolgende Zelltheilung eintritt, so dass zweikernige Zellen entstehen (Fig. 22 a—c), ebenso in der mütterlichen Placenta (im Uterusepithel) bei den Säugethieren; auch hier tritt keine vollstän- dige Zelltheilung ein. In den oberflächlichsten (innersten) Schichten des Blasenepithels des Salamanders, welche Schleim absondern, werden die Zellen auch mehrkernig durch direkte Kerntheilung, während die Zellen der tieferen (äusseren) Schichten sich durch in- direkte, von Zelltheilung begleitete Kerntheilung vermehren. In vielen Drüsen bei den Insekten werden durch direkte Kerntheilung die Zellen mehrkernig; endlich finden wir bei den Infusionsthieren das merkwürdige Verhältniss, dass sich bei deren Vermehrung der vegetative Kern (Hauptkern) nach dem direkten, der Geschlechts- kern (Nebenkern) nach dem indirekten Modus theilt. Auch in Hodenzellen (Spermatogonien) des Salamanders kommt die direkte Kerntheilung neben indirekter Theilung oft vor; dabei legt sich das Archoplasma oder die Attraktionssphäre wie ein Ring um die ein- geschnürte Kernstelle, und es scheint zu vollständiger Zelltheilung zu kommen; ebenso sind in den Hoden bei gewissen Krebsthieren direkte Theilungen beobachtet worden, jedoch soll dieser Vorgang hier nur in den Stützzellen und nicht in den Spermatogonien statt- finden. Auch die Regeneration der Gewebe bei den Arthropoden soll in vielen Fällen durch direkte Theilungen geschehen. Ueberblicken wir die obige Reihe von Beispielen direkter Kern- theilung, so stellt sich für viele derselben etwas Gemeinsames heraus: dass es nämlich Zellen sind, die eine ganz spezifische Ausbildung erfahren haben und die nach einer nur sehr begrenzten Lebensfrist ihrem Untergang entgegeneilen. Zweifellos hat dies Gültigkeit in Bezug auf die Embryonalhülle des Skorpions, die Säugethierplacenta und die inneren Schichten des Blasenepithels des Salamanders, auch gilt es für viele Wanderzellen. Aehnliche Verhältnisse finden sich 42 Erstes Buch. Von der Zelle. auch bei den Infusionsthieren: die Deszendenten des Hauptkerns, (der sich ja nach dem direkten Modus theilt) gehen nach einer grösseren oder geringeren Anzahl weiterer Theilungen zu Grunde als morphologische Bestandtheile der Zellen, und es findet dann (während des Conjugationsvorganges und nach demselben) Bildung neuer Hauptkerne statt auf Grundlage der Deszendenten des sich auf indirektem Wege theilenden Nebenkerns. In allen diesen Fällen hat es den Anschein, als fehle dem sich direkt theilenden Kern die Kraft und Fähigkeit, sich allen den Strukturänderungen und Um- bildungen zu unterwerfen, welche die indirekte Kerntheilung charak- terisieren, und man hat deshalb die direkte Kerntheilung als Anzeichen einer mehr oder weniger vorgeschrittenen Degeneration der Zelle auffassen wollen. Damit würde auch stimmen, dass bei embryonaler Entwicklung, wenn also die Zellen alle noch vollkommen jugendlich und lebensfähig sind, nur indirekte Kerntheilungen auftreten. Indessen lässt sich diese Deutung bis jetzt nicht für alle bekannten Fälle der Amitose sicher beweisen. So fehlt noch der Nachweis, dass alle Wanderzellen, die sich auf diesem Wege vermehren, einem baldigen Untergange geweiht sind, und namentlich muss die Thatsache, dass direkte Kerntheilung in Spermatogonien auftritt, ein wenig Miss- trauen gegen die allgemeine Gültigkeit der oben genannten Ansicht erwecken. Bei amöboiden Wanderzellen kann der Kern bei starker Längs- streckung der Zelle öfters eingeschnürt werden aus rein mechanischen Gründen und kann also das Aussehen eines sich theilenden Kerns annehmen, ohne sich aber wirklich zu theilen; bei einer Formände- rung der Zelle kann er zur runden Form zurückkehren. In früherer Zeit beschrieb man sehr oft solche Kerne mit grosser Zuversicht als Theilungsformen ; in der Beziehung muss also vorsichtig zu Werk gegangen werden: ein biskuitförmiger Kern braucht nicht eine Thei- lungsform zu sein. Anm. Lehrreiche Zusammenstellungen unseres Wissens in Bezug auf die direkte Kerntheilung und die Bedeutung derselben sind in neuerer Zeit von Ziegler (Biolog. Centralblatt Bd. 11, 1891) und von Flemming (Verhandl. d. anatom. Gesellsch. in München 1891, sowie Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte Bd. 2, 1892) gegeben worden. Vgl. ausserdem Flem- Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 43 ming, über Theilung und Kernformen bei Leukocyten und über deren Attak- tionssphären. Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 37, 1891. — Fr. Meves, über amitotische Kerntheilung in den Spermatogonien des Salamanders und Verhalten - der Attraktionssphäre bei derselben. Anatom. Anzeiger Jahrg. 6, 1891. Indirekte Kern- und Zelltheilung. Die Kenntniss der indirekten Kerntheilung und der dieselbe begleitenden Zelltheilung ist hauptsächlich während der letzten 15 Jahre entstanden; was man vor dieser Zeit von der- selben wusste, war nur ganz zerstreut und mangelhaft; vor dieser Zeit hatte man fast nur die Furchungsprozesse der Eier und die Theilungen der Nebenkerne bei Infusionsthieren näher untersucht, und die für solche Untersuchungen allergünstigsten Objekte kannte man damals noch gar nicht. Dass man nun durch die energischen Bemühungen besonders während des letzten Dezenniums in der Er- kenntniss dieser Vorgänge so weit gekommen ist, wurde theils durch die bedeutende Verbesserung der optischen Hülfsmittel ermöglicht, theils aber auch durch die Auffindung einiger für solche Unter- suchungen ganz vorzüglichen Objekte; namentlich haben die Unter- suchungen über die Theilung verschiedener Gewebszellen bei Sala- mandern und über die Furchung des Eies des Pferdespulwurms (Ascaris megaloce- phala) einen epochemachenden Einfluss aus- geübt. Wir werden jetzt jedes dieser Ob- jekte für sich betrachten und zugleich den Befruchtungsvorgang erwähnen, da derselbe auch sehr gute Anhaltspunkte für die Auf- fassung der ganzen Organisation der Zelle giebt. Die meisten Gewebszellen des gefleck- ten Landsalamanders sind durch ganz be- sondere Grösse ausgezeichnet; sie sind noch Schema einer frühen Theilungs- phase mit noch schwach ausge- grösser als jene der Wassermolche, welche bildeter, achromatischer Spindel. übrigens auch recht ansehnlich sind; be- Rn deutend kleiner sind sie bei den schwanz- losen Amphibien und noch viel kleiner bei warmblütigen Wirbelthieren. Der Kern z. B. einer Epithelzelle des Landsalamanders zeigt im Ruhe- 44 Erstes Buch Von der Zelle. Fig. 24 A. Fig. 24B. Sieben Stadien der indirekten Kern- und Zelltheilung beim Landsalamander, etwas modi- fiziert nach Ra bl (Morpholog. Jahrb , Bd.10). A anfangendes Muttersternstadium, B Ueber- gang zur Umordnungsphase: Spaltung der Chromosomen, C—D Wanderung der Chromo- somen nach den Polen hinaus, E Tochtersternphase, F Knäuelstadium, G Uebergang zum Ruhezustand. Die frühesten Phasen sind den Stadien G (erste Phase) und F (zweite Phase) ganz ähnlich. Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 45 stadium ein deutliches Kerngerüst mit Kernkörperchen und ist durch eine Membran gegen die Zellsubstanz scharf abgegrenzt. Wenn nun die Zelle sich zur Theilung anschickt, so sind die ersten Veränderungen, die sich am Kern beobachten lassen, erstens das Verschwinden der Kernkörperchen, und zweitens höchst merkwürdige Umbildungen des Kerngerüsts, die sich meistens schon einleiten, bevor, noch die Kernkörperchen verschwunden sind. Die chromatische Substanz, die während des Ruhezustandes ziemlich gleichmässig in der Linin- masse des Kerngerüsts vertheilt war, sammelt sich nach und nach zur Bildung langer, schleifenförmiger Bänder, sondert sich in ein- zelne, individualisirte Abschnitte. In den ersten Stadien, besonders in dem allerersten, welches als das „lockere Knäuelstadium“ be- zeichnet wird, ist es noch sehr schwierig diese Bänder deutlich zu verfolgen, und herrscht dann auch noch Zweifel, ob sie in dieser Phase wirklich schon gesondert sind: ihre Konturen sind unregel- mässig gezackt, und von ihren Rändern gehen hier und da feine Fäden aus (vgl. Fig. 24 G, F). Aber schon in dem nächsten Stadium, dem „dichteren Knäuelstadium‘“, sind die Verhältnisse deutlicher geworden, ganz wie in Figur 24E. Die Bänder werden nämlich nach und nach scharf umgrenzt und sehr deutlich individualisiert, ihre Ränder werden glatt und haben nicht mehr Ausläufer; sie werden dabei kürzer und dicker. Sie sind, wenn voll ausgebildet, immer im Winkel gebogen, so dass ihre beiden freien Enden der- selben Seite zugekehrt sind (Fig. 24 E). So ist denn nun das Chromatin auf bestimmten Bahnen durch die Gerüstmasse des Kerns zusammengeströmt und hat sich in eine Anzahl bandförmiger Seg- mente angesammelt, welche sich immer deutlicher von einander trennen; für diese chromatischen Segmente hat Waldeyer eine kurze zweckmässige Bezeichnung eingeführt: Chromosomen (Hertwig nennt sie Kernsegmente). In der neueren Zeit hat man mehrere interessante Verhältnisse in Bezug auf die Zahl der Chromosomen, sowie auf die Steliung derselben innerhalb des Kerns entdeckt. Was zunächst die Zahl derselben betrifft, so hat sich herausgestellt, dass sie wenigstens für jede Zellenart eine konstante ist, und jedenfalls in vielen Fällen wiederholt sich diese Zahl für alle Gewebszellen desselben T'hiers; so ist die Zahl in allen Gewebs- 46 Erstes Buch. Von der Zelle. zellen des Landalsamanders konstant 24, und nur in den Geschlechts- zellen findet sich die halbe Anzahl von Chromosomen, also 12. Und was die Stellung der Chromosomen innerhalb des Kerns be- trifft, so sind nicht nur die freien Enden jedes einzelnen für sich nach derselben Seite hin gerichtet, sondern sämmtliche Chromosomen sind so gestellt, dass ihre Umbiegungsstellen nach der einen, ihre freien Enden nach der anderen Seite des Kerns hinaussehen. Dieser Umstand hat Veranlassung gegeben, dass man im Kern ein „Polfeld* und ein „Gegenpolfeld* unterschieden hat (das Polfeld ist die Seite, wo die Umbiegungsstellen der Chromosomen liegen); wenn die Kerne von ovaler Form sind, wie in den Epidermiszellen des Salamanders, so sind die Chromosomen senkrecht auf die Längsaxe des Kerns gestellt. Kurz nach dem zuletzt erwähnten Stadium verschwindet nun die bis dahin existierende achromatische Kernmembran, und die Chromosomen sind dann nur von einem hellen Feld umgeben, das ohne eine wirklich scharfe Grenze in die dunklere periphere Zell- substanz übergeht (Fig. 24 A). Schon kurz vorher ist an der Pol- seite des Kerns in der Zellsubstanz die sogenannte „achromatische Spindel“ sichtbar geworden; aber anfangs schwach entwickelt und wenig deutlich (Fig. 23). Dieser Körper ist aus feinen Fäden zu- sammengesetzt, deren Dicke weit geringer ist als diejenige der Chromosomen, und die im Gegensatz zu diesen sich sehr schwach färben lassen durch die gewöhnlichen Färbemittel. In Bezug aut die Bildung und den Ursprung dieser Spindelfasern herrscht für die Gewebszellen eine grosse Unsicherheit; Einige lassen sie aus der Filarmasse der Zellsubstanz, Andere aus der Lininsubstanz des Kerns entstehen; wiederum Andere lassen sowohl den Kern wie die Zell- substanz an ihrer Bildung theilnehmen. Da die Spindel eben zu dem Zeitpunkt deutlich wird, da die Kernmembran schwindet, wird diese Entscheidung sehr schwierig; für die Untersuchung dieser Frage sind Eier (besonders die Eier des Pferdespulwurms) weit günstigere Objekte. An den Enden der fertig gebildeten Spindel finden sich zwei kleine, färbbare Körperchen, nämlich die Pol- körperchen oder Centrosomen; dieselben waren ja, wie schon oben erwähnt, in vielen Fällen in den Zellen während des Ruhe- [er Ar ee Br et Be DRELTEET Pr EN Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 47 zustandes doppelt vorhanden, dicht an einander liegend; ist aber während der Ruhe nur ein einfaches Centrosom vorhanden, so theilt sich dasselbe gleich am Anfang der Mitose in zwei Theilhälften. - Diese liegen anfangs dicht neben einander, rücken aber, während die Spindel sich ausbildet, immer weiter aus einander; sie wachsen zu- gleich an: in der sich theilenden Zelle sind sie grösser und leichter nachweisbar, als in der ruhenden. Von den Centrosomen strahlen (besonders deutlich in späteren Theilungsstadien) eine Menge feiner Fäden in die Zellsubstanz aus (Fig. 24 B, D), aber auch diese Strahlenfiguren oder Sonnenfiguren sind bei der Furchung von Eiern weit deutlicher. Die achromatische Spindel stellt sich nun nach und nach etwas schräg zu der Linie, welche Polseite und (Gegenpolseite des Kerns mit einander verbindet, und nun fängt eine wichtige Um- lagerung der Chromosomen an. Dieselben hatten sich ja während der vorhergehenden Stadien immer verkürzt und verdickt; sie stellen sich jetzt alle so, dass die Umbiegungsstellen gegen die Spindelachse, die freien Enden gegen die Oberfläche der Zelle gekehrt sind, und dabei rücken sie alle in die äquatoriale Zone zwischen den beiden Polen der achromatischen Spindel hinein. Dieses Stadium wird als Mutterstern oder als Kranzform bezeichnet (Fig. 24 B), und in diesem Stadium tritt nun auch eine andere, höchst wichtige Lebenserschei- nung, die sich übrigens schon während des Knäuelstadiums einge- leitet hat, mit grösster Deutlichkeit hervor: die Längsspaltung der Chromosomen. Jedes Chromosom spaltet sich nämlich schon in dem Knäuelstadium der Länge nach in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften, die dicht aneinander liegen; aber während der weiteren Stadien wird diese Zusammensetzung jedes Chromosoms aus zwei Längshälften immer deutlicher. Wie gesagt, die beiden Hälften jedes Chromosoms liegen anfänglich dicht beisammen. und das dauert bis zum Schluss der Muttersternphase; in dem folgenden Stadium entfernen sie sich nun aber von einander und werden langsam nach entgegengesetzten Seiten befördert, gegen die Pole hin (Stadium der Umordnung oder Aequatorialplatte).. Auch die achromatische Spindelfigur erscheint jetzt ganz deutlich in zwei Hälften zerlegt, eine bei jedem Pol, und es lässt sich beobachten, wie ihre Fasern 48 Erstes Buch. Von der Zelle. sich an den Chromosomen befestigt haben; in den Objekten selbst ist eine weit grössere Zahl von achromatischen Fasern vorhanden, als man in den abgebildeten Figuren sieht; nach den genauesten Angaben sollen sich an jeder Hälfte der gespaltenen Chromosomen 16—20 Fasern anheften, was eine Totalsumme von ca. 400-500 für jede Hälfte der Spindel ergeben würde; doch ist diese Angabe sehr unsicher, da selbstverständlich Zählungen dieser blassen, feinen Fäden äusserst schwierig oder fast unmöglich sind. Das Vorrücken der Chromosomen gegen die Pole zu findet ganz konstant in der Weise statt, dass ihre Umbiegungsstellen alle gegen die Pole ge- kehrt sind, während die freien Enden nach der Aequatorialebene zurücksehen; während dieser Wanderung werden sie kürzer und dicker (vergl. Fig. 24 C und D). Jetzt erscheint auch in der Aequa- torialregion ein neues System von Fasern: es sind feine, blasse Fäden, die grösstentheils der Länge nach verlaufen und die Hälften der Chromosomen mit einander verbinden (deshalb „Verbindungs- fäden“ genannt); doch sollen sie auch unter einander durch Quer- anastomosen verbunden sein können. Dieselben scheinen von etwas anderer Natur zu sein als die Fäden der achromatischen Spindel, sie werden gewöhnlich von der Lininsubstanz des Kerns abgeleitet. Wenn nun die Chromosomen in die Nähe der Pole gelangt sind, schliessen sie sich dichter zusammen (Stadium der Tochtersterne), und bekommen dann bald ein anderes Aussehen: sie büssen ihre glatte Oberfläche ein, werden nach und nach uneben und geben Verzweigungen ab. Diese Verzweigungen werden immer zahlreicher und ansehnlicher, und als Folge davon werden die Chromosomen als individuelle Bildungen immer mehr unkenntlich (Fig. 24 E,F,G). Mit anderen Worten: ganz dieselben Stadien, welche von dem Mutterkern am Anfang der Theilung durchlaufen wurden, werden jetzt beim Ende der Theilung in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen; vom Stadium der Tochtersterne gehen sie in ein dichteres und von diesem in ein lockeres Knäuelstadium über, und schliesslich bildet sich ein Kerngerüst aus, in welchem die chromatische Sustanz sich ziemlich sleichmässig vertheilt: der charakteristische Bau des ruhepden Kerns hat sich wieder eingestellt. Währenddem hat sich auch wieder eine achromatische Kernmembran um jeden Tochterkern gebildet (Fig. 24 VR 190 Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 49 E, F, G), und gleichzeitig wird die achromatische Spindel wieder unkenntlich; doch bleiben ja die Centrosomen, umgeben von einer Sphäre dichten, aktiven, oft fädig-strahlig gebauten Protoplasmas (Attraktionssphäre oder Archoplasma) in den ruhenden Zellen be- stehen. Da alle Chromosomen gegen die Pole in der bestimmten Stellung (mit den Umbiegungsstellen voran) hinwanderten, so ist in den Tochterkernen gleich vom Anfang an die Polseite und Gegen- polseite gegeben: diese sieht gegen den Aequator, jene gegen den Rand der Mutterzelle. Etwa in dem Stadium der Tochtersterne bildet sich im Aequator eine Einschnürung an der Oberfläche; nach Flemming fängt sie einseitig an und bleibt auch später an dieser Seite am tiefsten; das ist auch bei der Furchung vieler Eier der Fall. Sie greift jedoch bald um den ganzen Aequator herum und schneidet immer tiefer in die Zellsubstanz ein; schliesslich hat sie den Zellkörper ganz durehschnitten, und die Mutterzelle ist in zwei Tochterzellen getheilt. Die Stadien, die wir während der indirekten Kern- und Zell- theilung unterscheiden, sind also folgende: j 1. Ruhezustand des Mutterkerns 7. Ruhezustand der Tochterkerne ! (Gerüst). (Gerüst). 2. a) lockeres Knäuelstadium 6. b) lockeres Knäuelstadium (Spirem). a) dichteres j b) dichteres 3. Mutterstern (Monaster). 5. Tochtersterne (Dyaster). x 4. Aequatorialplatte FG (Umordnungsstadium). (Dispirem). t Anm. In vielen, aber bei weitem nicht in allen Fällen haben die Chromo- somen dieselbe Form, wie in den Gewebszellen des Salamanders: diejenige langer gebogener Bänder; in anderen Fällen können sie die Form kurzer Stäbehen annehmen, oder sie können so klein sein, dass sie nur als Körner er- scheinen. Wo sie — wie beim Salamander — relativ sehr gross sind, ist bei der Anwendung sehr starker Vergrösserungen der Nachweis gelungen, dass jedes Chromosom eine Reihe perlschnurartig aneinander gereihter Chromatinkörner darstellt. — Bei den Theilungen der Hodenzellen der Maus werden nach Her- mann (Beitr. zur Histologie des Hodens. Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 34, 1887), die Chromosomen nicht der Länge nach gespalten, sondern die beiden freien Enden jedes derselben verwachsen mit einander, sodass sie ringförmig werden, und diese länglichen Ringe werden dann iın Stadium des Muttersterns Bergh, Die thierische Zelle. 4 50 Erstes Buch. Von der Zelle. quer getheilt. — Die Zahl der Chromosomen hat sich, wie oben erwähnt, mindestens für jede Zellenart bei einem und demselben Thiere konstant erwiesen; aber sehr verschieden ist sie beı verschiedenen Thier- und Pflanzen- arten; in vielen Fällen, namentlich wenn die Chromosomen sehr klein und zahl- reich sind, ist es mit den grössten Schwierigkeiten verbunden, ihre Zahl genau zu bestimmen. In Kernen verschiedener Pflanzenzellen hat man beispielsweise die Zahlen 8, 12, 16, 24 und c. 140 gefunden; in befruchteten Eiern und in Furchungskugeln bei verschiedenen Thieren treten die Zahlen 4, 8, 12, 16, 18, 28, 32 auf. Es muss auffallen, dass diese Zahlen sämmtlich gerade sind, und dies findet seine Erklärung darin, dass die Zahl der Chromosomen im befruch- teten Ei durch Addition zweier Hälften entsteht, nämlich durch Summierung der Chromosomen des Eikerns und des Samenkerns, die immer in Bezug auf ihre Chromosomenzahl einander ebenbürtig zu sein scheinen (sie enthalten also in dem angeführten Beispiele 2, 4, 6, 8, 9, 14, 16 Chromosomen). Beim Pferde- spulwurm ist in den Furchungskugeln die Zahl der Chromosomen stark reduziert, ja bei der einen Varietät bis zur Grenze der Möglichkeit, nämlich auf 2 (1 vom Eikern, 1 vom Samenkern stammend). Bei dem genannten Thier finden wir das höchst merkwürdige und dem Verständniss noch nicht zugängliche Ver- halten, dass es in zwei Varietäten auftritt, die sich äusserlich und überhaupt makroskopisch vollkommen gleich sind, die aber in Bezug auf die Beschaffen- heit der Geschlechtsprodukte und des befruchteten Eies sich von einander unterscheiden, indem bei der einen Varietät konstant 2, bei der anderen konstant 1 Chromosom in dem Eikern und in dem Samenkern sich findet; infolge dessen enthält das befruchtete Ei (wie auch jede der ersten Furchungskugeln) bei jener Varietät 4, bei dieser 2 Chromosomen. In der neuesten Zeit hat Boveri höchst interessante Beobachtungen über die Differenzirung der Chromosomen in den verschiedenen Furchungszellen mitgetheilt (Geschlechtszellen und soma- tische Zellen bei Ascaris, Sitzungsberichte d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. in München, Bd. 8, 1892). In den Zellen nämlich, aus denen sich die Ge- schlechtszellen entwickeln, erhält sich während der ganzen Entwicklung die geringe Zahl der Chromosomen (2 oder 4), die dieselbe Beschaffenheit haben wie im Ei: es sind grosse, langgestreckte Bänder; in allen anderen Zellen (den „somatischen Zellen“) geht aber das Chromatin eine merkwürdige Umbildung ein, indem es in eine sehr grosse Anzahl winzig kleiner, stäbchenförmiger Chromosomen zerfällt; ausserdem scheint ein Theil davon resorbiert zu werden. Vergl. hierzu Fig. 25 und deren Erklärung. Bei der Theilung der Pflanzenzellen tritt allgemein in den späteren Phasen eine sog. Zellplatte auf; dieselbe ist aus sehr zahlreichen kleinen Körnern zusammengesetzt, die genau in der Theilungsebene liegen. Ein Gebilde, das sich vielleicht mit der Zellplatte der Pflanzenzellen vergleichen lässt, hat man erst in der allerneuesten Zeit in einigen wenigen thierischen Zellen nachgewiesen und zwar in sehr reduzierter Form, als ein sehr kleines, färbbares Körperchen ee Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 51 („Zwischenkörperchen*), das in der Verbindungsbrücke zwischen den Tochterzellen liegt (Fig. 26) und durch Verschmelzung mehrerer solcher Körperchen zu entstehen scheint (vergl. hierüber Flemming, Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle, I. Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 37, 1891. — A. Geberg, Anatom. Anzeiger 1891). Die Zellplatte der Pflanzenzellen hat nach der Meinung der Autoren eine wesentliche Rolle zu spielen bei der Bildung der Cellulose-Membran, Fig. 25, A,B, C. N > SI DIN / SI >——® Zi A und B zweites Furchungsstadium von Ascaris megalocephala von zwei verschiedenen Seiten betrachtet. In der einen Zelle zwei Jange Chromosomen, in der anderen viele kleine und zwei grössere Endstücke (welche resorbirt werden). © drittes Furchungsstadium; nur in einer der vier Zellen sind zwei lange Chromosomen vorhanden. Nach Boveri (Ergeb- nisse d. Anat. u. Entw. gesch. 1891. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden). 4* 52 Erstes Buch. Von der Zelle. die an der Grenze der beiden aus einer Theilung hervorgehenden Zellen aus- geschieden wird; unter einer solchen Voraussetzung wäre das Fehlen derselben oder die höchst reduzierte Form, unter der sie in thierischen Zellen auftritt, wohl verständlich. Die Theilungen der gewöhnlichen thierischen Gewebszellen führen fast immer dahin, dass die Zelle in zwei gleiche Hälften zerlegt wird. Indessen Fig. 26. Bindegewebszelle einer Salaman- derlarve in fast zu Ende ge- führter Theilung. Die Centro- somen und das Zwischenkörper- chen sind deutlich. Nach Fle m- ming (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 37). kommen auch, namentlich bei Eifurchung zahl- reiche Fälle vor, in welchen die Zelle sehr ungleich getheilt wird, sodass ein grösseres und ein kleineres Theilstück entsteht. In solchen Fällen werden doch gewöhnlich der Kern und das umgebende aktive Plasma (Archoplasma) sowie die Centro- somen gleich halbiert, und die quantitative Diffe- renz bezieht sich hauptsächlich auf die mit Dotter- körnern oder Kugeln beladene, weniger aktive Zellsubstanz. Ist die Grössendifferenz zwischen den beiden Theilprodukten sehr auffallend, so wird der Vorgang ais Zellknospung bezeichnet. Solche Zellknospungen kommen auch nicht selten bei den Protozoön vor. — Bei anderen Eiern fin- den wir den Fall, dass anfangs mehrere Kern- theilungen auf einander folgen, ohne dass die Zell- substanz sich in einzelne Zellen sondert, und erst wenn sehr viele „freie Kerne“ in einem solchen Ei gebildet sind, furcht sich die Zellsubstanz auf ein- mal in eine grosse Anzahl Zellen ab. Befruchtung. Die wichtigste Frage, die bei den Untersuchungen über die Theilung der Ge- webszellen nicht mit genügender Sicherheit beantwortet werden konnte, war diese: wo- her stammen die Fasern der achromatischen Kernspindel? Einige nehmen ja au, dass dieselben aus den achromatischen Bestand- theilen des Kerns ihren Ursprung hätten; Andere sind der Ansicht, dass die Zell- substanz in den Kern eindringe, die Kern- membran auflöse und sich später faserig differenziere; wiederum Andere meinen, vo Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 53 dass sowohl Kern wie Zellsubstanz an der Bildung der Spindel Antheil hätten. Zur Beurtheilung dieser Frage müssen deshalb andere, günstigere Objekte herangezogen werden, und solche findet man in den befruchteten thierischen Eiern. Es wird deshalb zweck- mässig sein, in kurzen Zügen den Vorgang der Befruchtung und ihre nächsten Folgeerscheinungen zu schildern, die ja zugleich einige der merkwürdigsten Bilder aus dem Zellenleben darbieten. Namentlich bilden Eier von Stachelhäutern (Echinodermen) und solche des Pferdespulwurms die in dieser Beziehung klassischen Öbjecte. Die Untersuchungen über die Befruchtung bei den ge- HH ES ER BEE 222 BER EIER S HOF RT Se e re a NER TERVHIRRR EIER ee p) Ex RER? « VARLT; Ei eines Seeigels kurz nach der Befruchtung. Der grössere Eikern und der kleinere Samenkern haben (jeder in seiner unmittelbaren Nähe) ein Centrosoma, Nach Fol (Anat. Anzeiger 1891). nannten Thierformen completieren sich gegenseitig sehr hübsch, indem die ersteren Stadien bei jenen, die letzteren bei diesen am besten bekannt sind. Bis zum Jahre 1891 sah man allgemein den einzig fundamen- talen Vorgang bei der Befruchtung darin, dass das Spermatozoon in das Ei eindringe, dass sich aus dem Kopf des Spermatozoons ein Kern (Samenkern, Spermakern) ausbilde, der sich dem nach der Bildung der Richtungskörperchen im Ei zurückgebliebenen Eikern 54 Erstes Buch. Von der Zelle. dicht anlege. In einigen Fällen kann eine wirkliche Verschmelzung der beiden Kerne stattfinden, meistens findet aber keine solche Ver- schmelzung der Kerne zu einem Kern statt, sondern ihre Membranen lösen sich, sodass der Inhalt beider Kerne frei in der Zellsubstanz liegt, und in allen genauer untersuchten Fällen erhält sich die chromatische Substanz, die Chromosomen beider Kerne ganz geson- dert von einander; bei der zunächst eintretenden Zelltheilung (Fur- chung) geht dann die Hälfte jedes Kerns in eine der ersten Fur- chungskugeln über. Der ausgezeichnete Genfer Embryologe Fol hat nun 1891 eine ganz neue Episode des Befruchtungsvorgangs entdeckt, ne en Ny > BR zes 527 IN ars - BR RLTE TEST ENG FERN, IRRE = Rn #. nn. ERS Weiter entwickeltes Befruchtungsstadium eines Seeigels. Die Centrosomen sind in Theilung begriffen. Nach Fola.a. O. die er als die „Centrenquadrille“ »ezeichnete. Er wies näm- lich nach, dass sich im Kopf des Spermatozoons ausser dem Kern noch ein äusserst winziges Centrosoma oder Polkörperchen findet; dies löst sich, sobald das Spermatozoon in das Ei eingedrungen ist, vom Kern ab und wird von einer strahligen Archoplasmamasse um- geben. Ein ebensolches Centrosoma findet sich im Ei, dicht am Eikern liegend. Sowohl das 5 wie das @ Centrosoma theilen sich jetzt, und jede der beiden 5 Theilhälften wandert einer der @ Theil- hälften entgegen und verschmilzt mit ihr (Bildung der Quadtrille) ; e Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 553 die in dieser Weise gebildeten © Centrosomen sind dann diejenigen, welche in der bei der ersten Furchung auftretenden Kerntheilungs- figur thätig sind (vergl. hierzu Fig. 27—29). Diese Verhältnisse hat Fol namentlich an Echinodermeneiern entdeckt; die folgenden Phasen der Befruchtung sind namentlich durch die Untersuchungen von Edouard van Beneden, sowie von Boveri für das Ascaris- Ei sehr genau bekannt. Wir können hier die Darstellung mit einem Stadium (Fig. 30 A) fortsetzen, in welchem die Quadrille der Centren als vollendet angenommen werden muss (wenn auch dieser Vorgang bei Ascaris Noch weiter entwickeltes Befruchtungsstadium. Die bei der Theilung der Centrosomen entstandenen 5’ und © Halbeentrosomen sind in der Wanderung nach einander zu be- griffen (vergl. den Text). Nach Fola.a. 0. noch nicht positiv nachgewiesen wurde). In dem betreffenden Stadium erkennt man die zwei Kerne, Eikern und Samenkern, die vollkommen gleich ausgebildet sind: in jedem derselben ist die chromatische Substanz in der Form von zwei sehr langen, gebogenen, schleifenförmigen Chromosomen ausgebildet; beide Kerne sind durch eine achromatische Membran sehr deutlich gegen ein- ander und gegen die Zellsubstanz abgegrenzt. In ihrer Nähe be- finden sich die beiden Centrosomen, die an diesem Objekt von relativ sehr bedeutender Grösse sind; jedes derselben ist von einer kugel- 56 Erstes Buch. Von der Zelle. förmigen Attraktionssphäre oder Archoplasmamasse umgeben, die weit dunkler und viel körniger ist als die übrige Zellsubstanz. Dieses Archoplasma ist der thätigste Theil der Zellsubstanz; wie aus der Untersuchung der folgenden Stadien hervorgeht, spielt das- selbe nämlich eine sehr active Rolle bei der Furchung. Im nächsten Stadium (Fig. 30 B) sind die Membranen beider Kerne verschwunden, und die vier Chromosomen liegen nun ganz frei in der Zellsubstanz; ausserdem zeigt das Archoplasma ein etwas anderes Aussehen, als Fig. 30A. Fig. 30 B. Vier Stadien der Befruchtung und Furchung des Eies von Ascaris megalocephala (vergl. den Text). In B und C ist (rechts) ein Richtungskörperchen sichtbar. Nach Boveri (Zellen-Studien, Heft II). in den vorhergehenden Stadien: es ist um die Centrosomen strahlen- förmig differenziert: von diesen Körperchen strahlt eine ausserordent- lich grosse Anzahl feinster Fasern aus (bei oberflächlicher Betrach- tung können die Fasern für Reihen von Körnern gehalten werden ; aber es sind thatsächlich Fasern, und die scheinbaren Körner sind Anschwellungen der Fasern). Was die Form der Chromosomen be- trifft, so sind sie lange gebogene Bänder, breit und abgeplattet: man kann an ihrer Oberfläche breite und schmale Seiten unter- scheiden. EEE TRGS Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 57 Schon in diesem Stadium fangen einige der Archoplasma- fäden an, sich bis an die Chromosomen auszustrecken und sich an ihnen festzusetzen; aber in weit grösserem Maasstabe geschieht dies in den nächstfolgenden Stadien (Fig. 30 C und D). Alle Fäden, die in dieser Weise die Chromosomen erreichen, setzen sich an ihren Schmalseiten fest, keiner an ihren Breitseiten; zugleich ist es er- sichtlich, dass diejenigen Archoplasmafäden, die schon die Öhromo- somen erreicht haben, anders als die übrigen Fäden ausgebildet sind: sie sind glatt geworden und zeigen nicht mehr Anschwellungen („Körner“) in ihrem Verlaufe. Gewöhnlich (in den meisten normalen Fällen) nehmen die Fäden der einen Attraktionssphäre die eine Schmalseite jedes Chromosoms in Angriff, die der anderen setzen sich an der anderen Schmalseite fest, und sie ziehen nun dieselben allmählich Zwei Entwicklungsstadien des Ascaris-Eies, wo es noch nicht zur Bildung der ersten Furchungsspindel gekommen ist (vergl. den Text. Nach Boveri (Zellen-Studien Heft II). in den Aequator zwischen die beiden Centrosomen hinein, sodass ein Mutterstern gebildet wird (die Zahl solcher Fäden, die sich an jeder Schmalseite eines Chromosoms ansetzen, wird zu 23 oder 24 ange- geben). Dass die Fäden der Attraktionssphäre kontraktile Elemente innerhalb der Zelle sind, kann kaum bezweifelt werden, und die bis jetzt einzige gegebene Erklärung für den Lagewechsel der Chromo- somen, und ihr Hineinrücken in den Aequator, ist diese: dass es die achromatischen Fäden der Attraktionsphäre sind, welche sich kontrahieren, sich verkürzen und somit die Chromosomen, an welchen ihr eines Ende befestigt ist, mitschleppen. Dies wird noch deutlicher durch Fälle, wie sie in Fig. 31 dargestellt sind. Links 58 Erstes Buch. Von der Zelle. in der Fig. 31 ist ein Ei dargestellt, in welchem die Fäden der einen Attraktionssphäre stellenweise früher in Thätigkeit getreten sind als jene der anderen und die sich des einen der vier Chromo- somen bemächtigt haben, indem ihre Fäden dasselbe gleich soweit mitgeführt haben, dass die Fäden der anderen Attraktionssphäre es gar nicht erreichen konnten (solches könnte übrigens auch dadurch verursacht sein, dass das eine Chromosom viel näher an der einen als an der anderen Attraktionssphäre lag); das betreffende Chromo- som ist somit noch nicht in den Mutterstern eingegangen, sondern liegt ganz ausserhalb desselben, der also in der abgebildeten Phase nur aus drei Chromosomen besteht. Rechts in der Fig. 31 ist ein anderes Ei dargestellt. in welchem es überhaupt noch nicht zur Bildung eines Muttersterns gekommen ist; jede der Attraktions- sphären hat sich hier zweier der vier Chromosomen bemächtigt und (durch Verkürzung ihrer Fäden) an sich herangezogen. Solche Fälle, wie die eben erwähnten, wurden von Boveri als Abnormitäten dargestellt; allein bei der Theilung der Gewebszellen des Sala- manders kommen ähnliche Verhältnisse zu häufig vor, als dass sie als abnorm angesehen werden können: man findet hier sehr häufig einzelne Chromosomen, die noch. wenn die meisten schon einen Mutter- stern bilden, ganz in der Peripherie der Zelle liegen und nur von Fäden der einen Archoplasmakugel oder Attraktionssphäre berührt werden. Man muss hier annehmen, dass solche Chromosomen von den ursprünglich ihnen anhaftenden Fäden an andere, mehr nach dem Aequator hin gelegene Fäden abgegeben werden, dass sie in dieser Weise doch schliesslich in den Aequator hinein transportiert werden, und dass erst dann, wenn alle Chromosomen dahingelangt sind, der Mutterstern in das Umordnungs-Stadium übergeht (damit würde auch stimmen, dass — soweit mir bekannt — keine Fälle be- schrieben wurden, bei welchen die Theilhälften der äquatorial gelegenen Chromosomen sich von einander entfernt haben, und wo doch einzelne, peripher gelegene Chromosomen vorhanden sind). Die Längsspaltung der Chromosomen findet beim Ascaris-Ei erst statt, wenn das Stadium des Muttersterns erreicht ist, geht aber sonst in ganz derselben Weise wie bei den Gewebszellen vor sich. Diese Längs- spaltung ist eine selbstständige Lebeusäusserung der Chromosomen; m Jan re a Tr a A Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 59 dagegen ist die folgende Verchiebung ihrer Theilhälften gegen die Pole hinaus wiederum als eine Wirkung der Kontraktion der Archo- plasmafäden zu deuten. Die Chromosomen werden ja nämlich paral- lel ihrer schmalen Seiten, senkrecht zur Richtung ihrer Breitseiten gespalten, und da nun, wie oben erwähnt, die Archoplasmafäden sich an den schmalen Seiten ansetzen, bekommt somit jede Attraktions- sphäre die eine Hälfte von jedem der vier Chromosomen zuertheilt. Indem sich nun ihre Fäden wieder kontrabieren und verkürzen, ziehen sie die Ohromosomenhälften aus einander, gegen die Pole hin, und hier bilden sich nun die Tochterkerne in ganz derselben Weise, wie bei der Theilung der Gewebszellen aus; schliesslich wird das Ei in der Mitte durchgeschnürt und theilt sich in die beiden ersten Furehungskugeln; dabei spielen jedenfalls auch die Fäden der At- traktionssphären eine wesentliche Rolle. Noch währenddem die Kerne der Furchungskugeln in das Ruhestadium übergehen (Kern- gerüst und Kernkörperchen ausbilden) bleiben die Centrosomen und die Attraktionssphären deutlich erkennbar (doch wird die fädige Struktur der letzteren eine Zeit lang weniger deutlich). Nach einer Ruhepause theilt sich dann jedes Centrosoma in zwei Hälften, die aus einander rücken; dann theilen sich auch die Archoplasmakugeln, und nun wiederholen sich dieselben Vorgänge, die bei der ersten Furchung stattfanden: die Kernmembrauen werden aufgelöst, die Chromosomen werden in die Aequatorialregionen der Zellen hinein- gezogen, und diese Vorgänge führen somit zur zweiten Furchung, wodurch die zwei Zellen in viere zerlegt werden. Aus den hier in möglichster Kürze dargestellten Untersuchungen über die Befruchtung und Furchung können also folgende Schlüsse gezogen werden. Zunächst in Bezug auf die Befruchtung ist es ja klar, dass eine vollständige Verschmelzung des Ei- und Samenkerns jedenfalls nicht stattzufinden braucht, und dass eine Vermischung ihrer chromatischen Bestandtheile jedenfalls nicht stattfindet, bevor die Kerne der beiden ersten Furchungskugeln sich konstituirt haben; die /' und die © Chromosomen gehen jedes für sich in die erste Kerntheilungsfigur über. Es ist ferner klar, dass nicht nur — wie es früher geglaubt wurde — die Kerne, sondern auch die Centro- somen eine sehr wesentliche Rolle bei der Befruchtung und der dar- 60 Erstes Buch. Von der Zelle. auf folgenden Entwicklung zu spielen haben; zugleich sei nochmals die Thatsache hervorgehoben, dass die Centrosomen als Organe der Furchungszellen auch während des Ruhezustandes persistieren. Und in Bezug auf die Zelltheilung ist es ja in dem eben erwähnten Fall vollkommen klar, dass die Fasern, welche die achromatische Spindel bilden, aus der Zellsubstanz (aus der Attraktionssphäre) hervorge- gangen sind, und dass sie ursprünglich ganz derselben Natur sind, wie die Fäden, die von den Polen ausstrahlen (die Fäden der Sonnen- figur): vom Anfang an hatten sie ja ganz dasselbe Aussehen wie diese und bilden sich erst später verschiedenartig aus. Es ist ja auch mehr als wahrscheinlich, dass sie kontraktiler Natur sind, dass sie die eigentlich bewegenden Elemente bei der Zelltheilung sind, dass da- gegen die Chromosomen sich mehr passiv verhalten und sich «in- fach von jenen fortschleppen lassen. Anm. Bei den Infusionsthieren, bei welchen sich ja die Nebenkerne (Geschlechtskerne) auf indirektem Wege theilen, wird gewöhnlich angegeben, dass die Kernmembran während des ganzen Theilungsvorgangs bestehen bleibe, und dass die achromatischen Spindelfasern innerhalb jener entstehen; dies war eine der Hauptstützen für die Annahme, dass die Spindelfasern aus dem Kern entstehen. Allein die Richtigkeit der betreffenden Beobachtungen wird in der neuesten Zeit von einem der gründlichsten Forscher, nämlich Flemming, be- stritten, der behauptet, dass die Kermembran bei der Theilung der Nebenkerne nicht persistiere. Merkwürdig ist es, dass man bei den Infusionsthieren nie Centrosomen und ebenso wenig Attraktionssphären gefunden hat, weder während der Ruhe, noch während der Theilung: es ist das um so merkwürdiger, als sowohl die Struktur der Zellsubstanz, wie auch die Vorgänge der Theilung der Haupt- und Nebenkerne bei der Theilung und bei der Conjugation der Infusorien in der neuesten Zeit mehrmals Gegenstand eingehenden Studiums waren. Der Con- jugationsprozess bietet sehr grosse Aehnlichkeiten mit dem Befruchtungsvorgang der höheren Thiere dar: es findet ein Austausch von Geschlechtskernen statt (nachdem sich der Geschlechtskern jedes Individuums mehrmals getheilt hat), und jedes aus der Conjugation hervorgehende Individuum besitzt zwei Kerne, einen ursprünglichen und einen von dem anderen konjugierten Individuum em- pfangenen (entsprechend dem Ei- und Samenkern bei der Befruchtung), und die Chromosomen dieser Kerne gehen in die Bildung der folgenden Kerntheilungs- figur gesondert ein. Aber nie findet man solche Strahlungen oder Sonnen (Attraktionsspären) wie bei der Befruchtung, und Centrosomen wurden nicht nachgewiesen, was um so befremdender wirkt, als man bei anderen einzelligen Formen (Rhizopoden, Noktiluken) sehr wohl ausgebildete Centrosomen und At- a TA 2 -. De DR mi Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 61 traktiossphären gefunden hat; man darf wohl deshalb auch nicht zu diesem Zeitpunkt schon alle Hoffnung aufgeben, sie bei den Infusorien zu finden. Die Kenntniss von dem Vorkommen derselben in den Zellen, besonders in ruhenden - Zellen, stammt ja ganz und gar aus der allerletzten Zeit, und während weniger Jahre hat man sie als Bestandtheile einer ganz stattlichen Anzahl von Zellen gefunden: sie sind in Epithelzellen, in pigmentierten Bindegewebszellen, in Leukocyten bei sehr verschiedenen Thierformen, in Spermatogonien und in Spermatozoen nachgewiesen; auch in Pflanzenzellen wurden sie vor wenigen Jahren als allgemein vorkommend gefunden. In sehr vielen Zellformen sind sie zwar noch nicht gefunden; wenn man aber erwägt, wie winzig klein und wie schwierig nachweisbar diese Körperchen in vielen Fällen sind, kann man auf das negative Ergebniss vieler Untersuchungen nicht allzuviel Gewicht legen, wie denn auch wohl die meisten Histologen die Centrosomen als integrierende Bestandtheile der Zelle betrachten; namentlich in jugendlichen, nicht zu stark spezialisierten Zellen kommen sie wohl immer vor. Auf Grundlage der im vorhergehenden Abschnitt angeführten Thatsachen hat ©. Rabl interessante Anschauungen in Bezug auf die Organisation der Zelle im Allgemeinen entwickelt, welche An- sichten durch die beistehende Fig. 32 erläutert Fig. 32. werden. Die Quintessenz seiner Theorie ist diese, dass alle geformten Bestandtheile der Zelle, der Zellsubstanz wie des Kerns als um das Centrosoma centriert angesehen werden. Das Centrosoma (oder die beiden Centrosomen, vergl. oben) liegt überall, wo man es kennt, während des Ruhezustands der Zelle dem Kern dicht an. Von ihm strahlen nun einerseits in die Zellsubstanz hinaus alle die Fäden der Filarmasse (welchen die Fäden der Attraktions- sphäre zuzurechnen sind), und von ihm aus strahlen andererseits in den Kern hinein, die schematische Darstellung Chromosomen (und Rabl zufolge auch die en En achromatischen Spindelfasern, die er wohl mit läuternd. Nach Rabl Unrecht als Bestandtheile des Kerns ansieht); "*'m- Anzeiger 1889). an der Stelle im Poifeld des Kerns, wo sich das Centrosoma findet, wäre nach Rabl die achromatische Kernmembran unterbrochen, und der geformte Inhalt des Kerns und der Zellsubstanz gingen hier in N \ \ N AATE \ AH 62 Erstes Buch. Von der Zelle. einander über. Diese Verhältnisse hat man zwar nirgendswo mit der Deutlichkeit, mit welcher sie im beistehenden Schema ausge- drückt sind, erkannt, und die angeführte Anschauung ist deshalb nur eine Hypothese, aber sie hat Anspruch auf das Interesse von Seite der Histologen. Die merkwürdigen Strukturverhältnisse, die während der Zelltheilung so deutlich hervortreten, werden nämlich durch diese Hypothese dem Verständniss besser zugänglich; sie werden nämlich dadurch von permanenten Strukturverhältnissen in der ruhenden Zelle abgeleitet, und alle, während der Theilung be- obachteten Erscheinungen, werden somit auf Kontraktionen und Lage- verschiebungen präexistierender, geformter Bestandtheile der Zelle zurückgeführt. — Kürzlich hat übrigens M. Heidenhain durch Untersuchungen an ruhenden Epithelzellen und Leucocyten des Sala- manders die Richtigkeit der Rabl’schen Theorie zu erweisen ver- sucht; indessen kann die Deutung seiner Abbildungen von den Kernen von einer gewissen Willkür nicht freigesprochen werden. Anm. Die wichtigsten neueren Schriften über die indirekte Kern- und Zelltheilung und über die Befruchtung sind die folgenden: Flemming, Zell- substanz, Kern- und Zelltheilung. Leipzig 1882, sowie: Neue Beiträge zur Kennt- niss der Zelle I bis II. Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 28, 1837 und Bd. 37, 1891. — Ed. van Beneden, Rech. sur la maturation de l’oeuf, la fecondation et la division cellulaire. Arch. de Biologie. Tome 4. 1883, sowie Ed. van Beneden und A. Neyt, Nouvelles rech. sur la fecondation ete. Bull. de l’acad. de Belgique 1887. — Th. Boveri, Zellenstudien I—III. Jenaische Zeitschrift 1837 bis 1890, und Artikel: Befruchtung in Anatomische Hefte, II, Ergebnisse 1391. — Fol, die Centrenquadrille. Anat. Anzeiger 1891. — Rabl, über Zellthei- lung. Morpholog. Jahrb. Bd. 10, 1884 und Anatom. Anzeiger 1889. — O. Hert- wig, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 36, 1890. — M. Heidenhain, über Kern und Protoplasma. Festschrift zum 50 jährigen Doctorjubiläum Kölliker’s 1892. Wir sind mit der Darstellung der Vermehrung der Zellen zu Ende, und wir kehren jetzt zu dem Problem zurück, von welchem wir vorher ausgingen: zu der Frage, ob mit Recht behauptet wer- den kann, dass der Zellkern — und ganz besonders das Chromatin — der einzige Bestandtheil der Zelle sei, der eine Rolle spielt in Bezug auf die Uebertragung erblicher Eigenschaiten von einer Zellgene- ration zur anderen. Bei möglichst unparteiischer Erwägung der im Vermehrung und Fortpflanzung der Zellen. 63 Vorhergehenden angeführten Thatsachen muss man nothwendiger- weise zu dem Resultat kommen, dass bei weitem nicht genügende Gründe für eine derartige Annahme vorhanden sind. Dass die grössere Masse der Zellsubstanz in der Beziehung keine Rolle zu spielen hat, ist allerdings nicht nur wahrscheinlich, sondern kann fast als erwiesen betrachtet werden, jedenfalls in einem Fall, durch folgendes sinn- reiche und interessante Experiment Boveri’s. Zum Verständniss desselben müssen ein paar Bemerkungen vorausgeschickt werden. Man hatte die Erfahrung gemacht, dass der Kern des Eies sich z. B. bei Seeigeln durch starkes Schütteln aus dem Ei entfernen lässt, und dass die in dieser Weise gebildeten kernlosen Eifragmente bei Zusatz von Sperma sich befruchten lassen und sich zu Larven entwickeln können. Man hatte ferner in Erfahrung gebracht (0. u. R. Hertwig), dass die Eier einer Seeigelart, die wir als A be- zeichnen wollen, sich mit dem Samen einer anderen Form B be- fruchten lassen; die durch diese Bastardbefruchtung entstandenen Larven hielten in ihren morphologischen Eigenschaften etwa die Mitte zwischen den typischen Larven von A und von B. Boveri benutzte nun diese Erfahrungen, um den folgenden combinirten Ver- such anzustellen. Durch Schütteln eliminirte er den Kern aus dem Ei der Form A und befruchtete darauf das kernlose Fragment mit dem Samen der Form B. Das Ei entwickelte sich und es kam eine Larve heraus, die ganz dieselben Eigenschaften aufwies, wie die typische Larve von B. Es war somit, wie sich Boveri ausdrückt, „ein Organismus ohne mütterliche Eigenschaften“ entstanden, und sein Versuch beweist, dass das Eiprotoplasma, das nach der Ent- fernung des Kerns zurückgeblieben war, keine Bedeutung hatte für die Uebertragung elterlicher Eigenschaften. Allein es ist im Boveri’schen Versuch den Centrosomen gar nicht Rechnung ge- tragen, und da die Furchung in ganz normaler Weise verlief, müssen solche zweifellos vorhanden gewesen sein. Und es kann wohl kaum bezweifelt werden, dass das Centrosoma des Eies, das dem Kern dicht anliegt, zugleich mit dem Kern eliminiert worden ist, und dass die Centrosomen in den Furchungszellen nur von den im Kopt des Spermatozoons enthaltenen abstammen. Alle übrigen Thatsachen der Befruchtung und Furchung deuten nun darauf hin, dass die 64 Erstes Buch. Von der Zelle. Centrosomen eine sehr wesentliche Rolle zu spielen haben (ihre An- wesenheit im Spermatozoon und im Ei, die Quadrille der Centren, ihr Verhalten während der Furchung), und lassen die Annahme, dass die Uebertragung der erblichen Eigenschaften auf einem intimen Zu- sammenwirken zwischen Kern und Centrosoma beruht, viel wahr- scheinlicher erscheinen, als jene, dass die erwähnte Funktion allein durch den Kern besorgt werde. Anm. Man vergl. Boveri, ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterlichen Antheil. Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. und Physiol. in München. Bd. 5. 1889. — R. S. Bergh, Kritik einer modernen Hypothese von der Uebertragung erblicher Eigenschaften. 7Zoolog. Anzeiger 1892. — Boveri hat die Richtigkeit meines Einwands gegen die Deutung seines Ver- suchs sehr offen anerkannt, hält aber noch immer an seinem Grundstand- punkt fest. Bemerkungen über Einlagerungen in der Zellsubstanz, über die Zellhaut und die Intercellularsubstanzen. In vielen Fällen bleibt die Zellsubstanz während des ganzen Lebens der Zelle dicht und enthält keine weiteren Einschlüsse als die ganz winzigen Körner (Granula). Aber häufig lagern sich in ihr Einschlüsse verschiedener Art ab, fester oder flüssiger Natur. In einigen Fällen scheiden sich im Innern der Zelle Wasser und in Wasser lösliche Stoffe aus; es bilden sich Vakuolen, die mit wäs- seriger Flüssigkeit gefüllt sind, sodass die Zellsubstanz nach und nach einen schwammigen Bau annimmt; nach aussen zu hat sie aber doch immer eine festere Begrenzungsschicht. Dieser Vorgang ist in Pflanzenzellen viel häufiger, als in thierischen Zellen; als Beispiele stark vakuolisierter, thierischer Zellen können genannt werden: die Zellen der Chorda dorsalis der Wirbelthiere, die Achsenzellen der Tentakel der Hydroidpolypen (Fig. 33); unter den Urthieren das Sonnenthierchen Actinosphaerium und das Infusor Trachelius ovum. — In anderen Fällen bilden sich in der Zelle keine solchen Saft- räume, sondern es lagern sich ın der Zellsubstanz feste oder halb flüssige Einschlüsse ab: so enthält die Zellsubstanz der Nierenzellen bei vielen Thieren Konkretionen von Exkretstoffen; in der Zellsub- u : a Die Einlagerungen in der Zellsubstanz ete. 65 stanz der Fettzellen scheiden sich Fetttropfen aus; in vielen Eizellen lagert sich der Dotter in der Form von Kugeln oder Plättchen ab; in den Leberzellen bildet sich Glycogen. Der Kern bleibt immer frei von diesen Einschlüssen. Wie schon oben hervorgehoben wurde, ist die Zellhaut bei weitem nicht ein so typischer Bestandtheil der thierischen Zelle, wie der Pflanzenzelle; eine sehr grosse Anzahl thierischer Zellen ist selbst in vollkommen ausgebildetem Zustand ganz nackt. Die äusserste Schicht der Zellsubstanz solcher Zellen ist zwar gewöhn- lich von etwas festerer, zäherer Beschaffenheit, als die innere Masse, Fragment eines Tentakels von einem Hydroidpolypen. Im Innern ist eine der grossen starren Achsenzellen (mit deutlicher Zellhaut) und die Hälfte einer ebensolchen sichtbar; ausserhalb derselben liegt jederseits das Ektoderm mit Kernen, Nesselkapseln und Sinnes- haaren (Cnidocilien). Nach F. E. Schulze (über Bau u. Entw. von Cordylophora lacustris.) aber eine eigentliche, scharf abgesrenzte Membran findet sich nur bei bestimmten Zellenarten, und alle jugendlichen, embryonalen thierischen Zellen sind nackt. Als Beispiele thierischer Zellen, die mit Zellhaut ausgestattet sind, können genannt werden: die Fettzellen, die meisten quergestreiften Muskelzellen (deren Membran als Sar- kolemma bezeichnet wird); die Zellen der Chorda dorsalis bei den Wirbelthieren resp. bei deren Embryonen; die Achsenzellen der Tentakel der Hydroidpolypen (Fig. 33). In Bezug auf die Frage nach Bergh, Die thierische Zelle, > 66 Erstes Buch. Von der Zelle. der Bildungsweise der Membranen herrschen verschiedene Ansichten darüber, ob sie schlechthin als eine Abscheidung, ein Sekret an der Oberfläche der Zelle betrachtet werden müssen, oder ob sie durch eine Umbildung und Erhärtung der äussersten Schicht der Zellsub- stanz selbst entstanden seien. Es wäre wohl denkbar, dass beide Bildungsweisen existierten, die eine in diesen, die andere in anderen Fällen, aber die Sekretionstheorie hat jedenfalls für viele Fälle grössere Wahrscheinlichkeit, als die Umbildungstheorie. — Gewöhn- lich erscheinen die Zellmembranen glatt und strukturlos, sie können aber auch geschichtet und von Poren durchbohrt sein. In vielen Fällen wird die Membran nicht an der ganzen Oberfläche der Zellen gebildet, sondern nur an einem Theil derselben; dies ist namentlich bei vielen Epithelzellen der Fall, welche nur an ihrer freien Fläche Membran bilden; eine derartige einseitige Membranbildung, die über der freien Fläche von Epithelzellen ausgeschieden ist, wird als Cuti- cula bezeichnet; solche Cuticularhäute können in vielen Fällen grosse Mächtigkeit erreichen und zeigen oft ausgeprägte Schichten- bildung und Porenkanäle, so besonders bei den Gliederthieren (Arthro- poden). Scheiden die Zellen eines Gewebes an ihrer ganzen Oberfläche Membranen ab, und wird dieser Abscheidungsvorgang (oder die Um- bildung der äussersten Schicht der Zellsubstanz in die Membran) immer fortgesetzt, sodass immer neue Schichten zwischen den Zellen abgelagert werden, so wird eine Intercellularsubstanz oder Grundsubstanz gebildet, und diese kann eine solche Mächtigkeit erreichen, dass die Zellen im fertig ausgebildeten Gewebe ganz zurücktreten im Verhältniss zu diesen bedeutenden Ablagerungen nicht zelliger Substanz. Namentlich ın den bindegewebigen Sub- stanzen (Stütz- und Füllgeweben) spielt die Intercellularsubstanz eine sehr grosse Rolle; übrigens kann sie sowohl in morphologischer wie in chemischer Hinsicht sehr verschiedener Art sein. Sie kann z. B. entweder ganz ungeformt, homogen sein (Fig. 34), oder es können in ihr geformte Bestandtheile (Bindegewebstibrillen, elastische Fasern u. s. w.) vorhanden sein; was die chemische Beschaffenheit betrifft, so gehört sie bei den Wirbelthieren meistens zu den Substanzen, ie, Einlagerungen in der Zellsubstanz ete. 67 die beim Kochen in Leim verwandelt werden (leimgebende Sub- stanzen); bisweilen können in ihr Kalksalze abgelagert sein, wodurch sie dann sehr fest und hart wird. Bei den Seescheiden (Aseidien) besteht die äusserste Schicht des Körpers aus einer bindegewebigen Substanz, deren Grundmasse ein Stoff ist, der ganz ähnliche chemische Reactionen wie die Cellulose der Pflanzenzellen zeigt und der als Tunicin bezeichnet wird. — In Bezug auf die Eintheilung der Gewebe spielt das Vorkommen resp. der Mangel an Intercellular- substanz eine ganz wesentliche Rolle: so ist es für das Epithel- Aus einem Schnitt durch hyalinen Knorpel. k Knorpelkapseln, p Protoplasma, n Kern, nl Kernkörperchen, i Intercellularsubstanz. gewebe höchst charakteristisch, dass die Interzellularsubstanz hier fehlt oder äusserst schwach entwickelt ist, während sie in den binde- gewebigen Substanzen immer reichlich vorhanden ist. Uebrigens wird die nähere Betrachtung der Intercellularsubstanzen am besten bis auf die nähere Betrachtung der betreffenden Gewebe, in welchen sie vorkommen, verschoben. Hier soll nur noch Folgendes bemerkt werden. Die Intercellularsubstanzen sind keine aktiven, lebenden Substanzen in dem Sinne wie die Substanzen der Zellen (Protoplasma und Kernsubstanzen). Sie werden ursprüng- lich durch die Thätigkeit der Zellen gebildet und wachsen durch 5* 68 Erstes Buch. Von der Zelle. die fortgesetzte Thätigkeit der Zellen; in dieser Beziehung ist es sehr lehrreich, zu beobachten, dass die Zellen um so reichlicher und die Intercellularsubstanzen um so spärlicher in im erwachsenen Zu- stande mit ansehnlicher Intercellularsubstanz versehenen Geweben ver- treten sind, je jünger die betreffenden Gewebe sind; in dem fertigen Gewebe können die Zellen bisweilen in verschwindend geringer Menge vorhanden sein. Der ganz junge Keim oder Embryo besteht da- gegen immer ausschliesslich aus Zellen ohne Spuren von Intercellu- larsubstanzen. er e Geschichtliche Bemerkungen. Es müssen hier ein paar Bemerkungen darüber folgen, wie sich die Lehre von der thierischen Zelle seit ihrem ersten Entstehen ent- wickelt hat, und was die grossen Epochen in dieser Beziehung be- zeichnet. Wie die Histologie überhaupt, so ist auch die Lehre von der Zelle, die Erkenntniss derselben als des histologischen Grund- elementes nicht sehr alt. Zwar wurde die Zusammensetzung der Pflanzen aus Zellen schon etwa im Jahre 1700 namentlich von Malpighi endeckt und während des achtzehnten und des Anfangs des neunzehnten Jahrhunderts beschäftigten sich einzelne geniale Männer namentlich mit der Pflanzenzelle (so z. B. der berühmte Embryologe Caspar Friedrich Wolff und der Botaniker H. v. Mohl) und sprachen auch schon verschiedene gesunde und richtige Gedanken über die Bedeutung der Zelle aus; indessen erst seit den Jahren 1835 und 1839 wurde der Gedanke durchgeführt, dass die Zelle das eigentliche Element des Lebens sei, dass jede Zelle eine Lebenseinheit, eine Art Individualität darstelle, von deren Thätigkeit sich alle Gewebe ableiten, und zwar geschah diese That zunächst für das Pflanzenreich durch Schleiden in dessen „Bei- trägen zur Phytogenesis“ (Müller’s Archiv 1838), dann ein Jahr später für das Thierreich durch Schwann in dessen „Mikroskopischen Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen“ (1339). Natürlich hatte man schon vor Schwann manche Einzelheiten, thierische Zellen betreffend, beobachtet und erkannt; er aber war es zuerst, der die allgemeine Bedeutung der Zelle als histologisches Grundelement, als Ausgangs- punkt für die verschiedensten Gewebsbestandtheile, Muskelfasern, Nervenfasern u. s. w. feststellte; dadurch, dass er diesen einfachen Grundgedanken aussprach, legte er den Grund zur elementaren Histologie. 70 Erstes Buch. Von der Zelle. Die Vorstellungen über den Bau und die Entstehung der Zellen waren indessen um die Zeit noch höchst unvollkommener Art; so wurden die Zellen allgemein als hauptsächlich mit Flüssig- keit erfüllte Bläschen betrachtet, indem die Membran als ein noth- wendiger, ja sogar als der allerwichtigste Bestandtheil der fertig gebildeten Zelle angesehen wurde, und was die Zellbildung betrifft, so lehrte Schwann, dass neue Zellen auf „endogenem“ Wege ent- ständen, d. h. dass sie entweder im Zelleninhalt schon vorhandener Zellen („Cytoblast“) oder in einer Grundmasse (Intercellularmasse, „Cytoblastem“) durch einen Vorgang. der (wie schon oben berührt wurde) grosse Aehnlichkeit mit einer Auskrystallisierung habe, sich bildeten: zuerst scheide sich in einer der eben erwähnten Bildungs- substanzen ein kleines Körperchen aus, der Nucleolus oder das Kern- körperchen, um dieses bilde sich dann der Kern; um diesen wieder die Zellsubstanz; schliesslich werde Flüssigkeit abgesondert und die Membran an der Oberfläche der Zelle (vom Cytoblast oder Cyto- blastem) abgeschieden; auf die Zellsubstanz wurde damals äusserst wenig Gewicht gelegt. Diese Lehre von der endogenen Zellbildung wurde in den fünfziger Jahren definitiv widerlegt, theils von Remak, der die Entwicklung der Gewebe bei Embryonen verfolgte, theils von Virchow, der die Neubildung der Gewebe unter krankhaften Ver- hältnissen untersuchte; diesen beiden Forschern gelang es, festzu- stellen, dass die Zellen immer durch Theilung früher existierender Zellen entstehen. Die Theilung wurde anfangs immer als nach dem einfachen „direkten“ Modus vor sich gehend beschrieben, was sich ja für die allermeisten Fälle als irrthümlich herausgestellt hat (vergl. oben). Die Auffassung der Zellen als Bläschen und die Lehre von der Zellmembran als eines wesentlichen, nothwendigen Bestand- theils der Zelle wurden um das Jahr 1860 namentlich von Max Sehultze endgültig widerlegt; dieser ausgezeichnete Forscher war es vor allen Anderen, der die eminente Bedeutung der Zell- substanz als der eigentlich lebenden, thätigen Substanz (neben dem Kern) hervorhob. Max Schultze hat überhaupt die Zellenlehre wie die Histologie im Ganzen in vielerlei Hinsicht gefördert; u. A. ist er als der Schöpfer der immer mehr verfeinerten modernen histo- u u Geschichtliche Bemerkungen. 71 logischen Technik zu betrachten. —- Endlich haben während der neuesten Zeit eine sehr bedeutende Anzahl von Forschern zur Auf- klärung über den feineren Bau der Zellsubstanz und des Kerns, sowie über das Verhalten derselben während der Zelltheilung bei- getragen. Die erste umfassende Arbeit hierüber rührte von botanischer Seite her (Strasburger, 1375); die Kenntniss des feineren Baues der thierischen Zelle und der Zelltheilung wurde namentlich durch die ausgezeichneten Arbeiten von Flemming, Edouard von Beneden und Rabl weitergeführt. Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass die ersten Kerne, an welchen die indirekte Theilung beobachtet wurde, die Nebenkerne oder Geschlechtskerne der In- fusorien waren, von deren Theilung schon um das Jahr 1860 Bal- biani ausgezeichnete Abbildungen gegeben hatte. Da indessen um diese Zeit die Infusorien ganz allgemein nicht als einzellige Organis- men, sondern als viel höher organisierte (Geschöpfe aufgefasst wur- den, deuteten Balbani u. A. die Nebenkerne gar nicht als Kerne, sondern als 5 Fortpflanzungsorgane, als Samenkapseln und die im ihnen sichtbaren Fasergebilde als Spermatozoön. Die richtige Deu- tung dieser Verhältnisse wurde erst 1875 und 1376 von Bütschli gegeben: er fasste die Nebenkerne einfach als Kerne auf und stellte die Bilder, die bei ihrer Theilung beobachtet werden, mit dem zu- sammen, was bei der gewöhnlichen indirekten Kerntheilung beob- achtet wird. Zweites Buch. ei, den einfachen Geweben, # £ .- Bei allen Thierformen, welche sich auf eine höhere Organisations- stufe als die von den Urthieren (Protozoön) eingenommene erheben, sind die Zellen — mit oder ohne Intercellularsubstanzen — zu Geweben, einfachen Geweben zusammengeordnet, und diese letz- teren können sich wiederum zur Bildung von Organen und Örgansystemen verbinden. Ein Organ kann ausschliesslich aus einem einfachen Gewebe gebildet sein; beispielsweise besteht die Linse des Wirbelthierauges nur aus dem Linsengewebe und einem zum grössten Theil stark modifizierten Epithelgewebe; ebenso besteht der Darm bei den Rundwürmern (Nematoden) und bei den Quallen nur aus Epithelgewebe, die Haare und Nägel des Menschen und der Säugethiere bestehen auch nur aus verhornten Epithelzellen. Viele Knorpel können auch ausschliesslich aus dem einfachen Gewebe auf- gebaut sein, das ihren Namen führt (Knorpelgewebe); ebenso be- steht der Glaskörper des Auges in erwachsenem Zustande nur aus einem modifizierten Schleim- oder Gallertgewebe. Aber in die Bil- dung der allermeisten Organe tritt mehr als ein einfaches Gewebe ein: so bestehen bei den Wirbelthieren z. B. die Muskeln nicht nur aus dem eigentlichen Muskelgewebe, sondern auch aus Bindegewebe, das die einzelnen Muskelfasern zusammenhält, und in welchem die Gefässe und Nerven des Muskels verlaufen; der Darm der Wirbel- thiere besteht aus Epithel. Drüsen, Bindegewebe, Muskeln, Nerven, Gefässen und Iymphoiden Gebilden, sodass in demselben alle Gewebs- arten vertreten sind. Die Prinzipien für die Eintheilung der Gewebe, die in älterer und neuerer Zeit geltend gemacht wurden, werden am besten nach der Schilderung der einzelnen Gewebe besprochen werden können. Hier mag deshalb vorläufig nur bemerkt werden, dass die Gewebe nach dem gegenwärtigen Standpunkt der Kenntnisse sich am zweck- mässigsten in die folgenden vier Hauptkategorieen sondern lassen: 1. das Epithelgewebe (als eine Modifikation desselben ist das Drüsengewebe aufzufassen); 2. das Muskelgewebe; 3. das Nervengewebe; 4. die Stütz- und Füllgewebe oder die bindegewebigen Substanzen. I. Das Epithelgewebe. Dieses Gewebe muss als Ausgangspunkt genommen werden, zunächst weil es die allereinfachste Anordnung der Zellen darbietet, ferner auch, weil es die einzige wewebsart ist, die bei so einfach gebauten Thierformen, wie bei den Hydroidpolypen und bei den niedriger organisierten Quallen (den Craspedoten) vorhanden ist. Bei jenen besteht der Körper nur aus zwei sehr verschiedenartig aus- gebildeten Epithelien, welche die beiden Grundorgane des Thier- körpers: die Haut und den Darm repräsentieren und die als Ekto- derm und als Entoderm bezeichnet werden; nur in den Tentakeln findet sich (bei den Meeresformen) ein „epitheliales Stützgewebe* (vergl. weiter unten). Bei den Craspedoten ist in histologischer Hinsicht namentlich der Unterschied zu verzeichnen, dass zwischen den zwei Epithelien eine sehr ansehnliche Gallertmasse ausgeschieden ist, die aber keine Zellen enthält (ausserdem sind die Epithelien, namentlich das Ektoderm in den verschiedenen Regionen stärker differenziert). — Das Epithel ist ferner ganz allgemein dasjenige Gewebe, welches bei den Embryonen der höheren Thiere zuerst auf- tritt. Die beiden primären Keimblätter bei den Embryonen sind ja in allen typischen Fällen als Epithellamellen ausgebildet, und die embryonale Grundform, die bei den meisten niedrigen Thieren der Differenzierung der Blastosphaera von Amphi- Keimblätter vorausgeht (die sogenannte Blasto- rd sphaera oder Blastula), besteht nur aus einer Zool.). einfachen Epithellage, die eine mehr oder weni- ger ansehnliche Höhle umschliesst (Fig. 35). Dureh Differenzierung solcher Epithelien und durch Auswanderung von Zellen aus denselben entstehen bei den Thieren während der 1 ® Das Epithelgewebe. 7. Entwicklung die verschiedensten Gewebe. Aus allen diesen That- sachen hat man wohl mit Recht den Schluss gezogen, dass das Epithel das ursprünglichste, das phylogenetisch äl- teste Gewebe ist, dass es früher als alle anderen Gewebe im Thierreich aufgetreten ist, und dass die anderen (Gewebe, sowohl Muskel- wie Nervengewebe als die Stütz- und Füllsubstanzen sich erst später durch Umbildung und Auswanderung epithelialer Zellen entwickelt haben, dass also diese Gewehe jünger sind als das Epithel- gewebe und sich von diesem ableiten lassen. Das Epithelgewebe lässt sich namentlich durch folgende zwei Eigenschaften, die mit einander zusammengehalten werden müssen, von allen anderen Gewebearten sondern: 1. Die Epithelien be- grenzen immer Oberflächen: entweder die ganze äussere Oberfläche des Körpers (das Epithel, das die äussere Grenzschicht eines Thierkörpers bildet, ist unter dem Namen Oberhaut oder Epi- dermis bekannt) oder Oberflächen von Hohlräumen im Innern des Körpers. Von solchen findet sich ja bei den höheren Thieren eine ganze Anzahl: beispielsweise die Darmhöhle, die Hohlräume der Drüsen. die ganze Leibeshöhle und die Lumina der Blutgefässe; alle diese Räume sind mit Epithelien ausgekleidet. — 2. Die Zellen sind im Epithel dicht aneinander gereiht, sie sind nur durch eineschwach ent- wickelte „Kittmasse“ verbun- den, reichlichere Interceilular- substanz ist nie vorhanden. Diese zwei Eigenschaften sind die einzigen, die allen Epithelien gemeinsam Senkrechter Schnitt durch die Haut sind. Neben denselben findet man jedoch ins Blutesels. ep das Epithel (die Epidermis), e Cuticula, k ein- dann und wann noch ein drittes Merk- _zellige Drüse, v Gefässe (zwei solche B © ren sind zwischen Epidermis und Cuti- mal angeführt, das sich zwar auf die Das Muskelgewebe. 109 Bei den meisten Coelenteraten (See-Anemonen, Quallen) besteht das Muskelgewebe auch noch nicht aus selbständigen Zellen; allein die muskulösen Fasern sind besonders ausgebildete Theile von Epithel- ‚zellen; die Zellsubstanz dieser letzteren hat an der Basis eine Um- bildung in kontraktile Substanz erfahren und ist in lange Fasern Stück des Ektoderms eines Hydroidpolypen; unterhalb der grossen, polygonalen Zellen sieht man zahlreiche Muskelfasern der hyalinen Stützlamelle anliegen. Nach F. E. Schulze (Bau u. Entw. der Cordylophora). ausgewachsen (vergl. Fig. 64 und 65). Man kann somit hier von Muskelepithelien und Epithelmuskelzellen reden, nicht aber von einem ganz selbständigen Muskelgewebe. Die Zellen, die an ihrer Basis eine Muskelfaser ausgebildet haben, können an ihrer freien Fläche Flimmerhaare tragen (Fig. 65). Interessant ist die Thatsache, dass schon diese feinen Fasern der Epithelmuskelzellen sowohl glatt wie quergestreift auftreten können; ersteres ist der Fall bei See-Anemonen und Hydroidpolypen, letzteres bei den Quallen. Wir finden also schon hier dieselbe Verschiedenheit zwischen den feinen Muskelfäden (Fibrillen), die in dem selbständigen Muskel- gewebe der höheren Thiere angetroffen wird. — Solche Epithel- muskelzellen sind unter den Coelenteraten sehr verbreitet: so kommen 110 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. sie sowohl im Ektoderm wie im Entoderm der See-Anemonen, im Ektoderm der Medusen und Hydroidpolypen vor. Bei den höheren Thieren beobachtet man solche Epithelien nur ausnahmsweise; bei- spielsweise findet sich bei den Nematoden (Rundwürmern) innerhalb der Oberhaut eine Schicht von Längsmuskelfasern, welche Theile von Epithelmuskelzellen sind (die innere epitheliale Abtheilung der Zellen begrenzt die Leibeshöhle des Thieres); bei gewissen Borstenwürmern (den Capitelliden) sind die Darmepithelzellen an ihrer Basis mit Muskelfasern ausgestattet. Sonst bilden bei den höheren Thieren Fig. 65. i ; NL Mm. Isolirte Epithelmuskelzellen von Aktinien, kürzer (o) und länger (#). m die Muskelfasern an ihrer Basis. An der freien Fläche trägt jede Zelle ein Wimperhaar. Nach O. und R. Hertwig (Jenaische Zeitschrift, Bd. 13). ganz allgemein die Muskelzellen selbständige Gewebe; in vielen Fällen erweisen sie sich aber in gewissen frühen Phasen ihrer Ent- wicklung als Muskelepithelien. Das eigentliche Muskelgewebe wird gewöhnlich in zwei Haupt- formen getheilt, je nachdem es aus glatten oder aus querge- streiften Elementen aufgebaut ist. Wir werden mit der Schilde- rung der letztgenannten Art anfangen. Die quergestreifte Muskulatur, die man namentlich bei den Wirbelthieren und bei den Arthropoden schön und typisch entwickelt findet, ist zweifellos die am höchsten entwickelte und am reichsten differenzierte Art des Muskelgewebes. Das Muskelgewebe. 111 Der feinere Bau derselben tritt bei den Insekten am allerschönsten hervor, und die Muskeln sind hier im Stande, eine relativ viel grössere Masse zu bewegen wie bei den Wirbelthieren; im Prinzip ist übrigens der Bau bei beiden Thiergruppen derselbe. Ganz im allgemeinen kann gesagt werden, dass die quergestreifte Muskelzelle oder Muskelfaser aus folgenden Bestand- theilen sich zusammensetzt: 1. aus einer Zellhaut, die Sarkolemma genannt wird; 2. aus einer grösseren oder kleine- ren, immerhin aber recht ansehnlichen Anzahl von Kernen, um welche spärliche Reste der primitiven, unmodifizier- ten Zellsubstanz oder Protoplasma ge- lagert sind; 3. aus der eigentlichen kontraktilen Substanz. Das Sarko- lemma kann in einzelnen seltenen Fällen fehlen; das ist in den Flügelmuskeln bei vielen Insekten der Fall, während in ande- ren Insektenmuskeln, z. B. den Muskeln der Klauen, Sarkolemma vorhanden ist (merkwürdiger Weise ähneln diese letzteren Muskeln z. B. beim Wasserkäfer | Hydro- philus] in ihrem Bau eher den typischen quergestreiften Muskeln der Wirbelthiere, als den Flügelmuskeln desselben Thieres). Wo das Sarkolemma vorkommt (vergl. Fig. 665), ist es eine ganz dünne und feine, vollkommen strukturlose Haut, die ganz weich und biegsam ist, um den Zu- sammenziehungen der kontraktilen Substanz keinen Widerstand zu leisten. Sehr deutlich wird diese Haut bei der Einwirkung von Wasser auf die quergestreiften Fasern, in- dem sie sich dann von der kontraktilen Sub- Fig. 66. Zwei quergestreifte Muskel- fasern von einem Hunde, n Kern, m kontraktile Substanz, s Sarkolemma, p Kaum zwi- schen dem Sarkolemma und der Muskelsubstanz (durch Einwir- kung von Wasser dargestellt). B kontraktile Substanz, die an dem Sarkolemma adhäriert Nach Ranvier a.a 0. stanz deutlich abhebt; Säuren und Alkalien gegenüber hat sie eine ziemlich bedeutende Resistenzfähigkeit. — Wie schon erwähnt, sind 112 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. die Kerne in den voll ausgebildeten quergestreiften Muskelfasern immer in ansehnlicher Anzahl vorhanden; sie sind oval oder sehr lang ausgezogen, gewöhnlich auch etwas abgeplattet; an den Enden derselben lässt sich sehr deutlich eine geringe Menge körniger Zell- substanz beobachten, die sich in kurzem Abstande von ihnen gänz- lich verliert. Die Lage der Kerne kann bei verschiedenen Thieren verschieden sein; so finden sie sich in den Säugethiermuskeln immer dem Sarkolemma dicht anliegend, zwischen diesem und der kon- traktilen Substanz; bei anderen Thieren aber, wie bei den Fröschen und meistens bei den Arthropoden findet sich auch eine An- zahl von Kernen ganz von der kontraktilen Substanz umschlossen. Der Bau dieser kontraktilen Substanz charakterisiert vor allem die quergestreifte Muskelfaser. Jene Substanz zeigt nun nicht bloss, wie der Name angiebt, eine Querstreifung, sondern auch eine Längsstreifung (vergl. Fig. 66), und während einige Stofle (wie z. B. verdünnte Chromsäure) die Längsstreifung deutlicher her- vorheben, wird durch die Einwirkung anderer Reagentien die Quer- streifung deutlicher gemacht; ja, durch Einwirkung von sehr ver- dünnter Salzsäure fällt die kontraktile Substanz in über einander liegende Querscheiben auseinander; durch andere Methoden kann man dagegen längsverlaufende, nebeneinander liegende Fasern iso- lieren; besonders leicht ist dies an den Flügelmuskeln von Insekten möglich, wo ja das umgebende Sarkolemma fehlt. Einige Verfasser nahmen daher früher an, die quergestreifte Muskelfaser sei aus Querscheiben (Discs) aufgebaut, während Andere sie für aus Fasern (Fibrillen) zusammengesetzt hielten. Heutzutage deutet man den Bau der kontraktilen Substanz allgemein in folgender Weise: erstens besteht sie aus sehr feinen, längslaufenden Fasern (Fibrillen), und zweitens sind die Fibrillen wiederum aus Quer- scheiben aufgebaut, die nicht alle gleich sind, sondern in mehrere Arten von verschiedener Dicke und Lichtbrechung zerfallen, welche regelmässig über einander geschichtet sind, wie die Elemente einer Volta’schen Säule; indem nun in sämmtlichen Fibrillen einer und derselben Muskelfaser Querscheiben von demselben Aussehen und derselben Dieke immer auf derselben Höhe gelegen sind — die dicken oder „breiten“ Scheiben einer Fibrille auf gleicher Höhe mit en ie Das Muskelgewebe. 173 den dieken Scheiben anderer Fibrillen, die dünnen oder „schmalen“ mit den schmalen der anderen — kommt der Scheibenaufbau und die Querstreifung der ganzen Muskelfaser zu Stande. Die Räume zwischen den Fibrillen sind von einer plasmatischen Masse ausgefüllt, Fig. 67. Fig. 68. Eine Muskelfibrille von einem Insekt, die verschiedenen Ab- Querschnitt durch eine quergestreifte Muskelfaser schnitte deutlich zeigend. Q eines Käfers. a umgebende Schickt, aus Fettzellen breite, dunkle Querscheiben mit bestehend. In der Muskelfaser sind Fibrillen und H der Hensen ’schen Scheibe; Kerne dunkel, Jas Sarkoplasma dagegen hell gezeich- Z dieZwischenscheiben, N Neben- net. Nach Kölliker (Handbuch d. Gewebelehre des scheiben, E und J hellere Schei- Menschen. 6. Aufl. I.) ben. Nach Kölliker a.a. 0. die ein äusserst feines Kammerwerk bildet und Sarkoplasma genannt wird (vergl. den Querschnitt, Fig. 67); in diese Masse sind zahlreiche Körner („interstitielle Körner“) eingelagert. In gewissen Fällen kann sich innerhalb des Sarkolemmas eine sehr ansehnliche zusammenhängende Schicht von Sarkoplasma finden; es ist dies z. B. bei manchen Fischen der Fall. Um die feinere Struktur der Fibrillen der quergestreiften Muskelfasern zu studieren, ist es nothwendig, sie zunächst nicht in Bergh, Die thierische Zelle. 83 114 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. kontrahiertem, sondern in gestrecktem Zustand zu untersuchen, indem die Verhältnisse, welche sich an der gespannten, ausge- streckten Faser erkennen lassen, an der kontrahierten Faser nur theilweise und weniger deutlich gesehen werden können. An der ausgestreckten Muskelfibrille z. B. beim Salamander kann folgende Zusammensetzung erkannt werden: sie besteht aus breiten, dunklen Querscheiben, die in regelmässigen Abständen von einander liegen und durch schmalere, hellere Querscheiben getrennt sind. Jede dieser helleren Querscheiben ist gewöhnlich in zweie getheilt, zwischen welche eine ganz schmale dunkle Querscheibe (die Zwischenscheibe) eingeschoben ist, und Aehnliches gilt von den breiten dunklen Quer- scheiben: sind die Fibrillen gut ausgestreckt, erscheinen jene durch eine hellere, sehr schmale Querscheibe (die Hensen’sche oder inter- mediäre Scheibe) in zwei Hälften getheilt. Aber die Anordnung und Gliederung kann noch mehr kompliziert werden (namentlich bei vielen Insekten), wie aus Fig. 68 ersichtlich; zwischen den breiten, dunklen Scheiben (Q) und den hellen Scheiben (E) ist hier eine ziemlich dunkle, schmale Nebenscheibe (N) eingeschoben, die wiederum durch eine ganz helle, schmale Schicht (J) von der breiten, dunklen Scheibe getrennt ist (so z. B. in den Flügelmuskeln des grossen Wasserkäfers), ja, in anderen Fällen, wie in den Kropfmuskeln der Küchenschabe, kann die Auzahl der Scheiben in jedem Glied der Fibrillen eine noch grössere sein. An den kontrahierten Muskel- firillen können alle diese feineren Strukturverhältnisse nicht mit gleicher Deutlichkeit erkannt werden: hier beobachtet man gewöhn- lich nur die Abwechselung der dunklen Querscheiben (Q) und in einigen Fällen der hellen Scheiben (E), in anderen Fällen der Zwischenscheiben (Z). — Durch die Untersuchung im polarisierten Lieht hat sich herausgestellt, dass die breiten, dunklen Querscheiben mit der zwischen ihren Hälften liegenden Hensen’schen oder intermediären Scheibe das Licht doppelt brechen (anisotrop sind), während die sämmtlichen übrigen Theile (die anderen hellen Scheiben, ferner die Zwischenscheiben und die Nebenscheiben, insofern diese letzteren vorhanden sind) einfach brechend (isotrop) sind. — Am Einde der Fibrillen findet sich immer isotrope Substanz, nämlich ein halber isotroper Abschnitt bis an den Punkt, wo die Zwischenscheibe auftreten sollte. Das Muskelgewebe. 115 Anm. Es hat auch während der neuesten Zeit nicht an abweichenden Darstellungen des Baues der quergestreiften Muskelfasern gefehlt; so haben einige Autoren behaupten wollen, dass die Fibrillen Kunstprodukte seien, eine Annahme, für welche jedoch keine genügenden Anhaltspunkte vorhanden sind. Bütschli nimmt an, dass die isotropen Abschnitte der Muskelfibrillen dem Sarkoplasma zugehören; darnach würde also dieses letztere ein Kammerwerk bilden, in dessen Räume die anisotropen Abschnitte der Fibrillen eingelagert wären; diese Auffassung hält sich in genauer Uebereinstimmung mit der Grund- anschauung Bütschli’s über den feineren Bau der Zellsubstanz, welche schon oben erörtert wurde. Vergl. Bütschli u. Schewiakoff, Biolog. Central- blatt. 1891. Bd. 11. Was die Bedeutung der verschiedenen Abschnitte der quer- gestreiften Muskelfibrillen betrifft, so ist es durch verschiedene Be- obachtungen höchst wahrscheinlich geworden, dass es die aniso- tropen Abtheilungen jedes Gliedes der Fibrillen sind, welche die eigentliche kontraktile Substanz enthalten, während die isotropen Abschnitte aus einer leicht verschiebbaren, elastischen Masse bestehen. Durch seine Beobachtungen und Messungen der einzelnen Abschnitte in der aus- gestreckten und zusammengezogenen Muskeltibrille fand Engelmann, dass sowohl die anisotropen, wie die isotropen Abschnitte durch die Kontraktion kürzer und breiter werden, dass aber die Breitenzunahme für die anisotropen Abschnitte bedeutender ist, wie für die isotropen; dies kann auch aus dem Umstande ersehen werden, dass durch eine energische Kontraktion das Sarkolemma gerunzelt und gefaltet wird, und die eingebuchteten Stellen entsprechen dann genau den isotropen Abschnitten der Fibrillen. Zugleich nimmt bei der Kontraktion das Volumen der anisotropen Abschnitte zu, während die isotropen Ab- schnitte an Grösse abnehmen, und ausserdem werden jene heller und weicher, diese dunkler und fester als sie vorher waren. Engel- mann hat daraus den Schluss gezogen, dass die anisotropen Abschnitte sich bei der Kontraktion mit Flüssigkeit imbibieren, welche sie von den isotropen Abschnitten hernehmen. Zu einem gerade entgegengesetzten Ergebniss ge- langte in dieser Beziehung Ranvier, dessen Versuche indessen unter Umständen vorgenommen wurden, die von den normalen Verhält- nissen bei der Kontraktion der Muskeln ganz bedeutend abweichen 3 S* 116 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. (ausserdem hat Engelmann noch andere Fehlerquellen bei der Versuchsanordnung hervorgehoben). Man kann einen Muskel durch direkte Reizung (auf mechanischem, elektrischem oder chemischem Wege) zur Kontraktion bringen, ohne den Nerv, der zu dem be- treffenden Muskel geht, zu reizen, und Ranvier benutzte diese Erfahrung zu dem folgenden Versuch: er reizte einen isolierten Muskel, der gleichzeitig so stark wie gewöhnlich ausgespannt ge- halten wurde, und in diesem gereizten, aber ausgestreckten Zustande wurde dann der Muskel mittels Ueberosmiumsäure (einem ganz vor- züglichen histologischen Reagens) fixiert; Ranvier ging dabei von der Erwägung aus, dass die kontraktile Substanz wegen des Reizes jedenfalls versuchen müsse, sich zu kontrahieren, und dass es durch die Untersuchung der Verschiedenheiten zwischen der gereizten ex- tendierten und der ruhenden extendierten Muskelfaser möglich sei, zur Klarheit über das Wesen und die Details des Kontraktionsvor- gangs zu gelangen. Bei dieser Untersuchung zeigten nun die ge- reizten extendierten Muskelfibrillen ganz ähnliche Strukturverhält- nisse wie die ruhenden; nur stellte sich der Unterschied beraus, dass in der gereizten Fibrille die breiten. dunklen Scheiben (die anisotrope Substanz) sich etwas verkürzt hatten, und was sie an Volumen verloren hatten, das hatten die zwischenliegenden, isotropen Abschnitte gewonnen. Dieser Versuch ist sehr interessant, insofern als er ja auf das Deutlichste zeigt, dass die anisotropen Abschnitte die kontraktile Substanz enthalten: sie allein hatten sich ja bei dieser Versuchsanordnung verkürzt. Wenn indessen Ranvier meint, aus dem erwähnten Versuche zugleich den Schluss ziehen zu können, dass bei der Kontraktion die anisotropen Abschnitte den isotropen Wasser abgeben, so ist ein solcher Schluss — der ja ganz die Um- kehrung der Engelmann’schen Theorie ist — zu gewagt; wie schon erwähnt, entspricht die Versuchsanordnung nicht ganz den normalen Verhältnissen, bei welchen nicht nur die einzelnen aniso- tropen Abschnitte, sondern die ganze Muskelfaser zur Kontraktion gelangt; die oben genannte Anschauung Engelmann’s ist auf weit bessere Gründe gestützt. Indessen hat Kanvier zugleich eine andere Hypothese aufgestellt, nämlich in Bezug auf die Bedeutung der Differenzierung der Fibrillen in anisotrope und isotrope Ab- Das Muskelgewebe. E17 schnitte, und diese Hypothese ist ingeniös und hat eine nicht ge- ringe Wahrscheinlichkeit; sie lässt sich auch behaupten, wenn man auf dem Boden der Engelmann’schen Theorie steht. Die glatten Muskelfasern, deren Fibrillen in ihrer ganzen Ausdehnung gleich- artig beschaffen sind, können sich ebenso stark wie die quergestreiften verkürzen, aber die Kontraktion findet nicht mit der gleichen Ge- schwindigkeit statt. Wenn sich nun bei der Kontraktion die kon- traktile Substanz mit Wasser imbibiert, so muss dies in der quer- gestreiften Fibrille mit grösserer Geschwindigkeit als in der glatten vor sich gehen können, weil die Oberfläche der kontraktilen Sub- stanz in jener weit grösser ist als in dieser, indem sie in einzelne Segmente abgegliedert ist, die durch eine Masse anderer Art ge- trennt sind. Somit würde nach dieser Hypothese die Differenzierung der quergestreiften Fibrille Bezug haben auf die Fähigkeit einer grösseren Kontraktionsschnelligkeit. Anm. Es mag auf folgende wichtige Schriften und Abhandlungen ver- wiesen werden: zunächst die Arbeiten Engelmann’s in Pflüger’s Archiv. Bd. 7, 11, 23, 26. — Ranvier, Traite technique d’histologie. — Kölliker, Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 47. 1888. — Rollett, Arch. f. mikr. Anatomie. Bdas1. 1891. Eine solche Muskelfaser, die innerhalb eines Sarkolemma eine ansehnliche Anzahl von Kernen und eine Menge quergestreifter Fibrillen enthält und gegen benachbarte Fasern scharf abgegrenzt ist, wird auch bestimmter als Muskelprimitivbündel bezeich- net. Innerhalb desselben können in vielen Fällen die Fibrillen zu kleinen Gruppen zusammengeordnet sein, den sog. Primitiv- eylindern oder Muskelsäulchen, und diese erscheinen dann an dem Querschnitt als mehr oder weniger gut abgegrenzte Felder: die sogenannten Cohnheim’schen Felder (vergl. Fig. 67); die Fibrillen erscheinen an den Querschnitten als eine grosse Menge sehr stark lichtbrechender Punkte, sodass dadurch die Querschnitte quer- gestreifter Muskelfasern immer höchst charakteristische Bilder dar- bieten. — Die Primitivbündel sind durch eine geringe Menge von Bindegewebe, in welchem Gefässe und Nerven verlaufen, mit ein- ander verbunden und sind in grösseren Muskeln zu sekundären und tertiären Bündeln zusammengeordnet, welche wiederum 118 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. den ganzen Muskel zusammensetzen. Einige der Primitivbündel können mitten in der Muskelmasse selbst endigen, aber andere erreichen das eine oder sogar beide Enden des Muskels, wo sie ent- weder an einer Sehne oder an der Beinhaut eines Knochens (resp. der Knorpelhaut eines Knorpels) inseriert sind; es ist also klar, dass solche Primitivbündel eine ausserordentliche Länge erreichen können. Fig. 69. Die Sehnen bestehen bei den Wirbelthieren aus einer besonderen Art von Bindegewebe (vergl. weiter unten). In früherer Zeit glaubte man allgemein, dass die Muskeln ganz allmählich in die Sehnen übergingen; in der That ist aber das Muskelgewebe immer ganz scharf gegen das Sehnengewebe abgegrenzt (Fig. 69), indem die Primitiv- bündel in Gruben der Sehne mit abgerun- deten Enden aufhören, und das Sarkolemma den Inhalt jedes Primitivbündels ganz schart gegen die Fibrillen des Sehnengewebes ab- schliesst; durch Behandlung mit Kali causti- cum werden ausserdem die einzelnen Muskel- fasern sowohl von einander, wie von den Sehnen vollständig isoliert. Bei den Glieder- thieren (Arthropoden) sind die Muskelfasern oft an ganz anderen Gebilden festgeheftet, die auch den Namen von Sehnen führen, Muskelfasern, in einer Sehne aber weiter nichts sind als einwärts gerich- endigend. Aus Paul Bert en 5 B (Lesons de Zoologie. Dänische tete Vorsprünge der von der Epidermis ab- Aussale)) gesonderten Chitincuticula. Aus quergestreiften Muskelfasern ist die ganze willkürliche („animale“) Muskulatur bei den Wirbelthieren zusammengesetzt, während dagegen der grösste Theil der Eingeweidemuskulatur, deren Bewegungen ganz unabhängig von der Herrschaft des Willens vor sich gehen, aus glatten Muskelzellen besteht (die Muskelzellen der Herzmuskeln sind zwar auch quergestreift, weichen aber so bedeu- tend von den echten quergestreiften Muskelfasern ab, dass sie für sich betrachtet werden müssen). Ferner kommen quergestreifte =_Ss=s I Das Muskelgewebe. 119 Muskelfasern in höchster Entwicklung bei den Arthropoden vor, bei welchen nicht nur die willkürliche, sondern auch die Eingeweide- muskulatur aus quergestreiften Elementen besteht. Bei den Schnecken ist die Muskulatur des Schlundkopfes aus quergestreiften Elementen zusammengesetzt, während die übrigen Muskeln dieser Thiere aus glatten Elementen gebildet sind; endlich sind, wie schon oben er- wähnt wurde, die Fibrillen der Epithelmuskelzellen bei vielen Medusen quergestreift. — In vereinzelten Fällen können die quer- gestreiften Muskelprimitivbündel verzweigt sein; dies ist z. B. in der Zunge des Frosches der Fall; im Kiemenapparat der Sala- manderlarven kommen solche verzweigte Fasern auch vor, und hier können ihre Verzweigungen mit einander anastomosieren, sodass ein Netzwerk gebildet wird. Was die morphologische Bedeutung des querge- streiften Muskelprimitivbündels betrifft, so darf es heut- zutage schon als eine ausgemachte Sache betrachtet werden, dass es eine in eigenthümlicher Weise ausgebildete, viel- kernige Zelle ist. Dies tritt besonders klar hervor durch das Studium der Entwicklungsgeschichte dieser Bündel. Ursprünglich glaubte man in der Beziehung, dass die Primitivbündel durch Ver- schmelzung ganzer heihen von hinter einander liegenden Zellen ent- stünden; diese Ansicht hat sich aber als unrichtig herausgestellt. Jedes Primitivbündel entsteht aus einer einfachen Zelle, die von Anfang an nur einen Kern hat und sehr stark in die Länge wächst; während dieses Längenwachsthums theilt sich der Kern mehrmals, ohne dass eine entsprechende Sonderung der Zellsubstanz stattfindet, und das Resultat dieser Vorgänge wird somit eine sehr lang aus- gezogene, vielkernige Zelle. Gleichzeitig differenziert sich der aller- grösste Theil der Zellsubstanz in sehr eigenthümlicher Weise; er bildet sich nämlich in der Form einer Menge quergestreifter Fibrillen aus, und nur eine sehr geringe Quantität derselben bleibt in dem ursprünglichen Zustande zurück als Sarkoplasma, das ja im ganzen Bündei zwischen den Fibrillen vorhanden ist, aber ganz besonders in kleinen Inseln um die Kerne angehäuft ist. Schon frühzeitig wird das Sarkolemma als eine Zellmembran um das Ganze ausgeschieden. Später kann übrigens eine Vermehrung der Primitivbündel statt- finden, indem sie sich der Länge nach spalten. 120 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Anm. Bei den Schlangensternen kommen in den Intervertebralmuskeln sehr eigenthümliche Muskelfasern vor. Dieselben haben ein deutliches Sarko- lemma und einen etwa in der Mitte der Faser dicht innerhalb des Sarkolemmas gelegenen Kern; die kontraktile Substanz zeigt eine doppelte Schrägstreifung (zwei sich kreuzende Systeme von dunklen Linien). Die Bedeutung dieser übrigens noch nicht genau ermittelten Struktur blieb bis jetzt unbekannt. Glatte Muskulatur. Aus der zweiten Art der muskulösen Elemente, den sogenannten glatten Muskelzellen oder kontraktilen Faserzellen, die keine Querstreifung, also keinen solchen feineren Aufbau aus Scheiben aufzuweisen haben, besteht fast die ganze Eingeweide- muskulatur bei den Wirbelthieren; doch finden sich gewöhnlich quergestreifte Fasern im Schlund und im oberen Theil der Speise- röhre, sowie in einzelnen anderen Eingeweiden, und die Herz- muskulatur ist in ganz besonderer Weise ausgebildet. Ferner kommen glatte Muskelzellen fast ausschliesslich bei Weichthieren (Mollusken) und Würmern, sowie bei Stachelhäutern vor; endlich sind die Fibrillen der Epithelmuskelzellen bei den Hydroidpolypen und bei den Aktinien nicht quergestreift. Ebenso wie die quergestreiften, so können auch die glatten Muskelfasern verzweigt sein; dies ist z. B. der Fall bei einigen Schnecken, so bei Carinaria und in den Tentakeln unserer Land- schnecken, auch bei den Larven der Blutegel (Kieferegel) giebt es verzweigte glatte Muskelzellen, die mit einander anastomosieren. In den eben genannten Fällen sind die Fasern einkernig; aber bei den Rippenquallen finden sich in der Gallerte ganz besonders mächtige und reich verzweigte glatte Muskelzellen, die eine sehr grosse An- zahl von Kernen enthalten (Fig. 70). Jedoch ist die bei weitem grössere Anzahl der glatten Muskelzellen unverzweigt, und jede Zelle enthält als Regel nur einen einzigen Kern (Fig. 71). Sie können eine sehr bedeutende Länge erreichen, und ihre Grundform ist die- jenige der Spindel; sie sind an beiden Enden zugespitzt; können dabei aber entweder rundlich (auf dem Querschnitt) oder abgeplattet, bandförmig sein. Den glatten Muskelzellen fehlt gewöhnlich eine äussere Hülle; sie haben kein Sarkolemma; sie bestehen aus einer geringen Quan- Das Muskelgewebe. 121 tität Zellsubstanz in ihrer ursprünglichen, unmodifizierten Form (um den Kern gelegen) und aus der eigentlichen kontraktilen Sub- stanz. Sowohl bei den Wirbelthieren, wie auch bei den wirbellosen, an welchen die Sache genauer untersucht wurde, erweist sich die kontraktile Substanz fast immer als aus Fibrillen zusammengesetzt; für gewisse Fälle ist es zwar nicht gelungen, diese Fibrillen nachzuweisen ; man nimmt aber doch im Allgemeinen an, dass sie vorhanden sind, und dass nur ungünstige Liehtbrechungsverhält- nisse uns bis jetzt ver- hindert haben, dieselben zu beobachten. Die Fi- brillen sind, wie er- wähnt, in ihrer ganzen Ausdehnung gleichar- tig: sie sind anisotrop. Stück einer verzweigten Muskelzelle z 8 einer Rippenqualle, zahlreiche Kerne Der Kern und die unmo- enthaltend. Nach R. Hertwig difizierte Zellsubstanz (Jenaische Zeitschrift, Bd. 1A. Supplement). Fig. 70, können entweder ganz central in der Faser oder nach der einen Seite hinaus gelegen sein; im letzteren Falle kann der Kreis der Fibrillen nach der einen Seite offen sein, und der Kern kann hier gerade in der Oefinung oder sogar ausserhalb derselben liegen (Fig. 72). Sehr deutlich wird dies bei gewissen Borstenwürmern beobachtet; so z. B. bei Branchiobdella (einem borstenlosen Borstenwurm, der beim Flusskrebs schmarotzt und früher zu den Blutegeln gerechnet wurde). Bei dieser und bei anderen nahestehenden Formen ist in den Muskelzellen eine sehr reich- Fig. 71. Glatte Muskelzelle vom Darm des Frosches. liche Quantität körnigen Protoplasmas innerhalb der kontraktilen Substanz (des Fibrillenkranzes) vorhanden (Fig. 72); in den meisten 1223 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. anderen Fällen findet sich aber eine ganz unbedeutende Menge unmodifizierter Zellsubstanz in den glatten Muskelfasern; in einigen Fällen ist der Fibrillenkranz geschlossen, ohne doch einen Kern im Innern zu enthalten (so bei den meisten Regenwürmern). In diesem Falle liegen wohlindividualisierte Muskelfasern in eine gemeinsame plasmatische Grundmasse mit zerstreuten Kernen eın- Querschnitt der Leibeswand von Branchiobdella. et Cuticula, sbe Epidermis, rm Ring- muskelschicht, ab Längsmuskelfasern, a geschlossene, b offene (vergl. den Text). Nach E. Rohde (Schneider’s Zoolog. Beiträge. Bd. 1). gelagert; aber Grenzen zwischen den einzelnen Muskelzellen sind nicht nachweisbar. Was bisher als Fibrillen der glatten Muskel- zellen bezeichnet wurde, ist jedoch noch nicht die feinste Ein- heit der kontraktilen Substanz; bei sehr starker Vergrösserung lassen solche „Plattenfibrillen“ sich in eine Reihe weit Fig. 73. Querschnitt durch eine Muskelfaser eines Sipuneulus (einer eigenthümlichen Wurmgattung) Die Plattenfibrillen lösen sich in Punktfibrillen auf. Sehr starke Vergr. Nach E Rohde a. a. 0. feinerer „Punktfibrillen* auflösen (Fig. 73); während jene auf dem Querschnitt als ansehnliche Bänder erscheinen, sind diese als feinste Pünktchen erkennbar. Zwischen diesen Reihen von Punkt- fibrillen strahlen von der centralen Zellsubstanz (dem Sarkoplasma) protoplasmatische Platten aus, welche der Ernährung dienen. Ran- Das Muskelgewebe. 123 vier hat die ganze glatte Muskelfaser dem Primitivbündel des quer- gestreiften Muskels, jede heihe der Plattenfibrillen den Primitiv- cylindern (Muskelsäulchen) innerhalb jenes, endlich die Punktfibrille der quergestreiften Fibrille (vergl. hierzu Fig. 73 und 67) gleichgestellt. Die glatten Muskelzellen bilden oft durch ihre dichte Aneinander- lagerung zusammenhängende Muskelhäute; so hat z. B. der mensch- liche Darm zwei solche Häute: eine Ringmuskelschicht und eine Längsmuskelschicht; in allen grösseren und mittelgrossen Gefässen finden sich mehrere resp. nur eine Schicht von Ringmuskeln. Die glatten Muskelzellen sind in solchen Muskelhäuten gewöhnlich sehr eng mit. einander verbunden, nur in ähnlicher Weise wie die Epithel- zellen durch eine ganz geringe Menge von Kittsubstanz geschieden. An dieser letzteren kann denn auch die gleiche Silberreaktion wie bei den Epithelien vorgenommen Be werden (vergl. oben). Eine besondere Erwähnung verdient die Herz- muskulatur bei den Wirbelthieren Fig. 74 und 75). Da die Muskulatur der Gefässe sonst ausschliess- lich aus glatten Muskelzellen besteht, ist es eine überraschende Thatsache, lass die Muskelzellen des Herzens quergestreift sind. Sie sind aber sonst in ihrem Bau sehr verschieden von den gewöhnlichen quergestreiften Fasern bei den Wirbelthieren und sind sicherlich nicht als eine Modifikation dieser Muskelzelle aus der : ac - Herzmuskulatur letzteren, sondern als eine Modifikation der glatten eines. Eroschasl Fasern zu betrachten. Am dentlichsten ist dies z. B. \ Kern, a Zellsub- stanz um den Kern, beim Frosch ersichtlich, bei welchem die Herzfasern © quergestreifte die Form der glatten Muskelzellen ganz beibehalten ee e Es haben und nur eben dadurch von denselben abweichen, dass ihre Fibrillen quergestreift sind (Fig. 74). Bei den Säugethieren ist die Form der Herzfasern etwas abgeändert: sie sind eher kurz- eyilndrisch und mit einander in sehr eigenthümlicher Weise verbunden: sie stossen nämlich häufig durch treppenartig abgestufte Grenzlinien zusammen (Fig. 75). In beiden Fällen haben aber die Herzfasern nur einen oder höchstens zwei Kerne, und es fehlt ihnen das Sarko- 124 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. lemma; das Einzige, was sie mit den willkürlichen Muskelfasern gemein haben, ist die Querstreifung; hier aber ist eine ziemlich genaue Uebereinstimmung vorhanden. Man hat nämlich auch in den Herzmuskelzellen breite dunkle und schmale dunkle Querscheiben (letztere — die Zwischenscheiben), welche durch hellere Scheiben ge- trennt sind, gefunden; bei starker Vergrösserung erweist sich jede breite dunkle Scheibe durch zwei intermediäre Scheiben in dreie zerlegt. ANESITTELLTI AM vrrBaR aus an el AuYwuR 8 TER Jır Era UIID. Maya I] Kl ERFERTTIT LIIIITH TR LULTLIFTLELTEREIER = II N N N DIN TIL TIZZE Hiblich Muskelfasern der Herzmuskulat ır eines Hundes. a interzellulare Kittmasse, n Kern. Nach Ranvier a. a. 0. Dagegen ist die Anordnung der Fibrillen ganz ähnlich, wie in den glatten Muskelzellen: sie sind um den Kern und das unmodifizierte Protoplasma reihenförmig-radiär gestellt, und feine Protoplasma- platten strahlen zwischen ihnen aus. Die histologischen Verhältnisse der Innervation der Muskel- fasern können erst nach Erwähnung des Baues des Nervensystems geschildert werden. Anm. Mit Bezug auf die Muskulatur der Anneliden vergl. E. Rohde, Schneider’s Zoolog. Beiträge. Bd. 1, 1885. — Ueber die Muskulatur anderer wirbelloser Thiere vergl. namentlich die Arbeiten O. und R. Hertwig's in der Jenaischen Zeitschrift 1879—1881. u u ir Das Muskelgewebe. 125 Als das eigentlich Charakteristische für das Muskelgewebe wäre nun also Folgendes zu betrachten: dasselbe besteht aus sehr gestreckten Zellen, die einen einzigen oder eine grössere An- zahl von Kernen enthalten, und die mit einer Hülle (Sarkolemma) versehen sein können, eine solche aber auch entbehren können; in ihrem Innern hat sich auf Grundlage der Zellsubstanz eine eigene kontraktile Substanz in der Form langer feiner Faserfibrillen difteren- ziert; diese letztern können entweder in ihrer ganzen Ausdehnung von gleichartiger Beschaffenheit sein — und in diesem Falle gehen die Kontraktionen langsamer vor sich — oder sie sind ge- sondert in Abschnitte kontraktiler (aktiver) und elastischer (passiver) Natur, die mit einander abwechseln und eine (Querstreifung der ganzen Fasern bedingen; im letzteren Falle finden die Kontrak- tionen mit grösserer Geschwindigkeit statt. In allen Fällen bleibt aber eine grössere oder geringere Quantität von Zellsubstanz in ihrem unmodifizierten, primitiven Zustand zurück, und hat dieselbe wohl vorzugsweise eine Rolle bei der Ernährung der Muskelfasern zu spielen. III. Vom Nervengewebe. Das Nervengewebe ist zusammengesetzt aus Zellen, die als Nervenzellen oder @anglienzellen bezeichnet werden, und für die es charachteristisch ist, dass ihr Protoplasma wenigstens einen Ausläufer hat, der sich in eine kürzere oder längere Faser, eine Nervenfaser fortsetzt, welche der Fortleitung von nervösen Erregungen dient. Ausser den gewöhnlichen Nervenzellen können sich auch noch in Epithelien Zellen finden, aus welchen Ausläufer entspringen, die sich in Nervenfasern fortsetzen: solche Zellen werden als Sinneszellen bezeichnet (Geruchsorgan der Wirbelthiere ; viele Epithelien wirbelloser Thiere). Wenn man auch bei vielen niederen Thieren nicht eigentlich von einem Nervengewebe reden kann, weil die Nervenzellen und Fasern zwischen nicht nervösen Elementen eingelagert sind und kein enger verbundenes Gewebe darstellen, so kommen doch die nervösen Elemente, die Ganglienzellen und Nervenfasern wahr- scheinlich bei allen über den Urthieren (Protozoön) stehenden Thieren vor; ausgenommen sind nur vielleicht einige äusserst: reduzierte Schmarotzerthiere (Dieyemiden u. a.), bei denen es bis jetzt wenigstens nicht gelang, irgend eine Spur eines Nervensystems aufzudecken. Als Einleitung zur Darstellung des Nervengewebes kann sehr passend die Zusammensetzung des centralen Nervensystems bei den niederen Quallen (Craspedoten) kurz geschildert werden. Dasselbe besteht hier aus einem doppelten Ring, einem oberen und einem unteren, die beide in der Tiefe der Oberhaut (des Ektoderms) ein- gelagert sind; beide Ringe finden sich am Rande der Glocke oder der Scheibe, die eine an der Oberseite, die andere an der Unterseite (an der Grenze zwischen Subumbrella und Velum). Der obere Ring ist sensorischer Natur, indem er zum Sinnesepithel und zu den spe- Vom Nervengewebe. 127 zifischen Sinnesorganen (Randkörpern) in genauerer Beziehung steht; in der Nähe der letzteren finden sich immer diehtere Anhäufungen von Ganglienzellen. Der untere Ring ist motorischer Natur, indem er die Muskulatur innerviert, welche bekanntlich an der Unterseite der Glocke und an dem Velum ausgebildet ist. Das Epithel, in dessen Tiefe der obere Nervenring seine Lage hat, ist ein Sinnes- epithel; es besteht aus zwei verschiedenen Arten von Zellen: Sinnes- zellen und Stützzellen (Fig. 76). Während die letzteren hohe Ein Stück vom Sinnesepithe) und vom oberen Nervenring einer Meduse. nr der Nervenring, a Sinneszellen, b Stützzellen, ce die freie Fläche des Epithels (hier findet sich eine feine Cutieula). Nach O. und R. Hertwig (Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen). "ylinderzellen sind, welche an ihrem basalen Ende oft gespalten und zerfasert sind und sich an der Basalmembran inserieren, haben die Sinneszellen ein anderes Aussehen. Es sind sehr lange, oft fast faserförmige oder spindelförmige Zellen, die nur an einer Stelle, dort wo der Kern liegt, etwas angeschwollen sind; an ihrem freien Ende trägt jede solche Zelle ein feines Haar, während ihr Basalende in eine oder mehrere ausserordentlich feine Fasern ausgezogen ist, die von genau derselben Beschaffenheit sind wie die sofort zu erwähnenden Ausläufer der tiefer liegenden Ganglienzellen. In chemischer Hin- sicht macht sich auch zwischen den Stützzellen und den Sinneszellen ein sehr wesentlicher Unterschied geltend ; letztere reduzieren nämlich verschiedene Stoffe, so z. B. die Osmiumsäure weit stärker als die ersteren; daraus folgt, dass die Sinneszellen durch Behandlung mit dem genannten Reagens sich stark bräunlich färben, während die Stützzellen fast farblos bleiben (die Ganglienzellen in der Tiefe ver- halten sich in dieser Hinsicht genau wie die Sinneszellen und ihre Ausläufer). Wie gesagt, in der Tiefe des eben geschilderten Epi- 128 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. thels liegen nun die Ganglienzellen (Fig. 77). Diese Elemente sind Zellen mit einem ansehnlichen Kern und mit ziemlich reich- licher Zellsubstanz um denselben; die Zellsubstanz ist gewöhnlich an zwei oder mehreren Stellen in sehr feine lange Fasern ausgezogen, deren Verlauf grosse Strecken weit verfolgt werden kann: oft theilt sich eine solche Faser in zwei, die in verschiedenen Richtungen auseinandergehen; sehr häufig zeigen sıe sehr kleine knotenförmige Anschwellungen, sogenannte Varikositäten. Die Ganglienzellen liegen in einem sehr feinen und dichten Filz solcher Fasern eingelagert, welche also nichts Anderes sind als Ausläufer, welche theils aus dem Protoplasma der Sinneszellen, theils aus jenem der Ganglien- —-IEN I S IIITIWEITT Ganglienzellen (g) und Nervenfasern von dem oberen Nervenring einer Meduse. a eine vereinzelte Sinneszelle. Nach O. und R. Hertwig (Das Nervensystem und die Sinnes- organe der Medusen). zellen selbst entspringen. Sehr interessant ist der Umstand, dass alle möglichen Uebergangsformen zwischen Sinneszellen und Ganglien- zellen vorkommen: es giebt Zellen, die fast unter das Epithel hinein geschoben sind, wo sie mit den gewöhnlichen Ganglienzellen zu- sammen liegen, jedoch noch einen äusserst feinen Ausläufer an die Oberfläche senden, welcher hier dasselbe feine Härchen trägt, wie die typischen Sinneszellen; andere Zellen sind ähnlich gelagert und haben auch einen nach aussen gerichteten Ausläufer, der jedoch die Oberfläche nicht erreicht und kein Haar trägt. Es ist nach diesen Befunden höchst wahrscheinlich, man möchte sagen sicher, dass Pe N Zuh X 2 5 R ’ Vom Nervengewebe. 129 sömmtliche Ganglienzellen des oberen Nervenrings ursprünglich Sinneszellen (Epithelzellen) waren, die an der Oberfläche lagen, aber später aus dem Verband der Epithelzellen ausschieden und sich ganz in die Tiefe schoben. — Der untere Nervenring besteht aus ähnlichen Elementen wie der obere; das Epithel aber, welches die Ganglien- zellen bedeckt, ist wesentlich verschieden von demjenigen, das über dem oberen Ring liegt. Es besteht aus platten Epithelmuskelzellen, zwischen welchen jedoch angeblich auch spärliche Sinneszellen zer- streut vorkommen; jedenfalls sind aber die Sinneszellen hier in weit geringerer Zahl, wie in dem Epithel des oberen Nervenrings vor- handen. Die Thatsache, dass die Ganglienzellen des oberen Nervenrings bei den Medusen ganz einfach aus einem Sinnesepithel ausgeschieden wurden, ist von ganz besonderer Bedeutung, wenn sie mit den Vor- gängen, die sich bei der Entwicklung des Nervensystems bei höheren Thieren abspielen, verglichen und in Zusammenhang gebracht wird. Die schönsten und erläuterndsten Beobachtungen in dieser Hinsicht sind diejenigen, welche über die Bildung des oberen Schlundganglions oder des Gehirns bei verschiedenen Meer - Borstenwürmern mitgetheilt wurden (Kleinenberg). Es hat sich nämlich hier herausgestellt, dass das genannte Ganglion nicht aus einer einzigen spezifisch nervösen Anlage hervorgeht, sondern auf Grundlage einer grösseren Anzahl theils vergänglicher, theils bleibender Sinnesorgane entsteht. Aus jeder solchen Anlage eines Sinnesorgans — dieselben sind alle aus dem ektodermalen Epithel gebildet — scheiden sich einige Zellen aus, welche in die Tiefe treten, um als Ganglienzellen zu- sammen das Gehirn des Wurms aufzubauen. Sehr schön ist dies z. B. bei der Entwicklung des grossen und hoch differenzierten Auges der Alejopiden (einer Familie von ganz durchsichtigen, an der Ober- fläche des Meeres schwimmenden Borstenwürmern) ersichtlich. Das genannte Organ wird als eine solide Einsenkung der Oberhaut des Kopfes angelegt; diese höhlt sich nach und nach aus und bildet eine Blase, deren Wand aus dem Epithel besteht, welches das spätere Sinnesepithel des Auges bildet. Die Begrenzung des Bläschens nach innen, gegen das Gehirn zu, ist ursprünglich ganz scharf; aber auf einem gewissen Stadium der Entwickelung wird diese scharfe Grenze Bergh, Die thierische Zelle. 9 130 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. undeutlich, und das Sinnesepithel giebt einen Theil seines zelligen Materials dem Gehirn ab (welches letztere schon auf Grundlage der übrigen Sinnesorgane angelegt war); die in dieser Weise den Augenanlagen entstammenden Gehirnzellen werden zu Ganglienzellen, und die Verbindung zwischen dem Auge und dem Gehirn persistiert als der Sehnerv. Die histogenetischen Vorgänge bei der Bildung des Nervensystems treten in vielen anderen Fällen bei weitem nicht so klar hervor; aber es ist doch eine höchst bezeichnende Thatsache, dass bei allen höheren Thieren, bei welchen die Sache näher unter- sucht wurde, das Nervensystem aus dem Hautsinnesblatt (dem Ekto- derm) entsteht. Von einem grossen Theil des Nervensystems darf gewiss immer angenommen werden, dass es auf Grundlage von Sinnesepithelien (wenigstens phylogenetisch) entstanden ist; ein anderer Theil desselben hat sich wahrscheinlich in Verbindung mit der Muskulatur entwickelt; über den letzteren Punkt sind aber die Akten noch nicht geschlossen. Ganglienzellen. Nach diesen einleitenden Bemerkungen gehen wir zur Darstel- lung der Morphologie des Nervengewebes über, das am genauesten bekannt ist, nämlich desjenigen der Wirbelthiere, und wir werden mit der Beschreibung der Ganglienzellen anfangen. Diese sind höchst mannigfaltig differenziert: bei einem und demselben Thier finden sich schon in einem einzelnen Theil des Centralnervensystems, z. B. im Grosshirn, mehrere verschiedene Arten von (anglienzellen, und diese Arten sind wiederum verschieden von jenen, welche sich im Kleinhirn finden; wiederum andere Arten trifft man im Rücken- mark, in den Spinalganglien und in den sympathischen Ganglien. Aber auch bei verschiedenen Thieren können die in ganz entsprechen- den (bomologen) Organen vorkommenden Ganglienzellen sehr ver- schieden ausgebildet sein. Zum Beispiel sind die Ganglienzellen, welche sich in den sympathischen Ganglien der Säugethiere finden, sehr verschieden von den Zellen der sympathischen Ganglien der Amphibien (Näheres weiter unten). | Ganz im Allgemeinen werden die Ganglienzellen in unipolare, bipolare und multipolare Zellen eingetheilt, je nachdem aus u ee Die Sl ne | ö 1 “ Vom Nervengewebe. 131 ihrer Zellsubstanz einer, zwei oder mehrere Ausläufer entspringen. In früherer Zeit hat man öfters auch sog. apolare Ganglienzellen (d. h. Ganglienzellen ohne Ausläufer) beschrieben; doch existieren solche Zellen thatsächlich nicht. Was man früher als apolare Zellen gedeutet hatte, waren nichts anderes als Kunstprodukte, die dadurch entstanden waren, dass während der Präparation die Ausläufer von dem Zellenkörper abgerissen worden waren, und es werden jetzt als Ganglienzellen nur solche Zellen gelten können, die wenigstens einen, sich in eine Faser fortsetzenden Ausläufer besitzen; dies gehört eben mit zum Begriff einer Gang- lienzelle. Einige gut ausgeprägte Typen von Ganglien- zellen bei Wirbelthieren seien nun in möglichster Kürze beschrieben. Die Zellen der Spinal- ganglien der Säugethiere (und der höhe- ren Wirbelthiere überhaupt) sind unipolar; der Ausläufer, welcher aus der Zelle entspringt, krümmt sich zuerst nahe an seiner Ursprungs- stelle etwas, später wird er gerade und geht bald in eine markhaltige Nervenfaser (über diese vergl. weiter unten) über; diese gabelt sich dann in zwei Fasern, von welchen die eine centralwärts in das Rückenmark hineinläuft, während die andere in peripherer Richtung in den Körper hinausgeht (Fig. 78). Bei den Fischen sind die Spinalganglienzellen dagegen bipo- lare Zellen: aus jedem Ende der Zelle ent- springt ein Ausläufer, der sich in eine markhal- tige Nervenfaser fortsetzt; von diesen steigt die eine in das Rückenmark hinein, während die andere in den Körper hinabsteigt (Fig. 79). Ver- gleicht man diese Verhältnisse bei höheren und niederen Wirbelthieren mit einander, so muss angenommen werden, dass der bipolare Typus Fig. 78, Spinalganglienzelle eines Kaninchensmit der daraus entspringenden Nervenfaser. m ihr Kern, x Kerne der umgeben- den Bindegewebskapsel, e Theilungsstelle der Nervenfaser, e’ Ranvier scher Schnürring näher an der Ursprungsstelle, n der Nervenfaser angehörige Kerne (Osmiumbehand- Jung). Nach Ranvier 2:83, 0. der ursprüngliche war, und dass die Ursprungsstellen der zwei Ausläufer, welche ursprünglich ganz fern auseinander lagen, wie 9* 132 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. heutzutage bei den Rochen, sich im Laufe der Zeit einander genähert haben, bis zur Verschmelzung auf einer kürzeren oder längeren Strecke; der einfache Ausläufer, welcher bei den höheren Wirbelthieren aus dem Zellenleib entspringt, wäre in dieser Weise durch Verschmelzung der Anfangsstücke der zwei Ausläufer ent- standen. Man hatte dieses schon früher auf Grund der anatomischen Verhältnisse angenommen; die neueren entwicklungsgeschichtlichen Befunde haben aber diese Ansicht zur Gewissheit erhoben. Es hat Fig. 79. Spinalganglienzellen und markhaltige Nervenfasern eines Rochen. ca der Achsencylinder, E Ranvier’scher Schnürring. n Kern einer Ganglienzelle, a Kern der sekundären Binde- gewebsscheide g (welche sowohl Nervenfasern wie Ganglienzelle umgiebt); g‘ die Schwan’- sche Scheide. Nach kanvier a.a. 0. sich nämlich sowohl für die Embryonen der Säugethiere, wie für die der Vögel herausgestellt, dass die Spinalganglienzellen anfangs bipolar sind und erst später unipolar werden durch Zusammenrücken der Anfangsstücke der zwei Ausläufer, ganz so wie es die Theorie verlangt (His, Ramön y Cajal, Lenhossek). Die Zellen der sympathischen Ganglien bei den Säuge- thieren können bei oberflächlicher Betrachtung bipolar erscheinen, sind aber in der That multipolar, indem an jedem Pol einer solchen Zelle nicht einer, sondern eine grössere Anzahl von Fasern ent- springen. In der neueren Zeit wurde nachgewiesen, dass nur einer dieser Ausläufer sich in eine lange Nervenfaser fortsetzt; die anderen Ausläufer verzweigen sich lebhaft und umspinnen mit ihren Veräste- lungen oft benachbarte Zellen, an deren Oberfläche sie mit freien Vom Nervengewebe. 133 Endigungen aufhören (Fig. 80). — Beim Frosch bieten die sym- pathischen Ganglienzellen ein ganz anderes Aussehen dar (Fig. 81). Dieselben wurden früher meistens so dargestellt, als entsprängen aus jeder Zelle zwei Ausläufer von sehr verschiedener Ausbildung: die eine von bedeuten- der Dieke und von ge- radem Verlauf (die Cen- tralfaser), die andere (die Spiralfaser) von schmächtigem Kaliber und von gewundenem Verlauf. Indessen hat sich durch die neueren Untersuchungen heraus- gestellt, dass die Spiral- faser, nachdem sie eine grössere oder geringere Anzahl von Windungen um die Centralfaser und die Ursprungsstelle der- selben beschrieben hat, sich in ein an der Oberfläche der Zelle gele- genes Netz feiner Fäserchen auflöst, welche hier und da Varikositäten zeigen; sie entspringt nicht aus der Zelle, sondern endigt frei an der Oberfläche derselben in diesem Netze. Die Spiralfaser setzt sich in eine markhaltige Nervenfaser fort und hat ihren Ursprung aus einer anderen Zelle; die Centralfaser geht meistens in eine marklose Faser über (von Einigen wird behauptet, dass sie sich auch in eine markhaltige Faser fortsetzen könne, doch ist dies jedenfalls nur ausnahmsweise der Fall). Wiederum von anderer Beschaffenheit sind die Zellen, welche sich im ÜUentral- Fig. 831. Sympathische Ganglienzelle des Frosches mit dem ge- raden Fortsatz u. der Spiral- faser, welche an der Ober- fäche der Zelle ein Netz bildet. Nach Smirnow (Arch. f.mikr. Anat. Bd. 35). Fig. 80. SympathischeGanglienzellen von einem jungen Hunde mit Nervenfortsatz (a) und Den- driten (d), welche letztere zum Theil andere Ganglien- zellen (gz) umspinnen, Nach Retzius (Biolog. Untersuch., Neue Folge, Heft III). 134 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. nervensystem, im Rückenmark und Gehirn, z. B. bei den Säugethieren finden. Die Zellen haben hier durchweg mehrere, oft sogar sehr zahlreiche Ausläufer; für diese Zellen aber beson- ders charakteristisch ist der Umstand, dass einer ihrer Aus- läufer verschieden von allen anderen ausgebildet ist; er wird als Nervenfortsatz bezeichnet (Achseneylinderfortsatz oder Deiters’- scher Fortsatz), die übrigen werden Dendriten (Protoplasmafort- sätze) genannt. Während die Dendriten sehr reich verzweigt sind und in ihrem Verlaufe meistens unregelmässige knotenförmige Ver- diekungen aufweisen, ist der Nervenfortsatz ganz glatt und gleich- mässig dick (solange er ungetheilt bleibt). In seinem sonstigen Verhalten zeigt er bei verschiedenen Zellenformen Verschiedenheiten ; vor allem lassen sich zwei Typen unterscheiden, die als der Deiters’- sche und der Golgi’sche Zelltypus bezeichnet werden können. Bei dem Deiters’schen Typus verläuft der Nervenfortsatz jedenfalls weite Strecken ohne sich zu verzweigen, und früher meinte man sogar, dass er in der Nähe seines Ursprungs überhaupt keiner Theilung oder Verzweigung fähig sei; indessen ist der sichere Nach- weis geführt worden, dass er schon nahe an seinem Ursprunge oft sog. Collateraläste abgiebt (die nicht in Nervenfasern übergehen). Nach kurzem Verlauf geht er in eine markhaltige Nervenfaser über, die bis sehr weit von ihrer Ursprungsstelle ungetheilt verlaufen, aber auch eine spärliche-dichotomische Verästelung nahe an ihrem Ursprung zeigen kann. Bei dem anderen Typus (dem G olgi’schen) geht der Nervenfortsatz nicht in eine markhaltige Faser über, son- dern er theilt sich in eine Anzahl von Aesten, die in grösserem oder geringerem Abstand von ihrer Ursprungsstelle frei endigen (in ähnlicher Weise wie die Dendriten). Zwischen dem Deiters’schen und dem Golgi’schen Zelltypus ist übrigens keine ganz scharfe Grenze vorhanden; sie sind durch Uebergänge verbunden, und man hat sie auch schlechthin als Zellen mit langem (die Deiters’schen) und mit kurzem (die Golgi’schen) Nervenfortsatz unterschieden. Zellen mit mehr als einem Nervenfortsatz kommen im Centralnerven- system nur selten vor, an einzelnen bestimmten Lokalitäten (z. B. in den Lobi optici der Vögel, in der äussersten Schicht der Gross- hirnrinde der Säugethiere). — In Bezug auf die Bedeutung und den Vom Nervengewebe. 135 Verlauf der Dendriten hat man sehr verschiedene Ansichten gehabt: eine Zeitlang wurde allgemein angenommen, dass sie ein Netzwerk, ein System von Anastomosen zwischen den einzelnen Ganglienzellen bildeten, trotzdem es nie gelungen war, solche Anastomosen wirklich darzustellen. Später, als diese Vorstellung sich als unhaltbar er- wies, als sich herausstellte, dass zwischen den einzelnen Ganglien- zellen keine Verbindungen vorhanden sind, nahmen Einige (z. B. Ranvier) an, dass sie sich wenigstens theilweise in markhaltige Nervenfasern fortsetzten; Andere dagegen (z.B. Golgi, Nansen) sprachen ihnen jedwede nervöse Funktion ab und wollten ihnen nur Fig. 82 A—C, A motorische Rückenmarkszelle, B Purkinje’sche Zelle aus dem Kleinhirm, C Pyramiden- zelle aus dem Grosshirn von Säugethieren. p Protoplasmaausläufer, a Achsencylinder- fortsatz. eine nutritive Funktion beilegen. Erst mit Hülfe der neueren, ver- feinerten Methoden gelang es sicher zu stellen, dass die feinsten Ausläufer der Dendriten ganz frei endigen, in derselben Weise wie die feinsten Zweige von Nervenfasern; es liegt, trotzdem sie sich nicht in markhaltige Nervenfasern fortsetzen, gar kein Grund vor, ihnen nervöse Funktionen abzusprechen. 136 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Von den Ganglienzellen mit langem Nervenfortsatz seien noch einige Spezialformen angeführt. In Fig. 82 A ist eine motorische, multipolare Ganglienzelle aus dem Vorderhorn des Rückenmarks dargestellt: die Dendriten strahlen nach allen möglichen Richtungen aus; der Nervenfortsatz ist leicht nnterscheid- bar. In der grauen Rinde des Kleinhirns findet sich eine einfache, sehr ausgeprägte Schicht von relativ grossen, charakteristischen Ganglienzellen, den sog. Purkinje’schen Zellen (Fig. 82 DB). Jede dieser Zellen hat zwei reichlich geweihartig verzweigte Den- driten, die gegen die Oberfläche des (sehirns gerichtet sind, und einen viel feineren Nervenfortsatz, der an der entgegengesetzten Seite der Zelle entspringt und nach innen verläuft. Innerhalb der Schicht dieser Zellen finden sich dichte Anhäufungen von bipolaren Ganglienzellen. — In der grauen Rinde des Grosshirns finden sich vier verschiedene Schichten, von denen jede ihre besondere Art von Ganglienzellen aufweist: in der äussersten Schicht finden sich relativ nur wenige und kleine eckige Zellen; innerhalb dieser Schicht folgen dann die Schichten der kleinen und der grossen Pyramiden- zellen (Fig. 82C); die innerste Schicht enthält sehr kleine spindel- förmige Ganglienzellen Die Pyramidenzellen haben einen Nerven- fortsatz, der aus der Basis der Pyramide entspringt und nach innen verläuft, während die Spitze der Pyramide nach aussen gerichtet und in einen Dendriten fortgesetzt ist; andere Dendriten entspringen auch aus der Basis der Zelle. Schon bei den Reptilien, noch mehr aber bei den Amphibien und Fischen wird der Gegensatz zwischen Dendriten und Nerven- fortsätzen viel schwieriger erkennbar, als bei den höheren Wirbel- thieren. Die Dendriten bekommen nämlich hier ganz dasselbe glatte Aussehen wie die Nervenfortsätze, haben keine Varikositäten, sodass die beiden Arten der Fortsätze nur durch ihren weiteren Verlauf zu unterscheiden sind. Die Ganglienzellen bei den wirbellosen Thieren bieten prinzipiell dieselben Eigenschaften wie bei den Wirbelthieren dar: wie bei diesen so finden sich auch bei jenen unipolare, bipolare und multipolare Zellen. Im Allgemeinen herrschen in den Ganglien der wirbellosen Thiere die unipolaren Zellen vor; dies ist der Fall sowohl im Gehirn N u N N ee Ä i en ie u ee in Vom Nervengewebe, 137 und in der Bauchkette der Gliederwürmer und des Flusskrebses, wie auch im Centralnervensystem der Schnecken ; doch kommen in diesen Ganglien meistens auch einzelne multipolare Zellen vor. Der ein- fache Ausläufer der unipolaren Zellen giebt mehr oder weniger zahl- reiche feine Aeste ab, die in die sog. Leydig’sche Punktsubstanz (vergl. weiter unten) eintreten, während der Hauptstamm des Aus- läufers als Nervenfaser in einen Nerv eintritt. Dieser ist dem Nervenfortsatz, die feinen Zweige” den Dendriten der Wirbelthiere zu vergleichen. Die multipolaren Zellen („mediane Zellen“) in den Bauchmarkganglien der Anneliden verhalten sich sehr ähnlich wie die Deiters’schen Zellen der Wirbelthiere: neben einer grösseren oder geringeren Anzahl von Dendriten haben sie einen Nervenfort- satz, der in eine Nervenfaser übergeht. — In dem mehr plexus- artig ausgebreiteten Nervensystem herrschen dagegen bipolare und multipolare Zellen vor, so z. B. in dem intraepidermoidalen Nervenplexus bei den Quallen und bei Sagitta (einem sehr interessanten, an der Oberfläche des Meeres lebenden Wurm), ebenso in dem sympathischen Nervensystem, das sich in der Darmwand gewisser Würmer plexus- artig ausbreitet (dasselbe ist übrigens auch der Fall mit dem Plexus von Auerbach und Meissner in der Darmwand der Säugethiere). Die Grösse der Ganglienzellen kann äusserst verschieden sein: einige derselben gehören zu den kleinsten Zellen, die man in den thierischen Geweben findet; andererseits giebt es z. B. im Central- nervensystem der Schnecken Ganglienzellen, deren Protoplasmaleib fast '/; mm Durchmesser hat, die also von relativ sehr bedeutender Grösse sind. Sie haben immer einen ansehnlichen, doppelt- kontourierten, hellen, bläschenförmigen Kern mit Kernkörperchen; in dem letzteren findet sich oft eine kleine Vakuole (früher als „Nucleolulus“ bezeichnet). Am häufigsten ist der Kern etwas ex- centrisch in der Zelle gelagert. Manche Verfasser haben behauptet, eine fibrilläre Struktur in der peripheren Schicht der Zellsubstanz nachweisen zu können: die Fibrillen der Nervenfasern (vergl. weiter unten) träten angeblich hinein und setzten sich durch die Rinden- schicht der Zellsubstanz der Ganglienzelle fort; hierüber herrscht jedoch nicht vollständige Sicherheit, und z. B. Flemming findet in den Ganglienzellen nur die gewöhnliche Sonderung der Zellsub- 138 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. MarkhaltigeNervenfaser eines Kaninchens nach Behandlung mitOsmium- säure. eRan vier’sche Schnürringe, n Kern, p umgebendeProtoplasma- schicht. ca Achsencylin- der (hier nicht deutlich abgegrenzt). Nach Ranvier a.a 0. stanz in Filarmasse und Interfilarmasse. Oft ent- hält die Zellsubstanz der (Granglienzellen des Öentral- nervensystems der Wirbel- thiere Körner eines bräun- nenn ann lichschwarzen Pigments. Was nun die Nervenfasern betrifft, so unterscheidet man bei den Wirbel- thieren zwei Arten der- selben: markhaltige und marklose; jedoch muss mit Bezug auf die markhaltigen Nervenfasern Stück einer markhaltigen Nervenfaser nach Behand- lung mit Chromsäure und Pikrokarmin. m Markschei- de, a Achsencylinder (dieser steht unten aus der von der Markscheide und der Scehwann'’schen Scheide gebildeten Röhre frei her- vor). Die Schwann’sche Scheide ist nicht deutlich von der Markscheide unter- schieden. gleich bemerkt werden, dass sie nie in ihrem ganzen Verlauf markhaltig sind: theils verlieren sie ihr Mark mehr oder weniger nahe an ihrer Ursprungsstelle (einer Ganglienzelle oder Sinnes- zelle), theils werden sie in der Nähe ihrer freien Endausbreitung (sei es im Muskel oder in einem Sinnesorgan oder im Öentral- nervensystem) marklos. Die nähere Betrachtung einer markhaltigen Nervenfaser, so wie sie in den Nerven vorkommt, lässt dieselbe als aus drei, um einander geschichteten Hauptbestandtheilen zusammengesetzt erkennen: 1. zu äusserst findet sich eine feine, homogene Haut, dieSchwann’- sche Scheide, Primitivscheide oder das Neurilemma, an dessen Innenfläche Kerne in weitem Abstande von einander sich befinden; 2. unmittelbar innerhalb der Schwann’schen na Zee a A ab u A En u # Zi Di Vom Nervengewebe. 139 Scheide liegt die Markscheide, aus einer sehr fetthaltigen Sub- stanz (Nervenmark oder Myelin) bestehend und deshalb sehr stark lichtbrechend (deshalb sind Nerven, die hauptsächlich aus markhaltigen Fasern bestehen, glänzend weiss und undurch- sichtig, während solche Nerven, die hauptsächlich aus marklosen Fasern bestehen, mehr graulich und durchsichtig sind); 3. inner- halb der Markscheide liegt der wichtigste, der eigentlich ner- vöse oder leitende Theil der Nervenfaser, der sogenannte Achsen- cylinder (Fig. 83a); dieser setzt sich direkt in den Nervenfortsatz der Ganglienzelle oder in einen Zweig eines solchen fort. Der Achsencylinder zeigt oft eine deutliche Längsstreifung; dies deutet wahrscheinlich eine Zusammensetzung aus Fibrillen, feinsten Fäserchen an, die in einer interfibrillären Substanz gelagert sind. Während der Achseneylinder ein vollkommen kontinuirliches Gebilde ist, das sich ununterbrochen von der Ganglienzelle bis zur Endausbreitung der Nervenfaser fortsetzt, so bildet die Markscheide keine zu- sammenhängende Scheide um jenen, sondern ist in zweifacher Weise unterbrochen. Erstens finden sich in ziemlich regel- mässigen Abständen von einander ringförmige Einschnürungen der Nervenfaser, die sogenannten Ranvier’schen Schnürringe: an denselben fehlt die Markscheide, und die Schwann'sche Scheide lest sich dem Achsencylinder an. Durch bestimmte Methoden (die im technischen Anhang genauer angegeben sind), nämlich theils durch Behandlung mit Ueberosmiumsäure, theils durch Silberbehandlung, können die Ranvier’schen Schnürringe ganz ausserordentlich deut- lich gemacht werden. Da ja die Markscheide sehr fetthaltig ist, wird sie durch die Osmiumsäure (die durch Fettstoffe in besonderem Maasse reduziert wird) stark geschwärzt, und die Einschnürungen, wo die Markscheide fehlt, erscheinen dann als helle Q@uerringe (Fig. 84,85); durch Behandlung mit salpetersaurem Silber bilden sich an den Einschnürungen eigenthümliche Figuren, die sogenannten Ranvier’schen Kreuze: bei der Reduktion des Silbersalzes schlägt sich nämlich das Silber in die Einschnürungen (ganz wie in die Kitt- substanz an den Grenzen der Epithelzellen und der glatten Muskel- zellen) und noch in den unmittelbar an der Einschnürung liegenden Theil des Achsencylinders nieder; somit erscheint als Folge der Silber- 140 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. behandlung an jeder Einschnürung ein dunkelbrauner Längsstreifen, der durch eine ebensolche Querlinie gekreuzt wird. Da die Mark- scheide nämlich für Reagentien sehr schwer durchdringbar ist, so dringt das Silbersalz — vorausgesetzt, dass die Behandlung nicht allzu lange fortgesetzt wird — nur an den Einschnürungen ein; dasselbe gilt auch von Farbstoffen, z. B. Karmin. Jeder solche Ab- schnitt der Nervenfaser, welcher zwischen zwei Ranvier’schen Schnürringen liegt, wird als ein interannulä- Fig. 85. res Segment bezeichnet, und es ist eine höchst wichtige Thatsache, dass sich bei den höhe- ren Wirbelthieren in jedem solchen Segment ein Kern findet (bei niederen Wirbelthieren kommen in jedem Segment oft mehrere Kerne vor); diese Kerne liegen inner- halb der Schwann’schen Scheide, ausserhalb der Markscheide; sie sind von einer geringen Menge der ursprünglichen, nicht modifizierten Zellsubstanz umgeben; diese ist bei jungen In- dividuen in viel reichlicherer Menge vorhanden, so dass sie sich als eine feine Schicht innerhalb der ganzen Schwann'schen Scheide erstreckt. Der Achsencylinder erscheint an den Einschnü- rungen verdickt (die sogenannte biconische An- schwellung). Was die Frage betrifft, wie die Schwann’sche Scheide sich an den Schnürstellen gegenüber dem Achsencylinder verhält, so sind die Meinungen noch getheilt, und diese Frage hat eine wesentliche Bedeutung mit Rücksicht auf Markhaltige Nervenfa- die rationelle morphologische Auffassung der ser, die Schmitt- 5 Se Lantermann’schn markhaltigen Nervenfaser. Einige Forscher, so Abschnitte der Mark 2„.B, Kölliker behaupten, dass die Schwann- scheide sowie einen Ranvier’schen sche Scheide sich an den Schnürstellen schlecht- a hin einbiege, sodass sie daselbst in Berührung mit dem Achsencylinder träte; Andere dagegen, wie Ranvier und Boveri sind dagegen der Ansicht, dass die Schwann'’sche Scheide sich an den Einschnürungsstellen in eine Vom Nervengewebe. 141 ganz feine, homogene, innerhalb der Markscheide, zwischen dieser und dem Achseneylinder gelegene Membran umbiege (die sogenannte Mauthner’sche Membran oder das innere Neurilemma). — Zweitens ist die Markscheide noch in einer anderen Weise unterbrochen: innerhalb jedes interannulären Segments ist sie näm- lich aus kurzen Röhren zusammengesetzt, die mit ihren Enden in einander hineinragen (Fig. 85); diese Abschnitte werden als die eylindro-konischen oder Schmitt-Lantermann’schen Segmente bezeichnet. Es verdient ausdrücklich hervorgehoben zu Querschnitte von markhaltigen Nervenfasern. ca Achseneylinder, my Markscheide, ef Nerven- faser, in einer Ranvier’schen Einschnürung durchschnitten, cap Blutcapillare, te intra- fascieuläres Bindegewebe, gl blättrige Bindegewebsscheide. Behandlung mit Osmiumsäure. Nach Ranvier a. a. 0. werden, dass sowohl diese wie die Ranvier’schen Schnürringe keineswegs als Kunstprodukte betrachtet werden können, da sie mitunter unter günstigen Umständen an lebenden Nervenfasern beob- achtet werden können. Sehr charakteristische Bilder bieten Querschnitte durch mark- haltige Nervenfasern dar (Fig. 86). Der innerste, centrale Theil des Querschnittes ist aus einer blassen, feinkörnigen Masse ge- bildet (das ist der Achsencylinder); ausserhalb derselben findet sich ein einfacher oder doppelter, sehr stark lichtbrechender Ring (an Osmiumpräparaten schwarz gefärbt), der Querschnitt der Markscheide; die Schwann’sche Scheide ist wegen ihrer Dünne und schwachen Lichtbrechung nur dort erkennbar, wo ihre Kerne 143 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. getroffen sind. Ob der stark brechende Ring einfach oder doppelt ist, hängt davon ab, ob die Markscheide an einer Stelle, wo sich nur ein cylindro-konisches Segment findet, getroffen ist, oder an einer Stelle, wo ein solches in einem anderen steckt (vergl. hierzu Fig. 85). Bisweilen fehlt der stark lichtbrechende Ring gänzlich, nämlich wenn der Schnitt einen der Ranvier’schen Schnürringe getroffen hat. Was die morphologische Deutung der markhaltigen Nerven- fasern betrifft, so verdankt man die folgende, heute allgemein ange- nommene Anschauung besonders dem hervorragenden französischen Histologen Ranvier. Dieser Anschauung zufolge ist nur der Achsencylinder als die eigentliche Nervenfaser zu betrachten; sowohl die Markscheide als die Schwann'’sche Scheide sind sekundäre Um- lagerungen. Der Achseneylinder, d. h. also die eigentliche Nerven- faser, ist in seiner Ganzheit weiter nichts als ein zu kolossaler Länge ausgewachsener Ausläufer des Protoplasmakörpers einer Ganglien- zelle. Die Scheiden dagegen bestehen aus Zellen: jedes interannu- läre Segment stellt eine Zelle dar, und diese Zellen müssen als röhrenförmige Bindegewebszellen gedeutet werden, welche sich um die eigentliche Nervenfaser herum gelegt haben. Die Ranvier’schen Schnürringe sind schlechthin als Zellerenzen aufzu- fassen, und hiermit stimmt auch ihr Verhalten gegenüber salpeter- saurem Silber überein. Für diese Auffassung haben auch die oben angeführten Angaben Ranvier’s und Boveri’s ihre Wichtigkeit, dass nämlich die Schwann'sche Membran sich in die Mauthner- sche Membran oder das innere Neurilemma umbiege; die letzt- genannte Haut wäre somit als die Innenwand der röhrenförmigen Zelle zu betrachten, welche den Achseneylinder unmittelbar umgäbe. Die Markscheide ist einfach eine geformte Ausscheidung fetthaltiger Substanzen innerhalb der Zelle, ganz wie die Fetttropfen innerhalb der in Fettzellen umgewandelten Bindegewebszellen, und jede dieser Scheidenzellen enthält ja einen oder mehrere Kerne (vergl. hierzu das Schema Fig. 57). Für diese Deutung sprechen die wichtigsten histologischen und entwicklungsgeschichtlichen Befunde. Dass der Achseneylinder der eigentlich nervöse, leitende Theil der Nervenfaser ist, geht ja schon daraus mit grösster Wahrscheinlichkeit hervor, Vom Nervengewebe. 143 dass die anderen Theile der Faser gewöhnlich sowohl in der Nähe des Ursprungs aus der Ganglienzelle, als auch in der Nähe ihres peripheren Endes aufhören, und auch andere histologische Befunde sprechen für die erwähnte Deutung. So kommt in den Spinalganglien der Rochen das beachtenswerthe Verhältniss vor, dass die Ausläufer der bipolaren Ganglienzellen sich unmittelbar in die Achsencylinder der markhaltigen Nervenfasern fortsetzen, wäh- rend die Schwann’schen Scheiden dersel- ben sich über die Ganglienzellen hin- weg fortsetzen, eine Kapsel bilden, die ihrem Bau nach entschieden bindegewebeartiger Natur sein muss; hier ist nur die Markscheide unter- brochen. Den besten Beweis liefern aber die entwicklungsgeschichtlichen Befunde, welche die Untersuchungen gerade der neuesten Zeit beige- bracht haben. Es ist gelungen nachzuweisen, wie der Achsencylinder in embryonalen Zuständen als kurzer, stummelförmiger Ausläufer einer Ganglienzelle entsteht, der sich zu immer grös- serer Länge auswächst; an ihrem freien Ende ist diese wachsende Nervenfaser immer mit einer keulenförmigen Verdickung versehen („Wachs- thumskeule*); an dieser Verdickung ist eben das Ende einer wachsenden Nervenfaser leicht erkennbar. Ganz verschieden und getrennt von den Achsencylindern entstehen die dieselben um- gebenden Scheiden: sie bilden sich aus Bindege- webszellen, zwischen welche die Achsencylinder einwachsen, und die sich röhrenförmig ausbilden und reihenförmig anordnen, Anm. 1. Ueber die Histogenese der Nervenfasern herrschte noch bis vor kurzem grosse Uneinigkeit zwi- schen den Darstellungen der sich mit diesem Gegen- stand beschäftigenden Autoren. Einige behaupteten Schema des Baues der markhaltigen Nervenfa- ser, die Anschauung Ranvier’s und Boveri’s erläuternd. R eine Ranvier’sche Einschnürung, s die Schwann'’sche Schei- de, welche bei R in i, die innere oder Mauth- ner’sche Membran um- biegt, m Nervenmark, n Kern, ax Achsen- eylinder. schon vor längerer Zeit den oben gekennzeichneten Standpunkt, der sich als richtig erwiesen hat; doch fehlte damals der Nachweis der Wachsthumskeulen, welcher von einschneidender Bedeutung war. Andere hingegen, so z. B. der hochverdiente 144 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Embryologe Balfour, fassten die Sache in ganz anderer Weise auf. Nach ihrer Ansicht entständen die Achsencylinder keineswegs schlechthin als Aus- läufer von Ganglienzellen, um die sich sekundär Bindegewebszellen in Röhren- Scheiden umbildeten; die Nervenfasern entständen vielmehr aus langen, reihen- förmig angeordneten Zellen, sodass aus jeder solchen Zelle ein Stück Achsen- eylinder, ein Stück Markscheide und ein Stück Schwann'sche Scheide sich bilde. Innerhalb jeder Zelle sollte sich ein Stück Achsencylinder ausscheiden; derselbe sei somit von Anfang an diskontinuirlich, aus isolierten, getrennten Gliedern bestehend ; erst später sollten die einzelnen Glieder mit einander Ver- wachsungen eingehen, so dass eine kontinuirliche Achsenfaser zu Stande käme. Somit sei die ganze markhaltige Nervenfaser mit allen ihren Theilen ein nervöses Gebilde (auch ganz aus Ektodermzellen entstanden). Die wichtigsten Unter- suchungen zur Vertheidigung dieser Theorie bat während der neueren Zeit Dohrn geliefert (Mitth. a. d. zool. Station zu Neapel, Bd. 9, 1892); jedoch hat Dohrn selbst kurz nach der Veröffentlichung dieser Arbeit seine erwähnte Anschauung zurückgenommen, und diese Anschauung hat wohl jetzt keine weiteren Vertreter. Anm. 2. Die Theorie von Ranvier und Boveri wurde wesentlich dem Baue der in den Nerven enthaltenen Nervenfasern entlehnt; weniger gut lässt sie sich auf die Fasern des Centralnervensystems (sowie auf diejenigen des Opticus und des Olfactorius) übertragen. Es fehlt nämlich diesen Fasern ge- wöhnlich eine distinkte Schwann’sche Scheide mit Kernen, nur ausnahms- weise (Ranvier) lassen sich solche Gebilde nachweisen. Die Markscheide ist dagegen vorhanden und zeigt Unterbrechungen entsprechend sowohl den Schmitt- Lantermann’schen Einschnürungen, wie den Ranvier’schen Schnürringen ; aber zwischen den letzteren lassen sich nicht mit Regelmässigkeit Kerne nach- weisen. Woher stammt die Markscheide der centralen Fasern? Dies bleibt noch zu ermitteln. — Verschiedene Forscher (z.B. Schiefferdecker, Kölliker) haben auch Boveri’s Angaben über das Sich-Umbiegen der Schwann'schen Scheide an den Schnürringen bestimmt in Abrede gestellt und verwerfen über- haupt die oben angeführte Theorie, ohne indessen eine andere zu geben. Anm. 3. In den peripheren Nervenfasern kann an der einfachen, einiger- massen isoliert laufenden Nervenfaser eine sekundäre Bindegewebshülle ausser- halb der Schwann’schen Scheide (die sog. Henle’sche Scheide) auftreten, und in den grösseren Nerven, wo die Fasern zu Bündeln fester verbunden sind, findet sich Bindegewebe sowohl in wie zwischen den Bündeln (Endoneurium und Perineurium internum und externum); das Bindegewebe, das den ganzen Nerven umzieht, bezeichnet man als Epineurium. Im Centralnervensystem findet sich statt des gewöhnlichen Bindegewebes eine sehr eigenthümliche (von Zellen des ektodermalen Medullarrohres selbst abstammende) Stützsubstanz. die sogenannte Neuroglia. Dieselbe besteht aus mit gewöhnlich sehr zahlreichen starren Ausläufern versehenen Zellen (Fig. 88); einer oder mehrere dieser Ausläufer Vom Nervengewebe. 145 können sich bis an die äussere Grenze des Rückenmarks fortsetzen. Die Aus- läufer (Gliafasern) können glatt oder mit Varikositäten versehen sein, sie können sich mehr oder weniger stark verzweigen. Die von verschiedenen Gliazellen entspringenden Fasern stehen nicht in Verbindung unter einander, sondern hören ganz frei auf. Durch die Starrheit und den geraden Verlauf ihrer Ausläufer und „ihren zarten wurzelfädchenartigen Besatz“ sind die Gliazellen von den Nervenzellen leicht zu unterscheiden. Früher meinten übrigens einige Forscher, dass die Gliafasern nicht Ausläufer der Zellen, sondern unabhängig von den- selben seien, indem sie entweder an der Oberfläche der Zellen verlaufen oder dieselben durchbohren sollten. Indessen ist nach den neueren Untersuchungen nicht zu bezweifeln, dass die Gliafasern Ausläufer der Zellen sind. — Der Neurogliazelle aus dem Rückenmark eines 10tägigen Hühnchens. Nur einige der Fort- sätze sind eingezeichnet. nervösen Stützsubstanz rechnet man auch das sog. Ependym zu (Fig. 89): so bezeichnet man das Epithel, welches die vom Centralnervensystem um- schlossenen Höhlen (Centralkanal des Rückenmarks, Ventrikel des Gehirns) be- grenzt. Jede Ependymzelle ist an ihrer Basalfläche in eine Faser ausgezogen, welche bei erwachsenen niederen Wirbelthieren und bei jüngeren Embryonen der höheren Wirbelthiere unverzweigt oder schwach verzweigt die Oberfläche des Rückenmarks erreicht und hier endigt; wie sich die Ependymfasern bei den erwachsenen Säugethieren verhalten, ob sie die Oberfläche des Rückenmarks erreichen oder nicht, darüber sind die Ansichten noch getheilt. An ihrer freien Oberfläche tragen die Ependymzellen Flimmerhaare (die Flimmerung wurde an lebenden Theilen beobachtet). Die andere bei den Wirbelthieren auftretende Art Nerven- fasern wird gewöhnlich als marklos charakterisiert; in der neue- ren Zeit ist es jedoch durch gewisse hkeaktionen wahrscheinlich Bergh, Die thierische Zelle 10 146 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. geworden, dass auch diese Fasern kleine Quantitäten von Nervenmark enthalten (Boveri). Diese also gewöhnlich marklose Nervenfasern genannten Gebilde wurden lange Zeit als Bindegewebsfasern aufge- fasst, und der Erste, welcher ihre nervöse Natur bestimmter behaup- tete, war Remak, weshalb sie auch oft als Remak’sche Fasern bezeichnet werden. Sie kommen in allen Organnerven vor, finden sich aber in ganz besonderer Menge in dem sympathischen Nerven- system. Im Gegensatz zu den glänzend weissen. undurchsichtigen, markhaltigen Nervenfasern sind sie graulich und durchsichtig; bei Querschnitt des Medullarrohrs eines 4tägigen Hühnerembryos mit imprägnierten Ependym- zellen. Nach v. Lenhosse&k (Fortschritte d. Medizin, 1893). mikroskopischer Untersuchung zeigen sie im Wesentlichen folgenden Bau: im Innern lassen sie eine Längsstreifung erkennen, ein Um- stand, der dahin zu deuten ist, dass sie (wie die Achsencylinder der markhaltigen Fasern) aus sehr feinen Fibrillen zusammengesetzt sind. Bei den gewöhnlichen Untersuchungsmethoden fehlt ihnen, wenigstens dem Anscheine nach, das Nervenmark vollkommen; aber an ihrer Oberfläche findet sich eine feine Protoplasmaschicht, die hie und da Kerne enthält (Fig. 90). Diese oberflächliche Plasma- schicht lässt keine solchen Zellgrenzen oder Ranvier’schen Schnür- ringe erkennen, wie sie bei den markhaltigen Fasern gefunden wer- den; durch kein Mittel ist es gelungen, an den eigentlichen De Fe ur Vom Nervengewebe. 147 Remak’schen Fasern Zellgrenzen nachzuweisen. Am (Querschnitt zeigen sie sich ähnlich den Achseneylindern der markhaltigen Fasern als kleine Kreise, die sich durch Karmin lebhaft färben; hie und da liegt ihnen ein Kern dicht an. Was die morphologische Deutung dieser Fasern betrifft, so werden sie allgemein als Achseneylinder (Ausläufer von Ganglienzellen) aufgefasst, die von Schwann’schen Scheiden (Reihen von röhrenförmigen Bindegewebszellen) um- schlossen sind; demnach hätten sie dieselbe typische Zusammensetzung wie die mark- haltigen Fasern; nur fehlt das Mark oder ist schwach entwickelt. Anm. Da, wie oben angeführt, Boveri behauptet hat, kleine Mengen von Myelin in den Fig. 90. sogenannten marklosen Nervenfasern nachweisen zu können, hat er vorgeschlagen, die Distinktion zwischen markhaltigen und marklosen Fasern aufzugeben und dieselben als segmentierte und unsegmentierte Nervenfasern zu trennen, je nachdem Zellgrenzen (Ranvier’sche Schnür- ringe) vorhanden sind oder nicht (Abhandl. d. bayrischen Akad. d. Wissensch. Bd. 15. 1386). — Früher wurde als ein wesentlicher Unterschied zwischem dem Verlauf der markhaltigen und jenem der marklosen Fasern hervorgehoben, dass erstere in den Nerven immer parallel verlaufen, ohne Anastomosen und Netze zu bilden, während die letzteren lebhaft unter einander anastomosieren und ein Netz bilden sollten, dessen Maschen läng- lich, parallel der Verlaufsrichtung der Nerven Marklose (Remak’sche) Ner- venfasern aus dem Vagus eines Hundes nach Behandlung mit den einzelnen Fasern muss jedoch heutzutage als Osmiumsäure. n Kern, p um- höchst unwahrscheinlich betrachtet werden, Ange- sgebendes Protoplasma, b Längs- streifen (Fibrillen). Nach Ranvier.a. a. 0. seien. Eine solche wirkliche Netzbildung zwischen sichts der neueren Erfahrungen über Ursprung, Verlauf und Verbreitung der Nervenfasern (vergl. hierzu das weiter unten Gesagte). Die angebliche Netzbildung ist wahr- scheinlich nur eine Verzweigung und ein Sichaneinanderlegen der einzelnen Fasern. Was die Nervenfasern bei den wirbellosen Thieren betrifft, so finden wir die einfachsten Verhältnisse in dem gesammten b) o 10* 148 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Nervensystem der Coelenteraten und in den plexusartig ausgebrei- teten Theilen des Nervensystems bei anderen wirbellosen Typen. Die Nervenfasern zeigen hier in ihrem ganzen Verlauf gleiche Be- schaffenheit wie bei ihrem Ursprung aus der Zelle: es sind ganz feine Fäden, die sich öfters verzweigen können, und die hie und da kleine, knotenförmige Anschwellungen (Varikositäten) zeigen. Sie sind bei den Coelenteraten gar nicht in das Bindegewebe eingelagert; es finden sich keine Scheiden an ihnen, sondern sie verlaufen zwischen den Basaltheilen der Epithelzellen; sie enthalten nirgendwo Kerne und sind nach dem Gesagten schlechthin als nackte Achsen- cylinder zu betrachten. — Auch bei den anderen wirbel- losen Thieren sind die Nervenfasern meistens mark- Ä \ gv v3R Querschnitt des Bauchstrangs eines Regenwurms. p das umgehende Peritoneum, m Längs- muskelschicht innerhalb jenes. vsn Längsgefäss, innerhalb des Peritoneums des Bauch- strangs verlaufend. g] laterale, gv ventrale Ganglienzellen, r die »kolossalen Nerven- röhren«. Die ganze Centralmasse besteht aus Punktsubstanz. Nach A. Collin (Zeitschr. f, wiss. Zoologie. Bd. 46). los. Nur bei einigen Anneliden und Crustaceen finden sich in dem einen Haupttheile des Öentralnervensystems, in dem Bauchstrang oder der Bauchkette eine grössere oder geringere Anzahl von mäch- tigen Röhren, die „kolossalen Nervenröhren“, wie sie schon vor sehr vielen Jahren genannt wurden; sie durchziehen die Bauch- kette der Länge nach; bei den Regenwürmern finden sich 3 oder 4 solche Röhren, eine oder zwei mehr median, zwei mehr lateral, alle an der Dorsalseite der Bauchkette gelegen (Fig. 91). Ueber die Bedeutung dieser Röhren herrscht noch nicht volle Klarheit. Ursprünglich wurden sie von Leydig als röhrenförmige Nerven- fasern gedeutet; aber die Richtigkeit dieser Deutung wurde von a ER Aw Vom Nervengewebe. 149 vielen Seiten bestritten; von Einigen wurden sie nämlich als elastische Stützorgane der Bauchkette angesehen; ja man verglich sie in mor- phologischer Hinsicht sogar der Chorda dorsalis der Wirbelthiere. Indessen wies 1881 Spengel nach, dass sich im Centralnerven- system verschiedener Gliederwürmer bestimmte grosse Ganglienzellen befinden; von jeder dieser Ganglienzellen geht ein Ausläufer an eine der grossen Nervenröhren heran und tritt in dieselbe hinein. Nach dieser leicht zu bestätigenden Beobachtung ist man natürlich wieder geneigt, die kolossalen Nervenröhren als wirklich nervöse Bildungen zu betrachten. Später ist sogar noch behauptet worden, dass sie in ihrem Bau nahverwandt seien mit den markhaltigen Nervenfasern der Wirbelthiere; nur soll der Achseneylinder äusserst wasserreich sein und deswegen bei Einwirkung von Reagentien sehr stark schrumpfen, und die Scheiden sind von ganz besonderer Dicke; aber es wurde angegeben, dass sich in den Scheiden Nervenmark finde, und dass an ihnen Ranvier’sche Schnürringe bemerkbar seien, sodass das Mark unterbrochen wäre; die Achsencylinder dagegen (in welche sich die Ausläufer der grossen Ganglienzellen fortsetzen) wären ganz kontinuierlich (Friedländer). — Ausserdem hat in der neuesten Zeit Retzius bei einigen Krebsen nachgewiesen, dass hier, sowohl in den Längskommissuren des Bauchstrangs als auch in den peripheren Nerven, jede Faser mit einer deutlichen Scheide ver- sehen ist; diese entspricht der Myelinscheide + der Schwann’'schen Scheide und färbt sich durch Osmiumbehandlung erst grau, später schwärzlich. Sie hat auch Ranvier’sche Schnürringe, und zwischen je zwei solchen Schnürringen findet sich ein Kern. — Sowohl im Central- nervensystem wie in den peripheren Nerven der wirbellosen Thiere haben sonst die Achsencylinder keine besonderen Scheiden; wie es sich mit der Existenz und Beschaffenheit einer Neuroglia, einer Stützsubstanz, ähnlich derjenigen der Wirbelthiere verhält, diese Frage wurde noch nicht befriedigend gelöst. Zwischen den Nervenfasern sieht man immer hie und da Kerne; aber welcher Natur die Zellen sind, welchen diese Kerne angehören, darüber weiss man nichts Be- stimmtes. Anm. Vgl. Spengel, Mitth. d. zool. Station zu Neapel. Bd. III. 1881. — B. Friedländer, ibid. Bd. IX. 1889. — In neuerer Zeit hat ein Ver- 150 /weites Buch. Von den einfachen Geweben. fasser sogar die Behauptung aufgestellt, dass alle Nervenfasern, auch bei den wirbellosen Thieren, markhaltig seien, nämlich sehr geringe Mengen von Myelin enthielten (Apäthy, Biolog. Centralblatt, Bd. IX, 1889); doch dürfte eine solche Behauptung etwas zu phantastisch sein. Im Rückenmark und im Gehirn der Wirbelthiere lassen sich schon makroskopisch zwei verschiedene Substanzen unterscheiden, die ihren Farben nach als die graue und die weisse Substanz be- zeichnet werden. Im Rückenmark liegt die weisse Substanz ausser- Fig. 92. Querschnitt durch das Rückenmark eines Affen. ec der Centralkanal, A Vorderstrang, P Hinterstrang der weissen Substanz. ca Vorderhorn, ep Hinterhorn. ce] Seitenhorn (Clarke’sche Säule) der grauen Substanz. sa Sulcus anterior, sp Sulcus posterior, Nach Ranvier a. a. 0. halb der grauen, die letztere allseitig umgebend (Fig. 92); im Gehirn finden sich auch graue „Kerne“ innerhalb der weissen Sub- stanz; ausserdem aber findet sich sowohl im Grosshirn wie im Klein- hirn eine graue Rinde ausserhalb der weissen Substanz. Die weisse PERTWE a a En al a a Vom Nervengewebe. 151 Substanz enthält von nervösen Bestandtheilen nur markhaltige Nerven- fasern und eine geringe Anzahl Ganglienzellen — Ausläufer (Den- driten); die graue Substanz dagegen besteht sowohl aus markhaltigen wie marklosen Nervenfasern und enthält ausserdem alle die Ganglien- zellen des Centralnervensystems. In der weissen wie in der grauen Substanz findet sich das eigenthümliche Stützgewebe, die schon oben erwähnte Neuroglia. — Bei den wirbellosen Thieren finden sich meistens im Centralnervensystem (sowohl in der Bauchkette und im Gehirn der Anneliden und Arthropoden, wie auch in den Gang- lien bei den Mollusken u. s. w.) zwei Substanzen, die mit der grauen und weissen Substanz der Wirbelthiere sich gut vergleichen lassen, insofern als nur die eine dieser Substanzen die Ganglienzellen ent- hält, während die andere von nervösen Bestandtheilen nur Nerven- fasern und Dendriten der Ganglienzellen enthält. Diese beiden Sub- stanzen zeigen aber hier die umgekehrte Lagerung von der im Rückenmark bei den Wirbelthieren vorkommenden (Fig. 91). Bei den wirbellosen Thieren liegt nämlich gewöhnlich die Masse der Ganglienzellen als eine Rinde um einen Kern von der sog. „fibril- lären oder Leydig’schen Punktsubstanz*. Der Bau dieser letzteren ist noch nicht ganz sicher ermittelt worden, und es würde viel zu weit führen, sollte eine ausführliche Analyse der höchst ver- schiedenen Ansichten hierüber gegeben werden. Nur soviel sei be- merkt: die Punktsubstanz besteht aus einem dichten Filz sehr feiner Nervenfasern, welche an bestimmten Stellen sich zu Bündeln parallel laufender Fasern zusammenordnen; diese Faserbündel sind Ursprungs- stellen der Kommissuren und der peripheren Nerven; ausserdem findet sich wahrscheinlich eine Neuroglia-ähnliche Substanz sowohl in der Punktsubstanz wie zwischen den Ganglienzellen der Rinden- substanz. Die Ausläufer der Ganglienzellen treten fast immer in die Punktsubstanz hinein, und erst in der neueren Zeit hat man durch besondere Methoden (Methylenblaufärbung u. A.) ihren Ver- lauf weiter verfolgen können. Es hat sich dadurch herausgestellt, dass die Fasern nicht mit einander anastomosieren, sondern ganz unabhängig von einander in der Punktsubstanz verlaufen und ent- weder ganz frei in dieser sich verzweigen und endigen oder sich in die Nerven hinaus fortsetzen. Andere Nervenfasern, die in der Punkt- 152 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. substanz verlaufen, endigen hier ebenfalls frei, haben aber ihren Ursprung nicht in den Ganglienzellen, sondern in peripheren Or- ganen (besonders in der Haut). — Früher nahm man allgemein an, dass sich die Ausläufer der Ganglienzellen nicht direkt in die Nerven fortsetzten, sondern dass sie sich in der Punktsubstanz auflösten, und dass die Fasern der peripheren Nerven erst aus dem „Netzwerk* der Punktsubstanz entsprängen; allein die neueren Beobachtungen haben bis zur Evidenz erwiesen, dass Ausläufer von Ganglienzellen direkt in die Nerven übergehen. Anm. Vergl. Retzius, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. I—V. Stockholm. 1890—1893. — v. Lenhossek, Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 39, 1892. — Cerfontaine, Bull. d. l’acad. de Belgique. Ser. 3. Tom. 24. 189, und viele andere neuere Schriften. Nervenendigungen. Wir werden jetzt das Verhalten der Nerventasern bei ihrer peripheren Ausbreitung in Epithelien, Drüsen, Muskeln und Sinnesorganen betrachten. Zunächst in den Drüsen; hier wurden die Endigungen der Nerven erst vor Kurzem genauer bekannt. Zwar wusste man schen lange, dass viele Drüsenzellen in der Aus- führung ihrer Funktion in Abhängigkeit vom Nervensystem stehen; denn wird der Nerv, der zu einer solchen Drüse sich begiebt, über- schnitten, so hört die letztere auf zu sezernieren, und die Drüsen- zellen fallen einer Degeneration anheim. Aber die histologischen Verhältnisse bei der Ausbreitung der Nerven in den Drüsen waren, wie gesagt, bis vor Kurzem nicht genügend bekannt; eine Zeit lang wurde (von Pflüger u. A.) behauptet, die Nervenfasern (Achsen- eylinder) seien mit dem Protoplasma der Drüsenzellen kontinuierlich und setzten sich in dasselbe ohne irgend eine scharfe Grenze fort, gerade so, wie sie sich in das Protoplasma der Ganglienzellen fort- setzen. Diese Angaben haben sich indessen als unrichtig heraus- gestellt, und durch die neueren verbesserten Methoden ist es ge- lungen, nachzuweisen, dass die feinen Nervenfasern in der Umgegend der Drüsenzellen sich stark verästeln und mit ihren feinsten Zweigen, die auf und zwischen den Drüsenzellen gelegen sind, frei endigen, ohne mit dem Protoplasma der Drüsenzellen in kontinuierlicher Ver- NN Fu u U Vom Nervengewebe. 155 bindung zu stehen; oft umspinnt ein Netz solcher feinsten Nerven- fasern die Oberfläche einer Drüsenzelle ziemlich dicht, sodass an vielen Stellen derselben die Nervensubstanz mit dem Protoplasma der Drüsenzelle in Berührung ist. Vergl. hierzu Fig. 93. Stück einer schleimabsondernden Speicheldrüse mit Nervenendigungen (Schnitt, Golgi’- sche Methode). Von dem Nerv n gehen Fasern ab, die sich verzweigen und an der Oberfläche der Drüsenfollikel frei endigen. g Gianuzzi’sche Halbmonde. Nach Retzius (Biolog. Untersuchungen. Neue Folge. Heft III.) Motorische Nervenausbdr eitungen. fi} Es ist ein ziemlich allgemeines Verhalten der markhaltigen Nervenfasern, dass sie sich während ihres Verlaufs in den grösseren Nerven nicht verzweigen; gegen ihr peripheres Ende zu (hier also in dem Muskel) findet dagegen eine reichliche Verzweigung statt, und es ist sehr charakteristisch, dass diese Verzweigung der markhaltigen Nervenfasern . immer an solchen Stellen eintritt, wo ihre Markscheide unterbrochen ist: sie gabeln sich an den Ranvier'- schen Schnürringen. Die Nerven-Endausbreitungen in den querge- streiften Muskelfasern sind überall, wo sie näher untersucht wurden, von prinzipiell demselben Bau und sind in kleine plattenartige oder hügelförmige Organe eingelagert, welche den Muskelprimitivbündeln unmittelbar aufsitzen (Fig. 94); je nachdem diese Endorgane platt oder hügelartig sind, unterscheidet man zwischen motorischen Endplatten und Nervenhügeln; doch hat dieser Unterschied keine wesentliche Bedeutung. Etwa an der Stelle, wo die mark- 154 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. haltige Nervenfaser zur Berührung mit dem Muskelprimitivbündel gelangt, verliert sie ihr Mark; die Stellen, wo das Mark authört, sind immer (ebenso wie die Verzweigungsstellen) die Ranvier’schen Schnürringe. Die marklose Faser verzweigt sich nun sehr reichlich an der Oberfläche des quergestreiften Muskelprimitivbündels; wie sie sich aber gegenüber dem Sarkolemma verhält, darüber herrschen noch immer verschiedene Ansichten. Die meisten Verfasser geben an, dass die feinsten Nervenfasern durch diese Hülle hindurchträten und also in Berührung mit der lebenden Substanz der Muskelzelle selbst stünden; aber andererseits behaupten Kölliker u. A., dass sie ausserhalb des Sarkolemmas lägen. Jedenfalls endigen die feinsten Fig. 94. Motorische Endplatten in quergestreiften Muskelfasern eines Kaninchens. N Nerv, p motorische Platte im Profil, p’ eine ebensolche von der Fläche gesehen, (Kerne ent- haltend). Nach Ranviera.a. 0. Zweige ganz frei, häufig mit kleinen Anschwellungen, und solche können auch in dem früheren Verlaufe nahe am Ende vorkommen; Anastomosen zwischen ihnen können vorhanden sein, fehlen aber auch häufig. Vergl. Fig. 95. Die Schwann'sche Scheide begleitet die Achsencylinder bis zu ihrem Ende und zeigt hie und da Kerne. Die Verfasser, welche angeben, dass die motorische Platte mit den End- ausbreitungen des Nervs innerhalb des Sarkolemmas liege, lassen gewöhnlich die äussere Bindegewebsscheide der Nervenfaser (die Henle’sche Scheide) sich in jene Hülle unmittelbar umbiegen. Es ist indessen in morphologischer Beziehung sehr unbefriedigend, dass a u en res ns Vom Nervengewebe. 155 eine bindegewebige Haut sich in eine Zellmembran fortsetzen soll, und die vorhin erwähnte Anschauung Kölliker’s ist in genannter Hinsicht viel einfacher, wenn auch ihr zufolge durch das Sarko- lemma eine sehr scharte Trennung zwischen den Nervenfasern und der kontraktilen Substanz gesetzt: ist. Die protoplasmatische, körnige Grundsubstanz mit ihren Kernen muss wahrscheinlich als aus den Schwann’schen Scheiden der Nervenfasern entstanden gedacht wer- den (oder aus den Henle’schen Scheiden?). — Ein quergestreiftes Muskelprimitivbündel kann wenigstens einen oder (häufig beim Frosch) ill] ii I M N Freie Nervenendigungen an den quergestreiften Muskelfasern von Myxine glutinosa (die Querstreifung ist stellenweise weggelassen‘. Nach Retzius (Biolog. Untersuchungen. Neue Folge. Heft IV). zwei oder eine ganze Reihe motorischer Endapparate tragen (der letztere Fall ist unter den Arthropoden häufig zu beobachten). In ähnlicher Weise endigen feine marklose Nervenzweige an der Oberfläche der glatten Muskelzellen. Namentlich haben hier Untersuchungen an wirbellosen Thieren (Blutegeln, Schnecken) sichere Ergebnisse geliefert. An den blindsackartigen Ausstülpungen des medizinischen Blutegels z. B. findet sich um das Epithel eine Schicht 156 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. ansehnlicher, glatter Muskelzellen; zwischen denselben liegt ein Plexus markloser Nervenfasern, deren feinste Verzweigungen (nackte Achseneylinder) an die Muskelfasern seitlich herantreten, sich an ihnen festsetzen und eine kleine Endausbreitung, sozusagen eine motorische Endplatte bilden. Bisweilen zeigt sich die Nervenfaser fingerartig verzweigt, und die Zweige können in kleinen Knötchen endigen, wodurch ihr Verhalten dem schon an den quergestreiften Fasern gefundenen sehr ähnlich wird. Die Ausbreitung der Nerven, sowohlin der glatten wie in der quergestreiften Muskulatur, findet also in der Weise statt, dass die feinsten Zweige ganz frei endigen; von einer Kontinuität zwischen Nervensub- stanz und kontraktiler Substanz ist gar keine Rede. Anm. Einzelne frühere Forscher haben eine noch weiter gehende Ver- zweigung der feinsten Nervenfasern (innerhalb des Sarkolemmas) angenommen; diese Endzweige sollten dann in die schmalen dunklen „Zwischenscheiben“ der quergestreiften Fasern übergehen. Diese Beobachtungen haben sich aber als unrichtig herausgestellt. — Ueber die Nervenendigungen an den Heızmuskel- fasern gab noch vor wenigen Jahren Ranvier an, dass die feinsten Endzweige der Nerven in die Muskelzellen eintreten und innerhalb derselben der Länge nach verlaufen, einen medianen Streifen in jeder Faser bildend; sie sollten auch mit einander anastomosieren und ein weitmaschiges Netz herstellen. Verfasser dieses Buches kann nicht recht daran zweifeln, dass die Nervenendigungen an den Herzmuskelfasern prinzipiell dieselben sind wie an anderen Muskelzellen , doch sind ihm trotz vielem Nachsuchen positive Angaben hierüber nicht bekannt geworden. Sensible Nervenausbreitungen. Eine sehr einfache Art sensibler Nervenausbreitungen ist die- jenige, welche wir im Epithel der Hornhaut und in der Oberhaut der höheren Wirbelthiere finden (vergl. Fig. 96). Nachdem die Nervenfasern in dem innerhalb der betreffenden Epithelien liegenden Bindegewebe Plexus — allein aus Fasern ohne Ganglienzellen be- stehend — gebildet haben, treten sie als marklose Fasern (nackte Achseneylinder) in das Epithel hinaus; auch bier werden Plexus ge- bildet, und die Fasern endigen ganz frei in kleinen Knötchen zwischen den Epithelzellen. Bei der Verhornung und Abstossung a u Vom Nervengewebe. 157 der Epithelzellen der äusseren Schichten werden auch die zwischen jenen liegenden Nervenendigungen abgestossen; diese gehen also fortwährend zu Grunde und müssen immerfort durch ein Wachs- thum von innen her (von den Ganglienzellen aus) erneuert werden. In der Lederhaut und auch an gewissen anderen Stellen bei Säugethieren und Vögeln werden einige kleine, ganz eigenthümliche Sinnesorgane gefunden, die übri- gens in mehreren Modifikationen auftreten: hierher gehören z. B. die Tastkörperchen oder die Wagner’schen oder Meissner- schen Körperchen in der Leder- haut beim Menschen; die Gran- dry’schn oder Merkel’schen Körperchen in der Zunge und in der Wachshaut des Schnabels bei Enten und Gänsen (die letzte ren Körperchen werden auch bis- weilen sehrunpassend als zusammen- gesetzte Tastzellen bezeichnet). Der Bau der Grandry’schen Körper- chen ist einfacher und leichter ver- ständlich als derjenige der Wag- ner’schen: jene bestehen aus einer bindegewebigen Kapsel, in welcher sich 2—4 grössere Zellen finden, die übereinander geschichtet liegen Senkrechter Durchschnitt durch die Ober- und als Tastzellen bezeichnet haut des Menschen. e Hornschicht, aus kernlosen Zellen bestehend. m das Rete werden. An ein jedes solches Kör- Malpighii (die tieferen Epithelschichten), $ : 5 aus kernhaltigen Zellen bestehend, g perchen tritt eine markhaltige Ner- Uebergangsschicht (»Körnerschicht«), n venfaser heran, deren äussere Binde- Nerv, b dessen feinste Endverzweigungen. , Aus Ranvier a.a.0. gewebshülle (de Henle sche Scheide) in die bindegewebige Kapsel des Körperchens übergeht, und deren Markscheide an der Stelle, wo die Faser das Tast- körperchen erreicht, aufhört, sodass das Endstück der Faser nur aus dem Achseneylinder und der Schwann'schen Scheide be- 158 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. — steht (vergl. Fig. 97). Sie theilt sich dann in eine Anzahl von Zweigen, die so gross ist wie die Anzahl der Tastzellen 7 1, in- dem nämlich jeder Zweig zwischen je zwei Tastzellen hineintritt und hier mit einer platten Anschwellung, der sogenannten Tast- scheibe oder Meniscus frei endigt (sind nur zwei Tastzellen vor- handen, verzweigt sich also die Nervenfaser gar nicht). — Andere Körperchen ähnlicher Art weichen von den eben beschriebenen da- durch ab, dass die grossen, ausgeprägten Tast- Fig. 97. zellen fehlen; die Endzweige der Nerven liegen dann in eine feinkörnige Substanz eingebettet, die Kerne enthalten kann und von Bindegewebe umgeben ist. Uebrigens tritt bisweilen an das Organchen eine Nervenfaser heran, die sich gar nicht weiter verzweigt, sondern ein- fach das Organ der Länge nach durchläuft und frei endigt (so in den Endkolben oder den Krause’schen Körperchen der Grandry’sches Körperchen fe Tastzellen, k umgebende Bindegewebskapsel: b Bin- degewebsscheide der Nerven- Bindehaut des Auges; desgleichen in den Vater-Pacini’schen Körperchen, die z. B. in der Haut vom Menschen und im faser, m Markscheide, ax Mesenterium der Katze vorkommen; hier sind der Achseneylinder, welcher x 2 = sich über die Stelle, wo Zahlreiche Bindegewebslagen schalenförmig de en An umeinander geschichtet); in anderen Fällen in drei Zweige theilt. dagegen können es mehrere Nervenfasern sein, die dann gewöhnlich in das Organ der Quere nach eintreten und sich lebhaft verzweigen (so bei dem Wagner’schen oder Meissner’schen Körperchen). Solche Körperehen kommen nicht bloss in der Haut vor, sondern auch an vielen anderen Stellen; von den Vater-Pacini’schen Körperchen wurde schon erwähnt, dass sie im Mesenterium der Katze vorkommen, und Körperchen von ähnlichem Bautypus finden sich auch in fibrösen Membranen und in Sehnen. An sehr empfindlichen Stellen der Epidermis finden sich in dieselbe eingelagert einfache Tastzellen (z. B. sehr zahlreich im Schweinsrüssel): sie gehören ihrer Lage nach den tieferen Oberhautschichten an. An jede solche Tastzelle tritt eine feine 7, ne eg Vom Nervengewebe. 159 Nervenfaser heran und breitet sich an ihrer Oberfläche in eine Tastscheibe aus. Es wird angenommen, dass diese Tastzellen aus dem Bindegewebe der Lederhaut in die Epidermis hinausgewandert sind, wie denn auch die Tastzellen der Grandry’schen Körper- chen als modifizierte Bindegewebszellen zu betrachten sind. Auch bei den wirbellosen Thieren existieren solche freie sensible Nervenendigungen; so hat sie kürzlich Retzius um die Basaltheile der Borsten bei marinen Borstenwürmern nachweisen können: die Nervenfasern verzweigen sich hier sehr lebhaft und ihre feinsten Zweige breiten sich an den Basalstücken der Borsten aus. Alle bis jetzt aufgeführten Fälle haben das mit einander gemein, ‘dass die Nervenfasern an der Peripherie frei endigen und nicht mit peripheren Zellen nervöser Beschaffenheit kontinuierlich sind. Die Nerven- und Sinmesepithelien. Unter diesem Namen versteht man solche Epithelien, deren Zellen sich theilweise als sensorische Elemente ausgebildet haben: sie nehmen äussere Eindrücke bestimmter Art — Lichtein- drücke, Schalleindrücke u. s. w. — auf, und in einigen Fällen be- fördern sie dieselben auch weiter; in solchen Fällen sind die perzi- pierenden Zellen nach innen in Nervenfasern ausgezogen, welche sich in tiefer gelegene Ganglien hinein fortsetzen. In anderen Fällen wird die Weiterbeförderung des empfangenen Eindrucks durch Aus- läufer der tiefer gelegenen Ganglienzellen besorgt; diese Ausläufer setzen sich ins Epithel hinein fort und umspinnen hier die Sinnes- zellen, während diese letzteren keine nervösen Fortsätze haben. Dies ist ein sehr wichtiger Unterschied, und man kann darnach die Nerven- oder Sinnesepithelien in zwei Gruppen theilen, welche ich als echte und als unechte bezeichnen möchte. In den echten Sinnesepithelien sind die reizperzipierenden Zellen selbst nervöser Natur, indem sie sich nach innen in Nervenfasern fortsetzen; in den unechten ist dies nicht der Fall. Die Anordnung in den echten Sinnesepithelien ist eine primitivere, als die in den unechten, und jene finden sich denn auch hauptsächlich bei wirbellosen Thieren 160 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. reichlich verbreitet; bei den Wirbelthieren ist nur das Geruchs- epithel ein echtes Sinnesepithel, die perzipierenden Epithelien sind hier sonst unecht. Die Sinneszellen in den echten Sinnesepithelien setzen sich also an ihrer Basalfläche in Nervenfasern (nackte Achsencylinder) fort. Sowohl in den echten wie in den unechten sind sie meistens an ihrer freien Fläche mit Gebilden versehen, welche über die freie Fläche des Epithels emporragen und übrigens sehr verschiedener Art sein können: in einigen Fällen sind es schlechthin Flimmer- haare; in anderen Fällen sind es dagegen starre, unbewegliche Sinneshärchen, die kürzer oder länger sein können (in ersterem Falle werden sie auch „Stiftchen“ genannt); in der Netzhaut sind es eigen- thümliche dickere Gebilde, die wahrscheinlich aus einer modifizier- ten Zellsubstanz bestehen — früher wurden sie meistens als Cuti- eulargebilde aufgefasst —: die sogenannten Stäbchen und Zapfen. Durch solche periphere Anhänge nehmen meistens die Sinneszellen die äusseren Eindrücke auf. — In vielen Fällen kann es übrigens schwierig sein zu entscheiden, ob die an der freien Fläche der Sinneszellen sitzenden Haare Flimmerhaare oder starre Sinneshärchen sind, namentlich in solchen Fällen, wo auch die indifferenten Epithel- zellen (die Stützzellen), welche zwischen den Sinneszellen zerstreut stehen, Flimmerhaare tragen. Da nämlich die Isolation der Ele- mente nur nach Maceration des Epithels einigermassen vollständig geschehen kann, so ist es nicht immer möglich zu entscheiden, ob alle Zellen oder nur einige derselben flimmern. Ein sehr einfaches echtes Sinnesepithel fanden wir ja schon am Schirmrande der Quallen (Fig. 76); dasselbe bestand ja aus härchen- tragenden Sinneszellen und Stützzellen (indifferenten Epithelzellen), die deutlich von einander unterschieden waren. Ganz ähnliche Epi- thelien sind bei wirbellosen Thieren sehr verbreitet; so finden wir in der Epidermis des Regenwurms und der polychaeten Anneliden sehr schöne echte Sinnesepithelien (Fig. 98). Zwischen den gewöhn- lichen Epithelzellen finden sich hier überall zerstreut Sinneszellen, deren jede an ihrer Basis in mehrere Nervenfasern ausgezogen ist; während die meisten dieser Fasern sich verästeln und einen feinen Filz an der Basalfläche der Epidermis bilden, gehen einige Fasern Vom Nervengewebe. 161 von den Zellen in die Nerven hinein und setzen sich durch diese bis in den Bauchstrang hinein fort. Hier angekommen, theilen sie sich, jede in einen gerade nach vorn und eınen gerade nach hinten laufenden Ast, welche nach diesem einfachen Verlauf frei endigen. Dies ist eine sehr interessante und primitive Einrichtung: dass die Fig. 98. Sensible Nervenbahnen des Regenwurms, halbschematisch nach v. Lenhossek (Fort- schritte der Medizin, 1893). E Epidermis mit Sinneszellen sz; von einer derselben läuft eine Nervenfaser in den Bauchstrang (Bstr) hinein, wo sie sich in einen nach vorn und einen nach hinten laufenden Zweig theilt. sensiblen Fasern des Bauchstrangs von Sinneszellen der Epidermis ausgehen (während die motorischen Fasern aus Ganglienzeilen des Bauchstrangs selbst entspringen). Besonders in den Cirren der Polychaeten sind solche Sinneszellen sehr reichlich vorhanden; sie tragen hier an ihrem freien Rande Stiftchen, welche die Cutieula durchbohren. — Bei unseren Landmollusken (z. B. Limax, Arion) finden wir eine sehr interessante Einrichtung: die Epi- Bergh, Die thierische Zelle. 1al 162 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. dermis enthält auch hier Sinneszellen; die Hauptmasse des Zell- körpers (mit dem Kern) liegt aber nur in seltenen Fällen theilweise zwischen den gewöhnlichen Epidermiszellen; meistens ist sie tief in das unterliegende Bindegewebe hinein verschoben, sodass sich diese Zellen als bipolare Ganglienzellen präsentiren: mit einem central- wärts und einem nach der Peripherie laufenden Ausläufer. Der letztere steigt unverzweigt zwischen den Epidermiszellen bis zur äussersten Oberfläche des Epithels empor. Besonders in den augen- tragenden Tentakeln sind solche Zellen (die Flemming schen Pinselzellen) in grosser Anzahl vorhanden; ihre nach innen laufen- den Fortsätze gehen in ein im Tentakel liegendes Ganglion hinein. Die eben geschilderte Anordnung ist sehr interessant, indem sie ein Uebergangsstadium vom echten zum unechten Sinzesepithel dar- stellt. Die Körper der Sinneszellen waren ja zum grössten Theil schon in die Tiefe verschoben; man denke sich nun den nach aussen laufenden Fortsatz sich verzweigend und mit seinen Endzweigen die Epidermiszellen umspinnend, anstatt unverzweigt die Oberfläche zu erreichen, und wir haben den Typus eines unechten Sinnesepithels vor uns, wo die im Epithel vorhandenen Nervenfasern nicht aus Epithelzellen, sondern aus tiefer gelegenen (bipolaren) Ganglienzellen ihren Ursprung haben. — Auch im Epithel des Schlundes und der Mundhöhle bei den Anneliden finden sich echte Sinneszellen, und bei den Mollusken finden sich in der Schleimhaut der Mundhöhle Sinneszellen, ähnlich den vorhin besprochenen in der Haut der- selben Thiere. Echte Sinnesepithelien finden sich ferner in den Organen, die bei Anneliden und Mollusken als Geruchsorgane gedeutet wer- den (jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach), und auch bei den Wirbelthieren zeigt das Geruchsepithel eine ganz entsprechende Zu- sammensetzung, bestehend aus Stützzellen und Sinneszellen (Fig. 99). Die Stützzellen sind nicht wimpernd und werden von einigen For- schern als schleimabsondernde Zellen betrachtet. Die Kerne der Sinneszellen sind hier immer tiefer gelegen als diejenigen der Stütz- zellen (sodass in jedem senkrechten Schnitt durch das Epithel 2 Schichten von Kernen sichtbar sind), und die zwei Zellenarten sind in ihrem Aussehen sehr verschieden von einander: die Sinneszellen Vom Nervengewebe. 163 sind spindelförmig und sehr dünn und fein, nur um den Kern an- geschwollen und in zwei Ausläufer ausgezogen, einen peripheren und _ einen nach innen laufenden; der periphere trägt Wimperhaare; der nach innen laufende ist viel feiner und ist eine Nervenfaser (Achsen- eylinder), welche in den Bulbus olfactorius eintritt und sich hier plötzlich in eine grosse Anzahl von kurzen, feinen Zweigen auflöst, welche die etwas gröberen, auch reich verzweigten Ausläufer gewisser Ganglien- zellen des Bulbus umspinnen und frei endigen. Die Stützzellen (Fig. 99e) sind in ihrem äusser- sten Theil wie gewöhnliche Cylinderzellen ge- formt; in ihrem inneren Theil sind sie aber von sehr unregelmässiger Form, zeigen viele Gruben und Einfaltungen ihrer Oberfläche, indem näm- lich die angeschwollenen Theile der Sinneszellen in solche Gruben der Stützzellen eingelagert sind. Einige Autoren haben ausserdem im Geruchs- epithel der Wirbelthiere noch eine dritte Zellen- art beschrieben: die sogenannten Basalzellen, über deren Bedeutung man nichts Positives weiss; es sind sternförmige Zellen, die tief im Epithel liegen und nicht mit einander anastomosieren, — In Uebereinstimmung damit, dass die Nerven- fasern der Geruchsnerven aus den Sinneszellen entspringen, steht die Thatsache, dass beim s Sinneszelle, e Stütz- Embryo die Geruchsnerven nicht vom Gehirn ne, et centrifugal, sondern vom Geruchsorgan centri- wmanders. c Sinneshaar, von dem stäbchenförmi- petal wachsen (His). gen Theil p der Sinnes- Als Beispiel eines unechten Sinnesepithels a seien zunächst .die Geschmacksorgane der Wirbelthiere angeführt. Dieselben finden sich bei den Säuge- thieren in bestimmten Regionen der Zunge und werden ihrer Form nach als „Geschmacksknospen® bezeichnet. Das Epithel der Geschmacksknospen ist sehr verschieden von dem umgeben- den Epithel der Mundhöhle. Während nämlich dieses ein mehr- schichtiges Plattenepithel ist, bestehen dagegen die Geschmacks- 11” 164 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. knospen nur aus einer Zellschicht, deren Zellen alle sehr hoch und in zwei Formen gesondert sind: Sinneszellen und Stützzellen. Die letzteren finden sich sowohl rings um die innen gelegenen Sinneszellen wie auch zwischen ihnen; die äusseren Stützzellen sind gebogen, in ähnlicher Weise wie die äusseren Blätter einer Knospe oder einer Zwiebel. Die Sinneszellen ((eschmackszellen) sind spindel- förmig und tragen an ihrem freien Ende ein feines Stiftchen; an ihrem Basalende sınd sie meistens verschmälert, laufen aber nicht in Nervenfasern aus, sondern von innen her treten Nervenfasern an sie Fig. 100 A u. B Geschmackszwiebeln aus der Papilla foliata des Kaninches. In A sind 5 Geschmackszellen (sz), in B eine Geschmackszelle und die frei auslaufenden, von innen kommenden Nerven- fasern (nf) nach Golgi’s Methode gefärbt a äussere, i innere Oberfläche des Epithels. Nach Retzius, Biolog. Untersuchungen. Neue Folge. Heft IV. heran, verzweigen sich und umspinnen die Sinneszellen, indem sie frei endigen (vergl. hierzu Fig. 100 A u. B). — Die Sinnes- organe der Seitenlinie bei Fischen und bei Amphibienlarven stehen in ihrem Bautypus dem Geschmacksorgan ganz ausserordent- lich nahe, sınd ihnen überaus ähnlich. Auch das Epithel, das den Zweck hat, Schallwellen zu perzi- pieren (das Hörepithel), besteht gewöhnlich nieht ausschliesslich aus Sinneszellen, sondern ist in zwei oder sogar in mehrere Arten von Zellen differenziert. Einen sehr schönen Typus des Hörepithels finden wir bei einer Gruppe von Schnecken, die als Heteropoden bezeichnet wird (Fig. 101). Das Gehörorgan bildet hier (z. B. bei der Gattung Pterotrachea) ein allseitig geschlossenes Bläschen, das einen grossen Hörstein (Otolithen) einschliesst; dieser besteht haupt- Vom Nervengewebe. 165 sächlich aus kohlensaurem Kalk und ist in einer den übrigen Theil des Hohlraumes erfüllenden Flüssigkeit suspendiert (bei anderen Schnecken und bei gewissen Würmern finden sich anstatt eines ein- zigen grossen Hörsteins zahlreiche kleinere). Das Epithel des Ge- hörbläschens ist in drei verschiedene Zellenarten differenziert: 1) ganz niedrige, platte Epithelzellen; 2) Wimperzellen, zerstreut zwischen jenen stehend; die Wimperhaare sind sehr lang und nehmen während der Ruhe eine liegende Stellung ein, erheben sich aber, Gehörbläschen einer Schnecke (Pterotrachea). N Nerv. Ot Otolith. Aus Boa’s (Lehrb. d. Zoologie). richten sich auf bei jedem einigermaassen kräftigen Schall. An dem einen Pol des Gehörbläschens fehlen die Wimperzellen, und die am entgegengesetzten Pol befindlichen haben die längsten Wimperhaare ; daraus folgt, dass der Otolith jedesmal beim Ertönen eines Schalls gegen den Pol hingestossen wird, an welchem die Wimperhaare fehlen; hier finden sich nun 3) die eigentlichen Hörzellen. Von solchen ist oft nur eine geringe Anzahl vorhanden (bei einer Art fünf, bei anderen eine etwas grössere Anzahl), und eine derselben hat eine centräle Lage und ist von bedeutender Grösse und beson- derer Ausbildung; alle tragen sie starre Sinneshärchen (Hörhaare). Am entgegengesetzten Pol tritt der Hörnerv an das Bläschen heran; die Nervenfasern verbreiten sich zwischen dem Epithel und dem um- gebenden Bindegewebshäutchen. Man hat behauptet, dass die Hör- zellen, ja sogar die Wimperzellen in Nervenfasern sich fortsetzen ; 166 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. doch ist diese Sache nicht mittelst der neueren, entscheidenden Me- thoden geprüft worden und dürfte also noch recht zweifelhaft sein. — Noch viel einfachere Gehörorgane finden sich bei den Medusen; bei einigen Familien derselben sind die Gehörorgane umgebildete Randtentakel, welche, wie die gewöhnlichen Tentakel, aus einer ektodermalen Rinde und einer entodermalen Achse bestehen; die letztere besteht aus einer einzigen oder aus ganz wenigen Zellen; in jener resp. in der äusserst gelegenen hat sich ein Otolith aus- geschieden. Der Tentakel kann frei vorstehen oder in eine Grube Fig. 102. Gehörorgan einer eraspedoten Meduse. ol Otolith; e und i äussere, resp. innere Zellschicht in der Wand der Gehörgrube. Nach O0. u. R. Hertwig (Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen). eingelagert sein (Fig. 102). Jede Epithelzelle des Tentakel-Ekto- derms trägt ein oft sehr langes Hörhaar, oder es finden sich solche an dem Epithel der Tentakelbasis, sodass der Gehörtentakel durch Erschütterungen gegen dieselben gestossen wird. Bei anderen Medusen sind die Gehörorgane nicht umgebildete Tentakel; in sol- chem Falle nähert sich ihr Bau mehr demjenigen der Gehörorgane der Mollusken. — Von viel komplizierterem Bau und noch viel mannigfaltigerer Differenzierung ist das Epithel, welches das häutige Labyrinth der Wirbelthiere auskleidet; von einer näheren Schilde- rung desselben muss indessen Abstand genommen werden, da solches nicht wohl ohne ein ausführliches Eingehen auf die anatomischen Verhältnisse des Labyrinths geschehen kann, was viel zu weit führen würde. Es sei nur soviel bemerkt: die Sinneszellen (die sog. Haar- zellen) tragen an ihrer freien Oberfläche eine Anzahl feiner, starrer Vom Nervengewebe. 167 Härchen; früher meinte man, dass sie an der Basis in Nervenfasern sich fortsetzten; indessen hat sich durch die neueren Untersuchungen (besonders von Retzius) herausgestellt, dass dies ein Irrthum war. Die in das Hörepithel eintretenden Nervenfasern entspringen aus bipolaren Ganglienzellen im Ganglion acustieum und endigen frei im Epithel; das Hörepithel der Wirbelthiere ist also ein unechtes Sinnesepithel. Wie sich in dieser Beziehung die Hörepithelien wirbelloser Thiere verhalten, wurde nicht genügend geprüft; eine Prüfung mittels der Methoden Golgi’s und Ehrlich’s wären höchst wünschenswerth (vergl. hierzu den technischen Anhang). Anm. Das am allereinfachsten gebaute aller bis jetzt bekannten Gehör- organe wurde bei den Larven einiger röhrenbewohnenden Gliederwürmer von Hatschek beschrieben (Arbeiten a. d. zool. Inst. Wien, Bd. 6, 1885). Ein solches Organ besteht nur aus einer einzigen Zelle, die als eine Hohlkugel aus- gebildet ist; aus der Wand ragen feine starre Härchen in den Hohlraum hinein, und dieser letztere ist von Flüssigkeit erfüllt, in welcher zahlreiche, kleine Ötolithen vorhanden sind. Bei den Arthropoden weisen sowohl die Geruchs- und Geschmacks- wie auch die Gehörorgane in histologischer Beziehung Eigenthüm- lichkeiten auf, welche dadurch verursacht sind, dass die Epidermis dieser Thiere an ihrer ganzen Oberfläche eine Chitinhaut von recht ansehnlicher Dicke ausgeschieden hat. In Uebereinstimmung damit sind denn die Sinneshärchen gewöhnlich hohle Chitinhaare; während die Dicke des Chitins im grössten Theil des Haares recht ansehnlich ist, wird sie dagegen an der Spitze äusserst verdünnt (Einige be- haupten sogar, dass das Haar hier offen sei). Das Haar enthält eine plasmatische Substanz, welche mit einer Sinneszelle oder mit einer an der Basis des Haares gelegenen Gruppe von Sinneszellen in Verbindung steht. Riechhaare (vergl. Fig. 103) finden sich an den Antennen (bei den Urustaceen an dem ersten Antennenpaar oder den Antennulen); Geschmackshaare sind an den Palpen der Mundtheile vorhanden. Typische Gehörorgane finden sich bei den Arthro- poden nur hie und da, namentlich bei einigen Crustaceen; bei den Decapoden finden sie sich beispielsweise im Basalglied der Antennulen: das Gehörorgan bildet hier eine nach aussen offene Grube, in welche Sandkörner und andere Fremdkörperchen eingeführt werden, um als 168 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Otolithen zu fungieren; an der Wand der Grube finden sich starre Chitinhaare (Hörhaare) von ähnlicher Beschaffenheit wie die vorhin erwähnten Riechhaare und Geschmackshaare. — Ob die am Grunde der Haare liegenden Sinneszellen bei den Arthropoden in Nerven- fasern nach innen fortgesetzt sind, wurde bis jetzt nicht genau er- mittelt; doch ist es nach dem, was bis jetzt vorliegt, wahr- scheinlicher, dass die Nervenfasern von innen her an die Organe herantreten und frei endigen. In die gewöhnlichen Hautborsten bei Fig. 103. Geruchsorgane von Arthropoden. 1 die Chitinschicht, 2 das Epithel. 3 Sinneszellen. Nach O0. vom Rath aus Hatschek (Lehrbuch d. Zool.). den Crustaceen treten Nervenfasern hinein, sich reichlich verzweigend und frei endigend; auch wurden freie Nervenendigungen in der Epidermis nachgewiesen (Retzius). Das letzte Sinnesepithel, dessen noch Erwähnung geschehen muss, ist das lichtperzipierende, welches die Netzhaut des Auges bildet. Sehr einfach gebaute Augen finden wir bei vielen Medusen: die Netzhaut besteht hier nur aus einer einfachen Zellschicht, deren Zellen wie gewöhnlich theils als Stützzellen, theils als Sinneszellen (Sehzellen) ausgebildet sind; die ersteren sind hier pigmentiert, um das Licht anzuziehen (Pigmentzellen); eine Linse (Cutieularbildung) kann vorhanden sein oder fehlen. — Ein anderes, auch einfach gebautes Auge findet sich bei den Schnecken. Gewöhnlich bildet das Auge hier ein dicht innerhalb der Haut gelegenes Bläschen; seine Hinter- wand (die Netzhaut) ist dick, während seine Vorderwand (die sog. Cornea interna) dünn ist; dicht hinter der letzteren findet sich in dem Hohlraum des Bläschens eine kugelige Linse; der Hohlraum ist sonst von einer stark lichtbrechenden, gallertartigen Masse (dem Vom Nervengewebe. 169 Glaskörper) erfüllt. Auch hier besteht die Netzhaut aus zwei Zellenarten, Sehzellen oder Stäbchenzellen und Pigmentzellen; jede Sehzelle ist von einem Kranz von Pigmentzellen umgeben und trägt an ihrer freien Fläche (gegen den Glaskörper zu) ein feines, kleines Stäbehen oder eine Keule, wahrscheinlich aus einer modifizierten Zellsubstanz bestehend; an dem entgegengesetzten Ende sollen sie nach den vorliegenden Angaben in Nervenfasern sich fortsetzen; doch Fig. 104. A. = A Senkrechter Durchschnitt durch das Auge eines Aleciopiden. 1 Linse, 2 Epidermis, vor der Linse die Cornea bildend, 3 die Netzhaut, 4 der Sehnerv, 5 der Glaskörper. B Seh- zelle aus der Netzhaut mit ihren drei Abtheilungen: 1 der eigentliche Zellkörper mit dem Kern, 2 Pigmentschicht, 3 das Stäbchen. Nach R. Greeff aus Hatschek (Lehr- buch d. Zool.). dürfte darauf nicht zu viel Gewicht zu legen sein, weil diese Sache nicht mittels der neueren Methoden (Golgi’s oder Ehrlich’s) ge- prüft wurde. — Bei einigen Gliederwürmern mit hochentwickelten Augen (der Fam. Alciopidae) findet sich eine sehr eigenthümlich ausgebildete Netzhaut: sie besteht hier nämlich nur aus einer einzigen Zellenart; jede Zelle ist aber in verschiedene Abschnitte differenziert (Fig. 104). Dem Glaskörper dicht anliegend findet sich zunächst 170 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. ein ansehnliches Stäbchen, aus einer äusseren und einer inneren Schicht bestehend und Querstreifung zeigend. Hinter dem Stäbchen folgt dann in jeder Zelle ein pigmentierter Abschnitt (dessen centraler Theil jedoch pigmentfrei sein muss, um die Lichtstrahlen durch- lassen zu können); hinter diesem Abschnitt folgt dann die unpig- mentierte Hauptmasse der Zelle mit dem Kern; an der Basis soll sie in eine Nervenfaser ausgezogen sein; doch gilt von dieser An- gabe dasselbe, was für die eben besprochene Retina der Schnecken bemerkt wurde. Im Aleiopidenauge sind also die Sehzellen die einzigen Elemente der Netzhaut und führen selbst das Pigment des Auges: besondere Pigmentzellen oder andere Stützzellen fehlen hier ganz und gar. Senkrechter Durchschnitt durch das vordere (A) und das hintere (B) Medianauge einer Kreuzspinne. 1 die Chitinlinse, 2 Epidermis, welche sich in die Schicht der Glaskörper- zellen (3) fortsetzt, 4 Zellen der Netzhaut, 5 Basalmembran des Glaskörpers, 6 Augen- kapsel, 7 Stäbchen. 8 Nervenfasern, n Kerne der Sehzellen. Nach Grenacher aus Hatschek (Lehrb. d. Zool.) Bekanntlich weisen die Augen bei den Arthropoden eine grosse Mannigfaltigkeit des Baues auf; hier sollen nur einige Ver- hältnisse bez. der Ausbildung des Sinnesepithels (der Netzhaut) er- wähnt werden. Die Stäbchen können entweder (wie in den bisher betrachteten Fällen) den freien Flächen der Retinulazellen aufsitzen, gegen das Licht zu (Fig. 105, A), oder sie können in den Zellen liegen, sodass der Kern vor ihnen liegt (Fig. 105, B) oder mehrere Vom Nervengewebe. 171 Stäbchen können — wie in dem Facettenauge der Insekten — einen zusammengesetzten Stäbchenkörper (Rhabdom) bilden, welcher dann zwischen die Sehzellen (ketinulazellen) eingelagert ist (Fig. 106). Die Retinulazellen können selbst stark pigmentiert sein (z. B in den einfachen Augen der Schwimmkäferlarven und in dem Facettenauge bei Insekten und Crustaceen), oder sie können selbst pigmentfrei und von Pigmentzellen umgeben sein wie in den zusammengesetzten Medianaugen bei den Skorpionen. Die Beziehung der Retinulazellen zu den Fasern des Sehnerven bei den Arthropoden wurde nicht ge- nügend untersucht, und ist die Erforschung dieser Sache mit grossen technischen Schwierigkeiten verbunden. Fig. 106. A ein Einzelauge aus dem zusammengesetzten Sehorgan einer Schabe. Rm Rhabdom, R] Retinula, Kk Krystalkegel, Pg!I Pigmentzelle, Lf Cornealinse (in zwei Abschnitte gesondert). — B Querschnitt des Rhabdoms mit den umgebenden Retinulazellen. Nach Grenacher (Unters. üb. d. Sehorgan d. Arthropoden). Bei den Wirbelthieren ist der Bau der Netzhaut sehr kompliziert und in der Beziehung sehr merkwürdig, dass die lichtperzipierenden Apparate (die Stäbchen und die Zapfen) nicht gegen die Linse und den Glaskörper, also gegen das Licht gerichtet sind, sondern im Gegentheil vom Lichte abgewandt sind, sodass die Lichtstrahlen fast alle die übrigen zahlreichen Schichten der Netzhaut durchsetzen müssen, um die Stäbchen und Zapfen zu erreichen. Die Netzhaut 172 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. setzt sich aus folgenden Schichten zusammen: 1. nach aussen, gegen die Chorioidea zu, liegt zunächst das Pigmentepithel (Tapetum nigrum), £ Be &o G Senkrechter Schnitt durch die Netzhaut des Menschen (sche- matisch). 1 Tapetum nigrum, 2 Stäbchen- und Zapfenschicht, 3 Membrana limitans externa, 4 Schicht der Sehzellen (»äus- sere Körnerschicht«), 5 und 7 Schichten von Nervenfasern (»äussere und innere reticnläre Schicht«), 6 und 8 Schichten von Ganglienzellen (6 = »in- nere Körnerschicht«, aus bipo- laren nnd unipolaren Zellen, 8 aus multipolaren Zellen beste- hend), 9 Ausbreitung der Op- ticusfasern, 10 Membr. limit. int. M die Müller’schen Stützfasern. Aus Gegenbaur (Anatomie des Menschen). schieben Fortsätze zwischen die Stäbchen eine einfache Schicht von regelmässigen, polygonalen Epithelzellen (Fig. 108 und Fig. 107, 1), deren Zellsubstanz von schwar- zen Körnchen ’erfüllt ist; 2. die Schicht der Sehzellen; diese Sehzellen (Fig. 107, 4) tragen an ihrer Aussenfläche, gegen das Pigmentepithel zu, die Stäbchen und Zapfen (Fig. 107, 2); da wo die Stäbchen und Zapfen dem Körper der Sehzellen aufsitzen, findet sich eine feine Grenzmembran (Mem- brana limitans externa, Fig. 107, 3), welche von den Stäbchen und Zapfen durchbohrt ist. Die Sehzellen sind nach innen in Fort- sätze ausgezogen, die jedoch nicht in Nerven- fasern fortgesetzt sind, sondern etwa an der Grenze gegen die nächstfolgende Schicht endigen (einzelne Forscher fassen ihre Fort- sätze jedoch noch immer als nervösauf). Zwi- schen den Basen der Epithelzellen finden sich zahlreiche subepitheliale Ganglienzellen. 3. Der übrige Theil der Retina besteht aus Ganglienzellen und Nervenfasern, die in mehrere Schichten geordnet sind; einige Schichten (5, 7, 9) enthalten nur Fasern, während andere (6, 8) äusserst zahlreiche Ganglienzellen enthalten; zwischen der Schicht der Opticusfasern und dem Glas- körper findet sich endlich, den Abschluss der Netzhaut nach innen bildend, 4. eine sehr feine, homogene Grenzmembran (Mem- brana limitans interna, Fig. 107, 10). Die Zellen des Pigmentepithels (Fig. 108) und Zapfen hinein, und in diese Fortsätze können die Pigmentkörner wandern: bei Vom Nervengewebe. 173 Einwirkung des Lichts können sie bis zur Membr. limit. ext. hinwandern; in der Dunkelheit ziehen sie sich aber wieder zurück. Die relative Anzahl der Stäbchen und Zapfen ist bei verschie- denen Thieren sehr verschieden, und es ist in der Beziehung namentlich beachtenswerth, dass bei Thieren von nächtlicher Lebensweise nur Zapfen vorkommen. Die Stäbchen und Zapfen bestehen aus einem Aussenglied und einem Innenglied, und Pigmentzellen einer Säugethiernetzhaut, von der Fläche und von der Seite gesehen. Aus Frey (Handb. d. Histologie und Histochemie d. Menschen). das letztere kann sogar in gewissen Fällen in zwei Abschnitte differenziert sein; das Aussenglied der Stäbchen ist im Leben ge- wöhnlich roth gefärbt und weist eine feine Querstreifung auf. Auf die nähere Anordnung der Nervenfasern, welche aus den verschiedenen Ganglienzellen entspringen, kann hier nicht eingegangen werden; nur soviel sei bemerkt: von den subepithelialen Ganglienzellen gehen Nervenfasern zwischen die Epithelzellen hinein, durchbohren die Membr. limit. ext. und stehen zwischen den Innengliedern der Stäb- chen und Zapfen mit kleinen, keulenförmig verdickten Endanschwel- lungen (den sog. Landolt’schen Keulen) frei hervor. Die Sehzellen selbst waren ja, wie schon erwähnt, wahrscheinlich nicht in Nerven- fasern fortgesetzt. Von den multipolaren Zellen (S) ziehen Fasern durch den Sehnerv nach dem Gehirn hin. Es findet sich in der Retina noch eine Art von Elementen, die eine gesonderte Besprechung erfordern: die sogenannten Stütz- zeller oder Müller’sche Stützfasern (Fig. 107, M). Dieselben erstrecken sich von der Membr. limit. ext. bis zur Membr. limit. int. und haben eine gewisse Aehnlichkeit mit den Stützzellen des (eruchsepithels: sie haben einen in der „inneren Körnerschicht* 174 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. gelegenen Kern und sind an den Seiten in eine Anzahl Platten und Leisten ausgezogen, zwischen welche die verschiedenen nervö- sen Elemente eingelagert sind; von ihnen gehen auch feine faden- förmige Verlängerungen aus. Da ja die Netzhaut der Wirbelthiere als eine Ausstülpung vom Centralnervensystem entsteht, lassen sich die Stützfasern in jener am besten den Ependymzellen in diesem vergleichen (diese erstrecken sich ja auch jedenfalls ursprünglich vom Innenrand bis zum Aussenrand des Rückenmarks). Schlussbemerkungen über den Aufbau des Nervensystems aus den nervösen Elementen und über die Verbindung dieser unter einander. In früherer Zeit war die allgemein angenommene Anschauung über diesen Gegenstand diese: dass die Nervenfasern direkte Ver- bindungen zwischen den Ganglienzellen (resp. zwischen Ganglienzellen und Sinneszellen) herstellen, mit anderen Worten, dass durch die Nervenfasern und ihre Verzweigungen eine substantielle Kontinuität der Ganglienzellen dargestellt werde: entweder könnten die Ganglien- zellen (und Sinneszellen) direkt durch eine einfache Nervenfaser oder durch ein Netzwerk von zahlreichen Ausläufern und ihren Verzweigungen verbunden sein. Diese Anschauung wird durch die beistehende schematische Figur (Fig. 109, A) in sehr verein- fachter Weise zum Ausdruck gebracht: aus der peripheren Sinnes- zelle s entspringt eine Nervenfaser, die zu einer centralen, sensiblen Ganglienzelle n! hinführt, in welche sie sich einfach fortsetzt; die Ganglienzelle n! hängt durch andere Ausläufer mit anderen sensiblen Ganglienzellen zusammen und ebenso mit der motorischen Ganglien- zelle n?; aus dieser entspringt weiter eine Faser, die direkt an den motorischen Endapparat m an der quergestreiften Muskelfaser heran- tritt. Einige Forscher nahmen sogar früher eine Kontinuität zwischen den Nervenfasern und bestimmten Abschnitten der quergestreiften Muskelfasern an (vergl. oben); dieses hat sich aber als gänzlich un- haltbar herausgestellt, und die feinsten Verzweigungen der motorischen Nervenfasern hören ja mit freien Endigungen aut, ohne sich in die Substanz der Muskelfaser fortzusetzen. Und durch die neueren, Vom Nervengewebe. 175 mittelst ausgezeichneter Methoden angestellten Untersuchungen hat sich nun die Frage von der Natur der nervösen Leitungen überhaupt dahin entschieden, dass die Leitung nicht durch substantielle Kon- tinuität von Zelle zu Zelle durch die Fasern, sondern einfach durch Kontakt zwischen Fasern und Zellen einerseits und zwischen Fasern verschiedenen Ursprungs andererseits stattfindet. Mit anderen Worten: jede Nervenfaser entspringt nur aus einer Zelle und stellt keines- wegs eine Verbindung zweier solcher im Sinne der Kontinuität her, und jede Ganglienzelle oder Sinneszelle mit den aus ihr entspringenden Fig. 109. BD. Schema der älteren (A) und der neueren (B) Auffassung der Verbindung der nervösen Elemente (siehe den Text). Ausläufern repräsentiert eine scharf abgeschlossene nervöse Einheit. Für diese nervösen Einheiten hat Waldeyer kürzlich den Namen Neuron, Kölliker den Namen Neurodendron vorgeschlagen. Diese moderne Anschauung ist vereinfacht und schematisch in Fig. 109, B zum Ausdruck gebracht. Die neueren Untersuchungen haben also zu einer vollständigen Verwerfung der früher so ver- 176 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. breiteten Annahme von nervösen Netzen und von Anastomosen zwischen verschiedenen Nervenfasern und Zellen geführt (während dagegen Verzweigungen der Fasern reichlich auftreten). Als spezielle Beispiele des Verlaufs der sensiblen und motorischen Nervenfasern seien nur noch angeführt: zunächst die schon oben Fig. 110. = un AUT FAT > h l ju! A l , N Schematische Darstellung des Ursprungs, des Verlaufs und der Endigung der motorischen und sensiblen Nervenbahnen bei einem typischen Wirbelthier. m motorische Ganglienzelle in der grauen Substanz des Rückenmarks, mu Muskel mit Endigung der motorischen Nervenfaser, spg Spinalganglion mit einer Zelle, tk Tastkörperchen der Haut, iepn intra- epitheliale Nervenendigungen. Nach v. Lenhossek (Fortschritte d. Mediein, 1892). erwähnten Verhältnisse beim Regenwurm. Von den Sinneszellen der Haut ziehen Nervenfasern (centripetal) durch die Nerven in den Bauchstrang hinein; jede Faser theilt sich hier in zwei Aeste, von denen der eine gerade nach vorn, der andere gerade nach hinten Vom Nervengewebe., 177 zieht; sie hören beide mit frei auslaufendem, zugespitztem Ende auf. Die motorischen Fasern entspringen aus den Ganglienzellen des Bauchstrangs und gehen nach Abgabe feiner Seitenzweige an die Punktsubstanz (centrifugal) in die Nerven hinaus um schliesslich in der Muskulatur sich zu verästeln und frei zu endigen. — Auch bei den Wirbelthieren (vergl. Fig. 110) entspringen die motorischen Fasern grösstentheils aus Ganglienzellen der Vorderhörner des Rücken- marks und ziehen durch die ventralen Wurzeln der Spinalnerven nach der Muskulatur hinaus. Die Anordnung der sensiblen Fasern ist etwas komplizierter, als beim Regenwurm: die Fortsätze der uni- polaren Spinalganglienzellen theilen sich jede in einen centripetal und einen centrifugal laufenden Ast; jener steigt durch die dorsale Spinalnervenwurzel in das Rückenmark hinein und theilt sich hier in einen nach vorn und einen nach hinten ziehenden Ast; beide ver- laufen in der weissen Substanz und senden Zweige in die graue Substanz hinein, welche sich hier verästeln nnd frei endigen; schliess- lich endigen die Hauptäste selbst in derselben Weise. Der centri- fugal laufende Ast des Fortsatzes der Spinalganglienzellen kann in verschiedene Organe eintreten, z. B. in die Haut, wo die feinsten Aeste z. B. in Tastkörperchen oder im Epithel frei endigen. Also um zusammenzufassen: die Resultate der neueren Forschung gehen dahin, dass die Nervenfasern nicht Verbindungen zwischen den Zellen darstellen, sondern dass jede Faser nur aus einer Zelle entspringt undiin gsrösserem oder geringerem Abstande von ihrer Ur- sprungsstelle frei endigt (im Centralorgan oder an der Peri- pherie), und die nervöse Leitung geht nicht durch Kon- tinuität der Zellen und ihrer Ausläufer, sondern durch Kontakt vor sich. Indessen herrscht noch auf mehreren hierher- gehörigen Gebieten Unsicherheit, und viele wichtige Fragen, betreffend den Bau des Nervengewebes, können noch nicht als endgültig gelöst betrachtet werden; was leicht erklärlich ist durch die bedeutenden Schwierigkeiten, die sich gerade der Erforschung dieses (rewebes entgegenstellen. Anm. Eine treffliche, übersichtliche Darstellung hat kürzlich M. v. Lenhossek (Fortschritte der Medizin, 1892) geliefert. Bergh, Die thierische Zelle. 12 IV. Die Stütz- und Füllgewebe (Die bindegewebigen Substanzen). Unter den obigen Benennungen fasst man gewöhnlich eine grosse Gruppe von Geweben zusammen, die alle das mit einander gemein haben, dass sie einemehr oder weniger stark entwickelte Intercellularsubstanz besitzen, und dass sie (fast immer) zur Stütze oder zur Ausfüllung zwischen anderen Theilen des Orga- nismus dienen. Hierher gehört Alles, was als Schleimgewebe oder Gallertgewebe, als eigentliches Bindegewebe — sowohl das lockere wie das festere, fibröse Bindegewebe, das Sehnengewebe —, ferner als Fettgewebe, Knochengewebe, Knorpelgewebe bezeichnet wird, und, wenn man will, das Zahnbein oder Dentin (aber nicht der Schmelz), Die Verwandtschaft dieser (rewebe mit einander zeigt sich am deut- lichsten, wenn ihre Entwicklung verfolgt wird, und wenn ihr Vor- kommen bei verschiedenen Thierformen auf vergleichendem Wege untersucht wird. So kann ein und derselbe Körpertheil bei einem Thier aus einer, bei einem anderen aus einer anderen Stützsubstanz bestehen: z. B. ist beim Menschen und bei vielen anderen Wirbel- thieren die Sklera des Auges aus fihrösem Gewebe aufgebaut; bei vielen Knochenfischen u. a. kann diese letztere verknöchern, und bei den Rochen besteht die Sklera aus Knorpel. Während der Entwick- lung bilden sich die Knorpel und die Knochen aus einem embryo- nalen Bindegewebe. Ebenso wie alle die früher erwähnten Gewebe treten auch binde- gewebige Substanzen schon bei so niedrig im System stehenden Thieren, wie Schwämmen, Quallen und See-Anemonen auf. Bei den Hydroidpolypen fehlt diese Gewebsgruppe allerdings gänzlich, und bei der Quallengruppe der Craspedoten finden sich auch keine wirk- lichen, selbständigen Gewebe dieser Art, da die Gallertmasse, welche Die Stütz- und Füllgewebe. 179 die Hauptmasse des Körpers dieser Thiere ausmacht, gar keine Zellen enthält; sie ist weiter nichts als eine Ausscheidung zwischen den beiden Epithelien (Ektoderm und Entoderm), zwischen welche sie eingelagert ist —- ob sie von beiden Epithelien oder nur von einem derselben gebildet wird, ist nicht bekannt. In dieser Gallertmasse finden sich als geformte Theile nur Fasern, die ziemlich stark licht- brechend sind und meistens von der Oberseite nach der Unterseite der Glocke hinablaufen; oft sind sie verzweigt und können Netze bilden; in anderen Fällen sind sie unveızweigt. Jedenfalls sind sie aber elastischer Natur; durch ihre Lichtbrechung und ihr Ver- halten gegen Chemikalien stimmen sie mit den elastischen Fasern im Bindegewebe der Wirbelthiere (vergl. weiter unten) gut überein. Bei der Gruppe der acraspeden Medusen dagegen, wie bei den Aktinien findet sich eine reichliche Anzahl von Zellen in der Füll- substanz, welche den Raum zwischen den Epithelien ausfüllen, somit ist diese Substanz hier als ein echtes Schleimgewebe oder Binde- gewebe aufzufassen. Die elastischen Fasern sind bei den Acraspeden oft schwächer entwickelt, als bei den Öraspedoten. Im Gallertgewebe der Rippenquallen finden sich ausser den eigentlichen, dem Gewebe selbst angehörigen Zellen auch Muskel- und Nervenzellen eingelagert. — Bei fast allen anderen wirbellosen Thieren kommen solche Stütz- und Füllgewebe auch vor, aber der Grad, bis zu welchem sie ent- wickelt sind, kann sehr verschieden sein; so sind sie bei der merk- würdigen, ganz durchsichtigen, pelagisch lebenden Wurmform Sagitta äusserst sparsam entwickelt, während sie dagegen bei allen eigent- lichen Weichthieren (Mollusken) zu sehr starker Ausbildung gelangt sind. Bei diesen Thieren findet sich namentlich eine Art des Binde- gewebes, die von deutschen Forschern meistens als „zellig-blasiges Gewebe“ bezeichnet wird; dasselbe ist besonders dadurch charak- terisiert, dass die oft fibrillär differenzierte Intercellularsubstanz relativ schwach entwickelt ist, während das Gewebe reich an sehr grossen, dieht an einander gelagerten, bläschenförmigen Zellen ist (Fig. 111). Hie und da tritt doch auch bei den Mollusken ein echtes fibrilläres Bindegewebe auf (mit reichlicher, fibrillärer Intercellularsubstanz und einer geringeren Anzahl von Zellen). Indessen ist der feinere Bau der bindegewebigen Substanzen bei den wirbellosen Thieren im 138 180 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Ganzen bei weitem nicht mit der Genauigkeit studiert worden, wie bei den Wirbelthieren, und die folgende Darstellung der einzelnen dieser Gruppe angehörigen Gewebe ist deshalb fast ausschliesslich a Sa Bindegewebe einer Schnecke (Helix). b Bündel von Bindegewebsfibrillen (schwach entwickelt). c Zellen, d Bluträume. Nach J. Brock (Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. 39). auf die Verhältnisse bei den Wirbelthieren begründet; nur aus- nahmsweise sollen die Verhältnisse bei den Wirbellosen berührt werden. Das Schleimgewebe oder Gallertgewebe findet sich ausser bei den schon erwähnten Coelenteraten auch noch bei einigen anderen wirbellosen Thieren, so z. B. bei den Heteropoden (einer (Gruppe von Schnecken) und bei den Seescheiden; bei den letzteren kann die Grundsubstanz des Gewebes aus einem mit der Cellulose nah- verwandten Stoff (Tunicin) bestehen. Weniger verbreitet ist dieses (Gewebe unter den Wirbelthieren; am stärksten finden wir es hier bei den Embryonen entwickelt; auch ist es reichlicher vorhanden bei den niederen als bei den höheren Wirbelthieren; ein schönes Bei- spiel dafür ist das Gewebe, welches dicht unter der Epidermis der Salamanderlarven liegt. Bei Säugethieren ist es nur äusserst sparsam vertreten; es findet sich hier nämlich nur im Schmelzorgan und im Nabelstrang der Embryonen — die sog. Schmelzpulpa und die ganze Grundmasse des Nabelstrangs, die sog. Wharton’sche Sulze bildend — sowie im Glaskörper des Auges, und hier ist das Gewebe etwas abweichend vom gewöhnlichen Typus des Schleimgewebes, indem nur Die Stütz- und Füllgewebe. 181 eine geringe Anzahl von Zellen, namentlich in der Peripherie, vor- handen sind; der ganze centrale Theil des Glaskörpers besteht beim Erwachsenen nur aus Intercellularsubstanz (bei den Embryonen findet sich eine reichliche Anzahl von Zellen, sowie auch Blutgefässe, die im Glaskörper des Erwachsenen fehlen). — Das Schleimgewebe hat, wie der Name angiebt, eine schleim- oder gallertartige Konsistenz und ist sehr wasserreich; seine Grundsubstanz ist entweder ganz un- geformt oder enthält nur äusserst sparsam entwickelte, sehr feine Fibrillen von ähnlichem Aussehen wie diejenigen des gewöhnlichen Bindegewebes (vergl. weiter unten); sie geben aber durch Fig. 112. Zellen des Gallertgewebes. Nach Frey (Handb. d. Histologie und Histochemie). Kochen keinen Leim. Die Grundsubstanz des Schleimgewebes enthält dagegen Schleimstoff (Muein). Die Zellen sind gewöhn- lich in grosser Anzahl vorhanden und haben oft sehr lange und feine Ausläufer, die sehr zahlreich sein können und sich oft verzweigen; die Ausläufer der verschiedenen Zellen können mit einander anasto- mosieren und ein Netzwerk bilden (Fig. 112). Prachtvolle Zellen- netze dieser Art finden sich in dem subepidermoidalen Gewebe der Salamanderlarven. Das Schleimgewebe ist im ganzen eine niedrigere Gewebsform als das eigentliche Bindegewebe; in vielen Fällen wird während der Entwicklung ein Schleimgewebe in gewöhnliches fibril- läres Bindegewebe umgewandelt, und wenn es unter den höberen Tlierformen bei ausgewachsenen Individuen auftritt, kann es viel- leicht in gewissen Fällen als ein Bindegewebe betrachtet werden, das auf einer früheren Stufe seiner Entwicklung stehen geblieben ist. 182 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Das fibrilläre Bindegewebe (Fig. 115) hat bei den Wirbelthieren eine weit grössere Verhreitung als das Schleimgewebe. Es findet sich in fast allen Organen, die Grundmasse bildend, welche die übrigen Theile des Organs mit einander ver- bindet, sowohl in den einfachen Organen, z. B. den Muskeln und Nerven, deren einzelne Muskelfasern und Nervenfasern es mit ein- ander zu einer Ganzheit verknüpft, als auch in den aus mehreren Geweben gebildeten Organen (z. B. im Darm und in den Gefässen, Fig. 114. Netz elastischer Fasern aus der Tunica media der Lungen- Fibrilläres Bindegewebe mit Zellen und Fasern. arterie. Nach Kölliker Nach Leydig (Lehrb. d. Histologie). (Handb. d. Gewebelehre). deren Tunica adventitia wenigstens ein Bindegewebe ist); ausser- dem bestehen die Lederhaut, die Sehnen und die fibrösen Häute sowie die Grundmasse der serösen Membrane aus diesem Gewebe, das ebenso wie das Schleimgewebe aus Zellen und Intercellular- substanz gebildet wird. Für die letztere ist es hier charakte- ristisch, dass sie geformte Bestandtheile, Fasern enthält, ge- wöhnlich sogar zwei in morphologischer und chemischer Hinsicht verschiedene Arten von Fasern: die eigentlichen, leimgeben- den Bindegewebsfibrillen und die elastischen Fasern. Wie gesagt, diese beiden Arten von Fasern kommen meistens zu- sammen im Bindegewebe vor; ihre relativen Mengenverhältnisse können aber sehr verschieden sein; in gewissen Ausnahmefällen a Die Stütz- und Füllgewebe. 183 können die elastischen Fasern gänzlich fehlen, und andererseits kann die Masse der elastischen Elemente in dem Grad zunehmen, dass das Gewebe als elastisches Gewebe unterschieden wird (ein solches findet sich namentlich in den Wänden der grösseren Gefässe, ins- besondere der Arterien). Die elastischen Fasern und die Binde- gewebsfibrillen sind von einander sehr leicht zu unterscheiden: die elastischen Fasern sind sehr stark lichtbrechend und gegen Säuren und Alkalien sehr widerstandsfähig, sie werden von Karmin nicht gefärbt, färben sich aber in Pikrinsäure gelb; sie sind nicht zu Bündeln zusammengeordnet, sondern verlaufen einzeln, indem sie sich gewöhnlich verzweigen und Anastomosen mit einander bil- den. Bisweilen können sie sogar ganze elastische Netze herstellen (Fig. 114), und wenn sie recht breit und abgeplattet sind und reich- liche Anastomosen bilden, können sie durchlöcherte elastische Platten bilden (so namentlich in der Tunica media der grossen Arterien, wo solche perforierte elastische Platten die einzelnen Schichten der glatten Muskeln von einander trennen). — Im Gegensatz zu jenen Fasern sind die leimgebenden Bindegewebsfibrillen sehr blass, schwach lichtbrechend und wenig widerstandsfähig Säuren und Alkalien gegen- über: durch Behandlung mit Essigsäure oder Kali causticum quellen sie auf und lösen sich schliesslich ganz auf; durch Kochen mit Wasser lösen sie sich und geben Leim (deshalb wird das Bindegewebe als ein „leimgebendes Gewebe“ bezeichnet). Sie werden durch Karmin rosa gefärbt, sie sind nicht verzweigt und bilden keine Netze, sondern sind gewöhnlich untereinander zu Bündeln zusammengeordnet; durch Einwirkung gewisser Stoffe, z. B. Pikrinsäure, können die einzelnen Fibrillen eines solchen Bündels isoliert werden. Die Bündel können mit einer feinen, homogenen Umhüllungsmembran versehen sein; durch Einwirkung von Essigsäure nehmen sie eigenthümliche Formen an, indem sie fast überall, in ihrer ganzen Ausdehnung stark auf- quellen; nur an einzelnen Stellen erweisen sie sich eingeschnürt und sind eben an diesen Stellen von Ring- oder Spiralfasern („umspinnenden Fasern“) umgeben (Fig. 115, a). Diese umspinnenden Fasern sind weiter nichts als Ausläufer von Bindegewebszellen, deren Zellsubstanz sich nämlich ganz um ein solches Bündel herum ausdehnt. Die ungeformte Grundsubstanz zwischen den Bündeln und Fibrillen ist 184 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. eine schleimige, sehr leicht verschiebbare Flüssigkeit: es kann in das Bindegewebe eine grössere Masse von Flüssigkeit injiziert werden, indem dann die Bündel auseinandergedrängt werden, und diese That- sache hat eine grosse Bedeutung in physiologischer Hinsicht: die Lymphe kann nämlich deshalb frei in den Spalten des Bindegewebes eirkulieren, und von den feinsten Lymphgefässen wird heutzutage allgemein angenommen, dass sie frei aus solchen Bindegewebslücken Fig. 115. Elemente des fibrillären Bindegewebes nach Behandlung mit salpetersaurem Silberoxyd. a Bindegewebsbündel mit Ringfasern, b elastische Fasern, e und c’ (fixe) Bindegewebszellen von der Fläche resp. von der Seite gesehen, n Wanderzellen Nach Ranvier a.a. 0. entspringen. — Was die Bindegewebszellen betrifft, so unter- schied man früher allgemein zwischen fixen und wandernden Binde- gewebszellen; die wandernden Zellen sind indessen weiter nichts als Lymphzellen, die ja überall herumwandern können; sie gehören daher nicht mit zu den typischen Bestandtheilen des Gewebes. Die echten fixen Bindegewebszellen sind gewöhnlich ziemlich platt, liegen meistens den Bündeln, die sie ja ganz umfassen können, dicht an und haben Die Stütz- und Füllgewebe. 185 in der Regel Ausläufer, die schmäler und dünner oder breiter und flacher sein können. Bisweilen finden sich auch rundliche Zellen mit besonderem protoplasmatischen Inhalt (die sogenannten „Plasma- zellen“ und „Mastzellen“), und in gewissen Organen (vor Allem in der Aderhaut des Auges, aber auch in der Lederhaut und an manchen anderen Stellen vieler Thiere) kommen sehr allgemein grosse ver- ästelte Zellen vor, deren Zellsubstanz von dunklen Pigmentkörnern dicht erfüllt ist (Pigmentzellen); diese können kontraktil sein und dadurch den Farbenwechsel bei vielen Thieren zu Stande bringen. Wir haben jetzt nach und nach drei Arten von Fibrillen kennen gelernt: die Muskelfibrillen, die Nervenfibrillen und die Bindegewebs- tibrillen; dieselben können gegen einander kurz in folgender Weise charakterisirt werden: Die Muskelfibrilleu sind faserförmige Difieren- zierungen der Zellsubstanz innerhalb der lang ausgezogenen Muskel- zelle, von dem einen bis zum anderen Ende derselben verlaufend. Die Nervenfibrillen sind pheriphere Ausläufer der Zellsubstanz, und die Bindegewebsfibrillen sind Gebilde, die ihrer Lage nach der Inter- cellularsubstanz angehören. Damit stimmt auch das, was ihre Entwicklungsweise lehrt. Die Entwicklung des Bindegewebes geht nämlich in folgender Weise vor sich: in dem jungen Gewebe findet sich eine relativ weit grössere Anzahl von Zellen und eine viel spärlichere Intercellularsubstanz; diese letztere ist, wie schon im ersten Buch betont wurde, immer ein Produkt der Thätigkeit der Zellen und ist Anfangs immer ganz homogen, erst später zeigen sich die geformten Gebilde (Fibrillen) in ihr. In Bezug auf den Ursprung derselben war es früher eine allgemein verbreitete Annahme, dass die Fibrillen direkt aus Ausläufern des Protoplasma der Zellen entständen; dies hat sich aber als irrthümlich erwiesen; jedenfalls was die Wirbelthiere betrifft, werden die Fibrillen immer in der Intercellularsubstanz selbst ausgeschieden, allerdings wohl infolge der Stofiwechsel-Thätigkeit der Zellen, aber ohne als direkte Umbildungs- produkte von Theilen derselben betrachtet werden zu können. Am deutlichsten kann dies bei der Entwicklung der Sehnen in gewissen Fällen beobachtet werden; diese können nämlich bisweilen auf Grund- lage von hyalinem Knorpel entstehen (vergl. weiter unten), indem 186 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. das letztere Gewebe sich in Sehnengewebe umbildet. In solchen Fällen treten die Sehnenfibrillen schon in der Grundsubstanz des hyalinen Knorpels auf, und es kann hier gar nicht davon die Rhede sein, dass sie durch direkte Umbildung von Theilen der Knorpel- zellen entstanden sein sollten; denn diese haben gar keine Ausläufer, sondern liegen von ihren Kapseln fest umschlossen und untergehen erst später einer Umbildung in Sehnenzellen. Auch die elastischen Fasern entstehen in der Intercellularsubstanz, ohne eine direkte Be- ziehung zu den Zellen zu haben; in vielen Fällen wenigstens er- scheinen sie zunächst in der Form kleiner, reihenweise angeordneter, elastischer Körnchen, die allmählich mit einander zu langen Fasern verschmelzen. Die Anordnung der Bindegewebsbündel im Gewebe kann sehr verschieden sein, und man unterscheidet danach zwei Unterarten von Bindegewebe In dem festeren oder geformten Binde- gsewebe sind die Bündel dicht mit einander verbunden und haben eine mehr regelmässige Verlaufsrichtung: in dem lockeren oder formlosen Bindegewebe sind die Bündel nur ganz locker mit einander vereinigt und haben einen ganz unregelmässigen Verlauf, sind in allen möglichen Richtungen verkreuzt. Den letzteren Fall finden wir namentlich durch das Bindegewebe vertreten, das die Aus- füllung zwischen den Organen bildet und dieselben mit einander verbindet (das interstitielle Bindegewebe). Zu dem geformten Binde- gewebe gehört das Sehnengewebe, aus dem die Sehnen der Wirbel- thiere bestehen, sowie das Bindegewebe, welches die fibrösen Häute (Dura mater, die Fascien, Periost, Perichondrium etc.) bildet. Im Sehnengewebe sind die Fibrillen durch ausserordentliche Zähigkeit und Festigkeit ausgezeichnet, und alle Bündel verlaufen hier in derselben Richtung (der Länge nach); einige dieser primären Sehnen- bündel sind mit einander zu sekundären und tertiären Bündeln ver- einigt, welche durch lockeres Bindegewebe verbunden sind. Zwischen den primären Sehnenbündeln, denselben dicht angelagert, finden sich die Sehnenzellen (Fig. 116): dieselben sind in Längsreihen gestellt, sind ziemlich abgeplattet und haben sehr flache und dünne, leisten- oder flügelartige Ausläufer, mittels welcher sie die Sehnenbündel ganz oder theilweise umfassen und durch die sie aneinanderstossen. — Die Stütz- und Füllgewebe. 187 Das Bindegewebe ist in seinem fertig entwickelten Zustande meistens arm an (Gefässen. Fine besondere Art des Bindegewebes ist die sogenannte reti- euläre Bindesubstanz, die namentlich in den Lymphknoten (oder wie sie weniger gut genannt werden: Lymphdrüsen) der Wirbel- thiere typisch ausgebildet ist. Die Lymphknoten bestehen zunächst aus einer äusseren Bindege- webskapsel, die Balken (Trabekel) in das Innere der Knoten entsendet; die Hauptmasse dieser Organe besteht aus einem scheinbar ganz dichten, soliden Gewebe, der Follikulärsubstanz; diese bildet in der äusseren Schicht grössere Knoten, von denen nach innen Stränge ausgehen, welche mit einander anastomosieren und ein Netzwerk darstellen. Die Follikulärsubstanz besteht aus reticulärem Bindegewebe, welches so genannt wird, weil seine Bündel ein feines Netz mit grösseren und kleineren Maschenräumen bilden ; in die letzteren ist eine zahllose Menge von Lymphzellen oder Leucoeyten eingelagert (be- kanntlich werden die Lymphknoten als die Bil- dungsstätten der Leucocyten angesehen). An Schnitten von einem Lymphknoten können nun die Lymphzellen weggepinselt werden, und das Bindegewebe bleibt allein zurück; es erscheint , dann als ein feines Netz von Fibrillenbündeln, Re an deren Oberfläche sich Zellen mit sehr deut- Ratte. «Zellen, eDruck- leisten an denselben, lichen Kernen zeigen (vergl. Fig. 117). Wird fFibrillenbündel. Nach das Pinseln lange fortgesetzt, bleibt zuletzt nur er aa D: das Netzwerk ohne die Kerne zurück; es geht hieraus hervor, dass die Kerne an der Oberfläche der Bündel und nicht im Innern derselben gelegen sind. Die Zellen dieses Gewebes sind also ganz abgeplattet, sehr dünn (nur um die Kerne angeschwollen) und stossen mit ihren. Rändern an einander; durch Silberbehandlung können Zellgrenzen mit grosser Deutlichkeit als schwarze Linien nachgewiesen werden; mit anderen Worten: die Bindegewebszellen bilden hier einen epithel- 183 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. artigen Ueberzug — oder wie die Mediziner es meistens ausdrüken: ein Endothel — über die Fibrillenbündel. Dieser ist somit einer von den Fällen, da Bindegewebszellen, indem sie sich dicht an- einanderschliessen, eine epithelartige Gruppierung aufweisen können ; solcher Fälle werden wir später mehrere treffen, und sind dieselben interessant und bemerkenswerth. Retikuläres Bindegewebe aus einem Lymphknoten eines Hundes. ca Capillar, p Kern des umgebenden Bindegewebes, tr Trabekel, c Kerne der retikulären Bindesubstanz, o Quer- schnitt eines Seitenast des Capillars. Nach Ranvier a.a. O, Fettzellen und Fettgewebe. In dem gewöhnlichen Bindegewebe können sich oft vereinzelte Zellen einer Umbildung in Fettzellen unterziehen (Fig. 118). Die voll ausgebildete Fettzelle ist sehr leicht erkennbar daran, dass sie fast ganz von einem mächtigen Fetttropfen ausgefüllt ist, für welchen sein starker Glanz und starke Lichtbrechung charakteristisch ist. Der Kern liegt nicht central, sondern ist an den Rand der Zelle hinausgedrängt; um ihn und entlang des ganzen Umkreises der Zelle finden sich noch spärliche Reste der ursprünglichen Zellsubstanz; als äusserste Begrenzungsschicht ist ausserdem noch eine sehr feine und dünne Zellhaut vorhanden. In der jungen Fettzelle findet man nicht eine grosse, sondern zahlreiche kleine Fetttröpfehen (Fig. 115, A und B); ursprünglich lagern sich nämlich in der kömigen Zell- Die Stütz- und Füllgewebe. 189 substanz solche kleine Tröpfchen ab, die später mit einander zur Bildung des einzigen grossen Tropfens der fertigen Fettzelle ver- schmelzen; die Zellsubstanz ist demgemäss weit reichlicher in der jungen, als in der fertigen Zelle vorhanden. — Bisweilen treten Fig. 118. Drei Entwicklungsstadien von Fettzellen, A jüngstes, C ältestes. Aus B oas (Lehrb. d. Zool.). grosse Mengen von Fettzellen dieht neben einander auf (Fig 119); dies ist z. B. beim Menschen und den Säugethieren an bestimmten Stellen des Körpers der Fall, wo man dann von Fettgewebe spricht; dasselbe findet sich z. B in kleinen Ansammlungen im sub- kutanen Bindegewebe (dieses wird mit seinen Fettgewebseinschlüssen als Panniculus adiposus bezeichnet), und ebenso an der Oberfläche des Herzens und der Nieren. Das Fettgewebe ist durch seine glänzende weisse Farbe schon auf makroskopischem Wege leicht zu erkennen; durch Osmiumsäure wird es schnell und intensiv ge- schwärzt. Es besteht schlechthin aus Fettzellen, die sehr dicht an einander gelagert sind, so dass die Intercellularsubstanz stark zurück- tritt; es findet sich immer um kleinere Blutgefässe entwickelt: an denselben hängen die Zellgruppen wie Trauben (Fig. 119). — Die Zellen, welche den Fettkörper der Arthropoden zusammensetzen, haben übrigens, auch wenn voll entwickelt, nicht einen grossen, sondern zahlreiche kleine Fetttropfen in ihrer Zellsubstanz ein- gebettet. Im Bindegewebe der Stachelhäuter und Korallenthiere können Kalkgebilde (bei den Schwämmen Kalk-, Horn- oder Kieselnadeln) von sehr verschiedener Form und Ausbildung vorhanden sein; diese Theile werden als Auscheidungen von den Bindegewebszellen gebildet. In dem einfachsten Zustande sind sie einzelne kleine Körperchen (Nadeln, Anker, Haken u. s. w.); sie können aber auch durch Ver- 190 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. schmelzung unter einander oder durch weiteres Wachsthum sich zu mächtigen Gitterplatten entwickeln; das ganze so kräftig ausgebildete Fig. 119. Fettgewebe: Gruppen von Fettzellen a hängen als Trauben an kleinen Gefässen (v) in dem embryonalen Bindegewebe m eines Rindsfötus. ce isolierte Fettzelle. Osmiumbehandlung. Nach Ranvier.a. a. 0. Kalkskelett der Stachelhäuter besteht aus solchen Kalkablagerungen im Bindegewebe. Bei den Schwämmen entsteht das Skelett auch aus Links ein Dreistrahler (Kalknadel) einer Caleispongie; rechts ein Stück einer solchen, stärker vergrössert, theilweise von der Mutterzelle umgeben. Nach Hatschek (Lehrb. d. Zoologie). Die Stütz- und Füllgewebe. 191 einer bindegewebigen Substanz, und in gewissen Fällen (so bei den Kalkschwämmen) kann verfolgt werden, wie jede der einzelnen Skelettnadeln innerhalb einer einzigen Zelle entsteht (Fig. 120); in anderen Fällen, wie bei den Hornschwämmen, bildet sich jede Nadel innerhalb eines grösseren Komplexes von Zellen. In letzterer Weise geht auch die Bildung des Kalkskeletts der Stachelhäuter vor sich. Das Knorpelgewebe ist vor allem durch seine Konsistenz charakterisiert: es ist fest, ohne jedoch hart zu sein, es ist elastisch und lässt sich leicht schneiden; seine Farbe ist milchweiss oder gelblich. Auch bei mikroskopischer Untersuchung ist das Knorpelgewebe, so wie es Fig. 121. Aus einem Schnitt durch hyalinen Knorpel. n’ Kernkörperehen, n Kern, p Protoplasma, k Knorpelkapseln, i Intercellularsubstanz. bei den Wirbelthieren ausgebildet ist, immer ziemlich leicht erkennbar, indem seine Zellen in Höhlen liegen, welche sie im lebenden Zustande vollkommen ausfüllen (Fig. 121); man sieht also die rundlichen Zellen von stärker lichtbrechenden Kapseln umgeben in einer gemeinsamen Grundsubstanz liegen (in einigen Fällen können die Zellen Ausläufer haben, doch ist dies sehr selten. Durch die meisten Fixierungs- und Erhärtungsmittel werden die Zellen zum Schrumpfen gebracht, und deshalb erscheinen 192 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. sie in den meisten Knorpelpräparaten als ihre Höhlen nicht voll- ständig ausfüllend; man sieht dann um die Zelle gelagert zunächst einen leeren Raum und um diesen erst die Kapsel; diese letztere ist als eine Zellmembran zu betrachten und erscheint oft koncentrisch gestreift (geschichtet).. Das Protoplasma der Zellen enthält oft Glycogen oder Fett; das erstere findet sich namentlich in jüngeren, das letztere in älteren Knorpelzellen; in einigen Fällen hat man in den Zellen auch Pigmentkörner gefunden. Die Grundsubstanz giebt durch Kochen eine eigene Art Leim: Knorpelleim oder Chondrin. Beim Menschen enthält das voll entwickelte Knorpelgewebe niemals Gefässe; diese verlaufen hier nur in dem‘ fibrösen Ueberzug des Knorpels, dem Perichondrium; in jungen, wachsenden Knorpeln können dagegen Blutgefässe im Knorpelgewebe selbst vorhanden sein, und ebenso bahnen sich die Gefässe ihren Weg in die Knorpel- substanz selbst, wenn Verknöcherung stattfinden soll (vergl. weiter unten). Bei vielen Thieren finden sich auch Gefässe im normalen, fertig ausgebildeten Knorpelgewebe.. Wo das Perichondrium an den Knorpel angrenzt, findet ein ganz allmählicher Uebergang zwischen beiden Geweben statt: die Fibrillen des Perichondriums setzen sich eine Strecke weit in die Grundsubstanz des Knorpels fort. Nach der Beschaffenheit der Intercellularsubstanz werden bei Wirbelthieren drei Arten von Knorpelgewebe unterschieden: 1. der hyaline Knorpel, der die bei weitem verbreitetste Art darstellt (Beispiele: die Rippenknorpel, die allermeisten embryonalen Knorpel). Die Grundsubstanz ist hier immer vollständig homogen. 2. Der Netzknorpel oder der elastische Knorpel, der in den Knorpeln des Kehlkopfes und im äusseren Ohr der Säugethiere vor- kommt; in der hyalinen Grundsubstanz findet sich ausser den Zellen mit ihren Kapseln ein mehr oder weniger feines Netzwerk von elastischen Fasern eingelagert; dieselben setzen sich beim Uebergang des Knorpels in das Perichondrium direct in die elastischen Fasern des fibrösen Gewebes fort. 3. Der Faserknorpel oder Binde- sewebsknorpel, der z. B. in den Intervertebralligamenten vor- kommt. In der Grundsubstanz finden sich hier Bündel leimgebender Fibrillen, und dies ist insofern interessant, als das Gewebe vielleicht als ein Knorpel aufgefasst werden kann, der in seiner Entwicklung Die Stütz- und Füllgewebe. 193 stehen geblieben ist (nämlich in einer Umbildung in Bindegewebe, vergl. das oben mit Bezug auf die Bildung der Sehnenfasern Ge- sagte). Die Zellen des Faserknorpels verhalten sich wie gewöhnliche Knorpelzellen, sind nicht abgeplattet, wie die Bindegewebszellen und haben keine Ausläufer, sondern liegen in Höhlen und sind rundlich. — Bisweilen kann die Grundsubstanz des Knorpels verkalken, dieser verkalkte Knorpel ist aber noch ein ganz echtes Knorpelgewebe und darf nicht mit Knochengewebe verwechselt werden. Die Ab- lagerung des Kalkes geht denn auch in den beiden Geweben auf sehr verschiedene Art vor sich: im Knorpel wird er in Form ganz kleiner Körnchen ausgeschieden (über das Knochengewebe weiter unten). Was die Entwicklung des Knorpelgewebes betrifft, so ist natür- lich hier (wie immer) die Intercellularsubstanz ein Produkt der Thätigkeit der Zellen. Ursprünglich liegen diese dichter beisammen, Knorpelzellen aus dem Calcaneus eines Hunde-Embryos. a Kernkörperchen, b Kern, e Proto- plasma. d Mutterkapsel; innerhalb derselben um die Zellen die Tochterkapseln. Nach Ranvier a.a. 0. und die Intercellularsubstanz ist auch in spärlicher Menge vorhanden. Die Zellen theilen sich oft innerhalb ihrer Kapseln, und jede der Tochterzellen umgiebt sich dann mit einer neuen Kapsel innerhalb der alten; bisweilen können so innerhalb einer Mutterkapsel mehrere Generationen von Tochterkapseln unterschieden werden (Fig. 122). Die Mutterkapseln verschmelzen allmählich mit der Grundsubstanz, sodass sie nicht mehr unterschieden werden können, und die Grund- substanz kann jedenfalls in vielen Fällen ohne weiteres als die Summe der verschmolzenen Knorpelkapseln (Zellhäute) betrachtet Bergh, Die thierische Zelle. 13 194 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. werden; in anderen Fällen ist eine Intercellularsubstanz schon vor- handen, bevor noch die ersten typischen Kapseln auftreten. Anm. Durch Einwirkung gewisser Stoffe (10 0/0 Kochsalzlösung, Trypsin u.a.) kann die Grundsubstanz des hyalinen Knorpels zum Zerfall in feine Fibrillen gebracht werden, was ja für den Vergleich mit dem Bindegewebe wesentlich ist. Bei den Tintenfischen findet sich um das Centralnervensystem und die Gehörbläschen gelagert, sowie als Stütze für die Augen eine schädelartige Kapsel von knorpelähnlichem Aussehen und Konsistenz. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt dieses Gewebe aber wesentliche Unterschiede von dem eigentlichen, bei den Wirbelthieren typisch entwickelten Knorpelgewebe; es bietet dagegen gewisse Aehn- lichkeiten mit dem Knochengewebe dar. Im Knorpel der Tinten- fische findet man nämlich eine ungeheure Anzahl feiner Kanälchen, Fig, 123. Wr N \\ ) ) H N 2% RE f HI N A an az NEST MREEII N WIDE 5% b.)) Aus einem Schnitt durch den Kopfknorpel eines Tintenfisches. Nach M. Fürbringer (Morphol. Jahrb., Bd. 2). welche die Höhlen, in die die Knorpelzellen eingelagert sind, mit einander verbinden (Fig. 123); die Zellen haben Ausläufer, und von diesen Ausläufern wird behauptet, dass sie mit einander anastomi- sieren, indem sie sich in die eben erwähnten feinen Kanälchen hinaus erstrecken; der letztere Punkt bedarf jedoch einer genaueren Unter- suchung. Die Grundsubstanz ist hyalin; Kapseln sind nicht zu er- kennen. — In ihren Bauverhältnissen bedeutend besser überein- stimmend mit dem echten Knorpel der Wirbeithiere sind die Zungen- knorpel bei den Schnecken: Kanälchen fehlen hier, und die Zellen Die Stütz- und Füllgewebe. 195 haben keine Ausläufer, sondern sind rundlich; jedoch kann keine Sonderung in Kapseln und Grundsubstanz erkannt werden. Der Knorpel ist übrigens ein unter den wirbellosen Thieren wenig ver- breitetes Gewebe. Anm. Verschiedene Verfasser haben die «ewebe, welche hier als epitheliale Stützgewebe aufgeführt wurden, zum Knorpel gerechnet und für sie eine eigene Kategorie: den Zellenknorpel aufgestellt, welcher durch den Mangel oder die geringe Entwicklung der Intercellularsubstanz ausgezeichnet wäre. Aus ver- schiedenen Gründen haben wir uns doch dieser Auffassung nicht anschliessen können. Ein für die Wirbelthiere besonders charakteristisches Ge- webe ist das Knochengewebe, das in seiner recht typischen Form im Skelett der höheren Wirbel- thiere auftritt; bei den wirbellosen Thieren kommt dieses (Gewebe gar nicht vor. Wenn typisch entwickelt, zeigt es folgende Haupt- merkmale: es besteht aus einer Grundinasse, die bei schwächerer Vergrösserung homogen erscheint, und in welcher organische und anorganische Bestandtheile sehr innig mit einander verbunden sind; als anorganische Bestandtheile müssen namentlich phosphor- saurer und kohlensaurer Kalk hervorgehoben werden, und diese sind also nicht wie in dem verkalkten Knorpel in der Form kör- niger Ausscheidungen vorhanden, sondern sind mit den organischen Stoffen der Grundsubstanz zu einer Masse verbunden, die durch Be- handlung mit Säure entkalkt werden kann und dann durch Kochen Knochenleim (Ossein) liefert; übrigens ist diese Substanz ganz dieselbe wie der Bindegewebsleim (Ghatin), während der Knorpel- leim ein wenig chemisch verschieden ist. Nach der Entkalkung nimmt das in frischem Zustande sehr harte und starre Knochen- sewebe eine knorpelartige Konsistenz an. Wie gesagt, die Grundsubstanz erscheint bei schwächeren Vergrösserungen homogen, durch stärkere Vergrösserungen und namentlich bei geeigneten Be- handlungsweisen kann aber erkannt werden, dass sie aus Fibrillen zusammengesetzt ist; gewöhnlich können zwei Systeme solcher Fibrillen unterschieden werden, die unter rechten Winkeln gekreuzt 13* 196 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. sind. In der Grundsubstanz finden sich kleine Höhlen, die Knochen- höhlen, welche an geschliffenen Präparaten getrockneter Knochen — deren Weichtheile vorher durch Fäulniss geschwunden sind — Stück eines Querschliffs eines Metacarpal- knochens. &a Aussenfläche des Knochens mit den äusseren Grundlamellen, b seine Innenfläche mit den inneren Grundlamellen, e Havers’sche Kanäle mitihren Lamellen- systemen, d interstitielle Lamellen, e Knochenhöhlen. Nach Kölliker (Handb. d. Gewebelehre, I). bei durchfallendem Licht schwarz. erscheinen, weil sie mit Luft ge- füllt sind. Von diesen Knochen- höhlen entspringen sehr feine Kno- chenkanälchen, die sich ver- zweigen und mit einander anasto- mosieren, sodass durch dieselben die Knochenhöhlen in Verbindung mit einander stehen (Fig. 124 und 126); auch die Kanälchen erschei- nen an Präparaten getrockneter Knochen bei durchfallendem Licht schwarz, weil Luft enthaltend; sie treten überhaupt nur an solchen Präparaten mit voller Deutlichkeit hervor. Um indessen die Bedeu- tung der Knochenhöhlen recht zu verstehen, ist es nothwendig, auch Schnitte von Knochen zu unter- suchen, die nicht vorher getrocknet wurden, sondern deren Kalk mit- tels Säuren entfernt wurde; an solchen Schnitten stellt sich dann heraus, dass sich in den Knochen- höhlen Zellen finden, die Kno- chenzellen genannt werden (in jeder Höhle eine Zelle); dieselben sind von abgeplatteter, ovaler Form und haben einen sehr deut- lichen Kern (Fig. 125). Es bestand früher die allgemeine Annahme, dass die Knochenzellen Ausläufer hätten, welche in die Knochen- kanälchen hinein sich erstreckten, sodass die Knochenzellen durch ihre Ausläufer in ähnlicher Weise unter einander verbunden seien Die Stütz- und Füllgewebe. 197 wie die Knochenhöhlen durch die Knochenkanälchen, und es giebt noch Forscher, die eine solche Anschauung aufrecht zu halten ge- neigt sind; die meisten Verfasser haben jedoch heutzutage eine derartige Meinung gänzlich aufgegeben, und die gegenwärtig am meisten verbreitete Ansicht in Bezug auf die Bedeutung der Knochen- Fig. 125. Knochenzellen in ihren Höhlen liegend. n Kern, p Protoplasma, e Wand der Knochen- höhlen, s Grundsubstanz ınit Stücken von Knochenkanälchen. Nach Ranviera.a. 0. kanälchen läuft dahin, dass dieselben nicht Ausläufer der Knochen- zellen enthalten, sondern dass sie im lebenden Zustande von Flüssigkeit (Lymphe) erfüllt sind; dass ihre Funktion also die sei: der Cireulation der ernährenden Flüssigkeit dienlich zu sein. Nach den gröberen Strukturverhältnissen des Knochengewebes wird dasselbe als festes oder kompaktes und schwammiges (spongiöses) Gewebe unterschieden. In den kurzen und platten Knochen ist gewöhnlich das spongiöse Gewebe vorherrschend; so bestehen die Wirbelkörper fast ausschliesslich aus spongiösen Ge- webe; die platten Schädelknochen bestehen aus drei Schichten, einer äusseren und einer inneren kompakten und einer mittleren spongiösen, die Diploö genannt wird; die langen Röhrenknochen bestehen dagegen 198 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. fast ausschliesslich aus kompaktem Gewebe, und nur der innerste Theil derselben (um die Markhöhle) ist spongiösen Baues. Das spongiöse Gewebe besteht aus feinen Knochenplättehen und Balken, die selbst keine Gefässe enthalten, sondern ein Maschennetz bilden, dessen Maschen vom Knochenmark ausgefüllt sind, einer Masse von rother oder gelber Farbe, die namentlich aus Leucocyten, Fett- zellen und eigenthümlichen Zellen besteht (sog. Markzellen), die grosse Aehnlichkeit mit rothen Blutkörperchen darbieten; während aber diese bei den Säugethieren eines Kerns entbehren, haben die Markzellen deutliche Kerne, und werden allgemein als Entwicklungs- stadien von rothen Blutkörperchen angesehen, wie denn auch das Knochenmark als die einzige Bildungsstätte derselben beim erwachsenen Säugethier gilt. Ausserdem finden sich im Knochenmark eigenthüm- liche, oft ausserordentlich grosse Zellen, die häufig zahlreiche Kerne enthalten, und die als Riesenzellen (Osteoklasten oder Myelo- plaxen) bezeichnet werden; endlich enthält das Mark zahlreiche Gefässe und eine geringe Quantität fibrillären Bindegewebes. In der kompakten Knochensubstanz findet sich ausser dem feineren Hohlraumsystem, das von den Knochenhöhlen und den Knochenkanäl- chen gebildet wird, noch ein weit gröberes Kanalsystem, welches als das System der Havers’schen Kanäle bezeichnet wird. In den langen Röhrenknochen haben diese Havers’schen Kanäle eine be- stimmte Anordnung: sie durchlaufen den Knochen der Länge nach, indem sie sich verzweigen und Anastomosen unter einander bilden (Fig. 126); die Zweige, welche die Anastomosen herstellen, verlaufen etwas schräg, sodass die Kanäle ein sehr langmaschiges Netz bilden (deshalb geben Längsschliffe oder Längsschnitte des Knochens die beste Auskunft über den Verlauf der Kanäle). Die Bedeutung der Havers’schen Kanäle lässt sich am besten an Schnitten von ent- kalkten Knochen erkennen: bei Untersuchung solcher stellt sich heraus, dass jeder Havers’sche Kanal ein Blutgefäss einschliesst. Die Blutgefässe sind also in der kompakten Knochen- substanz in das Gewebe selbst eingelagert; sie haben sich sozusagen ein eigenes Kanalsystem ausgegraben und bilden ein Netz in der Knochensubstanz selbst. Um die Havers’schen Kanäle ist die Knochensubstanz in deutlichen konzentrischen Lamellen, den sog. * Die Stütz- und Füllgewebe. 199 Havers’schen Lamellen oder Speziallamellen, angeordnet; in diesen Lamellen sind die Knochenhöhlen und Knochenzellen regelmässig derartig gestellt, dass ihre längste Dimension der Achse des Kanals parallel läuft, und sie sind schwach gebogen in der Weise, dass ihre Konkavität gegen den Kanal sieht. Zwischen den Havers’schen Lamellensystemen finden sich andere, mehr unregelmässig angeordnete Längsschliff des Femur vom Menschen. Man sieht die verzweigten und anastomosierenden Havers’schen Kanäle und die Knochenhöhlen. Nach Kölliker a. a. 0. Systeme von Knochenlamellen, die sogenannten interstitiellen Systeme; endlich finden sich an der äusseren Oberfläche des Knochens und bisweilen auch an seiner Innenfläche (gegen den Markraum) ein System „äusserer und innerer Grundlamellen“, die konzentrisch um einander geschichtet sind. Die Knochenhöhlen stehen in diesen Lamellensystemen derartig angeordnet, dass ihre Breitseiten der Aussen- resp. Innenfläche des Knochens parallel sind. Die Knochenkanälchen münden frei an der äusseren Oberfläche des Knochens aus und 200 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. ebenso an der Innenfläche in den centralen Markraum, sowie auch in die Havers’schen Kanäle ein. — In den Grundlamellen und in den interstitiellen findet sich ein eigenthümliches System von Fasern Aus einem Querschliffvom Femur des Menschen; die Sharpey’- schen Fasern sind deutlich. gr äussere, i interstitielle Grund- lamellen. Nach Kölliker a.2a 0. Schliffpräparat von einem Knochen eines Knochenfisches (Chaetodon).. a Dentinknochen. b Markräume, e osteoide Substanz. Nach Kölliker a. a. 0. (den Sharpey’schen Fasern); es sind dies verkalkte oder unverkalkte Bindege- websfasern, die mit den Bindegewebsfasern des Periosts zusammenhängen (Fig. 127). Das Skelett der Knochenfische kann entweder aus normalem Knochengewebe be- stehen oder aber aus einem Gewebe, welchem Knochenhöhlen und Knochenzellen gänzlich fehlen, in welchem aber lange röhrenförmige Kanälchen vorhanden sind (Fig. 128), so dass dasselbe Aehnlichkeit mit dem Zahn- bein gewinnt (über dieses weiter unten), oder es kann endlich aus einer Substanz be- stehen, in welcher weder Zellen, Höhlen noch Die Stütz- und Füllgewebe. 204 Kanälchen vorhanden sind (der sog. osteoiden Substanz). Das normale Knochengewebe findet sich namentlich bei Ganoiden und bei den Knochenfischen mit Luftgang, die osteoide Substanz besonders bei den Knochenfischen ohne Lufigang (doch giebt es Ausnahmen von diesen Regeln). Was die Entwicklung des Knochengewebes betrifft, so muss unterschieden werden zwischen solchen Fällen, in welchen der Knochen, wie es heisst, im Knorpel vorgebildet (präformiert) ist, und solchen, in welchen der Knochen aus einem Bindegewebe ent- Fig, 129. Stück eines senkrechten Längsschnitts durch die grosse Zehe eines menschlichen Fötus. Nach Stöhr (Lehrbuch der Histologie). K hyaliner Knorvel, bei k in lebhaftem Wachsthume begriffen, V Verkalkungspunkt, g verkalkte Knorpelgrundsubstanz, h Knor- pelhöhlen mit Zellen (Kernen), O osteogenes Gewebe, P perichondraler Knochen. Fig. 130 Stück eines senkrechten Längsschnitts durch einen Finger eines menschlichen Fötus. Nach Stöhr a. a. 0. Die Entwicklung ist weiter vorgeschritten als in Fig. 129. Bezeichungen wie in Fig. 129, ausserdem: E endochondraler Knochen (nur in der Form ganz feiner Lamellen vorhanden), M der primordiale Markraum, g’ Ausläufer des verkalkten Knorpels, in den Markraum hineinragend, b Blutgefässe. steht, ohne dass ein Knorpel als Vorläufer vorhanden war (Gegen- satz zwischen primären und sekundären Knochen). Als Beispiel für 202 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. die Verknöcherung eines primären Knochens kann die Verknöcherung der langen Röhrenknochen in den Gliedmassen der Säugethiere sehr passend angeführt werden (vergl. Fig. 129 und 130). Dieselben be- stehen von Anfang an aus einem gänzlich soliden Knorpel, in dessen Innerem keine Spur eines Hohlraumes vorhanden ist. Die Ver- knöcherung beginnt nun in der Weise, dass an der Mitte eines solehen Knorpelstabs im ganzen Umkreis eine dünne Knochenplatte ausgeschieden wird, welche dem ausserhalb liegenden Bindegewebe — dem Perichondrium, das in dieser Weise zum Periost wird — seinen Ursprung verdankt; in der inneren Schicht dieses Bindegewebes schliessen sich nämlich die Zellen dichter aneinander und ordnen sich Knochengewebe mit Knochenzellen b und anliegenden Osteoblasten a. Nach Gegenbaur (Anatomie des Menschen). in ähnlicher Weise wie Epithelzellen eines kubischen Epithels an: sie stellen sich dicht neben einander und zeigen etwa dieselben Höhen- und Breitendimensionen (Fig. 131); diese Zellen werden als Östeo- blasten (Knochenbildner) bezeichnet. Durch die Thätigkeit dieser Zellen wird nun, wie eben erwähnt, eine dünne Knochenplatte ge- bildet, die an dem mittleren Theil des Knorpelstabes sitzt, ganz wie ein breiter Ring an einem Finger (vergl. den Längsschnitt Fig. 129). Die Knochenplatte, die somit zwischen den Knorpel und die Knorpel- haut — oder die Beinhaut — eingelagert ist, besteht ursprünglich allein aus Knochengrundsubstanz; später gelangen aber einige Zellen in sie hinein, indem nämlich die Osteoblasten sich sehr lebhaft ver- mehren, und Knochengrundsubstanz nicht nur an der ganzen Innen- fläche der Osteoblastenschicht. sondern auch um einige der Zellen herum abgeschieden wird (Fig. 131); in dieser Weise bildet sich die Mehrzahl der ÖOsteoblasten allmählich einfach in Knochenzellen Die Stütz- und Füllgewebe. 203 um. Etwa gleichzeitig mit der Abscheidung dieser ersten dünnen Knochenlamelle an der Mitte des Knorpelstabs hat sich auch das mittlere Stück des Knorpels selbst wichtigen Umbildungen unter- zogen: es verkalkte zunächst, und zugleich wurden seine Kapseln sehr gross, indem starke Vermehrung der Zellen innerhalb der alten Kapseln stattfand, sodass innerhalb der letzteren oft mehrere Genera- tionen von Tochterkapseln eingeschachtelt liegen; es ist dies das erste Anzeichen dafür, dass dieser Knorpel als Gewebe destruiert wird, und zwar geschieht die Zerstörung durch ein junges, embryo- nales Bindegewebe, das vom Perichondrium her eindringt und zahl- reiche Gefässe mit sich einführt (dem sog. osteogenen Gewebe). Unter dem Einfluss dieses Gewebes, das immer weiter vordringt und sich ausbreitet, werden allmählich die Grundsubstanz und die Kapseln des Knorpels resorbiert — der Prozess immer von der Mitte des Knorpel- stabes ausgehend — und die Knorpelzellen werden somit frei; in Bezug auf deren weiteres Schicksal herrschen jedoch verschiedene Ansichten, indem einige Forscher sie einfach untergehen lassen, während andere der Ansicht sind, dass sie sich in Osteoblasten und in Elemente des Knochenmarks umbilden. Dadurch, dass der Knorpel da, wo er verkalkt war, resorbiert wurde, hat sich nun an seiner Stelle ein Raum gebildet, der primäre Markraum, in welchem osteogenes Ge- webe mit Blutgefässen und verschiedenen Formen von Zellen vor- handen ist; einige dieser letzteren bilden sich als OÖsteoblasten aus, welche sich der Wand des Markraumes anlegen und auch hier an- fangen, Knochensubstanz zu bilden in ganz derselben Weise, wie der zuerst angelegte Knochenring von aussen gebildet wurde. In solchen Fällen wie dem hier erwähnten wird also die Knochensubstanz auf zweierlei Weise gebildet: theils wird sie aussen am Knorpel ab- gelagert, ohne dass als unmittelbare Folge davon Knorpel zerstört wird; theils wird sie von innen gebildet, von dem osteogenen Gewebe aus unter Resorption des Knorpels und vielleicht unter Theilnahme der Zellen desselben an dem Verknöcherungsprozess. Der erste dieser Ossifikationsmodi wird als perichondrale, die zweite als endochondrale Verknöcherung bezeichnet. Beide Vorgänge schreiten nun von der Mitte gegen die Enden des Knorpels immer weiter vor; an den Enden wächst indessen der ursprüngliche Knorpel 204 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. noch immer, nimmt sowohl an Länge wie an Dicke zu; der Knorpel, der dem Knochen zunächst anliegt, erscheint immer verkalkt und enthält sehr grosse Kapseln, in welchen die Tochterzellen in Längs- reihen gestellt sind (ein solcher Knorpel wurde als „Säulenknorpel‘ bezeichnet). — Der centrale Markraum wird nach und nach vergrössert, indem eine Resorption des Knochens von innen aus stattfindet, während neue Schichten an der Aussenseite abgelagert werden; die Resorption wird durch die vorhin erwähnten vielkernigen Riesen- zellen besorgt, welche oft in Gruben der Knochensubstanz (den sog. Howship’schen Lakunen) gelegen sind. Es muss noch die Bildung der Havers’schen Kanäle und der ihnen zugehörigen Lamellen- Systeme in den langen Röhrenknochen besprochen werden; dieselbe seht in der folgenden Weise vor sich: der Knochen wächst nicht gleichartig an seiner ganzen Oberfläche, sondern bei seinem Wachs- thum werden eine Menge frei vorstehender Längsleisten gebildet; diese verbreitern sich an ihren freien Rändern und verwachsen hier mit einander; zwischen den Leisten sind also anfangs Längsrinnen an der Oberfläche des Knochens vorhanden, welche später in ge- schlossene Röhren umgewandelt werden, indem sich die Leisten mit einander verbinden. Diese Röhren sind nichts anderes als die Havers’schen Kanäle, und in denselben sind Stränge vom Periost mit Blutgefässen eingeschlossen; einige der Zellen in dem einge- schlossenen Gewebe bilden sich als Osteoblasten aus, scheiden neue Schichten von Knochensubstanz von innen ab, und zuletzt geht fast die ganze eingeschlossene Gewebsmasse mit Ausnahme des Gefässes in die Knochenbildung auf, sodass die definitive Anordnung erreicht wird: dass ein Gefäss von einem System konzentrischer Knochen- lamellen umschlossen ist. Anm. Bekanntlich finden sich besondere Össifikationspunkte für die Epiphysen der langen Röhrenknochen, Das osteogene, gefässfübrende Gewebe dringt in das Innere der Endanschwellungen des Knorpels hinein, und hier fängt dann ein typischer endochondraler Verknöcherungsprozess an, mehr oder weniger entfernt von der Knochensubstanz der Diaphyse. In den bisher erwähnten Fällen findet also keine Umbildung von Knorpel- in Knochengewebe statt, sondern eine Neubildung, eine Substitution, indem der Knorpel als Gewebe zerstört und von Die Stütz- und Füllgewebe. 205 dem Knochengewebe ersetzt wird; in dieser Weise findet fast immer die Verknöcherung statt, wenn der Knochen durch Knorpel prä- formiert ist. Die endochondrale und die perichondrale Verknöcherung sind ja nur insofern Modifikationen eines und desselben Vorganges, als in beiden Fällen das Periost (resp. das vom Periost einwachsende osteogene Gewebe) das eigentlich aktive Gewebe ist, welches den Knochen aufbaut und zugleich den Knorpel zerstört. Nur in sehr seltenen Fällen, so namentlich bei der Verknöcherung des hinteren Theils des Unterkiefers der Säugethiere, findet eine direkte Umbildung des Knorpels statt, sodass die Knorpelsubstanz in Knochengrund- substanz und die Knorpelzellen in Knochenzellen direkt umgewandelt werden (metaplastischer Verknöcherungstypus im Gegen- satz zum neoplastischen Typus, bei welchem der Knochen neugebildet wird). Das geschieht aber nur in seltenen Ausnahme- fällen. Bei der zweiten Art der Verknöcherung bildet sich der Knochen, ohne in Knorpel präformiert zu sein; solche Knochen entstehen einfach im Bindegewebe. Der Vorgang beginnt damit, dass das Bindegewebe an bestimmten Stellen eine Umbildung erfährt, indem seine Fibrillen verkalken. An diese verkalkten Fibrillenbündel legen sich nun Bindegewebszellen an, die zu Osteoblasten werden, indem sie Knochengrundsubstanz absondern; schliesslich werden sie in Knochenzellen umgewandelt, indem sie sich ganz mit Knochensubstanz umgeben, genau so, wie dies bei der periostalen Verknöcherung geschah. Die platten Knochen des Schädels erscheinen gewöhnlich erst als eine Anzahl dünner Knochenbalken, die von einem Centrum ausstrahlen; erst später verwachsen sie mit einander zu festeren Knochenplatten. Bau der Zähne. Das letzte Gewebe, das noch dieser grossen Gruppe zugerechnet werden muss (wenn es auch nicht eigentlich als Stütz- oder Füll- substanz gelten kann, sondern zu einer ganz eigenen Funktion be- stimmt ist) ist das Zahnbein (Dentin). Diese Substanz (Fig. 132) bietet mehrere Aehnlichkeiten mit dem Knochengewebe dar; sie ist wie dieses eine feste, harte Substanz (noch härter als das Knochen- 206 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. gewebe), weil sehr reichlich mit Kalksalzen imprägniert, welche auch hier sehr innig mit der organischen Substanz verbunden und nicht in der Form von Körnchen abgeschieden sind; endlich enthält das Zahnbein wie das Knochengewebe ein System äusserst feiner, langer Kanälchen. Nichts desto weniger sind aber die beiden Gewebe; wenn typisch entwickelt, sehr leicht von einander zu unterscheiden. Das Dentin enthält zunächst keine Zellen als regelmässige, konstante Bestandtheile, und seine Röhrchen, Fig. 132. die sehr fein sind und Zahn- kanälchen genannt werden, haben einen ziemlich regelmässigen Ver- lauf: sie strahlen alle von der Zahnpulpa gegen die Oberfläche hinaus; während ihres Verlaufs können sie sich verzweigen und unter einander anastomosieren. Das Kanalsystem erscheint an Schliffen von getrockneten Präpa- raten schwarz, nämlich von Luft erfüllt; derjenige Theil der Grund- substanz, welcher die nächste Begrenzung der Kanälchen bildet, ist von besonders fester Be- schaffenheit und hebt sich ab von Ef = = =: e AN Stück eines Zahnschliffs. e Dentin, a Ceinent, b Grenzzone mit Interglobulärräumen. der übrigen Grundsubstanz, bildet Nach Frey (Handbuch der Histologie und : - e s Histochemie). Scheiden (Zahnscheiden) um die Kanälchen. In der Nähe der Oberfläche des Dentins, .an der Grenze gegen den Schmelz oder das Cement, können oft viel grössere Hohlräume vorkommen, die als Interglobulärräume bezeichnet werden und die mit den Zahnkanälchen in Verbindung stehen (Fig. 132, b); in diesen häumen können Zellen vorhanden sein; im übrigen fehlen aber Zellen gänzlich in dem Zahnbein. Die Pulpa des Zahns, die vom Dentin umschlossen ist, besteht aus einem weichen Bindegewebe, das sehr reich an Nerven und Gefässen ist; ihre Grenze gegen das Zahnbein ist durch eine Schicht sehr charakteristischer Zellen gekennzeichnet, die dicht an Die Stütz- und Füllgewebe. 207 einander stehen und hoch und cylindrisch sind; sie bieten somit eine ähnliche Anordnung dar, wie die Zellen eines Cylinderepithels (sie sind übrigens als in besonderer Weise ausgebildete Bindegewebs- zellen zu betrachten). Diese Zellen werden als Odontoblasten bezeichnet, und durch besondere Methoden hat man nachweisen können, dass jede dieser Zellen mit einem peripheren Ausläufer ver- sehen ist, der in ein Zahnkanälchen hineintritt und ein Stück weit Senkrechter Schnitt durch einen sehr jungen Zahn. ce Dentin, d Schmelz, ob Sehicht der Odontoblasten, a Zahnpapille mit Blutgefässen. Nach Kölliker aus Frey a.a. 0. in demselben verfolgt werden kann; diese Ausläufer führen den Namen Zahnfasern (vergl. hierzu Fig. 133). Es wird übrigens angegeben, dass die Odontoblasten auch mit den innerhalb derselben liegenden Bindegewebszellen durch Ausläufer verbunden seien. Anm. Bei den Edentaten weist das Zahnbein die Besonderheit auf, dass die Gefässe der Pulpa sich in dasselbe hinaus verlängern; deshalb wird es als „Vasodentine“ bezeichnet. Was die übrigen Substanzen der Zähne betrifft, so ist der Zahnkitt (Cement) schlechthin ein Knochengewebe ohne deut- lichen lamellösen Bau. Der Schmelz (das Email) dagegen ist in seinen Bauverhältnissen sehr verschieden, sowohl vom Zahnbein als vom Knochengewebe; er ist eher als eine Cutieularbildung auf- zufassen, die von einem Epithel abgeschieden wurde (vergl. hierüber weiter unten). Bei den höheren Wirbelthieren besteht er aus langen, 208 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. schmalen, gewöhnlich regelmässig sechsseitigen Prismen, die senk- recht (radiär) von der Oberfläche des Dentins ausstrahlen; oft er- scheinen sie quer gestreift und schwach wellenförmig gebogen (Fig. 134). Bei vielen niederen Wirbelthieren ist der Schmelz da- gegen ganz strukturlos oder weist nur eine wenig deutliche Schichtung auf, in einigen Fällen können aber die Zahnkanälchen in ihn hinaus sich fortsetzen; aber Zellen sind in ihm nie enthalten. An seiner freien Fläche kann oft ein feines Häutchen, das sogenannte Schmelzoberhäutchen nach- gewiesen werden. Der Schmelz ist noch härter als das Zahnbein und hat einen porzellanartigen Glanz; sein Prozentgehalt an unorganischen Stoffen (namentlich an phosphorsaurem und kohlensaurem Kalk) ist grösser als derjenige des Zahnbeins und auch als derjenige des Knochengewebes. — In einzelnen Fällen (Zähne bei ver- schiedenen Walthieren, Vorderzähne des Elephanten, manche Hautzähne der Fische z. B.) kann der Schmelz gänzlich fehlen oder wenigstens sehr früh beim Gebrauch des Zahnes schwinden. Fig. 134. Die Entwicklungsgeschiehte der Zähne (Fig. 135, A—(). Die Zähne haben einen doppelten Ur- sprung: theils stammen sie vom Epithel Stück eines Zahnschliffes der Mundhöhle ab — das ist mit dem (Schmelz und Zahnbein). % d Zahnkanälchen, b Schmez- Schmelz der Fall —, theils vom darunter- prismen. Nach RÖIFker — Jiegenden Bindegewebe (so das Zahnbein und das Cement.. Die Entwicklung beginnt z. B. bei den Säugethieren damit, dass sich eine Verdiekung des Schleimhaut- Epithels entlang dem Rande der Kiefer bildet (die Zahnleiste), die in das Bindegewebe hineinwuchert; in dieser Verdickung tritt bald eine Längsfurche auf, die Zahnfurche, die von zwei Wällen be- grenzt wird. Die leistenförmige Verdickung, deren Zellen sich lebhaft Die Stütz- und Füllgewebe, 209 vermehren, wird auch als Schmelzkeim bezeichnet und ist im Anfang eine kontinuirliche Bildung; indem sie in das Bindegewebe hinein- wächst, giebt sie dem Schmelz sämmtlicher Zähne der betreffenden Kieferhälfte Ursprung. Die Bildung der einzelnen Zähne geht nun in der Weise vor sich, dass der Schmelzkeim an bestimmten Stellen (entsprechend der Lage der künftigen Zähne) sich an seinem inneren “sr MR) sw: BE“. Schematische Darstellungen der Entwicklung der Zähne bei einem Säugethier. Nach 0. Hertwig (Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbelthiere). A jüngstes, C ältestes Stadium. tf Zabnfurche, tl Zahnleiste, tp Zahnpulpa, tl’ Auswuchs aus der Zahnleiste, die Anlage des Ersatzzahns bildend, em Schicht der Schmelzzellen, ee äusseres Epithel des Schmelzorgans, ep Schmelzpulpa, e Schmelz, tb Dentin, ts Zahnsäckchen, h Hals der Ersatzzahnleiste, k Kieferknochen. Ende knotenartig verdickt, und das Bindegewebe, welches diesen Verdickungen dicht anliegt, beginnt nun auch lebhaft zu wuchern; besonders in dem Theil, der dicht innerhalb des verdickten Epithels liegt, findet eine sehr ergiebige Vermehrung der Zellen statt, sodass Bergh, Die thierische Zelle. 14 210 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. schliesslich dieser Theil von unten her in den Knoten eindringt und eine Aenderung der Form dieses letzteren hervorbringt: der Knoten erscheint jetzt als eine Haube, der kleinen Bindegewebsprotuberanz aufsitzend; die letztere wird nun als die Zahnpapille, die Epithel- haube als das Schmelzorgan bezeichnet (die einzelnen Schmelz- organe trennen sich auch nach und nach von einander, sind nicht mehr durch die Zahnleiste verbunden). Das Bindegewebe, welches das Schmelzorgan und die Zahnpapille umgiebt, wuchert auch, wird dicht und zellenreich und bildet das Zahnsäckchen. Das Schmelzorgan hat sich währenddessen in histologischer Beziehung sehr eigenthüm- lich ausgebildet. Es differenziert sich nämlich in drei verschiedene Theile: innen, unmittelbar um die Zahnpapille besteht es nur aus einer einfachen Schicht von hohen Cylinderepithelzellen (die sog. Schmelzzellen); diese Zellen besorgen die Abscheidung des Schmelzes; die äusserste Schicht des Schmelzorgans besteht in früheren Stadien aus kubischen, später aus sehr platten Epithelzellen; die ganze zwischen den eben genannten zwei Epithelien vorhandene Gewebs- masse — die ja auch ursprünglich aus Epithelzellen bestand — unterzieht sich einer sehr merkwürdigen Umbildung, indem die Zellen hier eine sehr reichliche Intercellularsubstanz ausscheiden und selbst sternförmig werden und Ausläufer treiben, durch die sie unter einander in Verbindung stehen; kurzum sie bilden ein typisches Schleimgewebe (das häufig als die Schmelzpulpa bezeichnet wird). — Von der Zahnpapille geht nun die Bildung des Dentins aus, indem die ganz aussen gelegenen Bindegewebszellen der Papille sich eng an einander schliessen und sich nach dem Muster eines Cylinderepithels gruppieren, kurz zur Odontoblastenschicht sich ent- wickeln, während die innerhalb derselben liegende Partie sehr reich- lich mit Gefässen ausgestattet wird. Zwischen den Schichten der Schmelzzellen und der Odontoblasten, die ursprünglich an einander grenzten, findet nun sowohl die Abscheidung des Zahnbeins wie des Schmelzes statt. Die Schmelzzellen fangen an den Schmelz an ihrer gegen die Odontoblasten gekehrten Seite abzusondern, und die Odonto- blasten beginnen an ihrer Aussenseite Dentin abzuscheiden, und es werden immer neue Schichten von beiden Substanzen abgelagert; die neuen Schmelzschichten werden natürlich an der Aussenseite der Die Stütz- und Füllgewebe. 211 alten abgeschieden, während die neuen Dentinschichten innerhalb der alten abgeschieden werden; die aneinander grenzenden Lagen von Dentin und Email sind also die ältesten. Wenn eine hinreichende Menge von Schmelz gebildet ist, degeneriert das Schmelzorgan und schwindet schliesslich vollkommen, während dagegen die Schicht der Odontoblasten gewöhnlich bestehen bleibt. Das Üement entsteht durch einen Verknöcherungsvorgang in dem Bindegewebe des Zahn- säckchens. Insofern ein Zahnwechsel stattfindet, werden die Anlagen der neuen Zähne von denjenigen der alten aus gebildet. Das Schmelzorgan ist ja gemäss seiner Entstehung durch einen Stiel mit dem Epithel der Mundhöhle verbunden; von diesem aus Epithel- zellen gebildeten Stiel wächst nun ein Zweig tiefer in das Binde- gewebe hinein; dieser schwillt an seiner Spitze knotenförmig an, und jetzt beginnt die Bildung des Schmelzorgans und der Zahn- papille sowie die Abscheidung des Schmelzes und des Dentins in ganz derselben Weise wie bei der Entwicklung des alten Zahns vor sich zu gehen. Anm. 1. Solche Zähne, wie die eben erwähnten. kennt man nur bei den Wirbelthieren. Wo bei den wirbellosen Thieren Zähne im Munde oder im Schlundkopf oder im Magen auftreten, sind es nur Cuticularbildungen, die an der Oberfläche eines Epithels abgeschieden wurden. Anm. 2. Eine grosse Mannisfaltigkeit in Bezug auf seine histologische Zusammensetzung zeigt das Hautskelett der Fische. Dasselbe tritt hier unter sehr verschiedenen Formen auf: als Schuppen, Platten, Stacheln, Zähne u. dgl. Die Hautzähne können entweder echte Dentinzähne mit einem Schmelzüberzug sein (so z. B. bei den Haien und Rochen) oder sie können (wie bei vielen Knochen- fischen) aus einem echten Knochengewebe oder endlich aus einer structurlosen Knochensubstanz ohne Höhlen und Zellen bestehen. Am kompliziertesten ge- baut sind die ansehnlichen Platten, die das Hautskelett beim Knochenhecht (Lepidosteus) und beim Flösselhecht (Polyterus) darstellen: die Hauptmasse dieser Platten selbst besteht hier aus Knochengewebe oder aus einem (rewebe, das sowohl Knochenhöhlen wie Knochenzellen und Kanälchen enthält, welche letztere indessen eher wie Zahnkanälchen als wie Knochenkanälchen ange- ordnet sind (ein solches Gewebe wird deshalb als Osteodentine bezeichnet), und die Platten tragen an ihrer Oberfläche echte Zähne; sowohl das Zahnbein dieser letzteren wie das Knochengewebe (oder das Östeodentine) der Platten selbst ist mit einer ansehnlichen Schicht von Schmelz bedeckt (vergl. hierzu Fig. 136 A und B). — Uebrigens kann auch, wie schon oben erwähnt wurde, 14* 212 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. das innere Skelett gewisser Knochenfische aus einem Gewebe bestehen, das mit dem Zahnbein mehr Aehnlichkeit hat als mit dem Knochengewebe. B. A ein Hautzahn von Lepidosteus: a Schmelzhäubehen; in dem unterliegenden Bindegewebe sind Knochenhöhlen sowie eigenthümliche Röhren (f) sichtbar. B Schuppen von Lepidosteus: unten Knochengewebe (e), vom strukturlosen Schmelz (a) bedeckt, m Risse in der Schmelz- schicht. Nach 0. Hertwig (Morphol. Jahrb., Bd. 5). Im Anschluss an die Stütz- und Füllgewebe müssen noch die Flüssigkeiten erwähnt werden, die in den Körpern der meisten Thiere eirkulieren und zur Ernährung und Oxydation sämmtlicher (sewebe und Organe bestimmt sind, nämlich: Das Blut und die Lymphe. Das Blut und die Lymphe der Wirbelthiere enthalten eine sehr reichliche Anzahl von geformten Elementen, Blutzellen und Lymph- zellen, doch ist das Blut noch viel zellenreicher als die Lymphe. In der Lymphe findet sich nur eine Art solcher Elemente, nämlich die sogen. Lymphzellen oder Leucocyten. Dieselben sind membranlose, farblose, kernhaltige Zellen mit mehr oder weni- Die Stütz- und Füllgewebe. Ale ger körnchenreicher Zellsubstanz (nach den Reaktionen der in der Zellsubstanz enthaltenen Körnchen hat man in der neueren Zeit mehrere Unterarten dieser Zellen unterschieden). Der Kern ist im Leben nicht sichtbar, aber durch Essigsäure leicht nachweisbar. Sie sind einer aktiven Formveränderung fähig; sie bewegen sich oft sehr lebhaft in amöboider Weise (vergl. Fig. 137). Ganz derselben Art ist die eine der zwei Zellformen, welcher wir im Blute be- gegnen, nämlich die sogenannten weissen Blutkörper- chen; Lymphzellen und weisse Blutkörperchen sind ein und das- Ein weisses Blutkörperchen in verschiedenen Phasen der amöboiden Bewegung. Nach Max Schultze (Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 1). selbe. Um die Bewegungen der Lymphzellen oder der weissen Ele- mente des Blutes bei warmblütigen Thieren beobachten zu können, muss man das Blut oder die Lymphe des betreffenden Thieres unter dem Mikroskop bis auf die normale Körpertemperatur erwärmen; bei kaltblütigen Thieren lassen sich die Bewegungen schon bei der gewöhnlichen, niedrigen Temperatur beobachten. Die weissen Blut- körperchen wandern häufig ganz aus den Gefässen aus, indem sie die Gefässwände durchbohren; man trifft denn auch diese Zellen in den verschiedensten Geweben herumwandernd: so fanden wir sie im Bindegewebe als „wandernde Bindegewebszellen‘, und sehr häufig kriechen sie auch durch Epithelien zwischen den Epithelzellen hin- aus (sehr häufig z. B. an mehreren Stellen des Verdauungskanals). Die vorhin (im Kapitel vom Epithelgewebe) erwähnten Stigmata und Stomata der Gefässwand entstehen ja, indem die weissen Blut- körperchen durch die Wand sich geradezu hindurchfressen; diese Wanderung und Durchbohrung hat man an kleinen Kapillaren durch- sichtiger Theile direkt beobachten können (auch die rothen Blut- 214 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. körperchen werden bisweilen durch die Stomata hindurchgepresst; indessen ist dies ihrerseits ein passiver Vorgang, durch Ausübung eines Druckes auf sie hervorgerufen). Die Eiter- oder Puszellen, die bei Entzündungen massenhaft auftreten, sind als Lymphzellen zu betrachten, die in krankhafter Weise entwickelt sind; sie ent- halten oft mehrere Kerne. Die zweite Art der Elemente im Blut der Wirbelthiere ist ge- färbt: es sind dies die sogenannten rothen Blutkörperchen, welche die Hauptmasse der geformten Bestandtheile des Blutes aus- machen; die Anzahl der weissen Blutkörperchen ist im Verhältniss zu der der rothen immer verschwindend gering (beim Menschen kommt ca. 1 weisses auf 300—500 rothe Körperchen). Einzeln be- trachtet erscheinen die rothen Blutkörperchen eigentlich gar nicht roth, sondern gelblich, und nur durch ihre grosse Masse bringen sie die rothe Farbe des Blutes hervor; die Blutflüssigkeit ist bei den Wirbelthieren immer ganz farblos. Die Farbe beruht auf der Anwesen- heit eines eigenen Stoffes von sehr komplizierter chemischer Zusammen- setzung, der Hämoglobin genannt wird. Dieser Stoft ist sehr eisenhal- tig, löst sich in Wasser sehr leicht und kann sehr leicht zum Krystalli- sieren gebracht werden (die Krystallform ist bei verschiedenen Thieren verschieden). Die Eigenschaft, worauf die ausserordentliche Bedeutung dieses Stoffes für den Organismus hauptsächlich beruht, ist diese, dass er Sauerstoff sehr leicht aufnehmen und wieder ab- geben kann; das oxydierte Hämoglobin ist heller (deshalb ist auch das arterielle Blut heller), das seines Sauerstoffs beraubte ist dunkler (wie das venöse Blut). Es ist also eine Eigenthümlichkeit dieses Stoffes, dass er in den Lungen Sauerstoff aufnimmt und draussen im Körper den Geweben wiederum den Sauerstofi, welchen sie brau- chen, abgiebt; er ist der Sauerstoffträger des Organismus. — Die fertig entwickelten rothen Blutkörperchen, so wie sie im Blute ge- funden werden, sind bei den erwachsenen Säugethieren immer kern- lose Zellen; durch kein Mittel ist es möglich gewesen in ihnen Kerne nachzuweisen; sie haben meistens die Form kreisrunder, bikonkaver Scheiben, die oft in Längsreihen hintereinander aufgereiht liegen (wie Geldrollen). Nur beim Kameel und beim Lama sind sie von ovaler Form (aber auch hier kernlos). Eine Membran fehlt ihnen, Die Stütz- und Füllgewebe. 215 und sie quellen leicht auf, z. B. in Wasser, wodurch sie dann ihre normale Form verlieren und kugelrund werden; sie werden gleich- zeitig durch das Wasser entfärbt, indem es das Hämoglobin aus- zieht. Bei den Säugethieren sind sie durchweg kleiner, als die weissen Blutkörperchen. Bei den Vögeln, Reptilien, Amphibien, Knochenfischen und Knorpelfischen mit Ausnahme der Rundmäuler (Petromyzon, Myxine) haben die rothen Blutkörperchen dagegen im- Fig. 138. Rothe Bintkörperehen von verschiedenen Wirbelthieren. 1 vom Menschen (mit Fibrin- 6} fasern), 2 dieseiben, zu Rollen geordnet, 3 dieselben isoliert. von der Fläche und von der Seite gesehen. 4 vom Kameel; 5 von der Taube; 6 vom Frosch: 7 von einem Knochen- fisch (Cobitis); 8 vom Wassersalamander: 9 von der Larve des Neunaugen (Ammocoetes) ; 10 Höhlenlurch (Proteus). Alle bei derselben Vergrösserung; a von der Fläche, b von der Seite. Aus Paul Bert (Lecons de Zoologie. Dänische Ausgabe). mer die Form von ovalen, bikonvexen Scheiben, und in vielen Fällen haben sie weit bedeutendere Dimensionen als bei Säugethieren, so namentlich bei den Amphibien; schon beim Frosch sind die rothen Blutkörperchen von sehr ansehnlicher Grösse, namentlich aber bei den Schwanzlurchen (Salamandra maculosa, Proteus u. a.) sind sie ganz kolossal (vergl. hierzu Fig. 138); bei diesen Thieren sind auch die anderen Gewebselemente durch bedeutende Grösse ausgezeichnet. In solchen Fällen (auch z. B. beim Frosch) wird denn die Grösse der weissen Blutkörperchen von derjenigen der rothen weit übertroffen. Bei allen Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen 216 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. sind die fertig ausgebildeten rothen Blutkörperchen mit einem deut- lichen Kern versehen. Merkwürdig ist es, dass bei der am ein- fachsten gebauten Gruppe der mit Schädel versehenen Wirbelthiere, bei den Rundmäulern, die Form dieser Elemente mit der bei den Säugethieren allgemein vorkommenden übereinstimmt: es sind bi- konkave, kreisrunde Scheiben. In Bezug auf die Zusammensetzung des Blutes beim Lanzettfisch (Amphioxus) sind keine ganz sicheren Daten vorhanden — sonderbar genug, da sich doch besonders in neuerer Zeit so viele Forscher mit diesem Thiere beschäftigt haben: die meisten Verfasser geben zwar an, dass entweder gar keine Blut- körperchen oder jedenfalls nur weisse Blutkörperchen im Blute vor- handen seien und diese in ganz verschwindender Anzahl; ein neuerer Autor (Rohon) behauptet dagegen, sowohl eine geringe Anzahl rother, ovaler Blutkörperchen, wie auch eine noch viel geringere Anzahl weisser gefunden zu haben. Jedenfalls ist das Blut des Amphioxus auffallend arm an Blutkörperchen, wenn man die Be- funde bei anderen Wirbelthieren damit vergleicht. Die Blutkörper- chen bei den erwachsenen Säugethieren entbehrten ja eines Kerns; bei den Embryonen dagegen sind sie kernhaltige, ja vermehrungs- fähige Zellen. Sowohl die rothen wie die weissen Blutkörperchen gehen immer in grosser Anzahl zu Grunde und werden durch neue ersetzt. Die Neubildung der weissen Blutkörperchen oder der Lymphzellen findet in den Lymphknoten (oder Lymphdrüsen) statt: die follikuläre Sub- stanz dieser letzteren war ja, wie wir gesehen haben, aus retiku- lärem Bindegewebe aufgebaut, dessen Maschenräume von zahllosen Lymphzellen ausgefüllt sind; diese letzteren vermehren sich sehr lebhaft durch indirekte Zelltheilung, und ein Theil derselben tritt immerfort in die Lymphe resp. in das Blut über. Uebrigens sind die Leucocyten, auch wenn sie in die Lymphe oder in das Blut ge- langt sind, vermehrungsfähig; sie können sich sowohl durch direkte, wie durch indirekte Theilung vermehren. Was die Entwicklung der rothen Blutkörperchen betrifft, so war es früher eine allgemein verbreitete Annahme, dass sie durch Umbildung von weissen Blutkörperchen entstehen; diese Lehre ist nun aber vollständig verlassen worden, und die heutzutage allgemein Die Stütz- und Füllgewebe. 247 angenommene Anschauung ist, dass die Neubildung und Vermehrung nie im Blute stattfindet, sondern nur in ganz besonderen, dafür ein- gerichteten Organen, nämlich bei den Fischen in der Milz (vielleicht auch in der Niere), bei den höheren Wirbelthieren im Knochenmark. An diesen Stellen finden sich zahlreiche junge, kernhaltige rothe Blutkörperchen, die sich sehr lebhaft durch indirecte Kern- und Zelltheilung vermehren. was ja die im Blute eirkulierenden rothen Blutkörperchen nie thun, selbst wenn sie, wie z. B. bei Amphibien kernhaltig sind. Die Gefässe sollen im Knochenmark offen sein, so- dass in dieser Weise die neugebildeten Blutkörperchen ins Blut überführt werden können. Die Verhältnisse in Bezug auf die Ent- wicklung des Blutes bei den Säugethieren werden nach der heutigen Anschauung leichter verständlich, als unter der früheren Annahme, dass die rothen Blutkörperchen beim Erwachsenen durch Umbildung aus den weissen hervorgehen sollten. Die Embryonen haben ja nämlich kernhaltige rothe Blutkörperchen, und diese entstehen (ganz unabhängig von den späteren weissen) in besonderen Bildungsstätten, den „Blutinseln* des Gefässhofes. Die fötalen, kernhaltigen, rothen ‘Blutkörperchen kreisen also ursprünglich (beim Embryo) im Blute, später wird aber ihr Vorkommen auf bestimmte Stellen beschränkt, wo sie liegen bleiben und sich vermehren; sie reproduzieren wieder- um die kernlosen rothen Blutkörperchen. Bei den Säugethieren geht die Bildung der Blutkörperchen in den früheren Stadien, wie es scheint, ausschliesslich in der Leber vor; in etwas späteren Stadien in der Milz und schliesslich nur im Knochenmark. Uebrigens darf die Bemerkung nicht unterlassen werden, dass diese Verhältnisse noch nicht „mit hinreichender Vollständigkeit und Sicherheit be- kannt sind. Die Blutflüssigkeit bei den Wirbelthieren ist eine salz- und eiweisshaltige Flüssigkeit, welche die Eigenthümlichkeit auf- weist, dass durch ihr Gerinnen feine Fasern eines besonderen Stoffes gebildet werden, den man Fibrin nennt. Diese Fasern stehen in chemischer Hinsicht den leimgebenden Bindegewebsfibrillen nahe, und Einige haben sie wegen ihrer morphologischen und chemischen Eigenschaften mit den letzteren in histologischer Hinsicht vergleichen wollen, indem sie das Blut (und die Lymphe) als „Gewebe mit 218 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. flüssiger Interzellularsubstanz“ und desshalb als eine besondere Stelle unter den Stütz- und Füllsubstanzen einnehmend auffassten. Anm. Ausser den Blutkörperchen finden sich im Blute häufig äusserst kleine Fetttröpfchen („Elementarkörnchen“*) und endlich die sog. Blutplätt- chen: farblose, runde oder ovale Körperchen, die bedeutend kleiner als die Blutkörperchen sind und sich durch bestimmte Färbungsmethoden leicht nach- weisen lassen. Unter den wirbellosen Thieren finden wir nur in wenigen Fällen die deutliche Sonderung eines gefärbten Blutes, das in den Gefässen kreist, und einer anderen Flüssigkeit. die in der Leibeshöhle befind- lich ist und die man wohl der Lymphe bei den Wirbelthieren gleich- stellen darf; eine solche Anordnung treffen wir namentlich bei vielen Anneliden (z. B. bei den Regenwürmern). Das Gefässsystem ist hier, wie man sich ausdrückt, geschlossen, d. h. scharf von der Leibeshöhle gesondert, und enthält rothes Blut; in der Leibeshöhle findet sich eine farblose oder gelbliche Flüssigkeit. Im Blute finden sich hier keine oder jedenfalls nur eine ausserst geringe Anzahl von Blutkörperchen, und das Hämoglobin ist hier in der Blut- flüssigkeit selbst gelöst; deshalb ist hier die Flüssigkeit roth, die Körperchen sind farblos. In der Leibeshöhlenflüssigkeit dagegen finden sich zahlreiche farblose oder gelbliche „iymphoide Zellen“, die wahrscheinlich vom Peritonealepithel gebildet werden, indem sich von demselben einige Zellen loslösen und in die Flüssigkeit hinein- fallen. Auch bei einzelnen Entomostraken (der Gattung Lernanthro- pus) findet sich ein solches geschlossenes Blutgefässsystem mit rother Blutflüssigkeit ohne Blutkörperchen; sonst ist aber bekanntlich bei den Arthropoden und Mollusken das Gefässsystem offen, d. h. es steht mit den grossen serösen Hohlräumen des Körpers in offener Verbindung; das Blut ist in diesen Fällen meistens farblos und ent- hält Blutkörperchen von ganz ähnlicher Beschaffenheit wie die Lymph- zellen der Wirbelthiere. Das Blut wird hier oft als Hämolymphe bezeichnet, um anzudeuten, dass es sowohl das Blut wie die Lymphe repräsentiert. — Nur bei einzelnen Wurmgruppen, namentlich bei der Familie der Capitelliden, welcher ein eigentliches Blutgefäss- system vollkommen fehlt, hat man rothe Blutkörperchen gefunden. In der Hämolymphe, die hier die Leibeshöhle erfüllt, finden sich Schlussbemerkungen. 319 zwei Arten von Blutkörperchen: farblose in geringer Zahl und sehr zahlreiche rothe (hämoglobinhaltige); wir finden also hier eine ganz ähnliche Zusammensetzung der Hämolymphe, wie diejenige des Wirbelthierblutes. Sonst ist bei den wirbellosen Thieren- fast im- mer die Blutflüssigkeit die Trägerin des Hämoglobins — insofern dieser Stoff überhaupt auftritt — und sie kann deshalb auch häufig roth gefärbt sein (in einzelnen Fällen kann die rothe Farbe durch eine grünliche oder bläuliche Farbe ersetzt sein.) Anm. Bei einer Art von Schlangensternen (aus der Gattung Ophiactis) fand Foettinger (Arch. de Biologie, Tom. 1, 1880) in der Flüssigkeit, welche indem Wassergefässystem enthalten ist, kugelförmige, hämoglobinführende, kernhaltige Zellen, und es muss deshalb vermuthet werden, dass das Wasser- gefässsystem hier eine wesentliche Bedeutung für die Respiration hat (was auch aus anderen Gründen als wahrscheinlich angesehen werden muss). — Bei den Coelenteraten fehlt ein Blutgefässsystem oder eine Hämolymphe vollkommen (indem weder seröse Höhlen noch ein PBlutgefässsystem entwickelt ist); auch bei Plattwürmern fehlt ein Blutgefässsystem; hier finden sich aber im bindegewebigen Parenchym Lücken und Spalten, die jedenfalls von einer er- nährenden (zellenlosen) Flüssigkeit erfüllt sind. Schlussbemerkungen. Die im Vorhergehenden gegebene Eintheilung der Gewebe in die vier Hauptgruppen: Epithelgewebe, Muskelgewebe, Nervengewebe und Stützsubstanzen ist die histologische Systematik, die seit der Herausgabe von Kölliker’s und Leydig’s Lehrbüchern (in den fünfziger Jahren) allgemeine Aufnahme gefunden hat. In Bezug auf zwei dieser Kategorieen, nämlich auf das Muskel- und das Nervengewebe, ist die Abgrenzung im Ganzen leicht; das Nerven- gewebe ist ja durch die Ganglienzellen charakterisiert, deren Aus- läufer sich in Nervenfasern fortsetzen, und für das Muskelgewebe ist es ja charakteristisch, dass es aus sehr gestreckten Zellen be- steht, deren Zellsubstanz sich grösstentheils in kontraktile Substanz umgebildet hat. Was vor allem diese Gewebe als solche bestimmt, ist ihre physiologische Funktion; sie sind aber auch an ihren morpho- logischen Eigenschaften gewöhnlich leicht erkennbar. 930 Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. Ganz anders verbält es sich mit den beiden anderen Hauptkate- gorieen: den Epithelien und den Stützsubstanzen. Namentlich die Epi- thelien können Inhaber aller möglichen Funktionen sein: wir haben ja deckende, resorbierende, absondernde, muskulöse oder sensorische (nervöse) Epithelien kennen gelernt; als Gewebskategorie ist also das Epithel durch rein morphologische Eigenschaften bestimmt, und zwischen Epithelien und Stützsubstanzen oder Bindesubstanzen finden sich mehrere Uebergänge. Die ganz platten und niedrigen, ein- schichtigen Epithelien hängen mit ihrer Unterlage oft viel fester zusammen, als die hohen Cylinderepithelien; sie lassen sich von dem Bindegewebe, auf welchem sie festsitzen, schwierig lostrennen, und wenn platte Bindegewebszellen an der Oberfläche von Binde- gewebsbündeln sich enger an einander schliessen, sind sie oft in ganz ähnlicher Weise wie derartige Epithelzellen angeordnet: zwischen gewissen Plattenepithelien und dem gewöhnlichen Bindegewebe ist es deswegen unmöglich eine ganz scharfe Grenze zu ziehen. Ebenso können die Bindegewebszellen in gewissen Fällen sich zur Begrenzung von Oberflächen derartig eng an einander schliessen, dass die von ihnen gebildeten Schichten grosse Aehnlichkeit mit Cylinderepithelien oder kubischen Epithelien bekommen (Beispiele: die Osteoblasten- und die Odontoblastenschicht). Auf Grundlage entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen und allgemeiner histologischer Erwägungen versuchte es Wilhelm His (1868) eine andere Eintheilung der Gewebe durchzuführen. Er sonderte sie in zwei Hauptabtheilungen, die er als archiblastische und parablastische Gewebe bezeichnete, Kategorieen, die hauptsächlich auf seine Lehre von der Entstehung der Gewebe aus zwei grundverschiedenen Quellen (Archiblast und Parablast) gegründet waren. Auf seine entwicklungsgeschichtlichen Deduktionen kann hier nicht näher eingegangen werden; seine histologische Eintheilung war aber folgende: zu den archiblastischen Geweben rechnete er alle „echten Epithelien* (excl. die „Endothelien“) mit den Drüsen- epithelien, ferner das ganze Nervengewebe und das ganze Muskel- gewebe; zu den parablastischen Geweben stellte er dagegen alle Stütz- und Füllsubstanzen, ferner das Blut und die Lymphe und endlich die Gruppe von Epithelien, die er mit dem Namen Endo- Schlussbemerkungen 221 thelien belegte. Hier wurde also das Epithel in zwei grundver- schiedene Abtheilungen, jede einer der zwei grossen (Gewebskategorieen angehörig, gespalten; alles, was His als Endothel bezeichnete, be- trachtete er thatsächlich nicht als dem Epithel, sondern als dem Bindegewebe am nächsten verwandt. Hier wurden demnach als Prinzipien für die Gewebseintheilung Momente aus der Entwicklungs- geschichte (und zugleich aus den morphologischen Verhältnissen der Zellen) zur Anwendung gebracht. Die Konfusion, welche gegen- wärtig in Bezug auf den Gebrauch des Worts Endothel herrscht, und die Unhaltbarkeit dieses Begriffes wurde oben (im Kapitel Epithel) nachgewiesen; auch die entwieklungsgeschichtliche Fassung der Sache hat sich nicht durchführen lassen, sondern hat sich als irrig erwiesen. Später haben Oscar und Richard Hertwig eine noch ex- klusivere morphologische Eintheilung der Gewebe durchzuführen gesucht. Auch diese Forscher sondern scharf zwei Hauptformen von Geweben, die sie als Epithel und als Mesenchym bezeichnen. Das Epithel besteht aus Zellen, die dicht an einander gefügt sind und zusammenhängende Lamellen bilden; das Mesenchym besteht dagegen aus Zellen, die nur locker mit einander verbunden sind und in einer Intercellularsubstanz liegen (im embryonalen Zustande sind die Mesenchymzellen meistens Wanderzellen).. Aus jeder dieser Gewebsgrundformen kann sich nun Nervengewebe und Muskelgewebe ableiten lassen, während die Bindesubstanzen und die Endothelien — welehen Begriff die Brüder Hertwig etwas modifiziert haben — nur als mesenchymatöse zu betrachten sind. Das Schema dieser Gewebseintheilung ist also dieses: I. Epitheliale Gewebe. Y% z 2 | Echte Epithelien Nervengewebe Muskelgewebe (mit den Drüsenepithelien) (epithelialen Ursprungs) (epithelialen Ursprungs.) 180) DO ID Zweites Buch. Von den einfachen Geweben. II. Mesenchymatöse Gewebe. N ; IR Nervengewebe Muskelgewebe en "h e) Endothelien ( mesenchymatösen (mesenchymatösen : u Ursprungs) Ursprungs). Trotzdem diese Eintheilung der Gewebe auf einer sehr schema- tischen Auffassung fusst und mit vielen Thatsachen sowohl aus der Histologie wie aus der Entwicklungsgeschichte sich nicht vereinigen lässt, hat sie doch eine Menge Anhänger gewonnen — ein sehr enthusiastischer Anhänger dieser Lehre ist z.B. E. Häckel — und namentlich die Unterscheidung zwischen echten Epithelien und Endo- thelien wird auch noch in neuerer Zeit häufig gutgeheissen. Aber thatsächlich ist durch eine solche Unterscheidung nichts gewonnen; die Hauptsache bleibt immer, dass Uebergänge zwischen Epithelien und Stützsubstanzen vorhanden sind, dass keine scharfe Grenze zwischen diesen Kategorieen existiert, und die Einführung einer ganz neuen Kategorie, die sich weder nach der einen noch nach der anderen Seite scharf sondern lässt — des Begriffes Endothel — kompliziert nur die Sache, anstatt sie verständlich zu machen. Eine Eintheilung der Gewebe muss bemüht sein, sien auf physiologischem Grunde zu halten, indem es sicherlich die Funktionen der Zellen und Gewebe sind (und nicht ihr Ursprung), welche denselben ihre Form- und Struktureigenthümlichkeiten aufdrücken, und wenn auch die oben gegebene Eintheilung der Gewebe Unvollkommenheiten hat — was nicht zu leugnen ist — sc ist sie doch viel gesünder und natürlicher, als eine Eintheilung, die sich auf einen rein morpho- logischen Standpunkt stellt und nieht in erster Linie auf die Funktionen Rücksicht nımmt. Anm. Vergl. hierzu: W. His, Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. I. Leipzig 1868. — O0. und R. Hertwig, Die Cölom- theorie. Jena 1881. — Die besten allgemeinen Betrachtungen über diesen Gegen- stand hat Kleinenberg geschrieben in seinem Werke: Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopadorhynchus. Zeitschrift f. wissenschaft. Zoologie, Bd. 44, 1886. PB in Anhang. Technische Anleitung zu einfachen histologischen Untersuchungen. Allgemeine Bemerkungen. Eine grosse Anzahl histologischer Beobachtungen lässt sich schon an den lebenden Objekten anstellen. Besonders alles, was sich auf die Bewegungserscheinungen der Zellen bezieht, muss ja, soweit als möglich, an der lebenden Zelle direkt beobachtet werden, und nur gewisse Strukturverhältnisse, die zur Bewegung in Beziehung stehen, lassen sich an abgetödteten Zellen besser ermitteln. Aber auch viele Strukturverhältnisse der Gewebselemente lassen sich ohne weiteres am lebenden Objekt erkennen, so beispielsweise an Blutkörperchen, an Muskel- und Nervenfasern, am Knorpel, an Spermatozoön und Epithelzellen. Namentlich zur vorläufigen Orien- tierung über eine Zellen- oder Gewebsart ist es immer anzurathen, dieselben in frischem, lebendem Zustande zu beobachten. Kann der betreffende Theil nicht in der ihn im Körper des Thieres umspülenden Flüssigkeit untersucht werden, so muss man eine Zusatzflüssigkeit ver- wenden, die auf das Gewebe, auf die Zellen möglichst wenig ver- ändernd einwirkt. Die am häufigsten zur Anwendung kommende dieser indifferenten Flüssigkeiten ist die physiologische Koch- salzlösung (0,75°/, Kochsalz in destilliertem Wasser), welche für viele lebende Gewebe eine ausgezeichnete Zusatzllüssigkeit ist. Dagegen ist Wasser fast immer als Zusatzflüssigkeit zu vermeiden, wenn es sich darum handelt, einG@ewebe für einige Zeit am Leben zuerhalten, weil es meistens stark alterierend einwirkt. Allein in den meisten Fällen dient die Untersuchung des lebenden Gewebes oder der lebenden Zellen nur als eine Controle für das an abgetödteten Theilen Gefundene, zur Sicherstellung, dass die an den letzteren beobachteten Strukturverhältnisse nicht durch das Absterben der Zelle oder des Gewebes hervorgerufen wurden, sondern auch im Bergh, Die thierische Zelle. 15 236 Anhang. Technische Anleitung ete. Leben vorhanden waren. Bei der Betrachtung der meisten lebenden Zellen erhält man nur recht undeutliche, verschwommene Bilder: die Zellsubstanz ist meistens sehr blass, und wie schon früher er- wähnt wurde, selbst so wichtige Strukturverhältnisse wie die Existenz eines Kerns können im Leben oft gar nicht beobachtet werden. Deshalb muss die bei weitem grösste Anzahl histologischer Beob- achtungen an abgetödteten Zellen und Geweben angestellt werden. Da aber ein langsames Absterben der Zelle und der Gewebe meistens auf die Strukturverhältnisse derselben verändernd einwirkt, so muss man bemüht sein, dieselben möglichst schnell abzutödten, um die Strukturen so, wie sie im Leben vorhanden waren, zu fixieren, und für diesen Zweck wird eine grosse Anzahl von Fixierungsmitteln zur Anwendung gebracht, von denen einige der wichtigsten unten auf- gezählt werden sollen. Dass man für den erwähnten Zweck so viele verschiedene Stoffe verwendet, liegt daran, dass viele Stoffe, die zur Fixierung dieser oder jener Zellen- oder Gewebsart vorzüglich ge- eignet sind, auf andere Zellen und Gewebe nur in einer für die Beobachtung ungünstigen Weise einwirken; ferner werden durch ein einziges Reagens meistens nicht alle Strukturverhältnisse einer Zelle oder eines Gewebes zur Anschauung gebracht, sondern ein voll- ständiges Bild von dem Bau des betreffenden Theils lässt sich meistens nur durch die Kombination mehrerer Methoden gewinnen. Und eben in dieser Hinsicht ist die Beobachtung lebender Zellen und Gewebe oft von sehr grossem Werthe: um zu entscheiden, welche Reagentien die im Leben existierenden Strukturverhältnisse am wenigsten modi- fizieren. Flemming hat z. B. für das Studium der Kernstrukturen eine grosse Anzahl von Chemikalien auf ihre Wirkungsweise geprüft; indem er nun die so gewonnenen Bilder mit dem, was sich an lebenden Kernen beobachten lässt, verglich, konnte er feststellen, dass einige Stoffe, wie z. B. dünne Chromsäure und Pikrinsäure, die im Leben vorhandenen Strukturen nur deutlicher hervortreten lassen ohne dieselben wesentlich zu alterieren, während dagegen andere Agentien, wie z. B. doppeltchromsaures Kali oder Müller ’sche Flüssigkeit, sehr wesentliche Veränderungen der Struktur hervorrufen. Durch Beobachtungen an lebenden Zellen hat man theilweise sicher- stellen können, dass die merkwürdigen Vorgänge bei der indirekten Allgemeine Bemerkungen. 227 Kern- und Zelltheilung — die ja hauptsächlich an fixierten und getärbten Präparaten studiert werden müssen — wirklich genau so im Leben stattfinden, wie sie aus einer Serie von gefärbten Präparaten kombiniert werden müssen; nur ist im Leben alles so wenig deut- lich, und die einzelnen Theile heben sich so wenig von einander ab, dass man durch das Studium der lebenden Zelle allein nicht sehr tief in das Detail der Zellvermehrung hätte eindringen können. In anderen Fällen lässt uns allerdings in Bezug auf die Erkenntniss der Strukturverhältnisse die lebende Zelle vollkommen im Stich; es genügt ja in dieser Beziehung hervorzuheben, dass in vielen Fällen der Kern in der lebenden Zelle überhaupt nicht sichtbar ist. In solchen Fällen ist man also gänzlich darauf angewiesen, durch die Behandlung mit möglichst vielen fixierenden Reagentien und durch deu Vergleich mit anderen, genauer bekannten Zellen oder Geweben zu ermitteln, welche Strukturverhältnisse dem lebenden Zustande entsprechen und welche durch die Fixierung hervorgerufene Kunst- produkte (Artefakte) sind. Hierdurch entstehen aber viele Unsicher- heiten, sodass man sich in vielen Fällen noch heutzutage darüber streitet, ob ein an fixierten Objekten beobachtetes Strukturverhältniss ein natürliches oder ein nach dem Tode entstandenes ist. Es seien nun eine Anzahl der am häufigsten zur Anwendung kommenden Fixierungsmittel genannt: 1. Chromsäure in schwacher, wässeriger Lösung (1°/,ige. bis 0,1°/, Lösungen sind für gewöhnliche Fixierungen verwendbar). Am besten wirken meistens die Lösungen von 1/,—!/,%/o. 2. Osmiumsäure (Ueberosmiumsäure), in 1°/,iger wässeriger Lösung oder verdünnter anzuwenden (selten konzentrierter). Die Lösung muss im Dunkeln aufbewahrt werden, da sie im Licht leicht reduziert wird. 3. Essigsäure wird gewöhnlich in 1—2°/,iger Lösung an- gewendet und ist namentlich für den raschen und schnellen Nachweis von Kernen in kleineren Gewebsstücken ein vorzügliches Reagens, eignet sich aber für feinere Untersuchungen nur mit anderen Säuren gemischt. 4. Die Flemming’sche Lösung (Osmium- Chrom - Essig- säure), ein ausgezeichnetes Fixierungsmittel, namentlich für Kern- 15* 228 Anhang. Technische Anleitung ete. und Zellstrukturen und für Zelltheilungen, aber auch für vieles andere. Die gewöhnliche Zusammensetzung ist diese: Osmiumsäure 1%, . ... . 10 Raumtheile Chromsaure IN nr ea 28 5 Essigsäure Ur Beer end S Destilliertes Wasser . . . 60 % Ausserdem verwendet man noch einfachere Gemische von Osmium- und Essigsäure, von Chrom- und Essigsäure und von Osmium- und Chromsäure. 5. Die Pikrinsäure wird in konzentrierter wässeriger Lösung angewendet; häufiger braucht man sie aber mit Schwefelsäure ge- mischt. Dieses Gemisch (oder die Kleinenberg’sche Lösung) wird folgendermaassen zubereitet: zu 100 Raumtheilen einer ge- sättigten Pikrinsäurelösung werden 2 Theile reiner, konzentrierter Schwefelsäure hinzugefügt; nach Filtrierung der sich dabei aus- scheidenden Pikrinsäurekrystalle verdünnt man die Lösung mit dem dreifachen Volumen destillierten Wassers. Man verwendet auch die Pikrinsäure mit Essigsäure gemischt für Zellstrukturen und mit Salpetersäure gemischt für Entkalkungen. 6. Die Salpetersäure wird am meisten in 3°/,iger Lösung verwendet. 7. Das Sublimat wird in konzentrierter wässeriger Lösung oder verdünnter angewandt; man kann der Lösung auch ein wenig Essigsäure hinzusetzen. Die Stücke dürfen darin nur kurze Zeit (bis zu einigen Stunden) verweilen, da sie nach länger andauernder Sublimatbehandlung hart und sehr spröde werden. Wenn es sich darum handelt, Eier oder Gewebstheile zu fixieren, die mit einer schwer durchdringlichen Hülle versehen sind, kann man die meisten der oben genannten Stoffe auch heiss anwenden, so dass die Gewebe zunächst durch die Hitze fixiert werden. In solchen Fällen kann auch 8. Kochendes Wasser zur Verwendung kommen, das man schnell wieder kalt werden lässt. Eventuell kann dann mit einem der obengenannten Stoffe nachbehandelt werden. 9. Das doppelt chromsaure Kali ist gewöhnlich in 2°/,iger Lösung (bisweilen auch konzentrierter) zu gebrauchen. Allgemeine Bemerkungen. 229 10. Die Müller’sche Flüssigkeit (zugleich eine ausge- zeichnete Konservierungsflüssigkeit). Sie hat diese Zusammensetzung: Doppelt chromsaures Kali . . 2—21], gr. Schwefelsaures Natron . . . 1er. Destilliertes Wasser . . . . 100 ccm. 11. Der absolute Alkohol. Ausser diesen giebt es noch zahlreiche andere Stoffe und Ge- mische, die als Fixierungsmittel gute Dienste leisten, die aber hier nicht alle aufgezählt werden können. Will man die fixierten Gewebe längere Zeit aufbewahren, so darf man sie gewöhnlich nicht in der Fixierungsflüssigkeit aufheben (doch halten sie sich in Flemming’scher oder in Müller’scher Flüssig- keit lange Zeit, wenigstens monatelang brauchbar), sondern man wäscht die Fixierungsflüssigkeit sorgfältig mit destilliertem Wasser aus und überträgt dann die Stücke entweder erst in schwächeren, dann in stärkeren (70°/,igen) Alkohol (namentlich wenn sie ge- schnitten werden sollen) oder man hebt sie nach dem Auswaschen in einem Gemisch von destilliertem Wasser, Glycerin und Alkohol zu gleichen Theilen auf, falls sie mit Nadeln präpariert werden sollen ; in dem letztgenannten Gemische werden sie nämlich nicht hart. Nicht nur die Eigenschaften der lebenden Zelle, die Licht- brechungsverhältnisse u. dgl., sondern auch der feste Zusammenhang der Gewebstheile unter einander macht es nothwendig dieselben mit energisch einwirkenden Stoffen zu behandeln; die lebenden Theile lassen sich nämlich oft nicht in genügend dünne und durchsichtige Theile zerlegen. Allerdings giebt es Fälle, in welchen man dicke Stränge ohne Weiteres in Kochsalzlösung mittelst Nadeln in ihre einzelnen Fasern trennen kann, so z. B. Muskeln und Nerven; auch giebt es viele dünne Bindegewebs- und Knorpelplatten, die ohne Weiteres der Untersuchung zugänglich sind; sehr oft müssen aber die betreffenden Theile in der Weise behandelt werden, dass sie in durchsichtige, der Untersuchung leicht zugängliche, kleinere Stücke getrennt werden, und hier kommen denn hauptsächlich zwei Ver- fahren in Betracht, nämlich erstens das Macerationsverfahren mit nachträglichem Zerzupfen, zweitens die Schnittmethode. 230 Anhang. Technische Anleitung ete. Das Macerationsverfahren hat den Zweck, die einzelnen zelligen Elemente eines Gewebes von einander zu trennen, zu iso- lieren und eignet sich also ganz vorzüglich dafür, die Formverhält- nisse der Zellen deutlich erkennen zu lassen. Das Gewebe wird deshalb in einer Flüssigkeit fixiert, welche zugleich die Eigenschaft hat, die Verbindung der Zellen unter einander zu lockern, so dass sie, wenn das Gewebe nachher mit Nadeln zerzupft wird, leicht aus- einanderfallen. Es seien hier einige der wichtigsten Macerations- flüssigkeiten genannt: 1. Der von Ranvier eingeführte Drittelalkohol (circa 30°/,iger Alkohol), namentlich für die Isolation von Epithelzellen von vorzüglichem Nutzen. (Die Objekte müssen darin oft mehrere Tage verweilen, um genügend maceriert zu sein.) Auch können sie mit 1°/,iger Osmiumsäure (ganz kurze Zeit) nachbebandelt werden. 2. Eine äusserst verdünnte Chromsäurelösung (2 oder 3 zu 10000 Wasser), namentlich für Isolation von Nervenzellen sehr gut. Die Stücke müssen in der Flüssigkeit wenigstens 24 Stunden, meistens noch länger verweilen. Aehnlich wirkt auch eine äusserst verdünnte Lösung von Osmiumsäure. 3. Die Hertwig’sche Flüssigkeit (Osmium-Essigsäure), namentlich vortheilhaft für Sinnesepithelien. Sie hat folgende Zu- sammensetzung: 0,2°/,ige Essigsäure 1 Theil 0,05 °/,ige Osmiumsäure 1 Theil. Die Präparate dürfen nur wenige Minuten in der Flüssigkeit verweilen, werden dann mit 0,1°/,iger Essigsäure ausgewaschen und bleiben in der letztgenannten Flüssigkeit (die gewechselt wird) 24 Stunden. 4. Eine starke (35°/,ige) Aetzkalilösung ist für glatte Muskelfasern, Herzmuskelfasern, für viele Epithelzellen u. a. ein vortreffliches, sehr schnell wirkendes Isolationsmittel. Die Objekte müssen in der Kalilösung selbst (nicht in Wasser!) untersucht werden und zwar ziemlich schnell, da sie sich nur kurze Zeit brauchbar er- halten. Eine verdünnte Kalilösung ist gar nicht verwendbar, sie macht die meisten Gewebe für die Untersuchung unbrauchbar und löst sie sehr schnell auf. Allgemeine Bemerkungen. 23] Wenn eine Macerationsflüssigkeit genügend lange Zeit auf ein Objekt eingewirkt hat, muss dasselbe weiter mit Nadeln zerzupft werden; auch ist es in vielen Fällen zweckmässig, wiederholt leise und vorsichtig auf das aufgelegte Deckglas mit einer Nadel zu klopfen (es darf dabei nicht zu wenig Flüssigkeit unter dem Deck- glas vorhanden sein). Die Schnittmethode leistet in Bezug auf die Erkenntniss der Form der einzelnen Elemente meistens nicht dasselbe wie das Macerationsverfahren, ist aber in den meisten Fällen unentbehrlich, weil sie über den Verband der Zellen unter einander und über die Lagerung der einzelnen Gewebe in den zusammengesetzten Organen die beste Auskunft giebt; in einigen Fällen ist sie sogar die einzig zu gebrauchende Methode, um günstige Präparate zu erhalten. Nur wenige Gewebe, wie z. B. der Knorpel, lassen sich in frischem Zu- stande schneiden; meistens sind die Gewebe in frischem Zustande viel zu weich um geschnitten zu werden und müssen erst — nach- dem sie vorher in einem der oben genannten Fixierungsmittel ab- getödtet wurden — erhärtet werden. Die Erhärtung wird bisweilen schon durch das Fixierungsmittel bewirkt; so können mehrere Ob- jekte, nachdem sie tagelang mit Chromsäure behandelt wurden, ohne Weiteres geschnitten werden; meistens geschieht aber der eigentliche Erhärtungsprozess durch 70°/,igen Alkohol, nachdem erst das Fix- ierungsmittel mittels destillierten Wassers ausgezogen wurde. — Sind die Gewebe sehr kalkhaltig und hart, so muss der Kalk durch Säuren ausgezogen werden; erst dann sind solche Gewebe (Knochen- gewebe, Zahnbein, Schmelz u. a.) schnittfähig. Auch fertigt man von solchen Geweben Schliffe an, indem man abgesägte Stücke eines derartigen (nicht entkalkten) Organs an einem Schleifstein sehr dünn schleift. Kieselhaltige Gewebe müssen durch sehr verdünnte Flus- säure (am besten in schwachem Alkohol) entkieselt werden, um ge- schnitten werden zu können. Viele Objekte können, nachdem sie in Alkohol erhärtet wurden, ohne Weiteres aus der Hand mit einem Rasirmesser geschnitten werden, und die Schnitte können dann in Wasser untersucht oder erst gefärbt werden (vergl. hierüber weiter unten). Sind die Stücke 232 Anhang. Technische Anleitung ete. sehr klein, so kann man sie, um sie besser zu halten, in ein gespaltenes Stück Hollundermark einlegen, oder sie können aus dem Alkohol ohne Weiteres in geschmolzenes Paraffin übertragen werden; das Paraffin haftet in diesem Falle nur lose an ihnen, bietet aber einen guten Halt. Bei dem erwähnten Verfahren muss das Rasirmesser beim Schneiden immer mit Alkohol reichlich benetzt sein, damit die Schnitte nicht eintrocknen. Schnitte von Objekten, in welchen viele Hohlräume vorhanden sind, fallen gewöhnlich sehr leicht auseinander, und solche Objekte werden deshalb zweckmässiger mit einem gut schneidbaren Stoff der- massen durchtränkt, dass alle ihre Hohlräume von einer Masse er- füllt sind, die eine ganz ähnliche Schnittfähigkeit besitzt wie das Objekt selbst. Von solchen Stoffen seien hier nur die zwei bei weitem gebräuchlichsten genannt, nämlich das Celloidin und das Paraffin. Das feste Celloidin wird in einem Gemisch von absolutem Alkohol und Aether zu gleichen Theilen zu einer dickflüssigen Masse gelöst; ein Theil derselben wird mit Aether zu einer dünnflüssigen Lösung verdünnt, Die zu durchtränkenden Objekte kommen nun aus absolutem Alkohol in Aether — worin sie höchstens 24 Stunden verweilen dürfen — und aus diesem in die dünnflüssige Celloidin- lösung, in der sie am besten mehrere Tage bleiben; von da kommen sie in die dickere Lösung, in welcher sie auch wenigstens 24 Stunden, möglicherweise auch länger bleiben müssen. Das Objekt wird dann, umgeben von einer Schicht dicken Celloidins (in einer Papierschachtel oder auf einem Stück Kork oder Holz befestigt) in ca. 80°/,igen Alkohol übertragen; hierin erstarrt das Celloidin und erhält im Laufe von 1—2 Tagen eine schnittfähige Konsistenz. Beim Schneiden von Celloidin-Objekten muss das Messer immer mit 70°/,,igem Al- kohol befeuchtet werden. Die Schnitte können nachträglich gefärbt werden und können in Wasser, Glycerin oder — nach einem kurzen Aufenthalt in absolutem Alkohol — in Nelkenöl untersucht werden. Das Celloidin braucht man nicht immer zu entfernen; will man aber dies thun, so löst man es durch Behandlung erst mit absolutem Alkohol, daun mit Nelkenöl. Die Celloidineinbettung leistet für die eigentlich histologische Allgemeine Bemerkungen. 208 Untersuchung ausserordentlich viel, gewöhnlich mehr als die Pa- raffineinbettung. Dagegen ist die letztere für die mikrosko- pisch-topographische Anatomie ein ganz unentbehrliches Hülfsmittel geworden; auch erlaubt sie viel dünnere Schnitte zu machen, als dies bei der Celloidineinbettung möglich ist, sodass sie mitunter auch für eine rein histologische Untersuchung von wesentlichem Nutzen sein kann. Die mit Paraffin zu durchtränkenden Objekte kommen zunächst aus 70°/,igem in absoluten Alkohol, worin sie bis zu 24 Stunden ver- weilen dürfen — bei längerem Aufenthalte darin werden sie leicht zu hart und spröde; daraus kommen sie in eine Flüssigkeit, die das Paraffin leicht und einigermassen schnell löst, z. B. Terpentinöl oder Chloroform; auch hierin dürfen sie nicht viel mehr als 24 Stunden bleiben; meistens genügt schon viel kürzere Zeit; ganz kleine Ge- webestücke z. B. sind oft im Laufe einer halben, ja einer viertel Stunde vom Oele oder vom Chloroform durchtränkt. Aus dem Terpentinöl resp. Chloroform werden die Stücke dann in geschmol- zenes Paraffin (vom Schmelzpunkt ca. 56° C.) gebracht, worin sie verweilen, bis sie von demselben ganz durchdrungen sind; diese Zeitdauer kann sehr verschieden sein, wechselt zwischen einer Viertel- stunde und einigen Tagen. Bisweilen ist es zweckmässig die Ob- jekte aus dem Terpentinöl oder Chloroform nicht unmittelbar in Paraffin, sondern in ein Gemisch von Paraffin und Terpentinöl resp. Chloroform und erst aus diesem in reines Paraffin zu überführen. Schliesslich bringt man die Objekte z. B. in einer Papierschachtel von Paraffin umgeben schnell in kaltes Wasser, damit das Paraffin möglichst rasch erstarre; beim langsamen Erstarren scheidet es sich nämlich oft krystallinisch aus, was für das Schneiden nicht günstig ist. — Es ist darauf zu achten, dass das Paraffin während der ganzen Zeit der Durchtränkung nicht über 60° erwärmt wird; bei kurzer Ein- bettungszeit kann dies ja sehr leicht bewirkt werden, indem man immer etwas ungeschmolzenes Paraffin in der Schale vorhanden sein lässt; bei längerer Einbettungsdauer muss die Schale in einen Ther- mostaten mit einem Thermo-Regulator gestellt werden. Das Paraffin eignet sich, wenn dünne Schnitte gemacht werden sollen, weniger für das Schneiden aus der Hand, da die feinen Schnitte 934 Anhang. Technische Anleitung ete. die Eigenschaft haben, sich einzurollen. Man schneidet deshalb Pa- raffin-Objekte am besten auf dem Mikrotom. Auf die Zusammen- setzung dieses in vielen verschiedenen Varianten konstruirten Instru- ments kann hier nicht näher eingegangen werden; es sei nur soviel bemerkt, dass das Prinzip desselben folgendes ist: dass das Objekt auf einem Halter befestigt wird, welcher durch ein Drehrad oder auf einer schrägen Ebene durch eine Schraube langsam gehoben wird, während das auch auf einem Halter festgespannte Messer in einer horizontalen Ebene läuft. In dieser Weise können sehr feine Schnitte gemacht werden, und da man die linke Hand frei hat, kann man durch ein Papierstück oder dgl. die Schnitte am Aufrollen ver- hindern (bei schnellem Schneiden mit quergestelltem Messer rollen sie sich meistens gar nicht, sondern bleiben an einander haftend, zu langen Bändern vereinigt). Man schneidet die Paraffinschnitte mit trockenem Messer. Sind die Schnitte gemacht, so muss das Paraffin wieder ausgezogen werden, und zwar geschieht dies meistens durch Xylol, welches das Paraffin am schnellsten löst. Man kann die Schnitte (vor dem Aus- ziehen des Paraffins) durch ein Klebemittel auf dem Objektträger festkleben, was in vielen Fällen von grossem Nutzen ist; von solchen Klebstoffen seien nur angeführt: 1) eine Lösung von 1 Theil Ceiloi- din in 3 Theilen Nelkenöl und 2) ein Gemisch von Hühnereiweiss und Glycerin zu gleichen Theilen; letzeres Gemisch erlaubt noch eine nachträgliche Färbung der Schnitte. In beiden Fällen müssen die Schnitte soweit erwärmt werden, dass die Schnitte sich ganz glatt ausbreiten; die Klebstoffe dürfen nur zu einer äusserst dünnen Schicht auf dem Objektträger aufgestrichen werden. — Die Schnitte werden meistens in Damarlack oder Canadabalsam untersucht; will man Färbung von Paraffinschnitten nachträglich vornehmen, kommen dieselben zunächst — nach Auflösung des Paraffins in Xylol — in absoluten Alkohol und schliesslich — falls der zu gebrauchende Farbstoff in Wasser gelöst ist — in destilliertes Wasser; erst dann können sie gefärbt werden, so dass diese Prozedur hier viel um- ständlicher ist, als beim Celloidinschneiden. Deshalb wird man bei Paraffineinbettung, mehr als bei Celloidineinbettung, geneigt sein die Objekte vorher in toto zu färben. — Es giebt noch viele andere Allgemeine Bemerkungen. 235 Einbettungsmethoden, die aber weniger gebräuchlich sind und des- halb hier nicht besprochen werden können, Schon früher war öfters von Färbungen die Rede, und zwar spielt in der gegenwärtigen mikroskopischen Forschung die Färbe- technik eine ganz hervorragende Rolle. Viele Theile, die sich inner- halb der Zelle oder der Gewebe durch ihre Lichtbrechung einiger- massen gut von einander abheben, lassen sich durch Imbibition mit Farbstoffen weit deutlicher machen, und eine noch erhöhte Bedeutung bekommen natürlich die Färbungen in solchen (sehr häufigen) Fällen, in welchen sich nicht durch verschiedene Lichtbrechung von einander abhebende Theile durch das Färbungsverfahren derartig differenziert werden, dass der eine Theil ungefärbt bleibt, während der andere den Farbstoff stark anzieht und seine Farbe annimmt (oder dass die einzelnen Theile in verschiedenem Grade den Farbstoff anziehen, so dass der eine sich stark, der andere sich schwach färbt). Die Farb- stoffe werden in sehr verschiedener Weise und zum Färben sehr verschiedener Theile angewendet; die meisten derselben wirken erst nach dem Tode der Zellen gut ein; doch sind einige wenige auch auf die lebenden Zellen zu applizieren, nämlich: 1. Das Methylenblau in wässeriger Lösung oder in einer 1/,°/,igen Kochsalzlösung (der Methylenblaugehalt der Lösungen kann sehr verschieden sein: !/,—4°/,). Es wird hauptsächlich als Färbungsmittel für Nervenzellen und für Nervenfasern gebraucht, kann aber auch zur Darstellung der Granula in den lebenden Zellen dienen (nebenbei ist es ein vorzügliches Färbungsmittel für Mikro- organismen). 2. Das Methylviolett (und noch einige andere Anilinfarb- stoffe) in äusserst verdünnten Lösungen. Man kann hierdurch in Pflanzenzellen eine Kernfärbung intra vitam erzielen; auch habe ich beobachtet, dass die Hauptkerne von Infusorien in ganz dünnen Me- thylviolettlösungen sich mit dem Farbstoff imbibieren, und dass z. B. Stylonychien darin mit einem blau gefärbten Kern herumschwimmen können. Die Färbemittel, die sich nach der Fixierung der Zellen und Gewebe auf dieselben applizieren lassen, sind sehr mannigfaltige. 235 Anhang. Technische Anleitung ete. Die meisten derselben färben den Kern und speziell das Chromatin sehr intensiv, lassen aber die Zellsubstanz entweder ungefärbt oder jedenfalls recht schwach gefärbt. Es seien hier einige der wich- tigsten Kernfärbungsmittel angeführt: 1. Das Hämatoxylin wird in vielen verschiedenen Ver- bindungen zur Anwendung gebracht. Es sei hier nur die am häu- figsten gebräuchliche, die sog. Böhmer’sche Lösung genannt. Die- selbe wird folgendermassen zubereitet: 0,35 gr. krystallisierten Häma- toxylins werden in 10 gr. absoluten Alkohols gelöst; daneben wird eine Lösung von 0,1 gr. Alaun in 30 ccm. destillierten Wassers be- reitet, und man giesst nun einige Tropfen der ersten Lösung in die zweite hinein, wodurch sich diese violett färbt. Dieses Hämatoxylin- Alaun kann aber erst gebraucht werden, nachdem es etwa 14 Tage (am besten in offenem Glase) gestanden hat; es hat dann eine dunkel- blaue Farbe erhalten und muss filtriert werden. — Das Hämatoxylin giebt, wenn richtig angewendet, eine sehr scharfe und präcise Kern- färbung; doch lässt es die Zellsubstanz nicht ganz ungefärbt, ertheilt ihr aber bei nicht zu langer Einwirkungsdauer einen schwachen bläulichen Ton; dieser Umstand hat seine Vortheile, bringt aber auch mit sich, dass das Hämatoxylin, wenn es lange auf ein Objekt einwirkt, dasselbe dermassen überfärben kann, dass die präcise Kern- färbung ganz verloren geht (in solchem Falle müssen die Objekte in mit Salzsäure sehr schwach angesäuertem Wasser ausgewaschen werden). Man thut deshalb am besten, gewöhnlich wenigstens nicht mit der oben angegebenen konzentrierten Hämatoxylinlösung zu färben, sondern sie mit 2—3 Theilen destillierten Wassers zu ver- dünnen; die gewöhnliche Einwirkungsdauer ist für Schnitte — auf welche dieser Farbstoff hauptsächlich zu applizieren ist — 5—10 Minuten. Man wäscht am besten erst mit Brunnenwasser, dann mit destilliertem Wasser aus. 2. Das Alaunkarmin ist ein reines Kernfärbungsmittel; es lässt meistens die Zellsubstanz gänzlich ungefärbt, und Ueberfärbung findet durch dasselbe nicht statt. Es wird folgendermassen zube- reitet: 100 cem. einer 1—5°/,igen Alaunlösung werden mit 1/,—1 gr. Karmin 15—20 Minuten gekocht; nach dem Erkalten wird filtriert, und etwas Karbolsäure wird hinzugefügt, um Schimmelbildungen zu verhüten. Die Lösung kann gleich gebraucht werden. Allgemeine Bemerkungen. 237 3. Das Pikrokarmin wird in verschiedener Weise darge- stellt; am einfachsten verfährt man folgendermassen: man setzt zu einem Gemisch von 5 cem. kaustischer Ammoniakflüssigkeit und 50 ccm. destillierten Wassers 1 gr. guten Karmins.. Das Karmin löst sich, wenn geschüttelt oder umgerührt wird, schnell auf, und es werden dann 50 cem. einer konzentrierten Pikrinsäurelösung zu- gegossen, wonach das Ganze zwei Tage lang in offenem Glase stehen muss; schliesslich wird filtriert. Ein vorzüglicher Farbstoff, der auch für Doppelfärbungen mit Hämatoxylin zusammen oft verwendet wird; er färbt nicht immer nur die Kerne, überfärbt aber nicht. Einige Theile färben sich durch die Pikrinsäure (gelb), andere durch das Karmin (roth). Von den Anilinfarbstoffen, die als Kernfärbemittel verwendet werden, seien hier angeführt: 1. Das Safranin, ein äusserst präcises Färbemittel für das Chromatin. Es kann sowohl in wässeriger, wie in alkoholischer Lö- sung angewendet werden; gewöhnlich verweilen die Schnitte darin 24 Stunden, sie sind dann diffus (roth) gefärbt; erst nach Ausziehen mit absolutem Alkohol oder nach sehr kurzem Auswaschen mit schwach saurem Alkohol wird die Kernfärbung eine äusserst scharfe und präcise, indem nur das Chromatin die Farbe behält. 2. Das Methylgrün in wässeriger Lösung ist auch ein gutes Kernfärbungsmittel und färbt meistens die Objeete bei kurzer Ein- wirkungsdauer. Einige Farbstoffe färben die Zellen und die Gewebe diffus: sie färben ausser dem Kern auch das Plasma und die Intercellular- substanzen und sind deshalb für Doppel- und Mehrfachfärbungen (mit den reinen Kernfärbungsmitteln zusammen angewendet) vorzüglich geeignet. Hierher gehören: 1. Das Eosin, welches (gewöhnlich in 1°/,iger Lösung) für Doppelfärbungen mit Hämatoxylin oder Methylgrün u. a. ver- wendet wird. 2. Das karminsaure Ammoniak wird dargestellt, indem man Karmin in verdünnter Ammoniakflüssigkeit löst und das Glas so lange offen lässt, bis der Ueberschuss von freiem Ammoniak ver- dunstet ist. 238 Anhang. Technische Anleitung ete. 3. Das Gentianaviolett in starker wässeriger Lösung wird namentlich mit dem Safranin zur Darstellung der Centrosomen und der achromatischen Strukturen bei der Zelltheilung“ verwendet (nach- trägliche Behandlung mit Orangelösung und Alkohol, vergl. weiter unten). Eine ganz andere Art der Färbemethoden ist diejenige, bei welcher man die reduzierenden Eigenschaften der Gewebe be- nützt, um dieselben mit Metallen oder mit Metallsalzen zu imprägnieren. So wird das Fett durch ÖOsmiumsäure ge- schwärzt, indem die Säure reduziert wird und mit dem Fett eine Verbindung eingeht; die wichtigste Methode um die Gewebe mit Metall zu imprägnieren ist aber die Silbermethode. Das Prin- cip derselben ist, dass das Gewebe ganz frisch in eine (1/;—1°/,ige) Lösung von salpetersaurem Silberoxyd getaucht wird, und dass nach genügender Einwirkung die sich dadurch bildende Silberverbindung im Tageslicht reduziert wird; es schlägt sich dabei an bestimmten Stellen der Gewebe metallisches Silber nieder, namentlich in den Zell- grenzen z. B. von Epithelzellen, sodass in solchen Fällen die Methode eine ausserordentliche Bedeutung erlangt, wenn die Zellgrenzen — wie es häufig der Fall ist — sich durch keine andere Methode nachweisen lassen. — Durch aufeinanderfolgende Behandlung mit salpetersaurem Silberoxyd und. mit Kochsalzlösung können kleine, schwer sichtbare Hohlräume nachgewiesen werden, indem sich in denselben Chlorsilber ausscheidet, das sich bei Tageslicht schnell in metallisches Silber reduziert. — Ueber die Imprägnation nervöser Elemente (Zellen und Fasern) und auch anderer Theile mit chrom- saurem Silber (die Golgi’sche Methode) vergl. die spezielle Technik. Früher wurde zur Darstellung von Nervenendigungen namentlich Imprägnation mit Gold (Behandlung mit Goldchlorid) zur Anwen- dung gebracht; heutzutage erreicht man aber dasselbe durch die Methylenblaufärbung oder durch das Golgi’sche Verfahren, welche Methoden jedenfalls weniger unsicher wirken, als die Goldmethode und deshalb dieser gegenüber entschieden bevorzugt werden müssen. Die nach .den verschiedenen im Vorhergehenden angegebenen Methoden angefertigten Präparate kann man zum grössten Theil Allgemeine Bemerkungen. 239 beliebig lange Zeit aufbewahren. Zu diesem Zweck werden sie gewöhnlich auf einem Objektträger unter einem Deckglas in einem konservierenden Medium angebracht. Als solches wird meistens einerseits Damarlack (oder Canadabalsam), andererseits Glycerin verwendet. Die Präparate, die in Damarlack aufbewahrt werden sollen, kommen nach dem gewöhnlichen Verfahren zunächst in absoluten Alkohol und von da in Terpentinöl oder Nelkenöl oder Xylol; erst dann wird ein Tropfen Lack oder Balsam zugegeben und ein Deckglas aufgesetzt. — Sollen dagegen die Präparate in Glycerin autbewahrt werden, so thut man am besten, dieselben aus destilliertem Wasser zunächst in verdünntes Glycerin zu legen und ganz allmählich dasselbe zu verstärken. Das Glycerin bringt näm- lich wegen seiner stark hygroskopischen Eigenschaften, wenn zu plötzlich zugesetzt, eine recht brutale Wirkung hervor, indem es den Geweben viel Wasser entzieht und sie infolge dessen zum Schrumpfen bringt. Hat man es deshalb mit sehr zarten, leicht schrumpfenden Objecten zu thun und will dieselben in Glycerin kon- servieren, thut man am besten, sie in ganz verdünntem Glyce- rin unter Deckglas zu bringen, dann den Objektträger ein wenig schief zu stellen und an dem unteren Rande des Deckglases einen kleinen Tropfen reinen Glycerins zuzusetzen; dasselbe dringt dann wegen seiner grösseren Schwere langsamer und allmählicher unter dem Deckglase nach oben vor. — Sowohl das Glycerin, wie auch noch viel mehr der Damarlack oder der Canadabalsam hellen wegen ihrer starken Lichtbrechung die Präparate stark auf; ungefärbte Präparate hebt man deshalb meistens nicht in Lack oder Balsam auf, da sie hierin allzu durchsichtig werden, und viele Strukturen ganz verschwinden. Viele der oben angegebenen Färbungen sind übrigens in Glycerin nicht haltbar, sondern gehen im Laufe einiger Zeit verloren, sodass für gefärbte Präparate meistens der Lack oder der Balsam ein besseres Konservierungsmittel ist. — Bei Glycerin- präparaten umrahmt man meistens das Deckglas mit einem Lack (Asphaltlack oder Gold size), damit sich das Deckglas nicht ver- schiebe; bei dem starr werdenden Balsam oder Damarlack ist das aber unnötkig. Specielle Technik. A. Zum Kapitel Zelle. 1. Um die Differenzierung der Zellsubstanz in Filarmasse und Interfilarmasse im Leben zu erkennen, nehme man einen Kiemen- knorpel der Larve des gefleckten Salamanders und untersuche ihn frisch in der Leibeshöhlenflüssigkeit oder im Humor aqueus des- selben Thieres.. In den Knorpelzellen sowie auch in den Zellen des anhaftenden Bindegewebes sind die Fäden erkennbar. Ferner be- handele man das Präparat mit 1°/,iger Ösmiumsäure oder mit sehr verdünnter Chromsäure; auch mache man Schnitte durch eine mit Ösmiumsäure behandelte Leber desselben Thieres und untersuche die Leberzellen in Wasser oder Glycerin. Alle diese Beobachtungen müssen bei sehr starker Vergrösserung angestellt werden (am besten mit Oellinsen). 2. Man untersuche verschiedene Infusionsthiere und Rhizopoden, welche man leicht aus dem Süsswasser, besonders aus Torfmoor- gegenden erhält, in lebendem Zustande, auf den Bau ihrer Zell- substanz. Will man Infusorien, die sich lebhaft umher bewegen, frisch untersuchen, so thut man am besten die Ecken des aufge- legten Deckglases mit kleinen Wachsfüsschen zu versehen und auf dieselben so lange vorsichtig zu drücken, bis das herumlaufende Thier so zwischen Objektträger und Deckglas eingespannt wird, dass es zur Ruhe gezwungen ist; in diesem Zustande kann es meistens einige Zeit weiterleben und ist dann für die Untersuchung sehr ge- eignet. Man beachte auch dabei die Flimmerbewegung und eventuell deren verschiedene Arten bei einem und demselben Thiere (vergl. oben p. 87). A. Zum Kapitel Zelle. 241 Wer das Material sich verschaffen kann, untersuche ferner die Achsenzellen der Tentakel der Hydroidpolypen im lebenden Zustande. Man sieht die Zellmembranen und die Vakuolen, bei andauernder Beobachtung auch die Cirkulation der Zellsubstanz. Durch Zusatz von Osmiumsäure werden die meisten Bauverhältnisse deutlicher. 3. Zur Darstellung der Centrosomen in der ruhenden Zelle (und auch der achromatischen Strukturen bei der Zelltheilung) ver- wende der schon etwas Geübte folgende Methode: aus den wenigstens 8—14 Tage mit Flemming’scher Flüssigkeit behandelten Salamanderlarven werden Stücke vom Peritoneum der Bauchwand als ganz dünne, durchsichtige Blätter abgezogen. Dieselben kommen dann auf 1—2 Tage in ein Gemisch von Safranin und Gentiana- violett, dem etwas Anilinwasser zugesetzt ist; darnach legt man sie in eine starke Lösung von Orange; nach einigen Augenblicken bil- den sich Wolken von blauer Farbe; sofort, wenn dies geschieht, werden die Stücke in eine Schale mit absolutem Alkohol und aus dieser, sobald sich wieder Farbwolken bilden, in eine andere eben- solche gebracht; hier bleiben sie auch äusserst kurze Zeit und kom- men dann in Nelkenöl und daraus wieder schnell in Damarlack. Die Methode ist schwierig, da Alles sehr schnell geschehen muss, und erfordert ein spezielles Einüben. 4. Um Kernstrukturen zu erkennen, untersuche man zunächst die Keimbläschen von durchsichtigen Eiern in lebendem Zustande; am schönsten bewähren sich in dieser Hinsicht Eier von Echinoder- men, Medusen, Hydroidpolypen, Blutegel; bei grösseren und un- durchsichtigen Eiern kann oft durch Zerzupfen der Kern zum Ans- tritt aus dem Ei gebracht werden und kann in der Körperflüssiekeit untersucht werden. Kerngerüst und Nucleolen sind sehr deutlich. Ferner behandle man verschiedene Gewebe vom Salamander resp. dessen Larven mit dünner Chromsäure (Y/so—"/i0) und färbe Schnitte oder dünne Lamellen mit Safranin oder Hämatoxylin; das Kerngerüst tritt dann mit grosser Schärfe hervor. Zum Nachweis der Kerne in Zellen, in welchen sie in lebendem Zustande nicht sichtbar sind (z. B. Leukocyten), verwendet man ge- wöhnlich 1—2°/,ige Essigsäure; bei Einwirkung des Reagens treten Bergh, Die thierische Zelle. 16 942 Specielle Technik. die Kerne sehr deutlich hervor; die Zellsubstanz quillt und wird sehr blass. Als Beispiel vielkerniger Zellen untersuche man das parasitische Infusionsthier Opalina, welches immer leicht zu haben ist. Man nehme vom Inhalt des Enddarms eines Frosches etwas heraus und unter- suche es unter einem Deckglas; in demselben schwimmen meistens Öpalinen herum. Man tröpfele nun Essigsäure zu. oder man be- handle mit Chromsäure und färbe (nach Auswaschen mit destilliertem Wasser) unter dem Deckglas mit Safranin. 5. Die amöboide Bewegung studire man theils an Amöben. theils an Leukocyten. Amöben erhält man im Süsswasser an Pflanzen- theilen und im Schlamm am Boden; gewöhnlich sind sie, kurz nach- dem man das Wasser geholt hat, sparsam vorhanden; lässt man aber dasselbe etwa S Tage in einem Glase stehen, entwickeln sie sich oft massenhaft. Die Bewegungen der Leukocyten können ohne Weiteres an weissen Blutkörperchen kaltblütiger Thiere (z. B. Frösche, Sala- mander) studiert werden; auch im Schleimgewebe der Salamander- larven lassen sich die Bewegungen der „wandernden Bindege- webszellen“ leicht beobachten. Bei Schnecken hat zuerst Haeckel Fütterung der Leukocyten mit Karminkörnchen, die er dem Blute zusetzte, erzielt. — Die Bewegungen der Leukocyten bei warm- blütigen Thieren müssen bei der Körpertemperatur studiert wer- den, und zu diesem Zweck bedient man sich eigener Apparate: eines heizbaren Objekttisches oder eines Wärmekastens. Ersterer wurde von Max Schultze angegeben und besteht aus einer mit einem Thermometer versehenen Metallplatte, die auf dem Mikroskop- tische angebracht und durch einen über einer Spirituslampe stehen- den Fortsatz zur erwünschten Temperatur erwärmt wird; auf ihm wird dann das Präparat angebracht. Wärmekasten für den erwähn- ten Gebrauch wurden von Sachs, sowie von Panum angegeben; dieselben bestehen aus einem im Querschnitt hufeisenförmigen, doppelrandigen, mit Filz umgebenen Blechbehälter, der mit Wasser gefüllt wird, und in den das Mikroskop (mit dem Präparat darauf) hineingestellt wird; oben wird dann durch Blechplatten zugedeckt, welche nur Löcher haben, um den Tubus und die Schraube des Mikroskops, sowie den oberen Theil eines Thermometers herausragen A. Zum Kapitel Zelle. 243 zu lassen. Unter einem seitlichen Fortsatz des Behälters wird eine Gasflamme angebracht, bis die richtige Temperatur erreicht ist. Die Oefinung des hufeisenförmigen Behälters wird mittels einer dieken Glasplatte abgeschlossen, durch welche das Licht hineinfällt. 6. Für die Flimmerbewegung ist das Kiemenepithel der Teich- muschel ein ausgezeichnetes Objekt, weil hier gewisse Zellen mit sehr mächtigen, langen Wimperhaaren ausgestattet sind. Wimper- zellen mit kleinen Cilien findet man z. B. an der Mundhöhlendecke beim Frosch, wenn man dieselbe mit einem Skalpell abschabt. Geisselzellen untersuche man am Entoderm der Hydra: man mache möglichst feine Schnitte durch das lebende Thier oder zerzupfe es. Ferner untersuche man die Infusorien auf ihre Flimmerbewegung. 7. Ueber Cireulation vergl. 2. — Die Rotation ist sehr deut- lich bei Nassula zu sehen, welches Infusor man sich oft aus Süss- wasser verschaffen kann. — Man untersuche auch bei verschiedenen Infusorien die Bildung, Neubildung und Kontraktion der kontrak- tilen Blase. 8. Zum Studium der Schleimabsonderung lege man zunächst ein Stück Magenschleimhaut eines Säugethieres in den Ranvier’- schen Drittelalkohol, wo es 5—6 Stunden bleibt; es ist dann mace- riert und lässt sich zerzupfen, sodass die Zellen isoliert werden können. Man kann sie mit Pikrokarmin färben. — Zum Studium der schleimabsondernden Speicheldrüsenzellen und der Gianuzzi’- schen Halbmonde behandle man eine Schleimspeicheldrüse (z. B. Gl. submaxillaris des Hundes) oder eine gemischte Drüse (z. B. die Gl. submaxillaris des Menschen) stunden- oder tagelang mit 1°/,iger Osmiumsäure, wasche dann mit destilliertem Wasser aus und erhärte die Stücke in Alkohol. Sind sie schnittfähig, zerlege man sie in möglichst dünne Schnitte und führe sie in Damarlack über; war die Einwirkung der Osmiumsäure von hinreichender Dauer, so sind die Zellen etwas gebräunt, sodass keine weitere Färbung derselben noth- wendig ist. 9. Als Objekte für das Studium der direkten Kerntheilung sind die am leichtesten zu beschafienden und zu beobachtenden die In- fusionsthiere. Man verschaffe sich z. B. eine Kultur von Stylonychia mytilus (eines der am häufigsten vorkommenden Infusionsthiere) ; 16* 244 Specielle Technik. unter den zahlreichen Individuen einer solchen Kultur beachte man besonders einige, die besonders kurz, breit und diek geworden sind, sowie solche, die sich bisquitförmig eingeschnürt haben. Am An- fang der Theilung zieht sich nämlich der ganze Körper etwas zu- sammen, wird kürzer und dicker; am Epde der Theilung schnürt er sich bisquitförmig ein. An etwas komprimierten Individuen sieht man schon deutlich den sich theilenden Hauptkern, und namentlich nach Behandlung mit 1°/,iger Essigsäure lassen sich die verschie- denen Phasen seiner Theilung sehr gut beobachten (neben dem Haupt- kern sind auch die sich indirekt theilenden Nebenkerne sichtbar). 10. Für das Studium der indirekten Kern- und Zelltheilung verwende man vor allem ältere, gut genährte Larven von Salamandra maculosa (gute Objekte sind die Hornhaut, die inneren Kiemenblätter und vor allem das Peritoneum der Bauchwand). Die Stücke be- handelt man zum Zweck der Totaldarstellung der Theilungsstrukturen (auch der achromatischen) genau nach der in 3 angegebenen Me- thode. Zur Darstellung der chromatischen Figur allein bediene man sich der Fixierung in dünner Chromsäurelösung (!/;y—"/00) und färbe in Safranin (die Farbe muss mehrmals in absolutem Alkohol ausgewaschen werden); diese Methode giebt noch schärfere Bilder der Chromosomen und ihrer Spaltung, als die Methode 3. Die Präparate können in Damarlack oder Canadabalsam aufbewahrt werden. Die Untersuchung der Zellmembranen und der Intercellular- substanzen wird bei den betreffenden Geweben abgehandelt werden. B. Zum Kapitel Epithelgewebe (und Drüsengewebe). 11. Für das Studium der Formen der Epithelzellen eignet sich meistens am besten die Isolationsmethode, und zwar ist das beste Macerationsmittel hierfür der Ranvier’sche Drittelalkohol; so z. B. bekommt man hierin die Cylinderzellen vom Darmepithel sehr schön isoliert und ebenso die Flimmerzellen vom Oesophagus des Frosches (an beiden Lokalitäten findet man auch Becherzellen). — Für Iso- lierung der verhornten Zellen der Haare und Nägel ist das beste Isolationsmittel konzentrierte Schwefelsäure: in derselben wird das Objekt auf dem Öbjektträger unter Deckglas über einer Flamme B. Zum Kapitel Epithelgewebe (und Drüsengewebe). 245 schwach erwärmt. — Die oberflächlichsten Zellen des Mundhöhlen- epithels mit ihren eigenthümlichen eckigen Formen (die Folgen der gegenseitigen Ineinanderfügung sind) erhält man isoliert, wenn man einfach mit einem Skalpell über die Zunge oder über die Innenfläche der Wange hinstreicht. 12. Zur Darstellung der Zellgrenzen in platten Epithelien, wo jene nicht ohne Weiteres sichtbar sind, bedient man sich immer der Silbermethode. Die zu imprägnierenden Epithelflächen (z. B. Perikard, Mesenterium, Gefässepithelien) müssen zunächst gut aus- gespannt und mit destilliertem Wasser abgespült werden; darnach werden sie in eine t/,°/,ige Lösung von salpetersaurem Silberoxyd gebracht und in derselben etwas umher bewegt; wenn das Gewebe anfängt undurchsichtig zu werden, nimmt man es heraus, wäscht es mit destilliertem Wasser sehr kurze Zeit aus und setzt es darin dem Sonnenlichte aus, wodurch es sich bräunt. Solche Präparate können in Glycerin aufbewahrt werden, oder man kann sie mit Pikrokarmin und Hämatoxylin färben und in Canadabalsam oder Damarlack übertragen. Die schwarzen Silberlinien geben die Zell- grenzen, sowie die Stigmata und Stomata genau an; solche Präpa- rate, in welchen noch die Kerne gefärbt wurden, sind so instruktiv und elegant wie wenige andere histologische Objekte. Ueber Flimmerepithelzellen und Flimmerbewegung siehe No. 6. 13. Man fixiere und erhärte ein Stück menschlicher Haut in absolutem Alkohol (ca. 2 Tage, der Alkohol muss einmal gewechselt werden) oder in Müller’scher Flüssigkeit (ca. 14 Tage, reichliche Quantität) und mache senkrechte Durchschnitte aus freier Hand oder besser nach Einbettung in Celloidin. Die Schnitte kann man passend über Nacht in Pikrokarmin und (nach Auswaschen in destil- liertem Wasser) 10 Minuten lang in Hämatoxylin färben (Auswaschen erst in Brunnenwasser, dann in destilliertem Wasser). Das ge- schichtete Plattenepithel ist mit seinen verschiedenen Schichten sehr deutlich, das Rete Malpighii ist schön blau gefärbt, die Binde- gewebsbündel der Lederhaut rosa; man sieht ferner die korkzieher- artig gewundenen Schweissdrüsen und die von den Haarbälgen aus- gehenden Talgdrüsen. An der Kopfhaut sind die Haarbälge besonders schön zu beobachten (ein anderes schönes Objekt dafür sind die Tasthaare der Katze); man mache, um Querschnitte der Haarbälge 246 Specielle Technik. zu bekommen, auch Flächenschnitte der Haut. An der Haut der Fingerballen untersuche man noch die Tastkörperchen. 14. Um die verhornten Elemente der Nägel und der Haare zu beobachten, kann man die betreffenden Theile mit starker Kali- lösung erwärmen; an den Nagelzellen lassen sich noch die Kerne deutlich beobachten. Noch besser wirkt auf die Haare Erwärmen in reiner Schwefelsäure (vergl. 11). In beiden Fällen ist es zweck- mässig, mit einer Nadel leise auf das Deckglas zu drücken oder zu klopfen, damit die Zellen besser aus einander fallen. Auch die ver- hornten, kernlosen Schüppchen der äussersten Schichten der Ober- haut kann man durch Behandlung mit Kali (Erwärmen) isolieren. 15. Um einzellige Drüsen zu beobachten, fixiere man Haut- stücke von Blutegeln oder von gewöhnlichen Landschnecken in Sublimat oder in Flemming’scher Lösung, färbe mit Pikrokarmin oder mit Hämatoxylin und mache möglichst feine senkrechte Durch- schnitte. — Die Nesselkapseln der Hydroidpolypen sind an dem lebenden Thier in ihren Mutterzellen innerhalb der Cnidocilien sicht- bar; bei Zusatz von Essigsäure werden sie gewöhnlich in reichlicher Menge entladen und umgestülpt. 16. Um den Bau der Niere zu studieren, fixiere man dieses Organ einer jungen Katze in einer reichlichen Menge von Müller’scher Flüssigkeit, erhärte es nach Auswaschen in destil- liertem Wasser in Alkohol und mache aus freier Hand oder nach Einbettung in Celloidin Schnitte in verschiedenen Richtungen; die Schnitte werden mit Hämatoxylin oder Alaunkarmin gefärbt. — Zugleich ist es zweckmässig, eine Niere etwa 9 Stunden in konzen- trierte Salzsäure einzulegen, sie darnach in destilliertes Wasser zu übertragen und leicht zu schütteln. Nach etwa 12 Stunden sind die Harnkanälchen ganz aus einander gefallen, sodass sie isoliert untersucht werden können. 17. Segmentalorgane eines Regenwurms präpariere man heraus, fixiere sie in Sublimat oder in absolutem Alkohol und studiere sie theils nach Hämatoxylinfärbung in toto — man lege die einzelnen Schlingen durch Präparation mit Nadeln auseinander — theils fertige man nach Einbettung derselben in Paraffin feine Schnitte an. Man erkennt die röhrenförmigen Zellen, aus welchen der grösste Theil . C. Zum Kapitel Muskelgewebe. 247 der Röhre zusammengesetzt ist; auch beachte man das schöne Flimmer- epithel des Trichters. 18. Will man sehr feine Drüsenkanälchen nachweisen, welche sich bei den gewöhnlichen Untersuchungsmethoden der Beobachtung entziehen oder sehr schwer sichtbar sind (z. B. die feinsten Gänge in den Speicheldrüsen; die Gallenkapillare), so kann man die Golei- sche Chromsilbermethode zur Anwendung bringen; dieselbe wird in derselben Weise wie für das Nervensystem gebraucht (vergl. weiter unten): bei der aufeinanderfolgenden Behandlung mit doppelchrom- saurem Kali und salpetersaurem Silberoxyd wird chromsaures Silber gebildet, das sich in den Hohlräumen niederschlägt; in dieser Weise können selbst die feinsten Gänge mit schwarzer Masse gefüllt werden, sodass sie ganz scharf hervortreten. Dasselbe erreicht man auch durch die oben angegebene Chlorsilbermethode (vergl. die allgemeine Technik, Metallimprägnationen). C. Zum Kapitel Muskelgewebe. 19. Für Epithelmuskelzellen sind die begquemsten Untersuchungs- objekte Hydroidpolypen und Medusen. Man behandle ganze Thiere — wenn sie klein sind — oder Stücke von solchen — wenn sie grösser sind — einfach eine viertel oder halbe Stunde mit sehr ver- dünnter Essigsäure (!/J,—!/,°/,), oder man lasse sie zunächst etwa 5 Minuten in der oben erwähnten Hertwig’schen 'Osmium-Essig- säure und wasche sie dann mehrmals mit !/,,°/,iger Essigsäure aus, und lasse sie in der letztgenannten Flüssigkeit noch einen ganzen Tag verweilen. Sie werden dann mit Wasser ausgewaschen und vorsichtig in Glycerin übertragen und darin zerzupft; die Elemente werden durch leises Klopfen auf das Deckglas weiter isoliert. Diese Methode benutzt man auch zur Darstellung der Sinnes- und Ganglien- zellen bei Medusen und Aktinien; an grösseren Gewebsstücken kann hier nach der erwähnten Behandlungsweise das Epithel (mit den Muskelfasern, Nervenfasern und Ganglienzellen) von den unter- liegenden Theilen mit Vorsicht abgepinselt werden. 20. Für die Untersuchung quergestreifter Muskelfasern in frischem Zustande zerzupfe man z. B. einen Froschmuskel in 0,75 °/,iger Kochsalzlösung, bis eine Anzahl Fasern so isoliert sind, dass sie D48 Specielle Technik. für die Beobachtung geeignet sind (die Querstreifung und — viel undeutlicher — die Längsstreifung ist schon so sichtbar). Einem solchen Präparate wird dann Wasser zugesetzt, indem an der ent- gegengesetzten Seite des Deckglases die Kochsalzlösung weggesaugt wird; das Sarkolemma hebt sich dann an vielen Stellen von der kontraktilen Substanz ab; diese reisst z. B. oft, sodass stellenweise in der Faser innerhalb der hier sehr deutlichen, homogenen Hülle eine klare Flüssigkeit gesehen wird. Durch Zusatz von Essigsäure werden die langgestreckten, zahlreichen Kerne sofort deutlich sichtbar. 21. Man Jege einen Froschmuskel in eine reichliche Menge 1 0°/,iger Chromsäure. Nach ca. 24 Stunden kann man ihn in zwei Hälften schneiden; die eine kann gleich in Wasser zerzupft werden; die Fibrillen in den Fasern sind dann sehr deutlich. Die andere Hälfte hebe man noch etwa 14 Tage in der Chromsäure- lösung auf, wasche sie dann sorgfältig in Wasser aus, erhärte sie erst in schwächerem, dann in stärkerem Alkohol und mache schliess- lich mit einem mit Alkohol angefeuchteten Rasirmesser Querschnitte (das Objekt wird zweckmässig in mit Alkohol durchtränktes Hollunder- mark eingelegt). Die quergeschnittenen Fibrillen, die Cohnheim- schen Felder, die Kerne und das die einzelnen Fasern zusammen- haltende Bindegewebe sind sichtbar. Die Kerne kann man durch Hämatoxylin färben; die Untersuchung geschieht am besten in Glycerin. Ä Man beachte ferner den Zerfall der Muskelfaser in Scheiben: zu diesem Zwecke lege man die Muskelfaser in sehr verdünnte (0,5— 0,05°/,ige) Salzsäure und lasse dieselbe wenigstens einige Stunden einwirken. 22. Zur Untersuchung der Abgrenzung des Muskels gegen die Sehne lege man einen Musculus gastrocnemius des Frosches mit der Achillessehne in eine reichliche Menge Pikrinschwefelsäure; aus derselben wird er in 70°/,igen und dann weiter in 90°/, Alkohol gebracht, wo er etwa eine Woche verweilen muss; man fertigt nun Längsschnitte an, welche mit Pikrokarmin oder Hämatoxylin gefärbt werden können. Die Präparate werden in Damarlack oder Balsam aufgehoben. Ein viel schnelleres, aber weniger zuverlässiges Verfahren zu demselben Zweck ist das folgende: Man legt einen Muse. gastrocnemius C. Zum Kapitel Muskelgewebe. 249 »- mit der Achillessehne in eine 35°/,ige Kalilösung, worin er eine viertel bis halbe Stunde zu verweilen hat, und zupft dann leise und vorsichtig an dem Ende des Muskels, das an die genannte Sehne angrenzt. Die abgerundeten Enden der Muskelfasern und die völlig anders aussehenden Sehnenfasern lassen sich leicht beobachten, doch gelingt es nicht immer, die Enden der Muskelfasern in situ zu be- obachten. 23. Für die Untersuchung des feineren Baues der quergestreiften Fibrillen sind entschieden die besten Objekte Muskeln von Arthro- poden. Man fixiere einen Insektenmuskel, den man gleichzeitig ex- tendiert hält, durch eine 1°/,ige Osmiumsäurelösung, die man durch eine mit Stichkanüle versehene Spritze in den Muskel einspritzt, zerzupfe nach 5 Minuten die schwärzlich aussehende Partie des Muskels und untersuche sie bei starker Vergrösserung. Zu demselben Zwecke kann man auch die Fasern der Flügelmuskeln der Insekten frisch in Pikrokarmin zerzupfen. 24. Für die Isolation glatter Muskelfasern ist folgendes sehr einfaches Verfahren zu empfehlen. Ein Froschdarm wird auf 15 bis 20 Minuten in 35°/,ige Kalilösung gelegt und dann in einem Tropfen der Kalilösung auf dem Öbjektträger zerzupft; durch dieses Verfahren und durch Klopfen auf das Deckglas erhält man schön isolierte Elemente. Für Isolation der Herzmuskelfasern des Frosches und der Säuge- thiere kann dieselbe Methode verwendet werden; doch muss die Kalilösung etwas länger einwirken, und die Isolation ist meistens keine so schöne und vollständige, wie in dem vorhergehenden Falle. 25. Die Zusammenordnung glatter Muskelfasern zu Häuten er- kennt man am leichtesten an kleinen Arterien, z. B. im Mesenterium des Frosches. Ein Stück Mesenterium wird ausgebreitet und an den Rändern halb ausgetrocknet, sodass dieselben fest am Glase kleben. Dann wird es in Müller’scher Flüssigkeit fixiert, nach 24 Stunden ausgewaschen und mit Hämatoxylin gefärbt. 26. Querschnitte und Längsschnitte von glatten Muskelfasern erhält man zu gleicher Zeit, wenn man ein Stück Darm eines Wirbelthieres z. B. in Müller’scher Flüssigkeit fixiert, dasselbe (nach Auswaschen in Wasser) in Alkohol erhärtet und in Querschnitte zerlegt, welche nachträglich mit Pikrokarmin, Alaunkarmin oder 250 Specielle Technik. Hämatoxylin gefärbt werden können. — Auch unterlasse man es nicht, glatte Muskelfasern wirbelloser Thiere, namentlich von Anneliden, zu untersuchen. Man fixiere einen Regenwurm, einen Blutegel, eine Branchiobdella in Sublimat oder Alkohol und mache (nach hin- reichender Erhärtung in Alkohol) Querschnitte durch das ganze Thier, am besten nach Einbettung in Paraffin auf dem Mikrotum. Verwendet man Regenwürmer, so ist es zweckmässig, dieselben erst einige Tage in Wasser verweilen zu lassen, damit sie ihren Darm- inhalt, der leicht das Messer angreift, entleeren. D. Zum Kapitel Nervengewebe. Ueber die Untersuchung des Nervensystems der Coelenteraten vergl. 19. 27. Ganglienzellen des Froschrückenmarks lassen sich in folgender Weise gut isolieren. Ein Stück Rückenmark wird einige Tage (bei kalter Witterung bis zu 8 Tagen) in eine 0,05 %/,ige Chromsäure- lösung eingelegt; aus dieser Flüssigkeit kommt es — vorsichtig übertragen — über Nacht in eine ammoniakalische Karminlösung, wird kurze Zeit vorsichtig in Wasser ausgewaschen und dann auf einem Objektträger in einer ganz dünnen Schicht ausgebreitet, was leicht gelingt, da es durch die Vorbehandlung noch weicher und breiartiger geworden ist, als es in frischem Zustande war. Solche Präparate kann man entweder eintrocknen lassen und denselben dann Damarlack zutröpfeln, oder man kann sie in Glycerin aufheben; letztere Methode bewahrt die Zellsubstanz natürlich besser. In beiden Fällen lassen sich aber besonders die multipolaren, motorischen Zellen mit ihren Ausläufern sehr hübsch beobachten; auch die anderen Elemente des Rückenmarks sind sichtbar, aber viel kleiner. — Will man diese Methode auf das Rückenmark eines grösseren Säugethiers übertragen, so thut man am besten, die weisse Substanz so gut als möglich mit einer Scheere abzutragen; bevor das Stück in die Chrom- säurelösung eingelegt wird. Dieselbe Methode lässt sich auch für das Gehirn verwenden; bei den höheren Wirbelthieren lassen sich Achseneylinder- und Protoplasmafortsätze der Ganglienzellen an solchen Präparaten gut unterscheiden. 28. Bei der Untersuchung markhaltiger Nervenfasern in frischem Zustande verfährt man folgendermaassen. Die grossen hinteren D. Zum Kapitel Nervengewebe, 251 Spinalnerven des Frosches, die sich zum Nerv. ischiadieus vereinigen, werden auf einer grösseren Strecke — bis ans Knie herab — frei präpariert, herausgenommen und in 0,75°/,iger Kochsalzlösung zer- fasert, in der Weise, dass man dem einen Ende des Nerven zwei Nadeln aufsetzt und denselben der Länge nach spaltet. Die Zer- faserung muss fortgesetzt werden, bis einzelne Nervenfasern in grösserer Ausdehnung isoliert sind. An denselben erkennt man das doppelt kontourirte Nervenmark, das in die cylindrokonischen Seg- mente zerfällt und an den Ranvier’schen Schnürringen unterbrochen ist; der Achsencylinder ist nicht sichtbar. An vielen Fasern machen sich sehr bald Veränderungen der Markscheide bemerklich, indem sie sich unregelmässig zusammenballt. — Wenn man einem solchen Präparate Osmiumsäure zusetzt, wird die Markscheide schnell ge- schwärzt, und die Ranvier’schen Schnürringe sowie die eylindro- konischen Segmente werden noch viel deutlicher als vorher; auch werden die Kerne erkennbar, und wenn man die Fasern auf grössere Strecken einzeln isoliert hat, kann verfolgt werden, wie zwischen je zwei Ranvier’schen Schnürringen ein Kern liegt; derselbe ist sehr blass und oft undeutlich umschrieben, kann aber durch Färbung mit Pikrokarmin (ein paar Stunden lang) viel deutlicher gemacht werden. 29. Man spült einen solchen Nerven wie jenen, der für die vorhergehenden Beobachtungen gebraucht wurde, frisch in destilliertem Wasser schnell ab und überträgt ihn dann in eine !/,°/,ige Lösung salpetersauren Silberoxyds, worin er eine halbe Stunde verweilt. Dann kommt er in destilliertes Wasser und wird darin dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt, bis eine leichte Bräunung eintritt; nun wird er zerzupft und in Wasser oder Glycerin untersucht. Die Ranvier’schen Kreuze treten scharf hervor, auch der Achseneylinder ist deutlich ; besonders lehrreich sind Stellen, wo eine Nervenfaser zer- Yissen ist, und der Achsencylinder frei aus den Scheiden hinausragt. 30. Um Querschnitte markhaltiger Nervenfasern zu unter- suchen, erhärte man einen Nerven erst in 1°/,iger Osmiumsäure, färbe dann (nach Auswaschen in Wasser) mit Pikrokarmin und er- härte weiter in schwächerem und stärkerem Alkohol; man bette ihn dann in Paraffin ein und mache möglichst dünne Schnitte. — An Präparaten, die anfangs in Chromsäure anstatt in Osmiumsäure fixiert und erhärtet wurden, ist der Achsencylinder deutlicher. 952 Specielle Technik. wogegen die Bauverhältnisse der Markscheide nicht ganz so schön erkennbar sind. 31. Die marklosen Nervenfasern findet man bei den Wirbel- thieren in grösster Anzahl im Sympathicus. Man präpariert den sympathischen Grenzstrang (mit den Ganglien) aus einem Frosch heraus und zerzupfe ihn frisch; dann lässt man eine 1°/,ige Osmium- säurelösung 5—10 Minuten einwirken; hierauf färbt man (nach dem Auswaschen in Wasser) etwa 24 Stunden in Pikrokarmin und unter- sucht in Glycerin. Markhaltige Nervenfasern, marklose Nervenfasern und Bindegewebsbündel sind leicht von einander zu unterscheiden; auch die sympathischen Ganglienzellen sind mit ihrem geraden Fortsatz sichtbar (die Spiralfaser ist meistens viel weniger deutlich). 32. Um den Gegensatz zwischen Ganglienzellenschieht und Punktsubstanz bei wirbellosen Thieren zu untersuchen, fertige man Querschnitte an, z. B. durch den Bauchstrang eines Regenwurms, eines Blutegels oder eines Krebses oder durch einen ganzen Blutegel oder Regenwurm; dabei kann man nach der in 26 angegebenen Methode zu Werk gehen. Der Gegensatz zwischen der zellenreichen, leicht färbbaren Rindensubstanz und der hell bleibenden, centralen Punktsubstanz tritt sehr deutlich kervor. Man beachte auch den Gegensatz zwischen den zellenreichen Nervenknoten und den gewöhn- lich keine Nervenzellen enthaltenden Kommissuren. 33. Für die Darstellung der Bahnen markhaitiger Nervenfasern und für die Differenzierung der grauen und weissen Substanz im Rückenmark und im Gehirn der Wirbelthiere ist folgende, von Böhm im Anschluss an Weigert angegebene Methode sehr zweckmässig. Ein in Alkohol erhärtetes Stück Rückenmark wird in Celloidin ein- gebettet und in Querschnitte zerlegt. Die Schnitte kommen 1 bis 2 Stunden bei einer Temperatur von 40—50° in die sog. Erlicki'- sche Flüssigkeit, welche folgende Zusammensetzung hat: 2'/, gr. doppelehromsaures Kalı, !/, gr. schwefelsaures Kupferoxyd, 100 ccm. destilliertes Wasser. Sie werden dann mit Wasser flüchtig abgespült und nun bei gleicher Temperatur wie vorbin auf 2—3 Stunden in eine Häma- toxylinlösung von folgender Zusammensetzung eingelegt: D. Zum Kapitel Nervengewebe. 253 1 er. Hämatoxylin, 10 gr. absoluter Alkohol, 100 cem. destilliertes Wasser. Sie sind darnach ganz blau, werden aber dann mit unterchlorig- saurem Natron behandelt, und zwar muss die Wirkung dieses Stoffes genau beobachtet werden, damit sie zur rechten Zeit — wenn die graue, aber nicht die weisse Substanz sich entfärbt hat — unter- brochen werden kann. Die markhaltigen Nervenfasern erscheinen dann schön blau gefärbt, alles übrige ist gelblich oder bräunlich. Die Schnitte werden nun in Wasser ausgewaschen und schliesslich nach Be- handlung mit Alkohol und Nelkenöl in Canadabalsam eingeschlossen. 34. Eine prachtvolle Methode zur Darstellung von Nerven- endigungen und Ganglienzellen, sowie der aus den letzteren ent- springenden Nervenfasern, wodurch man diese auf ganz weite Strecken ihres Verlaufs verfolgen kann, ist die Ehrlich’sche Methylenblau- färbung intra vitam. Ein gutes Objekt zur Einübung dieser Methode ist der Bauchstrang des Flusskrebses. Man macht in das Abdomen eines Krebses unter der Haut mittels einer Pravaz’schen Spritze mit Einstichkanüle eine Injektion einer 0,2°/,igen Methylenblau- lösung und präpariert darnach die Chitinhaut an der Ventralseite des Abdomens ab, so dass der Bauchstrang hier frei an der Luft liegt. Nach 18—24 Stunden ist er für die Untersuchung geeignet: einige Ganglienzellen und Nervenfasern sind intensiv blau gefärbt, und letztere können auf weite Strecken verfolgt werden. Die Unter- suchung des herausgenommenen Bauchstrangs geschieht in Glycerin, das mit pikrinsaurem Ammoniak schwach versetzt ist. — In anderen Fällen (bei Wirbelthieren) löst man das Methylenblau nicht in destilliertem Wasser, sondern in physiologischer Kochsalzlösung auf, auch verwendet man sehr verschiedene Konzentrationsgrade (bis zu einer 4°/,igen Lösung) für die Injektion. Die nach der Methylen- blaumethode hergestellten Präparate sind aber nicht gut aufzubewahren. 35. Eine nicht weniger schöne Methode zur Darstellung der nervösen Elemente, sowie auch der Neuroglia, ist die Golgi’sche Chromsilbermethode, die noch den Vorzug hat, dauerhafte Präparate zu liefern. Diese Methode wird in mehreren Modifikationen angewandt, von denen hier nur die bequemste, „die rasche Methode Golgi’s“ aufgeführt werden soll. Die Stücke (vom Rückenmark 254 Specielle Technik. oder vom Gehirn oder von ganzen Embryonen oder kleineren Thieren), welche nicht grösser als !/;,—1 ccm. sein dürfen, kommen zunächst in eine reichliche Menge des Golgi’schen (Gemisches, das aus 1 Theil 1°/,iger Osmiumsäure und 4 Theilen 3,5°/,igen doppel- chromsauren Kalis besteht. Hierin müssen sie 2—7 Tage verweilen: dann werden sie schnell mit Fliesspapier abgetrocknet oder mit destilliertem Wasser abgespült und kommen hierauf in eine 0,75°/, ige Lösung salpetersauren Silberoxyds, die mit Ameisensäure schwach versetzt ist (1—2 Tropfen auf 300 cem.). Auch von der Silberlösung muss eine ziemlich reichliche Quantität verwendet werden, und die Stücke müssen 1—2 Tage darin bleiben (sie können auch längere Zeit darin aufbewahrt werden). Beim Uebertragen in die Silber- lösung bildet sich an der ganzen Oberfläche ein schwarzbrauner Niederschlag von chromsaurem Silber, demselben Stoff, mit welchem die nervösen Elemente sich imprägnieren. Aus der Silberlösung werden die Stücke, wenn sie weiter verarbeitet werden sollen, in destilliertes Wasser übertragen, worin sie doch nur ganz kurz ge- waschen werden; daraus kommen sie weiter in schwächeren, in stärkeren und in absoluten Alkohol, je eine viertel Stunde oder höchstens eine halbe Stunde. Aus dem absoluten Alkohol werden sie direkt in eine dicke Celloidinlösung gebracht, wo sie nur ganz kurze Zeit verweilen dürfen — oft genügen 5 Minuten; je kürzer sie hierin verbleiben, desto weniger geht von der Imprägnation ver- loren. Die Stücke werden nun mit dem umgebenden Celloidin auf einem Holzklotz befestigt und auf einige Stunden in ca. S0°/,igen Alkohol gelegt, und man fertigt dann — am besten auf dem Mikrotom mit einem sehr scharfen Messer — dicke Schnitte an. Die Stücke sind nicht mit Celloidin durchtränkt, sondern nur von demselben umgeben und auf der Unterlage befestigt. Die Schnitte müssen gleich weiter behandelt werden: hat man 5—6 Stück in 80°/,igen Alkohol gelegt, so überführt man sie gleich in absoluten Alkohol, in Nelkenöl und in Canadabalsam (falls die Imprägnation gelungen ist, wovon man sich bei schwacher Vergrösserung leicht überzeugen kann) und erst dann fertigt man wieder neue Schnitte an; man passe auf, dass der Celloidinklotz während der Behandlung der Schnitte nicht eintrocknet. Die in Canadabalsam auf einem Objekt- träger ohne Deckglas angebrachten Schnitte kommen auf einige E. Zum Kapitel Stütz- und Füllsubstanzen, 255 ‘Stunden in einen Thermostaten bei 40—50°; sie müssen, wenn sie aufbewahrt werden sollen, vor Staub gut geschützt werden. Da die @olgi’sche Methode nieht ganz leicht zu handhaben ist, sei noch folgendes hinzugefügt. Am besten eignen sich für dieselbe junge Wirbelthiere — z. B. Hühnerembryonen vom 5. bis zum 12. Tage, ganz junge Säugethiere, Salamanderlarven — sowie auch einige wirbellose Thiere, z. B. Regenwürmer. Ist die Im- prägnation nach der ersten Behandlung nicht gelungen — man kann sich davon durch Anfertigung und Untersuchung einiger Probe- schnitte aus freier Hand überzeugen — so bringt man die Stücke aus der Silberlösung nach flüchtigem Auswaschen in destilliertem Wasser wieder in eine Flüssigkeit von folgender Zusammensetzung: 1°/,iger Osmiumsäure 1 Theil, 2,5 °/,igen doppelchromsauren Kalis 10 Theile, und von da nach abermaligerın Auswaschen wieder in die Silberlösung („die doppelte Methode*). ö Durch die Methylenblaumethode sowohl wie durch die G olgi- sche Methode können die Nervenursprünge aus den Ganglienzellen, wie auch der Faserverlauf und die freien Nervenendigungen vortrefi- lich zur Ansicht gebracht werden. Beide Methoden haben den Vor- theil, dass gewöhnlich nur einige Zellen und Fasern gefärbt werden; würden alle gleichmässig gefärbt, so könnte wegen Undurchsichtigkeit nichts erkannt werden. In dieser Beziehung ist die Golgi’sche Methode etwas launenhaft: bisweilen wird fast nichts, bisweilen allzu viel imprägniert; in verschiedenen Regionen eines und desselben Objekts kann die Imprägnation sehr verschieden ausgefallen sein. Ist aber das richtige Mittel getroffen, so liefert die Methode ganz unübertreftliche Bilder. — Für das Rückenmark der Wirbelthiere gilt als Regel, dass bei kürzerer Einwirkung des Golgi’schen Ge- misches die Neurogliazellen und Ependymzellen, bei längerer Ein- wirkung die Ganglienzellen sich imprägnieren. EB. Zum Kapitel Stütz- und Füllsubstanzen. 36. Das Schleimgewebe untersuche man am Schwanz einer Salamanderlarve oder einer jüngeren Kaulquappe, wo sich innerhalb der Epidermis ein sehr schönes derartiges Gewebe findet. Man untersuche zunächst das lebende Gewebe, indem man die unverletzte 256 Speeielle Technik. Larve einfach auf einen Objektträger in wenig Wasser legt und den Schwanz mit einem Deckglas bedeckt. Die Zellen und ihre reich verästelten, anastomosierenden Ausläufer sind sehr deutlich, in einer homogenen Grundsubstanz liegend; auch lassen sich im Gewebe die amöboiden Bewegungen der Leucocyten (der „wandernden Binde- gewebszellen*) gut beobachten. Das Gewebe lässt sich sehr hübsch in ÖOsmiumsäure oder in Flemming’scher Lösung fixieren und kann nachher gefärbt und aufbewahrt werden. — An dem frischen, lebenden Schwanz dieser Larven beobachtet man auch die Blut- eireulation, die Strömung der Blutkörperchen sowohl in grösseren, wie in kleineren Gefässen. 31. Die Fihrillen des Sehnengewebes lassen sich durch 24 stün- digen Aufenthalt in einer konzentrierten Pikrinsäurelösung und nach- heriges Zerzupfen gut isolieren. Zur Darstellung der Sehnenzellen empfiehlt Ranvier folgendes Verfahren: die Sehnenbündel werden 24 Stunden in eine 1°/,ige Osmiumsäurelösung eingelegt; nach Auswaschen in destilliertem Wasser kommen sie 24 Stunden in Pikrokarmin und werden schliesslich in Glycerin untersucht, welches auf 100 Theile 1 Theil Ameisensäure enthält und eine zeitlang auf das Präparat einwirken muss, bevor die Verhältnisse hinreichend deutlich werden. — Man untersuche auch Querschnitte von Sehnen, die ca. 4 Wochen in !/,°/,iger Chromsäure una nach sorgfältigem Auswaschen in Wasser in allmählich stärkerem Alkohol erhärtet wurden. Man erkennt an solchen Schnitten, wie die Sehnenbündel durch lockeres Bindegewebe zusammengehalten werden. 38. Zur Untersuchung des lockeren Bindegewebes wähle man entweder intermuskuläres Bindegewebe oder das sehr lockere, balkige Subarachnoidealgewebe, das zwischen der Arachnoidea und der Pia mater ausgespannt ist. Dem zunächst frisch im physiologischer Kochsalzlösung untersuchten Präparate tröpfelt man einige Tropfen Essigsäure zu, wodurch die Bindegewebsbündel quellen und ganz durchsichtig werden; auch kommen dann die elastischen Fasern und die Kerne der Bindegewebszellen sehr deutlich zum Vorschein. 39. Fettzellen und Fettgewebe kann man an dem subkutanen sjindegewebe sowie am Mesenterium vieler Säugethiere beobachten. Dem frischen, in Kochsalzlösung untersuchten Präparate setze man Osmiumsäure zu und beobachte das Schwarzwerden des Fettes. E. Zum Kapitel Stütz- und Füllsubstanzen. 297 40. Für die Untersuchung des hyalinen Knorpelgewebes im frischen, lebenden Zustande ist ein sehr günstiges Objekt das sehr dünne und platte hintere Stück des Brustbeins eines Frosches; es wird herausgeschnitten und in physiologischer Kochsalzlösung be- obachtet. Auch kann man Schnitte z. B. vom Femurkopfe eines Frosches oder von den knorpeligen Rippen von Säugetnieren im frischen Zustande anfertigen und untersuchen. — Um den Netz- knorpel zu untersuchen, verschaffe man sich das äussere Ohr eines grösseren Säugethiers, ziehe die Haut ab, erhärte in Alkohol und mache Schnitte durch den Knorpel. — Den Bindegewebsknorpel der Ligamenta intervertebralia kann man in Pikrinschwefelsäure fixieren und nach Erhärtung in Alkohol schneiden. 41. Quer- und Länesschliffe von Knochen und Zähnen fertigt man in der folgenden Weise an. Von einem gut macerierten und getrockneten Knochen (resp. Zahn) wird mittels einer feinen Säge eine möglichst dünne Lamelle abgesägt; nun wird zunächst die eine Fläche mittels einer feinen Feile oder an einem Schleifstein abge- schliffen, bis sie ganz eben geworden ist (falls man mit einer Feile schleift, muss das Knochenblatt auf einem Korkstöpsel oder auf einer Glasplatte mittels Siegellacks resp. Balsams befestigt werden; der Lack oder Balsam wird dann später in 90°/,igen Alkohol ge- löst). Schliesslich wird das Stück mit der eben geschliffenen Fläche auf einem Halter (Kork oder Glas) befestigt, und nun wird die andere Fläche abgeschliffen, bis die genügende Dünne erreicht ist; dann wird es wieder mittels Alkohol abgelöst, getrocknet und — um die Luft darin zu erhalten — trocken unter Deckglas bewahrt, welches letztere mit Lack umrahmt wird. 42. G. v. Koch hat eine Methode angegeben, nach welcher die Skelett- und Weichtheile zusammen geschliffen werden können, sodass die Weichtheile nicht vor dem Schleifen zerstört zu werden brauchen. Es wurde diese Methode zunächst auf Steinkorallen appliziert, liesse sich aber jedenfalls auch auf andere Gebiete über- tragen. Die zu untersuchenden Körpertheile werden fixiert, gefärbt und in Alkohol entwässert, kommen dann in eine dicke Lösung von Kolophonium in Alkohol und werden in einen Thermostaten gestellt; das Kolophonium dringt nun überall ein, und wenn der Bergh, Die thierische Zelle, 17 258 Specielle Technik. Alkohol ganz verdunstet ist, lässt sich das Stück in der gewöhnlichen Weise durchsägen und abschleifen. 43. Um die in den Hartgebilden (Knochen, Zähnen u. a.) vor- handenen Weichtheile zu untersuchen, macht man gewöhnlich die harten Gewebe durch Entkalken schneidbar. Für die Entkalkung werden verschiedene Säuren angewendet, so eine konzentrierte Lösung von Pikrinsäure, eine 1°/,ige Chromsäurelösung (es müssen von diesen Stoffen reichliche Mengen zur Verwendung kommen, auch thut man gut, die Flüssigkeit mehrmals zu wechseln). Kleinere Stücke sind schon nach 1—2 Tagen entkalkt, grössere Stücke müssen meistens viel länger in der Säure verweilen (durch Zusatz von ein wenig Salzsäure oder Salpetersäure kann die Wirkung beschleunigt werden). Wenn fertig entkalkt, hat das Gewebe meistens eind knorpelähnliche Konsistenz erhalten und kann (nach Auswaschen der Säure mit destilliertem Wasser) geschnitten werden. 44. Man untersuche das Blut verschiedener Thiere (am besten nimmt man einen ansehnlichen Tropfen Blut ohne Zusatzflüssigkeit, oder man füge physiologische Kochsalzlösung hinzu). Man beobachte die amöboiden Bewegungen der Leucocyten der verschiedensten Thiere (vergl. hierzu auch 5); ferner studiere man die Form- und Grössenverhältnisse der rothen Blutkörperchen bei einigen Vertretern der verschiedenen Wirbelthierklassen. Man setze dem Blute Wasser zu und beobachte, dass das Hämoglobin aus den rothen Blutkörperchen ausgezogen wird und in Lösung geht. Auch setze man Essigsäure zu; die Kerne der rothen Blutkörperchen kommen dann (wenn vor- handen) sehr deutlich zum Vorschein. Bei den Säugethieren nehmen die Blutkörperchen oft, wenn man sie längere Zeit beobachtet, eigen- thümliche morgenstern- oder maulbeerartige Formen an, indem sie schrumpfen. — Endlich untersuche man das äusserst zellenarme Blut und die zellenreiche Leibeshöhlenflüssigkeit von Regenwürmern oder kleineren Wasseranneliden, bei welchen auch die Blutflüssigkeit roth, hämoglobinhaltig ist. Achromatische Substanz Achseneylinder Alveolärschicht Amitose Amöben Amöboide Bewegung Amphipyrenin Aequatorialplatte . Archeeonien.,.. =. Archiblastische Gewebe . Archoplasma Attraktionssphäre . Basalmembran Basalzellen Becherzellen . 3 Biconische Anschwellung Bindegewebsfibrillen . Bindegewebsknorpel . Bindegewebszellen Bindegewebige Substanzen Blastosphaera Blastula Blutflüssigkeit . Blutinseln Blutkörperchen, weisse . A rothe Blutplättchen Bowman'’sche Kapsel . Cellulosemembran Cement Centrenquadrille Centrosoma . Chemotaxis . Chemotropismus Chondrin . Chromatin Sachregister. Seite | 19 139 23, 30 207 EN 5A . 14, 46, 61 27 27 24192 17.19 Seite (hromatische Substanz . 19 Chromosom . 45 Cilien . 84 Cireulation 25 Cirren . 5 Cnidae 89, 97 Cnidoblast 89, 96 Cnidoeil ’ 89 Cohnheim’sche Felder 117 Cylinderepithelien, einschichtige. 82 5 mehrschichtige 94 Cytoblast . 70 Cytoblastem . 70 Cytoden 8 Cutieula 66 Deiters’sche Zellen 154 Dendriten 134 Dentin . 205 Diplo& . 197 Dispirem . 49 Doppelzelle . ! 39 Drüsen, schlauchförmige el »„ traubige 100, 105 n einzellige . 96 Dyaster 49 Ehrlich'sche Methode 253 Eikern . 33 Eistrahlen 32 Eiterzellen 214 Eiweissstoffe 15 Ektoplasma . 13 Elastische Fasern . 182 Email . 207 Endkolben re 159 Endochondrale Verknöcherung 203 Endogene Zellbildung 70 260 Endothel . Endplatten, motorische Ependym . Epithelien, amöboide 5 einschichtige r mehrschichtige Epithelmuskelzellen Faserknorpel Fettgewebe Fettzelle . Fibrilläre De ahelanz Fibröse Häute . Fibrin . Filarmasse ERBE Flemming'sche Piischaller Flimmerhaare Fresszellen Gallertgewebe . (alvanotropismus . Ganglienzellen . Gegenpolfeld Geisselzelle Geschlechtszellen (reschmacksknospen Gianuzzi'sche Halbmonde Gliafasern Gliazellen Glutin . > Golgi'sche Methode Golgi’sche Zellen Grandy’'sche Körper Granula ; : : Grundlamellen d. Knöchengenehes Hämoglobin Hämolymphe Haarzellen Havers’sche Kanäle Havers’sche Lamellen . Henle'sche Scheide . Hörepithel Hörzellen . Nu; Howship’sche Lakunen . 36, Sachregister. Seite 81 153 | 0,0) Ne) ii Ne) 165) Seite Interannuläres Segment 140 Intercellularsubstanz . 66 Intercellulare Verdauung Sl Interhlarmasse 2 Fe 9 Interglobulärräume . 206 Intermediäre Scheiben der Maskel. fibrillen 114 Interstitielles Bindesewehe 156 Interstitielle Lamellen d. Knochen- gewebes . - 199 | Intracellulare Verdauung Sl Keimbläschen . 20 Keimfleck 20 Kerngerüst 18 Kernkörperchen 20 Kernmembran 20 Kernsaft 20 ' Kernsegmente es: Knäuelstadium . 45, 49 Knochenbildner 202 \ Knochenhöhlen . 196 Knochenkanälchen 196 Knochenmark 198 Knorpel, hyaliner . 192 n verkalkter 195 = elastischer . 192 Knorpelleim . 192 Kranzform BR 47 Krause’sche Körerchen ’ 159 Landolt’sche Keulen . 175 Längsspaltung der Chromosomen 47 Leydig'sche Punktsubstanz . 151 Leucocyten 212 Linin NS) Lymphdrüsen 187, 216 Lymphknoten 187, 216 Lymphzellen 212 ‚ Malpighi'scher Glomerulus 103 Malpighi'sche Schläuche 99 1 Markscheide . 139 ı Markzellen 198 Mastzellen 155 Sachregister. 261 Seite Seite Mauthner’sche Membran. 141, 142 | @dontoblasten . 207, 210 Meissner’sche Körperchen 157, 158 | Ossein . 195 Membranellen -. . . » 2... 87 | Osteoblasten 202 Meniseus (Tast-) . . . - . . 158 | Osteogenes Gewebe 203 Merkel’sche Körper . . . . 157 | Osteodentine 211 Mesenchym EEE 221 | Osteoklasten 198 Metaplastischer en soheranees Östeoide Substanz . 201 prozess 2 2Vseorolich 164 Mikrotom RT WALDE ee (eu Parablast u... „1.0.81, 220 Mitose . 43 | Parablastische Gewebe . 220 Monaster . 49 | Paralinin . 20 Moneren 2... us 8 | Paramitom 9 Motorische Hndpiatten 153 | Paraplasma . Be 9 Muein . - 181 | Perichondrale Verknöcherung . 203 Müller'sche Stützfasern 173 | Photophil 6 Muskelepithelien - 0. 109 | Photophob 6 Muskelfibrillen . 112, 113, 121 | Pigmentepithel . : 172 Muskelkontraktion 115 | Pigmentzellen im Bindegewebe . 185 Muskelprimitivbündel 117 | Plasmazellen 185 Muskelsäulchen 117 | Plasmolyse 98 Mutterstern . 47, 49 | Pjastiden . 5 Myeloplaxen . 195 | Plastinsubstanzen . ER 15 Plattenepithelien . . . . . 79, 89 Neoplastischer Verknöcherungs- Plattenfibrallen‘. 199 prozess 205 Nervenepithelien 159 le 46 Nervenfibrillen . 139 alas! 5 14, 46 Nervenfortsatz . 134 Nisn yeplanter 117 Nervenhügel 153 Primitivscheide ns Nervenmärk ‘ 139 Protoblasten . 5 Nervenröhren, kolossale 148 um Eaue ö 4, 9 Nlenmar 138 keller 122 Neorodendron 175 Purkinje’sche Zellen 136 Neuroglia 144 Laszelen : 214 on 175 nollerellst 136 Netzknorpel . area 192 un 20 Netzstruktur der Zlsbetane . 11 | Banvier’sche Kreuze . 139 Niere der Wirbelthiere . 101 | Ranvier’sche Schnürringe 139 „ der wirbellosen 'Thiere 202 FR önakische Rasen 146 Nucleolus 20 | Remak’scher Modus der Kar Nucleus Be er LO theilung . ER Nuclemia nu ea erg Retieuläre Pintesuheiiiz Er 187 262 tiesenzellen . Riffzellen Rotation . Sachregister. Seite 198, 204 90 25 Ruderplättchen d. Bar penaleh 85, 86 Samenkern . Sarkolemma . Sarkoplasma Säulenknorpel Schleimstoff . Schmelzkeim Schmelzoberhäutchen Schmelzorgan Schmelzpulpa Schmelzzellen Schwann'sche Scheide Sehnenfibrillen . Sehnengewebe Sehnenzellen Sehzellen . Sekretionsvorgang Sharpey’sche Fasern Silbermethode Sinneshaar Sinneszellen . Somatische Zellen Speicheldrüsen . Spermakern . Spermatozoen Spermatogonien Speziallamellen Spindel, achromatische . Spirem P Stäbchenzellen . Stachelzellen Stiftehen . Stigmata . Stomata 53. u. f. 111 115 204 181 209 208 210 210 210 138 186 136 156 168 u: ®. 35 200 238, 160 127, 159 | Dt . 56, 106 5au.cit. 21 41 199 46 EL) 168 u. fl. 90 160 Ss0 >10) Stützzellen d. Eiiesspiihelten 127. 159 Tastkörperchen Tastscheibe . 157 15° S 245 | Seite Tastzellen 157, 158 Tapetum nigrum 172 Tochterstern 48, 49 Tubuli recti . 102 „ contorti 102 Tuniein 180 Umordnungsstadium. . . . . 47 Umdulierende Membran. . . . 87 Wakuolen, kontraktiie . . . . 29 Varikositäten der Nervenfasern . 128 Vasodentine . ; 2207, Vater-Pacini'sche Kar pereien 158 Verbindungsfäden bei der Zell- theilung . en Feen 2° Wabenstruktur der Zellsubstanz 12 Wachsthumskeule d. Nervenfasern 143 Wagner’sche Körperchen . 157 Wassergefässsystem 105, 219 Weigert'sche Methode 253 Wharton'sche Sulze 130 Wimperhaare 84 | Zahnbein 205 \ Zahnfasern 207 Zahnfurche 208 Zahnkanälchen . 206 Zahnkitt . 207 | Zahnleiste 208 Zahnpapille . 219 Zahnpulpa 206 Zahnsäckchen 210 Zahnscheiden 7 zellhaute. 2.2.2 RN 05 Zellig-blasiges Gewibe i 179 Zellkern... 2... Ser ne el Zellenknorpel 195 Zellknospung ... . ı- zu, on Zellplatte. a enr K Zellsubstanz . 7,9 Zwischenkörperchen . . . .. ol C. W. Kreidel’s Verlag in Wiesbaden. Soeben ist erschienen: DIE DOTTERSACK-GEFÄSSE DES HUHNES, VON DEMETRIUS POPOFF, ASSISTENTEN AN DER GEBURTSHÜLFLICH-GYNÄKOLOGISCHEN KLINIK DES PROFESSOR A. LEBEDEFF DER MILITÄR-MEDICINISCHEN AKADEMIE ZU ST. PETERSBURG. Mit zwölf lithographirten Tafeln in Farbendruck und zwölf lithographirten Tafel-Erklärungsblättern. Preis in Mappe 27 Mark. Die Arbeit hat zu der morphologischen Betrachtung die innigste Beziehung, indem sie den fertigen Zustand des Gefäss- netzes bekannt macht, während durch die histiogenetischen Unter- suchungen auf Stellen aufmerksam gemacht wird, an welchen Umbildungen von Gefässabschnitten (Umwandlungen von Capillaren in weitere Bahnen und von weiteren Bahnen in Capillaren) stattfinden. Der physio- logischen Betrachtung steht die Arbeit ganz zu Diensten, indem sie den ganzen bisher nicht bekannten Reichthum der Gefässe darstellt, welcher ja eine wichtige Grundlage für das physiologische Verständniss abgiebt. _Neuer Verlag? von J. F. BERGMANN in a iesbaden. - Besammelt Abhandlungen aus der Modieinischen Klinik Dorpat. Herausgegeben von Dr. H. Unverricht, Professor und Direetor des städt. Krankenhauses in Magdeburg. MeRo.— INHALT: Kusik, Experimentelle Studien über die corticale Innervation der Rumpf- muskulatur. — Wieting, Zur Physiologie der intracorticalen Ganglien und über die Beziehungen derselben zum epileptischen Anfall. — Tochtermann, Ueber die Circu- lationsstörungen im epileptischen Anfall — Vierhuff, Ueber absteigende Degeneration nach einseitigen Hirn- und Rückenmarksverletzungen. — Lunin, Zur Diagnostik der Trans- und Exsudate mit Hilfe der Bestimmung des spec. Gewichts, — Spehlmann, Ein Beitrag zur Kenntniss der Lingua geographica. — Radomyski, Die Harneylinder im eiweissfreien Urin. — Bruttan, Ein Beitrag zur Casuistik der centralen Gliose des Rückenmarks (Syringomyelie). — Gotard, Ueber die Auslösung von Reflexen durch Summation electrischer Hautreize. — Szupak, Experimentelle Untersuchungen über die Resorption der Pneumothoraxluft. — Kreps, Ueber die Athmungsbewrgungen bei den verschiedenen Formen des Pneumothorax. Experimentelle Untersuchungen. — Blumen- thal, Experimentelle Untersuchungen über den Lungengaswechsel bei den verschiedenen Formen des Pneumothorax. — Orlowski, Ein experimenteller Beitrag zur Kenntniss der Einwirkung des Atropins auf die Respiration. — Ust, Beiträge zur Bestimmung der Capaeität des Magens. Die syphilitischen Erkrankungen des Nervensystems. Von Dr. Th. Rumpf, Director des Neuen Allgemeinen Krankenhauses in Hamburg. Mit Abbildungen. — Preis M. 15.—. „Ein sehr verdienstvolles Buch, das durch erschöpfende Zusammenfassung des bisher nach der klinischen sowohl wie nach der pathologisch - anatomischen Seite Geleisteten und durch eigene werthvolle Beiträge eine wesentliche Lücke der Fachlitteratur ausfüllt.“ Deutsche med. Wochenschrift. „Die allgememeine Pathologie der Syphilis, die pathologische Anatomie der Nervensyphilis und eine detaillirte Darstellung der syphilitischen Erkrankungen des Gehirns, Rückenmarks und der peripheren Nerven auf Grund sorgfältiger anatomischer und klinischer Untersuchungen werden nicht nur den Syphi- lidologen und Ne rvenpathologen, sondern auch den Praktiker mit hohem Interesse erfüllen.“ Wiener med. Wochenschrift. Lehrbuch der Physiologischen Chemie. Von Olof Hammarsten, o. ö. Professor der medieinischen und physiologischen Chamie an der Universität Upsala. Preis: M. 8.60. — — „Eine eigenartige, in deutschen Lehrbüchern nicht übliche Be igabe ist die überall eingestreute chemische Tech- nik, welche dem Buche nicht allein als Lehrbuch, sondern als Vademecum für das Laboratorium einen ganz besonderen Werth verleiht.“ Centralblatt f. klinische Mediein. nn nn C. W. Kreidel’s Verlag in Wiesbaden. ANLEITUNG ZUR QUALITATIVEN UND QUANTITATIVEN ANALYSE DES HARNS, SOWIE ZUR BEURTHEILUNG DER VERÄNDERUNGEN DIESES SECRETS MIT BESONDERER RÜCKSICHT AUF DIE ZWECKE DES PRAKTISCHEN ARZTES. ZUM GEBRAUCHE FÜR MEDICINER, CHEMIKER UND PHARMACEUTEN VON DR. G. NEUBAUER vx» DR- JUL. VOGEL. NEUNTE UMGEARBEITETE UND VERMEHRTE AUFLAGE VON DR. H. HUPPERT, UND Dr. L. THOMAS, o. ö. Professor der Medic. Chemie an der o. ö. Professor der Heilmittellehre u. der Med. k. k. deutschen Universität zu Prag. Poliklinik an der Universität zu Freiburg, MIT 3 LITHOGRAPHIRTEN TAFELN UND 48 HOLZSCHNITTEN. PREIS: M. 15.20, gebunden M, 16.60. I. Abtheilung: M. 11.20. II. Abtheilung: M. 4— Diese neunte Auflage hat durch die Forschungs-Ergebnisse der letzten neun Jahre nicht bloss wesentliche Bereicherungen erfahren, sondern die Fülle der neuen Thatsachen, welche Aufnahme in das Werk finden mussten, nöthigten zu einer vollständigen Umarbeitung desselben. Im analytischen Theile haben mehr als dreissig völlig neue Artikel Aufnahme gefunden, und es haben die meisten der bereits in der achten Auflage enthaltenen einer Umarbeitung unterzogen werden müssen. Die physiologische Chemie umfasst nur einige wenige Körper und einige specielle Methoden mehr als die Chemie des Harns. Die Beschreibung der im Harn vorkommenden Verbindungen, die allgemeinen und viele specielle auf die Untersuchung des Harns angewandte Methoden sind gleich mit denen der physio- logischen Chemie überhaupt. Es wird das Buch daher auch denjenigen Forschern von Nutzen sein, welche sich nicht bloss mit der Untersuchung des Harns, sondern auch mit physiologisch-chemischen Untersuchungen überhaupt befassen. Beide Herren Bearbeiter sind auch diesmal bestrebt gewesen, das Buch im Geiste seiner Verfasser zeitgemäss fortzuführen, um sowohl dem Anfänger mit zuverlässigem Rath an die Hand zu gehen, als auch dem selbstständigen Forscher die methodologisch richtigen Nachweise zu liefern. Es wird daher auch die neunte Auflage in allen Anforderungen dienen, welche an den praktischen Arzt, den Chemiker und Pharmazeuten herantreten, wie sie zugleich den Studirenden ein übersichtlicher Leitfaden für die Einführung auf diesem Gebiete sein wird in Bewährung des verdienten Rufes des Werkes — ein Buch zu sein, nach dem man arbeiten kann. Verlag von J. F. BERGMANN in Wiesbaden. Grundriss der Augenheilkunde. Unter besonderer Berücksichtigung der Be- dürfnisse der Studirenden und praktischen Aerzte. Von Dr. Max Knies, Professor a. d. Universität Freiburg. Dritte Auflage. M. 6.— Dasselbe, II. Theil: Die Beziehungen des Sehorgans und seiner Erkrank- ungen zu den übrigen Krankheiten des Körpers und seiner Organe. M. 9.— Die Methoden der Praktischen Iyg jene. Von Dr. K. B. Lehmann, Professor der Hygiene an der Universität Würzburg. M. 16.— Taschenbuch der Medicinisch-Klinischen Diagnostik. Von Dr. Otto Seifert, Privatdozent in Würzburg und Dr. Friedr. Müller, Professor in Marburg Siebente Auflage. In englischem Einband M. 3.20. Recepttaschenbuch für Kinderkrankheiten. Von Dr. oito Seifert, Privatdozent in Würzburg. Zweite unveränderte Auflage. M. 2.80. Lehrbuch der physiologischen Chemie. Von 0. Hammarsten, Professor der mediein. und physiolog. Chemie a. d. Universität Upsala. M. 8.60. Lehrbuch der inneren Medicin rür Studirende und Aerzte. Von Dr. R. Fleischer, Professor an der Universität Erlangen. Bd. IM. 5.40. Bd. II. 1. Hälfte M. 5.60. Die Methoden der bakterien-Forschung. Handbuch der gesammten Methoden der Mikrobiologie. Von Professor Dr. Ferd. Hueppe in Prag. Fünfte Auflage Mit 26 Abbild. u. 2 Tafeln. M. 10.65, geb. M. 12.— Lehrbuch der Augenheilkunde. von Professor Dr. J. Michel in Würzburg. Zweite umgearbeitete Auflage. M. 20.-—, geb. M. 21.60. Die Unterleibsbrüche. Vorlesungen über deren Wesen und Behand- lung. Von Dr. E. Graser, Professor an der Universität Erlangen. NM. 6.40. Kurzer Leitfaden Refractions- und Accommodations -Anomalien. Eine leicht fassliche Anleitung zur Brillenbestimmung. Bearbeitet von H. Schiess, Professor der Augenheilkunde an der Universität Basel. M. 2,50. Die Harnuntersuchungen una ihre diagnostische Verwerthung. Von Dr. B. Schürmayer. M. 2.— Verlag von J. F. BERGMANN in Wiesbaden. Grundriss der chirurgisch-topograph. Anatomie. Mit Einschluss der Untersuchungen am Lebenden. Von Dr. 0. Hildebrand, Privat-Docent der Chirurgie an der Universität Göttingen. Mit einem Vorwort von Dr. Franz König, ord. Professor der Chirurgie, Geh. Med.-Rath, Direktor der Chirurg. Klinik in Göttingen. Mit 92 theilweise farbigen Abbildungen. Me geb. M. 8.—. Klinischer Leitiaden der Augenheilkunde. von Dr. Julius Michel, o. ö. Prof, der Augenheilkunde an der Universität Würzburg. geb. M, 6.—. Grundriss der pathologischen Anatomie. Von Dr. Hans Schmaus, I. Assistent am pathologischen Institut u. Privatdozent an der Universität München. Mit 191 Abbildungen im Text. M. 12.—. Abriss der pathologischen Anatomie. Von Dr. 6. Fütterer, vorm. I. Assistent am patholog.-anatom.' Institut der Universität Würzburg, z. Z. Professor der patholog. Anatomie und Mediein in Chicago. Zweite Auflage M. 4.60. Schema der Wirkungsweise der Hirnnerven. Von Dr. 3. Heiberg, weil. Professor an der Universität Christiania. Zweite Auflage. M. 1.20. Die officinellen Pilanzen und Pilanzenpräparate. Von Dr. Hugo Schulz, o. ö. Professor an der Universität Greifswald. Mit 94 Illustrationen. M. 4.60. Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns. Von Dr. C. Neubauer und Dr. Jul. Vogel. Neunte umgearbeitete und vermehrte Auflage von Professor Dr. H. Huppert und Professor Dr. L. Thomas. M. 15.20, gebunden M. 16.60. Anleitung zur Darstellung physiologisch - chemischer Präparate. von Frofessor Dr. Drechsel in Bern. ° geb. M. 1.60. Vorlesungen über Pathologie und Therapie der venerischen Krankheiten. Von Professor Dr. Eduard Lang in Wien. I. Theil: Pathologie und Therapie der Syphilis. M. 16.—. II. Theil I. Hälfte: Das venerische Geschwür. M. 1.60. 1I. Theil II. Hälfte: Der venerische Katarrh. M. 4.80. Complett in einen Band geheftet M. 22.40. Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie. von Dr. 1. Löwenfeld, Specialarzt für Nervenkrankheiten in München. M. 12.65. J r BERGMANN and C. W. KREIDEL'S VERLAG in Wiesbaden. Die Morphologie der Placenta bei Nagern und Raubthieren (Embryologische Untersuchungen Heft III). Von A. Fleischmann, Privatdozent der Zoo'ngie in Erlangen. Mit > Tafeln. M ER über einheimische Raubthiere (Embryologische U suchungen Heft I). Von Dr. A. Fleischmann, Privatdozent der Zoo] in Erlangen. Mit 5 Tafeln in Farbendruck. M. 2i Die ee der Nagethiere.. Die Umkehr der Keimblät (Embryologische Untersuchungen Heft II. Von Dr. A. Fleischma' Privatdozent der Zoologie in Erlangen. Mit 3 Tafe In in Farbendruck. M. 20 Studien über die Entwichlunbegosktichte der Thiere. Von Dr. Er Selenka, Professor in Erlangen. Keimblätter und Primitivorgane der Maus. (1. Heft.) Mit 4 Tafeln. M Keimblätter der Echinodermen. (2. Heft.) Mit 6 Tafeln. M. 15.—. Blätterumkehrung im Ei der Nagethiere. (3. Heft.) Mit 6 Tafeln. M. 15. Das Opossum (Didelphys virginiana.) ( (4. Heft.) Mit 14 Tafeln. M. 40.—., Beutelfuchs und Känguruhratte — Kantjil — Affen Ostindiens — Kalong. ©. Heft.) Mit 12 Tafeln. M. 42.—. Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon in den Jahren 1884 bis 1886. Von Dr. Paul Sarasin und Dr. Fritz Sarasin. Auge und Integument der Diadematiden. — Ueber 2 parasit. Schnecken. (Band I. Heft L) Mit 5 Tafeln. M. 14.—. Entwickelungsgeschichte der Helix woltoni — Knospenbildung bei Linckia Multifora. (Heft II.) Mit 4 Tafeln. M. 14.—. Anatomie der Echinothuriden und die Phylogenie der Echino- dermen. (Heft III.) Mit S Tafeln. M. 18.—. Entwickelungsgeschichte und Anatomie der ceylon. Blindwühle Ichtyophis glutinosus. (Band II.) Mit 24 Tafeln. M. 60.—. Die Weddas von Ceylon und die sie umgeben Völkerschaften. Ein Folio- band von 600 Druckseiten mit in den Text gedruckten Heliogravüren, Holz- schnitten, Tabellen und einem Atlas von 84 Tafeln in Heliogravüre und Litho- graphie. Preis in Mappe. M. 144.—. Experimentelle Untersuchungen über das Corpus trapezoides und den Hörnerv der Katze. Von Dr. A. Bumm, Professor a. d. Universität Erlangen. Mit 23 Abbildungen auf 2 lithogr. Tafeln. M. 10.60. Beiträge zur Struktur und Entwicklung des Carcinoms. Von E. Noegge- rath, M. D., Prof. emer. des New-York Med. College. Mit 108 Abbildungen B) Tafeln in Farbendruck. M. 15.— Die Sn miche Placenta. eben von Dr. M. Hofmeier, o. ö. Pro- fessor der Geburtshilfe und Gynäkolögie an der Universitat Würzburg. Unter Mitarbeit von den Herren Dr. 6. Klein und Dr. P. Steffeck. Mit 10 Tafeln und 17 Abbildungen im Text. Preis in Mappe M. 15.—. one der Placenta von Myotus murinus, Von Dr. Richard Frommel, o. ö. Prof. d. Gynäkologie in Erlangen. Quart. Mit 12 Farben- tafeln. M. 20.—. Die Allantois des Menschen. Eine entwickiungsgeschichtliche Studie auf Grund eigener Beobachtung. Von Dr. Franz von Preuschen, Professor an der Universität Greifswald. Mit 10 Tafeln. M. 16. — Neuer Verlag von J. F. BERGMANN in Wiesbaden. Klinischer Leitfaden der Augenheilkunde von Dr. Julius Michel, o. ö. Professor der Augenheilkunde an der Universität Würzburg. Gebunden M. 6.—. In dem vorliegenden Klinischen Leitfaden ist der Zweck ver- folgt, in möglichst gedrängter Form den Studierenden eine wissen- schaftlich geordnete Darstellung des Gesammtgebietes der Augen- heilkunde zu geben. Mit seiner Hilfe und Führung soll der Studirende das, was er in der Klinik und in den praktischen Kursen an einer Reihe von Einzelfällen beobachtet und gelernt hat, zu einer Ge- sammtübersicht über die ganze Ophthalmologie vereinigen und zu- gleich auf die vielfachen Beziehungen zur allgemeinen Medicin auf- merksam gemacht werden. Dem praktischen Arzte soll die Möglich- keit geboten sein, an der Hand der früher erworbenen Kenntnisse sich rasch über den jetzigen Stand der Augenheilkunde zu unter- richten. Dadurch war — zugleich im Hinblick auf die grossen Ansprüche, die in neuerer Zeit an eine vielseitige Ausbildung der Medieinstudirenden und Aerzte gestellt werden — die Nothwendigkeit vorgezeichnet, in möglichster Kürze ausschliesslich oder hauptsäch- lich dasjenige in Betracht zu ziehen, was dem medicinischen Bedürf- nisse im allgemeinen zu entsprechen schien. Verlag von J. F. BERGMANN in Wiesbaden. Beiträge zur Histologie des Nervensystems und der Sinnesorgane. Von Michael von Lenhossek in Würzburg. Mit 5 Tafeln und 15 Figuren im Text. — Preis: M. 12.60. INHALT: Die Nervenendigungen in den Maculae und Christae acusticae. — Zur Kenntniss des Rückenmarkes der Rochen. — Die Nervenendigungen in der Riechschleimhaut. — Ueber oberflächliche Nervenzellen im Rückenmarke des Hühnchens. — Ueber Golgi’sche Kommissurenzellen. — Die Endknospen der Barbe und des Aales,. — Zur Kenntniss der Spinalganglien. — Das Ganglion genieuli nervi facialis und seine Verbindungen. — Ueber das Ganglion spheno- palatinım und den Bau der sympathischen Ganglien. Physiologische Untersuchungen über das Endorgan des Nervus Detavus,. Von Dr. J. Richard Ewald, Professor e. o. an der Universität Strassburg. Mit 66 Holzschnitten, 4 Tafeln und einem Stereoskopbilde. Preis M. 18.—. __Myothermische Untersuchungen aus den Physiologischen Laboratorien zu Zürich und Würzburg Prof. Billroth (Wien), Prof. Blix (Lund). Prof. Böhm (Leipzig), Prof, Danilewsky (Charkow), Prof. Wislicenus (Leipzig), Dr Dybkowsky. Dr. Harteneck und Prof. Fick (Würzburg). Gesammelt und herausgegeben von A. Fick, 0. ö. Professor an der Universität Würzburg. Mit 2 lithographirten Tafeln. — Preis: M. 9.—. INHALT: Billroth und Fick, Versuche über die Temperaturen bei Tetanus. Fick und Wislicenus, Ueber die Entstehung der Muskelkraft. — Fick, Experimenteller Beitrag zur Lehre von der Erhaltung der Kraft bei der Muskelzusammenziehung. — Dybkowsky und Fick, Ueber die Wärme- entwickelung beim Starrwerden des Muskel, — Fick und Böhm, Ueber die Wirkung des Veratrins auf die Muskelfaser. — Fick, Ueber die Wärmeentwicke- lung bei der Zusammenziehung des Muskels. — Fick, Ueber die Wärmeentwicke- lung bei der Muskelzuckung. — Danilewsky, Versuch, die Gültigkeit des Prinzips der Erhaltung der Energie bei der Muskelarbeit experimentell zu be- weisen. — Danilewsky, Ergebnisse weiterer thermodynamischer Untersuchungen der Muskeln. — Blix, Zur Beleuchtung der Frage, ob Wärme bei der Muskel- kontraktion sich in mechanische Arbeit umsetze. — Fick, Myothermische Fragen und Versuche. — Fick, Mechanische Untersuchung der Wärmestarre des Muskels. — Fick, Versuche über Wärmeentwickelung im Muskel bei ver- schiedenen Temperaturen. Einladung zur Subskription. — am > Im unterzeichneten Verlage erscheinen: Anatomiısche Hefte. Unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Fr. Merkel, zu R. Bonnet, o. ö. Professor der Anatomie in Göttingen, o. ö. Professor der Anatomie in Giessen. aa re Heft I: |]. Disse, Untersuchungen über die Lage der menschlichen Harnblase und ihre Veränderung im Laufe des Wachsthums. Mit 1ıo Tafeln. 3 Skizzen im Text und 2 Kurventafeln. — Fr. Merkel, Ueber die Halsfascie. Mit 5 Abbildungen. — Preis M. 12.60. Heft II: H. Strahl, Untersuchungen über den Bau der Placenta V. Mit 19 Abbildungen auf 3 Doppeltafeln. — F. W. Lüsebrink, Die erste Entwickelung der Zotten in der Hunde-Placenta. Mit 8 Abbildungen. — H. Junglöw, Ueber einige Entwickelungsvorgänge bei Reptilien-Embryonen. Mit 6 Abbildungen. — K. v. Kostanecki, Ueber Centralspindel-Körperchen bei Karyokinetischer Zelltheilung. (Mit 4 Abbildungen.) — Preis M. 11.40. Heft III: Fr. Merkel, Jacobson’sches Organ und Papilla palatina beim Menschen. Mit 7 Abbildungen. — R. Bonnet, Ueber Hypotrichosis congenita universalis. Mit ır Abbildungen auf Tafel XXII und XXIII und ı Textabbildung. — Fr. Merkel und Andrew W. Orr, Das Auge des Neu- geborenen an einem schematischen Durchschnitt erläutert. Mit 3 Abbildungen auf Tafel XXIV. — K. v. Kostanecki, Die embryonale Leber in ihrer Be- ziehung zur Blutbildung. — K. v. Kostanecki, Ueber Kerntheilung bei Riesen- zellen nach Beobachtungen an der embryonalen Säugethierleber. Mit ı Tafel, — F. Siebenmann, Die Metall-Korrosion Semper’scher Trockenpräparate des Ohres. — Ferdinand Frobeen, Zur Entwickelung der Vogelleber. — Preis M. 12.—. Heft IV: Wilhelm Grosskopf, Die Markstreifen in der Netz- haut des Kaninchens und des Hasen. Mit ıo Abbildungen auf Tafel VII. — Franz Vay, Zur Segmentation von Tropidonotus Natrix. Mit 2 Abbildungen auf Tafel III. — Hermann Stieda, Die Anomalien der menschlichen Hinter- hauptsschuppe. Mit ıo Abbildungen auf Tafel IV/V, VI/VII. — Anton Smie- chowski, Die Bedeutung der Megasphären in der Keimscheibe des Hühnchens. Mit 8 Figuren auf Tafel VIII. — R. Zander und H. Stieda, Persistenz des Urnierentheiles der linken Kardinalvene beim erwachsenen Menschen. Mit ı Ab- bildung auf Tafel IX. — Preis M. 12.60. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Heft V: |J. Disse, Ueber die Veränderungen der Nierenepithelien bei der Sekretion. Mit 9 Abbildungen auf Tafel X. — C. J. Eberth und Richard Bunge, Die Endigungen der Nerven in der Haut des Frosches. Mit ı4 Figuren im Text und 5 Figuren auf Tafel XI. — J. Niemack, Maculae und Cristae acusticae mit Ehrlich’s Methylenblaumethode Mit Figur ı—5 auf Tafel XII/XIII. — ]J. Niemack, Der nervöse Apparat in den Endscheiben der Froschzunge. Mit Fig. 6 und 7 auf Tafel XIV/XIL. — K. v. Kostanecki, Ueber die Schicksale der Centralspindel bei karyokinetischer Zelltheilung. Mit 36 Figuren auf Tafel XIV/XV. — E. Kallius, Ein einfaches Verfahren, um Golgische Präparate für die Dauer zu fixieren. — Preis M. 11.40. Heft VT/VII: Wilhelm Roux, Beiträge zur Entwickelungsmechanik des Embryo. — Victor Schmidt, Das Schwanzende der Chorda dorsalis bei den Wirbelthieren. Mit ı2 Abbildungen auf Tafel XVI, XVII und XVII. — H. Strasser und A. Gassmann, Hülfsmittel und Normen zur Bestimmung und Veranschaulichung der Stellungen, Bewegungen und Kraftwirkungen am Kugelgelenk, insbesondere am Hüft- und Schultergelenke des Menschen. Mit 9 Figuren, Tafel XIX—XXVII und 7 Figuren im Text. — Karl Bersch, Die Rückbildung des Dottersackes bei Lacerta agilis. Mit 8 Figuren auf Tafel XXIX/XXX. — Preis M. 13.60. Heft VIII: S. Mollier, Die paarigen Extremitäten der Wirbel- thiere. I. Das Ichthyopterygium. Mit ı2 Textfiguren und 38 Abbildungen auf Tafel I'VIII.. — H. Steinbrügge, Ueber das Verhalten des menschlichen Ductus cochlearis im Vorhofsblindsack (Reichert), Mit 7 Figuren im Text. — P. Lesshaft, Die Architektur des Beckens. Mit ıı Textfiguren und Tafeln. — Preis M. 16.60. Heft IX: M. v. Lenhossek, Die Nervenendigungen in den Maculae und Cristae acusticae. Mit 4 Figuren auf Tafel XIVXIII. — ]J. Halban, Die Dicke der quergestreiften Muskelfasern und ihre Bedeutung. Mit ıo Figuren auf Tafel XIV. — D. Barfurth, Experimentelle Untersuchung über die Re- generation der Keimblätter bei den Amphibien. Hierzu Tafel XV—XVIH — D. Barfurth, Ueber organbildende Keimbezirke und künstliche Missbildungen des Amphibieneies, Hierzu Tafel XVII—XVIII — Preis M. 12.60. Heft X: H. Kionka, Die Furchung des Hühnereies.. Mit 9 Figuren auf Tafel XIX/XX. — August Dupuis, Die cortische Membran, Mit 2 Figuren im Text und ı9 Figuren auf Lichtdrucktafel XXT/XXI. — H. Strahl, Der Uterus post partum I. Mit 2 Figuren auf Tafel XXIII. — H. Strahl, Ueber Dottersackreste bei Reptilien. Mit 3 Figuren auf Tafel XXIV. — Dr. E. Kallius, Untersuchungen über die Netzhaut der Säugetiere. Hierzu Tafel XXV/XXVII. — Preis M. 16.—., Heft XI: E. Zuckerkandl, Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Arterien des Vorderarmes. Mit 4 Tafeln. — E. Zuckerkandl, Ueber die Obliteration des Wurmfortsatzes beim Menschen. — R. Disselhorst, Der Harn- leiter der Wirbeltiere. (Unter der Presse.) Heft XII: T. Zaayer, Die Persistenz der Synchonchrosis condylo- squamosa am Hinterhauptbeine des Menschen und der Säugetiere. — Georg Lotheissen, Über die Stria medullaris thalami optici und ihre Verbindungen. (Unter der Presse.) In diesen Heften sind Arbeiten aus den Anatomischen Instituten der Universitäten Bern, Breslau, Dorpat, Giessen, Göttingen, Halle, Inns- bruck, Königsberg, Leiden, Marburg, München, St. Petersburg, Wien und Würzburg enthalten. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Ergebnisse der Anatomie und Entwiekelungsgeschichte, Unter Mitwirkung von Karl vonBardeleben, Jena; D. Barfurth, Dorpat; R. Bonnet, Giessen; G. Born, Breslau; J. Disse, Göttingen; C. Eberth, Halle; W. Flemming, Kiel; C. Golgi, Pavia; F. Hermann, Erlangen: C. v. Kupffer, München; F. Merkel, Göttingen; W. Roux, Inns- bruck; H. Strahl, Marburg; H. Strasser, Bern; W. Waldeyer, Berlin; E. Zuckerkandl, Wien herausgegeben von Fr. Merkel En R. Bonnet in Göttingen. in Giessen. I. Band: 1891. Preis: |. 3.—. Ineyarlır: A. Anatomie. Technik von F, Hermann, Erlangen. — Zelle von W. Flemming, Kiel. — Allgemeine Anatomie von J. Disse, Göttingen. — Regeneration von D. Barfurth, Dorpat. — Knochen, Bänder, Muskeln von K. von Bardeleben, Jena. — Circulationsorgane sog. Blutgefässdrüsen von C. Eberth, Halle. — Verdauungs-Apparat von Ph. Stöhr, Zürich. — Respirationsapparat von F. Merkel, Göttingen. — Urogenitalsystem von F. Hermann, Erlangen. — Haut, von Fr. Merkel, Göttingen. — Sinnesorgane von Fr. Merkel, Göttingen. — Ner- vensystem von C. Golgi, Paviaa — Topographische Anatomie von Fr. Merkel, Göttingen, B. Entwickelungsgeschichte. Allgemeines, Lehrbücher, At- lanten etc. von R. Bonnet, Giessen. — Befruchtung von Th. Boveri, München. — Erste Entwickelungsvorgänge von G. Born, Breslau. — Placenta und Eihäute von H. Strahl, Marburg. — Entwickelungs- geschichte des Kopfes von A, Froriep, Tübingen. — Entwickelung der Exkretionsorgane von J. Rückert, München. — Entwickelung des Gefässsystems von F, Hochstetter, Wien. — Alte und neue Pro- bleme der entwickelungsgeschichtlichen Forschung auf dem Ge- biete des Nervensystems von H. Strasser, Bern. Inhalt von Bd. II siehe umstehend,. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgeschichte. Bad. II. Ueber das Jahr 1892. Preis M. 23.—. Inhalt: A. Anatomie. Lehr- und Handbücher von W, Waldeyer, Berlin. — Technik von F. Hermann, Erlangen. — Zelle von W, Flemming, Kiel.— AllgemeineAnatomie von J. Disse, Göttingen. — Regeneration von D. Barfurth, Jurjew (Dorpat),. — Knochen, Bänder, Muskeln von K. von Bardeleben, Jena. — Cirkulationsorgane, sog. Blutgefäss- drüsen von C. Eberth, Halle. — Respirationsapparat von Fr, Merkel, — Urogenitalsystem von F. Hermann, Erlangen. — Haut von J. Disse. — Sinnesorgane von Fr. Merkel, Göttingen und E. Zuckerkandl, Wien. Nervensystem von G. Golgi, FPavi.. — Topographische Anatomie von Fr. Merkel, Göttingen. B. Entwickelungsgeschichte. Entwickelungsmechanik von W, Roux, Innsbruck. — Erste Entwickelungsvorgänge von G. Born, Breslau. — Die menschliche Placenta von H. Strahl, Marburg. — Ent- wickelungsgeschichte des Kopfes von C. v. Kupffer, München. — Alte und neue Probleme der entwickelungsgeschichtlichen Forschung auf dem Gebiete des Nervensystems von H, Strasser, Bern. — Die Mammarorgane im Lichte der Ontogenie und Phylogenie von R. Bonnet, Giessen. Der Unterzeichnete bestellt durch die Buchhand- lung von aus dem Verlage von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Anatomische Hefte: Heft Ergebnisse der Anatomie und Ent- wickelungsgeschichte. Band Ort und Datum Name Druck der Kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz iu Würzburg. AI ER N A ed A QH Bergh, Rudolph 581 Vorlesungen über die Zelle 3375 und die einfachen Gewebe des thierischen Körpers Biological Be Medical PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY ri erh 2 fe Ere RE ET eur) Kant Klee . $ gehybererete ss be ee Te? EEE EUER RUHT ak * jebi, [2 at BrHE a ehe) er he) A Hanke BE J hie EHRE AHE he i DEIShR ehe HEMER EHE Kineen? e) r al YW ah ha Ir ihre Hr: a BERun 4 rat Yarık 2 he here BEERTERRITSEHANG, NEBRBSSHRR DEN. { au e 4 I irie En « { kl Hi art N; HE ah ee ; sei erste, ” 2 =: Bes DE TE TZZ ZT Feier Ve ee: ee er EEE RER Er BIEERZER ae Een a FEIEE BEehtiene In R In hi ga Gerrie Ha BORD RH IR Hill N DE! DB Ban > al rn x » ‘ v i iR j. (MT Ft, HUN! A ie Hk Hi Ham Eii je „ Ah 1 u un “ Aralfr Mh RISHEHIT An jsinhele ne wer HESHE) N Hl Kin ’ e| di harh N nr Flle in I ehe ’ Mi N ee I % ’ REN IRRHCING (Hl alantrlie UI Ir ieha * . 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