j MU a- W "Xibrarp of the Museum

OF

COMPARATIVE ZOÖLOGY,

AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS,

Dounded by private subscription, In 1861.

Deposited by ALEX. AGASSIZ.

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Vorstudien zu einer wissenschaftlichen Morphologie und Physiologie

des

menschlichen Gehirns als Seelenorgan

Rudolph Wagner.

Erste Abhandlung.

Über die typischen Verschiedenheiten der Windungen der Hemisphären und über dıe Lehre vom Hirngewicht, mit besondrer Rücksicht auf die Hirnbildung intelligenter Männer.

Mit sechs Kupfertafeln.

Göttingen, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung. 1860.

Ueber die typischen Verschiedenheiten

der

Windungen der Hemisphären

und über

die Lehre vom Hirngewicht

mit besondrer Rücksicht auf die Hirnbildung intelligenter Männer

Rudolph Wagner.

Mit sechs Kupfertafeln.

Göttingen, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung. 1860.

Gelesen in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen am 9ten Juni 1860.

Aus dem neunten Bande der Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften besonders abgedruckt.

Göttingen, Druck der Dieterichschen Univ.-Buchdruckerei. (W. Fr. Kaestner.)

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Unter den mannichfaltigen Behauptungen, welche im Laufe der Jahrhunderte über die Wechselbeziehung zwischen einzelnen anatomischen Verhältnissen des Gehirns und seiner Theile zu den Seelenerscheinungen aufgestellt worden sind, haben sich einige als feststehende Lehrsätze auch bei den besonnensten Phy- siologen erhalten, welche die extravaganten Ansichten des sonst um die Anatomie und Physiologie des Gehirns verdienten Gall und der Phrenologen in Bezug auf die Lokalisation einzelner sogenannten Seelenvermögen auf be- stimmte, gleichsam insulare Provinzen des grossen Gehirns, nicht theilen.

Der eine dieser Lehrsätze ist: dass geistig hochbegabte Männer durch Grösse der Schädelhöhle und ein entsprechend stärker entwickeltes Gehirn, insbesondere der Hemisphären des grossen Gehirns und namentlich der Stirn- lappen, ausgezeichnet seyen. Das absolute Hirngewicht sowohl, als das relative Gewicht der Hemisphären zu den übrigen Hiürntheilen, sollten beträchtlicher seyn, als bei anderen gewöhnlichen Menschen.

Der zweite Lehrsatz bezieht sich darauf: dass man gefunden zu haben glaubte, es zeichnete sich bei sehr intelligenten Männern die Oberfläche der Hemisphären des grossen Gehirns durch zahlreichere Windungen und tiefere

Furchen zwischen denselben von anderen gewöhnlichen Gehirnen aus. 1*

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Bei meinen langjährigen, öfters unterbrochenen, von Zeit zu Zeit immer wieder aufgenommenen anatomischen und physiologischen Hirnstudien bin ich in der letzten Zeit gerade mit der Prüfung dieser beiden Lehrsätze beschäftigt gewesen und ich habe einen Theil meiner Erfahrungen, besonders über den ersten Lehrsatz, bereits in einer Reihe von Mittheilungen der Königlichen Societät vorzulegen die Ehre gehabt, welche im Auszuge in unsern Nach- richten abgedruckt worden sind!). Ich schicke mich an, dieselben nun in grösserer Vollständigkeit und Abrundung und mit den nöthigen Abbildungen und Zahlenzusammenstellungen versehen, zur Publikation zu bringen.

Die erste Gelegenheit zu einer strengeren und sorgfältigeren Prüfung der hier in Betracht kommenden Fragen hat mir der uns alle so nahe ange- hende Verlust unsres grossen Collegen Gauss gegeben. Als derselbe vor 5 Jahren gestorben war, äusserte ich den Wunsch, eine genauere Zergliede- rung des Gehirns vornehmen zu können, als diess sonst bei gewöhnlichen Privatsektionen möglich ist. Mein verehrter Freund, Herr Hofrath Baum, als behandelnder Arzt, kam von seiner Seite diesem Wunsche bereitwillig entgegen und eben so gab der würdige Sohn unsres grossen Mathematikers, Herr Ober- baurath Gauss in Hannover, welcher gleich nach dem Tode seines Vaters hier eingetroffen war, die Erlaubniss zu einer sorgfältigeren Zergliederung des Gehirns und zu einer weiteren Benutzung und Bekanntmachung, wenn diess im Interesse der Wissenschaft liegen sollte.

Ich führe diess ausdrücklich an, weil meine gegenwärtige Mittheilung nicht nur hiedurch legitimirt wird, sondern mir in dieser Erlaubniss eine Verpflichtung zu liegen scheint, die natürliche Apprehension, welche zuweilen selbst von Vorurtheilen noch weiter als billig gesteigert wird, gegen eine solche Be- nutzung einer privaten Leichenöffnung zu überwinden. Ich wenigstens kann in einer Verwerthung einer so seltenen Gelegenheit, das Gehirn eines der grössten Denker und Forscher aller Zeiten genauer zu zergliedern und die Ergebnisse in wissenschaftlicher Form darüber bekannt zu machen, keine Ver- letzung einer Pietät nach irgend einer Seite sehen. Ich betrachte dieselbe

l) Vgl. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften. 1360. Nr. 7, 12 und 16.

5 vielmehr als eine Förderung ernster wissenschaftlicher Erkenntniss, für welche, wo sie auch gegeben werden mochte, die ächt akademische Natur unseres gefeierten Collegen stets das grösste Interesse hegte. Indem ich diesen Mit- theilungen eine strengwissenschaftliche Form zu geben beabsichtige, wünschte ich gerade eine falsche Popularisirung und dilettantenhafte Behandlung, wie sie der Gall’schen Schule in diesem Gebiete eigenthümlich ist, zu vermeiden.

Merkwürdiger Weise ist trotz der unendlich zahlreichen Untersuchungen über den Bau des Gehirns des Menschen und der vielen tausenden von Sektionen, welche alljährlich vorkommen, bis auf diese Stunde noch kein Versuch gemacht worden, die individuelle Hirnbildung ausgezeichneter Männer durch sorgfältige Untersuchungen festzustellen und durch Abbildungen zu fixiren }).

Nachdem ich einmal mit Gauss’s Gehirn begonnen hatte, suchte ich weiter jede Gelegenheit zu benutzen, um die Gehirne anderer ausgezeichneter Männer zur näheren Untersuchung bei den Sektionen zu erhalten. Die inner- halb der letzten 5 Jahre vorgekommenen Todesfälle an unserer Universität haben mir leider wiederholt die schmerzliche Gelegenheit geboten, meine Wissbegierde zu befriedigen und die Fragen nach dem räthselhaften Wechsel- verhältnisse zwischen Intelligenz und Hirnbau in mehrfacher Richtung zu verfolgen.

Da solche Untersuchungen nur auf der Basis der Vergleichung geführt werden können, so habe ich natürlich einen Hauptwerth darauf legen müssen, auch die Gehirne anderer Individuen zunächst in Bezug auf obige, so wie andere Fragen zergliedern zu können. Ich habe diese Untersuchung auch auf die Gehirne von Weibern, neu- und frühgeborenen Kindern, so wie, in be- schränkter Weise, auf thierische Gehirne ausgedehnt. Dankbar gedenke ich hiebei der Unterstützung meiner hiesigen Special-Collegen in der medizinischen Fakultät, der Herren: von Siebold, Baum, Henle, Hasse, so wie einiger auswärliger Männer.

l) Selbst kürzere Mittheilungen über Hirngewicht und Ansehen des Gehirns, wie sie bei den Sektionen von Cuvier, Dupuytren, Walther dem Chirurgen u.a. m. gegeben wurden, gehören zu den Seltenheiten.

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Das Material, das mir vorlag, ist allerdings nicht so reich, als es nöthig scheint, um ganz sichere Resultate zu gewinnen. Namentlich habe ich aus dem Kreise hochgebildeter, geistreicher Frauen bis jetzt noch kein Gehirn untersuchen können. Immerhin sind aber die Ergebnisse von Interesse, wenn auch zum Theil von der Art, dass sie mehr Irrthümer berichtigen, als neue positive Resultate feststellen, welche sie aber anbahnen dürften.

Ich betrachte zunächst die Windungsverhältnisse der Hemisphären.

Alles was man aus Experimenten an Thieren und aus pathologischen Erfahrungen beim Menschen weiss, führt uns zu der Ansicht, dass in dieser mit den reichsten Blutgefässnetzen durchsponnenen grauen Rindenschicht der Windungen des grossen Gehirns die wichtigsten psychischen Processe ihre letzte Vollendung erhalten. Wir wissen, dass eine grössere oder geringere partielle Zerstörung dieser Schicht, wozu die verschiedensten pathologischen Prozesse die Veranlassung geben können, gleichmässig die höheren psychi- schen Thätigkeiten, insbesondere das geordnete Denken verändern oder selbst zerstören.

Seit lange nun ist es die Aufgabe gewesen, den feineren Bau und den Zusammenhang dieser Schicht mit anderen Hirntheilen zu erforschen, ohne dass diess, wegen der ausserordentlichen Schwierigkeiten und unserer mangelhaften Methoden der mikroskopischen Forschung, bis jetzt genügend erreicht worden ist. Eben so suchte man die Frage zur Entscheidung zu bringen, ob zwi- schen der Masse der Rindensubstanz der peripherischen Hirnwindungen und der Intelligenz ein Wechselverhältniss obwalte.

Zweierlei anatomische Anordnungen mit möglich gleichem physiologischem Effekte können hier zunächst gedacht werden. Entweder kann die Masse dieser grauen Rindenschicht durch eine Vergrösserung der Oberfläche oder durch eine stärkere Entwickelung in der Dicke vermehrt werden !). Eine dieser Anordnungen könnte die andre kompensiren.

1) Etwas anders hat Huschke (Schädel, Gehirn und Seele S. 131) das Verhältniss gefasst, indem er zwischen einem Centralgrau (in den Hirnganglien) und einem peripherischen Grau (Rinde) unterscheidet. Er sagt weiter: „Ein an Windungen armes Gehirn kann daher wegen jenes entgegengesetzten Verhältnisses doch höher stehen gegen ein Hirn mit vielen ausgearbeiteten Windungen, das aber

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Eine Vergrösserung der Oberfläche musste man in der Faltung der. Hirnrinde realisirt sehen. Wenn von dem Gehirne zweier Menschen (oder zweier Thiere) bei etwa gleich grossem Volum des Gehirns und gleicher Dicke der Rindenschicht, in dem einen eine grössere Anzahl von Falten und grössere Tiefe der Windungen vorhanden war, so konnte man diess als eine Vermehrung derjenigen Elemente der Rinde der Hirnsubstanz betrachten, in welche schliesslich auf eine noch nicht näher bekannte Weise alle diejenigen Fasern einmünden, oder von ihr ausgehen, welche die Eindrücke von den Empfindungs-Nerven und Sinnes-Organen dorthin führen und zur klaren in- neren Seelenanschauung bringen oder die Willens-Inpulse von da zu den Bewegungs-Nerven leiten. Auch könnte man sich vorstellen, dass der grössere Reichthum in der Gedankenbildung mit der grösseren Zahl der in der Rinden- substanz vorhandenen Elemente von Nervenmasse und dem reicheren Contakt mit den hier befindlichen Blutgefässnetzen wesentlich congruire.

Betrachtete man nun die verschiedenen Thiere auf die Windungsverbält- nisse, so glaubte man gefunden zu haben, dass immer zahlreichere Windun- gen bei grösserer Intelligenz vorhanden wären. Der Elephant mit seinen vielfachen und tiefen Hirnwindungen gab hiezu einen auffallenden, oft ge- brauchten Beleg.

verhältnissmässig mehr Centralgrau und wenig peripherisches enthält. Man hat sich bei den grossen geistigen Fähigkeiten des Hundes häufig über die Armuth seines grossen Gehirns an Windungen verwundert im Vergleiche zu dem weit komplicirteren Windungssysteme des geistesarmen Schafes und hat aus dieser allerdings sonderbaren Erscheinung auch wohl einen Grund gegen die hohe Bedeutung der Windungen entlehnt. In jenem Verhältniss findet dieser schein- bare Widerspruch gewiss seine Aufklärung. Die Wiederkäuer, wie sie im Allgemeinen niederer stehen, als die Carnivoren, sind eben mit dem körper- lichen Centralgrau besser bedacht, diese mit der Rinde“. Bei aller Hochachtung für Huschke und seinen werthvollen Beobachtungen und Messungen, muss man doch diese mit „Polaritäten“ spielende Methode, welche in dem genannten Werke so oft vorkommt, für eine völlig falsche, für ein Ueberbleibsel aus der naturphilosophischen Periode, erklären. Die Gegensätze, die ich oben aufstellte, sind übrigens ganz andre, als die von „Centralgrau“ und „peripherischem Grau“ im Sinne Huschke’s, wie man leicht einsehen wird.

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Indess konnten mannichfaltige Zweifel gegen diese Behauptung nicht unterdrückt werden. Schon die Klasse der Vögel ist dieser Anschauung kaum günstig. Alle Vögel, so verschieden in ihrer psychischen Begabung, haben eigentlich glatte oder windungslose Hemisphären, auch im besten Falle nur wenige und sehr seichte Furchen. Es ist wahr, diese sind bei der gelehrig- sten Vogelfamilie, bei den Papageyen, wenn auch sehr sparsam, noch am stärksten, immer aber sehr wenig entwickelt. Allerdings bei den in psychi- scher Hinsicht am niedrigsten stehenden Ordnungen der Säugelhiere, den Beutelthieren, Edentaten, Nagern und Insektivoren bleiben die Hemisphären glatt und windungslos; dagegen sind sie bei den Delphinen und Wallfischen, so wie den Wiederkäuern, Pferden und Pachydermen mit reichen Windungen versehen !). Jedenfalls übertreffen diese Ordnungen beträchtlich die Katzen- arten, Fuchs und Hund, und selbst die höheren Affen an Windungsreichthum.

Ich zweifle jedoch immer mehr, dass diese einfache komparativ-anatomische Betrachtung irgend ausreicht, um so weit tragende Schlüsse daraus zu ziehen. Früher theilte ich auch die von Johannes Müller ausgesproche Hoffnung ?); jetzt ist dieselbe für mich sehr geringe geworden.

Diese Frage kehrt nun wieder bei der Betrachtung der Gehirne ver- schiedener Menschen und man muss bei Vergleichung des Windungsreichthums und einer Schlussfolge daraus zu Gunsten des Zusammenhangs mit der Intelli- genz gewiss ähnlich auf seiner Hut seyn, wie Galen gegen Erasistratus. Bekanntlich hat dieser berühmte Arzt in Alexandrien schon vor 2000 Jahren durch die Vergleichung des Gehirns des Menschen mit dem der Thiere be- sondre Aufschlüsse zu erhalten gehofl. Galen sagt von Erasistratus, er

I) Wie mochten sie bei den grossen ausgestorbenen Edentaten seyn? Alle sehr grossen Säugethiere, Pachydermen und Fischzitzthiere, sind nie mit glatten, immer mit mehr oder weniger windungsreichen Gehirnen versehen.

Vgl. Joh. Müller Handbuch der Physiologie des Menschen Bd. II. S. 805: „In keinem Theile der Physiologie kann man grössere Anforderungen an die vergleichende Anatomie machen, als in der Physiologie des Gehirns“. Diese Ansicht gab die Veranlassung zu den Zusammenstellungen von Abbildungen ver- schiedener Thiergehirne in meinen Icones physiologicae, die vor 21 Jahren publicirt worden sind.

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behaupte, dass bei den Menschen ein stärker gewundenes grosses und kleines Gehirn als bei andren Thieren deshalb sich finde, weil die Menschen die übri- gen Thiere an geistigen Eigenschaften überträfen. Galen bemerkt aber dagegen, dass er diese Behauptung nicht gerechtfertigt finde, denn die Esel hätten auch ein mit vielen Windungen versehenes Gehirn und diese müssten doch dann wahrlich wegen ihrer psychischen Eigenschaften ein völlig einfaches und windungsloses Gehirn besitzen !).

Man könnte auch hier wieder auf den Gedanken einer Compensation in der Dicke der grauen Substanz kommen. So könnte also ein Mensch oder ein Thier mit wenigen Windungen, aber vergleichungsweise dickerer Lage der Rindensubstanz, eben so reich an denjenigen Elementen ausgestattet seyn, welche für die psychischen Funktionen als besonders wichtig gelten.

Ich habe mich bemüht, hierüber durch Vergleichung der Gehirne ver- schiedener Menschen und Messung der grauen peripherischen Substanz an Durchschnitten zu einer Entscheidung zu kommen. Es gelingt dies aber nicht mit einigem Erfolg, wie jeder, der die Verhältnisse näher überlegt und den Versuch macht, finden wird. Auffallend starke, leicht wahrnehmbare Unterschiede kommen nicht vor und kleinere Differenzen aufzufinden und in Rechnung zu bringen ist nicht möglich, weil alles zu komplizirt ist und die Zahl der nothwendigen Durchschnitte in das Ungeheure geht.

Indess ist in Bezug auf die Vergleichung noch ein anderes Verhältniss fest zu halten, welches erst in den letzten Jahren näher beachtet wurde.

Drei Männer, zuerst Leuret?) schon vor 20 Jahren, dann Huschke5) und Gratiolet*) haben auf eine, wie ich glaube überzeugende Weise durch

l) Galenus de usu partium. Lib. VII. Cap. 13. Conf. Claudii Galeni opera ed. Kühn Tom. II. p. 673. Dass die wilden Esel, die in der Freiheit lebenden, grössere psychische Thätigkeiten entwickeln, als die domestizirten und zu Sklaven gewordenen, scheint übrigens sicher.

2) Leuret Anatomie compar&e du systeme nerveux consider& dans ses Rapports avec l'intelligencee. Tome premier. Paris 1839.

9),.A2a 0.8. 131 u. f.

4) Zuerst in der vorirefflichen Arbeit: Memoire sur les plis cerebraux de ’homme el des Primates av. atlas (mil ausgezeichneten Abbildungen), welche gleichzeitig

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reichhaltige leider bis jetzt nicht hinreichend beachtete, auch von mir früher unterschätzte Untersuchungen gezeigt, dass in der Morphologie des Gehirns (namentlich bei den Säugethieren) so bestimmte und merkwürdige Ordnungs- Familien- und Sippen-(Genus-)Charaktere sich geltend machen, dass man nicht wohl beliebige, weit im Systeme auseinanderstehende Gruppen von Thieren einer und derselben Classe miteinander vergleichen darf. Ich überzeuge mich, dass diese Untersuchungen, weiter fortgeführt, selbst für die zoologische Systematik von grosser Bedeutung werden dürften. So haben z.B. die Katzen, die Hunde, die Hufthiere und unter diesen wieder einzelne Gruppen, bestimmte Windungssysteme, welche allen Arten der entsprechenden Sippe oder Familie zuzukommen scheinen. Die einzelnen Arten unterscheiden sich dann wieder durch bestimmte Nüaneirungen der entsprechenden typischen Grundform. Weiter kommen wieder kleinere individuelle Abweichungen bei den verschiedenen Exemplaren derselben Art vor, so dass eine grössere Ausdehnung der Unter- suchungen z. B. auf verschiedene Hunde und Pferde mit Rücksicht auf die edlen und unedlen Rassen, auf die Entwickelung besonderer Anlagen, grössere Abrichtungsfähigkeit u. s. w. nicht ohne Interesse seyn dürfte.

Am auffallendsten und sehr charakteristisch sind diese Verhältnisse bei der Ordnung der Quadrumanen, bei den eigentlichen Affen insbesondre, wo wir stets einen und denselben Grundtypus des Hirnbaues finden, der von der einfachen fast ganz windungs- und furchenlosen Form der kleinen, niederen, in psychischer Hinsicht tiefer stehenden Krallenäffchen bis zum Orang und Chimpanse !) merkwürdige Gradationen zeigt und, was ebenfalls sehr interes- sant ist, hier dieselbe Anordnung wahrnehmen lässt, wie sie im menschlichen Gehirne vorkommt. Es existirt hier in der That ein solches typisches Ver- hältniss, dass man sagen kann, in Bezug auf die Windungen sind nur die

mit Huschke’s Werk erschien; sodann in dem von ihm nach Leuret’s Tod ausgearbeitelen zweiten Bande des eben angeführten Leuret’schen Werkes. Paris 1857.

) Der Gorilla zeigt in seiner Schädelbildung schon eine grössere Annäherung an tiefer stehende Affengattungen. Gratiolet’s jüngste Mittheilungen in der Pa- riser Akademie über das Gehirn des Gorilla bestätigen diess und stellen den Gorilla den Cynocephalen näher. Vgl. Comptes rendus 1860. Nr. 18.

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Affen unter sich vergleichbar. Aber wie die Gesammtform des Körperbaues der Affen offenbar der menschlichen Körperform am nächsten steht, gleichsam nur ein modifizirter Ausdruck derselben ist, so ist auch das menschliche Gehirn und das Alfengehirn nach einem und demselben vergleichbaren, von dem Hirnbau der übrigen Säugethiere verschiedenen, Typus gebildet.

Gratiolet hat darnach eine neue Terminologie für das menschliche und Affengehirn entworfen. Erst durch dieselbe, so wie durch die gleichzeitig und unabhängig davon von Huschke gegebene Topographie der menschlichen Hirn-Windungen wird es möglich, diese letzteren genauer zu klassifiziren und zu beschreiben. Bis zu diesen jüngsten Publikationen fehlen selbst genügende Abbildungen der Oberflächen des menschlichen Gehirns. Denn es erschienen auch dem geübten Anatomen die Windungen im Gehirn zu chaotisch, zu unregelmässig; man glaubte einen Haufen Gedärme vor sich zu haben, deren einzelne Lagen mehr zufällig seyen. So fassten es auch die Zeichner auf und ferligten die Abbildungen nach einem allgemeinen Habitus. Die Versuche, die Anordnung dieser Windungen auf eine bestimmte Grundform zurückzu- führen, gelangen nicht. Einer der kundigsten Neurologen unserer Zeit, dem wir den besten Atlas über das menschliche Gehirn verdanken, Fr. Arnold, sagt noch vor 10 Jahren, dass nur einige Windungen eine deutliche Richtung und Begrenzung zeigen !).

Um aber eine leichte und sichere Uebersicht der Hirn- Windungen zu gewinnen, ist es nöthig, die Entwickelungsgeschichte des menschlichen Gehirns zu Hülfe zu nehmen und von dieser auszugehen.

Bekanntlich sind die Hemisphären beim menschlichen Fötus bis über die Mitte der Schwangerschaft hinaus noch fast ganz glatt und unter den Spalten ist nur die grosse Sylvische Spalte vorhanden, welche mit ihren Fortsetzungen

I) Fr. Arnold Handbuch der Anatomie des Menschen. Bd. ll. (1851) 8.729. Das Urtheil über den Arnold’schen Atlas gilt selbst noch nach dem Erscheinen des noch nicht vollendeten, daher von mir weniger eitirten schätzbaren Atlas von Reichert. Es ist schade, dass der Verfasser den harten Stahlstich für ein so weiches Gebilde gewählt hat, für welches Soemmerring’s Tabula baseos encephali immer als Muster der Behandlung gelten wird. Namentlich tritt diess ungünstig bei den Fötal-Gehirnen hervor.

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die verschiedenen Lappen seitlich abgränzt !), so wie die erste Anlage der hinteren Hirnspalte (fissura oceipitalis posterior).

Noch zwischen der 28sten und 30sten Woche finde ich die Windungen unvollendet. Von jetzt an aber schreitet die Furchenbildung so rasch vor, dass mit der 34sten Woche auch die am spätesten vollendeten Windungen auf der Oberfläche der Stirnlappen vorhanden sind und um diese Zeit, sicher aber mit der Geburt, halte ich bereits alle Haupt-Windungen und Furchen für so ausgebildet und geordnet, wie sie beim Erwachsenen und bis zum Schlusse des Lebens erscheinen. Die Windungen können, unter pathologischen Ver- hältnissen oder im hohen Alter atrophisch werden, aber ihren Grundcharakter verändern sie nicht mehr ?).

Ich habe mich von dieser Thatsache noch in jüngster Zeit durch die Untersuchungen bei neugeborenen Kindern überzeugt, wozu mir unser ver- ehrter Herr College von Siebold die Gelegenheit gab.

Es scheint, dass die Lebensfähigkeit des Kindes mit der Vollendung der Hirnwindungen in ihrer typischen Anlage ungefähr zusammenfällt. Sollte der Termin dauernder Lebensfähigkeit früher als in die 30ste oder gar 28ste Woche fallen, so würde ich dann in diesen Fällen noch eine weitere Aus- bildung der Windungen nach der frühen Geburt annehmen.

Dies gilt nur von den Hauptfurchen und Hauptwindungen, welche überall dieselben sind; die kleineren untergeordneten Furchen und Windungen zeigen zahlreiche individuelle und, wie es scheint, auch geschlechtliche Verschie- denheiten.

l) Es scheint jedoch, dass im fünften Monat leichte Eindrücke und Kräuselungen auf den Stirnlappen, als Vorläufer der Windungen, auftreten und dann stehen bleiben, bis die anderen primären Hirnfurchen angelegt sind. Noch habe ich mir in neuerer Zeit nicht so viele Fötal-Gehirne verschaffen können, um diess interessante Verhältniss weiter zu verfolgen.

2) In wie weit, neben den früher vollendeten primären Hirnfurchen, später beim Wachsthum noch weitere secundäre Furchen (im Sinne Reicherts) sich aus- bilden können, bedarf noch besonderer Untersuchungen. Vergebens habe ich auch bisher in dieser Hinsicht auf den schon früher versprochenen Abschluss von Reicherts Hirn-Atlas gewartet, so dass ich vorziehe, ‚diese Verhältnisse hier noch einstweilen unbesprochen zu lassen.

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Die genauere Kenntniss dieser Verhältnisse hat nicht bioss ein theoreti- sches Interesse, sondern auch ein praktisches, über das Bedürfniss der blossen Formbeschreibung hinausgehendes. Erst jetzt wird es möglich, bei Sektionen rasch und bestimmt’ die Stellen zu bezeichnen, in denen man krankhafte Ver- änderungen findet. Deren Ausdehnung und Begränzung ist nunmehr sicherer anzugeben. Erst wenn wir eine Reihe solcher Beobachtungen über die patho- logischen Veränderungen einzelner Windungszüge haben, wird es uns möglich werden, aus vielen Sektions-Ergebnissen weitere Schlüsse zu ziehen und dieselben für die fernere Ausbildung der Physiologie des Gehirns zu ver- werthen. Vielleicht gelingt es auch dann die physiologische Bedeutung ein- zelner Windungszüge festzustellen, was bis jetzt nur den Phrenologen, nicht den Physiologen, gelungen zu seyn scheint.

Ich gehe hier zunächst auf eine Beschreibung der äusseren Ober- fläche und zwar nur der wichtigsten Ansichten derselben, von oben, von der Seite und von vorne ein. Die Basalfläche und die einander zugewendeten, durch die grosse Längsspalte (Incisura longitudinalis cerebri) getrennten, inneren auf dem Balken aufliegenden Flächen zeigen eine einfachere, kon- stantere und bereits mehr bekannte Anordnung; daher ich von einer weiteren Beschreibung derselben vorläufig abstrahire ?).

Indem ich mich vorzüglich an die Arbeiten von Huschke und Gra- tiolet, besonders des Letzteren, anschliesse, gebe ich mit einigen Modifika- tionen und Vereinfachungen in der Benennung und Bezeichnung nachfolgende Darstellung und Terminologie mit dem Wunsche, dass dadurch eine allge- meinere Kenntniss und Annahme für die Folge erreicht werden möge.

Man unterscheidet an den Hemisphären des grossen Gehirns am besten folgende paarige Hauptlappen:

1. Stamm- oder Centrallappen (lobus centralis).

2. Stirnlappen (lobus frontalis).

3. Scheitellappen (lobus parietalis).

l) Um so mehr, als besondre Unistände eine Vermehrung der Tafeln für den Augenblick nicht gestatteten und ich andre noch vorkommende Verhältnisse der hier beschriebenen Gelehrten-Gehirne erst später werde angeben können.

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4. Schläfelappen (lobus temporalis).

d. Hinterhauptslappen (lobus oceipitalis).

Es sind dies die mehr oder weniger allgemein angenommenen halb künstlichen, halb natürlichen Eintheilungen; künstlich, in so ferne die Lappen nur an der Peripherie sich abgrenzen lassen, unter einander ohne scharfe Grenzen zusammenhängen; natürlich, in so ferne sie bestimmten Abtheilungen der Schädelhöhle und einzelnen Schädelknochen mehr oder weniger ent- sprechen.

Der Stammlappen!) ist eine, wie es scheint, nur dem Menschen und den Quadrumanen zukommende Bildung, ausgezeichnet durch die geraden, senkrecht stehenden meist 5 bis 7 und mehr Randwülste, welche zunächst die in den Bezirk des Streifenhügels (corpus striatum) eintretenden Haupt- ausstrahlungen des Hirnstammes (caudex cerebri) und der entsprechenden Balkenstrahlungen aufnehmen, nach aussen die Vormauer (Claustrum s. nucleus taeniaeformis) und weiter den Linsenkern begrenzen und im Inneren der Hemisphären von den Seitenventrikeln bogenförmig umzogen werden, während äusserlich die liefste und grösste Hirnspalte mit ihren Fortsetzungen, die Sylvische Spalte, zu diesen Randwülsten unmittelbar führen. Dieser Stamm- oder Centrallappen wird bekanntlich von aussen nicht gesehen; man muss den Klappdeckel, der von den seitlich herablaufenden Windungen des Scheitel- lappens vorzüglich gebildet wird, aufheben oder wegnehmen.

Gratiolet giebt an, dass dieser Lappen in den meisten Affen ganz glatt (ähnlich wie beim menschlichen Fötus im öÖten Monat) ist, dagegen vielleicht beim Orang und Chimpanse einige Windungen zähle, was er nicht genau habe konstatiren können. Ich finde bei dem Gehirn eines Orang-Utangs, das ich der gütigen Mittheilung des Herrn Professor Leuckart’s in Giessen verdanke, 4 bis 5 kurze Windungen. Die Zahl beim Menschen wird von

l) Die Insel Reils, der Zwischenlappen (lob. intermedius s. operlus Ss. caudieis.) Arnold gab eine mittelmässige Abbildung Ic. anat. Tab. VI. Fig. 2.g.g. g- Tab. IV. Fig.5.b. im Querdurchschnilt. Eine bessere Abbildung der entspre- chenden Windungen (gyri breves) s. bei Foville trait&E complet du systeme cerebro-spinal. Tab. 12.C.C.C.F. und Tab. 10.c.c.c. Tab. IX.V. bei Reichert a.2.0.— PI.XVI. Fig. 2. bei Leuret.

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5 bis 7 angegeben, weil gewöhnlich zwei davon gespalten sind, jedoch nach unten mit einfacher Wurzel entspringen; nach oben sind daher meist 7 bis 10 Randwülste (gyri breves) zu unterscheiden.

Betrachtet man, um sich weiter in der Topographie der Hirnwindungen zu orientiren, die Oberfläche des Gehirns gerade von oben, so markiren sich zunächst mehr oder weniger in der Mitte der gewölbten Fläche zwei ge- schlängelte der Quere nach verlaufende Wülste oder Windungen, die zwischen sich eine tiefe Furche haben. Sie treten nahe der Mitte jederseits aus der grossen Längsspalte der beiden Hemisphären hervor, mehr oder weniger der Mitte der Pfeilnaht gegenüber, und beugen sich seitlich herab, um den Haupt- theil (die zwei mittleren Windungen) des Klappdeckels zu bilden, welcher den Stammlappen zudeckt. Genau betrachtet laufen sie nicht quer, sondern schief von innen, vom Rande der grossen Hirnspalte, nach aussen und vorne, beide also etwas V förmig divergirend. Es sind die beiden längsten Hirn- windungen und sie haben zwischen sich die längste Spalte oder Furche, die Rolando’sche oder, wie wir sie mit Huschke nennen wollen, die Central- furche *) (Fissura centralis, Scissura Rolando zuerst von Leuret genannt).

Der geschlängelte Randwulst vor ihr ist die vordere Centralwindung Huschke’s (gyrus centralis anterior, premier pli ascendant Gratiolets) ?) und diese giebt nach vorne die auf ihrer Längsaxe senkrecht stehenden Win- dungen des Stirnlappens ab, während der Wulst hinter ihr die Windungen für Hinterhaupt- und Schläfe-Lappen abgiebt, die Aintere Centralwindung Huschke’s (gyrus centralis, deuxiöme pli parietal ascendant) 3) bildet.

Von der Betrachtung dieser beiden Windungen und der sie trennenden Rolando’schen Spalte muss man immer ausgehen; man muss sie immer

1) Diese Centralspalte ist auf den Tafeln mit C bezeichnet.

2) Sie ist auf den Tafeln überall mit A bezeichnet. Nachdem Vieq d’Azyr und Rolando dieselbe schon besonders erkannt halten, giebt ihr Foville zuerst den Namen Circumvolulion transverse parietale anterieure. Vgl. Foville Traite complet etc. Pl.X.K.K.

3) Bei Foville ebendas. mit I. I. als Circumvolution transverse medioparietale bezeichnet.

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zuerst aufsuchen, um sich von da in dem scheinbaren Chaos der Hirnwin- dungen zu orienliren.

Am besten ist es, hier zunächst die Entwickelung des Gehirns in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft zu Hülfe zu nehmen. Die Rolando’sche Spalte markirt sich zuerst klar und deutlich, immer später als die Sylvische, in der 20sten bis 24sten Woche !). Noch im 7ten Monate zeigt sich der vordere Wulst nach vorne gegen den Stirnlappen noch nicht so abgegrenzt, weil die Stirnlappen-Windungen erst angelegt, noch nicht vollendet sind und hier eine mehr oder weniger dickwulstige, ungefurchte Parthie vorhanden ist. Etwas stärker ist die hintere Centralwindung (B) abgegrenzt, aber öfter ungleich auf beiden Seiten, wie die Ansicht eines in natürlicher Grösse ab- gebildeten Gehirns eines Fötus vom Ende des 7ien Monates wahrnehmen lässt 2).

Interessant ist hier ein Vergleich mit den Affen-Gehirnen. Die Gattung Hylobates, die langarmigen Affen, welche den Orangs zunächst stehen, schei- nen ein Gehirn zu besitzen, das in der Anordnung dieser Bildung beim Menschen im 7ten Monate am meisten entspricht. Man wird finden, dass die abgebildete Figur des Gehirns von Hylobates leuciscus 3) sehr grosse Aehnlichkeit mit dem 7monatlichen Fötus-Gehirn hat. Auch die Cebus- Arten zeigen im wesentlichen diese Anordnung.

Beide Centralwindungen erscheinen in früheren, selbst guten Abbildungen des Gehirns nicht scharf markirt *). Sie treten immer deutlich hervor bei

l) Ein solches Gehirn ist dargestellt bei Reichert Tab. XII. Fig. 48.

2) Vgl. Tab. I. Fig. II. Aehnliche Darstellungen finden sich bei Leuret Pl. XV. Fig.1l. von einem Tmonatlichen Kinde, das einige Tage lebte. Hier ist die vordere Centralwindung mit SSS, die hintere mit S’S’S’ bezeichnet. Leuret nennt beide: Circumvolutions superieures separee l’une de l’autre par la scissure de Rolando. Gratiolet giebt Abbildungen bei Leuret Tome Il. Atlas. Pl. XXX. von einem 6monatlichen Fötus Fig. 2 und 3 mit P.F. A. und P.P. A. be- zeichnet. Eben so von einem 7monatlichen Kinde Pl. XXXI. Fig. 1 u. 2. Hieher gehört auch die Figur bei Reichert Tab. XII. Fig. 49.

3) S. Tab. I. Fig. IV. Vgl. Gratiolet Planche IV. Fig. 4.

4) So z.B. nicht kenntlich bei Langenbeck und Arnold. Bei Foville sind sie nicht deullich genug abgeseizi. Huschke giebt sie auf seinen photogra-

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Gehirnen mit einfacheren Windungen, bei weiblichen Gehirnen; erscheinen aber stärker gewunden und daher oft mehr eingesenkt und wie unterbrochen in sehr ausgebildeten und windungsreichen Gehirnen, z.B. bei Dirichlet, Fuchs und Gauss. Schärfer markirt fand ich sie im Gehirne €. F. Her- manns und besonders Hausmanns.

Beide Windungen bilden, wie gesagt, den Haupttheil des Klappendeckels, an dessen Rand sie nach unten in die Sylvische Spalte umbiegen. Sie ent- springen mit gemeinsamer Wurzel von der inneren Fläche jeder Hemisphäre. Diese Wurzel bildet einen kleinen Lappen am oberen Rand der Bogenwindung (gyrus fornicaius) dem sie angrenzen. Die Lage dieser Wurzel ist ge- wöhnlich etwas vor der hinteren Umrollung des Balkens oder dem Balken- Wulst. Die beiden Centralwindungen liegen öfters asymmetrisch auf beiden Seiten, bald auf der einen Hemisphäre etwas weiter nach vorne, bald auf der andren mehr nach hinten. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die vordere Windung hinter der Sulura coronalis verläuft.

Centralwindungen und Centralspalte sind in allen höhern Affengehirnen, selbst zum Theil bei den Krallen-Aeffchen, deutlich angedeutet; am schönsten beim Chimpanse, weniger beim Orang-Utang, obwohl auch hier kenntlich genug !).

Von den vorderen Centralwindungen entspringen nun mit ihren Wurzeln in senkrechler Richtung auf sie aufgesetzt die Stirnwindungen, deren man 3 oder 4 zählt, indem die innerste am häufigsten getheilt is. Huschke hat davon schon eine recht gute und sehr ausführliche Beschreibung gegeben, so dass ich mich auf eine kurze Darstellung beschränken kann. Huschke be- trachtet sie als die vorderen Abschnitte der von ihm angenommenen huleisen- oder ringförmig in der Längsaxe der Hemisphären verlaufenden Urwindungen,

phirten Tafeln überall kenntlich. Leuret’s Gehirne eines Südamerikaners (Charruas) a.a. 0. Pl. XX. S und S’ und das Gehirn des Mörders Fieschi Pl. XXI zeigen sie deutlich; eben so Gratiolet’s Gehirn eines Franzosen und der Hottentotten-Venus Pl. I und II. mit 4 und 5 bezeichnet. Auf Tiedemann’s Gehirn eines Negers und der Hotlentotten-Venus sind sie zwar nicht bezeichnet, aber deutlich erkennbar.

1) Vgl. die schönen Abbildungen von Gratiolet a.a.0.

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wozu ihn die Analogie der Bildungen bei den Fleischfressern, namentlich den Katzen und seine naturphilosophische Tendenz-Morphologie führt, von welcher die Entwickelungsgeschichte des Gehirns beim Menschen und den Affen aber nichts weiss U).

Ich nehme drei Störnlappenwindungen (gyri frontales) an, entsprechend dem ersten bis vierten Zug der Urwindungen von Huschke und dem Etage frontal superieur, moyen et inferieur ou surcilier von Gratiolet.

Die erste, obere Stirnlappenwindung?) (Gyrus frontalis primus s. supe- rior), oberer oder dritter Zug bei Huschke, entspringt mit einfacher Wurzel und verläuft der grossen Längsspalte zunächst am inneren Rande jedes Stirn- lappens. Sie spaltet sich in der Regel bald in zwei geschlängelte öfters wieder anastomosirende und dadurch die Huschke’schen Inseln bildenden Wülste oder Windungen und geht vorn auf den Boden der vordersten Schä- delgrube in die Orbitalparthie des Stirnlappens über. Bei den höheren Affen, dem Orang und Chimpanse, besonders dem letzteren, ist sie wie beim Men- schen bald einfach, bald gespalten, wenigstens mit Eindrücken, als Andeu- tungen der Spaltung, versehen 3). Bei den andren Affen scheint sie immer einfach, einen breiten kaum abgetheilten Wulst zu bilden, wie beim 7monat- lichen Fötus des Menschen. (Vgl. Tab. I. Fig. III).

Die zweite oder mittlere Stirnlappenwindung *) (Gyrus frontalis secundus s. medius) entspringt mit einfacher Wurzel weiter nach aussen von der vor- deren Centralwindung, von welcher auch häufig ein Querast oder eine kurze Windung zur ersten Stirnlappenwindung hinübergeht. Sie verläuft meist un-

l) Es ist, wie schon früher bemerkt, fast unbegreiflich, dass Huschke, neben seinen gesunden Anschauungen, immer noch nicht aus jener Analogieenjagd der ersten Decennien unsres Jahrhunderts herauskommt, dass bei ihm jene „Pola- rität“ noch eine solche Rolle spielt, wo man die Milz als die polare Leber der linken Seite betrachtete und damit eine Erklärung gegeben zu haben glaubte.

2) Allgemein auf den Tafeln mit a’ a’ bezeichnet.

3) Mehr einfach und wenig getheilt ist sie z.B. bei Fieschi und dem Charruas (Allas von Leuret), bei der Hoitentolten-Venus und beim Neger (bei Tie- demann).

4) Sie ist überall auf den Tafeln mit a? bezeichnet.

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getheilt, aber mehr oder weniger gewunden nach aussen von der vorigen und biegt eben so vorne und nach unten um, um an der Orbitalfläche zu enden, anastomosirt auch wohl vorne zum Theil mit dem äusseren Aste der vorigen und der folgenden Windung. Sie ist auch bei der Mehrzahl der Affen, namentlich den höheren, kenntlich.

Die dritte, untere oder äussere Stirnlappenwindung!) (Gyrus frontalis tertius s. inferior s. externus, erste Urwindung bei Huschke) begrenzt den Stirnlappen nach aussen und unten, wo sie den vorderen Theil des Randes des Klappdeckels, am aufsteigenden Aste der Sylvischen Spalte (fissura ascen- dens) verläuft, hier von der vorderen Centralwindung entspringend. Sie geht in die Orbitalwindung auf der unteren Fläche des Stirnlappens über und er- schient zuweilen durch Spaltung nach vorne doppelt.

In der seitlichen Ansicht des Gehirns (vergl. z. B. Tab. IV, das Gehirn von Gauss) erscheinen die 3 Stirnwindungen als übereinander liegende ge- schlängelte, ziemlich schmale Wülste, unter einander und mit der ersten Cen- tralwindung durch Brücken verbunden.

Diese Stirnwindungen, besonders die erste und zweite, zeigen eine grosse Verschiedenheit bei den einzelnen Individuen; in dem grösseren oder gerin- geren Windungsreichthum dieser Hirnparthie liegt der Hauptunterschied, we- nigstens der äusserlich auffallendste der einzelnen Gehirne. Sie erscheinen verschieden lang bei verschiedenen Individuen; hiernach zeigt sich der Stlirn- lappen überhaupt grösser oder kleiner (länger oder kürzer), wodurch dann natürlich auch die Lage der Centralwindungen bald weiter nach vorne, bald mehr nach hinten gerückt erscheint.

Eben so, wie von der vorderen Centralwindung drei Slirnlappenwindun- gen entspringen, so gehen nach hinten von der zweiten Centralwindung drei ähnliche Windungszüge aus und bilden mit jenen den Scheitellappen; aber indem diese Windungen nicht langgeschlängelt, wie aufgelöste Locken, neben- einander (was bei den Stirnwindungen der Fall ist) verlaufen, sondern mehr knäuelförmig, bilden sie vielmehr rundliche oder längliche Lappen oder kleine Convolute von Windungen. Ich nenne sie die drei Scheitellappen- Windungen.

l) ad ad der Tafeln.

3*

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Die erste Scheitellappenwindung }) (gyrus parietalis superior, Vorzwickel, praecuneus, Burdachs und Huschke's, lobule du deuxieme pli ascendant bei Gratiolet) bildet meist drei enge, hintereinander liegende Schlängelungen zur Seite der grossen Längsspalte, entspringt aus der hintern Centralfalte mit einer oder zwei Wurzeln und reicht nach hinten bis zum oberen Ende’ der senkrechten hinteren Hirnspalte (fissura oceipitalis s. posterior, seissure perpen- dieulaire interne) welche an der innern Fläche jeder Hemisphäre so deutlich ist2) und hier zwischen Vorzwickel und Zwickel zu dem hinteren Ende des gyrus hippocampi und zur hinteren Umrollung des Balkens verläuft. Das un- tere innere Ende verbindet sich mit der Bogenwindung (gyrus fornicatus).

-Nach aussen von dieser Windung, oft mit der äusseren Wurzel dersel- ben, entspringt eine ansehnliche Windung, die als faltenreiches Convolut nach unten reicht, hier durch die horizontale Verlängerung der Sylvischen Spalte (fissura horizontalis) von der oberen Windung des Schläfelappens sich ab- grenzt und nach vorne mit einer zweiten Wurzel in den hintern Rand des absteigenden Theils der hinteren Centralwindung übergeht. Hier bildet die letztre fast stets einen mehr oder weniger breiten, dreieckigen, spornarligen Fortsatz, den man auch, wie Gratiolet, zur dritten Parietalwindung selbst rechnen kann, deren untere oder zweite Wurzel er bildet und welcher den hinteren Theil der oberen Lippe des Klappdeckels über der Horizontalspalte der Sylvischen Grube begrenzt. Es ist diese Windung die dritte oder untere Parietahwindung?) (gyrus parietatis tertius s. inferior), unterer Zug aus der hinteren Centralwindung und zugleich Scheitelhöckerläppchen bei Huschke, lobule du pli marginal superieur bei Gratiolet. In der Lage entspricht sie ziemlich dem Scheitelhöcker (tuber parietale), so dass man sie auch Scheitel- höckerwindung (gyrus tuberis, lobulus tuberis bei Huschke) nennen könnte.

Zwischen den oben beschriebenen beiden Vförmig nach hinten auseinan-

l) Auf den Tafeln mit b’ b’ bezeichnet.

2) Sie bildet sich als primäre Furche schon sehr früh, nach der Sylvischen und Rolandoschen Spalte im 5ten Monate. Sie ist auf einem Theile der Tafeln mit D bezeichnet.

3) Mit b3 b5 b3 bezeichnet.

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der weichenden Windungen (ersten und dritten Parietal- Windung) tritt nach hinten die zweite oder mittlere Scheitellappen- Windung !) (gyrus parietalis secundus s. medius, aufsteigende Windung zum hinteren äusseren Scheitel- läppchen bei Huschke, pli courbe bei Gratiolet?) zu Tage. Sie liegt nach hinten und unten vom tuber parietale, wird nach vorne von dem zwischen dieser Windung und der vorigen liegenden oberen Wurzel der ersten Schläfe- lappen- Windung begrenzt, in die sie übergeht, nach hinten und unten aber durch eine wahrscheinlich nur sekundäre Furche vom Hinterhauptslappen ge- schieden, welche Spalte nach aussen der inneren fissura oceipitalis perpendi- ceularis entspricht.

Der Schläfelappen, welcher zugleich den Unterlappen in der mittleren Schädelgrube bildet, besteht beim Menschen und den höheren Affen nach aussen sehr allgemein aus drei deutlichen, parallelen, übereinander liegenden Windun- gen, einer oberen mittleren und unteren, welche letztere bei einzelnen Men- schen z. B. der Hottentotten-Venus, nicht vollständig von der mittleren getrennt erscheint, so dass hier der Schläfelappen an der äusseren Seite nur aus zwei deutlichen Windungen formirt wird, wie es auch bei der Mehrzahl der Affen der Fall ist. Jedoch kommt hiezu auf der Basis noch eine vierte Windung, welche durch eine tiefe Längsspalte vom gyrus hippocampi abgegrenzt ist, welchen letzteren man gewissermassen als die fünfte unterste und innerste Schläfelappenwindung betrachten kann.

Die erste, obere Schläfelappen-Windung) (gyrus temporalis primus, obere Schläfewindung Huschke’s, pli marginal superieur) ist ein langer, starker Rand- wulst, bei einzelnen Gehirnen mehr oder weniger geschlängelt, welcher zwi- schen der zweiten und dritten Parietalwindung, oder auch von ersterer ent- springt und längs des horizontalen Astes der Sylvischen Spalte, bis zur unte- ren Spitze des Lappens, herabsteigt, um hier in die untere Schläfelappen-Win- dung einzubiegen. Biegt man denselben stark vom Rande des Klappenwul- stes ab, so sieht man, dass er zwei bis drei starke, gerade Randwulste in die

1) b? b? b? der Tafeln. 2) bei Gratiolet a. a. O. mit b’ bezeichnet. 3) e ce c’ der Tafeln.

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Tiefe nach oben schickt, welche hinter den beiden letzten gyris brevibus des Stammlappens, parallel mit diesen und gleichsam noch einige gyri breves bil- dend, in den hinteren Theil des Daches der Sylvischen Spalte treten, das zwi- schen dem Stammlappen und dem Klappdeckel formirt wird.

Die zweite oder mittlere Schläfelappen-Windung‘) (gyrus temporalis se- eundus s. medius, mittlere Schläfewindung Huschke’s, pli temporal moyen bei Gratiolet) läuft parallel unterhalb der vorigen, meist noch dicker und mehr ge- wunden und von letzterer durch eine ansehnliche Spalte, die obere Schläfe- spalte (fissura temporalis superior) getrennt.

Die dritte oder untere Schläfelappen- Windung?) (gyrus temporalis tertius s. inferior, untere Schläfewindung Huschke’s, pli temporal inferieur Gratiolets) ist mittelst einer durch mehrere kurze Brücken der ?ten und 3ten Windung unterbrochenen Furche, fissura temporalis inferior, von der vorigen getrennt.

Der hintere Hirnlappen oder Hinterhauptslappen ist beim Menschen über- haupt wenig, viel stärker bei den Affen entwickelt, wo er oft durch eine starke Querspalte, der Rolando’schen Centralspalte mehr oder weniger parallel, von den Parietallappen abgegrenzt wird und zuweilen fast ganz windungslos er- scheint.

Man kann an demselben, wenn man die innere Fläche jeder Hemisphäre hinzurechnet, ebenfalls drei Windungen unterscheiden, die jedoch stets mehr künstlich sind und sich schwieriger abgrenzen lassen, als die bisher be- schriebenen.

Am gesondertsten erscheint noch die erste, obere Hinterhauptslappen- Win- dung?) (gyrus occipitalis primus, Zwickel, Cuneus, bei Burdach und Huschke, pli superieur du passage bei Gratiolet). Dieselbe liegt hinter der ersten Parietal-Windung oder dem Vorzwickel zu beiden Seiten der gro- ssen Längsspalte. Sie wird nach vorne begrenzt von der fissura occipitalis interna, nach hinten von der fissura posterior s. oceipitalis horizontalis, Scissura Hippocampi Gratiolets). Zu ihr rechne ich auch die beiden Zwischenschei-

1) Auf den Tafeln c? c? c? 2) Ebendas. c3 c3 c®. 3) Vgl. d! d! d! der Tafeln.

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telläppchen Huschke’s, &tage superieur et inferieur du lobe oceipital bei Gratiolet, welche die hintere Spitze des Hinterhauptslappens bilden helfen.

Die zweite oder mittlere Hinterhauptslappen-Windung‘) (gyrus oceipitalis medius s. secundus; deuxieme, troisieme et quatrieme pli du passage Gratio- lets, bei Huschke nicht besonders unterschieden) füllt mit zwei geschlän- gelten Windungen und mehreren Eindrücken insularisch den Raum zwischen der darüber liegenden zweiten Scheitellappen- Windung, den nach vorne lie- genden Ursprüngen der zweiten und dritten Schläfelappen-Windung (welche letztre von ihr entspringt) und der stumpfen Spitze des Hinterhauptlappens aus. Diese wird nach unten von der dritten, unteren Hinterhauptslappen- Windung ?) gyrus oceipitalis terlius s. inferior vervollständigt (zugleich vom hinteren Ende des Zwickels gebildet).

Da diese Hinterhaupts-Windungen mehr mit einander verfliessen, weniger scharf markirt erscheinen, als die übrigen, so ist die Eintheilung jedenfalls künstlicher, auch von Huschke und Gratiolet abweichender. Auch zeigen die einzelnen Gehirne hier weniger auffällige Unterschiede, jedoch in der Re- gel, wo das Gehirn überhaupt, insbesondre der Stirnlappen, zusammengesetzter ist, sind es auch die Parietal- und Occipital- Windungen, wie man bei den Gehirnen von Dirichlet und Gauss wahrnehmen kann. Je reicher die Windungen, je stärker und zusammengesetzter die Faltenbildung, um so asym- metrischer erscheinen auch dem Auge beide Hemisphären eines und desselben Gehirns.

Sind diese 14 Hauptwindungszüge, welche wir an der oberen und äu- sseren Seitenfläche der Hemisphären unterschieden haben, auch nur künstliche Eintheilungen, so haben sie doch den Vortheil z.B. der Reil’schen Topogra- phie des kleinen Gehirns. Man kann sie benutzen, wie früher erwähnt wurde, um daran pathologische Veränderungen schärfer, als es bisher möglich war, zu bezeichnen. Die genetischen Beziehungen zur Entwickelung im Fötus und die systematischen zum Schema des Quadrumanengehirns geben den genannten

1) d? d? und 2) d? d3 der Tafeln.

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Zügen wenigstens theilweise den Werth eines typischen morphologischen Cha- rakters. Es ist ein System von Homologieen.

Eine nähere Vergleichung der drei Gehirne berühmter Gelehrter mit dem Gehirne eines gemeinen Mannes, eines einfachen Handarbeiters, wie sie in der Erklärung der Tafeln gegeben ist, wird das Verständniss und die Auffindung dieser Windungsprovinzen weiter erleichtern. Dieser Kupfererklärung habe ich versucht eine gedrängte Uebersicht der hauptsächlichsten Resultate der spezieller verzeichneten Beobachtungen in den Windungsverhältnisgen der Hirn- oberfläche beim Menschen bei zu geben.

Noch darf man sich der Hoffnung nicht hingeben, die von Erasistratus angeregte, von Galen bezweifelte Frage über die Beziehung des Windungs- reichthums zur Intelligenz, auf verschiedene menschliche Individuen angewen- det, gelöst zu sehen. Auch die vorliegende Arbeit ist nur der Anfang einer ernsten, schweren und mühevollen Untersuchung.

Allerdings sind die Gehirne unserer beiden grossen Mathematiker mit sehr reichen und tiefen Windungen versehen; sie gehören zu den reichsten die ich bis jetzt beobachtet habe. Besonders reich und ansehnlich sind die Stirawindungen. Speeifische Formen und Anordnungen kommen aber nicht vor. Es ist schade, dass das Gehirn von La Place, das im Besitze Magen- dies sich befand und dessen jetzigen Aufbewahrungsort ich nicht kenne, zur Vergleichung nicht benutzt werden konnte. Es würde sich freilich wohl daran eben so wenig ein für die mathematische Begabung charakteristisches spezi- fisches Formelement herausgestellt haben.

Noch ist die Zahl der Fälle zu geringe, um einen allgemeinen Schluss daraus zu ziehen. Zunächst wären nunmehr eine Anzahl Gegenuntersuchungen zu machen. Wie verhalten sich die Gehirne exquisit bornirter Menschen, bei denen keine Erziehung irgend etwas leisten konnte? Solche Gehirne sind aber noch schwerer zu beschaffen, als die ausgezeichneter Menschen. Auch die unter dem Namen der Mikrocephalie bekannte Idiotenform wäre herbei zu ziehen. Von solchen Idioten-Gehirnen besitzen wir Abbildungen und Beschrei- bungen!). Es ist mir aber bis jetzt noch nicht gelungen, solche Gehirne nä-

I) Einige sehr interessante Darstellungen, welche die einfache Form der Windun-

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her zu untersuchen; doch habe ich Hoffnung diesen Wunsch erfüllt zu sehen. Die Ergebnisse werde ich dann der Societät vorlegen.

Auch Suiten von Rassen-Gehirnen sind ein grosses Desiderat. Das un- gemein eigenthümliche Gehirn der Hottentolten-Venus erregt den Wunsch, wenigstens noch einige Gehirne dieses südafrikanischen Menschenstammes ver- gleichen zu können, um zu erfahren, ob die sonderbare dickwulstige Forma- tion der Stirnwindungen hier nationale oder Rasseneigenthümlichkeit oder blos individuell ist: Mit tiefem Bedauern muss ich hier aussprechen, dass alle meine Bemühungen, mir wohl conservirte Rassengehirne zu verschaffen, bisher gescheitert sind.

Eben so dürfte auch die Frage schärfer zu prüfen seyn, in wie ferne die Vergrösserung der Hirnoberfläche durch die Windungen mittelst genauerer Messungen festgestellt werden kann, was freilich sehr wichtig wäre. Aber ein einfacher Blick auf die komplizirten geometrischen Verhältnisse der Hirn- windungen reicht hin, die Schwierigkeiten darzulegen.

Auch die oben schon berührte Frage, ob mit der Geburt bereits alle se- cundären Furchen vorhanden sind, ob sich deren neue bilden oder die Vergrö- sserung der Oberfläche lediglich durch Wachsthum der Windungen und Fur- chen, wie sie bereits bei der Geburt angelegt sind, geschieht, bedarf noch ausgedehnterer Untersuchungen.

Bis jetzt wird die Betrachtung der äusseren Form - Verhältnisse des Ge- hirns, wie die des Schädels immer noch mehr oder weniger mit den Mängeln nicht ausreichender und exakter Behandlung behaftet seyn, ähnlich der Phy- siognomik menschlicher Gesichtszüge, über welche Lavater sein bekanntes mehr phantasiereiches als irgend auf Wissenschaftlichkeit Anspruch machendes Werk geliefert hat. Kein Physiologe bezweifelt wohl mehr, dass die Physio- gnomie des Menschen, insoweit dieselbe insbesondere durch die von den Ner- venerregungen abhängigen Zustände in den Gesichtsmuskeln fixirt worden ist, auf tieferen, mit den Seelenihätigkeiten zusammenhängenden Kausalverhältnissen

gen, neben den Defekten und der Verkürzung der gyri, bezeugen, besitzen wir von dem neuesten und vorzüglichsten Schriftsteller über Encephalotomie, von Gratiolet bei Leuret a.a.0. Tome II. Tab. XXIV und XXXI.

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beruht. Aber die ausserordentliche Menge der Faktoren, welche unter den Freuden, Schmerzen und Sorgen des Lebens, unter Alters- und Krankheits- Einflüssen, unter bewussten und unbewussten, beherrschten und unbeherrschten Erregungen des Mienenspiels wirken, wozu noch alle die durch ursprüngliche Anlage und Erblichkeit überkommenen Verhältnisse hinzuzurechnen sind, macht es unmöglich, dieselben in eine geordnete Rechnung zu bringen. Aehnliche komplizirte Bedingungen, wenn auch anderer Art, kommen bei den Hirnwin- dungen und deren Beziehung zu den Seelenthätigkeiten vor. Demohngeachtet glaube ich, dass jene bereits von Erasistratus und Galen ventilirte Frage und deren weitere Ausdehnung, wie ich sie oben aufgestellt habe, auf den von mir angedeuteten Wegen vielleicht schon in den nächsten Dezennien gelöst werden wird, während diejenigen Fragen, welche die Phrenologie sich in so unwissenschaftlicher Form stellt, noch einige Jahrhunderte brauchen, um nur klar coneipirt und formulirt werden zu können.

Die Lehre vom Hirngewichte und dessen Beziehungen zu den physi- schen und psychischen Eigenschaften des Menschen hat zuerst Tiedemann in einer klassischen Schrift 1) genau und gründlich behandelt und allgemeine Lehrsätze aus seinen Untersuchungen abzuleiten gesucht.

Er zeigte, wie wenig brauchbar und genügend die vereinzelten Angaben der Anatomen und Physiologen, wie unsicher die Gewichtsbestimmungen bis dahin waren. Um das absolute und relative Gewicht des Gehirns zur Masse des ganzen Körpers zu ermitteln wog und mass Tiedemann die entsprechen- den Theile bei 65 männlichen und weiblichen Leichen und verglich sie mit den vorhandenen Angaben und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen.

Tiedemann fand zunächst die schon von Aristoteles aufgestellte, von späteren Anatomen bezweifelte Annahme bestätigt, dass das Gehirn des Weibes im Durchschnitte leichter und kleiner ist, als das Hirn des Mannes. Weiter sagt Tiedemann: „Zwischen der Grösse des Hirns und der

1) Das Hirn des Negers mit dem des Europäers und Orang-Utangs verglichen. Mit 6 Tafeln. Heidelberg 1837. 4to.

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Energie der intellektuellen Vermögen- und Seelen-Vorrichlungen waltet un- läugbar eine Beziehung ob, wie Gall behauptet hat. Diess erhellt aus der sehr bedeutenden Grösse des Gehirns von Männern, die durch eminente Gei- stes-Vermögen glänzten. So wog das Gehirn des berühmten Cuvier 3 Pfund 11 Unzen 4 Drachmen 36 Gran des alten französichen avoir du poids Gewichts, also 4 Pfund 11 Unzen 4 Drachmen 36 Gran Medizinal- Gewichts. Das Hirn des ausgezeichneten Wundarztes Dupuytren wog 4 Pfund 10 Unzen. Da- gegen ist das Hirn von Menschen, ganz besonders beim angeborenen Blödsinn (Idiotismus) ungewöhnlich klein, wie schon Pinel, Gall und Spurzheim, Haslam, Esquirol u. a. beobachtet haben. So fand ich in einem fünfzig- jährigen Mann, der von Geburt an Idiot war, das Gewicht des Gehirns nur 1 Pfund 8 Unzen 4 Drachmen und in einem anderen 40Qjährigen Idioten wog es 1 Pfund 11 Unzen 4 Drachmen. Das Gewicht einer 16 Jahre alten Idiotin betrug nur 1 Pfund 6 Unzen 1 Drachme« }).

Die übrigen Lehrsätze Tiedemann's lassen sich in der Kürze in fol- gender Form wiedergeben.

1. Der Unterschied in der Schwere des Gehirns (das männliche schwe- rer als das weibliche) ist schon von der Geburt an bemerkbar.

2. Das Gehirn erreicht seine volle Grösse meist gegen das siebente bis achte Lebensjahr?). Die davon abweichenden Angaben anderer Anatomen sind irrig.

l) Tiedemann S. 9.

2) Hiefür führt Tiedemann sowohl direkte Wägungen, als Ausmessungen des Schädels durch Beobachtungen von Vrolick und sich selbst an. Was die an- dren Anatomen betrifft, so nahm Soemmerring an, dass das Gehirn schon im 3ten Jahre seine volle Grösse erreiche. Gall und Spurzheim behaupteten, das Wachsthum des Gehirns sey erst im 40ten Jahre beendigt; Sims glaubte gefunden zu haben, dass das Gehirn von Isten bis zum 20ten Jahre wachse, zwischen dem 20ten und 30ten Jahre etwas an Grösse abnehme und dann wie- der zunehme, so dass es zwischen dem 40ten und 50ten Jahre sein Maximum erreiche und nun allmählig kleiner werde. Tiedemann kann dem nicht bei- stimmen, hält namentlich die Abnahme des Gehirns zwischen dem 20ten und

3Uten Jahre für ganz unerwiesen. 4%

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3. Das Gehirn scheint in höherem Alter wirklich abzunehmen, nur bei manchen Menschen bemerklicher als bei anderen. Auch die Ausmessungen der Höhle des Schädels von Greisen zeigt dieselbe meist kleiner, als bei Män- nern von mittleren Jahren !).

4. Was das Verhältniss der Grösse und des Gewichts des Hirns zur Grösse der Masse des gesammten Körpers anlangt, so ist das Verhältniss aus verschiedenen Ursachen nicht wohl genauer zu bestimmen, weil die absolute Grösse des Hirns verschieden ist und theils, weil das andere Glied, die Grösse und das Gewicht des gesammten Körpers, noch veränderlicher und wandelba- rer ist, als jenes?).

ö. Die zuerst von Aristoteles ausgesprochene Behauptung; der Mensch habe unter allen Thieren im Verhältniss zur Grösse des Körpers das grösste Gehirn, ist irrig ?).

6. Der Mensch hat unter allen Thieren, wie von Soemmerring zuerst dargethan wurde, das grösste Gehirn bei den kleinsten Nerven *). Der Mensch

1) Vgl. Tiedemann a.a.0. S. 12. Sims z.B. spricht sich für die Gewichts- Abnahme im höheren Alter aus, während die Gebrüder Wenzel keine merk- liche Verminderung beobachtet haben wollen.

2) Mit gewohnter Umsicht behandelt Tiedemann die hier in Betracht kommen- den Momente, denen noch einige weitere hinzugefügt werden können. Tie- demann hält die Gewichtszunahme durch pathologische Verhältnisse für eben so sicher, wie die Abnahme und Atrophie bei abzehrenden Krankheiten. Ver- kleinerung des Gehirns und dabei Zunahme der Wandungen der Schädelknochen haben Pinel, Esquirol, Cruveilhier, Tiedemann u.a. namentlich beim Blödsinn wahrgenommen.

3) Tiedemann weist ausführlich nach, dass z. B. der Elephant und Wallfisch ein absolut grösseres, aber. im Verhältniss zur Grösse und zum Gewicht des Kör- pers ein viel kleineres Gehirn besitzen als der Mensch. Dagegen besitzen viele kleinere Thiere als der Mensch (kleine Affen, Nagelhiere und Singvögel) relativ zum Körper ein grösseres Gehirn als der Mensch.

4) Tiedemann betrachtet diesen Soemerring’schen Lehrsatz für die Klassen der Wirbelthiere als durch eigene und fremde Untersuchungen erwiesen. Der- selbe sagt wörtlich $S. 17: „In diesen Unterschieden und Vorzügen des mensch- lichen Hirns von dem der Thiere muss hauptsächlich die Befähigung des Hirn-

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hat ferner das grosse Hirn im Verhältniss zum kleinen Gehirn, verlängertem Marke und Rückenmark am grössten. Hierin übertrifft er auch den Orang- Utang.

7. Das Hirn ist relativ zum Körper, nicht aber zu den Nerven, am grössten beim neugeborenen Kinde und es macht dann gegen den sechsten Theil des Gewichts des ganzen Körpers aus. In den folgenden Jahren er- scheint das Hirn im Verhältniss zum Körper um so kleiner, aber zu den Ner- ven um so grösser, jemehr sich dieser seiner Ausbildung nähert.

8. Im ausgebildeten Manne zwischen dem 30ten und 5Oten Lebensjahre, dessen Gewicht im Mittel gegen 161 Pfund (Medizinalgewicht) beträgt, ver- hält sich das mittlere Gewicht zu dem des Körpers wie 1 zu 41 bis 42. In Körpern deren Gewicht geringer ist, zwischen 97 und 160 Pfund, schwankt diess Verhältniss von 1 : 23,3 bis 46,78. In schwereren Körpern von 1672 bis 185 Pfund schwankt es zwischen 1 : 37,02 und 46,23. Es ist klar, dass das Hirn in dicken Körpern, deren Gewicht 200 bis 600 Pfund und darüber beträgt, sich in einem viel kleinerem Verhältnisse befinden muss. Vergleicht man das Gehirn des Weibes in dieser Hinsicht!), so zeigt sich dasselbe, ob- gleich es absolut kleiner, als das des Mannes ist, dennoch relativ zum Körper nicht kleiner als bei diesem.

Die Verhältnisse des Negergehirns und der Rassengehirne überhaupt, übergehe ich hier, als zunächst nicht für meine Aufgabe in dieser Abhandlung gehörig.

Aus Huschke’s fleissigem und verdienstlichem Werke lassen sich fol- gende Haupiresultate in Bezug auf die Hirnwägungen ausziehen ?).

1. Die grösste Schwere erreicht das Gehirn nach einem Durchschnitt

bau’s des Menschen zur Ausübung höherer und intensiverer Seelen-Verrichtun- gen gesucht werden.“

1) S. die Zahlen-Angaben dafür bei Tiedemann S. 15.

2) Huschke Schädel, Hirn und Seele des Menschen und der Thiere nach Alter, Geschlecht und Rage dargestellt nach neuen Methoden und Untersuchungen. Mit 6 Steintafeln und photographischen Abbildungen. Jena 1854. fol. S. 57 u. f. Der Verf. stellt eigene Wägungen mit denen von Sims, Reid, Peacock und Tiedemann zusammen.

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von 339 männlichen und 245 weiblichen Gehirnen während des Laufs der dreissiger Jahre, nämlich im männlichen Geschlecht ein Gewicht von 1424 Grammen, im weiblichen ein Gewicht von 1272 Grammen. Vorher und nach- her sinkt es, im höchsten Alter steigt es wieder bei beiden Geschlechtern).

2. Das Maximum des Hirngewichts in Huschke’s Tabellen beträgt 1500 bis 1600 Grammen, das Minimum 880 Grammen. Jedoch werden hie und da noch schwerere Gehirne angegeben. Namentlich wirken die Grösse der Statur und die geistige Begabung oft ein ?).

3. Das Gehirn erreicht zuerst bei noch nicht vollendetem Wachsthum des Körpers sein volles Volum, wie es im Erwachsenen vorkommt, weit später erst aber sein volles Gewicht. Da es in der Jugend ein geringeres specifi- sches Gewicht hat, so muss es hier auch ein geringeres absolutes haben 3).

4. Der früher schon von Aristoteles und Tiedemann konstatirte Satz, dass das Weib ein absolut leichteres Gehirn besitze als der Mann, zeigt sich durchgreifend in jedem Jahrzehend beider Geschlechter vom 10ten bis 90ten Jahre.

5. Hinsichtlich verschiedener Ragen ist eine Verschiedenheit nicht zu verkennen, wobei aber die Statur mit einwirken mag. So übersteigt das germanische Gehirn 1400 Gramm im Mittel, das französische beträgt nur über 1300 Gramm, das der kleinen Hindus 1000 bis 1100 Gramm.

6. Das Gehirn bei Erwachsenen beträgt im Verhältniss zum Körper durchschnittlich über 2%,, in Kindern mehr.

7. Was die Verhältnisse einzelner Hirntheile zu einander betrifft, so be- trägt das kleine Gehirn (Hinterhauptshirn) nur 6 bis 7%, das grosse 93 94%, des gesammten Hirngewichts. Diess Verhältniss ändert sich aber sehr

1) Der Verf. fügt aber hinzu, dass diess paradoxe Ergebniss erst noch durch eine grössere Anzahl von Wägungen entschieden werden müsse; namentlich ob diess Regel sey, ob das nicht seltene Hirnwasser bei sehr alten Leuten die Ursache abgebe u. s. w.

2) Als sehr schwere Gehirne stellt Huschke namentlich auf: das Gehirn Lord By- rons mit 2238 Grammen, Cromwell’s mit 2233 Grammen, Cuvier’s mit 1529 Grammen.

3) Vgl. oben Tiedemann’s Angaben im 2len Salz.

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rasch nach der Geburt. Schon nach 7 12 Wochen ist das kleine Gehirn zu 9 11% herangewachsen und mit 10 bis 15 Jahren hat es 12 13%, im Erwachsenen 12— 14%, wo das grosse Gehirn 88 86%, beträgt.

8. Sehr getheilt sind die Meinungen, ob das kleine Gehirn im Ver- hältnisse zum grossen im männlichen oder weiblichen Geschlechte grösser sey. Nach Huschke’s eigenen Wägungen von 22 weiblichen und 38 männlichen Gehirnen ergiebt sich für alle Lebensalter ein schwereres Hinterhauptsgehirn für das männliche Geschlecht. Es gilt der Satz: dass das Hinterhauptshirn im männlichen Geschlechte, das grosse Gehirn im weiblichen Geschlechte bevorzugt ist.

9. Menschen mit langen Staturen bei beiden Geschlechtern haben zwar ein absolut schwereres Gesammthirn, als kleine Menschen, aber verhältniss- mässig weniger Hinterhauptshirn.

Die übrigen Hirnwägungen Huschke’s übergehe ich, da die Prinzipien nicht rationell genug sind, um zu wissenschaftlichen Ergebnissen zu führen.

In einer Reihe bereits oben citirter Untersuchungen, welche ich der K. Societät der Wissenschaften vorlegle, habe ich meine Bedenken gegen gewisse Schlüsse geäussert, die man aus den Hirnwägungen gezogen hat.

Ich habe zu diesem Behufe zunächst eine Tabelle von nahezu tausend (im Ganzen 964) Wägungen von Gehirnen in Bezug auf das absolute Hirn- gewicht zusammengestellt. Mein jüngerer Sohn, der Studirender der Mathematik und Physik ist, hat sämmtliche Wägungen auf das französische metrische Ge- wicht reduzirt, eben so das Körpergewicht und Körpermaass, so weit es vorlag. In dieser Tabelle sind, wie es zur Zeit nicht anders möglich ist, die Gehirne von Gesunden und Kranken durcheinander gegeben und letztere bil- den bei weitem die grössere Mehrzahl.

Da die Mittelgewichte in vieler Beziehung irre führen und gewisse Ver- hältnisse nicht erkennen lassen, so war es gerade von Interesse, die Gewichte einfach nach ihrer Höhe, von den höchsten anfangend, zusammenstellen zu lassen und die andren Momente: Alter, Körpergewicht, Grösse, Krankheit und Todesursache, nebst Körperbeschaffenheit in besondren Rubriken hinzuzufügen, so weil diess der unvollkommenen Daten wegen möglich war.

Unter den 964 Gehirnen befanden sich über die Hälfte, nehmlich 553 männliche.

32

Klar stellt sich ein Verhältniss heraus, das die obigen Angaben von

Tiedemann, Huschke und andren bestätigt, nehmlich das geringere absolute Gewicht des weiblichen Gehirns. Es befinden sich nehmlich Y):

* _— _—

ersten Hundert mit Hirngewichten von 1911 bis 1520 Gr"", kommen 8 Weiber

zweien 1516—1423 9 dritten 1422—1363 9 vierten _ 1362—1327 937 fünften 1327—1295 4 sechsten 1295 —1248 —- Ad siebenten— 1247—1198 —- 9 achen 1198—1144 69 neunten 1144—1052 —- 6171

Zweitausend Grammen erreicht keines der 964 Gehirne und die beiden

schwersten, offenbar pathologischen, sind weibliche Gehirne; das schwerste Gehirn von allen ist bei einem 3jährigen Kinde von Virchow beobachtet.

Was die Gehirne namhafter, ausgezeichneter, mit grosser Intelligenz be-

gabter und mit vieler Geistesarbeit beschäftigt gewesener Männer betrifft, so sind deren 8 aufgeführt ?). Dieselben verhalten sich sehr ungleich; sie neh- men folgende Stellen in der Tabelle ein:

Alter: Cuvier mit 1861 Grammen die 3te3) 63 Jahre Byron 1807 4te?t) 36

1) Die letzten 64 Gehirne der Tabelle, also die im 10ten Hundert verzeichneten,

sind hier nicht mit berücksichtigt, da unter denselben besonders abnorme Ver- hältnisse, Idioten und viele kleine Kinder aus den ersten Lebensjahren vor-

kommen. 2) In meinen früheren Beiträgen ist auch, wie bei Huschke, noch Cromwell mit einem Hirngewicht von 2233 Grammen aufgeführt. Ich habe aber die

völlige Unsicherheit dieser Angabe näher nachgewiesen. Vgl. die Nachrichten von der K. Gesellsch. d. Wissensch. 1860 Nr. 12 vom 16ten April, nachdem ich schon früher meine Zweifel in diesem Falle ausgesprochen halte.

3) Die Angabe von Cuvier nach dem Originalbericht in der beigefügten Tabelle eitirt. Falsche Angaben hierüber hatten sich eingeschlichen. Vgl. Nachrichten ebendas.

4) Gegen die übertrieben hohen Angaben von Byron’s Hirngewicht mit 2238

33

Alter. Dirichlet mit 1520 Grammen die te 54 Fuchs 1499 _— 11llte 52 Gauss 1492 _ 12öte 78 Dupuytren 1437 19H) 55 Hermann —- 1358 —_ 3lbiee 51 0 Hausmann —. 1226 64lie 77

Unter diesen 8 Männern stand allerdings nur Byron im Blüthenalter und wahrscheinlich nur 2 (Dirichlet und Hausmann) waren über mitt- lerer Grösse. Indess lässt eine nähere Vergleichung der Tabelle gerade als wahrscheinlich heraustreten, dass mehrere Annahmen von Huschke nicht sicher feststehen. Ich bezweifle wenigstens noch bis jetzt den 1ten, ?ten und 8ten Satz ?).

In Bezug auf den ersten Satz scheint mir das fest zu stehen, dass hoch- begabte Menschen ein wohlentwickeltes Gehirn besitzen, dass sich aber dessen Gesammigewicht nicht auffallend von dem Gewichte andrer wohl entwickelter und normaler Menschen unterscheidet. Nur in seltenen Fällen scheint das Gehirn hochbegabter Menschen, wie bei Cuvier und Byron, selbst das höchste Hirngewicht anderer Männer und das der entsprechenden Altersklasse zu überschreiten, oft aber nicht einmal das höchste Hirngewicht von Weibern zu erreichen, wie sich aus folgender Zusammenstellung ergiebt.

Es verhalten sich nämlich die Maximalgewichte in folgender Weise 5):

Grammen, hatte ich schon meine grossen Zweifel ausgesprochen. Vgl. Nach- richten 1860 Nr.7.— Dr. Schuchardt hat den Grund der falschen Angabe sehr wahrscheinlich gemacht. Vgl. Nachrichten 1560 Nr. 12.

1) Auch in Bezug auf Dupuytren mussten Controversen berichtigt werden. Vgl. Nachrichten 1860 Nr. 12.

2) Im übrigen vergleiche die angefügte Tabelle, welche die jetzigen Haupt-Data erkennen lässt und zum Maassstab für so lange gelten kann, als@yir nicht ß 5 . y ralionellere und sorgfältigere Angaben besitzen. N

3) Hierbei ist zu bemerken, dass die Beobachtungen von Bergmann und Par- chappe Geisteskranke betreifen.

-

19)

34

I. Männer,

Beobachter. Zahl der Fälle. Hirngewicht. Huschke 40 1684 Grammen Sims 108 1672 Reid 102 1772 Peacock 32 1754 Bergmann 152 1815 Parchappe 159 1750

II. Weiber. Huschke 22 1484 Sims 107 1590 Reid 77 1446 Peacock 28 1502 Bergmann 90 1696 2 Parchappe 129 1496

Um weitere sichere Anhaltspunkte zu gewinnen, müssten erst eine mög- lichst grosse Zahl von Wägungen normaler Gehirne bei gesunden, plötzlich verstorbenen u.s. w. Individuen mit Rücksicht auf alle die Momente und Cau- telen hergestellt werden, welche bereits, wie oben angeführt, Tiedemann, Huschke, Bergmann u.a. so wie ich selbst!) namhaft gemacht haben.

Bei der Frage, in wieferne das Hirngewicht in Wechselbeziehung zur Intelligenz steht, ist unstreitig das relative Gewicht einzelner Hirnabtheilungen von grosser Bedeutung.

Nach Allem, was wir über die Funktion der einzelnen Hirntheile wissen, dürfen wir annehmen, dass gerade die Hemisphären des grossen Gehirns von grösster Wichtigkeit für die rein psychischen Thätigkeiten, insbesondre die höheren sind. Zerstörung, Hyperämie, Entzündung, Atrophie u. s. w. in diesen Hirntheilen in einiger maassen grösserer Ausdehnung, sekundärer Druck von andren Hirnparthieen aus, bringt immer beträchtliche Störung in der psychischen

l) Vgl. Nachrichten 1560 Nr. 7. Siebente Reihe meiner kritischen und experi- mentellen Untersuchungen über die Funktionen des Gehirns. Es ist klar, dass auch bei plötzlichen Todesarten gesunder Individuen die Todesart nothwendig einen Einfluss auf das Hirngewicht haben muss. Wenn z.B. Blut im Gehirn, wie beim Hängen, zurückgehalten, oder wie bei Verblutungen vorher entzogen wird, so muss diess auf das Hirngewicht influiren.

35

Thätigkeit hervor. Auch ist es sicher, dass die angeborene Idiotie in Form der Mikrocephalie einen wirklichen Hirnmangel, der sich insbesondre in der unvollkommenen Entwickelung der Hemisphären, beträchtlichen Kleinheit im Volum und im absoluten und relativen Gewicht derselben, ausspricht, einen entscheidenden Beweis für die Bedeutung der Hemisphären liefert. Aber weiter darf man auch hier nicht gehen.

In wie weit sich grössere Intelligenz in der Bildung der Hemisphären nach äusseren Form- und Gewichtsverhältnissen ausdrückt, ist noch ganz unsicher.

Ich habe eine Reihe von Wägungen unternommen, denen ich eine mög- lichst rationelle Unterlage zu geben suchte !).

Ich ging von der Ansicht aus: dass die Umbildung der einfachen Em- pfindungen zu inneren Wahrnehmungen (d.h. zu klar bewussten oder phan- tastischen Traumvorstellungen, Fieberdelirien u.s.w.), ferner die Prozesse des Denkens und Wollens, erst, vom Rückenmarke an gerechnet, jenseits des Eintritts der Grosshirnstämme in die Hemisphären erfolgen, höchst wahrschein- lich nur in der grauen Substanz der Windungen und vielleicht des Streifen- hügels mit Linsenkern und Vormauer (Claustrum) zu Stande kommen.

Ich habe es daher für das Einfachste gehalten, diejenigen Theile, welche bei jenen höheren, eigentlich psychischen Thätigkeiten nach meinen Ansichten und Erfahrungen nicht betheiligt sind, nehwlich: Grosshirnstamm (d.h. ver- längertes Mark, Brücke, Vierhügel und Zirbel nebst Grosshirnstielen bis zu den Sehhügeln) dicht an diesen abzulösen und daran auch das kleine Gehirn sitzen zu lassen und diese Parthie für sich als Ganzes zu wägen, eben so wie Hemisphären mit dem Balken, Streifen- und Sehhügeln. Letztre, obwohl vor- zugsweise bei der Bewegung betheiligt, sind doch nicht wohl davon abzutrennen?).

1) Vgl. Nachrichten 1860 Nr. 16. Mai.

2) Kleines Gehirn und alle die oben erwähnten Hirntheile, die im Zusammenhange von den Hemisphären des grossen Gehirns abgelöst werden, sind jedenfalls

keine Denkorgane. In wieferne dieselben dunkle Gemeingefühlswahrnehmungen für sich perzipiren und der Seele zuführen können, soll hier nicht weiler untersucht werden, und thut im Bejahungsfalle der Methode der Wägung kei- nen Eintrag. Ich beziehe mich in Belreff des kleinen Gehirns auf meine expe- rimentellen und in den pathologischen Erfahrungen beruhenden Ergebnisse.

Vgl. Kritische und experimentelle Untersuchungen über die Funktionen des Ge- 5*

36

Bei 19 hierauf untersuchten Gehirnen finde ich folgende Zahlenverhältnisse:

Verhältniss des:

kleinen Gehirns mit den Hemisphären mit Alter. Hirnstamm u. s. w. Streifenhügeln :

Personen. Jahre. (Gesammthirngewicht = 100.)

1. Dirichlet 4 13,2 3 86,8

2. Fuchs 52 11,9 881 3. Gauss 78 13,3 86,7 4. Hermann 51 13,5 : 86,9 ö. Hausmann 77 13,1 86,9 6. Mann 32 11,8 88,2 7. Mann 33 12,5 37,9 8. Mann 39 12,6 87,4 9. Mann 49 11,9 : 88,1 10. Mann 51 11,6 ; 88,4 11. Mann 97 15,5 84,5 12. Mann 60 11,8 Ä 88,2 13. . Mann 60 13,7 86,3 14. Frau 64 12,6 87,4 15. Frau 60 12,8 i 87,2 16. Frau 30 12,5 87,5 17. Frau 29 12,5 87,3 18. Mädchen?) 14 11,8 88,2 19. Mädchen 6 12,6 87,4

hirns. Nachrichten. 1858. Nr. 26. 1859. Nr.6. 1860. Nr.4. (im vollständigen

Auszuge auch aufgenommen in Frorieps Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. Jahrgang 1859 und 1860). Die Vierhügel halte ich, überein- stiimmend mit andren Physiologen, nach Experimenten bei Thieren und patho- logischen Erfahrungen bei Menschen, für Theile, welche zwar direkt beim Sehen betheiligt und vielleicht für die Mechanik der Augenbewegungen mit bestimmt sind, ohne welche die Empfindung des Sehens äusserer Gegenstände, auch bei Integrität der Retina, nicht zu Stande kommt, welche aber bei der letzten Umbildung der Seheindrücke zu seelischen Gesichtsvorstellungen nicht weiter in Betracht kommen, kurz deren Zerstörung Blindheit hervorruft, ohne die höheren psychischen Thätigkeiten wesentlich zu alieniren, wenn nicht andre Läsionen des grossen Gehirns, was freilich nicht selten der Fall ist, sich damit kombiniren. I) Blödsinnig mit verdickten Hirnhäuten.

37

Man sieht aus diesen Zahlen, dass dieselben für unsere Frage über das Wechselverhältniss der Masse der Hemisphären mit der Intelligenz nichts er- geben; dass im Ganzen die Gewichtsverhältnisse bei Unähnlichkeit im Alter, Geschlecht und in Bezug auf die geistige Arbeit oft sehr ähnlich sind.

Ich habe noch eine andre Durchschnittszählung hergestellt, indem ich von je fünf verschiedenen, in Bezug auf Alter, Geschlecht und Beschäftigung möglichst nahe stehenden, daher unter sich vergleichbaren Individuen Gross- hirnstamm mit Kleinhirn u.s. w. als Einheit annahm und diese Parthie mit den beim Denken vorzugsweise thätigen Hirntheilen (Hemisphären u.s. w.), wie im Vorigen, verglich. Es verhalten sich aber Kleinhirn u. s. w. zu den

Hemisphären: bei 5 geistesthätigen Gelehrten wie 1: 6,70 5 Handarbeitern 1:6,71 5 erwachsenen Weibern 1,0

Es waren also hier die Gelehrten-Gehirn-Hemisphären nicht bevorzugt. Dagegen spricht die kleine Tabelle für den Sten Satz Huschke’s (s. $S. 31), wornach beim Weibe das grosse Gehirn gegen das kleine dem Gewichte nach wirklich bevorzugt ist.

Ich bedaure, dass ich bis jetzt keine Gehirne von Mikrocephalen der Wägung unterwerfen konnte. Beim Orang-Utang finde ich nach dem Gehirne eines nicht mehr ganz jungen Thieres:

Kleinbirn mit Hirnstamm etc. zu den Hemisphären = 1:5,0. Aehnlich dürfte das Verhältniss, nach Schädeln von solchen Idioten zu uriheilen, bei diesen seyn.

Dagegen habe ich mich überzeugt, dass die öfters sehr auffallende Asymmetrie beider Hemisphären in Bezug auf das Ansehen der Windungen keinen Einfluss auf das Gewicht zu haben scheint. An den oben verzeichneten 19 Gehirnen habe ich stets beide Hemisphären möglichst sorgfältig in der Mittellinie getrennt und dann gewogen. Die Gewichte waren überraschend gleich, oft nur um 1 bis 2 Grammen differirend, welche Differenzen offenbar nicht in Betracht kommen und auf die niemals vollkommen gieiche Trennung mittelst des Schnittes zu rechnen sind.

Aus diesen Ergebnissen der Vergleichung der Gehirne ausgezeichneter

38

Männer mit gewöhnlichen Gehirnen zeigt sich also, dass in Bezug auf zwei wichtige Fragen, nehmlich die Windungsverhältnisse und die absoluten und relativen Gewichte in Bezug auf Geistesthätigkeit sich keine sicheren Schlüsse, eher negative Resultate im Verhältniss zu den bisherigen Ansichten ergeben. Ich kann nur wiederholen, was ich bei einer früheren Gelegenheit aussprach, dass man in diesen Abschnitten der Physiologie heut zu Tage noch keine glänzenden Bauten aufführen kann. Man befindet sich immer noch in der Lage des Pioniers, welcher sich mit der Ausrodung des Urwaldes und der Anlage wieder abbrechbarer Blockhäuser begnügen muss. Nur mühsam und Schritt vor Schritt kann man hier in dem unwegsamen Terrain Pfade ge- winnen. Aber es ist nicht blos eine Aufgabe der Wissenschaft, neue That- sachen aufzufinden; auch die Reinigung wissenschaftlicher Gebiete von Fabeln und Irrthümern gehört zu den pflichtmässigen Aufgaben der Forschung.

t.

39

Hirngewichts - Tabelle.

= | Hirn- Körper|Körper) Körperbeschaffenheit, 1.2 |'gew. |Alter| gew. | länge Krankheit 2| in in Kilo- in Milli- =. 5 |Grum.|Jahre gramm. |metern. Todesursache. 1/w.| 1911| 3 Interstitielle Hyperplasie des Gehirns mit Hydro- cephalus. 2|w.| 1872| 54 Ichoröse Infektion. 3/m.| 1861 | 63 |(Geh.d.ber.Na-| Anfall von Cholera. turi. G. Cuvier.) 4|m.| 1807 | 36 | (Gehirn Lord |Hirnentzündung. Blutige Byron’s) | Flüssigkeit in d.Höhlen. 5/m.\ 1783 | 28 Gemüthskrank. 6/m.| 1773 | 45 | 54,9 | 1611 |Gut genährt. 71m.) 1761| 44 Gemüthskrank. 81m.) 1750 | 51 Wahnsinn mit häufiger Aufregung. 9|m.| 1740 | 31 Narrheit mit Epilepsie. 10/m.| 1739 | 57 Gemüthskrank. 11!m.| 1732 | 13 Emphysematischer Brand am Oberschenkel. 12|m., 1702| 49 Narrheit mit Epilepsie u. Paralyse. 13/m.| 1702 | 34 Chronischer Wahnsinn. 14/m.| 1684 | 73 | Erhängt. 15/m.| 1682 | 37 Wahnsinn in Form von Melancholie mit para- lyt. Erscheinungen. 16/m.| 1680 | 39 Narrheit m. Geistesschwä- che u. paralyt.Erschein®

Beobachter.

Bemerkungen.

Virchow.

»

Rousseau.

Bergmann.

Tiedemann.

Bergmann.

Parchappe.

n

Bergmann.

Virchow.

Parchappe.

»

Huschke. Parchappe.

Vgl. Virchow Untersuchungen üb. d. Entwicklung d. Schädelgrundes S, 100. Das Hirngewicht ist nach der Entfernung der Flüssig- keiten bestimmt.

Ebendas. S. 101. Sowohl graue als weisse Substanz etwas ödematös.

Lancette frangaise. 1852. Vgl. Naclı- richten, 1860. Nro. 12.

Nach der von Dr. Schuchardt und mir gemachten Correktion. Vgl. Nachrichten 1860. Nro. 12.

Diese, wie alle folgenden mit Berg- mann bezeichneten /% sind aus dessen Bemerkk.üb. das Hirngew., Zeitschr. f. Psychiatrie, Bd. IX, S. 361 und betreffen lauter Irre.

Alle Angaben von Tiedemann =. in dessen bekanntem Werke.

Diese, wie alle diefolgenden mit dem Namen u. Ziffern vonParchappe versehenen Angaben siehe in des- sen Traite de la folie. Paris 1841.

Graue Subst. anämisch, wenig Flüs- sigkeit in den Höhlen. Sehr grosse Hemisphären.

Alle Fälle von Parchappe sind aus dessen Traite de la folie. Pa- ris 1841.

Alle Fälle von Huschke aus des- sen Werk: Schädel, Hirn u. Seele. Jena 1854.

40

2 | Hirn- Körper Körper, Körperbeschaffenheit, Na = gew. |Älter| gew. |länge FIEe Beobachter. Bemerkungen. 2| in in Kilo-inMilli-) Todesursache 5 |Grmm.|Jahre gramm. |metern. 4 17\w | 1675| 23 Peritonilis nach einer |Virchow. |Starkes Oedem der pia mater. Pneumonie. 15.m.| 1672| 44 Eiterdeposita in verschie-|Sims. Alle Fälle von Sims in medico- denen Organen. Flüs- chirurgical transactions. Vol.XIX. sigkeit in d. Hirnhöhlen. 1835. p. 353 u. f. 19m.) 1668 | 41 Gemüthskrank. Bergmann. 20|w.| 1668 | 28 Gemüthskrank. a 21m.) 1667 | 40 Gemülhskrank. 22/m.| 1659| 58 Gemülhskrank. 23 m.) 1659| 31 Gemüthskrank. . 24 |m.| 1658| 32 | 58,2 | 1665 |Muskulös. Tiedemann. 25 m.| 1652 | 37 Gemüthskrank. Bergmann. 26 m.) 1644| 74 Krankes Herz, Conge-|Sims. stion und Flüssigkeit. 27|m.| 1643| 40 | 58,8 Hirnentzündung mit viel,Huschke. Exsudat. 25m.) 1639| 32 | 60,7 | 1678 |Muskulös. Tiedemann. 29m.| 1637 | 25 Gemüthskrank. Bergmann. 30 m.! 1634 | 55 |-65,2 | 1773 |Sehr muskulös. Tiedemann. 31jm.!1632| 38 | 57,4 Muskulös. W 32|m.| 1632 | 33 Akuter Wahnsinn. Pleu-|Parchappe. ritis. 33|m.| 1626 | 43 Gemüthskrank. Bergmann. 34|m.| 1627 | 17 Congestion in der piaHuschke. |[Genitalien klein und unbehaart. mater. Selbstmord. 35|m.| 1620| 54 Paralytischer Wahnsinn. |Parchappe. Blut-Erguss in der A- rachnoidea. 361m.) 1617| 25 Narrheit mit Uebergang 5 in Lähmung. Enterilis. Starker Wasser-Erguss. 37|m.| 1616 | 29 Gemüthskrank. Bergmann. 38m.| 1610| 15 | 36 1462 |Gut genährt. Tiedemann. 39|m.| 1609| 35 Intermittirende Manie. |Parchappe. Gastro -Enteritis. an 1605 | 56 1408 ‘Tiedemann,

41

Bemerkungen.

r= Hirn- Körper Körper) Körperbeschaffenheit, M = gew. |Alter| gew. | länge Ber Beobachter. al in Kilo-|inMilli- 5 an Jahre a aleın: Todesursache. 41/m.| 1603 | 50 Gross, muskulös. Erhängt|Huschke. 42|m.| 1601| 35 Epilepsie mit Geistesstö- Parchappe. rung. Hämatemesis. Wasser-Erguss. 43|w.| 1600 | 33 Gemüthskrank. Bergmann. 44\m.| 1590 | 31 Chronischer Wahnsinn.‚Parchappe. Typhöses Fieber. 45|m.| 1588 Congestion im Gehirn. |R. Wagner. 46| w.| 1587 | 63 Pneumonie. StarkeHirn-|Sims. Congestion. 47|m.| 1587 | 29 Säufer-Wahnsinn. » 48|m.| 1587| 13 Pocken. 7 49|m.| 1578| 61 Gemüthskrank. Bergmann, 50/m.| 1578| 44 Gemüthskrank. 7 51|m.| 1578| 41 Gemüthskrank. 52/m.| 1578 | 38 Gemüthskrank. n 53|m.| 1578| 29 Gemüthskrank. r 54|m.| 1577| 48 Wahnsinn mit Paralyse|Parchappe. und Hirncongestion. 55[m.|1575 | 38 | 57,2 Muskulös. Tiedemann. 56 m.| 1568 | 51 Gemüthskrank. Bergmann. 57|m.| 1568 | 48 Gemüthskrank. e 58|m.| 1568 | 29 Gemüthskrank. n 59m.) 1567 | 39 Plötzlich gestorben. R. Wagner. 60 m.| 1564 | 30 Gemüthskrank. Bergmann. 61|m.| 1563 | 27 Gemüthskrank. e 62|m.| 1562 | 52 Akuter Wahnsinn. Er-|Parchappe. hängte sich. Wasser in d.Ventrikeln. Ecchymos. 63|m.| 1561 | 39 | 61,9 | 1665 |Sehr muskulös. Tiedemann. 64|m.| 1559 | 54 Hirnerweichung. Sims. 65,m.| 1559 | 50 Im betrunkenen Zustand Huschke. gestürzt. 66,m.| 1559 | 44 Hirnerweichung. Sims.

Seit zwei Jahren blödsinnig.

Flüssigkeit in den Höhlen.

Viel Flüssigkeit in den Höhlen. Flüssigkeit in den Höhlen.

Sehr kräftiger Mann.

Congestion im Gehirn.

Starke Congestion.

Starke Congestion.

6

Geschlecht.

42

| Hirn- Körper Körper, Körperbeschaffenheit, | gew. |Alter| gew. | länge REOEDRN Beobachter. Bemerkungen. in in Kilo- inMilli- Todesursache ‚Grmm.|Jahre|gramm.|metern. " .11559 | 40 Lungenschwindsucht. Sims. Starke Congestion. Flüssigkeit. ‚11559 | 10 Typhus. Starke Congestion. Viel Flüssigkeit. 3 Erweichung. ..1557 | 40 | 47,7 | 1638 |Nicht muskulös. Tiedemann. .11556 | 27 Gemüthskrank. Bergmann. .|1549 | 74 Gemüthskrank. .1549 | 48 Gemüthskrank. & .11549 | 26 Gemüthskrank. . 11543 | 37 Gemüthskrank. .11541 | 38 Wahnsinn mit Epilepsie. |Parchappe. | Cerebralcongestion. ..1539 | 48 Gemüthskrank. Bergmann. .1538 | 78 Herzkrank. Ohne deutli- Parchappe. che psychische Störung. 1535 | 63 Gemüthskrank. Bergmann. 11535 | 40 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Cerebral-Hämorrhagie. .'1531| 48 'Gemüthskrank. Bergmann. ‚1531| 41 ‚Gemülhskrank. n . 1531| 39 ‚Bluterguss unter der pia|Parchappe. | mater. Manie. .11531 | 38 Wahnsinn mit Lähmung. 9 Cerebralcongestion. .1530 | 50 "Wahnsinn mit Paralyse. n , Hirncongestion. 1530 | 45 Ascites. Pericarditis. |Sims. Gesundes Gehirn. .11530 | 35 'Pneumonie. er Starke Congestion. .1530 | 35 'Krankes Herz. n Flüssigkeit. 2153011522 Apoplexie. e Wenig Flüssigkeit. . 1530 | 20 |Magengeschwür. n Hypertrophie. .11530 | 12 !Pneumonie. » . 1527| 50 'Gemüthskrank. Bergmann. .11525 | 22 Am Beckenbruch verun-|R. Wagner. glückt. 1524 | 39 Gemüthskrank. Bergmann.

43

== Hirn- Körper Körper, Körperbeschaffenheit, k>) iR . N. 3 | gew. Alter| gew. | länge Heel Beobachter. Bemerkungen. = inKilo-\inMilli- > N Jahre Ep. ern. Todesursache. 94|m.| 1522 | 49 Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Cerebralcongestion. 95|m.| 1520 | 61 Gemüthskrank. Bergmann. 96.m.| 1520 | 54 Be Herzkrankh. Hydropsie.|R. Wagner. [Gehirn des berühmten Mathemati- Crösse 5 j kers Lejeune-Dirichlet. 97|m.) 1520 | 45 088€. Grössen Wahnsinn. In- Parchappe. solation. 981m.| 1520 | 40 Gemüthskrank. Bergmann. 99|m.| 1520| 37 Gemüthskrank. » 100|m.| 1520| 23 Gemüthskrank. 5 101|m.| 1516 |50-60| 58,4 Erhängt. Huschke. 102|m.| 1515 | 49 Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Hirn - Congestion. 103|m.| 1515 | 37 Chronischer Wahnsinn. = Marasmus. 104|m.| 1512| 27 Gemüthskrank. Bergmann. 105/m.| 1510| 61 Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Cerebral-Congestion. 106/m.| 1510| 50 Akuter Wahns. Enteritis. 5 Zerstreute Ecchymosen. 107/m.| 1500 | 29 Akuter Wahns. mit me- R lancholisch. Character. Erguss in der Pleura. 108/m.| 1510 |25-30| 72,5 Huschke. 109|m.| 1505 | 45 Anfälle v. Wahnsinn. Tod Parchappe. nach epileptisch. Anfall. 110|m.| 1505 | 32 Gemüthskrank. Bergmann. 1111m.| 1504 | 60 | 46,9 | 1611 Tiedemann. 112|m.| 1502 | 71 Fingerwunde. Pneumon.|Sims. Flüssigkeit. Starke Congestion. 113/w.| 1502 | 48 Asiatische Cholera. 5 Starke Congestion ohne Flüssigkeit. 114 m.| 1502 | 24 Pthisis. Keine Flüssigkeit. Hypertrophie. 115 m.| 1502 | 20 Asiatische Cholera. F Starke Congestion. 116/m.| 1500 | 54 Manie. Parchappe. |Todesursache bei Integrität aller i j Organe nicht nachweisbar. 117|m.| 1499 | 52 mittel-| Am Fettherz plötzlich ge- |R. Wagner. Gehirn des Klinikers und Patholo- ToSsSs. » ze 118|m.| 1498 |ca50| 65,0 1692 Runen Tiedemann. | ®°° tn, Cüliagen. 119/m.| 1498 | 31 Gemüthskrank. Bergmann.

6*

44

es

E Hirn- Körper Körper, Körperbeschaffenheit, M|= gew. Alter gew. länge nero, S un 8 i in Kilo- inMilli- K Be Jahre nn ne Todesursache. 120| w.| 1496 | 64 Chronischer Wahnsinn. Herzaneurysma. 121/m.| 1496 |60-70 122|m. 1494 | 54 Gemüthskrank. 123|m.| 1494 | 46 Gemüthskrank. 124 m.| 1494 | 17 125\m.| 1492 | 78 mittel |[Herzkrankh. Hydropsie. 126m. | 1491| 25 ET [Gemüthskrank. 127m.) 1491 | 31 Wahnsinn mit Paralyse. Cerebral- Marasmus. 128/m.| 1485 | 55 Chronischer Wahnsinn. Pneumonie. 129|w.| 1484 | 50 | 49 Erhängt. 130|m.| 1484 | 37 Wahnsinn mit Paralyse. Cerebralcongestion. 131/m.| 1480 | 62 Wahnsinn mit Paralyse. Cerebralcongestion. 132|m.| 1480 | 59 Epilepsie mit Geistesstö- rung. Tod im Anfall. 133/m.| 1480 | 54 Akuter Wahnsinn. Tod durchSchwächeinFolge Enthaltung v. Nahrung. 134 |m.| 1480 | 26 Akuter Wahnsinn. Phleg- monöser Rothlauf. 135/m.| 1480 | 51 Gemüthskrank. 136/m.| 1479 | 48 Wahnsinn mit Paralyse. Chron. Gastroenteritis. 137|m.) 1476 | 31 Gemülhskrank. 138|m.| 1475 | 50 Chronischer Wahnsinn. Herzhypertrophie. 139|m.| 1475 | 35 Epilepsie mit Geistesstö- rung. Cerebralcongest. 140|m.| 1474 | 57 Tetanus. 141|m.| 1474 | 49 Asiatische Cholera. 142|m.) 1474| 43 Fungus im Thorax. 143m.) 1474 | 37 Asiatische Cholera. 144|m.| 1474 | 35 Pleuritis. Emphysem.

Beobachter.

Parchappe. Huschke. Bergmann.

»

Tiedemann. R. Wagner.

Bergmann.

Parchappe.

Huschke. Parchappe.

»

Bergmann.

Parchappe. Bergmann.

Parchappe.

Sims.

Bemerkungen.

Klein, buckelig.

Gehirn des berühmten Mathemati-

kers C. F, Gauss.

Gesund und robust.

Starke Congestion.

Flüssigkeit.

Hirn-

No.

schlecht.

in

145,m.| 1472

146 |m.| 1470 147 |m.| 1469 148|m.| 1469 149|m.| 1468 150|m.| 1468 151/m.| 1467

152|m.| 1465 153/m.) 1463

154|m.| 1462 155|m.| 1461 156 m.| 1461 157m.) 1461 158|m.| 1461 159/m.| 1461 160m. | 1461 161/w.| 1461 162|w.| 1461 163\m.| 1460

164|m.| 1457 165/m.| 1455

166|m.| 1455 167|m.| 1452 168|m.| 1452

169m.) 1451 170\w.| 1450

48

45

Körper Körper, Körperbeschaffenheit,

ca40| 66,5

43 38

50-60| 52,8

53 | 54,7

60

62 40 39 8 43 40-50 30 29 21 32 26 35

36 40

3l 38 33 3l 51

99,5

gew. [Alter gew. | länge

D in Kilo-|inMilli- O |Grmm.|Jahre|gramm. |metern.

Krankheit und Todesursache.

Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Pneumonie.

Sehr muskulös. Tiedemann

Gemüthskrank. , |Bergmann.

Gemüthskrank. . Tiedemann

Akuter Wahns. Schwäche|Parchappe. durch Abstinenz.

Gemüthskrank. Bergmann. Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Cerebralcongestion. Manie. Enteritis. e Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. 4 Gemüthskrank. 2 Gemüthskrank, # Gemüthskrank. 2 Gemülhskrank. r Gemüthskrank. e Gemüthskrank. 2 Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Cerebralcongestion. Hydrothorax. Huschke. Epileps. m. Geistesstörng. |Parchappe. Cerebralhämorhagie. Chronischer Wahnsinn. n Cerebralcongestion. Grössen-Wahnsinn. En- R teritis. Wahnsinn mit Lähmung. - Cerebralmarasmus.

Tiedemann.

Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Cerebralmarasmus.

Beobachter.

Huschke.

Bemerkungen.

50 Grammen Flüssigkeit im Sub- arachnoidalraum.

46

2 | Hirn- Körper|Körper) Körperbeschaffenheit, © R . A 5 | 8ew. Alter| gew. | länge ölncen Beobachter. Bemerkungen. | in in Kilo- in Milli- Todesursache O |Grmm.|Jahre) gramm. |metern. e 171!m.| 1446 | 46 Herzkrankheit. Sims. Congestion. 172|m.) 1445 | 51 Herzkrankheit. z Starke Congestion. 173m. 1445 | 46 Asiatische Cholera. Ä Starke Congestion. 174 m.) 1445 | 26 Typhus. E 175 m.| 1445 | 49 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Chronische Enteritis. 176/m.| 1444 | 40 Chronischer Wahnsinn. 177|m.| 1442 | 40 Wahnsinn mit Paralyse. n Cerebralcongestion. 178m.) 1437 | 30 Wahnsinn mit Hirnerwei- 5 chung. Chron.Enteritis. 179|m.| 1436 | 58 Herzhypertrophie. Brust- Gehirn des berühmten Wundarztes wassersucht. Apoplek- Dupuytren. Langette frangaise tische Cysten im Gehirn. 1580: ra zb 180m.) 1436 | 50 _ |Gemüthskrank. Bergmann. 181|m.| 1435 | 45 Wahnsinn mit Uebergang | Parchappe. in Paralyse. Hydrothor. 182|m.| 1435 | 43 Chronischer Wahnsinn. = Akute Peritonilis, 183|w.| 1435 | 35 Manie. Cerebralcongest. . 184m. | 1434 | 74 Huschke. 185|m.| 1432 | 72 Gemüthskrank. Bergmann. 156/m.| 1432| 64 Gemüthskrank. - 187|m.| 1432| 44 Gemütlhskrank. n 188|m.| 1432 | 37 Gemüthskrank. 4 189|m.| 1432 | 33 Gemüthskrank. 5 190|m.| 1432 | 29 Gemüthskrank. = 191|w.| 1432 | 38 Gemüthskrank. - 192|m.| 1427 | 30 Tiedemann. 193|m.| 1425 | 63 Gemüthskrank. Bergmann. 194,m.| 1425| 41 Gemüthskrank. n 195m.| 1425 | 31 Gemüthskrank. n 196|m.| 1425 | 44 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Cerebralcongeslion.

47

= Hirn- Körper Körper| Körperbeschaffenheit, NM. = gew. [Älter| gew. | länge erg Beobachter. Bemerkungen. a. in Kilo-|in Milli- © PN Jahre __\ö arm. Sahre gramm. metern.|_ Todesursache. || er Todesursache. 197|m.| 1425 | 40 Wahnsinn mit Paralyse Parchappe. und Geistesschwäche. Cerebralcongestion. 198|w.| 1425 [40-50 Ertrunken. Huschke. 199|m.| 1423 |50-60| 55,3 Betrunken unt, einen Wa- » gen gefallen u. gerädert. 200|m.) 1423| 15 Typhus. R.Wagner. 201|m.| 1422 |20-25 Erhängt. Huschke. 202|m.| 1421| 58 Gemüthskrank. Bergmann. 203|m.| 1421| 41 Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Hydrothorax. 204m.) 1421| 19 AkuterWahnsinn in Form n der Melancholie. Ma- rasmus. 205|m.| 1420| 47 Manie. n 206|m.| 1419| 50 | 46,3 Huschke. 207|m.| 1419| 41 | 39,4 | 1651 |Mager. Tiedemann. | 205|m.| 1418| 31 Gemüthskrank. Bergmann. 209|w.| 1418| 63 Gemüthskrank. a 210 m.| 1417 | 83 Pneumonie. Lungengan-|Sims. Gesundes Gehirn. grän. 211!m.| 1417 | 58 Apoplexie. » Erweichung und Entzündung. 212|m.| 1417 | 50 Phthisis. . Starke Congestion. Flüssigkeit. 213|m.| 1417 | 52 Pneumonie. ea Starke Congestion. Flüssigkeit. 214 m.| 1417 | 32 Aneurysma. 5 Viel Flüssigkeit. 215|w.) 1417 | 60 Apoplexie. = Starke Congestion. Flüssigkeit. 216|w.| 1417 | 57 Herzkrankh. Hydropsie. R Viel Flüssigkeit. 217 w.| 1417 | 36 Pneumonie. Typhus. N Starke Congestion. Flüssigkeit. 218|w.| 1417 | 29 Nierenkrankheit. Was- 2 Keine Flüssigkeit; Windungen ab- sersucht. geflacht. Hypertrophie. 219|m.| 1417 |30-40 Früher im Irrenhause. |Huschke. 220|m.| 1416 [40-50] 85,5 er Fett. R 221/m.| 1416 | 64 | 56,2 | 1665 [Mager. Tiedemann. 222 m.| 1414| 51 Gemüthskrank. Bergmann.

48

3 Hirn- Körper Körper Körperbeschaffenheit, M = gew. |Alter| gew. | länge ArmaEngh Beobachter. Bemerkungen. ur i in Kilo- inMilli- 5 FE ee re Todesursache. 223m. 1414 | 30 Gemüthskrank. Bergmann. 224|m.| 1410| 73 Gemüthskrank. n 225/m.| 1410| 41 Gemüthskrank. n 226 m.| 1410| 34 Gemülhskrank. n 227|m.| 1410| 31 Gemüthskrank. 5 228/m.| 1410| 45 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Gastroenteritis. 229m.) 1410 | 32 Chronischer Wahnsinn. " Enteritis, 230 w.| 1410| 57 Manie. Chronische Bron- a chitis. 231/w. 1410| 65 Chronischer Wahnsinn. - 232 m. 1409 | 26 Akuter Wahnsinn. n 233m.) 1408| 30 | 62,6 | gross |Erhängt. Huschke. |Caries am Brust- u. Schlüsselbein. 234!m.| 1408| 28 Tiedemann. 235/m.| 1408| 40 \ 236m. 1407 | 54 Gemüthskrank. Bergmann. 237 m.| 1407 | 38 Gemüthskrank. n 238|m.! 1407 | 26 Gemüthskrank. n 239|w.| 1407 | 29 Gemüthskrank. 240 w.| 1407 | 50 Akuter Wahns. in Form d.'Parchappe. Melanch. Pleuropneum. 241/m.| 1406 | 57 Chronischer Wahnsinn. n Chronische Peritonitis. 242|m.| 1406 | 28 Chronischer Wahnsinn. - Tuberkulose. 243 m.| 1405 | 70 Blödsinn. Gangrän. ® Hirokrankheit, Ein Theil der Win- Rn ; dungen der linken Hemisphäre 244 m.| 1405 | 62 Complieirte Narrheit. z atrophisch. Arachnoideal - Hämor- rhagie. 245m.| 1405 | 52 Wahnsinn mit Epilepsie. n Tod im Anfall. 246 m.| 1405 | 70 Erhängt. Huschke. 247|m.| 1403 | 70 Gemüthskrank. Bergmann. 248|m.| 1403 | 70 Gemüthskrank. #

3 eschlecht.

nm »> he) =

250m. 251|w. 252|w. 253m.

254m. 255|m.

256,m. 257m. . 258|m.

259m, 260 m. 261|m. 262|m.

263! m.

Hirn-

in

1403 1403 1403 1400

1400 1397

1395 1395 1394 1393 1392 1390 1390 1390

1390

., 1389 .' 1389 . 1389 .) 1389 .' 1385

.| 1385

1385 1354 1382

39 25

1678 1665

49

Körper[Körper, Körperbeschaffenheit, gew. |Alter| gew. | länge in Kilo- inMilli- D |Grmm.|Jahre | gramm. |metern.

.| 1403

Krankheit Beobachter. Bemerkungen. und Todesursache. Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. 4 Gemüthskrank. n Gemüthskrank. "

Chron. Wahnsinn mit Gei- Parchappe. stesschwäche. Skorbut. Ascites. Huschke.

Chronischer Wahnsinn, Parchappe. Hyperirophie im linken Herzen.

Tiedemann.

Wahnsinn mit Paralyse.,Parchappe.

Abscess am Arm, Huschke.

Gemüthskrank. Bergmann.

Tiedemann.

Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Cerebralcongestion.

Wahnsinn in Form von » Melancholie. Herz-Hy- pertrophie.

Wahnsinn mit Paralyse.| ° Cerebralcongestion.

Purpura haemorrhagica. |Sims.

Krankes Herz. n

Scharlach. a

Pneumonie. N)

Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Bronchitis.

Wahnsinn mit Paralyse. » Herzhypertrophie. R. Wagner Gemüthskrank. Bergmann.

Chronischer Weahnsinn.|Parchappe. Enterilis.

Schädel sehr dick.

Flüssigkeit. Hypertropbie. Flüssigkeit.

50

= Hirn- |Körper Körper Körperbeschaffenheit, Ö a A Er M 3 | Sew. Alter| gew. | länge ee Beobachter. Bemerkungen. 2; ia Kilo- in Milli- m 5 mn ah: =. a Todesursache. 274 m.| 1381| 44 Gemüthskrank. Bergmann. 275m.) 1381 | 42 Gemüthskrank. N 76/m.| 1351 | 34 Gemüthskrank. R 77|w.| 1380 | 25 Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Enteritis. 278|w.! 1379 | 16 Tiedemann. 279 m.) 1376 | 69 Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Chronische Pneumonie. 2830| m.| 1376 | 45 Erschossen. Huschke. 281m.) 1375| 46 | 38,4 | 1665 |Mager. Tiedemann. 282 m.| 1375| 31 | 48,9 5 283|m.| 1375| 22 Wahnsinn mit Epilepsie. Parchappe. Cerebralcongestion. 254|m.| 1374| 35 Gemüthskrank. Bergmann. 285m. 1374| 31 Gemüthskrank, s 286m. 1374 | 28 Gemüthskrank. s 287|m.| 1374| 27 Gemülhskrank. - 288|m.| 1374 | 22 Gemüthskrank. » 259|w.! 1374| 75 Gemüthskrank. 9 290|w.| 1374 | 39 Gemüthskrank. n 291|w.| 1374| 49 Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Erfroren. 292|w.| 1374 33 Chronischer Wahnsinn. n Enteritis. 293|m.| 1373| 37 Wahnsinn mit Paralyse. Cerebral-Congestion. 294|w.| 1368 | 62 Narrheit mit Manie. En- " | terilis. 295|m.| 1366 | 35 Gemülhskrank. Bergmann. 296 m.| 1366 | 24 Gemüthskrank. n 297 m.| 1365 | 60 R. Wagner. 298 m. 1363 | 49 Gemüthskrank. Bergmann. 299m.) 1363 | 40 Gemüthskrank. 5 300 m.| 1363 | 39 Gemüthskrank. n

. by

Geschlecht.

Hirn-

Körper Körper) Körperbeschaffenheit,

gew.Alter| gew. | länge

in Kilo-|inMilli-

in O |Grmm.|Jahre Be GEumnabzeigsammslmeiam.| 0 0. bo 5 200 ul

.| 1362 .. 1362

1362

. 1360 . 1360 .) 1360

.| 1360 ., 1360

., 1360 . 1360 . 1360 .| 1360 ., 1360 . 1360 ., 1360 . 1360

1360 1360

. 1360

1360 1359

.| 1359

1359 1359

.) 1359

1358

30

mittel- gross.

172cnt

Krankheit und Todesursache.

Huschke.

Akute Manie. Cerebral- Parchappe. congestion.

Geistesschwäche. Ma- n rasmus.

Suffocativ gestorben. |R. Wagner.

Complicirter Irrsinn. Parchappe. Narrheit mit Uebergang - zur Paralyse. Meningitis.

Akute Manie. Gangrän. Chronischer Wahnsinn. » Enteritis.

Pneumonie. Sims. Pneumonie. n Bronchitis. n Herzkrankheit. n Lungenschwindsucht. » Pneumonie, - Delirium tremens. n Rückenmarkserweichng. w Carcinom. n Apoplexie. » Magenkrebs. a Apoplexie. n

Chronisch. Wahnsinn mit Parchappe. Verstandesschwäche. Cerebralcongestion.

Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. r Gemüthskrank. R Gemüthskrank, 5

R. Wagner.

Beobachter.

Bemerkungen.

Viel Flüssigkeit in den Hölen und unter der Arachnoidea.,

Bildung v. Ablagerungen m. Pseudo- membranen unier d. Arachnoidea.

Viel Flüssigkeit. Alte Cyste. Flüssigkeit.

Gesundes Gehirn,

Flüssigkeit.

Viel Flüssigkeit.

Congestion.

Starke Congestion. Flüssigkeit. Gesundes Gehirn.

Starke Congestion. Flüssigkeit.

Extravasat.

Starke Congestion.

Gehirn des berühmten Philologen C. F. Hermann in Göttingen.

7*

No.

327| 328| 329 m.

330

331m. 332| w.|

333

334 335 336 337 338 339 340 341

342

343

Geschlecht.

m.

m.

| Hirn-) |Körper gew. Alter, gew. | länge in in Kilo- inMilli- Grmm.'Jahre |gramm. |metern. . 1356| 71 | 48,9 | 1597 1356 | 33 1356 | 33 1355 | 56 1355 | 34 1355 | 32 . 1353 |30-32| 59,8 .. 1353 |60-70 .11353 | 22 .11352| 61 .|1352| 25 .11352| 24 ‚1352| 24 .11350 | 52 1350 | 40 1350 | 26 1350 , 49 1350 | 49 1350 | 42 1349 | 40 1347| 66 1345 | 51 1345 | 80 1345 | 38 1345 | 59 1345 | 57

52

Körper) Körperbeschaffenheit,

Krankheit und Todesursache.

Gemüthskrank. Gemülhskrank.

Wahnsinn mit Paralyse. Cerebralcongestion. Erhängt.

Mörder hingerichtet. Gemüthskrank. Gemütlhskrank. Gemüthskrank. Insuffic. valvul. mitral.

Wahnsinn mit Paralyse. Cerebralcongestion. Chronischer Wahnsinn. Marasmus. Wahnsinn mit Uebergang zur Paralyse. Congest, Chronischer Wahnsinn. Lungenschwindsucht. Akuter Wahnsinn als Me- lanch. Pleuropneumon. Wahnsinn der vor d. Tode verschwand. Enteritis. Gemüthskrank.

Gemüthskrank.

Wahnsinn der vor d.Tode verschwand. Granulöse Entartung der Nieren. Gemüthskrank.

'Gemüthskrank.

Beobachter.

Tiedemann.

»

Bergmann.

Parchappe. Huschke.

Parchappe. Bergmann.

»

»

R. Wagner. Parchappe.

Bergmann.

» R. Wagner. Tiedemann.

Parchappe.

Bergmann.

»

Bemerkungen.

Gesundes Gehirn.

d3

Körper|Körperı Körperbeschaffenheit,

inKilo- inMilli-

Krankheit Beobachter. und Todesursache. Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. n Gemüthskrank. a Gemüthskrank. n Gemüthskrank. - Gemüthskrank. » Gemüthskrank. n Gemüthskrank. n !Gemüthskrank. n Gemüthskrank. R Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Cerebralcongestion. Wahnsinn mit Paralyse. Cerebral-Marasmus. Wahnsinn mit Paralyse. y Cerebral-Marasmus. Chronischer Wahnsinn ' Herz-Hypertrophie. Muskulös. Tiedemann. Gemüthskrank. Bergmann. Pneumonie. R. Wagner.

Wahns.mit Paralyse. Blut-'Parchappe. ergussin d.Arachnoidea

‚Chronischer Wahnsinn. » Enteritis.

'Gemüthskrank. Bergmann.

| Tiedemann. ‚Leberkrebs. R. Wagner. ‚Gemüthskrank. Bergmann. Tiedemann. Erysipelas. Sims. Wassersucht. x

= Hirn- aM = gew. ‚Alter| gew. | länge

ul Ian

DO |Grmm.|Jahre |gramm. |metern. 353|m.|1345 | 55 354/m.|1345 | 51 355 m.| 1345 50-60 356m.| 1345 | 40 357|m.| 1345 | 35 358|m.| 1345 | 32 359|m.| 1345 | 29 360/w.| 1345 | 51 361/w.!1345 | 48 362|w. 1345 | 29 363|m.| 1343 | 58 364|m.|i343 | 54 365|m.| 1343 | 46 366/m.! 1343 | 37 367m.) 1341 | 42 | 54,1 368|w.| 1341| 49 369|m.| 1340 | 33 370/m.| 1340 | 54 371|w.| 1340 | 38 372|w.| 1338| 32 373|m.| 1336 \ca50) 50,5 374|w.|1335 | 31 375|w.| 1334 | 54 376|w.| 1334 | 20 377\m.| 1332 | 79 378|m.| 1332 | 68 379|m.| 1332 | 67

'Pleuritis. 2 ı

54

ee” u ESS

= | Hirn- Körper Körper| Körperbeschaffenheit, = gew. |Alter| gew. | länge aDkHel: Beobachter. Bemerkungen. 5 |ormm.Jahrelgramım. metern.| Todesursache. 380|m.| 1332| 63 | Pleuritis. Pericarditis. |Sims. Congestion. 381m.) 1332 | 63 Chronische Pleuritis. n 382/m.| 1332| 46 Erysipelas, Arachnitis. n Flüssigkeit. 383|w.| 1332 | 70 Herzkrankheit. E Flüssigkeit. Hypertrophie. 384|w.) 1332 | 56 Apoplexie. h Starker Erguss. 385|w.| 1332| 55 Asiatische Cholera. 356|w.| 1332 | 46 Typhus. n 387|w.| 1332| 45 Typhus. n 388|w | 1332 | 29 Phthisis. S, 389|w.| 1332| 20 Phlebitis. hr Flüssigkeit. 390|w.| 1332 | 16 Erysipelas. Pneumonie. 5 Gesundes Hirn. 391|w.| 1332| 3 Keuchhusten. a Congestion. 392|w.| 1331| 56 Akuter WahnsinninForm|Parchappe. von Melancholie. 393|m.| 1330 | 50 Gemüthskrank. Bergmann. 394 m.| 1330 | 34 Gemülhskrank » 395/m.; 1330 | 2] Gemüthskrank. - 396|m.| 1330 | 32 Enthauptet. R. Wagner. 397|m.| 1328 | 38 Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Tuberkulose. 398|m.| 1328 |30-40 Erhängt. Huschke. Stark. Gesund. 399|m.| 1327 |60-70| 44,8 = 400 m. 1327 | 49 Grössen-Wahnsinn. Ce-|Parchappe. rebralcongestion. 401'm.| 1327 | 38 Wahnsinn mit Paralyse. 'n Marasmus. 402\w.| 1327 | 33 Hirnerweichung. = 403|w.| 1327 | 45 | 37,3 | 1651 |Mager. Tiedemann. 404 w.| 1327 | 34 Gemüthskrank. Bergmann. 405 m.| 1326 | 60 | 87 Ertränkt. Huschke. 406 m.| 1326 | 48 44,5 | 1719 Tiedemann. 407|m.| 1325 | 45 ne Parchappe.

}5) = Hirn- Körper Körper| Körperbeschaffenheit, Ö z ; AM. | | 8eW. Alter| gew. | länge ee Beobachter. Bemerkungen. Sr inKilo-|inMilli- > Gum, Jahre ER er. Todesursache. 408|m.| 1324 |60-65 Erhängt. Huschke. 409|m.| 1323 | 44 | 43,3 | 1732 Tiedemann. 410/m.| 1323 | 42 Gemüthskrank. Bergmann. 411m.) 1323| 41 Gemüthskrank. | 5 412\m.| 1323 | 34 Gemülhskrank. 7 413|w.| 1322| 23 Huschke. |Kindesmörderin gesund. 414m.| 1321| 48 2 415|m.| 1320 | 60 Idiotismus von Geburt an. Parchappe. |Tod durch Dyspnoe in Folge von h Herzhypertrophie. 416/m.| 1320 | 57 Wahnsinn mit Paralyse. x Arachnoidal-Hydropsie. 417\m.| 1320| 43 Akute Manie. Gasiro- n Enterilis. 418m. 1320| 27 Chronischer Wahnsinn. Gastro-Enteritis. 419|w.| 1320| 48 Cerebralhämorrhagie. 420|w.| 1320| 45 Als Mörderin hingerichtet 2 421|m.| 1319| 52 Gemüthskrank. Bergmann. 422|m.| 1319| 48 Gemüthskrank. R 423|w.| 1319| 70 Huschke. Viel Wasser im Gehirn. 424 w.| 1319| 56 Gemülhskrank. Bergmann. 425/w.| 1319| 47 Gemüthskrank. a 426|w.| 1317| 28 Manie. Hydrocephalus. Virchow. [A. an 0: ee N Dee Gewicht 427|m.| 1315 | 55 Gemüthskrank. Bergmann. re ee 428|m.| 1315 | 46 Gemülhskrank. n 429|m.| 1315 | 40 Gemüthskrank. = 430|/w.| 1315 | 70 Gemüthskrank. r 431|w.| 1315 | 35 Gemüthskrank. 7 432 w.| 1315 |20-30 Schwindsucht. Huschke. 433!m.| 1314 | 38 Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Cerebralcongestion. 434|m.| 1312 | 69 Chronischer Wahnsinn. 2 Pleuro -Pneumonie., 435 m.| 1312| 46 Chronischer Wahnsinn. Tod in Folge einer Magenblutung.

n

3 | Hirn- a5 | gew. un © >

in 436| m. 1312 437|m.| 1312 438 439

1312 1312

m,

W.

1312

440|w.

W.

441 1312 442|w. 1311 443|m.| 1310

444 m.| 1310

. 1310 1310

445 446 W. . 1309 .| 1308 . 1308 ., 1308 ., 1307 . 1306 .. 1305 . 1304 .) 1304

447

. 1303 . 1303 . 1303 1303 . 1303 1303

'Grmm.|

Alter gew.

Jahre 41

gramm.

40 64 50

42

30

30-40| 55,3 70 47 23 49 50 | 47,5 34 57 3l 24 | 46,1 40-50 52 40 33

78 73 66 65 60 59

in Kilo-

länge

in Milli- ‚metern.

gross

56

Krankheit und Todesursache.

Beobachter.

Körper Körper Körperbeschaffenheit,

Bemerkungen.

Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe.

Cerebralcongestlion. Wahnsinn mit Paralyse. n Cerebralcongestion. Gemüthskrank. Bergmann. Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Cerebralcongestion. Wahnsinn mitUebergang n in Lähmung. Chronische Gastritis. Mager. Tiedemann. Huschke. Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Cerebralcongestion. Wahnsinnals Melancholie n Gastro -Enterilis. R. Wagner. Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Pneumonie. Erhängt. Huschke. Meningitis. Parchappe. Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. 5 Huschke. ”» Gemüthskrank. Bergmann. Typhus. R. Wagner. Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Lungenschwindsucht. Krebs der Leber. Sims. Lungenschwindsucht. N Magenkrebs. | n Herzkrankheit. » Carditis. n 'Lungenschwindsucht.

Sehr dicker Schädel. Blutreiches Gehirn.

Hager. Schwanger. Gesund.

Flüssigkeit.

Congestion, Extravasat, Flüssigkeit.

Corgestion obne Flüssigkeit.

Erweichung.

apugeskian.

57

3 Hirn- Körper Körper| Körperbeschaffenheit, M. = gew. |Alter| gew. | länge Kent Beobachter. Bemerkungen. S Ernas, Jahre , an Todesursache. 462|m.| 1303 | 55 Typhus. Sims. Starke Congestion. Flüssigkeit. 463 m.) 1303 | 52 Apoplexie. - 464 m.| 1303 | 42 Apoplexie. n Cyste zwischen Sehhügeln. 465|m.| 1303 | 41 Lungenschwindsucht. 3 Wenig Flüssigkeit. 466/m.| 1303 | 40 Apoplexie. " Congestion. Flüssigkeit. 467 m.| 1303 | 39 Lungenschwindsucht. r Congestion. Flüssigkeit. 468 m.| 1303 | 21 Krankes Herz. Kranke " Gesundes Hirn. Leber. 469m.) 1303 | 14 Lungenschwindsucht. e Viel Flüssigkeit. 470|w.) 1303 | 69 Krankes Herz. n Hirnerweichung. 471/w.| 1303 | 69 Leberkrebs. y 472 w.' 1303 | 67 Pneumonie. Ri Congestion. 473 w.| 1303 | 53 Asiatische Cholera. = Starke Congestion. 474|w. 1303 | 49 Cysten in der Leber. # Congestion. 475|w.| 1303| 45 Lungenschwindsucht. 5 Gesundes Gehirn. 476 w.| 1303| 41 Lungenschwindsucht. 2 Starke Congestion. 477|w.| 1303 | 31 Lungenschwindsucht. 4 Gesundes Hirn. 478|w.| 1303 | 29 Hirnentzündung. a Erguss. 479|w.| 1303 | 10 Pneumonie. h 450|w.! 1303 | 10 Asiatische Cholera. n 481m. 1302, 47 Wahnsinn mit Paralyse. Parchappe. Marasmus. 482|m.| 1301 | 71 Gemüthskrank. Bergmann. 483|w.| 1301 | 46 Gemüthskrank. 5 454 |w.| 1301 | 36 Gemüthskrank. P 485|m.| 1300 | 61 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. | Enteritis. 486 w.| 1300 | 62 Complieirter Wahnsinn. Complikation mit Cerebralhämor- 487\w.| 1300 | 29 Akute Manie. Marasmus. 4 me 488|m.| 1299 | 67 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Cerebralcongestion. 489|m.| 1298| 41 Gemüthskrank. Bergmann.

58

r- | Hirn- Körper Körper Körperbeschaffenheit, Es 2 Rn . Na |5 | 8eW. Alter| gew. | länge gg Beobachter. Bemerkungen. 8 i in Kilo-|inMilli- \ 5 Ba Jahre en Ban Todesursache. 490 m.| 1297 |, 30 Gemüthskrank. Bergmann. 491|m.| 1297 | 25 Gemüthskrank. a 492|w.) 1297 | 46 Gemüthskrank. n 493|w.| 1297 | 38 Akut. Wahns. in Form der Parchappe. Melanchol. Gastro-Enter. 494|m.| 1296, 61 Gut genährt, Tiedemann. 495 |m.| 1296 |46-50, 58,9 n 496 m.| 1296 | 58 Wahns. mit Ausgang in Parchappe. Paralyse. Cerebral-Cong. 497\m.| 1296 | 52 Wahnsinn mit Lähmung. » Marasmus. 498/m.! 1296 | 31 Chronischer Wahnsinn. n Chronische Enteritis. 499|m.| 1296 |30-40 Erhängt. Huschke. Stark, gesund. 500/m.| 1295 | 45 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Lungenschwindsucht. 501/m.| 1295 | 42 |Wahnsinn mit Lähmung. * Arachnoilis. 502)w.| 1295 | 40 Chronischer Wahnsinn. . Enteritis. 503/w.| 1294 | 45 Gemüthskrank. Bergmann. |Säufer. 504 w.| 1293 | 54 Gemüthskrank. n 505|m.! 1292 | 50 | Huschke. 506 m.| 1292 | 19 Akute Manie. Lungen-|Parchappe. | schwindsucht. 507 |m.| 1290 | 59 | Chronischer Wahnsinn. 4 | Peritonilis. 508/m.| 1290 |40-50 gross |Wassersucht. Huschke. |[Muskulös. 509|w.) 1289 |ca34 47,7 | 1564 ‚Wohl genährt. Tiedemann. 510)w.) 1287 | 34 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Gastroenteritis. 5l1/m.| 1286 | 60 Gemüthskrank. Bergmann. 512m.| 1286 | 51 Gemüthskrank. = 513|m.| 1286 | 46 Gemüthskrank. h 5l4|m.| 1286 | 43 Gemüthskrank. 515|m. a 20 Gemüthskrank. r

eschlecht.

Hirn-

59

Körper Körper| Körperbeschaffenheit, gew. |Alter| gew. | länge

in Kilo-\inMilli-

D |Grmm.| Jahre |gramm.|metern.

aa m © © US

542|m.

BS5B8B8B555

. 1286 .| 1286 . 1286 .) 1285

.) 1285 . 1282 .| 1281

.) 1281 .| 1280 .| 1280 ., 1280 .| 1275

1275

.| 1275 . 1275

1275 1275 1275 1275 1275 1275 1275 1275

1.1275 1275 541m.

1275 1275

63 50 30 42

60 30 46

35 93 48

44,1

Krankheit Beobachter. Bemerkungen. und

Todesursache. Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. 5 Gemülhskrank. Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Hirnerweichung. Myelitis mit Geistesstör. n Wohl genährt. Tiedemann.

Akute Gastro-Enteritis Parchappe. mit Delirium.

Chronische Enteritis mit n Geistesstörung. Chronischer Wahnsinn. = Enteritis. Chronischer Wahnsinn. n Cerebral-Congestion. Meningitis mit tiefer Me- n lancholie. Nieren - Abscesse. Sims. Kranker Mastdarm. er Tuberkulose Diarrhoe. n Lungenschwindsucht. y Apoplexie. n Pneumonie. n Lungenschwindsucht. n Typhus. n Phthisis. Herzkrankheit. = |Phthisis. Epilepsie. n Geisteskrank. = Lungenschwindsucht. R Scharlach. Gemüthskrank. Bergmann. Wahnsinn mit Paralyse.|Parchappe. Asphyxie. Gemüthskrank. Bergmann.

Viel Flüssigkeit.

Congestion. Erguss.

Viel Flüssigkeit.

Flüssigkeit.

Flüssigkeit.

Starke Congestion, Kleiner Schädel. Merkwürdig gesundes Gehirn, Starke Congestion. Flüssigkeit.

Starke Congestion.

8*

60

I 1 ————— - ]2q SS ———

R a Körper Körper

gew.

in Kilo- gramm.

Körperbeschaffenheit,

länge Krankheit a as und io Milli- Todesursache.

metern.

Beobachter.

Bemerkungen.

Im 0700070702707 nn nn ml 1 in nn

a 2 Bere ze Alter!

5 |.

& rss ae 543|w.| 1275 | 80 544|w.| 1275 | 71 545/w.| 1275 | 69 546|w.| 1275 | 63 547|w.| 1275| 63 548|w.| 1275 | 53 549|w. 1275 | 38 550/w.| 1275| 36 551/w.| 1275| 33 552]w.| 1275| 31 553/w.| 1275| 30 554|w.| 1275| 28 555|w.| 1275| 23 556/w.| 1275| 23 557|w.| 1275| 17 558Iw.| 1275| 8 559!w. 1275| 4 560/m.| 1273 | 58 561!m.| 1273| 57 562|m.| 1272 50-60 563|m.| 1272 |17-19 564|w.| 1271| 49 565 m.| 1270 | 68 566/m.| 1270| 34 567|w.! 1269 | 52 568|w.| 1268 | 40 569 a 1265 | 50

Krankes Duodenum. Krankes Herz. Magenkrebs.

Gemüthskrank.

Hirnerweichung. Eingeklemmter Bruch. Geistesschwäch. Marasm. Tetanus.

Lungenschwindsucht.

Asiatische Cholera. Hirnerweichung. Enthauptet. Asiatische Cholera. Puerperalfieber. Puerperalperitonitis. Peritonitis.

Pneumonie. Entzündung der Hirnhäute. Wahnsinn mit Lähmung. Cerebral-Apoplexie.

mittel- Wirbei-Caries.

gross.

Gemüthskrank.

Enteritis mit Geistesstö- rung.

Cerebral-Hämorrhag. mit Erweich. u. Geistesstör. Chronischer Wahnsinn. Marasmus. Chronischer Enterilis.

Wahnsinn.

Sims.

”» Bergmann.

Sims.

n

Parchappe. Sims.

”»

n

R. Wagner. Sims.

»

»

Parchappe. R. Wagner. Huschke.

Bergmann.

Parchappe.

Huschke.

Parchappe.

Flüssigkeit. Flüssigkeit.

Gesundes Gehirn.

Interstitial-Erguss.

Congestion. Flüssigkeit.

Gesundes Hirn.

Flüssigkeit.

Starke Congestion ohne Flüssigkeit.

Erstes Stadium der Hirnentzündung. Hypertrophie. Flüssigkeit.

61

2 Hirn- Körper|Körper| Körperbeschaffenheit, © R 2 AM. \5 | 8ew. Alter| gew. | länge une Beobachter. Bemerkungen. Eule in Kilo-|inMilli- 5 BR. Jahre Brain en. Todesursache. 570|w.| 1265 | 39 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Lungenschwindsucht. 571|w.| 1264 | 41 Gemüthskrank. Bergmann. 572|w. 1261| 46 Wahnsinn mitUebergang |Parchappe. in Paralyse. Cerebral- Congestion. 573/w.| 1261 | 13 | 22,6 Gut genährt. Tiedemann. 574|m.| 1258| 50 Walınsinn mit Paralyse.|Parchappe. Cerebralcongestion. 575\m.| 1257 | 42 Gemütlhskrank. Bergmann. 576|m.| 1257 | 29 Gemüthskrank. " 577|w.| 1257 | 69 Gemüthskrank. 7 578|w.| 1257| 51 Gemüthskrank. ° 579|w.| 1257| 45 Gemüthskrank. ä 580|w.| 1257| 43 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Chronische Gastro-En- teritis. 581|w.| 1257 | 37 Chronischer Wahnsinn. n Pneumonie. 582|w., 1257 | 33 Gemüthskrank. Bergmann. 583|w.| 1257| 31 Gemüthskrank. n 584 |w.| 1257 | 31 Gemüthskrank. = 585|w.| 1257 | 26 Gemüthskrank. 4 586|w.| 1254 | 64 Lungenentzündung. R. Wagner. 587|w.ı 1254 | 50 Akute Manie. Tod durch /Parchappe. ein zu heisses Bad. 588m.) 1250 | 59 Wahnsinn mit Lähmung. n Cerebral-Congestion. 589|m.) 1250 | 42 Hirnerweichung mit Gei- n stesstörung. 590|m.| 1250 | 38 Gemütlhskrank. Bergmann. 591m. 1250 | 37 Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Cerebral-Marasmus. 592/m.| 1250 | 34 Wahnsinn mit Lähmung. y Cerebralcongestion. 593/m.) 1250 | 32 | Chronischer Wahnsinn. " | Lungenschwindsucht.

Geschlecht.

Hirn- gew. |Alter| gew. | länge in Kilo-|inMilli-

‚Grmm.|Jahre |gramm. |metern.

594 m.| 1250 | 22

595

w.! 1250 | 58

596 w.| 1250 | 49 597|w.| 1250| 31 598|m.| 1248 | 39 599 w.! 1248| 71 600'm.! 1247 | 68 601|m.| 1247 | 65 602|m.| 1247 | 56 603|m.! 1247 | 50 604/m.| 1247| 47 605/m.| 1247 | 34 606 w.| 1247 | 89 607\w.| 1247 | 80 608|w.| 1247 | 77 609 w.| 1247 | 69 610/w.| 1247 | 49 611|w.| 1247| 47 612|w.| 1247| 36 613|w.| 1247| 27 614/w.| 1247| 12 615m. 1245 | 40 616/m.| 1245 | 40 617|w.| 1245 | 39 s15im. 1244| 66 619/w.| 1242 | 29 |

62

Körper Körper Körperbeschaffenheit,

Krankheit und Todesursache.

Beobachter.

Bemerkungen.

Hingerichtet weg. Mord. |Parchappe.

Gastro-Enteritis mit Hirn- = congeslion u. Geistes- störung. Akuter Wahns. in Form d. a Melancholie. Peritonilis. Chronischer Wahnsinn. n Lungenschwindsucht. Gemütlhskrank. Bergmann. Gemüthskrank. r Hirnerweichung. Sims. Pneumonie. Lungenschwindsucht. n Pneumonie. » Kranke Leber. m Asiatische Cholera. 5 Apoplexie. Krankes Herz. 2 Apoplexie. n Pneumonie. Apoplexie. = Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Gastro-Enteritis. Lungenschwindsucht. |Sims. Enteritis. n Pneumonie. 5 Pneumonie. 5 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Chronische Peritonitis. Wahnsinn mit Lähmung. n: Cerebral-Marasmus. Geistesstörung. Tod n durch Pneumonie. Blödsinn und Cerebral- n | Hydropsie. 'Gemüthskrank. Bergmann.

Asymmetrischer Schädel. Auch das Gehirn asymmetr,, füllt die Schä- delhöhle nicht vollkommen ans.

Folge vom Wochenbett.

Flüssigkeit. Starke Congestion. Flüssigkeit. Schwamm in d. Nieren.

Starke Congestion. Flüssigkeit.

Flüssigheit.

Erweichung; viel Flüssigkeit.

Viel Flüssigkeit.

Erweichung beider Sehhügel.

Natürliches Hirn. Gesundes Hirn.

Congestion. Flüssigkeit.

No.

eschlecht.

& D = =

621 w. 622|m. 623|m. 624|w.

625|w. 626m.

627|w. 628|w.

629|m. 630| m. 631|w.

632|w. 633|m. 634 m. 635|m. 636 |w. 637 |\w. 638|w. 639|w. 640 |w. 641|m. 642|m. 643 |w. 644 m. 645 |w. 646|w.

Hirn-

1241 1240 1240 1240

1240 1237 1235 1234 1230 1230 1230

1230 1228 1228 1228 1228 1228 1228 1228 1228 1226 1226

1226 1225 1224 1223

60 3 54 50 49

29

60-70

63

Körper Körper) Körperbeschaffenheit, gew. |Alter| gew. | länge in Kilo- inMilli-

48,6 17,5

54,8

in DO |Grom.|Jahre|gramm. |metern.

.)1241

1079

telgross

üb, mit-|

a Beobachter. Bemerkungen. Todesursache. Gut genährt. Tiedemann. 4 » Geistesstörung. Gangrän.|Parchappe. |Folge eines Falls. Mit Kopfwunde. Geistesstörung. Enteritis. n Chronischer Wahnsinn. » Hydrops ovarii. Geistesstörung. Chron. » Enteritis. Wahnsinn mit Lähmung. 5

Cerebral-Congestion.

Gemüthskrank. Bergmann.

|Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Chronische Peritonitis.

Huschke. Pthisis. R. Wagner.

Meningitis mit Geistes-|Parchappe. störung,.

Akute Manie. Asphyxie. » Gemüthskrank. Bergmann. Gemüthskrank. n Gemüthskrank. n Gemüthskrank. » 'Gemüthskrank. n 'Gemüthskrank. - Gemüthskrank. n Gemüthskrank. N R. Wagner. Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Marasmus. Chronischer Wahnsinn. n Cerebralcongestion, Ascites. Huschke. Gut genährt. Tiedemann. Pthisis. R. Wagner.

Folge des Wochenbetts.

Gehirn des berühmten Mineralogen Hausmann in Göttingen.

64

'5 | Hirn- Körper Körper Körperbeschaffenheit, - |< | gew. |Alter| gew. | länge Krankheit N = | SeW. Gew. | 008 An Beobachter. Bemerkungen. | in in Kilo-|inMilli- 5 Grmm.|Jahre) gramm. |metern. Todesursache. 647|w.| 1223 |60-70 Huschke. 648 m.| 1220 | 37 Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Marasmus. 649|w.| 1220| 74 Geistesstörung mit Ce- n rebralcongestion. 650!w.) 1220 | 67 Gemüthskrank. Bergmann. 651|m.) 1218 | 79 Angina pectoris. Sims. Congestion. Erguss. 652!m.| 1218 | 75 ? n Flüssigkeit. 653|m.! 1218 | 72 Pneumonie. Starke Congestion. Flüssigkeit. 654|m.| 1218 | 69 Lungenschwindsucht. E Flüssigkeit. 655m. 1218| 64 Magenkrebs. a Flüssigkeit. 656/m.| 1218| 64 Cerebralhämorrhagie mit/Parchappe. Geistesstörung. 657|m.| 1218 | 50 Wahnsinn mit Lähmung. n Cerebral-Marasmus. 658|m.| 1218 | 30 Pneumon. Einfache Apo- Sims. Starke Congestion. Wenig Flüs- plexie. sigkeit. 659|m.| 1218| 6 Apoplexie. 5 Starke Congestion. 660 w.| 1215 | 67 Pneumonie. 5 Viel Flüssigkeit. Alte Cyste. 661|w.| 1218| 62 Pneumonie. 5 Starke Congestion. Flüssigkeit. 662|w.| 1215 | 61 Apoplexie. Mn Flüssigkeit. Extravasat. 663!w.| 1218| 55 Krankes Herz. 5 Flüssigkeit. Starke Congestion. 664|w.| 1218| 44 Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Enteritis. 665 |w.| 1215| 40 Lungenschwindsucht. |Sims. Starke Congestion. Flüssigkeit. 666|w.| 1218| 25 Typhus. Darmperforalion = Starke Congestion. und Enteritis. 667|w.| 1218| 22 | Lungenschwindsucht. 2 Flüssigkeit. 668|w.| 1218| 15 Pneumonie. = 669|w.| 1218| 12 Asiatische Cholera. R 670|w.| 1218| 12 | Typhus. Meningitis. ie Starke Congestion. 671!w.! 1218| 6 | Phthisis. 5 Starke Congestion. Flüssigkeit. 672|m.| 1217 | 50 Huschke. 673|w.| 1216| 30 | Gemüthskrank. Bergmann.

I

65

= Hirn- Körper |Körper| Körperbeschaffenheit, kb} n . AM. 3 | SW. Alter, gew. | länge Bett Beobachter. Bemerkungen. a in Kilo- in Milli- S ra Jahre ram tern. Todesursache. 674m. 1215| 49 Wahnsinn mit Lähmung. Parchappe. Cerebral-Marasmus. 675|w.| 1215| 6 | 13,4 Pleurobronchitis. Huschke. 676|m.| 1213 | 50 Dickdarmgeschwüre. e 677|m.| 1213| 42 Gemüthskrank. Bergmann. 678/m.| 1213| 40 Wahnsinn mit Lähmung. Parchappe. Cerebralcongestion. 679|w.| 1212 | 29 R. Wagner. 680/m.| 1210| 77 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. | Hydrothorax. 681|m.| 1210| 65 Gangrän. 682|w.! 1210| 65 Rückenmarkskrankheit P | mit Geistesstörung. 683|w.| 1210| 51 Chronischer Wahnsinn. - Lungenschwindsucht. 684 |m.| 1206 | 26 Wahnsinn mit Lähmung. n Onanist. Marasmus. 685|w.| 1206 | 55 Gemüthskrank. Bergmann. 686|w.| 1206 | 53 Gemüthskrank. 2 687|w.| 1206 | 10 | 14,3 Huschke. 688!w.| 1205 | 58 Erhängt. k 689|m.| 1204 | 42 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Magenkrebs. 690 w.| 1204 | 70 Huschke. 691|m.| 1202 | 44 Wahnsinn mit Lähmung. Parchappe. Cerebralcongestlion. 692! m.| 1202 | 33 Gemüthskrank. Bergmann. 693, m.| 1202 | 18 Gemülhskrank. a 694 |w.| 1202 | 29 Gemülhskrank. n 695 m.| 1200 | 47 Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Cerebral-Marasmus. 696 | w.| 1200 | 76 Wahnsinn mit Lähmung. n Hirnerweichung. 697/w.| 1200| 47 Wahnsinn mit Lähmung. % Cerebral-Marasmus. 698|m.| 1198 | 81 Hirnerweichung u. Herz- 7

krankh. mit Geistesstör.

'= | Hirn- Körper Körper, Körperbeschaffenheit, Es R . a5 | 8eW. Alter| gew. | länge reg: Beobachter. Bemerkungen. Si inKilo- inMilli- 1 Pe Jahre en. matarh, Todesursache. 699 m.| 1198 | 47 Gemüthskrank. Bergmann. 700/m.| 1198| 45 Gemüthskrank. n 701m.) 1198 | 40 Gemülhskrank. 702/m.| 1198 | 40 Gemüthskrank. 5 703|w.|1198 | 82 Huschke. Wasser in den Hirnhöhlen. 704|w.| 1198| 48 Gemülhskrank. Bergmann. 705w. 1195 | 74 Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Enteritis. 706/w.| 1195 | 71 Chronischer Wahnsinn. " | Magen- u. Leberkrebs. 707|w.| 1195 | 55 Akute Manie, Gastro-Ent. " 708|w.| 1195 | 55 Gemüthskrank. Bergmann. 709|w.| 1195 | 50 | 48,1 Gut genährt, Tiedemann. 710|w.|i195 | 40 Akute Manie. Allgemeine|Parchappe. In Folge des Wochenbetts. Wassersucht. rw. 1195 | 26 Gemüthskrank. Bergmann. 712]w.| 1191| 40 | 52,1 Huschke. 713|w.| 1191| 34 ‚Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Marasmus. 714|m.| 1190 | 82 Wassersucht. Sims. 715m. 1190 | 73 ‚Lähmung. a 716/m.| 1190 | 73 'Magenkrebs. a Viel Flüssigkeit. 717m. 1190 | 65 Tuberkel im Sehhügel. » Erweichung; Flüssigkeit. 718m.| 1190 | 62 ‚Pneumonie. Flüssigkeit. 719!m.| 1190 | 60 'Apoplexie. n 720|m.| 1190 | 34 Pneumonie. n 721/m.| 1190| 12 Wahnsinn und Lähmung. |Parchappe. Cerebralcongestion. 722|m.| 1190 | 10 ‚Lungenschwindsucht. |Sims. Epilepsie. 723|w.| 1190 | 76 Krankes Herz. » Starke Congestion. Viele Flüssigk. 724|w.| 1190| 71 Magenkrebs. » Flüssigkeit. 725|w.| 1190| 50 Lungenschwindsucht. = Hypertrophie des Gehirns. Hlüs- Geisteskrank. sigkeit.

Geschlecht.

Hirn- gew. |Alter| gew. | länge in inKilo- inMilli- Groım.|Jahre|gramm. |metern. .| 1190| 50 .1190| 41 .(1190 | 35 K2190:) 11 .1189| 81 ‚1188| 49 | 57,6 | 1705 . 1188| 50 ..1187| 59 .1187| 42 ., 1187 | 40 .) 1187! 40 . 1187| 36 .\ 1186 | 51 1185 | 60 1183 | 29 .1180| 81 . 1180 | 40 1180 | 61 . 1180 | 58 1150 | 56 .) 1180 | 43 . 1179 30-35 1179| 34 | 11,6 .| 1177 | 69

67

Körper Körper; Körperbeschaffenheit,

Krankheit und Todesursache.

Krebs der Gebärmutter. Wassersucht. Lungenschwindsucht. Lungenschwindsucht.

Geistesschwäche. Herz- Erweiterung. Muskulös.

Gemüthskrank.

Narrheit, welche im Au- genblick des Todes ver- schwand. Enteritis.

Wahnsinn mit Lähmung. Cerebralcongestion.

Meningitis und Geistes- schwäche.

Wahnsinn mit Lähmung. Arachnoideal - Hämor- rhagie.

Acute Meningitis mit in- termittirender Manie.

Wahnsinn mit Lähmung. Chronische Enteritis.

Gelbsucht.

Wahnsinn mit Lähmung. Marasmus.

Chronischer Wahnsinn. Herzkrankheit.

Chronischer Wahnsinn. Caries im Hüftgelenke.

Gemüthskrank.

Grössen-Wahns. Pleuro- Pneumonie. Gemüthskrank.

Wahnsinn mit Lähmung. Enteritis. Erhängt.

Hirnentzündung.

Gemülhskrank.

Beobachter.

Sims.

2)

»

Parchappe.

Tiedemaıın. Bergmann.

Parchappe.

n

R. Wagner. Parchappe. |

»

Bergmann.

Parchappe.

Bergmann. Parchappe. Huschke.

Bergmann.

Bemerkungen.

Gesundes Gehirn.

Congestion und Flüssigkeit.

Gesund.

9*

68

= 'Hirn- Körper|Körper Körperbeschaffenheit, Vi. = | gew. |Alter| gew. | länge Moshhen Beobachter. Bemerkungen. I8| i in Kilo- in Milli- an I Jahre |gramm. |metern. Todesursache. 750|w.| 1177| 42 Gemüthskrank. Bergmann. 751/m.| 1175| 52 Ausschwitzung in den|Parchappe. Hirnhäuten mit Geistes- störung. Marasmus. 752|m.) 1174| 22 Tiedemann. 753m.) 1172| 64 Idiotie mit Epilepsie. Ma-|Parchappe. : rasmus. 754 m.| 1171| 45 Wahnsinn mit Lähmung. Cerebralcongestion. 755/w.| 1171| 84 Huschke. 756/w.| 1171| 75 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Chronische Enterilis. 757\w.| 1171| 50 Fieber mit Delirium. x Gastro-Enteritis. 758|w.| 1171| 47 Chronischer Wahnsinn. n Chronische Gastritis. 759|w.| 1169) 45 Gemüthskrank. Bergmann. 760 w.| 1169| 39 Gemüthskrank. y 761|w.| 1169| 35 Gemülhskrank. 762|w.| 1169| 29 Gemüthskrank. n 763 w.| 1167 | 68 Chron. Wahns. Pneumon.|Parchappe. 764 w.| 1166 | 70 Gelbsucht. Huschke. 765 w.| 1165 | 63 Geistesstörung mit chro-|Parchappe. nischer Enteritis. 766 w.) 1163| 71 Chronischer Wahnsinn. n Versagte sich die Nahrung. Marasmus. 767m.) 1162| 84 Harnblasenkrankheit. |Sims. Flüssigkeit. 768 m.| 1162 | 65 Lähmung. 5 769|m.| 1162 | 58 Lungenschwindsucht. 4 770/m.| 1162 | 29 Lungenschwindsucht. 5 771lm.| 1162| 3 Bronchitis. » Starke Congestion. 772|w.| 1162 | 88 Enteritis. » 773|w.|1162 | 76 Chronische Arachnitis. n Congestien. Viel Flüssigkeit. 774|w.) 1162 | 71 Apoplexie. » Extravasat. Viel Flüssigkeit. 775|w.| 1162 | 64 Dysenterie. h Tumor auf der harten Hirnhaut.

Hirn- gew. in Grmm.

1162 1162

= | Geschlecht.

W.

w.|-1162 w.| 1162 w.\ 1162 w.| 1162 w.| 1162 w.| 1162

- 784|m.| 1160 785|w.| 1160 786!m.| 1159

787|w.| 1158 788 w.! 1156

789 w.| 1156 790|w.| 1156

791|w.| 1156 792|w.| 1156 793|w.| 1156

794|w.| 1155 795|w.| 1150

w.| 1149 . 1145 . 1144 . 1144

1144 1140

Alter

Jahre 63

82

69

Körper Körper| Körperbeschaffenheit, gew. | länge Krankheit

d inKilo-iaMilli- Todesursache gramm. |metern. r

Typhus. Phrenitis.

Lungenschwindsucht. Krankes Herz. Krankes Herz.

Brand.

Peritonitis. Hirnentzünd.

Geisteskrank.

Leberabscess. Darmdrüsenschwinds.

Pneumonie. Entzündung der pia mater.

Phthisis.

Hirnerweichung mit Ab- nahme der Geisteskräfte

Wahns.m.Lähm. Marasm.

Chronischer Wahnsinn. Herzerweiterung. Akute Meningitis.

Chronischer Wahnsinn. Herzhypertrophie.

Chronischer Wahnsinn, Chronische Peritonitis.

Cerebralcongestion. Chronischer Wahnsinn.

Gastro-Enteritis. Erhängt.

Wahnsinn mit Lähmung. Cerebral-Marasmus. Hirnerweichung.

Erhängt.

Mager.

Hirnerweichung mit Gei- stesstörung. Erhängt.

Mager.

Wahnsinn mit Lähmung.

Beobachter.

Re ze nn = 0 ee ESPISSSEEESESESSEEEE

Bemerkungen.

Sims.

R. Wagner. Parchappe.

Tiedemann. Parchappe.

2)]

Huschke. Parchappe.

n

Huschke. Tiedemann.

Parchappe. Huschke.

Tiedemann.

Starke Congestion.

Flüssigkeit.

Flüssigkeit. Starke Congestion.

Starke Congestion.

Seit 11 Jahren jedes Jahr 1—2 Anfälle an Manie.

70

E Birn-) Rs lei

© ın

‚© |Grmm.|Jahre)| 802/m.| 1140 | 54 803!m.| 1140 | 53 804m.| 1140 | 40 805!m.| 1140 | 37 806 m. 1140 | 32 807|w.| 1140| 74 808 w.| 1140| 51 809 w.| 1140 | 46 810!m.| 1137 | 59 811m. 1136 | 64 | 812,m.| 1136 | 24 813 w.| 1135 | 70 814 w.|1135 | 65 815|w.| 1135 | 37 816 m.| 1133 | 53 817|m.| 1133 | 27 818!m.! 1133| 13 819 w.| 1133 | 67 820 |w.| 1133 | 55 821|w.| 1133| 53 822 w. 1133 | 50 823/w.| 1133| 4 824|w. 1133| 34 825 w. 1130| 50 826 w.| 1120| 23

Körper

gew. in Kilo- gramm.

27,1

Körper| Körperbeschaffenheit, länge muges Beobachter. Bemerkungen. inMilli- Todesursache. metern. Chronischer Wahnsinn. Parchappe. Chronische Gastro-En- terilis. Chronischer Wahnsinn. » Lungenschwindsucht. Geistesschwäche bei Ce- n rebral-Marasmus. Chronischer Wahnsinn. n Chronische Enteritis. Wahnsinn mit Epilepsie. n Chronischer Wahnsinn. n Herzkrankheit. Gemüthskrank. Bergmann. Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Enteritis. Huschke. Wahnsinn mit Lähmung. |Parchappe. Cerebralcongestion. Tiedemann. Chronischer Wahnsinn.|Parchappe.

Cerebral-Congestion. Geistesschwäche. Cere- br.-Hämorrh. Lähmung. Chronischer Wahnsinn. Asphyxie. Wassersucht.

Enteritis, Gemüthskrank. Apoplexie, Erweichung. Apoplexie.

Krankes Herz.

Typhus. Geisteskrank. Schwindsucht. Lungenschwindsucht,

Chronischer Wahnsinn. Allgem. Tuberkulose. Gemüthskrank.

Sims.

n Bergmann.

Sims.

»

n

Huschke. Sims.

Parchappe.

Bergmann.

Eine apoplektische Cyste.

Gesuud. Ohne Flüssigkeit.

Krebsartige Krankheit im Sehhügel. Congestion. Flüssigkeit.

Starke Congestion.

Scrophulöse Geschwulst auf der dura mater.

7

= Hirn- Körper Körper| Körperbeschaffenheit, Ö N : Ma. | | SeW. Alter| gew. | länge ei Beobachter. Bemerkungen. &| in in Kilo-|inMilli- & Gramm, Jahre ai, tem. Todesursache. 827|m.| 1128| 14 Idiotie von Geburt aus. |Parchappe. en der Surnlappen der He- mispharen. 828|m.| 1125 | 66 Wahnsinn mit Lähmung. i Cerebral-Marasmus. 829|m.| 1125 | 15 Gemüthskrank. Bergmann. 830|w.| 1125| 49 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. Herzkrankheit. . 831|w.| 1125| 42 Akuter WahnsinninForm 4 von Melanch. Chron. Pneumonie. 832|w.| 1125 | 34 Chronischer Wahnsinn. r Magenkrebs. 833|w.| 1124| 76 Chronischer Wahnsinn, 4 Chronische Bronchitis. 834|w.| 1124| 47 Chronischer Wahnsinn a Chronische Pneumonie. 835\w.| 1122| 22 Lungenschwinds.Periton. a Tod 3 Tage nach dem Wochenbett, 836|w.| 1121| 101 Gemüthskrank. Bergmann. 837|w.| 1121| 3 | 8,9 Scharlach. Huschke. 838|m.| 1117 | 30 Idiolismus vom frühesten Parchappe. |Vordre Hirnlappen atrophisch. Lebensalter an. 839|w.| 1115 | 58 Chronischer Wahnsinn. " Herzkrankheit. 840 w.| 1112| 70 Geisteskrank. Huschke. |Hirn- Wassersucht. 841/w. 1111| 70 Gemüthskrank. Bergmann. 842|w.| 1110| 55 Chronischer Wahnsinn.|Parchappe. |Intermittirende Anfälle von Manie. Pleuro-Pneumonie, 843 w.| 1109| 29 Chronischer Wahnsinn. N Lungenschwindsucht. 844|w.| 1106 | 17 Typhus. R. Wagner. 845|m.| 1105 |, 79 Apoplexie. Sims, Extravasat. 846|w.| 1105 | 72 Chronischer Wahnsinn. |Parchappe. Gastro-Enteritis. 847 |m.| 1105 | 70 schnitt den Hals ab. Sims. Congestion. Flüssigkeit. 848| m.) 1105 | 68 Asiatische Cholera. n Flüssigkeit. 849m.) 1105 | 64 Apoplexie. y 850 m.| 1105 | 63 Asiatische Cholera. y 851 |w.| 1105 | 73 Pneumonie. A Flüssigkeit.

Geschlecht.

‚, |Alter

gew. | länge lin Kilo- inMilli-

Grmm. Jahre gramm. |metern.

72

‚Körper Körper Körperbeschaflenheit,

Krankheit und Todesursache.

Te

852)w.| 1105 | 70 853'w.| 1105 | 60 854 w.| 1105 | 46 855|w.! 1105 | 40 856w.| 1105 | 12 8571w.| 1105| 6 858!m.| 1101 | 42 859!m.| 1100| 30 860|w.| 1097 | 61 861!w.! 1095 | 74 862|w. Fe 66 863!w.| 1095 | 50 864 w.! 1095 | 18 865!w.! 1093| 79 866|w.! 1093 | 69 867\w.! 1093 | 49 868 w.ı 1093 | 44 - 869 w. | 1092

370 w.| 1090 | 33 871m.) 1089 | 45 872 w.| 1088| 44 873|m.| 1081 | 37 874m. 1081| 17 875|w.| 1081| 74

8706| w. 7%

1081 | 40

Lungenschwindsucht. Apoplexie.

Eierstock - Wassersucht. Asiatische Cholera. Apoplexie. Lungenschwindsucht.

Grössen-Wahnsinn. Ce- rebralcongestlion, Geistesstörung in Folge von Sub-Arachnoideal- Hämorrhagie. Chronischer Wahnsinn. Chron. Peritonitis. , Hirnerweichung und Gei- stesschwäche. Chronischer Wahnsinn. Herz-Hypertrophie.

Rachilis,. Pericardilis.

Chronischer Wahnsinn. Cerebralcongestion. Hirnerweichung mit Gei- stesschwäche. Chronischer Wahnsinn. Gastro-Enterilis.

Chronischer Wahnsinn. Lungenschwindsucht.

Wahnsinn mit Lähmung. Cerebralcongestion. Wahnsinn mit Lähmung. Cerebralcongestion. Phthisis.

Gemüthskrank. Gemüthskrank. Gemüthskrank,. |Gemüthskrank.

Beobachter.

Sims.

Parchappe.

»

n

R. Wagner. Parchappe.

n

»

Huschke. Parchappe.

R. Wagner. % Bergmann. 2)

n

»

Bemerkungen.

Alte Cyste im Corpus striatum.

Extravasat.

Viel Flüssigkeit. Extravasat.

Viel Flüssigkeit.

Eiersiocks- Wassersucht.

Tod im Wochenbeit.

3 Hirn- Körper = | gew. ‚Alter| gew. ke}

&| in in Kilo- O |Grmm.|Jahre|gramm. w.| 1081 | 30

w.| 1080 | 69

w.| 1080 | 68

w.| 1078| 42

m.) 1077| 91

m.| 1077 | 70

m.| 1077 | 70

m., 1077 | 62

w.| 1077 | 78 w.|1077| 75

w.| 1077| 35

w.| 1077

w.|1077| 4

w.\ 1074| 50

w.| 1074| 45

w.| 1068 | 44

w.' 1064 | 26

m.) 1062| 6

w.| 1062 | 25

m.| 1060 | 55

w.| 1060 | 53

w.' 1052 | 46 | w.| 1052 | 41

m.| 1049 | 60

m.' 1049 | 59

w.| 1049 | 79 |

Körper länge in Milli-

metern.

73

Körperbeschaffenheit, Krankheit und Todesursache.

Beobachter.

Bemerkungen.

Gemüthskrank.

Chronischer Wahnsinn. Marasmus. Chronischer Wahnsinn. Cerebralcongestion. Wahns. mit Uebergang in Lähmung. Cerebral-Mar. Apoplexie.

Apoplexie. Apoplexie. Apoplexie. Lungenschwindsucht. Hirnerweichung.

Wahnsinn mit Epilepsie. Gastro-Enteritis. Lungenschwindsucht.

Lungenschwindsucht. Gemülhskrank. Gemülhskrank.

Wahnsinn mit Paralyse. Cerebralcongestion. Wassersucht.

Wahnsinn mit Uebergang in Lähmung. Lungen- schwindsucht. Chronischer Wahnsinn. Enterilis.

Chronischer Wahnsinn. Lungenschwindsucht. Gemüthskrank.

Gemüthskrank. Lungenschwindsucht. Lungenschwindsucht.

Hirnerweichung.

Bergmann. Parchappe.

Sims.

»

»

p)]

n Parchappe. Sims.

Bergmann.

»

Parchappe. R. Wagner.

Tiedemann.

Parchappe.

| | |

|

Bergmann.

Sims.

”»

Flüssigkeit. Erweichung.

Viele Flüssigkeit.

Congestion. Flüssigkeit.

Viele Flüssigkeit.

Flüssigkeit.

Viele Flüssigkeit. Wenig Flüssigkeit.

Flüssigkeit. Geheilte Erweichung. Viele Flüssigkeit.

10

74

Geschlecht

= ©

..| 1049 .. 1049

1049| . 1049

. 1049 1049 .. 1046

.| 1046

.' 1043 .. 1031

.. 1030

.) 1023 . 1020

.. 1020 .. 1020 . 1020 .. 1020 .| 1020 . 1020 ., 1007

I ' Hirn-| gew. ‚Alter gew. | länge

in

1049

1045

1020

992 992 992

Grmm.'Jahre|gramm. |metern.

11049

71

Körper Körper| Körperbeschaffenheit,

Krankheit und Todesursache.

Beobachter.

Bemerkungen.

EEE

Phthisis. Sims. Chronische Enterilis. " Abscess im Becken. n Asialische Cholera. n Lungenschwindsucht. n Pneumonie. Einfache n Apoplexie.

Pneumonie. » Pneumonie. »

Grössen-Wahnsinn. Sub- Parchappe. Arachnoid.-Hämorrhag.

Wahnsinn mit Uebergang » in Lähmung. Cerebral- Congestion.

Gemüthskrank. Bergmann.

Gut genährt. Chronischer Wahnsinn. |Parchappe.

Cerebralcongestion. Chronischer Wahnsinn. -

Asphyxie. Gemüthskrank. Bergmann. Apoplexie. Sims. Scrophulöse Geschwülste n Pneumonie. > Hirnerweichung. » Typhus. y Typhus. n Phthisis. n Pneumonie. n Verbrennung. R. Wagner Pneumonie. Sims. Rubeola. Epilepsie. n

Apoplexie. »

Tiedemann.

Gesundes Gehirn. Gesundes Hirn.

Viele Flüssigkeit.

Tumor im Hirn.

Congestion. Wenig Flüssigkeit.

Natürliches Hirn.

Congestion. Viele Flüssigkeit.

Der Wahnsinn trat 3 Jahre vor dem Tod ein, nachdem die Frau die Section ihres Kindes mit an- gesehen.

Alte Cyste. Flüssigkeit.

Congest. Flüssigkeit. Geschwülste.

Starke Congestion. Flüssigkeit. Flüssigkeit.

Flüssigkeit. Congestion. Starke Congestion.

Congestion.

Flüssigkeit. Erweichung.

75

ES

Geschlecht.

Neil\e; >) 2 2

=

3

a

Hirn- g ew. |Alter| gew. | länge

in in Kilo-|inMilli- Grmm.|Jahre| gramm. |metern.

992, 30 992 | 23 992) 6 9922| 5 992| 4 985 | 19 985 | 68 985 | 65 950 | 52 975 | 48 970| 45 957| 70 94| 1 | 66 9355| 2 935| 14 913| 58 9gıı) 2| 66 907| 1 907! 73 8719| 1 879 | 12 879 ı 847| 14 8492| 5 823 1 821 | 12 sıa| 3 | 14,7 SEE

Körper[Körper| Körperbeschaffenheit,

Krankheit und

Todesursache. Pneumonie. Arachnilis. Lungenschwindsucht. Hirntuberkel. Asiatische Cholera. Pneumon. Lungenbrand. Gemüthskrank.

Chronischer Wahnsinn. Magenkrebs. Chronischer Wahnsinn. Pleuro-Pneumonie. Chronischer Wahnsinn. Gastro-Enteritis.

Idiotismus. Gastro-En-

terilis. Gemüthskrank.

Lungenschwindsucht. Pneumonie. Gemüthskrank. Allgemeine Rhachitis. Gekrösedrüsenschwinds. Lungenschwindsucht. Pneumonie.

Pneumonie.

Pneumonie.

Lungenschwindsucht. Gut genährt.

Lungenentzündung.

Beobachter.

Sims.

Bergmann.

Parchappe.

”»

n

Tiedemann.

Parchappe.

Bergmann. Huschke. Sims.

) Bergmann. Huschke. Sims.

»

”»

Huschke. Tiedemann. Huschke. Sims.

Tiedemann.

Huschke.

Bemerkungen.

Viele Flüssigkeit.

Von Jugend auf sehr geistesbe- beschränkt.

Bedeutende Bildungsabweichungen mit Windungs- Verkümmerung.

Gesund. Starke Congestion.

Natürliches Hirn.

Flüssigkeit. Atrophie.

Congestion.

Viel Wasser in den Hirnhöhlen. Abgemagert.

Viele Flüssigkeit.

10*

= 'Hirn- |Körper Körper), Körperbeschaffenheit, M = gew. Alter gew. länge ei &| in in Kilo- inMilli- Todesursache D |Grmm.|Jahre| gramm. |metern. 2

76

Beobachter.

Bemerkungen.

kam ln mn ln mm mn m L

958jw.| 784] 2 6,4 |

959|w.| 787| 3 960 m.| 782 14| 3,9 96l/w.| 765 | 12 962|w.| 720 | 25

963Im.| 697| 2 | 102 964 w. 680) 11| 3,9

Apoplexie. Idiotie.

Huschke. Tiedemann. Huschke.

Sims.

Vollständiger Idiotismus. |Parchappe.

Lungenschwindsucht. Gut genährt.

Tiedemann. Huschke.

Kopfgrind. Congestion. Viele Flüssigkeit.

Ziemlich gleichmässig entwickeltes Gehirn mit wenig tiefen Furchen

Aus dieser Tabelle, welche später noch zu andren Folgerungen die Belege geben soll, ergiebt sich dann weiter, wie sich die Gehirne nach den Altersklassen von 10 zu 10 Jahren in Bezug auf die höheren und niederen Gewichte vertheilen.

Erstes Hundert.

Hirngewichte von 1911 1520 Grammen.

Zweites Hundert.

Hirngewichte von 1516— 1423 Grammen.

Jahre. Zahl der Individuen.

1—10 2 11— 20 6 21 30 16 31— 40 33 41 50 22 51 60 11 61 70 d über 70 4

1— 10 0 11— 20 3 21 30 14 31 40 29 41 50 25 51 60 14 61 70 fi über 70 b)

77

Drittes Hundert. Hirngewichte von 1422 1363 Grammen.

Viertes Hundert. Hirngewichte von 1362 1327 Grammen.

Fünftes Hundert. Hirngewichte von 1327 1295 Grammen.

Sechstes Hundert.

Hirngewichte von 1295 1247 Grammen.

Jahre. 1— 10 11 20 21 30 31 -- 40 41 50 51 60 61 70 über 70 1— 10 11 20 21 30 31.—40 41 50 51 60 61 70 über 70 1—10 11 —?20 21 30 31 40 41 -- 50 51 60 61 —70 über 70 ı— 10 11 20 21 30 31 -- 40 41 50 dl 60 61 70

über 70

Zahl der Individuen.

78

Siebentes Hundert. Jahre. Zahl der Individuen. Hirngewichte von 1247 1198 Grammen. 1— 10 b) 11 20 6 21 30 12 31 40 16 41 50 22 51 60 9 61 70 19 über 70 11 Achtes Hundert. Hirngewichte von 1198 -- 1144 Grammen. 1— 10 6 11 20 @ 21 30 8 31— 40 18 41 50 16 51 60 15 61 70 16 über 70 19 Neuntes Hundert. Hirngewichte von 1140 1049 ‘Grammen. 1—10 9 11 20 8 21— 30 5 3 —40 10 41 50 19 51 60 13 61 70 20 über 70 12

Man sieht aus diesen Zusammenstellungen leicht, dass die Hälfte der Gehirne aller Menschen, nemlich von 900 Gehirnen 443 zwischen 12— 1400 Grammen wiegen, dass das Gehirn etwa bei einem Neuntel der Menschen (Männer) über 1400 Grammen kommt, bei zwei Neuntel etwa unter 1100 Grammen sinkt.

Ebenso scheint sich aus dieser Tabelle zu ergeben, dass die höchsten Hirngewichte im kräftigen Alter zwischen 30 und 50 Jahren angetroffen werden, dass aber in allen Lebensaltern höchste und niedrigste Hirngewichte vorkommen.

Tab.

Tab.

79

Erklärung der Kupfertafeln. Tab. 1— VI.

I. Fig. I. Gehirn eines berühmten Naturforschers, der in der Mitte der 70er Jahre starb, in Weinstein gehärtet und dann in halber natürlicher Grösse von oben dargestellt.

Fig. I. Dasselbe in Umrissen zur Bezifferung, um die einzelnen Win- dungen und Hauptfurchen zu bezeichnen.

Fig. II. Gehirn eines siebenmonatlichen menschlichen Fötus in natür- licher Grösse. Im Weingeist gehärtet.

Fig. IV. Gehirn eines langarmigen Affen, Hylobates leuciscus, in natürlicher Grösse, mit Zugrundelegung der Figur von Gratiolet. Il. Vier Gebirne erwachsener Männer, wie Tab. I. Fig. I. in Weingeist gehärtet und dann in’ halber natürlicher Grösse, zur bequemen gegen- seitigen Vergleichung in ausgeführter Darstellung von oben, und zwar:

Fig. L Gebirn von Carl Friedrich Gauss.

Fig. II. Gehirn des ausgezeichneten Mathematikers Lejeune Dirichlet.

Fig. Ill. Gehirn des berühmten Philologen C. F. Hermann.

Fig. IV. Gehirn eines Handarbeiters (Krebs).

Tab. III. Fig. Il. Gehirn von C. F. Gauss, gerade von vorne, also die Stirn-

windungen wie sie von der oberen Fläche der vorderen Lappen zur Orbitalfläche verlaufen. Natürliche Grösse nach der Behandlung in Weingeist.

Fig. I. Dieselbe Ansicht der Vorderlappen von dem Tab. Il. Fig. IV. gegebenen Gehirne des Handarbeiters Krebs.

80

Tab. IV. Gehirn von C. F. Gauss in der Profilansicht der linken Seite in natürlicher Grösse nach der Behandlung in Weingeist.

Tab. V. Dieselben Gehirne von vier erwachsenen Männern wie Tab. II. zur Bezeichnung der einzelnen Windungen im Umrissen.

Fig.l. Gauss.

Fig. I. Dirichlet.

Fig. II. Hermann.

Fig. IV. Krebs.

Zur Vergleichung ist Fig. V. ein Orang-Utang-Gehirn von einem noch jungen Thiere in natürlicher Grösse, ohne Kleinhirn, beigefügt.

Diese Tafel dient zur Ergänzung und Vergleichung von Tab. I und II.

Tab. VI. Fig. 1. Umrisstafel zur Erklärung der Figur Tab. IV, der Profil- An- sicht des Gehirns von C. F. Gauss.

Fig. I. Zur Ausfüllung des Raums ist hier die Profil- Ansicht des grossen Gehirns eines 29jährigen Mannes, nach einer photographirten Darstellung bei Huschke Tab. V. Fig. 2 beigefügt und mit gleichen Buch- staben wie Fig.I. versehen worden, um zwei ungleich entwickelte Ge- hirne vergleichen zu können. Vgl. die weitere Erklärung unten.

Für die Figuren auf allen Tafeln gelten gleichmässig folgende Bezeich-

nungen:

0. Grosse Längsspalte.

A. Vordere Centralwindung (Gyrus centralis anterior).

B. Hintere Centralwindung (Gyrus centralis posterior).

C. Centralfurche oder Rolando’sche Spalte (Fissura Rolandi).

D. Senkrechte hintere Hirnspalte (Fissura occipitalis s. posterior).

S. Sylvische Spalte (Fissura Sylvii),. S! vordre senkrechte Verlängerung

der Sylvischen Spalte. S? horizontale hintere Verlängerung der Sylvi-

schen Spalte.

alalal Erste oder obere Stirnlappenwindung (Gyrus frontalis primus s.

superior ).

a? a? a? Zweite oder miltlere Stirnlappenwindung (Gyrus frontalis secundus

s. medius).

81

ad ad Dritte, untere oder äussere Stirnlappenwindung (Gyrus frontalis ter- tius s. inferior s. externus).

bt bl bl Erste oder obere Scheitellappenwindung (Gyrus parietalis primus s. superior).

b? b? b2 Zweite oder mittlere Scheitellappenwindung (Gyrus parietalis secun- dus s. medius).

b5b3 Dritte oder untere Scheitellappenwindung (Gyrus parietalis tertius s. inferior).

el c!c! Erste oder obere Schläfelappenwindung (Gyrus temporalis primus s. superior).

c2 c?c? Zweite oder mittlere Schläfelappenwindung (Gyrus temporalis secun- dus s. medius).

cd c# Dritte oder untere Schläfelappenwindung (Gyrus temporalis tertius s. inferior).

d! di! d! Erste oder obere Hinterhauptslappenwindung (Gyrus oceipitalis pri- mus S. superior).

d? dd” Zweite oder mittlere Hinterhauptslappenwindung (Gyrus oceipitalis secundus s..medius).

d? dd Dritte oder untere Hinterhauptslappenwindung (Gyrus oceipitalis ter-

tius s. inferior).

Die Abbildungen der Gehirne sind in einer Weise zusammengestellt, wie sie am passendsten erschien, um gewisse Verhältnisse besonders anschaulich hervortreten zu lassen, welche in dieser Abhandlung näher berührt sind. Zeichnung und Stich sind mit grösster Sorgfalt und Treue von dem im Fache der anatomischen Darstellung rühmlichst bekannten Herrn Universitäts - Kupfer- stecher Loedel unter meinen Augen ausgeführt worden.

Die Hauptansichten der Gehirne von oben auf Tab. I, II und V beziehen sich zunächst auf fünf Gehirne erwachsener Männer, vier berühmter wissen- schaftlicher Forscher und eines einfachen Handarbeiters.. Sie sind alle nach

Entfernung der Häute in Weingeist zu mässiger Härte gebracht und gleich- 11

82

förmig behandelt, so dass sie eine vortreflliche Basis der Vergleichung bilden

können }).

Bei einer Beobachtung und Vergleichung dieser drei Tafeln, durch Ne-

beneinanderlegung derselben, treten die Unterschiede und Ubereinstimmungen,

auf deren plastisches Hervorlreten es abgesehen war, deutlich entgegen.

Diese fünf Gehirne sind absichtlich in halber natürlicher Grösse darge-

I) Eine nähere Beschreibung meiner Methode habe ich in Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift für rationelle Medizin 3te Reihe Bd. V. S.25 gegeben. Das frische Gehirn wird nehmlich zuerst mit den Häuten gewogen, dann werden diese sorgfältig von den Windungen abgelöst, auch aus dem Inneren mit den Gefäss- plexus möglichst entfernt und das Gewicht nochmals bestimmt. Vorzüglich wichtig ist die Entfernung der Häute zwischen dem grossen und kleinen Gehirn und um die Zirbel, damit der Weingeist überall eindringen kann. Dann wird das Gehirn kurze Zeil in ein grosses Gefäss mit lauwarmem Wasser gebracht, alles Blut abgespült und der Rest der Häute entfernt. Diess muss mit mög- lichster Eile geschehen, damit das Gehirn nicht zu viel Wasser einsaugt. Hierauf bringe ich das Gehirn in ein Glasgefäss mit weiter Oeffnung, so geräumig, dass das Gehirn allenthalben 1 bis 3 Zoll von der Wand absteht. Boden und Seitenwände werden nun mit Baumwolle dicht belegt, das Gehirn darauf gesetzt und gewöhnlicher Weingeist zugegossen; durch Druck mit der Hand und Aul- zupfen und Andrücken der Baumwolle wird das Gebirn in. seine natürliche Form gebracht und das Ganze 24 Stunden bei kühler Temperatur hingestellt, der Weingeist alle 3 bis 4 Tage, im Ganzen drei bis viermal gewechselt, das Gehirn öfter umgewendet und in die richtige Form gebracht, bis es die nöthige Festigkeit erhalten hat. Der Weingeist zieht nur Wasser und Cholestearin aus und begreiflicher Weise verliert das Gehirn an Gewicht, allmählig ein volles Drititheil, und verkleinert sich dem entsprechend, bis kein merklicher Gewichts- verlust mehr eintritt. Am besten gerathen die Gehirne im Winter; bei wärmerer Jahreszeit müssen sie anfangs in kalte Keller gesetzt werden. Nach wieder- holter Uebung ist es mir gelungen, die Gehirne in schönster Form zu erhalten und ich ziehe diese einfache Methode jeder andren vor. Solche Gehirne kön- nen dann auch später leicht verpackt und versendet werden und gestalten das beste Studium der Oberflächenverhältnisse. Etwas abgeplatteter erscheinen die Gehirne natürlich immer bei dieser Aufbewahrungsart, aber die grossen Ver- unstaltungen, die sehr abgeplaltele Form u. s. w., welche man häufig bei wenschlichen Gehirnen in anatomischen Museen trillt, werden verhület.

83

stell. Indem man dadurch nur kleinere Flächen mit den tastenden Augenaxen zu durchmustern hat, wird es viel leichter, als bei der Darstellung in natür- licher Grösse, eine Anzahl Gehirne mit einander zu vergleichen und auf diese Weise verwickelte ‘Verhältnisse, wie die der Windungen, rasch und klar aufzufassen.

Tab. I. Fig. I und II. ist das Gehirn eines in den siebziger Jahren ver- storbenen berühmten Naturforschers den Gebirnen auf der folgenden Tafel entsprechend ausgeführt und in Umrissen mit der Bezifferung dargestellt. Es gehörte einem Manne von grosser Stalur an, ist aber doch unter den dar- gestellten fünf männlichen Gehirnen das leichteste, kleinste und in Bezug auf die Windungsverhältnisse am einfachsten gebaute, weshalb ich es hier zur Basis der Vergleichung voran stellte. Die Rolando’sche Spalte C verläuft in ihrem Ursprunge aus der grossen Längsspalte und in ihrem mittleren Theile so, dass die vor ihr liegenden Windungszüge (vordre Centralwindung A und Stirnlappenwindungen a! a? ad) die grössere vordere Hälfte der Hemisphären bilden. Sehr auffallend diekwulstig, ohne stärkere Spaltung, Inselbildung und oberflächliche Furchen treten die Stirnwindungen, insbesondre die erste Stirn- lappenwindung alala!, auf beiden Seiten auf. Hierdurch erscheinen auch die beiden Hemisphären weniger asymmetrisch in ihren Furchen und Win- dungen; die Windungszüge beider Seiten zeigen mehr Übereinstimmung. Ich betrachte diess als ein Stehenbleiben auf einer früheren Bildungsstufe, also, wenn man will, als eine Bildungshemmung, daher solche Gehirne mehr den fötalen Gehirnen gleichen. Zu dem Entzweck ist hier zur Vergleichung Fig. III. das gleichfalls im Weingeist gehärtete Gehirn aus einem siebenmonatlichen menschlichen Fötus beigefügt, wo in den dickwulstigen Stirnlappen freilich die Windungszüge noch weniger entwickelt und abgegrenzt sind, als in dem eben beschriebenen ausgebildeten Gehirne. |

Das in der Zusammensetzung der Windungen zunächst folgende Gehirn ist das auf Tab. II. Fig. IV. abgebildete und Tab. V. Fig. IV. in Umrissen dar- gestellte und bezilferte eines Handarbeiters Namens Krebs (Nr. 561 der Hirn- gewichtstabelle), eines einfachen, schlichten aber verständigen Mannes meiner Bekanntschaft aus der unteren Volksklasse, das ich kurz nach dem Tode von Gauss ausgewählt hatte, um es in allen Theilen mit dem Gehirne des grossen

11*

84

mathematischen Denkers zu vergleichen }). An diesem Gehirne markiren sich die beiden Centralwindungen (A und B) sehr deutlich, noch deutlicher und weniger geschlängelt als im vorigen Gehirn; sie zeigen keine so tiefen Ein- kniekungen und sekundären Furchen oder Kerben auf denselben, wie z. B. im Gehirne von Gauss (Tab. II und V. Fig.1.). Die Stirnlappen sind beträchtlich kürzer als in dem Gehirne Tab.I. Fig.l, oder wie bei Gauss (Tab. II und V. Fig. 1.) oder bei Dirichlet (Tab. I. V. Fig. 11.), dagegen mehr übereinstim- mend mit dem Gehirne von Hermann (ib. Fig. IL). Es sind also hier beide Centralwindungen in die vordre Hälfte der Hemisphären gerückt, wenn man das ganze Gehirn durch eine Querlinie in der Mitte theill. Die drei Stirn- lappenwindungen sind einfache geschlängelte Wülste. Besonders zeichnet sich die erste Stirnlappenwindung (a! ala!) durch einfache Verhältnisse und nicht grosse Dicke aus.

Die folgende Stufe in der Zusammensetzung nimmt das Gehirn des Alter- thumsforschers C. F. Hermann ein (Tab. Il. V. Fig. II). Auch hier sind die beiden Centralwindungen (A und B) deutlich markirt, wenig geschlängelt, ohne sekundäre Eindrücke auf der Oberfläche. Die Stirnlappenwindungen sind zusammengesetzler, als in den beiden bisher betrachteten Gehirnen, jedoch einfacher als in denen von Gauss und Dirichlet. Die erste Stirnlappen- windung zeigt durch sekundäre Eindrücke Neigung zur Verdoppelung.

C.F. Hermann und Gauss waren Männer von mittlerer Körpergrösse (etwas über 170 Centimeter), grösser war der Handarbeiter Krebs, noch grösser Dirichlet.

Das Gehirn dieses letztgenannten berühmten Mathematikers (Tab. II. V. Fig. IL.) ist auch das grösste unter den abgebildeten?). Es ist diess anschei-

I) Beide Gehirne sind nicht ganz so vollständig gut gehärtet und in ihrer Gestalt erhalten, wie es mir später z.B. beim Gehirne von Dirichlet und Hermann gelang, weil es die ersten waren, die ich in oben beschriebener Weise be- handelte.

2) Wie bemerkt gilt der Ausdruck „halbe Grösse“ nicht von den frischen, son- dern von den mehrfach mit Weingeist behandelten Gehirnen, so dass dieselben kleiner erscheinen, als im frischen Zustande. Das Gehirn von Gauss z.B. mass innerhalb der Schädelhöhle im Sagiltaldurchmesser (von der Spitze des

85

nend, auf den ersten Blick, am meisten zusammengesetzt und zeichnet sich durch besonders starke und tiefe Furchen und geschlängelte markirte Win- dungen aus. Bei genauerer Vergleichung bemerkt man aber sofort, dass das Gehirn von Gauss in dieser Hinsicht dem Gehirn von Dirichlet nichts nachgiebt.

In diesem Gehirne von Dirichlet sind beide Centralwindungen (A und B) auch kenntlich und unschwer aufzufinden, besonders auf der linken Hemi- sphäre, während sie auf der rechten durch stärkere Schlängelung und tiefere Einbiegungen wie unterbrochen erscheinen. Sehr auffallend ist die mächtige Entwickelung der Stirnlappen, sowohl nach ihrer Breite als Länge. Die Rolando’sche Spalte oder Centralfurche (C) fällt deshalb in die hintere Hälfte der Hemisphären. Besonders stark getheilt, mit Einknickungen und sekundären Eindrücken versehen ist die in zwei Längswülste zerfallene, auf beiden Seiten stark asymmetrisch angeordnete erste Stirnlappenwindung (a! al al).

Im Gehirn von Gauss (Tab.Il.V. Fig. 1.) fällt der innere Anfang der Centralfurche (C) auf der linken Seite in die hintere Hirnhälfte, rechts ist sie eiwas mehr nach vorne gerückt. Hiedurch wird die Asymmetrie der Windungsanordnung in beiden Hemisphären schon erhöht, wozu überdiess noch ‚der verschiedene Bau und Verlauf der beiden Centralwindungen (A und B) auf beiden Seiten beiträgt. Auf der hinteren Centralwindung kommen, was selten ist, jederseits sekundäre Eindrücke vor. Durch ähnliche Verhältnisse zeichnen sich auch die sehr reich entwickelten Stirnlappenwindungen, nament- lich die erste (alalal) aus, aber auch die zweite (a?a?a?). Die Windungen sind hier dünner und feiner als bei irgend einem andren Gehirne. Auch Parietal- und Hinterhauptslappenwindungen sind hier besonders reich geglie-

Vorderlappens zu der des Hinterlappens) 18 Centimeter und hatte im grössten Parietaldurchmesser, also der grössten Breite, 15 Centimeter, während die den- selben entsprechenden Durchmesser des im Weingeist aufbewahrten Gehirns, als die Zeichnung davon genommen wurde, 17 Centimeter in der Länge und 12 Centimeter in der Breite betrugen. Das ursprüngliche Hirngewicht von Gauss betrug 1492 Grammen, nach längerer Aufbewahrung in Weingeist nur noch 1031 Grammen.

86 '

dert. Die Gehirne von Gauss und Dirichlet zeichnen sich auch hierdurch gegen die übrigen abgebildeten aus.

Auf Taf. V. sind die vier Männergehirne von Tab. II. in Umrissen und beziffert zur Erläuterung von Tab. II. zusammengestellt, um die reine Total- anschauung dieser letzteren nicht durch Ziffern zu stören. Es ist, um doch eine weitere Figur hinzuzugeben, die Umrisszeichnung eines noch jungen Orang-Utang’s, das ich zur Benutzung von Herrn Prof. Leuckart in Giessen erhielt, in die Mitte der Gehirne gestellt. Die Abbildung ist in natürlicher Grösse und zeigt zugleich den Fortschritt in der Vermehrung und Ausbildung der Windungen gegen das Gehirn vom langarmigen Alfen auf Tab.1. Fig. IV. und das diesem ähnliche Gehirn des siebenmonatlichen menschlichen Fötus auf Tab. I. Fig. II.

Man sieht in diesen beiden Affengehirnen den menschlichen Grundtypus, besonders in der Anordnung der Centralwindungen und der Stirnlappenwin- dungen, in diesen jedoch noch mehr die fötale Anlage beim Menschen aus- gedrückt, die sich dann in den letzten Monaten zu den mannichfaltigen Varia- tionen ausbildet, wie wir dieselbe ın den verschiedenen Individualitäten der Gehirne Tab.I. Fig. I und Il und Tab. II. V. Fig. I—-IV. soeben näher betrachtet haben. In der starken Entwickelung der Hinterhauptslappen, so wie in der deshalb weiter nach vorne vorgerückten Lage der senkrechten hinteren Hirn- spalte (D, D) weichen jedoch auch die höheren Affen vom Menschen sehr ab. Die einzelnen Windungszüge des Hinterhauptslappens (d, d, d, d), wie sie sich im Menschen gliedern, können jedoch im Orang-Utang noch einzeln (d! d2 d3) markirt werden.

Die Tab. III. ist dazu bestimmt, in einer Ansicht der Stirnlappen gerade von vorne die Unterschiede eines reicher und weniger reich entwickelten Gehirns zu zeigen. Vergleicht man hier die beiden in natürlicher Grösse gegebenen Gehirne Fig. I. von Gauss und Fig. I. von dem Handarbeiter Krebs, so überzeugt man sich, dass sich die Windungen von jenem zu diesem etwa wie vier zu drei verhalten. Die Buchstaben bezeichnen des nähere.

Tab. IV und VI. Fig. I. zeigt eine Profilansicht des Gehirns von Gauss, ebenfalls in natürlicher Grösse, nach der Behandlung mit Weingeist. Ich

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habe, um ein einfaches Gehirn zur Vergleichung zu geben, absichtlich kein neues Original gewählt, sondern die Profilansicht des Gehirns eines 29jährigen Mannes bei Huschke Tab. V. Fig. 2. Dass diess ein Gehirn ist, welches nach den von mir aufgestellten Categorien zu den windungsarmen oder ein- fachen gehört, zeigt die Ansicht desselben Gehirns von oben bei Huschke Tab. V. Fig. I. Für die Richtigkeit bürgt die von Huschke angewendete Photographie, welche ich für die Darstellung solcher Präparate aus hier nicht näher zu erörternden, aber leicht begreiflichen Gründen für weniger geeignet halte, als eine recht sorgfältig ausgearbeitete Zeichnung, an der immer ein- zelne im Präparate nicht in richtiger Anschauung liegende Theile, auf deren genauere Fixirnng es gerade ankommt, besser herausgehoben werden können. Da aber Huschke unstreitig hier ein wohl entwickeltes Gehirn eines Mannes im Blüthenalter wählte und dasselbe auch nach einem Weingeistpräparat ge- fertigt ist, also beide Gehirne zur Vergleichung besonders geeignet sind, so erschien es mir zweckmässig, dasselbe auf dem noch freien Raum der Tafel in einer Umrisszeichnung neben die Profilansicht von Gauss zu stellen. Als ein drittes Gehirn zur Vergleichung kann man das auf dieselbe Weise prä- parirte und aufbewahrte Gehirn eines männlichen Negers hinzulegen, das Tiedemann auf Tab. Il. seiner oben genannten Schrift gegeben hat.

Hauptergebnisse.

Die Hauptresultate der vorliegenden Untersuchungen lassen sich in fol- gende Sätze gedrängt zusammenfassen:

. 4. Der Mensch zeigt in der Anordnung der Windungen des grossen Gehirns einen Typus, der eigenthümlich und unter den Säugethieren nur mit dem der Familie der Quadrumanen vergleichbar ist. Bestätigung der Ansichten von Leuret, Huschke und Gratiolet.

2. Es existirt eine unverkennbare Parallele zwischen den einzelnen Stufen der Hirnentwickelung beim Menschen in der Embryonalperiode und den bleibenden Formen einzelner Gruppen und Galtungen der Ordnung der Alfen!).

l) Späterer Zusatz, nach Uebergabe der Abhandlung. Als schon ein Theil der Abhandlung gedruckt war, erhielt ich das erste Hefi der M&moires de la Societe d’Anthropologie de Paris. (1560), in welchem Gratioleti eine neue schätzbare

Diese

88

Ansicht hatte ich schon vor 21 Jahren in meinen Icones physiologicae

ausgesprochen.

3. Die niedersten Affen mit glatten, windungslosen Hemisphären nähern sich den früheren menschlichen Embryonen vor dem funften Monat in der Hauptanordnung der Lappen und Furchen, namentlich der Sylvischen und der hinteren Hirnspalte; die menschlichen Embryonen um diese Zeit unterscheiden sich aber durch die frühe Kräuselung der Stirnlappen !) und das spätere Auf-

_— —_—

Abhandlung über Microcephalie gegeben hat. Hier spricht sich dieser geistvolle und gründliche Encephalotom p. 64 dahin aus, dass im ausgebildeten Zustande die wesentliche Anordnung der Windungen beim Menschen und den Affen eine und dieselbe sey, so dass hierin kein hinreichendes Motiv zur Trennung des Menschen von den Thieren liege, aber das Studium der Entwickelung nöthige zu einer völligen Trennung. Gratiolet stellt als auf das strengste lestgestellte Ergebniss seiner Forschungen den Salz auf: dass das Gehirn des Menschen um so mehr von dem der Affen abweicht, je weniger es entwickelt ist. \m Gehirne der Allen sollen nehmlich zuerst die Windungen im Schläfelappen, zuletzt die im Stirnlappen auftreten; umgekehrt beim Menschen erscheinen zuerst die Win- dungen der Stirnlappen und zuletzt die des Schläfelappens. Daraus ergiebt sich die Consequenz: dass keine Hemmungsbildung das menschliche Gehirn dem der Affen ähnlicher machen kann, als es nicht schon im erwachsenen Alter ohne- diess ist. Man könnte glauben, Jass dieser Ausspruch und die Ansicht Gratiolet’s mit dem obigen Satze in Widerspruch ständen. Diess ist jedoch nur scheinbar. Zu einer weitläufigen Auseinanderselzung ist hier nicht der Raum. Ich hoffe bei einer späteren Betrachlung Jer Mikrocephalen - Gehirne hierauf näher eingehen zu können. In der vorliegenden Abhandlung ist es überhaupt nicht der Zweck gewesen, eine vergleichende Morphologie und Ent- wickelungsgeschichte des menschlichen Gehirns zu geben. Daher habe ich es auch hier unterlassen, die sinnreichen Bezeichnungen der Windungen von Gratiolet, die er unter dem Namen plis de passage aufstelll, näher zu be- trachten. Vgl. übrigens oben S. 68 Anm. ].

Diese leisen Kräuselungen der Stirnlappen (wovon schon in der soeben cilirten Anm. $.65 die Rede war) sind in den Tafeln über Entwickelung des Gehirns bei Tiedemann und Reichert nicht angegeben, unstreilig weil hier die Abbildungen nach älteren Weingeistpräparaten gefertigt sind, obwohl sie auch hier noch zu sehen sind. Besser und naturgetreu ist die Abbildung bei Gra- tiolet sur les plis cerebraux Tab. XI. Fig. I und 2 von einem menschlichen

Fötus von 15 Wochen.

89

treten der Centralspalte, während bei den Affen sich die Spalten im Schläfe- lappen früher markiren.

4. Die menschlichen Embryonen aus dem siebenten Monat haben eine Aehnlichkeit mit den höheren Affen vorzüglich in der Anordnung der noch wenig entwickelten Furchen und Windungen der Stirnlappen. Dagegen diffe- riren alle höheren Affen durch die viel stärkere Entwickelung der Hinter- hauptslappen und die mächtige hintere Hirnspalte.

5. Die Vollendung der menschlichen Hirnwindungen und Furchen erfolgt in den letzten Schwangerschaftsmonaten, wahrscheinlich schon im achten Monat in allen äusserlich sichtbaren Hauptverhältnissen, so dass man annehmen kann, das Gehirn eines Greises hatte schon bei der Geburt alle Hauptwindungen eben so vollendet, wie während des späteren Lebens. In wie weit sich etwa kleinere, sekundäre oder tertiäre Furchen an den Rändern und in der Tiefe der Win- dungen später entwickeln und diese kompliziren, ist unbekannt.

6. Unter den Hirnwindungen der verschiedenen Individuen zeigen sich beträchtliche Verschiedenheiten, so dass man reich entwickelte (windungs- reiche, zusammengeseizte) und einfachere (windungsarme) Gehirne unter- scheiden kann. Diese Ausdrücke beziehen sich jedoch nur auf stärkere Thei- lungen, Einknickungen u. s. w. der Hauptwindungen, welche der Zahl und Hauptanlage nach bei allen normalen Menschengehirnen, auch der verschie- denen Rassen, gleichmässig zu unterscheiden sind.

7. Die auffallendsten Verschiedenheiten kommen in den Stirnlappenwin- dungen vor und hier giebt es Gehirne Erwachsener, welche in ihrer Anord- nung sehr an die Bildung beim Fötus im 7ten Monate erinnern, von denen man also wohl sagen kann, dass sie wenigstens in ihrer äusseren Anordnung auf einer früheren Bildungsstufe stehen geblieben sind.

8. Diese geringere Entwickelung der Stirnlappenwindungen zeigt sich besonders bei weiblichen Gehirnen, so dass man sagen kann, die letzteren nähern sich überhaupt in dieser Hinsicht mehr dem Fötal-Gehirne in seinen letzten Bildungsstufen, vor der Vollendung der Stirnlappen !).

l) Da ich mir in dieser Abhandlung nicht die Aufgabe gestellt habe auf die Ver- schiedenheiten der weiblichen und männlichen Gehirne speciell einzugehen, so unterlasse ich auch eine Kritik von Huschke’s Ansichten in dieser Beziehung.

12

90

9. Es giebt aber auch männliche Gehirne dieser Art, welche somit als nahe mit dem weiblichen Typus stimmend bezeichnet werden können und weibliche Gehirne, welche durch reichere Entwickelung der Windungen sich dem Hirn der Männer annähern.

10. In der Regel sind aber die Windungen und Furchen bei Individuen in allen Lappen stärker entwickelt, wenn die Stirnwindungen besonders com- plizirt sind.

11. Die Frage, ob bei sehr begabten und geistig thätigen Individuen die Windungen ungewöhnlich reich entwickelt sind, ist noch nicht spruchreif. Allerdings zeichnen sich einzelne Gehirne grosser Denker (Gauss, Dirichlet) durch reiche Windungen aus; aber auch bei geistig sehr thälig gewesenen Männern kommen in Bezug auf Complikation der Hirnwindungen minder reich entwickelte Gehirne (Hermann, Hausmann) vor.

12. Das Hinderniss, zur sicheren Entscheidung über die Grösse der Oberflächen der Hemisphären und die Quantität der hier liegenden grauen Substanz bei verschiedenen Individuen zu kommen, liegt vorzüglich in dem Mangel an genauen Messungsmethoden. Bei den grossen Schwierigkeiten, die hier sich finden, ist auch nur an annähernde Exaktheıt nicht zu denken. Am ehesten dürften sich noch Resultate erzielen lassen, wenn man die Tiefe einzelner bekannter Hauptfurchen zwischen einzelnen Windungen auszumitteln sucht, obwohl auch hier ausserordentliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Einfache Vergleiche und Betrachtungen der Hirnwindungen und ungefähre Schätzungen, unter einfachem Gebrauche des Cirkels und Maassstabs, leisten hier noch dasselbe, als die eiwa in Betracht kommenden andren Ausmessungen).

l) Hierüber habe ich mich schon früher in einzelnen in den „Nachrichten“ abge- druckten Mittheilungen an die K. Gesellschaft der Wissenschaften ausgesprochen und bemerkt, dass die öfters vorkommenden Angaben bei Seklionen geistig bedeutender Männer von besonders reich entwickelten Gehirnen ohne nähere Vergleichung andrer Gehirne werthlos sind. (Späterer Zusatz nach Uebergabe der Abhandlung. Herr Professor Schaafhausen in Bonn hat die Güte ge- habt, mich auf eine Stelle in „Ludw. von Beethoven’s Studien von J. von Seyfried“ aufmerksam zu machen, wornach Dr. Joh. Wagner in dem Ob- duktionsberichte der Leiche von Beethoven sagt: „Die Windungen des Ge-

91

13. Die bisherigen Hirnwägungen lassen zwar in Bezug namentlich auf die übrige Körperbeschaffenheit, Grösse, Gewicht u.s.w. noch viel zu wün- schen übrig, jedoch zeigt eine tabellarische Zusammenstellung einer grösseren Reihe von Hirnwägungen auch hier die grossen Schwierigkeiten, ja nahezu die Unmöglichkeit, aus den Ergebnissen der Wägungen brauchbare Resultate für allgemeinere Betrachtungen zu gewinnen.

14. Was die absoluten Hirngewichte betrifft, so scheint nur so viel gewiss, dass die höchsten Zahlen des Gesammtgewichts eines menschlichen Gehirns niemals 2000 Grammen überschreiten, so dass selbst auffallend patho- logisch entartete Gehirne diese Gewichtsgrösse bisher nicht erreicht haben.

15. Alle früheren Angaben über besonders hohe Hirngewichte sehr intelligenter Männer, welche die Zahl von 2000 Grammen (Cromwell, Lord Byron) überschritten haben sollen, sind unzuverlässig oder .unrichtig.

16. Allerdings nehmen einzelne Gebirne reich begabter Männer (Cuvier, Lord Byron) ihrem absoluten Gewichte nach unter nahezu tausend Gehirnen die höchsten Stellen ein, aber die Thatsache, dass andere nicht minder geistig bedeutende Männer (Gauss, Dupuytren) erst im zweiten Hundert, noch andre (Hermann, Hausmann) erst in vierten und siebenten Hundert der Tabelle ihre Stelle finden, zeigt das Unsichere der früheren Annahme.

17. Was die Altersverhältnisse betrifft, so ergiebt eine Vergleichung der Tabelle, dass die Behauptung, die höchsten absoluten Hirngewichte fielen in das Blüthenalter, in die dreissiger Jahre (Huschke) oder zwischen 40 und 50 Jahre (Sims), ebenfalls einer Limitation bedarf. Die Hinweisung auf eine Reihe von Mittelgewichten führt hier leicht irre. Die von mir gegebene Tabelle zeıgt eine ungemein grosse Variation des Alters bei nahezu gleichen Hirngewichten, so dass sehr jugendliche Individuen und solche aus mittleren

hirns erschienen nochmals so tief und zahlreicher als gewöhnlich“. Obwohl auch auf diese Angabe nicht so sehr viel zu geben ist, so dürfte sie doch mehr Beachtung verdienen, als andre solche gelegentliche Bemerkungen, in so ferne J. Wagner, der sektionskundige Vorgänger Rokitansky’s auf dem Lehrstuhle der pathologischen Anatomie, hier offenbar als eine anzuerkennende Autorität zu betrachten ist.)

Ka

92

und hohen Jahren nahe beisammen stehen, wodurch obige Angaben durchaus noch unsicher erscheinen.

18. Dagegen scheint aus grösseren Zahlenzusammenstellungen allerdings hervorzugehen, dass im Allgemeinen die männlichen Gehirne ein grösseres absolutes Gewicht haben, als die weiblichen. Jedoch übertreffen einzelne gewöhnliche Weiber nicht gar selten sehr intelligente Männer an absolutem Hirngewicht.

19. Aus einer wenn auch nicht grossen Anzahl von Wägungen scheint sich zu ergeben, dass das relative Gewicht der grossen Hemisphären zu den übrigen Hirntheilen bei besonders intelligenten, geistig thätigen Individuen nicht grösser ist, als bei gewöhnlichen Menschen.

20. Das freilich nur durch eine ebenfalls nicht grosse Anzahl von Wä- gungen constatirte Ergebniss, dass das relative Gewicht der Hemisphären zu den übrigen Hirntheilen bei Weibern sogar grösser ist, als bei Männern, spricht ebenfalls dafür, dass zwischen dem Gewichte der Hemisphären und der Grösse der Intelligenz und geistigen Arbeit kein einfaches Wechselver- hältniss besteht.

93

Anhans

° mit Bezugname auf die Seiten 32 und 33.

Kritische Untersuchungen über die Angaben über das Hirn- gewicht von Lord Byron, Cromwell, Cuvier und Dupuytren!).

In der siebenten Reihe meiner der K. Gesellschaft vorgelegten Hirn- untersuchungen (vgl. Nachrichten vom 29. Febr. 1860. Nr.7. S.68) habe ich die ungewöhnlich hohen Angaben über das Hirngewicht von Cromwell und Lord Byron als unmöglich bezeichnet und zugleich der Controversen in den Angaben über die Gewichte des Gehirns von Cuvier und Dupuytren ge- dacht. Es freut mich, nunmehr im Stande zu sein, auf Grund einiger Mitthei- lungen des Herrn Dr. Schuchardt dahier, zunächst über das Hirngewicht des Lord Byron weitere Auskunft geben zu können. Herr Dr. Schuchardt hat aus eigenem Antriebe und Interesse an der Sache auf unsrer Bibliothek Recherchen angestellt und mir seine Notizen und Vermuthungen gütigst mit- getheilt, welche zu interessanten Ergebnissen geführt haben, die ich um so mehr bekannt zu machen mich veranlasst fühle, als nach eigener Einsicht der betreffenden Literatur ich die Ansicht des Herrn Dr. Schuchardt vollkommen theile. Derselbe hat mir folgende Notiz übergeben: „Die Leiche Lord By- ron’s, welcher im April 1824 in Missolunghi nach sehr heftigen Gemüths- aufregungen an Hirnentzündung starb, wurde nach Zante und von da nach England gebracht. Ueber Zeit und Ort seiner Sektion habe ich nichts auf- finden können. Die Resultate seiner Sektion sind in der Gazette de sante vom 25. Aoüt 1825 von dem Redacteur derselben, Antoine Miquel, mit- getheilt und daraus in: the medico-chirurgical Review New Serie. Vol. I.

l) Auszug aus einer der K. Gesellschaft der Wissenschaften übergebenen Mittheilung vom 29. März 1860. Vgl. Nachrichten von der G. A. Universität und der König- lichen Gesellsch. d. W. 1860. Nr. 12. Vom 16. April.

94

p. 164. (1825) übergegangen. Aus englischen Tageblättern findet sich eine in einigen Punkten von jenem Seklionsberichte abweichende Mittheilung in Froriep’s Notizen Bd.IX. 5.143. An diesen beiden Orten wird das Gewicht des Gehirns zu 6 Medieinal-Pfunden (Six medicinal-pounds) angegeben. Es fragt sich nun, was für ein Medieinal-Pfund gemeint sei. Ist die Section in Missolunghi oder an der griechischen Küste gemacht, so dürfte wohl kaum englisches Medicinal- Gewicht zur Hand gewesen sein (wonach das Gehirn 2239 Gramme gewogen haben würde); wahrscheinlich ist an italienisches Gewicht zu denken; entweder neapolitanisch-sicilianisches oder venelianisches. Nach dem ersteren würde das Gewicht des Gehirns = 1924 Grm. nach letz- terem 1807 Grm. gewesen sein.“

Bei den alten Beziehungen Venedigs zu Griechenland nehme ich an, dass die letztere Annahme am meisten gerechtfertigt erscheint. Das venetianische Medicinal-Pfund ist aber das leichteste von allen Pfunden und verhält sich bekanntlich zum französischen Pfunde (= 1% Kilogramme) nahezu wie 3:5. Hiernach würde das Hirngewicht Byron’s zwar immer noch sehr bedeutend, aber doch nicht so abnorm sein, indem es unter das von Cuvier und unter das in meiner früheren 7ten Mittheilung aufgeführte höchste Hirngewicht eines Irren bei Bergmann mit 1815 Grammen zu stehen kommt. Dass Byron ’s Gehirn ein hyperämisches gewesen, weist der Sektionsbericht in den starken Entzündungserscheinungen nach. Es ist hier auch von zwei Unzen blultiger Flüssigkeit in den Höhlen die Rede, durch welche Verhältnisse auch das hohe Gewicht erklärlicher wird. Dass übrigens die Wägung genau war, ist um so mehr zu bezweifeln, als nur eine runde Summe von 6 Pfund angegeben wird.

Herr Dr. Schuchardt hat nun auf meine Bitte auch weitere Recherchen über die Angaben in Betreff des Gehirns Cromwell’s angestellt. Ich hatte in meinem Aufsatze nur die deutsche Ausgabe von Soemmerring’s Anatomie nachgesehen; in der lateinischen ist als nächste Quelle Baldinger’s Neues Magazin für Aerzte. Bd. 4. 1782. 8.570 angegeben. Diese Angabe stammt aus einem älteren Werke!), welches Herr Dr. Schuchardt nachgesehen

1) Diess Werk hat den Titel: Anabaptisticum et enthusiasticum Pantheon und Geist- liches Rüst-Haus wider die Allen Quaker und neuen ‚Frey-Geister etc. Im Jahre Christi 1702. fol. Hierin ist ein Aufsatz: der verschmitzte Welt-Mann

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hat und worin allerdings 6Y/, Pfund als Gewicht genannt werden. Nimmt man dieselben auch nur als Troy Gewicht statt des schwereren Avoir du pois, so kommen doch 2330 Grammen, also mehr, als Huschke berechnet (2233 Grammen) heraus. Da nun wohl diese ganze Angabe sehr unzuverlässig ist, so ist auf dieselbe gar kein Werth weiter zu legen.

Wegen des Gehirns von Cuvier hatte ich mich an Herrn Dr. Kühne, welcher dermalen in Paris verweilt, gewendet, der den Originalbericht der Sektion in der Lancette frangaise von 1832 nachgesehen hat, wonach das Gewicht zu 3 livres, 11 onces, 4 gros et demi (also nicht zu „ö livres, 3 onces, 4 gros, 29 grains“« wie bei Gratiolet zu lesen ist) angegeben wird. Die gleichen Zahlen giebt der Wiederabdruck von E. Rousseau’s Bericht: note sur la maladie et la mort de G. Cuvier in den Archives generales de Medecine Mai 1831. p. 144 an, wie mir Herr Dr. Schuchardt nachgewiesen hat. Von den Gehirnhäuien ist bemerkt, dass sie ohne Entzündungserschei- nungen, die Windungen zahlreich waren. Zugleich heisst es: „une grande parlie de ces circonvolutions &taient surmontees au milieu dune exuberance mamelonnee, faisant partie integrante de ces circonvolutions.< Da ausdrück- lich von „wenig“ Flüssigkeit in den Hirnhöhlen die Rede ist, konnte diese keinen wesentlichen Einfluss auf das Hirngewicht haben. Herr Dr. Kühne halte die Güte, Herrn E. Rousseau persönlich darüber zu befragen, welcher mündlich bestätigte: „dass sich auf den Windungen eine Art von kleineren aufgeselztien Windungen oder Wällen befunden haben.« Herr Gratiolet theilte Herrn Kühne mit: „dass Cuvier in seiner Jugend etwas hydroce- phalisch gewesen und dass fast alle seine Kinder hydrocephalisch gestor- ben seien.«

und Scheinheilige Tyrann in Engelland Olivier Cromwel, Nebenst zweien seiner geheimsten Räthe und Creaturen Hugo Petersen und John Coocken. Samt einem Anhange von Johann Labadin. Gedruckt im Jahr 1702. fol. Hier steht S.12_ im Anfange von $.40 Folgendes: „Nach diesem öffnete man des Cromwel’s todten Körper, da denn die Eingeweide ziemlich wohl bestellet, die Leber aber angesteckt und das Gehirn 6 und 1 Viertel Pf. schwer befunden worden.“

96

Der Bericht über die Sektion Dupuytren’s befindet sich nach Herrn Dr. Kühne’s Mittheilung in der Lancette frangaise von 1835 Nr. 20 und ist daraus unstreilig in die legons orales de clinique chirurgicale par Dupuytren publi6es par les Docteurs Brierre de Boismont et Marx. Tome I. p. xxxıu übergegangen, worauf mich gleichfalls Herr Dr. Schuchardt aufmerksam zu machen die Güte hatte. Das gesammte Hirngewicht ist hier zu „deux livres quatorze onces“ angegeben, während Tiedemann (das Hirn des Negers S.9) 4 Pfund 10 Unzen Medicinal-Gewicht, Gratiolet (Anat. comp. du systeme nerveux Tome Il. p. 110), sogar noch mehr, als bei Cuvier, nämlich „5 livres quatre onces 3 grains« verzeichnen. Man sieht, wie un- sicher, verworren und mythisch selbst so nahe liegende Ereignisse in der Wissenschaft werden! !).

1) Wenn bei der Umrechnung des Medicinal-Gewichts in Grammen zwischen diesen und andren Angaben z.B. bei Huschke u. a. m. kleinere Differenzen vor- kommen, so mag dies daher rühren, dass, von Rechnungsfehlern nicht zu reden, Verwechselungen zwischen dem metrischen Pfunde (= ', Kilogramme) mit dem alten vor der ersten Revolution gültigen sogenannten poids de marc, das um ein Geringes leichter ist, vorgekommen sind oder man bediente sich der in Frankreich für das Medicinal-Gewicht gestaitelen runden Zahlen von 32 Grammen für die Unze statt des eigentlichen Grammenwerths der letzteren von 31,25.

Verbesserung: $.88. Z.6 und 8 von unten lies $.12 statt S. 68.

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Vorstudien

zu einer wissenschafltichen Morphologie und Physiologie

des menschlichen Gehirns als Seelenorgan

von

Rudolph Wagner.

Zweite Abhandlung.

Über den Hirnbau der Mikrocephalen mit vergleichender Rücksicht auf den Bau des Gehirns der normalen Menschen und der Quadrumanen.

Mit fünf Steintafeln.

Göttingen, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung. 1862.

Ueber den

Hirnbau der Mikrocephalen

mit vergleichender Rücksicht auf

den Bau des Gehirns der

normalen Menschen und der Quadrumanen

von

Rudolph Wagner.

Mit fünf Steintafeln.

Göttingen, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung. 1862.

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Der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften Nee 861 Ab, Ale ee Den I - h AEEN r Besonders abgedruckt aus dem zehuten Bande der Abh an 1 Wissenschaften zu Götti

Uebersicht des Inhalts.

Einleitung

Uebersichtliche Beachtung, er Abidndgen a

Die Windungen der gewölbten Oberflächen der Homisplnren bei verschiedenen Menschen nach Form und Verlauf A

Messungen der Hirnoberflächen mit besondrer Beziehung auf Wonder un Furchenbildung und deren Beziehung zur Intelligenz

Das Hirn der Quadrumanen, verglichen mit dem menschlichen

Die Bildung des von Theile beschriebenen Mikrocephalen -Gehirns

Material zu weiteren Forschungen über die Hirnbildung der Mikrocephalen

Späterer Zusatz zu vorstehendem Abschnitte CIE FRE

Ueber einige merkwürdige Erscheinungen bei ee welche für eine künflige Erörterung der Frage nach dem Seelenprinzip von Wichtigkeit wer-

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Corollarium über die Knköndbirkeh dor in den vorstehenden Abschnitten besprochenen anatomischen Verhältnisse auf die Darwin’sche Lehre von der Entstehung der Species und der Formenentwickelung der organischen Welt a: ra Sl 2

Allgemeine Ergebnisse aus lan ER Unterspohnagen en

Anhang. Ueber Dr. Peacock’s und Dr. Boyd’s Hirnwägungen als Nachtrag zu der Hirngewichstabelle in der ersten Abhandlung der Vorstudien und über die Verhandlungen in der Societe d’Anthropologie de Paris, den gleichen Gegenstand betreffend

Erklärung der Tafeln

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Einleitung.

I. der ersten Abhandlung dieser Vorstudien, welche sich vorzugsweise mit der Darstellung der Hirnoberflächen und der Gewichtsverhältnisse der Ge- hirne intelligenter Männer beschäftigt, habe ich davon gesprochen, wie wün- schenswerth es sey, Gehirne von hirnarmen Individuen, von sogenannten Mikrocephalen, auf die genannten Verhältnisse genauer zu untersuchen }). Seit Jahren hatte ich mich, zum Theil durch öffentliche Aufrufe, bemüht, Material für solche Untersuchungen zu erlangen, aber vergebens. Als im Laufe dieses Jahres mein alter Freund und Studiengenosse, Prof. Theile, früher Prof. der Anatomie in Bern, jetzt Medicinalrath und prakticirender Arzt in Weimar, mit der ihm eigenen musterhaften Sorgfalt den ihm vom Medizinal- Rath Wedel in Jena eingesendeten frischen Kopf eines 26jährigen Microce- phalus untersuchte und Schädel und Gehirn in Henle’s und Pfeufer’s Zeit- schrift für rationelle Medizin beschrieb und abbildete 2), sprach ich gegen denselben den Wunsch aus, Schädel und Gehirn mir selbst eiwas genauer ansehen zu dürfen. Ich muss die grosse Liberalität dankbar rühmen, mit der mir Theile die Objekte übersandte und längere Zeit zur Benutzung und Ver-

1) S. Vorstudien I. S. 24. Bd.IX. der Abhandlungen.

2) Dritte Reihe der Zeitschrift Bd. XI. S.210. 1*

4

gleichung überliess. Meine auf die Hirnbildung bei verschiedenen Individuen ge- richteten Untersuchungen hatten sich weiter ausgedelmt, indem ich theils auf all- gemeine craniologische, theils ethnologische Studien kam, wozu mich vorzüglich mein hochverehrter Freund, Herr Staatsrath und Akademiker K.E. von Baer in St. Petersburg, welcher sich seit 3 Jahren wiederholt längere Zeit in Göttingen aufhielt, anregte. Bei der Schwierigkeit, sich Gehirne von verschiedenen Rassen und Nationen zu verschaffen, kam ich auf den Gedanken, mir auf indirektem Wege, durch Ausgüsse von Schädelhöhlen, wenigstens Surrogate für frische Gebirne zu erwerben. Diess führte weiter zur Hereinziehung der Entwickelungs-Geschichte des Gehirns, wie zu vergleichend anatomischen Studien, insbesondre des Gehirns der Quadrumanen. Die schönen Arbeiten von Gratiolet, deren ich schon früher wiederholt gedachte, die umfängliche Besprechung des ersten Heftes meiner „Vorstudien“ im Schoosse der Societe d’Anthropologie, insbesondre durch Paul Broca und Gratiolet, dann be- sonders auch der Streit zwischen Owen nnd Huxley über das Verhältniss des Hirnbaus des Menschen zu dem der Quadrumanen, vorzüglich der anthro- poiden Affen, veranlassten mich zu einer vergleichenden Untersuchung auf diesem Gebiete, die, so dürftig auch mein Material war, das ich in einer kleinen im Binnenlande gelegenen Stadt nur auftreiben konnte, doch zu einigen interessanten Resultaten führte.

Neue Mittheilungen von Gratiolet über Mikrocephalie, verschiedene sich rasch aufeinander folgende ausgezeichnete und detaillirte Beschreibungen, durch sorgfältige und zum Theile photographirte Abbildungen illustrirt, von frischen Gehirnen vom Orang-Utang, und Chimpanse von englischen Natur- forschern, welche die früheren Arbeiten von Tiedemann ergänzten, lockten zu weiterer Vergleichung und vervollständigten meine Kenntnisse auf wün- schenswerthe Weise. Auf einer hier durchreisenden Menagerie starb zu rechter Zeit ein altes männliches Individuum des gewöhnlichen grünen Affen, Cercopilhecus Sabaeus, dessen Gehirn ich nach der von mir früher angege- benen Weise bewahren konnte. Eine in Familien-Angelegenheiten gemachte Flugreise nach Berlin gab mir, trotz der Abwesenheit des Direktor’s der anatomischen Sammlung, Prof. Reichert, durch die zuvorkommende Güte der Herren Lieberkühn und Wagener Gelegenheit, eine freie Stunde auf

-

19)

die Durchsicht der dort vorhandenen Rassenschädel zu verwenden und mir genauer die von J. Müller bereits beschriebenen Präparate von Mikrocephalen anzusehen. Endlich war ich so glücklich, den Gypsausguss eines dieser Schädel der Berliner Mikrocephalen, den noch Joh. Müller meinem verehr- ten Freunde, Prof. von Siebold in München überlassen hatte, von diesem zu erlangen; so wie Herr Professor Welcker in Halle, welcher sich im Augusi einige Zeit hier in unsrer Schädelsammlung, um Messungen auszu- führen, aufgehalten hatte, die Güte hatte, mir mit Erlaubniss meines verehrten Freundes, Prof. Volkmann, einen Mikrocephalenschädel zum näheren Siudium und um Ausgüsse daran zu machen, einsandte, den Herr Carus in Dresden bereits früher von D’Alton erhalten und für seinen Atlas der Cranioscopie T) benutzt halte.

Im September d. J. hatte sich ferner dahier ein kleiner Verein von Anthropologen versammelt, in welchem Herr Prof. Vrolik von Amsterdam einen Vortrag über das Gehirn des Orang-Utang’s mit Rücksicht auf die Be- hauptungen von Owen hielt, welcher dann zu weiteren encephalotomischen Discussionen von meiner Seite, Veranlassung gab.

Diess alles bewog mich, meinen früheren Mittheilungen an die K. Societät der Wissenschaften 2) eine erweiterte Gestalt zu geben und das Material über Mikrocephalie, so dürflig es auch seyn mag, zu einer vergleichenden Unter- suchung zu verwenden, in der Hoffnung, dass mir selbst oder Anderen dadurch eine Gelegenheit und Anregung zu Theil werde, diese Arbeit zu vervollstän- digen und weiter zu führen.

Bei der Beschäftigung mit dieser Arbeit sind mir die Worte unsres treff- lichen von Baer oft vor die Seele getreten: „Es ist ein grosses Vorurtheil des allgemeinen Publikums, die Wissenschaft habe nur immer aufzubauen; sie hat oft viel mehr einzureissen, als sie an die Stelle setzen kann« 3).

1) Heft I. 1843. Tab. IV.

2) Abgedruckt in den Nachrichten von der G. A. Univ. und d. K. Gesellsch. d. Wissensch. 1861. Nro. 10 und daraus in Troschel’s Archiv f. Nat. Gesch. 1861. 89.175.170:

3) K. E. v. Baer und R. Wagner Bericht über die Anthropologen-Versammlung

in Göttingen. Leipzig 1862. p. 16.

Uebersichtliche Betrachtung der Abbildungen.

Diese ganze Untersuchung ist so durch und durch auf Anschauung und die beigegebene bildliche Darstellung basirt, dass es zweckmässig erscheint, dem Leser zuerst eine Uebersicht der Abbildungen vorzuführen, die sich alle gegenseitig auf einander, so wie auf die früheren Tafeln in der ersten Ab- handlung, beziehen. Eine und dieselbe einfache Bezifferung geht durch alle Figuren hindurch. Diese sind auf den Tafeln so vertheilt und gegenseitig gruppirt, dass sie sich dadurch am besten mit einander vergleichen lassen, was bei dieser ganzen Untersuchung die Hauptsache ist. Nur durch recht anhaltende Anschauung der Bilder wird man im Stande seyn, sich die topo- graphischen Verhältnisse so einzuprägen, dass man sie nach einiger Zeit, unter vergleichender Untersuchung frischer und besonders in Weingeist gehär- teter Gehirne, im Gedächtniss behält und bei Sektionen in Anwendung brin- gen kann.

Ich habe mich bei der Fertigung dieser Tafeln, nach reiflicher Ueber- legung, weder der Photographie, wie sie‘ in neueren Zeiten besonders‘ von München her in wahrer Meisterschaft bei anatomischen Darstellungen in An- wendung kömmt, noch der geometrischen Zeichnungen, wie sie in jüngster Zeit bei Schädel- und Hirndarstellungen so sehr empfohlen wird, bedient. Ich verkenne die Vortheile der photographischen Darstellungen nicht, wie sie besonders durch Bischoff in München neuerdings so sehr empfohlen worden sind !) und die Photographie für die Zukunft bei anatomischen Abbildungen gleichsam als die einzige ganz naturgetreue Darstellung in Aussicht gestellt worden ist. Eben so wenig bestreite ich die grossen Vortheile der geome- trischen Zeichnungen, wie sie insbesondre von Lucae auf sehr ansprechende

I) In der Vorrede zu Dr. Rockinger’s anatomischen Tafeln. München 1861.

Weise bei den Schädeldarstellungen herausgehoben worden sind!). Bei beiden Methoden kommen aber beim praktischen Gebrauche gewisse Nachtheile vor, namentlich in so ferne es sich um genauere Darstellung von Gegenständen handelt, wo die nicht in einer Ebene liegenden Details von besondrer Wich- tigkeit und die luculente Anschauung aller Hauptverhältnisse nöthig sind, die hier zu entwickeln zu weit führen würde, daher diese Erörterung auf eine andere Gelegenheit verspart werden mag.

Auch war ich bei diesen Tafeln, um sie vergleichbar mit den früheren zu machen, bereits gebunden und ich habe deshalb wieder wie früher correcte Abbildungen aus freier Hand, unter Hinzufügung von Maassstab und Zirkel und theilweise einer Glastafel und eines Netzes, unter fixem Augenpunkt, anfertigen lassen. Es war nothwendig, eine Vergleichung sowohl mit den in der frühern Abhandlung gegebenen Abbildungen, als mit denen andrer citirter Werke möglich zu machen, wenn ich nicht eine ausserordentlich grosse Zahl neuer Abbildungen geben wollte,

Bei Schädeldarstellungen würde ich mich vielleicht unter gewissen Um- ständen, nachdem Lucae hier in Göttingen die Vorzüge seiner Methode noch mündlich auseinandergesetzt und durch Benutzung seines Zeichen - Apparates vorgeführt hatte 2), entschliessen. Eben so leisten photographische Abbildun- gen von Schädeln 3) selbst in sehr verkleineriem Maassstabe sehr viel, wobei man nicht stets Originalphotographieen, die unter einander in Bezug auf Licht, Schatten und Schärfe so sehr ungleich und wechselnd ausfallen, beizu- fügen braucht, sondern diese Photographieen am billigsten in guten Stein- zeichnungen wiedergeben kann.

Gehirne, aus dem Schädel genommen, in Weingeist gehärtet, werden, auch bei der grössten Vorsicht, immer einiger Correctionen in der bildlichen Darstellung bedürfen, welche einer richtigen naturgetreuen Wiedergabe nichts

I) Lucae zur Morphologie der Rassenschädel. Frankf. 1861. p.8 u. d. f.

2) Vgl. den Bericht über die Göttinger Anthropologen-Versammlung, Sept. 1861. von K. E. v. Baer und R. Wagner. p. 29.

3) Vgl. die auf den vierten Theil natürlicher Grösse redueirten, nach Photographieen lithographirten Schädel als Beigabe zu diesem eben erwähnten Bericht.

8

schaden. Das Gebilde ist zu weich, zu sehr Verschiebungen, Verschrumpfun- gen, Abschabungen und Verletzungen einzelner Parthieen ausgesetzt, die man durchaus mit vorsichtiger Hand verbessern muss, wenn man nicht Zerrbilder liefern will, die, abgesehen vom Unschönen bei voller Wiedergabe, doch immer wenn auch wieder andere Unrichtigkeiten und Unwahrheiten haben. Ich glaube, man wird in der Zukunft, je nach den Zwecken und Umständen, per- spektivische und geometrische Handzeichnungen neben photographischen Dar- stellungen wählen müssen.

Was nun die hier folgenden Tafeln betrifft, so sind auf Tab. I und Il. zwei Gehirne von erwachsenen Personen in der Ansicht von oben auf einer Platte gegen einanderüber gestellt, um dieselben mit Bequemlichkeit mit ein- ander vergleichen, das übereinstimmende und abweichende leicht wahrnehmen zu können. Beide Gehirne sind gerade von oben, vom Scheitel aus darge- stellt und in natürlicher Grösse wiedergegeben. Diese Darstellungen fehlten in dieser Grösse auf den früheren Tafeln und sind doch die Hauptansichten, welche uns alle geläufig sind, da sie bei der ersten Oeffnung der Schädel- höhle und bei den gewöhnlichen Aufstellungen gehärteter Gehirne entgegen- treten.

Bei der Auswahl habe ich gerade die am meisten charakteristischen Gegensätze normaler menschlicher Gehirne von erwachsenen Personen im Auge gehabt, indem dieselben zugleich die Verschiedenheiten der beiden Ge- schlechter, den grösseren und geringeren Windungsreichthum, die verschie- dene Ausbildung der Intelligenz repräsenliren.

Tab. I. giebt das Gehirn des Göltinger Klinikers C. H. Fuchs, welcher im Öisten Jahre dahier verstorben ist, eines intelligenten Mannes, dessen Windungsreichthum des gesunden nirgends lädirten Gehirns sogleich auffällt und unten näher beschrieben werden wird. Diesem Gehirne steht das einer 29jährigen Frau von gewöhnlichem Schlage gegenüber, dessen grössere Ein- fachheit in der Entwickelung und im Verlaufe sogleich bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt wird.

Als Ziffern sind hier, wie auf den späteren Tafeln, immer wieder die- selben, nach dem früheren Schema, gewählt worden.

Ich füge dieses Schema noch einmal in einfachster Form bei.

A. Vordere

B. Hintere

C. Centralspalte (Rolando’sche Spalte).

D. Oceipitalspalte zwischen Zwickel (Cuneus) b! und Vorzwickel (Praecu-

neus) d!.

E. Parallelspalte. S. Sylvische Spalte. al Erste a? ee a5 Dritte | bl Erste b?2 Zweite b3 Dritte c! Erste e2 a Schläfelappenwindung. c3 Dritte \ d! Erste d? Zweite d3 Dritte

welche alle zusammen auf keiner Darstellung und zum Theil nur in kleinen

Centralwindung.

Stirnlappenwindung.

Scheitellappenwindung.

Hinterhauptslappenwindung.

Parthieen hervortreten.

Diese beiden Darstellungen normaler Gehirne waren nothwendig, um eine Basis zu gewinnen für die Gehirndarstellungen der Mikrocephalen, der Affen und der ersten Entwickelungsverhältnisse der Windungen beim normalen Menschen. Alle die hiezu nöthig erschienenen Figuren sind hier wieder auf Tab. III und IV einander gegenüber gestellt, um sie bestens mit einander vergleichen zu können. Diese beiden Tafeln sind noch sorgfältiger in Stein ausgeführt worden und man wird dem Künstler, Herrn Lithograph Honig dahier, dem Zeichner von Stiiling’s Tafeln zu dessen grossem Werke über das Rückenmark, welcher dieselben mit Vergleichung der Natur ausgeführt hat, alles Lob ertiheilen können.

Fig. I giebt das Gehirn eines 26jährigen Mikrocephalen, wie ich dasselbe von Theile, zugleich mit dem Schädel erhielt, schon herausgenommen. Man

2

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sieht sogleich, dass es etwas geschwunden, kleiner geworden ist, als es im frischen Zustande war, sonst aber so ziemlich die ursprünglichen Formenver- hältnisse erhalten hat, auch dass das (bei normalen Gehirnen nicht vorsprin- gende) kleine Gehirn nach hinten nur etwas weniger überdeckt wird von den hier so wenig entwickelten hinteren Lappen des grossen Gehirns, als in dem Gypsabgusse des entsprechenden Schädelchens, den ich hier habe fertigen und Fig. II. abbilden lassen. Solche Ausgüsse der Schädelhöble geben allein überall die richtige Form und Grösse des entsprechenden Gehirns, reichen aber leider nicht hin, sich eine klare Vorstellung von Form und Verlauf der Windungs- züge zu machen, denn sie geben natürlich nur die Modellirung dieser Ver- hältnisse, wie sie unter der harten Hirnhaut erscheint, wo nur die Wölbungen, nicht die Brücken der einzelnen Windungen wahrgenommen werden können.

Fig. III. giebt dasselbe Gehirn in der Seitenansicht, vollkommen klar für die Windungszüge, aber etwas abgeplattet, wie immer Gehirne im Weingeist, weshalb auf Tab. IV. Fig.Il. ein ergänzender Umriss des Gypsausgusses Fig.Il. Tab. I. in der Seitenansicht gegeben ist.

Fig. IV. dieser Tafel ist, ebenfalls in natürlicher Grösse, zunächst zur Vergleichung von Fig. Il. das frisch aus der Schädelhöhle herausgenommene, wohlpräparirte und gehärtete Gehirn eines alten Männchens von einem typischen Allen, des Cercopithecus Sabaeus, gewählt und gehört zu Fig.Il. der folgenden Tafel. Diese Darstellung dient vorzüglich zur charakteristischen Wiedergabe des deckelartigen Hinterhauptslappens, welcher absichtlich oben in der Ocei- pitalspalte D eiwas nach hinten abgezogen worden ist, um das Klaffende dieser bei allen Affen so charakteristischen Spalte zu zeigen.

Leider habe ich mir ein frisches nach meiner Weise präparirtes Original eines Chimpanse-Gehirns (Simia troglodytes) nicht verschaffen können. Ich habe aus diesem Grunde aus den vorhandenen Abbildungen ausgewählt. Die Darstellungen von Tiedemann!), von Schröder van der Kolk und Vrolik?) sind nicht ganz naturgetreu und namentlich incorreet in der Lage-

l) Das Hirn des Negers. Tab. VI. Fig. 2.

2) Copirt: Icones Zootomicae Tab. VII. Fig. I. II. Over de Hersenen van den Chimpanse. Verhandelingen d. eerste Klasse Kon. Ned. Inst. 3e Reeks Eerste Deel. Amsterdam 1849

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rung. Hier überragt überall das kleine Gehirn in der Ansicht von oben das grosse und giebt dem Gehirne eine so starke Aehnlichkeit in oberflächlicher Vergleichung mit dem Mikrocephalen-Gehirne, was in dieser Beziehung gar nicht der Fall ist. Sehr gut, weil mit besondrer Vorsicht behandelt und ın Originalphotographie eingeklebt, ist das Chimpanse-Gehirn, das neuerlich John Marshall dargestellt hat!). Aber es ist doch von einem jungen Thiere und zeigt überall, wenigstens im hinteren Theil, wo es grade auf den so wichtigen Hinterlappen ankommt, das Mangelhafte eben der Photographieen, indem es von dem Charakteristischen, um dessen Darstellung es uns gerade zu thun ist, zu viel oder zu wenig zeigt, z.B. die grosse Hinterspalte zu schwach, kleine künstliche Sprünge mit den Furchen zu stark. Ich habe mich daher doch bewogen gefunden, die, wenn auch elwas reslaurirte Figur von Gratiolet?) zu nehmen und dieselbe mit den Ziffern zu versehen, die ich als die mir eigenthümliche Bezeichnung wähle. Dieser Figur wird auch von Marshall selbst alles Lob ertheilt und sie hat den Vorzug der vollen Grösse und Entwickelung eines ausgewachsenen Thieres und dadurch der besseren Vergleichbarkeit mit erwachsenen normalen Menschen und Mikro- cephalen. Das allen höheren Alfen eigenthümliche, von der menschlichen Bildung abweichende und durch die mächtige, ganz durchgreifende grosse Oceipitalspalie D und den weniger getheilten doch grösseren Oceipitallappen ausgesprochene Unterschiedsverhältniss, tritt dem Beschauer sogleich entgegen.

Fig. I. ist das Gehirn eines allen Thieres von Cercopithecus Sabaeus zur Seitenansicht der vorigen Tafel (Fig. IV.) von oben gegeben, in einer höchst naturgetreuen Abbildung. Bei Gratiolet finden sich auch ähnliche Abbildungen, doch ist die Behandlung der Steinzeichnung minder klar und gut 5). Längst besitzen wir schöne Abbildungen davon bei Tiedemann, aber doch für die Verhältnisse, um die es sich bier handelt, nicht ganz brauchbar *). Das Gehirn ist ganz richtig, wie es zu Tage tritt, in seinen

l) Natural history Review 1861. Nr. II. Vol.1. Pl. VI.

2) Me&moire sur les plis cerebraux 1854. Pl. VI. Fig. 1.

3) l. c. PI.IX.

4) lcones cerebri simiarum, Heidelb. 1821. Tab.I. Fig. 3.

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Spalten geschlossen dargestellt, während ich mich bemühte, durch Wegziehen des Klappdeckels, den der Hinterhauptslappen mit seinem vordren Rande bildet, diesen von der grossen Oceipitalspalte zurückzubringen, damit die in der Tiefe liegenden Windungen, welche sich hier von den Parietallappen zu den Oceipital- lappen fortsetzen, gesehen werden können, welche in *** als drei, ähnlich wie die gyri breves oder die Randwülste des Stammlappens, unter -einem deckelartigen Vorsprunge liegende Windungen erscheinen. Auch die einzelnen Abtheilungen des Öceipitallappens d! d?d3 lassen sich nicht in gleich sicherer Weise mit den Windungen des Menschen parallelisiren und combiniren sich, wie aus der seitlichen Ansicht hervorgeht, anders mit den Schläfelappen.

Die Figuren III, IV und V sind zur Darstellung der Entwickelungsver- hältnisse des menschlichen Gehirns bestimmt. In keinem deutschen Werke über Entwickelungsgeschichte des Gehirns, von Tiedemann an, finde ich eine richlige und genügende Darstellung dieser Verhältnisse, weshalb ich, und mit Hinweisung auf Fig. IH. Tab. I. in der früheren Abhandlung, dieses wohlgehärtete Gehirn aus dem Ende des öten oder Anfang des 6ten Monates ausgewählt habe. Es hat sich im Weingeist natürlich etwas zusammengezogen, ist auch weniger gewölbt als im [rischen Zustande. Es lassen sich aber an demselben sehr schön die erste Entstehung der Windungen, Spalten, die allgemeinen Verhältnisse der Lappenbildung und namentlich die ungleiche, asymmetrische Entwickelung der Verhältnisse schon auf beiden Seiten der Hemisphären nachweisen, wie diess Gratiolet bereits erwähnt hat. Im Folgenden werden dıese Verhältnisse genauer berührt werden.

Die fünfte Tafel supplirt die bisherige und die folgende Beschreibung. Unter den von mir untersuchten Mikrocephalen (1 Gehirn und vier Schädel- ausgüsse) befand sıch kein weiblicher. Ich benutzte nun das Gehirnprofil des vierjährigen mikrocephalischen Mädchens, das Gratiolet ausgeführt im Atlas zu Leuret PI.XXIV. Fig.4. darstellte, um es mit dem Hirnausguss des 26jäh- rigen Theile’schen Mikrocephalus vergleichend vorlegen zu können. Ein- fache Umrissfiguren waren zu diesem Entzwecke hinreichend.

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Die Windungen der gewölbten Oberflächen der Hemisphären bei verschiedenen Menschen nach Form und Verlauf.

In der ersten Abhandlung habe ich bereits Form, Verlauf und Zahl der Windungen und Furchen der gewölbten Hemisphären unter allgemeineren Gesichtspunkten und für verschiedene Fragen behandell. Auch sind wir zu gewissen Resultaten gelangt, namentlich indem ich hiernach zwei Hauptklassen von Gehirnen: einfachere und zusammengesetztere Gehirne, schon in Folge oberflächlicher vergleichender Betrachtungen, feststellen zu können glaubte. Ferner schien es, dass im Allgemeinen weibliche Gehirne zu den einfacheren, männliche zu den zusammengesetzteren gehören.

Als Beispiel gehe ich hier in eine etwas ausführlichere Beschreibung der beiden abgebildeten, typischen Gehirne ein und will namentlich die Stirn- und Centralwindungen, als die am meisten charakteristischen, etwas genauer be- schreiben und vergleichen, wobei man zugleich andere gute Hirnabbildungen, wie die bei Leuret und Gratiolet, bei Huschke, bei Tiedemann (Hirn des Negers) und die Tafeln der ersten Abhandlung der Vorstudien in die Hand nehmen kann.

Eigentlich müsste man hiezu ein und dasselbe Gehirn gehärtet zur Hand haben und doch frisch untersuchen können, was natürlich nicht angeht. Denn um die Windungen in ihrem Zusammenhange genauer zu verfolgen, muss man sie auseinander falten, mit dem Finger eingehen, sie in ihrem Zusammen- hange sich zur Anschauung bringen. Bei gehärteten Gehirnen kann man öfters zweifelhaft bleiben, ob diese oder jene Windung mit einer benachbarten durch eine Wurzel zusammenhängt, welche erst in der Tiefe sichtbar wird, während

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andre Wurzeln oder Brücken, wie sie oft an dieser oder jener Stelle auf der Oberfläche liegen, da gerade fehlen }).

Die beiden Centralwindungen AA und BB erblickt man auf dem ein- facheren weiblichen Gehirne Tab. II. sogleich viel markirter, jederseits als ein Paar ziemlich gleich dieke nicht so sehr gewundene Wülste von hinten und innen, nach vorne und aussen verlaufend, um sich hier zur Formation des Klappdeckels über der Insel zu begeben. Links scheint die vordere Central- windung gleich Anfangs getheilt, was rechts nicht der Fall ist; es ist diess aber nur eine Einknickung; beide geben nach vorne jede zwei verschieden dicke Wurzeln zu der ersten Frontalwindung; zwei ähnliche Wurzeln oder Brücken sieht man nach aussen am Ende der vorderen Centralwindung für die 2te und 3te Stirnlappenwindung, während diese rechts mehr in der Tiefe liegen. Die eben so eiwas asymmetrische Anordnung für die Wurzeln oder Brücken der 1sten, 2ten und 3ten Parietalwindung aus dem hinteren Rande der hinteren Centralwindung (B) nimmt man ohne nähere Beschreibung wahr.

Zusammengesetzier, ungleicher in ihrer Entwickelung, daher auf dem ersten Blick asymmetrischer, erscheinen die beiden Centralwindungen auf den reicher entwickelten männlichen Gehirne Tab. I. Man kann sie deshalb nicht sogleich, wie früher bereits erwähnt wurde, sofort aul den ersten Blick, be- sonders wenn man nicht geübt ist, unterscheiden und verfolgen. Gegen das vorige Gehirn sind beide Windungen sehr ungleich, indem die vordere (A) stärker auf beiden Seiten ist als die hintere (B), und selbst, besonders links, insulare Anschwellungen zeigt; dazwischen haben beide viel tiefere Ein- knickungen und Faltungen, so dass sie wie unterbrochen erscheinen; beide sind durch Brücken mit einander verbunden, von denen besonders links eine

l) Ich habe zu dem Entzwecke die Form und Verbindung der Hauptwindungen, namentlich Central- und Stirrlappenwindungen erst kürzlich noch einmal genauer bei der Section meines Collegen von Siebold untersucht, von dessen Gehirn die Aufbewahrung nicht gestallet war. Derselbe hatte auch ein windungsreiches Gehirn und ich habe mich bei dieser Gelegenheit gerade an einer unter unbe- quemen Verhältnissen angestelllen Section überzeugl, dass man bei genauer Kenntniss des Baues sich recht gut überall in den Windungen an frischen Ge- hirnen orientiren kann.

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sehr ansehnlich, mit breiter Wurzel aus der vorderen Centralwindung ent- springt.

Eine ausserordentlich viel grössere Fülle, Gedrängtheit, Zerklüftung und dagegen geringere Dicke der einzelnen Windungen der Stirnlappen ist unver- kennbar in dem männlichen Gehirne gegen das weibliche wahrzunehmen und greift durch alle drei Windungszüge hindurch. Da die erste, zweite und dritte Stirnlappenwindung (a! a? ad) durch quere und schiefe Brücken mit einander verbunden sind und eigentlich, wie das ganze Windungssystem der Grosshirnlappen, ein Netzwerk mit. ungleichen Maschen und wellenförmigen Einfassungsfalten darstellen, so ist es oft schwierig, ja nicht möglich, von jeder einzelnen Windungsparthie anzugeben, ob sie dem einen oder andren Windungszuge zuzuzählen sey. Je einfacher die Gehirne, um so gerader und gestreckter der Verlauf von hinten nach vorne zur Stirnlappenspitze, um so gesireckter und paralleler die Wurzeln, daher die Windungszüge hier leichter reducirbar auf die Grundformen, wie sie beim Fötus angelegt werden. Dagegen wird es bei reicheren Gehirnen, also z.B. Tab.I., schwerer, sie abzutheilen und sich gesondert zu denken; sie pressen sich selbst in quere Schlängelungen zusammen, wie man namentlich auf der linken Hemisphäre hier deutlich sieht, so dass man in diesem Falle gar keinen Eindruck von Längszügen hat. Daher auch hier die seitliche Asymmetrie grösser, wenn man z.B. auch das ein- fachere Gehirn von Hausmann (Tab.I. Fig. 1. 2. der ersten Abhandlung) mit dem hier vorliegenden von Fuchs vergleicht, wo beide Hemisphären viel symmetrischer auftreten. Weitre Vergleiche zwischen beiden Tafeln I und I. zeigen z.B., dass da wo Theilungen oder Spaltungen gleich im Anfang z.B. beim weiblichen Gehirne an der Wurzel der ersten Stirnwindung links (a! al) sind, an dieser Stelle beim männlichen eine Inselbildung mit blossem seichten Eindruck (terliärer Furche) vorkommt. Weiter links und vorne, schon in a? liegt bei jedem der beiden Gehirne eine Insel, welche aber beim weiblichen fast glatt und kleiner, nur mit einer seichten Delle erscheint, während sie bei Fuchs sich zu einer schiefen, isolirten (tertiären) Furche ausgebildet hat. Diese erste Windung ist sehr stark bei Dirichlet entwickelt (erste Abhand- lung Tab. II. Fig. 1.), nachdem sie aus einer einfachen Wurzel entsprungen sich auf beiden Seiten in zwei parallele geschlängelte Wülste getheilt hat,

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welche besonders die hier so ansehnliche Entwickelung der Stirnlappen be- dingen. Auch bei Gauss sind sie getheilt, wieder zusammenfliessend und die Huschke’schen Inseln bildend. Bei dem Handwerksmann Krebs (erste Abh. Tab. II. Fig. IV.) sind sie viel einfacher; ganz einfache, aber um so breitere dicke Wülste bilden sie bei Hausmann (ib. Tab.1. Fig. 1.) ).

Die dritte, äusserste oder untere Stirnlappenwindung (a3), welche man in beiden Gehirnen nur in einzelnen Windungserhebungen an den Rändern der Stirnlappen hervortreten sieht, erscheinen in voller Entwickelung in der seit- lichen Ansicht des Gehirns, also z.B. bei Gauss (Tab. IV und VI. der ersten Abhandlung). Diese dritte Windung muss man eigentlich sehr allgemein als doppelt betrachten, obwohl mit einfacher Wurzel aus der vorderen Central- windung, welche sich oft noch (wie bei Gauss) als eine Art paralleler Längswulst mit dem äusseren Ende der vorderen Centralwindung (A) am Klappdeckel, zwischen diesen und den vorderen Theil der Sylvischen Spalte (S!), ja in diese hineinlegt. Sie entwickelt sieh häufig so stark nach vorne, dass sie hier zwei parallele Schlängelungen bildet und man diejenigen nicht tadeln kann, welche hier (wie Huschke) noch eine vierte Frontalwindung (also ein a*) annehmen. Da beide Wülste gewöhnlich aber nur eine einfache oder höchstens zweischenkelige Wurzel an der vorderen Centralwindung haben, so ziehe ich doch vor, sie auch nur, wie die andren, oft gelheilten Stirnlappen zu einer Hauptwindung zu rechnen ?).

Ich habe diese Stlirnlappenwindungen ausführlicher betrachtet, weil sie

I) Hieroach modificirt sich also die Angabe von Gratiolet (bei Leuret Tome Il. p 113.), dass die erste oder oberste Frontalwindung beim Menschen constant zwei Falten haben, während dieser Typus auch wohl der häufigere ist.

Noch kürzlich habe ich diese Verhältnisse an dem frischen Gehirne Eduard von Siebold’s während der Section untersucht. Hier war a! auf beiden Sei- ten doppelwurzelig mit doppeltem Verlauf (rechts einfacher); a? auf beiden Seiten in der Tiefe mit kurzer doppelschenkeliger, dann confluirender Wurzel. Ein a3 und a*, also eine doppelte dritte in eine 3te und 4ie Windung zerfallende dritte Stirnlappenwindung, welche jedoch an der Basis, wie an einem Stiele zusam- men hiengen. Von dieser a* muss man die Orbitalwindungen Gratiolet’s unterscheiden, welche am vorderen, unteren und äusseren Rand der Stirn-

nn _

lappen liegen.

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die markantesten sind, weil man sie bereits am besten kennt, auf sie besondre physiologische Muthmassungen gegründet hat und sich an ihnen am leichtesten Messungen anstellen lassen. Die Centralspalte grenzt sie nehmlich in ganzer Ausdehnung von den Parietallappen, die Sylvische Spalte von den Schläfe- lappen ab.

Parietal-, Oceipital- und Temporallappen fliessen in ihren Windungen in einander über und haben nur allgemeine Grenzen. Oben und innen, gegen die Innenfläche der Hemisphären sind Oceipital- und Parietallappen allerdings durch die Oceipitalfurche DD getrennt, indem durch dieselbe der Zwickel (d!, erste Oceipitalwindung) von dem Vorzwickel (b!, erste Parietalwindung) deut- lich und entschieden getrennt wird. Diese Trennung lässt sich manchmal noch weiter nach aussen verfolgen, wie ich sie denn gerade im Gehirne bei Fuchs (Tab. 1.) sehr wmarkirt und weit nach aussen in die Hemisphäre verfolgbar finde. Wie wir später bei den Quadrumanen finden werden und ein Blick auf Tab. II und IV (überall DDD bezeichnet) zeigt, ist sie gerade bei den ächten typischen so wie den anthropoiden Affen sehr stark entwickelt, klaffend von innen nach aussen und in sich die hinteren Parietallappenwindungen (plis de passage Gratiolet) bergend.

Wie schon früher bemerkt, so kann man immer annehmen: wo die Stirn- lappen stärker gefurcht und gewunden, sind es auch die andren, namentlich Parietal- und Oceipitallappen, wie sich auch aus einer vergleichenden Betrach- tung von Tab. I und II ergiebt und daher lässt sich auch weiter sagen, wie früher geschehen ist: windungsreichere Gehirne lassen sich in allen Abschnitten der Windungen als reicher nachweisen; einfachere Gehirne bewahren eben so ihren Charakter auf der ganzen convexen Oberfläche.

Ich will hier nicht in eine ermüdende Beschreibung der übrigen Win- dungszüge eingehen, sondern das, was elwa noch ergänzend früheren Dar- stellungen beizufügen seyn möchte, auf die späteren Abschnitte verschieben, wo ich das Gehirn der Mikrocephalen und Quadrumanen mit dem normalen menschlichen Gehirne zu vergleichen haben werde und wobei ich die beiden hier abgebildeten menschlichen Gehirne als typische in Parallele stellen kann.

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Messungen der Hirnoberflächen mit besonderer Beziehung auf Windungs- und Furchenbildung und deren Beziehung zur Intelligenz.

Wie auch schliesslich die Ansicht über die physiologische Bedeutung der Hirnoberflächen und deren Verschiedenheiten, mit denen die ganze Frage nach der Grösse, der Zahl, der Ausdehnung der Windungen, Furchen und Spalten, nach der Vergrösserung der Oberfläche zum Contacte mit den Blut- gefässen zusammenhängt, ausfallen möge; immer wird eine einigermassen auf Exactheit Anspruch machende Untersuchung, welche über die einfache ana- tomische vergleichende Betrachtung hinauszugehen bestrebt, sich auf verglei- chende Messungen gründen müssen.

Nachdem ich früher auf die absoluten und relativen Gewichtsverhältnisse des Grosshirns eingegangen bin, muss ich jetzt auf die Messungen kommen, ohne mich auf eine detaillirte Darlegung und Kritik fremder und eigener Ver- suche einzulassen.

Bei allen diesen Versuchen habe ich meinen jüngeren Sohn, Hermann, zu Hülfe genommen, welcher als Studirender der Mathematik und Physik mit Rechnen vertraut, eben so wie früher die Wägungsreductionen auf metrisches Gewicht, so hier die specielle Durchführung der Messungen und die Berech- nungen übernommen hat.

Als das passendste Verfahren, die feuchten Oberflächen gehärteter Ge- hirne und deren einzelne Abschnitte direkt zu messen, erschien uns, das Belegen derselben mit möglichst genau aneinander gepassten einzelnen Stücken von Pflanzenpapier, welches in kleine Quadrate getheilt war. Die einzelnen Quadrate hatten eine Grösse von 16 [) Mm. und es wurden zunächst zwölf Gehirne von gleichmässiger Härtung, die also etwa einen gleichmässigen Grössen- und Gewichtsverlust erlitten hatten, ausgewählt um eine passende Basis zu

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gewinnen. Für diese und alle folgenden Untersuchungen wurden wieder die- jenigen Gehirne an die Spitze gestellt, welche in diesen beiden Abhandlungen der „Vorstudien« zu detaillirten bildlichen Darstellungen vorzugsweise ver- wendet waren. Es ist das Gehirn von Gauss und dem Handwerksmann Krebs, von Fuchs und der 29jährigen Frau und dem Theile’schen 26jäh- rigen Mikrocephalus. Alle diese Gehirne sind in der grossen Tabelle der früheren Abhandlungen aufgeführt, und ich stelle dieselben hier nach der Höhe des Gewichts in abnehmender Reihe zusammen:

Nro der Convexe Ober-

Nro: Tabelle: Gewicht fläche in 16 nm

Nro: in Gr. grossen (Juadraten. t: 88% (Birichler).'. dc149R20. 1%. 2558. res)... 1499 ....... 2489. u EL Er) Me ae. 2413: Rt Hermann):. >. 1958 „or. 2406, Bu an Mana: . 2. 2: 28% 1340 .... 2451. 6».:2890: Mann 22.100000 0% 1330722: 2309. 7200981 Mann... Sonim IT a: 2417: DRS Weib ur, ans uuen 1254... . 2498. Brn648 (Hausmann) 4% ::4220.& + 2065. IE W ei er: BABES Sn. 12272. 11 Zu Wah . Kira is 1183‘... 2300: #2; Mikrocephalus ..... 300 ..... 896.

Man sieht aus dieser Zusammenstellung, dass starke Differenzen, wie im Voraus zu erwarten war, nur zwischen dem Mikrocephalus und allen übrigen Gehirnen heraustreten.

Das 64jährige Weib (Nro 8) hatte eine grosse Hirnoberfläche !), wäh- rend sie in der Gewichtsscala sehr tief steht. Sonst zeichnen sich im Allge- meinen die hoch im Gewicht stehenden Gehirne auch durch grössere Ober- flächen der convexen Seite der Hemisphären aus.

Bei dem Werthe, den man von einigen Seiten der Entwickelung der

l) Woran vielleicht die grössere Weichheit und geringere Härtung und Zusammen- ziehung dieses Gehirns im Weingeist schuld war.

3*

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Stirnlappen beilegt, sind diese besonders gemessen und den Parietal- und

Occipitallappen entgegengestellt worden !). Daraus ergeben sich folgende Relationen:

Stirnlappen. Nro. kr AELOR, 2%. = 100: 100. ld er 00: dr 106: 100, nel: = 6.0. Are el: 8. 1,100, 7100, 4 In BZ 10. = 94: 100. nt 93:10,

Nimmt man aber die ganze convexe Hirnoberfläche, den Schläfelappen mitgerechnet, so stellen sich die relativen Grössen der Oberfläche der Stirn-

lappen zu denen der gesammten convexen Oberfläche = 100. Stirnlappen. Nro 1. = 43:0 2. = 42:5 nr GE 44 = 43:5, DS 40 6 = 38:5 7. = 40:5, 8 = 41i:, se 38 ei IOMEZEINATE » ALTEN ZUR »

1) Vgl. die angehängte Tabelle

.

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Die vier Gelehrten-Gehirne Dirichlet, Fuchs, Gauss, Hermann erscheinen bevorzugt, jedoch reichen die Frauen-Gehirne Nro 8 und 11 an dieselben heran. Der Mikrocephalus bleibt ausserordentlich dagegen zurück.

Indess sind die Differenzen gering, die Zahl der Fälle ist weitaus nicht zureichend, und rechnet man noch dazu die Fehlerquellen der Methode, die Schwierigkeit der Abgrenzung der convexen Fläche von der Basis, welche immer nur sehr unvollkommen ist, so ist auf diese Resultate nicht viel zu geben.

Die angehängte Tabelle mag für diejenigen dienen, welche sich von den gefundenen Zahlen und deren Berechnung genauer überzeugen wollen.

Ich kann in dieser Hinsicht durchaus die Hoffnungen und Ansichten nicht theilen, welche mein sehr verehrier Freund, Herr Professor Schröder van der Kolk in Utrecht auf Messungen gründet, welche er selbst an den Tafeln der früheren Abhandlung angestellt hat und worüber er so freundlich war, mir unter dem 5. Februar 1861 ausführlich zu schreiben. Indem der- selbe bedauert, dass ich nur negative Resultate bei meinen Untersuchungen gewonnen, meint er, es ergäbe sich aus meinen eigenen Tafeln und aus Mes- sungen die er daran mit kleinen Quadraten angestellt hat, dass der Lobus frontalis als Sitz der höheren Intelligenz zu betrachten sey und er sieht das übrige grosse Gehirn sammt dem lobus inferior als den Sitz des Gemüths an. Indem er z.B. Fig. 1 (Gauss) und 2 (gewöhnliches Gehirn) auf Tab. VI der ersten Abhandlung zusammen vergleicht, bekommt er für den lobus frontalis, wozu er auch die erste Centralwindung BB rechnet,

big ausser De 388 DD beiie 2a un 260 an der pars posterior bei Gauss . . 432 Bean Dee Ar 505° bei Gauss verhalten sich also beide Theile wie 90 : 100 Ber Ban Zwie 2. neaar een 53 : 100.

Aehnliche Resultate zieht er aus der direkten Messung der andren Ge- hirne, bei deren Verkleinerung er freilich minder höhere Zahlen zu erhalten meint.

Ich bedaure weder die psychologische Ansicht meines werthen Freundes

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in Betreff der Vertheilung von Intelligenz und Gemüth auf den vorderen und hinteren Theil des Gehirns theilen, noch die Messungs-Resultate anerkennen zu können.

Perspectivische Abbildungen von Gehirnen können nicht zu solchen Mes- sungen benutzt werden, nicht einmal geometrische. Zahlreiche Messungen meines Sohnes zeigen, wie a priori zu erwarten war, die grosse Unsicherheit der Messungen gekrümmter Flächen, wodurch auch alle Vergleichungen ihre Basis verlieren.

Viel mehr versprechend ist eine Messungsmethode, auf welche mein Sohn verfallen ist und die er dann auf meine Veranlassung vorläufig versuchsweise nur auf eine kleine Anzahl von Gehirnen und nur auf Parthieen derselben ausdehnte.

Die Leser der ersten Abhandlung so wie des vorigen Abschnittes wissen, dass sich als ein Ergebniss der vergleichenden Betrachtung verschiedener Ge- hirne herausgestellt bat: dass wenn ein Gehirn in den Stirnlappen windungs- resp. furchenreicher ist, diese grössere Zerklüftung der Oberfläche sich auch mehr oder weniger auf die übrige Oberfläche ausdehnt. Man kann daher, ohne irre zu gehen, sagen: hat sich ein Gehirn durch eine wirkliche Messung der Furchen an den Stirnlappen als furchenreicher herausgestellt, so genügt diese Messung der Stirnlappen, um ein Gehirn auf der Basis dieser Messung über- haupt als furchen- resp. windungsreicher zu bezeichnen.

Die zweite angehängte Tabelle giebt hiezu eine Uebersicht, zu deren Erläuterung das Folgende dienen mag.

Es sind zu den entsprechenden numerischen Daten nur fünf Gehirne aus- gewählt, welche vorzugsweise als Basis unsrer Vergleichungen bisher gewählt waren, die gewisse physiologische Gegensätze in ihrer Auswahl bezeichnen, alle bildlich dargestellt sind und daher am ersten controllirt werden können: Gauss und der Handarbeiter Krebs, Fuchs und die Frau von 29 Jahren im Blüthenalter und der 26jährige Mikrocephalus.

Als Furchen sind möglichst genau alle diejenigen gemessen, welche den convexen Flächen der Stirnlappen angehören, also zwischen den Stirnlappen- windungen ala? a3 und als seichte Einkerbungen auf ihnen selbst vorkommen, welche also vor der Rolando’schen Furche liegen und diese mitgerechnet,

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da sie eine genaue Grenze bezeichnet, mag man dieselbe auch sonst zum Stirnlappen rechnen oder nicht; diese Furche ist aber auch besonders aufgeführt. Die Zahlen in Millimetern verhalten sich so:

rechts links bei

Länge der Centralspalte (Rolando’schen Spalte) 100”= 108”= Gauss

—_ _ 114 109 Fuchs

_ _ u 105 110 29jähr. Frau

_— .— E= —_ 90 112 Krebs

_— —- _ _ 32 36 Mikrocephalus

Alle übrigen Furchen in ihren Längen linear aneinander gereiht würden auf den Stirnlappen geben: eine Gesammtimenge von 2145”” bei Gauss

_- 2061 Fuchs

an z— 1726 -— 29jähr. Frau _ —_ 1566 Krebs

322 Mikrocephalus

Es würden sich weiter auf 100 Quadrate (jedes zu 16 D””) der Ober- fläche an Furchen finden:

Era, A 13 Aania ERAEUEHS ER An 8 197 29jähr. Frau... . 184 + BRrebis an, 183

dem Mikrocephalus 114 Diese relative Furchenlänge zur Oberfläche würde aber, bei Gauss 100 gesetzt, sich also verhalten: Gauss.... 100 Pirebsr. 2.5:92 29jähr. Frau . 86 Krabs.72r1.N85 Mikrocephalus 53. Andre Verhältnisse und mehr Detail mag man in der angehängten Ta- belle II. nachsehen, wobei ich bemerke, dass mein Sohn primäre Furchen die Hauptfurchen nennt, welche die einzelnen Windungszüge al a? ad von

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einander Irennen, secundäre Furchen diejenigen, welche als Einknickungen zwischen die einzelnen Schlingen und Biegungen der Windungen herein gehen, tertiäre Furchen, welche als oberflächliche Eindrücke auf den Windungen selbst Furchen bilden.

Diese Ergebnisse haben gegen die früherer in so ferne etwas Befriedi- gendes, als sie allein vielleicht ein anatomisches Verhältniss andeuten, das durch Zahlen ausdrückbar erscheint und das sich auf eine psychologisch-physiologische Leistung des Gehirns könnte beziehen lassen.

Nachdem aus meinen Untersuchungen viele bisher mehr oder weniger wahrscheinliche Ergebnisse, welche man aus Gewichts- und Messungsunter- suchungen zog, sich als senr unsicher, zweifelhaft, noch nicht reif zur Ent- scheidung ergaben, während andres geradezu als irrig sich in der Wissenschaft fortschleppend zu erkennen gab, stossen wir hier auf eine Bestätigung des früher noch für unsicher erkannten Lehrsalzes: dass grössere Furchenbildung, Zerklüftung oder reichere Windungsbildung der Hirnoberflächen bei grösserer Intelligenz gefunden wird. Die Thatsachen, welche bier, freilich nur nach der Zusammenstellung von sehr wenig Fällen, hervortreten, würden sich wenig- stens sehr gut mit den Ansichten vertragen, die man aus einer einfachen Ver- gleichung der entsprechenden Individuen nach ihrer Intelligenz sich etwa bilden möchte. Dabei will ich weder das Vage in dieser ganzen eben gewählten Ausdrucksweise, noch das Unsichere, das in der so geringen Zahl der Fälle liegt, verbergen. Aber in diesem Gebiele muss man selbst mit kleinen Aus- sichten zufrieden seyn, die in ferner Zeit nach mühsamen und zahlreichen Untersuchungen sich erwarten lassen und welche die Erfolge besserer Methoden seyn werden. Zu einer solchen Methode rechne ich die zuletzi erwähnte und empfehle dieselbe künftigen glücklicheren und mit mehr Material versehenen Forschern. Ihre Ausführung ist leicht. Wir haben uns Streifen von Pflanzen- papier, nach Art eines Bandmaasses, in Millimeter getheilt, bedient, welche an die Furche gelegt oder einige Millimeter in dieselbe hineingesenkt wurden.

Ein sehr wichtiges Element, die Tiefe der Furchen ist hiebei allerdings nicht erledigt. Ohne Zerstörung der gehärtelen Gehirne würde diess nicht auszumitteln seyn. Bei frischen Gehirnen geht es leichter.

Nach dem, was ich bis jetzt gesehen habe, glaube ich annehmen zu

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dürfen, dass im Allgemeinen je stärker die Zerklüftung, je zahlreicher die Furchen und Windungen (beim Menschen), um so tiefer sind sie auch. Diess gilt nicht für die verschiedenen Säugethierordnungen. Beim Mikrocephalus sind die Furchen zwischen den Windungen viel weniger tief. Auffallend lief erschienen sie ohne genaue Messungen angestellt zu haben am Gehirne des Mathemalikers Dirichlet. Bei beginnender Atrophie der Windungen werden die Furchen natürlich am Eingange weiter. Neben den liefen primären und secundären Furchen kommen sehr seichte, mehr nur als oberflächliche, oft auch verzweigte Eindrücke erscheinende tertiäre Furchen auf den Win- dungen, insbesondre an jenen confluirenden Stellen derselben vor, welche man, wie namentlich deutlich, in al al (der ersten Stirnlappenwindung) Inseln zu nennen pflegt.

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Das Hirn der Quadrumanen.

Es ist nicht meine Absicht, in eine detaillirte Schilderung des Hirnbaus der Quadrumanen einzugehen, wozu wir so viel schönes Material, wenn auch vielfach zerstreut, besitzen. Ich wollte hier nur so weit mich vorläufig auch in die neuerlich wieder ventilirten Streitfragen einlassen, als sich dieselben auf Öberflächen- und allgemeine Massenverhältnisse beziehen und diese wieder in Betracht kommen, wenn es sich darum handelt, zu entscheiden, ob die Mikro- cephalenbildung eine Rückbildung des Gehirns, eine Annäherung an den Affen- typus darbiete. Hiezu ist es nöthig, Vergleichungen zwischen dem Gehirn normaler Menschen und der Mikrocephalen und andrerseits mit dem Gehirne der Affen anzustellen.

Die älteren sorgfältigen Beobachter und Zergliederer haben schon auf die anatomischen Ergebnisse der Hirnuntersuchung beim Orang-Utang und Chimpanse einen besondren Werth gelegt. Sie kamen, wie Tyson, der uns ein für seine Zeit (1699) bewundernswerthes Werk über die Anatomie des Chimpans& geliefert hat, und Buffon, der das Gehirn vom Orang-Ulang kannte, auf die Ansicht, wie man bei Tiedemann näher nachlesen kann !), dass das Gehirn dieser höchsten Affen absolut mit dem des Menschen über- einstimme, und schlossen gerade daraus, bei den grossen Verschiedenheiten in den Seeleneigenschaften zwischen Menschen und höchsten Affen, dass ein besonderes von der Materie unabhängiges Seelenprincip vorhanden seyn müsse, welches diese Unterschiede bedinge.

Diese Fragen, von welchen wir natürlich die letzte ganz bei Seite lassen, konnten, so weit es sich um den Unterschied anatomischer Kennzeichen zwi- schen Menschen- und Affengehirn handelt, bei dem damaligen Stande der ver- gleichenden Anatomie noch nicht beantwortet werden. Sie ruhten bisher viel-

l) Das Hirn des Negers S. 62.

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fach oder wurden nur nebenbei oder auf den Grund älterer Untersuchungen erörlert, bis in aller neuester Zeit die berühmte Darwin’sche Schrift auch hier eine Anregung hervorrief, wie ich in der Einleitung bereits erwähnte.

Gehen wir zunächst von unsrer Betrachtungsweise aus, wie ich dieselbe für diese Abhandlung aufnahm, so ist es vielleicht am besten, die äusseren Configurations- und Massenverhältnisse, den Verlauf der Windungen und Fur- chen vom Gehirn eines typischen Affen als Ausgangspunkt zu wählen. Eine der fruchtbarsten Betrachlungsweisen der systematischen Zoologie, wenn sie sich der Lösung der Fragen über die Verwandtschaft der Arten, Gattungen und andren systematischen Typen unter einander und ihre muthmassliche Ent- stehung nähern will, ist unstreilig die: dass sie von einer Form aus, welche die Merkmale der entsprechenden Gruppe am vollständigsten an sich trägt, deren äussere und innere Verhältnisse auf das sorgfältigste untersucht und die Vergleichungspunkte zu den radienartig damit zusammenhängenden andren Formen aufsucht.

Das hier gewählte Beispiel wird den vorstehenden Salz xlarer machen.

Unter den Quadrumanen betrachte ich die Gattung Cercopithecus als typi- sche, gleichsam im Centrum stehende, von welcher aus Uebergangsglieder nach allen übrigen Aflengattungen von einer zur andren sich nachweisen lassen. Durch die Krallen-Äffehen, Makis u. s. w. lassen sich die Meerkatzen (Cerco- pithecus) fortführen zu den Insektenfressern, Fleischfressern, Beutlern, Nage- thieren. Auf der andren Seite lassen sich durch die Gibbons und Cynocepbalen Uebergangsglieder zu den anthropoiden Affen, dem Orang-Utang, Chimpanse und Gorilla finden.

Wirkliche Metamorphosen, effective Wandelungen einer Gattung in die andre finden eigentlich nicht statt, sofern man ein Gegner des Dar win’schen Grundprineips ist. Jede einzelne Gruppe bleibt geschichtlich eben so abge- schlossen von der andren in ihrer einzelnen Art, als wenn sie durch Auf- nahme eines Merkmals und Abgabe eines andren sich gar nicht annäherte.

Die Zoologie und vergleichende Anatomie hat in dieser Vergleichung der Annaherungs- und Abgränzungspunkle nun einen besondren Reiz. Es ist hier wie bei verschiednen Sprachen, welche durch Etymologie und grammalische

Structur eine grössere oder geringere Verwandtschaft zeigen. A*

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Betrachten wir das Gehirn von Cercopithecus (Tab. IV. Fig.Il., Tab. II. Fig. 11.), so wird es uns leicht, nach unsern bisherigen Studien der convexen Oberfläche des menschlichen Gehirns, die Windungsprovinzen darnach aufzu- suchen und unsre Terminologie daran zu versuchen.

Auch hier leitet uns wieder die Centralspalte CC, sie trennt jedoch nicht so tief und weit die beiden Centralwindungen A und B. Sie läuft weder bis zum inneren Rande der grossen Längsspalte des erwachsenen Menschen, also auch nicht bis zum Bogenwulst (Gyrus fornicatus) über dem Balken (S. Fig. Il. Tab. IV.). Auch nach aussen läuft sie nicht bis zum Rande des Klapp- deckels, sondern beide vereinigen sich auch hier und bilden in A* (Fig. IV. Tab. II.) einen Vorsprung oder stumpfen Zapfen, welcher die beiden hier schief convergirenden Fortsätze der Sylvischen Spalte S! und S? von einander trennt. Etwas höher dahinter liegt die hier ungefaltete (d. h. nicht mit gyri breves versehene) Insel oder der Stammlappen, welche nur Affen und Men- schen als typische Hirnbildung haben.

Vergleicht man damit das Gehirn des menschlichen Embryo’s aus dem Anfang des 6ten Monats Fig. II —V. Tab. IV, so wird man eine Annäherung an diese Bildung bei der Meerkatze nicht verkennen; doch geht die Centralspalte bereits nicht blos tiefer, sondern weiter nach innen und aussen; sie gleicht noch mehr dem Embryo des Menschen aus dem Ende des 7ten Monats Tab.l. Fig. II. der früheren Abhandlung. Es ist also mithin zwischen Aflenbildung und embryonaler Hirnbildung des Menschen in diesem Punkte eine Verähnlichung. Betrachte ich die vordere Centralwindung AA beim geschwänzien Affen, so ist sie wenig abgelöst, nicht gewunden, gerade, ohne besondre Wurzeln in die nicht deutlich gesonderten Stirnlappenwindungen wie in eine Ebene ab- fliessend, also auch ganz verschieden von erwachsenen Menschen, aber auch den embryonalen Menschengehirnen, vor Vollendung der Furchenbildung, ähnlich.

Dasselbe gilt von den drei Stirnlappenwindungen al a? ad, welche aber doch entschieden als drei Gruppen nachzuweisen sind, an der dritten bereits mit Andeutung des Zerfalls in zwei weitere. Ein Blick auf die citirten Figuren überzeugt besser, als weitläuftige Beschreibung, und man sicht zugleich, dass ein höherer Affe, ein Gibbon (Hylobates), trotz seiner grösseren Annäherung an die anthropoiden, sich in dieser Hinsicht noch ganz menschlich embryonal

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und wie Cercopithecus verbält. Es ist hier überall eine viel grössere Sym- metrie auf beiden Hemisphären wahrzunehmen.

Anders bei den anthropomorphen Affen. Es zeigt sich schon, wenn man die eben beschriebenen Verhältnisse beim Orang-Utang (Tab. V. Fig. V. der ersten Abhandlung) vergleicht. Es ist diess Gehirn aber nicht vollständig gut erhalten gewesen, die Häute waren vor der Aufbewahrung in Weingeist nicht abgezogen. Man muss deshalb eine der besseren neuen Abbildungen von Gratiolet u. A. vergleichen !). |

Dagegen dient das copirte Gehirn vom Chimpanse Tab. IV. Fig. I. gut zur Vergleichung, zeigt den Fortschritt in der Entwickelung und die Annähe- rung an den erwachsenen Menschen. Die Centralspalte CC ist tief, gewun- den, durchgreifend von aussen nach innen; die vordre Centralwindung AA auch nach vorne von den Stirnlappenwindungen tiefer geschieden, in diese aber durch ähnliche Wurzeln oder Brücken übergehend, wie beim erwachsenen Menschen. Die erste Stirnlappenwindung a! al zeigt eine Tendenz in zwei parallele Falten zu zerfallen, mit theilweiser Inselbildung, beide aber gerade gestreckt verlaufend, mehr mit dem weiblichen Typus verwandt, offenbar ähnlicher mit Tab. II. als mit dem Gehirn von Fuchs Tab. I.

So sehen wir also eine Serie von sich vervollkommnenden Bildungen von Cercopitbecus durch Hylobates, Troglodytes, das menschliche Weib, bis zur vollkommensten Form des männlichen Gehirns-und ihr parallel die Ausbildung im Fötus des Menschen. Diess wäre also hier ein Beleg für einen alten Salz der thierischen Morphologie, der früher aufgestellt, oft verworfen, wenigstens vielfach modifizirt wurde: dass der menschliche Embryo in seinen Metamor- phosen die bleibenden Thierstufen durchlaufe.

Betrachten wir die übrigen Windungsprovinzen an denselben Präparaten.

Am schwierigsten unter allen Windungszügen zu benennen, zu klassifi- ziren und deren Homologieen beim Menschen und den Quadrumanen nachzu- weisen, sind diejenigen, welche zwischen hinterer Centralwindung (B), Occi- pitalspalte (D) und den Schläfelappen-Windungen (c! c? c3) liegen, da sie grösserem Wechsel unterworfen, nicht so deutlich von einander geschieden

I) Oder die Abbildung von Rolleston. Natural history Review. 1861. Nro II.

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sind, vielmehr in einander übergehen, sich theilweise verbergen, indem sie unter den Hinterhauptslappen treten. Sie sind die signilicantesten für eine vergleichende Morphologie des Quadrumanen- und Bimanen - Gehirns.

Ich habe diese Windungen mit dem gemeinsamen Namen der Parietal- Windungen belegt, weil sie die Hauptparthie der Windungen ausmachen, welche unter den Scheitelbeinen liegen und ihr Centrum und ihre stärkste Entwicke- lung beim Menschen gerade unter den Scheitelbeinhöckern haben, deren Abwesenheit oder geringe Prononeirlheit dagegen bei den Allen die geringere Entwickelung dieser Hemisphären- Windungen nach aussen bedingt oder mit ihr vergesellschaflet ist.

Ich begreife hier zusammen, was Gratiolet als pli courbe ausser der hinteren Centralwindung zu dem Parietal-Lappen und als erste und zweite Uebergangswindung (premier et second plis de passage) bereits zum Hinter- hauptslappen rechnet.

Um in diese sehr schwierige und verwickelle, durch eine überreiche Synonymie bei Burdach, Huschke, Gratiolet noch complizirter gewordene Windungsmasse mehr Klarheit für die Darstellung und Leichtigkeit der Orien- lirung für Dritte zu bringen, bediene ich mich des demonstraliven Ganges durch die hier beigelegten Abbildungen. DBei den gewöhnlichen typischen Affen (Cercopithecus etc.) ist diese Parthie noch zu wenig enlwickelt, nach binten durch Unterschlüpfen unter den Klappdeckei des Hinterhauptslappens zu complizirt. Beim Menschen ist die Parthie allzu zusammengesetzt und am meisten variirend.. In sehr schöner mittlerer Entwickelung befindet sich die- selbe beim Chimpanse, weshalb ich diesen zum Ausgangspunkt wähle.

Betrachtei man das Chimpanse-Gehirn von oben Tab. IV. Fig. I.!) und geht man von der grossen Hirnlängsspalle, welche beide Hemisphären trennt, aus: so wird auf beiden Seilen nach vorne durch den Anfang der Rolando’- schen (Central-)Spalte C, nach hinten durch die Oceipilalspalle D, nach innen durch die grosse Längsspaltle eine geschlängelte Windung klar abgegrenzt, welche mit b! bl bl bezeichnet ist, von mir ersie Parietahvindung genannt,

I) Man vergleiche damit die Photographie von Marshall. Nat. hist. Review Vol.l. Pl. VI, wo 5'! unserm b!, 51 unsrem b?, 6 und 6 unsrem b3 entspricht,

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und nach innen an die zweite Parietalwindung stossend. Dieser Windungszug ist seit Burdach als Vorzwickel (Praecuneus) bekannt und beschrieben. Wie ich in der ersten Abhandlung gesagt und seildem bei einer Reibe von Gehirnen wiedergefunden habe, besteht derselbe beim Menschen gewöhnlich aus drei eingeknickten Windungsschlingen, die hinter einander liegen. Diese Windung stösst nach aussen unter sehr verschiedenen Verhältnissen und grossen Variationen an meine 2te Parietalwindung, von welcher sie bald deutlich zu sondern ist, oft in sie continuirlich übergeht und nicht scharf getrennt werden kann, auch gewöhnlich auf beiden Seiten sehr verschieden sich verhält.

In dem vorliegenden Chimpanse-Gehirn ist sie links sehr schön getrennt, isolirt, typisch entwickelt und ähnlich, wie in der Mehrzahl der Fälle beim Menschen. Rechts ist das nicht in dem Maasse der Fall, sie ist weniger von b? abgesetzt, aber immerhin deutlich. In dem Marshall’schen Chimpanse- Gehirn sind beide Windungen noch mehr vereinigt und bilden eine Insel, welche durch stärkere Furchen von den benachbarten Windungen abgetheilt werden. Im weiblichen Gehirne Tab. II. kommt man auch in Verlegenheit, wie weit man in b! und b? in der Annahme gehen und ob man nicht lieber beide als eine gemeinsame Windungsparthie nehmen soll und dann nur zwei Parietal- windungen überhaupt anzunehmen hätte, was ich nicht tadeln würde, denn ein ähnliches ineinander Uebergehen zeigt sich auch in den vier Gehirnen von Gauss, Dirichlet, Hermann und Krebs (Tab. V. der ersten Abhandlung ), während das Gehirn von Hausmann (ebendas. Tab. I. Fig. I und II.) nament- lich (ebenfalls links) eine grosse Uebereinstiimmung mit Tab. IV. Fig.I. zeigt), wogegen wieder das Gehirn von Fuchs mit den meisten übrigen Gebirnen übereinstimmt. Auch beim Orang dessen Gehirn beträchtliche individuelle Nüancen zu zeigen scheint bilden beide Windungen mehr einen gemein- samen insularen Lappen, der in eine innere und äussere Abtheilung (b! und b?) zerfällt (vgl. Tab. V. Fig. V. der ersten Abhandlung).

Bei Cercopithecus ist bl! ein deutlicher einfacher, gerade gestreckter Wulst, welcher den Vorzwickel bildet und sich durch seine Lage deutlich

l) Merkwürdiger Weise zeigt die Abbildung des Chimpanse-Gehirns von Schröder v. d. Kolk und Vrolik auch links b! und b? mehr abgesondert als rechis.

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kennzeichnet. Er entspringt nur nach oben aus der hinteren Centralwindung mit viel breiterer Basis, welche hier ein Furchen-Rudiment (terliäre Furche), einen Eindruck hat, durch welchen eine Andeutung in ein Zerfallen sehr deutlich ausgedrückt ist, indem dann der äussre Theil als die aus der hinteren Centralwindung enispringende Wurzel der zweiten Parielal-Windung betrachtet werden kann. EI

Diese selbst nun (b?) weiter zu beschreiben, davon kann Umgang ge- nommen werden. Sie trennt, wo sie entwickelt ist, Vorzwickel, Scheitel- höcker-Windungen (b3) und den Anfang der beiden ersten Schläfelappen- Windungen (ec! und c?) und ist vom Hinterhauptslappen, in den sie übergeht, nur dann äusserlich geschieden, wenn eine entwickelte hintere Ocecipitalspalte D, wie bei den Quadrumanen, vorhanden ist.

Die dritte Parietalwindung (b3) bildet beim Menschen die in der ersten Abhandlung beschriebene Gruppe von Windungen, welche sich gewöhnlich als drei kleine insulare Massen bei der Mehrzahl der Menschen formiren und auch sehr zweckmässig Scheitelhöcker- Windungen genannt werden können. Sie gewinnen daher immer noch in der perspektivischen Ansicht von oben (Tab.I und II.) einen ansehnlichen Umfang, bilden unter dem Scheitelhöcker einen gemeinsamen sich nach allen Seiten ausdehnenden Hügel. Vgl. auch Tab. VI. Fig. I und II. der ersten Abhandlung.

Eine Reihe vergleichender Untersuchungen bei gehärteten Menschenge- hirnen, männlichen und weiblichen, haben hier eine grosse Uebereinstimmung gezeigt. Immer sind die drei Inseln, jede mit doppelten Schlängelungen, deutlich, von denen die vorderste an den Sporn der hintern Centralwindung und die Sylvische Spalte stossend, mit einfacher Wurzel beginnend, gewöhn- lich die kleinste, die hinterste oder auch die mittelste die grösste ist }).

Bei Cercopitheeus und den meisten Iypischen, geschwänzten Affen sind sie auf eine einzige bogenförmige Windung reduzirt, welche sich (b3 Fig.IV.

l) Aehnlich habe ich es noch kurzlich in frischen Gehirnen z.B. bei Siebold und

dem treiflichen Kupferstecher Lödel gefunden, welcher die Gehirne der ersten Abhandlung stach und zeichnete und seitdem selbst an einer Hirnkrankheit mit merkwürdigen Symptomen, die sich vorzüglich in Schwund des Gedächtnisses aussprachen, an einer Erweichung des Ammonshorns der linken Seite starb.

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Tab. IN.) zwischen hinterer Centralwindung und erste Schläfenwindung herein- schiebt und von dieser als paralleler Wulst von beiden durch die Sylvische Spalte abgetrennt wird. In der Scheitelansicht (Tab.IV. Fig. I.) bildet dieser Bogen gleichsam ein kleines Scheitelhöckerläppchen (Pli courbe Gratiolet).

Beim Chimpanse sieht man dagegen (Tab. IV. Fig. 1. b3 b3) eine grössere Menschenähnlichkeit, indem diese Parthie sich stärker insular entwickelt hat und so ist es auch beim Orang (Tab. V. Fig. V. b3 der früheren Abhandlung) }), also auch hier eine Mittelstellung zwischen gewöhnlichen Quadrumanen und dem Menschen.

Das, was nun Graliolei Uebergangswindungen (plis de passage) nennt, sind nach meiner Ansicht Windungen der entsprechenden Parietallappen, die wir beim Menschen entweder als fehlend oder wohl richtiger als frei zu Tage liegende hintere Enden der Parietalwindungen bezeichnen müssen, während sie, vom mächtigen Deckel des Hinterhauptslappens überstiegen, hier in die Tiefe der Occipitalspalte tauchen und nur gesehen werden, wenn man diese Spalte bei frischen Gehirnen auseinander zieht, wo sie dann, wie in *** Fig. Il. Tab. IV. sichtbar werden.

In wie weit diese untertauchenden Uebergangswindungen wirklich bei Affen durchgreifen und namentlich bei den anthropoiden Affen zum Unterschied vom Menschen vorkommen, wie Gratiolet angiebt, kann ich aus Mangel ausgedehnter eigener Untersuchungen nicht sagen. Indess kommt Rolleston in seiner sehr sorgfältigen neuen Arbeit über das Orang-Utang- Gehirn aus- führlich auf diesen Gegenstand 2). Nach Gratiolet nehmlich wäre die erste Uebergangswindung nur beim Menschen, beim Orang und -Ateles oberflächlich, bei allen anderen Affen unter dem Operculum des Hinterhauptslappens verborgen. Rolleston fand aber, dass diese oberflächliche Lage durchaus kein allgemein charakteristisches Merkmal, weder am menschlichen Gehirne, noch an dem des Orangs ist und dass drittens beim Chimpanse diese Windung bald ober- flächlich sichtbar ist, bald nicht.

Rolleston’s Bemerkungen sind in dieser Hinsicht für die allgemeine

1) So wie beim Gibbon Tab. I. Fig. IV. der ersten Abhandlung. 2) A..a, 0. ,‚p. 211.

-

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Morphologie und den Werth solcher einzelner Verhältnisse bei Menschen - und Alfengehirn sehr interessant. Von sieben nach Zufall aufbewahrten Menschen- gehirnen, besassen drei diese Windung auf beiden Seiten völlig oberflächlich in der Lage; im 4ten fehlte sie auf der einen Seite, am öten war sie an einer Seite durch die überhangende Ecke der Hinterhauptslappen verborgen, im 6ten erreicht sie auf der linken Seite nicht die Ebene, wo sie Hinter- haupts- und Scheitellappen verbinde. Am 7ien Gehirne liegt sie in einer tiefen Spalte oder Kluft (chasm), zeigt aber auf beiden Seiten beträchtliche Verschiedenheiten. Diess 7te Gehirn gehörte einem Gärtner, der mehr als mittlere Intelligenz besass und dessen Gehirn gerade aufbewahrt wurde wegen seiner aullallenden Grösse und seines Windungsreichthums. Gerade die hier, wie bei den Affen, in einer Spalte liegende Windung führt Rolleston dafür an, gegen die verborgene Lage der Windung als Zeichen von Degradation, da sie bei einem intelligenten Gehirne vorkam.

Aus diesem Grunde, wegen der grossen Variabilität dieser Bildung, ist Rolleston der Ansicht, dass sie als ein spezifisch-zoologisches Merkmal keine solche Bedeutung habe. Unter zwei Orangs-Gehirnen war die Windung einmal auf beiden Seiten, einmal nur auf der linken Seite verborgen. In einem Chimpanse-Gebirne fand er auf der rechten Seite die Windung auf gleicher Höhe mit den verbundenen Lappen.

Es ist hier eine allgemeine Bemerkung von Rolleston sehr richlig, dass wir in gewisse beständigen und scharf markirten Bildungen bei einzelnen Gliedern wohl umschriebener Thierfamilien bei höheren Arten, also z.B. in der Ordnung der Affen und in den höheren Varietäten des Menschen, mehr Ver- änderlichkeit als Constanz finden. Gerade die Veränderlichkeit bezeichne beim Chimpans& die höhere Stellung in der eigenen Ordnung.

Die zweite Uebergangswindung zwischen Scheitelbein- und Schläfelappen ist nach Rolleston beim Menschen immer vorhanden und immer oberfläch- lich, ist aber unveränderlich fehlend bei den anthropoiden Affen, wie über- haupt bei den Affen der alten Welt, während sie nach Gratiolet bei dem Cebus capucinus und bei Aleles (hier mit der ersten Uebergangswindung ) vorkommt.

Ich habe diese Angaben angeführt, um zu zeigen, wie vorsichlig man

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seyn muss, anatomische Bildungen überhaupt und namentlich im Gehirn als specifische Merkmale in Bezug auf Systematik in Anwendung zu bringen. Der Schläfelappen ist derjenige, welcher bei Menschen und Affen die grössten Uebereinstimmungen in der Grundformation seiner Windungen und Spalten zeigt, nur seine Begrenzung nach oben und hinten, wo er in Scheitel- und Oceipitallappen übergeht, ist immer etwas willkührlich. Derselbe bietet in der ganzen Gruppe der Affen nur wenige typische Variationen dar, die aber gerade ausserordentlich interessant sind wegen ihrer Beziehung zur zoo- logischen Systematik und zur Entwickelungsgeschichte beim Menschen.

Dieser Lappen zerfällt bekanntlich beim Menschen, wenn man den innern untern auf der Basis liegenden Theil mit hinzu nimmt in 5 parallele Windungs- züge, welche zum Theil nur unvollkommen von einander abgetheilt sind und von denen drei an der äusseren convexen Windungsfläche des Gehirns liegen, die wir stets mit c! c?2 c? als erste, zweite und dritte oder obere, mittlere und untere Temporalwindung bezeichnet haben.

Von diesen ist immer die oberste parallel der hinteren Verlängerung der Sylvischen Spalte verlaufend durch eine dieser parallel gehende tiefe und continuirliche Spalte von der zweiten mittleren Schläfewindung gelrennt, wel- cher Gratiolet zweckmässig den Namen Parallelspalte, Scissura parallela, gegeben hat, die ich acceptire und künftig mit EE bezeichnen werde, wie auf Taf. II und IV. geschehen ist. Die zweite Windung ist von der dritten, diese wieder von der vierten inneren viel weniger tief abgeschieden. Die Furchen, welche zwar der Parallel- und Sylvischen Spalte ebenfalls parallel ziehen, sind unterbrochen, seichter, nie so klaffend.

Auch hier zeigt sich das allgemeine Gesetz, wo die Windungen in den Stirnlappen und im ganzen Gehirn bei einzelnen Individuen mehr gewunden und complizirter, die Furchen zahlreicher sind, sind sie es auch am Schläfe- lappen. In diesem Falle fliessen die Furchen zwischen zweiter und dritter Windung mehr zusammen, isolirt sich die zweite und dritte Temporalwindung c? und mehr, diess sieht man z.B. im Gehirn von Gauss in der Seiten- ansicht (Tab. IV. der früheren Abhandlung) im Vergleich zu dem 2ten ein-

fachen Gehirne (ib. Fig. II.). Noch auflallender ist der Unterschied zwischen 5*

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dem männlichen Gehirn bei Gratiolet!) und dem damit zusammengestellten Gehirn der Hottentotten-Venus in der Seitenansicht, wo die Parallelfurche sehr stark, die zweite und 3te Windung jedoch, wegen fast mangelnder Furchen- bildung, kaum von einander abgesetzt sind.

Die erste Schläfewindung geht immer nach oben in der Art in die Pa- rietallappen und Oceipitallappen über, dass sie mit einem vorderen Schenkel in den hiniersten Theil der 3ten Parietalwindung (Scheitelhöckerlappen) b! und nach hinten in die zweite Oceipilalwindung d?, oft unter Theilnahme der zweiten Schläfewindung übergeht (vgl. z. B. Tab. VI. der früheren Abhand- lung, Tab. II. Fig. II. beim Mikrocephalus).

Vergleicht man hiemit unsren typischen Affen (Cercopithecus) Tab. Ill Fig. IV., so liegt auch hier der oben geschilderie Plan und zwar in grösster Einfachheit vor. Die erste Temporalwindung ec! verläuft fast ganz gestreckt, mehr senkrecht als beim Menschen, ohne Schlängelungen parallel mit dem bin- teren Schenkel der Sylvischen Furche, durch die tiefe, starke, fast ganz senk- recht gestellte Parallelspalte von der zweiten Windung getrennt, oben mit der zweiten b? (pli courbe) und dritten Scheitellappenwindung b3 verbunden. Von der parallellaufenden dicken zweiten Schläfelappenwindung (ec?) ist die dritte nur unten (c?) abgetrennt und angedeutet, während die zweite nach hinten in die unterste Occipitallappenwindung d3 übergeht, wo der menschliche Typus kaum mehr kenntlich ist und verschwindet.

Ueberaus interessant ist nun ein Verfolg der Bildung der typischen Affen- gruppen einerseits zu den anthropoiden, andrerseits zu den Krallenaffen. Hiezu muss man die schönen Tafeln von Gratiolet zur Hand nehmen und insbe- sondere ist die colorirte Tab. XII., welche eine so geistreiche schematische Darstellung des Bildungsplans des Affengehirns giebt, sehr geeignet das zu verfolgen, was ich sagen will.

In allen Gehirnen tritt die äussere Configuration des Schläfelappens beim Menschen und Affen als eine constante, fast unveränderliche auf, welcher in den niedersten Aflen bei Oedipus und Jacchus?) ein noch dicker, unge-

1) Plis cerebraux Tab. Il. 2) Pl. XI Fig. 14 und 17.

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furchter, windungsloser Zapfen ist, den die Sylvische Spalte nach vorne abgrenzt. Wie ein kurzer Stiel am Hammer sitzt dieser Lappen am Gehirn, oder wie der untere Stab eines grossen lateinischen T, von dem oben nach vorne der Stirn- nach hinten der Hinterhauptslappen als zwei ähnliche Zapfen abgehen. Jedoch sieht man eine kleine flache Delle bei Jacchus vulgaris als erste Andeutung oder Einsenkung, als einen Vorläufer der Fissura parallela, - welche bereits bei Oedipus ein kurzes Spältchen, das sich bei Nyctipithecus, Callitbrix und beim Saimiri!), bereits zu einer tiefen Parallelspalte erweitert und verlängert und erste und zweite Schläfewindung von einander scheidet, ohne sie jedoch noch, wie bei den typischen Affen, bis an die Spitze von ein- ander zu trennen.

Bei den Sapajous, bei allen Affen der alten und neuen Welt, den Maka- ken, Cynocephalen und Meerkatzen u. s. w. bilden sich nun mehr oder weni- ger stark und tief, oft sehr wechselnd, wohl selbst bei Individuen verschie- den, die zweite Parallelfurche und dem entsprechend die 2te und 3te Win- dung aus, mit unendlichen kleinen, unscheinbaren Modificationen, aber immer streng nach einem Typus, welche c? und c3 trennt, bald vorne, bald hinten, bald in der Mitte mehr angedeutet oder entwickelt ist. Hier überall ist nach oben das Zusammenfliessen beider Schläfewindungen mit den Parietalwindun- gen (erster und zweiter) nach oben so und zwar so einfach, dass eben da- durch hier jener charakteristische Windungsbogen liegt, den Gratiolet als pli courbe (meine 2te Parietalwindung b?) bezeichnet hat.

Auch die Hylobates und Semnopilhecus zeigen hier noch, gerade wie die typischen Affen, einfachere Furchungsverhältnisse als der Mensch und die an- thropoiden Affen wahrnehmen lassen. Nach den Abbildungen von Gratiolel und den andren mir bekannten zeigt sich aber auch beim Orang und Chimpanse nicht blos eine etwas grössere Complication durch stärkere Schlängelung der bei den übrigen Alfen mehr gestreckten Schläfelappenwindungen, sondern auch eine grössere individuelle Variation, wie sie Rolleston für die Uebergangs- windungen nachgewiesen hat. Auch die Combination mit dem untren Hinter- hauptslappen wird im Gegensatz zu der Formation bei Cercopilhecus eine viel menschenähnlichere.

) Ib. Fig. II. 8, 5.

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Was nun den Hinterhauptslappen betrifft, so hat dieser das eigenthümli- che vor dem Schläfelappen voraus, dass er gerade bei den typischen und an- thropoiden Allen vielmehr eigenlhümliches, von der menschlichen Bildung ab- weichendes hat, während er dagegen bei den niederen oder Krallenaffen der menschlichen, namentlich in seiner embryonalen Gestalt, viel näher steht. Bei diesen nähmlich und auch vielleicht bei einigen andren Gatiungen der Affen der neuen Welt, namentlich Ateles!) und vielleicht Lagothrix fehlt jene tiefe Oceipitalspalte, welche selbst bei den höchsten anthropoiden Affen den über- all viel mächtiger entwickelten Occipitallappen, der beim Menschen dagegen so verkümmert erscheint, von den übrigen Lappen tief abgrenzt.

Bei den typischen Affen, also z. B. Cercopithecus greift die grosse Oc- cipitalspalte tief von innen quer über die hintere Hirnfläche nach aussen (Fig. II. Tab. II. Fig. II. Tab. IV. DDD und wird überragt von einem grossen win- dungslosen Lappen, welchen man nur unvollkommen dem hier liegenden ersten Occipitallappen (d!) beim Menschen parallelisiren kann und der nun bei allen übrigen Alfen, den Pavianen, Gibbons, den Makaken u. s. f. und zugleich mit der grossen Spalte auch bei den anthropoiden Affen z. B. dem Chimpanse ge- funden wird (Tab. IV. Fig. 1.), wodurch diese Parlie auch bei den höchsten Affen ein von der Bildung beim Menschen sehr abweichendes Ansehen be- kommt. Nach aussen und unten von ihm löst sich ein zweiter Lappen ab, den man theils dem untern Hinterbauptsläppchen (.d?) theils der sich hier ein- schiebenden zweiten Hinterhauptswindung des Menschen als homolog betrach- ten kann. Der Lage nach muss man ihn auch mit letztrem, d? bezeichnen, obwohl er die Spitze des Hinterhauptslappens mit formiren hilft, wie d? beim Menschen. Unter ihm breitet sich von innen nach aussen und hier mit c? vereinigt ein dritter Lappen aus, den wir hier als dritte Hinterhauptslappen- windung bezeichnet haben.

Indem diese Lappen bei den höheren Affen (Chimpanse und Orang-Utang) etwas mehr gefurcht und in Windungen sich lösend erscheinen, nähern sie

l) Vgl. die Abb. von Alteles Paniscus von Huxley Proceedings of the Zoological Soc. Juni 11. 1861. Plate XXIX (eine vortreffliche Monographie eines Gehirns eines Affen der neuen Welt) und auch Gratiolet Planche X. Fig. 1 und 5, und Pl. XIL Fig. II.

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sich allerdings dem Menschen etwas mehr, behalten aber doch vollständig den Affentypus.

Dadurch dass beim Menschen der immer nur künstlich abzusondernde Occipitallappen sich in ein Convolut kleinerer Windungen auflöst, welche ohne Grenze in die Parietal- und Temporalwindungen übergehen, während bei den Affen, mit Ausnahme der nıedersten Formen, dieser Lappen weit grösser; weniger getheilt, aber stärker abgesondert erscheint und sich kleine Windun- gen, die beim Menschen jedenfalls freiliegen, zwischen denselben und die Pa- rietal- auch Temporalwindungen schieben (1—4 Plis de passage Gratiolets) die ich theils zum Parietal- theils zum Occipitallappen rechne, also bei den Morphologen keine solche Uebereinstimmung herrscht, wird die Reduction des Affen- auf den Menschentypus, oder umgekehrt, schwieriger.

Gerade darin beurkundet sich auch eine durchgreifende Verschiedenheit der typischen, wie anthropoiden Affen im Hirnbau und, wie wir später sehen werden, die Mikrocephalen bestätigen diese Verschiedenheit des typischen Charakters des Menschengehirns.

Interessant ist es nun, in Bezug auf Schläfen- und Hinterhauptslappen den menschlichen Fötus vom Ende des öten oder Anfang des 6ten Monats zu vergleichen, wozu wir wieder unsre Abbildungen Tab. IV. Fig. II—V. herbeiziehen.

Man sieht hier erstens, wie diess früher für den Stirnlappen erwähnt ist, dass die Entwickelung nicht auf beiden Seiten ganz gleich stattfindet. Auf der rechten Seile (Fig. IV) sind kleine Grübchen und Kräuselungen, noch keine Hauptfurche vorhanden. Diese und zwar die Parallelfurche E, ist aber links stark und kräftig angelegt, während die übrigen Kräuselungen schwächer sınd. Im ersten Augenblick glaubt man, man habe hier eine abnorme Einkerbung vor sich; die Richtung der Parallelfurche ist anders als früher. Es kommt diess aber daher, dass dieser Theil des Schläfelappens noch weiter zum Verschluss der Sylvischen Spalte verwächst, während auch die Centralwindungen als Klappdeckel nach unten wachsend, den Stammlappen überwölben, wodurch die weıtklaffende Oeflnung der Sylvischen Grube bis auf die zwei Spalten zugedeckt wird. Der Schläfelappen gleicht hier mehr dem der allerniedrigsten Affen, während sehr bald überall in den Affengattungen die Parallelspalte als

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mächtigste auftritt so wie, nach Gratiolet, gerade auch in den Embryo- nen der Affen sich früher entwickelt, während bei den menschlichen Embryo- nen hier die Stirnlappenwindungen zuerst angelegt werden.

Die Oceipitalspalle D D bleibt beim Menschen rudimentär und es ist keine Spur jener charakteristischen Hinterlappenbildung vorhanden, die wir so eben als Kennzeichen der anthropoiden und typischen Affen kennen gelernt haben, so dass also die menschlichen Embryonen hier auf der Stufe der nie- dersten Affen stehen, nur dass leise Kräuselungen und Eindrücke, als Andeu- tung der späteren Bildung beim Menschen, auch hier auftreten.

Ein Blick auf die schönen Darstellungen von Gratiolet bei Leuret pl. XXIX, wo zum Vergleich auch ein Saimiri-Gehirn gegeben ist, wird meine eben ausgesprochenen Ansichten bestätigen.

Im Uebrigen beziehe ich mich auf das, was oben über den tiheilweisen Parallelismus und eben so die theilweise Discrepanz dieses Parallelismus zwi- schen zeitlicher Metamorphose im Menschengehirn und beharrlicher Bildung in deren Beziehung zu der systematischen Gliederung der Quadrumanen ge- sagt ist.

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Die Bildung des von Theile beschriebenen Mikrocephalen- Gehirns.

Die vorstehenden Betrachtungen bahnen uns den Weg zu einem richtigen Verständniss der Hirnbildung der Mikrocephalen und ich wähle auch hier die einfachste Methode zum Verständniss, indem ich das einzige Mikrocephalen- gebirn, das ich durch die Güte Theile’s studiren konnte und so weit es sich auf die Windungen der convexen Oberfläche bezieht, einer vergleichenden Betrachtung mit dem normalen Menschengehirn, und mit dem der typischen und anthropoiden Affen unterwerfe, und zwar im Lichte der Entwickelungs- geschichte.

Fig.I. Tab. III. giebt uns das grosse Gehirn von oben, gehärtet im Weingeist ausserhalb der Schädelhöhle. Dass es seine Form nur wenig verändert, sich auch nicht beträchtlich verkleinert hat, zeigt der nebenanstehende Gypsausguss der Schädelhöhle Fig. I. Es wird bedeutend vom kleinen Gehirn überragt, was bei keinem Fötalgehirn nach dem Aten Monat der Schwangerschaft, bei keinem Aflengehirn der Fall ist.

Es zeigt einfache wenig geschlängelte Windungen, in denen wir sogleich den menschlichen Typus erkennen. AA die vordere, BB die hintere Central- windung, gelrennt durch die Centralfurche CC. Am wenig entwickelten Stirn- lappen erste und zweite Stirnlappenwindung a! a? einfach, gerade gestreckt, wenig gewunden, die drilte ad etwas mehr geschlängelt, getheilt; überall durchaus der menschliche Typus aber in einfachster Form, daher hinter den normalen Gehirnen, einfachen und zusammengesetzten (Tab. I und II.) zurück- stehend, nur die Hauptfurchen sind da, sekundäre Einschnitte in geringerer Zahl; daher der kolossale Unterschied beim Menschen, wie früher S. 20 und auf Tabelle II. angegeben. Es verhält sich die Gesammtlänge der Furchen

der Stirnlappen in Millimetern beim: 6

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Mikrocephalus zu... 322”” bei Gauss: 1. walk 2145 bei einer 29jähr. Frau 1726.

Von der Seite betrachtet zeigt sich das Eigene, dass keine hintere Ver- längerung der Sylvischen Spalte vorhanden, dass hier der Klappdeckel, re- spektive die untern Ränder der beiden Centralwindungen AB und die: dritte Parietal-Windung (Scheitelhöckerlappen) oben mit der ersten Temporallappen- Windung ce! ec! verwachsen sind und an der Stelle der Sylvischen Spalte nur eine kleinere gewöhnliche Spalte liegt, während dagegen an dem Schläfelappen selbst, den wir immer so constant gefunden haben, die Parallelspalte E an- sehnlich, die zweite und dritte Schläfelappenwindung c? c? entwickelt, durch unterbrochene Furchen getheilt erscheinen. Ausserordentlich viel grösser tritt uns die Reduction im Parietallappen entgegen. Der Zwickel oder die erste Parietalwindung b! ist kurz ohne Windungen, eben so angedeutet aber rudimentär die zweite b?, Die höchste Verkümmerung, ganz auf das Rudiment der einen kurzen Windung redueirt, zeigt die sonst so entwickelte Scheitelhöcker- oder die dritte Parietalwindung b3. Sie steht ganz auf der Entwickelungsstufe der entsprechenden b3 bei den typischen Alfen (Fig. IV. Tab. Ill. Fig. II. Tab. IV.). Eben so rudimentär ist der das kleine Gehirn lange nicht bedeckende Hinterlappen, an dem man jedoch keine versteckte Uebergangswindungen (plis de passage) wahrnimmt, sondern ganz den menschlichen Typus in d!.d? und d? in möglichst redueirter oder atrophischer Form. Durch die ganz menschliche, kleine Oceipitalspalte DD, wird der Zwickel d! vom Vorzwickel b! getrennt.

Man sieht, man hat ein Gehirn vor sich, das in seiner vorderen Parihie, Stirn- und Scheitellappen, die einfacheren Verhältnisse des Alfentypus und des 7— monatlichen Embryo zeigt; in der Ausbildung der Windungen steht es hier selbst dem Orang-Utang- und Chimpanse-Gehirne nach, wie es ein Blick auf Tab. IV. Fig. 1. zeigt.

Dagegen hat diess Gehirn gerade in seinem hinteren Theile nicht die geringste Aehnlichkeit mit den Affengehirnen, deren Hinterlappen so mächtig entwickelt sind; es ist durchaus der menschliche Typus, aber verkümmert.

Die Verwechslung des Schläfelappens mit dem Klappdeckel, das Fehlen

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des Stammlappens, dessen schon Theile gedenkt, ist eine rein pathologische, nicht in der Entwickelung begründete Misbildung.

Das grosse Gehirn ist hier sowohl in seiner Massenentwickelung, als in der Bildung der Windungen, als in seinem Verhältniss zum kleinen Gehirn zurückgeblieben.

Die Wägung der vom grossen Gehirne an den Grosshirnstämmen abge- lösten, im Zusammenhange gelassenen Theile: Kleinhirn, Brücke und Medulla, ganz in dem Sinne wie $. 36 der ersten Abhandlung, ergab das Verbhältniss von Hirnstamm und Kleinhirn zu den Hemisphären = 1: 3,5, also viel un- günsliger, als beim Orang-Utang, wo ich es = 1:5,0 gefunden halte.

Was die übrigen Verhältnisse des Baus des vorliegenden Gehirns be- trifft, so hat mein Freund Theile eine so sorgfältige und exakte Beschreibung gegeben, wie man dieselbe von einem so gewiegten Anatomen und gründ- lichen Schriftsteller zu erwarten gewohnt seyn musste. Es ist diess die einzige umfängliche und genaue Beschreibung, die wir bis jetzt von einem Mikrocephalen-Gehirn besilzen. Es bleibt mir daher auch nichts übrig, als aus seiner Beschreibung einen kurzen Auszug zu geben, was ich möglichst mit seinen eigenen Worten ihun werde, um dann daran noch dasjenige an- zureihen, was mir an weilerem Material über den Hirnbau der Mikrocephalen vorliegt !).

Theile erhielt den Kopf und das unverletzte Gehirn dieses 26jährigen männlichen Individuums vom Herrn Medizinal-Rath Wedel in Jena.

Das Individuum mass vom Scheitel zur Fusssohle 61 Zoll rheinisch, die Schulterbreite betrug 13 Zoll. Die Gestalt des Gesichts und des ganzen Kopfes erinnerten auffallend an die vor einigen Jahren zur Schau herumge- führten sogenannten Aztekenkinder. Das Haupthaar war wollig und blond; auch an der Oberlippe zeigte sich wolliges Haar, gleichwie an den ziemlich entwickelten Geschlechtstheilen. Die vorstehenden Augen waren in den letzten Jahren caltaraclös geworden. Das Individuum entstammte gesunden Eltern, von denen noch mehrere geistig und körperlich gesunde Kinder gezeugt wor- den sind. Die Multer indess soll zwei blödsinnige Geschwister gehabt haben,

1) Vgl. Theile a.a.0. S.210 u. f. mit Abb. des Schädels und einigem Hirndetail. 6*

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die im Alter von etwa 40 Jahren starben. Erst mit dem fünften Jahre lernte der Knabe stehen und gehen; der Gang war ein trippelnder. Er stiess un- arlikulirte Töne aus, wenn er in Erregung kam oder ein Begehren zu erkennen geben wollte; nur das Wort „Mutter“ soll er ziemlich deutlich ausgesprochen haben. Löffel, Messer und Gabel lernte er nicht handhaben; er nahm die Speisen, nach dem Ausdrucke der Eltern, wie mit einem Katzenpfötchen. Kuchen unterschied er vom Brode und warf solches weg, wenn er bei anderen Kuchen sah; bei bevorstehenden Witterungsveränderungen soll er ge- wöhnlich eigenthümlich kreischende Töne ausgestossen oder sich in einem krankhaften Zustande befunden haben, wobei er namentlich häufig nach dem Kopfe griff. Geschlechtliche Regungen wurden niemals bemerkt. Da der Knabe die Stuhl- und Harnentleerung nicht beherrschte, so wurde er stets in weibliche Kleider gesteckt, die er zwar ausziehen konnte, aber nicht anzuzie- hen verstand. In dieser Kleidung sah man ihn wohl unter der Dorfjugend, etwa nach Art eines Hausthieres, das sich an die Menschen gewöhnt hat; denn an den Spielen der Kinder konnte er nicht Theil nehmen. Späterhin wurden übrigens die Eltern verwarnt, das affenartig aussehende Individuum nicht im Dorfe herumlaufen zu lassen. |

Eine vollständige, auf alle drei Körperhöhlen ausgedehnte Section des an chronischer Meningitis verstorbenen Individuums war nicht zulässige. Das auf gewöhnliche Weise (unter Zurücklassung der Hypophysis) aus dem Schä- del genommene und noch von Arachnoidea und Pia mater umhüllte Gebirn, wog im frischen Zustande 104, Unzen preuss. Med. Gewicht.

Die sehr genaue und sorgfältige Beschreibung des knöchernen Kopfes hier auszugsweise wieder zu geben, liegt nicht in meinem Plane. Nur Folgen- des mag hier stehen. An der Grössenverminderung des, wie gewöhnlich sehr prognathen Schädels dessen Diagonaldurchmesser von der Kinnhervorra- gung bis zur stärksten Hervorragung am Hinterhauptsbeine nur 19 Cm, statt 24.3 Cm wie am Normalschädel betrug hatte der eigentliche Schädel so- wohl als das Gesicht Theil, aber der Schädel in weit höherem Maasse. Der in gewöhnlicher Weise genommene Gesichtswinkel beträgt nur etwa 53 12 9. So sehr die Profil- Ansicht durch alle Momente an die thierische Bildung er-

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innert, so erhält sich doch der menschliche Typus in dem Kinne; es ist ein Mentum prominens.

An der Aussenfläche des eigentlichen Schädels zeigen sich mehrfache Spuren eines abgelaufenen entzündlichen Processes. Der Schädel zeigt in dem gewöhnlichen Horizontalschnit 3—4 Mm dicke Wandungen. Nur oberhalb und hinter den Proc. mastoidei erreichen die Knochen eine Dicke von 5—6 Mm. Die Kranz- und Pfeilnaht sind in der ganzen Ausdehnung vollkommen beweg- lich; ebenso die Lambdanaht mit Ausnahme einer kleinen Strecke am unteren Ende des linken Schenkels. An der Aussenfläche des Schädels sind alle diese Nähte zahn- und sägeförmig gestaltet, an der Innenfläche dagegen legen sich die Knochen harmonieartig an einander. Die übrigen Nähte zwischen den Schädel- und Gesichtsknochen sind auch noch unverwachsen, mit alleiniger Ausnahme der Sutura squamosa, die auf beiden Seiten so vollständig ver- wachsen ist, dass weder auf der Aussen- noch auf der Innenseite eine Spur derselben wahrzunehmen is. An der Schädelbasis ist die Sutura spheno- orbitalis noch durchaus unverwachsen. Der Keilbeinkörper und die Pars basilaris sind in der Schädelhöhle vollständig synostotisch verbunden; an der unteren Fläche zeigt sich aber noch ein deutlicher querliegender Spalt zwi- schen beiden Knochen, der ohne Zweifel im frischen Zustande noch einen Rest des Sphenobasilarknorpels enthielt. In der Schädelhöhle werden im Allgemeinen die scharfkanligen Bildungen vermisst. Die Crista galli, die Alae parvae des Keilbeins haben etwas Abgerundetes und Kolbiges; dabei reichen auch die letzteren nicht bis zur Seitenfläche des Schädels und so ist der scharfrandige Vorsprung, wodurch die vordere und mittlere Schädelgrube ge- trennt werden, sehr unvollständig ausgebildet. Statt der Crista frontalis interna zeigt sich ein schwacher Sulcus frontalis. Der scharfrandige Vorsprung zwi- schen Felsenbein und Zitzentheil, der sich dachlörmig über den Sinus trans- versus herlegt, fehlt gänzlich. Von der Eminentia cruciata der Hinterhaupts- schuppe sind nur die beiden seitlichen und der obere Schenkel als plumpe Wülste vorhanden, jedoch ohne Spur eines Sulcus, und der untere Schenkel fehlt gänzlich. Am Felsenbeine ist die obere, den Sinus pelrosus superior stützende Kante nicht scharfkantig, sondern abgerundet und die vordere und hintere Pyramidenfläche treffen hier unter einem stumpfen, statt unter spitzem

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Winkel zusammen ; dem Canalis semieircularis superior entsprechend findet sich auf der vorderen Felsenbeinfläche ein starker wulstförmiger Vorsprung. Die Impressiones digitatae und juga cerebralia treten nirgends scharf hervor, ja an den partes orbitales, wo man sie an Normalschädeln besonders gut aus- gebildet findet, zeigen sich kaum Andeutungen davon. Die Sulci meningei haben zwar die gewöhnliche Tiefe; ihre Begrenzungsränder aber sind im Ganzen mehr abgerundet als scharfkanlig. Durch alles dieses bekommt die Innenfläche entschiedene Aehnlichkeit mit dem kindlichen Schädel.

Aus den beigefügten Messungen ergiebt sich mit Berücksichtigung der von Virchow angeregten Fragen:

a. Das Schädeldach ist in stärkerem Maasse an der Mikrocephalie be- theiligt, als die Schädelbasis.

b. Der vordere Schädel betheiligt sich in höherem Grade an der Mi- krocepbalie.

c. Der Körper und der Bogentheil der einzelnen Schädelwirbel betheili- gen sich in gleichem Verhältniss an der Mikrocephalie.

d. Am Bogentheile der Schädelwirbel sind die medianen zur Schliessung des Bogens beitragenden Parthieen stärker an der Mikrocephalie betheiligt als die lateralen Parthieen.

Von einzelnen Knochen hebe ich nun aus: dass das Hinterhauptsbein von den Gelenktheilen aus gleichsam nach oben umgeknickt ist und eine aufstei- gende Richtung annimmt und dass die hinter dem Foramen magnum gelegene Parthie statt einer gleichmässigen Wölbung eine starke Abflachung zeigt.

Der Zahnwechsel ist gehörig von Statten gegangen und am Oberkiefer sind die Weisheilszähne bereits durchgebrochen. In der Gesammtform des Gesichts tritt neben dem bereits erwähnten Prognathismus vor Allem eine erosse Verschmälerung des Septum interorbitale entgegen, wodurch der Ein- druck des Affenartigen entsteht.

Was die einzelnen Hirntheile betrifft, so hebe ich Folgendes aus. Theile legt hier zum Vergleich mit der Norm die von Valentin (Hirn- und Nerven- lehre $. 232) gegebenen Maasse zu Grunde. Indem er die Breite der Medulla spinalis als Einheit annimmt, ergeben sich folgende Verhältnisse :

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1. Medulla 2. Medulla 3. Cere- 4. Crus 5. Hemi-

spinalis oblong. bellum cerebri sphaeria

Normalgehirn: 100 162 763 145 1473 Mikrocephalus: 100 160 700 80 1000

Man sieht hier sogleich, dass die Verkümmerung vorzüglich von den Grosshirnschenkeln anfängt und sich hier gleich stark ausspricht, wenn auch weniger stark als in den Hemisphären. Das Grosshirn ist weit mehr zurück- geblieben als das Kleinhirn.

An der Hirnbasis stellt sich besonders die Verkümmerung des Olfactorius dar. Auch der trigeminus ist kleiner, was sich schon in der Verkleinerung des for. ovale und rotundum darstellt. Eben so der opticus.

Die Brücke ist kürzer und schmaler. Am verlängerten Marke unter- scheidet man deutlich die Pyramiden, die Oliven und die strickförmigen Körper.

Am vierten Ventrikel, so weit das blosse Auseinanderbiegen des Cere- bellum und der Medulla oblongata ein Urtheil zulässt, zeigt sich nichts Ab- weichendes.

Sehr entschieden sind die Seitenventrikel erweitert, besonders im hin- teren und absteigenden Horn. Das Ependyma und die Plexus choroid. waren sehr verdichtel. Zwar ist nur der eine Ventrikel, der Schonung des Präpa- rales wegen geöffnet, aber dass die hydrocephalische Erweiterung auch auf der andren Seite Statt hatte, aber dann ein obsoleter Zustand wurde, zeigt das Verhalten des foramen Monroi, das sehr gross war. Die Verkürzung des Streifenhügels beträgt über 50°|,, während Sehhügel, Vierhügel und Ammons- horn in einem weit günstigeren Verhältniss stehen.

Die Zirbel ist reichlich mit Sand erfüllt und nicht kleiner als im Nor- malgehirn, die Vogelklaue dagegen ist sehr niedrig.

Die vorderen Schenkel des Gewölbes liegen dem Balkenknie unmittelbar an und es ist dazwischen keine Spur vom Septum pellucidum zu erkennen. Durch die Verschiebung des stark entwickelten Gewölbes hat die Commissura anterior eine veränderte Lage erhalten; sie liegt mehr nach hinten und unten, den corpora mammillaria verhältnissmässig mehr genähert. Die Commissura posterior und mollis haben die normale Lagerung. Zwischen dem Corpus mammillare und der Commissura anterior finden sich Reste des Infundibulum.

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Der Balken ist viel kürzer und schmaler. Was die Windungen betrifft, so geht der Vrf. auf deren nähere Charakterisirung nach der Terminologie von Huschke ein, die ich hier grösstentheils übergehe, da ich solche oben schon nach eigener Anschauung und Terminologie gegeben habe.

Nur Folgendes möge, zum Theil zur Bestätigung meiner Beschreibung, noch bier stehen. Die Fossa Sylvii steigt von der Basis senkrecht in die Höhe, endigt aber schon in der halben Höhe der Hemisphäre, ohne sich in die zwei Schenkel zu theilen. „Die Insel nebst den fächerförmig aus einander fahrenden Gyri breves s. operti und eben so der die Inselverliefung von oben her bedeckende Klappdeckel, d.h. also die das Menschengehirn charakterisiren- den Bildungen an der Hirnoberfläche fehlen gänzlich. «

Was die von mir nicht erwähnten Windungen betrifft, so ist der Gyrus reclus an der inneren Örbitalfläche sehr schmal; gleich geringe Sonderung und Theilung zeigen die nach aussen von Nerv. olf. liegenden Gyri cruciali Rolando’s und Valentin’s.

Wenig abgelöst und entwickelt ist der Gyrus fornicalus.

Die einzelnen Gyri überhaupt giebt Theile als schmäler an, die Sulei haben viel geringere Tiefe, die selbst beim Sulcus centralis (Fissura Rolandi ), der am tiefsten ist, 1 Cm. nicht überschreilet, die graue Rinde ist von ge- ringerer Mächtigkeit.

Theile fügt eine vergleichende Betrachtung andrer Fälle an, die ihm gerade zugänglich sind !), und stellt, nach den von ihm selbst sparsam ge- nannten Daten, folgende allgemeine Gesichtspunkte auf.

1. Die Mikrocephalen können ganz gesunden Eltern entstammen, die daneben ganz gesunde Kinder erzeugten (J. Müller’s Fälle, mein Fall).

2. Aus der nämlichen Zeugungsquelle können wiederholt mikrocepha-

I) Es sind folgende: Leubuscher über die Azteken. Froriep’s Notizen 1856. Bd. 2. Nr.6 u. 7. Joh. Müller Med. Zeitung des Vereins für Heilkunde in Preussen 1836, zwei mikrocephalische Geschwister von 13 und 20 Jahren be- treffend, deren Skelet und Gehirn im Berliner Museum. Baillarger Schmidts Jahrbb. Bd. 9. S.153.— Ein 4jähr. idiotisches Kind. Conolly (Dublin quart. Journ. Aug. 1855. Ein I1jähr. Knabe und ein 7jähr. Mädchen. Cruveilhier Anat. pathol. Livr. 30. Pl. 4.

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lische Produkte hervorgehen. (J. Müller’s Fälle, desgleichen die Azteken, falls dieselben Geschwister sind, was durch Leubuscher sehr wahrscheinlich gemacht wurde) !).

3. Die mikrocephalischen Individuen erreichen bald eine mehr weniger normale Körpergrösse (mein Fall, J. Müller’s Fälle, Conolly’s Fälle), bald bleibt auch der Gesammtkörper unter dem mittleren Maasse zurück (Azteken).

4. Die Mikrocephalen scheinen im Allgemeinen frühzeitig zu sterben: m Sten Monate und im 3ten Jahre in 2 Fällen Cruveilhier’s, im 4ten Jahre in Baillarger’s Falle; im 13ten und 20sten Jabre in den Müller’- schen Fällen; im 26sten Jahre in meinem Falle.

5. Das Gehirn befindet sich nicht im Zustande einfacher Verkleinerung (Mikrocephalie), sondern es kommen Anomalieen einzelner Hirntheile daran vor. In Cruveilhier’s drittem Falle und in meinem Falle sind z.B. gleich- zeitig der Balken und die Windungen abnorm.

6. Die Mikrocephalen sind ohne Ausnahme Idioten. Leubuscher hat schon mit scharfen Zügen hervorgehoben, dass der mikrocephalische Idiotismus

1) Ohne dass es meine Absicht wäre, hier auf die vollständige Literatur über Mi- krocephalie einzugehen, will ich den von Theile zusammengestellten Fällen noch hinzufügen, dass wir dem Prof. Jaeger in Stuttgart einen „Beitrag zur Geschichte hirnarmer Kinder“ im medizinischen Correspondenz-Blatt des würtem- bergischen ärztlichen Vereins Bd. IX. Nro.28. 15. Juli 1339 verdanken, wo die im Dorfe Plattenhardt, 3 Stunden von Stuttgart, in mehreren Familien und meh- reren Gliedern einer Familie vorgekommenen Mikrocephalen einer genealogi- schen Untersuchung unterworfen werden, zugleich Sections-Ergebnisse über Hirn und Schädel und Bemerkungen von Klein und Tiedemann mitgelheilt sind. Drei Schädel von solchen „Aflfenköpfen“ werden noch im Naturalien- Cabinet in Stuttgart aufbewahrt. Ich selbst habe hier im Dorfe Roringen ohnfern Göttingen in einer Bauernfamilie von gesunden Eltern, zwei solche mikrocephalische Kinder gesehen. Das Mädchen von 20 Jahren, im geringeren Grade, konnte gehen und war sehr lebhaft. Der 13jährige Knabe sass immer im Schoosse seiner Mutter. Dieser starb seitdem. Die Section wurde nicht geslaltel. Auch der Vater, ein wohlhabender Bauer, galt iin Dorfe als etwas blöde und beschränkten Geistes, schien mir auch einen verhältnissmässig kleinen Kopf zu haben.

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vom Cretinismus verschieden ist. Ich will nur das eine Moment hinzufügen, dass die als bärenmässig zu bezeichnenden Momente den Crelinen bei den Mikrocephalen nicht vorzukommen scheinen. Die Bewegungen des von mir beschriebenen Mikrocephalus waren trippelnd, die Azteken aber bewegten sich lebhaft und hastig.

7. Mit der eigentlichen Mikrocephalie verbinden sich auch bestimmte Missgestaltungen des Gesichts, nehmlich Mikroprosopie, Prognathismus mit thierischer Verschiebung der Alveolartheile, affenartiges Näherrücken der Augen durch Verschmälerung des vordersten Schädelwirbelkörpers (J. Müller’s und mein Fall), Verkürzung des Augenhöhlendachs und deshalb froschartig vor- liegende Augen (die nehmlichen Fälle, die Azteken und der erste Fall Cru- veilhier’s).

8. Vielleicht bei der Mehrzahl der Mikrocephalen findet sich eine mehr weniger verbreitete vorzeitige Synostose der Schädelnähte (J. Müller’s Fälle, Bonn’s Fall, der erste Fall Cruveilhier’s, die Azteken (?), Baillarger’s Fall). Man könnte dadurch veranlasst werden, die Aetiologie der Mikrocephalie unmittelbar in’s Knochensystem zu verlegen, zumal wenn man darauf ein Gewicht legen dürfte, dass Baillarger in einem Walliser Dorfe im Jahre 1852 drei mikrocephalische Idioten sah, die nach Aussage der Mutter mit ganz hartem Schädel zur Welt gekommen waren. Der von mir beschriebene Fall, wo alle andren Nähte, mit Ausnahme der Schuppennähte, frei waren, beweist aber, dass die Synostosis suturarum wenigstens nicht als durchgrei- fendes ätiologisches Moment gelten kann, da man für diesen Fall nothwendig auf eine Gehirnstörung recurriren muss. Zur Annahme einer einfachen Atrophia cerebri in den ersigenannten Fällen ist man aber kaum berechtigt, unerachtet namentlich Cruveilhbier’s erster Fall (nicht aber der dritte) auf diese Deu- tung Anspruch machen könnte. Weit wahrscheinlicher wird man es finden müssen, dass durch einen hydrocephalischen Process, der in meinem Falle und in Cruveilhier’s drittem Falle unverkennbar war, die normale Ent- wickelung des Gehirns gehemmt wird und nur erst secundär das Knochen- system dem atrophischen Gehirne sich accommodirt, wobei die prämature Nahtsynostose, auch ohne Mitwirkung eines entzündlichen Processes, sich unschwer erklären lasst.

Material zu weiteren Forschungen über die Hirnbildung der

Mikrocephalen.

Vor längerer Zeit schon hatte ich in Henle und Pfeufer’s Zeitschrift für rationelle Medizin den angelegentlichen Wunsch ausgesprochen, man möge mich mit Zusendung von Material über Mikrocephalie oder wenigstens mit Nachrichten, wo solches zu finden, versehen. Diese öffentlich ausgesprochene Bitte blieb ganz unberücksichtigt. Auf meinen besondren Wunsch, den ich hie und da aussprach, gieng man entweder nicht ein oder machte Schwierig- keiten. Einer besondren Zuschrift von Herrn Prof. Koestlin in Stuttgart verdanke ich jedoch wenigstens die Zusendung des mir schon früher einmal durch Ob.Med.Rath Jaeger zugekommenen aber verloren gegangenen Auf- satzes über die Mikrocephalen in Plattenhardt. Endlich kam ich allmählich in den Besitz einiger weiteren Vergleichungs-Objekte, einen Schädel und einige Abgüsse von Gehirnen. So dürftig diess Material auch ist, so überzeugte ich mich doch bald, dass es mit Hinzuziehung des kleinen Materials an publi- zirten Abbildungen vollkommen hinreicht, gewisse allgemeine Fragen zu ent- scheiden und auf weitre Aufgaben, die doch zunächst nicht gelöst werden können, für die Zukunft aufmerksam zu machen. Ich unterliess es daher, mich weiter um Zusendungen umzuthun, werde mich auch hier in Bezug auf die Literatur begnügen, fast nur das Material herbeizuziehen, das mit guten Abbildungen versehen ist und dadurch eine Vergleichung des allein bis jetzt genügend beschriebenen Theile’schen Falles zulässt.

Die für mich wichtigsten Objekte sind zunächst vier Gyps-Ausgüsse von Schädelhöhlen von vier männlichen Mikrocephalen, die man dem Lebensalter nach alle zu den Erwachsenen zählen kann.

1. Von einem Mikrocephalus der Berliner Samınlung von 20 Jahren, bereits erwähnt und von Joh. Müller beschrieben. Wie ich in der Einlei-

2 *

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tung erwähnt, habe ich selbes von meinem verehrten Freunde, Herrn Prof. von Siebold in München erhalten, der es selbst wieder von J. Müller erhalten hatte. Es scheint eine Vervielfältigung desselben Gypsabgusses, den ich bei meiner jüngsten Anwesenheit in Berlin auf dem dortigen anatomischen Museum gesehen hatte. Hier befindet sich auch ungeölfnet (oder nur in den weichen Bedeckungen aufgeschnitten) der Kopf eines der dort verstorbenen sogenannten Azteken. Der Mikrocephalenschädel des montirten Skelelles, von dem der Gypsabguss genommen ist, hatte für mich eine höchst übereinstim- mende Aehnlichkeit mit dem des Theile’schen Mikrocephalus, den ich noch kurz vorher in Göllingen angesehen hatte. Namentlich überraschte die abge- rundete, embryonale Form der Fortsätze der Schädelknochen auf der inneren Seite der Basis cranii.

2. Etwas älter, 26 Jahre, ist der ausführlich beschriebene Theile’sche Mikrocephalus, dessen Ausguss auf Tab. IH. Fig. I. von oben, auf Tab. V. Fig. I. in Umrissen dargestellt is. Von diesem habe ich eine ganze Anzahl Ausgüsse machen lassen, theils zum Tausch, theils um durch Wägen derselben Versuche anzustellen, in wie weit solche Ausgüsse etwa zur Bestimmung des Hirngewichts anwendbar seyen. Diese Ausgüsse fallen jedoch in dem Ge- wichte der einzelnen Exemplare so ungleich aus, dass sie ohne grosse Cor- rektionen gar nicht benutzt werden können }).

3. Es folgt nun der Gypsausguss unsres 31jährigen Göttinger Mikro- cephalus. Diesen Schädel hat Blumenbach im Jahre 1813 abgebildet, aber nicht weiter beschrieben und es befindet sich derselbe in der Blumenbach-- schen Sammlung zugleich mit einem Actenstücke, dem Briefe eines Wundarztes in Bückeburg und mit der Aufschrift von Blumenbach'’s eigner Hand: Schädel des 3ljährigen Thiermenschen von Bückeburg 1812).

1) Vgl. das Nähere in dem: Berichte über die Versammlung des Vereins von An- thropologen in Göllingen von K. E. von Baer und R. Wagner. Leipzig 1861. S. 41.

2) In der Abhandlung: de anomalis et vitiosis quibusdam nisus formalivi aber- rationibus. Goett. 1813. 4. Aus den Commentat. Soc. Scientiar. Goelt. recentior. Vol.U. Leider ist die Schädelansicht, wie so oft beiBlumenbach, nicht rein von einer Seite, sondern halbprofil. Professor Foerster hat in seinem Atlas

53 4. Der in der Einleitung erwähnte Schädel eines 44jährigen Mikroce- phalus des Meckel’schen Museums, durch gütige Vermittelung des Prof.

über Misbildungen eine sehr verkleinerte reine Profilansicht des Schädels gege- ben, den ich in dem Sagiltaldurchmesser durchschneiden liess.

Ich entnehme Folgendes aus dem Begleiteschreiben in der Blumenbach'- schen Sammlung. „Conrad Schüttelndreyer wurde als der eheliche Sohn eines Bergmanns 1750 in Nienstädt geboren. Von dem Gesundheitszustand etc. der Eltern ist nichts gesagt. Von der Mutter wird erzählt, ‚dass sie sich wäh- rend der Schwangerschaft an einem Bärer- und Affentanz versehen habe. Conrad war der jüngste von 6 Geschwistern; 1 Bruder 3 Schwestern lebten noch bei seinem Tode und waren geistig und körperlich gesund. Er war von mittel- mässiger Statur, von Knochenbau schwach, Rückgrat nach aussen convex, doch nicht schief gekrümmt, Arme sehr lang; Hautfarbe bräunlich, kleine Augen, blond, auffallend wenig Barthaare. Beständig ragte die Spitze der Zunge aus dem Munde, wie er denn unaufhörlich geiferte. Gang etwas geschwind, mit vorhängendem Kopfe und vorwärts gestreckten Händen. Sein ganzes Aeussere glich sehr dem Simia troglodytes in Bertuchs Bilderbuch. Er hatte einen sehr starken Appetit und verschlang alles, was arme Landleute gewöhnlich zu essen pflegen mit grosser Begierde. Eine besondere Vorliebe für diese oder jene Speise zeigte er nicht. Er ass sehr geschwind und zwar mit einem Löffel, aber so ungeschickt, dass ihm gewöhnlich ein Theil der Speisen wieder aus dem Löffel fiel, den er dann mit der andren Hand, selbst von der Erde aufraffte und in den Mund steckte. Gewöhnlich wurde er daher von andren gefüttert. Auch beim Essen lief ihm der Speichel beständig aus dem Munde. Er hatte eine sehr heflige Gemüthsart, wurde leicht böse, vergass aber auch die Belei- digungen leicht wieder. Wenn er böse war, stiess er laute, unartikulirte Laute aus, rannte auch wohl mit dem Kopfe gegen die Wand. Zorn und Furcht vor Strafe und eine Art Menschenscheu gab er auf eine ganz eigene Weise zu er- kennen. Zuweilen, aber sehr selten, verrieth er Regungen von Geschlechtstrieb. Ein einziges Mal schien er bei der Ehefrau seines Bruders Gewalt brauchen zu wollen, um seinen Trieb zu befriedigen. Es fasste sie bei den Haaren und umarmte sie mit grosser Heftigkeit, wurde aber durch das Geschrei der Frau und durch hinzukommende Personen gestört. Er war nicht im geringsten ge- lehrig. Er konnte sich weder an- noch ausziehen, die Stubenthüre nicht zu- machen, doch verstand er sie zu öffnen. Seine Nothdurft verrichtete er, wo er gieng, stand oder lag, musste deshalb fast jeden Morgen gereinigt werden und trug eben darum gewöhnlich keine Beinkleider. Sprechen konnte er gar

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Welcker, der sowohl seines Alters wegen, als deshalb sehr interessant war, weil er grösser und geräumiger als die andern Schädel auch ein etwas bes-

nicht; sondern gab blos unverständliche thierische Laute von sich, die dem grellen Blöken eines Kalbes glichen. Manchmal antwortete er auf Fragen, z.B. ob er noch etwas essen wolle, mit Kopfnicken oder Schütteln. Seine Angehö- rigen sagen, er habe folgende Wörter, die er wahrscheinlich oft sehr accentuirt gehört hatte, wiewohl sehr unverständlich ausgesprochen: Teufel, Donnerwetter, Schwere Noth, Narr. Im Sommer hielt er sich auf dem freien Platze vor der Wohnung seines Bruders auf, besah neugierig die Vorübergehenden, versuchte auch wohl mit kleinen Kindern zu spielen und ihnen nachzulaufen, that ihnen aber nie etwas zu Leide. Im Herbste kletterte er wohl auch auf niedrige Obst- bäume und verzehrte das Obst, auch wenn es ganz unreif war. Im Winter sass er gewöhnlich hinter dem Ofen und zerriss altes Papier oder schlechte Linnenlappen in kleine Stücke, welches seine liebste Beschäftigung war. Von Jugend auf ist er sehr gesund gewesen und hat nie eine eigentliche Krankheit gehabt. Wahrscheinlich würde er ein hohes Alter erreicht haben, wenn nicht ein Unfall sein Leben verkürzt hätte. So lange seine Mutter lebte, wollte ihn diese nicht von sich lassen. Nach dem Tode derselben hielt aber sein Bruder darum an, dass der Unglückliche auf das Pflegehaus in Bückeburg aufgenommen werden möchte. Diess geschah auch und er lebte daselbst nach seiner Art bei sehr ordentlicher Wartung ganz vergnügt mehrere Wochen. Im Anfang des Winters hatte er sich wahrscheinlich zu nahe an den heissen Ofen gestellt, der Rock war ihm hinten angebrannt, die Gluth war ihm bis auf die Haut gedrun- gen und nun hatte er sich auf seinen Strohsack geworfen, der ebenfalls ange- brannt war. Der Aufwärter kam zufällig herauf (denn geschrieen soll der Verbrannte gar nicht haben), löscht das Feuer und da er die grosse Brandwunde sieht, schickt er sogleich zum Landchirurgus. Dieser fand auf den Hinterbacken eine Brandwunde von der Grösse eines Quartblatis, die Muskeln waren entblösst auch das Scrotum war sehr verbrannt. Der Kranke liess sich geduldig ver- binden und gab, was sehr merkwürdig ist, während der ganzen Behandlung, die 14 Tage dauerte, kein Zeichen des Schmerzes von sich; auf alle Fragen antwortete er mit seinem gewöhnlichen Blöken. In den ersten Tagen ass er mit sehr grossem Appetit. Als aber hernach sich ein äusserst heftiges Entzün- dungsfieber einstellle und die Eiterung sehr stark ward, wollte er nichts mehr geniessen und starb so an Entkräftung den Isten December 1511 in einem Alter von 31 Jahren und 7 Monaten.“

Ich habe diesen einfachen aber recht instructiven Bericht hier wiedergegeben,

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ser entwickeltes Gehirn zeigte. Der Ausguss, den ich fertigen liess, liess unter allen Ausgüssen den Verlauf der Hirnwindungen am besten erkennen.

Ich werde diese vier Ausgüsse unter dem Namen des Berliner, Jenaer, Göttinger, Halle’schen Mikrocephalen anführen.

Sandifort bildet in dem vierten Bande seines kostbaren Atlasses: Museum anatomicum academiae Lugduno-Batavae auf Tab. CXC (Vol. IV. Tab. LXII.) den Schädel eines solchen Mikrocephalus in mehreren guten An- sichten ab, als Cranium juvenis viginti annorum, amentis atque ferocis, cujus conceptaculum cerebri nec debitam formam, nec naturalem magnitudinem ac- quisivit, licet organa manducationis atque in genere omnia faciei ossa bene evoluta sint!).

Dieser Schädel gleicht insofern dem Gölittinger sehr, als, ganz wie bei mittelalten Orangs und Chimpanses, die bogenförmigen Leisten, ohne in einen Kamm auf dem Scheitel zu confluiren (wo sie vielmehr in der grössten An- näherung noch über einen Zoll getrennt bleiben), doch sehr stark erhabene Leisten für den Ansatz des Schläfenmuskels bilden. Die Schuppennaht ist hier vollkommen erhalten, aber die drei andern Nähte der Schädelwölbung „fere omnes desiderantur.“ Das Gehirn auf der folgenden Tafel, obwohl in mehr- fachen Ansichten doch nur unvollkommen dargestellt, zeigt grosse Aehnlich- keit mit unserer Abbildung auf Tab. II. Auch hier überragt das kleine Ge- hirn das grosse; die Windungen der Hemisphären sind sparsam, dick, einfach, die Hinterlappen und Scheitellappenwindungen relativ am wenigsten ent- wickelt. Kleines Gehirn, verlängertes Mark, Brücke und Grosshirnschenkel

weil derselbe mit geringeren Modifikationen auf alle Fälle von beträchtlicher Hirnarmuth anwendbar ist, wo das Gangvermögen- (wahrscheinlich in Folge des anatomisch wenig alterirten Kleinhirn-Apparats) erhalten ist. Sehr charakteristisch sind die bei Irren, insbesondre Blödsinnigen vorkommenden Erscheinungen des Zupfens von Papierstücken, der Unempfindlichkeit für Schmerzen u. s.w., wor- über Griesinger in der vortrefflichen neuen Auflage seiner Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten anziehende Beleuchtungen und Zusammen- stellungen bringt. Ungerne vermisst man im Berichte die Angabe über die Beschaffenheit der Genitalien. Der oben bezeichnete Anfall seiner Schwägerin würde dann eine sicherere Erklärung zulassen.

l) Dieser 20jährige Mikrocephalus ist schon früher von Bonn beschrieben worden.

56 eher etwas mehr, aber nahe zu von sehr gleicher Entwicklung mit dem Je- naer; wie es scheint im Wesentlichen ganz von gleichem Typus mit diesem» doch ist in dem Sandifort'schen der Balken noch kleiner, dagegen ein septum pellucidum zwischen diesem und dem besser entwickelten Gewölbe vorhanden. Vorzüglich sind, wie immer, die Abbildungen bei Leuret von Gratio- let. Auf Tab. XXIV des cilirten Werkes giebt derselbe in der Profilansicht das Gehirn eines 4jährigen mikrocephalen Mädchens, das er von Giraldes erhielt und das ich eben auch, da es von einem weiblichen Individuum her- rührt, in Umrissen auf Tab. V. copiren liess. Mehr alienirt, wie auch an- gegeben, erscheint das Gehirn eines männlichen Mikrocephalus auf Pl. XXXI. immer aber wegen seines Details interessant, weil es die grosse Ueberein- stimmung aller mikrocephalen Gehirne unter einander zeigt, namentlich wenn sie von annähernd gleicher Grösse sind. Als Basis weiterer Vergleiche gebe ich hier zuerst eine Anzahl Mes-

sungen verschiedener Gypsausgüsse der Schädelhöhlen !)

Länge Breite Höhe des grossen Gehirns in Millimetern

Eine 2, 6 0- E aan a3 BAAR A GE 1. 141 125 2. Normaler Deutscher 168 131 125 5. Kiaeuse ’.E: N „4168 143 116 Aw TRisser 1%, EWR PR FENT 131 120 d. Neger von Darfur . 175 128 115

1) Vgl. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellsch. d. Wissensch. 1561. Nro. 0. InBetreff der Horizontale (über deren schwierige Bestimmung am Schädel u.s. w. der mehrfach citirte Bericht von K. E. v. Baer und mir zu vergleichen ist) und des darauf gegründeten Höhendurchmessers ist hier das Gehirn als auf die Basis gelegt zu betrachten, die Horizontale von der Spitze der Stirn- zum Occipitallappen, zugleich dem längsten Durchmesser des Balkens entsprechend, gezogen. So fällt die grösste Höhe gewöhnlich ziemlich in die Mitte der Horizontallinie, wobei die Senkrechte unten vor den vorderen Rand der Brücke zwischen den Anfang der Grosshirnschenkel fällt, die grösste Breite meist unterhalb der Parietalhöcker. Die Länge geht von der Spitze der Stirnlappen zu der der Hinterhauptslappen.

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Länge Breite Höhe des grossen Gehirns in Millimetern.

6. 44jähr. Microceph. 121 96 a TIaSEN, Y 102 66 7 8 RD, N 101 65 73 d.7. 20: ,, nr 118 90 69

10. Alter Orangutang . 101 108 37.

Diese drei Durchmesser geben natürlich, wegen der ganzen Körperform des Gehirns, nur einen annähernden Maassstab für die Entwickelung der He- misphären, welche jedoch für unsre Zwecke völlig genügt.

Es wurde hier ein eminent intelligentes Gehirn (Gauss) mit einem schön gebauten Gehirn eines gewöhnlichen deutschen Dolichocephalen (Braunschwei- ger, Landsmann von Gauss) zusammengestellt. Ein charakteristischer Klein- Russe dient als Typus eines Brachycephalen, Tunguse und Neger als typische asialische und africanische Dolichocephalen.

Ich gebe hier noch eine Vergleichung des grössten Querdurchmessers des kleinen Gehirns von einigen der Ausgüsse:

Kanals Feet 447 Mm, Deutscher - 1“ 11% #141, 108 44jähriger Mikroceph. . 85 Bkınıy 1 “nm 82 RG, 4, M m BD Y nat Orang-Utang . . . . 86

Vergleicht man die vier Mikrocephalen, so zeigt sich eine überraschende Aehnlichkeit im ganzen Typus. Ueberall springt das kleine Gehirn beträchtlich über die Spitzen der Hinterlappen der Hemisphären hervor, nur bei dem Ber- liner (20jährigen) liegen beide hinten in ziemlich gleicher Ebene. Am stärk- sten zeigt sich das kleine Gehirn entwickelt und vorspringend bei dem Bücke- burger 31jährigen. Beim Orang-Utang überragt das grosse Hirn das kleine Gehirn um etwa 8 Mm., beim neugebornen Kinde um 20 Mm. Bei Gauss überragen die Spitzen der Hinterlappen ebenfalls beträchtlicher das kleine Ge- hirn als bei dem andren Deutschen. Bei keiner Menschenrasse, auch nicht

ie)

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den brachycephalen Russen, finde ich (gegen Retzius) ein Vorspringen des kleinen Gehirns über die Hinterhauptslappen.

Die grosse Abflachung am Schädel fast aller exquisiter Mikrocephalen an der Hinterhauptsschuppe rührt von den wenig entwickelten Hinterlappen her. Gleichmässig bei allen vier mir vorliegenden Ausgüssen fällt die ungemein ge- ringe Entwickelung der Hinterlappen und hinteren Parthieen der Scheitellap- pen auf. Am stärksten erscheinen hier die Defecte bei dem Bückeburger. Hier und bei dem Berliner sind auch die Windungen mehr atrophisch, weniger einzelne Hügel bildend, was bei dem Jenenser und Hallenser mehr der Fall ist. Diess gilt eben so auch für die Stirnlappenwindungen. Am günstigsten für alle Windungszüge ist hier der Hallesche Abguss, an dem sich auch wirk- lich die Hauptwindungszüge am Stirnlappen, Schläfelappen und den Scheitel- höckerzügen des Parietallappens unterscheiden lassen. Hier war der Klapp- deckel gebildet; man unterscheidet hintere und vordere Verlängerung der Syl- vischen Spalte.

Es ist sehr schade, dass von dem Halle’schen Mikrocephalus keine Le- bensgeschichte aufzutreiben ist. Er müsste nach der grösseren Hirnmasse in- telligenter gewesen seyn als der Jenenser und Bückeburger. Es sind auch hier die juga an der Orbitalplaite stärker entwickelt und der Schädel zeigt am Keilbein u. s. w. nicht die embryonale Abrundung der Fortsätze, wie der Je- nenser und Berliner. Von den Nähten sind Sutura coronalis, squamosa und lambdoidea äusserlich vorhanden, an der Innenfläche effacirt. Pfeilnaht ist äusserlich und innerlich verwisch. Das planum für die Ausbreitung des Schläfenmuskels ist gross, aber die bogenförmigen Linien erheben sich nicht in Leisten, wie öfters bei Mikrocephalen.

Eine grosse Aehnlichkeit, insbesondere in der Verkümmerung der Hin- terlappen und des hintern Theils der Parietallappen, Vereinfachung der Win- dungen, auch der Stirnlappen, Vorsprung des kleinen Gehirns über die Hin- terlappen des grossen zeigt sich auch in den Abbildungen von Sandifort und Gratiolet. Eine vergleichende Betrachtung der Profilansichten auf Tab. V. mit denen auf Tab. II. und mit Gauss etc. auf den Tafeln der er- sten Abhandlung wird hier besser seyn, als eine ausführliche Beschreibung. Ich habe die Copie der Gratiolet’schen Figur nach meiner Terminologie bezifert.

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Interessant war mir hier in dieser Hinsicht noch das Idiotengehirn in dem Atlas von Lebert. Pl. IX., das freilich viel günstiger in Stirn und vor- dern Theil des Parietallappens entwickelt ist, als die eben genannten. Hier betrifft die Atrophie vorzüglich die hinteren Parietal- und oberen Oceipital- windungen, aber es ist doch die Stelle, welche bei den mir zugänglichen Ab- güssen und Abbildungen vorzugsweise betroffen sind.

Als ein plastisches Beispiel, wie leicht man dagegen die angebliche Aehnlichkeit der Affengehirne mit den mikrocephalen Gehirnen überschätzen könne, zeigen solche Darstellungen, wie die folgenden.

Vrolik und Schroeder van der-Kolk haben, wie bereits ange- führt, eine ausgeführte Ansicht des Gehirns vom Chimpanse von oben und von der Seite gegeben !). Vergleicht man nun diese Abbildung mit der von mir Tab. IH. gegebenen des Jenenser Mikrocephalus, so tritt für den Beschauer, insbesondre den Laien, aber selbst für den kundigen Anatomen, eine so über- raschende Aehnlichkeit beider Formen hervor, dass man frappirt wird. Diese Aehnlichkeit wird erhöht durch die abgeplattete Form der Profilansicht in Folge der Aufbewahrung. Nur die grosse Hinterspalte fällt auch hier im Chimpanse- gehirn sogleich auf und fehlt im Mikrocephalus. Alles liegt daran, dass in der Abbildung der Holländischen Anatomen das kleine Gehirn nicht in seiner normalen Lage, sondern bei der Herausnahme aus dem Schädel, weit nach hinten vorgezogen ist, auch die Hinterlappen des grossen Gehirns zu sehr divergiren. Dagegen dürften vielleicht die Stirnlappenwindungen selbst etwas genauer und normaler gegeben seyn, als in der von mir copirten Figur von Gratiolet, wenn ich nemlich andre (zum Theil photographirte) Chimpanse- gehirne damit vergleiche. |

Ueberraschend wird wirklich hier die Aehnlichkeit zwischen Mikrocepha- lus und Chimpanse in der Einfachheit, Gestrecktheit und Dicke der Stirn- und beiden Centralwindungen. |

Man kann also wieder sagen: In dem Maasse als das Mikrocephalen-

l) Gratiolet hat auf seiner Chimpansetafel davon eine Copie gegeben, ebenso Huschke in seinem Werke Tab. IV. Fig. 6 und 7. leider aber ohne Kleinhirn, wodurch die Aehnlichkeit, die oben bezeichnet wurde, geringer erscheint.

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gehirn vorne den Typus der anthropoiden Affen annimmt, verliert es densel- ben gerade hinten im grossen Gehirne, während in der Lage des kleinen Ge- hirns normales Menschengehirn und Chimpanse- (wie Orang-Utang) Gehirn sich wieder gleichen und beide vom Mikrocephalen abweichen.

Oder mit andren Worten: Mikrocephalen- und Alfengehirn werden sich im Ganzen nicht ähnlicher durch die Verkümmerung des Menschengehirns, sondern hinten entschieden unähnlicher als es beide schon von vorne herein sind. Die Veräbnlichung im vorderen Theile hat aber ihren Grund darinnen, dass das Mikrocephalengehirn im Stirntheile in jenem früheren Bildungsstande verharrt, wo das menschliche Embryonalgehirn noch weniger entwickelte Win- dungen und weniger Furchen hat, wie diess bei den Affengehirnen immer der Fall ist ?).

So sparsam auch die Thatsachen sind, welche bis jetzt aus der patho- logischen Anatomie über die Genesis und Natur der Mikrocephalie vorliegen, so sind dieselben doch schon genügend, um gewisse Hauptpunkte fest zu stellen.

Zuerst erscheint es mir höchst wahrscheinlich, dass die bei den Patho- logen und pathologischen Anatomen schwankenden und getheilten Ansichten?), wornach die Mikrocephalie ihren nächsten Grund bald primär in dem Zurück- bleiben der Entwickelung des Gehirns ihren Grund hat, bald aber von einer allzufrühen Verknöcherung der Schädelknochen, einer zu frühen Ver- wachsung der Nähte, einer vorzeitigen Synostose der Schädelwirbelkörper am Basilartheile haben soll, nicht richtig sind. Dafür scheint mir zu sprechen,

!) Hier auf den Streit zwischen Owen und Huxley, der so berühmt geworden ist, weiter einzugehen, ist hier nicht meine Aufgabe, wo ich den Bau der in- neren Hirntheile überhaupt nicht behandle. Im Uebrigen verweise ich auf den mehrfach eitirten Anthropologenversammlungsbericht von Baer und mir. Eben so hat Gratiolet in einem Aufsatze, der wohl nur der Vorläufer eines grösseren über Mikrocephalie ist, sich über das Verhältniss der menschlichen Mikrocephalengehirne zu den Affengehirnen ausgesprochen. Memoires de la Soc. d’Anthropol. de Paris. Tome I. 1860 p. 64. Ich habe einen vollständigen Auszug daraus in Troschel’s Archiv für Naturgeschichte Jahrg. 1861 Bd. I. S. 63 gegeben, worauf ich verweise.

2) Foerster, Handbuch der speziellen pathol. Anatomie. Leipzig 1854. S. 406.

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dass bei den Mikrocephalen oft nur sehr partielle Synostose in den Nähten etc. vorkommt!) und dass wir sehr häufig Nathverschmelzungen in grosser Aus- dehnung finden, wie bei den Scaphocephalen, Pyrgocephalen, wo die dadurch hervorgerufenen Verengerungen des Schädelgewölbes durch Erweiterungen nach einer anderen Richtung compensirt werden.

So sparsam unsre Kenntniss der palhologischen Erscheinungen in den Hirntheilen der Mikrocephalen auch noch ist, so finden wir doch deutliche Spuren von inflammatorischen Prozessen, Verdickungen des Ependymas, Ver- wachsungen einzelner Spalten und Windungen, wie sie Theile bereits an- gegeben hat und ich oben erwähnte. In der Mittheilung von Jaeger über die hirnarmen Kinder in Würtemberg sind die Ergebnisse einer Section, die Klein anstellte, angeführt. Sie betreffen einen 10jährigen Mikrocephalen. Hier waren die Sehhügel in ihrer ganzen Länge und Masse innig mit einan- der verwachsen, die dritte Hirnhöhle völlig verschwunden, eben so die vierte Hirnhöhle 2).

Alles deutet darauf hin, dass hier im Innern des Gehirns in einer frühen Fötalperiode, wo sich die inneren Hirntheile ausbilden, inflammatorische Pro- zesse thälig waren.

Die ungemeine Uebereinstimmung von 7 oder 8 Mikrocephalengehirnen darin, dass die Atrophie der Windungen und Massen überall vorzugsweise die hinteren Lappen und hinteren Theile der Scheitellappen betrifft, sprechen dafür, dass der Prozess in eine Periode fällt, wo diese überhaupt noch am we- nigsten entwickelt sind, während Stirn- und Schläfenlappen schon deutlicher sich darstellen.

Ich halte daher für wahrscheinlich, dass wir es hier mit einer Hem- mungsbildung zu thun haben, dass aber wie immer nicht blos ein Stehenbleiben

I) Auch an dem Bückeburger Idioten, wo die bogenförmigen Linien sehr stark entwickelt sind, ist nur die Sagittalnaht effacirt.

2) Dass hier gesagt ist: „an den Windungen war, ohne ein andres Gehirn damit vergleichen zu können, keine Abänderung zu bemerken“ will nicht viel besagen. Man kannte dazumal die Windungen noch nicht so wie jetzt und war nicht orientirt. Sonst waren noch andre Theile im Gehirn alienirt, z.B. der Acervulus fehlte, der in andern Fällen (s. oben) reichlich war. Inconstante Verhältnisse.

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auf einer früheren Bildungsstufe bei den Bildungshemmungen, sondern unter Mitwirkung von pathologischen Prozessen zugleich eine durch veränderte Er- nährung verhinderte normale Entwickelung sich zeigt, die sich in verschiede- nem Grade in verschiedenen Hirntheilen ausspricht. Die Hemisphären leiden am meisten; die Windungsbildung bleibt unvollkommen. Im geringeren Grade bleibt der Bezirk des kleinen Gehirns gegen das grosse zurück. |

Das Interessante ist gerade, dass sich hier, wie in der ganzen Ent- wickelungsgeschichte, die Schädelkapsel abhängig zeigt vom Wachsthum des Gehirns und die Form von diesem, nicht umgekehrt annimmt. Platzen die embryonalen Hirnblasen frübzeitig, so kann eine Zerstörung des ganzen Gehirns oder bald in grösserer bald geringerer Ausdehnung eintreten: Anencephalie. Dann bildet sich keine knöcherne Schädelkapsel: Solche Früchte können bekannt- lich, wenn das verlängerte Mark vorhanden ist, Stunden und Tage leben und Saug- und Schling-Bewegungen machen. Bleiben die Wände der Hirnblasen, aber die Flüssigkeit der Höhlen vermehrt sich; kommen stärkere Secretionen, so können sich die Hirntheile entwickeln, die Hemisphären sich ausbilden, aber der Verknöcherungsprocess bleibt unvollkommen, die Schädelknochen bleiben dünner, die Fontanellen und Nähte schliessen sich nicht, es bilden sich viele Ossa wormiana u. Ss. w.

Beschränkt sich der exsudalive Process frühzeitig, bilden sich die in- flammatorischen Erscheinungen zurück, so hindern die Reste derselben, die Verwachsungen u. s. w. die vollkommene oder weitere Ausbildung aller Hirn- theile, insbesondre des grossen Gehirns und so entstehen die Mikrocephalen.

Von ausserordentlichem Interesse scheint aber gerade auch hier der Ein- fluss der mangelhaften Hirnentwickelung und die Störung der Ausbildung der Centraltheile auf andre Organe, namentlich auf die’ Geschlechts-Organe, welche am meisten zurückzubleiben scheinen, so dass in der Regel keine eigentliche Pubertät eintritt. Bei dem 10jährigen Stuttgarter Mikrocephalus wird aus- drücklich angegeben, dass der Kopf und die Zeugungstheile wie bei einem neugeborenen Kinde waren, das Glied kaum 11, Zoll lang, der Hodensack ganz klein und der rechte Hode, so wie der linke, welcher noch zwischen dem äusseren und inneren Bauchring steckte, hatte die Grösse einer kleinen Bohne.

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Die meisten Mikrocephalen sterben frühzeitig. Alle wachsen langsam und spät. Viele behalten ihre kindlichen und selbst embryonalen Formen für immer. Nie erlangen sie eine vollkommene körperliche Entwickelung. Bei starker Hirnarmuth entwickeln sich die höheren psychischen Thätigkeiten nie- mals Sie sind nicht erziehungsfähig. Die Sprache beschränkt sich höchstens auf ein papageyartiges Nachbilden einzelner oft gehörter Worte. Dabei sind sie der höheren Sinne, wenigstens des Gehörs und Gesichts, mächtig. Wahr- scheinlich mangelt der Geruch, da die Riechnerven (auch im Stuttgarter Fall waren die Riechkolben ausserordentlich klein) und die Parthieen des Siebbeins sehr verkümmert sind. Die Perception der Hautempfindungen ist höchst un- vollkommen, daher keine Reaction gegen die sonst schmerzhaftesten Verletzun- gen. Dabei können die Bewegungen, wenn auch oft gestört, einen leidlichen Grad von Vollkoımmenheit erlangen und das beträchtliche Alter, das die Mi- krocephalen zuweilen erreichen, der Besitz selbst einer vollkommenen Gesundheit, zeigt, dass die Organe der Verdauung, der Absonderung, der Athmung, des Kreislaufs in vollständiger Norm sich ausbilden können. Dagegen scheinen Ge- hirn und Genitalien in einem grösseren gegenseitigen Abhängigkeitsverhältniss (— die abnorme Grösse der Genitalien bei Cretins gehört nicht hieher; Cre- tinismus und Mikrocephalie sind verschiedene Dinge) zu stehen. Die mangelhafte Entwickelung der Geschlechtstheile, die Abwesenheit von Ge- schlechtstrieb denn auch die oben erwähnte zudringliche Umarmung des 31jährigen Mikrocephalen ist vielleicht einer andren Erklärung fähig sprechen für dieses Abhängigkeitsverhältniss oder für die Entwickelungs-Coincidenz, wie sie auch in der normalen Pubertätsentwickelung statt findet.

Bei einem Stehenbleiben der psychischen Entwickelung noch unter der Stufe vieler Thiere nähern sıch doch die Mikrocephalen in keiner Weise dem Alfentypus anders, als in so ferne bei einem Zurückbleiben auf embryonaler Bildungsstufe und in gewissen beharrlichen typischen Affenbildungen Aehnlich- keiten statt finden, welche weit entfernt sind von Gleichheit. In allen kör- perlichen Bildungen der Mikrocephalen ist der menschliche Typus nachweisbar.

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Späterer Zusatz.

Zu vorstehendem Abschnitte.

Nachdem die vorstehenden Betrachtungen schon abgeschlossen waren, erhielt ich durch die Güte meines verehrten Freundes und früheren Collegen des Professors Förster in Würzburg noch weiter einiges Material, so wie einige literarische Nachweisungen über Mikrocephalie. Derselbe hatte die Gefälligkeit, mir den exquisiten Mikrocephalenschädel der 33jährigen Margarethe Mähler von Rieneck aus der Würzburger pathologischen Sammlung zur Ansicht und Vergleichung mit den übrigen mir zu Ge- bote stehenden Schädeln zuzusenden. Es war mir derselbe um so interes- santer, als ich noch keinen weiblichen Mikrocephalenschädel gesehen hatte und deshalb, weil über dieses hirnarme Geschöpf schon nähere Nachrich- ten gegeben worden waren !). Ich verweise auf die entsprechenden Citate und füge nur bei, was Dr. Schröder aus der Krankengeschichte erwähnt und Virchow aus den Lebensumständen anführt. Dieser sagt: „In Rieneck besuchten wir die ihres traurigen Geschickes wegen in Unterfranken berühmte Familie Mähler, von welcher schon erwähnt ist, dass die eine cretinistische Tochter in den letzten Jahren gestorben ist. Vater und Mutter, die wir beide sahen, sind vollständig gesund; letztre insbesondre ist eine grosse, gut gebildete Frau ohne Kropf aus dem Nachbarorte Schoippach und auch in ihrer Familie soll nichts ähnliches vorkommen.... Sie ist ganz stupid und unbehülfliich, geht mühsam mit gekrümmten Knieen, kann nicht selber essen, nicht sprechen, hört dagegen ziemlich gut, giebt ein kreischendes

1) Virchow gesammelte Abhandlungen $S. 947. Mit einem Holzschnitt: die ganze Person darstellend. Einen Sectionsbericht und eine Beschreibung des Schä- dels, so wie einige Mittheilungen über die Lebensumstände gab Dr. Otto Schröder in Hedemünden in Virchow’s Archiv Bd. XX. $.358. Abgebildet in verkleinertem Maassstabe ist der Schädel in Förster’s vortrefflichem Werke über die Missbildungen Tab. XVII. Fig. 3 —5.

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Geschrei von sich, freut sich leicht und zeigt ein gewisses Schamgefühl.« Als Virchow diese Person sah, war sie 24 Jahre alt. Dr. Schröder untersuchte den Leichnam nach dem Tode, der im 33sten Jabre in Folge einer katarrhalischen Bronchitis und eines akuten Lungenödems eintrat, wie sich aus der anatomischen Diagnose ergab, nachdem die Kranke 3 Wochen an Husten, Erbrechen und Öhnmachten gelitten. Der Geruchsinn soll ihr gefehlt haben, Gehirn, Gesicht und Gefühl für Kälte waren sehr fein; war sie Nachts im Bette aufgedeckt, so machte sie Lärmen; sie kroch so nahe als möglich an den warmen Ofen und verbrannte sich oft, ohne dass sie es merkte, auch äusserie sie während der Heilung ihrer Brandwunden wenig Schmerzen; statt der Sprache gab sie nur kreischendes Geschrei von sich, freute sich leicht und zeigte ein gewisses Schamgefühl; bezüglich ihrer gei- stigen Fakultäten gehört sie dem höchsten Grade des Cretinismus an; sie konnte nicht selber essen, verunreinigte stets ihr Lager; sie gieng mit ge- krümmten Knieen auf dem halben Vorderfusse, mit vorne übergebeugtem Öberleibe, häufig auch mit Zuhülfenahme beider Arme; zu Bette musste sie gebracht werden, aus dem Bette stieg sie gewöhnlich ohne Beihülfe. Das Mädchen war im 2Usten Jahre menstruirt. Vater und Mutter, so wie zwei Geschwister der Cretine sind gesund und wohlgebildet; ersterer aus Rienek, letztere aus dem dazu gehörigen Scheippach; beide Geschwister haben im- mense Kröpfe; eine Tochter, älter als die beschriebene, übrigens weniger deform, haben sie schon vor mehreren Jahren verloren.«

Ich finde am Schädel alle Näthe erhalten, rechts auch die Schuppennath, welche jedoch links effacirt ist. Auch hier ist die embryonale abgerundete Form der Knochen und Fortsätze auf der Basis sehr auffallend, wie bei Hydro- cephalen, und die Siebbeinplatte überaus klein.

Am Schädelausguss finde ich folgendes Bemerkenswerthe:

Der erste Blick zeigt sogleich die ungemeine Uebereinstimmung in der ganzen Bildung des Gehirns dieser Microcephala mit den 3 Gehirnen des Göl- tinger (Bückeburger), Jenenser und Berliner Mikrocephalen, ist jedoch nach den Dimensionen das für die Massenverhältnisse des grossen Gehirns am un- günsligsten entwickelte. Es ist noch kürzer, aber etwas breiter und zeigt

mit Rücksicht auf die Messungen der Tabelle S. 57: g

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Länge Breite Höhe g90rm 95 56.

Nächst dem Bückeburger zeigt sich hier die stärkste Ueberragung des ver- hältnissmässig ansehnlichen kleinen Gehirns über die hintern Lappen des grossen. Die Breite des kleinen Gehirns beträgt 77””. Auch hier ist wieder die Ver- kümmerung der hintern Theile der Parietallappen und die ganz mangelhafte Entwickelung der Oceipitallappen das Charakteristische. Die Einförmigkeit der Typen der stärksten Mikrocephalen ist bei beiden Geschlechtern so gross, dass ıch nunmehr vorläufig an meinem Material ganz befriedigt bin und kaum ein Bedürfniss fühle, noch weitere Mikrocephalschädel zu untersuchen. Auffallend war mir jedoch, was ich noch bemerken will, die schnabelförmige Verlänge- rung der vorderen Lappen am Abguss beim Uebergang in die Riechnerven, was bei den andren mikrocephalen Ausgüssen gar nicht, nur einigermassen bei dem Bückeburger vorkommt, dagegen sehr slark beim Orang-Utang der Fall ist. Diess rührt von der tiefen Einsenkung der Siebplatte am Schädel her, um welche sich die glatten, stark konvexen nicht mit juga cerebralia versehenen Orbitalplalten des Stirnbeins und die aufgetriebene, wulslige Fläche des vorderen Keilbeins vor dem Saltel wulstförmig erhoben, so dass das Siebbein hier in einem tiefen Thale mit schmaler Platte und niederem Kamme eingebettet liegt, also auch hier Verkümmerung der Riechnerven statt findet. Die Windungen sind, wie bei den übrigen wenig zahlreich, breit und ansehn- lich; besonders deutlich lassen sich die Centralwindungen nachweisen. Dem- nach muss ich auch hier eine Hemmungsbildung als Grundmoment der ganzen pathologischen Conformalion, einen Beginn des Leidens in einer schon sehr frühen Foetalperiode annehmen.

Nach allem, was ich also hier wieder am Schädel und Ausguss finde, muss ich als allgemeines Gesetz aussprechen: dass ein Stehenbleiben auf einer früberen Bildungsstufe der Hirnentwickelung vorhanden, ein Eintritt der Krank- heit im 3ten oder 4len Monat wahrscheinlich, die Mikrocephalie ein primäres Hirnleiden ist, welche Ansicht auch mit der des Dr. Schröder im Einklange steht, welcher a.a. 0. S. 368 sagt:

„Der Fall wäre somit eine der selteneren Mikrocephalieen, welche in idiopathischer Hirnaplasie begründet sind und wo die Störungen im Knochen-

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systeme, wenn sie, wie angenommen, vorhanden sind, secundär staltgefun- den, oder doch jedenfalls gesondert von ihr einhergegangen sind.“

Von ausserordentlichem Interesse war mir nun in dieser Beziehung die Abhandlung von. Vrolik, über ein mikrocephalisches Gehirn !), auf welche mich Herr Prof. Foerster aufmerksam zu machen die Güte hatte. Der Fall betrifft einen Yjährigen Knaben. Vrolik halte den Schädel mit dem Gebirn von Dr. Guggenbühl vom Abendberge erhalten. Vrolik’s Abhandlung gewinnt besonderen Werth durch die vortreffllichen Abbildungen, der noch dadurch erhöht wird, dass der Verf. das Gehirn eines gesunden 9Yjährigen Mädchens zugleich hat darstellen lassen. Die Hirnarmuth ist hier nicht so gross, als bei den von mir oben betrachteten Fällen, aber deshalb so sehr interes- sant, weil hier zugleich eine vollständige Hydrocephalie vorliegt. Die Hemi- sphären bildeten hier ungemein grosse Blasen (erweiterte Seitenventrikel) mit verhältnissmässig ganz dünner Decke. Aber die Hirnwindungen sind ent- wickelt, reduzirbar auf die normalen Hirnwindungen und was mir im hohen Grade merkwürdig war: die Verkümmerung belrifft auch hier vorzugsweise die hinteren Lappen und den hinteren Theil der Scheitellappen, während Stirn- lappen und Schläfelappen viel besser entwickelt sind, obwohl auch sie an der Mikrocephalie Theil nehmen. Auch hier überragt das kleine Gehirn die Hin- terlappen des grossen Gehirns. Es scheint mir also ebenfalls ein theilweises Stehenbleiben des grossen Gehirns auf früherer Bildungsstufe vorzuliegen» während das kleine Gehirn ziemlich die normale Grösse durch späteres Fort- wachsen erlangt hat. Die Nerven sind alle normal entwickelt, bis auf die Riechnerven, welche hier, wie in allen mir bekannt gewordenen Mikrocepha- len, auffallend verkümmert erscheinen. Die sehr passenden Zusammenstellun- gen des pathologischen Gehirns mit einem gleichalterigen normalen von der Seite und der Basis erleichtern die Vergleichung ungemein.

Auch diess Gehirn giebt also einen Beleg für meine Grundanschauung über den Zusammenbang der Mikrocephalie mit der Hydrocephalie und den Bildungshemmungen.

I) Beschrijving van gebrekkigen Hersen en Schedel-Vorm in den Verhandelingen der koninkl. Acad. Amsterd. 1854. Eerste Deel.

y*

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Ueber einige merkwürdige Erscheinungen bei Mikrocephalen, welche für eine künftige Erörterung der Frage nach dem Seelenprincip von Wichtigkeit werden können.

Es ist hier durchaus nicht meine Absicht, auf Fragen einzugehen, welche die Natur der Seele betrellen, so wenig, als auf eine genauere Erörterung der pathologischen Verhältnisse. Hiezu würde ein viel grösseres und reicheres Material gehören, die Literatur des gesammten Cretinismus vollständiger be- nutzt und die gesammte pathologische Anatomie der Anencephalen und Hydro- cephalen im Lichte der Entwickelungsgeschichte neu untersucht werden müssen, wozu ich im gegenwärtigen Augenblicke weder Neigung, noch Musse, noch hinreichendes Material habe. Ich hatte absichtlich, als ich obige Untersuchungen anstelle und niederschrieb, die Literatur nicht weiter benutzt, als sie mir bisher schon bekannt war, um mich nicht durch Meinungen andrer in meinen Untersuchungen und den darauf basirten Ansichten stören zu lassen. Ich habe mich möglichst rein an die Objekte gehalten, die ich vor mir hatte.

Nachdem aber diess geschehen war, habe ich die entsprechenden Ab- schnitte in dem vortrefflichen Werke von Griesinger näher angesehen und die früher schon eitirten, bereils von Theile berücksichtigten Aufsätze von Johannes Müller und Leubuscher, welche beide jetzt zu den Todten gehören, näher siudirt. Johannes Müller’s Arbeit war mir der Bedeu- tung des Forschers wegen wichtig; Leubuscher’s Aufsatz wegen der Untersuchung lebender Mikrocephalen von einem Kliniker, der sich mit den Krankheiten des Gehirns speziell beschäftigt hatte, von besondrem Werthe.

Müller’s Abhandlung?) ist wie alles, was dieser grosse und gründliche Geist angefasst hat, von höchster Bedeutung wegen der vielseitigen Aulfas-

1) Nachrichten über die beiden Mikrocephalen bei Kiwitsblott bei Bromberg. Ber- liner Medizinische Vereins-Zeitung. 1836. Nr. 2 und 3.

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sung, in Bezug auf Methodologie der Schädeluntersuchung, auf die eihnogra- phischen, pathologischen und psychologischen Seiten der Mikrocephalie.

Müller fasst hier bereits scharf den Unterschied zwischen dem endemi- schen Cretinismus und der Mikrocephalie auf, welcher immer entschiedener anerkannt werden muss. In Hinsicht der ersten Entstehung der Mikrocephalie meint er, es lasse sich nichts Gewisses fest stellen. Er sagt wörtlich: „Die Verwachsung der Nähte in unsrem und in dem Bonn’schen (von Sandifort abgebildeten und oben besprochenen) Falle leitet auf die Idee, dass die ge- hemmte Entwickelung des Gehirns von einer zu frühzeiligen Entwickelung des Knochensystems und von Verwachsung der Schädelnähte abhänge; indess kann die gehemmte Entwickelung des Gehirns auch die mangelhafte Bildung der Schädelknochen bedingen. Freilich ist es leichter, sich vorzustellen, dass die Entwickelung des Gehirns nach der Verwachsung der Schädelknochen fortzuschreiten aufhöre, als das Gegentheil; denn das Letztere zieht das Erstere nothwendig in Folge, aber die gesammte Entwickelung des Gehirns bedingt nicht nothwendig Verwachsung der Schädelknochen. Bei der innigen Wechselwirkung, worin die Ausbildung des Schädels und Gehirns stehen, ist es unmöglich, mit Sicherheit zu entscheiden und es kann leicht seyn, dass beide Hemmungen gleichzeitig eintreten und fortschreiten.« |

Was den von Müller untersuchten Mikrocephalus betrifft, so war es merkwürdig, dass dieser 20jährige Idiot (Michel Sohn mit Namen) wohl ausgebildele, durchaus dem Alter gemässe entwickelte behaarte Geschlechts- theile besass. „Das Gehirn war bereits durch die Hitze während des Trans- ports sehr zerstört, doch konnte die Gonformation der Oberfläche noch sehr gut erkannt werden. Die Windungen waren vorhanden, überaus sparsam und wenig verschlungen, im Allgemeinen stark im Durchmesser. Die Reduktion der Gehirnmasse war also nicht mit einer gleichmässigen Reduktion der Hirn- windungen auf einen kleineren Durchmesser bei gleicher Zahl verbunden ge- wesen. Vielmehr war die Oberfläche des Gehirns auch durch Verminderung der Falten (man erlaube den Ausdruck) verkleinert worden.“

Man sieht, dass diese Beschreibung ganz gut mit dem Gehirne des Theile’schen Falles übereinstimmt.

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Ueberaus merkwürdig ist mir aber das gewesen, was sich aus ver- schiedenen Berichten über die psychische Entwickelung herausstellt.

Dieser 20jährige Michel Sohn stand seinem 13jährigen Bruder Frie- drieh Sohn in der Entwickelung in geistiger Beziehung bedeutend nach. Dr. Behn untersuchte denselben in seiner Krankheit 1835 und Medizinalrath Ollenroth beobachtete beide Brüder längere Zeit. Beide müssen, wie gewisse Mikrocephalen immer, ganz freie und leichte Bewegungen gehabt haben. Waren sie im Freien unbeachtet, so erliletterten sie sehr behende Bäume und liessen ein Geheul hören. Bei beiden verhielten sich die äusseren Sinnesverrichtungen normal (ob Geruch da war, ist nicht bemerkt). Nach Dr. Ollenroth’s Berichten verzehrten beide mit Gier die ihnen dargebotenen Nahrungsmittel, verrieihen bei deren Genuss aber Geschmack, indem sie z.B. bei Kuchen die Rosinen herausnahmen und zuerst verzehrien. Sie verun- reinigten häufig (besonders der ältere) ihre Lagerstelle. Nur der jüngere Friedrich war im Stande, durch einzelne wortähnliche Laute seine drin- gendsten Bedürfnisse darzustellen. Glandula ihyreoidea bei beiden geschwun- den, also das entgegengesetzte der Kropfbildung im endemischen Cretinismus.

Diesen Angaben in Betreff der Sprache widerspricht jedoch der Bericht von Dr. Behn. Michel, den er im Fieber beobachtete, soll während des Phantasirens Niemanden erkannt haben, „aber von seinem vor 5 Jahren ver- storbenen Vater, von Essen und Trinken unaufhörlich gesprochen haben.* Behn führt die Worte an, die er im besinnungsfähigeren Zustande brauchte, wo er sagte: „Koppe dute weh! (Kopf thut weh)! Tincte habe (Trinken haben)! Tüsken haben! White eten (Brod essen).“ Auch verlangte er nach „Aeppel und Buttermilch«.

Joh. Müller analysirt die psychologischen Momente auf eine anziehende Weise. „Die Mikrocephalen von Kiwitsblott waren nicht schwach zu nen- nen; sie haben oft die Bäume erklettert. Gedächtniss, Phantasie, Vorstellungs- vermögen, Verstand sind es, die bei ihnen decrepid sind. Sie bilden Vor- stellungen, aber sie erheben sich nicht zu Ideen. Hierin gleichen sie den Thieren, die auch aus gewissen sinnlichen Eindrücken sich leicht wieder- holende Vorstellungen von dem Aeusseren dieser Dinge bilden. Wenn diese Vorstellungen ihre Bedürfnisse, ihre empfundenen Begierden anregen, so

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werden sie zu Handlungen veranlasst; aber diese Handlungen zeigen nicht, dass sie Begriffe bilden. Ihre Erinnerung ist äusserst schwach; sie orientiren sich in der nahen waldigen Umgebung ihrer Wohnung nicht und finden nicht den Weg nach Hause. Gleichwohl ist die Erinnerung an den vor 5 Jahren verstorbenen Vater in den Delirien während der Krankheit des Michel Sohn lebhaft und er spricht viel von seinem Vater. Halb verlöschte Vorstellungen werden hier durch die Aufregung des Sensoriums, wie auch in andren Fällen, plötzlich aufgefrischt. Diese Erscheinung erhebt den Idioten nicht über das Tbier, denn es erkennt den Herrn nach langer Zeit wieder, wenn auch das Bild desselben seit langer Zeit sein Sensorium nicht beschäftigt hat. Am auffallendsten ist bei unsren Mikrocephalen, dass sie, bei einer so ausser- ordentlichen Stupidität, doch Worte, wenn auch unvollkommen aussprechen, um ihre Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Wenn gleich der Bericht des Medicinalrath’s Ollenroth beiden Brüdern das Vermögen der artikulirten Sprache abspricht, so bezeugt doch Herr Dr. Behn, dass selbst der Michel Sohn, die Speisen und den Trank, die er verlangte, zwar unvollkommen, aber doch mit Worten bezeichnete. Die von ihm gesagten Worte: „Koppe dute weh!“ enthalten sogar eine Verbindung von Subjekt, Prädikat und Copula und es ist nicht wahrscheinlich, dass er diese Worte in dieser Verbindung so oft gehört, dass er sie ohne Ahnung ihres Zusammenhanges nur zur Bezeich- nung seines Zustandes wiederholt habe. Diese einzige Thatsache ist. es auch, welche unsre Mikrocephalen über das Thier erhebt.... Von moralischen Ge- fühlen zeigt sich bei diesen Mikrocephalen keine Spur.... Auch die bei Friedrich Sohn sich äussernde Schaam, als seine Geschlechtstheile, zur Messung derselben entblösst wurden, ist nicht hoch anzuschlagen. Diese Scheu vor der Entblössung derselben ist gewiss durch Angewöhnung beige- bracht. Ich will nicht behaupten, dass die Anlage zu moralischen Gefühlen von der Entwickelung des Gebirns durchaus abhänge, aber es ist gewiss, dass die vorhandene Anlage bei der gehemmten Entwickelung desselben sıch nicht offenbaren kann.«

„Ueberhaupt bin ich weit entfernt zu glauben, dass eine Veränderung im Baue des Gehirns das Wesen der Seele verändern könne. Ich habe mich schon hierüber in der Physiologie ausgesprochen und ich kann nicht umhin,

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diese Worte hier zu wiederholen. Die Existenz der Seele hängt von dem unverletzten Bau des Gehirns nicht ab; ihr Daseyn, dem Wesen nach, spricht sich auch in andren Theilen, als dem Gehirne aus und selbst in solchen, die von dem Einflusse des Gehirns getrennt sind.... Das Wesen der Seele ist nicht auf das Gehirn beschränkt, aber die Aeusserung der Seele hängt von diesem Organe ab. Zu dieser Aeusserung ist der ganze organische Apparat der Hirnfaserungen nöthig, aber das Wesen der Seele, ihre latente Kraft, scheint durch keine Hirnwirkung bestimmbar.«

Was doch die Erziehung von solchen Mikrocephalen vermag so dass ich meine frühere oben geäusserle Annahme einer Unfähigkeit zur Erziehung modifiziern muss zeigen die Mittheilungen von Leubuscher über die Azteken (über deren ethnologischen Mischlings-Ursprung und ihre Identität mit Mikrocephalen wohl kein Zweifel mehr ist). Sie sind höchst beweglich, fassen sehr lebhaft auf, haben aber nur eine kurz dauernde Aufmerksamkeit. Sinnes- organe sind bei beiden (einem Knaben und Mädchen) vollständig entwickelt. Sie verstehen alles, so weit es sich auf den Kreis des gewöhnlichen Lebens bezieht, auf ihre Bedürfnisse, auf ihre nächste Umgebung. Sie selbst sind nur im Besitze weniger Worte. Einzelne Worte sprechen sie nach; am deut- lichsten: tea; good bye ist schlecht artikulirt. „Doch bemühen sie sich« sagt Leubuscher, „besonders der Knabe, der sich zu solchen Versuchen sehr willig hergiebt, die ihnen vorgesprochenen Laute nachzusprechen und nach mehrfachen, öfters wiederholten Versuchen, muss ich die Ueberzeugung aus- sprechen, dass ein forlgesetzter Unterricht wohl im Stande seyn dürfte, sie einen grösseren Schatz von Worten artikuliren zu lehren.“... »Sie nehmen sich wohl ein Buch vor und ihun so, als wenn sie läsen, unarlikulirte Töne dabei ausstossend, die Weise Erwachsener nachahmend und der Knabe be- malte mir, als ich ihm eine Bleifeder in die Hand gab, ein Blatt meines Taschenbuchs mit unregelmässigen Linien. Sie haben also für sich selbst den Trieb zu einer Art von Combination ihrer Vorstellungen und den Trieb und die Fähigkeit, sie in einer freilich beschränkten Weise mitzulheilen. Diess erhebt ihre psychische Organisation weit über die thierische; es zeugt von einer Möglichkeit der Entwickelung, von einer Beweglichkeit der Hirnthätig- keit, die wir selbst bei hohen Kunsttrieben der Thiere nicht finden, die über

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ihre Grenzen hinaus keine Fähigkeit der Bewegung und Fortentwickelung, sondern nur eine Modifikation, aber immer nach einem gegebenen festen Schema zeigen können. Der Umfang ihrer geistigen Fähigkeiten dürfte etwa auf derselben Stufe stehen, wie bei einem 1Ysjährigen Kinde, vielleicht noch geringer seyn!). Das, was wir Ideen nennen, muss ihnen vollständig fehlen, weil diese Stufe der geistigen Entwickelung nur auf der Grundlage der Ab- grenzung der Persönlichkeit, des individuellen Bewussiseyns sich erheben kann. Davon aber habe ich nur eine Andeutung in der Abwehr des Knaben, die Messungen an sich vornehmen zu lassen und in dem Hinweis auf seine Schwester erkennen können.“

Ich habe diese ausführlicheren psychologischen Data noch hinzufügen wollen, weil sie zeigen, wie wichtig die genauere Untersuchung von Mikro- cephalen auch für Grundfragen in der Psychologie werden kann. Ich stimme Müller ganz bei und habe diess früher schon ausgesprochen ?), dass vom naturwissenschaftlichen Standpunkte die Uebertragung der seelischen Eigen- thümlichkeiten von den Eltern durch Same und Ei auf das Bestimmteste be- weist, dass die Seelenerscheinungen im Gebirne nur ablaufen, zur Erscheinung kommen, das ihnen zu Grunde liegende Prinzip aber von den Zeugungs- flüssigkeiten übertragen wird. Wenn wir die genaue physiologisch-psycholo- gische Analyse von hundert Mikrocephalen im Leben und sorgfältige anatomische Untersuchungen nach deren Tode haben werden, können wir in der physio- logischen Psychologie um ein Beträchtliches gefördert worden seyn.

l) Leubuscher giebt an, dass der Knabe das Ansehen eines in seiner Ent- wickelung zurückgebliebenen Knaben von 7—38 Jahren, das Mädchen eines Kindes von 5—6 Jahren habe. Aber aus andren Umständen geht hervor, dass der Knabe wohl 16—17, das Mädchen 12—14 Jahre alt war.

2) Die Frage nach dem Sensorium und Motorium commune. Nachrichten von der Göttinger Soc. d. Wissensch. 1860. Nr. 6.

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Corollarıum

über die Anwendbarkeit der in den vorstehenden Abschnitten besprochenen anatomischen Verhältnisse auf die Darwin’sche Lehre von der Entstehung der Species und der Formen- entwickelung der organischen Welt.

Wenn ich nicht sehr irre, so können aus den morphologischen Erschei- nungen, welche sich bei einer vergleichenden Betrachtung der Gehirnbildung bei den Quadrumanen, so wie aus der pathologischen Entwickelung der menschlichen Mikrocephalen ergeben, Schlüsse abgeleitet werden, welche für eine der anziehendsten, wenn auch dunkelsten Fragen der thierischen Mor- phologie, wie der Geschichte der organischen Welt, die Grundlage zu einer neuen Betrachtungsweise geben.

Darwin hat unstreitig das grosse Viendiene diese Fragen, denen sich früher nur eine sehr vage Spekulation zugewendet hatte und die doch nicht blos für alle Naturforscher, sondern für alle denkenden Menschen überhaupt, stets von der höchsten Anziehung seyn müssen, nicht nur neu angeregt, sondern mit zahlreichen Thatsachen unterstützt, einer neuen Prüfung unter- worfen zu haben.

Diess kann man sagen, wenn man auch, wie ich selbst wiederholt ölfentlich ausgesprochen, sich in einem direkten Gegensatz zu dem theoreli- schen Endergebniss findet, das Darwin zugleich als das Prinzip der ganzen organischen, der pflanzlichen und thierischen Schöpfung, hinstellt.

Darwin’s Hypothese in ihrem ganzen Umfange als bekannt voraus- setzend, gebe ich hier nur einige Andeutungen in der Form eines Corollariums zur vorliegenden Abhandlung, in der Hoffnung, meine Ansichten in einer Fortseizung der „zoologisch-anthropologischen Untersuchungen“ näher aus- führen und einen grösseren Kreis von Thatsachen herbeiziehen zu können.

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Wenn ich eine richtige Einsicht in den Zusammenhang der Formver- hältnisse der Thiere habe und ich spreche nur von diesen, da ich leider zu wenig Botaniker bin, um die Pflanzenwelt einer wissenschaftlichen Wür- digung für diese allgemeinsten Fragen unterwerfen zu können —- und die Aufstellung einer systematischen Anordnung verfolge, so sind es wesentlich die sogenannten Uebergangsbildungen, welche uns unwiderstehlich zu der Annahme eines gegenseitig abhängigen Elementes in den typischen Formen, in der That auf die Vermuthung eines genealogischen Zusammenhangs derselben hintreiben.

Auch derjenige Naturforscher, der, wie ich selbst, von der Beharrlich- keit der Spezies in gewisser Hinsicht und von der Ansicht durchdrungen ist, dass wir in der Species unter allen systemalischen Stufen die einzige haben, von der man sagen kann, dass sie wirklich in der Natur begründet und kein wissenschaftlliches Artefakt ist!) ist, wird doch zugeben müssen:

1. Dass auch der Spezies eine gewisse Veränderlichkeit inne wohnt.

2. Dass, wie sehr auch der historische Bestand der thierischen For- men, auf den allein aus den constanten physiologischen Verhältnissen des Zeugungsprozesses abzuleitenden Prinzipien, auf den Begriff der Spezies basirt sey, es einmal eine Zeit gegeben haben könne, wo eine Reihe von secun- dären Arten aus primären hervorgegangen ist.

Ein wenn auch noch so limitirter Darwinismus wird also a priori zuge- geben werden müssen.

Ob dieser Prozess sich mehrfach wiederholt habe, ob er noch für die historische Zeit gelte und wie sich diese Momente zur Paläontologie verhalte, ist zunächst für das Prinzip ganz gleichgültig.

Die Versuche, die Neubildung von Spezies, die Umformung vorälterlicher Arten in andre Formen aus der veränderten Lebensweise, der Einwirkung des Clima’s, der Erblichkeit von neuentstandnen Bildungen u. s. w. abzuleiten, sind meines Erachtens bis auf diese Stunde äusserst unbefriedigend ausgefallen.

I) Hiebei will ich durchaus nicht läugnen, dass den andren Stufen der Systematik nicht auch etwas reelles zu Grunde liege, etwas objeklives. Aber es mischen sich hier immer zu viele subjektive Ansichten ein und es fehlt jede physiolo-

gische Grundlage, wenigstens bis jetzt noch. 10 *

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Im geringsten Falle kann man immer den beigebrachten Wahrscheinlichkeits- gründen eben so viele Gegengründe gegenüberstellen.

Was versteht man aber eigentlich unter Uebergängen? Doch immer nur gewisse Aehnlichkeiten, grössere oder geringere, so dass man für mög- lich halten kann, eine solche ähnliche Bildung sey durch zeugende Eltern auf mehrere Individuen der Nachkommenschalt übergegangen. Da man weiss, dass gewisse Form- Färbungs- etc. Verhältnisse eben auf diesem Wege über- tragen werden, so wird man geneigt zu glauben, dass jede ähnliche Bildung, die sich zwischen zwei Thieren findet, schliesslich auf eine durch den Zeu- gungsprozess vermittelte, mithin verwandtschaftliche zurückgeführt werden könne.

Diess und nichts andres, ist der Grund, dass man an eine wirkliche Stammesverwandtschaft des Affen mit dem Neger dachte, weil derselbe einige Eigenthümlichkeiten besitzt, wie z.B. die vorspringenden Kiefer (den Progna- thismus), die längeren Arme, die wadenlosen Beine und manches andre, das bei Affengeschlechtern vorkommt, während der weisse Mensch es nicht zeigt. Das ähnliche Vorkommen solcher Verhältnisse bei dem weissen Mikrocephalen hat ebenfalls zu der Ansicht der Affenverwandtschaft geführt. Gerade diess Beispiel zeigt aber augenscheinlich, dass, da bei den Mikrocephalen gar keine genealogische Verbindung mit Affen nachzuweisen ist, die präsumirte Ver- wandtschaft des Negers mit dem Affen auch nicht vorhanden zu seyn braucht, um bei beiden gewisse ähnliche Bildungen zu finden. Eine. genealogische Ursache für solche Verhältnisse ist eben so wenig abzuleiten, als etwa auf den Grund einer durch Uebung erworbenen freieren Bewegung und grösseren Entgegenstellbarkeit der grossen Zehe bei barfuss viel kletternden Menschen eine auf verwandtschaftlichen Ursprung deutende Analogie mit den Quadru- manen angenommen werden darf. Hier kennt man eben die Ursache, dort nicht. Würde man die Ursache des Kletterns nicht kennen, so würde man, wie bereits auch geschehen ist, aus der freieren Beweglichkeit der grossen Zehe eben so auf eine Stammverwandtschaft schliessen, wie beim Prognathismus.

Ja man schliesst wohl auch umgekehrt aus gewissen constant vorkom- menden Verschiedenheiten in Theilen des Knochengerüsts bei einzelnen Men- schenrassen, z.B. aus der Weite und dem Vorstehen der Jochbogen, auf

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Stammesverschiedenheit, wie bei den Mongolen und Europäern. Baer hat aber neuerdings darauf aufmerksam gemacht, dass Verschiedenheit der Nah- rung, durchgreifende Fleisch- oder Pflanzenkost sehr wahrscheinlich solche Verschiedenheiten bedingen !). Ein abermaliger Beweis, wie vorsichtig man mit der Benutzung des Vorkommens einer anatomischen Anordnung zur Schluss- folge auf die Art der Abstammung seyn muss.

Nun giebt es aber wirklich Erscheinungen, welche unverkennbar den tiefen Zusammenhang gewisser Bildungseigenthümlichkeiten mit der Uebertra- gung durch Stammesverwandtischaft beurkunden. Die sechsfingrigen Menschen und hundert andre kleine Missbildungen bei Menschen und Thieren, die in ganzen Familien erblich, in einzelnen Gliedern fehlen, im Grossvater z.B. vorhanden sind, im Enkel wieder erscheinen, während der Sohn übersprungen wird geben solche Beispiele ab.

Genau betrachtet kann diese Erscheinung gerade nichts auffallendes haben. Man muss sich im Gegentheil wundern, dass solche Eigenthümlichkeiten ein- zelner Individuen nicht häufiger übertragen werden. Gerade die physiologische Thatsache, dass die Zeugungssäfte gleichsam behaftet sind mit der präfor- mirten Beschaffenheit der Bildungen, welche aus ihnen hervorgehen, muss a priori für die Uebertragung pathologischer Eigenthümlichkeiten stimmen, welche wir ja auch in Krankheiten und Krankheitsanlagen durch Samen und Ei sich vererben sehen, wodurch eben deren Behaftung mit pathologischen Potenzen und die Macht genealogischer Verhältnisse in der Körperbildung, der Zusammenhang und Uebergang der Aehnlichkeiten von einem Individuum zum andren, bewiesen wird.

Will man sich den Hinterhalt offen lassen und diese Uebertragungen auf sogenannte dynamische Verhältnisse beziehen, immer sind es doch anatomische Materien, greifliche Stoffe, wenn auch in noch so geringer Quantität, welche allein die Fähigkeit zur Uebertragung haben und die immer nothwendig sind, um Bildungen fortzupflanzen.

Fast mit unwiderstehlicher Gewalt drängt sich dem nachdenkenden Phy- siologen und Zoologen, welcher die Erscheinungen des Zeugungsprozesses

l) Bericht über die Götlinger Anthropologen - Versammlung S. 11.

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und die systematischen Verwandtschaften der Thiergruppen verfolgt, die Ver- muthung auf, dass zwischen beiden ein gewisser Zusammenhang stattfinden müsse.

Wenn wir auch das Darwin’sche System, wie es vorliegt, grossen- theils nur für ein kühnes und gewagtes Spiel mit der Combination von That- sachen halten müssen, in welchem vieles unhaltbar ist, dem ausserordentlich viele andre gewichtige posilive und negative Thalsachen entgegenstehen, so werden wir doch auch, gerade darinnen, dass ein so besonnener, vielseitig gebildeter, scharfsinniger Naturforscher es durch viele Jahre lang festgehalten hat, dass ferner viele andre gründliche Naturforscher, Botaniker und Zoologen, die sich mit der Systematik und mit den Formen der organischen Körper vertraut gemacht haben, demselben mehr oder weniger zustimmen, gewiss berechtigt seyn, zu glauben, dass etwas an der Darwin’schen Ansicht sey. In der rohen Art, wie Demaillet und selbst Buffon und Lamarck sich noch die Sache dachten, wie aus gewissen Degenerationen oder durch ver- änderte Lebensweise die sämmtlichen Thierarten allmählıch aus wenigen und immer wenigeren Stammformen hervorgegangen seyn sollten, konnte freilich die Transmutationslehre und der genealogische Zusammenhang der Thierarten nicht zur allgemeinen Ueberzeugung gründlicher Naturforscher gebracht werden.

Viel wichtiger als jene muthmasslichen oder angeblichen Transmutationen äusserer Körpertheile durch veränderte Lebensweise und Vererbung der er- worbenen Eigenthümlichkeiten sind für mich jene höchst charakteristischen bald als Complexe, bald als ganz vereinzelte Bildungen, ja als blosse An- deutungen vorkommenden morphologischen Verhältnisse in Organen, welche gerade den äusseren Einflüssen, dem direkten Gebrauche in den äusseren Lebensbedindungen am allermeisten entzogen sind. Ein recht charakteristisches Beispiel geben hier die Gehirne der Quadrumanen ab. Wenn wir die Tafeln von Gratiolet betrachten, so haben wir doch nichts als sehr übereinstim- mende Variationen eines und desselben Grundtypus. Es ist wie ein musikali- sches Thema, dessen einzelne Glieder bald lose, bald verbunden, bald in grösserer Zahl, bald einzeln, bald an dieser, bald an jener Stelle einer Reihe von Variationen auftauchen. Der Schläfelappen mit seiner Fissura parallela, der Stlirnlappen, die Centralfurche etc. etc. sie treten in der Gruppe der

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Affen, im Menschen bald einzeln, bald verbunden, aber selbst in den letzten Spuren noch deutlich als Reste eines typischen Verhältnisses auf. Wir er- kennen sie so sicher als Glieder eines Systemes, wie wir die isolirt auftre- tenden Elemente des byzantinischen Baustyls in einem jeden Gebäude eines andren Styles wieder auffinden und nachweisen.

Hier im Gehirn wird man ein teleologisches Verhältniss zwischen kör- perlicher Bildung und Funktion gewiss nicht in der Art nachweisen können, wie z B. in den Extremitäten und deren Metamorphosen, je nach dem Ele- mente, in welchem die Thiere leben, nach der Art der Nahrung und deren Erwerbung, wozu sie die Extremitäten brauchen. Gewiss die Furchen und Windungen haben in ihrer Ausdehnung und Ausbildung für die Einfügung, Multiplikation, Vertheilung der Gefässe und den Wechselverkehr mit der Ner- vensubstanz ihre mechanische Bedeutung so gut, wie die anatomische Anord- nung andrer Körpertheile.e. Aber gerade die Betrachtung des Gehirns bei vielen Säugethieren und Vögeln lehrt uns, dass die physiologische Bedeutung der Furchen und Windungen nicht auf der architektonischen Anordnung dersel- ben zu einander beruht, sondern dass sehr ähnliche, reiche oder wenig reiche psychologische Leistungen bei einer ganz unähnlichen Architektonik des Ge- hirns eines Thieres vorkommen können.

Da wir aber diese typischen Anordnungen doch, eben wegen ihrer Constanz, einem mit grosser Macht wirkenden Grunde zuschreiben müssen, so werden wir genöthigt seyn, ihn anderwärls zu suchen. Hier bietet sich mir nirgends ein Anhaltspunkt, als eben in dem Zeugungsprozess. Entweder wir müssen überhaupt sagen: das Problem ist uns unzugänglich, oder wir müssen uns entschliessen, die einzigen Erscheinungen herbeizuziehen, welche eine Analogie darbieten.

Nur die Zeugungssäfte, Samen und Ei, sind diejenigen Atomcomplexe, welche im Stande sind, thierische Formen hervorzurufen, die wir als Arten und Varietäten einer gewissen systematischen Gruppe kennen und unterschei- den. Nur ausnahmsweise und in seltenen Fällen vermögen auch Combinationen von Samen und Eisubstanz verschiedener Arten (Species) Formen zu bilden, welche in der Regel als Individuen zu Grunde gehen, selten sich durch mehrere Generationen zu erhalten vermögen. Ob zuweilen für immer, wie

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einige Naturforscher behaupten, halte ich noch durchaus für völlig fraglich. Samen und Ei übertragen die Form- und Organisationsverhältnisse vom väter- lichen und mütterlichen Individuum auf das neue Wesen entweder in gleichen oder ungleichen Proportionen, sey diess nun eine normale Frucht oder eine Bastardbildung. Aber Same und Ei übertragen nicht blos rein die Verhältnisse der Eltern, sondern auch Eigenthümlichkeiten früherer Vorfahren, welche in den Zwischengliedern oft latent bleiben. Samen und Ei setzen eine conlinuir- liche Wirkung der ihnen immanenten Kräfte, eine Uebertragung der letzteren von früheren Geschlechtern voraus. Wo wir nun ähnliche Formverhältnisse, eine gleiche Architektonik in vielen inneren und äusseren Organisationsver- hältnissen auftreten sehen, werden wir gewiss geneigt seyn müssen, sloffliche Einflüsse und Verbindungen vorauszusetzen, ähnlich wie wir sie in den Zeu- gungsstoflen wahrnehmen. Diese Idee, klar oder unklar, schwebt allen Naturforschern vor, welche die heutigen Thierarten einer Familie als Ab- kömmlinge eines Familienstammvalers ansehen.

'Fänden wir wirklich in den Gebirgsschichten reelle Uebergangsformen zwischen noch lebenden Thierarten, Thiergeschlechtern Thierfamilien u. s. w. so würden wir uns einer solcher Annahme im Sinne Darwin’s nicht wider- selzen können. Diess ist aber positiv nicht der Fall und ausserdem sehen wir in der ganzen Oekonomie des thierischen Lebens einer Fortpflanzung von Mischlingen, einer dauernden Erhaltung der Mischlingsformen die grössten Schwierigkeiten entgegentreten. Auch die andren Einflüsse: Klima, Nahrung, Zucht jeder Art vermögen in den Thier- und Pflanzenarten eine verhältniss- mässig nur sehr beschränkte Abänderung der bestehenden Formen hervorzu- rufen, welche immer wieder die Neigung zum Zurückschlagen zu den ur- sprünglichen Typen in sich tragen.

Alle Variationen bewegen sich überhaupt nicht ins Maasslose, sondern innerhalb verhältnissmässig enggezogener Grenzen. Diess gilt auch von allen Organen und Organtheilen. |

Alle Variationen des menschlichen Gehirns nach Rassen, Geschlechtern, Individuen, normalen und pathologischen, behalten den menschlichen Grund- typus und schlagen nicht in den Affentypus um, als soweit eben dieser selbst Analogie mit dem menschlichen hat.

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Alle Affengehirne zeigen unter sich die grösste morphologische Verwandt- schaft, können auseinander abgeleitet werden, sind Metamorphosen des Typus einer oder einiger Gattungen, der aber streng geschieden ist von dem Typus z. B. der Katzen, der Hunde, der Wiederkäuer und zeigen auch Grundver- schiedenheiten vom menschlichen Gehirne.

Aus diesen und andren Erscheinungen schliesse ich, dass bei der ersten Entstehung der Thiere aus der zunächst zu ihren Leibern verwandten Materie primitive Massen geschieden wurden, aus denen zuerst einzelne Familien, also die Menschen, die Affen, die Katzen und Wiederkäuer u. s. f. sich ent- wickeln sollten -— also organische Materien mit verschiedenen Qualitäten, wenn man will verschiedene Eiweisskörper. Man kann sich einen solchen pri- mitiven Materienstock unter der Form eines Baumstammes bildlich vorstellen, dessen Endknospen die Thierarten repräsentiren, welche sich lösten und mit der Fähigkeit begabt wurden, sich fortzupflanzen die aber zugleich eine solche Verschiedenheit erhielten, dass sie untereinander diess nicht menr vermochten. Die ursprüngliche Verwandtschaft, der erste materielle Zusammenhang der Thiere einer Familie in vielen oder einzelnen Organisationsverhältnissen er- hielt sich aber noch bis auf einen gewissen Grad und beurkundet sich in der systematischen Gruppirung und den oben geschilderten Residuen der gegen- seitig auf einander wirkenden Zeugungsstoffe.

Auf diese Weise erklären sich mir eine Menge Erscheinungen, welche die Dar win’sche Hypothese ungelöst lässt oder wo sie zu sehr künstlichen Erklärungen greifen muss.

Die organische Chemie und die Histologie widersprechen dieser neuen Hypothese von zuerstgebildeten primitiven Stöcken aus einer allgemeinen or- ganischen Urmaterie, als welche wir Zellenaggregate von plastischen Pro- teinstolfen betrachten können durchaus nicht und wir brauchen dem Zufall oder der physikalischen Nothwendigkeit nicht die daraus hervorgehende For- menwelt der Thiere zu überlassen, sondern können eine eben so planvolle Architektonik dabei thätig denken, wie die eines Meisters, der aus dem Do- lerit des Siebengebirgs den Cöllner Dom und andre Gebäude erschuf.

Eine weitere Ausführung dieser blossen Skizze behalte ich mir, wie 11

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sesagt, für eine Fortsetzung der „zoologisch-anthropologischen“ Untersuchun- gen vor.

Nur in Betreff der Mikrocephalie mag noch folgendes bemerkt werden. Diese, wie alle Misbildungen überhaupt, fügen sich in die allgemeine Kategorie unsrer Schöpfungshypothese. Die dem menschlichen Geschlechte nach seiner ersten Erschaflung verliehene und immanente Fähigkeit, sich fortzupflanzen, ist eine eben so eyllisch in sich geschlossene, innerhalb eines gewissen Variationskreises von Formen, die als Rassen forlexistiren, mit andren thieri- schen Wesen keine Combinationen eingehen, als eben Misbildungen in der Regel nur eine beschränkte Existenz haben. Doch steht der Annahme nichts entgegen, dass z. B. eine Mikrocephalen-Familie, wo die Misbildung jedoch nur einen mässigen Grad erreicht hat und eine Entwickelung der Genitalien vorhanden ist, wie sie zuweilen bei Mikrocephalen vorkommt, die sich in der Wildniss rohe Nahrung zu verschaffen weiss, eine Zeitlang erhalten, viel- leicht selbst den Stamm einer kleinen Völkergruppe abgeben kann, wie z.B. der Feuerländer oder der Buschmänner. Ich bin weit entfernt anzunehmen, dass nur eine auch der aller degenerirtesten Menschenrassen auf diese Art wirklich entstanden sey. Denn dieselbe Ordnung im Haushalt der Natur welche die Bastarde und Mischlinge der Thiere nicht aufkommen lässt, wird auch verhindern, dass eine Idiotenfamilie eine historische Existenz erlangt. Weder Feuerländer noch Buschmänner sind Idioten. Aber ein jeder unter- richtete Naturforscher, welcher weiter nachdenkt, wird sich eine grosse Reihe von analogen Thatsachen vergegenwärtigen können, welche sich an diess eben angeführte präsumtive Beispiel der Mikrocephalen anknüpfen lassen. Auch diess mag hier nur angedeutet seyn und in späteren anthropologischen Arbeiten seine eigentliche Ausführung finden.

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Allgemeine Ergebnisse aus den vorstehenden Untersuchungen.

1. Die Windungen der Hemisphären der menschlichen Gehirne (ein- facher und zusammengesetzter, normaler und pathologischer) stellen ziemlich enge Variationen eines constanten Grundtypus dar.

2. Dieser Grundtypus hat gewisse allgemeine Merkmale mit dem Typus der Affengehirne gemein, ist in andren unterschieden.

3. Die Hirne der Quadrumanen sind ebenfalls nach einem Grundtypus gebaut, der bei den höchsten Affen in mehreren Punkten dem des Menschen sich sehr nähert, in andren abweichend bleibt.

4. Zwischen den constanten Windungsbildungen der Hemisphären des Affengehirns und den früheren Bildungsstufen im Embryonalgehirn des Men- schen lässt sich eine Parallele nachweisen, obwohl auch hier in der Ent- wickelungsweise der Windungen durchgreifende Verschiedenheiten vorzu- kommen scheinen.

ö. Die Mikrocephalengehirne stellen keinen Rückfall in den Affentypus, keine Verähnlichung mit demselben dar. Während sie im vorderen Theile der Hemisphären, der grösseren Einfachheit wegen, sich den Gehirnen der höheren Allen allerdings nähern, entfernen sie sich im hinteren Theile davon um so mehr.

6. Die Mikrocephalen sind Glieder einer pathologischen Entwickelungs- reihe, welche als Zwischenstufe zwischen Anencephalen und Hydrocephalen stehen.

7. Die Mikrocephalie beruht zum Theil auf einer Bildungshemmung der Hinterlappen des grossen Gehirns und scheint ihren Anfang im 3ten und 4ten Monat der Schwangerschaft resp. des Embryolebens zu haben.

8. Wahrscheinlich ist bei allen diesen Misbildungen niemals der Schädel,

sondern immer das Gehirn der primär erkrankte Theil, daher auch Synostosen 41%

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nur für spätere Zeiten einen gewissen beschränkten Antheil an dem Zurück- bleiben der Hirnentwickelung haben mögen.

9. Sporadische Mikrocephalie und endemischer Cretinismus sind, wie bereits immer mehr angenommen wird!), zwei verschiedene Formen der an- geborenen Idiotie.e. Während bei lelztrem Kropfbildung charakteristisch ist, scheint bei ersterer sogar oft eine Verkümmerung der Schilddrüse statt zu finden. Zwischen beiden Formen scheint aber doch ein genealogisches Ver- hältniss zu bestehen, indem unter Familien mit endemischem Cretinismus auch öfter Mikrocephalie vorzukommen scheint.

10. Unter allen Messungen der Vergrösserung der Hirnoberfläche durch die Windungen, giebt die direkte Messung der Furchen in ihrer linearen Ausdehnung allein brauchbare Resultate.

11. Die Messung der Oberfläche der einzelnen Lappen ergiebt keine Anhaltspunkte für eine bestimmte Beziehung dieser Lappen zu bestimmten psychischen Thätigkeiten, auch nicht zur allgemeinen Entwickelung der Intelligenz.

12. Dagegen scheint es, dass stärkere resp. zahlreichere Furchenbil- dung bei intelligenteren Gehirnen vorkommt und für diese allerdings bezeich- nend ist. Doch darf dieser Satz immer noch nur mit grosser Vorsicht aus- gesprochen werden.

13. Die Architektonik der Windungsverhältnisse des Gehirns der Men- schen und Quadrumanen kann zu einer plausibeln Schöpfungshypothese der Thierwelt, im Gegensatze zu der Darwin’schen Transmutationstheorie, ver- wendet werden.

14. Eine künftige sorgfältigere Analyse der psychologischen Erschei- nungen bei den Mikrocephalen kann von ausserordentlichem Interesse für gewisse psychologische Grundfragen werden, wenn nachträglich eine recht genaue anatomische Untersuchung des grossen und kleinen Gehirns und Rü- ckenmarks angestellt wird.

15. Von ganz besondrer Wichtigkeit ist hier die Herstellung von sicheren Beobachtungen, ob wirklich, wie in dem Falle des von Joh. Müller

l) Aztekentypus von Griesinger u.s.w. vgl. des Leizteren treffliche 2te Aufl. der psychischen Krankheiten.

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beschriebenen Idioten (der mir in dieser Hinsicht nicht glaubwürdig genug beobachtet scheint), wirklich Zeichen vom langen Latentbleiben von Vorstel- lungen und selbst eingeprägten Worten, die vielleicht früher gar nie zur Aeusserung kamen, unter Umständen, wie in Fieberdelirien, vorkommen, welche an die bekannten Fälle von Geisteskranken sich anreihen, die kurz vor dem Tode, selbst nach langer Dauer der Krankheit, wieder die Integrität ihrer Geisteskräfte erlangten.

16. Aus den Untersuchungen des Verfs, in der ersten und dieser zweiten Abhandlung nur theilweise besprochen, scheint das merkwürdige Resultat hervorzugehen, dass die mechanischen Apparate (Gehirne) für die in die Erscheinung tretenden Seelenthätigkeiten bei verschiedenen Menschen in ihren Uranlagen und embryonalen Entwickelungen, schon nachweisbare geschlecht- liche und individuelle Eigenthümlichkeiten zeigen, welche für die Ausbildung des Geistes in den späteren Lebensjahren von bestimmendem Einflusse sind, so dass man mit gehöriger Limitation sagen kann: Idioten und Genies werden geboren, wie die Entwickelungsgeschichte ihres Gehirns zeigt.

17. Es ergeben sich aus der anatomischen Betrachtung der Mikroce- phalengehirne gewisse interessante Schlüsse für die Physiologie des kleinen Gehirns und andrer Hirntheile.. Es bestätigen die mikrocephalen Gehirne die Annahme, dass das kleine Gehirn nicht bei der Intelligenz, wohl aber bei den Körperbewegungen betheiligt ist. Während erstere ausserordentlich gestört ist, sind es letztere in viel geringerem Grade oder gar nicht. Die Mikrocephalen lernen zwar meist später gehen, haben zuweilen einen schwankenden und trippelnden Gang, oft aber sind sie hurtig und hastig und selbst im Klettern behende!). Die bei solchen Idioten fortbestehende Integrität der Sinnes-

1) Wenn sie unvollkommen oder gar nicht gehen können, so kann diess sehr wohl daher kommen, dass Veränderungen, Verwachsungen, Atrophieen u. s. w. in denjenigen Hirntheilen zugleich vorkommen, die vorzüglich bei den Körper- bewegungen betheiligt sind, wie z.B. die Sehhügel. Auch Gratiolet ver- werthet die Thatsache, dass das kleine Gehirn bei Mikrocephalen am wenigsten verkümmert ist, zu Gunsten dieser Ansicht. Ich bin auf das kleine Gehirn hier überhaupt nicht näher eingegangen, weil ich der Gesammtbetrachtung des kleinen Gehirns eine grössere zusammenhängende Abhandlung widmen wollte,

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organe, insbesondre des Gesichts und Gehörs, sprechen zu Gunsten der Ansicht, dass die vollständige Umbildung der Sinneseindrücke zu Vorstellungen mehr in den inneren Hirntheilen, im Basaltheile des grossen Gehirns, dann: in einer gewissen Summe von feineren Hirnelementen der Hemisphären- oberflächen vollbracht wird, welche bereits im Stirn- und Schädellappen ge- geben sind. Das Verhältniss der Grosshirnlappen zur Intelligenz lässt sich vielleicht so ausdrücken: es ist eine gewisse Massenentwickelung des grossen Gehirns, namentlich seiner Windungen nöthig, wenn eine solche Ausbildung von Intelligenz erfolgen soll, wie sie den Menschen vom Thiere scheidet.

welche die einzelnen Mittheilungen in den „Nachrichten“ und in Henle’s und Pfeuffer’s Zeitschrift mit allen Belegen zusammenfassen sollte. Ich gedachte aber erst den Schluss der Bemerkungen abzuwarten, welche Brown Sequard in seinem Journal de Physiologie (1861) der hier gegebenen Uebersetzung meiner Publikationen aus den „Nachrichten“ beigefügt hat und worin er seine theil- weise abweichenden Ansichten darlegt.

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Anhang

Über Dr. Peacock’s undDr. Boyd’s Hirnwägungen, als Nachtrag zu der Hirngewichtstabelle in der ersten Abhandlung der Vorstudien, und über die Verhandlungen in der Societe d’Anthropologie, den gleichen Gegenstand betreffend.

Als diese Abhandlung schon abgeschlossen und druckfertig war, erhielt ich durch die Güte des Herrn Dr. Peacock, unter Vermittlung des Herrn Bernard Davis, die Tabellen über das Hirngewicht, welche Dr. Peacock im Monthly Journal of medical Science Vol. VII. 1847 publieirt hatte und nun 1861 wieder besonders drucken liess. Sie führen den Titel:

Tables of the Weights of the Brain and of some other organs of the human body.

Ich bedaure jetzt, nach genommener Einsicht, doppelt, dass mir diese Abhandlung, wegen des Fehlens des genannten Journals auf unsrer Bibliothek nicht zugänglich war. Huschke hatte solche benutzt und daraus habe ich selbst wieder einige Angaben von Herrn Peacock entnommen

In diesen Tabellen ist das Gewicht von 131 männlichen und 74 weib- lichen Gehirnen unter sehr manchfaltigen Gesichtspunkten verglichen und es sind interessante Schlüsse daraus gezogen. Am Ende sind die allgemeinen Resultate zusammengestellt, welche mit ähnlichen von mir zum Theile über- einstimmen, zum Theil von denselben abweichen.

Noch zwei andre interessante Abhandlungen hat Herr Dr. Peacock der Sendung hinzuzufügen die Güte gehabt:

On the Weight and specific gravity of the Brain. Extracted from the Pathological transactions. Vol. XII. 1860 61. und

Notes on a Case of congenital Atrophy of the Brain and Idiotey. From the Reports of the pathological Society of London. Vol. X. Session 1858 —-59.

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Eine weitere Benutzung dieser sämmtlichen Abhandlungen für den Inhalt

r „Vorstudien“ ist mir im Augenblick nicht möglich. Um sie für meine

Zwecke zur Vergleichung brauchbar zu machen, würde auch eine Reduction des englischen Gewichts auf das metrische nöthig seyn.

In einer späteren Fortsetzung dieser Arbeiten hoffe ich um so mehr darauf zu kommen, als es meine Absicht ist, die grosse früher gegebene Hirngewichtstabelle weiter zu verwerthen. Es ist diess um so nöthiger, weil dieselbe zu höchst interessanten Discussionen in der Societe d’Anthropologie de Paris, insbesondre von Seiten der Herrn Broca und Gratiolet, benutzt worden ist, auf welche näher einzugehen meine Pflicht seyn muss; weiter unten wird ein Theil dieser Verhandlungen zur Sprache kommen.

Eben so ging nach begonnenem Druck meiner Abhandlung bei unsrer K. Gesellschaft der erste Theil des 1ö1sten Bandes der philosopbical trans- actions von 1861 mit den Tabellen von Dr. Robert Boyd „ofthe Weights of the human body and internal Organs in the Sane and Insane of both Sexes at various Ages, arranged from 2614 post mortem examinations ein, welche Prof. Sharpey der K. Societät in London vorlegte.

Diese Tabellen sind höchst verdienstlich, um so mehr, als die gewöhn- lichen Kranken und die Geisteskranken hier in zwei getrennten Tabellen zu- sammengestellt sind. Es sind nemlich Resultate von 4086 Sektionen in dem achtjährigen Zeitraume von 1839 bis 1847 gegeben, welche im St. Mary-le- bone Infirmary angestellt worden sind, so wie ‚die Resultate von 528 Lei- chenöffnungen von 1843 bis 1860 im Sommerset Lunatic Asylum.

Es sind zwar nicht alle Einzelfälle, sondern nur Gruppen nach gewissen Altersklassen zusammengestellt. Geschlecht, gesammtes Körpergewicht, Grösse, Gewicht des Gesammtgehirns, des grossen Gehirns, des kleinen Gehirns, der Brücke und Medulla, und verschiedener Brust- und Unterleibsorgane sind einzeln ausgeführt und es liegt das kolossalste Material über Gewichtsverhält- nisse der Körperorgane vor, was wir bis jetzt besılzen.

Die erste Tafel (Kranke aus Mary-le-bone) führt 2086 Männner und 1061 weibliche Körper von allen Lebensaltern auf. Die zweite Tafel mit Geisteskranken giebt 295 Männer und 233 Weiber an.

Es ist sehr zu loben, dass am Schlusse die allgemeinen Ergebnisse kurz

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zusammen gestellt sind, wovon ich hier einiges aushebe. Zur Vergleichung mit meiner früheren Tabelle in der ersten Abhandlung müsste zur vollständi- gen Benutzung eine Durcharbeitung des reichen statistischen Materials der englischen Tabelle erfolgen, welche ich im Augenblicke nicht vornehmen kann. Von grossem Interesse ist es jedenfalls, dass wir hier die Hirngewichte von einem grossen Volksstamme, dem englischen, der freilich sehr gemischt ist, vor uns haben und dass hiedurch ausgedehnte Vergleichungen mit Deut- schen und Franzosen gegeben sind, über deren mittlere Gehirngewichtsdiffe- renzen neuerlich, während der Discussionen über die von mir publizirte Ge- hirngewichtstabelle in der ersten Abhandlung im Schoosse der Societe d’An- thropologie, ausführliche Erörterungen gepflogen worden sind }).

Aus den mehr als 1000 männlichen und eben so vielen weiblichen Ge- hirnen „unter der Armenbevölkerung des Kirchspiels Marylebone“ geht her- vor, dass der Körper und die inneren Organe bei beiden Geschlechtern ihr volles Maass zwischen 20 und 30 Jahren erlangen. Das mittlere Gewicht des männlichen Gehirns war (übereinstimmend mit allen übrigen Angaben Ref.) in allen Lebensperioden grösser, als das weibliche; diess hält Boyd für die wahrscheinliche Ursache der grossen Zahl todtgeborner männlicher Kinder im Vergleiche mit weiblichen (ö1 zu 32) und für die Nothwendigkeit von 5 Craniotomieen bei nur männlichen Kindern. Das höchste durchschnittliche Ge- wicht des Gehirns fiel von 14 zu 20 Jahren, das nächst höchste in den männlichen Körpern von 30 zu 40 und in den weiblichen von 20 zu 30 Jahren.

In Betreff der 2ten Tabelle (Geisteskranke) ist die Bemerkung von In- teresse, dass das Durchschnitisgewicht 2) der rechten Hemisphäre in den männ- lichen Gehirnen wechselt von 592 Grammen zu 537 Grammen und in den weiblichen von 944 Grammen zu 493 Grammen. „Es ist eine eigenthümliche Thatsache“, sagt der Verf., „bestätigt durch die Untersuchung von nahe 200 Fällen in St. Marylebone, in denen beide Hemisphären getrennt gewogen wor-

I) Bulletins de la Soc. d’Anthropol. de Paris. Tome Il. in einer Reihe von Sitzungen. 2) Ich bemerke, dass das im englischen Originale in avoir du pois angegebene Gewicht hier zur Vergleichung mit unsrer früheren Tabelle auf metrisches re-

duzirt worden ist. 12

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den waren, dass beinahe unveränderlich die linke die rechte übertraf, Die linke wechselte bei den Männern von 597 bis 528 Gr. und in den Weibern von 553 Gr. zu 493 Gr. Das mittlere Gewicht des kleinen Gehirns wech- selte bei Männern von 154 bis 143 Gr. bei Weibern von 142 bis 134 Gr,, das der Pons und Medulla in männlichen Körpern von 32,6 zu 28, 9 Gr,, bei weiblichen von 29,8 zu 27 Gr. das des gesammten Gehirns im Mittel bei den Irren unter den Männern von 1375 Gr. zu 1243 Gr. und bei den Weibern von 1263 zu 1149. Bei den nicht Geisteskranken wechselte das durchschnittliche Gewicht in derselben Lebensperiode bei Männern von 1366 Gr. zu 1285 Gr., bei Weibern von 1238 Gr. zu 1127 Gr.

Diess letzire war mir um so interessanter, als ich in den wenigen Fällen von Geisteskranken (Manie, Blödsinn) wo ich das Hirn untersuchen und wä- sen konnte, durchaus keinen Einfluss der Geistesstörung auf die Gewichts- verhältnisse wahrnahm. Eben aus diesem Grunde ist es wohl ganz erlaubt, wie ich in der grossen Hirntabelle der ersten Abhandlung gethan habe, Ge- -. hirne von Geisteskranken und an andren Krankheiten Verstorbener unter einander aufzuführen. Ich theile hier die Ansichten französischer Forscher z.B. Herrn Broca’s durchaus nicht, welcher darnach in der Tabelle eine Correction vor- nehmen und alle Geisteskranke weglassen zu müssen glauble. Ganz auffal- lende Umstände z. B. Atrophie der einen Hemisphäre,, grosse Wasserergüsse, Blutextravasate, Eiteransammlungen abgerechnet, sind die übrigen Fehlerquel- len in Gehirnen der an gewöhnlichen Krankheiten Verstorbenen, welche bei verhältnissmässig immer noch so rohen Wägungen statt finden, gewiss eher grösser, oder wenigstens eben so gross, als die Veränderungen, welche bei den meisten Geisteskranken vorkommen.

Dagegen verdient die Angabe über dies ungleiche Gewicht und das in der Regel grössere Gewicht der linken Hemisphäre gewiss alle Beachtung, obwohl ich hier im höchsten Grade skeptisch bin. Ich habe bereits am Schlusse der ersten Abhandlung gesagt, dass ich troiz der auffallenden Asymmetrie in den Windungen beide Hemisphären fast immer von demselben Gewichte, ja überraschend gleich schwer, oft nur 1-2 Grammen differirend, gefun- den hätte, welche Differenzen gar nicht in Betracht kommen und die ich auf die niemals vollkommen gleiche Trennung mittelst des Schnittes gerechnet hätte.

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Als ich nun zum Zwecke des gegenwärtigen Nachtrags nochmals 18 Gehirne, freilich im Weingeist bewahrt, wog, so fand ich übereinstimmend mit früher die Verhältnisse, wie folgt:

a Rechte Hemisphäre. Linke Hemisphäre. Gauss. . . .„. .. 457 Gramm . 460 Gramm. Dissiehlet.....o. 1479 er . 478 yi Ealiakisır 4m, 0... 489 n 489 C. F. Hermann . 443 R 447 " Hausmann . . . 356 a; 360 Pr Taglöhner Krebs . 396 e .. 398 8 Mann von 33 Jahren 419 3 . 419

51 u a 458 . 454 » re) PA 7... h . 440 R MB... 60321:,,,,.140 ’348 349 N .SEROSERM ; \ VMNARER SER 1 I, 5 at ;. RR We; | 3 IR 5°. r . 453 r Weib von 64 . 443 . 441 " WDR 4,408 $ ueAda ? a BL. 2 ER 2 . 421 % 20. 4.200 dA * . 436 ii Mädchenv. 14 . 473 24 . 471 r = WORSOSRENE : TR SER © > . ...336 =

Man sieht, dass hier gar kein constantes Verhältniss statt findet und so lange nicht sehr viele und sehr sorgfältige Untersuchungen den meinigen wi- dersprechen, halte ich meine Behauptungen gegen Boyd aufrecht. Uebrigens gestehe ich aufrichtig, dass ich es für unmöglich halte, die Schnitte so in der Mittellinie zu führen, dass man ganz gleiche Hälften erhält, am wenigsten bei frischen Gehirnen.

Bei dem frisch gewogenen Gehirn eines 39jährigen Mannes (nro 59 der Tabelle) fand ich die sehr sorgfältig getheilten Hemisphären:

rechts . . 6836 Gramm links . . 680 Gramm

Dieses Gehirn kann ich als ein männliches Normalgehirn aus den Blü- L2R%

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thenjahren betrachten. Der Mann war ein Tagelöhner, sehr kräftig, muskulös, plötzlich (nicht apoplektisch) in der Trunkenheit verstorben und ich nahm an der Leiche die folgenden Wägungen vor, welche als Normalgewichte der Cen- traltheile des Nervensystems eines gesunden vollkräftigen Mannes in den Blü- thenjahren mit annähernd vollkommner Blutfülle gelten können.

Grm. Rückenmark (nachdem die Nervenwurzeln bis an den Ursprung aus

der Substanz des Markes abgeschnitten waren)!) . . . . 32 Kleines Gehirn von den Crura ad pontem et med. oblong. abgelöst 166 Verlängertes Mark mit Brücke, Vierhügeln und dem Anfang der Gross-

hirnstämme Erle ur A DE, Zar SEE 32 Grosses Gehirn mit Seh- und Streifenhügeln . . . 2. .2..2.....13692) Ganzes Gehirn. ohne‘Rückenmark ; 2. sn 27%.

Es ergeben sich hieraus folgende Verhältnisse, das Rückenmark als Einheit genommen:

Rückenmark zu den Nervenwurzeln . . . 2 2 2 2.2.2... 1: 083 b; zum kleinen. Gehirn... 240% Ess ja, ni er a a . zu verlängertem Mark und Brücke, Vierhügeln und Wurzeln der Grosshirnstämme 1 ME | g; zum Grossen Gehirn si 155. Jay A he a a : zum. ganzen Gehirn... mi kai ie ee Das Kleine Gehirn verhält sich zum grossen . . .... mA 8,24 .; ni 34 rn LADZER,, 4:54, Kr ar 9,43

Bei einem 22jährigen guillotinirten Mörder, auch sehr kräftig, betrug das von mir selbst ebenfalls genau ermittelle Gewicht des gesammten Gehirns

l) Die abgeschnitienen Nervenwurzeln für sich (32 Paare) wogen 17 Grm.

2) Man sieht, dass die Summe der abgeschnittenen Hemisphären, jede für sich gewogen um 3 Grm. geringer ausfiel, als beide noch vereinigt waren. Diess kommt daher, dass, trotz aller Sorgfalt beim Abschneiden und Wägen, doch etwas Flüssigkeit abfloss, auch verdunstete, denn die 2ie Wägung wurde '/, Stunde später vorgenommen. Man sieht also, dass solche kleine Differen- zen von ein Paar Gramm gar nicht in Betracht kommen und dass solche Feh- lerquellen immer bleiben werden.

93

1340 Gramm, das des kleinen Gehirns mit Medulla, Brücke, Vierhügeln und Basis der Grosshirnstämme 162 Grm.

Von besondrem Interesse ist für mich die Bekanntmachung des Hirnge- wichts des berühmten Anatomen Tiedemann gewesen; dasselbe wog: 1254 Grm.!).

Tiedemann starb im 80sten Jahre, bei sehr abgemagertem Körper, dessen Länge 172 Ctm. betrug. Ungefähr gleiche Grösse (als eine mittlere Mannsgrösse) mögen die beiden oben beschriebenen Männer gehabt haben.

Reihe ich diese Gehirne in meine Tabelle der ersten Abhandlung ein, so nimmt der

39jährige Mann mit . . . 1567 Gr. die ö0Oste Stelle ein 22jährige Mann mit . . . 1340 Gr. die 369te ,„ 80jährige Tiedemann mit 1254 Gr. die 588te , 77jährige Hausmann mit 1226 Gr. die 641ste ,

Hausmann war ein Mann von grosser Taille und muss wenigstens 180 Ctm. gemessen haben.

Wir haben also hier zwei an Alterschwäche und chronischen Krankhei- ten verstorbene Männer mit geistig thätig gewesenen Gehirnen, welche in ih- rem absoluten Gewichte in der Tabelle von nahezu 1000 Gehirnen nicht fern von einander in das 6te und 7te Hundert fallen, während der 22jährige de- kapitirte Mann mit seinem absoluten Hirngewicht in das 4te Hundert, der 39 jährige Mann, in der Trunkenheit verstorben, in das erste Hundert fiel.

Bei Tiedemann und Hausmann könnte man dem höheren Alter ei- nen Einfluss zuschreiben. Aber nach Huschke’s (freilich nach den wenigen

I) Gedächtnissrede auf Friedrich Tiedemann von dessen Schwiegersohn Prof. Bischoff. München 1861. S. 40. Tiedemann gab ein löbliches Beispiel wie aus folgender Stelle der Rede erhellt: ‚In einer Ansprache an die Seini- gen hatte Tiedemann verordnet: „den Körper lasst öffnen; es gewährt diess vielleicht einigen Nutzen. Findet sich ein Theil, der den Aerzten Belehrung ge- währen kann, so nehme man ihn in eine anatomische Sammlung auf.“ Auf Bi- schoffs Veranlassung wurde die Section von dem Prof. d. pathol. Anatomie Dr. Buhl und Prosector Dr. Rüdinger aufgenommen, so dass die grösste Zu- verlässigkeit für die Wägung slall lindet.

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Beispielen erst noch sicherer festzustellenden Wägungen) !) nimmt ja das Ge- hirn in diesem hohen Alter (im 80sten bis YOsten Jahre) wieder an Gewicht zu und nähert sich dem im Blüthenaller, so dass dieser Grund ganz zweifel- haft wird.

Einigen Einfluss auf das hohe Gewicht des Gehirns des 39jährigen Man- nes mag der elwas congestive Zustand des Gehirns gehabt haben, während vielleicht die Decapitation bei dem 22jährigen Manne wegen der Blutentlee- rung einen elwas mindernden Einfluss auf das Hirngewicht hatte.

Ueber alles diess fehlen uns ganz sichere Urtheile und Erfahrungen und genügend würden wir dieselben nur haben können, wenn wir z.B. im Stande wären, einen und denselben Menschen zuerst zu hängen, dann das Hirnge- wicht zu bestimmen und nachher zu guillotiniren und das Gewicht zu nehmen, also eine unmögliche Forderung.

Es scheint mir unbillig, dass Herr Broca meiner Tabelle den Vorwurf macht, ich hätte Gehirne von sehr verschiedenem Werthe, pathologische und nicht pathologische zusammengestellt und dadurch der Tabelle den eigentlichen Werth genommen. In der bei weitem grösseren Mehrzahl der Fälle werden die Gewichtsverhältnisse des Gehirns auch bei Irren durch die häufig gar nicht nachweisbaren oder sehr geringen anatomischen Veränderungen nicht al- ternirt. Jedenfalls finden in den meisten Fällen nur Veränderungen statt, welche durchschnittlich etwa 20 bis 30 höchstens 50 Grammen betragen mö- gen, die ganz irrelevant sind, namentlich bei den Fragen, um die es sich hier handelt. Einfache Hyperämien sind so unsicher wägbare Objecle, dass sie hier kaum in Betracht kommen können. Wenigstens hätten dann anämische Zustände des Gehirns, in Folge grosser Abmagerungen in akuten und chro- nischen abzehrenden Krankheiten, die möglicher Weise auf das Gewicht des Gehirns influiren könnten, dasselbe Recht der Ausscheidung. Anatomisch aber wird man häufig (wie ich selbst erfahren und gesehen habe) das Gehirn ei- nes an einem acuten Fieber verstorbenen Menschen ohne scheinbare Hirnkon- gestion von dem eines mit periodischer Manie behafteten nicht unterscheiden können. Wo sollte bei unseren Seclionsberichten da eine Grenze gezogen,

I} Wie Huschke selbst in seinem Werke S. 55 bemerkt.

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ein Unterschied gemacht werden können? Selbst Verdickungen der Häute verändern das Gewicht nur wenig. Nur stärkere Anhäufungen von Hirnwas- ser, ausgebreitete Atrophieen und sehr starke Infiltrationen zwischen die hi- stologischen Hirnelemente, wie wahrscheinlich bei der Sklerose, können hier in Betracht kommen. Wie wollte man aber grosse Mengen von Wägungen zu- sammenbringen, wenn man nur Gesunde, Verunglückte, Selbstmörder, Hinge- richtete in eine solche Tabelle aufnehmen wollte? Dazu würden auch solche Fälle bei verschiedenen Todesarten verschiedene Grade von Blutgehalt in den Hirngefässen, mithin kleinere oder grössere Gewichtsunterschiede, bedingen.

Rechne ich dazu, dass wir über Verhältnisse des Körpergewichts, Muskel- masse und Fettentwickelung u. s. w., Körperlänge, selbst Alter und Geschlecht (in welchen wir noch am besten unterrichtet sind) zum Volum und Gewicht des Gehirns noch so wenig wissen, so heisst es in der That Mücken seigen und Kameele verschlucken, wenn wir bei der Zusammenstellung von Hirn- wägungen und deren weiterer Verwerthung allzurigorös seyn wollen }).

Für mein „grand tableau« von Hirnwägungen, wie man meine Zusam- menstellung von 964 Hirngewichten in der Sociel&E d’Anthropologie stets zu nennen beliebt, mache ich übrigens selbst nur sehr bescheidene Ansprüche. Es ist dasselbe nur zu dem Endzweck abgefasst und einfach in die Ordnung absteigender Zahlen, von den schwersten zu den leichtesten Gehirnen, ge- bracht, um sich rasch und sicher über gewisse Fragen zu orientiren. Alter und Geschlecht sind immer, Krankheit oder Todesursache ?) in der Regel

l) Ich muss den Vorwurf Broca’s um so entschiedener zurückweisen, als es gerade eine Absicht von mir war, in der Tabelle die Heterogenität der Mo- mente hervortreten und leicht für jedermann erkennbar erscheinen zu lassen, welche die Gewichtsverhältnisse begleiten oder bedingen. Das ist sogleich an Nr. I und 2 der Tabelle deutlich.

2) Immerhin ist es von Interesse, die Gewichtsverhältnisse in der Weise aus 347 Gehirnen aus meiner grossen Tabelle ausgeschieden und berechnet zu finden, wie es Herr Broca in Verbindung mit seinen beiden Eleven, den Herren Ber- nadet und Piedvache, gethan hat. Individuen unter 21 Jahren, also vor vollendetem Wachsthum, sind ebenfalls ausgeschlossen und Broca stellt daraus folgende kleine Tabelle zusammen :

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angegeben und worum es vor Allem zu Ihun war, die wenigen Gehirne von geistig bedeutenden Männern, die bisher nach dem Gewicht sicher bestimmt waren, sind hier in die Gewichtsskalen gewöhnlicher Gehirne eingefügt. Jedermann, dem es beliebt, kann diese Tabelle zu neuen, für ihn etwa pas- senden Zusammenslellungen benutzen. Ich selbst habe mir diess!) vorbe- halten und ich freue mich, dass Herr Broca bereits einen ähnlichen Gebrauch davon gemacht hat.

Ueberhaupt kann ich aber nur meinen Dank aussprechen, dass die Societe d’Anthropologie, welche mir die Ehre erwiesen, mich zu ihrem auswärligen Mitgliede zu ernennen, meine Arbeit einer so umfänglichen Discussion unter- worfen hat, die den grössten Raum unter allen im vorigen Jahre stattgehabten Discussionen und eine Reihe von Sitzungen eingenommen hat?). Ein wahrhaft dramatisches Interesse gewähren insbesondre die Vorträge der Herren Broca und Gratiolet, die von diesen beiden so höchst kenntnissreichen und eifrigen Gelehrten und Forschern gemachten Anstrengungen zur neuen Verwerthung der Zahlen und übrigen Daten meiner Abhandlung, so wie ihre Dialoge, dann die von den Herren Auburtin, Baillarger, de Castelnau, Perier, Rufz, Dareste, de Jouvencel, Gosse, de Quatrefages, Giraldes, Delasiauve, dazwischen geworfenen Anfragen und Bemerkungen.

Es war vorauszusehen, dass wenn einmal die Zusammenstellungen von

Mittleres Hirngewicht in Grmm. In Prozenten Alter Weiber _ Männer _ Weiber Männer 21—30 Jahre. . . 1249 1341,53 100 107,4 3m" „0.0.0. 122 1410,36 100 111,7 4—50 . . . 1261 1391,41 100 110,3 9 Bd a a cn 1341,19 100 103,58 61— und darüber . 1203,43 1326,21 100 110,20

Wornach das grössere Hirngewicht der Männer gegen das kleinere der Frauen im Mittel ungefähr 10°, beträgt. Ragen- und Geschlechtsunterschiede des Gehirns hatte ich die Absicht, in einer späteren Abhandlung zu besprechen. I) Wie ich S. 76 der ersten Abhandlung ausgesprochen. 2) Vgl. Bulletins de la Soc. d’Anthrop. Tome II. p.66—81. p. 139 207. p. 209 233. p.238— 279. p. 2853— 321. p.421— (noch nicht beendet).

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Hirnwägungen bei Huschke und die von demselben daraus gezogenen Er- gebnisse und Schlüsse bei den verschiedenen Völkern, insbesondre bei unsren Nachbarn über dem Rhein, bekannt werden würden, dieselben zu den eifrig- sten Reclamationen würden Veranlassung geben. Huschke sagte nehmlich!): »Ob nach der Rage und Nationalität eine geschlechtliche Differenz eintrete, ist nicht bekannt. Aber für den germanischen und romanischen Stamm liegen Data vor. Hamilton, der das männliche Gehirn der Schotten zu 3 Pf. 8 Unzen Trop.-G. (= 1309 Grm.), das der Weiber aber zu 3 Pf. 4 Unzen (= 1190 Grm.) angiebt, nimmt also eine Differenz von 119 Grm. Ueberge- wicht im männlichen Schotten an. Bei den Franzosen giebt Parchappe das durchschnittliche Gewicht zu 1323 : 1212 Grm., also die Differenz zu 111 Grm. an. Bei den Negern und Negerinnen scheint der Unterschied nach den wenigen vorliegenden Wägungen weit kleiner zu seyn. Diess würde wenigstens mil den durch die kubischen Messungen der Schädelhöhle beider Geschlechter gefundenen Resultaten wohl übereinstimmen. Hinsichtlich der verschiedenen Ragen überhaupt ist ebenfalls eine Verschiedenheit nicht zu verkennen, wobei aber die Statur mit einwirken mag. So übersteigt das germanische Gehirn 1400 Grm. im Mittel, das französische ist von mehreren Beobachtern nur über 1300 Grm. angegeben worden und das der kleinen Hindus und Eingebornen von Bombay übersteigt nur 1000 1100 Grm.“ Herr Broca hat sich nun mit vielem Fleisse und Scharfsinn bemüht, dieses angebliche Ergebniss Huschke’s als mit seinen eigenen numerischen Daten in dem übrigen Theile des Werkes in Widerspruch stehend nachzu- weisen?). Er sagt nehmlich: „Parchappe, der einzige französische Autor, von dem Huschke sprach, publizirte eine Zusammenstellung von 29 Fällen von Gehirnen gesunder Menschen, deren Mittelgewicht 1323 Grm. betrug. Diese Ziffer ist aber schon namhaft höher als 1300 Grm.; sie erhebt sich aber selbst auf 1333 Grm., 96, wenn man die Nummer 29 weglässt, welche sich auf das Gehirn eines Kindes bezieht, das in seiner Tabelle nicht hätte aul- geführt werden sollen. Zweitens hat Huschke in seiner allgemeinen Ueber- sicht die in Frankreich, Grossbritannien und Deutschland angestellien Wä- 1) Huschke Schädel, Hirn und Seele S. 60.

2) Bulletin de la Soc. d’Anthrop. Il. p. 442. 13

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gungen vereinigt. Diese Uebersicht, in welcher die Ragen zusammengeworfen sind, konnte ihm keine richtige Vergleichung gewähren. Er selbst wog 40 männliche Gehirne, wie man auf seiner Tabelle $. 115 sieht. Das Mittelge- wicht dieser 40 Gehirne ist nur 1382 Grm. anstatt 1400; und, wenn man diese Mittelzahl mit der aus 28 in Frankreich gewogenen Gehirnen heraus- gezogenen von Parchappe vergleicht, so findet man nur eine Differenz von 48 Grm., 29, anstatt 100 Grm. Diess ist die erste Correction, die nicht ohne Wichtigkeit ist. Fügen wir hinzu, dass Parchappe viel mehr Gehirne von alten Leuten gewogen hal, als Huschke. Die Tabelle des ersteren enthält 14 Männer von mehr als 60 Jahren unter 28, die Huschke’s ent- hält nur 9 Männer von mehr als 60 Jahren unter 40. Nimmt man in beiden Tabellen nur diejenigen Fälle heraus, welche sich auf Individuen von 30 bis 60 Jahren einschliesslich beziehen, so findet man als Mittelzahl 1353 Grm. für die von dem französischen Autor gewogenen Gehirne; 1385 Grm. für die von dem deutschen Autor abgewogenen. Die Differenz zwischen diesen beiden vergleichbaren Reihen reduzirt sich also nur auf 32 Grm. statt 100 und es dürfte schon der Unterschied in der Statur diess Resultat erklären. Allerdings stellte Parchappe seine Untersuchungen im Departement de la Seine-Inferieure an, wo die Population grossen Theils germanischen Ursprungs ist und wo die Statur des Mannes merklich grösser ist, als die mittlere der Franzosen. Aber auf der andren Seite findet ein Umstand stalt, welcher gewiss beitrug, das mittlere Gewicht der von Huschke gewogenen Gebirne zu erhöhen: das ist, dass er eine gute Anzahl seiner Untersuchungen an Individuen anslellte, welche eines gewaltsamen Todes starben, während die von Parchappe untersuchten Individuen eines natürlichen Todes gestorben waren. Offenbar unterliegt das Gehirn, wie die andren Organe, dem Einfluss der Nutritionsstörungen, welche die schweren Krankheiten begleiten. Bei den am Marasmus gestorbenen Individuen findet man im Allgemeinen in der Schä- delhöhle eine grosse Quantität von seröser Flüssigkeit, welche hier ausge- schwitzt wurde in dem Maasse, als das ‚Gehirn sich senkte (Malgaigne). Diese Flüssigkeit repräsentirt den Verlust am Volum, dem diess Organ wäh- rend der Dauer der Krankheit unterliegt. Das Gehirn von Individuen, welche eines gewaltsamen Todes starben, muss daher im Mittel schwerer seyn, als

99

das von Individuen, welche eines natürlichen Todes starben. Endlich giebt es gewisse gewaltsame Todesarten, welche einen Zufluss oder eine Stase des Blutes in den Hirngefässen bedingen; dahin gehören die asphyktischen Todesfälle in Folge von Erhängen, Ertränken und Vergiftung durch Alkohol enthaltende Getränke. Unter den 40 erwachsenen Männern Huschke’s be- finden sich 11 erhängte!), I ertrunkener, 2 betrunken gestorbene (ohne die einfachen Trunkenbolde zu rechnen), 1 erschossener, 1 der sich mit einem Pistolenschuss selbst entleibte, im Ganzen 16 Fälle gewaltsamen Todes. Um eine mit Parchappe’s Fällen vergleichbare Reihe zu erlangen, muss man zuerst von dieser Liste diese 16 Individuen wegstreichen; hiezu muss man jedoch noch die beiden Geisteskranken der Nummern 8 und 28 hinwegneh- men, den Verbrecher der Nummer 20 und den Mörder der Nummer 12. Es bleiben also 20 gewöhnliche Individuen, ohne Hirnkrankheit eines natür- lichen Todes verstorben. Das Mittelgewicht des Gehirns dieser 20 Individuen beläuft sich nur auf 1320 Grm., 25, d.h. es ist geringer als das Mittelgewicht der 28 Gehirne von Parchappe mit 1333 Grm., 29. Was die 20 andren Individuen betrifft, so bilden sie eine augenscheinlich exceptionelle Reihe; fast alle starben eines gewaltsamen Todes; fast alle sind geisteskrank, Verbrecher oder Selbstmörder gewesen und das Mittelgewicht dieser 20 Gehirne erhebt sich auf 1445 Grm., 15. Es ist diess Gewicht um 125 Grm. oder um 91, % höher als das Mittelgewicht der 20 gewöhnlichen von Huschke gewogenen Gehirne. Es ist hiernach nicht bewiesen, dass das miltlere Gewicht des Gehirns in Deutschland beträchtlicher ist, als in Frankreich. Wenn man: sich begnügt, die Reihe von Parchappe mit der ersten, die ich aus Huschke’s Tabelle auszog, zu vergleichen, so würde man selbst eine leichte Differenz zu Gunsten des französischen Gehirns erlangen und diese Differenz würde noch gewichliger seyn, wenn man bemerkt, dass das mittlere Alter der 28

1) Wiederholt kommt in den Verliandlungen die Frage vor, wie das pendu oder „erhängt“ in der deutschen Tabelle zu verstehen sey. Ich bemerke für meine verehrten Herren Collegen in Frankreich, dass wir unter: „erhkängt“ einen Selbstmörder, unter „gehängt“ einen durch den Henker zum Tode gebrachten verstehen, dass aber in Deutschland nirgends mehr (seit vielen Jahren) die Todesstrafe des Hängens statt findet, wie in England.

15%

100

Individuen von Parchappe 56), Jahre, das der 20 Individuen der ersten Reihe von Huschke nur Öl Jahre ist; aber ich erkenne an, dass diese Reihen zu wenig zahlreich sind, um als Basis für eine Schlussfolge zu dienen. Ich wollte nur zeigen, wie wenig die bisher bekannten Ziffern geeignet sind, die Behauptung Huschke’s zu unterstützen.“

Man muss anerkennen, dass Herr Broca mit einem Aufwande von Fleiss und Scharfsinn die Thatsachen zusammenstellt und durchdringt, wie wir sie in allen seinen Arbeiten entfaltet sehen. Indess würde, wenn wir in der Schärfe der Analyse weiter fortgehen wollen, sich wohl auch nachweisen las- sen, dass die von Broca ausgeschiedenen vergleichbaren Fälle nicht gleich- artig sind, und wir würden am Ende zu dem Schlussresultate kommen, dass selbst zwischen je zwei Gehirnen von grösster Aehnlichkeit der Verhältnisse doch noch so viele Nebenumstände auf das Gewicht influiren, dass man über- haupt keine brauchbare Skalen zwischen Gehirnen und Gehirnen aufstellen könne. Diess ist im streng physikalischen Sinne auch wirklich der Fall, gilt aber eigentlich von allen organischen Gebilden. Es ist jedoch für die Frage, um welche es sich gegenwärtig handelt, vollkommen genügend, wenn man nur grosse Zahlen, also hier etwa 1000 Gehirne zusammenstellen kann, wo- bei man nur die gröbsten und auflallendsten auf das Gewicht influirenden Mo- mente ausscheiden muss. Differenzen von 30, 40 und 50 Grammen halte ich, wie oben bemerkt, für ganz irrelevant.

Ausser Herrn Gratiolet, welcher ganz auf meine Seite getreten ist, schienen sich sämmtliche Betheiligte bei der Discussion nicht wohl von dem vielgeglaubten Satze, dass alle geistig bedeutenden Männer mit ungewöhnlich grossem Gehirne versehen seyn müssten, den ich gerade in meiner ersten Abhandlung bestritt, lossagen zu können. Namentlich scheinen sie zu bezwei- feln, dass Männer mit verhältnissmässig kleinem Hirngewichte in der Skala, wirklich bedeutende wissenschaftliche Leistungen zu liefern im Stande gewe- sen waren. So hat gerade das Hirngewicht unsers trefllichen langjährigen Sekretärss Hausmann mit nur 1226 Grm. und mit der 641sten Stelle in meiner Hirntabelle Bedenken erregt. Man erkundigte sich mehrfach im Schoosse der Soeiete d’Anthropologie nach dem Werthe seiner Arbeiten und schien endlich erst beruhigt, als man angeben konnte, dass er Correspondent des

101

Instituts (Academie des sciences) gewesen. Hierfür ist aber gerade der neue Fall von Tiedemann sehr lehrreich. Denn er zeigt, dass man mit einem nur um wenige Grammen höheren Hirngewicht (1254) und mit der 586sten Stelle in der Tabelle, das unter dem mittleren männlichen Hirngewichte aller obengenannten Völker liegt, nicht blos Correspondent, sondern selbst Associe etranger jener berühmten Gelehrten-Corporation, also einer der 8 Unsterbli- chen (womit man jene Glücklichen zu bezeichnen pflegt) der Pariser Akade- mie der Wissenschaften werden kann.

Die bereits von Herrn Broca aus Huschke angeführte Thatsache, dass die Hindus zu denjenigen unter allen Völkern gehören, deren Schädel- capacität so geringe ist, welche im mittleren Hirngewicht gegen die europäi- schen Culturvölker um die ansehnliche Grösse von 2—300 Grammen zurück- stehen, kann zu Gunsten meiner Verwerfung jener früheren Annahme dienen. Diese Bewohner der Stromgebiete des Indus und Ganges, welche schon vor mehreren tausend Jahren eine so hohe Cultur erlangten, welche das Sanskrit ausbildeten, wunderbare Bauten ausführten, eine Buchstabenschrift also eine weit höhere Schriftbezeichnung, als die andren alten Culturvölker, wie die Chinesen in den Sylben, die Egypter in der Hieroglyphenschrift, erfanden, die das Schachspiel erdachten, epische Dichtungen und philosophische Systeme von hoher Ausbildung im höchsten Alterthum besassen, sind nach allen histo- rischen Berichten auch in ihrer physischen Bildung früber nicht anders gewe- sen. Doch haben sie, wie Messungen der Racenschädel zeigen, eine viel geringere Hirncapacität als die der culturlosen uralten Nomaden Asiens der Kalmücken, Buräten und Tungusen.

Auf eine ingeniöse Weise hat Gratiolet (S. Bulletin de la Soc. d’An- thropol. Tome Il. p. 429) die Grösse von Cuviers Schädel zu ermitteln ge- sucht, um so wichtiger, als über das so grosse Gehirn des berühmten Na- turforschers doch einige Controversen bestehen und da man es versäumt hatte, bei der Obduction eine Schädelmessung vorzunehmen. Cuviers Prosector, der noch lebende Dr. Em. Rousseau, der selbst die Leichenöffnung gemacht hat, besass noch einen Hut des vor 30 Jahren (1832) verstorbenen grossen Mannes. Gratiolet nahm hieran folgende Maasse:

102 Länge, init RB L Breite msi = 80) an Gratiolet wendete sich hierauf an einen der intelligentesten und be- schäftigtsten Hutfabrikanten in Paris (M. Puriau), welcher ihm eine Liste der üblichen Kopfmaasse der in Paris bestellten und verkäuflichen Hüte gab; es waren folgende:

Cenlim. Länge: 18,00 19, 19,50 20, 21, 21,50 Breite: 15,50 16,50 17, 17,50 18,50 18,50

Man sieht, dass das letzte Maass dieser Tabelle selbst das von Cuvier noch um eine Kleinigkeit überschreitet. Nach Angabe des Hutfabrikanten rech- net man aber 30 Procent beim Verkauf auf den Abgang der kleinsten und grössten Sorten von Hüten in obiger Tabelle. Alle übrigen verkauften Hüte haben 19,50 Centim. Länge auf 17 Centim. Breite. Hier füge ich noch nachfolgende Mittheilung bei, von welcher ich aber bitten muss, dass meine verehrten Herren Collegen in der Societe d’Anthropologie dieselbe mir nicht deuten mögen, als brächte ich dieselbe, um das bereils oben hinreichend be- sprochene bedenkliche Thema zu Gunsten der grösseren Schädelkapaeität bei den Deutschen, im Gegensatz gegen die romanischen Völker, wieder aufzuneh- men. Ich spreche hier allerdings von einem Beleg, dass wenigstens bei deul- schen Frauen einzelne Köpfe vorkommen, die selbst bei einer so grossen Hutpraxis, wie in Paris, für unglaublich gehalten werden. Einer meiner Freunde, ein vortrefflicher naturwissenschaftlich gebildeter Arzt, erzählte mir, dass er nach dem von ihm selbst an seiner Frau genommenem Kopfmaasse bei einer Modistin in Paris einen Hut für dieselbe bestellen wollte, diese bei der Prüfung des Maasses erstaunt ausrief: Mais Monsieur, cette t&te est im- possible! Ich habe diese Anekdote nur angeführt, um zu zeigen, dass man zur Erzielung wissenschaftlicher Resultate nicht allzuweit gehen dürfe, um bald in die ganz unexakten Methoden der Phrenologie zu geralhen. Diese gehen bei ihrer Betrachtung der Köpfe auf alte Büsten, Medaillen und Por- traitabbildungen aller Art zurück, wo die Naturwahrheit ganz von dem In- stinkt der Künstler abhängt. Gleichwohl treffen diese öfter das Richtige, wie denn z. B. Schadow in dem Allasse zu seinem bekannten Werke (Natio-

103

nalphysiognomieen Berlin 1835. Tab. XXII.), wo er einen spanischen Diplo- maten und einen russischen Leibeigenen zusammenstellt, sofort den Dolicho- cephalus und Brachycephalus ganz scharf erkennen lässt, zu einer Zeit, wo man auf diesen Unterschied in den Hauptkopfformen noch gar nicht aufmerk- sam war. Kann man, um Volum und Gewicht des Gehirns zu bestimmen, nicht die Gehirne selbst und Schädelausgüsse erlangen, so sind zunächst die Schädel oder die Köpfe Lebender das beste Objekt, um Messungen daran nach einer übereinstimmenden Methode vorzunehmen. Fehlen diese, so wer- den Hüte oder Kopfbedeckungen immer noch einige Anhaltspunkte geben, um die Schädelmaasse annähernd zu finden. Die Unsicherheit wird dabei natür- lich in der Reihe der angeführten Methoden immer zunehmen; Kahlheit oder dichte Behaartheit werden z. B. schon merkbaren Einfluss äussern u.s.w. Da wir uns aber in der vergleichenden Anthropologie noch in der Lage befinden, wie z. B. zur Zeit Leeuwenhoeks in der Mikrometrie, so dürfen wir, wie dieser sich der Sandkörnchen und Kopfhaare als Maasse der Vergleichung be- diente, uns auch der Hüte, statt der Schädel und Gehirne, wo wir solche nicht haben können, bedienen. Die naturwissenschaftliche Grundlage der An- thropologie, in so weit sich solche auf anatomische Verhältnisse bezieht, kann nur durch Messungen Fortschritte machen und selbst grobe Messungen sind immer besser als gar keine. Nur auf diesem Wege kann unsre heutige phy- sische Anthropologie von ihrem schwankenden und dilettantenhaften Charakter befreit werden, indem man zugleich der numerischen Methode, wie sie von Quetelet begründet wurde, die grösste Ausdehnung auf rationeller Basis giebt.

Alle die Thatsachen: die ich neuerdings gesammelt, bestätigen meine früheren Anschauungen. Dieselben lassen sich etwa in folgende kurze Sätze fassen:

1. Es ist allerdings eine gewisse Schädelcapacität, ein Volum des Ge- hirns, welche etwa einer Gewichtsgrösse dieses Gebildes von 1100 oder 1200 bis circa 1500 Grammen entsprechen, erforderlich, um Geisteskräfte zu entfalten, welche ein höheres Culturleben eines Volkes und bedeutende Leistungen der Individuen ermöglichen.

2. Die innerhalb dieser Zahlen liegenden Schwankungen scheinen je-

104

doch ohne aufallende Bedeutung für die psychische Entwickelung der In- dividuen.

3. Dieselben stehen viel mehr, eben so wie die höher und tiefer lie- genden Gewichte, mit physiologischen (vielleicht Alter und Körpergrösse) und pathologischen (z. B. Hyperplasie, Atrophie, Mikrocephalie) Verhältnissen in Zusammenhang, welche aber nur theilweise bekannt und nachweisbar, grossen- theils aber noch völlig unbekannt sind.

Erklärung der Tafeln.

Tab. I. Typus eines windungsreichen männlichen Gehirns. €. H. Fuchs. Tab. II. Typus eines windungsarmen weiblichen Gehirns von einer 249jährigen Frau. Tab. III. Fig. 1, I, II. Gehirn eines 26jährigen Mikrocephalus. Vgl. p. 10.

Fig. IV. Gehirn von Cercopithecus Sabaeus von der Seite.

Tab. IV. Fig.I. Gehirn vom Chimpanse. Copie nach Gratiolet.

Fig. II. Gehirn von Cercopithecus sabaeus. Fig. II—V. Gehirn eines menschlichen Embryo aus der Mitte der Schwan- gerschaft.

Tab. V. Fig.l. Copie einer 4jäkrigen Mikrocephala nach Gratiolet.

Fig. II. Der Hirnausguss des Mikrocephalus Tab. Ill. Fig. III. von der Seite.

Gleichmässige Bezifferung.

A. Vordere Centralwindung.

B. Hintere Centralwindung.

C. Centralspalte (Rolando’sche Spalte).

D. Oceipitalspalte.

E. Parallelspalte.

S. Sylvische Spalte, S’ vordre, S” hintre Verlängerung derselben. at Erste |

a? Zweite) Frontalwindung.

a? Dritte

b! Erste Parietalwindung (Vorzwickel, Praecuneus). b?2 Zweite R

Dritte » = » ($eheitelhöckerlappen). c! Erste

c2 Zweite, Schläfelappenwindung.

c?® Dritte

d! Erste Oceipitalwindung (Zwickel, Cuneus).

d?2 Zweile

d? Dritte .

**% Uebergangswindungen von Gratiolet.

Fr. Stirnlappen.

Pa. Scheitellappen.

Oc. Hinterhauptslappen.

Fe. Schläfelappen.

St. Stammlappen (Reil’s Insel).

————

14

Verbesserungen.

. Zeile 4 von oben liess statt b!Y d!

Er 5 ”„ ”„ b!

. Anm. ?. Copirt: Icones zootom. Tab. VIll. Fig.Il. IH. gehört zur Anm. 1. . Zeile 11 von oben liess: Gesammtlänge st. Gesammtmenge.

12 unten : gewissen si. gewisse. = 7 oben „: b? statt b}.

. letzte Zeile liess: Verwachsung st. Verwechselung.

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.

Längenverh

Tabelle IM.

Die Zahlen bedeuten Millimeter.

ältnısse der Furchen des Stirnlappens.

Verhältniss der ab-

Verhältniss der re-

I _ B Mn ee: i- | soluten Längen. Länge der | jatiyen Längen. Roln-) 2 | 5 | 5 a En Oberfläche | Furchen 5 - i a = 5 Pe = auf 1000 u < Name. Seite. \do'sche| & | 2 | & ohne = > des vonte Kun e= > Furche. Rolando's |, | 4 | = | “| S |lob. front.!) Sn aAlu|E|uls Furchen. Furche. |2|<|=8 25 0 |2|<2|5|2|5 We 5lE|&|s|E unge |sEIz|S|s rechts. | 100 243 |739 119 |(1106) , „| 501 MA) | Gauss. 2145 |100| 96| 85) 73| 15 (0 1215 100| 92] 86| 85] 53 links. | 108 206 1634 139 (1039) | - 499 "|20s | | rechts. | 114 | 250 | 673 | 112 (1035) a sı2, |202 Fuchs 2061 16 (10m 1 100) 93| 93] 58 links. | 109 |272 1652| 102 (11026) a 1535 192) | | rechts. 105 | 252 173 104 |(829) | 5 m „,, a | | 29jähr. Frau. 1726 100| 91) 19 184 100 99| 62 links. | 110 | 263 494 | 140 (897) 459 195 | Irechts. 90 | 216 | 468 | 110 |(794) | | | | | | Krebs. 1566 100| 21 183 100. 62 links. | 112 |234 1442| 96 ((772) Iren] 10) 186) | rechts. 32 | e4| 30| (155) | |" A Mikrocephalus. | IE 322 282 114 | links. | 36 | 52) 75| 40 (167) Er

1) ausgedrückt in

Quadraten von 4 "" Seitenlänge cf. die Tabelle 1.

#

Die sechs Kupfertafeln, welche zu dem Texthefte der Abhandlung ge- hören, wurden mit besonderer Absicht diesem nicht beigeheftet, sondern lose in einer eigenen Mappe ausgegeben. Diese Tafeln sind nemlich dazu be- stimmt, zur Vergleichung neben einander gelegt zu werden, um die morpho- logischen Verhältnisse, zu deren Erläuterung sie dienen, besser auffassen zu können, welches verhindert wird, wenn die Tafeln hinter einander geheftet oder gebunden werden. Diess schien um so mehr erforderlich, als die fol- genden Abhandlungen weitere Tafeln zu diesem Zwecke enthalten sollen. Auch sonst aber wird eine Vergleichung andrer citirter Abbildungen in fremden Werken, z.B. von Tiedemann, Huschke, Gratiolet mit den sechs Ta- feln dieses Heftes dadurch auf eine erwünschte Weise erleichtert. Es wird dabei jene grosse Unbequemlichkeit beim Gebrauche vermieden, welche so oft das Studium durch Abbildungen erläuterter vergleichend-morphologischer Verhältnisse stört.

Tab. I, IH und V bilden die Hauptbasis des Vergleichs und stellen na- mentlich die individuellen Verschiedenheiten in den Windungssystemen bei fünf Männer-Gehirnen, so wie deren Beziehung zur Entwickelungsgeschichte und zur vergleichenden Anatomie der Quadrumanen, in der Hauptansicht der Hemisphären von oben dar.

Die gleichmässige Bezifferung erleichtert die Uebersicht; zum näheren Verständniss wird auf den Text S. 79 u. f. verwiesen.

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Vorstudien

zu einer wissenschaftlichen i Morphologie und Physiologie

des | BE = I

| menschlichen Gehirns als Seelenorgan

EN 2 | || \ | | £ £ . . | A Bee i E von I.|

ee ‚Rudolph Wagner. |

Be D Erste Abhandlung. | (B

er ) Über die typischen Verschiedenheiten der Windungen der Hemisphären und ( 2 = ( über die Lehre vom Hirngewicht, mit besondrer ‚Rücksicht, auf ' $ | 8% die Hirnbildung intelligenter Männer. |

Mit sechs Kupfertafeln.

Göttingen, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung. | 1860. ;

Zweite Abhandlung.

Über ‚den Hecken der Wikroiehnlen mit vergleichender Rücksicht auf den Era Bau des Gehirns der normalen Menschen und der Quadrumanen.

Mit fünf Steintafeln.

a Göttingen,

Verlag der Dieterichschen Buchhandlung.

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