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EX LIBRIS The Cooper Union

THE GIFT OF

Dr. Alexander Sved

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WIEN

AM ANFANG DES XX. JAHRHUNDERTS.

I. BAND: CHARAKTERISTIK DER STADT. INGENIEURBAUTEN. II. BAND: HOCHBAUTEN, ARCHITEKTUR UND PLASTIK.

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WIEN

AM ANFANG DES XX. JAHRHUNDERTS,

EIN FÜHRER IN TECHNISCHER UND KÜNSTLERISCHER RICHTUNG.

HERAUSGEGEBEN VOM ÖSTERREICHISCHEN INGENIEUR- UND ARCHITEKTEN -VEREIN.

REDIGIERT VON

INGENIEUR PAUL KORTZ

STADTBAURAT.

ZWEITER BAND.

WIEN 1906. VERLAG VON GERLACH fr WIEDL1NG.

DRUCK VON FRIEDRICH JASPER IN WIEN.

3 3 S9 0Z.

VORWORT.

Indem der österreichische Ingenieur- und Architekten-Verein den zweiten Band des Werkes: „Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts" der Öffentlichkeit übergibt, muß vor allem des schweren Verlustes gedacht werden, den das Unternehmen durch das Ableben des Bau- rates Paul Kortz erlitten hat. Durch eine Reihe von Jahren widmete dieser ausgezeichnete Mann in völlig uneigennütziger Weise, mit begeisterter Hingebung, Gewissenhaftigkeit und Umsicht seine ganze Kraft der schönen Aufgabe; auch dann noch, als ein schweres Leiden ihn beugte. Ein herbes Geschick versagte ihm die Genugtuung, sich des vollendeten Werkes zu erfreuen. Der Österreichische Ingenieur- und Architekten-Verein wird stets der hervor- ragenden Leistung seines Mitgliedes Kortz und ihm selbst eine dankerfüllte Erinnerung weihen.

Das lange Siechtum unseres Redakteurs würde allein schon die Verzögerung, die in der Herausgabe des zweiten Bandes eintrat, erklären. Diese Verzögerung hat aber auch noch andere Ursachen. Der Umstand, daß die Mitarbeiter Fachmänner sind, die durch Berufs- pflichten sehr in Anspruch genommen werden, die Notwendigkeit, für die meisten Bilder neue photographische Aufnahmen nach der Natur herzustellen, das fortwährende Anwachsen des Stoffes während der Arbeit: diese und manch andere Momente behinderten den Abschluß unseres Unternehmens.

Der Ausschuß ist sich wohl bewußt, mit diesem Werke weder ein einheitliches noch ein lückenloses Bild der reichen künstlerischen und technischen Schätze der Stadt Wien zu bieten. Wenn man aber die Fülle von geistiger Arbeit überblickt, die hier vorgeführt wurde, und bedenkt, daß eine Reihe zusammenfassender Darstellungen erstmalige Versuche sind es seien nur die Abschnitte über die Bauten für soziale Fürsorge, über die Denkmale, sowie über die Kunstsammlungen und Bibliotheken hervorgehoben so wird man trotzdem an- erkennen müssen, daß der Österreichische Ingenieur- und Architekten-Verein ein wertvolles Nachschlagewerk geschaffen hat, das wohl eine Grundlage für alle weitere Arbeit auf diesem Gebiete bilden dürfte.

Den zahlreichen opferwilligen Förderern und Mitarbeitern des Werkes wurde schon in den den ersten Band einbegleitenden Worten der Dank abgestattet. Zu besonderem Danke fühlt sich heute aber der Ausschuß seinem Mitgliede Architekt Anton Weber verpflichtet, der nach dem Ableben des Baurates Kortz in der entgegenkommendsten Weise die redak- tionellen Schlußarbeiten übernahm.

Wien, im November 1906.

W. Exner,

C. Th. Bach, J. Gsottbauer, H. Koestler, F. Pfeuffer,

F. Berger I., H. Helmer, E. Lauda, L. Spängier,

E. v. Förster, C. Hochenegg, K. Mayreder, A. v. Wielemans,

F. v. Gruber, J. Koch, A. Oelwein, A. Weber,

P. Zwiauer.

Abkürzungen.

mm Millimeter.

cm Zentimeter.

m Meter.

km Kilometer.

m- Quadratmeter.

ar Ar = 100 m-.

ha Hektar = 10.000 m-.

km- Quadratkilometer.

m3 Kubikmeter.

kg Kilogramm.

q Meterzentner = 100 kg.

t Tonne == 1000 kg.

1 Liter.

hl Hektoliter.

sl Sekundenliter.

kg/m Kilogramm-Meter.

PS. Pferdestärke.

Atm. Atmosphäre.

Kai. Kalorien.

h Heller.

K Krone.

INHALT DES II. BANDES.

III. Hochbau und Architektur.

Seite

Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren. Von Professor Dr. Josef

Bayer 3

A. Gebäude für Kultuszwecke.

I. Katholische Kirchen des Mittelalters. Mit Zugrundelegung von Aufzeichnungen von Dr. W. A. Neumann, Professor a. d. Universität in Wien, bearbeitet von Dr. Karl R. Holey, Architekt 25

II. Katholische Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts. Von k. Rat Dr. Josef Dernjac, Skriptor a. d. k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien 47

III. Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts. Von Architekt Max Freiherrn von Ferstel, Professor a. d. k. k. technischen Hochschule in Wien 73

IV. Evangelische Kirchen. Von Architekt Ludwig Schöne 86

V. Synagogen, griechische und russische Kirchen. Von f Max Fleischer, k. k. Baurat, Architekt 87

B. Gebäude für den kaiserlichen Hof. Von f Heinrich Lisseck, k. k. Regierungsrat, Architekt;

Emil Ritter von Förster, k. k. Ministerialrat, Architekt; f Baurat Paul Kort z; k. Rat Dr. J. Dernjac 97

C. Verwaltungsgebäude.

I. Gebäude der Reichsverwaltung. Von Heinrich Holzeland, k. k. Oberingenieur; Josef Meixner, k. k. Ingenieur; Karl Wopelka, k. k. Oberingenieur; k. Rat Dr. J. Dernjac; August Fieger, k. k. Oberingenieur; Eduard Irmisch, k. k. Oberingenieur; M. von Decastello, k. k. Oberingenieur; k. Rat Karl Erhart; Rud. Koppensteiner, k. k. Ingenieur; Anton Hillebrand, k. k. Ingenieur; Andreas von Züllich, k. k. Ingenieur; Fried. Leonhard, k. k. Baurat; O. von Czadek, k. k. Ingenieur; H. Koechlin, k. k. Baurat; Alois Koch, k. k. Baurat; S. Tomßa, k. k. Oberbaurat; A. Lorenz, k. k. Ingenieur; K. A. Fieber, Konstrukteur a. d. technischen Hochschule; k. k. Generaldirektion der Tabakregie 121

II. Gebäude der Landesregierung und -Verwaltung. Von K. Wopelka, k. k. Ober- ingenieur; f C. von Boog, k. k. Oberbaurat 155

III. Städtische Verwaltungsgebäude. Von Josef Pürzl, städtischer Baurat 158

D. Gebäude für Bildung und Unterricht.

I. Musealgebäude. Von W. Freiherrn von Weckbecker, k. u. k. Hofrat; Jos. Folnesics, Kustos am k. k. Museum für Kunst und Industrie 169

II. Hochschulen und wissenschaftliche Institute. Von August Fieger, k. k. Oberingenieur; M. F. von Ferstel, k. k. Professor; Alois Koch, k. k. Baurat 174

III. Akademien, Lehrer-Bildungsanstalten etc. Von Dr. von Wiener, k. k. Ministerialrat . 190

IV. Mittelschulen. Von Karl Donda, k. k. Oberingenieur 197

V. Gewerbliche Lehranstalten. Von Dr. Wilh. Exner, k. k. Sektionschef 204

VI. Bürger- und Volksschulen. Von Karl Haubfleisch, städtischer Baurat 212

E. Humanitätsanstalten.

I. Krankenhäuser. Von Franz Berger, n.-ö. Landes-Oberbaurat; Franz Ritter von Gruber, k. k. Hofrat 225

II. Irrenanstalten, Gebär- und Findelhäuser. Von Franz Berger,' n.-ö. Landes-Oberbaurat; Franz Ritter von Grub er, k. k. Hofrat 255

VIII Inhalt des II. Bandes.

Seite

III. Anstalten für Blinde und Taubstumme. Von Franz Ritter von Gruber, k. k. Hofrat . 259

IV. Waisenhäuser und Kinderasyle. Von Franz Kitter von Grub er, k. k. Hof rat; Jos. Pürzl, städtischer Baurat 262

V. Armen- und Versorgungshäuser. Von Dr. Jakob Dont, Magistratsrat; Rud. Helmreich,

Bau-Vizedirektor 264

VI. Asyle für Obdachlose, Wärmestuben und Volksküchen. Von Josef Pürzl, städtischer

Baurat 270

VII. Badeanstalten. Von H. Beraneck, städtischer Bauinspektor 272

VIII. Rettungs- und Sanitätswesen. Von W. Chitil, Feuerwehr-Oberinspektor; Franz Ritter

von Gruber, k. k. Hofrat; Josef Pürzl, städtischer Baurat 282

F. Militärgebäude.

I. Gebäude für das gemeinsame Heer. Von Jos. von Ceipek, k. u. k. Feldmarschalleutnant;

Rudolf Gall, k. u. k. Oberst 289

II. Gebäude der k. k. Landwehr. Von Eduard Otschenaschek, k. k. Oberst 313

G. Vereinshäuser. Von Julius Koch, k. k. Baurat s* 317

H. Gebäude für Vergnügungen und Sport.

I. Theatergebäude. Nach Mitteilungen des k. k. Oberbaurates Hermann Helmer, des Archi- tekten Franz Freiherrn von Krauß u, a 325

II. Spezialitäten-Theater- und Zirkusgebäude. Von Dr. K. R. Holey, Architekt .... 338

III. Saalbauten. Von Dr. K. R. Holey, Architekt 343

IV. Bauten für Sportzwecke. Von Dr. K. R. Holey, Architekt 346

I. Börsengebäude und Geschäftshäuser.

I. Börsengebäude. Von A. Foltz, k. k. Baurat 351

II. Bankgebäude. Von Emil Ritter von Förster, k. k. Ministerialrat 355

III. Warenhäuser. Von F. Leonhard, Architekt, k. k. Baurat 361

K. Wohngebäude.

I. Paläste und herrschaftliche Wohngebäude. Von Theodor Bach, k. k. Baurat, Chef- Architekt der Wiener Ballgesellschaft 371

II. Städtische Miethäuser. Von F. Leonhard, Architekt, k. k. Baurat 403

III. Familienhäuser und Villen. Von Anton Weber, Architekt 427

IV. Hotelbauten und Restaurants. Von Leopold Simony, Architekt 443

V. Arbeiterhäuser und Volkswohnungen. Von Leopold Simony, Architekt 451

L. Ausstellungsgebäude.

I. Rotunde. Von Dr. Martin Paul, städtischer Bauinspektor 459

II. Hagenbund. Von A. Weber, Architekt 463

IV. Plastik und Kunstsammlungen.

A. Denkmale und Brunnen. Von Anton Weber, Architekt.

I. öffentliche Denkmale 467

II. Monumentalbrunnen 482

a) Auf öffentlichen Plätzen 482

b) An Gebäuden und in Höfen 492

III. Private Denkmale, Votivtafeln und Grabmonumente 495

B. Sammlungen und Bibliotheken. Von W. Freiherrn von Weckbecker, k. u. k. Hofrat.

I. öffentliche Sammlungen 503

II. Privatgalerien 511

III. Bibliotheken 514

Alphabetisches Sachverzeichnis 517

Alphabetisches Namenregister 523

Verzeichnis der Textabbildungen 528

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen 537

Berichtigungen 542

III. TEIL

HOCHBAU UND ARCHITEKTUR.

Bd. II.

Abb. 1. Das Burgtor (Architekt Peter von Nobile) vom Hcldcnplatz gesehen.

Kunst war jenseits Entwicklung einsetzte. Man wollte nicht bloß

DIE ENTWICKLUNG DER ARCHITEKTUR WIENS IN DEN LETZTEN FÜNFZIG JAHREN.

i.

Der neue Aufschwung der Architektur in Österreich, zunächst an der Zentralstelle in Wien, fällt so ziemlich mit den politischen Weckrufen des Jahres 1848, wenn auch bei anderen Tendenzen, zusammen. Die neue Kunstbewegung die „Monumentalperiode" der deutschen

unserer Grenzen bereits in vollem Gange, als bei uns die verwandte Hier wurde es allerdings ein Prozeß mit beschleunigten Pulsen, nachkommen und einholen, sondern in kürzester Zeit selbständig kon- kurrieren und auf eigenen Wegen fortschreiten, was denn bald genug auf überraschende Weise gelang.

Der vorangegangene Zustand, auf den wir nur der Einleitung wegen zurückblicken, war wohl nahezu trostlos. Unter allen Künsten läßt sich die Baukunst am ehesten staatlich ein- schränken und disziplinieren, und dies geschah in der „vormärzlichen" Zeit nach allen Graden. Es gab damals bei uns eine bauliche Zensur, ebenso drückend gehandhabt wie die literarische. „Vor dem Jahre 1848 erschöpfte sich" wie einmal Rudolf von Eitelberger sagte „die Architektur Österreichs einerseits in dem Geschäftsleben des Bauhandwerkes, anderseits in dem Bureauleben der Baubeamten. Die Architektur als Kunst ging leer aus." Paul Sprenger (geb. 1798, gest. 1854), zuletzt Hofbaurat, dozierte an der Akademie der bildenden Künste seit 1828 „geometrie descriptive" als neuen Lehrgegenstand, dann auch die „schöne Baukunst" doch diese ganz nach den Regierungsmaximen, gleichsam als bauliche Rezeptierkunde. Ihm gegenüber vertrat wohl schon früher Peter von Nobile (aus Campestre im Kanton Tessin, geb. 1774, gest. 1854) die offiziell zugestandene künstlerische Auffassung zunächst mit seinem dorischen Burgtor (siehe Abb. 1) und seinem Theseustempel im Volksgarten (1822 1824). Er war Dogmatiker in Sachen der Kunst; er sah in der Antike nur die Regel und schätzte neben Vitruv wohl auch Vignola und Palladio, insofern sie gleichfalls Regeln aufstellten. Nobile war um sieben Jahre älter als sein großer Zeitgenosse, der Wiedererwecker der Baukunst in Deutschland, Karl Friedrich Schinkel (1781 1841), und überlebte diesen um dreizehn Jahre, um aber während dieser langen Lebensdauer lediglich über den akademischen Stillstand der Architektur in Österreich zu wachen. Er kehrte zur Antike zurück und blieb bei ihr stehen, indes Schinkel mit genialem Blick von ihr ausging, um dieselbe einer lebensvollen Erneuerung entgegen- zuführen. Bei den wenigen Bauten, die in jener Zeit einen gewissen Anspruch auf Bedeutung machten, mußte eine lokalisierte Abart des Empirestils neben Nobiles Schulantike herhalten. Ein für die damaligen Verhältnisse noch immer beachtenswerter Bau war das Polytechnische Institut auf der Wieden, vom Hofbaurat Direktor Schemerl von Leytenbach im Jahre 1816 erbaut, von Prof. Stummer 1839 wesentlich erweitert. In der Herrengasse, wohin sich besonders die staatliche Bautätigkeit hinzog, nahm man sich eigens zusammen. So tat es der sonst nüch- terne Sprenger, der im Statthaltereigebäude (1845) sogar dekorativ wurde, und früher schon Moreau mit der Fassade der Nationalbank und ihrem schulgerecht antikisierenden Portal,

i*

4 Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

dann E. Ludwig Pichl in dem Umbau des Ständehauses (1838), welcher mit der stark aus- ladenden korinthischen Säulenstellung' des Mittelbaues an klassizistischer Anstrengung- schon in sehr beachtenswertem Maße ein Übriges tat. Weiter durfte man aber nicht gehen. „Monu- mentalität" war für die franziszeische Epoche und die nächste Folgezeit ein fremder Begriff.

Neben jener vorschriftsmäßigen Normalarchitcktur, die bei uns keinem aufstrebenden Talent genügen konnte, gab es wohl allerlei fromme Wünsche auch im Wortverstande fromm, da sie sich zumeist auf die Kirchenbaukunst bezogen. Die den mittelalterlichen Stilen zugewandte Bauromantik wagte sich nur schüchtern hervor; in ihrer Gefühlsrichtung ging dieselbe parallel einher mit dem Nazarcnertum in der Malerei. Karl Rösner (geb. 1804, gest. 1869) war damals der einzige, nicht allzuviel wagende Romantiker an der Architekturschule der Wiener Akademie. Seine St. Johannes-Kirche in der Praterstraße (1842 1846) weist einen sehr will- kürlich erfaßten Rundbogenstil auf, gefällig im verzierenden Detail, aber im ganzen von unent- schiedener Haltung; das hatte aber der Architekt nicht allein zu verantworten, da er bauamt- lich genötigt war, drei von ihm zur Wahl vorgelegte Projekte, ein romanisches, ein gotisches und eines im Renaissancestil, miteinander zu verschmelzen. Durch die verdienstvollen Restau- rationsarbeiten des Dombaumeisters Leopold Ernst (geb. 1808, gest. 1862) am Stephansdom wurde übrigens in dieser Zwischenzeit für die Fortwirkung der gotischen Tradition in dankens- werter Weise Sorge getragen, was nicht vergessen werden darf.

II.

Jene jüngeren Architekten von neuen, bald volltönigen Namen, welche kurze Zeit nachher an dem Aufschwung der Wiener Bautätigkeit in erster Stelle beteiligt sind, finden wir vor- läufig noch in einer bescheideneren, gleichsam vorbereitenden Wirksamkeit; so insbesondere die beiden, fortan untrennbaren Genossen: Eduard van der Null (geb. 1812, gest. 1868) und August von Siccardsburg (1813 1868). Sie erbauen zusammen in der Nähe der kurz vorher vollendeten Kirche Rösners vorerst im Jahre 1847 das Carl-Theater in der Praterstraße. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, dasselbe nach der Seite der praktischen Lösung hin zu würdigen künstlerisch ist es uns aber interessant, daß der figurale Schmuck gut in das Fassadenbild eingefügt erscheint, während man bis dahin bei einem Bauwerk auf Skulptur entweder ganz verzichtete oder mit derselben in der architektonischen Einordnung nichts Rechtes anzufangen wußte. Im Jahre 1848 bauten van der Null und Siccardsburg das Sophien- bad mit dem allgemein bekannten Bade- und Tanzsaal, einem wohlangeordneten großen Interieur von gutem dekorativem Geschmack. Wichtigere Bauaufträge stellten sich damals nur spärlich ein; doch die dringendste künstlerische Zeitfrage für Bauten von höherem monumen- talen Anspruch war schließlich die Befreiung des architektonischen Schaffens von dem Druck der Baubureaukratie das Ziel der Sehnsucht für die wirklich Begabten und redlich Wollenden.

Epochemachend wurde dann in dieser Richtung bekanntlich die Erbauung der Alt- Lerchenfelder Kirche. Es handelte sich da zunächst um eine neue Pfarrkirche, also keine ungewöhnliche Bedarfsfrage und so nahm die Sache auch der Hofbaurat Sprenger, nach dessen Plänen die Grundlegung bereits 1847 erfolgte. Nun drang da zuerst über Initiative der Architektenvereinigung die künstlerische Konkurrenz mit Erfolg durch, und der talentvolle Schweizer Johann Georg Müller kam mit seinem eigenartigen Projekt im italienisch-romani- schen Stil zum Bau, um leider der Vollführung seiner Aufgabe durch frühen Tod erst 27 Jahre alt schon im Jahre 1849 entrissen zu werden. Architekt Franz Sitte, der Vater des kürzlich verstorbenen Kamillo Sitte, gesellte sich glücklicherweise als Bauleiter zu Müller und vollendete nun den Bau im Sinne der ursprünglichen Intention des Meisters. In der Ausge- staltung des Innenraumes zeigte van der Null zuerst seinen erfindungsreichen ornamentalen Sinn auch für eine monumentale Aufgabe, und derselbe wurde in der neuen Ära zugleich der erste Sammelort der höheren Leistungen der kirchlichen Malerei, mit jenen Führichs obenan.

Eine sehr beachtenswerte überleitende Stellung zwischen der älteren und der neueren Epoche nimmt Ludwig Förster ein (geb. zu Bayreuth 1797, gest. zu Wien 1863). Er verfügte über eine ruhig erwägende Einsicht in künstlerische Aufgaben, ohne sich in volle Originalität herauszuwagen; ein Zustand, wie er in einer an Anregungen armen Übergangszeit auch bei den Berufeneren nicht anders vorzukommen pflegt. Bei durchaus reinlicher Behandlung der Ver- hältnisse und des Details treten darum die Försterschen Bauten nicht immer entschieden genug hervor. In seinem Atelier treffen wir nun zuerst Theophil Hansen an (geb. zu Kopenhagen 1813, gest. zu Wien 1891), der, eben 33 Jahre alt, auf den Vorschlag Staufferts, des Stadtbau-

Abb. 2. Mittelpartie vom Waft'enmuseum des Arsenals. Architekt Theophil von Hansen.

Ö Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

mcisters zu Athen, von dort im Jahre 1846 nach Wien zog, um anfangs zu Förster als dessen Kompagnon sich zu gesellen, ohne auf die Dauer in diesem Arbeitsbündnis zu verharren.

Theophil Hansen hat sich eine eigene Perspektive in die Architektur geschaffen. Heimat- liche Einflüsse, seit Thorwaldsen nachwirkend, bestimmten von vornher seine so ausgesprochen hellenische Kunstgesinnung. Griechenland wurde für Theophil Hansen während eines achtjährigen Aufenthaltes eine erworbene Kunstheimat, nicht bloß Ziel einer Studienreise. Dabei ließ er aber die örtlichen Kunsteindrücke Griechenlands als ein ungeschiedenes Ganzes auf sich wirken. in welches er neben dem klassischen Tempelstil auch den späteren christlich-griechischen Stil mit einbezog. Er hielt die byzantinische Kunstweise wegen ihrer wenn auch entfernteren Ab- stammung von der altgriechischen gleichfalls in Ehren, und nach den Anregungen, welche ihm das Studium kleinerer Kirchenbauten dieses Stils in Griechenland dargeboten, bildete er sich seinen eigenen, ganz persönlich aufgefaßten Byzantinismus durch, um gerade mit Stilproben dieser Richtung - - ehe er zum klassischen Hellenismus zurückging seine Bautätigkeit in Wien zu beginnen. Entscheidend hierfür war sein so bedeutsamer Anteil an dem Arsenalbau. Der ungeheuere Komplex gelangte in der allgemeinen Anlage nach Plänen von van der Null und Siccardsburg von 1849 1856 zur Ausführung. Die Baulichkeiten, die für technische Arbeitszwecke bestimmt waren, erhoben sich kaum merklich über den Kasernencharakter; doch in den repräsentativen Hauptbauten finden wir den letzteren höchst überraschend aus dem Ziegel- rohbau heraus stilistisch veredelt. Für die Mittelkaserne mit der spätromanischen Kapelle trat noch Rösner ein, die Gewehrfabrik mit der Schießstättc baute Förster mit Hansen. Architek- tonisch sehr ausdrucksvoll kommt zunächst das Kommandanturgebäude von van der Null und Siccardsburg zur Geltung, mit seinem malerischen Burghof in frei behandeltem roma- nischem Stil aber in noch höherer Steigerung das Waffenmuseum Hansens, dieses Pracht- stück seines höchst eigentümlich behandelten Byzantinismus mit Beiziehung gotisierender und moresker Zierformen (siehe Abb. 2). Dann folgte der überkuppelte Vorbau zur griechischen Kirche auf dem Fleischmarkt und der reizvolle kleine Zentralbau auf dem Matzleinsdorfer evangelischen Friedhofe. Hansen zeigte sich in diesen seinen neubyzantinischen Bauten sogar erfindungs- reicher als in den nun folgenden, die sich an das klassisch-hellenische Vorbild anschlössen, weil er sich dort einem festen Kanon nicht so für verpflichtet erachtete.

In eben dem Jahre, da der Arsenalbau beendigt wurde im April 1856 erfolgte die Grundsteinlegung der Votivkirche. Damit tritt wieder ein Hauptarchitckt der neuen Bauära, Heinrich von Ferstel (geb. zu Wien 1828, gest. daselbst 1883), gleich anfangs mit dem entschiedensten Erfolg auf den Schauplatz der architektonischen Tätigkeit. Erst 25 Jahre alt, beteiligte er sich kurzweg an der Konkurrenz für den von Erzherzog Maximilian angeregten Kirchenbau, und auf einer Studienreise durch Italien traf ihn (1855) die freudige Nachricht, daß er im Wettkampf mit etwa 75, zum Teil sehr hervorragenden Mitwerbern auch Friedrich Schmidt war mit einem dritten Preis darunter den Sieg errungen habe. Die Ausführung des Baues bereitete Ferstel allerdings noch der Sorgen genug und vollzog sich, zähe fort- schreitend, unter manchen, meist einschränkenden Veränderungen. Mit der am 24. April 1879 eingeweihten Kirche erhielt das moderne Wien als Seitenstück zu der ehrwürdigen Hallen- kirche von St. Stephan eine zweite gotische Kirche nach völlig durchgebildetem Kathedralen- system mit erhöhtem Hauptschiff und vollem Kapellenkranz um die Choranlage. Die rein- sten Formen des auf seinem Höhepunkte angelangten gotischen Stils deutscher wie fran- zösischer Herkunft sind hier mit wählerischem Schönheitssinn zu einem wohlgestimmten Ge- samteindruck vereinigt und Ferstel hat es hierbei auch verstanden, der Gotik, ohne ihr an Würde Abbruch zu tun, zugleich eine anmutige Wirkung abzugewinnen. Die Votivkirche ist denn auch gegenüber seinen späteren großen Leistungen, in denen er zur Renaissance über- ging, immer sein populärster Bau geblieben (siehe Abb. 3).

Vorerst verweilte aber der Künstler noch auf einer Haltestelle des Mittelalters, jedoch bei voller künstlerischer Freiheit. Ihm fiel neuerdings im Jahre 1858 der Bau des Bank- und Börsengebäudes, Ecke der Herrengasse und Strauchgassc, zu, mit einer eingeschobenen kleinen Fassade nach der Freiung hinaus der erdenklichst ungünstige Bauplatz, dessen Schwierig- keiten aber Ferstel meisterlich bewältigte. Der Rückgriff zum romanischen Stil mag wohl bei einem Haus, das so durchaus modernen, praktisch-nüchternen Zwecken dienen sollte, zunächst befremdlich erscheinen. Freilich ist es ein Romanismus ohne archaistische Absichtlichkeit und mit ganz originell geführten Stilvermittlungen : der aus sich heraus in der schönräumigen Halle des Erdgeschosses eine originelle rundbogige Gotik entwickelt, gegen die Frciung sogar den eleganten, etwa spätromanischen Aufbau mit einem korinthischen Hauptgesims abschließt

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Abb. 3. Hauptportal der Votivkirche. Nach einer Handzeichnung von Heinrich von Ferstel.

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8 Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

und durch sinnreiche Kombination der Motive im Stiegenhause, im Brunnenhof und der Passage uns vielfach überrascht. Ferstel hat hier, noch im Jugenddrang des Schaffens, ein eigenartig ausgesonnenes Bauproblem lösen wollen, sei es auch nur für den einzelnen Fall. Es ist ein Versuch, auf Stilentdeckung auszugehen, den er sich später nicht mehr gestattete. So finden wir denn bis gegen Ablauf des Jahres 1860 die neuerwachten architekto- nischen Kunstbestrebungen von verschiedenen Ausgangspunkten her bereits in vollem Zuge. Es ist von Anbeginn nichts Uniformes in denselben; und gerade dies ist das Merkmal lebendig vordringender produktiver Kräfte.

III.

Bekanntlich datiert man in der Regel den großen baulichen Aufschwung Wiens von der mit kaiserlicher Entschließung vom 20. Dezember 1857 angeordneten Niederlegung der Festungs- mauern, welche bis dahin die „Innere Stadt" umgürtet hatten. Als hierauf nach einer voran- gegangenen Konkurrenz für die Stadterweiterungspläne, über welche an anderer Stelle ge- sprochen wurde, die Anlage des breiten Ringstraßengürtcls und der parallel nebenher- laufenden Straßen festgestellt war, wurde damit Wien wie durch einen heilsamen architek- tonischen Staatsstreich auf einen Schlag in die ganz großen Verhältnisse einer modernen Metro- pole hinübergeführt. Wir haben wohl den Beginn der neuen baukünstlerischen Entwicklung Wiens früher angesetzt, und mit vollem Recht: von jetzt an gehen aber die berufenen Talente nicht mehr einzeln, sondern in Gemeinschaft ans Werk.

Der erste Monumentalbau, welcher an die eben angelegte Ringstraße herantrat, war das Opernhaus von van der Null und Siccardsburg (1861 1869), nach dem Tode beider Meister vollendet von Gugitz und J. Storck. Die Gesamtanordnung und bauliche Konstruktion gehört wesentlich Siccardsburg an; van der Null zeigt sich zunächst in diesem Bau der eine ganze architektonische Leidensgeschichte mit tragischem Ausgang in sich faßt und dem man trotz mancher Einwendungen seine hohe Bedeutung keineswegs absprechen kann sowohl bezüglich der allgemeinen formalen Haltung wie der Details so recht als Stilsucher, der aus- drücklich dem Traditionellen aus dem Wege geht. Wie er insbesondere die Verbindung des Ornaments mit der Bauform sich dachte, hat er da deutlich gezeigt. Die ornamentalen Motive hatten für ihn einen ganz selbständigen Schönheitswert, unabhängig von ihrem ursprünglichen stilistischen Nexus; ihre Neuverwendung im gegebenen Fall galt ihm als Sache der freien Kom- position nach subjektiver Empfindung. Das Opernhaus hat freilich nur beiläufig den Charakter eines Renaissancebaues, aber die Zierformen: die in die Ecken eingestellten Schmuck- säulen, die gewundenen Wülste in den Arkaturen, die Radformen in dem Oberbau und in den Fenstern der Flügeltrakte sind meistens unverkennbar aus dem dekorativen Vorrat der florentinischen Spätgotik herübergenommen. Immerhin ist das an sich Fremdartige doch in eine glücklich wirkende neue Zusammenstimmung gebracht. Die Durchbildung des Innenbaues aber (mit der bewunderungswerten Anlage des Treppenhauses und dem Prachtraum des Saales) ist nicht nur eine der glänzendsten architektonischen Leistungen Wiens, sondern überhaupt der ganzen modernen Theaterbaukunst.

Um nur kurz noch der weiteren baulichen Verdienste van der Nulls und Siccardsburgs zu gedenken, müßte man auf ihre unermüdliche projektierende Bemühung eingehen, mit der sie in die Neugestaltung Wiens einzugreifen bemüht waren. Doch da es sich hier nur um das Ausgeführte handelt, erwähnen wir zunächst das Warenhaus der Firma Haas, welches so wirksam den Umbug vom Graben gegen den Stephansplatz hin markiert; einer der reinsten Baugedanken von durchaus klarem Eindruck, dem wir auf den Straßen Wiens begegnen, in schlanker, feingliederiger Renaissance (siehe Abb. 4). Dann wäre noch das Palais Larisch zu nennen: wieder ein eigen gefaßtes Problem für ornamentale Lösung, nicht ohne feine Klügelei, aber von richtigem Sinn für zartes und reiches Detail.

Wir müssen uns nun wieder zu Hansen zurückwenden, dessen „Heinrichshof" sich gleichzeitig dem Opernhaus gegenüberstellte, um auf einen guten Teil der ferneren Ringstraßen- architektur vorbildlich zu wirken. Wir stehen da vor einer überraschenden Tatsache. Der Archi- tekt, dessen Horizont sich anfangs von Alt-Athen bis zu Byzanz hin künstlerisch zu begrenzen schien, findet mit einem Male für sein hellenistisches Programm eine praktische Anwendung, mit welcher er sofort in die Straßenzeilen des entstehenden modernen Wien hereinzuwirken vermag. Er bildet sich einen neuen Haus- und Palasttypus, der sogar zum mächtigen Zinshäusergruppenbau sich herauszuwachsen vermag. Und das konstituierende Prinzip der Formenhaltung ist hierbei

Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten tüntzig Jahren. 9

die beabsichtigte Reinigung der Renaissance durch die Substituierung des ursprünglichen und feineren griechischen Details statt des abgeleiteten römischen in den Zierformen und Profilie- rungen. Mit dem Palais des Freiherrn von Sina am Hohen Markt und dem evangelischen Schul- hause an der Wicdener Hauptstraße (1859 18öl) beginnt so ziemlich diese zweite, frucht- barste Epoche der Bautätigkeit Hansens. Nebenher gefiel er sich noch in rein antikisierenden Lieblingsideen (siehe seinen Rekonstruktionsentwurf für das Burgtor, Abb. 5); doch jene eben bezeichnete, gleichsam vermittelnde Tendenz klärte sich zum edelsten Geschmack im Palast des Deutschmeister-Ordens am Parkring (1864) und fand weiter einen charakteristischen Ausdruck in dem Giebelbau wie in den goldgleißenden Sälen des Musikvereinsgebäudes (1867 1869). Sonst erwies sich der formenstrenge Hellenist in seinen weiteren Zinshausbauten und Palästen (ehemaliges Palais Epstein, Haus von Ephrussi u. s. f.) durchaus als Praktiker und echt moderner Baukünstler: er disponierte auch seine Bauten in dem großen Rhythmus der Verhältnisse entschieden nach den Prinzipien der Renaissance, wenn er auch statt der Säulen- ordnungen Vignolas stets seine griechischen Originalsäulcn mit Vorliebe die attisch-ionische und die korinthische vom Lysikratesdenkmal (siehe Abb. 6) setzte und von weiblichen Gewandfiguren als Gebälkträgerinnen (nach dem Vorbild der herrlichen Karyatidenhalle des Erechtheion) einen ausgiebigen Gebrauch machte. Den römischen Umbildungen der griechi- schen Säulentypen ging Hansen grundsätzlich aus dem Wege und bediente sich aushilfsweise nur der römisch-dorischen Säule wegen der ihm in gewissen Fällen unentbehrlichen Basis; so am Portalbau der Akademie der bildenden Künste und in der Aula daselbst, ferner in der unteren Säulenstellung des Saales der mit Karl Tietz erbauten Börse.

Bereits in dieser Epoche hatte Hansen das stärkste Verlangen nach Goldglanz und Farbe zur Vervollständigung der architektonischen Wirkung. Am obersten Geschoß des Heinrichs- hofes — in welchem Bau er übrigens vermöge der Bewältigung und Verteilung der Massen ein echtes, volles Renaissanceproblem löste durfte er sich farbige Fruchtgehänge, kolorierte Wandstreifenornamente auf goldigem Grund gestatten, zuletzt als höchsten Festschmuck die mitten im Golde schwebenden, leider stark nachdunkelnden Frauengestalten Rahls. Mit diesem Künstler verbündete sich Hansen seit jeher gern; so schon im Waffenmuseum des Arsenals, dann in der glänzenden Ausstattung der Wohnungsräume des noch mit Ludwig Förster ge- meinsam erbauten Palais Todesco (1861 1864). Es ist bemerkenswert, wie künstlerisch ideale und rein praktische Absichten zuweilen ineinanderlaufen. Mit dem Heinrichshof gelangte der „zweite Stil" Hansens sogar zur autoritativen Geltung für die Bauspekulation; er wurde bald der Normalstil für die Baugesellschaften. Kalkül und Geschmack verständigten sich da sehr rasch.

In die unmittelbare Nähe Hansens trat damals Karl Tietz (geb. zu Jastrow in Preußen, gest. in Döbling 1874), mit einer gewissen freieren Formenbeweglichkeit der antikisierenden Richtung Hansens sich anschließend. Von ihm stammen das Palais Schlick in der Rossau, das Grand Hotel am Kärntnerring (1866), das Kleinsche Haus an der verlängerten Wollzeile, mehrere Häuser in der Maximilianstraße. Neben Tietz, mehrfach wieder dem durchschnittlichen moder- nen Renaissancetypus sich nähernd, traten Heinrich Claus und Josef Groß hinzu: mit dem Römischen Bad, der Polizeidirektion am Schottenring (vorerst als Hotel gebaut), dem Hotel Britannia (jetzt Justizministerium) am Schillerplatz u. s. f.

Bei diesen Architekten und einer derselben verwandten Gruppe gibt sich die Anlehnung an bestimmte künstlerische Impulse in verschiedenen Abstufungen zu erkennen, während zu gleicher Zeit eine andere Linie der Entwicklung beginnt: die der selbständig gepflegten Baupraxis, welche aus sich heraus einen eigenen kunstgemäßen Ausdruck zu gewinnen sucht. Ohne tiefergehende Stilabsichten, war es damit zuvörderst auf Geschmack im Arrangement, auf gefällige, womöglich effektvolle Erscheinung abgesehen. Aus einer derartigen Auffassung resultierte denn für das baulustige Wien dieser Epoche eine eigene, fröhliche Richtung der Renaissance, teils von italienischer, teils von französischer Herkunft der Motive, mit dem aus- gesprochenen Zug nach Opulenz, mit einem glücklichen Geschick für wechselreiche, deko- rative Inszenierung. Man kann dies als Merkmale der „Wiener Renaissance" bezeichnen.

Johann von Romano (geb. zu Konstanz 1818, gest. 1882) und August von Schwenden- wein (geb. zu Wien 1817, gest. 1885) sind die Führer dieser Richtung, die bald Nachfolge fand. Zu ihren charakteristischen Bauten gehören in erster Reihe die Palais des Freiherrn von Schey (1866), des Fürsten Colloredo-Mannsfeld, die Häuser von N. von Dumba, V. von Ofenheim, das adelige Kasino am Kolowratring (1867), das von Wienersche Haus am Schwarzenbergplatz, das Palais des Grafen von Henckel-Donnersmarck (1871) u. a. m. Romano und Schwendenwein waren so recht die Architekten für reiche Leute und verstanden

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sich auf ein repräsentatives Bauen. Vorher stellte sich schon A. Hefft ein mit dem in seiner Vornehmheit doch etwas nüchternen, nur durch seine Pavillondächer sich hervorhebenden neuen Palais des Erzherzogs Albrecht (1861); dann Zenetti und Heinrich Adam mit dem distinguierten Bau des Palastes des Herzogs Philipp von Württemberg am Kärntnerring, jetzt Hotel Imperial (1866). Jener früheren Epoche gehört auch das in der ursprünglichen Anlage edelwirkende, an Sansovino leichthin erinnernde Künstlerhaus von August Weber an (eröffnet am 1. September 1868), später mehrfach erweitert; dann vorher noch der Kursalon im Stadt- park von J. Garben (1867), ein Stück üppiger französischer Gartenarchitektur.

IV.

Ehe wir dieser im modernen Wien vorherrschenden Baurichtung weiter nachgehen, müssen wir vorerst an einen unserer großen Architekten herantreten, der durch seine starke Persönlichkeit und Willenskraft einen entscheidenden Einfluß sich fast zu erzwingen verstand: dies war Friedrich von Schmidt (geb. zu Frickenhofen in Württemberg 1825, gest. zu Wien 1891). Wie Hansen von Athen herüberkam, so stieg Schmidt, der „deutsche Steinmetz", von den Gerüsten des Kölner Domausbaues (unter Zwirner) herab, um dann über Berlin, Quedlinburg und über Crefeld im Jahre 1857 seinen Weg nach Österreich zu finden, wo er merkwürdig genug zuerst als Lehrer an die Kunstakademie in Mailand berufen wurde. Sein ganzes Be- streben war darauf gerichtet, die Gotik als aktuelle Baumacht ebenso in der Gegenwart zur Geltung zu bringen, wie Hansen in gleichem Sinn seine Antike durchzusetzen bemüht war. Was sonst bis dahin in Wiener Neugotik von Rösner bis auf Bergmann (von letzterem die Elisabethkirche auf der Wieden) getan wurde, ging über eine gewisse solide Tüchtigkeit nicht hinaus. Schmidts stilistisches Programm, obgleich er wohl auch nicht mit hochgestellten Aufgaben begann, gab sich jedoch in seiner Bedeutsamkeit von einem Bau zum anderen immer deutlicher zu er- kennen. Er führte zunächst eine stattliche Reihe von Kirchenbauten aus, und nur ein nicht- kirchlicher Bau die ziemlich hart und trocken geratene Schulburg des akademischen Gym- nasiums - - trat inzwischen herein. Schmidts Kirchen entstanden je nach Bedarf in den Vor- städten und damaligen Vororten: die Lazaristenkirche an der Mariahilfer Linie (1862), die St. Otmar-Kirche unter den Weißgerbern (1872), die Pfarrkirche in der Brigittenau (1874), die geistreich-originelle Kuppelkirche in Fünfhaus (1875) und eine zweite Kirche der Laza- risten in Währing (1878). In jeder derselben löste der Meister ein selbständig erfaßtes kon- struktives Problem bei größter Sparsamkeit in den Baumitteln (Ziegelrohbau mit Haustein an den Ecken und Gliederungen). Eine um die andere dieser Kirchen ist je nach ihrer Art ein sehr charakteristisches Lehrexempel einer neuerstandenen, wieder produktiv gewordenen Gotik. Das Verhältnis, in welches sich Schmidt zu seiner Aufgabe gestellt hat, ist ein völlig eigentümliches und muß als solches scharf genommen werden. Er hat nicht in den fertigen Formenschatz des gotischen Stils mit bequemer Hand hineingegriffen; er faßte seine Gotik an der Wurzel, nicht an den Ranken und an der Blüte; er wollte sie aus ihrem Fundament heraus wieder aufwachsen lassen und aus ihren konstruktiven Prinzipien neu beleben. Hierin unterscheidet sich Schmidt sehr bestimmt von Ferstel, welcher in seiner Votivkirche eine Antho- logie jener gotischen Motive, die ihm als die schönsten galten, eklektisch zusammenstellte. Schmidt weicht mit Absicht den verfeinerten und geschmeidigeren Formen aus, welche dem Höhepunkt des Stils oder gar der Spätgotik angehören; er hält sich an den Stil dort, wo der- selbe am derbsten und herbsten ist, damit er ja von seinem Charakter nichts einbüße. Daher sein häufiges Zurückgreifen auf die Frühgotik bis zu jenem Punkt, wo sie sich kaum erst vom romanischen Stil losgelöst hat. Daher denn auch seine Vorliebe für massige Rundpfeiler mit Kleeblättern an den Basisecken in der Hallenanlage (schon im akademischen Gymnasium, auf höherer Stufe in den Arkaden des Rathauses nach der Straße und im Hof); daher ferner die einfachste und strengste Anordnung der Dienste an den Bündelpfeilern seiner Kirchenschiffe, sowie die möglichste Vereinfachung des Maßwerkes; dagegen wieder die Umbildung des Stab- werkes in kräftige Klcinsäulen mit Blätterkapitälchen u. s. f. Deutlichkeit und entschiedener Ausdruck der Konstruktion war für Schmidt die Hauptsache, doch oben in der Höhe des Baues, in der luftigen Abschlußarchitcktur wird der strenge Konstruktor zum Baupoeten, zum Romantiker. Wir brauchen nur auf die phantasievollen Turmbildungen des Rathauses hinzu- weisen, das uns an späterer Stelle noch beschäftigen soll.

Die Würdigung der restauratorischen Tätigkeit Schmidts als Dombaumeister gehört eigent- lich nicht in diesen Zusammenhang, doch können wir seine rettende Tat am Stephansturm nicht unberührt lassen, dessen Helm er durch ein Meisterstück der Rekonstruktion wieder aufrichtete.

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Abb

4. Mittelrisalit vom Haasschen Warenhaus. Architekt Eduard van der Null.

Indes Fr. Schmidt von einem Bau zum nächsten sein gotisches Problem tiefer ergründete, vollzog sich der Übertritt Ferstels zur Renaissance. Nach der Romantik seines jugendlichen Schaffens wurde sie der Stil seiner männlichen Reife. Jene Prozesse des Stilübergangcs, die im Verlaufe der früheren Kunst- perioden historisch bedingt waren, vollziehen sich heutzutage bei bestimmtem Anlaß, man darf sagen, psychologisch in dem persönlichen Bewußtsein des- selben Künstlers. So bei Ferstel. Er wollte eben im Dienste der Zeit und in dem ihr zunächst gemäßen Stil bauen. An seinen ersten neuen Stilproben im Palastbau der Renaissance, dem fürstlich vornehmen Palast des Erzherzogs Ludwig Viktor am Schwarzen- bergplatz (1866) und dem bürgerlich einfacheren des Wertheimschen Hauses vorbei gelangen wir zu seinem Gebäude des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie am Stubenring (1871), der nächsten Meisterleistung in dem neu errungenen Stil. Die äußere Architektur ist prunklos, doch von schlichter, edler Gediegenheit; Ziegelrohbau mit ge- mäßigter, aber kräftig wirkender Verwendung von Quadersteinen. Die einfach-edle Dekoration mit Majo- likamedaillons und Sgraffitos ist bezeichnend für die Bestimmung des Gebäudes. Den Eindruck des Innen- baues konzentrierte Ferstel in der herrlichen Anlage des Arkadenhofes (oder eigentlich eines hofartigen Oberlichtsaales von zwei Säulengeschossen), um welchen sich ringsum alle anderen Räume trefflich gruppieren. Die Disposition dieses Innenraumes hatte für Ferstel geradezu die Bedeutung eines Programmes für sein Verhältnis zur Renaissance. Er bekennt sich da deutlichst zu Bramante, indem er dessen Cancel- leriahof (nur mit Anwendung einer anderen Säulen- ordnung) wie im Auszug frei nachbildet. In dem fast gleichzeitigen Bau des Chemischen Laboratoriums (Währingerstraße) übertrug er auch mit sichtlicher Pietät das glatte Lisenensystem von der Fassade der Cancelleria oder des Palazzo Giraud aus dem römi- schen Travertin in unseren Ziegelrohbau und repro- duzierte daselbst im Erdgeschoß getreu die echte bramanteske Fensterbildung.

Während Ferstel moderner Cinquecentist wird, sehen wir einen anderen hochbegabten Architekten, der bald auch in die erste Reihe treten soll, gleichfalls entschlossen, aber wieder in anderem Sinne, den Kunstweg der Renaissance betreten. Wir meinen Karl von Hasenauer (geb. zu Wien 1833, gest. daselbst 1894). Aus der Schule van der Nulls hervorgegangen, machte er sich auf seinen umfassenden Studienreisen mit den italienischen Stilformen früherer und späterer Epochen und gleicherweise mit der neufranzösischen Architektur vertraut. Den Stil in seiner Fülle und seinem Glänze zunächst zur vollen Geltung zu brin- gen, war nun sein ausgesprochenes Bestreben. Schon ein früher Bau von ihm, der Aziendahof am Graben

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(1867), ist in der bezeichneten Richtung charakteristisch; übrigens das erste Beispiel für die Fassade eines Privathauses mit Marmorbekleidung und für die Abdeckung des Hofes mit einer Glaskuppel. Zu bedeutendem Ausdruck kommt dann die individuelle Stilauffassung Hasenauers in dem Palast des Grafen von Lützow. Fürstlich vornehm zeigt sich ferner sein dekorativer Geschmack im kaiserlichen Schloß nächst Lainz und nebenher, verschieden abgestuft, in mehreren Villen. Seine rasche Konzeption für leicht faßliche, repräsentative Baueffektc ließ ihn als den berufenen Architekten für die Weltausstellungsbauten im Jahre 1873 an die richtige Stelle treten.

Inzwischen wurde in Wien für den Hauptbcdarf in allen Spielarten der Renaissance fortgebaut. Es ist jedenfalls erfreulich, auf diesem Wege älteren wie jüngeren Architekten zu begegnen, welche die Renaissance, die sich bei bloß äußerlicher Handhabung leicht zum Aller- weltsstil verflacht, mit persönlichem Zug zu fassen bemüht waren. So hat Andreas Streit

Abb. 5. Rekonstruktionscntwurf für das Burgtor von Th. von Hansen (1S64).

die vornehme Hausanlage mit Vorplatz und Flügelbauten (Palais Miller von Aichholz in der Heugasse) glücklich durchzubilden verstanden. Friedrich Schachner zeigt an den Palais Nakö, Erlanger, Pranter (jetzt Philipp Haas), Prantsch (jetzt Wittgenstein) in der Allee - gasse u. a. einen entschiedenen Sinn für ruhig haltungsvolle Anordnung des Außenbaues; daneben können ebenso das Hugo Ernstsche Haus in der Gußhausstraße wie jenes des Herrn Bratmann in der Richardgasse als treffliche Beispiele einer intimen Indivualisierung der Wohn- räume gelten. Otto Hieser, Schüler der Academie des beaux arts in Paris, leider jung ge- storben, wußte seiner Renaissance manche feine Wirkung abzugewinnen: so in dem pikanten halbrunden Ausbau mit Karyatiden an einem Haus der Gußhausstraße, dann in dem Schlöß- chen des Grafen Harnoncourt im Prater. Ein sehr stattlicher Repräsentationsbau ist der Palast der deutschen Botschaft in der Metternichgasse von Rumpclmeyer, wie überhaupt dieser Architekt den vornehm aristokratischen Bautypus bis in die Spätrenaissance hinein mit Ver- ständnis zu erfassen wußte. Das Amtsgebäude als Palast zu charakterisieren, wurde ebenfalls versucht. So sorgte Wilhelm D oderer mit Erfolg dafür, den Palast des Landes-Generalkom- mandos von der sonst herkömmlichen Nüchternheit militärischer Staatsbauten zu befreien. Als ein Vereinspalast in stattlichem Palladiostil präsentiert sich. das Doppclhaus des Österreichi- schen Ingenieur- und Architekten-Vereines und des Gewerbe-Vereines in der Eschenbachgasse von Otto Thienemann (1872).

Erfreulich ist übrigens auch die Wahrnehmung, daß inmitten des Andranges materieller Tendenzen gerade die Häuser für Geldinstitute einen künstlerischen Charakter zeigen, sich gleichsam als Paläste der Assoziation architektonisch vornehm präsentieren: so die Verkehrs- bank von Schachner, die vortrefflich disponierte Länderbank von Otto Wagner. In der Bodenkreditanstalt (Tcinfaltstraße) hat Emil von Förster den Typus des Rustikapalastcs der florentinischen Frührenaissance mit bestem Erfolg auch in die Reihe unserer historischen Stilreminiszenzen eingeführt. - - Die verbreiterte Kärntnerstraße, fast Haus um Haus gänzlich modernisiert, gehört jetzt ausschließlich dem Geschäftsverkehr in seiner Hauptströmung an. Sie ist so recht die Straße der Warenhäuser geworden, von denen jenes der Firma Wahliss - das sogenannte Porzcllanhaus -- vom Architekten Korompay, bei einer gewissen klugen

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Absicht, diese Bauspczics zu stilisieren, mit guter Materialwirkimg behandelt erscheint. Nun folgt eines dieser Verkaufshäuscr dem anderen nach. Das Schaufenster ist da zum konstitu- ierenden Motiv des ganzen Baues geworden; die Architektonik bildet nur die Einrahmung für den geschäftlichen Zweck. Immerhin wäre es interessant, es weiter zu verfolgen, wie findig und zum Teil erfindungsreich sich der Bausinn hier mit dem Industrialismus verständigt hat.

Auf die Stilform der deutschen Renaissance, die denn auch mit verschiedenen Anläufen sich gelegentlich einstellte, führt uns nun der Gang unserer Betrachtung. Es war der Stil des vrohlgcstcllten Bürgertums von ehedem, der in Wien durch den Hof- und Adelsstil des Barocks im 17. und 18. Jahrhundert wie hinweggefegt wurde; der letzte Gedenk- bau jener Herkunft, das Pachnerschc Haus am Graben mit seinem dreigeschossigen Arkadenhof und dem spätgotischen Stiegenturm in der Ecke fiel der modernen Bauspekulation zum Opfer und wurde dem Neubau des Grabenhofes (von Thienemann) zulieb demoliert. Seit 1873 meldete sich die deutsche Renaissance nur episodisch an, gleichsam als Amateurstil, zuerst in dem neuen, eleganten Quartier des vierten Bezirkes, nächst der Alleegasse, um dann im Jahre 1880 am Maximilianplatz, in einem Fall auch am Stephansplatz vorläufig innezuhalten. Wohl die erste Stilprobe dieser Gattung war das reizend intime Wohnhaus Plösslgasse Nr. 2 (von H. Ernst und L. Wächtler); dann folgten nach: das Haus Karolinengasse Nr. 16a (Alois Wurm); ein sehr gefälliges Zinshaus, Strohgasse Nr. 11 (Franz Roth); das behag- liche Familienhaus in der Veithgasse von Josef von Wieser. Anläßlich der Vollendung der Votivkirche nahm Ferstel vorübergehend auch Stellung zur deutschen Renaissance. Es kam ihm in diesem Fall darauf an, daß die Ausgestaltung des Maximilianplatzes, der das Chorhaupt und die Seiten der Kirche umfaßt, einen passenden Rahmen für die Archi- tektur derselben bilde; und dafür schien ihm denn mit Recht diese Stilart am geeignetsten zu sein. Zwei Giebelhäuser, konsequent durchgebildete Lehrbeispiele dieses Stils, sind von Ferstel selbst: die Pfarre und das Haus Nr. 10, in welchem er zuletzt wohnte. Die Häuser, welche am Rande den Platz gegen die Universitätsstraße einerseits und gegen die Währingerstraße ander- seits abschließen, haben Arkaden; jenes, in einfach edlen Verhältnissen angeordnet, ist wieder von Ferstel, das letztere von Emil von Förster, der hier den Eindruck durch Diamantquadern im Erdgeschoß und Säu- len darüber ins Palastartige zu steigern suchte. Später griff man wieder zu dieser Stilgattung zurück zunächst wegen des Bedarfes der Formenabwechslung bei der anwachsenden Bautätigkeit. Motive dieses Stils vereinigte J. Deininger zu neuem, eigenartigem Gesamteindruck im van Swieten-Hof (Rotenturmstraße). Hie und da gotisiert die deutsche Renaissance in einer weiteren Spielart (wie in dem Anna- hof mit seinen Erkern und altdeutsch verschnörkelten Wandbildern oder voll- ends in den abenteuerlich pittoresken Formen des Hotels Meißl & Schadn von Hofmeier). Nicht ohne einen gewissen Effekt verbindet sie sich ein andermal mit barocker Dekoration, wie an dem Rothbergerschen Geschäftshaus am Ste- phansplatz (von Fellner & Helmer). Am meisten befremdend wirkt die Anwendung der deutschen Renaissance auf die Theater- anlage beim Kaiser-Jubiläums-Stadttheater

mit Giebel, Ecktürmen und bauchiger Ausrundung des Baues, obgleich man den Mut der seltsamen Originalität dabei immerhin gelten lassen mag (Architekten: Baron Krauß und A. Graf).

Wir kommen immer mehr in den vollen, breiten Zug der Vielbauerei. Für die verschie- densten Bedürfnisse mit einer überraschend prompten Verfügung über bequem adaptierte

Abb. 6.

Kapital vom Parlamentsgebäude. Nach einer naturgroßen Handzeichnung von Theophil von Hansen.

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Stilformen standen Ferdinand Fellner und sein Kompagnon Hermann Helmer mit ihrem wohl- bcstelltcn Atelier jederzeit in Bereitschaft; neben ihrer bewährten Spezialität im Theaterbau- fach, von welcher sie hierorts im Stadttheater von früher her und im Volksthcater allbekannte Proben graben, entwickelten beide Architekten noch sonst an Ort und Stelle eine erstaunlich vielseitige Bautätigkeit. Die Sternwarte in Währing, das sogenannte „Eiserne Haus" in der Kärntnerstraße, das Thonetsche Haus am Stephansplatz, das mit Marmor verkleidete Palais der Herzogin de Castrics in der Rotenturmstraße, das Wohnhaus von Josef Sturany mit den Portalfiguren von Kundmann am Schottenring wären hier zuvörderst anzuführen. In diesen und so manchen anderen Bauten verstanden es Fcllner und Helmer, bei großer Beweglichkeit der Formenwahl einen an Abwechslung reichen und auf die gute Gesamtwirkung wohlberechneten Eindruck zu erzielen; in einzelnen Fällen faßten sie auch die Aufgabe feiner und strenger, so z. B. in dem Palais des Grafen Lanckoronski (Jacquingassc). Für den Privatbau stellt durch außergewöhnliche Leistungsfähigkeit ganz besonders Ludwig Tischler seinen Mann. Er war von 1869 1874 als Chefarchitekt der Wiener Baugesellschaft tätig und kann die Ziffer von mehr als 150 Bauten nachweisen. Ein rasches Eingehen auf verschiedene Bedürfnisse, ein praktisch durchgeübter Baugeschmack, soweit auf denselben reflektiert wird, stehen diesem Architekten jederzeit zu Gebote.

VI.

Wir müssen in unserer Darstellung nunmehr zu jenen vorläufig abschließenden Bauschöpfun- gen übergehen, in welchen sich, von verschiedenen Seiten ausgehend, das architektonische Können der ganzen Epoche zum vollsten Ausdruck bringt. Dies konnte nur in Monumental- bauten geschehen. Durch ein glückliches Zusammentreffen der Bauaufträge reihen sich dieselben vom Burgring bis ans Ende des Franzensringes in unmittelbarer Folge aneinander. Um den Rathauspark stellen sich zunächst jene machtvollen Bauwerke, in welchen die bauschöpferische Kraft der Haupt-Architekten Wiens: Hansen, Schmidt, Ferstel, denen wir bis jetzt auf den einzelnen Stationen ihres Kunstganges folgten, sich imponierend zusammenfaßt.

Hansens Reichsratsgebäude (eröffnet 4. Dezember 1883) ist in vollem Sinne ein Bekenntnisbau seiner künstlerischen Gesinnung. Seine nächste Vorstufe dafür war die von ihm in reinem antikem Tempelstil erbaute Akademie der Wissenschaften in Athen, welche schon viel früher entworfen und begonnen, aber unter verschiedenen Hemmungen erst nach unserem Reichsratsbau vollendet wurde. Wohl hätte man glauben sollen, daß ein Ge- bäude von so modern aktueller Bestimmung, wie das Parlamentshaus, nicht auch eine ähnliche, fast eigensinnig klassische Ausgestaltung finden könne: und dennoch führte hier Hansen ebenso seine gesäultc und gegiebelte Tcmpelarchitektur durch, nur für die beiden Saalbauten den zwei- geschossigen Palasttypus (obenan mit plastisch geschmückten Attiken) sich vorbehaltend. Doch eben diese Art der Gruppierung ist überraschend eigentümlich und genial. Modern ist übrigens trotz allem Purismus der hellenischen Formcnhaltung die ganze Bauanlage in bezug auf das architektonisch Wesentliche der Planbeherrschung, der Großartigkeit und doch auch Über- sichtlichkeit der räumlichen Disposition, die weit über das einfache antike Schema hinausgeht. Für diesen seinen Hauptbau in Wien regte sich denn bei Hansen wieder im höchsten Maße seine alte Sehnsucht nach Farbe und Vergoldung, die ihm hier zur Komplettierung der exakt griechischen Formengebung, wie an seiner Akademie zu Athen, geradezu unentbehrlich schien. In der äußerst fein gestimmten Polychromic im Inneren und dem Goldglanz der Kapitale der mittleren Prachthalle konnte der Meister wohl dieses Bedürfnis stillen, aber" im Außenbau mußte er zu seinem Schmerz darauf verzichten. Wir haben es eben nicht zu bedauern. Wenn Phöbus im Süden Formen und Farben hervorruft, so löscht Jupiter Pluvius letztere in unserem Norden wieder aus.

Wir wenden uns nun dem Rathaus zu, dessen Schlußsteinlegung am 12. September 1883 erfolgte. Auch Friedrich von Schmidt hatte hier mit seiner Gotik nicht minder zu einer durchaus modernen Aufgabe Stellung zu nehmen wie Hansen im Reichsratsgebäude mit seinem klassischen Hellenismus: Der Kommunalpalast in unseren Tagen, die Behausung für die Re- präsentanz und das vielfach ausgebreitete Verwaltungswesen einer Großstadt stellt etwas wesent- lich anderes vor als das mittelalterliche Rathaus der deutschen Reichsstädte oder das zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert so glänzend entwickelte Stadthaus der Spätgotik in den Nieder- landen. Auf die intimeren Reize dieser von Stadt zu Stadt sorgsam gepflegten Lokalstilc kann man heutigen Tages überhaupt nicht weiter reflektieren. Schon die Masse des Wiener Rat-

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hauses ist für jenen Bautypus, der in knapper Geschlossenheit gefaßt werden muß, wenn er in seinem eigensten Sinn wirken soll, ganz unverhältnismäßig groß. Die Behandlung der Formen ist wohl gotisch, aber in der allgemeinen Disposition, in der Anordnung der Stockwerke, auch in den konstruktiven Lösungen des Innenbaucs, dem großen Stiegenhaus, dem Fest- saal u. s. f. gibt sich der im höchsten Maße modern geschulte Architekt durchaus zu erkennen. der sehr wohl wußte, was sich hier für das ohnehin stark modifizierte System seiner Gotik bei der Renaissance noch erfragen ließ. Eigentlich repräsentiert nur der impo- sant durchgebildete Mittelbau, der durch den Hauptturm und die vier in richtigem Ab- stand gestellten Nebentürmc (mit den in wechselreichcr Bildung sich verjüngenden Aufsätzen) ausgezeichnet er- scheint, symbolisch den histo- rischen Baugedanken des Rathauses nach der überlie- ferten Bedeutung, indes die übrigen Teile der weitge- dehnten Anlage mit ihren sieben Höfen uns über ihren praktischen Dienst und Zweck nicht im Zweifel lassen.

Wir können hier im Anschlüsse gleich des kaiser- lichen Stiftungshauses am Schottenring, des sogenann- ten „Sühnhauses" gedenken. Es ist ein Nachklang zur Baustimmung des Rathauses. Mit geistreichem Eklektizis- mus sind da gotische Motive von verschiedener Herkunft überraschend vereinigt. In den Stockwerken die Säulen- loggien mit dem sich über- schlagenden Bogenwerk der venezianischen Palastgotik, in die Mitte gestellt der ge- giebelte Kapelleneinbau mit großer Fensterrose (dem ein- zigen Beispiel reicheren Maß- werkes bei Schmidt) in ech- tester deutscher Gotik, und die Ecken wieder flankiert von deutschgotischen Tür- men (siehe Abb. 7).

Bei diesem Anlasse sei noch des Schuleinflusses von Schmidt gedacht. Eigentlich machte er für seine Gotik nicht direkt Schule, außer in einzelnen Fällen; man lernte von ihm immer mit großem

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Nutzen, aber trug das Erlernte häufig in eine andere Art des Bauens hinüber. Am nächsten stand dem Meister wohl Viktor Luntz (geb. zu Ybbs 1840, gest. zu Wien 1903), Bauführer an der St. Otmar-Kirche, auch meisterlicher Restaurator der Kirche Maria am Gestade. Er erfaßte das architektonische Wesen des Mittelalters mit voller Überzeugung und Gründlich- keit. Leider starb er über dem kaum begonnenen Bau der Kaiser-Jubiläumskirche in der Donaustadt, für deren Projekt in reich durchgebildetem romanischem Stil ihm in der Kon- kurrenz (von 1899) der erste Preis zuerkannt worden war (siehe Abb. 8). So manche andere Schmidt-Schüler unter den strenger Schulgetreuen verstand es nebenher Max Fleischer, die Gotik mit gutem Erfolg auch dem Synagogenbau anzupassen blieben nicht im Bereich der gotischen Bauhütte, namentlich soweit sie sich der Profanarchitektur zuwandten. Als nächster Schritt von dort heraus bot sich die deutsche Renaissance am bequemsten dar, wie denn auch Schmidt in dem Administrationsgebäude der Österreichisch-ungarischen Bank sich selbst eine Diversion zu diesem Nebenstil gestattete. Alexander von Wielemans, der aus der Schule von van der Null in jene Schmidts übergetreten war, tat sich besonders er- folgreich in dieser Richtung hervor, wie dies sein monumentaler Hauptbau, der Justizpalast (1876 1881), zeigt. In dem Haus „Zum goldenen Becher" am Stock-im-Eisen-Platz (1883) nahm er den Stil von seiner rein zierlichen Seite und vergönnte ihm den Bilderschmuck, mit welchem sich derselbe zur Zeit seiner Blüte in Deutschland und der Schweiz auszu- staffieren liebte. Der hochbegabte und vielseitige Franz von Neumann, sonst einer der treuesten Schmidt-Schüler, ohne darum Gotiker geblieben zu sein erst kürzlich uns durch einen jähen Tod entrissen war ganz besonders geneigt, deutsche Renaissancemotive in verschiedenen Übergängen bis in ein gemäßigtes Barock hinüberzuführen, wie wir dies an seinen schmucken Arkadenhäusern zu den Seiten des Rathauses, so auch an dem von ihm neuerbauten Regensburgerhof am Lugeck deutlich ersehen können. In den Arkadenhäusern ist es ihm zugleich überraschend gelungen, die in der Schmidtschen Gotik latente Renaissance hervor- zuholen und in der Zierlichkeit leicht umgebildeter Formen gleichsam spielend ausklingen zu lassen (siehe Abb. 9). Dominik Avanzo ging mit der Staatsgewerbeschule (Hegelgasse) und dem k. k. Anatomischen Institut (Währingerstraße) gleichfalls zum Renaissancestil über, doch nicht ohne ein Merkzeichen gotischer Schulherkunft an der Eckturmbildung des erst- genannten Baues. Zu der engeren Gemeinde Schmidts gehören hingegen von den Jüngeren August Kirstein, der Nachfolger von Luntz am Bau der Kaiser-Jubiläumskirche, sowie Anton Weber u. a.

Nächst dem Rathaus Schmidts erhebt sich der Universitätsbau Heinrich von Ferstels, in welchem seine eigenste Interpretation der stilistischen Resultate der völlig ausgereiften Re- naissance zum Ausdruck gelangt, und zwar in abschließender Weise. Der Bau wurde erst 1884 ein Jahr nach Ferstels Tode vollendet. So wie bei Hansens Parlamentspalast beherrscht das Gruppierungssystem die ganze Anlage. Das Festsaalgebäude der Aula stellt sich dominierend in die Mitte der Hauptfront; die „Lehrgebäude" mit ihren Hörsälen bilden die erhöhten Seitenfassaden; nach innen öffnet sich der imposante, echt römische Hallenhof, mit dem schönräumigen Vestibül davor, so recht das Forum der Studentenschaft. Zu beiden Seiten des letzteren sind die imposanten Treppenhäuser angeordnet und ganz nach rückwärts erhebt sich wieder als selbständig charakterisierter Sonderbau der Trakt der Universitätsbibliothek. Obgleich nun das ganze umfassende Gebäude zuvörderst den Nützlichkeitszwecken der Wissen- schaftspflege zu dienen hat, so fand hier Ferstel wie gesagt doch zugleich die künst- lerische Genugtuung, den Gewinn der bedeutendsten Bauprobleme der späteren Cinquecento- epoche: die monumentale Treppenanlage, den Saaltypus und vor allem den Pfeilerarkadenhof mit Halbsäulen nach seinem eigenen Wort „eines der schönsten, vielleicht das vollkommenste Motiv, das die Renaissance geschaffen hat" in vollem Maße und mit reinster Nachempfin- dung für seine letzte große Bauschöpfung verwertet zu haben. Wir können nicht, ohne tiefer ergriffen zu sein, bei der Betrachtung derselben verweilen, weil da in der Tat die Summe eines ungemein reichen künstlerischen Lebensinhaltes nach ernstesten Mühen sich zusammen- faßt. Ferstel, der begeisterte Gotiker in jungen Jahren, hat auf der Höhe des Manncsalters den ganzen Kunstbegriff der Renaissance wie auch annähernd kein zweiter Wiener Architekt in seiner vollen zentralen Bedeutung, freilich auch wieder als geistvoller Eklektiker, zu ergründen verstanden und dies Ergebnis hier in reinster Vollständigkeit dargelegt.

Nun kämen die beiden Hofmuseen, der Erweiterungsbau der Hofburg und das neue Hofburgtheater in Betracht. Bei diesen Bauwerken haben wir einen Augenblick länger zu verweilen (siehe Abb. 10).

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Abb. 8. T. Angenommener Entwurf für die Kaiser-Jubiläumskirche. Nach einer Zeichnung von V. Luntz.

Jener große Architekt, der den klaren Kunstbegriff der Renaissance für Deutschland so eigentlich festgestellt hat, Gottfried Semper (geb. zu Altona 1803, gest. zu Rom 1879), hatte während der nur kurzen Ateliergemeinschaft mit Karl von Hasenauer (von vier Jahren und zwei Monaten bis zum Herbst 1875) mit seinen Entwurfsarbeiten einen sehr bestimmenden Ein- fluß auf die genannten Bauaufgaben, die dann allerdings von dem letzteren nach Sempers Rücktritt allein weitergeführt und vollendet wurden. Es war dies ein eigenartiges Bündnis, welches wohl zum Bruche führen mußte. Semper wie Hasenauer waren Renaissancearchitekten, doch von sehr verschiedener Kunstgesinnung. Jener vertrat die Prinzipen des Stils mit aller Konsequenz, Hasenauer, flott und glänzend in Erfindung und Ausdruck, redete den weichen Wiener Dialekt der Renaissance mit größter Geläufigkeit weiter und brachte diese unsere lokale Auffassung des Stils so eigentlich auf den Höhepunkt, nicht ohne französische Anklänge und mit ausgesprochener Tendenz auf reichste dekorative Prachtwirkung. Die Impulse Sempers hin- sichtlich der Komposition wurden wohl von Hasenauer akzeptiert, aber in seiner Behandlungs- weise bekamen sie eine wesentlich veränderte Haltung; daher die eigentümlich schillernde, nicht in reine Gleichartigkeit aufgelöste Wirkung der in Rede stehenden Bauwerke.

Bei den Hofmuseen kam es vor allem darauf an, eine ganz ungewöhnliche Frontlänge durch angemessene rhythmische Gruppierung der Masse gliedernd zu beleben und doch dabei die Einheitlichkeit des Gesamteindruckes nicht außer acht zu lassen. Die Aufgabe war schwierig genug (siehe Abb. 1 1). Für die Zentralisierung glaubte Hasenauer durch die prächtigen Kuppeln über den beiden, dem Maria Theresia-Monument zugewendeten Hauptfassaden gesorgt zu haben, die mit reich durchgebildetem Tambour hier zuerst bei einem Profanbau zur Anwendung kommen sollten; dagegen erwies sich in seinem ersten, immerhin interessanten Projekt von 1869 die mehrfache Teilung der Frontlinie durch Pavillons für die einheitliche Wirkung kaum förderlich. Die ingeniöse Korrektur Sempers (nach der Originalzeichnung vom April 1871) bestimmte dann weiter die zur Ausführung gekommene Gestaltung des Außenbaues in der einfach wir- kenden Mächtigkeit seiner Gliederung. Über die Innenräumc namentlich des Kunsthistori- schen Museums - hat Hasenauer hierauf bei mannigfach variierter Architektonik eine bewun-

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1 8 Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

dcrungswerte Fülle von Dekoration hingebreitet und zudem die Raumeseinteilung der beiden Museen dem verschiedenen Bedürfnis der Sammlungen daselbst sinnreich angepaßt.

Ein Projekt für den Ausbau der Hofburg hatte Semper schon von Zürich her, noch vor seiner Übersiedlung nach Wien, eingesandt. In geistvoll origineller Weise wurde da die Anlage der neu projektierten Hofburgtrakte mit den auch noch zukünftigen Hofmuseen jen- seits der Ringstraße in eine korrespondierende Beziehung gebracht; das Ganze war als ein großartiges, modernes Kaiserforum konzipiert, mit weitgezogenen Säulenhemizykcln zu beiden Seiten. Nur der eine Trakt, gegenüber der Schmalseite des Kunsthistorischen Museums, wurde von Hasenauer in Angriff genommen; er führte denselben bis zu seinem Tode lediglich in der Außenarchitektur durch, mit den glänzendsten Palastmotiven, diese vielleicht doch zu reich für die Rückseite gegen den Hofgarten hin. Für die Ausgestaltung des Innen- baues waren unter Leitung Emil von Försters durch längere Zeit die Architekten Julian Niedzielsky und Otto Hof er entwerfernd beschäftigt, die seither starben; jetzt ist die Auf- gabe des völligen Ausbaues an Friedrich Ohmann übergegangen.

Dem Hofburgtheater lag wieder ein Sempersches Projekt zugrunde, im nächsten An- schluß an das für München unter König Ludwig II. geplante, aber damals nicht zum Bau ge- langte „Bühnenfestspielhaus". Von dorther stammt die Hauptanlage unseres Burgtheaters mit den das Fassadenbild verbreiternden Treppenflügeln. Für Wien substituierte aber Semper statt der Arkaden des Vorderbaues große Bogenfenster in reich übergiebelten Säulentabernakeln und ließ diese in der geraden Mittelfront zu einer prächtigen Loggia sich öffnen. Als Gliede- rungssystem der jetzt dreiteiligen Fassade ordnete er eine mächtige Pilasterstellung an, beiläufig nach dem Vorbild des Konservatorenpalastes und Museums auf dem Kapitol. Hasenauer ließ nun bei der weiteren Ausführung jene konstituierenden Motive im Außenbau bestehen, doch wurde die Haltung der Formen von ihm sichtlich zu reicherer Fülle um- gestimmt. Eine entscheidende Umwandlung führte er jedoch nach oben hinan durch, indem er den Zuschauerraum, statt der von Semper angegebenen niedrigeren Bedachung, mit einer höher gestellten, der Pariser Oper nachgebildeten Flachkuppel bedeckte, welche er in den Bühnengiebel einschneiden ließ. In dem mit verschwenderischem Reichtum an Dekoration, Plastik und Bilderschmuck ausgestatteten Innenbau insbesondere in den Stiegenhäusern, dem Theatersaal und dem Foyer zeigt sich Hasenauer wohl auf höchster Stufe als Meister festlicher Architektur von Interieurs, mit einer erstaunlichen Erfindungskraft von effektvollen Schmuckmotiven.

Das monumentale Wien scheint vorerst für dieses Geschlecht in den imposanten Baugruppen zwischen Burgtor und Universitätsstraße ausgebaut zu sein. In der jüngsten Zeit macht sich wohl wieder eine Zunahme der Kirchenbauten bemerkbar doch nur zum Teil mit wirklich monumentalen Ansprüchen. Es handelt sich da weniger um selbständige Lösung von Stilaufgaben, als um ein Bedürfnis, das in den immer mehr bevölkerten äußeren Bezirken sich geltend macht.

In dieser letzten Epoche tritt uns auch Alexander von Wielemans als Kirchenbaumeister entgegen. Zunächst in der Kirche von Breitenfeld, einem soliden Ziegelrohbau, an die Ziegel- kirchen der italienischen Frührenaissance im Stilcharakter sich glücklich anschließend; dann in der Pfarrkirche in Ottakring (mit Theodor Reuter), abermals einem Ziegelrohbau mit zwei- türmiger Fassade, in schlichter, etwas zum romanischen Stil zurückgreifender Gotik. Für beide Kirchen bezeichnend ist eine sehr gute Raumwirkung des Mittelschiffes. Mit stilistisch sehr be- achtenswerten Leistungen stellten sich zwei unter Schmidt wohlgeschulte Gotiker, Karl Schaden und Richard Jordan, in den Kirchen von Rudolfsheim und Hernais ein. In jüngster Zeit hat Franz von Neumann, weit über das Durchschnittsbedürfnis hinaus, in der St. Antonius-Kirche in Favoriten die neue Wiener Kirchenarchitektur um einen bedeutsamen Typus bereichert, den der mittelalterlich-italienischen Kuppelkirche, den er auch in der Ausstattung des Inneren mit rich- tigem Sinn für feierlich-kirchliche Dekoration zu großer Wirkung zu bringen wußte. Als einer recht interessanten Besonderheit mag auch der russischen Kirche (rechte Bahngasse, III. Bezirk) gedacht werden, nach dem Entwurf eines russischen Architekten unter Leitung von Giacomellis erbaut.

Den nächsten Stadtbercich überschreitend, müssen wir wohl auch der Cottageanlagc gedenken, die vorerst von Ferstel beantragt, dann im weiteren Verlauf durch den Direktor

Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

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Abb. 9. Eckrisalit eines Arkadenhauses. Architekt F. von Neumann.

Karl von Borkowsky von Block zu Block um- fassend ausgebaut wurde. Andere Architekten gesellten sich weiterhin dazu. Diese Anlage weist einen anmutenden Wechsel halbländlicher Bau- gedanken auf, vom vornehmeren, villenartigen Bau bis zu dem hier vorherrschenden Normaltypus des bescheidenen Familienhauses; in den verschiede- neren, mehr spielenden Stilanklängcn zumeist an deutsche Renaissance, mit einiger Phantasie- gotik dazu heben sich die zierlichen, manch- mal auch getürmten Häuser recht malerisch von dem Gartengrün ab. In der Einteilung der Innen- räume ist für wohnliches Behagen entsprechend Sorge getragen.

VII.

Wenn wir uns nun wieder dem durchschnitt- lichen Baubetrieb der letzten Epochen zuwenden, überrascht uns eine Krise um die andere, auf die man doch immerhin hätte gefaßt sein sollen. Das Baugeschäft, das immer mehr zu tun bekam, war allerdings für jeden Bedarf stilistisch einge- schult, auch mit fertig hergestellten Stilschablonen versorgt, aber darüber erhielt die sogenannte Stili- sierung selbst auch etwas rein Geschäftliches. Es kam nun weit weniger auf Reinheit, als auf augen- fällige Wirkung der Formen an: früher oder später mußte dann die Häufung und Steigerung der Motive zur Abnützung, zum Verbrauch derselben führen. Die großen Gruppenbauten oder „Höfe"

für Wien charakteristisch nötigten z. B. die Architekten, um der Masse willen im Effekt der Gliederungen das Äußerste aufzubieten; zudem mußte der Bau als Ganzes energisch gepackt und womöglich durch das Zentralmotiv einer Kuppel

die freilich nur blind gezimmert und ver- kleidet war nach oben zusammengefaßt wer- den (so im Maria Theresien-Hof von Tischler und in einer bereits ganz barocken Umbildung in dem benachbarten Maximilianhof von Emil von Förster). Die architektonischen Illusions- effekte die Schauformen ohne Inhalt und innere Bedeutung nahmen in bedenklicher Weise überhand. Ein bezeichnendes Wiener Motiv bei Eckhäusern waren, wie bekannt, von Anfang an die ausgerundeten Erkerbauten an der Straßen- wendung, oft von Baikonen umfaßt, mit Klein- kuppeln obenauf, um etwas über der Dachhöhe des Hauses. Daraus sind schon lange förmliche Türme geworden mit phantastischen Dach- bildungen, die sich von Straße zu Straße an Abenteuerlichkeit überbieten. Derartige Beispiele für Überwucherung der Motive ließen sich noch weiter anführen. Da trat denn eigentlich schon früher in einzelnen, rasch nachrückenden Versuchen sich ankündigend eine neue Stil- wendung ein, für die man sich mehrseitig, und

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20 Di« Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

zwar ziemlich schnell entschied: es war der Übergang zur letzten Phase der Renaissance, dem Barockstil.

Dieser Übergang hatte einen doppelten Grund. Einmal die vermeintliche Erschöpfung der Renaissanceformen, die man bis jetzt so vielfach schon In Gebrauch genommen hatte. Für die fortgesetzte Verstärkung der Motive, welche vorerst auf eigene Hand versucht wurde, hatte man im Barockstil das Vorbild eines bereits vollzogenen Prozesses vor sich, und daran ließ sich weit bequemer anknüpfen. Aber noch ein zweiter Antrieb kam hinzu, von jeden- falls tieferer Berechtigung. Man erinnerte sich zuletzt doch daran, daß wir in Wien selbst historisch keine irgendwie nennenswerte Hochrenaissance, wohl aber eine Spätrenaissance und ein eigenwüchsiges Barock besitzen, welches namentlich in den Bauwerken von Johann Bernhard Fischer von Erlach und Lukas Hildebrand in imponierender Vollkraft auftritt. Die Hochrenais- sance nach den auswärtigen Mustern ihrer Blütezeit ist erst durch moderne Studien nach Wien verpflanzt worden; es lag doch etwas künstlich Absichtliches in dieser sonst sehr gerecht- fertigten, ja unerläßlichen Anknüpfung. In der Wiederaufnahme des Barocks gab sich aber ganz entschieden das architektonische Ortsgefühl kund; das Wiener Naturell ging sofort mit, es war vom ersten Anlauf an eine populäre Bautendenz. Dies zeigte sich sehr deutlich in der zustimmenden Haltung des Publikums, als sich die Torflügel des großen Portals der Fassade der Hofburg am Michaclerplatze (8. September 1893) dem allgemeinen Verkehr eröffneten. Nach der Demolierung des alten Burgtheaters war im April 1890 die Bewilligung des Kaisers zur Wiederaufnahme jenes Baues nach etwa 157 Jahren erfolgt. Fischer von Erlach, der Sohn, mußte ihn damals nach 1737 als einen Torso zurücklassen, von dem nur der eine, reich ausgestaltete Risalit als Abschluß der Winterreitschule mit der schön tapezierten Zierkuppel obenauf und das unbedeckte Bruchstück der Einfahrtsrotunde halb ruinenhaft bis in unsere Tage dastand. Burghauptmann Ferdinand Kirsch ner, sonst als Architekt kaum bekannt, ging vom Juni 1890 an das Werk des Ausbaues, um ihn in drei Jahren fertig zu bringen. Es geschah dies im Anschluß an den bekannten Kupferstich von Salomon Kleiner in bester Absicht, doch in der Ausführung durchaus nicht einwandfrei; besonders die Kuppel über dem Mittelbau mit der willkürlichen Zutat der Lukarnen ringsum steigt allzu steil empor im Gegensatz zu der weichgeschwungenen Umrißbildung der Kuppeln über den Eckrisaliten.

Die ersten Versuche der Erneuerung des Barockstils datieren aber schon um mehr als ein Jahrzehnt früher. In dem Viertel zwischen Alleegasse und Heugasse, wo nacheinander ver- schiedene Stilformen probiert wurden, meldete sich auch dieser Stil an. Gustav Korompay faßte in dem Palais Zierer (1880) daselbst sein fein anempfundenes Barock zunächst von der zierlich dekorativen Seite. Früh genug zog nun das Neubarock durch die Innere Stadt, bald gemäßigter, bald wieder übermütiger, nicht selten auch für den gewöhnlichen Bedarf konventionell sich verflachend. Die bedeutenderen Architekten sahen wohl beizeiten ein, daß es dringend geraten sei, von dem Barock in neuer Auflage einen besonnenen Gebrauch zu machen und dasselbe ja nicht aus dem Zusammenhang mit der normalen Renaissance, selbst mit der Antike völlig loszulösen, weil ein Spätstil bei unbedingter Wiederaufnahme sich um so rascher ausleben müßte.

Karl König hat die Aufgabe in diesem Sinne verstanden und echt künstlerisch gelöst. In seinem Philipphof (1883) faßte er den barocken Palast nach seiner repräsentativen Vornehmheit, ohne neben dem entschiedenen Ausdruck der Formen dem Gelüste spielender Verschnörkclung nachzugeben. Die Gesamtwirkung ist sehr wohl abgewogen; die ausgerundetc Kopfseite des Baues mit der sie umfassenden, klassisch-korinthischen Säulenstellung, obenauf mit der Kuppel, die gleichsam das Motiv der Burgfassade ankündigt, und davor mit dem Heliosgespann des so begabten, frühverstorbenen Barockbildners Theodor Friede] diese ganze bauliche Komposition beherrscht als Vedute geradezu den Albrechtsplatz und die Opern- gasse bis über die Ringstraße hinaus. In dem gräflich Herbersteinschen Palais (Ecke der Schauflergasse) schließt König die ältere Palastarchitektur der Herrengasse mit einem wohl- disponierten modernen Barockbau glücklich ab. Seine Frucht- und Mehlbörse (in der Tabor- straße) zeigt wieder die Formenfülle reichster Hochrenaissance, bei allem Aufgebot ihrer glänzend gesteigerten Mittel. Über die barocken Formen verfügten überdies mit großer Gewandtheit Adam Breßler, Rumpelmeycr (letzterer z. B. in dem Palais von Baumgarten in der Schwind- gasse) und fanden bald noch weitere Nachfolger, so L. Baumann mit der Konsularakadcmie in der Waisenhausgasse u.a. Nach der Regelung der Gußhausstraße (1897) stellten sich Karl und Julius Mayredcr im Kreuzherrenhof mit einem trefflichen Barock ein, von einer gewissen geistlichen Gravität, die hier ganz am Platze ist.

Die Entwicklung aet Architektur Wiens in Jen letzten fünfzig Jahren.

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22 Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig Jahren.

VIII.

Was sollte nun auf den bald auch bereits aufgebrauchten Barockstil folgen? Louis seize- Stil ? Empirestil? Man probierte noch eines um das andere. Aber schließlich waren dies nur Durchgangsstationen ohne längeren Aufenthalt. Wohin dann weiter? Wir stehen schon seit mehr als einem Dezennium vor einem neuen Anfang: es ist dies die sezessionistische Be- wegung in der Kunst überhaupt und so auch in der Architektur. Diese Tendenz bezeichnet sich selbst gern als „die Moderne".

Dieselbe hat allerdings, ehe sie sich entschieden einstellte, eine eigenartige Vorstufe, welche aber wie man es eben nimmt ebenso als Nachspiel des bisherigen Entwicklungs- ganges aufgefaßt werden kann. Die zuletzt in Gebrauch gestandenen Stiltypen der Renaissance und des Barocks werden in verschieden gesteigerter Weise noch einmal gebracht, ehe sie ihrer Zersetzung in der „Moderne" anheimfallen; mit einem gewissen wagenden Talent sucht man den oft verwendeten Stilformen neue pittoreske Wirkungen abzugewinnen, um von den- selben bald darauf Abschied zu nehmen. Diesem letzten Übergangsstadium, das nicht ganz von Ausschreitungen und raffinierten Besonderheiten frei ist, gehören mehrere beachtenswerte Bauten der jüngsten Epoche an, von denen nur einige beispielsweise genannt sein mögen: die „Casa piecola" in der Mariahilferstraße und die Häusergruppe Ecke Fleischmarkt-Postgasse von Karl Theodor Bach; das „Bognerhaus" in der Bognergasse und der „Konkordiahof" am Konkordiaplatz von Franz von Krauß; das Haus der Kaufmannschaft am Schwarzenberg- platz von Gotthilf; die Palais von Scanavi und Erwin Müller am Brahmsplatz von Rudolf Dick; das „Herrenhuterhaus" am Neuen Markt von Julius Mayreder; das städtische Bürger- ladcfondshaus (Riemergasse-Wollzeile) von Alb. Pecha, das Haus der Wechselseitigen Brand- schaden-Versicherungs-Gesellschaft in der verlängerten Wollzeile von Leopold Simon y etc.

Nur um einen halben Schritt weiter stehen wir völlig auf sezessionistischem Boden. Es erscheint wohl einigermaßen befremdlich, wenn auch die Baukunst „sezediert", d. h. mit tastenden Versuchen seitab geht, statt mitten hindurch in gerader Linie den neuen Weg zu suchen. Mit dem Ernst ihrer Aufgabe, Pfadfinderin des Stils zu sein, verträgt sich nicht die unstete Willkür des Experimentierens; und daß durch die unbedingte Freigebung des Versuches die Architektur selbst wie alle übrige Kunst erst jetzt „modern" geworden sein soll, überrascht uns um so mehr, da wir uns immer für berechtigt hielten, die ganze Kunstentwicklung des 19. Jahrhunderts bis zu diesem Zeitpunkt ihrem Hauptzug nach bereits für modern zu halten. Es scheint uns auch bedenklich für die jungen Talente, daß diese so viel lebendig Gegen- wärtiges bereits zur überwundenen Vergangenheit zählen und für sie dem Proszenium der Kunst die Tiefe, der Hintergrund fehlt. Ein älterer Architekt, Otto Wagner, war es wohl, der bei uns führend dieser Bewegung voranschntt, welche ja vorher schon von Land zu Land ging. Er selbst kam von der normalen Renaissance her, und bis über das Jahr 1890 hinaus entwarf und baute er mit vornehmem Geschmack in dieser geläufigen Richtung; und wenn er sich auch zu einer „gewissen freien" Auffassung des Stils bekannte, so ist damit nichts Besonderes gesagt. Denn die Renaissance trägt ja von vornan das Prinzip der Freiheit in sich, besteht nur durch dasselbe und ist eben darum der Fortsetzung fähig. Seine Bahnhöfe der Stadtbahn und die Bauten zur Donaukanalsperre sind denn noch immer nicht die richtigen Musterbeispiele der „Moderne", als welche man dieselben gelegentlich angesehen wissen wollte; es ist noch immer die „gewisse freie" Renaissance hier von vorwiegend dorischer Formenhaltung, wie sich diese für den künstlerisch zurechtgestellten Nützlichkeitsbau vermöge ihrer strengeren Einfachheit und konstruktiven Klarheit durchaus eignet. Wenn nun Wagner in seiner Lehrschrift „Über moderne Architektur" ausdrücklich darauf dringt, daß die Kunstform nichts der Kon- struktion Fremdartiges ausdrücken soll, so geben wir ihm hierin recht, obgleich man dies schon vor ihm einsah; nur folgt daraus nicht zugleich, daß es die nächste Aufgabe des modernen Architekten sei, „Neuformen zu schaffen", da diese, wenn sie den Wert wirklicher Stilformen haben sollen, sich nur allmählich herausbilden und nicht von einzelnen ersonnen werden können. Darum weist die „Moderne" bis jetzt keine Entwicklungsreihe, sondern nur eine Versuchsfolge ohne eigentlichen inneren Zusammenhang auf; und es ist bei dem raschen Wechsel des je- weiligen Zustandes gegenwärtig noch kaum möglich, die ganze Richtung als solche oder viel- mehr diesen Inbegriff verschiedener Richtungen nach bestimmten deutlichen Merkmalen zu charakterisieren. Das Heraustreten aus dem Formenbereich der Renaissance erfolgte wohl rasch genug und vollzog sich beiläufig in folgenden Stadien: absichtlich rudimentäre Vereinfachung der Motive; Fortlassung der vermittelnden Profilgliederungen; soviel wie möglich Abschaffung

Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünf/ig Jahren.

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Abb. 11. Detail vom Naturhistorischen Hofmuseum. Architekten G. Seinper und K. von Hasenauer.

der Säule; das Hinstrcbcn zum reinen Flächenstil. Bei diesem ist man bereits vielfach angelangt und hat damit ein gewisses pri- mitives Ideal erreicht: ganz platte Fassade in leichtem Verputz mit scharf eingeschnittenen Fenster- öffnungen ohne Chambranlc; dar- über hinaus, um für einigen Schmuck zu sorgen, Belegung der Fassade mit Fliesen oder Kacheln und auf diesen farbig eingebrannte Blumengehänge oder auch nur in einer Farbe, abgetönte Schach- brettmuster; obenauf das Gesims bald sparrenartig, doch ohne Kon- solen, weit hinausgeschoben, bald wieder ganz fortgelassen. Nach diesen vorläufig wahrgenommenen Phasen werden in kürzester Zeit wohl weitere folgen, denn wir stehen inmitten des Prozesses. Hier mag es denn genügen, einige der Architekten zu nennen, welche in besonders bemerkenswerter Weise diesen Weg eingeschlagen haben: neben Otto Wagner (Häusergruppe Magdalenenstraße) zunächst Ol- brich, der Erbauer des Gebäudes der Sezession, und Josef Hoff- mann (Villen auf der Hohen Warte), ferner Josef Urban, Max Fabiani (Haus Portois & Fix in der Ungargasse und Artaria am Kohlmarkt), Leopold Bauer, ge- legentlich auch Friedrich Ohmann mit J. Hackhofer (Villa Schopp in Hietzing), dann Albert Pecha, Max Hegele (Bauten am Zcntral- friedhof), Plecnik (Haus Zacherl am Bauernmarkt, ein Beispiel, wo- hin die „Moderne" führen kann) u. a. m. Wir finden also auch den vielbegabten Ohmann in dieser Reihe; und dies beirrt einiger- maßen uns Leute von der älteren Gewohnheit des Kunsturteils, die

wir immer genau wissen wollten, an welcher Stelle ein Künstler zuverlässig zu erfragen sei. Von gründlichen Barockstudien ist Ohmann ausgegangen und schien sich weiter nach allen Seiten umzublicken, immer von Fall zu Fall rasch orientiert; nun stellt er sich auch bei der Se- zession „zu Besuch und Versuch" ein. Durch den schließlich ihm gewordenen Auftrag, für die innere Durchbildung des Semper-Hasenauerschen Hofburgbaues Sorge zu tragen, wird er wohl jetzt vor den einheitlichen Punkt gestellt, in welchen die auseinanderfahrenden Radien seiner Bestrebungen wieder zurücklaufen.

Doch um zu unserer allgemeinen Betrachtung zurückzukehren, mögen noch folgende Schlußbemerkungen folgen. Die durch ihre entschlossene Neuheit teils interessanten, teils proble- matischen Bauproben dieser ganzen Gruppe lebendig sich regender künstlerischer Kräfte bieten wohl Veranlassung genug zur Besprechung im einzelnen, aber nicht genügenden Anhalt

24 Die Entwicklung der Architektur Wiens in den letzten fünfzig; Jahren.

zu einer zusammenfassenden Charakteristik; gegenüber dem Werdenden, das vorerst nach neuer Ausgestaltung strebt, muß selbstverständlich die geschichtliche Darstellung innehalten. Wir stehen da vor einer Anweisung an die Zukunft. Es muß sich eben im ferneren Verlaufe noch zeigen, ob diese radikale Bewegung, die aus jeder Stilüberlieferung herausgeht und die Architektur auf ihre Elemente zurückzuführen scheint, auf dem so betretenen Wege wirklich zu dem erhofften, aber noch unbekannten Ziel eines neuen, der Zeit völlig gemäßen Stils hinübcrleiten mag oder ob sich doch nicht später bei einiger Ernüchterung die Notwendig- keit einer Korrektur des ohnehin nicht präzis gefaßten Programmes ergeben werde.

Indem wir nun diese Überschau schließen, glauben wir noch zur Verständigung bemerken zu müssen, daß wir nicht darauf eingehen konnten, eine vollständige Namensliste unserer begabteren Architekten sowie eine erschöpfende Aufzählung ihrer verdienstlichen Bauschöpfun- gen zu bringen. Die Auswahl derselben, soweit wir sie besprachen oder auch nur anführten, geschah lediglich mit Rücksicht auf die Stilwendungen und eingreifenden Entwicklungsmomente oder mehr nur exemplifizierend für ganze Richtungen. Was man sonst an dieser Darstellung im einzelnen vermissen mag, wird ohne Zweifel in der nachfolgenden Detaillierung der besonderen Gebäudegruppen die erwünschte Ergänzung finden.

Mai 1905. Prof. Dr. Josef Bayer.

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Abb. 12. Stephansdom, Relief (aus der Leidensgeschichte Christi) an der Südseite des Chores.

A. GEBÄUDE FÜR KULTUSZWECKE.

I. KATHOLISCHE KIRCHEN DES MITTELALTERS.

Gering ist die Zahl der Kirchen Wiens aus romanischer Zeit und wenig bedeutsam sind sie ihrer baugeschichtlichen Stellung nach. Nicht nur äußere Gründe, wie Verheerungen späterer Zeiten, auch innere Gründe erklären diese Erscheinung. Wiens Bedeutung in den ersten Jahr- hunderten des Mittelalters war weder in weltlicher noch geistlicher Hinsicht eine solche, daß es in baulicher Beziehung in den Vordergrund treten konnte.

Nachdem Wien durch fünf Jahrhunderte, vom 5. Jahrhundert bis zum Jahre 1030, in der awarischen und magyarischen Wüstenei für die Geschichte spurlos verschwunden war, mag es gegen Ende des 1 1. Jahrhunderts an den ersten Versuchen des Bischofs Altmann von Passau zur Einführung einer geistlichen Kultur teilgenommen haben. Selbst während der Zeit eines beginnenden regeren Kulturlebens unter dem Babenberger Markgrafen Leopold III. blieb immer noch Melk der geistige Mittelpunkt und Mautern, Krems und Tulln behielten ihre Bedeutung als Zentren des Handels und Verkehres. Spät erst, um die Mitte des 12. Jahrhunderts, tritt Wien in den Kreis der Kulturbestrebungen ein und wird 1156 die Residenz Heinrich Jasomirgotts, der 1158 das erste Kloster, das Schottenkloster, gründet, und gegen Ende des 12. Jahrhunderts erhalten wir auch die erste Kunde von einem allmählich erstarkenden Handel und bürgerlichen Wohlstand. Man muß sich vor Augen halten, daß zur selben Zeit, als Wien noch nahezu geschichtslos war, gegen Ende des 11. und mit beginnendem 12. Jahrhundert, in den Rhein- landen, in Speicr, Worms, Mainz, Laach und Köln die mächtigsten Zeugen deutsch-romani- schen Stiles erwuchsen.

Eine Tatsache von großer Bedeutung für jene Zeit, in der die Pflege der Kunst fast aus- schließlich in den Händen der Geistlichkeit lag, muß hier Erwähnung finden: Wien wurde erst im Jahre 1469 Sitz eines Bischofs; Prag war beispielsweise schon seit dem letzten Viertel des 10. Jahrhunderts ein selbständiges Bistum. So verging die Zeit des eigentlichen romanischen Stiles, ohne in Wien bemerkenswerte Spuren hinterlassen zu haben. Das ursprüngliche Schotten- kloster war wohl nur ein provisorischer Holzbau und über den 1147 von Reginbert von Passau geweihten ältesten Bau von St. Stephan fehlen alle Anhaltspunkte. Von der in einem Tauschvertrage zu Mautern 1137 als Pfarre bezeichneten Peterskirche ebenso wie von dem in den Schottenstiftsbriefen von 1 158 und 1161 (neben St. Pankraz, St. Maria am Gestade und St. Johann an der Siechenais) genannten Kirchlein St. Ruprecht behauptet die Überlieferung, daß beide von Salzburg aus gegründet seien. Die Namen der Salzburger Patrone St. Peter und St. Ruprecht als Schutzheilige dieser Kirchen geben der Sage einige Wahrscheinlichkeit. Die Peterskirchc stand an der Stelle der jetzigen gleichbenannten Kirche und war, wie aus Wohlmuets Plan von 1547, aus dem Hufnageischen von 1609 und aus einem Schriftstück von 1676 zu erkennen ist, von bescheidener räumlicher Ausdehnung, ein Mittelschiff und zwei schmale Seitenschiffe. Von St. Pankraz ist uns kaum mehr als der Name erhalten und über Maria am Gestade erzählt die Sage, Fischer hätten das kleine hölzerne Betkirchlein am steilen Donauufer errichtet. St. Johann an der Siechenais war ein kleines Dorfkirchlein und mußte in der Mitte des 19. Jahrhunderts dem Neubau des Bürgerversorgungshauses weichen. Erwähnt muß ferner der zweite, um 1200

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Gebäude für Kultuszwecke.

geweihte Bau der Schottenkirche werden, von dem einzelne Reste vorhanden sind. Die Grund- mauern der dreischiffigen, mit zwei Fassadentürmen und Vierungsdachreiter bedachten Basilika stecken noch heute in dem im H.Jahrhundert umgebauten Kirchengebäude. Einzelne gefundene romanische Fragmente, am bemerkenswertesten ein romanischer Portallöwe, gehören dieser zweiten Bauperiode an.

Während der Übergangszeit vom romanischen Stil zur Gotik entstehen unter Leopold II. und unter der ottokarischen Herrschaft eine größere Zahl von Kirchen und Kapellen, so daß Wien, nach dem heutigen Stadtumfang gerechnet, im Jahre 1282 insgesamt deren nicht weniger als 32 aufweist. Die meisten unter ihnen waren, wie aus Gcschichisqellen hervorgeht, kleine, bedeu- tungslose Kapellen, die spurlos verschwanden, die wichtigeren konnten ihrer wachsenden Be- deutung nicht mehr gerecht werden und mußten Neubauten weichen, so daß heute von all diesen kirchlichen Bauten nicht mehr als drei bestehen: St. Ruprecht, St. Stephan und St. Michael.

Gegenüber der verschwindend kleinen Zahl von Baudenkmalen aus romanischer Zeit ge- staltet sich die Bautätigkeit im 14. und 15. Jahr- hundert großartiger und abwechslungsreicher. Günstigere politische Verhältnisse, reiche Stif- tungen des Habsburgischen Fürstenhauses und der wiedergewonnene Wohlstand der Bürger förderten ein Emporblühen Wiens in dieser Zeit. Eng verknüpft war dieser Aufschwung mit dem Ansehen der Bauhütte von St. Stephan, die sich auf dem Regensburger Steinmetzentag 1459 als Vorort für die österreichischen Lande von Lam- bach bis Steyr, nach Ungarn hinein und die Donau abwärts eine Stellung errang, wie sie nur wenigen Bauhütten eingeräumt wurde. Ein wei- teres Zeichen für die Bedeutung der Wiener Bauhütte ist nicht nur die Tatsache, daß Gesellen und Meister aus allen Teilen Österreichs und Ungarns, aus den berühmten Kunststätten des Deutschen Reiches und selbst aus Frankreich kamen, auch umgekehrt können wir bei vielen hervorragenden kirchlichen Bauten des großen Hüttengebietes, selbst bis Agram, Wiener Einfluß

verfolgen und muß auch Benedikt Ricth, der berühmte Baumeister Wladislaws II., der Wiener Bauhütte zugerechnet werden. Unter den kirchlichen Bauten der Gotik in Wien steht obenan St. Stephans Bau, ihm reiht sich eine Zahl höchst reizvoller und interessanter Schöpfungen an, die zum großen Teil selbst den Neuerungsgelüsten der glanzvollsten Zeit der baulichen Ent- wicklung Wiens, der Barocke, standhielten. Alle diese Bauten aus dem Mittelalter liegen im I. Bezirke.

Abb. 13. Metropolitankirche zu St. Stephan. 1 : 10U0.

St. Stephan (Abb. 12, 13, 23—31 und Tafel I) ')

Der romanische Bau.-) Nach dem Brande von 1193, der die ältere Anlage zerstörte, entstand ein Neubau, als dreischiffige, querhauslosc Basilika, mit sieben Arkaden im Langhausc

') Ogesser, Beschreibung der Metropolitankirche zu St. Stephan. 1779; Primisse r in Wiener Jahrbüchern der Literatur. 1S20. und in Ho rmay rs Ocschichtc Wiens, 1824; Tsc h isehka. Metropolitankirche St. Stephan, 1S32; v. Perge r, Dom zu St. Stephan. 1854; von Zeitschriften : die Allgemeine Bauzcitung. 1843, 1853; die Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, 1860, 1893, und vor allem das Wiener Oombauvereinsblatt, das in den zahlreichen Studien Prof. W. A. Ncunianns eine reiche Ausbeute für die Kenntnis der Baugeschichtc St. Stephans bietet. Aus der neuesten Literatur sind von besonderer Bedeutung: V h I i r z. Die Rechnungen des Kirchmeisteramtes von St. Stephan, 1901 19U2; Lcixncr, St. Stephan zu Wien, und zwei, vielfach ganz neue Aufschlüsse gebende Arbeiten von Prof. Neuwirth, Aus der Baugeschichte von St. Stephan, 19U2 (Monatsblättcr des Altcrtums- vercines), und Die Stellung Wiens in der baugcschichtlichen Entwicklung Mitteleuropas, 19Ü3.

"■) Fr. Schmidt, Ober die zwei alteren Bauepochen der Dumkirchc zu St. Stephan. Dombauvcreinsblatt. I.

Katholische Kirchen des Mittelalters.

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Abb. 15. St. Michael, f., Michaelerplatz.

Abb. 16. Burgpfarrkapelle im I. Bezirke.

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Abb. 17. Minoritenkirche im I. Bezirke.

Abb. 20. St. Elisabeth

(Deutscher Orden),

I., Singerstraße.

Abb. 19. Maria am Gestade im I. Bezirke.

Abb. 14. St. Ruprecht im I. Bezirke.

Abb. 18. Hofpfarrkirche zu St. Augustin, Abb. 22. St. Johann (Malteser), Abb. 21. Kirche zu den neun Chören der

I., Augustinerstraße. I., Kärntnerstraße. Engel, I., Am Hof.

Abb. 14— 22. Grundrisse m ittc laltcrlicher Kirchen. Maßstab 1 : 1000.

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Gebäude für Kultuszwecke.

und drei halbrunden Apsiden, ähnlich St. Jakob in Regensburg. Eine große, durch Pfeiler ge- gliederte Westempore, die ihr Licht durch Rad- fenster im Westen, Norden und Süden erhielt, war als Oberkirche mit drei Altären ausge- stattet. Zwei Türme schlössen die Westfront ab. Diesem Bau gehört das unter Regensburger Einfluß in dem dritten Jahrzehnt des 13. Jahr- hunderts entstandene Riesentor an. Die trichter- förmig sich verengenden Portalwandungen sind in den Abtreppungen und Einsprüngen durch je fünf reich geschmückte Säulen und zwischen- liegendes Stabwerk geg

In einer dritten Bauperiode, der otto- karischen, die auf

den furchtbaren Brand von 1258 folgte, wurde die Kirche bedeutend er- weitert durch den Zubau des Quer- hauses, einem mäch- tigen Mittelchor und zwei Seitenapsiden, alle drei polygonal geschlossen. Eine gleichzeitige Erhöh- ung des Mittelschif- fes hatte die Er- höhung der Westfas- sade und insbeson- dere der Turmarchi- tektur der beiden Heidentürme zur Folge. Aufgedeckte Reste lassen auf eine reiche Bemalung der Empore und der Vorhalle aus dieser Zeit schließen.

Der gotische Bau. Ältere Pe- riode.') Um die Wende des 13. Jahr- hunderts beginnt die Bürgerschaft östlich von dem Querschiff in gleicher Breite mit diesem den Neubau eines großen drei-

schiffigen Chors. Nach Regensburgcr Muster, vielleicht von

') J. H erm a n n. Über die zwei gotischen Bauperio- den des St. Stephans-Domes. Wiener Dombauvereinsblatt, XIV, XV.

Abb. 24. Stephansdom, Ostseite des unausgebauten Turmes mit der Kanzel des Capistranus.

'

Katholische Kirchen des Mittelalters.

31

Abb

Schnitt des Stephansturmes in der Höhe des Helmes. 1:200.

Regensburger Meistern, gelangt der „deutsche" Chorgrundriß mit gesonderter Apsidenendigung

für jedes Schiff zur Durchführung. Nach 36jähriger Bauführung, die manchen Geschmackswcchscl be- dingte (vgl. die Pfeilervorlagcn der freien und der Wandpfeiler), erfolgte am 23. April 1340 die Einweihung durch den Bischof von Passau, Albert Prinz von Sachsen, ehemaligen Pfarrer von St. Stephan. Die drei Schiffe des Chors haben nahezu gleich hohe Gewölbe und sind mit Achtecks- apsiden geschlossen. Die Seitenchöre, links der Frauenchor, rechts der Zwölfbotenchor (Apostel- chor), sind der frühgotischen Bauweise entspre- chend mit Kreuzgewölben überspannt, der Mittel- chor ist um ein Gewölbsjoch länger. Der Mittelchor ist von den Pfeilermitten aus gerechnet 13 m breit, die Seitenchöre messen von Pfeilermitte zur Wand 105 m in der Breite. Der Abstand der Pfeiler- mitten in der Längsachse beträgt 8'5 m, die Höhe des Mittelchors 22'5 m, die der Seitenchöre nicht ganz 20 m. Die Schäfte der freistehenden Pfeiler sind mit einfachen, sehr frühgotischen Diensten und Kehlen gegliedert, die Wandpfeiler reicher mit freien Birnstäben und tiefen Kehlen. Feine Laubkapitäle trennen Dienste und Gewölberippen. In den Apsiden tragen zart gearbeitete Figuren die Wanddienste, und die Pfeilerschäfte werden durch je einen Baldachin auf der Mittel- und Seitenschiffseite geschmückt. Unter den Fenstern der Apsiden ziehen einfache Triforien hin. Elf dreiteilige Fenster in den Chorendigungen und sechs vierteilige Fenster an jeder der Langseiten beleuchten den Raum. Am Äußeren sind die einfachen Strebepfeiler unten durch ein Kaffgesimse und durch zwei Abdachungen gegliedert, die Schlußfiale der reichen Wimperge durchsetzt das Maßwerk der Dachgalerie. Im Hauptgesimse phantastische Wasser- speier auf Tragsteinen, welche Menschen und Tiergestalten aufweisen. Die Votiv- bildwerke zwischen den Strebepfeiler- nischen stammen zumeist aus dem 16. Jahrhundert.

Jüngere Periode. Bald nach der Weihe des Chors ging man in weiterer Verfolgung des alten Erweiterungsplanes an den Bau des Langhauses und verbrei- terte zunächst die beizubehaltende West- fassade durch den Zubau der Herzogen- und Tirna- oder Moranduskapelle. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts dürfte man auch den neuen gotischen Lettner fertig- gestellt haben. Im übrigen scheint der Bau nicht sehr schnell vorwärts gegangen zu sein. Da greift in die bisher aus- schließlich von Bürgern betriebene Bau- führung Rudolf IV. energisch ein, der in so vielen Dingen seinem Schwiegervater, dem römisch-deutschen Kaiser Karl IV., nacheiferte. Er wollte ein dem Prager

St. Veits-Dom ähnliches Denkmal für Wien schaffen und veranlaßte die Abänderung des Grund- planes durch die Stellung der Türme über den vortretenden Querhausarmen; diese Eigentüm- lichkeit weist direkt auf den St. Veits-Dom hin, wo Peter Parier mit Beziehung auf die

Abb. 26. Ansicht des Stephansdomes vom Stock-im-Eisen-Platz.

32

Gebäude iür Kultuszwecke.

Abb. 27. Mittelschiff des Stcphansdomcs.

von seinem Vater in Schwäbisch-Gmünd errichtete Heiligkreuzkirche die gleiche Anordnung ausführte. Die Höhenentwicklung des Langhauses wurde gesteigert und ein überreicher Schmuck, welchen das Langhaus im Gegensatz zum Chorbau innen wie außen aufweist, sollte von dem glänzenden Wollen Rudolfs IV. künden. Wohl nennt sich Rudolf IV. selber öfter Fundator, doch ist es viel wahrscheinlicher, daß er am 7. April 1359 doch nur zu dem Turm den Grundstein hat legen können, da die sonstige Erweiterung schon begonnen hatte. Es scheint, als hätten er und seine Nachfolger vor allem den Turm vollenden wollen, die Lang- hausmauern, die Schiffspfeiler und Gewölbe wurden etwas langsamer fertig. Nach 75jähriger Bauzeit krönte Hans von Prachatitz am 30. Oktober 1438 den Helm des Südturms mit der Kreuzrose und 1454 wird die Einwölbung des Langhauses geschlossen.

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel I.

Kanzel bei St. Stephan.

Katholische Kirchen des Mittelalters.

33

Der Südturm wächst ganz eigenartig, fast ohne alle erkennbare Unterbrechung im all- mählichen Aufstreben als eine spitze Pyramide aufwärts zur Höhe von 1 36'7 m. Die Stock- werkteilung ist vorhanden, aber die Giebel und die Eckfialenbündel decken dieselbe. Der Turm ruht auf vier mächtigen Pfeilern mit je zwei im rechten Winkel gestellten Streben an den Ecken. Der Raum zwischen den beiden vordersten ist als sehr reiche Vorhalle ausgebildet, mit Netzgewölben, Säulchen, Wandpaneelen und Mittelpfeilcrn an dem inneren Tor. Die qua- dratische Halle, zu welcher dieser Eingang führt, ist das unterste Gemach des Turmes. Fenster des Turmes erleuchten den hohen Raum. Die Galerie des Chores setzt sich am Äußeren zwischen den Eckpfeilern fort, darüber erheben sich die großen Giebel, die, von Süden und Norden betrachtet, wie der Bauabschluß des Querhauses angesehen werden können und sollen. Erst von da an scheint sich der Turm als solcher aufzubauen. Aus dem Viereck des Querschnittes ist ein Achteck geworden und vier hohe Fenster mit je zwei verschränkten Giebeln darüber erleichtern den Aufbau. Es folgt noch ein Geschoß mit vier schmäleren, gleichfalls giebelgekrönten Fenstern, und die von einem Kranze von Pfeilern dargestellte

Abb. 28. Grabmal Kaiser Friedrich III. (gest. 1493) im Stephansdom.

Plattform ist erreicht. Hier sitzt der Helm auf, der in die Riesenkreuzrose und den Doppel- adler endet.

Der Turm mußte manche Renovierungen über sich ergehen lassen, so bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach einem schweren Brandunglück und nach der Türkenbclagerung abermals. Die tiefgreifendsten Umänderungen erfolgten jedoch im 19. Jahrhundert, 1839 ver- steifte Hofbaurat Sprenger die ganze Turmspitze durch ein Eisengerüst, das jedoch bald unter Dombaumeister Ernst, der die Turmspitze abzutragen und durch einen Neubau zu ersetzen beschloß (1859) wieder entfernt wurde. 1862 starb Ernst und mußte die Fort- setzung dieser Arbeit seinem Nachfolger, Dombaumeister Friedrich Schmidt, überlassen, der den Neubau des Turmhelmes 1864 zu Ende führte (siehe Abb. 25). An Stelle der früheren mangelhaften

Bd. II. 3

34

Gebäude für Kultuszwecke.

Konstruktion mit sehr kleinen, unregelmäßig

aneinandergefügten Quaderstücken wurde ein regelrechter Ver- band eingeführt und die einzelnen Steine untereinander durch Klammern und Dübel aus hämmerbarem Me- tall verbunden. Die Helmstange ist rund und in den durch das Gestein gehenden Tei- len mit einer eng an- schließenden Hülse aus Kupferblech umgeben, so daß die Längen- änderungen der Stange bei Temperaturunter- schieden keine schäd- liche Wirkung auf den Stein ausüben können. Am Fuß der Helm- stange ist ein Gewicht von etwa 100 q an- gebracht. Der Südturm ist es vornehmlich, der den Ruhm von St. Ste- phan begründet hat. In seiner frei und selb- ständig hervortreten- den Gestalt, die trotz des riesenhaften, alles' überragenden Wuchses infolge der vielen pi-y kanten Züge und fein abgewogenen Über- gänge nichts Unge- schlachtes an sich hat, verkörpert er so recht die glückliche Mi- schung eines weichen heiteren Grundtones mit machtvoll deut- schem Bürgerstolz, wie sie das Wesen des Wicnertums ausmacht. Im Gegensatz zu dem einfachen Chor- bau wiederholt sich das große Giebelmotiv des Turmes viermal auf jeder Seite des Langhauses. Bis zum Jahre 1852 war nur der

westlichste Giebel der Südseite mit Maßwerkzier versehen, die übrigen drei, dem Südturm und die vier nördlichen sind von Dombaumeistcr Ernst ausgeführt und schon von seinen

Abb. 29. Deckel des Grabmales Kaiser Friedrich III. im Stephansdom.

chsten Nach-

Katholische Kirchen des Mittelalters. 35

folgern, Dombaumeister Schmidt und Dombaumeister Jul. Hermann, restauriert worden. Zwischen diesen Giebeln wachsen je drei Strebepfeiler empor, viel reicher an Zier als die des Chores. Blendmaßwerk schmückt die Flächen, am höchsten Absatz steht ein Baldachin, für Statuen bestimmt, darüber eine kleine krabbenbesetzte Fiale; der Körper des Strebepfeilers aber setzt sich wesentlich schwächer weiter aufwärts fort und endet über der Galerie, die sich an den Langscitcn bis zu den Heidentürmen hinzieht, wieder in eine Fiale. Zwischen den Streben ist die Wand von je zwei reich gegliederten Fenstern durchbrochen. Paneelwerk überzieht die Zwickel zwischen denselben. Der vierte Strebepfeiler vom Turm ab bildet die Ostwand der westlichen, die Fassade verbreiternden Kapellen. Er hat noch Gliederung und Baldachin der anderen drei. Das Untergeschoß der beiden zweijochigen Kapellen stammt aus der Mitte des H.Jahrhunderts und ist reicher durchgebildet als das obere, das erst im 15. Jahrhundert aufgesetzt wurde, um die Heidentürme, die durch den Abbruch der alten Gewölbe während des Langhausneubaues gelitten hatten, seitlich zu stützen. Der inneren Jochteilung entspricht außen ein Strebepfeiler mit tiefer sitzendem Baldachin. Die Lösung des Eckpfeilerproblems ist derart, daß weder dem Anblick von der Langseitc noch der Wirkung der in den unteren Partien zum größten Teil romanischen Fassade Eintrag geschieht. Eben deshalb hat der Meister an der Westseite der zwei unteren Kapellen Rundfenster angebracht.

An der Westfassade, deren Erhaltung ein Hauptprogrammpunkt für den Neubau war, hat die gotische Zeit manche ästhetisch weniger befriedigende Änderungen vorgenommen. Die beiden früher selbständigen Heidentürme mußten zugunsten der gotischen Gesamterscheinung in der riesigen Dachfläche ihren Untergang finden. Die Höhe der Westfassade bis zur Galerie beträgt 30 m, ihre gesamte Breite 44 m. Der Vorraum unter der Orgelbühne, den man durch das Riesentor zunächst betritt, ist selbst nach der in gotischer Zeit (15. Jahrhundert) voll- zogenen Erhöhung der Empore gegenüber der Breite zu nieder. Die spätgotische Architekturzier der Vorderseite der Empore gibt in ihrer Ausdehnung ungefähr die Breite des romanischen Baues an. Die nach ihren Stiftern genannte nördliche Tirnakapelle hatte ihren Eingang ehemals in der Halle unter der. Empore, ebenso die südliche, nach Rudolf IV. und seinen Brüdern benannte Herzogenkapelle. Die ostwestliche Länge beträgt lim. die nordsüdliche Breite 6 m, die Höhe 13-30m. Die Wanddienste der beiden Kapellen haben in der Höhe des Kaffgesimses eine Auskröpfung, die als Sockel einer Statue mit Baldachin bestimmt ist, ähnlich wie in der um 1400 entstandenen Freisingerkapelle in Klosterneuburg.

Das Mittelschiff der Kirche ist bis zum Querhaus 50m lang und 13m breit, die Seitenschiffe haben je lim Breite. Das Mittelschiff hat 28m Höhe, um 6m mehr als die Seitenschiffe. Diese bedeutende Überhöhung läßt die Wölbung des Mittelschiffes ganz in der Dämmerung verschwinden, gehört jedoch zu den Eigentümlichkeiten der Wiener Bauschule und führt in der Badener Pfarrkirche zu einer Art Basilika ohne Oberlichtgaden. Vier schlanke Pfeilerpaare tragen das reiche, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammende Netzgewölbe. Die reichen Laubwerkkapitäle fehlen den bis zum Sockel herabreichenden Gliederungen der Scheid- bögen. In halber Höhe schmückt die Pfeiler ein sonst unerreichter Reichtum von je sechs hoch- aufgebauten Baldachinen mit Statuen. Die Wände unter den Fenstern beleben Wandtriforien in reicher Zier. Das Maßwerk der Fenster ist edel durchgebildet.

So ist das Langhaus von St. Stephan der weiträumigste und prächtigste Hallenbau in deutschen Landen, und wenn er infolge der erwähnten mannigfachen Unregelmäßigkeiten auch nicht zu den schönsten gezählt werden kann, so verleihen ihm gerade diese, im Vereine mit anderen später hinzugekommenen Zufälligkeiten, jenen eigentümlichen, mehr auf das Gemüt des Beschauers wirkenden Zauber, der den Innenraum des Stephansdomes zu einem der malerisch reizvollsten Raumbilder überhaupt macht.

Am zweiten Pfeiler links steht die in den verwickelten Formen der spätesten Gotik der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausgeführte Kanzel (Tafel I). Als Meister wurde Anton Pilgram ver- mutet. Im Unterbau sind die vier lateinischen Kirchenväter und eine Menge von kleinen Statuen eingefügt, im Schalldeckel die sieben Sakramente und am Deckgesimse der Wendeltreppe kriechen Frösche und allerlei anderes Getier hinan. Drei gotische Baldachine erinnern auch hier an den Regensburger Einfluß. Statt des am Nordturm von Meister Oechsel begonnenen vierten Baldachins setzte Meister Anton Pilgram von Brunn nach einem sagenhaften Künstlerstreit mit Oechsel eine kleine Orgelbühne hoch oben an die Wand; darunter sein Bildnis. Ein Meister- werk ist der Tauf st ein1), der nach einem aus Nürnberg bezogenen Entwurf 1481 durch Meister

') Neuwirth, Aus der Baugeschichte von St. Stephan. Monatsblätter des Wiener Altertumsvereines. 1902.

36

Gebäude für Kultuszwecke.

Ulrich Aucr von Salzburg vollendet wurde. Zu den reichsten Grabdenkmalen des ausgehenden Mittelalters gehört das im südlichen Scitenchorc befindliche Hochgrab des Kaisers Fried- rich III. (siehe Abb. 28, 29). Der von Niklas von Leyen 1467 in Wiener-Neustadt begonnene Grab- deckel wurde im Auftrage des Kaisers Max 1493 nach Wien gebracht und mit dem von Meister

Michael Dichter 1513 voll-

flülf«jl

endeten Unterbau verei- nigt. Der Kaiser ruht in vorzüglicher Bildnistreue, mit dem vollen Kaiser- ornate aufs prunkreichste geschmückt, auf einem hohen Unterbau, dem acht frei ausgearbeitete, reiche Reliefs mit Darstellungen aus der Geschichte der Wiener-Neustadt und die mit besonderer Meister- schaft ausgeführten Statuen der Kurfürsten eine herr- liche Zier verleihen. Rings umschließt den Sarkophag ein mächtiges, mit den Standbildern der Apostel geschmücktes Geländer aus rotem Marmor. Zu beiden Seiten des Mittel- chores steht in doppelter Reihe das spätgotische Chorgestühl, in mannig- faltiger Abwechslung ge- schmückt mit wunderlicher Tier- und Pflanzenorna- mentik, die Bilder aus der Leidensgeschichte des Herrn umschlingt; ein treffliches Werk von W. Rollinger. Am Äußeren des Domes besitzen die beiden kleineren Portale neben den Kapellen der Westseite reizvolle Skulpturen; das südliche Singertor zeigt unter anderen Rudolf IV. als Stifter und seine Gemahlin, das nördliche Adlertor Albrecht III. als Bauherrn der Neustädter Kirche. Während die Technik dieser Portale auf die reichste Zeit österreichischer Gotik hinweist (Wende des 14. zum 15. Jahrhundert), sind die polygonen Vorhallen erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden. Zwischen der südlichen Vorhalle und der Herzogenkapelle ruht unter einem zierlichen Baldachin der Bauernspötter Neidhart Fuchs.

Von dem nur durch die hohen Fenster der Turmhalle beleuchteten dämmerigen Quer- schiff öffnet sich unter dem Südturm der Zugang zur St. Katharinen-Kapelle und ähnlich unter dem Nordturm der Eingang zur etwas größeren St. Barbara-Kapelle. Die St. Katharinen- Kapelle mit ihrem Sterngewölbe und dem weit herabhängenden Schlußstein ist zugleich mit dem Südturm am Ende des 14. Jahrhunderts (1395) entstanden, die St. Barbara-Kapelle weist die späten Formen vom Ende des 15. Jahrhunderts auf.

Der Bau des erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begonnenen Nordturmes schritt äußerst langsam vorwärts, die ermattete Gotik führte ihn nicht viel höher als den großen Giebel, der die Höhe des Querschiffes bezeichnen soll. Meister Anton schloß den Bau mit einer geraden Fläche ab. 1579 setzte Hans Saphoy auf den Nordturm einen abschließenden Renaissanceaufbau, in den eine große Glocke (die „Pummerin") gehängt wurde.

Mit dem spanischen Habsburger Ferdinand I. zog die Renaissance triumphierend ein. Manch gotisches Kleinod mag damals zerstört worden sein, doch was der siegende Stil neues dafür schuf, fügt sich so wohl in das Raumbild, daß der jetzige, ungemein stimmungsvolle Ein- druck des Inneren nicht zum wenigsten den zahlreichen Barockaltären und Einrichtungs- gegenständen dieser Zeit mit zu verdanken ist. Besonders prächtig durchgebildet ist der von

Abb. 30.

Stephansdom, Annenseelcnnische an der Ostscite des Chores mit dem Fresko (Das Fegefeuer) von Danhauser.

K atholische Kirchen des Mittelalters.

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Jon. Jos. Bock um 1640 in schwarzem polnischen Marmor ausgeführte Hochaltar mit einem Altarblatt seines Bruders Tobias Bock. Auch das Altarblatt in der Barbarakapcllc von Alto- montc. von dem auch die Deckenbildcr In der Sakristei herrühren, verdient besondere Beachtung.

Das im Jahre 1S94 enthüllte Starhcmberg-Denkmal (siehe Abschnitt: Denkmale) wurde zum Gedächtnis an die 200jäh- rigcFeicrderRettung Wiens aus der Türkennot (1683) von Wiener Bürgern errich- tet und ist ein Werk Pro- fessor Edmund Hellmers, der bei einer 1881 vom Kultusministerium ausge- schriebenen Konkurrenz den ersten Preis erhielt.

Die romantische Be- wegung des 19. Jahrhun- derts hat auch den St. Ste- phans-Dom in Mitleiden- schaft gezogen. Glück- licherweise behütete die reservierte Haltung der Finanzverwaltung den Dom vormanchem Unheil. Nach der in den Jahren 1842 bis 1844 erfolgten Wieder- herstellung der Turmspitze wollte der um die Aus- führung dieser Arbeit ver- diente Wasserbauinspektor J. Baumgartner den voll- ständigen Ausbau ganz

energisch durchführen; zunächst den Ausbau der sieben Giebel, den Umbau der Hauptfassade in gotischem Stil mit einem Aufwand von 80.000 Gulden und den Ausbau des Nordturmes mit einer Bausumme von 1 Million Gulden. Der damalige Fürsterzbischof Milde hielt für noch drin- gender die Entfernung sämtlicher Barockaltäre und Einbauten, den Hochaltar nicht ausgenommen, und Ersatz derselben durch neue, stilgerechte Kunstwerke nach den Plänen der Architekten Rösner und Riwnatz. Die zur Deckung der erforderlichen 2 1 5.000 Gulden verlangte Staatshilfe blieb aus. So wie Milde war auch sein Nachfolger, Kardinal Rauscher, erfüllt von edler Begeisterung für die Pläne der Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt und der Vollendung St. Stephans, und brachte sie durch Gründung des Dombaukomitees 1858 ihrer Verwirk- lichung näher. Der im selben Jahre zum Dombaumeister bestellte Architekt Leop. Ernst hielt für seine nächste Aufgabe eine würdige Ausstattung der Westfassade, „die in ihren plumpen, unansehnlichen Massen mit dem Reichtum des ganzen Kirchenbaues nur unangenehm kon- trastiert", und wies vor allem darauf hin, daß „die Einheit des ganzen Inneren auf das wider- lichste gestört werde durch die römisch-zopfigen Altäre und andere Einbauten" und daß diese ästhetischen Schäden nicht minder dringend nach Abhilfe verlangen als die allseits anerkannten Baugebrechen. Alle Vorarbeiten zur Entfernung der Barockaltäre waren getroffen (auch die Mittel waren gesichert), als die zur äußersten Notwendigkeit gewordene Abtragung des Turm- helmes alle verfügbaren Mittel in Anspruch nahm. Während der Arbeiten am Südturm starb Ernst 1862 und der schon seit 1860 dem Komitee angehörige Architekt Fr. Schmidt wurde sein Nachfolger, würdig seiner größten Vorgänger aus dem Mittelalter. Der Südturm wird 1872 vollständig beendet, und auf Wunsch des Kardinals Rauscher, der es „für eine Ehrensache Österreichs" hielt, den Nordturm auszubauen, verfaßte Schmidt ein Projekt hierfür mit einem Kostenerfordernis von 650.000 Gulden. An der Höhe der Kosten scheiterte der Plan. Durch die Gründung des Dombauvereines 1880 werden die Restaurationsarbeiten in einen ruhigen Fluß planmäßigen Fortschreitens gebracht. In den Jahren 1881 1889 wird die Restauration des Inneren mit sorgsamer Wahrung des Bestehenden durchgeführt. In das Jahr 1882 fällt ein Projekt für die Wiederherstellung des romanischen Westportals, für das bis in die jüngste Zeit

Abb. 31. Stephansdom, Reliefbild (Christus am ölberg) an der Südseite des Chores.

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Gebäude für Kultusz.wecke.

noch gekämpft wurde. 1891 stirbt Schmidt und sein Nachfolger wird der Architekt Jul. Hermann, der schon seit 1873 unter Schmidts Leitung am Dombau tätig war. Sein Werk ist vor allem die Wiederherstellung der Herzogenkapelle, des Singer- und Bischofstores, die neuerliche Voll- endung der Ziergiebel und umfassende Arbeiten an der Westfassade. Den beiden letztgenannten Meistern sind neben ihrer künstlerischen Tätigkeit auch wichtige Forscherarbeiten zu danken, so Schmidt die Untersuchungen über die älteren Bauepochen und Hermann die Klarstellungen der gotischen Bauperioden des St. Stephans-Domes.1)

Während bei allen ähnlichen großangelegten deutschen Domen, in Xanten, Köln und Prag, in Straßburg und Freiburg im Breisgau, die Geistlichkeit entweder allein oder doch vor- wiegend die Leitung und Verwaltung des Baues inne hatte, finden wir bei St. Stephan durch das ganze Mittelalter bis in das 18. Jahrhundert Laien, Mitglieder des Rates der Stadt, als „Kirchmeister", magister ecclesiac, als oberste Leiter des Baues. Gleichwie der Prager Veits- dom in seiner überaus kühnen Bauart eine durchaus aristokratische Verkörperung stolzer Fürstenherrlichkeit ist, so ist St. Stephans Bau das glanzvollste Zeugnis deutschwiener Bürger- wollens und Bürgerkönnens.

St. Ruprecht (Abb. 14, 32 und 33) 2)

ist der einzige kirchliche Bau, von dem einzelne Teile mit Wahrscheinlichkeit der eigentlichen romanischen Stilepoche zugewiesen werden können. Die ältesten erhaltenen Reste können aus

dem Ende des 12. oder Beginn des 13. Jahrhunderts herrühren.

Am Anfange des 14. Jahrhunderts wurde der bis dahin wahrscheinlich einschiffige, flachgedeckte, mit halbrunder Apsis geschlossene Bau durch ein süd- liches Seitenschiff erweitert und gleichfalls in goti- scher Zeit mannigfach verändert. Im 18. Jahrhundert erfolgte die Einwölbung des Hauptschiffes und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden an der Westfassade, am Unterbau des Turmes und durch die Herstellung des jetzigen Haupteingangstores (1840) eine Reihe gotisch sein sollender Umänderungen vor- genommen. Als älteste Teile sind in dem der West- fassade vorgelegten Vierecksturm im dritten und vierten Geschoß nach außen vermauerte, gekuppelte romanische Fenster zu erkennen, deren Tcilungs- säulchen Würfclkapitäle und Basen mit Eckblättern besitzen.

In der Kirche selbst tragen romanischen Stil- charakter der rundbogige Triumphbogen, ein spät- romanisches Fenster im Presbyterium und die Um- fassungsmauern des Hauptschiffes, deren südliche in den Dachboden hineinragt und hier ein gut erhaltenes romanisches Rundbogenfenster birgt. Die Fragmente von Glasmalereien über der Sakristeitür (Maria mit dem Kinde) und über dem letzten Seitenschiffenster in das 13. Jahrhundert zurück. Aus der Übergangszeit runden Presbyteriumschlusses in ein Polygon mit auf Konsolensäulchen ruhender Rippenwölbung. Der gotischen Zeit gehören an das Seiten- schiff mit seiner jetzt als Sakristei dienenden Apsis, die Kreuzgewölbe und die Fenster dieses Zubaucs, zwei Fenster der Nordwand und der Abschluß des Turmes. Eine mar- morne Gruftplattc von 1521 im Seitenschiff und Reste des alten Fliesenbelages sind be- achtenswert.

Abb. 32. St. Ruprecht im I. Bezirke.

(Christus am Kreuz) reichen stammt die Umwandlung des

') Ober die Baugeschichte des St. Stephans-Domes im 19. Jahrhundert geben Aufschluß F. X. Kleindienst, Die Restauration des St. Stepha'ns-Domes in den Jahren 1853—1880, im Wiener Dombauvereinsblatt, II bis VI, und über die Arbeiten seit 1880 im Wiener Dombauvcrcinsblatt, Iff. „,. ,

■) Lind. Mittelalterliche Baudenkmäler Wiens aus der Zeit vor den Habsburgcrn, in Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Altertunisverein, 1897, sowie Weber in Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 1S99, S. 26.

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel II.

Hochaltar bei St. Michael.

Katholische Kirchen des Mittelalters.

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St. Michael (Abb. 15, 34 und 35). ')

Aus

Gegründet dem Jahre

als 1221

Pfarrkirche datiert die

für das Hofgesinde, erste Kunde ihres Be-

Abb. 33. Inneres der Ruprechtskirche.

Standes. Durch Brand 1276 zerstört, wurde sie 1288 wieder hergestellt. Das Langhaus ist basilikal mit sehr hohem Mittelschiff und zählt fünf, im Seitenschiff qua- dratische, im Mittelschiff oblonge Gewölbsjoche; drei quadratische Wölbfelder bilden das Querschiff. Der Turm erhebt sich an der Westfront über dem ersten Joche des südlichen Seitenschiffes. Über den Pfeilern mit spätromanischem, kreuzförmigem Querschnitt und reich mit phantastischer Pflanzen- und Tierornamentik gezierten Kapitalen entwickelt sich das den Charakter des Übergangsstiles tragende, aus spitzbogigen Kreuz- gewölben bestehende Gewölbe. Am Äußeren erscheinen neben spätromanischen Rundbogenfriesen mit Ballen schon der frühen Gotik angehörige, jedoch wenig her- vortretende Strebepfeiler. Nach einem Brand im Jahre 1327 wurde östlich an das Vierungsquadrat anschließend eine 1340 (gleichzeitig mit dem Chore von St. Stephan) fertiggestellte Erweiterung vorgenommen, die bis zu dem jetzigen Gitter reichte; bei einem weiteren Ausbau kam 1416 der übrige Teil des Chor- schlusses hinzu. Die Gesamtlänge der Kirche beträgt 63-84 m, davon entfallen auf das Langhaus 2812 m, das Querhaus 8-21 m und den Chor 27-50 m. Vor dem Chore stand ein gotischer Lett- ner. An der südlichen Langhausaußenwand ist der Ölberg von Meister Hueber, ein interessantes Holzschnitzwerk aus dem Jahre 1498, zu sehen (siehe Abb. 34). Die Folgezeit (die Barocke und spätere Jahrhunderte) hat manches Alte zerstört, aber auch manches vollwertig künstlerisches Neues ge- schaffen, wie den 1780 nach einem Entwürfe von d'Avrange in Alabaster ausgeführten Hauptaltar (Tafel II). Aus dem Ende des 18. Jahrhunderts stammt auch die Fassade, die 1792 nach einer Zeichnung des Ferdinand von Hohenberg nach der alten niederländischen Type ausgestaltet wurde; Lorenzo Mattielli ist der Meister der Portalgruppe (1725). Der Turm erhielt seine jetzige Be- krönung im Jahre 1594.

Hofburgkapelle (Abb. 16).2)

Der heute bestehende einschif- fige Bau wurde 1449 geweiht; aber schon 1265 bestand hier eine ein- fache romanische Kapelle. Die Ge- wölbe werden von reichen, fein gegliederten Wanddiensten getragen, die in ähnlicher Weise wie bei der Herzogen- und Sankt Katharinen-

Abb. 34. Relicfbild am Äußeren der Michaeierkirche.

') Lind, Die St. Michaels-Kirche, in Be- richten und Mitteilungen des Altertumsvereines, III, V, XVI, XXII, und Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, XIX, alte Folge und 1879.

2) Montoyer und Karaja n, Die Wiener Hofburg. Hormayr, Geschichte Wiens, Bd. II. Berichte und Mitteilungen des Altertumsver- eines, VI und XXVII.

m

1

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Gebäude für Kultuszwecke.

Kapelle bei St. Stephan Auskröpfungen für Statuen und Baldachine besitzen. Licht erhält die infolge eines späteren Einbaues ganz eingeschlossene Kapelle nur durch die Fenster der vor die Gebäudeflucht vorspringenden Apside. Die Leibungen der Apsidenfenster sind außen reich mit Skulpturen geschmückt. Einzelne sonderbare Formen an den Trägern der Wand- dienste neben dem Hochaltar und an der nördlichen Seitenwand dürften durch eine Restau- ration hereingekommen sein. Von den beiden Emporen stammt die obere von der Kaiserin jMaria Theresia. An Stelle des gegenwärtigen Altars hat im Mittelalter wahrscheinlich jener gotische Flügelaltar gestanden, der von Regierungsrat Lissek Ende des vorigen Jahrhunderts in einem Magazine aufgefunden wurde und derzeit restauriert wird. Das Kruzifix hinter dem Hochaltar ist von Raphael Donner, die Bilder über den Seitcnaltären: die hl. Katharina von Hub. Maurer, Johannes der Täufer von Füger.

Rathauskapelle (Salvatorkapelle) (Abb. 36 und 37). ')

Als eine der vielen in der Stadt bestehenden Privatkapellen wurde sie 1316 samt dem Hause, in dessen erstem Stock sie sich befand, von der Stadt der Familie Haymo abgekauft und

zur Rathauskapelle umgewandelt. 1360 und 1361 fand unter dem Bürgermeister Heinrich der Schuechler eine Tieferlegung des Fuß- bodens und 1540 der Zubau einer zweiten gegen die Salvatorgasse gelegenen Kapelle statt; beide Räume wurden miteinander verbun- den. Das köstliche Portal (siehe Abb. 37) wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbaut.

Minoritenkirche (Abb. 17, 38 und 39)."-)

Zwei unmittelbare Schüler des heiligen Franz von Assissi führten den Minoritenorden in Wien ein, und Leopold VI. erbaute ihm im freien Felde vor der Stadt Kloster und Kapelle. Das 1234 urkundlich zum ersten Male erwähnte Kloster ist bereits 1235 Mittelpunkt der öster- reichischen Ordensprovinz. Durch Feuersbrünste, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts so häufig waren, zerstört, wurden Kapelle und Kloster von König Ottokar vor den Mauern der Burg wieder aufgebaut. Das Kloster führte den Namen zum heiligen Kreuz. Heute besteht weder von den Klosterbauten noch von dem 1251 gleichzeitig mit der Katharinenkapelle geweihten Chore irgendein Überrest.

Mit den Habsburgern beginnen die mannigfaltigen gotischen Umänderungen und Neubauten. Die er- wähnte Katharinenkapelle wird 1298 durch Dietrich von Klichsdorf neu gebaut widmet die Königin Blanka 1000 Pfund zum Baue eines neuen Chores. Ihr Wunsch

Abb. 36. Inneres der Salvatorkapelle.

') Berichte und Mitteilungen des Altertumsvercines, II (Lind, Die Salvatorkapelle) und XV. Mitteilungen der k. k. Zentral- kommission, XVIII, alte Folge. Ferner Weiß, Geschichte und Beschreibung der Rathauskapcllc. 1S6U.

•) Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines, V (Lind), IX, XII, XVI, XXII, XXV, XXVI, und Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 1902, 1903.

Katholische Kirchen des Mittelalters.

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wird nicht erfüllt, der Provinzial ließ nur eine kleine, 1317 geweihte Kapelle an der Nordwestseitc des heutigen Kirchenbaues errichten (1903 ausgegraben). Erst die Gemahlin Friedrichs des Schönen, Elisabeth, bringt den Plan ihrer Schwägerin zur Ausführung und erbaut 1324 den St. Ludwigs-Chor samt dem neben- stehenden Turm. (Der St. Ludwigs-Chor, längst zu einem Wohnhaus umgestaltet, wurde 1902 und 1903 abgebrochen.) In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun- derts scheint man den Bau der großen Kirche be- gonnen zu haben, der 1404 zum Abschluß kam. Während der Reformation von 1569 1620 als prote- stantisches Gotteshaus in Verwendung, mußte sie manche Umänderungen über sich ergehen lassen. Bei der Türkenbelagerung 1683 lag die Kirche mitten in der Angriffslinie und verlor ihren Turmhelm. 1630 wurde die Puchheimsche Kapelle zugebaut und etwa um 1784 unterzog Hohenberg von Hetzendorf das Innere einer gründlichen Umgestaltung.

Die hohe Halle der Kirche wird durch zwei Reihen von je vier Pfeilern in drei Schiffe geteilt, von denen das mittlere breiter ist als die seitlichen. Die Länge der Kirche beträgt 38'86 m, die Gesamt- breite 20-85 m und die Höhe 2275 m. Die Rippen der Kreuzgewölbe gehen ohne Unterbrechung in die Pfeiler über und werden erst in einer Höhe von ungefähr 5"50 m über dem Fußboden durch Dienste

Abb. 38. Portal der Minoritenkirche.

Abb. 37. Portal der Salvatorkapelle.

aufgenommen. Die Lage der Ludwigs- kapelle machte die Entwicklung eines Mittelchores unmöglich, so daß der Chor der Kirche gegen die Nordseite verscho- ben ist.

Aus der Zeit der Hohenbergschen Restauration stammen die östlichen Eck- gewölbe, die schrägen Abschlußwände, die Verwendung der Zwickel als Ora- torien und die gotisierenden Friese im Inneren. Die Portale der in ihrem oberen Teile unvollendeten Westfassade besitzen interessante Skulpturen und dürften etwa 1395 entstanden sein.

Augustinerkirche (Abb. 18, 40— 42. ')

Im Jahre 1327 wies Friedrich der Schöne den bereits 1255 urkundlich vor dem Werdertor ansässigen Augustiner-

') Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines, V (Lind), XVI, XXI. Mitteilungen der k. k. Zentral- kommission, XIX, alte Folge.

U

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Gebäude für Kultuszwecke.

Abb. 39. Minoritenkirche (in Restauration begriffen).

cremiten Grund zum Baue einer Kirche neben der Burg an. 1349 wurde das Lang- haus geweiht, der Chor war jedoch 1399 noch immer nicht vollendet. Die Kirche erhielt 1525 eine Verbindung mit der Hof- burg und 1784 wurde eine neue Loretto- kapelle neben der Kirche erbaut, nachdem die 1627 im Mittelschiffe errichtete nieder- gerissen worden war. Der Aufbau des Turmes, der schon im Jahre 1652 eine Erhöhung erhalten hatte, stammt von 1849/50.

Das Langhaus ist der Wiener Schule entsprechend ein Hallenbau, jedoch mit drei gleich hohen Schiffen (18-64m Höhe), zählt sechs Joche der Länge nach und er- reicht bei einer Breite von 9"86m (Mittel- schiff doppelt so breit wie die Seiten- schiffe) eine Länge von 45T8m. Der Chor erstreckt sich mit fünf Jochen auf eine Länge von 2953 m, ist lOTlm breit und 2275 m hoch. Der Schluß erfolgt mit sieben Seiten des Zehnecks. Achteckige Pfeilerschäfte mit runden Eckvorlagen tragen die Kreuzgewölbe im Langhause; der Übergang der Rippen wird durch zierliche Blumenkapitäle der Eckdienste vermittelt. Auch der Chor ist mit Ausnahme des Chorschlusses, der ein Netzgewölbe aufweist, mit Kreuzgewölben überdeckt. Die Schlußsteine des Langhauses sind teils mit Pflanzenorna- ment, teils mit dem Agnus dei, dem Augustinusbild und Evangelistensymbolen geschmückt. Nur die Nordlangseite der Kirche steht frei. Ungemein hohe spitzbogige Fenster ohne Maß- werk beleben die Fläche, die außerdem durch Strebepfeiler mit spitzen Giebeln gegliedert wird. Berühmter als die Kirche ist das im Inneren derselben gegenüber dem Haupteingangstor im Auftrage des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen von Antonio Canova 1805 errichtete Grabmal der Erzherzogin Maria Christine, Tochter der Kaiserin Maria Theresia. In äußerst wirkungsvollem Gegensatz zu den starren Linien der Grabpyramide schreiten in weich fließender

Bewegung die Tugend und die Wohltätig- keit dem finstergähnenden Grabinneren entgegen (siehe Abschnitt: Denkmale).

Rechts vom Chor, von diesem durch einen Kreuzgangflügel getrennt, liegt die St. Ge orgs-Kapelle, die als Vertreterin einer höchst eigenartigen Baugruppe, der zweischiffigen Kirchen- bauten, baugeschichtlich weit bedeut- samer ist als die Kirche selbst. Als Kapelle der von Otto dem Fröhlichen gestifteten Gesellschaft der Tcmpeloise 1337 zum ersten Male erwähnt, wurde sie erst nach dem Tode Ottos 1341 geweiht. Drei schlanke Pfeiler auf zylin- drischen Sockeln teilen den Raum in zwei vollkommen gleiche Schiffe, deren jedes mit einer Apsis aus fünf Seiten des Achtecks schließt. Den birnförmigen Rippen entsprechen halbrunde Pfeilervorlagen, kleine, einfache Kapitale kennzeichnen die Kämpfer- punkte. Das rechte Seitenschiff wird durch vier große, maßwerklose Fenster erleuchtet, wäh- rend die drei schmalen Fenster des rechten Chores einfaches Maßwerk aufweisen. An den

Abb. 40. St. Gcorgs-Kapcllc. Grabmal Kaiser Leopold II.

Katholische Kirchen des Mittelalters.

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Kapellenwänden, mit Ausnahme der Nordseite, ziehen nischenförmige Sedilicu hin, die mit reichen maßwerkgezierten Spitzbogen nach oben abgeschlossen sind. Die Schlußsteine der Gewölbe sind ähnlich geschmückt wie die in der anstoßenden Kirche. Auch die Georgs- kapclle birgt mehrere interessante Grabmale, das des Feldmarschalls Daun, des Leibarztes iMaria Theresias, van Swieten, und als bedeutendstes das Denkmal Kaiser Leopold II. von Franz Zauner. einem späteren, ernsteren Vertreter des Klassizismus.

Maria am Gestade (Abb. 19, 43 und 44). ')

An Stelle des früher erwähnten Holzkirchleins mag schon 1369 ein Steinbau bestanden haben. 1302 wurde von der Familie Griffo, in deren Besitz die Kapelle stand, der Zubau eines Chores an den, „alte Kirchen" genannten, bestehenden Bau beschlossen. Der 1318 in Ausführung befindliche Bau war im Jahre 1369 fertig, er dient noch heute als Chor. Der mächtige Johann von Liechtenstein legte 1394 zu einem Neubau des Schiffes den Grund. Nach seinem Sturze nahmen sich die Herzoge Wilhelm und Albrecht IV. des vom Meister Michael Weinwurm geleiteten Baues an, doch ist derselbe kaum vor 1427 fertig geworden.

Die Achse des Langhauses schließt mit der des Chores einen Winkel ein. Das hoch- gotische Presbyterium besitzt eine Länge von 27-8 m, eine Breite von ll-43m und ist 2275 m hoch. Drei Kreuzrippenge- wölbe mit Birnstabprofilen und Schlußsteinen mit Evangelisten- symbolen werden von runden Wanddiensten getragen. Breite, ungleiche . Fenster mit alten Glasgemälden (darunter ein Bildnis Rudolfs IV.) erhellen den Raum.

Das Langhaus ist in der Breite nicht überall gleich, ungefähr 7 m und hat eine Länge von 3540m. Die Rip- pen der fünf Sterngewölbe laufen an den dadurch unge- mein reich gegliederten Wand- pfeilern bis zu den Baldachi- nen herab. An der Nordseite sind zwei, an der Südseite ein kapellenartiger Anbau. Ebenso wie im Chore sind auch hier im Langhause die unteren Wandflächen durch Blendarkaden mit Sitzen ge- schmückt. Ähnlich wie in St. Stephan ist die Empore mit einem Altarunterbau ver- sehen, an sich ein architek- tonisches Meisterwerk. An der äußeren Nordseite treten die Strebepfeiler nur ganz wenig hervor. Ein kaum seines- gleichen findendes Zeugnis spätgotischer Kunst ist der Turm, der im Siebeneck, an

den Ecken mit Pilastem be- Abb. 41. Inneres der Augustinerkirche.

setzt, zwischen Chor und

Schiff emporwächst und mit einer reich durchbrochenen spätgotischen Stcinkuppel gekrönt

') Berichte und Mitteilungen des Altertunisvereines, 1856 und 1857 (Feil und Weiß), 1872, 1873, 1895.

X, XXI, XXII, XXIV, XXVI. Mitteilungen der k. k. Zentralkommission,

44

Gebäude für Kultuszwecks.

ist. An dem Bau des Turmes, der in die Zeit von 1534 bis 1536 fällt, dürfte Meister Benedikt Kölbl beteiligt ge- wesen sein. Nicht minder reizvoll sind die mit weit ausladenden Baldachinen ge- schützten Portale. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhun- derts nahm Prof. Luntz eine gründliche Wiederherstellung der Kirche vor; der Aufbau des Turmes oberhalb der Galerie mußte abgetragen und so gut wie neu hergestellt werden, auch die Schäden der Westfassade wurden mit kun- diger Hand gebessert.1)

St. Elisabeth des Deut- schen Ritterordens

(Abb. 20). 2)

Die erste, wahrschein- lich spätromanische Anlage wird 1251 erwähnt. Der jetzige Bau, der eine ähn- liche abwechslungsreiche Ge- schichte hat wie die Mino- ritenkirche, wurde 1326 ge- weiht und 1747 durchgrei- fend restauriert. An der einschiffigen, mit Kreuzge- wölben überdeckten Kirche können nur die zwei mittle- ren Joche Anspruch auf Alter erheben. Die ohne Absatz bis an das Dach reichenden Strebepfeiler sind nach innen gezogen, dazwischen liegen nicht wie sonst kapellen- artige Nischen, sondern eine dicke Wand füllt den Raum aus. Aus der Scitcnwand der Pfeiler, die zugleich die Fcnsterlcibung bildet, wächst ein Dienst, der oben in freitragende, einem Spitzenvorhang vergleichbare, reiche Hängebogen übergeht. An der Nordscite fehlen die Fenster, doch ist das Kaffgesimse und die darunterliegende Wand nach außen hin aus- gebaucht. Diese Abnormalität gehört in die Barockzeit. Ursprünglich war sicher ein gerader Chorschluß ohne Apside vorhanden.

Abb. 42. St. Georgs-Kapelle (Augustinerkirche).

Karmeiiterkirche am Hof (Abb. 21).')

Trotz der in virtuoser Weise durchgeführten Barockverkleidung dringt der gotische Charakter überall durch. Die Karmeliten wurden von Rudolf IV. nach Wien berufen, bezogen zuerst das von den Augustinereremiten aufgegebene Spital vor dem Werdertor, dann das Merten- spital vor dem Widmertor und gelangten durch Ankauf 1386 in den Besitz der Kapelle im Münzhof samt dem Münzhof selbst. Der Bau der Kirche wird die zwei ersten Dezennien des 15. Jahr-

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S93 und 1SQ6.

:) Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines, XIII, XIV, XXVII, XXIX, und Tschischka, Kunst und Altertum im österreichischen Kaiserstaate. Wien 1830.

■') Berichte und Mitteilungen des Altcrtumsvercines, V (Lind), XVI, und Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 1S73.

KlthcIlG'.ht Kuchen des Mittelalters

45

hunderts ausgefüllt haben. Wie dieser Bau ausge- sehen hat, läßt sich an der jetzigen Kirche noch ganz gut erkennen. So wie alle größeren Wiener Kirchen war er ein Hallenbau, im Mittelschiff 9 in, in den Seitenschiffen je 521 m breit, mit vier kreuz- gcwölbten Feldern im Langhaus und einem ebenfalls vier Joche langen, polygonal geschlossenen Chor. Die gotischen Bündelpfeiler wurden in der Barock- zeit in sechsseitige Pilaster umgewandelt. Die Ge- wölbe des Chores sind hinter dem barocken hölzer- nen Tonnengewölbe nicht erkenntlich. Die Fassade wurde 1662 gänzlich umgebaut und verrät nur noch in den schlanken Verhältnissen des Mittelteiles ihre Abstammung aus der Gotik, wohl aber zeigen die Außenseiten des Chores und des anschließenden Langhausteilcs vollkommen gotischen Charakter.

St. Johann in der Kärntnerstraße.

(Kirche des Johanniterordens [Abb. 22].)

Von der zu Beginn des 13. Jahrhunderts er- richteten Kapelle ist nichts mehr vorhanden und von dem späteren gotischen Bau nur noch die Apsis gut erhalten, das Innere aber in kalter, gotischer Regelmäßigkeit und die Fassade im Empirestil erneuert.

An der Franziskanerkirche und an der St. Anna-Kirche erinnern nur die Streben und an ersterer noch die aus fünf Achtecksseiten geschlossene Apsis an frühere gotische Bauten. Diese, sowie die vorerwähnte Karmeliterkirche werden daher im nächsten Abschnitte näher besprochen werden.

*

Außer diesen im Bereiche der mittelalterlichen Stadt gelegenen Kirchen gehören dem Gemeinde- gebiete Wiens auch noch jene an, die vor den Toren der Stadt, in den ehemaligen Vorstädten und Vor- orten, entstanden. Von diesen sind allerdings nur mehr wenige erhalten.

Aus romanischer Zeit stammt bei St. Jakob in Heiligenstadt1) das ehemals wahrscheinlich flach gedeckte, einschiffige Langhaus, der östlich daranschließende, quadratische Chorraum mit einem einfachen Rundfenster in der Ostwand, einem inter- essanten, mit Zahnschnitt besetzten Fenster in der Nordwand und einem Rest des Hauptgesimses mit einem maskengezierten Kragstein an der südlichen Langhausaußenseite. In den Jahren 1893 1894 wurde die Kirche in maßvoller Weise restauriert und hierbei auch die romanischen Fenster im Chor aufgedeckt. Die kleine Jakobskirche mochte der reichen Pfarre Heiligenstadt, zu der bis 1330 auch Ober- und Unter- Sievering, Neustift und Salmannsdorf gehörten, bald nicht mehr genügen, und so entstand um die Wende des Mittelalters unweit von der Pfarrkirche der stattliche Bau der St. Michaels-Kirche.2) 1484

J) Topographie von Niederösterreich und Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 18%.

') Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 1896.

Abb. 43. Turmhelm der Kirche Maria am Gestade.

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Gebäude für Kultuszwecke.

durch die Scharen Corvins, 1529 und 1683 durch die Türken zerstört, erfuhr sie schon im 16. und 17. Jahrhundert verschiedene Restaurationen und eine durchgreifende Erneuerung 1894 bis 1898. Die Achse der Kirche zeigt, wie Maria am Gestade, einen Bruch zwischen Chor und Langhaus. Nur die Sargmauern der Kirche entstammen dem Mittelalter, alles übrige, der Turm von Grund auf und der ganze innere Ausbau ist, mit möglichster Annähe- rung an den mittelalterlichen Bestand, ein Werk der letzten Restauration.

In Sievering1) wurde bereits 1330 für die oberwähnten Gemeinden eine Kapelle errichtet. Heute erscheint die Pfarrkirche als ein durchaus unregel- mäßiger Bau aus den verschiedensten Zeiten, der bis in die jüngsten Jahr- zehnte vielerlei Veränderungen erfahren hat. Drei ungleich breite Schiffe in das nördliche wächst der Turm hinein, das südliche schließt poly- gonal — und ein rechteckiger Chor- raum bilden den von den folgenden Zeiten wenig veränderten Grundriß.

Die Grinzinger2) Pfarrkirche wurde 1426 von dem Klosterneu- burger Probst Georg Müstinger als Kapelle zu Ehren des heiligen Kreuzes erbaut. Sie hat ihre strengen, ein- fachen Formen beinahe unverändert bewahrt und ist, bis auf den Turm- aufsatz, frei von späteren Zutaten.

Dornbach3) soll schon 1138 an Stelle einer früheren Kapelle von Abt Balderich vom Stift St. Peter zu

Salzburg eine neue Kapelle erhalten haben, aber erst 1415 erscheint urkundlich der erste Pfarrer. Bis zu dem Einfalle der Türken 1529 mag ein bescheidenes Kirchlein bestanden haben, an dessen Stelle Abt Ägydius 1536 einen Neubau errichten ließ. Der ganze Charakter des Baues läßt jedoch vermuten, daß dieser Neubau nicht von Grund auf geschah.

St. Jakob in Penzing4) ist ein gut erhaltener, wohlräumiger Bau aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts.

Literaturnachweis.

Ogesser, Beschreibung- der Metropolitankirche zu St. Stephan. 1779.

Primisser im Wiener Jahrbuch der Literatur, 1820, und in Hormayrs Geschichte Wiens, 1S24.

Tschischka, Metropolitankirche zu St. Stephan. 1S32.

v. Perger, Dom zu St. Stephan. 1854.

Weiß, Alt- und Neu-Wien in seinen Bauwerken. 1865.

Weiß, Geschichte Wiens. 1S72.

Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Wiener Altertumsverein. 1S97, 1900.

Uhlirz, Die Rechnungen des Kirchmeisteramtes von St. Stephan. 1901, 1902.

Leixner, St. Stephan zu Wien.

Ncuwirth, Die Stellung Wiens in der baugeschichtlichcn Entwicklung Mitteleuropas.

Von Zeitschriften: Berichte und Mitteilungen des Wiener Altertumsvereines, die Mitteilungen der k. k. Zcntralkommission und das Wiener Dombauvcreinsblatt mit zahlreichen Aufsätzen. Allgemeine Bauzeitung. 1843, 1S53. Zeitschrift des österreichischen Ingcnieur- und Architekten-Vereines. 1893, 1896.

Abb. 44. Maria am Gestade, Portal mit Baldachin.

') Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines, IX.

-) Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines, Bd. IX, und Mitteilungen der k. k. Zcntralkommission, 1S96.

-) Alt- und Neu-Wien.

') Berichte und Mitteilungen des Altcrtumsvercincs, IX. und Mitteilungen der k. k. Zcntralkommission, VII.

Mit Zugrundelegung' von Aufzeichnungen des Prof. Dr. W. A. Neumann bearbeitet von Dr. Karl R. Holcy.

IL KATHOLISCHE KIRCHEN DES 17. UND 18. JAHRHUNDERTS.

Die Kuppeln von St. Karl und von St. Peter, der Salesianerinnen- und der Marla-Treu-Kirche sind für das Wiener Städtebild ebenso charakteristisch wie der Stephansturm. Sie gehören mit noch einigen anderen ihnen ähnlichen zu der jüngeren Generation der Barockkirchen unserer Stadt. Die älteren sind im Typus von letzteren wesentlich verschieden. Ihre Entstehungszeit ist die Epoche der beginnenden Gegenreformation, die Regierungszeit Kaiser Ferdinands II. (1619 1637). Unter diesem Monarchen sehen wir Wien auf dem besten Wege, den Städten Spaniens unter Philipp III. in bezug auf Klostergründungen es gleichzutun. Die Verpflanzung der Barnabiten nach St. Michael mitgerechnet (1626), entsteht 1622 1627 fast in jedem Jahre ein neues Kloster; im Jahre 1624 und 1627 wurden deren sogar je zwei gegründet (Kapuziner mit der kaiserlichen Gruft, Karmeliter-Barfüßer in der Sperlgasse, Barmherzige Brüder in der Taborstraße, Jesuiten an der Universität, Paulaner auf der Wieden). Früher als alle diese Klöster, noch unter Kaiser Matthias (1612 1619), entstand die jetzige Franziskanerkirche. Sie ward mit Benützung der Reste, die nach dem Brande von 1525 übrig geblieben, neu gebaut.

In der Regierungszeit Ferdinands III. (1637 1657) erhebt sich, ebenfalls aus den Resten eines älteren Denkmals, die zweite Jesuitenkirche Wiens, St.*Anna mitsamt ihrem Kloster, das schon Kaiser Rudolf II. dem Orden überlassen. Derselben Epoche gehören hinsichtlich ihrer Entstehungszeit der Neubau der Dominikanerkirche und das Augustinerkloster zu St. Rochus und Sebastian auf der Landstraße an. Dasselbe gilt von dem Neubau der Schottenkirche, welcher nicht der Initiative des Landesherrn, sondern dem Kloster selbst zu verdanken ist, und von dem Hernalser Kreuzweg, geschaffen durch das Zusammenwirken des Kaisers, des Magistrates der Stadt Wien und der Corpus Christi-Brüderschaft. Fast alle die bisher genannten Klöster gehören spanischen oder in den Provinzen der spanischen Weltmonarchie entstandenen Orden an. Wie man sieht, erfreuten sich die Jesuiten in erster Linie der Gunst der Mächtigen, nächst ihnen dann die zu jener Zeit in Spanien selbst bekanntlich sehr einflußreichen Domini- kaner. Die Gegenreformation hatte in den Ländern von Innerösterreich bereits ihr Werk getan, war in der Schlacht am Weißen Berge über die böhmischen Ketzer Sieger geblieben und bemühte sich eifrigst, in der Hauptstadt der Donaulande ihre Erfolge sicherzustellen.

Es kam die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, und drei Denkmale gibt es im Weichbilde der Stadt Wien, welche heute noch an seine Drangsale und seine Helden gemahnen. Das eine ist die Kapelle der in Schweden geborenen heiligen Brigitta, erbaut an der Stelle in den Donauauen, wo Erzherzog Leopold Wilhelm der Gefahr, von einer Schwedenkugel ge- troffen zu werden, glücklich entgangen war; das zweite die Kirche der in der Roßau ange- siedelten Serviten, zu deren Erbauung Graf Oktavio Piccolomini die Mittel zur Verfügung gestellt; das dritte die Kirche der Benediktiner von Monserrato, welche Ferdinand III. in der schlimmsten Zeit des Glaubenskrieges angelobt und nach der Schlacht bei Lützen (1623) zu bauen be- gonnen hatte. Die heutige „Schwarzspanierkirche" ersetzte in der Zeit Kaiser Leopolds I. diesen Bau, den die zweite Türkenbelagerung zerstört hatte.

Von den Kirchen, die nach dem Westfälischen Frieden entstanden, der den österreichi- schen Landen die Glaubenseinheit gesichert hatte, sind jene von St. Ulrich und die Maria- hilfer Kirche Ableger respektive Gründungen der Schotten und der Barnabiten. Erstere bezeichnet den Beginn, letztere steht schon so ziemlich nahe dem Ende der kirchlichen Baubewegung in der ereignisreichen Epoche Kaiser Leopolds I. (1657 1705), deren endgültigen Abschluß die Petrus- und Pauluskirche in der Apostelgasse (III. Bezirk) markiert, während die Pfarr-

48

Gebäude für Kultuszwecke.

Abb. 46. Kapuzinerkirchc, I., Neuer Markt.

Abb. 45. Franziskanerkirche, I., Franziskanerplatz.

Abb. 48. Barmherzigenkirche, II., Taborstraße.

Abb. 47. Karmeliterkirche (St. Theresa) im II. Bezirke.

Abb. 49. Jesuitenkirche

(alte Universitätskirche),

I., Universitätsplatz.

Abb. 50. Paulanerkirche

(zu den Schutzengeln),

IV., Paulanerplatz.

Abb. 51. St. Anna, I., Annagasse.

Abb. 52. Schottenkirche

(zu unserer lieben Frau),

I., Freiung.

Abb. 53. St. Rochus und Abb. 54. Servitenkirche (Maria- St. Sebastian im III. Bezirke. Verkündigung) im IX. Bezirke.

Abb. 56. St. Ursula, I., Johannesgasse.

Grundrisse von Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts. Maßstab 1 : 1000.

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

49

Abb. 57. St. Leopold im II. Bezirke.

Abb. 59. St. Josef auf der Laimgrube im VI. Bezirke.

Abb. 60. Kirche zur hl. Drei- einigkeit, IX., Alserstraße.

Abb. 65. Kirche der

Salesianerinnen,

III., Rennweg.

Abb. 61. Piaristenkirche (Maria-Treu) im VIII. Bezirke

Abb. 63. Kirche zu den

vierzehn Nothelfern in

Lichtental.

Abb. 66. Waisenhaus- Abb. 67. St. Florian kirche im IX. Bezirke. in Matzleinsdorf.

Abb. 6S. Stiftskirche auf ... c* ,.

der Laimgrube Abb. 64. St. Karl Borromeus im IV. Bezirke.

Grundrisse von Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts. Maßstab 1 : 1000

Bd. II.

Abb. 69.

St. Thekla auf

der Wieden.

50

Gebäude für Kultuszweckc.

kirche des hl. Leopold in der Vorstadt, die nach ihr benannt ist, unter seiner Regierung nach der Judenverfolgung an Stelle der ehemaligen Synagoge erbaut wurde. In der Errichtung des Karmeliterklosters zu St. Josef auf der Laimgrube offenbaren sich unter Leopold 1. noch einmal die kirchcnpolitischcn Bestrebungen der früheren Generation, desgleichen an der Kirche zu den neun Chören der Engel am Hof, der dritten Wiener Jesuitenkirche, der Kirche des „Profeßhauses" (heute Kriegsministerium). Die pompöse Fassade, die man der innerlich modernisierten, alten gotischen Kirche vorgebaut, ist geradezu als der monumentale Abschluß der Gegenreformation

Abb. 70. Hciligcnkreuzkirchc, III., Rennweg. I :10U0.

Abb. 72. St. Josef m V. Bezirke. 1:1000.

Abb. 71. St. Ägidius in Gumpendorf. 1:1000.

Abb. 73. St. Laurenzius am Schottenfeld im VII. Bezirke.

1 : 1000.

und als der wuchtige Ausdruck des Hochgefühles, hervorgerufen durch den auf allen Linien über die Ketzer erfochtenen Sieg, zu betrachten.

Die Gründung des Ursulinerinnenklosters durch die Kaiserin Eleonore, Witwe Ferdinands 111., noch unter Leopold I. und die Grün- dung des Salesianerinnenklosters durch die Kaiserin Wilhelmine Amalie, Witwe Kaiser Josefs I., unter Karl VI. lassen deutlicher als alle bisheri- gen Klostergründungen die politischen Gesichtspunkte zutage treten, die bei denselben immerdar mehr oder weniger eine Rolle gespielt. Jene hatte man aus Lüttich berufen zu einer Zeit, da man sich noch mit der Hoffnung auf das gesamte spanische Erbe trug, diese aus Brüssel in einem Momente, da man die spanisch-niederländischen Provinzen bereits besaß. Noch deutlicher offenbart sie unter Leopold I. die kaiserliche Muni- fizenz, welche den „Schwarzspaniern" den schon oben erwähnten Neubau ihres durch die Türken zerstörten Gotteshauses, den „Weißspaniern" oder Trinitaricrn in der Alserstraße trotz vielfachen Widerspruches die Niederlassung und den Bau ihres Klosters und Gotteshauses ermöglichte und Haus und Kirche der Piaristen (VIII. Bezirk), der Brüder des von dem spanischen Edelmann Josef von Calasanza 1607 gegründeten Ordens, in Gnaden stiftete. Es war die Zeit der langwierigen Verhandlungen über die spanische Erbfolge. Und alle diese Klostcrgründungen reflektieren deutlich genug die an die verschiedenen Teilungsverträge geknüpften Hoffnungen und das Bestreben, in dem Lande, das man an sich zu bringen für möglich hielt, sich im vorhinein einen mächtigen Anhang zu sichern. Seine Koinzidenz mit dem Ausbruche des spanischen Erbfolgekrieges lehrt uns, daß der Neubau der alten Peterskirche, in kolossalen Dimensionen unternommen, nicht mehr dem himmlischen Torwart an der porta decumana der alten römischen Vindobona und der mittel- alterlichen Vienna Austriae galt, sondern dem Landesheiligen, verehrt in Apulicn, Kalabrien und Sizilien, in Mailand und Mantua, in Brabant und Burgund, kurz fast in allen Provinzen der spanischen Weltmonarchie, um welche der heiße Kampf begann. Die Siege von Ramilies und Turin waren schon erfochten, als deren Kuppel vollendet ward, die Schlachten von Oudcnarde und Malplaquet waren schon geschlagen, als das einzige religiöse Baudenkmal entstand, das die kurze Regierungszeit Josefs I. (1705 1711) zu verzeichnen hat, das Kloster der Elisabcthinerinnen auf der Landstraße, eine Gründung der Kaiserinwitwe Eleonore Magdalena und ihrer Tochter, der Erzherzogin Maria Elisabeth. Als die Mauern der Lichtcntaler Pfarr-

Abb. 74. Kirche zu Maria

Geburt. III.. Rennweg.

1 :1000.

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel III.

Piaristenkirche (zu Maria Treu).

Kaiholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

51

kirchc zu den vierzehn Nothclfern aus der Erde zu steigen begannen, da hatte Kaiser Josef I. seinem Bruder Karl VI. bereits den Platz geräumt. Die beiden stolzen Dome, welche im Verein mit der Peterskirche mit zu den mächtigsten architektonischen Wahrzeichen Wiens gehören, die Karlskirche und die oben bereits erwähnte Salesianerinnenkirche, verewigen die Glanz- periode der Regierung dieses Monarchen. Sie sind das gewaltige Monument der Epoche der pragmatischen Sanktion, der Friedensschlüsse von Utrecht und Rastatt und von Passarowitz, der niemals vorher und nachher erreichten Ausdehnung des Reiches, des in der „Neo-aucta

Vienna" erwachten stolzen Bewußtseins, die Reichshaupt- und Residenzstadt eines großen Völkerreiches zu sein. In der Kirche des „spanischen Spitales" in der Alservorstadt, welche der Kaiser für seine italienischen, spanischen und belgischen Untertanen hatte erbauen lassen (seit Josef II. Waisenhauskirche), erzählen die vier Altäre der Schutzpatrone von Mailand (St. Bartholomäus), Belgien (St. Petrus), Neapel (St. Januarius) und Sizilien (St. Ro- salia), jeder mit dem Wappen des betref- fenden Landes geschmückt, noch heute von der großen Zeit, da mit der Lom- bardei und mit den Niederlanden auch Neapel und Sizilien zum Hause Öster- reich gehörte. Die beiden Kreuzkirchen, deren Bau Kaiser Karl VI. noch ange- ordnet, jene in der Stiftskaserne und jene des Dreifaltigkeitsspitales, des jetzigen Hauses der deutschen Garde am Renn- weg (vollendet erst gleichzeitig mit dem Abschluß des Hubertsburger Friedens), erscheinen der retrospektiven historischen Betrachtung schier wie das Kreuz, auf- gepflanzt auf dem Grabe aller bezüglich des spanischen Erbes so lange genährten überschwenglichen Hoffnungen.

Im übrigen zeigen schon die beiden, zu Beginn der Epoche Karl VI. entstan- denen Baudenkmale in bezug auf die Er- bauung von Gotteshäusern eine Verän- derung der maßgebenden Gesichtspunkte an. Die letzten Regierungsjahre des Kaisers sahen außer den beiden soeben erwähn- ten Spitalskirchen nur mehr Pfarrkirchen sich erheben, desgleichen die Zeiten Maria Theresias, zum deutlichen Zeichen für die Tatsache, daß „die spanischen Ideen, mit denen man", nach den Worten der großen Kaiserin, früher „allzeit hervorgekommen", und damit auch die spanischen Orden beträchtlich an Interesse verloren hatten, daß fortan nur mehr die Rücksicht auf die Linde- rung der allgemeinen Not und auf die „Ordnung der kirchlichen Verhältnisse" die kirchen- politische Tätigkeit der Regierenden nach dieser Richtung hin beherrschte. Noch unter Karl VI. ersteht in Matzleinsdorf an Stelle einer der Vermählung Maria geweihten Kapelle die Pfarr- kirche zum hl. Florian und wenige Jahre später die Pfarrkirche in Neulerchenfeld; unter Maria Theresia die Kirche des hl. Laurenz in Simmering, die Kirche der hl. Thekla auf der Wieden, die Kirche der hl. Gertrud in Währing, die Pfarrkirche zum hl. Ägidius in Gumpendorf, die Pfarrkirche zum hl. Josef in Margareten, die Waisenhauskirche Maria Geburt am Rennweg. In die Regierungsjahre des letzten Sprößlings aus dem Hause Habsburg und seiner großen Tochter fallen auch jene Gründungen glaubenseifrigen Bürgertums, wie die Kapelle des

4*

Abb. 75. Jesuitenkirche, I., Universitätsplatz.

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Gebäude für Kultuszwcckc.

hl. Johannes von Nepomuk am Donaukanal und wie die demselben Heiligen gewidmeten „Linienkapellen", von denen uns nur mehr wenige erhalten sind. Erstere, von Liebhabern kunstvollen Schmiedewerkes immerdar hochgeschätzt, ist in jüngster Zeit durch ihre unfrei- willige Standortsveränderung auch in weiteren Kreisen einigermaßen populär geworden.

Es folgen die Zeiten Josefs II. (1780—1790), Leopolds II. (1790—1792), Franz II. (1792 bis 1835), zunächst des Tole- ranzpatentes (1781), der Auf- hebung der Klöster (1782), der Diözesenarrondierung (1783). Viele altehrwürdige Stiftungen erscheinen seit 1782 von der Erdoberfläche ver- schwunden, so das Königs- kloster (1582), das Laurenze- rinnenstift (der Neubau be- gonnen 1630), das Minoriten- kloster (Umbau 1625—1836), das Jakoberkloster (umgebaut nach 1627), das Siebenbüch- nerinnenkloster ( 1 633 1 642), das Dorotheerstift (1699 bis 1705), das Theatinerstift und die Kapelle des hl. Johann von Nepomuk auf der Hohen Brücke (1703, 1725), die Nikolauskirche und deren Friedhof auf der Landstraße (1698—1708). Die beiden Kirchen der Protestanten, denen, gleich den unierten Griechen, „ein ihrer Religion gemäßes Privatexerzitium" ge- währt wird, die eine entstan- den durch entsprechende De- formierung der alten Königs- klosterkirche 1782, die andere erbaut vom Architekten Nigelli 1784, sind kein vollwertiger Ersatz dafür. Gleichzeitig mit dem Erlaß des Toleranzedik- zu einer dekorativen Pracht- die schon ein

Abb. 7ö. Inneres der Jesuitenkirche.

tes rafft sich der katholische Kirchenbau in Wien noch einma leistung auf, der Ausschmückung des Chores der Michaeierkirche (1781), Halbjahrhundert zuvor (1725) ein neues, durch Lorenzo Mattielli statuarisch verziertes Portal erhalten hatte. Allerdings weiß man bei näherem Zusehen nicht, „ob das Ding heilig ist oder profan" und nicht vielleicht ein Kind desselben Geistes wie die beiden soeben erwähnten protestantischen Kirchen, die St. Laurenz-Kirche am Schottenfeld (1784 1786), der Chor der Kirche am Hof und die Pilasterordnung, mit welcher Hetzendorf von Hohenberg die Fassade der genannten „Hofkirche" ausgestattet. Die jüngste unter allen hierhergehörigen Schöpfungen in der Bannmeile Wiens ist die Nikolauskirche in Inzersdorf (1818, 1846 erweitert), in Wien selbst die Johanniterkirche in der Kärntnerstraße. Mit dem Umbau einer gotischen Anlage hatte die Baubewegung, die den Gegenstand dieses Abschnittes bildet, in unserer Stadt be- gonnen, mit dem Umbau einer gotischen Anlage schließt sie ab, gleichzeitig mit dem Er- wachen des Interesses für die Baustile des Mittelalters, mit dem Auftreten der Vorläufer der wenige Dezennien später mit Macht einsetzenden „Stilarchitektur".

Außer diesen Gotteshäusern gibt es im Wcichbildc der Stadt noch eine große An- zahl von Haus- beziehungsweise Palastkapellen als kärglichen Rest der zahlreichen Privat-

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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heiligtümer dieser Art, welche das Wien vor der Zeit Josefs II. zu verzeichnen hatte. Wir führen hier, als weiteren Kreisen bekannt und zugänglich, nur die Achatiuskapclle im erz- bischöflichen Palais am Stcphansplatz (1643), die Kapelle des hl. Rochus im jetzigen Garnisons- spital (1647), die Michaelskapellc im Theresianum (1657), die Kapelle der unbefleckten Emp- fängnis im gräflich Harrachschen Stadtpalais (1703), die St. Januarius-Kapelle im ehemaligen Sommcrpalais dieses Hauses, der heutigen Equitation in der Ungargasse (1734 1735), und die Salvatorkapellc im Belvcdcre an. Für die kunstgeschichtliche Würdigung dieser Kapellen werden demjenigen, der eine solche unternehmen will, die weiter unten folgenden Bemer- kungen über die gleichzeitigen Kirchen einige Anhaltspunkte geben. Die Namen einiger Schutz- patrone, z. B. St. Rosalia (ehemals im Starhembergschen Freihause), Maria Empfängnis („Con- eepeion"), St. Januarius (Sto. Genuaro). reihen auch sie unter die Denkmale der österreichi- schen Geschichte ein. Dasselbe gilt von der Kapelle des hl. Stanislaus Kostka in der Steindl- gasse (Innere Stadt). Ihrem Gründungsjahre nach gehört sie an die Spitze dieser ganzen Serie (1582), ihrer heutigen Gestalt nach erst der zweiten Hälfte des 1 8. Jahrhunderts an (1757). Wir führen die einzelnen Kirchen nachstehend in chronologischer Reihenfolge an:

Franziskanerkirche, I. Bezirk (Abb. 45).

Als »Haus der Büßerinnen zum hl. Hieronymus« zum Zwecke, als eine Art Frauenasyl zu dienen, 1387 von einigen Wiener Bürgern erbaut. Durch die Feuersbrunst von 1525 teilweise zerstört. 10. Mai 1589 nach dem Aussterben der Büßerinnen von den Franziskanern von St. Niklas bezogen. Beginn des Neubaues 1603. Einweihung 11. Dezember 1611. Im 17. Jahrhundert von P. Daum im Inneren umgestaltet. 1893—1895 restauriert, Kuppelgemälde hinter dem Hochaltar von P. Andrea Pozzo; Altarbilder: Christus am Kreuz vom Comasken Carlo Carlone (1686 1776), hl. Franziskus von Schmidt d. Ä., der hl. Johann Kapistran von Franz Wagenschön, unbefleckte Empfängnis von J. M. Rothmayer u. a.

Das Äußere im Charakter der niederländischen Renaissance; die Gestaltung des Chores mit seinen Kapellen erinnernd an einen der drei Kreuzarme von Sta. Maria del Fiore in

Florenz. Ein neuer Portalbau verdeckt die Reste des Abb. 77. Dominikanerkirche im i. Bezirke. ehemaligen, noch von Kleiner und Pfeffel im Bilde

überlieferten schönen Portales. Ein altes Portal noch an der rechten Langhauswand.

Kapuzinerkirche zum hl. Franciscus Seraphicus, I. Bezirk (Abb. 46).

Samt der kaiserlichen Gruft und zugehörigen Kapelle von Kaiser Ferdinand II. gestiftet. Grundsteinlegung 1622. Einweihung 8. September 1632. Die »kaiserliche Kapelle« links, der Himmelfahrt Maria geweiht, eine Stiftung der Kaiserin Anna. In ihrer jetzigen Form mit der Pilasterarchitektur und den Stuckverzierungen der Decke wahrscheinlich erst nach dem Brande von 1691 ausgestaltet. Marmoraltar aus dem 18. Jahrhundert, berühmt durch eine Messe, gelesen von Papst Pius VI. (1782). In den Ecknischen lebensgroße vergoldete Statuen (Altarseite: links Kaiser Matthias, rechts Kaiser Fer- dinand II., Langhausseite: links Kaiser Ferdinand III., rechts Ferdinand IV.), wahrscheinlich erst aus der Zeit Kaiser Leopolds I. An den Seitenwänden in Genua 1658 gemalte Panneaux: Maria Verkündigung und Maria Geburt. Gnaden- bild: Maria consolatrix afflictorum von G. Matthaei (?), Altar- bild von 1727. Im Chor: Altar von rotem Marmor mit einer Kopie des G. Matthaeischen Bildes in Aquila. Außer- dem Altarbilder: eines von Seb. Stief, drei von Kapuziner P. Norbert Grund, zwei Andachtsbilder von L. Schnorr von Carolsfeld. In der Kapelle der Fürstengruft: Deckenfresken von Mühldorfer (1754), ein Altarblatt von G. Matthaei, drei Statuen von Pet. Freiherrn von Strudel. Beachtenswert: die Sarkophage der letzten Habsburger, vor allem das berühmte Mausoleum der Kaiserin Maria Theresia von Balthasar Moll (1753). Die kaiserliche Kapelle restauriert 1885. (Siehe Mittei- lungen der k. k. Zentralkommission. Neue Folge XII, 1886, S. CLXXXII ff.) Fassade das Werk einer früheren „stilgerechten Restauration".

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Gebäude für Kultuszwecke.

Einschiffiges, rechteckiges Langhaus mit einem oblongen Choranbau und je einer Kapelle rechts und links. Die quadratische Kapelle links die berühmte „kaiserliche Kapelle".

Karmeliter-Barfüßerkirche zur hl. Theresia, II., Sperlgasse (Abb. 47).

In Anerkennung- der Verdienste des Generals der Karmeliter-Barfüßer in Prag bei den Ereignissen nach der Schlacht am Weißen Berge von Kaiser Ferdinand II. am 7. August 1623 gestiftet. Provisorischer Abschluß des Kirchenbaues 1624. Vollendung der Fassade und feierliche Einweihung am Feste der hl. Theresia (15. Oktober) 1639. Aufhebung des Klosters, Demolierung der Statuen vor der Kirche und Einbau derselben in die neue Klosterumfriedungsmauer 1786. 1670 anläßlich der Judenaustreibung Schauplatz einer vor Ausschreitungen warnenden Predigt des Bischofs Kollonitsch. (Siehe Lind, Die Karmeliterkirche in der Leopoldstadt. Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. Neue Folge XVI, 1890, S. 237 ff.)

Langhaus mit je zwei mit Durchgängen verbundenen Kapellen rechts und links, Tonnen- gewölben mit Verstärkungsgurten, kaum merklich ausladendem Querhaus, einer Flachkuppel über der Vierung und geradlinig abschließendem Chor. Muster wahrscheinlich die gleichzeitigen Bologneser Bauten (S. Salvatore) des Giov. Ambrogio Magenta (1605—1623). Dreigeschossige niederländische Fassade, Nachklang der Bauten eines Cornelis de Vriendt (1561 1565).

Kirche des Konvents der Barmherzigen Brüder zum hl. Johannes der Täufer, II. Bezirk

(Abb. 48).

Unter Ferdinand II. 1624 für die von Rudolf IL 1614 aus Feldsberg berufenen und an dieser Stelle angesiedelten Brüder des hl. Johannes von Gott (Juan de Dio) gestiftet, durch den Brand von 1655 teil- weise zerstört, 1676 wieder hergestellt, 1683 neuerdings be- schädigt, 1692 neu eingeweiht. Hochaltarbild von Daniel Gran. Restauriert 1733—1736.

Langhausanlage ähnlich jener der Theresienkirche. Auch die dreigeschossige niederländische Fassade mit einem Turm jener der genannten Kirche in den De- tails verwandt.

Kirche des Kollegiums der Jesuiten zum hl. Igna-

tius und Franciscus Xaverius (Universitätskirche),

I. Bezirk (Abb. 49, 75, 76).

An Stelle der alten Kapelle des hl. Benedikt unter Kaiser Ferdinand IL 1628 begonnen, 1631 vollendet. Die jetzige Innendekoration mit Stuckmarmor und Fresken von Andrea Pozzo 1705. (Vgl. Ilg, Andrea Pozzo. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines. 1886, XXIII, S. 221 ff.) Restauration der Fresken 1827 und 1899. Hochaltarbild: Maria Himmelfahrt von Leop. Kupelwieser.

Langhaus mit Seitenkapellen, Emporen und flachen Kuppelgewölben, wahrscheinlich abhängig von Paolo Maggis Kirche des Ospedale della Trinitä in Rom (1614). In den Details des Inneren An- lehnung an die kapitolinischen Bauten Michelangelos. Dreigeschossige niederländische Fassade, flankiert von zwei Türmen mit niederländischen Helmen.

Inneres der Dominikanerkirchc.

Paulanerkirche zu den hl. Schutzengeln, IV. Bezirk (Abb. 50).

Unter Ferdinand IL für die aus den Niederlanden berufenen Brüder vom Orden des hl. Franciscus de Paula 1627 1651 erbaut. In der Türkenbelagerung schwer beschädigt, dann wieder hergestellt. Im Chor Fresken von Carlo Carlone (?); Altarbilder: Kreuzigung von J. Rothmayer v. Rosenbrunn, hl. Fran- ziskus von J. Benx, ein anderes angeblich von Jac. Tintoretto (??). Restauriert 1897.

Langhaus mit Seitenkapellen, welche mit Durchgängen verbunden sind. Mittlere Seiten- kapelle rechts und das Detail der Ausstattung (Hochaltar) erinnert an Sta. Maria del Popolo in Rom. Römische Fassade verwandt mit der Fassade dieser Kirche und der von S. Giacomo degli Spagnuoli (zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts).

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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Abb. 79. Schottenkirche, [., Freiung.

Kirche des Novizenhauses der Jesuiten von St. Anna, I. Bezirk (Abb. 51).

Ursprünglich gotische Kirche des 1320 für Pilger gegründeten Spitales, 1455 erbaut, von welcher nur noch die Anna-selbdritt-Gruppe über dem Portale sich erhalten. Seit 1530 Klosterkirche der Klarissinnen, 1552 Ordenskirche der St. Stephans-Ritter, 1582 den Jesuiten übergeben, 1627 von Kaiser Ferdinand II. zu deren Novizen-(Probations-)Haus erklärt, im folgenden Jahre vom Kardinal Khlesl und dem päpstlichen Nuntius J. B. Pallota neu eingeweiht, 1632 in ihrer jetzigen Gestalt hergestellt, 1696 durch den Bau der Franciscus Xaverius-Kapelle vergrößert, 1716 neu ausgestattet (Fresken von Andrea Pozzo durch den Brand am 23. Juni 1747 zerstört). Nach der Wiederherstellung durch Daniel Gran mit Deckenfresken und mit dem Hauptaltarbilde ausgeschmückt. Andere Altarbilder: Hl. Josef, Ignaz und Sebastian von Schmidt d. Ä. Unter der Kirche ausgedehnte Gruft. (Siehe Hauser, Die Gruft von St. Anna. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines. XXIV, S. 44 ff.) 1887 restauriert. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens das an die Kirche angebaute Kloster („St. Anna-Gebäude") Sitz der Normal- und Hauptschule und (1786—1877) der k. k. Akademie der bildenden Künste.

Schmales, einschiffiges Langhaus mit Kapelleneinbauten, einem schmäleren, geradlinig ab- schließenden Chor und einer größeren Kapelle (siehe oben) an der Südseite.

Dominikanerkirche zu Sta. Maria Rotunda, I. Bezirk (Abb. 77, 78).

Von Ferdinand III. 1631 neu erbaut an Stelle der Kirche des unter Leopold dem Glorreichen 1225 nach Wien verpflanzten Dominikanerordens (1258 Kirche zerstört, 1302 wieder neu eingeweiht). Enthält das Grabmal der Erzherzogin Claudia Felicitas (neu aufgefunden anläßlich der Restauration 1895 1896). Decken- gemälde von Andrea Pozzo und Carpoforo Tencala (?). Altarbilder: Hl. Dominikus, hl. Martin und hl. Maria von J. Bock, Anbetung der Hirten und Marter der hl. Katharina von Spielberger, hl. Katharina von Siena und hl. Vinzenz Ferrer von Roettiers, hl. Thomas von Aquino von G. Bachmann.

Langhausanlage mit Kapellen wie die der Schottenkirche, verwandt mit den Bauten eines Vincenzo della Greca, S. Domenico e Sisto (1636), Sta. Caterina di Siena (1630), und Giovanni Battista Sorias S. Niccolo de Tolentino (1630) sowie mit den Vorbildern der Jesuitenkirche

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Gebäude für Kultuszwecke.

(siehe oben). Römische Fassade nach Art der Fassaden von Francesco da Volterras Sta. Maria di Monserrato und Martino Lunghis S. Giro- lamo de Schiavoni (1587).

Schottenkirche zu unserer lieben Frau, I. Bezirk (Abb. 52, 79).

An Stelle der alten romanischen, wiederholt durch Feuersbrünste zerstörten Kirche des von Heinrich Jasomirgott gegründeten Klosters der Schot- tenmönche und zum Teil (im Chor) mit Benützung ihrer alten Grundmauern erbaut 1638 (Chor und Fassadentürme) und 1643 (Lang- und Querhaus). Als Baumeister bei dem Chor beschäftigt Markus Spitz, kaiserlicher Baumeister aus Linz, und Anton Carlon, Baumeister in Wien, bei dem Lang- und Querhaus Anton Spindler von Hofegg und Andreas Allio d. Ä. (Siehe Hauser, Zur Baugeschichte der Schotten- kirche. Berichte und Mitteilungen des Altertums- vereines. 1894, XXX, S. 11 ff.) Bau des Kampanile hinter der Kirche wahrscheinlich erst nach der

Abb. 80. Brigittakapelle im XX. Bezirke.

Türkenbelagerung von 1683, 1692 1694. Bau des Prälatur- gebäudes (,, Schottenhof") 1824 1827. Restaurationen: 1816, 1822, „durchgreifend" 1886 und 1892—1893. Bei dieser Ge- legenheit Verpflanzung zweier „minder wertvoller" alter Altarbilder von Tobias Bock und G. Bachmann nach St. Ulrich, Abgabe eines Altarbildes von Joachim von Sandrart (1649 bis 1662) an das k. k. Kunsthistorische Hofmuseum und Ersatz derselben durch „künstlerisch bedeutendere" damals moderner Richtung. Zwei Altarbilder von Joachim von Sandrart und zwei von Tobias Bock in der Kirche noch vorhanden. Die ausgedehnten, noch von der romanischen Kirche herrüh- renden Grufträume Begräbnisstätten der Familien Windisch- grätz und Khevenhüller. In der Kirche: Grabmale des Feld- marschalls Ludwig Andreas Grafen Khevenhüller (1751), der Gräfin Josefa Windischgrätz (1780) und des Verteidigers von Wien (1683), Grafen Rüdiger von Starhemberg.

Langhausanlage mit Kapellen, nicht hervortre- tendem Querschiff und geradlinig abschließendem Chor. Vorbilder dieselben gleichzeitigen römischen Bauten wie bei der Dominikanerkirche (siehe oben). Doppeltürmige römische Fassade, mit hervortretendem zweigeschossigem Mittelteil. Schon die Stellung des Kampanile hinter dem Chor weist auf S. Domenico e Sisto als das wichtigste Muster (siehe oben).

Kalvarienberg in Hernais.

Erbaut mit Genehmigung Kaiser Ferdinands 111. und mit Unterstützung des Wiener Magistrates (1639) vom Wiener Domkapitel und der Corpus Christi-Brüderschaft in Ausfüh- rung einer Idee (oder des Planes?) des Jesuiten Peter Karl Muffart zu dem Zwecke, die Protestanten von Hernais für die katholische Kirche wiederzugewinnen. Ausgangspunkt der ganzen Anlage: der Gottesleichnamsaltar in der Stephanskirche, von dem aus bis zu dem Kalvarienberge der Weg in bezug auf seine Länge dem von Christus mit dem Kreuze zurückgelegten gleich sein soll. Die erste der sieben Leidensstationen stand in der Nähe des Schottentores. Eine davon noch bis in die neuere Zeit in der Alserstraße („Dreilauferhaus")

Abb. 81. St. Rochus-Kirclie im III. Bezirke.

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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zu sehen. Nach der Vernichtung; der Ortschaft 1683 Grundsteinlegung; zum neuen Kalvarienberge 19. Sep- tember 1709. Baukosten aufgebracht durch zwei reiche Wiener Bürger und die Brüderschaft der 72 Jünger Jesu, 80.000 fl. 1724 Übergabe des Gottesdienstes seitens dieser Brüderschaft an die Pauliner-Eremiten. Erbauung; des Klosters derselben an Stelle des einem jener beiden Bürger gehörigen Hauses 1747 (heute k. und k. Offizierstöchter-Institut). Grundsteinlegung zur neuen Wallfahrtskirche 13. August 1766. Auf- hebung des Klosters 1784. Restauration der ganzen Anlage 1889 1894.

Vorbild der ganzen Anlage vorge blich „die auf Bergen gelegenen Wallfahrtskirchen Oberitaliens und Toskanas" (Monatsbl. des Altertumsver., 1887, S. 46). In Wirklichkeit zeigt die Kirchen- fassade der noch bei Kleiner und Pfeffel im Bilde erhaltenen ursprünglichen Anlage eine nieder- ländische Type. Der heutige restaurierte Kalvarienberg mit seiner ..stilgemäß" vom Presbyterium

an beträchtlich vergrößerten Kirche sieht jener ursprüngli- chen Anlage nicht mehr ähnlich.

Kapelle der hl. Brigitta in der Brigittenau (Abb. 80).

Unter Kaiser Ferdinand III. an jener Stelle in den Donauauen zu Ehren der aus Schweden gebür- tigen und 1373 in Rom gestor- benen hl. Jungfrau Brigitta 1640 erbaut, wo das Zelt des Erzher- zogs Leopold Wilhelm gestanden, in das eine Schwedenkugel hinein- flog, ohne ihn zu treffen. Altarbild mit dem knienden Kaiser gegen- wärtig in der Kanzlei der Burg- pfarre. Restauriert 1902.

Die achteckige kuppel- überdeckte Anlage mit dori- ■chen Säulen und Gebälk soll an die Form des Zeltes erinnern und ist vermutlich in formeller Beziehung eine Re- miniszenz an das Choroktogon von Sta. Maria della Pace (ursprüngliche Anlage 1482, neu hergestellt um die gleiche Zeit von Pietro da Cortona, 1596—1669).

Abb. 82. Servitenkirche im IX. Bezirke.

Kirche des hl. Rochus und Sebastian, ehemals Klosterkirche der Augustiner-Barfüßer,

III. Bezirk (Abb. 53, 81).

Erbaut unter Kaiser Ferdinand III. 1642, 1656 durch Brand teilweise verwüstet, hergestellt 1681, die Schäden der Türkenbelagerung von 1683 repariert nach 1690. Oberstes Geschoß der Fassade und Türme

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Gebäude für Kultuszweckc.

aus den Jahren 1711 1722, der Überlieferung nach ein Werk des Ingenieur-Oberstleutnants Franz Tobias Kollmann. Gipsrelief des Tympanons, Moses und die Eherne Schlange, ein Werk des Bildhauers Anton Eberl, zum Zwecke der Einsetzung des jetzigen Zifferblattes zerstört 1816. (Vgl. Ilg, Zur Geschichte der Augustinerkirche auf der Landstraße. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines. 1890, XXVI, S. 57 f.) Unter der Kirche eine ausgedehnte Gruft. Aufhebung des Klosters unter Josef II. Hochaltarblatt mit den Titelheiligen von P. von Strudel, ein Altarbild, Christus am Kreuze, angeblich von Lukas Kranach. Restau- rationen 1761, 1812, 1816, 1835, 1856, zuletzt 1888-1890.

Langhausanlagc ähnlich der Type der Jesuiten- und Dominikanerkirche. Dreigeschossige niederländische Fassade, bis auf das oberste Geschoß, welches (an Stelle des entweder 1656 oder 1683 zerstörten gesetzt) jenem der Universitätskirche ähnlich gewesen sein mochte, römischen Charakters (Einschachtelung eines runden in einen eckigen Giebel, nach dem Vorbilde am Portal von II Gesü). Muster der Türme: Urturm an der Ecke von Giacomo della Portas Palazzo della Sapienza.

Serviten-Ordenskirche zu Maria Verkündigung, IX. Bezirk (Abb. 54, 82).

Erbaut unter Ferdinand III. dank der Munifizenz des Generals Grafen Oktavio Piccolomini 1651 bis 1670 an Stelle der 1639 geweihten Kapelle des drei Jahre zuvor in Wien seßhaft gewordenen Serviten- ordens. Architekt (oder nur Baumeister) Carl-Antonio Carlone-Carnevale. Vollendung der Türme durch den Architekten Seb. Rosenstingl 1754 1756.

Abb. 83. Kirche zu de

jn Chören der Engel, I., Am Hof.

Elliptischer Hauptraum mit oblonger Vorhalle, zwei größeren, länglichen Kapellen in der Querachse, vier halbrunden in den Diagonalen und geradlinig abschließendem Chor und Mönchschor. Das Ganze umgeben von länglichen Nebenräumen. Bemerkenswert vor allem die aus zwei unregelmäßigen Achtecken und länglicher, halbkreisförmig geschlossener Apsis be-

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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stehenden Kapellen rechts vom Chor. Die gesamte Anlage wahrscheinlich im Zusammenhange mit dem Chor und den ihn flankierenden Kapellenbauten von Martino Lunghis Sta. Maria della Vallicella in Rom. Römische Fassade, Deszendent von dem Mittelstück der Fassade Am Hof beziehungsweise von Madonna della Vittoria in Rom. Mit ihrem gewaltigen Dach er- scheint die ganze Kirche fast wie eine Reminiszenz an die nordischen Karner.

St. Ulrichs-Kirche, VII. Bezirk (Abb. 55).

1651 an der Stelle einer älteren, 1590 restaurierten An- lage begonnen, vollendet nach 1672. Beim Bau beschäftigt als Bauführer (oder Architekt?) Franz Raimund. Besaß Altarbilder von Paul Troger, die 1863—1871 durch solche von Neuge- bauer, Fr. Ruß, Herrn. Eichler und F. Dobyaschofsky ersetzt wurden. Über zwei Altarbilder, die von den Schotten hierher versetzt wurden, siehe oben Artikel: Schottenkirche.

Einschiffiges Langhaus mit Strebepfeilern und einem im Korbbogen abschließenden Chor, den beider- seits Gänge mit je vier runden Kapellenbauten umgeben, welche hinter der Chorwand noch ein oblonger, etwas ausladender, mit drei elliptischen Flachkuppeln gedeck- ter Raum verbindet. Der Chor mitseinemKorbbogen- Abb. 85. abschluß gleicht einem der vier Querarme nach P. da Cortonas S. Luca e Martina. Das Langhaus mit der Vor- halle und dem ihr entspre- chenden ersten Gewölbe- joch des Chores verwandt

mit den gleichzeitigen Bauten Guarino Guarinis (1624 1685), wie

S. Filippo Neri in Turin. Doppeltürmige, dreigeschossige nieder-

Kirche zur Dreieinigkeit im IX. Bezirke.

Abb. 84. Kirche zu Mariahilf im VI. Bezirke.

ländische Fassade.

Kirche des Professenhauses der Jesuiten, jetzt Pfarrkirche zu den neun Chören der Engel Am Hof, I. Bezirk (Abb. 21, 83).

Im 15. Jahrhundert erbaute gotische Hallenkirche des Karmeliterordens, 1553 samt dem zugehörigen Kloster (jetzt Reichskriegsministerium) den Jesuiten übergeben. Die ursprüngliche Anlage des Chores noch außen sicht- bar. Umgestaltung des Langhauses im Inneren, Anbau von je vier Kapellen beiderseits und Neubau der Fassade unter Kaiser Leopold I. 1662 1663. Beim Baue beschäftigt Carl-Antonio Carlone-Carnevale (?). Umgestaltung des Chores mit Stuckmarmorwänden und einem hölzernen, unter das alte eingespannten Tonnengewölbe 1798. In einer Kapelle Fresken von Anton Maulbertsch. Drei Altarbilder (Opferung Isaaks, Vermählung Marias und Flucht nach Ägypten) von Joachim von Sandrart. Hochaltarbild nach einer Skizze Hubert Maurers von Däringer (1798). Ein Altarbild (Madonna mit dem Kinde und dem hl. Liborius) angeblich von Lodovico Carracci. Unter dem Chore ein großer Gruftraum. Restauriert 1821, 1823, 1891 1893.

Großartigste aller barocken Kirchenfassaden der Stadt. Kom- bination des römischen Villenmotivs zweier vorspringender, durch eine Terrasse verbundener Flügelbauten (Villa Borghese u. a.) mit der zweigeschossigen römischen Fassade Giovanni Battista Sorias (Sta. Maria della Vittoria 1630); der Chor ein charakteristisches Denkmal des anglo-italienischen Klassizismus.

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Gebäude für Kultuszwcckc.

Ursulinerinnenkirche zur hl. Ursula, I. Bezirk (Abb. 56).

Unter Kaiser Leopold I. 1660 von der Kaiserin Eleonore. Witwe Kaiser Ferdinands III.. für die aus Lüttich berufenen Nonnen des Ursulinerinnenordens gestiftet, erbaut 1665. Altarbilder von F. Spielberger (Maria Empfängnis) und F. Wagenschön (Erscheinung der hl. Jungfrau vor dem hl. Ignatius und die hl. Angela). Restauriert 1887.

Langhausanlage ähnlich der Type der Theresienkirche im II. Bezirke (siehe oben). Je zwei

Kapellen rechts und links und geradlinig abschließender Chor. Römische Fassade mit niederländischen Anklängen im zweiten Geschoß, nach- gebildet jener von S. Gia- como Scossacavallo in Rom.

Leopoldskirche, II. Bezirk

(Abb. 57).

Erbaut nach der Judenver- treibung unter Kaiser Leopold 1. an Stelle der alten Synagoge 1670, „erweitert" (?) nach der Türken- belagerung von 1683 durch den „berühmten Baumeister" Anton Ospel 1723. bei dieser Gelegenheit durch Carlo Carlone (siehe oben Artikel: Franziskanerkirche) in der Kuppel mit einem Fresko ge- schmückt. (Siehe Ilg, Anton Ospel. Berichte und Mitteilungen des Altertums vereines. 1880, XXIV. S. 96 ff.) Hauptaltarbild mit den Titelheiligen von Martin Alto- monte; Seitenaltäre: Christus am Kreuze von Andreas Altomonte. Maria Himmelfahrt von Hauzin- ger, hl. Antonius von Padua und hl. Florian von M. M. Melkh. hl. Johannes der Täufer und hl. Johannes von Nepomuk von Joh. Georg von Schmidt. Restau- riert in den Siebzigerjahren. Außen zu beiden Seiten des Turmes die Kolossalstatuen zweier Babenbergerherzoge.

Im Grundriß verwandt mit der kurz vor ihrer Er- bauung entstandenen Kirche Sta. Maria in Campo Marzo in Rom (erbaut von Antonio de Rossi, 1616 1695), was die beiden halbrunden Seiten- kapcllen und die Verbindung des Turmes beziehungsweise der Vorhalle mit dem Haupt- bau betrifft, mit Carlo Rainaldis Sta. Agnese auf Piazza Navona, sowie mit dessen beiden Kirchen auf der Piazza dcl Popolo (siehe unten Peterskirchc). Römischer Turmhclm (wenig- stens bei Sal. Kleiner). Am Turm im untersten Geschosse die dorischen Pilaster, im zweiten die ineinandergeschachtelten Giebel der Rochus- und Sebastiankirche, im dritten das Motiv der Waisenhauskh'che mit dem einwärts gebogenen Gebälk (siehe dort).

Mariahilfer Kirche, VI. Bezirk (Abb. 58. 84).

An Stelle der 1660 von den Barnabiten inmitten ihres neu angelegten Friedhofes errichteten. 1683 zerstörten Kapelle erbaut vom Fürsten Paul Esterhäzy 1686. Übertragung des Gnadenbildes (einer Kopie

Abb. Sb. Kirche zu St. Peter im I. Bezirke.

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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nach Lukas Kranach) 1689. Vollendung des Baues 1713. Fresken von Paul Troger, Jos. Hauzinger und Strattmann. Altarbilder der hl. Anna und des hl. Alexander Sauli von Felix Leicher. Restauriert 1890 1893.

Chor und kräftig ausladende Querschiffarme polygonal abgeschlossen. Zurückgreifen auf das Schema der alten romanischen Anlagen wie bei der 30 Jahre jüngeren Abteikirche von Vierzehnheiligen. Auch in der doppeltürmigen Fassade Ähnlichkeit mit deut- schen, vor allem mit schwä- bischen Anlagen.

Pfarrkirche, ehemals Kar- meliter-Ordenskirche zum hl. Josef, VI. Bezirk

(Abb. 59).

Erbaut durch den Karme- literorden auf den Gründen des ehemaligen, von Kaiser Fried- rich III. gegründeten Klosters von St. Theobald. Grundstein- legung durch den Erzherzog Josef, nachmaligen Kaiser Josef I., 22. August 1687. Aufhebung des Klosters unter Kaiser Josef II.

Orundrißschema bis auf das fehlende Querschiff das der Schottenkirche. In der doppeltürmigen Fassade eben- falls das Muster der Schotten- kirche, schmucklos und ver- flacht.

Schwarzspanierkirche, auch Ordenskirche der Benediktiner von Mon- serrato, jetzt evangelische Garnisonskirche, IX. Bez.

Erbaut unter Kaiser Leo- pold I. an Stelle der von Kaiser Ferdinand III. in der Schweden- not gelobten und 1632 errichte- ten, 1683 zerstörten Kirche zu Ehren der hl. Maria von Mon- serrato. Grundsteinlegung 11. Juli 1690. Einweihung unter Karl VI. 1727. Seit der Übersiedelung der Benediktiner zu den Jesuiten 1779 im Besitze des Militärärars, seit 1783 ärarisches Bettenmaga- zin, seit 1861 protestantische

Garnisonskirche. Drei Glocken

_ _ .. ,. . j e , ., t ,j Abb. 87. Portal der St. Peters-Kirche.

gegenwartigln der Schottenfelder

Kirche, zwei Altarbilder, eines

von Erasmus Quellinus, das andere von Peter Cosmus da Castrofranco, in der Gumpendorfer Kirche.

(Siehe Trost, Monatsblätter des Altertumsvereines. 1893, S. 30, 31 und 84; 1894, S. 91.) Das gleichzeitig

mit der Kirche erbaute Kloster („Schwarzspanierhaus") in unseren Tagen durch einen Neubau ersetzt.

Römische, zweigeschossige Fassade, Tochter der an der gleichnamigen, von Francesco da Volterra (16. Jahrhundert) erbauten römischen Kirche, mit einem großen Mittelfenster, das eine Weiterentwicklung der in Belgien heimischen „spanischen deurkens".

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Gebäude für Kultuszwecke.

Trinitarier- oder Weißspanierkirche (jetzt Minoritenkirche) zur hl. Dreifaltigkeit,

IX. Bezirk (Abb. 60, 85).

Erbaut unter Kaiser Leopold I. für die 1688 in Wien angesiedelten spanischen Trinitarier. Beginn des Klosterbaues 1690, Grundsteinlegung der Kirche 18. April 1695, Einweihung 18. Dezember 1698. Seit der Aufhebung des Klosters unter Josef II. im Besitze der aus der Stadt hierher verpflanzten Minoriten. Statue des „blauen Herrgott" gegenwärtig in der Pfarrkirche zu Kirchschlag. Hochaltarbild der hl. Dreifaltigkeit von Joh. K. von Hempel (1825), Madonna von Joh. Kastner. Restauriert anfangs der Neunzigerjahre.

Grundrißschema ähnlich dem der Schottenkirche. Dreigeschossige, doppeltürmige nieder- ländische Fassade, aber bereits nach dem Beispiele der Bauten Fr. Borrominis einwärts ge- bogen und als solche ältestes Muster der Konkavfassaden in Wien. Auch in Details Einfluß der römischen Architektur (Triglyphenfries in der Art des Domenico Fontana, so z. B. an der Fassade des Querschiffes der Laterankirche, Scala santa. 1586 1636) sichtbar. Verwandt mit der Fassade der Trinitaricrkirche war die der ehemaligen St. Nikolaus-Kirche auf der Landstraße, begonnen 1698.

Piaristen-Ordenskirche zu Maria-Treu, VIII. Bezirk (Abb. 61 und Tafel III).

Erbaut unter Kaiser Leopold I. Niederlassung des Ordens in Wien 1697. Grundsteinlegung 2. Sep- tember 1698. Vollendung des Klosters 1700. Einweihung der Kirche unter Karl VI. 1719. Der angebliche „totale Umbau" um zirka 1752 ist eine Fabel. Kuppelfresko von Anton Maulbertsch 1745. Altarbilder von Felix Leicher, Brand und Karl Rahl. Restauration um 1890.

In der Gesamtdisposition Anlehnung an Carlo Rainaldis (1611 1699) Sta. Maria in Porticu. Chorabschluß ein Korbbogen nach Muster von S. Luca e Martina (siehe oben Ulrichs- kirche). Gestaltung des Zentralraumes nach dem Muster von Fr. Borrominis (1599 bis 1669) S. Carlino alle quattro Fontane. Die Fassade inklusive der Türme borromineske Serpentine nach dem Muster dieser Kirche. An und für sich betrachtet, das einzige Wiener Beispiel einer Konvexfassade nach Art der Bauten P. Berrettini da Corto- nas (1596 1669) S. Luca e Martina und Sta. Maria della Pace (oberes Geschoß).

Pfarrkirche zu St. Peter und Paul, II I.Bezirk.

Erbaut 1700 von den Bewohnern von Erd- berg. Eingeweiht 28. August 1726. Hochaltarbild von Georg Schelling (1810). Madonna von M. Benko.

Sogenannter Vorarlberger Grundriß mit zwei die Querschiffarme markierenden Ni- schen. Um den Chor spätere Zubauten. Das klassizistische Äußere des Langhauses mit der tcmpelartigcn Fassade, „über welcher der Turm sich aufbaut", wahrscheinlich aus der Zeit des Hochaltarbildes (1810).

Peterskirche, I. Bezirk (Abb. 62, 86, 87).

Erbaut 1702 unter Kaiser Leopold I. an Stelle der alten Peterskirche. Aufsetzung des Kreuzes auf die Kuppel 1707. Architekt, trotz der im Knaufe der letzteren aufgefundenen Inschriften, welche Francesco Martinelli, Francesco Janckl und Christian Oettel als Erbauer angeben (siehe Haus er, Die Restaurierung der Peterskirche, in den Berichten

und Mitteilungen des Altertumsvereines, 1890, XXVI. S. 10 ff.) wahrscheinlich Joh. Bernh. Fischer von Erlach. „Vorstudie zur Karlskirche." Portalbau aus dem Jahre 1756. Fresken von Joh. Mich. Rothmayer von Rosenbrunn, Altarblätter zumeist von Martin Altomonte. Plastik auf dem Portalbau von Franz Kohl. Restauration 1888—1890.

Abb. SS. Klosterkirche der Elisabethincrinnen im III. Bezirke-

Katholische Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts.

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Im Grundriß Anlehnung an Daniele da Volterras (zirka 1550 1600) S. Giacamo de' Incurabili und Carlo Rainaldis (1611 1694) Sta. Maria di Monte Santo auf der Piazza del Popolo. Chor ein Korbbogen wie bei Michelangelos S. Giovanni de' Fiorentini, beziehungs- weise des Deszendenten: P. da Cortonas S. Luca e Martina (siehe Maria-Treu-Kirche). Auch lag, wie die gesamte Choranlage mit den Nebenräumen beweist, dem Architekten bereits der Grundriß der Abteikirche von Averbode vor (erschienen bei Le Roy, 1696). (Siehe unter Karlskirchc.) Die Fassade ebenfalls unter dem Einfluß von S. Luca c Martina und, inklusive der Türme, Serpentine in der Art von Borrominis S. Carlino alle quattro Fontane. Der Portalbau hat in den Türmchen dieser Kirche sein Vorbild. Wohl ein „Votivbau" Kaiser Leopolds I. Markiert den Beginn des spanischen Erbfolgekrieges (siehe Einleitung).

Kirche des Elisabethinerinnenklosters zur hl. Elisabeth, III. Bezirk (Abb. 88).

Erbaut 1709 1711 von der Kaiserin Eleonore Magdalena, Witwe Kaiser Leopolds I., und ihrer Toch- ter, der Erzherzogin Elisabeth, für die von der Gräfin Maria Theresia von Leslie aus dem Kloster in Graz igegründet 1690) berufenen Nonnen vom Orden der hl. Elisabeth. Baumeister Matthias Gerl. (Siehe Ilg, Monatsblätter des Altertumsvereines. 1885, S. 29 ff.) Erweiterung der Kirche 1734 durch den Landschafts- baumeister Franz Anton Pilgram. 1741 Reparatur der Beschädigungen, verursacht durch den Austritt der Wien. Vollendung des Turmes 1748. Hochaltarblatt der hl. Elisabeth von Cimbal (?) 1711, Christus am Kreuze und der hl. Lucinus von J. B. Baumgartner. Restauration 1900. Bei dieser Gelegenheit durch Franz Schönbrunner mit „stilgemäßer ßemalung", durch Rud. Geyling mit Glasgemälden versehen.

Grundrißanlage beeinflußt von den Bauten Guarino Guarinis und Fr. Borrominis. Drei- geschossige niederländische Fassade mit einem Turm, in den Details (z. B. Giebelabschluß) mit Anlehnung an die Werke des zuletzt genannten römischen Meisters.

Pfarrkirche zu den vierzehn Nothelfern, IX. Bezirk (Abb. 63, 89).

Erbaut als eintürmige Kirche an Stelle einer Kapelle der hl. Anna. Grundsteinlegung 20. November 1712. Einweihung 21. Dezember 1730 in Anwesenheit Kaiser Karl VI. Erweiterung des Schiffes und Neubau des Chores 1770. Grundsteinlegung in Anwesenheit Maria Theresias und Josef II. 16. Dezember d. J. Archi- tekt: Hofbauinspektor Thaddäus Körner, Baumeister Josef Ritter. Stukkateur: Karl Kölber. Kuppelfresko von Franz Zoller, Fresko über der Orgeltribüne von Frz. Singer. Altarblätter: hl. Johann von Nepomuk von F. Zoller, Christus am Kreuze von Ant. Maulbertsch, hl. Franz Xaver von Knoll. Restauriert 1890—1898.

Im Grundriß verwandt mit der St. Ulrichs- Kirche. Fassade später Deszendent der Kirche Am Hof beziehungsweise der Madonna della Vittoria in Rom.

Abb. 89. Kirche zu den vierzehn Nothelfern im IX. Bezirke.

Karlskirche, IV. Bezirk (Abb. 64, 90, 91 und Tafel IV).

Angelobt von Karl VI. zu Ehren des hl. Karl Borromeus im Stillen wahrscheinlich schon während der Pest in Wien im Sommer 1713, nach dem Aufhören derselben in feierlicher Weise zur Abwehr der

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Gebäude für Kultuszwecke.

Abb. 90. Pest in den österreichischen Staa- vonShKarl ten am 22- Oktober desselben Jahres. Borrumeus. Grundsteinlegung; 4. Jänner 1715. Ar- chitekt: Hofbau-Oberinspektor Johann Bernhard Fischer von Erlach. Bau- meister: Ant. Erh. Martinelli. Eindachung 1723. Vollendung der Kuppel 1725, der Kolossalsäulen 1730. Glockenweihe 18. Juli 1737. 18. Oktober des- selben Jahres Konsekration der (innerlich noch unfertigen) Kirche durch den Kardinal-Erzbischof Grafen Kollonitsch. Tod Fischers von Erlach 1723. Fortführung des Baues durch dessen Sohn Josef Emanuel. Übertragung des Gottesdienstes an den Prager Kreuzherrenorden vom roten Stern 29. August 1738. Tympanonrelief : Wien und die Pest von Gio- vanni Stanetti, Kolossalstatue des Titelheiligen über dem Giebel und Einzelstatuen auf den Treppen- wangen von Lor. Mattielli. Reliefs der Säulen, welche die „Säulen des Herkules", um welche der Kaiser gestritten, bedeuten und in der Constantia und For- titudo des Heiligen den Wahlspruch des Kaisers „Constantia et Fortitudine': zum Ausdruck bringen sollen, von Christoph Mader und Jakob Schletter. Kuppelfresken von Joh. Michael Rothmayer von Rosenbrunn, Dekoratives von Gaetano Fanti. Altar- bilder: Heilung des Gichtbrüchigen von Ant. Pelle- grini, Maria Himmelfahrt von Ricci: zwei: der rö- mische Hauptmann und die hl. Elisabeth von Dan. Gran, hl. Lukas von Jak. von Schuppen, Auf- erweckung des Jünglings von Naim von Mart. Altomonte. Grabmal des Dichters J. Collin (1713). Restaurationen. 1771, 1817, 1837, 1857 und gegen- wärtig.

Grundidee: Lucas Faid'herbes Anläge von Averbode lez Diest (erschienen in dem Werke von Le Roy, Castella et caenobia Brabantiae, 1696). Mittelraum: Oval nach dem Muster von Berninis S. Andrea am Quirinal, Durchbildung der Kapellen in den Diagonalen und der Korridore nach dem Vorbilde der Pariser Kirchen (Val de Gräce, Assomption, Invalidendom etc.).

Fassade: Anlehnung an Carlo Rainaldis Sta. Agnese auf Piazza Navona. Unter den Türmen Durchgänge wie bei St. Peter in Rom. Durchbildung der Attika zu einem besonderen Geschoß nach dem Vorbilde der Pariser Eglise des Minimes Niederländische Turmabschlüsse und Giebelfenster nach Art der „spanischen deurkens". Als Zeugen des Interesses für die „Weltwunder" die beiden Kolossalsäulen, Nach- ahmungen der „Colonna Trajana und Antoni- niana". Als Beweis für den beginnenden Ein- fluß des holländischen Klassizismus das Tym- panonrelief und des englischen Palladianis- mus der Porticus der Villa Rotonda (wie gleichzeitig bei der Superga in Turin und bei S. Simone piecolo in Venedig). Länge der Kirche: zirka 68-5 m, Breite 55 m, Höhe bis zur Kreuzesspitze der Kuppel zirka 72 m. Höhe der Säulen, die inwendig durch Wen- deltreppen zu ersteigen: 3318 m (etwas nie- driger wie die Trajans- und etwas höher wie die Marc Aurel-Säule). Votivkirche Kaiser

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Katholische Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts.

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Abb. 91. Inneres der Karlskirche.

Karls VI. Denkmal des Friedensschlusses von Utrecht und Rastatt, der Erwerbung der italieni- schen und niederländischen Provinzen und des Erlasses der pragmatischen Sanktion.

Salesianerinnenkirche zu Maria Heimsuchung, III. Bezirk (Abb. 65, 92).

Erbaut von der Kaiserin Amalia Wilhelmine, Witwe Kaiser Josefs I., in Erfüllung eines Gelübdes für die aus Brüssel berufenen Klosterfrauen des hl. Franziskus von Sales. Grundsteinlegung; 13. Mai 1717, Voll- endung des Klosters 13. März 1719, der ganzen Anlage 1730. Architekt wahrscheinlich Joh. Bernhard Fischer von Erlach. Donato d'Allio, den 11g zum Architekten macht, war vermutlich nur der Baumeister. Kuppel- fresken von Antonio Pellegrini, Hauptaltarblatt von Jak. von Schuppen, Kreuzabnahme von Janson (?), hl. Petrus und hl. Magdalena von Ant. Pellegrini.

Variante der Anlage von St. Peter. Versetzung der Choranlage dieser Kirche an die Eingangsseite und nach Weglassung der beiden großen Kapellen in der Querachse Vergröße- rung der Diagonalkapellen. Einige Ähnlichkeit der Fassade mit jener der Münchener Theatiner- kirche und wie diese wahrscheinlich im Zusammenhange mit einschlägigen Bauten in den Niederlanden.

Waisenhauskirche, IX. Bezirk (Abb. 66, 93).

Gegründet 2. August 1722 von Karl VI. als Gotteshaus des für seine neu erworbenen italienischen, spanischen und belgischen Untertanen errichteten sogenannten „spanischen Spitals" (seit 14. Oktober 1785 Waisenhaus). Geweiht 24. September 1723. (Über die Altäre der Landespatrone von Mailand, den Nieder- landen, Neapel und Sizilien siehe Einleitung. Die Altarbilder von Roettiers, Rothmayer und Martin Alto- monte. Restauriert 1890.

Im Grundriß unter dem Einfluß der Bauten Guarino Guarinis. Eingeschossige römische Fassade. Im Giebel das Gebälke (ursprünglich) einwärtsgekrümmt wie im Obergeschoß von Pietro da Cortonas Sta. Maria in Via lata (1680). Dasselbe Motiv im Inneren in dekorativer Weise verwendet. Römische Turmhelme (ursprünglich bei Sal. Kleiner) ähnlich den gleichzeitig entstandenen von St. Rochus und Sebastian (III. Bezirk).

Bd. II. 5

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Gebäude für Kultuszvrecke.

Pfarrkirche zu St. Florian, IV. Bezirk (Abb. 67).

An Stelle der seit 1709 bestandenen Kapelle der Vermählung: Josefs und Maria 1725 erbaut. Re- stauriert 1900.

In ihrer Grundrißanlage sich anlehnend an die Servitenkirche. IX. Bezirk (siehe oben). Dreigeschossige niederländische Fassade mit einem Turm.

Kapelle des hl. Johannes von Nepomuk, II., Obere Donaustraße (Abb. 94).

Gestiftet durch den Wiener Bürger Kirchlehner zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Stand am ..Schanzl" seit zirka 1738. Nach einer großen Überschwemmung 1744 durch das k. k. Mautamt restauriert, bei dieser Gelegenheit auch durch die Stromregulierung samt den Statuen die Freitreppe, die vom Flusse aus zum Eingange führte, beseitigt. Anläßlich der Baues der Stephaniebrücke als Verkehrshindernis abgetragen und in der Parkanlage der Oberen Donaustraße neu aufgestellt, 1884—1886.

Im Grundriß Quadrat mit abgestumpften Ecken. Kuppel mit Laterne. Das Gebälkc an der Eingangsseite aufwärts gebogen nach dem Muster von Sta. Maria in Via lata (siehe Waisen- hauskirche, Leopoldskirche). Drei Seiten haben große Fenster, welche mit Eisengittern ge- schlossen sind, in denen nebst Bandvcrschlingungen ä la Bcrain beziehungsweise Hilde- brandt so etwas wie die gotische „Nase" das Grundmotiv.

Kirche zum hl. Johann von Nepomuk im Invalidenhause, III. Bezirk.

Erbaut 1727 vom Erzbischof Kollonitsch nach Übertragung des Johannesspitales aus dem Münzwardein- hause in Gumpendorf in den Sommerpalast des Prinzen von Hannover, das jetzige Invalidenhaus. Oblonger Saal mit rundbogig abgeschlossenen Fenstern und flacher Decke.

Kirche zum hl. Kreuz, VII., Stiftskaserne (Abb. 68, 95).

Erbaut 1736, vergrößert 1749. Altarbilder von Michael Heß, Hubert Maurer, Vinzenz Fischer. Re- staurierung des Turmes 1882. Jetzt wieder in Restauration.

Abb. 92. Kirche der Salcsiancrinncn, III., Rciinwc

Im Grundriß verwandt mit den Anlagen Fr. Borrominis und Guarino Guarinis. Drei- geschossige niederländische Fassade mit einem Turm.

Katholische Kirchen des 1/. und IS. Jahrhunderts.

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Linienkapellen, dem hl. Johannes von Nepomuk geweiht (um 1740 1760).

Entstanden samt und sonders nach der 1720 geschehenen Kanonisation des Heiligen an sämtlichen „Linien" (Toren des die „Vorstädte" umgebenden Linienwalles). Durch die Auflassung der Linien und die damit verbundene Baubewegung neuerer Zeit bis auf einige wenige beseitigt. Als wertvollere Objekte von der Demolierung verschont blieben die Kapellen: 1. Nuüdorfer Linie, gestiftet 1740 von Leopold Haber, bei der Pulverturmexplosion von 1779 zerstört, dann wieder neu aufgebaut, mit auf jene Explosion bezüglichen Gemälden und Reliquien, 1853 renoviert; 2. die Kapelle an der Matzleinsdorfer Linie, erbaut 1748, im Jahre 1816 vorübergehend Aufbahrungsort der aus Verona gebrachten Leiche der Kaiserin Maria Ludovika; 3. die Kapelle bei der Hundsturmer Linie, architektonisch die bedeutendste, bis in die neuste Zeit umgeben von einer Steinbalustrade mit Figuren, erbaut 1759.

Im allgemeinen ist die Anlage ähnlich jener der oben besprochenen Johanneskapclle. nur in der Ausstattung ist dieselbe etwas bescheidener. Als Muster dürfte vielleicht die Kapelle der päpstlichen Schweizergarde S. Martino beim Vatikan gedient haben.

Pfarrkirche zum

hl. Laurenz in Sim-

mering.

1746 mit Benützung von Teilen der alten goti- schenKirche (Chorabschluß, Fassaden, Strebepfeiler) neu gebaut, in den Siebziger- jahren durch den Maler Heinrich Bauer ausge- schmückt. Restauriert 1897.

Zeigt bereits den Einfluß der protestanti- schen Predigtkirchen. Bemerkenswert die un- symmetrische Fassade.

Kirche zu St. Thekla, IV. Bezirk (Abb. 69).

Gestiftet durch milde Beiträge 1745. Kirche des Novizenhauses der Pia- risten. Baubeginn 1. De- zember 1752. Einweihung 27. August 1756. Baumeister Josef Gerl. Restauriert 1900.

Im Grundriß ver- wandt mit St. Ulrich (VII. Bezirk), dreige- schossige niederländi- sche Fassade. .

Pfarrkirche der

hl. Gertrud in Wäh-

ring, XVIII. Bezirk.

Grundsteinlegung am 11. September 1753. Jetzi- ger Turm erst aus dem Jahre 1858.

Kirche zum hl. Kreuz, III., Rennweg

(Abb. 70, 96).

Eingeweiht 1 No- Abb. 93. Inneres der Waisenhauskirche im IX. Bezirke,

vember 1763 als Gotteshaus

des sogenannten Dreifaltigkeitsspitales. Hochaltarbild von Peter von Strudel. Durch Aufsetzung eines Stock- werkes auf den rückwärtigen Zubau und Erhöhung des Turmes in der Restauration von 1890—1891 „stil- gerecht" deformiert.

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Gebäude für Kultuszwecke.

Grundriß nach dem Muster von Borrominis S. Ivo della Sapienza (1599 1669). Äußeres: Ein Oblongum mit Dachgeschossen in griechischem Kreuz, dessen Vierung eine Kuppel markiert, nach dem Vorbilde umbrischcr Kirchen, z. B. Sta. Maria nuova in Cortona.

Pfarrkirche des hl. Ägidius in Gumpendorf, VI. Bezirk (Abb. 71).

Erbaut von der Grundherrschaft, dem Schotten- stift. Baubeginn 1765. Einweihung- 19. März 1770. Bau- meister Josef Raimund. An Stelle des Hauptaltarblattes von Josef Abel ursprünglich ein Fresko von Anton Maulbertsch, das als zu weltlich befunden wurde. Andere Altarbilder: hl. Josef, hl. Anna, die unbefleckte Emp- fängnis, Taufe Christi und hl. Cäcilia von Joh. Mart. Schmidt („Kremser Schmidt"), Christus am Kreuze von Josef Redl (über zwei Bilder aus der Schwarzspanier- kirche siehe diese). Statue des Apostelfürsten von Jos. Klieber. Restauriert 1890.

Im Grundriß Anlehnung an die Anlage von St. Peter. Dreigeschossige niederländische Fassade.

Pfarrkirche zum hl. Josef, V. Bezirk (Abb. 72).

Erbautl765— 1769. BaumeisterDuschinger. Haupt- altarbild von Martin Altomonte, Seitenaltäre: hl. The- resia, hl. Anna von J. Auerbach, hl. Leonhard von Ant. Maulbertsch, hl. Margareta von F. Buchner.

Im Grundriß Anlehnung an das Schema der gleichzeitigen protestantischen Predigtkirchen Norddeutschlands. Nüchterne, glatte Fassade mit einem Turm und einem „stilgerecht" gestalteten Portalvorbau neuesten Datums.

Abb. 94. Johanneskapclle im II. Bezirke.

Pfarrkirche des hl. Laurenz, VII. Bezirk (Abb. 73).

Erbaut 1784—1786. Baumeister Andreas Zach. Auf dem von Henrici erbauten Hochaltar das Bild des Titelheiligen von P. von Strudel. Andere Bilder: hl. Josef und unbefleckte Empfängnis von Paul Troger. Bleigruppe der Grablegung Christi von J. Prokop.

Im Grundriß (wie die Margaretener Kirche) verwandt mit den protestantischen Predigt- kirchen, bis auf den Chor, der an jenen von St. Ulrich erinnert. Dreigeschossige niederlän- dische Fassade mit römischen Anklängen, ein Turm.

Waisenhauskirche zu Maria Geburt, III. Bezirk (Abb. 74, 97, 98).

Erbaut unter der Kaiserin Maria Theresia in dem von ihr gegründeten Waisenhause 1768. Architekt: Leopold Großmann. Restauriert 1869 und 1892. Hochaltarbild von Anton Maulbertsch: andere Altarbilder: Tod der Maria und hl. Theresia von Martin Altomonte, Maria Heimsuchung von J. Auerbach.

Sogenanntes Vorarlberger Grundrißschema. Im Inneren flachbogige Pfeilerarkaden und Em- poren, Statuen und Konsolen. Rückwirkung der Gotik. Zweigeschossige niederländische Fassade

Pfarrkirche zu Inzersdorf.

An Stelle der 1817 gänzlich zerstörten alten Kirche 1818—1819 neu gebaut. 1846 erweitert. Rotunde mit Altarapsis und vorgesetztem reliefgeschmücktem Portikus sowie freistehendem Kampanilc. Klassizismus Oberitaliens.

Was das Innere der Wiener Barockkirchen betrifft, so wäre zu bemerken, daß die paar römischen Kirchen, welche Emporen besitzen, später als die ältesten mit Emporen aus- gestatteten Wiener Barockkirchen entstanden sind. Etwas älteren Datums wie letztere sind hin- gegen die mit Oratorien ausgestatteten Bauten des oben schon erwähnten Barnabitenpaters Giovanni Ambrogio Magenta in Bologna. Ein Studium der später als die Kirchen selbst entstan-

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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denen ornamentierten Pilaster, wie sie vor allem sttftskirche ' die Do m i n i k a n er-, P a u 1 a n c r- und S e r v i t e n- im Vit. Bc- kirche besitzen, wird von den ähnlichen De- korationen von S. Satiro in Mailand und von der Ccrtosa von Pavia den Ausgang nehmen und bei den Serviten wohl auch nach der Ursache des Vorhanden- seins kriegerischer Embleme fragen müssen. Der franzö- sischen Richtung, Berain vor allem, gehören schon die einschlägigen Ornamente der Peterskirche an. Bei der Würdigung der Stuckmarmorverzierungen wird außer italie- nischen Beispielen auch ein Jean Lcpautre mit seinen Er- findungen zu Rate zu ziehen sein. Frappierend wirkt beim ersten Anblick die plastische Dekoration des Chores der M ichaclcrkirche. Sie ist gediegenes Louis XVI. und im Grunde nichts anderes als ein Nachklang der von jenem französischen Meister angeschlagenen Akkorde.

Möglich, daß bei den wenigen Kirchen, deren Ver- wandtschaftsverhältnis zu bereits vorhandenen wir aufge- zeigt, ein den „Wiener Künstlerfamilien" meist wälschen Ursprunges angehöriger simpler Maurermeister als Urheber anzunehmen ist. Bei der überwiegenden Mehrzahl, und zwar gerade bei den bedeutendsten war es wohl auch jeweilig ein Ausländer, aber einer, der den in der ewigen Stadt zu führenden Geistern emporgewachsenen lombar- dischen Meistern, der den großen Architekten der nieder- ländischen Städte in seinem künstlerischen Glaubensbe- kenntnisse und vielleicht direkt als Schüler nahe stand. Wie das Beispiel der Kirche von Monserrato beweist, schufen sich die Wiener Ordensniederlassungen ihre Gottes- häuser, sei es durch einen „kunstsinnigen Klosterbruder", sei es durch den Hofarchitekten des Herrschers, der sie gestiftet, nach dem Ebenbilde einer ihrer „Mutterkirchen". Welche Beziehungen hatte der große Praktiker und Theo- retiker Joachim von Sandrart mit den Schotten und mit den Jesuiten Am Hof, für welche er Altarblätter ausführte?

Anfänglich dominierte in Wien die deutsch-nieder- ländische Spätrenaissance, ausgehend von den Dietterlin, de Vriendt u. a. Denn wiewohl die Grundrisse der frühe- sten Kirchen des 17. Jahrhunderts auf italienische Muster weisen, so belehren uns doch die Fassaden, daß zwi- schen diesen Mustern und unseren Wiener Bauten noch niederländische Mittelglieder anzunehmen sind. Aber schon mit der Paulaner-, mit der Rochuskirche setzt die römische Schule ein und von nun an folgt der Wiener Kirchenbau Schritt für Schritt und in, wie man sich überzeugen kann, verhältnismäßig kurzen Zeitdifferenzen der lombardisch- römischen Spätrenaissance, den Werken der Domenico Fontana, Martino Lunghi, Carlo Maderna und ihrer Tra- banten und Satelliten. Die niederländische Richtung wird jedoch durch dieselbe niemals ganz und gar verdrängt. Sie bleibt maßgebend in der schlanken dreigeschossigen Bildung der glatten Fassaden; sie drückt den Anläufen, welche das oberste Geschoß mit dem mittleren verbinden, ihr charakteristisches Merkmal auf; sie hat uns in den Doppeltürmen, in den Ausklängen der Fassade in einen Turm und in den Formen der überwiegenden Mehrzahl

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Gebäude für Kultuszwecke.

Abb. 96. Kirche zum hl. Kreuz, III., Rennweg.

der Turmhelme sprechende Zeugen ihrer direkten Einwir- kung hinterlassen. Sie verleiht selbst streng römischen Fassa- den (wie die der Schwarz- spanierkirche) durch ein Mit- telfenster ihrer Erfindung und malerischer behandelten (wie die der Dorothcerkirche), durch wuchtige Konsolen, die Heiligenstatuen als Basis dien- ten, einen höheren Reiz; sie tritt noch unter Karl VI. an der Fassade der Salesianerinnen- kirche und im Grundriß und in einzelnen Details der Karls- kirchc deutlich zutage. Auf die Bauten, an denen römischer Grundcharakter, vermischt mit niederländischem Detail sich zeigt, wird wohl zu achten sein. Sie setzen entweder Wien als Entstehungsort der Pläne oder ein niederlän- disches Mittelglied zwischen der Wiener Type und dem römischen Original voraus.

Der Einfluß Giovanni Lorenzo Berninis läßt sich nur in der Ausgestaltung des Mittel- raumes der Karlskirche konstatieren. Desto prägnanter tritt in den Zeiten Kaiser Leopolds jener des größten Meisters der römischen Barockarchitektur, des Lombarden Francesco Borromini, hervor. Gleichzeitig mit der Richtung dieses Künstlers gelangt auch die seiner bedeutendsten Zeitgenossen Carlo Rainaldi und Pietro Berrettini da Cortona in den Serpentinen-, Konkav- und Konvexfassaden zum Wort. Bei der Peterskirche bestimmen den Grundriß, wie wir gesehen haben, neben der Kirche von Averbode lez Diest, neben dem älteren Francesco da Volterra, Carlo Rainaldi und P. da Cortona, die Fassade P. da Cortona und Fr. Borromini; bei der Maria-Treu-Kirche den Grundriß C. Rainaldi, P. da Cortona und Francesco Borromini, die Fassade die beiden letzteren wie bei der Peterskirche.

An der Kreuzkirche am Rennweg, welche mit den vier Kuppclkirchcn (Peters-, Salcsianerinhen-, Karls- und Maria-Treu- Kirche) mit zu den interessantesten Wiener Kirchen gehört, mischen sich mit der Richtung Borrominis bereits andere Ober- und Mittel- italiens, vor allem jene Guarino Guarinis, dessen Einfluß wir auch schon unter Kaiser Leopold wahrnehmen können. Von Guarinis Ideen befruchtet, emanzipiert sich endlich das eigenartige nor- dische Barock, jene Richtung, welche Gurlitt unter „Katholisches Barock" subsumiert, als dessen Typen wir außerhalb Wiens die Kirchen unserer kolossalen Klosteranlagen, in Wien selbst die Waisenhauskirche, die Mariahilfer Kirche und die Kirche Maria Geburt betrachten können. Die Kunst des deutschen Nordens erhält zuletzt unter Maria Theresia und Josef II. die Führung. Wie wir gesehen haben, weisen einzelne Kirchen direkt auf die vom Protestantismus seinen Gotteshäusern gegebenen einfachen Formen zurück.

Bei der Rochus- und Sebastiankirche führte uns die Be- trachtung der Fassade und der Türme auf denselben Meister der römischen Spätrenaissance, Giacomo della Porta. Diese ältere Rich- tung übt in der Behandlung des Details neben der niederländi- schen und borrominesken noch lange ihren Einfluß aus. An der

Abb. 97. Kirche zu Maria Geburt, III., Rennweg.

Katholische Kirchen des 17. und IS. Jahrhunderts.

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Pctcrskirchc gewahren wir in den dekorativen Mustern bereits die Einwirkung Frankreichs, in dem Aufbau der Karlskirchenfassadc jene Frankreichs, Hollands und Englands. Die englische Strömung bringt, wie die deutsche, Vereinfachung des ürundrißschemas und der Ziermotive der Fassaden (z. B. vierzehn Nothclfer-Kirchc), die französische eine gewisse, von jener älteren italienischen verschiedene Art der Stuckdekoration. Die sogenannte „borromineske" Richtung ist längst vom Schauplätze abgetreten, als im Chor der Kirche Am Hof die anglo-italisch- palladianschc und an der Johannitcrkirchcnfassade in der Kärntnerstraße die niederländische, die ältere römische und die französisch-klassizistische allmählich verklingen.

Die großen, an das Auftreten und die Entwicklung der „Stilarchitektur" geknüpften Hoff- nungen machten im verflossenen Jahrhundert mehrere Generationen blind für den hohen künst- lerischen Wert der im vorstehenden besprochenen Denkmäler. Mit dem Wachsen des religiösen Indifferentismus verliert sich das Interesse für die Titelheiligen, für die von ihnen beschützten Bruderschaften und Orden und damit für die historische Bedeutung, welche die Mehrzahl der- selben besitzt. In dem Wechsel der „Vorbilder", darin die Stilarchitektur sich auslebt, kommt allmählich auch „die Barocke" an die Reihe und damit wieder zu einiger Anerkennung. Längst hat auch den religiösen Dingen gegenüber in der Mitwelt ein erfreulicher Wechsel sich voll- zogen. Es wäre zu wünschen, daß die geschichtlichen Erinnerungen, welche sich an die ein- zelnen Barockkirchen knüpfen, den Zeitgenossen und kommenden Geschlechtern nicht wieder verloren gehen. Der Kampf der Lichtgeister und derjenigen, die stets verneinen, dauert ewig und wird ewig währen. Die Siege jener treten in Kriegen, welche Reiche gewinnen, in Domen, deren Inneres die Seelen der Menschen durch Jahrhunderte hindurch zu den höchsten Höhen emportragen, in Institutionen, welche Tausenden und Abertausenden Trost und Linderung

Abb. 98. Inneres der Kirche zu Maria Geburt.

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Gebäude für Kultuszwecke.

ihrer Leiden bieten, deren Niederlagen in Länderverlusten sowie in der blindwütigen Zer- störung aller dieser zum Heile der Menschheit ins Leben gerufenen Anstalten in die Erscheinung. Mag auch ein oder das andere kirchliche Denkmal des Barockstiles der Vernichtung zum Opfer gefallen sein, die Mehrzahl derselben ist uns glücklicherweise erhalten geblieben. Und die hervorragendsten darunter markieren Momente jenes Kampfes, auf welche nicht bloß Wien, sondern ganz Österreich stolz zu sein alle Ursache hat!

Literaturnachweis.

Karl Weiß, Alt- und Neu-Wien in seinen Bauwerken. Wien, C. Gerolds Sohn. 1S65. Derselbe in der Topographie von Niedcrüsterreich. Bd. II. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines und Mitteilungen der k. k. Zentralkommission (siehe oben). Gurlitt, Geschichte des Barockstiles (siehe oben). Dr. Lind, Die Karlskirche. Allgemeine Bauzeitung. 1880. Dernjac, Die Wiener Barockkirchen des 17. und 18. Jahrhunderts. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. Jahrgang 1905.

Dr. Josef Dernjac.

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel V.

Votiv-(Heilands-)Kirche.

III. KATHOLISCHE KIRCHEN DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS.

Die reiche Bautätigkeit der Barockmeister auch auf kirchlichem Gebiete hatte Wien auf lange Zeit so völlig mit Kultusbautcn versehen, daß hier weder das Zeitalter Josefs II. noch

Abb. 101. Lazaristenkirche im VII. Bezirke.

Abb. 99. Kirche zu Altlerchenfeld, VII. Bezirk.

Abb. 100. Votiv-(Heilands-)Kirche, IX., Maximilianplatz.

Abb. 104. Pfarrkirche in Fünfhaus, XV. Bezirk.

Ch.d.N. Chor der Nonnen.

Ch.d.K. Chor der Kinder.

R.f.A. Raum für Auswärtige.

Abb. 102. St. Othmar (unter den Weißgerbern) im III. Bezirke.

Abb. 105. Klosterkapelle der Domini- kanerinnen in Hacking.

Abb. 103. Pfarrkirche in der Brigittenau, XX. Bezirk.

Grundrisse von Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts. Maßstab 1:1000.

74

Gebäude für Kultuszwccke.

Abb. 106. Klosterkirche der P. P. Karmeliter! im XIX. Bezirke.

Abb. 107. Klosterkirche der P. P. Redemptoristen im XVII. Bezirke.

Abb. 110. Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche im II. Bezirke

A Kaiserin Elisabeth-Gedächtniskirche. B Sakristei. C Pfarrhaus.

Abb. 108. Pfarrkirche zu St. Leopold in Gersthof.

Abb. 109. Pfarrkirche in Rudolfsheim, XIV. Bezirk.

Abb. 112. Pfarrkirche am Breitcnfeld, VIII. Bezirk.

Abb. 111. Pfarrkirche (zur hl. Familie) in J Ottakring.

Abb. 113. Kirche in Breiten- sec, XIII. Bezirk.

Grundrisse von Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts. Maßstab 1:1000.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

75

Abb. 114. Antoniuskirche im X.Bezirke. 1 : 1000.

Franz I. anders als durch geringfügige Um- und Zubauten sowie kleinere Ausbesserungen zum Ausdrucke kam. Der Periode Kaiser Ferdinands entstammt ein nicht uninter- essanter Bau, die

Pfarrkirche zu St. Johann von Nepomuk1)

in der Praterstraße (Abb. 116). Sie wurde 1842 1845 von Prof. Rösner in einem eigentümlichen Kompromißstil erbaut. Es ist dies eine dreischiffige Hallenkirche mit Emporen über den Seitenschiffen, in der Flucht der Seitenschiffe abschließen- den Kreuzarmen, die nach außen nicht zur Geltung kom- men, plattem Chorschluß und einem mehrfach abgestuften, sich stark verjüngenden Turm mit spitzem Helm über der Vorhalle; das Innere ist durchaus gewölbt und mit Fresko- gemälden geschmückt. Die Kirche hat eine größte Länge von 5P3m, eine Breite von 26-6 m und das Mittelschiff eine Höhe von 19 m.

Erst das Zeitalter der Revolution gab auch der kirch- lichen Baukunst neue Impulse und fand prägnanten Aus- druck in einem kunsthistorisch bedeutenden Werke, der

Pfarrkirche zu den sieben Zufluchten ')

Abb. 116. St. Johann von Nepomuk im II. Bezirke.

in. Altlerchenfeld (Abb. 99, 117—119). Der ursprünglich von Hofbaurat Sprenger im Jesuitenstil entworfene und bereits bis zur Sockelhöhe ge- diehene Bau erregte derart das Mißfallen der ohnedies durch die Ereignisse des Jahres 1848 stark erreg- ten Bevölkerung, daß von einer Weiterführung desselben nach den amt- lichen Bauplänen abgesehen und eilig ein Wettbewerb ausgeschrie- ben wurde, aus welchem der junge Schweizer Architekt Johann Georg Müller als Sieger hervorging. Nach dessen Plänen und unter dessen Leitung wurde nunmehr der Bau weitergeführt und nach dem frühzeitig erfolgten Tode des jungen Künstlers vom Archi- Sitte und Ingenieur Fiedler, der innere Ausbau vom Ober- van der Null vollendet. Die Weihe' erfolgte am 29. Septem-

Abb. 115. Canisiuskirche im IX. Bezirke.

Sk Sakristei. K Küche. HB Hausbesorger.

R Refektorium. Pf Pförtner. Z Zimmer.

Sp Z Sprechzimmer.

1 : 1000.

tekten baurat ber 1861.

Der Grundriß zeigt die Form einer dreischiffigen, kreuzförmigen Gewölbbasilika mit platt geschlossenen Kreuzarmen und halbkreis- förmigem Chorhaupt ohne Umgang; mit den zwei Fronttürmen an der Westseite und dem achteckigen Vierungsturm über dem Kreuz- mittel schließt sie sich in der Formgebung des Äußeren an mittel- alterliche Backsteinbauten der Lombardie an. Das Innere ist von Führich, Blaas, Engerth u. a. reich bemalt. Die größte Länge beträgt 6922 m, die Breite 26-55 m, die Mittelschiffhöhe 2402 m, die Höhe in der Vierung 38 m, die Baukosten beliefen sich auf 1,460.000 K.

') E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. K. Weiß, Alt- und Neu-Wien.

76

Gebäude iür Kultuszwecke.

Dieser Kirche in der Entstchungszeit am nächsten steht die

Votiv-(Heilands-)Kirche (Abb. 100. 120 und Tafel V)1),

die zum Gedächtnis an die glückliche Rettung des Kaisers Franz Josef aus drohender Lebens- gefahr gegründet und in den Jahren 1856 1879 durch Heinrich von Ferstel erbaut wurde. Aus dem zur Erlangung von Plänen für diesen Bau im Jahre 1854 ausgeschriebenen inter- nationalen Wettbewerb ging der 25jährige Ferstel als Sieger über 74 Mitbewerber hervor, errang nicht nur den ersten Preis von 1000 Dukaten, sondern auch die Ausführung, bei der ihm bis 1871 der Bau- und Steinmetzmeister Kranner, ein tüchtiger Praktiker, zur Seite stand. Die Einweihung des Domes fand am 24. April 1879 zur Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaarcs statt.

Die Kirche ist eine dreischiffige, kreuzförmige Gewölbbasilika, mit 7/i2"Chorschluß, Chor- umgang und Kapellenkranz, im Langhaus einbezogenes Strebesystem, wodurch beiderseits je vier platt geschlossene Kapellen entstehen. Das Querhaus einschiffig, die Arme platt geschlossen mit je zwei flankierenden Kapellen und Treppentürmchen sowie offener Vorhalle; an der Südseite liegt die Sakristei, an der Nordseite eine geschlossene Vorhalle mit Treppenaufgang zu einem über dem Chorumgang triforiumartig angelegten Oratorium. An der Ostseite (das Bauwerk ist infolge der Lage des Bauplatzes zur Stadt umgekehrt orientiert) ist eine geschlossene Vorhalle angeordnet, darüber die Orgelempore zwischen zwei je 96 m hohen Türmen mit durchbrochenen Steinhelmcn. Drei mit figuralem und ornamentalem Schmuck reich gezierte Portale führen von der Hauptfront in das Kircheninnere. Dieses ist mit Kreuzgewölben zwischen Steinrippen überspannt, die Gewölbekappen, Rippen und Kapitale sowie auch zahlreiche vertikale Wandteile, namentlich im Chor und Umgang, ornamental und figural reich bemalt und vergoldet, die Fenster mit Glasgemälden ausgestattet. (Führich, Laufberger, Trenkwald u. a. haben bei der farbigen Ausstattung mitgewirkt.)

Das durchwegs aus Stein (Wöllers- dorfer, Brunner und Mühlendorfer Stein) ausgeführte Äußere zeigt das reduzierte französische Kathedralensystcm in der ge- reiften Form des 14. Jahrhunderts. Die steilen Dächer des Hochschiffes und der Kapellen sind mit Schiefer, die der Seiten- schiffe und des Chorumganges mit Blei eingedeckt. Mit demselben Materiale ist auch das Sanktustürmchen über der Vie- rung verkleidet. Die lichte Länge der Kreuzflügel beträgt 48 m, die lichte Breite des Langhauses 28-8m, die Höhe des Mittelschiffes und der Kreuzflügel 28-5 m, der Vierung 32 m. Die Baukosten beliefen sich auf 6,233.000 K, die Gesamtkosten einschließlich der inneren Ausstattung auf 8,07 1.000 K.

Eine Gruppe von vier Kirchen, in den Jahren 1860 1875 erbaut, kann am besten im Zusammenhang bespro- chen werden, da sie vom gleichen Meister entworfen, auch hinsichtlich des Baumateriales es sind durchwegs Backsteinbauten mit mehr oder min- der sparsamen Werkstcingliederungen Abb- U7' ««rkirche zu AUierchenfeid. einander nahe verwandt erscheinen und für eine Reihe späterer, von Schülern des Meisters erbauten Kirchen vorbildlich wurden.

') Klasen. Grundrißvorbilder, S. 1394. Die Votivkirche in Wien. Denkschrift des Baukomitecs von Dr. M. Thausing. Verlag von R. v. Waldheim, Wien. Wiener Monumentalbauten. Allgemeine Bauzeitung. 1S79, 1SS6. K. Weiß, Alt- und Ncu-Wicn. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. Harte!, Modern: Kirchenbautcn. Verlag von E. Wasniuth, Berlin.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

77

Die älteste der Reihe, die

Lazaristenkirche (Abb. 101, 121, 127)1)

in der Kaiserstraße, VII. Bezirk, wurde von dem damals erst kürzlich nach Wien übersiedelten Meister Friedrich von Schmidt in den Jahren 1860—1862 als dreischiffige Hallenkirche mit Rundpfcilcrn und vor- gelegten Diensten erbaut. Der 68 m hohe Turm er- hebt sich über der Vierung und geht in der Firsthöhe aus dem Viereck in ein Acht- eck über. Die Detailbildung des Inneren wie des Äuße- ren, namentlich das beschie- ferte Sanktustürmchen stehen noch ganz unter dem Ein- flüsse der rheinischen Schule. Bemerkenswert sind der ganz aus Stein hergestellte Hoch- altar, die Kanzel sowie die 14 Leidensstationen an den Wänden. Die Kirche hat eine äußere Länge von 59 m, eine Breite von 36 m und eine Mittelschiffhöhe von 19 m. Die Baukosten betrugen rund 500.000 K.

Dieser in der Erbauungs- zeit zunächst steht die

Pfarrkirche zu St. Othmar

(Abb. 102, 128)2),

III. Bezirk, von Schmidt in den Jahren 1866—1873 er- richtet, eine kreuzförmige, dreischiffige Basilikaanlage mit Querschiff, die Kreuzarme und das Chorhaupt mit 5/s-Schluß, an der Vorder- front ein secheckiger, 759 m hoher Turm über einer offe- nen Vorhalle. Der reichen

Grundrißgliederung ent- spricht ein stark silhouettier- ter wirkungsvoller Aufbau. Die größte Länge beträgt 75 m, die größte Breite 39 m. Die Baukosten dieser in ^Ziegelrohbau ausgeführten

Kirche einschließlich der Abb. 118. Portal der Pfarrkirche zu Altlerchenfeld.

inneren Ausstattung betrugen

1,200.000 K. Die Wandmalereien sind von F. und C. Jobst, die Statuen von Melnitzky ausgeführt.

') K. Weiß, Alt- und Neu-Wien, 1864. E.W in kler. Technischer Führer durch Wien. 1873. Kl äsen, Grund riß Vorbild er. S. 1357. '-) Klasen, Grundrißvorbilder. S. 1359 bis 1361. Förstersche Bauzeitung. 1881. K. Weiß, Alt- und Neu-Wien. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien.

78

Gebäude für Kultuszwecke.

Die volle Meisterschaft des Künstlers zeigt sich in der

Pfarrkirche in der Brigittenau (Abb. 103, 129)1),

welche Schmidt in den Jahren 1867 1873 mit knapp bemessenen Geldmitteln erbaute. Sie zeigt eine qucrschifflose, dreischiffige Basilikaform mit * 1(J-Chorschluß und Umgang; die Hauptfront ist zweitürmig, das Langhaus durch Schwibbogen in sechs Joche geteilt; zwischen den Bogen befindet sich die bemalte Holzdecke in der Form eines Satteldaches. Die Seitenschiffe sind mit pultdachartigen Holzdecken ausgestattet, das Innere der Kirche durchwegs bemalt. Die Fresken und Polychromierung sind von den Brüdern Jobst, der figurale Schmuck von F. Erler ausgeführt. Von ganz besonderem Reiz ist die Chorpartie dieses hauptsächlich auf malerische Wirkung abzielenden Bauwerkes. Die Schiffhöhe beträgt 19 m, die Mittelschiffbreite 9'5 m, die größte Länge 60 m, die größte Breite 31 m. Die Baukosten beliefen sich auf 600.000 K.

Grundrißlich die interessanteste der vier Kirchen ist wohl die

Pfarrkirche in Fünf- haus (Abb. 104 und Tafel VI)'2),

erbaut 1867— 1875 von Schmidt, ein Ziegelroh- bau in gotischen For- men, dessen ungewöhn- liche zentrale Grundriß- gestalt durch den tra- pezförmigen Bauplatz bedingt war.

Der Hauptsache nach besteht der Bau aus einem achteckigen, mit Klostergewölben überdeckten Mittelraum von 175 m Durchmes- ser, einem 5 m breiten Umgang von verdop- pelter Seitenzahl, zwi- schen dessen Strebe- pfeilern abwechselnd platt und polygonal geschlossene Kapellen angelegt sind, einem nach sechs Seiten des Achteckes geschlosse- nen, von einem Kapel- lenkranz umzogenen Chorund einervonzwei diagonal gestellten Tür- men flankierten Vor- halle. Nach außen mar- kiert sich der Zentral- raum durch einen aus dem Vierundzwanzigeck konstruierten Kuppelbau mit Dachreiter, dessen Silhouette durch die zwei niedriger gehaltenen Frontaltürme und die reich gegliederten Auf- bauten des Umganges, des Strebesystems und des Chorschlusses wirkungsvoll begleitet wird.

') Försters Allgemeine Bauzeitung. 1882. Zeitschrift des Osterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S69. Klasen, GrundriUvorbilder. S. 1358. Baukundc des Architekten. Bd. II. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. Harte), Moderne Kirchenbauten. Verlag von E. Wasmuth, Berlin.

-) Klasen, GrundriUvorbilder, S. 1401 f., Abb. 1791 ff. Försters Allgemeine Bauzeitung. 1875. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1871. Bauindustrie-Zeitung. 1S92. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien.

Abb. 119. Inneres der Pfarrkirche zu Altlerchenfeld.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

79

Auch bei dieser Kirche ist Zicgelfugenbau für die glat- ten Flächen verwendet; für Gliederungen und Architektur- teile kam jedoch auch Hau- stein in größerem Ausmaße zur Verwendung. Die größte Höhe beträgt 67 m, die größte Länge 56 m, die größte Breite 38 m. Die Baukosten beliefen sich auf 1,170.000 K.

Im Sinne und unter sicht- barer Beeinflussung des Mei- sters Schmidt wirkt eine An- zahl Schüler und schafft für die stets anwachsende Stadt eine Reihe von Kirchen, unter denen jene des Baurates Ri- chard Jordan, als die Schmidt- sche Schule am deutlichsten verratend, zunächst genannt werden sollen.

Nächst der 1881 1882 erbauten kleinen

Pfarrkirche von Hütteldorf

(Baukosten 184.000 K), der in- teressanten dreiteiligen Ka- pelle im Kloster der Do- minikanerinnen in Hak- king(erbaut 1885— 1886, Bau- kosten 64.000 K) (Abb. 105), der Klosterkapelle der Frauen der göttlichen Liebe, III., Jacquingasse (er- baut 1890—1891, Baukosten 1 20.000 K) und einer statt- lichen Reihe anderer größerer und kleinerer kirchlicher Ob- jekte baute Jordan 1898 bis 1901 auch die

Klosterkirche der Karme- liter! (Abb. 106 und 125),

Abb. 120. Votiv-(Heilands-)Kirche, südliches Querschiff.

XIX., Silbergasse, eine große, dreischiffige, zweitürmige An- lage in Ziegelrohbau (Bau- kosten 690.000 K). Von demselben Architekten wurde 1887—1889 die

Redemptoristenkirche in Hernais (Abb. 107 und 126) !)

erbaut. Dreischiffige, querschifflose Gewölbbasilika mit einbezogenen, platt geschlossenen Kapellen bildendem Strebesystem, 5/$-Chorschluß, die sechs Joche des Haupt- und der Seitenschiffe mit

') Zeitschrit des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1889. Bauindustrie-Zeitung. 1889.

80

Gebäude für Kultuszwecke.

gratigen Kreuzgewölben überdeckt. An der Hauptfront eine geschlossene Vorhalle mit Trcp- penanlagen zu beiden Seiten, die zu der großen Orgelbühne emporführen. An der Nordseite ein unten quadratischer, oben achteckiger Glocken- turm. Ziegelfugenbau mit Hausteingliederung. Größte Länge 48 m, größte Breite 35 m. Höhe des Mittelschiffes 20"6 m. Baukosten 500.000 K. Auch die

St. Leopolds-Pfarrkirche in Gersthof

(Abb. 108)

wurde 1888 1891 von Richard Jordan errichtet; eine dreischiffige, querschifflose Hallenkirche mit stark überhöhtem Mittelschiff, 5/|h-Chorschluß und quadratischem Frontalturm, Ziegelfugenbau mit Hausteingliederung. Größte Länge 49 m, größte Breite 35-5 m. Baukosten 290.000 K.

Den Bahnen Schmidts folgt auch der Archi- tekt Oberbaurat Karl Schadn mit seiner

Pfarrkirche in Rudolfsheim (Abb. 109)'),

XIV., Kardinal Rauscher-Platz. Eine querschiff- lose, dreischiffige Gewölbbasilika mit 5/s-Chor-

schluß und quadratischem

Abb. 122. Kirche zur hl. Familie im XVI. Bezirke.

75 m

Abb. 121. Lazaristenkirche im hohem VII. Bezirke.

Turm

an der Seite. Die mit dem Pfarrhaus zu einer hübschen Gruppe vereinte Kirche ist als Ziegelfugenbau mit sparsamer Werksteingliederung auf mas- sivem Steinsockel ausgeführt. Größte Länge 5065 m, größte Breite 26 m, Mittelschiffhöhe 215m. Baukosten der Kirche mit der inneren Ausstattung 760.000 K.

Kaiser Franz Josef -Jubi- läumskirche in Wien

(Abb. 110 und 130)'2),

II., Erzherzog Karl-Platz, zum Andenken an das Regierungs- jubiläum des Kaisers Franz Josef und an die verewigte Kaiserin Elisabeth im Jahre 1900 gegründet und nach den im Wettbewerb mit dem ersten Preis ausgezeichneten Plänen des inzwischen verstorbenen Prof. Viktor Luntz, eines Schü- lers und langjährigen Mitarbei- ters Fr. Schmidts (jetziger Bau- leiter Baurat August Kirstein), im Baue begriffen.

') Allgemeine Bauzeitung. 1901. -) Siehe auch Abb. S in der Ein- leitung d. B.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

81

Abb. 123. Inneres der St. Antonius-Kirche im X. Bezirke.

Dreischiffige, romanische Gewölbbasilika mit Querschiff, rundem Chorschluß und Chor- umgang, nördlich vom Chor die Kaiserin Elisabeth-Kapelle, südlich die Sakristei. Das drei- jochige Langhaus sowie das Querschiff ist mit Kreuzgewölben überspannt, der Chor mit einem kuppelartigen Rippengewölbe, die Kaiserin Elisabeth-Kapelle mit einer Pendentifkuppel über- deckt. Die Westfront wird von zwei Türmen flankiert, während sich über der Kreuzung von Langhaus und Querschiff ein Vierungsturm erhebt. Das Äußere ist ganz mit Sandstein ver- kleidet, die Dächer mit Ziegeln gedeckt. Größte innere Länge 68 m, größte innere Breite 41m, lichte Höhe des Hauptschiffes 21m. Die Baukosten sind mit rund 2,000.000 K ver- anschlagt.

Auch die

Kirche zum heiligsten Herzen Jesu

(Kaisermühlen, Schüttauplatz) wurde von Viktor Luntz erbaut. Es ist dies eine querschifflose dreischiffige Basilikaanlage mit halbrunder Apsis in den Formen italienischer Frührenaissance.

Die Pfarrkirche zur hl. Familie in Ottakring (Abb. 111, 122) l),

XVI., Wattgasse. Eine gotische, dreischiffige Hallenkirche mit 15 m breitem Mittel- und 4 m breiten Seitenschiffen, 1894 1898 von dem Architekten Oberbaurat Alexander von Wielemans und Baurat Theodor Reuter (ebenfalls Schüler Schmidts) erbaut; Ziegelfugenbau mit zwei 68 m hohen Frontaltürmen. Zu beiden Seiten des Presbyteriums befinden sich Sakristei und Taufkapelle, durch einen chorumgangartigen Korridor miteinander verbunden. Größte Breite 23-5 m, größte Länge 6L5 m, lichte Mittelschiffhöhe 21m. Baukosten 800.000 K.

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 18 Bd. II.

82

Gebäude für Kultuszwecke.

Pfarrkirche zum hl. Franziskus (Abb. 112, 131) l),

in Breitenfeld, Gürtelstraße. Eine dreischiffige, kreuzförmige, basilikale Anlage mit 13 m breitem Mittel- und 320 m breiten Seitenschiffen, halbrunder Apsis und einer offenen Vorhalle zwischen zwei 56 m hohen Frontaltürmen, als Ziegelfugenbau 1894 1898 von Alexander von Wielemans in den Formen lombardischer Frührenaissance erbaut; zu Seiten der Kreuzflügel sind Sakristei, Tauf- und Traukapelle angeordnet. Die größte Länge beträgt 60 m, die größte Breite 2L6m, lichte Mittelschiffhöhe 20 m. Baukosten 712.000 K.

Kirche in Breitensee, Wien XIII. (Abb. 113),

vom Stadtbaumeister L. Zatzka und Architekten E. Zotter 1895 1898 erbaut. Dreischiffiges Langhaus mit Querschiff, Chor und Kreuzarme nach fünf Seiten des Achteckes geschlossen, Frontalturm von 63 m Höhe und zwei Sakristeien am Chorumgang. Ziegelfugenbau mit sparsamer Verwendung von Sandstein für die Architekturteile. Größte Länge 575 m, lichte Höhe 20 m, Fassungsraum 1600 2000 Personen, Baukosten ohne innere Einrichtung zirka 400.000 K.'2)

St. Antonius-Kirche in Favoriten (Abb. 114, 123, 124)3),

1896—1900 von Schmidts, erbaut.

Baurat Franz v. Neumann, einem Schüler und langjährigen Mitarbeiter Eine kreuzförmige Anlage mit halbkreisförmig geschlossenen Kreuzarmen

Abb. 124. Pfarrkirche zum hl. Antonius im X. Bezirke.

und Chorhaupt, Vierungskuppel von 295 m lichter Höhe über dem Kreuzmittel, in gebung an die lombardisch-venezianischen Kirchen des Mittelalters, namentlich an

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S96 und 1901.

!) Verwaltungsbericht des Bürgermeisters 1896— 1S9S. Wiener Bauindustriezeitung. 1899 1900.

■'') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1900.

der Form- st. Markus

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel VI.

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Pfarrkirche zu Fünfhaus.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

83

Abb. 127. Lazaristenkirche, VII., Kaiserstraße.

Abb. 128. St. Othmar (unter den Weißgerbern) im III. Bezirke.

6*

84

Gebäude für Kultuszuecke.

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Abb. 129. Pfarrkirche in der Brigittcnau.

Abb. 130. Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche im II. Bezirke.

Abb. 131. Brcitcnfeldcr Kirche

Abb. 132. Canisiuskirche im IX. Bezirke.

Katholische Kirchen des 19. und 20. Jahrhunderts.

85

in Venedig und St. Antonius in Padua anknüpfend. Die Hauptfront zeigt eine große, zweigeschossige, offene Vorhalle und zwei kampanileartige Flankierungstürme. Neben dem Presbyterium liegt einerseits die Trau- und Taufkapclle, anderseits die Sakristei. Ziegelfugenbau mit sparsamer Werk- steinglicderung; die außen 525 m hohe Vicrungskuppel und die Türme sind mit Kupfer eingedeckt. Der Innenraum ist stark farbig gehalten. Wände und Pfeiler mit Stucco lustro überzogen, die Gewölbeflächen mit Malereien auf Goldgrund geschmückt. Größte Länge 64-9 m, größte Breite 423 m. Auch die im Bau begriffene

Pfarrkirche in Floridsdorf

wird nach den Entwürfen des kürzlich verstorbenen Baurates Franz von Neumann ausgeführt. Eine dreischiffige, querschifflosc Hallenkirche mit sehr tiefem, ä/io geschlossenem Chor, Sakristei und Taufkapelle zu beiden Seiten desselben und mächtigem Frontalturm über einer offenen Vorhalle der Hauptfassade.

Von dem jüngeren Bruder des Vorgenannten, dem Architekten Gustav von Neumann, gleichfalls einem Schüler Schmidts, wurde die

Canisiuskirche (Abb. 115, 132)

(IX., Lustkandlgasse) 1899 1903 erbaut. Einschiffige Gewölbkirche mit schmäleren, halbrund geschlossenen, kurzen Kreuzarmen, tiefem, ins Kirchen- innere einbezogenem, beiderseits je drei Kapellen bildendem Strebesystem, halbkreisförmiger Apsis und Chorumgang; dreitürige Vorhalle zwischen zwei 85 m hohen Frontaltürmen. Unter dem Chor und Kreuzschiff eine sehr große Unterkirche. Das Kreuzmittel wird durch einen dachreiterartigen Vierungsturm markiert. Das Äußere ist reich silhouettiert und gruppiert,

Steinbau mit bunten Ziegeldächern in den Formen des rheinischen Übergangsstiles. Größte

Länge 60 m, größte Breite 22 m. Baukosten 800.000 K.

Von demselben Künstler rührt auch der Entwurf zur Allerseelenkapelle in Währing

(Hauskapelle der Soeurs Auxiliatrices der armen Seelen, XVIII., Martinstraße 81) und zu der

noch im Bau befindlichen Herz Jesu-Kirche mit Nonnenkloster im III. Bezirke her.

Außerhalb dieser von Schmidt und seinen Schülern erbauten Gruppe von Kirchen

steht die

Elisabethkirche (Abb. 133)'),

am Karolinenplatz im IV. Bezirke, 1860 1866 vom Oberbaurate im Ministerium des Innern J. Bergmann erbaut, eine dreischiffige, kreuzförmige Hallenkirche mit überhöhtem Mittel- und Querschiff, polygonal geschlossenem Chor und einem massigen, 66'3 m hohen Frontalturm auf quadratischer Basis. Ziegelfugenbau mit teilweiser Verwendung von Haustein. Größte Länge 64-5 m, größte Breite 28"9m, Mittelschiffhöhe 19 m. Baukosten 800.000 K. Von demselben Architekten wurde auch die ältere

Pfarrkirche in Favoriten,

Keplerplatz, erbaut. Dreischiffige, kreuzförmige Basilika mit gewölbten Kreuzflügeln und Seitenschiffen, gerader Decke im Mittelschiff und zwei Türmen zu beiden Seiten des Presby- teriums. Putzbau in einfachen, etwas trockenen Renaissanceformen, mit allen Merkmalen einer allzuweit getriebenen Bäuökonomie.

Abb. 133. Elisabethkirche.

') K. Weiß, Alt- und Neu-Wien. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien.

Max von Ferstel.

86

Gebäude für Kultuszwccke.

IV. EVANGELISCHE KIRCHEN.

Abb. 134. Evangelische Kirche A. C, I., Dorotheergasse.

Abb. 137. Evange- lische Kirche im XVIII. Bezirke.

Abb. 136.

Evangelische Kirche,

VI., Gumpendorfcrstraße.

Abb. 138.

Abb. 135. Evangelische Kirche Evangelische Kapelle am

H. C, [., Dorotheergasse. Matzleinsdorfer Friedhof.

Grundrisse von evangelischen Kirchen. Maßstab 1:1000.

Abb. 140. Turm der evangeli- schen Kirche im XVIII. Bezirke.

Jahre 1876 durch Architekt Thienemann vorgenommen. Als Kunstwerk bemerkens- wert ist das alte Altarbild von Lindner.

Anstoßend an die Evangelische Stadt- kirche A. C. befindet sich die Helve- tische Kirche (Abb. 135, 139), welche im Jahre 1784 nach dem Entwürfe des Hofarchitekten Nigelli im Stil spätitalieni- scher Renaissance (mit flach eingedeckten Kuppeln) erbaut wurde. Ein großer Um- bau im Inneren und Äußeren dieser Kirche wurde im Jahre 1893 durch den Archi- tekten Sowinski durchgeführt, welcher insbesondere die Fassade der Kirche ganz umwandelte und dieselbe in vornehmem Barockstil mit einem graziösen, formvoll- endeten Turmaufbau adaptierte.

Die zweite größere Evangelische Kirche A. C. (VI., Gumpendorfcrstraße) (Abb. 136) wurde in den Jahren 1846 bis 1849 von den Architekten L. Förster und Th. Hansen erbaut. Sie besteht aus einem mit einem halbkreisförmigen Tonnen- gewölbe überdeckten Langhaus und aus zwei schmalen Seitenschiffen, welche durch acht nach innen gelegte Strebepfeiler, die das große Mittelgewölbe stützen, unter- brochen sind. In diesen Seitenschiffen sind je zwei übercinandergelegene Em- poren (welche im Parterre auf eisernen Säulen ruhen) eingebaut. Gegen Süden ist eine hohe, halbkreisförmige Altarnische und an der Nordscitc eine geräumige Orgcl-

Die Evangelische Stadt- kirche A. C. in der Dorotheer- gasse (Abb. 134) war früher eine katholische Klosterkirche, „St. Maria Königin der Engel", welche im Jahre 1582 von der Königin Elisa- beth, Tochter Kaiser Maximilians II., erbaut wurde. Nach Aufhebung des Klosters im Jahre 1782 ging die Klosterkirche samt Nebenge- bäuden in den Besitz der Evan- gelischen Gemeinde A. C. über, welche dieselbe zweckentspre- chend umgestaltete. Eine größere und vollständigere Restaurierung der Kirche wurde dann erst im

Abb. 139. Evangelische Kirche H. C. theergasse.

I., Doro-

Synagogen, griechische und russische Kirchen.

87

galcrie angelegt. Die Kirche hat keinen Turm und ist im Inneren und Äußeren in romanischem Stil mit by- zantinischen Anklängen (wie dies Hansen gern getan hat) durchgeführt.

Eine dritte Evangelische Kirche befindet sich im XVIII. Bezirke, Martinstraße (Abb. 137 und 140). Diese Kirche wurde in den Jahren 1896—1898 gleichzeitig mit den die Kirche umschließenden zwei Wohn- häusern und dem Pfarrhaus nach den Plänen und unter der Leitung der Architekten Theodor Bach und Ludwig Schöne erbaut. Die Kirche ist im Inneren und Äußeren im gotischen Stil durchgebildet und enthält ein- schließlich der Galerien 680 Sitz- plätze. Der Turmhclm ist massiv gemauert und mit glasierten Form- ziegeln gedeckt.

Als vierte Evangelische Kirche ist seit dem Jahre 1899 die bisherige Kapelle am Matzleinsdorfer Friedhof in Verwendung (Abb. 138 und 141). Diese reizende kleine Kirche wurde im Jahre 1858 nach den Plänen Th. Hansens für die Evangelische Gemeinde erbaut und im Jahre 1898 im Inneren adaptiert und mit Galerien versehen, wodurch Raum für 275 Sitzplätze und 225 Stehplätze ent- stand. Der Grundriß dieser Kirche, welche in byzantinischer Stilrichtung durchgeführt ist, bildet eine latei- nische Kreuzform mit anschließender Apsis. Der Bau ist in wirkungsvoller Weise in Ziegel- rohbau durchgeführt, mit einem stattlichen, runden Kuppelaufbau über dem mittleren Quadrat. Das Innere der Kapelle ist in stilgerechter, vornehmer Weise ausgemalt.

Abb. 141. Evangelische Kapelle auf dem Friedhof in Matzleinsdorf.

Literatur.

Die evangelische Kirche von Förster und Hansen. Kirche Dorotheergasse. Allgemeine Bauzeitung. 1893.

Allgemeine Bauzeilung. 1S49. Sowinski, Umbau der evangelischen

L. Schöne.

V. SYNAGOGEN, GRIECHISCHE UND RUSSISCHE KIRCHEN.

Es ist eine bekannte Tatsache, daß schon zu Zeiten der Römer in Wien jüdische An- siedler waren; doch ist über Ort und Lage der Quartiere nichts bekannt, auch nichts über ihre damaligen Kultusstätten. Über die Juden im Mittelalter weiß man schon mehr und Näheres, insbesondere kennt man auch die ungefähre Lage ihrer Synagoge, von der allerdings keinerlei Rest geblieben ist. Ende des 14. Jahrhunderts befand sich am Judenplatz eine Synagoge, welche nach der Vertreibung der Juden 1421 abgetragen wurde. Am Kienmarkt, nächst dem Hohen- markt, stand jene Synagoge, welche 1615 durch Kaiserin Eleonore zum Kloster der Karmeliten einbezogen wurde. Im Jahre 1670 wurde an der Stelle der Synagoge in der Leopoldstadt, damals „Am Werd" genannt, die Leopoldskirche erbaut. Erst vom Anfang des 19. Jahrhunderts kann auf eine noch bestehende Synagoge hingewiesen werden. Es ist dies

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Gebäude für Kultuszwecke.

Die Synagoge I., Seitenstettengasse 4 (Abb. 142. 158).

Sie wurde 1824 nach den Plänen des Architekten Josef Kornhäusel erbaut und 1826 einge- weiht und befindet sich im Hofe des Kultusgemeindehauses, durch welches der Zugang; stattfindet.

Abb. 142. Synagoge I., Seiten- stettengasse.

Abb. 143. Synagoge II., Tempelgasse.

Abb. 144. Synagoge XV., Turnergasse.

Abb. 145. Synagoge XVI., Hubergasse.

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Abb. 146. Synagoge XVIII., Schopen- hauerstraße.

Abb. 147. Synagoge VI., Schmalzhofgasse.

Abb. 149. Synagoge VIII., Neudeggergasse.

Abb. 150. Synagoge X., Humboldtgasse.

Abb. 148. Synagoge IX., Müllncrgasse.

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Abb. 151.

Synagoge II.,

Leopoldsgasse.

Abb. 152. Synagoge II., Zirkusgassc.

Abb. 153. Serbische Kirche, Abb. 154. Kirche der III., Veithgasse. nichtunierten Griechen,

I., Fleischmarkt.

Maßstab 1:1000.

Abb. 155.

Kaiserlich russische Kirche

im III. Bezirke.

Abb. 156.

Kirchederunier-

ten Griechen,

I., Postgasse.

Entsprechend der zur Verfügung gestandenen Bauarea wurde zur Grundform eine Ellipse gewählt. Am westlichen Ende der großen Achse ist die Vorhalle, am östlichen Ende die Bundcslade ange- ordnet. Eine große Kuppel, mit einer Laterne für die Beleuchtung, überdeckt den ganzen Raum. Die zwei übereinanderbefindlichen Galerien für die Frauen werden von ionischen Säulen getragen. Das Ganze ist im Empirestil gehalten und macht einen feierlich ie der nichtunierten würdigen Eindruck. Das Innere wurde im Jahre 1895 unter Leitung

Griechen, I., Hafnersteig.

des Architekten Stiaßny renoviert.

Synagogen, griechische und russische Kirchen.

89

Die Synagoge IL, Tempelgasse 5 (Abb. 143, 159, 160)

wurde von Ludwig- von Förster in den Jahren 1S53 1858 erbaut. Der Orientierung; nach Osten wegen wurde sie in die Mitte zwischen zwei Höfen gebaut; rechts und links von denselben befindet sich je ein der israelitischen Kultusgemeinde gehöriges Wohnhaus.

Die Synagoge zeigt von außen einen Ziegelrohbau in den arabischen Architekturformen. Sie ist im Grundriß dreischiffig und hat einen Fassungsraum von über 2000 Sitzplätzen, wo- von etwa die Hälfte im Parterre (für Männer) und die anderen auf zwei Galerien (für Frauen) untergebracht sind. Als Träger für die Galerien dienen gußeiserne Pfeilerbündel. Die Decken- konstruktionen für die Galerien sind aus Holz. Im Jahre 1898 wurde der ganze Innenraum neu ausgeschmückt, die Gasbeleuchtung durch elektrisches Licht ersetzt und die Ausschmückung unter Leitung des Architekten W. Stiaßny stilgemäß unter reichlicher Anwendung von Gold und Farben bewerkstelligt. ')

Die nun folgenden drei Synagogen fielen der Gemeinde anläßlich der Einverleibung' der Vororte mit Wien zu, es sind dies:

Die Synagoge XV., Turnergasse 22 (Abb. 144),

1871 1872 von Professor Karl König erbaut, ein Putzbau im Renaissancestil. Die Hauptfront mit den Eingängen tritt hinter einem Vorgarten zurück. Während die Südseite sich in der Flucht der Dingelstedtgasse befindet, begrenzt die Nordseite den Hof des zugehörigen Gemeindehauses. Die Ostseite grenzt an ein Nachbargebäude. Die Synagoge ist von drei Seiten frei. Der Grundriß der Synagoge zeigt wohl im Parterre eine dreischiffige Anlage, wobei die Breite des Mittelschiffes weit überwiegend ist gegen jene der Seitenschiffe, doch ist die Anlage nicht im Sinne der Basiliken ausgebildet, denn die schlanken Eisensäulen, welche die Bestim-

') Nähere Details siehe: Allgemeine Bauzeitung. 1859. Kisch, Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten, vorbeschriebenen Synagogen sind aus Mitteln der Wiener israelitischen Kultusgemeinde erbaut.

Beide

Abb. 158. Inneres der Syr.agogc I., Seitenstettengasse.

90

Gebäude für Kultuszveecke.

tnung haben, die Frauenemporen zu tragen, haben keine weitere Fortsetzung nach oben, die Decke schwebt vielmehr über der ganzen Weite des Raumes. Dieselbe ist reich gegliedert und stilgemäß bemalt. Die Bundeslade von Holz hat die Form eines reich entwickelten

Abb. 159. Portal der Synagoge II., Tempelgasse.

Abb. 160. Synagoge II., Tcmpelgasse.

Portikus. Der ganze mit vielem Geschick und Geschmack hergestellte Innenraum wurde leider durch später von fremder Seite angeordnete und eingesetzte bunte Glasfenster verunziert. Der Fassungsraum weist 496 Sitze für Männer im Parterre und 333 Sitze für Frauen in den Galerien auf.

Die Synagoge XVI., Hubergasse 8 (Abb. 145)

wurde in den Jahren 1885 1886 nach den Plänen des Architekten Ludwig Tischler erbaut. Von drei Nachbargebäuden umschlossen, wurde sie durch Höfe von jenen losgelöst. Durch drei Ein- gänge von der Straße gelangt man in die Vorhalle und von dieser in den Betraum mit 406 Männer- sitzen. Die Anlage ist dreischiffig; als Träger der Galerien und der Mittelschiffwände dienen ge- mauerte Pfeiler, die sich in zwei Etagen übereinander aufbauen. Die Decken sind in Holzkonstruk- tion und flach. Die Galerien enthalten 266 Frauensitzc. Das Innere ist polychrom behandelt. Die Gassenfassade ist teils in Putz, teils mit Verklcidungsziegeln ausgeführt. Das Mittelschiff ist in derselben durch einen Risalit zum Ausdruck gebracht, der mit einem Giebel abgegrenzt ist.

Die Synagoge XVIII., Schopenhauerstraße 39 (Abb. 146),

erbaut nach den Plänen des Architekten Jakob Modern in den Jahren 1888 1889, befindet sich im Hofe des obcnbezcichncten Hauses. In ihrer Anlage ist sie eine Basilika mit flachen Decken. Die Tra»säulen in zwei Etagen übereinander sind von Gußeisen. Man o-eianol durch drei

Synagogen, griechische und russische Kirchen.

91

92

Gebäude für Kultusz.uecke.

Eingangstüren in eine geräumige Vorhalle und von dieser in den Bctraum, der 328 Män- nersitze enthält. Rechts und links von der Vorhalle sind die Treppen angelegt, die zu den Frauengalerien führen, welche 176 Sitze enthalten. Das Allerheiligstc ist teil- weise in rechteckiger Grundform ausge- baut. Die Chorbühne befindet sich oberhalb der Bundcslade. Der ganze Raum ist in ara- bischem Stile bemalt. Die sichtbare Fassade ist mit gewöhnlichen Mauerziegeln in Roh- bau ausgeführt. ')

Die nun folgen- den Synagogen sind nicht Eigentum der Wiener israelitischen Kultusgemeinde, son- dern durch Vereine errichtet worden.

Synagoge VI., Schmalzhofgasse 3

(Abb. 147, 162).

Dieselbe wurde vom Architekten Max Fleischer 1883—1884 erbaut und befindet sich im großen Hofe

des ehemaligen Schmalzhofcs: sie ist auf drei Seiten frei- stehend, mit der Nordseite an den Nachbar grenzend. Im gotischen Stile durchgeführt, zeigt dieselbe in der Grundform eine dreischiffige Anlage mit nach Osten ausgebautem Sanktuarium in halbem Achteck. Der Parterrebetraum faßt 322 Männersitze, die Galerien 236 Frauensitze. Der Querschnitt zeigt eine Basilika mit Emporen. Die feuersicheren Decken sind kassettiert.

Die Fassaden sind ohne jede Verwendung von Bildhauerarbeit im Ziegelrohbau durch- geführt. Der Innenraum, der auch auf jeden bildnerischen Schmuck verzichten mußte, ist in Ölfarben bemalt, die Fenster sind in bunter Bleivcrglasung durchgeführt. Alle Räume werden abends durch Aucrlicht beleuchtet, eine Luftheizung dient für die kalte Jahreszeit. Die Syna- goge besitzt eine Orgelbühne.2)

Abb. lo3. Türkisch-israelitische Synagoge, II.. Zirkusgasse; Yorhof.

Die Synagoge der türkisch-israelitischen Gemeinde, II., Zirkusgasse 22 (Abb. 152, 163),

wurde nach Plänen des Architekten Hugo von Wicdcnfcld in den Jahren 1885 1S87 im mau- rischen Stile erbaut. Man gelangt von der Straße durch einen architektonisch ausgestatteten

') Försters Bauzeitung. Jahrgang 1S9J. :) Bautechniker. Jahrgang IV, Nr. 40.

Synagogen, griechische und russische Kirchen.

93

Vorhof zu den Eingängen der Synagoge. Das Gebäude ist zwischen Nachbarhäusern ein- gebaut und zeigt nach der Gasse eine in Stein mit rei- chem Schmuck und Vergol- dung ausgeführte Fassade. Durch ein Vestibül gelangt man zur Vorhalle und in den Betraum. Dieser ist im Grund- riß ein Quadrat und enthält 314 Sitze. Außerhalb und entlang der Seitenwände des- selben, die durch Bogen- stellungcn unterbrochen sind, ziehen sich zwei Arkaden, die eine Verbindung mit dem Hinterhof herstellen. Die Ga- lerien umziehen auf drei Seiten den Betraum und bieten Platz für 100 Sitz- und 250 Steh- plätze. Gegenüber dem Aller- heiligsten ist die Orgelempore. Auf den 17 m hohen Um- fassungsmauern ruht die 12 m hohe achteckige Kuppel, wel- che mit einer Laterne und großen Oberlichtfenstern ver- sehen ist. Die Bundeslade sowie ein großer Teil des ganzen Raumes ist mit Marmor verkleidet, mit Stuck plastisch verziert und mit Gold und Farben ausgestattet. Die Abendbeleuchtung ist elek- trisch. Die Erwärmung im Winter geschieht durch eine Luftheizung. Im ersten Stock straßenseitig befindet sich ein Winterbetsaal mit 105 Sitzen.

Abb. 164. Griechische Kirche, I., Fleischmarkt.

Die Synagoge IX., Müllnergasse 21 (Abb. 148),

erbaut vom Architekten Max Fleischer 1888 1889, ist auf drei Seiten eingebaut. Die Ostseite befindet sich in der Müllnergasse. Der Haupteingang mußte mit Rücksicht auf diesen Umstand in das Haus Grüne-Torgasse Nr. 13 gelegt werden. Der Grundriß zeigt eine dreischiffige Anlage in Form einer Basilika, jedoch ohne Emporen, da die Frauensitze nicht wie üblich in Galerien, sondern in einem um sechs Stufen erhöhten Niveau untergebracht wurden. Der Männerraum faßt 322 Sitze; für die Frauen sind 248 Sitze vorhanden. Die aufragenden Mittelschiffwände, in welchen die großen Maßwerksfenster für das einfallende Licht angebracht sind, werden von je sechs Spitzbogengurten getragen, die auf gußeisernen Pfeilern ruhen. Die Decke des Mittelschiffes zeigt eine reichgegliederte Zierverkleidung aus getriebenem Zinkblech mit reicher Bemalung und Vergoldung. Die Fassade in der Müllnergasse ist ein gotischer Ziegel- rohbau mit einer gegiebelten Mittelpartie, die von zwei je 35 m hohen Türmen flankiert wird.

94

Gebäude für Kultuszwecke.

Abb. 165. Synagoge

in ein Vestibül

VIII., Ncudeggcrgasse.

und von diesem

Die Synagoge II., Leopoldsgasse 29 (Abb. 151. 161),

vom Architekten Wilhelm Stiaßny im Jahre 1893 in mauri- schem Stile erbaut, ist für den polnisch-jüdischen Ritus be- stimmt. Das Gebäude ist an drei Seiten eingeschlossen. Gassenseitig gelangt man zwischen zwei Flügclbautcn über einen kleinen Vorplatz zur Vorhalle und von dieser in den dreischiffig angelegten Männerraum, in welchem dem Ritus entsprechend der Al-Memar in der Mitte sich befindet. Der Betraum faßt 420 Sitze. Rechts und links von der Vorhalle führen die Treppen zu den Frauengalcrien, welche zusammen 217 Sitze enthalten. Auf den eisernen Parterresäulen erhebt sich eine gleiche Anzahl solcher Säulen, welche, durch Huf- eisenbogen verbunden, die Decken und Mittelschiffmauern tragen. Für die Bundeslade ist in der östlichen Apsidenwand ein gemauerter Ausbau in halbem Achteck. Das ganze Innere ist sehr reich dem Stil entsprechend bemalt. Die Fassade ist in Putz durchgeführt und mit plastischem Schmuck ver- schen. Über der Mittelpartie erhebt sich eine Kuppel mit turmartiger Endigung. ')

Die Synagoge X., Humboldtgasse 27 (Abb. 150)

wurde nach Plänen des Architekten J. Gärtner im Jahre 1896 auf einer unregelmäßigen Eckparzelle erbaut. Der Betraum bildet im Grundriß ein Quadrat und enthält 428 Sitze für Männer. Vier Kuppelständer von Quadranteisen, mit Stuck verkleidet, dienen als Träger für die Galerien, welche einen Fassungsraum von 277 Sitzen für Frauen haben. Die vier Ständer tragen in Dachhöhe die in Holz kon- struierte Vierungskuppel von oktogonaler Grundform. Durch drei Portale gelangt man von der Humboldtgasse in den Betraum. Das gesamte Innere ist mit Stuck verkleidet.

Die Synagoge XX., Kluckygasse 11,

erbaut vom Architekten J. Gärtner, ist von drei Seiten von Nachbargebäuden umschlossen und konnte nur mit ihrer Seitenfront zur Ansicht gebracht werden, welche sohin als Haupt- front entwickelt erscheint. Wegen der Orientierung nach Osten mußte der Haupteingang künstlich durch Vorlage eines Vestibüls in die Seitenfront verlegt werden. Im Parterre finden 372 Sitze für Männer ihren Platz. Vier gemauerte Pfeiler tragen die Galerien, welche 225 Sitze für Frauen enthalten.

Die Synagoge XI., Braunhubergasse 7,

nach Plänen des Architekten J. Gärtner im Jahre 1898 erbaut, befindet sich an der Kreuzung der Braunhuber- und Hugogasse und ist von drei Seiten freigestellt. Der eigentliche Betraum bildet im Grundriß ein Quadrat und faßt im Parterre 249 Sitze für Männer und in den Galerien, welche durch vier Säulen von Eisen mit Korkdielenvcrkleidung getragen werden, 133 Sitze für Frauen. Hinter den drei Haupteingängen in der Braunhubergasse ist ein Vor- raum, durch welchen man direkt in eine Vorhalle zum Männerraum und rechts und links zu den Galcriestiegen gelangt. Diese haben Balkendecken; die flache Decke über dem Hauptraum ist am Dachstuhl befestigt. Für das Heiligtum ist ein rechteckiger Ausbau in der Breite des Mittelraumes angeordnet. Die Fassaden sind in Putz, das Innere in Stuck durchgeführt.

Synagoge VIII., Neudeggergasse 12 (Abb. 149, 165).

Erbaut vom Architekten Max Fleischer 1903. Die in gotischem Stile gehaltene Architektur lehnt sich an die mittelalterlichen Backsteinbauten Norddeutschlands an, die zumeist auch ohne

') Försters Bauzeitung. 1S94.

Synagogen, griechische und russische Kirchen.

95

Anwendung von Stein- und Bildhauer- arbeit durchgebildet worden sind. Von der Vorhalle gelangt mau in den Be träum,

welcher durch Säulenreihen in drei Schiffe abgeteilt ist und 338 Männersitze faßt. Entsprechend der Breite des Mittelschiffes ist das Heiligtum ausgebaut, bestimmt zur Aufnahme der Bundesladc, welche die ganze Apsis ausfüllt. Oberhalb der Bundes- ladc befindet sich eine Votivtafel zur Er- innerung an Kaiserin Elisabeth. Der Quer- schnitt zeigt eine Basilika mit Emporen für die Frauengalerien, die zusammen 236 Sitze fassen. Zum Tragen der Galerien und der Mittelschiffwand dienen gußeiserne Säulen. Die Decken sind als Platzelgewölbe zwi- schcnTraversen konstruiert; diegroßeMittel- schiffdecke ist durch große Moniergurten in Felder abgeteilt. Bemerkenswert ist auch die ausgezeichnete Akustik des Raumes.1)

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Die serbische (griechisch-orthodoxe) Kirche St. Sava, III., Veithgasse 3

(Abb. 153),

wurde 1893 erbaut. Dem Umfange dieser Gemeinde entsprechend enthält der Bet- raum an der linken Längswand 22 Männer- sitze und rechts 22 Frauensitze; der ganze übrige Mittelraum ist frei. Abgegrenzt ist der Bet- raum nach Osten durch eine reich in Holz und Gold ausgeführte und mit Bildern ge- schmückte Ikonostase, hinter welcher sich der Altar in einem apsidenartigen Ausbau befindet, Rechts an der Ikonostase befindet sich der thronartig aufgebaute Bischofsitz.

Abb. 166. Russische Kirche, III., Richardgasse.

Die Kirche zur heil. Dreifaltigkeit der n. u. Griechen, I., Am Fleischmarkt (Abb. 154, 164).

Im Jahre 1858 wurde im Auftrage und auf Kosten des Freiherrn Simon von Sina der alte Bau2) nach den Plänen Theophil von Hansens umgestaltet und ihm insbesondere die neue Fassade gegeben. Der byzantinische Stil wurde gewählt, weil er sich für Gebäude des griechischen Ritus am besten eignet, auch die Fresken, von Professor Thiersch aus München, sind im veredelten byzantinischen Stile ausgeführt. Die Fassade ist im Rohbau. Die Bilder im mittleren Teil der Fassade sind von Rahl, im Vestibül von Bitterlich und Eisenmenger.3)

Die kaiserlich russische Kirche, III., Richardgasse 2 (Abb. 155, 166),

erbaut auf Grund des Projektes des Petersburger Architekten Professor Gregoire Kotow durch den Wiener Architekten Luigi von Giacomelli, enthält eine Ober- und eine Unterkirche. Letztere ist direkt von der Richardgasse zugänglich; zur Oberkirche gelangt man über eine monumental angelegte Treppe. Die Oberkirche hat einen Fassungsraum für 400 Personen und ist 2L20m hoch. Die mittlere Kuppel wird von vier Monolithsäulen aus rotschwedischem Granit getragen. Die Fassaden sind in Haustein, mit teilweiser Verwendung von Ziegelrohbau und Majoliken hergestellt. Von den fünf Kuppeln sind die mittlere 51 8 m, die anderen vier je 33 m hoch, in Eisen konstruiert. Über der mittleren Kuppel ist das Hauptkreuz angebracht. Dasselbe ist mit Kupferüberzug und Vergoldung versehen und mit brillantartig geschliffenen Bergkristallen geschmückt. Über dem Haupteingang befindet sich ein Mosaikbild venetianischen Ursprunges.

') Bautechniker. Jahrgang XXIII, Nr. 38.

2) Aus dem Jahre 1787 von Peter Mollner, k. k. Fortifikations- und bürgerlicher Baumeister.

3) Allgemeine Bauzeitung von Förster. Jahrgang 1861.

96 Gebäude für Kultuszwecke.

Im Inneren ist die aus orientalischem Zypressenholz ausgeführte, reich gezierte und mit Bildern geschmückte Ikonostasis hervorzuheben.

Die Oberkirche ist mit 200 elektrischen Glühlampen beleuchtet, die Nebenräume und die Unterkirche, welch letztere zum täglichen Gottesdienst dient, während die Oberkirche nur an hohen Feiertagen geöffnet wird, sind mit Gas beleuchtet. Die Heizung der Kirche geschieht mittels einer außerhalb der Kirche angebrachten Niederdruckdampfheizung. Der Bau wurde im Jahre 1893 begonnen und 1899 vollendet. Die Kosten, welche durch eine Spende des Kaisers Alexander III. von Rußland gedeckt wurden, betrugen 920.000 K.

Die Kirche St. Barbara der linierten Griechen, I., Postgasse 8 (Abb. 156),

wurde 1572 erbaut und gehörte den Jesuiten. 1772 nach Aufhebung der Jesuiten wurde sie zur griechischen Kirche eingerichtet, wie einem alten Plane zu entnehmen, der im Archiv des Wiener Stadtbauamtes aufbewahrt ist und nach welchem der Grundriß hergestellt wurde. Ab- gesehen von der aus letzterer Zeit stammenden Fassade und des Zubaues einer kleinen Kapelle hinter der Sakristei, ist der alte Bestand noch erhalten. Das Kirchlein besitzt einige Geschenke der Kaiserin Maria Theresia und hübsche Altarbilder, von denen die Darstellungen des heiligen Spiridion von Palamino und des heiligen Nikolaus von Kastner hervorzuheben sind.

Die Kirche zum hl. Georg der nichtunierten Griechen (türkische Untertanen),

I., Hafnersteig 2 (Abb. 157),

wurde 1803 durch den Baumeister Franz Wipplinger erbaut und 1898 an den Fassaden und auch im Inneren umgestaltet. Sie ist von zwei Seiten freistehend, sonst in Verbindung mit dem der griechischen Gemeinde gehörigen Wohnhause Hafnersteig Nr. 2, durch welches auch ein Zugang besteht. Der Eingang findet von der Griechengasse statt. Der Raum ist einschiffig, mit Chorempore; eine in Mauerwerk und mit reichem Bilderschmuck ausgeführte Ikonostasis trennt den Altar vom Betraum, der auch mit reichem Bilderschmuck versehen ist. Die Fassade am Hafnersteig wurde anläßlich der Renovierung mit einem hübschen Giebel verschen, der in plastischer Darstellung den heiligen Georg zeigt. An der Ecke erhebt sich ein nettes Türmchen.

Max Fleischer.

B. GEBÄUDE FÜR DEN KAISERLICHEN HOF.

Hofburg, alter Teil.

Der ausgedehnte Gebäudekomplex der ehrwürdigen Kaiserburg stammt aus mehreren Bauperioden, deren erste in den Beginn des 13. Jahrhunderts fällt. Aus dem Umstände, daß die in verschiedenen Jahrhunderten entstandenen Zubauten in der jeweilig herrschenden Stil- art ausgeführt wurden, erklärt es sich, daß der äußere Gesamteindruck jener architektonischen Harmonie entbehrt, welche in der Regel bei einem Monumentalbaue von der Bedeutung einer kaiserlichen Residenz vorausgesetzt wird. Die einzelnen Trakte der Hofburg (siehe Abb. 167) sind in nachstehender chronologischer Reihenfolge entstanden.1)

Äusserer Burgplatz

Abb. 167. Hofburg-, alter Teil. Lageplan 1 :250U.

1. Der Schweizerhof (die alte Babenbergerburg) zwischen 1200 und 1221. 2. Der Kaiserspitaltrakt auf dem Ballhausplatz, erbaut 1543 (wurde 1903 demoliert). 3. Die Stall- burg 1556. 4. Der Amalienhof in jetziger Gestalt Anfang des 17. Jahrhunderts. 5. Der Leopoldinische Trakt 1668—1670. 6. Die Hofbibliothek 1726. 7. Der Reichskanzleitrakt 1728. 8. Die Winter-Reitschule 1729—1735. 9. Die Redoutensäle nach 1744. 10. Die Familien-Fideikommißbibliothek und der Augustinergang 1759 (wurden 1903 demoliert, die Bibliothek in die neue Hofburg verlegt). 11. Der Ritter- oder Zeremoniensaal 1805. 12. Das

') Die historischen Daten sind den Werken von P. Leop. Fischer, P. Matth. Fuhrmann, Hormayr, Karajan und Realis entnommen.

B3. II. 7

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Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Glashaus im Kaisergarten, 1818 begonnen (1903 demoliert). 13. Das alte Burgtor 1821 bis 1824. 14. Der Michaeiertrakt 1893. 15. Der neue Saal und die Galerie nächst des Zere- moniensaales 1898.

1. Der Schweizerhof (die alte Babcnbergerburg).

Wie Dr. Theodor Georg von Karajan in seiner Abhandlung: Die alte Kaiserburg zu Wien aus dem Jahre 1863, berichtet, heißt es in J. Cuspinians Austria (Basileae 1553) von Leopold dem Glorreichen aus dem Hause Babenberg: ,, Dieser Fürst wohnte zu Wien und bauete jene Burg, die dermahl mit königlichen Gebäuden geziert ist, dann Heinrichs des ersten Herzogs von Österreich (Jasomirgott) Wohnhaus (Am Hof) war an die Carmeliter abgetreten worden."

Den Beweis für die Annahme Leopolds des Glorreichen (1198—1230) als Erbauer der alten Burg erbrachte P. Leopold Fischer in seinem Werke: Brevis Notitia urbis Vindobonae (1767 1775) durch Mit- teilung einer ungedruckten Urkunde Leopolds des Glorreichen über die Erbauung und Bestiftung der Kirche Sankt Michael vom 18. November 1221, welche auch Hormayr in seiner Geschichte Wiens erwähnt. Die auf die Burg bezügliche Stelle lautet: „Wir Leupoldt . . . Ann chunt . . . mit diesem Brief, daz wir in eren Got, unser Vraun Marie und Sand Michel Angeli baut ein chirchen datz Wienne zet nächst unser Neu bürg und Schaffern u. s. w." Es ist daher nicht daran zu zweifeln, daß die Burg im Jahre 1221 bereits erbaut war. Im Jahre 1275 brannte die Burg beinahe vollständig ab, worauf Ottokar von Böhmen, der damals in Österreich herrschte, deren Wiederaufbau begann und nach dessen 1278 erfolgtem Tode wahr- scheinlich Albrecht I. den Bau vollendete.

Diese alte Burg hatte einen nahezu quadratischen Grundriß mit dem noch heute bestehenden Hof- raume und war mit vier Ecktürmen umgeben, an welche sich noch ein fünfter (an Stelle des heutigen Rittersaales gelegener), der sogenannte Widmerturm, anschloß. Unter Kaiser Ferdinand I. wurden in dem Zeiträume von 1536 1552 an der alten Burg sehr bedeutende Vergrößerungsbauten vorgenommen, wovon die beiden Inschriften, eine zunächst dem Durchgange gegen den Michaelerplatz aus dem Jahre 1536 und

die zweite oberhalb des aus jener Zeit

Hofburg, Schweizertor.

stammenden »Schweizertores«, aus dem Jahre 1552, Zeugnis geben.

Der Schweizerhof, welcher vom Franzensplatze aus durch das in edlen Verhältnissen sich darstel- lende Schweizertor (siehe Abb. 168) betreten wird, hat mit dem Sou- terrain und Mezzanin 5 Geschosse, in welchen sich nachfolgende Räume befinden. Im nordwestlichen Teile (gegen den Franzensplatz): Im Sou- terrain die Wachlokalitäten der Leib- garde-Infanterie-Kompagnie u. a. Im Mezzanin: Die k. u. k. Schatzkammer und die Burghauptmanns -Wohnung. Im ersten Stockwerke: Das „Ra- detzky- Appartement", mit in Weiß und Gold gehaltener Boiserie und Rokokomöbeln ausgestattet, die Wände mit Gobelins behangen. Im zweiten Stockwerke: Suitenwohnun- gen und das Bureau des Direktors der k. u. k. Kabinettskanzlci Sr. Ma- jestät. Im dritten Stockwerke: Dienst- wohnungen. Im südwestlichen Teile befindet sich die Botschafterstiege, welche als Aufgang zu den Apparte- ments sowohl im Schweizerhoftrakte wie im Leopoldinischcn Trakte dient; den ersten Ruheplatz dieser Stiege schmückt die Marmorgruppe „Jason und Medea" von Käßmann. Von dieser Stiege aus betritt man die Hof- burgkapclle.dieeigentlichcBurgpfarr- kirche (siehe: Mittelalterliche Kirchen).

Hofburg, alter Teil.

99

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel VII.

Großer Saal der k. k. Hofbibliothek.

Hofburg, alter Teil. 101

Im ersten Stockwerke dieses Traktes sind die I. Antckammcr, die Ritterstube und die Tra- bantenstube, im zweiten Stocke Suitenwohnungen und im dritten Geschosse Dienstwohnungen untergebracht. Im südöstlichen Teile liegt im Parterre die Zuckerbäckcrci, im Mezzanin eine Abteilung der Gencraldirektion der Allerhöchsten Privat- und Familienfonds, im ersten Stockwerke das technische Appartement, so genannt, weil hier seinerzeit die für Lehrzwecke der kaiser- lichen Prinzen erforderlichen technischen und physikalischen Instrumente und Apparate ihre Aufstellung hatten, im zweiten Stockwerke ein Teil der Kabinettskanzlei, im dritten Geschosse Dienstwohnungen. Im nordöstlichen Teile liegen im Parterre das Feuerwehrwachzimmer und die Tapeziererci, im Mezzanin ein Teil der kaiserlichen Familicnfondsgüter-Direktion, im ersten

Stocke Suitenwohnungen, im zweiten Geschosse die Kabinettskanzlci und im dritten Stockwerke Dienstwohnungen.

2. Der Kaiscrspitaltrakt

auf dem Ballhausplatze, aus dem Jahre 1543 stammend, wurde 1903 demoliert.

I

3. Die Stallburg.

Im Jahre 1458 stand an der Stelle dieses Abb. no. Hofbibliothek. I.Stock. 1:1000. Gebäudes das Haus des Landmarschalls von

Ebersdorf. Sodann in kaiserlichen Besitz über- gegangen, wurde das Gebäude »Spanischer Stall« oder »Zaumburg« genannt, weil in den Stallungen derselben die Pferde spanischer Rasse unter- gebracht waren. Kaiser Ferdinand I. berief nach seiner Thronbesteigung als deutscher Kaiser im Jahre 1556 seinen Sohn Maximilian (nachmals Maximilian II.) aus Spanien nach Wien und ließ für ihn dieses Haus als Wohnsitz entsprechend umbauen. Später befand sich die k. k. Gemäldesammlung bis zu ihrer Unterbrin- gung im k. k. ßelvedere in den Räumen dieses Gebäudes.

Die Stallburg ist von der Habsburgergasse, der Stallburggasse, der Bräunerstraße und dem Josefsplatze begrenzt und in der Höhe ihrer zweiten Etage durch eine Bogenüberbrückung mit dem Trakte der Redoutensäle verbunden. Sie stellt im Grundrisse ein reguläres Viereck dar und ist in einfachem Renaissancestile aufgeführt. Der Hofraum war ehemals auf allen Seiten und in allen Geschossen von Kreuzgängen umschlossen, welche in späterer Zeit ver- mauert wurden, noch heute aber deutlich wahrgenommen werden können. In dem Hofe be- findet sich ein Brunnen mit Eisengitter, auf dessen Steingrand die Jahreszahl 1675 gemeißelt ist. Im Jahre 1900 wurde in diesen Hof der Kassenpavillon für die k. k. Hoftheater eingebaut und sind weiters im Parterre die k. k. Hofapotheke und die Stallungen für die spanischen Reit- pferde gelegen. Das erste Stockwerk nehmen die Bureaux des Oberstkämmereramtes und der Generalintendanz der Hoftheater, den zweiten Stock die Kanzleien des Ordens der eisernen Krone und des Franz Josef-Ordens, sowie Wohnungen für Hofbedienstete ein.

4. Der Amalienhof.

An der Stelle dieses Gebäudes stand im 15. Jahrhundert der Cillyerhof, von dem dort wohnhaft ge- wesenen Grafen Friedrich von Cilly, Statthalter von Österreich und Erzieher des Prinzen Ladislaus Post- humus, des Sohnes Kaisers Albrecht II., so genannt. Im 16. Jahrhundert als Hof-Zeughaus verwendet, wurde es in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Kaiser Rudolf II. vollständig umgebaut. Nach dem Tode Kaiser Josef I., also anfangs des 18. Jahrhunderts, erhielt dieser Burgtrakt die Bestimmung als Witwensitz für dessen Gemahlin Kaiserin Wilhelmine Amalia und ward seither Amalienhof benannt.

Dieser Gebäudetrakt ist vom Franzensplatze, von der Schauflergasse und dem Ballhaus- platze begrenzt; an der vierten Seite gegen die Löwelstraße ist er durch einen Schwibbogen mit dem Leopoldinischen Trakte verbunden. Im Erdgeschosse befinden sich das Oberststall- meisteramt und mehrere Hof-Offizen, im Mezzanin das Gisela-Appartement, Suitenwohnungen und Bureaux. Das erste Stockwerk gegen den Franzensplatz bewohnte weiland Ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth; diese Gemächer sind noch heute in ihrer Einrichtung vollständig unver- ändert geblieben. Gegen den Ballhausplatz und die Bellaria gerichtet, befindet sich im ersten Stocke das Alexander-Appartement, so genannt, weil dortselbst während des Wiener Kongresses Kaiser Alexander I. von Rußland wohnte. In diesem Appartement sind namentlich die gut er- haltenen Rokokoplafonds, mit zahlreichen Waffenemblemen geziert, erwähnenswert. Das zweite Stockwerk enthält Suiten- und Dienstwohnungen.

02

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

5. Der Lcopoldinische Trakt.

Im Jahre 1660 wurde voii Kaiser Leopold I. dieser, den Inneren von dem Äußeren Burgplatze tren- nende Burgflügel als Verbindung des Schweizerhofes mit dem Cillyer-(Ama!ien-)Hofe und als kaiserlicher Wohn- und Haupttrakt zu bauen begonnen und im Jahre 1665 vollendet. Schon zwei Jahre darauf (1668; brannte das Gebäude ab, wurde sodann wieder aufgeführt und war in weiteren zwei Jahren (1670) voll- endet. Auch dieser Trakt erfuhr unter Kaiserin Maria Theresia namhafte Adaptierungen, unter anderen den Umbau der „Adlerstiege'.

Hofburg, Detail vom Reichskanzleitrakt.

Im Parterre dieses Traktes ist die Militär-Hauptwache und die Offize des Hof-Weinkellers untergebracht. Die Weinkeller selbst bestehen aus drei Etagen unterhalb des Gebäudes. Das Mezzaningeschoß ist gegen den Franzcnsplatz von der Militärkanzlei Sr. Majestät okkupiert; die ganze Länge des Traktes gegen den Äußeren Burgplatz durchläuft der soge- nannte Kontrollorgang. Das erste Stockwerk enthält das Zeremoniell-Appartement (gegen den Franzensplatz) und das große Fremden-Appartement (gegen den Äußeren Burgplatz). In dem ersteren befinden sich als Wandschmuck prachtvolle Gobelins nach Entwürfen von Charles

Hofburg, alter Teil.

103

Herbei (f 1703) aus der Fabrik La Malgrange bei Nancy, die Siege Herzogs Karl V. von Loth- ringen über die Türken darstellend. Dieses Appartement besteht aus nachfolgenden Repräsen- tationsgemächern: Trabantenstube, Ritterstube, I. Antekammcr (diese drei Räume noch im Schweizerhoftrakte gelegen), II. Antekammcr oder Marmorsaal, Geheime Ratstube, Audienz- saal (mit den zwei lebensgroßen Porträts Ihrer Majestäten von Winterhaider), Miniaturen- kabinett, Spiegelsaal, Pietradurazimmer (mit den berühmten Florentiner Mosaikbildcrn) und zwei Antekammern gegen die Adlerstiegc.

Das große Fremden-Appartement, welches parallel zu dem Zeremoniell-Appartement liegt, wird als Wohnraum für Allerhöchste Gäste Sr. Majestät benutzt; sowohl dieses wie die Re- präsentationsräume sind sämtlich in weißer Boiserie mit Goldornamenten im Rokokostile aus- gestattet. Von dem Vorräume des großen Fremden-Appartements betritt man das Oratorium der Josefs- oder Kammcrkapelle, welche gegen die Bellaria gelegen ist. Oberhalb des Altares dieser Kapelle befindet sich ein in Nachbildung des Rubensschen Ildefonso-AItares von Hans Canon gemaltes Triptychon. Im Mittelfelde ist die heilige Elisabeth, in den beiden Seitenfeldern sind in betender Stellung Kronprinz

Rudolf mit Erzherzogin Marie Va- Tv. ^KM— EE^ '"^a^T^gy.tn'gaikiSF^i i j^SI lerie und Prinz Leopold in Bayern mit seiner Gemahlin, Erzherzogin Gisela, dargestellt. Das zweite Stock- werk enthält gegen den Franzens- platz das Franz Karl-Appartement, gegen den Äußeren Burgplatz das Sophien-Appartement und sonstige Gemächer. Im dritten Stockwerke, das in seiner ganzen Länge durch den sogenannten Fräuleingang in zwei Abteilungen getrennt wird, liegen Suiten- und Dienstwohnungen.

6. Die Hofbibliothek (Abb. 169, 170 und Tafel VII).

Nach P. Matthias Fuhrmann hatte schon Kaiser Leopold I. die Absicht, das ehemals an der Stelle der heutigen Hof- bibliothek gestandene Theater demolieren und ein Bibliotheksgebäude dortselbst aufführen zu lassen. Die damaligen krie- gerischen Zeitverhältnisse ließen aber die Verwirklichung dieses Vorhabens nicht zu, welches erst Kaiser Karl VI. zur Tat machte, indem er Joh. Bernhard Fischer von Erlach mit der architektonischen Durchführung dieser Aufgabe betraute. Fischer entwarf die Pläne samt allen Details und leitete bis zu seinem 1723 erfolgten Tode selbst den Bau, welcher im Jahre 1726 vollendet war. Im Jahre 1769 wurden unter Maria Theresia und Josef II., da sich nicht unbedenkliche Ausweichungen der die Kuppel tragenden Mauerteile bemerkbar machten (wie aus der Inschrift an der Hauptfassade hervor- geht), Subkonstruktionen vorgenommen, im selben Jahre auch die bis dahin be- standene Mauer, welche zwischen der Ecke an der Augustinerstraße und dem Redoutensaaltrakte gezogen war, demoliert und hierdurch der offene heutige Josefsplatz geschaffen.

Die Fassade des Bibliotheksgebäudes besteht aus drei Gruppen, dem mächtigen, kuppelgekrönten Mittelbau und den zwei Seitentrakten. Auf dem in markiger Rustik ausge- führten Parterreunterbau erheben sich das erste und zweite Stockwerk in äußerst edlen Massen- verhältnissen, und sind sowohl der Hauptrisalit wie die mäßigen Vorsprünge der beiden Seitentrakte durch ionische, beide Stockwerke zusammenfassende Pilaster besonders hervor-

Abb.

Reichskanzleitrakt, Durchfahrt.

104

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

gehoben. Auf der Attika des Mittelbaues ist Minerva auf einer Quadriga dargestellt, während auf den seitlichen, niedrigeren Attikcn in sitzender Stellung: Atlas, den Globus tragend, und Gäa, den Erdball haltend, die Hauptgruppen bilden. Flankierende Figuren und Vasen ergänzen den Schmuck der Fassadenbekrönung.

Der Innenraum des Bibliotheksgebäudes kann mit vollem Rechte als der schönste Bücher- saal der Welt bezeichnet werden. Hier gelangte die geniale Kunst Fischers von Erlach zu glänzendem Ausdrucke, denn kaum wird wohl ein ähnliches Bauwerk zu finden sein, bei welchem die Rücksichtnahme auf praktische, utilitäre Zwecke mit der idealsten künstlerischen Ausgestaltung sich zu solch harmonischer und grandioser Gesamtwirkung verbände. Voll- kommen der äußeren Fassade entsprechend, gliedert sich der imposante Saal in drei Haupt- gruppen, den eigentlichen Kuppelraum und, durch je eine kleine Zwischenteilung vermittelt, die beiden Scitcnräume. Architektonisch sind diese drei Gruppen nur durch gekuppelte Säulen- stellungcn korinthischer Ordnung getrennt, so daß das ganze Interieur als ein offener Hallen- bau sich darstellt. Der Kuppelraum wird durch eine mit ihrer Längenachse von Nordost nach Südwest liegende Ellipse gebildet und erhält seine Beleuchtung außer von den Fenstern durch acht mächtige, in das Kuppelgewölbe geschnittene, gleichfalls elliptische Lukarnen. Das prachtvolle Frcskogcmälde in der inneren Kuppelfläche, sowie die Plafondfresken der Annex- räume und die übrigen Bilder sind von Daniel Gran gemalt, in welchem Meister Fischer von Erlach einen kongenialen Mitarbeiter gefunden hatte. Das Mittelbild ist eine allegorische Glori- fizierung der Begründer und Förderer der Bibliothek, während die anderen bildlichen Darstellungen die verschiedenen Wissenschaften und Künste symbolisieren. In der Mitte des Kuppelraumcs befindet sich die lebensgroße Marmorstatue Karls VI. in Imperatorengewan- dung, in einiger Entfernung umgeben von weiteren Herrscherstatuen, deren Ausführung von P. Matthias Fuhrmann dem Bildhauer Peter Strudel zugeschrieben wird. Die um den

Abb. 173. Hofburg, Michaeiertrakt.

ganzen Innenraum laufende Galerie ist gleichwie die Bücherschränke aus Nußbaumholz mit reicher Vergoldung der Barockornamentik hergestellt. Die Verbindung mit dem Saal- fußboden, welcher mit Marmorfliesen belegt ist, wird durch vier steinerne Wendeltreppen vermittelt.

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Hofburg, alter Teil.

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In neuester Zeit wird dieser Büchersaal bei Gelegenheit von Besuchen auswärtiger Sou- veräne von Sr. Majestät dein Kaiser als Cercle-Appartement nach Hof-Konzerten oder Hof- Diners benützt. Derselbe gewährt in elektrischer Beleuchtung-, mit Blattpflanzen und kostbaren Teppichen geschmückt, einen prächtigen Anblick.

7. Der Rcichskanzleitrakt (Abb. 171, 172).

Unter der Regierung Kaiser Karl VI. wurde nach Demolierung eines unansehnlichen, zu Kanzleien verwendet gewesenen niederen Traktes zwischen dem Michaelerplatze und der Schauflergasse als architektonischer Abschluß des Inneren Burgplatzes, welcher bis dahin nur auf

Abb. 174. Hofburg, neuer Teil. Grundriß des im Bau befindlichen Flügels nach dem ursprünglichen Entwürfe Hasenauers.

1 : 2000.

drei Seiten von Gebäuden umgeben war, der imposante Kolossalbau des heutigen „Reichskanzleitraktes" im Jahre 1728 nach den Plänen Fischers von Erlach aufgeführt. Der Name Reichskanzleitrakt rührt daher, weil in diesem Gebäude zu jener Zeit Sr. Römischen kaiserlichen Majestät Reichs-Hof-Rat zu tagen pflegte, welcher nach dem kaiserlichen geheimen Rats-Kollegium das höchste Gericht des heiligen römischen Reiches war, vor welchem nicht nur Prozeßsachen der Reichsstände, sondern auch andere im Reiche vorgefallene Angelegenheiten behandelt wurden.1) Vom Jahre 1712 1728 stand beiläufig an der Stelle des heutigen Kuppelbaues gegen den Michaelerplatz die „Karolinische Triumphpforte", nach einer Idee des seinerzeitigen Medailleninspektors Gustav Adolph Heraus von dem Baumeister Johann Lucas von Hildebrand mit reichem ornamentalem und figuralem Schmucke zur Verherrlichung der Siege in Spanien aufgeführt. Sie wurde anläßlich des Baues des Reichskanzleitraktes 1728 abgetragen.

Das Reichskanzleigebäude ist vier Stockwerke hoch, die Fassade durch korinthische Pilaster gegliedert, im ersten Stockwerke mit drei Baikonen versehen und mit einer Attika be- krönt, auf welcher in der mittleren Höhenachse das Wappen Karls VI. mit der Kaiserkrone, flankiert von tubablasenden Famen und vier Frauengestalten, angebracht ist. Das Mitteltor führt zur Hauptstiege des Traktes, rechts und links liegen Durchfahrten und Durchgänge gegen den Michaelerplatz und die Schauflergasse. Zu beiden Seiten der zwei Torbogen dieser Durch- fahrten sind Kolossalgruppen, Taten des Herakles darstellend, angebracht, und zwar bei der Durchfahrt gegen den Michaelerplatz die Besiegung des Antäus und des Busiris, bei jener gegen die Schauflergasse die Besiegung des nemäischen Löwen und des kretensischen Stieres. Diese Gruppen wurden von dem Bildhauer Lorenzo Mattielli ausgeführt.

Im ersten Stockwerke liegen die Wohngemächer Sr. Majestät mit den Audienzräumen und daranstoßend das Stephan-Appartement, in welchem kleinere Diners stattfinden. Von den Interieurs verdient besonders die bildliche Ausschmückung des großen Audienzvorsaales her- vorgehoben zu werden, in welchem drei große, auf Wachsgrund von Peter Krafft ausgeführte Wandgemälde mit lebensgroßen Figuren sich befinden. Zwei dieser Gemälde haben die Rück- kehr Kaisers Franzi, in den Jahren 1809 und 1814 von den Schlachtfeldern und eines die erste Ausfahrt des Monarchen nach dessen schwerer Krankheit im Jahre 1826 zum Gegen-

') P. Fuh rma nn.

106

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Abb. 175. Neubau der Hofburg;, Ansicht vom Heldenplatz.

stände. Im Stephan-Appartement bilden besonders prächtige Gobelins den Wandschmuck welche nach Kartons, die Anton Coypel mit Benützung Raffaelscher Zeichnungen entwarf, in der Pariser Gobelinfabrik angefertigt wurden; darunter „Das Urteil des Paris" und „Der Raub der Helena". Im Mezzanin befinden sich die Bureaux der beiden Obersthofmeister, das Oberst- hofmeisteramt und das Zeremoniell-Departement. Das zweite Stockwerk umfaßt Absteigquartiere für höchste Gäste, das dritte Geschoß Suiten- und Dienstwohnungen. Im Parterre sind die Hof-Wäschekammer und die Uniformierungsabteilung untergebracht.

8. Die Winter-Reitschule.

Das Areale, welches heute das Reitschulgebäude und die zwischen diesem und dem Schweizerhof- trakte liegende Sommer-Reitschule einnimmt, bildete bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts den soge- nannten Lustgarten, welcher unter dem deutschen Kaiser Ferdinand I. angelegt wurde. Kaiser Karl VI. ließ den Bau der Reitschule nach den Plänen Johann Bernhard Fischers von Erlach im Jahre 1729 beginnen, und wurde derselbe unter der Leitung seines Sohnes Josef Emanuel Fischer 1735 fertiggestellt. Da schon früher der ältere Fischer die Idee hatte, die Burg gegen den Michaelerplatz mit einer monumentalen Fassade auszugestalten, vereinigte er diese Absicht mit seinem Entwürfe der Winter-Reitschule und ließ den pavillonartigen, kuppelgekrönten Eckbau der Reitschule als den östlichen Anfang der künftig herzustellen- den ßurgfassade gelten.

Die spanische oder Winter-Reitschule wird vom Josefsplatze aus betreten; sie bildet ein Rechteck von 57 m Länge und 19 m Breite und hat zwei Galerien, wovon die obere durch steinerne korinthische Säulen getragen wird. Beide Galerien sind gegen den Innenraum von Steinballustraden begrenzt. An der Stirnseite, unterhalb der Eckkuppel, befindet sich die Hof- loge, mit einem lebensgroßen Reiterbilde Karl VI. geziert. Gleichwie die Innenarchitektur trägt auch die Fassade des Gebäudes das Gepräge der durch ihre harmonischen Massenverhält- nisse so erhaben wirkenden Kunst Fischers von Erlach.

9. Die Redoutensäle.

In dem Trakte der heutigen Redoutensäle bestanden schon in der Zeit vor Maria Theresia zwei Theatersäle, von denen der kleinere bei großen Festlichkeiten der Abhaltung von Banketten sowie der Auf- führung italienischer Komödien gewidmet war, während im großen Saale das damalige Hofoperntheater sich befand, in welchem die italienische Opera seria gepflegt wurde. Im Jahre 1741 wurde ein deutsches Komödieuhaus nach einem Projekte des Schauspielers Weißkern an der Stelle des alten Ballspielhauses er- baut, nachdem letzteres auf den Ballhausplatz verlegt worden war. Dieses Komödienhaus, aus welchem später das seither demolierte eigentliche Hof- Burgtheater wurde, erweiterte 1743 der Impressario Sellier und führte darin auch italienische Singspiele auf. Aus diesen Anfängen entwickelte es sich zum italienischen Operntheater. Nun wurden das alte Theater und der kleine Saal einem gänzlichen Umbaue unterzogen und

Hofburg, alter Teil.

107

unter Leitung des Impressario Freiherrn von Lopresti diese Räume in Redoutensäle umgestaltet. Diese beiden Scale erhielten 1752 eine neue Innenarchitektur und im Jahre 1767 wurde die Fassade des Traktes in der heute noch bestehenden Weise hergestellt. Weitere Restaurierungen erfuhren die Säle in den Jahren 178S. 1816 und 1840 und die letzte im Jahre 1S91 unter Mitwirkung' des Verfassers, bei welchem Anlasse die den großen Saal umsäumende, sehr niedrige Galerie entfernt, die Wände des großen Saales mit Gobe- lins ausgestattet und ein neuer Zugang für den Allerhöchsten Hof in der Mitte der den Fenstern gegen- über befindlichen Wand des kleinen Saales geschaffen wurde.

Von den beiden Rcdoutcnsälcn macht der kleinere Saal, 225 m lang, 11 -20 m breit, 1218 m hoch, in seinen schönen Verhältnissen mit der Ausschmückung durch korinthische Säulen und Pilaster den künstlerisch angenehmeren Eindruck, während der große, mit Empire- motiven ausgestattete Saal, 397 tu lang, 169 m breit, 15-4m hoch, da er wenig Ausladungen besitzt, sich etwas nüchtern präsentiert, jedoch durch die Dekoration mit den Gobelins und die erfolgte Entfernung der beängstigend drückend angebracht gewesenen Galerie gleichwohl ein vornehm freundliches Ansehen gewonnen hat. Bei Gelegenheit von Ballfesten gewähren übrigens beide Säle in reicher elektrischer Beleuchtung und üppigem Pflanzenschmucke einen imposanten Anblick.

10. Der Augustinergang

und die daran grenzenden Räume der Familien-Fideikommißbibliothek, erbaut im Jahre 1759, wurden 1903 demoliert und die Allerhöchste Privatbibliothek in einen Trakt der neuen Hof- burg verlegt.

11. Der Ritter- oder Zeremoniensaal.

Dieser Gebäudeteil der Hofburg, welcher an der südwestlichen Fassade des Leopoldinischen Traktes einen Vorsprung gegen den Äußeren ßurgplatz bildete und deshalb im Volksmunde „die Nase" hieß, welche

Abb. 176. Neubau der Hofburg-, Ansicht vom Kaisergarten.

108

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Bezeichnung jetzt wegen des in neuester Zeit daran angebauten zweiten Festsaales und einer Loggia nicht mehr berechtigt ist, steht auf dem Platze, wo bis zum Jahre 1756 auf den damaligen Basteigründen genannt die „spanische Bastei" oder kurzweg „der Spanier" der „Widmerturm mit dem Widmertore" sich be- fand. Weiland Kaiser Franz I. ließ durch den Hofarchitekten Montoyer, den Vater des späteren Burghaupt- mannes gleichen Namens, den Saalbau aufführen, welcher 1805 beendet war.

Das Interi- eur ist in rö- misch-korinthi- scher Ordnung architektonisch

ausgestaltet, mit freistehen- den Säulen- stellungen ge- schmückt und mit reicher pla- stischer Kasset- tierungdesPla- fondsversehen. Von besonde- rer Zierlichkeit sind die in ihrer übrigens ganz einfachen Empireform äußerst angenehm wirkenden, ver- silberten Luster. Die Länge des Saales beträgt 304 m, die Breite 1960 m, die Höhe 13 m. Der Zeremoniensaal dient bei den Eröffnungen des Reichsrates als Thronsaal, und werden in demselben die „Bälle bei Hofe" abgehalten, während die „Hofbälle", bei welchen die Ein- ladungen in erweitertem Umfange ergchen, im großen Redoutensaale stattfinden. Auch die Zeremonie der Fußwaschung am Gründonnerstage wird alljährlich in diesem Saale vollzogen.

Oberes Belvedcre.

Grundriß I. Stock, 1 :1000.

12. Der Kaisergarten.

Dieser dem Volksgarten gegen- überliegende kaiserliche Privatgarten, dem der neuerbaute Hofburgflügel vorgelegt ist, wurde im Jahre 1818 angelegt, nachdem im Jahre 1809 die daselbst befindlich gewesenen Stadt- mauern entfernt worden waren.

Eine Sehenswürdigkeit des in englischer Art gehaltenen Gar- tens bildete das Gewächshaus.

Abb. 17S. Belvedcre.

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von S. Kleiner.

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Hofbure:, alter Teil.

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welches ein sehr ansehnlicher Bau war; es wurde im Jahre 1903 demoliert, um für das neue, gegen wärt ig- im Bau begriffene Pflanzenhaus Platz zu schaffen. In einem Seitenteil des Gartens steht eine von Balthasar Moll aus Blei geschaffene Reiterstatue Kaiser Franz I., Gemahls der Kaiserin Maria Theresia; das Standbild wurde im Jahre 1819 vom Paradicsgärtchen hierher versetzt. (Die sonstigen im Bereich der Hofburg errichteten Monumente werden in dem Abschnitte: „Denkmale und Brunnen" besprochen.)

13. Das Burgtor.

Für diesen Torbau ließ weiland Kaiser Franz I. eine allgemeine Konkurrenz ausschreiben, aus welcher das Projekt des Architekten von Nobile als das zur Ausführung; geeignetste hervorging. Sowohl sämtliche Steinmetz- und Maurerarbeiten wie die Fuhrwerksleistung wurden seitens des k.k. Militärs besorgt; im Jahre 1824 erfolgte die Eröffnung des Tores »siehe Abb. 1).

Die eigentliche Torhalle besteht aus 5 Bogenkörpern, welche von 12 dorischen, kanne- lierten Säulen, 4 Pfeilern und den Seitenmauern der Wachstuben getragen werden. Die Aus- dehnung der gegen den Äußeren Burgplatz gerichteten Fassade beträgt 722 m, die Torhöhe samt der Attika 1385m. Auf der inneren Attika gegen den Burgplatz prangt der Wahlspruch weiland des Kaisers Franzi.: „Iustitia regnorum fundamentum", auf der äußeren Seite nach der Ringstraße die Inschrift: „Franciscus I. Imperator Austriae".

14. Der Michaeiertrakt (Abb. 173).

Wie schon bei Besprechung des Gebäudes der Winter-Reitschule erwähnt wurde, gedachte Fischer von Erlach die Hofburg gegen den Michaelerplatz mit einer grandiosen Fassade abzuschließen. Doch kam man damals kaum über die Anfänge zur Ausführung dieses Monumentalwerkes hinaus; die Fortsetzung unterblieb und die Rudimente waren beiläufig 170 Jahre hindurch am Michaelerplatze sichtbar. Im Jahre 1889 ließ Kaiser Franz Josef I. nach dem Fassadenentwurf von Fischers den Ausbau durch den damaligen Burghauptmann, Architekten Ferdinand Kirschner, durchführen und im Jahre 1893 war der Bau in seiner heutigen Gestalt beendet.1)

') Siehe Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1894.

Abb. 179. Schloß Belved;re, Unterfahrt.

110 Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Die Fassade gliedert sich einschließlich des Parterres in vier Geschosse, von welchen das erste und zweite Stockwerk durch korinthische Säulenstellungen architektonisch besonders hervorgehoben sind. Von beiden Eckpavillons am Michaelcrplatze schwingt sich in sanft kon- kaver Kurve die Fassade zurück und findet an einem mächtigen Mittelrisalit ihren monumen- talen Abschluß. Reicher figuraler Schmuck vervollständigt den imposanten Gesamteindruck. Die beiden aus Laascr Marmor verfertigten Brunnengruppen an den Seitenpavillons symboli- sieren gegen die Reitschulgasse „Die Herrschermacht zur See" (von Rud. Weyr), gegen die Schauflergasse „Die Herrschcrmacht zu Lande" (von Edmund Hellmer).

Da auf dem Inneren Burgplatzc nächst den Durchfahrten des Reichskanzlcitraktes Figuren- gruppen mit Darstellungen von Taten des Herakles aufgestellt sind, so wurde für die Gruppen nächst des Portikus der Fassade gegen den Michaelcrplatz gleichfalls dieser Sagenkreis zum Vorwurfe genommen. Diese vier Gruppen stellen dar: „Die Besiegung der Hydra" (von E. v. Hofmann), „Die Befreiung der trojanischen Königstochter Hesione" (von Scherpe), „Die Be- freiung des gefesselten Prometheus" (von Lax), „Die Bändigung des Kerberos" (von Wag- ner). Die zwei das Kaiserwappen tragenden Famafiguren sind von Silbernagel, die Fasces- träger auf der Attika von Schmidgrubcr und die Trophäen von Pendl ausgeführt, während die die Hauptfassade bekrönende Mittelgruppe: „Weisheit, Gerechtigkeit und Stärke" von Johannes Benk gestaltet wurde. Innerhalb der Eingangshalle befinden sich zwei schöne Haut- reliefs, und zwar links: Adventus Augusti (von Stephan Schwartz), rechts: Pcrfectio Augusti (von Otto König). Der große Kuppelraum der Durchfahrt, durch acht Lukarnen beleuchtet und von geradezu imponierenden Dimensionen, ist mit dem Inneren Burgplatze durch eine oktogonale Halle verbunden, welche figurale Doppclgruppen, die Wahlsprüche österreichischer Herrscher darstellend, schmücken. In diesem Trakte sind im Parterre das Obersthofmarschallamt und die Silberkammer untergebracht. Im Mezzanin befinden sich Suitenwohnungen und Ämter, im ersten Stocke Suitenwohnungen und in der zweiten Etage Wachlokale von Garden und Bureaux.

15. Der neue Festsaal und die Galerie nächst des Zeremoniensaales.

Es war bei Festlichkeiten, welche im Zeremonien- oder Rittersaale abgehalten wurden, stets der Ge- danke beängstigend, daß aus dem dichtgefüllten Saale nur drei in den Marmorsaal mündende Türen führten und jeder seitliche Ausgang mangelte. Diesem Übelstande wurde im Jahre 1898 über Anregung des zweiten Obersthofmeisters Fürsten von Montenuovo durch die Erbauung eines neuen Saales mit einer dem Ritter- saale vorgelagerten Loggia und einer beide Säle in Verbindung bringenden Galerie abgeholfen; dieser Saal- bau, welcher durch den Architekten Ministerialrat Emil von Förster in kaum sechs Monaten hergestellt wurde, wird für so lange Zeit als Provisorium bestehen bleiben, als der für die Zukunft geplante Haupt- trakt der neuen Hofburg gegen den Äußeren Burgplatz nicht zur Ausführung gelangt.

Der neue Saal ist im Empirestile gehalten, 39 m lang, 1264 m breit und 12'83m hoch, mit Gemälden von Julius Schmid geziert und mit elektrischen Lustern ausgestattet und bietet mit dem nebenliegendcn Galeriesaale angemessenen Raum für die Bewegung der Gesellschaft bei Festlichkeiten, welche im Rittersaaltrakte abgehalten werden.

Literatur.

Karajan, Die alte Kaiserburg zu Wien; Hormayr. Geschichte Wiens, Bd. II; Österreich-Ungarn in Wort und Bild, Band Wien; F. Ki rsch ncr, Ausbau der k. k. Hofburg gegen den Michaelerplatz. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereines, 1894; Die Hofbibliothek in Wien. Kunst- und Verlagsanstalt J. Lövry, Wien 1897; Gurlitt, Geschichte des Barockstiles und des Rokoko; Beschreibung der Hofbibliothek von Salom. Kleiner. Wien 1737.

Heinrich Lisseclt.

Hofburg, neuer Teil (Abb. 174 bis 176 und Tafel VIII).

Der Bau der k. k. Hofburg gegen den Kaisergarten in der gegenwärtigen Ausdehnung ist ein Teil der von Karl von Hasenauer für diesen Platz in großen Zügen entworfenen ein- heitlichen Prachtbauten. Die den Platz einschließenden Gebäudeteile sind einerseits das Ge- bäude der k. k. Hofstallungen, anderseits die beiden Museumsgebäude und der eigentliche Bau der k. k. Hofburg, ein großes Hufeisen bildend, welches von dem Flügel der alten Hofburg abgeschlossen wird. Der Bau der k. k. Hofmuscen, welcher zuerst in Angriff genommen wurde, war also schon ein Teil zur Verwirklichung des Hascnauerschen Projektes. Hasenauer dachte sich das alte Burgtor entfernt und die Ringstraße durch mächtige Triumphpforten, welche von den Museen zu den beiden Flügeln der neuen Hofburg reichen sollten, überbrückt.

Um zur Geschichte des Baues der k. k. Hofburg zu gelangen, erscheint es notwendig, zuerst des Baues der k. k. Hofmuscen kurz zu gedenken. Zum Zwecke der Erlangung von

Hofburg, neuer Teil.

111

Abb. ISO. Schloß Belvedere, Treppenhalle.

Plänen für die Museen wurde eine beschränkte Konkurrenz unter den Architekten Hansen, Löhr und Hasenauer eingeleitet. Das Ergebnis dieser Konkurrenz war die Annahme des Pro- jektes Hasenauers, wobei demselben nahegelegt wurde, im Einvernehmen mit Gottfried Semper, welcher als Juror fungierte, Änderungen der äußeren Erscheinung des Gebäudes vorzunehmen. Dieses nun vorgelegte Projekt wurde zur Ausführung angenommen. Bald darauf wurde Hasen- auer beauftragt, seine Ideen für den Bau der k. k. Hofburg zu entwickeln, welche er durch ein aus dem Jahre 1871 stammendes Gesamtprojekt zur Anschauung brachte (siehe Abb. 10). Aus diesem Entwürfe geht hervor, daß an Seite des Kaisergartens ein Gebäudeflügel gebaut werden sollte für die eigentlichen Wohnappartements der Majestäten, mit Räumen für kleinere intime Festlichkeiten, während der Gegenflügel längs des Volksgartens für die Aufnahme von hohen Gästen bestimmt war. Der dazwischen gelegte Mittelbau, welcher vor den Leopoldini- schen Trakt der alten Hofburg vorgelegt werden sollte, war für die Aufnahme der großen Festräume mit dem herrlichen Ausblick über den Heldenplatz bestimmt.

Über einen Vortrag des Hofbaukomitees, welches für die Errichtung der k. k. Hof- bauten eingesetzt war, bewilligte Se. Majestät der Kaiser am 2. September 1879, daß zunächst der Flügel gegen den Kaisergarten mit den projektierten Anschlußteilen an die alte Hofburg in Angriff genommen werde, wozu die Mittel des Stadterweiterungsfonds heranzuziehen waren. Hasenauer wurde mit der Anfertigung der definitiven Pläne für diesen Teil des Burgbaues beauftragt und das Projekt durch Se. Majestät am 9. August 1881 genehmigt, so daß dieser Bau im Herbste desselben Jahres in Angriff genommen werden konnte. Sowohl die Fun- dierungsarbeiten als die Beschaffung der großen Menge von Bausteinen bereiteten große Schwierigkeiten. Alte Festungswerke durchzogen den Bauplatz, wodurch eine tiefe Fundierung

112

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

notwendig wurde. Dies ausnützend, wurden doppelte Kelleranlagen ausgeführt und der zweite Keller insbesondere für die ausgedehnte Heizungs- und Ventilationsanlage in Anspruch ge- nommen, während der erste Keller durch seine günstigen Beleuchtungsverhältnisse zu Nutz- räumen verschiedener Art bestimmt wurde.

Der beigegebene Plan des ersten Stockwerkes zeigt die Anordnung der Räumlichkeiten, wie sie bei Beginn des Baues vorgesehen war. Der an die alte Burg anschließende Teil sollte den

Speisesaal mit ausgedehnten Neben- räumlichkeiten sowie die Audienzsäle Sr. Majestät enthalten. Daran an- schließend, reihen sich, dem Kaiser- garten zugewendet, die Wohn- und Schlafräume Sr. Majestät des Kaisers und vermitteln einige gemeinsame Salons die Verbindung mit den Wohn- und Schlafräumen Ihrer Majestät der Kaiserin. In den durch den Korridor getrennten rückwärtigen Räumen die- ses Traktes befinden sich die erfor- derlichen Diensträume. Daran fügt sich der quadratische Anbau gegen die Ringstraße (Corps de logis ge- nannt), in welchem sich kleinere und größere Festsäle für Zwecke von Empfängen und intimen Festen respektive Bällen befinden. Der mit Glas überdeckte Arkadenhof mit einer offenen Stiegenanlage, um den sich die vorbeschriebenen Räume gruppieren, und der durch alle Stockwerke reicht, wird ein mannigfaches und reiches Architekturbild bieten.

Gegen den Kaisergarten projektierte Hasenauer in Mitte des Gebäudes die Anlage einer großen Freitreppe, welche vom ersten Stockwerke in den Garten führen sollte; von dieser wurde jedoch später wegerl der großen Niveaudifferenzen abgesehen. Als Hasenauer am 4. Jänner 1894 starb, war der Bau so weit gediehen, daß er bis auf den Mittelbau unter Dach gebracht war, auch die figurale Ausstattung der Fassaden war bestimmt und konnte sonach fertig- gestellt werden. Durch den Hingang des leitenden Architekten trat in der Fortführung der Arbeiten keine Stockung ein. Es wurde im Sinne Hasenaucrs weitergearbeitet, jedoch konnten über die innere Einteilung des im Rohen fertiggestellten Baues keine definitiven Beschlüsse gefaßt werden, da neue Bedürfnisse sich geltend machten. Das Hauptaugenmerk wurde der völligen Herstellung der Außenerscheinun°: zugewendet. Der figuralen Ausschmückung-

Abb. 181. Belvedere, südliches Tor.

Abb. 1S2. Zierbassin im Belvedere garten.

der Fassaden lag ein reiches Programm zugrunde, nach welchem teils die Herrscher- und Bürgertugenden versinnbildlicht, teils die Entwicklungsgeschichte der Monarchie, sowie die Hauptstämme ihrer Bewohner zur Darstellung gebracht werden.

An der Herstellung der zahlreichen Standbilder waren die folgenden Bildhauer tätig: Bcnk, Tilgner, Weyr, Scherpe, Hellmer, Lax, Kundmann, A. Wagner, von Hofmann, Bitterlich, Swoboda, Schimkowitz, Heyda, Härdtl, Schmicdgruber, Silbernagel, Kalmstcincr, Düll, Sterrer,

Abb. 183. Schloß Belvedere, Mittelsaal.

Bd. II.

114

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Scib, Brenck, Schwarz, W. David, Koch, Kauffungen u. a. Die Vielfältigkeit und Verschieden- artigkeit der einzelnen Statuen bot den Künstlern dankbare Aufgaben, die Gefahr der Monotonie und Trivialität wurde vermieden und dem Bau wurde ohne irgend hervortretende Aufdring- lichkeit das von dem Architekten geplante Ornament zugeführt.

Vom 1. Februar 1894 führten die im Atelier Hasenauers beschäftigt gewesenen Archi- tekten Baurat Bruno Gruber und Otto Hofer, vom 1. Jänner 1897 an Baurat Julian Nied- zielski den Bau interimistisch, bis im Jahre 1899 dem Oberbaurat Friedrich Ohmann die Leitung des Baues übertragen wurde. Es wird einer späteren Zeit vorbehalten sein, dem weiteren Fortgange des Baues ihr Augenmerk zuzuwenden, einem Baue, der nach seiner Be- deutung als der hervorragendste Repräsentant seiner Zeit zu betrachten ist und in welchem noch so vieles geschaffen werden wird, das in alle Zeiten hinaus den Sinn für die erhabene Kunst fortpflanzt.

Das Belvedere (Abb. 177 bis 183 und Tafel IX).

Der schönste, in herrlicher Lage errichtete, architektonisch auf das einheitlichste gebaute kaiserliche Palast ist das Belvedere, auf einem ansteigenden Terrain thronend, von einem ter- rassierten, architektonisch gegliederten Garten umgeben, von dessen Höhe ein herrlicher Aus- blick über die Stadt Wien gewonnen wird. Diesen Palast ließ Prinz Eugen von Savoyen durch den kaiserlichen Architekten Johann Lukas von Hildebrand errichten. Der Ankauf der Gründe, auf welchen diese großartige Anlage erfolgen sollte, wurde bereits 1693 erwirkt, der Bau selbst dürfte erst 1713 begonnen haben und ist derart sukzessive fortgeschritten, daß der untere Teil der Anlage, d. i. das am Rennweg gelegene kleine Palais mit der Stall- und Wagenburg sowie den nötigen Vorhöfen, zirka 1716 fertiggestellt gewesen sein dürfte, welche Jahreszahl

Abb. 1S4. Schönbrunn aus der Vogelperspektive. (Nach dem Aquarell von Raschka.)

die Frcskengemälde im Mittclsaal des Gebäudes aufweisen. Dieser Teil wurde auch vom Prinzen Eugen bewohnt. Das obere Belvedere wurde als Sommerschloß geplant und wurde zu großen Empfängen und Festen, an welchen Tausende von Menschen teilnahmen, vom Prinzen benützt. Die Bauweise dieses Schlosses war eine vollständig offene, mit offenen Hallen gegen die Gartenseite und prachtvollen Durchsichten. Die Dekoration der Innenräume wurde nach An- gaben von Claudius Le Fort du Plessy ausgeführt.

Das Belvedere.

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Abb. 1S5. Vorderansicht des kaiserlichen Lustschlosses Schönbrunn.

Abb. 1S6. Schloß Schönbrunn von der Gartenseite.

Die Abb. 178 gibt ein Bild der Gesamtanlage und stammt aus einem Werke, welches S. Kleiner, ein Zeitgenosse Hildebrands, im Jahre 1731 herausgab. Kleiner nennt das Schloß ein wunderwürdiges Kriegs- und Siegeslager des unvergleichlichen Helden unserer Zeit. Nach dem Tode des Prinzen Eugen 1736 fiel dieser Besitz an dessen Nichte, eine Prinzessin von Savoyen, welche denselben zu verkaufen wünschte, und so verschwanden die meisten interessanten Einrichtungsstücke. Später erwarb der kaiserliche Hof den ganzen Besitz, und

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Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Kaiser Franz erteilte den Auftrag-, in dein unteren Teil des Belvederes die Waffensammlung, welche aus dem Schlosse Ambras stammte, unterzubringen, während das obere Schloß für die Aufnahme der kaiserlichen Gemäldesammlung bestimmt wurde. Die Adaptierungen, welche infolge des besagten Zweckes an dem oberen Schlosse durchgeführt werden mußten, haben so manches von der ehemaligen Pracht verdorben. So z. B. hatte man die offenen Hallen im Parterregeschoß zu Nutzräumen umgewandelt und eine höchst mangelhafte Luftheizung ein- gerichtet.

Nach Fertigstellung der k. k. Hofmuseen am Burgring im Jahre 1884 wurden die bisher im Belvedcrc untergebrachten Sammlungen dahin übertragen. Nun stand das Belvedere einige Zeit verwaist, bis im Jahre 1894 das obere Schloß als Residenz des Erzherzogs Franz Ferdinand bestimmt wurde. Die hierzu nötigen Arbeiten führte Ministerialrat E. von Förster durch. Um, dem Zwecke entsprechend, nicht allein Repräsentationsräume, sondern auch Wohn-

Abb. 1SS. Kaiserliches Jagdschloß im Tiergarten bei Lainz.

räume zu schaffen, mußten in der Einteilung einschneidende Veränderungen vorgenommen

werden. Dabei kam zugute, daß die gegen Westen gelegenen Räume ihrer alten Dekorationen

entkleidet waren. Vollständig erhalten blieb nur der große Empfangssaal in der Mitte des

Gebäudes (siehe Abb. 183). Alle Räume wurden wieder mit Öfen versehen und außerdem eine

Niederdruckdampfheizung eingerichtet. Bei dieser Renovierung herrschte das Bestreben, die äußere

Erscheinung des Schlosses intakt zu belassen. Das untere Belvedere, welches für Wohnzwecke

nicht benötigt wird, dient derzeit zur Unterbringung der modernen Galerie, welche an anderer

Stelle beschrieben wird.

Literatur.

Kleiner, Residenccs mcmorables du Duc de Savoye et de Piemont. Augsburg 1731. Dr. Lind. Das Lustschloß Belvedere. Allgemeine Bauzeitung. 1S80. Robert Dohme, Barock- und Rokoko-Architektur. Berlin (Ernst Wasmuth) 1892.

Emil von Förster.

Das kaiserliche Lustschloß Schönbrunn (Abb. 184 bis 187).

An der Stelle der heutigen ausgedehnten Anlagen in Schönbrunn bestand zu Zeiten Kaiser Maxi- milians II. ein Tiergarten mit einem im Jahre 1570 errichteten kleinen Jagdschlösse. Matthias, der jüngste Sohn Maximilians II., entdeckte bei einer Jagd im Jahre 1619 im Garten eine Quelle, nach welcher die Anlage seither Schönbrunn genannt wird. Er ließ auch eine Erweiterung des Schlosses vornehmen und hielt sich oft daselbst auf. Auch Kaiser Leopold I. nahm 1661 einige Zubauten vor, doch wurde das Schloß und die Anlagen im Jahre 1683 von den Türken gänzlich zerstört. Im Jahre 1696 beauftragte Leopold I.

Das kaiserliche Lustschloß Schönbrunn.

117

Abb. 189. Das Augartcnpalais.

den Architekten Fischer von Erlach, hier einen Sommerpalast für seinen Sohn König Josef I. zu erbauen und ließ gleichzeitig den großen Garten anlegen. Nach Fischers Plan war die Herstellung einer großartigen Schloß- anlage im reichsten Barockstile beabsichtigt, von welcher jedoch nur ein Teil zur Ausführung gelangte1), der Bau wurde unter Leopold I. begonnen und unter Kaiser Josef I. im Jahre 1700 im wesentlichen vollendet; der frühzeitige Tod Josef I. hinderte jedoch die gänzliche Vollendung. Erst Kaiserin Maria Theresia, die sich mit Vorliebe in Schönbrunn aufhielt, und ihr Sohn Josef II. setzten den Bau fort und ihnen verdankt das Schloß und der Garten von Schönbrunn seine jetzige herrliche Gestalt.

Kaiserin Maria Theresia ließ im Jahre 1744 das Schloß nach dem Plane des Architekten Pacassi durch den Baumeister Valmagini vergrößern, um ein Stockwerk erhöhen und die Menagerie und den botanischen Garten anlegen.

Durch drei Tore, von denen jedes mit zwei Obelisken geschmückt ist, gelangt man in den Vorhof von 150 m im Quadrat, welcher auf drei Seiten durch niedere Wohngebäude, auf der vierten durch das Schloß begrenzt wird und zwei Bassins mit Springbrunnen enthält, welch letztere mit Gruppen von Zauner (die Flüsse Donau, Inn und Enns) und Hagenauer (die Provinzen Galizien, Lodomerien und Siebenbürgen) geschmückt sind. Das Schloß enthält mit seinen Nebengebäuden 1441 Gemächer und 139 Küchen. Zu nennen sind der Spiegelsaal mit Bildern von Guglielmi, der Hamiltonsaal mit Ölgemälden der Gebrüder P. und J. Hamilton, der Zeremoniensaal mit historischen Bildern und eine Schloßkapelle. Im Jahre 1763 wurde nach dem Entwürfe Hohenbergs ein Theater (im Hofgebäude, rechts vom Eingange) erbaut.

]) S. Fischer, Entwurf einer historischen Architektur. Wien 1721.

Abb. 190. Kaiserliches Lustschloß in Hetzendorf.

118

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

Die ersten Entwürfe zum Garten lieferte Adr. Steckhofen, die späteren F. von Hohenberg. Das Gartenparterrc hat 32 Statuen aus Tiroler Marmor vom Bildhauer J. W. Beyer; besonders bemerkenswert ist die Gruppe des Äneas, der seinen Vater Anchises aus dem brennenden Troja trägt und den kleinen Ascanasius zur Seite hat. Gegen den Berg wird das Parterre durch das Neptunbassin abgeschlossen; die Bildhauerarbeiten an demselben sind nach den Modellen J. W. Beyers von den Bildhauern Hagenauer und Zächerl ausgeführt. Auf dem Plateau des Berges, welches sich hinter dem Bassin erhebt, steht das im Jahre 1775 von Hohenberg in italienischem Stile erbaute Glorictt mit Bildhauerarbeiten von L. Henrich Dasselbe hat in der Mitte einen schönen Saal, an den sich zu beiden Seiten breite Arkaden anschließen; von der Terrasse über dem Mittelsaal bietet sich eine sehr lohnende Aussicht. Das Wasserreservoir vor dem Gloriett speist die Bassins und Wasserkünste. Auf der linken Seite des Schlosses befindet sich ein für den Hof reservierter Teil mit dem Denkmale der Königin Maria Karolina von Neapel; hinter diesem liegt die von Hohenberg entworfene und von den Bildhauern Hcnrici, Zächerl und Beyer ausgeführte römische Ruine; sie bildet einen großen Bogen, welcher von zwei Flügelmauern begrenzt wird ; zwischen diesen und dem Bogen liegt ein Bassin und neben diesem viele bauliche und statuarische Trümmer in malerischer Gruppierung. Nahe bei der Ruine befindet sich der schöne Brunnen; ein Grottengebäude birgt eine schöne Najade, Egeria, die eine Urne hält, aus welcher die Quelle in ein Marmorbecken fließt. In der Nähe liegt ein zweiter Brunnen, bei dem das Wasser aus einem Delphinkopfe fließt, mit den Statuen der Euridice und des Cincinnatus. Sämtliche Statuen sind von Beyer. Links steht der große, 1777 errichtete Obelisk über einem Grottengebäude auf vier Schildkröten. Die Hieroglyphenschrift, welche den Obelisk bedeckt, enthält die Geschichte des Hauses Habsburg. Die Skulpturen stammen von Beyer und Henrici.

Literatur. Oehler, Beschreibung des Lustschlosses Schönbrunn. Wien 1805.

Das kaiserliche Jagdschloß im Lainzer Tiergarten (Abb. 188).

Der Wunsch der verewigten Kaiserin Elisabeth, zeitweilig abseits des großen Hoflebens in stiller Einsamkeit der Ruhe genießen zu können, ließ das kleine Jagdschloß im kaiserlichen

-

Abb. 191. Palais der königlich ungarischen Garde (Trautson-Palais).

Das Augartenpalais. Das Hctzcndorfcr Schloß. Das Gebäude der ungarischen Garde.

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Tiergarten erstehen, welches, nach Plänen des Architekten Karl von Hasenaucr erbaut, mit einer Giebclgruppe von Rud. Wcyr und Bildern von Fr. Matsch und G. Klimt geschmückt ist. Das Schlößchen, welches zeitweilig von der kaiserlichen Familie benützt wird, ist Besuchern nicht zugänglich.

Das Augartenpalais (Abb. 189),

im II. Bezirke, wurde 1655 von Kaiser Ferdinand III. erbaut und „Neue Favorita" benannt. Gelegentlich der Türkenbclagerung 1683 ging auch dieses Bauwerk zugrunde. Kaiser Leopold I. und nach ihm Kaiser Josef I. ließen den Palast wieder aufführen (1704 1706). Er diente dann der Kaiserin Leonora als Witwensitz und blieb nach deren Tode verödet, bis Kaiserin Maria Theresia und Josef II. den Palast in seiner gegenwärtigen Form herstellen ließen. Im Jahre 1775 übergab Kaiser Josef II. den Garten der öffentlichen Benützung. Gegenwärtig dient der Palast als Residenz des Erzherzogs Otto. Das Gebäude selbst bietet kein besonderes bauliches Interesse. Die großen ebenerdigen Säle, welche mit Deckengemälden von Pozzo geschmückt waren, boten einst den Schauplatz zahlreicher Feste.

Das Hetzendorfer Schloß (Abb. 190),

im XIII. Bezirke, ließ Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1744 durch den Architekten Nie. Pacassi (der auch Schönbrunn plante) erbauen. Das derzeit wenig benützte, im Rokokostil gehaltene Schloß enthält Deckenbilder von Dan. Gran. k.

Das Gebäude der ungarischen Garde, VII., Hofstallstraße (Abb. 191, 192),

war ursprünglich ein Palast des kaiserlichen Obersthofmeisters Fürsten Johann Leopold Trautson und wurde durch Fischer von Erlach in den Jahren 1720 1730 erbaut. Nach dem Ableben des Fürsten kaufte Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1760 den Palast und verlegte dahin die ungarische Nobelgarde. In den Jahren 1848 1867 war hier das Landes-Armee-Kom- mando untergebracht. Seither wird das Gebäude wieder von der ungarischen Garde benützt. Der Palast hat zwei reich ausgestattete Fassaden, von denen nur die schmälere, der Museumstraße zugekehrte, sichtbar ist. In einer Epoche ent- standen, in welcher Wien kosmopolitisch und ein Zentrum der Weltpolitik wurde, trägt das Gebäude in einem vielleicht noch höheren Grade wie andere Werke seiner Gattung einen weltbürgerlichen Zug. Dem epochemachenden Bau des Stadthauses von Amsterdam (1661), das, bahnbrechend für den Palladionismus, seine Giebelabschlüsse der Risalite und deren Stuckverzierung an die nordische Architektur vererbte, verdankt es die Gliederung der gegen den nicht mehr vorhandenen Garten gerichteten Fassade, welche noch hundert Jahre später in der Seitenfassade des Land- hauses eine Wiederholung fand, vor allem aber den wuchtig ausladenden Risalit der Hauptfassade mit seinem Stuckreliefschmuck. Für die Gliederung dieses Risalites mit Pilasterpaaren in der Mitte und je einem Pilaster an den Ecken ist das Vorbild allem Anscheine nach in Andreas Schlüters Portal Nr. V in der Hoffassade des Berliner Schlosses (vollendet 1706) zu suchen, wie denn wohl auch die Masken und Helme in den Schluß- steinen der großen Mittelfenster und Portale auf Schlüters Kriegermasken und Helme am Berliner Zeughause (1695) zurückzuführen sind. Wie an diesem Gebäude, so unterteilt Abb. 192. stiegenhaus im Trautson-Paiais.

120

Gebäude für den kaiserlichen Hof.

auch hier eine mächtige Platte die Rustika des Erdgeschosses, welche wohl jener an Palladios Casa Caldogno nachgebildet ist. Die Postamente der Pilaster mit dem Konsolenquerschnitt, das 6r-Motiv als Zierelement in den herrlichen Eisengittern und in den Verdachungen der Mittelfenster, die Gesamterscheinung dieser Verdachungen selbst (Repliken von Portalbauten in Messina, Syracus etc.), dies alles ist berninisches beziehungsweise neapolitanisch-sizilisches Barock. Der Atlantenschmuck der Treppe ist, wie jener des Prinz Eugenschen Winterpalais, eine Stein gewordene Galli-Bibilenasche Theaterdekoration, die Anlage des Vestibüles und der Treppe nach dem Vorbilde ähnlicher Schöpfungen des Palladio und Scamozzi.

Literatur.

Realis, Kuriositäten- und Memorabilien-Lexikon. Bd. II. Weiß. Alt- und Neti-Wien in seinen Bauwerken. S. 97. Derselbe in der Topographie von Niederösterreich. Bd. II, S. 189. Gurlitt, Geschichte des Barockstils. II, 2, S. 226. Ilg, Fischer von Erlach. S. 449. Dazu siehe Fischers „Entwurff einer historischen Architektur" und die Kupferstiche von Delsenb ach und Kleiner und Pfeffel.

Das Hofstallgebäude, VII., Hofstallstraße (Abb. 193),

wurde 1725 von Fischer von Erlach erbaut und bildet ein Bruchstück eines großartig gedachten Planes, bei welchem, nach der Exedra im rückwärtigen Trakte und nach der wohlüberlegten Gliederung der Fassade zu urteilen, der Architekt die kolossalen antiken Anlagen wie das „goldene Haus" des Nero und die Diokletiansthermen sich zum Muster nahm. (Vgl. die ein- schlägigen Tafeln im „Entwurff einer historischen Architektur".) Das Gebäude wurde durch Hofbaumeister Meyer in den Jahren 1850 1854 einer durchgreifenden Umgestaltung und Er- weiterung unterzogen. (Aus dieser Zeit stammt der der Mariahilferstraßc zugewendete Trakt.) Es enthält die bekannten Sammlungen prachtvoller Krönungs- und Staats-Karossen und Sättel und nebst anderem Schmucke auch Gemälde von Hamilton. Dr. J. Dcnijac.

Abb. 193. Hofstallgcbäude.

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Abb. 194. Giebelverzierung des Laurenzergebäudes, I., Flcischmarkt.

C. VERWALTUNGSGEBÄUDE.

I. GEBÄUDE DER REICHSVERWALTUNG.

K. u. k. Ministerium des Äußern, I., Ballplatz.

Das Gebäude des heutigen auswärtigen Amtes wurde für die bis dahin in einem Hof- burgtrakte untergebrachte „Geheimbe Hofkanzlei" im Jahre 1716 angefangen und im Jahre 1721 zur Vollendung gebracht. Der Bau dürfte jedoch seinem Zwecke nicht entsprochen haben, da man schon in verhältnismäßig kurzer Zeit, um das Jahr 1766, wieder daran ging, unter der Leitung des Hofarchitekten Paccassi bedeutende Erweiterungen vorzunehmen, wie die über dem Haupttor angebrachte Inschrift nachweist.

Als im Jahre 1749 die Kaiserin Maria Theresia die bisherige österreichische und böhmische Hofkanzlei aufhob und zu einem Direktorium als oberster Verwaltungsbehörde für die beiden Ländergruppen vereinigte, wurde dieses Direktorium in dem Gebäude der bisherigen böhmischen Hofkanzlei am Judenplatze (dem heutigen Ministerium des Innern) untergebracht, während das Haus auf dem Ballplatze der Staatskanzlei (nachher Auswärtiges Amt) zu alleiniger Benützung verblieb. Das Gebäude erwies sich für die Bedürfnisse des Auswärtigen Amtes immer mehr und mehr ungeeignet; es wurde deshalb in den Jahren 1881/82 an Stelle des angrenzenden Landesgerichtsgebäudes ein Zubau an der Ecke der Löwelstraße und Metastasiogasse aufgeführt.

Durch den Neubau des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchives, welches dem Gebäude des Auswärtigen Amtes angegliedert wurde, und durch umfangreiche Adaptierungen in seinen alten Teilen hat das Gebäude nunmehr seinen einheitlichen Charakter gewonnen und bildet heute einen mächtigen geschlossenen Komplex, welcher vom Ballplatze, der Löwelstraße, der Metastasiogasse und dem Minoritenplatze begrenzt wird.

Das k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, I., Minoritenplatz (Abb. 195 bis 197), welches dem Ministerium des Äußern untersteht und auch räumlich mit demselben in Zu- sammenhang steht, ist in dem in den Jahren 1900 1902 errichteten Neubau untergebracht. Die Anfertigung des Detailprojektes auf Grund des vom Baurate Pokorny ausge- arbeiteten Programmes und die Bauleitung war ursprünglich dem Architekten und k. k. Bau- rate Otto Hofer anvertraut und nach dem frühzeitigen Tode desselben wurde Oberingenieur Holzeland mit der Vollendung des Baues betraut. Das Archivgebäude erhebt sich auf einem trapezförmigen Grundstück von 61 m verglichener Länge und bildet mit dem Ministerium des Äußern ein geschlossenes Ganzes. Die Gebäudehöhe beträgt verglichen 2L50m bis zur Haupt- gesimskante und 28-80 m bis zum First. An der Hauptfront gegenüber der Minoritenkirche besitzt

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Verwaltungsgebäude.

Abb. 195. K. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv und Ministerium des Äußern, I., Ballhausplatz.

das Gebäude einen 3 m vorspringenden Risalit. Gegen den Erweiterungsbau des Ministeriums zu blieb Raum für einen 39"42 m langen und 670 m breiten Hof, gegen die Minoritenkirche zu für eine Straße von 15 m Breite, so daß dem Inneren des Hauses von beiden Seiten genug Licht zugeführt wird. Als Erweiterungbau des Ministerialpalais war die Fassade nach der des Palais durchzuführen.

Das Gebäude ist in zwei ungleich große Teile gegliedert, das Verwaltungshaus und das Lagerhaus. Der größere Teil ist dem Lagerhause zugewiesen, welches, vom Vcrwaltungshause durch eine Brandmauer geschieden, mit ihm jedoch in fünf Geschossen durch Doppeltüren und zwar je eine eiserne zweiflügelige Volltür mit einer Vortür aus Holz und Glas verbunden ist. Das Verwaltungshaus enthält außer der Eintrittshalle und der Treppe die Beamtenzimmer, zwei Benützersäle, einen Teil der Bibliothek, Vor- und Dienerräume in fünf Stockwerken verteilt. Der Archivbibliothek wurden die Hofseite des ersten Stockwerkes und die ganze Unter- teilung eingeräumt. Auch sie ist nach dem Magazinsystem eingerichtet und mit eisernen Büchergerüsten und Lagerböden, nach dem System

Abb. 197. K. u.k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv.

Abb. 196. K. u. k. Ministerium des Äußern.

K. u. k. Haus-. Hof- und Staatsarchiv. Erdgeschoß. 1:650.

Gebäude der Rcichsvcrwaltung.

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Lippmann verstellbar, versehen. Der Bibliotheksraum zerfällt in drei Geschosse von 240 m nutzbarer Höhe, die durch eiserne Roste getrennt und durch eine eiserne Wendeltreppe verbunden sind. Durch eine Niederdruckdampfheizung- werden das Lagerhaus bis auf 12", die Arbeitszimmer und die Bibliothek bis auf 20° C erwärmt. In den Arbeitszimmern und Werkstätten wurden auch noch Gasöfen aufgestellt.

Das Lagerhaus enthält elf Geschosse; davon sind das fünfte und das achte massiv und feuerwiderständig mit 15 cm starken Ziegelgewölben eingedeckt und diese mit Xylolith belegt. Die übrigen Geschosse haben Rostböden aus hochkantigen Flachschiencn, in Rahmen gefaßt, auf Untcrlagsträgcrn befestigt und sind durchschnittlich 260 m hoch. Durch eine die ganze Höhe durchziehende Zwischenmauer zerfällt das Lagerhaus in zwei ungleich große Säle von 313 beziehungsweise 135 m2 Fläche, letzterer mit nur zehn Geschossen. Zwei eiserne Treppen mit geraden Läufen von 1 m Breite verbinden die Geschosse untereinander. Für die Archivalien- förderung sind Aufzüge vorgesehen. Ein elektrischer Ventilator sorgt für ausgiebigen Luftwechsel in allen Lagergeschossen, wodurch auch der Feuchtigkeitsgrad der Luft im Lagerhause regulierbar wird. Eine Sehenswürdigkeit ist die innere Einrichtung des Lagerhauses mit den aufgestellten Kasten, in welchen teils geschlossen, teils offen die Archivarien gelagert und zwischen denen Gänge von L20 bis L40m Breite angeordnet sind. Für eine ständige Ausstellung von Urkunden wurden die der Eingangstür zunächst gelegenen zehn Gerüste des sechsten Lagergeschosses bestimmt, das vom ersten Stockwerk des Verwaltungshauses direkt zugänglich ist. Außer den Verwaltungsräumen und dem Magazin enthält das neue Haus in den Dachräumen des Ver- waltungshauses Werkstätten für -galvanoplastische Siegelabformung, die Gipsgießerei und die photographischen Werkstätten.

Das ganze Gebäude ist elektrisch beleuchtet. Die Haupt-, Schalt- und Verteilungstafel ge- stattet unter anderem, das ganze Lagerhaus mit einem einzigen Handgriff in Licht zu setzen, auch dann, wenn sämtliche Gruppenschaltungen der einzelnen Lagergeschosse offen sind, eine Vorkehrung, die für den Fall nächtlicher Gefahr getroffen ist. Die Gesamtzahl der Glühlampen in beiden Teilen des Gebäudes beträgt rund 900. Bemerkenswert ist die Einrichtung der trans- portablen Handlampen mit automatischer Schaltung in den Lagersälen und der Bibliothek; sie leuchten, sobald sie von ihren federnden Aufhängehaken abgehoben, und erlöschen, sobald sie wieder dahin zurückgebracht sind. Für Kraft- übertragungszwecke stehen vier Motoren in Ver- wendung; einer für den Aufzug im Verwaltungs- hause und drei für Ventilatoren. Schließlich sei noch erwähnt, daß das Verwaltungs- und Lager- haus in allen Geschossen reichlich mit Feuer- hydranten versehen ist.

Literatur.

„Das neue Gebäude des k. u. k. Haus-, Hof- und Staats- archivs zu Wien" von Gustav Winter.

H.. Holzeland.

K. u. k. Reichsfinanz-Ministerium, I., Johan- nesgasse 5 (Abb. 198, 199).

Dieses Palais, welches nach Ausspruch

des heimischen Kunstforschers Dr. II g1) „eine der interessante- sten Barock- architekturen unserer Stadt" darstellt, wurde in seiner heuti- gen prächtigen Gestalt von dem Grafen Adam

Abb. 19S. K. u. k. Reichsfinanz-Ministerium Erdgeschoß. 1 : 800.

]) Portale von Pro- fanbauten des 17. und 18. Jahrhunderts.

Abb. 199. K. u. k. Reichsfinanz-Ministerium, I., Johannesgasse.

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Verwaltungsgebäude.

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Abb. 200. Genie

mer Oberster Rechnungshof. Hcrrcngasse 23.

Hof,

von Questenberg an Stelle dreier älterer Häuser, von denen zwei schon im Jahre 1684 dessen Vorfahre Johann Anton Freiherr von Questen- berg besessen hatte, nach 1690 erbaut.1) Im Jahre 1775 kaufte es Dominik Graf von Kaunitz, worauf es im Jahre 1810 in den Besitz des Staates überging-. Ursprünglich Amtsgebäude der k. k. allgemeinen Hofkammer ist es heute hauptsächlich Sitz des k. u. k. Reichsfinanz-Mini- steriums (zugleich Zentralstelle der Verwaltung von Bosnien und Herzegowina) und einiger Abteilungen der Zentralleitung des k. k. Finanz- Ministeriums.

Der Erbauer des Palastes ist nicht bekannt, doch weisen einzelne Eigentümlichkeiten in der Durchbildung der Fassade auf Verwandtschaft mit den Prinzipien Fischers von Erlach hin. Die Einfahrtshallen sind durch geschmackvolle Bild- hauerarbeiten geziert. Die Hauptstiege ist künstlerisch ausgestaltet und ruht auf Steinsäulen mit Schwanenhalsbögen, die Stiegenarmc besitzen reich verzierte, steinerne Geländer und Unter- wölbungen, welche in der Untersicht mit Bildhauerarbeit bedeckt sind.'2)

Im Inneren des Palastes sind die im zweiten Stocke gelegenen, vornehm ausgestatteten Reprä- sentationsräume hervorzuheben, welche mit vor- züglichen Gemälden (im Gcschmacke der italieni- schen Schule am Ende des 17. Jahrhunderts) ge- schmückte Stukkodecken besitzen. Die reichste Ausstattung unter diesen Räumen weist der ehe- malige Bibliotheks- und gegenwärtige Speisesaal auf, dessen al fresco (vermutlich von Chiarini) gemalte Decke mit allegorischen Figuren geziert ist. Die Wände dieses Saales besitzen Felder mit freskoartig gemalter Marmorimitation, außer- dem fünf mit Spiegelglastüren versehene Nischen, wodurch beim Beschauer die optische Täuschung einer Verbreiterung des nicht sehr breiten Saales hervorgerufen wird. Die Decke eines Zimmers ist mit wertvollen Kartons von Kuppelwieser geschmückt. Im Jahre 1891 wurde die schad- hafte Decke des zweiten Stockes in den gassen- seitig gelegenen Räumen durch Einfügung einer Eisenkonstruktion mit Wellblechen entlastet, so daß die Auswechslung der Dippelbäumc, durch welche Arbeit die kostbaren Deckengemälde sehr gefährdet worden wären, vermieden werden konnte. Meixner u. Änderte.

Gemeinsamer Oberster Rechnungshof, I., Herrengasse 23 (Abb. 200,201).

Das Gebäude wurde im Jahre 1750 seitens der Regierung von den Erben der Fürsten von Portia angekauft, sodann umgebaut und diente seither zu verschiedenen amtlichen Zwecken. Im

Abb. 20!.

Gemeinsamer Oberster Rechnungshof. I., Herrengasse 23.

Portal,

') Siehe: Schimmers Häuserchronik, Nr. 971.

') Eine Abbildung des Palastes von dem berühmten Zeichner der Denkmäler des Wiener Barockstiles J. Kleiner, gestochen von A. Co rv in us, wurde in dem Werke Pfeffels und eine weitere Aufnahme in den Prospekten des J. B. Fischer von Erlach, ge- zeichnet von dessen Sohn, veröffentlicht.

Gebäude der Reichsverwaltune

125

Jahre 1883 wurde es neuerlich erheblichen Adapticrungen unterzogen, welche sich auf sämt- liche Teile des Hauses erstreckten, ohne jedoch das Äußere namhaft zu ändern. Nach der Über- siedlung des Verwaltungsgerichtshofes in sein neues Heim, [., Burgring 9 (Oktober 1902), neuer- dings in manchen Teilen adaptiert, ist es seither der Amtssitz des im Jahre 1903 vom Mariazeller- hofe hierher übersiedelten k. u. k. gemeinsamen Obersten Rechnungshofes, des aus dem Statt- haltcreigebäude hierher verlegten k. k. nieder- österreichischen Landesschulrates sowie einer Abteilung der k. k. Postökonomieverwaltung.

Das Haus ist zwei Stockwerke hoch, be- sitzt zwei Höfe, eine Front in der Herrengasse sowie eine kurze Front mit einem Einfahrtstor "\*T*1Jä; U1 dcr Schenkenstraße (Nr. 4a). Es bedeckt eine Fläche von etwa 2255 m2. Die wenigen vor- handenen architektonischen Schmuckformen, wie die Portalbildung mit dem alten theresianischen Doppeladler und den beiden auf die Rechts- pflege hinweisenden Figuren und Einzelheiten bei den zwei größeren Stiegen deuten auf Barockstil. Die Lage der Höfe, der nur teilweise be- hobene Mangel an Verbindungsgängen, ferner der Wechsel der Mauerstärken lassen die mehr- fachen Umbauten, sowie den Umstand erkennen, daß das Gebäude ursprünglich ein Privat- haus war. Karl Wopelka.

Abb. 202. K. ungarische Hofkanzlei, I., Bankgasse.

Wipplingerstraße.

Die k. ungarische Hofkanzlei, I., Bankgasse (Abb. 202),

wurde an Stelle des alten fürstlich Windischgrätzschen Hofes unter der Kaiserin Maria Theresia 1767 erbaut. Der Architekt ist nicht bekannt. Die Fassade gliedert sich in französischer Weise in drei Vor- und zwei Rücklagen. Von den achtzehn Achsen entfallen je zwei an die Eck- vorlagen, vier in die Mittelvorlage und je fünf in die Rücklagen. Eine einfache Horizontal- fugenrustika belebt das Erdgeschoß, dessen Fenster in Korbbogen abschließen. Eine korin- thische Pilasterordnung mit verkröpftem Gesimse verbindet das Hauptgeschoß mit dem Mezzanin. Die Fenster in den Eckvorlagen zeigen eckige, die in den Rücklagen runde Giebel. In jene ist noch ein kleines Giebelchen, in diese, deren Gebälke sich einwärts rundet, noch ein Plättchen als Ornament eingeschachtelt. Zwischen den Verkröpfungen des Gesimses erscheinen

als dessen Träger noch kleine Konsolen, gleich den- jenigen an den Fensterver- dachungen. Zwischen den Konsolen sehen wir noch allenthalben ein für die Ent- stehungszeit charakteristi- sches Festonornament. Das- selbe Ornament begegnet uns an den Postamenten der Balkons und an den Konsolen, welche als Aus- läufer mächtiger, um das Portal und die beiden näch- sten Fenster des Unter- geschosses paarweise ange- ordneter Hermen unter den

Abb. 203. Ministerium des Innern. Erster Stock. 1:800. drei Mittelfenstern der Rück-

126

Verwaltungsgebäude.

Abb. 204. Ministerium des Innern, I., Judenplatz.

lagen den Balkons zur Stütze dienen. Die Eisengitter der Balkons erweisen sich wie jene an der Haupttreppe als Ausklänge der Muster des Rokoko. Über der Attika links sehen wir das ungarische Wappen. Bei der Anordnung der Treppe scheint der Architekt unter dem Eindrucke jener des Kinskypalais gestanden zu sein. Der Hof mit seiner einfachen Lisenengliederung ist belanglos, sehenswert hingegen der Beratungssaal mit seinem Deckengemälde von Maulbertsch. Das Ganze zeigt den Charakter des Stiles Louis XVI. Das Gebäude dient derzeit als Wohnung und Kanzlei des ungarischen Ministers am königlichen Hoflager.

Liter atu r.

Realis, Kuriositäten- und Memorabilien-Lcxikon. Bd. II.

Dr. J. Dernjac.

Ministerratspräsidium (Modeneser-Palais), I., Herrengasse 7.

Das Palais gelangte in seiner dermaligen Gestalt um das Jahr 1810 an die Erzherzogin Beatrix von Modena, von der das Palais noch heute seinen Namen führt. Nach deren Tode im Jahre 1829, kurze Zeit im Besitze des Prinzen von Wasa, wurde es 1839 von der Staats- verwaltung angekauft und ist gegenwärtig Palais des k. k. Ministerratspräsidiums.

Das zweistöckige Gebäude bildet einen Komplex von unregelmäßiger Grundform mit zwei fast rechteckigen Haupthöfen. Die Fassade der Hauptfront ist schlicht und ohne Gliederung im Renaissancestil ausgeführt und erscheint infolge des zu niedrigen Parterregeschosses gedrückt. Von den zwei Einfahrten ist die näher gegen den Michaelcrplatz gelegene architektonisch reicher ausgestattet. Von der Haupttreppe betritt man durch ein Vorzimmer die wegen ihrer reicheren architektonischen Ausschmückung beachtenswerten, im Stile Louis XVI. ausgeführten Repräsentationsräume des k. k. Ministerratspräsidiums, von welchen einige mit älteren Gemälden geschmückt sind. Hervorzuheben wären das Arbeitszimmer des Ministerpräsidenten, welches

Gebäude der Reichsvcrwaltung.

127

das Achteck zur Grundform hat, von einer kuppcl- förmigen Oberlichte erhellt und durch diagonal gestellte, mit Reliefplastikcn aus der klassischen Mythologie geschmückte Nischen lebendig- ge- gliedert ist; ferner der Festsaal, dessen Wände mit Drcivicrtelsäulen in Stuckmarmor geschmückt sind.

Fitger.

Ministerium des Innern, I., Wipplingerstraße

(Abb. 203 bis 205).

Der sowohl architektonisch als auch histo- risch interessante Palast des Ministeriums des Innern besteht aus zwei beinahe gleich großen Gebäudeteilen, welche jedoch aus verschiedenen Bauperioden stammen. Der ältere, dem Hohen Markte zugewendete Gebäudetrakt (den Mittel- risalit und drei Fenster rechts und links von demselben umfassend) wurde als Palast der böh- mischen Hofkanzlei, von welcher die Länder der böhmischen Krone verwaltet wurden, im Jahre 1711 unter der Regierung Karl VI. begonnen und im Jahre 1714 vollendet. Der Antrag zur Erbauung des Palastes ging vom damaligen Obersten Kanzler des Königreiches Böhmen Jo- hann Wenzel Reichsgrafen von Wratislaw aus, der jedoch die Vollendung des Baues nicht er- lebte; sein Nachfolger Oberster Kanzler Reichs- graf von Schlick führte den Bau zu Ende. Archi- tekt des Baues war Bernhard Fischer von Erlach.

Im Jahre 1749 wurde die böhmische Hof- kanzlei aufgelöst; das Gebäude diente von nun an den Zwecken des neuerrichteten „Directorium in publicis et cameralibus", welche Behörde die politischen und die finanziellen Geschäfte so- wohl der böhmischen als auch der österreichi- schen Länder zu besorgen hatte. Da das Palais sich zur Unterbringung der zahlreichen Ämter bald als zu klein erwies, wurde unter der Regierung der Kaiserin MariaTheresia in den Jahren 1 752 bis 1754 anstoßend an das Hofkanzleigebäude ein Neubau, das sogenannte „Directorialgebäude" errichtet, dessen Fassade dem alten Palais genau nachgebildet wurde. Es ist dies der gegen die Futterergasse zu ge- legene Gebäude- trakt. Gleichzeitig wurden die an das Hofkanzleigebäude gegen die Schulter- gasse und Jordan- gasse angrenzenden Privathäuser ange- kauft und auch an ihrer Stelle ein, al- lerdings nur schma- ler Zubau ausge- führt. In der Wipp- lingerstraße beträgt dieser Zubau nur die äußerste, gegen den Hohen Markt zu gelegene Fenster-

Abb. 205. Ministerium des Innern. Portal in der Wipp- lingerstraße.

A Palais des Prinzen Eugen.

B Kleines Münzge- bäude.

C Zubau zum P.alais.

Abb. 206.

Finanz-Ministerium

(Prinz Eugen-Palais).

Erster Stock.

1 : 800.

128

Verwaltungsgebäude.

achse. Im Jahre 1761 wurde im Gebäude auch die Oberste Justizstelle (Justizministerium) untergebracht, welche bis in die Vierzigerjahre des vorigen Jahrhunderts hier verblieb. Unter dem in der Nacht vom 11. Mai 1809 von den Franzosen durchgeführten Bombardement Wiens hatte das Ministerialgebäude stark ge- litten. Gelegentlich der darauffolgenden Re- staurierung desselben dürften alle jene Ver- änderungen an den Fassaden vorgenommen ■worden sein, die uns bei einem Vergleiche der Zeichnungen aus dem 18. Jahrhundert (Kleiner und Pfeffel, Delsenbach etc.) mit der heutigen Hauptfassade auffallen. Diese in der Wipp- lingerstraße befindliche Hauptfassade mit ihren schönen Mittelrisaliten, den prächtigen Portal- gruppen und den fein komponierten Wappen, Kartuschen und Emblemen ist besonders be- merkenswert; die kraftstrotzenden Atlanten sowie die sonstigen Figuren und Bildhauer- arbeiten des Gebäudes werden Mattielli zuge- schrieben.

Interessant ist auch die Fassade am Juden- platz, hauptsächlich infolge ihrer originellen Fensterverdachungen. Sehr vornehme Formen zeigen weiters das gegen die Wipplingerstraße zu gelegene Hauptvestibül und der sogenannte Ministerhof; imposante Maße weist das gegen den Judenplatz gelegene Stiegenhaus auf. Das Ministerialgebäude wurde in den letzten Jahren sowohl von innen als auch von außen sehr durchgreifenden Restaurierungen unterzogen; die Repräsentationssäle wurden unter der Leitung des Ministerialrates Emil Ritter von Förster im Sinne Fischers von Erlach neu hergestellt. Irmisch.

Justiz-Ministerium, L, Schillerplatz 4.

Das Gebäude wurde im Jahre 1872 von den Architekten Claus und Groß im Auftrage des „Aktien-Vereines für Hotels und Bade- anstalten in Wien" als „Hotel Britannia" erbaut, ging jedoch schon am 1. September 1874 um den Kaufpreis von 2,400.000 K in den Besitz des Staates über. Das im Renaissancestil gehaltene, vier Stock hohe Gebäude besitzt drei Gassenfronten, die Hauptfassade gegen den Schillcrplatz besitzt ein Säulenportal mit Balkon; die Seitenfassaden gegen die Elisabethstraße und Nibelungengasse sind einfacher ge- halten. Die beiden Ecken der Hauptfassade werden von pavillonartigcn Aufbauten gekrönt. Nebst dem Justiz-Ministerium sind in dem Gebäude noch einige andere Ämter untergebracht. Im ersten Stocke des in der Nibelungengasse liegenden Traktes befindet sich der im Jahre 1902 hergestellte Verhandlungssaal des k. k. Reichsgerichtes; weiters gegen den Schillerplatz und die Elisabethstraße das k. k. Landwehr- Oberkommando mit den Empfangsräumen Sr. k. u. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer; im Parterre, zweiten, dritten und einem Teil des vierten Stockes das k. k. Justiz-Ministerium. Die Präsidial- und Empfangsräume sowie die Wohnung des Ministers liegen im zweiten Stocke. Ein Teil des vierten Stockwerkes sowie der größte Teil der Souterrainräumlichkeiten dienen zu Bureau- und Archivzwecken für mehrere Rechnungsdepartements des k. k. Finanz-Ministeriums. Im Parterre des Traktes in der Nibc- lungcngasse befindet sich ein Postamt. M- von Decqsiello.

Abb. 207. Finanz-Ministerium, I., Himmelpfortgasse.

Gebäude der Reichsverwaltung.

129

Finanz-Ministerium, I., Himmelpfort- gasse 8 (Abb. 206 bis 209).

Eines der wertvollsten Denkmäler des Wiener Barockstils ist das in der Zeit von 1703 1711 von Johann Bernhard Fischer von Erlach1) und Lukas Hilde- brand '-) über Auftrag des Prinzen Engen von Savoyen erbaute Palais, in welchem derzeit das österreichische Finanz-Ministe- rium untergebracht ist.

Über die künstlerische Urheberschaft dieses Prachtbaues gehen die Ansichten stark auseinander; die meisten älteren Schriftsteller nennen Fischer als den allei- nigen Erbauer, während der Chronist Schimmer3) und Alfred Ritter von Arneth Fischer und Hildebrand als Erbauer be- zeichnen. Zweifellos dürfte Fischer als der Erbauer der Prachtstiege und des Haupt- gebäudes zu betrachten sein, da derselbe den Entwurf des Palastes in sein berühm- tes Architekturwerk „Entwurf einer histori- schen Architektur, Wien 1721" aufgenom- men hat. Das betreffende Blatt zeigt aber erst 12 Fensterachsen und 2 Portale, während das Palais heute 17 Achsen und

3 Portale besitzt.4) Im Jahre 1711 empfing Prinz Eugen in seinem neuen Heim bereits eine türkische Gesandtschaft in feierlichster Weise; daselbst beschloß er auch am 21. April 1736 seine Heldenlaufbahn. Nach dem Tode des Prinzen fiel das Gebäude mit Zustimmung Kaiser Karl VI. mit den auserlesensten Kunstschätzen und Einrichtungsstücken an dessen Nichte Viktoria von Savoyen, vermählte Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen, die jedoch alles nicht Niet- und Nagelfeste zu Geld machte. Im Jahre 1754 wurde das Gebäude vom Staate ange- kauft und durch Er- werbung angrenzender Häuser noch vergrößert. In den folgenden Zeiten hatten verschiedene Be- hörden hier ihren Sitz, schließlich seit 1848 das k. k. Finanz-Mini- sterium.

Behufs praktischer Verwendung der ein- zelnen Teile des Palais zu Bureauzwecken hat man in früherer Zeit an dem Gebäude zahl- reiche, hinsichtlich der

Erhaltung des Kunst-

Treppenhaus im Finanz-Ministerium.

Abb. 209. Vestibül im Finanz-Ministerium, I., Himmelpfortgasse 8.

') Geboren zu Prag 1656, gestorben in Wien 5. April 1723.

2) Geboren 1668 zu Genua, gestorben 17. November 1745.

3) Der Historiker des Eu- genschen und Theresianischen Zeitalters.

4) Ein Bild der Fassaden findet sich in Kisch, „Alte Straßen und Plätze der Innern Stadt", S. 481, nach einem Stiche vonCorvinus gezeichnet, vor.

Bd. II.

130

Verwaltungsgebäude.

Untcrrichts-Ministcrium, [., Minoritenplatz

wertes nicht immer glückliche bauliche Veränderungen vorgenommen; so wurden beispiels- weise bei der im Jahre 1841 vorgenommenen Renovierung einzelne Fresken in nicht besonders geschickter Weise vom Historienmaler Schilchcr übermalt, bis endlich in den Jahren 1888 1890 unter Leitung des derzeitigen Oberbaurates Theodor Hödl und unter Mitwirkung der Zentral- kommission zur Erhaltung der Kunßt- und ^ historischen Denkmale das Gebäude einer

gründlichen und sachgemäßen Renovierung im Sinne Fischers von Erlach durch Be- seitigung späterer Zutaten, insbesondere der mißglückten Übermalungen, Restau- rierung wertvoller Baubestandteile und Einfügung stilgemäßer Ergänzungen unter- zogen wurde.

Im Totaleindrucke der Fassade über- wiegen besonders das die Prunkräume enthaltende erste Stockwerk sowie die das Dach maskierende figurenreiche Attika, deren Gesamteindruck durch die enge Gasse leider nicht zur Geltung kommt. Diese Attika wurde im Jahre 1890 voll- ständig erneuert und deren allegorische Figuren durch die Bildhauer Beyer, Düll, Gloß, Kalmsteiner, Kauffungen, Koch, Lax, Rummel und Schwerzeck hergestellt. Die Innenausschmückung ist allegorisch, bezugnehmend auf die Ruhmestaten des edlen Prinzen; als Grundmotiv erscheint die Herkulessage sinnreich verwendet. Das prächtige, 6m breite und 30 m lange Vestibül und das von demselben rechts abzweigende Treppenhaus sind die künstlerisch bedeutendsten Leistungen an dem Palaste, und kommt das Treppenhaus (nach Gurlitt, Geschichte des Barockstiles) an malerischer Wirkung und üppiger Pracht weit überlegenen italienischen Bauten gleich. Das Vestibül enthält beiderseits Wandfüllungen mit Stukkoarbeiten, militärische Gerätschaften darstellend, und in einer Nische eine Kolossalbrunnen- figur. Die Stiege, deren Podest von vier von Mattielli gemeißelten Atlanten getragen wird, besitzt im ersten Absätze eine prächtige Herkulesstatue; die mythologischen Deckengemälde des Stiegen- hauses sind von Louis Dorigny, einem Schüler Lebruns, und stellen Apollo als Lichtgott, den Sturz des Ikarus und die Fama dar. Die Rückwand des Treppenhauses zeigt das Relicfporträt des Prinzen Eugen, rechts und links befinden sich Reliefs mit den Kämpfen Herkules' von Santino Bussi.

Von den Innenräumen sind einige durch die Pracht ihrer Ausstattung hervorragend. Der blaue Saal mit 115m Länge und 9 m Breite enthält ein Deckengemälde des Italieners Marc- antonio Chiarini, Herkules' Vermählung mit Hebe im Olymp darstellend. Die einst mit kost- baren Gobelins geschmückten Wände tragen nach deren Verschleuderung durch die habsüchtige Erbin Eugens nun hübsche Brokattapeten und Gemälde österreichischer Herrscher (Maria Theresia, Josef II., Karl VI. und Leopold IL). Das Goldkabinett enthält einen Plafond mit reich vergoldeten Schnitzereien, Putten, Vögel, Blumen, Fruchtstücke darstellend, in den Eckmedail- lons prachtvoll gemalte mythische Szenen. Der 100 m- große Tanzsaal ist im Stile Ludwig XVI. gehalten. Auch in den weiteren Sälen befinden sich zum Teil noch prächtige Deckengemälde aus der Zeit Eugens. In allen Prachträumen und den meisten Bureaux dieses Palais wurde anfangs der Neunzigerjahre die elektrische Beleuchtung eingeführt. Die Beheizung dieser Prunksäle ge- schieht mittels Caloriferes.

Das mit diesem Gebäude in Verbindung stehende kleine Münzgebäude, Johannesgasse 9, ist ohne architektonische oder historische Bedeutung; es wurde im Jahre 1775 vom Staate (nach Schimmer, Häuserchronik) zu Zwecken des k. k. Münz- und Kupferamtes angekauft und dient gegenwärtig ebenfalls zu Bureauzwecken der Zcntralleitung des k. k. Finanz-Ministeriums. Das an das Finanz-Ministcrial-Palais anstoßende Gebäude Himmelpfortgasse 6 wurde im Jahre 1899 vom Staate angekauft und nach entsprechender Adaptierung ebenfalls für Abteilungen des Finanz-Ministeriums verwendet. Jose; Meixmr.

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Gebäude der Reichsverwaltung. 131

Das Ministerium für Kultus und Unterricht, I., Minoriten platz 7 (Abb. 210),

ist in dem ehemals Fürst Starhembergschen Palais untergebracht, welches 1683 im Barockstil erbaut wurde.

Handels-Ministerium (Barbarastift), I., Postgasse 8.

Dieses Gebäude war ursprünglich ein Konvikt des Jesuitenordens und wurde bereits im Jahre 1554 dem Orden zu Studienzwecken übergeben. 1580 war das Konvikt auch Sitz der Bruderschaft zur heiligen Barbara. Im Jahre 1572 wurde die noch heute bestehende hübsche Kirche St. Barbara erbaut; das Konvikt wurde im Jahre 1773 aufgehoben und die nun verwaiste Kirche im Jahre 1775 den linierten (katholischen) Griechen, denen schon Leopold I. seinen Schutz angedeihen ließ, zum Gottesdienste überlassen. ')

In den Jahren 1784 1797 war das ehemalige Konvikt Sitz der Theresianischen Akademie, worauf dieselbe in das von ihr noch heute benützte Gebäude auf der Wieden übersiedelte. In späterer Zeit Sitz der obersten Hofpostverwaltung wurde das Gebäude im Jahre 1852 nach den Plänen des Hofbaurates Sprenger umgebaut; gegenwärtig wird dasselbe vom k. k. Handels-Ministerium als Amtsgebäude benützt. Die Fassaden und Innenräume bieten nichts Bemerkenswertes. Josef Meixner.

Ackerbau-Ministerium, I., Liebiggasse 5.

Dieses in den Jahren 1 882- 1883 nach den Plänen des k. k. Oberbaurates Emanuel von Trojan in Bauformen der Renaissance, ohne dekorative Überladung errichtete Ge- bäude ist bisher das einzige für ein k. k. Ministerium eigens erbaute neuere Amtsgebäude in Wien.2) Das Haus, aus Souterrain, Hochparterre und drei Stockwerken bestehend, mit drei Gassenfronten, bedeckt eine Fläche von etwa 1758 m2. Das benachbarte Gebäude I., Ebendorferstraße Nr. 7 wurde in denselben Jahren wie das vorige von den Architekten Ferstel und Köchlin für einen Privaten als Zinshaus im Renaissancestil gebaut und im Jahre 1894 seitens des Ärars vorwiegend für Zwecke des Ackerbau-Ministeriums angekauft; es befindet sich darin neben Bureauräumen dieses Ministeriums die Amtswohnung des Ackerbau- Ministers. Das Haus besitzt eine Fläche von etwa 994 m2. Mit dem Hause I., Liebiggasse 5 wurde es seither in jedem Geschosse in Verbindung gebracht. Karl Wopelha.

Das Parlamentsgebäude (Abb. 211 bis 213 und Tafel X).

Nachdem Theophil von Hansen als Sieger aus dem Wettbewerb für die Erbauung eines neuen Parlamentsgebäudes hervorgegangen war, wurde demselben von dem Ministerium des Innern die Bauausführung übertragen und der Bau im Juni 1874 begonnen. Das Gebäude bedeckt eine Fläche von 162 m Länge und 140 m Tiefe, dessen längere Front gegen die Ringstraße gerichtet ist. Der im Geiste und in den Formen der griechischen Antike erbaute Palast ist außen in harmonischer Weise mit Plastiken und Malereien geschmückt und zeigt insbesondere gegen die Ringstraße eine reichhaltige Gliederung. Der in der Mitte hoch aufstrebende gewaltige Portikus ist rechts und links von Flügelbauten von klassischer Einfachheit flankiert, welche mit vorspringenden Eckpavillons abschließen.

Vor der Rampe inmitten einer Blumenanlage befindet sich der herrliche Monumental- brunnen mit der Pallas Athene als Hauptfigur. Links und rechts von dem Brunnen erheben sich aus reichen Bronzesockeln, welche mit den Wappen der Kronländer geschmückt sind, zwei mit Doppeladler gekrönte Flaggenmaste aus Stahlblech von 22 m Höhe. Die Rampen- flügel gegen die Ringstraße sind mit vier auf hohen Granitpostamenten stehenden Pferde- bändigern aus Bronzeguß geziert, während die Rampenmauer mit acht Statuen von Geschicht- schreibern geschmückt ist, und zwar: rechts vorne Titus Livius und Sallustius, dann Julius Cäsar und Tacitus, links vorne Thukydides und Polybius, dann Xenophon und Herodot. In der Gruppe des Giebels des Mittelbaues, ebenfalls aus Laaser Marmor ausgeführt, ist dargestellt, wie Seine Majestät der Kaiser auf Grund der von ihm verliehenen Verfassung die 17 Kronländer zur Gesetzgebung und Beratung um sich versammelt. Der kleine Giebel links enthält die Gruppe „Justiz" und der rechts „Innere Verwaltung". An den vier Ecken der

') Siehe Kirchenbauten.

!) Allgemeine Bauzeitung. 1886.

132

Vera altungsgebäude.

Abb. 211. Parlamcntsgcbäude. Gesamtansicht von der Ringstraße

A Peristyl. B Sitzungssaal des Herrenhauses. C Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses.

Abb. 212. Parlamcntsgcbäude. Grundriß des Hauptgeschosses. 1:1000.

Gebäude der Reichsverwaltung.

133

beiden Saal bauten erheben sich mächtige Sockelauf bauten, auf welchen die acht aus Bronze ge- gossenen Quadrigen, von einer geflügelten Nike geführt, thronen; an den Sockeln selbst sind je zwei Reliefs angebracht, von welchen jedes von zwei Statuen flankiert ist. Die Statuen und Reliefs stellen berühmte Männer des Altertums und deren hervorragende historische Tätigkeit dar. Im ganzen befinden sich auf der Attika des Gebäudes 76 Marmorstatuen und 66 Reliefs. An den Fassaden des Gebäudes sind die verschiedensten Steinarten in einer Mannigfaltig- keit wie bei keinem der anderen Monumentalbauten verwendet. Das ganze Untergeschoß bis unter den Stylobat der Säulen ist mit Granit aus den Brüchen von Neuhaus bei Linz ver- kleidet; für die Sockel im Inneren der Höfe ist Leithakalkstein (aus Mannersdorf) verwendet. Im Obergeschoß finden wir die Säulen, Halbsäulen und Pilaster aus den Karstbrüchen; die Fenstereinfassungen aus Bresciancr Marmor; die Mauerflächen sind mit Platten von Unters- berger Marmor bekleidet; die Gesimse der Flügel und des Mittelbaues sind von Trientiner Marmor, während diejenigen der Saalbauten von Karststein hergestellt sind; die Kapitale sind aus einem weicheren Stein von Pola, ebenso die Basen der Säulen und Pilaster.

Die Haupteingänge in das Gebäude befinden sich im Mittelbau, und zwar der eine unter der Durchfahrt, welche im Niveau der Straße unter dem Portikus liegt, während sich der zweite im Portikus im ersten Stocke befindet. Von dem erstgenannten Eingange aus ge- langt man in das Vestibül im Parterre, von wo links und rechts Prachtstiegen in das Vestibül des ersten Stockes führen. Außerdem vermitteln noch vier Tore den Eingang zu den Minister-, Kanzlei- und Abgeordnetenstiegen; zwei Eingänge unter den Karyatiden sind für den Aller- höchsten Hof und die vier Tore an den beiden Seitenfronten für den Zugang des Publi- kums bestimmt.

Sämtliche Souterrainlokale sind von der Heizungs- und Ventilationsanlage in Anspruch genommen. Das Erdgeschoß, welches durch 25 Treppen mit dem ersten Stock bequem ver- bunden ist, enthält zum großen Teil Klubzimmer, Bibliothek und Bureauräume sowie Beamten-

und Dienerwoh- nungen, ebenso die Maschinen- räume für die elektrische Be- leuchtungs- anlage und die sonst notwendi- gen Utilitätsräu- me. Von der Ringstraße ge- langt man auf der Rampe zu dem gedeckten großen Portikus, der vorne von acht Säulen aus Karstmarmor von 1 "2 1 m Durchmesser und 11 "50 fn Höhe gebildet ist. Über dem Eingangsportal zieht sich im Fries ein Glas- mosaikgemälde (Tiroler Arbeit) durch den ganzen Portikus entlang. Dieses nach dem Entwürfe Lebiedzkis in den letzten Jahren hergestellte Gemälde stellt Austria, umgeben von den im Reichsrate vertretenen 17 Provinzen, dar. Die von Hansen seinerzeit projektierte Polychromie der Fassade, welche jedoch nicht zur Ausführung kam, wurde hier neuerlich dank der Initiative der Herren Exzellenz Ritter von Roza und Hofrat Ritter von Förster versuchsweise durchgeführt.

Abb. 213. Parlamentsgebäude, Zentralhal

134

Verwaltungsgebäude.

Der beigegebene Grundriß zeigt die Anordnung der Räume im ersten Stock, dem Haupt- geschosse. An den großen Mittelbau, welcher das Herrenhaus von dem Abgeordnetenhause scheidet, reihen sich hintereinander Vestibül, Atrium, Peristyl und zwei große Beratungssäle an. Die innere Raumgliederung spiegelt sich im Äußeren wieder, indem der Mittelbau und die beiden Sitzungssäle hoch aufsteigen und die niedrigen Flügel- und Zwischentrakte über- ragen, wodurch eben jene dem inneren Organismus genau entsprechende äußere Gruppierung

hervorgerufen wird. Die unmittelbare An- einanderreihung derjenigen Räume im ersten Stocke, welche infolge ihrer Benützung direkt aufeinander folgen müssen, wie Vestibül, Atrium, Kommissions-, Versamm- lungs- und Sitzungssäle, machte die Anwen- dung von Oberlichtbcleuchtung zur Bedin- gung. Außer dieser Beleuchtung vermitteln noch im Inneren des Gebäudes acht große und 18 kleine Lichthöfc die Erhellung der Räume.

Im Inneren erscheinen außer den bereits früher genannten Marmorsorten noch die braunroten Adneter sowie die verschiedenen Tropf- und Scheckmarmore in allen möglichen Nuancen, dann Unters- berger und Botticino, sowie der dem Carrara ähnliche weiße Laaser Marmor in reichlicher Verwendung, und an ausländi- schen Marmoren für die Wandverkleidungen der Rouge royal, der schwarze belgische Marmor, dann Pavonazzo. Porto Venere und Levante. Auch die Marmorimitationen und gemalten Stukko haben ausgedehnteste Anwendung gefunden.

Das Vestibül des ersten Stockes ist von sechs Säulen ionischer Ordnung um- geben, welche die Kassettendecke tragen. Hinter diesen Säulen, deren kannelierte Schäfte aus Monolithen von Trientiner Mar- mor bestehen, steigen rechts und links die beiden dreiarmigen Haupttreppen auf. In den Wänden befinden sich Nischen, in welchen aus Laaser Marmor Statuen von Ares, Apollo, Hephästos, Minerva, Diana, Demeter, Hermes, Hera, Poseidon und Zeus aufgestellt sind. Die Wandverkleidungen bei den Treppen sind von belgischem Marmor, Rouge royal, darüber von geädertem Pavonazzo, die Stufen der Treppen sowie das reich durchbrochene Gitter aus Untersberger Marmor. Von diesem Vestibül gelangt man in eine innere Vorhalle (Atrium) und von diesem in die Säulenhalle (Peristyl). Diese ist 40m lang und 23m breit, besteht aus einem inneren, 923m breiten und 30'35m langen Raum und einem äußeren, diesen rings umschließenden, 6 m breiten Umgang, voneinander durch 24 Säulen getrennt. Diese Säulen tragen über dem inneren Saale eine giebelförmig ansteigende Glasdecke, über dem Umgang eine reich bemalte und vergoldete Kassettendecke. Die braunroten Säulenschäftc sind Monolithe von 8 m Länge und 0-97 m Durch- messer aus den Adneter Brüchen bei Salzburg; der Preis einer Säule belief sich auf 8000 K. An beiden Langsciten dieses Raumes befinden sich je fünf Türen, welche rechts in die Räume des Abgeordnetenhauses, links in das Herrenhaus führen.

Als Versammlungssaal des Abgeordnetenhauses dient ein mit Oberlicht beleuchteter Raum von 950 auf 1900m Länge. Der Sitzungssaal ist im Grundplane ein überhöhter Halb- kreis von 34 m Durchmesser und 255 m Tiefe und enthält 425 im Halbkreis angeordnete Sitze auf ansteigendem Fußboden. Rings um die halbkreisförmige Umfangswand zieht sich ein Couloir, über diesem, in Ansicht des Präsidenten, den Saal im Halbkreis umschließend, sind die Galerien

Abb. 214. Bankogebäude, I., Singerstraße.

Gebäude der Reichsverwaltung.

135

Abb. 215. Stiegenhaus im Bankogebäude, [., Singerstraße 17.

in zwei Etagen angebracht. Die Decke, welche einen Durchmesser von 40 m und eine Tiefe von 25 m hat. ist radial gegliedert; den mittleren Teil mit 23 m Durchmesser und 12m Tiefe nimmt das Oberlicht ein, welches ebenfalls zeltförmig konstruiert ist. Die Höhe des Saales vom tiefsten Niveau bis zur Glasdecke beträgt 15 m. Zur künstlichen Beleuchtung des Saales wird elektrisches Licht verwendet. Der Sitzungssaal des Herrenhauses ist etwas kleiner im Durchmesser als der crstbcschricbene und faßt nur 243 Sitze; während er im architektoni- schen Aufbau mit dem anderen völlig überein- stimmt, hat er eine an- dere farbige Behand- lung erfahren.

Im zweiten Stock- werke der beiden nörd- lich und südlich gelege- nen Seitentrakte sind Wohnungen für die Kanzleidirektoren der beiden Häuser, im zwei- ten Stockwerke der bei- den Saalbauten Bureaux respektive das Archiv untergebracht. Die Dach- bodenräume sind größ- tenteils durch die Be- heizung, Ventilation, Be- leuchtung und Ober- lichtschächte in An- spruch genommen.

In sämtlichen Räu- men des Gebäudes ist die Zentraldampfheizung in Verbindung mit einer natürlichen und mechanischen Ventilation eingeführt. Die Anlage besteht aus 14 Ten Brink-Systemen mit zusammen 114 Dampfkesseln und einer Heizfläche von 600 m2; die Länge der Heizrohre beträgt 47 km. Zur Ventilation sind für die Sitzungssäle, Kommissions-, Ausschuß- und Klubzimmer zwei Dampfmaschinen mit 6 respektive 4 PS. aufgestellt. Die Ventilation beruht auf dem System der Pulsion und Aspiration; die Lufterneuerung findet in der Stunde fünfmal statt, so z. B. werden in den Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses 88.000 m3 frische Luft in der Stunde eingeführt; zur Luft- befeuchtung sind Wasserzerstäuber und Verdunstapparate in reichlicher Menge angebracht. Im ganzen sind 107.000 m3 Räume zu heizen und zu ventilieren. Das Gebäude ist durchaus elektrisch beleuchtet und ist nach dem Zweileitersystem installiert; der Strom wird aus den städtischen Werken bezogen. Der Gesamtbetrieb des ganzen Gebäudes beansprucht 2100 Amperesstunden; der Effekt ist . gleich 75.000 Normalkerzenstärke. Für den Betrieb der 60 Uhren besteht eine pneumatische Zentralanlage.

Die erste Sitzung in diesem Hause fand am 4. Dezember 1883 statt. Die Kosten des Gebäudes bis zu seiner heutigen Ausgestaltung betragen 18,200.000 K. Karl Erhart.

Literatu r.

Hansen, Das Parlamentsgebäude. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1873. Derselbe, Das k. k. Reichsratsgebäude in Wien. Folio. Wien 1S80.

Staats-Zentralkassa (Bankogebäude), I., Singerstraße 17 und 19 (Abb. 214, 215).

Dieses Gebäude besteht eigentlich aus zwei Objekten, von welchen das Haus ander Ecke der Grünangergasse und Singerstraße sich schon auf dem Salomon Kleinerschen Stich aus dem Jahre 1724 als einstöckiger, mit einem Erker an der Ecke und einem mächtigen Torportale im Stile Carlones gezierter Bau repräsentiert. Es wird auf diesem Stiche als gräflich Rothalsches Haus bezeichnet. Das anstoßende Haus Nr. 19 war ein Stiftungshaus für arme Kranke; die Stiftung wurde durch Dr. Pilliot, den Leibarzt Kaiser Leopolds I., ins Leben gerufen.

Es ist wahrscheinlich, daß letzteres Haus zuerst für Zwecke des Wiener Stadtbanko um 1750 erworben und eingerichtet, hingegen das ersterwähnte, 1752 umgebaute gräflich Rothalsche

136

Verwaltungsgebäude.

Palais mit dem noch ersichtlichen, ehemals durch zwei Geschosse reichenden Festsaal, der Kapelle im ersten Stocke und der Prachttreppe zunächst als herrschaftlicher Wohnpalast größer und prächtiger neu aufgebaut und erst später ebenfalls zu „Bankozwecken" angekauft wurde. Im Jahre 1845 wurde auf dieses Haus ein Stockwerk aufgesetzt und die neue Attika, wie aus ziemlich sicherer Quelle entnommen wurde, mit Figuren vom Eugcnschcn Winterpalaste in der Himmelpfortgasse (jetziges Finanz-Ministerial-Palais) besetzt. Die Fassade des Gebäudes Singer- straße 17 ist in edlem Barockstil gehalten. Im Inneren des Palais gehören die Einfahrtshalle und die herrliche Treppe zu den besten Werken der Wiener Barockkunst. Das 4 m breite Vestibül er- weitert sich gegen den Hof zu in eine zirka 8 m lange und 12 m breite Halle, deren flachgewölbte Decke durch zwei Bündel von je vier Säulenmonolithen in toskanischcr Ordnung getragen wird. Besonders bemerkenswert sind noch der neben der Prachtstiege befindliche große, ehemals auch durch zwei Stockwerke reichende Saal und hofseits im ersten Stocke eine kleine Kapelle, beide

in Stuckmarmor mit Vergoldungen. Ein- zelne sonstige Räume enthalten noch Mar- morschmuck mit Vergoldung an den Wän- den und Stukkodecken. Bei den seit einigen Jahren im Zuge befindlichen umfassende- ren Bauveränderungen (auch Einrichtung der Zentralheizung) wurde nach Tunlich- keit auf die Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung solch künstlerischer Ausschmückungen Rücksicht genommen. Das mit dem vorgeschilderten Palast- bau um zirka 1845 organisch in Verbin-

Lageplan mit Stadt- bahntrace im Unter- geschoß. 1 : 2000.

Abb. 216. Finanzgebäude, III., Zollamtsstraßc 3. Ebencrd. 1:1000.

Abb. 217. Finanzgebäude, III., Zollamtsstraße 5 und 7.

Abb. 218. Finanzgebäude, III., Zollamtsstraßc 5. Ebencrd. 1:1000.

Abb. 219. Finanzgebäude, III., Zollamtsstraßc 7. Ebencrd. 1:1000.

dung gebrachte anstoßende Gebäude Or.-Nr. 19 ist bedeutend einfacher gehalten, besitzt jedoch ein bemerkenswertes Torportal mit einer oben angebrachten Nischenfigur. Dasselbe hat in den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts weitgehende Bauveränderungen erfahren. Seit dem 19. Jahrhunderte ist das Bankogebäude der Sitz der staatlichen Zentralkassen, der Direktion

Gcb aide der Rsichsvsrwultuns

137

der Staatsschuld und einiger Rechnungsabtei- lungen.

Die teilweise zwei- geschossigen Keller bei- der Gebäude sind amt- lichen Zwecken dienst- bar gemacht. Gegen- wärtig wird teils zur Raumgewinnung, teils zur Schaffung der not- wendigen Sicherheit ein Ausbau für beide Ge- bäude und zugleich deren Freilcgung gegen die Nachbarrealitäten ausgeführt, zu welchem Zwecke zwei der letz- teren (Kumpfgasse 6 und 8) vom Ärar er- worben wurden. /. Meixner u. Änderte.

Finanzgebäude, III

Finanz-Landesdirektionsgebäude, III., Vordere Zollamtsstraße 3.

Dieses Gebäude wurde in den Jahren 1846 1848 nach den Plänen des Hofbaurates Paul Sprenger ausgeführt. Die Architektur ist in dem Sprenger eigentümlichen einfachen Renais- sancestil gehalten, derauf französischen Vorbildern fußte. Das Gebäude besitzt über dem imposanten Toreingange Statuenschmuck von Klieber. Heute dient das Gebäude zur Unterbringung der k. k. Finanz-Landesdirektion, des Zentral-Mappenarchivesund des Filial-Punzierungsamtes. Größere Umgestaltungen wurden an dem Gebäude seit dessen Erbauung nicht vorgenommen.

R. Koppensteiner.

Finanzgebäude, III., Vordere Zollamtsstraße 5 und 7 (Abb. 216 bis 220).

Diese wurden als Ersatzobjekte für den zu demolierenden „Jakoberhof" ausgeführt. Die im Zusammenhange mit der Stadtbahn festgestellten neuen Straßenregulierungen haben zur Aus- führung zweier getrennter Amtsgebäude geführt. Der Bau wurde im April 1898 begonnen und im April 1901 beendet. Die Fundierung wurde gleichzeitig mit der Herstellung des gedeckten Einschnittes der Wiener Stadtbahn, deren Trace tunnelartig durch die Souterrains der beiden Gebäude läuft, durchgeführt (Abb. 217). Die Fundierung der Haupt- und Mittelmauern an jenen Stellen, wo dieselben über den gedeckten Einschnitt der Stadtbahn führen, erfolgte teilweise durch mit Beton umhüllte Gitterträger.

Die Hauptfassade des Gebäudes Nr. 5 wurde anklingend an jene des Postpaketgebäudes behandelt. Das Gebäude Nr. 7 wurde selbständig und mit Berücksichtigung der freien Lage gegen die Ringstraße in kräftigerer Gliederung gehalten. Die Einteilung der Gebäude ist aus den Grundrissen zu ersehen.

Die Beheizung beider Gebäude erfolgt durch Niederdruckdampfheizung, deren Kessel- anlagen sich in den Souterrains befinden. Beide Gebäude sind elektrisch beleuchtet und mit elektrischen sowie mit, Handaufzügen versehen.

In den Gebäuden sind derzeit untergebracht: Im Gebäude Nr. 5 einige Fach-Rechnungs- departements des k. k. Finanz-Ministeriums, das k. k. Zentral-Tax- und Gebührenbemessungs- amt, die k. k. Taxamtskassa, das k. k. Zentral-Stempelamt, die k. k. Technische Finanz-Kontrolle und die Finanzwach-Kontrolle; im Gebäude Nr. 7 die Fach-Rechnungsdepartements II und V des k. k. Finanz-Ministeriums, die Lotto-Gefällsdirektion, die Finanz-Bezirksdirektion, das Litho- graphische Institut des Grundsteuerkatasters und das Zentral-Mappenarchiv.

Hittebrand.

1 38 Verwaltungsgebäude.

Laurenzergebäude, I., Fleischmarkt 19.')

An Stelle des heutigen, ein großes Viereck bildenden Staatsgebäudes befand sich ur- sprünglich ein von den österreichischen Herzogen Friedrich dem Schönen und Otto dem Fröhlichen im Jahre 1327 gestiftetes, den Dominikanerinnen gewidmetes Kloster. Im Jahre 1348 übernahmen die Augustinerinnen dieses Kloster und gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde es von dem um die Entwicklung Wiens hochverdienten Herzog Rudolf IV. dem Stifter besser ausgestattet und vergrößert. Im Jahre 1529 bei der ersten Belagerung Wiens durch die Türken flüchteten sich die Chorfrauen des heiligen Augustin hierher. Das bald zu eng gewordene alte Kloster wurde von 1630 1660 unter der Oberin Gräfin Augustine Abensberg-Traun umgebaut und erweitert, so daß schon damals dessen äußerer Umfang jenen des heute be- stehenden Gebäudekomplcxcs erreichte. Das Gebäude umfaßte große Gärten und hübsch ge- zierte Innenräume. Nach der Aufhebung des Stiftes als solches im Jahre 1783 wurde es vorerst wie so viele andere an geschichtlichen Erinnerungen und Kunstschätzen reiche kirchliche Gebäude damaliger Zeit einem sehr profanen Zwecke, nämlich der Unterbringung von Kauf- mannsgütern gewidmet, die Kirche aber im Jahre 1816 demoliert. Vom Jahre 1816 1819 wurde der Bau des gegenwärtigen Ararialgebäudes, unter teilweiser Verwendung des alten Bestandes, aufgeführt.-)

Das Gebäude ist in den stark abfallenden Steilrand des ehemaligen Donaubettes eingebaut und bildet ein zirka 5400 m2 Fläche einnehmendes Viereck, dessen zwei nördliche Ecken ab- gestumpft sind. Die Fassade am Fleischmarkt besitzt eine in Sandstein hergestellte Attika, ge- ziert mit zwei schwebenden Genien, die das von Lorbeer- und Eichenblättern umgebene kaiser- liche Wappen in den Händen halten (Abb. 194). Im übrigen sind die Fassaden völlig bedeu- tungslos. Das Gebäude wird gegenwärtig von Abteilungen des Reichs-Kriegsministeriums, der Postverwaltung und Finanzverwaltung benützt. /. Meixner.

Ärarialgebäude, XV., Tannen- und Beingasse.

Auf einem rund 3700 m2 messenden Grundkomplexe zwischen der Tannen- und Bein- gasse wurden nach dem Entwürfe der Dikasterial-Gebäudedircktion in den Jahren 1902 1903 vier Gebäude errichtet, und zwar:

Ein Wohngebäude in der Beingasse für Unterbringung der Finanzbeamten und der verheirateten Finanzwachorgane des k. k. Verzehrungssteuer-Linienamtes Westbahnhof und der Kontrollbezirksleitungen Rudolfsheim und Westbahn, ein Amtsgebäude in der Tannengasse für Zwecke des k. k. Polizei-Kommissariates Schmelz sowie für die k. k. Forst- und Domänen- Direktion Wien, ein Kaserngebäude im Hofe für Sicherheits- und Finanzwachmannschaftsorgane und schließlich ein für 20 Pferde passendes Stallgebäude für die berittene Sicherheitswache. Das Wohn- und das Kaserngebäude, sowie der Gassentrakt des Amtsgebäudes sind dreistöckig, der hofscitig gelegene Teil des Amtsgebäudes, behufs Schaffung von genügenden geräumigen Zeichenräumen für die k. k. Forst- und Domänen-Direktion, vierstöckig aufgebaut. Die Souterrain- räume dieser Objekte wurden gleichfalls ausgenützt, indem außer den Parteienkellern im Wohngebäude Dienerwohnungen, Fouragedepoträume, im Amtsgebäude größtenteils Archiv- und Reserveräume und in der Kaserne Menageküchen und Menagezimmer, endlich auch Bäder mit versenkten Betonwannen und Duschen für die Mannschaften etc. geschaffen wurden. Die Korridore und Stiegendecken, die Decken der obersten Geschosse der hofscitigen Ausbauten der Gassentrakte und des Kaserngebäudes, sowie die Decke des Stallgebäudes samt den Zwischenpfeilern sind in armiertem Beton ausgeführt und alle Dachteile in Holzzement ein- gedeckt. Die Fassaden dieser Gebäude sind als Putzbau in einfachen modernen Formen ausgeführt. Die verbaute Fläche mißt 2550 m2; die Baukosten betrugen (ohne Grunderwerb) 965.000 K.

Andreas von Ziillich.

Hauptzollamt, III., Hintere Zollamtsstraße.

Der wegen seiner Lage im Überschwemmungsgebiete der Wien und des Donaukanales viele Schwierigkeiten bietende Bau wurde in den Jahren 1840 1844 nach den Plänen und unter der Leitung des Hofbaurates Sprenger ausgeführt. Das für die damalige Zeit eine hervor-

') Kisch. Alte Straßen und Plätze Wiens, und Schimmer, Häuserchronik.

-) Eine Abbildung des früheren Bestandes nebst Kirche nach Sal. Kleiner befindet sich in Kisch. a. a. 0. S. 425.

Gebäude der Reichsverwaltung.

139

lote

fron

.533öoira,wnr-

Abb. 222.

Das Postsparkassen

Amtsgebäude.

Hochparterre.

1:1000.

ragende technische Leistung darstellende Bauwerk ist in einfachen, aber würdigen Verhältnissen gehalten. Das Ge- bäude dient heute noch zur Unterbringung des Hauptzoll- amtes. Mit Errichtung der gegenwärtigen Wiener Stadtbahn ist die bestandene direkte Verbindung mit den Gleisen der Wiener Verbindungsbahn durch einen elektrischen Waggon- aufzug ersetzt worden. Seit 1902 werden durch die k. k. Dikasterial-Gebäudedirektion umfassende Rekonstruktionen vorgenommen, um den modernen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Elektrische Aufzüge, ein elektrischer Laufkran, eine ausgedehnte Halle mit Oberlichten in Eisenkonstruk- tion zur Abfertigung ausländischer Postsendungen etc. wurden für diese Zwecke bereits geschaffen.

A\ Koppensteiner.

Das neue Gebäude des k. k. Postsparkassen-Amtes

(Abb. 221, 222).

Der Bau des neuen Amtshauses für die k. k. Post- sparkasse wurde auf Grund einer im Jahre 1903 ausge- schriebenen Konkurrenz dem Oberbaurate Otto Wagner übertragen und die Bauausführung im Jahre 1904 in Angriff genommen. Das Gebäude liegt auf einem durch die Demo- lierung der Franz Josefs-Kaserne gewonnenen Gelände von 5546 m2 Größe, wovon 4125 m2 zur Bebauung gelangten. Für die Grundrißeinteilung wurden mit Rücksicht auf die große Zahl der täglich verkehrenden Parteien und die Be- dürfnisse des Dienstes der zirka 2000 Beamten große zu- sammenhängende Trakte, welche beliebige innere Umstellun- gen gestatten, als günstigste Lösung gewählt. Im Äußeren ist nur der Mittelbau, welcher die Direktionsbureaux enthält, durch reicheren Dekor hervorgehoben. Für die Verkleidung der Fassaden werden im Unterbau 6 bis 9 cm starke Granit- platten, für den Aufbau 2 cm starke Sterzinger Marmor- platten verwendet, die mittels Steinzeugzapfen an das Mauer- werk befestigt werden. Die äußeren Fenster und Türen sind durchwegs aus Eisen angefertigt, das mit einer Aluminiumhülle versehen wird. Die sämtlichen Decken sind in Betoneisen- konstruktion hergestellt, auf die

Abb. 221. Fassadendetail des k. k. i a , .. ' \ u n

Postsparkassen-Amtsgebäudes. in den Amtsraumen in Asphalt

40

Verwaltungsgebäude.

Abb. 223. Justizpalast.

Größe von 118X183 cm meisterhaft aus des Mariazellerhofes an die Gottesmutter durch den Donator Stephan von Hohen- berg dar.1) Heute dient das Gebäude zur Unterbringung des k. k. österreichi- schen obersten Rech- nungshofes, des k. u. k. Rcichsfinanz-Mini- sterialarchivs und der k. k. Finanz- Mini- sterialbibliothek.

Ji. Koppensteiner.

Der Justizpalast, I., Schmerlingplatz

(Abb. 223 bis 225),

wurde in den Jahren 1874—1881 nach

gelegte Riemenböden verlegt vrerden. Der große Zentralraum wird durch ein Glasdach überdeckt. Die Gesamtkosten des Baues samt Grunderwerb werden sich auf rund 5 Millionen Kronen belaufen.

K.

Der Mariazellerhof, I., Annagasse 5 und Johannesgasse 6.

Der Mariazellerhof dürfte mit seiner Ge- schichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. 1482 schenkte der damalige Besitzer Stephan von Hohenbcrg den Hof dem Kloster Klein- Mariazell in Niederösterreich, in dessen Besitz er bis zu der unter Kaiser Josef II. erfolgten Auflösung des Stiftes verblieb. Im Jahre 1798 wurde der Mariazellerhof von der k. k. Staats- güter-Administration für den Religionsfonds über- nommen. 1768 wurde das Gebäude auf Ver- anlassung des Stiftes Klein-Mariazell durch den bekannten Wiener Meister Daniel Dietrich und 1830 der in der Annagasse gelegene Teil durch die k. k. niederösterreichische Zivilbaudirektion umgebaut und in dem Neubau auch die Archi- tckturschule der Akademie der bildenden Künste untergebracht. 1843/44 wurde unter Leitung des k. k. Hofbaurates Sprenger auch der in der Jo- hannesgasse 6 gelegene Teil des Mariazellerhofes für Zwecke des k. k. Hofkammerarchivs umge-

1 staltet. In diesem Trakte ist auch ein aus dem 15. Jahrhundert stammendes Steinrelief von künst- lerischem Werte eingemauert. Es enthält bei einer

eführte Figuren und stellt die weihevolle Übergabe

') Ausführlich be- schrieben ist dieses 1902 re- staurierte Relief in der „Öster- reichischen Wochenschrift für den öffentlichen Bau- dienst". 1903. Siehe auch unter „Denkmale".

Abb. 224. Justizpalast. Ebcnerd. 1:1000.

Gebäude der Reichsverwaltung.

141

den Plänen des Architekten Alex, von Wielemans erbaut. Das Gebäude dient derzeit zur Unterbringung des Landesgerichtes in Zivilrechtssachen mit dem ihm unterstehenden gericht- lichen Depositenamt und dem Grundbuchs- und Landtafelamte, dem Handelsgerichte und dem Obersten Gerichtshofe mit der Generalprokuratur nebst den erforderlichen Verhandlungssälen. Ein durch das ansteigende Terrain sich ergebendes Untergeschoß dient zur Aufnahme der Archive, der Wachmannschaft, der Dienerwohnungen und der Räume für die Zentralheizung. Das Gebäude ist in einer freien Auffassung der deutschen Renaissance mit Anlehnung an den italienischen Palastbau gebildet. Die Hauptfront ist gegen die Ringstraße gerichtet und durch einen kräftig vorspringenden Risalit mit hohem Giebel markiert, in dessen Nische sich eine Austriastatue vom Bildhauer Prof. Helmer befindet. Der kräftig rustizierte Unterbau ist aus Osloper Stein (Lcithagebirge), die Untergeschosse, das Ebenerd- und Mezzaningeschoß sind mit Quadern aus Margarethener Stein verkleidet, der Aufbau, erster und zweiter Stock, ist in Putzbau hergestellt.

Das Gebäude bedeckt eine Fläche von 9000 m2, wovon 7700 m2 verbaut sind. Der mittlere Hof, die glasgedeckte Zentralhalle hat mit den Arkaden eine Breite von 23 m und eine Länge von 36 m; die den Hof umgebenden Arkaden zeigen im Erdgeschoß quadratische Steinpfeiler, im ersten Stock Säulen von Bavenogranit. Durch das Hauptvestibül gelangt man in die Zen- tralhalle, an deren Stirnseite im ersten Stock das Marmorstandbild der Justizia von L. Pendl sich befindet. Über dem Hauptvestibül befindet sich der Repräsentations- und Festsaal für sämtliche Gerichtsbehörden in Wien, geschmückt mit Büsten Sr. Majestät des Kaisers und der Kaiserin von V. Tilgner und Wandmalereien von Lenz und Peyfuß.

Die Erwärmung erfolgt mittels Zentralheizung, und zwar Warmwasserheizung für die großen Amtslokale, Luftheizung für die Verhandlungssäle, Calorifereheizung für die Zentral- halle, Vestibül, Korridore und Stiegenhäuser, während für die Bureauräume Ofenheizung einge- richtet wurde. Das Gebäude ist mit einem einheitlichen pneumatischen Zentraluhrensystem versehen. Die Gesamtkosten betragen rund 5,600.000 K.

Literatur. Wiener Monumentalbauten. II. Abteilung. Ad. Lehmann, 1885. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereines. 1880, 1884. Wiener Bauindustrie-Zeitung, Beilage „Wiener Bautenalbum".

Oberlandesgericht (Schönborn-Palais)1), VIII., Laudongasse 17 (Abb. 226).

Dieses Gebäude stammt in seiner heutigen Form aus dem Beginne des 18. Jahrhunderts und wurde durch den Reichs-Vizehofkanzler und Fürstbischof von Bamberg und Würzburg Friedrich Karl Grafen von Schönborn im Ge- schmacke der damali- gen Zeit als Sommer- palast in prächtiger Weise erbaut. 2) Die daselbst befindlichen Schätze an Meisterwer- ken besonders der nie- derländischen Malerei wurden später größten- teils in das Schönborn- Palais in der Renngasse übertragen. Einzelne an Decken angebrachte, dann in Wandverklei- dungen und Türaufsätze eingefügte Bilder befin- den sich noch heute an Ort und Stelle.

a) Eine Ansicht des Ge- bäudes nach Kleiner befindet sich in Kisch, „Alte Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten". Bd. II, S. 531.

2) Als Architekt des Pa- lastes gilt Balthasar Neumann, der Erbauer des Würzburger Schlosses. Abb. 225. Hof des Justizpalastes, I., Schmerlingplatz.

1 42 Verwaltungsgebäude.

In späterer Zeit kamen über das Palais in der Laudongasse merkwürdige Schicksale. Es wurde in den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts an Baronin Pasqualati zum Zwecke der Errichtung- eines Liebhabertheaters verpachtet. Im Jahre 1862 erwarb die Kommune Wien die gesamte Realität; sie ließ nach Durchführung der „Langen Gasse" den Rest des Parkes restaurieren und machte ihn dem öffentlichen Besuche zugänglich. Endlich wurde das Palais für die im Jahre 1870 neugegründete Hochschule für Bodenkultur gemietet, welche Hochschule bis zu deren im Jahre 1894 erfolgter Übersiedlung in den auf der Türkenschanze errichteten Neubau auch daselbst verblieb. Im Jahre 1897 wurde das Palais für Zwecke des k. k. Oberlandes- gerichtes und der Oberstaatsanwaltschaft gemietet und adaptiert. /. Meixner.

Landesgericht, VIII., Landesgerichtsstraße 21 (Abb. 227).

Als sich im 19. Jahrhundert die Unzulänglichkeit des bisherigen Kriminalgcbäudes der „Schrannc" herausstellte, wurde beschlossen, die Schießstätte und den Friedhof, welche sich seit dem 17. Jahrhundert an der Stelle des jetzigen Landesgerichtsgebäudes befanden, zu be- seitigen und dort ein neues Kriminalgebäude zu errichten. Der Bau des umfangreichen, an- fänglich gegen die Hauptfront in der Landesgerichtsstraße genau symmetrisch angelegten Ge- bäudes begann nach den Plänen des Architekten Johann Fischer (geboren 1772, gestorben 1849) im Jahre 1832 und wurde 1839 vollendet. Der Stilcharakter der schmucklosen, aber eindrücklich wirkenden Fassaden, des Vestibülcs und der Bibliothek läßt sich als ein Ausklang des Klassizismus beziehungsweise des Empires bezeichnen.

Besonders bemerkenswert sind die Abortanlagen im Inquisitentrakte. In jeder Zelle be- findet sich ein Abort mit Kupferdeckel, welcher in einen mit Wasser gefüllten Bleikranz taucht. Zu jedem Abort führt ein besonderer Schlauch, deren mehrere in Wasserbecken tauchen, welche durch Zugschützen mit den Kanälen in Verbindung stehen, die heute noch als den Anforderungen entsprechend erhalten werden. In allen Gefangenen-Trakten ist Luftheizung eingerichtet.

Die Realität wurde mit dem anstoßenden „Schützenhause" am 6. Dezember 1851 durch das Ärar von der Gemeinde Wien um den Betrag von zirka 2 Millionen Kronen käuflich erworben. Die erste Erweiterung des Gebäudes fand im Jahre 1874 statt. Weitere bauliche Ausgestaltungen bezogen sich auf die Errichtung des Backhauses im Jahre 1895 und der neuen Wirtschaftsgebäude im Jahre 1900. Letztere enthalten ein Kochhaus für die Ausspeisung der Häftlinge, ein Waschhaus für die Reinigung der Hauswäsche, ein Arbeitshaus mit Arbeits- sälen und Werkstätten für die Sträflinge. Eine Hochdruckdampfanlage in einem eigenen Kesselhausc liefert den erforderlichen Betriebsdampf.

Das Gebäude hat die Hauptfront gegen die Landesgerichtsstraße mit einer Länge von 2231m; die gesamte Area beträgt etwa 21.872m2. Im Hause amtieren das Landesgericht in Strafsachen mit dem Schwurgerichte, die Staatsanwaltschaft und das Bezirksgericht Josefstadt in Strafsachen. Zum eigentlichen Gefangenhause gehören die großen, drei Stock hohen Hoftrakte, nämlich der mittlere (Inquisiten-)Trakt mit der Kapelle, die gegen die Alserstraße gelegenen Straftrakte und der gegen die Florianigasse gelegene Spitaltrakt. Letzterer schließt mit der Nachbargrenze den kleinen dreiseitigen Richthof ein. Da das Gebäude für seine Bestimmung nicht mehr ausreichte, wird dasselbe derzeit durch Aufbau eines Stockwerkes vergrößert.

Karl Wopelka.

Polizeidirektion, I., Schottenring 11 (Abb. 228).

Dieses Gebäude wurde im Jahre 1872 vom Architekten Fränkel als Hotel erbaut. Infolge der finanziellen Krise vom Mai 1873 gelangte es im Jahre 1874 um den Preis von 1,950.000 K in den Besitz des Staates, und wurde darin die ehemals Am Peter befindlich gewesene Wiener Polizeidirektion mit allen ihren Neben- und Hilfsämtern untergebracht. Das allseits von Straßen umgebene Gebäude bildet ein Rechteck von 41m Länge und 46 m Tiefe und besitzt ein Souterrain, Parterre und vier Stockwerke, im Inneren einen mit einer Glaskuppel in Hauptgesimshöhe überdeckten Hof von 123m Länge und lL4m Breite. Das Gebäude be- sitzt an 150 Gemächer, welche von einem in jedem Geschosse ununterbrochen durchlaufenden, von vier Lichthöfen beleuchteten Korridor zugänglich sind, so daß dadurch die Eignung des Gebäudes zu Bureauzweckcn gegeben erscheint.

Das hübsche Vestibül an der Ringstraße, in welches man durch eine Einfahrt für Fuhr- werke und zwei Eingänge für Fußgeher gelangt, führt zu zwei Haupttreppen, welche sich im ersten Stocke zu einer einzigen, in die oberen Geschosse führenden Treppe vereinigen.

Gebäude der Reichsverwaltung.

143

Rückwärts befindet sich eine Nebentreppe. Das Parterregeschoß enthält in der gegen die Maria Thcresienstraße gelegenen Front einen großen, gegenwärtig von der Polizeiregistratur benützten Saal, der einst mit einem die Allegorie der Austria darstellenden Deckengemälde von Schilchcr geschmückt war und ehemals der prunkvolle Speisesaal des Hotels gewesen ist.

Die Fassade des Gebäudes ist im Renaissancestil gehalten. Gegen die Ringstraße besitzt sie zwei mächtige Eckrisalitc mit pavillonartigen Aufsätzen und Mansardeüberdachungen; im zweiten Stocke zwischen den Risaliten ist eine Loggia angelegt, welche im dritten Stocke in einen offenen Balkon endigt. Die Nebenfassaden in der Hohenstaufengasse, Wipplinger- und Maria Thcresienstraße sind einfacher gehalten.

Der innere Ausbau des Gebäudes hat schon in den ersteren Jahren seiner Benützung durch das Arar und seither fortlaufend erhebliche Wiederherstellungsarbciten erfordert. Im Jahre 1904 wurden einigeAbteilungen der Polizeidirektion, insbesondere des Zentralmcldungsamtes, und die Kriminalpolizei in das an der Elisabethpromenade neu erbaute ärarische Polizeigefangenhaus verlegt, um dem in dem

Polizci-Dircktionsge- bäude bereits höchst unangenehm fühlbar ge- wordenen Platzmangel abzuhelfen.

/. Meixner.

Das neue Polizeige- bäude an der Elisa- bethpromenade

(Abb. 229, 230)

wurde in den Jahren 1902—1904 unter der Leitung des Vorstandes des Hochbaudeparte- ments im Ministerium des Innern, Ministerial- rat von Förster, durch die k. k. Dikasterial- Gebäudedirektion auf einem an der Ecke der Berggasse und derElisa-

Abb. 226. Palais Schönborn (Oberlandesgericht), VIII., Laudongasse 17.

Abb. 227. K. k. Landesgericht und Gefangenhaus, VIII., Landesgerichtsstraße 21. Erster Stock. 1 : 1500.

144

Verwaltungsgebäude.

Abb. 228.

Polizei direktion, Ebenerdgeschoß. 1 :S00.

bethpromenade im IX. Bezirke gelegenen Areale von 7513 m'2 erbaut. In den beiden außer dem Parterre noch vier Stock- werke enthaltenden Straßentrakten (zusammen 2775 m- ver- baut) sind die Amtsräume in der Weise untergebracht, daß der 10080 m lange Flügel gegen die Promenade den ver- schiedenen Ressorts des Sicherheitsdienstes und dem Fund- amte (diesem ein Teil des Hochparterres) zugewiesen ist. Im obersten Stockwerke befinden sich das Erkennungsamt mit den Räumen für Anthropometrie und Daktyloskopie sowie das Polizeimuseum; im Dachgeschosse das sehr ge- räumige photographische Atelier samt Nebenräumen. Der Trakt Berggasse (70-54 m lang) enthält das Meldungsamt sowie die Dienstwohnungen derjenigen Beamten, deren ständige Anwesenheit im Hause geboten ist. In der Mitte dieses Traktes schließt sich ein 570 m2 großer, dreigeschossi- ger Hofeinbau an für den Parteiensaal und die Manipu- lationsräume des Meldungsamtes. Den Verkehr zwischen den

Abb. 229. Neues Polizei- gebaude (Elisabeth- promenade). Hochparterre. 1 : 800.

Geschossen vermitteln zwei bequeme Treppen und ein Paternosteraufzug (der erste in Öster- reich), außerdem noch eine separate Wohnungsstiege.

Die sechs Stockwerke (einschließlich Parterre) der drei Hoftrakte (zusammen 1402 m2 verbaut) enthalten die Arreste, getrennt für Männer und Weiber, sowie nach Art der In- haftierung (106 Einzelzellen, 36 Kumulativzellen); dieselben bieten Raum für 400 Häftlinge und die nötige Zahl der Aufseher. Außerdem sind in diesen Trakten untergebracht: Im Souterrain die Heizanlage, Vorratskammern und Depots sowie der Eiskeller; im Parterre die Küchen, Bäder, ein 180 m2 großes Sammellokale für die eingelieferten Personen, welches in Verbindung mit dem an das Polizeigebäude angrenzenden Schubhause der Gemeinde steht, endlich ein Stall für Zellenwagenpferde. In den oberen Stockwerken sind Kranken- und Ärztezimmer, im Dachgeschosse die Wäscherei samt Depots. Zwischen Wohn- und Arresttrakt, im Anschlüsse an diesen liegt die ebenfalls sechsgeschossige Sichcrhcitswachkascrnc (316 m2) mit der Mann- schaftsschule und einem Menagesaal im Parterre.

Der Gebäudekomplex umschließt drei große Höfe, welche als Kasernen- (1255 m2), Wirtschafts- (415 m2) und Bewegungshof für die Häftlinge (443 m2) Verwendung finden. Zwischen

Gebäude der Reichsverwaltung.

145

Abb. 230. Neues Polizeigebäude, IX., Elisabethpromena

dem Gefangenhause und den Nachbarwohngebäuden liegt der 650 m2 große Zellenwagenhof, der durch eine hohe Mauer sowie durch teilweise Überdeckung dem Einblick Unberufener entzogen ist; derselbe kommuniziert mit dem Hofe des städtischen Schubhauses. Sämtliche Amts- und Arresträume sind mit Niederdruckdampfheizung versehen, während in den Wohnungen Öfen angeordnet sind. Das ganze Haus ist mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Die Fassaden sind in Weißkalkverputz mit sparsamer Verwendung von Stein ausgeführt. Die Gesamtbaukosten betragen rund 2,400.000 k.1) Leonhard.

Das Polizeigebäude Prater, Ausstellungsstraße 171 2),

wurde 1899 1900 durch die k. k. Dikasterial-Gebäudedirektion erbaut; esbestehtaus einem Amts-, einem Käsern- und einem Stallgebäude, welche auf einem Baugrunde von 4100 m2 Größe eine verbaute Fläche von zusammen 1655 m2 einnehmen. Die ersteren zwei Gebäude haben über dem Erdgeschoß zwei Stockwerke, das Stallgebäude ein Obergeschoß. Die Baukosten betrugen für alle drei Gebäude zusammen 322.000 K, und zwar stellt sich ein Raummeter bei dem Amtsgebäude auf 13"4K, für das Kaserngebäude auf 13"6K und für das Stallgebäude auf 182 K. Bei Erbauung und Einrichtung dieser Gebäude war man bestrebt, den modernen Anforderungen möglichst Rechnung zu tragen. Der Stil ist der Umgebung angepaßt und durch Anlage breiter Vorgärten villenartig gestaltet. r. Koppensteiner.

Die k. k. landwirtschaftlich -bakteriologische und Pflanzenschutzstation, II., Trunner-

straße 1.

Die Vorgeschichte der Anstalt reicht bis zum Jahre 1892 zurück, in welchem das k. k. Ackerbau- ministerium an der landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation die Durchführung; von landwirtschaftlich- bakteriologischen Arbeiten ermöglichte. Im Jahre 1897 wurde dann eine eigene bakteriologische Abteilung an der landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation errichtet und diese erscheint als der eigentliche Vor- läufer des jetzigen Institutes, dessen Bau im September 1900 unter der technischen Leitung des Baurates Berger und des Ingenieurs Knoll begonnen, im September 1901 fertiggestellt wurde und das mit 1. Jänner 1902 seine Tätigkeit aufgenommen hat.

In fachlicher Beziehung ist die Anstalt selbständig, administrativ aber mit der landwirtschaftlich-chemi- schen Versuchsstation vereinigt. Die Aufgaben des Institutes erstrecken sich auf das Studium der der Landwirtschaft im allgemeinen nützlichen und schädlichen Mikroorganismen, insbesondere der Bakteriologie des Bodens, des Düngers und der Pflanzen in ihrem Gesamtumfange, sowie der für die Kulturpflanzen pathogenen Mikroorganismen. Die Erforschung der Lebensbedingungen der tierischen und pflanzlichen

1) Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. Jahrgang 1904, Nr. 1. Allgemeine Bauzeitung. 1904.

2) österreichische Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst. 1904, Heft 40.

Bd. II. 10

146

Verwaltungsgebäude.

Schädlinge der Kulturpflanzen und die Gewinnung von Grundlagen für eine planmäßige Bekämpfung der- selben, sowie das Studium der Nützlinge aus dem Tier- und Pflanzenreiche, insbesondere der tierischen und pflanzlichen Feinde der Schädlinge u. s. \v. Im Jahre 1903 wurde der Anstalt durch die Errichtung einer Untersuchungsstelle für Abwässer und Fischkrankheiten die Möglichkeit geboten, auch diesen Fragen näherzutreten. Das Personal des Institutes bestellt aus dem Vorsteher, einem Adjunkten, zwei Assistenten und drei Laboranten, überdies ist Volontären stets Gelegenheit zur Bearbeitung bestimmter Aufgaben gegeben.

Das Gebäude, in welchem die Anstalt untergebracht ist, ist ein Eckhaus, dessen Haupt- front in der Trunnerstraße liegt und unmittelbar an die landwirtschaftlich-chemische Versuchs- station angrenzt; die zweite Front ist in der Taborstraße gelegen. Das Ausmaß des Bauplatzes beträgt 980 m'2, wovon 510 m'2 verbaut sind. Das Gebäude besitzt drei Geschosse. Das Kellergeschoß liegt ungefähr 15 m unter dem Straßenniveau. Sämtliche Räume haben direktes Licht. In den meisten Räumen erfolgt die Heizung durch Kachelöfen; es wurde jedoch schon beim Baue auf Einführung einer Zentralheizung Rücksicht genommen. Von jedem Räume führen Ventilationskanäle in den Mauern bis über das Dach und überdies sind die Zimmer mit ein oder zwei Fcnsterventilationen versehen. Die Wände der bakteriologischen Laboratorien sind behufs Ermöglichung einer gründlichen Reinigung und Desinfektion mit Porzcllahemailfarbe gestrichen. Das Brutkastenzimmer, die Stallungen und das Badezimmer sind mit glasierten Fliesen verkleidet.

Im Hochparterre befindet sich das Zimmer des Vorstehers, an das sich ein großer Raum anschließt, welcher die Handbibliothek enthält und in dem auch die photographischen Apparate für die Mikrophotographie sowie für Vergrößerungen untergebracht sind, das bakteriologische Laboratorium, ferner ein Waschraum. Auf der anderen Seite des Ganges befindet sich das zweite bakteriologische Laboratorium mit den Aquarien für Untersuchung der Fischkrank- heiten, das botanische Laboratorium, das chemische Laboratorium und der Präparierraum, der als Arbeitszimmer für den Zoologen dient.

Das Souterrain enthält unter anderem einen Sterilisierraum mit einem großen Kochschen Dampftopf, Dampfstcrilisatoren und Heißluftsterilisatoren, ferner einen Waschraum, einen Sezierraum, einen Brutkastenraum und Stallungen für die Versuchstiere. Die Einteilung des ersten Stockes entspricht der des Hochparterres. Derselbe enthält nebst einer Dienerwohnung die Räumlich- keiten der landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation. Der Dachboden enthält auch ein Glashaus und vor demselben auf dem Holzzementdach ein Pflanzenversuchsfeld. Außerdem steht für solche Zwecke ein Teil des Institutsgartens zur Verfügung. Die Gesamtkosten des Baues und der inneren Einrichtung beliefen sich auf rund 1 55.000 K.

Die k. k. landwirtschaftlich-chemische Versuchsstation, II., Trunnerstraße 3.

Das Institut wurde im Jahre 1870 vom k. k. Ackerbauministerium gegründet und im Gebäude des k. k. Tierarznei-Institutes untergebracht. Im Jahre 1893 wurde mit einem Neubaue für die Station begonnen, der unter der technischen Leitung des Statthalterei-Ingenieurs Franz Berger im folgenden Jahre fertiggestellt und der Benützung übergeben werden konnte.

Die Aufgabe der Versuchsstation ist in erster Linie die Förderung der Interessen der gesamten Land- wirtschaft und der mit ihr zusammenhängenden Industrien. Die wissenschaftlichen Arbeiten erstrecken sich in dieser Richtung hauptsächlich auf das Gebiet des Pflanzenbaues mit besonderer Berücksichtigung des Düngewesens und auf das Gebiet der Tierernährung. Neben den wissenschaftlichen Arbeiten befaßt sich die Anstalt auch mit der analytischen Kontrolle. Überdies ist die Anstalt auch zur Untersuchung von Nahrungs- und Genußmitteln ermächtigt.

Bei der Vielseitigkeit der Beanspruchung des Institutes erschien im Interesse der Sache eine Speziali-, sierung in einzelne Arbeitsgebiete wünschenswert und notwendig. Der Anfang hierzu ist bereits mit den vier an der Anstalt bestehenden Abteilungen gemacht, und zwar sind dies die Weinabteilung, die Pflanzen- bauabteilung, die Abteilung für Moorkultur und Torfverwertung und die chemisch-technische Abteilung für Untersuchungen zu amtlichen Zwecken.

Das Gebäude ist mit seiner Hauptfront nach Süden gelegen, östlich grenzt die Anstalt an das k. k. Normal-Eichamt, westlich steht es im Bauverbande mit der k. k. landwirtschaftlich- bakteriologischen und Pflanzcnschutzstation.

Gleichwie das Nebenhaus besitzt dieses Gebäude ein Souterrain mit Stallungen, Labora- torien und Maschinenräumen, ein Erdgeschoß mit Laboratorien und dazu gehörigen Räumen und einen ersten Stock mit der Wohnung des Direktors, Kanzleien und ebenfalls Laboratorien. Die Baukosten des Institutes ohne die innere Einrichtung haben beiläufig 140.000 K betragen.

Czadek.

Die hydrometrische Prüfungsanstalt (Abb. 231).

Diese vom k. k. hydrographischen Zcntralbureau im Jahre 1895 errichtete Anstalt be- findet sich auf dem Territorium des Lagerhauses der Stadt Wien im k. k. Prater. Sie dient

Gebäude der Reichsverwaltung.

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Abb. 231. Hydrometrische Prüfungsanstalt. Schnitt. 1:300.

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zur Taricrung- der für Geschwindigkeitsmessungen in offenen Gerinnen verwendeten hydro- metrischen Flügel beziehungsweise zur Bestimmung- des Verhältnisses der mit einem derartigen Meßinstrumente erhobenen Angaben zu den zu suchenden wahren Werten der Wasser- geschwindigkeit. Die Anstalt besteht im wesentlichen (siehe Abb. 231) aus dem Versuchs- häuschen, dem Prüfungskanale, der maschinellen Einrichtung und dem sogenannten Prüfungs- wagen, endlich aus der zum Betriebe desselben dienenden elektromotorischen Anlage.

Das lichte Profil des Prüfungskanales ist trapezförmig, mit muldenförmiger Sohle; die obere Breite desselben beträgt l-5m, die untere Im, die lichte Höhe 18m, endlich die für die Versuchsfahrten nötige Wassertiefc über der Sohle im Mittel 12 m. Die Seitenmauern des Kanales dienen gleichzeitig als Unterbau für das Fahrgleise des Prüfungswagens, welches eine Gesamtlänge von 120 m hat.

Die im Inneren der Hütte untergebrachte Motoranlage besteht aus einer Wechselstrom- maschine, welche durch einen von der „Internationalen Elektrizitätsgesellschaft" gelieferten elek- trischen Strom von 2100 Watt elektrischer Energie bei 105 Volt Spannung gespeist wird. Die

Bewegung des zweipferdigen Wechselstromelektromotors wird durch Kuppelung auf eine Gleichstrommaschine (von P5 Pferdestärken, 816 Watt, 110 Volt und 1250 Tou- ren) übertragen, welch letz- tere durch zwei längs dem Fahrgleise gezogene Drähte einen Gleichstrom nach dem am Prüfungswagen aufgestellten Elektromotor (von zirka 800 Watt, 08 Pferdestärken, 1200 Tou- ren) entsendet und bei Stromschluß die Bewegung des Wagens hervorruft. Zur Schließung des Stromes, zur Dirigierung des Wagens nach vor- und rückwärts, sowie zur Regulierung der Fahrgeschwindigkeit dient der am Wagen angebrachte Umschalter und Rheostat. Die Einrichtung ist so getroffen, daß eine Fahrgeschwindigkeit bis zu 5 m pro Sekunde erzielt werden kann, während die mittels elektrischen Betriebes erreichbare Minimalfahrgeschwindigkeit 0-4 m beträgt. Kleinere Geschwindigkeiten als die letztere können nur durch den Handbetrieb (Schieben des Wagens) erreicht werden. Der Prüfungswagen gleicht einer einfachen Draisine, welche mit dem bereits erwähnten Gleichstromelektromotor, ferner mit einem Chronographen und mit einer Batterie, endlich mit einem Traggestell für den zu prüfenden hydrometrischen Apparat ausgerüstet ist. Der Chronograph erfüllt eine dreifache Aufgabe, und zwar registriert derselbe erstens die vom Wagen zurückgelegte Fahrstrecke durch Markierung der Passage der sogenannten 10 m-Kontakte, welche am Gleise angebracht sind, zweitens die Zeit durch halb- sekundliche Kontakte, endlich drittens die Umdrehungszahl des am Wagen befestigten, in das Wasser getauchten hydrometrischen Flügels. Der Chronograph liefert sohin auf einem ab- gewickelten Papierstreifen ein dreifaches Diagramm, aus welchem sich mit voller Verläßlichkeit die Beziehung zwischen der sekundlichen Umdrehungszahl des Flügels und der Geschwindig- keit der Fortbewegung des Flügels im Wasser ableiten läßt. l.

Die Amtsgebäude der Normal-Eichungskommission

wurden auf einem in der Nähe des Nordwestbahnhofes gelegenen Areale in den Jahren 1893 1895 errichtet, welches in jeder anderen Beziehung sehr geeignet war, nur den Nachteil hat, daß sich der 30 m breite Schutzgürtel nicht herstellen ließ, welcher zur Sicherung der Präzisionsinstrumente vor Erschütterung gefordert worden war.

Die k. k. Normal-Eichungskommission ist in drei Gebäuden untergebracht. Das an der Prager Reichsstraße gelegene, ein Souterrain, ein Erdgeschoß und zwei Stockwerke enthaltende Admini- strationsgebäude ist zur Aufnahme der Direktionsräume, der Verwaltungsräume und derjenigen technischen Bureaux bestimmt, welche nahe der maschinellen Anlage gelegen sein sollen und denen die von letzterer wie vom Straßenverkehre verursachten Erschütterungen nicht von Nach- teil sind. Unmittelbar an das Administrationsgebäude anstoßend und in einem Niveau mit dem Souterrain desselben, ebenfalls an der Prager Reichsstraße gelegen, befindet sich das Gebäude für die maschinelle Anlage, bestehend aus dem Kesselhause, dem Maschinenräume, dem Schaltraume und dem Akkumulatorenraume nebst einigen zugehörigen Nebenlokalitäten. Im

10*

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Verwaltungsgebäude.

Maschinenräume waren ursprünglich eine 40pferdige Dampfmaschine und zwei Dynamo- maschinen aufgestellt; derzeit befinden sich in demselben noch eine Dampf-Doppeldynamo- maschine und ein Oleichstrom-Drchstromumformer. Von dem in der Mittelachse des Administrations- gebäudes gelegenen Stiegenhause führt ein geschlossener, heizbarer Verbindungsgang zu dem nur teilweise unterkellerten, mit einem Erdgeschosse und zwei Stockwerken versehenen Ge- bäude für den technischen Dienst, welches die Räume für die Präzisionsinstrumente sowie überhaupt alle jene Arbeitsräume enthält, welche eine ruhige, vor Erschütterungen geschützte Lage erfordern. Außerdem befinden sich in diesem Gebäude die Wohnungen des Oberinspektors und eines Dieners.

Von großer Wichtigkeit war die Sicherung des aufgehenden Mauerwerkes gegen das Aufsteigen der Bodenfeuchtigkeit, weil bei hohem Wasserstande der Donau die Fundamente vom Grundwasser erreicht werden. Als Isoliermittel wurden hier Bleiplatten von 1 mm Stärke in Anwendung gebracht. In den Räumen, wo die separat fundierten Präzisionsinstrumente auf- gestellt werden sollten, mußte der Fußboden von diesen Fundierungen vollständig isoliert sein, damit die durch die Bewegungen der in den Räumen befindlichen Personen hervorgerufenen Vibrationen nicht auf die Instrumente übertragen würden. Zur Beheizung sämtlicher Räume wurde eine Niederdruckdampfheizung hergestellt. Das Gebäude für den technischen Dienst erhielt einen auf Steinsäulen ruhenden Balkon, damit die Untersuchung von besonders großen und schweren Objekten im Freien vorgenommen werden kann. Die Gesamtkosten der Anlage betrugen rund 461.000 K, wovon auf die Gebäude zirka 347.600 K, auf die maschinelle und elektrische Anlage zirka 85.700 K entfallen. H. Koechlin.

K. k. Generaldirektion der Tabakregie, IX., Porzellangasse 51 (Abb. 232, 233).

Vom Jahre 1869 bis zum Jahre 1905 war die k. k. Generaldirektion der Tabakregie in den Gebäuden des ehemaligen Wiener Versorgungshauses, IX., Waisenhausgasse 1, untergebracht.

Das neue Amtsge- bäude, welches im Jahre 1905 seiner Vollendung zuge- führt wurde, steht an Stelle der ehe- maligen Wiener k. k. Porzellanfabrik, wel- che im Jahre 1867 gänzlich aufgelöst wurde. Bereits seit dem Jahre 1846 wurde ein Teil die- ser Baulichkeit für Zwecke einer Zi- garrenfabrik verwen- det und später die ganze ehemalige Por- zellanfabrik hierfür in Benützung ge- nommen. Im Jahre 1898 übersiedelte die Tabakfabrik in das neue Heim in Ottakring.

Das neue Amts- gebäude wurde nach dem Detailprojekte des Departements für Hochbau im k. k. Ministerium des Innern in der Zeit von 1903 1905 zur Ausführung gebracht; mit der Durchbildung der architektonischen Details war der Baurat dieses Ministeriums, Alois Koch, betraut. Das Gebäude besteht aus einem Parterre und drei Stockwerken. Zur Grundrißanlagc (siehe Abb. 232) ist zu bemerken, daß von den vier Gebäudc-

Abb. 232. Amtshaus der k. k. Tabakregic. Ebcncrd. 1 : S00.

Gebäude der Rcichsvcrwaltung.

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trakten der Magazinshof und der mittlere große Hof umschlossen werden, zwischen welchen der Ma- gazinstrakt liegt, der zur Aufnahme von Tabakspczialitäten dient. Dieser Magazinstrakt besitzt um ein Geschoß mehr als die übrigen Trakte, doch ist die Anordnung so getroffen, daß im dritten Stocke die Fußböden mit den übrigen Trakten wieder in gleicher Höhe liegen. Durch einen elektrischen Lastenaufzug gelangen die Kolli in die Stockwerke dieses Traktes.

In konstruktiver Beziehung sei erwähnt, daß sämtliche Decken aus Ludwigschen Patent-Ziegelgewölben hergestellt wurden. Für die Behei- zung aller Räume, mit Ausnahme der Wohnungen, dient eine Nieder- druckdampfheizung; die Wärme- abgabe erfolgt mittels Radiatoren. Die Außenfassaden, das Vestibül, die Hauptstiege sowie die Stiege zur Beamtenwohnung sind im Ba- rockstil ausgeführt. Der Hauptrisalit, welcher von einem Mansardendach und einem mächtigen Reichsadler bekrönt ist, wurde architektonisch reicher ausgebildet. Die Gesamtkosten dieses Baues betrugen rund 15 Millionen Kronen, in welchem Betrage jedoch die Kosten des Baugrundes und der inneren Einrichtung nicht enthalten sind. Alois Koch.

Abb. 233. Amtshaus der k. k. Tabakregie, IX., Porzellangasse 51.

K. k. Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt („Dorotheum") (Abb. 234, 235).

Das alte Versatzamtsgebäude, I., Dorotheergasse 17 und Spiegelgasse 16, entsprach in seiner ganzen Anlage und Einrichtung längst nicht mehr den Anforderungen des modernen Verkehrslebens. Es ergab sich demnach die Notwendigkeit zu einer Reorganisation und Erweiterung des Betriebes des Versatzamtes sowie zum Umbaue des Gebäudes, und zwar in der Weise, daß in demselben nicht nur das Versatz- und Verwahrungsamt, sondern auch ein alle öffentlichen Versteigerungen zentralisierendes Versteigerungsamt genügenden Raum habe. Die Pläne zu diesem Neubau wurden von dem Ministerialrat Emil R. von Förster verfaßt, die Bauausführung dem Oberbaurate der niederösterr. Statthalterei Tomßa übertragen. Der Umbau des Gebäudes, welcher im August 1898 begann und am 12. November 1901 seinen Abschluß fand, mußte in zwei Bauperioden erfolgen, um Störungen im Geschäftsbetriebe zu vermeiden. Der im Wiener Barockstile gehaltene Monumentalbau hat die Form eines an den beiden Schmalseiten angebauten Rechteckes im Ausmaße von 3173-61 m2, wovon auf die in zwei Geschossen unterkellerten beiden Höfe und die Licht- und Luftschächte 579"92 m2 entfallen. Eine große und eine kleine Durchfahrt vermitteln den Verkehr zwischen den vorgenannten beiden Gassen. Das Gebäude besitzt zwei übereinanderliegende Kellergeschosse, Erdgeschoß, Mezzanin und darüber noch zwei Stockwerke. Die drei Ämter, nämlich das Versatzamt, das Vejwahrungsamt und das Versteigerungsamt, sind voneinander räumlich vollständig getrennt.

In den beiden Kellergeschossen befinden sich die ausgedehnten, feuersicher konstruierten Magazine sowie die sehenswerten maschinellen Anlagen, welche dem Betriebe der Niederdruck- dampfheizung, der Ventilation und der neun hydraulischen Aufzüge für Personen und Waren dienen. Einer dieser Aufzüge ist so eingerichtet, daß ein beladener Wagen vom Hofniveau in das erste Stockwerk befördert werden kann. Ferner befinden sich in den Souterraingeschossen zwei Dienerwohnungen, die Wohnung des Maschinisten, die Wachstube für die k. k. Sicherheitswache, das ganz in Emailkacheln verkleidete Lokal für die Lebensmittelversteigerung. Im ebenerdigen

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Verwaltungsgebäude.

Geschoß, dessen Fußboden 176 m über dem Straßenniveau liegt, sind untergebracht die Räume für die Einschätzung und Auslösung von Gebrauchsgegenständen und Schmuck- und Edel- metallgegenständen, für die Verwahrungsabteilung und Wertpapierbelehnung mit dem diesen beiden Abteilungen gemeinsamen 16 m langen Panzertresor, ferner für die Buchhaltung und

Hauptkassa, für die Fahrradremise, die Portierloge, den Feuerwächter und die Bedürfnisanstalten. In dem mit Glas überdachten großen Hof- raume werden schwere und volu- minöse Gegenstände (Automobile, Wagen, Fässer u. dgl.), deren Auf- stellung in den Sälen der oberen Stockwerke untunlich ist, versteigert. Aus der mittleren Durchfahrtshalle, welche 46 m lang, im mittleren Teile 12 m breit und 6"50 m hoch ist, ge- langt man über die monumental an- gelegte, nur bis zum ersten Stock- werke führende Haupttreppe aus Karstmarmor vorerst in das Mezza- nin. Daselbst befinden sich die Räu- me für die Auslösung von Schmuck- und Edelmetallgegcnständen, die unterteilten großen Magazine für Fahrräder, Klaviere und Nähmaschi- nen, die Kanzleiräume der Zentral- und Buchhaltung und eine Beamtcn-

A, B Abteilungen des Versatzamtes. C, D Verwahrungsamt.

E, F Manipulationshöfe. G Buchhaltung und Kassa.

Abb. 234. K. k. Versatz- und Versteigerungsamt. Ebenerd. 1:800.

direktion wohnung.

Das erste und zweite Stockwerk dienen ausschließlich den Zwecken des Versteigerungs- amtes. Den Mittel- und Glanzpunkt desselben bildet der den Versteigerungen und Schau- stellungen im großen Stile gewidmete, durch beide Stockwerke gehende, mit einer die ganze Decke einnehmenden Oberlichte versehene Kaiser Franz Josef-Saal mit seinen an den beiden Schmalseiten angeordneten, von je vier mono- lithen Säulen aus lichtem Salzburger Marmor getragenen und mit reichen Schmiedeeisenge- ländern abgeschlossenen Galerien. Er ist 28 m lang, 14 m breit und bietet für 600 bis 700 Per- sonen bequem Raum. Um diesen Saal gruppieren sich noch dreizehn sehr geräumige Ausstellungs- und Versteigerungssäle mit ihren Nebenräumen. Alle diese Lokalitäten sind mit Hängevorrichtun- gen für Bilder, Gobelins, Teppiche u. dgl. ver- sehen und mit hohen Holzlambcrien verkleidet, welche mit einem Aufsatze bekrönt sind und breite Klapptische in sich schließen. Nebstdem sind für auszustellende Bücher, Münzen und kleinere Objekte besondere Stellagen und Vor- richtungen vorhanden. In unmittelbarer Nähe des Kaiser Franz Josef-Saales sind noch ange- ordnet ein Herrensalon mit mehreren Schreib- tischen und ein Damensalon nebst Büffet, Garde- robe und Teeküche.

Außer der erwähnten Haupttreppe sind noch vier bequeme Stiegen, ebenfalls aus Karst- marmqr, vorhanden. Die Feuersicherheit im Gebäude selbst ist durch angemessen verteilte

Abb. 235. Dorotheum, I., Dorotheergasse 17.

Gebäude der Rciclisvcrwaltung.

15:

Hydranten und ausgedehnte Alarmsignalleitungen erhöht. Auch besitzt dasselbe für den internen Verkehr im Hause eine Tclephonanlagc. Eine besondere Sorgfalt erforderten die zur Erzielung einer vollständigen Trockcncrhaltung der Magazins- und sonstigen Räume in den Kellergeschossen ausgeführten Isolicrungsarbeiten. Das ganze Gebäude ruht auf einem 2 m starken Betonroste. Die Decken sind durchwegs zwischen eisernen Trägern gewölbt, der Dachstuhl aus Eisen konstruiert. Die Fassaden Putz in Naturfarbe sind ziemlich einfach gehalten. Den vor- nehmsten Schmuck bilden die die beiden Mittelrisalite bekrönenden, in Kupfer getriebenen Reichsadler mit einer Flügclweite von 6 m und einer Höhe von 3'50 m.

Bemerkenswert sind die in einem verglasten Räume im Mezzanin aufbewahrten römischen Funde, welche bei den Erdaushebungen zutage gefördert wurden. Die Fundstätte liegt nämlich an der aus dem römischen Lager Vindobona nach Carnuntum führenden Römerstraße, in deren Nähe die Lcgionssoldaten ihre Toten begruben. Im ganzen stieß man auf sechs römische Grabstätten. Eine hiervon, aus Legionsziegeln hergestellt, enthielt, dem tadellosen Gebisse nach zu schließen, das Skelett einer jungen Frau. Die Leiche war mit vollem Schmucke beigesetzt. Außerdem wurden noch viele Gefäße aus Terra sigillata, dann Vasen, Lampen, Becher, Glas- gefäße und andere Gebrauchsgegenstände vorgefunden. Die bei der Demolierung des alten Versatzamtsgebäudes gewonnenen Bruchstücke von Grabsteinen und architektonischen Kon- struktionsteilen sind in der das neue Gebäude von dem angrenzenden sogenannten Kloster- neuburgerhofe trennenden Abschlußmauer nach dem Statthalter Erich Grafen Kielmansegg „Kielmanseggmauer" benannt versetzt worden.

Der Umbau erforderte im ganzen einen Kostenaufwand von 2,675.000 K, wovon auf den eigentlichen Bau 2,355.000 K und auf die innere Einrichtung 320.000 K entfallen.1)

Tomßa.

Das k. k. Hauptmünzamt (Abb. 236 bis 238).

Bis zum Jahre 1838 war die Münzbehörde des Reiches zum Teil im Palais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse, zum Teil im alten Stadtgraben untergebracht. Die zerstreute Lage der Werkstätten, welche die Manipulation und Kontrolle erschwerte, sowie die Unzu- länglichkeit der Räume zwangen zur Errichtung eines Neubaues.

Das im Jahre 1835 nach den Plänen des k. k. Hofbaurates Paul Sprenger erbaute Ge-

Abb. 236. Das Hauptmünzamtsgebäude am Heumarkt.

bäude am Heumarkt bedeckt mit dem abseits gelegenen Maschinenhause eine Fläche von 5433 m2; die Figuren an der Attika über dem Mittelrisalite, darstellend: Gold, Silber, Kupfer

') Eine übersichtliche Darstellung der Geschichte und der wirtschaftlichen Entwicklung des Wiener k. k. Versatzamtes enthält das Werk: „Das k. k. Versatzamt in Wien von 1707—1900." Wien 1901, im Selbstverlage des k. k. Versatzamtes.

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Verwaltungsgebäude.

und Eisen, sowie die Gruppe auf derselben sind von Klieber modelliert; die Kosten des Baues betrugen rund 900.000 K.

Das Gebäude wurde im Jahre 1838 bezogen und beherbergte folgende Ap-.ter: Haupt- münzamt, Punzicrungs- und Einlösungsamt, General- und Landmünzprobieramt, die minera- logiseh-geognostischen Sammlungen der Hofkammer für Münz- und Bergwesen, sowie die Lehrzimmer für höhere Kurse der bergmännischen Wissenschaften (bergmännische Geographie, Dozinesie und analytische Chemie). In den Jahren 1892/93 wurde anläßlich der Einführung der Kronenwährung das Kessel- und Maschinenhaus zum Teil umgebaut und mit einer größeren, modernen Dampfkessel- und Dampfmaschinenanlagc ausgestattet. Nebstdem steht vom Anbeginne eine kleine Wasserkraft aus dem Wiener-Neustädtcr Kanäle zur Verfügung. Das Gebäude entspricht in mancher Beziehung heute nicht mehr den Anforderungen des technischen Dienstes. Lorenz.

K. k. Hof- und Staatsdruckerei (Abb. 239, 240).

Die k. k. Hof- und Staatsdruckerei war seit 1804 im Gebäude des Franziskanerkonventes untergebracht und erhielt, als die baulichen Übelstände ihre Tätigkeit zu ersticken drohten, durch Gesetz vom 21. Dezem- ber 1888 ein neues Heim. Als Bauplatz wurde trotz Widerstandes der Anrainer, welche die Rauchentwick- lung einer so großen Anlage fürchteten, ein ärarischer Grund, Rennweg Nr. 16, gewählt. Die Pläne zu dem neuen Gebäude wurden im Hochbaudepartement des Ministeriums des Innern von Hofrat C. Köchlin verfaßt, die Maschineneinrichtung schuf Prof. von Radinger.

Das an allen Seiten freistehende Bauwerk (siehe Abb. 239) bedeckt, in sieben Geschossen von der Kellersohlc aufgebaut, eine Grundfläche von 5200 m'2, bietet 15.400 m- Benützungs- fläche und ist ohne Prunk, bloß nach den Forderungen seines Zweckes ausgestaltet. Der allgemeinen Einteilung nach ist der Nordtrakt für die Verwaltung, der westliche für den Wert- papierdruck, der südliche und östliche für alle anderen Druckarbeiten bestimmt. Maschinen- betrieb findet sich im Ost- und West- und den Verbindungstrakten. Vier Stiegen und vier Aufzüge verbinden die Geschosse, vier Höfe, gegen Norden zwei kleinere, ein großer in der Mitte mit 850 m2 und der Maschinenhof im Süden sondern die Trakte des Hauses.

Der Maschinenbetrieb wurde bis jetzt durch zwei Dampfmaschinen für Licht und Kraft mit zentraler Verteilung der Antriebe durch Seilstränge vom Maschinenhof aus im großen Hof versenkt angeordnete Wasserrohrkesselanlage unterhalten. In jedoch ein Umbau der Kraftanlage in elektrischen Gruppen- und Einzelantrieb an das städtische Licht- und Kraftwerk statt, wodurch auch die Transmissionsanlage von rund

1000 m Wellenlänge sich fast auf die Hälfte verkleinert. Für den Betrieb der Dampf- heizung in allen Arbeitsräumen und in der großen Trockenhalle dient auch fernerhin ein Teil der Kesselanlage.

und durch eine letzter Zeit fand durch Anschluß

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E Streckwerk. ü Schneidwerk. H Maschinenhaus. J Neues Streckwerk.

Abb. 238. Grundriß des Maschinenhauses des Münzamtes. 1 :lü()0.

A Kcsselnaus. B Krätzniühle. C Glühofen. D Garderobe.

Abb. 237. Hauptniünzamtsgebäude. Ebcnerd. 1 : 1000.

Das Kellergeschoß enthält Papier- und Letternaufbewahrungsräume. Eine Küche für 300 Personen und eine Reparaturwerkstätte, die Feuerwache und der Pferdestall befinden sich im Tiefparterre. Im Hochparterre arbeiten Rotationsmaschinen in ein und zwei Farben, deren Platten in den anliegenden Räumen für Rundstercotypic und Galvanoplastik hergestellt werden. Im ersten Stocke sind fast ausschließlich Buchdruckschncllprcsscn aufgestellt. Den Rest des Stockwerkes erfüllen die Wohnung des

Gebäude der Reichsverwaltuns

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Direktors und Manipulationsräume. Im zweiten Stocke sind die Steindruck- pressen für Maschinen- und Hand- betrieb aufgestellt, welche alle Arbei- ten von der Autographic bis zum feinsten Farbendruck liefern. Hier wird in sämtlichen Reproduktions- verfahren für die verschiedensten Zwecke gearbeitet. Im dritten Stock- werke sind die Setzerabteilungen ver- einigt. An diese Räume schließt sich das Lcttcrnhandmagazin. Das vierte Geschoß enthält noch eine Setzer- abteilung und die Räume für Xylo- graphie und Lichtdruck.

Die im Westen im freien Licht liegenden Kreditabteilungen sind nur von der Kreditstiege erreichbar. Im Hochparterre werden auf Rotations- maschinen Korrespondenzkarten, Frachtbriefe und Postanweisungen gedruckt. Im ersten Stocke befinden sich Manipulationsräume für Kredit- effekten; Magazine für fertige und halbfertige Kreditpapiere sowie Pres- sen für Stempelmarken sind im zwei- ten Stocke untergebracht. Im näch- sten Geschoß werden Postwertzeichen erzeugt. Im vierten Stocke endlich befindet sich die unter strengster Auf- sicht stehende Galvanoplastik, welche die Platten für den Kreditdruck her- stellt, und eine domartig gebaute, 7'5 m hohe Trockenhalle. Hier werden stünd- lich gegen 12.000 Bogen mit Wertzeichen aller Art getrocknet. Eine ständige Militärwache schützt Tag und Nacht das Gebäude, welches so viele unschätzbare öffentliche Werte birgt.

Literatur.

G. Fritz, Das neue Ge- bäude der k.k. Hof- und Staats- druckerei. — F. Kovarik, Ma- schinelle Einrichtung der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. Zeit- schrift des österreichischen In- genieur- und Architekten-Ver- eines. 1892, S. 529.

K. A. Fieber.

A Direktorwohnung.

B Manipulationsräume.

C Verbindungsgang.

D Zurichträume.

E Schnellpressenzimmer.

F Faktorzimmer.

G, H, K Stiegen.

J Rauchfang.

L, M, N Höfe.

O, P Aufzüge.

Abb. 239. K. k. Hof- und Staatsdruckerei, III., Rennweg.

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Abb. 240. K. k. Hof- und Staatsdruckerei. Erster Stock. 1:1000.

K. k. Tabak- Hauptfabriken (Abb. 241 bis 243).

Von den der k. k. Generaldirektion der Tabakregie unterstehenden 30 Tabakfabriken mit einem Gasamtarbeiterstande von 40.000 Arbeitern sind zwei Fabriken in Wien gelegen,

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Verwaltungsgebäude.

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Thalia/ - Straße

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und zwar die eine im XVI. Bezirke (Ottakring) an der Thaliastraße, die andere im III. Bezirke am Rennweg.

Die Fabrik in Ottakring1) ist der Arbeiterzahl und der Jahreserzeugung und dement- sprechend auch der baulichen Anlage nach bedeutender als jene am Rennweg. Sie wurde in den Jahren 1893 1898 auf einem Grundstücke von 20.000 m2 Fläche erbaut.

Die Fabriksanlage (siehe Abb. 241 und 242) besteht aus einem Fabrikationsgebäude, einem Verwaltungsgebäude, einem Fabri- katen- und einem Rohstoffmagazine und einigen kleineren, hauptsäch- lich Wohlfahrtseinrichtungen ent- haltenden Baulichkeiten. Für die An- beziehungsweise Abfuhr der Rohstoffe und Erzeugnisse dient eine zum Frachtenbahnhofe Ottak- ring der Stadtbahn führende Schleppbahn; für den Verkehr innerhalb der Fabrik ist eine Roll- bahn vorgesehen.

Sämtliche Arbeitsmaschinen werden mittels Elektromotoren an- getrieben. Der erforderliche Strom wird für gewöhnlich von der eigenen Kraftanlage von 40 PS. Leistung, während der Beleuchtungszeit aber aus dem städtischen Netze bezogen. Drei Kessel von je 90 m2 Heizfläche liefern den Dampf für den Maschi- nenbetrieb und die Be- heizung des Fabrika- tionsgebäudes. Für die künstliche Beleuchtung ist hauptsächlich Auer- Gasglühlicht installiert; nur in jenen Räumen, in denen die Halb- und Ganzfabrikate nach ihrer Farbe gesichtet werden, kommen elektrische Glühlampen zur An- wendung.

Besondere Aufmerk- samkeit wurde beim Bauentwurfe und bei der inneren Einrichtung darauf gerichtet, die Anlage allen an einen Fabriksbetrieb hinsichtlich der Arbeiterwohlfahrt und des Arbeiterschutzes zu stellenden Anforderungen entsprechend zu gestalten. Demzufolge haben alle Arbeitsräume eine Höhe von 4-ö m erhalten. Die Entfernung der Fenstermittcl voneinander beträgt 36 m; in gleichen Abständen sind die Arbeitstafeln angeordnet. Dadurch ist auch in den am meisten besetzten Abteilungen für jeden Arbeiter ein Luftraum von mindestens 10 m3 gesichert. Vor den Eingängen in die Arbeitssäle befinden sich Vorräume mit Kleiderkästen und Wascheinrichtungen. Eine Verschlechterung der Luft durch den Betrieb der Arbeitsmaschinen wird dadurch wirksam verhütet, daß der sich bildende Tabakstaub an der Entstehungsstelle abgesaugt und in einer geschlossenen Blcchkammer mit Wasser niedergeschlagen wird.

Die Fabrik in Ottakring befaßt sich vorwiegend mit der Erzeugung von feinen Zigarren, einigen Zigarettensorten und feinen Rauchtabaken. Die Vorbercitungsarbeiten für die Zigarren-

Abb. 241. Lagcplan der k. k. Tabak-Hauptfabrik im XVI. Bezirke. 1 : 2500.

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Abb. 242. Fabrikationsgebäude. Grundriß des zweiten Stockes. 1:1000.

') Siehe auch: österreichische Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst. 1904, Nr. 29.

Oebäude der Landesverwaltung.

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und Zigarettenerzeugung werden in den Souterrain- und Parterreräumen durchgeführt. Es befinden sich daselbst die Sprenglokalc für das Anfeuchten der Zigarrcndcckstoffe und des Einlagcmateriales, Lager für die feuchten Tabakstoffe, eine mit Dampf geheizte und mit künst- licher Luftbewegung ausgestattete Trockenstube und ein Lager für getrocknete Einlagen.

Die Arbeitssäle (siehe Abb. 243) für die eigentliche Zigarrenerzeugung sind im ersten und zweiten Stocke gelegen. In dic- scnSälen sind insgesamt 51 Ar- beitstafeln für je zwölf Arbeite- rinnen untergebracht. Zwei einander gegenübersitzende Arbeiterinnen (eine Wicklerin und eine Spinnerin) bilden eine Arbeitsgruppe. Neben den Zigarrensälen befinden sich kleine Lagerräume für die fertigen Zigarren und Aus- folgeräume (Auswagen), in denen die einzelnen Arbeits- gruppen die Halbfabrikate zugewogen erhalten. Die im zweiten Stockwerke gelegene Zigarrenverpackung besteht aus drei Sortiersälen, zwei eigentlichen Verpackungsräu- men und vier Warmlagern.

Für die Zigarettenerzeu- gung werden die Fülltabake

in einem im Parterre gelegenen Schneidemaschinenlokale geschnitten. Die Zigarettenerzeu- gung umfaßt je zwei Arbeitssäle im ersten und zweiten Stocke. In einem dieser Säle werden die Hülsen maschinell erzeugt, in den drei anderen Sälen werden die Hülsen gefüllt. An die Zigarettensäle schließen sich einige Nebenräume, wie die Handlager für Fülltabak, Aus- wagen, Trockenräume und die Verpackung, an. Außer der eigentlichen Zigarren- und Ziga- rettenerzeugung obliegt der Tabakfabrik in Ottakring auch die Herstellung der für den eigenen Bedarf erforderlichen Kisten, Kistchen, Kassetten und Kartons.

An Wohlfahrtseinrichtungen verfügt die Tabakfabrik in Ottakring über eine Badeanstalt, in' der unentgeltlich Dampf-, Dusch- und Wannenbäder an die Arbeiter verabfolgt werden, eine Arbeiterküche und einen Speisesaal. In der Arbeiterküche werden Mittagskost und Jausen- kaffee zu den Selbstkosten an die Arbeiter verabreicht. Die Tabakfabrik in Ottakring beschäftigt zurzeit 18 Beamte, 22 Aufsichtsorgane und rund 1300, vorwiegend weibliche Arbeiter.

Die Tabak-Hauptfabrik am Rennweg, die sich ausschließlich mit der Zigarrenerzeugung befaßt, ist ähnlich wie die Fabrik in Ottakring eingerichtet. Sie ist älterer Bauart (errichtet im Jahre 1857) und viel kleiner als die Ottakringer Fabrik. Zurzeit sind in dieser Tabakfabrik 7 Beamte, 6 Aufsichtsorgane und 360 Arbeiter beschäftigt. Der Fabrik am Rennweg ist das k. k. Tabak-Hauptmagazin angegliedert. k. k. Gmeraldirektion der Tabakregie.

Abb. 243. Zig-arrenvorrichtsaal.

II. GEBÄUDE DER LANDESREGIERUNG UND -VERWALTUNG.

K. k. Niederösterreichische Statthalterei, I., Herrengasse 11 (Abb. 244).

Anstelle des Statthaltereigebäudes stand einst (vom Jahre 1532 1620) ein im Besitze der Roggendorfer, deren Ahnherr sich bei der ersten Belagerung Wiens durch die Türken hervortat, gewesenes Haus. Nach dem Erlöschen dieses Geschlechtes kam das Gebäude 1774 in den Besitz des Ärars und wurde vorerst für die niederländische Kanzlei bestimmt. Nach der Losreißung der Niederlande war es der Sitz der Kanzlei der neuen venetianischen und polni- schen Länderteile, 1806 der italienischen Hofkanzlei, später der Polizei- und Zensurhofstelle. Hierauf wurde geplant, der k. k. niederösterreichischen Landesregierung, die seit dem Jahre

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Verwaltungsgebäude.

Abb. 244. Nicderösterreichische Statthaltern, I., Minoritenplatz.

1784 in dem aufgehobenen und vor wenigen Jahren demolierten Minoritenkloster amtierte, an der Stelle der abzubrechenden „Niederländischen Kanzlei" ein eigenes Amtsgebäude zu schaffen. Das neue Gebäude wurde in den Jahren 1845 1847 von dem k. k. Hofbaurat und Pro- fessor Paul Sprenger erbaut und zeigt eine dreistöckige Fassade von monotonem Charakter

im Renaissancestile, die aber einige anmutende Einzelheiten aufweist. Es hat in der Herren- gasse eine Länge von 45"8 m, in der Regie- rungsgasse, wo seiner- zeit gleichfalls ein Ein- gang bestand, eine sol- che von 82-6 m, auf dem Minoritenplatze eine Länge von 42-3 m und umfaßt eine Fläche von etwa 3638 m-. Künstlerisch bemer- kenswert ist der im ersten Stocke des Hof- quertraktes gelegene Festsaal (1248m lang, 8-85 m breit und 5'61 m hoch). Der Plafond, als Spiegelgewölbe mit Stichkappen geformt, von verzahnten Holz- balken getragen, wurde in den Jahren 1848 bis 1850 von Leopold Kup- pelwieser mit Fresken geschmückt, die Szenen aus der vaterländischen Geschichte darstellen; sie sind die ersten Male- reien in Wien, welche in einer Reihenfolge die Geschichte Österreichs darstellen. Die Wände sind mit prächtigem Kunstmarmor geziert. In den letzten Jahren kamen die Standbilder der zwei hervorragend- sten Landeschefs der Vergangenheit, Wolf- gang Freiherr von Pol- heim (1501— 1512) und Johann Anton Reichs- graf von Pergen (1782 bis 1790), beide von Josef Kassin ausgeführt, beim Portale auf dem Minoritenplatze und in der Einfahrt die ver- kleinerten Nachbildungen der Löwen des Nußdorfcr Schleusenbaucs von Rudolf Weyr zur Aufstellung. Größere Bauveränderungen sind an dem Gebäude seit dessen Bestand nicht vor- genommen worden. Das Haus enthält die Amtsräumc der k. k. niedcröstcrreichischcn Statt- halterei, die Amtswohnung des Statthalters im zweiten Stocke und die k. k. nicderösterreichische Landeshauptkassa. Karl Wopelka.

Abb. 245. Niedcrösterrcichisches Landhaus, I., Minoritenplatz.

Gebäude der Landesverwaltung.

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Abb. 246. Vestibül des Landhauses.

halten, und zu beiden Seiten allegorische Fi- guren des Ister und der Fruchtbarkeit.

Wie erwähnt, sind die Prachträume des alten Landhauses in den Neubau miteinbezogen worden, was in bau- technischer Beziehung mit ziemlichen Schwie- rigkeiten verbunden war. Diese Prachträume sind der Sitzungssaal des Landtages, einst der Saal der Ständever- sammlungen, der Bib- liothekssaal, früher der Rats- oder Sitzungssaal der Verordneten, der Prälaten-, Herren- und Rittersaal, die spätgoti- schen Vorzimmer und die Kapelle zu ebener

Das niederösterreichische Landhaus, 1., Herren- gasse 13 (Abb. 245 bis 247).

Das Gebäude in seiner ersten Gestalt, das die Stände im Jahre 1513 von den Herren von Liechtenstein gekauft hatten, wurde in den Jahren 1513—1518, 1533—1539, dann von 1560 bis zum Schlüsse des 16. Jahrhunderts durch Um- und Zu- bauten zum Landhaus umgestaltet. Dasselbe erhielt sich bis in das 19. Jahrhundert in seiner Form, wie es am Ende des 16. Jahrhunderts aussah: ein langgezogenes Viereck mit der Hauptfront und dem großen Saale auf den Minoritenplatz hinaus. Es war eines der ansehnlichsten Gebäude der Innern Stadt sowohl seiner geschichtlichen als auch bau- technischen Bedeutung nach. In seiner gegenwärti- gen Gestalt ist es in den Jahren 1837 1844 von dem bekannten Architekten Ludwig Pichl ausge- führt worden. Pichls Plan wurde gegenüber dem des Architekten Josef Kornhäusel von den Ständen deshalb bevorzugt, weil er, ihren Wünschen ent- sprechend, die historisch wie künstlerisch merk- würdigen Räume im ersten Stocke und zu ebener Erde beibehielt. Den Giebel zieren die vom Bild- hauer Johann Klieber, Direktor der Akademie der bildenden Künste, meisterhaft ausgeführte figurale Gruppe, darstellend zwei Genien, welche das nieder- österreichische Wappenschild mit dem Herzogshute

Abb. 247. Hof des Landhauses.

Erde, einst der Durchgang auf den Minoritenplatz hinaus, ebenfalls mit spätgotischem Gewölbe. Der große Sitzungssaal hatte früher (1573) einen Holzplafond. Im Jahre 1710 kam an dessen Stelle ein Freskogemälde vom kaiserlichen Hofmaler Antonio Beduzzi, das nach den Angaben des Historiographen Conte Comazzi eine allegorische Darstellung der der Vorsehung huldigenden Austria ist. Nach einer sorgfältigen Restaurierung im Jahre 1845 durch den Male'r Schilcher ist dieses Gemälde heute gut erhalten und wird viel beachtet. Der zweite Saal der

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Verwaltungsgebäude.

in seiner ursprünglichen Reinheit erhalten ist, ist der einstige Verordnetenratssaal, heute Bibliothekssaal. Sein herrlicher Holzplafond wurde 1572 vom Hoftischler Georg Haas voll- endet. Derselbe enthält in der Mitte das große kaiserliche, an den beiden Seitenflächen die zwei österreichischen, dann das ungarische und böhmische Wappen. Diese sowie das von Karyatiden getragene, mit dem kaiserlichen Wappen und den Reichsinsignien gezierte Portal sind reich vergoldet. Bemerkenswert ist noch die kunstreiche, von beiden Seiten zu öffnende Tür. In ihrer ebenfalls noch ursprünglichen Gestalt sind uns erhalten: Die an die Bibliothek anstoßende Vorhalle (mit der bemalten gotischen Decke und den beiden schönen Marmor- portalen), welche heute als Manuskriptenzimmer benützt wird, das sogenannte gotische Zimmer (heute Sitzungszimmer) und die Kapelle, deren Altarbild ein Glasgemälde von Karl Geyling in Wien ist und Maria Opferung im Tempel nach einem Karton vom Kustos Schnorr von Carolsfeld zeigt. Der Prälaten-, Herren- und Rittersaal gehörten wohl auch dem alten Landhausc an, ihre Holzplafonds und die mit englischen Ledertapeten gezierten Wände stammen jedoch aus den Jahren 1846 und 1847. Von historischem Interesse ist auch das Marmorportal beim Eingange zur Kapelle und in das große Stiegenhaus. Dasselbe stammt aus dem Jahre 1571 und zierte den Aufgang zum Verordnetenratssaal. Daneben stand auch jener schöne Gitterbrunnen, der gegenwärtig im ehemaligen Graf Breunerschen, jetzt Rati- borschen Schlosse zu Grafenegg (Niederösterreichj sich befindet. ') c. v. Boog.

III. STÄDTISCHE VERWALTUNGSGEBÄUDE.

Das alte Rathaus (Abb. 248 bis 250).

Die Geschichte des alten Rathauses reicht bis in das Jahr 1316 zurück. Herzog Friedrich der Schöne schenkte seinen getreuen Bürgern, dem Rate und der Gemeinde Wien das Haus

]) Aus der Geschichte des niederösterreichischen Landhauses. Vom Landesarchivar Dr. Anton Mayer.

Abb. 24S. Altes Rathaus, I., Wipplingerstraße.

Städtische Verwaltungsgebäude.

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Abb. 249. Altes Rathaus, I., Wipplingerstraße. Ebenerd. 1:1000.

des wegen Aufstandes verbannten Ottos, Heimos Bruder, mit der Kapelle, den Stiftungen und allem, was dazu gehörte, zu ihrer freien, unbeschränkten Benützung. Dasselbe hatte seine Haupt- front in der Salvatorgasse und stand in der ehemaligen Judenstadt, welche durch Tore und Mauern vom bürgerlichen Teile der Stadt strenge abgegrenzt war. Diese Lage änderte sich erst im Jahre 1422 durch die unter Herzog Albrecht V. er- folgte Ausweisung der Juden, worauf das Ghetto dem allge- meinen Verkehr eröffnet wurde. Die Häuser der nächsten Um- gebung wurden von der Ge- meinde nach Bedarf erworben, aber erst im Jahre 1842 gelangte die ganze Fläche des gegen- wärtigen alten Rathauses in den Besitz der Gemeinde. Wie aus einem Kupferstich aus dem Jahre 1671 zu ersehen ist, war

das ursprüngliche Aussehen des Rathauses ein sehr einfaches. Erst als nach Ablauf der Türken- kriege die Baukunst sich wieder zu entwickeln begann, hielt es auch der Stadtrat für seine Pflicht, für die Verschönerung des Rathauses etwas zu tun, und unter der Leitung des Unter- kämmerers Georg Altschaffer wurde im Anfang des 18. Jahrhunderts die gegenwärtige barocke Fassade gegen die Wipplingerstraße hergestellt. Zu derselben Zeit wurden auch größere Adaptierungen vorgenommen. Die gegenwärtig noch bestehende eiserne Balkonbrüstung im ersten Stocke mit den reichen Ornamenten, für welche der Stadtrat 460 Gulden bezahlte, ist das Werk des Schlossermeisters Simon Vogl aus dem Jahre 1725. Im Jahre 1741 wurde am Quertrakte ein Auslaufbrunnen errichtet und durch den kaiserlichen Kammerbildhauer Raphael Donner mit dem in Blei gegossenen und in einen vergoldeten Rahmen gestellten Basrelief: Perseus befreit die an einen Felsen gefesselte Andromeda (2634m hoch und P580m breit), geschmückt (siehe: Brunnen).

Um dem herrschenden Platzmangel abzuhelfen, wurde im Jahre 1820 das anstoßende Haus „zur goldenen Muschel" und im Jahre 1842 das Haus „zum roten Stiefel" umgebaut und in die Area des Rathauses einbezogen, wodurch der Grundriß seine heutige Gestalt erhielt. Zur letzteren Zeit wurde auf den rückwärtigen Trakten ein drittes Stockwerk aufgesetzt. In demselben Jahre wurde die von dem damals abgebrochenen Taschnerhause Nr. 526 am Lichtensteg herrührende mittelalterliche Steinskulptur, bestehend aus einem Engel, der an Ketten zwei Wappen- schilder mit dem österreichischen Bindenschild und dem Kreuz des Wiener Stadtwappens hält, an der Ecke des Rathauses, zwischen der Wipplingerstraße und dem Stoß- im-Himmel, angebracht.

Mit der Vereinigung der Vorstädte und Schaffung des neuen Gemeindestatutes im Jahre 1848 wurden im Inneren größere Umgestaltungen veranlaßt. Nach den Skiz- zen des Architekten Ferdinand Fellner wurde der Ratssaal des früheren Zivilgerichtes und die daranstoßenden Räume im zweiten Stockwerke in den Sitzungssaal umgestaltet. Dieser Saal, welcher im Jahre 1853 vollendet wurde, hat eine Länge von 23"5 m, eine Breite von 1 1 m und eine Höhe von 77m und ist im Barockstile ausgeführt. Die Wände sind mit Stukkomarmor verkleidet. Den Plafond Abb. 250. Altes Rati , Portal

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Verwaltungsgebäude.

schmücken die nach Modellen des Bildhauers Hans Gasser in Stukko ausgeführten Embleme der hervorragendsten Gewerbe mit symbolischen Figuren in den Ecken. An dem mittleren Teil der gegen die Straße gelegenen Längswand erhebt sich ein architektonischer Aufbau. In der Mitte des Aufbaues steht in einer Nische die lebensgroße Büste des Kaisers Franz Josef I., von Prof. F. Bauer aus Carraramarmor gemeißelt. Weiters befinden sich im Saale die Standbilder der Vindobona und der Austria, von Rammclmayer modelliert und von Gott- schalk Lammasch aus Zink gegossen. Außer diesem Saale befinden sich hier noch zwei andere, kleinere Säle, die ebenfalls reicher ausgestattet sind.

Die im alten Rathause befindliche St. Salvator-Kirche wurde an anderer Stelle besprochen.

Literatur.

Festschrift aus Anlaß der Vollendung des neuen Rathauses. Im Auftrage des Gemeinderates der Reichshaupt- und Residenz- stadt Wien verfaßt von Karl Weiß, Archivdirektor. Wien 1883, Selbstverlag des Gemeinderates.

A Festsaal. B Buffetzimmcr. C Rauch- salon. D Anrichträume. E. F Arbeits- und F.mpfangszimmcr des Bürgermeisters. G,H,J,K.L Präsidialbureau und Bürger- meister-Stellvertreter. M Sektionszim- mer. N Sprechzimmer. O Gcmeindcrats-

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Sitzungssaal. P Stadtratssitzungssaal. Q, R Bureau des Magistratsdirektors und eines Obermagistratsrates. S Waffen- museum. T Bibliothek. U Magistrats- kanzleien. W Gänge. Z Höfe.

Abb. 251. Das neue Rathaus. Erster Stock. 1:1000.

Das neue Rathaus (Abb. 251 bis 254 und Tafel XI.),

erbaut in den Jahren 1872— 1883 nach den Plänen Friedrich von Schmidts, welcher als Sieger bei dem hierfür ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb hervorging, bildet in dem Stadt- viertel des ehemaligen Josefstädter Glacis das hervortretendste Gebäude; es beherrscht nicht

Städtische Verwaltungsgebäude.

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Abb. 252. Neues Rathaus. Fassade gegen die Ringstraße.

nur seine nächste Umgebung, sondern übt auch im Stadtbilde - - nächst dem St. Stephans- dome — die größte Massenwirkung aus. Wie bei anderen Rathäusern, welche mit dem Auf- blühen deutschen Bürgertumes zusammenfallen, hat Schmidt in der Gesamtanlage an dem goti- schen Stile festgehalten. Um jedoch den modernen Anforderungen zu entsprechen, wurden auch konstruktive und dekorative Motive der Renaissance in Anwendung gebracht. Wir be- gegnen dem Einflüsse der Kunstformen der Renaissance zunächst bei der Ausbildung der Fassaden durch den stark betonten Abschluß der Geschosse, welcher bis zum Hauptgesimse durchgeführt ist. Erst über dem letzteren überwiegt das Prinzip des gotischen Stiles durch die vertikale Gliederung der einzelnen Baukörper und in dem Aufstreben der Massen, wodurch das Gebäude seine scharfe Silhouettierung erhielt. Im Geiste der Renaissance ist die Anordnung der freien Säule und die Verwendung des Pilasters, welche dort angewendet wurde, wo die Wirkung der vornehmen Profanarchitektur erzielt werden sollte.

Das Gebäude enthält ein ebenerdiges Geschoß, ein Hochparterre, ein Mezzanin und zwei Obergeschosse. Die unteren Etagen wurden zu einem architektonischen Ganzen zusammen- gefaßt, der erste Stock als Hauptgeschoß durchgebildet und der zweite Stock friesartig behandelt. Die Höhe des Gebäudes bis zur Gesimsoberkante beträgt 27"3 m und bis zum durchlaufenden First 36-3 m. Der große Turm hat eine Höhe von rund 100 m. Der Grundriß bildet ein regelmäßiges Viereck von 152-5m Länge und 127 m Breite. Von der Baufläche von 19.430 m2 sind 13.670 m2 bebaut, während 5760 m2 auf die sieben Höfe entfallen. Der große Hof, welcher von Arkaden mit runden Säulen und Spitzbogengewölben umgeben ist, hat eine Länge von 8083 m und eine Breite von 34-72 m, somit ein Flächenmaß von 2806-42 m2. Auf der Westseite enthält derselbe einen kapellenartigen Ausbau, welcher für eine Rathaus- kapelle gedacht war, die jedoch nicht zur Ausführung gelangte.

Im wesentlichen sind die Räume wie folgt angeordnet: An der Hauptfront gegen den Rathauspark liegen im ersten Stocke die Festräume, im Mezzanin die Bürgermeisterwohnung,

Bd. II. n

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Verwaltungsgebäude.

das städtische Museum, im Parterre die Volkshalle und im Souterrain der Rathauskeller. An der rückwärtigen Front gegen die Rathausstraße liegt im ersten Stocke der Gcmeindcratssitzungs- saal samt Nebenräumen. Die beiden Seitentrakte in der Felder- beziehungsweise Magistrats- straße enthalten Amtsräume, die städtische Bibliothek und das Archiv. Von den Innenräumen sind in architektonischer Beziehung hervorzuheben: die Volkshalle, der Festsaal, der Ge- meinderatssitzungssaal, der Stadtratssitzungssaal, der Waffensaal des städtischen Museums und der Rathauskeller.

Den zwei Festtreppen, welche sowohl von der Mitteldurchfahrt als von dem Turmportale zugänglich sind, wurden geräumige Vestibüle vorgelegt, die mit der Volkshalle in Verbindung stehen. Die Volkshalle ist durch hohe, spitzbogige Fenster erhellt und mit einer Spitzbogen- decke geschlossen. Sie dient für Versammlungen der Genossenschaften und zu sonstigen großen Verhandlungen, z. B. zur Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für städtische Zwecke etc. Die Schlußsteine der Decken bilden Porträtbüsten der Mitglieder der Rathausbau- kommission. Nebst den Festtreppen bestehen noch sechs große Stiegen, von welchen zwei an der rückwärtigen Durchfahrt in den großen Hof und je zwei in den Quertrakten an den Durch- fahrten der kleinen Höfe liegen. Diese sowie einige Nebentreppen und zwei Personenaufzüge vermitteln den gewöhnlichen Verkehr aller Stockwerke. Der Festsaal von 70-7 m Länge, einer Breite von 147 m (innerhalb der Arkaden) und einer Höhe von 1 7- 1 m reicht bis zum mittleren Aufbau hinauf und steht mit mehreren kleineren Sälen und einem Salon für den Allerhöchsten Hof in Verbindung. Der Längsseite des großen Saales, gegen die Fassade zu, ist eine offene Loggia und der Turmerker vorgelagert, an der gegenüberliegenden Seite ein Arkadengang mit Galerie angelegt. Von der mittleren Loggiatüre angefangen nach rechts befinden sich die Stand- bilder: Rüdiger Graf Starhemberg, Bürgermeister A. Liebenberg, Johann Freiherr v. Chaos, Josef Frank, Bürgermeister Josef Hörl, Albert Herzog von Sachsen-Teschen, Bürgermeister Stephan von Wohlleben, Bürgermeister Vorlauf, Bürgermeister Wolfgang Treu und Niklas Graf Salm. Ober den Orchestern rechts die Medaillonbildcr von Mozart und Schubert, links von Gluck und Haydn. Der Gemeinderatssitzungssaal, an der Rückseite gelegen, reicht durch zwei Stockwerke und ist mit einer kassettierten Decke abgeschlossen. An den Seiten sind Arkaden eingebaut,

über welchen die —p^^^^^^^^^^^^^^^^^^^— Tribüne für die Jour- I I nalisten, Gäste und

1 5^ll Bv>*'v! c'as Publikum sich

M %t-'^*f& befinden. Der Saal

ist mit Fresken von Ludwig Mayer ge- schmückt. Der große Fries links vom

Präsidentenstuhl stellt dar: die Zeit Herzog Rudolf IV. und Albrecht III. mit Motiven, welche auf

die Grundstein- legung des Turmes von St. Stephan, die Gründung der Universität und die bürgerlichen und so- zialen Reformen Be- zug haben. Daran anschließend links: Rudolf von Habs- burg und AI brecht I., rechts Kaiser Fried- rich III. und Max I. Auf der gegenüberliegenden Seite: die Zeit Maria Theresias und Josef II. Die sieben Bogen- felder der rückwärtigen Loggia schmücken Allegorien, darstellend: Unterricht und Erziehung, Wissenschaft, Künste, Industrie, Handel und Verkehr, Gesundheit, Wohltätigkeit. Der Stadt-

Abb. 253. Neues Rathaus. Arkadenhof.

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Städtische Verwaltungsgebäude.

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Abb. 254. Neues Rathaus. Gemeinderatssitzungssaal.

ratssitzungssaal ist mit Deckengemälden und Porträts geschmückt, die aus dem alten Rathause hierher verlegt wurden. Diese Säle sowie die Räume des Waffenmuseums sind mit reich kasset- tierten Decken versehen. Der Rathauskeller wurde vom Erbauer des Rathauses nur im Rohbau vollendet. Die künstlerische Ausgestaltung wurde vom Maler Heinrich Lefler im Vereine mit dem Architekten Josef Urban und anderen Künstlern in den Jahren 1898 1900 durchgeführt.1)

Das Mauerwerk der Fassaden ist mit Quadern verkleidetes Ziegelmauerwerk, wozu die Steine aus den Brüchen von Wöllersdorf, Margarethen und Mannersdorf entnommen wurden. Die Säulenschäfte der Arkaden an der Hauptfassade sind aus Oßlopper Stein, die der Arkaden des großen Hofes aus Hundsheimer (Deutsch-Altenburger) Stein; die Schäfte für die Säulen in den Durchfahrten und den Vestibüls sowie für die Säulen der Stiege zu den Gemeinderats- lokalitäten aus Karststein und die Fenstersäulchen des Hochparterregeschosses, ersten und zweiten Stockes aus Trientiner Stein; die Schäfte für die Säulen im Gemeinderatssitzungssaal, in den großen Räumen des Mezzanins und den vier Bureaux- und zwei Feststiegen aus St. Girolamo-Stein von den Brionischen Inseln, die Schäfte der Säulen der Loggia im ersten Stocke der Hauptfassade aus Grisignanogranit. Sämtliche Räume sind zwischen eisernen Trägern eingewölbt. Der Dachstuhl ist aus Eisenkonstruktion und mit Schiefer eingedeckt.

Die Heizung erfolgt durch 460 Dampfwasseröfen, welche von elf Ten Brink-Kesseln mit zus. 990 m2 und drei Röhrenkesseln mit zus. 490 m- Heizfläche Dampf erhalten. Die Ventilation wird durch Maschinen von 50 PS. besorgt. Die Beleuchtung erfolgt mit elektrischem Lichte, welches in der im Rathause befindlichen Lichtanlage erzeugt wird. Außerdem wird Wechselstrom aus dem Kabelnetze des städtischen Elektrizitätswerkes zugeleitet, welcher durch die im Maschinen- räume befindlichen Transformatoren in Gleichstrom umgewandelt wird. Für den inneren Ver- kehr wurde eine Telegraphenleitung von 47 km Länge und eine Telephonleitung von 26 km

') Näheres: Der Wiener Rathauskeller. Wien 1899, Verlag der Gemeinde Wien.

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Verwaltungsgebäude.

Abb. 255. Amtshaus für den X. Bezirk mit Schule und Pfarrhaus.

Länge und 120 Haustelephonstationen hergestellt. Die Gesamtkosten des Rathausbaues samt innerer Einrichtung betrugen bisher 27,310.000 K. Das Gebäude, welches seinerzeit nur für die zehn Bezirke gebaut wurde, aus denen Wien bis zum Jahre 1891 bestand, reicht für seinen Zweck derzeit nicht mehr aus; es wird deshalb noch ein Teil des alten Rathauses in der Wipplingerstraße für städtische Amtszwecke benützt.

Literatur.

Festschrift aus Anlaß der Vollendung des neuen Rathauses. Im Auftrage des Gemeinderates der Reichshaupt- und Residcnz- Wicn verfaßt von Karl Weiß, Archivdirektor und Vorstand der Bibliothek der Stadt Wien. Wien 1883. Selbstverlag des inderates. Notizen über das neue Rathaus in Wien. Verlag des Magistrates. Rathaus (Abbildungen von Bambach und nerl. Wien 1881.

Stadt

Gemein

Gröbncr). Wien 1881

Bezirksamtsgebäude.

Diese Gebäude sind bestimmt, die Amts- und Versammlungsräume der Bezirksvertretung, des Ortsschulrates, des Bezirksschulrates, des Armeninstitutes und des magistratischen Bezirks- amtes aufzunehmen. In den alten zehn Bezirken (mit Ausnahme des I. Bezirkes) werden für diesen Zweck die ehemaligen Gemeindehäuser verwendet, in welchen für die magistratischen Bezirksämter, welche erst zur Zeit der Vereinigung der Vororte mit Wien geschaffen wurden, nicht vorgesehen war. Deshalb mußten für diese Bezirksämter die erforderlichen Räume durch Zubauten und Adapticrungcn erst geschaffen werden. Häufig befindet sich in den ehemaligen Gemeindehäusern auch eine Filiale der städti- schen Berufsfeuerwehr. Das Bezirksamt für den I. Bezirk befindet sich derzeit noch im neuen Rathause. Die in den Jahren 1840 1860 erbauten Gebäude sind zumeist einfach und entbehren des architektonischen Schmuckes. Die später er- richteten Gebäude sind reicher gestaltet.

In bezug auf seine äußere Erscheinung ist das in den Jahren 1881 1882 erbaute Amis- haus im X. Bezirke, Gudrunstraße 130 (Abb. 255), hervorzuheben. Dasselbe ist in Ziegelrohbau mit Anwendung gotischer Formen erbaut und bildet mit dem anstoßenden städtischen Waisenhause,

A Hauptkassa. B Exekutionsamt.

C Ortsschulrat. D Bezirksschulrat.

Abb. 256. Amtshaus für den XVI. Bezirk. Richard Wagner-Platz. Erster Stock. 1:800.

Städtische Verwaltungsgebäude.

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dem städtischen Schulhausc und dem Pfarrhofe eine vollständig geschlossene, ziemlich ein- heitlich durchgeführte Gebäudegruppe mit aneinandergrenzenden Hofräumen und Gärten. Die Hauptfassade ist gegen die Gudrunstraße gerichtet. Der Mittelteil, welcher den Fest- saal enthält, dominiert durch seine Maße. Sehr schön an dem Gebäude ist die Terrakottaarbeit von Viktor Brausewetter in Wagram. Das Ge- bäude ist nach dem Projekte der Hochbau- abteilung des Stadtbau- amtes unter der Leitung des Baurates Friedrich Paul und des Ingenieurs Josef Pürzi ausgeführt worden. Die Baukosten betrugen 336.000 K.

In den ehemaligen Vororten werden für die Bezirksamtsgebäude die bestandenen Rat- häuser benützt. Außer den Räumen für die städtische Verwaltung

sind in denselben häufig auch eine städtische Bezirkssparkasse, die k. k. Steueradministration, das k. k. Bezirksgericht und das k. k. Postamt untergebracht. Dort, wo keine derartigen Ge- bäude bestanden, wurden nach der Vereinigung der Vororte neue Amtshäuser erbaut, so im XI., XVI., XIX. und XX. Bezirke. Von diesen Gebäuden wären folgende hervorzuheben:

Das Amtshaus für den XVI. Bezirk, Richard Wagner-Platz 14 (Abb. 256, 257).

Dasselbe wurde nach dem Projekte des Stadtbauamtes in den Jahren 1899 1900 unter der Leitung des Vizebaudirektors Rudolf Helmreich und des Ingenieurs Max Moßböck erbaut. Es nimmt die rückwärtige Schmalseite des Platzes ein und stellt den Typus dar, nach welchem die neueren Amtsgebäude erbaut werden. Die Einteilung ist aus Abb. 256 zu ersehen. Die Fassaden sind in Putz hergestellt. Die verbaute Fläche beträgt 1592 m'2. Die Baukosten belaufen sich auf 492.500 K.

Abb. 257. Amtshaus für den XVI. Bezirk.

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Abb. 258. Gesamtansicht des Amtshauses für den XX. Bezirk mit angebauten Zinshäusern.

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Verwaltungsgebäude.

Das Amishaus für den XVIII. Bezirk, Martinsstraße 100.

Die Pläne für dieses Amtshaus wurden im Wege eines öffentlichen Wettbewerbes gewonnen, und wurde der mit dem zweiten Preise ausgezeichnete Entwurf der Architekten M & C. Hinträger zur Ausführung angenommen. Der Bau wurde in den Jahren 1890 1891 errichtet. Die Architektur zeigt die Formen der deutschen Renaissance. An der Ecke der Währingcr- und Martinsstraße erhebt sich ein Turm von 54 m Höhe. Das Gebäude enthält ein Parterre, ein Mezzanin und zwei Stockwerke. Die Hauptfassade mit dem Portalbau und dem großen Sitzungssaale liegt an der Martinsstraße und ist durch einen kräftigen Mittelrisalit gegliedert. Die Zimmertiefen betragen 6 m, die lichte Geschoßhöhe durchschnittlich 4 m. Alle Geschosse sind mit in Traversen einge- spannten Platzein gewölbt. Die Baukosten samt innerer Einrichtung betrugen 400.000 K, bei einer verbauten

n.. i . , \ , zr\ ■> i\ Abb. 259 Amtshaus für den XX. Bezirk,

ache von zirka 1150 m-.1) Erster stock. i:soo.

Das Amtshaus für den XX. Bezirk, Brigittaplatz (Abb. 258, 259).

Für den Bau dieses Gebäudes wurde ein öffentlicher Wettbewerb unter Wiener Architekten veranlaßt. Zur Ausführung gelangte das mit einem Preise ausgezeichnete Projekt des Architekten Karl Badstieber. Der Bau wurde in den Jahren 1904 1905

unter der Leitung des Stadtbauamtes (Baurat Josef Pürzl und Inge- nieur Limbach) ausge- führt. Die Architektur ist in freien, modernen Formen mit gotischen Anklängen durchge- führt. Vorläufig wurde nur der Mittelteil der vorliegenden Fassade, welcher dem Amtsge- bäude entspricht, fertig- gestellt; die beiden Eck- häuser mit den Pilonen sollen als Zinshäuser, mit der Fassade des Amtshauses überein- stimmend, ausgeführt werden. Deren innere Einteilung ist derart projektiert, daß sie im Bedarfsfälle zur Erwei- terung des Amtshauses benützt werden können. Die verbaute Fläche des Amtshauses beträgt 1290 m2; für den Bau samt Einrichtung sind 51 6.000 K (400 K pro Quadratmeter) veran- schlagt.

Josef Pürzl.

Abb. 260. Rathaus in Floridsdorf (XXI. Bezirk).

') Allgemeine ßauzeitunu Wien 1S92.

Städtische Verwaltungsgebäude.

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Das Rathaus in Floridsdorf (XXI. Bezirk) (Abb 260, 261).

Für den Rathaiisbau wurde eine engere Konkurrenz ausgeschrieben, auf Grund deren das Projekt der Architekten Brüder Drcxler zur Ausführung angenommen wurde. Mit dem Bau wurde im Mai 1901 begonnen, doch konnte derselbe infolge der Verhandlungen betreffend die Vereinigung mit Wien, welche eine Verzögerung verursachten, erst im November 1903 der Benützung zugeführt werden.

Die Bauarea beträgt 2214-06 m2, wo- von 1862-23m- verbaut sind. Die Bau- kosten beliefen sich auf 929.019 K; somit per Quadratmeter Verbauung auf 44516K. Die Gesamtkosten inklusive Einrichtung der Bureaux und des Rathauskellers be- tragen 979.023 K. Gegen den Spitzplatz, die Brünncr- und Pragerstraße befinden sich Amtslokale, von der Haupttreppe zu- gänglich, gegen den Marktplatz 12 vermiet- bare Wohnungen an zwei Stiegen gelegen, so daß dieselben im Bedarfsfalle zu den Amtslokalen mit Rundführung der Korri- dore einbezogen werden können. Die Gänge sind mit Stichkappen, die Amtsräume mit Ludwig- platzeln gewölbt. Die Hauptstiege ist von 20 Marmorsäulen und eingespannten Gewölben ge- tragen, die Arme mit Steinbalustrade versehen. Das Stiegenhaus hat eine barocke, gewölbte Decke mit Schildern. Auch der große und der kleine Sitzungssaal sowie der Rathaushof üben eine gute architektonische Wirkung aus. An den Rundbauten der Fassade befinden sich Allegorien in Stein ausgeführt, darstellend: „Handel und Gewerbe", „Ackerbau", „Wissenschaft", „Kunst" von Alexander Illitsch, „Humanität", „Unterricht", „Verkehr", „Industrie" von Georg Leisek, während der Giebel bekrönt ist von den allegorischen Figuren „Friede", „Arbeit" von Franz Vogel, „Vaterlandsliebe", „Gerechtigkeit" von Franz Seifert.

Das Rathaus, welches noch von der früheren Gemeinde Floridsdorf (unter Bürgermeister A. Anderer und Vizebürgermeister F. Hoß) erbaut wurde, dient nun als Sitz des Bezirks- amtes für den XXI. Bezirk. k.

Abb. 261. Rathaus in Floridsdorf. Erster Stock. 1:800.

D. GEBÄUDE FÜR BILDUNO UND UNTERRICHT.

I. MUSEALGEBÄUDE.

Die k. k. Hofmuseen (Abb. 262 bis 265 und Tafel XII).

Der Bau der beiden auf dem Maria Theresien-Platze einander gegenüberliegenden Hofmuseen wurde unter der Leitung des Architekten Prof. Karl Freiherrn von Hasenauer mit Benützung der Projekte Sempers im Jahre 1872 begonnen und 1881 äußerlich vollendet. Dem Betriebe übergeben wurde der Bau des Naturhistorischen Museums im Jahre 1889, jener des Kunsthistorischen in den Jahren 1889 und 1891. Beide Museen stimmen in der äußeren Erscheinung und Dimen- sion sowie in der architektonischen Durchbildung der Fassaden fast völlig überein. Sie er- heben sich auf einem länglichen Rechteck von 169 m Länge und 74 m (beziehungsweise beim Naturhistorischen Museum 70 m) größter Breite. Die Gebäude bedecken eine Fläche von 10.778 m2, wovon nach Abzug der in jedem der Museen vorhandenen zwei großen Höfe 8720 m2 als verbaute Fläche bleiben. Ihre Hauptfassade ist dem Maria Theresien-Monument zugewendet und wird durch einen mächtigen, von einer Attika überhöhten Mittelbau, welcher die lange Horizontallinie unterbricht, und durch zwei Eckrisalite gegliedert. Den Mittelbau überwölbt eine große Kuppel mit Laterne, die vier Eckrisalite je eine kleinere Kuppel. Von der Ringstraße gegen die Lastenstraße zu steigt das Terrain um mehr als 2 m, weshalb die Gebäude an der Ringstraße höher sind als im rückwärtigen Teile. Bis zur Attika des Mittel- baues beträgt diese Höhe 3L60m, bis zur Kuppel einschließlich der bekrönenden Figur beim Kunsthistorischen Museum Pallas Athene, beim Naturhistorischen Helios, beide nach Mo-

Abb. 262. Naturhistorisches Hofmuseum. Langseite gegen den Maria Theresien-Platz.

dellen von Johannes Benk 64-32 m. Beide Museen weisen an den Balustraden und Giebel- feldern des oberen Randes reichen Schmuck an Statuen auf, welche beim Kunsthistorischen Museum hervorragende Künstler aller Epochen, beim Naturhistorischen teils allegorische Figuren, teils berühmte Naturforscher darstellen.

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Gebäude für Bildung und Unterricht.

So groß jedoch die Übereinstimmung der zwei Gebäude am Äußeren ist, so verschieden ist mit Rücksicht auf ihre Bestimmung die Anordnung der Innenräume. Letztere erforderte beim Kunsthistorischen Hofmuseum für die im Hochparterre befindlichen Sammlungen von Antiken, kunstgewerblichen Gegenständen und Waffen möglichst reflexfreies, reichliches Seitenlicht, was den Architekten veranlaßte, die größeren Ausstellungsräume an die Fassaden zu verlegen. Die Gemäldesammlung wieder bedingte für eine Reihe von Sälen Oberlicht, für andere, kleinere Säle Seitenlicht, wodurch die Verlegung der großen Oberlichträume an die Hofseiten erforder- lich wurde. Im Naturhistorischen Museum gestatteten die Umstände eine gleichartige Grund- rißlösung in allen Stockwerken.

Die Ausstattung der Innenräume ist in beiden Hofmuseen, ihrem Charakter und der zur Zeit ihrer Erbauung herrschenden Auffassung entsprechend, eine überaus prächtige. Besonders

Abb. 263. Naturhistorisches Hofmuseum. Erster Stock. 1:1200. II, III, VIII, IX, XII, XIII, XVIII, XIX, XXI, XXIV, XXVII, XXVIII, XXXI, XXXII Oberlichtsäle.

Abb. 264. Kunsthistorisches Hofmuseum. Erster Stock. 1 : 1200.

gilt dies vom Kunsthistorischen Museum, wo Monolithsäulen aus verschiedenfarbigen, kost- baren Graniten, deren Basen, Kapitale und Gebälk aus Marmor mit reichen Verkleidungen aus Goldbronze ausgeführt sind und die Säle des Hochparterres, des großen Eingangsvestibüles und die mächtige, von Galerien umgebene Treppe sowie den hohen Kuppelraum im ersten Stock- werke zieren. Von den vier Geschossen dieses Gebäudes ist das Tiefparterre teilweise für Dienstwohnungen, Depots und Arbeitsräume, teilweise für die Bibliothek und das Lapidarium bestimmt. Im Hochparterre sind für die kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser- hauses 23 große und 14 kleine Ausstellungsräume mit einer Gcsamtbodcnflächc von 4154*35 m-

u u'ü am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel XII.

Mittelbau am naturhistorischen Museum.

Musealgebäude.

171

gewidmet. Dort haben die Antikensammlung mit der ägyptischen Sammlung, die Samm- lung von Münzen und Medaillen, dann jene von kunstindustricllcn Gegenständen des Mit- telalters und der Re- naissance sowie die Waffensammlung Auf- stellung gefunden. Das erste Stockwerk, aus- schließlich für die Ge- mäldegalerie bestimmt, enthält 14 Oberlichtsäle und 15 Seitenkabinette mit zus. 4875-07 m- Fußbodcnfläche und 7330-90m2behängbarer Wandfläche. Im zweiten Stockwerke endlich sind Ausstellungsräume für die Sammlung von Aquarellen und Hand- zeichnungen, die Se- kundärgalerie und Kanz- leien untergebracht. Ei- nige Räume des zwei- ten Stockwerkes sind in neuester Zeit zur Gewinnung von Wand- flächen mit Oberlichten versehen worden. Die Lokalitäten des Hoch- parterres und des ersten Stockes weisen reichen plastischen und male- rischen Schmuck auf.

So sind im großen Stiegenhause als Deckenbild eine Apotheose der bildenden Kunst von Michael Munkäcsy, mit 12 Lünettengemälden (Allegorien) von Hans Makart und Zwickelbildern von Klimt und Matsch, dann auf dem Treppenpodest Canovas bekannte Theseusgruppe ange- bracht; im sogenannten Goldsaale Julius Bergers großes Deckengemälde „Die Mäzene des Hauses Habsburg", in der Antikensammlung 76 Bilder von August Eisenmenger, in anderen Räumen Deckenbilder von Simon, Karger, Rob. Ruß, L. H. Fischer und Laufberger; in den Galeriesälen figurale Plastik von Lax, Düll, Silbernagl, Costenoblc, O. König, AI. Swoboda, A. P. Wagner, Artur Straßer u. a.

Im Naturhistorischen Museum sind die Tiefparterrelokalitäten ähnlich wie beim Kunsthistorischen Museum für Dienstwohnungen, dann für Depot- und Präparationsräume ver- wendet. Das Hochparterre bietet 5024 m2, das erste und zweite Stockwerk je 5139 m'2 Belag- fläche. Die Ausstattung der Innenräume ist weniger prunkvoll wie im Kunsthistorischen Museum, immerhin aber von gediegener Pracht in den zur Bekleidung der Wände verwendeten kost- baren Materialien, den großen Dimensionen und dem reichen malerischen und plastischen Schmuck der Schausäle. Eingangsvestibül und Treppe sind ähnlich disponiert wie im Kunst- historischen Museum. Das Stiegenhaus ziert Hans Canons großes Deckengemälde „Der Kreis- lauf des Lebens", die zwölf zugehörigen Lünettenbilder enthalten allegorische Darstellungen, gleichfalls von Canons Hand. Eine Reihe von Statuen an den Wänden gibt Porträtdarstcllungen hervorragender Naturforscher. Mit reichem Statuenschmuck ist auch das Vestibül des ersten

Abb. 265. Kunsthistorisches Hofmuseum. Stiegenhaus.

172

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Stockwerkes bedacht (unter anderen Arbeiten von Tilgner, Benk und Weyr). In den Schausälen des ersten Stockes sind die Wände durch eine bedeutende Zahl großer Gemälde geziert, welche in Beziehung zu den ausgestellten Objekten stehen. Es befinden sich darunter Werke von H. Charlemont, Brioschi, Bernatzik, Lichtenfels, R. Ruß. Alois Schönn, Hansch, Hasch, Obcr- müllner, Ameseder. Alb. Zimmermann, Jul. von Payer, J. E. Schindler, Hlawaczek, A. Schärfer, L. H. Fischer. Jos. Hoffmann, Heinr. Otto, Hugo Darnaut. Gottfried Seelos, Jul. von Blaas u. a. Vielfach ist in den Schausälen auch plastischer Schmuck verwendet.

Über die in den Hofmuseen aufgestellten Sammlungen siehe an anderer Stelle.

Literatur.

Übersicht der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Wien 1899. Allgemeiner Führer durch das k. k. Naturhistorischc Hofmuseum. Wien 1898. Ausschmückung des Interieurs im k. k. Kunsthistorischen Hofmuseum. Lichtdrucke von J. Löwy. Verlag von Anton Schroll in Wien. Karl Hasenauer, Denkschrift über sein Projekt für die neu zu erbauenden k. k. Museen. Wien 1S67. Die Bauten, Entwürfe und Skizzen von Gottfried Sem per. Karlsruhe 1881.

Frh. von Weckbecker.

K. k. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie und die Kunstgewerbeschule,

I., Stubenring (Abb. 266 bis 268).

Das Museum.

Die Aufgabe dieses Institutes besteht statutenmäßig in der Darbietung der Hilfsmittel, welche Kunst und Wissenschaft den Kunstgewerben bieten. Demgemäß umfaßt das Museum Sammlungen von Objekten aus allen Gebieten der Kunst und des Kunstgewerbes in Originalen wie in Kopien, eine Fachbibliothek und eine Sammlung von Zeichnungen, Ornamentstichen, Photographien etc. Außerdem können Künstler und Kunstindustrielle ihre neuen Arbeiten unentgeltlich im Museum ausstellen. Den unmittelbaren Anstoß zur Gründung des österreichischen Museums gab die Weltausstellung in London im Jahre 1862. Der österreichische Kunstreferent Universitätsprofessor Rudolf von Eitelberger erhielt nach den daselbst ge- machten Erfahrungen von dem damaligen Ministerpräsidenten Sr. k. u. k. Hoheit Erzherzog Rainer den Auftrag, Vorschläge zur Hebung des Geschmackes zu erstatten, deren Erfolg in einem kaiserlichen Hand- billett vom 7. März 1863 an den Erzherzog gipfelte, in welchem die Gründung eines „österreichischen Museums für Kunst und Industrie" angeordnet wurde. Als vorläufiges Lokal erhielt das Museum das kaiserliche Ballhaus zugewiesen, in welchem die Anstalt am 31. Mai 1864 eröffnet wurde. Bereits am

Abb. 266. österreichisches Museum für Kunst und Industrie, I., Stubenring.

30. Juli 1867 erhielt das Staatsministerium die Weisung, einen Neubau für das Museum in Angriff zu nehmen und am 19. März 1868 erhielten die Pläne des Architekten Heinrich von Ferstel die Genehmigung. Die Grund- steinlegung erfolgte im Herbste 1868, die feierliche Schlußsteinlegung durch Se. Majestät den Kaiser am 4. November 1871.

Musealgebäude.

173

A Vestibül.

Arkadenhof D Oberlichtsäle

Ausstellungsräume. Kanzlei.

Abb. 267. österreichisches Museum für Kunst und Industrie. Ebenerd. 1:1000.

Das Gebäude bedeckt an der Kreuzung des Stubenringes und der Wollzeile einen Flächenraum von 3350 m-. Die Baukosten betrugen 1,300.000 K, die Kosten der inneren Aus- stattung- 240.000 K. Die Gesamtanlage ist die eines zweigeschossigen Baues, der sich auf einem 1*9 m über dem Straßenniveau erhöhten Souterrain erhebt und im Mittelbau noch ein drittes Ge- schoß, an den vorspringenden Eckbauten diesem entsprechende Halbgeschosse trägt. Derselbe ist mit reichlicher Verwendung von Motiven der italienischen Renaissance in Ziegelrohbau durchgeführt. Der Sockel und das Portal sind aus Wöllers- dorfer-, die Fenstcrumrahmun- gen aus Margarethencr Sandstein. In Anlehnung an die der italieni- schen Frührenaissance entstam- menden Ziertechniken wurden zur Dekorierung der Außen- seiten Sgraffitomalereien zuerst nach Entwürfen von Prof. Ferdi- nand Laufberger ausgeführt, welche im Jahre 1888 durch solche nach Entwürfen des Prof. Karl Karger ersetzt wurden. Die Majolikaplatten stellen teils Porträtmedail- lons von Künstlern früherer Perioden dar, die sich um die ornamentale Kunst be- sonders verdient gemacht haben, teils Inschrifttafeln mit Namen solcher Künstler. Es sind ihrer im ganzen 56, und sowohl diese, in der Art der Della Robbia aus- geführten Majoliken sowie die Sgraffiten bedeuteten für die in Wien übliche Fas- sadendekorierung etwas durchaus Neues.

Die innere Einteilung ist aus dem Grundrisse Abb. 267 zu ersehen. Säulen- hof und Stiege bilden den Kern der inne- ren architektonischen Entwicklung. Der

quadratische Hof geht durch alle drei Stockwerke des Mittelbaues und ist im Erdgeschoß wie im ersten Stocke von Arkaden umgeben (8 Pfeiler aus Wöllersdorfer Sandstein und 32 Säulen, Granitmonolithe). Die Belichtung dieses Raumes erfolgt durch ein Glasdach, der Fußboden ist in Asphaltsiliko ausgeführt, die Wände sind mit Stukkomarmor bekleidet. An den Hof reihen sich zu beiden Seiten in ganz gleicher Weise die Ausstellungssäle, in der Mitte je ein Ober- lichtsaal, um den sich je drei Seitenlichtsäle gruppieren.

Die Hauptstiege, von ihrer Wendung an doppelarmig, mündet in der Galerie des ersten Stockwerkes. Ihre Decke bildet ein Spiegelgewölbe mit Fresken von Prof. Ferd. Laufberger: in der Mitte Aphrodite dem Meere entsteigend, in den Ecken: Architektur, Malerei, Skulptur und Kunsthandwerk. Die Lokalitäten des ersten Stockwerkes haben ihre Zugänge von der Galerie. Es befinden sich hier nebst einer Reihe von größeren und kleineren Ausstellungssälen die Bibliothek, der Vorlesesaal und der Sitzungssaal, über dessen Tür das Reichswappen in gla- sierter Terrakotta von Ginori in Doccia angebracht ist. Inschrifttafeln und Denkmale haben im Laufe der Jahre Platz gefunden. So im Sitzungssaale das lebensgroße Porträtbildnis Sr. kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Rainer von L'Allemand, auf der Galerie das Bronzedenkmal Eitelbergers von Prof. Hermann Klotz, im Stiegenhause die Porträtbüste Ferstels u. s. w.

Die Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums

war ursprünglich in den Räumen des Museums untergebracht. Der provisorische Charakter dieser Vereinigung drängte jedoch noch früher, als man es vorausgesehen hatte, zur Errichtung eines eigenen Schulgebäudes. Demnach wurde, da die Regierung bereits im Jahre 1874 den entsprechenden Kredit gewährt hatte, im Jahre 1875 der Bau nach den Plänen des Architekten

Abb. 26

Kunsts;ewerbeschule. Erster Stock. 1:800.

174

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Hcinr. von Fcrstel begonnen und im Oktober 1877 der Benützung übergeben. Der gesamte Kostenaufwand belief sich auf 927.000 K.

Das Gebäude steht mit seiner Fassade in der Flucht des Museums und wird mit dem- selben durch einen 23 m langen Gang verbunden. Diesen schmückt gegen die Ringstraße zu ein Zierbrunnen mit darüber befindlichem Mosaikgemälde von Salviatti in Venedig nach einem Karton von F. Laufberger, das ursprünglich für die Wiener Weltausstellung 1873 hergestellt worden war. Die Tiefe des Schulgebäudes beträgt 40 m, die Länge 65 m. Hierdurch war die Anlage zweier Höfe bedingt, zwischen welchen die Treppe liegt. An der Nordseite befinden sich nach der ursprünglichen Anordnung die Malschulen, dem Modcllsaal wurde ein Obcr- Iichtraum angewiesen, die Bildhauerschulen und Verwandtes sowie der Vortragssaal im Par- terre untergebracht. Die Ateliers der Professoren und Lehrer sind stets mit den betreffenden Schulen verbunden. So wie das Museum ist auch die Kunstgewerbeschule mit Zugrundelegung der architektonischen und ornamentalen Motive der italienischen Renaissance durchgeführt. Der Bau ist durchwegs dreigeschossig mit schwach hervortretendem Mittelrisalit. Die Höhe des Hauptgesimses korrespondiert mit der des Museums. Die Profilierungen sind jedoch durch- wegs zarter und schwächer. Mit Ausnahme des Steinsockels ist das Äußere ganz in Ziegelrohbau unter Mitverwendung von Reliefverzierungcn und Majolikaplatten im Friese und bei den Fenster- umrahmungen aus der Wienerberger Tonwarenfabrik ausgeführt. Überdies kamen im Haupt- geschosse des Mittelbaues vier Fayencemedaillons mit weiblichen Idealköpfen von F. Laufberger in kartuschenartiger Umrahmung zur Verwendung.

Literatu r.

Förster, Allgemeine Bauzeitung-. Jahrgänge 1S71 und 1881. Das k. k. österreichische Museum und die Kunstgewerbeschule. Festschrift bei Gelegenheit der Weltausstellung in Wien im Mai 1873. Wien 1S73, Verlag des österreichischen Museums. Prof. Dr. E. Winklcr, Technischer Führer durch Wien. Eitelberger Ritter von Edelberg, Gesammelte kunsthistorische Schriften. Wien. Wilh. ßraumüller, 1879, II. Zcntralblatt für das gewerbliche Unterrichtswesen in Österreich. Wien, A. Holder, 1S85, Bd. IV. Das österreichische Museum für Kunst und Industrie. Ein Rückblick auf seine Geschichte. Zur Erinnerung an den 25. Jahrestag seiner Gründung. Herausgegeben von der Direktion. Wien, Verlag des k. k. österreichischen Museums, 1889.

Jos. Fohicsics.

II. HOCHSCHULEN UND WISSENSCHAFTLICHE INSTITUTE.

Akademie der Wissenschaften (Alte Aula), I., Universitätsplatz (Abb. 269, 270).

Das heutige Gebäude der Akademie der Wissenschaften war seiner ursprünglichen Bestimmung nach Universitätsgebäude und diente bis zum Jahre 1857 als Aula der von Herzog Rudolf IV. dem Stifter 1348 gegründeten' Wiener Universität. Eine kurze Zeit, in der Mitte des 19. Jahrhunderts, war hier auch die Akademie der bildenden Künste untergebracht. Die Zeit ihrer höchsten Blüte erreichte die Wiener Universität 1502, in welchem Jahre sie 8000 Studie- rende zählte. Infolge der religiösen und politischen Wirren, welche bald darauf ausbrachen, sank sie von ihrer bisherigen Höhe herab, erholte sich jedoch allmählich wieder und wurde im Jahre 1623 den Jesuiten übergeben; 1772 nach Aufhebung des Ordens laisiert, gelangte sie neuerlich zu höchstem Ansehen. Bis zum Jahre 1857 blieb dann die Univer- sität im Alleinbesitze dieses Gebäudes. Seit diesem Jahre ist jedoch die kaiserliche Akademie der Wissenschaften eigentlich die ausschließliche Be- nutzerin dieses Palastes, welche jeweilig einigen wissenschaftlichen Vereinen Unterkunft gewährt.

. Der Bau der Aula wurde im Jahre 1753 begonnen und im Jahre 1755 unter der Re- gierung der Kaiserin Maria Theresia vollendet. Dietrich und Enzcnhofer sind die Erbauer der- selben. Das nach allen Seiten freistehende Gebäude bildet ein oblonges Viereck und enthält ein Parterre, ersten und zweiten Stock und einen Aufbau, welcher bis zur Erbauung der neuen Sternwarte auf der Türkenschanze zu astronomischen Beobachtungen diente. Ebenerd. Erster stock.

Die gegen den Universitätsplatz ZU gelegene Abb. 269. Akademie der Wissenschaften '(Alte Aula). 1:800.

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

175

Hauptfassade ist durch ihre architektonische Schönheit außerordentlich wirksam. Ebenerdig sind die zwei Eckfenster als halbrunde Nischen ausgebildet und mit je einem Brunnen geziert.1) Im ersten Stocke tritt die Mauerfront zurück und bildet eine Loggia, deren Überdachung auf sechs Säulen, von denen vier paarweise gestellt sind, ruht. Weitaus imposanter sind noch

Abb. 270. Akademie der Wissenschaften (Alte Aula), I., Universitätsplatz.

die beiden Seitenfassaden des Gebäudes, welche insbesondere im ersten Stocke palastartig durchgebildet sind. Im Inneren fesseln die geräumige Halle sowie die großen Stiegen- anlagen die Aufmerksamkeit. Im ersten Stockwerke ist über der Halle und ihr an Aus- dehnung gleich der 381 m'2 messende Universitätssaal gelegen, die „Alte Aula", jetzt der Festsaal der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Auf die Ausstattung des Saales wurde vom Architekten das Schwergewicht gelegt. Stukkomarmor-Wandverkleidungen und Pilaster mit einer hohen Attika zieren den Saal, der durch beide Stockwerke reicht und gut beleuchtet ist. Einen Hauptschmuck des Saales bildet das herrliche, gut erhaltene Deckengemälde von

') Siehe Allgemeine Bauzeitung. IS

176

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Abb. 271. Antiqua domus, I., Sonnenfelsgasse.

Gregor Guglielmi, die vier Fakultäten darstellend. Gegenwärtig wird das ganze Gebäude einer gründlichen Restaurierung unterzogen, die vor- aussichtlich im Jahre 1906 beendet sein dürfte.

August Fieger.

Antiqua domus, I., Sonnenfelsgasse 23

(Abb. 271).

Dieses historisch nicht uninteressante Ge- bäude wurde im Jahre 1629 von der Gesellschaft Jesu im Sinne des mit der österreichischen Re- gierung im Jahre 1623 in betreff der Übernahme der Wiener Universität in die Obhut des Ordens abgeschlossenen und vom Kaiser Ferdinand II. am 9. August 1623 bestätigten Vertrages zu Zwecken der Unterbringung des Konsistoriums, der Kanzlei und des Archives der Universität angekauft und stand bis zur Eröffnung der neuen Universität am Franzensringe in Benützung der Hochschule. Dasselbe enthielt auch den höchst primitiv eingerichteten Universitätskarzer.

In architektonischer Hinsicht ist an diesem Gebäude nur die Fassade in der Sonnenfels- gasse mit den beiden Portalen bemerkenswert. Im Jahre 1895 wurde das Gebäude durch einige

Adaptierungen, insbesondere durch Einbau eines Lichthofes, zu Bureauzwecken geeignet gemacht.

M.

Die k. k. Universität und ihre wissenschaftlichen Institute.

Die Wiener Universität, die Zweitälteste auf deutschem Boden, 1348 von Herzog Rudolf dem Stifter gegründet, hatte gleich von Anbeginn mit empfindlichem Raummangel zu kämpfen, da der großangelegte Plan seines erlauchten Gründers, den Stadtteil zwischen Burg- und Schottentor Studienzwecken und der Studentenschaft zuzuweisen, von Karl IV., dem die seiner Prager Hochschule gemachte Konkurrenz unbequem zu werden anfing, durchquert wurde. Fünf Jahrhunderte lang quälten sich Lehrer und Schüler in den völlig unzulänglichen Räumen an der Dominikanerbastei ab, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ernstlich an einen Neubau gedacht wurde. Aber erst nach vielen Dezennien konnte an die Ausführung geschritten und 1883 das von H. von Ferstel erbaute Hauptgebäude seiner Bestimmung übergeben werden.

Wenn auch das Pavillonsystem, welches späteren deutschen Universitätsbauten so z. B. den Straß- burger — zugrunde lag, für die projektierten Neubauten der Wiener Hochschule nicht in vollem Umfange angewendet wurde, so bestand doch gleich zu Anbeginn der Programmverfassung die Absicht, in der Nähe des Hauptgebäudes für einzelne Disziplinen getrennte Gebäude anzulegen, von denen auch eines, das Chemische Institut, 1869—1871 auf einer an der Währingerstraße gelegenen Parzelle nach H. von Ferstels Entwurf erbaut wurde, während die angrenzenden, für andere, namentlich für das Physikalische und Anatomische Institut bestimmten Bauplätze später bedauerlicherweise der Privatbautätigkeit überlassen wurden. An Stelle der alten »Gewehrfabrik«, die schon seit langem zu Studienzwecken notdürftig verwendet wurde, entstand zu Ende der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts der Neubau des Anatomischen Institutes und im Jahre 1904 jener für das Physiologische Institut, während der Bau jener für Histologie, Hygienie und Embryologie auf den restlichen Teilen der Baufläche noch aussteht. Sechsthalb Jahrhunderte nach Gründung der Hochschule dürfte der Hauptstock der Studienräume fast an derselben Stelle vollendet sein, die ihr der erlauchte Gründer von Anbeginn zugedacht hatte.

Das Hauptgebäude der Universität (Abb. 272 bis 274), das die Hörsäle der vier Fakultäten soweit sie nicht in den einzelnen wissenschaftlichen Instituten untergebracht sind die Säle für Staatsprüfungen und Rigorosen, die Kanzleien der Dekanate und des Rektorates mit den dazu- gehörigen Sitzungssälen, die Aula mit ihren Nebensälen, einzelne Museen, kleinere Institute, die Bibliothek mit den Bücherspeichern und Lesesälen und die nötigsten Dienerwohnungen enthält, wurde von H. von Ferstel in den Jahren 1871 1872 entworfen. 1873 begannen die Bau- arbeiten, im September 1883, kurz nach Ferstels Tod, wurde der linksseitige Trakt seiner Bestimmung übergeben, während der gegen die Universitätsstraße gewendete Flügel erst im folgenden Spätherbst bezogen werden konnte. Der statuarische Schmuck wurde in den nach- folgenden Jahren nach und nach ergänzt, während die Vollendung des malerischen im großen Festsaal teilweise noch aussteht. Der gewaltige, 161:133 m messende, an vier Straßen gelegene

I

Bd. II.

12

178

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Baublock mit einer Bodenfläche von 21.412 m'2. von denen 14.530 m- verbaut sind, gliedert sich der Hauptsache nach in zwei, an der Grillparzerstraße respektive Universitätsstraße gelegene, vornehmlich Lehrsäle enthaltende Längsflügel, die, an der rückwärtigen Front durch den Bibliotheksbau, an der Ringstraße durch den reich gegliederten Flügel des Festsaalbaues ver- bunden, einen großen, von Arkaden umgebenen Hof einschließen, der nach jeder Richtung hin als Kristallisationspunkt der ganzen Anlage zu betrachten ist; er ersetzt der Studenten-

fffS {l^ilLI

A Loggia. B Festsaal. C Vorsäle. D Atrium. E Festtreppe.

F Haupttreppe.

G Treppen für Studierende.

H Nebentreppen.

J Bibliothekstreppe.

K Kleiner Festsaal.

L Sitzungssaal. M, N Rcktorskanzlei. O Bibliothek. P Juristisches Dekanat. Q Philosophisches Dekanat.

R Historisches Seminar. S Prüfungssäle. T österreichischeGeschichts- forschung.

schaff den mangelnden Universitätsplatz, er erleichtert die Orientierung in dem weitläufigen Gebäude, da von hier aus sämtliche Hauptkommunikationen zugänglich sind; von hier aus entwickeln sich die architektonischen Hauptmotive des vornehmlich als Innenbau geplanten Hauses auch nach außen.

Wie sehr Ferstel bemüht war, den praktischen Anforderungen dieses von 5000 bis 6000 Hörern frequentierten Gebäudes gerecht zu werden, zeigt sich in der klaren Anordnung sämtlicher Kommunikationen, in erster Linie in der Disposition und dem Aufbau der Treppen: auf diesen, namentlich den beiden großen, dem Hauptverkehr dienenden Treppenhäusern liegt der stärkste Akzent, während der äußere Aufbau, den relativ knapp bemessenen Mitteln Rech- nung tragend, bescheidener gehalten werden und sich im Wesen auf das künstlerische Durch- arbeiten der Silhouette der einzelnen sehr heterogenen Baugruppen beschränken mußte. Die Bau- kosten bcliefen sich, einschließlich der inneren Ausstattung und der Bauregie, auf 15,400.000 K.

Literatur. Handbuch der Architektur. 6. Halbband. 2. Heft, S. 47 ff. Wiener Monumentalbauten. Lehmann & Wcntzcl. Wien. Bd. IL L. Winklcr, Technischer Führer durch Wien. 2. Auflage. 1S74. S. 212. Allgemeine Bauzcitung. 1S94. Wochenschrift des österreichi- schen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S7S.

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

179

Das älteste aus der Reihe der wissenschaftlichen Institute, welche in den letzten Dezennien für die Lehrzwecke der Universität errichtet wurden, ist das

Chemische Institut an der Währingerstraße (Abb. 275, 276), das 1869 1872 nach Angaben des berühmten Chemikers Redtenbacher von H. von Ferstel erbaut wurde. Die ungemein klare und übersichtliche Raumgruppierung des ursprünglichen Entwurfes wurde noch während des Baues durch Redtcnbachers jähen Tod (1870) und die hierauf erfolgte Teilung der Lehrkanzel stark alteriert. da in dem halbfertigen, nur für einen Dozenten be- stimmten Bau nunmehr für das Bedürfnis zweier Lehrkanzeln gesorgt, namentlich eines der großen Laboratorien zu einem zweiten Hörsaal umgestaltet und die Teilung des verfügbaren Raumes zwischen bei- den Lehrkanzeln ge- schoßweise durchge- führt werden mußte

Das Gebäude er- hebt sich auf einem gegen die Wasagasse

stark abfallenden Grundstücke und be- steht aus zwei Teilen: dem eigentlichen Lehr- gebäude und dem Wohngebäude für die Institutsleiter. Das Lehr- gebäude besitzt über einem Sockelgeschoß zwei Stockwerke und gruppiert sich um zwei Binnenhöfe, zwischen denen der 8'5 m hohe, vom ersten Treppen- podest zugängliche, für zirka 400 Hörer berech- nete große Hörsaal ge- legen ist. Die beiden Längsflügel und das erste Stockwerk des Querflügels gegen die Währingerstraße enthal- ten der Hauptsache nach (zum Teil mit Hofmannschen Abdampfnischen versehene) Schüler- laboratorien mit allen erforderlichen Nebenräumen, der an das Wohngebäude anschließende Flügel die Privatlaboratorien der Professoren. Die Außenfassaden sind in einfach gegliederter Backsteinarchitektur ausgeführt. Die bebaute Grundfläche beträgt 2460 m2, die Baukosten, welche durch die während des Baues getroffenen Programmänderungen wesentlich erhöht wurden, beliefen sich auf rund 1,100.000 K.

Literatur.

Allgemeine Bauzeitung. 1874, S. 44, und BI. 52, 53. Klasen, Grundrißvorbilder. III. Abschnitt, III. Kapitel, S. 266. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. S. 2171. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1878, S. 148. Handbuch der Architektur. 6. Halbband, 2. Heft.

Abb. 274. Universität, Stiegenhaus.

Das Anatomische Institut an der Währingerstraße (Abb. 277 bis 279), von Avanzo und Lange erbaut und 1886 vollendet, ist nur ein Teil jener großen Gruppe von Institutsbauten.

180

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Abb. 275. Chemisches Institut der Universität.

die sich wie eingangs erwähnt im Laufe der nächsten Jahre an Stelle der alten Gewehr- fabrik erheben sollen. Es ist für zwei Lehrkanzeln eingerichtet und besitzt somit auch alle erforder- lichen Räume, wie Präpariersäle, Arbeitszimmer für Anfänger und Vorgeschrittene, für Dozenten etc. doppelt, und zwar in vollkommen symmetrischer Anordnung; auch zwei große, amphitheatralisch aufgebaute, für je 300 Hörer bestimmte Vortragssäle, unter deren ansteigenden Sitzreihen Räume für Trockenpräparate und für mikroskopische Untersuchungen gewonnen wurden. Der gegen

die Währingerstraße gewendete Flügel enthält im zweiten Stockwerke ein anatomisches Museum von rund 500 m2 Grundfläche. Große Sorgfalt wurde naturgemäß der Heizung und Ventilation des Hauses zugewendet. Gleichwie beim Che- mischen Institut ergab sich auch hier nur in der Flurhalle und der dem Hauptverkehr sowie den Zugängen zu den großen Hörsälen dienenden Treppe Gelegenheit zu reicherer architektoni- scher Entfaltung. Die Baukosten beliefen sich auf rund 872.000 K, ohne innerer Einrichtung.

'Literatur.

Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Archi- tekten-Vereines. 1SS6, S. 332. Handbuch der Architektur. 6. Halb- band, 2. Heft. S. 360 ff. Allgemeine Bauzeitung. 1S89.

Im Hofraume hinter dem vorgenannten er- hebt sich der jüngste, eben vollendete Instituts- bau: das Physiologische Institut (Abb. 280 bis 282), das vom Hochbaudepartement des k. k. Ministeriums des Innern unter der Leitung des Oberbaurates von Rezori erbaut wurde. Das Gebäude gliedert sich der Höhe nach in ein Tiefparterre, das außer Dienerwohnungen, Werkstätten, Garderoben etc. hauptsächlich Räume für vivisektorische Zwecke, in ein Hoch- chemisches Institut. Ebenerdgeschoß. parterre, das Schüler- und Dozentenlaboratorien

Abb. 276.

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

181

mm

Abb.

Anatomisches Institut der Universität.

auf, dergestalt, daß sich über den unteren, ansteigenden Sitzreihen eine bis zur zweiten unteren Reihe vorgebaute steile Galerie mit meh- reren Sitzreihen erhebt. Es ist da- durch dem bei anderen größeren Demonstrationssälen stark fühl- baren Mangel der allzugroßen Ent- fernung der letzten Bankreihen vom Vortragstische in glücklichster Weise abgeholfen und eine außer- ordentlich gute Akustik erzielt worden. Bemerkenswert ist auch die ungemein einfach gehaltene, größtenteils in Ziegelrohbau aus- geführte Außenarchitektur des Ge- bäudes. Die Baukosten dürften sich auf rund 540.000 K belaufen.

Literatur.

Zentralblatt für Physiologie. Wien. Handbuch der Architektur. 6. Halb- band, 2. Heft, S. 363 ff.

Weitab von den übri- gen Lehrgebäuden der Uni- versität liegt auf einem der höchsten Punkte des Stadt- gebietes im XVIII. Bezirke, der fast völlige Horizontfrei- heit gewährt, die

Sternwarte (siehe Abb. 283, 284), 1874—1878 von den Architekten Fellner und Helmer erbaut und mit den größten Instrumenten ausge- rüstet. Die originelle Anlage zeigt die Form des lateini- schen Kreuzes mit einer mäch- tigen Mittelkuppel für das große r Teleskop und drei

und einen Rigorosensaal, in ein erstes Stock- werk, das die physiologisch-chemische Abtei- lung, die physikalische Abteilung, einen Raum für Gasanalysen, ein Röntgenzimmer und die Bibliothek enthält, in ein zweites Stockwerk, das vornehmlich der mikroskopischen Abteilung und Assistentenwohnungen zugewiesen ist, wäh- rend sich Sammlungen nach Bedarf der Lehr- zwecke in verschiedenen Stockwerken vorfinden. Ein Teil des Dachraumes wurde für photogra- phische Zwecke benützt.

Von großem Interesse ist die nach An- gabe Prof. S. Exners erfolgte Anlage des für 280 Hörer berechneten Vortragssaales, der in mancher Hinsicht von älteren Vorbildern ab- weicht. Er liegt im Niveau des Hochparterres, besitzt eine eigene Treppenanlage, hängt mit dem Gebäude nur durch das Vorbereitungs- zimmer zusammen und baut sich zweigeschossig

Abb. 278. Anatomisches Institut. Ebenerdgeschoß. 1:800.

Abb. 279. Anatomisches Institut. Schnitt. 1:500.

182

Gebäude für Bildung und Unterricht.

D Schülerübungen. G Vorbereitungsraum.

E Rigorosensaal. H Großer Hörsaal.

F Demonstrationssaal. J Sammlungen.

L, M, N, O, P Laboratorien und Arbcitsräume.

Abb. 280. Physiologisches Institut. Hochparterre. 1:800.

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kleinen Kuppeln an den kurzen Kreuzarmen. Der längere Kreuzarm enthält im ersten Stockwerke, das im gleichen Niveau mit den wichtigsten Observationsräumen liegt, die um eine Monumentaltreppe gruppierte Wohnung des Direktors, Kanzleien und Lehrzimmer, im Erdgeschoß Gästezimmer, Wohnräume für Adjunkten, Assistenten und Amtsdiener, im Souterrain ein Uhren- gemach, Repositorien, Wirtschaftsräume etc. und Wohnräume für Eleven und Amts- diencr.

Das enge Zusammendrängen der exakten Messungen gewidmeten Räume, namentlich aber das direkte Anschließen des Wohnflügels an jene erscheint insoferne auffällig, als man anderen Ortes bei Neu- anlagen gerne bemüht war, durch mög- lichstes Auseinanderziehen der einzelnen notwendigen Bauglieder einer Störung wis- senschaftlicher Beobachtung durch Strah- lung größerer Mauermassen und Dach- flächen tunlichst vorzubeugen. Der Pro- grammverfasser dieses Institutsbaues, der gelehrte Forscher C. von Littrow, hat die gedrängte Grundrißanlage nicht nur ver- anlaßt, sondern war auch in seiner Schrift: „Die neue Sternwarte der Wiener Uni- versität" bemüht, jedes Bedenken gegen dieselbe zu zerstreuen. Die Baukosten des Hauptgebäudes beliefen sich auf rund 947.000 K.

Literatur.

Klasen. Grundrißvorbilder. X. Abschnitt. Engi- neering. Vol. XXIX. Allgemeine Bauzeitung. 1881. Hand- buch der Architektur. 6. Halbband, 2. Heft. The Builder. Vol. XL. A. Grubb, Description of the great 27-inch re- fracting telescop and revolving dorne for The imperial and royal observatory of Vienna. London 1881, pag. 29. C. von Littrow, Die npue Sternwarte der Wiener Universität. Wien 1874.

K. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, XIX., Hohe Warte

(Abb. 285).

Das Institut dient gleichwie das Obser- vatorium in Sydney, die deutsche Seewarte zu Hamburg u. a. vornehmlich der Luft- beobachtung in bezug auf Druck und Feuchtigkeit, den Messungen der Nieder- schläge und der Winde hinsichtlich ihrer Stärke, Geschwindigkeit und Richtung so- wie einer Reihe von anderen, hiermit enge verknüpften wissenschaftlichen Beobachtungen. Das Gebäude, erbaut von H. von Fcrstel 1870 1872, umgeben von einer Anzahl kleinerer Objekte, wie jene für absolute magnetische Bestimmungen, für astronomische Zeitbestimmungen, Thermometerhütten, Verdunstungsmesscr etc., liegt inmitten einer zirka 35 ha großen Parkanlage auf einem der höchsten Punkte des Stadtgebietes. Im Hauptgebäude befinden sich die Geschäftsräume, Dienstwohnungen, die Bibliothek sowie einzelne, wissenschaftlichen Forschungen gewidmete Räume: ein Barometer- zimmer, ein Magnetographenraum im Kellergeschoß des Turmes, ein Raum für magnetische

Abb. 2S1. Physiologisches Institut. Schnitt. 1:500.

Abb. 282. Physiologisches Institut der Universität.

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

183

Variationsbeobachtungen, während für absolute magnetische Messun- gen im Park ein cisenfreics, acht- eckiges Gebäude errichtet wurde. Das Äußere des Gebäudes ist sehr einfach in Putztechnik gehalten, zeichnet sich aber durch eine hübsche Gliederung der Baumassen aus; ein zirka 24-5 m hoher, flach gedeckter und zur Windbeobach- tung eingerichteter Turm gibt der Baugruppe ein charakteristisches, die Bestimmung des Gebäudes kennzeichnendes Gepräge.

Li teratu r. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. 2. Auflage. 1874. Handbuch der Archi- tektur. IV. Teil, 6. Band.

K. k. Geologische Reichsanstalt, III., Rasumofskygasse 23

(Abb. 286, 287).

Im gartenreichen Vororte Landstraße besaßen zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zahlreiche österreichische Adelsgeschlechter Sommerpaläste; so Metternich, Salm, unter anderen auch Fürst Andreas Rasumofsky, der in den Jahren 1805—1812 an der jetzt nach ihm benannten Gasse, an- schließend an eine ausgedehnte Parkanlage, ein Sommerpalais er- bauen ließ, das 1814 abbrannte, nach kurzer Zeit aber und wie

Abb. 283.

Sternwarte

auf der

Türkenschanze.

Ebenerdgeschoß .

1:800.

Abb. 284. Sternwarte auf der Türkenschanze.

184

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Abb. 285. Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Ebenerdgeschoß. 1:600.

cs scheint ganz im Sinne seiner ursprünglichen Anlage wieder errichtet wurde. Später ging der Besitz an den regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein über, von dem es die Staatsverwaltung, nachdem sie es vorher zur Unterbringung der Geologischen Reichsanstalt durch mehr als zwei Dezennien gemietet hatte und nachdem im Jahre 1867 ein für dieses Institut in der Nähe des alten Stubentores geplanter Neubau sich nicht realisieren ließ, im Jahre 1873 samt dem großen herrlichen Gartenkomplex käuflich erwarb. Leider wurde von diesem

bald ein Stück nach dem anderen veräußert und verbaut und zum Schlüsse in der heutigen Sophienbrückengasse ein großer Teil der ohnedies schon stark reduzierten Gartenfläche zum Bau einer Lehrerbildungsanstalt und eines Staatsgymnasiums (siehe dort) verwendet, so daß heute nur mehr ein spärlicher Rest des einst berühmten Parkes übrig blieb und eine dringend notwendige Er- weiterung der Anstalt an dieser Stelle ausgeschlossen ist. Der Grund zu dieser Anstalt wurde im Jahre 1835 gelegt, als Fürst August Lobkowitz die „Sammlung der Hofkammer" schuf); die Geologische Reichsanstalt als solche wurde durch die Allerhöchste Entschließung vom 15. November 1849 ins Leben gerufen. Im Jahre 1851 bezog das junge Institut die Räume des vormaligen Rasu- mofskyschen Sommerpalais, in denen es sich so gut, als das eben gehen mochte, einrichtete. Die Verteilung in den beiden Hauptstockwerken des Gebäudes geschah nach der letzten Neuordnung der- maßen, daß das Erdgeschoß der stratigraphischen Hauptsammlung, der technischen Sammlung und der Sammlung von Schaustücken zugewiesen wurde und außerdem noch Arbeitsräume für den Vizedirektor, für Geologen und andere Beamte der Anstalt sowie den Sitzungssaal enthält. Im ersten Stocke befinden sich die Räume der systematischen Sammlung, das chemische Laboratorium, die Direktion und die Bibliothek. Das Äußere zeigt die Formen palladianischer Palastarchitektur in der Auffassung des beginnenden 19. Jahrhunderts.

Literatur.

E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. A.m. O. C. Weiß, Alt- und Neuwien in seinen Bauwerken. S. 15 f. Jahrbücher der Geologi- schen Reichsanstalt. Festschrift derGeologischen Reichsanstalt vom 9. Junil900.

Die k. k. Technische Hochschule, IV., Techniker- straße (Abb. 288, 289).

Im Jahre 1815 wurde das Polytechnische Institut zu Wien ins Leben gerufen, das somit eine Parallele zu den Universitätsgründlingen als Zweitälteste Pflegestätte tech- nischer Wissenschaften auf deutschem Boden anzusehen und ohne Zweifel von größtem Einflüsse auf die Gestaltung des technischen Unterrichtes in Deutschland geworden ist.

Der erste Anstoß zur Gründung der Schule erfolgte schon 1803 durch die Hofkammer, 1810 wurde von dem an j? der Realakademie wirkenden Prechtl der Plan zu derselben | ausgearbeitet, am 3. November 1815 erfolgte die feierliche = Eröffnung der Schule bei St. Anna, am 14. Oktober 1816 die 8 Grundsteinlegung zum Neubau des Institutes neben der Karls- m kirche, der 1816—1818 vom Hofbaurat Schemerl von Teyten- bach ausgeführt wurde, im November 1818 die Eröffnung der Vorlesungen im neuen Gebäude, das 1838—1839 von Stummer wesentlich erweitert wurde. 1852 1858 stand das Institut unter militärischer Leitung, 1861 gewinnt das Professoren- kollegium einen nicht unwesentlichen Einfluß auf die Leitung der Schule, am 17. Oktober 1865 erhebt Kaiser Franz Josef I. das Institut zum Range einer technischen Hochschule. Am

1. Oktober 1870 endlich erfolgte die Gliederung der Hochschule in vier Fakultäten und eine allgemeine teilung sowie die Festsetzung der Lehr- und Lernfreiheit, 1878 die Einführung der Staatsprüfungen un

Abb. 286.

Geologische Reichsanstalt. 1 : 1000.

EbcnerdgeschoU.

Ab- d in

]) Siehe Vortrag F. von Hauers: Wissenschaften am 31. Mai 1861.

„Die Geologie und ihre Pflege in Osterreich'-, gehalten in der Sitzung der Akademie der

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

185

Abb. 287. Geologische Reichsanstalt (Rasumofsky-Palais).

jüngster Vergangenheit die völlige Gleichstellung mit der Universität durch die Verleihung des Rechtes zur Promovierung von Doktoren und zur Führung des Titels Magnifizenz für den jeweiligen Rektor.

Der für die damaligen Verhältnisse ungemein stattliche Bau der technischen Hochschule hat des öfteren größere und geringere bauliche Veränderungen erfahren; so durch die nach Herrs Angabe 1866 von Wappler ausgeführte Anlage eines astronomischen Observatoriums1) und durch die zu verschiedenen Zeiten durchgeführten Stockwerksaufbauten, deren letzte, zu Ende des vorigen Jahrhunderts unter der Leitung des Oberbaurates Prof. Chr. Ulrich erfolgt, auch der Hauptfassade ein einigermaßen geändertes Gepräge verlieh. Dem Hauptübel dieses fast ein Jahrhundert alten Baues, dem von Jahr zu Jahr empfindlicher werdenden Raummangel, konnte durch diese Zu- und Aufbauten kaum abgeholfen werden. Der in Bälde zu erwartende Ausbau des Hauses nach der Karlsgasse, die Entlastung desselben durch Errichtung einer Reihe von Instituten für einzelne Disziplinen, von denen das elektrotechnische Institut bereits vollendet und seiner Bestimmung übergeben ist, dürfte dem Hauptgebäude wesentlich zu statten kommen und die Schule hinsichtlich der räumlichen Ausgestaltung modernen Anforderungen näher bringen.

Der alte Bau Schemerls und Stummers zeigt eine lange, nach Norden gewendete Front gegen den mit Parkanlagen ausgestatteten Karlsplatz, zwei schmälere gegen die Paniglgasse respektive die protestantische Schule und gruppiert sich um zwei große Gartenhöfe, die den Lehrsälen reichlich Licht und Luft zuführen. Ganz dem Geiste der Entstehungszeit ent- sprechend wurden die drei, zur Hauptfront parallel laufenden Flügel als Doppeltrakte ohne jedwede Korridoranlage ausgeführt; nur der Haupttrakt besitzt eine solche, die aber infolge des Raummangels vielfach abgebaut und für Lehrzwecke herangezogen werden mußte. Eine endgültige Raumgruppierung wird wohl erst nach Ausführung des Traktes gegen die Karlsgasse und des chemischen Institutes durchgeführt werden können, weshalb vorläufig auf eine Be- sprechung des gegenwärtigen Provisoriums, das überdies durch notwendige Raumverschiebungen fast alljährlich verändert wird, verzichtet werden soll. Von architektonischem Interesse ist soweit der Innenbau in Betracht kommt nur der durch zwei Stockwerke reichende, im Mittelbau der Hauptfront gelegene Festsaal, der, aus der Gründungszeit stammend, mit ein- facher, ungemein charakteristischer Reliefmalerei ausgestattet ist. Auch die langgestreckte Hauptfront mit ihrer einfachen und vornehmen Gliederung und der wirkungsvollen Silhouette der grün patinierten Kupferdächer gehört dem ursprünglichen Bau Schemerls an. J

Literatur.

W. F. Exner, Das k. k. Polytechnische Institut in Wien. 1861. E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. 2. Auflage. Wien 1874, S. 219. Allgemeine Bauzeitung. 1839. Joh. Georg Schoen, Die Technischen Hochschulen und deren Organisation in Österreich. Leipzig 1883, bei E. L. Morgenstern. Handbuch der Architektur. 6. Halbband, 2. Heft, S. 54 und S. 531 f. Festschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines vom 4. November 1903. J. Wist, Studien über ausgeführte Wiener Baukonstruktionen. Wien 1872.

') Siehe Handbuch der Architektur, 6. Halbband, 2. Heft, S. 531 f., und J. Wist, Studien über ausgeführte Wiener Baukon- struktionen. Wien 1872.

186

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Abb. 2

Technische Hochschule.

Das Elektrotechnische Institut der k. k. Technischen Hochschule, IV., Gußhausstraße (Abb 290

bis 292).

Das Elektrotechnische Institut ist nach Angaben des Institutsvorstandes Oberbaurates Prof. C. Hochenegg und den Plänen des Oberbaurates Prof. Chr. Ulrich vom Baubureau der k. k. niederösterreichischen Statthaltcrei (Bauleiter Baurat Wagner) auf einem Teil des Grund- stückes der k. k. Erzgießerei er- baut worden. Das Gebäude1) gliedert sich der Höhe nach in ein Kellergeschoß, das die Ma- schinenräume, Werkstätten, die Räume für die Heizanlagen etc. und die Wohnung des Portiers umfaßt, in ein Hochparterre, das Verwaltungsräume, in ein Zwi- schengeschoß, das vornehmlich Arbeitsräume, in ein erstes Stock- werk, das hauptsächlich Hörsäle mit den erforderlichen Vorberei- tungszimmern und Sammlungen, und in ein zweites Stockwerk,

') Nach gef. Mitteilungen des Herrn Oberbaurates Prof. Chr. Ulrich.

, I I I J

1—1 I II fl

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

187

Abb. 290. Elektrotechnisches Institut. Erster Stock.

S Sammlungen. H Hörsäle.

das die Zeichnungssäle enthält. Im Dachgeschoß wurde für Institutszwecke ein photographisches Atelier eingebaut. Das große, rund 400 Hörer fassende, mit einer getrennten Trcppenanlage versehene Auditorium liegt in dem Flügel zwischen dem Hof und einer neu zu eröffnenden Straße und reicht durch zwei Stockwerke. Ein zweiter Hörsaal für rund 140 Hörer befindet sich im Mittelbau der Hauptfront, ein dritter, kleinerer, für rund 60 bis 70 Hörer berechneter, gegen den Hof zu. Die Konstruktionssäle liegen durchwegs gegen Norden und erhalten für die Abendstunden diffuses Bogcnlicht.

Sehr bemerkenswert ist der 20-30 m lange, 13-70 m breite und 8-45 m hohe Maschinen- raum, insbesondere durch die sorgfältige Isolierung seines Fußbodens und der Maschinen- fundamentc, infolge welcher jede Erschütterung beim Betriebe vom übrigen Gebäude fern- gehalten wird. Die Räume für empfindliche Messungen sind mit Ausschluß aller Eisenbestand- Tcile an Decken, Beschlägen etc. hergestellt. Das Haus wird zentral beheizt; die größeren Räume durch Niederdruckdampfluftheizung, alle übrigen durch Radiatoren. In den auch während

der Ferien benützten Räumen sind außerdem Gasöfen aufge- stellt. Die Fassaden sind über einem steinverkleideten Sockel durchwegs in Putz ausgeführt und dem Zwecke des Gebäu- des entsprechend einfach ge- gliedert. Gelegenheit zu rei- cherer architektonischer Durch- bildung bot nur das Vestibül und die Haupttreppe, wo zum Teil auch Marmor verwendet wurde. Die verbaute Fläche beträgt rund 2240 m'-; die Baukosten beliefen sich auf rund 1,070.000 K, jene der inneren Einrichtung auf rund 900.000 K. Die Bauarbeiten nahmen im Frühjahr 1902 ihren Anfang und wurden so be- schleunigt, daß das Institut bereits im Oktober 1903 seiner Bestimmung übergeben werden konnte.

Mit den modernsten Ein- richtungen versehen und nach den Erfahrungen der letzten Zeit errichtet, ist das Elektro- technische Institut der Wiener Hochschule zweifellos derzeit das größte und eines der best- eingerichteten des Kontinents.

Literatur.

C. Hochenegg, Das Elektro- technische Institut der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Wien 1904.

M. von Ferstel.

Abb. 291. Elektro- technisches

Institut.

Schnitt A— B.

1:500.

Die k. k. Hochschule für Bodenkultur, XIX., Hochschulstraße 17 (Abb. 293, 294).

Von dem im Jahre 1868 in Wien stattgehabten agrarischen Kongresse war die Anregung aus- gegangen, als Ersatz für die bis dahin beiden Reichshälften gemeinsame, im genannten Jahre aber an Un- garn übergegangene landwirtschaftliche Lehranstalt in Ungarisch-Altenburg eine landwirtschaftliche Hoch- schule in Wien zu errichten. Für die Unterbringung derselben wurde das ehemals Graf Schönbornsche Palais im VIII. Bezirke, Laudongasse von der Stadt Wien in Miete genommen und entsprechend adaptiert. Nach Auflassung der in Mariabrunn seit 1813 bestandenen Forstlehranstalt, welche im Jahre 1867 als ,, Forst-Akademie" zu einer Hochschule erhoben worden war, erfolgte die Einbeziehung derselben als

188

Gebäude für Bildung und Unterricht.

in die Hochschule für Bodenkultur, deren Errichtung vom Reichsrate im Jahre 1872 be- war. Die Unterbringung der forstlichen Lehrkanzeln erfolgte im Jahre 1875 nach notdürftiger

Bezirke. Den Bemühungen der Rektoren der Hoch- damals Reichsratsabgeordneter war, ist es gelungen,

zweite Sektion willigt worden

Adaptierung im Hause Nr. 17 der Skodagasse im VIII schule, insbesondere des Hofrates Dr. W. Exner, der in der Session 1894 des Reichsrates ein Gesetz zu erwirken, demzufolge für den Neubau der Hochschule samt Grundankauf ein Betrag von 1,260.000 K bewilligt wurde.

Als Bauplatz für diese Hochschule wurde ein bis dahin dem k. k. Militärärar gehöriger Grund auf der Türkenschanze im XIX. Bezirke gewählt, für welche Wahl sowohl der geringe Preis als auch der Vorteil einer schönen und gesunden Lage, endlich auch der Umstand maßgebend erschien, daß sich Großstädte erfahrungs- gemäß gegen Westen hin entwickeln. Das Bauprojekt wurde im Hochbaudeparte- ment des k. k. Ministeriums des Innern, und zwar vom damaligen Oberingenieur Alois Koch ausgearbeitet, welcher auch mit der Durchführung des Baues betraut war. Wie die Abb. 294 zeigt, besteht die neue Hochschule aus zwei Gebäuden; aus dem Haupt- und dem Chemiegebäude, welche beide durch hölzerne Gänge mit- einander verbunden sind. Das Haupt- gebäude, dessen Hauptfront nach Osten gerichtet ist, hat eine Länge von 84 m bei

66 m Tiefe und besteht aus einem teilweise unterkellerten Tiefparterre, einem Hochparterre, einem ersten und zweiten Stocke. Über dem Mittelrisalite und den vier Ecken sind turmartige Aufbauten ausgeführt. Das Chemiegebäude im Hofe hat eine Länge von 354 m und eine Breite von 329 m.

Die Hochschule enthält außer den Räumen für 22 Lehrkanzeln mit ihren Laboratorien und Sammlungen, dann den Räumen des Rektorates und der Bibliothek noch 9 Hörsäle, wo-

Abb. 292. Elektrotechnisches Institut.

Abb. 293. Hochschule für Bodenkultur.

Hochschulen und wissenschaftliche Institute.

189

Abb. 295.

1 bis 20 Wohnzimmer

Studentenheim der Hochschule für Bodenkultur. 1:600.

Hochschule für Bodenkultur.

von 2 für je 100 und 7 für je 56 Hörer Platz bieten, 6 Zeichensäle mit je 20 bis 60 Plätzen, einen Prüfungs- und einen Sitzungssaal, ferner 3 große Säle im Tiefparterre für das Museum und Wohnungen. Der große Hörsaal des Chemiegebäudes, welcher durch zwei Stockwerke geht, bietet in aufsteigender Anordnung 100 bis 120 Sitzplätze. Das Bücherdepot der Bibliothek, am Ende des südlichen Flügels untergebracht, ist ganz aus Eisen konstruiert und reicht durch drei Stockwerke, welche in fünf Geschosse geteilt sind. Der Festsaal (die Aula) ist der einzige Raum der Hochschule, welcher dekorativ ausgestattet wurde.

Der Hochschule war anfänglich eine Grundfläche von 14.300 m2 zugewiesen, welche im Jahre 1903 behufs Vergrößerung des Versuchsgartens auf 17.220m'2 erhöht wurde; hier- von entfallen auf das Haupt- gebäude 2390 m2, auf das Che- miegebäude 980 m2, auf Vor- gärten und Höfe 3734 m2, der Rest auf den Versuchsgarten. Nach einer Bauzeit von bloß 17 Monaten wurde der Bau Ende Oktober 1896 der Benützung übergeben. Die Gesamtbau- kosten samt innerer Einrichtung beliefen sich auf 1,405.000 K.

Studentenheim (Abb. 295, 296). Der Verein zur Schaffung und Erhaltung eines Studenten- heims an der k. k. Hochschule für Bodenkultur hat an der nord- westlichen Ecke des Versuchs- gartens im Jahre 1904 einen zweckmäßigen und der Um- gebung sich anpassenden Bau

ausgeführt, welcher 65 Würdigen Abb. 296. Studentenheim der Hochschule für Bodenkultur.

190

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Studenten ein angenehmes und sehr billiges Heim bietet. Das nach den Plänen des Chef- architekten Th. Bach errichtete Gebäude erhebt sich auf einem Eckbauplatze von 1927 m- Fläche, wovon derzeit im Erdgeschoß rund 600 m'-. in den zwei Obergeschossen 559 m2 bebaut sind. Im Untergeschoß sind die Wirtschaftsräume der Mensa academica, im Ebenerdgeschoß ein Speisesaal für 75 Personen, Lesesaal, Professorenzimmer, Personalwohnungen und Kanzleien, in den zwei Obergeschossen je 20 ein- und zweibettige Zimmer untergebracht. Die Gesamt- baukosten samt Grunderwerb und Einrichtung betrugen rund 290.000 K. ')

Alois Koch.

III. AKADEMIEN, LEHRER-BILDUNGSANSTALTEN ETC.

K. k. Akademie der bildenden Künste, I., Schillerplatz 3 (Abb. 297, 298).

Die Akademie der bildenden Künste, welche von Leopold 1. 1692 gegründet wurde und zuletzt in dem alten St. Anna-Gebäude in der Annagasse untergebracht war, erhielt im Jahre 1872 ihre jetzige Verfassung als Hochschule. Gleichzeitig wurde mit dem Bau eines neuen Gebäudes begonnen, mit dessen Entwurf Theophil von Hansen betraut worden war. Das Ge- bäude, welches im Jahre 1876 seiner Bestimmung übergeben wurde, bildet ein Rechteck von 88m Länge gegen den Schillerplatz und 61m Tiefe; es ist im italienischen Renaissancestil ausgeführt mit Anwendung von griechischen Formen und Motiven.

Durch den gegen den Schillerplatz gelegenen Haupteingang, welchem eine Freitreppe mit zwei bronzenen Kentauren (von E. von Hofmann) vorgelagert ist, gelangt man in das Vestibül (A), dessen Decke von vier Säulen getragen wird. Von hier betritt man den 32 m breiten Gang, an dessen Enden die Haupttreppen gelegen sind. Geradeaus vom Vestibül tritt man durch drei Türen in das Gipsmuseum (B), welches zwischen den beiden Längstrakten eingebaut ist und eine Länge von 30 m besitzt. Dieser Einbau reicht nur bis zum Mezzanin, beziehungsweise in der Mitte bis zum ersten Stock und wird an den Längsseiten durch hohes Seitenlicht beleuchtet. Der rückwärtige Längstrakt ist im Erdgeschoß gleichfalls für das Gips- museum bestimmt. Rechts und links vom Vestibül befinden sich die allgemeinen Malerschulen mit Professorenateliers. Im Mezzanin sind die Bibliothek, Lehr- und Sitzungssäle, die Archi- tekturschulc und Räume für Kupferstecher und Kleinplastik untergebracht. Im ersten Stocke

sind die reichhaltige Bildergalerie sowie Spezialschulen für Maler und Architekten gelegen, während im zweiten Stocke Ateliers und Spezialschulen für Maler angeord- net sind. Im Untergeschoß befin- den sich die Gipsgießerei und Dienerwohnungen. Die lichte Höhe der Räume beträgt im Unterge- schoß 5-5 m. im Erdgeschoß 5-8 m. im Mezzanin 4 m, im ersten Stocke 5"8 m und im zweiten Stocke 76 m; die Tiefe in den Längstrakten 76 m, in den Quertrakten 6"6 m.

Der Unterbau besteht aus Wöllersdorfer Stein, die Säulen aus Tricntiner Marmor; für die oberen Stockwerke wurde, mit Ausnahme der Gesimse und Fen- stereinfassungen, die ebenfalls aus Stein hergestellt sind, Ziegelmauer- werk verwendet, das im Ebenerd und Mezzanin mit Mörtel verputzt ist. Der plastische Schmuck wurde zum Teil von den Bildhauern Dill, Melnitzky und Pilz aus Mogritzer Stein ausgeführt, die Statuen in den Nischen von Schülern der Akademie nach antiken Vorbildern modelliert und in Terrakotta ausgeführt. Auch der

A Vestibül. C Malerschulen.

B Gipsmuseuni. D Professorenateliers.

Abb. 297. Akademie der bildenden Künste. Ebenerd. 1:1000.

') Näheres siehe Denkschrift anläßlich der Eröffnung des Kaiser Franz Josef-Studentenheims an der Hochschule für Boden- kultur. Wien 1905.

Akademien, Lehrerbildungsanstalten etc.

191

Abb. 298. Akademie der bildenden Künste. Front gegen den Schillerplatz.

sonstige figurale Schmuck ist von Terrakotta. Die Freskenbilder an den Fensternischen der rückwärtigen Front sind von Schülern Eiscnmengers gemalt. Die Gesamtkosten des Baues und der inneren Einrichtung belaufen sich auf 3,700.000 K.1) K.

K. k. Theresianum, IV., Favoritenstraße (Abb. 299).

Unter dem kunstsinnigen Kaiser Matthias, der Wien zu einer glanzvollen Metropole des deutschen Reiches zu erheben beabsichtigte, entwickelte sich in der Zeit von 1616 1620 eine staunenswerte Bau- tätigkeit, der auch die Favorita auf der Wieden ihre Entstehung verdankt. Er kaufte nämlich von Wolf Sinnich in Ungarisch-Altenburg den ehemaligen Schaumburgerhof auf der Wieden und ließ nun im Zentrum der dazugehörigen Rieden in der Zeit von 1616—1620 eine Villegiatur erbauen, die den Namen »Favorita« erhielt.2) Als im Juli 1683 das Türkenheer unter Kara Mustapha gegen Wien heranrückte und der Komman- dant Graf Rüdiger von Starhemberg die Vororte niederbrennen ließ, ging die »Favorita« wie auch die in der Wolfsau (Augarten) von Kaiser Ferdinand III. erbaute sogenannte »Neue Favorita« zugrunde.3) Nach den in Ungarn erfochtenen glorreichen Siegen dachte Kaiser Leopold I. daran, die Favorita wieder auf- zubauen. Die Durchführung der Aufgabe übertrug er dem Theatralingenieur Ludovico Burnacini, der aber für die Aufführung eines Monumentalbaues, wie ihn Leopold I. plante, nicht die notwendigen Kenntnisse besaß. Die Aufführung des Palastes fällt in die Zeit von 1687 1690, mit Einschluß des Gartens und der Nebenbauten bis 1693. Burnacini suchte durch Längen- und Höhenausdehnung sowie durch reichere Fassadendekoration zu wirken. Der Höhe nach erhob sich über dem für untergeordnete Zwecke bestimmten Erdgeschosse die Nobleetage und das Obergeschoß. Die der Straße zugekehrte Fassade enthielt drei Portale ein jedes von zwei Trommelsäulen flankiert. Der steinerne, mit der Initiale L versehene kaiserliche Adler weist auf den Wiedererbauer der Favorita, Kaiser Leopold I., hin.4) Das Altargemälde der Kirche sowie die Deckenmedaillons stammen von dem berühmten Hof- und Kammermaler Leopolds I., Peter Strudel Frei- herrn von Strudendorf, dem Besitzer des nach ihm benannten »Strudelhofes« in der Alservorstadt, her.

Der Garten wurde nach französischem Stile von dem aus Frankreich vertriebenen Garteningenieur Jean Trehet im Jahre 1690 angelegt. Im Garten stand das Theater, in dem die großen Opern aufgeführt wurden, unterhalb desselben lag der Turnierplatz, auf dem später unter Karl VI. die Schießstätte erbaut wurde. Auf der Ostseite war das perspektivisch konstruierte Eisentor, ein jetzt noch erhaltenes Kunstwerk, angebracht. Die wieder hergestellte Favorita hieß von nun an die »neue«''), im Gegensatze zu der im Au* garten befindlichen »alten Favorita«. Die neue Favorita auf der Wieden war seit dem Wiederaufbau die Sommerresidenz der Kaiser Leopold I., Josef I., Karl VI. und der Schauplatz vieler und glänzender Feste, wie

") Allgemeine Bauzeitung. 1876, 1879.

2) Johann Schwarz, Die kaiserliche Sommerresidenz Favorita auf der Wieden in Wien. 1898, Tempsky.

3) Ansicht in : Wien, aufgenommen zwischen den Jahren 1680 1682 durch den kaiserlichen Kammermaler Folbert von Alten-Allen. *) Die alte Portalform ist heute noch bei dem oberen und unteren Tore der Theresianischen Akademie erhalten.

5) Ansicht bei Salomon Kleiner: Wahrhafte und genaue Abbildung* aller Kirchen und Klöster in Wien und Vorstädten. Augsburg 1724 1734. II. Teil. Ebenso die „Favorita''. Alter französischer Stich, koloriert. Theresianische Bibliothek.

192

Gebäude für Bildung und Unterricht.

auch eine hervorragende Pflegestätte der Musik durch Aufführung großartiger Opern, wobei die Theatral- architektur wahre Triumphe feierte.1)

Kaiser Karl VI., dessen Lieblingsaufenthalt die Favorita war, starb daselbst am 20. Ok- tober 1740. Seitdem war die Favorita verwaist; Maria Theresia, die dort ihre Jugendzeit ver- bracht hatte, verließ bereits am 26. Oktober desselben Jahres die Favorita und wählte von nun an das Lustschloß Schönbrunn zu ihrem Sommcraufenthalte. 1746 überließ die Kaiserin diesen Sommerpalast dem Jesuitenorden zur Errichtung einer Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für den heranwachsenden Adel der österreichisch- ungarischen Erbländer.-) Als die Kaiserin im Jahre 1753 eine voll- ständige Absonderung der Zöglinge des niede- ren Studiums und der Philosophen von den Juristen anordnete und man infolgedessen Raum schaffen mußte, wurde im oberen und unteren Drittel der Fassade nach Vergrößerung der Fen- ster des zweiten Stock- werkes unter der Lei- tung des Hofarchitekten Nikolaus Pacassi noch je ein Halbstock auf- gesetzt und am unteren Ende der Theater- und Festsaal erbaut. Das mittlere Tor erhielt im Sinne des Jesuitenstiles eine reichere Ausgestal- tung und eine dekora- tive, bis zum entspre- chenden Fenster des zweiten Stockes rei- chende Bekrönung. In dieser Gestalt blieb das Gebäude, zu dem der (1773—1774) am obe- ren Ende aufgeführte, für das naturhistorische

und physikalische Kabinett bestimmte Zubau trat, bis zum Jahre 1797, in welchem Jahre die Theresianische Akademie, die Kaiser Josef II. 1784 aufgehoben hatte, nach ihrer gesamten ein- heitlichen Organisation durch Kaiser Franz II. wieder hergestellt und hier untergebracht wurde. Um Raum für die vielen eintretenden Zöglinge zu schaffen, wurde durch den Bau- meister Koch über dem mittleren Teil des Gebäudes das dritte Stockwerk abgeschlossen und in der Mitte der Fassade ein mit mächtigen ionischen Flachpilastcrn versehener Risalit erbaut.

In ihrem jetzigen Umfange umfaßt die Theresianische Akademie einen Flächenraum von 866 ha, wovon P91 ha auf das Gebäude und 6-75 ha auf den Park der Anstalt entfallen. Das Gebäude gliedert sich in einen gegen die Favoritenstraße gelegenen Längstrakt von 320-8 m Länge, in vier Hofquertrakte, einen Gartenquertrakt und zwei Gartcnlängstrakte. durch welche fünf große, lichte Hofräume eingeschlossen werden; von diesen sind zwei mit Gartcnanlagen versehen. Der nördliche Quertrakt wurde in den Jahren 1883 1884 zur Unterbringung der k. u. k. Konsularakadcmie erbaut. Am südlichen Ende des Parkes befindet sich eine große.

Abb. 299. Thcrcsianischc Akademie, IV., Favoritenstraße.

') Proszenium des Theaters im Favoritagartcn. Johann Schwarz, Favorita. S. 70. -) Johann Schwarz, Geschichte der Thcrcsianischcn Akademie in Wien. Wien 1S90.

Akademien, Lehrerbildungsanstalten etc.

193

wohleingcrichtete Schwimmschule. Im Jahre 1875 wurde behufs Unterbringung von Zöglingen auf einem Gartenlängstraktc und einem Hofquertrakte, ferner im Jahre 1876 zum Zwecke der Vergrößerung der Krankenabteilung auf dem südlichen Gartenquertrakte ein drittes Stockwerk aufgeführt. Die Fassade des dreistöckigen Haupt-(Gassen- »Traktes, gegen die Favoritenstraße gelegen, ist in der von Ludovico Burnacini im Charakter der Barocke geschaffenen Ausführung erhalten geblieben. Dagegen weisen das von dorischen Säulen flankierte Hauptportal und der am südlichen Ende angebaute einstöckige Musealtrakt, deren Ausführung in eine spätere Zeit

fällt, die Formen des Em- pirestiles auf. Die drei Fassadeflächen des Haupt- hofes sind in ausgespro- chen italienischer Renais- sance gehalten, während zu den Fassaden des sogenannten Direktions- hofes und des südlichen Hofes, woselbst sich ehe- malige Arkadenöffnungen der Korridore deutlich erkennen lassen, einfache Motive teils aus der italie- nischen Renaissance, teils aus der Barocke in flacher Putzarchitektur zur An- wendung gelangten.

Von den Interieurs ist sowohl in historischer als auch in dekorativer Hinsicht das in reinem Barockstile ausgeführte Schreibzimmer, ferner das Sterbezimmer Kaiser Karls VI. von besonderem Interesse. Beachtenswert sind ferner die Plafond- dekorationen, die Schnitz- arbeiten derSchränke und Supraporte in der Biblio- thek und die Plafond- dekorationen im Tanz- saale sowie in den Speise- sälen, bei denen allseits der Barockstil vorwaltet. Dr. von Wiener.

K. u. k. Konsular-Akademie, IX., Waisenhausgasse (Abb. 300, 301).

Das am 30. September 1904 eröffnete neue Gebäude befindet sich auf einem zirka 5511m2 großen Gelände. Der terrassenartige Garten von 3500 m2 Fläche an der Rückfront des Baues ist in die Gartenanlagen der Liechtensteinstraße eingeschoben und bietet mit diesen ein prächtiges Luftreservoir. Die Hauptfront des Baues hat eine Länge von 87 m und gliedert sich in das von der Straßenflucht um 8 m zurückgerückte Hauptgebäude und in zwei das- selbe flankierende, ein Stock hohe Flügelpavillons, welche, die Feuermauern der Nachbar- häuser maskierend, in die Straßenflucht vorgeschoben sind. Diese Pavillons sind mit Säulen- portiken in Verbindung zum Hauptgebäude gebracht. Das Hauptgebäude besitzt zwei in den Garten eingeschobene Flügel, um die wertvolle Ostfront ausnützen zu können.

Das Tiefparterre des Hauptgebäudes enthält die Küchenanlagen mit den Nebenräumen mit eigenem Eingang von der Straße, die Wohnräume samt Bad für das Dienstpersonal und Depots. Eine eigene Treppe vermittelt den direkten Zugang zu der im Hochparterre gelegenen

Bd. IL 13

Abb. 300. Konsular-Akademie, IX., Waisenhausgasse.

194

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Direktorswohnung. Das Hochparterre, 220 in über dem Straßenniveau gelegen, enthält im linken Flügel des Hauptgebäudes die Erholungsräume, den großen Speisesaal mit Office und Speisen- aufzug, den Billardsaal und das Spiel- und Lesezimmer, Waschräume, ein Dienerzimmer und eine Wohnung für einen unverheirateten Präfekten; im rechten Flügel ein Sprechzimmer, das Okonomat und die aus zwölf Räumen bestehende Direktorswohnung. Die erste Etage ist den Räumen des Unterrichtes gewidmet und enthält sieben Hörsäle, einen Demonstrationssaal, Bibliotheksräume, den Festsaal, Kanzleien u. s. w. Die zweite und dritte Etage sind in ganz gleicher Weise durchgebildet und enthalten nebst einer Wohnung für einen ledigen Präfekten und einem Inspek- tionszimmer Wohn- räume für 40 Zöglinge mit je zwei Badezim- mern in jeder Etage und den erforderli- chen Diensträumen.

Die Wohnräume eines jeden Zöglings bestehen aus einem kleinen, vom Korridor zugänglichen Vor- raum, einem geräumi- gen zweifensterigen Zimmer und einem großen Alkoven, wel- cher durch eine breite, seitlich mit Glasfen- stern versehene Öff- nung mit dem Zimmer in Verbindung steht. Die beiden Eckpavil- lons enthalten ein Wartezimmer, ein Or- dinationszimmer für den Arzt, eine Kran- kenabteilung sowie Diener- und Beamten- wohnungen.

Im Niveau des Gartens ist entlang der rückwärtigen Front des Hauptgebäudes ein Parterrebau einge- fügt, welcher einen geräumigen Turn- und Fechtsaal und eine Badeanlage mit sechs Duschkabinen enthält. Sämtliche Räume des ganzen Baues werden

durch eine Niederdruckdampfheizung erwärmt und elektrisch beleuchtet. Die ganze Anlage ist mit Bezug auf die Gründerin der Anstalt im Barockstil der Maria Theresianischen Zeit ge- halten. Die Kosten des Baues, welcher nach den Plänen des Architekten Ludwig Baumann ausgeführt wurde, beliefen sich, ohne Einrichtung und Grunderwerbung, auf 850.000 K, die der inneren Einrichtung auf 1 50.000 K. k.

Das k. k. Zivil-Mädchenpensionat, VIII., Josef Städterstraße,

wurde von Kaiser Josef II. 1786 zu dem Zwecke gegründet, um „Gouvernanten und Lehrerinnen der Jugend" heranzubilden. Die Anstalt wurde zunächst im Kloster St. Ursula untergebracht

Z Zimmer der Zöglinge. SR Schlafraum. VR Vorraum.

D Diener. OB Offener Balkon. PR Putzraum.

WR Waschraum. K Korridor.

Akademien, Lehrerbildungsanstalten etc.

195

und daselbst am 1 . März 1787 eröffnet. Im Jahre 1803 übersiedelte das Pensionat nach Hcrnals und 1806 in den kleinen Trakt des Minoritenklosters in der Alserstraße. Da die Unterkunft sowohl in Hernais als auch in der Alserstraße mit vielen Unzukömmlichkeiten verbunden war, wurde im Jahre 1840 das Gartenpalais des Grafen Chotek in der Josefstädterstraße angekauft und adaptiert, worauf 1841 die Übersiedelung- des Pensionates stattfand. An dieser Stätte be- findet sich die Anstalt noch heute. 1853 wurde der erste Erweiterungsbau notwendig, und als im Jahre 1869 das k. k. Zivil-Mädchenpensionat auf Grund des Reichsvolksschulgesctzes reor- ganisiert wurde, kam 1877 1878 ein Zu- und Erweiterungsbau zur Ausführung, um die für eine öffentliche Lehrcrinncnbildungsanstalt notwendigen Räumlichkeiten zu schaffen.

Das k. u. k. Offizierstöchter- Erzieh ungsinstitut in Hernais (Abb. 302).

Das Institut wurde im Jahre 1775 durch die Kaiserin Maria Theresia gegründet und befand sich damals in St. Polten. Kaiser Josef II. beschloß am 13. Oktober 1785, das Offizierstöchter- institut von St. Polten nach Hernais in das vormalige Paulinergebäude zu übersetzen. Dieses Gebäude bestand seit 1743. Es umfaßte den Mittelteil des jetzigen Kalvarienbergtraktes und behielt bis auf den heutigen Tag seine ursprüngliche Gestalt. Der an das Paulinerkloster an- stoßende Acker wurde zur Herstellung eines Gartens für das Institut verwendet. 1786 über- siedelte das Institut mit 40 Zöglingen in das neu hergerichtete Institutsgebäude. Nach einer neuerlichen Erweiterung im Jahre 1857 fanden 70 Stiftlinge Unterkunft. In den Jahren 1873 bis 1876 flössen dem Institute so reichliche Spenden zu, daß eine neuerliche Erweiterung des Institutes ermöglicht wurde. Dieser Neubau, nach der Kaiserin Elisabeth, „Elisabethtrakt" ge- nannt, welcher für 90 Zöglinge Raum bietet, wurde am 4. Oktober 1877 bezogen. Mit der Vergrößerung des Institutes nach außen vollzog sich im Inneren eine höchst bedeutungsvolle Reorganisation auf dem Gebiete des Erziehungs- und Unterrichtswesens. 1877 wurde unter anderem die Lehrerinnenbildungsanstalt am Hernalser Institute, die mit dem Öffentlichkeitsrechte ausgestattet ist, ins Leben gerufen. Im Jahre 1883 wurde ein neuer Gartentrakt vollendet, der zur Aufnahme der vom Kaiserhause gestifteten Freiplätze dient. Seit 1889 erhebt sich neben dem Gartentrakt die stattliche Institutskapelle. Gleichzeitig wurde an Stelle der im Jahre 1881

gekauften, an das Institut grenzenden Häuser der Hernalser Hauptstraße mit dem Bau eines isolierten Krankenhauses, das schon längst ein dringendes Bedürfnis geworden war, begonnen. Vom Jahre 1877 bis zum Jahre 1892 stieg zufolge reicher Stiftungen die Anzahl der Stiftlinge in beiden Offiziers- töchter-Erziehungsinstituten !) auf 234, und das Institut zu Hernais erhielt 1893 einen weiteren einstöckigen Hofanbau.

Um eine intensive Pflege der Jugend- spiele und im Winter auch Eislaufen zu er- möglichen, wurden 1896 1897 entbehrliche Gartenanlagen zu einem Spiel- beziehungs- weise Eislaufplatze umgebaut. Die im Jahre 1898 angekauften Häuser Nr. 61 und 63 der Hernalser Hauptstraße ermöglichten 1899 die Erweiterung des Gartens, 1900 die Er- richtung eines Gewächshauses und 1902, als der Zöglingsstand in Hernais von 174 auf 196 gestiegen war, die Schaffung geeigneter Zöglingsräumlichkeiten im Hauptgebäude. Im Institute sind seit 1901 1902 untergebracht: a) das Internat, zusammengesetzt aus einer dreiklassigen Bürgerschule, einer aus vier Jahrgängen und einer Vorbereitungsklasse bestehenden Lehrerinnenbildungsanstalt und einer zweijährigen Handelsschule, und b) das Externat, bestehend aus einer fünfklassigen Übungsschule und einem Kindergarten. Der Stand der internen Zöglinge betrug von 1903—1904 170 bis 200. Die Übungsschule und der Kindergarten wird von 200 Schülerinnen und Kindern besucht.

a Hauptgebäude, b Wohn- und Kranken- gebäude.

Sp Spielplatz. Pr. H. Privathäuser. G Garten.

Abb. 302.

Offizierstöchter-Erziehungsinstitut in Hernais. Lageplan 1:3000.

]) Das zweite Institut befindet sich in üdenburg.

196

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Die k. k. Lehrerinnenbildungsanstalt, I., Hegelgasse 14 (Abb. 303, 304).

Bald nach dem Inkrafttreten des Reichsvolksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 erfoh Errichtung einer staatlichen Lehrerinnenbildungsanstalt in den Räumen der 1789 von Josef II. gegründeten k. k. Stadtmädchenschule (Obere Bäckerstraße Nr. 755), welche gleich- zeitig zur Übungsschulc der neuen Bildungs- stätte bestimmt wurde. Von allem Anbeginne er- wiesen sich die Räume der Anstalt als nach jeder Richtung ungenügend und auch die im Jahre 1870 erfolgte Übersiedelung in das St. Anna- Gebäude (Johannesgasse Or.-Nr. 4) war nur ein Notbehelf, um so mehr, als durch Anglicdcrung mehrerer Bildungskurse sowie insbesondere durch Eröffnung von Parallelklassen die verfügbaren Räume zu eng wurden und das Gebäude auch baufällig war. Aber erst im Jahre 1883 wurde die Herstellung eines Gebäudes zur Unterbrin- gung der k. k. Lehrerinnenbildungsanstalt, der Staatsgewerbeschule, der Vorbereitungsschule zur Kunstgewerbeschule, des k. k. Schulbücherverlages und der k. k. statistischen Zentralkommission auf dem sogenannten „Hegelplatze" genehmigt.

Der Neubau, welcher nach den Plänen der Architekten Avanzo und Lange ausgeführt wurde, konnte im August 1885 bezogen werden. Der mächtige Schulpalast ist ein freistehendes Gebäude in italienischer Renaissance mit Sou- terrain, Hochparterre, Mezzanin und drei Stock- werken. Von den beiden Höfen ist der größere mit einer Gartenanlage versehen und dient der Abb. 303. Lehrerinnenbildungsanstalt.

;te die Kaiser

I. Staatsgewerbeschule.

II. Lehrcrinnenbildungs- anstalt.

Vorbereitungsschule zur Kunstgewerbe- schule.

Schulbücherver lagsdirektion.

V. Statist. Zentral- kommission.

III

IV

Abb. 304. Lehrcrinncnbildungsanstalt, I., Hcgclgassc. Erster Stock. 1:800.

k. k. Lehrerinnenbildungsanstalt als Turn- und Spielplatz. Die Südostfront (Hegclgasse 14) von 105 m Länge gehört fast ausschließlich der k. k. Lehrcrinncnbildungsanstalt zu. Die der Anstalt zur Verfügung stehenden Lchrräume befinden sich zumeist im ersten und zweiten Stocke, der Festsaal, Zeichen- und Arbeitssäle und einige Sammlungen im dritten Stocke, die Direktionsräumc und Wohnung im Mezzanin.

Sämtliche Räume einschließlich der Gänge und des Stiegenhauses sind hell und luftig. Die Volksschulklasscn sind am geräumigsten und haben einen durchschnittlichen Flächeninhalt

Mittelschulen .

197

von 87'53m2; auf eine Bürgerschulklassc kommen im Durchschnitte 6268 m- und auf einen Jahrgang; 75'84m- Bodenflächc. Der auf eine Schülerin entfallende Luftraum schwankt zwischen 625 m:i und etwa 13m:i. Für die erforderliche Lufterneuerung sorgen Ventilatoren in aus- reichendem Maße. Die Baukosten bcliefen sich auf 1,443.988 K. Von dem Bauplatze per 5400 m2 sind 3243 m- verbaut; demnach entfallen auf Im- verbauter Fläche 445 K Baukosten.

Der Kindergarten zählt 30 Zöglinge, die Übungsschule (5 Klassen Volksschule und 3 Klassen Bürgerschule) 224 Schülerinnen; in den vier Jahrgängen der Lchrcrinnenbildungs- anstalt befinden sich zusammen 160 Zöglinge, im Handarbeitslehrerinnen-Kurse 40 und im Kindergärtnerinnen-Kurse 35 Zöglinge. Dr. von Wiener.

Die k. k. Lehrerbildungsanstalt, III., Sophienbrückengasse 20,

wurde im Jahre 1876 auf einem Teil des fürstlich Rasumofskyschen Gartens (siehe: Geologische Reichsanstalt) errichtet. Das Gebäude, in dem auch das k. k. Staatsgymnasium untergebracht ist, besitzt einen Garten von zirka 2500 m2 Fläche, welcher gleichzeitig dem naturwissenschaft- lichen Unterrichte dient. Der Bau, welcher nach den Plänen der Architekten Machitka und Schmoranz ausgeführt wurde, ist im Stile des erhaltenen, derzeit von der k. k. Geologischen Reichsanstalt benützten ehemaligen fürstlich Rasumofskyschen Palais durchgeführt und bedeckt eine Fläche von 1946 m2. Die Baukosten beliefen sich auf zirka 860.000 K. Der Anstalt stehen in diesem Gebäude elf Lehrzimmer von ungefähr 10 m Länge, 6 m Breite und 5 m Höhe, sowie ein Festsaal, ein Hörsaal für Chemie und Physik und die nötigen Räume für Sammlungen, Bibliothek, Kanzleien u. s. w., im ganzen 33 Räume zur Verfügung.

Die Handelsakademie, I., Akademiestraße 12'),

wurde am 13. Jänner 1858 in einem ärarischen Gebäude in der Renngasse eröffnet als eine Schöpfung des Vereines der Wiener Handelsakademie. Das im Jahre 1862 errichtete, zwei Stockwerke hohe Anstaltsgebäude, I., Akademiestraße 12, wurde nach den Plänen Theophil Hansens auf einer Area von 1953 m2 erbaut. Es enthält 16 Lehrsäle, das Warenmuseum (in zwei großen Sälen), das chemische Laboratorium, das Warenlaboratorium, das physikalische, das geographische und das naturhistorische Kabinett, zwei Bibliotheken und zahlreiche andere Räume, die teils für Unterrichtszwecke, teils für die Verwaltung der Anstalt, teils für Woh- nungen (des Direktors, der Diener) bestimmt sind. Die Anstalt hat einen Fassungsraum für 800 Studierende. K.

IV. MITTELSCHULEN.

Wien zählte im Jahre 1848 vier Gymnasien, von denen drei von den Piaristen und das vierte von den Benediktinern des Schottenstiftes geleitet wurden. Im Jahre 1849 erhielten die Mittelschulen eine provisorische neue Organisation durch die vom Ministerialräte F. Exner und Prof. H. Bonitz (aus Stettin berufen) stammende Reform, welche mit dem Allerhöchsten Hand- schreiben vom 9. Dezember 1854 genehmigt wurde. Im Jahre 1864 besaß Wien außer dem Theresianischen Gymnasium 4 öffentliche Obergymnasien und 5 Realschulen, im Jahre 1875 10 Gymnasien, 7 Realschulen; im Jahre 1889 15 Gymnasien und 10 Realschulen. Gegen- wärtig (1903/04) bestehen 16 k. k. Staatsgymnasien, 1 Privat-Untergymnasium mit zusammen 6722 Schülern, 13 k. k. Staatsrealschulen, 4 Privat-Unterrealschulen mit zusammen 6759 Schülern und außerdem 6 Mittelschulen für die weibliche Jugend (Mädchenlyzeen).2) Einige dieser An- stalten werden nachstehend beschrieben.

A. Gymnasien.

K. k. akademisches Gymnasium, I., Christinengasse 6.

Dieses Gymnasium wurde im Jahre 1552 von den Jesuiten im Dominikanerkloster eröffnet, im Jahre 1555 in das ehemalige Karmeliterkloster Am Hof und im Jahre 1622 in die

') Denkschrift über die Entwicklung; des österreichischen Handelsschulwesens. Alfred Holder, Wien 1899.

2) Nähere Daten über die Entwicklung der Mittelschulen siehe „Wien 1848 1888", herausgegeben vom Gemeinderate der Stadt Wien, Absatz I: „Die Schule" von Dr. Emanuel Hannak.

198 Gebäude für Bildung und Unterricht.

Universität verlegt. Seit 1773 ist es eine Staatsanstalt; im Jahre 1816 wurde das Gymnasium den Piaristen übergeben, im Jahre 1850 zum Obergymnasium erweitert und mit weltlichen Lehrern besetzt. Im Jahre 1 866 erhielt das Gymnasium ein neues Gebäude, welches nach dem Projekte Friedrich von Schmidts in den Jahren 1863 1866 gebaut wurde.

Das von allen vier Seiten freistehende Gebäude ist in gotischem Stile, in Ziegelrohbau, der Sockel und sämtliche Gesimse und sonstige Konstruktionsteile sind aus Sandstein aus- geführt. Die Hauptfassade ist reicher als die drei Seitenfassaden ausgestattet. Dagegen ist die Innenarchitektur wesentlich reicher durchgeführt; den Glanzpunkt der architektonischen Ausstattung bildet die große, 25 m lange und 15 m breite, im zweiten Stocke liegende Aula. ]) Die Baukosten betrugen 1,074.000 K, wovon auf die innere Einrichtung 50.000 K entfallen. Im Jahre 1903 '04 betrug die Zahl der Schüler 478.

K. k. Gymnasium der Benediktiner zu den Schotten, I., Freiung 6.

Als infolge Vereinigung des Jesuiten-Gymnasiums mit der Universität (1622) das Profeß- haus der Jesuiten Am Hof eines Gymnasiums entbehrte, stiftete Feldmarschall Graf Rudolf von Teuffcnbach 1650 daselbst ein neues Gymnasium, hauptsächlich wegen Überfüllung des akademischen Gymnasiums. Bei Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurde es mit dem aka- demischen Gymnasium vereinigt, aber 1775 als kaiserliches Gymnasium zu St. Anna wieder eröffnet, 1807 von den Benediktinern des Schottenstiftes übernommen, 1849 als Ober- gymnasium organisiert. Die bauliche Anlage bietet nichts Bemerkenswertes; im Jahre 1904 betrug die Zahl der Schüler 352. 2)

K. k. Sophien-Staatsgymnasium, II., Zirkusgasse 48.

Das Gebäude wurde in den Jahren 1897/98 nach dem Entwürfe des Baurates Gustav Sachs vom Hochbaudepartement des Ministeriums des Innern ausgeführt. Im Schuljahre 1899/1900 begann der Unterricht daselbst. Das auf einer Mittelparzelle aufgeführte Gebäude, dessen Gassenfront 38-50 m lang ist, besitzt einen Gassentrakt und einen Gartentrakt, welche durch zwei kürzere Quertrakte verbunden sind. An den Gartentrakt schließt sich ein einseitiger Flügel- bau mit der Turnhalle und dem darüberliegenden Festsaale an.

Das Schulgebäude ist im Renaissancestile architektonisch und dekorativ einfach aus- geführt. Für die Beleuchtung ist ausschließlich Gas (für die Unterrichtsräume Gas-Auer-Licht mit Reflexschirmen) und nur im Physiksaale zu experimentellen Zwecken ein elektrischer Strom eingeführt. Die Beheizung sämtlicher Schulräume und Gänge wird durch eiserne Regulier- füllöfen bewirkt. Die Kosten des neuen Schulgebäudes inklusive der Inneneinrichtung be- trugen rund 540.000 K. Im Jahre 1903/04 belief sich die Zahl der Schüler auf 480, welche in acht Stamm- und vier Parallelklassen untergebracht sind.;i)

K. k. Staatsgymnasium, III., Sophienbrückengasse 22.

Dieses wurde 1869 als Real-Obcrgymnasium errichtet; seit dem Jahre 1877/78 ist das- selbe ein normales Gymnasium. Das zweistöckige Anstaltsgebäude, in welchem auch die Lehrerbildungsanstalt untergebracht ist, steht im Garten des Rasumofsky-Palais. Im Jahre 1903/04 hatte die Schule acht Stamm- und vier Parallelklassen mit zusammen 544 Schülern.

Das k. k. Elisabeth-Staatsgymnasium, V., Rainergasse 33 und Kriehubergasse 28 (Abb. 305 1.

wurde im Jahre 1878 mit den ersten zwei Klassen in dem Gebäude des Piaristcnkollegiums zu St. Thckla eröffnet. Im Jahre 1885 war das Gymnasium auf acht Klassen vervollständigt. Da jedoch die bisherigen Schulräume für die Bedürfnisse der Anstalt zu klein waren, genehmigte das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht im Jahre 1893 die Durchführung des Gymnasial- baues im V. Bezirke nach den vom damaligen k. k. Baurat Theodor Hödl entworfenen Skizzen. Das Detailprojekt wurde vom technischen Departement der k. k. niederösterrcichischen Statt- halterei ausgearbeitet. Die Baukosten betrugen 352.000 K, diejenigen für die innere Einrichtung 38.000 K. Die Schule hatte 1903/04 acht Stamm- und vier Parallelklassen mit zusammen

') Eine detaillierte Beschreibung ist im „Technischen Führer durch Wien", herausgegeben von Prof. Dr. E. Wink ler, 1S74. sowie in Klascns „Grundrißvorbildcr von Schulgebäuden", 1S84, veröffentlicht.

2) Jahrbuch des höheren Unterrichtswesens in Österreich. 1903, XVI. Jahrgang.

') Eine detaillierte Beschreibung wurde vom Regierungsrat Dr. Gustav Waniek, k. k. Direktor, im Jahresberichte 1901 dieser Schule veröffentlicht. Försters Bauzeitung. 1904.

Mittelschulen.

199

407 Schülern. ') Als Bauleiter fungierte A. Ender zugeteilt war.

k. k. Oberingenieur J. Bacher, welchem Ingenieur

K. k. Staatsgymnasium, VIII., Piaristengasse 45.

Im Jahre 1701 wurden sowohl die Volksschule als auch zwei Grammatikalklassen (Parva und Principia), welche in dem südlichen Trakte des im Jahre 1698 in Angriff genommenen Piaristenklosters untergebracht wurden, eröffnet. Seit dem Jahre 1849 ist diese Schule als Obergymnasium organisiert und im Jahre 1870 wurde sie verstaatlicht. Für die Räume ent- richtet der Staat einen mäßigen Mietzins an das Piaristenkollegium. 2) Die Schule hatte 1903/04 acht Stamm- und vier Parallelklassen mit zusammen 561 Schülern.

Das k. k. Maximilians-Gymnasium, IX., Hörigasse,

wurde im Jahre 1869 auf Rechnung des Wiener Stadtkonviktfonds nach Plänen des Architekten von Ferstel erbaut und am 16. Oktober 1871 als Real-Obergymnasium eröffnet. Seit 1877/78 ist diese Anstalt ein normales Gymnasium mit obligatorischem Zeichenunterricht im Unter- gymnasium. Das Gebäude enthält auch Mietwohnungen, doch sind die vermieteten Ubikationen vollständig von den Schulräumen getrennt. Im Parterre befindet sich der 1970 m lange, 8-77 m breite, 4-82 m hohe Turnsaal und darüber ein ebenso großer, jedoch 6-90 m hoher Festsaal (Aula). Das Parterre enthält sieben Klassenzimmer, die Direktionskanzlei, Konferenzzimmer, ein Zimmer für die Schulbibliothek, eine Schuldienerwohnung und einen Turnsaal. Im ersten Stockwerke befinden sich fünf Klassen, das chemische Laboratorium, die Lehrerbibliothek, der naturhistorische Lehrsaal, ferner ein Zeichensaal und der physikalische Lehrsaal. Im Souterrain ist die Wohnung des Aushilfsdieners und im zweiten Stocke die Wohnung des Anstaltsdirektors, mit separaten Wendeltreppen. Die Höhe der Unterrichtsräume beträgt im Lichten 4'74m. Die Lehrräume sind mit Öfen beheizt, wogegen der Turnsaal und die Aula eine gesonderte, im Souterrain untergebrachte Heizvorrichtung haben. Die Schule hatte 1903/04 acht Stamm- und vier Parallelklassen mit 446 Schülern.3)

K. k. Karl Ludwig-Staatsgymnasium, XII., Rosasgasse 1.

Am 17. September 1883 wurde das von der Gemeinde neu- errichtete „Kommunal-Gymnasium in Unter-Meidling" eröffnet und am 1. Jänner 1889 wurde es in die Staatsverwaltung übernommen, wobei sich die Ge- meinde verpflichtete, |— r für den Neubau des Gymnasiums 20.000 K und den Bauplatz zu geben. Am 1. Septem- ber 1892 übersiedelte die Anstalt aus dem bisherigen Schulhause in das neue Gebäude, welches auf Grund des im Departement für Hochbau vom Ober- baurate Edlen von Rezori verfaßten Pro- jektes im Jahre 1892 aus Staatsmitteln er- richtet wurde. Den Bau leitete der dama- lige Oberingenieur der niederösterreichischen Statthalterei Hermann Wehrenfennig. Die Baukosten betrugen rund

L Lehrzimmer. O Garderobe. B Bibliothek. T Turnsaal. Abb. 305. Staatsgym i isium im V. B;zi rk e . Ebenerd. 1 : 800.

Abb. 306. Staatsgymnasium in Hietzing. Erster Stock. 1:800.

1) Näheres siehe „österreichische Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst". 1895, Heft 1.

2) Eine ausführliche Beschreibung über die Gründung des Kollegiums und des Gymnasiums der Piaristen in Wien ist vom jetzigen Direktor, Regierungsrat Pius Knöll, in der „Festschrift zur Feier des zweihundertjährigen Bestandes des k. k. Staatsgymnasiums im VIII. Bezirke Wien" erschienen.

') Näheres ist im Jahresberichte 1895,96 enthalten.

200

Gebäude für Bildung und Unterricht.

381.000 K, wovon auf die innere Einrichtung 40.000 K entfallen. Die Schule hatte 1903 04 acht Stamm- und drei Parallelklassen mit zusammen 401 Schülern. ')

K. k. Staatsgymnasium, XIII., Fichtnergasse (Abb. 306».

Das Anstaltsgebäude wurde auf Grund des im Departement für Hochbau im Ministerium des Innern vom Baurat Alois Koch verfaßten Projektes in den Jahren 1899/1900 unter Bau- leitung des damaligen k. k. Ingenieurs Emil Artmann aus Staatsmitteln aufgeführt. Das Ge- bäude enthält zwölf Lehrzimmer, zwei Reservezimmer, einen Zeichensaal nebst Modellier- zimmer, Physiksaal nebst anschließenden Räumen für die physikalischen und naturhistorischen Sammlungen, die Wohnung des Direktors, die Direktionskanzlei mit Vor- und Wartezimmer, das Konferenzzimmer, die Bibliothek, Dienerwohnungen, ferner Exhortensaal und Turnhalle. Die Beheizung der Räume geschieht durch die Zentral-Niederdruckdampfluftheizung, für die Beleuchtung ist das diffuse Gas-Auer-Licht mit Reflexschirmen (diffuse Beleuchtung) in Ver- wendung. Die Kosten des Gebäudes einschließlich der inneren Einrichtung beliefen sich auf rund 438.000 K, jedoch ohne Baugrund, der unentgeltlich in das Eigentum des Ärars von Privaten abgetreten wurde. Anzahl der Schüler 346. -)

K. k. Staatsgymnasium, XIX., Gymnasiumstraße 83 (Abb. 307).

Dieses Gymnasium wurde 1835 als Kommunal-Untergymnasium errichtet und im Jahre 1899 zum Obergymnasium erweitert. Vom 1. September 1895 an wurde die Anstalt in

die Staatsverwaltung übernommen. Das zwei Stock hohe Gebäude, welches im Jahre 1887 nach dem Projekte des Architekten Karl Hinträger erbaut wurde, ist freistehend, besitzt einen Vor- und Schulgarten, und enthält außer den Schullokalitäten und der Turn- halle die Direktorswohnung, welche einen separaten Eingang von dem Schulgarten aus besitzt, und die Schuldiencrswohnung. Das Gebäude, welches Eigentum der Gemeinde ist, steht dem Staate unentgeltlich zur Verfügung. Die Gesamtkosten des Baues betru- gen 150.000 K. Die Anzahl der Schüler war 342. :J)

L Lehrzimmer, DW Direktions- wohnung. T Turnsaal.

Abb. 307.Obergymnasium in Döbling. Ebenerd. 1:800.

B. Realschulen. K. k. Staatsrealschule, I., Schottenbasteigasse 7.

Eine der ersten Realschulen Wiens wurde im Jahre 1861 als Kommunal-Unterrealschule im IX. Bezirke, Grüne Torgasse, im Gemeindehause errichtet. In den Jahren 1876 und 1877 wurde, da das alte Gebäude bald nicht mehr ausreichte, das jetzige Schulgebäude, Schottenbasteigasse 7, nach den Entwürfen des städtischen Baurates Paul aufgeführt. Die Gesamtbaukosten des Hauses betrugen 500.000 K, in welcher Summe die Kosten für die Inneneinrichtung und für die Zentralheizanlage mit er- wärmter Luft inbegriffen sind. Das Gebäude, welches Eigentum der Gemeinde ist, steht dem Staate unentgeltlich zur Verfügung. Im Jahre 1903/04 war die Schule von 581 Schülern besucht.4)

K. k. Staatsrealschule, II., Vereinsgasse 21.

Diese Realschule ist durch Erweiterung der früher bestandenen Unterrealschule 1871 ent- standen und wurde 1872 zur Oberrealschule erweitert. Das gegenwärtig in der Vereinsgasse stehende Schulgebäude wurde auf Grund des im Hochbaudepartement des k. k. Ministeriums des Innern vom k. k. Oberingenieur Josef Schiedt verfaßten Projektes in den Jahren 1874 bis 1875 neu erbaut und im September 1875 bezogen. Nebst den Unterrichtsräumen, der Wohnung für den Direktor und den drei Schuldienerwohnungen enthält das Gebäude eine geräumige Turnhalle und eine darüber befindliche, 500 Schüler fassende Aula. Besondere Be- achtung verdienen die Dimensionen der Räume; sämtliche Unterrichtslokalitätcn sind 4'80 m im Lichten hoch, die Lehrzimmer sind 6'32 m, die Zeichensäle 6-64 m tief, die Gänge sind

') Ausführliche Beschreibung des Gymnasialgebäudes ist im Jahresberichte 1893 enthalten.

J) Näheres ist im Jahresberichte 1901 veröffentlicht.

') Näheres „Allgemeine Bauzeitung". Jahrgang 188S, Heft 12.

') Näheres in den Jahresberichten 1S7S und 1886.

Mittelschulen.

201

im Haupttrakte 316 m und in den Seitentrakten 2-92 m breit. Die Schule hatte im Jahre 1903/04 sieben Stamm- und sieben Parallelklassen mit zusammen 597 Schülern. ')

K. k. Staatsrealschule, IV., Waltergasse 7.

Mit dieser Realschule ist gegenwärtig eine gewerbliche Fortbildungsschule für Lehrlinge und Gehilfen verbunden. Am 19. November 1855 wurde sie als Kommunal-Realschule eröffnet und vom 1. September 1894 an von der Staatsverwaltung übernommen.

Das zweistöckige Gebäude wurde im Jahre 1855 nach dem Entwürfe des Architekten Ferdinand Fellner von der Kommune Wien erbaut und im Jahre 1871 durch einen nach dem Projekte des Oberingenieurs G. Hausmann ausgeführten Zubau auf seine jetzige Ausgestaltung gebracht. Das Gebäude, welches Eigentum der Gemeinde ist, steht dem Staate unentgeltlich zur Verfügung. Im Jahre 1903 04 hatte die Schule sieben Stamm- und sechs Parallelklassen mit zu- sammen 592 Schülern.2)

Die k. k. Staatsrealschule, V., Ramperstorffergasse 52,

wurde im Jahre 1875 als Unterrealschule errichtet und vom Jahre 1902 an zur Oberrealschule erweitert. Im Anfang war die Staatsrealschule in einem ge- mieteten Zinshause untergebracht. Im Jahre 1902 wurde nach dem vom Statthalterei-Hochbaudeparte- ment ausgearbeiteten Projekte ein neues Schulgebäude aus Staatsmitteln erbaut. Als Bauleiter war der k. k. Statthalterei-Ingenieur Mayer bestellt. Für den Bau sind 477.500 K, für die innere Einrichtung 60.000 K be- willigt worden. Die Schule hatte 1903/04 sechs Stamm- und vier Parallelklassen mit zusammen 433 Schülern.

K. k. Staatsrealschule, VI., Marchettigasse 3 (Abb. 308).

Diese Realschule war im Jahre 1854 als Kom- munal-Unterrealschule errichtet und 1880 zur Ober- realschule erweitert worden. In den Jahren 1879 bis 1881 wurde ein neues Gebäude für die Realschule nach den Plänen des Architekten Siebreich von der Gemeinde Wien erbaut und 1881 eröffnet. Am

1. September 1896 wurde diese Kommunal-Oberrealschule in die Staatsverwaltung über- nommen. Das Schulhaus bildet mit der Webeschule ein geschlossenes Viereck, wovon drei Seiten der Oberrealschule zugewiesen sind. Die vier Gebäudetrakte schließen einen 34 m langen und 26 m breiten Hof ein. Der gegen die Marchettigasse gelegene Haupttrakt ist drei- stöckig, der gegen Süden gelegene Trakt einstöckig und der nördliche Seitentrakt zweistöckig. Die Schule hatte 1903/04 sieben Stamm- und vier Parallelklassen mit zusammen 494 Schülern. a)

ZS Zeichensaal. MC Modellkabinett. Nh M Naturhistorisches Museum.

CfZ Konferenzzimmer. KZ Direktionskanzlei. D rW Direktorswohnung. LZ Lehrzimmer.

Abb. 308. Oberrealschule im VI. Bezirke. Erster Stock. 1 : 800.

Die k. k. Staatsrealschule, VII., Neustiftgasse,

ist mit einer gewerblichen Fortbildungsschule verbunden. Diese Anstalt wurde im Jahre 1851 aus der seit 1815 mit dem k. k. Polytechnischen Institute vereinigt gewesenen „Realschule des k. k. Polytechnischen Institutes in Wien" J) errichtet. Das Schulgebäude befand sich früher im Hause Westbahnstraße 25.'"') Im Jahre 1874 wurde der Unterricht in diesem Gebäude ge- schlossen und am 15. Mai 1874 begann derselbe im neuen zweistöckigen Schulgebäude Neu- stiftgasse. Das Projekt und die Ausführung des Gebäudes stammt vom Architekten Stattler.

') Eine nähere Beschreibung mit Grundrißplänen des Gebäudes ist im Jahresberichte 1876 veröffentlicht.

*) Eine nähere Beschreibung mit Abbildung des Parterregrundrisses findet sich im „Technischen Führer durch Wien", 1874, vom Prof. Dr. E. Winkler.

3) Näheres findet man im Jahresberichte 1882, erstattet vom Direktor Dr. Anton Kau er.

4) Siehe Aufsatz von Prof. Johann Engel, „Zur Geschichte der Realschule Wien" im Jahresberichte 1851 52, und den Aufsatz vom jetzigen Direktor Regierungsrat Karl Klekler, „Zur Geschichte der österreichischen Realschule unter der Regierung Franz Josef I." in der Zeitschrift für das Realschulwesen, 18y8.

5) Näheres über das Gebäude im Aufsatz vom Prof. Moritz Kuhn, „Vorgeschichte, Gründung und Geschichte der Schotten- felder Oberrealschule" in der Festschrift zum 50. Jahresberichte der Schottenfelder k. k. Staatsrealschule.

202

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Diese k. k. Staatsrealschule besitzt zwölf Lehrzimmer, vier Zeichensäle mit zehn, ein Modellierzimmer mit drei Neben- räumen, einen großen Turnsaal, je ein eigenes Lehrzimmer für Physik und Chemie, drei Räume für physikalische, zwei für die naturgcschichtlichcn Sammlungen, ein Handlaboratorium mit Wagzimmer und Destillicrkammcr, ein Schülerlaboratorium, Direktionskanzlci und Konferenzzimmer mit je einem Vorzimmer, eine Direktors- und eine Dienerswohnung. Alle Räume werden von der Zentral -Warmwasserheizung be- heizt. Im Jahre 1903/04 hatte die Schule sieben Stamm- und sieben Parallelklassen mit 640 Schülern.

K. k. Staatsrealschule, X., Jagdgasse 40.

Für den Neubau der Realschule wurde auf Grund der im Departement für Hochbau im k. k. Ministerium des Innern vom k. k. Baurat Gruber verfaßten Projekt- skizzen das Detailprojekt bei der k. k. n.-ö. Statthalterci vom Baurat F. Wagner verfaßt und der Bau am 1. September 1902 fertig- gestellt. Die Baukosten beliefen sich auf 460.000 K, die der Inneneinrichtung auf % 50.000 K. 1903/04 hatte die Schule zwei Stammklassen mit zus. 241 Schülern.1)

K. k. Staatsrealschule, XV., Henrietten- platz (Abb. 309, 310).

Im Jahre 1872 wurde diese Anstalt eröffnet und seit 1878/79 zur Oberreal- schule erweitert. Der Fassungsraum ist auf 600 Schüler berechnet. Das aus Gemeinde- mitteln erbaute Gebäude wurde nach dem Entwürfe des Architekten k. k. Professor V. Luntz in den Jahren 1876 1877 unter

der Leitung des k. k. Oberingenieurs E. Schönbichler durchgeführt. Die Baukosten betrugen 480.060 K und diejenigen für innere Einrichtung 57.000 K. Die Schule hatte 1903/04 sieben Stamm- und sechs Parallelklassen mit zusammen 603 Schülern.-)

Die k. k. Staatsrealschule, XVIII., Schopenhauerstraße 49,

wurde am 15. Oktober 1879 als Unterrealschule und im Jahre 1884 als Oberrealschule errichtet. Die Schule hatte 1903/04 sieben Stamm- und fünf Parallelklassen mit zusammen 578 Schülern. Das Gebäude, welches Eigentum der Gemeinde ist, steht dem Staate unentgelt- lich zur Verfügung.

Abb. 309. Oberrealschule, XV., Henricttenplatz.

V Vestibül. SL Schülerlaboratorium. HL Handlaboratorium.

C Chemischer Hörsaal. MS Modellsammlung.

L Lehrzimmer.

T Turnsaal.

Jfenrietten Dia fz Abb. 310. Oberrealschule. XV., Henriettenplatz. Ebenerd. 1:800.

Die k. k. Franz Josef-Staatsrealschule, XX., Unterbergergasse 1 (Abb. 311),

wurde als Unterrealschule 1875 errichtet und 1895 zur Obcrrealschule erweitert. Bis zum Ausgange des Schuljahres 1899/1900 war sie in einem Privathause des II. Bezirkes, Glockcn- gasse 2, untergebracht. Vor Beginn der Sommerferien 1899/1900 übersiedelte die Anstalt in das neue Schukrebäude Unterber^erg-assc 1. Das neue, zwei Stock hohe Gebäude liegt

') Die Beschreibung des Schulgcbäudes ist im Jahresberichte 1903 vom Direktor Dr. Alois Würzner veröffentlicht. '-) Austührliche Beschreibung findet sich in der Allgemeinen Bauzeitimg, Jahrgang 1SS0. sowie auch im Jahresberichte 1SS0 veröffentlicht.

Mittelschulen.

203

A Kustoszimmer. Ph S Pysikalische Sammlung. Ng Naturhistorische Sammlung. Ph Lchrzimmer für Physik.

N Lehrzimmer für Natur- geschichte. Ch Lehrzimmer für Chemie. T Turnsaal.

Abb. 311. K. k. Franz Josef-Staatsrealschule. Ebenerd. 1:800.

in der Wasner-, Unterberger- und Karajan- gasse, also von drei Seiten frei, an der vierten (Nachbarscitc) ist die Turnhalle auf- geführt. Der Festsaal ist im zweiten Stocke. Auf Grund des im Hochbaudeparte- ment im k. k. Ministerium des Innern vom damaligen Oberingenieur Karl Donda aus- gearbeiteten Skizzenprojektes wurde vom k. k. Baurat Alois Koch das Detailprojekt für die neue Realschule verfaßt. Der Bau wurde unter Oberleitung des Hofrates Emil Ritter von Förster aus Staatsmitteln ausgeführt. Die Baukosten betrugen rund 481.700 K, diejenigen für innere Einrich- tung rund 65.800 K. Schülerzahl 56 1.1)

C. Mittelschulen für die weibliche Jugend.

Das Mädchen-Lyzeum des „Wiener Frauen- erwerbsvereines, VI., Rahlgasse 4,

wurde im Jahre 1861 gegründet, 1901/02 organisiert und hat 1891 das Öffentlichkeitsrecht erhalten. Heute besitzt selbes sechs Klassen mit 250 Schülerinnen.

Das Mädchen-Lyzeum Dr. Eugenie Schwarzwald, I., Kohlmarkt 5,

wurde 1873 als Volks- und Bürgerschule gegründet, im Jahre 1888 in ein Lyzeum umgewandelt, 1891 mit Mädchengymnasium verbunden. Daneben bestehen noch Fortbildungskurse. Besucht wird das Lyzeum von 130, das Gymnasium von 30 und die Fortbildungskurse von 40 Schülerinnen.

Das Mädchen-Lyzeum Luithlen, I., Tuchlauben 18,

wurde 1861 gegründet; seit 1883 ist es eine Volks- und Bürgerschule mit Fortbildungskursen, seit 1890 Mädchen-Lyzeum mit einer vierklassigen Vorbereitungsschule mit Öffentlichkeitsrecht. Es zählt 163 Schülerinnen am Lyzeum und 57 in den Volksschulklassen.

Seit 1890 ist es

Das Mädchen-Lyzeum, V., Nikolsdorfergasse 8,

wurde 1869 als Volks- und Bürgerschule mit Fortbildungskursen gegründet. ein sechsklassiges Lyzeum mit vier Vorbereitungsklassen. 49 Schülerinnen.

Die Private gymnasiale Mädchenschule, I., Hegelgasse 12,

wurde 1892 von dem „Verein für erweiterte Frauenbildung" gegründet. Die Anstalt umfaßt seit 1902/03 sieben Klassen, von denen drei das Unter- und vier das Obergymnasium bilden. 161 Schülerinnen.

Das Mädchen-Lyzeum des Schulvereines für Beamtentöchter, VIII., Langegasse 47,

wurde 1890 als höhere Töchterschule gegründet, seit 1901/02 besitzt es Öffentlichkeitsrecht. 356 Schülerinnen. Das Gebäude, in welchem nebst der höheren Töchterschule noch die Handelsschule untergebracht ist, gehört dem „Schulverein für Beamtentöchter" und wurde in den Jahren 1892 und 1893 nach den Plänen des Architekten Karl Bringmann und des da- maligen k. k. niederösterreichischen Statthalterei-Oberingenieurs Silvester Tomßa ausgeführt; die Bausumme betrug rund 306.000 K. Im Jahre 1903 wurde auf das Gebäude das dritte Stock- werk aufgesetzt. Baukosten 40.000 K. Karl Donda.

') Nähere Beschreibung mit sieben Abbildungen vom k. k. Direktor und Regierungsrat Richard Trampler im Jahresberichte von 1901 veröffentlicht.

204 Gebäude für Bildung und Unterricht.

V. GEWERBLICHE LEHRANSTALTEN.

Das gewerbliche Bildungswesen in Österreich zerfällt in drei Gruppen von Anstalten, welche sich mit der Vorbildung, der Ausbildung und Fortbildung von Angehörigen des Ge- werbestandes befassen. Bei einzelnen Instituten und Schulcinrichtungen treten die hier auf- gezählten Zwecke als Ziel der Organisation untereinander verbunden oder mannigfaltig mit- einander verflochten auf. Die gewerblichen Abend- und Sonntagsschulen, Fortbildungsschulen, welche Lehrlingen der Meisterlchre eine theoretische Ergänzung ihrer Befähigung bieten sollen, unterliegen in Niederösterreich, daher auch in Wien, der Landesgesetzgebung. Für ihre räum- liche Unterkunft ist ausnahmslos durch bestehende Volks- und Bürgerschulgebäude vorgesorgt. Manche dieser Fortbildungsschulen sind auch in Realschulen und Gymnasien untergebracht.

Selbständige Gebäude für gewerbliche Fortbildungsschulen existieren nicht, daher treten dieselben auch äußerlich nicht in die Erscheinung und können daher auch nicht Gegenstand der weiteren Erörterung in diesem Buche bilden. Die Spezialschulen, Fachschulen mit Tages- unterricht zum Zwecke der Ausbildung von gewerbetreibenden jungen Leuten sind durch eine Anzahl von Beispielen in Wien vertreten. Schulgebäudc, für diese Anstalten speziell er- richtet, bestehen nicht, daher entzieht sich auch diese Gruppe der Schulen der Erörterung an diesem Platze. Der Hoftrakt eines Gebäudes in der Marchettigasse, in welchem die Fach- schule für Textilindustrie untergebracht ist, bildet eine bedeutungslose Ausnahme von dem eben Gesagten. Für Staatsgewerbeschulen, das sind Bündel von Fachschulen mit vorwiegend theoretischem Unterrichte für die Ausbildung von künftigen Angehörigen der mechanisch- technischen, bautechnischen oder kunstgewerblichen Produktionsrichtung bestehen zwei Bei- spiele in Wien, und zwar die höhere Staatsgewerbeschule mechanisch und bautechnischer Richtung im I. Bezirke und die Staatsgewerbeschule (niedere Staatsgewerbeschule) oder Werk- mcisterschule mechanisch-technischer Richtung im X. Bezirke. Das Gebäude der ersteren ist nach den Plänen der Architekten Avanzo und Lange erbaut, die Baulichkeiten für das letztere Institut rühren vom Stadtbauamte her. Eine Anstalt, welche einen Rang zwischen der Mittel- schule und der Hochschule einnimmt, ist das k. k. Technologische Gewerbe-Museum in Wien, welches in einem Gebäudekomplex untergebracht ist, der von vier Straßen umgeben wird, Währingerstraße, Prechtlgasse, Severin- und Eisengasse, und aus einer Anzahl von Gebäuden besteht, die in verschiedenen Perioden entstanden sind. Bevor auf die Details dieses Baues eingegangen wird, soll hier eine Darstellung der Vorgeschichte des Institutes gegeben werden, welche einen Ausfluß aus der Entwicklungsgeschichte des gewerblichen Bildungswesens bildet.

Bei der gewerblichen Produktion, welche bis zu Ende des 18. Jahrhunderts Handwerk oder Manufaktur war, trat bekanntlich durch die Einführung der Dampfmaschine eine neue Produktionsform auf den Plan, gekennzeichnet durch die Kraftmaschine, die Werkzeug- und Arbeitsmaschine und das Prinzip der Teilung der Arbeit, mit einem Worte: die Fabrik. Der Fabriksarbeiter wurde aber ausschließlich durch (natürliche Verjüngung) Inzucht gewonnen. Niemand verfiel auf den Gedanken einer wissenschaftlichen Vorbereitung, einer planmäßigen Erziehung des Arbeiternachwuchses. Dabei trat die Fabrik gegenüber der Werkstätte des Handwerkers so in den Vordergrund, daß die letztere fast ganz in Vergessenheit geriet. Viele Produkte des Gewerbefleißes übernahm völlig die Fabrikation und eine Gruppe von Gewerbe- betrieben nach der anderen verschwand. Die auf den neu erfundenen Maschinen und chemi- schen Prozessen beruhende Produktion des 19. Jahrhunderts ist in unaufhaltsamer, außer- ordentlich rascher Zunahme begriffen, stand auffallend im Vordergrund des Interesses, gestaltete so sehr von Grund aus alle Verkehrsformen, das öffentliche Leben und die Anschauungen um, daß die oberflächlich Beobachtenden zu der Ansicht gelangten, man könne alles Weitere dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Stellte sich irgendwo ein Mangel ein, so trachtete man, ihm unmittelbar abzuhelfen. Und so waren es zunächst die Bedürfnisse, die sich in der Großindustrie fühlbar machten, denen man Rechnung zu tragen suchte. Bei dem Ingenieur- wesen, wie es der Hoch-, Straßen-, Wasser-, Brücken- und Eisenbahnbau zeitigte und wie es das Maschinenwesen bedurfte, ging es mit der natürlichen Verjüngung des Nachwuchses gar nicht. Die polytechnischen Institute, die Akademien für einzelne technische Zweige, später die technischen Hochschulen lieferten den zukünftigen Ingenieur, während dem Arbeiterstandc nur der bloß empirisch Ausgebildete eingereiht werden konnte. Die Fälle, daß der Praktiker, sich selbständige theoretische Kenntnisse erwerbend, zum Range eines Ingenieurs aufstieg, gehörten zu den Seltenheiten und werden dann oft nur in der Geschichte der Erfindungen

Gewerbliche Lehranstalten.

205

Abb. 312. Technologisches Gewerbemuseum.

aufgezählt. Es sind Ausnahmen, bei denen eine gottbegnadete Begabung den Schulsack überbot. Während das Fabriks- und Verkehrswesen durch die ihm direkt dienenden Lehranstalten über wissenschaftlich ausreichend vorgebildete Kräfte verfügte, blieben die Gewerbebetriebe und die Handwerksstätten, ohnehin hart bedrängt durch die Fabrikskonkurrenz, ganz ohne jede Hufe von außen.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man ziemlich allgemein im mittleren und westlichen Europa die dringende Notwendigkeit, dem, was vom Gewerbe und Handwerk übrig geblieben war, zu Hilfe zu eilen. Zuerst waren es die gewerblichen Fortbildungsschulen, allgemeine und fachliche, die den für das Gewerbe bereits gewonnenen Knaben oder Mädchen eine Ergänzung der Volksschullehrfrüchte im Hinblicke auf allgemeine Bildung und eine Er- gänzung der in der Meisterlehre mühselig und oft in unzureichendem Maße erlangten Routine in fachlicher Richtung zu bieten geeignet waren. Dem Zeichnen wurde das Hauptaugenmerk zugewendet, mit Recht, denn die Meisterlehre befaßte sich nicht damit. Dann bemerkte man auch andere Mängel. So war die Aufstellung von Voranschlägen, die sogenannte Kalkulation, eine der Hauptgrundlagen der Geschäftsabschlüsse in einer Fabrik, im Werkstättenbetriebe des kleinen Unternehmers, des Handwerkers, fast gänzlich unbekannt. Sie wurde nie erlernt, oder ging verloren. Ähnliches kann man von der Buchhaltung sagen, ohne die ein größerer Betrieb schon wegen der bestehenden gesetzlichen Forderungen undenkbar ist. Das waren die auffälligsten, die empfindlichsten Mängel, die dem rückständigen Gewerbe anhafteten. Man hatte sie, wie gesagt, im Anfang der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannt und suchte ihnen durch die gewerb- lichen Fortbildungsschulen abzuhelfen. Aber diese Maßregeln reichten nicht aus. Jene Gewerbe- richtungen, welche auf mechanisch-technischer oder chemisch-technischer Grundlage beruhen oder durch die Ergebnisse der Naturwissenschaften beeinflußt werden konnten, oder den großindustriellen Betrieben als Hilfswerkstätten dienstbar waren, bedurften der ausgiebigen Zufuhr wenn auch elementarer technischer Kenntnisse, die im Wege der Fortbildungsschule nicht geleistet werden konnte. So entstand mit einer gesteigerten Einbeziehung aller graphischen Fächer die Tagesschule für den gewerblichen Nachwuchs unter der Bezeichnung Gewerbe- schule, Gewerkenschule, oder Handwerkerschule, oder gewerbliche Fachschule. Unter diesen trat der Zahl und Bedeutung nach, vielleicht mit einer Überschätzung des natürlichen Bedarfes, die kunstgewerbliche Fachschule, welche zur besonderen Pflege eines einzelnen oder einer Gruppe von Kunstgewerben bestimmt ist, in den Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Fürsorge der Gesellschaft und der Regierung. Nach dezennienlangem und belobtem

206

Gebäude für Bildimg und Unterricht.

Abb. 313. Technologisches Gewerbemuseum. Galeriesaal.

Bestände mancher Arten von gewerblichen Bildungsanstalten zeigte sich, daß diese doch nicht alles boten, was man vom Nachwuchs fordern mußte, und insbesondere fehlte den absol- vierten Gewerbeschülern, die aus den theoretischen Tagesfachschulen hervorgingen, noch mehr als den ausgelernten Lehrlingen die Präzision in der Handarbeit, das Verständnis in der Anwendung der Werkzeuge, die Routine in der Bedienung der Maschine, die Zuverlässig- keit in der Überwachung der chemischen Apparate und die Vorliebe für die praktischen Seiten des Betriebes. Das auf der individuellen Leistungsfähigkeit des praktischen Gewerbe- mannes beruhende Selbstgefühl und Standesbewußtsein war längst aus den Werkstätten ent- schwunden, das politische Banausentum konnte hierfür keinen Ersatz bieten. Der einsichtsvolle Konsument aber, der durch die Leistungen der Großbetriebe geschulte Konsument, erkannte die Mängel der Gewerbebetriebe, welche sich dadurch schmerzlich erklären ließen, daß es dem Gewerbestande an dem den heutigen Anforderungen entsprechenden Arbeiternachwuchse fehle. Man erinnerte sich an die alten Meisterschulen, die selbst zur Zeit der Blüte der Zünfte selten genug waren, dann aber und dort, wo der Meister ein Künstler war in seinem Fache, Berühmtheit erlangten. Man erinnerte sich auch an die von Gemeinden, Regierungen oder Regenten begründeten oder durch Privilegien und Subventionen mächtig geförderten Ateliers und Bauhütten im weiteren Sinne des Wortes. Das subventionierte Atelier trat wieder in die Erscheinung, diesmal von dem Ministerium für Kultus und Unterricht oder für Handel und Volkswirtschaft ins Leben gerufen, organisiert, unterstützt und überwacht. Ohne Zusammen- hang mit dem theoretischen Unterricht konnten sie sich aber nicht erhalten und hatten nur eine Existenzberechtigung für relativ niedrig stehende Techniken, wie die Korbflechterei, die Spitzenerzeugung, Strickerei und Stickerei und andere sogenannte Hausindustrien. Wenngleich die Lehrwerkstätten oder subventionierte Ateliers als ausschließlich der praktischen Unter- weisung dienende Institute sich nicht mehr bewährten, so hat doch anderseits die Angliede-

Gewerbliche Lehranstalten.

207

Abb. 314. Technologisches Gewerbemuseum. Lehrwerkstätte für Schlosserei.

rung der Lehrwerkstätte an die bisher ausschließlich ohne solche betriebene Gewerbeschule, Zeichenschule oder Fachschule einen durchschlagenden Erfolg gehabt. Alle diese Organisationen und Veranstaltungen betrafen die künstliche Erziehung des Nachwuchses.

Die Erfolge dieses Verfahrens abzuwarten, selbst dann, wenn es sich bereits das allge- meine Vertrauen errungen hatte, ist immer eine mißliche Sache in unserer schnellebigen Zeit. Es bedarf eben fast eines Menschenalters, bis der der gewerblichen Bildungsanstalt entwachsene Jüngling zum führenden Gewerbetreibenden wird, der nicht nur den Ruf seines eigenen Be- triebes begründet, seinen Namen ehrenvoll bekanntgemacht hat, sondern etwa gar gemein- schaftlich mit Genossen den Ruf einer gewerblichen Richtung in einer Stadt oder in einem Lande, die Beherrschung des Lokalabsatzes, die Begründung eines Exportes und die Wohlhabenheit und wirtschaftliche Kraft der betreffenden Mittelstandsgruppe erzielt hat. Darüber geht ein Vierteljahr- hundert vorbei, ein Vierteljahrhundert, in dem weltumstürzende technische Neuerungen auftreten, die die gesamte Produktion und das Verkehrswesen revolutionieren. Also, um präzise zu sein, wäh- rend wir im letzten Viertel des abgelaufenen Jahrhunderts mit Ungeduld auf die Wirkungen der Gewerbeschulen und Fachschulen und der durch die Fortbildungsschule ergänzten Meister- lehre warteten, um die Schlosserei, die Kunstschmiederei, die Bau- und Möbeltischlerei, die Baugewerbe u. s. w. wieder auf einer befriedigenden Stufe zu sehen, haben wenigstens in den Produktionsmittelpunkten die Erfindungen auf dem Gebiete der organischen chemischen Technologie, die Photographie und die auf ihr beruhenden Reproduktionsverfahren, die Tele- graphie durch ihre Tochtererscheinung, die Telephonie, die auf dem elektrischen Starkstrom beruhende Umgestaltung des Straßenbahnwesens, die vielfache Ausnützung des Petroleums, des Leuchtgases, des elektrischen Stromes, des Alkohols als Licht-, Wärme- und Kraftquellen, unsere ganzen bürgerlichen Einrichtungen so verändert, daß wir uns kaum mehr in die Zeit des vorletzten Viertels des abgelaufenen Jahrhunderts hineindenken konnten. Die sogenannten

208 Gebäude für Bildung und Unterricht.

technischen Errungenschaften, von denen eben einige Beispiele aufgezählt wurden, haben aber nicht nur zahlreiche große Fabriksetablissements mit Tausenden von Arbeitern und Hunderten von hochschulmäßig ausgebildeten leitenden Kräften mit fabelhafter Schnelligkeit ins Leben gerufen, sondern weitere Tausende von gewerblichen Betrieben sind durch ihre Inhaber oder Vorsteher, wenn sie ihre Zeit verstanden haben, umgestaltet, ausgebildet und ökonomisch wirksamer gemacht worden. Diese neuen, in allen Produktionsformen auftretenden gewerb- lichen und Verkehrsbetriebe stellten gebieterisch ihre Forderungen an alle Faktoren, die mit dem öffentlichen Unterrichtswesen zusammenhängen: Staat, Land, Gemeinde, Korporationen, bestehende Institute etc Man braucht sofort und täglich mehr Arbeiter aller Grade, vom Fabriksarbeiter angefangen bis zum leitenden Ingenieur, und in der Tat wird diesen Forde- rungen in allen Stufen der Unterrichtsorganisation von der gewerblichen Fortbildungsschule bis zur technischen Hochschule hinauf, und zwar in allen zentral und westlich gelegenen europäischen Staaten und Nord-Amerika entsprochen. Unter diesen Verhältnissen ist es be- greiflich, daß wir weder die Geduld noch faktische Zeit dazu haben, um die technische Neu- belebung und wirtschaftliche Kraft des gesamten Gewerbestandes ausschließlich im Wege der Erziehung des Nachwuchses abzuwarten. Wir müssen dem Mittelstande, so fordert es die Zeit, unmittelbar zu Hilfe eilen, ihn technisch tüchtiger, wirtschaftlich kräftiger und bürgerlich zu- verlässiger zu machen

Diese Aufgabe stellte man der Regierung und den für das öffentliche Wohl verpflichteten Körperschaften. Die Unterrichtspolitik blieb nicht bei ihren bisherigen Auffassungen stehen, sondern trachtete auch ihre Organisationen in diesem Sinne auszunützen und, wenn es nötig, umzugestalten. So entstand ein neues Verfahren, „Gewerbeförderung" genannt. Es gibt aber auch andere Mittel der Einwirkung als jene, die sich im Lehramte verkörpern. Einiges von diesen Mitteln besteht in der Errichtung und Zugänglichmachung von mit bestimmtem Ziele geschaffenen Sammlungen, Museen.

Die Geschichte der Museen ist oft genug erzählt worden, man braucht hier nicht darauf zurückzukommen. Die ältesten und wohl auch die wichtigsten sind die Kunstmuseen; ihnen folgte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts unter dem Eindrucke der Londoner Ausstellung 1851 zuerst die Begründung der sogenannten Kunstgewerbemuseen in London (South-Kensington Museum), dann in allen Städten von Bedeutung und schließlich in vielen Städtchen ohne Be- deutung. Ein einziges technisches Museum datiert weit voraus. Schon Descartes, der berühmte Gelehrte, projektierte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Museum von Maschinen und Apparaten, worin in je einem Kabinett die für ein bestimmtes Gewerbe dienlichen modernen Hilfsmittel vereinigt, durch einen geeigneten Mann den betreffenden Gewerbetreibenden erklärt und ihnen sonstige Ratschläge erteilt werden sollten. Realisiert wurde diese Idee etwa ein Jahr- hundert später (1775) durch Vaucanson. Sein Privatunternehmen, das er in einem gemieteten Hause in der Vorstadt Saint-Antoine ins Leben rief, vermachte er dem Staate. Die Regierung trat 1783 nach dem Tode Vaucansons die Erbschaft an, und nach der Revolution während der ersten Republik wurde im Jahre 1794 unter der Mitwirkung der hervorragendsten Tech- niker jener Zeit das „Conservatoire des Arts et Metiers" begründet.

Eine völlig verschiedene Entstehungsgeschichte hat das technische Museum Londons, welches gegenwärtig die Bezeichnung „Machincry and lnventions Division of the South- Kensington Museum" führt. England besitzt ein überaus altes Patentgesetz und schon zur Zeit der klassischen Periode englischer Erfindungen, der Dampfmaschinen, Lokomotive, Spinnmaschinen, Werkzeugmaschinen für Holz- und Metallbearbeitung, war es Übung, ein Modell oder das erfundene Objekt im Original in dem sogenannten Patentmuseum zu hinterlegen. So entstand die kostbarste, historisch bedeutungsvollste technische Sammlung, begünstigt in den letzten Stadien ihrer Verwaltung durch die großen englischen Erfinder- und Ingenieurgenerationen. Das Patentmuseum war noch im Jahre 1851 in einem elenden schuppen- artigen Bau in Kensington untergebracht. Bei der Regulierung und Verbauung der für die Welt- ausstellung im Jahre 1862 erworbenen Grundstücke wurde auch ein Prachtbau errichtet, der. durch das einstige Patentmuseum seither wesentlich vervollständigt und erweitert, das jetzige „Machinery and lnventions Division of the South-Kensington Museum" aufgenommen hat.

Dieses technische Museum ist das einzige, welches nach dem Pariser Conservatoire ge- nannt zu werden verdient. Dabei sehen wir von den technologischen Sammlungen ab. die als Lehr- behelfc an den polytechnischen Instituten existieren, unter denen die älteste jene des k. k. Wiener Polytechnischen Institutes ist. Bei dieser Sammlung soll einen Augenblick verweilt werden. Kaiser Ferdinand erhielt, als er noch Kronprinz war, einen technologischen Unterricht. Um diese Zeit.

Gewerbliche Lehranstalten. 209

schon etwas vorher, entstand auch ein Fabriksproduktcnkabinett, das an das k. k. Polytechnische Institut in Wien überging und von dem Professor der Technologie Altmütter aufgestellt wurde. Das Hauptverdienst dieses Technologen war die Schaffung einer systematischen Sammlung von Werkzeugen, die durch den Nachfolger Altmütters noch vervollständigt wurde. Das sogenannte technologische Kabinett der k. k. Technischen Hochschule in seinem heutigen Bestände ist zwar dem großen Publikum zugänglich, hat einen nicht zu unterschätzenden Wert als Lehrmittel- sammlung, macht aber selbstverständlich keinen Anspruch darauf, unmittelhar für die Hebung der technischen Tüchtigkeit des Gewerbestandes benützt, d. h. als Gewcrbeförderungsmittel aufgefaßt zu werden. Außer dieser technologischen Sammlung entstanden ja noch eine Reihe anderer an den deutschen technischen Instituten, so namentlich in Hannover durch Karmarsch, in München durch Hoyer, in Dresden durch Hart ig u. s. w. Alle diese an technischen Hoch- schulen bestehenden Lehrbehelfe kommen für die unmittelbare Erziehung des Nachwuchses der produktiven Klassen nicht besonders in Betracht. Die Aufstellung und Benützung ist von ganz anderen Gesichtspunkten aus geregelt, als es jene sind, welche bei der Begründung und Ver- wertung technischer Gewerbemuseen in Betracht kommen. Die unbelebte Sammlung von Ob- jekten an sich kann trotz räsonierender Kataloge und erläuternder Legenden keinen nachhaltigen Einfluß ausüben. Das Conservatoire in Paris hat erst dadurch lebendige Wirksamkeit und nach- haltige Erfolge erzielt, daß technische Fachmänner zur Abhaltung von Kursen berufen wurden, in denen einzelne Zweige der angewandten Wissenschaften unter Benützung der Sammlungen und unter gleichzeitiger Belehrung der Frequentanten in den Laboratorien abgehandelt werden. Fachmänner ersten Ranges aus allen Gebieten der technischen Disziplinen, die für die Industrie eine Bedeutung haben, vertraten die Lehrkanzeln, welche verhältnismäßig rasch Ruf und Einfluß gewannen. Diese Kurse sind zumeist Winterabendkurse und für solche Personen bestimmt, die bereits einem Berufe angehören. Sie sind jedermann zugänglich und es wird keinerlei Art von Schuldisziplin ausgeübt. Sie haben in ihrer Gesamtheit den Charakter einer Fortbildungsschule für gebildete Erwachsene, für Männer, die eine theoretisch-wissenschaftliche Ergänzung ihres fachlichen Wissens und Könnens anstreben.

Der wiederholt unternommene Versuch, an den Kunstgewerbemuseen, die ja ausnahmslos von einem Künstler, Kunstgelehrten oder Kunstfreund geleitet werden und mit Kunstgewerbe- schulen in Verbindung stehen, technologische Abteilungen in der Art zu errichten, daß sie ihrerseits der Technik der gewerblichen Betriebsamkeit Impulse zu geben in der Lage sind, hat sich fast nirgends bewährt. Das älteste europäische Kunstgewerbemuseum, jenes zu South- Kensington in London, hat auch diesen Versuch unternommen, aber bald wieder aufgegeben. Noch schwächlicher war der Versuch in Wien, welcher nur noch im Titel des Institutes „Museum für Kunst und Industrie" eine Spur zurückgelassen hat. Die einzigen Anstalten, in denen dauernd und mit Glück die Vereinigung der Kunstgewerbepflege mit der technologischen Ge- werbeförderung durchgeführt wurde und erhalten blieb, sind das Bayrische Gewerbemuseum in Nürnberg und das Königliche Württembergische Landes-Gewerbemuseum in Stuttgart, doch dominiert auch dort das Kunstgewerbe. Ähnliche Verhältnisse sind in Winterthur, Kaiserslautern, Brunn u.s.w. Ich habe, um diesen Gegenstand halbwegs erschöpfend abzuschließen, nur noch zu be- merken, daß sowohl das Pariser als auch das Londoner technische Museum durch ihr eigenes Alter zu historisch bedeutsamen Kollektionen emporgewachsen sind und alles aufbieten müssen, damit die modernen Arbeitsbehelfe nicht durch den Vorrat an alten und veralteten erdrückt werden. Sollen diese technologischen Sammlungen die ihnen innewohnenden Kräfte in der Beeinflussung der interessierten Kreise frei machen, so muß an solchen Sammlungen ein Kon- sultationsdienst organisiert sein. Jeder Angehörige der verschiedenen Zweige der Industrie und Gewerbe muß dort Auskünfte erhalten und Führer finden bei seinen technischen Be- strebungen.

Ein anderes Mittel zur Führung der fortschrittlichen Bewegung auf dem gesamten Gebiete der gewerblichen und industriellen Produktion sind die technischen Probier-, Untersuchungs- oder Versuchsanstalten. Nur einige Institutionen dieser Art besitzen ein höheres Alter, so z. B. die Eichämter, von den Staatsverwaltungen errichtet zur Feststellung von Maß und Gewicht, die Probier- und Punzierungsämter für die Münzstätten und die Edelmetalle verarbeitenden Gewerbe, die Probieranstalten für die Feuerwaffen etc. Jüngeren Datums hingegen sind die bei Eisenbahnen, Hüttenwerken und an polytechnischen Instituten errichteten Prüfungsanstalten für die Festigkeit von Bau- und Maschinenmaterialien. Der Privatunternehmungsgeist, in England besonders empfänglich, hat dort eine derartige, dem Publikum gegen einen bestimmten Tarif zugängliche Anstalt ins Leben gerufen (Kirkaldy, London). Auch die von industriellen Ver-

Bd. II. 14

2 1 0 Gebäude für Bildung und Unterricht.

bänden und Fachkorporationen errichteten Versuchslaboratorien sind zunächst den Interessen der Mitglieder der betreffenden Körperschaft dienstbar.

Die an Hochschulen errichteten Laboratorien haben eine Doppelaufgabe; es müssen dort zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschungen Versuchsreihen, insbesondere komparative Versuchsreihen angestellt werden, während anderseits für die industrielle und gewerbliche Praxis die Beschaffenheit der zu verwendenden Roh- und Hilfsstoffe nach den verschiedensten Richtungen festzustellen und zu bescheinigen ist. Großartige Entwicklungen sind zu verzeichnen bei d<m führenden Materialprüfungsanstalten in München, Zürich und Berlin. Schon vor Dezennien war deren Einfluß auf das Ingenieurwesen, auf Industrie und Verkehr ein beträchtlicher.

Das Prinzip der Teilung der Arbeit hat insbesondere bei den chemisch-technischen Ver- suchslaboratorien und Prüfungsanstalten Platz gegriffen. So kennen wir heute Versuchsstationen für landwirtschaftliche Zwecke, so viele für Düngeranalysen, für die Zuckerindustrie, für Mälzerei und Brauerei, für Ledergerberei, für die keramische Industrie, für die Zement- und Betonindustrie, für Färberei u. s. w. Auf dem Gebiete der Textil- und Papierindustrie erschienen schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Titrieranstalten für Seide und Wolle, während die Papierprüfung erst im dritten Viertel des Jahrhunderts anfing, sich Bahn zu brechen. In aller- neuester Zeit sind Laboratorien für die Erprobung von Motoren und die Untersuchung der dynamischen Verhältnisse an denselben entstanden, und zwar entweder an Lehranstalten oder an Gewerbemuseen. Die Erprobung von Dampfkesseln und die Bremsprobe an Maschinen wird entweder von staatlichen Organen oder von privilegierten Vereinen betrieben.

Sogar die Erscheinung ist nicht mehr selten, daß Versuchsanstalten für einen ganz speziellen Zweck, sagen wir für einen einzelnen Artikel, ins Leben gerufen werden, z B. für Schiffsketten und Taue oder für Gummiwaren. Die Prüfung der Handfeuerwaffen ist durch besondere Gesetze in Österreich und in Belgien geregelt worden, zuerst in dem letztgenannten Staate. Ein neues großes Feld für das wissenschaftliche und öffentlich betriebene Versuchs- wesen eröffnete sich mit dem Eindringen der Elektrotechnik in alle Zweige der Industrie und des Verkehrs. Die Grenzen zwischen den Aufgaben des Ingenieurwesens und jenen der eigent- lichen Industrie sind oft kaum zu ziehen. Auch gibt es große, mittlere und kleine, leicht und schwer zugängliche, mehr oder minder wirksame Anstalten aus der Gruppe der Institute für technische Erprobung, aber allenthalben besteht das Streben nach Vereinheitlichung der Prüfungs- methoden, der Ausdrucksweise für die Prüfungsergebnisse u. s. w. Wir stehen da unmittelbar vor der Realisierung eines internationalen Einverständnisses. Das technische Versuchswesen hat einen Siegeslauf zurückgelegt und muß überall dort angewendet werden, wo sich die gewerb- liche Produktion hierfür zugänglich zeigt. Auf vielen Gebieten bedeutet heute schon die Nicht- beachtung des Versuchswesens den Keim des Verfalles oder den Verlust der Konkurrenzfähigkeit.

Wenn man das bisher Gesagte überblickt, so gewahrt man vor allem, daß drei hervor- ragende Gruppen von Bildungs- und Förderungsmitteln technischer Art bestehen: das Unter- richts-, das Museal- und das Versuchswesen. Für ihre Propagierung, d. h. die Ausbildung an sich und Einführung in das industrielle Fortschrittsbestreben, dient das gesprochene, geschriebene und gedruckte Wort, der populäre agitorische Vortrag, das Zeitschriftenwesen und die Bibliothek mit ihrem Lesesaale. Die Entstehungsgeschichte aller dieser Arten von Institutionen ist ebenso mannigfaltig wie ihre Organisation, ihre rechtliche Grundlage, ihr Abhängigkeitsverhältnis, ihr Einfluß auf die ihnen zugehörigen Arbeitsgebiete, ebenso mannigfaltig wie der Wert, Ruf und Erfolg ihrer Schöpfer und leitenden Arbeitskräfte. In einer großen Zahl von Fällen entsprang die Idee zur Gründung irgendeiner derartigen Institution der Gewerbepflege dem Kopfe eines einzelnen, veranlaßt durch eine momentane technische oder wirtschaftliche Erscheinung, er warb Genossen für Verwirklichung seiner Absichten, man begründete einen Verein oder wandte sich an eine bestehende Korporation, oder man appellierte an die Staatshilfe und zwang schließlich durch das Parlament oder die öffentliche Meinung die Regierung zum werktätigen Eingreifen oder zur Übernahme des bereits anerkannten Institutes in die Staatsverwaltung. Viel seltener sind jene Fälle, in denen die Staatsregierung selbst die Initiative ergriff, mit ihrem Projekt vor die Öffentlichkeit trat und dann selbst zur Durchführung schritt, wenn die berufenen Kreise ihre Zustimmung gaben, die sich dann auch zur Kooporation steigerte. Wilhelm Exner.

Das Technologische Gewerbemuseum, IX., Währingerstraße 50 (Abb. 312 bis 315).

Die Hauptfassade des Gebäudes des k. k. Technologischen Gewerbemuseums (Architekt Tietz) liegt an der Währingerstraße. Ihr Stil ist griechisierende Renaissance und ihre Ausführung

Gewerbliche Lehranstalten.

211

Abb. 315.

Technologisches

Gcwerbcmuscum.

Erdgeschoß.

1 : 1000.

Abb. 316.

Staatsgcwer beschule

im X. Bezirke.

Erdgeschoß.

1 : 800.

1 Laboratorium.

2 Physikalisches nett.

3 Lehrzimmer.

4 Zeichensaal.

5 Modellsammlung.

6 Schülerarbeiten.

11 Schlosserei.

12 Schmiede.

13 Motor.

14 Formerei.

1 Hörsäle.

2 Zeichensaal. \ t

3 Amtszimmer. V^

4 Kustoszimmer. %

5 Schülerarbeits-

VT

ticrwohnung.7Vor- ~ -

räum. 8 Treppe. 9 Einfahrten. 10 Por- tierloge. 11 Elektro- i^~ technisches Laborato- «= rium. 12Versuchsstation für ölprüfung. 13 Ver- suchsstation für Bau- und Maschinenmaterial. 14 Vorbereitungsräume. 15 Elektrische Lichtzentrale. 17 Lehrwerkstätte. 21 Physikalisches Kabinett. 22 Akkumulatorenraum. 23 Photometerräume. 24,25 Elektrotechnische Ver- suchsanstalt. 26—28 Amtszimmer. 30 Kesselhaus.

Währingerstraße.

Ziegelrohbau. Von wirkungsvollen Pa- villons mit Silhouetten flankiert, zeigt die Mittelpartie das mächtige Portal, über dem sich ein Balkon mit den Steinfiguren „Technische Wissenschaft und Maschinen- bau" vorlegt. Der vergoldete Reichsadler in der Attika über dem Hauptgesimse bildet eine günstige obere Be'crönung. Während der linke Seitentrakt den ein- fachen Fabrikscharakter bringt, ist der rechte, nach den Plänen des Architekten Krones ausgeführt, mehr architektonisch gegliedert. Wirkungsvoll erscheint die rückwärtige Fassade vom Architekten Berehinak, die durch ihre großen und gut proportionierten Öffnungen auf günstige lichtvolle Innenräume schließen läßt. Die Hauptstiege, die Museal- und Arbeitssäle in demselben Trakt sind beachtenswert. Das inmitten des großen Hofes stehende Ebenerdgebäude enthält die Versuchsanstalt für Elektrotechnik und ist nach den Plänen der Bauräte Fellner und Helmer gleichfalls in Ziegel- architektur erbaut. Die Entstehungsgeschichte dieser Anstalt und deren Zweck sind aus dem vorstehenden Aufsatze zu entnehmen, deren Einteilung aus dem Grundrisse zu ersehen.

Literatur. Das k. k. Technologische Gewerbemuseum in Wien 1879—1904. Denkschrift von Dr. W. F. Exner.

K. k. Staatsgewerbeschule, I., Schellinggasse.

Die k. k. Staatsgewerbeschule okkupiert den gegen die Hegelgasse gelegenen Teil des 1883 1885 errichteten Gebäudes für staatliche Unterrichtsanstalten am ehemaligen Hegelplatz. Neben ihr sind dort noch untergebracht: die Lehrerinnenbildungsanstalt (siehe dort), die Vor- bereitungsschule der k. k. Kunstgewerbeschule, die k. k. Statistische Zentralkommission und der k. k. Schulbücherverlag. Der Bau liegt von allen Seiten frei, hat Vorgärten und zwei große Höfe, wovon einer zu Zwecken des Kindergartens benützt wird. Über dem Erdgeschoß besitzt er noch vier Etagen, wovon der Halbstock vornehmlich Wohnungen, die anderen Stockwerke Lehr- und Amtsräume enthalten. Das Souterrain enthält Dienerwohnungen, Turnsaal, Depots etc. und wurde gegen Feuchtigkeit versichert. Jede Schule und jedes Amt hat seinen beson- deren Eingang, Vestibül und Stiege, die sehr geräumig angelegt sind. Der Bau selbst ist bereits vorstehend (S. 196) beschrieben worden.

Die Staatsgewerbeschule, X., Eugengasse (Abb. 316),

wurde von der Gemeinde Wien im Jahre 1888 erbaut und umfaßt eine Werkmeisterschule mit Lehrwerkstätte und eine Fortbildungsschule. Das zweigeschossige Schulgebäude enthält

212

Gebäude für Bildung und Unterricht.

nach der im Jahre 1893 erfolgten Erweiterung, welche einen Aufwand von rund 103.000 K er- forderte, 5 Zeichensäle, 2 Lehr- und 9 Lchrmitttelzimmer, 1 Bibliothekssaal, 1 chemisches Labo- ratorium, Formerei mit Tiegelofen, Schmiede, Schlosserei, Tischlerei, Werkstätte und Labo- ratorium für Elektrotechnik, diverse Nebenräume und Wohnungen für Angestellte. Zu der Er- haltung der Anstalt, welche der Staatsverwaltung untersteht, leistet die Gemeinde einen Beitrag.

Die graphische Lehr- und Versuchsanstalt, VII., Westbahnstraße 25 (Abb. 317),

wurde als Staatsanstalt im Jahre 1887 errichtet hat diese Gründung dadurch gefördert, daß sie

Abb. 317. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Dritter Stock. 1 :800.

und am 1. März 1888 eröffnet. Die Gemeinde das zweite Stockwerk des städtischen Gebäudes dem gedachten Zwecke überließ und mit einem Kostenaufwande von 70.000 K ein drittes und teilweise viertes Stockwerk daselbst errichtete und für Zwecke der Anstalt überließ. Die Pläne hierfür sind nach Angaben des Leiters der Anstalt Hofrat Dr. Eder vom Stadtbau- amte verfaßt worden. Die Anstalt, welche über vier große Ateliers und 48 Säle und Lehr- zimmer mit den nötigen Neben- und Wohn- räumen verfügt, beschäftigt sich mit der Photo- graphie und deren vielfältigen Reproduktions- verfahren.

VI. BÜRGER- UND VOLKSSCHULEN.

Geschichtliches.

Die allgemeine Volksschule wurde bereits von der Kaiserin Maria Theresia als eine Regierungs- angelegenheit betrachtet. Sie berief den Pädagogen Abt Johann Ignaz von Felbinger aus Sagon als General- direktor des Schulwesens und erließ am 6. Dezember 1774 die von ihm verfaßte »Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen Erbländern', von welchem Zeitpunkte sonach die öffentliche österreichische Volksschule ihren Anfang nimmt. Als Ratgeber in wichtigen Schulfragen standen der Kaiserin außerdem die Staatsmänner Josef von Sonnenfels, G. van Swieten und Reichsgraf von Pergen zur Seite. Kaiser Josef II. vermehrte die Volksschulen, führte 1781 den Schulzwang gesetzlich ein und schuf 1787 das Schulpatronat. Kaiser Franz I. erließ 1805 die politische Schulverfassung.

Nach längerem Stillstande auf dem Gebiete der Schule wurde unter Kaiser Franz Josef I. durch das am 23. März 1848 geschaffene Unterrichtsministerium das Volksschulwesen reformiert. Nach dem vom Frei- herrn von Feuchtersieben verfaßten Entwurf der ,, Grundzüge des öffentlichen Unterrichtswesens in Öster- reich" sollte die Volksschule das erste und wichtigste Glied im Rahmen des öffentlichen Unterrichtes bilden. Die Entwicklung des Volksschulwesens seit dem Jahre 1848 erforderte auch in der Reichshauptstadt Wien die Ausgestaltung und Vermehrung der für den Unterricht der schulpflichtigen Jugend gewidmeten Schulgebäude, denn zu Anfang des Jahres 1848 bestanden in Wien nur 7 Hauptschulen mit vier bis fünf Klassen. 9 Pfarrschulen für Knaben mit drei Klassen und 57 Trivialschulen mit zwei Klassen für Knaben und Mädchen. Im Jahre 1849 erfolgte die Reorganisation der Wiener Volksschulen: dieselben wurden nun der Obsorge der Gemeinde übergeben, welche von da an für die Beistellung der Schullokalitäten zu sorgen hatte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat das Volksschulwesen in Wien einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Von 1851—1867 gelangten sechzehn neue Schulhäuser zur Erbauung und mußten außerdem noch Gebäude für Schulzwecke adaptiert und bestehende Schulen vergrößert werden. Die seitens der Gemeinde übernommenen und eingemieteten Schulen, wie auch die von 1851 1867 erbauten Schulhäuser können selbstverständlich den schulhygienischen Forderungen der Jetztzeit nur wenig entsprechen. Von diesen wurden deshalb seitdem einzelne ganz aufgelassen, in den anderen die sanitären Verhältnisse durch Legung harter Fußböden, Herstellung von Zentralheizanlagen oder Lüftungsöfen, Einrichtung der Abort- bespülung, Gasglühlichtbeleuchtung und Beistellung neuer Schulbänke beträchtlich verbessert.

Infolge der durch das Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869 angeordneten Verlängerung der Schulpflicht bis zum vollendeten vierzehnten Jahre trat abermals die Notwendigkeit der Vermehrung der Schullokalitäten ein. Der Gemeinderat hat seither sein Hauptaugenmerk der Reorganisation des Volksschul- unterrichtes und der Erbauung neuer, zweckmäßiger Schulhäuser gewidmet, und bilden die Auslagen der Gemeinde für das Schulwesen und die Schulbauten einen beträchtlichen Teil des Gemeindehaushaltes.

Die von 1868—1873 seitens des Stadtbauamtes nach den Projekten des städtischen Oberingenieurs G. Haußmann erbauten Schulhäuser weisen schon mannigfache Verbesserungen bezüglich der baulichen An- lage auf. Weitere Neuerungen, insbesondere bezüglich der Größe und natürlichen Belichtung, der Heizung und Ventilation der Lehrräume, wie der Einrichtung und der Schulbänke führte Oberingenieur Fr. Paul bei den seit 1874 erbauten Schulhäusern ein und seine Nachfolger. Clauser und Lichtblau, wandten von 1882

Bürger- und Volksschulen. 213

an auch neuere Konstruktionen und moderne Grundrißeinteilungen an. Auch wurden aus hygienischen Rücksichten für die Wohnungen der Schulleiter eigene Eingänge von der Gasse aus angeordnet, damit die- selben von den Schullokalitäten ganz isoliert werden können. Mit der Verbesserung der Heiz- und Lüftungs- anlagen wurde bei Schulneubauten auch für die Heizung der Aborte, Gänge und Stiegen Vorsorge getroffen. Die Ringtheaterkatastrophe im Jahre 1881 gab auch bezüglich der Schulen den Anstoß zu verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen, insbesondere der Herstellung von nach außen aufgehenden Lehrzimmertüren, Ver- breiterung der Gänge, Vermehrung der Treppen u. dgl. Im Jahre 1890 begann man die in Deutschland bereits bewährte Niederdruckdampfluftheizung einzuführen und für die künstliche Beleuchtung der Lehr- räume Siemens-Regenerativgasbrenner, im Jahre 1897 sodann Auer-Gasglühlicht anzuwenden. Auch die Schulbankfrage wurde im Jahre 1892 einer gedeihlichen Lösung zugeführt.

Grundsätzliche Bestimmungen für die Ausführung von Schulbauten.

Bezüglich der Organisation der Schulen sind zu unterscheiden:

1. Fünfklassige allgemeine Volksschulen, für beide Geschlechter getrennt, mit höchstens je fünfzehn Klassen (allgemeine Volksschulen für Knaben und für Mädchen);

2. fünfklassige allgemeine Volksschulen und dreiklassige Bürgerschulen, für jedes Ge- schlecht, mit höchstens je zwölf Klassen (allgemeine Volks- und Bürgerschulen für Knaben und für Mädchen) und

3. dreiklassige Bürgerschulen, für beide Geschlechter getrennt, gleichfalls je zwölf Klassen (Bürgerschulen für Knaben und für Mädchen).

Da das Verhältnis an allgemeinen Volks- und Bürgerschulen im allgemeinen für beide Geschlechter fast gleich ist, werden die neuen Schulhäuser zumeist als Doppelschulen bezüglich jeder der bezeichneten Schulgattungen errichtet, zuweilen aber auch drei oder vier Schulen (Volks- und Bürgerschulen für Knaben und für Mädchen) in einer Gebäudegruppe unter- gebracht. Nur in den entlegeneren Gebietsteilen der äußeren Bezirke müssen kleinere, ge- mischte Volksschulen errichtet werden, in welchen jedoch von der vierten Klasse an die Ge- schlechter getrennt untergebracht sind. Die größeren Schulhäuser für zwei oder mehrere Schulen werden derart angelegt, daß für jede Schule beziehungsweise für jedes Geschlecht vollständig getrennte Schuleingänge, Korridore, Stiegen, Abortanlagen, Kanzleien, Konferenz-, Lehrmittel- zimmer, Zeichensäle und Turnlokalitäten vorhanden sind. Jede Schule erhält zumeist auch einen eigenen Schuldiener mit einer aus Zimmer, Kabinett und Küche bestehenden Natural- vvohnung neben dem Schuleingange. Seit 1899 ist die Herstellung von Naturalwohnungen für die Schulleiter in den Schulgebäuden dem Ermessen der Gemeinde überlassen, weshalb solche nur mehr in einzelnen entlegenen Gebietsteilen geschaffen werden.

Bei dem Bedürfnisse nach möglichst großen Schulen und mit Rücksicht auf die oft be- trächtlichen Baugrundwerte werden die Schulhäuser, nach Zulässigkeit der Verbauungsweise, mit zwei, zumeist drei Stockwerken erbaut. Bei der Wahl von Schulbauplätzen kommt die Lage, die Umgebung, die Nähe von unangenehmen, störenden Betrieben, Fabriken, wie die herrschende Windrichtung in Betracht, und wird insbesondere die Möglichkeit einer entsprechenden natür- lichen Belichtung berücksichtigt. Es wird getrachtet, Schulen nicht in verkehrsreichen Straßen, sondern in ruhigen Seitengassen anzulegen, welche jedoch so breit sein müssen, daß die Ent- fernung der Fensterhauptmauer des Schulhauses von den gegenüberliegenden Häusern der Höhe derselben gleichkommt. In Gassen unter 18 m Breite können sonach im Erdgeschoß keine Lehrzimmer, sondern nur Wohnungen, Turnsäle und Nebenräume angeordnet werden, wenn nicht die Bauflucht durch die Herstellung eines Vorgartens von 3 bis 5 m Breite zurück- gesetzt werden kann. Die Größe und insbesondere die Tiefe von Eck- oder Mittelbauplätzen muß eine solche sein, daß bei vollständiger Bebauung der Nachbargrenzen noch eine genügende Belichtung der Hofräume ermöglicht ist, weshalb bei Anordnung von Hoflehrzimmern diese von den Nachbargrenzen noch wenigstens 18 m entfernt sein müssen. Zur Verhütung der Unterrichtsstörung durch Wagengerassel werden Straßen vor Schulhäusern mit einem Asphalt- oder Holzstöckelpflaster versehen.

Die Dacheindeckung der Hauptgebäudetrakte erfolgt zumeist mit imprägnierten Dach- falzziegeln, zuweilen werden dieselben auch, insbesondere die Abort- und Stiegenausbauten, die einfachen Hoftrakte für die Turnlokalitäten und deren Aufbauten durchaus mit Holzzement- dächern versehen. Als Deckenkonstruktion werden seit 1899 in den Lehrräumen und sonstigen Zimmern stukkatorte Traversendecken hergestellt, während die Aborte, Gänge und Stiegen Gewölbe- oder armierte Betondecken erhalten. Die Schultreppen erhalten derzeit eine Breite von 170 m und schmiedeeiserne, an den Stufenköpfen befestigte Geländer von 110 m Höhe.

214 Gebäude für Bildung und Unterricht.

Im Ebenerdgeschoß werden aus Schulbetriebsrücksichten und wegen der geringeren natürlichen Belichtung einerseits die Kanzleien samt Konferenzzimmer, eventuell Warteräume, anderseits die Schuldiencrwohnungen, ferner die Turnsäle samt Garderoben, gegen breitere Gassen auch einzelne Lehrzimmer angeordnet, letztere jedoch größtenteils, wie die Lehrmittel- zimmer, in den Stockwerken, die Handarbeits- und Zeichensäle und dazu gehörige Modell- zimmer in den obersten Geschossen untergebracht.

Die Schulzimmcr haben in der Regel 8-5 bis 10 m Länge und 6"5 m (ausnahmsweise 7 bis 7-5m) Tiefe, ferner eine lichte Höhe von 36 bis 4-2 m, zumeist von 4 m, und besitzen sonach einen Fassungsraum von 55 bis 65 Schülern und einen Luftraum von 200 bis 273 m:!, im Mittel von 236 ms, wobei auf ein Kind durchschnittlich 4 m3 Luftraum entfällt. Für die natürliche Belich- tung dienen dreiteilige Fenster von 15 bis 17 m Breite oder gekuppelte zweiteilige von 1 bis 13 m Breite und 2"5 bis 28m Höhe. Für die 13 bis 16m langen Handarbeits- und Zeichensäle geben vier bis fünf derartige Fenster eine ausreichende natürliche Belichtung. Die 8 bis 9 m tiefen, 18 bis 25 m langen, 4-5 bis 5 m im Lichten hohen Turnsäle befinden sich zumeist in ebenerdigen oder einstöckigen Hoftrakten und sind von dem Haupttrakte durch die Garderobe zugänglich.

Die Fußböden aus Eichenbretteln (fischgrätenartig gelegt) werden mit hölzernen Mauer- sockeln oder, seit 1903, auch mit hohlkehlenartigen Sockeln aus Holz oder Xylolith beziehungs- weise Asbestit gegen die Wände abgeschlossen. Versuchsweise werden auch fugenlose Fuß- böden aus Xylolithflötz oder Asbestit auf Holzböden oder Betonunterlagen bei gewölbter Zwischendecke, weiters auch Linoleumbelag auf weichen Fußböden oder Korksteinplatten hergestellt, welche bezüglich der leichteren Reinigung wohl einen idealen Fußboden für Schulen bilden. Für Turnsäle, die einen elastischen Boden verlangen, werden vielfach Schiffböden aus 5 cm starken Lärchenpfosten in Feder und Nut angewendet. Die Fußböden der Gänge werden zumeist mit Terrazzopflaster belegt.

Je ein oder zwei Schulzimmerfenster werden mit einer Ventilationsvorrichtung zum gleich- zeitigen Öffnen je eines oberen Flügels nach innen und nach außen versehen. Die Aborträume sind in eigenen, durch alle Geschosse gehenden Ausbauten gegen den Hof neben den Stiegen oder am Ende der Gänge (in Doppelschulen selbstverständlich für die Geschlechter getrennt) unter doppeltem Verschluß angeordnet. Die Pissoire erhalten seit 1898 einen Ablaufsiphon mit Ölverschluß nach Beetz; die freistehenden Sturzklosette werden mit direkter Wasserbespülung eingerichtet. Von besonderer Wichtigkeit für Schulhäuser ist die Art der Beheizungs- und Lüftungseinrichtungen. Anstatt der ursprünglichen eisernen oder Blechöfen für Kreislauf- heizung aus den Fünfzigerjahren wurden teils die Meißnersche Luftheizung oder Meidin- gersche Regulierfüllöfen verschiedener Systeme, ohne Frischluftzufuhr, ferner von 1867 an Sammelheizungen eingeführt. Von 1873 1875 wurden einige Schulneubauten mit Warm- und Heißwasserheizungen und Ventilation mittels Aspiration eingerichtet. Im Jahre 1887 gelangte das in deutschen Städten bewährte System der Niederdruckdampfluftheizung mit Heizkammern im Keller sowohl in neuen Schulen wie auch später bei Erneuerung oder Herstellung von Heizanlagen in bestehenden Schulen zur Einführung. Dasselbe hat sich wegen der Erzielung einer gleichmäßigen Temperatur, Vermeidung von trockener Luft im Schulzimmer und leichterer Bedienung als sehr zweckmäßig erwiesen. Die in den Heizkammern erwärmte Luft wird durch Warmluftschläuche in den Mittelmauern aufwärts in die Lehrräume geführt, wo sie in der Höhe von 2 bis 22 m über dem Fußboden mit 18 bis 22° C ausströmt. Durch elektrische Fernthermometer erhält der Heizer Kenntnis von der Temperatur jedes Raumes und kann hier- nach den Warmluftzufluß regeln. Das Zuströmen von Frischluft zu den Heizkammern beziehungs- weise zu den Heizkörpern während des Heizbetriebes bedingt bei der Feuerluftheizung wie bei der Niederdruckdampfheizung und den Lüftungsöfen eine zwangsweise Ventilation im Winter. Die Warmluft- wie die Abluftschläuche für die verdorbene Luft werden so dimensioniert, daß bei höherer Außentemperatur eine zweineinhalbmaligc Lufterneuerung pro Stunde möglich ist. In den Jahren 1902 und 1903 wurden mehrere Schulen mit Gasöfenheizung verschiedener Konstruktion eingerichtet, die wohl einen einfachen, reinen Betrieb ermöglicht, jedoch größere Betriebskosten erfordert als andere Heizungsarten mit Kohlenfeuerung. Derzeit werden auch wieder Niederdruckdampfheizungen, jedoch mit örtlichen Heizkörpern, zuweilen Lüftungsöfen für Kohlen- und Koksfeuerung hergestellt und die bestehenden Öfen für Koksfeuerung um- geändert. Zurzeit sind über 100 Schulen mit Niederdruckdampfheizung, hiervon 16 mit ört- lichen Heizkörpern, 45 mit Feuerluftheizung, 10 mit Wasserheizungen, 100 mit Lüftungsöfen für Kohlen- und Koksfeuerungen, 19 mit Gasöfen eingerichtet und die übrigen älteren mit gewöhnlichen Füllöfen für Kreislaufheizung versehen.

Bürger- und Volksschulen.

215

Für die künstliche Beleuchtung bestanden bis anfangs der Achtzigerjahre offene Schnitt- brenner. 1882 gelangten in den Zeichensälen und Lehrzimmern die Siemens-Regenerativgas- brenner mit zwei bis vier Lampen in zwei Größen zur Einführung, die jedoch verschiedene Übelstände aufwiesen und beträchtliche Gaskosten verursachten, weshalb 1892 die Spezial- rundbrenner von Jäckle (vier bis sechs und eine Tafelflamme) von 220 bis 235 1 Gaskonsum Eingang fanden. Die Verbreitung des Aucrschcn Gasglühlichtes und die Entwicklung der elek- trischen Beleuchtung, wie die Nachteile und großen Kosten der bisherigen Beleuchtung in Schulen führten zu vergleichenden Versuchen über die verschiedenen Beleuchtungsarten, auch bezüglich der direkten und indirekten Beleuchtung. Auf Grund derselben wurde seit 1897 das Aucr-Gasglühlicht mit matten Augenschützern, und zwar von Brennern zu 1101 Gasverbrauch pro Stunde, bei Schulneubauten eingeführt, wobei in den Lehrzimmern direktes, in den Zeichen- und Arbeitssälen diffuses Licht angewendet wird. Seit dem Jahre 1902 wurde in den neuen Schulen wie in mehreren bestehenden Schulen elektrische Beleuchtung eingeführt, und werden Bogenlampen mit diffuser Beleuchtung nicht nur in Handarbeits- und Zeichensälen, sondern auch in Lehrzimmern (nebst einzelnen Glühlampen für die Reinigung) eingerichtet. Auch mit Osmiumlampen wurden Versuche angestellt, und werden dieselben dermalen für Lehrzimmer verwendet. Zum Schutze gegen das Sonnenlicht werden in neuester Zeit Rollplachen angewendet, welche in jeder Lage leicht festgestellt werden können und in aufgerolltem Zustande dem oberen Teile des Fensters möglichst wenig Licht entziehen.

Bei den Schulbauten der letzten Jahre wurden auch Maßnahmen behufs leichterer Rein- haltung und Vorkehrungen zur Hintanhaltung der Staubansammlung und Staubentwicklung getroffen, indem nebst den schon erwähnten Ölanstrichen und fugenlosen Fußböden auf die Abrundung aller Ecken, Winkel, Herstellung von Hohlkehlensockeln, einfachere Profilierung der Türen und Verkleidungen u. s. w. Wert gelegt wird. Die Fußböden werden nun durchwegs mit staubbindenden Ölen gestrichen. Eigene Garderoberäume für Kleiderablagen wurden bis- her nur für die Turnlokalitäten geschaffen, und in einzelnen alten oder eingemieteten Schulen Vorzimmer hierzu verwendet. Von 1893 an wurden in einigen neuen Schulen an der rück- wärtigen Wand der Lehrzimmer hölzerne, unten vergitterte, mit Holzjalousien verschließbare Garderobeschränke mit Ständern und Tassen für Regenschirme angebracht und selbe mit eigenen Abzugschläuchen versehen. In neuerer Zeit werden auch Warteräume für Schulkinder geschaffen, die zum Teil als Garderoben, hauptsächlich für nasse Überkleider und Schirme, eingerichtet werden können. Schulbäder werden in Wiener Schulen nicht hergestellt, weil die Schulkinder für die fast in jedem Bezirke befindlichen Volksbrausebäder Karten zur unentgelt- lichen Benützung erhalten.

Statistische Daten und Baukosten.

Das Anwachsen der städtischen Bürger- und Volksschulen seit 1870, in welchem Jahre sich die Wirkung des Reichsvolksschulgesetzes geltend machte, ist aus nachstehender Tabelle zu ersehen.1)

Ende des Jahres

1870\)

1880

1890

189P)

1900

1903

1904;')

Einwohner (Zivilbevölke- rung)

Anzahl der

Schul- gebäude

Schulen

Klassen

Schüler

Anmerkun

631.846 736.450 817.299 1,341.877 1,648.335 1,753.247 1,789.681

75 89 102 183 210 219 221

83 129 177 300 411 436 442

576 1076 1669 2700 3597 3896 3965

37.327 66.856 86.803 150.742 185.072 198.936 204.514

1) Ohne die Schulabteilungen für nicht vollsinnige Kinder.

3) Nach Einbeziehung der Vororte.

3) 6 Schulen eingemietet, 3 in an- deren Häusern, 1 aufgelassen.

In den städtischen Schulen bestehen derzeit 310 Turnsäle, 114 Sommerturn- und Spiel- plätze und 85 Schulgärten. Zu der vorstehenden Tabelle wird bemerkt, daß in derselben auch die eingemieteten Volksschulen enthalten sind, welche, wie auch die älteren kleinen unzweck- mäßigen städtischen Schulgebäude, nach und nach aufgelassen und durch neue ersetzt werden.

') Zum Vergleiche sei angeführt, daß in Berlin 1904 271 Oemeindeschulen mit 4720 Klassen und einer Schülerzahl von 219.673 bestanden.

216

Gebäude für Bildung und Unterricht.

Die Kosten der Neubauten und Erweiterungsbauten von Schulen in den letzten Jahrzehnten sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt, aus welcher zu entnehmen ist, daß die Neu- bauten zumeist auf städtischen Gründen errichtet wurden, für welche der Grundpreis nicht berechnet erscheint. Auch die für Verbesserungen der hygienischen Verhältnisse in den alten Schulgebäuden aufgewendeten, ziemlich bedeutenden Beträge sind hier nicht ausgewiesen.

In de

r Z e i t

Neubauten

Zubauten

Stockwerks- aufsetzungen

Grund- erwerbungen

Kosten in

von

bis

Kronen

1861

Ende 1868

10

2

1

4

2,134.066

1869

Mitte 1878

12

2

1

2

3,615.763

Mitte 1878

anfangs 1882

28

1

6

8,158.893

anfangs 1882

Ende 1889

19

5

3

2

8,052.713

1890

anfangs 1894

18

5

2

1

5.880.747

1894

1897

14

11

5

1

6.412.300

1897

Ende 1899

17

1

3

2

5,545.364

1900

Oktober 1903

27

3

2

3

7,777.800

Oktober 1904

1905

10

2

1

4

4.416.990

Zusammen

51,994.636

Bei den in den letzten Jahrzehnten ausgeführten Schulhausbauten der Gemeinde Wien ergaben sich die Kosten für Bau und Einrichtung: für ein Lehrzimmer, wobei Arbeits- und Zeichensäle als ein, Turn- säle als zwei Lchrzimmer gerechnet werden zwischen K 12.000

1 m- Geschoßfläche, wobei nur Ebenerd und die Stockwerke

gerechnet werden 80

., 1 m:f verbauten Raum, wobei die Höhe vom Ebenerdfußboden

bis zum Dachbodenpflaster gerechnet wird 18 24

1 m'2 drei Stock hoch verbaute Fläche 320 420

1 m'2 zwei Stock hoch verbaute Fläche 240 320

6.000

05

Garten

E j E TWT ' | D - D - D

Ebenerd.

Stockwerk. A Lehrzimmer. D Schuldiencrwohnung.

13 Kanzlei. E Direktorwohnung.

L Lehrmittclzimmer. G Garderobe.

T Turnsaal.

Abb. 318. Volksschule XIII., Linzerstraße. 1 : S00.

Beschreibung einzelner Schulbauten.

Im nachfolgenden werden einige seit Einbeziehung der Vorortegemeinden erbaute städtische Schulhäuser für kleinere und größere Volks- und Bürgerschulen mit ver- schiedener Bauplatzform, verschiedenen Heizanlagen und Beleuchtungsarten näher beschrieben. Die Entwürfe und Detailprojekte für alle Schulbauten der Gemeinde Wien werden im Stadtbauamte verfaßt, welches auch die Bau- leitung besorgt.

Die allgemeine Volksschule für Knaben und Mädchen XIII., Linzerstraße 419 (Abb. 318) wurde 1894 auf einem zirka 4800 m'2 großen Grundstücke als freistehender, zwei Stock hoher Gassendoppel- trakt mit 530 m'2 überbauter Fläche und einem an- schließenden ebenerdigen Scitentrakte von 205 m'2 Fläche errichtet. Mit Rücksicht auf die Lage wurde ein zirka 2890 m'2 großer Garten mit vorhandenen Nadelholz- beständen belassen, auf welchem im Bedarfsfälle behufs Trennung der Geschlechter ein gleicher zweistöckiger Schultrakt im Anschlüsse an den Turnsaal errichtet werden kann.

Der Haupttrakt enthält im zweiten Stocke fünf Lehrzimmer für Knaben, im ersten Stocke fünf Lehr- zimmer für Mädchen von je 90 X 6*5 m = 58-5 m'2 Fläche und 4 m lichter Höhe, im Parterre je ein Kanzlei-, Konferenz- und Lehrmittelzimmcr, die Turngarderobe, eine Schuldienerwohnung und eine isolierte, vom Garten

Bürger- und Volksschulen.

217

ud

März -Sfraße.

#

Abb. 319. Lageplan der Schule XIII. Reinigasse. 1 : 3000.

aus zugängliche Schulleiterwohnung-; der ebenerdige Trakt den 18X9m= 162 m- großen, 5 m hohen Turnsaal, dessen untere Wandflächen mit Holzverkleidung versehen sind. Alle Räume sind mit harten Brcttelfußbüden belegt. Die Heizung der Lehrräume erfolgt durch in Nischen stehende Regulierfüllöfen mit Lüftungsbetrieb, in den Nebenräumen durch solche für Kreislauf- heizung. Das Stiegenhaus samt Gängen werden durch einen Zentralofen (im Keller) erwärmt. Die Kosten des Baues und der Einrichtung betrugen 194.600 K.

Die Doppclbürgcrschule XIII., Goldschlagstraße, Reinigasse 19— Gurkgasse 32 (Abb. 319, 320) wurde 1895—1896 auf einem 64-5 X 310 m = 2000 m2 großen Doppeleckplatz er- erbaut. Das Schulgcbäude besteht aus zwei dreistöckigen Eck- trakten mit den Eingängen in der Reinigasse (für die Knaben) und in der Gurkgasse (für die Mädchen) und einem zwei- stöckigen, gegen die Goldschlagstraße zurücktretenden Mittel- trakte, welche einen gegen letztere Gasse offenen Vorhof von 283 m Länge und 2 18m Tiefe umschließen, der als Spielplatz ausgestaltet ist. In den beiden ersteren Trakten sind zu ebener Erde die von den Schulräumen isolierten, mit eigenen Gassen- eingängen versehenen Direktors- und Schuldienerwohnungen, wie die Aufnahmszimmer für jede der Schulen untergebracht. In den drei Stockwerken mit je 4 m lichter Höhe befinden sich in gleicher Zahl für beide Geschlechter zusammen: 20 Lehrzimmer von 9-75 X 6*5 m = 6338 m2 Bodenfläche, 2 Zeichensäle von 14"9 X 6'5 m = 9685 m- Bodenfläche, 2 Kanzleien, 2 Konferenzzimmer, 8 Lehrmittelgelasse. Im Mittel- trakte bestehen zu ebener Erde und im ersten Stocke die Turn- säle für die Knaben und Mädchen von 18 X 7"8 m= 1404 m2 Bodenfläche mit geräumigen Garderoben und Turnlehrerkam- mern, im zweiten Stocke noch 2 Zeichensäle für Knaben von 15 2 X 7'8m= 11 8-56 m2 Fläche, für Mädchen von 1275 X 7'8m = 99'45m2 Fläche. Sämtliche Schulräume, Gänge und Treppen werden durch eine Niederdruckdampfluftheizung, erstere mit örtlichen Ergänzungsheizkörpern, die Ne-

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benräume mit Regulierfüllöfen beheizt. Die Kosten des Baues und der inneren Einrich- tung belaufen sich auf 458.000 K.

Das Schulgebäude XVIII., Schopen- hauerstraße 79 (Abb. 321, 322) wurde auf einem gegen die Staudgasse gelege- nen, 3150 m2 großen Baublocke in den Jahren 1896 1897 erbaut. Dieses frei- stehende, große Schulhaus mit Fassaden im mittelalterlichen Baustile umfaßt einen dreiteiligen, drei Stock hohen, Hochpar- terre und Souterrain enthaltenden Doppel- trakt mit 66T m Längsfront in der Scho- penhauerstraße gegen Norden, gegenüber einer öffentlichen Gartenanlage, und zwei Stirnfronten von 19-58m Länge gegen die Vinzenz- und Klostergasse, längs welchen sich beiderseits einen Stock hohe, mit Holzzementdach versehene, einfache Flü- geltrakte von 1875 m beziehungsweise 16 m Länge und 9-2 m Tiefe derart an- schließen, daß selbe mit dem Haupttrakte eine bis zur Staudgasse reichende Garten- anlage mit einem großen mittleren Som- merturnplatz und zwei kleineren seitlichen Spielplätzen umgrenzen. Die verbaute Fläche des dreistöckigen Hauptgebäudes

A Lehrzimmer.

B Kanzleien.

D Schuldienerwohnung.

Direktorwohnung.

Garderobe.

Turnsaal.

Abb. 320. Doppelbürgerschule XIII., Reinigasse. 1:

800.

218

Gebäude für Bildung und Unterricht.

zusammen 320 m2, während für die Garten-

beträgt 1195 m2, jene der einstöckigen Flü^eltraktc

anlagen und Spielplätze 1635 m2 verbleiben.

In diesem umfangreichen Schulgcbäude sind untergebracht: a) Links eine Volks- und

Bürgerschule für Knaben, rechts eine ebensolche für Mädchen; deren jede enthält 14 Lchrzimmer

von 8'9 bis 96 m Länge und 65 m Tiefe, 2 Zeichensäle von 125 X 65 m = 8L25 m2 Fläche, 1 Turnsaal für Kna- ben von 18-25 X 8 m = 146 m2 Fläche samt Garderobe, 1 Turnsaal für Mädchen von 1 55 X 8 m = 124 m2 Fläche, beide im ersten Stocke der Flügeltrakte; ferner je 1 Kanzlei. 1 Konferenz- und 2 Lehrmittelzimmer, b) Zwei von den Schulräumen isolierte, von der Staudgasse durch den Garten zugängliche, mit eigenen Eingängen versehene Schulleiter- wohnungen, aus zwei Zimmern, Kabinett, Vorzimmer und Küche bestehend, ferner zwei Schuldicnerwohnungen im Souterraingeschoß, c) Ein Knabenhort im Erdgeschoß des linken, d) ein Kindergarten im Erdgeschoß des rechten Flügeltraktes, welche beide von der Staudgasse eigene Zugänge durch die zugehörigen Gartenteile besitzen. Die Verbindung der 4-4 m hohen, durch Falzziegelgewölbe unterteilten (4 m lichte

Abb. 321. Lagcplan der Schule XVIII hauerstraße. 1 : 3000.

Schopen-

Geschosse Höhe) wird

KS Knabenschule. MS Mädchenschule.

A Lehrzimmer.

B Kanzleien.

C Konferenzzimmer.

G Garderoben.

T Turnsäle.

^

A Lehr- zimmer.

B Kanzleien.

C Konferenz- zimmer.

D Schul- diener.

G Garde- roben.

TK Turnsaal für Knaben.

TM Turnsaal für Mädchen.

Abb. 322. Doppel-Volks-

Erster Stock.

und Bürgerschule XVIII., 1 : 800.

Schopcnhauerstraße.

Ebenerd.

Abb. 323. Doppelvolksschule XIV., Kauer- gasse. 1:800.

auf der Knaben- und Mädchenseite durch je eine zweiarmige Traversenstiege von L6m Breite vermittelt. Die mit Eichenbrettelböden belegten Schulräume sind durch L4 bis 18m breite, 2-8 m hohe, dreiteilige Fenster vorzüglich belichtet. Die Gesamtkosten des Baues einschließlich Heizanlage und Einrichtung- stellen sich auf 552.560 K.

Die Doppelvolksschule XIV., Kauergasse 3/5 (Abb. 323) mit 20 Klassenzimmern wurde von 1902—1903 auf einer 39 X 44 m 1716 m2 großen Mittelbaustelle erbaut. Mit Rücksicht auf die nur 11 -38 m breite Gasse wurde behufs Erzielung einer entsprechenden Belichtung der Lchrräume in den gassenseitigen Gebäudeteilen der mittlere Doppeltrakt von 2365 m Länge um 9"45 m gegen die Baulinie zurückgesetzt, während die Seitentrakte, welche das Licht von dem Vorgarten erhalten, bis an die Baulinie heranrücken. Der entstandene Vorplatz von 223-5 m2 Fläche wurde als Vorgarten angelegt und eingefriedet.

Die Knaben- und Mädchenschule sind vollständig symmetrisch ausgestaltet und besitzen jede eine zweiarmige Traversenstiege von L7m Laufbreite aus Mrakotiner Granit. Die in den Stockwerken an die Stiegenhäuser anschließenden 95 m langen, 4-88 m breiten, sehr gut be- lichteten Flurgänge ermöglichen die leichte Zugänglichkeit und Überwachung der Lehrzimmer und Eingänge. Der drei Stock hohe Gassentrakt enthält sowohl für die Knaben- als auch für die Mädchen-Volksschule in jedem der drei Stockwerke beiderseits je 3 Lehrzimmer von 585m2 Fläche, 1 Lchrmittelzimmer von 14*1 m2, 1 Abortgruppe mit Vorraum, 5 Einzelaborten und geräumigem Pissoirraum, im Parterre je 1 Lehrzimmer von 585 m2 Fläche, 1 Aufnahrns-

Bürger- und Volksschulen.

219

Abb. 325.

Lageplan der Schule

II., Schüttaustraße.

1 : 3000.

Abb. 324. Volks- und Bürgerschule II., Schüttaustraße.

und 1 Konferenzzimmer und die aus Zimmer, Kabinett und Küche bestehende Schuldiener- wohnung. In beiden Schulen wird durch je eine vom Parterreflur zugängliche Garderobe der Zugang in die rückwärts erbauten Turnsäle vermittelt, die durch eine aus zusammenklappbaren Teilen bestehende Wand derart getrennt sind, daß selbe leicht zu einem großen, 38 m langen,

9 m tiefen und 5 m hohen Saal für Festlichkeiten und Versamm- lungen vereinigt werden können. Nebst den Seiten- und Licht- höfen besteht ein vom Haupt- trakte, dem Turnsaalgebäude und den Garderoben eingeschlosse- ner, 172 m'2 großer Hofraum, der als Sommerturnplatz dient. Die Kosten des Baues samt der inne- ren Einrichtung betragen zirka 330.000 K.

Die Volks- und Bürgerschule für Knaben in Kaisermühlen, IL, Schüttaustraße 42 (Abb. 324 bis 326), wurde auf einem Baugrunde von 4703 m2 Fläche von 1903 1904 derart erbaut, daß das inmitten einer Gartenanlage gegen vier Straßen freistehende, zwei Stock hohe, mit Falz- ziegeldach eingedeckte Hauptgebäude einen parallel zur Schüttaustraße gerichteten Haupttrakt und zwei darauf senkrechte Flügeltrakte nebst einem damit verbundenen ebenerdigen, mit Holzzementdach überdeckten Turnsaalausbau samt Annexen gegen die Schiffmühlenstraße mit 1975 m'2 verbauter Fläche umfaßt und vor dem Schulgebäude gegen die Schüttaustraße ein großer, mit schattigen Bäumen und Gesträuchen umgebener Sommerturn- und Spielplatz verbleibt, während die seitlich und hinter dem Gebäude liegenden Teile als Schul- und Pflanzengarten

angelegt sind. Diese Anlagen und Spielplätze nehmen zirka 3728 m2 Fläche ein.

Das Schulhaus enthält 12 Lehrzimmer, 1 Zeichen- saal, 1 Turnsaal samt Ankleideraum, Turnlehrer- und Gerätekammer, 1 Kanzlei, 1 Konferenz-, 4 Lehrmittel- zimmer, eine Schuldienerwohnung samt Waschküche. Im linken Flügeltrakte sind die mit einem eigenen Eingange versehenen und von der Schule vollständig getrennten Lokalitäten, und zwar ein Saal und ein Zimmer zu ebener Erde, ein kleines Duschbad neben den Aborten, samt zwei Souterrainräumen dem Vereine „Knabenhort in Kaisermühlen" überlassen. Eine dreiarmige Pfeilerstiege mit Granitstufen von L65m Breite vermittelt die Verbin- dung der 4-4 m hohen Geschosse. Die Kosten des Schul- baues samt innerer Einrichtung, der Gartenanlagen und Spielplätze betragen zirka 300.000 K.

Das Volksschulgebäude XVI., Wilhelminenstraße 96, Roterdstraße 1 (Abb. 327 bis 331) wurde 1904 auf einem besonders günstig gelegenen, 5050 m2 messenden Baugrunde derart erbaut, daß unter Ein- haltung der offenen Verbauungsweise mit 6 m tiefen Vorgärten längs beider erstgenannten Straßen und einem Seitenabstande von zirka 12 m von der Nachbarrealität je ein 40'6 m langer Gassentrakt parallel zur Wilhelminen- und Roterdstraße, ein denselben verbindender, 224m langer, die beiden Eingänge und Stiegenhäuser enthaltender Doppeltrakt gegen die Sand- leithengasse, durchaus unterkellert, drei Stock hoch, mit Dachfalzziegeln eingedeckt, einen trapezförmigen Hof umgrenzen, der durch einen ein Stock hohen, mit Holzzementdach ver- sehenen Verbindungstrakt für die Turnlokalitäten abgeschlossen ist. In der Mitte des Hofes zwischen den ersteren Trakten ragt das im Souterrain vertiefte Kesselhaus mit seinem Holz- zementdache zirka 16 m über das Hofniveau empor. Dasselbe ist mit den Brennmaterialkellern mittels Gleiseanlagen verbunden, welche durch einen gedeckten Gang quer .durch den Vorgarten bis zur Roterdstraße führen. Die Ausstattung des Schulgebäudes ist unter Anwen- dung mannigfacher Neuerungen in hygienischer Beziehung durchgeführt. Die Außenseiten er-

a Lehrzimmer.

b Kanzlei.

c Konferenzzimmer.

d Schuldienerwohnung.

g Garderobe.

I Lehrmittelzimmer.

t Turnsaal, z Zeichensaal.

Abb. 326. Volks- und Bürgerschule II., Schüttau Straße. Ebenerd. 1:800.

220

Gebäude für Bildung und Unterricht.

scheinen in einfacher, moderner Architektur mit kräftigen Gesimsen und Risaliten durchgebildet.

Neben den Schuleingängen sind auf Postamenten drei Alex. Swoboda, darstellend „Vindobona, Religion und gestatteten gemeinsamen Vestibüle führen, durch ein geteilt, zunächst Abgänge in je einen im Souterrain gelegenen Warteraum, hierauf in die darüberlie- genden Schuldienerwohnungen. Gegenüber sind die beiden zweiarmigen Traversenstiegen aus Kaiserstein mit 17m Armbreite angeordnet, welche ins Souterrain und in die drei 4-4 m hohen Obergeschosse bis auf den Dachboden führen.

allegorische Portalfiguren von Emerich Fleiß", aufgestellt. Von dem reich aus- Ziergitter für die beiden Geschlechter

A Lehrzimmer.

B Kanzlei.

C Konferenzzimmer

D Schuldiener.

L Lehrmittel.

G Garderobe.

T Turnsaal.

OEP

Abb. 327.

Lageplan der Schule XVI., Wilhelminenstraße. 1 : 3000.

Abb. 328. Volksschule XVI., Wilhelminenstraße. Ebenerd. 1:800.

Das Schulgebäude enthält an vollständig eingerichteten Lokalitäten für die Knaben- und Mädchenvolksschule zusammen 30 Lehrzimmer von 8 bis 10 m Länge, 65 bis 6'8 m Tiefe, 2 Turn- säle von 20 X 9 m = 180 m- Bodenfläche, längs derselben zwei Garderoben von 60 m- Fläche und angrenzend 2 Turnlehrer- und 2 Geräteräume, ferner 2 Kanzleien, 2 Konferenz-,

6 Lehrmittelzimmer. Vom ebenerdigen Turn- saal gelangt man rück- wärts auf den Sommer- turn und Spielplatz. Im dritten Stocke ist auch für die spätere Unter- bringung einer dritten Volksschule durch ein großes Kanzlei- und

Konferenzzimmer, 6 noch nicht eingerich- tete Lehrzimmer und 2 Lehrmittelzimmer vor- gesorgt. Die Warte- räume und einige eben- erdige Lehrzimmer wur- den mit Xylolithboden-

belag und alle Lehrräume mit hohlkehlenförmigem Wandaufputz von Xylolith versehen. Die Kosten dieses Schulbaues samt Heizanlage und innerer Einrichtung betragen 640.000 K.

Außer den vorstehend näher beschriebenen städtischen Schulhausbauten erscheinen noch folgende städtische Schulgebäude bemerkenswert:

Volksschule XVI. , Wilhelminenstraße.

Bürger- und Volksschulen.

221

Im II. Bezirke die im k. k. Prater, nächst der Sophienbrücke, 1897 1898 im Villenstil erbaute, von Gartenanlagen umgebene Doppel-Volks- und Bürgerschule Witteisbachstraße 6, Ecke der Valeriestraße und Pratcr-Gürtelstraße (Abb. 332), bestehend aus zwei zweistöckigen, durch einen einstöckigen Mittelbau verbundenen Trakten mit einem in der Valeriestraße anschließenden,

einstöckigen Direkto- renwohngebäude. Im V. Bezirke die von Vorgärten eingesäumte.

1882—1883 dreistöckige bürgerschule gasse 14 und gasse 21 mit

erbaute Doppel-

Bacher- Castelli-

zwei iso-

wmm

Abb. 330. Lehrsaal der Volksschule XVI., Wilhelminenstraße.

Herten Direktoren- und zwei Schuldienerwoh- nungen, einem großen Schulgarten und Som- merturnplatz neben der Gartenanlage am Ba- cherplatze. Die Schul- hausgruppe in Neu- Margareten, V., Focky- gasse 20— Malfattigasse 1 Herthergasse 28 und Steinbauergasse 27, ge- genüber der Garten- anlage längs der Mal- fattigasse, 1881 1882, 1890 und 1894—1895 erbaut, bildet einen von breiten Vorgärten um- schlossenen rechtecki- gen Baublock mit ein- heitlichen Fassaden und enthält Volks- und Bür- gerschulen für Knaben und Mädchen. Die 1895—1896 erbaute, zwei dreistöckige Eck- schultrakte mit einem verbindenden einstöcki- gen Turnsaaltrakte um- fassende Doppelvolks- schule V., Einsiedler- gasse 1 Diehlgasse 2 mit einem als Garten und Spielplatz ausge- statteten offenen Vor- hofe gegen die Fendi- gasse. Im X. Bezirke die freistehende, von Vor- gärten umgebene, 1899 erbaute, zwei Stock hohe Doppelbürger- schule am Antonsplatz 11/12, östlich von der Kirche St. Antonius von Padua, symmetrisch zum westlich gelegenen Pfarrhofe, mit Fassaden (von K. Troll und August Rehak) in ober- italienischer Frührenaissance, unter Anwendung von Formsteinen und Verblendziegeln in zwei Farbentönen. Das Doppelvolksschulgebäude X., Laimäckergasse 17, erbaut 1901, und Schranken-

Turnsaal der Volksschule XVI., Wilhelminenstraße.

222

Gebäude für Bildung und Unterricht-

Abb. 332. Volksschule II., Witteisbachstraße.

berggasse 32, erbaut 1902 1903, bestehend aus zwei dreistöckigen Ecktrakten und einem verbindenden einstöcki- gen Turnsaaltrakte ge- gen die Feuchtcrsleben- gasse 66, mit Vorgärten gegen alle drei Gassen und einem gemein- samen Turnhofe. Im XI. Bezirke (Kaiser- Ebersdorf) die 1893 bis 1894 in Ziegelrohbau erbaute, zwei Stock hohe Volksschule Münnich- platz 6, mit stirnseitig anschließendem, eben- erdigem Turnsaal ; rings- um von Gärten um- geben. Im XII. Bezirke die beiden freistehen- den, drei Stock hohen Volksschulgebäude samt verbindendem einstöckigem Turnsaaltrakt, Rucker- gasse 42, erbaut 1900, und Ruckergasse 44, erbaut 1902, mit Vorgärten gegen die Straße. Im XIV. Bezirke das große, freistehende, drei Stock hohe Gebäude der Doppel-Volks- und Bürgerschule Lortzinggasse 2— Meiselstraße 47, im Jahre 1903 erbaut, mit Vorgärten in der Lortzing-, Beckmann- und Hustergasse.1) Im XVI. Bezirke die 1898 1899 erbaute Doppel- Volks- und Bürgerschule Speckbachergasse 48— Wurlitzergasse 59, aus zwei dreistöckigen Trakten mit eingebauten Turnsälen bestehend, mit einem dazwischenliegenden Sommerturn- platz, großem Vorgarten gegen die Seeböckgasse. Im XVII. Bezirke die Doppel-Volks- und Bürgerschulen Lienfeldergasse 96— Redtenbachgasse 79, im Jahre 1902 1903 in zwei Gassen- und zwei Hofseitentrakten drei Stock hoch erbaut, so daß ein großer, gemeinsamer, als Sommerturnplatz verwendeter Hof entstand. Im XIX. Bezirke die kleine Volksschule im Kahlenbergerdorf, Wigandgasse 29, 1891 im Villenstil ein Stock hoch freistehend erbaut, mit isolierter Schulleiterwohnung, Garten und Spielplatz. Im XX. Bezirke die beiden in der Grund- rißeinteilung und Fassadendurchbildung gleichen, von der Pappenheimstraße aus symmetrisch gelegenen Gebäude der Doppelbürgerschule Jägerstraße 54, im Jahre 1899 erbaut, und der 1901 erbauten Doppelvolksschule Rafaelgasse 11/13, beide mit großem Turn- und Spielplatz, angrenzend an das neuerbaute Amtshaus am Brigittaplatze.

Von den übernommenen Schulhäusern der zu Wien einbezogenen ehemaligen Vororte- gemeinden sind mehrere bezüglich ihrer günstigen freien Lage und zweckmäßigen Grundriß- einteilung wie in baulicher Beziehung beachtenswert. Der geringere Grundwert dortselbst, sowie die geringe Anzahl der Schulkinder ermöglichten die Schaffung von freistehenden, zwei- stöckigen, von Gärten umschlossenen Schulhäusern, die allerdings bezüglich der inneren Aus- stattung und Einrichtung noch nicht auf der Höhe der schulhygienischen Anforderungen stehen konnten. Im Laufe der Jahre 1894 1905 wurden die sanitären Verhältnisse derselben durch mannigfache Herstellungen und Verbesserungen auf die Stufe der meisten neueren Schulen in den Stammbezirken eebracht.

Gesamtstand der Volks- und Bürgerschulen.

Im Schuljahre 1904/5 bestanden in Wien (I. bis XX. Bezirk) in 212 städtischen Schul- gebäuden und 9 sonstigen Gebäuden 442 einzelne Schulen, darunter 116 Bürgerschulen und 326 allgemeine Volksschulen. Die Standorte, Anzahl der Bürger- und Volksschulen in den einzelnen Bezirken, Klassenanzahl und Leiter derselben sind in dem vom k. k. Wiener Bezirksschulrate herausgegebenen „Verzeichnisse I der allgemeinen Volks- und Bürgerschulen der Stadt Wien" zusammengestellt. In demselben sind auch die 4 Staats-, 1 Gemeinde- (derzeit

') Beschrieben in der Wiener Bauindustrie-Zeitung vom Februar 1904.

Bürger- und Volksschulen.

223

Landes-) und 5 Privat-Lchrcr- und Lehrerinnenbildungsanstaltcn enthalten, mit welchen fiinf- klassige Volksschulen, teilweise auch dreiklassige Bürgerschulen als Übungsschulen verbunden sind. Ferner sind darin die in Wien bestehenden Privat-Volks- und Bürgerschulen mit Öffentlich- keitsrecht, deren Anzahl, Gattung, Standort und Leiter aufgenommen. Diese Schulen werden von der k. k. Statthaltcrei, vom k. u. k. Rcichs-Kriegsministerium (1 im k. u. k. Artillerie-Arsenale), vom Katholischen Schulverein für Österreich (4), von der Kongregation der christlichen Schul- brüder (2) und der Marienbrüder (1), vom Konvent der Ursulinerinnen (2), von Kongregationen mehrerer Frauenorden (12), von der evangelischen Kirchengemeinde (3), von der griechischen und israelitischen Gemeinde (2) und anderen Vereinen (2) und Privat-Institutsinhabern (8) er- halten und geleitet. In baulicher und architektonischer Beziehung bemerkenswert ist hiervon das Gebäude der evangelischen Schulen, IV., Karlsplatz 14, im Jahre 1869 von Theophil von Hansen in italienischer Renaissance erbaut.

Infolge der Einbeziehung der am linken Donauufer liegenden Gemeinden zur Stadt unter Vereinigung derselben zum XXI. Bezirke unterstehen seit 1. Jänner 1906 auch die daselbst befindlichen Schulen der städtischen Verwaltung. Der Zuwachs umfaßt 12 Schulgebäude mit 22 Volks- und Bürgerschulen und 184 Klassen.

Durch eigene Unterrichtsanstalten des Staates, des Landes Niederösterreich und von Ver- einen, wie durch Spezialschulabteilungen wird in Wien für den Volksschulunterricht nicht voll- sinniger und verwahrloster schulpflichtiger Kinder vorgesorgt. Letztere sind in nachbezeichneten städtischen Schulen untergebracht: IX., Canisiusgasse 2 und XV., Zinckgasse 12/14 für taub- stumme Kinder, XVI., Kirchstetterngasse 38 für blinde Kinder, II., Leopoldsgasse 3 und XVIII., Anastasius Grün-Gasse 10 für schwachsinnige Kinder.

Karl Haubfleisch.

E. HUMANITÄTSANSTALTEN.

I. KRANKENHÄUSER.

a) Staatliche Krankenanstalten und Institute.

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SAbV,TI II sOLATIO \l CRORVM

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Abb. 333. Tor des Allgemeinen Krankenhauses, IX., Alserstraße.

Gegenwärtig bestehen in Wien neun k. k. Krankenanstalten mit Öffentlichkeits- recht. Diese Anstalten unterstehen dem Wiener k. k. Krankenanstaltenfonds, welcher von der niederösterreichischen Statthalterei verwaltet wird, mit dem k. k. Ministerium des Innern als Oberbehörde. Die Organi- sation des Krankenanstaltenfonds1) beginnt mit Ende des 18. Jahrhunderts, als Kaiser Josef II. in den Wirrwarr der Humanitäts- pflege insofern Ordnung brachte, daß er eine Trennung in verschiedene Gruppen durchführte, für die Krankenbehandlung einen eigenen Fonds schuf und das k. k. Allge- meine Krankenhaus aus seinen Privatmitteln errichtete. Die Mittel des Fonds bestanden dazumal aus verschiedenen Kapitalien von Krankenstiftungen, Beiträgen des Bürger- spitalfonds etc. Anfangs des 19. Jahrhun- derts wurde zugunsten des Fonds ein Steuerzuschlag auf Brennholz und die Ein- hebung von Gebühren bei Verlassenschaften innerhalb Wiens eingeführt. Der Steuerzu- schlag wurde später auch auf Kohle aus- gedehnt. 1830 wurden dem Krankenhaus- fonds 6-739"/0 des kommunalen Verzehrungs- steuerzuschlages als Einnahme zuerkannt. Endlich gehörte zu den Einnahmen des Fonds noch die Einhebung der verschieden hoch den zur Zahlung der Kosten verpflichteten

bemessenen Taxe per Krankenverpflegstag von Kranken, Angehörigen oder öffentlichen Fonds.

Mit der Vergrößerung Wiens im Jahre 1890 durch Einverleibung der Vororte wurden die Einnahmsverhältnisse des Fonds bedeutend geändert. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts fließen die Einnahmen aus einem steigenden prozentuellen Betrage nach Verlassenschaften2), aus Verpflegskosteneingängen (I. Klasse 10 K, II. Klasse 5 K, III. Klasse 2 K pro Tag), aus Beiträgen verschiedener Behörden u. dgl. m. Die reinen laufenden Ausgaben für den Spital- betrieb, mit Ausschluß der Ambulatorien und Investitionen, betrugen im Jahre 1901 für die neun öffentlichen Spitäler K5,405.616-77. Hierbei wurden zirka 67.000 Patienten in 1,670.000 Verpflegstagen behandelt. In den öffentlichen Anstalten bestehen 43 Abteilungen und 15 Kliniken

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. I. Jahrgang 1892, „Einleitung". 2) L. O. ßl. Nr. 12 ex 1895.

Bd. II. 15

226

Humanitätsanstalten.

Abb. 334.

Allgemeines Krankenhaus, IX., Alserstraße.

Lageplan. 1 : 5000.

I— XIII Höfe.

A/s er -Strasse

mit 5294 Betten. Das Personal bestand 1902 aus 246 Ärzten und Pharmazeuten, 137 Beamten, 12 Geistlichen, 136 Dienern, 230 weltlichen, 524 geistlichen Pflegerinnen und 18 Wärtern.

Das k. k. Allgemeine Krankenhaus, IX., Alserstraße 4 (Abb. 333 bis 336). ^ 1686 widmete Dr. Jakob Frank, Rat des Regimentes der nieder- österreichischen Stände, testamentarisch sein beim Schottentor gelegenes Haus für abgedankte und in- valide Soldaten. Doch wurde die Stiftung erst unter Kaiser Leopold I. 16y3 im sogenannten Kontumaz- hofe, wo heute das k. u. k. Garnisonsspital Nr. 1 steht, provisorisch untergebracht. In demselben Jahre wurde noch mit dem Baue in der Alserstraße begonnen und mit Anfang des 18. Jahrhunderts war der erste große Hof vollendet. Diese Anstalt mit der Bezeichnung ^ Großarmenhaus wurde 1725 durch die Freiherrn von Thavonatsche Stiftung (600.000 Gulden) vergrößert.

DiesesGroßarmenhaus, ursprünglich für Invalide ^5 bestimmt, beherbergte alle möglichen Hilfsbedürftigen, '$_ Kranke, Wöchnerinnen, Arme, Sieche, Irrsinnige, Waisenkinder, Studenten, Witwen, später Bettler, Müßiggänger, für welche verschiedenen Kategorien von Hilfsbedürftigen hier auch die speziellen Stiftungs- gelder Verwendung fanden. Diese ungesunden Ver- hältnisse der schwierigsten Art bewogen Kaiser Josef II., eine Kommission zur Regelung einzusetzen, welche nach von ihm gegebenen Direktiven vorzugehen hatte. So schuf nun Josef II. drei große Gruppen: 1. die Gebär- und Findelhäuser, 2. die Krankenhäuser und 3. die Versorgungshäuser. Nun wurde das Großarmen- haus als Krankenhaus bestimmt, von den übrigen Pfleglingen befreit und entsprechend adaptiert. Auch für den Umbau gab Kaiser Josef II. ganz bestimmte Weisungen. Gleichzeitig ließ Josef II. den Narrenturm (»bestimmt für die unglücklichen Opfer des Wahnwitzes«) erbauen. Vor Eröffnung der Anstalt wurde der Dienst bis in das kleinste Detail geregelt, Vorsorge für die verschiedenen Kategorien der Kranken und Ge- schlechter getroffen, die ambulatorische Behandlung von Dienstboten etc gesichert, in religiöser Richtung für die einzelnen Konfessionen und für die ärztliche Behandlung und Pflege u. dgl. wurden Vorschriften gegeben, endlich zwölf Betten für die praktische Lehrschule gewidmet. Am 16. August 1784 erfolgte die Eröffnung des Gebäudes mit der Bezeichnung als Allgemeines Krankenspital, über dessen Eingang Josef II. die goldenen Worte »Saluti et Solatio aegrorum« setzen ließ.

Diese von Kaiser Josef II. geschaffene Humanitätsanstalt erlitt im Laufe der nächsten 120 Jahre be- deutende Änderungen, auch wurden die Verhältnisse aus dem Grunde immer ungünstiger, weil sich die Unterrichtsbedürfnisse stets mehrten, viele Räume okkupierten und sonach die den Kranken zugewiesenen Räume beengten. Der Andrang zum Spitale war so groß, daß 1829 die Verfügung getroffen werden mußte, vom Lande kommende Kranke auszuschließen. Der Überfüllung wurde dadurch nicht gesteuert, und so kam es im Jahre 1834 zum Baue der Trakte des VIII. und IX. Hofes. Während die alten Trakte größtenteils zwei Geschosse für Kranke enthielten, wurden die neuen, kleinere Höfe umschließenden mit drei Krankengeschossen ausgeführt.

Mit der Wissenschaft entwickelte sich die pathologische Anatomie, und da war es ein ganz kleines Stallgebäude, welches im X. Hofe für Zwecke der Pathologie adaptiert wurde. Abb. 335 zeigt die Stätte, wo Rokitansky die Studien für sein epochemachendes Werk machte. Im Jahre 1859 wurde zum Neubau des pathologisch-anatomischen Institutes geschritten, welches im Jahre 1882 noch ein zweites Obergeschoß erhielt.

Das heutige k. k. Allgemeine Krankenhaus besitzt eine Fläche von 99.447 m2, wovon 27.355 m2 verbaut sind. Der erste Hof enthält schöne alte Gartenanlagen. In den alten ein- fachen Trakten besitzen die Krankensäle beiderseitig Fenster. Das ursprünglich für Geistes- kranke bestimmte Gebäude mit 140 Zellen dient seit 1869 als Magazin und enthält auch Wohnungen für Diener. Die Gebär- und die Irrenanstalt gingen im Jahre 1865 in die Ver- waltung des Landes Niederösterreich über.

Das Allgemeine Krankenhaus, das vor 120 Jahren in unverbauter freier Lage errichtet wurde, liegt heute inmitten eines dichtbewohnten großen Bezirkes und entspricht auch in sonstiger Hinsicht nicht den Bedürfnissen, die an eine moderne Krankenanstalt gestellt werden müssen. Insbesondere aber sind es die Bedürfnisse des Unterrichtes, die hier ganz unzulänglich befriedigt werden, und ist es kaum möglich, den ganz gewaltigen Forderungen des medizini- schen Unterrichtes gerecht zu werden. Seit mehr als 15 Jahren wird die Frage des Neubaues dieser Anstalt durch die einschlägigen Behörden ventiliert.

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten 1892. Geschichte Archivar. Wien 1867.

der öffentlichen Anstalten etc. Von Karl Weiß, städtischer

Krankenhäuser.

227

Abb. 335. Erste Stätte für die pathologische Anatomie in Wien.

Nun ist es gelungen, die Frage der Neuschaffung von Kliniken in der Art zu lösen, daß eine neue Anstalt auf den Gründen des früheren Versorgungshauses und der Irrenanstalt in unmittelbarer Nähe des heutigen Allgemeinen Krankenhauses entstehen wird und daß die Flächen der alten Anstalt zur Parzellierung und zum Verkaufe gelangen. Es kann daher eine detaillierte Beschreibung der alten Anstalt entfallen und soll nur in Kürze aufgezählt werden, was im heutigen Allgemeinen Krankenhausc untergebracht ist.

Außer den 2000 Krankenbetten sind noch 600 Gebärbetten vorhanden. Es bestehen 4 medizinische und 3 chirurgische Abteilungen, ferner 1 Augenabteilung, 3 Abteilungen für Syphilis und Dermatologie, 1 psychiatrische und 1 Zahlabteilung, ferner 3 medizinische, 2 chirurgische, 2 Augen-, 2 gynäkologische Kliniken, dann je 1 Klinik für Syphilis, Dermato- logie, Laryngologie, Ohren-, Geistes- und Nervenkrankheiten. Die Gebärabteilung enthält

2 Kliniken für Geburtshilfe und eine dritte Abteilung mit Hcbammenschule.

An medizinisch-wissenschaftlichen In- stituten sind untergebracht: Die Lehr- kanzeln für pathologische Anatomie, für experimentelle Anatomie, für Pathologie, für medizinische Chemie und für gericht- liche Medizin. Auch die Medikamentenregie für alle neun k. k. Krankenanstalten be- findet sich hier. Die ganze Verwaltung des Hauses mit Küchen-Eigenregie, die Woh- nungen der Ärzte, einer großen Anzahl von Dienern und Beamten, eine große Apotheke mit einer neuestens eingerichte- ten Zentralsterilisationsanstalt für Verband- stoffe, eine Desinfektionsanstalt, eine Reihe von Werkstätten u. s. w., wie endlich die Räume für die Leicheneinsegnung sind in verschiedenen Trakten des Hauses untergebracht. Im Jahre 1898 wurde zur Unterbringung von geistlichen Wärterinnen in nächster Nähe des Spitales ein Wohnhaus erbaut. Dasselbe enthält außer den Schlafsälen für zirka 100 Pflege- rinnen noch ein großes Refektorium, einen großen Betraum, Isolierzimmer, Garderoben,

3 Bäder und eine Waschküche im Dachgeschoß. Unter der Spitalgasse führt vom Keller dieses Hauses ein l'36m breiter, 2T0m hoher Verbindungsgang in den I.Hof des k. k. Allgemeinen Krankenhauses.

Das Neue k. k. Allgemeine Krankenhaus (Abb. 337) wird, wie erwähnt, auf den Gründen des Versorgungshauses in der Spitalgasse und der zu verlegenden Landes-Irrenanstalt im IX. Bezirke errichtet, die einerseits von der Spitalgasse und der Lazarethgasse, anderseits von der Gürtellinie begrenzt werden. Die Gesamtfläche beträgt zirka 248.000 m-, wovon ein Teil zur Straßenerweiterung abgetreten werden muß, so daß für die neuen Kliniken eine Fläche von zirka 240.000 m'2 verbleibt. Das Allgemeine Krankenhaus, welches heute samt der Gebär- anstalt rund 2600 Betten umfaßt, kann in diesem Umfange, mit Rücksicht auf die modernen hygieni- schen Anforderungen, auf diesem Platze nicht voll untergebracht werden; es wurde daher eine Teilung in der Weise projektiert, daß auf den vorbezeich- neten Gründen des IX. Bezirkes nur die Universitäts- kliniken mit dem Kinderspitale und zwei geburtshilf- liche Kliniken mit 2330 Betten errichtet werden, wo- bei allerdings eine Bettenvermehrung der Kliniken Platz gegriffen hat und auch ein Zuwachs dadurch entstanden ist, daß das St. Annen-Kinderspital mit seiner Klinik in diese Area einbezogen wurde. Für die im Krankenhause untergebrachten Abteilungen mit zirka 800 Betten wird der Ersatz in der Richtung gefunden, daß das Wilhelminen-Spital im XVI. Be- zirke um diese Bettenanzahl erweitert wird.

Errichtet werden 19 Kliniken und eine medizinische Abteilung, und zwar: 2 chirurgische, 2Augenkliniken, 3 medizinische, 2 geburtshilfliche, 2 gynäkologische, 2 psychiatrische, 2 dermato-

15*

Abb. 336. Allgemeines Krankenhaus, Hof I.

228

Humanitätsanstalten.

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Krankenhäuser.

229

logische Kliniken, 1 orthopädische, 1 laryngologische, 1 Ohrenklinik und 1 Kinderklinik. Die geburtshilflichen und gynäkologischen Kliniken sind in zwei großen Objekten und einem gemeinschaftlichen Isoliergebäude untergebracht. Die Kinderklinik umfaßt ein Hauptgebäude und sechs Isolierpavillons für infektiöse Krankheiten. Die übrigen Kliniken erhalten jede einen eigenen Pavillon, und ist den medizinischen Kliniken für Demonstrierung von Infektions- krankheiten je ein kleines Gebäude zugewiesen. An weiteren Objekten werden errichtet: ein Institut für Zahnheilkunde, Photographie und Röntgen, ein Schwesternhaus mit eigener Kapelle, ein großes Objekt für drei pathologische Institute und für die medizinische Chemie sowie für die gesamte Leichengebarung, unmittelbar an der Gürtelstraße liegend. Ferner verbleibt noch ein Objekt an der Spitalgasse, der ehemalige Mitteltrakt des Versorgungshauses, welcher für Wohnungen und Kanzleien in Verwendung genommen wird. In der Richtung von der Spital- gasse bis gegen den Währinger Gürtel ist eine Hauptstraße projektiert, welche auch dem öffent- lichen Fußgeherverkehr geöffnet bleiben muß. An dieser Straße liegt ein großes Administrations- gebäude und ein separates Aufnahmsgebäude. Ein besonderes Küchengebäude ist so gelegen, daß der Speisentransport sich nach abwärts vollzieht. In diesem Gebäude ist auch ein Kasino für Ärzte geplant. Am Ende dieser Straße, gegen den Währinger Gürtel zu, ist ein großes Ökonomiegebäude projektiert, welches die Materialienkanzleien mit den Magazinen, Werkstätten, Desinfektionsanstalten, eine Wäscherei und eine Badeanlage für besondere Zwecke enthalten wird; endlich sind noch ein Wohnhaus für den Direktor und zwei Portierhäuser projektiert.

Bei der Einteilung der Pavillons wurde nicht nur auf alle hygienischen Prinzipien, sondern wesentlich auch darauf Rücksicht genommen, daß sowohl die umfangreiche ambulatorische Behandlung als auch der Unterricht auf die Krankenpflege nicht störend einwirkt, daß dabei aber doch die verschiedenen Räume in einer gewissen organischen Verbindung stehen. Auch dort, wo es sich um die Anlage von Operationsräumen handelt, wurden dieselben so situiert, daß sie die Krankenpflege nicht beeinflussen.

Von den bestehenden schönen Gartenanlagen wird so viel als möglich erhalten; die Niveauregulierungen sind so gedacht, daß ein leichter Verkehr zwischen den einzelnen Pavillons untereinander möglich ist, da aber die Niveaudifferenzen zwischen Gürtel und Spitalgasse ganz bedeutende sind, müßten wohl Straßen mit größeren Steigungen eingelegt werden, die aber das Maximum von 5% an einzelnen Stellen nicht überschreiten werden. Mit dem Baue wurde nach Freiwerden der Realität des Wiener Versorgungshauses, im Sommer 1904, begonnen und werden zunächst die zwei geburtshilflichen und die zwei gynäkologischen Kliniken samt dem Isoliergebäude errichtet. Das Bauprojekt hat der frühere k. k. Statthaltereibaurat Franz Berger verfaßt.

Das k. k. Krankenhaus Wieden, IV., Favoritenstraße 30 (Abb. 338).1) Am 17. Dezember 1841 wurde das »Bezirkskrankenhaus Wieden« mit einer chirurgischen und einer medizinischen Abteilung mit zu- sammen 150 Betten eröffnet. Später vergrößert durch Zukauf von anstoßenden Häusern und Grund- flächen, wurde 1850 zum Neubau su~tu~^.s„,~ von Krankensälen etc. für 500 Bet- ten geschritten. 1857 erhielt es den Namen »K. k. Krankenhaus Wie- den«; 1859 wurde ein besonderes Leichenhaus errichtet. Da es dem Spitale an Administrationsräumen mangelte, wurde 1870 ein anstoßen- des Haus in der Favoritenstraße angekauft und für administrative Zwecke ein Zubau aufgeführt, der 1885 ein oberes Stockwerk erhielt. 1877—1883 kamen umfangreiche Ventilationseinrichtungen zur Aus- führung. 1883 wurde im Garten, anstoßend an die Nachbarhäuser, eine gemauerte Baracke für 27 Bet- ten erbaut, 1893 eine neue Augen- abteilung mit 40 Betten errichtet und 1898 eine den modernen An- forderungen entsprechende Pro- sektur an Stelle des alten Leichen- hauses an der Ecke der Starhem- berg- und Waltergasse mit einem

338. Krankenhaus Wieden. Lageplan. 1:2000.

') Jahrbuch der Wiener k. k. Kran- kenanstalten. I. Jahrgang 1892.

230

Humanitätsanstalten.

Kostenaufwande von 126.000 K neu erbaut. Endlich wurde noch, um den Mangel an Wohnungen etc. zu beheben, im Jahre 1898 das an die Realität anstoßende Haus Rainergasse 8 erworben.

Das Krankenhaus Wieden umfaßt eine Area von 1 9.957 m2, wovon 5899 m2 verbaut sind. Die Abteilungen, auf die sich die vorhandenen 589 Kranken- betten verteilen, sind: 1 chi- rurgische, 2 medizinische, 1 sy- philitisch-dermatologische, 1 gynäkologische und 1 Au- genabteilung. Das hufeisen- förmige Hauptgebäude enthält in drei Geschossen in den Flügeln 18 Säle, im verbin- denden Mitteltrakt kleinere Krankenräume, im Parterre die Küche mit den erforderlichen Nebenräumen. Im Garten, an nachbarliche Zinshäuser ange- baut, befindet sich noch ein ebenerdiger Krankenpavillon für 27 Betten. Die Verwaltung, Apotheke, Krankenaufnahme, das Augenambulatorium und die Wohnungen der Ärzte sind in dem einfachen Trakte der Favoritenstraße untergebracht. Im Hofe des Krankenpavillons befindet sich die durch zwei Geschosse gehende Anstalts- kapelle nebst den Wohnungen für die Anstaltsgeistlichen u. s. w.

In Verbindung mit dem Favoritenstraßentrakte ist noch ein viergeschossiges Gebäude mit

sieben Fenstern Gassenfront angegliedert, das die Direktionskanzlei und Wohnungen enthält.

K. k. Krankenanstalt Rudolf-Stiftung, III., Boerhavegasse (Abb. 339, 340). l) Mit kaiserlichem Handschreiben vom 26. August 1858 widmete Kaiser Franz Josef I. aus Anlaß der Geburt eines Kronprinzen 8800 Quadratklafter Grund von seinem Besitztum » Kaisergarten < im III. Bezirke mit der Bestimmung zur Errichtung eines Spitales. Nach dem vom Architekten Jos. Horky und Baurat Zettl ausgearbeiteten Entwürfe wurde im Februar 1860 mit dem Bau begonnen und konnte die mit einem Kostenaufwande von 5,000.000 K für 860 Betten ausgeführte, von Prof. Dr. Karl Böhm mit Ventilationseinrichtungen ausgestattete Anstalt am 28. Jänner 1865 in Benützung genommen werden.

Das im ursprünglichen Programm vorgesehene Schwesternhaus für 200 Pflegerinnen mußte der be- schränkten Baufläche wegen entfallen. Auch Wohn- gebäude für Angestellte des Hauses und die Prosektur konnten nur in beschränktem Maße geschaffen werden, wodurch sich Übelstände ergaben, an welchen die auf verhältnismäßig zu kleiner Area errichtete Anstalt heute noch leidet. 1894 wurde mit einem Kostenaufwand von 78.000 K auf das Leichenhaus ein Stock aufgesetzt. Durch Herstellung von Licht- und Luftgräben wurden im Laufe der Jahre eine Reihe von Souterrainlokalen für Magazine und Werkstätten adaptiert.

Abb. 339. Krankenanstalt Kronprinz Rudolf-Stiftung. Lageplan. 1:2000.

Abb. 340. Krankenanstalt Kronprinz Rudolf-Stiftung.

') Försters Allgemeine Bauzeitung. Jahrgang 1S66. Jahr- buch der Wiener k. k. Krankenanstalten. 1. Jahrgang 1S92.

Krankenhäuser.

231

Die 860 Krankenbetten aufnehmende Rudolf-Stiftung hat heute ein Flächenausmaß von 33.229 m- mit 2 medizinischen, 2 chirurgischen Abteilungen, ferner 1 Abteilung für Augen-

und 1 für Hautkranke. Die

Kardinal Rauschergasse

n.m.P. wrdimedic. Pavillon.

s.m.P siidl, med ic. Pavillon.

Ch.P. Chirurg. Pavillon.

J.P. Jsolier Pavillon.

A. idministr Gebäuder

L. Leichenhaus.

W. Waschhaus.

P.d.

B.5t. Bellina ShTlunp Pavillon.

Errichtung einer selbständi- gen gynäkologischen Ab- teilung ist im Zuge. Der Haupttrakt an der Boerhave- gasse des in einer wenig glücklichen Kombination des Korridor- und Pavillon- systems erbauten Spitales besitzt ein überschwenglich weites Vestibül, das bis zu den beiden Quertrakten ein- geschossig hergestellt ist. Der diesem gegenüberlie- gende Ökonomietrakt hat vier, alle übrigen Trakte um- fassen drei Geschosse. Die mit 22 bis 26 Betten be- legten Krankensäle haben nur einseitige Belichtung. Gegen die Rudolfsgasse liegt ein viergeschossiges Ad- ministrations- und Wohn- gebäude, das in zwei Ge- schossen durch einen ge- schlossenen Korridor mit der Anstalt in Verbindung steht. Das Prosekturgebäude mit der Leichenkapelle ist zweigeschossig an das Nach- bargelände angebaut. An derselben Nachbargrenze liegen noch drei Stallge- bäude für die Prosektur und das Lyssa- und Diph- therie-Heilseruminstitut. An der westlichen Grenze lie- gen ein Glashaus und ein Magazinsgebäude, ferner ein dreigeschossiges Wohnhaus. Leider ist es trotz vielfacher Bemühungen bisher nicht gelungen, Flächen zu erwerben, um die so notwendige Verbesserung dieser Anlage durchführen zu können.

K. k. Kaiserin Elisabeth-Spital, XIV., Huglgasse 3 (Abb. 341 bis 343). ') Das im Jahre 1857 im bestandenen Bezirke Sechshaus von einer Anzahl umliegender Gemeinden mit einem Belagraume für 80 Betten errichtete öffentliche Krankenhaus wurde in den Jahren 1867 und 1872 erweitert, litt aber an so vielen Übel- ständen, daß 1878 über behördliche Anordnung umfassende Reformen durchgeführt werden mußten und im Jahre 1883 der Neubau des Spitales erfolgte.

Zu diesem Zwecke wurde ein an der südlichen Abdachung der Schmelz gelegenes Gelände von 13.085 m- um den Betrag von 150.000 K erworben, wo das mit einem Kostenaufwande von 1,360.000 K erbaute neue Spital unter dem Namen »Kaiser Franz Josef-Bezirkskrankenhaus in Rudolfsheim< mit einem Belagraum für 456 Betten 1890 zur Eröffnung gelangte. 1892 erhielt es die Bezeichnung »K. k. Kaiserin Elisabeth-Spital«. Als im Jahre 1891 sämtliche Vorortespitäler vom Wiener k. k. Krankenanstaltenfonds über- nommen wurden, ging auch die ehemalige Sechshauser Spitalsrealität in den Besitz dieses Fonds über, und nachdem sich schon bei der Übernahme des Elisabeth-Spitals zeigte, daß diese Anstalt namentlich in administrativer Beziehung bedeutende Mängel aufweise und baldigst Erweiterungsbauten notwendig sein werden, wurde über Anregung des Statthalters Erich Graf Kielmansegg die ersterwähnte alte Realität gegen ein an das Elisabeth-Spital anstoßendes Grundstück umgetauscht und hier 1894 1896 der Bettina-Pavillon für 60 kranke Frauen mit einem Kostenaufwande von 530.000 K errichtet-) und gleichzeitig in diesen Jahren

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. I. Jahrgang 1892.

*) 1894 widmete Albert Freiherr von Rothschild für diesen Zweck zur Erinnerung an seine verstorbene Gemahlin den Betrag von 1,100.000 K. Siehe Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. III. Jahrgang 1894.

Felbersfrasse

Abb. 341. Elisabeth-Spital.

Lageplan. 1 : 2000.

232

Humanitätsanstalten.

eine unterirdische Verbindung von 26m Breite und 28m Höhe zwischen den durch die Goldschlagstraße getrennten Teilen dieser Anlage hergestellt. 1897 kam ein Wohngebäude für die Pflegeschwestern und 1900 ein Wohnhaus für den Direktor, die Beamten und Diener und für Magazine, endlich ein Glashaus hinzu, während auf das Leichenhaus noch ein Stockwerk aufgesetzt worden ist. Die Kosten aller Erweiterungs- bauten, Ergänzungen etc. exklusive Bettina-Pavillon und Grundankauf, betrugen in den Jahren 1892 1900 638.000 K.

Abb. 342. Elisabeth-Spital. Bettina-Pavillon.

Erster Stock. 1 : 600.

Die durch die Goldschlagstraße getrennten Flächen des k. k. Elisabeth-Spitales haben ein Ausmaß von zusammen 27.230m-. Gegenwärtig vermag das Spital 530 Kranke aufzunehmen. Die Pläne des ersten, in den Jahren 1889 und 1890 ausgeführten Baues verfaßte der den Bau

leitende Architekt Sehnal, während die Erweiterungsbauten und der Bettina-Stiftungs-Pavillon nach Plänen des Architekten Sehnal und des k. k. Oberingenieurs Franz Berger unter der Leitung des letzteren ausgeführt wurden. Im Souterrain des dreigeschos- sigen Administrationsgebäudes befindet sich die Anstaltsküche, im Waschhaus ist eine Reservoiranlage mit Pumpstation ange- legt, weil wegen der Nähe des Schmelzer Hochquellenreservoirs das Hochquellenwasser nur im Parterregeschoß mit natürlichem Drucke ausfloß. Auf dem zweiten Komplexe südlich der Gold- schlagstraße liegt nahezu in der Mitte der Bettina-Stiftungs- Pavillon '), der eine gynäkologische Abteilung mit 60 Betten enthält. Im Parterre und ersten Stocke sind die Kranken in vorherrschend kleinen Zimmern untergebracht; im Mittelbau, sind zu ebener Erde ein Ambulatorium und Wohnungen für Ärzte, im darüberliegenden ersten Stocke die geräumigen Ope- rationsräume untergebracht. Der Mitteltrakt setzt sich als zweites Obergeschoß noch fort und enthält Laboratorien für wissen- schaftliche Arbeiten. Im Vestibül dieses Pavillons ist eine vom Bildhauer Josef Kassin ausgeführte Gruppe „Die Pflege" mit der Büste der Baronin Bettina von Rothschild aufgestellt. Dieser Pavillon hat Niederdruckdampfheizung und ist elektrisch be- leuchtet. K. k. St. Rochus-Spital, XIII., Cumberlandstraße 53. Unter Verwendung einer Stiftung kam es im Jahre 1866 zur Errichtung des Spitalcs mit einem Belagraume für 80 Betten. Schon 1887 durch Adaptierungen und einen kleinen Zubau erweitert, wurden nach Übernahme durch den k. k. Krankenanstaltenfonds 1891 weitere Adaptierungen durchgeführt und im Jahre 1899 ein Zubau mit einem Kostenaufwande von 82.000 K beigefügt, so daß das Krankenhaus nun 90 Krankenbetten enthält. Die Anlage selbst bietet nichts Bemerkenswertes.

K. k. Kronprinzessin Stephanie-Spital, XVI., Thaliastraße 52 54 (Abb. 344). Das Spital wurde im Jahre 1885 mit einem Belagraum für 108 Betten eröffnet, wozu noch 20 Betten des Epidemie- traktes kamen. Die Gesamtkosten betrugen 335.000 K. Auf einer Gesamtfläche von 2370 m- liegt der dreigeschossige Krankenpavillon an der Thaliastraßc, welcher eine chirurgische Ab- teilung nebst Operationslokalitätcn und eine Kapelle enthält, im zweigeschossigen Trakte an der Liebhartgassc sind die Administrationsräume und die Pflcgeschwcstern, in den übrigen teils ein-, teils zweigeschossigen Trakten die Proscktur und anderes untergebracht.

Abb. 3-13. Plastik im Bettina-Pavillon.

') Österreichische Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst. 1898, Heft 6.

Krankenhäuser.

233

Abb. 344. Stephanie-Spital. Ebencrd. 1 : SUO.

K. k. Krankenhaus Erzherzogin Sophien-Spitalstiftung, VII., Kaiserstraße 7 (Abb. 345).1) Im Jahre 1872 bildete sich unter dem Protektorate des Erzherzogs Karl Ludwig ein Verein, welcher sich die Aufgabe der Errichtung eines Spitales für die Bezirke Mariahilf, Neubau und die angrenzenden Vororte stellte. Dieses Spital, welches nach der Erzherzogin Sophie benannt wurde, dankt sein Entstehen zahlreichen freiwilligen Spenden, insbesondere der Frau Luise Kenyon, welche ihr Haus in der Kaiserstraße und ihr gesamtes Vermögen dieser Stiftung zuwendete. Am 1. Juni 1880 wurde die Anstalt mit einem vorläufigen Belag von 20 Betten eröffnet. Im Jahre 1900 übernahm der Wiener k. k. Krankenanstalten- fonds das Spital und führte auf zwei eben- erdigen Seitentrakten Stockaufsetzungen durch, so daß Ende 1900 bereits 84 Betten zur Ver- fügung standen; die Vorarbeiten für den Bau eines chirurgischen Pavillons sind abge- schlossen.

Die Anstalt besteht heute aus dem Kenyon-Pavillon, einem Administrations- gebäude und einem Leichen- und Gar- tenhaus. Parallel zum Kenyon-Pavillon gegen die Lazaristenkirche kommt der neue chirurgische Pavillon zu stehen, während in der nordwestlichen Ecke ein Leichenhaus zur Herstellung gelangt. Die Gesamtgrundfläche beträgt 12.420 m2. Der Krankenpavillon enthält im Parterre und ersten Stocke eine medizinische Krankenabteilung und die Küche. Im Souterrain dieses Hauses sind Bäder, Apotheke, Räume für die Pflegeschwe- stern, Isolierzimmer, Röntgenzimmer, Desinfektion, Ärztewohnungen, Kleider- magazine u. s. w. ganz unzureichend untergebracht, doch werden diese Ver- hältnisse durch den Neubau des chirurgi- schen Pavillons eine wesentliche Besse- rung erfahren. Mit Rücksicht auf die an- stoßende breite Gürtelstraße und den Vorpark beim Westbahnhofe ist die Lage des Spitales eine günstige.

K. k. Kaiser Franz Josef-Spital, X., Triesterstraße (Abb. 346 bis 349).-) Der in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhun- derts herrschende Bettenmangel überhaupt und die Schwierigkeit der Unterbringung von Blattern- und Flecktyphuskranken gaben Anlaß, den Bau eines Infektionsspitales ins Auge zu fassen. Der in der Regel geringe Stand dieser Krankheiten ließ aber einen unverhältnismäßig kostspieligen Betrieb gewärtigen, weshalb es zum Baue eines für alle Krankheitsformen bestimmten Spitales kam. Im Jahre 1884 wurde durch das k. k. Ministerium des Innern ein Programm für die neue Anstalt aufgestellt und hiernach durch den k. k. Statthalterei-Oberingenieur Michael Fellner und den Direktor der k. k. Rudolf- Stiftung Dr. K. Böhm ein Projekt ausgearbeitet, das nach Vornahme bedeutender Reduktionen dem im Jahre 1887 begonnenen und 1892 beendeten Baue zugrunde lag. Zunächst handelte es sich um Unter- bringung der Blatternkranken, weshalb die Pavillons A, B, C bereits 1888 unter Herstellung von proviso- rischen Nebengebäuden (Pförtner, Küche und Leichenhaus) in Benützung genommen wurden. Die mit 610 Betten eröffnete Anstalt kostete 4,566 000 K, wovon auf Grunderwerb zirka 400.000 K, auf innere Ein- richtung 360.000 K und der Rest auf den Bau inklusive Gartenherstellung entfielen. Für künftige Erweite- rungen wurden 1894 südlich an den Ökonomiehof anstoßend noch 24.744 m- Gründe erworben, auf welchen dermalen das Institut zur Gewinnung von Diphtherieheilserum untergebracht ist. Im Jahre 1896 fanden in der Infektionsabteilung mit Rücksicht auf die gewonnenen Erfahrungen umfangreiche bauliche Änderungen statt, welche die Verhütung von Hausinfektionen durch eine größere Dezentralisierung der Kranken anstrebten. Anschließend daran folgte aus gleichem Grunde 1890 der Bau einer Beobachtungs- baracke mit vier Betten, wovon jedes Bett für sich mit Nebenräumen isoliert ist, 1900 der eines eigenen Aufnahmsgebäudes für die Infektionskranken, um bei der Aufnahme jede Ansteckung zu vermeiden, und endlich 1902 jener von zwei weiteren Beobachtungsbaracken mit je zwei getrennten Abteilungen zu je einem Bette.

Abb. 345. Sophien-Spital.

Ebenerd. 1:600.

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. IX. Jahrgang 1900.

2) Eine ausführliche Beschreibung ist im Jahrbuche der Wiener k. k. Krankenanstalten, I. Jahrgang 1892, enthalten.

234

Humanitätsanstalten.

1 Pförtner.

2 Administrationsgebäude. 3 5 Wohngebäude.

6 Küchengehäude.

7 Kapelle. 8—12 Wirtschaftsgebäude.

13 16 Krankenpavillons.

17 Badhaus.

lc) Aufnahme Infektionskranker.

20 Arztewohnhaus.

21 23 Pavillons für Infektions

kranke.

24—28 Baracken für Infektions kranke.

29 Badhaus für Infektions- kranke.

3U Leichenhaus.

i2 Institut zur Gewinnung von Diphtherieheil serum.

Abb. 346. Kaiser Franz Josef-Spital, X., Triesterstraße. Lageplan. 1:3000.

Abb. 347. Kaiser Franz Joscf-Spital, X.,

Perspektivische Ansicht.

Krankenhäuser.

235

Das k. k. Kaiser Franz Joscf-Spital, das ohne den neu- erworbenen Grundkomplcx über eine Fläche von 84.914 m- ver- fügt, hat derzeit einen Belag von 622 Betten und besteht aus drei medizinischen, einer chirur- gischen und einer Infektions- abteilung. Das Spital ist durch- wegs im Pavillonsystem ausge- führt. Die vollkommen isolierte Infektionsabteilung besteht aus zwölf Objekten. Eine weitere Gruppe umfaßt die übrigen Kran- kenabteilungen mit vier Pavillons, dem Küchengebäude, Badhaus und Nonnenhaus. Nordwestlich ist der Eingang mit Pförtnerhaus und drei Objekten, enthaltend Administration und Wohnungen. Getrennt mit besonderem Zu- gange liegt südwestlich der Öko- nomiehof. In der westlichen Ecke mit getrenntem Vorplatze ist die Prosektur mit der Leichenein- segnung situiert.

K. k. Wilhelminen - Spital,

Ebencrd und Frster Stock.

Abb. 348. Kaiser Franz Josef-Spital. Pavillon für Internkranke.

Abb. 349. Kaiser Franz Josef-Spital. Pavillon für Internkranke. Schnitt. 1:600.

XVI., Montleartstraße 1 (Abb. 350 bis 353). Aus Anlaß des 40jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers Franz Josef I. widmete die Prinzessin Wilhelmine Montleart-Sachsen-Curland der Gemeinde Ottakring einen Betrag von 300.000 K zur Errichtung eines Spitales. Zu diesem Zwecke wurde an der Ecke des Flötzersteiges (Hütteldorferstraße) ein Areale von 15.000 m- erworben und der Bau in Angriff genommen. Am 1. April 1891 wurde die Anstalt mit einem Belagraume für 142 Betten (eine chirurgische, eine medizinische und eine Infektionsabteilung) eröffnet. Nach der im selben Jahre erfolgten Übernahme der Anstalt durch den Wiener k. k. Krankenanstaltenfonds wurde der sogenannte Isolierpavillon für Unterkunft der Pflegeschwestern, für Wohnungen des Verwalters und der Diener und für Magazine in Benützung genommen. Da dieses Spital wegen seiner freien, gesunden Lage am Abhänge des Wienerwaldes für eine spätere Vergrößerung sehr geeignet war, wurden über Antrag des Statthalters Erich Graf Kielmansegg im Jahre 1894 die anstoßenden Grundflächen im Ausmaße von 199.549 m; um den Betrag von rund 446.000 K erworben. Im Jahre 1900 kam es zu einer bedeutenden Er- weiterung des Wilhelminen-Spitales1;, indem der Gemeinderat der Stadt Wien im Jahre 1898 beschloß, zum Andenken an das 50jährige Regierungsjubiläum des Kaisers 2 Millionen Kronen zur Errichtung eines Kinder- spitales für Infektionskranke auf den Gründen des Wilhelminen-Spitales zu widmen. Gleichzeitig gelang es den Bemühungen des Statthalters, eine Stiftung des 1895 verstorbenen Wiener Bürgers Georg Kellermann für ein Kinderspital im Betrage von 600.000 K dem Wiener Krankenanstaltenfonds einzuverleiben. Mit diesen Mitteln wurde nach den Plänen des derzeitigen Landes-Oberbaurates Franz Berger ein dem Wilhelminen- Spitale angegliedertes Kinderspital errichtet und im Jahre 1902 der Benützung übergeben, das den weitest- gehenden modernen Anforderungen entspricht.

Die nun unter dem Namen Wilhelminen-Spital vereinigten Anstalten umfassen ein Flächen- ausmaß von 79.290 m'2, wovon 12.912 m2 verbaut sind. Sie bestehen aus einer Abteilung für internkranke Erwachsene mit 117 Betten, einer Kinderabteilung für 43 Internkranke, einer Kinder- abteilung für 43 chirurgisch Kranke und einer Kinderabteilung für 188 Infektionskranke. Die aus 37 Objekten bestehende Anstalt zerfällt in drei Gruppen, welche durch Drahtgeflechtzäune von- einander getrennt sind.

Im Pavillon B (Abb. 350) befinden sich im Parterre erwachsene Kranke, in den übrigen Ge- schossen Pflegerinnen. Das Objekt C enthält Dienerwohnungen, das Torgebäude D die Wohnung des Pförtners und Räume für die k. k. Sicherheitswache. Wohnhaus E nimmt die Wohnung des Direktors samt Kanzlei, ferner noch Beamten- und Dienerwohnungen auf. Das Küchengebäude F umfaßt eine durch zwei Geschosse reichende Dampfkochküche 10X12 m samt den erforder- lichen Nebenräumen, im ersten Stocke Speisezimmer für Arzte und Wohnungen des Küchen- personales. Im Kessel- und Maschinenhause G sind im Tiefparterre fünf Cornwallkessel, die

') Die Neubauten beim k. k. Wilhelminen-Spital. Von Franz Berger, k. k. Baurat. Allgemeine Bauzeitung. 1902, Heft 3.

236

Humanitätsanstalten.

den Dampf für sämtliche Objekte mit Ausnahme von B, C, D, E, J und S liefern. Der Dampf wird in unterirdischen Gängen zu den verschiedenen Objekten als Hochdruckdampf geführt und dann reduziert. In diesen Gängen laufen auch die elektrischen Leitungen. Im Kesselhause liegt auch die Druckzentrale für die Aufzüge. Dieses Gebäude enthält noch im Souterrain Werkstätten und eine Kohlensäuremaschine zur Erzeugung von Kälte und Eis. Im Parterre befinden sich zwei Räume mit Bad für Desinfektion

Abb. 350. Wilhelminen-Spital und Kinderspital der Gemeinde Wien. Lageplan. 1:3000.

Wilhelminen-Spital :

A Hauptgebäude. B Schwesternhaus. C Dienerhaus. E Direktionsgebäude. F Küchengebäude. G Kesselhaus. H Leichenhaus.

N, O, P, Q, R, S Kellermannsche Stiftung.

Kinderspital :

K Aufnahmsgebäude.

L Bad.

1 19 Krankenpavillons.

Abb. 351. Wilhelminen-Spital. Gebäude A. Zweiter Stock. 1 : SO0.

Schnitt. 1 : 600.

jn na.

Abb. 352. Pavillon für 11 Betten. Ebcncrd. 1:600.

Wilhelminen-Spital.

Abb. 353. Operationshaus. Erdgeschoß. 1:600.

(zwei Apparate), die Waschanstalt und ein großes Magazin; das Obergeschoß enthält Diener- wohnungen. Das Leichenhaus H enthält im Souterrain Beisetzräume mit Lcichenkühlzellcn, Sarg- magazin u. s. w., im Parterre Wartehalle und Einsegnungskapelle mit zwei geschlossenen Aufbahr- zcllen. Durch Aufzüge kommen die Leichen vom Souterrain direkt in diesen Raum. Nördlich

Krankenhäuser.

237

liegen in diesem Geschosse die Räume für die Prosektur, zu welcher auch die im ersten Stocke befindlichen Laboratorien gehören. Die Pavillons N und O sind zweigeschossig mit einem weiteren Aufbau im westlichen Teil für Ärzte und Wartepersonalc, enthalten in jedem Geschosse einen Krankensaal für 18 Betten und entsprechende Nebenräume. Das Operationshaus ist mit dem chirurgischen Pavillon, welcher im Stiegenhause einen Aufzug enthält, durch einen geschlossenen Gang verbunden. Im Gebäude R befinden sich ein Turnsaal und Nebenräumc für Massage und Röntgenbehandlung. Das Ambulatoriumsgebäude S mit zwei Abteilungen enthält Warte- und Ordinationsräume mit Bädern, das Aufnahmsgebäude K im Parterre Kanzleien, sechs Um- kleidezellen, im ersten Stocke Speisezimmer für Ärzte und Pflegerinnen, das Gebäude L endlich das sogenannte Entlassungsbad mit einem Auskleideraum, Duschebad und Ankleideraum und nach rückwärts zwei Kanzleien. Die Infektionsabteilung umfaßt 7 Pavillons für 17 Betten, 4 für 11 Betten, 3 für 5 Betten und 5 für 2 Betten, um eine größtmögliche Isolierung der verschiedenen Krankheitsformen zu ermöglichen. Die Pavillons sind eingeschossig, die sieben größten haben im westlichen Flügel einen Stockaufbau für Ärzte und Wärterinnen. Die Gebäude sind durchwegs massiv; auf ihre leichte Desinfektion ist besonders Rücksicht genommen.

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde der Steinzeug-Rohrkanalisation gewidmet, die bei dem herrschenden günstigen Gefälle und reichlicher Spülung eine rasche Abfuhr gewährleistet. Die gesamten Abwässer der Infektionsabteilung, des Leichenhauses, des chirurgischen Pavillons und des Operationsgebäudes sind in ein System so zusammengefaßt, daß sie das Desinfektions- haus I passieren, woselbst ihnen automatisch Kalkmilch in entsprechender Menge beigemischt wird. Pförtnerhaus, Wohnhaus, Pavillon B und Dienergebäude C haben Ofenheizung, das Ambulatorium S Gasheizung. Für die übrigen Objekte ist Niederdruckdampf-, für das Haupt- gebäude A Recksche Schnellumlaufheizung eingeführt.

An der Einfriedung ist eine monumentale Gruppe „Opferwilligkeit", vom Bildhauer L. Schadler ausgeführt, zur Aufstellung gelangt.

INSTITUTE ZUR BEKÄMPFUNG VON INFEKTIONSKRANKHEITEN.

K. k. Impfstoffgewinnungsanstalt, VIII., Laudongasse 12 (Abb. 354).1) Diese Anstalt wurde im Jahre 1892 auf dem Gartengrunde der niederösterreichischen Landes-Gebär- und Findel- anstalt erbaut. Seit dem 18. April 1898 ist mit derselben eine öffentliche Impfstation verbunden, die in der Nähe der Anstalt in einem Privatgebäude (VIII., Laudongasse 52) untergebracht ist. Das freistehende Gebäude besteht aus zwei einstöckigen Seiten- flügeln, die durch einen ebenerdigen Mittelbau verbunden sind. Im Mittelbaue befindet sich der mit allen modernen Einrichtungen für aseptische Verreibung und Füllung des Impfstoffes ausgestattete Operationssaal und der Abfertigungsraum, beide Räume mit Seiten- und Oberlicht, daran schließen sich die Ställe mit darüberliegenden Futterböden. Der übrige Teil des Erdgeschosses und das erste Stockwerk enthalten Parteienzimmer, Kanzleien und Laboratorien. Institut zur Gewinnung von Diphtherieheilserum (Abb. 355). 2) Für die Bereitung des Serums stehen im k. k. Kaiser Franz Josef-Spitale eine Reihe von Gebäuden in Verwendung, welche auf den beim Kaiser Franz Josef-Spitale nachträglich erworbenen Gründen errichtet wurden. Das eigentliche Institut enthält im Erdgeschosse die Operations- und sonstigen Arbeitsräume, im ersten Stocke weitere Arbeitsräume und Wohnungen. Im Souterrain befindet sich die Maschinenanlage für Kälteerzeugung mittels Ammoniak. Ferner gehören zur Anstalt Stallungen für zirka 50 Pferde, Magazine u. s. w.

Lyssa-Institut. Gleichzeitig mit der Gründung eines Forschungsinsti- tutes für Diphtherieheilserum wurde 1894 in der k. k. Krankenanstalt Rudolf- Stiftung in der durch Stockaufsetzung vergrößerten Prosektur dieses Spitales ein Institut errichtet mit der Aufgabe der Anwendung der Präventivimpfungen zur Verhütung des Ausbruches der Wutkrankheit bei von wütenden Tieren

Abb. 354. Lymphanstalt. Ebenerd. 1 : 600.

') österreichisches Sanitätswesen. 1892, Beilage zu Nr. 51. Jahresberichte 1895—1900, erschienen in den Jahren 1896—1900 in „österreichisches Sanitätswesen". Dr. G. Paul, Entwicklung der Schutzpocken- impfung in Österreich. Erschienen im Jubiläumswerk „österreichische Wohlfahrtseinrichtungen 1848—1898.

-) Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. 1895 und 1898.

Abb. 355. Diphtherie- heilseruminstitut. Ebenerd. 1:600.

238

Humanitätsanstalten.

gebissenen Personen. Außer den erforderlichen Laboratorien und gesonderten Impfräumen kamen auch Tierställe zur Errichtung. F. Beiger.

b) Kommunal-Epidemiespitäler. ')

Die Gemeinde Wien besitzt die im folgenden besprochenen vier Spitäler, welche nach einem Übereinkommen zwischen dem Wiener k. k. Krankenanstaltenfonds und der Gemeinde, für Epidemiefälle bestimmt, als Reserve dienen und gegebenen Falles vom Krankenanstalten- fonds übernommen werden.

Kommunal-Epidemiespital X., Triesterstraße (Abb. 356). Infolge epidemischen Auftretens der Blattern Ende 1872 binnen eines halben Jahres um den Kostenbetrag von 815.000 K erbaut, wurde dieses Spital am 1. Mai 1873 eröffnet. Nach dem Erlöschen der Blatternepidemie wurde es wiederholt dem k. k. Krankenanstaltenfonds zur Beherbergung infektiös Erkrankter überlassen.

a 3b

Abb. 356. Epidemiespital der Gemeinde im X.Bezirke. Lageplan. 1:1000.

Die Anstalt ist auf einer Area von 14.700 m2 errichtet und kann 200 Krankenbetten aufnehmen. Das Hauptgebäude besteht aus einem zweigeschossigen Mittelbau, an den sich vier erd- geschossige Flügel mit den Krankensälen anschließen. Dazu kommt noch ein kleines Leichen- haus, ein Werkstätten- und ein Magazinsgebäude. Die Anlage entspricht derzeit nicht mehr den modernen Anforderungen, auch ist der Belag viel zu hoch angenommen.

Kommunal-Epidemiespital XVII., Gilmgasse 18. 1882 von der Gemeinde Hernais für die Aufnahme von 50 Betten mit einem Kostenaufwande von 58.000 K erbaut. Es ist auf einer Grundfläche von 1362 m'2 errichtet, umfaßt ein zweigeschossiges Objekt mit angeschlossener ebenerdiger Baracke und bietet baulich nichts Bemerkenswertes.

Kommunal-Epidemiespital im XII. Bezirke. Dasselbe wurde von der Vorortegemeinde Meidling 1887 in der Nähe des Meidlinger Bahnhofes erbaut und besteht aus einer eben- erdigen massiven Baracke für 73 Betten und zwei Nebengebäuden. Die Gesamtfläche beträgt 5940 m2.

Kommunal-Epidemiespital IL, Engerthstraße. Als im Jahre 1892 die Gefahr einer Cholera- epidemie bestand, sah sich die Gemeinde Wien genötigt, für die Unterbringung der Kranken Vorsorge zu treffen. Unter anderem wurde die ehemalige Schule (Zwischenbrücken) II., Engerth- straße als Epidemiespital bestimmt. Anschließend an diese Schule wurden fünf Baracken errichtet, von welchen drei für den Krankenbelag bestimmt sind. Die Kosten der Adaptierung und der Neubauten betrugen 360.000 K. Die Gesamtarea mißt 5860 m2. Das Schulgebäude soll 75, jede Baracke 40 Kranke aufnehmen. F. Berger.

') Siehe Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. 1S93.

Krankenhäuser.

239

c) Privat-Krankenanstalten.

1. VON KORPORATIONEN ODER AUS STIFTUNGEN UND SPENDEN ERHALTENE

ÖFFENTLICHE KRANKENANSTALTEN.

Die älteste der heute noch bestehenden derartigen Anstalten ist das Krankenhaus der barmherzigen Brüder, IL, Große Mohrengasse 9 13 (Abb. 357, 358).

Zu seiner Gründung gab Kaiser Matthias durch Berufung der barmherzigen Brüder nach Wien 1614 den ersten Anstoß, während Kaiser Ferdinand II. 1624 den Stiftsbrief ausfertigte, nach welchem er die Grundschen- kungen seines Vorgängers erweiterte und das Konvent- haus am Tabor zur Aufnahme von männlichen Kranken ohne Unterschied des Standes, der Religion und Natio- nalität ermächtigte. Das daraufhin im 17. Jahrhundert er- baute Konvents- und Spitalsgebäude wurde allmählich derart vergrößert, daß die Krankenzahl bis zum Jahre 1850 von ursprünglich 57 auf 215 und das zwischen Taborstraße und Mohrengasse gelegene Areale auf 11.110m- anwuchs, wovon 401746m- überbaut waren. Die Kranken waren ursprünglich in einem 76968 m- messenden, von der Taborstraße zugänglichen Saale und in 7 Zimmern mit Absonderung der chirurgischen, syphi- litischen, Haut- und Blatternkranken untergebracht.

Das stete Anwachsen der Hilfe suchenden Kranken und die gesteigerten Anforderungen der Spitalshygiene drängten endlich zu einem Neu- baue, dessen Durchführung der tatkräftigen In- itiative des Priors P. Wunibaldus Trümmer gelang, wurf von den Architekten Freiherrn von Hasenauer,

A Konventsgebäude. B Spitalhauptgebäude. C Spitalzubau.

Abb. 357. Spital der barmherzigen Brüder, II., Taborstraße. Lageplan. 1:3000.

Nach dessen Programm wurde der Ent- Hofer und Schönmann verfaßt und der Neubau in der Großen Mohrengassc im Jahre 1884 vollendet. Er umfaßt drei Geschosse über dem hohen Keller, ist nach dem Korridorsysteme mit einem einzigen 92 m langen Trakte derart angelegt, daß sich gegen die Straße kleinere, 78 bis 9 m tiefe, bei den großen Fensterachsen- distanzen nur mäßig erhellte Krankenzimmer aneinanderreihen, zwischen welchen nach älterer Spitalstype Badekabinette und an kleinen Lichthöfen gelegene Aborte eingeschaltet sind, während gegen den Hof zwei Stiegenhäuser und zwei Pavillons mit einigen Nebenräumen direkt an den Gang angeschlossen sind, von denen jeder in allen Geschossen einen gut erhellten Kranken- saal für 16 Betten enthält. An der südlichen Grundgrenze wurde 1890 ein Operationssaal

u

1 S.K S.K I S.K. H «.£. H C.

CK Chirurgische Kranke. KS Neue Krankensäle. SK Syphilitische Kranke. T Terrasse.

AK Augenkranke. K Kapelle.

Abb. 358. Spital der barmherzigen Brüder, II., Große Mohrengasse. Erster Stock. 1:1000.

zugebaut und 1903 am Nordende des Traktes ein von dem Architekten F. Ritter von Neu- mann nach dem vom Provinzial P. Heribertus Kalny und Prior P. Eduardus Stur aufgestellten Programm entworfener Zubau begonnen und 1905 fertiggestellt, welcher die Spitalskapelle auf- nimmt und im ersten und zweiten Stocke außer einigen Nebenräumen je drei Krankenzimmer enthält, die mit einer Tiefe von 10'3m ein Maß erreichen, das man in modernen Kranken- häusern bei einseitiger Belichtung der Zimmer sonst kaum mehr antrifft. Unter diesen Ge- schossen ist außer dem Erdgeschosse ein Mezzanin eingeschaltet; diese beiden Geschosse nehmen Ärztewohnungen, Dienst- und Ordinationsräume auf. Im Dachgeschosse sind Diener-

240 Humanitätsanstalten.

wohnungcn und Magazine untergebracht. Gegen den Hof hin schließen sich an das Erdgeschoß die Leichenhalle, der Sezierraum und das Kesselhaus unmittelbar an, unter den ersteren Räumen liegen die Waschküche und die Desinfektionsräume. Nunmehr vermag die Anstalt 300 Kranke aufzunehmen. Bei vollständig feuersicherer Konstruktion sind die älteren Teile mit Warmwasserheizung, jene des Zubaues mit Niederdruckdampfheizung System Reck aus- gestattet und werden mittels eines elektrisch angetriebenen Pulsators ventiliert. Die Kosten des Neubaues vom Jahre 1884 samt Einrichtung belaufen sich auf 1,200.000, jene des Zubaues auf 600.000 K. Die Zahl der jährlich im Spitale verpflegten Kranken schwankt zwischen 5000 und Ö000, jene der Ambulanten zwischen 10.000 und 12.000, worin die vielen Personen, welche sich zur Entfernung kranker Zähne einfinden, nicht mitgezählt sind.

Unabhängig von dem Spitale der barmherzigen Brüder besteht das Rekonvaleszentenhaus dieser Bruderschaft, das im Jahre 1750 auf Anregung der Kaiserin Maria Theresia von Prin- zessin Maria Theresia, Herzogin von Savoyen, geborene Prinzessin von Liechtenstein, deren Andenken als edle Förderin von Humanitätsanstalten in Wien unauslöschlich bleiben wird, mit der Bestimmung zur Aufnahme von 20 männlichen Rekonvaleszenten des Leopoldstädter Spitales gestiftet wurde. Im Jahre 1755 wurde die Anstalt auf den Kubickschen Gründen auf der Landstraße eröffnet, wo sie bis 1874 verblieb. Als jene Gründe durch die Straßenregu- lierung in Anspruch genommen wurden, übersiedelte die Anstalt nach Hütteldorf (XIII., Linzer- straße 466), nachdem die auf dem dortigen Grundstücke vorhandenen Baulichkeiten für den neuen Zweck adaptiert worden waren. Schon im Jahre 1896 wurden aber Um- und Zu- bauten vorgenommen, so daß sich die Zahl der unentgeltlich aufzunehmenden Rekonvaleszenten von 24 auf 50 erhöhte und zugleich einige Zimmer für Zahlende geschaffen werden konnten. Im Besitze einer 58.535 m- messenden Area, von der 230937 m- verbaut sind, erfreut sich die Anstalt herrlicher Parkanlagen; es wurden aber die vorhandenen Baulichkeiten auch derart umgestaltet und erweitert, daß den modernen Anforderungen der Spitalshygiene, soweit dies bei alten Gebäuden überhaupt möglich wird, im vollsten Maße Rechnung getragen ist. Der Ankauf der Realität und die Erweiterungsbauten haben bisher rund 400.000 K gekostet. Ein modern eingerichteter Omnibus vermittelt den Verkehr zwischen dem Leopoldstädter Spitale und der Hütteldorfer Anstalt, in welcher die Rekonvaleszenten einen Htägigen bis mehr- wöchentlichen Aufenthalt finden.

Das St. Elisabeth-Spital für unentgeltliche Behandlung armer kranker Frauen wurde im Jahre 1709 durch Kaiserin Eleonora, Fürstin Maria Montecuculi und Maria Gräfin Kiesling mit Her- anziehung des Ordens der Elisabethinerinnen gestiftet und im darauffolgenden Jahre in dem notdürftig adaptierten Gebäude untergebracht, das sich auf der Realität befand, die das Krankenhaus heute noch (III., Hauptstraße 4) inne hat. Bald darauf ausgeführte Spital- und Klosterbauten wurden schon 1743 umgebaut und dabei das Spital auf einen Belagraum für 50 Betten erweitert; endlich erfolgte 1835 der Bau der jetzt bestehenden Spitalsanlage. Die im ersten und zweiten Stocke verteilten Krankenzimmer bieten gegenwärtig einen Belagraum für 91 Kranke, wobei pro Kranken 44 bis 47 m3 an Luftraum entfallen. 79 Betten sind der medizinischen Abteilung, 12 Betten der seit vier Jahren bestehenden gynäkologischen Abteilung zugewiesen. Zur Heizung dienen teils Kachel-, teils Gasöfen. Der Konvent verfügt über eine Area von 12.543 m'2, wovon mit Kirche, Kloster, Spital und Nebengebäuden 4713 m2 überbaut sind. Im Jahre 1903 wurden 1024 Kranke im Spitale verpflegt und 1095 ambulatorisch behandelt.

Krankenhaus der barmherzigen Schwestern. Zur Errichtung eines Krankenhauses für beide Geschlechter ohne Unterschied der Konfession berief Erzherzog Maximilian von Öster- reich-Este die ersten barmherzigen Schwestern vom Orden des heil. Vinzenz von Paul im Jahre 1832 aus Zams in Tirol nach Wien, schenkte ihnen zu diesem Zwecke das Grundstück samt Haus VI., Gumpendorferstraße 108 und erbaute 1839 im Garten einen neuen Spitalstrakt für 50 Kranke. Durch Heranziehung eines von der Kongregation im Jahre 1886 erbauten Traktes wurde das Spital im Jahre 1898 auf den Belag mit 100 Kranken erweitert. In diesem Spitale ist homöopathische Behandlung eingeführt und wurden im Jahre 1903 1214 Kranke unentgelt- lich verpflegt und 2168 Kranke ambulatorisch behandelt. Auf demselben Grundstücke an der Liniengasse wurde das Lebenswarthsche Kinderspital erbaut, das die Kongregation in ihre Ver- waltung übernahm. Vom k. Rat Oberstabsarzt i. P. Dr. Joh. R. Taubes von Lcbcnswarth gestiftet und seit 4. November 1878 eröffnet, besteht es aus einer medizinischen Abteilung mit dem Belagraum für 30 Kinder armer Arbeiter und wenig bemittelter Gevverbsleutc. welche hier unentgeltlich streng homöopathisch behandelt und verpflegt werden. Jährlich werden zirka 300 Kinder in das Spital aufgenommen und zirka 3000 ambulatorisch behandelt.

Krankenhäuser.

241

Spital der israelitischen Kultusgemeinde, XVIII., Gürtel 97 (Abb. 359, 360). Das zur Aufnahme von 100 Kranken bestimmte Hauptgebäude ') dieses Krankenhauses lie(3 Anselm Freiherr von Rothschild zum Ersätze des an ungünstiger Stelle gelegenen, für 40 Betten be- stimmten, im Jahre 1793 erbauten Spitales der Kultusgemeinde aus eigenen Mitteln erbauen, um es der Gemeinde in das uneingeschränkte Eigentum zu überlassen. Der Entwurf wurde nach dem von den Ärzten Dr. A. Matzal und Dr. B. Wölfler auf- gestellten Programme von dem Architekten Wilhelm Stiaßny verfaßt und gelangte mit den von Professor Dr. Karl Böhm

angegebenen Einrichtungen für Ventilation und Heizung zur Ausführung. Auf einer Area von 8492"5 m- freistehend an- gelegt, war das Gebäude, dessen

Bau und Einrichtung über 800.000 K kostete, zur Zeit seiner Schaffung als mustergültig zu bezeichnen. Für jeden Kranken entfielen von der Gesamtarea des Spitales samt Garten 84-92 m-; überbaut waren 2272*5 m- durch das Hauptgebäude und 84 m2 durch das Leichen- haus, also etwas weniger als ein Dritteil der Area. Diese Verhältnisse wurden durch die in den Jahren 1900 1902 als Stiftung des Freiherrn Albert von Rothschild durchgeführte Ver- größerung des Krankenhauses ungünstig verschoben; da der im Anschlüsse an den Mittelrisalit neu erbaute chirurgisch-gynäkologische Pavillon 50 Kranke aufnimmt, entfallen pro Kranken nur mehr 56-6 m- der Area, wozu noch kommt, daß dieser Pavillon über dem Souterrain vier Geschosse umfaßt, deren Räume sich um eine mit Glasdach gedeckte Zentralhalle gruppieren. Die überbaute Fläche wurde dabei um rund 740 m2 vergrößert und die freie Gartenfläche

A, B, C, D Krankenpavillons. E Administrationsgebäude. F Leichenhaus. Abb. 359. Spital der israelitischen Kultusgemeinde. Lageplan. 1 : 1750.

KS Krankensäle. WZ Wartezimmer. O Ordinationszimmer.

SA Sekundarärzte. EZ Extrazimmer. L Laboratorium.

Abb. 360. Spital der israelitischen Kultusgemeinde. Ebenerd. 1:800.

somit empfindlich verkleinert, dem gegenüber das Geschick anerkannt werden muß, mit dem der Architekt die ihm gestellte Aufgabe löste. Die Kosten des Baues und der mustergültigen Ausstattung des neuen Pavillons betrugen rund 300.000 K. Im Jahre 1903 wurden in dem ver- größerten Krankenhause 881 Männer und 751 Frauen, zusammen 1632 Kranke, verpflegt, das Ambulatorium war von 6310 Männern und 5132 Frauen, zusammen 11.442 Personen aller Konfessionen, besucht.

') Das alte und neue Wiener Israeliten-Spital, nach authentischen Quellen dargestellt vonM.undCh. Dr. Bernhard Wölfler. Wien, C. Gerold, 1873. F. Gruber, Neuere Krankenhäuser. Wien, C. Gerold, 1879.

Bd. II. 16

242

Humanitätsan stalten.

A Ambulatorium.

B Spitalstrakt.

C Kinderspital.

D Chirurgische Klinik.

E Bakteriologisch- chemisches In- stitut.

Das Klosterspital zum heiligen Franz von Assisi, V., Hartmanngasse 7, wurde im Jahre 1864 von der Kongregation der Schwestern vom dritten Orden des genannten Heiligen zur unentgeltlichen Aufnahme von armen Kranken beiderlei Geschlech- tes gegründet und im Jahre 1890 nach dem vom Hofbauinspektor Seitschek auf Grund des von der Oberin M. Gonzaga Zimpel aufgestellten Program- mes verfaßten Entwürfe auf dem allerdings sehr beengten Grundstücke neu gebaut. Das einzige Gebäude, aus welchem das Krankenhaus besteht, umfaßt über dem Sockelgeschosse drei Stockwerke und enthält außer den Zimmern für 80 bis 90 unent- geltlich verpflegte Kranke auch sechs Zimmer für Zahlende und die Wohnräume der Schwestern. Die Baukosten des Spitales betrugen zirka 1,080.000 K. Erhalten wird es durch Sammlungen und Spenden. Im Jahre 1902 wurden im Spitale 320 Männer und 4ö8 Frauen behandelt und verpflegt.

Eine der segensreichsten Schöpfungen ist die unter dem Protektorate des Erzherzogs Rainer stehende, im Jahre 1872 durch hervorragende Ärzte gegründete und seit ihrem Bestehen durch hoch- herzige Gönner sowie seit 1886 durch einen Verein in ihrem Bestände gesicherte Allgemeine Poliklinik (Abb. 361)'), die mit dem Zwecke der unentgeltlichen ärztlichen Behandlung unbemittelter Kranken die Pflege und den Unterricht der praktischen Heil- kunde verbindet. Zunächst als Ambulatorium er- richtet und in Mietwohnungen untergebracht, zu- letzt, von 1880 an, in einem für ihre Zwecke adap- tierten Hause, wo bereits auch 12 Betten für lie- gende Kranke Platz fanden, gelang es der Poliklinik durch die Spende von 300.000 K der Gebrüder Gutmann, im Jahre 1890 mit dem Baue einerneuen Anstalt zu beginnen, deren zunächst vollendete Teile 1892 bezogen wurden und auch spitalmäßig angelegte Krankenunterkünfte enthalten. Anknüpfend an das vom Baukomitee, bestehend aus den Pro- fessoren Dr. Schnitzler, Monti, von Hebra, von Reuß, Winternitz, \V. Ritter von Gutmann und Architekt Andreas Streit, aufgestellte Programm verfaßte der genannte Architekt die Pläne für den Bau der ganzen Anstalt, welcher nun unter seiner Leitung je nach Zulänglichkeit der Mittel abschnitt- weise derart zur Ausführung gelangt, daß den drin- gendsten Raumbedürfnissen jeweilig durch Provi- sorien Rechnung getragen wird, die bei völligem Ausbaue verschwinden werden. Der Entwurf ist den äußerst beengenden Verhältnissen der 7191m- messenden Bauarea angepaßt, von welcher nach Vollendung der Anstalt 3018 m- überbaut sein werden. Das an der Mariannengasse gelegene Hauptgebäude umfaßt über dem hohen Souterrain vier Geschosse und enthält außer den Räumen der Verwaltung und für allgemeine Spitalsdienste zehn Abteilungssäle mit den erforderlichen Nebenräumen. Im Souterrain sind ein großer Turnsaal und Inhalatorien untergebracht. Der an die Stiege des Ambulatoriums angeschlossene Krankenpavillon enthält über dem Souterrain drei Geschosse und einen mittleren Aufbau, in welchem die Pflegerinnen (Klosterfrauen) wohnen; er nimmt gegenwärtig 66 Kranke auf, wird aber nach Vollendung der Anstalt für 130 Kranke bestimmt sein. Im Tiefparterre ist eine hydrotherapeutische Anstalt untergebracht. Im Jahre 1893

Abb. 361. Allgemeine Poliklinik. Hochparterre. 1:800.

') XXXI. Jahresbericht der Allgemeinen Poliklinik in Wien, IX., Mariannengassc 10.

Krankenhäuser. 243

wurde das von den Gebrüdern Gutmann gestiftete Kinderspital in dem hierzu adaptierten, ehe- mals Hcbraschcn Palais als Teil der Poliklinik eröffnet; es umfaßt über dem Keller zwei Ge- schosse und bietet Raum für 60 Betten. Das Ambulatorium ist mit Heißwasserheizung-, der Krankcnpavillon und das Kinderspital sind mit Niederdruckdampfheizung in Verbindung mit Einrichtungen für die natürliche Ventilation versehen. Zur künstlichen Beleuchtung dienen Gas und Elektrizität. An Baukosten wurden bisher aufgewendet 690.000 K. Durch die Spende von 1,000.000 K. welche Nathaniel Freiherr von Rothschild im Jahre 1902 der Poliklinik für Betriebs- zwecke zuwendete, ist wohl der Ausbau noch nicht, dafür aber der Bestand der Anstalt gesichert. Durch die Opferwilligkeit der Ärzte bestehen gegenwärtig im Ambulatorium 19 Abteilungen, eine hydrotherapeutische Klinik und ein Röntgeninstitut; im Jahre 1902 wurde das Ambulatorium von 36.112 männlichen und 33.339 weiblichen Kranken aufgesucht, im Krankenhause waren 764 Männer, 643 Frauen und 651 Kinder verpflegt.

Im Jahre 1872 gründete Viktor Freiherr von Erlanger mit einer größeren Zahl von gleichgesinnten Herren und Frauen einen Verein zur Errichtung und Erhaltung eines operativen Frauen-Hospitales, das mit dem Belagraume für 9 Betten in dem Hause VIII., Laudongasse 26 am 15. Dezember eröffnet wurde und nach der Protektorin Herzogin Maria Theresia von Württemberg, geborene Erzherzogin von Österreich, den Namen Maria Theresia-Frauen -Hospital erhielt. Das Gebäude entsprach den Bedürfnissen so wenig, daß der Verkauf desselben be- schlossen und ein Neubau auf dem Grundstücke VIII., Feldgasse 9 ausgeführt wurde. Das Programm für denselben stellte Dr. Anton Low mit dem damaligen Direktor Dr. Karl Frei- herrn von Rokitansky auf, die Pläne verfaßten die Architekten Fellner und Helmer, welche auch den Bau leiteten, derl25.000K kostete. Von der Gesamtarea von881-18m- mußten 457-96 m mit drei Geschossen über einem hohen Sockelgeschosse überbaut werden, um den Anforde- rungen des Programmes zu entsprechen. Im Hochparterre wurde gegen die Straße hin das Ambulatorium gelegt, während der dem Hofe zugewendete Flügel dieses Geschosses und der ganze erste Stock die Krankenunterkünfte (zusammen für den Belag mit 27 Betten) auf- nehmen und im zweiten Stocke die Operationsräume (Saal mit Ober- und Seitenlicht), die Küche und Wohnzimmer untergebracht sind. Im Sockelgeschosse befinden sich, außer der Portiers- und Dienerwohnung und Vorratskammern, die Zimmer der Pflegerinnen und eine gleichzeitig als Leichenkammer dienende, abgesondert zugängliche Kapelle. Im Dachraume ist ein Wäschemagazin eingerichtet. Im Jahre 1899 wurde das Ambulatorium vergrößert und damit auch im ersten Stocke eine Terrasse für die Rekonvaleszenten gewonnen. Zur Heizung dienen mit Luftzuführung versehene Dauerbrandöfen, im Operationszimmer ist ein Gasofen verwendet; die Beleuchtung erfolgt mit elektrischem Lichte. Im Jahre 1902 wurden in der Anstalt 612 Kranke verpflegt und 3341 ambulatorisch behandelt.

Im Jahre 1874 wurde das Kaiser Franz Josef-Ambulatorium ) durch einen Verein ge- gründet, den eine größere Zahl opferwilliger Ärzte in das Leben gerufen hatte. Der Zweck des Vereines ist die unentgeltliche Behandlung unbemittelter Kranken, die seinerzeitige Er- richtung einer Krankenanstalt zu deren Aufnahme und die Abhaltung von medizinischen Vor- trägen. Bis zum Jahre 1899 in Privathäusern eingemietet und wegen Beschränktheit der Mittel im Bestände bedroht, ermöglichte erst im genannten Jahre Josef von Baechle durch die Spende von 20.000 K dem Ambulatorium, den Erwerb des Hauses VI., Sandwirtgasse 3 einzuleiten und nach dem Zuflüsse von einer größeren Zahl von diesem Zwecke gewidmeten Spenden mit 88.000 K durchzuführen, welche Summe noch um 40.000 K für Adaptierungen und Inventar erhöht werden mußte. Das Grundstück mißt 403 m'2, wovon das Ambulatoriumsgebäude 349 m2 einnimmt. Dasselbe umfaßt über dem Keller drei Geschosse und enthält im Erdgeschosse die Diensträume und Wohnungen des Personales, während in den beiden oberen Geschossen ein Hörsaal mit Garderobe und in dessen Nachbarschaft ein Zimmer mit Notbetten und eine Teeküche, dann drei Wartesäle mit je drei Ordinationszimmern und bei je einem Zimmer jeder Gruppe ein Laboratorium, beziehungsweise ein Operationszimmer untergebracht sind. In der Anstalt bestehen 20 Abteilungen für besondere Krankheitsformen; im Jahre 1902 wurden sie von 36.481 Parteien besucht, während 300 Hörer den Vorträgen anwohnten, welche zehn als Abteilungsvorstände fungierende Professoren und Dozenten hielten.

Das Haus der Barmherzigkeit-) zur unentgeltlichen Pflege armer Unheilbaren aller Kon- fessionen und Nationen, XVIII., Antonigasse 17, verdankt sein Entstehen der im Jahre 1864 gegründeten Bruderschaft der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Mit dem Baue der Anstalt wurde

') Jahresberichte des Kaiser Franz Josef-Ambulatoriums.

'-) Jahresberichte des Kuratoriums der Stiftung „Haus der Barmherzigkeit". Der Bericht vom Jahre 18^5 enthält Grundrißskizzen.

16*

244

Humanitätsanstalten.

Rudolf mer-(früner Lange ) Gasse

im Jahre 1874 begonnen, dieselbe im folgenden Jahre mit 23 Krankenbetten eröffnet und bis 1895 derart vergrößert, daß sie gegenwärtig über 470 Krankenbetten verfügt. Das von der Antoni-, Vincenz-, Kreuz- und Mittcrberggasse begrenzte trapezförmige Grundstück mißt rund 5960 m-, wovon dermalen 178 m- von erdgeschossigen, 1976 m'2 von einstöckigen und 627 m- von zweistöckigen Gebäudeteilen eingenommen werden. Die für die Krankenunterkünfte bestimmten Trakte sind nach dem alten Korridorsystem angelegt und mit Zentralheizung ver- schen; sie enthalten 22 kleine Abteilungen für Männer, Frauen und Knaben, darunter eine von allen übrigen gesonderte Abteilung für Krebskranke. Eine wesentliche Förderung erfuhr die segensreiche Wirksamkeit der Anstalt durch das vom Domdechant Prälat L. Stöger im Jahre 1892 ins Leben gerufene Landasyl zu Weidlingau, das sowohl Pfleglingen der Anstalt als auch den durch ihren Beruf in ihrer Gesundheit erschöpften Pflegerinnen während der warmen Jahreszeit den Aufenthalt in frischer Luft und schöner Gegend gewährt. Im Jahre 1902 endlich widmete der regierende Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein einen bei Kirchstctten ge- legenen Hof samt 70 Joch Grundstücken dem Hause der Barmherzigkeit unter dem Namen „Clementinum" als Pflegcstätte für 30 unheilbare Krebskranke. Das Clementinum wurde nach Durchführung einiger Adaptierungen im Jahre 1903 eröffnet. Durch Ankauf von zwei an das Clementinum anrainenden Gebäuden mit 34 Joch Grundstücken wurde es im Jahre 1904 möglich, auch ein Asyl für Epileptische mit dem Belagraume für 30 Betten zu eröffnen, das „St. Josef" genannt wurde. Seit dem Jahre 1874 betrugen die Kosten der Baulichkeiten der Anstalt 1,512.163 K. Die Gesamtzahl der seit dem Bestände des Hauses der Barmherzigkeit bis Ende 1903 verpflegten armen, schwerkranken Unheilbaren beträgt 5674 Personen. Im Jahre 1903 wurden 534 Personen weiblichen und 198 Personen männlichen Geschlechtes, also in Summa 732 Personen, verpflegt.

Das Rudolfiner-Haus (Abb. 362 bis 364). Seit dem Jahre 1875 verfolgte Dr. Theodor Billroth

den Gedanken, zur Hebung des Krankenpflegerinnenstandes ein kleines Krankenhaus mit

. Pflegerinnen-Schule und -Asyl zu

schaffen. Seinen zielbewußten Bemühungen gelang im Jahre 1879 die Konstituierung eines diesen Zweck verfolgenden Ver- eines, der sich nach seinem Pro- tektor, Kronprinz Erzherzog Ru- dolf, Rudolfiner-Verein nannte, an dessen Spitze Geheimer Rat Graf Hans Wilczek trat und der den Bau des Rudolf ine r- Hau- ses1), XIX., Billrothstraße 78. in den Jahren 1882—1894 durch- führte. Der Bau begann mit der Anlage einer für 20 bis 24 aus dem Kriege in der Krivoscie und Herzegowina stammende Ver- wundete bestimmten Baracke, welche aus Eisen und Holz nach dem Entwürfe konstruiert wurde, den Architekt F. von Gruber und Ingenieur Karl Völckner gemein- sam verfaßt hatten und der auf Erhellung der Krankensäle mittels Shcdlicht basierte. Gleichzeitig wurden die auf dem Grundstücke vorhandenen alten Gebäude für Administrations- und Wirtschafts- zwecke adaptiert. Nach allmäh- licher Vergrößerung der Area auf das Maß von 14.196 m- konnte endlich 1884 mit dem Baue der für die Dauer bestimmten Anlagen begonnen werden, doch kamen diese wegen Mangels der nötigen Geldmittel nur schrittweise zur Durchführun«'. Demgemäß hat das von

KR Kronprinz-Pavillon. BP Billroth-Pavillon.

WG Wirtschaftsgebäude. VB Verwuiidetcnbarackc.

Abb. 362. Rudolfiner-Haus. Lageplan. 1:1750.

') Jahresberichte des Rudolf iner-Vereines. F. von Gruber, Das Rudolfiner-Haus in Wien. Verlag A. Dorn. Wien 1S05.

Krankenhäuser.

245

Dr. Billroth aufgestellte Programm und damit auch der vom Architekten von Gruber entworfene Plan im Laufe der Jahre gar manche Änderungen erfahren. Zu dem Lage- plane sei bemerkt, daß

die Bauanlagen an die Ostseite des Grundstückes gerückt wurden, um den wertvolleren Baumbestand im westlichen Teile zu schonen, und daß bei der Gebäudcgruppicrung das größte Augenmerk darauf gelegt wurde, alle Krankenzimmer, also auch die mit hochliegenden Fenstergalerien versehenen großen Säle des Billroth-Pavillons, mit einer Lang- seite in bester Weise, also nach Süden, zu orien- tieren. Die durch einen Gang verbundenen vier Hauptgebäude, der Kronprinz-Pavillon für 24 Kranke erster oder zweiter Klasse, der Billroth-Pavillon für 38 Stiftungsbetten oder Kranke dritter Klasse, der Reserve-Pavillon für sechs Kranke erster Klasse oder für Pflegerinnen und das Wirtschaftsgebäude sind großenteils unterkellert und umfassen zwei Wohn- geschosse, die in den drei zuerst genannten Ge- bäuden nahezu übereinstimmen, während im ersten Stocke des Wirtschaftsgebäudes sich das Schulzimmer und die Wohnungen der Pflegerinnen und der Ärzte in voneinander getrennten Raumgruppen befinden. Östlich von der dem Gedächtnisse des Protektors gewidmeten Kapelle befindet sich das erdgeschossige pathologische Institut mit Laboratorium und Sezier- zimmer. Auf die Einzelheiten der Anlage einzu- gehen ist hier nicht der Ort, es sei nur noch er- wähnt, daß die Anstalt zwei Werke des Bildhauers Ritter von Zumbusch besitzt, die Büste des Kron- prinzen Rudolf und jene Billroths. Die Gesamt- kosten der Anlage be- trugen mit Rücksicht auf waBS~t die bedeutenden Aus- lagen für Bacheinwöl- bung, Fundament- und Futtermauerherstellun- gen 821.000 K. Im Jahre 1902 wurden im Rudol- finer-Hause 917 Kranke beiderlei Geschlechtes verpflegt und im Ambu- latorium 3156 Kranke behandelt. Seit Grün- dung des Rudolfiner- Hauses bis Ende 1902 wurden 201 Schülerin- nen aufgenommen und 100 zu geprüften Pfle- gerinnen ausgebildet. Seit 1903 ist eine Er- weiterung der Anstalt im Zuge. Abt

Abb. 363. Rudolfi

finer-Haus. Billroth-Pavillon und Kapel

24Ö Humanitätsanstalten.

Die Sommerheilstation in Kierling, „Diakonissenheim", Hauptstraße 129 Dem durch den kaiserlich russischen Geheimen Staatsrat Michael von Cramer, dessen Gattin Olga von Cramer und den Pfarrer D. Dr. Paul von Zimmermann im Jahre 1880 in das Leben gerufenen Verein für die evangelische Diakonissensache dankt zunächst die Sommerheilstation in Kierling „Dia- konissenheim" ihr Entstehen. Sie wurde 1886 in einem gemieteten und 1892 im neuerbauten eigenen Hause eröffnet und seither auch erweitert. Es finden hier jährlich zirka 200 arme Kranke aller Konfessionen gute Herberge, kräftige Nahrung und leibliche und seelische Ruhe. Erst im Jahre 1899 waren die Mittel des Vereines so weit angewachsen, um das Evangelische Diakonissenkrankenhaus, XVIII., Hans Sachs-Gasse 12, im Anschlüsse an das bereits 1895 für ein „Diakonissenheim" erworbene Grundstück Canongasse 11 bauen und im Jahre 1901 für Kranke aller Konfessionen eröffnen zu können. Das zwischen Nachbarhäusern eingebaute Krankenhaus umfaßt zwei bis drei Geschosse über dem Keller und bietet Raum für 16 männ- liche und 16 weibliche Kranke. Die Pflegeschwestern (14 Diakonissen) wohnen im jenseits des Gartens gelegenen Diakonissenheim, wo auch einige altersschwache Personen und Kinder Auf- nahme und Verpflegung finden. Im Jahre 1902 wurden in das Krankenhaus 266 Kranke aufge- nommen, von denen 133 (dritter Klasse) unentgeltliche Pflege fanden. Ambulatorisch wurden zirka 400 Kranke behandelt.

Charite, IX., Schwarzspanierstraße 18. Seit 1890 besteht das vom Verein Charite ge- gründete Ambulatorium für Frauenkrankheiten, das außer einem Wartezimmer drei Ordinations- räume und ein Laboratorium umfaßt und im Jahre 1902 von 648 kranken Frauen besucht wurde.

Den bemerkenswerten Stiftungen der neuesten Zeit reiht sich das Kaiser Franz Josef- Rekonvaleszentenheim für arme Frauen an. Durch den humanitären Geselligkeitsverein „Freund- schaft" im Jahre 1889 gegründet, war die Anstalt zunächst als Heim für arme Wöchnerinnen in einem Miethausc in Gersthof untergebracht, übersiedelte aber im Jahre 1897 nach ihrer Umgestaltung in das für dieselbe erworbene Gebäude XIII., Rosentalgasse 11, wo sie gegen- wärtig in jeder Beziehung befriedigende Belagräume für 32 Frauen und 15 Kinder bietet. In einem 19.100m'2 umfassenden Park gelegen, nehmen die Baulichkeiten zirka 600m- Boden- fläche ein und bestehen aus dem Hauptgebäude mit Tagesräumen im Erdgeschosse und Schlaf- räumen im ersten Stocke, einem einstöckigen Hause für Bedienstete, drei erdgeschossigen Ge- bäuden für Administrationszwecke, Küche und Wäscherei mit Desinfektionsanstalt, endlich aus einer transportablen Baracke für zu isolierende Pfleglinge. Der Ankauf, die Adaptierung und innere Einrichtung der Anstalt haben 1 35.000 K gekostet. Seit Errichtung der Anstalt wurden bis zum Jahre 1902 4500 Frauen, im Jahre 1904 404 aufgenommen.

Eine wichtige Ergänzung erhielten die Krankenanstalten Wiens durch die Heilanstalt Allane! bei Baden '), zu deren Schöpfung Prof. Dr. Leopold von Schrötter die erste Anregung gab und zu deren Gründung sich über von Schrötters Bemühungen im Jahre 1890 der Verein „Heilanstalt Alland" bildete. Die Anstalt sollte nicht nur armen Brustkranken ohne Unterschied der Nationalität und Konfession Hilfe leisten, sondern auch auf die Tuberkulose bezügliche wissenschaftliche Arbeiten fördern. Gegenwärtig finden darin 149 Kranke Unterkunft, doch ging man von vorneherein darauf aus, den Krankenstand seinerzeit durch Erweiterungsbauten auf 300 zu erhöhen. Die Baukosten der jetzt bestehenden Anstalt, auf deren Beschreibung hier nicht einzugehen ist, belaufen sich (ohne Grundankauf und Einrichtung) auf 1 ,163.373 K. Die Aufnahme der Kranken erfolgt im k. k. Allgemeinen Krankenhausc in Wien. Im Jahre 1902 standen in der Heilanstalt Alland 482 Kranke in Behandlung.

2. KRANKENANSTALTEN FÜR KINDER.')

Als Kaiser Josef II. die Wohltätigkeitsanstalten Wiens organisierte, wurde bestimmt, daß Kinder, welche das vierte Lebensjahr erreicht haben, in das Allgemeine Krankenhaus auf- zunehmen sind, jüngere aber nur für den Fall, als sie mit einer ansteckenden Krankheit be- haftet wären. Besondere Kinderabteilungen kamen in den allgemeinen Krankenhäusern nicht zur Errichtung. War schon hierdurch das Studium der Kinderkrankheiten empfindlich gehemmt und die Pflege der Kinder sehr erschwert, so gebrach es den unter dem angegebenen Alter stehenden erkrankten Kindern der armen Bevölkerung an jeder Möglichkeit, geregelte ärztliche

') Die Heilanstalt Alland bei Baden, besprochen vom k. k. Baurat Franz B e rge r. Zeitschrift des österreichischen Ingenicur- und Architekten-Vereines. Jahrgang 1898.

-) Außer den hier besprochenen Anstalten bestehen noch Pavillons für Kinder in den folgenden, schon früher erwähnten Krankenhäusern: Das Lebenswarthschc Kinderspital im Krankenhause der barmherzigen Schwestern, ein Pavillon für Kinder in der Poliklinik und das von der Stadt Wien gestiftete Kinderspital sowie die Kellermann-Sliftung in Verbindung mit dem k. k. Wilhel- niincn-Spitale.

Krankenhäuser.

247

Behandlung und Pflege zu finden. Hochherzige Ärzte waren die ersten, welche diesen Übel- ständen abzuhelfen trachteten. Zunächst schuf (1787) Dr. Mastalier, dem Vorbilde des Arm- strongschen Institutes in London folgend, das Erste öffentliche Kinderkrankeninstitut, ein Ambulatorium, das bereits Kaiser Josef unterstützte, und das noch heute fortbesteht. In einem Privathausc (I., Steindelgasse 2) eingemietet und bisher der Hauptsache nach durch die Opferwilligkcit der in zehn Abteilungen für die wichtigsten Krankheitsformen wirkenden Ärzte getragen, erfreut es sich seit 1Q01 der Unterstützung eines zu seiner Erhaltung und Förderung gegründeten Vereines, unter dessen Mithilfe die Ambulatoriumslokalitäten eine den heutigen Anforderungen entsprechende Umgestaltung erfahren. Für das segensreiche Wirken der Anstalt gibt den sprechendsten Beleg, daß in den letzten Jahren daselbst rund je 21.000 Kinder zur Behandlung gelangten.

1837 gründete Dr. L. W. Ritter von Mauthner das heutige St. Annen -Kinderspital (Abb. 365) l), die älteste derartige Anstalt Deutschlands und der Österreichisch-ungarischen

Mariannen - Gasse

C.

■^

13

ftinderspital- Gasse Abb. 365. St. Annen-Kinderspital. Ebenerd. 1:800.

Monarchie und die drittälteste in Europa. Das zunächst im Hause Mauthners zur Aufnahme von 12 Betten errichtete und von Mauthner erhaltene Spital erwies sich bald als zu klein, so daß dieser schon 1840 am Schottenfeld, an sein Haus anschließend, ein neues schuf, in welchem außer seiner Wohnung 40 Kranke Platz fanden. Nun wendete Kaiserin Maria Anna, als oberste Schutzfrau, ihre Fürsorge der neuen Schöpfung zu, deren Erhaltung und Vergrößerung ein von Mauthner im Jahre 1842 ins Leben gerufener Verein sich zur Aufgabe machte. Bald darauf trat das von Mauthner geleitete Spital als Klinik für Kinderkrankheiten zu den Universitäts- instituten in Beziehung, und im Jahre 1847 erwarb der Verein den damals ganz frei gelegenen Platz (IX., Kinderspitalgasse 6), auf welchem das noch gegenwärtig bestehende zweigeschossige Hauptgebäude des Spitales nach den Plänen des Architekten F. Schaden für die Aufnahme von 120 Kranken erbaut und 1848 eröffnet wurde. Im Jahre 1856 erweiterte Kaiserin Maria Anna die Area des St. Annen-Kinderspitales behufs Vergrößerung des Gartens durch Ankauf des bis zur Mariannengasse reichenden Grundstückes. Nach Übernahme des Protektorates durch Erzherzogin Gisela im Jahre 1877 wurde mit dem Aufwände von zirka 26.000 K auf den zwei ebenerdigen Flügeltrakten je ein Stockwerk aufgesetzt und an den linksseitigen

') Jahresberichte des St. Annen-Kinderspitales. Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. III. Jahrgang 1894, S. 33.

248

Humanitätsanstalten.

Flügel ein ebenerdiger Anbau für zwei Sezierkammern angefügt. Die innere Einteilung des Gebäudes zeigt den zur Zeit seiner Errichtung üblichen, durch große Zimmertiefe verschlech- terten Korridortypus und bietet nichts Bemerkenswertes. Als im Jahre 1890 Erzherzogin Maria Valerie und ihr Gemahl Erzherzog Franz Salvator das ihnen vom Gemeinderate der Stadt Wien gewidmete Hochzeitsgeschenk von 100.000 K zur Erbauung eines Pavillons für an Diphtheritis erkrankte Kinder widmeten, beschloß das Verwaltungskomitee, auf dem von der Kaiserin Maria Anna gespendeten Grundstücke den Diphthericpavillon derart anlegen zu lassen, daß im Anschluß an denselben später auch eine davon vollständig unabhängige Abteilung für Scharlachkranke erbaut werden könne. Das Programm zu dem am 30. Juni 1893 eröffneten Diphtheriepavillon wurde von dem damaligen Direktor Dr. Freiherrn von Widerhofer mit dem Architekten F. von Gruber beraten, der Entwurf des Pavillons von dem letzteren ausgearbeitet und unter dessen Leitung ausgeführt. In den Jahren 1894 1895 folgte dann der Bau des Scharlachpavillons unter Intervention derselben Personen. Mit Rücksicht auf die Beengtheit der Area mußte von der bei Pavillons für Infektionskrankheiten besten, ausschließlich erdgeschossigen Anlage abgesehen und bei dem westlichen Flügel des Pavillons für Scharlach sogar auf eine dreigeschossige Anlage gegriffen werden, damit der angesprochene Raumbedarf gedeckt werden konnte, ohne den kleinen Garten noch mehr zu zerstören. Von dem 5310 m'2 messenden Grundstücke sind gegenwärtig 1662 m2 überbaut. Die Diphtherieabteilung, welche auch drei Zimmer für Kinder vermögender Familien enthält, bietet Raum für 23, die Scharlachabteilung für 22 Betten. In den großen Zimmern entfallen 38 m:!, in den Isolierzimmern 55 bis 61 m:! an Luftraum pro Kranken. Jede Abteilung hat im Keller gesonderte Desinfektionsräume. Bei der Konstruktion ist das Holz auf die Herstellung der Tür- und Fensterverschlüsse beschränkt und in jeder Beziehung auf die leichte Reinigung und Desinfektion aller Teile geachtet. Die Niederdruckdampfheizung ist mit Einrichtungen der sogenannten natürlichen Ventilation kom- biniert. In der Diphtherieabteilung wird den Krankenzimmern zur Luftbefeuchtung auf 80 bis 90% von einem im Keller aufgestellten besonderen Kessel Dampf derart zugeführt, daß bei der Dampfausströmung zunächst des Kopfendes der Betten auch eine Zerstäubung von In- halationsmitteln erfolgen kann. Zur Erwärmung des Wassers dienen Gaswasseröfen. Der Pavillon für Infektionskrankheiten kostete einschließlich der gesamten Einrichtung 243.000 K. Der Krankenstand betrug im Jahre 1902 2254, die Zahl der ambulatorisch Behandelten 34.314.

Das St. Josef-Kinderspital (Abb. 366) *) wurde mit Hilfe eines zu diesem Zwecke durch Dr. V. Alexovits in das Leben gerufenen Vereines errichtet und im März 1842 für 12 Betten

in dem Hause Nr. 9 der Kolschitzky- ^^— gasse eröffnet. Mit Hilfe einer im Jahre 1869 demselben zugewendeten Wid- mung der Ersten österreichischen Spar- kasse von 60.000 K wurde wohl eine Erweiterung durchgeführt, aber die Anstalt entspricht nur wenig den mo- dernen Anforderungen. Obwohl im Jahre 1888 Baron Nathaniel Rothschild dem Spitale 100.000 K zum Zwecke des Baues eines Infektionspavillons widmete, wird man an den Neubau des- selben erst dann schreiten, bis es mög- lich sein wird, das hinter dem Spitale gelegene Grundstück zu erwerben, in welchem Falle dann ein systematischer Neubau des ganzen Krankenhauses eingeleitet werden kann. Einstweilen wird das im Jahre 1896 neu erworbene Gebäude Kolschitzkygasse 1 1 als Wohn- haus der barmherzigen Schwestern und für Kanzlcizwccke verwendet, was es 00 Kranke Raum bieten, manche Vcr- Kranke verpflegt, das Ambulatorium

-JUöli""

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Ko/schitzky - Gasse

7, 15, 17 Vorzimmer.

2 Mikroskop. Zimmer. 3, 4 Sckundarärzte.

5, 8, 12, 13, 14 Krankenzimmer.

6, 11 Operationszimmer. 9, 16, 18 Wärtcrinzimmcr.

Abb. 366. St. Josef-Kindcrspital. Lageplan. 1:800.

ermöglichte, in den alten Gebäudeteilen, die nur für '. besserung einzuführen. Im Jahre 1903 wurden 1087 besuchten im selben Jahre 19.106 Kinder.

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. 111. Jahrgang 1894, S. 95.

Krankenhäuser.

249

Das Leopoldstädter Kinderspital (Abb. 367, 368) ') wurde durch die Bemühungen des Bezirksvorstandes K. Ley mit Hilfe einer von der Ersten österreichischen Sparkasse im Jahre 1869 diesem Zwecke gewidmeten Summe von 200.000 K ins Leben gerufen. Hierzu wurde das Grundstück Obere Augartcnstraße 26 angekauft und der Entwurf für das Krankenhaus vom Architekten Karl von Hasenauer auf Grund des mit den Doktoren M. Schneller, B. Unterholzer und H. von \\ iderhofer aufgestellten Programmes verfaßt. Von der 2042*9 m- messenden Area wurden 751*7 m2 dreigeschossig überbaut, während 279*9 m2 auf den Vorgarten fielen und 1014*03 m2 als Garten verblieben. Der Bau samt Einrichtung kostete zirka 250.000 K und wurde am 16. Jänner 1873 seiner Bestimmung als Heilstätte für Kinder vom vollendeten ersten bis einschließlich zwölf- ten Lebensjahre übergeben. Um eine Absonderung der Abteilungen für Infektionskrankheiten durchführen und geräumigere Ambulatoriumsräume gewinnen zu können, stellte sich bald die Notwendigkeit einer Erweiterung des Spitales heraus; an dieselbe konnte aber erst geschritten werden, nachdem Frau Barbara Schwarzinger hierzu ein Legat von 200.000 K testiert hatte. Es wurde nun für das Nachbargrundstück Nr. 28 vom Architekten Ludwig Tischler der Zubau entworfen, wonach 31 1*42 m2 von der Gesamtarea von 40552 m2 dreigeschossig überbaut wurden, so daß sich ein Verhältnis ergibt, das namentlich für Unterkünfte von Infektions- kranken recht ungünstig ist und nur durch den Umstand etwas ausgeglichen wird, daß dem Gebäude der Augarten gegenüberliegt und daß der Hof des Nachbargrundstückes voraus- sichtlich für die Zukunft unverbaut bleibt. Derart erweitert, bietet das Spital Raum für 112 bis 117 Kranke. Der aus dem Grundrisse ersichtlichen Einteilung des Erdgeschosses sei bei- gefügt, daß der erste Stock im Haupttrakte die chirurgische, im westlichen Flügel, davon ge- trennt, die Abteilung für Diphtheritis, und der zweite Stock im östlichen Teile die interne Abteilung, über dem Rest der chirurgischen Abteilung, mit dem die ganze Trakttiefe einnehmen- den Mittelzimmer, die Abteilung für Scharlach, und endlich über der Diphtherieabteilung jene für Masern enthält. Durch das Vorhandensein dreier Stiegen ist die Absonderung der einzelnen Abteilungen einigermaßen erreicht. Die Heizung erfolgt mittels Ventilationsöfen. Alle Teile des Gebäudes sind unterkellert und im Keller des östlichen Flügels ein Desinfektionsapparat aufgestellt. Der Krankenstand erreichte im Jahre 1902 die Zahl von 1162, ambulatorisch wurden im selben Jahre 11.909 Kinder behandelt.

Das Kronprinz Ru- dolf-Kinderspital (Abb. 369, 370). 2) Diese im III. Bezirke, Kleingasse 7 gelegene An- stalt verdankt ihr Entstehen dem Brauhausbesitzer A. I. Mautner von Markhof und seiner Gattin, die im Jahre 1872 für den Bau dieses Krankenhauses 300.000 K und den hierzu erforder- lichen Grund widmeten. Der Entwurf für das über dem Keller drei Geschosse umfassende und ganz freistehende nunmehrige Hauptgebäude der An- stalt wurde vom Architekten Kuschee verfaßt und der für die Aufnahme von 48 Kindern bestimmte Bau, welcher zirka 260.000 K kostete, im Jahre 1875 der Benützung übergeben. Auf beengter Area errichtet, konnte an eine entsprechende Absonderung der infektiösen Kranken nicht gedacht werden. Seit dem Jahre 1879, in welchem ein Verein zur Erhaltung und Vergrößerung des Spitales entstand, wurden manche

Abb. 367. Leopoldstädter Kinderspital. Ebenerd. 1:800.

Abb. 368. Leopoldstädter Kinderspital. Zweiter Stock. 1 : S00.

') Das Leopoldstädter Kinderspital 1873—1898. Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. 3. Jahrgang 1894, S. 135. :) F. Gruber, Neuere Krankenhäuser. Wien 1879, BraumüMer. Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. III. Jahrgong 1894. S. 164.

250

Humanitätsanstalten.

kleine bauliche Erweiterungen durchgeführt; die erste wesentliche Verbesserung der Anstalt trat aber ein durch die den Bau eines Pavillons für Scharlach und einer Kapelle mit Leichen- haus bezweckende Widmung des Karl F. Mautner von Markhof und dessen Gattin im Jahre 1889. Für jenen Pavillon hatte Architekt F. von Gruber den Entwurf verfaßt, während die

Kapelle nach

Kronprinz Rudolf-Kinderspital. Lageplan. 1 : 1500.

Abb. 369

A Hauptgebäude. B Scharlachpavillon. C Kapelle. D Diphtheriepavillon

Abb. 370. Kronprinz Rudolf-Kinderspital. Diphtheriepavillon. Ebenerd. 1:600.

den Plänen des Architekten Frei- herrn von Wieser erbaut wurde. Samt Einrich- tung kostete der nur erdgeschos- sige Scharlach- pavillon 72.000 Kronen. Im Jahre 1901 endlich widmete die Familie Mautner von Markhof das westlich vom Hauptgebäude zwischen der Schlachthaus- und Kleingasse sich erstreckende Grundstück im Werte von 61.200 K und ermöglichte dadurch

den Bau eines Diphtheriepavillons, für welchen die Mittel durch Subventionen des Staates, des LarfÜes und der Stadt sowie durch das Erträgnis einer Effektenlotterie und neuer- liche Beiträge der Familie Mautner aufgebracht wurden. Das Programm für den Entwurf des Pavillons wurde, wie im früheren Falle, vom Direktor kaiserlichen Rat Dr. H. Gnändiger mit dem Architekten F. von Gruber aufgestellt und das Projekt von dem letzteren verfaßt. Um den mittels Dachreiter erhellten Mittelgang reihen sich im Erdgeschosse alle für die Kranken- pflege bestimmten Räume mit der für das Personal bestimmten Kleiderwechsel- und Reinigungsschleuse neben dem Vestibül, während in dem über dem östlichen Flügel angelegten Obergeschosse sich ein ärztliches Arbeitszimmer, dann die Wohnung eines Sekundararztes und eines Dieners befinden. Der absolut feuersicher, mit Ausschluß allen Holzes konstruierte, zum größten Teil unterkellerte, mit Ventilationsofenheizung versehene Pavillon kostete 92.500 K. Das Krankenhaus bietet nun Raum für 70 Kinder und verfügt, bei freier, hoher Lage über der Schlachthausgasse, über eine Area von 5930 m-, von der nur zirka 1290 m- mit Neubauten besetzt sind. Der Krankenstand betrug im Jahre 1903 854 und die Zahl der Ambu- lanten im selben Jahre 17.621.

Das Karolinen -Kinderspital (Abb. 371)j) führt seinen Namen nach der im Jahre 1874 verstorbenen Bürgerswitwe Karoline Riedl, welche ein Kapital von 200.000 K testamentarisch für die Errichtung eines im Sprengel der Pfarre Liechtental gelegenen Kinderspitales widmete. Im Jahre 1878 wurde die Realität (IX., Schubert- gasse 23) erworben, zur Aufnahme von Infektions- fällen adaptiert und von der Firma Dehm & Olbrich für den Pauschalbetrag von 54.000 K das 23-5 m lange und 11 -5 m tiefe, unterkellerte, zweigeschossige Krankenhaus mit dem Belag- raume für 24 Betten und im Garten freistehend eine kleine Sezierkammer ausgeführt. Die gerin- gen Kosten machen es erklärlich, daß das Ge- bäude in Einteilung und Konstruktion hinter den

an moderne Krankenhäuser gestellten Anforderungen nicht unbedeutend zurücksteht. Durch weitere Stiftungen wurde es möglich, im Jahre 1896 an einen Neubau auf der nunmehr

A Hauptgebäude. B Ambulatorium.

C Pavillon für Infektionskranke. D Leichenhaus.

Abb. 371. Karolincn-Kinderspital. Lageplan. 1:700.

') Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. III. Jahrgang 1S94, S. 193.

Krankenhäuser.

251

1978 m2 messenden Grundfläche zu schreiten, welcher nach den Plänen des Architekten F. von Grnbcr in den Jahren 1896 und 1897 mit dem Kostenaufwande von 230.000 K für Bau und Einrichtung- ausgeführt wurde; die Bauten bestanden aus einem unterkellerten zwei- geschossigen Zubau an das bestehende Gebäude, der nur Ambulatoriums- und Operations- räume aufnimmt, aus einem Pavillon für Infek- tionskrankheiten und aus einem kleinen Leichen- hause. Der außerordentlich beengte Platz machte eine vollständige Absonderung der den einzelnen Infektionskrankheiten zu widmenden Räume in besonderen Gebäuden unmöglich, doch ist jede Abteilung direkt vom Freien zugänglich. Alle Neubauten entsprechen in ihrer Detaildurch- führung den modernen Anforderungen. Die über- baute Fläche mißt 87178 m2, an Krankenbetten stehen nun 50 zur Verfügung. Gegenwärtig werden jährlich zirka 1000 kranke Kinder im Spitale verpflegt und zirka 19.000 ambulatorisch behandelt.

Mädchen-Rekonvaleszentenheim Faniteum, XIII., Ober-St. Veit, Gemeindeberg (Abb. 372, 373). Eine der jüngsten und sehenswertesten Humani- tätsanstalten Wiens ist das vom Geheimen Rate Karl Grafen Lanckorofiski zum Andenken an seine 1893 verstorbene Gemahlin errichtete „Faniteum", ein mit schöner Kapellenanlage ver- bundenes Mädchen-Rekonvaleszentenheim. In den Jahren 1894 1896 nach den Angaben des Eigentümers und nach den Plänen des Baseler Architekten E. La Roche mit Anlehnung an den toskanischen Stil des 15. Jahrhunderts erbaut und später unter Mitwirkung des französischen Archi- tekten A. Bauque im Äußeren teilweise verändert und im Inneren ausgestaltet, wurde es ur- sprünglich zur Aufnahme von 12 aus Wiener Spitälern entlassenen, der ärmsten Bevölkerung ange- hörenden rekonvaleszenten Mädchen im Alter unter 14 Jahren bestimmt und seit zwei Jahren für den Belag mit 16 solcher Mädchen erweitert, deren Pflege barmherzigen Schwestern übertragen ist. Die Anstalt, welche jährlich vom April bis Dezember in Benützung steht, verpflegte im Jahre 1903 bereits 102 Mädchen. Die Lage des Faniteum wurde mit besonderer Sorgfalt ge-

Abb. 372. Faniteum. Obergeschoß. 1:600.

Abb. 373. Faniteum im XIII. Bezirke.

252 Humanitätsanstalten.

wählt, so daß man von dem Arkadenportikus der Kapelle einen herrlichen Blick über Wien und seine Umgebung genießt, während von den Veranden, welche den nach Südosten ge- wendeten Wohn- und Schlafräumen der Pfleglinge vorliegen, die waldigen Höhen des kaiser- lichen Tiergartens weit hinaus zu überblicken sind. Das Untergeschoß, welches im Flügeltrakte das angrenzende Terrain durchgehends überragt, enthält die Tages- und Wirtschaftsräume der Anstalt, während der nach Nordosten gewendete Haupttrakt an höheres Terrain anschließt, deshalb in diesem Geschosse nur Kellerräume und unter der Kapelle, um ein weiteres Ge- schoß tiefer, eine Gruft aufnimmt. Der Obergeschoßgrundriß und die Ansicht der Anstalt lassen den Charakter des Hauptgebäudes erkennen. Die Ausstattung des Rekonvaleszentenheims ist eine in jeder Beziehung musterhafte. Von den zur Anstalt gehörigen Gartenanb.gen und Wiesen im Ausmaße von 45.226 m- sind 17.702 m- umfriedet und 1398 m- überbaut. Weicht schon die äußere Erscheinung der Anstalt in der malerischen Gruppierung und vornehm einfachen Gestaltung der Architektur von der unserer gewöhnlichen Nutzbauten in erfreulicher Weise ab, so erinnert auch ihr Inneres an die besten Zeiten italienischer Renaissance, in welchen Schöpfer solcher Anstalten sich selbst Denkmale bleibenden Wertes errichteten. Be- sonders bemerkenswert ist das in der Kapelle angebrachte, auf Leinwand übertragene Fresko- gemälde des umbrischen Malers la Spagna (15. Jahrhundert); zahlreiche Malereien und Bild- werke in Marmor und Holz aus Italien, Frankreich und Spanien schmücken die Sakristeien und Gänge, während an der den hochliegenden Fenstern gegenübergelegenen Wand des längs der Sakristeien gezogenen Ganges die sieben (ausgeführt sechs) Werke der Barmherzigkeit und an der Stirnwand des Ganges Christus als guter Hirte von Wilhelm Steinhauser, derzeit in Karlsruhe, in Freskomalerei ausgeführt wurden. Von demselben Künstler stammen die in der Wand der Sakristei eingelassenen Temperagemälde, die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten und St. Christophorus.

Es seien nun noch einige Anstalten erwähnt, die allerdings außerhalb Wiens liegen, aber hauptsächlich dem Wohle der armen Kinderbevölkerung unserer Stadt zu dienen haben.

Das Kaiserin Elisabeth-Kinderspital in Bad Hall1), welches über einen Garten von 15.633 m- verfügt, in welchem sechs teils adaptierte, teils neuerbaute Objekte angemessen gruppiert sind und 136 skrofulösen, zum größeren Teil aus Wien stammenden Kindern Raum bieten, um sie mit Hilfe der an Jod und Brom so reichen Haller Solquelle Heilung oder wenigstens Besserung finden zu lassen.

Das Rekonvaleszentenheim in Weidlingau-), im Jahre 1888 für arme, aus den Spitälern Wiens entlassene Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren gegründet, liegt an der Westbahn in- mitten hübscher Gartenanlagen auf einem Areale von 28.884 m-. Auf einer Anhöhe steht das mit seiner Hauptfront nach Süden gewendete Hauptgebäude, welches 40 Kindern Raum bietet, die im Hochparterre die Tagesräume und in den beiden Obergeschossen ihre Schlafsäle etc. finden. Vom 1 . Mai bis letzten September werden jährlich 200 bis 230 Kinder aufgenommen mit einer Verpflegsdauer von zirka 25 Tagen.

Seehospize und Asyle. In Wien hat auch seinen Sitz der Verein zur Errichtung und Förderung von Seehospizen und Asylen3) für kranke, insbesondere skrofulöse und rachitische Kinder, dessen nächstes Ziel es ist, armen Kindern aus Wien unentgeltlich Unterkunft, Ver- pflegung und ärztliche Behandlung zu bieten. Im Jahre 1888 eröffnete der Verein das Erz- herzogin Maria Theresia-Seehospiz in San Pelagio bei Rovigno mit jetzt 190 Betten und im Jahre 1893 das Kaiser Franz Josef-Kinderhospiz zu Sulzbach bei Ischl mit gegenwärtig 60 Betten. Im Jahre 1903 wurden in San Pelagio 479 Kinder behandelt, von welchen 77-3% aus Wien stammten, im Asyl in Sulzbach 217 Kinder, von denen 82% aus Wien dahin gebracht wurden.

3. AUF DEM PRINZIPE GEGENSEITIGER HILFE BERUHENDE KRANKENANSTALTEN.

Das älteste Institut Wiens zur Pflege kranker Berufsgenossen ist das .

Privatkrankeninstitut für Handlungskommis (Konfraternität)J) Dasselbe wurde im Jahre 1765 durch Miete einiger Zimmer in damals bestandenen Spitälern errichtet und bezog im Jahre 1835 sein heutiges Heim VIII., Skodagasse 1. Im Jahre 1861 vergrößerte das Institut

') Bericht über die ersten 40 Jahre seines Bestandes. Wien 1898. Mit Skizzen der Anstalt. '-) Jahresberichte des ersten Rekonvaleszentcnhauses in Weidlingau. Wien 1896. Mit Grundriüskizzcn. ') Jahresberichte des genannten Vereines. Wien, IX., Schwarzspanierstraße 11.

*) Dr. Konstantin J. Vidinar, Geschichte und Festschrift des unter dem Namen „Konfraternität" bekannten Privat-Krankcn- und Pensionsinstitutes in Wien. Wien 1895.

Krankenhäuser.

253

durch Ankauf des angrenzenden Gartens seine Area auf 2512 m-, so daß es im Jahre 1892 an den Neubau eines dem Garten zugewendeten Krankenpavillons und einer Leichenkammer schreiten konnte, für welche Architekt Heinrich Klaus den Entwurf verfaßte. Das Institut ver- fügt gegenwärtig über 20 Krankenbetten, von denen nie mehr als 12 besetzt sind.

Dem Alter nach reiht sich an das vorgenannte Institut das seit 1870 bestehende Priester- Kranken- und Defizienteninstitut, III., Ungargasse 38 '), in welchem derzeit 28 Einzelzimmer für Kranke zur Verfügung stehen.

Das Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft besteht seit dem Jahre 1843. Im Jahre 1874 wurde die Realität V., Siebenbrunnengasse 21, welche bei einer Area von 7914 m'2 einen schönen Garten besitzt, angekauft und das dreigeschossige, im Garten freistehende Gebäude für einen Belagraum mit 60 männlichen Kranken adaptiert. Jährlich finden 400 bis 450 Mit- glieder spitalsmäßige Behandlung und Verpflegung.

Spital des Vereines zur Pflege kranker Studierenden. Der im Jahre 1861 gegründete Verein ist eben daran, im Anschlüsse an das Wilhelminen-Spital einen besonderen, für Vereins- zwecke bestimmten Krankenpavillon zu erbauen.

Die Rekonvaleszentenheime in Königsterfen und in Zeilern bei Amstetten, die vom Ver- bände der Genossenschaftskrankenkassen Wiens (VI., Hirschengasse 18) für die Aufnahme von rekonvaleszenten Mitgliedern nach überstandenen schweren Krankheiten errichtet wurden, sind dieser Gruppe von Privatkrankenanstalten zuzuzählen.

4. PRIVATSANATORIEN FÜR ZAHLENDE KRANKE.

Das Sanatorium des Dr. Anton Loew (Abb. 374) ist die älteste und nunmehr größte dieser Anstalten. Im Jahre 1859 von Dr. Heinrich Loew gegründet und im II. Bezirke eröffnet, ging es im Jahre 1874 auf seinen jetzigen Eigentümer über, welcher es im Jahre 1882 in das nach seinem Programme vom Architekten Leopold Schöne erbaute Haus IX., Mariannengasse 20 übertrug und vom Jahre 1894 an auf seinen heutigen Umfang durch den Architekten Ludwig Richter vergrößern ließ. Das Institut umfaßt derzeit ein Areale von rund 13.000 m-, wovon zirka 4000 m2 überbaut sind. Außer dem freistehend angelegten Wohnhause des Eigentümers

A Arzt.

KZ Krankenzimmer.

B Bäder.

D Diener.

DW Direktorwohnung-.

HW Hausinspektor- wohnung.

Abb. 374. Sanatorium Dr. Loew, IX., Mariannen ?asse. Ebenerd. 1 : S00.

besteht die Anstalt größtenteils aus Doppeltrakten, welche fünf größere und mehrere kleinere Höfe umschließen, über dem größtenteils für Betriebszwecke dienenden Keller teilweise zwei,

') Geschichte und Statuten des Priester-Kranken- und Defizientem'nstitutes in Wien. Wien 1866.

254

Humanitätsan stalten.

drei oder auch vier Geschosse umfassen und fünf Stiegen sowie mehrere Aufzüge enthalten. Für die Aufnahme von Kranken stehen 1 1 5 Einzelzimmer zur Verfügung, welche zum größten Teil gegen die Mariannengasse nach Süden oder gegen den Garten nach Norden gewendet sind; einigen der letzteren liegen Veranden oder Balkone vor. Außer den für die Kranken- pflege erforderlichen Nebenräumen ist auch durch Damensalon, Bibliothek und vier Rauchfoyers für den Komfort der Kranken gesorgt. Die Anstalt wird mittels Niederdruckdampf geheizt und ist mit allen für die moderne Krankenbehandlung erforderlichen Einrichtungen, als Röntgeninstitut, elektrisches Bad, Wasserbett, Kaltwasserkuranstalt u. s. w., ausgestattet; im obersten Geschosse des dreistöckigen Teiles befinden sich vier voneinander unabhängige Operationsraumgruppen, von denen drei aus je einem durch Ober- und Seitenlicht erhellten Operationssaale mit Narkotisier- zimmer, aseptischer Toilette und ärztlichem Badezimmer bestehen. In diesem Geschosse wurden auch ein Erwachzimmer, die Laboratorien, Sterilisierungsräume und die Anstaltsküche mit ihren Nebenräumen untergebracht. Für die Stcrilwäsche ist eine Waschküche im Erdgeschosse des alten Hauses vorgesehen, wo sich auch die Desinfektionsräume befinden, die Hauswäsche wird außer dem Hause gereinigt. Die Betriebsanlagen sind im modernen Sinne musterhaft ausgeführt. Sowohl das gesamte ärztliche (zwei Direktoren und zehn Ärzte) als auch das Dienstpersonal wohnen im Hause, während als Pflegerinnenheim das Haus Mariannengasse 26 gepachtet wurde. Das Sanatorium des Dr. Julius Fürth (Abb. 375) wurde im Jahre 1865 von Dr. Eder mit einem Bestände von 26 Krankenzimmern gegründet und in einem Miethause untergebracht. Im

Jahre 1887 übersiedelte diese Anstalt in das für ihre Zwecke vom Architekten Hans Auer (derzeit in Bern) erbaute Haus VIII., Schmid- gasse 14, das ursprünglich 40 Krankenzimmer enthielt, welche Zahl durch den im Jahre 1892 eröffneten Erweiterungsbau an der Buchfeld- gasse auf 54 erhöht wurde. Die Area dieses Sanatoriums mißt rund 2850 m-, wovon 1 142 m- überbaut sind, während der Rest auf Vorhof, Höfe und den Garten fällt. Das Gebäude enthält über geräumigen Kellerräumen ein Halbsou- terrain- und vier Obergeschosse, zu welchen über den beiderseitigen Flügeln des älteren Teiles sogar noch ein fünftes Geschoß hinzu- kommt. Wie aus dem Grundrisse ersichtlich, sind die Räume des älteren Gebäudeteiles um eine vom Vestibül aus zugängliche und den Zugang zum Garten vermittelnde Zentralhalle gruppiert, die durch Oberlicht erhellt wird. Die Anstalt verfügt über zwei Operationssäle, ein Röntgeninstitut sowie über die erforder- lichen Laboratorien und Sterilisierungsräume und ist mit einer selbständigen Betriebsanlage ausgestattet, welche die Aufzüge, die Dampf- kochküche, die Wäscherei, die Wasser- beschaffung und Warmwasserbereitung sowie die Anlagen der elektrischen Be- leuchtung mit Kraft und Wärme ver- sorgt und die Niederdruckdampfheizung versieht. In dem Hause wohnen der Eigentümer und Chefarzt und vier Hilfsärzte. Zur Aufnahme gelangen vor- wiegend chirurgische Kranke, ausge- schlossen bleiben hier wie in allen Sanatorien Wiens Geisteskranke und Kranke, welche mit infektiösen Leiden behaftet sind. Im Jahre 1903 wurden 1080 Patienten in der Anstalt verpflegt.

Kleiner als die beiden vorgenannten ist das Sanatorium des Dr. Th. Robert Offer, XIII.. Wcntzgasse 19, welches im Jahre 1897 von Dozent Dr. L. Müller für Augenkranke mit

Abb. 375.

Privatheilanstalt Dr. Fürth im VIII. Bezirke. Ebenerd. 1:600.

1 9 Krankenzimmer. VZ Verbandzimmer. L Loggia,

OZ Operationszimmer. T Terrasse. PfS Pflcgescl-.uestern

Abb. 376. Sanatorium Vordcrbrül

Erster Stock. 1 : 600.

Irrenanstalten, Gebar- und Findclhäuscr.

255

dem Bclegraumc für zehn Kranke gegründet und vom Baumeister Heindl erbaut wurde. Von der Gcsamtarea von 1564m2 sind 960 m- überbaut, während der Rest als Garten dient. Die Anstalt befaßt sich derzeit hauptsächlich mit der Behandlung von Stoffwechselkrankheiten (Magen- und Darmleiden, Diabetes, Gicht und Nierenkrankheiten). In den letzten zwei Jahren verpflegte die Anstalt 80 bis 100 Patienten.

Im Jahre 1898 eröffnete Dr. A. Höhender das Sanatorium für Nervenkranke, XIII., Seutter- gassc 6. Es bietet Raum für 20 Kranke beiderlei Geschlechtes bei Ausschluß von Geisteskranken und Epileptischen. Die Anstalt besteht aus einem Hauptgebäude mit Unterkünften für 18 Kranke und einer Villa für 2 Kranke und liegt nahe der West- und Stadtbahn in einem Parke, der eine Fläche von 23.019 m- bedeckt. Jährlich werden 50 bis 60 Kranke in der Anstalt verpflegt.

Außer den genannten Sanatorien bestehen noch eine größere Zahl von Privatheil- anstalten für ambulatorische Behandlung der Kranken, deren Aufführung hier zu weit führen würde.

Auch in der Umgebung Wiens befinden sich einige Anstalten, die hauptsächlich mit Rücksicht auf die Bedürfnisse dieser Stadt gegründet wurden. Die älteste derselben ist die Kur- und Wasserheilanstalt „Prießnitztal" in Mödling, welche im Jahre 1850 von Josef Erb gegründet und nach den Plänen des Architekten Rückeshäuser in der Hinterbrühl erbaut wurde.

Im Jahre 1865 schuf Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Winternitz die Wasserheilanstalt in Kaltenleutgeben1), welche sich aus kleinen Anfängen (ursprüngliche Jahresfrequenz 180) in raschem Fortschritte zur heutigen Größe mit einer Jahresfrequenz von zirka 2000 Personen entwickelt hat.

Ferner sind anzuführen: die im Jahre 1890 gegründete Wasserheilanstalt in Sulz- Stangau, das Sanatorium und die Wasserheilanstalt in Purkersdorf, die im Jahre 1890 von Professor von Krafft-Ebing und Dr. Anton Loew gegründet wurden, und das Sanatorium Vo rderbrühl-Mödling, das Dr. Scheimpflug im Jahre 1893 nach den Plänen des Architekten Franz Schachner erbauen ließ. f. von Gruber.

II. IRRENANSTALTEN, GEBÄR- UND FINDELHÄUSER.

a) Landes-Irrenanstalten.

Alte niederösterreichische Landes-Irrenanstalt (IX., Lazarethgasse 14) (Abb. 377). Für diese Anstalt, die früher unter staatlicher Verwaltung stand, wurde bereits im Jahre 1820 das 213.000 m2 messende Grundstück erworben, ihr Bau aber erst 1848 in Angriff genommen und 1853 voll- endet. Der Bau der Anstalt kostete 2,400.000 K. 1877 wurde das seitlich vom Hauptkomplexe gelegene, zwei Stock hohe, sogenannte „detachierte Gebäude" für Unreine und 1888 das gegen den Gürtel zu gelegene ebenerdige Gebäude für 30 Infektionskranke errichtet. Die An- stalt bietet derzeit Platz für 900 Kranke. Der Mittelbau, einen großen Hof umschließend, enthält die Direktion, die Verwaltung, Wohnungen für Ärzte und Beamte, die Kranken- abteilungen und eine Hauskapelle. Dieser Bau mit den beiderseitigen Verlängerungen des rückwärtigen Traktes ist zweistöckig, die nach rückwärts abgebogenen Flügel haben ein Ober- geschoß, während die äußersten Flügelbauten in der Verlängerung des rückwärtigen Traktes des Hauptgebäudes nur ebenerdig gehalten und zur Aufnahme der ganz Unruhigen bestimmt sind. In den beiden vorne seitwärts angebauten Flügelbauten sind Dienerwohnungen, Remisen, Werkstätten und Requisitenräume untergebracht, der rechte Flügel enthält auch die Anstalts- küche. Außer den beschriebenen Objekten sind noch vorhanden: zwei Pförtnerhäuser, ein Glas- haus, Schweinestall und ein kleines Dienerwohnhaus. In der Wiener Irrenanstalt ist auch die zweite psychiatrische Klinik der Universität eingemietet.

Diese Anstalt wird demnächst aufgelassen und durch die nachfolgend erwähnte neue Heil- und Pflegeanstalt ersetzt.

Neue Landes- Heil- und Pflegeanstalten in Wien (Abb. 378). Als Ersatz für die oben be- sprochene Anstalt wird im XIII. und XVI. Bezirke auf dem Süd- und Ostabhange des Galizin- berges eine neue Anstalt errichtet. Für diese Zwecke wurden Flächen im Ausmaße von

') Wasserheilanstalt Kaltenleutgeben. Erfahrungen, gesammelt von 1865 1869 (Braumüller, Wien), und Die Wasserheilanstalt in Kaltenleutgeben nebst einer Statistik der 25jährigen Krankenaufnahme (Braumüller, Wien 1890).

256

Humanitätsanstalten.

1,430.000 m- erworben, wovon für die zunächst projektierte Anstalt 974.000 m2 in Anspruch genommen werden. Es ist das große Verdienst des damaligen Referenten im Landesausschusse. Herrn Leopold Steiner, diese Frage in einer weitblickenden Weise gelöst und die Schwierig- keiten, welche sich der Erwerbung einer so umfangreichen, günstig gelegenen Grundfläche im Weichbilde der Stadt entgegenstellten, so glücklich und rasch überwunden zu haben.

Abb. 377.

Nieder-österreichische Landcs-Irrcnanstalt im IX. Bezirke.

Lageplan. 1 : 5000.

Die Anstalt gliedert sich in drei Teile, und zwar in die Heilanstalt mit 13 Pavillons und zusammen 870 Betten, in die Pflegeanstalt (für abgelaufene Fälle) mit 1 1 Pavillons und 900 Betten und endlich in das Pensionat mit 10 Pavillons und 316 Betten, letzteres für die Verpflegung von Patienten I. und II. Zahlklassc bestimmt. An einer Hauptachse, die nahezu von Nord nach Süd gelegt ist, führt vom Flötzersteig eine 40 m breite Straße bis zum Anstalts- eingang. Zu beiden Seiten des Einganges stehen zwei eingeschossige Pförtnerhäuschen und weiters, noch in der Baulinie liegend, in Entfernung von zirka 70 m, zwei Wohngebäude. Hinter dem Haupteingange liegen in der Hauptachse der Reihe nach ein Administrations- und Wohngebäude, ein Gesellschaftshaus mit Theater, ein Küchengebäude für die Heil- und Pflcge- anstalt und endlich die Anstaltskirche. Links von der Hauptachse liegt die Frauenabteilung, rechts die Männerabteilung; die Pavillons sind entsprechend den verschiedenen Krankheitsformen verschieden ausgestaltet, so daß es neben Aufnahmspavillons Pavillons für ruhige, für halb- i\ihige und unruhige Kranke gibt. Infektiöse, insbesondere Tuberkulöse werden in zwei ge- sonderten Pavillons untergebracht. Westlich von der eben besprochenen Heil- und Pflegeanstalt liegt das Pensionat (Sanatorium), welches für sich eine Gruppe bildet; es besteht aus zehn

Irrenanstalten, Gebär- und Findelhäuser.

257

Bd. II.

258

Humanitätsanstalten.

Krankenpavillons verschiedener Type, entsprechend den Krankheitsformen, aus einem Küchen- Gebäude, einem Kurhaus und einem Administrationsgebäude, das von der Straße direkten Zu- gang erhält. Im Osten ist an einer neu eröffneten Straße ein Leichenhaus angeordnet; in diesem Gebiete liegen auch die verschiedenen Ökonomiegebäude, und zwar ein Wohnhaus für Bedienstete, ein Beschäftigungshaus mit Werkstätten, ein Wirtschaftswohnhaus, eine Bade- und Desinfektionsanstalt, eine Wäscherei samt Kesselhaus, dann ein Pferde- und ein Schweine- stall, endlich ein Glashaus mit einem Gärtnerwohnhaus. Der Plan zur Kirche rührt von Professor Otto Wagner her, der für dieses Objekt auch den Bau leitet. Die Pläne der übrigen Anstalt hat Landes-Oberbaurat F. Berger auf Grund der umfangreichen einleitenden Vorarbeiten des kürzlich verstorbenen Landes-Oberbaurates Carlo von Boog verfaßt. Mit dem Bau wurde im Frühjahre 1905 begonnen, und besteht die Absicht, die Anstalt im Jahre 1907 zu eröffnen. Außer dieser Anstalt bestehen noch Landes-Heil- und Pflegeanstalten in Ybbs, Kierling, Klosterneuburg, Langenlois und Mauer-Öhling, wohin auch Kranke aus Wien bei dem Eintreten der Überfüllung der hiesigen Anstalt abgegeben werden. F. Berger.

b) Privat-Irrenanstalten.

Die größte und älteste derselben ist die von Dr. Görgen gegründete Privat-Heil- anstalt in Ober-Döbling, XIX., Billrothstraße 65 (Abb. 379). ') Sie besteht daselbst seit dem Jahre 1820 und steht derzeit unter der Leitung des Eigentümers Prof. Dr. Heinrich Obersteiner. Die Anstalt verfügt über eine Area von 70.712 m-, wovon 4683 m2 überbaut sind, während der größte Teil des nordwestlich von den Hauptgebäuden gegen den nun eingewölbten Krottenbach abfallenden Terrains mit hochstämmigem Walde und der östliche Teil mit Park- anlagen bedeckt ist. Die Anstalt beherbergt vorwiegend Geisteskranke, die sowohl nach Geschlecht als nach dem Grade ihrer Erkrankung in streng voneinander geschiedenen Ab- teilungen untergebracht sind. Im September 1903 belief sich der Stand auf 28 männliche und 27 weibliche Kranke. Außerdem bewohnen 3 Ärzte, 29 Pfleger, 28 Pflegerinnen und 26 sonstige Personen die Anstalt. Das Hauptgebäude ist für Techniker besonders dadurch bemerkenswert, daß dessen Luftheizung von Prof. Meißner persönlich geschaffen wurde. An das genannte Gebäude schließt sich der 1903 erbaute ebenerdige, mit Holzzement gedeckte Pavillon. Eine

Neuheit für ähnliche

1 Hauptgebäude. 2, 3 Nehcuhäuscr. 4, 5 Isolicrabteilungen.

6 Bäder.

7 Pflegehaus.

8—12 Wirtschaftsgebäude. 13, 14 Glashäuser und Zwin ger.

17 Kegelbahn.

IS Spielplatz.

19 Pavillons.

Anstalten ist die im Jahre 1902 durch einen Umbau her- gestellte Pfleger- garderobe. Für das männliche Personal ist im Erdgeschosse ein Saal von 48 m- gewidmet worden, in welchem für jeden der 26 Pfleger ein Schrank und für alle gemeinsam an den Wänden Wasch- tische angebracht wurden. Im ersten Stocke dient ein 88 m- messender Saal als Garderobe für 26 Pflegerinnen, de- ren Schränke derart aufgestellt sind, daß jede Pflegerin ihrer Schranktür gegenüber eine kleine Waschkabinc findet, die von der Nachbarkabine durch Holzwände und nach außen durch einen Vorhang abgeschlossen wird.

Die Heilanstalt des Dr. W. Svetlin, III., Leonhardgasse 3, wurde nach dem Programme des Eigentümers vom Architekten Eduard Hauser erbaut und später vom Architekten Eduard

Abb. 379. Privat-Hcilanstalt in Ober-Döbling. Lagcplan. 1:4000.

') Die l'rivat-Heilanstalf für Gemüts- und Nervenkranke zu Ober-Döbling bei Wien. I. und II. Bericht über die Leistungen der Anstalt von 1819— 1S91. Der zweite Teil mit 12 Tafeln. Leipzig und Wien, F. Deuticke, 1891.

Anstalten für Blinde und Taubstumme.

259

Fraucnfcld erweitert. Zu der für 70 Kranke (30 männliche und 40 weibliche) Raum bietenden Anstalt gehört cmc Area von 11.790m-, von der 1100m'2 überbaut sind. Das Anstaltsgebäude bildet ein gegen Nordost offenes Viereck. Alle Trakte umfassen über dem Souterrain drei Geschosse; bemerkenswert ist nur der Südosttrakt, der in jedem Geschosse fünf Isolierzellen mit Spczialeinrichtungen für unruhige Kranke enthält, die um einen großen Tagraum grup- piert sind.

In Wien besteht noch eine Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke im XIII. Bezirke, Lainz, Jagdschloßgasse 25.

Außerhalb des Stadtgebietes gelegen, aber fast ausschließlich der Bevölkerung Wiens dienend, sind noch die Pri vat-Heilanstalten zu Inzersdorf und Tulln zu erwähnen.

F. von Gruber,

c) Niederösterreichische Landes-Gebär- und Findelanstalt, IX., Alserstraße 21 und 23

(Abb. 380).1)

Die Gebär- und Findelanstalt wurde im Jahre 1784 von Kaiser Josef II. als Reichsanstalt gegründet. Sie ist heute zugleich öffentliches Impf- und Ammeninstitut. Ursprünglich war die Gebär- und Findelanstalt mit dem Allgemeinen Krankenhaus vereinigt, später erhielt sie eine eigene Direktion. Im Jahre 1864 ging die Gebär- anstalt und 1868 die Findelanstalt in die Verwaltung des Landes Niederösterreich über. Der Zweck der Gebäranstalt ist: den daselbst Aufnahme suchenden Schwangeren und Gebärenden, sie mögen ledig, verheiratet oder verwitwet sein, ohne Unterschied der Nationalität und Konfession, als Zufluchtsort zu dienen, denselben und deren Kindern die entsprechende Hilfe zu gewähren, das Findelhaus mit der nötigen Zahl Ammen zu versehen, sowie anderseits in der innigsten Verbin- dung mit der Wiener Universität die Ausbildung von Ärzten und Hebammen möglich zumachen. Der Zweck der Findelanstalt ist: den daselbst aufgenommenen unehelichen Kindern möglichst die elterliche Pflege zu ersetzen. Das Gebär- und Findelhaus liegt zwischen der Alserstraße und der Laudongasse auf einem Areale von 9800 m2. In diesen Baulichkeiten sind untergebracht die Räume für die zahlenden Gebärenden und das Findelhaus. Die nichtzahlenden Gebärenden be- finden sich heute noch in Trakten des Allgemeinen Krankenhauses, und zwar auf zwei Universitätskliniken zur Ausbildung der Ärzte und auf einer dritten, der Hebammenschule, zur Heranbildung von Heb- ammen. Das Gebäude, ursprünglich ein Kloster, enthält: 139 Betten für Wöchnerinnen und Ammen, 246 Betten für Säuglinge, 13 Betten für größere Kinder. Für gesunde, nicht infektiös erkrankte Kinder be- stehen drei Abteilungen, außerdem Räume für Infektionsverdächtige, für Infektionskranke und für Augenkranke. In der Anstalt befinden sich ständig 200 bis 300 Kinder (Säuglinge und größere); täglich wachsen 20 bis 25, jährlich durchschnittlich 7000 bis 8000 Kinder zu.

A Findel- und Gebäranstalt. B Impfstoffgewinnungsanstalt. C Wohngebäude.

Abb. 380. Niederösterreichische

Landes-Findelanstalt.

Lageplan. 1:3000.

III. ANSTALTEN FÜR BLINDE UND TAUBSTUMME.

K. k. Taubstummeninstitut, IV., Favoritenstraße 13.2) Auf Befehl der Kaiserin Maria Theresia wurde 1779 in der Stadt im Bürgerspitale eine Wohnung gemietet und der Taub- stummenunterricht an sechs Knaben und sechs Mädchen begonnen. Nach mehrfachen Wande- rungen kam das Institut im Jahre 1822 in die auf der Wieden neuerbaute Anstalt für 70 Zöglinge. An dieser Stätte ist das Institut bis heute verblieben. Eine weitere Vergrößerung wurde durch Aufsetzen eines Stockwerkes auf die ganze Realität im Jahre 1864 durchgeführt und die Anstalt im Laufe der letzten Jahre durch Adaptierungen verbessert. Die gesamte

') Dr. K. Friedinger, Denkschrift über die Wiener Gebär- und Findelanstalt , aus Anlaß des hygienischen Kongresses in Wien 1887. österreichische Wohlfahrtseinrichtungen 1848—1898. Bd. II.

■) M. Venus, Über den Wert milder Gaben und frommer Stiftungen für Taubstumme. Wien 1815, bei Anton Strauß. Alexander Venus, Das k. k. Taubstummeninstitut in Wien. Wien 1854, W. Braumüller. Ministerium für Kultus und Unterricht vom 5. September 1872, Z. 8962, V. Bl. Nr. 273, Statut des Taubstummeninstitutes.

17*

260

Humanitätsanstalten.

Grundfläche des heutigen Institutes beträgt 5090 m-. Derzeit zählt die Anstalt 79 interne und 23 externe Zöglinge. In dieselbe werden nur geistig entwickelte Taubstumme zwischen dem siebenten und zwölften Jahre aufgenommen. F. Berger.

Das k. k. Blinden-Erziehungsinstitut, II.. Witteisbachstraße 5 (Abb. 381, 382)1), wurde im Jahre 1804 als Privatanstalt und als ältestes deutsches Blinden-Erziehungsinstitut vom kaiserlichen Rat Johann Wilhelm Klein im Bezirke Landstraße gegründet. Im Jahre 1816 zur Staatsanstalt erhoben, wurde ihm 1828 in der Josefstadt ein für seine speziellen Zwecke adaptiertes Haus zugewiesen, das wohl mit schönem großem Garten (5000 m'-') ausgestattet war, aber sehr bald so zahlreiche Mißstände aufwies, daß ein Neu- bau zum dringenden Bedürfnis wurde. Dank der Initiative des Statthalters Erich Grafen Kielmansegg widmete der Großindustrielle A. Dreher dem Institute ein nahe der Sophienbrücke im Prater gelegenes, für offene Bauweise bestimmtes Grundstück von zirka 7000 m-, und der Erlös bei Verkauf der alten Realität reichte aus, die Kosten des Neubaues zu decken.

Für den Neubau, in welchem 100 Zöglinge (65 Knaben und 35 Mädchen) Platz finden, hatte der Institutsdirektor Regierungsrat Alexander Meli ein Programm aufgestellt, nach welchem Architekt Ministerialrat Emil Ritter von Förster die Skizzen verfaßte; die Ausarbeitung der Bau- pläne und die Leitung der Ausführung lagen in den Händen des Statthalterei-Oberingenicurs Franz Berger. Die neue Anstalt, welche im Jahre 1898 eröffnet wurde, hat einen Gesamt- kostenaufwand von 723.717 K erfordert, wovon auf Ergänzung der inneren Einrichtung 1 1.964 K entfallen. Die Anstalt besteht aus je einem Trakte für Knaben und für Mädchen, einer iso- lierten Krankenabteilung, einer separierten Wohnung des Direktors und einer Kapelle. Den Bedürfnissen des getrennten Unterrichtes sowie der verschiedenen praktischen Ausbildung der Knaben und Mädchen ist gleichfalls Rechnung getragen. Das Gebäude, welches an den beiden Straßenfronten mit 5 m breiten Vorgärten ausgestattet ist, besteht aus einem teilweise bis über 2 m aus dem Terrain vorstehenden Untergeschoß, dem 45 m hohen Erdgeschosse, einem 38 m hohen Mezzanin und dem 54 m hohen ersten Stocke. Das zweite Stockwerk ist nur im Mittel- trakte vollständig ausgebildet, an den übrigen Trakten ist es in das 4 m hohe Dachgeschoß in Eisenkonstruktion eingelegt. Das Souterrain enthält Keller- und Magazinsräume, ein Knaben- bad mit zwölf Wannen, ein Mädchenbad mit sieben Wannen und die Anstaltsküche mit den

erforderlichen Nebenräumen. Die Einteilung des Erdgeschosses ist aus dem Plane ersichtlich. Das Mezzanin enthält im Mittelbau die Wohnung des Direktors, im Mädchentrakte die Arbeitsräume für die Mädchen und die Schlafräumc des weiblichen Dienstpersonales, im Knabentraktc ein Lehrmittcl- zimmer und Arbeitsräume für Knaben. Den Mittel- trakt des ersten Stockes nimmt der Festsaal von 153 m Länge und 82 m Breite ein. Daran schließen sich auf der Mädchenseite die Direktionskanzlei, das Museum und das Konferenzzimmer u. s. w., im Knabentrakte der Raum für Chorgesang und sechs Schulklas- sen an. Das zweite Stockwerk enthält die Schlaf- und Wasch- räume für die Zöglinge. Die durch zwei Geschosse reichende Kapelle ist dem Knabentrakte angeglie- dert. Gegen den Hof zu liegen in beiden Trakten im Erdge- schosse 4 m breite, gedeckte Ter- rassen, um den Kindern auch bei Regenwetter das Ergehen in fri- scher Luft zu ermöglichen.

Die Anstalt zur Beschäfti- gung und Versorgung erwachse- ner Blinder, VIII., Joscfstädtcr- k. k. Blinden-Erziehungsinstitutcs lebenslängliches Asyl zu bieten.

straße 80, J. W. Klein

wurde im ins Leben

Jahre 1825 gerufen, um

von dem Gründer des erwachsenen Blinden ein

') J. W. Klein, Geschichte des Blindenuntcrrichtcs. Wien 1S37. J.W. Klein, Die Anstalten für Blinde in Wien. 1841. IM. Pablasek. Das k. k. Blinden-Erziehungsinstitut. Wien 1864. M. Pablasek, Die Blindcn-ßildungsanstalten. deren Bau, Ein- richtung und Tätigkeit. Wien 1876. Österreichische Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst. 1899, Jahrgang Y. Heft 5.

Anstalten für Blinde und Taubstumme.

261

wurde im Jahre 1863

Abb. 382. Blinden-Erziehungsinstitut.

Sie steht gegenwärtig unter dem Protektorate des Erzherzogs Otto und beherbergt mit Ende Dezember 1905 45 männliche und 51 weibliche Pfleglinge. Letztere werden mit weiblichen Handarbeiten, erstere mit Korbflechten, Bürstenbinden und Strohmattenerzeugung beschäftigt; beiderlei Pfleglinge betreiben fleißig Musik.

Allgemeines österreichisches israelitisches Taubstummeninstitut, III., Rudolfsgasse 22. Diese Anstalt wurde im Jahre 1844 durch Hirsch Kollisch in Nikolsburg gegründet, über- siedelte 1852 nach Meidling und nach Errichtung des gegenwärtig dem Institute gewidmeten Gebäudes im Jahre 1858 nach Wien. Dieses nimmt 100 Taubstumme auf und liegt in einem geräumigen Garten. Mit der Eröffnung zweier neuer Klassen erscheint gegenwärtig die Bildungs- zeit auf acht Jahre berechnet.

Das israelitische Blindeninstitut, XIX., Hohe Warte (Abb. 383)1), durch Dr. L. A. Frankl ins Leben gerufen und das für 50 Blinde bestimmte Gebäude von J. Freiherrn von Königswarter gestiftet, vom Architekten W. Stiaßny erbaut und 1872 eröffnet. Die Anstalt verfügt über eine Area von 6060 m2, wovon 767 m2 mit drei über dem Souterrain gelegenen Geschossen überbaut sind. Außer den für 20 bis 22 Mädchen und 30 bis 32 Knaben bestimmten Schlafsälen, 4 Lehr- sälen für 15 bis 18 Schüler, 1 Betsaal, 1 Prüfungssaal, 1 Turnsaal, Bädern und Wäscherei sind auch eine Korbflechterei, Seilerbahn und Druckerei vorhanden. Alle genannten Räume erhielten Heißwasser- heizung, während die Wohnung des Direktors, des Portiers und der Diener, sowie die Krankenzimmer mittels Öfen geheizt werden.

Endlich besteht noch die Landes-BIindenanstalt in Purkers- dorf, die zum größten Teil Angehörigen der Wiener Bevölkerung

, i _ Abb. 383. Israelitisches Blinden-

ZUnutzen kommt. F. von Grilber. Institut. Ebenerd. 1:800.

') Das Blindeninstitut auf der Hohen Warte bei Wien. Blindeninstitutes. Winkler, Technischer Führer durch Wien.

Monographie. Wien 1873, Verlag vom Kuratorium des israelitischen

262

Humanitätsanstalten.

IV. WAISENHÄUSER UND KINDERASYLE.

a) Waisenhäuser (Abb. 384 bis 387).

Die älteste derartige Anstalt Wiens ist das k. k. Waisenhaus IX., Waisenhausgasse 5. Dasselbe wurde vom Wiener Kaufmanne Michael Kirchmayer 1742 am Rennweg ge- gründet, von der Kaiserin Maria Theresia vergrößert und unter Kaiser Josef II. 1785 an die gegen- wärtige Stelle verlegt. Es bietet Raum für 400 Knaben, worunter sich auch Privatzöglinge be- finden. Die Anstalt besitzt eine achtklassige Volks- und Bürgerschule, ein Kinderspital und ein Bad. Seit der Gründung dieses Waisenhauses wurden daselbst bereits über zehntausend Zöglinge aufgenommen.')

Außer dem k. k. Waisenhause bestehen acht städtische Waisenhäuser, die zu- sammen für 750 Kinder Unterkunft bieten.-)

Die Aufnahme in diese Anstalten setzt das Heimatsrecht in Wien, das schulpflichtige Alter sowie die doppelte Verwaisung oder wenigstens jene seitens des Vaters, bei unehelichen

Kindern jene seitens der Mutter voraus. Die Kinder er- halten in den Waisenhäusern die vollständige Pflege und Erziehung bis zum Ende ihres vierzehnten Lebensjahres. Im allgemeinen sind in den Waisenhäusern außer den Unterkünften nur Lehrräume für den Wiederholungsunter- richt vorhanden. In der Regel besuchen die Kinder die nächstgelegene öffentliche Schule. Nur in dem fünften städti- schen Waisenhause befindet sich eine interne dreiklassige Volksschule. Das dritte, vierte, sechste und siebente städtische Waisenhaus sind neuere Gebäude, für deren Einteilung die beigegebene Abb. 384 des im X. Bezirke gelegenen Waisenhauses, das nach den Plänen des Stadt- bauamtes unter Leitung des Baurates Anton Clauser aus- geführt wurde, als charakteristisches Beispie! dienen möge. Die Baukosten dieses Waisenhauses betragen rund 1 78.000 K.^) Nebst den vorerwähnten bestehen noch Anstalten für Angehörige verschiedener Kulte, und zwar:

a) Das Gräfin Franziska Andrässysche Waisenhaus für christliche Mädchen, XIX., Hohe Warte 5. Gräfin Andrässy widmete eine vom Architekten Theophil von Hansen erbaute zwei-

Abb. 384. Waisenhaus im X. Bezirke. Zweiter Stock. 1 : 800.

zimmer Abb. 385. Evangelisches Waisenhaus. Erster Stock. 1 : 600.

V Vorraum.

A Aufsicht.

Seh Schlafsäle

-

3rä»

Abb. 386. Waisenhaus für israelitische Mädchen, XIX., Fcldgasse. Zweiter Stock. 1:600.

stöckige Villa mit einem ebenerdigen Nebengebäude inmitten eines großen Gartens (die ganze Realität mißt 17.974 m'-) für ein Waisenhaus. Die Adaptierung und Instandsetzung der Gartcnanlage wurde von der Gemeinde Wien im Jahre 1904 mit einem Kostenaufwande von rund 61.000 K durchgeführt. Das Gebäude enthält Raum für 45 Pfleglinge.

') Näheres in: Der Alscrgrund einst und jetzt. Von Leopold Donatin, städtischer Lehrer. Wien 1904. Selbstverlag des

Verfassers. ,.,„,., ,, r~ , ,z-

2) 1 Städtisches Waisenhaus VII.. Kaiserstraße 92 (für 100 Mädchen); 2. städtisches Waisenhaus V., Gasscrgassc 1 (für 100 Knaben)- 3. städtisches Waisenhaus IX., Galilcigassc S (für 100 Knaben); 4. städtisches Waisenhaus X.. Laxcnburgcrstraßc 43 und 45 (für 100 Knaben); 5. städtisches Waisenhaus Klostcrncuburg. Jakobshof (für 50 Knaben und 50 Mädchen); 6. und ;. städtisches Waisenhaus VIII., Josefstädterstraße 93 und 95 (für 100 Knaben und 100 Mädchen); 8. städtisches Waisenhaus XII.. \ icrtalcrgasse 15 (für 50 Mädchen).

') Näheres siehe Vcrwaltungsbcricht des Bürgermeisters für die Jahre 1S77— 18/9.

Waisenhäuser und Kinderasyle.

263

b) Das Waisenhaus des evangelischen Waisenversorgungsvereines, V., Wienstraße 44 (Abb. 385) für 44 Knaben.

c) Das Freiherr Max Springersche Waisenhaus für israelitische Knaben, XIV., Goldschlag- straße 84, für 53 Zöglinge, ausgeführt nach den Plänen der Architekten Fellner und Helmer.

d) Als in seiner Anlage am interessantesten erscheint das von David von Gutmann ge- gründete Waisenhaus für 60 bis 65 israelitische Mädchen, XIX., Feldgasse 21 (Abb. 386). Es wurde nach den Plänen des Architekten Max Fleischer in den Jahren 1889- 1 891 ausgeführt und enthält drei Stockwerke über einem hohen Souterrain. Die Baukosten einschließlich des Baugrundes betrugen rund 284.000 K, die Kosten der inneren Einrichtung rund 21.000 K.')

e) Das Waisenhaus für israelitische Mädchen, XIX., Bauernfeldgasse (Abb. 387). Die im Jahre 1896 gestorbene Frau Charlotte Merores - Itzeles widmete nahezu ihr ganzes Vermögen von zirka zwei Millionen Kronen zur Errichtung und Erhaltung eines Waisen- hauses für 50 Mädchen. Zur Kapitalsanlage wurde 1899 1900 das Stiftungshaus in der Währingcrstraße 24 und dann 1902 1904 das Waisenhaus errichtet, das von einem 7600 m2 messenden Gartengrunde, bei Aussparung eines 8 m tiefen Vorgartens, 856 m- verbaute Fläche einnimmt und Tiefparterre und drei Geschosse umfaßt. Die Gebäudeanlage wird von einem mit Glas gedeckten, in allen Geschossen mit

Galerien umgebenen Hof beherrscht, von dem aus alle Räume zugänglich sind und dessen Glasboden dem Zentralraum des Tiefparterres Licht zuführt. Über den im Hochparterre ge- legenen Sälen (Fest-, zugleich Lehr- und Übungssaal, Speisesaal, Turnsaal) sowie über der das Isolierzimmer enthaltenden Raum- gruppe befinden sich im ersten Stocke die Schlafsäle mit daran anschließenden Wasch- räumen; außerdem enthalten diese Geschosse die Wohnungen der Anstaltsleiterin und der Lehrerin, die Kanzlei, die Magazine und Ge- räteräume. Dem Turnsaale und dem darüber- liegenden Schlafsaale schließt sich eine Ter- rasse an. Das zweite Stockwerk nimmt ein Lehrzimmer, das Ordinations-, das Maroden- zimmer, dann Räume der Wärterinnen und

der sonstigen Dienerschaft, das Wäschemagazin, sowie die Roll- und Bügelkammer auf, wäh- rend sich im Tiefparterre die Küchenräume, das mit Glas gedeckte Kesselhaus der Nieder- druckdampfheizung, zwei Badezimmer, die Waschküche, eine Desinfektionskammer und die erforderlichen Vorratskammern befinden. Alle Einrichtungen des Hauses entsprechen den modernsten Anforderungen. Entwurf und Ausführung der Anstalt, deren Bau 74.800 K kostete, sowie des Stiftungshauses lagen in den Händen des Architekten Wilhelm Stiaßny.

f) Das Gisela-Armen- und Waisenstiftungshaus, XII., Viertalergasse 15 und 17.

g) Das Waisenhaus „Mater misericordia" für arme Mädchen, XV., Klementinen- gasse 25, und

h) das „Norbertinum", Asyl des Katholischen Waisenvereines (für Knaben), in Tullner- bach. Dieses letztere liegt zwar außerhalb der Gemeindegrenze von Wien, dient aber, wie die vorerwähnten, für Kinder der Stadt.

Abb. 387.

Waisenhaus für israe- litische Mädchen, XIX., Bauernfeld- gasse.

Hochparterre.

1 : 800.

E Vestibül. F Festsaal.

S Speisesaal. K Kanzlei. G Garderobe. T Turnsaal. B Bad.

1 Isolierzimmer. C Korridor. V, L Wohnung des Leiters.

b) Kinderasyle.

Von diesen Anstalten ist zuerst zu nennen das städtische Asyl für verlassene Kinder mit einem Belagraume für 50 Kinder. Dasselbe wurde im Jahre 1889 erbaut und steht mit dem zweiten städtischen Waisenhause V., Gassergasse 1 in Verbindung. Im Souterrain befinden sich die Bäder und Desinfektionsräume, im Erdgeschoß der Speise-, zugleich Tagesraum, Quarantänezimmer für Knaben und Mädchen, Garderobe und Kanzlei, im zweiten Stocke ein Lehrzimmer und ein Schlafsaal für Knaben. Die Baukosten betrugen rund 104.000 K.2)

') Das israelitische Mädchenwaisenhaus in Wien. Von Max Fleischer. Wien 1893. '-) Näheres siehe Verwaltungsbericht des Bürgermeisters vom Jahre 1888.

264 Humanitätsanstaltcn.

Nebst diesem gibt es zahlreiche Kinderasylc, Rettungshäuser und Schutzstationen, die von Vereinen gegründet wurden und meistens auch von denselben erhalten werden. Von diesen wären vorerst zu nennen: Das Kinderasyl St. Josef (XIII., Breitenseerstraße 104) mit einem Kindergarten und einer Mädchen-Volksschule; das Erziehungshaus des Wiener Schutzvereines zur Rettung verwahrloster Kinder (XIII., St. Veitgasse 25) für 60 Knaben.

Weiters gehören in diese Kategorie: Das Kinderasyl der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft (XII., Eichenstraße 27); das Asyl für mißhandelte Kinder der Kinderschutz- und Rettungsgesell- schaft (IX., Glasergasse 3); die Knaben-Beschäftigungsanstalt der Braun -Radislowitschschen Stiftung (IL, Taborstraße 24); das Marianeum, Erziehungs- und Beschäftigungsanstalt für arme Mädchen (XII., Hetzendorferstraße 117); die Knaben-Beschäftigungsanstalt von Gerstle (IX., Wäh- ringerstraße 48): die fünf Anstalten des Vereines für Knabenhandarbeiten (im VI., VII., VIII., IX. und XIII. Bezirke); das Asyl für verwahrloste Mädchen in Ernstbrunn; die Stephanie-Stif- tung für Erziehung und Pflege schwachsinniger Kinder in Biedermannsdorf; das Franz Josef- Jugendasyl in Weinzicrl; das Asyl für verkrüppelte Kinder in Maria-Lanzendorf und viele andere kleine ähnliche Anstalten. f. von Gruber, J. PUrzl.

V. ARMEN- UND VERSORGUNGSHÄUSER.

Das älteste Armenhaus Wiens, von dem wir Kunde haben, war das Spital zum heiligen Geist, als dessen Erbauer, Gründer und Mitstifter der Arzt Gebhard genannt wird. Es stand hart am Wienflusse auf dem Platze des Obstmarktes und wurde bei der ersten Türkenbelagerung zerstört. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts taucht urkundlich das Spital zu St. Johann in der Siechenais auf, das ungefähr dort stand, wo sich heute das Bürgerversorgungshaus befindet, bei der ersten Türkenbelagerung zerstört, aber im Jahre 1540 als Lazarett für Arme wieder aufgebaut wurde. Im Jahre 1715 gab die Regierung den Auftrag, Grund- spitäler zur Aufnahme von Armen zu errichten, deren im Jahre 1741 bereits elf bestanden. Anläßlich der Auflassung des Lohnwagenamtes im Jahre 1750 wurden die Stallungen am Alserbach zu einem Armen- versorgungshause umgestaltet. Im Jahre 1783 nahm Kaiser Josef die Reform der Wohltätigkeitsanstalten in Angriff. Ein Teil der bestehenden Spitäler, und zwar das Versorgungshaus am Alserbach, der Langenkeller am Neubau, die Grundspitäler, die Kaserne in Ybbs, die aufgelassenen Kartäuserklöster in Mauerbach und Imbach sowie das ßürgerspital zu St. Marx wurden nun ausschließlich zur Armenversorgung, die übrigen zur Krankenpflege und zur Erziehung der Waisen- und Findelkinder bestimmt, aber erst im Jahre 1842 wurden die Armenanstalten dem Magistrate übergeben. In den Jahren 1848—1852 erstand in den rückwärtigen Höfen des Versorgungshauses am Alserbache (zum blauen Herrgott) ein Armenhaus mit einem Fassungs- raume für 700 Betten, das rund 994.500 K kostete. In den Jahren 1858—1860 wurde an der Stelle des alten Lazarettes das Bürgerversorgungshaus erbaut.

Nach einem jahrelangen Kampfe mit der Regierung mußte die Gemeinde die Kaserne in Ybbs ab- treten, behielt jedoch davon das ehemalige Franziskanerkloster und erhielt als Entschädigung auch das ehe- malige Kloster in St. Andrä an der Traisen (Dezember 1858). Beide wurden als Versorgungshäuser verwendet, jedoch das erstere vergrößert und später umgebaut.

In den Jahren 1865—1867 erstand an Stelle der alten ungesunden Hütten am Alserbach der vordere, nach den Plänen des Stadtbauamtes erbaute Trakt des Versorgungshauses im IX. Bezirke mit dem Raum für 800 Betten und im März 1877 wurde das Versorgungshaus in Liesing eröffnet. Trotzdem genügten die vorhandenen Versorgungshäuser den stets wachsenden Bedürfnissen schon lange nicht mehr: der im Mai 1901 beschlossene Verkauf des Versorgungshauses im IX. Bezirke an den Wiener k. k. Krankenanstalten- fonds nötigte also um so mehr zum Neubau einer Anstalt, die als Wiener Versorgungsheim im XIII. Bezirke im Juli 1904 eröffnet wurde.1)

Die Gemeinde verfügt gegenwärtig über folgende Anstalten:

Das Bürgerversorgungshaus im IX. Bezirke mit 540 Betten;

das Wiener Versorgungsheim im XIII. Bezirke, derzeit 2000 Betten, erweiterungsfähig auf mehr als 4000 Betten;

vier auswärtige Versorgungshäuser, und zwar Mauerbach (617), St. Andrä an der Traisen (303), Ybbs an der Donau (795) und Liesing (835), mit zusammen 2550 Betten:

dann 16 Stiftungs- und Armenhäuser und ein Grundspital mit zusammen 541 Betten.2)

') Karl Weiß, Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonds und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Dr. Jakob Dont, Das Wiener Versorgungsheim. Eine Oedenkschrift zur Eröffnung.

:) Es sind dies die sogenannten Grundannenhäuser : Laurenz Hicßsches Stiftungshaus III., Rochusgassc S (75 Betten), Armen- haus III., Gstettengasse 2 (24 Betten), Susanne Bachmannsches Stiftungshaus V., Pilgramgasse 3 (6 Betten). Armenhaus XI., Kobel- gassc 24 (36 Betten), XI., Simmeringer Hauptstraße 159 (9 Betten), XIII., Trauttmansdorffgasse 24 (14 Betten), XIII., Stockhammer- gasse 31) (12 Betten), XV., Zwölfergasse 27 (20 Betten). XVI., Arnethgassc S4 (4S Betten), XVI-, Liebhartsgasse 17 (S6 Betten). XVIII., Martinstraße 92 (40 Betten), XVIII., Pötzleinsdorfcrstraße 100 (3 Betten), Josef Köhlersches Stiftungshaus XVIII., Gentzgasse 126 (2 Betten), Fr. Ludwig Müllcrsches Stiftungshaus XIX., Chimanistraße 7 (18 Betten), XIX., Eiscnbahnstraüc 26 (24 Betten) und Ignaz Widlisches Stiftungshaus XIX., Ruthgassc 7(11 Betten), das Grundspital IL, Im Werd 19 (103 Betten). Alle diese Anstalten sind in älteren, ehemaligen Wohnhäusern untergebracht, deren Adapticrungen keine Erörterung verdienen.

Annen- und Versorgungshäuser.

2ö5

Eine Ergänzung- finden die städtischen Versorgungsanstalten durch solche, welche von privaten Stiftungen erhalten werden; diese Anstalten bieten aber weder ihrer Größe noch ihrer Anlage nach Bemerkenswertes.1)

Nach diesem Überblicke sollen im folgenden die bemerkenswertesten Anstalten näher besprochen werden.

a) Innerhalb des Weichbildes der Stadt gelegene Armenversorgungshäuser der

Gemeinde Wien.

Das Bürgerversorgungshaus (Abb. 388) im IX. Bezirke, Währingerstraße und Spitalgasse, wurde in den Jahren 1858—1860 nach den Plänen des Architekten Ferdinand Fellner erbaut und verfügt über ein Areale von 13.382 m'2, wovon 3909 m2 verbaut sind. Die Baulichkeiten be- stehen aus einem

Hauptgebäude und einigen Wirt- schaftsgebäuden. Das Hauptgebäu- de gliedert sich in einen dreistöcki- gen Mitteltrakt und zwei zwei- stöckige Flügel. Im Mitteltrakte be- findet sich die Hauptstiege, die Kanzleien, das Materialdepot, die Beamtenwohnun- gen, die Pensions- zimmer und der Lesesaal. Im öst- lichen Flügel sind die weiblichen Pfleglinge und die Bäder, im west- lichen Flügel die männlichen Pfleg- linge und die Zentralküchen- anlage untergebracht. Jeder der beiden Flügel besitzt eine breite Steintreppe; von den Korri- doren sind die Pfleglingsräume durch zwischengelegte Vorzimmer zugänglich. Die Heizung geschieht mittels eiserner, von außen zu bedienender Zirkulationsöfen mit gemauerten Mänteln. Alle Geschosse sind mit Hochquellenwasser und Gas versorgt. Die Wirtschaftsgebäude liegen im rückwärtigen Teile der Gartenanlagen, sind ebenerdig und enthalten die Waschanstalt (mit Handbetrieb), eine Remise, zwei Dienerwohnungen, die Leichenkammer und die Ein- segnungskapelle.

Das Wiener Versorgungsheim im XIII. Bezirke (Abb. 389 bis 395)-) liegt anschließend an den k. k. Tiergarten in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Lainz und Ober-St. Veit voll- kommen frei, wurde in den Jahren 1902 1904 nach den Plänen des Stadtbauamtes erbaut und besitzt ein Gesamtareale von 353.000 m2, wovon 32.000 m2 verbaut sind, wogegen der

K Kapelle.

P Pensionszimmer. PS Pfründnersäle. KS Krankensäle.

G Gänge.

Abb. 388. Bürgerversorgungshaus. Erster Stock. 1:1000.

') Zu diesen gehören: Als Anstalten zur zeitweisen Versorgung: Das Franziska Jeitelessche Stiftungshaus III., Steingasse 18, das „Norbertusheim", Studentenasyl, III., Erdbergstraße 43, das „Rudolfinum" für arme Studierende der technischen Hochschule IV., Mayerhofgasse 3, das „Studentenheim" des Asylvereines der Wiener Universität IX., Porzellangasse 30, der Kaiserin Elisabeth- Mädchenhort II., Rembrandtstraße 6, das „Lehrlingsheim" VI., Hirschengasse 9, das „Lehrlingshospiz" VI., Stiegengasse 12, das „Israelitische Lehrlingsheim" IX., Grüne Torgasse 26, das „Calasantinum", Lehrlingsasyl, XV., Tellgasse 7, die Asyle für arme Dienstmädchen III., Fasangasse 4 und XVIIL, Lacknergasse 8, das Arbeiterinnenhaus IX., Pramergasse 9. Anstalten zur dauernden Versorgung sind : Die Versorgungs- und Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde VIII., Josefstädterstraße 62, das Altersversorgungs- haus der israelitischen Kultusgemeinde IX., Seegasse 9, das Greisenasyl zum heil. Josef XIII., St. Veitgasse 43, das Asyl für arbeits- unfähige weibliche Dienstboten und Handarbeiterinnen XV., Pouthongasse 18 und 20, das Greisenasyl für Personen beiderlei Ge- schlechtes XVIIL. Gentzgasse 106, die „Rarität", Versorgungsanstalt für katholische, arme, erwerbsunfähige Dienstboten XVIIL, Antoni- gasse 30, das Zufluchtshaus für alte, dienstuntaugliche Frauenspersonen zum heil. Josef in Breitenfurt bei Wien.

') Siehe Dr. J. Dont, Das Wiener Versorgungsheim. S. 71.

266

Humanitätsanstalten.

Rest auf Straßen, Wege und Gartenanlagen entfällt. Das von Ost gegen West um 17m an- steigende Anstaltsterrain liegt im Mittel 795 m über dem Nullpunkte des Pegels an der Ferdinandsbrücke.

Die nach dem Pavillonsysteme erbaute Anstalt umfaßt, wie aus dem Lageplan ersichtlich, 29 Gebäude, die auf vier einander um je 2-8 m überhöhenden Terrassen liegen und so ein-

A, B Verwaltungsgebäude

und Kirche. C Schwesiernheim. D Aufnahms- und

nergebäude. E Küchengebäude. III, V, VII, IX, XI Frauen-

Die-

III, X, XII Män- eime.

Ehepaarheime.

Krankenheime.

erhaus.

bachtungshaus.

enhaus.

Abb. 389. Versorgungsheim im XIII. Bezirke. Lageplan. 1:6000.

A,B Kirche.

C Sakristei.

D Kapelle.

E Durchfahrten. F I Kanzleien.

M Apotheke.

O Kanzleien.

Abb. 390. Verwaltungsgebäude und Kirche. Ebcnerd. 1:1000.

geteilt sind, daß die Mehrzahl der Wohn- räume gegen Osten sieht. Die Gebäude zer- fallen in drei Haupt- gruppen und eine Ne- bengruppe, und zwar bilden die an der Süd- seite gelegenen fünf Gebäude das Frauen- heim, die gleichgestal- teten fünf Gebäude der Nordseite das Männer- heim, zwischen wel- chen Gruppen als Mit- telgruppe das Pförtner-

haus, die Kirche mit den Verwaltungsgebäuden, die Koch- und die Waschanstalt, das Eishaus, das Schwesternheim, das Dienergebäude und je zwei Ehepaarheime und Krankenheime einge- schaltet sind. Am Nordostende des Anstaltsterrains befinden sich die Gebäude für infektiöse Kranke, die Einsegnungskapelle mit dem Leichenhause, der Stall für acht Pferde, das Re- misengebäude und endlich unmittelbar bei dem Nebeneingange das Wildsche Stiftungshaus zur Aufnahme von Rekonvaleszenten oder anderen hilfsbedürftigen Personen, welches die Gemeindeverwaltung in Verbindung mit dem Wiener Versorgungsheim erbauen ließ.

Die Mitte der beiläufig 600 m langen östlichen Hauptfront der Gebäude wird durch die mit hohem Giebel und zwei Türmen ausgestattete Kirche gekennzeichnet, zu der eine breite Treppe in drei Absätzen emporführt, vor der eine wohlgetroffene, vom Bildhauer Leisek model- lierte, in Erz gegossene überlebensgroße Büste des Kaisers errichtet wurde.

Die dreischiffige Kirche bietet Raum für 800 bis 1000 Personen, ist in individueller Auf- fassung romanischen Stiles ausgeführt, im Chor gewölbt, im Hauptschiffe mit polychromierter

Armen- und Vcrsorgungshäuscr.

267

Abb. 391. Kr; Erster Stock.

Abb. 392.

Männer-und Frauen

heim.

Erster Stock.

1:1000.

A Schlafzimmer. B Tagraum. C Wandelbahn. D Offene Loggia. O Bäder. J Terrasse.

Holzkonstruktion gedeckt. Zur Ausstattung des Inneren und zum Schmucke der Fenster mit Glasgcmäldcn haben zahlreiche Stifter beigetragen; einen sehenswerten Schmuck bilden die Wappen der Stadtbezirke und der Genossenschaften, ersterc am Äußeren, letztere im Inneren der Kirche angebracht. Dreischiffige Arkadenhallen verbinden die Kirche beiderseits mit drei- geschossigen Verwaltungsgebäuden, welche die Kanzleien der Anstalt, die Apotheke und in

den beiden oberen Stockwerken die Woh- nkenheim. .u . i i nungen der Beamten, Ärzte und Seelsorger

enthalten.

Das dreigeschossige Schwesternheim ist zur Aufnahme von 50 Pflegerinnen (Nonnen) bestimmt, die in den beiden Stockwerken wohnen und speisen, wäh- rend sich im Erdgeschosse, außer Räumen dieser Zwecke, auch eine Kapelle, Sprech- zimmer und Baderäume befinden. Das Dienergebäude enthält, bei ähnlicher äuße- rer Gestalt, im Erdgeschosse die Aufnahms- räume für Männer und Frauen mit den dabei erforderlichen Bade- und Desinfek- tionslokalitäten und die Bibliothek für Pfleglinge; die oberen Geschosse nehmen Dienerwohnungen auf. Die Männer- und Frauenheime dienen zur Aufnahme der armen erwerbsunfähigen Pfleglinge und bieten jedes in ihren drei Ge- schossen Raum zur Unterbrin- gung von 280 Personen. In den Schlafräumen entfällt für jedes Bett ein Luftraum von 30 bis 35 mA In jedem Stockwerke dieser Pavillons besteht in der Mitte ein großer Saal als Tagesraum und Speisesaal mit gegen Osten vorgelegter Veranda; die beiderseits davon gelegenen Teile besitzen besondere Stiegen, die in den Stockwerken in 3 m breite Wandelbahnen münden, von denen einerseits die über 8 m tiefen Pfleglingszimmer, anderseits die offenen Terrassen, die Wasch- und Putzräume sowie die Bäder, Klosetts etc. zugänglich sind. Unmittelbar neben den Speisesälen führt ein Lastenaufzug durch alle Stock- werke, welcher sowohl die Speisen als auch das Brennmaterial zu befördern hat. In den Souterrains befinden sich Werkstätten und Magazine.

Eine Neuheit dieser Anlage bilden die zwei Ehepaarheime. Je für 55 Ehepaare be- stimmt, enthalten sie in drei Geschossen durchwegs für nur zwei Betten bestimmte Zimmer von zirka 19'25m'2 Grundfläche, ferner in jedem Geschosse einen Speisesaal, zwei Veranden und die sonstigen erforderlichen, gut belichteten Nebenräume.

Auch die beiden für je 178 Schwerkranke bestimmten Krankenheime besitzen drei Ge- schosse und im Mittelrisalite einen weiteren Aufbau für die aufs modernste ausgestatteten Operations- räume. Jedes Geschoß enthält zwei große, zweiseitig belichtete Krankensäle und eine größere Zahl von kleineren Zimmern mit allen erforderlichen Nebenräumen. Für jedes Bett ist ein Luftraum von 35 bis 45m:i vorgesehen. Loggien und Veranden sind in genügender Ausdehnung vorhanden. Ein elektrisch betriebener Aufzug vermittelt den Krankentransport. Im Souterrain befinden sich Wannen-, Dusche-, Voll-, Heißluft- und Dampfbäder. Zur Aufnahme von Pfleglingen, deren Krankheitsbild noch keine sichere Diagnose zuläßt, ist das ausschließlich erdgeschossige Beobachtungshaus bestimmt, welches vier voneinander unabhängige Abteilungen für je einen Kranken enthält.

Für Pfleglinge, welche infektiös erkranken und nicht in öffentliche Krankenanstalten ab- gegeben werden müssen oder können, dient das Isolierhaus, welches in jedem seiner beiden

Abb. 393.

Ehepaarheim.

Ebenerd.

1 : 1000.

268

Humanitätsanstalten.

Geschosse zwei voneinander vollständig getrennte Krankenabteilungen enthält. Jede derselben entspricht den räumlichen Anforderungen für neun bis zehn Kranke und beherbergt eine Arzt- wohnung. Im Souterrain sind Magazine für infizierte und reine Gegenstände sowie für Des- infektionsmittel untergebracht, dann Bäder und Verbrennöfen.

Das Wildsche Stiftungshaus, welches sich auf dem Territorium des Versorgungs- heims befindet, bietet Unterkunft für 45 Personen, die in drei mit Tagräumen, Veranden und Schlafzimmern ausgestatteten Geschossen untergebracht sind; das Erdgeschoß nimmt auch eine Hausaufseherwohnung und ein Marodenzimmcr auf.

Der Größe der Anstalt entsprechen die Größe und Ausstattung der Wirtschafts- gebäude. Im Küchengebäude sind um den mittels hohen Seitenlichtes erhellten, 240 m2 messenden, zur Aufnahme der Dampfkessel und der Brat- und Backherde bestimmten Zentralraum gruppiert: Eine 111m- messende Kaffeeküche, der Speisenausgaberaum mit anschließender Remise für Speisewagen, die mit zwei Vorwärmern der Thcrmophor-Speisen-Transportgcschirre in Verbindung steht, dann die sonstigen für den Küchendienst erforderlichen Nebenräume sowie die Treppen, die zum oberen Geschosse der Flügel führen, wo sich die Unterkünfte des weiblichen Dicnstpersonales befinden. An das Küchengebäude ist ein 140 m2 messendes Schanklokal angeschlossen. Im Souterrain sind die für den Küchenbetrieb erforderlichen Kessel- anlagen und Vorratsräume untergebracht. Bei der Ausstattung des Küchengebäudes mit Koch- apparaten sowie mit Maschinen zur Teigbereitung aller Art und zur Erleichterung des sonstigen Küchenbetriebes fanden die Fortschritte bis zur neuesten Zeit die vollste Beachtung: und wurde

Abb. 394. Männer- und Fraucnheim. Mittelbau (Vorderansicht).

Annen- und Versorgungshäuscr.

26«

vom elektrischen Betriebe reichlich Anwenduno- gemacht. Die zubereiteten Speisen werden in Thermophorgefäßen und Speisewagen auf Rollbahnen zu den Speiseaufzügen der einzelnen Gebäude geführt. Die Dampfwäscherei ist in einem zweigeschossigen Gebäude derart untergebracht, daß das Erdgeschoß dem Wäschereibetriebe, das erste Stockwerk den Wäschemagazinen, den Ruheräumen und den Wohnzimmern des weiblichen Personales gewidmet ist, während sich im Souterrain das Kesselhaus, das Maschinenhaus und Magazin befinden. Auch zum Wäscherei- betriebe wurden die neuesten Apparate und Maschinen herangezogen, die als bewährt anerkannt sind. Das Eishaus, eine erdgeschossige, nach System Biber gestaltete Anlage, bietet Raum für 200 m:1 Eis.

Mit der Hauptfront gegen Westen gewendet steht die Einsegnungskap eile, mit welcher das Prosckturgebäude derart verbunden ist, daß dieses aus vollständigem Erd- geschoße und erstem Stocke besteht, welcher letztere mit dem Erdgeschosse des Kapellen- und Leichenhauses zusammenhängt; in diesem erscheint die durch zwei Geschosse reichende Kapelle als Zentralraum, um den sich die Warte-, Aufbahrungs-, Sakristeiräume etc. gruppieren, während sich im Prosekturgebäudc die Sezierzimmer und Laboratorien befinden. Unter diesen Raum- gruppen sind die Aufbahrungs- und Einsegnungsräume für Nichtkatholiken, Lcichenkcller, Räume für Infektionsleichen etc. untergebracht.

Die Fassaden aller Gebäude wurden in einer Kombination von Ziegelrohbau und Verputz ausgeführt. Der größere Teil der Gebäude ist mit Holzzement gedeckt, Ziegeldächer wurden nur bei der Kirche und bei jenen Gebäuden angewendet, die größerer Dachräume bedurften. Die Fußböden der Pfleglings-, Ehepaar- und Krankenheime und der Isoliergebäude sind teils aus Xylolith, teils aus Asbestitbelag hergestellt. In sämtlichen Objekten ist Hochquellwasser und elektrische Beleuchtung eingeführt. Der elektrische Strom wird vom städtischen Elektrizi- tätswerke zugeführt. Die Verwaltungsgebäude, das Schwesternheim und das Dienergebäude werden mittels Kachelöfen geheizt; die Männer- und Frauenheime, das Isolierhaus, das Be- obachtungshaus, die Leichenhalle und Prosektur sind mit Meidinger-Regulierfüllöfen mit Ven- tilationsbetrieb ausgestattet. Die drei Obergeschosse bei- der Krankenheime wurden mit

Niederdruckdampfheizung, ihre Souterrainräume mit Schnellumlaufheizung (System Reck) ausgestattet. Zur Be- leuchtung der Straßen und Plätze dient Leuchtgas, das in den Operationsräumen, Laboratorien, Teeküchen, in der Prosektur, Wäscherei u. s. w. auch als Heizgas man- nigfache Verwendung findet. In den zur Aufnahme von Pfleglingen dienenden Ge- bäuden stehen 14 Lastenauf- züge mit Handbetrieb und zwei Krankenaufzüge mit elektrischem Antrieb in Ver- wendung. Die Anstalt ist mit Schwemmkanalisation, be- stehend aus Steinzeugrohr- leitungen und Betonkanälen,

versehen, welche in den Kanal der Hauptzufahrtsstraße mündet. Die Abwässer des Isolier- und Beobachtungshauses und der Prosektur werden in Zisternen gesammelt und fließen erst nach Desinfizierung in den Hauskanal ab.

Die Baukosten betrugen einschließlich des Grunderwerbes und der Kosten der Garten- anlagen rund 10 Millionen Kronen. Der Entwurf und die Ausführung der Baulichkeiten wurden unter Leitung des Vizebaudirektors Rudolf Helmreich und des städtischen Architekten Johann Scheiringer vom Stadtbauamte durchgeführt.

Abb. 395. Ehepaarheim (Vorderansicht).

270 Humanitätsanstalten.

b) Außerhalb der Stadt gelegene Armenversorgungsanstalten der Gemeinde Wien.

Die Versorgungsanstalt in Mauerbach gehört nicht der Gemeinde Wien, sondern dem Religionsfonds, die erstere hat aber das Recht, dieselbe insolange unbeschränkt zu benützen, als dies zu Armenzwecken geschieht. Der ganze Gebäudekomplex war seinerzeit ein Kartäuser- kloster und wurde im Laufe der Zeit durch Rekonstruktionen in eine Versorgungsanstalt um- gewandelt. Den Mittelpunkt der letzteren bildet die alte große Kirche, um die sich die mehrere Höfe einschließenden Gebäudetrakte gruppieren. Die Einrichtungen dieser Anstalt sind, als veraltet, wenig entsprechend. Die Belagräume enthalten 610 Betten. Das Areale mißt 42.930 m2, wovon 10.678 m2 teils einstöckig, teils ebenerdig verbaut sind.

Die Versorgungsanstalt in St. Andrä an der Traisen war ehedem ein zum Stifte Herzogenburg gehöriges Klostergebäude, das der Gemeinde Wien für Armenversorgungszwecke überlassen und von dieser, so gut es ging, adaptiert wurde. Der Fassungsraum beläuft sich auf 303 Betten. Das Flächenausmaß des Komplexes beträgt 29.430 m2, wovon 2430 m2 zwei- stöckig verbaut sind. Bei dieser Anstalt wurde in neuester Zeit ein Isolierpavillon erbaut.

Das an der Donau prächtig gelegene Versorgungshaus in Ybbs besteht aus zwei Seitenflügeln, die in den Jahren 1859 1861 an das ursprünglich bestandene Franziskaner- kloster angebaut wurden, und aus einem an Stelle des letzteren in den Jahren 1861 1863 nach den Plänen des Gemeinderates Fellner um den Betrag von 1,171.600 K erbauten Mittel- trakt, welcher die Kanzlei, die Kapelle, die Wohnungen der Beamten, dann die Pfleglings- und Küchenräumc enthält. Dazu gehören noch die im Garten stehenden Wirtschaftsgebäude und ein Isolicrpavillon. Das Areale mißt 29.830 m2, wovon zirka 5000 m2 zweistöckig und 1470 m2 ebenerdig verbaut sind. Die Einteilung und Ausstattung der Gebäude ist wohl keine ganz entsprechende, es sind aber in neuerer Zeit durch Rekonstruktion der Badeanlagen und Aborte, durch die Einführung von Quellwasser und die elektrische Beleuchtung wesentliche Verbesserungen eingeführt worden. In Verbindung mit dieser Anstalt und in deren unmittel- baren Nähe besteht ein älteres adaptiertes Gebäude, die sogenannte „Weinmauth", in welchem 30 bis 40 sieche, geistesschwache oder unheilbar kranke Kinder untergebracht sind.

Die Versorgungsanstalt in Liesing bei Wien besteht aus einem alten adaptierten Schloßgebäude und einem in den Jahren 1877 1879 erbauten zweistöckigen Gebäude und bietet Belagräume für 800 Betten. Die neueren Teile sind nach altem System mit tiefen Zimmern angelegt und auf das einfachste ausgestattet. Ein alter großer Park umgibt das Gebäude. Das Areale mißt 41.980m2, wovon 4600m2 verbaut sind. Die Realität wurde im Jahre 1876 um 148.000 K angekauft und mit einem Aufwände von 635.000 K zum Versorgungs- hause umgestaltet.

Endlich sei an dieser Stelle noch des Bestandes folgender Institute gedacht: des Israe- litischen Altersversorgungshauses (seit 1888) und Siechenhauses (1898), des Asyls für greise Personen im XVIII. Bezirke, des Landesasyls in Weidlingau, des Greisenasyls zum heil. Josef, des Wilhelminenheims für Pfründner und der Landes-Siechenanstalten in St. Andrä, Mistel- bach, Altensteig und Ober-Hollabrunn. Dr. Dout, Rud. Helmreich.

VI. ASYLE FÜR OBDACHLOSE, WÄRMESTUBEN U. VOLKSKÜCHEN.

Asyl- und Werkhaus der Stadt Wien, X., Gudrunstraße 2 (Abb. 396).') Dasselbe war ursprünglich eine Fabrik und wurde für den gegenwärtigen Zweck im Jahre 1887 umgestaltet. Die Fläche des Asyl- und Werkhauses umfaßt 40.677 m2, wovon 23.754 m2 innerhalb und 16.923 m2 als Ackergründe außerhalb der Einfriedungsmauer liegen. Von dem innerhalb der letzteren gelegenen Teile der Realität sind 14.122 m2 verbaut, mit einer benutzbaren Etagen- fläche von 19 409 m2. Das Hauptgebäude bildet ein Rechteck, dessen Vordertrakt ebenerdig ist, während die beiden Seitentrakte und der Hintertrakt einstöckig sind. Am Zusammenstoß dieser vier Trakte befinden sich zweistöckige Pavillons. Der von den vier Trakten umschlossene Hofraum ist durch eine Mauer in zwei Hälften geteilt und mit Shcddachungen gedeckt.

Die Verwendung der einzelnen Gebäudetrakte ist folgende: Der ebenerdige Vordertrakt des Hauptgebäudes enthält in der Mitte das Maschinenhaus, links die Bade- und Desinfektions- räume, rechts die Hausküche samt Nebenräumen. Der linksseitige einstöckige Trakt enthält in

') Näheres in den Verwaltungsberichten der Stadt Wien.

\s\lc für Obdachlose, WSrmestuben und Volksküchen.

271

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AS fM Arbeitssaal f. Männer.

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MA Männerasyl. AS fF ArbeitssaalfürFrauen. D Depots.

Abb. 396

Asyl- und Werkhaus im X. Bezirke. Eben2rd. 1:1650.

einem Teile des Parterres die Aufnahmskaiizleien, in dem anderen das Werkhaus für Frauen mit dem Ar- beitssaale und einem Schlafsaale. Im ersten Stocke sind zwei weitere Schlafsäle samt Aufscherzimmer und ein Lehrzimmer für schulpflichtige Kinder untergebracht. Der rechtsseitige einstöckige Trakt enthält in beiden Stockwerken die Schlafsäle und Aufseherzimmer so- wie auch Isolierzimmer des Männerwerkhauses. Die zwei großen Arbeitssäle des Werkhauses befinden sich in der rechten Hälfte des Shcdhofes. Die linke Hälfte desselben enthält einen großen Saal für Mani- pulationszwecke, einen dritten Arbeitssaal für Männer und sieben Depoträume für diverse Zwecke.

Der einstöckige Hintertrakt umfaßt die beiden Asyle für Frauen und Männer. Jedes von ihnen besteht aus einem großen Warteraum, einem Isolierzimmer und zwei Schlafsälen, von welchen der eine mit Betten für jene Personen ausgestattet ist, die sich bis 8 Uhr abends gemeldet haben und noch untersucht werden konnten, während der zweite Schlafsaal mit Pritschen versehen und für solche Personen bestimmt ist, die sich erst nach 8 Uhr abends melden. Für beide Asyle zusammen ist ein ärztliches Visitierzimmer vorhanden. Die 15 erforderlichen Wohnungen sind in den zwei- stöckigen Eckpavillons untergebracht. Im Souterrain des rechts- seitigen Traktes befindet sich die Wäscherei. Die Erwärmung des Badewassers, die Desinfektion sowie die Heizung sämtlicher Räume erfolgt mit Dampf, zu welchem Zwecke drei Kessel mit einer Heizfläche von 195 m2 vorhanden sind. Zum Schöpfen des Nutzwassers aus dem großen Hausbrunnen dient ein Pulso- meter, während das Trinkwasser der Hochquellenleitüng ent- nommen wird.

In das städtische Asyl fanden im Laufe des Jahres 1901 1648 männliche, 122 weibliche, im ganzen daher 1770 Personen Aufnahme. In das städtische Werkhaus wurden während des Jahres 1901 1434 männliche und 153 weibliche, im ganzen also 1587 Personen aufgenommen. Der Stand zu Ende des Jahres 1901 war 399 männliche, 33 weibliche, zusammen 432 Individuen. Gesamtsumme der Einnahmen belief sich auf 79.609 K 88 h,

der Ausgaben auf 11 3.542 K 95 h.

Das Asyl für Obdachlose, III., Blattgasse 4 und 6 (Abb. 397). ')

Anstalt wurde im Jahre 1870 von dem Asylvereine für Obdachlose gegründet, wozu die Erste österreichische Sparkasse einen Beitrag von 24.000 K spendete und noch weitere Unter- stützungen leistete, die im Laufe der Jahre auf 200.000 K ange- wachsen sind. Auch von anderen Seiten flössen Liebesgaben ein, die sich in den ersten Jahren auf 1 40.000 K beliefen. Das im Jahre 1870 eröffnete Asyl war nur für 100 Betten berechnet und für obdachlose Frauen und Kinder bestimmt. Im folgenden Jahre wurde auf der zweiten Hälfte des 924 m2 messenden Grund- stückes ein Asylhaus für Männer erbaut und damit die Betten- zahl auf 254 vermehrt. Während der kalten Jahreszeit wurde diese Bettenzahl durch Einbeziehung einer gemieteten Filiale auf 300 bis 400 erhöht. Das Legat des Musikers Karl Millöcker von 60.000 K gab endlich die Anregung, das Asylhaus derart auszugestalten, daß es für nähme von 600 Obdachlosen geeignet wäre. Das hierfür vom Architekten Max

Mg.

Mg.

SchfF Schlafsaal für Frauen. AW Aufseherwohnungen. KH Kesselhaus. MH Maschinenhaus.

Die jene

Die

WdH Wohnung des Hausvaters.

MZ Marodenzimmer. Sp fM Speiseraum für Männer. Sp fF Frauen.

WR Waschräume. H Höfe.

Abb. 397. Asyl für Obdachlose im III. Bezirke. Ebenerd. 1:800.

die Auf- Fleischer

') Der Bautechniker, Nr. 44 des Jahrganges XXIII. Der Asylverein für Obdachlose 1870—1903. Wien, im Selbstverlage des Vereines.

272

Humanitätsanstalten.

aufgestellte Projekt konnte aber wegen unzureichender Mittel erst soweit durchgeführt werden, daß das Asyl bei wesentlicher Verbesserung seiner Anlage und Einrichtung nunmehr 450 Ob- dachlose aufzunehmen vermag, für deren körperliche und Kleiderreinigung entsprechend vor- gesorgt ist. Der in den Jahren 1902 und 1903 durchgeführte Neubau des im Hofe gelegenen Gebäudes stützt sich auf Studien des Berliner Männerasylcs und umfaßt vier Geschosse, während die an der Blattgasse gelegenen älteren Asylhäuser über dem Keller nur drei Geschosse er- hielten. Die Ausstattung der Anlage genügt auch strengen Anforderungen; beigefügt sei, daß die ganze Anstalt mit Niederdruckdampfheizung versehen ist, deren Kessel auch die Kochküche, die Wäscherei, die Desinfektionsapparate und die Bäder mit dem erforderlichen Dampfe, be- ziehungsweise warmem Wasser versorgen. Auch die alten Häuser wurden in die Zentral- heizung einbezogen, während entsprechende Vcntilationscinrichtungen nur im Neubau durch- führbar waren. Die Kosten der Ncuherstcllungen belaufen sich auf 350.000 K.

Heim für obdachlose Familien, XX., Universumstraße 62. Dieses Heim wurde von dem Verein für obdachlose Familien zum Andenken an das Regierungsjubiläum Sr. Majestät des Kaisers gegründet. Der Bau des Hauses wurde nach den Plänen des Architekten E. von Gotthilf im Jahre 1905 durchgeführt. Das Haus umfaßt über dem Parterre vier Stockwerke und ein Dachgeschoß. Das Parterre enthält einen Vorraum, die Wohnung des Hausverwalters, die Verwaltungskanzlei, einen Kinderwarteraum und die Küche; in den Stockwerken befinden sich 28 Zimmer von verschiedener Größe mit Stell- raum für 126 Betten, sämtliche eingerichtet und mittels Zentralheizung zu erwärmen. Jedes Stockwerk enthält drei Klosetts und einen Raum zum Reinigen der Kleider, das oberste Geschoß eine Waschküche und einen Magazinsraum. Im Souterrain befindet sich der Dampfheizapparat und ein Desinfektionsofen.

Wärmestuben und Volksküchen (Abb. 398). Die Wärmestuben Wiens wurden durch die Privatwohltätigkeit gegründet und dienen dazu, den Armen während der rauhen Winterzeit tagsüber Aufenthalt zu ge- währen. Daselbst werden auch Suppe und Tee verabreicht. In dem an- geschlossenen Plane ist die Wärmestube X., Puchsbaumgasse 13 zu er- sehen, welche Freiherr Moriz von Königswarter stiftete. Außerdem be- stehen Wärmestuben: III., Erdbergstraße 85, V., Schallergasse 24, IX., Rossauer Lände 15, XIV., Nobilegasse 35, XVI., Seeböckgasse 18, XX., Burghardtgasse 3.

Es gibt in Wien eine Anzahl von Vereinen, die sich der Errichtung

und Erhaltung von Volks- und Schulküchen widmen, in erster Linie der

im Jahre 1872 gegründete Erste Wiener Volksküchenverein, welcher schon nahezu in jedem

Bezirke eine Küche errichtet hat. Auch eine Volksküche für Krankenkost, XVI., Thaliastraße 138,

wurde durch einen besonderen Verein (1901) geschaffen. Josef Pürzl.

1 Durchfahrt. 3 Depot.

2 Wärmestube 4 Küche, für Männer 5 Zimmer, und Frauen. 6 Küche.

Abb. 39S. Wärmestube im

X. Bezirke.

Ebencrd 1:500.

VII. BADEANSTALTEN.

Das Bestehen öffentlicher Bäder ist in Wien von römischer Zeit völlig abgesehen nach glaub- würdigen Berichten ein bis tief in das Mittelalter reichendes. Die Freude an warmen und kalten Bädern scheint hier auch im 18. Jahrhundert, das anderswo so wenig Verständnis für Baden zeigte, nie verloren gegangen zu sein. So wurde z. B. im Jahre 1755 die Entdeckung des Abbe Pohl, daß das Brunnenwasser des jetzigen Theresienbades schwefelhaltig ist und sich als Trink- und Badewasser zu Heilzwecken eigne, als eine wertvolle verzeichnet. Seitens privater Unternehmer wurde 1804 eine öffentliche ..privilegierte Bade- anstalt" an Stelle des heutigen Dianabades nach französischem Muster durch Architekt Moreau und Maler Hummel errichtet und 1842 diese Anstalt vergrößert. 1845 gelangte das von den Architekten van der Null und Siccardsburg erbaute Sophienbad (nunmehr zumeist Tanz- und Vergnügungszwecken dienend) zur Eröffnung. Daneben entstand eine große Anzahl anderer, meist kleinerer Badeanstalten.

Die Stadtgemeinde begann ihre Tätigkeit auf dem Gebiete des öffentlichen Badewesens 1876 durch die Eröffnung des großen städtischen Bades an der Donau und des gegenüberliegenden Freibades. Das Bedürfnis nach billigen Bädern führte von 1887 an zur Errichtung der städtischen Volksbäder und im An- fange dieses Jahrhunderts zu jener von Strombädern im Donaukanale. Derzeit bestehen in Wien 64 Bade- anstalten, wovon 27 in städtischem Besitze und 37 Eigentum von Privaten sind. Hiervon entfallen auf den

Badeanstalten.

273

I.. VIII. und XIV. Bezirk je eine Badeanstalt. In acht Bezirken sind je zwei Badeanstalten, in zwei Bezirken (XV. und XVII. Bezirkt sind deren je drei. Der VI., IX. und der XIX. Bezirk haben je vier, der XVIII. Bezirk fünf, der 111. Bezirk sechs, der XIII. Bezirk sieben und der II. Bezirk neun Bäder. Von städtischen Bädern haben der XIII., XVII. und XX. Bezirk je zwei, der II. und III. Bezirk je drei, die übrigen fünfzehn Bezirke je eines, der I. Bezirk keines. Geht man auf die Art der Bäder ein, so ergibt sich wegen des Vorhanden- seins von Bädern verschiedener Art in einer und derselben Anstalt eine höhere Gesamtziffer. Schwimm- und Vollbadanstalten mit ganzjährigem Betriebe bestehen fünf, wovon zwei im II., je eine im V., IX. und XV. Bezirke, nur mit Sommerbetrieb 30. Wannenbäder findet man in 26, Dampfbäder in 13 Anstalten. Rus- sische Schwitzbäder gibt es zwei. Nebst diesen Anstalten bestehen 17 städtische Volksbäder (Brausenbäder) mit ganzjährigem Betriebe.

a) Städtische Bäder.

Das städtische Bad an der Donau (Abb. 399 bis 402), knapp am rechten Ufer, IL, Erzherzog Karl-Platz 41), ist ein Schwimm- und Vollbad mit fünf Abteilungen, die in einem aus Quadern gemauerten Becken von 175-4X487m Fläche untergebracht sind, dessen strom- seitige Mauer die Kaimauer des Donauufers bildet und bis zu 379 m über Nullwasser reicht. Das Becken ist 32 bis 3-8 m unter Null ausgebaggert, für den Wasserzulauf aus dem Strom dient ein 475m breiter Kanal von 425m größter Höhe, dessen Sohle etwa l'6m über der Stromsohle liegt. Ähnliche Ausmaße hat die Ableitung, deren Sohle aber gleich hoch wie die Sohle des Behälters liegt. Durch diese Kanäle kann eine täglich 30malige Wassererneuerung bewirkt werden. Durch hölzerne Einbauten, die auf Lärchenpiloten ruhen, werden die fünf Abteilungen gebildet, von denen das stromabwärts gelegene Schwimmbad eine Wasserfläche von 3300 m'2 (7475 X 4477 m) und eine Wassertiefe von 4 bis 5 m, die beiden Herrenbäder (I. Klasse mit Zellen, IL Klasse mit Kleiderschränken) eine Fläche von je 498 m2 besitzen; die beiden Frauenbäder, am stromaufwärtigen Ende der Anstalt gelegen, haben je 383 m2 Wasser- fläche. Die Wassertiefe dieser vier Vollbäder beträgt 1 bis L6m. Außerdem sind noch 15 Sonder- bäder mit zusammen 250 m2 Wasserspiegel vorhanden. In die Vollbäder ist ein Pfostenfußboden eingebaut, der auf einer korbartigen Eisenkonstruktion ruht und mittels Schrauben entsprechend dem Wasserstande gehoben und gesenkt werden kann. Mittels eiserner Schwimmkörper wird das Gewicht des Eisengerippes getragen, so daß die auf die Aufhängepunkte wirkende Last eine nur geringe ist. Im Winter werden die Eisenkörper der Eisbildung wegen über Wasser gehoben. Die Abteilungen sind von 205 bis 22m breiten, schwimmenden Gängen umgeben, von welchen aus Holztreppen zu den festen Gängen der das Schwimmbad und jedes der Voll- bäder umrahmenden, zumeist ebenerdigen Holzbauten mit den Auskleideräumen, Anstands- orten u. s. w. führen. Die Gesamtzahl der Badezellen beträgt 337, jene der Kleiderschränke 859, die Anstalt ermöglicht sonach das gleichzeitige Baden von 1200 Menschen, wobei auf jeden einzelnen mehr als 4 m2 Wasserfläche entfallen. An der Donauseite befindet sich ein offener, prächtige Aussicht bietender Weg mit Ruhebänken; an den anderen drei Seiten der

Abb. 399. Städtisches Donaustrombad an der Kronprinz Rudolf-Brücke.

Badeanstalt vermitteln gedeckte Galerien den Zugang zu den einzelnen Bädern. Das einstöckige Verwaltungsgebäude ist dem Erzherzog Karl-Platz zugewendet. Ein Betriebsgebäude enthält die

') Das städtische Bad an der Donau. II. Auflage. Wien 1876, Verlag- von Eduard Hügel. Bd. II.

18

274

Humanitätsanstaltcn.

Dampfwäschcrci, zwei Dampfkessel und eine Dampfmaschine mit 16 Pferdestärken, die auch zwei das Heben des Wassers für die 32 Duschen besorgende Pumpen zu treiben hat. Für Trinkwasser ist aus der Hochquellenwasserleitung gesorgt. Zu Feuerlöschzwecken stehen 23 Feuerwechsel zur Verfügung. Der von dem jetzigen Stadtbaudirektor Franz Berger ent-

Abb. 400. Städtisches Donaustrombad an der Kronprinz Rudolf-Brücke. Querschnitt. 1:500.

worfene und geleitete Bau der Anstalt wurde 1871 begonnen und beanspruchte 1,540.000 K, wovon 650.000 K auf den Unterbau entfallen. Der Betrieb wurde am 15. Mai 1876 eröffnet. Die jährliche Badezeit hat eine Dauer von rund 100 Tagen. Die Jahresbesucherzahl stellt sich auf 47.500 bis 67.800. Die anfänglich verpachtete Anstalt befindet sich gegenwärtig .im städti- schen Betriebe.

Dem vorbeschriebenen Bade gegenüber liegt am linken Ufer des Donaustromes das städtische Freibad in einer 160 m langen und 32 m breiten Einbuchtung des Überschwem- mungsgebietes. Auf letzterem bieten zwei7-0m breite Hütten von 28-5 m, beziehungsweise 18'5m Länge den männlichen, beziehungsweise weiblichen Badegästen Raum zum Auskleiden und zum Hinterlegen der Kleidung in sperrbaren Kleidcrkästchen. Das Männer- bad hat eine Wasserfläche von 60 m Länge und 6 bis 7 m Breite; weiter gegen den Strom hin liegt das Schwimmbad von 56m Länge und 10 m Breite. Das Frauenbad mißt 30 X 6 m. Diese drei Abteilun- gen sind gegen den Strom hin durch an Piloten be- festigte Flöße abgegrenzt, an welchen nach unten hin Schutzgitter hängen. Der Betrieb des Bades ist einem Pächter überlassen, welcher von der Gemeinde eine Jahresvergütung gegen die Verpflichtung erhält, das Baden, beziehungsweise Schwimmen jedermann, der die erforderliche Wäsche mitbringt, unentgeltlich zu gewähren. Für das Ausleihen von Badewäsche ist eine mäßige Gebühr (2 bis 10 h für ein Stück) festgesetzt. Außerdem darf der Pächter für die Be- nützung gesonderter, von ihm hergestellter Kleidcr- kästchen oder Zellen eine Gebühr einheben. Die Be- sucheranzahl des Freibades beträgt im Jahre rund 60.000.

Die Strombäder im Donaukanale (Abb. 403 bis 406). Durch die Regulierung des Donaukanales, dessen Reinhaltung durch die Anlage der beiderseits herge- ., ^ J y. ,

, ... ~ ,, ... ... , . , , . . , .... Abb. 401. Veranda des städtischen Donaustrombades

stellten Sammelkanale gewahrleistet ist, ergab sich die an der Kronprinz Rudoif-Brücke.

Badeanstalten.

275

Möglichkeit der Anlage von Bädern in diesem Stromarme. Zurzeit bestehen zwei derartige Strom- bader, während drei weitere im Bau begriffen sind. Ihre Anordnung ist im ganzen eine gleichartige. Jedes besteht aus zwei Abteilungen, von welchen das Frauenbad flußaufwärts liegt. Sein Becken mißt 88 m'2, jenes des Männerbades 132 m-, die Wassertiefe beträgt 10m bis l'6m. Diese

Abb. 402. Städtisches Donaustrombad an der Kronprinz Rudolf-Brücke. Ebenerd. Grundriß. 1:1800.

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Abb. 403. Städtisches Strombad im Donaukanale. Ansicht und Grundriß. 1:500.

Becken sind aus vergit- terten eisernen Körben gebildet, die einen Boh- lenboden tragen und die Wasserströmung nicht beeinträchtigen. Um die beiden Wasserspiegel führen 1'40 bis 221m breite Gänge. An den Stirnseiten derselben be- finden sich Auskleide- zellen von l'Om Breite und l-48m Länge, und zwar im Männerbad 13, im Frauenbad 12. An den beiden Längsseiten sind im Männerbad 200, im Frauenbad 140 Klei- derschränke angebracht. Das Bad ist gleich- zeitig von 212 Männern und 153 Frauen benutzbar. Jede Abteilung besitzt eine Brausen- zelle (Kopf-, Boden- und bewegliche Seitendusche mittels Hochquellwasser). In den Aborten sind Kübel mit Torfmullstreuung angebracht, deren Inhalt zur Nachtzeit in einen Straßenkanal entleert wird. Der gesamte Aufbau ist aus Holz hergestellt.

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Abb. 404. Städtisches Strombad im Donaukanale. Querschnitt. 1:150.

276

Humanitätsanstalten.

Abb. 405. Städtisches Donaustrombad an der SophienbrücUc.

Um eine bequemere Verschiffung behufs allfälligcr Instandsetzung zu ermöglichen, haben das Männer- und das Frauenbad unabhängige, nur durch Ketten miteinander verbundene Trag- rohre; die Rohre bestehen aus 4 mm Eisenblech mit l"60m Durchmesser, haben eine Länge

von 3555 m für das Frauenbad und 2931 m für das Männerbad und sind durch

wasserdichte Querwände in Kammern von etwa 55 m Län- ge unterteilt; ihr Achsenabstand beträgt 77 m. An der flußaufwärti- gen Seite ist ein 1 00 m langer

Kahnabweiser und Schmutzfän- ger angebracht. Um durch das

Strombad die Schiffahrt nicht zu stören, ist dasselbe auf 2 m Breite in die Uferböschung eingebaut. Das Bad nimmt bei Nullwasser von dem Normalprofile des Flusses nur 90 m Breite in Anspruch.

Das kleine städtische Strombad oberhalb dem Kahlenbergerdorf (XIX. Bezirk) im abgebauten Teile des Donaustromes hat ein Männer- und ein Frauen-Vollbad sowie eine Schwimmabteilung. Das Bad wird jährlich von rund 1900 bis 4800 Personen besucht.

Das Theresienbad, XII., Hufelandgasse 3 (Abb. 407), nächst der Stadtbahnstation Meidlinger Hauptstraße enthält in einem ebenerdigen Gebäude Wannenbäder in 45 Zellen und ein Dampf- bad mit Schwitz- und Frottierkammer. Das Wasser, dem man von Römerzeiten her wegen seines Schwefelgehaltes Heilwirkung zuschreibt, wird aus einem 9 m tiefen Brunnen mittels Hoffmeisterscher Dampfmotoren mit 6 Atmosphären Spannung geschöpft. Die Baulichkeiten stammen vornehmlich aus dem Jahre 1822. ') Schon Kaiser Josef I. (1705 1711) errichtete hier ein Jagdschlößchen in einem weiten Parke, der noch zum Teil vorhanden ist. Kaiserin Maria Theresia schuf 1773 eine Trink- und Kuranstalt, die in Privatbesitz überging. 1881 kaufte die Gemeinde Unter- Mcidling die Anstalt, welche 1891 gelegentlich der Vereini- gung der Vororte Eigentum der Gemeinde Wien wurde und seither Verbesserungen und Zubauten erhielt. 1902 wurde ein Sommer-Voll- und Schwimmbad mit einer Wasserfläche von 525 m2 (38m X 14 m) und einer Tiefe von 06 bis 3'8 m in Beton unter der Leitung des Bau- inspektors Berancck und In- genieurs Rakuschan erbaut. Ein einstöckiger Holzbau, welcher das Becken von drei Seiten umgibt, enthält 102 Anklcidezellen und im ersten Stocke 200 sperrbare Kleiderschränke für

Inneres eines städtischen Donaustrombades.

') Geschichte des Thcrcsicnbades in Wien XII. Von Karl Hilschcr. Wien 1902, im Verlage des Bürgervereines im XII. Bezirke.

Badeanstalten.

277

die nach II. Klasse Badenden sowie einen Trockenboden. Das Bad wird mit Wasser aus der Wientalwasserleitung mittels eines 150 mm weiten Rohrstranges binnen 55 Minuten gefüllt. Ein 75 mm weites Rohr derselben Leitung, aushilfsweise auch ein 75 mm-Rohr der Hochquellen-

Abb. 407. Schwimmbassin des städtischen Thcresienbades im XII. Bezirke.

leitung besorgen die ständige Nachspeisung. Die Temperierung des Wassers geschieht durch Einströmen von Dampf an der Sohle. Der Bau wurde im Jahre 1902 binnen 2l/2 Monaten durchgeführt und erforderte einschließlich der Einrichtung rund 96.000 K. Die Anstalt wurde im Eröffnungsjahre von 11.203 Personen besucht. Der Betrieb des Theresienbades wird von der Gemeinde geführt.

Das städtische Voll- und Schwimmbad, XVII., Jörgerstraße 52, hat ein zweiteiliges Wasserbecken aus Beton von 10 m Breite und 25 -j- 6-4 m Länge mit einer Tiefe von 1T5 bis 2'3m. Der kleinere der beiden Teile dient als Kinderbad. Ein einstöckiger Holzbau mit 137 Ankleidezellen und 100 Kleidertruhen umrahmt den Behälter. Die Speisung erfolgt aus der Wientalwasserleitung. Die Anstalt ist nur während des Sommers (etwa vier Monate) ge- öffnet Dieselbe wurde 1879 von einem Privaten erbaut, 1900 von der Gemeinde Wien gekauft, in deren Betrieb sie sich seither befindet. Im Jahre 1903 fanden sich 13.900 Besucher ein, wobei der größte Tagesbesuch 642 betrug.

Die städtischen Volksbäder (Abb. 408, 409) ') wurden von der Gemeinde in dem Bestreben ge- schaffen, dem Bade- und Reinigungs- bedürfnisse breiter Volksschichten in hygienisch einwandfreier Art und zu möglichst niedrigem Preise Rechnung zu tragen. Das Baden erfolgt in den- selben unter Brausen, welche ent- weder laues Wasser von 32 bis37uC oder kaltes Wasser von 12 bis 16°C liefern. Die Volksbäder sind als Massenbäder gedacht, deren Be- nützungspreis 10 h beträgt, worin die Benützung von zwei Wäschestücken eingeschlossen ist. Die älteste dieser

Anstalten wurde am 22. Dezember 1887 eröffnet; dieselbe ist in einem sehr alten Gebäude untergebracht und stellt zum mindesten in Europa den allerersten Versuch im großen bezüglich eines öffentlichen Brause- bades dar. Der gute Besuch zeigte die Beliebtheit der neuen Badeeinrichtung und führte zum

Abb. 408. Volksbad im VI. Bezirke. Erster Stock. 1: 500.

A Vorraum.

B Auskleideraum für Knaben.

C Baderaum für Knaben.

D Auskleideraum für Männer.

E Baderaum für Männer.

Abb. 409. Volksbad im XVI. Be- zirke. Erster Stock. 1:500.

') Die städtischen Volksbäder in Wien. Von Ingenieur Be ran eck. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereines. 1898, Nr. 12 und 13.

278

Humanitätsanstaltcn.

Baue einer Reihe von Volksbadeanstalten. Die Lage und Ausdehnung derselben ist aus der folgenden Zusammenstellung- zu entnehmen.

Bezirk

Ortsbezeichnung, Straße, Nummer

Eröffnungstag

Zahl dcrBrausen

mit mit

lauem kaltem

Wasser

o

-o ja

~. 3 N2

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XX.

Vereinsgasse 31 . . .

Apostelgasse 18 . . .

Klagbaumgasse 4 . . .

Einsiedlerplatz 68 . .

Eßterhazygasse 2 . .

Mondscheingasse 9 . .

Florianigasse 30 . .

Wiesengasse 17 . .

Gudrunstraße 163 a . . Geiselbergstraße 54

Hütteldorferstraße . .

Heinickegasse 3 . . .

Reithofferplatz 4 . . .

Friedrich Kaisergasse 11 Gschwandnergasse 62 Klostergasse 27 . . Treustraße 60 ....

4. August 1891

19. Juni 1893 4. August 1890

7. September 1892

22. Dezember 1887

31. August 1892

31. August 1892

4. August 1890

7. August 1900

1. Dezember 1894 30. Juli 1900 6. März 1897 9. Juli 1901

20. Mai 1899 31. August 1892

5

81

43

124

3

43

7

50

5

60

13

73

4

76

15

91

5

92

17

109

2

60

10

70

4

50

13

63

4

61

8

69

4

79

14

93

5

63

12

75

5

75

14

89

10

55

19

74

5

58

14

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5

67

15

82

5

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10

67

5

65

13

78

5

84

11

95

221 168 227 238 291 110 226 176 252 183 225 230 210 234 206 189 189

Die beiden 1890 erbauten, seither aber vergrößerten Volksbäder im V. und X. Bezirke stehen frei am Rande öffentlicher Gartenanlagen und enthalten ein Obergeschoß. Die sämt- lichen übrigen Volksbäder haben zwei Obergeschosse und befinden sich auf Mittelbaustellen. Bei allen Volksbädern ist an dem Grundgedanken des gemeinsamen Ankleide-, beziehungs- weise Baderaumes in jeder Abteilung des Bades festgehalten. Der Ankleideraum enthält Klcider- kästchen von 39 cm Breite, 42 cm Tiefe und 153 m Höhe (durchaus Lichtmaße), die auf einer vorn 30 cm vorstehenden Bank aufstehen. Die Anzahl der Kleiderkästchen ist drei- bis viermal so groß als jene der Brausen, um letztere bei lebhaftem Besuche vollkommen aus- nützen zu können.

Der Brauseraum enthält oben und an der Vorderseite offene Zellen von 90cm Breite und 90 cm Tiefe. Diese Zellen sind in den neueren Volksbädern aus 6 bis 7 cm starken Wänden in Betoneisenkonstruktion gebildet, die mit geschliffenem Verputze aus Portland- zement und Maimorsand, in anderen Fällen mit Terrazzo überzogen sind. Ober der Zellen- mitte befindet sich in 2'2m Höhe eine nach abwärts gerichtete Brause aus Bronze von 10 cm Durchmesser.

Für den Fußboden der Ankleideräume haben sich Xylolith und Asphalt als praktisch erwiesen. Jede der in den neueren Volksbädern vorhandenen fünf Badeabteilungen besteht aus je einem Brausenraumc, einem Ankleideraume und Aborten. Vier Abteilungen wurden durch die Trennung der Badegäste nach Geschlecht und Alter (Erwachsene und Kinder) erforderlich. Die fünfte Abteilung dient als Reserve für eintretenden übergroßen Besuch und ist bei Aus- besseiungsarbeiten ein nützlicher Ersatz. Das Erdgeschoß enthält in den meisten Fällen die beiden weiblichen Abteilungen, die Badekasse und einen Raum zur Aufbewahrung der reinen Wäsche. Das erste Stockwerk nimmt das Männer- und das Knabenbad auf; das zweite Stock- werk das Reservebad und die Wohnung des den Dienst an der Kasse versehenden und den gesamten Betrieb führenden Bademeisters. Im Souterrain liegt die Waschküche, zu der die nasse Wäsche durch mit Zinkblech verkleidete Abwurfschläuche aus den Stockwerken gelangt, das Kesselhaus und der Brennstoffvorrat. Im Dachbodenraume sind die zwei Behälter für Warm- wasser mit zusammen 18m3 Inhalt, ein 3 m:t fassender Kaltwasserbehältcr, der künstlich er- wärmte Wäschetrockenraum und die Wäschehängstätte für den Sommerbetrieb untergebracht.

Die Heizung der neueren Volksbäder erfolgt mittels Niederdruckdampfes, der auch zur Bereitung warmen Wassers verwendet wird. Für die Brausenräume wurde Dampfluft- heizung gewählt, weil hier die Aufstellung örtlicher Heizkörper Mißstände und Gefahren böte. Zur Erhaltung gleichmäßiger Temperatur des Warmwassers dienen Fernthermometer. Die Venti- lation der Brausenräume erfolgt im Winter unter Zugrundelegung eines mindestens zweimaligen, meist aber höheren stündlichen Luftwechsels.

Badeanstalten.

279

Der Besuch aller städtischen 15 Volksbäder betrug im Jahre 1903 zusammen 1,705.614 Badegäste, darunter 390.353 weiblichen Geschlechtes. Das stärkstbesuchte Volksbad war jenes im X. Bezirke, wo in jenem Jahre 163.973 Badegäste sich einfanden. Von den übrigen Bädern hatten je eines zwischen 150.000 und 160.000, beziehungsweise zwischen 140.000 und 150.000. zwei Bäder zwischen 130.000 und 140.000, fünf Anstalten mehr als 100.000 und weniger als 130.000, vier Anstalten endlich zwischen 80.000 und 100.000 Besucher. Ein ungünstiger ge- legenes Bad hatte bloß einen Jahresbesuch von rund 39.000.

b) Öffentliche Bäder im Privatbesitze.

Von denselben können nur die bemerkenswertesten kurz beschrieben werden, wobei be- zirksweise vorgegangen wird.

Das Zentralbad, I., Weihburggasse 20 (Abb. 410), ist auf wertvollem Baugrunde im Herzen der Stadt von dem Architekten Adolf Endl (Endl und Honus) im Jahre 1889 erbaut und im Jahre 1894 teilweise umgebaut worden.') Das Gebäude enthält in den vier oberen Geschossen Wohnungen und zu ebener Erde gegen die Gasse teil- weise Geschäftsräume, während die luxuriös eingerichtete Badeanstalt in einen Teil des Erdgeschosses sowie in das Mezzanin und Souterrain ver- legt ist. Für dieselbe besteht ein be- sonderer Eingang. Im Mezzanin be- finden sich die Wannenbäder, die Dampfbäder für den Gebrauch ein- zelner, die Kaltwasserheilanstalt und der Auskleideraum für das Herren- dampfbad. Das vornehm ausgestattete Dampfbad selbst befindet sich im Souterrain. Mittels Aufzuges kommt der Badegast aus dem Dampfbade wieder zu den im maurischen Stile gehaltenen Auskleidezellen zurück, deren 67 vorhanden sind. Sämtliche Wannen der Badeanstalt sind durch Einlassen in den Boden tief gestellt, bestehen aus Beton und sind mit Ma- jolikaplatten verkleidet. Die Fußböden sind mit Beton oder Asphalt gedichtet und mit gerieften Mettlacher Platten belegt. Die Wände sämtlicher Bade- räume sind bis zu 2-2 m Höhe mit Majolikaplatten verkleidet. Die Bade- anstalt bezieht das erforderliche Wasser zumeist aus einem 14 m tiefen Brun- nen mittels zweier Pumpen. Drei

Kessel von je 83 m2 Heizfläche liefern den Dampf hierfür und für den Betrieb der sonstigen maschinellen Einrichtungen und der Heizung.

Das Dianabad, IL, Obere Donaustraße 93 (Abb. 41 1)2), wurde im Jahre 1842 durch die Architekten Förster und Etzel völlig umgestaltet, 1889 durch Architekt Otto Thienemann weiter ausgebildet und 1899 mit einem Zubau versehen. Die gedeckte Schwimmhalle mit Winterbetrieb hat eine Länge von 36T4m und eine Breite von 16'80m und enthält ein Becken von 450m2 Wasserfläche. Dasselbe ist mit Steinplatten verkleidet und hat eine Wassertiefe von 0-95 bis 22 m. Das Sommerschwimmbad hat eine ähnlich große Fläche von 36X13 m. Die Anstalt enthält auch Dampf- und Wannenbäder, eine Wasserheilanstalt u. dgl.

WB Wannenbäder. S Salonbäder.

AK Ankleidekabinen. KK Kaltwasserkur.

WR Warteraum. OZ Ordinations- DZ Dienerzimmer. zimmer.

Abb. 410. Zentralbad im I. Bezirke. Mezzar.in. 1 : 500.

') Anton Honus, Das Wiener Zentralbad. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1890, Nr. 1. 2) Allgemeine Bauzeitung. 1843, S. 113. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1890, S. 212.

280

Humanitätsanstalten.

Das Römische Bad, II., Kleine Stadtgutgasse 9 (Abb. 412, 413) '), enthält Dampf-, Dusche-,

Voll- und Wannenbäder und wurde 1872

ABFG Wannenbäder. DEFH Schwimmhalle. Abb. 411. Dianabad im II. Bezirke. Ebenerd.

V Vestibül. S-Du.WB Separat- Dampf- und Wan- nenbäder. WHB Warmes Herrenbad. Lu.KBfH Laues und kaltes Bassin für Herren. DSfH Duschsaal für Herren.

C Kabinen. AC fD Auskleidekabinen fürDamen. W Wäscherei. K Kesselhaus. FS Frisiersalon.

C 1 : 1000.

durch eine Aktiengesellschaft mit dem Aufwände von rund 3 Millionen Kronen auf einer Eckbau- stelle von fast 5000 m2 Fläche und 114 m Front- länge erbaut. Durch das an den Haupteingang an- schließende Vestibül gelangt man in das Foyer, welches mit Gemälden von Canon und Otto ge- schmückt ist. Im Herrenbade sind die wichtigsten Räume: das warme Becken in einem achteckigen Kuppelraume mit Laternenaufbau; die Heißluft- bäder; die drei Dampfkammern; die Frottierstube; die Halle mit lauem und mit kaltem Becken und zahlreichen Brausen. An diesen durch Oberlicht gut erhellten Raum schließen sich die Nebenräume an. Die 400 Auskleidezellen des Herrenbades sind gegen die Gasse in großen, gut belichteten Sälen untergebracht. Die Anzahl der Auskleidezellen des Damenbades ist halb so groß. Der stattliche Bau ist von den Architekten Clauß und Groß projek- tiert und ausgeführt worden.

Wegen der lebhaften Strömung sehr beliebt ist das seit Vollendung der Regulierung des Haupt- stromes der Donau im Jahre 1874 eröffnete sogenannte Holzersche Strombad, welches am linken Ufer der Donau an der Grenze des Über- schwemmungsgebietes unterhalb der Kronprinz Rudolf-Brücke liegt.

Das Beatrixbad, III., Linke Bahngasse 9, wurde 1891 vom Architekten Josef Freiherrn von Wieser im Souterrain, Parterre und Mezzanin eines ihm

Abb. 412. Römisches Bad im II. Bezirke. Parterre. 1:800.

gehörigen Fabriksgebäudes errichtet. Das Souterrain enthält das Herrendampfbad mit 19 Einzel- vorwärmwannen, 8 Dampfkastenbädern und einem Schwimmbecken von 28'8 m Länge und

') Clautt und Groß, Allgemeine Bauzeitung. 1874. Winkler, Technischer Führer durch Wien.

Badeanstalten.

281

4-9 in Breite. Im Erdgeschosse befinden sich die Räume für die Kaltwasserkur für Herren und für Damen, das Mezzanin enthält das Damendampfbad und Wannenbäder. Auch elektrische Bäder (mit Wechselstrom) und Kohlcnsäurcbäder sind vorhanden. Das Kesselhaus im Souterrain enthält drei Kessel von 221 m3 Heizfläche und 10, beziehungsweise 12 Atmosphären Dampf- spannung. Die Beschaffung des Wassers erfolgt aus einem Brunnen. Zum Zwecke der Heizung wird der Dampfdruck auf 2 Atmosphären verringert. Die Badeanstalt erstreckt sich zum Teil unter der Straße und ist dort durch Glaslichten erhellt. Technisch bemerkenswert ist die reiche Verwendung von Wellblechdecken. Eine Erweiterung dieses mit modernem Komfort aus- gestatteten Bades ist im Zuge.

Im III. Bezirke befindet sich auch das Russische Bad, Sophienbrückengasse 12, mit Dampf- und Wannenbädern und das Sophienbad, das unter „Saalbauten" besprochen wird.

Das seit einem Jahrhunderte seiner eisenhaltigen Quelle wegen bekannte Brünnlbad, IX., Borschkegasse 4, wurde nach völligem Umbau im Jahre 1898 neuerdings eröffnet. Es ent- hält zu ebener Erde eine Winterschwimmhalle mit einem Wasserspiegel von 15X10'" unter einem in der Höhe der Decke des ersten Stockes gespannten zierlichen Glasdache. Die Wände sowie das gesamte Badebecken sind durchaus mit farbigen Fliesen verkleidet. Der Ankleide- raum mit 50 Zellen reiht sich in geschickter Anordnung an das Dampfbad, das mit einem verkachelten Warmwasserbecken von 5 X 5 m Spiegelfläche und vier im Fußboden eingelassenen Sonderwannen aus Beton mit Fliesen ausgestattet ist. Heißluft-, Dampfkammer und der Frottier- raum schließen sich zweckmäßig an. Ferner sind 40 Wannenbäder I. und II. Klasse, zum Teil mit versenkten und mit Fliesen verkleideten Betonwannen vorhanden. Alle Räume werden durch Tageslicht gut erhellt und sind abends elektrisch mit Glüh-, beziehungsweise Bogen- licht beleuchtet. Das Maschinenhaus enthält drei Tischbeinkessel mit 4 Atmosphären Dampf- spannung und je 50 m- Heizfläche. Ein Dampfmotor von 12 Pferdestärken fördert aus einem 160 m tiefen Brunnen Wasser für die Wannenbäder und besorgt die Beheizung der Bade-

Abb. 413. Römisches Bad. Laues und kaltes Bassin für Herren.

räume, und zwar jene der größeren mittels Luftvorwärmung. Das Schwimmbad wird mit Hochquellwasser gespeist. Der Aufzug und die Wäschereianlage haben elektrischen Antrieb. Die Anstalt wurde von Stadtbaumeister Klinenberg erbaut.

282 Humanitatsanstalten.

Das Georgsbad, IX., Clusiusgassc 12, enthält in den unteren Geschossen eines 1900 erbauten Zinshauses Wannenbäder mit 30 Badekammern und ein russisches Dampfbad mit einem Behälter von 15 m- Spiegelfläche und 15" C Wasserwärme, Duschen und Schwitzkammer mit 45 bis 50° C Wärme. Angegliedert ist eine Kaltwasserheilanstalt und eine Pistyaner Kur (je drei Räume). Alle die zweckmäßig angeordneten Räume werden mittels Gasöfen geheizt und elektrisch beleuchtet. Das Wasserschöpfen erfolgt mittels elektrischen Antriebes. Eine Vergröße- rung der Anstalt steht in Aussicht.

Von den übrigen öffentlichen Badeanstalten seien noch erwähnt:

Die Wannenbäder: Florabad, IV., Floragasse 7, und Karolinenbad, VI., Dürer- gassc 14; das Russische Schwitzbad, VI., Liniengasse 5; das Margaretenbad, V., Wilde- manngasse 5 (Wannen-, Dampf- und Duschebäder, Winterschwimmschule und Kneippbad); das Eßterhazybad, VI., Gumpendorfcrstraße 59 (Wannen-, Dampf- und Duschebäder. Sommcr- schwimmschulc, Wasserheilanstalt); das Marienbad, VII., Schottenfeldgasse 94 (Schwimm- anstalt und Wannenbäder): die Kaltwasserheilanstalt Stephaniebad, XIII., Eduard Kleingasse 3; das Magdalenenbad, XV., Mariahilferstraße 138 (Schwimm-, Dampf- und Wannenbäder, verbunden mit Wasserheilanstalt); das Michaeierbad, XVIII., Michaeierstraße 14 und 16 (Wannen- und Dampfbäder und Schwimmschule); die Schwimmbäder in Döbling und Heilieenstadt und die Schwimmanstalten im X. und XIII. Bezirke. h. BeranecJt.

VIII. RETTUNGS- UND SANITÄTSWESEN.

Die Feuerwehr (Abb. 414, 415).')

Die großen verheerenden Feuersbrünste, die ganze Stadtteile Wiens zerstörten, veranlaßten Herzog Leopold VI., jenen Hausbesitzern Geldstrafen aufzuerlegen, in deren Häusern Feuer entstanden war. wenn -Flammen aus dem Dache ihres Hauses emporschlugen< . Diese Strafbestimmung findet sich im Stadtrechte für Wien vom 18. Oktober 1221 und auch in den Urkunden der folgenden Jahre, zuletzt in der Handfeste Herzog Albrechts II. für Wien vom 24. Juli 1340. In der vom Rate der Stadt Wien erlassenen »Vierer- Ordnung- vom 10. Mai 1432 wird die jährlich vorzunehmende -Feuerbeschau* angeordnet. Mit der ersten uns bekannten Feuerordnung- vom Jahre 1454 sowie in den folgenden Verordnungen aus den Jahren 1458, 1534, 1617. 1639, 1666, 1688 wurde auch der Bau- und Feuerpolizei erhöhte Beachtung geschenkt und das Löschwesen organisiert. Hauseigentümer, Klöster und Anstalten sowie auch die Gemeinde Wien wurden zur Bereithaltung von Löschgeräten und Löschwasser verpflichtet und fast sämtliche Handwerker angewiesen, zum Löschen dienliche Werkzeuge bereit zu halten und mit diesen und ihrem ganzen Gesinde, ihren Gehilfen und Knechten im Falle eines Brandes an den Ort der Gefahr oder an vorher bestimmte Sammelorte zu eilen, um zu löschen und zu retten. Diese Verpflichtung erstreckte sich im Jahre 1458 auch auf Bürger und andere Inwohner, jedoch schon im Jahre 1617 hatten die Bürger, »die nicht zum Feuer gehörten*, in Wehr und Waffen zu erscheinen und für die Aufrechthaltung der Ordnung zu sorgen. Die Feuerordnung vom Jahre 1617 bestimmt auch, daß die zum Löschen Verpflichteten »unweigerlich zu tun haben, was ihnen vom Bürger- meister oder Stadtkämmerer befohlen wird*. Letzterer hatte nunmehr bei der Leitung der Lösch- und Rettungsaktion mitzuwirken. Für die Wasserzufuhr hatte der Stadtkämmerer schon seit dem Jahre 1534, für die Herbeischaffung der Löschgeräte seit dem Jahre 1639 und für die Instandhaltung der städtischen Lösch- geräte seit dem Jahre 1680 Sorge zu tragen.

Die Erfindung der Feuerspritze und deren Einführung in Wien (in den Jahren 1638—1686) machte die Beistellung eines geschulten und sachkundigen Aufsichts- und Bedienungspersonales nötig. Die Gemeinde Wien bestellte daher (vermutlich um das Jahr 1685) für diesen Zweck vier -Feuerknechte» und legte damit den Grund der späteren Berufsfeuerwehr. Gleichzeitig erfolgte die Einstellung von drei Paar Pferden als ständige Bespannung in dem als Gerätedepot benutzten, ehemals Wasserstadl» genannten Unterkammer- amtsgebäude »Am Hof» (heute Nr. 9), und mit der Unterbringung des Unterkämmerers und der vier Feuer- kneclite in diesem Gebäude war die erste ständige Feuerwache in Wien geschaffen. Diese von der Gemeinde freiwillig durchgeführten Maßregeln wurden durch die Feuerordnung vom Jahre 1759 zur gesetzlichen Verpflichtung, und wurde der Gemeinde überdies aufgetragen, 13 Taglöhner in der Handhabung der Löschgeräte auszubilden und für Brandfälle bereit zu halten. An Stelle dieser dem Stadtsäuberungspersonale entnommenen Leute traten im Jahre 1805 26 Feuertaglöhner«, deren Stand im Jahre 1853 auf 36 erhöht wurde. Die Stelle eines Unterkämmerers, die ursprünglich ein Mitglied des Stadtrates und nach Auf- lösung des letzteren und Errichtung des Magistrates (am 1. November 1783) ein Magistratsrat eingenommen hatte, wurde zufolge Hofkanzleidetcretes vom 3. Jänner 1835 einem Techniker übertragen und bestimmt, daß das Unterkammeramt lediglich die städtische Baubehörde zu sein habe.

Der Gemeinderat organisierte mit Beschluß vom 4. November 1862 die städtische Feuerwehr. Die Zahl der Mannschaft wurde von 63 auf 172 erhöht und in jedem der damaligen acht Vorstadtbezirke <II bis IX) eine ständige Feuerwache errichtet. Unter technischer Leitung wurde die Ausrüstung der Wiener

') Huybcnsz, Geschichte des Feuerlöschwesens der Stadt Wien. 1S7Q. Die Feuerwehr der Stadt Wien. Eine kurze Geschichte ihrer Entstehung und ihrer Entwicklung. Wien 1901. Chitil, Das Feuerlöschwesen der k. k. Rcichshaupt- und Residenzstadt Wien. 1903.

Rcttungs- und Sanitätswesen.

283

Feuerwehr wesentlich verbessert. Die Errichtung des Feuerwehrtelegraphen im Jahre 1855 erleichterte und beschleunigte die Feuermeldung und gestattete in der Folge rasches Verfügen über die nun dezentralisierten Hilfskräfte der Feuerwehr. Die Erbauung der Kaiser Ferdinands- und der Kaiser Franz Josefs-Hochquelleu Wasserleitung und die Errichtung zahlreicher öffentlicher Wasserentnahmestellen (Hydranten) ermöglichte der Feuerwehr ein wesentlich wirksameres Eingreifen bei Bränden.

Trotz dieser Fortschritte in der Ausgestaltung der Löschvorkehrungen und der weiteren Erhöhung des Mannschaftsstandes auf 245 Mann zeigten die Ereignisse beim Brande des Kingtheaters am 8. Dezem- ber 1S81 die Unzulänglichkeit der vorhandenen Einrichtungen. Im Jahre 1884 wurde dann die Trennung der Feuerwehr vom Stadtbauamte, die Ernennung eigener Offiziere für die Feuerwehr verfügt und derselben der Charakter einer Berufsfeuerwehr gegeben. Der Gesamtstand an Offizieren und Mannschaft wurde mit 269 Mann festgesetzt. Die fortschreitende bauliche und räumliche Entwicklung der Stadt machten in der Folge die Errichtung neuer und die Verstärkung bestehender Feuerwachen wie auch die weitere Erhöhung des Mannschaftsstandes nötig, so daß der letztere im Jahre 1897 bereits 448 Mann betrug.

Die Zcntralfcucrwachc befindet sich in den Gebäuden Am Hof Nr. 9 und 10, welche im Jahre 1562 als Zeughaus erbaut und von denen später das Haus Nr. 9 als Unterkammeramt bezeichnet wurde. Im Jahre 1732 erfolgte ein Umbau beider Häuser nach den Plänen des städtischen Zeugwarts und Architekten Antonio Ospel und im Jahre 1820 die Schaffung eines neuen „Löschrequisitorium" im Zeughause. Nach Vollendung des neuen Rathauses (1884) wurden die Amtsräume des Stadtbauamtes und das städtische Waffenmuseum dorthin verlegt und die beiden Gebäude Am Hof fast ausschließlich den Zwecken der Feuerwehr gewidmet.

Es ist selbstverständlich, daß trotz wiederholter Adaptierungen diese fast 200 Jahre alten Gebäude den Ansprüchen, die an eine moderne Feuerwehrkaserne gestellt werden, nicht mehr entsprechen, doch ist anderseits die zentrale Lage derselben ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Außer dieser Zentrale bestehen noch eine Hauptfeuerwache im V. Bezirke, dreizehn Zugswachen in den Bezirken II bis XI und XX und drei Hausfeuerwachen. In den übrigen Bezirken be- stehen freiwillige Feuerwehren, deren Wachlokale von der Berufsfeuerwehr mit Tclegraphisten und Maschinisten versehen sind.

Abb. 414. Die Zentralstation der städtischen Feuerwehr, I., Am Hof.

284

Human üatsanstalten.

Altes Zeughaus

äußeren Bezirken verfügen über 1168 ausübende Mitglieder, beliefcn sich im Jahre 1903 auf 1,408.000 K.

Die Berufsfeuerwehr be- sitzt derzeit 10 Dienstwagen,

8 Mannschaftswagen, 6 Dampf- spritzen, 5 Tenderwagen, 33 Löschwagen, 5 Rüstwagen,

9 fahrbare (zum Teil pneu- matisch betriebene) Schieb- lcitern und sonstiges Neben- gerät. Als Normallöschgerät dient der mit flüssiger Koh- lensäure betriebene Lösch- wagen. Die freiwilligen Feuer- wehren verfügen über 27 Mannschaftswagen, 4 Dampf- spritzen, 3 Tenderwagen, 2 Löschwagen, 7 Rüstwagen, 21 Schiebleitern, 54 Hand- kraftspritzen u. s. w. Für die Wasserbeschaffung dienen 1718 öffentliche Hydranten und 1902 Hausfeuerhähne, welche teils aus der Hoch- quellenleitung, teils aus der Wientalwasserleitung gespeist werden. Zur Bespannung der Geräte der Berufsfeuerwehr stehen 112 Pferde zur Ver- fügung, während für die frei- willigen Feuerwehren zumeist Mietpferde beigestellt werden. Das Netz des städtischen Feuerwehrtelegraphcn hat eine Länge von 960 km. Städti- sche Feuermeldestellen stehen 832 zur Verfügung; davon sind 47 Morsestationen, 477 automatische, 249 Telephon- und 59 Alarmstationen. Den Personalstand der Berufsfeuer- wehr bilden: 9 Offiziere, 1 Tierarzt, 147 Unteroffiziere, 240 Feuerwehrmänner und 85 Kutscher; die 38 frei- willigen Feuerwehren in den Die Kosten des Löschwesens

W. Chitil.

Die Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft (Abb. 416 bis 418). ^

Noch rauchten die Trümmer des Ringtheaters, dessen Brand am Abende vorher nahezu 400 Menschen- leben vernichtet hatte, als am 9. Dezember 1881 einer der edelsten Menschenfreunde, Dr. Jaromir Freiherr von Mundy, der seit Beginn der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts als echter Johanniter bei keinem der in Europa geführten Kriege fehlte, um den Verwundeten Hilfe und Trost zu bringen, mit dem alles Gute und Schöne fördernden Ehrenbürger von Wien, Grafen Hans Wilczek, und mit dem Grafen Eduard Lamezan zur Gründung einer freiwilligen Rettungsgesellschaft für Wien zusammentrat. Aufgabe der Gesell- schaft sollte es sein, mit Hilfe eines wohlorganisierten, mit den besten Apparaten ausgestatteten Rettungs-

J) Jahresberichte der Wiener Freiwilligen Rcttungsgesellschaft. Wien 18S5 1904. Die Organisation der Wiener Freiwilligen Rcttungsgesellschaft. Wien 1900. Das neue Heim der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft. Vom Chefarzt Dr. Heinrich Oharas. Wien 1897. Die Samariterschulc der Wiener Freiwilligen Rettungsgescllschaft. Vom Chefarzt k. Rat Dr. H. Charas. Wien 1901. Der Sanitäts-Ambulanzwagcn der Wiener Freiwilligen Reitungsgcsellschaft. Von Dr. H. Charas. Wien 1901. Die Entwicklung und die Erfolge des Rettungswesens. Von Dr. H. Charas. Wien 1901.

RettungS- und Sanitatswesen.

285

korps die Mängel des öffentlichen Rettungs wesens zu beheben und jederzeit bereit zu sein, bei Unglücks- fällen, mögen sie einzelne treffen oder als öffentliche Katastrophen auftreten, unentgeltlich, hilfreich rettend oder beschützend einzutreten. Damit war eine Schöpfung in das Leben gerufen, die als erste dieser Art seither der Stadt Wien nicht nur zum größten Nutzen, sondern auch zur hohen Ehre gereichte und für viele Städte des Erdkreises vorbildlich wurde, wie denn auch die Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft bei Gründung solcher Gesellschaften in Abbazia, Brunn, Budapest, Czernowitz, Innsbruck, Krakau, Lemberg, Prag, Triest und Troppau ratend und helfend mitwirkte.

Mit großem Organisationstalente verstand es von Mundy, der als erster Chefarzt und Schrift- führer der Gesellschaft wirkte, unterstützt durch die beiden genannten und viele andere opferwillige Männer, alle dem Unternehmen entgegenstehenden Schwierigkeiten zu überwinden und das allgemeine Interesse für dasselbe derart zu wecken, daß es der Gesellschaft möglich ward, schon im Jahre 1883 die erste Sanitätsstation im Privathause I., Fleischmarkt 1 zu eröffnen und den gesamten Sanitätsdienst in Tätig- keit zu setzen, der aber mit der Schwierigkeit zu kämpfen hatte, daß. der Wagenpark nur entfernt von der Station untergebracht werden konnte. Im Jahre 1885 wurde eine zweite Sanitätsstation in der Giselastraße eingerichtet, die jedoch nach Erbauung des Hauses am Stubenringe gleichzeitig mit der Station am Fleisch- markte der hohen Kosten wegen aufgelassen werden mußte. Im Jahre 1889 wurde dann auf einem vom Stadterweiterungsfonds zur Verfügung gestellten Platze am Stubenring nächst der Radetzkybrücke für die Sanitätsstation der Gesellschaft nach einem von Mundy aufgestellten Programme durch den diplomierten Architekten Ferdinand Hrach ein eigenes Heim erbaut.') Als im Jahre 18% (bald nach Mundys Tod, 1894) dieses Gebäude dem Baue der Stadtbahn und der Wienflußregulierung weichen mußte, hatte die Tätigkeit der Gesellschaft schon einen derartigen Umfang gewonnen, daß die Räume, die im Jahre 1889 geschaffen worden waren, weder an Zahl noch an Größe genügten, so daß die Notwendigkeit eines Neubaues um so mehr zu begrüßen war, als die vom Stadterweiterungsfonds der Gesellschaft neuerdings gewidmete Baustelle (III.. Radetzkystraße Nr. 1) ebenso günstig zentral gelegen ist, als es die frühere war, dabei aber mit einer Area von 2200 m2 die Bedürfnisse der Station vollkommen zu erfüllen gestattete. Das Programm für den Neubau stellte der derzeitige Chefarzt und Leiter, k. Rat Dr. H. Charas, auf; der vom vorgenannten Architekten verfaßte und nach dem Gutachten des Aktionskomiteemitgliedes Architekt F. von Gruber erweiterte Entwurf wurde vom 1. August 1896 bis Juni 1897 zur Ausführung gebracht.

Die Anlage der Zentralstation zerfällt in das mit seiner kurzen Stirnseite der Radetzkybrücke zugewendete, über dem Keller dreigeschossige Hauptgebäude, das durch eine abschließbare, ungedeckte Durchfahrt von dem Nebengebäude getrennt wird, dessen vier Trakte den Stall- und Remisenhof umgeben. Das Hauptgebäude enthält im Erdgeschoß alle für den sanitären Rettungs- und Hilfsdienst erforderlichen Räume; im ersten Stocke befinden sich die Kanzleien und Magazine der Verwal- tung, die Wohnungen zweier Hausärzte, die Bibliothek, zugleich Sitzungssaal des Aktionskomitees und endlich der Hörsaal der mit Lehrmitteln reich ausgestatteten Samariterschule, in der die Ärzte der Gesellschaft jährlich mehrwöchentliche Kurse für verschiedene Berufsklassen abhalten.2) Der zweite Stock nimmt ausschließlich Dienst- wohnungen auf, zu denen man auch durch den Eingang an der Radetzkystraße über eine besondere Treppe ge- langen kann.

Dem von der Radetzkybrücke Heranschreitenden blickt aus der Nische des Stiegenhausfensters die von der Bildhauerin Feodorowna Ries ausgeführte Marmor- büste Mundys entgegen. In der durch die Hauptstiege n Parteienzim- l\ und durch Oberlicht reichlich erhellten Zentralhalle des ersten Stockes ist das von derselben Künstlerin model- lierte, in Bronze gegossene Brustbild des Grafen Hans

WÜCZek aufgestellt, das VOm Aktionskomitee ZU Ehren Abb. 416. Zentralstation der Freiwilligen Rettungs-

des Protektors der Gesellschaft gelegentlich der Feier geseiischaft. Ebenerd. usuo.

ihres zwanzigjährigen Bestandes gewidmet wurde.

Das Nebengebäude umfaßt zum größten Teil nur ein Geschoß, bloß die mittleren Teile der seitlichen Straßentrakte erhielten ein Obergeschoß, das für Kutscher- und Dienerwohnungen

8 Dienerzim- mer.

9, 10 Verband zimmer.

mer.

12 Loggia.

13 Journal.

14, 15 Inspektions zimmer.

Stiege, nhalle.

Journalbeamte. 21 Vorzimmer. 22 Werkstätte. 23 Tragbahren- magazin. 24 Magazin. 25 Wagenremise. 26 Futterkammer.

27 Stall für 19 Stände.

28 Geschirrkammer. 29 Kutscherzimmer.

>) Der Bautechniker. Wien 1S89, Nr. 24.

"-) Seit dem Bestände der Samariterschule (23. November 1897) bis Ende 1905 wurden 132, in letzterem Jahre allein 18 Sama- riterkurse abgehalten, die sich eines stets steigenden Zuspruches erfreuen. In der angegebenen Periode haben 14.230 Personen die Samariterkurse besucht; im Jahre 1905 wurden 1607 Personen, darunter 470 Frauen in der ersten Hilfeleistung bei Unfällen aller Art unterrichtet, von denen sich 714 (darunter 44 Frauen) einer Prüfung unterzogen.

286

Humanitatsanstalten.

bestimmt ist. Im Erdgeschosse be- finden sich außer der Remise für den Wagenpark der Gesellschaft, dem

Hauptmagazine und einer Werk- stätte Unterkünfte für Dienerund ein Stall für 19 Pferde. Der bemerkens- werteste Raum dieses Gebäudes ist die mittels eiser- ner Rolläden ver- schließbare Wa- genwartehalle, in der vier zur Aus- fahrt stets bereit- stehendebespann- te Wagen, vor den Unbilden der Wit- terung geschützt, des Signales har- ren, den Hilfs- dienst anzutreten. Das Hauptgebäude wird in allen seinen Räumen mittels Niederdruckdampfheizung (System Käuffer) erwärmt und nach dem System der sogenannten natürlichen Ventilation gelüftet. Die Böden aller Diensträume sind aus Xylolith hergestellt; alle Teile der Anstalt werden elektrisch beleuchtet, wie überhaupt die modernsten Einrichtungen in derselben stets sofort Eingang finden. Die Baukosten betrugen rund 338.700 K und wurden vollständig durch Spenden gedeckt.

Filiale Mariahilf. Mit Rücksicht auf die große räumliche Ausdehnung Wiens und in Anbetracht der sich stets steigernden Inanspruchnahme der Gesellschaft beschloß das Aktions- komitee im September 1903, an die Errichtung von Filialen in den äußeren Bezirken Wiens zu schreiten. Die erste dieser Filialsanitätsstationen wurde auf einem 568 m- messenden, um 69.300 K erworbenen Grundstücke am Mariahilfcr Gürtel als zweigeschossiges Gebäude im Jahre 1904 erbaut und im Februar 1905 in Betrieb gesetzt. Das Programm für dieselbe verfaßte der Chefarzt der Gesellschaft, den Plan entwarf und den Bau leitete Architekt Bernhard Pichler

Im Erdgeschosse sind alle Diensträume, dann Diener- und Kutscher- Pferde und die Remise für vier Wagen untergebracht. Im ersten Stocke befinden sich die leiters, zweier Hausärzte, Dieners. Die Baukosten Während des bis nun dieser Hilfsstation, die

Abb. 417. Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft. Loggia und Durchfahrt.

der Union-Baugescllschaft. zimmer, der Stall für acht

Wohnungen des Stations-

eines Beamten und eines

betrugen rund 150.000 K.

clfmonatlichen Bestandes

den Namen: „Erste Filial-

sanitätsstation Mariahilf Graf Wilczck" erhielt, wurde

ihre Hilfe in 5451 Fällen angesprochen.

Seit dem Bestehen der Rettungsgesellschaft bis 31. De- zember 1905 kamen 152.886 Fälle erster Hilfe und 105.949 Krankentransporte vor. im ganzen hatte also die Gesellschaft 258.835mal in Tätigkeit zu treten. Auf das Jahr 1905, das die höchste Jahresleistung aufzuweisen hatte, entfielen 15.177 Fälle erster Hilfe und 10.224 Krankentransporte. Für die Ausübung ihres Dienstes steht der Rettungsgesellschaft gegenwärtig das folgende besoldete Personal und Sanitäts- material zur Verfügung: 20 Arzte, 6 Beamte, 18 Sanitäts- diener. 9 Kutscher, 25 Pferde, 1 Automobil-Ambulanzwagen (System Jelinek-Mercedesi, 28 Krankentransportwagen aller Art und verschiedener Konstruktion, 3 Küchen- wagen, 1 Labewagen und 1 Fourgon, 150 Tragbahren, lo Tragsessel, 18 Sanitätskasten, 8 Gegengiftkasten.

E Einfahrt. PZ Portierzim- mer. J Journal. VZ Verbandzim-

mer. ÄZ Ärztezinnner. OH Offener Hof. GW Gedeckte Wartehalle. R Remise. PS Pferdestall.

Abb. 41S. Filiale der Rettungsgesell- schaftim VI. Bezirke. Ebenerd. 1 : 6UU.

RettungS- und Sanitätswesen.

287

10 Schicnensäckc. 25 Sanitäts- und Verbandtaschen; 3 mobile Baracken, 22 auf Plätzen der Stadt zur Benützung für jedermann verteilte Tragbahren. Für Eisenbahnkatastrophen stellt ein mit Transport- und Sanitätsmateriale komplett ausgestatteter Sanitätsambulanzwaggon in der Station Hauptzollamt der Stadt- bahn und sind 100 Tragbetten bereit: 52 Gestelle stehen auf den Bahnhöfen Wiens. Ferner sind 12 Garni- turen Rettungsgeräte für Ertrinkende an den k. k. Sicherheitswachstuben entlang des Donaukanales und an den Brücken entlang des Donaustromes angebracht u. s. w.

Im Bedarfsfalle verfügt die Gesellschaft über 327 Arzte ^Ehrenmitglieder) und über 33 Studierende der Medizin als Hospitanten. Für Feuersgefahren haben sich zehn freiwillige Feuerwehren mit 403 Mann, die in der ersten Hilfe ausgebildet wurden, der Gesellschaft angeschlossen; für Wassernot stehen ihr 199 geübte Ruderer als Wasserwehr zu Gebote, die einigen mit der Gesellschaft in Verbindung getretenen Ruderver- einen angehören.

Die Gesellschaft verfügt gegenwärtig über ein Barkapital von rund 2.170.000 K und, abgesehen von den Baulichkeiten, über ein Inventar im Werte von rund 300.000 K; ihre Einnahmen ergänzen sich durch die Subventionen, Legate, Stifter-, Förderer-, Gönner- und Mitgliederbeiträge oder Unterstützungen, endlich durch die Erträgnisse von Festen und Lotterien. Die Betriebskosten im Jahre 1905 betrugen rund 180.000 K.

Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuze.1)

Die als Bund aller „patriotischen Hilfsvereine" der diesseitigen Reichshälfte unter dem Protektorate Seiner Majestät des Kaisers seit dem Jahre 1880 bestehende Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuze erbaute im Jahre 1882 auf dem ihr von Seiner Majestät überlassenen, im Prater nächst der Rotunde gelegenen, 12.550 m'2 messenden Grundstücke fünf Depots für die in Wien unterzubringenden neun Blessiertentransportkolonnen. Diese feuersicher angelegten Depots von je 46'47 m Länge und 15" 17 m Breite im Lichten haben während des Friedens die erwähnte Bestimmung, dienen aber im Kriege als Zentralstelle zur Aufnahme und Verteilung der für die Hilfeleistung bestimmten eingelieferten Gegenstände. Im Jahre 1883 wurde behufs Unterbringung einer aus 48 Wagen bestehenden Materialkolonne, dann eines aus 16 Wagen bestehenden Feldspitales und einer aus 16 Wagen bestehenden Blessiertentransportkolonne ein sechstes Depot erbaut. Das siebente, zur Hälfte auf dem Grund- stücke der Gesellschaft stehende Depot ist Eigentum des Deutschen Ritterordens. Ein kleines gemauertes Gebäude nimmt die Wohnungen des Depotverwalters, des Magazineurs und eines Depotdieners auf. Im Depot Nr. 1 wurden im Jahre 1901 zwei Dampfdesinfektionsapparate auf- gestellt. Die Baukosten der sechs Depotgebäude und des erweiterten Wag- und Wächterhauses betrugen rund 185.000 K

Die Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuze vereinigt gegenwärtig 22 Landes-Hilfsvereine mit 430 Zweigvereinen und 79 Bezirksbureaux mit einer Gesamtzahl von 53.763 Mitgliedern; sie besitzt ein Ver- mögen von mehr als 14 Millionen Kronen und verfügt über 50 vollkommen eingerichtete Spitalsbaracken, 617 Fuhrwerke, 102 Sanitätsfahrräder (Bicycle) und sonstiges Material für 33 Blessiertentransportkolonnen und zwei Feldspitäler mit je 200 Betten in einem Gesamtwerte, der 2 Millionen Kronen bedeutend über- steigt. Seit dem Jahre 1899 besitzt die Gesellschaft das von ihr erbaute Gesellschaftshaus in Wien, I., Milch- gasse 1, in dem sich ihre Bureaux befinden. F. von Gruber.

Die städtischen Sanitätsstationen (Abb. 419).

Diese seit 1894 zur Errichtung gelangenden Anstalten haben den Transport von Kranken in die Spitäler, von Verstorbenen in die Leichenkammern über Anordnung der Sanitätsorgane und der k. k. Polizei zu veranlassen, infizierte Gegenstände zu desinfizieren und auch zu ver- brennen. Gegenwärtig bestehen drei vollständige Stationen: V., Bräuhausgasse 61, XVII., Gilm- gasse 18, XX., Gerhardusgasse 2 5, und vier solche, welche hauptsächlich für den Kranken- transport eingerichtet sind: XIV., Pillergasse 2, XVI., Thaliastraße 113, XVII., Rötzergasse 31, XVIII., Sommarugagasse 4.

Die Sanitätsstation in der Gerhardusgasse wurde im Jahre 1897, jene in der Gilmgasse im Jahre 1903 erbaut, während alle übrigen in älteren Gebäuden untergebracht sind. Die neueste der genannten Anstalten, jene in der Gilmgasse, besteht im wesentlichen aus einem einstöckigen Administrationsgebäude mit Stallungen im Souterrain, wozu das ehemalige Not- spital der Gemeinde Hernais adaptiert wurde, aus zwei einstöckigen Trakten, welche die Wagenremisen, Stallungen und eine große Waschküche für die Wäsche des Personales der Sanitätsstationen enthalten, endlich aus einem ebenerdigen Trakte mit zwei Desinfektionsapparaten und einem Verbrennofen. Zur Vermeidung von Rauchbelästigungen werden die Rauchgase von

') Generalbcrichte der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuze. Gesellschaft vom Roten Kreuze. XXI. Jahrgang.

„Das Rote Kreuz." Organ der Osterreichischen

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Mumanitätsanstalten.

dem Verbrennofen und den Kesseln der Desinfektionsapparate in einen 25 m hohen Dampf- schornstein geleitet. Bei der Anlage ist daran festgehalten, die Wohnungen vollständig von

der Anstalt zu trennen; außerdem ist eine Zweiteilung der Anstalt in der Richtung durchgeführt, daß in einer Hälfte die Wagen für die nicht infizier- ten Kranken, in der anderen jene für infektiöse Kranke untergebracht sind. Die zu desinfizierenden oder zu ver- brennenden Gegenstände werden der letzteren Seite zugeführt. Die Desinfek- tion erfolgt in von der Firma Kurz, Rietschel & Henneberg gelieferten Ap- paraten mittels gespannten Dampfes. Die Größe der Apparate gestattet die Desinfektion ganzer Betten. Der Dampf wird in einem besonderen Kessel ent- wickelt. Die Aufstellung der Desinfek- tionsapparate und ihre Bedienung ent- spricht den gegenwärtig allgemein an- genommenen Prinzipien. Der Verbren- nungsofen wurde ebenfalls von vorbe- zeichneter Firma ausgeführt und dient hauptsächlich zur Verbrennung von Bett- stroh. Die Mannschaftsräume befinden sich auf der Seite, auf der nur mit ge- Abb. 419. Sanitätsstation xvn., Giimgasse. Ebenerd. 1:600. reinigten Gegenständen hantiert wird.

Die Baukosten betrugen rund 1 80.000 K. Die Ausführung erfolgte nach dem Projekte des Stadtbauamtes unter der Leitung von Baurat Josef Pürzl und Bauadjunkt Cäsar Poppovits. /. Pürzl.

F. MILITÄRGEBÄUDE.

I. GEBÄUDE FÜR DAS GEMEINSAME HEER.

Die Unterbringung der Truppen, Kommanden, militärischen Behörden und verschiedenen Zwecken dienenden Heeresanstalten in Wien war in früheren Jahren in vielen Beziehungen

sehr mangelhaft. Von den für mili- tärische Zwecke benützten Bau- objekten waren nur einige von vorneherein für diese Widmung er- baut, die anderen waren adaptierte Objekte, und zwar ärarische und nichtärarische, teils auch aufgelas- sene Klöster, endlich gemietete Ge- bäude. Die Unterkunftsräume waren aber auch bei der fortschreitenden Entwicklung und den reorganisato- rischen Umformungen des Heeres und seiner Einrichtungen bald unzu- reichend, namentlich nach der Ein- führung der allgemeinen Wehr- pflicht und Organisierung der Land- wehr. Eine durchgreifende Umge- staltung und Besserung der mili- tärischen Unterkunftsverhältnisse be- gann gelegentlich der Wiener Stadt- erweiterung; mit der Durchführung der Wiener Kaserntransaktion ge- wann sie einen größeren Umfang, und mit deren Beendigung dürfte die Umgestaltungs- periode für einige Zeit zum Abschluß gelangen. Vollkommen befriedigende Zustände werden aber damit noch nicht hergestellt sein, weil immer noch eine große Zahl höherer Kommanden und Anstalten und insbesondere, nebst der kompletten Marinesektion, auch eine ganze Reihe von Abteilungen des Reichs-Kriegsministeriums in gemieteten Räumen von Privatgebäuden untergebracht sind, ferner auch noch eine Anzahl älterer Kasernen etc., die den modernen Anforderungen nicht mehr entsprechen, in Benützung bleiben.

Im nachfolgenden sollen nur die neueren militärischen Gebäude eine eingehendere Be- sprechung finden.

Abb. 420. Reichs-Kriegsministerium, I., Am Hof.

Verwaltungsgebäude und Bauobjekte für militärwissenschaftliche Zwecke.

Das K. u. k. Reichs-Kriegsministerium (Abb. 420) ist gegenwärtig vereint mit den Bureaux des Generalstabes zum großen Teil im „Kriegsgebäude" Am Hof 14 und in dem zu dem- selben gehörigen Gebäude Nr. 4 in der Seitzergasse untergebracht. Beide Gebäude wurden 1779 nach Auflassung des Jesuitenordens, als dessen Profeßhaus das erste diente, während das zweite eine seiner Schulen aufnahm, für Zwecke des Hofkriegsrates bestimmt.

Bd. II. 19

290

Milithrgcbäudc.

Abb. 421. Generalkommando, [., Universitätsstraße.

Im Hauptgebäude Am Hof befinden sich sieben Abteilungen und die Hilfsämter des Reichs- Kriegsministeriums, die Generalstabs- bureaux und die Wohnung des Kriegsministers. Im Gebäude in der Seitzergasse sind drei Ab- teilungen des Reichs-Kriegsministeriums unterge- bracht. Sieben Abteilungen der obersten Heeres- verwaltung sind in Privatgebäuden eingemietet, da infolge der natürlichen Entwicklung aller Dienstes- zweige und der fortgesetzten weiteren Ausgestal- tung aller Heereseinrichtungen die alten Räumlich- keiten in den ehemaligen Jesuitengebäuden schon lange nicht mehr allen Anforderungen zu ge- nügen vermögen. Es besteht daher die Absicht, ein den modernen Anforderungen entsprechendes Gebäude, in welchem alle dermalen zerstreut untergebrachten Abteilungen und Hilfsämter des Kriegsministeriums und des Generalstabes vereint Raum finden, an anderer Stelle neu zu er- bauen.

Das Militär-Kanzleigebäude am Dcutsch- meistcrplatz 3, ein als Zinshaus im Jahre 1870" erbautes Objekt, wurde der Heeresverwaltung zum Ersatz des bei Erweiterung der Teinfaltstraßc abgebrochenen, für militärische Zwecke dienenden Hauses von der Finanzverwaltung 1884 übergeben. In demselben sind der oberste Militär-Gerichtshof, das apostolische Fcldvikariat, das Sanitätstruppen- kommando und das Gcneralstabs-Tclegraphen-

bureail untergebracht. Abb. 422. Generalkommando. Erster Stock. 1:800.

Gebäude für das gemeinsame Heer.

291

Das Korpskommandogebäude ') (Abb. 42 1 , 422), I., Universitätsstraße 7, wurde auf den Stadt- erweitcrungsgründen des ehemaligen Exerzierplatzes in den Jahren 1871 1874 nach den Plänen des Architekten Wilhelm von Dodercr unter der Leitung- des Hauptmannes Karl Feith des Genie- stabes von der Wiener Baugcscllschaft erbaut. Mit seiner 53 m langen Hauptfront ist es der Universitätsstraße zugewendet und nimmt einen ringsum freistehenden rechteckigen Baublock von 73 m Tiefe ein. Von den vier Trakten, welche den geräumigen, 24 m breiten, 34 m langen Hof umgeben, sind die zwei kürzeren als Doppeltrakte mit Seitengang, die längeren als solche mit Mittelgang gestaltet. Die verbaute Fläche beträgt 3006-80 m2.

Das Gebäude enthält ein durchgehends gewölbtes, 3'50 m hohes Tiefparterre, ein 3-90 m hohes, auf Traversen gewölbtes Hochparterre, ein 3-68 in hohes Mezzanin, ein Hauptgeschoß von 4-60m lichter Höhe und zwei obere Stockwerke, welche 44 6 m, beziehungsweise 3-80 m Höhe messen. Im Tiefparterre, dessen Decke das Trottoir an der Universitätsstraße um 2-20 m überragt, befinden sich außer den vom Hofe aus über eine Rampe zugänglichen Stallungen und Remisen die Unterkünfte der Mannschaft, Aktendepots, die lithographische Anstalt, Brenn- materialmagazine und die Heizkammer der Heißwasserheizung, womit der größte Teil des Ge- bäudes ausgestattet ist, da nur die Wohnung des kommandierenden Generals und die Kanz- leien der Gcneralinspektoren mit einer Warmwasserheizung versehen wurden. Es war dieses Gebäude das erste für Kanzlei- und Wohnzwecke bestimmte Bauobjekt Wiens, bei dem die Wasserheizung allgemein zur Anwendung kam.

Im Hochparterre liegen das Einreichungsprotokoll, die Räume der Militärkasse, dann, vom Hofe aus direkt zugänglich, das Platzkommando. Im Hauptgeschoß fand die Dienstwohnung des kommandierenden Generals ihren Platz, mit welcher ein reich ausgestatteter, fast zwei Ge- schosse durchgreifender Empfangssaal verbunden ist. Außerdem enthält dieses Geschoß die Bureaux des General-Artillerieinspektors und die Wohnung des Generalstabschefs des Korps. Alle übrigen Räume des Gebäudes dienen als Kanzleien, und zwar zum größten Teil als jene des Korpskommandos mit seinen Geschäftsabteilungen, sodann als solche des Landes- beschreibungsbureaus des Generalstabes und des Militär-Appellationsgerichtes, zu welchem der große Saal des obersten Geschosses gehört, der über dem Empfangssaal eingeschaltet wurde. Die Baukosten betrugen 2,854.500 K, die Kosten der Einrichtung zirka 53.700 K.

Das Gebäude des Technischen Militärkomitees (Abb. 423, 424), VI., Getreidemarkt 9, wurde in den Jahren 1862 1864 auf den Gründen des ehemaligen Jesuitcrhofes, welcher als Fortifikations- bauhof gedient hat, für Zwecke des Geniewesens nach dem in der Geniedirektion verfaßten Entwürfe von dieser erbaut und nahm zunächst das Geniekomitee und die Geniedirektion auf. Bei der im Jahre 1868 erfolgten Vereinigung des Geniekomitees mit dem Artilleriekomitee zum technischen und administrativen Militärkomitee wurde das Gebäude ausschließlich diesem wissenschaftlichen Hilfsorgane des Reichs-Kriegsministeriums gewidmet und im Laufe der Zeit mit dem wachsenden Bedarfe an Laboratorien u. s. w. durch Erweiterungs- und Zubauten

') Veröffentlicht in den statistischen Bauberichten über militärische Hochbauten. K. k. Hof- und Staatsdruckerei. Allgemeine Bauzeitung. 1880. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1872.

Abb. 423. Militärtechnisches Komitee, VI., Getreidemarkt.

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Militärgebäude.

wesentlich vergrößert; so im Jahre 1878 durch Anlage einer photographischen Anstalt, im Jahre 1899 durch den Bau eines Mannschaftswohnge- bäudes und endlich im Jahre 1902 durch den Bau eines Kanzleigebäudes. Die Gesamtarea dieser Ge- bäude beträgt 9320 m-; davon sind 3946 m2 verbaut. Das Hauptgebäude hat über dem Keller drei Ge- * schösse, zu welchem im Mittelrisalit ein viertes I hinzukommt. Die durch gedeckte Gänge mit dem | Hauptgebäude verbundenen Flügelpavillons sowie 3 die photographische Anstalt haben zwei Geschosse, das Mannschaftswohngebäude drei, der neue Kanzlei- trakt fünf Geschosse. Die Baukosten betrugen bisher zusammen rund 1,255.000 K.

Das Militär-geographische Institut (Abb. 425 bis 427) wurde im Jahre 1839 errichtet mit der Aufgabe der Ausführung der astronomischen und geodätischen Vermessungen und der militärischen Landesaufnahme, der Reduktion der Aufnahmen in die Kartenmaße, dann der Herstellung und Ver- vielfältigung der Karten bei steter Evidenthaltung der vorkommenden Veränderungen. Seine erste Heimstätte fand dieses zu europäischem Rufe gelangte Institut in dem jetzigen Haupt- gebäude A (Landesgerichtsstraße 7), das in den Jahren 1840 1842 erbaut und durch sein einen Globus als Krönung tragendes Türmchen ein Wahrzeichen Wiens geworden ist. In den Jahren 1870 1871 wurde es durch Aufbau eines dritten Stockes erweitert und in seiner äußeren Architektur verschönert.

Da mit dem fortwährenden Anwachsen der dem Institute gestellten Aufgaben sowie mit der Vervollkommnung und ausgedehnten Verwertung der neuen Reproduktionsverfahren auch

Mu/eisen-Gas.

a Hauptgebäude, b, c Stall- und Mannschaftsgebäude, d, e Reitschulen, h Gebäude des Technischen Militär- komitees, i Mannschaftswohngebäude, k Kanzleigebäude.

Abb. 424. Lageplan der Kriegsschule und des Technischen Militärkomitees. 1 : 3000.

Abb. 425. Militär-geographisches Institut. Hauptgebäude A, VIII., Landesgerichtsstraße 7.

Gebäude für das gemeinsame Heer.

293

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Abb. 426. Neues militär-geographisches Institut. Hauptgebäude B, VIII., Josefstädterstraße.

die Räume des erweiterten Hauptgebäudes A nicht mehr genügten, wurde im Jahre 1880 die ehemals J. T. von Trattnernsche Realität in der Josefstädterstraße (Nr. 73) für die Zwecke des geographischen Institutes adaptiert und als Institutsgebäude B bezeichnet.

In letzter Zeit hat sich teils wegen Raummangel, dann wegen einer beim Institutsgebäude B unaufschieblich gewordenen Straßenerweiterung die Notwendigkeit ergeben, das Gebäude B durch einen Neubau zu ersetzen, welcher auf einem Baublock der gegenübergestandenen alten Kavalleriekaserne 1903 1905 aufgeführt wurde. Hiernach sind nunmehr im Hauptge- bäude A nebst dem Institutskommando die geodätische, Mappicrungs- und kartographische Gruppe mit ihren verschiedenen Unterabteilungen, dagegen im Gebäude B die ganze technische Gruppe mit der Photographie-, Heliogravüre-, Kupferstich-, Lithographie-, Photolithographie- und Pressenabteilung sowie die gesamte Militärmannschaftsabteilung untergebracht.

Das neue Gebäude hat eine 95'60 m lange Hauptfront gegen den öffentlichen Platz und zwei 24-27 m lange (hofseitige) Flügel mit zwischenliegendem Hofraum. Der Baugrund hat ein Ausmaß von 5093 m-; davon sind 4039 m2 verbaut. Die beiden Gebäudeflügel sind Doppel- trakte mit Lichthöfen. Der Fronttrakt hat im mittleren Teil bis zum ersten Stocke eine Trakt- breite von 28- 17 m. In diesem Stocke befindet sich der 29'40 m lange, die ganze Traktbreite einnehmende Saal für zwanzig lithographische Schnellpressen. Dieser Saal erhielt eine Beton-

SS Schnellpressensaal. HP Handpressen. K Kanzleien. KD Kupferdruck. AP Autographieprcssen. Z Wohnzimmer. Abb. 427. Neubau B des Militär-geographischen Institutes. Erster Stock. 1:800.

294 Militärgebäude.

eisendecke auf Pfeilern, die zugleich eine vom zweiten Stocke betretbare offene Plattform für Arbeiten im Freilicht bildet. Im mittleren Teile der Decke ist eine große Saaloberlichte ein- gesetzt. Im Erdgeschosse ist der mittlere Raum unter dem Pressensaal als Remise für Feldpressen- wägen, der hofseitige Teil als Schlosserei. Maschinenwerkstätte, worin auch der dreißigpferdige Gasmotor aufgestellt wurde, und Tischlerei gewidmet.

Das Gebäude hat ober dem Keller fünf Geschosse, der erste Stock mit 4T0m, die an- deren Geschosse mit 380 m lichter Raumhöhe. Im vierten Stocke ist die gesamte Instituts- mannschaft untergebracht, die in ihre Wohnräume über eine eigene Stiege von außen gelangen kann. Die anderen vier Geschosse enthalten Arbeits- und Kanzlciräume, eine Marketenderei und zwei kleine Wohnungen. Im Keller sind die ausgedehnten Steindepots für die Lithographie, diverse andere Magazine und die Zentralhcizanlage untergebracht. Zur Beheizung sämtlicher Räume für den Arbeitsbetrieb und die Mannschaftsunterkunft dient eine Niederdruck-Dampf- heizungsanlage. Die Beleuchtung ist für Elektrizität und Leuchtgas derart eingerichtet, daß die eine oder die andere Beleuchtungsart nach Bedarf angewendet werden kann. Der Betrieb der Arbeitsmaschinen erfolgt mit elektrischem Strom, der bei Versagen der städtischen Stromquelle mit Hilfe des Gasmotors selbst erzeugt werden kann. Die Gesamtbaukosten, ohne Baugrund und ohne innere Einrichtung, betrugen 1,878.000 K.

Kasernen.

Zu den ältesten Kasernen Wiens gehörten die nun nicht mehr bestehenden Salzgries- kaserne (1745) und Getreidemarktkaserne (1748), durch deren Bau sich die Ge- meinde im Sinne des von der Kaiserin Maria Theresia erlassenen Einquartierungsgesetzes (1748) von der Bequartierung der Soldaten bei den Bürgern befreite, und die bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts bestanden haben. Unter Kaiser Josef II. wurde 1776 1779 die Alserkaserne, IX., Alserstraße 2, gebaut. Von dem 26.673 m- betragenden Gesamtareale der- selben sind 13.952 m'2 derart verbaut, daß fünf verschieden große, geschlossene Höfe gebildet werden. Die unteren drei Geschosse sind gewölbt, das oberste hat Holzdecken. Die Kaserne bietet Unterkunft für 2 Infantericregimentsstäbe, 6 Infanteriebataillone, das Garnisonsgericht mit der Sektion I des Garnisonsarrestes und enthält weiters 21 Offizierswohnungen verschiedener Größen und 25 Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere. Ungefähr ebenso alt wie die Alser- kaserne ist auch dieRennweger Artilleriekaserne, III., Rennweg 89. Diese Kaserne wurde nie planmäßig völlig ausgebaut. Von ihrem Gesamtareale von 80.816 m2 sind nur 18.574 m2 teilweise geschlossen verbaut. Sie bietet Raum für 890 Mann und 244 Pferde sowie für elf Wohnungen und mehrere Kanzleien.

Aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammten auch die Gebäude der Holz- hofkasernc und der Poststallkaserne, die, wie schon ihre Benennungen andeuten, ur- sprünglich für andere Zwecke gebaut waren und nun, durch Neubauten ersetzt, aufgelassen und demoliert worden sind. Ebenso alt wie diese Kasernen waren auch die älteren Teile der Kavalleriekaserne in der Josefstadt, welche erst 1850 ausgebaut wurde; ferner jene in der Leopoldstadt und die Kavalleriekaserne in Meidling, deren älterer Teil 1835/1836, die jüngeren 1851 ausgeführt wurden. Von diesen drei Objekten besteht nur mehr die letzterwähnte Kaserne für zwei Kavallerieeskadronen.

In den Jahren 1844 1853 erfolgte der Bau der neueren Trakte der Heumarktkaserne. III., Heumarkt 27, als Ergänzung zu den älteren Unterkunftsobjekten in den rückwärtigen Partien der Kaserne. Diese Kaserne bietet gegenwärtig Unterkunftsraum für den Stab und drei Bataillone eines Infanterieregiments, 1 Jägerbataillon, den Stab und 4 Batterien eines Divisions- Artillerieregiments mit seinen Kadres, für das Garnisonsgericht und den Garnisonsarrest (Sektion II) und endlich für das Transporthaus der Garnison. Ein Fortschritt war beim Bau dieser Kaserne darin zu bemerken, daß die Stallungen in ebenerdige, selbständige Gebäude verlegt wurden und die Bildung geschlossener Höfe vermieden blieb. Die Gesamtarea dieser Kaserne beträgt 29.455 m2, wovon 11.872 m2 verbaut sind.

Bemerkenswert ist die Geschichte der Stiftkaserne (Abb. 428, 429), VII., Mariahilfcrstraße 22- 24 und Stiftgasse 2. Diese Kaserne stehtauf den Gründen der ehemaligen, 1666 errichteten Richthausen von Chaosschen Waisenstiftung, die Schul- und Versorgungszwecken diente. Als die Herzogin Maria Theresia Felicita von Savoyen, geborene Fürstin Liechtenstein, den Entschluß gefaßt hatte, ein Erziehungsinstitut für adelige Söhne zur Ausbildung im Militär- und Ver- waltungsdienst zu stiften, wurde 1746 ein Teil der Chaosschen Stiftungsgründe hierfür in An-

Gebäude für das gemeinsame Heer.

295

Abb. 428. Tor der Stiftkaserne im VII. Bezirke.

spruch genommen, der große, damals dreigeschossige Trakt an der Stiftgasse erbaut und darin die Savoysche Ritterakademie eingerichtet, an deren Stelle später, mit einigen Unterbrechungen, die Ingenieurakademie trat. Zu dieser gehörte das Akademiehauptgebäude in der Stiftgasse mit der gegen die Sicbenstcrngassc an- schließenden gedeckten Reitschule und einigen kleinen Nebenobjekten, dann der zweistöckige sogenannte Mosertrakt an der Mariahilfcrstraßc, in welchem sich früher die Chaos-Stiftung befand, ferner der den großen Garten östlich begrenzende Sappeurtrakt mit anschließendem Stalltrakte und endlich die als Teil der Savoyschen Stiftung vom Architekten Henrici er- baute Stiftkirche, die mit ihrem, durch besondere Eleganz ausgezeichneten, barocken Turmhelme zum Wahrzeichen und zur besonderen Zierde der Maria- hilferstraße geworden ist (siehe Kirchenbauten).

Als im Jahre 1850 die Ingenieurakademie unter dem Namen „Genieakademie" nach Klosterbruck bei Znaim kam, wurden ihre hiesigen Gebäude zu Kasern- zwecken als „Stiftkaserne" verwendet und in dem zum Hofe gewordenen Garten ein viergeschossiger Kasernentrakt, der sogenannte Mitteltrakt, erbaut.

Bei der Vereinigung der Genieakademie mit der in Mährisch-Weißkirchen bestandenen Artillerieakade- mie zur „Technischen Militärakademie" (1869) wurde dieser das alte Hauptgebäude in der Stiftgasse zuge- wiesen und demselben ein viertes Stockwerk aufge- setzt. Bald darauf wurde ein Vorschlag des Baurates Karl Freiherrn von Schwarz, den Mosertrakt durch Umbau rentabler zu machen, von der Heeresverwal- tung angenommen und dieses Projekt in den Jahren 1873 1875 ins Werk gesetzt. Hiernach blieben die Mietzinse der Räume im Tiefparterre, Erdgeschoß und Mezzanin (exklusive der Brennmaterialdepots für die Wohnungen und Kanzleien der oberen Stockwerke) dem Unternehmer auf 30 Jahre zur Verzinsung und Amortisation des Baukapitals überlassen. Der Umbau wurde nach den Plänen des Architekten Eugen Schweigel und unter seiner Leitung ausgeführt und kostete 2,200.000 K. An der kräftig betonten Hauptfassade in

der Mariahilferstraße war das Zusammenziehen je dreier Fensterachsen zu einer, Erdgeschoß und Mezzanin umfassenden großen Arkade ein glücklicher Griff, durch den im Verein mit wirksamen Risalitanordnungen sowie Hervorhebung der beiden großen Toreinfahrten mittels freistehender Säulenpaare jede Monotonie in der 145-6m langen Fassade vermieden wurde.

Der Sappeurtrakt und der Mitteltrakt verblieben als Infanteriekaserne bis zur Errichtung der Infanterie-Kadettenschule, die, im Jahre 1875 hierher verlegt, bis zur Vollendung des für sie bestimmten Neubaues hier verblieb. Die oberen Geschosse des neuen Mosertraktes wurden für Kanzleien des General-Bauingenieurs und von Truppenstäben sowie für Wohnungen von Offizieren und Beamten bestimmt.

An den von der Technischen Militärakademie belegten Räumlichkeiten wurden Laufe der Jahre fortwährend Verbesserungen vorgenommen, um sie pädagogischen hygienischen Anforderungen entsprechender zu machen; da es aber nicht möglich war, diesem Wege einen Zustand zu erreichen, bei dem allen modernen militärischen Hochschule genüge geleistet worden wäre, für die Akademie auf einem großen Baugrunde bei von 5,000.000 K einen bezogen wurde.

a Sappeurtrakt. b Mitteltrakt.

c Mosertrakt, d Stalls;ebäude.

Abb. 429.

Lageplan der Stiftkaserne im VII. Bezirke. 1 : 5000.

im

wie auf Erfordernissen einer entschloß sich die Heeresverwaltung, Mödling mit einem Kostenaufwande weitläufigen Neubau aufzuführen, der im Jahre 1904 fertiggestellt und

296

Militärgebäude.

Die für immerwährende Zeiten zur Savoyschen Rittcrakademie bestimmten Gebäude, die über dem Portale in der Stiftgasse noch jetzt das Savoysche und Liechtensteinsche Wappen tragen, mit allem, was später dazu kam, sind nun wieder zur Kaserne geworden und be- herbergen außer dem Kriegsarchiv, das wegen Raummangel aus dem Kriegsministerialgebäude in das frühere Hauptgebäude der Akademie verlegt wurde, und den schon erwähnten Kanzleien und Wohnungen im neuen Mosertrakte Räume für Truppen- und Spezialschulzwecke und die Unterkünfte für einen Regimentsstab und 3 Infanteriebataillonc. Die Gesamtarea mißt 35.900 m'2, davon sind 15.000 m2 verbaut.

Einen eigenartigen Charakter hatte die im Jahre 1900 demolierte Franz Josef-Kaserne nächst dem Stubenring und Franz Josefs-Kai und besitzt, wenn auch etwas modifiziert, die noch bestehende Rossauer Kaserne nächst dem Schottenring und Kai. Die Franz Josef- Kaserne hatte als sogenannte Defensionskaserne einen Bestandteil der ehemaligen inneren Fcstungsumwallung gebildet.

Auch die Rossauer Kaserne (Abb. 430, 431) (Donaukai Schlickplatz) sollte, wenngleich deren Erbauung schon in die Zeit der Auflassung und Demolierung der Festungswälle fällt, den allgemeinen Charaker eines verteidigungsfähigen Objektes erhalten, um bei militärischen Aktionen als Stützpunkt dienen zu können. Hiermit waren aber auch gewisse Nachteile in der inneren Verbauungsweise verbunden, wodurch diese Kaserne im Vergleiche mit modernen Kasernen- bauten gegenwärtig hygienisch minderwertig erscheint. Diese Nachteile gipfelten insbesondere in der gedrängten Verbauung mit völlig geschlossenen, mäßig großen und auch kleinen inneren Höfen, in der Anwendung des alten Systems der tiefen, kasematteartigen, nur von geschlossenen Korridoren zugänglichen Mannschaftswohnzimmer, Übereinanderlegung von vier und in den Eck- und Mittelrisaliten fünf Geschossen und Anordnung von Stallräumen im Parterre der beiden dreigeschossigen Quertrakte. Diese in den Jahren 1865 1870 in Ziegelrohbau aus- geführte Kaserne bietet Raum für 2400 Mann und 390 Pferde. Außerdem enthält sie noch 99 Offizierswohnungen verschiedener Größe und 43 Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere. Ferner befinden sich in derselben die Kanzleien des Generalgenieinspektors, eines Truppen- divisions- und eines Brigadekommandos, endlich jene des Militärpfarrers. Die Gesamtgrund- fläche mißt 43.293 m2, wovon 17.936 m2 verbaut sind. Die Baukosten des fast durchgehends auf Piloten fundierten Gebäudes betrugen 5,948.400 K. Die beiden vorgenannten Kasernen wurden vom Geniestab ausgeführt.

Die gesetzliche Regelung der Unterkunftserfordernisse für die Truppen des k. u. k. Heeres und der Landwehren und die Feststellung der Art und Weise der Beschaffung dieser Unter- künfte gab die unmittelbare Veranlassung zur Aufstellung grundsätzlicher Bestimmungen für den Bau von Kasernen und Militärspitälern, welche einerseits im „Einquartierungsgesetze", anderseits in der „Instruktion zur Ausmittlung der Raumbedürfnisse für das k. u. k. Heer" und in den „Anleitungen für den Neubau von Kasernen und Militärspitälern" enthalten sind. Hierzu hat der damalige Hauptmann im Geniestabe und Lehrer am höheren Geniekurse (jetzige Hofrat) Franz R. von Gruber Beispiele für den Entwurf von Kasernbauten und Truppen- spitälern ausgearbeitet, die mit vielem Nutzen bis heute in Verwendung stehen. Sie charak- terisieren den modernen Kasernbau in Österreich-Ungarn.

Die erste, wenigstens in der Hauptsache den neueren Vorschriften entsprechend gebaute Kaserne in Wien ist die von der Gemeinde in den Jahren 1880 1882 zum Ersätze der Salz- grieskaserne mit einem Kostenaufwande von 680.000 K der Heeresverwaltung auf einem ärari- schen Grundstücke beigestellte Infanteriekaserne am Rennweg (Nr. 89). Dieselbe besteht aus zwei über dem Keller viergeschossigen Mannschaftswohngebäuden, einem ebenerdigen

Torgebäude und einem Stallgebäude. In den beiden ersteren sind alle Mannschaftsunterkünfte mit sonstigen Nebenräumen, Kanzleien etc. untergebracht, wodurch sich bei der inneren Raumeinteilung manche, nicht durchwegs glücklich überwundene Schwierigkeiten er- gaben. In der Kaserne sind der Stab und zwei Batail- lone eines Infanterieregimentes untergebracht. Die Ge- samtarea mißt 15.030 m2, wovon 2817 m2 verbaut sind. Der bedeutendste Umschwung im Wiener Kasernen- bau trat nach der Sanktionierung des Gesetzes vom a Südtrakt, b Mitteltrakt, c Nordtrakt. 10. Juni 1891 ein, womit die sogenannte Wiener Ka-

Abb. 430. Rossauer Kaserne. Lageplan. 1:5000. seriitraiisaktion ins Leben gerufen wurde. Mit diesem

Gebäude für das gemeinsame Heer.

297

Abb. 431. Rossaucr Infanteriekaserne im IX. Bezirke.

Gesetze wurde der Finanzminister ermächtigt, die Franz Josef-Kaserne am Stubenring, die Kavalleriekaserne in der Josefstadt, die Infanteriekaserne in der Gumpendorferstraße, die Post- stallkaserne im III. Bezirke, die Holzhofkaserne in der Favoritenstraße, das Militär-Verpflegs- depot in der Florianigasse und eine Anzahl ärarischer Gründe zu veräußern, den Erlös aber der Heeresverwaltung zur Beschaffung von Ersatzunterkunftsbauten zur Verfügung zu stellen. Zur Durchführung dieser Transaktion wurde anfangs die Vermittlung des Stadterweiterungsfonds in Anspruch genommen, welcher die für die ersten Ersatzobjekte erforderlichen Geldsummen vorstreckte. Durch den Verkauf der kostspieligsten Gründe, jener der Franz Josef-Kaserne, mit dem die Aktion beginnen sollte, wollte man nicht nur die Vorschüsse des Stadterweiterungs- fonds tilgen, sondern auch einen Fonds zur Fortsetzung der Aktion ansammeln. So entstanden zuerst als Ersatz für die genannte Kaserne die Graf Radetzky-Infanteriekaserne auf der Schmelz, die Erzherzog Albrecht-Infanteriekaserne und die Erzherzog Wilhelm -Artilleriekaserne im Prater. Ferner wurde ein Neubau für die Infanterie-Kadettenschule in Breitensee aufgeführt, um die bislang von derselben in einem Teile der Stiftkaserne innegehabten Räume als Ersatz für die demolierte Getreidemarktkaserne verwenden zu können.

Da in den ersten 10 Jahren der Grundverkauf nicht rasch genug von statten ging, wurde die Weiterführung der Kaserntransaktion auf rein geschäftlicher Basis, losgelöst von jeder bureaukratischen Beengung, versucht und damit ein Konsortium, bestehend aus der Gemeinde Wien und zwei Wiener Banken (Union-Baugesellschaft und Allgemeine Depositenbank), betraut. Die guten Erfolge dieses Versuches ermöglichten nun, auch den Ersatzbau für die Kavallerie- kaserne und das Gebäude B des Militär-geographischen Institutes (Bettenmagazinsgebäude) in der Josefstadt ins Werk zu setzen, sowie die Trainkaserne in Meidling zum Ersätze der Post- stall- und Flolzhofkaserne zu erbauen. Zum Ersätze für die Kaserne in der Gumpendorfer- straße dienen die nach Verlegung der technischen Militärakademie in den Neubau bei Mödling in der Stiftkaserne frei gewordenen Räumlichkeiten. Zur Verfassung der Bauprojekte und militärtechnischen Leitung der Transaktionsbauten wurde vom Reichs-Kriegsministerium die „Abteilung für Transaktionsangelegenheiten" aufgestellt, mit einem Oberst des Bauingenieur- korps an der Spitze. Zur Durchführung der Bauten wurde für jede Kaserne eine Bauleitung eingesetzt, welche bei der Radetzky-Kaserne, den beiden Kasernen im Prater und der Infanterie- Kadettenschule aus Ingenieuren des Ministeriums des Innern und aus Militär-Bauingenieuren bestand, bei der Kavalleriekaserne in Breitensee und der Trainkaserne in Meidling jedoch nur

298

Militärgebäude.

Abb. 432.

Graf Radetzky-

Infanterickaserne.

Lageplan. 1 : 4000.

a Offiziers- Wohngebäude.

b Stabsgebäude.

c,d,e Mannschafts- Wohngebäude.

f Wach- und Arrestgebäude.

g Stallgcbäude.

J

bietenden bautechnischen Errungenschaften

durch Offiziere und Ingenieure des Militär-Bauingenieurkorps ge- bildet war. Dem Generalbau- ingcnicur oblag die Entschei- dung aller Angelegenheiten inner- halb des genehmigten Baupro- grammes.

Die vorbezeichneten Trans- aktions-Kascrnbauten entsprechen in allen Details den modernsten Anschauungen, und ist bei den- selben allen an Massenquartiere zu stellenden hygienischen An- forderungen Rechnung getragen und von allen für derlei Unterkünfte Vorteile Gebrauch gemacht worden.

Die Graf Radetzky -Infanteriekaserne (Abb. 432, 433) auf der Schmelz ist in den Jahren 1894 1896 erbaut worden. Sie enthält 14 Offizierswohnungen verschiedener Größe, 15 Woh- nungen für verheiratete Unteroffiziere, dann Unterkünfte für 1142 Mann und 19 Pferde. Das Gesamtareale mißt 18.668m2, wovon 5951m- verbaut sind.

Die Kaserne besteht aus 1 Stabsgebäude, 3 Mannschaftsgebäuden, 1 Stallgebäude und 1 Wach- und Arrestgebäude. Für die Wohnungen der Offiziere und die Raumbedürfnisse der Offiziersmenage wurde ein eigenes Offiziers- Wohngebäude auf einem angrenzenden Bau- grunde errichtet. Im Tiefparterre befindet sich außer den erforderlichen Kellerräumen auch eine Waschküche und kleine Offiziersbadeanstalt. Das Stabsgebäude enthält die Kanzleien, die Inspektionsräume, die Mannschaftsschulen, die Unterkünfte für die Kadetten, Einjährigfreiwilligen und leichtkranke Mannschaft, dann alle Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere. Das Offiziers- Wohn- sowie das Stabsgebäude haben vier Geschosse ober dem Tiefparterre; das Mann- schafts-Wohngebäude I hat vier Geschosse; die Mannschafts-Wohngebäude II und III, dann das Arrest- und Wachgebäude drei Geschosse ober dem Tiefparterre; die Tiefparterreräume der Mannschaftsgebäude sind für Küchen, Turn- und Speisesäle verwertet. Die übrigen Räume der Tiefparterre wurden für jene Anlagen ausgenützt, welche der gemeinsamen Benützung aller Kasernbewohner dienlich sind, als: Marketenderei, Duschraum, Waschküche etc. Zur Er- zeugung des Warmwassers für das Duschbad und die Waschküche ist ein Niederdruckdampf- kessel installiert, die Räume zur Wäschereinigung und Trocknung sind mit modernen maschi- nellen Einrichtungen ausgestattet. Das Trinkwasser aus der städtischen Hochquellenleitung ist in alle Stockwerke geleitet. Das Nutzwasser wird aus einem im Tiefparterre des Stabs- gebäudes angelegten Brunnen mittels eines Benzinmotors gepumpt. Alle Klosetts und Pissoirs haben Wasserspülung, die Mannschaftsaborte Trogklosetts mit gemeinschaftlichem Trog für

Abb. 433. Graf Radctzky-Infanteriekasernc auf der Schmelz.

Gebäude für das gemeinsame Heer.

299

Abb. 434. Erzherzog Albrecht-Infanteriekaserne im Prater.

vier bis fünf Sitze und automatischer intermittierender Wasserspülung. Die Beleuchtung der Kaserne erfolgt mit Steinkohlengas. Die Kosten des Kasernbaues (ohne Grundankauf) be- tragen 1,762.000 K

Erzherzog Albrecht-Infanteriekaserne, IL, Santa Lucia-Platz (Abb. 434, 435). Dieselbe wurde in den Jahren 1894 1896 erbaut und bietet Unterkunft für 1168 Mann und 27 Pferde. Die Gesamtarea beträgt 27.238 m'2, wovon 8027 m2 verbaut sind.

Die Kaserne besteht aus 1 Offiziers-Wohngebäude, 1 Offiziers-Schul- und Menagegebäude, 1 Unteroffiziers-Wohngebäude, 1 Stabsgebäude, 2 Mannschafts-Wohngebäuden 1 und II, 1 Wach- und Arrestgebäude, 1 Augmentationsmagazinsgebäude und 1 Stallgebäude. Das Offiziers-Wohn- gebäude enthält 13 Wohnungen in drei Obergeschossen. Das Offiziers-Schul- und Menage- gebäude besteht aus Tief- und Hochparterre und enthält die Offiziers-Schul- und Speiseräume mit ihren Nebenerfordernissen sowie eine kleine Offiziersbadeanlage. Das Unteroffiziers-Wohn- gebäude besteht aus einem Keller- und drei Obergeschossen. Es enthält 18 Unteroffiziers- wohnungen. Das Stabsgebäude mit einem Keller- und drei Obergeschossen enthält die Kanzleien, die Unterkunft für leichtkranke Soldaten, die Mannschaft des Regimentsstabes, die Einjährig- freiwilligen- und die Mannschaftsschulräume. In den Mannschafts-Wohngebäuden I und II sind je sechs Kompagnien, und zwar je zwei in einem Geschoß, untergebracht. Im Tiefparterre sind die Mannschaftsküchen, die Speisezimmer, die Turn- und Fechtsäle angeordnet; außer- dem im Gebäude I die Wasch- und Duschräume, im Gebäude II die Marketendereilokalitäten. Das Augmentationsmagazin besteht aus Souterrain, Hochparterre und erstem Stocke. Die Wasser- versorgung, Kanalisation, Einrichtung der Aborte, des Duschbades und der Waschküche etc. sind wie bei der Radetzky-Kaserne gestaltet. Die Beleuchtung der Kaserne wird mit elektrischen Glühlampen bewirkt. Die Baukosten der Kaserne, welche durch die tiefe Fundierung sich wesentlich erhöhten, betragen ohne Grundankauf 2,1 00.000 K

Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserne, IL, Vorgartenstraße (Abb. 436 bis 438). Der Bau dieser nächst der vorbeschriebenen gelegenen Kaserne wurde in den Jahren 1895 1896 auf einem Grundstücke von 40.522 m2 Fläche ausgeführt, wovon 9152 m2 verbaut sind.

Die Kaserne enthält die Unterkünfte für ein Divisions-Artillerieregiment mit Stab und vier Batterien, einen Munitionspark- und einen Ersatzdepotkadre (435 Mann und 236 Pferde). Das

Offiziers-Wohngebäude, welches nebst sechs Offi- zierswohnungen Schul- und Speiseräume und Kanzleien enthält, ist auf einem von der Kaserne durch eine Straße getrennten Grunde erbaut und hat drei Ge- schosse ober dem Tief- parterre.

Die Kasernanlage be- steht aus: 2 Mannschafts- Wohngebäuden, 1 Mittel- gebäude, 7 Stalteebäuden

Abb. 435. Erzherzog Albrecht- Infanteriekaserne.

Lageplan. 1:4000.

a Offiziers-Wohn- gebäude.

b Offiziers-Menage- gebäude.

c Stabsgebäude.

d Unteroffiziers- Wohngebäude.

e Wach- und Arrest- gebäude.

f Mannschafts- Wohngebäude.

g Stall- und Remi- sengebäude.

h Magazin.

300

Militärgebäude.

Abb. 436. Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserne im Prater.

und den nötigen Remisen, Depots, Schmiede, einer kleinen gedeckten Reitschule u. s. w. Im Hofe der Kaserne sind noch zwei offene Reitschulen, eine Pferdeschwemme und ein Turn- platz angeordnet. Die beiden Mannschafts-Wohngebäude enthalten im ersten und zweiten Stocke die Unterkunft je einer Batterie. Das Hochparterre des Mannschaftsgebäudes I dient zur Unter- bringung der beiden Kadres, der Einjährigfreiwilligen, der Untcroffiziersschule, der Menage- verwaltung und Werkstätten, jenes des Mannschaftsgebäudes II dient für die Unterbringung des Augmentationsmagazins, der Marketenderwohnung und der leichtkranken Mannschaft. Im Tiefparterre der beiden Mannschaftsgebäude wurden die Küchen, für jede Unterabteilung ge- sondert, die Speisesäle und Depots angelegt. Das Gebäude I enthält außerdem die Waschküche und Badeeinrichtung, dann den Raum für einen Benzinmotor für die Nutzwasserleitungsanlage. Der Aufbau in den Mittelrisaliten der beiden Gebäude enthält Magazine. Das Mittelgebäude, zwischen den beiden Mannschaftsgebäuden gelegen, enthält im Parterre die Räume für den Inspcktions- und Wachdienst und für Strafzwecke. Der erste Stock in jedem der Flügeltrakte ist zu Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere verwertet.

Die Batteriestallungen sind als Querstallungen ausgebildet. In der Mitte jedes Stallgebäudes sind im Erdgeschosse die Hafer- und Sattelkammern und im Halbstocke darüber die Heu- und Strohdepots untergebracht.

Die Wasserversorgung, Kanalisierung, Details der Abortanlagen, des Duschbades und der Waschküchen etc. und Vorkehrungen zur Beleuchtung sind in gleicher Art eingerichtet wie bei der Erzherzog Albrecht-Infanteriekascrne. Die Baukosten der Kaserne, bei welcher sich ebenfalls große Fundierungsschwierigkeiten ergaben, betragen ohne Grundankauf 1,816.000 K.

Die Graf Radetzky-Kascrne sowie die beiden vorbeschriebenen „Praterkasernen" sind durchwegs in Putzbau hergestellt und in einfachem Renaissancestil gehalten.

Kaiser Franz Josef-Kavalleriekaserne, XIII., Breitenseerstraße (Abb. 439 bis 442). Die Erbauung dieses, die Josefstädter Reiterkaserne ersetzenden großen Kascrnenetablissements erfolgte in den Jahren 1901 1903. Es besteht aus zwei durch die Breitenseerstraße getrennten Kaserngruppen, und zwar der südlich dieser Straße liegenden Gruppe für vier Eskadronen, den Regimentsstab und den Ergänzungskadre und der nördlichen Gruppe für zwei Eskadronen und den Pionnierzug. Demnach bietet die Kaserne Unterkunft für ein komplettes Kavallerieregiment. Von der nördlichen Kaserngruppe durch

B Offizicrs-Wolingebäude. b Mannschafts-Wohngebäude. c Mittelgebäude, d Stallungen. e Geschützremisen, f Stall für den Stab etc. i Reitschule.

Abb. 437. Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserne im Prater. Lagcplan. 1:4000.

Abb. 43S. Erzherzog Wil- helm-Artilleriekaserne. Offi- ziers-Wohngebäude.

Erster Stock. 1:800.

Gebäude für das gemeinsame Heer. 30 I

eine fremde Realität getrennt, mit der Front gegen die Brcitenseerstraße gestellt, ist das Offiziers- Wohngebände und in dem dazugehörigen Garten das Offiziers-Schul- und Menagegebäude aufgeführt.

Östlich der nördlichen Kaserngrnppe, von dieser durch die Montleartstraße getrennt, steht die Vcrpflcgsdcpotgriippe (Ersatz für die Brcitcnfelder Depots), welche zur Vorrathaltung von Fourage für die in der nächsten Umgebung liegenden Truppen angelegt wurde. Zur vollständig abgesonderten Unterbringung verdächtigkranker Pferde wurde außerhalb des Kasern- ctablissements auf einem isolierten Baublock ein Kontumazstall erbaut.

Die südliche Kaserngruppe enthält vier dreigeschossige (Tief- und Hochparterre, ersten Stock) Mannschafts-Wohngebäude, wovon jedes im Hochparterre und im ersten Stocke je einer Eskadron Raum bietet, während in den Tiefparterres die Mannschaftsküchen, Fecht- und Turnsäle, die Marketendern, die Duschbäder, Werkstätten für Waffenmeister, Tischler und Schlosser, dann Magazine für Viktualicn und Brennmaterial eingerichtet sind. In den er- höhten Mittelrisaliten sind die Unterabteilungsmagazinc für Bekleidungs- und Ausrüstungs- vorräte der Eskadronen eingeteilt.

Jede der symmetrisch gegen die Hauptachse der Kaserne gestellten acht Halbeskadrons- stallungen bietet Unterkunft für 80 Mannschaftspferde, dann in der separierten Abteilung an den Gebäudestirnseiten Raum für 6 Offizierspferde mit den nötigen Nebenräumen. Die Stallungen sind als sogenannnte Querstallungen ausgeführt. Die Pferdestände haben Lehmboden, die Mittel- und Verbindungsgänge der Stallräume Holzstöckelpflaster in Asphalt auf Betonunterlage, die Putzräume Keramit-(Kunstbasalt-)Pflaster auf Beton. Die Türen, Fenster, Streifbaumständer sind Eisenkonstruktionen, die Stalldecken Gewölbe zwischen Eisentraversen, darüber mit zirka 0-80m Luftraum Holzzementdächer. Ganz gleich mit den vorbeschriebenen Stallungen ist das Stall- gebäude für den Kadre und jenes für die Pferde der Einjährigfreiwilligen. Ferner besteht noch ein Stall für 12 Offizierspferde des Stabes und ein Stall für 24 Remontpferde.

In der Hauptlängenachse dieser Kaserngruppe steht an der Leyserstraße das Stabs- gebäude; es enthält im Parterre die Regimentskanzleien und die Abteilung für leichtkranke Mannschaft, im ersten und zweiten Stocke die Einjährigfreiwilligenschule, die Unteroffiziers- bildungsschule, Küche und Wohnräume der Kadremannschaft und die Kadrekanzlei. Beiderseits des Stabsgebäudes stehen noch an der Leyserstraße eine kleine gedeckte Reitschule (22 : 50 m Reitbahn) und zwei Fuhrwerksremisen mit angefügtem Feuerlöschrequisitendepot. An der Breitenseerstraße liegt zwischen den beiden Mannschafts-Wohngebäuden in der Hauptachse des großen Formierungsplatzes der Truppe das sogenannte Eingangsgebäude, durch welches der Haupteingang in das Etablissement führt. Es hat zwei Etagen über dem Keller und enthält im Erdgeschoß das geräumige Haupteingangsvestibül, Wach- und Arrestlokale, ein Kassenlokal und die Räume der Regimentsfleischregie; im Mittelrisalit im ersten Stocke eine hübsche Kapelle mit Balkon gegen den Formierungsraum, dann Kanzleien, Unteroffizierszimmer, das Telephon- zimmer etc. Im Keller ist unter den Fleischregieräumen eine Kühlanlage für Fleisch und Vik- tualien mit Korkziegelisolierungen nach System Kleiner & Bockmayer eingerichtet. Gegenüber dem Eingangsgebäude befindet sich an der Spallartgasse das Unteroffiziers-Wohngebäude mit drei Geschossen ober dem Keller, die Wohnungen für zehn verheiratete Unteroffiziere, den Marketender und einige ledige Unteroffiziere bietend. An der Spallartgasse befindet sich ferner noch der Stall für schwerkranke Pferde, aus zwei Stallobjekten mit dazwischenliegendem Hof- raum bestehend. Zur Aufnahme der Vorräte an Monturen und Rüstungen für den Kriegsfall dient das Augmentationsmagazin an der Breitenseerstraße.

Im rückwärtigen Teil der Kaserne stehen zwei große gedeckte Reitschulen mit 22 : 60 m Reitbahnen mit eisernen Dachstuhlkonstruktionen, eine große Hufbeschlagschmiede und sechs offene Reitschulen.

Die nördliche Kaserngruppe enthält zwei Mannschafts-Wohngebäude mit je zwei Halbeskadronsstallungen, dann einen Stall für die Pferde des Pionnierzuges. Zu dieser Gruppe gehören noch ein Wachgebäude mit Tiefparterre und zwei Obergeschossen, worin Wach- und Arrestlokale, die Unterkünfte für die Mannschaft des Pionnierzuges und Magazine unter- gebracht sind; dann ein kleines Unteroffiziers-Wohngebäude mit Wohnungen für fünf ver- heiratete Unteroffiziere und den Marketender sowie einigen Zimmern für leichtkranke Mann- schaft; ferner ein Remontenstall für zwölf Pferde, ein Krankenstall mit sieben Ständen, eine Hufbeschlagschmiede, endlich eine große gedeckte und zwei offene Reitschulen. Das Offiziers- Wohngebäude hat vier Geschosse ober dem Kellergeschoß und enthält zehn verschieden große Wohnungen für Offiziere, eine Hausdienerwohnung und ein Kadettenzimmer. Das an der

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Militärgebäude.

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Gebäude für das gemeinsame Heer.

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Abb. 440. Kavallerickasernc im XIII. Bezirke. Mannschafts-Wohngcbhude. Hochparterre. 1 :S00.

Abb. 441. Kavallerickaserne im XIII. Bezirke. Offiziersmenage. Hochparterre. 1:800.

Abb. 442. Kavallerie- kaserne im XIII. Be- zirke. Stallgebäude. 1 : 800.

Gartenseite des Offizicrs-Wohngebäudes befindliche Offiziers-Schul- und Menage- gebäude besitzt ein Hoch- und Tiefparterre. Ersteres enthält den schön eingerichteten Speisesaal, den Schul- und Fechtsaal, ein Bibliotheks- und ein Nebenzimmer, Empfangsräume mit Garderobe und ein Ordonnanzzimmer. Im Tiefparterre liegen die Wirtschaftslokalitäten.

Die Verpflegsdepotgruppe besteht aus zwei hohen, ebenerdigen, ge- mauerten, mit eiserner Dachkonstruktion überdeckten Heu- und Strohdepots, welche baulich möglichst feuersicher eingerichtet wurden; ferner aus dem viergeschossigen Haferdepot, einem reinen Betoneisenbau mit Holzzement- eindeckung auf der obersten Geschoßdecke.

Die Fassaden sämtlicher Objekte sind mit Steinsand geputzt und zeigen moderne Architekturformen in bescheidener Ausstattung. Das System der Kanalisierung und Aborteinrichtungen gleicht jenem bei den übrigen neuen Kasernen. Zum Trinken, Kochen und sonstige Zwecke ist Hochquellwasser eingeleitet. Die Beleuchtung erfolgt mit Leuchtgas. Die Gesamtfläche der Kaserngründe mißt 158.200 m2, wovon zirka 37.400 m2 bebaut sind. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 5,490.500 K.

Trainkaserne in Meidling (Abb. 443, 444). Diese Kaserne bildet das Ersatzobjekt für die Trainkaserne in der Ungargasse und die Holzhofkaserne in der Favoritenstraße. Mit dem Bau wurde im Spätsommer 1903 begonnen und die Kaserne im Herbst 1904 mit Ausnahme der sechs großen Fuhrwerks- depots für die Augmentationsvorräte bezogen. Die eigentliche Kaserngruppe liegt im östlichen, die Depotgruppe im westlichen Teil der Area. Die erstere Gruppe besteht aus dem Stabsgebäude an der kurzen Ostfront, den beiden großen Mannschafts-Wohngebäuden an den Langfronten, welche mit den rückwärts sich an- gliedernden Stallungen und Remisen den großen Formierungsplatz umschließen. Hinter den Stallungen liegen die beiden offenen und die gedeckte Reitschule, vor letzterer der Remonten- und Krankenstall und die Hufbeschlagschmiede. Die Depotgruppe umfaßt sechs große zwei- geschossige Fuhrwerksremisen, die, zu je dreien an der Nord- und Südseite liegend, ein ge- räumiges Werkstättengebäude mit vorliegendem Manipulationshof zwischen sich einschließen. Längs der Westfront der Kaserne stehen in der Mitte das Magazin für Augmentationsvorräte an Monturen, Waffen und sonstigen Rüstungsvorräten und beiderseits desselben die Depots für Pferderüstung und Beschirrung. In die nordwestliche Ecke des Bauplatzes ist der Stall für verdächtigkranke Pferde gesetzt.

Die Kaserne bietet Raum für den Regiments-, 1 Divisionsstab, 10 Traineskadronen und 1 Trainersatzdepotkadre. In den Mannschaftsunterkünften sind insgesamt 604 Mann unter- zubringen, darunter auch 30 Einjährigfreiwillige. Im Unteroffiziers-Wohngebäude befinden sich acht Wohnungen für verheiratete Unteroffiziere.

Die Stallungen enthalten 6>4 Stände für Offizierspferde, 317 Stände für Mannschaftsreit- und Zugpferde, ferner 10 Stände für Remonten, 7 für schwerkranke, 4 für verdächtigkranke Pferde. In den Remisen der Traineskadronen können 54 Fuhrwerke, darunter auch 4 Leichen- wagen, in den sechs großen Fuhrwerksdepots 1 175 Fuhrwerke der Kriegsausrüstung eingestellt werden. Das Stabsgebäude, das Unteroffiziers-Wohngebäude und die beiden Mannschafts-Wohn- gebäude sind dreigeschossig; bei den zwei letzteren ist statt des Kellergeschosses ein Tief- parterre eingebaut.

Der Baucharakter und die innere Einteilung der Unterkunftsobjekte, Stallungen und Re- misen, ferner die Kanalisation, Wasserversorgung und Beleuchtung sind nach den gleichen Grundsätzen eingerichtet wie bei der Kavalleriekaserne in Breitensee. Die großen Fuhrwerks-

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Militärgebäude.

Abb. 443. Trainkaserne im XII. Bezirke. Lageplan. 1:4000.

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I 10 11 I 12 13 1 14- 1 1? 1 16 n\

Abb. 444.

Trainkasernc im XII. Bezirke. Mannschafts-Wohngebäude. Ebenerd. 1:800.

Legende zu Abb. 443. a Stabsgebäude, b Mannschafts-Wohngebäude. c Unteroffiziers-Wohngebäude . d Wach- und Arrestgebäude, g Stallungen, i Krankenstall, k Schmiede. 1 Gedeckte Reitschule, m Werkstätten, n Fuhrwerksdepots. ' o Magazin für Monturen. p Magazin für Rüstungen.

remisen, von denen vorläufig nur die drei südlichen gebaut sind, und die beiden Depots für Pferderüstungen und Bcschirrung sind Betoneisenbauten, das Augmentationsmagazin ein Mauerbau mit Betoneisenzwischendecken. Bei den großen Fuhrwcrksrcmisen sind die Rampen zur Entleerung des ersten Stockes nicht, wie sonst üblich, an die Stirnseiten gelegt, wo es an Raum mangelte, sondern in die Zwischenräume derselben. Hier sind zwischen je zwei Remisen- gebäuden in der Fußbodenhöhe des ersten Stockes breite Plattformen angelegt, auf welche aus jeder Remise zwei Tore zum Ausstoßen der Fuhrwerke münden. Von den Plattformen führen dann Rampen (1:10) beiderseits hinab. Plattformen und Rampen wurden auch ganz in Betoncisenkonstruktion hergestellt. Die Gebäudefassaden sind in Putz nach modernen Motiven ausgeführt. Für die ganze Kascrnanlage wurde die Herstellung 5 bis 7-5 m breiter Vorgärten vor den Bauobjekten vorgeschrieben. Die Gesamtarea des Kasernetablisscments beträgt 89.740 mJ. wovon 23.200 m'2 verbaut sind und 8400 m'2 auf Vorgärten entfallen. Die Baukosten betragen ohne Grundankauf und mit Ausschluß der großen Fuhrwerksremisen 2.650.000 K. die Kosten der drei bereits gebauten Fuhrwerksremisen (für 600 Fuhrwerke) 350.000 K.1)

') Mit Bezug auf die Organisation der Bauleitung bei Militärbauten ist in Ergänzung des im Band I, S. 44 und 46. Mitgeteilten nachstehendes zu sagen: Im k. und k. Reichs-Kricgsministcrium besteht eine besondere Abteilung für fortifikatorische und eine solche für sonstige Bauangelcgenheiten. Als Hilfsorgane des Rcichs-Kriegsministeriums für bautechnische Angelegenheiten sind zu nennen: der General-Bauingenieur und die II. (Genie-)Scktion des Technischen Militärkomitees. Die hiesigen Baulichkeiten für Zwecke des gemeinsamen Heeres fallen in den Wirkungskreis der Militärbauabteilung des 2. Korpskommandos in Wien. Der Entwurf und die Ausführung der Militärhochbauten oblagen bis zum Jahre 1S95 mit wenigen Ausnahmen (Arsenal, Korpskommandogebäude, älteres Militär-geographisches Institut etc.) den Ingenieur- beziehungsweise ( seit 1851) Genie-Offizieren, während nun der Hochbaudienst in den Händen der Militär-Bauingenieure liegt. Für die bautechnischen Angelegenheiten der Landwehr ist im Ministerium für Landes- verteidigung ein technischer Referent aufgestellt. A. d. R.

Gebäude für das gemeinsame Heer. 30 3

Exerzier-, Übungsplätze u. dgl.

Die Garnison von Wien besitzt mehrere Exerzierpätze, von welchen jener auf der Schmelz und jener beim Artilleriearsenale ärarisches Eigentum sind, während die übrigen gemietet werden. Der 1847 angekaufte Exerzierplatz auf der Schmelz wurde in den folgenden Jahren durch Zuerwerbungcn allmählich derart vergrößert, daß er gegenwärtig ein arrondiertes Grund- stück von 9S3.964 in', also nahezu 100ha umfaßt. Zunächst Breitensee befindet sich auf diesem Grunde der technische Übungsplatz, auf welchem die Infantcriepionniere ihre Übungen vor- nehmen. Gemietet wurden Exerzierplätze auf der Simmeringer Heide, dann ein solcher im Inundationsgebiet der Donau zunächst der Reichsstraßenbrücke, vornehmlich für die Übungen der Artülerietruppe. Die in der Erzherzog Albrecht-Kaserne im Prater untergebrachte Infanterie benutzt einen ebenfalls gepachteten Exerzierplatz im Inundationsgebiete der Donau. Außer diesen Übungsplätzen, von welchen jener auf der Schmelz auch für Paradezwecke benützt wird, steht der Garnison Wien ein Teil des dem Hofärar gehörenden Praters zur Vornahme taktischer Übungen zur Verfügung.

Der Grund, auf welchem 1871 die Militär-Schießstätte erbaut wurde, ist von der Stifts- herrschaft Klosterneuburg gepachtet und liegt zwischen dem Donaudurchstiche und dem alten Donaubette. Die Einrichtung des Platzes sowie die auf demselben befindlichen Bauobjekte sind von der Heeresverwaltung hergestellt worden. Gelegentlich des ersten österreichischen Bundesschießens im Jahre 1880 hat die Wiener Schützengesellschaft auf ihre Kosten eine Verschönerung und Erweiterung der Schießhalle vorgenommen, welche dann in das Eigentum des Arars überging. Der Schießplatz besitzt 51 Schußlinien für 200 600 Schritte, ferner einen Einschießstand und sechs Revolverschießstände. Mit Rücksicht auf das Pachtverhältnis sind die auf dem Schießplatze befindlichen Objekte meist in provisorischem Stile aufgeführt und der Holzbau vorherrschend angewendet.

Die Militär-Aeronautische Anstalt, in der Offiziere aller Waffengattungen im Ballondienste aus- gebildet und geübt werden, ist auf dem nächst dem Artilleriearsenale gelegenen ärarischen Exer- zierplätze errichtet. Die Objekte derselben sind bis auf eine in Eisen konstruierte Ballonhalle pro- visorisch hergestellt. Die Anstalt besteht aus zwei Ballonhallen, dem Kanzlei- und Schulgebäude, der Wasserstoffgasanlage und aus mehreren Magazinen und Flugdächern, welche um den Ballon- füllplatz gruppiert sind. Die Anstalt wurde 1893 im kleineren Umfange geschaffen und in den folgenden Jahren, den Fortschritten der Luftschiffahrt entsprechend, weiter ausgestattet.

Arsenal- und Depotgebäude.

Das Artilleriearsenal (Abb. 445 bis 447), X. Bezirk.1) Nach Auflassung des im Inneren der Stadt an der Renngasse gelegenen, im Jahre 1585 erbauten, 1672 unter Kaiser Leopold I. er- weiterten oberen Arsenals und kaiserlichen Zeughauses sowie anderer derartiger Anlagen wurde das Artilleriearsenal in dem Bestreben geschaffen, ein Etablissement zu besitzen, welches imstande ist, alles dasjenige zu erzeugen, was an Kriegsausrüstungsmaterial für das Heer erforderlich ist. Der Bauplatz vor der ehemaligen Belvederelinie wurde mit Rücksicht auf die Nähe der Artilleriekaserne am Rennweg und des Neugebäudes gewählt. Für den Bau wurde ein Konkurs veranstaltet und mit Benützung der von den Architekten von Siccardsburg, van der Null, von Förster, Hansen und Rösner vorgelegten Konkurrenzarbeiten ein einheitlicher Plan geschaffen. Hierbei wurde auch das Arsenal als ein großes, verteidigungsfähiges Objekt gestaltet und ein- gerichtet, sowie auch mit einem entsprechenden Bauverbotsrayon umgeben.

Der Bau wurde im April 1849 begonnen. Die feierliche Schlußsteinlegung fand am 8. Mai 1856 statt. Die Gesamtbaukosten betrugen 18,755.970 K. Der Baukomplex bildet ein Rechteck von 689 m Länge und 480 m Breite. Die zum Arsenal gehörige Area mißt 612.744 m-.

Das Arsenal besteht aus dem Kommandanten- und Offiziersgebäude, 2 Offiziers-Wohn- gebäuden, 6 Kaserngebäuden, einem früheren Käsern-, jetzt Artillerie-Kadettenschulgebäude mit Arsenalkirche, dem Museumgebäude, dann aus Werkstätten- und Maschinengebäuden, verschie- denen Depots und dazugehörigen Nebengebäuden. Im ganzen zählt das Artilleriearsenal 72 Objekte. In den Truppenunterkünften des Arsenals sind 3 Artillerieregimenter untergebracht.

Für die Beleuchtung des Arsenals wird das Gas in der eigenen Gasanstalt (Steinkohlen- gas) erzeugt. Die Wasserversorgung erfolgt aus der städtischen Hochquellenleitung.

') Försters Allgemeine Bauzeitung. 1864, 1865, 1866: „Das k. k. Artilleriearsenal zu Wien." Bd. II. 20

306

Militärijcbäude.

Gebäude für das gemeinsame Heer.

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Die sämtlichen Gebäude sind in Ziegelrohbau in romanischem Stile ausgeführt. Die durch einen Turm und mächtige Portal- und Fenstcrarchitektur ausgezeichnete Hauptfassade des Kommandantengebäudes ist mit Plastiken von Hanns Gasser geschmückt. Das sowohl außen als auch innen architektonisch am reichsten ausgestattete Gebäude der ganzen Anlage ist das Heeresmuseum, dessen Vestibül mit den Bildwerken hervorragender Feldherren reich aus- gestattet ist, während im Stiegenhausc und in den großen Sälen des ersten Stockes Wände

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A Wohn- und Kanzleigebäude. B Kasernengebäude.

C Geschützwerke. E Waffenmuseum. H Schießstätte. K Werkstätten.

D Depots. G Kapelle. J Gaswerk. L Fuhrwerksdepots.

Abb. 446. K. und k. Arsenal. Lageplan. 1:5000.

und Decken mit Gemälden von Karl Rahl und Karl Blaas geschmückt sind. Den Hauptraum des Museums bildet die mit einer Kuppel überdeckte Ruhmeshalle. Die Waffensammlungen und Magazine vermögen zirka 800.000 Gewehre aufzunehmen.

Die gesamten Umfassungsgebäude mit Ausnahme der rückwärtigen Mittelkaserne und Kapelle sowie die Werkstätten sind nach den Plänen der Professoren van der Null und von Siccards- burg ausgeführt. Das Waffenmuseum (jetzt Heeresmuseum) wurde von den Architekten von Förster und Hansen begonnen und nach Försters Tode von Hansen vollendet. Gewehrfabrik und Schieß- stätte sind gemeinschaftliche Arbeiten der beiden letztgenannten Künstler. Die Geschütz- und

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308

Militärgebäude.

Abb. 447. Nordfront des Arsenals.

Munitionsgießerei und die Bohrwerke sind nach Plänen des Architekten von Förster ausgeführt. Nach Plänen des Professors Rösner ist die Kapelle, die sie umgebende Mittelkaserne und das kleine Gebäude zum Tormenticren der Gewehrläufe errichtet worden.

Das Neugebäude im XI. Bezirke. Das ursprüngliche Neugebäude ist von Kaiser Rudolf II. 1587 als Schloß auf demselben Platze erbaut worden, auf welchem bei der ersten Türkenbelage- rung 1529 das Hauptzelt des Sultans Soliman und die Zelte seiner Großen standen. Mit diesem Schlosse war lange Zeit hindurch eine große Menagerie verbunden. Nach Auflösung derselben um das Jahr 1760 wurde das Neugebäude zur Aufbewahrung von Artilleriegütern, namentlich Munition und Fuhrwerksmatcrial, verwendet. Zu letzterem Behufe hat es gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts beträchtliche Erweiterungen durch Ankauf angrenzender Grundstücke und Bau von Depotobjekten erfahren. Dermalen ist das Neugebäude zur Auflassung bestimmt, da dessen gesamter Grundkomplex von der Stadt Wien erworben wurde.

Das Monturdepot in Kaiser-Ebersdorf, XI. Bezirk. Das Gebäude des gegenwärtigen Montur- depots bestand bereits 1745 als Schloßgebäude der Staatsherrschaft Ebersdorf. Diese wurde mit dem zugehörigen Grundbesitze von der Kaiserin Maria Theresia der Wiener Almosen- kasse geschenkt und das Schloßgebäude selbst zu einem Arbeitshause für Bettler eingerichtet. Als solches verblieb es bis zum Jahre 1777. Anfangs 1778 wurde das Schloßgebäude von Kaiser Josef II. zur Artilleriekaserne bestimmt und dafür der Almosenkasse die Kaserne in Ybbs abgetreten. 1868 erfolgte die Adaptierung zu einer Infanteriekaserne; 1883 wurde in dieser das Montursdepot untergebracht. Die Gesamtarea beträgt 31.323m'2, hiervon sind 5636m'2 verbaut.

Das Militär-Verpflegsetablissement, IL, Obere Donaustraße 17. Auf dem Baugrunde des gegenwärtigen Verpflegsetablissements in der Leopoldstadt stand bis zum Jahre 1864 die von den niederösterreichischen Ständen 1721 erbaute Leopoldstädter Kavallerie- kaserne. In den Jahren 1864 1866 wurde diese Kaserne samt ihren Nebengebäuden demoliert und so der Baugrund für das vom Hauptmann Ferdinand Artmann des Geniestabes entworfene Verpflcgsctablissement gewonnen. Mit dem Bau desselben wurde 1864 begonnen. 1869 waren vollendet: das Administrationsgebäude, das Backhaus, das Silosgebäude samt Kesselhaus, dann die Einfriedung und Terrainregulierung. Die Dampfmühle und die Zwiebackfabrik wurden gleichzeitig begonnen, jedoch nicht vollendet und später in ein Mühlengebäude mit Frucht- speicher umgewandelt. Im Jahre 1878 wurde das Silosgebäude, welches 122.974 hl Getreide faßte, in ein gewöhnliches Depotgebäude umgewandelt, zu welchem Behufe die Siloseinrichtung entfernt und Tramböden in vier Geschossen, auf eisernen Säulen und Trägern ruhend, ein- gezogen wurden.

Zum Militär-Verpflegsmagazinc gehört auch noch ein Heu- und Strohdepot zunächst des nachfolgend erwähnten Bettenmagazines mit einem Waghäuschen.

Das Militär-Verpflegs-Feldausrüstungsdcpot, welches eine Ergänzung des Verpflegs- etablissements bildet, wurde nach Plänen der Architekten Fellner und Helmer im Jahre 1895 erbaut. Es besitzt 1 Souterrain, 1 Erdgeschoß und 2 Stockwerke. Das Souterrain hat eine Ge- wölbdecke zwischen Eisenträgern auf gemauerten Pfeilern, die anderen Geschosse Tramdecken

Gebäude für das gemeinsame Heer.

309

zwischen Eisenträgern. Die Decke des zweiten Stockwerkes trägt ein Holzzementdach. Die Kosten des Baues betrugen 240.000 K; die verbaute Fläche mißt 1530"34m2. Der im Jahre 18S9 beabsichtigte Neubau einer Kriegsbäckerei am Donaukai, für welchen 600.000 K präliminiert waren, kam nicht zur Ausführung; doch wurde das hierfür von Prof. F. von Gruber verfaßte Bauprojekt bei einigen seither anderwärts ausgeführten Militärbäckereien als Vorbild benützt.

Das Militär-Bettenmagazin, II., Obere Augartenstraße 20, in der Nähe des vorbe- schricbcncn Verpflcgsetablissements gelegen, besteht aus einem Administrationsgebäude mit den Kanzleien ein altes ein Stock hohes Objekt einem Magazinsgebäude eine mehr- geschossige Anlage mit gemauerten Umfassungswänden und Tramdecken einem ebenerdigen Werkstätten- und einem ebenerdigen Übernahmsgebäude. Der Bau der Magazinsobjekte er- folgte 1880.

Militär-Medikamentendirektion, III., Rennweg 12. Das alte Medikamentendirektions- gebäude, ein ehemaliges Privatgebäude, wurde 1794 für das Militärärar angekauft und dient seither zur Bereitung und zur Vorrathaltung von Medikamenten für die Truppen- und Militär- heilanstalten. Die Baulichkeiten bieten kein technisches Interesse. Im Jahre 1902 wurde ein neues Laboratoriums- und Magazinsgebäude aufgeführt. Dasselbe ist ein ein Stock hoher Ziegel- mauerbau mit Betoneisenzwischendecken; die Decke des ersten Stockes trägt ein Holzzement- dach. Die Scheidemauern dieses Gebäudes sind teilweise ebenfalls als Betoneisenkonstruktion ausgeführt. Das Erdgeschoß enthält Werkstätten, Laboratorien und den Maschinenraum, im ersten Stocke sind Magazine, Packlokale und ebenfalls Laboratorien untergebracht. Das Kessel- haus befindet sich in einem ebenerdigen Anbau, desgleichen der Sterilisierraum. Für die Maschinen, welche dem neuesten Stande der Technik entsprechen, ist der elektrische Antrieb sowie auch die Dampfzuleitung in Anwendung gebracht.

Militär-Bildungsanstalten.

Kriegsschule, VI., Dreihufeisengasse 4 (Abb. 424). Die Gebäude der 1851 errichteten, früher in der Stiftkaserne untergebrachten Kriegsschule wurden 1863 1865 von Hauptmann L. Weeger des Geniestabes erbaut. Sie nehmen außer der Kriegsschule die technischen und admini- strativen Fachkurse, d. i. den höheren Geniekurs, den Militärbauingenieurkurs, den Intendanz- kurs und den Verpflegsverwalterkurs auf. Die allmähliche Erhöhung des Personalstandes und der Zahl dieser Schulen nötigte zu wiederholten Erweiterungsbauten, die in den Jahren 1875, 1895 und 1900 durchgeführt wurden. Die Anstalt besteht derzeit aus einem drei Stock hohen Hauptgebäude, in welchem sich die Vortragssäle und die Kommandanten- und Administrations- kanzleien der genannten Schulen befinden; zu demselben gehören zwei ein Stock hohe Mann- schafts- und Stallgebäude mit den zugehörigen Nebenräumen, eine gedeckte und eine offene Reitschule. Die Gesamtarea der Kriegsschule beträgt 12.192 m2, hiervon sind 4370 m'2 verbaut. Die Kosten der ersten Anlage betrugen 561.210 K, jene der nachgefolgten Erweiterungen 162.180 K.

Infanterie-Kadettenschule, XIII , Hütteldorferstraße (Abb. 448, 449). Für die 1875 errich- tete Infanterie-Kadettenschule, welche ursprünglich in einem Trakte der Stiftkaserne unter- gebracht war, wurde nach dem von der Abteilung für Transaktionsangelegenheiten in Wien ausgearbeiteten Projekte (Militär-Oberbauingenieur Paul Acham) von der Kasernbauleitung des

Abb. 448. Hauptgebäude der Infanterie-Kadettenschule in Breitensee, XIII. Bezirk. Erster Stock. 1:1000.

310

Militärgebäude.

Abb. 449. Infantcric-Kadettcnschule in Breitensee, XIII. Bezirk.

Ma-

sind

dann

Ministeriums des Innern ein Neubau für 360 Zöglinge in Breitensec ausgeführt und 1 898 vollendet. Diese Anstalt be- steht aus dem Hauptgebäude, dem Offiziers-Wohngebäude.

Mannschafts-Wohngcbä'ude, Stallgebäude, Nebengebäude, Marodenhaus, Gärtnerhaus und Wirtschaftsgebäude. Das Hauptgebäude umfaßt nebst Tief- und Hochparterre drei Stockwerke. Im Tiefparterre sind die Küchen- und die Baderäume untergebracht, im Hochparterre die Speiseräume der Zöglinge, die Erholungs- räume, der Turnsaal und der Fechtsaal, die Kanzleien der Kadettenschule und das rodenzimmer der Zöglinge mit den dazugehörigen Nebenlokalitäten. Im ersten Stocke Lehrsäle und die Kanzlei des Kadettenschulkommandos, im zweiten ebenfalls Lehrsäle, die Bibliothek, die Sammlungen, die Schlafsäle des ersten Jahrganges der Kadettenschule angeordnet; der dritte Stock enthält die übrigen Schlafsäle mit den dazugehörigen Neben- räumen. Das dreigeschossige Offiziers-Wohngebäude enthält 9 Offizierswohnungen und die Offiziersmenagelokalitäten. Das Mannschaftsgebäude beherbergt im Untergeschoß die Wache, den Portier, die Mannschaftsarreste, die Marketenderwohnung, im ersten und zweiten Stocke die Mannschaft der Kadettenschule. Das Stallgebäude enthält 8 Stände für Offizierspferde, die Wagenremise und in einem Dachaufbaue die Heu- und Strohdepots. In einem Nebengebäude sind die Wäscherei, dann die Montursmagazine, die Werkstätten, 2 Unteroffizierswohnungen und die Zöglingsarreste untergebracht. Das Zöglings-Marodenhaus wurde aus einer ehemaligen fürstlich Arenbergschen Villa adaptiert und durch Zubau vergrößert. Es bietet Raum für 23 kranke Zöglinge, 2 Unteroffiziere und 6 Wärter. Die Wirtschaftsgebäude mit daranschließender St. Lorenz-Kapelle sind alte, übernommene Objekte, welche nichts Bemerkenswertes bieten. Die Beheizung der Räume erfolgt mit Öfen. Die Wasserversorgung aus der städtischen Hochquellenleitung und einem Nutzwasserbrunnen, die Kanalisation und Klosettspülung sind nach den gleichen Grundsätzen wie bei den neuen Kasernen eingerichtet. Die Beleuchtung erfolgt mit Gas (Auerbrenner) und ist in den Lehrsälen nach dem System der diffusen Decken- beleuchtung installiert. Die Regiemenageküche der Zöglinge besitzt einen Dampfkochherd, System Becker.

Die Gebäude der Kadettenschule sind in einer parkähnlichen Anlage verteilt, das Offiziers- Wohngebäude und das Marodenhaus sind von der Hauptanlage durch je eine Gasse getrennt. Alle Gebäude sind mit Putzfassaden nach italienischen Renaissancemotiven ausgeführt. Die Fläche des gesamten Areals beträgt 86.200 m2, wovon rund 5860 m2 verbaut sind. Die Gesamt- kosten des Baues ohne Grundankauf belicfen sich auf 2,314.460 K.

Militär-Reitlehrerinstitut, III., Ungargasse 61. Das Militär-Reitlehrerinstitut ist seit 1850 in dem im Jahre 1839 für die damals neuerrichtete königlich lombardisch-vcnezianische ade- lige Leibgarde erbauten Palais untergebracht, das demgemäß adaptiert und durch die jenseits der Ungargasse erbaute, gedeckte Reitschule mit ihr benachbartem Wohn- und Stallgebäude erweitert wurde. Die vierreihigen Stallungen für 150 Pferde sind auf Pfeilern gewölbt und über denselben die Mannschaftswohnräume untergebracht. Gegenwärtig umfaßt das Institut außer den erforderlichen Schulräumen 3 gedeckte Reitschulen, 58 Offizierswohnungen und Belagräume für 182 Mann und 300 Pferde. Mit dieser Realität ist auch die St. Januarius-Kapelle verbunden, die vom Grafen Aloisius Harrach 1735 gestiftet wurde. Das Gesamtareale des Reitlchrerinstitutes beträgt 36.265 m2, wovon 12.028 m2 verbaut sind.

Militär-Tierarzneiinstitut und tierärztliche Hochschule, III., Linke Bahngasse 1 1 (siehe Abb. 450, 451). Im Jahre 1777 stiftete Kaiser Josef II. die Tierarzneischule auf einem ehemals den Jesuiten gehörigen Grunde. Die Erweiterung der Anstalt und die Errichtung neuer Gebäude wurde schon 1804 geplant, aber erst in den Jahren 1820 1823 kam es zur Durchführung der vom Hofbaurate entworfenen Projekte. Im Jahre 1874 wurde das Anatomiegebäude mit einem

Gebäude für das gemeinsame Heer.

311

I. Hauptgebäude. II. Schmiede.

III. Rinderstall und Hundeklinik

IV. Anatomiegebäude. V. Pferdeklinik.

VI. Stall und Reitschule. X. Rasenplätze.

I inke - Bahnijasse Abb. 450. Militär-Tierarzneiinstitut im III. Bezirke. Lageplan. 1:4000.

Ungar - Gasse ^

Kostenaufwandc von 254.000 K und 1876 die Be- schlagschmiede erbaut. Im Jahre 1885 wurde eine neue Pferdeklinik errichtet mit den hierzu nötigen

Nebenräumen. 1894 erfolgte der Bau eines Stalles für verdächtig- kranke Pferde und die Aufsetzung eines zweiten Stockwerkes auf dem mittleren Teile des Stall- und Reitschul- gebäudes. 1900 bis 1901 endlich wurde an Stelle des alten, den Anforderungen nicht mehr entspre- chenden Kontumaz- stalles eine interne Pferdeklinik errichtet. Dieser Stall enthält im Erdgeschosse in acht Stallräumen je vier Pferde- stände und je zwei Boxes, ferner einen mit Glasoberlicht versehenen, durch zwei Geschosse reichenden Demonstrationssaal, im ersten Stockwerke, ober einem Teile der Stallräume, die Professorenzimmer und verschiedene Laboratorien. Die Zwischendecken und die Querscheide- mauern in den Räumen des ersten Stockes sind in Betoneisen hergestellt, ebenso die amphi- theatralisch ansteigenden Bänke für das Auditorium im Demonstrationssaale. Für die Beheizung dieses Saales und der Räume des ersten Stockes sind Öfen für Kohlenfeuerung aufgestellt, während in den Stallräumen Gasöfen zur Verwendung gelangten. Die Beleuchtung erfolgt elek- trisch mit einer Reservegasbeleuchtung.

1902 wurde anschließend an das Anatomiegebäude ein Versuchsstall für die experimen- telle Pathologie erbaut. Durch die vorstehend genannten Erweiterungen und Zubauten des Tierarzneiinstitutes wurde dasselbe den Anforderungen einer Hochschule gemäß ausgestattet. Der Belagraum des Institutes bietet Unterkunft für 282 Mann und 123 Pferde. Ferner sind zwei Hundestallungen, ein Rinderstall und ein Schweinestall vorhanden.

Militär-Schwimmanstalt, IL, Handelskai 15.1) Die Militär-Schwimmanstalt ist auf einem dem Donauregulierungsfonds gehörigen, von diesem gepachteten Grundstücke auf dem rechten Ufer des Donaudurchstiches errichtet. Der Bau wurde 1873 begonnen und 1875 beendet. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 307.680 K. Die Area der Schwimmanstalt mißt 15.975 m-, wovon 3028 m2 verbaut sind. Die Anstalt besteht aus dem ein Stock hohen Administrations- gebäude mit den Kanzleien und Unterkunftsräumen, aus dem ein Stock hohen Maschinenhause, in welchem sich die zum Heben des Wassers aus einem Brunnen erforderliche Dampfmaschine und Pumpe befindet, aus dem Schwimmbassin samt Kabinen. Ersteres, aus Beton hergestellt, hat eine Wasserfläche von 1295 m'2; die Kabinen sind aus Riegelwänden erbaut.

Abb. 451. Militär-Tierarzneiinstitut. Pferdeklinik. Erdgeschoß. 1 : 800.

Militärspitäler.

Garnisonsspital Nr. 1, IX., Van Swietengasse 1 Sensengasse i,Abb. 452). Dieses Militär- spital wurde von Kaiser Josef II. im Jahre 1787 mit einem für die damalige Zeit bemerkens- werten Aufwände erbaut. Nur zwei Geschosse mit nahezu 5 m Höhe sind übereinandergelagert, die Krankenzimmer längs durchlaufender Gänge gelegt und so orientiert, daß ihre Langseiten nach Süd oder Ost gewendet sind. Den Anschauungen der damaligen Zeit entspricht die

') Veröffentlicht in den statistischen Bauberichten über militärische Hochbauten. K. k. Hof- und Staatsdruckerei.

312

Militärgcbaude.

Bildung geschlossener Höfe, doch haben diese wenigstens eine bedeutende Größe erhalten. An Nebenräumen gebrach es wohl in jeder Hinsicht, doch trachtete man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Anlage eines Anatomie- gebäudes (1864), eines Küchengebäudes, Bade- hauses, Waschküchen-, Stall- und Remisengebäu- des und von Depots und Werkstätten sowie durch den Umbau der Aborte (1875—1879) das Kran- kenhaus den modernen Anforderungen besser anzupassen. Die Kosten des von Hauptmann L. Weeger des Geniestabes erbauten Anatomie- gebäudes sind mit 250.000 K, jene der nach den Plänen des Hauptmannes im Geniestabe Franz Ritter von Gruber in den Jahren 1875 1879 von Major Kadarz ausgeführten') neueren Zubauten mit 732.540 K angegeben. Die Gesamtgrundfläche des Spitales beträgt 44.224 m'2; hiervon sind 14.910 m2 verbaut.

Zum Bereiche des Garnisonsspitales Nr. 1 gehört auch das Gebäude der ehemaligen medi- zinisch-chirurgischen Josefs-Akademie (das Josefi- num) (Abb. 453), welche im Jahre 1785 von Kaiser Josef II. gestiftet wurde. Die Area desselben beträgt 4353 m2, wovon 2071m'2 verbaut sind. Dieses Gebäude enthält gegenwärtig die Garnisons- apotheke, das chemische Laboratorium, Bibliothek, Präparatesammlungen, die Kanzleien des Militär- Sanitätskomitees und die militärärztliche Applikationsschule. Überdies sind auch noch einige Wohnungen darin untergebracht.

Auf dem Grunde des seinerzeit zur Josefs-Akademie gehörigen botanischen Gartens jen- seits der Sensengasse wurde in den Jahren 1881 1882 ein Offiziers-Spitalsgebäude als Er- gänzung des Garnisonsspitales Nr. 1 erbaut. Dasselbe hat in drei Geschossen einen Belag-

') Veröffentlicht in den statistischen Bauberichten über militärische Hochbauten.

Abb. 452. Krankenpavillon im Garnisonsspital Nr. 1. Ebensrd. 1:600.

Abb. 453. Joscfinum (militärärztliches Institut), IX., Währingcrstraße

Gebäude der k. k. Landwehr. 313

räum für 49 kranke Offiziere oder Gleichgestellte und für das entsprechende Wartepersonal. Die Gesamtfläche des zum Offiziersspitalc gehörigen Grundes beträgt 17.436 m2; hiervon nimmt das Spitalsobjekt nur 1035 m- ein, der übrige Teil ist Garten.

Der Ausgestaltung des Garnisonsspitales Nr. 1, den neueren Anforderungen der Heil- kunde entsprechend, ist die stete Fürsorge der Heeresverwaltung gewidmet. Demgemäß ist gegenwärtig auf dem Grunde eines Nebengebäudes des Garnisonsspitales ein neuer Kranken- pavillon, ferner an der Senscngassc ein Mannschaftsgebäude mit Magazinen für Sanitätsmatcrial erbaut worden. Das Garnisonsspital Nr. 1 bietet nun Raum für 102 Offiziere, 562 Kranke und 2S9 Gesunde des Mannschaftsstandes.

Das Garnisonsspital Nr. 2, III., Rennweg 89, ist in einem alten, mit der Rennweger Artillerickascrne im Zusammenhange stehenden Gebäude untergebracht, das einen großen Hof umschließt. Dieses Objekt dürfte zu gleicher Zeit wie die Artilleriekascrne entstanden sein. Es hat einen Belagraum für 11 kranke Offiziere oder Gleichgestellte, ferner für 451 Kranke und 204 Gesunde des Mannschaftsstandes. Dieses Spital entspricht im ganzen wie nach seinen inneren Einrichtungen den modernen Anschauungen über die Anlage großer Spitäler nicht mehr.

Invalidenhäuser.

Das Invalidenhaus auf der Landstraße, III., Invalidenstraße 1, war ursprünglich ein Sommerpalast des Prinzen Maximilian von Hannover. Auf Anregung des Kardinals Kolonitz wurde dieser Palast im Jahre 1727 um den Betrag von 82.300 K zu dem Zwecke angekauft, um darin jene Armen und Kranken unterzubringen, für welche die Lokalitäten in Gumpendorf nicht mehr genügten. Nach der später zugebauten Johanneskirche wurde das Gebäude das Johannesspital benannt. Im Jahre 1783 wurde das Johannesspital aufgelassen und das Gebäude zur Unterbringung der Militärinvaliden verwendet. Die Gesamtarea beträgt 11.409 m2, wovon 5798 m- verbaut sind.

Das Invalidenhaus enthält Wohnungen für 53 Offiziere verschiedener Chargengrade, darunter 46 Institutsoffiziere, und einen Mannschaftsbelag für 373 Gesunde und 137 Kranke. Der große Hof ist in eine Gartenanlage verwandelt. Eine Sehenswürdigkeit des Invalidenhauses sind die im Ehrensaale desselben aufbewahrten Schlachtengemälde von Krafft: Erzherzog Karl mit seinem Stabe in der Schlacht bei Aspern 1809 und der Sieg bei Leipzig 1813.

Filial-lnvalidenhaus, XVI., Lerchenfelder Gürtel 57. Der Ingenieur-Oberstleutnant Simon Baron van Ypen hatte laut testamentarischer Verfügung seinen Grundbesitz und sein son- stiges Vermögen dem k. u. k. Militär-Invalideninstitute zu dem Zwecke vermacht, daß invalide Offiziere in seiner Realität in Neulerchenfeld untergebracht werden. Das Invalideninstitut hat hierauf mittels Erbserklärung vom März 1770 von der Realität Besitz ergriffen. Die zur Realität gehörigen anderweitigen Grundstücke wurden später veräußert und aus dem Erlöse derselben sowie aus dem ererbten Barvermögen ein Fonds mit dem Namen des Testators gebildet. 1875 bis 1877 wurde das gegenwärtig bestehende Filial-lnvalidenhaus erbaut. Die Kosten im Betrage von 618.100 K wurden aus dem van Ypen-Fonds gedeckt. Die Gesamtarea beträgt 8374 m2, wovon 1797 m2 verbaut sind. Die Anstalt besteht aus einem zwei Stock hohen Hauptgebäude und einem ebenerdigen Nebengebäude. Sie enthält 27 Offizierswohnungen und im Nebengebäude 14 Verkaufsgewölbe. Josrf Ceipeh, Generalmajor. Rudolf Gatt, Oberst.

II. GEBÄUDE DER K. K. LANDWEHR.

Ministerium für Landesverteidigung, I., Babenbergerstraße 5 und Nibelungen- gasse 10. Dieses Ministerialgebäude wurde durch inneren Umbau zweier ursprünglich als Zins- häuser geschaffenen, vom Staate angekauften Objekte gewonnen. Es enthält die Wohnung des Ministers und alle Kanzleien des Ministeriums.

Das Landwehr-Oberkommando ist im ersten Stocke des schon früher beschriebenen Gebäudes des Justizministeriums, I., Schillerplatz 4, die Landwehr-Truppenstäbe und Land- wehr-Platzkommando sind in Privathäusern untergebracht.

Die Kaiser Franz Josef-Landwehrkaserne (Abb. 454, 455), XIII., Hütteldorferstraße 138, dient für das Landwehr-Infanterieregiment Wien Nr. 1 mit Stab und drei Bataillonen, das Landwehr-

314

Militärgebäude.

Jtfeinrich' CoUlus Straße.

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Abb. 454.

Kaiser Franz Josef-Landwehrkaserne im XIII. Bezirke Lageplan. 1:2000.

Ergänzungsbezirkskommando Nr. 1 und das Landsturm-Bezirkskommando Nr. 1. Das Ge- bäude ist Eigentum der Gemeinde Wien und wurde im Jahre 1901 erbaut. Die Kasernfläche mißt 24.250 m'2, die verbaute Fläche 6973 m2. Im Stabsgebäude sind die Kanzleien, Offiziers- Schul- und Speiseräume, die Arreste und die Marodenabteilung (letztere provisorisch) untergebracht. In den beiden Magazinsge- bäuden befinden sich auch die Remisen für Fuhrwerke und ein Stall für 10 Pferde. Das Mannschafts -Wohngebäude für drei Batail- lone hat ein vollständig freigelegtes Tief- geschoß und fünf Obergeschosse. Im Tief- geschosse sind die Küchen, Turnsäle, Werk- stätten, Duschbäder und die Marketenderei untergebracht. Jeder Flügel- sowie der Mittel- trakt enthalten die Unterkünfte für ein Ba- taillon, indem sich in jedem Geschosse der- der Bereich einer Kompagnie be- Das oberste Geschoß dient für bei Waffenübungen etc. Alle der Gebäude sind gewölbt.

selben findet. Belag schosse

den Ge- Im Mannschafts-Wohngebäude sind in allen Belagräumen die Fußböden aus Xylolith her- gestellt. Die Magazins- und das Mannschafts- gebäude haben Holzzementdächer. Die Be- leuchtung erfolgt in allen Räumen mittels Gas. Die Fassaden sind in Ziegelrohbau mit reich- licher Anwendung von Putz hergestellt. Von den Innenräumen ist der Offiziers-Speisesaal Kosten des Baues, welcher nach den Plänen und des städtischen Architekten Johann

im Stabsgebäude dekorativ ausgestattet. Die

unter Leitung des Stadtbauamtes (unter Mitwirkung

Scheiringcr) ausgeführt wurde, betrugen 2,300.000 K.

Die Kaserne des Landwehr-Infanterieregimentes Wien Nr. 24, V., Siebenbrunnen- gasse 37, ist Eigentum des Herrn Zamarski. Das an der Siebenbrunnengasse befindliche Ge- bäude mit vier Geschossen wurde im Jahre 1886, jenes an der Stolberggasse mit fünf Ge- schossen im Jahre 1895 hergestellt. Die Kasernfläche beträgt 10.500 m2. Dieser Kaserne gegen- über befindet sich das

Landwehr-Ausrüstungshauptdepot, V., Spengergasse 20 (Abb. 456). Dasselbe ist Eigentum des Staates und wurde im Jahre 1889 erbaut. Die Anstalt besteht aus vier Gebäuden. Das an der Siebenbrunnengasse gelegene Gebäude wurde als Landwehr-Kadettenschule erbaut und im Jahre

Abb. 455. Kaiser Franz Josef-Landwchrkascrne im XIII. Bezirke.

Gebäude der k. k. Landwehr.

315

1896 für Magazine und Kanzleien adaptiert. An der Spengcrgasse liegt das eigentliche, in Ziegelrohbau ausgeführte Magazinsgebäude mit Halbkellcr und sechs oberen Geschossen. Im Halbkcllcr sind hauptsäch-

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Abb. 456. Landwchr-Ausrüstungshauptdepot. Vierter Stock. 1:1000.

lieh die Versendungsräume,

zu ebener Erde die Gc- wehrmagazine und Über- nahmsräume untergebracht. Die oberen Geschosse die- nen zur Aufbewahrung der Monturs- und Ausrüstungs- gegenstände. Das Dachge- schoß ist mit 16'2m Breite mit Monier-Gewölbcn frei

überspannt und mit Holzzement gedeckt; das Tiefgeschoß hat Ziegelgewölbe für eine Nutzlast von 1200 kg per Im2. Die Zwischendecken aller anderen Geschosse sind Monier-Gewölbe mit Monier-Fußböden; auch die eisernen Tragsäulen sind nach Monier umhüllt. Das Monier- Gewölbesystem wurde bei diesem Gebäude in Wien zum ersten Male in so großem Maß- stabe angewendet. Zur Einschränkung eines Brandes ist der Magazinsraum durch drei massive Querwände, die durch alle Geschosse reichen, unterteilt und sind die Stiegen und die vier Aufzüge (zwei hydraulische, ein elektrischer und ein Seilaufzug) in die Flügel verlegt.

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Y"? z-i aC & Z f S - S /z Abb. 457. Landwehr-Kadettenschule im III. Bezirke. Lageplan. 1:2000.

316

Militärgebäude.

An der Stol- berggasse liegt das dreistöckige Gebäude für die Kanzleien und die Wohnungen der Offiziere und der Mannschaft. Im Hofe ist ein Werk-

stättengebäude angelegt. Die Skizze der Ge- samtanlage hat Prof. Franz Ritter von Gruber ver- faßt; die Detail- pläne und die Bauleitung be- sorgte das ßau- bureau des Mini- steriums. Die Fas- saden des Ge- bäudes an der Siebenbrunnen- gasse sind nach dem Entwürfe des Architekten Eugen Schweigel ausgeführt worden. Die Fläche dieser Anstalt mißt 7340 m'2. Das Gebäude B kostete (ohne eiserne Stellagen) 71 7.000 K. Der Bau der anderen Gebäude erforderte 838.000 K.

Die Landwehr-Kadettenschule, III., Boerhavegasse 23 und 25 (Abb. 457, 458) 1), ist vom Staate auf den sogenannten Kaisergartengründen erbaut worden und besteht aus zwei durch die Weißenbergergasse getrennten Schulgebäuden, die durch eine eiserne Überbrückung im ersten und zweiten Stocke verbunden sind, und aus der Landwehr-Reitschule in der Barmherzigengasse. Das südliche Hauptgebäude wurde im Jahre 1895 erbaut, das zweite Schulgebäude im Jahre 1898. Die Baugründe der Anstalt wurden immer erst vor der jeweiligen Bauausführung der einzelnen Objekte erworben und, soweit dies möglich war, arrondiert, wodurch sich die Un- regelmäßigkeit der Anlage erklärt. Die Flächen betragen 12.860 m"2, 9850 m'2 und 2920 m'2, zu- sammen 25.630 m2.

Beide Schulgebäude haben größtenteils fünf Geschosse; in den beiden oberen Geschossen befinden sich die Schlafräume der Zöglinge. Die Reitbahn der gedeckten Reitschule ist 65 m lang und 22'5 m breit. Den Entwurf der Fassade des Hauptgebäudes verfaßte Architekt Franz Freiherr von Krauß. Das zweite Schulgebäude hat ähnliche architektonische Verhältnisse. Den Entwurf sämtlicher Gebäude und die Bauleitung besorgte das Baubureau des Ministeriums. Die Baukosten betrugen: für das Hauptgebäude 918.000 K, für das zweite Schulgebäude 860.000 K, für die gedeckte Reitschule 11 1.000 K. In diesem Gebäude sind vorübergehend auch der Landwehr-Stabsoffizierskurs und der Landwchr-Subaltcrnoffizierskurs untergebracht.

Abb. 458. Landwehr-Kadettenschule im III. Bezirke.

') Die k. k. Landwehr-Kadettcnschule im III. Beziike, Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst. 1898.

Allgemein; Eauzcitung. 1S95. Die k. k. Landwehrkaserne im V. Bezirke. Eduard Otschenaschcli, Oberst.

O. VEREINSHÄUSER.

Abgesehen von den Gebäuden, welche von Vereinen erbaut und erhalten sind, aber Bildungs- und Unterrichtszwecken dienen, besitzt Wien eine nicht unerhebliche Zahl solcher Vereinshäuser, die von wissenschaftlichen, künstlerischen oder geschäftlichen Vereinigungen errichtet und ganz oder teilweise den Zwecken derselben gewidmet sind. Eines der ältesten derselben ist das

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Abb. 459. Haus der Künstlergenossenschaft, I., Karlsplatz.

Künstlerhaus, I., Karlsplatz (Abb. 459, 460). Künstlervereinigungen bestanden schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, aber erst durch die Stadterweiterung im Jahre 1859 ist den bildenden Künstlern Wiens Gelegenheit geboten worden, ihr eigenes Heim zu gründen. Dieses wurde im Jahre 1865 begründet und 1868 eröffnet. Die eifrige Förderung durch Architekt Friedrich Stach hat es möglich gemacht, die Geldmittel aufzubringen, und durch einen Wett- bewerb wurden die Pläne für den Bau geschaffen. Die Ausführung erfolgte nach den preis- gekrönten Plänen des jungen Architekten August Weber. Die Baukosten betrugen 564.000 K. Aber alsbald stellte sich die Unzulänglichkeit der Räume heraus und es wurden anfänglich Holzbauten angefügt, welche, als sie ihren Zweck erfüllt hatten, entfernt und später durch gemauerte Zubauten ersetzt wurden. Das störte allerdings das wohlabgewogene Zusammen- klingen der Baumassen, aber, dem Bedürfnis entsprechend, mußte die Vergrößerung durch- geführt werden. 1881 wurde ein Erweiterungsbau durch die Architekten Streit und Schachner hergestellt und so der Bau bis an die Straßenflucht der Giselastraße vorgeschoben. Im Jahre 1888 stellte sich das Bedürfnis heraus, die Innenräume einheitlicher zu gestalten, Höhen- unterschiede in den Fußböden auszugleichen, den Stiegenraum zu vergrößern und eine Mittelhalle zu schaffen. Diese Arbeiten wurden nach den Plänen und unter der Leitung des Architekten Julius Deininger durchgeführt. Der beigegebene Grundriß zeigt die Anordnung der Räume im Erdgeschosse, wie sie aus dieser Umformung hervorgegangen ist.1)

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1888.

318

Vereinshäuser.

Abb. 460. Haus der Künstlergenossenschaft. Ebenerd. 1 : S00.

Die Gebäude des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines und des Niederösterreichischen Gewerbevereines, I., Eschenbachgasse 9 u. 11 (Abb. 461 bis 463).

Die Anregung zur Erbauung dieser nach außen ein Ganzes bildenden Gebäude wurde im erstgenannten Vereine im Jahre 1869 gegeben. Es wurde der Stadterweiterungsgrund Ecke derNibelungen-„Eschen- bachgasse und Getreidemarkt gewählt und um den durch die Gnade des Kaisers außer- ordentlich ermäßigten Preis von 400 K für die Quadrat- klafter erworben.

Im April 1870 wurde ein Wettbewerb zur Erlan- gung von Entwürfen ausge- schrieben, nach welchem der erste Preis dem Architekten Friedrich Schachner, der zweite Preis dem Architekten Otto Thienemann und der dritte Preis dem Architekten Karl König zufiel. Der Aus- führung wurde der Entwurf Otto Thienemanns zu- grunde gelegt und derselbe mit der Durchfüh- rung des Baues betraut. Der Bau wurde im Herbst 1872 beendet und am 26. No- vember feierlich durch den Kaiser eröffnet. In bei- den Häusern die- nen die Unter- geschosse Miet- zwecken, das Zwi-

y,£^W0q111IH1Ib@ schengeschoß ist

an verwandte Vereine vermietet und enthält grö- ßere, für diese Zwecke geeigne- te Räume. In dem Hauptgeschosse beider Häuser sind die Ver- sammlungsräu- me, namentlich je ein reich ausgestatteter, durch zwei Stockwerke reichender Saal untergebracht, und das Obergeschoß jedes der beiden Häuser enthält Kanzleien für Vereinszwecke. Der Saal des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines ist in Holztäfelung, jener des Nieder-

Abb. 461. Sitzungssaal des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines.

Ycrcinshäuscr.

319

Ingenieur- und Architekten-Verein : VS Vortragssaal. KZ Kon- versationszimmer. LZ Lesezimmer. B Bibliothek. VZ Vor- zimmer.

Abb. 462. Haus des österreichischen Ingenieur- und Archi- tekten-Vereines und des Niederösterreichischen Gewerbe- vereines. Erster Stock. 1 : SOU.

österreichischen Gew erbevereines in Kunstmarmor ausgestaltet. Aufzüge und bequeme Treppen vermitteln den Verkehr mit den Stockwerken. Die Baukosten jedes der beiden Häuser beliefen sich auf annähernd 700.000 K, ohne Einrechnung des Platzwcrtes.1)

Das Haus der K. k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien, IX., Frankgasse (Abb. 464). Das Ge- bäude wurde im Jahre 1893 nach den Plänen und unter der Leitung des Architekten Ludwig Richter erbaut. Es umfaßt außer dem Untergeschosse, das Wohnräume enthält, noch ein Erdgeschoß, in dem sich der Büchersaal und die Lesezimmer befinden, sowie ein Stockwerk mit einem großen und einem kleinen Saale und einem Kanzleiraume. Es dient bloß den Erfordernissen der Gesellschaft. Der große Saal enthält eine Galerie. Die Baukosten belaufen sich auf zirka 230.000 K, in welcher Summe auch die innere Einrichtung inbegriffen ist.2)

Der Residenzhof, 1., Seilerstätte (Abb. 465). Im Jahre 1896 faßte die Direktion des Residenz- klubs den Beschluß, ein neues Klubheim zu errichten, da die in einem Miethause untergebrachten Klubräume nicht mehr dem Komfort der Neuzeit entsprachen. Man einigte sich dahin, auf der Seilerstätte Nr. 16, gegenüber dem Etablissement Ronacher, zwei Häuser zu kaufen und nach den Plänen der Architekten Fellner und Helmer ein Gebäude zu errichten, welches im Parterre Geschäftslokale, eine Restauration, in den Stockwerken vorzugsweise Klubräume und Wohnungen erhalten solle. Der Residenzklub hat folgende Räumlichkeiten: Im Parterre gelangt man, das vornehm dekorierte Hauptvesti- bül passierend, in die Treppenhalle für den Klub. Im Parterre sind die geräumi- gen Garderoben, Klosett- und Wasch- räume, zwei Billardzimmer, sowie Vor- ratsräume für den Klub. Über die reich ausgestattete Marmortreppe, welche bis zum ersten Stockwerke führt, gelangt man von dem Ruheplatz in der Unter- teilung zum Sekretariat. Im ersten Stocke befinden sich die eigentlichen Klubzimmer; man tritt zunächst in eine große Wandel- halle, um welche sich die Spielzimmer, Speisesäle, die Lesezimmer, Schreib- und Ankleidezimmer und Sprechzimmer grup- pieren.

Im zweiten Stocke ist der Klub der Industriellen und im Souterrain der Athletik- sportklub untergebracht. ' Die übrigen Stockwerke sind zu herrschaftichen Woh- nungen ausgenützt. Die Bauzeit umfaßte eineinhalb Jahre.

Das Gebäude der Sezession, VI., Getreidemarkt (Abb. 466, 467), wurde nach den Plänen des Architekten Olbrich für die Vereinigung bildender Künstler (Sezession) erbaut und im Jahre 1898 er- öffnet. Es hat seine Hauptfront gegen die

W:„„ „:i„ J i-„~± •„ j i Abb. 463. Gebäude des österreichischen Ingenieur- und Architekten- lenzeile Und hegt in der dreieckigen Vereines und des Niederösterreichischen Gewerbevereines.

Gartenanlage, welche den Getreidemarkt

an dieser Stelle abschließt. Das Gebäude besitzt ein Souterrain für Depotzwecke und ein

') Denkschrift anläßlich des 25jährigen Bestandes des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 2) Bautechniker. 1894.

320

Vereinshäuser.

Abb. 464. Haus der K. k. Gesellschaft der Ärzte. Erster Stock. 1:600.

TH Treppcnhalle. SPS Spielsälc. LZ Lesezimmer.

S Speisesäle. CS Konversationssaal. SchZ Sprechzimmer. O Office. HH und LH Höfe.

Abb. 465. Residenzhof. Erster Stock. 1:600.

hochgelegenes Parterre, das für Bureaux und zu Ausstellungszwecken für die obgenannte Künstlergesellschaft dient. l)

Das Haus des Wiener Kaufmännischen Vereines, I., Johannesgasse 4 (Abb. 468, 469), wurde in den Jahren 1892/93 erbaut. Zur Erlangung von Plänen war ein Wettbewerb aus- geschrieben, bei dem der Entwurf der Architekten Christian Ulrich und Rudolf Dick ange- nommen wurde. Ersterer wurde auch mit der Bauleitung betraut.

Das Gebäude ist auf einer Grundfläche errichtet, auf welcher seinerzeit das beliebte Alt- Wiener Vergnügungslokal „Elysium" in zweigeschossigen Kellerräumen untergebracht war. Zu- folge der beträchtlichen Höhe dieser Kellerräume mußte mit der Fundierung des Vereins- hauses sehr tief ge- gangen werden. Aus diesem Grunde wur- den auch in dem neuerbauten Hause zwei Keller über- einander angelegt. In dem oberen Kel- ler, welcher gegen den Lichthof als hal- bes Untergeschoß ausgebildet ist, be- finden sich geräu- mige Versammlungs- räume, eine Kegel- bahn u. s. w. sowie die Gasthausküche samt den erforder- und Lüftungsanlage, der

Abb. 466. Gebäude der Sezession. 1 : 800.

Abb. 467. Gebäude der Sezession.

liehen Nebenräumen. In Raum für den Motor u

dem unteren Keller ist die Zentralheiz-

dgl. Im Erdgeschosse befindet sich ein großer Saal, welcher für die Vereinsversammlungen dient, aber auch als Ballsaal und zum Zwecke von Theatervor- stellungen zur Vermietung gelangt. In der Unterteilung ist eine Galerie für das Publikum und eine Orchestergalerie, im ersten Stocke die Vereinskanzlei, Bibliothek und verschiedene Versamm- lungsräume untergebracht. Die übrigen Geschosse sind für Klubräume und Schulzwecke aus- genützt. Die Baukosten betrugen einschließlich der inneren Einrichtung rund 508.000 K, die Kosten des 827 m2 umfassenden Baugrundes rund 200.000 K.

Das Haus der Wiener Kaufmannschaft, IV., Schwarzenbergplatz7 (Abb. 470 bis 473). Das Präsidium des Gremiums der Wiener Kaufmannschaft erwarb im Jahre 1902 den Eckplatz des durch die Wienregulicrung gewonnenen neuen Teiles des Schwarzenbergplatzes von der Gemeinde und nahm nach einem engen Wettbewerb den Plan des Architekten E. von Gotthilf

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S99.

Ycrcinshüuscr.

321

V Vestibül.

F Foyer.

R Restaurant.

Gd Garderobe.

B Bühne. NS Nebensaal.

Abb.

46S. Kaufmännischer Verein. Ebenerd. 1 : 600.

Z Zimmer. S Salon. Bf Büffet. VZ Vorzimmer der Klubräume.

Abb. 469. Kaufmännischer Verein. Zweiter Stock. 1 : 600.

an, dem auch die Bauausfüh- rung übertragen wurde. Die auf diesem Bauplatze lastenden Baubeschränkungen, bezie-

hungsweise Geschoß- und Ge- simshöhen, Verbot von Auf- bauten und hohen Dächern, ausdrückliche Bedingung einer durch zwei Geschosse gehen- den Ordnung einerseits an- derseits der Wunsch der Auf- traggeber, endlich nicht zum geringen Teil das Empfinden des Architekten führten zum bodenständigen Barocke, bei Vermeidung ängstlicher Stil- anpassung. Das Haus, welches sowohl Amts- und Repräsen- tationszwecken dienen mußte, aber auch Mieträume enthalten sollte, besteht aus Untergeschoß,

Hochparterre, Unterteilung, erstem, zweitem und drittem Stocke. Untergeschoß und Hochparterre

Abb. 470. Haus der Kaufmannschaft, I., Schwarzenbergplatz.

Bd. II.

21

322

Yereinshäuser.

sind für die Kanzleien, der erste Stock für den Festsaal, Sektionszimmer, Garderobe, Halle etc. bestimmt. Ein Teil des ersten Stockes wurde vermietet. Die übrigen zwei Stockwerke enthalten Mietwohnungen.

Die Fundierung, erschwert durch schlechten Untergrund, wurde als armierter. 2 m starker Portland-Betonflötz ausgeführt. Gegen die Lothringerstraße ist ein Lichtgraben angelegt, der sowohl zur Belichtung des Untergeschosses als auch zur Aufnahme der durch die Stadtbahn hervorgerufenen Erschütterungen bestimmt ist. Die Decken sind durchwegs zwischen Trägern eeleet, und zwar als Patcnlflach<rewölbc, Tragnctzblcch- und Einschubbalkendecken ausgebildet.

Abb. 471. Festsaal im Hause der Kaufmannschaft.

Mit reicherer Ausstattung sind die Vorräume und Stiege roter Kunstsandstein und der große und kleine Saal Marmor und Eichenholz bedacht, sonst herrscht eine ein- fache, nur auf die zweckmäßige Benützung bestimmte Ausstattung vor. An der dekorativen Ausschmückung waren beteiligt, Josef Heu, von dem die Gruppen auf der Attika stammen, und Professor J. Schmid, der das große Deckengemälde des Festsaales komponierte. Die verbaute Fläche mißt 849 m-, die Baukosten des in den Jahren 1902/03 ausgeführten Gebäudes (ohne Grunderwerb) betrugen einschließlich der inneren Ausstattung und Einrichtung 577.500 K.

Das Wiener Arbeiterheim, X., Laxenburgerstraße 8 und 10 (Abb. 475), wurde vom Vereine „Arbeiterheim in Favoriten" nach den Plänen und unter der Leitung des Architekten Hubert Geßner im Jahre 1902 erbaut. Es dient den geselligen und politischen Zusammen- künften der Arbeiter, aber auch Wohnzwecken. Im Erdgeschosse sind Gasthausräumc, eine Halle für Versammlungszwecke und Nebenräumc untergebracht, und das erste Stockwerk enthält außer den Amts- und anderen Zimmern einen großen, 3000 Personen fassenden Saal. In den Obergeschossen befinden sich gassenseits 18 Wohnungen. Der Baugrund mißt 1913 m'2, von welcher Fläche für das Wohnhaus 487 m-, für den Saalbau 800 m2 und auf den rückwärts anschließenden Garten 427 m2 entfallen. Die Baukosten betrugen einschließlich des um 38.432 K erworbenen Baugrundes ohne Einrichtung 523.184 K.

Das Volksheim, XVI., Koflerpark (Abb. 474) wurde am 5. November 1905 eröffnet. Das Gebäude dient dem Zwecke der Fortbildung und Geselligkeit für jene Bevölkerungs- schichten, welche das Fehlende an Schulbildung nachtragen wollen und geselligen Anschluß an andere Personen suchen, aber nicht mit Mitteln ausgestattet sind, welche sonst dieses Ziel leicht erreichen lassen. Es wurde vom Vereine „Volksheim'' nach den Plänen und unter der Leitung des verstorbenen Architekten Franz Ritter von Neumann mit einem Gesamt-

Vereinshäuser.

323

Abb. 472. Haus der Kaufmannschaft. Ebcnerd. 1:800.

Abb. 473. Haus der Kaufmannschaft. Erster Stock. 1:800.

kostenaufwandc von rund 420.000 K erbaut. Das Gebäude enthält einen Vortragssaal mit Galerie mit dem Ge- samtfassungsraum von 360 Personen und im oberen Stockwerke ei- nen solchen für 1 40 Per- sonen. An diese schlie- ßen sich Laboratorien, Sammlungen, Büche- reien und Leseräume. Im Hause ist auch eine Gastwirtschaft für abstinente Frauen untergebracht und im Dach- raume befindet sich ein Zeichensaal. Die verbaute Fläche be- trägt zirka 780 m2, wovon zirka 270 m2 auf den Saaleinbau ent- fallen, der Rest ist gegen die Straße zu mit drei Obergeschossen versehen.

Das Verbandshaus der Genossenschafts-Krankenkas- sen Wiens, VI., Königseggasse, ist auf einem Teil der ehe- maligen Gumpendorfer Kaserne in den Jahren 1903 1905 nach den Plänen und unter der Leitung des Architekten Wilhelm Stiaßny errichtet worden. Es hat seine Hauptfront in der Königsegg- gasse, seine Seitenfronten gegen die Kasernengasse und den Loquaiplatz und bedeckt eine Fläche von 1787-40m2. Das Ge- bäude besitzt über dem Keller ein Tiefparterre, Hochparterre, vier Stockwerke und Dachgeschoß. Das Tiefparterre, welches im Niveau des Haupteinganges der Königseggasse gelegen ist, enthält einen 248 m2 großen, durch drei Stockwerke reichenden Saal nebst Garderobe, Service, Buffeträumen u. s. w., sowie Kaffee- haus- und Gasthauslokalitäten, welche hauptsächlich für die Zwecke der Besucher des Hauses bestimmt sind. Den Aufgang zu den oberen Stockwerken vermitteln drei bis zum Dachgeschosse führende Treppen, während die vierte, durch das Hauptvestibül zu erreichende Stiege bloß zu den Amtslokalitäten im Hochparterre und im ersten Stocke führt. Der große Saal besitzt in der Höhe des Hochparterres und des ersten Stockwerkes je eine, ihn auf allen vier Seiten umgebende breite Galerie. Diese Galerien ermöglichen einerseits die Kommunikation sämtlicher in den genannten Geschossen liegenden Amtsräume des Verbandes sowohl als der einzelnen

Abb. 474. Volksheim im XVI. Be- zirke. Hochparterre. 1 : 800.

B Bureaux des Verbandes.

A, C Ärztliche Kontrolle.

G, T, K, Z, WZ, HW Ge- nossenschafts-Kranken- kassen.

Abb. 475. Arbeiterheim im X. Bezirke. ErsterStock. 1 : 800.

Abb. 476. Verbandshaus der Genossenschafts- Krankenkassen. Hochparterre. 1:800.

21*

324

Vereinshäuser.

Krankenkassen und bieten anderseits einer großen Anzahl von Personen Gelegenheit, den im Saale abgehaltenen Vorträgen, Konzerten u. s. w. beiwohnen zu können. Im Hochparterre be- findet sich eine vollständige Sanitätsstation behufs Vornahme der Überprüfung der von den einzelnen Krankenkassenärzten gemachten Untersuchungen, nebst großen Warteräumen und An- und Ausklcideräumen, für die einzelnen Geschlechter getrennt, ärztliche Kontrollräume mit Laboratorium und Isolierzimmer und eine Abteilung für den Augenarzt. Hieran reihen sich die Bureaux des Verbandes und sodann die Amtsräume für mehrere Krankenkassen. Im ersten Stocke befinden sich ebenfalls ausgedehnte Bureaux für die Krankenkassen. Das zweite, dritte und vierte Stockwerk besitzen größere und kleinere Wohnungen. Im Dachgeschosse befindet sich ein großer Sitzungssaal für den Verband, ferner zwei große photographische Ateliers und die Wirtschaftsräumlichkeiten für die Hausparteien. /. Koch.

H. GEBÄUDE FÜR VERGNÜGUNGEN UND SPORT.

I. THEATERGEBÄUDE.

Erst nach dem Anfange des 17. Jahrhunderts begegnen wir deutschen Theaterunternehmungen in Wien, welche zeitweilig mit ihren Truppen in hölzernen Buden oder auch in den Höfen größerer Häuser spielten. Um 1650 wurden bereits die Ballhäuser benützt. Um das Jahr 1712 räumte der Stadtrat auch einigen deutschen Komödianten das Recht ein, gleich den bisher begünstigten italienischen Komödianten in dem von ihm 1708 erbauten Theater nächst dem Kärntnertor spielen zu können. Außer dem Kärntner- tortheater entstand 1741 das Schauspielhaus in der Burg, das 1756 erweitert wurde. Im Jahre 1761 brannte das Kärntnertor- theater ab und seit dieser Zeit spielten deutsche und französi- sche Schauspieler abwechselnd im Burgtheater bis zum raschen Wiederaufbau des Kärntnertor- theaters. Im Jahre 1776 bestimmte Kaiser Josef II. das Burgtheater zum Hof- und Nationaltheater und hob, als Chr. R. von Gluck der deutschen Oper die Bahn gebrochen hatte, im Jahre 1776 die italienische Oper, das franzö- sische Schauspiel und das Ballett auf. Nach manchen Wechsel- verhältnissen wurden 1802 beide Theater unter einer Direktion vereinigt und das Kärntnertor- theater nur der Oper und dem Ballett gewidmet.

Die Vorstadt Leopoldstadt war schon zeitig der Schauplatz vieler Spektakel. Hier nahmen auch die Tierhetzen ihren An- fang. Im Jahre 1710 wurde das älteste Hetztheater eröffnet (auf der Heide) und 1755 ein Amphi- theater für Tierhetzen unter den Weißgerbern erbaut. Erst als dasselbe 1796 niederbrannte, nahmen die Tierhetzen ein Ende. Die ersten förmlichen Theater- vorstellungen in der Leopold- stadt fanden von 1771 an statt, und C. Marinelli faßte den Mut, ein eigenes Theatergebäude für Schauspiele und Pantomimen aufzuführen. Es wurde 1781 er- öffnet und bestand bis 1847 an derselben Stelle, wo dann das heutige Carl-Theater aufgeführt wurde. Außer mehreren Schauspielhäusern, welche um diese Zeit und später eröffnet wurden (Landstraße- Rochusgasse im Jahre 1787; Roßau-Porzellangasse im Jahre 1792; Josefstadt-Trautsohngasse; Neustiftgasse im Jahre 1776; Laimgrube etc.), entstand im Jahre 1776 im Starhembergschen Freihause auf der Wieden ein Komödienhaus. An der Stelle desselben wurde im Jahre 1787 von Roßbach ein neues Theater eröffnet,

Abb. 477.

Hof-Operntheater.

Grundriß

in Höhe der

Parterrelogen.

1:1000.

m * -*-nf

326 Gebäude für Vergnügungen und Sport.

dessen Leitung im Jahre 1788 J. Friedl und E. Schikaneder übernahmen. In diesem Hause brachte Mozart von 1787—1798 eine Reihe seiner bedeutendsten Opern zur Aufführung. Infolge günstigen Fortganges ent- schlossen sich dann die Direktoren, das Theater an der Wien zu bauen, welches im Jahre 1801 eröffnet wurde.

Zwei neuere Theater, das von E. von Förster erbaute Ringtheater am Schottenring und das Stadt- theater (von Fellner und Helmen auf der Seilerstätte, sind durch Brand, und zwar ersteres im Jahre 1881, letzteres im Jahre 1884 vernichtet worden. An Stelle des Ringtheaters erhebt sich das vom Kaiser errichtete Stiftungshaus, an Stelle des Stadttheaters das später zu besprechende Etablissement Ronacher. Nach dem ersteren Brande, bei dem eine große Zahl von Menschen den Tod fanden, wurden neue Verordnungen für den Bau und Betrieb von Theatern herausgegeben1), deren bemerkenswerteste Bestimmungen waren: Die Forderung, daß neue Theater von allen Seiten freistehend und mindestens 15 m von benachbarten Gebäu- den entfernt sein müssen, daß die Bühne vom Zuschauerräume vollständig feuersicher abgeschlossen und die Bühnenöffnung durch einen feuerbeständigen Vorhang gesichert werde, sowie daß für jeden Rang mindestens zwei Treppen vorgesehen werden. Die neueren Theater sind bereits auf Grund dieser Verord- nungen angelegt, bei den älteren wurden durch Adaptierungen die geforderten Sicherungen nach Tunlichkeit bewerkstelligt.

K. k. Hof-Operntheater (Abb. 477, 478).

Die Ausführung des Theaters wurde als Ergebnis eines im Jahre 1860 ausgeschriebenen Wettbewerbes den Architekten van der Null und Siccardsburg übertragen und schon Ende 1861 in Angriff genommen. Es war der erste der aus dem Wiener Stadterweiterungsfonds be- strittenen Monumentalbauten. Der Grundriß überrascht durch die klare, wenn auch völlig ein- geschachtelte Treppenanlage. In der Mittelachse liegen die große Prachttreppe, zu beiden Seiten die Galerietreppen und am Proszenium die beiden Treppen für die Hoflogen. Als Meister ihrer Kunst zeigten sich die Architekten in der gewählten Formensprache. Die äußere Architektur mit der vor das Foyer gelegten Loggia (mit Fresken von Schwind) übt eine ent- zückende Wirkung auf den Beschauer aus und die Architektur des Zuschauerraumes ist von mustergültiger Vornehmheit. Am 15. Mai 1869 wurde das Theater mit einer Vorstellung des „Don Juan" eröffnet; doch keiner von den beiden Architekten erlebte diesen Ehrentag, da beide kurz nacheinander im Jahre 1868 aus dem Leben gegangen waren. Mit der Vollendung des begonnenen Werkes betraute man ihre Schüler Gugitz und Storck, die schon vom Be- ginne an bei dem Bau beschäftigt waren.

Das Theater nimmt eine Fläche von zirka 11.000 m2 in Anspruch, wovon etwa 8000 m'2 überbaut sind; es enthält eine Hoffestloge, zwei Hoflogen im Parterre und zwei Hoflogen im ersten Stocke, ferner in vier Rängen 92 Logen für das Publikum und zwei Theaterlogen. Der Fassungsraum beträgt (einschließlich der Publikumslogen und Stehplätze) im Parterre und Parkett 786 Plätze, im ersten Range (Logen) 104 Plätze, im zweiten Range (Logen) 104, im dritten Range 545 Plätze, im vierten Range 724, im ganzen 2263 Plätze.

Der Raum der Bühne stellt nahezu einen Würfel dar, dessen Abmessungen nach der Tiefe und Höhe 25 m und nach der Breite 2950 m betragen. Die mit einem direkten Ausgange und einer Pferderampe versehene Hinterbühne hat 1350 m Breite, 24 m Tiefe und 1150 m Höhe. Über derselben liegt der große Malersaal. Die Unterbühne hat vier Geschosse mit zu- sammen zirka ll-60m Höhe. Die Bühne hat noch durchgehends hölzernen Einbau und eben- solche Ober- und Untermaschinerie mit Handbetrieb; der hier zum ersten Male ausgeführte Versuch, die Dampfkraft für die Bewegung der Maschinerie zu benützen, wurde bald wieder aufgegeben. Gegenwärtig ist man damit beschäftigt, die hölzerne Bühnenuntermaschinerie zu entfernen und durch eine in Eisen konstruierte zu ersetzen.

Für den leichten Betrieb der Bühnendekorationen sind vier sehr geräumige Dekorations- magazine, jedes von zirka 30 m Länge, 12 m Breite und 12 m Höhe innerhalb des Gebäudes angelegt. Sie liegen je zwei zu jeder Seite der Hinterbühne, zwei davon auf der Kellersohle und zwei in Bühnenhöhe, die beiden ersteren sowie eines der letzteren dienen als Depots für Kulissen und Versatzstücke, das vierte als Prospektmagazin. Das letztere bietet auf 72 Konsolen- reihen Raum zur Aufbewahrung von zirka 450 Prospektrollen. Um den Bühnenraum ist in allen Stockwerken ein 2 m breiter Gang geführt, welcher sowohl der Feuerwehr für Löschzwecke, als auch dem Bühnenpersonal dient. An diesem Gange liegen auf jeder Seite zwei mit Tages- licht versehene, durch alle Stockwerke gehende Treppen, welche ihrerseits mit einem in das Freie führenden Gange und durch diesen auch mit den für das Bühnenpersonal bestimmten seitlichen Unterfahrten in Verbindung stehen. Bemerkenswert ist die durch Prof. Böhm angelegte Heizungs- und Lüftungsanlage, die für die späteren Theaterbauten vielfach als Vorbild diente.

') Slatthaltereiverordnung vom 1. Juli IS

328

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

Die den Zuschauerraum umgebenden, dem Verkehre des Publikums dienenden Eingangs- und Nebenräume sind groß bemessen und von besonderer Vornehmheit. An den Plastiken des Äußeren waren beteiligt die Bildhauer: Hähnel (Pegasuse), F. Schönthaler (Ornamentik). H. Gasser (Brunnenfiguren). Im Inneren waren tätig die Bildhauer: Cesar, Ferrari, J. Gasser, F. Hampel, A. Kiesling, Otto König, Lavigne, J. Pokorny, Preleuthner, Radnitzky u. a.; ferner die Maler: Bitterlich, Dobiaschofsky, Rieser, Engerth, C. Geiger, Griepenkerl, A. Isella, Laufberger, Madjera, Rahl, Schwind, Sturm, Swoboda, Zimmermann u. a. Die Baukosten betrugen rund 12,000.000 K.1)

K. k. Hof- Burgtheater (Abb. 479 bis 481).

Ebenso wie das Hof-Opernhaus ist auch das Hof-Burgtheater aus den Mitteln des Stadt- erweiterungsfonds erbaut worden und ebenso wie jenem haftet auch seiner Geschichte eine gewisse Tragik an. Der Bau wurde nach den Plänen K. von Hasenauers und Sempers in den Jahren 1880 1886 ausgeführt. Die Grundrißlösung ist von Semper bemerkenswert beein- flußt; sie bildet ein Kompromiß zwischen dem Dresdener Hoftheater und dem Entwurf des Richard Wagner-Festspielhauses in München, wo zum ersten Male die seitlichen Flügelbauten auftreten. Im Hof-Burgtheater sind die Galerietreppen in der zwischen Zuschauerhaus und Vestibül liegenden Zone eingebaut, wählend die Logentreppen von gedeckten Unterfahrten und bis zur Höhe des Parketts führend in den seitlichen Flügelbauten angelegt sind. Die fest- liche Architektur der Treppenaufgänge und Foyerräume, die Hasenauers Hand erkennen läßt, zeigt eine solche Fülle gediegener Pracht, die noch in keinem Theater erreicht wurde. Die Außenarchitektur ist in italienischer Hochrenaissance durchgeführt. Die kräftige Architektur der segmentförmigen Vorderfassade wird durch gelungene Skulpturen von Tilgner und Weyr, welch letzterer den reizend modellierten Bacchantenfries auf der Attika ausführte, wirkungsvoll unter- stützt. Die Aichitektur im Inneren ist ebenfalls in reichster und, unter Anwendung verschiedener edler Marmorgattungen, monumentaler Weise zum Ausdruck gebracht. Während die archi-

Abb. 479.

Hof-Burgtheatcr.

Grundriß des ersten Ranges.

1 : 1000.

tektonische Ausschmückung des Vestibüls und der Galerietreppen in einfacher Renaissance durchgeführt ist, steigert sich die Pracht und der Reichtum bis zum Kern der Bauanlage, dem

') Wiener Monumentalbauten. Verlag von Lehmann & Wcntzel. W i nk 1 er, Technischer Führer durch Wien. Sicca rdsburg. Wiener Bauhütte. Allgemeine Bauzeitung. 1S78.

Theatergebäude.

329

Abb. 4S0. Hof-Burgtheater.

Zuschauerräume, der im Louis XVI.- Stil in vornehmster Weise durchgeführt ist. Sowohl die großen Foyers als auch die Logentreppenhäuser sind durch Skulpturen von Benk, Tilgner u. a. sowie Plafondgemälde von Charlemont und Hynais, Matsch und Klimt geschmückt.

Die Erfüllung des gegebenen Bauprogrammes hatte Verhältnisse für Bühne und Zu- schauerraum zur Folge, welche von berufener Seite wie auch von Laien vielfach getadelt wurden. Das Haus sollte für eine relativ große Besucherzahl bequem Raum bieten und sowohl für das sogenannte intime Genre, also für Schauspiel, Salon- oder Konversationsstück, als auch zugleich für das große, alle Mittel einer vornehmen Bühne aufbietende Drama sich eignen; Bedingungen, die nicht gut zu vereinigen sind.

Der Zuschauerraum faßt: im Parkett 292 Plätze, im Parterre (Sperrsitze und Stehplätze) 224 Plätze, in den Logen des Parterres, des ersten, zweiten und dritten Ranges 352 Plätze, in dem dritten Range in der Mitte (Sperrsitze und Stehplätze) 150 Plätze, in dem vierten Range (Sperrsitze und Stehplätze) 514 Plätze, im ganzen 1532 Plätze. Bei besonderen Anlässen sollen bis zu 1700 Personen Platz finden. Diese Zahl beweist noch nicht, daß das Theater für seine Zwecke zu groß angelegt sei, denn andere Wiener Theater, welche gleich dem Hof-Burg- theater ausschließlich das Schauspiel pflegen, haben ungefähr dasselbe Fassungsvermögen; aber ein Nachteil des neuen Hof-Burgtheaters als Schauspielhaus liegt vor allem in der zu großen Höhe seines: Saales. In der Tat befindet sich der höchstgelegene Platz des vierten Ranges 16 m über dem Podium der Bühne, bei einer Entfernung von 32 m von der Vorhangs- linie. Die mit durchgehends eisernem Einbau versehene Bühne ist 3080 m breit, 2095 m tief und 27-90 m hoch. Die Hinterbühne ist 12 m breit, 10 50 m tief und ll'50m hoch; die Unter- bühne hat vier Geschosse mit einer Gesamthöhe von 11 60 m. Der hydraulich bewegten Bühnenmaschinerie liegt das „Asphalaia-System", wenn auch in wesentlich modifizierter und ausgebildeter Form, zugrunde; in ihren Leistungen ist sie allen Anforderungen gewachsen. Für die Dekorationen ist ein eigenes Magazin außerhalb des Gebäudes angelegt, so daß im Theater selbst nur das Notwendigste aufbewahrt wird. Im Jahre 1898 wurde durch Emil R. von Förster eine Rekonstruktion des Zuschauerraumes durchgeführt, die im wesentlichen die Beseitigung seiner Lyraform bezweckte.1) Im allgemeinen kann diese Rekonstruktion wohl als eine Verbesserung angesehen werden, indem dadurch ein besseres Sehen in den vorderen Logen und eine kleine Vermehrung der Parkettsitze erreicht wurde; eine radikale Abhilfe der

') Der beigegebene Grundriß zeigt noch die ursprüngliche Form.

330

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

bestehenden Mängel ist damit aber nicht erreicht worden, belaufen sich auf zirka 9.000.000 K. ')

Die Kosten des Hof-Bur^theaterbaues

Das Theater an der Wien, VI., Magdalenenstraße 8 (Abb. 482 und 490),

wurde in den Jahren 1797 1801 erbaut. Auf Veranlassung des Direktors Fr. Pokorny erfuhr dasselbe 1845 durch C. Latzel eine Umgestaltung, indem gleichzeitig die Versenkung unter der Bühne, die Meißner-Heizung und die Gasbeleuchtung eingerichtet wurden. Das Papageno-Portal bei dem Eingang zu den Logen in der Millöckcr- gassc stammt noch aus der Zeit der ersten Anlage her. Das Audi- torium hat außer dem Parterre noch drei Ränge. Der Fassungs- raum beträgt 1336 Per- sonen, die sich auf 26 Logen, 930 Sperr- sitze, 90 unnumerierte Sitzplätze und 212 Steh- plätze verteilen. Im Jahre 1883 wurde das Theatergebäude mit ei- ner Warmluftheizung und einer Ventilations- einrichtung versehen. Die ziemlich geräumige Bühne besitzt eine Pro- szeniumsöffnung von 1 4-5 m Breite. Die Bühne und die Künstlergarde- roben wurden 1904 mit einer Niederdruck- dampfheizung versehen. Das Theater ist seither wiederholt re- konstruiert worden; so wurde im Jahre 1900 die vierte Galerie ent- fernt und im Jahre 1902 an Stelle des Vorder- hauses ein neues, vier Stock hohes Zinshaus nach der. Plänen der Architekten Fellner und

Helmer ausgeführt. Abb. 4SI. Hof-Burgtheater. Große Logentreppe.

Das Carl-Theater, II., Praterstraße 31 (Abb. 483 und 491).

Das früher an dieser Stelle bestandene Theatergebäude wurde im Jahre 1847 abgetragen und der Neubau nach den Plänen der Architekten Siccardsburg und van der Null binnen der erstaunlich kurzen Zeit von sechs Monaten von Direktor Carl (Karl Bernbrunn) ausgeführt und am 10. Dezember desselben Jahres als „Carl-Theater" eröffnet.

Der Zuschauerraum wurde im Jahre 1895 unter Direktor Jauner nach den Plänen des Architekten Weymann umgestaltet, wobei der vierte Rang entfernt und eine neue Decke her- gestellt wurde. Das Theater ist seit dem Jahre 1883 mit einer Heißwasserheizung und

') Sem per, Theater. Handbuch der Architektur. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S88.

Tlicatcrgcbäude.

331

Abb. 482. Theater an der Wien. Parterre. 1 : 1000.

Abb. 483. Carl-Theater. Parterre. 1:1000.

Abb. 485. Lustspieltheater im Prater. Parterre. 1:1000.

Abb. 487. Raimund-Theater. Parterre. 1:1000.

Abb. 486. Deutsches Volkstheater. Parterre. 1:1000.

Abb. 489. Bürgertheater. Parterre. 1:1000.

Abb. 488. Jubiläumstheater. Parterre. 1:1000.

332

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

Abb. 490. Theater an der Wien. Vorderhaus.

Pratcrstraße.

Ventilationscinrichtung verschen und seit 1895 elektrisch beleuchtet. Aus sicher- heits- und feuerpolizeilichen Rücksichten wurden im Jahre 1904 sämtliche Stiegen- häuser des Zuschauerraumes umgebaut und die Ausgänge abgeändert und ver- bessert. Der Fassungsraum beträgt derzeit 1107 Personen, die sich auf 31 Logen und 967 Sperrsitze verteilen. Die in archi- tektonischer Beziehung bescheidene Fas- sade zeigt in der Front sieben vorzüglich ausgeführte Figuren von Hans Gasser. welche Allegorien der im Hause selbst dargestellten Genres darstellen. Diese Fi- guren gehören zu den ersten Arbeiten des berühmten Künstlers.

Von älteren Theatern sind noch zu erwähnen das aus dem Jahre 1788 stam- mende, von dem Schauspieler Karl Mayer erbaute

Theater in der Josef stadt, VIII., Josef- städterstraße 26 (Abb. 484),

welches in einer Häusergruppe eingebaut und dessen Bühne von der Piaristengasse zugänglich ist. Es wurde wiederholt Um- gestaltungen unterzogen, um die Feuer- sicherheit zu erhöhen und dem Publikum ein rasches Verlassen des Hauses zu er- möglichen. Gegenwärtig besitzt dasselbe einen Fassungsraum von 805 Personen, die sich auf Parterre und zwei Ränge verteilen.

Das Lustspieltheater im Prater

(Abb. 485 und 492),

von Direktor Fürst als Holzbau aufgeführt, wurde 1898 einer gründlichen Umgestal- tung unterzogen, wobei die hölzernen Umfassungswände und Treppen durch feuersichere ersetzt wurden. Das Theater faßt derzeit 783 Personen.

Das Deutsche Volkstheater

(Abb. 486 und 493).

Da der Wiederaufbau des abge- brannten Stadttheaters wegen der Bedin- gung des neuen Theatergesetzes, daß die Theater von allen Seiten freistehend sein müssen, ausgeschlossen war, tat sich eine Anzahl von Bürgern zusammen, um unter der Mitwirkung weiterer Kreise der Bürger- schaft ein den modernen Anforderungen entsprechendes Theater zu schaffen. Die Durchführung dieser Idee wurde jedoch

Theatergebäude.

333

Abb. 492. Lustspieltheater im Prater.

erst ermöglicht, als der Kaiser gestattete, daß dem Unternehmen der dem Stadterweiterungs- fonds gehörige, Ecke Burggasse und Lasten- straße gelegene Platz zu einem äußerst billi- gen Preise überlassen werde. Mit der Ver- fassung der Pläne und

der Bauausführung wurden die Architekten Fellner und Helmer be- traut; die denselben zur Verfügung gestellten Mittel (900.000 K) wa- ren allerdings mit Rück- sicht auf den geforder- ten Fassungsraum von zirka 2000 Personen

klein, aber trotzdem gelang es den Architekten, einen Saal zu schaffen, in welchem das Publikum sich behaglich fühlt und aus welchem es von jedem Platze bequem und leicht ins Freie gelangen kann. Da dieses Theater einen neuen Typus schuf, der dann zahlreiche Nach- ahmungen fand, wollen wir es etwas ausführlicher besprechen.

Mit Rücksicht darauf, daß dieses Haus für das große Publikum bestimmt ist, wurde es hauptsächlich mit Sperrsitzen und teilweise mit Stehplätzen, sehr spärlich aber mit Logen ausgestattet. Das Haus bietet Raum für 32 Logen, 1223 Sitzplätze und 645 Stehplätze.

Von einem durch fünf Türen zugänglichen Hauptvestibüle gelangt man durch drei Türen in den rund um den Saal geführten, 2-50 m breiten Parkettkorridor, während zwei geradarmige, breite Treppen zur ersten Galerie führen. Das Parkettpublikum tritt von den Garderoben durch 15 Türen in das Parterre des Zuschauerraumes. Das Parterre faßt bei aufgelassenem Orchester 847, bei normalem Orchester 829 und bei verstärktem Orchester 781 Personen, wobei in allen drei Fällen 10 Personen auf zwei Logen und 301 Personen auf Stehplätze entfallen. Beim Verlassen des Hauses können die Besucher des Hauses durch neun Türen direkt ins Freie gelangen.

Auf der ersten Galerie führen Seitentüren zu den 317 in elf Reihen angeordneten Balkon- sitzen. Auch das Logenpublikum kann im Gefahrsfalle direkt von den Treppen durch kleine Vestibüls seitlich ins Freie gelangen. Durch zwei seitliche kleine Vestibüls erreicht man über zwei Treppen den zweiten Rang, welchem ein zirka 40 m langes und 7 m breites Foyer mit Garderobe und zwei Büffets vorgelegt sind. Von diesem Foyer führen sieben Türen zu den in zehn Reihen angebrachten 348 Sperrsitzen und 202 Stehplätzen; dieses Publikum kann überdies zu beiden Seiten des Hauses durch vier Türen zu je zwei großen, offenen Terrassen gelangen, welche eine Verbindung mit der Galerietreppe haben.

Das Auditorium zeigt statt des zylinderartigen, hohen Zuschauerraumes einen mehr saalartig entwickelten Raum, von welchem aus die Besucher in flacherem Sehwinkel die Szene und den Schauspieler mehr vor als unter sich sehen. Die Ausschmückung des Saales ist in leichtem Barockstil gehalten, Weiß in Gold, mit hellroten Draperien und Rückwänden. Wände und Saaldecke sind mit figuralem Schmuck von Friedl, die Saaldecke mit zwei großen Bildern von Veith geschmückt, der auch das Gemälde des Hauptvorhanges vor der 13-50 m breiten Proszeniumsöffnung ausführte. Zum feuersicheren Abschlüsse der Bühne ist eine doppelwandige, hydraulisch von der Bühne und dem äußeren Bühnenkorridor aus zu betätigende Eisenkurtine vorgesehen. Die Bühne hat eine Breite von 20 m und samt Hinterbühne eine Tiefe von 157 m. Die Bühneneinrichtung ist durchwegs in Eisen ausgeführt. Die Beheizung erfolgt seit 1905 durch eine Dampfniederdruckheizanlage, während die Lüftung, welche dem Hause stündlich 40.000 m3 Luft zuführt, durch einen Gasmotor mit Pulsator im Keller und Exhaustor am Dachboden betätigt wird.

334

ücbäudc für Vergnügungen und Sport.

Abb. 493. Deutsches Volkstheater.

Für die Fassadenarchitektur wurde die italienische Renaissance gewählt. Vor dem Theater erhebt sich das von Fr. Vogl ausgeführte Raimund-Denkmal.1)

Das Raimund-Theater, VI., Wallgasse (Abb. 487, 494 und 495).

Dieses von einem Vereine gegründete und nach den Plänen des Architekten Franz Roth erbaute Theater wurde Ende November 1893 nach zirka zehnmonatlicher Bauzeit eröffnet. Wie der Grundriß, dem das System Asphaleia zugrunde liegt, zeigt, ist der Korridor des Zu- schauerraumes in zwei Zonen geteilt. Die eine bildet das 6 m breite Vestibül und die Kleider- ablage, ist taghell und hat neben dem Hauptzugange noch zwei auf die Straße führende Aus- gänge; neben diesen haben die beiden zum ersten Range führenden Treppenarme ihre Zu- gangstüren. Die andere Zone besteht aus den beiden schmalen „Korridoren". Durch diese Verschmälerung war es möglich, die aus sich kreuzenden Armen gebildeten Doppeltreppen für den ersten und zweiten Rang anzugliedern.

Der Zuschauerraum besteht aus Parkett, erstem und zweitem Range. Nur im ersten und zweiten Range sind je zwei Proszeniumslogen angeordnet; als sich später das Bedürfnis nach mehr Logen ergab, wurden im ersten Range noch einige offene Logen eingebaut. Der erste Rang ist stark über das Parkett vorgebaut und die Decke des Zuschauerraumes muschelförmig gestaltet, welche Form sich als gut akustisch erwiesen hat.

Das Haus faßt 1641 Personen. Davon entfallen 690 auf das Parkett, 453 auf den ersten und 498 auf den zweiten Rang. Die große Anzahl Parkettsitze wurde dadurch erzielt, daß auch das Orchester in einer Tiefe von viereinhalb Reihen überbaut wurde. Das Bühnenhaus ist wohl zufolge des geringen Ausmaßes der Baustelle gleichfalls aufs äußerste eingeschränkt und entbehrt infolge der Forderung, daß das Theatergebäude mindestens 15 m von dem Nach- barobjekte entfernt sein muß, einer Hinterbühne.2)

') Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1888.

*) Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1893. Sem per. Handbuch der Architektur.

Theatergebäude.

335

Abb. 494. Raimund-Theater. Schnitt. 1:600.

Das Kaiser-Jubiläums-Stadttheater, IX., Währinger Gürtel (Abb. 488 und 496).

Das gleichfalls von einer Vereinigung Wiener Bürger nach den Plänen der Architekten Franz Freiherrn von Krauß und Alex. Graf ausgeführte Theater wurde am 14. Dezember 1898 nach zehnmonatlicher Bauzeit eröffnet. Die Form des Bauplatzes, ein unregelmäßiges Viereck, dessen längste Seite 74-37 m, dessen kürzeste 38-S5 m betrug, war keine sehr günstige zu nennen; die Situicrung mit der Hauptfront stadtwärts ist wohl die einzig richtige, weil die Form des Theatergrundrisses, der naturgemäß sich nach rückwärts verbreitert, nur so auf dem Bauplatze unterzu- bringen war. Die hierdurch bedingte diagonale Stellung des Gebäudes, die fast ganz ohne Rücksicht auf die Straßenfluchten gewählt wurde denn nur in der Fuchsthaller- gasse steht die Front in der Bau- linie — fällt allerdings unangenehm auf. Eine ziemliche Schwierigkeit boten auch die ungünstigen Niveau- verhältnisse: Ein Höhenunterschied von 2-68 m in der zur Achse des Gebäudes senkrechten Richtung bedingte eine verschiedene Lösung der Ausgänge und Stiegenanlage rechts und links.

Die Zweiteilung des Gebäudes in Zu- schauerhaus und Büh- nenhaus kommt schon im Äußeren klar zur Geltung. Ersteres nach vorne in runder Grund- rißform und von ge- ringer Höhenentwick- lung, umgeben von den durch weite Fensterach- sen charakterisierten, wenig geteilten Räumen, die Vestibüls, Foyers, Zusehergarderoben ent- haltend, steht im Ge- gensatze zum mächtig auftretenden rechtecki- gen Bühnenhause, das von mehrgeschossigen Bauteilen mit kleiner Fensterachsenstellung und kleinen Fensteröff- nungen umgeben wird.

Die Bauherren wünschten einerseits den deutschen Charakter des Volksschauspielhauses durch Anwendung der deutschen Renaissance zum Ausdruck gebracht, anderseits eine von dem bisher Üblichen möglichst abweichende Erscheinung; so entstand die an die italienische Frührenaissance sich anlehnende Fassade. An figuralem Schmuck weist das Gebäude zwei

Abb. 495. Raimund-Theater.

336

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

Ritterfiguren und zwei Puttigcstalten von Schimkowitz, ein Kaiserporträt von E. von Hoffmann, sowie zwölf Rcliefbilder von P. Leiseck auf.

Die innere Raumeinteilung des Hauses ist im wesentlichen die des Deutschen Volks- theaters, nur sind die Dimensionen fast durchgehends größer. Das Hauptvestibül, 1320 m auf 8'60 m groß, öffnet sich durch fünf Türen nach außen und fünf Öffnungen nach innen, von denen zwei zu den Stiegen zum ersten Range, drei in das Parterre führen. Ein 260 m breiter Kommunikationsgang umgibt den Zuschauerraum und steht rechts und links durch je vier Öffnungen mit den Garderoben in unmittelbarer Verbindung. Zu beiden Seiten der Garde- roben sind wieder Ausgänge angeordnet, von denen zwei direkt ins Freie führen, während zwei außerdem durch die Logenstiegen eine zweite Verbindung mit den oberen Rängen her- stellen. Aus dem Zuschauerräume führen im Parterre acht Türen auf den Korridor und zwei (als Notausgangstüren) direkt ins Freie. Die Zahl der Ausgänge vom Zuschauerraum auf die Straße beträgt 13. Das Auditorium selbst zerfällt in das Logenproszenium und das Amphi- theater. In ersterem sind im Parterre, Balkon, ersten und zweiten Range beiderseits je fünf Logen ä fünf Personen, also zusammen wenn die Hofloge nicht mitgerechnet wird 39 Logen mit 195 Personen untergebracht. Parterre und Parkett enthalten, in fünf Blocks

Abb. 496. Kaiser-Jubiläums-Stadttheater.

verteilt, 758 Sitze. Die erste Galerie, welche drei Ausgänge besitzt, überbaut das Parterre auf zirka 7 m Breite und enthält, in drei Blocks verteilt, 344 Plätze. Die zweite Galerie, mit sieben Ausgängen, besitzt, in vier Blocks eingeteilt, 540 Plätze. Das Haus faßt somit insgesamt 1837 Personen. Alle Sitze sind so angelegt, daß man auch von den schlech- testen Plätzen fast die ganze Bühne übersehen kann; um dies zu erreichen, wurden die Brüstungen der Galerie von der Mitte weg fallend konstruiert, die Sitzreihen hin- gegen steigend. Die Bühne ist 22-6 m breit und 135 m tief, die Hinterbühne 11 m breit und 6 m tief. ')

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S99. Der Architekt. 1S9S.

Tlicatcrocbiiudc.

337

Das Wiener Bürgertheater, III., Vordere Zollamtsstraße (Abb. 489 und 497).

Das jüngste der Wiener Theater, das am 7. Dezember 1905 eröffnete Wiener Bürger- theater wurde nach den Plänen der Architekten Franz Freiherrn von Krauß und Jos. Tölk er- baut. Es ist samt dem nebenanstehenden Zinshause „Bürgerhof" Eigentum der Bauunternehmer Lederer & Schweinburg. Die zwischen beiden Gebäuden liegende, im Privatbesitze verbliebene, 15 m breite Straße wurde im Untergrunde teilweise für die Anlage eines Dekorationsmagazines ausgenützt. Das Theatergebäude bedeckt eine Fläche von 1592 m'-; die größte Länge beträgt 5P57m, die größte Breite 33 m. Die gegen den Wienfluß gerichtete Hauptfassade ist segment- förmig ausgebaucht. Der fünfachsige Mittelrisalit entspricht der Breite des Vestibüls. Die im Parterre mäßig, im ersten Stocke bedeutend zurücktretenden Teile zu beiden Seiten dieses Risalits enthalten die Treppen zu den Rängen. An den Seitenfassaden sind die Nebenräume des Zuschauerraumes, die Kleiderablagen u. s. w., in drei Geschossen, die oberen über den unteren zurücktretend, also Terrassen bildend, zu erkennen. Die Hauptfassade zeigt drei Reliefs von Elena Luksch-Makowsky in farbig glasiertem Steinzeug ausgeführt und zwei Kolossal- figuren in Kunststeinmasse von Bildhauer G. Leiseck. Die innere Einteilung weicht von dem Typus des Deutschen Volkstheaters nicht wesentlich ab. Fünf Türen führen in das 7-8 m tiefe und im Mittel 15 m breite Vestibül, von wo sich die Besucher durch sieben Öffnungen in das Parterre und die Ränge verteilen. Zu jedem Range führen je zwei voneinander voll- ständig getrennte, je 22 m breite Treppen. Die Treppen des zweiten Ranges haben direkten Aus- gang auf die Straße. Auch aus dem Parterre gelangt man durch vier Ausgänge direkt ins Freie, ohne das Vestibül betreten zu müssen. Hierzu kommt noch ein separierter Zugang zur Hof- loge und drei Türen aus den Bühnentrakten, so daß im ganzen 15 Ausgänge vorhanden sind. Die Kleiderablagen sind im Par- terre und im ersten Range beider- seits des Zuschauerraumes, im zweiten Range vor demselben angeordnet. Im ersten Range be- findet sich über dem Vestibül das Foyer und Büffet, von dem zwei Terrassen bei schönem Wet- ter als Erholungsort, im Falle der Gefahr als Zufluchtsstätte erreichbar sind. Solche Terras- sen sind auch von dem Logen- gange im zweiten Range und von der großen Kleiderablage der zweiten Galerie zugänglich. Der Zuschauerraum selbst hat eine größte Breite von 18 m, eine größte Tiefe von 24-5 m und eine größte Höhe von 15 m. Er

faßt außer der Hofloge Abb. 497. Wiener Bürgertheater.

1238 Personen, die sich folgen- dermaßen verteilen: Im Parterre 418 Sitzplätze und 136 Stehplätze; im ersten Range 246 Sitzplätze, im zweiten Range 372 Sitzplätze und 66 Stehplätze. Die Sitze haben eine durchschnittliche Breite von 555 cm und sind 75 cm bis 72'5 cm tief. Im Parterre führen nebst den Logentüren neun, im ersten Range zwei, im zweiten Range fünf Ausgänge aus dem Zuschauerräume. Die Proszeniums- öffnung ist 10 m breit und 67 m im Lichten hoch. Die Decke des Zuschauerraumes steigt nach rückwärts derart an, daß der Scheitel sich bis 4-5 m über den Proszeniumslogen erhebt. Der Zuschauerraum ist an der Proszeniumswand durch ein Gemälde von E. Veith und über den Logen durch Lunettenbilder von G. Bauer geschmückt. Sämtliche Deckenkonstruktionen im Zuschauertrakte sind aus armiertem Beton ausgeführt. Für die Stiegen kamen mit Aus- nahme der in den ersten Rang führenden, die aus Karstmarmor bestehen durchwegs eisen-

Bd. II. 22

338

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

armierte Betonstufen zur Verwendung, welche aber auf Anordnung der Behörde unterwölbt werden mußten. Die Bühne ist 19'30m breit, 15 m tief und, von der Unterbühnensohle bis zum Rollenboden gemessen, 26 m hoch. Eine Hinterbühne ist nicht vorhanden. Die gesamte Bühneneinrichtung wurde nach den Plänen des k. u. k. Hofbühneninspektors F. B. Bretschneider durchaus in Eisen, und zwar für Handbetrieb konstruiert. An der rückwärtigen Bühnenmauer ist am Dache eine Abzugsesse für die Rauchgase angebracht, die 7: 2*40 m groß ist und somit über fünf Prozent der Bühnengrundfläche einnimmt. Die Beheizung des ganzen Hauses erfolgt durch eine Niederdruckdampfheizung mit zentraler Kesselanlage. Der Bau samt innerer Ein- richtung wurde in der kurzen Zeit von zirka sieben Monaten durchgeführt; die Kosten des- selben sind bisher nicht bekannt geworden.1)

Xach Mitteilungen des Oberbaurates H. Helmer, des Architekten Franz Freiherrn von Krauß u. a.

bearbeitet von P. Kortz.

II. SPEZIALITÄTEN-THEATER- UND ZIRKUSGEBÄUDE.

Erst in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden die Spezialitäten-Theater, die mit ihren rasch wechselnden verschiedenartigsten Schaubietungen der leichten Muse dienen und dem Zuschauer die Möglichkeit bieten, sich gleichzeitig an dem Genüsse der heiteren Darstellungen, sowie an Speise, Trank und Zigarre zu erfreuen. So wenig prätentiös wie ihre Muse ist mitunter auch die Baukunst, die ihr das Heim bereitet. Nur das Apollotheater ist von vorneherein als Spezialitätenbühne gebaut, während das Orpheum aus dem 1864 1865 erbauten Harmonietheater, das Etablissement Ronacher aus dem 1884 niedergebrannten Stadttheater und das Colosseum aus einem als Vergnügungsetablissement großen Stiles gedachten Saalbau durch spätere Umbauten ihrem jetzigen Zwecke dienstbar gemacht wurden.

Das Orpheum, IX., Wasagasse (Abb. 499).

Das Orpheum wurde 1864—1865 von dem Architekten Otto Wagner als Theater er- baut und führte bis 1868 den Namen Harmonietheater; von da an heißt es Orpheum. Viele Veränderungen mußte es über sich ergehen lassen, bis es endlich durch die letzten, vom Architekten H. Dwofak durchgeführten umfassenden Rekonstruktionen den modernen Sicher- heitsforderungen ange- paßt wurde. Von der geräumigen Vorhalle im Erdgeschoß führt eine bequeme Treppe in den stockhoch lie- genden rechteckigen Zuschauerraum von 18-2 m Breite und 207 m Länge. Eine Logengalerie mit da- hinterliegendem Pro- menoir umschließt, auf schlanken Stützen ru- hend, auf drei Seiten den Saal und darüber wurde 1900 durch Hin- ausrücken der rück- wärtigen Saalwand eine zweite Galeric mit stark ansteigenden Sitzreihen geschaffen. Das Haus

WMM

Abb. 49S

inent Ronacher im I. Bezirke.

') Zeitschrift des öster- reichischen Ingenieur- und Ar- chitekten-Vereines. 1906, Nr. 1.

Spc/.ialitätcn-Thcatcr- und Zirkusgebaudc.

339

Abb. 499. Orpheum. Parterre. 1:1000.

V Vestibül. Z Zuschauerraum. B Bühne. R Restaurant. Abb. 502." Apollo-Variete. Parterre. 1:1000.

V Vestibül. Z Zuschauerraum. BS Ballsal. R Restaurant. Abb. 500. Etablissement Ronacher. Mezzanin. 1:1000.

Abb. 501.

Colosseum. Ebenerd.

1:1000.

A Zuschauerraum. B Deutscher Saal. G. Geschäftslokale.

Abb. 503. Zirkus Renz. Parterre. 1:1000.

Abb. 504. Zirkus Busch. Parterre. 1:1000.

22*

340

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

bietet einen Fassungsraum für 1 120 Personen. Die ursprüng- liche Holzkonstruktion der Logengalerie wurde 1900 durch eine Monier-Konstruk- tion ersetzt und die Saaldecke in Rabitzputz erneuert. Als Foyer und Wintergarten wer- den früher zu Wohnzwecken verwendete Räumlichkeiten im etsten Stocke des Gassen- traktes benützt. Durch wieder- holte Adaptierungen wurden Logen- und Galeriestiegen, Garderoben und erst 1904 mittels Tunnels unter dem Saal ein neuer Ein- und Aus- gang und eine Stiege zu der Logengalerie hergestellt. Auch die Bühne erhielt im Laufe der Zeit eine Hinterbühne, einen Garderobetrakt, Magazine und über dem Stiegenhaus einen kleinen Probesaal.1)

Etablissement Ronacher, I.,

Seilerstätte (Abb. 498 und 500).

Auf den Grundmauern des 1884 abgebrannten, von Ferd. Fellner 1871 1872 er- bauten Stadttheaters entstand in den Jahren 1887—1888 das Etablissement Ronacher nach den Plänen von Fellner und Helmer als das erste deutsche Variete. Ein Produk- x tionssaal samt Podium, ein

zweiter großer Ballsaal, in den Gassentiakten des auf drei Seiten freistehenden Hauses, Hotel, Restauration und Kaffeehaus sind mit raffiniertester Raumausnützung zu einem Ganzen ver- einigt. Im Erdgeschosse liegt das Kassenvestibül mit einem Zugang von der Seilerstätte und einer Zufahrt unter dem Rundbau an der Ecke. Der Zuschauerraum faßt im Parkett 719 Per- sonen, besitzt eine Logengalerie mit einer Hofloge und 30 offenen Logen, dahinter Promenade- foyers und einen Wintergarten und über der ersten eine zweite Galerie. An die Bühne schließt sich in gleicher Höhe mit dem Parkett des Produktionssaales ein etwa 1200 Personen Raum bietender Saal an, der für Festlichkeiten, Bälle, Konzerte und ähnliche Zwecke Verwendung findet. Die Wirtschaftsräume, Maschinenanlagen und Küchen sind im Keller angeordnet. Dem- nächst soll durch einen Umbau des Ballsaales Raum geschaffen werden für eine Vergrößerung der Bühne und deren Nebenräumlichkeiten. Die Direktion und Verwaltung ist in dem dreistöckigen Hoteltrakt untergebracht. Der Zuschauerraum ist in heiterem Wiener Barockstil gehalten.

Etablissement „Apollo".

Das Colosseum, IX., Nußdorferstraße (Abb. 501).

Die Saalräumlichkeiten samt der Bühnenanlage des 1899 von dem Architekten Karl Stephann erbauten Colosseums liegen zwischen dem Gassen- und Hoftrakt einer großen Miet- hausanlage und erhielten erst durch spätere Umbauten ihre jetzige Gestalt und Bestimmung.

') Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 18S6. (Hcizungsanlage.)

Spczialitaten-Thcatcr- und Zirkusgebäude. 341

Ursprünglich war der Bau weniger als Produktionssaal denn als Vergnügungsctablissement großen Stiles für Festlichkeiten, Bälle und Konzerte gedacht. Vom Eingangsflur gelangt man an dem Kassenschalter vorüber über eine zweiarmige Stiege nach abwärts in einen Vorraum, der die Garderoben enthält. Daran schließt sich der an drei Seiten von Nebensälen umgebene 60 cm tiefer liegende Hauptsaal. Ungefähr 600 Personen finden in diesem 30 m langen, 18 m breiten und 16 m hohen Saal Platz, während die Nebensäle, die sich in großen Bögen gegen den Hauptsaal öffnen, für Frcmdcnlogcn, Estradesitze und Entreeplätze ausgenützt sind. Der Eingangswand gegenüber lag früher ein Wintergarten, der jedoch später infolge des Bühnen- einbaues aufgelassen wurde. Zwei Stiegenanlagcn, seitlich von der Bühne, führen zu dem über dem ehemaligen Wintergarten gelegenen Galeriesaal, von dem man zu einer den großen Saal auf drei Seiten umgebenden Bogengalerie gelangt. Über dem schmäleren der beiden Nebensäle liegt in gleicher Höhe mit den Logen ein weiterer Saal. Die architektonische Ausgestaltung des Saales entlehnt ihre Formen dem Barockstil, während die Außenseite der ganzen Häusergruppe im Charakter der deutschen Renaissance gehalten ist.1)

Das Apollo-Variete, VI., Gumpendorferstraße (Abb. 502 und 505).

Im Jahre 1904 von dem Architekten Ed. Prandl erbaut, vereinigt die Gebäudeanlage des Apollotheaters das Vergnügungsetablissement, ein Hotel und drei Zinshäuser in sich. Im Inneren der eine Eckparzelle einnehmenden Häusergruppe liegt das Vergnügungsetablissement, das an den Gassenseiten von Wohntrakten umschlossen wird, die in den oberen Geschossen auch teilweise den Raum über dem Zuschauerraum in Anspruch nehmen. Etwas tiefer als das Niveau des an der Ecke befindlichen Vestibüls liegt das Parterre des Zuschauerraumes mit 720 Sitzplätzen und 10 Ausgängen. Vom Kassenvestibül gelangt man über eine 4 m breite Treppe, unter welcher die Garderoben für das Parterre Platz finden, zu dem ersten Range, der, zwischen Parterre und erstem Stocke des Gebäudes liegend, zwölf Logen und 315 Sitzplätze aufweist. Den fast gleichen Fassungsraum bietet auch der in der Höhe des ersten Stockwerkes des Gebäudes befindliche zweite Rang, den man über zwei, gleichfalls von der Eingangshalle ausgehende Stiegen erreicht. Die Bühne ist bei einer Breite von 14 m 15 m tief und 19 m hoch. Nebenräume für das Vergnügungsetablissement, Magazine und Maschinenanlagen finden im Souterrain Platz. Die Umrahmung der Bühnenöffnung ist in Monier-Konstruktion durch- geführt. Da ein Teil des Raumes über dem Zuschauerräume für Wohnzwecke ausgenützt wurde, ruhen die Hofmauern der Wohntrakte auf 2 m hohen, genieteten Kastenträgern von 21 m Spann- weite. Für die architektonische und reiche dekorative Durchbildung des Inneren fanden Barock- motive in freier Auffassung Verwendung, während sich das Äußere von historischer Stiltradition noch weiter entfernt.'2)

Zirkus Renz, II., Zirkusgasse 44 (Abb. 503).

Als erste der ständigen Zirkusanlagen überhaupt wurde der Zirkus im Auftrage E. Renz' 1853 von dem Architekten K. May und dem Baumeister F. Schebek errichtet. Massive Außen- mauern umschlossen im Zwölfeck einen Raum von ungefähr 40 m Durchmesser; der Einbau der Sitzreihen und die Dachkonstruktion war durchwegs von Holz. An der Straßenseite eine Unterfahrt und an der Rückseite ein langgestrecktes Stallgebäude sowie zwei seitliche Stiegen- anlagen mußten den Bedürfnissen des Betriebes genügen. Kurz nach dem Ringtheaterbrande fanden im Jahre 1883 durchgreifende bauliche Umänderungen unter der Leitung des Architekten O. Laske statt. Das Stallgebäude allein blieb unberührt; während die übrigen Teile nach außen und innen völlig verändert wurden. Die ehemalige Außenmauer wurde erhöht und zur Innen- mauer eines den ganzen Zirkus umschließenden, P90 m breiten Verbindungsganges, der nach außen durch eine neue, höhere Umfassungsmauer abgeschlossen wurde. Die Nebenräume für das Publikum erfuhren durch die Anlage eines geräumigen Kassenvestibüls, einer Konditorei, von Aborten und Garderoben eine bedeutende Vergrößerung. Vier neue Stiegenanlagen für den ersten und zweiten Rang, ferner an der Stelle der alten Treppen zwei Notstiegen wurden für die Erhöhung der Sicherheit der Besucher errichtet. Für die Ausgestaltung des Inneren mußte in ausgedehntem Maße von Eisenkonstruktionen Gebrauch gemacht werden, auch der Dachstuhl ist in Eisen ausgeführt. Im ersten Stocke liegt über der Eingangshalle ein Ballett- saal und daran anschließend die stattliche Hofloge mit eigener Treppe. Die Manege mißt

') Wiener Bauindustrie-Zeitung. 1899. 2) Der Bautechniker. 1904.

342

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

Abb. 506. Musikvereinsgebäude.

13 m im Durchmesser. Über den amphitheatralisch ansteigenden Sitzreihen des Parterres ist in der Höhe des ersten Stockes ein Kranz von 40 Logen angeordnet, dahinter ein Gang und der erste Rang mit 7 Sitzreihen, darüber der zweite Rang mit 5 Sitzreihen. Der Zirkus enthält insgesamt 3559 Sitzplätze. Die Gesamthöhe des Innenraumes bis zur Spitze der Laterne beträgt rund 25 m. Für die architektonische Durchbildung der Vorderfront verwendete O. Laske maßvolle Renaissanceformen.

Zirkus Busch, IL, Ausstellungsstraße (Abb. 504).

Das Gebäude wurde im Jahre 1882 im Auftrage der Österreichisch-Belgischen Panorama- Gesellschaft durch den Architekten Franz Ritter von Neumann für ein Panorama erbaut, welchem Zwecke es bis zu dem 1892 nach den Plänen der Architekten Brüder Drexler erfolgten Umbau in einen Zirkus diente. Der Bau ist als Sechzehneck von 39 m Durchmesser

und 15 m Höhe in Eisenfachwerk mit 16 schmiedeeisernen Stützen und da- zwischen ursprünglich 15 cm starken, bei dem Umbau auf 60 cm verstärkten Aus- mauerungen ausgeführt und mit einer laternengekrönten Schwedlerkuppel über- deckt. Die Vorbauten für Kanzlei und In- spektion sind massiv, die Ställe als Riegel- bauprovisorien gebaut. Die Manege mißt 1 34 m im Durchmesser, der Zuschauer- raum vermag in der üblichen amphitheatra- lischen Anordnung mit zwei Galerien, die von Ziegelgewölben zwischen Trägern auf Eisensäulen getragen werden, ungefähr 2600 Personen zu fassen. Außen sind die Stiegenhäuser derart angeordnet, daß jede Treppe durch gegenläufiges Führen der Treppenarme doppelt benutzbar ist. Ein Stall für 190 Pferde sowie eine Probier- manege vervollständigen die Anlage.1)

GC Großer Konzertsaal. KC Kleiner Konzertsaal. G,H Musikcrzimmer.

F Kanzlei, Bibliothek. A Haupttreppen. C Dienststiegen.

Abb. 507

D, E Nebentreppen. Musikvereinsgebäude. Erster Stock.

') Zeitschrift Architekten- Vereines.

des österreichischen 1882.

Ingenieur- und

1 : 800.

Saalbautcn.

343

Abb. 508. Der Kursalon im Stadtpark.

III. SAALBAUTEN.

Der traditionellen Bedeutung Wiens als Musikstadt entsprechen drei nahezu ausschließ- lich der Pflege ernster Tonkunst gewidmete Saalanlagen, das Musikvereinsgebäude, der Bösen- dorfersaal und der Saal Ehrbar; ihre geringe Zahl erklärt sich damit, daß Wien, bald nach- dem man daran ging, für größere Musikaufführungen eigene Bauanlagen zu schaffen, in den beiden Sälen des Musikvereinsgebäudes für die Vorführung der gewaltigsten Klangwirkungen symphonischer Dichtungen und auch der intimeren Reize der Kammermusik in gleicher klassisch vollkommener Weise geeignete Lösungen erhielt. Die übrigen Saalbauten, der Sophien- saal, der Kursalon und das Gebäude der Gartenbaugesellschaft, werden außer für Konzerte auch anderen Zwecken dienstbar gemacht. Daneben bestehen noch eine ganze Anzahl den verschiedensten Bedürfnissen genügender Saalbauten, die hier keine nähere Besprechung finden können.

Das Musikvereins- gebäude, I., Dumba- gasse (Abb. 506, 507).

Auf Grund eines von der Gesellschaft der Musikfreunde aus- geschriebenen Wettbe- werbes wurde in den Jahren 1868—1869

durch Theophil von Hansen auf den von Seiner Majestät dem Kaiser geschenkten

Stadterweiterungsgrün - den in der Nähe der

ehemaligen Mond- scheinbrücke das Ge- bäude errichtet, das Konzerthaus, Konser- vatorium, Vereinshaus und Restauration in

A Entree. V Vestibül. G Garderobe. RG Rundgang. O Orchester. T Terrasse.

GS Großer Saal. KS Kaffeesalon. KK Kaffeeküche. WB Wandelbahn. TH Trinkhalle. V Veranda.

Abb. 509.

Der Kursalon im Stadtpark

Parterre. 1:800.

344

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

••

trefflicher Weise vereinigt; im giebelgekrönten Mittelbau liegt der große, 1896 m breite, 51 20 m lange und 17-6m hohe Saal, in den beiden mit flachen Zinkdächern überdeckten Seitenteilen der kleine Saal links und rechts Geschäftsräume des Vereines sowie die Räume des Konserva- toriums. Die ganze Frontbreite der beiden Seitenteile nehmen zwei geradläufige Prachttreppen

ein, die in das von ionischen Säulen umfriedete Atrium des großen Saales führen. Das mäch- tige Rechteck des Saales besitzt an beiden Langseiten zwei um 110 m über dem Fußboden er- höhte Logenreihen, an der dem Orchester gegenüberliegenden Wand in gleicher Höhe mit den Logen das Stehparterre. In einer Höhe von 6 m über dem Saalboden läuft rings um den Saal eine erste Galerie und an der Eingangsschmalseite bis an die Hauptfront hinausgebaut be- findet sich eine zweite Galerie, welche mit dem Parterre Raum für 2055 Zuhörer bieten; das Orchester, dessen Rückwand das Orgelgehäuse einnimmt, ge- stattet die Mitwirkung von 500 Sängern und Musikern. Das gleißende Gold der Karyatiden, von denen die Galerie an den Langseiten gestützt wird, das tiefe Rot der unteren Wandgründe, über den Galerien die heller, in Giallo antico ähnlichen Tönen gehaltenen, mit Musikerbüsten und goldenen Ornamenten reich geschmückten Wände, darüber an allen vier Seiten ein dem Tageslicht ungehemmten Eintritt gestattender Lichtgaden von 48 Fenstern und als Abschluß nach oben die reich kassettierte gerade Decke im Bronzeton mit den würdevoll posierten Decken- gemälden Eisenmcngers schaffen ein Bild hehrster Festesfreude. Zahlreiche elektrische Beleuch- tungskörper erhöhen den Farbenreiz bei Abendbeleuchtung. Parallel zu dem großen Saale, im linken Seitenteile gelegen, bietet der kleine Saal bei einer Spannweite von ll-43m einen fein gestimmten Raum für Kammermusik und Solovorträge. An beiden Schmalseiten werden die

, vm

1 VD

Hauptsäle.

Annexe.

Komitee.

Terrasse.

Garderobe.

Ti M H

Abb.

510.

Gartenbausäle.

Parterre.

1 : 800.

Abb. 511. Städtisches Restaurationsgebäude im Kinderpark im III. Bezirke.

Saalbauten. 345

Galerien von ionischen Säulen «jetragen, während die Balkone der Langseiten auf Konsolen ruhen. Bei Tage erfolgt die Beleuchtung durch ein Hypäthron in der leicht kassettierten Decke. Nebenräume für das Orchester und die beiden Säle, Galerictrcppcn und Nebentreppen liegen zwischen dem Hauptsaale und den Scitcntrakten, Garderoberäumlichkeiten befinden sich im Erd- geschosse zum Teil unter dem großen Saale, anschließend an die Hauptcingangshalle, und in der Querachse führt von der Seitenstraße her eine Durchfahrt durch das Gebäude. Im rechten Flügel sind die Bibliothek und Geschäftsräume des Vereines, sowie die Lehr- und Übungszimmer des Konservatoriums untergebracht. An der rückwärtigen Front werden Räume vermietet für eine Restauration und Geschäfte. Das Äußere, das jene, Hansen eigentümlichen maßvollen Renaissanceformen zeigt, die man als griechische Renaissance bezeichnet hat, wird in seiner Wirkung bedeutend gesteigert durch den farbigen Reiz des roten Zementputzes und der gold- gründigen Friese. Mit Ausnahme der kleinen Genien von Nowack ist der gesamte Statuen- schmuck, dessen Material größtenteils Terrakotta ist, von Melnitzki. Die Baukosten betrugen samt den Kosten für die innere Einrichtung 1,200.000 k.1)

Der Kursalon im Stadtpark (Abb. 508, 509).

Die Gemeinde Wien erbaute auf dem ihr vom Stadterweiterungsfonds im Jahre 1860 mit der Widmung zur Anlage eines öffentlichen Gartens überlassenen Grund in den Jahren 1865 1867 durch den Architekten Johann Garben einen Saalbau, der vorwiegend Zwecken der Geselligkeit dient. An der einen Schmalseite des Stadtparkes erhebt sich auf einer gegen den Park vorgeschobenen Terrasse in reicher italienischer Renaissance ein Mittelbau mit zwei niedrigeren Flügelbauten. Der Mitteltrakt enthält einen Saal von ungefähr 360 m2 Grundfläche mit einer Orchesternische, an der vom Parke abgewendeten Seite eine Unterfahrt, Vestibül und Garderoben; im ersten Stocke gewährt ein über der Orchesternische durch zwei Treppen zugänglicher, halbrunder Raum einen Überblick über den großen Saal. In dem einen Flügel des Gebäudes befindet sich ein Kaffeesalon mit Vorhalle und Nebenräumen, im anderen die Kurtrinkhalle und Wandelbahn. Küchen, Wirtschaftsräume und Dienerwohnungen sind im Souterrain untergebracht. Die Baukosten erreichten die Höhe von 774.000 K.2)

Gebäude der Gartenbaugesellschaft, I., Parkring (Abb. 510).

Im Auftrage der k. k. Gartenbaugesellschaft erbaute der Architekt August Weber in den Jahren 1863 1864 das Gebäude, vorwiegend für Ausstellungszwecke, doch dienen die Säle auch der Veranstaltung von Bällen, Konzerten und Festversammlungen. Die Mittelachse des Gebäudes wird betont durch einen 14:26-60m großen Saal, der sich mit seinem innen halbrunden, außen polygonalen Schlüsse in den Park hineinschiebt und dem gegen die Ring- straße zu die Eingangshalle mit Kassen und eine Unterfahrt vorgelegt ist. Von dem Haupt- saale durch Galerien, die einen schönen Überblick über die Gesamtanlage gewähren, getrennt sind zwei gleiche, ll-40:20m große Seitensäle, die später durch Zubauten gegen den Park erweitert wurden. Das Souterrain ist für Restaurationszwecke bestimmt. Gegen die Ring- straße zu liegt, von zwei Treppen im Mittelbau erreichbar, im ersten Stocke ein kleinerer Saal, der etwa 200 Personen faßt. Das Äußere zeigt den um jene Zeit in Wien üblichen Stil der italienischen Renaissance.3)

Sophiensaal, III., Marxergasse.

Im Jahre 1838 eröffnete F. Morawetz in der Marxergasse ein nach den Plänen des Architekten P. Gerl erbautes Dampfbad unter dem Namen Sophienbad. Ausschließlich Bade- zwecken diente das Gebäude noch, als Siccardsburg und van der Null im Auftrage der 1845 von Morawetz gegründeten Aktiengesellschaft einen großen Mittelsaal als Winter- und Sommer- Schwimmhalle zubauten. Bald jedoch, noch unter Morawetz, der, obgleich erblindet, die Aktien- gesellschaft als Direktor leitete, erschien es zweckmäßiger, das große Schwimmbassin Winters über in ein Tanzparkett zu verwandeln, und heute dient der Sophiensaal als größter Tanzsaal vorwiegend geselligen Zwecken. Der Mittelsaal besitzt bei einer Größe von 18:46m ein Tanzparkett von 13"6m Breite und 38m Länge; er war der erste Raum, bei dessen Über-

') rstersche Allgemeine Bauzeitung. 1870. (Köstlin.) Zeitschrift für bildende Kunst. 1870. (Doderer.) Handbuch der Architektur. IV, 6, 3. Baukunde des Architekten. II, 3. Niemann und Feldegg, Th. Hansen. Wien 1893.

2) Forste rsche Allgemeine Bauzeitung. 1872.

3) Winkler, Technischer Führer durch Wien. 1873.

346

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

deckung von eisernen Trägern Gebrauch gemacht wurde, trotzdem die damalige Baubehörde Einsprache dagegen erhob. Unter dem Direktor M. Mayer erhielt der Saal 1870 Galerien nach dem Entwürfe des Architekten Petschnik. Im Jahre 1886 wurde der kleine Saal erbaut mit einem Fassungsraum von 375 Personen. Der Fassungsraum des großen Saales beträgt bei Versammlungen 2700, bei Konzerten rund 2000, bei Bällen (samt Nebenräumen) 2300 Personen.1)

Die Trinkhalle, III., Kinderpark (Abb. 511),

welche von der Gemeinde Wien nach den Plänen der Architekten Ohmann und Hackhofer erbaut wurde, ist am 1. Mai 1903 der Benützung übergeben worden. Das Haus stellt sich als ein in modernem Stile gehaltener Mansardenbau mit einem Geschosse von der Parkseite und zwei Geschossen gegen die Flußseite dar. Gegen die Parkseite befindet sich eine kleine Terrasse; eine zweite Terrasse, zur Aufnahme der Musikkapelle bestimmt, ist flußseitig ange- legt. Der Innenraum ist ebenfalls in modernem Stile eingerichtet, mit Gasheizung und elek- trischer Beleuchtung versehen. Flußseitig befinden sich angrenzend an den Mittelraum zwei Nebenräume für kleinere Gesellschaften. An der der Karolinenbrücke zugewendeten Schmal- seite des Baues ist eine Balkonterrasse angebracht. Im Souterrain ist der Mittelraum als Garde- robe für die Schlittschuhläufer eingerichtet, da beabsichtigt ist, einen Teil des Wienflußbettes als Eislaufplatz zu benützen. Außerdem befindet sich hier auch eine Kühlanlage für Zwecke des Pächters.

IV. BAUTEN FÜR SPORTZWECKE.

a) Pferdesport.

Pferde-Wettrennplatz in der Freudenau. Die Baugeschichte der Anlagen auf dem Wett- rennplatze in der Freudenau reicht bis in das Jahr 1862 zurück, in welchem Jahre der Jockey- Klub das Pferde-Rennwesen in Österreich einführte. 1872 erfolgte ein Neubau der Tribünen nach den Plänen Hasenauers. Die umfassendsten baulichen Ausgestaltungen geschahen in den Jahren 1885 1887 unter der Leitung des Architekten Josef Drexler. Zunächst wurde 1885 bis 1886 eine Tribüne mit Stehplätzen und Restaurationsräumen erbaut. Vorne nach drei Seiten offen, rückwärts mit einer vollen Mauer in Ziegelrohbau mit Putzarmierung geschlossen, enthält die Tribüne in ihrem mittleren Teile Restaurations- und Wirtschaftsräume, von rück- wärts zugänglich, Toiletten, Waschräume und Garderoben; in den Flügeln stufenförmig an- steigend 1800 Stehplätze. Das Dach ist nach dem System Polonceau konstruiert und mit Zinkblech eingedeckt. Zur selben Zeit erfolgte ein Neubau des Totalisateur-Etablissemcnts, das in den Seitenteilen 26 Einzahlungsstellen und in einem halbkreisförmigen Ausbau die Liquidatur mit acht Auszahlstellen aufweist; das Gebäude ist ein Fachwerksbau mit einem Pappedach. 1887 begannen die Arbeiten am Administrationsgebäude und an den Stallun- gen. Im Erdgeschosse des stockhohen Admini- strationsgebäudes liegen Kanzleien und Ver- waltungsräume, im ersten Stocke Wohnräume des Inspektors und Wirtschaftsdepots und im Dachboden Hafervorratsräume. In den An- bauten sind im Erdgeschosse Stallungen und im Dachgeschosse Wohnungen der Stall- bediensteten nebst Sattel- und Futterkammern untergebracht. Über den Stallräumen der Mitte liegen vermietbare Zimmerchen. Das Äußere stellt sich als Ziegelrohbau mit Putzarmierung dar, mit Giebeln in Holzarchitcktur und einem

') W. Kisch, Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten. 18S8, Bd. I.

Abb. 512. Wiener Eislauf-Verein. Lagcplan. 1:6000.

Bauteil für Sportzwecke.

347

Abb. 513. Gebäude des Wiener Eislauf-Vereines. Ansicht von der Lothringerstraße.

B Büffet. HG Hofgarderobe.

G Garderoben. D\V Damenwartesalon.

Abb. 514. Gebäude des Wiener Eislauf-Vereines. Ebenerd. 1 : 10U0

Schieferdachc. Für die Stallungen, deren Fußboden durchaus im gleichen Niveau liegen, kamen fünf verschiedene Typen in Anwendung. Über den Stallräumen befinden sich Wohn- räume für die Stalljungen, ein Zimmer für den Trainer, ein Zimmer für den Jockey, Heu- und Haferdepots und eine Sattelkammer.1)

Rennplatz des Trabrenn-Vereines. Der Wiener Trabrenn-Verein erbaute 1882 in der Nähe der Rotunde nach den Plänen des Architekten Rudolf Frey zwei Tribünen; die größere 49-20 m lang, 920 m tief, die kleinere von gleicher Tiefe und einer Länge von 26 40 m und zwischen beiden ein Totalisateurgebäude. Die beiden Tribünen sind durchwegs in Eisen- konstruktion mit eisernen Ständern und massiver Rückwand in Ziegelrohbau ausgeführt, das Totalisateurgebäude in Holz. Die Mitte der Haupttribüne nimmt die Hofloge ein, das Souterrain ist, ähnlich wie bei der kleineren, Verwaltungs- und Restaurationszwecken dienstbar gemacht. 1885 erfolgte im Inneren der Fahrbahn der Bau einer Richtertribüne in Eisenkonstruktion und einer weiteren Tribüne, entsprechend der kleineren, 1882 erbauten. Ein von Johann Reinhart erbauter Restaurations- und Musikpavillon in Holz mit einem die Stiegen enthaltenden Turm- aufbau folgte im Jahre 1889. 1897 plante man einen Neubau des Totalisateurgebäudes in Riegelbau, eines Musikpavillons und einer Stehtribüne nach den Plänen der Architekten Brüder Drexler. Den vorerwähnten Gebäuden gegenüber, auf der anderen Seite der Fahrbahn, liegen die Stallungen, bestehend aus Trainierstall, Schwitzstall, Pferdeeinstellungsgebäuden und Boxständen.

Von Reitschulen, deren eine größere Anzahl besteht, bieten nur wenige ein bauliches Interesse. Eine der ältesten ist die Shawelsche' Reitschule, IL, Kaiser Josefstraße2), die Ende der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts durch den Architekten Otto Hieser im Stile deutscher Renaissance umgebaut wurde, sie enthält eine Reitbahn von 13:35 m. Im Jahre 1883 baute Architekt M. Schweda für den Reitstallbesitzer W. Schlesinger im II. Bezirke am Schüttel den Neuen Wiener Tattersaal, ein drei Stock hohes Wohngebäude mit einem Stall- und Reitschulgebäude. Die Reitbahn hat 38 m Länge bei 18 m Breite. Die Gebäude sind in Backsteingotik ausgeführt. Die sonstigen Reitschulen sind zumeist in ehemaligen herr- schaftlichen Gebäuden gelegen und für Klubzwecke adaptiert.

b) Eislauf-, Lawn-Tennis- und Radfahrsport.

Der Wiener Eislauf-Verein, III., Heumarkt (Abb. 512 bis 514). Eine der ältesten Sport- vereinigungen Wiens ist der Eislauf-Verein, der, im Jahre 1867 gegründet, seine Tätigkeit auf

') Allgemeine Bauzeitung. 1891.

:) Architektonische Rundschau, 1892, und Baukunde des Architekten. II 1.

348

Gebäude für Vergnügungen und Sport.

Abb. 515. Gebäude des Wiener Bicycle-Klub im Prater.

Abb. 516. Gebäude des Athletiksport-Klub im Prater.

Abb. 517. Lawn-Tennis-Häuschen im Prater.

einem der Stadt gehörigen Grundstücke an der Vorderen Zollamtsstraße von etwa 12.000 m2 Fläche begann. Die ersten Baulichkeiten daselbst wurden nach den Plänen des Architekten Karl Hasenauer ausgeführt. Auf diesem Platze blieb der Verein, bis der Bau der Stadtbahn und der Wienflußregulierung ihn zwang, sich nach einem anderen Heim umzusehen. Als ein wegen seiner zentralen Lage und schönen Umgebung sehr geeigneter Platz wurde der des städtischen Reservegartens am Heumarkt erkannt, der eben- falls infolge der vorerwähnten Verkehrsanlagen einer Umgestaltung unterzogen werden mußte und von der Gemeinde Wien an den Stadt- erweiterungsfonds abgetreten wurde. Von diesem pachtete der Verein den gegen die Johannesgasse gelegenen Grundteil im beiläufigen Ausmaße von 15.000 m2, während der gegen den Schwar- zenbergplatz gelegene restliche Grund für die Anlage eines Sängerhauses reserviert blieb. Die ganze Anlage, welche in einen gewissen Zusammenhang gebracht werden sollte, erhielt die Bezeichnung Olympion.

Im Jahre 1899 übersiedelte der Verein auf den vorerst provisorisch hergerichteten Platz und im Jahre 1900 wurde der längs des Heumarktes gelegene Bau des Hauptgebäudes durch- geführt und der Platz selbst sukzessive definitiv ausgestaltet. Die nach den Angaben des Vor- standsmitgliedes Baurates P. Kortz und den Plänen des Architekten Ludwig Baumann herge- stellten Anlagen umfassen das zirka 9800 m2 messende Eisbassin, das fast zur Hälfte mit einem Betonboden versehen ist, das 132 m lange Hauptgebäude, welches die Garderobe und Buffet- räumc, im Mittelaufbau das Orchester mit Musikerzimmern und im Souterrain ein großes Depot enthält, und das 1902 errichtete Gebäude an der Johannesgasse, das die Kanzleiräume und eine Restauration aufnimmt. Der Platz ist von einer Reihe Masten aus Mannesmann- Rohren umgeben, welche die elektrische Beleuchtung tragen. Im Sommer wird der Platz für Lawn-Tennis-Spiel benützt. Das Hauptgebäude ist ein massiver Putzbau, in modernen Formen gehalten, mit diskreter Verwendung von Gold an den Fassaden; der Restaurationstrakt ist ein Riegelwandbau. Die Gesamtkosten der Gebäude und Platzanlagen beliefen sich auf rund 300.000 K.

Cottage-Eislaufverein im XIX. Bezirke. Der Entwurf zu dem an der Ecke der Gymnasium- und Hasenauerstraßc gelegenen Gebäude rührt von dem Baudirektor des Wiener Cottage- Vereines C. Ritter von Borkowski und dem Architekten Hans Müller her. Im Erdgeschosse des einstöckigen Gebäudes liegen Restaurationsräume samt Küche und im ersten Stocke eine Kanzlei, Verwaltungsräume und die Wohnung des Wirtes. An das Hauptgebäude schließt sich in der Gymnasiumstraße eine Kegelbahn und in der Hasenauerstraßc ein in Holzkonstruktion durchgebildetes Garderobengebäude, das im Dachgeschosse eine Orchesternische enthält. Die

Bauten für Sportzwecke. 349

beiden Eisplätzc. der größere mit 2400 m- und der kleinere mit 580 m- Grundfläche, dienen im Sommer dem Rad- und Tennissport.')

Der Wiener Bicycle-Klub (Abb. 515). An der Prater Gürtelstraße liegt das vom Architekten H. Bayer im Jahre 1899 erbaute Praterhcim des Bicycle-Klubs; es ist ein ebenerdiges Gebäude mit einem Dachgeschosse, im Ebenerd geputzt, die Giebclwände in Fachwerk durchgebildet. In weitem Bogen öffnet sich an der Stirnseite ein Vorraum, der in ein geräumiges Vestibül führt, von dem links die Wohnung des Klubwarts, rechts ein größerer Geselligkeitsraum mit einem Erkerausbau und ein kleineres Spielzimmer, ebenfalls mit einem Erker, zugänglich sind. An das Vestibül schließt sich die 12 m breite, 25'5 m lange Fahrhalle, deren Tagesbeleuchtung durch hohes Seitenlicht erfolgt. An der linken Längswand sowie an der Stirnseite liegen Garderoben für Herren und Damen mit Toiletten und Duscheräumen. Im ersten Stocke ist über der Wohnung des Klubwarts eine Fahrradremise untergebracht, zu der die Räder mittels Auf- zuges hinaufgebracht werden. An der Stirnseite befindet sich über den Garderoberäumen eine Musikerestrade. Von der Fahrhalle führt an der rechten Längswand ein großes Einfahrtstor in eine geräumige Veranda und von da in den 15.000 m'2 großen Park, der einen Schulfahrplatz, eine 440 m lange Promenadefahrbahn und mehrere Tennisplätze enthält. 1902 wurden nach den Plänen des Architekten Jul. Mayreder einige Adaptierungen durchgeführt.2)

Der Radfahr-Klub der Hof- und Staatsbeamten ließ im Jahre 1898 an der Gürtelstraße im Prater durch den Architekten Jos. Olbrich ein Klubhaus erbauen. Das 1880m breite, teils aus vollem Mauerwerk, teils aus Holzriegelwänden bestehende, ebenerdige Gebäude enthält in der Mitte eine 8 m breite, 285 m tiefe, gedeckte Vorhalle, dahinter in gleicher Breite eine gedeckte Fahrbahn und Remise von 1355 m Tiefe. Seitlich daran liegen einerseits Herren- und Damengarderoben mit Toiletteräumen und auf der anderen Seite eine Dienerwohnung und ein Klubzimmer.

Athletiksport-Klub (Abb. 516). In der Nähe des vorbezeichneten Klubhäuschen liegt der 1898 nach den Plänen der Architekten Kupka und Orglmeister aufgeführte villenähnliche Bau. Das stockhohe Gebäude mit ausgemauerten Fachwerkswänden, die das reichlich verwendete Holz nach außen sichtbar lassen, ist 19:10'33m groß und enthält im Erdgeschosse einen über Stufen zugänglichen Vorplatz, eine Eintrittshalle, von der man rechts in zwei Räume für die Herrengarderobe, links in ein Komiteezimmer, rückwärts davon zu den Duschen, Klosetts und Waschräumen gelangt. Außen an dem runden Erker des Komiteezimmers vorüber führt eine Holzstiege in den ersten Stock zu den Damengarderoben samt zugehörigen Nebenräumen. Vom Klubhause getrennt steht ein in Holz mit großen verglasten Öffnungen ausgeführtes Büffet von 9'70:4'67m Größe.

Häuschen der Lawn-Tennis-Gesellschaft (Abb. 517). Erbaut von Karl Mayreder 1893 als Ständerbau, der durch Verschalung das Aussehen eines Blockhauses erhielt, mit Ziegeldach und Steinsockel. Es enthält im Parterre Ankleidezimmer für Herren und Damen und einen Wasch- raum, im Dachgeschosse zwei Räume und eine Terrasse. Baukosten 8000 K.3)

') Der Bautechniker. 1S94.

"■) Der Bicyclist. 1899.

3) Wiener Bauindustrie-Zeitung. 1895.

Dr. K. R. Holey.

I. BÖRSENGEBÄUDE UND GESCHÄFTSHÄUSER.

I. BÖRSENGEBÄUDE.

Die Effekten- und Warenbörse, I., Schottenring (Abb. 518 bis 520).

Die Benennung 'Börse- entstand in den österreichischen Niederlanden im Jahre 1531 in der durch einen ausgebreiteten Handel berühmten Stadt Brügge, in welcher sich die Kaufleute vor dem Hause der reichen Herren von Boersen versammelten. Später erbauten Amsterdam und Rotterdam für die Handelsleute ein prächtiges Versammlungshaus, dem man nach dem Beispiele von Brügge den Namen Börse gab, welcher in der Folge allen zu diesem Zwecke erbauten Häusern beigelegt wurde. 1570 wurde die englische Börse eröffnet und erst um 200 Jahre später die Wiener Börse gegründet. Das Börsenlokal war eine gemietete, aus einigen kleinen Zimmern bestehende Wohnung auf dem Minoritenplatze. Von dort übersiedelte die Börse auf den Kohlmarkt, 1800 in den ehemaligen Gundelhof, 1812 in die Weihburggasse, dann in das Postgebäude, 1855 in die Traunschen Häuser, Herrengasse 14, an deren Stelle das neue Bankgebäude aufgeführt wurde. Im Jahre 1858 kam sie in das Zeughaus, Renngasse 5. 1860, nach Vollendung des Neubaues, in die Herrengasse zurück, 1869 in ein provisorisches Gebäude am Schottenring und am 19. März 1877 bezog sie ihr eigenes Heim.

Abb. 518. Die Effekten- und Warenbörse.

Der Neubau der Börse wurde auf der von der Ring- und Wipplingerstraße, der Börse- gasse und dem Börseplatz begrenzten Baustelle nach einem im Jahre 1868 von dem Architekten Theophil von Hansen verfaßten Projekte ausgeführt. Der einfache und klare Grundriß zeigt folgende Raumdisposition: An der Hauptfront des Gebäudes führt eine breite Freitreppe durch

352

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

Abb. 519. Effektenbörse. Großer Börsesaal.

V Vestibül. G Garderobe. A Arrangement. DS Devisensensale.

Bs Börsesaal. ES Effektcnsensale. J Journalisten. St Staatstelegraph.

Abb. 520. Effektenbörse. Ebenerdgrundriß. 1:1000.

Das harmonisch gruppierte, ein besonderes (siehe Abb. 518) weist in der Gesamtcrschcinun;

R Restaurant.

eine offene, zweigeschossige Vor- halle in das Vestibül. Direkt von demselben ist der dreischiffige, durch beide Geschosse reichende Börsesaal (2655 m breit, 5879 m lang, 2371 m hoch) zugänglich, an dessen Langseiten sich die 569 m breiten, niedrigeren Seitenschiffe hinziehen. Rückwärts an den Saal schließt sich der dem vorderen Vestibüle ähnlich durchgebildete große Saal für die Warenbörse an. In den niedrigeren Seitentrakten, durch vier große Höfe von dem Mitteltrakte getrennt, sind im Par- terre, Mezzanin und ersten Stocke zumeist Bureaux, für Börsezwecke dienend oder vermietet, unterge- bracht, und wird der Verkehr zu denselben durch die an je zwei entgegengesetzten Enden der Sei- tenflügel gelegenen breiten Pracht- stiegen und durch zwei Wendel- treppen vermittelt. Die Heizungs- und Ventilationsanlage ist im Sou- terrain untergebracht, monumentales Gepräge zeigende Gebäude l vorherrschend römische Bauformen, im

Borscngcbäude.

353

den und

Halbsäulen die Fenster

Detail die griechi- sche Linienführung Hansens auf. und laut die Gliederung und architektonische Durchbildung der einzelnen Gebäude- teile schon von au- ßen die Gruppierung der Räumlichkeiten erkennen. Eine reiche Ausstattung im In- neren erhielten die Vestibüls, die er- wähnten beiden Prachtstiegen und insbesondere der große Börsesaal. Zwei Halbsäulen- ordnungen, unten dorisch, oben korin- thisch, entsprechend der Außenseite des Mittelbaues, gliedern die Wände. Durch die breiten Bogen- öffnungen zwischen des Obergeschosses in den Außenwänden der Seiten- schiffe strömt reichliches Licht in den imposanten Raum. Über dem reichen Gebälk der korinthischen Ordnung vermitteln Stichkappen mit Schildern und halbkreisförmigen Lü- netten den Übergang zu der von einem kräftig profilierten Gesimse umrahmten horizontalen Kassetten- decke. Diese sowie die Wandarchitek- tur bis herab zum Galeriefußboden wurde von der Börsekammer suk- zessive im Laufe der Jahre poly- chromiert und dadurch der Saal in prunkvoller Weise ausgestattet. Als Baumaterial für die Treppen und Säulen sowie für Wandverkleidungen kamen verschiedene farbige Marmor- gattungen zur Verwendung. Die Kosten des Baues beliefen sich auf rund 8,000.000 K.1)

Die Börse für landwirtschaftliche Produkte, IL, Taborstraße 10

(Abb. 521 bis 523).

In den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts begannen die Interessenten des Wiener Getreidehandels geschäftliche

Abb. 521. Großer Saal der Börse für landwirtschaftliche Produkte.

A GroßerBörse- saal.

B Kleiner Börse- saal.

C Kündigungs- saal.

D Sitzungssaal

E Präsident.

G Sprechzim- mer.

H Büffet.

Abb. 522. Börse für landwirtschaftliche Produkte. Erster Stock

') Moritz Bermann, Alt- und Neu-Wien. Allgemeine Bauzeitung. Jahrgang 1879,1900. G. Niemann und F. von Feldegg, Theophilos Hansen und seine Werke.

Bd. II.

23

354

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

Zusammenkünfte in einem Kaffeehause in der Innern Stadt abzuhalten. In der Re- volutionszeit schritt der Ma- gistrat an die Kommunali- sierung des Börsenvereines: eine städtische Börse, die Wiener Frucht- und Mehl- börse, entstand. Diese über- siedelte in das -Bürgerspitals- gebäude* beim Kärntnertor. Allmählich machten sich je- doch Bestrebungen geltend, sich von der Kommune los- zulösen. Als dies Ende der Sechzigerjahre gelungen war, ging man daran, ein eigenes Heim zu schaffen, doch erst im Jahre 1887 konnte an die Ausführung des Neubaues geschritten werden, der dann im August 1890 eröffnet wurde.1)

Die Frucht- und Mchlbörse, welche später ihren Namen in „Börse für landwirtschaftliche Pro- dukte" umänderte, wurde nach einem zur Ausfüh- rung angenommenen Kon- kurrenzprojekte Prof. Karl Königs auf einer mittle- ren, ursprünglich bis an zwei Häuser in der Gro- ßen Mohrengasse reichen- den, jedoch nachträglich

bis zu dieser Gasse ausgedehnten Baustelle erbaut. Trotz der unregelmäßigen Konfiguration des Bauplatzes und der Herstellung einer mehr als 10 m breiten Passage, welche von der Tabor- straße zur Großen Mohrengasse offen zu halten war, wußte der Architekt eine überaus klare und übersichtliche Grundrißanordnung zu erzielen und, aus dieser organisch herausgebildet, eine harmonisch wirkende, rhythmisch gruppierte, palastartige Außenarchitcktur zu schaffen. Durch die großartigen Verhältnisse und die feinempfundenen Details der in französischer Renaissance durchgebildeten Fassade dieses Monumentalbaues ist dieses Bauwerk zu den hervorragendsten neueren Schöpfungen auf dem Gebiete der Architektur in der Kaiserstadt zu zählen.

Über die Raumgruppierung ist anzuführen, daß im Parterre zwei Gassengewölbe, die Vorhalle, das Börsenvestibül und Börsencafe, die Haupt- und Bureautreppe, die erwähnte Passage und unter dem großen Saale Kaufläden, Magazine, ein Postbureau, zwei Neben- stiegen und eine Druckerei untergebracht sind, während in dem Zwischengeschosse zwischen Saal und Parterre ausgedehnte Bureaulokalitäten geschaffen wurden. In dem ausschließlich für Börsezwecke dienenden ersten Stockwerke befinden sich in dem Trakte gegen die Tabor- straße der Sitzungssaal der Börsekammer, der Kündigungssaal, ein geräumiges Büffet, die Büreaux des Präsidenten und der Börsekommissäre, ein Sprechzimmer, die Haupttreppe und das Foyer, an welche sich nach rückwärts der kleine Börsesaal und an diesen der große Saal mit dem symmetrisch eingefügten Postburcau und Telephonzimmcr anschließen. Der kleine Saal, 400 m2 groß, ist mit einer dorischen Säulenordnung geschmückt und wird durch zwei große Rundbogenfenster sowie durch hohes Seitenlicht beleuchtet. Der große Börsesaal, als Basilika ausgebildet, erhielt vorzugsweise reichen plastischen Schmuck, da infolge der Forderung, ruhiges und klares Licht für die Beurteilung der Getreidesorten zu erhalten, eine polychrome Ausschmückung dieses Saales ausgeschlossen war. Durch die mächtigen korinthi- schen Säulen, auf welchen ein reich geo-liedcrtes Gebälk mit dem durch zahlreiche Fenster

Börse für landwirtschaftliche Produkte.

') Die historischen Daten wurden von dem Generalsekretär der Börse zur Verfügung gestellt.

Bankgebäude

355

durchbrochenen Aufbau und die Kassettendecke ruhen, sowie durch die einfache Farbcn- gebung wurde eine vornehm ruhige, dabei imposante Raumwirkung des 20 m hohen Mittel- schiffes erzielt. Die beiden, 10' ., m hohen, mit reichen Kassettendecken versehenen Seiten- schiffe werden alternierend durch sehr große und kleine Rundbogenfenster beleuchtet. Der Trakt gegen die Taborstraße enthält ein zweites Stockwerk mit vermietbaren Bureaux. Infolge der notwendig gewordenen Schaffung von Verhandlungssälen für die Schiedsgerichte (1895) wurde das Gebäude durch einen Anbau gegen die Große Mohrengasse zu erweitert. In demselben sind außer den für die Schiedsgerichte erforderlichen Lokalitäten und einer besonderen Treppe untergebracht: im zweiten Stocke das Börsesekretariat, im Mezzanin Börse- bureaux. im Parterre Kaufläden und Magazine. Die Kosten dieses Gebäudes beliefen sich ein- schließlich des Zubaucs auf nahezu 2,000.000 K. A. Foltz.

II. BANKGEBAUDE.

Das Bankwesen, die Verwertung großer Kapitalien zu Nutzen des Handels und des Geldverkehres, ist eine Errungenschaft des verflossenen Jahrhunderts. Wir sehen in rasch aufeinanderfolgender Weise Bank- institute entstehen, welche sich verschiedenen Zweigen der Geschäftstätigkeit zuwenden, nachdem Handel und Industrie einen regen Aufschwung genommen hatten. Die erste Sorge jeder derartigen Unternehmung bildete die Frage der Unterkunft, und so entstand mit der Zeit das Bedürfnis, den Banken würdige Heim- stätten zu geben. Wenn auch in dieser Beziehung so manches ausständig ist. hat man doch bei einer Anzahl der neuerstandenen Bankinstitute dem Bestreben nach eigenen Palais die Schaffung mehrerer interessanter Bankbauten zu verdanken.

Als das erste Bankinstitut wurde im Jahre 1816 die Privilegierte österreichische Nationalbank

(jetzt Österreichisch-ungarische Bank) gegründet mit dem einzigen Recht der Ausgabe von Banknoten. Dieses Institut war vom Beginn seiner Tätigkeit bis Oktober 1823 in den ihm von der k. k. Finanzverwaltung im Bankohause eingeräumten 20 Ubikationen untergebracht. Im Jahre 1819 erwarb die Bank die Häuser Herrengasse 17 und Bankgasse 1 und ließ nach Demolierung derselben nach den Plänen des fürstlich Eszterhäzyschen Architekten Karl Ritter von Moreau das neue, drei Stock hohe Bankgebäude aufführen, welches 1823 vollendet und in Benützung genommen wurde. Im Oktober 1849 wurde das an das Bankgebäude anstoßende Haus Bankgasse 3, genannt „zum schwarzen Tor", am April 1857 das Haus Herren- gasse 31 und im Juli 1863 das sogenannte „freie kleine Landhaus" am Minoriten- platz 26 von der Bank angekauft. In den Jahren 1873 1875 erfolgte der Neubau des Hauses „zum schwarzen Tor" durch den Dombaumeister Friedrich Schmidt.

Durch das stetige Bedürfnis nach Vergrößerung der Bankräume wurde man veranlaßt, im Jahre 1855 die Gebäude- gruppe gegenüber dem alten Bankgebäude, welche an das gräflich Harrachsche Palais stößt, zu erwerben und beschlossen, da- selbst ein neues Gebäude aufzuführen, welches einerseits einen Teil der Ge- schäftslokale, anderseits einen entspre- chenden Börsesaal mit Nebenräumlich- keiten aufnehmen sollte. Dieser Bau (Abb. 524, 525) wurde dem Architekten Heinrich Ferstel übertragen und von demselben im Jahre 1860 fertiggestellt. Der Bau wurde in vornehmster Weise und mit Verwendung echter Materialien durchgeführt. Besonders

erwähnenswert Sind die in Stein aUSge- Abb. 524. Bank- und Börsegebäude, I., Herrengasse.

23»

356

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

Abb. 525. Bank- und Börsegebäude, I., Herrengasse. Ebcnerd. 1 : SOO.

führten Fassaden, das Stiegenhaus des Börse- saales sowie dieser selbst, welcher eine Fläche von 394 m- ein- nimmt, aber nach 1872 anderen Zwecken zu- geführt wurde; ebenso hat der Sitzungssaal, welcher über der gegen die Freiung zu gelege- nen Halle im zweiten Stocke angeordnet ist, eine reiche Ausschmük- kung mit Holzdecke und Getäfel erhalten. Im Basar, welcher durch die Halle von der Frei- ung aus zur Herren- gasse führt, wurde in

einem Oktogon ein reizender Brunnen, von Fernkorn modelliert, aufgestellt (siehe Abschnitt: Brunnen). Die Geschäftsvergrößerung der Bank, besonders die beträchtliche Steigerung des Depositenverkehres, machte noch die Erwerbung des Hauses Freiung 1 notwendig, in welchem sich gegenwärtig die Bureaux des Gouverneurs, der Direktion etc. befinden.

Die Niederösterreichische Escompte-Gesellschaft, gegründet 1853, befindet sich seit ihrem Bestände in einem ehemaligen Wohngebäude, I., Freiung 8, welches für die Zwecke der Bank adaptiert und durch Ankauf anstoßender Häuser vergrößert wurde. Erst im Jahre 1882 konnte dem Bedürfnis dieses Institutes nach einer Wechselstube an einem belebten Punkte der Stadt Rechnung getragen werden, zu welchem Zwecke das Haus Nr. 7 in der Kärntnerstraße erworben und an dessen Stelle nach den Plänen der Architekten Groß und Jelinek ein neues Gebäude errichtet wurde, das im Jahre 1884 fertiggestellt war. Bei der geringen Dimensionierung der Baustelle (330 m2) mußte selbe auf das äußerste ausgenützt werden, um den Anforde- rungen zu entsprechen. Im Parterre wurde das Effektendepot mit einem Tresor, in den oberen Stockwerken die Bureaux untergebracht. Im Souterrain befinden sich das Silberdepot, Archiv und die Wohnung des Portiers, im Keller die Heizungsanlage. In den Depots und Tresors wurden alle Seitenwände sowie die gewölbte Decke und Böden mit gehärteten Panzerplatten auf eisernen Gerippen ausgefüttert, und überdies jene Mauern, durch welche ein Einbruch von außen denkbar wäre, mit einer Vergitterung aus starken Eisenstäben versehen. Wie in allen derartigen Gebäuden sind auch hier alle Decken gewölbt. Die Fassade, in italienischer Renaissance gehalten, ist in Stein ausgeführt und auch die Innenräume in würdiger Weise und mit Verwendung echten Materiales ausgestattet.

Die Österreichische Kredit-Anstalt für Handel und Gewerbe, gegründet 1855, ließ im Jahre 1858 durch den Architekten Fröhlich ein Anstaltsgebäude errichten, welches mit der Hauptfront gegen den Platz „Am Hof", mit den anderen Seiten gegen die „Freiung" und den „Tiefen Graben" liegt. An der Fassade gegen den „Hof" sind sechs allegorische Figuren von Hans Gasser angebracht. Das Gebäude bietet außer der hübschen Haupttreppe nichts Bemer- kenswertes. Insbesondere fehlt demselben ein Zentralsaal für den großen Parteienverkehr, wie derselbe jetzt allgemein verlangt wird. Vor einigen Jahren erwarb die Anstalt das anstoßende Gebäude und richtete daselbst nach moderner Bauweise Depoträume für große Werte ein.

Die Anglo-österreichische Bank, gegründet 1863, mietete damals einen Teil des Palais Montenuovo in der Strauchgasse 1 und brachte im Jahre 1871 dieses Palais käuflich an sich. Dasselbe ist vier Stock hoch und zeigt eine kraftvolle Pilastcrarchitcktur. Bemerkenswert ist der im Hofe angebrachte Brunnen mit einer Georgs-Statue von Bildhauer Fernkorn (siehe Abschnitt: Brunnen). In dem Gebäude sind nunmehr alle Geschäftszweige der Bank unter- gebracht.

Die Allgemeine Verkehrsbank (Abb. 526, 527), gegründet 1S64, befand sich ursprünglich im Hause Wipplingerstraße 28, welches sie nebst einigen anstoßenden Häusern erwarb, um nach Demolierung derselben im Jahre 1879 einen Neubau aufführen zu lassen. Hierzu wurde eine engere

Bankgcbaudc.

357

EK Einlagskasse. WA Wertpapierabteilung. WSt Wechselstube. PE Prezioseneinschätzung. PR Publikumraum. PM Preziosenmagazin.

Abb. 526. Allgemeine Verkehrsbank. Ebencrd. 1:800.

Konkurrenz ausgeschrieben, aus welcher Ar- chitekt Friedrich Schachncr als Sieger hervor- ging. Demselben wurde auch die Bauausfüh- rung übertragen.

Das Geschäft der Bank selbst zerfällt in drei Abteilungen, für welche gesonderte Ein- gänge verlangt wurden, nämlich die Pfand- leihanstalt mit drei Unterabteilungen, die Wechselstube und Wertpapierabteilung und das eigentliche Bankgeschäft mit der Einlags- Sparkasse. Die Absonderung dieser drei Ab- teilungen wurde strenge durchgeführt. Durch die Einschiebung eines Magazinstraktes, wel- cher viele Etagen haben mußte, um möglichst viel Belegraum zu finden, und die Forderung, in den obersten zwei Stockwerken Wohnun- gen unterzubringen, war die Lösung des Grundrisses eine schwierige. Der Bau, welcher allen diesen vielfältigen Anforderungen bestens entspricht, wurde in den Jahren 1880 1883 ausgeführt. Die im Barockstil ausgeführte Fassade mit teilweisem Rohziegelbau kommt infolge der günstigen Lage des Gebäudes an der Ecke der Wipplingerstraße zu guter Geltung.

Die Allgemeine österreichische Boden- Kredit-Anstalt (Abb. 528 bis 530), gegründet 1864, war ursprünglich in den Räumen des Palais Liechtenstein, Herrengasse, untergebracht und schritt im Frühjahre 1884 zur Errichtung eines eigenen Amtsgebäudes auf dem Areale in der Teinfaltstraße, welches unter dem Namen „die Klepperstallungen" in Alt -Wien bekannt war. Die Regulierung der Teinfaltstraße, welche eine Hauptverbindungsader aus der Stadt nach dem neuen Rathausplatze werden sollte, vollzog sich auf das rascheste. Die Direktion der Boden- Kredit-Anstalt schrieb zur Erlangung von Plänen eine engere Konkurrenz aus, auf Grund welcher dem Architekten Emil Ritter von Förster der Bau zur Ausführung übertragen wurde. Im Jahre 1887 wurde der Neubau seiner Bestimmung zugeführt. Die generelle Einteilung des Gebäudes ist aus dem Grundrisse zu ersehen. Das Hoch- parterre ist, mit Ausnahme des rechtsseitigen Gebäudeteiles, welcher für die Geschäftsräume der neuen Wiener Sparkasse, eines Zweiginstitutes der Anstalt, dient, zu einem großen Kassesaal gestaltet. Aus diesem Saale vermitteln Treppen und Aufzüge den Verkehr mit den Souterrain- lokalitäten, in welchen die Tresors untergebracht sind. Diese Räume sind mit gepanzerten Mauern umgeben und mit einbruchsicheren Türen ver- sehen. In den Kellerräumen befinden sich die maschinellen Anlagen zur Erzeugung des elek- trischen Lichtes und die Anlage für Heizung und Ventilation. Im ersten und zweiten Stocke sind Bureaux untergebracht, die durch über- sichtliche Kommunikation miteinander in Verbindung stehen. Der dritte Stock des Hauses wurde für Wohnungen eingerichtet, welche über eine eigene Treppe zugänglich sind.

Allgemeine Verkehrsbank.

358

Bürscngcbäudc und Geschäftshäuser.

Die großen Stockwerkshöhen und Fenstcrachscnentfernungen, welche das Bauprogramm verlangte, ermöglichten es dem Architekten, dem Gebäude einen palastartigen Charakter zu geben. Die Grundfläche des Gebäudes mißt 2600 m-, wovon mit Einrechnung des glasgedeckten Hofes 2520 m- verbaut sind. Die Baukosten belicfen sich ein- schließlich der Kosten der inneren Einrichtung auf 2,400.000 K. Am 1. Mai 1887 wurde das Gebäude der Be- nützung übergeben.

Der Wiener Bank -Verein, ge- gründet 1869, ist in dem ehemaligen Palais Liechtenstein in der Herrengasse und in dem dazu erworbenen anstoßen- den Hause Nr. 10 sowie in gemieteten Räumen der angrenzenden Häuser in der Wallnerstraße untergebracht. Von

Abb. 52S. Bodcn-Kredit-Anstalt. Ebencrd. 1:800.

architektonischer Bedeutung sind die drei großen Säle im Ausmaße von 100, 60 und 44 m-, der Kassensaal und die Prachtstiege, welche in den ersten Stock zu den Direktionsräumen führt; des- gleichen ist die Fassade gegen die Herrengasse mit den zwei Portalen von schöner Wirkung. Der erste Hof des Palais mit 220 m2 Fläche wurde im Jahre 1889 eingedeckt und dient dermalen als Effektensaal, an welchen die Panzerkassenräume und Depots angereiht sind. Die stete Erweiterung der Tätigkeit der Bank, welche gegenwärtig über 500 Beamte zählt, wird in Bälde zur Errichtung eines Neubaues nötigen.

Die Union-Bank, gegründet 1870, befindet sich seit ihrer Gründung in der Renngasse 1, welches früher das Hotel „zum römischen Kaiser" war. Das Gebäude bietet weder technisch noch künstlerisch Bemerkenswertes.

Die Allgemeine Depositen-Bank (Abb. 531) wurde 1871 gegründet und war ursprünglich im Trattnernhofe am Graben eingemietet, bis die Direktion das Geymüllersche Haus in der Schotten- gasse, Ecke der Teinfaltstraße, erwarb, um da- selbst ein neues Gebäude zu erbauen. Der Grund- komplex dieses Hauses betrug 1362 m-. Da die Anforderungen an Bankräume keine großen waren, beschloß man, einen Teil von 804 m2 für das Bankhaus, den Rest von 558 m'2 für ein Miethaus zu bestimmen. Der Bau wurde im Wege einer Konkurrenz dem Architekten Emil Ritter von Förster übertragen. Durch die Bedingung, daß die Bank in den ersten drei Stockwerken unterzubringen sei und die oberen Stockwerke Wohnzwecken dienen sollten, war die Grundrißentwicklung einigermaßen gebunden. Am äußersten Ende des Gebäudes in der Schottengasse befinden sich Eingang, Vestibül und Stiegenhaus der Bank. Vom Vestibüle aus betritt man den Kassen- saal, um den sich die Abteilungen des Bankgeschäftes gruppieren; gegen die Teinfaltstraße ist die Wechselstube gelegen, die ihren Zugang für das Publikum an der abgestumpften Ecke

Abb. 529. Bodcn-Kredit-Anstalt, I., Teinfaltstraße.

Bankgcbäudc.

359

Abb. 530. Boden-Krcdit-Anstalt. Treppenhalle.

der beiden Straßen durch ein windfangartiges Vestibül erhielt. Im Mezzanin sind Bureaux unter- gebracht, im ersten Stocke die Direktionsräume und der Sitzungs- saal. Im Souterrain wurden Tresore angelegt, die feuer- und einbruch- sicher konstruiert sind. Die Woh- nungen im zweiten und dritten Stocke sind von der Teinfaltstraße durch eine eigene Stiege und einen Personenaufzug zugänglich.

Der Bau wurde in einfacher, aber vornehmer Weise durchge- führt und besitzt in der Giebel- gruppe von Prof. Rud. Weyr einen künstlerischen Schmuck. Die Bau- kosten beliefen sich bei einer ver- bauten Fläche von zirka 700 m2 auf 440.000 K.

Der Wiener Giro- und Kas- sen-Verein (Abb. 532, 533), ge- gründet im Jahre 1872, benützte bis zum Jahre 1882 den freige- wordenen Saal der Börse im Ge- bäude der Nationalbank. Im Jahre 1880 beschloß die Direktion, ein eigenes Haus in der Nähe der neuen Börse zu errichten. Der hierfür erworbene Bauplatz an der

Abb. 531.

Allgemeine Depositen-Bank.

Ebenerd. 1:600.

a Vestibül.

b Parteienraum.

c Hauptkasse.

d Effektenabteilung.

e Vorstand.

f Inspektion.

einspringenden Ecke der Rockhgasse hatte eine Größe von 1620 m2. Seine eigentümliche Form mit kurzer, um die Ecke führender Straßenfront gestattete zwar keine Fassadenentwicklung, ermöglichte aber die Anlage eines großen Saales. Der Bau dieses Gebäudes wurde dem Architekten Emil Ritter von Förster übertragen.

In das Hauptvestibül münden drei Türen, von denen die rechts in das Vorzimmer der Direktion, die Türe links in die Vorhalle des Geschäftshauses, die mittlere zur Treppe für die im ersten und zweiten Stocke liegenden Wohnungen führt. Die Form des Saales, welcher den Mittelpunkt der Anlage bildet, ergab sich aus der Gestalt des Platzes, der bis auf

Abb. 532. Wiener Giro- und Kassen-Verein.

360

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

das äußerste ausgenützt erscheint. Unter dem Saale sind ausgedehnte Depoträume und Tresors, welche {euer- und einbruch- sichcr konstruiert wurden, angeordnet. Die schmale Fassade, welche in einfacher und würdiger Weise gegliedert erscheint, konnte in Stein durchgeführt werden, wo- durch es möglich war, derselben einen monumentaleren Charakter zu geben. Die Baukosten des im Jahre 1881 fertig- gestellten Gebäudes bcliefen sich auf 820.000 K.

Das Amtsgcbäude der Österreichi- schen Länder-Bank, [., Hohcnstaufengasse (Abb. 534 bis 536), wurde in der Zeit vom Jänner 1883 bis April 1884 nach den Plänen des Architekten Otto Wagner ausgeführt, welcher aus einem engeren Wettbewerbe als Sieger hervorging. Das System der Grundrißlösung besteht darin, das Publikum, welches die Bank fre- quentiert, in der Mitte des Kassenraumes zu konzentrieren, während die umgeben- den Kassenschalter mit der Hauptkasse und der Tresoranlage direkt verbunden sind. Dieses System wurde bei allen in den letzten zwanzig Jahren ausgeführten in- und ausländischen Geldinstituten ange- wendet und hat sich vielfach bewährt. Be- stimmend für diese Raumausteilung waren die Gestalt des Bauplatzes und die

Abb. 534. österreichische Länder-Bank. Kassensaal.

Abb. 533. Giro- und Kassen-Verein. Ebcncrd. 1:600.

Abb. 535. österreichische Länder-Bank. Ebenerd. 1 : S00.

angrenzenden Gärten. Von den bei diesem Bau zur Ausführung gelangten Neuerungen wären anzuführen: Die Höhcrlegung des Fußbodens der Kassenschalter um 13 cm über das Niveau des Publikumraumes, eine freitragende, 275 m breite Stiege bei einer Stufenhöhe von 1 1 cm und die Sicherungsmethode der Tresors durch Stampfbetonwände, in welche Granit- würfel und Eisenbahnschienen eingebettet sind, sowie durch einen 2 m starken Betonflötz, welcher sowohl unter diesen Räumen als unter den diese umgebenden Kontrollgängcn ange-

Warenhäuser.

361

bracht ist. Die Kosten des Bauwerkes stellten sich bei den damals hohen Preisen auf 32 K pro Kubikmeter umbauten Raumes, von der Kellcr- sohlc bis Dachoberfläche gerechnet. Der Bau wurde im April 1884, nach 15monatlichcr Bauzeit, seiner Bestimmung zugeführt. Emil von Förster.

III. WARENHÄUSER.

Abb. 536. österreichische Länder-Bank.

Die von Alters her überkommenen Namen von Platz und Straße lassen uns oft in den schlichten, aber bezeich- nenden Worten die einstige Bestimmung längst entschwun- dener Örtlichkeiten erkennen. Auch in Wien mußten die Stätten, an welchen einst Gewerbe und Handel blühten, den Forderungen der Zeit weichen und blieb die Erinne- rung an den Fleiß und den Unternehmungsgeist unserer Vorfahren nur in Bild und Wort erhalten.1) Dies ist auch der Fall bei einigen größeren, dem Handel gewidmeten Baulichkeiten. Meist mehreren Handelsherren gemeinsam gehörig, hatten diese >Höfe« mit ihren weiträumigen Spei- chern, Verkaufsstellen und Schreibstuben dem Verkehre mit dem Auslande zu dienen. So waren es insbesondere die deutschen Kaufherren, welche derartige Höfe ihr Eigen nannten und uns in den Namen des Regensburgerhof< und »Köllnerhof« noch Reminiszenzen an diese einst- maligen Handelsemporien hinterließen.

Die häufigen Kriegswirren und Belagerungen (1485 durch Matthias Corvinus, 1529 und 1683 durch die Türken u. s. w.) unterbrachen die Entwicklung von Handel und In- dustrie wiederholt und wirkten ungünstig auf die bauliche Ausgestaltung der Betriebsstätten. Zudem bot die enge Stadt kaum genügend Raum für die Wohnstätten der mächtig anwachsenden Bevölkerung, geschweige denn für

größere Kaufhäuser. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als mit dem Wiener Kongreß (1815) sich reges Leben in der Stadt entfaltete, hatten die Kaufleute ihr Augenmerk darauf gerichtet, die Waren den Augen der Passanten leicht und vorteilhaft bemerkbar zu machen. Wo die Fenster der Verkaufslokale zur Aus- stellung nicht hinreichten, wurden Schaukästen, allerdings in sehr bescheidenen Dimensionen, vor das Haus gestellt, bis schließlich der lebhafte Verkehr mit dem Westen Europas zu Nachahmungen der Pariser Einrich- tungen anregte. Für die Schöpfung großer Unternehmungen war jedoch die Zeit noch nicht gekommen. Erst nach der inneren politischen Umwälzung in der Mitte des letztvergangenen Jahrhunderts gestatteten die wirtschaftlichen Verhältnisse die Schaffung bedeutender industrieller Etablissements. Der im größeren Maß- stabe betriebenen Fabrikation folgte naturgemäß die Ausgestaltung der Verkaufsstellen, und so entstand in Wien anno 1865 das erste Warenhaus.

Zur allgemeinen Charakteristik der Warenhäuser Wiens sei hier bemerkt, daß fast alle nur je einem Geschäftszweige dienen. Von Kaufhäusern, welche, den mannigfachen Bedürf- nissen und Wünschen des Großstädters Rechnung tragend, die heterogensten Erzeugnisse des Gewerbefleißes und der künstlerischen Phantasie an einem Orte zum Verkaufe bieten, besteht derzeit in Wien nur ein einziges.

In der baulichen Anlage eines Warenhauses ist naturgemäß zu trachten, einen möglichst imponierenden Ausstellungs- und Verkaufsraum zu schaffen, welcher die übersichtliche An- ordnung der Waren und leichte Orientierung des Publikums gestattet. Hieraus resultiert die Konzentration aller Stützkonstruktionen in wenige Pfeiler, welche die weitgespannten Decken tragen. Als architektonisch auszugestaltendes Element verbleibt sonach nur noch die Treppe, deren mehr oder weniger reiche Anlage und Ausstattung dem Architekten Gelegenheit zu interessanten Lösungen bietet. Die kühnen Konstruktionen erheischen die weitestgehende Aus- nützung ihrer einzelnen Glieder und führen somit zur Verwendung von Materialien der höchsten Tragfähigkeit, von Stein und Eisen. In diesen die statischen Funktionen architektonisch zum Ausdrucke zu bringen, ist nur selten möglich, weil im Hinblicke auf die unumgänglich not- wendige Feuerbeständigkeit der Konstruktionen schützende Ummantelungen aus Mauerwerk

') Solche Straßenbezeichnungen sind z. B.: Tuchlauben, Wollzeile, Seilerstätte, Goldschmiedgasse u. a.

362

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

Abb. 537. Warenhaus Ph. Haas & Söhne. Ebcnerd. 1:600.

Abb. 53S. Warenhaus Ernst Wahliss. Abb. 539. Warenhaus Ernst Wahliss.

Ebenerd. 1:600.

Zweiter Stock. 1 : 600.

Abb. 543. Warenhaus Schein. Schnitt. 1:500.

Abb. 540. Warenhaus J. Roth- berger. Parterre. 1 : 600.

Abb. 541. Warenhaus J. Roth- berger. Vierter Stock. 1:600.

VR Verkaufsraum. Seh K Schaukasten.

K Komptoir. A f Seh Atelier für Schneiderei. V,Z etc. Wohnung.

Abb. 544. Warenhaus Zwieback. Abb. 545. Warenhaus Zwie- Parterre. 1 : 600. back. Vierter Stock. 1:600.

Abb. 542. Warenhaus Stephan Esdcrs. Ebcnerd. 1 : S00.

Warenhäuser.

363

oder Beton für Eisen und spröden Stein (z. B. Granit) durch das Baugesetz vor- geschrieben wird. Diese, die sichtbare Verwendung von Eisen und kostbareren Steingattungen auf die Dekoration be- schränkende Vorschrift war im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts er- lassen worden, so daß wir nur aus der vorhergehenden Periode einige Beispiele rein durchgebildeter Konstruktionen be- sitzen. In neuester Zeit hat der armierte Beton ') weite Verbreitung gefunden.

Die mannigfachen Bedürfnisse der Stadtbevölkerung bringen es mit sich, daß die weitaus größte Mehrzahl der Bau- objekte in den von regem Verkehr durch- zogenen Stadtteilen sowohl dem Geschäfts- betriebe als auch der Unterkunft der Be- wohner zu dienen haben. Derartige, zwi- schen dem Waren- und dem Wohnhause stehende Gebäude können den ersteren füglich dann nicht zugezählt werden, wenn der Umfang der Wohnungen relativ bedeutend und die Geschäftslokalitäten dem Wechsel der Miete unterworfen sind.

') Die Baukonstruktionen und diesbezüglichen Vorschriften sind des weiteren ausgeführt in dem Ab- schnitte: Städtische Wohnhäuser.

Abb. 546. Warenhaus Ph. Haas & Söhne.

Abb. 547. Warenhausgruppe J. Rothberger-Kranner.

364

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

In der nachstehenden Betrachtung der hervorragend- sten Warenhäuser Wiens bringen wir daher, und zwar in der Reihenfolge ihres Entstehens, nur Objekte, welche einem oder der Vereinigung mehrerer Industriellen oder Kaufherren als Stätte ihrer Wirksamkeit dienen. An erster Stelle nach der Zeitdauer seines Bestandes und her- vorragend durch seine wahrhaft künstlerische Ausge- staltung steht das von den Architekten van der Null und Siccardsburg in den Jahren 1865 1867 erbaute Warenhaus der Teppichfirma Ph. Haas & Söhne (Abb. 537 und 546). An eminent verkehrsreichem Platze (Ecke Graben Stock-im-Eisen Stephansplatz) gelegen, umfaßt dies Gebäude nur eine kleine Fläche, so daß ein Hof nicht zu erübrigen war. Um das Tageslicht bis in die rückwärtigen Partien der Räume dringen zu lassen, wurden sehr hohe Geschosse und Fenster an- geordnet. Das Mittelfeld der Anlage bildet den Emp- fangsraum, zugleich den Zugang zu der die sämt- lichen Stockwerke verbindenden Haupttreppe (Eisen und Marmor) und dem Aufzuge. In den Seitenfeldern sind, um die Geschoßhöhen räumlich auszunützen, Galerien untergebracht, welche über gesonderte Holz- treppen zugänglich sind. Die Lagerräume des Sou- terrains stehen überdies mit der Straße durch einen großen Aufzug in Verbindung. Die Fassaden sind ganz in Haustein ausgeführt, das Hauptportale samt Einfassung; sowie die Unterteilungssäulchen in den.

Abb. 54S. Warenhaus Ernst Wahliss.

Öffnungen des Mittelbaues sind aus Bronze. Die Monolithsäulenschäfte des Parterres sind aus Granit, die Innenstützen der Stockwerke aus Eisen. ')

Ein nach Anlage und Durchbildung eigenartiges Etablissement ist das Warenhaus Ernst Wahliss, I., Kärntnerstraße 17 (Abb. 538, 539 und 548), welches durch den Architekten Gustav Korompay für die Porzellanfabriks- Niederlage dieser Firma in den Jahren 1878 bis 1879 geschaffen wurde. Den Mittelraum der Anlage bildet der glasgedeckte Haupthof ; um diesen für die Verkaufstische etc. frei zu halten, ist die Haupttreppe an die Rückseite des Gebäudes gelegt, während vier in die Ecken eingebaute Wendeltreppen für den Verkehr des Geschäftspersonales dienen. Die im Hofe und in den vorderen Teilen des Verkaufslokales stehenden Schaukästen um- schließen die Lichteinfallsöffnungen für das Souterrian. In den oberen Geschossen sind

') Wiener Neubauten. II.

Abb. 549. Warenhaus Stephan Esdc

Warenhäuser.

365

Abb. 550. Warenhaus Zwieback.

Wohnungen untergebracht, für welche ein kleines Vestibül und Treppe den Zugang bilden. Um die Bestimmung des Gebäudes in der Fassadendekoration zum Ausdrucke zu bringen, wurden die Mauerflächen mit Porzellanfliesen verkleidet. Die Architekturteile sind aus Stein, die plastischen Ornamente aus Terrakotta, die Fliesenverkleidung aus weiß- und blauglasiertem Porzellan; die wenigen übrigen Mauerflächen haben roten Verputz. Die Eisenkonstruktionen im Inneren sind unverkleidet. !)

Eine Gruppe bilden die Warenhäuser A. Kranner (1880) und J. Rothberger (1885 und 1894), Stephans- platz 9 bis 1 1 (Abb. 540, 541 und 547). Von den Archi- tekten Fellner und Helmer zu verschiedenen Zeiten erbaut, ergeben diese drei Häuser eine nahezu sym- metrische Anlage. Bei der Raumausteilung mußte auf die in den Obergeschossen unterzubringenden, an diesem Platze sehr einträglichen Wohnungen Rücksicht genommen werden. Die Fassade des Kranner-Hauses ist im Parterre und Mezzanin mit Porphyr verkleidet. Bei den Rothbergerschen Häusern sehen wir hier das erste Mal das Prinzip zur Anwendung gebracht, die gesamte Straßenfront für Schaustellungszwecke nutzbar zu machen. Es geschah dies durch eine der ganzen Frontlänge nach vorgestellte Glaswand (in Wien „Portal" genannt). Die Stützkonstruktionen aller drei Häuser sind teilweise in Stein, zum größten Teil jedoch in Klinkerziegeln ausgeführt. 2)

Das Geschäftshaus Stephan Esders, VII., Maria- hilferstraße 18 (Abb. 542 und 549), durch den Archi- tekten Friedrich Schachner in den Jahren 1894 1895 erbaut, gewährt bei bedeutendem Umfange in seinen um einen glasgedeckten Hof gruppierten, ziemlich schmucklosen Räumen eine gute Übersicht. Bei der architektonischen Ausgestaltung mußte der Architekt die weitestgehende Ökonomie walten lassen und sich mit der Raumwirkung bescheiden. Die in Eisen konstruierte Haupttreppe ist im ersten Arm unterstützt, in den beiden symmetrischen Seiten- armen freitragend. Der Stufenbelag sowie die den Hof umsäumen- den Balustraden sind aus Eichenholz. Die Pfeiler größeren Quer- schnittes bestehen aus Klinkern, die Zwischenpfeiler aus um- mauerten Eisenständern; Monier-Platten zwischen eisernen Trägern bilden die Decken. Zu erwähnen wäre noch, daß über Anordnung der Baubehörde Brandproben veranstaltet werden mußten, um die Feuerbeständigkeit der Stützkonstruktionen nachzuweisen. Bei diesen unter der Aufsicht des Stadtbauamtes vorgenommenen Proben wurde konstatiert, daß ein 15 cm stark ummauerter Eisenständer nach zweieinhalbstündigem intensivem Feuer, mit dem starken Strahl der Dampfspritze abgekühlt, vollkommen unversehrt blieb. Das gleiche Resultat wurde auch bei einem mit Monier umkleideten Eisenständer erzielt, wogegen ein nicht umhüllter Ständer schon nach Verlauf von 20 Minuten unbrauch- bar wurde. :()

Das von den Architekten Fellner und Helmer im Jahre 1895 erbaute Teppichhaus Schein, I., Bauernmarkt 12 (Abb. 543), ist

Abb.

551. Warenhaus Zwieback. Schnitt. 1:500.

') Wiener Neubauten. II. 2) Wiener Neubauten. II. *) Der Architekt. 1895.

366

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

in seinen gesamten neun Geschossen (zwei hiervon unter Terrain) dein Geschäftsbetriebe ge- widmet. Von den sieben über der Straße liegenden Geschossen der Hauptfront (Bauernmarkt) sind die unteren fünf durch eine vorgestellte Eisen-Glasarchitektur vollständig in Schaufenster aufgelöst. Die sichtbaren Mauern des sechsten Geschosses bilden für den Beschauer den oberen Abschluß des Gebäudes, da das oberste Stockwerk zurückgesetzt und so dem An- blicke der Passanten entzogen ist. Bei der geringen Straßenbreite mußte das Eisen- gerippe der Schaufenster in die Bauflucht gestellt und die Stützkonstruktion entspre- chend weit hinter dieser angeordnet werden. Hierdurch sind helle Souterrainräume und zugleich der Einblick in dieselben von der Straße aus erzielt. Die Lage des Ge- bäudes zwischen zwei Parallelstraßen sowie ein großer, glasgedeckter Mittelhof ermög- lichen eine gute Belichtung der gesamten weiträumigen Anlage, die schon beim Ein- tritt durch das Portal (aus Bronze) bis zur Glasdecke überblickt werden kann. Die Haupttreppe (Eisen mit Marmorbelag und in Bronze dekoriert) nebst einem Aufzuge stellen die Verbindung der Stockwerke für das Publikum her. Das erste Souterrain, das Parterre und vier Stockwerke dienen dem Kundenverkehr, das zweite Souterrain enthält Depots, während in den obersten Stockwerken sich der interne Geschäfts- betrieb abwickelt, für welchen gesonderte Aufzüge und Diensttreppen vorhanden sind. Das Dachgeschoß dient zur Reinigung der Teppiche. :)

Das Geschäftshaus Zwieback, [., Kärnt- nerstraße 1 1 und Weihburggasse 2 (Abb. 544, 545 und 550, 551), wurde im Jahre 1895 nach den Plä- nen des Architekten Friedrich Schön für das Damenkonfektionsgeschäft dieser Firma errichtet. Von dem früher an dieser Stelle bestandenen Hause, das durch viele Jahre, in die Straßen hineinragend, einen Engpaß bildete, verblieb nur ein Areale von 500 m2 für die Verbauung übrig. Es war sonach der kostbare Grund bis zum äußersten auszunützen. Über vier Geschosse erstreckt sich der Kundenverkehr, in den obersten Stockwerken sind die Bureaux. Werkstätten und die Wohnung des Maschinisten, im Keller unter dem Souterrain die Depots, das Maschinenhaus etc. untergebracht. Alle Pfeiler sind in Klinkern ausgeführt, auch die, welche die 16 m spannende Decke der Hauptfront tragen. Die Fassaden sind aus Stein, teilweise mit edleren Materialien verkleidet.

Nebst der Innern Stadt sind es die westlichen Bezirke, namentlich die Mariahilferstraße, in denen sich ein überaus reger Geschäftsverkehr abwickelt. Eine der ältesten, dort ansässigen Textilwaren- und Konfektions- firmen, A. Herzmansky, ließ, anstoßend an ihr altes Heim, VII., Stiftgasse 3, im Jahre 1896 durch den Architekten M. Katscher ein neues Warenhaus errichten (Abb. 552, 553). Dieses steht im Zusammenhange mit dem Stammhause in seiner ganzen Ausdehnung dem Kundenverkehr zur Verfügung, da die Bureaux und Arbeitsräume im alten Hause verblieben. Die klare, aus dem Grundplane ersichtliche Anlage bedarf wohl keiner

Abb. 553. Warenhaus A. Herz- mansky. Ebcncrd. 1:600.

Warenhaus A. Hcrzmans

') Der Architekt. 1S96.

Warenhäuser.

367

Erläuterung, nur sei bemerkt, daß die kleine Treppe links den Verkehr mit dem alten Hause vermittelt (da- neben zwei Aufzüge), während die Treppe in der rückwärtigen Ecke nach einem großen Hofe respektive Garten führt, welcher Ausgang von der Baubehörde im Hinblicke auf Feuersgefahr verlangt wurde. Die eisernen Stützen im Inneren sind mit Monier-Umhüllung versehen, während deren Architekturformen in Kunst- marmor ausgeführt sind. Die Fassade ist aus Stein, und zwar im Parterre aus ungarischem Kalkstein, im ersten und zweiten Stocke aus Istrianer Marmor, im dritten Stocke aus Savonniere. ')

Im Jahre 1900 entstand durch Professor Otto Wagner das Warenhaus Neumann, I., Kärntnerstraße 19 (Abb. 554). Bei ungemein klarer, zweckmäßiger Anlage besitzt das Gebäude eine fein durchgebildete Fassade. In einer nicht breiten Straße stehend, konnte die Front nur durch wenig ausladende Profile gegliedert werden. Die Dekorationsglieder in vergoldetem Porzellan sind innig mit dem weißen Marmorputz verbunden; die Ver- goldung ist auch an den stützenden Eisenteilen durch- geführt. -)

Das an der Stelle eines schon im 15. Jahrhundert berühmten Kaufhauses, des Regensburgerhofes (Abb. 555, 556), durch Architekten F. von Neumann er- richtete neue Gebäude gleichen Namens dient den Zwecken der Textilwarenfirma Genersich & Orendi. Hier erwuchs dem Architekten die Aufgabe, einerseits das charakteristische alte Bild unter Wiederverwendung

Stadt-

Abb. 554. Warenhaus Neumann.

historischer Details nach Tunlichkeit wieder auf- zurichten, anderseits ein den modernen An- forderungen entsprechendes Etablissement her- zustellen. Wie der Grundriß zeigt, sind hier die Verkaufsräume den in den Obergeschossen untergebrachten Wohnungen entsprechend, unter Verzicht auf eine bedeutendere Raumwirkung, in mehrere Partien geteilt. An der Fassade weisen figurale Darstellungen auf den einstigen und gegenwärtigen Zweck des Gebäudes hin.

') Der Architekt. 1898. 2) Der Architekt. 1898.

Abb. 555. Regensburgerhof.

Abb. 556. Regensburgerhof, I., Lugeck. Parterre. 1:600.

368

Börsengebäude und Geschäftshäuser.

'/. Hof

Abb. 557. De Steinstraße

r Glashüttenhof, IX., Liechten- 22. Zweiter Stock. 1 : 800.

Als historische Reminiszenzen sind an dem Gebäude das Standbild Kaiser Friedrichs III. und zwei vom alten Hause übernommene Kragsteine an den Erkern (männliche und weibliche Halbfigur) angebracht.1)

Der Glashüttenhof, IX., Liechtensteinstraße 22 (Abb. 557), ist ein von den Glashüttenwerken vormals J. Schreiber im Jahre 1903 errichtetes Waren- und Wohnhaus. Der Bauplatz hat bei einer Frontlänge von 35 m eine Tiefe von 85 m, so daß die Anlage von zwei Hoftrakten möglich wurde. Von der Gesamtfläche von 2870 m2 sind 1190 m2 vierstöckig, 346 m- dreistöckig als Magazine und 146 m2 zweistöckig als Stalltrakte verbaut. Von den Höfen sind 814 m2 mit Glas überdeckt und als Manipulationsräume verwendet. Die Ab- sonderung der Geschäftstrakte von den Wohntrakten erfor- derte die Anlage von zwei Hauseingängen. Die Kellerräume, welche ebenfalls zu Lagerzwecken verwendet werden, sind durch Luxferprismenverglasung erhellt. Der im Stile der Alt- Wiener Barocke gehaltene Bau wurde nach den Plänen des Architekten AI. Graf errichtet und kostete 1,200.000 K.

Abb. 558.

Warenhaus Gerngroß (Neubau).

Erster Stock. 1 : 800.

Abb. 559. Warenhaus Gerngroß.

Als letztes in der historischen Reihe ist das Warenhaus Gerngroß, VII., Mariahilfer- straße 44/46 (Abb. 558 bis 560), als eine in technischer und architektonischer Durchbildung moderne Schöpfung zu nennen. Dasselbe schließt sich an die dazugehörigen Häuser Mariahilfer- straße 48 und Kirchengasse 2/4, sowie rückwärts an das Haus Lindengasse 15 an und ist mit

') Der Architekt. 1898.

Warenhäuser.

369

diesen nach Bedarf verbunden. Der im Jahre 1904 fertig-gestellte Neubau wurde nach den Plänen der Archi- tekten FcHner und Helmer ausgeführt. Um eine wirkungsvolle Entwicklung des Parterrelokales nach der ganzen Tiefe des Grundstückes zu erreichen, sind die Anfangsarme der symmetri- schen Hauptstiege weit auseinander- gelegt und gewähren so einen unge- hemmten Durchblick. Von der sieben- geschossigen Anlage ist der ganze, von der Mariahilferstraße zugängliche Teil dem Kundenverkehr bestimmt, während in dem der Lindengassc zugewendeten Trakte die interne ge- schäftliche Manipulation, der Verkehr mit den Lieferanten etc. sich abspielt. Im dritten und im vierten Stockwerke liegen die Bureaux, Arbeits- und Sor- tierräume, ferner Erholungsräume für das Publikum, mit Wintergarten, Kon- ditorei, Schreib- und Lesezimmer etc. Im Kellergeschoß sind außer den Depots die Heiz- und Ventilations- anlage, die Akkumulatoren für die Notbeleuchtung, die Maschinen für die Aufzüge und den Vacuum Cleaner untergebracht, ferner die Wasch- und. Duscheräume sowie die Speiselokale für die Bediensteten. Den Verkehr zwischen den Geschossen vermitteln neben der schon erwähnten Haupttreppe noch drei Nebentreppen, fünf Aufzüge und eine rollende Rampe. Die Waren werden mittels zweier separater Aufzüge befördert. Von den einzelnen Manipulationsräumen sind Abwurfschläuche ins Souterrain geführt. Für Lösch- zwecke sind 29 Hydranten und die Berieselung sämtlicher Parterreschaukästen vorgesehen; ferner stehen 37 Taster zur Alarmierung der Hausfeuerwehr und zwei Automaten zur Benach- richtigung der städtischen Feuerwehr zur Verfügung. Die Beleuchtung wird mittels 350 Bogen-, 2100 Glühlampen und 84 Notlampen bewirkt. Zur Verhinderung von Einbrüchen sind an den Nachbargrenzen elektrische Alarmklingeln angebracht.

Die Konstruktion des Neubaues ist in armiertem Beton durchgeführt, in der Fassade, soweit dieselbe nicht durch Eisen und Glas verkleidet wurde, gelangte Stein zur Verwendung. ')

Abb. 560. Warenhaus Gerngfroß. Innenansicht.

!) Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vcreir.es. 1905, Heft 1.

F. Lconhard.

Bd. II.

24

K. WOHNGEBÄUDE.

I. PALÄSTE UND HERRSCHAFTLICHE WOHNGEBÄUDE.

a) Paläste von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses.

Palais Erzherzog Ludwig Viktor, I., Schwarzenbergplatz (Abb. 561, 562). 1) Als die Stadt- wälle fielen und aus dem Chaos der Demolierungsarbeiten die ersten Anfänge der Ringstraße emporwuchsen, war der heutige Schwarzenbergplatz für Gartenanlagen bestimmt, in deren

Abb. 561. Palais des Erzherzogs Ludwig Viktor.

Mitte sich das Standbild des Siegers von Leipzig erheben sollte; erst auf ausdrücklichen Wunsch des Bildhauers Hähnel, des Schöpfers des Denkmales, der einen geschlossen archi- tektonischen Hintergrund für sein Werk vorzog, wurde die möglichst einheitliche Verbauung des Platzes beschlossen. Das erste Bauwerk an demselben, das auch den Tenor der archi- tektonischen Durchbildung der Anlage bestimmte, war das Palais, das sich der damals erst

') Klasen, Grundrißvorbilder. I.Abschnitt, S.66. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1868, S. 136, Blatt 15, 16, 19, 20. Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild. Band „Wien", S. Slf. E. Winkler, Tech- nischer Fuhrer durch Wien. S. 107 f. C. Weiß, Alt- und Neu-Wien in seinen Bauwerken. Wien 1865, S. 139.

24*

372

Wohngebäude.

21jährige Erzherzog Ludwig Viktor an der Ecke der Ringstraße und des Schwarzenbergplatzes

durch Heinrich von Fcrstel errichten ließ.

Die unregelmäßige Figur des verhältnismäßig nicht großen Bauplatzes (1422 m2) mit drei

Straßenfronten und die vom Bauherrn selbst ausgearbeiteten Programmforderungen bereiteten

den Entwurfarbeiten nicht geringe Schwierigkeiten. Die geforderten Räumlichkeiten wurden auf fünf Stockwerke in folgender Weise verteilt: Das Keller- geschoß enthält außer der Küche mit ihren Neben- räumen einen geräumigen Pferdestall, der durch eine von der Durchfahrt abzweigende Rampe zu- gänglich gemacht ist; das Erdgeschoß ein großes Vestibül mit dem Treppenaufgang zu den Ober- geschossen, die Loge und Wohnung des Portiers, die Wagenremise und Wohnungen für das Küchcn- und das Stallpersonale; das Mezzanin die Apparte- ments des Erzherzogs; das als Hauptgeschoß durch- gebildete erste Stockwerk die Repräsentations- räume; das zweite Stockwerk wurde dem Hof- staate, den Kanzleien etc. zugewiesen.

Von der in die Pestalozzigasse führenden Durchfahrt geht eine Nebentreppe in alle Stock- werke. Die Haupttreppe führt von dem am Schwar- zenbergplatz belegenen Vestibül als einarmige, im rechten Winkel geknickte Stiege zum Mezzanin und

Hauptgeschoß und gibt in ihrer ebenso monumentalen wie ungemein originellen Anlage Zeugnis

Abb. 562.

Palais des Erz- herzogs Ludwig- Viktor

Erster Stock.

1 : S00.

A Großer Saal. B Speisesaal. C Galerie. D Wintergarten. E Haupttreppe. F Wohnung des

Erzherzogs. G Kapelle. H Großer Hof.

Abb. 563. Palais des Hoch- und Deutschmeisters.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

373

deren Einzelheiten 1864 begonnen und Umrahmungen und

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G Wohnung' des Erzherzogs. H Festräume.

Abb. 564.

Palais des Hoch- Erster Stock.

I Dienerwohnungen. F Wirtschaftsräume.

und Deutschmeisters. 1:800.

für Fcrstels besondere Hinneigung zu interessanten Treppcnbildungcn. Im Hanptgeschoß schließt sich an das Treppenhaus gegen den Schwarzenbergplatz zu eine Galerie an als Vorsaal für den großen Ballsaal, den Speisesaal und den Wintergarten, die zusammen eine Gruppe von Festräumen bilden.

Über die künstlerische Seite dieser Bauaufgabe äußert sich Ferstel in der Zeitschrift des Öster- reichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, XX. Jahrg., folgendermaßen: „Als Stil wurde von Sr. k. Hoheit jener der italienischen Renaissance be- zeichnet, und ich war bemüht, jenen Charakter zur Geltung zu bringen, welcher von den Meistern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur höchsten Vollkommenheit entwickelt wurde." Aber auch französischer Einfluß läßt sich nicht nur hinsichtlich der Dachsilhouette, sondern auch in manchen an- nachweisen. Der Bau wurde 1869 beendet. Sockel, Gesimse, Rustika wurden aus Wöllers- dorfer, Mühlendorfer und Mannersdorfer Stein, der Risalit gegen den Schwarzenbergplatz durchwegs aus Istrianer Stein ausgeführt. Auch beim Innenausbau kamen echte, zum Teil wie im Festsaal kostbare Steinsorten zur Verwendung. Max Ferstel.

Palais des verstorbenen Herzogs von Modena (heute Erzherzog Franz Ferdinand)» III., Beatrix- gasse 29. Im Jahre 1779 stand an der Stelle dieses Palastes ein kleines, der Freiin von Harruckcr gehöriges Haus, das, nachdem es sich mit dem zugehörigen großen Parke vorüber- gehend im Besitze des Grafen Leopold Kolowrat befunden hatte, im Jahre 1812 durch Erz- herzogin Maria Beatrix erworben wurde. Auf dem durch Ankauf eines im Besitze der Fürstin Eleonora Liechtenstein befindlichen Nachbargebäudes erweiterten Grundstücke ließ Erzherzogin Maria Beatrix den heute bestehenden Palast erbauen, über dessen Haupttore an der Brüstung des Balkons das herzoglich Modenasche Wappen angebracht wurde. Neben dem an das Palais anschließenden, durch einen Ehrenhof ausgezeichneten Gebäude (Bcatrixgasse Nr. 27) befindet sich ein drei Stock hohes, ebenfalls zum Besitze gehöriges Haus (Nr. 25), in welchem die reichen Sammlungen des Erzherzogs Franz Ferdinand untergebracht sind.

Das Palais des Hoch- und Deutschmeisters, I., Parkring 8 (Abb. 563 bis 565) '), wurde für weiland Erzherzog Wilhelm, Hoch- und Deutschmeister, als Privatpalais von Theophil von Hansen 1864 1868 erbaut, und ist jetzt Eigentum des Deutschen Ritterordens und Sitz des je- weiligen Großmeisters (derzeit Erzherzog Eugen) desselben, der seit dem Preßburger Frieden (1805) aus den Reihen der österreichischen Erzherzoge ernannt wird. Der rund 55 m breite und 50 m tiefe, zwischen Ringstraße und Cobdengasse belegene Bauplatz begünstigte die von Hansen sehr bevorzugte, streng symmetrische Ausbildung des Grundrisses mit zentraler Hof- anlage. Das Raumerfordernis war im gegebenen Falle weniger kompliziert als bei anderen Palais- bauten, da nach den Satzungen des Deutschen Ritterordens der Großmeister unvermählt bleiben muß und somit eine ganze Reihe von Anforderungen, die sonst die Grundrißkonzeption schwierig machen, hier in Wegfall kamen. Dagegen erschwerte die geforderte Anlage eines außergewöhnlich großen Stalles mit all seinen Nebenräumen, auf dessen sorgfältigste Venti- lation mit vollem Rechte das größte Gewicht gelegt wurde, dem Architekten die Aufgabe in hohem Maße. Die Verteilung der Räume in den fünf Stockwerken erfolgte in der Weise, daß das Erdgeschoß der Hauptsache nach der Stallanlage, das darüberliegende Mezzanin dem Hofmarschall und dem Dienstkämmerer zugewiesen wurde, während der erste Stock die Reprä- sentationsräume und die Wohnräume des Erzherzogs enthält; ein darüberliegendes niedriges Zwischengeschoß, ein über dem Mittelrisalit errichteter Attikenaufbau und verbleibende Teile der übrigen Stockwerke wurden für Dienerwohnungen, Depots u.dgl. verwendet; Küchen- und sonstige Nutzräume sind im Kellergeschoß untergebracht.

])Klasen, Grundrißvorbilder. I. Abschnitt. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S6S. Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild. Band „Wien". E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. C.Weiß. Alt- und Neu-Wien in seinen Bauwerken. Wien 1S65.

374

Wohngebäude.

Abb. 565. Palais des Hoch- und Deutschmeisters. Großer Speisesaal.

Von der Ringstraße aus führt eine prächtige, dreischiffige Einfahrt in den glasüberdeckten, 19m breiten und 266m langen Zentralhof, der das Wenden einzelner Wagen wohl gestattet und auch als Winterreitschule verwendet werden kann; bei größeren Festlichkeiten ermöglicht eine weiträumige, an der Hinterfront gelegene Remise die Durchfahrt nach der Cobdengasse. Rechter Hand vom Haupteingang erstreckt sich durch den ganzen Bau eine monumental aus- gestattete Stallanlage, linker Hand führt eine breite zweiarmige Prunktreppe zu den Repräsen- tationsräumen und den Appartements des Erzherzogs, während drei Nebentreppen dem in- ternen Verkehr dienen; ein Lastenaufzug berührt sämtliche Stockwerke.

„Was den Stil des Gebäudes anbelangt, so ist dasselbe in griechischer Renaissance aus- geführt", schreibt Hansen selbst im Jahre 1868 über diese eigenartige Arbeit, die den besten des Meisters beizuzählen ist. Die ganz in Karststein ausgeführte Fassade gegen die Ringstraße charakterisiert durch die schöne Klimax seiner Stockwerksgliederung den Bau als Wohnung eines kaiserlichen Prinzen aufs trefflichste; die ruhige, einfach rustizierte Wandfläche des Unter- baues (Keller, Erdgeschoß und Mezzanin), in welche die schlank einschneidenden Einfahrtstore kräftige Akzente bringen, bildet ein vortreffliches Basament für die Ordnung des Hauptgeschos- ses: Säulen ionischer Ordnung im Mittelrisalit, die sich in den beiden Seitenflügeln zu Wand- pilastern verflachen. Das dreiteilige Gebälke dieser Ordnung, in dessen Fries sich die Fenster eines niedrig gehaltenen Dienerschaftsgeschosses einschneiden, ist von ganz besonderem Reiz. Über der Säulenstellung des Mittelrisalits erhebt sich ein Attikengeschoß, dessen Gebälk von Karyatiden Herolde des Ordens getragen wird; Waffentrophäen krönen den Mittelbau, während die Statuen von je drei Ordensmeistern die beiden Seitenflügel schmücken. Die Rückfassade gegen die Cobdengasse ist wesentlich einfacher gehalten. Der monumentale Cha- rakter der Hauptfassade erstreckt sich auch auf den inneren Ausbau und tritt namentlich in dem zweigeschossigen, glasüberdeckten Zentralhof, der zweiarmigen Haupttreppe, den Fest- räumen und der großen Stallanlage zutage. Max Fersiel.

Das Palais des Erzherzogs Rainer, IV. Bezirk, ist ein von schönen Gartenanlagen durch- zogener Gebäudekomplex zwischen der Wicdener Hauptstraße, Schaumburgergasse, Schönburg-

Paläste und herrschaftliche WohngcbUude.

375

straße und Rainergasse aus dem 18. und 19. Jahrhundert, über dessen Entstehung; und allmähliche, durch zwei Jahrhunderte sich hinziehende bauliche Umgestaltung- wenig bekannt ist. Kaiser Karl VI. ließ den Mitteltrakt des Palais für Gräfin Althan erbauen.1) In den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts gehörte das Anwesen der in Wien sehr bekannten Familie Oeymüller, die verschiedene bauliche Veränderungen vornehmen ließ, späterhin diente es als Kaserne der berittenen Gendarmerie, im Jahre 1853 kaufte es Erzherzog Rainer, welcher unter anderem den Bibliothekstrakt und das Stallgebäudc aufführte und dem Palais seine heutige Gestalt geben ließ.

Palais des Erzherzogs Friedrich, I., Augustinerbastei.2) In den Jahren 1801 1804 von Montoyer auf der Augustinerbastei für Erzherzog Karl, den Sieger von Aspern, erbaut, er- scheint es als ein langgestrecktes, stattliches, aber etwas akademisch nüchternes Gebäude, das durch einige bauliche Zutaten späterer Perioden nicht gewonnen hat. Erzherzog Albrecht ließ Mitte der Sechzigerjahrc durch Heft an der Augustinerbastei und der Albrechtsgasse ein großes, zinshausartiges Gebäude, das hauptsächlich Beamtenwohnungen und Administrations- kanzleien enthält, aufführen und durch einen, die Zufahrt zur Rampe der Augustinerbastei übersetzenden gedeckten Gang mit dem Palais verbinden. Nach dem Ableben des Erzherzogs Albrecht fiel das Palais 1895 an Erzherzog Friedrich.

Palais des Erzherzogs Leopold Salvator, IV., Alleegasse 29. Das Palais entstand im Jahre 1867 durch Umbau eines alten, durch großen Parkbesitz ausgezeichneten Gebäudes, das ehe- mals Eigentum des Malers Heinrich Füger, dann des Dichters Adolf Bäuerle gewesen war. Es besteht aus einem ungefähr 60 m langen, dreistockhohen Straßentrakte mit Aufbauten über den beiden eingeschobenen Risaliten und einem dem Garten zugewendeten Hoftrakte, der in Verbindung mit zwei die Nachbargrenzen deckenden Seitentrakten den zirka 800 m'2 großen Hof umschließt. Die in Putzbau mit Verwendung von Haustein ausgeführte Fassade zeigt die Formen klassischer Renaissance.

Palais der Familie des verstorbenen Erzherzogs Karl Ludwig» IV., Favoritenstraße 7. Das Palais erhielt, von kleineren, in späterer Zeit vorgenommenen Adaptierungsarbeiten abgesehen, seine heutige Gestalt am Anfange der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, als nach den Plänen des verstorbenen Architekten Heinrich Freiherrn von Ferstel der aus einem

') Nach einer anderen Version, der sich Hg in seinem Buche: Leben und Werke Joh. Bernh. Fischers von Erlach des Vaters, Wien (C. Konegen) 1S75, auf S. 490 anschließt, wäre das von Leopold von Engelskirchen 1710 1711 errichtete Palais am 14. Oktober 1724 in das Eigentum des berühmten Gelehrten Johann G. von Garelli übergegangen.

2) C. Weiß, Alt- und Neu-Wien.

Rotenturmslraße.

376

Wohngebäude.

Straßentrakt und aus zwei beiderseits in den Hof ein- gebauten Flügeltrakten be- stehende alte Bau ein zweites Stockwerk erhielt und ein die beiden Hoftrakte verbin- dender Neubau aufgeführt wurde, der den zirka 1 200 m2 umfassenden Ehrenhof von dem sich auf eine Tiefe von mehr als 100 m erstrecken- den schönen Park trennt. Die rund 44 m lange Haupt- fassade ist in den beiden Obergeschossen mit einer zweifachen korinthischen Pi- lasterordnung geziert. Über dem Hauptgesimsc erhebt sich eine Attika, die im Mittel- risalite von vier Figuren- gruppen, in den beiderseiti- gen Rücklagen von Vasen gekrönt ist.

b) Herrschaftliche Wohn- gebäude.

Abb. 567. Palais Lobkowitz, I., Lobkowitzplatz.

Erzbischöfliches Palais,

I., Rotenturmstraße 2 (Abb.

566). Der Pfarrhof von St. Stephan, in welchem seit dem jähre 1471 die Bischöfe von Wien residierten, wurde im Laufe der Zeiten vielfachen Umwandlungen unterzogen, deren weitest- gehende unter den Bischöfen Anton Wolfrath (1631 1639) und Friedrich Graf Breuner (1639 1669) sowie unter dem Erzbischofe Siegmund Graf Kollonitz (1716 1751) stattfanden. Unter Bischof Wolfrath begann der Umbau der zweifellos einer älteren Bauperiode entstam- menden Andreas- und Achatius-Kapelle und auch die Neuaufführung des von Loggien um- schlossenen Hofes. Der Kapellenumbau wurde unter dem Nachfolger Wolfraths, dem Bischöfe Grafen Breuner, vollendet, ebenso auch die Fassade des Palastes, welche besonders durch die eigenartigen Bekrönungen der Fenster des Hauptgeschosses bemerkenswert ist, die, an florentinische Vorbilder mahnend, in Wien nur noch am Bau des Ministeriums des Innern in ähnlicher Weise wiederkehren. A. 11g vermutet als Architekten dieser Bauperiode den Floren- tiner Meister Giovanni Coccapani (1582 1649), einen Nachfolger Bcrnardos Buontalcnti delle Girandole (1536 1608), der, 1622 nach Österreich berufen, als Festungsarchitekt in Komorn und bereits 1631 am bischöflichen Hofe in Wien tätig war. Unter Erzbischof Kollonitz erfuhr der Palast im Stile der späteren Barocke noch mancherlei Ergänzungen, von welchen der monumentale Brunnen im Hofe und die reichverzierten Vasen, die über den Gesimskröpfun- gen des in strengen Formen gehaltenen Säulenportales stehen, besonders zu erwähnen sind. Palais des Fürsten Lobkowitz, I., Lobkowitzplatz 2 (Abb. 567, 568). Die künstlerische Urheberschaft an diesem auf Veranlassung des Grafen Philipp Sigismund von Dietrichstein (1651 1716) in den Jahren 16S5 1690 erbauten und seit dem Jahre 1753 im Besitze der fürstlich Lobkowitzschen Familie stehenden Palastes schreibt 11g dem in Wien zu dieser Zeit tätigen Architekten Carl Antonio Cannevale zu, eine Anschauung, welcher auch Gurlitt ') bei- pflichtet. Die eigenartige Fassadengestaltung, welche durch die mit gekuppelten Quadern ab- geteilten Wandlisenen und die in vertikalem Sinne vollzogene Zusammenziehung der Fenster- architcktur gegeben ist, stellt eine Steigerung jener Profanarchitektur des 17. Jahrhunderts dar, welche in Wien durch den Leopoldinischen Trakt der Hofburg charakteristisch vertreten ist. Einer späteren Zeit gehört das Hauptportal an, mit seinen über Eck gestellten und in ein Bündel

') Geschichte des Barockstiles, ßd. II, S. 135.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

377

von Pilastern eingebetteten toskanischen Säulen, die schöngeformte Vasen mit Schlangenhenkeln tragen. Beachtenswert ist besonders der diademartig sich aus- bauende, von Konsolen gestützte Tor- bogen mit feinen ornamentalen Füllungen, nicht minder der prächtige Reliefschmuck der Torflügel. Auch die mit Statuen ge- schmückte hohe Attika über dem Haupt- gesimse gehört zweifellos einer späteren Zeit, dem Anfange des 18. Jahrhunderts, an. Der Palast ist Sitz der französischen Botschaft, für welche auf dem Schwarzen- bergplatze gegenwärtig ein eigenes Palais nach dem Entwürfe des Pariser Archi- tekten Chedanne errichtet wird.

Palais des Fürsten Schwarzenberg, III. Bezirk (Abb. 569 bis 571).') Nach- dem Kaiser Leopold I. mit dem Bau des kaiserlichen Lustschlosses zu Schönbrunn begonnen hatte, war es Heinrich Franz Fürst Fondi, Graf von Mansfeld (gest. 8. Juni 1715), welcher im Jahre 1697 auf den Gründen des heutigen Heumarktes und Rennweges bedeutende Grundankäufc machte, um auf dem durch die Türken verwüsteten Boden nach dem Vorbilde römischer Villegiaturen einen groß ge- dachten Sommerpalast zu erbauen und hierdurch dem Adel ein hervorragendes Beispiel der Förderung der nach den Greueln des Krieges arg darniederliegenden heimischen Kunst zu geben. Der Bau war im Jahre 1705 im Äußeren vollendet, scheint aber dann ins Stocken geraten zu sein, bis nach dem Tode Fondis im Jahre 1716 der Besitz in das Eigentum des Fürsten Adam Franz Karl Schwarzenberg über- ging. Unter dem neuen Besitzer wurde die herrliche Parkanlage ausgeführt, die Wasserleitun- gen vollendet und die Kaskaden durch den Eggenburger Steinmetz Andrea Steinböckh her- gestellt; Lorenzo Mattielli fertigte die mythologischen Gruppen im Garten, und im Jahre 1724 begann Daniel Gran mit der Ausmalung des großen Kuppelsaales und anderer Räume, bis der im Jahre 1732 erfolgte Tod des Fürsten den weiteren Unternehmungen ein Ende be- reitete. Über den künstlerischen Schöpfer des Palastes herrschten bis in die jüngste Zeit Meinungs- verschiedenheiten, bis Ilg auf Grund eingehender Forschungen nachwies, daß, wenn auch mehrere Baukünstler in den Anfangsstadien sich mit der bedeutenden Baufrage beschäftigt haben, doch der ältere Fischer von Erlach in die Planverfassung und Bauführung zu einem Zeitpunkte eingegriffen hat, in welchem es ihm möglich war, dem Baue das unverkennbare Gepräge seines genialen Geistes zu verleihen. Nach seinem Tode (1723) war auch sein Sohn Josef Emanuel mit der Fortführung des Baues beschäftigt.

Das Äußere des Palastes ist besonders charakterisiert durch den ovalen Mittelbau, der sich zwischen zwei durch ionische Pilaster wirkungsvoll gegliederten Seitenflügeln erhebt. Dieser Mittelbau ist gegen die Vorderfassade zurückgeschoben, um einer mit Säulenarkaden geschmückten gedeckten Unterfahrt Raum zu bieten, zu welcher eine Rampe aufsteigt. An der dem Parke zugewendeten Seite tritt der Mittelbau, mit den in Doppelstellung verwendeten ionischen Pilastern verziert, halbkreisförmig vor. Wie aus dem Pfeffelschen Werke ersichtlich, war sowohl für den Tambour des Mittelbaues wie auch für die Attiken der Flügelbauten statuarischer Schmuck projektiert, wie denn, nach den Entwürfen zu schließen, überhaupt mehrfache Abweichungen von der ursprünglich gefaßten Konzeption vorgenommen wurden. Die beiden schmiedeeisernen Gittertore, welche die Zufahrten vom Rennwege und von der

Abb. 56S. Portal am Palais Lobkowitz.

]) Albert Ilg, Das Palais Schwarzenberg am Heumarkt in Wien. Wien 1SQ5, J. Löwy. Albert Ilg-, Leben und Werke Joh. Bern- hard Fischers von Erlach des Vaters. (S. 302—326.) Wien 1895, C. Konegen. G. Niemann, Palastbauten der Barockzeit. Wien 1883. Adolf Berger, Das fürstlich Schwarzenbergsche Oartenpalais am Rennweg in Wien. Mitteilungen des Wiener Altertumsvereines. 1886. Dr. R. Lind, Der fürstlich Schwarzenbergsche Sommerpalast in Wien. Förstersche Bauzeitung. Jahrgang 1882.

378

Wohngebäude.

Abb. 569. Palais Schwarzenbersf. Straßenseite.

Heugassc zum Vorhofe abschließen, wurden erst in jüngster Zeit durch Fürst Adolf Josef von Schwarzenberg nach Entwürfen des verstorbenen Architekten Heinrich Adam hergestellt. Die dem ovalen Mittelbau vorgelegte offene (jetzt durch eine Glaswand unterteilte) Vorhalle zeigt drei prächtige Brüstungsgitter. Die schöne Stukkodecke der Vorhalle stellt Helios auf seinem Wagen dar. Der durch die ganze Höhe des Hauses reichende große Kuppelsaal im Mittelbau gehört zu den bedeutendsten Werken des Barockstiles. Die Wände und die die Pendentifs aufnehmenden Gurtungen sind in reichvergoldeter Marmorarchitektur ausgeführt, die Fresken der Kuppel- decke, darstellend den Kampf des Lichtes gegen die Gewalten der Finsternis, und der Lünetten (Urteil des Paris und die Dioskurcn) rühren von Daniel Gran her. Der linke Flügel des Palastes nimmt den Speisesaal, das Arbeits- und Schlafzimmer und ein kleines quadratisches Kabinett sowie die sogenannte Galerie auf, während im rechten Flügel sich die Hauskapelle und die Salons der Fürstin befinden. Die Galerie, ein oblonger Saal, welcher die Ostscitc des Palastes einnimmt, ist ausgezeichnet durch die prächtige, von den Brüdern Hagenmüller in Stuckmarmor ausgeführte Dekoration der Wände und das von prunkvoller Architektur- malerei umrahmte Freskodeckenbild Daniel Grans, das den Sonnengott umgeben von allegorischen Gestalten auf der Höhe seines Laufes darstellt. Die anderen Räume sind zu- meist mit herrlichen barocken Stukkodeckcn und vielfach schon dem Empirestile angehörendem Wandschmucke ausgestattet. Die Wirkung der Innenräume wird ergänzt durch das verschie- denen Stilperioden angehörige kostbare Mobiliar, das zum großen Teil aus dem ehemaligen Schwarzenbergschen Palaste auf dem Neuen Markte stammt, so- wie durch zahlreiche Gemälde, von denen besonders zu erwäh- nen sind: die Rubens zuge- schriebenen Bilder „Romulus und Remus" und „Ganymed" sowie das als Werk Albanis ge- nannte Ölgemälde „Venus und Amor".

Majoratshaus des Fürsten Liechtenstein, I., Bankgasse 9 (Abb. 572 bis 575).') Fürst Hans Adam Andreas von Liechten- stein erwarb 1694 ein an der Stelle des Majoratshauses be- findliches Gebäude, das dem Grafen Dominik Kaunitz ge- hörte. Auf dem von drei Straßen- fronten begrenzten Bauplatze ließ er in den Jahren 1699 bis

') Kleiner und Pfcffcl, Tafel Will.

II. Teil,

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

379

1711 (?) den Palast errichten, als dessen Architekt wohl mit größter Wahrscheinlichkeit Abbatc Domenico Martinclli aus Lucca ( 1 650 1718) bezeichnet werden darf. Infolge eines heftigen Streites über die Anlage der großen Hauptstiege, der zwischen dem Bauherrn und seinem Architekten ausgebrochen war, zog sich Martinclli noch vor Vollendung des Baues zurück, worauf die weitere Planverfassung anderen Künstlern übertragen wurde, als welche Ilg den aus Rovercdo gebürtigen Gabriele di Gabriclli (1Ö71 1741) und Alexander Christiani aus Innsbruck nennt. Tatsächlich ist sowohl in der Anlage und der Ausstattung der Prachtstiege als auch in der Formen- gebung der beiden Portale in der Bankgasse und auf dem Minoritenplatze im Vergleiche zur Hauptfassadcnbildung eine verschiedenartige künstlerische Auffassung und eine Änderung in der Bauführung deutlich erkennbar. Ganz besonders zeigt das Seitenportal im Gegensatze zu der feierlich-ernsten Architektur der Hauptfassade in seiner an das Portal des Kinskyschen Palastes erinnernden Konzeption so sehr die graziöse Pracht Hildebrandscher Architektur, daß manche Forscher sogar versucht waren, seine Erfindung direkt Hildebrand zuzuschreiben. Die drei Straßentrakte umschließen mit einem rückwärtigen Verbindungstrakte einen quadratischen Hof von 23 m Seitenlänge. Die fünf Achsen des Mittelrisalites in der Bankgasse bestimmen ein säulen- und pfeilergetragenes Vestibül, das links zu einer Nebentreppe, rechts zu der Hauptstiege führt, welch letztere, mit Statuen, durchbrochenen Geländern und herrlichen Stukkoarbeiten geschmückt, zu den bedeutendsten Innenräumen Wiens gezählt werden muß. Der Hauptsaal des mit großer Pracht ausgestatteten Palastes liegt im zweiten Stocke über dem gegen die Bankgasse gerichteten Vestibüle. Sehr bemerkenswert sind die sinnreichen Vorrichtungen, mittels welcher die Fenster einer Gassenfront mit einem einzigen Federdruck geöffnet und geschlossen werden und welche Verschiebungen von Wänden, ja sogar das Hinabsenken des Saalfußbodens aus dem zweiten Stocke in den ersten Stock gestatten. Die Fassaden gliedern sich in ein Tiefparterre- und Hochparterregeschoß, zwei Stockwerke und ein niedriges Obergeschoß. Über einem das Erdgeschoß abschließenden kräftigen Gurtgesimse steigen im Mittelrisalit sechs korinthische Pilaster auf, die ein konsolengeschmücktes Haupt- gesimse und über diesem eine von Statuen gekrönte Attika tragen. Das Mittelfenster des ersten Stockwerkes ist mit dem fürstlichen Wappen geziert, über welchem zwei liegende weibliche

Abb. 571. Schnitt durch das Palais Schwarzenberg. (Nach der Aufnahme von Prof. G. Niemann.)

380

Wohngebäude.

Figuren den Fürstenhut halten. Das ein breiteres Mittel- und zwei schmälere Seitentore um- rahmende Hauptportal besteht aus zwei Säulenpaaren und Pilastern mit weitausladenden ioni- schen Kapitalen, die einen Balkon stützen, dessen Postamente zwei größere und zwei kleinere Figurengruppen tragen. Bei dem originell komponierten Seitenportale wird die halbkreisförmig geschlossene Toröffnung von je einer Atlantcngestalt, die auf runden Sockeln stehen, flankiert. Die Mitte des geschweiften Gebälkes und des Balusterbalkons wird durch ein mächtiges Wappen betont, über dem reizende, sich unter einem Mantel halbversteckende Putti die Fürstenkrone tragen. Als Meister der gesamten figuralen Zier gilt der Vcnetianer Giovanni Giuliani, der Lehrer Raphael Donners.

Altes Sommerpalais des Fürsten Liechtenstein, IX., Fürstengasse 2 (Abb. 576). Nach der zweiten Türkenbelagerung erwarb der kunstsinnige Fürst Hans Adam Andreas von Liechtenstein ausgedehnte Liegenschaften im Bezirke Aisergrund und ließ auf dem zwischen der heutigen Liechtensteinstraße und der Porzellangasse gelegenen, bis zur Alserbachstraße reichenden Areale durch den Architekten Domenico Martinelli (1650 1718) den vornehmen Palast erbauen, der gegenwärtig die auch von Fürst Adam Liechtenstein angelegte fürstliche Gemälde- galerie enthält. Dem gegen die Fürstengassc zu um beiläufig 60 m zurückgeschobenen Haupt- gebäude ist ein Ehrenhof vorgelagert, der von erdgeschossigen Nebengebäuden im Halbkreise begrenzt ist, während zwischen dem Palaste und der Alserbachstraße sich ein im Stile Le Notre entworfener Park erstreckte, der, mit Fontänen, plastischen Gruppen und Schmuck- anlagcn versehen, ein in der Hauptachse des Palastes gelegenes Lustgebäude aufnahm, das später Gloriette oder Belvedere genannt wurde. Dieses von Joh. Bernh. Fischer von Erlach entworfene reizvolle Gebäude mußte infolge der Errichtung eines neuen fürstlichen Schlosses längs der Alserbachstraße (nach Ferstels Plänen) leider demoliert werden. Der Park wurde später, unter dem Enkel des Gründers, dem Feldmarschall Fürsten Johann Liechtenstein, im englischen Stile umgewandelt und mit der Widmung, die an dem in der Fürstengasse errich- teten Portalbaue angebracht ist: „Der Natur und ihren Verehrern der Kunst und den Künstlern" der öffentlichen Benützung über- geben. Der Palast unterscheidet sich von den in anderen Vorstädten gleichzeitig errichteten Adelspalästen besonders durch die bedeuten- den Abmessungen und die bei sparsamer Ver- wendung bildnerischen Schmuckes ernste Mo- numentalität seiner Verhältnisse. Der Grundriß zeigt die Form eines 75 m langen und 40 m brei- ten Rechteckes. Der Mittelteil des Erdgeschosses nimmt eine sich sowohl nach dem Vorhofe als auch nach dem Garten öffnende, gewaltige Halle auf, die Rottmayr im Jahre 1708 mit herrlichen Fresken und Bussi mit prächtigen Stukkoarbei- ten zierte. Zu beiden Seiten der Halle ist je ein mit großer Pracht ausgestattetes Treppenhaus angeordnet mit Plafondmalercien von Rottmayr. Im Hauptgeschosse bildet den Glanzpunkt der Anlage der 25 m lange, 21'5m tiefe und 16 m hohe Saal mit einer der kunstvollsten Decken- perspektiven in Fresko von Andrea Pozzo. Auch die übrigen Gemächer weisen bedeu- tende Plafondgcmälde von Beluzzi, Frances- chini u. a. auf. Dem Haupteingange zum Parke gegenüber liegt in der Fürstengasse ein Komplex von Nebengebäuden, der den Namen „Pomeranzenhaus" führt und gegenwärtig eine Reihe von Künstlerateliers enthält. Auch in einem der Nebengebäude des Vorhofes wurde in jüngster Zeit nach dem Entwürfe des Architekten Th. Bach ein geräumiges Bildhaueratelier für die Kunst- bildhauerin Feodorowna Ries eingebaut (Abb. 578). Es besteht aus einer Ausstellungshalle, zu der von der 215 m höher gelegenen Liechtensteinstraße eine hölzerne, geschweifte Stiege hinabführt, aus zwei gegen Norden orientierten Atelierräumen von je 45 und 98 m- Grundfläche, zwei Empfangszimmern und den erforderlichen Nebenräumen. Die Zufuhr von Steinblöcken erfolgt durch den Park, mit dem das große Atelier durch eine 32 m breite Tür in Verbindung steht.

Abb. 572. Palais Liechtenstein, I.. Bankgasse. Ebenerd. 1 : S00.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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Abb. 573. Slicgenhaus im Palais Liechtenstein, I., Bankgasse 9. (Nach der Aufnahme von Prof. G. Niemann.)

Gartenpalais des Fürsten Liechtenstein, IX., Alserbachstraße (Abb. 577). An der Stelle, an welcher sich im Liechtensteinschen Parke ehemals ein reizendes Lustgebäude befand, wurde im Jahre 1876 nach den Plänen des Architekten H. von Ferstel der Palast erbaut. An der Garten- seite befinden sich in der Mitte der beiden Rücklagen der 102 m langen Hauptfassade zwei Eingänge, von welchen einer zu der einarmigen, säulengetragenen Hauptstiege, der andere zur dreiarmigen Prinzenstiege führt. Das Erdgeschoß nimmt außer einigen Gastzimmern Diener- und Wirtschaftsräume auf, während das Hauptgeschoß die Festsäle und Wohnräume enthält. Gegen die Alserbachstraße zu ist das Hauptgeschoß teilweise unterteilt behufs Aufnahme von Nebenräumen. Die Gartenseite ist ausgezeichnet durch eine triumphbogenartig gestaltete Loggia

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Wohngebäude.

im Mittelrisalit, die Straßenseite durch die fünf mächtigen Rundbogenfenster des im Mittel- risalite angelegten Wintergartens.

Palais des Fürsten Liechtenstein, I., Herrengasse 6 und 8. Schon im 15. Jahrhundert werden als Eigentümer des aus vier Häusern bestehenden Besitzes Christoph und später Georg

und Franz von Liechtenstein genannt. Im Jahre 1497 wird er als „das Haus, so auf der Hochstraße nächst der Bad- stuben (daher Neubadgasse) gelegen, gegen der Wallnerstraße als ein Frei- eigen mit sambt dem Caplanhaus, Ca- pelle und Garten" bezeichnet. Die ge- genwärtige Gestalt erhielt der Palast im Jahre 1792 unter dem damaligen Be- sitzer Fürsten Alois von Liechtenstein. Der Architekt ist nicht bekannt. l)

Majoratshaus des Fürsten Eszter- häzy, I., Wallnerstraße 4. Der Majorats- palast besteht aus mehreren Häusern, welche drei mit gemeinsamer Durch- fahrt versehene Höfe umfassen. Diesen Umfang erhielt der Palast durch Zu- sammenlegung mehrerer Gebäude in den Jahren 1668 und 1754. Im Jahre 1690 wurde der gegen die Wallner- straße gelegene Teil nach den Plänen des Architekten Francesco Martinelli umgestaltet. Dieser Palast weist ein Erdgeschoß, ein Hauptstockwerk und einen Oberstock auf. Die Fenster sind in den oberen Geschossen durch ioni- sche Pilaster getrennt, welche auf glat- ten, mit Füllungen versehenen Lisenen ruhen, die das rustizierte Erdgeschoß durchschneiden. Die Fenster des letz- teren wurden, wie deutlich ersichtlich, nachträglich erhöht. Das Mittclfenster des ersten Stockes ist mit dem fürst- lichen Wappen geziert. Die drei mittleren Achsen des Parterres nehmen den Portalbau auf, über welchem, von Konsolen getragen, ein mit schöngeschmiedetem Gitter versehener Balkon ruht. Gurlitt '-) erblickt in der Lösung der Fassade eine Steigerung jener Fassadenbehandlung, welche durch die Paläste Lobkowitz, Starhemberg (Unterrichtsministerium) und durch den Leo- poldinischen Trakt der Hofburg gekennzeichnet ist. Die Grundrißanlage bietet nichts Bemer- kenswertes.

Ehemaliges Sommerpalais des Fürsten Eszterhäzy, VI., Amerlingstraße. Fürst Wenzel Kaunitz kaufte im Jahre 1759 die an der Stelle der heutigen Amerlingstraße gelegenen Gründe, um daselbst einen Sommerpalast mit schönem Parke anlegen zu lassen. Nach seinem im Jahre 1794 erfolgten Tode ging der Besitz auf seine Erben, im Jahre 1812 an den Großhändler Löwenthal und im Jahre 1815 an die fürstliche Familie Eszterhäzy über, die in dem Palaste ihre in verschiedenen Schlössern verteilt gewesenen Gemälde zu einer bedeutenden Bilder- galerie vereinigte. Im Inneren des Gebäudes ist besonders zu erwähnen das im Haupt- saale befindliche Deckengemälde von Antonio Marini, das die Götter im Olymp zum Vorwurfe hat. Im Jahre 1874 erwarb die Gemeinde Wien die Realität, im Sommerpalaste wurde das Mariahilfer Gymnasium untergebracht und der Park der öffentlichen Benützung übergeben.

Palais des Fürsten Auersperg (ehemals Marquis Roffrano), VIII., Auerspergstraße (Abb. 579). Dieses Palais soll Girolamo Fürst Copece, Marchcsc di Roffrano, Generalpostmeister in

Abb. 574. Portal des Palais Liechtenstein, I., Bankgasse.

') Wilhelm Kisch, Die alten Straßen und Plätze Wiens. Wien 18S3 (M. Oottlicb). Kleiner und Pfeffel, III. Teil, Tafel XXII- '-) üurlitt, Geschichte des Barockstiles und des Rokoko. Bd. II, S. 136.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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Italien, im Jahre 1721 oder 1722 durch den Baumeister Giovanni Christiano Neupauer '), und zwar nach dem Plane des Johann Bernhard Fischer von Erlach haben errichten lassen. Fürst |ohann Adam Auerspcrg kaufte den Besitz im Jahre 1778 um den Betrag von 70.000 Gulden. Angesichts der äußerst mangelhaften Literatur, welche uns über die Baugeschichtc Wiens aus dem 17. und IS. Jahrhundert zu Gebote steht, ist es auch bei diesem Paläste nicht möglich, den Archi- tekten mit Bestimmtheit anzugeben. Während Gurlitt-) als den Schöpfer der Fassade den jüngeren Fischer bezeichnet, neigt Albert 11g 3) der Anschauung zu, daß der Entwurf von Fischer von Erlach dem Vater herrühre und von dessen Schüler Neupauer ausge- führt worden sei. Gegen Schluß des abgelaufenen Jahrhunderts erhielt das Gebäude einen mit frei- stehenden Säulen versehenen Vorbau vor dem poly- gonal ausgebauten Mittelteile der Fassade und einen turmartigen Erkerausbau an der linken Fassadeseite nach den Plänen des Architekten Gangolph Kayser. Das Innere des Palastes hat in der späteren Zeit des 18. Jahrhunderts und in der Zeit des Empirestiles vielfache Änderungen erfahren. Im Hauptsaale befindet sich ein Deckengemälde von Nicolo Rossi, dem für den architektonischen Teil Johann David zur Seite stand. Als Verfertiger der Stukkaturarbeiten wird Hcnrici genannt. Diese Arbeiten gehören bereits der Zeit an, in welcher Johann Adam und später dessen Neffe Karl Fürst zu Auersperg Besitzer waren.

Palais des Fürsten Batthyanyi-Strattmann, I., Bankgasse 2 und Herrengasse 19."1) Aus der wenig aufgeklärten Entstehungsgeschichte des Gebäudes ist bekannt, daß im Jahre 1720 drei alte Häuser, welche an der Stelle des gegenwärtig bestehenden Palastes bestanden, von Gräfin Eleonora Batthyanyi-Strattmann, Witwe nach dem 1703 verstorbenen Feldmarschall Adam (II.) Grafen von Batthyanyi und Tochter des Hofkanzlers Grafen Theodor von Strattmann, der im Jahre 1693 den Sohn Fischers von Erlach Josef Emanuel aus der Taufe gehoben hatte, angekauft wurden. Diese Beziehungen der gräflichen Familie

zu Fischer und ihr freundschaftliches Verhältnis zu dem Prinzen Eugen von Savoyen, den mächtigen Förderer Fischers, lassen es wohl als unzweifelhaft erscheinen, daß Gräfin Eleonora den Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach mit der Ausführung ihres Palastbaues beauftragte, eine Annahme, die auch durch einen Stich Georg Nicolais betätigt wird.

Der Bau besteht aus Erdgeschoß, Halbstock, einem Hauptgeschosse mit Oberstock. Aus dem durch Fugenschnitt gezierten Erdgeschoß tritt das prächtige Portal vor, dessen Architektur das mittlere Fenster des Hauptstockwerkes einbezieht und in der mit dem Allianzwappen ge- schmückten Giebelverdachung dieses Fensters in wirkungsvoller Weise endigt. Die seitlichen, in ihrer nach unten sich vollziehenden Verjüngung an Hildebrand erinnernden Torpilaster tragen mit Trophäen geschmückte Schilder; die Zwickelfüllungen über dem Torbogen nehmen schöne allegorische Figuren, der Torbogen selbst ein prächtiges geschmiedetes Gitter auf. Im Inneren des Gebäudes sind die feinen Stukkoornamente an der Decke und den Wänden des Vestibüles besonders bemerkenswert. Nach dem Ableben des älteren Fischer von Erlach er- warb die Familie Batthyanyi-Strattmann auch die zu beiden Seiten des vorbeschriebenen Palastes gelegenen alten Häuser, von welchen das an der Ecke der Herrengasse und der Bankgasse gelegene, heute das Hotel Klomser enthaltende Gebäude, das im Jahre 1730 zum

jf

Abb. 575.

Portal des Palais Liechtenstein am Minoritenplatz.

1) Siehe Palais des Grafen Breuner.

2) Kornelius Gurlitt, Geschichte des Barockstiles und des Rokoko in Deutschland. S. 242.

3) Alb. Ilg, Leben und Werke Joh. Bernh. Fischers von Erlach des Vaters. S. 731.

*) Ilg, Leben und Werke Joh. Bernh. Fischers von Erlach. Wien 1895, C. Konegen. Ilg, Portale von Wiener Profanbauten des 17. und 18. Jahrhunderts. Wien 1894, Anton Schroll & Co.

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Wohngebäude.

Abb. 576. Altes Gartenpalais des Fürsten Liechtenstein im IX. Bezirke.

Umbau gelangte, besonders zu erwähnen ist. Es zeigt in der Front der Herrengasse einen Portalbau, dessen Architektur das über dem Tore befindliche und mit dem Batthyanyischen Wappen gezierte Fenster einschließt. Auffällig wirkt die Durchschneidung des nach einer Kurve eingezogenen Hauptgesimses des Portales durch das erwähnte Fenster und die etwas gezwun- gene Einschiebung eines flach ausladenden, mit schmiedeeisernem Brüstungsgitter und reich- verzierten Vasen versehenen Balkons in den Torbogen. Der Architekt dieser merkwürdigen, aber dennoch sehr wirkungsvollen Lösung ist nicht bekannt. Ilg vermutet als Urheber einen italienischen Baukünstler.

Palais des Grafen Schönborn (ehemals Batthyanyi), I., Renngasse 4 (Abb. 580). An der Einmündung der Renngasse in die Freiung ließen an Stelle eines Teiles des „Schlegel- hofes" ungefähr im Jahre 1700 Graf Adam von Strattmann und dessen Gemahlin Eleonora einen Palast erbauen, der im Jahre 1770 in den Besitz der gräflichen Familie Schönborn überging. Die letztere Tatsache mag zu der Annahme geführt haben, daß der Erbauer des Palastes Johann Balthasar Neumann gewesen sei, der für die Familie Schönborn reich

Abb. 57/. Neues Gartenpalais des Fürsten Liechtenstein im IX. Bezirke.

Paläste und herrschaftliche Wohngcbäudc.

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Abb. 578.

Atelier Feodorowna Ries im Sommer- palais des Fürsten Liechtenstein.

1 :600.

V Vorraum.

E Empfangsraum.

S Salon. SA Steinatelier. MA Modellatelier.

beschäftigt war. Da aber die Schünborn erst beiläufig- 70 Jahre nach der Erbauung in den Besitz des Hauses Renngasse gelangten und da die gräflich Batthyanyi-Strattmannsche Familie wie schon erwähnt zu Fischer dem Vater in nahen freundschaftlichen Beziehungen stand, so darf kaum gezweifelt werden, daß als Schöpfer des Palastes Fischer von Erlach anzusehen ist. Das Palais besteht aus einem niedrigen Erdgeschoß, einem Hochparterre, einem Haupt- und einem Obergeschosse. Über dem Hochparterre liegt ein Kordon- gesimse; die Fenster des Obergeschosses sind sehr hoch über jenen des Hauptge- schosses angeordnet. Die Fenster des Mittel- risalits sind begleitet von hermenartigen Pilastern mit auffallend reichen Kapitalen. Das Mittelfenster des Hauptgeschosses zeigt eine reiche, mit Wappen und Figuren ge- schmückte Verdachung, während zwischen

den übrigen Fenstern des Hauptgeschosses und jenen des Obergeschosses tafelartige Kartu- schen mit Reliefs mythologischen Inhaltes angebracht sind. Das rundbogige Portal ist flankiert von kannelierten toskanischen Säulen, welche ein verkröpftes Triglyphengebälke und über diesem das balustergeschmückte Balkongeländer in flachsegmentförmiger Ausladung tragen. Zu beiden Seiten des Haupttores befinden sich zwei rechteckige Nebentore, über welchen sich in je einer ovalen Nische eine reichornierte Vase aufbaut. Das Vestibül ist durch zwei Reihen von Säulenstellungen und ziemlich kräftig gehaltene Ornamentik ausgezeichnet. Das Stiegenhaus nimmt eine doppelarmige Treppe mit schönem Statuenschmuck auf und zeigt ebenso wie die Salons im Hauptgeschosse vornehme Komposition und Detailbehandlung.

Palais des Fürsten Kinsky, I., Freiung 4 (Abb. 581, 582).') Graf Philipp Laurenz von und zu Daun (1668 1741), der berühmte Verteidiger Turins im Jahre 1706, erwarb das zwischen Freiung und Herrengasse gelegene Haus des Grafen Waldstein, um in den Jahren 1709 1713 jenen Palast erbauen zu lassen, der, nachdem er sich vorübergehend im Besitze der Grafen Khevenhüller-Metsch, Harrach und Lamberg befunden hatte, seit 1790 Eigen-

I-) Dr. Albert Ilg, Das Palais Kinsky auf der Freiung in Wien. Wien 1894, J. Löwy. Niemann, Die Palastbauten des Barock- stiles in Wien. Wien 1883. Dr. Albert Ilg, Plafond- und Wanddekorationen. Wien, Ed. Hölzl. Kornelius Gurlitt, Geschichte des Barockstiles. Bd. II. Dr. Albert Ilg, Portale von Wiener Profanbauten. Wien 1894, Anton Schroll & Co.

Abb. 579. Palais Auersperg, VIII., Auerspergstraße.

Bd. II.

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Wohngebäude.

Abb. 580. Palais Schönborn, I., Renngasse.

tum der fürstlichen Familie Kinsky ist. Wie bei arideren hervorragen- den Schöpfungen aus dem Zeitalter der Barocke, das im Drange unge- stümen Schaffens es nur zu oft unter- ließ, seine glänzenden Taten durch schriftliche Aufzeichnungen zu be- gleiten, herrschte auch über die Autorschaft des Palastes Daun- Kinsky mancherlei Zweifel. Hg nimmt mit Bestimmtheit an, daß, wie be- sonders die Stilverwandtschaft mit dem Belvedere und dem Lustschlosse Mirabell in Salzburg bezeugen, die Urheberschaft Johann Lukas von Hildebrand (geb. 1668) zugeschrie- ben werden müsse, während Gurlitt mangels vollkommen einwandfreier urkundlicher Belege sich darauf be- schränkt, den Bau nur als in den Schaffenskreis des Hildebrand ge- hörig zu bezeichnen. Die Front gegen die Freiung besteht aus einem rustizierten Erdgeschoß, aus welchem ein mit über Eck gestellten Säulen und zwei prächtigen Atlanten ge- ziertes Portal wirkungsvoll hervor- tritt, einem mit geraden Verdachun- gen versehenen Mittelgeschoß und einem mit reichgegliederten Fenster-

giebeln geschmückten Hauptgeschoß. Die beiden oberen Stockwerke sind durch korinthische Pilaster zusammengefaßt, von welchen die vier mittleren, eine eigentümliche hermenartige Aus- bildung aufweisend, einen Mittelrisalit betonen, der sowohl im Erdgeschosse als auch in dem kräftigen, konsolengeschmückten Hauptgesimse zum Ausdrucke kommt und in einer statuen- tragenden Attika ausklingt. Die letztere, über dem Risalite in durchbrochene Arbeit aufgelöst, setzt sich über die beiderseitigen Rücklagen fort und ist an den Endigungen der Fassade mit je einer Statue, über dem mittleren Pilaster jeder Rücklage mit einer Trophäengruppe geziert. Das Mittelfenster des Zwischengeschosses ist durch das von Putti begleitete Kinskysche Wappen (drei Eberzähne) gekrönt und verbindet sich durch Voluten mit dem Hauptportale zu einer Gesamt- komposition von bedeutender Wirkung. Durch das Hauptportal und durch ein verhältnismäßig schmales, mit zwei Figurengruppen geziertes Foyer gelangt man in eine ovale Einfahrtshalle, welche rechts zu einer Neben-, links zur Pracht- treppe führt. Bei einer Höhe von beiläufig 10 m reicht diese Halle mit ihrer gewölbten Decke in das Mittelgeschoß. Im unteren Teile ist sie durch eine toskanische Ordnung belebt, über deren

Stiegenhaus im Palais Kinsky.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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Abb. 582. Palais des Fürsten Kinsky, I., Freiung.

Pilastcrn sich die von Stichkappen unterbro- chene und mit reicher Stuckarbeit versehene Gewölbdecke erhebt, deren Dekor an das Treppenhaus des Bel- vederes gemahnt. Die einarmige Hauptstiege gehört trotz der Be- schränkung des Rau- mes, welchen sie ein- nimmt, zu den bedeu- tendsten Anlagen die- ser Art. Durch die gewaltige Telamonen- figur, welche am Fuße der Treppe das Ge- wölbe trägt, erinnert sie nicht nur an den Karyatidensaal im Erd- geschosse des Belve- deres, sondern auch an die großartige Stie- genhalle im Palaste des Prinzen Eugen (jetziges Finanzmini- sterium) in der Him- melpfortgasse, als de- ren Autor der ältere Fischer von Erlach

sichergestellt ist, während die reichen durchbrochenen Steinbrüstungen mit den spielenden Puttifiguren auf den Postamenten die Erinnerung an das jüngere Werk Hildebrands, das Schloß Mirabell in Salzburg, wachrufen. Das in drei Felder geteilte Freskogemälde der Decke des Stiegenhauses, von Marcantonio Chiarini (1652 1730) aus Bologna, stellt den Übergang des Kriegshelden, von Genien des Ruhmes geleitet, in die Unsterblichkeit dar. Der ovale Hauptsaal des Palastes liegt, durch eine Zimmerreihe von der Hauptfassade getrennt, über dem ovalen Vestibüle. Der an den Wänden mit Marmor geschmückte Raum trägt an der Decke ein Freskogemälde Carlo Carlones, dessen Vorwurf, obgleich es mythologische Gestalten auf Wolken thronend darstellt, nach Ilg einem Teil der Lebensgeschichte des Bauherrn, nämlich der Erlangung der Würde eines Vizekönigs von Neapel, entnommen zu sein scheint. Der im Halbstock gelegene Speisesaal ist durch die Wandverkleidungen bemerkenswert, die sich ehe- mals hinter dem Chorgestühle der von Raphael Donner im Barockstile umgestalteten Martins- kirche in Preßburg befanden. Auch die übrigen Räume des Palastes zeichnen sich durch schöne, zum Teil auch moderne, von Professor Rudolf Weyr entworfene Stukkodecken aus. Einer der kleineren Räume des ersten Stockes weist die in unseren Barockwerken nicht häufig vorkom- mende Anordnung von vier, um ein plastisches Mittelstück gruppierten Ölgemälden auf. Unter den kostbaren Einrichtungs- und Dekorationsgegenständen sind die verschiedenen Zeiten ent- stammenden Gobelins im Salon der Fürstin, ein wirkungsvoll gestalteter Maskeron im ersten Hofe und der reiche Statuenschmuck in der Einfahrtshalle und im Stiegenhause besonders zu erwähnen.

Palais des Grafen Breuner-Enkevoirth, I., Singerstraße 1 6 (Abb. 583). Der Palast gehört zu den glänzendsten Schöpfungen des Wiener Barockstiles und wird in der monumentalen Wucht seiner Konzeption kaum von einem anderen Werke jener Periode übertroffen. Über seine Geschichte wissen wir, daß sich an seiner Stelle 1684 eine dem Grafen Karl Ludwig de Souches gehörige Reali- tät befand, die von dessen Erben 1 725 oder 1 730 an den Stadthauptmann Johann Christian Neupauer, später (1775) an die Grafen Hallweyl, und endlich, nach noch mehrmaligem Wechsel, in den letzten Dezennien des vergangenen Jahrhunderts an die gräfliche Familie Breuner-Enkevoirth überging.

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Wohngebäude.

Neupauer war Architekt und wohl einer der bedeutendsten Schüler des älteren Fischer von Erlach. Nach dem Ableben des letzte- ren soll er nach Fischerschen Plänen den Bau des Palastes Roffrano, heute Auersperg. vollendet haben, und es ist daher nicht ausgeschlossen, daß Neupauer selbst die Pläne für das in seinem Besitze befind- liche Palais in der Singerstraße verfaßte. Das Haus weist vier Stockwerke über einem Tiefparterre auf und zeigt gegen die Straße 1 1 Fensterachsen. Auf eine durch die drei mittleren Fenster gegebene Breite dehnt sich in den Untergeschossen die prachtvolle Portallösung aus. Das halb- kreisförmig geschlossene Haupttor und die mit ovalen Fenstern gekrönten Nebentore sind durch vier Telamonenhermen flankiert, welche über dem Portalgesimse reichen bildhauerischen Schmuck tragen. Beson- ders bemerkenswert sind die über den beiden mittleren Atlantengestalten befind- lichen figuralen Kompositionen, die durch die Wahl ihres Vorwurfes: Herkules mit Antäus einerseits Äneas und Anchises anderseits, auffallend an die Reliefs ge- mahnen, welche an einem der Haupttore des Palastes des Prinzen Eugen (Finanz- ministerium) angebracht sind. Zwischen diesen beiden statuarischen Gruppen ist ein schmiedeeisernes Balkongeländer an- geordnet. Die Portalanlage wird in ihrer mächtigen Wirkung ergänzt durch die in glänzender Linienführung komponierte Bekrönung des Mittelfensters im Haupt- geschosse, die in reichgegliederter Ver- dachung das von zwei Puttifiguren ge- tragene Wappen der gräflichen Familie Breuner aufweist. Die übrigen Fenster des ersten Stockes zeigen in den Ver- dachungen flache, mit zarten figuralen Reliefs gezierte Schilder, wie sie in ähn- licher Weise an dem Palaste Trautson (gegenwärtig Haus der ungarischen Garde) ersichtlich sind. Im Inneren sind die mächtige Einfahrtshalle und die links von dieser gelegene dreiarmige, mit figuralem Schmuck reichgeschmückte Prachttreppe sowie die plastischen Pla- fonds des Hauptgeschosses beachtenswert.

Palais des Fürsten Clary, I., Herrengasse 9.1) Dasselbe dürfte in den Jahren 1690 1700 durch den damaligen Besitzer des Grundes, Max Grafen Mollart, erbaut worden sein. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist das Palais im Besitze des fürstlichen Geschlechtes Clary. Die einfache Fassade fällt besonders durch die originelle Lösung des Portales auf. Die Rund- bogenöffnung wird beiderseits begleitet durch Dreivicrtclsäulen, deren runder Schaft von sechs viereckigen und fünf achteckigen über Eck gestellten Quadersteinen durchschnitten wird, ein Motiv, dem wir in einigermaßen verwandter Art auch am Portalbaue des ehemals Simon Prennerschen Hauses, I., Dorotheergasse 10, begegnen. Bemerkenswert ist die über dem Portal- gesimsc vorgeschobene, von einer geschwungenen Konsole gestützte Balkonplatte, welche eine Balustrade aufnimmt, deren Postamente mit auffallend fein konzipierten Füllungsornamentcn

Abb. 5S3. Portal am Palais des Grafen Breuner-Enkcvoirth, I., Sinoerstraüe 16.

') Ilg, Portale von Wiener Profanbauten des 17. und 18. Jahrhunderts.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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geschmückt sind. Auch die Komposition der beiden unterhalb der Balkonplatte befindlichen Zwickelfiguren mit besonders schöner Behandlung des Faltenwurfes ist eine so eigenartige, daß es nicht möglich ist, den Schöpfer dieses Bauwerkes zu erraten.

Palais des Landgrafen Fürstenberg, L, Himmelpfortgasse 13. Über dessen Geschichte ist wenig bekannt. Der Grund, auf welchem es steht, gehörte einstens zu dem Kloster Maria porta coeli, das der Straße den Namen verlieh, gelangte in den Besitz der fürstlichen Familie Rakoczy, später der Grafen Erdödy und endlich der Landgrafen Fürstenberg. Der Bau, der in die Zeit um 1700 fallen dürfte, besteht aus Tief- und Hochparterre und drei Obergeschossen und weist bei im allgemeinen einfacher Fassadengestaltung ein reiches Portal auf, das, mit Atlantenhermen und durchbrochenem Balkongeländer geschmückt, einen bedeutenden Eindruck macht. Der Architekt des Hauses ist unbekannt; die Lösung des Portales und der Atlanten erinnert an Hildebrand und an Mattielli.

Palais des Fürsten Paar, I., Wollzeile 30. Das Haus, das im Laufe der Zeiten vielfachen Umwandlungen unterzogen worden ist, befindet sich seit Ende des 16. Jahrhunderts im Besitze der Reichsgrafen, später Fürsten Paar, welchen Kaiser Rudolf II. die Würde der Erbland-Post- meister verliehen hatte. Im rückwärtigen, der Zedlitzgasse zugewendeten Trakte liegen noch heute die ausgedehnten Stallungen, welche den Zwecken der hier bestandenen ältesten Wiener Postanstalt dienten. Ihre mächtigen gewölbten Decken sind mit prachtvollen Stuckdekorationen geschmückt. Die Fassade weist zwölf Fenster auf, deren unregelmäßige Verteilung das höhere Alter des Hauses erkennen läßt; sie zerfällt in Tief- und Hochparterre, ein Hauptgeschoß und ein durch niedrige Fenster beleuchtetes Dienergeschoß. Die dem Erdgeschosse eingefügten beiden Portale zeigen ein rundbogig geschlossenes Einfahrtstor, das beiderseits begleitet wird von über Eck gestellten hermenartigen Pilastern in der Art Hildebrands. Der Architrav und die

Abb. 5S4. Palais des Fürsten Schönburg, IV., Rainergasse.

Zwickel über dem Torbogen sind mit Reliefornamenten geschmückt. Über dem Schlußstein des Bogens erhebt sich der gekrönte Doppeladler, der als Brustschild das Paarsche Wappen, mit der Kette des goldenen Vlieses und der Fürstenkrone geschmückt, trägt. Das rechtsseitige Portal ist ausgezeichnet durch ein herrliches hölzernes Haustor. Die Oberlichte über dem Tore ist geziert mit einem schöngezeichneten schmiedeeisernen Gitter, in dessen Mitte sich das oben erwähnte Motiv des Doppeladlers wiederholt. Die Portale dürften aus der Zeit um 1700 stammen. Sehr bedeutend sind im Inneren die Prachttreppe und die gegen die Woll- zeile gerichteten Festräume, deren glänzende Ausstattung dem Hofbaumeister Carlo Cannevale zugeschrieben wird.

Palais des Baron Geymüller, I., Wallnerstraße 8.1) In der bestehenden Gestalt dürfte der Palast unter dem Feldherrn Emerich Grafen von Caprara entstanden sein. Über den künstle- rischen Urheber des eigenartig schönen Bauwerkes besitzen wir keine Kenntnis. Während das mit Atlanten und einem geschweiften Balusterbalkon gezierte Portal sich an heimische Portal-

1 Dr. Alb. Ilg, Portale der Wiener Profanbauten des 17. und 18. Jahrhunderts.

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Wohngebäude.

Abb. 585. Palais des Markgrafen Pallavicini, I., Josefsplatz.

formen anschmiegt, weist die Forti- fikationsarchitektur der Fassade mit den merkwürdigen rustikalen Ein- rahmungen der Fenster einen im Vergleiche mit der Formensprache der Wiener Barocke fremdartigen Charakter auf. Das Gebäude fällt aus dem Gepräge der Wiener Profan- architekturen des 17. und 18. Jahr- hunderts heraus wie das ehemalige Palais Questenberg in der Johannes- gasse und das Palais Fürst Clary in der Herrengasse. Der Palast, der nach dem Besitze durch Baron Gey- müller wenige Jahre lang Eigentum der freiherrlichen Familie Pouthon war, wurde im Jahre 1905 durch das Land Niederösterreich erworben, um einige Landesämter aufzunehmen. Ilg gibt in seinem Werke „Portale der Wiener Profanbauten etc." den Palast irrtümlich als Eigentum der Familie Palffy an.

Palais des Fürsten Schönburg, IV., Rainergasse (Abb. 584).1) Gegen- über der Einmündung der Schaum- burgergasse in die Rainergasse liegt, gegen die Straßenfront zurückge- schoben in schönem Parke, dessen Eingang von zwei ruhenden Sphin- xen bewacht wird, dieses Palais. Es bildet einen Teil der ehemals be- deutenden Anlage, welche durch den Bruder des berühmten Vertei- digers von Wien, den Grafen Thomas Gundacker von Starhemberg (1663 bis 1745), zwischen 1700 und 1716 errichtet worden sein dürfte. Das prachtvolle vordere Hauptgebäude, das ein Blatt bei Delsenbach wieder- gibt und das nach einem früheren Besitzer den Namen „Schaumbur- gerhof" führte, wurde 1813 nieder- gerissen. Der kleinere, rückwärtige, noch heute bestehende Sommerpalast kam im Jahre 1811 in den Besitz des Grafen Johann von Keglevich und 1841 in jenen der Fürsten Sehönburg-Hartenstein. Der reizende Bau erinnert mit seinem rund vor- springenden Mittelteile und seiner

figurengeschmückten Attika lebhaft an den Palast Schwarzenberg und verrät, wenn auch die Autorschaft historisch nicht völlig zweifellos nachgewiesen ist, so sehr den Typus der Archi- tektur Joh. Bernh. Fischers von Erlach, daß Rob. Dohme keinen Anstand nimmt, ihn diesem Künstler zuzuschreiben. Der von reichen korinthischen Pilastern umgebene Rundbau wird beiderseits von Flügelbauten begleitet, welche ein Tiefparterre und ein Hauptgeschoß auf-

Abb. 586. Portal am Palais Pallavicini.

') Dr. Alb. Ilg, Leben und Werke Fischers von Erlach des Vaters. Wien 1S95, C. Konegen. R. Dohme, Barock- und Rokoko- Architektur. Berlin 1888, E. Wasmuth.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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nehmen. Über dem großen Gesimse der Hauptordnung erhebt sich in den Flügelbauten ein niedriges Obergeschoß, dessen ganze Höhe über dem Mittelbau von einer statuengezierten Attika eingenommen wird. Über der letzteren, etwas zurückgeschoben, erscheint eine mit durchbrochener Balustrade und gleichfalls mit Figuren versehene zweite Attika.

Palais der Herzogin von Savoyen-Carignan (heute Savoysches Damenstift), I., Johannes- gasse 15. Der Architekt dieses durch originelle Komposition hervorragenden zweistöckigen Palais ist nicht bekannt. Das Haus besitzt zwei gleichgestaltete Portale, zwischen welchen sich in der Höhe des ersten Stockes eine herrliche Immakulata-Figur in Bleiguß von Franz X. Messerschmidt befindet. Die Erbauerin des Palais, dessen Errichtung in das Jahr 1770 fallen dürfte, Herzogin Theresia Anna Felicitas von Savoyen-Carignan, geborene Fürstin Liechtenstein, bestimmte das Haus durch testamentarische Verfügung zu einem Stifte für adelige Damen. ')

Das Harrachsche Majoratspalais, I., Freiung 32), wurde an Stelle dreier Häuser, welche nach mehrmaligem Besitzwechsel Graf Ferdinand Bonaventura Harrach 1677 wieder erworben hatte, von letzterem wahrscheinlich durch Johann Lukas von Hildebrand erbaut. Eine durch- greifende Restauration 1845 1859 gab der Fassade ihr heutiges Aussehen. Eine frühere Re- stauration hatte bereits die Arkaden des Hofes, über welchen in einem prächtig dekorierten Holzbau der neapolitanische Gesandte 1767 das bekannte Ballfest gegeben, zu Remisen, Kanzleien und Wohnungen verbaut und den Stuckplafond des Stiegenhauses im Chambertstile dekoriert. 1903 ward diese Dekoration durch eine neue, mit dem Charakter der übrigen Stuckplafonds harmonierende ersetzt.

In seiner heutigen neuen Fassade zeigt das Palais ein Erdgeschoß, Haupt- und Mezzanin- geschoß, verziert von einer korinthischen Kolossalpilasterordnung und einem Abschluß nach oben mit einem mächtigen Gebälke. Aus einem kreisrunden, an den Wänden mit Nischen

Abb. 587. Palais Koburg. Fassade gegen die Ringstraße.

verzierten Vestibül mit stukkierter Wölbung gelangt man zur Linken in die der Quere nach durch Pfeiler in zwei Schiffe, in ein vorderes breites und in ein rückwärtiges schmales, um eine Stufe erhöhtes, eingeteilte Vorhalle, aus dieser in das eigentliche, in französischer Weise in die Ecke verlegte, mit den Kolossalbildern Niccolo Maria Rossis 3) und dem Reiterporträt

') Ilg, Franz X. Messerschmidts Leben und Werke. 1885. Ilg, Portale von Wiener Profanbauten des 17. und 18. Jahrhunderts. Anton Schroll & Co., 1895.

2) Nach Mitteilung von Dr. Josef Dernjac.

3) Die Funzioni pubbliche des Grafen Thomas Alois Harrach, Vizekönigs von Neapel.

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Wohngebäude.

des Generals Grafen Buquoy dekorierte Trep- penhaus. Der gegen die Freiung zu gelegene Trakt enthält die Festräume mit kostbaren Möbeln, Gobelins u. s. w., gegen den Hof zu läuft die berühmte Gemäldegalerie mit Fresko- plafonds und der Trakt gegen die Herrengasse nimmt die große Bibliothek und Wohnräume sowie die Hauskapelle auf.1)

Palais der Nuntiatur, I., Am Hof. Inner- halb der im Zuge der heutigen Naglergasse ein- stens bestandenen Stadtmauer befand sich zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine kleine, dem heiligen Pankraz geweihte Kapelle. An ihrer Stelle erhob sich, wie der Wollmuthsche Plan zeigt, im Jahre 1542 ein größeres Gebäude, das nach mehrfachem Besitzwechsel in das Eigentum des Grafen Michael Adolf Althann überging, der es dem päpstlichen Stuhle als Sitz für die Nuntiatur geschenkweise überließ. Das bereits baufällige Haus ließ Papst Klemens XII. niederreißen und an seiner Stelle im Jahre 1768 den heute bestehenden Nuntiaturpalast auffüh- ren, wovon uns die an der Fassade des Ge- bäudes befindliche Gedenktafel Kunde gibt.

Palais des Fürsten Windisch-Graetz, I., Renngasse 12. Die Geschichte dieses Hauses führt zurück bis zum Jahre 1398. Doch erst im Jahre 1785 kamen die daselbst stehenden Häuser in den Besitz der Theresia Gräfin zu Windisch-Graetz. Über die Geschichte des gegenwärtig bestehenden Palastes ist nur be- kannt, daß er in den Jahren 1894-1895 nach den Plänen des Architekten Emil Breßler renoviert wurde und besonders die Prunksäle des ersten Stockwerkes zum Teil neuen dekorativen Schmuck erhielten. Er enthält im Haupt- geschosse die mit schönen Stuckplafonds gezierten Festräume und einen Teil der Wohnräume,

welch letztere durch die Räume des zweiten Stockes ergänzt werden. Die Fassade zeigt eine vornehme Anord- nung. Das Einfahrtstor ist begleitet von toskanischen Pilastern, die einen mit Balu- sterbrüstung versehenen Bal- kon aufnehmen. Im Inneren ist bemerkenswert die ein- armige, von Pfeilern gestützte Hauptstiege mit schönem Stukkodekor der Wölbungen. Palais des Markgrafen Pallavicini, I., Josefsplatz 5 (Abb. 585, 586). Moritz Graf Fries ließ den Palast in den Jahren 1783 1784 durch den Erbauer der Gloriette in Schönbrunn, Joh. Ferdinand Hohenberg von Hetzendorf, errichten. Die in strengen und vornehmen Formen gehaltene Fassade ist ausgezeichnet durch ein mächtiges Portal, dessen Verdachung getragen wird von je zwei über 35 m hohen weiblichen Figuren von großer Schönheit und von besonders fein empfundener Behandlung des Faltenwurfes. Der Schöpfer dieses bedeutsamen

Abb. 588. Palais des Grafen Larisch-Münnich, I., Johannesgasse 26.

Ebenerd :

a Vestibül, b Haupttreppe, c Nebentreppe, d Portier, e Koch, f Dienerspeise- zimmer, g Waschraum, i Küche, m Anrichte, o Wagenremise.

Abb. 589. Palais des Grafen Larisch- Mönnich. Ebenerd. 1:800.

Abb. 590. Palais des Grafen Larisch- Mönnich. Erster Stock. 1 : S00.

') Dr. Josef Dem jac, Das Harrachsche Majoratshaus (Kunst und Kunsthandwcrk. III, Heft 10). Empfang der Gesellschaft öster- reichischer Kunstfreunde im Palais Harrach am 9. Mai 1903. Wien 1903, K. Gruschek.

Paliiste und herrschaftliche Wohngebäude.

393

Schmuckes ist Franz Zauncr Edler von Felpatan (1746 1822), der gleich Hohenberg als Professor an der Wiener Akademie tätig war. Der Palast besteht aus Erdgeschoß, Mezzanin und einem Hauptstocke, welch letzterer in der Seitenfront in zwei niedrigere Geschosse aufgelöst ist. Über dem Mittelteile der Hauptfassade erhebt sich eine Attika mit zwei liegenden alle- gorischen Figuren und dem vergoldeten Doppeladler, der im Brustschilde das gekrönte Familienwappen trägt. Unterhalb des Adlers steht die Jahreszahl 1783 in römischen Lettern. Im Inneren sind die prachtvoll ausgestatteten Festsäle des Hauptgeschosses besonders bemerkenswert.

Palais des Grafen Philipp Sternberg, III., Ungargasse 43. In den Jahren 1821 1822 im Auf- trage des Med. Dr. Johann

Christian Schiffner durch y^^yfy.'' ■' l

den fürstlich Eszterhäzy- schen Baumeister Ehmann erbaut, gelangte das Palais in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts durch Kauf in den Besitz der gräflichen Familie Stern- berg. Im Jahre 1900 ließ Graf Philipp Sternberg nach den Plänen des Architek- ten Ludwig Richter ein neues Stiegenhaus und Foyer mit einem über dem letzteren liegenden Saale zubauen und eine Durch- fahrt zu den gleichzeitig neuerbauten Stallungen und zu dem Parke herstellen. Von den Innenräumen ist hervorzuheben ein im links- seitigen Seitenflügel gelege- ner Saal im Empirestil.

Palais des Fürsten Metternich, III., Rennweg 27. Im Jahre 1815 ließ Fürst Klemens Metternich inmit- ten eines herrlichen Parkes eine Villa erbauen, die eine große Anzahl von Kunst- werken — Bilder, Sticke- reien, Waffen, Bronzen, Plastiken von Canova, Rauch, Thorwaldsen aufnahm. Der heute be- stehende Palast, der seine Hauptfassade dem Renn- wege zuwendet, wurde Ende der Vierzigerjahre des vergangenen Jahrhun- derts nach dem Entwürfe von Romanos errichtet.

Palais des Grafen Hardegg, I., Freiung 1. Zwei kleinere, an der Stelle des heutigen Palastes bestehende Häuser, deren eines früher Eigentum des Grafen Palffy gewesen, befanden sich in der Zeit von 1694 1797 im Besitze der Familie Kaunitz, von welcher sie übergingen an die Gräfin Metternich und später an Fürst Rudolf Colloredo, der beide Häuser durch einen Neubau ersetzen ließ. Nach vorübergehender Erwerbung des Hauses durch Franz Munsch gelangte es in den Besitz der gräflichen Familie Hardegg, die im Jahre 1847 den heute stehen- den Palast aufführen ließ.

Abb. 591. Palais der deutschen Botschaft, III., Metternichgasse 3.

FS Festsaal.

S Salons. SS Speisesaal. FZ Fremdenzimmer. DZ Dienerzimmer.

Abb. 592. Palais der deutschen Botschaft, III., Metternichgasse 3. Erster Stock. 1:800.

394

Wohngebäude.

Abb. 593. Festsaal im Palais der deutschen Botschaft.

Palais des Herzogs von Koburg, I., Koburg- bastei 4 (Abb. 587).1) Der ältere, gegen die Seiler- stätte gelegene Teil des Palastes bestand ursprüng- lich aus zwei kleinen Häu- sern, in welchen Feld- marschall Graf Daun und Feldmarschall Graf Lacy starben. Beide Häuser gingen im Jahre 1801 in den Besitz der herzogli- chen Familie Koburg über, die das jetzt bestehende Gebäude in der Seiler- stätte errichten ließ. Der auf der Höhe der Bastei stehende Teil des Palastes, dessen säulengeschmückte Front gegen die Ringstraße gerichtet ist, wurde in den Jahren 1843—1847 nach dem Plane des fürstlich Liechtensteinschen Architekten Schleps neuerbaut.

Palais des Grafen Clam-Gallas, IX., Währingerstraße 20. Das an der Ecke der Waisenhaus- gasse und der Währingerstraße in schönem Parke stehende Palais, das sich ehemals im Besitze der fürstlichen Familie Dietrichstein befand, wurde in den Dreißigerjahren des abgelaufenen Jahrhunderts erbaut. Die Hauptfassade ist mit einer von ionischen Säulen getragenen Giebel- front geschmückt.

Palais des Freiherrn Simon Sina (gegenwärtig des Grafen Wimpffen), I., Hoher Markt.2) Das Gebäude verdankt seine heutige Gestalt dem im Jahre 1860 über Veranlassung des Freiherrn von Sina durch den Architekten Theophil von Hansen vollzogenen Umbau eines Hauses. Die Restaurierung betraf insbesondere die Fassaden und die Einfahrt, bei welch älteren letzterer zum ersten Male wieder Freskomalereien (nach Entwürfen von Rahl) zur Anwendung gelangten. Die bereits vor 1860 durchgeführte Erneuerung der Innenräume erfolgte nach Plänen des Architekten Kreuter.

Palais des Grafen Otto Chotek, IX., Währingerstraße 18. Das ursprünglich nur ein Stock hohe Gebäude, dessen palastartiges Gepräge bei schlichter Dekoration durch bedeutende Ver- hältnisse gegeben ist, wurde auf ausgedehnter Area nach den Plänen des verstorbenen Archi- tekten Lothar Abel in den Jahren 1871 1874 erbaut. Wohn- und Empfangsräume der Herrschaft befinden sich im ersten und zweiten Stocke, Diener- und Serviceräume im Erdgeschosse. Der große Speisesaal wurde von Schönthaler mit einer aus Eichen-, Ahorn- und Birnbaumholz bestehenden Kassettendecke geschmückt, seine Wände nehmen prächtige alte Gobelins auf.

Palais des Grafen Larisch-Mönnich, I., Johannesgasse 26 (Abb. 588 bis 590). 3) Dieses vom Architekten van der Null in den Jahren 1867 1868 erbaute Palais stellt eines der eigenartigsten und vornehmsten Beispiele herrschaftlicher Wohnhäuser dar. Die Fassaden, von welchen die dem Stadtparke zugewendete Seite eine bedeutend komponierte Mittelpartie zeigt, und der originell ausgebildete Erkerturm an der Ecke sind zum großen Teil in Stein ausgeführt. Die Festräume liegen im Hauptgeschosse über dem an der Parkseite situierten Vestibüle, die Wohnräume an der Seitenfassade. Im Inneren ist die schöne Haupttreppe mit reichem Geländer aus Gußeisen besonders zu erwähnen.

Palais des Herzogs Philipp von Württemberg (Strudelhof), IX. Bezirk.4) Der Hof- und Kammermaler Peter Strudel erwarb im Jahre 1690 von dem Hatschieren-Rittmeister Romanus

') E. Winkler, Technischer Führer durch Wien. Wien, Lehmann &Wentzel, 1894. W. Kisch, Die alten Straßen und Plätze Wiens. Wien, M. Oottlieb, 1883.

:) Forste rsche Allgemeine Bauzeitung. Bd. XLI, Tafel XLVIII bis L.

3) Wiener Neubauten, Bd. I.

*) Ilg, Leben und Werke Fischers von Erlach des Vaters. Wien, C. Konegen, 1895. Donatin, Der Aisergrund einst und jetzt. Wien 1904.

Paliistc und herrschaftliche Wohngebäude.

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Bernhard Tschagon die Realität, welche heute noch den Namen „Strudelhof" führt, und erbaute einen Palast, den ein späterer Besitzer, namens Mallmann, im Jahre 1873 demolierte, um an dessen Stelle ein neues Palais aufzuführen, das, als es noch im Baue begriffen war, samt dem schönen Parke in das Eigentum des Herzogs Philipp von Württemberg überging.

Palais der deutschen Botschaft, III., Metternichgassc 3 (Abb. 591 bis 593). Dieses vornehme Botschaftspalais wurde in den Jahren 1877 1879 nach den Plänen des verstorbenen Architekten Viktor Rumpelmeyer auf einem von der Metternichgasse, Richardgasse und der Reisnerstraße begrenzten Grundstücke von 8P66m Länge und 64-46 m Tiefe erbaut. Es besteht aus drei- geschossigen Dienerschafts- und Kanzleitrakten, welche die Feuermauern und Höfe der auf den Nachbarparzellen errichteten Gebäude decken, und dem zweigeschossigen Hauptgebäude, das um rund 18 m gegen jede der drei Straßenfronten zurückgesetzt ist. Die in die Metternich- gasse verlegte Haupteinfahrt führt durch den Kanzleihof zu einer gedeckten Unterfahrt, von welcher das geräumige Treppenhaus zugänglich ist, im weiteren Zuge seiner Achse zu einem Ehrenhof und mittels einer zweiten Durchfahrt zu dem an der Reisnerstraße gelegenen Stall- hof Der erste Stock des Hauptgebäudes nimmt die im Stile der Wiener Barocke durch- gebildeten prächtigen Repräsentationsräume, unter denen der große Tanzsaal besonders zu erwähnen ist, auf, das Hochparterregeschoß enthält die Wohnräume des Botschafters. Für die Ausgestaltung der Fassaden wurde italienische Renaissance mit französischen Anklängen ge-

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Abb. 594. Palais des Grafen Lanckororiski, III., Jacquingasse.

wählt. Der durch das Zurücktreten der Fronten des Hauptgebäudes gegen die Straßengrenzen gewonnene Raum wurde mit reichem gärtne- rischen Schmucke bedacht.

Palais der großbritannischen Botschaft, III., Metternichgasse 6. Im Jahre 1875 nach dem Entwürfe des verstorbenen Architekten Viktor Rumpelmeyer auf einer an der Ecke der Metternichgasse und der verlängerten Richardgasse gelegenen Baustelle von 2844m Breite und 49'65 m Tiefe erbaut, besteht der Botschaftsbesitz aus dem an der Ecke ge- legenen dreigeschossigen Hauptgebäude und einem architektonisch getrennt behandelten

viergeschossigen Dienerschafts- und Stallgebäude. Das Palais enthält im Hochparterre die Amtsräume der Botschaft, im ersten Stocke die Repräsentationsräume und im zweiten Stock- werke die Wohnung des Botschafters. Dem Dienerschaftsgebäude gegenüber liegt in der

Abb. 595. Palais des Grafen Lanckororiski. Ebenerd. 1:800.

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Wohngebäude.

Flucht der verlängerten Richardgasse die Bot- schaftskapelle, in englischer Gotik von Rumpel- meyer erbaut, die durch die schöne Holzdecke im Inneren bemerkenswert ist.

Das Palais der russischen Botschaft, III., Rcisnerstraßc 37 '), wurde für den Herzog von Nassau in den Jahren 1872 1873 nach den Plänen des Architekten Alois Wurm erbaut. Die Hauptfront zeigt ein Souterrain, Hochparterre und ein Stockwerk, während der rückwärtige Teil zwei Obergeschosse enthält. Die Fassaden sind in Putz bei reichlicher Verwendung von Hau- stein ausgeführt. Im Inneren sind erwähnenswert das imposante Treppenhaus mit Marmorsäulen und glasgedeckter Kuppel und die Empfangs- räume. Die Bauarea beträgt 2100 m2, die ver- baute Fläche 1100 m2. Baukosten 610.000 K.

Palais K. Wittgenstein (ehemals Pranter), IV., Allecgasse 16. Um ein reich ausgestatte- tes, mit grauem schlesischen Marmor bekleidetes Treppenhaus gruppieren sich die herrschaft- lichen Wohnräume in prachtvoller Ausstattung. Das Herrenzimmer schmücken Deckengemälde von Fux, der Speisesaal ist von Schönthaler, der Gartensaal im Erdgeschosse von den Ge- brüdern Jobst ausgeschmückt. Für die ganz in Stein ausgeführte Straßenfassade gelangten zur Verwendung Oszloper, Margarethener und Brei- tenbrunner Stein. Die Gartenseite ist in Ziegel- rohbau mit glasiertem Terrakottaschmuck ausgeführt. 1871 1873.

Palais des Freiherrn Philipp von Haas (ehemals Pranter), IV., Waaggasse 6.2) Die vornehme Wirkung dieses von Architekt Friedrich Schachner erbauten, aus Erdgeschoß und zwei Stockwerken bestehenden Herrschaftshauses beruht auf den schönen Verhältnissen der sieben Fensterachsen aufweisenden Fassade, welche in den einfachsten Formen italieni- scher Renaissance gehalten ist. Die dem Garten zugewendete, reicher bewegte Front zeigt einen durch alle Stockwerke reichenden Loggienvorbau mit Säulen aus Veroneser Marmor und Deckenmalerei von Jobst. Bauzeit 1874 1875.

Palais Hugo Ernst, IV., Plösselgasse 2. Die im Stile der deutschen Renaissance ent- worfene Fassade ist in ihren glatten Wandflächen in Putz hergestellt, während für alle Archi- tekturgiieder Margarethener und Oszloper Stein verwendet wurde. Im Inneren sind bemerkens- wert die schönen Holzdecken mit Malerei von den Gebrüdern Jobst und zahlreiche alte Eisen- arbeiten, die bei Füllungen, Beschlägen und Bekrönungen passende Verwendung fanden. Archi- tekten: Hugo Ernst und Ludwig Wächtler. Bauzeit 1873 1874.

Palais des Grafen Lanckoronski, III., Jacquingasse 18 (Abb. 594, 595). 3) Der in den Jahren 1894 1895 nach den Plänen der Architekten Fellner und Helmer erbaute Palast erhebt sich auf einem an der Ecke der Jacquingasse und des Landstraßer Gürtels gelegenen Grundstücke von 4800 m2 Fläche. Das Hauptgebäude ist 22 m gegen die Flucht der Jacquin- gasse zurückgeschoben und von letzterer durch zwei mit schmiedeeisernen Gittern versehene Einfahrtstore und eine zu einer überbauten Unterfahrt führende Rampe zugänglich. An der in der Jacquingasse gelegenen Nachbargrenze erhebt sich ein Pförtnerhaus. Die verbaute Fläche des Palastes und des Pförtnerhauses beträgt 1060 m2, der verbleibende Rest des Besitztums ist als Garten angelegt. Der im Barockstile gehaltene Palast gliedert sich in Keller- und Erdgeschoß, ein Haupt- und ein Dachgeschoß. Im Parterre gelangt der Besucher vom Vestibüle in eine geräumige Halle mit eingebauter Prachttreppc und durch

') Wiener Neubauten. Bd. I. Tafel XXV bis XXX. :) Wiener Neubauten. Bd. II, Tafel XII bis XV.

') Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1S94, S. 1. Handbuch der Architektur. IV. Teil 2. Halbband, Heft 1, S. 3S9, 392.

Abb. 596. Palais Dr. Kranz, IV., Alleegasse 27.

Architekt: Friedrich Schachner. Bauzeit

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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seitliche Durchgänge zu zwei Stiegen, die dem gewöhnlichen Verkehre dienen. In der linken Gebäudehälfte liegen die Empfangsräume, in der rechtsseitigen die Gemächer der Frau mit den erforderlichen Nebenräumen. Im Hauptgeschosse befindet sich über dem Vestibüle und

Abb. 597. Palais des Freiherrn Albert von Rothschild, IV., Heugasse 26.

G a r t er,

der Unterfahrt ein mit Fres- ken geschmückter Saal, der sich mit den beiderseits an- geordneten Sammlungssälen zu einer Raumwirkung von bedeutender Größe vereinigt. Außerdem nimmt das Haupt- geschoß die Wohnräume des Herrn und einen Salon der Frau auf. Das Dachgeschoß enthält Diener- und Garde- roberäume, das Kellerge- schoß Küchen- und Wirt- schaftsräume. Die mit erlese- nem Geschmacke ausgestat- teten Säle des Palastes ent- halten eine kostbare Kunst- sammlung (siehe: Samm- lungen).

Palais der Gräfin Marie Hoyos, III., Rennweg 3.1) Das nach den Plänen des Architekten Otto Wagner sen. erbaute Palais war ursprünglich auch das Heim des Erbauers. Es erhebt sich auf einer Fläche von 20 m Länge und 226 m Tiefe und enthält in einem Erdgeschosse, zwei Ober- und einem Dachgeschosse, im Parterre außer einigen Wohnräumen die Stallungen und Diener- räume, im ersten und zweiten Stockwerke reich ausgestattete Fest- und Wohnräume. Die

Abb. 598. Palais Albert von Rothschild, IV., Heugassc. Erster Stock. 1:800.

') Aus Otto Wagner, Einige Skizzen, Projekte und ausgeführte Bauten. Wien 1905, Verlag Anton Schroll & Co.

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Wohngebäude.

Abb. 599. Palais des Freiherrn Albert von Rothschild, IV., Heugasse 26. Gartenseite.

ebenso originell als reizvoll komponierte Fassade ist vornehmlich in Putz mit Verwendung von aufgetragenem bildhauerischem Schmucke ausgeführt.

Palais Josef Bratmann, III., Metternichgasse.1) Auf einer 285 m breiten und 52"5 m tiefen rechteckigen Baustelle erbaute in den Jahren 1897 1898 Architekt Friedrich Schachner dieses Palais, das im Erdgeschosse und im ersten Stocke die Wohnung des Besitzers aufnimmt, während der zweite und dritte Stock Mietzwecken zugeführt sind. Dem Verkehre zu den Miet- wohnungen dient eine zweiarmige Parteientreppe, zur Herrschaftswohnung führt eine schöne Marmorstiege, die sich mit der im ersten Stocke gelegenen Halle in vornehmster Weise verbindet. Palais Dr. Kranz, IV., Alleegasse 27 (Abb. 596). Das Palais wurde für Herrn W. Zierer in den Jahren 1880 1881 nach dem Entwürfe des Architekten Gustav Korompay erbaut. Im Hochparterre und im ersten Stocke befinden sich Repräsentations- und Wohnräume, in präch- tiger Weise ausgestattet mit Wand- und Plafondgemälden von Julius Berger und Tina Blau und mit figuralem Schmucke von Franz Koch. Am Ende des Gartens sind die Stallungen und Remisen, sowie Glas- und Treibhäuser gelegen. Verbaute Fläche 860 m2, Baukosten rund 500.000 K.

Palais Eugen Miller von Aichholz, IV., Heugasse 36. 2) Der Hauptteil des nach dem Entwürfe des Architekten Andreas Streit in den Jahren 1877 1880 errichteten Hauses ist zurückgeschoben und umschließt samt den beiderseits bis zur Flucht der Straße vorgescho- benen Flügel- bauten • einen straßenseitig geöffneten Hof. Das Hauptge- schoß des Mit- telbaues ent- hält die reich ausgestatteten Repräsenta- tionsräume, an welche sich,

') Bautechniker. Jahrg. 1901, Heft 1.

-) Wiener Neu- bauten. Bd. II, Tafel LXXII bis LXXVII.

Abb. 600. Palais des Freiherrn Alfons von Rothschild, IV., Theresianumgasse. Ebenerd. 1:800.

Paläste und herrschaftliche Wohngebäude.

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durch Galerien verbunden, die in den Flügclpavillons untergebrachten Räume für Kunstsamm- lungen anschließen. Im Stiegenhause befinden sich drei Gemälde Tiepolos aus dem Palazzo Dolfini in Venedig.

Palais Adolf Ritter von Schenk, IV., Theresianumgasse 21. Dasselbe wurde in den Jahren 1888 1890 nach den Entwürfen der Architekten Fellner und Helmer erbaut. Die in der Theresianumgasse angelegte Einfahrt führt zu einem oktogonalen Vestibüle, von welchem man zu einer großen, von Säulen getragenen Halle und zu der zum ersten Stocke führenden Haupttreppe gelangt. Das Hauptgeschoß nimmt die um ein großes Atrium gruppierten Salons und Speisesäle, sowie die Küchenräume auf. Im zweiten Stocke und im Erdgeschosse sind die Wohnräume untergebracht. Die Fassaden sind in Stein ausgeführt.

Palais des Freiherrn Albert von Rothschild, IV., Heugasse 26 (Abb. 597 bis 599). ^ Die von dem französischen Architekten M. Destailleur in den Jahren 1879 1884 ge- schaffene Anlage besteht aus dem an der Ecke der Plösselgasse und der Heugasse gelegenen und hinter die Flucht der letzteren Gasse zurückgeschobenen Palaste und einem Dienst- gebäude, das sich in der Heugasse an einen zirka 30 m tiefen und 45 m langen, dem Haupt- gebäude vorgelagerten Ehrenhof anschließt. Der Ehrenhof ist gegen die beiden Straßenfronten durch schmiedeeiserne Gitter abgeschlossen und im Zuge der Heugasse durch kleine Pavillons lankiert, welche Wohnungen für den Portier und Dienerschaft aufnehmen. Aus der gedeckten Unterfahrt gelangt man in ein gewölbtes Vestibül und von diesem zu dem in edelstem Materiale ausgeführten und mit vier großen Gobelins, Spiegeln und Wandgemälden geschmückten Stiegenhause. Im Erdgeschosse befinden sich Fremdenzimmer und einige Salons, im ersten Stocke, als dem Hauptgeschosse, die Wohn- und Empfangsräume. Die Innenräume sind zumeist im Stile Louis XV. ausgestattet und mit Deckengemälden von Tiepolo und Jean de Witt geschmückt. Das Hauptgeschoß ist durch eine hölzerne Treppe mit dem zweiten Stocke verbunden, in welchem sich die Räume für die Kinder befinden. Außerdem vermitteln zwei kleinere steinerne Stiegen den Verkehr zwischen allen Geschossen.

Abb. 601. Palais des Freiherrn Alfons von Rothschild, IV., Theresianumgasse. Gassenseite.

Palais des Freiherrn Alfons von Rothschild, IV., Theresianumgasse (Abb. 600 bis 602). Der von vier Straßen begrenzte Besitz umfaßt einen herrlichen Park und in der Flucht der Theresianumgasse einen im wesentlichen in drei Teile gegliederten Gebäudekomplex. In den Jahren 1871- 1878 für den damaligen Besitzer, Freiherrn Nathaniel von Rothschild, durch den Pariser Architekten Jean Girette erbaut, bestehen die Gebäude aus einem der Alleegasse zunächstliegenden Teile, der zur Aufnahme der reichen Kunstsammlungen dient, dem zwei Stockwerke hohen Wohngebäude und dem der Ecke der Schmöllerlgasse zugewendeten Ver-

') Wiener Neubauten. Herausgegeben von Ludwig Tischler. Wien, Ad. Lehmann.

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Wohngebäude.

waltungsgebäude. Das Hauptgebäude enthält im Erdgeschosse die Empfangsräume, von welchen der direkte Austritt in das ihnen vorgelagerte, mit Blumen und bildhauerischem Schmucke reich gezierte Gartenparterre möglich ist. Im ersten Stocke, mit dem Parterre durch eine prunkvolle Marmortreppe verbunden, befinden sich ebenfalls Repräsentationsräume, welche im Gegensatze zu den Parterreräumen mehr winterlichen Empfängen dienen, und im zweiten Stocke, der gegen die Parkseite zu als Mansardegeschoß ausgebildet ist, die Wohnräume des

Abb. 602. Palais des Freiherrn Alfons von Rothschild, IV., Theresianumgasse. Gartenseite.

Hausherrn. Unter den Räumen des ersten Stockes ist der Tanzsaal bemerkenswert, dessen Einrichtung und Dekoration einem im Haag bestehenden Palaste entnommen worden ist. Von hervorragender Wirkung ist die dem Parke zugewendete Hauptfront des Gebäudes, deren malerische Wirkung ergänzt wird durch die im Garten aufgestellten Bronzen (Vasen, die beiden lebensgroßen „Ballspieler" u. a.) und Marmorbildwerke und insbesondere durch die an der Front des Verwaltungsgebäudes angeordnete herrliche Wandbrunnenarchitektur.

Palais R. von Wessely, IV., Alleegasse 23. :) Das durch die Architekten Fellner und Helmer in den Jahren 1891 1892 errichtete Gebäude zeichnet sich durch künstlerische Durchbildung im Inneren und Äußeren aus und besitzt ein Tief- und Hochparterre mit zwei Obergeschossen. Die Durchfahrt führt zu einer ganz in Eichenholz ausgestatteten prächtigen Halle, welche die freicingebaute Hauptstiege aufnimmt. Der Stiegenraum ist durch eine reich- verzierte Oberlichte erhellt. Die Herrschaftswohnung ist verteilt auf Hochparterre und die beiden Obergeschosse. Im ersten Stockwerke befinden sich die in vornehmer Pracht ausge- statteten Empfangsräume, die mit Deckengemälden geziert sind, während im zweiten Stocke die Räume für eine Gemäldegalerie untergebracht sind. Die in Stein ausgeführte, in italienischer Hochrenaissance entworfene Hauptfassade weist unter dem Hauptgesimse einen Fries aus Glasmosaik von Salviati in Venedig auf. Sämtliche Bildhauerarbeiten stammen aus der Hand V. Tilgners.

Palais Gebrüder Seybel, III., Reisnerstraße 50. Das aus Tiefparterre, Hochparterre und zwei Stockwerken bestehende Haus enthält in jedem der drei Obergeschosse eine herrschaftlich ausgestattete Wohnung, die durch eine dreiarmige säulengetragene Hauptstiege und eine Neben- stiege verbunden sind. Rechts von der Haupteinfahrt befindet sich ein erdgeschossiger Bau, der außer einer getrennten, zu den im Tiefparterre des Hauptgebäudes angeordneten Magazins- räumen führenden Zufahrt die Kontors der Besitzer des Palais aufnimmt. Die in italienischer Renaissance entworfene Fassade ist in Stein ausgeführt. Die Planverfassung erfolgte im Jahre 1889 durch die Architekten Fellner und Helmcr in Wien.

>) Architekt. 1896, Tafel I und II.

Paläste und herrschaftliche Wohngcbäudc.

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Palais Friedrich Böhler, IV., Theresianumgasse 27. Das nach dem Entwürfe des Archi- tekten Karl König- in den Jahren 1904 1905 erbaute Haus besitzt von der Durchfahrt zugänglich zwei Stiegen, von welchen die linksseitig gelegene und mit Oberlicht erhellte Prachttreppe nur bis zum ersten Stocke führt, während die rechtsseitige Stiege den Verkehr durch alle Stockwerke vermittelt. Das Hochparterregeschoß und der erste Stock enthalten die Wohnung der Herrschaft; in dem nur straßenseitig aufgeführten zweiten Stockwerke befinden sich ein geräumiges Billard- und Fremdenzimmer. Die mit einem Erker gezierte, durch feine Formengebung ausgezeichnete, 245 m lange Fassade ist in Stein ausgeführt. Bei einer ver- bauten Fläche von beiläufig 570 m'2 beliefen sich die Baukosten auf rund 320.000 K.

Palais Karl Probst, IV., Theresianumgasse 23. Im Hauptgeschosse des vom Architekten Karl König 1891 1892 erbauten Hauses sind die Empfangsräume der Straßenfront, die eigent- lichen Wohnräume der Gartenfront zugewendet. Zwischen diesen beiden Trakten befinden sich die Küche mit Nebenräumen und die schöngeformte Hauptstiege samt einer Nebentreppe. Beide Stiegen sind im Erdgeschosse von einer gewölbten Durchfahrt zugänglich. Die vierge- schossige Fassade ist durch einen im Korbbogen vorspringenden Erker und durch ein großes, reich geschmücktes Atelierfenster in der Mansarde ausgezeichnet. Der figurale Schmuck wurde von Theodor Friedl ausgeführt. Die Baukosten beliefen sich bei einer verbauten Fläche von zirka 610 m2 auf rund 340.000 K.

Palais Dr. Max Landau, IV., Heugasse 60. Das auf einer zirka 22 m breiten und zirka 47 m tiefen Parzelle von Architekt Karl König erbaute Palais nimmt bei einer verbauten Fläche von 542 m2 nur ungefähr 52% der Grundfläche in Anspruch. Es enthält außer einem Souterrain ein Parterregeschoß mit breiter Durchfahrt und Bureauräumlichkeiten, ein Hauptgeschoß mit der um eine zentral angelegte dreiarmige Haupttreppe gruppierten Wohnung der Herrschaft und ein Obergeschoß, das die Küche, Dienerzimmer und mehrere Fremdenzimmer aufnimmt. Besonders zu bemerken ist die opulente Anlage der nur bis zum ersten Stocke führenden Haupttreppe, die sowohl durch Seiten- als auch durch Oberlicht eine reichliche Beleuchtung erhält. Die in Mannersdorfer und Stotzinger Stein ausgeführte Fassade zeigt vornehme Einfach- heit und wohlabgewogene Verhältnisse. Bauzeit: 1900 1901. Baukosten zirka 350.000 K.

Palais Ernst Wahliss, IV., Alleegasse 21.1) Das durch den Architekten Heinrich Adam in den Jahren 1882 1883 in dem Garten des demselben Besitzer gehörigen Miethauses, IV., Alleegasse 21, erbaute Palais ist im Stile Louis XV. erbaut. Die Fassaden sind größten- teils aus Stein hergestellt, die Fensterumrahmungen enthalten Porzellanfriese. Die Innenräume sind mit Stukko- und Holzdekorationen versehen.

Palais Rudolf Freiherr von Isbary, IV., Schmöllerlgasse 2. Das nach dem Entwürfe des Architekten Karl Mayreder in den Jahren 1901 1902 ausgeführte Haus besteht aus Parterre, zwei Stockwerken und Mansarde. Die 26'5 m lange Straßenfassade ist in Stein, die Hoffassade

Abb. 603. Palais Redlich,

III., Richardgasse 3. Erster

Stock. 1:800.

Abb. 604. Palais Othon Baron Bourgoing, III., Metternichgasse 8. Ebenerd. 1:800.

Abb. 605. Palais des Grafen Lützow, I., Giselastraße 13. Erster Stock. 1:800.

mit glasierten Klinkersteinen hergestellt. Die Innenräume sind reich ausgestattet. Besonders bemerkenswert ist die bis zum ersten Stocke führende Haupttreppe. Die verbaute Fläche beträgt 478 m2.

Palais Theodor Redlich, III., Richardgasse 3 (Abb. 603). Die Fassade des von dem Archi- tekten Karl König in den Jahren 1900 1901 erbauten Hauses tritt nur mit dem an der linken Seite angeordneten, 7'5m breiten Risalite bis zur Baulinie vor, während sie in der verblei-

') Wiener Neubauten. Bd. III. Bd. II.

26

402

Wohngebäude.

sance gehalten. Bei 25"50 m und einer 30-60 m nimmt das Fläche von 720 m'2

benden Länge von 105m gegen die letztere zurückgeschoben ist und dadurch die Anlage eines Vorgartens gestattet. Das Hochparterre enthält eine zur Hauptstiege und zu einer Diener- treppe führende Durchfahrt und die Küchen- und Dienerräume sowie eine Garage, das erste Stockwerk die aus Tanzsaal, Speise- saal, Boudoir, Billard- und Herrenzimmer bestehenden Repräsentationsräume und das zweite Stockwerk die Wohn- und Schlafzimmer der Familie. Die Fassade ist in den Formen französischer Renais- einer Frontlänge von Tiefe von 26-30 bis Palais eine verbaute ein. Die Baukosten beliefen sich auf rund 360.000 K.

Palais Othon Baron Bourgoing, III., Metternichgasse 8 (Abb. 604). Durch die Architekten Bauque und Pio in den Jahren 1892—1893 entworfen, besteht das Ge- bäude aus Parterre, einem Stockwerke und Mansarde. Die Architektur ist sowohl außen als innen im Stile Louis XVI. aus- geführt; nur für das Bibliothekszimmer kam unter Benützung alter Malereien der Empirestil zur Verwendung. Bauarea 1421 m2, verbaut 561 m2.

Palais der Fürstin Pauline Metter- nich-Sändor, III., Jacquingasse 35. Das durch die Architekten Bauque und Pio

in den Jahren 1895 1896 erbaute Haus besitzt eine Fassade im Barockstil und umfaßt Souterrain, Parterre und zwei Stockwerke. In dem gegen die Fasangasse gelegenen Trakte befinden sich die Stallungen, Remisen und Dienerwohnungen. Grundfläche 1385 m2, Baufläche 736 m2.

Palais Graf Vrints (gegenwärtig von Redlich), IV., Alleegasse 14. 1) Erbaut in den Jahren 1887 1889 nach den Plänen des Architekten Ludwig Richter. Das aus Souterrain, Parterre und zwei Obergeschossen bestehende Gebäude enthält ein reichausgestattetes Stiegenhaus, Empfangsräume und einen Tanzsaal. Die aus Kaiser- und Margarethener Stein hergestellte Fas- sade ist bekrönt durch eine Figurengruppe von Bildhauer E. Pendl. Von der zirka 1500 m2 messenden Baufläche sind 990 m2 verbaut. Die Baukosten betrugen 626.500 K.

Palais des Grafen Lützow, I., Giselastraße 13 (Abb. 605, 606). Dieses nach Plänen des Architekten Karl Freiherrn von Hasenauer erbaute Haus enthält im Parterre, Mezzanin und im ersten Stocke die Dienerschafts-, Wohn- und Festräume des Besitzers, während das oberste Stockwerk eine herrschaftlich ausgestattete Mietwohnung enthält. Die bei teilweiser Verwendung von Haustein in Putz hergestellte Fassade zeigt die Formen italienischer Hochrenaissance. Im Inneren ist besonders die prachtvolle Ausstattung des großen Speisesaales hervorzuheben.

Abb. 606. Palais des Grafen Lützow, I., Giselastraße 13.

') Wiener Neubauten. 1890—1891.

Theodor Bach.

II. STÄDTISCHE MIETHÄUSER.

-Der Bürger Häuser sind hoch, geräumig, wohlgeziert, gut und fest gebaut; ein angenehmer Hofraum, mächtige Zimmer, die sie Stuben nennen und heizen, denn der Winter ist sehr rauh. Überall sind Fenster von Glas und Türen, Gitter meist von Eisen, die Vögel singen in den Stuben und man erblickt zahlreiches

und köstliches Gerät. Den Rossen und jeder Gattung Zugvieh öffnen sie weite Ställe. Die Häuser tragen ihre Giebel hoch, sie sind mit Geschmack und Pracht verziert, meist von innen und außen bemalt, durchaus von Stein, die Dächer aber leider meist mit Schindeln, wenigere mit Ziegeln gedeckt. Wo du zu einem Bürger gehest, meinst du in eines Fürsten Haus zu treten. Die Keller sind so tief und so weit, daß das allge- meine Sprichwort gilt, es gebe ein oberirdisches und ein unterirdisches Wien.«

So schrieb Aeneas Sylvius Piccolomini, Geheimschrei- ber Kaiser Friedrich III., anno 1442 über die Häuser Wiens1) und wenige Jahrzehnte später hat Anton de Bonfinis (in des Matthias Corvinus Diensten) einer ähnlichen Beschreibung noch beizufügen: »Die Gewölbe über der Erde sind den Apotheken, Niederlagen, Kramläden und Mietwohnungen für Einheimische und Fremde gewidmet.-) Beide erwähnen noch der Bilder am Äußeren der Häuser, von welchen viele Gebäude ihre Bezeichnung erhielten.

Mit diesen und ähnlichen späteren Schilderungen, sowie einigen noch erhaltenen Stadtansichten müssen wir uns be- scheiden, wenn wir, um ein Bild der Häuser des alten Wien zu erhalten, die Geschichte unserer Stadt durchblättern. Kein Künstler fand sich durch die intimen Reize eines Bürgerhauses zu dessen Darstellung angeregt. Die Deutschen und Hollän- der, die Franzosen und Niederländer, sie alle hatten Meister, die es nicht verschmähten, das Volksleben in ernster und heiterer Zeit mit ihrem Pinsel darzustellen und uns so auch ein Bild der Räume zu überliefern, welche dem Bürger als Heimstätte dienten. Die vielfachen Belagerungen, denen unsere Stadt ausgesetzt war, die Kämpfe, die ihre Straßen durch- tobten, ließen nur wenige Wohnhäuser in ihrer ursprünglichen Gestalt bestehen, so daß die ältesten noch heute existieren- den (z. B. Bäckerstraße, Fleischmarkt, Griechengasse) nicht weiter als bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, wenn auch vielfach einzelne Teile derselben aus früherer Zeit stammen.

Eine durchgreifende Baubewegung, welcher die innerhalb der Festungsmauern liegende Stadt und ein Teil der Vorstädte teilhaftig wurden, war der nach glücklich abgewendeter Türkengefahr (1683) eingetretenen Kunstblüte (Kirchen und Paläste) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gefolgt. Die kleinen, alten Wohnhäuser verschwanden, um größeren Platz zu machen, welche der gewaltig anwachsenden Bevölkerung Unterkunft bieten sollten. Insbesondere waren es die für Wien charakteristischen »Höfe», welche von Hoch- stiften, Abteien3) oder weltlichen Körperschaften, vorerst für den eigenen Bedarf errichtet, später Miet- zwecken zugeführt wurden, als die rasche Zunahme der Bevölkerung in der Vermietung höchst einträgliche Einnahmsquellen erschloß. Eines der bekanntesten Gebäude dieser Art, der heute noch den Zisterziensern gehörende »Heiligenkreuzerhof«, ist in der durch den Umbau zu Anfang des 18. Jahrhunderts geschaf- fenen Gestalt fast unverändert erhalten. Inmitten des belebten I. Bezirkes (Grashofgasse-Drachengasse- Schönlaterngasse) gelegen, umschließt derauf einem Areale von 5459m2 erbaute Komplex von Baulichkeiten, worunter die anno 1660 und 1730 erneuerte Kapelle, einen freundlichen Hof, dessen weltabgeschlossene Ruhe an längstvergangene Zeiten gemahnt. Ein charakteristisches Beispiel der für die Bürgerhäuser beliebten Bauweise mit offenen Gängen besitzen wir noch in dem Hofe des Hauses I., Fleischmarkt 17 (die Fassade wurde im Jahre 1819 im Geschmacke der Zeit umgeändert), einer Stätte, welche insbesondere dem Handels- verkehr mit der Levante gewidmet war (Sitz der Griechen, Serben etc.). Später erbauten begüterte Private

Abb. 607. Hof des Hauses I., Fleischmarkt 17

') Deutsch in der österreichischen Chronik des Albrecht von Bonstetten, Dechant zu Einsiedeln, siehe Hormayr, „Wiens Ge- schichte und seine Denkwürdigkeiten", IX, 130.

2) Hormayr, X, 36.

3) Melk, Göttweih, Heiligenkreuz, Schotten (Klosterneuburg), St. Polten etc.

26*

404

Wohngebäude.

Abb. 608. Heiligenkreuzerhof, I., Grashofgasse.

umfangreiche Gebäude (z. B. den Trattnernhof 1773—1776), die gleich von vorneherein für Miet- wohnungen und Kaufläden be- stimmt waren. Die weitaus größte Mehrzahl der noch erhaltenen Miethäuser damaliger Zeit ent- spricht unseren heutigen Begrif- fen von Wohnlichkeit durchaus nicht. Bestand eine Wohnung doch meist aus einer nur zufäl- ligen Aneinanderreihung von Gelassen verschiedenster Grund- formen, bei deren Konzeption weder der günstigen Verbindung noch der Zufuhr von Licht und Luft besonderes Augenmerk zu- gewendet worden war.

Ein klassisches Beispiel hierfür gibt uns die Beschreibung Grillparzers von der Mietwoh- nung, in der er seine Kindheit verbrachte: »Finster und trüb waren die riesigen Gemächer.

Nur in den längsten Sommertagen fielen um die Mittagszeit einzelne Sonnenstrahlen in das Arbeitszimmer unseres Vaters, und wir Kinder standen und freuten uns an den einzelnen Lichtstreifen am Fußboden. Ja auch die Einteilung der Wohnung hatte etwas Mirakuloses « u. s. w.

Der zu Anfang des 19. Jahrhunderts eingetretene wirtschaftliche Aufschwung hatte eine rege Bautätigkeit zur Folge. Hierbei war wohl der räumlichen Ausgestaltung etwas mehr Aufmerksamkeit zugewendet worden, doch hatte in der äußeren Erscheinung der damals herrschende Klassizismus eine Nüchternheit erstehen lassen, welche bei dem bürgerlichen Wohnhause zur gänzlichen Formlosigkeit führte. Erst die nach der politischen Umwälzung in der Mitte des Jahrhunderts endlich durchgeführte erste Stadterweiterung ließ einen Wandel in der Baukunst Wiens eintreten. Wenn auch die auf den freigegebenen Gründen des Festungs- gürtels in der Hast massenhaft errichteten Spekulationsbauten vorerst ein ideales Wohnen nicht gewährten, so schien doch der Anstoß zu freierer sachgemäßer Entwicklung des Wohnhaus- baues nunmehr gegeben. Des zu dieser Zeit eingetretenen Umschwunges in dem Kunstleben unserer Stadt wurde bereits an anderer Stelle dieses Werkes gedacht, und sei hier nur her- vorgehoben, daß die neue Ära durch die Architekten van der Null und Siccardsburg einge- leitet wurde.

Um diesen Werdegang, den eine Reihe von Beispielen uns zeigen soll, richtig beurteilen zu können, scheint es geboten, vorerst die Bedingungen kennen zu lernen, welche auf die Gestaltung des Wohnhauses von Einfluß sind. Von gleich wichtiger Bedeutung für alle einem und demselben Zwecke gewidmeten Baulichkeiten eines Ortes sind die klimatischen Verhält- nisse, die zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel, sowie die durch die Gesetze be- züglich der Errichtung eines Hauses auferlegten Verpflichtungen und Beschränkungen. Maß- gebend für den Charakter des einzelnen Objektes sind die sozialen Verhältnisse der Inwohner und die in der Lage und Konfiguration des Bauplatzes gegebenen örtlichen Bedingungen.

Das Klima Wiens ist charakterisiert durch oft unvermittelt erfolgenden Tem- peraturwechsel, nahezu stets bewegte Atmo- sphäre und häufige, zum Teil sehr heftige Stürme. Sein Einfluß äußert sich in den später zu besprechenden konstruktiven Maß- nahmen. Die Baumaterialien erscheinen schon im I. Teil behandelt und wäre nur beizufügen, daß nahezu sämtliche für den Bau eines Wohnhauses in Betracht kom- menden Konstruktionsmaterialien inländi- scher Provenienz sind, und daß nur edlere Steingattungen, Fliesen, Hölzer etc. für

Abb. 609. Fattonsches Haus, Abb. 610. Palais Ephrussi, I., Fran- dekorative Zwecke VOU aUSW'ärtS bezogen

I., Hegelgasse 13. Erster zensring 24. Zweiter Stock. 1:800. j„„

stock. 1:800. werden.

Städtische Micthäuscr.

405

Die bau gesetzlichen Bestimmungen, welche als ein

GL Gcschäftslokalc.

\Y Wohnzimmer. V Vorzimmer. K Küchen. D Diener. B Bad.

Abb. 611. Ebenerd. 1:600.

Thonet-Haus, I.,

Abb. 612. Erster Stock. 1:600. Kärntnerstraße 12.

SO-

Kompromiß zwischen den Forderungen des allgemei- nen Wohles und den Privat- interessen betrachtet wer- den können, sind natur- gemäß von maßgebendem Einflüsse auf die Bauweise, zu deren besserem Verständ- nis wir einige Bemerkungen über die „Bauordnung für Wien" (1883) und die hier gebräuchlichen Konstruktio- nen einfügen müssen.

In den bestehenden Normen ist den Baubehör- den die Möglichkeit gebo- ten, einerseits im Interesse der Allgemeinheit liegende Verbesserungen zu veran- lassen, wie dies speziell in hygienischer Beziehung des öfteren geschieht, anderseits in außer gewöhnlichen Fällen das allgemeine Wohl nicht schädigende Erleichterungen zu gewähren, welche unter Umständen erforderlich sind, um einen Bau überhaupt durchführen zu können. Die An- forderungen der Hygiene, der persönlichen Sicherheit und des allgemeinen Verkehrs sowie auch die im Hinblick auf das Straßenbild gebotenen ästhetischen Rücksichten sind in den Vorschriften in zweifacher Beziehung zur Geltung gebracht. Dieselben enthalten nämlich wohl die Bestimmungen für die Gesamt- anlage des Hauses (Anordnung der Höfe, Wohnräume, Kommunikationen, Fassaden u. s. w.) als auch für die Details der tech- nischen Durchführung in den einzelnen Konstruktionsgliedern. Von den ersteren sind hervorzuheben die der Hauptsache nach sanitären Anordnungen über die zulässige Verbaubarkeit im horizontalen und im vertikalen Sinne. Es besteht in dieser Hinsicht eine Einteilung der Stadt in verschiedene Verbauungszonen nach den unterschiedlichen Zweckbestimmun- gen der einzelnen Gebiete (siehe Bd. I). Im allgemeinen ist nach der horizontalen Ausdehnung ein Mindestmaß von 15u/0 der Area als unverbaut zu bleibende Fläche festgesetzt. Im vertikalen Sinne kann bei der Maximalzahl von vier Geschossen über dem Parterre der Fußboden des letzten Geschosses bis zu 20 m, die Haupt- gesimsoberkante bis zu 25 m über dem höchsten Punkte des Trottoirs angelegt werden. In den äußeren Bezirken sind, je nach den Verbauungsgebieten, eine geringere Geschoßanzahl und auch ge- ringere Geschoßhöhen zugelassen. Bezüg- lich der Anlage von Wohnungen besteht die Vorschrift, daß die Wohnräume min- destens 3 m Höhe (Lichtmaß) besitzen, leicht ventilierbar und gut erhellt sein sollen. In den äußeren Bezirken ist die

Zimmerhöhe mit 2'60 Cm noch ZUge- Abb. 613. Thonet-Haus, I., Stephansplatz.

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406

Wohngebäude.

lassen. Souterrainwohnungen können (aber müssen nicht) in der Mehrzahl der Bezirke gestattet werden.

Mit Rücksicht auf die Feuersicherheit sind Dachbodenwohnungen in Häusern, deren letztes Geschoß 20 m über dem Terrain liegt, ausnahmslos untersagt, dagegen ist bei feuer- sicherem Abschluß gegen den eigentlichen Dachboden die Anordnung solcher Lokalitäten unmittelbar unter Dach gestattet, deren Bestimmung diese Lage erfordert, z. B. photographische oder andere Ateliers, allenfalls auch Waschküchen und Trockenkammern.

Bezüglich der Stiegen und Gänge ist die Bestimmung getroffen, daß man vom Dach- boden und von allen Wohnungen aus mittels feuersicherer Treppen zum Hauseingange, be- ziehungsweise ins Freie und in den Keller soll gelangen können. Die Fassung dieser Vor- schrift dürfte in der künftigen Bauordnung vermutlich eine Erweiterung dahin erfahren, daß insbesondere auch Bestimmungen über die Anzahl der Treppen, respektive über die zulässige

Maximalentfernung eines Punktes des Hauses von einer ins Freie führenden Treppe aufgenom- men werden. Die Gesamtanlage des Gebäudes ist ferner

noch beeinflußt durch die Anord- nungen bezüglich der Ausgestaltung des straßenseitigen Teiles des Wohnge- bäudes. In denselben finden sowohl die ästhetischen Forde- rungen als auch die Ansprüche des Ver- kehres eine entspre- chende Berücksichti- gung. Den Platz oder die Straße of- fenbarverunzierende Fassaden werden zur Ausführung nicht zu- gelassen; über die Bauflucht vortreten- de Gebäudeteile, als:

Risalite, Portale, Sockel, Erker, Bal- kons u. s. w., unter- liegen der fallweisen behördlichen Bewil- ligung, und ihre nach Zahl oderDimension ausgedehnte Anwen- dung ist nur in brei- ten Straßen und in den Stadtteilen mit

freier Bebauung (Vorgärten) zuge- lassen. Für einzelne bevorzugte Platzan- lagcn, so z. B. die

Abb. 615. Philipphof, I., Augustinerstraße 8. Erster Stock. 1:600. Umgebung dCS Rat-

Abb. 614. Philipphof, I., Augustinerstraße 8. Ebenere!. 1:600.

Abb. 616. Philipphof, I., Augustinerstraße 8.

408

Wohngebäude.

hauses und der Votivkirchc. waren zur Erhöhung der architektonischen Gesamtwirkung die Gebäudesilhouetten und die Anordnung von Arkaden für einzelne Gebäudegruppen vor- gezeichnet worden.

Auf die einzelnen Baukonstruktionen übergehend, haben wir mit den wichtigen Be- stimmungen über die Herstellung der Mauern zu beginnen. Sie enthalten die genauen An-

Vierter Stock. 1 :600.

Abb. 617. „Zum Fenstergucker", I., Kärntner- straße 49.

Abb. 618. Kaiserliches Stiftungshaus, I., Schottenring 7. Erster Stock. 1:600.

gaben bezüglich der in Wien zur Verwendung gelangenden Ziegel, welche in vorzüglicher Qualität erhältlich sind. Über die Zulässigkeit anderer Materialien für Stützkonstruktionen ent- scheidet die Baubehörde fallweise. Säulen oder Pfeiler aus sprödem Steine müssen in Räumen, welche eine größere Menge brennbarer Substanzen enthalten (Geschäftslokale und Depots), Eisenkonstruktionen jedoch unter allen Umständen mit einer schützenden Hülle von Mauer- werk oder Beton umgeben werden. Hierdurch findet die in den Wohn- und Geschäftshäusern Wiens spärliche Anwendung sichtbarer Eisenkonstruktionen (diese aus der Zeit vor Erlassung der Umhüllungsvorschrift) sowie edler Steingattungen ihre Erklärung.

Die durch die Bauordnung Wiens vorgeschriebenen, im Vergleiche zu den verwandten Bestimmungen anderer Großstädte bedeutenden Mauerstärken sind nicht nur durch das ange- strebte hohe Maß von Sicherheit (und wohl auch durch das übliche große Ziegelformat), sondern bezüglich der Außenmauern auch durch die klimatischen Verhältnisse geboten, wrelche einen wirksamen Schutz gegen Wind erfordern. In den alten Bauordnungen war wegen der massiven Holzdecken (Dübelböden) für jedes Auflager ein 15 cm breiter Mauerabsatz vorge- sehen, so daß in den unteren Geschossen enorme Mauerbreiten resultierten. Überdies hatten diese Mauern die großen, schliefbaren Rauchschlote aufzunehmen. An die Stelle dieser Schlote traten die engen (nur 25 cm'2 weiten), sogenannten russischen Rauchfänge, welche je für höch- stens vier Feuerungen geringen Umfanges eines und desselben Stockwerkes zu dienen haben.

Die Zwischen- oder Scheidewände eines Miethauses erfordern wegen des oftmals not- wendigen Wechsels in der Raumeinteilung separate Tragkonstruktionen für nahezu jede Wand. Dieser Umstand ließ schon seit langem die Herstellung feuerbeständiger Zwischenwände wünschenswert erscheinen, die sich selbst tragen oder bei geringem Gewicht nur billige Trag- konstruktionen erfordern. In früheren Zeiten suchte man ein Auskunftsmittel in beiderseits mit Mörtel verputzten Holzwänden. Jetzt finden Gipswände in den verschiedensten Herstellungsarten, Lochziegelwände, Monier-Konstruktionen oder Korkziegelwändc häufig Anwendung.

Städtische Mictliäuscr.

409

Die Fassaden werden selten in Stein, zumeist in Putz mit der Beschränkung des Steines auf die Architekturgliederungcn oder auch ganz in Putz hergestellt. Für Gesimse, Verdachungen u. s. w. kommen Stein oder große Gesimszicgel zur Verwendung. Bei Bauten mit weitausladenden Gesimsen werden diese oft zwischen auskragenden eisernen Trägern betoniert. Plastische Ver- zierungen (Ornamente, Reliefs) werden bei Putzbauten in Weißkalkmörtel aufgetragen. Für diese Technik, die erst seit einigen Jahren wieder in Aufnahme begriffen ist, haben wir an zahlreichen noch bestehenden Gebäuden des 18. Jahrhunderts außerordentlich gute Vorbilder. Terrakotta wird zur Herstellung von Architckturteilen nur in geringem Maße verwendet, ob- gleich vorzügliches Materiale zu Gebote steht. Neuester Zeit ist die Inkrustierung der Fassaden mit glasierten Fliesen beliebt. Die Erfahrungen über diese Dekorationsweise sind zu jung, als daß ein Urteil über die Haltbarkeit, insbesondere an exponierten Stellen, abgegeben werden könnte.

Sgraffito und Malerei, die im Süden so beliebten Schmuckmittel, sind bei dem Klima Wiens nur an besonders geschützten Orten von Dauer, und somit nur an wenigen Gebäuden zu finden. Als einziges Beispiel von Sgraffitodekoration kann, da wir hier von den öffent-

Abb. 619. Kaiserliches Stiftungshaus, I., Schottenring

liehen Gebäuden absehen müssen, nur die Fassade des Hauses Helferstorferstraße-Hohen- staufengasse 1 1/13-Schottenbastei genannt werden, an welcher Architekt E. R. von Förster (1873) diese Technik in größerer Ausdehnung mit reizvoller Wirkung zur Anwendung ge- bracht hat. Polychrome Malerei sehen wir an den Häusern „zum goldenen Becher" und „zur Weltkugel" (Stephansplatz-Stock-im-Eisen). In dem edelsten Materiale, das für die farbige

410

Wohngebäude.

Abb. 620. I., Kärntnerstraße 14. Erster Stock. 1:600.

Seh Z Schlafzimmer. FZ Familienzimmer. H Z Herrenzimmer. Bd Boudoir.

S Salon. Sp Z Speisezimmer. S Z Spielzimmer.

T Terrasse.

K Küche. D Z Dienerzimmer.

Flächendekoration zur Verfügung steht, dem Mosaik, ist der große Figurenfries an dem Hause I., Kärntnerstraße 16 (Architekt Hofmeier und Maler Veith) ausgeführt, das einzige Beispiel dieser monumentalen Wandbekleidung im Wohnhausbau Wiens (siehe: Hotels).

Die horizontalen Raumtrennungen oder Abschlüsse haben in den mannig- fachen Deckenkonstruktionen, wel- che während der letzten fünfzig Jahre mit mehr oder weniger Erfolg zur An- wendung gelangten, eine hohe Ausbil- dung erfahren, und die Techniker sind fortwährend am Werke, weitere Verbesserungen zu ersinnen. Nach der Bauordnung bleibt die Wahl der Art der Deckenkonstruktion dem Bau- werber überlassen, mit der Beschränkung, daß Souterraindecken nicht aus Holz hergestellt werden dürfen. Die Decke des obersten Geschosses, welche mit der Dachkonstruktion nicht in Verbindung stehen darf, muß feuersicher belegt sein. Alle hölzernen Deckenkonstruktionen müssen durch eine 8 cm starke Schuttlage von dem darüberliegcnden Holzfußboden isoliert sein. Vor einem halben Säkulum war in dem städtischen Wohnhause Wiens der Dübelboden mit seiner horrenden Verschwendung an Holz und Mauerwerk weitaus die gebräuchlichste Art der Deckenkonstruktion (nebeneinanderliegende behauene oder geschnittene Bäume durch Dübel verbunden). Die gelegentlich der ersten Stadterweiterung eingetretene rege Bautätigkeit brachte die Tramdecke in Aufnahme, welche durch ihr geringeres Gewicht und ihre kleineren Auf- lagerflächen geringere Mauerstärken gestattet, ein Moment, welches bei den mehrere Stock- werke umfassenden städtischen Wohngebäuden von großer ökonomischer Bedeutung ist. Die oft als spezieller Vorteil des Dübelbodens gerühmte Schalldichtheit ist in demselben Maße auch bei der Tramdecke durch die vorgeschriebene Beschüttung zu erreichen.

Abb. 621.

Herrenhuterhaus, I., Neuer Markt.

Parterre. 1 : 600.

Abb. 622.

Herrenhuterhaus,

I., Neuer Markt.

Vierter Stock.

1 : 600.

Abb. 623. Herrenhuterhaus, I., Neuer Markt.

Städtische Miethäuscr.

411

Abb. 625. Wohn- und Geschäftshaus der k. k. priv. Wechselseitigen Brandschaden-Versicherungsanstalt, I., Wollzeile 39.

Abb. 624. Wohn- und Geschäftshaus der k.k. priv. Wech- selseitigen Brandschaden-Versicherungsanstalt, [., Woll- zeile 39. Ebenerd. 1 : 800.

Die Tramdecke hatte allerdings bei forcierter oder unvorsichtiger Bauführung oftmals das Anfaulen oder Ersticken der eingemauerten Tramköpfe zur Folge. Um diesem Übelstande zu begegnen und um an Konstruktionshöhe zu sparen, werden die Träme zwischen eiserne Träger, auf

deren Unterflanschen liegend, eingeschoben. Das fortgesetzte Bestreben, die größtmögliche Sicherheit bei geringster Konstruktionshöhe zu erreichen, führte zu der Verwendung feuer- sicherer ebener Decken, sowohl der zahlreichen Arten flacher Patentziegelgewölbe, der Gips- oder Zementplatten zwischen eisernen Trägern, als auch der Agraffendecken aus Eisen und Gips. Die Anwendung des armierten Zementbetons ist erst jüngsten Datums und ge- langte im Wohnhausbau nur in verhältnismäßig geringem Umfange zur Ausführung. Die Bau- weise Hennebique, welche die einheitliche Durchbildung ganzer Konstruktionssysteme in Ständern, Tragbalken und Deckenfeldern gestattet, hat sich in den zehn Jahren ihrer praktischen Anwen- dungin Wien rasch eingebürgert. Als Beispiele dieser Bauweise führen wir die Häuser: Bognerhaus (I., Bognergasse), die Häuser der Firma Stibitz (in derselben Gasse), der Firma Hutter & Schrantz, der Firma Zacherl und der k. k. priv. Wechselseitigen Brandschaden-Versicherungsanstalt an.1) Die Kosten der Decken aus armiertem Beton stellen sich nur unbedeutend höher als die gewölbter Decken zwischen eisernen Trägern, auch wenn die zur Erzielung der ebenen Untersicht anzu- hängende Rabitz- decke (welche zu- gleich schall- dämpfend wirkt)

mitgerechnet wird.

Das als Wär- meschutz und

Schalldämpfer über der Trag- konstruktion aus- gebreitete Be- schüttungsmateri- ale wird in Wien meistenteils dem Bauschutt ent- nommen. Zur Be- seitigung von in demselben etwa

Abb. 626. „Casa piecola", VI., Mariahilferstraße lb, c, d. Erster Stock. 1:600.

]) Näheres siehe „Beton und Eisen". 1905.

412

Wohngebäude.

Abb. 627. „Casa piecola", VI., Mariahilferstraße lb,c.

enthaltenen organischen Substanzen wird die Durchleitung giftiger und desinfizierender Gase, sowie die Röstung unter hohen Hitzegraden angewendet. Leichte, einwandfreie Beschüttungs- materialien, z. B. Kieselgur, verursachen relativ hohe Kosten.

Bezüglich der Dächer bestehen nur die Vorschriften der feuersicheren Eindeckung, so- wie der schon erwähnten Isolierung von der Deckenkonstruktion des obersten Geschosses. Bei Dachlängen von mehr als 30 m ist der Dach- bodenraum nach der ganzen Breite durch Brand- mauern abzuteilen; etwaige Kommunikations- öffnungen in denselben sind mit eisernen, selbst zufallenden Türen zu versehen. Bei den in Wohnhäusern meist nicht bedeutenden Spann- weiten ist die Konstruktion des Dachstuhles verhältnismäßig einfach und noch immer nach den verschiedenen alten Systemen des Holz- dachstuhles üblich. Eiserne Dachgerippe werden der Kostspieligkeit wegen zumeist nur bei Ober- lichten (Stiegen, Ateliers) oder in besonderen Fällen komplizierter Grund- oder Aufrißform gewählt.

Die Dachdeckung, welche in Berücksich- tigung der herrschenden Winde eine äußerst solide sein muß, besteht aus Schiefer (rheini- scher, französischer oder englischer, bei Wohn- häusern minderer Kategorie mährischer oder schlesischer Schiefer) oder aus Falzziegeln (in sehr guter Qualität in loco erzeugt), bei expo- nierten Objekten mit Dachpappeunterdeckung;

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Abb. 629. „Zur Weltkugel", I., Stephansplatz 2. Dritter Stock. 1 : 603.

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Abb. 62S. „Zur Weltkugel", I., Stephansplatz 2.

Abb. 630. Haus I., Stubenring 12. Erster Stock. 1:600.

Städtische Micthauser.

413

gewöhnliche Dachziegel (Taschen, Biberschwänze) werden nur selten verwendet. Die in Wien relativ spät (vor zirka 20 Jahren) eingeführten Holzzementdächer gewinnen an Verbreitung, hingegen sind die verschiedenen Arten der Blechschuppen, Zement-, Asbest- etc. Platten nur in vereinzelten Fällen zu finden. Die Ableitung des Dachwassers hat gedeckt in die Kanäle zu erfolgen. In zweckmäßiger Weise werden hierzu die Abortschläuche benützt, welchen das Wasser durch überdeckte Blechrinnen oder Steinzeugrohrc innerhalb der Dachböden zugeführt wird. Dachtraufen sind zu vermeiden; gegen das Abrutschen des Schnees sind Schutzvor- richtungen (Schncerechen) anzubringen.

Bezüglich der Treppen enthält das Gesetz die schon oben erwähnte Vorschrift der Feuer- sicherheit, ferner Angaben über die Stufendimensionen (Minimum der Treppen- und der Stufen- breite, Maximum der Stufenhöhe), Geländerhöhen und Anhaltestangen. Nebentreppen dürfen aus Holz hergestellt werden, wenn die durch sie verbundenen Räume auch über eine feuer- sichere Treppe zugänglich sind.

Die in Wien erhältlichen Steinmaterialien gestatten die Ausführung von Steintreppen auch in den bescheidensten Wohnhäusern. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die freitragenden Stiegen, welche, bei nahezu jeder Grundrißform des Stiegenraumes verwendbar, eine überaus

Abb. 631. Wohnhaus I., Schotten- ring 21. Ebenerd. 1:800.

Abb. 632. Wohnhaus I., Schotten- ring 21. Erster Stock. 1:800.

Abb. 633. Wohnhaus IV., Schwindgasse 4. ^^^^™ 1 Erster Stock. 1:600. |

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Wohn- und I., Kärntner-

Erster Stock.

: 600.

ökonomische Ausnützung des Bauplatzes zulassen und überdies ein leichtes, gefälliges Ansehen bieten, sich jedoch schon öfter als nicht feuersicher herausgestellt haben, da sie bei starken Bränden leicht ein- stürzen. Die Materialien für Treppenstufen sind Karstkalke, für einfachere Treppen Leithakalk, für Kellerstiegen Granit und Sandstein, letzterer aus dem Wienerwald. Salzburger und Tiroler Marmor wird in ganzen Stufen selten verwendet, öfter (sowie auch Carrara) als Plattenbelag auf Eisen oder Beton.

Die erwähnten ungünstigen Erfahrungen, welche mit freitragenden Steinstiegen bei größeren Feuersbrünsten gemacht wurden, ließen die Be- schaffung anderer Materialien wünschenswert erscheinen, welche bei ent- sprechender Widerstandsfähigkeit gegen Bruch und Abnützung eine höhere Sicherheit gegen die Einwirkung des Feuers gewähren. Die in dieser Absicht erzeugten Kunststein- und Betonstufen (mit und ohne Eisenein- lagen) haben jedoch bis jetzt nur wenig Anwendung gefunden. Beton- eisenkonstruktionen, welche die ganze Treppe als eine in der Umfassungs- mauer eingespannte Platte betrachten lassen, gelangten im Wohnhausbau bisher nicht zur Ausführung. Treppen aus Eisengerippe mit Steinplatten- belag finden in Wohnhäusern der hohen Kosten wegen nur dort Anwen- dung, wo konstruktive Schwierigkeiten von Steinstufen absehen lassen. Ein Beispiel hierfür bietet die freitragende Stiege in dem Hause I., Stephans- platz Nr. 2, welche bei schwachen Umfassungsmauern nur auf einigen Pfeilern ruht.

Im Anschlüsse hieran seien die ebenfalls den Verkehr zwischen den Geschossen vermittelnden Aufzüge erwähnt. Zur Personenbeförderung standen früher hydraulische Aufzüge in Verwendung, welche sowohl in der Anlage als im Betriebe große Kosten verursachten und nur in wenigen bevorzugten Gebäuden angeordnet wurden. (Charakteristisch hierfür ist, daß in dem 1874 erschienenen Technischen Führer durch Wien, der viel-

414

Wohngebäude.

fach konstruktive Details erläutert, und auch in der Bau- ordnung vom Jahre 1883 die Aufzüge überhaupt keine Er- wähnung finden.) Erst mit der Nutzbarmachung der Elek- trizität zum maschinellen Betrieb war die Möglichkeit einer ausgedehnteren Anwendung von Aufzügen gegeben. Der stetige Fortschritt in der Technik, welcher bei erhöhter Sicherheit nunmehr die Inbetriebsetzung der Maschine ver- einfacht, und überdies billige, nur geringen Raum bean- spruchende Anlagen gestattet, bringt es mit sich, daß jetzt in vielen Wohnhäusern, auch der Vorstädte, Personenaufzüge zur Verfügung stehen.

Die Konstruktion der Fenster ist durch die klimati- schen Verhältnisse Wiens (heftige Winde) bedingt. In dieser Hinsicht sind die von alters her überkommenen doppelten Fenster, deren äußere Flügel in der Mauerflucht liegen und nach außen aufschlagen, sehr zweckmäßig, für die Fassaden- wirkung jedoch unvorteilhaft. So ist denn jetzt ein doppelter Verschluß, dessen sämtliche Flügel nach innen zu öffnen sind, die usuelle Ausführung. Hierbei werden die beiden Glasflächen in einem Abstände von 16 bis 20 cm angeordnet, da erwiesenermaßen eine weniger tiefe Luftschichte (wie z. B. bei aneinanderliegenden Flügeln) keinen entsprechen- den Schutz gewährt. Schubfenster bedingen einen, wenn auch geringen Spielraum in der Führung, werden daher mit Vorteil nur an windgeschützten Stellen verwendet. Die Per- siennes, hier Jalousien genannt, und Vorhänge (Piachen) werden am Sturze des Fensterstockes, oft in einem über- höhten Kasten, zwischen den beiden Verschlußflächen, an- gebracht. Rollbalken aus Holz oder Eisen, vor der äußeren Glasfläche liegend, werden meist nur dort angewendet, wo es sich um besonderen Schutz handelt.

Von den den inneren Ausbau des Wohnhauses be- treffenden Einrichtungen mögen noch die auf die Feuer- stellen, die Beleuchtung und die Versorgung mit Wasser bezughabenden Vorkehrungen Erwähnung finden.

Gegenüber den älteren Herdkonstruktionen ist mit dem kompendiösen, in der Benützung Zeit und Geld spa- renden Gasherde ein gewaltiger Schritt nach vorwärts getan. Derselbe konnte allerdings bisher noch nicht allgemein Eingang finden, da erst die jüngster Zeit erfolgte Verbilli- gung des Heizgases (14 h pro Kubikmeter) dessen öko- nomische Vorteile zur Geltung bringt. Ebenso steht zu hoffen, daß die alten Öfen (meist Tonöfen) nunmehr durch die Gasheizkörper verdrängt werden und somit die Ver- pestung der Luft, wenigstens in den Wohnbezirken, eine Verminderung erfahre. Zentralheizungen gelangten nur in wenigen größeren Gebäuden und Wohnhausgruppen zur Ausführung. Die Einbürgerung der Gasheizung, welche den individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser Rechnung tragen läßt, dürfte künftighin einer häufigeren Anwendung von Zentralheizungen entgegenstehen. In der Beleuchtungsfrage wogt noch immer der Kampf zwischen Gas- und elektrischem Lichte, und es wird noch geraume Zeit verstreichen, bis zu den hygienischen Vorteilen der elektrischen Beleuchtung sich auch die ökonomischen gesellen und so dieser zum Siege ver- helfen. Dermalen ist das Gasglühlicht noch wesentlich billiger (Im3 Leuchtgas 19h) als das elektrische Glühlicht, wie es für den normalen Wohnungsbedarf in Frage kommt (1 Hekto- watt 7 h). Nur dort, wo mit den sanitären Forderungen das Bedürfnis nach Komfort Hand in Hand geht, verhilft dies dem elektrischen Lichte zu weiterer Verbreitung.

Abb. 635. Fassadendetail vom Mattonihof.

Abb. 636. Mattonihof. Erster Stock. 1:600.

Stadtische Miethauser.

415

Die Versorgung der Stadt mit Wasser (siehe Bd. I) geschieht seit Ende des Jahres 1873 durch die Hochquellenleitung. Der in dem Rohrnetz herr- schende Druck gestattet die Zuführung des frischen, klaren Gebirgsqucllwassers bis in die höchstgelegenen Wohnungen der Stadt. In den besseren Wohngebäuden finden wir die Auslaufmuscheln in den einzelnen Wohnungen, in den einfachen Häusern der Vororte für die Bewohner je eines Stockwerkes gemeinsam auf dem Korridor. Für die vorgeschriebene Wasser- spülung der Aborte, sowie für die Bäder besteht seit einigen Jahren eine von der Trinkwasserleitung ge- sonderte Nutzwasserleitung, welche bei billigeren Konsumtaxen die Wohltat erfrischender Bäder für weitere Kreise ermöglicht. Die Wasserbezugspreise sind bereits in Bd. I besprochen.

Die Ableitung der Bade- und Spülwässer hat unter Anwendung von Geruchverschlüssen (Siphons) zu erfolgen. Die Entwässerung wird zumeist durch glasierte Steinzeugrohre bewirkt, seltener durch ge- mauerte oder betonierte Kanäle. Die einzelnen Stränge sind an geeigneten Stellen mit Reinigungsschächten zu versehen. Die Führung von Ableitungen unmittelbar unter Parterrewohnräumen wird nur ausnahmsweise und unter Vorschreibung besonderer Sicherungen (weitere, undurchlässige Umhüllungen) gestattet. Für die Ventilation der Kanäle ist durch über Dach ge- führte, vom Mauerwerk möglichst isolierte Rohre oder Schachte Vorsorge zu treffen. Zu diesem Zwecke werden die Abortschläuche über Dach geführt.

Von den weiteren technischen Einrichtungen eines Wohnhauses wäre noch der Kehricht- abwurf zu nennen. Dieser besteht aus einem Blech- oder Tonschlauch (innen glasiert), dessen

Abb. 637. Miethaus VI., Magdalenenstraße. Mezzanin. 1:600.

Abb. 638. Wohnhausgruppe VI., Magdalenenstraße.

416

Wohngebäude.

Abb. 639. „Zum]

I., Bognergasse !

Stock. 1:1

unteres Ende mit dem Deckel des eisernen, leicht auswechselbaren Kehricht- behälters verbunden ist, während der obere Teil behufs Abzug der Gase über Dach geführt werden muß. Die Einwurftrichtcr in den einzelnen Geschossen sind mittels Klappen verschließbar einzurichten.

Schließlich haben wir noch die für Stallungen und Futterkammern vorgeschriebenen Maßnahmen zu erwähnen. Diese Räume sind mittels feuersicherer Decken gegen die darüberliegenden Räume möglichst dicht abzuschließen und mit entsprechenden Dunstabzügen zu versehen. Die Fußböden, Wandverkleidungen, Abzugskanälc etc. sind derart herzustellen, daß eine Infiltration des Bodens und der Wände vermieden werde. Fenster gegen die Straße sind mit bleibendem, luftdichtem Verschluß zu versehen, demnach als Ventilationen nicht zu benützen.

Nachdem wir nun die für alle Wohnhäuser unserer Stadt in gleichem Maße wichtigen Be- stimmungen in den Hauptpunkten kennen gelernt haben, erübrigt noch, uns über die Art des Ein- flusses der sozialen und lokalen Verhältnisse auf die Gestaltung des Hauses Klarheit zu verschaffen. Die sozialen Verhält nisse der Bewohner kommen in ihren Wohnungsbedürfnissen zum Ausdrucke, sie geben die Basis für die Zahl, Größe, Gruppierung und Ausstattung der Woh- nungsbestandteile. Unser städtisches Wohnhaus bildet das Mittelglied zwischen dem nur einer begüterten Familie Raum bietenden Palais und dem zur Unterbringung einer möglichst großen Zahl von Menschen auf kleinstem Räume be- stimmten Miethause letzter Kategorie. Für die vor- liegende Betrachtung sind die Lebensbedingungen des Mittelstandes maßgebend, der genötigt ist, sein Heim in fremdem Hause aufzuschlagen. Als Minimum der Forderungen können wir zwei bis drei Wohnräume mit Vorzimmer, Küche, Magd- kammer und Klosett annehmen. Daß durch An- reihung von weiteren Wohnräumen, sowie von Bad, Garderobe, Vorratskammern etc. die mannig- fachsten Bereicherungen und Kombinationen ein- treten können, liegt in der Natur der Sache, und wir nähern uns mit der Steigerung dem reichen Einfamilienhause, dem Palais. Vielfach sind, den unterschiedlichen Anforderungen Rechnung tra- gend, in ein und demselben Objekte Wohnungen verschiedener Größe in der Weise untergebracht, daß in den unteren Stockwerken eine oder wenige große, in den oberen mehrere kleine Wohnungen Platz finden.

Der Einfluß der lokalen Verhältnisse ist der Hauptsache nach gegeben in der Situation des Objektes bezüglich der dasselbe begrenzenden öffentlichen Verkehrswege. Je nach Zahl und Stellung der den Straßen zugewendeten Hausfronten haben wir Eckhäuser (zwei oder mehr zusammenhängende Straßenfronten) und Mittelhäuser (mit nur einer oder zwei getrennten Straßenfronten) zu unterscheiden. Einzelnstehende Objekte sind bei der Straßenführung einer großen Stadt höchst selten, doch können wir als solche die Gruppenbauten auffassen, welche ein architektonisch einheitlich durchgebildetes Objekt darstellen.

Wir wollen nun einige für die Entwicklung des Wohnhausbaucs vier Jahrzehnte charakteristische Beispiele anführen.

Abb. 640. Schnitt des Bognerhauses, I., Bognergasse 3. 1:300.

während der letzten

Städtische Micthäuscr.

417

Eckhäuser.

Aus der Zeit der ersten Stadterweiterung stammt der Grundriß (Abb. 609) des im Jahre 1863— 1864 von Wehren- fennig erbauten Fattonschen Hauses, I., Hegelgassc 13, der uns bei intensiver Grundausnützuno; noch deutlich die Spuren der früher üblichen „mirakulosen" Raumanordnung erkennen läßt. Gleichwohl wurden in einer Beschreibung des Hauses ') die Ausmaße und Verteilung der Räume als „den Mietern in jeder Richtung vollkommen genügend" bezeichnet. In der gleichen Periode (1863 1866) entstand die Gruppe der Häuser am Opernring 4 bis 10 2), in welchen schon eine von Zufälligkeiten befreite, auf bessere Verwertung der Hof- räume abzielende Grundrißdisposition gewählt wurde.

An der Grenze zwischen dem bürgerlichen Wohnhause und dem Palais stehend, zeigt das im Jahre 1872 von Meister Hansen erbaute Palais Ephrussi, I., Franzensring 24 3), einen architektonisch durchgebildeten Grundriß (Abb. 610); in seiner Fassade gibt es ein Beispiel des damals herrschenden Eklektizismus, welches für viele weitere Bauten vorbildlich wurde. Die Raumdisposition hatte den verschiedensten An- forderungen Rechnung zu tragen. Im Parterre waren Ge- schäftslokale unterzubringen, im ersten Stocke die Wohnung des Hausherrn (mit separater Stiege), während die oberen Stockwerke behufs besserer Verwertung als Mietwohnungen auszugestalten waren. Wir sehen, daß in diesem nur für den begüterten Mittelstand bestimmten Gebäude der Komfort der Badezimmer nur in den unteren Stockwerken besteht.

Ein vollständig anderes Bild gibt uns das in dem be- lebtesten Geschäftsviertel der Stadt in den Jahren 1875 1876 von Fellner und Helmer erbaute Thonetsche Haus I., Kärnt- nerstraße 12 (Abb. 611, 612). 4) Die unteren Geschosse sind in eminent praktischer Weise zu Geschäftszwecken aus- genützt, während die oberen Stockwerke die Wohnungen in klarer, zweckmäßiger Einteilung enthalten. In diesem Ob- jekte besitzen wir das einzige Beispiel einer in der äußeren Erscheinung zum Ausdrucke gebrachten Eisenkonstruktion der Pfeiler. (Wenige Jahre später, wurde für Neubauten die Umhüllung der konstruktiven Eisenteile vorgeschrieben, welche eine architektonische, die statische Funktion versinn- lichende Durchbildung unmöglich macht.) Die Steinpfeiler des Parterres sind mit poliertem Granit, die Mauerflächen der Obergeschosse mit Marmor verkleidet.

Das Thonetsche Haus an der Ecke Stephansplatz- Rotenturmstraße -Brandstätte, von den Architekten Fellner und Helmer im Jahre 1883 erbaut, enthält außer den Geschäftsräumlichkeiten des Eigentümers (Fabrik von Möbeln aus gebogenem Holze) noch andere Verkaufsläden, ferner in den oberen Stockwerken Bureaux und Wohnungen. Die hierdurch bedingte Mittelstellung des Gebäudes zwischen Wohn- und Geschäftshaus kommt in der Grundrißlösung sowie auch in der architektonischen Durchbildung (Abb. 613) zum Ausdruck. Das Areale umfaßt 512 m2, von welchen 482 m'2 mit zwei Kellern, dem Parterre und fünf Stock- werken verbaut sind. Das letzte Geschoß ist in der äußeren

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Abb. 641. „Zum Bogner", I., Bognergasse 3.

') Försters Allgemeine Bauzeitung. 1868, 1869. :) Allgemeine Bauzeitung. 1865. 3) Allgemeine Bauzeitung. 1874. *) Allgemeine Bauzeitung. 1877.

Bd. II.

Abb. 642. Wohn- und Geschäftshaus I., Wipplingerstraße 12.

27

418

Wohngebäude.

Abb. 643. Ebenerd. Abb. 644. Erster Stock.

WZ Wohnzimmer. Sp Z Speisezimmer. SZ Schlafzimmer. V Vor- zimmer. K Küche. B Bad. DZ Dienerzimmer.

Wohn- und Geschäftshaus f., Wipplingcrstraße 12. 1:600.

Erscheinung- als Mansarde in das hohe Dach einbezogen, um die bedeutende Gebäudehöhe und Geschoßzahl wenigstens scheinbar zu verringern. Das Parterre und erste Stockwerk erhielten eine Blendarchitektur aus Eisen, grünem schwedischen Granit und poliertem Istrianer Marmor. Hervorzuheben ist die Figu- rengruppe an der Ecke unter dem Erker von Bildhauer Professor Weyr. Die Fassaden der übrigen Stockwerke sind in reichen Formen aus Sandstein von angenehmer warmer Farbe hergestellt.1)

Durch die interessante Grundrißlösung sowohl als auch durch die architektonische Ausgestaltung hervorragend, nimmt der in den Jahren 1883—1884 erbaute Philipphof, I., Augustinerstraße 8-Tegetthoffstraße 10-Füh- richgasse (Abb. 614 bis 616) auch als ein Beispiel eines von allen Seiten freistehenden Wohngebäudes eine exzeptionelle Stellung ein. Der Architekt, Professor Karl König, hatte außer der Schwierigkeit, welche die abnorme Grundkonfiguration bot, auch noch die hetero- genen Zweckbestimmungen der einzelnen Ge schosse zu überwinden. Im Hauptgeschosse (erster Stock) und in einem Teile des Mezzanin (Zwischengeschoß zwischen Parterre und erstem Stocke) waren, über eine gesonderte Treppe zugänglich, die Repräsentations- und sonstigen Räume des österreichischen Jockey-Klub unterzubringen, wogegen die oberen Stock- werke Mietwohnungen aufzunehmen hatten. Das Parterre enthält Geschäftslokale und eine Restauration. Im Souterrain haben die Klub- und die Restaurationsküchen nebst anderen Office- und Depotlokalitäten Raum gefunden. Das in den verschiedenen Partien reizvolle Innere des Hauses zeigt durchwegs eine gediegene, auch in den reich dekorierten Klubräumen maßvolle Ausstattung.

Als Typus des den Mietverhältnissen in den belebten Straßen der Innern Stadt ent- sprechenden Hauses können wir das Haus „Zum Fenstergucker", I., Kärntnerstraße 49 (Abb. 617).

bezeichnen. Von Architekt Ludwig Tischler, dem unsere Stadt viele zweckmäßige Wohnhausanlagen verdankt, im Jahre 1 886 erbaut, enthält das Gebäude im Parterre und Souterrain ein Kaffee- haus, in den Stockwerken durchwegs Wohnungen.'-) Eines der hervorra- gendsten Gebäude Wiens ist noch an dieser Stelle zu nennen, das, wenn- gleich ein Monumentalbau im wahrsten Sinne des Wortes, füglich den bürger- lichen Wohnhäusern zuge- zählt werden darf, nämlich das Stiftungshaus, auch „Sühnhaus'' genannt, I.. Schottenring 7 (Abb. 618.

Abb. 645. Wohnhausgruppe I.. Börsc-Werdcrtor-Ncutor-Eßlinggasse. Zweiter Stock. 1 : 600.

') Baugcwcrk-Zeitung. 1SSS. =) Allgemeine Bauzeitung. 1SS9.

Städtische Mictlinuscr.

419

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Abb. 646. „Heinrichshof", I., Opernring. Erster Stock. 1:800.

öl 9). welches wir der Fürsorge unseres Kaisers verdanken. An der Stelle des am 8. Dezember 1881 abgebrannten Ringthea- ters durch Dombaumeister Friedrich Schmidt 1885 erbaut, hatte es über Wunsch des kai- serlichen Bauherrn an hervor- ragenderStellc eineGedächtnis- kapelle zu enthalten. Um diese gruppieren sich, auch in der äußeren Erscheinung vollstän- dig gesondert, die Mietwohnun- gen, deren Erträgnis verschie- denen wohltätigen Zwecken

gewidmet ist. Die schwierige Aufgabe, eine würdige Andachtstätte in Verbindung mit einem nutzbringenden Miethause zu schaffen, hat durch Meister Schmidt eine eigenartige Lösung gefunden. Das Hauptmotiv der geistvoll gegliederten Gesamtkomposition bildet, in der Mitte der Ringstraßenfront liegend, die Kapelle. In dieser steht an der Außenwand unter dem großen farbigen Fenster der Altar, während der Rückwand eine von Säulen getragene Empore vorgelegt ist. Die reich bemalten Gewölbe, der ernste Freskenschmuck der Wände mit dem Goldmosaik der Altarwand, harmo- nisch ergänzt durch den farbigen Marmorbelag des Fußbodens, gewähren einen überaus stimmungsvollen Gesamteindruck. Daß auch in den Wohnungen durchwegs auf gediegenste Ausführung bei Komfort und reicher Ausstattung (Holzplafonds unter gewölbten Decken) Be- dacht genommen wurde, erscheint bei dem Charakter des Gebäudes selbstverständlich. ')

Abb. 647. „Heinrichshof", I., Opernring.

Von drei Seiten freistehend, enthält das von Professor Karl König in den Jahren 1895 bis 1896 erbaute Haus I., Neuer Markt 1-Kupferschmiedgasse-Kärntnerstraße 14 (Abb. 620) bei intensiver Verbauung durchwegs gut belichtete Räume. Obzwar reicher durchgebildet, als

') Allgemeine Bauzeitung. 1887.

420

Wohngebäude.

allgemein üblich, gewähren die im Parterre und Mezzanin untergebrachten Geschäftslokalitäten, sowie die Wohnungen in den Stockwerken ein reichliches Erträgnis.

Das Wohn- und Geschäftshaus „Zum Herrnhuter", I., Neuer Markt (Abb. 621 bis 623), wurde in den Jahren 1900 1901 vom Architekten Julius Mayreder erbaut. Im Souterrain, Parterre und Mezzanin ist das Leinen- und Modewarengeschäft „Zum Herrnhuter" untergebracht. Die übrigen Geschosse enthalten je zwei Mietwohnungen, im Dachgeschosse sind Arbeits- und Lagerräume für die Firma angeordnet. Vom Souterrain bis Mezzanin, also durch drei Ge- schosse, ruht das Gebäude gassen- und hofseitig auf Granitpfeilern, die Mittelmauer auf mit Beton umhüllten Eisenständern. Sämtliche Decken sind Monier-Konstruktion auf Traversen. Der Dachstuhl ist ebenfalls aus Eisen hergestellt. Die den Aufbau am Neuen Markt zierenden Figuren wurden von Professor Hans Bitterlich modelliert. Da der Haupthof des Hauses voll- ständig überbaut, daher für Reparaturen nur schwer zugänglich ist, wurden seine sämtlichen Wandflächen mit glasierten Steinzeugplatten belegt. Das Gebäude ist mit Zentralheizung aus- gestattet; auch ist eine Nutzgasleitung neben dem Beleuchtungsnetz vorgesehen, so daß jedes Zimmer auch mittels Gas beheizt werden kann.

K. k. priv. Wechselseitige Brandschaden-Versicherungsanstalt, I., Wollzeile 39 (Abb. 624, 625). Dieses nach den Plänen des Architekten L. Simony in den Jahren 1902 1903 für die Zwecke der Anstalt errichtete Gebäude bedeckt eine Grundfläche von l040T2m2. Der hohe

Preis des Baugrundes zwang den Architek- ten zu intensiver Aus- nützung des Gebäu- des, insbesondere im Hinblick auf die For- derung nach getrenn- ten Eingängen und Stiegenhäusern für die Wohnungen und die Bureaux der Anstalt. Bemerkenswert ist, daß die im Erdge- schosse, Mezzanin und ersten Stocke mit je 1 5 m2 dimensionierten Lichthöfe im zweiten und dritten Stocke sich auf je 2L65m2, im Dachgeschosse auf 27'63 m2 erweitern. Dieser Anordnung in Ver- bindung mit seitlichen Oberlichten ist auch die zufriedenstellende Beleuchtung des Treppen- hauses (für die Anstalt) zuzuschreiben, in welches bis in das Parterre direktes Himmelslicht gelangt. Die Bureaux der Anstalt sind in das Mezzanin, den ersten Stock und einen Teil des Erdgeschosses verlegt, im zweiten und dritten Stocke befinden sich Wohnungen, in dem anderen Teil des Erdgeschosses Verkaufsläden. Dem schlichten, aber durch glückliche Ver- teilung des Ornamentes und des Reliefs würdigen Äußeren des auf drei Seiten freistehenden Gebäudes entspricht die einfache und maßvolle Ausschmückung der Innenräume. Die Bau- kosten betrugen einschließlich der Personen- und Lastenaufzüge und der Zentralheizung für einen Teil der Bureaux 630.000 K.

Wohn- und Geschäftshausgruppe „Casa piecola", VI., Mariahilferstraße 1 b, 1 c und 1 d (Abb. 426, 427). Diese durch die Wiener Baugesellschaft nach den Plänen der k. k. Bau- räte Theodor Bach und f Karl Schumann errichtete Baugruppe ist durch die Verbauung des alten Wohnhauses „Casa piecola" und eines Teiles des ehemaligen Metzenhauses entstanden. Sie besteht aus drei getrennten Wohn- und Geschäftshäusern, welche sich trotz der angestrebten Gruppenwirkung durch verschiedenartige Fassadengestaltung auch im Äußeren kennzeichnen. Die Parterre- und Mezzaningeschosse enthalten Geschäftslokalitäten, das Eckhaus im Parterre ein reich ausgestattetes Kaffeehaus. In den Obergeschossen sind Wohnungen angeordnet. In- folge der Tiefenlage der Rahlgasse gegen die Mariahilferstraße (Niveaudifferenz 7 m) ergaben sich in den rückwärtigen Teilen der Häuser unter dem Parterre noch zwei Geschosse, welche als Magazine und Geschäftsräume Verwendung finden. Die exponierten Teile der vornehm- lich in Putz ausgeführten Fassaden, insbesondere die Attikagalerien, deren Postamente Vcntila-

Abb. 64S. .Kärntnerhof-, I., Kärntnerstraße. Ebenerd. 1 : S00.

Städtische Miethäuscr.

421

tionsschläuchc enthalten, wurden in Haustein ausgeführt. Der an der Ecke der Mariahilfcr- straße und der Rahlgasse postierte turmartige Aufbau erreicht eine Höhe von 50 m über dem Niveau der Mariahilferstraße. Die Bauarca der Häuser 1 b, 1 c und ld beträgt 912, 902, be- ziehungsweise 889 m-.

Hier möge auch eines der nach der Grundausdehnung kleinsten Häuser der Innern Stadt Erwähnung finden. An der Ecke Stephansplatz 2-Stock-im-Eisenplatz 1 im Jahre 1897 durch von Wielemans und Leonhard erbaut, bildet das Haus „Zur Weltkugel" (Abb. 628, 629) ein Monument des Wiener Lokalpatriotismus. Es hatte nämlich eine Zahl opferwilliger Bürger mit Unterstützung des Stadterweiterungsfonds die Freigebung eines großen Grundteiles des früher an dieser Stelle bestandenen, weit vorragenden Hauses erkauft, um den Anblick des Stephans- turmes vom „Graben" aus für alle Zeiten frei zu halten. Bei der geringen horizontalen Ausdehnung und exponierten Lage des Objektes wurde dasselbe in der äußeren Erscheinung dem von Wielemans im Jahre 1881 erbauten Hause „zum goldenen Becher" (Hotel Royal) angegliedert. Wegen des beschränkten Raumes mußte die Treppe freitragend in Eisen konstruiert werden.

Schließlich sei noch der Grund- riß des vom Architekten Goldschlä- ger im Jahre 1905 erbauten Hauses I., Stubenring 12 wegen seiner glücklichen Lösung hier vorgeführt (Abb. 630).

Abb. 649. Wohnhausgruppe IX., Maximilianplatz 14. Ebenere). 1:800.

Abb. 650. Wohnhaus Maximilianplatz 14. Erster Stock. 1:800.

Mittelhäuser.

Der Grundriß des von Claus und Groß im Jahre 1883 erbauten Wohn- und Geschäfts- hauses I., Kärntnerstraße 5 läßt uns die Schwierigkeiten erkennen, welche die ungünstige, in Wien sehr häufige Parzellenform dem Architekten bereitet. Souterrain, Parterre und Mezzanin enthalten die Lokalitäten einer Porzellanwaren-Niederlage, darüber türmen sich die Miet- wohnungen auf. Nachdem der Bauherr, zugleich Geschäftsinhaber, keinen Raum des Parterres für den Hausbesorger opfern wollte, mußte derselbe unter dem Dache untergebracht werden; eine Lösung, welche derzeit durch die Bauordnung nicht mehr zugelassen wird') (Abb. 634).

Als Beispiel eines eingebauten Miethauses mit Herrschaftswohnungen kann das Wohnhaus Sturany, I., Schottenring 21 (Architekten Fellner und Helmer, Abb. 631, 632), dienen. Im ersten Stocke ist nur Eine herrschaftliche Wohnung untergebracht, während der zweite und dritte Stock auf je zwei Wohnungen abgeteilt sind, von denen die kleinere durch einen über den Hof geführten Verbindungsgang zugänglich ist. Die Fassade dieses Hauses, in Haustein ausgeführt, ist in vornehmer Barockarchitektur gehalten und reich mit figuralem Schmuck ausgestattet.2)

Auch das Haus des Herrn Baumgarten, IV., Schwindgasse 4, im Jahre 1881 durch Architekten V. Rumpelmayer sen. in vornehmer Barockarchitektur erbaut, ist ein gutes Beispiel eines herrschaftlichen Miethauses (Abb. 633).

Eine originell durchgebildete Fassade schuf Korompay mit dem im Jahre 1886 erbauten „Mattonihof", I., Tuchlauben 12. Auf der Stätte des ersten in Wien der Musikpflege gewidmeten

l) Allgemeine Bauzeitung. 1884.

-) Handbuch der Architektur. Bd. II, Teil IV.

422

Wohngebäude.

Abb. 651. Gebäudegruppe am Maximilianplatz.

Gebäudes (Haus der Gesellschaft der Musikfreunde, 1830) erbaut, erfuhr es durch Architekt Karl Haybäck in den letzten Jahren eine Umgestaltung durch einen Zubau, so daß das Haus nun- mehr eine Straßenecke bildet. Die ungünstigen Grundverhältnisse erforderten 13 m tiefe Funda- mente, bei deren Herstellung man Teile einer römischen Stadtmauer aufdeckte. Die bedeutende Tiefe konnte für Zwecke des Hauseigentümers (Mineralwasserversandt H. Mattoni) als drei- geschossiger Lagerkeller ausgenützt werden (Abb. 635, 636).

Interessant und architektonisch durchgebildet ist der Grundplan eines Wohnhauses neueren Datums und modernster Erscheinung. Dieses von Professor Otto Wagner 1898 in der Magdalenenstraße 40 (VI. Bezirk) erbaute Objekt bietet sowohl in künstlerischer als auch in technischer Hinsicht vielfach interessante Details, auf welche einzugehen hier jedoch zu weit führen würde1) (Abb. 637, 638).

Ein Beispiel guter Ausnützung eines kleinen Baugrundes unter Anwendung moderner Baukonstruktionen bildet das Haus „Zum Bogner", I., Bognergasse 3 (Abb. 639 bis 641), welches an Stelle eines fast 100 Jahre alten Hauses im Jahre 1902 durch die Architekten Franz Freiherrn von Krauß und Josef Tölk zur Ausführung gelangte. Nach Abtretung der zur Straßenverbreiterung erforderlichen Flächen verblieb eine Baufläche von rund 229 m2, wovon 212 m2 zur Ver- bauung gelangten. Die Frontlänge in der Bognergasse beträgt 14'28m, in der Naglergasse ll-86m. Das Haus enthält drei Geschosse für Geschäftslokale und vier Wohngeschosse mit je einer Wohnung. Das Mittelzimmer gegen die Bognergasse wurde durch einen 090 m aus- ladenden, die ganze Zimmerbreite einnehmenden Erker entsprechend vergrößert. Sämtliche Deckenkonstruktionen wurden in armiertem Beton, System Hennebique, ausgeführt. Die Bau- kosten beliefen sich auf 165.000 K, somit per 1 m2 verbaute Fläche auf 778 K.

Bei der Planung des Wohn- und Geschäftshauses (., Wipplingerstraße 12 (Abb. 642 bis 644), das im Jahre 1901 durch die Wiener Baugesellschaft nach dem Entwürfe ihres Chefarchitekten Theodor Bach errichtet wurde, mußte auf die tunlichste Ausnützung jenes Teiles des Bau- platzes Wert gelegt werden, dem der Vorteil der 18jährigen Steuerfreiheit zukommt. Es wurde demnach der Haupthof des Gebäudes hinter die 25 m von der Straßenfront entfernte Grenz- linie, bis zu welcher sich die erwähnte Begünstigung erstreckt, verlegt. Das Haus enthält im Souterrain, Erdgeschosse und Mezzanin Geschäftslokalitäten, in den vier Obergeschossen vier bis fünf Wohnungen, welche in bezug auf ihr Raumausmaß verschiedenartige Kombinationen zulassen. Die Fassade ist bei reichlicher Verwendung von Haustein in Putz ausgeführt. Bei einem Gesamtausmaße der Baustelle von 720 m2 sind 56275 m'-; verbaut.

Einzelne sehr große Mittclhausparzellen wurden behufs besserer Verwertung in der Weise verbaut, daß der große Haupthof nur an drei Seiten von den Wohntrakten umgeben, auf der vierten Seite gegen die Straße zu offen blieb und so einer größeren Zahl von Wohnungs-

') Allgemeine Bauzeitung. 1900.

Städtische iMiethauscr.

423

Abb. 652. Arkadenhäuser, I., Reichsratsstraße. Ebenerd. 1:800.

bestandteilcn den Ausblick auf den öffentlichen Verkehrsweg gestattet. Diese Gebäude, ge- meiniglich „Straßenhöfe" genannt, dienen, wenn zwischen zwei Straßen gelegen, gewöhnlich als Passagen mit Kaufläden, wogegen andernfalls der in der Regel bepflanzte, dem Straßenlärm wenigstens einigermaßen entrückte Hof ein angenehmeres Wohnen gewährt, als dies bei voll- ständig geschlossenem Hausgevierte möglich wäre. In den ehemaligen Vorstädten bestehen etliche derartiger Straßenhöfe, von welchen als größter der Brahmsplatz (IV., Favoritenstraße 20) erwähnt sei; als Geschäftspassage dient im I. Bezirke der „Kärntner-Durchgang" (Kärntner- straße S und Seilcrgasse 5). Ein größerer Grundkom- plex des V. Bezirkes ist von Alleen durchzogen, welche gegen die öffent- lichen Straßen durch Git- tertore abgeschlossen sind („Margaretenhof" am Mar- garetenplatzc).

Ist in diesen letzten Fällen ein höheres Erträg- nis des großen Grund- stückes durch dessen Auf- teilung in mehrere kleine Baustellen angestrebt, so wurde derselbe finanzielle Zweck auch durch das entgegengesetzte Verfah- ren, nämlich die wenig- stens scheinbare Vereini- gung mehrerer Parzellen zu einer Baugruppe zu erreichen gesucht. Dieser Vorgang ergibt die

Gruppenbauten.

Hier führte das Stre- ben, bei möglichst inten- siver Verbauung auch die hofseits gelegenen Räume möglichst gut zu verwer- ten, zur Anlage der meh- reren Häusern gemein- samen Höfe. Solcherweise entstanden auf den Stadt- erweiterungsgründen, wo die Verbauung ganzer Blocks innerhalb weniger Jahre erfolgte, durch das Einvernehmen der Grund- besitzer einige Gruppen- bauten, welche allerdings der Mehrzahl nach in ihrer äußeren Erscheinung kein einheitliches Ganzes bilden. Ein Beispiel hierfür bietet die in den Jahren 1871 1873 von Dörfel erbaute Häusergruppe Börse-Werdertor-Neutor-Eßlinggasse ') (Abb. 645).

War ein ganzer Baublock in Händen eines Eigentümers, so lagen naturgemäß die Ver- hältnisse noch günstiger und ermöglichten eine architektonische Gesamtkomposition. So ent- stand eines der hervorragendsten Wohngebäude Wiens in dem zu Anfang der Sechzigerjahre des verflossenen Jahrhunderts von Hansen erbauten „Heinrichshof" (gegenüber der Oper). Dem Künstler war hier die Möglichkeit geboten, einen drei Häuser umfassenden Baublock

') Allgemeine Bauzeitung. 1882.

Abb. 653. Arkadenhäuser, I., Reichsratsstraße. Erster Stock. 1 : S00.

424

Wohngebäude.

einheitlich zu verbauen und so ein Werk zu schaffen, welches sowohl durch die großzügige Gruppierung (das Mittelhaus bildet beiderseits Risalite und ist um ein Geschoß höher als die Nebenhäuser) als auch durch die überaus fein empfundenen Details für die ganze noch folgende Stadterweiterungsperiode von erkennbarem Einflüsse war. Der Grundriß kann heute allerdings nicht als mustergültig angesehen werden. Zur Erläuterung des beigegebenen Schaubildes sei bemerkt, daß die Mauerflächen der Fassaden in rotem Putz (Quaderimitation), die Architektur- teile teilweise in Stein, teilweise in Terrakotta und Verputz ausgeführt sind; die Flachnischen und die Felder zwischen den Pilastern der letzten Stockwerke erhielten Freskenschmuck auf Goldgrund (von Rahl) ') (Abb. 646, 647).

Im „Kärntnerhof" (Kärntnerstraße- Führichgasse -Tegetthoffstraße -Maysedergasse) schuf Thicnemann 1875 einen acht Objekte umfassenden Gebäudekomplex, der in seinem von den vier Straßen zugänglichen, glasgedeckten Haupthofe einen wertvollen, über 500 m- großen Ge- schäftsraum enthält2) (Abb. 648).

Nicht dem Gutdünken der Erbauer überlassen, sondern durch den Plan der Stadterwei- terung auch bezüglich der architektonischen Durchbildung festgelegt war die Gestaltung der Häusergruppen, welche in der unmittelbaren Umgebung der neuen Monumentalbauten (auf dem

ehemaligen Festungs- glacis) sich dem archi- tektonischen Gesamt- bilde einzufügen hatten. So sind in der Umge- bung der Votivkirche und des Rathauses der- artige Gruppen, und zwar in einzelnen Par- tien als Arkadenhäuser, entstanden. Eine der hervorragendsten dieser Anlagen wird durch das von Emil Ritter von Förster im Jahre 1876 bis 1877 erbaute Wohn- haus Angerer, IX., Ma- ximilianplatz 14, ge- bildet, welchem sich beiderseits symmetrisch zwei Miethäuscr anglie- dern3) (Abb. 651). Das dominierende Mittel- gebäude, dessen Par- terrefront bestimmungs- gemäß in Arkaden auf- gelöst ist, enthält in den Hauptetagen die über eine separierte Marmortreppe zugäng- liche Wohnung des Be- sitzers, in den oberen Geschossen Mietwoh- nungen.

Die Absicht, in der Umgebung des Rat- hauses ein neues ele- gantes Wohnviertel er- stehen zu lassen, brachte es mit sich, daß die daselbst erbauten Häuser nicht nur mit allen zur Erhöhung des Komforts dienenden Mitteln der modernen Technik (Aufzüge, Zentralheizung u. s. w.),

Abb. 654. Gruppe von Arkadenhäusern, I., Reichsratsstraße.

') Allgemeine Bauzeitung. 1S86— 1S87. -) Allgemeine Bauzeitung. 1877. 3) Allgemeine Bauzeitung. 1880.

Städtische Micthauscr. 425

sondern auch mit einer bei Miethäusern ungewöhnlich reichen dekorativen Ausstattung be- dacht wurden. Die beigefügten Abb. 652 bis 654 ') zeigen die von F. von Neumann für die Union-Baugesellschaft in den Jahren 1882 1883 erbaute Häusergruppe I., Reichsratsstraße.

Wohnhäuser der Vororte.

Diese bieten weder in ihren Grundrißlösungen, noch in der sonstigen Ausgestaltung bemerkenswerte Leistungen, sie sind durch das Miethaus letzter Kategorie charakterisiert, welches den minder bemittelten Bevölkerungsschichten, meist Arbeitern und kleinen Geschäftsleuten, Unterkunft gewähren soll. Im Gefolge der letzten Stadterweiterung (1891) und der hierdurch bedingten Ausbildung des Verkehrsnetzes (Stadtbahn, elektrische Straßenbahnen) sind einige Wohnviertel an der Peripherie der Stadt im Entstehen begriffen, welche, mit Vorgärten ver- schen, dem Mittelstände angenehme Wohnbedingungen gewähren sollen. Anschließend an diese Gebiete dehnen sich die Villenviertel bis zu den Dörfern der Umgebung aus. In diesen Vorgartenstraßen ist die Gebäudehöhe je nach der Bauzone auf zwei oder drei Stockwerke beschränkt, hingegen eine größere Freiheit in der Anbringung von Erkern, Balkons etc. ge- währt, so daß diese Bauten den Übergang vom innerstädtischen Wohnhause zur Villa bilden.

Bei dem nunmehr in weiteren Kreisen erwachenden Verlangen, die Wohnung außerhalb des Lärmes und der schlechten Luft der inneren Bezirke aufzuschlagen, entwickelt sich in diesen Bezirksteilen eine äußerst rege Bautätigkeit, deren bisherige Resultate jedoch durchaus nicht erfreulich genannt werden können. Meist sind es ohne jedes Verständnis durchgeführte Spekulationsbauten von gewöhnlichem Vorstadttypus, denen durch Verranden, Erker etc. der Anschein eines komfortablen Heims gegeben werden soll.

Bei Betrachtung der wenigen angeführten Beispiele müssen wir das Streben nach mög- lichst klarer und ökonomischer Anordnung bei relativ reichlichen Raumdimensionen kon- statieren. Insbesondere sind die früher allgemein gebräuchlichen, langen, den hofseitigen Ubika- tionen vorgelegten Gänge verschwunden, die den Hinterräumen alles andere eher als frische Luft zuführten.

Wenn wir unsere Bauweise mit der anderer Städte vergleichen, so gewinnen wir den Eindruck, daß der Wiener alle Ursache hat, mit seinem Miethause im großen und ganzen zu- frieden zu sein. Die Dimensionen der Wohnräume sind in Wien bedeutend größer als die in Paris und London; auch in Berlin enthalten die Wohnungen relativ mehr kleine Zimmer. Ebenso werden in Wien die Vor- und Nebenräume bequemer angelegt und ist für deren Be- lichtung und Ventilation besser vorgesorgt. Es fehlen bei uns die engen finsteren Passagen, in weiterer Konsequenz die über Eck gestellten Zimmereingänge und die allerdings Raum sparenden, jedoch manche Unzukömmlichkeiten mit sich bringenden Schiebetüren.

Die Baukonstruktionen sind bei gleicher Güte der Materialien in Wien sowohl betreffs der Mauern als auch der Deckenkonstruktionen stärker als anderwärts. Es wurde unserer Bau- weise oft der Vorwurf der Materialverschwendung gemacht, diese besteht jedoch tatsächlich nicht; ist es doch Tatsache, daß bei der Dimensionierung der Außenmauern besserer Wohn- häuser nur selten auf die von der Bauordnung festgesetzte Minimalstärke von 45 cm herab- gegangen wird. Wir sind durch unsere Mauern gegen die klimatischen Einflüsse, durch die Deckenkonstruktionen vor den störenden Geräuschen und den Temperaturverhältnissen der anderen Geschosse besser geschützt, als dies in anderen Städten der Fall ist. Unsere Treppen sind im allgemeinen weiträumiger angelegt und leichter zu steigen.

Bezüglich der äußeren Erscheinung jedoch ist das zuweilen bestehende Mißverhältnis zwischen der Schale und dem Kern nicht in Abrede zu stellen. Der Wiener liebt es oder liebte es wenigstens, sein Haus zu schmücken, und zwar oft mehr, als dessen Bestimmung zu- kommt, wobei er denn ohne viel Bedenken zu billigen Auskunftsmitteln greift. Diese cache misere (wie unsere und auch die Berliner Zinshausfassaden oft genannt werden) besteht in dem Maße in Paris allerdings nicht, das durch seinen ausgezeichneten, billigen Stein in der Lage ist, auch bei bescheidenen Bauten Steinfassaden herzustellen, die bei einfachster Formgebung schon durch das Materiale wirken. Mit London, das auf das Äußere des Miethauses wenig Wert legt, ist bei der Verschiedenheit der Ansprüche ein Vergleich in dieser Beziehung nicht anzustellen.

J) Allgemeine Bauzeitung. 1885.

426 Wohngebäude.

Wir können übrigens in Wien mit Freuden einen Wandel in dieser Richtung konstatieren, der sich in dem Bestreben zeigt, jedem Materiale die seiner Natur zukommende Form zu geben und schmückendes Beiwerk nur auf wenige bevorzugte Bauteile zu beschränken.

Wenn der Wiener seine Wohnung relativ teuer bezahlen muß, so ist dies weniger in dem kostspieligen Bau als in den hohen Grundpreisen und den enormen Staats- und sonstigen Abgaben begründet.1) In erster Beziehung befindet sich Wien derzeit in einem Übergangs- stadium, indem das Bestreben, die Wohnungen in die gesünderen Gebiete an der Peripherie der Stadt zu verlegen, die Grundpreise dortselbst zu exorbitanter Höhe schnellte, während in den inneren Bezirken eine bemerkbare Herabmindcrung bisher nicht zu bemerken ist; es dürfte noch eine Reihe von Jahren verstreichen, che eine Sanierung dieser Verhältnisse eintritt.

') Vom Nettomietzins sind insgesamt etwa 38% an Steuern und Umlagen an Staat, Land und Stadt abzugeben.

F. Lconhard.

III. FAMILIENHÄUSER UND VILLEN.

Trotz der günstigen kli- matischen und landschaftli- chen Vorbedingungen, und obwohl ehemals die Wein- gärten bis an die Mauern der Innern Stadt reichten, der Wienerwald zu den Fenstern der Vorstadthäuser hereinsah und heute noch sich die Hänge des Galizinberges, des Kah- len- und Leopoldsberges sanft der Stadt zukehren, und an den Donauauen und Ufern das wässerige Element nie fehlte, besitzt Wien nicht den Kranz von reizenden Gärten und blinkenden Landhäusern, wie ihn manche, von der Natur stiefmütterlicher ausge- stattete Residenz des Nordens oder Westens von Deutsch- land aufweist. So wie sich das Wohnen im vielstöckigen Zinshaus in Wien ausgebildet hat, so ist auch der Landhaus- bau zumeist der Spekulation ausgeliefert worden, die ein- zelnen Stockwerke der „Villa" werden vermietet und der ohnehin spärlich bemessene Garten wird unter viele Par- teien geteilt.

Nur wenig Glückliche oder vielleicht auch Verstän- dige gönnen sich ein gemüt- lich eingerichtetes Landhaus oder erwerben, wenn mehr Mittel zur Verfügung stehen, einen größeren Grundkom- plex, um allein zu wohnen. Die Zahl dieser ländlichen Wohnhäuser oder Villen ist leider eine recht geringe, und der Fall, daß die Künstler:

Abb. 655. Haushof in Heiligenstadt.

Abb. 656. Villa in Penzing.

428

Wohneebäude.

Abb. 657. Haushof in Döbling.

Maler, Architekt und Bildhauer, ein entscheidendes Wort mitzureden haben, heute ein sehr seltener. Nicht immer war es so, und als im 18. Jahrhundert die großen Gartenpaläste, die Favorita (heute Theresianum), das Belvedere (Sommerresidenz des Prinzen Eugen), das Schloß von Schönbrunn (Sommerresidenz seit der großen Kaiserin), der fürstlich Liechtensteinsche Gartenpalast in der Roßau u. a., entstanden, gab es noch viele kleine Schlößchen und schmucke Landhäuser in der nächsten Umgebung Wiens, die sich der niedere Adel und das Bürgertum im Geschmacke jener Zeit errichten ließen (Abb. 655, 656). Mancher große Meister der Barocke hat im Auftrage oder für sich Haus und Garten draußen vor den Toren Wiens ge-

Abb. 65S. Gartenhof in Pcnzing.

Familicnhauscr und Villen.

429

Abb. 659. Villa in Hietzing:.

schaffen. Nicht viel ist mehr von diesen Bauten erhalten; nur merkwürdige Garten- häuschen, Vasen und Figuren, Treppen und Brunnen in den ehemaligen Vororten Wiens deuten auf frühere Land- häuser.

Meidling und Hietzing.

Es war natürlich, daß sich eine solche Ansiedlung von Landhäusern vor allem um die Sommerresidenz des Kaisers gruppierte, und so finden wir heute noch in Meidling, Hetzendorf, Hiet- zing und Penzing Land- häuser, welche in das 1 8. Jahr- hundert zurückreichen. Unter diesen ist besonders das schöne Schlößchen beim Meidlinger Tor von Schön- brunn mit der griechischen Inschrift „XAIPE" (Chaire), in welchem der Herzog von Reichstadt zeitweilig gewohnt haben soll, hervorzuheben (Abb. 661).

In Hietzing in der Au- hofstraße, der Lainzerstraße und ihren Nebenstraßen haben sich sehr viele kleine Landhäuser mit großen Gär- ten aus dem Ende des 18. und dem Beginne des 19. Jahr-

Abb. 660. Villa Krug, Hohe Warte.

Abb. 661. Villa Chaire in Meidling.

430

Wohngebäude.

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Abb. 662. Villa Weidmann, Hietzing.

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hunderts in den schlichten Formen jener Zeit erhalten. Gegen Ende des 19. und in den ersten Jahren des 20. Jahr- hunderts kamen einige präch- tige Neubauten von Villen hinzu oder einige ältere Villen wurden sehr glücklich umge- baut. So zu Beginn der Hietzinger Hauptstraße die Villa Weidmann durch die Architekten Plecnik und Krasny (Abb. 662), so in der Trautt- mansdorffgasse die Villa Schopp durch die Architek- ten Friedrich Ohmann und J. Hackhofer (Abb. 663, 664). Letztere kann wohl als Neu- bau bezeichnet werden, da von dem alten Bau kaum etwas übrig- geblieben ist. Die

Hietzing. 1:600.

geschmackvolle Gesamtanlage und originelle Detailbildung in sorgfältigster Ausführung gehören zu dem Besten dieser Art. Auch das Pförtnerhaus, die Einfriedung, die Straßenlaterne sind in die Gesamtkomposition einbezogen und mit der gleichen Liebe behandelt.

Die Villa Taussig am sogenannten Küniglberge von Architekt Karl König (Abb. 665 bis 667) zeigt eine große Anlage in domi- nierender Lage, mit Turm, Balkons und Terrassen in den eleganten Formen der französischen Renaissance. Zu den neueren Bauten gehört in Hietzing die Villa Roth, Auhofstraße 4, erbaut vom Architekten Franz Roth (Abb. 668), bei welcher im Souterrain die Wirt- schaftsräume und in dem darüber befindlichen Hauptgeschoß die Wohn- und Gesellschaftsräume untergebracht sind. Ein reicher Putzbau

Abb. 663. viii im Stile der französischen Spätrenaissance mitten in einer größeren

Gartenanlage. Außerdem sei hier noch einer kleinen Villa des Archi- tekten Krasny gedacht und einer Anzahl Familienhäuser, welche, wie z. B. die Villen Wolter, Hohenfels, Johannes Benk, der Architekten O. Hof er, Frankl, Ehrenfeld, Albrecht u. a., eigentlich in die Kate- gorie der Einfamilienhäuser gehören, da sie Sommer und Winter bewohnt werden. Glücklicherweise wurden die der Verbauung anheimgege- benen großen Bauterrains der ehemaligen „Neuen Welt" in Hietzing durch die Bauord- nung für die offene Bebauung bestimmt, so daß freistehende Gebäude mit nur zwei Stock- werken entstehen mußten. Hier hat die Wiener Bau- gesellschaft durch ihren Ar- chitekten Th. Bach mehrere Objekte in der Reichgassc 664. vilia schopp, Hietzing. und in der Leopold Müller-

Familienhäuser und Villen.

431

Abb. 665. Villa Taussig, Hietzing. 1:600.

gasse ausgeführt. An der Ecke dieser Gasse und der Neuen Weltgasse wurde be- reits das Prinzip des Ein- familienhauses durchbrochen, indem auch größere Bauten mit Mietwohnungen geschaf- fen wurden. Zu den jüngsten Villen in dieser Gegend ge- hört der vom Bildhauer Pro- fessor Otto König in der Neuen Weltgasse 1 1 erbaute Putzbau mit gutem Grund- riß (Abb. 669, 671). Auf einem hohen Erdgeschoß, in welchem sich das bei- nahe ein Drittel der Grundfläche einneh- mende Atelier befindet, erhebt sich das einzige Wohnstockwerk und darüber im Dachgeschosse ordnen sich in ungezwun- gener Weise noch einige Wohnräume an.

St Veit und Hütteldorf.

Im benachbarten Ober- und Unter-St. Veit entstanden neben der geschlossenen Bauweise einige hübsche Villenbauten, so unter anderen die Villa H. Bahr des Archi- tekten Josef Olbrich in reizender Lage und einfacher Durchführung (Abb. 670, 672).

Im benach- barten Hütteldorf hat Otto Wagner

für sich selbst in noch ganz

unverbautem Terrain eine ge- schmackvolle Villa (Abb. 673) erbaut, welche, im italienischen Charakter gehal- ten, im wahren Sinne des Wor- tes den Namen Villa verdient.

Ursprünglich nur ein bewohn- barer Mittelbau mit wenig Räu- men und offenen Annexen, wurde sie später aus- gebaut und wird nun Sommer und Winter bewohnt. Gegenüber ste-

Abb. 666. Villa Taussig, Hietzing. Lageplan. 1:3000.

Abb. 667. Villa Taussig, Hictzin

432

Wohngebäude.

hen die Villen Bujatti in prachtvollen Gärten und nicht weit davon die Villa Wilhelm von van der Null und Siccardsburg (Abb. 674), ein schlichter einstöckiger Bau in hübschen Pro-

Abb. 66S. Villa Roth, Hietzing

Abb. 669. Villa Otto König, Hietzing. 1:600.

Abb. 670. Villa Bahr, Ober-St. Veit. 1:600.

Portionen. In dem durch einen großen Teich sowie durch Brücken und Stege künstlerisch belebten Parke erhebt sich eine für jene Zeit sehr charakteristische Einsiedelei, ein ruinenartiger, gotisie- render Bau.

Dornbach und Neuwaldegg.

In Dornbach hat sich nur wenig vom älteren Villenbau erhalten, und was das 19. Jahr- hundert schuf, ist von geringer architektonischer Bedeutung. Erst gegen Ende desselben ent- stand hier eine Anzahl Villen, welche sich von ihrer Umgebung günstig abheben; so die Villa Wielemans (Abb. 675), welche Sommer und Winter bewohnt wird. Sie wurde von dem Eigentümer selbst erbaut und zeigt gute Komposition und schöne Details.1) Die Villa Kuffner (Abb. 676, Architekt F. R. von Neumann) ist ein mit großen Mitteln durchgeführter

') Siehe Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1884.

Abb. 671. Villa Otto König, Hietzing.

Abb. 672. Villa Bahr, Ober-St. Veit.

Familienhäuser und Villen.

433

Abb. 673. Villa Otto Wagner in Hütteldorf.

malerischer Bau mit reicher Silhouette, vielgliederig mit Türmen, Toren, Erkern, Balkons und Terrassen, mit Verwendung von Haustein.1) Die Villa Schöller ist der vorigen verwandt in der

architektonischen Durchbildung, mit mächtigem Dache, schöner Detailbil- dung und figuralem Schmuck im Äuße- ren, ebenfalls mit reichlicher Verwen- dung von Haustein und hübscher Por- talarchitektur. Dieser Bau wurde nach den Plänen des Archi- tekten M. Freiherrn von Ferstel ausge- führt, der auch Ma- lerei und Plastik glücklich heranzog. Pietätvoll sei hier auch der kleinen Villa Schmidt ge- dacht, die sich der verstorbene Dom- baumeister im Grü- nen in schlichter Weise nach Südtiroler Motiven und mit Verwendung alter Korbgitter erbaut hat. In den letzten Jahren entstand in Dornbach die Villa Marbach nach den Plänen der Architekten J. Hackhofer und F. Rumpelmeyer. In ruhiger Silhouette weist sie schöne Details

auf, welche an Hackhofers «1^ kJ35Ä''fc> y ■&'££l*| Mitarbeiterschaft bei der Villa

Schopp in Hietzing erinnern. Im benachbarten Neu- waldeggistdie Villa Gerold zu erwähnen, welche im letz- ten Viertel des 19. Jahrhun- derts der Architekt K. Frei- herr von Hasenauer erbaute. Im französischen Frührenais- sancecharakter gehalten, mit Verwendung von Haustein und Schieferdeckung, bildet diese Villa, wie sie ins Grüne gebettet dasteht, eines der wenigen guten Beispiele des kleineren Wiener Landhauses aus jener Zeit. Ähnliche glückliche Grundsätze und verwandte Auffassung im Stil zeigen die Villen des verstorbenen Architekten Otto Hieser und des Architekten Leopold Theyer, welche auch auf diesem Gebiete manches Schöne geschaffen haben.

Abb. 674. Villa Wilhelm in Hütteldorf.

Grinzing und Kahlenberg.

In dem benachbarten Pötzleinsdorf, in Neustift am Walde und Salmannsdorf hat sich in neuerer Zeit, in Grinzing, welches an der Kahlenbergbahn liegt, schon früher der Landhaus- bau lebhafter entwickelt und sind die Villen Ferstel und Hochenegg (beide in Grinzing) zu erwähnen. An den Geländen des Kahlenberges und auf diesem selbst hat sich nicht in so

') Siehe Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1895. Bd. II.

28

434

Wohngebäude.

Itulcon

Abb. 676. Villa Kuffner, Dornbach. 1:600.

Abb. 675. Villa Wielemans, Dornbach.

Abb. 677. Villa Carola, Abb. 678. Hotel-Villa

Kahlenberg. 1:600. Kahlenberg. 1:600.

Abb. 679. Villa Rittershausen, Hohe Warte. 1 : 600.

c^

Abb. 680. Villa Schenker, Hohe Warte. 1 : 600.

Abb. 6S1. Villa Wielemans, Dornbach. 1 : 600.

Abb. 6S2. Villa Schauta, Hohe Warte. 1 : 600.

Abb. 6S3. Villa Schenker, Hohe Warte.

Faniilicnhäuser und Villen.

435

Abb. 6S4. Villa Moll, Hohe Warte. 1 : 600.

Abb. 685. Villa Spitzer, Hohe Warte. 1:600.

Abb. 686. Moll-Moser-Haus, Hohe Warte. Gartenseite.

lebhafter Weise der Landhausbau entwickelt, als es der schönen Lage nach zu erwarten gewesen wäre. Die vor einigen Jahren durch den Umbau des Schlosses Cobenzl des Baron Sothen ent- standene Hotelanlage blieb verwaist, die dort geplante Villenansiedlung ist noch nicht zustande gekommen. Auf dem Kahlenberg blieben die seit der Erbauung des Aktienhotels (ein Riegel- bau der Architekten Fellner und Helmer) entstandenen Landhäuser, die Villa Felix, die Villa Carola (vom Architekten H. von Wiedenfeld erbaut) und einige wenige andere (Abb. 677, 678) ohne Nachfolge in neuerer Zeit.

Döbling, Heiligenstadt und Hohe Warte.

Kahlenbergerdorf, Nußdorf und Sievering, zu Füßen des Kahlenberges reizend gelegene alte Ortschaften, welche heute dem Gebiete der Stadt angehören, zeigen einige interessante alte Bürgerhäuser oder typische Häuser von Wein- bauern; von Villenbauten ist hier nichts Be- merkenswertes zu sagen. Hingegen hat man in

Abb. 687. Villa Spitzer, Hohe Warte.

Abb . 688. Villa Henneberg-,

Hohe Warte. Lageplan. Abb. 6S9. Villa Henneberg, Hohe 1:1500. Warte. 1:600.

28*

436

Wohngebäude.

Döbling und Heiligenstadt schon seit dem Ende des 16. Jahrhunderts gerne Landhäuser errichtet und zu Ende des 18. und am Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich hier eine lebhafte Bau- tätigkeit entwickelt. So wie in Hietzing hat sich auch hier der Adel und der reiche Kaufmanns- stand seine Sommerhäuser gebaut. Die säulengetragenen Giebel, akroteriengeschmückten Fenster, antikisierenden Gartenhäuschen, Chinoiserien und Vasen, vielfach noch aus dem 18. Jahrhundert, geben diesen meist nur einstöckigen Döblinger Landhäusern ihr eigenartiges Gepräge.

Auch in neuerer Zeit sind in Döbling hübsche Land- und Familienhäuser erstanden. So hat sich um das Restaurant Hohe Warte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine vornehme Villen- ansiedlung gebildet. Der erste Bau war die Villa Kratzer (später Andrassy, jetzt Waisenhaus), eine charakteristische Arbeit des Architekten Teophil Hansen. Später folgte die opulente Villa Rittershausen der Architekten Fellner und Helmer (Abb. 679), eine vornehme Anlage in den reichen Formen der Spätrenaissance mit einem der Straße zugekehrten Gartensalon und schöner Treppe, sowie die Adaptierung der Villa Schauta durch dieselben Architekten (Abb. 682). Weiter hinauf liegen mitten in großen Gärten eine Anzahl Villen versteckt, welche aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammen; so die Villa Kattus des Architekten Julius Mayreder und daneben die Villa Matsch des Architekten Otto Hofer, welche am Ende eines ansteigenden Gartens, von großen Bäumen eingefaßt, mit hübschen Brunnen geziert und mit einem Atelier- bau des Künstlers verbunden ist. In der Nähe stehen: die stattliche Villa Schenker der Archi- tekten Karl und Julius Mayreder (Abb. 680, 683), sowie die Villa Kellner des Architekten M. Fabiani mit interessanter Dachlösung und schlichten, weißgestrichenen Holzveranden, an die Empirezeit anklingend. Auf dem höchsten Punkte der Hohen Warte hat Baron Nathaniel Roth- schild einen großen Komplex mit prächtigen Gartenanlagen versehen, großartige Glashäuser erbaut und sich selbst ein Schlößchen mit hübschen Wirtschaftsgebäuden im Stile der franzö- sischen Frührenaissance errichtet. Die prächtigen Gartenanlagen mit den üppigen Glashäusern sind alljährlich im Frühjahre das Ziel vieler Gartenfreunde. Hier hat sich auch in neuester Zeit (in der Steinfeldgasse) eine Villenkolonie gebildet, welche der Architekt Josef Hoffmann für einige Künstler und Kunstfreunde erbaute. So die Villa Moll (Abb. 684, 686), ein origineller Bau, in schlichtem Verputz und mit bunten Hölzern teilweise in Riegelbau ausgeführt; die Villa Moser. mit hübscher Silhouette unter starker Betonung des Riegelbaues; die Villa Spitzer (Abb. 685, 687), ein Putzbau mit charakteristischen Fenstern und originellen Fensterteilungen, und schließlich die Villa Henneberg (Abb. 688 bis 690), in gleicher Technik wie die drei genannten Häuser, mit großer Pergola, Rundbalkon an der Ecke, mit Anklängen an die Architektur des Südens.

Abb. 690. Villa Henneberg. Hohe Warte.

Cottage Währing-Döbling.

Um die Bevölkerung Wiens an das Familien- haus zu gewöhnen und um für die nach und nach verschwindenden Gartengründe der alten Bezirke an der Peripherie der Stadt Ersatz zu schaffen, trat der Architekt Heinrich Freiherr von Ferstel im Jahre 1872 mit einer Anzahl gleichgesinnter Män- ner mit dem Gedanken hervor, auf den noch un- verbauten Terrains nördlich von Währing zwi- schen der sogenannten Türkenschanze und Döb- ling eine Villenanlage zu schaffen (Abb. 691). Es sollten hier in der Art des englischen Wohn- hauses, das auf einer kleinen verbauten Fläche die Wohnräume übereinander angeordnet hat. und in schlichter Architektur, von allen Seiten frei, von einem Garten umgeben, Einzelwohnhäuser geschaffen werden, deren Bau nur ein Sechstel der Grundfläche einnehmen durfte. Ferstcls Idee drang durch und es bildete sich ein Verein mit dem Architekten von Borkowsky an der Spitze, der binnen einigen Jahren mehrere Objekte in ganz schlichten gotisierenden Formen in Putzbau, ab und zu mit Giebeln von sichtbaren Holzsparren gebildet, aufführte und deren Verkauf vermittelte.

Familienhäuser und Villen.

437

Abb. 691. Die Cottage-Anlage Währing-Döbling an der Türkenschanze 1873—1906.

Abb. 692. Villa Blaschek, Cottage.

Der Grundriß ist bei den meisten Objekten dieser Bauperiode auf das knappste bemessen, die Stiegenanlage meist bescheiden, und je nach der Art der Ausbildung der Stiege und des Haupteinganges mit oder ohne Vortreppe, wird die Anlage dieser Gebäude größer oder kleiner. Die Kommunikation der einzelnen Räume in den verchiedenen Geschossen ist immer eine gute, wenn auch das Übereinanderlegen der Räume einer Wohnung manche Unzukömmlichkeit mit sich bringt. Wir bringen aus dieser Zeit drei Grundrisse, von denen Abb. 693 einen Grundriß zeigt mit direktem Eingang in das Stiegenhaus

Abb. 694. Type II.

Abb. 695. Type III.

Abb. 693. Type I

Abb. 693 bis 695. Cottage-Typen in Währing-Döbling.

von der Straße, Abb. 694 einen Grundriß, bei welchem der Eingang zwischen Stiege und Haus eingeschoben ist, und Abb. 695 einen Grundriß mit größerem Stiegenhaus, wobei der Eingang in einen breiten Vorplatz vor die Stiege gelegt, die Abortanlage daneben eingebaut ist. Die

438

Wohngebäude.

Parterre

Abb. 696. Villa Oberwimmer, Cottage.

Außenarchitektur ist anspruchslos und schlicht (Abb. 692, Architekt H. Müller). Gleichzeitig war es den Wiener Privatarchitekten möglich, in diesem Villenviertel unabhängig von der Cot- tage-Vereinstätigkeit hübsche Familienhäuser zu bauen; so entstand schon damals die Villa Oberwimmer in der Karl Ludwigstraße nach

Abb. 697.

Villa Oberwimmer, Cottage.

1 : 600.

Va Veranda.

Dz Damenzimmer.

S Salon.

Spz Speisezimmer.

V Vestibül.

Hz Herrenzimmer.

U Unterfahrt.

GK Geschirrkam- mer.

\VR Wagenremise.

St Stall.

Kz Kutscherzim-

Abb.698. Villa Hoch

stetter. Cottage.

1 : 600.

Abb. 699. Villa Wolf, Cottage. 1 : 600.

Cottage.

Familicnhauser und Villen.

439

Abb. 702. Villa Rumpel, Cottage.

Abb. 705.

Villa Gerlach,

Cottage, Hoch-

schulstraße.

1 : 600.

Abb. 706.

Villa Himmel- bauer, Cottage.

1 : 600.

Abb. 704. Villen Scheid und Gerlach, Cottage, Hochschulstraßi

den Plänen der Architekten Fellner und Helmer (Abb. 696, 697), ein großangelegter Bau im Stile der Spätrenaissance mit mächtigem figurengeschmücktem Turm, schöner Einfahrt und prächtigem Gitter.

Als Architekt H. Müller die Baudirektion des Wiener Cottage-Vereines übernahm, trat mehr Abwechslung in der äußeren Gestalt der Villen ein, die Grundpreise waren inzwischen gestiegen, der reiche Mann, der da baute, wollte sich neben den alten einfachen Cottage- häuschen sehen lassen, es trat bald eine reichere Tendenz in Grundriß und Außenarchitektur hervor. Anfangs war auch Müller bei dem ursprünglich. einfachen Typus geblieben, dies zeigen unter anderen die Villen Schwackhöfer in der Karl Ludwigstraße, die Villen Römpler, Kalbeck, Machanek, das Familienhaus des Dr. Brichta in der Hasenauerstraße, später die Villen Hochstetter (Architekten H. Müller und A. Pecha, Abb. 698), sowie die hübsche Villa Wolf in der Hasen- auerstraße 18 (Abb. 699, 700). Dann wurde manches alte Haus bereichert, erweitert oder umgebaut, es entstanden kleine Schlößchen oder Palais. Dieser Zeit gehören die Villen Rumpel

440

Wohngebäude.

Abb. 709. Villa Futter, Cottage. 1 : 600.

Abb. 707. Villa Himmelbauer. Cottage.

Abb. 710. Villa Kuffner, Cottage.

Abb. 711. Villa Futter, Cottage.

Abb. 70S. Villa Kuffner, Cottage. 1:600.

in der Colloredogasse 36 (Abb. 701, 702), Maschl in der Hochschul- straße 32, das Familienhaus Dr. Po- litzers in der Sternwartestraße und

viele andere aus den allerletzten Jahren an. Mit dem Archi- tekten Jos. Hackhofer baute Müller die Villa Scheid in der Hochschulstraße (Abb. 703, 704). Auch die Architekten J. Deininger (Villa Gerlach, Abb. 705), Max Freiherr von Ferstel, Max Fleischer u. a. schufen hier hübsche Villen.

Hierher gehört auch die Villa Him- melbauer, erbaut von Architekt M. Kropf (Abb. 706, 707), ein Putzbau mit seitlich vorgelegter Treppe, welche in das Hoch- parterre zu einer Art Diele führt, in der sich eine hölzerne Wendeltreppe befindet. Die hübsche und schlichte Außenarchi- tektur wird in der zweiachsigen Straßen- front durch einen weit vorkragenden Erker bereichert.

Zu den ersten Villen, die noch zur Zeit, als Architekt von Borkowsky Bau- direktor des Cottage-Vereines war, durch Privatarchitekten entstanden, gehört die Villa Kuffner, erbaut von Franz R. von Neumann in der diesem Baukünstler eige- nen reichgegliederten Grundrißform und Außenarchitektur (Abb. 708, 710). Sehr schön detaillierte Erker, Balkons, Veran- den und Holzgiebel, sowie lebhaft bewegte Dachlinien geben diesem Bau, welcher aus einem Untergeschosse, einem hohen Erdgeschosse, einem ersten Stocke und stark betontem Dachge- schosse besteht, ein statt- liches Aussehen. Ver- wandt mit der genann- ten, nur mit weniger rei- chen Mitteln ausgestattet, ist die Villa Futter, erbaut von Architekt K. Lich- mann (Abb. 709, 711), ebenfalls auf reichbeweg- tem Grundriß ein mehr- geschossiger Bau mit einer größeren Anzahl

~ ö , .. -, Abb. 712. Mietvilla, XIX., Lanner-

von Dachraumen. Zum straße i8. i:6oo.

Familienhäuser und Villen.

441

Teil in Putz, das hohe Dach- geschoß in Riegelbau aus- geführt, das ganze eine male- rische Anlage in guten Pro- portionen.

Als Beispiel einer grö- ßeren Mietvilla aus der jüng- sten Zeit sei des großen Baues im XIX. Bezirke, Lanner- i, von Architekt Erwähnung getan 713). Drei voll- ganz regelmäßige durch das der zwei

Straße 1 R. Örley (Abb. 712, ständige, Stockwerke sind Zusammenfassen

untersten glücklich geglie- dert; an den beiden Ecken sind zweigeschossige, kräftige Rundbauten mit niedrigen Kuppeln angeordnet und das ganze durch ein gut silhouet- tiertes Dach abgeschlossen. Ein Wohnhausbau, wie wir ihn uns zu Mietzwecken ge- fallen lassen können.

Der Cottage-Verein blieb aber bei seinen eigenen Bau- ten dem Prinzipe des ein- facheren Familienhauses, wie es in der ersten Bauperiode entstand, nicht untreu, und hat sich jetzt zur Aufgabe ge- stellt, Musterhäuser zu bauen, um, wie er sagt, „dem fra- genden Baubewerber durch Besichtigung von auf Grund langjähriger Erfahrungen in vollkommenster Weise und unabhängig von den Sonder- wünschen einzelner Bauher- ren ausgeführter Familien- häuser am nachdrücklichsten den Wert und die Vorteile eines zweckmäßig eingerich-

Abb. 713. Mietvilla, XIX., Lannerstraße IS.

Abb. 714. Villa Liechtenstein, Prater.

teten eigenen Heims vor Augen führen zu kön- nen". Der Wiener Cottage-Verein ist führend auf diesem Gebiete geblieben, doch haben sich nach seinem Vorbild in Hütteldorf, Hetzendorf, St. Veit und Meidling ähnliche Vereine und Heimstättengesellschaften gebildet. Der Wiener Cottage-Verein zählt heute zirka 350 Familien- häuser auf einem verbauten Flächenraum von 400.000 m2.

Abb. 715. Villa Liechtenstein, Prater. 1:600.

442

Wohngebäude.

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Abb. 717

Villa Harnoncourt Prater.

Abb. 716. Villa Harnoncourt, Prater.

Prater.

Auch der Prater wurde in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts dem Familien- hausbau eröffnet, als Graf Harnoncourt sich sein reizendes Schlößchen durch den Archi- tekten O. Hieser dort erbauen ließ. Die hübsche Silhouette des ganzen Gebäudes, der charak- teristische Turm sind gut in die Praterlandschaft hineingedacht, die schöne Detaildurchbildung die reiche Ausgestaltung des Inneren zeigen von dem vornehmen Geschmack des Bauherrn und des leider so früh verstorbenen Architekten (Abb. 716, 717).

Etwas später folgte hier das Familienhaus des Fürsten Alois Liechtenstein, welches Architekt Franz Ritter von Neumann in der ihm eigenen eleganten Frührenaissance durchführte. Im Prater kamen auf den Hasenauerschen und Rothschen Gründen noch einige villenartige Ge- bäude zur Ausführung, aber der größte Teil der zur Verbauung gekommenen Gründe in der Ausstellungsstraße, in der Engerthstraße u. a. wurden der geschlossenen Bauweise ausgeliefert. Es entstanden da vielstöckige Zinshäuser mit armseligen Vorgärten und der Villenbau blieb hauptsächlich auf die westlichen und nordwestlichen Gebiete Wiens beschränkt. Viele Wiener ziehen es eben vor, die ferner gelegenen schönen Ortschaften an der Westbahn, an der Südbahn bis zum Semmering hinauf und in die Seitentäler von Payerbach hinein aufzu- suchen und ihre Landhäuser dort oder an den Salzkammergutseen oder in Tirol zu erbauen.

Anton Weber.

IV. HOTELBAUTEN UND RESTAURANTS.

Im Vergleiche mit anderen europäischen Großstädten hat Wien einen nur geringen Fremdenverkehr; von diesem entfällt ein kleiner Teil auf das internationale Publikum, der größere Teil des Fremdenzuflusses ergibt sich aus dem Verkehre der Kronländer mit der Reichshauptstadt. Diese Verhältnisse waren nicht geeignet, die Hotelbauten unserer Stadt auf eine solche Stufe der Entwicklung zu bringen, wie dies in anderen Großstädten gelang, und zwar weder in bezug auf ihre Zahl noch in Hinblick auf ihre räumliche oder architektonische Aus- gestaltung, wenn auch bei den meisten der __ ._ . älteren Anlagen durch Ergänzungen und

Erweiterungen danach gestrebt wurde, den neuzeitlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Bei der Anordnung der nachstehend g beschriebenen Hotels ist nicht deren Rang, § sondern die bauliche Anlage und Ausdeh- ■3 nung maßgebend gewesen. Nebst diesen e besteht noch eine große Zahl kleinerer, teils älterer, teils neuerer Hotels, die jedoch kein besonderes bauliches Interesse bieten und deshalb hier auch nicht beschrieben werden. Das Grand Hotel1), I., Kärntnerring 9 (Abb. 718), war das erste größere, mit allen damals beanspruchten Bequemlich- keiten ausgestattete Hotel; der nach den Plänen des Architekten Karl Tietz geführte Bau wurde 1871 vollendet und erhebt sich auf einer Fläche von 3300 m- (56 m lang, 59 m breit). Zur Erweiterung wurde ein angrenzendes Hotel Garni erworben, mit welchem zusammen 300 Passagierzimmer vorhanden sind. Der große Speisesaal von über 200 m2 Fläche ist reich ausgestattet und mit Deckengemälden von V. Eisenmenger und Zwickelfüllungen von Bitterlich geschmückt. An diesen schließt sich der „Weiße Saal", der wie auch die übrigen Gesellschaftsräume und der glasgedeckte Hof mit seinen Bronzefontänen archi- tektonisch ausgebildet ist. Dem Restaurationsbetriebe dienen auch noch eine größere Zahl Souterrainräumlichkeiten. Die Fassade zeigt den Charakter von Hansens Renaissance.

Das Hotel Metropole?), I., Morzinplatz (Abb. 719, 720). 1871 1873 nach den Plänen der Architekten C. Schumann und L. Tischler durch die Wiener Baugesellschaft auf einer Area von 2970 m2 erbaut, enthält in vier oberen Geschossen 360 Wohnräume, die einzeln oder zu Appartements zusammengezogen vermietet werden können. Die Dienerunterkünfte befinden sich in einem an der Hauptfassade aufgebauten fünften Stockwerke, die Küchenräume im Souterrain. Das Erdgeschoß ist gassenseitig zu vermietbaren Geschäftsräumen ausgenützt, im Inneren des Hauses den Gesellschaftsräumen vorbehalten, die sich um eine architektonisch aus- gebildete zentrale Hofanlage von 127 m lichter Höhe anfügen; eine in diesem glasgedeckten Hofe ringsum laufende erhöhte Terrasse ist von besonders reizvoller Wirkung. Die Terrassen in einer Höhe mit den 6-8 m hohen Speisesälen dienen gleichen Zwecken, während der tiefer-

m Passagierzimmer, d Vorzimmer, h Badezimmer. Abb. 718. Grand Hotel. Erster Stock. 1:800.

') Klasen, Grundrißvorbilder. Försters Allgemeine Bauzeitung. 1871.

2) Försters Allgemeine Bauzeitung. 1879. Wiener Neubauten. Bd. II, Heft 3. Klasen, Grundrißvorbilder.

444

Wohngebäude.

liegende Mittelteil als Lescraum benützt wird. Die Architektur, auch des Äußeren, ist in den Formen der italienischen Renaissance, teils in Putz, teils in Sandstein, mit einfacher, aber schöner Gliederung der Baumassen durchgeführt. Die Baukosten belicfen sich auf 740 K für den Quadrat- meter verbauter Fläche.

Hotel Imperial, I., Kärnterring 16 (Abb. 721). In den Jahren 1863—1865 nach dem Ent- würfe des Architekten Zanetti in reicher italienischer Renaissance als Palais für den Herzog von Württemberg erbaut, wurde es 1873 in ein Hotel umgewandelt, das vermöge seiner vornehmen räumlichen Anlage hauptsächlich von einem internationalen Publikum und Fürstlichkeiten auf- gesucht wird; es besitzt 150 Fremdenzimmer.

Hotel Bristol, I., Kärntnerring 7, gegründet 1892 in einem 1861 als Wohnhaus erbauten Gebäude. 1898 erfolgte eine namhafte Vergrößerung durch den Erwerb des nachbarlichen Palais des Grafen Hoyos. Die sehr wesentlichen Umbauten, welche in diesen beiden Gebäuden notwendig waren, sind von den Architekten Breßlcr und Wittrisch geleitet worden; dabei wurden 235 Fremdenzimmer (mit 30 Appartements, verteilt im Parterre und in vier Geschossen) gewonnen. Die Appartements bestehen aus ein bis zwei Zimmern oder Salon mit Vorraum, Bade- und Dienerzimmer und Klosett; die Ausschmückung dieser Räume entspricht den Anforde- rungen, welche die dort verkehrende vornehme internationale Gesellschaft zu stellen gewohnt

ist. Außer einem großen Speisesaal im glas- gedeckten Hofe für 150 und dem Frühstück- zimmer für 70 Gäste stehen noch eine Reihe kleinerer Säle zu Gebote, so zwar, daß der gesamte Fassungsraum der Speise- und Restau- rationsräume 400 Personen beträgt. Diese sowie der American Bar, die Lesezimmer und Damen- salons sind in vornehmstem Charakter dekorativ durchgebildet, wobei an interessanten Licht- effekten nicht gespart wurde. Die Umgestaltung der beiden Gebäude für die neuen Zwecke ist so geschickt ersonnen, daß die aller Orten noch verbliebenen Anklänge an die ursprüng- liche Raumteilung dem Hause einen intimen, vertraulichen Charakter bewahrten, der von den Fremden, im Gegensatze zur eintönigen An- -* Ordnung der großen modernen Hotelbauten

anderer Städte, angenehm empfunden wird.

Hotel Krantz, I., Neuer Markt 6 (Abb. 722, 723). Dieser im Jahre 1898 nach den Plänen der Architekten Kupka und Orglmeister er- richtete Hotelbau ist an Stelle des in früheren Jahrhunderten bestandenen Hauses „Zur alten Mehlgrube", welches in seiner letzten Gestal- tung von Fischer von Erlach dem Jüngeren herrührte, getreten. Der 793 m2 messende Bau- grund wurde im Erdgeschosse bis auf einen Lichthof von 12 m2 gänzlich verbaut, während in den Stockwerken sich ein zweiter Hof von zirka 50 m'2 bildet, um welchen herum im zweiten, dritten und vierten Stocke die Frem- denzimmer angeordnet sind; diese besitzen Vorraum und Badezimmer; ein Teil des ersten Stockwerkes wird von dem Speisesaal, der mit einem Deckengemälde in Temperafarben und Gobelins geziert ist, den Rauch-, Lese- und Damensalons, der Rest von Fremdenzimmern ein- genommen. Das Erdgeschoß ist mit Ausnahme der Seite gegen die Kärntnerstraße, welche jetzt durchwegs vermietbare Geschäftslokale aufweist, zu eleganten Restaurationsräumen ausgenützt, zu denen der in diesem Geschosse mit Glasdach überdeckte Hof einbezogen ist. Eine inter- essante Durchbildung hat ein im Souterrain angelegter Restaurationssaal erhalten, in welchem die Wände und die auf Marmorsäulen ruhenden Kreuzgewölbe in ihrer Gänze mit farbigen

U Unterfahrt. G Sp S Großer Speise- V Vestibül. saal.

Gr H Großer Hof. RS Restaurationssaal.

DS Damensalon. HS Herrensalon. VG Verkaufsgewölbe

Abb. 719. Hotel iMetropole. Ebenerd. 1:800.

Hotclbautcn und Restaurants.

445

und gemalten Majolikaplatten bekleidet sind; anschließend ist die große Küche und im Keller eine Kühlanlage für die Vorratsräumc, die Dampfheizungs- und Aufzugszentrale, von welch letzterer sieben Personen- und Lastenaufzüge betätigt werden. An den Fassaden und in den Innenräumen sind die Formen italienischer Renaissance durchgeführt. Die Baukosten werden mit beiläufig 1,200.000 K angegeben.1)

Das Hotel Sacher, I., Augustinerstraße 4, ist im Jahre 1876 von der Union -Baugesell- schaft nach den von ihr verfaßten Plänen auf einem Areale von 415 m2 für den bekannten Restaurateur E. Sacher errichtet und der Betrieb in den folgenden Jahren durch mietweise Einbeziehung von vier benachbarten Häusern wesentlich erweitert worden, so zwar, daß nun- mehr 84 Zimmer und Appartements zur Verfügung stehen. Es sind drei größere Speisesäle und mehrere kleinere Speisezimmer vorhanden, die zusammen beiläufig 250 Gästen Raum bieten; der größte, sogenannte weiße Saal, der auch architektonisch reich geziert ist, faßt etwa 50 Personen.

Hotel Meißl & Schadn, I., Neuer Markt 2 (Abb. 724, 725). Das an Stelle des demolierten alten Hotels gleichen Namens anstoßend an dasselbe im Jahre 1896 vom Architekten Karl Hofmeier erbaute Hotel bedeckt eine Fläche von 600 m2, wovon 538 m2 mit Erdgeschoß und fünf Geschossen bebaut sind, und enthält 70 Zimmer. Die Speisesäle für das Hotel sowie die Gesellschaftsräume liegen im Mezzanin, die Restauration im Erdgeschosse. Für den Hotelbetrieb wurde der Bau erst während seiner Ausführung er war ursprünglich als Wohnhaus geplant eingerichtet.2)

Hotel Matschakerhof, I., Seilergasse. Der Bestand des Hauses läßt sich urkundlich bis zum Jahre 1476 verfolgen, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird es als Gasthaus

Abb. 720. Hotel Metropole, I., Morzinplatz.

erwähnt. Durch wiederholte Aufbauten und Erweiterungen, deren letzte 1873 stattfand, hat es seinen heutigen Umfang, 92 Zimmer und schöne Restaurationsräume, erhalten.3)

Hotel Österreichischer Hof, I., Fleischmarkt 2. Dieses 1864 vom Architekten Baumgartner auf einer Fläche von 1150 m2 mit einem Aufwand von beiläufig 1,000.000 K erbaute Hotel

') Der Architekt. 1899.

2) Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst. 1896, Tafel 46 und 47. Moderne Neubauten. Jahrg. III, Tafel 4 und 22.

3) Festschrift aus dem Jahre 1901 : „Der Matschakerhof." Im Selbstverlage der Hotelbesitzer.

446

Wohngebäude.

Abb. 721. Hotel Imperial, I., Kärntnerring.

wurde in den Jahren 1900 und 1901 über Anregung des jetzigen Pächters einem vollständigen Umbau unterworfen, den Architekt Ludwig Schmidl leitete. In seiner gegenwärtigen Gestalt umfaßt das Haus in fünf Geschossen 120 Fremdenzimmer, deren einer Teil so angeordnet ist, daß durch Zusammenlegungen Familienappartements gebildet werden können; im Erdgeschosse sind die Speiseräume in der in Wien üblichen Dreiteilung: Schankzimmer, Speisezimmer für den Betrieb des Restaurants und der Speisesaal, der vornehmlich von den Hotelgästen auf- gesucht wird. Ein Teil der gassenseitig gelegenen Erdgeschoßräume ist als Verkaufsläden ver- mietet. Im Mezzanin ist ein größerer Saal für besondere Veranstaltungen: Versammlungen, Bankette etc.

Hotel Post, 1., Fleischmarkt 16, ist ein Neubau aus dem Jahre 1902, nach den Plänen der Architekten Ferd. Dehm und F. Ulbricht ausgeführt. Von der Baufläche, die im gesamten 1118T4m- mißt, wurde nur ein Teil für den Hotelbetrieb in Anspruch genommen, der Rest zu einem Wohnhause verwendet. Bemerkenswert ist die Anlage eines Konzertsaales, dessen Bodenfläche im Niveau des Souterrains liegt und dessen Galerien in der Ebene des Erdge- schosses angeordnet sind. Die Baukosten einschließlich des Wohngebäudes betragen 1,240.000 K.

Hotel und Restauration „Hietzinger Hof", XIII., Hauptstraße 22, ist in den Jahren 1883 bis 1900 durch mehrfache Erweiterungen aus kleinen Anfängen zu seinem heutigen Umfange emporgewachsen; mit dem ausgedehnten Restaurationsgarten bedeckt diese Anlage eine Fläche von rund 5800 m-. Das Hotel verfügt über 60 Fremdenzimmer. Die Restaurationsräume fassen in mehreren großen Sälen zusammen etwa 1500 Personen. Der große, in Verbindung mit dem Garten stehende Saal hat Raum für 1000 Personen; er ist ein dreischiffiger Bau, dessen Decken von 22 Marmorsäulen getragen werden. Die dazugehörigen Gartenanlagen bieten 3000 Gästen Platz, so daß der Gesamtfassungsraum sich auf 4500 Personen beziffert.

Das Hotel „Cobenzl" im XIX. Bezirke, am Abhänge des Latisberges, der sich im Nordwesten der Stadt erhebt, liegt inmitten ausgedehnter Laub- und Nadelholzwaldungen (83.700 m- Wald und 197.000m- Parkanlagen gehören der Unternehmung); von seinen Terrassen bietet sich eine herrliche Rundsicht über die Stadt und weit in das Land gegen Norden. Ursprünglich ein herrschaftliches Schloß, wurde der alte Bestand in der Zeit von 1896 1899 von der Allge- meinen holländisch-österreichischen Baugesellschaft nach den Plänen des Architekten R. Miksch

Hotelbautcn und Restaurants.

447

für Hotclzwcckc umgebaut und dabei 50 Fremdenzimmer samt den nötigen Nebenräumen, sowie ein kleiner Speisesaal und andere Gesellschaftsräume gewonnen. Ein großer Speisesaal für 200 Personen und ein Kaffecsaal, die Hotelküche samt Nebenräumen wurden durch An- bauten geschaffen; im Souterrain ist eine geräumige Badeanlage mit zwei Schwimmbassins und römischem Bad eingerichtet. Der Architekt hat sich im Inneren wie Äußeren der heiteren Formen des Wiener Barock be- dient, mit Ausnahme des Kaffeesaales, dessen Archi- tektur, und zwar im Sinne arabischer Baukunst, in Rosenburger Fayencen durchgebildet worden ist. Die gesamten Kosten dieser Umgestaltung werden mit 837.000 K angegeben. Leider konnte der Betrieb infolge widriger Verhältnisse bisher noch nicht eröffnet werden. In gleich schöner landschaftlicher Lage wie das Hotel „Cobenzl" liegt am Südostabhange des Kahlen- berges das Hotel und Restaurant Kahlenberg, das in den Jahren 1871 1872 von der Union-Baugesell- schaft unter Direktor Architekt M. Hinträger errichtet wurde. Der Hotelbetrieb beschränkt sich auf 58 Frem- denzimmer. Dagegen sind die Restaurationsräume von ansehnlicher Ausdehnung. Das gesamte Areale ein- schließlich der Wirtschaftshöfe beträgt 4021m2, von welchen 1917 m2 von den Baulichkeiten eingenommen werden.

Restauration und Pension Ottakringer Bräu, XIII., Hietzing, Auhofstraße 1 (Abb. 726 bis 728). Dem Archi- tekten des im Jahre 1902 errichteten Gebäudes, F. von Neumann, gelang es, der in technischer Beziehung be- scheidenen Aufgabe handelte es sich doch nur um die Schaffung einer kleinen Anlage für etwa 250 Gäste eine interessante Seite dadurch abzugewinnen, daß er die räumliche Nähe seines Neubaues und des kaiserlichen Lustschlosses Schönbrunn und die axiale Beziehung beider künstlerisch auszuwerten bestrebt war, indem er durch die Komposition des Baues in Formen, die jenen verwandt sind, in die Fischer von Erlach den Schloßbau kleidete, diese räum- lichen Verhältnisse hervorhob; mit ähnlichen Formen ist auch die in einfacher Weise gegliederte innere Ausschmückung geziert. Der Bau erhebt sich auf einer Fläche von 2131 m2, von denen 836 m2 mit Erdgeschoß und zwei Stockwerken verbaut sind. Das erstere wird zur Gänze von den Restaurationsräumen in Anspruch ge- nommen. Der anschließende Garten mit einer gedeckten Veranda faßt zirka 2000 Personen. Die zwei Obergeschosse enthalten eine Pension mit Familienappartements, aus je drei bis vier Wohn- räumen samt Bade- und Dienerzimmer nebst Klosett bestehend. Die gesamten Kosten dieser Anlage betrugen 750.000 K.

Restauration St. Annahof, I., Annagasse 3 (Abb. 729, 730). In einem der verkehrsreichsten Teile der Innern Stadt ließ Herr Viktor Silberer im Jahre 1894 durch die Architekten Fellner und Helmer auf einer Fläche von 1629 m2 ein Etablissement errichten, welches durch seine großzügige Anlage zu den bemerkenswertesten unserer Stadt zu zählen ist. In der äußeren Erscheinung haben die Architekten mit Glück den Versuch unternommen, den in München und anderen deutschen Städten entwickelten Typus der Gastwirtschaften auf den heimischen Boden zu übertragen; in der Höhe der unteren Stockwerke ist die Fassade mit Fresken, die heitere Szenen aus den dem Schankgeschäfte nahestehenden Gewerbebetrieben darstellen, geschmückt. Im Inneren ist es zumeist die Wiener Barocke, welcher die fröhlichen und heiteren Dekorationsmotive entnommen sind. Der Haupt- raum, dessen Fußboden in dem Souterrainniveau liegt, ist ein großer Saal von 590 m2 Boden-

Abb. 723. Hotel Krantz. Dritter Stock.

Abb.

724. Hotel Meißl & Schadn. Zweiter Stock. 1:600.

448

Wohngebäude.

fläche, in dem samt der Galerie, welche eine Fläche von beiläufig 230 m2 bedeckt, etwa 1000 Personen Platz finden. Der Saal ist in den Hof eingebaut und ist in der Höhe von 9 m über dem Fußboden mit einem Glasdache überspannt; in unmittelbare oder mittelbare Verbindung mit diesem Saale treten Speise-, Extra- und Restaurationszimmer und eine Anzahl von Chambres separees. Die Vestibüle, Garderoben, Kegel- bahnen und Wirtschaftsräumc nehmen den restlichen Teil dieser beiden Geschosse ein; die oberen sind zu Mietwohnungen verwendet, deren Räume sich um einen zentralen Hof von 22-20 m Länge und 12 m Breite lagern, um dessen Wandungen offene Gänge herumziehend den Zugang von den Stiegen zu den Wohnungen vermitteln eine der Budapester Zins- haustype verwandte Lösung für Wien eine ganz vereinzelte Anordnung, die sich in diesem Falle durch m - die Anlage des großen Saales ergab.

Brauhaus-Restauration Simmering, XI., Simme- ringer Hauptstraße 99 (Abb. 731). Für den mit einer Länge von 60 m an die Hauptstraße des XI. Bezirkes grenzenden, sehr tiefen Bauplatz hat der Architekt des im Jahre 1895 errichteten Gebäudes, Julius Koch, durch die Errichtung eines Wohntraktes entlang der Straße eine sehr vorteilhafte wirtschaftliche Aus- nützung erzielt. An der Rückseite des Bauplatzes, die unmittelbar an das Brauhaus anschließt, sind die wich- tigsten Restaurationsräume gelegen. Dieselben bestehen vornehmlich aus drei größeren Sälen, deren einer 29 m lang, 155 m breit bei lLöOmHöhe, der andere 15 m lang und 9"50 m breit ist. Der Fußboden des ersteren liegt gegen den des anderen, sowie der übrigen Räumlichkeiten um 220m erhöht, und wurde dadurch ein interessantes architektonisches Motiv ge- wonnen, das ebenso wie die in der Gebäudehaupt- achse disponierte Aufeinanderfolge der drei Säle von besonderer Wirkung ist. Die beiden erwähnten Säle haben Orchesternischen, und wurde ihre Höhe in Rücksicht auf musikalische Vorführungen nicht allzugroß bemessen. Dem großen Saale, zu welchem gemeinsam mit dem kleineren Saale eine Einfahrt samt Vorhalle und Garderobe

Abb.

Hotel Meißl & Schadn, I., Kärntnerstraße.

E, G, S Restaurationsräume. K Küche. V Veranda.

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Abb. 726. Ebenerd. 1:800. Abb. 727. Erster Stock. 1:S00. Abb. 728.

Abb. 726 bis 72S. Restauration und Pension Ottakringcr Bräu, XIII., Hietzing. Auhofstraße 1.

Hotclbautcn und Restaurants.

449

Abb. 729. Restauration St. Annahof, I. Annagasse 3. Souterrain. 1:800.

Abb. 731.

Brauhaus-Restauration Simmering, XI., Simmeringer Haupt- straße 99. Erster Stock. 1:800.

V Vestibül. GL Geschäftslokale.

G Galerie des Saales. R Restaurant.

S Kleiner Saal. H Hof.

Abb. 730.

Restauration St. Annahof, I., Annagasse 3. Parterre. 1:800.

führt, sind Nebenräume, hauptsächlich als Speise- zimmer dienend, angegliedert. Die Küchen- und Schankwirtschaft, zentral gelegen, gestattet eine bequeme Bedienung in allen Räumen wie auch in dem etwa 2000 bis 3000 Personen fassenden Garten. Einschließlich einer Luftheizung für die beiden größeren Säle und deren Nebenräume und einer Niederdruckdampfheizung für die Gassenlokale betrugen die Baukosten (samt dem dreistöckigen Wohnhaustrakte) 480.000 K. Restauration „Am Tivoli", XII., Tivoligasse 79- Die Gartenanlagen erstrecken sich über eine Fläche von 50.000 m-, von denen etwa der dritte Teil von der Restauration zur Auf- stellung von Tischen in Anspruch genom- men wird; sie ist räumlich die bedeu- tendste derartige Anlage in Wien und wird, da sie an die östliche Grenze des Schönbrunner Schloßparkes unmittelbar anraint, zumal an schönen Sonntagen viel besucht. Auf gleicher Höhe wie das große Gloriette in Schönbrunn gelegen, bietet sich in vielen Teilen der Gartenanlage ein schöner Blick über die westlichen Teile der Stadt und die Ausläufer des Wiener- waldes. Innerhalb der Gartenanlagen finden sich mehrere Pavillons, von denen der größte, 1888 1889 erbaute, in einem großen und vier kleineren Sälen etwa 5000 Personen fassen kann; in die Ver- täfelung der Wände sind zahlreiche große Gemälde von Hlavacek und Käsmayer, hauptsächlich Ansichten von Tirol (die Brentagruppe, Geislergruppe, Teile aus dem Zillertal und von Gossensaß) dar- stellend, eingefügt. Der älteste Pavillon stammt aus dem Jahre 1831 und enthält in einem großen Saale des ersten Stockes

einen alten bemerkenswerten Majolikaofen. Abb. 732. Gasthaus „zur güldenen Waldschnepfe" in Dornbach.

Bd. II. 29

450 Wohngebäude.

Das Gasthaus „zur güldenen Waldschnepfe" in Dornbach (Abb. 732), nach den Plänen der Architekten Avanzo und Lange erbaut, ist im Charakter der patriarchalischen Einkehrwirts- häuser des 17. Jahrhunderts gehalten; es enthält im Erdgeschosse die sogenannte „Schwemme" (Schankzimmer) mit Küche, Nebenräume und Keller; ferner ein Cafe mit anreihenden Spiel- zimmern; gegen den Platz sind Lauben angeordnet, über denen eine Veranda liegt. Im ersten Stocke sind der große Saal mit Orchester, Speise- und Extrazimmer untergebracht. Der Garten liegt im Niveau des ersten Stockes.

Leopold Simony.

V. ARBEITERHÄUSER UND VOLKSWOHNUNGEN.

Für die Erbauung von Arbeiterhäusern wurden mit den Gesetzen vom 9. Februar 1892 und 8. Juli 1902 gewisse Begünstigungen und Erleichterungen zugestanden. Die im nach- stehenden besprochenen Bauten sind entweder von Arbeitgebern für ihre Arbeiter, mit oder ohne Inanspruchnahme der Begünstigungen vorerwähnter Gesetze, oder aber von Korporationen im Sinne dieser Gesetze zu dem Zwecke errichtet worden, Arbeitern ein entsprechendes Heim zu billigen Preisen bieten zu können.

Abb. 733. Volkswohnuneen im XIII. Bezirke.

a) Familienhäuser.

Die Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugeselischaft besitzt bei ihren im X. Bezirke gelegenen Werken zahlreiche (angeblich mehr als 100) ältere und neuere Arbeiterhäuser ver- schiedener Größe für ihre Arbeiter, darunter mehrere mit einem Fassungsraume für 50 bis 66 Familien. Die Qualität der älteren Häuser ist in den letzten Jahren vielfach durch beträcht- liche Aufwendungen für Umbauten gehoben worden. ')

Südbahn-Gecellschaft. Seit 1870 besitzt der „Pensionsfonds für Beamte der Südbahn" Reihen- häuser, welche auf einem ihm von der Gesellschaft kostenfrei im XII. Bezirke, Eichengasse 1 1 bis 23, zur Verfügung gestellten Grunde von 3032 m2 errichtet wurden. Diese Gebäude von 153922 m2 verbauter Fläche enthalten im Parterre und drei Stockwerken 84 Wohnungen, bestehend aus Küche, Zimmer, Kabinett mit zusammen 36m2 Bodenfläche; 10 aus Küche und Zimmer mit 30-4 m2 und 16 aus Zimmer mit Kochofen bestehend mit 14-80m2 Bodenfläche. Auf eine Person der Bewohnerschaft, welche zusammen 420 Köpfe, einschließlich beiläufig 120 Kindern beträgt, entfällt eine Wohnfläche von 7'50m2 und ein Luftraum von 2P30ms. Die Wohnungen werden nur an Bedienstete der Südbahn vermietet, aus deren Kreisen allein auch Aftermieter und Bettgeher aufgenommen werden dürfen. Der Mietzins beträgt nach Ablauf der 12jährigen Steuerfreiheit 190 K für die kleinste bis 240 K für die größte Wohnung einschließ- lich Reinigungsgeld. Hofseitig sind Gärten, welche den Kindern als Spielplätze dienen, angelegt.

') Nähere Angaben über diese Anlagen wurden von der Gesellschaft leider nicht zur Verfügung gestellt.

29*

452

Wohngebäude.

Kaiser Franz Josef I.-Jubiläums-Stiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrich- tungen. l)

1. Besitz im XIII. Bezirke, Wernhardtstraße. Aus Anlaß des Regierungsjubiläums Sr. Majestät mit einem Kapitale von 1,200.000 K gegründet, begann die Stiftung nach Durch- führung eines Planwettbewerbes2) im August des Jahres 1898 ihre Bautätigkeit auf Grund der Pläne der Architekten Theodor Bach und Leopold Simony auf einem von ihr am Ab-

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Abb. 735. Volkswohnungengruppe im XIII. Bezirke. Erster Stock. 1 : 600.

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Puchsbaum - Gasse

Projektiert. ■■ Ausgeführt.

Abb. 734. Volkswohnungen im XIII. Bezirke. Lageplan. 1:8000.

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Abb. 738.

Arbeiterwohnhäuser im X. Bezirke. Lageplan. 1:2000.

Abb. 736. Arbeiterwohnhausgruppe. Ebenerd. 1:600.

hange des Wilhelminenberges im XIII. Be- zirke erworbenen Gelände von zusammen 49.000 m2 mit Erbauung von neun Familien- wohnhäusern und zwei Ledigenheimen (letz- tere siehe unter „Ledigenheime") (Abb. 733 bis 735). Im Jahre 1900 und 1901 wurden weitere 17 Familienwohnhäuser hinzugefügt, so daß die Stiftung an dieser Stelle seither über einen Besitz von 26 Wohnhäusern für Familien und zwei Ledigenheime verfügt, die zusammen einen Wert von 1,700.000 K darstellen. Die Familienwohnhäuser mit zusammen 392 Woh- nungen fügen sich um große Höfe von je mehr als 4000 m2 als Reihenbauten aneinander, und zwar je mit vier Geschossen, von denen jedes vier ganz selbständige Wohnungen, d. h. mit eigenem Klosett, enthält; bei der Hälfte derselben finden sich sämtliche Bestandteile innerhalb des Wohnungsverschlusses, bei den anderen ist das Klosett außerhalb desselben. Die Woh- nungen bestehen aus Küche und Kabinett; Küche und Zimmer; Küche, Zimmer und Kabinett und Küche und zwei Zimmern mit einer durchschnittlichen Bodenfläche von 20"50 m2, beziehungs- weise 32 m2, 42 m2, 51m2, wovon auf die Küche beiläufig je 9 m2 bis 12 m2, auf die Zimmer 18m2 bis 25m2 entfallen; jede Küche besitzt einen lüftbaren Speiseschrank im Fensterparapett. Die zulässige Bewohnerzahl wird unter Annahme einer Bodenfläche von 4 m' für jede erwachsene Person ermittelt, woraus sich bei 3 m bis 32 m lichter Höhe ein Luftraum von 12 bis 1-3 m:! ergibt. Die zulässige Bewohnerzahl wird wenige Fälle ausgenommen nie erreicht, so daß in Wirklichkeit sich jene Maße noch bedeutend erhöhen. Aftermieter und Bettgeher sind aus- geschlossen. Die derzeit vorhandenen Wohnungen werden von beiläufig' 1700 Personen be-

Abb. 737. Arbeiterwohnhausgruppe. Erster Stock. 1:600.

') Jahresbericht der Kaiser Franz Josef I.-Jubiläums-Stiftung 1899 u. ff. 2) Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. IS

Heft 6 und 7.

Arbeiterhäuser und Volkswohnungen.

453

wohnt. Die Mietpreise, und zwar einschließlich der Benützung der später erwähnten Wohl- fahrtseinrichtungen betragen für das Monat: für Küche und Kabinett 14K, für Küche und Zimmer von 24 bis 30 K, für Küche, Zimmer und Kabinett zirka 36 K, für Küche und zwei Zimmer 42 K; Reinigungsgclder werden nicht eingehoben.

An Wohlfahrtseinrichtungen besteht eine Dampfwäscherei, in welcher jedem Bewohner 5 kg Wäsche monatlich gereinigt werden (in einzelnen Häusern sind Waschküchen am Dach- boden angeordnet, in welchen die Parteien die Wäschereinigung selbst besorgen; dagegen

Abb. 739. Arbeiterwohnhäuser im X. Bezirke.

wird ihnen ein Nachlaß von 10 bis 12°/n von obigen Zinsen zugestanden). Ferner stehen den Bewohnern warme und kalte Duschebäder und eine Volksbibliothek zur Verfügung; auch können die Mieter ärztliche Hilfe während der täglich in der Ansiedlung stattfindenden Ordinationsstunde des Hausarztes unentgeltlich in Anspruch nehmen.

Die Höfe sind teils als Ziergärten, teils zu gegen mäßiges Entgelt mietbaren Nutzgärtchen und zu Kinderspielplätzen ausgestaltet.

Die Baukosten betragen durchschnittlich 287 K für 1 m2 verbauter Fläche (das Ge- lände nicht eingerechnet); das Verhältnis der verbauten zur unverbauten Fläche stellt sich auf 44"90:55'10. Um die nachträgliche Zuerkennung der Steuerfreiheit auf Grund des Gesetzes vom 8. Juli 1902 ist angesucht worden.

2. Besitz im X.Bezirke (Abb. 736 bis 739). ') Der im Jahre 1886 über Anregung des Dr. Maximilian Steiner gegründete „Verein für Arbeiterwohnhäuser" löste sich 1896 auf und übertrug sein Vermögen an die Stiftung. Dasselbe besteht aus 18 Einfamilienhäusern im X.Be- zirke, welche nach den Plänen des Architekten Josef Unger hergestellt wurden und mittels in den Mietzins eingerechneter Annuitäten innerhalb 25 Jahren in das Eigentum des Mieters übergehen sollen. Die Häuschen, welche zum Teil nur die für eine Arbeiterfamilie unbedingt nötigen Wohnräume umfassen, zum Teil auch noch im Erdgeschosse eine Werkstätte oder einen an ledige Arbeiter zu vermietenden Raum aufweisen, haben eine gesamte Wohnfläche von 67-30m'2 bis 97-50 m2 und sind um eine monatliche Miete von 35 bis 50 K (einschließlich

Annuität, aber ausschließlich Steuern, Feuerversicherungsprämie und Wassergebühren, welche unmittelbar vom Mieter zu entrichten sind) abgegeben worden; sie hatten alle bis zum Jahre 1899 Käufer gefunden, welche, wenige Ausnahmefälle abgerechnet, ihren Zah- lungsverpflichtungen pünktlich nachkommen. Zu jedem dieser Häuschen gehört ein Gärtchen, dessen Ausmaß von 2879 m2 bis 68'46 m2 schwankt. Die Baukosten (ohne Baugelände und Gebühren) beliefen sich bei zweigeschossiger Verbauung auf K 12F66 für 1 m2 verbauter Fläche, wobei bemerkt wird, daß die Häuschen zu je drei oder fünf in eine Gruppe zusammengelegt sind. Die k. k. Staatsbahnen und deren Humanitätsfonds verfügen zur Vermietung an die eigenen Angestellten über folgenden Besitz:

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Abb. 740. Arbeiterwohnhaus im XIII. Bezirke. Dritter Stock. 1:600.

') Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereir.es. Jahrgang

454

Wohngebäude.

a) Zwei Häuser XIII., Hütteldorf, Keißlergasse. Die beiden aus Erdgeschoß und zwei Obergeschossen bestehenden Gebäude von je 585 m2 verbauter Fläche enthalten zwölf Woh- nungen von Küche und Zimmer mit 44 m2 Bodenfläche und zehn von Küche, Zimmer und Kabinett mit 53"50 m2 Bodenfläche; die Anlage ist von 78 Personen (darunter 41 Kinder) besiedelt; auf den Kopf entfallen 12 m2 Bodenfläche und 37 m:i Luftraum (Raumhöhe 3-15 m). Der Baugrund von 2000 m2 kostete 20.000 K, die Baukosten betrugen 11 5.000 K. die Garten- pflanzungen 1000 K. Die Wohnungen kosten bei Ausschluß von Aftermietern und Bettgehern (bei zwölfjähriger Steuer- freiheit) 436 K respektive 535 K und

Abb.

741. Arheiterfarnilienhaus der Brauerei Nußdorf. Erster Stock. 1:600.

sind den ortsüblichen gleich. Die Wasch- küchen sind in einem gesonderten Ge- bäude (Baukosten 8000 K) untergebracht. Ärztliche Ordination ist eingerichtet.

b) Sieben Häuser XIII., Hütteldorf,

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Abb. 742. Komitee zur Begründung der Ersten gemeinnützigen Baugesell- schaft für Arbeiterwohnungen in Wien. Grundriß des ersten Stockes. 1 : 600.

Hackingerstraße. Die auf

einem Areale von 3800 m2 in den Jahren 1901 1904 als Reihenhäuser mit Erdgeschoß und drei Stockwerken erbauten Objekte bedecken eine Fläche von 1554 m2. Die Zusammensetzung der Wohnungen ist wie bei a, mit Ausnahme einiger, welche aus Küche und zwei Zimmern bestehen; die Bodenfläche beträgt 34, beziehungsweise 43-50 und 55 m2, beziehungsweise per Kopf 10 m2 und der Luft- raum 30m:! (Raumhöhe 3 m). Von dem Gesamtbauaufwand entfallen auf den Grunderwerb 48.000 K, den Bau 399.000 K und die Anpflanzungen 1500 K. Die bei zwölfjähriger Steuerfreiheit mit 264 K, beziehungsweise 348 Kund 440 K erhobenen jährlichen Mietzinse sind um beiläufig 25"/0 billiger als die ortsüblichen. Den Mietern steht an Wohlfahrtseinrichtungen ein Lese- zimmer mit Bibliothek und ein Kindergarten zur Verfügung.

c) Zwei Häuser XIX., Heiligenstadt, Halteraugasse, erbaut im Jahre 1903 nach den Plänen des Architekten Baurat Rudolf Herrmann. Die Wohnungseinteilung, Geschoßzahl, Bewoh- nungsdichtigkeit, Mietpreise etc. sind wie bei b. Der Gesamtkostenaufwand 124.600 K, wovon auf Grunderwerb von 835 m2 8000 K, auf Baukosten von 445 m2 verbauter Fläche 1 16.000 K und Anpflanzungen 600 K entfallen.

Hofbrauhaus in Nußdorf (Abb. 74 1).1) Die Besitzer dieses Brauhauses, Bachofen & Medinger, ließen im Jahre 1893 durch den Architekten Baurat Julius Koch ein Gebäude für die verheirateten Bediensteten auf Grund des Gesetzes vom 9. Februar 1892 im XIX. Bezirke erbauen2); es enthält in drei Geschossen eine einräumige Wohnung mit 26 m2 Grundfläche, neun zweiräumige mit beiläufig 42 m2, acht dreiräumige mit 53 bis 61m2, zusammen 18 Wohnungen, welche an zwei Stiegen angeschlossen sind. Der Zugang zu den Wohnungen findet über einen hofseitigen offenen Gang statt; auf je drei Wohnungen entfallen zwei Klosetts. Die Waschküche ist in einem eigenen Gebäude im Hofe untergebracht. Die Baukosten betrugen 142 K für Im2 verbauter Fläche. Die Verzinsung beträgt in Berücksichtigung eines billigen Grundpreises nach Abzug der Kosten für Beleuchtung, Erhaltung und Steuer, jedoch exklusive Amortisation, 3'58"/„. Jedem Mieter ist ein kleines Nutzgärtchen zugewiesen.

Ziegelwerke von M. Kreindls Wwe., XIX., Heiligenstädterstraße 107. Die Firma besitzt daselbst mehrere Wohnhäuser für ihre verheirateten Arbeiter. Die Häuser sind zweigeschossig und enthalten in überwiegender Zahl Wohnungen, bestehend aus Zimmer mit Koch- gelegenheit und einem kleinen Vorräume; die Zimmer mit 16 bis 17 m2 Bodenfläche beherbergen im Durchschnitte zwei Erwachsene mit zwei bis drei Kindern, so daß sich bei

') Mitteilungen des Gewerbehygienischen Museums in Wien. Nr. LIII.

2) Es ist das einzige Arbeiterwohnhaus, das in Wien nach diesem Gesetze errichtet wurde.

Arbcitcrhäuser und Volkswohnungcn.

455

Abb. 743. Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. Situation. 1:1500

3-10m Raumhöhe beiläufig 10 bis 12m3 Luftraum auf den Kopf ergeben; einige etwas größere Wohnungen haben in zwei Gelassen eine Bodenfläche von 27 m2. Die Waschküche sowie eine Anzahl von Klosetts sind in einem Hofgebäude untergebracht. Baukosten ohne Grunderwerb 48 K für 1 m2 verbauter Fläche. Die Wohnungen werden unentgeltlich abgegeben.

Komitee zur Begründung der Ersten gemeinnützigen Baugesellschaft für Arbeiterwohnungen in Wien, XX., Engerthstraße 41 und 43 (Abb. 742). Dieses aus der Vereinigung von Männern der verschiedensten Berufe hervorgegangene Unternehmen hat im Jahre 1904—1905 zwei drei Stock hohe Wohnhäuser, für welche die Begünstigungen des Gesetzes vom 8. Juli 1902 in Anspruch genommen worden sind, durch den Architekten Leopold Simony erbauen lassen. Auf Grund- lage dieses Unternehmens soll eine Baugesellschaft gemeinnützigen Charakters gebildet werden.

I I Die Häuser enthalten 1 1 Wohnungen,

' bestehend aus Küche und Kabinett mit

zirka 22 m2, 28 aus Küche und Zimmer - mit 30 bis 33 m-, fünf aus Küche, Zimmer und Kabinett mit 41 bis 45 m2, zwei aus je einem Zimmer mit Koch- vorrichtung und einem Laden. Die Mietzinse konnten infolge der Steuer- begünstigungen auch bei einer Ver- zinsung des Kapitales innerhalb der gesetzlich zulässigen Grenze um bei- läufig 15(l/0 niedriger angesetzt werden als die in den umliegenden Miethäu- sern. Die Anlage wird im Jahre 1906 _ durch Hinzufügung eines Hoftraktes um beiläufig 20 Wohnungen erweitert _ werden.

Die Arbeiter-Unfallversicherungs- Anstalt für Niederösterreich (Abb. 743, 744) ist im Begriffe, im XXI. Bezirke, Leopoldauer- straße 79,81'), eine größere Gruppe von Arbeiter- häusern auf einem 5900 m2 großen, auf drei Seiten von Straßen umgebenen Grundstücke nach den Plänen der Architekten Theodor Bach und Leopold Simony zu erbauen; auf dem Gelände sind 14 drei Stock hohe Objekte (einschließlich eines Ledigen- heimes für Männer) projektiert mit einer verbauten Fläche von zusammen 2550 m2, so daß 57"/0 der Area unverbaut bleiben. Bisher sind zehn Objekte ausgeführt, von denen neun Familienwohnungen (zusammen 125) enthalten (eines ist Ledigenheim, siehe dort); neun Wohnungen bestehen aus Küche und Kabinett mit 22 m2, 107 aus Küche und Zimmer mit 26 bis 34 m2, sechs aus Küche, Zimmer und Kabi- nett mit 42 bis 45 m2. Jede derselben hat einen außer Wohnungsverschluß gelegenen Abort. Die jährlichen Mietzinse betragen 160K, beziehungsweise 192 K bis 269 K, beziehungsweise 324 K bis 360 K. Bettgeher und Aftermieter sind, da sämtliche Objekte die Steuerfreiheit nach dem Gesetze vom 8. Juli 1902 genießen, ausgeschlossen. Die bisherigen Baukosten beziffern sich mit 440.583 K, die Grundkosten mit 47.023 K. Als Wohlfahrtseinrichtungen sind eine Volksbibliothek und Nutzgärten anzuführen. Diese Anlage soll im Jahre 1906 durch Erbauung weiterer vier Familienhäuser mit zusammen 80 Wohnungen

Abb. 744. Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. Teil des ersten Stockes. 1:600.

2) Der Bautechniker. XX. Jahrgang, Nr. 24.

456 Wohngebäude.

gleicher Art wie die vorbeschriebenen ergänzt und eine ärztliche Ordination eingerichtet werden.

Die Schrauben- und Schmiedewaren-Fabriks-Aktiengesellschaft (Brevillier & Co. und A. Urban & Söhne), XXI., Floridsdorf, verfügt daselbst über 13 Wohnhäuser, in denen nur Angestellte Unterkommen finden; es sind meist einstöckige, freistehende Häuser mit vier bis fünf Wohnungen im Geschosse, zusammen 95 Wohnungen, die außer Küche ein bis drei Wohnräume umfassen. Die Bodenfläche einer Wohnung wechselt von 26 bis zu 79 m2, wovon 6 bis 15 m2 auf den Kopf der Inwohner (zusammen 470) entfallen. Die jährlichen Mietzinse betragen (nach Ablauf der zwölfjährigen Steuerfreiheit) 185K für Küche und Zimmer bis zu 405 K für Küche und drei Zimmer.

Die Wiener Lokomotiv-Fabriks-Aktiengesellschaft, XXI., Floridsdorf, besitzt seit 1871 und 1873 in unmittelbarer Nähe der Fabrik, Hauptstraße 109 bis 125, eine nach den Plänen des Architekten F. Wilhelm erbaute Kolonie von sechs freistehenden Wohnhäusern, zu welcher ein Restaurationsgebäude und ein Badehaus mit Dusche- und Wannenbädern gehören. Die Wohngebäude enthalten im Erdgeschosse und zwei Geschossen je zehn Wohnungen, aus Küche, Zimmer und Kabinett bestehend, mit 45 m2 Bodenfläche und 14 aus Küche und Zimmer mit 35 m2. Auf einen Bewohner entfallen durchschnittlich 7"7 m2 Bodenfläche und 219 m' Luft- raum. Die jährlichen Mietpreise der Wohnung kleinerer Kategorie betragen 198K, der größeren Kategorie 270 K. Eine ärztliche Ordination ist kostenlos.

Die Kaiser Ferdinands-Nordbahn ) errichtete nach den Plänen des Architekten Albin Prokop im Jahre 1873 zunächst ihrem Bahnhofe in Floridsdorf (Rieplgasse) die aus 14 Wohn- häusern, Restaurant und Badeanlage bestehende Kolonie. In den je Erdgeschoß und zwei Ge- schosse umfassenden Gebäuden befinden sich zusammen 144 Wohnungen mit Küche, Zimmer, Kabinett und Vorraum mit 4085 bis 4302m2 Bodenfläche und ebensoviele mit Küche und Zimmer von 2614 bis 27-53 m2. Die Kolonie beherbergt 1450 Personen, worunter 600 Kinder, so daß auf den Kopf durchschnittlich 688 m2 Bodenfläche und 19*54 m:t Luftraum entfallen. Die Mieter sind ausnahmslos eigene Angestellte. Der jährliche Mietzins nach Ablauf der 15jährigen Steuerfreiheit beträgt K 18564 bis K 289*64, wobei die Aufnahme von After- mietern und Bettgehern beschränkt ist. Jedes Haus hat im Keller eine Waschküche. Zwischen den Gebäuden befinden sich Gartenanlagen. Kostenlose ärztliche Ordination und Badebenützung ist nur für die Arbeiter, nicht aber für deren Angehörige vorhanden.

Die österreichische Nordwestbahn hat im Jahre 1873 im XXI. Bezirke nächst dem Bahn- hofe Floridsdorf nach den Plänen des Architekten Rudolf Frey acht einstöckige Wohnhäuser, je zu zweien aneinandergebaut, für je acht bis zwölf Familien der eigenen Bediensteten errichtet; sie umsäumen einen geräumigen Hof, der Nutzgärtchen und ein eigenes Waschküchen- gebäude enthält. Jede der 80 Wohnungen besteht aus Küche und Zimmer mit zusammen 32*25 m2 und wird um 200 K vermietet. Die Raumhöhe beträgt 3 m; Baukosten 324.000 K.

Die Siemens & Halske-Kabelfabrik, XXI., Floridsdorf, hat im Jahre 1898 durch Baumeister Alois Frömmel auf einem 2630 m2 großen Grunde für ihre eigenen Arbeiter vier Familien- wohnhäuser erbauen lassen, welche im Erdgeschosse und zwei Stockwerken zusammen 24 Wohnungen von Küche und Zimmer mit 3375 m2 und ebensoviele von Küche, Zimmer und Kabinett mit 47*25 m2 umfassen. Durchschnittlich wird eine Bodenfläche von 6"5 m2 und ein Luftraum von 19*5 m;i für die Person geboten. Die Mietzinse betragen jährlich 228 K, beziehungs- weise 300 K. Die gesamten Kosten betrugen 179.000 K, wovon 12.000 K auf Grunderwerb entfielen. Wohlfahrtseinrichtungen sind nicht vorhanden.

b) Ledigenheime.

Kaiser Franz Josef I. -Jubiläums-Stiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen.

a) Männer- und Frauenheim2) im XIII. Bezirke. Innerhalb der früher beschriebenen Anlage dieser Stiftung befinden sich zwei Heime, eines für ledige Männer, eines für ledige Frauen. Die Unterkünfte bestehen in voneinander völlig getrennten, eingerichteten Wohnräumen für ein, zwei und drei Betten und haben eine Bodenfläche von 7, beziehungsweise 14 m2, einen Luftraum per Kopf von 21 bis 27 m'\ Das Männerheim umfaßt 41 Kabinen mit zusammen 58 Betten, das Frauenheim 25 Räume mit 43 Betten (13 zu einem, sechs zu zwei und sechs zu drei Betten); beide Objekte haben eine Niederdruckdampfheizung und jedes Heim verfügt über

') Allgemeine Bauzeitung (Fö rs 'ersehe Bauzeitung). 1890, S. 31 ond Blatt 26. "■) Jahresbericht der Stiftung. 1899.

Arbeitcrhäuscr und Volkswohnungcn.

457

eine Anzahl von Räumen zum Reinigen der Kleider und Schuhe, ein Lesezimmer und eine Früh- stücksküche; seinen Bewohnern stehen auch die übrigen in der Kolonie vorhandenen Wohlfahrts- cinrichtungen (siehe S. 453) zur Benützung frei. An Miete zahlt man wöchentlich für den Raum mit einem Bette K350, für den mit zwei Betten K550 und für den mit drei Betten K650.

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a Flur. c Kartenausgabe, e Umkleidezimmer. h Putzraum, t Speisesaal. v Küche,

b Warteraum, d Dienstwohnung, f Kastenraum. o, p Lesesäle. u Speisenausgabe, w Vorräte.

Abb. 745. Männerheim im XX. Bezirke. Hochparterre. 1 :600.

z Arzt.

a Schlafsäle, d Waschgelegenheiten, e Wärter. Abb. 746. Männerheim im XX. Bezirke. Stockwerke. 1:600.

Die Erwirkung der Steuerbegünstigungen im Sinne des Gesetzes vom 8. Juli 1902 ist im Zuge.

b) Logierhaus für Männer, XX., Melde- mannstraße 25, 27 und 29 (Abb. 745, 746). l) Der vor einiger Zeit der Benützung übergebene, nach den Plänen der Architekten Leopold Ramsauer und Otto Richter errichtete Bau ist auf Grund des Gesetzes vom 8. Juli 1902 nach dem Vorbilde der Londoner Rowton-Häuser eingerichtet und enthält in 24 Schlaf- sälen (je sechs in einem Geschosse) 544 vermiet- bare Schlafabteile, je zu einem Bette. Die Anordnung der Schlafsäle ist eine solche, daß einzelne vom Be- triebe ausgeschaltet werden können. Alle Schlafabteile haben direkte Licht- und Luftzufuhr, schließen an einen l"35m breiten Mittelgang an, von dem sie, wie auch unter sich durch bloß 2 m hohe Wände aus Monier-Konstruktion getrennt sind, während die lichte Höhe der Säle 3 m beträgt; die Boden- fläche jedes Abteiles mißt 2'18m Länge und L4m Breite, d. i. 4 m2, und entfallen demnach 12 m3 Luftraum auf jeden Schlafgast. Jedes Abteil ist mit einem Eisenbett samt vollständiger Einrichtung,

') Männerheim, Wien, XX., errichtet von der Kaiser Franz Josef I. -Jubiläums-Stiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrts- einrichtungen. Wien 1905, im Selbstverlage der Stiftung.

Abb. 747. Arbeiterhaus der Brauerei Nußdorf. Erster Stock. 1:600.

45S Wohngebäude.

Linoleumbettvorleger, Stockerl mit Unterfach und Kleiderrechen ausgestattet. Zwischen den Schlaf- sälen eingebaut, in jedem Geschosse in zwei Gruppen sind Waschgelegenheiten in eigenen Waschräumen. Die Schlafabteile sind den Gästen nur von 8 Uhr abends bis 9 Uhr früh geöffnet; tagsüber stehen denselben der Speisesaal und die beiden Lesezimmer zur Benützung frei, von denen der erstere bei 16288 m2 Fläche (2085 m lang, 792 m breit und 3'8 m hoch) 180 Per- sonen, das Lesezimmer für Raucher (57-63m')40, das für Nichtraucher (35"02 m2) 26 Personen faßt. Den Schlafgästen ist Gelegenheit geboten, auf fünf Gaskochern, die in einem Nebenraume des Speisesaales aufgestellt sind, sich selbst Speisen zu bereiten, oder solche aus der Wirt- schaftsküche zu festgesetzten Preisen zu beziehen. Die Verabreichung gebrannter geistiger Getränke ist dem Pächter untersagt. Zu den den Rowton-Häusern nachgebildeten Einrichtungen ist die Anlage von Kleiderschränken in großen Sälen zu rechnen, in welchen der Schlafgast seine Kleider, Wäsche und übrigen Habseligkeiten, da im Schafabteil keine verschließbare Aufbewahrungsvorrichtung geschaffen ist, zu hinterlegen hat, während Gepäckstücke in eigenen Magazinen eingelagert werden. Tagsüber steht ein Umkleideraum zum Wechseln der Kleider, sowie ein Putzraum zur Reinigung von Kleidern und Schuhen zur Verfügung. Von den anderen Einrichtungen dieses Hauses sind die aus Wannen-, Brause- und Fußbädern be- stehende und zu bestimmten Stunden geöffnete Badeabteilung, sowie der ärztliche Dienst zu er- wähnen. Dieser verfügt über ein Warte- und Sprechzimmer und zwei Krankenzimmer zu je zwei Betten. Der ärztliche Dienst erstreckt sich auf die Durchführung aller hygienischen Maß- nahmen im Heime, die allabendlich abzuhaltende Ambulanz und die Aufnahme Erkrankter in die eigenen Krankenzimmer oder deren Übergabe in die Pflege eines Spitales. Vermietbare Arbeitsräume für einen Friseur, Schneider, Schuster und Wäscher sind im Hause, deren Dienste die Schlafgäste gegen Entgelt in Anspruch nehmen können. Alle Räume des Hauses, dessen Betrieb einem Verwalter untergeordnet ist, sind mit einer Dampfniederdruckheizung erwärmt. Die Bauarea beträgt 2476'29 m2, von welchen 132550 m2 verbaut sind (davon 92L43m2 mit Tief- und Hochparterre und vier Geschossen, 404-07m2 mit Tief- und Hoch- parterre). Der Rest ist Garten und Hofraum. Die Kosten des Grunderwerbes beliefen sich auf 50.000 K, des Baues auf 450.000 K, der Einrichtung und der Organisation auf 60.000 K. Der Mietzins für ein Schlafabteil beträgt für eine Nacht 60 h, für zwei aufeinanderfolgende Nächte 1 K, für sieben aufeinanderfolgende Nächte K2-50.

Das Hofbrauhaus in Nußdorf (Abb. 747) besitzt ein Ledigenheim, das in mehreren Schlaf- sälen von 8 bis 20 Betten Fassungsraum zusammen 80 Arbeitern Unterkunft bietet. Die Höhe der Säle beträgt 4 m, so daß durchschnittlich 26 m' Luftraum auf die Person entfallen; außerdem ist für eine ausgiebige Ventilation Vorsorge getroffen. Bequem von den Schlaf- räumen zugänglich ist das Wasch- und Badezimmer, in welchem blecherne Waschbecken, eine Wanne und drei Duschen vorhanden sind. Für die Trocknung von nassen Kleidern wurde neben dem Baderaume eine Trockenstube angelegt, in welcher die Trocknung mit heißer Luft vorgenommen wird. Im Parterre dieses Hauses ist eine Küchenwirtschaft mit Speisesaal für 80 Personen zur Verköstigung der Arbeiter vorgesehen.

Ledigenheime befinden sich weiters noch bei der Bierbrauerei der Herren Kuffner, XVI., Ottakringerstraße, und bei der Anlage der Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt im XXI. Bezirke (siehe Abb. 744).

Private Logierhäuser. In verschiedenen Bezirken der Stadt, zumeist in den industrie- und gewerbereichsten, gibt es von Privatleuten unterhaltene Unterkünfte für ledige Männer; es sind meistens große Säle, von denen einzelne bis zu 66 Betten enthalten. Das größte derartige Haus ist im X. Bezirke (der überhaupt die meisten Logierhäuser hat) mit 320 Betten. Die Preise für das einmalige Übernachten weichen voneinander ziemlich ab, und zwar von 32 h bis zu 1K; sie wechseln in ein und derselben Unternehmung, je nach der Zahl der in einem Räume vorhandenen Schlafstellen. In einzelnen Bezirken werden höhere Preise als in den anderen verlangt, und zwar die höchsten im XV. und II. Bezirke.

Leopold Simony.

L AUSSTELLÜNOSOEBAUDE.

I. ROTUNDE.

Wien ist nichts weniger als reich an Ausstellungsgebäuden; denn streng genommen, kann es an solchen Baulichkeiten keine anderen als die Rotunde (Abb. 748, 749) aufweisen, den einstigen Zentralbau der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873; sie allein hat sich im Gegensatze zu den mit ihr gleichzeitig aufgeführten sowie den späteren Ausstellungsbauten, die alle mehr

Rotunde mit Südportal.

ephemeren Charakter aufwiesen, bleibend erhalten, und ihre unschöne, scheinbar nahe dem Boden beginnende lampenschirmartige Dachform bildet nun seit Jahrzehnten einen charakte- ristischen, aber schon so gewohnten Zug im Stadtbilde, daß man bereits die vielfachen berech- tigten Klagen unserer damaligen hervorragenden Architekten und Ingenieure über dieses Bau- werk vergessen hat.

Der Entwurf eines großartigen Zentralbaues für Weltausstellungen rührt von dem eng- lischen Schiffbauer Scott-Russel her, welcher den Generaldirektor der Wiener Ausstellung vom Jahre 1873, Baron Schwarz-Senborn, für seine Idee gewann und auf Grund seiner angeblich 20jährigen Studien hierüber Pläne und Kostenanschläge zu liefern versprach; im September des genannten Jahres erhielt die Ausstellungsdirektion drei Skizzen nebst einer kurzen Baubeschreibung, jedoch keinerlei theoretische Berechnung, welche den abzuschließenden Verträgen als Grundlage hätte dienen sollen. Mit Hilfe der Daten der Baubeschreibung und der drei Skizzen hatten die Architekten der Ausstellung als Chef-Architekt fungierte Hasenauer ein Bild des Zentralbaues zu entwerfen, welches die Planskizzen vervoll- ständigte, und darauf gestützt wurden am 22. September 1871 mehrere Firmen zur Einbringung von Preisanboten bis zum 7. Oktober aufgefordert. Obgleich es höchst gewagt erschien, auf diese Zeichnungen hin, die gar nichts erraten ließen, ein Offert zu basieren, zumal dem Offerenten

460 Ausstellungsgebäude.

auch noch die Verpflichtung auferlegt war, binnen zehn Tagen sämtliche Details in Natur- größe auszufertigen, langten doch Preisanbote ein, von denen das von J. C. Harkort über- reichte sich als das billigste darstellte, weshalb ihm die Eisenkonstruktion am 16. Oktober übertragen wurde. Begreiflicherweise war der Ersteher der Arbeiten nicht imstande, in der erwähnten Frist die Detailzeichnungen zu liefern, um so weniger, als Scott-Russel auch in diesem Zeitpunkte weder Berechnungen noch Pläne vorlegte. Es blieb also nichts anderes übrig, als durch das am 30. Oktober errichtete Ingenieurbureau der Weltausstellung, dessen Chef Hofrat Ritter von Engerth war, unter Leitung des Oberinspektors Heinrich Schmidt die Berechnungen und Konstruktionen durchführen zu lassen. Dabei zeigte sich, daß der Scott-Russelsche Entwurf absolut unbrauchbar war, daß die Pfeiler weitaus zu schwach waren, und daß das Dach so ohne alles Verständnis angegeben war, daß dessen Ausführung nach Scott-Russels Weisungen geradezu unmöglich gewesen wäre. Inzwischen hatten die Architekten auf Grundlage der gegebenen Hauptabmessungen ihre Entwürfe voll- endet und die architektonischen Verkleidungen entworfen; auch der Vertrag zur Ausführung des Zentralbaues war bereits abgeschlossen. Sollte nun der Beginn der Ausstellung nicht voll- kommen in Frage gestellt werden, so war nichts mehr zu ändern, und es wurde sonach die nicht mehr zu ändernde Form der Rotunde von Schmidt konstruktiv durchgebildet und ausgeführt, und Scott-Russel hatte nicht den geringsten Einfluß hierauf, weder auf die Projektverfassung noch auf die Durchführung. Es ergab sich ferner, daß die in der Baubeschreibung Scott-Russels summarisch angegebenen Gewichte der Eisenkonstruktion nicht richtig, daß die in den Skizzen angedeuteten Konstruktionen meist zu schwach und unausführbar, teilweise unnötig stark waren, ja sogar, daß der ganze Grundgedanke des schirmförmigen Daches, wie er Scott- Russel vorgeschwebt hatte, ein verfehlter war. Der zu überdachende Raum sollte nach seinen Skizzen mit einer Blechhaut von der Form einer abgestumpften Kegelfläche überdeckt werden, welche keinen Horizontalschub, sondern, alle Kräftespannungen in sich aufnehmend, nur einen Vertikaldruck auf die Unterstützungspunkte ausüben sollte; da eine solche Konstruktion bei einer entsprechenden Blechstärke wohl imstande wäre, einer gleichförmig verteilten ruhenden Last hin- länglich Widerstand zu bieten, jedoch den durch Winddruck, hohen Schnee etc. entstehenden ungleichförmigen Belastungen nicht begegnen könnte, so hatte Scott-Russel an dem Kegel- dach ein fächerartiges System von Radialsparren angebracht gedacht, welch letztere unterein- ander durch konzentrische Ringe verbunden sein sollten. Diese Radial- und Ringträger betrach- tete er also nicht als den eigentlich tragenden Teil der Dachkonstruktion, dieselben sollten ihm aber bei der Montierung des Daches wesentliche Dienste leisten. Das Ingenieurbureau fand jedoch, daß die Dachhaut unmöglich den tragenden Konstruktionsteil bilden könne; in der Tat zeigte sich dann bei der Ausführung, daß schon die 10 m'2 messenden Blechfelder zwischen den Radialsparren und konzentrischen Ringen sich 7 bis 10 mm durchgesenkt haben. Es mußte unter den vorangegebenen Verhältnissen nun das Prinzip dahin geändert werden, daß das fächerförmige Gerippe von Radialsparren mit den konzentrischen Ringen als allein tragender Konstruktionsteil angesehen werde, die nun aber viel zu schwere Dachfläche mußte als tote Last in den Kauf genommen werden. Die hierdurch notwendig gewordenen Änderungen bedingten ein Mehrgewicht der Sparren und Träger. Während das Gesamtgewicht der Kon- struktion nach Scott-Russels Baubeschreibung 2200t hätte betragen sollen, berechnete man dasselbe nach seinen Skizzen und den Dimensionen seiner Beschreibung richtig mit 3200 t, während die wirkliche Ausführung dasselbe zu 3800 1 ergab. Hierzu kam noch das Gewicht der nachträglich für nötig befundenen, in der Rotunde umlaufenden Galerie mit 160 t und die Stiegenanlagen und Fahnenstangen mit 60 1, so daß das Gesamtgewicht der ausgeführten Rotundenkonstruktion rund 4000 t betrug. In Übereinstimmung mit Harkort kam das Ingenieur- bureau auch zur Überzeugung, daß die von Scott-Russel vorgeschlagene Montierungsart unausführbar sei, worauf Harkort die späterhin auch anstandslos durchgeführte Monticrungs- weise in Vorschlag brachte. Trotzdem ferner das Ingenieurbureau es vom konstruktiven Stand- punkte aus zweckmäßiger erachtet hatte, das eigentliche Traggerippe des Daches entgegen dem Vorschlage Scott-Russels nach innen zu legen, weil sonst in den außerhalb liegenden Kas- setten sich Schnee und Eis anhäufen würden, wurde von der Generaldirektion für die Verlegung der Dachrippen nach außen entschieden. Bloß den Anträgen des Ingenieurbureaus auf Legung des Traggerippes der großen Laterne nach innen und auf Anbringung der ringförmigen Rippen des großen Daches in gleichen Entfernungen voneinander wurde Folge gegeben. Im Anfange des Jahres 1872 waren die Pläne soweit ausgearbeitet, daß Harkort einen großen Teil der Detail- zeichnungen erhielt und die wirklichen Gewichte angegeben werden konnten. Nun ergaben

Rotunde.

461

sich manche Schwierigkeiten in der Beschaffung des Eisenmaterialcs, das endlich im April 1872 zum größten Teil sichergestellt war. Am 1. Mai 1872 wurde mit Harkort ein Nachtrags- vertrag abgeschlossen, in welchem unter Festsetzung neuer Lieferfristen dem Unternehmer für das 2200 1 übersteigende Mehrgewicht eine mäßige Preiserhöhung zugestanden wurde.

Die Rotunde, wie sie heute besteht sie bildete ursprünglich den Mittelteil des Industrie- palastes der Weltausstellung erscheint als ein großer quadratischer Bau mit vier umlaufenden Galerien, die in den Achsen je 190 m Länge besitzen. Der Grundriß des Industriepalastes be- stand aus einer 2526m breiten Hauptgalerie, an die beiderseits senkrecht ausspringende,

Abb. 749. Schnitt durch die Rotunde von Süd nach Nord. 1:1440.

15*26 m breite Seitengalerien anstießen. In der Mitte der ganzen Anlage erhob sich der schon erwähnte große eiserne Zentralbau, die eigentliche Rotunde. Um deren äußere Wand legt sich noch die Hauptgalerie in halber Breite herum, während ein Transept in den Maßen der Hauptgalerie, mit der Achse auf den Mittelpunkt der Rotunde gerichtet, den Haupteingang bildet. Die beiderseits der Rotunde nächstgelegenen Seitengalerien sind nach vorne und rück- wärts durch Querbauten verbunden; dieselben erscheinen durch Eckpavillons flankiert und öffnen sich links und rechts vom Eingangsportal als Arkaden. Die an der Vorderseite gegen die Prater Hauptallee zu liegende Galerie ist zur Unterbringung von Bureaus eingerichtet, die hinter den erwähnten Arkaden liegen. Nach dem Ausstellungsende blieb bloß der durch die vier Eckpavillons markierte Mittelteil erhalten.

Der Zentralbau selbst besteht aus 32 in einem Kreise aufgestellten parallelopipedischen eisernen Säulen, auf welchen das kegelförmige Dach ruht, auf dem wiederum zwei Laternen übereinanderstehen, von welchen die letztere eine Krone trägt, die den Abschluß bildet. Der Durchmesser des Säulenkreises beträgt, von Säulenmitte zu Säulenmitte gemessen, 104784 m; jede Säule ist L220m breit und hat eine Tiefe von 3-048 m, so daß sich ein innerer lichter Durchmesser der Rotunde von 10L736m und ein Außendurchmesser von 107*832 m ergibt. Die Säulen sind oben nach der Dachschrägung, welche 31° beträgt, schief abgeschnitten und mit kurzen Bogen versehen, welche sich an das Dach anschließen; die Höhe derselben, in der Mittelachse gemessen, ist 24-4 m. Das auf diesen 32 Säulen ruhende Dach ist in jedem Horizontalschnitte kreisrund und hat im Vertikalschnitt die Form eines abgestutzten Kegels. Die Säulen sind mit einem kastenförmigen Ringe, dessen Breite 3'548 m und dessen Höhe 1 "5 m beträgt, überdeckt und zusammengehalten. Dieser Kastenring bildet den das Dach tragen- den, unteren Zugring, von welchem aus 30 Stück gerade Radialsparren abgehen, die in einer Höhe von48'185m von einem zweiten Ringe, dem Druckringe, zusammengehalten sind; dieser besitzt ein Plateau von 4-076 m Breite, auf welchem die 1524 m breiten Säulen der Laterne derart aufgestellt sind, daß nach innen eine Galerie von l'126m und nach außen eine solche von P426m Breite bleibt. An der Innenseite der Hauptpfeiler, und zwar in 231 m Höhe, ist noch eine weitere, P43m breite Galerie angebracht, zu welcher man über zwei Stiegen und mittels zweier Aufzüge gelangen kann, die zwischen zwei enger gestellten Säulen eingebaut sind. Von den 30 radialen Dachsparren gehen 28 jeweils von einer Säule aus, sind mit kurzen Anschlußbogen gestützt und mit den Säulen verbunden; die beiden übrigen Sparren stützen sich auf den Zugring in der Mitte zwischen zwei Säulen. Die Radialsparren sind Blechträger,

462 Ausstellungsgebäude.

welche an ihrem unteren Ende beim Zugring eine Höhe von 15m und am oberen Ende beim Druckring eine solche von 061 m haben. Die Obergurten derselben bestehen aus zwei 10 mm starken Blechen, welche in der Breite von unten nach oben von 600 mm bis 400 mm abnehmen; den Untergurt bildet die 12 mm starke Dachhaut. Die ganze Länge eines Radial- sparrens vom Zug- bis zum Druckringe beträgt 41 "42 m. Zwischen dem unteren Zugringe und dem oberen Druckringe sind noch vier horizontale Spannringe angeordnet, welche je 8 m voneinander entfernt liegen, und deren Höhe jeweils derjenigen des Radialsparrens am Befesti- gungsorte entspricht. Sie sind zwischen je zwei Radialträger durch drei nach oben laufende Dreiecke gehalten und abgesteift, so daß auch die unter dem tragenden Dachgerippe liegende schwere Dachhaut, deren Blechdicke, von unten nach oben abnehmend, 12, 11 und 10 mm beträgt, von diesen Versteifungsdreiecken noch teilweise getragen wird. Oberlichter sind im Dache nicht angebracht.

Die auf den Hauptbau aufgesetzte Laterne hat einen Durchmesser von 30"9 m von Mitte zu Mitte Säule, sonach einen inneren lichten Durchmesser von 29"38 m und einen Außen- durchmesser von 32-43m; sie besteht aus 30 Säulen, welche, in der Achse gemessen, je 10-48m hoch sind; das Dach, welches ebenfalls unter einem Winkel von 31° ansteigt, hat eine Höhe von 813 m, so daß die Laterne eine Gesamthöhe von 18-61 m besitzt. Auch das Laternendach ist im Horizontalschnitte kreisrund, aber die nur 56 mm starke Dachhaut liegt über der tragenden Dachkonstruktion, welch letztere aus 30 Radialsparren, einem Zug- und einem Druckringe sowie drei zwischenliegenden, 4*5 m voneinander abstehenden Horizontal- ringen besteht. Diese Laterne hat ebenfalls keine Dachlichter, sondern nur Seitenfenster, durch welche das Licht in die Rotunde fällt. Der Druckring endigt wieder in einem Plateau, welches 3'07 m breit ist, und auf dem die zweite Laterne steht. Die 30 Säulen der großen Laterne stehen jeweils über einem der 30 Dachsparren des Hauptdaches; 10 Stück von ihnen sind stärker gehalten als die übrigen 20, wobei die stärkeren bestimmt sind, vermittels der Dach- sparren den Druck der zweiten, kleinen Laterne aufzunehmen. Die schwächeren Laternensäulen stehen mit ihren geometrischen Achsen nicht gleich weit voneinander entfernt, um die deko- rative Verkleidung mit Haupt- und Zwischensäulen von verschiedener Stärke, jedoch mit da- zwischenliegenden gleichbreiten Fenstern zu ermöglichen; ihre Konstruktionsachsen haben aber gleiche Entfernungen voneinander.

Die zweite Laterne hat einen Durchmesser von 7-44m von Mitte zu Mitte Säule, einen äußeren Durchmesser von 7'932 m und einen inneren von 6948 m, eine Höhe von 9065 m bis zum Dachanfange und ein überhöhtes Kuppeldach von 4" 15 m, so daß die ganze Höhe derselben 13215m beträgt. Diese Laterne besitzt nur 10 Säulen, zwischen welchen hohe Fenster angebracht sind; das Dach ist im Horizontalschnitt polygonförmig, mit Holz und Zink eingedeckt und hat 10 runde Dachluken.

Die ganze Höhe des Zentralbaues vom Fußboden bis zur obersten Dachhöhe der zweiten Laterne beträgt 8001m; dieselbe wird von einer Krone von 4 m Durchmesser und 529 m Höhe überragt, so daß der höchste Punkt 85-3 m über dem Fußboden liegt.

Um den Zentralbau zieht sich ein Rundgang von lim Lichtweite und 1615m Höhe bis zum Dachanfang. Die Seitenfenster dieses Rundganges sind ll-8m hoch und 6 m breit, und fällt durch diese sowie durch die Fenster der großen Laterne das Licht in die Rotunde ein; leider erweist sich diese Beleuchtung als eine mangelhafte und nichts weniger als aus- reichende, so daß schon wiederholt Vorschläge für eine bessere natürliche Beleuchtung des Bauwerkes zur Diskussion gestellt worden sind. Für das Dach dieses Rundganges wurden 48 Halbbogen, 4 Querträger zwischen den Rotundensäulen, 8 Diagonalbogen für die Dach- kehlen mit 6 Zwischenstücken erforderlich. Diese Dachbogen sind massive Blechbogen mit Winkelversteifungen und sehr stark konstruiert. Auch die Galerien sind mit Eisengerippen, und zwar als Dachbogen mit Ständern und Fußplatten, ausgeführt worden.

Die oben beschriebenen Eisenkonstruktionen bildeten das Gerippe für die architektonische Ausgestaltung, die im Stile der italienischen Renaissance gehalten ist. Der figurale Schmuck des Hauptportales wurde nach dem Entwürfe des Professors Laufberger vom Bildhauer V. Pilz ausgeführt.

Zur Besteigung der Rotunde und ihrer Laternen sind Stiegen und Wendeltreppen ange- bracht. Auf die innere Galerie führen zwei Stiegen, auf denen man auch auf das Dach des Rundganges gelangt. Von diesem aus leiten wieder zwei Wendeltreppen auf das Dach der Rotunde, von wo aus gerade, auf den Radialsparren liegende Stiegen bis zum Druckring an- gelegt sind ; die letzteren laufen jedoch nicht auf einem Dachsparren fort, sondern sind derart

Hagenbund.

463

abgebrochen, daß man je zwischen zwei Radialsparren wieder horizontal geht. Vom unteren Teile des Druckringes führen von den Enden der geraden Stiege zwei Wendeltreppen auf das Plateau desselben. Von diesem auf das Dach der Laterne leitet nur noch eine Wendeltreppe, sodann auf einem Sparren dieses Daches eine gerade Stiege bis zum Druckring der zweiten Laterne, endlich von diesem eine Wendeltreppe auf das zweite Plateau; von diesem Plateau der zweiten Laterne kann man nur noch mittels einer eisernen Steigleiter wcitergelangen. Die Treppen sind 80 cm breit, mit Brustgcländcrn versehen. Um den unteren Saum des Haupt- daches führt ein Schutzgeländer, aus welchem in gleichen Abständen 28 Fahnenstangen empor- ragen; auch auf dem Dache der ersten Laterne befindet sich ein Schutzgeländer mit 10 solchen Flaggenstangen. Der zu der Innengalerie der Rotunde führenden beiden Aufzüge wurde schon oben Erwähnung getan.

Die Abfuhr des Dachwassers geschieht durch Zinkrohre innerhalb der eisernen Säulen. Das Wasser von den beiden Laternendächern tropft einfach auf die äußeren Galerien ab und fällt durch darin angebrachte Öffnungen und Röhren auf das Hauptdach in die oberste Kas- settenreihe. Da die Bleche der Dachhaut nicht bündig, sondern der Länge nach über- und untereinander liegen, so lassen die Horizontalringe zwischen jedem zweiten Dachbleche einen Zwischenraum von der Dicke der Bleche; durch diese Zwischenräume fließt das Wasser ab bis in die untersten Kassetten, deren jede in den beiden Ecken neben den Radialträgern Öffnungen hat, durch welche das gesammelte Wasser in die Blechrohre abfällt.

Der Berechnung der Dachkonstruktion war eine größte Last von 300 kg/m2 zugrunde gelegt worden; das Eigengewicht beträgt allein 100 kg/m2, so daß für die zufällige Last (Schnee, Eis und Wind) noch 200 kg/m2 entfallen.

Für jede der 32 Säulen ist ein Betonfundament hergestellt worden, welches an seiner Oberfläche 5 m lang und 2 m breit ist, sich nach allen vier Seiten mit etwa ein Drittel Anzug abböscht und bis auf die Schotterschichte reicht, die in Tiefen von 3 bis 5 m getroffen wurde. Auf ihnen wurden die mit Winkeleisen eingerahmten Fußplatten der Säulen ver- setzt und mit in den Beton eingelassenen Steinschrauben befestigt. Die Betonfundamente wurden im Oktober 1871 ausgeführt. Die sehr interessante Montierung der Eisenkonstruktion begann am 11. März 1872; am 1. Februar 1873 war die Arbeit so weit vollendet, daß die ganze Rotunde freigestellt und sich selbst überlassen werden konnte; die Abtragung der Mittelgerüste erforderte dann noch die Zeit bis zum 8. März 1873.

Die innere Bodenfläche der Rotunde mißt 8130m2; ihr Kubikinhalt von der Fußboden- höhe bei den Pfeilern bis zum Plateau des großen Druckringes, auf dem die erste Laterne steht, beträgt 286.570 m3. Die erste Laterne hat innerhalb der Säulen 678 m2 Bodenfläche und umfaßt bis zum Plateau des Druckringes 9623 m3. Die zweite Laterne weist 38 m2 Fläche und 430 m3 Inhalt auf.

Literatur.

Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1872 1874.

Dr. Martin Paul.

II. HAGENBUND.

Das Ausstellungshaus des Künstlerbundes „Hagen" in Wien (Abb. 750, 751) muß hier genannt werden. Es wurde von dem Architekten Josef Urban in die Markthalle I., Zedlitzgasse Nr. 6 eingebaut und erhielt eine dekorative Fassadenarchitektur. Über dem Haupteingang

(Abb. 750) befindet sich ein großes polychromes Relief aus Kunststein, welches vom Bild- hauer Wilh. Hejda entworfen und ausgeführt wurde. Der Hagen- bund veranstaltet jährlich meh- rere Ausstellungen, teils von Werken seiner Mitglieder, teils Kollektivausstellungen hervor- ragender ausländischer Künstler.

Abb. 750. Ausstellungshaus des Künstler- bundes „Hagen". Hauptansicht.

A. Weber.

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Abb. 751. Ausstellungshaus desKünst- lerbundes „Hagen". Vorraum.

IV. T E I L.

PLASTIK UND KUNSTSAMMLUNGEN.

Bd. II. 30

A. DENKMALE UND BRUNNEN.

I. ÖFFENTLICHE DENKMALE.

Von den seit frühester Zeit beliebten Wegsäulen, Licht- und Bildstöcken, den ältesten Formen unserer öffentlichen Denkmale, hat sich in der großen Stadt nicht mehr viel erhalten. Die ältesten Werke dieser Art dürften die gotische Wegsäule in Gersthof, Hauptstraße, sein, welche, arg entstellt, zur Hälfte in das Haus Nr. 152 eingemauert, aus dem Ende des 15. Jahr- hunderts stammen dürfte, und die sogenannte Spinnerin am Kreuz, an der Triesterstraße gelegen, welche der Stadtrat im Jahre 1451 durch Dombaumeister Hanns Puchsbaum errichten ließ. Einst an einsamer, etwas erhöhter Stelle, an der ehemaligen Grenze des Wiener Burgfriedens gelegen, ist die Spinnerin am Kreuz (Abb. 752) heute fast in dem Häusermeer des X. Bezirkes verschwunden. Sagen und Legenden knüpfen sich an dieses Denkmal, hervorgerufen durch den Umstand, daß hier bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Richtstätte war. Diese gotische Denksäule hat eine Höhe von etwas über 16 m, ist achteckig, mit kreuzförmigem Grundriß und endigt mit einer quadratischen Phiale, welche von acht kleinen Phialen umgeben ist.

Aus dem 16. und dem Beginne des 17. Jahrhunderts ist in Wien auf öffentlichen Plätzen nichts erhalten geblieben, da es sowohl an dem Verständnis des Publikums als auch an der plan- mäßigen Kunstpflege fehlte. Oftmals als herrenloses Gut angesehen, wur- den sie nach und nach von den Menschen vernichtet, wenn sie durch die Unbilden der Witterung bereits stark gelitten hatten. Aus dem Ende des 17. Jahrhunderts besitzen wir noch die Mariensäule am Hof (Abb. 753), der Maria Immaculata gewidmet, welche einem Gelübde Kaiser Ferdinands III. ihre Entstehung verdanken soll. Als die befürchtete Belagerung Wiens durch die Schwe- den 1645 glücklich abgewendet war, wurde 1647 eine Mariensäule Am Hof eingeweiht. Ihre heutige Gestalt verdankt sie einem Nürnberger Erz- gießer, welcher nach einem Ent- würfe Burnacinis 1668 die figuralen und ornamentalen Teile des Denk- males goß, und ist eine Type für Säulendenkmale jener Epoche.

Burnacini war durch Entwürfe an manchem öffentlichen Denkmal jener Zeit, besonders unter Kaiser Leopold I. beteiligt und schuf 1693 für die Dreifaltigkeits- oder Pest- säule am Graben (Abb. 755, 756)

Abb. 752. Spinnerin am Kreuz (X. Bezirk).

Abb. 753. Mariensäule Am Hof (I. Bezirk).

30*

468

Denkmale und Brunnen.

den Entwurf, welcher durch Paul von StrudI, Rauchmiller und Frühwirth zur Ausführung kam. Das Denkmal zur Er- innerung an das endliche Erlöschen der Pest, von Kaiser Leopold I. errichtet, zeigt in schwungvollster Komposition auf hohem Sockel einen Obelisken, welcher von Wolken umgeben und von der heiligen Dreifaltigkeit gekrönt ist. Der Kaiser kniet in voller Rüstung lorbeerbekrönt auf dem Sockelbau, der mit Reliefs, kupfergetriebenen Wappen und Inschriften geschmückt ist, die auf die überstandene Pest- gefahr hinweisen; die Vertreibung der Pest kommt dabei bildnerisch zur Darstellung (Abb. 756). Diese Pestsäulen wurden seitdem eine sehr beliebte Denkmalsform und finden sich in vielen Bezirken Wiens häufig vereinfacht wieder.

Zu den aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stam- menden Denksäulen dürfte die im III. Bezirke Ecke der Hauptstraße und Baumgasse stehende Säule mit späterer Basis und viereckigem Aufbau gehören, sowie eine Drei- faltigkeitssäule auf dem Wege nach Schönbrunn, kurz hinter der ehemaligen Mariahilfer Linie linker Hand. Im III. Bezirke ist auch eine Dreifaltigkeitssäule zur Erinnerung an das Verlöschen der Pest im Jahre 1683 und zum Gedächtnis an eine von den Türken zerstörte Kirche auf dem kleinen Platze zwischen Radetzky- und Zollamtsstraße heute noch erhalten. Auf einem reliefgeschmückten hohen Sockel steht

Abb. 754. Kaiser Franz I. (Kaisergarten).

Abb. 755.

Dreifaltigkeits-

oder Pestsäule

am Graben.

Abb. 756. Darstellung der Vertreibung der Pest.

öffentliche Denkmale.

469

Abb. 757.

Reiterstandbild Kaiser Josefs II. (I., Josefs- platz).

Abb. 758.

Schubert- Denkmal (Stadtpark).

eine Säule, deren Kapital eine Drei- faltigkeitsgruppe trägt. Eine Inschrift am Sockel berichtet von sechs Restau- rierungen. Im VII. Bezirke befindet

Abb. 760. Bruckner-Denkmal (Stadtpark).

sich vor der St. Ulrichs-Kirche in der Burggasse eine Marien- säule aus dem Jahre 1713 in der Art der Pestsäule am Graben, bekrönt mit einer Marienstatue und flankiert von Statuen der heiligen Rosalia und der heiligen Barbara. Im VIII. Bezirke vor der Maria Treu-Kirche in der Piaristengasse steht ebenfalls eine

Mariensäule aus dem

Abb. 759. Emil Schindler-Denkmal (Stadtpark). Anfang des 18. Jahrhun-

derts, welche, mit Figu- ren, Wappen und In- schriften geschmückt, eine Madonna im Ster- nenkranz an ihrer Spitze trägt; und auch im IX. Bezirke steht vor der Servitenkirche eine solche Pestsäule. Hier ist auch der Statue des heiligen Johannes von Nepomuk zu gedenken, welche an der Mündung der Mariahilferstraße in die Lastenstraße steht und mit einer Mensa versehen ist, da all- jährlich der Namens- tag des Heiligen hier gefeiert wird.

470

Denkmale und Brunnen.

Die Geschichte der Denkmale Wiens im 19. Jahrhundert ist innig ver- knüpft mit der Geschichte der bildenden Kunst Öster- reichs überhaupt. Die künst- lerische Entwicklung- Wiens

Abb. 761. Makart-Denkmal (Stadtpark).

Abb. 763. Beethoven-Denkmal (I., Beethoven-Platz)

Abb. 762. Kaiser Franz I. (Innerer Burghof).

bekommt im Laufe des 19. Jahrhunderts durch Errichtung einer großen Anzahl monumen- taler Plastiken profanen Charakters auf Straßen und Plätzen eine ganz neue Richtung, da bis dahin die große Plastik außer bei den bisher genannten Werken nur bei monumentalen Bauten und bei Brunnenanlagen zur Geltung kam. Auch die Neueinführung des Bronze- gusses und die Verwendung des Laaser Marmors veranlaßte in Wien das Heraus- treten mit der Porträtplastik aus Kirchen und Palästen auf die öffentlichen Straßen und Plätze, welche hierdurch besonders im I. Bezirke ein ganz neues Aussehen bekamen.

Das erste öffentliche Porträtdenkmal Wiens ist das Reiterstandbild des Kaisers Josef II. (Abb. 757) auf dem gleichnamigen Platze vor der k. k. Hofbibliothek, welches im Gußhause der k. k. Artillerie gegossen und 1807 enthüllt wurde. Das Modell hier- für schuf F. Zauner, welcher die Hauptfigur, dem Stile der Zeit entsprechend, in römi- scher Kaisertracht darstellte. Die zwei Reliefs auf dem granitenen Unterbau, die Hebung des Handels und des Ackerbaues darstellend, und die interessanten Reliefmedaillons in Form großer Denkmünzen auf den runden

öffentliche Denkmale.

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Abb. 764. Schiller-Denkmal (I., Schiller-Platz).

Abb. 765. Reiterdenkmal des Feldmarschalls Radetzky (I., Am Hof).

Eckpfeilern sind sowohl in künstlerischer als technischer Beziehung vorzügliche Arbeiten, deren schöner Glanz noch heute nach hundertjährigem Bestand, besonders bei den polierten Bronzeteilen des Denk- males, bemerkenswert ist. Das Denkmal hat eine Höhe von 11 '38m, ist 1464m lang und

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Abb. 766. Anastasius Grün (I., Schiller-Platz).

1169 m breit; das verwendete Stein- material ist Mauthausener Granit.

Im Jahre 1846 ließ Kaiser Ferdinand seinem Vorgänger, dem Kaiser Franz I., im Inneren Burghof, jetzt Franzensplatz genannt, ein Denkmal durch den Mailänder Bild- hauer Pompeo Marchesi errichten (Abb. 762), welches den Kaiser, in die Toga gehüllt, stehend, mit dem Scepter in der Linken, darstellt, um- geben von vier sitzenden allegori- schen Figuren, den Haupttugenden des Herrschers, dem Glauben, der Stärke, dem Frieden und der Ge- rechtigkeit. Im achteckigen Sockel sind in überlebensgroßen Relieffigu- ren Wissenschaft, Handel und Ge- werbe, Berg- und Hüttenbau, Acker- bau und Viehzucht, sowie Kunst und Krieg dargestellt. Das Denkmal hat zirka 18 m Höhe und ist in großen Dimensionen gehalten, wirkt jedoch

Abb. 767. Nikolaus Lenau (I., Schiller-Platz).

472

Denkmale und Brunnen.

infolge der strengen und kühlen akademischen Formengebung in seiner antiken Behandlung wenig günstig zu seiner Umgebung. Im Kaisergarten ist Kaiser Franz I. noch ein Reiterdenkmal errichtet worden, welches nach einem Modelle von Moll in Bronze gegossen ist (Abb. 754). Mit dem Namen Fernkorn ist in Wien eine Reihe der schönsten und populärsten Denkmale verknüpft, welche auch hier gegossen werden konnten, da durch Fernkorns Einfluß die

k. k. Kunst-Erzgießerei in Wien entstand, deren erster Leiter er war. So ließ Kaiser Franz Josef I. auf dem Äußeren Burg- platze 1859 dem heldenmütigen Feldherrn Erzherzog Karl (Abb. 769), 1860 dem ruhmreichen Sieger Prinz Eugen von Savoyen (Abb. 768) Reiterstandbilder er- richten, welche sowohl in künstlerischer als technischer Beziehung hervorragende Werke des Kunstgusses bilden. Die Ar- chitektur zu diesen beiden Denkmalen schuf van der Null. Die Sockel aus Untersberger Marmor sind mit Wappen- schildern, Trophäen und Inschrifttafeln reich geziert. Das erste Denkmal ist bis zur Fahnenspitze 165m hoch, das zweite etwa um einen Meter niedriger.

Im Jahre 1862 folgte, gleichfalls in Bronzeguß von Fernkorn, vor der techni- schen Hochschule das Denkmal für Josef Ressel, dem Erfinder der Schiffsschraube, in ganzer Figur auf einem Unterbau von Karststein.

Als drittes Reiterdenkmal entstand 1867, durch Bildhauer Julius Hähnel aus- geführt, das Denkmal des Feldmarschalls Fürsten Schwarzenberg, welches Kaiser Franz Josef I. „dem siegreichen Heer- führer der Verbündeten in den Kriegen 1813—1814" errichten ließ. Zwischen dem Palais des Fürsten und der Ring- straße auf dem gleichnamigen Platze stehend, zeigt dieses Denkmal im Gegen- satze zu den zwei oben genannten größte Ruhe und Einfachheit, ohne künstlerisch besonders anzusprechen. Der glatte Sockel- unterbau und die umschließenden Pfeiler sind aus Karstmarmor. Nicht der Mangel an geeigneten Plätzen für die Aufstellung von Denkmalen in der Innern Stadt und den Bezirken, sondern der mehr malerische als monumentale Zug in der Plastik gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte bald zur Wahl des Stadtparkes als beliebtesten Aufstellungsort für unsere Denkmale, in welchem 1872 als erstes das Schubert-Denkmal (Abb. 758) vom Wiener Männergesangsvereine errichtet wurde. C. Kundmann schuf die sitzende Figur aus Carraramarmor, auf mäßig hohem Karstmarmorsockel, dessen vier Seiten noch mit Marmorreliefs geschmückt sind; der Stufenunterbau ist aus sächsischem Granit. Ganz in der Nähe folgte 1877 vom Bildhauer Franz Pönninger das kleine Denkmal, dem Andenken des Bürgermeisters Andreas Zelinka gewidmet, eine Büste auf Porphyrsockel.

Gleichfalls hier errichtete 1896 eine Anzahl von Künstlern und Verehrern dem hoch- geschätzten Landschaftsmaler Emil Schindler (Abb. 759) ein Denkmal, von E. Helmer aus Carraramarmor ausgeführt, welches den Künstler auf einem Fclsblock ruhend, mit dem sinnenden Blick in die Ferne, darstellt. Zwei Jahre später folgte 1898 das Makart-Denkmal (Abb. 761) von Viktor Tilgner, den großen Meister Hans Makart im Kostüme seines berühmten Festzuges vom Jahre 1879, gewissermaßen als Triumphator seiner populären Schöpfung, in

Reiterstandbild des Prinzen Eugen von Savoyen (Äußerer Burgplatz).

Öffentliche Denkmale.

473

Laascr Marmor ausgeführt. Bereits 1899 folgte das hübsche Bruckner-Denkmal (Abb. 760), die monumentale Bronzebüstc von Tilgner, auf hohem Grundsockcl, an den sich eine reizende Figur aus Laascr Marmor von F. Zerritsch anschmiegt, dem Meister der Tonkunst mit der Rechten ein Lorbeerreis reichend und mit der linken Hand die Dornen abwehrend. 1901 wurde dem Maler van Fiaanen eine Büste von Tilgner aus Bronze auf hübschem Unters- berger Marmorsockel in einem stillen Winkel des Stadtparkes errichtet. Im Jahre ^^ 1902 kam noch schließlich eine Büste des Malers Amcrl ing von Johannes Benk aus Laaser Marmor in der Nähe des Teiches im Stadtpark zur Aufstellung.

Im I. Bezirke wurde 1876 die An- lage vor der Akademie der bildenden Künste mit einem Schiller-Denkmale (Abb. 764) geschmückt. Auf einem hohen Unterbau aus grauem Mauthausener und rotem schwedischem Granit steht das Bronzestandbild des Dichters, umgeben von den sitzenden Figuren der vier Lebensalter und dazwischen im Sockel Hochreliefs mit den Darstellungen von Genie, Poesie, Wissenschaft und Hei- matliebe.

In der Nähe des Stadtparkes in einer kleinen Gartenanlage vor dem aka- demischen Gymnasium wurde 1880 das Beethoven-Denkmal (Abb. 763), eine Ar- beit von Kaspar Zumbusch, errichtet. Auf einem Unterbau aus rotem schwedischem Granit und ebensolchem Sockel ruht die ernste, sinnende Gestalt des großen Ton- dichters, rechts und links flankiert von den Gestalten des gefesselten Prometheus und einer Viktoria, welche durch tan- zende und musizierende Puttis verbunden werden. Dieses Denkmal, ursprünglich mit der Rückseite der Wien zugekehrt, wurde nach Überwölbung derselben im Jahre 1899 umgedreht.

Auf hervorragendem Platze zwi- schen den beiden Hofmuseen wurde 1887 aus den Mitteln des Stadterweiterungs- fonds das Denkmal der Kaiserin Maria

Theresia (Tafel XIII) errichtet. Auf hohem, von 4 Paar Doppelsäulen von Sterzinger Serpentin flankiertem Sockel aus böhmischem Granit thront die Herrscherin, begleitet von vier sitzenden kleinen Figuren, den Herrschertugenden, Weisheit, Kraft, Gerechtigkeit und Milde. Der Sockel ist mit vier großen Reliefgruppenbildern verdienstvoller Männer aus der Zeit der Kaiserin geschmückt, von welchen vier der bedeutendsten, in freier Figur stehend, fast 3*5 m hoch sind. So tritt vor die Gruppe der Staatsmänner Wenzel Graf Kaunitz, vor den Gesetzgebern Graf Haugwitz, vor dem Kriegswesen Wenzel Fürst Liechtenstein, vor Kunst und Wissenschaft van Swieten hervor. Am diagonal vorspringenden Unterbau befinden sich die Reiterfiguren der hervorragendsten Feldherren der theresianischen Zeit: Laudon und Daun, Khevenhüller und Traun. Das Denkmal, welches eine Höhe von 19'40m besitzt, ist eine Arbeit des Bild- hauers C. von Zumbusch und des Architekten K. von Hasenauer. Der figurale und ornamentale Teil stammt aus der k. k. Erzgießerei.

Im Jahre 1889 wurde im Volksgarten das Grillparzer-Denkmal (Abb. 770) errichtet, zu welchem C. Kundmann die sitzende Figur des Dichters, Rudolf Weyr sechs prächtige Reliefs schufen, während die Architektur von Hasenauer stammt. In einer halbkreisförmigen Nische,

Abb. 769.

Reiterstandbild des Erzherzogs Karl (Äußerer Burgplatz).

474

Denkmale und Brunnen.

Abb. 770. Grillparzer-Denkmal (Volksgarten).

Abb. 771.

Mozart-Denkmal

(I., Albrechts-

Platz).

von Halbsäulen flankiert, sitzt der sinnende Dichter, beiderseits in einer niedrigen Wand sind Szenen aus seinen Hauptwerken eingefügt. Links die Schlußszene aus der „Ahnfrau" und „Traum ein Leben", sowie die Belehnungs- szene aus „König Ottokars Glück

Abb. 772.

Friedrich von Schmidt-Denk- mal (hinter dem Rathause).

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öffentliche Denkmale.

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j und Ende", rechts „Sapphos

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„Hero findet Leanders Leiche". Zur Erinnerung an Lieben- berg, welcher zur Zeit der zwei- ten Türkenbclagerung (1683) Bürgermeister von Wien war, wurde durch die Munifizenz des Fabrikanten Fr. Freiherrn von Leitenbcrger im jähre 1890 am Franzensring, gegenüber der Universität, ein 9 m hoher Obe- lisk aus schwedischem Granit errichtet (Abb. 773). Derselbe ist mit dem Bronzemedaillon Liebenbergs und einer 4-5 m hohen Viktoria geschmückt. Auf dem Sockel liegt ein Löwe, welcher türkische Waffen und Trophäen zwischen den Pranken hält. Das Monument ist eine Arbeit des Bildhauers Silber- nagel.

Seit 1891 schmücken die Anlagen beim Schiller-Denkmal Hermen der Dichter Nikolaus

Lenau (Abb. 767) und Anastasius Grün (Anton Graf Auersperg) (Abb. 766), welche Bildhauer

R. Schwerzek aus Laaser Marmor mit hübschen Putten und vergoldeten Bronzegehängen ausführte.

Im Jahre 1892 wurde Am Hof das bronzene Reiterdenkmal des Feldmarschalls Radetzky

(Abb. 765) von K. von Zumbusch errichtet. Architekt G. Niemann entwarf den architektonischen

Abb. 773. Liebenberg-Denk mal (I., Franzensring).

Abb. 774. Goethe-Denkmal (I., Opernring).

Abb. 775. Raimund-Denkmal (vor dem Deutschen Volkstheater).

Abb. 776. Tegetthoff-Denkmal (Praterstern).

476

Denkmale und Brunnen.

Abb. 777. Heinrich Jasomirgott.

Abb. 778. Rudolf der Stifter.

Abb. 779. Graf Rüdiger von Starhemberg.

Abb. 7S0. Fischer von Erlach.

Teil. Auf hohem Granitsockel, welcher mit zwei Kolossalreliefs aus dem Leben des Feldherrn geschmückt ist, erhebt sich das Denkmal, den Feldherrn in ruhiger Haltung zu Pferde dar- stellend, mitten im Marktleben dieses Platzes, ein Bild voll Leben und Wahrheit.

1896 erhielt endlich auch Wolfgang Amadeus Mozart ein Denkmal auf dem Albrechts-Platze (Abb. 771), als Ergebnis einer zweimaligen Konkurrenz, bei der Viktor Tilgner als Sieger hervor- gegangen ist. Bei einer früheren Konkurrenz (1887) war das Denkmal vor der Oper gedacht, und erhielt damals der Bildhauer Ant. Wagner den ersten Preis, ohne jedoch die Ausführung seines Entwurfes verwirklicht zu sehen, da sich berechtigte Bedenken gegen die Wahl dieses Platzes erhoben. Mit diesem Denkmal hat nun Tilgner, obwohl die Hauptfigur nicht ungeteilten Beifall findet, eine der reizvollsten Plastiken Wiens geschaffen sowohl in bezug auf den wohl pro- portionierten Aufbau als die schönen Reliefs und die entzückenden musizierenden Kindergruppen. Im Jahre 1896 ehrte man das Andenken an Friedrich von Schmidt (Abb. 772), den Er- bauer des neuen Wiener Rathauses, indem in der Garten- anlage, an der Rückseite dieses seines größten Baues, von den Schülern, Freunden und Verehrern unseres Meisters der Baukunst, ein Bronzestandbild errichtet wurde, dessen Figur Bildhauer von Hoffmann, dessen Architektur Julius Deininger schufen.

Dem siegreichen Feldherrn Erzherzog Albrecht er- richtete die Armee (1898) ein Reiterdenkmal, das vor dem Palais des verewigten Erzherzogs zur Aufstellung kam (siehe Abb. 818 [Albrechts-Brunnen]). Das Denkmal, abermals ein Werk des Meisters C. von Zumbusch, ist in der k. k. Kunst- Erzgießerei gegossen und steht mit seinem hohen Sockel von Konopischter Granit, auf einem dominierenden Platze. Der populäre Wiener Dichter und Schauspieler Ferdinand Raimund erhielt 1898 vor dem Deutschen Volks- theater ein Denkmal aus Laaser Marmor, welches den sin- nenden Dichter, auf einer Steinbank sitzend, darstellt, wäh- rend eine Waldnymphe (die Poesie), sich vorneigend, dem Dichter zuflüstert, ein Werk des Bildhauers Franz Vogl (Abb. 775).

Im Jahre 1900 entstand am Opernring, auf einem ungünstigen Platze, ohne Zusammenhang mit der Umgebung, das Goethe-Denkmal (Abb. 774), dem Edmund Hclmer die Abb. 78i. stagdbM Kajserft-anz Josef .. schöne Gestalt gab Dje sjtzende figur mit dem herrlichen

öffentliche Denkmale.

477

Kopfe, die ausdrucksvollen Hände in ruhc- samer Haltung-, ist imponierend und voller Leben. Der schöne Bronzeguß stammt aus der k. k. Kunst-Erzgießerei, der Sockel ist von Mauthausener Granit. Im selben Jahre wurde das Gutenberg-Denkmal (Abb. 789) am Lugeck von Hans Bitterlich errichtet, eine Bronzefigur von schöner Bewegung auf einem reliefge- schmückten Sockel aus Untersberger Marmor, mit Architektur von M. Fabiani.

Auch die übrigen Bezirke Wiens be- kamen nach und nach ihre Denkmale, so im II. Bezirke der Praterstern das weithin sicht- bare Tegetthoff-Denkmal (Abb. 776) von Kundmann und Architektur von Hasenauer, eine mächtige Säule aus Bavenogranit von 19-50 m Höhe, mit bronzenen Rostren ge- schmückt, an der Spitze die 3-50 m hohe Figur des Seehelden trag-end, am Fuße Grup- pen von Seepferden und Viktorien. Der figu- rale Teil ist aus Bronze, der architektonische aus Sterzinger Marmor auf hohem Granitunterbau. Im selben Bezirke ist noch zu erwäh- nen in der Großen Pfarrgasse eine hübsche St. Leopolds-Statue aus Stein und im k. u. k. Augarten das im Jahre 1890 dahin übertragene sogenannte Stiftungskreuz, eine Renaissancegruppe (Christus am Kreuz, am Fuße Maria), die bereits einmal im Jahre 1807 restauriert wurde und aus dem 17. Jahr- hundert stammen soll. Im IV. Bezirke wurde im Jahre 1855 vom Bildhauer E. Pendl an der Ecke der Kolschitzky-

gasse und Favoritenstraße eine kleine Bronzestatuette des aus dem Türkenkriege bekannten

F. G. Kolschitzky durch den Cafetier Zwirina errichtet.

Im VI. Bezirke wurde 1887 vor der Mariahilfer Kirche das Denkmal von Josef Haydn

(Abb. 788) errichtet, das Bildhauer Natter und Architekt Hieser schufen; die Figur ist

Abb. 782. Anzengruber-Denkmal (I., Schmirling-Platz).

Abb. 783. Leopold der Glorreiche.

Abb. 784. Graf Niklas Salm.

Abb. 785. Bischof Kolonitz.

Abb. 786. Josef von Sonnenfels.

478

Denkmale und Brunnen.

Abb. 787. Strauß-Lanner-Denkmal (Rathhauspark).

aus Carraramarmor, der Sockel aus Untersberger Marmor und Granit.

An der Peripherie des VII. Bezirkes, am Ende der Westbahnstraße, wurde 1901 in einer kleinen Garten- anlage für P. Urban Loritz, dem ver- dienstvollen Pfarrer dieses Bezirkes, vom Bildhauer Fr. Seifert eine Bronzebüste ge- schaffen, die in der Erzgießerei von Hans Frömml gegossen wurde.

Im XIII. Bezirke wurde im Jahre 1871 vor der Hietzinger Kirche ein Denkmal für den verewigten Kaiser Maximilian von Mexiko, ein Bronzestandbild auf

hohem Marmor- sockel, vom Bild- hauer Meixner, er- richtet.

Im Jahre 1904 stiftete vor der Infan- terie - Kadettenschule in Breitensee ein Herr Bock das Stand- bild Kaiser Franz Josefs I. (Abb. 781), das, in Carraramarmor von Joh. Benk ausgeführt, den Monarchen in Feldadjustierung mit der Mütze, das erste Mal auf einem öffentlichen Platze Wiens, darstellt. Acht Figuren, welche auf der Elisabeth-Brücke im Jahre 1869 vom Vereine zur Beförderung der bildenden Künste mit Subvention der Gemeinde errichtet wurden, erhielten im Jahre 1902

Abb. 788. Josef Haydn-Dcnkmal (VI. Bezirk).

Abb. 7S9. Gutenberg-Denkmal (1., Lugeck).

Öffentliche Denkmale.

479

Abb. 790. Türkendenkmal (St. Stephans-Kirche).

rechts und links von der Zufahrtsstraße zum neuen Rathause eine überaus glückliche Auf- stellung; es sind links (Abb. 777 bis 780) die Standbilder von Hein- rich Jasomirgott, Rudolf dem Stifter, Graf Rü- diger von Starhemberg und Fischer von Erlach, rechts (Abb. 783 bis 786) von Leopold dem Glorreichen, Graf Niklas Salm, Bischof Kolonitz und Josef von Sonnen- fels, welche von den Bildhauern Melnitzky, Preleuthner, J. Gasser, J. Feßler und von V. Pilz, Purkhartshofer, H. Gas- ser, J. Cesar in Car- raramarmor ausgeführt wurden.

Im Jahre 1894 er- richtete ein Komitee zur Erinnerung an die rühm- liche Befreiung Wiens von den Türken anno 1 683 ein Denkmal (Abb. 790),welchesvondemin einer Konkurrenz preis- gekrönten Bildhauer Ed- mund Helmer in der Stephanskirche in der Westmauer der großen Turmhalle zur Aufstel- lung kam. Dieses präch- tige Denkmal im Stile der bekannten groß- angelegten Feldherren- Grabdenkmäler in den VenezianerKirchen zeigt als Hauptgruppe den Sieger Rüdiger von Star- hemberg zu Pferde, von Kriegern begleitet und von einer schweben- den Viktoria mit dem Lorbeerkränze bekrönt. Rechts und links ste- hen die Figuren des Erzbischofs von Kolo- nitz und des Bürgermei- sters Liebenberg, dar- über Karl von Lothrin- gen, J. Sobieski, König von Polen, u. a. in kräf-

480

Denkmale und Brunnen.

tigen Gestalten, das Ganze mit einer Madonna im Strahlenkranz endigend, welche von den knienden Gestalten des Papstes Innozenz XI. und des Kaisers Leopold I. flankiert wird.

Im XVI. Bezirke wurde am Hoffer-Platz ein Erinnerungsdenkmal an Kaiser Josef II. errichtet, welcher für Ottakring eine Brunnenanlage schaffen ließ. Auf dem von einem Kaiser- adler bekrönten Obelisk aus Kalkstein ist das Porträtmedaillon Josefs II. angebracht.

Im XIX. Bezirke wurde auf dem Wege von Nußdorf nach Grinzing in einer von Beethoven gerne aufgesuchten kleinen Parkanlage eine mächtige Bronzebüste des großen Tonkünstlers, von Fernkorn, errichtet, und in Hietzing, im sogenannten Hügelpark, eine schöne Büste für Freiherrn von Hügel, nach einem Modell von Joh. Benk, in Marmor ausgeführt.

Der stetig zunehmenden Denkmalsfreude in Wien sind noch zu verdanken: 1905 an der Ecke des Stadtparkes, der Ringstraße zugekehrt, das Bronzestandbild des Malers Hans Canon von R. Weyr, in der kleinen Parkanlage vor dem Palais Auersperg das Anzengruber-Denkmal (Abb. 782), welches der Bildhauer Joh. Scherpe als Preisträger in einer Konkurrenz schuf, die kräftige Gestalt des Dichters auf einen Felsen heraustretend, zu seinen Füßen der Steinklopfcrhans bei der Arbeit, das Ganze gärtnerisch glücklich behandelt, und im Rathauspark, gegen das Parla- mentsgebäude gekehrt, das Strauß-Lanrter-Denkmal (Abb. 787), das Bildhauer Franz Seifert und Architekt Örley geschaffen haben. Vereint stehen die beiden Meister der schönsten Wiener Tanzweisen vor einem großen Halbrund aus Marmor, auf dem friesartig tanzende Paare sich bewegen. Die freien Figuren beider Denkmale sind in der Erzgießerei von Hans Frömml gegossen. Im Volksgarten ist bereits das Kaiserin Elisabeth-Denkmal in großangelegter Archi- tektur von Friedrich Ohmann und von Bildhauer Bitterlich in Angriff genommen worden. Ein langgestreckter Vorgarten mit Sitzbänken, ein Wasserbassin mit zwei Springbrunnen und zwei seitlichen Wandbrunnen bilden die Einleitung zu dem eigentlichen Denkmale, welches

die geliebte Kaiserin sitzend darstellt, von einer halbkreis- förmigen Steinwand rückwärts abgeschlossen, welche die Inschrift trägt: „Ihrer unvergeßlichen Kaiserin Elisabeth errichteten dieses Denkmal in unwandelbarer Liebe und Treue Österreichs Völker." Die reiche Architektur, zwei mächtige, mit Vasen bekrönte Säulen aus finnländischem Marmor versprechen heute schon eine günstige Wirkung der Gesamtanlage und die Hauptfigur von Professor Bitterlich läßt das Beste erwarten.

Im September 1906 kam auf dem Platze vor der Rudolfs-Kaserne ein Deutschmeister-Denkmal (Abb. 791, 792) zur Aufstellung, das zur Erinnerung an das 200jäh- rige Jubiläum des Wiener Hausregimentes errichtet wurde. Bildhauer Johannes Benk machte den reichen figuralen Teil, während der architektonische Teil des Denkmales und die Platzan- lage dem Archi- tekten A. Weber übertragen ward. Der architektoni- sche Aufbau aus geschliffenem und poliertem Kono- pischter Granit bil- det den ruhigen Rahmen für zwei Reliefe im Sockel (die „Schlacht bei Zenta" [Abb. 792] und die „Schlacht bei Kolin") und für zwei freistehende Gruppen, den Opfermut und die Kameradschaft darstellend („Der treue Kamerad" und „Der Grenadier von Landshut"). Vorne reicht Vindobona den Lorbeerkranz zu der Widmungsinschrift: „Die Wiener ihrem Hausregimente", welche sich mit der rückwärtigen Inschrift: „Mit Gott für Kaiser und Vaterland" und den seitlichen Namen der Hauptschlachten

Abb. 791.

Deutschmeister-Denkmal (I., Deutsch- meisterplatz).

Abb. 792.

Reliefgruppe am Deutschmeister- Denkmal.

Öffentliche Denkmale.

481

Abb. 793.

Rossebändiger (I., Maria Theresien- Platz).

Abb. 794. Rossebändiger (I., Maria Theresien- Platz).

auf dem Mittelsockcl be- finden, der die Haupt- figur, den Deutschmei- ster-Fahnenträger in leb- hafter Bewegung als Be- krönung trägt. Die archi- tektonische Umrahmung des Denkmales aus Neu- hauser Findlingsgranit mit Bronzestangen und Bronzekugeln, rückwärts mit zwei großen Inschrift- tafeln, vorne mit zwei Steinbänken gibt der ganzen, zirka einen Meter über die Ringstraße ge- hobenen Anlage einen geschlossenen Charakter. Die meisten dieser neueren Denkmale sind durch die Unterstützung der Gemeinde gefördert worden, welche dieFun- dierungsarbeiten sowie die Gartenanlagen jemalig kostenlos beistellte. Von kunstfreundlichen Kreisen Wiens soll noch ein Schwind-, ein Hamerling sowie ein Pfarrer Kneipp-Denkmal errichtet werden, weiters ein Stifter-Denkmal im Türkenschanzpark, und vor der Karlskirche im IV. Bezirke ein groß- gedachtes Denkmal für Kaiser Karl VI. Am 30. Oktober 1906 wurde in der Nähe des Schwarzen- bergplatzes dem großen Bildhauer Raphael Donner, dessen Werke wir in gebührender Weise genannt haben, ein schönes Standbild errichtet, welches nach dem Modelle des Bildhauers Richard Kauffungen in Erz gegossen wurde. Wir sehen den großen Meister auf einem Granit- sockel im Arbeitskittel am Modelltisch, darunter die Inschrift: „G. Rafael Donner 1692 1741." Einen prächtigen Wandschmuck erhält jetzt die Peterskirche an der Ostseite, ein Riesenrelief, die Einführung des Christentums durch Karl den Großen in Österreich darstellend, das R. Weyr übertragen ist. Von sonstiger Plastik auf öffentlichen Plätzen wären noch zu erwähnen: die zwei Rossebändiger (Abb. 793, 794) an der den Hofstallungen zugekehrten Schmalseite des Kaiserin Maria Theresien-Platzes, rechts und links von dessen mittlerem Zugang, welche Bild- hauer Th. Friedl 1892 in Carraramarmor ausführte. Zwei herkulisch gebaute Gestalten, ein Römer

und ein Germane, mit hochaufbäumenden Rossen, ganz im Stile der großen Barockmeister. Im Jahre 1899 schuf Bildhauer Anton Straßer eine Gruppe, Marc Anton von Löwen gezogen (Abb. 795), welche, im Staatsauftrag in Erz gegossen, provisorisch neben dem Aus- stellungsgebäude der Sezession zur Aufstel- lung kam.

Im Herbste 1903 wurden vor der Tech- nischen Hochschule in Wien acht Hermen hervorragender Lehrer dieser Hochschule enthüllt, deren Aufstellung der Initiative des Österreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereines zu danken ist. Es sind dies die Büsten von Johann von Prechtl, Simon Stampfer, Adam F. von Burg, Anton von Schrötter, Georg von Rebhahn, Heinrich von Ferstel und Johann von Radinger.

Abb. 795. Marc Anton-Gruppe (neben dem Ausstellungsgebäude der Sezession).

Bd. II.

31

482

Denkmale und Brunnen.

II. MONUMENTALBRUNNEN, a) Auf öffentlichen Plätzen.

Die Geschichte der künstlerischen Ausgestaltung der Brunnen Wiens reicht wohl weit zurück, doch sind aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert keine künstlerisch ausgeschmückten oder monumentalen Brunnen auf Plätzen erhalten geblieben. Der älteste ist der in der Stallburg befindliche runde, steinerne Brunnen, welcher die Jahreszahl 1675 aufweist und mit einem hohen

Abb. 796 und 797.

Bassins mit Brunnen- gruppen in den Gar- tenanlagen zwischen den beiden Hof- museen.

zylindrischen Gitter und einem Blechdach versehen ist. Teile eines ähnlichen Ziehbrunnens finden sich im Hofe eines Hauses in der Himmelpfortgasse. Auf alten Stadtbildern sehen wir an Stelle manches unserer jetzigen kleinere Brunnen: so z.B. am Neuen Markt hochvergitterte Röhren- brunnen im Stile des 17., Am Hof zwei Brunnen im Stile des 18. Jahrhunderts, welche zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Empirestil erscheinen, heute sind sie verschwunden, ebenso ein Brunnen vor dem Schönbrunner-Haus unter den Tuchlauben, den noch Stiche vom Jahre 1730 zeigen.

Als Kaiser Leopold 1. im Jahre 1702 für den Fall des Sieges seines Sohnes (späterem Kaiser Josef I.) nach dem Falle der Festung Landau eine Denksäule zu Ehren des hl. Josef zu errichten gelobte, entstand diese im Jahre 1719 vorder städtischen Schranne in Form eines tempelartigen Brunnenbaues, von vier Holzsäulen getragen. Seine jetzige Gestalt erhielt der Brunnen auf dem Hohen Markt (Abb. 802) unter Karl VI. nach den Entwürfen von J. B. Fischer von Erlach und mit Figuren von Ant. Corradini und wurde 1732 vollendet. Unter einem von vier schönen korinthischen Säulen getragenen Baldachin von sehr bedeutenden Dimen- sionen ist die Vermählung Josefs mit Maria, vom Hohenpriester eingesegnet, in überlebensgroßen Figuren dargestellt; die Säulenbasen werden flankiert von vier großen Engelsgestalten, unter denen am Sockel Inschriften und Reliefdarstellungen abwechseln. Rechts und links befinden sich zwei mächtige Brunnenschalen mit vier Bronzevasen und grüner Glasfüllung.

Den herrlichen Brunnen auf dem Neuen Markt (früher Mehlmarkt) (Abb. 805), den die Ge- meinde Wien an Stelle eines älteren Brunnens 1739 errichten ließ, schuf R. Donner, unser größter Plastiker des 18. Jahrhunderts. Der Brunnen ist bekrönt von einer sitzenden weiblichen Figur, mit der Schlange und dem Medaillon Äskulaps; am Fuße des Sockels spielen Putten mit wasserspeienden Fischen. Am Rande des großen Beckens ruhen abwechselnd zwei männ- liche und zwei weibliche Figuren, die Enns, Ybbs, Traun und March darstellend. Die männ- lichen Figuren sind mit Harpunen bewaffnet; eine Figur zielt auf einen im Beckengrunde angebrachten Fisch, die weiblichen Figuren halten große Wassergefäße. Im Jahre 1801 wurden die Donnerschen Bleifiguren bereits ausgebessert, das weiche Material hielt jedoch nicht Stand und wurden 1873 sämtliche Figuren in der k. k. Erzgießerei in Bronze gegossen und die Originale von der Gemeinde aufbewahrt. In die Mitte des 18. Jahrhunderts fallen die Brunnen- skulpturen im Schönbrunner Park von Grassi und Joh. Bayer und die künstliche Ruine im Geschmacke jener Zeit, Fragmente eines Nympheums darstellend. Als Abschluß des Blickes, durch den Park vom Schloßeingange gesehen, am Fuße des Gloriettehügels, befindet sich der großartige Neptuns-Brunnen (Abb. 804) in einer Bassinanlage mit Nymphen, Seepferden und

Monumcntalbrunnen.

483

Abb. 798. Der „Schöne Brunnen" (Schönbrunn).

anderen Seebewohnern, und, in einer Laube ver- steckt, der sogenannte „Schöne Brunnen", eine ruhende weibliche Figur mit einer Urne, verkörpert die Quelle in der edel- sten Art des R. Donner (Abb. 798).

Im Anschlüsse daran wäre hier außer der rei-

Abb. 799. Moses-Brunnen (I., Franziskanerplatz).

Abb. 800. Tilgner-Brunnen (Volksgarten).

chen Gartenplastik des Schönbrunner Parkes von Grassi und Joh. Bayer des Belvederes und des Schwarzenberg - Gar- tens zu gedenken, wo dekorative Garten- figuren, die verschie- denartig aufgefaßten Sphinxe und große

Abb. 801. Engelbrunnen (IV., Wiedener Hauptstraße).

Abb. 802. Brunnen auf dem Hohen. Markt (I. Bezirk).

Abb. 803. Brunnen am Graben (I. Bezirk).

31*

484

Denkmale und Brunnen.

Abb. 804. Neptuns-Brunnen (am Fuße des Gloriettes in Schönbrunn).

Blumenvasen. Terrassenbrüstungen, Rampen und Bänke die Parkplätze und Wege schmücken. J. Martin Fischer (welcher die erste Ausbesserung der Donnerschen Figuren vorzunehmen' hatte) schuf bereits im Jahre 1798 für die Gemeinde Wien vor der Franziskanerkirche im

Abb. 805. Brunnen auf dem Neuen Markt (I. Bezirk).

tf .

Monumcntalbrunncn.

485

Abb. 807. Hygieia-Brunnen im Vor- garten des Josefinums (IX., Währin- gerstraße).

I. Bezirke den Moses- Brunnen (Abb. 799), des- sen schlichte Architektur aus Kaiserstein, dessen be- krönende, sehr schön bewegte Moses-Figur aus

Abb. S06. Donauweibchen- Brunnen (Stadt- park).

Abb. 808. Brunnen der hl. Margarete (V. Bezirk).

einem zinkartigen Metall- guß (vermutlich Zink, Spießglanz, Antimon und Blei) hergestellt ist. An der Vorderseite ist ein Metallrelief eingelassen, die Juden in der Wüste ihren Durst stillend, rück- wärts ein mächtiger Lö- wenkopf, wasserspeiend. Den gleichen Charakter zeigen heute die Figuren

Abb. S09. Gänsemädchen-Brunnen (VI. Bezirk).

Abb. 810. Brunnen in der Alser- straße (IX. Bezirk).

Abb. 811. Austria-Brunnen auf der Freiung (I. Bezirk).

486

Denkmale und Brunnen.

der beiden Brunnen am Graben (Abb. 803), doch entstanden dort schon zwei Brunnen mit der Pestsäule und sollen 1681 von Frühwirth entworfen worden sein, dessen Figuren 1730 durch Steinbilder von Mattielli ersetzt wurden, welche wiederum 1804 den Bleifiguren J. M. Fischers, die wir heute sehen, weichen mußten. Auf Bildern von 1719 sehen wir die älteste Form dieser damals mit einem Schmiedeeisengitter umgebenen Brunnenschalen mit der charakteristischen Gestalt des heiligen Leopold, das Kirchenmodell haltend, vor dem Trattnern- Hof. Auch Fischer mußte den Brunnen wieder mit einer Leopold-Statue zieren, die Kirche erscheint jetzt als Zeichnung auf einem Plane, den ein Knabe dem Heiligen hinhält. Der zweite Brunnen ist heute mit einem heiligen Josef geziert, welcher ebenfalls einen Knaben zur Seite hat. Auch der hübsche Brunnen in der Alserstraße (Abb. 810), an der Mündung der Skoda- gasse, verdankt seinen figuralen Schmuck J. M. Fischer, welcher hier die Wachsamkeit darstellt, eine gut bewegte weib- liche Figur mit prächti- gem Kopfe, mit einer Ampel in der Hand, einen steinhaltenden Kra- nich zur Seite. Der Blei- guß stammt aus dem Jahre 1783, ebenso die wasserspeienden Löwen- köpfe. Der heutige anti- kisierende hübsche Stein- unterbau stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dürfte seine Entstehung dem Architekten A. Hau- ser zu verdanken haben. Verwandten Charakter zeigt der Hygieia-Brun- nen (Abb. 807) im Vor- garten des Josefinums in der Währingerstraße mit einer überlebens- großen Hygieia auf ho- hem quadratischem Stcin- sockel in einem großen Bassin.

Im Jahre 1834 wurde im VIII. Bezirke auf dem Albert-Platz ein Isis-Brunnen errichtet, dessen Mittelpunkt in einem großen Steinbas- sin die Figur der Isis bildet, ein Eisenguß der ehemaligen Werke des Grafen Salm in Blansko. 1836 entstand im V. Be- zirke auf dem Margare- ten-Platze ein Brunnen der hl. Margarete (Abb. 808), den Drachen zu den Füßen mit dem

Abb. 812. Pallas Athene-Brunnenanlage vor dem Parlamentsgebäudc. KrCUZC besiegend, nach

Monumentalbrunnen.

487

Abb. 814.

Mozart- Brunnen (IV., Mo- zartplatz).

einem Modell von Joh. Schaller in Blei gegossen, 1886 je- doch nach dem Entwürfe des Architekten A. Hauser neu auf- gestellt mit einem neuen Unterbau aus Hundsheimer Stein. Im IV. Bezirke errichtete die Gemeinde Wien 1843 vor der Paulaner-Kirche den Schutzengel-Brunnen (Abb. 816) nach den Plänen der Architekten van der Null und Siccardsburg, mit einer Gruppe von J. Preleuthner, der Schutzengel ein Kind führend, bei dem die Figuren und ornamentalen Teile, wie die vier wasserspeienden Drachen, in Eisenguß hergestellt sind. Im Jahre 1846 errichtete die Gemeinde den Austria- Brunnen auf der Freiung (Abb. 81 1), dessen Ausführung unse- rem damals in München lebenden Landsmann Ludwig Schwan- thaler übertragen wurde, welcher diese Aufgabe in origineller Weise löste. In einem großen Bassin, aus vier Granitschalen bestehend, erhebt sich eine stilisierte Eiche aus Kaiserstein, unter deren Blätterbaldachinen die Personifikationen von Österreichs Hauptflüssen jener Zeit, die Donau, der Po, die Elbe und die Weichsel, stehen, bekrönt von der Austria, mit Schild und Schwert bewehrt. Die Inschriften sagen, dieser Brunnen wurde „unter der Regierung Kaiser Ferdinands I.

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Abb. 813. Opernhaus-Brunnen.

Abb. ,'815.

„Die Befreiung der Quelle" (Stadtpark).

Abb. 816. Schutzengel-Brunnen vor der Paulaner-Kirche (IV. Bezirk).

Abb. 817. Brunnen vor der protestan- tischen Schule (IV. Bezirk).

488

Denkmale und Brunnen

Abb. SIS. Albreehts-Brunnen (I., Albrechtsrampe).

Abb. S19. Hochstrahl-Brunncn (IU., Schwarzenberg-platz).

Morumentalbrunnen.

489

Abb.

S20. Hofbrunnen im alten Land- hause (I., Herrengasse).

Abb. 821. Wandbrunnen (I., Bräunerstraße 5).

Abb. 822. Wandbrunnen im erzbischöf- lichen Palais (I., Rotenturmstraße).

von Wiens Bürgern errichtet MDCCCXLVI" und „gegossen von Ferd. Miller in München zur Zeit des Bürgerministeriums Ritter von Csapka".

Im sogenannten Kinderpark beim Stadtpark errichtete die Gemeinde Wien 1850 einen kleinen Brunnen, mit drei hübschen Kindern geziert, ebenfalls ein Kunstguß aus Blansko, und im Stadtpark selbst, in einem lauschigen Winkel, umgeben von schattigen Bäumen, den volkstümlich gewordenen Donauweibchen-Brunnen (Abb. 806), mit einer Marmorfigur von Hans Gasser. Die Figur steht auf einem hohen Karststeinsockel mit vier Wasserausläufen und ebenso vielen Brunnenschalen.

Abb. 823 und 824.

Wandbrunnen an den beiden Rund- bauten des Michae- lertraktes der Hof- burg".

490

Denkmale und Brunnen.

Abb. 825.

Wand- brunnen im Hofe des

Kriegs- Ministe- riums (I., Am Hof).

Im Jahre 1866 errichtete die Gemeinde auf der Brandstätte im I. Bezirke einen Brunnen mit dem Gänsemädchen (Abb. 809) (Bildhauer Anton Wagner). Im Jahre 1880 wurde der Brunnen vor die Barnabitenkirche in der Mariahilferstraße, und als das Haydn-Denkmal im Jahre 1886 vor diese Kirche kam, auf seinen gegenwärtigen Platz vor der Rahlstiege übertragen, wo er sich mit der hübschen Figur in Bronze und den wasserspeienden Gänsen aus dem gleichen Materiale in seinen Umrissen gut von der Umgebung abhebt.

Gleichzeitig mit dem Opernhause entstanden im Jahrel866 die zwei schönen Opernhaus- Brunnen (Abb. 813) in den beiden kleinen Gartenanlagen rechts und links von diesem Monu- mentalbaue nach den Entwürfen der Architekten van der Null und Siccardsburg mit hübschen Figuren des Bildhauers Hans Gasser. Beide Brunnen sind von sitzenden weiblichen Figuren, Melusine und Lorelei mit Lyren, bekrönt. Unterhalb befinden sich je drei weibliche Gestalten aus den bekanntesten Tonwerken, wie Gretchen, Adelheit, Rosina etc., und flache Brunnenschalen auf reichen Sockeln, in der geschmackvollen Architektur des Opernhauses, mit welcher diese beiden Brunnen überaus glücklich zusammenstimmen.

Gleichfalls im Jahre 1866 wurde in einem großen Bassin des Volksgartens ein Brunnen in

Bronzeguß aufgestellt, dessen Modell noch Meister Fernkorn schuf, zwei Schalen in reichster

Ornamentik mit wasserspeienden Delphinen und Löwenköpfen, ohne jeglichen figuralen Schmuck.

Anläßlich der Eröffnung der Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung entstand im Jahre 1873

in dem kleinen Parke vor dem fürstlich Schwarzenbergschen Palais der sogenannte Hoch- strahl-Brunnen (Abb. 819), dessen Wassermengen sich mit einem 40 m hohen Haupt- und einigen Seitenstrahlen in ein großes Bassin ergossen. Der Brunnen war bisher ohne jeden figuralen oder architek- tonischen Schmuck. Gegen- wärtig wurde er umgebaut, mit großen. Kosten in eine Fontaine lumineuse (Leucht- brunnen) verwandelt, und ist eine reiche künstlerische Aus- schmückung dieses Brunnens nunmehr ausgeschlossen.

In den Achtzigerjahren entstand im Volksgarten in der Nähe des Einganges vom Äußeren Burgplatze der schöne Tilgner-Brunnen, ein Bronzeguß aus der k. k. Erz- gießerei, mit einem Faun, der eine lebhaft bewegte Nymphe hält (Abb. 800). Auf dem Gertrudplatz im XVIII. Bezirke vor der Pfarrkirche errichtete die Gemeinde einen kleinen Brunnen, welcher, kandelaberartig, aus einer La- ternen tragenden Säule besteht und von zwei Knaben mit einer Laterne bekrönt wird, vermutlich eine Arbeit nach dem Entwürfe Hausers.

Im Jahre 1888 entstand ebenfalls durch die Gemeinde Wien im XVI. Bezirke auf

Abb. 826.

Wand- brunnen im Hofe des Palais Harrach (I., Frei- ung).

Abb. S27. Siebenbrunnen (V. Bezirk).

Monumentalbrunnen.

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Abb. 828. Andromeda-Brunnen im alten Rathause.

der Neulerchenfelderstraße nach dem Entwürfe des Bildhauers A. Scherpe ein Austria-Brunnen. Auf einem hohen achteckigen, mit Bronzewappen und Inschrift- tafeln gezierten Steinsocke! erhebt sich eine sitzende Austria mit Scepter und Krone, das Porträtmedaillon des Kaisers haltend.

In den Gartcnanlagcn zwischen den beiden Hof- muscen wurden im Jahre 1894 vier flache Bassins mit Brunnengruppen (Abb. 796, 797) errichtet, von denen die zwei dem Ringe zugekehrten von A. Schmidgruber, jene rückwärts von E. von Hoffmann und von H. Härdtle ausgeführt wurden. Sie alle stellen Gruppen von Tri- tonen und Najaden dar, mit den Schätzen des Meeres, mit Vögeln, Fischen, Krokodilen und allerhand See- tieren, in der Art der schönen Barockbrunnen, wie wir sie aus den großen Parks von Schönbrunn und Hetz^ndorf, vom Belvedere und Schwarzenberggarten kennen.

Der sogenannte Engel-Brunnen (Abb. 801) auf der Wiedener Hauptstraße an der Mündung der Star- hemberggasse wurde im Jahre 1893 aus einer Stiftung des Herrn Engel nach dem Entwürfe des Bildhauers Anton Wagner errichtet. Er behandelt die Sage von der Teufelsmühle am Wienerberg. Auf einem mäßig

hohen Sockel steht die dem Gänsemädchen verwandte Gestalt der hübschen Müllerstochter, welche sich das Haar flicht, unter ihr die beiden Unholde gefesselt, welche das Wasser in zwei Steinbecken speien. Die Figuren aus Bronzeguß wurden in der kaiserlichen Erzgießerei hergestellt.

Eine hervorragende Zierde erhielt Wien im Jahre 1898 durch die noch von Meister Hansen entworfene und aus Mitteln des Stadterweiterungsfonds errichtete Pallas Athene- Brunnenanlage (Abb. 812) vor dem Parlamentsgebäude. Den Mittelpunkt bildet eine gedrungene antike Säule, bekrönt von einer 6 m hohen Pallas Athene, die Bildhauer Kundmann schuf; darunter stehen rechts und links zwei ebenfalls mächtige weibliche Figuren, die gesetzgebende und die ausübende Gewalt, von Tautenheyn, während vorne und rückwärts die Gruppen Inn und Donau von Härdtle, beziehungsweise Elbe und Moldau von Kundmann lagern. Zu ihren Füßen befinden sich Tritonen, spielende Putten mit Delphinen, wie die anderen Figuren ebenfalls aus Laaser Marmor, während die Wasserbecken aus grauem Granit sind.

Zur Erinnerung an die goldene Hochzeit des Erzherzogs Rainer und der Erzherzogin Marie wurde im Jahre 1904 an der Mündung, der Margaretenstraße in die Wiedener Hauptstraße ein Marmorbrunnen er- richtet mit einem Obelisken, der das vergoldete Bronze- relief des hohen Paares zeigt und mit einer Krone abschließt; eine Arbeit des Bildhauers Wilhelm Seib.

Eine Brunnengruppe »Die Befreiung der Quelle« (Abb. 815) vom Bildhauer Heu stellte die Gemeinde im Jahre 1903 an der Wienflußböschung im Stadtparke auf. Zwei muskulöse, nackte Männer trachten einen Stein wegzuwälzen, unter welchem eine Quelle hervor- bricht und über zwei Felsstufen in ein Becken fließt.

In dem Parke vor der protestantischen Schule auf der Wieden errichteten Freunde und Verehrer des

r,., ji w., , t-., i . r... , Abb. 829. Wandbrunnen im Hofe des adeliffen Damen-

Bildhauers Viktor Tllgner nach einem Unausgeführten stiftes in der Johannesgasse 15 (I. Bezirk).

492

Denkmale und Brunnen.

Modelle dieses Meisters einen kleinen Brunnen aus rotem Porphyr mit reizender Bronzeplastik, Kinder mit Fisch und Gans und wasser- speienden Fröschen (Abb. 817). Um das Zustandekommen dieses Brunnens bemühten sich besonders der akademische Maler A. Moll und die Architekten Mayreder.

Mit der Freude an öffentlichen Denkmalen nimmt auch die Errichtung von öffentlichen Brunnen unter der steten Fürsorge und Unterstützung der Gemeinde zu. So ist im Sommer 1905 auf der Wieden am Mozartplatz ein neuer Mozart-Brunnen (Abb. 814) vom Bildhauer Wollek und Architekt A. Schönthal aufgestellt worden, den Manen des großen Musikers gewidmet, mit Tamino und Pamina als Hauptgruppe inmitten, ein Bronzeguß von Hans Frömml, zu Füßen wasserspeiende Ungeheuer und das große Bassin vor denselben aus . Badener Stein. Zur Erinnerung an die segensreiche Tätigkeit des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger wurde im V. Bezirke, Siebenbrunnen- gasse, der hübsche Siebenbrunnen (Abb. 827) errichtet. Derselbe ist mit dem Bilde des Bürgermeisters geschmückt, von der ein Lor- beerreis haltenden Vindobona bekrönt. Darunter sieben mit Wappen gezierte Wasserausläufe, welche sich in ein Bassin ergießen.

Der Erinnerung an den Maler Moritz Schwind ist ein Brunnen gewidmet, welchen Bildhauer Schimkowitz im Auftrage eines Komitees mit Motiven der schönen Melusine, der Quellennymphe, ausführen soll.

Ein Brunnendenkmal soll auch Vinzenz Prießnitz, der Begründer des Wasserheilverfahrens, erhalten, für welches ein Porträtmodell des Hydropathen von Fernkorn als Grundlage dienen und das nach dem Entwürfe des Architekten A. Weber und mit einer Bronzefigur des Bild- hauers C. M. Schwerdtner im Türkenschanzparke zur Aufstellung kommen soll; weiters wird ein Brunnendenkmal für Pfarrer Kneipp, für unseren Franz Schubert und für Meister Führich im VIII. Bezirke geplant.

b) An Gebäuden und in Höfen.

Abb. 830. Wandbrunncn (I., Wollzeile 12).

Als

architektonischer Schmuck am Äußeren eines Gebäudes war der Brunnen ehemals gern

gepflegt, so sehen wir z. B. an der Front der alten Aula (Akademie der Wissenschaften) rechts und links vom Haupt- eingange zwei große Wandbrunnen mit Muschelbassin und Steinbecken, bekrönt von Knaben, welche mit wasserspeien- den Delphinen spielen, von großer Einfachheit und Schönheit. Hierher gehört auch der Albrcchts-Brunnen (Abb. 818), eine große Brunnenanlage vor der Albrechtsrampe im I. Be- zirke, welche Kaiser Franz Josef I. errichten ließ und die im Jahre 1869 durch Schenkung in den Besitz der Gemeinde überging. Den Mittelpunkt dieses Monumentalbrunnens bildet die Marmorgruppe des Danubius und der Vindobona mit dem Donauschlüssel in einem Granitbecken, von Atlanten getragen; rechts stehen in überlebensgroßen Marmorfiguren und in Kindergcstalten die Theiß, Raab, Enns, Traun und der Inn, links die Save, March, Salzach, Mur und Drau. Die kräftigen Figuren schuf Bildhauer Johann Meixner, die Archi- tektur M. von Löhr in schlichten Formen der Renaissance. Nach dem Wiener Ausstellungsjahre 1873 wurde an der Verbindungsmauer zwischen dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie und der Kunstgewcrbe- schule ein von der Ausstellung herrührendes großes Mosaik- bild von Salviati in Venedig, die gerüstete Pallas Athene, mit einem reizenden kleinen Brunnen vereint; der zierliche Wandbrunnen und das in das Trottoir eingelassene Brunnen- becken wurden von dem akademischen Maler Ferdinand

Abb. 831. RebeWca-Brunnen (I., Spiegel- Laufberger und Architekt H. VOn Ferstl entworfen.

Monumcntalbrunnen.

493

Abb. 832. Alt-Wiener Hausbrunnen (VII., Westbahnstraße 8).

Die zwei grandiosen Wandbrunnen an den beiden Rundbauten des Michaeiertraktes der Hofburg (Abb. 823, 824) schließen sich in ihrer Großzügigkeit den Werken aus der Zeit Fischers von Erlach in der alten Hofburg würdig an. Der Brunnen links von R. Weyr stellt die Herrschaft zur See dar; die Königin des Meeres, eine 4 m hohe, gra- ziöse Figur mit einem Krönlein auf dem Haupte, steuert ihr Schiff sicher durch die Brandung, aus welcher ein mächti- ger Triton und ein grausiges Meerungeheuer emportauchen, um gegen das Schiff anzustürmen, während auf der ande- ren Seite Neptun mit dem Dreizack ruhig auf das Getümmel herabsieht. Am Brunnen rechts von E. Helmer wird die Herrschaft zu Lande durch eine edle männliche Figur dar- gestellt, mit einem Schwerte in der Linken, mit der Rechten wild anstürmende Unholde bannend. Ein prächtiger Adler .greift einen abstürzenden Titanen an, während ein großer Wurm aus dem gesprengten Erdreiche hervorkommt. Als Material ist an beiden Brunnen für Figuren, Tiere und Blatt- werk Laaser Marmor verwendet, für die Felsen, welche in den Bassins aufgetürmt sind, Lindabrunner Stein, die Bassins selbst sind aus rotem schwedischem Granit.

Der Brunnen als Wandbrunnen in den Höfen und Stiegen unserer Alt-Wiener Häuser, in öffentlichen Gebäuden und Palästen war von jeher ein beliebtes Dekorationsmotiv. Womöglich dem Haupteingange gegen- über im Hofe aufgestellt oder in einer Mittelachse der Hoffassade, in einer Wandnische des Stiegen- hauses, ob mehr oder weniger reich ausgestaltet, fehlte er ehemals selten. Zu den Brunnen in Höfen von Gebäuden gehört der bereits in der Einleitung erwähnte Brunnen der Stallburg aus dem Jahre 1675. Nicht viel später dürfte der Wandbrunnen im Schweizerhofe der Hofburg datieren, welcher ein großes

Bassin mit erneuer- ter Schmiedeeisen- einfassung und dar- unter ein kleines Bassin mit dem Dop- peladler zeigt. Der Brunnen steht noch in einer alten Bogen- nische, wie solche einstmals den gan- zen Schweizerhof umgaben. In das 18. Jahrhundert ge- hört auch noch die schöne Steinfigur des hl. Leopold auf dem großen Brunnen im ersten Hofe des Schottenhofes, I. Be- zirk. Die Figur ist heute wie ehemals zum Teil vergoldet und hält ein neues Kirchenmodell aus Blech in der Hand. Dieser Brunnen soll ehemals auf einem öffentlichen Platze gestanden haben.

Abb. 833. St. Georgs-Brunnen (im ehemaligen Palais Montenuovo).

Abb. 834. Hofbrunnen im Bankgebäude (I., Herrengasse).

494 Denkmale und Brunnen.

Eine Anzahl schöner Wandbrunnen hat uns das 18. Jahrhundert hinterlassen, und da ist es auch wieder Raphael Donner in erster Linie, welcher mit dem prächtigen Andromeda- Brunnen (Abb. 828) im alten Rathause ein typisches Werk geschaffen. Wir sehen in einem großen Bleirclief die gefesselte Andromeda von einem wasserspeienden Drachen bewacht, während der Befreier Perseus hoch zu Roß durch die Lüfte naht. Die ganze architektonische Einrahmung dieses Brunnens, der schöne schmiedeeiserne Brunnenrand auf dem Steinbassin und die den Balkon tragenden Putten zeugen für Donners hervorragende Künstlerschaft.

Gleichfalls Donner zugeschrieben wird der schöne Wandbrunnen in der Johannesgasse 15 im Hofe des adeligen Damenstiftes (Abb. 829). Einer edlen weiblichen Figur, die aus einer Am- phora Wasser spendet, werden von zwei Putten Vasen hingehalten; zwei Löwen flankieren den Brunnen. Die Nische ist mit Metall verkleidet, darüber eine schöne Architektur mit Inschriften und Wappen, bekrönt von einem Metallrelief St. Hieronymus in der Einöde. Auch dieser Brunnen ist ein Metallguß (die Löwen von Bronze), jedoch nicht so geschmeidig und weich im Detail und in der Komposition wie der vorige und mehr zu strengeren, beinahe steifen Formen in der Plastik hinneigend.

In dieselbe Zeit fällt auch der Brunnen im Lobkowitzschen Palais (I., Lobkowitzplatz), an einer dem Tore gegenüberliegenden Wandnische befindlich. Unter der Brunnenfigur des ruhenden Herkules auf einem höheren Sockel, von einer Viktoria gekrönt, befindet sich der nemeische Löwe und der gezähmte Stier von Kreta, aus dem Wasserbecken trinkend.

Dem Ende des 18. Jahrhunderts gehört wohl auch der kleine barocke Wandbrunnen im Palais Harrach (Abb. 826) auf der Freiung an, in der Ecke des Mittelhofes, mit gutem schmiedeeisernem Gitter, von einer hübschen Vase bekrönt.

Eine rein architektonische Lösung zeigt ein Brunnen aus dieser Zeit im Hause I., Bräuner- straße 3, wo der Brunnen mit einem Maskeron in ein vergittertes Hoffenster eingepaßt ist, und zwei symmetrische Wandbrunnen aus derselben Zeit im Palais Bräuner, Singerstraße, mit originellen Maskerons. Im Hofe des Kriegs-Ministeriums (Abb. 825) befindet sich ebenfalls ein schön in Stein gearbeiteter, heute ganz vernachlässigter kleiner Wandbrunnen aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in den Formen des Louis XVI.-Stiles, mit einem schilfumrahmten, bärtigen Kopf, der einst Wasser spendete, und davor ein kleines Steinbassin.

In den Stiegenhäusern und Höfen aus dem 18. Jahrhundert finden wir noch manches schöne Beispiel, so z. B. im ehemaligen Palais des Prinzen Eugen, jetzt Finanz-Ministerium, in der Himmelpfortgasse, im erzbischöflichen Palais (Abb. 822) (in der Mittelachse des Hofes eine große Wandnische mit einer weiblichen Figur mit Kanne und Becher, darunter ein großes Bassin).

Aus dem Anfange des 19. Jahrhunderts stammen eine große Anzahl schöner Haus- und Wandbrunnen in Wien, so der schöne, freistehende Hofbrunnen im alten Landhause, I., Herren- gasse (Abb. 820), ein ruhender, schilfbekränzter Flußgott mit einer Urne und einem hübschen Putto, eine Arbeit des Bildhauers J. Klieber, welcher in der Empirezeit manches Gebäude Wiens mit seinen Werken in Giebelfeldern und Friesen schmückte.

Aus derselben Zeit stammen unter anderen noch ein Wandbrunnen im Hofe Bräuner' straße Nr. 5 (Abb. 821) mit einer für die Empirezeit charakteristischen weiblichen Figur und einem Delphin. Das Wasserbecken von rötlichem Marmor, die Figur in Metallguß in der Art J. M. Fischers. Der Rebekka-Brunnen (Abb. 831) im Hause I., Spiegelgasse 15, ein Wandbrunnen mit maurischer Architektur, zeigt eine ganz vortreffliche weibliche Figur, Rebekka mit einer vorgehaltenen Urne, in hübscher Bewegung und außerordentlich schönem, mit dem Turban bedeckten Kopfe. Die Figur ist in Metallguß ausgeführt, die Architektur von Stein, leider aber mit Ölfarbe überstrichen. Wiederholungen dieser schönen Figur finden sich Franziskanerplatz 1 und Weihburggasse 4, jedoch mit kleinen Veränderungen.

Ähnliche Brunnen finden sich in der Dorotheergasse, Spiegelgasse, Wollzeile 12 (Abb. 830).

Ein außerordentlich schönes Beispiel eines Alt-Wiener Hausbrunnens sehen wir im Hause Westbahnstraße 8 (Abb. 832); eine Frau aus dem Volke neben der landesüblichen Wasserbutte sitzend, aus welcher das Wasser fließt; eine überaus originelle Bildhauerarbeit von volkstüm- licher Kraft.

Auch um die Mitte des 19. Jahrhunderts war noch die Freude an künstlerisch aus- gestalteten Brunnen in monumentalen Gebäuden vorhanden und so entstand 1853 im Bank' gebäude, I., Herrengasse (Abb. 834), ein reizender Brunnen, nach dem Entwürfe Ferstels von A. Fernkorn ausgeführt. In einem Marmorbecken spielen Nixen, darüber stehen in einem

Private Denkmale, Votivtafeln und Grabmonumente.

495

zweiten Bassin drei männliche Gestalten, der Krieger, der Bürger und Bauersmann, bekrönt

von einer Donaunixe, welche Perlen betrachtet.

Aus demselben Jahre und auch von Fernkorn stammt der im ehemaligen Palais Montc-

nuovo, ganz in der Nähe des vorigen befindliche St. Georgs-Brunnen (Abb. 833), welcher in der

Achse des Haupteinganges an der rückwärtigen Hofmauer steht, bei dem das Hauptgewicht auf die lebendige Bronzegruppe des prächtigen Reiters und des kolossalen Drachen gelegt ist, während die Brunnenschale und das belebende Element des Wassers untergeordnet behandelt sind. Das Brunnendenkmal weist die Inschrift auf: „Anton Fernkorn invenit, fecit annae 1853." Eine Wiederholung dieses St. Georg kam später mit einigen kleinen Abänderungen nach Agram.

Das 19. Jahrhundert hat sich bei öffentlichen und privaten Gebäuden immer weniger für künstlerisch ausgestattete Haus- brunnen interessiert. Meister Schmidt schuf im Jahre 1865 einen hübschen Brunnen in einem eigenen Brunnenhaus des Akademi- schen Gymnasiums mit Granitbecken und hübschen gotischen Säulen aus weißem Kalkstein, in der Art der Klosterbrunnen in den mittelalterlichen Kreuzgängen. Ein hübscher Haus- brunnen entstand beim Neubau des Anna-Hofes in der Anna- gasse, auf einer Säule ein Hanswurst mit ausgebreiteten Armen. Ein herrlicher Brunnen ist in allernächster Zeit für den Universi- tätshof zu erwarten, ein Werk des Bildhauers E. Helmer, ge- schmückt mit Kastalia, der träumenden jungfräulichen Hüterin der reinen Quelle, den Mittelpunkt des Brunnens bildend.

III.

PRIVATE DENKMALE, VOTIVTAFELN UND GRABMONUMENTE.

Abb. 835. „Stock im Eisen" (I. Bezirk).

An privaten Denkmalen ist Wien, wie es in der Natur der Sache liegt, recht arm.

Zu den privaten Denkmalen könnte die Büste van Swietens von Messerschmidt im Allge- meinen Krankenhause und die schöne Figur Zauners im Sammlungsraum des k. k. Münzamtes gerechnet werden, der sogenannte Genius Bornii, eine Jünglingsgestalt mit wissenschaftlichen In- strumenten; Bleiguß aus dem Beginne des 19. Jahrhunderts.

Im Jahre 1864 wurde im Garten der Theresianischen Akademie ein kleines Büsten- denkmal für Anton R. von Schmerling in An- wesenheit des durch das Denkmal geehrten damaligen Kurators der Akademie enthüllt. Auf einem Marmorobelisken ruht die Bronzebüste nach einem Modell des Bildhauers Fernkorn. Im Garten des Arztes Frisch, VIII., Josefstädter- straße 15, steht eine hübsche Billroth-Büste aus Marmor. Im Hause Währing, Gentzgasse Nr. 117 wurde im Frühjahre 1905 ein. Elisabeth- Denkmal enthüllt und an einem Hause in der Nußdorferstraße eine Herme zur Erinnerung an Theodor Körner nach dem Modelle des Bildhauers Leissek errichtet.

Künstlerisch ausgestattete Votivtafeln, welche nicht der Grabplastik als Epitaphien

u- i i lir- j i_ j j. Abb. 836. Theseus den Minotaurus bezwingend (Kunst-

angehoren, hat Wien wenig, doch ist an dieser historisches Hofmuseum).

496

Denkmale und Brunnen.

Stelle auf die vielen schönen Hauszeichen Wiens aufmerksam zu machen, welche in der Innern Stadt oft epitaphartig die Fassaden, meist über dem Eingang, schmückten oder rund gearbeitet auf Konsolen, meist an einer Ecke, vorsprangen. Zu den schönsten der ersten Kategorie gehört am Judenplatz das große Relief „Die Taufe im Jordan" aus dem 15. Jahrhundert. Aus der- selben Zeit stammt ein Wappenfries im Steyrerhof mit vier Wappen, den Buchstaben J. M. P. und der Jahreszahl 1476. Aus späterer Zeit sind der „Pelikan" am Hohen Markt, der „Goldene Becher" Ecke der Singerstraße vom Jahre 1592. Hier ist auch der sogenannte „Stock im Eisen" (Abb. 835) zu erwähnen, das sagenumwobene Hauszeichen an der Ecke des Grabens und der Kärntnerstraße.

Zu den freistehenden Hauszeichen gehört das sogenannte „Wintermännchen" (jetzt im Museum der Stadt Wien), der „Heidenschuß", bereits erneuert, u. a.

Die in der Innern Stadt reichlich angebrachten historischen Erinnerungstafeln sind in schöner Schrift, sonst aber schmucklos ausgeführt worden. Doch wäre hier das prächtige, wenio- bekannte gotische Epitaph im zweiten Hofe des k. k. Hofkammer-Archives und Obersten Rechnungshofes, I., Annagasse 5, der ehemalige Mariazellerhof (Abb. 838), zwischen Annao-asse und Johannesgasse, welcher 1834 umgebaut wurde, aus dem Jahre 1482 zu erwähnen. Eine thronende Muttergottes mit dem Jesuskind unter einem sehr hübschen Baldachin, vor ihr der Donator Stephan von Hohcnberg, mit dem Modell eines an dieser Stelle gestandenen Hauses, das er dem Kloster Klein-Mariazell schenkte, umgeben von einer Schar trefflich

Abb. 837. Sarkophag Kaiserin Maria Theresias und Franz von Lothringen in der Kapuzinergruft.

Private Denkmale, Votivtafeln und Grabmonumentc.

497

Abb. 838. Relief im Mariazellerhof (I., Annagasse).

gearbeiteter Gestalten, rechts der Abt des Stiftes, im Hintergrunde Mönche und Klosterfrauen in einer Landschaft, ein Spruchband mit lateinischer Widmung und der Jahreszahl 1482. Auch des großen, aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammenden Reliefbildes an der Seitenfront der Schottenkirche sei hier gedacht. Es stellt die Gründung des Schottenklosters durch Heinrich Jasomirgott dar. Im Hause IX., Nußdorferstraße Nr. 54 sehen wir eine mit der Büste Schuberts geschmückte Tafel an seinem Sterbehaus. In der Währingerstraße Nr. 81 eine solche auf den Maler Canon bezügliche. In der Gumpendorferstraße schmückt die Ecke des Hauses Nr. 56 eine Votivtafel mit dem Reliefmedaillon Anzengrubers Sterbehaus.

Hierher gehören auch die schönen Epitaphien in Gängen und Arkaden der neuen Universität. Im Stiegenhause der Oper wurden den Erbauern van der Null und Siccardsburg zwei Medaillons gewidmet. Im Stiegenhause des neuen Rathauses, Feststiege I, wurden dem Erbauer des Hauses, Friedrich Schmidt, und dem Bürgermeister, der den Grundstein zu dem- selben gelegt, Kajetan Felder, zwei Tafeln mit Porträtmedaillons im Jahre 1886 errichtet und im Vestibül dieser Stiege zwei große bronzene Erinnerungstafeln mit Bezug auf das fünfzig- jährige Regierungsjubiläum unseres Monarchen und dem von der Stadt Wien veranstalteten Kinderfestzug im Jahre 1898 angebracht. Im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie wurde in pietätvoller Erinnerung an den Gründer des Hauses E. von Eitelberger ein hübsches Denkmal mit Büste und Putten, vom Bildhauer St. Schwarz 1889 entworfen, sowie dem Archi- tekten des Hauses H. von Ferstl ein Porträtmedaillon im Stiegenhause daselbst gewidmet. So auch in der Aula der Akademie der bildenden Künste eine Porträttafel, dem Meister Hansen von seinen dankbaren Schülern gewidmet, von Architekt Auer und Bildhauer Kundmann.

Zu den öffentlichen Denkmalen kann auch die Kolossalgruppe „Theseus den Minotaurus bezwingend" (Abb. 836), von Canova im Jahre 1819 in Carraramarmor ausgeführt, gerechnet werden, welche früher in dem hierfür von Nobile erbauten Tempel im Volksgarten unter- gebracht war. Diese einheitliche künstlerische, vom Bildhauer und Architekten so gewollte Auf- stellung wurde 1891 zerstört, als die Theseusgruppe in das Stiegenhaus des kunsthistorischen Museums übertragen wurde, wo sie in der reichen Architektur dieses Hauses verschwindet.

Bd. II. 32

498

Denkmale und Brunnen.

Die alten Wiener Friedhöfe boten, nachdem sie aus der .Umgebung der Kirchen an die Grenzen der äußeren Bezirke verlegt wurden, dem Bildhauer des 18. Jahrhunderts einen weiteren Spielraum für die Grabplastik, welche sich bis dahin hauptsächlich mit Epi- taphien an dem Äußeren und Inneren der Kirchenmauern bescheiden mußte, bis im 19. Jahrhundert durch die Anlage des Zentral-Friedhofes eine überreiche und glänzende Tätigkeit den Bildhauern Wiens gegeben ward.

Zu den hervorragendsten Grab- denkmalen Wiens gehört der mächtige Sarkophag für den 1493 gestorbenen Kaiser Friedrich III. in der St. Stephans- Kirche, ein Werk von M. Lerch (siehe „Kirchenbauten", Abb. 28). Aus Unters- berger Marmor mit prächtigem figuralen und ornamentalen Schmuck versehen, mit reizenden Tierbildern in der Art des späten Mittelalters am Sockel ge- schmückt, gehört es zu den bedeutend- sten Werken der Spätgotik überhaupt. Die Votivkirche erhielt in dem aus Raitz in Mähren wieder nach Wien übertrage- nen Marmorsarkophag des Grafen Niko- laus Salm eine schöne Arbeit aus dem Jahre 1529, die zuerst in der Dorotheer- kirche stand. Auch ein interessantes früh- gotisches Grabmal hatte die Minoriten- kirche, das der 1305 verstorbenen Königin Bianca, welches aber spurlos verschwunden ist. Zu den vornehmsten Arbeiten der Grabplastik des 18. Jahrhunderts gehört der Sarkophag der Kaiserin Maria Theresia und des Kaisers Franz I. (Abb. 837) in der Gruft der PP. Kapu- ziner, ein imposantes Werk des Barockstiles von Balth. Moll, einem Schüler Donners, welcher

das Herrscherpaar auf einem mächtigen Sarkophag halb aufrecht ruhend mit Scepter, Reichsapfel und

Abb. 840.

Christinen-Denkmal in der Augustiner- kirche.

Abb. 839. Detail des Christinen-Denkmales in der Augustinerkirche.

Abb. 841.

Grabmonument am Währinger Fried- hofe.

Private Denkmale, Votivtafcln und Grabmonumente.

499

Abb. 842.

Grabmonument am

Döblinger Fried- hofe.

Abb. 843.

Grabmonument am Währinger Fried- hofe.

Schwert darstellt. Trauernde Genien an den Ecken, Trophäen und Reliefdarstellungen, die Krö- nungen in Frankfurt, Preßburg und Prag, an den Wänden schmücken das Denkmal, welches in Zinnguß ausgeführt ist. Das Christinen-Denkmal in der Augustinerkirche (Abb. 839, 840) von Canova wurde 1803 vom Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen seiner Gemahlin Maria Christine, einer Tochter der Kaiserin Maria Theresia, errichtet. Das Denkmal, durchwegs aus Carraramarmor ausgeführt, ist sowohl in bezug auf Komposition als auch Durchbildung die originellste und bedeutendste Arbeit Canovas. Zwei Stufen führen zu einer Gruftpyramide, deren Pforte geöffnet ist, darüber das Medaillon der Fürstin und die Überschrift: „Uxori optimae Albertus". Trauernde Gestalten betreten mit Urne, Fackeln und Blumengewinden die Grabkammer. Eine edle weibliche Gestalt, die Nächstenliebe, führt einen Greis am Arme

die Stufen herauf zur Linken. Zur Rechten ein trauernder Genius auf einem Löwen ruhend, alles Ernst und Klage. Mit

Abb. 844.

Abb. 845. Grabmonumente am Döblinger Friedhofe.

Abb. 846.

32*

500

Denkmale und Brunnen.

dem Einsetzen des Empirestiles, Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, beginnt die Grabplastik eine mehr architektonische Richtung zu nehmen; doch auch hier sind die Bildhauer

Bb^^ä^I

Abb. 847.

Abb. S48. Abb. 849.

Grabmonumente am Zentral-Friedhofe.

Abb. 850.

J. M. Fischer, Zauner und Canova wieder die hervorragendsten. Die Friedhöfe auf der Schmelz, St. Veit, Dornbach, Hietzing, Währing (Abb. 841, 843), in dessen Mittelpunkt sich eine große Dreifaltigkeitssäule aus der Mitte des 18. Jahrhunderts befindet, und Döbling (Abb. 842, 844 bis 846) zeigen aus dieser Zeit manches Schöne. Besonders der Hietzinger aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die neueste Zeit eine schöne Grabplastik, so z.B. das Grab der Familie Notar Wagner vom Architekten Otto Wagner, das Grab der Familie Kapösy vom Bildhauer Kundmann, Denkmale von J. Benk u. a. m.

Den größten Reichtum an monumentaler Grabplastik weist naturgemäß der Zentral- Friedhof auf. Sehen wir von älteren Arbeiten, die Grabmonumente Mozarts und Beethovens, das Grab des Grafen Fries von Zauner, hierher übertragen, ab, so gehört dieser Friedhof doch ganz der neueren Grabplastik des 19. und 20. Jahrhunderts an. Es seien vor allem die Denkmale am Grabe Hansens (Abb. 851) von Kundmann, Ghegas (Abb. 850) vom Architekten

Abb. 851.

Abb. 852. Grabmonumente am Zentral-Friedhofe.

Abb. S53.

Private Denkmale, Votivtafeln und Grabmonumente.

501

Avanzo, Th. von Hoermanns von R. Tautcnhcyn, der Familien Liebig und Radetzky von Tilgner, des Johannes Brahms von Frl. Konrad und das reizende Grabmal des Johann Strauß (Abb. 853) von Joh. Benk gebührend erwähnt. Auch das Grab Friedrich Schmidts, ent- worfen von Architekt Luntz, Nikolaus Dumbas und Hugo Wolfs (Abb. 852) von E. Helmer und eines Sohnes von Dr. Strauß von Fcodorowna Rieß, sowie das Grab Betty von Passys (Abb. 847) von Architekt A. Weber und andere (Abb. 848, 849) mögen wegen ihrer schlichten Auffassung erwähnt sein. Hier sei noch des Grabmales der Familie Engelhardt mit der schönen Bronzefigur eines weinenden Jünglings, von Maler Engelhardt, gedacht und des Grabmales des Hofrates von Radinger, von Architekt Jul. Koch entworfen, mit einem Relief, Pallas Athene darstellend, von R. Weyr (Abb. 854).

Überaus groß ist noch die Liste der schönen Grabmale am Zentral-Friedhofc; mit den reichsten Mitteln sind jene unter den Arkaden ausgeführt. Immer größer wird die Zahl der Ehrengräber, und die Grabmale bei Grüften und Einzelgräbern zeigen vielfach das Be- streben nach Eigenartigkeit. Dennoch herrscht das Motiv des Obelisken vor, allerdings oft mit Verwendung des schönsten Materiales. Granit und Syenit werden hauptsächlich verwendet, dann ist es der Unters- berger Marmor in seinen verschiedenen Varietäten und Carrara, die häufig zur Verwendung kommen, ebenso die Karstmarmore, neuer- dings auch Leithakalk- und Badener Stein für ganze Figuren.

Zum Schluß muß noch das großangelegte Grabmal für die im Ringtheater Verunglückten, von R. Weyr, erwähnt werden. Eine große Schriftvvand, von bronzenen Palmenzweigen und Kränzen unterbrochen, wird in der Mitte durch zwei mächige Karyatiden geteilt, welche ein Gebälk tragen, auf dem eine sitzende weibliche Figur mit dem Wappen der Stadt Wien und einem Kranze in der Linken den Abschluß bildet (Abb. 855).

Abb. 854. Grabdenkmal des Hof- rates von Radinger.

Abb. 855. Grabmal der 1881 im Ringtheater Verunglückten.

Literatur.

Kirsch, Die alten Plätze und Straßen Wiens. Weiß, Geschichte der Stadt Wien. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Band Niederösterreich. Kunst und Kunsthandwerk. Artaria & Comp. Schroll, Der Architekt. 1902, Heft 11 und 12. Schroll, Die Denkmäler am Wiener Zentral-Friedhofe und anderen Wiener Friedhöfen.

Architekt Anton Weber.

Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts.

Tafel XIV.

Kunsthistorisches Hofmuseum, Ägyptischer Saal.

B. SAMMLUNGEN UND BIBLIOTHEKEN.

Wien beherbergt eine Reihe interessanter und wertvoller Kunstsammlungen. Hier, als am Sitze eines der ältesten und mächtigsten Herrscherhäuser, flössen schon früh die Schätze und Kostbarkeiten des Allerhöchsten Erzhauses zusammen. Die ersten Geschlechter wetteiferten mit der Dynastie in der Betätigung von Kunstsinn und Kunstliebe, so daß auch in den Adels- palästen und manchen Patrizierhäusern der Hauptstadt sich ein reicher Stock von bemerkens- werten Kunstwerken vorfindet. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war denn auch Wien, was Kunstbesitz anbelangt, sicherlich eine der ersten Städte der Welt. Die Entwicklung der poli- tischen Verhältnisse in Europa gestatteten allerdings nicht, diesen hohen Rang bis ins 20. Jahr- hundert voll zu behaupten. Doch berechtigen die in mancher Beziehung als einzig zu bezeich- nenden Sammlungen des Allerhöchsten Hofes im Zusammenhalte mit der eifrigen Sammel- tätigkeit, die von öffentlichen Faktoren wie von Privaten in zunehmendem Maße entwickelt wird, wohl zu dem Ausspruche, daß Wien in bezug auf die Quantität, namentlich aber auf die Qualität seines Kunstbesitzes noch immer zu den hervorragendsten Plätzen gezählt werden muß.

Die nachfolgenden Darlegungen sollen, soweit es im Rahmen dieses Werkes möglich ist, in gedrängter Kürze eine Charakteristik dieses Besitzes zu geben suchen. Es werden dabei zunächst die öffentlich zugänglichen, dann die bedeutenderen Privatsammlungen und im Anschlüsse hieran die bemerkenswerten Bibliotheken der Stadt angeführt.

I. ÖFFENTLICHE SAMMLUNGEN.

Kunsthistorisches Hofmuseum. In diesem Museum (betreffs des Gebäudes siehe Abschnitt „Musealgebäude") sind die kunsthistorischen Sammlungen des Kaiserhauses aufgestellt. Diese umfassen den reichen Komplex von Gegenständen der Kunst und des Kunstgewerbes, welche im Laufe der Jahrhunderte an das Allerhöchste Erzhaus gelangten. Die Sammlungen bilden ein Denkmal des durch Generationen fortgepflanzten historischen Sinnes für Kunst und Kunst- förderung bei der Allerhöchsten Dynastie und erweisen die Blüte des Kunstlebens und Kunst- sinnes in der Geschichte derselben. Deshalb tragen sie, zum fideikommissarischen Eigentume des Herrscherhauses gehörend, mehr den Charakter privater Sammlungen, ohne sich deshalb der weitestgehenden Verwertung für Zwecke der Wissenschaft, der Kunstpflege und der Volks- bildung zu entziehen.

Historisch lassen sich die Bestände der einzelnen Sammlungen bis in das Mittelalter zurückverfolgen; allerdings kann erst vom 16. Jahrhunderte angefangen von Kunstsammlungen im eigentlichen Sinne die Rede sein, denn erst mit der Epoche des Humanismus beginnt eine bewußte Sammeltätigkeit. Ferdinands I. großer Kunstbesitz teilte sich bei seinem Tode 1564 in die drei gesonderten Besitzstände des Kaisers Maximilian IL, des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol und des Erzherzogs Karl von Steiermark. Auf diese Teilung sind im wesentlichen die drei Kunstkammern in Wien, Innsbruck (später Ambras) und Graz zurückzuführen. Die sogenannte Ambraser Sammlung wurde 1806 nach Wien überführt; einzelne Teile derselben waren schon früher den Wiener Sammlungen einverleibt worden, so unter Karl VI. die numis- matischen Bestände, unter Josef II. die wertvollsten Gemälde. 1765 wurde die Kunstkammer in Graz aufgelöst und kamen deren Objekte nach Wien. Hier hatte schon Maximilian II. an- sehnliche Schätze an Kunstwerken der Antike, Münzen und Medaillen, Kleinodien und Ge- mälden erworben. Dazu kamen späterhin die Reste der im Dreißigjährigen Kriege geplünderten

504

Sammlungen und Bibliotheken.

ehemals so reichhaltigen Präger Kunstkammer Rudolfs II. Die Hauptbestandteile der Wiener Gemäldegalerie gelangten durch das Legat des Erzherzogs Ernst (1595) und nach dem Tode des Erzherzogs Leopold Wilhelm, Statthalters der Niederlande (1659), hierher. Eine der reichsten Quellen für den heutigen Bestand der Sammlungen des Kunsthistorischen Hofmuseums bildete die kaiserliche Schatzkammer, deren Besitz an Hoheitszeichen und Kleinodien in die Zeiten der Verbindung der Häuser Habsburg und Burgund zurückreicht. ') Das Münzen- und Antiken- Kabinett erfuhr seine Ausgestaltung hauptsächlich durch Leopold I. und Karl VI., dann später durch Franz I. Was den kostbaren Besitz an Waffen anbelangt, so stammt er zum Teil aus der Ambraser Sammlung, zum Teil geht er auf das von Rudolf II. eingerichtete Zeughaus zurück, welches dann unter Karl VI. und Maria Theresia bedeutend vermehrt und namentlich durch Waffen aus der Grazer Kunstkammer verstärkt wurde und zuletzt als Hof-Waffenmuseum im Arsenale aufgestellt war.

Über Allerhöchsten Befehl wurden im Jahre 1889 sämtliche Kunstgegenstände aus dem fideikommissarischen Besitze des Kaiserhauses im Kunsthistorischen Hofmuseum nach kunst- wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellt. Ihre früheren Bezeichnungen wurden aufgehoben und neue Abteilungen gebildet, welche sich durch Abgabe alles Zusammengehörigen aus den bisherigen Sammlungen gestalteten, so daß lediglich die Hoheitszeichen, Hauskleinodien, Krö-

Abb. 856. Kunsthistorisches Hofmuseum, Kuppelraum.

nungsinsignien und Reliquien des heiligen römischen Reiches, das kaiserliche Taufzeug und der Privat- und Familienschmuck als Habsburg-Lothringischer Hausschatz von der Einverleibung in das Hofmuseum ausgeschlossen blieben. Die kunsthistorischen Sammlungen gruppieren sich dermalen in folgender Weise: I. Antiken-Sammlungen, umfassend die ägyptischen Altertümer

') Ober den dermaligen Besitzstand der Schatzkammer (Habsburg-Lothringischer Hausschatz) vgl. im folgenden S. 50S.

öffentliche Sammlungen.

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Abb. 857. Kunsthistorisches Hofmuseum, Saal XXII.

und die griechischen und römischen Antiken, ferner die Sammlung geschnittener Steine ein- schließlich der späteren Epochen bis zum 18. Jahrhunderte (Direktor Professor Dr. Robert von Schneider); II. die Münzen- und Medaillen-Sammlung (Kustoden Dr. K. Domanig und Prof. Dr. W. Kubitschek); III. die Sammlungen von kunstindustriellen Gegenständen des Mittel- alters und der Renaissance und von Waffen (Direktor Prof. Dr. Jul. von Schlosser) und IV. die Gemäldegalerie (alte Gemälde der verschiedenen Schulen und moderne Gemälde) nebst der Sammlung von Aquarellen und Handzeichnungen (Direktor Hofrat A. Schäffer). Diesen Sammlungen gliedern sich als Hilfsanstalten an eine Bibliothek, die Restaurieranstalt der Gemäldegalerie, die Adjustierungs- und Reproduktionswerkstätte (Restaurieranstalt für plastische Objekte und Gipsgießerei), endlich eine Administrationskanzlei.

Die Sammlung ägyptischer Altertümer umfaßt Monumente aus allen Hauptperioden der ägyptischen Kunst, die ältesten aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrtausends v. Chr., die jüngsten aus der römischen Kaiserzeit. In der Antiken-Sammlung sind griechische, etruskische, sabäische und römische Altertümer aufgestellt. Bemerkenswert ist die reichhaltige Vasensammlung; an diese anschließend eine Terrakottensammlung mit besonders schönen Stücken. Die Sammlung von Steinskulpturen enthält hervorragende Werke, so die Reliefs vom Heroon in Trysa (Lydien), die sogenannte „sterbende Amazone", die Artemis von Larnaka, das Köpfchen der Artemis aus Tralles, den Fuggerschen Amazonen-Sarkophag. Nicht minder erlesene Stücke hat die Sammlung von Bronzen aufzuweisen, so die Jünglingsstatue vom Helenenberge in Kärnten, den Herakles aus Brigetio, ein Ares-Figürchen. Hieran reihen sich Arbeiten in Gold und Silber, unter denen der Goldfund von Szent-Miklös und ein silberner Votivteller aus Aquileja hervorragen. Einzig in ihrer Art ist die Sammlung geschnittener Steine, welche eine Reihe berühmter Stücke enthält, wie den Onyx mit den Ptolemäerporträts, die sogenannte Gemma Augustea, dann unter den Renaissancekameen die Leda des Ben- venuto Cellini. An diese Kollektion reihen sich noch Sammlungen von antiken Gläsern, Elfen- beinarbeiten, Gegenstände aus Halbedelstein und Bernstein.

506 Sammlungen und Bibliotheken.

Eine Auswahl der bemerkenswertesten Funde aus Ephesus hat teils im „Theseustempel" des k. k. Volksgartens, teils in Räumlichkeiten des unteren Belvedereschlosses Aufstellung gefunden. Jene des Theseustempels enthält unter anderem ein Hauptstück dieser Fundgruppe, die überlebensgroße Bronzestatue eines Epheben, dann einen bronzenen Lampenträger von erlesener Arbeit und die reizvolle Kleinplastik „Herakles im Kampfe mit einem Zentauren" (Bronze), Bruchstücke eines Marmorfrieses mit jagenden Eroten u. a. m. Im unteren Belvedere sind es wieder nebst einigen hervorragenden Statuen die zehn kolossalen Marmorreliefs eines Ehren- dcnkmals auf den parthischen Feldzug Marc Aureis, die besondere Beachtung verdienen.

Von der Sammlung von Münzen und Medaillen, welche über 200.000 Nummern zählt, sind gegen 5500 Stücke ausgelegt, an denen die Entwicklung der Münze und Medaille vom klassischen Altertume bis in die neueste Zeit zur Anschauung gebracht wird. In einer besonderen Suite ist die Kunstgeschichte der deutschen und niederländischen Medaille darge- stellt; eine eigene Abteilung bilden auch die Münzen und Medaillen des Allerhöchsten Kaiser- hauses. In den Räumen dieser Sammlung ist die in ihrer Art einzige Porträtkollektion des Erzherzogs Ferdinand von Tirol aufgestellt, Bildnisse europäischer Fürsten und ihrer Ahn- herren bis zum Jahre 1590 sowie berühmter Männer des 15. und 16. Jahrhunderts enthaltend.

Die Sammlung kunstindustrieller Objekte umfaßt zunächst eine Gruppe mittel- alterlicher Kunstgegenstände: Holzschnitzwerke bemerkenswert eine figurale Gruppe aus St. Florian, vom 15. Jahrhundert Becher (hervorzuheben ein Pokal Friedrichs III.), den berühmten burgundischen Meßornat, Reliquienschreine, Elfenbeinschnitzereien u. s. w. Hieran reihen sich kunstvolle Arbeiten der Mechanik, sodann die einzigartige Kollektion von Gold- schmiedearbeiten und Gegenständen aus Bergkristall und Halbedelsteinen. Um hier aus der Fülle von Werken ersten Ranges nur einiges hervorzuheben, sei auf das Salzfaß von Ben- venuto Cellini, Schüsseln und Kannen von Christoph Jamnitzer, das „Nachtzeug" der Kaiserin Maria Theresia hingewiesen. Es folgen nun Werke der Poterie und Tonplastik, Glas und Email, darunter wertvolle Urbino- und Gubbio-Schüsseln, Limousiner Arbeiten; dann Prunk- möbel der italienischen und deutschen Renaissance, Pietradura-Arbeiten, eine reiche Kollektion erlesener Elfenbeinarbeiten aus der Renaissance und Barocke, eine kleine Sammlung alter Musikinstrumente, dann zahlreiche Steinskulpturcn, endlich die Sammlung von Bronzen der Renaissance und neuerer Zeit mit Stücken hervorragendster Art, so Arbeiten von Donatello, Giovanni da Bologna, Adriaen de Vries, Leone Leoni, Raphael Donner bis zu modernen Ar- beiten von Charpentier, Roty u. a. Zu erwähnen ist auch noch eine Sammlung von Manu- skripten und Kunstblättern des Mittelalters und der Renaissance, darunter Kaiser Maximilians Turnierbuch, das „Kunstbuch" und eine Anzahl anderer kolorierter Handzeichnungen von Albrecht Dürer und die hochinteressante Kupferstichsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol in ihren alten Klebebänden.

Die Waffen-Sammlung ist neben der Armeria in Madrid und der in Turin wohl als eine der ersten der Welt zu bezeichnen. Besonders reich ist sie an Stücken aus der Zeit des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance. Die erste Gruppe umfaßt Waffen bis zur Zeit Maximilians I., darunter die Turnierwaffen dieses Kaisers, worauf jene aus der Epoche Karls V. folgen. Besonders sind hier zu nennen die Rüstung dieses Kaisers und sein Paradedegen, Arbeiten in der Art des Wenzel Jamnitzer, der Prunkharnisch des Erzherzogs Ferdinand von Giovanni Serabaglio; dann Waffen aus der Zeit Maximilians II., Rudolfs II. (Prunkharnisch dieses Kaisers), endlich verschiedene Stücke einschließlich kostbarer Feuerwaffen aus späteren Epochen

Die Gemäldegalerie bietet, wie sich aus ihrer oben skizzierten geschichtlichen Ent- wicklung erklärt, ein glänzendes Bild der niederländischen Malerei des 16. und 17. Jahr- hunderts, während die Italiener, namentlich die Meister des Quatrocento, zurückstehen und nur durch die Zahl der hier vertretenen reifen Meister des 16. und 17. Jahrhunderts, besonders der Vcnetianer, den Vergleich mit anderen großen Galerien aushalten können. Immerhin sind gerade auch unter den Italienern, um mit diesen zu beginnen, Bilder ersten Ranges zu nennen, wie beispielsweise Peruginos Taufe Christi, Raffaels Madonna im Grünen, Andrea dtl Sartos Beweinung, Correggios Jo. Weiters wären zu erwähnen: Giorgione, die drei Weisen, Tizian, der neben der Kirschen-Madonna und der Grablegung mit einer ganzen Reihe seiner besten Werke vertreten ist, Palma der Ältere und der Jüngere, Tintoretto, Morctto (heilige Justina), Tiepolo, Paul Veronese und zahlreiche Werke des Bassano ; dann die Carracci, Guido Reni, Salvator Rosa u. s. w. An diese Bilder schließen sich einige Franzosen, so Clouet, Rigaud, Poussin, hierauf die großartige Suite Velazquezschcr Porträts, Murillo (Johannes der Täufer als Kind). Bei den Niederländern sind die Primitiven mit nicht vielen, aber vorzüglichen Stücken ver-

öffentliche Sammlangen.

507

treten, so zwei Porträts von Jan van Eyck, Triptychon von Rotier van der Weyden, Arbeiten von Gerard David, Memling, vom Meister vom Tode Maria; es folgen Meister, wie Patinir, Bles, Lucas von Leydcn, Qu. Massys, dann die stattliche Folge von Bildern des älteren Peter Brucghel, hierauf die Romanisten wie Mabusc, B. von Orley, Floris, Moro mit beachtenswerten Bildnissen. Den ersten Rang behaupten P. P. Rubens und sein Kreis, der Meister selbst glänzend vertreten durch seinen lldefonso-Altar, das Venusfest, das Porträt der Helene Fourement, eine große Landschaft und eine ganze Reihe anderer Bilder, dann van Dyck (besonders die „Vision des seligen Her- mann Josef" und Christus am Kreuze), van Thulden, Jordans, beide Teniers, Sny- ders, endlich die Tiermaler, wie Fyt, van Kessel, die Ha- miltons. Von den vlämischen Malern ist Rembrandt mit einer Anzahl vorzüglicher Bildnisse vertreten, ihm schließen sich an F. Hals, Ostade, Steen, Hobbema, Ruisdael(„dergroßeWald"), Mieris, J. M. Molenaer u. a. In der altdeutschen Schule sind zu nennen Albr. Dürer (Allerheiligenbild), Holbein, die beiden Cranach, Schon- gauer, Burgkmair, Baidung Grien, Schäuffelein, B. Stri- gel, B. Spranger, Heinz. Verschiedene Meister des 18. Jahrhunderts (unterihnen besonders Canaletto mit seinen österreichischen Ve- duten) und die Wiener Aka- demiker des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts ver- mitteln sodann den Über- gang zur modernen Abteilung. In dieser sind die Wiener Meister des 19. Jahrhunderts, wie Fendi, Karl und Albert Schindler, Danhauser, Waldmüller zum Teil mit ihren besten Werken vertreten. An sie schließen sich die Bildnismaler, wie Daffinger, Amerling, Kriehuber, Eybl, die Landschafter, wie Thomas Ender, Marko, Raffalt, Gauermann, dann die religiösen Maler, wie Führich, Scheffer von Leonhardshof, Steinte, die Kuppelwieser, endlich die neueren Meister mit Rahl, Makart (Triumph der Ariadne), Canon, Matejko, Blaas, Rudolf und Jakob Alt, Petten- kofen, Kurzbauer, Defregger (letztes Aufgebot), Schönn, Leopold Karl Müller, Angeli, Brozik, F. von Pausinger, Moll. Aus der im zweiten Stockwerke befindlichen, über 500 Stücke um- fassenden Sammlung von Aquarellen und Handzeichnungen seien angeführt Blätter von Schwind (Melusine), Passini, Jak. und Rud. Alt, Pettenkofen, Führich, Overbeck, Mafäk, Schwaiger, Myrbach, Klimt etc. Die gleichfalls im zweiten Stocke untergebrachte Sekundär- galerie enthält eine Anzahl Kunstgeschichtlich interessanter Werke älterer Meister, welche wegen Raummangels im ersten Stockwerke nicht Aufstellung finden konnten.

Die Bibliothek des Kunsthistorischen Hofmuseums enthält gegen 30.000 Bände; neben Werken und Zeitschriften allgemeingeschichtlichen oder kunsthistorischen Inhaltes sind hier insbesondere alle jene Fächer berücksichtigt, welche zu den Disziplinen der einzelnen Spezial- sammlungen des Museums in Beziehung stehen, so Ägyptologie, klassische Archäologie,

Abb. 858. Kunsthistorisches Hofmuscum, Wal

50S

Sammlungen und Bibliotheken.

Numismatik, Geschichte des Kunstgewerbes, Waffen- und Gemäldekunde. Die Bibliothek ist jedoch nicht öffentlich zugänglich.

Habsburg- Lothringischer Hausschatz (Schatzkammer in der k. k. Hofburg). Den Inhalt dieser Sammlung bilden die Insignien, Hoheitszeichen und Krönungsgewänder des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, die österreichischen Hoheitszeichen, die Heroldsgewänder und Kleinodien aus dem Schatze des Ordens vom Goldenen Vließe, dann die Juwelen und Schmuckgegenstände der Allerhöchsten Familie und einzelne hervorragende Memorabilien.

Unter den Krönungsinsignien ist vor allem die alte, edelstein- und perlengeschmückte Kaiserkrone, das Evangeliar Karls des Großen und die unter Rudolf II. hergestellte öster- reichische Kaiserkrone zu nennen; unter den Kleinodien des Goldenen Vließes die Collane (Potence) dieses Ordens und ein reichverziertes Kruzifix Philipps des Guten von Burgund. Der Familienschmuck des Allerhöchsten Hauses, zumeist aus der Zeit Maria Theresias und Franz I. stammend, doch auch einige ältere Stücke enthaltend, birgt Objekte von unschätz- barem Werte, so den in einer Agraffe befestigten „Florentiner", den viertgrößten Diamanten der Welt, ehemals im Besitze Karls des Kühnen von Burgund.

Die ethnographische und prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Hofmuseums muß in diesem Zusammenhange ob ihres reichen Besitzes an künstlerisch oder kunstgewerb- lich interessanten Objekten auch genannt werden. In der ethnographischen Sammlung sind besonders Brasilien, das Gebiet des Oberen Nil, Ostafrika, der Malaische Archipel, Japan, die Stidsee, Mexiko und die alten Kulturstaaten Zentralamerikas gut vertreten. Merkwürdig sind altmexikanische Gegenstände aus der Zeit der Eroberung Mexikos durch die Spanier, welche von der ehemaligen Ambraser Sammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol an diese Kollektion abgegeben wurden. In der prähistorischen Sammlung, die sich durch große Zahl der Gegenstände aus- zeichnet, ist namentlich die Hallstätter Periode mit den zum Teil ganz hervor- ragenden Funden aus Hallstatt gut ver- treten. Sonstige glänzende Partien dieser Sammlung sind auch die Pfahlbaufunde der jüngeren Steinzeit und die zahlreichen Gräberfunde aus den Ostalpen.

Die zum Hofmarstalle gehörigen drei Sammlungen: Hofgewehr kämme r, Hof- sattelkammer und Hofwagenburg ent- halten eine Anzahl künstlerisch und kunst- gewerblich bemerkenswerter Gegenstände, so die Gewehrkammer eine Suite schön eingelegter und tauschierter Schußwaffen, die Sattelkammer prunkvolle Pferdege- schirre aus der Zeit Karls VI. und Maria Theresias, einige Türkenzelte von 1683, die Wagenburg eine große Zahl reichst ausgestatteter Karrossen aus der Zeit Karls VI. bis Franz I. von Österreich.

Betreffs der Kupferstiche und Miniaturen der Hofbibliothek ist auf den folgenden Abschnitt „Bibliotheken" zu verweisen.

Neben der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek ist die unter dem Namen

„Albertina" bekannte erzherzogliche Sammlung (Eigentümer Erzherzog Friedrich, Direktor Josef Meder) als die bedeutendste, öffentlich zugängliche Kollektion dieser Art zu bezeichnen. Sie umfaßt an Kupferstichen zirka 220.000 Blätter aller Schulen; in jeder dieser Abteilungen sind die Meister älterer und neuerer Zeit fast vollständig vertreten. Die Sammlung der Hand- zeichnungen zählt gegen 18.000 Nummern, darunter kostbare Stücke von Raffael, Michelangelo, Dürer, Holbein, van Eyck, Memling, Velazquez und anderen Meistern ersten Ranges, die

Abb. 859. Akademie der bildenden Künste, Gipsmuscum.

öffentliche Sammlungen.

509

österreichischen Meister des 18. und 19. Jahrhunderts in seltener Vollständigkeit. Mit der Sammlung- steht eine reichhaltige Bibliothek in Verbindung.

Die Sammlungen der Akademie der bildenden Künste. Die Gemäldegalerie (Kustos kaiscrl. Rat E. Gerisch), bis auf Karl VI. zurückgehend und später durch das ansehnliche Legat der gräflich Lambergschen Gemäldesammlung und andere Zuwendungen vermehrt, weist gegen 1300 Bilder auf, darunter hervorragende Stücke der niederländischen und spanischen Schulen (Rubens, Rembrandt, Murillo), dann bedeutende Italiener (Tizian, Botticelli, Paul Veronese), die Wiener Akademiker des 18. und 19. Jahrhunderts, endlich eine Reihe hervorragender moderner Gemälde. Das Museum der Gipsabgüsse umfaßt gegen 1700 Abgüsse nach Werken der Antike, des Mittelalters, der Renaissance und der späteren Epochen; auch einige griechische Ori- ginalwerke sind ihm einverleibt. Was die Bibliothek und die mit derselben verbundenen Sammlungen von Handzeich- nungen, Kupferstichen und Photographien anbelangt, siehe den nachfolgenden Abschnitt „Bibliotheken".

Die „Moderne Galerie", vom k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht im Jahre 1903 ins Leben gerufen und mit einem Teil ihrer Bestände provisorisch in den Räumen des unteren Belvederes aufge- stellt, strebt einen Überblick über die Kunstentwicklung des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts an. Wenn auch dieses Ziel in Anbetracht des kurzen Bestandes der Galerie noch nicht vollständig erreicht ist, läßt sich doch selbst an der Auswahl der zurzeit aus- gestellten Bilder die Entwick- lung der österreichischen Ma- lerei bis in die romantische Epoche zurück gut verfolgen. So finden sich dort vorzüg- liche Arbeiten von Führich, Schwind, Eybl und Danhauser. Besonders gut ist Waldmüller vertreten (unter anderen die „Klostersuppe" und „Johannis- Andacht"). Es folgen einige bemerkenswerte Gemälde Pet- tenkofens und Leopold Karl Müllers, dann Bilder von Jak. Em. Schindler, Th. von Hör- mann, Eugen Jettel. Rudolf

von Alt ist mit einer ganzen Reihe ausgezeichneter Werke zu sehen. Hans Makart wurde ein eigener Saal eingeräumt, in dem sowohl ein Deckengemälde als die „Fünf Sinne" zu schöner Geltung kommen. Rahl, Canon, Schnorr von Carolsfeld gelangen mit einigen Studien zu Worte. Ihnen reihen sich die jüngeren österreichischen Künstler in ziemlicher Vollständigkeit an. Von ausländischen Meistern ist Max Klinger mit zwei seiner Hauptwerke („Christus im Olymp" und „Urteil des Paris") vertreten. Zu nennen wären noch etwa Böcklin („Meeresidyll"), Feuer-

Abt». 860. Arkadenhof des österreichischen Museums für Kunst und Industrie.

510

Sammlungen und Bibliotheken.

Abb. 861. Historisches Museum der Stadt Wien.

bach, Stuck, Kaikreuth, Thoma, Uhde, Kuehl, Axel Gallen, AlmaTadema(„Fredegunde") und Segantini, von welchem unter anderen die „Bösen Mütter" und die Kreidezeich- nung zum großen Triptychon „Sein, Werden und Vergehen" zu sehen sind.

Das Österreichische Mu- seum für Kunst und Industrie (Direktor Hofrat Artur von Scala), im Jahre 1863 als eine der ersten Anstalten dieser Art auf dem Kontinente ge- gründet, ist Staatsanstalt und umfaßt gegen 31.000 Gegen- stände der Kunst und des Kunstgewerbes in folgenden 24 Gruppen: Geflecht, Textil- kunst, Lackarbeiten, Email, Mosaik, Glasmalerei, Malerei, Schrift, Druck und graphische Künste, äußere Buchausstattung, Glasgefäße, Tongefäße und dekorative Tonplastik, Arbeiten aus Holz, Arbeiten aus Hörn, Bein, Elfenbein, Wachs, Arbeiten aus Alabaster, Marmor und sonstigem Stein, dann aus Kupfer, Messing, Zink und Zinn, Eisenarbeiten, Glocken und Uhren, Bronzearbeiten, Goldschmiede- kunst, Bijouterien, Graveurkunst, Ornamentenzeichnungen für Reliefs, Skulptur im großen. Unter diesen Gruppen finden sich zahlreiche Objekte von ganz hervorragender Bedeutung und Kostbarkeit. Das Museum veranstaltet wechselnde Ausstellungen sowie öffentliche Vor- träge. Die mit dem Institute verbundene und stark benützte Bibliothek besteht aus zwei

Abteilungen, der Büchersammlung von zirka 29.000 Bänden und der Sammlung von Kunstblättern mit ungefähr 58.000 Nummern. Die letztgenannte Ab- teilung umfaßt unter anderen eine reichhaltige Samm- lung von Ornamentstichen und eine eigene Vor- bildersammlung.

Im Handelsmuseum, welches aus dem orien- talischen Museum hervorging, sind rein kommer- zielle Sammlungen mit solchen kunstgewerblichen und ethnographischen Charakters vereinigt, welche wertvolle Objekte aus Ostasien und aus dem moham- medanischen und buddhistischen Oriente enthalten. Mit dem Institute steht eine Exportakademie in Ver- bindung.

Das Technologische Gewerbemuseum (Präsident des Kuratoriums Sektionschef Dr. F. W. Exner), vor- zugsweise zur Förderung der technischen Seite der Gewerbe bestimmt, stellt sich mit seinen reichhalti- gen Kollektionen an die Seite der größten ähnlichen Institutionen des Auslandes. Eine spezielle Abteilung dieses Museums bildet das „Museum der Ge- schichte der österreichischen Arbeit". Das Institut, welches mit seinen Kursen und Werkstätten eine der bedeutendsten gewerblichen Lehranstalten Wiens bildet, wird unter namhafter Bei- steuer aus Staatsmitteln vom Niederösterreichischen Gewerbeverein erhalten.

Eine kunstgeschichtlich wichtige Kollektion ist die Archäologische Sammlung der Wiener Universität, welche mit der archäologischen Lehrkanzel und dem archäologisch-epigraphischen Seminare in Verbindung steht. Sie enthält gegen 700 Gipsabgüsse und einen reichen Apparat von Photographien und Wandtafeln.

Abb. S62. Historisches Museum der Stadt Wien.

Privatgalcrien.

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Abb. 863. Historisches Museum der Stadt Wien.

Das Historische Museum der Stadt Wien im neuen Rathause (Direktor J. E. Probst), Eigentum der Stadtgemeinde und von dieser erhalten, birgt Denkmäler vom St. Stephans-Dom, topographische Objekte, Darstellungen bemerkenswerter politischer und lokaler Ereignisse, Gegenstände, welche sich auf die städtische Verwaltung beziehen, Münzen und Medaillen, ein eigenes Grillparzer-Zimmer, eine bedeutende Waffensammlung und die städtische Gemälde- galerie, deren seinerzeitige räumliche Vereinigung mit der „Modernen Galerie" geplant ist. Die römischen Funde aus Wien haben in einem eigenen „Museum Vindobonense" gesonderte Aufstellung gefunden.

Im Museum für österreichische Volkskunde (Direktor Kustos Dr. Haberlandt) sind ungefähr 13.000 Objekte volkstümlichen Charakters in folgenden Gruppen vereinigt: Deutsche in den Alpenländern, Deutsche in den Sudetenländern, Tschechoslawen, Polen undRuthenen, Südslawen, Romanen. Viele der Gegenstände sind durch künstlerisches oder kunstgewerbliches Interesse ausgezeichnet.

Das Heeresmuseum im k. u. k. Arsenal (Konservator Dr. John) umfaßt Siegestrophäen, Gedenkstücke aller Art, dann Waffen und Ausrüstungsgegenstände, welche die Entwicklung der k. u. k. Armee seit Beginn des stehenden Heeres illustrieren, darunter viele Gegenstände von hohem Kunst- oder Geschichtswerte.

II. PRIVATGALERIEN.

Zu den Zierden des Wiener Kunstbesitzes zählen vier der öffentlichen Besichtigung durch den Gemeinsinn ihrer Eigentümer zugänglich gemachte Privatgalerien, jene der Grafen Czernin, Harrach und Schönborn und die des regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein.

Die Czerninsche Galerie, über 350 Gemälde umfassend, birgt eine Anzahl aus- gezeichneter Niederländer (darunter das berühmte „Atelier" des van der Neer von Delft), einige vorzügliche Italiener der älteren Schulen, sowie gute Arbeiten neuerer Meister. Bei Harrach über 400 Nummern sind am zahlreichsten und auch der Qualität nach aus-

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Sammlungen und Bibliotheken.

gezeichnet gleichfalls die niederländischen Meister vertreten; daneben behaupten aber auch die Deutschen, dann die Italiener, Spanier (mit interessanten Stücken) und Franzosen einen hohen Rang. Auch in der Schönbornschen Galerie mit 120 Nummern sind die Niederländer an erster Stelle zu nennen (Rubens' „Blendung des Simson"), ebenso in der Liechtenstein- Galerie, die jedoch an Zahl und Bedeutung der Bilder die vorgenannten noch übertrifft. Unter den beiläufig 1000 Gemälden dieser Sammlung finden sich eine ganze Reihe von Perlen der

Abb. 864. Museum für österreichische Volkskunde im Börsengebäude.

älteren Malerei. Obenan stehen Rubens, van Dyck und Rembrandt und die bedeutendsten übrigen niederländischen Meister. Die Italiener sind nicht so zahlreich, aber mit Stücken ersten Ranges vertreten (Tizian, Palma der Ältere, Caravaggio). Auch die Altdeutschen dieser Gemälde- sammlung sind vorzüglich.

Unter den öffentlich zugänglichen Sammlungen mögen endlich noch das Museum der Gesellschaft der Musikfreunde mit über 100 älteren Musikinstrumenten, einer Kollektion von Musikermedaillen und einer großen Porträtsammlung, dann die Sammlungen der Gesell- schaft für Konservierung derKunst- und historischen Denkmale des Judentumes, schließlich die interessante Sammlung von Münz- und Medaillenstempcln des k. k. Haupt- münzamtes Erwähnung finden.

Bemerkenswerte Kirchenschätze befinden sich im St. Stephans-Dome und im Kapuziner- kloster (letzteres nicht öffentlich zugänglich), eine interessante kleine Gemäldegalerie im Schottenkloster. In diesem Zusammenhange ist auch des Ordensschatzes des Deutschen Ritter- ordens zu gedenken, welcher eine Anzahl kostbarer Gegenstände birgt.

Von den bedeutenderen, öffentlich nicht zugänglichen Kunstsammlungen im Privat- besitze seien angeführt '):

') Detailliertere Angaben über die Privatsammlungen wie auch über die öffentlichen Sammlungen Wiens finden sich in dem „Handbuch der Kunstpflege in Österreich", herausgegeben vom k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht, redigiert von W. Freiherrn von Weckbecker. Wien 1902.

Privatgalerien.

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Brüder Albert und Karl Figdor (Gegenstände des Mittelalters und der Renaissance mit besonderer Betonung- des kulturgeschichtlichen Momentes, Gemälde, Kunstblätter und Skulp- turen); Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este (antike, mittelalterliche Skulp- turen und Plastik der Renaissance, hervorragende Gemälde, Miniaturhandschriften, Stiche und Handzeichnungen, kunstgewerbliche Gegenstände und eine reiche ethnographische Sammlung); Karl Graf Lanckororiski (reiche Kollektion von Gemälden alter und neuerer Meister, Skulp-

Abb. 865. Heeresmuseum im k. u. k. Arsenal.

turen, Fächer und Miniaturen, antike Marmorwerke, Terrakotten und Vasen, ostasiatische Gegenstände); Fürst Johannes von und zu Liechtenstein (Bronzen und Antiken, Gemälde, namentlich solche von Meistern des 19. Jahrhunderts); Ludwig Lobmeyr (Gemälde älterer Meister, vorwiegend jedoch solche des 19. Jahrhunderts, besonders Alt und Pettenkofen); Alfons Freiherr von Rothschild (Gemälde, Kunstgegenstände, Handzeichnungen, Minia- turen, Waffen, Möbel, vorwiegend französische Arbeiten des 18. Jahrhunderts). Zu erwähnen wären weiters noch die Viennensia-Sammlungen von Georg Edel, Dr. August Heymann, Jos. Wünsch (auch eine SpezialSammlung von Holzschnitten), dann die Sammlungen von Gustav Benda (Kunstgegenstände und Waffen), Friedrich Dobner von Dobenau (Gemälde), Marie Dumba (Gemälde, Plastik), Gräfin Hoyos-Amerling (Gemälde, Kunstgegenstände), Dr. G. von Jurie (Gemälde, Kunstgegenstände), Hermann Freiherr von Königswarter (Gemälde), Dr. Adolf von Marenzeller (alte Gemälde), Johann von Metaxa (Wiener Porzellanminiaturen), Fürst Paul Metternich (Gemälde, Kunstgegenstände), Karl Mayer (Porzellan), Dr. Adam Pollitzer (Gemälde, Kunstblätter), Albert Freiherr von Roth- schild (Gemälde, vorwiegend Engländer, Franzosen und Niederländer des 17. und 18. Jahr- hunderts, Waffen, Bronzen), Gustav Freiherr von Springer (Gemälde), Dr. Max Strauß (Gemälde, Kunstgegenstände), Baronin Stummer von Tavarnok (Gemälde), Ernst Prinz zu Windischgrätz (Münzen, Waffen).

Bd. II.

33

514

Sammlungen und Bibliotheken.

III. BIBLIOTHEKEN.

Von den 204 Bibliotheken Wiens, welche das „Adreßbuch der Bibliotheken" der Öster- reichisch-ungarischen Monarchie von Bohatta und Holzmann 1) anführt, können hier nur jene in Betracht gezogen werden, welche zur Kunst- oder Kulturgeschichte in näherer Beziehung stehen. Da ist vor allem der k. k. Hof bibliothek (Direktor Hofrat Dr. Karabacek) mit ihren

') Wien 1900.

Abb. 806. Palais Lanckororiski, Zentralhalle.

Bibliotheken.

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Abb. 867. Sammlung „Albertina"

reichen Schätzen an Miniaturhandschriften, Inkunabcldrucken und Kunstblättern aller Art zu gedenken. Die Miniaturhandschriften umfassen altchristliche Manuskripte (darunter der berühmte Dioskorides-Kodex), byzantinische, frühmittelalterliche Handschriften, dann solche der späteren deutschen, italienischen, niederländischen Schulen wie auch orientalische Manuskripte, viele davon mit den kostbarsten Malereien geziert; in der Kupferstichsammlung, die zu einem großen Teil auf die Kollektion Eugens von Savoyen zurückgeht, sind die Italiener des 15. und 16. Jahrhunderts besonders gut vertreten, doch auch die Deutschen und Niederländer sind in seltener Reichhaltigkeit vorhanden; die neueren Schulen sind bis in die letzte Zeit mit Blättern aller Art repräsentiert. Die k. u.k. Familien-Fideikommißbiblio- thek (Leiter Kustos Dr. Franz Schnürer) birgt neben einigen kostbaren Hand- schriften eine Reihe wertvoller Kunstblätter und zahlreiche seltene Illustrationswerke. Besondere Erwähnung verdient hier die reichhaltige und systematisch geführte Por- trätsammlung. Die Bibliothek der k. k. Akademie der bildenden Künste (Direktor S. Laschitzer) vereinigt neben einer sehr bedeutenden Bücherei eine reichhaltige Sammlung von graphischen Blättern, eine Handzeichnungensammlung mit besonders wertvollen Stücken und eine Photographiensammlung. Der Büche- reien, welche mit der erzherzoglichen

Sammlung „Albertina" und mit dem Kunsthistorischen Hofmuseum verbunden sind, wurde bereits oben gedacht. In der reichhaltigen Bibliothek der Stadt Wien sind vor- zugsweise Geschichte und Topographie von Wien, Theater und Literaturgeschichte rück- sichtlich dieser besonders wichtig die Nachlässe von Raimund, Grillparzer, Anzengruber> Bauernfeld Städtegeschichte und Städteverwaltung vertreten. Die Niederösterreichische Landesbibliothek (Landesarchivar Dr. Anton Mayer) birgt neben einer großen Zahl histo- rischer Werke Kollektionen von topographischen Ansichten aus Niederösterreich, Ansichten von Denksäulen und Marterln und Porträts. Von kunstgeschichtlicher Wichtigkeit ist auch die Bibliothek der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale. Das k. u. k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv enthält außer den historisch hochbedeutsamen Stücken, welche, in Vitrinen zur Besichtigung aufgelegt, die Verfassungs- und Rechtsgeschichte von der Zeit der Babenberger bis in die neuere Zeit illustrieren, eine ganze Reihe sphra- gistisch wie sonst kunsthistorisch wertvoller Stücke. In der Bibliothek der technischen Hochschule finden sich zahlreiche Werke über Architektur, Malerei und Skulptur, ebenso in der reichhaltigen Bibliothek des Österreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereines. Rücksichtlich der Bibliothek des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie ist auf Abschnitt „Musealgebäude" (S. 173) zu verweisen. Mit der Bibliothek der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt ist eine Kollektion von Pracht- und Illustrationswerken sowie eine reiche, nach Techniken geordnete Sammlung von graphischen und photomechanischen Reproduktionen verbunden. Die Fideikommißbibliothek des regie- renden Fürsten von und zu Liechtenstein ist eine der umfangreichsten Privatbüchereien in Wien und enthält nebst zahlreichen kunst- und kulturgeschichtlich wichtigen Stücken (auch viele Miniaturhandschriften und Inkunabeln) die große, ehemals Hauslabsche Sammlung von Kunstblättern. Wertvolles kunsthistorisches Material ist endlich auch' in der Bibliothek und dem Apparate des archäologisch-epigraphischen Seminars der Wiener Universität und in jenem der Lehrkanzel für Kunstgeschichte an dieser Universität enthalten.

Fr. von WeckbecJicr.

33*

ALPHABETISCHES SACHVERZEICHNIS.

Ackerbau-Ministerium 131.

Ägydiuskirche, IV. Bezirk 68.

Ärarialgebäude,XV.Bezirk(Tannen- und Beingasse) 138.

Äronautische Anstalt, Militär- 305.

Akademie der bildenden Künste 190, 509.

Akademie der Wissenschaften 174.

Akademisches Gymnasium 197.

Albertina 508.

Albfechts-Brunnen 492.

Albrechts-Denkmal 476.

Albrechts-Kaserne 299.

Allgemeine Depositenbank 358.

Allgemeine österreichische Boden- kreditanstalt 357.

Allgemeine Poliklinik 242.

Allgemeine Verkehrsbank 356.

Allgemeines Krankenhaus 226.

Allgemeines Krankenhaus, Neues 227.

Allgemeines österreichisches israe- litisches Taubstummeninstitut 261.

Alt- Wiener Hausbrunnen, VII. Bez. (Westbahnstraße 8) 494.

Ambulatorium, Kaiser Franz Josef- 243.

Amtsgebäude d. Normal-Eichungs- kommission 147.

Amtshaus X. Bezirk 164.

XVI. Bezirk 165.

XVIII. Bezirk 166.

XX. Bezirk 166. Anatomisches Institut 179. Andromeda-Brunnen 494. Angerer-Haus 424. Anglo-österreichische Bank 356. Annahof 447.

Annakirche, I. Bezirk 55.

Annen-Kinderspital 247.

Anstalt zur Beschäftigung und Ver- sorgung erwachsener Blinder 260.

Antiqua domus, I. Bezirk (Sonnen- felsgasse 23) 176.

Antoniuskirche 82.

Anzengruber-Denkmal 480.

Apollo-Variete 341.

Arbeiterheim 322.

Arbeiter-Unfallversicherungs- anstalt, s. Niederösterreich 455.

Archäologische Sammlung der Wiener Universität 510

Arsenal 305.

Arsenal, Heeresmuseum 511. Artilleriearsenal 305. Artilleriekaserne 299. Asyl für Obdachlose 271. Asyl- und Werkhaus der Stadt

Wien 270. Athletiksportklub 349. Auersperg-Palais 382. Augarten-Palais 119. Augustinerkirche 41. Austria-Brunnen auf der Freiung

487. XVI. Bezirk 491.

Bankverein, Wiener 358.

Bassins mit Brunnengruppen zwi- schen den beiden Hofmuseen 491.

Beatrixbad 280.

Beethoven-Denkmal 473.

Befreiung der Quelle 491.

Belvedere 114.

Bibliotheken 514.

Bicycle-Klub, Wiener 349.

Blindenanstalt 260.

Purkersdorf 261. Blinden-Erziehungsinstitut 260. Bodenkreditanstalt, Allgemeine

österreichische 357. Börse 351.

für landwirtschaftliche Produkte 353.

Bogner-Haus 422.

Brandschaden-Versicherungs- anstalt 420.

Brauhaus-Restauration Simmering 448.

Breitenfelder Kirche 82.

Breuner-Enkevoirth-Palais 387.

Brevillier & Co. und A. Urban & Söhne, Arbeiterhäuser 456.

Bristol-Hotel 444.

Bruckner-Denkmal 473.

Brunnen, I.Bezirk (Bräunerstraße 3) 494.

(Bräunerstraße 5) 495. (Wollzeile 12) 494.

VII. Bezirk (Westbahnstraße 8) 494.

am Graben 486.

auf dem Hohen Markt 482. Neuen Markt 482.

der hl. Margareta 486.

im akademischen Gymnasium 495.

Brunne« im alten Landhause 494.

Annahof 495.

Bankgebäude 494.

ehemaligen Palais des Prinzen Eugen 494.

erzbischöflichen Palais 494.

Lobkowitzschen Palais 494.

Universitätshof 495.

in der Alserstraße 486.

zwischen den Hofmuseen 491. Bürger-Theater 337. Bürgerversorgungshaus 265. Burgtheater 328. Busch-Zirkus 342.

Canisiuskirche, IX. Bezirk 85. Carl-Theater 330. Casa piccola 420. Charite, IX. Bezirk 246. Chemisches Institut an der Wäh-

ringerstraße 179. Christinen-Denkmal 499. Cobenzl-Hotel 446. Colosseum 340. Cottage-Eislaufverein 348.

Damenstift, Savoyisches 391.

Depositenbank, Allgemeine 358.

Deutsche Botschaft, Palais 395.

Deutsche Ritterordens-Kirche 44.

Deutsches Volkstheater 332.

Deutschmeister-Denkmal 480.

Dianabad, II. Bezirk 279.

Diakonissen-Krankenhaus, Evan- gelisches 246.

»Die Befreiung der Quelle« 491.

Diphtherieheilserum, Institut zur Gewinnung von 237.

Dominikanerkirche zu Sta. Maria Rotunda 55.

Donaukanalbäder 274.

Donaustrombad, Städtisches 273.

Donauweibchen-Brunnen 489.

Dreifaltigkeits- oder Pestsäule am Graben 467.

Effekten- und Warenbörse 351. Eislauf-Verein 347.

Cottage- 348.

Elektrotechnisches Institut der tech- nischen Hochschule 186.

Elisabeth-Denkmal 480. Elisabeth-Kirche 44, 63, 85. Elisabeth-Spital 231, 240. Elisabeth-Staatsgymnasium 198.

518

Alphabetisches Sachverzeichnis.

Engel-Brunnen 491. Epidemiespital, II. Bezirk (Engerth- straße) 238.

X. Bezirk (Triesterstraße) 238.

XII. Bezirk 238.

XVII. Bezirk 238.

Erste gemeinnützige Baugesellschaft

für Arbeiterwohnungen 455. Erzbischöfliches Palais 376. Erzherzog Albrecht-Denkmal 476.

Albrecht-Infanteriekaserne 299.

Franz Ferdinand-Palais 373.

Friedrich-Palais 375.

Karl-Denkmal 472.

Karl Ludwig-Palais 375.

Ludwig Viktor-Palais 371.

Leopold Salvator-Palais 375.

Rainer-Palais 374.

Wilhelm-Artillerikaserne 299. Escomptegesellschaft, Niederöster- reichische 356.

Esders Stephan, Geschäfthaus 365. Eszterhazy, Majoratshaus 382.

Sommerpalais 382.

Eugen von Savoyen-Denkmal 472. Evangelische Kirche A. C. VI. Bezirk (Gumpendorferstraße) 86.

am Matzleinsdorfer Fried- hof 87.

XVIII. Bezirk (Martinstraße)

87.

Stadtkirche A. C. (Dorotheer- gasse) 86.

H. C. (Dorotheergasse) 86.

Evangelisches Diakonissenkranken- haus, XVIII. Bezirk 246. Exerzierplatz auf der Schmelz 305.

Feuerwehr 282. Filial-Invalidenhaus 313. Finanzgebäude, III. Bezirk (Vordere

Zollamtsstraße 5 u. 7) 137. Finanz-Landesdirektionsgebäude

137. Finanz-Ministerium 129. Findelhaus 259. Fleischmarkt 17. Florian-Kirche 66. Franziskanerkirche, I. Bezirk 53. Freibad 274.

Gänsemädchen-Brunnen 490. Garnisonsspital Nr. 1 311.

Nr. 2 313.

Gartenbau-Gesellschaft 345. Gasthaus »Zur güldenen Wald- schnepfe« 450.

Gebär- und Findelanstalt 259. Gebäude der Gartenbau-Gesell- schaft 345.

der Sezession 319

der ungarischen Garde 119.

des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines und des Niederösterreichischen Ge- werbe-Vereines 318.

des Technischen Militärkomitees 291.

für Vergnügungen und Sport 325.

Gemeinsamer Oberster Rechnungs- hof 124.

Generaldirektion der Tabakregie

148. Genius Bornii 495. Genossenschafts-Krankenkassen,

Verbandshaus 323. Geographisches Institut, Militär-

292. Geologische Reichsanstalt 183. Georgsbad, IX. Bezirk 282. Georgs-Brunnen 495. Gerngroß, Warenhaus 368. Gersthofer Kirche 80. Geschäftshaus Esders Stephan 365.

Herzmansky A. 366.

Zwieback 366. Gesellschaft der Ärzte, Haus der

319.

Gesellschaft vom Roten Kreuze 287.

Gewerbe-Museum, Technologi- sches 510.

Gewerbevereinsgebäude 318.

Giro-undKassenverein, Wiener359.

Glashüttenhof 368.

Goethe-Denkmal 476.

Grabdenkmal Nikolaus Dumba 500.

der Familie Engelhardt 500.

Ghegas 500.

Hansens 500.

Th. v. Hoermanns 501.

Betty v. Passys 501.

Radingers 501.

Friedrich Schmidts 501.

Johann Strauß' 501.

Dr. Strauß' 501.

Hugo Wolfs 501. Grand-Hotel 443.

Graphische Lehr- und Versuchs- anstalt 212.

Grillparzer-Denkmal 473.

Großbritannische Botschaft, Palais 395.

Grün, Anastasius, Denkmal 475.

Gumpendorfer Kirche 68.

Gutenberg-Denkmal 477.

Gymnasium der Benediktiner zu den Schotten 198.

Haas & Söhne, Warenhaus 364.

Habsburg-Lothringischer Haus- schatz 508.

Häuschen der Lawn-Tennis-Gesell- schaft 349.

Häusergruppe Reichsratsstraße 425.

Hagenbund, Ausstellungshaus 463.

Handels-Akademie 197.

Handels-Ministerium 131.

Handels-Museum 510.

Harrachsches Majoratspalais 391.

Hauptmünzamt 151.

Hauptzollamt 138.

Haus der Barmherzigkeit 243.

k. k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien 319.

Wiener Kaufmannschaft 320.

des Wiener Kaufmännischen Vereines 320.

Haushof Fleischmarkt 17 403. Haus-, Hof- und Staatsarchiv 121. Haus zur Weltkugel 421. Heeresmuseum im k. u. k. Arsenal

511. Heilanstalt Alland 246.

Heiligenkreuzer-Hof 403.

Heim für obdachlose Familien 272.

Heinrichs-Hof 423.

Herrenhutterhaus 420.

Herz Jesu-Kirche, Kaisermühlen 81.

Herzmansky, Warenhaus 366.

Hetzendorfer Schloß 119.

Hietzinger Hof 446.

Historisches Museum der Stadt Wien 511.

Hochschule für Bodenkultur 187.

Hochstetter-Villa 439.

Hochstrahl-Brunnen 490.

Hoch- und Deutschmeisters, Palais des 373.

Hofbrauhaus Nußdorf, Bedienste- ten-Haus 454, 458.

Hofburg, alter Teil 97.

neuer Teil 110. Hofburgkapelle 39. Hof-Burgtheater 328. Hofmuseen 169. Hofmuseum, Kunsthistorisches 503.

Naturhistorisches 508. Hof-Operntheater 326. Hofstall-Gebäude 120.

Hof- und Staatsbeamten, Rad- fahrklub der 349. Hof- und Staatsdruckerei 152. Holzersches Strombad 280. Hotel Bristol 444.

Cobenzl 446.

Hietzinger-Hof 446.

Imperial 444.

Kahlenberg 447.

Kranz 444.

österreichischer Hof 445.

Matschaker-Hof 445.

Meißl & Schadn 445.

Metropole 443.

Post 446.

Sacher 445. Hydrometrische Prüfungsanstalt

146. Hygieia-Brunnen 486.

Impf stoff gewinnungsanstalt, VIII. Bezirk 237.

Infanterie-Kadettenschule, XIII. Be- zirk 309.

Infanteriekaserne am Rennweg 296.

Institut zur Gewinnung von Diph- therieheilserum 237.

Invalidenhaus auf der Landstraße 313.

Irrenanstalt, Niederösterreichische Landes- 255.

Irrenanstalten 258

Israelitisches Blindeninstitut 261.

Taubstummeninstitut, Allge- meines österreichisches 261.

Jagdschloß im Lainzer Tiergarten

118. Johann von Nepomuk-Kapelle 66. Johann vqnNepomuk-Kirche66,75. Josefs-Akädemie 312. Josefs-Kinderspital 248. Josefs-Kirche 61. Jubiläumstheater 335. Justiz-Ministerium 128. Justiz-Palast 140.

Alphabetisches Sachverzeichnis.

519

Kärntner-Durchgang 423. Kärntner-Hof 424. Kärntnerstraße 5 421. Kahlenberg-Hotel 447. Kaiser Ferdinands-Nordbahn,

Arbeiterhäuser 456. Kaiser Franz I. -Denkmal 471. Kaiser Franz Josef-Ambulatorium

243. Kaiser Franz Josef I.-Denkmal 478. Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche,

II. Bezirk 80. Kaiser Franz Josef I.-Jubiläums-

stiftung für Volkswohnungen

und VVohlfahrtseinrichtungen

452, 456. Kaiser Franzjosef-Kavalleriekaserne

300. KaiserFranzJosef-Landwehrkaserne

313. Kaiser Franz Josef-Rekonvale- szentenheim fürarmeFrauen 246. Kaiser Franz Josef-Spital 233. Kaiser Friedrich Ill.-Sarkophag 498. Kaiser Josef-Reiterstandbild 470. Kaiser- Jubiläums-Stadttheater 335. Kaiserin Elisabeth-Denkmal 480. Kaiserin Elisabeth-Kinderspital in

Bad Hall 252. Kaiserin Elisabeth-Spital 231. Kaiserin Maria Theresia-Denkmal

473. Kaiserin Maria Theresia und Kaiser

Franz, Sarkophag der 498. Kalvarienberg in Hernais 56. Kapelle der hl. Brigitta in der

Brigittenau 57. Kapuzinerkirche, I. Bezirk 53. Karl Ludwig-Staatsgymnasium 199. Karlskirche, IV. Bezirk 63. Karmeliterkirche zur hl. Theresia,

II. Bezirk (Sperlgasse) 54.

XIX. Bezirk 79. Karolinen-Kinderspital 250. Kaserne des Landwehr-Infanterie- regimentes Nr. 24 314.

Kaufmännischen Verein, Haus des Wiener 320.

Kaufmannschaft, Haus der Wiener 320.

Kavalleriekaserne 300.

Kinderasyle 263.

Kinderpark III. Bez., Trinkhalle 346.

Kinderspital Bad Hall 252.

Kirche des Konvents der Barm- herzigen Brüder, II. Bezirk 54.

St. Barbara >der unierten Grie- chen, I. Bezirk 96.

St. Georg der nichtunierten Griechen (türkischeUntertanen), I. Bezirk 96.

in Breitensee^82.

zu den neun Chören der Engel Am Hof 44, 59.

zum hl. Kreuz, III. Bezirk (Renn- weg) 67.

VII. Bezirk (Stifts- kaserne) 66.

zur hl. Dreifaltigkeit der nicht- unierten Griechen, I. Bezirk 95.

Klosterspital zum hl. Franz von Assisi, V. Bezirk 242.

Komitee zur Begründung derErsten gemeinnützigen Baugesellschaft für Arbeiterwohnungen 455.

Kommunal-Epidemiespital, II. Be- zirk (Engerthstraße) 238.

X. Bezirk (Triesterstraße) 238.

im XII. Bezirk 238.

XVII. Bezirk (Gilmgasse 18)

238.

Konsular-Akademie 193.

Korpskommando-Gebäude 291.

Krankenanstalt Rudolf-Stiftung 230.

Krankenhaus, Allgemeines 226.

(Neues) 227.

der Barmherzigen Brüder, II. Be- zirk 239.

Schwestern 240.

Wiener Kaufmannschaft 253.

Erzherzogin Sophien-Spital- stiftung 233.

Wieden 229.

Kranner A., Warenhaus 365. Kreditanstalt, österreichische 356. Kriegsschule 309.

Kronprinz Rudolf-Kinderspital 249. Kronprinzessin Stephanie-Spital

232. Künstlerhaus 317. Kunstgewerbeschule 172. Kunsthistorisches Hofmuseum 503. Kursalon im Stadtpark 345.

Länderbank, österreichische 360.

Lanckoronski-Palais 396.

Landau-Palais 401.

Landes-Blindenanstalt in Purkers- dorf 261.

Landes-Gebär- und Findelanstalt, Niederösterreichische, IX. Bezirk 259.

Landesgericht 142.

Landes-Heil- und Pflegeanstalten in Wien, Neue 255.

Landes-Irrenanstalt, Niederöster- reichische 255.

Landesverteidigungs-Ministerium 313.

Landhaus 157.

Landwehr-Ausrüstunghauptdepot 314.

Landwehr-Kadettenschule 316.

Landwehrkaserne des Regimentes Nr. 24 314.

Landwehrkaserne, Kaiser Franz Josef- 313.

Landwehr-Oberkommando 313.

Landwirtschaftlich-bakteriologische und Pflanzenschutzstation 145.

Landwirtschaftlich-chemische Ver- suchsstation 146.

Lanner-Strauß-Denkmal 480.

Laurenzergebäude, I. Bezirk 138.

Laurenzerkirche 67, 68.

Lawn-Tennis-Gesellschaft, Häus- chen der 349.

Lazaristenkirche, VII. Bezirk 77.

Lehrerbildungsanstalt 197.

Lehrerinnenbildungsanstalt 196.

Lenau-Denkmal 475.

Leopolds-Kirche 60, 80.

Leopoldstädter Kinderspital 249.

Liebenberg-Denkmal 475.

Liechtenstein, Majoratshaus 378. Liechtenstein-Palais 381, 382. Liechtenstein-Sommerpalais 380. Linienkapellen 67. Logierhäuser 458. Lustschloß Schönbrunn 116. Lustspieltheater im Prater 332. Lyssa-Institut 237.

Mädchengymnasium 203. Mädchen-Lyzeum des Schulvereines für Beamtentöchter 203.

»Wiener Frauenerwerb- vereines«, VI. Bezirk 203.

Luithlen, I. Bezirk 203.

Dr. Eugenie Schwarzwald, I. Bez. 203.

V. Bezirk 203. Mädchenpensionat 194. Mädchen-Rekonvaleszentenheim

»Faniteum« 251.

Magdalenenstraße 40 422.

Majoratshaus Fürst Eszterhazy 382.

Majoratspalais, Harrachsches 391.

Makart-Denkmal 472.

Marc Anton-Gruppe 481.

Margareten-Kirche, V. Bezirk 68.

Maria am Gestade 43.

Mariahilfer Kirche, VI. Bezirk 60.

Maria Theresia-Denkmal 473.

Maria Theresia- Frauen - Hospital 243.

Mariazeller-Hof, I. Bezirk 140, 496.

Mariensäule Am Hof 467.

Matschakerhof 445.

Mattoni-Hof 421.

Maximilians-Gymnasium 199.

Medikamentendirektion, Militär-309.

Meißl & Schadn, Hotel 445.

Meteorologie undErdmagnetismus, Zentralanstalt für 182.

Michaeierkirche 39.

Milchtrinkhalle, III. Bezirk, Kinder- park 346.

Militär-äronautische Anstalt 305.

Militär-geographisches Institut 292.

Militärkomitee, Technisches 291.

Militär-Medikamentendirektion 309.

Militär-Reitlehrer-Institut 310.

Militär-Schießstätte 305.

Militär-Schwimmanstalt 311.

Militär-Tierarznei-Institut und tier- ärztliche Hochschule 310.

Militär-Verpflegsetablissement 308.

Ministerium des Äußern 121.

Innern 127.

für Kultus und Unterricht 131.

Landesverteidigung 313. Ministerratspräsidium 126. Minoritenkirche, I. Bezirk 40. Moderne Galerie 509. Monturdepot, XI. Bezirk 308. Moses-Brunnen 485. Mozart-Brunnen 492. Mozart-Denkmal 476.

Museum der Stadt Wien, Histori- sches 511.

für Kunst und Industrie, Öster- reichisches 510.

österreichische Volkskunde 511.

Musikvereinsgebäude 343.

520

Alphabetisches Sachverzeichnis.

Nationalbank, Priv. österreichische

355. Naturhistorisches Hofmuseum 508. Neptuns-Brunnen 482. Neuer Markt 1 419. Neugebäude im XI. Bezirk 308. Neumann, Warenhaus 367. Niederösterreichische Escompte-

Gesellschaft 356.

Statthaltern 155.

Landhaus 157. Null, van der 497. Nuntiatur-Palais 392.

Oberlandesgericht 141. Oberster Rechnungshof 124. Österreichische Gesellschaft vom

Roten Kreuze 287. Österreichischer Hof 445. österreichischer Ingenieur- und

Architekten-Verein, Vereinshaus

318. Österreichische Kreditanstalt 356. Österreichische Länderbank 360. Österreichisches Museum für Kunst

und Industrie 510. Österreichisches Museum für Kunst

und Industrie und Kunstgevverbe-

schule 172. Österreichische Nordvvestbahn-

häuser für Bedienstete 456. Offiziers-Spitalsgebäude 312. Offizierstöchter - Erziehungsinstitut

in Hernais 195. Opernhausbrunnen 490. Operntheater 326. Orpheum 338. Othmarkirche 77. Ottakringerbräu 447.

Palais Auersperg, Fürst 382.

Batthyanyi-Strattmann, Fürst 383.

Böhler Friedrich 401.

Bourgoing, Othon Baron 402.

Bratmann Josef 398.

Breuner-Enkevoirth, Graf 387.

Chotek, Graf Otto 394.

Clam-Gallas, Graf 394.

Clary, Fürst 388.

Deutsche Botschaft 395.

Ernst 396.

Erzbischöfliches 376.

Erzherzog Franz Ferdinand 373.

Friedrich 375. Karl Ludwig 375.

Leopold Salvator 375.

Ludwig Viktor 371.

Rainer 374.

Fürstenberg, Landgraf 389.

Geymüller, Baron 389.

Großbritannische Botschaft 395.

Haas, Philipp Freiherr von (ehemals Pranter) 396.

Hardegg, Graf 393.

des Hoch- und Deutschmeisters 373.

Hoyos, Gräfin Marie 397.

Isbary, Rudolf Freiherr von 401.

Kinsky, Fürst 385.

Koburg, Herzog von 394.

Palais Dr. Kranz 398.

Lanckoronski, Graf 396.

Landau, Dr. Max 401.

Larisch-Mönnich, Graf 394.

Liechtenstein, Fürst 381, 382.

Lobkowitz, Fürst 376.

Lützow, Graf 402.

Metternich, Fürst 393, 402.

Miller von Aichholz, Eugen 398-

Modena, Herzog von 373.

der Nuntiatur 392.

Paar, Fürst 389.

Pallavicini, Markgraf 392.

Probst Karl 401.

Redlich Theodor 401, 402.

Rothschild, Albert Freiherr von 399.

Alfons Freiherr von 399.

Russische Botschaft 396.

Savoyen-Carignan, Herzogin 391.

Schenk, Adolf Ritter von 399.

Schönborn, Graf 384.

Schönburg, Fürst 390.

Schwarzenberg, Fürst 377.

Seybel 400.

Sina, Freiherr Simon 394.

Sternberg, Philipp Graf 393.

Vrints, Graf 402.

Wahliss Ernst 401.

Wessely, Ritter von 400.

Wimpffen, Graf 394.

Windischgrätz, Fürst 392.

Wittgenstein K. (ehem. Pranter) 396.

Württemberg, Herzog Philipp von 394.

Pallas Athene-Brunnengruppe 491.

Parlamentsgebäude 131.

Passy, Betty von, Grabdenkmal 501.

Paulanerkirche zu den hl. Schutz- engeln, IV. Bezirk 54.

Pension Ottakringerbräu 447.

Pestsäule am Graben 467.

Peterskirche, I. Bezirk 62.

Peter- und Paulskirche, III. Bezirk 62.

Pfarrkirche in der Brigittenau 78.

Favoriten 85.

Floridsdorf 85.

Fünfhaus 78.

Hütteldorf 79.

Inzersdorf 68. Rudolfsheim 80.

zu den sieben Zufluchten, Alt- lerchenfeld 75.

vierzehn Nothelfern, IX. Bezirk 63.

zur hl. Familie, XVI. Bezirk 81. Pferde-Wettrennplatz Freudenau

346.

Physiologisches Institut 180.

Piaristen-Ordenskirche zu Maria Treu, VIII. Bezirk 62.

Poliklinik, Allgemeine 242.

Polizeidirektion 142.

Polizeigebäude IX. Bezirk (Elisa- bethpromenade) 143.

Polizeigebäude Prater 145.

Postsparkassenamt (neues Ge- bäude) 139.

Pranter-Palais 396.

Priester-Kranken- und Defizienten-

institut 253. Prinz Eugen von Savoyen-Denk-

mal 472. Private gymnasiale Mädchenschule

I. Bezirk 203.

Logierhäuser 458. Privatgalerien 511. Privatkrankeninstitut für Hand-

lungskommis (Konfraternität) 252. Privilegierte österreichische Natio- nalbank 355.

Radetzky-Denkmal 475. Radetzky-Infanteriekaserne 298. Radfahrklub der Hof- und Staats- beamten 349. Raimund-Denkmal 476. Raimund-Theater 334. Rathaus, Altes 158.

Neues 160.

in Floridsdorf 167. Rebekka-Brunnen 494. Redemptoristenkirchein Hernais 79. Regensburgerhof 367. Reichs-Finanzministerium 123. Reichs-Kriegsministerium 289. Reichsratsstraße, Häusergruppe 425. Reiterstandbild Kaiser Josef II. 470. Reitschulen 347.

Rekonvaleszentenhaus der Barm- herzigen Brüder 240.

Rekonvaleszentenheini für Frauen

246. Rekonvaleszentenheime in König-

stetten und in Zeilern bei Am-

stetten 253. Rekonvaleszentenheini in Weid-

lingau 252. Rennplatz des Trabrennvereines

347.

Freudenau 346. Renz-Zirkus 341. Residenzhof 319. Ressel-Denkmal 472. Rochusspital 232.

Rochus- und Sebastian-Kirche 57. Römisches Bad, II. Bezirk 280. Ronacher 340. Roßauer Kaserne 296. Rothberger J., Warenhaus 365. Rotunde 459. Rudolfiner-Haus 244. Ruprechtskirche 38. Russische Botschaft, Palais 396.

Kirche, III. Bezirk (Richard- gasse 2) 95.

Sacher-Hotel 445. Salesianerinnenkirche, III. Bezirk65. Salm, Nikolaus Graf, Sarkophag

498. Salvatorkapelle 40. Sammlung >Albertina« 508. Sanatorium des Dr. Julius Fürth

254.

Anton Loew 253. Th. Rob. Offer 254.

für Nervenkranke 255.

St. Ägydius-Kirche in Gumpendorf. VI. Bezirk 68.

Alphabetisches Sachverzeichnis.

521

St. Anna-Kirche, I. Bezirk 55.

St. Annen-Kinderspital 247.

St. Anton-Kirche, X. Bezirk 82.

St. Elisabeth-Kirche des Deutschen Ritterordens 44.

St. Elisabeth-Kirche, III. Bezirk 63.

St. Elisabeth-Spital 240.

St. Florian-Kirche, V. Bezirk 66.

St. Franziskus-Kirche in Breiten- feld 82.

St. Gertrud-Kirche in Währing, XVIII. Bezirk 67.

St. Johann-Kirche in der Kärntner- straße 45.

St. Johann von Nepomuk-Kapelle,

II. Bezirk 66.

Nepomuk-Kirche, II. Be- zirk 75.

im Invalidenhaus, III.

Bezirk 66.

St. Josef-Kinderspital 248.

St. Josef-Kirche, V. Bezirk 68.

VI. Bezirk 61.

St. Laurenz-Kirche, VII. Bezirk 68.

in Simmering 67.

St. Leopold-Kirche, II. Bezirk 60.

in Gersthof 80.

St. Michael-Kirche 39.

St. Othmar-Kirche, III. Bezirk 77.

St. Peter und Paul-Kirche, III. Be- zirk 62.

St. Rochus-Spital, XIII. Bezirk 232.

St. Rochus und Sebastian-Kirche,

III. Bezirk 57.

St. Ruprecht-Kirche 38.

St. Stephan-Kirche 26.

St. Thekla-Kirche, IV. Bezirk 67.

St. Ulrich-Kirche, VII. Bezirk 59.

St. Ursula-Kirche, I. Bezirk 60.

Sanitätsstationen 287.

Sarkophag der Kaiserin Maria Theresia und Franz von Loth- ringen 498.

Kaiser Friedrich III. 498. Savoyisches Damenstift 391. Schein, Teppichhaus 365. Schenk-Palais 399. Schiller-Denkmal 473. Schindler-Denkmal 472. Schmidt-Denkmal 476. Schmidt Friedr. 497. Schöne Brunnen 483. Schottenkirche zu unserer lieben

Frau, I. Bezirk 56. Schrauben- und Schmiedewaren-

fabriks-Aktiengesellsch. Florids-

dorf, Arbeiterhäuser 456. Schubert-Denkmal 472. Schule II. Bezirk (Schüttaustraße42)

219.

IL Bezirk (Witteisbachstraße 6) 221.

V. Bezirk (Bachergasse 14, Castelligasse 21) 221.

V. Bezirk (Einsiedlergasse 1, Diehlgasse 2) 221.

V. Bezirk (Fockygasse 20, Mal- fattigasse 1, Herthergasse 28, Steinbauergasse 27) 221.

X.ßezirk(Antonsplatzll/12)221.

X. Bezirk (Laimäckergasse 17, Schrankenberggasse 32) 222.

Schule XI. Bezirk (Münnichplatz 6) 222.

XIII. Bezirk (Goldschlagstraße, Reinigasse 19, Gurkgasse 32) 217.

- XIII. Bezirk (Linzerstraße 419) 216.

XIV. Bezirk (Kauergasse 35) 218.

XVI. Bezirk (Wilhelminenstr. 96, Roterdstraße 1) 219.

XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße 79) 217.

Schutzengel-Brunnen 488.

Schwarzenberg-Denkmal 472.

Schwarzspanierkirche, IX. Bezirk 61.

Schwindgasse 4, IV. Bezirk 421.

Seehospize und Asyle 252.

Serbische (griechisch-orthodoxe) Kirche St. Sava, III. Bezirk 95.

Servitenkirche zu Maria Verkündi- gung, IX. Bezirk 58.

Sezessionsgebäude 319.

Siccardsburg 498.

Siebenbrunnen 493.

Siemens & Halske, Kabelfabrik, Arbeiterhäuser 456.

SimmeringerBrauhaus-Restauration 448.

Sommerheilstation in Kierling, »Dia- konissenheim« 246.

Sophiensaal 345.

Sophien-Staatsgymnasium 198.

Spinnerin am Kreuz 467.

Spital der israelitischen Kultus- gemeinde 241.

des Vereines zur Pflege kranker Studierender 253.

Staatsbahnen, Häuser für Ange- stellte 453. Staatsgewerbeschule I. Bezirk 211.

X. Bezirk 211. Staatsgymnasium III. Bezirk (So-

phienbrückengasse 22) 198.

VIII. Bezirk 199.

XIII. Bezirk 200.

XIX. Bezirk 200. Staatsrealschule I. Bezirk 200.

IL Bezirk 200.

IV. Bezirk 201.

V. Bezirk 201.

VI. Bezirk 201.

VII. Bezirk 201.

X. Bezirk 202.

XV. Bezirk 202.

XVIII. Bezirk 202.

- XX. Bezirk 202. Staats-Zentralkassa 135. Stadttheater, Kaiser Jubiläums- 335. Stadt. Bad an der Donau 273.

Freibad 274.

Sanitätsstationen 287.

Voll- und Schwimmbad XVII. Bezirk 277.

Volksbäder 277. Statthaltereigebäude 155. Stephanie-Spital 232. Stephanskirche 26. Sternwarte 181. Stiftskaserne 294. Stock im Eisen 497. Straßenhöfe 423.

Strauß Johann-Grabdenkmal 502.

Strauß-Lanner-Denkmal ,481.

Strombäder im Donaukanale 274.

Stubenring 12, I. Bezirk 421.

Südbahn-Gesellschaft, Arbeiter- häuser 451.

Synagoge I. Bezirk (Seitenstetten- gasse 4) 88.

IL Bezirk (Leopoldsgasse 29) 94.

IL Bezirk (Tempelgasse 5) 89.

VI. Bezirk (Schmalzhofgasse 3) 92.

VIII. Bezirk (Neudeggergassel2j 94.

IX. Bezirk (Müllnergasse 21) 93.

X.Bezirk (Humboldtgasse 27) 94.

XL Bezirk (Braunhubergasse 7) 94.

XV. Bezirk (Turnergasse 22) 89.

XVI. Bezirk (Hubergasse 8) 90.

XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße 39) 90.

XX. Bezirk (Kluckygasse 11) 94.

der türkisch-israel. Gemeinde, II. Bezirk (Zirkusgasse 22) 92.

Tabak-Hauptfabriken 153. Tabakregie 148.

Taubstummen-Institut, Allgemeines Österreichisch, israelitisches 261.

IV. Bezirk 259. Technische Hochschule 184. Technisches Militärkomitee 291. Technologisches Gewerbemuseum

210, 510. Tegetthoff-Denkmal 477. Teppichhaus Schein 365. Theater an der Wien 330.

in der Josefstadt 332. Theresianum 191. Theresienbad 276. Theseusgruppe 497. Thonet-Haus 417. Tierarznei-Institut und tierärztliche

Hochschule 310. Tilgner-Brunnen 490. Tivoli, Restauration 449. Trabrennplatz 347. Trainkaserne in Meidling 303. Trinkhalle, III. Bezirk (Kinderpark)

346.

Ulrichskirche 56. Ungarische Garde 119.

Hofkanzlei 125. Unionbank 358. Universität 176. Universitätskirche, I. Bezirk 54.

Verbandshaus d. Genossenschafts- Krankenkassen Wiens 323.

Verkehrsbank, Allgemeine 356.

Versatz-, Verwahrungs- und Ver- steigerungsamt (»Dorotheum«) 149.

Versorgungsanstalt in Liesing 270.

Mauerbach 270.

St. Andrä an der Traisen 270.

Versorgungshaus in Ybbs 270. Versorgungsheim 265.

522

Alphabetisches Sachverzeichnis.

Villa Bahr H 431.

Carola 435.

Futter 440.

Gerlach 440.

Harnoncourt 442.

Himmelbauer 440.

Hochstetter 439.

König Otto 431.

Kuffner 440.

Liechtenstein 442.

Moll 436.

Oberwimmer 438.

Roth 430.

Rumpel 439.

Schauta 436.

Scheid 440.

Sc hopp 430.

Taussig 430.

Wagner Otto 431.

Weidmann 430.

Wilhelm 432.

Wolf 439.

Voll- und Schwimmbad, XVII. Bez.

277. Volksbäder, Städtische 277. Volksgarten-Brunnen 490. Volksheim, XVI. Bezirk 322. Volksküchen 272. Volkstheater, Deutsches 332. Votiv- (Heilands-) Kirche 76.

Währinger Kirche 67. Wärmestuben undVolksküchen 272. Wahliss Ernst, Warenhaus 364. Waisenhäuser 262. Waisenhauskirche Maria Geburt, III. Bezirk 68.

IX. Bezirk 65.

Wandbrunnen, I. Bezirk (Johannes- gasse 15) 494.

an der Hofburg 493.

im Hofe des Kriegs-Ministeriums 494.

Palais Breuner 494.

Harrach 494.

Warenhaus Esders Stephan 365.

Gerngroß 368.

Haas & Söhne, Ph. 364.

Herzmansky A. 366.

Kranner A. 365.

Neumann 367.

Rothberger J. 365.

Wahliss Ernst 364. Wechselseitige Brandschaden-Ver- sicherungsanstalt 420.

Weltkugelhaus 421. Wiener Arbeiterheim 322.

Bankverein 358. Wienerberger Ziegelfabriks- und

Baugesellschaft, Arbeiterhäuser 450.

Wiener Bicycle-Klub 349.

Bürgertheater 337.

Eislauf-Verein 347.

freiwillige Rettungsgesellschaft 284.

Giro- und Kassenverein 359.

kaufmännischer Verein, Haus des 320.

Kaufmannschaft, Haus der 320.

Lokomotivfabriks-Aktien- gesellschaftFloridsdorf, Arbeiter- häuser 456.

Versorgungsheim, XIII. Bezirk 265.

Wilhelminen-Spital 235. Wilhelm-Kaserne 299. Wipplingerstraße 12 422. Wolf Hugo, Grabdenkmal 502.

Zelinka-Denkmal 472. Zentralanstalt für Meteorologie und

Erdmagnetismus 182. Zentralbad, I. Bezirk 279. Ziegelwerke M. Kreindls Wwe.,

Arbeiterhäuser 455. Zirkus Busch 342. Renz 341.

Zivil-Mädchenpensionat 194. Zwieback, Geschäftshaus 366.

ALPHABETISCHES NAMENVERZEICHNIS.

Abel Josef 68.

Abel Lothar, Architekt 394.

Acham Paul, Militär-Ober- bauingenieur 309.

Adam Heinrich 10, 378, 401.

Albani 378.

Albrecht, Architekt 430.

Alexowits V., Dr. 248.

Allio Andreas d. Ä. 56.

Allio d'Donato 65.

Altmütter, Prof. 209.

Altomonte Andreas 60.

Altomonte Martin 60, 62, 64, 65, 68.

Altschaffer Georg, Unter- kämmerer 159.

Ameseder 172.

Anderer A., Bürgermeister 167.

Anderle 124, 137.

Andrässy 262.

Anton 36.

Arneth, Alfred R. v. 129.

Artmann Emil, k. k. In- genieur 200.

Artmann Ferdinand, k. u. k. Hauptmann 308.

Auer Hans, Architekt 254, 497.

Auer Ulrich 36.

Auerbach J. 68.

Avanzo Dominik, Prof. 16, 179, 196, 204, 450, 501.

Avrang d' 39.

Bach Karl Theodor, k. k. Baurat 22, 87, 190, 380, 402, 420, 422, 430, 452, 455.

Bacher J., k. k. Oberin- genieur 199.

Bachmann G. 55, 56.

Badstieber Karl, Architekt 166.

Baechle, Josef v. 243.

Bauer F., Professor 160.

Bauer G. 337.

Bauer Heinrich 67.

Bauer Leopold 23.

Baumgarten J. 37, 63, 445.

Baumann L., Architekt, k. k. Oberbaurat 20, 194, 348.

Bauque A., Architekt 251, 402.

Bayer H., Architekt 349.

Bayer Joh. 482, 483

Bayer Josef, Dr. 24.

Beduzzi Antonio, kais. Hof- maler 157.

Beluzzi 380.

Benk Johannes 54, 110,112, 169, 172, 329, 473, 478, 480, 500, 501.

Benko M. 62.

Berain 66, 69.

Beranek Hermann, Bau- inspektor 276, 277, 282.

Berehinak 211.

Berger Adolf 377.

Berger Franz, k. k. Ober- baurat, Stadtbaudirektor 274.

Berger Franz, k. k. Ober- baurat 145, 146, 229, 232, 235, 238, 246, 258, 260, 274.

BErger Julius 171, 398.

Bergmann J., k. k. Ober- baurat 85.

Bergmann 10.

Bermann Moritz 353.

Bernatzik 172.

Bernbrunn Karl 330.

Bernini Giovanni Lorenzo 64, 70.

Beyer J. W. 118, 130.

Billroth Theoder, Dr. 244.

Bitterlich 95, 112, 328, 420, 443, 477, 480.

Blaas, Jul. v. 75, 172.

Blaas Karl 307.

Blau Tina 398.

Bock Joh. Jos. 37, 55.

Bock Tobias 56.

Bock 478.

Böhm Karl, Professor, Dr. 230, 233, 241, 326.

Boog C. v. 158, 258.

Borkowsky Karl v. 19, 348, 436, 440.

Borromini Fr. 62, 63, 66, 68, 70.

Brand 62.

Bramanto 11.

Brausewetter Viktor 165.

Brenek 114. "

Breßler Emil, Architekt, k. k. Baurat 20, 392.

Bretschneider F. B. 338.

Bringmann Karl, Architekt

203. Brioschi 172. Buchner F. 68. BuontalentidelleGirandole,

Bernardo 376. Burnacini Ludovico 191,

193, 467. Bussi Santino 130, 380

Cannevale Carlo Antonio 376, 389.

Canon Hans 103, 171, 280.

Canova Antonio 42, 171, 499, 500.

Carlon Anton 56.

Carlone Carlo 53, 54, 58, 59, 60, 387.

Carracci Lodovico 59.

Cartona, P. da 59.

Cassar J., Bildhauer 479.

Castrofranco, Cosmus da 61.

Ceipek Josef, k. u. k. Ge- neralmajor 313.

Cesar 328.

Charas H., Dr., Chefarzt derWr. freiw. Rettungs- gesellschaft 284, 285.

Charlemont H. 172, 329.

Chedanne 377.

Chiarini 124, 130, 387.

Chitil W., Oberinspektor 282, 284.

Christiani Alexander 379.

Cimbal 63.

Claus Heinrich 9, 128,421.

Clauß, Architekt 280.

Clauser Anton, städt. Bau- rat 212, 262.

Coccapani Giovanni 376.

Comazzi Conte 157.

Corradini Anton 482.

Cortona, Pietro Berettini da 62, 63, 65, 70.

Corvinus A. 124, 129.

Costenoble 171.

Coypel Anton 106.

Cuspinian J. 98.

Czadek 146.

Däringer 59. Darnaut Hugo 172. Daum P. 53. David Johann 383.

David W. 114.

Decastello, M. v. 128.

Dehm F., k. k. Baurat 250, 446.

Deininger J., k. k. Baurat 13, 317, 440, 476.

Delsenbach 120, 128.

Dernjac Josef, Dr. 72, 120, 126, 391, 392.

Descartes 208.

Destailleur M., Architekt 399.

Dichter Michael 36.

Dick Rudolf 22, 320.

Dietrich Daniel 140, 174.

Dietterlin 69.

Dill 190.

Dobyaschofsky F. 59, 328.

Doderer, Wilhelm v., Ar- chitekt 12, 291, 345.

Dörfel 423.

Dohme Robert 116, 390.

Domanig K., Dr., Kustos des Kunsthistor. Muse- ums 505.

Domenico 69.

Donatin Leopold 262, 394.

Donda Karl, k. k. Ober- ingenieur 203.

Donner Raphael 40, 159, 380, 387, 482, 483, 494, 498.

Dont J, Dr. 265, 270.

Dorigny Louis 130.

Dreher A. 260.

Drexler Josef, Architekt 346.

Drexler, Brüder, Architek- ten 167, 342, 347.

Düll 112, 130, 171.

Duschinger, Baumeister 68.

Dwofak H., Architekt 338.

Eberl Anton 58.

Eder, Dr. 254.

Eder, Dr., Hofrat 212.

Ehmann 393.

Ehrenfeld, Architekt 430.

Eichler Herrn. 59.

Eisenmenger August 95,

171, 191, 344, 443. Eitelberger, Rudolf v. 3,

172, 174.

Ender A., Ingenieur 199. Endl Adolf, Architekt 279.

524

Alphabetisches Namenverzeichnis.

Engel 492.

Engel Joh., Professor 201.

Engerth, R. v., Hofrat 75,

328, 460. Enzenhofer 174. Erb Josef 255. Erhart Karl 135. Erler F. 78. Ernst H. 13, 396. Ernst Leopold 4, 33, 34, 37. Etzel, Architekt 279. Exner S., Professor 181. Exner W., Dr., Hofrat 185,

188, 210, 211, 510.

Fabiani Max 23, 436, 477.

Faid'herbes Lucas 64.

Fanti Gaetano 64.

Feil 43.

Feith Karl, k. u. k. Haupt- mann 291.

Feldegg, F. v. 353.

Fellner Ferdinand, Archi- tekt, k. k. Oberbaurat 13, 14, 159, 181,201,211, 243, 263, 265, 308, 319, 326, 330, 333, 340, 365, 369, 396, 399, 400, 417, 421, 435, 436, 439, 447.

Fellner Michael, k. k. Ober- baurat 233.

Fellner, Gemeinderat 270.

Fernkorn 356, 472, 480, 490, 492, 494, 495.

Ferrari 328.

Ferstel Heinrich Freiherr v., Architekt 6, 7, 8, 10, 11, 13, 14, 16, 18, 76, 172, 173, 174, 176, 178, 179, 182, 355, 372, 373, 375, 380, 381, 436, 492, 494, 497.

Ferstel, Max Freiherr v., Architekt 85, 131, 187, 373, 374, 433, 440.

Feßler J., Bildhauer 479.

Fiedler, Ingenieur 75.

Fieger August 127, 176.

Fischer Johann 142.

Fischer v. Erlach Joh. Bernh. 20, 62, 64, 65, 103, 104, 105, 106, 109, 117, 119, 120, 124, 127, 128, 129, 377, 380, 383, 385, 387, 388, 390, 447, 482, 493.

Fischer v. Erlach Josef Emanuel 64, 106, 377, 383, 444.

Fischer J. M. 484, 486, 494, 500.

Fischer Leop. 97, 98.

Fischer L. H. 171, 172.

Fischer S. 117.

Fischer Vinzenz 66.

Fleischer Max, k. k. Baurat, Architekt 16, 92, 93, 94, 96, 263, 271, 440.

Förster, Emil v., Ministerial- rat, Architekt 12, 13, 18, 19, 86, 87, 92, 110, 116, 128, 133, 143, 149, 203,

305, 307, 308. 326, 329,

357, 358, 359, 361, 409,

424. Förster Ludwig 4, 6, 9, 89,

279. Folnesics Jos. 174. Foltz A., k. k. Baurat 355. Fontana 69. Fränkel, Architekt 142. Franceschini 380. Frankl, Architekt 430. Frankl L. A., Dr. 261. Frauenfeld Eduard, Archi- tekt 259. Frey Rudolf, Architekt 347,

456. Friedel Theodor 20, 401,

481. Friedinger K., Dr. 259. Friedl J. 326, 333. Fröhlich, Architekt 356. Frömml Alois, Baumeister

456. Frömml Hans 478, 480,

492. Frühwirth 468, 486. Füger 40. Führich 75, 76. Fürst 332. Fürth Jul., Dr. 254. Fuhrmann Matth. 97, 103,

104, 105. Fux 396.

Gabrielli, Gabriele di 379. Gall Rudolf, k. u. k. Oberst

313. Garben Johann, Architekt

345. Garden J. 10. Gärtner J., Architekt 94 Gasser Hans, Bildhauer

160, 307, 328, 332, 356,

479, 489, 490. Gasser J., Bildhauer 479. Gebhard 264. Geiger C. 328. Gerisch E., kais. Rat,

Kustos 509. Gerl Josef, Baumeister 67. Gerl Matthias 63. Gerl P., Architekt 345. Gerstle 264. Geßner Hubert, Architekt

322. Geyling Karl 158. Geyling Rud. 63. Giacomelli, Luigi v., Archi- tekt 18, 95. Girette Jean, Architekt 399. Giuliani Giovanni 380. Gloß 130. Gnändiger H , Dr., kais.

Rat 250. Görgen, Dr. 258. Goldschläger, Architekt

421. Gotthilf, E. v., Architekt

22, 272, 320. Graf'A., Architekt 13, 335,

368.

Gran Daniel 54, 55, 64, 104, 119, 377, 378.

Grassi 482, 483.

Greca, Vincenzo della 55.

Griepenkerl 328.

Groß Josef, Architekt 9, 128, 280, 356, 421.

Großmann Leopold, Archi- tekt 68.

Grubb A. 182.

Gruber Bruno, k. k. Baurat 114, 202.

Gruber, F. v., k. k. Hofrat 241, 244, 245, 248, 249, 250, 251, 255, 259, 261, 264, 285, 287, 296, 309, 312, 316.

Grund Norbert 53.

Guarini Guarino 59, 63, 65, 66, 70.

Gugitz 8, 326.

Guglielmi 117, 176.

Gurlitt 70, 72, 110, 120,

130, 376, 382, 383, 385, 386.

Haas Georg, Hoftischler 158.

Haberlandt, Dr., Direktor, Kustos 511.

Hackhofer J., Architekt 23, 346, 330, 433, 440.

Hähnel Julius, Bildhauer 328, 371, 472.

Härdtl 112.

Härdtle H. 491.

Hagenauer 117, 118.

Hagenmüller 378.

Hamilton J. 117.

Hampel F. 328.

Hamilton P. 117.

Hannak E., Dr. 197.

Hansch 172.

Hansen,Theophil v., Archi- tekt 4, 5, 6, 8, 9, 10, 12, 14, 16, 86, 87, 95, 111,

131, 133, 135, 190, 197, 223, 305, 307, 343, 345, 351, 353, 373, 374, 394, 417, 423, 436, 443, 491.

Harkort J. C. 460, 461.

Harrach Aloisius, Graf 310.

Hartel 76, 78.

Hartig 209.

Hasch 172.

Hasenauer Karl, Freiherr v., Architekt 11, 12, 17, 18, 110, 111, 112, 114, 119, 169, 172, 239, 249, 328, 346, 348, 402, 433, 459, 473, 477.

Haubfleisch Karl, städt. Baurat 223.

Hauer, F. v. 184.

Hauser A., Architekt 55, 56, 62, 486, 487, 490.

Hauser Eduard 258.

Hausmann G., Oberinge- nieur 201, 212.

Hauzinger Jos. 60, 61.

Haybäck Karl, Architekt 422.

Hefft A. 10.

Hegele Max, Architekt 23.

Heindl, Baumeister 255.

H.ejda Wilhelm, Bildhauer 463.

Helmer Edmund, Bild- hauer 37, 110, 112, 141, 471, 476, 479, 493, 495, 500.

Helmer Hermann, Archi- tekt, k. k. Oberbaurat 13, 14. 181, 211, 243, 263, 308, 319, 326, 330, 333, 338, 340, 365, 369, 396, 399, 400, 417, 421, 435, 436, 439, 447.

Helmreich Rudolf, Vize- baudirektor 165, 269, 270.

Hempel, Joh. K. v. 62.

Henrici L. 68, 118, 295, 383.

Heraus Gustav Adolf 105.

Herbei Charles 103.

Hermann J., Architekt, Dombaumeister 28, 35, 38.

Herr 185.

Herrmann Rudolf, Archi- tekt, k. k. Baurat 454.

Heß Michael 66.

Hetzendorf v. Hohenberg 52.

Heu Josef 322, 491.

Heyda 112.

Hieser Otto, k. k. Baurat 12, 347, 433, 442, 477.

Hildebrand, Lukas v. 20, 66, 105, 114, 115, 129, 379, 383, 386, 387, 389, 391.

Hillebrand 137.

Hirecher Karl 276.

Hinträger C, Architekt 166, 200.

Hinträger M., Architekt 166, 147.

Hlawaczek 172, 449.

Hochenegg C, Oberbau- rat, Professor 186, 187.

Hödl Theodor, Architekt, Oberbaurat 130, 198.

Hofer Otto, k. k. Baurat, Architekt 18, 114, 121, 239, 430, 436.

Hoffmann Josef 23, 172, 436.

Hofmann. E. v. 110, 112, 190, 336, 476, 491.

Hofmeyer, Architekt 13. 410, 445.

Hohenberg, Ferdinand v. 39,41,117,118, 392, 393.

HoleyKarlR., Dr., Architekt 46, 349.

HoIIender A.. Dr. 255.

Holzeland H., Oberinge- nieur 121, 123.

Honus Anton, Architekt 279.

Horky Jos., Architekt 230.

Hormayr 26, 39, 97, 98, 110, 403.

Alphabetisches Namenverzeichnis.

525

Hoß F., Vizebürgeroieisfer 167.

Hoyer 209.

Hrach Ferdinand, dipl. Ar- chitekt 285.

Hueber 39.

Hufnagel 25.

Hummel 272.

Huybensz 282.

Hynais 329.

Ilg 60, 65, 120, 123, 375, 376, 37-7, 379, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 390, 391, 394.

lllitsch Alexander 167.

Irmisch 128.

Isella A. 328.

Janckl Francesco 62. Janson 65. Jauner 330. Jelinek, Architekt 356. Jobst C. 77, 78, 396. Jobst F. 77, 78, 396. John, Dr., Konservator 511. Jordan Richard, Architekt. k. k. Baurat 18, 79, 80.

Kadarz, k. u. k. Major 312.

Käsmayer 449.

Käuffer 286.

Kalmsteiner 112, 130.

Kalny Heribertus 239.

Karabaöek, Dr., Hofrat, Direktor 514.

Karajan, Theodor Georg v., Dr. 39, 97, 98, 110.

Karger Karl, Professor 171, 173.

Karmarsch 209.

Kassin Josef 152.

Kastner Joh. 62, 96.

KatscherM., Architekt 366.

Kauer Anton, Dr., Direktor 201.

Kauffungen 114, 130, 481.

Kayser Gangolph, Archi- tekt 383.

Kiesling A. 328.

Kirchlehner 66.

Kirchmayer Michael 262.

Kirschner Ferdinand 20, 109, 110.

Kirsch 501.

Kirstein August, Architekt, k. k. Baurat 16, 80.

Kisch 89, 129, 138, 141, 346, 382, 394.

Klasen 76, 77, 78, 179, 182, 198, 371, 373, 443.

Klein Joh. Wilh., kais. Rat 260.

Kleindienst F. X. 38.

Kleiner Salomon 20, 53, 57, 60, 65, 108, 110, 115, 116, 120, 124, 128, 135, 191, 378, 382.

Klekler Karl, Reg.-Rat, Di- rektor 201.

Küchsdorf, Dietrich v 40.

Klieber Johann, Direktor der Akademie der bilden- den Künste 68, 137, 152, 157, 494.

Klimt G. 119, 171, 329.

Klinenberg, Stadtbau- meister 281.

Klotz Hermann, Professor 173.

Knöll Pins, Reg.-Rat, Di- rektor 199.

Knoll, Ingenieur 63, 145.

Koch Alois, k. k. ßaurat 148, 149, 188, 190, 200, 203.

Koch F. 398.

Koch Julius, Architekt, k. k. Baurat 324, 448, 454.

Koch, Baumeister 192.

Koch, Bildhauer 114, 130.

Köchlin C, Hofrat 152.

Koechlin H., k. k. Baurat 148.

KölberKarl, Stukkateur 63.

Kölbl Benedikt 44.

König Karl, Architekt, k. k. Professor 20, 89, 318, 354, 401, 418, 419, 430.

König Otto, Bildhauer 110, 171, 328, 431.

Königswarter, J. Freih. v-, 261, 272.

Körner Thaddäus, Hof- baumeister 63.

Kohl Franz 62.

Kollisch Hirsch 261.

Kollmann Franz Tobias, Ingenieur-Oberstleut- nant 58.

Konrad 501.

Koppensteiner R. 137, 139, 140, 145.

Kornhäusel Josef, Archi- tekt 88, 157.

Korompay Gustav, Archi- tekt 12, 20, 364, 398,421.

Kortz Paul, städt. Baurat 338, 348.

Kotow Gregoire, Professor 95.

Krafft Peter 105, 313.

Krafft-Ebing v., k. k. Pro- fessor 255.

Kranach Lukas 58, 61.

Kranner, Bau- und Stein- metzmeister 76.

Krasny, Architekt 430.

Krauß, Baron, Architekt 13, 22, 316, 335, 337, 338, 422.

Kreuter, Architekt 394.

Krones 211.

Kropf M., Architekt 440.

Kubitschek W., Dr., Pro- fessor 505.

Kuhn Moritz, Professor 201.

Kundmann C. 14, 112,472, 473, 477, 491, 497, 500.

Kupelwieser Leopold, Hi- storienmaler 54, 124, 156.

Kupka, Architekt 349, 444

Kuschee, Architekt 249.

L'Allemand 173. Lamezan Eduard, Graf 284. Lammasch Gottschalk 160. Lanckoronski Karl, Graf

251. Lange 179, 196, 204, 450. La Roche E., Architekt 251. Laschitzer S., Direktor 515. Laske O., Architekt 341. Laszel C. 330. Laufberger Ferd., k. k. Pro- fessor 76, 171, 173, 174,

328, 462, 492. Lavigne 328. Lax 110, 112, 130, 171. Lebiedzki 133. Lebrun 130.

Lefler Heinrich, Maler 163. Le Fort du Plessy Claudius

114. Lehmann Ad. 141. Leicher Felix 61, 62. Leiseck P. 336, 495. Leisek Georg 167, 266, 337. Leixner 26, 46. Lenz 141. Leonhard, k. k. Baurat 145,

369, 421, 426. Lepautre Jean 69. Lerch M. 498. Le Roy 63, 64. Ley K., Bezirksvorstand

249. Leyen, Niklas v. 36. Lichmann K., Architekt

440. Lichtenfels 172. Lichtblau, städt. Baurat212. Limbach Karl, Architekt

166. Lind, Dr. 38, 39, 40, 41,

44, 54, 72, 116, 377. Lindner 86.

Lissek Heinrich 40, 110. Littrow, C. v. 182. Löhr 111, 492. Low Anton, Dr. 243, 253,

255. Lopresti, Freih. v. 107. Lorenz 152. Luksch-Makowsky Elena

337. Lunghi Martino 56, 59, 69. Luntz Viktor, Architekt,

k. k. Professor 16, 80,

81, 202, 501.

Machitka, Architekt 197. Mader Christoph 64. Maderna Carlo 69. Madjera 328. Magenta Giov. Ambrogio

54, 68. Makart Hans 171. Marchesi Pompeo 470. Marinelli C. 325. Marini Antonio 382. Martinelli Abbate Dome- nico 379, 380. Martinelli Ant. Erh. 64. Martinelli Francesco 62, 382.

Mastalier, Dr. 247. Matsch Fr. 119, 171, 329. Mattielli Lorenzo 39, 52,64,

105, 128, 130, 389, 486. Matzal A., Dr. 241. Maulbertsch Anton 59, 62,

63, 68, 126. Maurer Hub. 40, 59, 66. Mauthner, L W. Ritter v..

Dr. 247. Mautner v. Markhof A. I.

249. Mautner v. Markhof Karl F.

250. May K., Architekt 341. Mayer Anton, Dr., Landes- archivar 158, 515. Mayer Karl 332. Mayer M. 346. Mayer, Statthalterei-Inge-

nieur 201. Mayreder Julius, Architekt

20, 22, 349, 420, 436, 492. Mayreder Karl, Architekt,

k. k. Professor 20, 349,

401, 436, 492. Meder Josef, Direktor 508. Meißner, Professor 258. Meixner, Bildhauer 124,

130, 131, 137, 138, 142,

143, 478, 492. Melkh M. M. 60. Meli Alexander, Regie- rungsrat 260. Melnitzky 77, 190, 345,477. Meroses-Itzeles Charlotte

263. Messerschmidt Franz X.

391, 496. Meyer, Hofbaumeister 120. Michelangelo 63. Miksch R„ Architekt 446. Miller Ferd. 490. Millöcker Karl 271. Modern Jakob, Architekt

90. Moll A. 492. Moll Balthasar 53, 109, 472,

498. Mollner Peter, k. k. Forti-

fikations- und bürger- licher Baumeister 95. Monti 242.

Montoyer 39, 108, 375. Morawetz F. 345. Moreau, Karl Ritter v.,

Architekt 3, 355. Moreau, Architekt 272. Moßbäck, Max, Ingenieur

165. Mühldorfer 53. Müller Hans, Architekt 348,

438, 439, 440. Müller Johann Georg,

Architekt 4, 75. Muffart Peter Karel 56. Mundy Jaromir, Dr. 284,

285. Munkäcsy Michael 171.

Natter, Bildhauer 477. Neugebauer 59.

526

Alphabetisches Namen Verzeichnis.

Neumann Balthasar 141, 384.

Neumann, Franz Ritter v., Architekt, k. k. Baurat 16, 18, 82, 85, 239, 322, 342, 367, 425, 432, 440, 442, 447.

Neumann, Gustav Ritter v., Architekt 85.

Neumann, Dr. W. A., Pro- fessor 26, 46.

Neupauer Giovanni Chri- stiano 383, 387, 388.

Neuwirth, Dr. Josef, Hof- rat 26, 35, 46.

Nicolai Georg 383.

Niedzielsky Julian, Archi- tekt 18, 114.

Niemann G., Architekt, k.k. Professor 353, 377, 475.

Nigelli, Architekt 52, 86.

Nobile, Peter v. 109, 497.

Nowack 345.

Null, Eduard van der, Ar- chitekt, k. k. Oberbaurat 4, 6, 8, 11, 75, 272, 305, 307, 326, 330, 345, 364, 394, 404, 432, 472, 487, 490.

Obermüllner 172.

Obersteiner Heinrich, Dr., Professor 258.

Oechsel 35.

Oehler 118.

örley R., Architekt 441, 480.

Oettel Christian 62.

Offer Robert Th„ Dr. 254.

Ogesser 26, 46.

Ohmann Friedrich, Archi- tekt, k. k. Oberbaurat, Professor 18, 23, 114, 346, 430, 480.

Olbrich Jos, Architekt 23, 250, 319, 349, 431, 446.

Orglmeister, Architekt 349, 444.

Ospel Anton, Architekt 60, 283.

Otschenaschek Eduard, k. u. k. Oberst 316.

Otto Heinrich 172, 280.

Pablasek M. 260.

PacassiNik. 117, 119, 121, 192.

Palamino 96.

Palladio 120.

Parier Peter 31.

Paul Friedrich, städt. Bau- rat 165, 200, 212.

Paul G., Dr. 237.

Paul Martin, Dr. Bau- inspektor 463.

Payer, Jul. v. 172.

Pecha Alb., Architekt 22, 23, 439.

Pellegrini Ant. 64, 65.

Pendl 110, 141, 402, 477.

Perger v. 26, 46.

Peyfuß 141.

Pfeffer 53, 57, 120, 124,

128, 378, 382. Pichl Ludwig, Architekt 4,

157. Pichler Bernhard, Architekt

286. Pilgram Anton 35. Pilgram Franz Anton 63. Pilz 190, 462, 479. Pio, Architekt 402. Plecnik, Architekt 23, 346,

430. PönningerFranz, Bildhauer

472. Pohl 272. Pokorny F. 330. Pokorny J., Bildhauer 328. Pokorny, Baurat 121. Poppovits Cesar, Architekt

288. Porta, Giacomo della 70. Pozzo Andrea 53, 54, 55,

119, 380. Prachatitz, Hans v. 32. Prandl E., Architekt 341. Prechtl 184. Preleuthner, Bildhauer 328,

477, 487. Primisser 26, 46. Probst J. E., Direktor 511. Prokop Albin, Architekt

456. Prokop J. 68. Puchsbaum Hans, Dom- baumeister 467. Pürzl Josef, Baurat 165,

166, 264, 272, 288. Purkartshofer, Bildhauer

479.

Quellinus Erasmus 61.

Radinger v., Professor 152.

Radnitzky 328.

Rahl Karl 9, 62, 95, 307, 328, 394.

Raimund Franz 59.

Raimund Josef, Baumeister 68.

Rainaldi Carlo 60, 62, 63, 64, 70.

Rakuschan Ferdinand, In- genieur 276.

Rammelmayer 160.

Ramsauer Leopold, Archi- tekt 457.

Rauchmiller 468.

Realis 97, 120, 126.

Reck 269.

Redl Josef 68.

Redtenbacher 179.

Rehak August, Architekt 221.

Reinhart Johann, k. k. Bau- rat 347.

Reuter Theodor, k. k. Bau- rat 18, 81.

Rezori v., Oberbaurat 180, 199.

Ricci 64.

Richter Ludwig, Architekt,

k. k. Baurat 253, 319,

393, 402. RichterOtto, Architekt 457. Riedl Karoline 250. Rieser 328. Rieth Benedikt 26. Ritter Josef, Baumeister 63. Riwnatz 37. Rösner Karl, Professor 4,

6, 10, 37, 75, 305, 308. Roettiers 55, 65. Rokitansky, Karl Freih. v.,

Dr. 243. Rollinger W. 36. Romano, Johann v. 9, 393. Rosenstingl Seb., Architekt

58. Roßbach 325. Rossi Antonio de 60. Rossi Nicolo 383, 391. Roth Franz, Architekt, k. k.

Baurat 13, 334, 430. Rothmayer v. Rosenbrunn

J. M. 53, 54, 62, 64, 65. Rottmayr 380. Roza, Ritter v. 133. Rubens 378. Rückeshäuser, Architekt

255. Rummel 130. Rumpelmeyer, Architekt

12, 20, 395, 396, 421,

433. Ruß Fr. 59. Ruß Rob. 171, 172.

Sachs Gustav, k. k. Baurat 198.

Salviatti 174, 400, 492.

Sandrart, Joachim v., 56, 59, 69.

Saphoy Hans 36.

Scamozzi 120.

Schachner Franz, Architekt 255, 317.

SchachnerFriedrich, Archi- tekt, k. k. Baurat 12,317, 318, 357, 365, 396, 398.

Schaden F., Architekt, k. k. Oberbaurat 247.

Schaden Karl, Architekt, Oberbaurat 18, 80.

Schadler L. 237.

Schaeffer A., Hofrat 172, 505.

Schaller Joh. 487.

Schebek F., Baumeister 341.

Scheiringer Johann, Archi- tekt 269, 314.

Schelling Georg 62.

Schemerl v. Teytenbach, Hofbaurat 3, 184, 185.

ScherpellO, 112, 480. 491.

Schiedt Josef, k. k. Ober- ingenieur 200.

Schikaneder E. 326.

Schilcher 130, 143, 157.

Schimkowitzll2, 336, 492.

Schiinmerl24,129,130,138.

Schindler J. E. 172.

Schinkel Karl Friedr. 3.

Schleps, Architekt 394.

Schletter Jakob 64.

Schlosser, Dr. Jul. v., Di- rektor, Professor 505.

Schlüter Andreas 119.

Schmid J., Professor 110, 322.

Schmidgruber 110,112,491.

Schmidl Ludwig 446.

Schmidt, Friedrich Freih. v., Architekt, k. k. Ober- baurat 6, 10, 11, 14, 15, 16, 18, 26, 33, 35, 37, 38, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 85, 160, 198, 355, 419, 495.

Schmidt d. Ä. 53, 55.

Schmidt Heinrich, Ober- inspektor 460.

Schmidt, Joh. Georg v. 60.

Schmidt Joh. Marl, »Krem- ser Schmidt« 68.

Schnorr v. Carolsfeld L. 53, 158.

Schnürer Franz Dr., Kustos 515.

Schön Friedrich, Architekt 366.

Schoen Joh. George, Hof- rat, Professor 185.

SchönbichlerE., k.k. Ober- ingenieur 202.

Schönbrunner Franz 63.

Schöne Leopold, Architekt 253.

Schöne Ludwig, Architekt 87.

Schönmann, Architekt 239.

Schönn Alois 172.

Schönthal A„ Architekt 492.

Schöntaler F. 328, 394, 396.

Schrötter, Leop. v., Dr., Professor 246.

Schumann Karl, k. k. Bau- rat 420, 443.

Schuppen, Jak. v. 64, 65.

Schwanthaler Ludwig 487.

Schwartz Stephan 1 10, 1 14.

Schwarz Johann, 191, 192.

Schwarz, Karl Freih. v., Baurat 295.

Schwarz-Senborn, Baron 459.

Schwarzinger Barbara 349.

SchwedaM., Architekt 347.

Schweigel Eugen, Archi- tekt 295, 316.

Schwendenwein, Aug. v. 9.

Schwerdtner C. M., Bild- hauer 492.

Schwerzek R., Bildhauer 130, 475.

Schwind 326, 328.

Scott-Russel 459, 460.

Seelos Gottfried 172.

Sehnal. Architekt, k.k. Bau- rat 232.

Seib 114, 491.

Seifert Franz 167, 478,481.

Seitschck.Hofbauinspektor 242.

Alphabetisches Namenverzeichnis.

527

Sellier 106. SemperOottfricd, Architekt

17, 18, 111, 169, 172,

328, 330, 334. Siccardsburg, August v.,

Architekt 4, 6, 8, 272,

305, 307, 326, 328, 330,

345, 404, 432, 487, 490. Siebreich, Architekt 201. Silbernagel 110, 112, 171,

475. Simon 171. Simony Leopold, Architekt

22, 420, 450, 452, 455,

458. Singer Franz 63. Sitte Franz 4. Sitte Kamillo, Architekt 4,

75. Sorias Giovanni Battista

55, 59. Sowinski, Architekt 86, 87. Spielberger 55, 60. Spindler v. Hofegg 56. Spitz Markus 56. Sprenger Paul, Hofbaurat

3, 4, 33, 75, 131, 137,

138, 140, 151, 156. Stach Friedrich, Architekt

317. Stanetti Giovanni 64. Stattler, Architekt 201. Stauffert 4. Steckhofen Adr. 118. Steinböckh Andrea 377. Steiner Leopold 256. Steinhauser Wilhelm 252. Stephann Karl, Architekt

340. Sterrer 112. Stiaßny, Architekt 88, 89,

94, 241, 261, 263, 323. Stief Seb. 53. Stöger L. 244. Storck J. 8, 326. Straßer Anton, Bildhauer

481. Straßer Artur 171. Strattmann 61. Streit Andreas, Architekt,

k. k. Oberbaurat 12, 242,

317, 398.

Strudl, Paul v. 468. Strudel Peter, Freih. v. 53,

58, 67, 68, 104, 191. Stummer, Professor 3, 184,

185. Stur Eduardus 239. SwobodaAl., 112,171,328. Swoboda Emerich Alex

220.

Taubes Joh. R , Dr., kais.

Rat, Oberstabsarzt 240. Tautenheyn 491, 501. Tencala Carpoforo 55. Thausing M , Dr. 76. Theyer Leopold 433. Thienemann Otto, Archi- tekt 12, 13, 86, 279, 318,

424. Thiersch, Professor 95. Thorwaldsen 6. Tiepolo 399. TietzKarl, Architekt 9, 210,

443. Tilgner 112, 141, 172, 328,

329, 400, 472, 473, 476,

492, 501. Tintoretto Jac. 54. Tischler Ludwig, Architekt

14, 19, 90, 249, 399, 418,

443. Tölk Jos., Architekt 337,

422. Tomssa, k. k. Oberbaurat

149, 151, 203. Tramplar Richard, k. k.

Direktor, Regierungsrat

203. Trehet Jean 191. Trenkwald 76. Troger Paul 59, 61, 68. Trojan Emanuel v., k. k.

Oberbaurat 131. Troll K., Architekt 221. Trost 61. Trümmer Wunibaldus 239.

Uhlirz 26, 46. Ulrich Chr., Oberbaurat, Professor 185, 186, 320. Unger Josef, Architekt 453. Unterholzer B., Dr. 249.

Urban Josef, Architekt 23, 163, 463.

Valmagini 117.

Vaucanson 208.

Veith 333, 337, 410.

Venus Alexander 259.

Venus M. 259.

Vidmar Konstantin Z., Dr.

252. Völckner Karl, Ingenieur

244. Vogel Franz 167, 334, 476. Volterra, Daniele da 63. Volterra, Francesco da 56,

61, 70. Vriendt-Cornelis de 54,69.

Wächtler L., Architekt 13, 396.

Wagenschön Franz 53, 60.

Wagner A. 110, 112, 476, 490, 491.

Wagner A. P. 171.

Wagner Otto, Architekt, k. k. Oberbaurat 12, 22, 23, 139, 258, 338, 360, 367, 397, 422, 431, 501.

Wagner, Baurat 186, 202.

Waniek Gustav, Dr., k. k. Direktor 198.

Wappler, Architekt, k. k. Professor 185.

Weber Anton, Architekt 16, 38, 442, 463, 480, 492, 501.

Weber August 10, 317, 345.

Weckbecker W., Freih. v 172, 512, 515.

Weeger L., k. u. k. Haupt- mann 309, 312.

Wehrenpfennig Hermann, k. k. Oberingenieur 199, 417.

Weinwurm Michael 43.

Weißkern 106.

Weymann, Architekt 330.

Weyr Rudolf 110, 112, 119, 172, 328, 359, 387, 418, 473, 480, 481, 493, 501.

Wiedenfeld, Hugo v., Ar- chitekt 92, 435.

Wielemans, Alexander v., Architekt, k. k. Ober- baurat 16, 18, 81, 82,

141, 421, 432.

Wiener v., Dr. 193, 197.

Wieser, Freih. v., Architekt 250, 280.

Wilczek Hans, Graf 244, 284, 285.

Wilhelm F., Architekt 456.

Winkler E., Dr., Professor 75, 76, 77, 78, 85, 174, 178, 179, 183, 184, 185, 198, 201, 261, 280, 328, 371, 373, 394.

Winter Gustav 123.

Wipplinger Franz, Bau- meister 96.

Wist J. 185.

Witt, Jean de 399.

Wittrisch, Architekt 444.

Wölfler Bernhard, Dr. 241.

Wohlmuet 25, 392.

Wollek, Bildhauer 492.

Wopelka Karl 125, 131,

142, 156.

Würzner Alois, Dr., Direk- tor 202. Wurm Alois 13, 396.

Ypen, Simon Baron van, Ingenieur-Oberstleut- nant 313.

Zach Andreas, Baumeister

68. Zanetti, Architekt 444. Zauner Franz 43, 117, 393,

470, 500. Zenetti 10. Zerritsch F. 473. Zettl, Baurat 230. Zimmermann Alb. 212, 328. Zimpel Gonzaga 242. Zoller Franz 63. Zotter E„ Architekt 82. Züllich, Andreas v. 138. Zumbusch, Kaspar P. v.,

k. k. Professor 245, 473,

475, 476. Zwirner 10.

VERZEICHNIS DER TEXTABBILDUNGEN.

Abb. Seite

1 Das Burgtor (Architekt Peter von Nobile)

vom Heldenplatze gesehen 3

2 Mittelpartie vom Waffenmuseum des Arsenals.

Architekt Theophil Hansen 5

3 Hauptportal der Votivkirche. Nach einer

Handzeichnung von Architekt Heinrich von Ferstel 7

4 Mittelrisalit vom Haasschen Warenhaus. Ar-

chitekt E. van der Null 11

5 Rekonstruktionsentwurf für das Burgtor von

Architekt Th. von Hansen (1864) .... 12

6 Kapital vom Parlamentsgebäude. Nach einer

naturgroßen Handzeichnung von Architekt Theophil von Hansen 13

7 Mittelteil vom Sühnhaus. Architekt Friedrich

von Schmidt 15

8 Angenommener Entwurf für die Kaiser-Jubi-

läumskirche. Nach einer Zeichnung von Architekt V. Luntz 17

9 Eckrisalit eines Arkadenhauses. Architekt

F. von Neumann 19

10 Entwurf für den Ausbau der Hofburg und

die Hofmuseen. Nach einer Zeichnung von den Architekten G. Semper und K. von Hasenauer 21

11 Detail vom Naturhistorischen Hofmuseum.

Architekten G. Semper und K. von Hasen- auer 23

12 Stephansdom. Relief (aus der Leidens-

geschichte Christi) an der Südseite des

Chores ... 25

13 Metropolitankirche zu St. Stephan. 1 : 1000 . 26

14 Kirche St. Ruprecht im I. Bezirke .... 27

15 » St. Michael, I., Michaelerplatz ... 27

16 Burgpfarrkapelle im 1. Bezirke 27

17 Minoritenkirche im I. Bezirke 27

18 Hofpfarrkirche zu St. Augustin, I., Augustiner-

straße 27

19 Kirche Maria am Gestade im I. Bezirke . . 27

20 » St. Elisabeth (deutscher Orden),

I., Singerstraße .27

21 Kirche zu den neun Chören der Engel,

I., Am Hof 27

22 Kirche St. Johann (Malteser), 1., Kärntner-

straße 27

23 Westseite des Stephansdomes mit den Heiden-

türmen-und dem großen Turm 28

24 Stephansdom, Ostseite des umgebauten

Turmes mit der Kanzel des Capistranus . 29

25 Schnitt des Stephansturmes in der Höhe des

Helmes 31

26 Ansicht des Stephansdomes von Stock-im-

Eisen-Platz 31

27 Mittelschnitt des Stephansdomes 32

Abb. Seile

28 Grabmal Kaiser Friedrich III. (gest. 1493) im

Stephansdom 33

29 Deckel des Grabmales Kaiser Friedrich III.

im Stephansdom 34

30 Stephansdom, Armenseelennische anderOst-

seite des Chores mit dem Fresko (das

Fegefeuer) von Danhauser 36

31 Stephansdom, Reliefbild (Christus am öl-

berge) an der Südseite des Chores ... 37

32 St. Ruprecht im I. Bezirke 38

33 Inneres der Ruprechtskirche ...... 39

34 Reliefbild am Äußeren der Michaeierkirche 39

35 Michaeierkirche .... 40

36 Inneres der Salvatorkapelle 40

37 Portal der Salvatorkapelle 41

38 > » Minoritenkirche 41

39 Minoritenkirche (in Restauration begriffen) 42

40 St. Georgs-Kapelle. Grabmal KaiserLeopoldll. 42

41 Inneres der Augustinerkirche 43

42 St. Georgs-Kapelle (Augustinerkirche) ... 44

43 Turmhelm der Kirche Maria am Gestade . 45

44 Maria am Gestade, Portal mit Baldachin . 46

45 Franziskanerkirche 48

46 Kapuzinerkirche 48

47 Karmeliterkirche (St. Theresa) im II. Bezirke 48

48 Barmherzigenkirche, II., Taborstraße ... 48

49 Jesuitenkirche (Alte Universitätskirche), I., Uni-

versitätsplatz 48

50 Paulanerkirche (zu den Schutzengeln), IV.,

Paulanerplatz 48

51 St. Anna, I., Annagasse 48

52 Schottenkirche (zu unserer lieben Frau), I.,

Freiung 48

53 St. Rochus und St. Sebastian im III. Bezirke 48

54 Serviten-Kirche (Maria Verkündigung) im

IX. Bezirke 48

55 St. Ulrichs-Kirche (Maria Trost) im VII. Be-

zirke 48

56 St. Ursula, I., Johannesgasse 48

57 St. Leopold 49

58 Kirche zu Mariahilf, VI. Bezirk 49

59 St. Josef auf der Laimgrube im VI. Bezirk 49

60 Kirche zur hl. Dreifaltigkeit, IX., Alserstraße 49

61 Piaristenkirche (Maria Treu) im VIII. Bezirke 49

62 St. Peter im I. Bezirke 49

63 Kirche zu den vierzehn Nothelfern in Lichten-

tal 49

64 St. Karl Borromeus im IV. Bezirke .... 49

65 Kirche der Salesianerinnen. III., Rennweg . 49

66 Waisenhauskirche im IX. Bezirke 49

67 St. Florian in Matzleinsdorf 49

68 Stiftskirche auf der Laimgrube 49

69 Kirche St. Thekla auf der Wieden .... 49

70 Heiligenkreuzkirche, III. Rennweg 50

Verzeichnis der Textabbildungen.

529

Abb. Seite

71 St. Ägydius-Kirche in Gumpendorf .... 50

72 Kirche St. Josef im V. Bezirke 50

73 St. Laurenzius-Kirche am Schottenfeld im

VII. Bezirke . . . 50

74 Kirche zu Maria Geburt, III., Rennweg . . 50

75 Jesuitenkirche, I., Universitätsplatz .... 51

76 Inneres der Jesuitenkirche 52

77 Dominikanerkirche im I. Bezirke 53

78 Inneres der Dominikanerkirche 54

79 Schottenkirche, I., Freiung 55

80 Brigittakapelle im XX. Bezirke 56

81 St. Rochus-Kirche im III. Bezirke . . . . 56

82 Servitenkirche im IX. Bezirke 57

83 Kirche zu den neun Chören der Engel,

I., Am Hof 58

84 Kirche zu Mariahilf im VI. Bezirke . . . . 59

85 » zur Dreieinigkeit im IX. Bezirke . . 59

86 > zu St. Peter im I. Bezirke 60

87 Portal der Peterskirche 61

88 Klosterkirche der Elisabethinerinnen im

III. Bezirke 62

89 Kirche zu den vierzehn Nothelfern im IX. Be-

zirke .63

90 Glockensäule der Kirche St. Karl Borromeus 64

91 Inneres der Karlskirche 65

92 Kirche der Salesianerinnen 66

93 Inneres der Waisenhauskirche . . . . 67

94 Johanneskapelle im II. Bezirke 68

95 Stiftskirche im VII. Bezirke 69

96 Kirche zum hl. Kreuz, III., Rennweg ... 70

97 » zu Maria Geburt, III., Rennweg . . 70

98 Inneres der Kirche zu Maria Geburt ... 71

99 Kirche zu Altlerchenfeld, VII. Bezirk ... 73

100 Votiv-(Heilands-)Kirche, IX., Maximilian-

platz 73

101 Lazaristenkirche im VII. Bezirke 73

102 St. Othmar (unter den Weißgerbern) im

III. Bezirke 73

103 Pfarrkirche in der Brigittenau, XX. Bezirk 73

104 in Fünfhaus, XV. Bezirk ... 73

105 Klosterkapelle der Dominikanerinnen in

Hacking 73

106 Klosterkirche der P. P. Karmeliten im

XIX. Bezirke 74

107 Klosterkirche der P. P. Redemptoristen im

XVII. Bezirke 74

108 Pfarrkirche zu St. Leopold in Gersthof . . 74

109 » in Rudolfsheim, XIV. Bezirk . . 74

110 Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche im II. Be-

zirke 74

111 Pfarrkirche (zur hl. Familie) in Ottakring . 74

112 am Breitenfeld, VIII. Bezirk . . 74

113 Kirche in Breitensee, XIII. Bezirk 74

114 Antoniuskirche im X. Bezirke 75

115 Canisiuskirche im IX. Bezirke ..... 75

116 St. Johann von Nepomuk 75

117 Pfarrkirche zu Altlerchenfeld 76

118 Portal der Pfarrkirche zu Altlerchenfeld . . 77

119 Inneres » » » » . . 78

120 Votiv-(Heilands-)Kirche, südliches Quer-

schiff 79

121 Lazaristenkirche im VII. Bezirke 80

122 Kirche zur hl. Familie im XVI. Bezirke . 80

123 Inneres der Antoniuskirche im X. Bezirke . 81

124 Pfarrkirche zum hl. Antonius im X. Bezirke 82

125 Klosterkirche der Karmeliten im XIX. Bezirke 83

126 Redemptoristenkirche in Hernais .... 83

127 Lazaristenkirche, VII., Kaiserstraße .... 83

128 Kirche St. Othmar (unter den Weißgerbern)

im III. Bezirke 83

129 Pfarrkirche in der Brigittenau 84

Bd. II.

Abb. Seite

130 Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche im II. Be-

zirke 84

131 Breitenfelderkirche 84

132 Canisius-Kirche im IX. Bezirke 84

133 Elisabeth-Kirche im IV. Bezirke 85

134 Evangelische Kirche A. C, I., Dorotheergasse 86

135 » » H. C, I., Dorotheergasse 86

136 » > VI.,Gumpendorferstraße 86

137 » » im XVIII. Bezirke . 86

138 » Kapelle auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe 86

139 Evangelische Kirche H.C., I., Dorotheergasse 86

140 Turm der evangelischen Kirche im XVIII. Be-

zirke 86

141 Evangelische Kapelle auf dem Friedhofe in

Matzleinsdorf 87

142 Synagoge I., Seitenstettengasse 88

143 » II., Tempelgasse 88

144 » XV., Turnergasse 88

145 » XVI., Hubergasse 88

146 » XVIII., Schopenhauerstraße ... 88

147 VI., Schmalzhofgasse 88

148 » IX., Müllnergasse 88

149 VIII.,~Neudeggergasse 88

150 X., Humboldtgasse 88

151 > IL, Leopoldsgasse 88

152 » IL, Zirkusgasse 88

153 Serbische Kirche, III., Veithgasse 88

154 Kirche der nicht unierten Griechen, L, Fleisch-

markt 88

155 Russische Kirche, III., Richardgasse .... 88

156 Kirche der unierten Griechen, L, Postgasse 88

157 » » nicht unierten Griechen, I., Hafner- steig 88

158 Inneres der Synagoge L, Seitenstettengasse 89

159 Portal der Synagoge IL, Tempelgasse ... 90

160 Synagoge IL, Tempelgasse 90

161 Inneres der Synagoge IL, Leopoldsgasse 91

162 » » VI., Schmalzhofgasse 91

163 Türkisch-israelitische Synagoge, IL, Zirkus-

gasse, Vorhof 92

164 Griechische Kirche, L, Fleischmarkt .... 93

165 Synagoge VIII., Neudeggergasse .... 94

166 Russische Kirche, III., Richardgasse .... 95

167 Hofburg, alter Teil; Lageplan. 1:2500. . . 97

168 Hofburg, Schweizertor 98

169 Fassade der Hofbibliothek gegen den Josefs-

platz 99

170 Hofbibliothek, I. Stock. 1 : 1000 101

171 Hofburg, Detail vom Reichskanzleitrakt . . 102

172 Reichskanzleitrakt, Durchfahrt 103

173 Hofburg, Michaeiertrakt 104

174 Hofburg, neuer Teil (Grundriß des im Bau

begriffenen Flügels nach dem ursprüng- lichen Entwürfe Hasenauers). 1 ; 2000 . . 105

175 Neubau der Hofburg. Ansicht vom Helden-

platze 106

176 Neubau der Hofburg. Ansicht vom Kaiser-

garten .107

177 Oberes Belvedere. Grundriß I. Stock. 1 : 1000 108

178 Belvedere. Gesamtanlage nach dem Stiche

von S. Kleiner 108

179 Belvedere, Unterfahrt 109

180 » Treppenhalle 111

181 » südliches Tor 112

182 Zierbassin im Belvederegarten 112

183 Belvedere, Mittelsaal 113

184 Schönbrunn aus der Vogelperspektive (nach

dem Aquarell von Raschka) 114

185 Vorderansicht des kaiserlichen Lustschlosses

Schönbrunn 115

34

530

Verzeichnis der Textabbildungen

Abb. Seite Abb.

186 Gartenseite des kaiserlichen Lustschlosses 231

Schönbrunn 115

187 Schönbrunn. Gloriett 115 232

188 Kaiserliches Jagdschloß im Tiergarten bei

Lainz 116 233

189 Das Augartenpalais 117

190 Kaiserliches Lustschloß in Hetzendorf . . .117 234

191 Palais der königlich ungarischen Garde

(Trautson-Palais) 118 235

192 Stiegenhaus im Trautson-Palais 119

193 Hofstallgebäude 120 236

194 Giebelverzierung des Laurenzergebäudes, 237

I., Fleischmarkt 121 238

195 K. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv und

Ministerium des Äußern, I„ Ballhausplatz 122 239

196 K. u. k. Ministerium des Äußern ; k. u. k. Haus-, 240

Hof- und Staatsarchiv. Erdgeschoß. 1 : 650 122

197 K. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Quer- 241

schnitt 1 : 500 122

198 K. u. k. Reichs -Finanzministerium. Erdge- 242

schoß 1 : 800 123

199 K. u. k. Reichs-Finanzministerium. 1., Jo- 243

hannesgasse 123 244

200 Gemeinsamer Oberster Rechnungshof. Hof,

I., Herrengasse 23 124 245

201 GemeinsamerObersterRechnungshof. Portal,

I., Herrengasse 23 . 124 246

202 Königl. ungarische Hofkanzlei, I., Bankgasse 125 247

203 Ministerium des Innern. Erster Stock. 1 : 800 125 248

204 » » I., Judenplatz ... 126 249

205 » » » Portal in der Wipp- lingerstraße 127 250

206 Finanz-Ministerium (Prinz Eugen-Palais). 251

Erster Stock. 1 : 800 127 252

207 Finanz-Ministerium, I., Himmelpfortgasse . 128

208 Treppenhaus im Finanz-Ministerium . . . 129 253

209 Vestibül im Finanz-Ministerium 129 254

210 Unterrichts-Ministerium, I., Minoritenplatz . 130 255

211 Parlamentsgebäude. Gesamtansicht von der

Ringstraße 132 256

212 Parlamentsgebäude. Grundriß des Haupt-

geschosses 1 : 1000 132 257

213 Parlamentsgebäude. Zentralhalle 132 258

214 Bankogebäude, I., Singerstraße 17 .... 134

215 Stiegenhaus im Bankogebäude, I., Singer- 259

Straße 17 135

216 Finanzgebäude, III., Zollamtsstraße 3. Eben- 260

erd. 1 : 1000 136 261

217 Finanzgebäude, III., Zollamtsstraße 5 und 7 136 262

218 Finanzgebäude, III., Zollamtsstraße 5. Eben-

erd. 1 : 1000 136 263

219 Finanzgebäude, III., Zollamtsstraße 7. Eben-

erd. 1 : 1000 136 264

220 Finanzgebäude, III., Vordere Zollamtsstraße 137

221 Fassadenteil des k. k. Postsparkassenamts- 265

gebäudes 139 266

222 Das Postsparkassenamtsgebäude. Hoch-

parterre. 1 : 1000 139 267

223 Justizpalast 140

224 Justizpalast. Ebenerd. 1 : 1000 140 268

225. Hof des Justizpalastes, I., Schmerlingplatz . 141 269

226 Palais Schönborn (Oberlandesgericht),

VIII., Laudongasse 17 143 270

227 K. k. Landesgericht und Gefangenhaus,

VIII., Landesgerichtsstraße 21. ErsterStock. 271

1 : 1500 143 272

228 Polizeidirektion. Ebenerdgeschoß. 1 : 800 . . 144

229 Neues Polizeigebäude (Elisabethpromenade). 273

Hochparterre. 1 : 800 144

230 Neues Polizeigebäude, IX., Elisabethprome- 274

nade 145 275

Seite

Hydrometrische Prüfungsanstalt. Schnitt. 1 : 300 147

Amtshaus der k. k. Tabakregie. Ebenerd. 1 : 800 148

Amtshaus der k. k. Tabakregie, IX., Porzellan- gasse 51 149

K. k. Versatz- und Versteigerungsamt (Doro- theum). Ebenerd. 1:800 150

K. k. Versatz- und Versteigerungsamt (Doro- theum), I., Dorotheergasse 17 150

Das Hauptmünzamtsgebäude, Am Heumarkt 151

Hauptmünzamtsgebäude. Ebenerd. 1 : 1000 . 152

Grundriß des Maschinenhauses des Münz- amtes. 1 : 1000 152

K. k. Hof- und Staatsdruckerei, III., Rennweg 153 » » » » » Erster Stock. 1 : 1000 153

Lageplan der k. k. Tabak-Hauptfabrik im XVI. Bezirke. 1 : 2500 154

Fabrikationsgebäude. Grundriß'des zweiten Stockes. 1 : 1000 ".."... 154

Zigarrenvorrichtsaal 155

Niederösterreichische Statthalterei, I., Mino- ritenplatz 156

Niederösterreichisches Landhaus, I., Mino- ritenplatz . . 156

Vestibül des Landhauses 157

Hof des Landhauses 157

Altes Rathaus, I., Wipplingerstraße ... 158 » » » » Ebenerd. 1 : 1000 159

Altes Rathaus, I., Wipplingerstraße. Portal 159

Das neue Rathaus. Erster Stock. 1 : 1000 . 160

Neues Rathaus. Fassade gegen die Ring- straße 161

Neues Rathaus, Arkadenhof ...... 162

» » Gemeinderats-Sitzungssaal . 163

Amtshaus für den X. Bezirk mit Schule und Pfarrhaus 164

Amtshaus für den XVI. Bezirk, Richard Wagner-Platz. Erster Stock.. 1 : 800 ... 164

Amtshaus für den XVI. Bezirk 165

Gesamtansicht des Amtshauses für den XX. Be- zirk mit angebauten Zinshäusern .... 165

Amtshaus für den XX. Bezirk. Erster Stock. 1 : 800 166

Rathaus in Floridsdorf (XXI. Bezirk) ... 166 Erster Stock. 1 : 800 167

Naturhistorisches Hofmuseum. Langseite gegen den Maria Theresien-Platz .... 169

Naturhistorisches Hofmuseum. ErsterStock. 1 : 1200 170

Kunsthistorisches Hofmuseum. ErsterStock. 1 : 1200 170

Kunsthistorisches Hofmuseum. Stiegenhaus . 171

Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, I., Stubenring 172

Österreichisches Museum für Kunst und Industrie. Ebenerd. 1 : 1000 173

Kunstgewerbeschule. Erster Stock. 1:800 . 173

Akademie der Wissenschaften (Alte Aula). 1 :800 174

Akademie der Wissenschaften (Alte Aula), 1., Universitätsplatz 175

Antiqua domus, L, Sonnenfelsgassc . . . 176

Hauptgebäude der Universität. Front gegen die Ringstraße 177

Universitäts-Hauptgebäude. Erster Stock. 1 : 1200 178

Universität, Stiegenhaus 179

Chemisches Institut der Universität .... 180

Verzeichnis der Textabbildungen.

531

Abb. Seite

276 Chemisches Institut. Ebenerdgeschoß. 1:1000 180

277 Anatomisches Institut der Universität. 1:800 181

278 » » Ebenerdgeschoß.

1 : 500 181

279 Anatomisches Institut. Schnitt. 1 : 500 . . . 181

280 Physiologisches Institut. Hochparterre. 1:800 182

281 » » Schnitt. 1 : 500 . . 182

282 der Universität ... 182

283 Sternwarte auf der Türkenschanze. Ebenerd-

geschoß. 1 : 800 183

284 Sternwarte auf der Tiirkenschanze ... 183

285 Zentralstation für Meteorologie und Erd-

magnetismus. Ebenerdgeschoß. 1:800. .184

286 Geologische Reichsanstalt. Ebenerdgeschoß 184

287 » > (Rasumofsky- Palais) 185

288 Technische Hochschule 186

289 » » Ebenerd. 1 : 1000 . 186

290 Elektrotechnisches Institut. Erster Stock.

1 : 800 187

291 Elektrotechnisches Institut. Schnitt. 1 : 500 . 187

292 » » 188

293 Hochschule für Bodenkultur 188

294 » » » Hochparterre

1 : 1000 189

295 Studentenheim der Hochschule für Boden-

kultur. Parterre und erster Stock. 1:600 189

296 Studentenheim der Hochschule für Boden-

kultur 1 :600 189

297 Akademie der bildenden Künste. Ebenerd.

1 : 1000 .190

298 Akademie der bildenden Künste. Front gegen

den Schillerplatz 191

299 Theresianische Akademie, IV., Favoriten-

straße 192

300 Konsularakademie, IX., Waisenhausgasse 193

301 » Ebenerd und zweiter Stock. 1 : 600 194

302 Offizierstöchter-Erziehungsinstitutin Hernais.

Lageplan. 1 : 3000 195

303 Lehrerinnenbildungsanstalt 196

304 » I., Hegelgasse. Erster Stock. 1 : 800 . . . . 196

305 Staatsgymnasium im V. Bezirke. Ebenerd.

1 : 800 199

306 Staatsgymnasium in Hietzing. Erster Stock.

1 : 800 1 99

307 Obergymnasium in Döbling. Ebenerd. 1 : 800 200

308 Oberrealschule im VI. Bezirke. Erster Stock.

1 : 800 .... 201

309 Oberrealschule, XV., Henriettenplatz . . 202

310 » » » Ebenerd.

1 : 800 202

311 K. k. Franz Josef-Staatsrealschule. Ebenerd.

1 : 800 203

312 Technologisches Gewerbemuseum .... 205

313 Technologisches Gewerbemuseum, Galerie-

saal 206

314 Technologisches Gewerbemuseum, Lehrwerk-

stätte für Schlosserei . . 207

315 Technologisches Gewerbemuseum. Erd-

geschoß. 1 : 1000 211

316 Staatsgewerbeschule im X. Bezirke. Erd-

geschoß 211

317 GraphischeLehr- und Versuchsanstalt. Dritter

Stock. 1 :800 212

318 Volksschule, XIII., Linzerstraße. Ebenerd,

Stockwerk. 1 : 800 . . . 216

319 Lageplan der Schule, XIII., Reinigasse. 1 :3000 217

320 Doppelbürgerschule, XIII., Reinigasse. Par-

terre und erster Stock. 1 : 800 217

Abb. Seite

321 Lageplan der Schule XVIII., Schopenhauer-

straße. 1 : 3000 218

322 Doppel-Volks- und Bürgerschule, XVIII.,

Schopenhauerstraße. 1:800 .... 218

323 Doppel-Volksschule, XIV., Kauergasse. 1 :800 218

324 Volks- und Bürgerschule, II., Schüttaustraße 219

325 Lageplan der Schule II., Schüttaustraße.

1 : 3000 219

326 Volks- und Bürgerschule, II.. Schüttaustraße.

Ebenerd. 1 : 800 219

327 Lageplan derSchule XVI., Wilhelminenstraße.

1 : 3000 220

328 Volksschule, XVI , Wilhelminenstraße. Eben-

erd. 1 : 800 220

329 Volksschule, XVI , Wilhelminenstraße . . 220

330 Lehrsaal der Volksschule, XVI., Wilhelminen-

straße 221

331 Turnsaal der Volksschule XVI., Wilhelminen-

straße 221

332 Volksschule, IL, Witteisbachstraße ... 222

333 Tor des Allgemeinen Krankenhauses, IX ,

Alserstraße 225

334 Allgemeines Krankenhaus, IX., Alserstraße.

Lageplan. 1 : 5000 . . . . 226

335 Erste Stätte für die pathologische Anatomie

in Wien 227

336 Allgemeines Krankenhaus. Hof I . . . 227

337 Neue k. k Krankenanstalt, IX., Spitalgasse.

Lageplan. 1 : 4000 228

338 Krankenhaus Wieden. Lageplan. 1 : 2000 . 229

339 Krankenanstalt Kronprinz Rudolf-Stiftung.

Lageplan. 1 : 2000 230

340 Krankenanstalt Kronprinz Rudolf-Stiftung 230

341 Elisabeth-Spital. Lageplan. 1:2000 ... 231

342 » Bettina-Pavillon. Erster Stock. 1 : 600 232

343 Plastik im Bettina-Pavillon 232

344 Stephanie-Spital. Ebenerd 1 : 800 .... 233

345 Sophien-Spital Ebenerd. 1 : 600 233

346 Kaiser Franz Josef-Spital, X., Triesterstraße.

Lageplan. 1 : 3000 234

347 Kaiser Franz Josef-Spital, X., Triesterstraße.

Perspektivische Ansicht . 234

348 Kaiser Franz Josef-Spital. Pavillons für

Internkranke. 1 : 600 235

349 Kaiser Franz Josef-Spital. Pavillons für

Internkranke. Schnitt. 1:600 . .235

350 Wilhelminen-Spital und Kinderspital der

Gemeinde Wien. Lageplan. 1:3000 . 236

351 Wilhelminen-Spital. Gebäude A. Zweiter

Stock. 1 : 800 . 236

352 Wilhelminen-Spital. Pavillon für elf Betten.

1 : 600 236

353 Wilhelminen-Spital. Operationshaus. Erd-

geschoß. 1 : 600 236

354 Lymphanstalt. Ebenerd. 1 : 600 237

355 Diphtherieheilseruminstitut. Ebenerd 1 : 600 237

356 Epidemiespital der Gemeinde Wien im

X. Bezirke. Lageplan 1 : 1000 238

357 Spital der Barmherzigen Brüder, IL, Tabor-

straße. Lageplan. 1 : 3000 239

358 Spital der Barmherzigen Brüder, IL, Große

Mohrengasse. Erster Stock 1 : 1000 . . .239

359 Spital der israelitischen Kultusgemeinde

Lageplan. 1 : 1750 241

360 Spital der israelitischen Kultusgemeinde.

Ebenerd. 1 : 800 241

361 Allgemeine Poliklinik. Hochparterre. 1:800 242

362 Rudolfiner-Haus. 1 : 1750 244

363 » Hauptgebäude. Erdgeschoß.

1 : 800 245

34*

532

Verzeichnis der Textabbildungen.

Abb. Seite

364 Rudolfiner-Haus. Billroth-Pavillon und Ka-

pelle 245

365 St. Annen-Kinderspital. Ebenerd. 1 : 800 . . 247

366 St. Josef-Kinderspital. Lageplan. 1 : 800 . 248

367 Leopoldstädter Kinderspital. Ebenerd. 1 : 800 249

368 » > Zweiter Stock.

1 : 800 249

369 Kronprinz Rudoli-Kinderspital. Lageplan.

1 : 1500 250

370 Kronprinz Rudolf-Kinderspital. Diphtherie-

Pavillon. Ebenerd. 1 : 600 250

371 Karolinen-Kinderspital. Lageplan. 1:700. 250

372 Faniteum. Obergeschoß. 1 : 600 251

373 » im XIII. Bezirke 251

374 Sanatorium Dr. Loew, IX., Mariannengasse.

Ebenerd. 1 : 800 253

375 Privatheilanstalt Dr. Fürth im VIII. Bezirke.

Ebenerd. 1 : 600 254

376 Sanatorium Vorderbrühl. Erster Stock . . 254

377 Niederösterreichische Landes-Irrenanstalt im

IX. Bezirke. Lageplan. 1 : 500 256

378 Landes-Heil- und Pflegeanstalten im XIII. Be-

zirke. Lageplan. 1 : 8000 257

379 Privat-Heilanstalt in Ober-Döbling. Lage-

plan. 1 : 4000 258

380 Niederösterreichische Landes-Findelanstalt.

Lageplan. 1 : 3000 259

381 Blindenerziehungsinstitut. Ebenerd. 1 : 600 . 260

382 Blindenerziehungsinstitut 261

383 Israelitisches Blindeninstitut. Ebenerd. 1 : 800 261

384 Waisenhaus im X. Bezirke. Zweiter Stock.

1 : 800 262

385 Evangelisches Waisenhaus. Erster Stock.

1 : 500 262

386 Waisenhaus für israelitische Mädchen, XIX.,

Feldgasse. Zweiter Stock. 1 : 600 . . . 262

387 Waisenhaus für israelitische Mädchen, XIX.,

Bauernfeldgasse, Hochparterre. 1 : 800 . . 263

388 Bürgerversorgungshaus. Erster Stock. 1:1000 265

389 Versorgungshaus im XIII. Bezirke. Lageplan.

1 : 6000 266

390 Versorgungshaus. Verwaltungsgebäude und

Kirche. Ebenerd. 1 : 1000 266

391 Versorgungshaus.Krankenheim. ErsterStock.

1 : 1000 267

392 Versorgungshaus. Männer- und Frauenheim.

Erster Stock. 1 : 1000 267

393 Versorgungshaus. Ehepaarheim. Ebenerd.

1 : 1000 267

394 Versorgungshaus. Männer- und Frauenheim

(Mittelbau, Vorderansicht) 268

395 Versorgungshaus. Ehepaarheim (Vorder-

ansicht) 269

396 Asyl und Werkhaus im X. Bezirke. Ebenerd.

1 : 1650 271

397 Asyl für Obdachlose im III. Bezirke. Eben-

erd. 1 : 800 271

398 Wärmestube im X. Bezirke. Ebenerd. 1 : 500 272

399 Städtisches Donaustrombad an derKronprinz

Rudolf-Brücke 273

400 Städtisches Donaustrombad an derKronprinz

Rudolf-Brücke. Querschnitt. 1 : 500 . . . 274

401 Veranda des städtischen Donaustrombades

an der Kronprinz Rudolf-Brücke .... 274

402 Städtisches Donaustrombad an derKronprinz

Rudolf-Brücke. Ebenerd-Grundriß. 1 : 1800 275

403 Städtisches Strombad im Donaukanal. An-

sicht und Grundriß. 1 : 500 275

404 Städtisches Strombad im Donaukanal. Quer-

schnitt. 1 : 150 275

Abb. Seite

405 Städtisches Donaustrombad an der Sophien-

brücke 266

406 Inneres eines städtischen Donaustrombades 276

407 Schwimmbassin des städtischen Theresien-

bades im XII. Bezirke 277

408 Volksbad im VI. Bezirke. Erster Stock. 1 : 500 277

409 » XVI. » » > 1 : 500 277

410 Zentralbad im I. Bezirke. Mezzanin. 1 : 500 279

411 Dianabad im II. Bezirke. Ebenerd. 1:1000 280

412 Römisches Bad im II. Bezirke. Parterre. 1:800 281

413 » » laues und kaltes Bassin für Herren 281

414 Die Zentralstation der städtischen Feuer-

wehr, I., Am Hof 283

415 Altes Zeughaus, I., Am Hof 284

416 Zentralstation der Freiwilligen Rettungs-

gesellschaft. Ebenerd. 1 : 800 . . . .285

417 Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft.

Loggia und Durchfahrt . 286

418 Filiale der Rettungsgesellschaft im VI. Be-

zirke. Ebenerd. 1 : 600 286

419 Sanitätsstation XVII., Gilmgasse. Ebenerd.

1 : 600 288

420 Reichs-Kriegsministerium, I., Am Hof . . . 289

421 Generalkommando, I., Universitätsstraße . 290

422 Erster Stock. 1 : 800 . . 290

423 Militärtechnisches Komitee, VI., Getreide-

markt 291

424 Lageplan der Kriegsschule und des Techni-

schen Militärkomitees. 1 : 3000 292

425 Militär-geographisches Institut. Haupt-

gebäude A, VIII., Landesgerichtsstraße 7 292

426 Neues militär-geographisches Institut. Haupt-

gebäude B, VIII., Josefstädterstraße 73 . 293

427 Neubau B des Militär-geographischen In-

stitutes. Erster Stock. 1 : 800 293

428 Tor der Stiftskaserne im VII. Bezirke . . . 295

429 Lageplan der Stiftskaserne im VII. Bezirke.

1 : 5000 295

430 Roßauer Kaserne. Lageplan. 1 : 5000 .... 296

431 Roßauer Infanteriekaserne im IX Bezirke . 297

432 Graf Radetzky-Infanteriekaserne. Lageplan . 298

433 Graf Radetzky-Infanteriekaserne auf der

Schmelz . . < ... 298

434 Erzherzog Albrecht-Infanteriekaserne im

Prater 299

435 Erzherzog Albrecht-Infanteriekaserne. Lage-

plan 299

436 Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserne im Prater 300

437 »

Lageplan. 1 : 4000 300

438 Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserneim Prater.

Offiziers-Wohngebäude. ErsterStock. 1 :800 300

439 Kavalleriekaserne und Kadettenschule im

XIII. Bezirke. 1 : 5000 302

440 Kavalleriekaserne im XIII. Bezirke. Mann-

schafts - Wohngebäude. Hochparterre. 1 : 800 303

441 Kavalleriekaserne im XIII. Bezirke. Offiziers-

menage. Hochparterre. 1 : 800 . . 303

442 Kavalleriekaserne im XIII. Bezirke. Stall-

gebäude. 1 : 800 303

443 Trainkaserne im XII. Bezirke. Lageplan.

1 : 4000 304

444 Trainkaserne im XII. Bezirke. Mannschafts-

Wohngebäude. Erster Stock. 1 : 800 . . 304

445 Das Arsenal aus der Vogelperspektive im

Jahre 1864 306

446 K. und k. Arsenal. Lageplan. 1 : 5000 ... 307

447 Nordfront des Arsenals 308

Verzeichnis der Textabbildungen

533

Abb. Seile

448 Hauptgebäude der Infanterie-Kadettenschule

in Breitensee, XIII. Bezirk. Erster Stock.

1 : 1000 309

449 Infanterie-Kadettenschule in Breitensee,

XIII. Bezirk 310

450 Militärtierarzneiinstitut im III. Bezirke. Lage-

plan. 1 :4000 311

451 Militärtierarzneiinstitut im 111. Bezirke, Pferde-

klinik. Erdgeschoß. 1 : S00 311

452 Krankenpavillon im Garnisonsspital Nr. 1.

Ebenerd. 1 : 600 312

453 Josefinum (militärärztliches Institut), IX.,

Währingerstraße 312

454 Kaiser Franz Josef-Landwehrkaserne im

XIII. Bezirke. Lageplan. 1:2000 314

455 Kaiser Franz Josef -Laridwehrkaserne im

XIII Bezirke 314

456 Landwehr-Ausrüstungshauptdepot. Vierter

Stock. 1 : 1000 315

457 Landwehr-Kadettenschnle im 111. Bezirke.

Lageplan. 1 : 2000 . 315

458 Landwehr-Kadettenschule im III. Bezirke . 316

459 Hans der Künstlergenossenschaft, I., Karls-

platz 317

460 Haus der Künstlergenossenschaft. Ebenerd.

1 :800 318

461 Sitzungssaal des österreichischen Ingenieur-

und Architektenvereines ..... . . 318

462 Haus des Österreichischen Ingenieur- und

Architekten-Vereines und des Niederöster- reichischen Gewerbe-Vereines. Erster Stock. 1 :800 319

463 Haus des Österreichischen Ingenieur- und

Architekten-Vereines und des Niederöster- reichischen Gewerbe-Vereines . . . 320

464 Haus der k. k. Gesellschaft der Ärzte. Erster

Stock. 1 : 600 320

465 Residenzhof. Erster Stock. 1 : 600 320

466 Gebäude der Sezession. 1 : 800 320

467 » 320

468 Kaufmännischer Verein. Ebenerd. 1 : 600 . 321

469 » Zweiter Stock.

1 : 600 321

470 Haus der Kaufmannschaft, 1., Schwarzen-

bergplatz 321

471 Festsaal im Hause der Kaufmannschaft . . 322

472 Haus der Kaufmannschaft. Ebenerd 1 : 800 323

473 » » Erster Stock.

1 : 800 323

474 Volksheim im XVI. Bezirke. Hochparterre.

1 : 800 ... .323

475 Arbeiterheim imX.Bezirke.ErsterStock. 1:800 323

476 Verbandshaus derGenossenschafts-Kranken-

kassen. 1 : 800 323

477 Hof-Operntheater. Grundriß in Höhe der

Parterrelogen. 1 : 1000 325

478 Hof-Operntheater 327

479 Hof-Burgtheater. Grundriß des ersten Ranges.

1 : 1000 328

480 Hof-Burgtheater 329

481 » Große Logentreppe . . . 330

482 Theater an der Wien. Parterre. 1 : 1000 . . 331

483 Carl-Theater. Parterre. 1:1000 331

484 Theater in der Josefstadt. Parterre. 1 : 1000 331

485 Lustspieltheater im Prater. Parterre. 1 : 1000 331

486 Deutsches Volkstheater. Parterre. 1 : 1000 . 331

487 Raimund-Theater. Parterre. 1 : 1000 .... 331

488 Jubiläumstheater. Parterre. 1 : 1000 .... 331

489 Bürgertheater. Parterre. 1 : 1000 331

490 Theater an der Wien. Vorderhaus .... 332

491 Carl-Theater, IL, Praterstraße 332

Abb. Seite

492 Lustspieltheater 333

493 Deutsches Volkstheater 334

494 Raimund-Theater. Schnitt. 1:600 335

495 Raimund-Theater 335

496 Kaiser-Jubiläums-Stadttheater ....... 336

497 Wiener Bürgertheater 337

498 Etablissement Ronacher im I. Bezirke . . . 338

499 Orpheum. Parterre. 1 : 1000 339

500 Etablissement Ronacher. Mezzanin. 1 : 1000 339

501 Kolosseum. Ebenerd. 1 : 1000 339

502 Apollo-Variete. Parterre. 1 : 1000 339

503 Zirkus Renz. Parterre 1 : 1000 339

504 Zirkus Busch Parterre. 1 : 1000 1W

505 »Apollo «-Variete 340

506 Musikvereinsgebäude 342

507 Erster Stock .... 342

508 Der Kursalon im Stadtpark 343

509 » Parterre. 1 : 800 343

510 Gartenbausäle. Parterre. 1 : 800 . . . 344

511 Städtisches Restaurationsgebäude im Kinder-

park im III. Bezirke 344

512 Wiener Eislaufverein. Lageplan. 1:6000 . 346

513 Gebäude des Wiener Eislaufvereines. Ansicht

von der Lothringerstraße 347

514 Gebäude des Wiener Eislaufvereines. Eben-

erd. 1 : 1000 347

515 Gebäude des Wiener Bicycle-Klub im Prater 348

516 » Athletiksport-Klub 348

517 Lawn-Tennis-Häuschen im Prater .... 348

518 Die Effekten- und Warenbörse 350

519 Effektenbörse. Großer Börsesaal 352

520 » Ebenerdgrundriß. 1 : 1000 . . 352

521 Großer Saal der Börse für landwirtschaft-

liche Produkte 353

522 Börse für landwirtschaftliche Produkte. Erster

Stock. 1 : 800 ,353

523 Börse für landwirtschaftliche Produkte . . 354

524 Bank- und Börsegebäude, I., Herrengasse . 355

525 » » < » » Ebenerd. 1 : 800 356

526 Allgemeine Verkehrsbank. Ebenerd. 1 : 800 357

527 » 357

528 Bodenkreditanstalt. Ebenerd. 1 : 800 . . . . 358

529 - I., Teinfaltstraße .... 358

530 Treppenhalle . . . . 359

531 Allgemeine Depositenbank, Ebenerd. 1:600 359

532 Giro- und Kassenverein 359

533 Giro- und Kassenverein. Ebenerd. 1 : 600 . 360

534 Österreichische Länderbank. Kassensaal . . 360

535 » » Ebenerd. 1:800 360

536 » » 361

537 Warenhaus Ph. Haas & Söhne. Ebenerd. 1 : 600 362

538 Warenhaus Ernst Wahliss. Ebenerd. 1 : 600 362

539 » > » Zweiter Stock.

1 : 600 362

540 Warenhaus J. Rothberger. Parterre. 1 : 600 362

541 » Vierter Stock.

1 : 600 362

542 Warenhaus Stephan Esders. Ebenerd. 1 : 800 362

543 » Schein. Schnitt. 1 : 500 . . . .362

544 Zwieback. Parterre. 1 : 600 . . 362

545 » » Vierter Stock. 1 : 600 362

546 » Ph. Haas & Söhne 363

547 Warenhausgruppe J. Rothberger-Kranner .363

548 Warenhaus Ernst Wahliss ......... 364

549 » Stephan Esders 364

550 Zwieback 365

551 » » Schnitt. 1 : 500 . . 365

552 A. Herzmansky 366

553 » > » Ebenerd.

1 ; 600 366

534

Verzeichnis der Textabbildungen.

Abb. Seite Abb.

554 Warenhaus Neumann 367 604

555 Regensburgerhof . 367

556 I., Lugeck, Parterre. 1 :600 367 605

557 Der Glashiittenhof. IX., Liechtenstein-

straße 22. Zweiter Stock. 1 : 800 ... 368 606

558 Warenhaus Gerngroß (Neubau). ErsterStock. 607

1 : 800 368 608

559 Warenhaus Gerngroß 368 609

560 Warenhaus Gerngroß. Innenansicht .... 369

561 Palais Erzherzog Ludwig Viktor 371 610

562 » des Erzherzog Ludwig Viktor. Erster

Stock. 1 :800 372 611

563 Palais des Hoch- und Deutschmeisters . . 372 612

564 » » » » » Erster 613 Stock. 1 : 800 373 614

565 PalaisdesHoch-undDeutschmeisters. Großer

Speisesaal 374 615

566 Erzbischöfliches Palais, I., Rotenturmstraße 375

567 Palais Lobkowitz, I., Lobkowitzplatz . . . 376 616

568 Portal am Palais Lobkowitz 377 617

569 Palais Schwarzenberg. Straßenseite .... 378

570 » Erster Stock. 1 : 800 379 618

571 Schnitt durch das Palais Schwarzenberg.

(Nach der Aufnahme von Prof. G. Nie- 619

mann.) 379 620

572 Palais Liechtenstein, I., Bankgasse. Ebenerd. 621

1 : 800 380

573 Stiegenhaus im Palais Liechtenstein, I., Bank- 622

gasse 9. (Nach einer Aufnahme von Prof.

G. Niemann.) 381 623

574 Portal des Palais Liechtenstein, I., Bankgasse 382 624

575 » » » » amMinoriten- platz 383

576 Altes Gartenpalais des Fürsten Liechtenstein

im IX. Bezirke . . . 384

577 Neues Gartenpalais des Fürsten Liechten-

stein im IX. Bezirke 384

578 Atelier Feodorowna Ries im Gartenpalais 626

des Fürsten Liechtenstein 385

579 Palais Auersperg, VIII., Auerspergstraße . . 385 627

580 » Schönborn, I., Renngasse 386 628

581 Stiegenhaus im Palais Kinsky 386 629

582 Palais Kinsky, I., Freiung 387

583 Portal am Palais Breuner-Enkevoirth, I., 630

Singerstraße 16 388 631

584 Palais Schönburg, IV., Rainergasse .... 389 632

585 » Pallavicini, I., Josefsplatz 390

586 Portal am Palais Pallavicini 390 633

587 Palais Koburg. Fassade gegen die Ring-

straße 391 634

588 Palais Larisch-Mönnich, I., Johannesgasse 26 392

589 » Ebenerd. 1 : 800 . .392 635

590 » » Erster Stock. 1 : 800 392 636

591 » derDeutschen Botschaft, III., Metternich- 637 gasse 3 393

592 Palais der Deutschen'Botschaft. Erster Stock. 638

1:800 " 393 639

593 Festsaal im Palais der Deutschen Botschaft 394

594 Palais Lanckororiski, III., Jacquingasse . . . 395 640

595 » » Ebenerd. 1 : 800 . . . 395

596 » Dr. Kranz, IV., Alleegasse 27 . . . .396 641

597 Albert von Rothschild, IV., Heugasse26 397 642

598 » » » » Erster Stock.

1 :800 397 <=..,

599 Palais Albert von Rothschild. Gartenseite . 398

600 > Alfons von Rothschild, IV., Theresia- numgasse. Ebenerd. 1:800 398 644

601 Palais Alfons von Rothschild. Gassenseite . 399

602 » » » Gartenseite . 400

603 Palais Redlich, III., Richardgasse 3. Erster

Stock. 1 : 800 401

Seite Palais Othon Baron Bourgoing. III., Metternich-

gasse 8. Ebenerd. 1 : 800 401

Palais Lützow, I., Giselastraße 13. Erster

Stock. 1 : 800 401

Palais Lützow, I.. Giselastraße 13 402

Hof des Hauses I., Fleischmarkt 17 . . . 403 Heiligenkreuzerhof, I., Grashofgasse . . .. 404 Fattonsches Haus, I., Hegelgasse 13. Erster

Stock. 1 : 800 404

Palais Eplmissi, I., Franzensring 24. Zweiter

Stock. 1 : 800 404

Thonethaus. Ebenerd. 1 : 600 405

Erster Stock. 1 : 600 405

» I., Stephansplatz .... 405

Philipphof, I., Augustinerstraße 8. Ebenerd.

1 : 600 406

Philipphof. I .. Augustinerstraße 8. Erster

Stock. 1 : 600 406

Philipphof, I , Augustinerstraße 8 . . ... 407 »Zum Fenstergucker«, I., Kärntnerstraße 49.

Ebenerd und IV. Stock. 1 : 600 408

Kaiserliches Stiftungshaus, I., Schottenring7.

Erster Stock. 1 : 600 408

Kaiserliches Stiftungshaus, I., Schottenring 7 409 I., Kärntnerstraße 14. Erster Stock. 1 : 600 . 410 Herrenhuterhaus, I.. Neuer Markt. Parterre.

1 : 600 414

Herrenhuterhaus, I., Neuer Markte Vierter

Stock. 1 : 600 ". ... 410

Herrenhuterhaus, I., Neuer Markt 410

Wohn- und Geschäftshaus der k. k. priv.

Wechselseitigen Brandschaden- Versiche- rungsanstalt, L, Wollzeile 39. Ebenerd.

1 :600 411

Wohn- und Geschäftshaus der k. k. priv.

Wechselseitigen Brandschaden- Versiche- rungsanstalt, I.. Wollzeile 39 411

»Casa piccola«, VI., Mariahilferstraße 1 b. c.

Erster Stock. 1 : 600 411

»Casa piecola«, VI., Mariahilferstaße . . . 412 »Zur Weltkugel«, I., Stephansplatz 2 ... 412 »Zur Weltkugel«, I . Stephansplatz 2. Dritter

Stock. 1 : 600 412

Haus I.. Stubenring 12. Erster Stock. 1 : 600 412 Wohnhaus I., Schottenring 21. Ebenerd. 1:800 413 I., » 21.' Erster Stock.

1 :800 413

Wohnhaus IV., Schwindgasse 4. Erster Stock.

1 :600 413

Wohn- und. Warenhaus. I., Kärntnerstraße 5.

Erster Stock. 1 : 600 413

Fassadenteil vom Mattonihof 414

Mattonihof. Erster Stock. 1 : 600 414

Miethaus, VI., Magdalenenstraße. Mezzanin.

1 :600 415

Wohnhausgruppe, VI., Magdalenenstraße .415 »Zum Bogner«, I.. Bognergasse 3. Erster

Stock. 1 :600 416

Schnitt des Bognerhauses, I., Bognergasse 3.

1 : 300 416

»Zum Bogner«, I., Bognergasse 3 . . . . 417 Wohn- und Geschäftshaus, I., Wipplinger-

straße 12 417

Wohn- und Geschäftshaus, I., Wipplinger-

straße 12. Ebenerd. l':600 418

Wohn- und Geschäftshaus, I., Wipplinger-

straße 12. Erster Stock. 1 : 600 418

Wohnhausgruppe, I., Börse- Werdertor- Neutor - Eßlinggasse. Zweiter Stock.

1 : 600 418

Verzeichnis der Textabbildungen.

535

Abb. Seite

646 »Heinrichshof«, 1., Opernring, Erster Stock.

1 : 800 419

647 »Heinrichshof«. I., Opernring 419

648 »Kärntnerhof«, I.. Kärntnerstraße. Ebenerd.

1 : 800 420

649 Wohnhausgruppe, IX., Maximilianplatz 14.

Ebenerd. 1 : 800 . 421

650 Wohnhaus Maximilianplatz 14. Erster Stock.

1 :800 421

651 Gebäudegruppe am Maximilianplatz . . 422

652 Arkadenhäuser, I., Reichsratsstraße. Ebenerd.

1 : 800 423

653 Arkadenhäuser, I., Reichsratsstraße. Erster

Stock. 1 : 800 423

654 Gruppe von Arkadenhäusern, I., Reichsrats-

straße 424

655 Haushof in Heiligenstadt 427

656 Villa in Penzing 427

657 Haushof in Döbling 428

658 Gartenhof in Penzing 428

659 Villa in Hietzing 429

660 Villa Krug, Hohe Warte 429

661 Villa Chaire in Meidling 429

662 Villa Weidmann, Hietzing 430

663 Villa Schopp, Hietzing. -1 : 600 430

664 » » »■ 430

665 Villa Taussig, Hietzing. 1 : 600 431

666 » » » Lageplan. 1 : 3000 . 431

667 » » » 431

668 Villa Roth, Hietzing 432

669 Villa Otto König, Hietzing. 1 : 600 . . . .432

670 Villa Bahr, Ober-St. Veit. 1 : 600 432

671 Villa Otto König, Hietzing 432

672 Villa Bahr, Ober-St. Veit 432

673 Villa Otto Wagner in Hütteldori 433

674 Villa Wilhelm in Hütteldorf 433

675 Villa Wielemans, Dornbach 434

676 Villa Kuffner, Dornbach. 1 : 600 434

677 Villa Carola, Kahlenberg. 1 : 600 434

678 Hotel-Villa Kahlenberg. 1 : 600 434

679 Villa Rittershausen, Hohe Warte. 1 : 600 . . 434

680 Villa Schenker, Hohe Warte. 1 : 600 ... 434

681 Villa Wielemans, Dornbach. 1 : 600 . . . . 434

682 Villa Schauta, Hohe Warte. 1 : 600 . . . .434

683 Villa Schenker, Hohe Warte 434

684 Villa Moll, Hohe Warte. 1 : 600 435

685 Villa Spitzer, Hohe Warte. 1 : 600 435

686 Moll-Moser-Haus, Hohe Warte. Gartenseite 435

687 Villa Spitzer, Hohe Warte 435

688 Villa Henneberg, Hohe Warte. Lageplan.

1 : 1500 435

689 Villa Henneberg, Hohe Warte. 1 : 600 . . . 435

690 » » » » 436

691 Die Cottageanlage Währing-Döbling an der

Türkenschanze 1873-1906 437

692 Villa Blaschek, Cottage 437

693 bis 695 Cottagetypen in Währing-Döbling . 437

696 Villa Oberwimmer, Cottage 438

697 » » » 1 : 600 .... 438

698 » Hochstetter, Cottage 1 : 600 438

699 Villa Wolf, Cottage. 1 : 600 438

700 » » » 438

701 Villa Rumpel, Cottage. 1 : 600 439

702 » » . » 439

703 VillaScheid, Cottage, Hochschulstraße. 1:600 439

704 Villen Scheid und Gerlach, Cottage, Hoch-

schulstraße 439

705 Villa Gerlach, Cottage. 1 : 600 439

706 Villa Himmelbauer, Cottage. 1 : 600 . . . .439

707 » > » 340

708 Villa Kuffner. Cottage. 1 : 600 440

Abb. Seite

709 Villa Futter, Cottage. 1 : 600 . 440

710 Villa Kuffner, Cottage 440

711 Villa Futter. Cottage 440

712 Mietvilla, XIX., Lannerstraße 18. 1 : 600 . . 440

713 » XIX., 18 441

714 Villa Liechtenstein, Prater 441

715 » » 1 :600 441

716 Villa Harnoncourt, Prater 442

717 » 1 : 600 442

718 Grand Hotel. Erster Stock. 1:800 . . . .443

719 Hotel Metropole. Ebenerd. 1 :800 444

720 Hotel Metropole, I., Morzinplatz 445

721 Hotel Imperial. L, Kärntnerring 446

722 Hotel Krantz. Parterre. 1 : 600 447

723 » » Dritter Stock. 1 : 600 . . . .447

724 Hotel Meißl & Schadn. Zweiter Stock. 1 : 600 447

725 » » 1., Kärntnerstraße . 448

726 bis 728 Restauration undPensionOttakringer

Bräu, Xlll., Hietzing, Auhofstraße 1 . . 448

729 Restauration St. Annahof, I., Annagasse 3.

Souterrain. 1 : 800 449

730 Restauration St Annahof, I., Annagasse 3.

Parterre. 1 : 800 449

731 Brauhausrestauration Simmering, XL, Sim-

meringer Hauptstraße 99. Erster Stock. 1 : 800 449

732 Gasthaus »zur güldenen Waldschnepfe« in

Dornbach -449

733 Volkswohnungen im XIII. Bezirke . . . 451

734 » » XIII. » Lageplan.

1 : 800 452

735 Volkswohnungen im XIII. Bezirke. Erster

Stock. 1 : 600 452

736 Arbeiterwohnhausgruppe. Ebenerd. 1 : 600 . 452

737 ErsterStock. 1:600 452

738 Arbeiterwohnhäuser im X. Bezirke. Lage-

plan. 1 : 2000 452

739 Arbeiterwohnhäuser im X. Bezirke .... 453

740 Arbeiterwohnhaus im XIII. Bezirke. Dritter

Stock. 1 : 600 453

741 Arbeiterfamilienhaus der Brauerei Nußdorf.

Erster Stock. 1 : 600 454

742 Komitee zur Begründung der Ersten gemein-

nützigen Baugesellschaft für Arbeiter- wohnungen in Wien. Grundriß des ersten Stockes. 1 : 600 454

743 Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. Situa-

tion. 1 : 1500 455

744 Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. Teil

des ersten Stockes 1 : 600 455

745 Männerheim im XX. Bezirke. Hochparterre.

1 : 600 457

746 Männerheim im XX. Bezirke. Stockwerke.

1 : 600 457

747 Arbeiterhaus der Brauerei Nußdorf. Erster

Stock. 1 : 600 457

748 Rotunde mit Südportal .- 459

749 Schnitt durch die Rotunde von Süd nach

Nord. 1 : 1000 461

750 Ausstellungshaus Hagenbund, Hauptansicht 463

751 » Vorraum . 463

752 Spinnerin am Kreuz (X. Bezirk) 467

753 Mariensäule Am Hof (I. Bezirk) 467

754 Franz von Lothringen (Kaisergarten) . . . 468

755 Dreifaltigkeits- oder Pestsäule Am Graben . 468

756 Darstellung der Vertreibung der Pest . . . 468

757 Reiterstandbild Kaiser Josefs II. (I. Josefsplatz) 469

758 Schubert-Denkmal (Stadtpark) 469

759 Emil Schindler-Denkmal (Stadtpark) .... 469

760 Bruckner-Denkmal (Stadtpark) 469

761 Makart-Denkmal (Stadtpark) 470

536

Verzeichnis der Textabbildungen.

Abb. Seite

762 Kaiser Franz I. (Innerer Burghof) .... 470

763 Beethoven-Denkmal (I., Beethovenplatz) . . 470

764 Schiller-Denkmal (I., Schillerplatz) .... 471

765 Reiterdenkmal des Feldmarschalls Radetzky

(I., Am Hof) 471

766 Anastasius Grün (I., Schillerplatz) . . 471

767 Nikolaus Lenau (I., Schillerplatz) 471

768 Reiterstandbild des Prinzen Eugen von Sa-

voyen (Äußerer Burgplatz) 472

769 Reiterstandbild des Erzherzogs Karl i Äußerer Burgplatz i 473

770 Grillparzer-Denkmal (Volksgarten) .... 474

771 Mozart-Denkmal d.. Albrechtsplatz) ... 474

772 Friedrich v. Schmidt-Denkmal (hinter dem

Rathause i .... 474

773 Liebenberg-Denkmal iL. Franzensring) . . 475

774 Goethe-Denkmal (I., Opernring) 475

775 Raimund-Denkmal (vordem Deutschen Volks-

theater i 475

776 Tegetthoff-Denkmal (Pratersternj . . . . 475

777 Heinrich Jasomirgott 476

778 Rudolf der Stifter 476

779 Graf Rüdiger von Starhemberg 476

780 Fischer von Erlach 476

781 StandbildKaiserFranzJosefl (XII.. Breitensee') 476

782 Anzengruber-Denkmal (L, Schmerlingplatz) 477

783 Leopold der Glorreiche 477

784 Graf Niklas Salm 477

785 Bischof Kollonitz 477

786 Josef von Sonnenfels 477

787 Strauß-Lanner-Denkmal iRathauspark) . . . 478

788 Josef Haydn-Denkmal (VI. Bezirk) .... 478

789 Gutenberg-Denkmal (I., Lugeck) 478

790 Türkendenkmal (St. Stephans-Kirche) ... 479

791 Deutschmeister-Denkmal (I., Deutschmeister-

platz) 481

792 Reliefgruppe am Deutschmeister-Denkmal 481

793 Rossebändiger (I., Maria Theresien-Platz) . 482

794 » 482

795 Marc Anton-Gruppe (neben dem Ausstellungs-

gebäude der Sezession) 482

796 und 797 Bassins mit Brunnengruppen in den

Gartenanlagen zwischen den beiden Hof- museen 483

798 Der .Schöne Brunnen- (Schönbrunn) . . . 483

799 Mosesbrunnen (I. Franziskanerplatz) . . . 483

800 Tilgner-Brunnen (Volksgarten) 483

801 Engelbrunnen (IV., Wiedener Hauptstraße) 483

802 Brunnen auf dem Hohen Markt (L, Bezirk) 483

803 Brunnen am Graben (I. Bezirk) . . . . 483

804 Neptuns-Brunnen (am Fuße des Gloriettes

in Schönbrunn) 484

805 Brunnen auf dem Neuen Markt (I. Bezirk) 484

806 Donauweibchen-Brunnen (Stadtpark) . . . 4S5

807 Hygieia-Brunnen im Vorgarten des Josefinums

(IX., Währingerstraße) 485

808 Brunnen der hl. Margarete (V. Bezirk) . . 485

809 Gänsemädchen-Brunnen (VI. Bezirk) . . . 485

810 Brunnen in der Alserstraße (IX. Bezirk) . . 485

811 Austriabrunnen auf der Freiung (I. Bezirk) 485 812. Pallas Athcne-Brunnenanlage vor dem Parla-

mentsgebäude) 486

S13 Opernhaus-Brunnen 487

814 Mozart-Brunnen (IV., Mozartplatz) .... 487

Abb. Seite

815 »Die Befreiung der Quelle iStadtpark) . . 487

816 Schutzengel-Brunnen vor der Paulanerkirche

(IV. Bezirk) 487

817 Brunnen vor der protestantischen Schule

(IV. Bezirk) 487

818 Albrechts-Brunnen (I., Albrechtsrampe) . . 488

819 Hochstrahlbrunnen (Schwarzenbergplatz) . 488

820 Hofbrunnen im alten Landhause (1.. Herren-

gasse) 489

821 Wandbrunnen (I., Bräunerstraße 5) . . . 489

822 » im erzbischöflichen Palais (I.. Rotenturmstraße) 489

823 und 824 Wandbrunnen an den beiden Rund-

bauten des Michaeiertraktes der Hofburg 489

825 Wandbrunnen im Hofe des Kriegsministeriums

(I., Am Hof) 491

826 Wandbrunnen im Hofe des Palais Harrach

(I., Freiung) . . . 490

827 Siebenbrunnen (V. Bezirk) 490

828 Andromeda-Brunnen im Alten Rathause . . 491

829 Wandbrunnen im Hofe des adeligen Damen-

stiftes in der Johannesgasse 15 (I. Bezirk i 491

830 Wandbrunnen (1.. Wollzeile 12) 492

831 Rebekkabrunnen (I., Spiegelgasse 15) . . . 492

832 Alt-Wiener Hausbrunnen (VII., Westbahn-

straße 8) 493

833 St. Georgs-Brunnen (im ehemaligen Palais

Montenuovo) 498

834 Hofbrunnen im Bankgebäude(I., Herrengasse i 493

835 »Stock im Eisen« (I. Bezirk) . . . . .495

836 Theseus, den Minotaurus bezwingend (Kunst-

historisches Hofmuseum) 495

837 Sarkophag Kaiserin Maria Theresias und

Kaiser Franz I in der Kapuzinergruft . 496

838 Relief im Mariazellcrhof (I., Annagasse) . 497

839 Detail des Christinen -Denkmales in der

Augustinerkirche 498

840 Christinen-Denkmal in der Augustinerkirche 498

841 Grabmonument am Währinger Friedhofe 498

842 » » Döblinger . 499

843 » Währinger . 499 844, 845, 846 Grabmonumente am Döblinger

Friedhofe 499

847, 848, 849. 850 Grabmonumente am Zentral-

Friedhofe 500

851, 852, 853 Grabmonumente am Zentral-Fried-

hofe 500

854 Grabdenkmal des Hofrates Radinger . . 500

855 Grabmal der 1881 im Ringtheater Verun-

glückten 501

856 Kunsthistorisches Museum, Kuppelraum . 504

857 » » Saal XXII . . 505

858 » Waffensaal . . 507

859 Akademie derbildenden Künste. Gipsmuseum 508

860 Arkadenhof des Österreichischen Museums

für Kunst und Industrie 509

861 Historisches Museum der Stadt Wien . . . 510

862 » .... 510

863 » » * «... 511

864 Museum für österreichische Volkskunde im

Börsengebäude 512

865 Heeresmuseum im k. u. k. Arsenal .... 513

866 Palais Lanckoronski, Zentralhalle 514

867 Sammlung »Albertina« , 515

ALPHABETISCHES VERZEICHNIS der ABBILDUNGEN.

Ägydiuskirche 50. Akademie der bildenden Künste 190, 191.

Gipsmuseum 508.

Wissenschaften 174, 175.

»Albertina« 515.

Albrechts-Brunnen, I. Bezirk (Al- brechtsplatz) 488.

Albrecht-Kaserne 299.

Allgemeine Depositenbank 359.

Allgemeines Krankenhaus 225, 226, 227.

Neues 228.

Allgemeine Poliklinik 242.

Allgemeine Verkehrsbank 357.

Altes Zeughaus 284.

Alt-Lerchenf eider Kirche (Grundriß) 73, 76, 77, 78.

Alt-Wiener Hausbrunnen, VII. Be- zirk (Westbahnstraße 8) 493.

Amtshaus X. Bezirk 164.

XVI. Bezirk 164, 165.

XX. Bezirk 165.

Floridsdorf, XXI. Bezirk 166, 167.

der Tabakregie 148, 149. Anatomie, Erste Stätte für die

pathologische 227.

Anatomisches Institut der Univer- sität 181.

Andromeda-Brunnen im alten Rat- hause 491.

Annahof 449.

Annakirche 48.

Annen-Kinderspital 247.

Antiqua domus 176.

Antoniuskirche (Grundriß), X. Be- zirk 75, 81, 82.

Anzengruber-Denkmal, I. Bezirk (Schmerlingplatz) 477.

Apollo-Variete 339, 340.

Arbeiterfamilienhaus der Brauerei Nußdorf 454, 457.

Arbeiterheim, X. Bezirk 323.

Arbeiter- Unfallversicherung^ -An- stalt 455.

Arbeiterwohnhäuser, X. Bezirk 452, 453.

Arbeiterwohnhaus im XIII. Bezirke 453.

Arbeiterwohnhausgruppe 452.

Arbeiterwohnungen, Komitee zur Begründung der Ersten gemein- nützigen ßaugesellschaft für 454.

Arkadenhäuser 19, 423, 424. Arsenal 5, 306, 307, 308.

Heeresmuseum 513. Artilleriekaserne 300.

Asyl für Obdachlose, III. Bezirk

271. Asyl- und Werkhaus, V. Bezirk

271. Atelier Feodorowna Ries 385. Athletiksport-Klub Prater 348. Auersperg-Palais 385. Augartenpalais 117. Augustinerkirche 27, 43, 44. Austria-Brunnen auf der Freiung,

I. Bezirk 485.

Bad bei der Kronprinz Rudolfs- Brücke 273, 274, 275.

im Donaukanal 275, 276.

XII. Bezirk (Theresienbad) 277. Bahr-Villa, Ober-St. Veit 432. Bankogebäude 134, 135.

Bank- und Börsegebäude (Herren- gasse) 355, 356.

Barmherzige Brüder, Spital der 239.

Barmherzigenkirche 48.

Bassins mit Brunnengruppen in den Gartenanlagen zwischen den beiden Hofmuseen 482.

Baugesellschaft für Arbeiterwoh- nungen 454.

Beethoven-Denkmal, I. Bezirk (Beet- hovenplatz) 470.

Belvedere 108, 109, 111, 112, 113.

Bicycle-Klub im Prater 348.

Blaschek-Villa 437.

Blinden-Erziehungsinstitut260,261.

Bodenkreditanstalt 358, 359.

Bodenkultur, Hochschule für 188, 189.

Börse für landwirtschaftliche Pro- dukte 353, 354.

Börsegebäude 351, 352.

Bognergasse 3 416.

Bogner-Haus 416, 417.

Bourgoing-Palais 401.

Brandschaden - Versicherungsan- stalt 411.

Brauhausrestauration Simmering 449.

Breitenseer Kirche 74.

Breuner-Enkevoirth-Palais 388.

Brigittakapelle 56.

Bruckner-Denkmal (Stadtpark) 469.

Brunnen am Graben, I. Bezirk 483.

Brunnen auf dem Hohen Markt, I. Bezirk 483.

Neuen Markt, I. Bezirk 484.

der hl. Margarete, V. Bezirk 485.

im alten Landhause, I. Bezirk (Herrengasse) 489.

in der Alserstraße, IX. Bezirk 485.

vor der protestantischen Schule, IV. Bezirk 487.

zwischen den Hofmuseen 482. Bürgerschule, Volks- und, II. Bezirk

(Schüttaustraße) 219.

XIII. Bezirk (Reinigasse) 217.

XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße) 218.

Bürgertheater 331, 337. Bürgerversorgungshaus 265. Burgpfarrkirche 27. Burgtheater 328, 329, 330. Burgtor 3, 12.

Canisiuskirche, IX. Bezirk 75, 84.

Carola- Villa 434.

Casa piccola 411, 412.

Chaire-Villa, Meidling 429.

Chemisches Institut der Universi- tät 180.

Christinen-Denkmal in der Augu- stinerkirche 498.

Colosseum 339.

Cottage - Anlage Türkenschanze 437.

Darstellung der Vertreibung der Pest 468.

Depositenbank, Allgemeine 359.

Der »Schöne Brunnen« (Schön- brunn) 483.

Deutsche Botschaft 393, 394.

Deutsches Volkstheater 331, 334.

Deutschmeister-Denkmal, I. Bezirk (Deutschmeisterplatz) 480.

Dianabad, II. Bezirk 280.

»Die Befreiung der Quelle« (Stadt- park) 487.

Diphtherieheilseruminstitut 237.

Döblinger Friedhof, Grabmonu- ment 499.

Dominikanerinnen - Klosterkapelle 73.

Dominikanerkirche 53, 54.

Donaukanal-Bad 275, 276.

538

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen.

Donaustrombad an der Kronprinz Rudolfs-Brücke 273, 274, 275.

Donau weibchen-Brunnen (Stadt- park) 485.

Doppelbürgerschule XIII. Bezirk (Reinigasse) 217.

Doppelvolksschule XIV. Bezirk (Kauergasse) 218.

Doppel-Volks- und Bürgerschule XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße) 218.

Dorotheum 150.

Dreieinigkeitskirche, IX. Bezirk 49, 59.

Dreifaltigkeits- oder Pestsäule am Graben 468.

Effekten- und Warenbörse 351, 352. Eislaufverein 346, 347. Elektrotechnisches Institut 187, 188. Elisabethinerinnenkirche 62. Elisabethkirche 27, 85. Elisabethspital 231, 232. Engelbrunnen, IV. Bezirk (Wiede-

ner Hauptstraße) 483. Ephrussi-Palais 404. Epidemiespital 238. Erzbischöfliches Palais 375. Erzherzog Albrecht-Kaserne 299.

Karl-Denkmal (Äußerer Burg- platz) 473.

Ludwig Viktor-Palais 371, 372.

Wilhelm-Kaserne 300.

Esders Stephan, Warenhaus 362,

364. Eugen von Savoyen-Denkmal

(Äußerer Burgplatz) 472. Evangelische Kapelle am Matzleins-

dorfer Friedhof 86, 87. Evangelische Kirche A. C, I. Bezirk

(Dorotheergasse) 86.

H. C, I. Bezirk (Dorotheer- gasse) 86.

VI. Bezirk (Gumpendorfer- straße) 86.

XVIII. Bezirk 86.

Evangelisches Waisenhaus 262.

Faniteum 251.

Fattonsches Haus 404.

Fenstergucker 408.

Feuerwehr, Zentralstation der städ- tischen 283.

Finanzgebäude 136, 137.

Finanz-Ministerium 127, 128, 129.

Findelanstalt, Niederösterreichische Landes- 259.

Fischer von Erlach 476.

Floriankirche 49.

Franziskanerkirche 48.

Franz Josef-Landwehrkaserne 314.

Franz Josef-Spital, Kaiser 234, 235.

Franz Josef-Staatsrealschule 203.

Freiwillige Rettungs- Gesellschaft 285, 286.

Friedrich III. -Grabmal 33.

Fürth, Dr., Privatheilanstalt 254.

Futter-Villa 440.

Gänsemädch en-Brunnen, VI. Bezirk

485. Garnisonsspital Nr. 1 312.

Gartenbausäle 344.

Gartenhof in Penzing 428.

GartenpalaisLiechtenstein 384, 385.

Gasthaus »zur güldenen Wald- schnepfe! 449.

Gebäude der Sezession 320.

Gebäudegruppe IX. Bezirk (Maxi- milianplatz) 421, 422.

Gefangenhaus 143.

Gemeinsamer Oberster Rechnungs- hof 124.

Generalkommando 290.

Genossenschafts - Krankenkassen, Verbandshaus der 323.

Geologische Reichsanstalt 185.

Georgs-Brunnen (im ehemaligen Palais Montenuovo) 493.

Georgskapelle 42, 44.

Gerlach-Villa 439.

Gerngroß, Warenhaus 368, 369.

Gersthofer Kirche 74.

Gesellschaft der Ärzte, Haus der 320.

Gewerbemuseum, Technologisches 205, 206, 207.

Gewerbe-Vereinshaus 319.

Giro- und Kassenverein 359, 360.

Glashüttenhof 368.

Gloriette, Schönbrunn 115.

Goethe-Denkmal, I. Bezirk (Opern- ring) 475.

Grabdenkmal Radingers 501.

Grabmal der 1881 im Ringtheater Verunglückten 501.

Grabmal Kaiser Friedrich III. 33, 34.

Grabmonument am Döblinger Friedhof 499. Währinger Friedhof 499. 500.

Grabmonumente am Zentral-Fried- hof 500.

Grand Hotel 443.

Graphische Lehr- und Versuchs- anstalt 210.

Griechische Kirche, I. Bezirk (Fleischmarkt) 93.

Grillparzer-Denkmal i Volksgarten) 474.

Grün Anastasius, I. Bezirk (Schiller- platz) 471.

Gutenberg-Denkmal, I.Bezirk (Lug- eck) 478.

Gymnasium V. Bezirk 199.

Döbling 200.

Hietzing 199.

HaasschesWaarenhaus 11,362, 363, Hagenbund- Ausstellungshaus, Hauptansicht 463.

Vorraum 463. Harnoncourt-Villa 442. Hauptmünzamtsgebäude 151, 152. Haus der Gesellschaft der Ärzte

320.

Kaufmannschaft 321, 322, 323.

Künstlergenossenschaft 317, 318.

Haus, Hof- und Staatsarchiv 122. Haushof, I. Bezirk (Fleischmarkt 17) 403.

in Döbling 428. Heiligenstadt 427.

Haus »zum Bogner« 416.

»zur Weltkugel« 412. Haydn-Denkmal, VI. Bezirk 478. Heeresmuseum im k. u. k. Arsenal

513.

Heiligenkreuzer-Hof 404.

Heiligenkreuzkirche 50, 70.

Heinrich Jasomirgott 476.

Heinrichs-Hof 419.

Henneberg-Villa 435, 436.

Herrnhuterhaus 410.

Herzmansky A., Warenhaus 366.

Hetzendorfer Schloß 117.

Himmelbauer-Villa 439, 440.

Historisches Museum der Stadt Wien 510, 511.

Hochschule für Bodenkultur 188, 189.

Hochstetter-Villa 438.

Hochstrahl-Brunnen (Schwarzen- bergplatz) 488.

Hoch- und Deutschmeister, Palais des 372, 373, 374.

Hofbibliothek 99, 101.

Hofbrunnen im Bankgebäude, I.Be- zirk (Herrengasse) 493.

Hofburg 21, 97, 98. 102, 103, 104.

Neubau 106, 107. Hofburgpfarrkirche 27. Hofburgtheater 328, 329, 330. Hofkanzlei, königlich ungarische

125. Hofmuseen 21, 23, 169, 170, 171. Hofmuseum, Kunsthistorisches,

Kuppelraum 504.

Saal XXII 505.

Waffensaal 507.

Hofoperntheater 325, 327. Hofstallungen 120. Hof- und Staatsdruckerei 153. Hotel Imperial 446.

Krantz 447.

Meißl & Schadn 447, 448.

Metropole 444, 445. Hydrometrische Prüfungsanstalt

147. Hygieia-Brunnen im Vorgarten des Josefinums, IX. Bezirk (Wäh- ringerstraße) 485.

Infanterie-Kadettenschule 302, 309,

310. Irrenanstalt, Niederösterreichische

Landes- 256, 257.

Ober-Döbling, Privat- 258. Israelitisches Blindeninstitut 261.

Spital 241.

Waisenhaus, XIX. Bezirk (Feld- gasse) 262, 263.

Jagdschloß Lainz 116. Jasomirgott, Heinrich 476. Jesuitenkirche 48, 51, 52. Johanneskirche 27. Johanneskapelle, II. Bezirk 68. Johann von Nepomuk-Kirche 75. Josefinum 312. Josefs-Kinderspital 248. Josefskirche, V. Bezirk 50.

auf der Laimgrube 49. Josefstädter Theater 331.

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen.

539

Jubiläumskirche 17, 74, 84. Jubiläumstheater 331, 336. Justizpalast 140, 141.

Kadettenschule 302, 309, 310. Kärntnerhof 420. Kärntnerstraße 5 420. Kärntnerstraße 14 410. Kahlenberg-Villa 434. Kaiser Franz I. (Innerer Burghof) 470.

(Kaisergarten > 468.

und Kaiserin Maria The- resia-Sarkophag in der Kapu- zinergruft 496.

Franz Josef I., XIII. Bezirk (Brei- tensee) 476.

Franz Josef- Landwehrkaserne 314.

Franz Josef-Spital 234, 235.

Josef II.-Reiterstandbild 469. Kaiserin Maria Theresia und Franz

von Lothringen-Sarkophag in der Kapuzinergruft 496.

K k. Franz Josef-Staatsrealschule 203.

Kaiser-Jubiläumskirche 17, 74, 84.

Jubiläums-Stadttheater 331, 336. Kaiserliches Stiftungshaus, I. Bezirk

(Schottenring 7) 15, 408, 409.

K. und k. Haus-, Hof- und Staats- archiv und Ministerium des Äußern 122.

Kapuzinerkirche 48.

Karlskirche 49, 64, 65.

Karl-Theater 331, 332.

Karmeliten-Klosterkirche 74, 83.

Karmeliterkirche 48.

Karolinen-Kinderspital 250.

Kaufmännischer Verein 321.

Kaufmannschaft, Haus der 321,322, 323.

Kavallerie-Kaserne 302, 303.

Kinderpark, III. Bezirk, Restaura- tionsgebäude 344.

Kinderspital der Gemeinde Wien 236.

Karolinen- 250.

Kronprinz Rudolf- 250.

Leopoldstädter 249.

St. Annen- 247.

St. Josef- 248. Kinsky-Palais 386, 387.

Kirche der nichtunierten Griechen I. Bezirk (Hafnersteig) 88.

I. Bezirk (Fleischmarkt)

88.

unierten Griechen I. Bezirk (Postgasse) 88.

zu den neun Chören der Engel Am Hof 27, 59.

Klosterkapelle der Dominikane- rinnen Hacking 73.

Klosterkirche der Elisabethine- rinnen 62.

Karmeliten, XIX. Bezirk 74,

83.

Redemptoristen 74, 83.

Koburg, Palais 391.

Königl. ung. Hofkanzlei 125.

König-Villa, Hietzing 432.

Kollonitz, Bischof 477.

Komitee zur Begründung der Ersten gemeinnützigen Baugesellschaft für Arbeiterwohiningen 454.

Konsular-Akndemie 193. 194,

Krankenanstalt Kronprinz Rudolf- Stiftung 230.

Krankenhaus, Allgemeines 225, 226, 227.

Neubau 228.

Wieden 229. Krankenkassen, Verbandshaus der

Genossenschafts- 323. Kranner-Rothberger, Warenhaus

363. Krantz-Hotel 447. Kranz, Dr., Palais 396. Kriegs-Ministerium 289. Kronprinz Rudolf-Kinderspital 250.

Rudolf- Stiftung, Krankenanstalt 230.

Krug-Villa, Hohe Warte 429. Künstlergenossenschaft 317, 318. Kuffner-Villa 434, 440. Kunstgewerbeschule 173. Kunsthistorisches Hofmuseum 170, 171.

Kuppelraum 504.

Saal XXII 505.

Waffensaal 507.

Kursalon 343.

Länderbank 360, 361. Laimgrubenkirche 49. Lainzer Jagdschloß 116. Lanckororiski-Palais 395.

Zentralhalle 514.

Landes- Findelanstalt, Niederöster- reichische 259.

Landesgericht und Gefangenhaus 143.

Landes-Irrenanstalt, Niederöster- reichische 256, 257.

Landhaus, Niederösterreichisches 156, 157.

Landwehr-Ausrüstungsdepot 315.

Landwehr-Kadettenschule 315, 316.

Landwehr-Kaserne, XIII. Bezirk 314.

Lanner-Strauß-Denkmal (Rathaus- park) 478.

Larisch-Mönnich, Palais Graf 392.

Laurentiuskirche am Schottenfeld 50.

Lawn-Tennis-Häuschen im Prater 348.

Lazaristenkirche 73, 80, 83.

Lehrerinnenbildungsanstalt 196.

Lenau-Denkmal, I. Bezirk (Schiller- platz) 471.

Leopold der Glorreiche 477.

Leopoldskirche, II. Bezirk 49.

Gersthof 74.

Leopoldstädter Kinderspital 249. Lichtentaler Kirche 49, 63. Liebenberg-Denkmal, I. Bezirk

(Franzensring) 475. Liechtenstein-Palais 380. 381, 382,

383, 384, 385. Liechtenstein-Villa 441. Lobkowitz-Palais 376, 377. Loew, Dr., Sanatorium 253.

Ludwig Viktor-Palais 371, 372. Lützow-Palais, Graf 401, 402. Lustschloß Hetzendorf 117. Lustspiel-Theater 331, 333. j Lymphanstalt 237.

Männerheim, XX. Bezirk 457.

Makart-Denkmal (Stadtpark) 470.

Malteserkirche 27.

Marc Anton-Gruppe (neben dem Ausstellungsgebäude der Sezes- sion) 481.

Maria am Gestade 27, 45, 46.

Maria Geburt-Kirche am Rennweg 50, 70, 71.

Mariahilfer-Kirche 49, 59.

Maria Treu-Kirche 49.

Maria Trost-Kirche 48.

Mariazeller-Hof, Relief im 497.

Mariensäule Am Hof, I. Bezirk 467.

Mattoni-Hof 414.

Matzleinsdorfer Kirche 49.

Meißl & Schadn, Hotel 447, 448.

Meteorologie und Erdmagnetismus. Zentralanstalt für 184.

Michaeierkirche 27, 39, 40.

Michaeiertrakt der Hofburg 104.

Miethaus Magdalenenstraße 415.

Mietvilla 440, 441.

Militärärztliches Institut 312.

Militär-geographisches Institut 292, 293.

Militärkomitee 291, 292.

Militärtechnisches Komitee291, 292.

Militär-Tierarznei-Institut 311.

Ministerium des Äußern 122.

Innern 125, 126, 127.

Minoritenkirche 27, 41, 42.

Moll-Moserhaus 435.

Moses-Brunnen, I. Bezirk (Franzis- kanerplatz) 483.

Mo'zart-Brunnen, IV. Bezirk (Mo- zartplatz) 487.

Mozart-Denkmal 474.

Münzamtsgebäude 151, 152.

Museum der Stadt Wien, Histo- risches 510, 511.

für Kunst und Industrie 172, 173.

Arkadenhof 509,

österreichische Volkskunde im Börsegebäude 512.

Musikvereinsgebäude 342.

Naturhistorisches Hofmuseum 23, 169, 170.

Neptuns-Brunnen (am Fuße des Gloriettes in Schönbrunn) 484.

Neumann, Warenhaus 367.

Neun Chöre der Engel-Kirche 27, 59.

Niederösterreichisches Gewerbe- Vereinshaus 319.

Niederösterreich, Landes-Findel- anstalt 259.

Landes-Irrenanstalt 256, 257. Niederösterreichisches Landhaus

156, 157. Niederösterreichische Statthalterei 156.

540

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen.

Obergymnasium Döbling 200. Oberrealschule VI. Bezirk 207.

XV. Bezirk 202. Oberster Rechnungshof 124. Oberwimmer-Villa 438. Österreichisches Ingenieur- und

Architekten-Vereinshaus 318, 319.

österreichische Länderbank 360, 361.

osterreichisch.es Museum für Kunst und Industrie 172, 173.

Arkadenhof 509.

Offizierstöchter-Erziehungs-Institut 195.

Opernhaus-Brunnen 487.

Operntheater 325, 327.

Orpheum 339.

Othmarkirche unter den Weiß- gerbern 73, 83.

Ottakringerbräu 448.

Palais Auersperg 385.

Bourgoing, Othon Baron 401.

Breuner-Enkevoirth, Graf 388.

Deutsche Botschaft 393, 394.

Ephrussi 404.

Erzbischöfliches 375.

Erzherzog Ludwig Viktor 371, 372.

des Hoch- und Deutschmeisters 372, 373, 374.

Kinsky 386, 387.

Koburg 391.

der königl. ung. Garde 118, 119.

Dr. Kranz 396.

Lanckoronski, Graf 395.

Zentralhalle 514.

Larisch-Mönnich, Graf 392.

- Liechtenstein 380, 381, 382, 383, 384, 385.

Lobkowitz 376, 377.

Lützow, Graf 401, 402.

Pallavicini, Markgraf 390.

Redlich 401.

Rothschild, Albert Freiherr von 397, 398.

- Alfons Freiherr von 398, 399, 400.

Schönborn 143, 386.

Schönburg 389.

Schwarzenberg 378, 379. Pallas Athene-Brunnen vor dem

Parlamentsgebäude 486.

Pallavicini-Palais 390.

Parlamentsgebäude 13, 132, 133.

Pathologische Anatomie, Erste Stätte für die 227.

Paulanerkirche 48.

Pension Ottakringerbräu 448.

Pestsäule am Graben 468.

Pest, Vertreibung der 468.

Peterskirche 49, 60, 61.

Pfarrkirche Breitenfeld, VIII. Be- zirk 74, 84.

Brigittenau 73, 84.

Fünfhaus 73.

Rudolfsheim 74.

zur hl. Familie in Ottakring 74, 80.

Philipp-Hof 406, 407.

Physiologisches Institut der Uni- versität 182.

Piaristenkirche 49.

Poliklinik 242.

Polizeidirektion 144.

Polizeigebäude, Neues 144, 145.

Postsparkassen- Amtsgebäude 139.

Prinz Eugen-Denkmal (Äußerer Burgplatz) 472.

Privatheilanstalt Ober-Döbling 258.

Dr. Fürth 254. Prüfungsanstalt, Hydrometrische

147.

Radetzky-Denkmal, I. Bezirk (Am Hof) 471.

Radetzky-Kaserne 298.

Radinger, Grabdenkmal 501.

Raimund-Denkmal (vor dem Deut- schen Volkstheater) 475.

Raimund-Theater 331, 335.

Rathaus, Altes 158, 159.

Neues 160, 161, 162, 163.

Floridsdorf, XXI. Bezirk 166, 167.

Realschule VI. Bezirk 201.

XV. Bezirk 202. Rebekka-Brunnen, I. Bez. (Spiegel- gasse 15) 492.

Rechnungshof, Oberster 124. Redemptoristenkloster-Kirche 74,

83. Redlich-Palais 401. Regensburger-Hof 367. Reichsanstalt, Geologische 185. Reichs-Finanzministerium 123. Reichskanzlertrakt, Hofburg 102,

103. Reichs-Kriegsministerium 289. Reiterdenkmal des Feldmarschalls

Radetzky, I. Bezirk (Am Hof)

471. Reiterstandbild Kaiser Josef II.,

I. Bezirk (Josefsplatz) 469.

des Erzherzogs Karl (Äußerer Burgplatz) 473.

des Prinzen Eugen von Savoyen (Äußerer Burgplatz) 471.

Reliefgruppe am Deutschmeister- Denkmal 480.

Relief im Mariazeller-Hof, I. Bezirk (Annagasse) 498.

Residenz-Hof 320.

Restaurationsgebäude Kinderpark, III. Bezirk 344.

Rettungs-Gesellschaft 285, 286.

Ries Feodorowna, Atelier 385.

Rittershausen-Villa 434.

Rochuskirche 48, 56.

Römisches Bad, II. Bezirk 280,281.

Ronacher 338, 339.

Roßauer Kaserne 296, 297.

Rossebändiger, I. Bezirk (Maria Theresien-Platz) 481.

Rothberger J., Warenhaus 362, 363.

Rothschild, Albert Freiherr von, Palais 397, 398.

Alfons Freiherr von, Palais 398, 399, 400.

Roth-Villa, Hietzing 432. Rotunde 459, 461.

Rüdiger von Starhemberg, Graf

476. Rudolf der Stifter 476. Rudolfinerhaus 244, 245. Rumpel-Villa 439. Ruprechtskirche 27, 38, 39. Russische Kirche im III. Bezirke

88, 95.

Salesianerinnenkirche 49, 66. Salm, Niklas Graf 477. Salvatorkapelle 40, 41. Sammlung »Albertina« 515. Sanatorium Dr. Loew 253.

Vorderbrühl 254. Sanitätsstation, XVII. Bezirk (Gilm-

gasse) 288.

St. Ägydius-Kirche 50.

St. Anna-Kirche 48.

St. Annen-Kinderspital 247.

St. Elisabeth-Kirche 27, 85.

St. Florian-Kirche 49.

St. Johann-Kirche, I. Bezirk (Kärnt- nerstraße) 27.

St. Johann von Nepomuk-Kirche. II. Bezirk 75.

St. Josef-Kinderspital 248.

St. Josefs-Kirche auf der Laim- grube 49.

St. Josefs-Kirche, V. Bezirk 50.

St. Karls-Kirche 49, 64, 65.

St. Laurenzius-Kirche am Schotten- felde 50.

St. Leopolds-Kirche, II. Bezirk 49.

St. Leopolds-Pfarrkirche, Gersthof 74.

St. Othmar-Kirche (unter den Weiß- gerbern) 73, 83.

St. Peters-Kirche 49, 60, 61.

St. Rochus- und Sebastian-Kirche 48, 56.

St. Stephans-Kirche 26, 28, 29, 31, 32, 33, 34, 36, 37.

St. Thekla-Kirche 49.

St. Ulrichs-Kirche 48.

St. Ursula-Kirche 48.

Sarkophag Kaiserin Maria There- sias und Franz von Lothringen in der Kapuzinergruft 496.

Schauta- Villa 434.

Scheid-Villa 439.

Schein, Warenhaus 362.

Schenker-Villa 434.

Schiller-Denkmal, I.Bezirk (Schiller- platz) 471.

Schindler-Denkmal (Stadtpark) 469.

Schmidt, Fried, von, Denkmal (hinter dem Rathause) 471.

Schönborn-Palais 143, 386.

Schönbrunn 114, 115.

Schönburg-Palais 389.

»Schöne Brunnen« Der (Schön- brunn) 483.

Schopp-Villa, Hietzing 430.

Schottenfelderkirche 50.

Schottenkirche 48, 55.

Schottenring 21 413.

Schubert-Denkmal (Stadtpark) 469.

Schule II. Bezirk (Schüttaustraße) 219.

II. Bezirk (Witteisbachstraße) 222.

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen.

541

Schule XIII. Bezirk (Reinigasse) 217.

XIV. Bezirk (Kauergasse) 218.

XVI. Bezirk (Wilhelminenstr.) 220, 221.

XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße) 218.

Schutzengel-Brunnen vor der Pau- lanerkirche, IV. Bezirk 487.

Schwarzenberg-Palais 378, 379.

Schwindgasse 4 421.

Serbische Kirche 88.

Servitenkirche 48, 57.

Sezessionsgebäude 320.

Siebenbrunn, V. Bezirk 490.

Simmeringer Brauhaus-Restaura- tion 449.

Sonnenfels, Josef von 477.

Sophien-Spital 233.

Spinnerin am Kreuz, X. Bezirk 467.

Spital der Barmherzigen Brüder 239.

- israelitischen Kultusgemeinde 241.

Spitzer-Villa 435.

Staatsgewerbeschule X.Bezirk 211.

Staatsgymnasium V. Bezirk 199.

Hietzing 199. Stadttheater, Kaiser- Jubiläums- 331,

336. Städtisches Amtshaus X. Bezirk

164.

XVI. Bezirk 164, 165.

XX. Bezirk 165.

- Floridsdorf, XXI. Bezirk 166,

167.

Donaustrombad an der Kron- prinz Rudolfs-Brücke 273, 274, 275.

Feuerwehr, Zentralstation der 283.

Restaurationsgebäude im Kin- derpark, III. Bezirk 344.

Strombad, Donaukanal 275, 276. Statthalterei, Niederösterreich. 156. Stsphanie-Spital 233. Stephanskirche 26, 28, 29, 31, 32,

33, 34, 36, 37.

Stephansplatz 2 412.

Sternwarte auf der Türkenschanze 183.

Stiftskaserne 295.

Stiftskirche 49, 69.

Stiftungshaus, I. Bezirk (Schotten- ring 7) 15, 408, 409.

»Stock im Eisen«, I. Bezirk 495.

Strauß-Lanner-Denkmal (Rathaus- park) 478.

Strombad an der Kronprinz Ru- dolfs Brücke 273, 274, 275.

im Donaukanal 275, 276. Stubenring 12 412. Sühnhaus 15 408, 409. Synagoge I. Bezirk (Seitenstetten-

gasse) 89.

II. Bezirk (Tempelgasse) 90.

II. Bezirk (Leopoldsgasse) 91.

II. Bezirk (Zirkusgasse) 92.

VI. Bezirk (Schmalzhofgasse) 91.

Synagoge VIII. Bezirk (Neudegger-

gasse) 4. Synagogen (Grundrisse) 88.

Tabak-Hauptfabrik 154, 155. Tabakregie 148, 149. Taussig-Villa, Hietzing 431. Technische Hochschule 186. Technisches Militärkomitee 291,

292, Technologisches Gewerbemuseum

205, 206, 207. Tegetthoff-Denkmal, Praterstern

475. Theater an der Wien 331, 332.

in der Josefstadt 331.

Theklakirche 49.

Theresianische Akademie 192.

Theresienbad, XII. Bezirk 277.

Theseus den Minotaurus bezwin- gend (Kunsthistorisches Hof- museum) 495.

Thonet-Haus 405.

Tierarznei-Institut 311.

Tilgner-Brunnen, Volksgarten 483.

Trainkaserne 304.

Trautson-Palais 118, 119.

Türken-Denkmal (St. Stephans- Kirche) 479

Türkisch-israelitische Kirche, II. Be- zirk (Zirkusgasse) 92.

Ulrichskirche 48. Ungarische Garde 118, 119.

Hofkanzlei 125. Universität 177, 178, 179, 180, 181,

182.

Anatomisches Institut 181.

Chemisches Institut 180.

Physiologisches Institut 182. Universitätskirche 48, 51, 52. Unterrichts-Ministerium 130. , Ursulakirche 48.

Verbandshaus d. Genossenschafts- Krankenkassen 323.

Verkehrsbank, Allgemeine 357.

Versatz- und Versteigerungsamt 150.

Versorgungsheim, XIII. Bezirk 266, 267, 268, 269.

Vertreibung der Pest 468.

Vierzehn Nothelfer-Kirche 49, 63.

Villa in Hietzing 429.

Penzing 427.

Bahr. Ober-St. Veit 432.

Blaschek 437.

Carola 434.

Chaire in Meidling 429.

Futter 440.

Gerlach 439.

Harnoncourt 442.

Henneberg 435, 436.

Himmelbauer 439, 440.

Hochstetter 438.

Kahlenberg 434.

König Otto, Hietzing 432.

Krug, Hohe Warte 429.

Kuffner 434, 440.

Liechtenstein 441.

Villa Moll 435.

Oberwimmcr 438.

Rittershausen 434.

Roth, Hietzing 432.

Rumpel 439.

Schauta 434.

Scheid 439.

Schenker 434.

Schopp, Hietzing 430.

Spitzer 435.

Taussig, Hietzing 431.

Wagner Otto 433.

Weidmann, Hietzing 430.

Wielemans 434.

Wilhelm 433.

Wolf 438. Volksbad VI. Bezirk 277.

XVI. Bezirk 277. Volksheim, XVI. Bezirk 323. Volks- und Bürgerschule II. Bezirk

(Schüttaustraße) 219. Volksschule IL Bezirk (Wittels- bachstraße) 222.

XIII. Bezirk (Linzerstraße) 216.

XIV. Bezirk (Kauergasse) 218.

XVI. Bezirk(Wilhelminenstraße) 220, 221.

XVIII. Bezirk (Schopenhauer- straße) 218.

Volkstheater 331, 334. Volkswohnungen im XIII. Bezirke

451, 452, 453. Votivkirche 7, 73, 79.

Währinger Friedhof, Grabmonu- ment 498, 499. Wärmestube X. Bezirk '272. Wagner- Villa 433. Wahliss Ernst, Warenhaus 362, 364. Waisenhaus, X. Bezirk 262.

Evangelisches 262.

für israelitische Mädchen 262, 263.

Waisenhauskirche 49, 67. Wandbrunnen, I. Bezirk (Bräuner- straße) 489.

- I. Bezirk (Wollzeile 12) 492.

an den beiden Rundbauten des Michaeiertraktes der Hofburg 489.

im erzbischöflichen Palais, I. Be- zirk (Rotenturmstraße) 489.

im Hofe des adeligen Damen- stiftes in der Johannesgasse 15 (I. Bezirk) 491.

im Hofe d. Kriegs-Ministeriums, I Bezirk (Am Hof) 490.

ina Hofe des Palais Harrach, I. Bezirk (Freiung) 490.

Warenhaus Esders Stephan 362, 364.

Gerngroß 368, 369.

- Haas & Söhne, Ph. 362, 363.

Herzmansky, A. 366.

Neumann 367.

Rothberger, J. 362, 363.

Schein 362.

Wahliss Ernst 362, 364.

Zwieback 362, 365. Wechselseitige Brandschaden- Ver- sicherungsanstalt 411.

542

Alphabetisches Verzeichnis der Abbildungen.

Weidmann-Villa, Hietzing 430.

Weltkugel-Haus 412.

Wiedener Krankenhaus 229.

Wielemans-Villa 434.

Wiener Bicyele-Klub im Prater348.

Bürgertheater 331, 337. - Eislauf-Verein 346, 347.

freiwillige Rettungs-Gesellschaft 285, 286.

Giro- undKassenveiein359, 360. Wilhelm-Kaserne 300. Wilhelm-Spital 236 Wilhelm-Villa 433.

Wipplingerstraße 12 417, 418. Wohnhaus Kärntnerstraße 5 420.

Magdalenenstraße 415.

Schottenring 21 413.

Schwind^asse 4 421. Wohnhausgruppe, I. Bezirk (Börse-

Werdertor-Neutor-Eßlinggasse l 418.

IX. Bezirk (Maximilianplatz 14) 421, 422.

Wohn- und Geschäftshaus, I.Bezirk (Wipplingerstraße 12) 417, 418. Wolf-Villa 438.

Zentralanstalt für Meteorologie und

Erdmagnetismus 184. Zentralbad, I. Bezirk 279. Zentral-Friedhof, Grabmonumente

500. Zentralstation der städtischen

Feuerwehr 283. Zeughaus 284. Zirkus Busch 339. Zirkus Renz 339. Zwieback, Warenhaus 362, 365.

Berichtigungen.

I. BAND.

S. 356, letzte Zeile, statt „Le Blond" „von Steckhoven und Hohenberg".

356, ., statt „Kaiser Franz I." „Franz von Lothringen".

357, Abb. 357 soll heißen: „Partie aus dem unteren Belvedere".

357. 2. Zeile bei: „Der k. k. Belvederegarten" statt „Fischers von Erlach" „von Girard"

II. BAND.

S. 20, 5. Zeile von unten, statt „Adam Breßler" „Adam, Brcßler, etc.". 373 bei „Das Palais des Hoch- und Deutschmeisters', 4. Zeile, statt „Großmeisters" statt „Hofmarschall" „Kammervorsteher".

S. 392, 14. Zeile von oben, statt „Wollmuth" „Wolmuet".

46S, Abb. 754, statt „Kaiser Franz I." soll es heißen „Franz von Lothringen".

„Hochmeisters" und 5. Zeile von unten

VERZEICHNIS DER TAFELN.

Tafel I. Kanzel im Stephansdom. II. Hochaltar bei St. Michael.

III. Piaristenkirche (Marie Treu).

IV. Kirche St. Karl Borromeus.

V. Votiv-(Heilands-)Kirche.

VI. Pfarrkirche zu Fünfhaus.

VII. Großer Saal der k. k. Hofbibliothek.

VIII. Entwurf Sempers für den Neubau der k. k. Hofburg und der k. k. Hofmuseen.

IX. Belvedere, Südfront.

X. Parlamentsgebäude, Mittelbau.

XI. Festsaal des neuen Rathauses.

XII. Mittelbau am k. k. naturhistorischen Hofmuseum.

XIII. Kaiserin Maria Theresia-Denkmal.

XIV. K. k. kunsthistorisches Hofmuseum, ägyptischer Saal.

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